Vernunft und Imperium: Die Societas Jesu in Indien und Japan, 1542-1574
 9783666300653, 9783525300657, 9783647300658

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© 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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Tobias Winnerling

Vernunft und Imperium Die Societas Jesu in Indien und Japan, 1542–1574

Vandenhoeck & Ruprecht © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

Mit 2 Diagrammen Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. ISBN 978-3-647-30065-8 Weitere Ausgaben und Online-Angebote sind erhältlich unter: www.v-r.de Umschlagabbildung: Jesuiten in Japan. Ausschnitt aus einem japanischen Wandschirm, frühes 17. Jahrhundert. akg-images / Werner Forman Zugleich Dissertation der Universität Düsseldorf 2013. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen / Vandenhoeck & Ruprecht LLC, Bristol, CT, U. S. A. www.v-r.de Alle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages. Printed in Germany. Satz: textformart, Göttingen | www.text-form-art.de Umschlag: SchwabScantechnik, Göttingen Druck und Bindung: e Hubert & Co, Göttingen Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

Inhalt

1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 2. Makroskopisches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 2.1 Praktiken und Mission . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 2.2 Mission als spirituelles Imperium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 3. Strukturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 3.1 Seereise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 3.1.1 Routen und Strecken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 3.1.2 Konkrete Auswirkungen: Psychologisches . . . . . . . . . . . 59 3.2 Kommunikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 3.3 Ausbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 3.3.1 Coímbra . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 3.3.2 Sprachkompetenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 3.3.3 Ausbildungsinstitutionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 3.3.4 Konkrete Auswirkungen: Praktikenstrukturen . . . . . . . . 92 3.4 Jugend . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 3.4.1 Kinder und Jugendliche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 3.4.2 Alter und Aufstiegsmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . 99 3.4.3 Konkrete Auswirkungen: Praktikenlimitationen . . . . . . . 110 3.5 Mitgliederstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 3.5.1 Mitglieder mit militärischen Erfahrungen . . . . . . . . . . . 120 3.5.2 Händler und indigene Aspiranten . . . . . . . . . . . . . . . . 127 3.5.3 Konkrete Auswirkungen: Die Ordensmitglieder in Japan 1549–1574 . . . . . . . . . . . 131 4. Indien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 4.1 Praktikenkonfigurationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 4.2 Goa: Nabe und Nexus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 4.2.1 Koloniale spirituelle Strukturen . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 4.2.2 Konkrete Auswirkungen: Die Societas Jesu in Goa . . . . . . 165

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Inhalt

5. Japan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 5.1 Der Weg nach Kyōto . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 5.1.1 Erster Etablierungsversuch: Javier 1550/51 . . . . . . . . . . 188 5.1.2 Zweiter Etablierungsversuch: Lourenço und Bernabé, 1555 193 5.1.3 Etablierung: Gaspar Vilela, Lourenço, Damião 1559 . . . . . 199 5.1.4 Zeitweilig in Kyōto: Unter Vilela, 1559–1564/65 . . . . . . . 206 5.1.5 Instabile Präsenz: Fróis, Gnecchi-Soldo, 1564/65 und ab 1569 215 5.1.6 Konkrete Auswirkungen: Strukturen und Praktiken . . . . 222 5.2 Konvertiten, dōjuku, indigene irmãos . . . . . . . . . . . . . . . . 228 5.2.1 Konvertiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 5.2.2 Dōjuku . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 5.2.3 Indigene irmãos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 5.2.4 Konkrete Auswirkungen: Praktiken der Konvertiten . . . . 251 6. AnthropoLogik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 6.1 Anthropologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 6.2 Logik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273 6.3 Disputationen und Konversionen – Indien . . . . . . . . . . . . . . 291 6.4 Disputationen und Konversionen – Japan . . . . . . . . . . . . . . 304 6.4.1 Disputationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 305 6.4.2 Konversionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 324 6.5 Wohin des Wegs? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 328 7. Estado do Jesus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 331 8. Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 345 8.1 Zeitschriften, mehrbändige Werke und Quelleneditionen . . . . . 345 8.2 Abkürzungen in den Fußnoten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 345 8.3 Transkription, Chronologie, Lebensdaten . . . . . . . . . . . . . . 346 9. Quellen- und Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 347 9.1 Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 347 9.2 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 352 10. Index . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 371 10.1 Personenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 371 10.2 Ortsregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 376 10.3 Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 381 © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

1. Einleitung

»Hemos entendido la puerta, que Dios Nostra Señor ha abierto a la predicación de su evangelio y conversión de las gentes en Japón y la China por vuestro ministerio.«

»Wir haben die Pforte verstanden, die Gott unser Herr uns für das Predigen seines Evangeliums und die Bekehrung der Völker in Japan und China durch euer [Missionars]Amt eröffnet hat.« So urteilte der geistige Vater und erste Prae­ positus Generalis, Ordensgeneral, des Jesuitenordens Iñigo de Loyola (1491– 1556) in einem Schreiben an den Provinzial der jesuitischen Ordensprovinz Portugal, Simão Rodrigues de Azevedo (1510–79), vom 01. Mai 1549. Damit beschrieb er nicht nur die große Hoffnung, die seitens der Ordensleitung seit 1541 in das Projekt der Evangelisierung der Gegenden hinter dem Cabo das Tor­ mentas, heute besser bekannt als Kap der guten Hoffnung, gesetzt wurde, sondern auch die wesentliche Vorbedingung dafür, dass der Orden diese in ihrer Dimen­sion gar nicht abzusehende Aufgabe übernehmen zu können glaubte. Gehofft wurde, die heidnischen Einwohner Indiens, Indonesiens, Japans und Chinas zum katholischen Christentum bekehren zu können. Vorbedingung und Grundlage dieser hoffnungsfrohen missionarischen Arbeit war allerdings eine wesentlich einfacher zu greifende Überzeugung: Hemos entendido. Wir haben verstanden. Wie aber kann dieses Verstehen wiederum begriffen werden? Welche konkreten Auswirkungen entstanden aus dieser Überzeugung? In der vorliegenden Arbeit betrachte ich die ersten dreißig Jahre der jesuitischen Tätigkeit in Indien und Japan, um diese Fragen zu fassen zu bekommen. Genauer gesagt handelt es sich dabei um den Zeitraum zwischen dem Eintreffen Francisco de Yassu y Javiers (1506–52) in Indien 1542 und der Ankunft der zweiundvierzig Mann starken Aussendung jesuitischer Missionare unter dem Indienvisitator Alessandro Valignano (1539–1606) ebendort 1574, ohne allerdings dabei Vor- und Nachlauf des Geschehens ganz aus dem Blick zu verlieren. Damit wird die Periode in den Blick genommen, in der sich die Societas Jesu erstmals im indopazifischen Raum etablierte und Strukturen entfaltete, um genau die bereits beschriebene Überzeugung zu realisieren: Man könne diese fernen Landstriche evangelisieren. Valignanos Eintreffen in Asien wird hierbei als Endpunkt der Betrachtung gewählt, weil in den bisherigen Darstellungen durch seine Visitation endlich eine vereinheitlichte und verbesserte Missionsmethodologie, basierend auf der Akkommodationsidee, eingeführt wurde  – auch wenn die Reichweite, endgültige Motivation und der Erfolg dieses neuen Ansat© 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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Einleitung

zes dabei nicht einheitlich gesehen werden.1 Seitens des Ordens entspricht diese Zeit ungefähr den Generalaten der ersten Praepositi Generali, Iñigo de Loyola (Gen. 1540–56), Diego Laínez (1512–65, Gen. 1558–65) und Francisco de Borja (1510–72, Gen. 1565–72). Damit einhergehend verschob sich je nach den vom jeweiligen Ordensgeneral gesetzten Prioritäten auch die Beachtung, die die Asienmissionen ordensintern erfuhren. Wicki urteilte, dass unter den Gene­rälen Loyola, Everard Mercurian (1514–80, Gen.1573–80) und Claudio Aquaviva (1543–1615, Gen. 1580–1615) die nach Asien Ausgesandten quantitativ wie qualitativ besser gewesen seien als unter Laínez und Borja,2 was sich entsprechend in deren Praktiken abzeichnen und so auch erkennen lassen müsste. Für den japanischen Beispielfall korrespondiert dieses Ende des Untersuchungs­zeitraums den politischen Umbrüchen, die mit der Azuchi-Momoyama-Periode der japanischen Geschichte (1575–98) einhergehen,3 und auch der Estado da Índia machte ab den 1570ern eine Transformationphase durch zu einer neuen Organisationsform4 – wie auch bereits eingangs des Untersuchungszeitraums in den 1530ern.5 Inwieweit diese politischen Tendenzen lediglich zufällig zeitgleich ablaufen oder ob weitreichendere Verflechtungen vorliegen, wird noch zu klären sein. In jedem Fall aber wird Valignanos Visitation als Zäsur gesehen. Und auch wenn sich hierbei natürlich die Frage stellen ließe, wie ausgeprägt diese denn nun war, ist das nicht die Aufgabe dieser Arbeit, ist es dafür doch erst einmal notwendig, überhaupt zu klären, welche Verhältnisse denn vor der Zäsur bestanden. Genau dazu will ich einen Beitrag leisten. Ich stelle dabei weniger die Frage, ob Loyola und seine Mitstreiter tatsächlich glaubten, verstanden zu haben – davon gehe ich aus – sondern viel mehr die, worin sich diese Überzeugungen fassbar manifestierten. Was hieß es konkret, verstanden zu haben, wie sich die Pforte zur Heidenmission öffnen ließ? Dabei muss allerdings zunächst eine Einschränkung vorgenommen werden, um die Reichweite der Fragestellung klarer zu fassen. Ich gehe davon aus, dass 1 Vgl. etwa: Bangert SJ: A History of the Society of Jesus. St. Louis 19862, S.  85; Rule: K’ung-tzu or Confucius?, Sidney/London/Boston 1986, S.  14; Jorissen: Das Japanbild im Traktat (1585) des Luis Frois, Kyōto 1987, S. 105; Elison: Deus Destroyed, Cambridge (Mass.)/ London 19913, S. 18; Massarella: The Jesuits, Japan, and European Expansion in the Sixteenth Century, Tōkyō 1999, S. 6–9; Wright: God’s Soldiers, New York u. a. 2004, S. 91–93; Üçerler SJ: Introduction, in: Ders. (Hg): Christianity & Cultures, Rom 2009, S. 1–16; S. 9 f. Zum aktu­ ellen Forschungsstand zu Valignano z. B.: Tamburello/Üçerler SJ/Di Russo (Hg.): Alessandro Valignano S. I., Rom 2008. 2 Wicki SJ: Liste der Jesuiten-Indienfahrer 1541–1758, in: Flasche 1967, S. 253. 3 Ishigami-Iagolnitzer: Le Japon mouvementé du XVIe siècle, in: Nouvelle Revue du Seizième Siècle (1998), S. 61. 4 Subrahmanyam: The Portuguese Empire in Asia 1500–1700, London/New York 1993, S. 108. 5 Subrahmanyam: Holding the World in Balance, in: The American Historical Review (2007), S. 1368. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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den Mitgliedern der Societas, die im Indopazifik missionierten, die Überzeugung eignete, in irgend einer nie genau explizierten Weise durch die Gnade und im Auftrag Gottes ›verstanden‹ zu haben, wie sich die Einwohner der Zielregionen zu Christus führen ließen. Melchior Carneiro (c.1516–83) beschrieb 1559 seinen Wunsch, die Societas fände eine Möglichkeit, Mitglieder nach Äthiopien zu entsenden, als eine Bitte um Verständnis, dessen Mangel ihm den Weg zu sperren schien. »Unser Herr, von dessen mächtiger Hand alles Gute ausgeht, öffne uns einen Weg, auf dem wir seinen heiligen Willen in dieser so wichtigen Angelegenheit begreifen, denn durch seine Güte gab er uns allen diesen so festen Willen, unsere Leben in seinem Dienst diesem Werk zu widmen.«6

Was das genau bedeutete, und ob es dem entspräche, was heutzutage unter ›Verständnis‹ zu fassen wäre, lässt sich jedoch nur falsifikatorisch eingrenzen, aber nicht positiv festschreiben. Welche Konzepte als mentale Repräsentationen von den Teilnehmern einer interkulturellen Begegnung letztlich verinnerlicht werden, ist nicht nur nicht beobachtbar. Es ist zudem mit dem bekannten Problem behaftet, dass jede Form von Kommunikation die kommunizierten Inhalte verändert, so dass es unwahrscheinlich ist, jemals exakte konzeptuelle Reproduktionen zu erhalten.7 Schlicht gesagt, ich weiß nicht nur nicht, was die Jesuiten genau verstanden zu haben glaubten, ich bezweifle auch, dass diese Überzeugung sonderlich viel mit dem gemein hatte, wovon sie es glaubten. Dass im Kontakt der Societas Jesu mit den von ihr ins Ziel genommenen potentiellen Konvertenden des indopazifischen Raums Verständigungsschwierigkeiten und konzeptuelle Verzerrungen auftreten, kann nicht überraschen. Es wäre außergewöhnlich, wenn das Gegenteil der Fall wäre. Interessant ist es daher, danach zu fragen, in welche Handlungen sich das geglaubte Verständnis der Handelnden übersetzte, wie sie mit der Umgebung, in der sie sich befanden, interagierten, ob und wie die Ergebnisse dieser Prozesse zu Änderungen solcher Handlungsweisen führten, welche Praktikengeflechte sich im Kontakt etablierten. Beobachtbar sind dabei letztlich nur die überlieferten Handlungen der von mir in den Fokus genommenen Akteure, denn auch deren auf uns gekommene Äußerungen stellen ja den fassbaren Überrest eines perfomativen Aktes dar – es ist nicht so, dass die Quellen zu uns sprächen. Sie müssen erschlossen werden, und nur im Versuch eines 6 Carneiro, Melchior: Schreiben an Laínez vom 20. November 1559, in: MHSI/DI 4, Dok. 49, S. 413. MÜ, OR: »Nuestro Señor, de cuia poderosa mano procede toto bien, nos abra camino para que cumpramos su santisima voluntad en nogocio tam importante, pues que por su bondad nos dió a todos voluntad tam firme de dexáremos las vidas por su servicio es esta empresa.« 7 Kornblith: Why Should We Care About the Concept of Knowledge?, in: Episteme (2005), S. 42. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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Rückschlusses auf die ihnen zugrundeliegenden Handlungen lässt sich daraus ein Sinnzusammenhang formen. Treten dabei offensichtliche Inkompatibilitäten oder Missverständnisse zutage, lässt sich zwar so darauf schließen, dass sich die von den Mitgliedern der Societas wahrgenommenen ›Realitäten‹, wie auch immer diese sich nun darstellten, nicht in eine funktionale Deckung mit den tatsächlichen Gegebenheiten bringen ließen – der gegenteilige Test ist aber nicht möglich. Ganz sicher aber kann nicht angenommen werden, dass die Agenda der Societas etwas umfasste, das wir heutzutage als interkulturelles Verständnis bezeichnen würden, es sei denn, als instrumentelles Zwischenziel. An sich wichtig war lediglich das möglichst funktionale Vermitteln dessen, was die Gesellschaft Jesu als Botschaft ihres Namenspatrons verstand. Die frühe Missionskonzeption des Ordens begriff die ›apostolische Art‹ der Glaubensverbreitung schließlich darin, sich selbst zum Instrument der Kirche zu machen, und so zum Instrument Gottes.8 Chaves’ Warnung vor der undifferenzierten Verwendung des Verständnisbegriffs gilt es also weiterhin zu beherzigen. »The danger, perhaps, lies in absolutizing what is only a relative good. Cultural understanding is a relative good. Absolutize it, and one runs the danger of a form of falsehood. We today may have no absolutes; the Jesuit missionaries did.«9

Und wie sich eben dieses absolut gesetzte Ziel der Verbreitung der frohen Botschaft in den Gebieten des indopazifischen Raums verwirklichen ließ, schienen die Mitglieder der Societas ja nun, zumindest ihrer Selbstwahrnehmung nach, verstanden zu haben. Welche Handlungsoptionen wurden damit eröffnet, welche geschlossen? Wie wirkte sich das in der konkreten missionarischen Tätigkeit und deren Erfolgen – so es denn welche gab – aus? Erfuhren diese Handlungsmuster im Kontakt mit den Anderen aus Asien eine Veränderung? Wenn ja, warum, falls nicht, warum nicht? Diese Fragen sind nicht deshalb wichtig, weil sie noch nicht gestellt worden wären – unter wechselnden Vorzeichen wurden sie das in den letzten hundert Jahren immer wieder. Wichtig sind sie vor allem, weil sie bislang kaum für die hier untersuchte Frühphase gestellt wurden.10 Sansom etwa urteilte in seiner Beschreibung des westlich-japanischen Kontaktes darüber kurz und knapp: »It was only after some thirty years of ill-organized and abortive missionary effort that the Jesuits saw clearly that their evangelists must spend a lifetime in acquiring and using these indispensable qualifications.«11 Was genau aber geschah in diesen gut dreißig offenbar so gut wie verschwendeten Jahren voll »ill-organized and abortive missionary effort«? Ross stellte lapidar fest, es handle sich um 8 López-Gay SJ/Michel/Wicki SJ: Misionología, in: DHCJ 3, S. 2697. 9 Chaves: Inculturation versus Evangelization, in: SWCRJ (2000), S. 60. 10 Eine Ausnahme ist Griffin: ›Virtue versus letters‹, Florenz 1984. 11 Sansom: The Western World and Japan, New York 1970, S. 104. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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»a period in which the tabula rasa approach had so far reigned supreme, dented only by Xavier’s concern for translation wherever he went.«12 Ein etwas ausführlicheres, wenn auch ambivalentes Bild zeichnete Boxer in seinem zwar mittlerweile durchaus korrekturbedürftigen, aber immer noch unverzichtbaren Werk zur Geschichte des portugiesischen Kolonialreichs. »Until the Jesuits arrived with new men and new methods at Goa in 1542, relatively few missionaries had been sent out, and they had achieved relatively little. Most of them made no effort to learn any of the Oriental languages, and they depended upon interpreters who were naturally better aquainted with market prizes and bazaar gossip than with subtle theological arguments. Nor did these missionaries and their better qualified Jesuit successors for a long time take the trouble to study the sacred books and basic religious beliefs of those whom they whished to convert, wether Muslim, Hindu or Buddhist, being inclined to dismiss them all as the works of the ­Devil.«13

»New men« mit »new methods«: Erlernen der indigenen Sprachen, Erwerb von Kenntnissen der heiligen Schriften und religiösen Praktiken der Konvertenden – alles Dinge, die jedoch anscheinend erst nach einer gewissen Anlaufzeit von den Jesuiten auch tatsächlich angewandt wurden. Auch Alden hielt fest, die »›take-off‹ period« für die Japanmission der Societas seien die 1570er, vielmehr aber die 1580er,14 und stufte die Jahre davor damit zu einem Präludium des eigentlich Relevanten herab. Was aber geschah in dieser Anlaufzeit? Massarella bescheinigte Valignano zwar eine von der seines Vorgängers Francisco Cabral (1533–1609) abweichende Konzeption von Auftrag und zu dessen Erfüllung notwendiger Vorgehensweise der Gesellschaft Jesu, hielt aber auch fest, dass »it could be tempting to construe Valignano’s shift as evidence of failure, and of his recognition of the space between  a European ›self‹ and  a non-European­ ›other‹ […] [b]ut such  a temptation should be resisted«.15 Das aber, ohne damit auf die genaue Beschaffenheit von Kontinuitäten und Differenzen zwischen beiden Ansätzen einzugehen, womit wiederum die erste Phase der Mission zugunsten der späteren, als besser hingestellten Konzeption vernachlässigt wurde. Dreißig Jahre aber sind eine lange Zeit, und dass ein generell als gut organisiert angesehener Orden wie die Societas Jesu so viel Zeit mit »ill-organized 12 Ross: Alessandro Valignano: The Jesuits and Culture in the East, in: O’Malley SJ u. a. (1999), S. 341. 13 Boxer: The Portuguese Seaborne Empire. 1415–1825, London 1969, S. 65. Boxers ein­ flussreiches Werk The Christian Century in Japan. 1549–1650, Berkeley 1951, habe ich trotz seiner Einschlägigkeit nicht extensiv herangezogen, weil es ungleich seinen übrigen Studien durch aktuellere Nachfolgewerke ersetzt wurde. 14 Alden: The Making of an Enterprise, Stanford 1996, S. 61. 15 Massarella: The Jesuits, Japan, and European Expansion in the Sixteenth Century, Tōkyō 1999, S. 12. [MA, ME]. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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and abortive […] effort« verschwendete, erscheint kontraintuitiv. Giard zufolge setzte mit der Expansion der Societas über die eigentlichen Gründungsmitglieder hinaus eine experimentelle Phase in der Entwicklung des Ordens ein, deren Details jedoch in der Zentrale in Rom genauestens registriert wurden.16 Das klingt plausibel, erklärt aber nicht, welche dieser experimentellen Praktiken für die weitere Verwendung approbiert wurden, und warum, wie also die Societas aus dieser Phase heraus die Gestalt annahm, in der sie später in Erscheinung trat. Auch neuere Studien wie die von Clossey,17 der sich vor allem auf das 17. Jahrhundert und die nicht-portugiesischen Mitglieder der Societas konzentrierte, äußern sich dazu wenig konkret. Die Schwierigkeiten der Missionsarbeit im dritten Viertel des 16.  Jahrhunderts hielt er zwar richtig, aber sehr pauschal fest, sie erscheinen hier als ein notwendig auftretendes Phänomen: Dass das Aufeinandertreffen zweier verschiedener Kulturen notwendig interkulturellen Dialog bedeuten müsse, sei schließlich eine Fehlkonzeption der Moderne. In der frühen Neuzeit habe keiner der Beteiligten einen solchen Dialog im Sinn gehabt, sondern vielmehr einen kulturellen Fluss in genau eine einzige, nämlich seine eigene, Richtung.18 Nach Rubiés wurde zwischen 1570 und 1640 das europäische Theologie- und Missionsverständnis durch die Erfahrungen in Spanisch-Amerika, Indien, China und Japan erschüttert und musste sich neu konfigurieren, um eine adäquate Antwort zu finden.19 Warum trugen dann die Erfahrungen der Jesuiten in Asien vor 1570 kein solch erschütterndes Potential in sich? Lacouture stellte in seiner Untersuchung der Frühphase der jesuitischen Asienmission die Person Javiers in den Vordergrund, wie fast alle einschlägigen Darstellungen, und gelangte hinsichtlich der von diesem angewandten Missionsmethoden zu einem ebenfalls ambivalenten Urteil. »Auch wenn es Franz Xaver bewusst wird, wie sehr Evangelisation und Kolonisation inkompatibel sind, ist er im Verlauf des zehnjährigen intensiven Einsatzes für Be­ kehrungen doch nicht zur Einsicht gelangt, in welchem Maß die Überzeugung, die dieser Strategie zugrunde liegt, schrecklich sein muss. Diese kann folgendermaßen zusammengefasst werden: So sehr das Verfahren seine Grenzen und Mängel hat, so sehr es für den freien Willen und die menschliche Persönlichkeit entwürdigend zu sein scheint, so ist es doch unvermeidlich und allemal jedem anderen Verhalten vorzuziehen; denn nur so können die Massen, die bisher der Hilfe durch die Kirche entbehren, vor der Verdammnis gerettet werden.«20 16 Giard (CNRS): Relire les ›Constitutions‹, in: Ders./De Vaucelles SJ (1996), S. 47. 17 Clossey: Salvation and Globalization in the Early Jesuit Missions, Cambridge u. a. 2008. 18 Ebd., S. 6 f. 19 Rubiés: The Concept of Cultural Dialogue and the Jesuit Method of Accommodation., in: AHSI (2005), S. 245. 20 Lacouture: Dialog in Yamaguchi, Mannheim 2002, S. 9. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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Was die hier postulierte Unvereinbarkeit von Mission und Kolonialismus angeht, empfiehlt sich eine vorurteilslose Inaugenscheinnahme an konkreten Beispielen. Ein wesentlicher Faktor missionarischen Erfolgs lag in der Effektivität, mit der eine solche Einführung neuer Praktikenkomplexe angestoßen werden konnte, in der Sicherheit, mit der sie in den Neophyten verankert wurden. Diese wiederum war aber direkt abhängig von der verwandten Methode und deren Passung auf die lokalen Kontexte, weshalb die eingangs gestellten Fragen – wie setzte sich die Überzeugung, ›verstanden‹ zu haben, in beobachtbare Praktiken um? Welche Handlungsoptionen wurden so generiert?  – gerade hier wichtig sind, um die Potentiale und Begrenztheiten dieser Kontaktsituation ausloten zu können. Kolonisatorische Kontexte sind ebenfalls dadurch ausgezeichnet, dass bestimmte Akteurskollektive anderen neue kollektive Praktiken aufzuprägen suchen, um sich selbst als deren definitionsmächtige Autorität zu installieren, und sei es mit Gewalt. Es liegt daher eigentlich nahe, eine spezifisch ›jesuitische‹ Missionsmethodik (so vorhanden) zum Erreichen strukturell gleicher Ziele damit zu vergleichen und so auszuloten. In der Forschung gibt es bislang keinen klaren Konsens darüber, ab wann eine präkonzipierte jesuitische Missionsmethode bei diesem Vorgehen zum Einsatz kam,21 und worin diese dann bestand, auch wenn die Tendenzen dahin gehen, die später verwandte Akkulturations- oder Akkommodationsmethode als beständig verwendetes Modell zu betrachten. Fraglich ist aber, ob nicht davon ausgegangen werden müsste, dass erst die Realitäten des Kontaktes mit außereuropäischen Zivilisationen – also das Eintreffen von Javiers Delegation in Indien – überhaupt ein Bewusstsein für die Notwendigkeit eines solchen Modells schufen.22 Was dann aber noch nicht gleichbedeutend damit war, dass auch tatsächlich eines installiert worden wäre. Zugunsten der Akkommodationsmethode führte Pina an, dass deren berühmteste Beispiele zwar die China-Mission unter Matteo Ricci (1552–1610) und die Madurai-Mission in Südindien unter Roberto de Nobili (1577–1656) seien, sie aber 1550/51 zunächst simultan in Brasilien wie Japan genutzt worden sei.23 Was dann die Schlussfolgerung nahelegt, es müsse ein vorhergehendes übergreifendes Konzept gegeben haben, das diese Anwendung ermöglicht habe. Schließlich trafen die jesuitischen Missionare in Japan 1549 aus freien Stücken ohne Weisung irgend einer europäischen Zentrale ein (siehe Kap.  5), während ihre im selben Jahr über den Atlantik segelnden Ordensbrüder per Order nach Brasilien geschickt wurden, im Zusammenhang mit der Gründung der neuen kronunmittelbaren Kolonialhauptstadt Bahia do Brasil,24 so dass beide Fälle al 21 Jendorff: Katholizismus als Kulturtransfersystem, in: Fuchs/Trakulhun (Hg) 2003, S. 121. 22 Correia-Afonso SJ: Ritos malabares, in: DHCJ 4, S. 3373. 23 Pina: The Jesuit Missions in Japan and in China: Two distinct Realities, in: BPJS (2001), S. 59. 24 Boxer: The Portuguese Seaborne Empire. 1415–1825, London 1969, S. 86 f. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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lein schon von ihrer Anlage her kaum vergleichbar scheinen. Denn, wie Wright beschrieb, galt doch, dass »[…] the Japanese and the Tupi Indians of Brazil, it was usually and grotesquely averred, were hardly of the same caliber of human being. Jesuits had to decide wether gentle persuasion or a more forceful evangelical credo was called for. Could people be converted? How should they be converted? Did they want to be converted?«25 Wenn also in diesen auch kulturell und klimatisch so differierenden Kontexten dasselbe Modell angewandt wurde, kann man schlussfolgern, es sei bereits zuvor vorhanden gewesen. Allerdings handhabte Pina ihren Modellbegriff derart flexibel, dass damit so gut wie jede individuelle Missionspraxis abgedeckt werden kann: »This model, which did not conform to predetermined principles, eventually assumed different forms, which varied according to the specific characteristics of the­ populaces that the missionaries intended to proselytize.«26 Für das Brasilien des 17. Jahrhunderts ist dieses Postulat einer sich flexibel den lokalen Gegeben­ heiten anpassenden, akkulturierenden Methode, die damit letztlich auf einem freiwilligen gegenseitigen Praktikentransfer beruht, bereits deutlich anders interpretiert worden. »Sie verdeutlicht […], in welcher Weise sich der Missionar Florian Paucke als Lehrer und Seelsorger seiner Indianer verstand – und damit als ein Übermittler der grundlegenden europäischen und christlichen Werte. Aus dieser Perspektive kann von einem wechselseitigen Kulturtransfer keine Rede sein, denn dieser hatte als Werteund Normenexport europäischer Konquistadoren und Missionare begonnen und war insofern nachhaltig von den bestehenden Machtverhältnissen geprägt worden. Schließlich wurde der Christianisierungsauftrag der eroberten Gebiete als Teil der conquista betrachtet.«27

Hiermit soll aber nicht der eigentlichen Arbeit vorgegriffen und vorschnell statt einer Typologie vom Missionar als selbstlosem Arbeiter zum Wohl der Kon­ vertiten eine vom Missionar als skrupellosem Agenten einer subversiven Kolo­ nialstrategie etabliert werden. Sonst ergäbe sich gerade im süd- und ostasiatischen Kontext des 16. Jahrhunderts eine unüberschaubare Vielzahl kolonialer Agenten unterschiedlichster Couleur, waren die Jesuiten, ja auch die christlichen Missionare in toto doch weder die einzige noch die erfolgreichste Gruppe, die spirituell ausgreifend aktiv war. Muslime erreichten im indopazifischen Raum seit dem späten 15.  Jahrhundert wesentlich zahlreichere und nachhaltigere Konversionen als die Jesuiten und alle anderen christlichen Missionare

25 Wright: God’s Soldiers, New York u. a. 2004, S. 86. 26 Pina: The Jesuit Missions in Japan and in China: Two distinct Realities, in: BPJS (2001), S. 59. 27 Dürr: Wechselseitiger Kulturtransfer, in: Zeitsprünge (2007), S. 422. [MA], KiO. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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zusammengenommen,28 auch wenn dieses Phänomen in der westlichen Histo­ riographie erstaunlich unterbelichtet bleibt, selbst wenn sie, etwa in Indonesien29 oder an der südindischen Malabarküste, in direkte missionarische Konkurrenz zur Societas Jesu traten.30 Und damit nicht genug: Tibetanische Buddhisten, indische Sikhs, hindustische Bhakthi-Gläubige, alle missionierten sie zwischen dem 15. und 17. Jahrhundert in dieser Weltgegend.31 Die religiöse Landkarte des Indopazifiks befand sich in beständigem Wandel, so dass verschiedenste Glaubensrichtungen untereinander und mit der Societas Jesu um Gläubige konkurrierten.32 Nun die Lösung darin zu suchen, nur den an diesen Prozessen teilnehmenden Geistlichen europäischer Provenienz imperiale Beweggründe zu unter­ stellen schmeckt nach leyenda negra, nach dem einfachen Negationsverfahren der Umdeutung eines nicht mehr als zeitgemäß empfundenen positiven Stereotyps vom aufrechten Streiter Christi in das eines Manipulators, dessen Opium das Volk berauscht und unter die Knute fremder Herren zwingt. Vielmehr will ich die Frage als Möglichkeit im Raum stehen lassen und sie anhand der beobachtbaren Handlungen zu prüfen versuchen  – Prämisse: colonialist is as colonialist does. Damit lässt sich auch eine feinere Unterscheidung treffen als die einfache Schwarz-Weiß-Abstufung zwischen Kolonisatoren und Nicht-Kolonisatoren, als nach dem Anteil beobachtbarer Praktiken, die in die eine oder andere Kategorie passen, eine Tendenzabschätzung getroffen werden kann. Japan und Indien bieten sich daher als Vergleichsfelder für eine solche Untersuchung besonders an. Indien als Gebiet der portugiesischen kolonialen Expansion und Japan als damaliger Endpunkt der europäischen Ausgreifensreichweite, das von kolonialem Eindringen unbehelligt blieb, bieten zwei unterschiedlich gelagerte Kontexte, in denen die Societas Jesu jedoch dasselbe Ziel verfolgte: Die Verbreitung des christlichen Glaubens ihrer Façon. Ob sich zwischen diesen beiden Fällen Differenzen oder Parallelen zeigen, sollte ein deutliches Licht auf die Praktikenkonfigurationen der frühen Societas Jesu werfen. Der Schwerpunkt der Arbeit liegt dabei eher auf Japan als auf Indien, weil sich hier durch die Stellung der Societas als alleinige Vertreterin des Christentums ohne konkurrierende Orden vor 1580 eine Situation ergibt, in der sich ihre spezifischen Merkmale in einer ansonsten vergleichbaren Lage besonders deutlich aus­prägen konnten.33 28 Moffett: A History of Christianity in Asia, Maryknoll 2005, S. 59. 29 Massarella: The Jesuits, Japan, and European Expansion in the Sixteenth Century, Tōkyō 1999, S. 2 f. 30 Schurhammer SJ: FX 2.1 (1963), S. 462, FN 278. 31 Fletcher: Integrative History, in: Journal of Turkish Studies (1985), S. 52 f. 32 Subrahmanyam: The Portuguese Empire in Asia 1500–1700, London/New York 1993, S. 29. 33 Vgl. Sansom: The Western World and Japan, New York 1970, S. 122 f. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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Mit einem auf solche Fragestellungen zielenden Zugang, gestützt auf eine vor allem praxeologisch operierende Analyse, versuche ich im Folgenden die Handeln­den – also die Gruppe der jesuitischen Missionare und ihrer Helfer – ebenso zu fassen wie deren überlieferte Handlungen, wie sie in den Quellen und der Sekundärliteratur aufscheinen. Das hat den großen Vorteil, dass ich nicht darauf angewiesen bin, bestimmte Motivationen oder Geisteshaltungen, wie Kolonialismus, Philantrophie, Xenophobie oder philosophische Vorannahmen vorauszusetzen, um das Handeln der Beteiligten verständlich zu machen, sondern dass ich prüfen kann, welche Motivationen oder Geisteshaltungen sich in den tat-sächlichen Handlungen, in die ich Aussagen ausdrücklich einbegreife, vor Ort abzuzeichnen scheinen. Da ich jedoch annehme, dass ein prägender Faktor im von den Mitgliedern der Societas verwendeten und an ihre Konvertenden angelegten Vernunftbegriff besteht, analysiere ich diesen im dritten Teil dieser Arbeit näher, um die Annahme prüfen zu können. Den Praktikenbegriff, den ich zugrundelege, erläutere ich im folgenden Kapitel, daher an dieser Stelle noch ein Wort zu den herangezogenen Quellen. Ich habe mich ausschließlich auf ediertes Material beziehungsweise gedruckte Quellen gestützt, weil die Quellenlage dank der ungemein produk­tiven Editionsarbeiten der Societas Jesu selbst ausgesprochen gut erschlossen ist. Allein die unmittelbar relevanten Serien der Momumenta Historica ­Societatis Jesu umfassen mittlerweile mehr als 30 voluminöse Bände  – 18 Bände Do­ cumenta Indica, drei Bände Monumenta Historica Japoniae, 12 Bände Sancti­ Ignatii de Loyola Epistolae et Instructiones, nicht zu sprechen von anderen Serien, die noch ins Themengebiet hineinspielen und daher einbezogen werden könnten.34 Dazu kommen noch die vom portugiesischen Kolonialministerium in den 1950ern erarbeiteten zwölf Bände Índia der Documentação da historía das missões do padroado português do Oriente sowie die teilweise ebenfalls relevanten fünf Bände Insulíndia derselben Edition.35 Auch wenn die Inhalte der Documentação sich teilweise mit denen der verschiedenen Monu­ menta Historica überschneiden, war allein diese Menge Material im Rahmen der Arbeit schon nicht sinnvoller Weise vollständig zu bewältigen. Zusätzlich treten neben die modernen Masseneditionen noch Einzeleditionen jesuitischer Werke, wie etwa Schurhammers Übersetzung der Historía do Japam des Luís Fróis (Polycarpo Fróis, c.1532–97) von 192636, Schüttes Übersetzung der 34 Fontes narrativi de S. Ignatio de Loyola et de Societatis Iesu initiis (3 Bde.), Constitu­ tiones et Regulae Societatis Iesu (4 Bde.), Epistolae S.  Francisci Xaverii aliaque eius scripta (2 Bde.), Documenta Malucensia (3 Bde.). 35 Silva Rego (Hg.): Documentação para a história das missões do padroado português do oriente. Índia (12 Bde.), Lissabon 1949–1958; Silva Rego (Hg.): Documentação para a história das missões do padroado português do oriente. Ínsulíndia (5 Bde.), Lissabon 1954–1956. 36 Fróis, Luís SJ: Die Geschichte Japans (1549–1578), hg. u. übers. v. Schurhammer SJ/ Voretzsch SJ, Leipzig 1926. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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Memoiren des Afonso de Lucena (1551–1623)37 oder, um auch der indi­genen Seite Gehör zu verschaffen, beispielhaft Elisons Aufarbeitung von Fabian­ Fukans (1565–1621) eigentlich etwas außerhalb der Arbeit liegendem Ha Daiusu.38 Fróis’ Darstellung verdient eine etwas genauere Einführung, da sie als ausführlichste kohärente Beschreibung der hier für Japan verhandelten Vorgänge einen hohen Quellenwert hat. Auch wenn nicht davon ausgegangen werden kann, dass bei ihm alle Vorgänge unverzerrt wiedergegeben würden, lieferte er doch aufgrund seiner Position und Funktion eine sehr gute Wiedergabe der jesuitischen Fremd- und Selbstwahrnehmung, was seine Perspektive unersetzlich macht. Fróis begann die Arbeiten an seiner Geschichte der Mission in Japan etwa 1583. Das Werk wurde vom damaligen Ordensgeneral Claudio Aquaviva angefordert und 1592/93 in zwei Teilen fertiggestellt.39 Froís verarbeitete Zeitzeugenberichte, Briefe und Erinnerungen der Mit­glieder der Japan­ mission, die er zum größten Teil  persönlich kannte, zu einer gegenüber den übrigen vorliegenden Zeugnissen brieflicher Art deutlich ausführlicheren Darstellung der Vorgänge und Hintergründe der Anstrengungen der Societas in Japan. Seine Historía liefert für diese Arbeit besonders dann wichtige Ansatzpunkte, wenn Froís über Dinge berichtet, die bei einer abgewogenen Lektüre gegen den Strich Praktiken und deren Geflechte erhellen, die seiner eigentlichen Intention zuwiderlaufen, wie etwa die Misserfolge der Kyōto-Vorstöße der Societas (vg. Kap.  5.1) oder die Synkretismen der japanischen Neophyten (vgl. Kap. 6.4). Bei der Quellenauswahl musste zudem berücksichtigt werden, dass, wie Aoyama unter Bezug auf Arimichi bereits 1967 feststellte, nur sehr wenige zeitgenössische japanische Quellen die Jesuitenmission des 16.  Jahrhunderts thematisieren40 – weil das Phänomen aus japanischer Sicht lediglich ein peripheres war. Paramore begann daher die Untersuchung der japanisch-christlichen Gedankenwelten erst mit dem späten 16. Jahrhundert, ohne die hier untersuchte Phase einzubeziehen.41 Als weitere Schwierigkeiten treten hinzu, dass indigenes christliches Schriftgut aus Asien, das Einblicke in die Praktikengeflechte der Konvertiten von anderer Seite aus ermöglicht hätte, generell noch schlecht erschlossen ist,42 oder gar nicht mehr vorhanden. Die Bücher der indigenen in 37 Lucena, Afonso de SJ: Erinnerungen aus der Christenheit von Ōmura, hg. u. übers. v. Schütte SJ, Rom 1972. 38 Fukan, Fabian: Deus Destroyed [Ha Daiusu], übers. u. komm. v. Elison, in: Ders. (1991)3, S. 258–291. 39 Jorissen: Das Japanbild im Traktat (1585) des Luis Frois, Kyōto 1987, S.166. 40 Aoyama SVD: Die Missionstätigkeit des heiligen Franz Xaver in Japan, St. Augustin 1967, S. 4. 41 Paramore: Ideology and Christianity in Japan, New York 2009, S. 10 f. 42 England: Indigener Glaube und westliche Einflüsse in asiatisch-christlichen Schriften, in: Periplus (2006), S. 99, 103. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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dischen Kirche, der sogenannten Thomaschristen, sollten auf Beschluss der Synode von Udayampēŕūr (Diampar) 1599 auf dem Gebiet des Estado da Índia nach Möglichkeit verbrannt werden,43 und von den in den jesuitischen Quellen erwähnten Notizbüchern und Schriften der zen-buddhistischen Kon­vertiten sind keine Exemplare erhalten.44 Das gilt auch für die in die Societas einge­ tretenen indigenen Konvertiten, von denen relativ wenig Korrespondenz erhalten ist – was teilweise an geradezu ironisch anmutenden Zufällen der Historie liegt. Einer der ersten japanischen Zuarbeiter der Societas und deren späteres Mitglied, Lourenço (Ryōsai, c.1525–92), war als nahezu blind nicht in der Lage, selbst zu schreiben, so dass von ihm nur einige Diktate erhalten sind.45 In anderen Fällen ist lediglich zeitgenössisch bereits übersetztes Material verfügbar, wie etwa der Brief der ehemaligen buddhistischen Mönche Kyōzen und Senyō (getauft als Paulo und Bernabé von Tōnomine) von 1555 in der portugiesischen Version Juan Fernández’ (1526–67).46 Natürlich müssen den modernen Texten, wenn möglich, zeitgenössische zur Seite gestellt werden, und auch das bereitet auf europäischer Seite keine Zugriffsschwierigkeiten. Publizierte die Gesellschaft Jesu doch bereits früh und intensiv ihre Briefe und andere Dokumente, die heutzutage dank stetig fortschreitender Digitalisierungen breit verfügbar sind, so dass Druckwerke des 16. und 17. Jahrhunderts problemlos mit einbezogen werden konnten. Das Feld musste also weniger entdeckt als vielmehr aufgeräumt werden. Die Informationen waren nahezu alle bereits vorhanden; sie mussten gesammelt, gewichtet und unter neuen Perspektiven betrachtet werden. Ich habe die verwendeten Quellen nach strikter Priorisierung ausgewählt, also weniger Relevantes beiseite gelassen. Dabei konzentriere ich mich auf Dokumente, die entweder übergreifende Relevanz haben oder die von einer bestimmten Auswahl an Protagonisten stammen. Bei diesen handelt es sich um Jesuiten, die in den Missionsfeldern Indien und Japan bis 1574 tätig waren und die bevorzugt der zweiten Reihe der Gesellschaft angehören. Es geht mir also nicht um die bereits in unzähligen Publikationen behandelten bekannten Exponenten wie Francisco de Javier, Alessandro Valignano, Matteo Ricci oder Iñigo de Loyola selbst,47 auch wenn Javier wegen seiner prominenten und im Wortsinne prototypischen Position in den indopazifischen Missionen der Societas Jesu stets im Hintergrund durch diese Arbeit schleicht. Mich interessieren aber diejenigen mehr, die konkret vor Ort die von Personen 43 Mundadan: Meeting of two theologies in India in the 16th and 17th centuries, in: Journal of Dharma (1989), S. 76. 44 Ward: Jesuit Encounters with Confucianism in Early Modern Japan, in: Sixteenth Century Journal (2009), S. 1054. 45 Vgl. Lourenço SJ: Schreiben aus Kyōto vom 02. Juni 1560, in: MHJ 3, Dok. 27, S. ­263–278. 46 Paulo (Kyōzen)/Bernabé (Senyō): Schreiben aus Yamaguchi vom 18. Juni 1555, in: MHJ 2, Dok. 107, S. 508–510. 47 Vgl. etwa Lacouture: Jésuites: une multibiographie, Bd. 1 (Les conquerants), Paris 1991. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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wie diesen vorgezeichneten Praktiken nutzen und anwenden mussten, und wie sie dabei vorgingen. Denn schließlich kann, wie Wendt bereits bemerkte, eine unkritische Ineinssetzung von Zentrale und Peripherie, Metropole und Kolonie, Kollektiv und Einzelakteur keinesfalls vorausgesetzt werden.48 Für die indische Ordensprovinz der Societas des 16.  Jahrhunderts verbietet sich eine solche schon durch die wesentlichen Strukturen derselben (siehe Kap.  3 und Kap.  4.2). Auch was das Vorgehen anderen Religionen gegenüber anbelangt, kann nicht von einer einheitlichen Herangehensweise gesprochen werden (siehe Kap. 6).49 Da aber auch dieses Feld für eine vollständige Untersuchung noch zu weit gewesen wäre, haben die hier angeführten Zeugnisse notwendig exemplarischen Charakter  – mit dem Anspruch, nicht illustrative, sondern induktive Beispiele beizubringen. Die Kapitel 4, 5 und 6 gehen dabei in der gleichen Weise vor und setzen Akzente, statt Panoramen zu bieten. Wie die Societas von ihren Stützpunkten und Kollegien und der Estado da Índia von seinen Forts und Faktoreien aus gilt es, von diesen Inseln her das umliegende Meer zu beherrschen. Wichtige Grundlagen für meine Untersuchungen bilden dabei das Werk von Alden, der für die Societas Jesu im portugiesischen Machtbereich bereits grundlegende Daten zusammengetragen hat (auch wenn dieses Überblickswerk für konkrete biographische Details wenig ergiebig ist),50 und das vierbändige Dic­ cionario histórico de la Compañía de Jesús, das bereits von seiner Anlage her besonderes Gewicht auf Personen legt und daher wichtige Hintergrundinformationen liefert.51 Auch Schurhammers magnum opus über Francisco de Javier, Franz Xaver. Sein Leben und seine Zeit liefert eine Fülle an biographischen und anderen Daten vor allem in den außerordentlich umfangreichen Anmerkungen.52 Schurhammer hatte für dieses Werk über eine Forschungstätigkeit von 60 Jahren hinweg gesammelt und gearbeitet, so dass das Panoptikum der Jahre 1541–52, das in den letzten drei Bänden entfaltet wird, für diese Arbeit als Steinbruch und Materialsammlung unverzichtbar war, während der Haupttext durch eine sehr starke Nähe zu seinen Quellen gekennzeichnet ist und daher nur mit Vorsicht Verwendung fand. Dennoch basiert diese Arbeit – wie ich durch die entsprechenden Zusätze kenntlich gemacht habe  – zu einem erheblichen Teil  auf Arbeiten von Jesuiten, die immer noch einen beträchtlichen Teil  der über sie erfolgenden Geschichtsschreibung selbst betreiben. Die exzellente wissenschaftliche Qualität der meisten dieser Arbeiten darf dabei nicht dazu verleiten, ihnen unkritisch gegenüberzutreten. 48 Wendt: Die missionarische Gesellschaft, Stuttgart 2011, S. 7. 49 López-Gay SJ/Michel/Wicki SJ: Misionología, in: DHCJ 3, S. 2706. 50 Alden: The Making of an Enterprise, Stanford 1996. 51 O’Neill, C. E. SJ/Domínguez, J. M. SJ (Hg.): Diccionario histórico de la Compañía de Jesús. Biográfico-Temático, 4 Bde, Madrid 2001. 52 Schurhammer SJ: Franz Xaver. Sein Leben und seine Zeit. 2 Bände, 2.  Band in drei Halbbänden, Freiburg 1955, 1963, 1971, 1973. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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Gerade die bereits zeitgenössisch von Jesuiten im Rahmen der Gesellschaft öffentlich verbreiteten Briefsammlungen, Traktakte, Eigengeschichten und anderen Dokumente sind für diese Untersuchung dabei aber in eben dieser Hinsicht besonders wertvoll, da die Gesellschaft nach Europa nach genauer Kal­ kulation berichtete.53 1551 legte Cosme de Torres (c.1510–70) dar, Javier habe ihn angewiesen zu schreiben (»mandó escrevir esta brebe carta«), um damit neue Mitglieder für die indopazifischen Missionen zu gewinnen (»aviendo personas para ello en estas partes«).54 Es gab grundsätzlich zwei Typen jesuitischer Briefe aus der Fremde: Einmal die zur späteren Veröffentlichung geeigneten, die Erbauliches schilderten, und dann die internen, an den General gerichteten, die die Probleme aufzeigten, denen man begegnete, und die sich heute in den Archiven und Editionen wiederfinden.55 Jeder Jahresbrief dagegen war ein Exempel des ersten Typs, ein medialisiertes Propagandaprojekt, das zunächst ordensintern und dann nach ausführlicher Zensur massenwirksam veröffentlicht wurde.56 Geschah die Produktion des Primärtextes vor Ort, so wurde die folgende Weiterbearbeitung in Europa konzentriert. Die indischen Jahresbriefe von Luís Fróís, Niccolò Longobardi (1489–1565), Nicolao Pimenta (1546–1614) und anderen etwa wurden von Jan Buys (Joannes Busaeus, 1547–1611) in Mainz ins Lateinische übersetzt.57 In der Druckvorbereitung wurden Informationen selektiert, die nicht veröffentlicht werden sollten, und die Briefe gekürzt; sie sollten ein Bild der heldenhaften Anstrengungen der Societas Jesu im Osten geben, alles, was nicht dazu passte, musste verschwinden.58 Das war durchaus nicht nur ein externer Eingriff in die Produkte der Schreiber. Bereits Loyolas Anweisung an seine Mitbrüder, Briefe zu schreiben, enthielt auch die Aufforderung zur Selbstzensur: Es solle nur Erbauliches geschrieben werden, da schließlich viele in Europa diese Briefe lesen würden und dadurch bestärkt werden sollten. Dazu kam die institutionelle Zensur, so dass die Berichte – auch Froís’ Historía oder die Historia do Malavar des Diogo Gonçalves (1561–1640) fallen in diese Kategorie jesuitischer Selbstbeschreibungen  – doppelt geschönt sind und daher kein realistisches Bild der Missionswirklichkeit zeigen.59 Sie ermöglichen

53 Crescentini Anderlini: L’immagine dell’Oriente nelle lettere della Compagnia di Gesù, Diss.: Bologna 2007, S. 18. 54 Torres, Cosme de SJ: Schreiben aus Yamaguchi vom 29.  September 1551, in: MHJ 2, Dok. 42, S. 230. Orthographie im Originalzustand belassen, wie in allen folgenden Zitaten. 55 Ferro: A epistolografia no quotidiano dos missionários jesuítas, in: Lusitania sacra (1993), S. 140. 56 Vgl. Sindemann: Japanese Buddhism in the 16th century, in: BPJS (2001), S. 126. 57 Begheyn SJ: Buys (Busaeus), Jan (Joannes), in: DHCJ 1, S. 585. 58 Ferro: A epistolografia no quotidiano dos missionários jesuítas, in: Lusitania sacra (1993), S. 156. 59 Boxer: The Church Militant and Iberian Expansion 1440–1770, Baltimore/London 1978, S. 94 f. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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aber gerade damit nicht nur einen Blick auf die Selbstdarstellung des Ordens, sondern auch auf die Bedingungen derer Akzeptanz und damit der Akzeptanz der in ihnen geschilderten Praktiken. »Damit nun das ansehen unnd der glaub solliches offentlichen Außschreibens desto grösser sey / so ist mein ernstlicher Befelch / daß du uber alle fürtreffentliche und berümbte Handlungen diß Manns / und alle ding / die unser HERR durch ihne /  in seinem Leben / und darnach / ubernatürlich gewirkt/taugentliche Zeugen allenthalb / wo die seyen / zuverhören / auch offentliche Instrument und glaubwürdige Brief darumb zuverfertigen / und mir fürderlich zuüberschicken / zum fleissigsten verschaffest.«60

Renward Cysat (Cysatus, 1545–1614), seines Zeichens Stadtschreiber in Luzern, zwar ein engagierter Proponent der katholischen Konfessionalisierung und Freund der Societas, aber kein Mitglied des Ordens,61 legte das im Prolog seines »Warhafftige[n] Bericht[s] / Von den New-erfundenen Japponischen Inseln vnd Königreichen« 1586 noch deulicher dar. »Darzwischen ist mir ein Büchlein / so diß gegenwertig jar zu Rom in Italianischer Spraach getruckt / zuhanden kommen / darinnen allerley Geschichten vnnd glückliche Händel der Japponischen Christenheit / die im 1582. Jahr sich verlaufen / in Form einer Epistel oder Sendbrieffs begriffen vnnd erzählet werden. Aus welchem Büchlein und Sendschreiben ich mir solchen Trost / Lust vnnd Freud geschöpfft /  das ich / ungeachtet aller obliegender Geschäfften vnnd täglichen hindernussen /  nicht hab können underlassen / dasselbe Italianische Schreiben inn unsere Teutsche Spraach zuverdolmetschen / damit E. St. und andere meine günstige Herren vnnd Freundt solcher güter newer zeytung auch teilhafftig werden möchten.«62

Muss man diese Quellen also hinsichtlich ihres faktischen Aussagewerts über die Phänomene vor Ort immer äußerst kritisch lesen, so liefern sie eine in doppelter Hinsicht wertvolle Perspektive darüber hinaus. Sie zeigen einerseits auf, was durch die Arbeit verschiedenster Ordensinstitutionen als eine kollektive Äußerung der Societas betrachtet werden kann, und legen damit offen, was für diese als sinnvoll und darstellenswert galt, etwas, das eine »fürtreffentliche und berümbte Handlung« war. Und andererseits zeigen sie eben damit auch, welche dieser Praktiken, zu denen man sich mit gewissem Stolz bekennen konnte, im europäischen Umfeld als solche rezipiert werden konnten, welche Handlungsweisen also den allgemeinen Konsens über gebührliches Verhalten europäischer 60 Maffei, Giovanni Pietro SJ: Kurtze Verzeichnuß und historische Beschreibung, übers. v. Götze, Johann Georg, Ingolstadt 1586, S. 12 (1). Die Darstellung der Missionsgeschichte (1) und die Übersetzungen ausgewählter Briefe der Jesuiten aus Asien (2) sind im Werk separat pa­ giniert, der Zusatz erfolgt zur daher zur Stellenklärung. 61 Koch SJ: Jesuiten-Lexikon, 1. Bd, [Paderborn 1934] Loewen-Heverlee 1962, S. 370. 62 Cysat, Renward: Warhafftiger Bericht, Freiburg 1586, S. A III vf. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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Missionare zumindest nicht verletzten, sondern in den Lesern »Trost / Lust vnnd Freud« erzeugen konnten. Damit werden zugleich auch Rückschlüsse auf die implizit in die Texte eingeschriebenen Adressaten und Produzenten solcher Schriften möglich.63 Wenn diese textuelle Werbestrategie der Societas Jesu auch nicht in dem Umfang verfing, den sich die Gesellschaft wohl erhofft hatte (siehe Kap. 3.4), so heißt das nicht, dass sie nicht effektiv sein konnte. Für Jéronimo Nadal (1507–80), später einer der wichtigsten Entscheidungsträger des Ordens, war der – publizierte – Brief Javiers aus Cochin vom 15. Januar 1544 einer der Haupteintrittsgründe in die Societas.64 Diese Fragen verhandle ich in der vorliegenden Arbeit in einem Viererschritt. Voranstellen möchte ich eine knappe theoretische Hinführung zum Problemfeld von Mission, Praxeologie und Kultur; darauf folgt eine Darstellung der strukturellen Eigenheiten und Bedingungen der jesuitischen Ostasienmission in ihren ersten dreißig Jahren. Die Arbeit ist damit zugegeben letztlich eine stark an den europäischen Beteiligten orientierte, in der die indigenen Gegenparts nicht so prominent figurieren, wie sie es verdient hätten. Ohne diesen ihre Eigeninitiative, ihre aktive Formung der nachgezeichneten Prozesse und ihre Individualität bestreiten zu wollen, beschränke ich mich darauf, sie gewissermaßen ex negativo als den komplementären Part der jesuitischen Praktiken darzustellen. Hier war der synthetisierende Zugriff besser auszugestalten als in der umgekehrten Perspektive, wobei ich aber nicht darauf verfallen will, in schlechter alter Tradition globale Geschichte als Geschichte von Europäern für Europäer zu schreiben und den Rest der Welt nur als deren Spielwiese zu betrachten. Ganz im Gegenteil, der indigene Kontext, bestehend aus den vor Ort jeweils angetroffenen Individuen, war der eigentlich wirkmächtige Part in dieser Auseinandersetzung.65 Die Jesuiten konnten in Asien, ganz gleich, ob in Indien oder Hormuz, Japan oder auf den Molukken, nie tun oder lassen, was sie wollten. Sie mussten tun oder lassen, was sie sich zu tun oder zu lassen angesichts ihrer Umwelt überhaupt erlauben konnten. Alle betrachteten jesuitischen Praktiken können nur in Ansehung dieses bestimmenden Faktors überhaupt einen Sinn erhalten. Im Hintergrund muss also immer bedacht werden, dass »these local populations were far from being passive recipients of the Jesuit’s message. For the most part mission failed or stumbled because people in India, China, or New France did not want mission thrust upon them. They were happy enough with their familiar gods, their moralities, and their rites of passage.«66

63 Hartog: The Mirror of Herodotus, Berkeley/Los Angeles/London 1988, S. 9 f. 64 Ruiz Jurado SJ: Nadal, Jéronimo, in: DHCJ 3, S. 2794. 65 Wendt: Mission transnational, trans-kolonial, global in: Schweizerische Zeitschrift für Religions- und Kulturgeschichte (2011), S. 97. 66 Wright: God’s Soldiers, New York u. a. 2004, S. 124. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

Einleitung

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Diese Praktiken werden nun im folgenden dritten Schritt an drei Beispielen konkretisiert, wobei ich mich geographisch klar auf ›Indien‹ – worunter ich für diese Arbeit die auf dem Festland des Subkontinents gelegenen Teile des Estado da Índia und die daran anschließenden jesuitischen Missionsgebiete verstehe – und Japan konzentriere. Alle weiteren Gebiete des indopazifischen Raums werden nur gelegentlich als Vergleichsfolien herangezogen. Daraufhin soll im vierten und letzten Schritt die Vernunft- und Logikkonzeption der Societas Jesu erörtert werden, um anhand dieser eine der bestrezipierten Selbstaussagen der Societas nochmals zu prüfen: Die besondere Betonung der Wichtigkeit interreligiöser Debatten zur Konversion der indigenen religiösen Eliten, seien es Brahmanen in Indien oder zen-Buddhisten in Japan. Damit verbunden ist jeweils eine Neujustierung der Beobachtungsebene, vom Makroskopischen der einführenden Überlegungen zur konkreten Aufarbeitung der Beispiele in einer möglichst detailorientierten Mikroperspektive. In diesem letzten Teil wird dabei der theoretische Apparat noch einmal am Beispiel auf seine Leistungsfähigkeit für die Mikroebene geprüft, um die so erzielten Aussagen an die Makroebene zurückzukoppeln. Dabei verfahre ich zwar nicht strikt prosopographisch, bemühe mich aber um eine möglichst nah an den Personen entlangführende Betrachtungsweise, da deren Handlungen und Praktiken nie isoliert gesehen werden können, sondern immer nur als Bestandteile eines raumzeitlich ausgedehnten Kontexts. Eine letzte Vorbemerkung dazu noch: Schon für die Lebenden ist es letztlich unmöglich, ihre inneren Welten von außen festzuschreiben. Noch stärker gilt das für diejenigen, die nicht mehr mit uns in Kontakt treten können; auf deren Gedanken will ich keinen Anspruch erheben. Ich beschränke mich daher darauf, aus dem noch Beobachtbaren Implikationen für das nicht zu Beobachtende herauszupräparieren. Die Toten sind tot; ihre Schädel sind leer.

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2. Makroskopisches

Am 15. August 1549 ging Francisco de Javier in Kagoshima an Land; die Societas Jesu landete damit in Japan. So oder ähnlich beginnen die meisten Narrative, die das Eintreffen dieser ersten jesuitischen Missionare auf dem japanischen Archipel schildern; und an einer solchen Passage lassen sich idealtypisch einige Schwierigkeiten aufzeigen, die mit Narrativen dieser Form verbunden sind. Zunächst einmal ist da das Datum. Tritt man einen Schritt zurück von der quasi überzeitlichen Gültigkeit des europäischen Kalenders und fragt sich, welche Zeitvorstellungen denn von den Beteiligten an das Ereignis herangetragen wurden, so ergibt sich, dass Javier den Boden Kyūshūs am 22. des siebten Monates des 18. Jahres Tenbun betrat1 – legte die bei weitem überwiegende Mehrheit der Anwesenden doch den traditionellen japanischen Kalender ihren Zeitvorstellungen zugrunde. Dann ist da die Frage der dramatis personae des im Folgenden aufzuführenden Stückes: Javier kam nicht allein, um dieses ihm unbekannte Land zum Christentum zu bekehren. Mit ihm reisten die europäischen Jesuiten Cosme de Torres und Juan Fernández, der erste von Javier konvertierte Japaner, Anjirō2 (c.1512–55), zwei weitere japanische Konvertiten mit den portugiesischen Taufnamen Antonio und Joane, dazu noch ein chinesischer Konvertit, getauft als Manoel, und ein von der Malabarküste stammender Inder namens Amador.3 Aber damit nicht genug – auch ein später zum Heiligen erklärter Vielreisender wie Javier konnte nicht über den Ozean wandeln, sondern musste sich eines Transportmittels bedienen. So befanden sich unter den Ankommenden also auch die übrigen Passagiere der chinesischen Dschunke, mit der die kleine Gruppe an Jesuiten übergesetzt hatte  – und von denen die ihnen seltsam und fremdartig erscheinenden Mitreisenden auf hoher See während eines Sturmes beinahe über Bord geworfen worden wären, was die Aufführung noch während des Prologs abrupt beendet hätte. Wie die Gesellschaft Jesu selbst später verbreiten ließ, ging die Tochter des Kapitäns in schwerem Wetter über Bord und ertrank.4 Die daraufhin befragten Orakel gaben zur Antwort, 1 Lacouture: Dialog in Yamaguchi, Mannheim 2002, S. 5. 2 Auch: Yajirō, Angerō.Die Namensfrage ist nicht geklärt, ich folge: Schurhammer SJ: FX 2.2 (1971), S. 60 f., FN 6. 3 Vgl. ebd. 4 [Javier, Francisco de]: Veröffentlichter Brief aus Malakka vom 22. Juni 1549, in: Maffei, Giovanni Pietro SJ: Kurtze Verzeichnuß und historische Beschreibung, übers. v. Götze, Johann Georg, Ingolstadt 1586, S. 116 (2). © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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wäre einer der Jesuiten ertrunken, so wäre das Mädchen verschont geblieben, woraufhin Javier die drohende Gefahr der nachträglichen Realisierung dieses impliziten Ratschlags nur noch durch Gebete abwenden konnte.5 Des Weiteren stellt sich die Frage nach der internen Hierarchie dieser so heterogen zusammengesetzten kleinen Gruppe, die nicht nur das gemeinsame Ziel verfolgte, das Wort Gottes zu verbreiten, sondern zudem auch noch die oftmals zu einer monolithischen Quasi-Entität stilisierte Gesellschaft Jesu selbst zu repräsentieren schien und in vielen Publikationen auch weiterhin scheint. In ihrer Gestalt waren schließlich ›die Jesuiten‹ als solche nach Japan gelangt. Bereits daran, dass von den vier letztgenannten Konvertiten nicht einmal die Lebensdaten noch bestimmt werden können – im Vergleich etwa mit der nahezu unendlichen Literatur zu Javier – lässt sich jedenfalls eine Hierarchie des ihnen von der Nachwelt entgegengebrachten Interesses ablesen, bei der ich zumindest fragen will, ob sie sich auch in den zeitgenössischen Verhältnissen wiederfinden lässt. Das scheint keinesfalls unrealistisch; Luís Fróis als offiziell berufener Chronist der Japanmission beschrieb Antonio, Manoel und Amador als »Diener«6 (was bei ihm des Öfteren auch als Euphemismus für Sklaven fungiert, siehe Kap. 7). Auch das Diccionario Histórico de la Compañía de Jesús erwähnte formaljuristisch korrekt 2001 zwar Anjirō und die drei Vollmitglieder der Gesellschaft, aber nicht die übrige Entourage: »En efecto, guiados por Anjirō, tres jesuitas españoles, Javier, Cosme de Torres y Juan Fernández, llegaron a Kagoshima el 15 agosto 1549.«7 Das Phänomen ist aber auch innerhalb der eigentlichen Societas kein Einzelfall – von den weniger prominent figurierenden Jesuiten selbst sind oft kaum noch Informationen erhalten, sie sind »known only through a few published letters.«8 Und zu guter Letzt muss das in vielen diesem Thema gewidmeten Untersuchungen implizit positiv aufgeladene Begriffsfeld »Mission« nach seiner tat-sächlichen Konnotation befragt werden. »Tat-sächlich« hier im Wortsinn verstanden, als ich besonderes Gewicht eben nicht auf die Untersuchung von überlieferten Äußerungen, sondern gerade auf die ihnen ursprünglich zugrunde liegenden und in diesen noch Vorschein tretenden Handlungsüberlieferungen legen möchte. Tritt das Wort im Folgenden mit Bindestrich auf, ist es dergestalt zu verstehen, als Betonung der Handlungen, die für etwas unternommen werden. Eine solche Beschreibung tat-sächlicher Praktiken kann einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, die zu betrachtenden Phänomene deutlicher zu

5 [Javier, Francisco de]: Veröffentlichter Brief aus Malakka vom 22. Juni 1549, in: Maffei, Giovanni Pietro SJ: Kurtze Verzeichnuß und historische Beschreibung, übers. v. Götze, Johann Georg, Ingolstadt 1586, S. 117 (2).. Vgl. auch Schurhammer SJ: FX 2.3 (1973), S. 46 f. 6 Fróis, Luís SJ: Die Geschichte Japans (1549–1578), hg. u. übers. v. Schurhammer SJ/ Voretzsch SJ, Leipzig 1926, S. 4. 7 Ruiz-de-Medina SJ/Pfister: Japón, in: DHCJ 3, S. 2131. 8 Rule: K’ung-tzu or Confucius?, Sidney/London/Boston 1986, S. 2. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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konturieren, vor allem, wenn man sie mit analogen Praktiken in diachrone oder synchrone Vergleiche setzen kann (siehe Kap. 2.2).

2.1 Praktiken und Mission Geist: »In Lebensfluten, im Tatensturm / Wall’ ich auf und ab, / Wehe hin und her! / Geburt und Grab, / Ein ewiges Meer, / Ein wechselnd Weben, / Ein glühend Leben, / So schaff’ ich am sausenden Webstuhl der Zeit / Und wirke der Gottheit lebendiges Kleid.« Faust: »Der du die weite Welt umschweifst, / Geschäftiger Geist, wie nah fühl’ ich mich dir!« Geist: »Du gleichst dem Geist, den du begreifst, nicht mir!«9

Ich versuche, in dieser Arbeit den Fokus vornehmlich auf die Praktiken der Akteure und Akteurskollektive zu legen. Diese Praktiken lassen sich zunächst grob als wiederholbare und wiederholte Handlungen beschreiben; allerdings muss ich dafür den hier verwendeten Handlungsbegriff als analytische Kategorie noch etwas weiter ausführen. Dabei muss jedoch klar sein, dass dieser Handlungs- und Praktikenbegriff ein rein pragmatisches Instrument der Arbeit darstellt und seinen Wert durch seine Operationalisierbarkeit unter Beweis stellen muss. Es handelt sich hier keineswegs um eine ontologische Definition des Wesens von Handlungen an sich. Ich fasse eine solche »Handlung« (Praxis im Gegensatz zur Praktik) als einen dynamischen Prozess, der zwischen zwei verschiedenen Gegebenheitsstrukturen vermittelt, und der konzeptionell konstruiert wird durch eine Anwendung des kantschen Konzepts der transzendentalen Einheit der Apperzeption. Wie Immanuel Kant (1724–1804) richtig bemerkte, sind uns die Dinge der Außenwelt und auch wir selbst nicht unmittelbar gegeben, sondern nur ver­mittelt durch die Anschauung; und diese Anschauung strukturiert sich nicht selbstevident, sondern wird konstruiert. »Allein die Ve r b i n d u n g (conjunctio) eines Mannigfaltigen überhaupt kann niemals durch Sinne in uns kommen, und kann also auch nicht in der reinen Form der sinnlichen Anschauung zugleich mit enthalten sein; denn sie ist ein Actus der Spontaneität der Vorstellungskraft, und, da man diese, zum Unterschied von der Sinnlichkeit, Verstand nennen muß, so ist alle Verbindung, wir mögen uns ihrer bewußt werden oder nicht, (…) eine Verstandeshandlung, die wir mit der allgemeinen Be­ nennung S y n t h e s i s belegen würden, um dadurch zugleich bemerklich zu machen, daß wir uns nichts, als im Objekte verbunden, vorstellen können, ohne es vorher selbst verbunden zu haben, und unter allen Vorstellungen die Ve r b i n d u n g die 9 Goethe/Schöne/Steinmetz: Faust I. Text und Kommentar, Frankfurt a. M. 2009, Szene: Nacht, S. 30. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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einzige ist, die nicht durch Objekte gegeben, sondern nur vom Subjekte selbst verrichtet werden kann, weil sie ein Actus seiner Selbsttätigkeit ist.«10

Jeder kleinste Augenblick der Wahrnehmung lässt sich in unendlich viele empirische Daten, die uns gegeben werden, unterteilen. Dass diese Daten zu Einheiten zusammengefasst werden können, dass uns also Dinge in jeder Bedeutung überhaupt als gegeben erscheinen, ist dabei die große konstruktive Leistung des Geistes, die uns überhaupt erst eine Außenwelt ermöglicht. »Verbindung liegt aber nicht in den Gegenständen, und kann von ihnen nicht etwa durch Wahrnehmung entlehnt und in den Verstand dadurch allererst aufgenommen werden, sondern ist allein eine Verrichtung des Verstandes, der selbst weiter nichts ist, als das Vermögen, a priori zu verbinden, und das Mannigfaltige gegebener Vor­ stellungen unter Einheit der Apperzeption zu bringen, welcher Grundsatz der oberste im ganzen menschlichen Erkenntnis ist.«11

Dabei denke ich nicht, dass sicher analysiert werden kann, nach welchen Gesetzen diese Konstruktion erfolgt. Wie Kant ausführt, ist sie transzendental, sie weist über sich hinaus auf ein Ungreifbares. Dennoch ist sie evident gegeben, und stellt dabei eine anthropologische Konstante dar: Der Mensch denkt Dinge. Nach welchen Mustern diese Dinge konstruiert werden, ist damit nicht festgelegt, nur dass es geschehen muss. Die Muster der tatsächlichen Anwendung dieses mentalen Verfahrens lassen sich variieren, und sie variieren von Kultur zu Kultur, von Mensch zu Mensch, und formen und transformieren in ihrer Anwendung dann wiederum die Menschen und Kulturen, denen sie selbst entspringen. Wie Goethes Faust angesichts des Erdgeistes schließlich zu seiner Verzweiflung erfahren muss, lassen sie sich für uns nicht objektiv fassen: »Nicht dir! / Wem denn? / Ich Ebenbild der Gottheit, / Und nicht einmal dir!«12, denn sonst wäre uns ja doch ein Zipfel des Dings an sich objektiv gegeben, läge ja damit in den Daten der Außenwelt eine Gesetzmäßigkeit ihrer Verarbeitung zu ergründen, was ich wiederum im Anschluss an Kant verneinen möchte. »Es ist um nichts befremdlicher, wie die Gesetze der Erscheinungen in der Natur mit dem Verstande und seiner Form a priori, d. i. seinem Vermögen das Mannigfaltige überhaupt zu v e r b i n d e n , als wie die Erscheinungen selbst mit der Form der sinnlichen Anschauung a priori übereinstimmen müssen. Denn Gesetze existieren eben so wenig in den Erscheinungen, sondern nur relativ auf das Subjekt, dem die Erscheinungen inhärieren, so fern es Verstand hat, als Erscheinungen an sich nicht existieren, sondern nur relativ auf dasselbe Wesen, so fern es Sinne hat. Dingen an sich selbst 10 Kant: Kritik der reinen Vernunft, hg. v. Martin u. a., Stuttgart 1966, S. 173 f. SiO. 11 Ebd., S. 177 f. 12 Goethe/Schöne/Steinmetz: Faust I. Text und Kommentar, Frankfurt a. M. 2009, Szene: Nacht, S. 30. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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würde ihre Gesetzmäßigkeit notwendig, auch außer einem Verstande, der sie erkennt, zukommen. Allein Erscheinungen sind nur Vorstellungen von Dingen, die, nach dem, was sie an sich sein mögen, unerkannt da sind.«13

Nicht dass die Welt ist, ist also das Mystische, sondern wie sie ist. Die transzendentale Einheit der Apperzeption konstruiert in dynamischer Weise Zu­ sammenhänge. Diese Zusammenhänge füllen den oben gegebenen Handlungsbegriff mit Sinn, als mit jedem dieser Zusammenhänge nach seiner Konstruktion das Gesamt aller Wahrnehmungen, die Gegebenheitsstruktur, ein anderes ist als zuvor. Selbst wenn ich denke »Alles ist wie gerade auch«, so ist Alles damit doch bereits anders, denn dieses Gedachte war gerade eben nicht darin enthalten. So überwindet sich auch die Dichotomie von Denken und Handeln selbst, denn sowohl Denken als auch Handeln stellen Klassen solcher Zusammenhangskonstruktionen dar. Auch die überstarke Kausalitätsfokussierung klassisch abendländisch-logischen Denkens muss hier nicht notwendig einfließen. Es genügt, um nur die notwendigsten Postulate aufzustellen, anzunehmen, dass etwas vorliegt wie Nāgārjunas (c.150–250 n. d. Z.) »bedingte Entstehung«, dass also gewisse Zustände der Gegebenheitsstruktur mit anderen konditional verknüpft sind (siehe Kap. 6). Um mit Jñānaśrimita zu sprechen, einem indischen buddhistischen Denker des 10. Jahrhunderts: »By relying on a little bit of the truth, namely, the prior absence, we conditionally adopt the position that ›[there is arising] of a nonexistent thing‹ in order to foreclose any worries about the doctrine that effects preexist in their causes.«14 Den kleinsten Bestandteil eines solchen Systems von dynamischen Änderungen der Gegebenheitsstruktur möchte ich als konstruktive Einheit der Apperzeption bezeichnen: Das, was unter einem solchen dynamischen Zusammenhang an Wahrnehmungsänderungen zusammengefasst wird. Diese Kategorie ist dabei nur insofern eine empirische, als sie uns gegeben wird, als wir sie, sozusagen, vorfinden: Denn wir konstruieren sie nicht aktiv, sondern stehen letztlich unserem eigenen Geist immer nur als einem Abbild gegenüber, das wir hinnehmen müssen. Um mit Einstein per Schopenhauer zu sprechen, können wir zwar denken, was wir wollen, aber nicht wollen, was wir wollen.15 Diese analytische Kategorie der Praxis (Handlung) als konstruktiver Einheit der Apperzeption ist damit zwar intersubjektivierbar, als wir uns bemühen können, sie möglichst klar auszudrücken, so wie ich es hier gerade mit meiner theoretischen Konzeption versuche (wahrscheinlich nicht so erfolgreich wie angestrebt), aber 13 Kant: Kritik der reinen Vernunft, hg. v. Martin u. a., Stuttgart 1966, S. 202. 14 McCrea/Patil/Jñānaśrimita: Buddhist philosophy of language in India, New York 2010, S. 29. [EiO]. 15 Einstein: Mein Glaubensbekenntnis, Berlin 1932/33, zit. nach: Herneck: Albert Einsteins gesprochenes Glaubensbekenntnis, in: Die Naturwissenschaften (1966), S. 198. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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nicht objektivierbar im Sinne eines von mehreren Individuen unabhängig voneinander gleich Vorfindbaren. Dieser Handlungsbegriff – Praxisbegriff – ist damit zwar letztlich recht weit, aber nicht beliebig; und er vereint, was für den weiteren Fortgang der Untersuchung wichtig ist, Denken-als-Handeln und Tun-als-Handeln in einer episte­ mologischen Einheit. Liegen solche Handlungen – Praxen –, immer begriffen als konstruktive Einheiten der Apperzeption, nun habitualisiert oder routiniert vor, so lässt sich von Praktiken sprechen, und in diesem Sinne gebrauche ich den Terminus. Damit ist auch der Praktikenbegriff ein analytischer, nur bedingt empirischer, intersubjektivierbarer, aber nicht objektivierbarer Begriff. Es wäre zwar verlockend, nun mit Bourdieu zu versuchen, die Analyse von Praktiken als »Psychoanalyse des Sozialen«16 einzusetzen, um dem Funktionieren der Societas Jesu nachzuspüren, aber diese Möglichkeit bleibt mir versagt. Für einen derartigen Ansatz ist das zur Verfügung stehende Datenmaterial zu lückenhaft. Aus den wenigen, bruchstückhaften und oft zusammenhanglosen Informationen über viele der in dieser Arbeit behandelten Personen (siehe Kap. 3.5) soziologische Profile zusammensetzen zu wollen, ja gar ihren mentalen Dispositionen in der Aktualisierung als Habitus nachzuspüren zu versuchen wäre nichts anderes als der Versuch, Unwissen durch Spekulation ersetzen zu wollen. Ich arbeite daher bewusst mit niederschwelligeren und weniger engen Begriffen, was zu weniger weit reichenden, aber dafür besser gestützten Schlüssen führt. Hier gilt: Bescheidenheit vor den Quellen. Ich kann und werde nun einmal nur mit dem arbeiten, was ich habe. Eine so definierte Praktik ist ein Definiendum, kein Definiens.17 Zugleich ist der Begriff weit genug, um analytisch untergliederbar zu sein: Praktiken können in Subpraktiken untergliedert und in Metapraktiken zusammengeschlossen werden. Eine konstruktive Einheit der Apperzeption kann durchaus aus anderen Einheiten zusammengefasst sein. Jede Praktik kann aufgegliedert werden in verschiedene Subpraktiken, die zu ihrer Realisierung notwendig sind, und Differenzen in der Akzeptanz oder Ausführung einer Praktik zwischen Akteurskollektiven können schon durch Differenzen in der Zusammensetzung dieses Subpraktikengeflechts entstehen. Auch der Moment, an dem man ein solches Subpraktikengeflecht zu einer eigenständigen Praktik erklärt, ist ein definitorischer, erfordert eine Setzung. Je komplexer eine Praktik ist, also je mehr Subpraktiken realisiert werden müssen, bis diese Praktik selbst realisiert werden kann, desto wichtiger ist es, sich der Existenz und der Relevanz dieser Subpraktiken bewusst zu sein, und desto komplexer sind notwendigerweise die zur Vermittlung und damit zum Transfer notwendigen Schritte. Im Falle eines Buches beispielsweise sind grundlegende Subpraktiken einerseits die Produktion 16 Bourdieu: Die feinen Unterschiede, Stuttgart 201223, S. 31. 17 Vgl. ebd., S. 277. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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des Buches als Informationsträger, das Bereitstellen des physikalischen Substrats, das heißt, die Herstellung von Papier, Pergament, Seide oder anderen Beschreibstoffen und deren Zusammenfügung zu einem komplexen Gebilde durch Kleben, Nähen, Heften; andererseits die Praktik der Informationsübermittlung durch Zeichen, das heißt, das Schriftsystem und das Schreiben, sowie natürlich auch das Abrufen dieser Informationen, also das Lesen. Dazu kommen zudem auf der immateriellen Seite noch die Praktik des Verfassens, also der literarischen Techniken, Genres, Stilmittel und Formalia, die der Autor zugrundelegt, und die Intention des Autors für das Werk; und schließlich die Praktik der Interpretation, die den Leser kompetent macht, die Information, die der Autor ins Buch gelegt wissen wollte, in möglichst ähnlicher Form daraus zu entnehmen, also einen Roman nicht für Wahrheit zu halten und ein Gedicht nicht für eine wissenschaftliche Konstruktionsanleitung. Eine kollektive Praktik in diesem Sinne ist die Verwirklichung einer implizit oder explizit gegebenen Norm für die Handlung, die man vollzieht. Ein materielles Transfergut wie zum Beispiel eine Karte ist in zweierlei Hinsicht an diese Definition gebunden: Einerseits ist es das Ergebnis einer Praktik – der durch die Kultur geprägten Wissenschaft bzw. Technologie der Kartographie  – und die Grundlage einer solchen, als seine Benutzung ebenfalls eine Praktik darstellt, die kulturell normiert sein kann. Dasselbe gilt für auch für ein Buch, das Ergebnis wie Grundlage gleich mehrerer verschiedener Praktiken sein kann, aber auch für andere Güter wie Werkzeuge, Tischgeschirr und Kleidungsstücke. Ein abstraktes Gut wie Wissen oder Überzeugung, z. B. von der Gestalt der menschlichen Vernunft, ist insofern an die Definition gebunden, als der Umgang mit diesem Abstraktum, wenn nicht sogar das Denken des Abstraktums selbst, eine kollektiv normierte und von den Individuen habitualisierte Handlung darstellt. An jedem Ort zu jeder Zeit bilden dabei alle Praktiken einer Gruppe von Menschen eine Gesamtheit. Sie bilden einen verbindlichen, kollektiv entworfenen Sinnkosmos und stellen kollektiv entworfene und für jedes Individuum verbindliche Handlungsmuster zur Verfügung.18 Da die Ursprünge und ursprünglichen Intentionen dieser Praktiken allerdings zeitlich und räumlich unterschiedlich sind, ist es unmöglich, alle Praktiken unter einer Definition zu erfassen, die hinreichend allgemein ist, um auch für einen anderen Punkt in Zeit und Raum gelten zu können. Mit dieser Feststellung geht der Verzicht auf den Terminus der Kultur als Analysekategorie einher. Kulturen beziehungweise die geospatialen Kulturräume sehe ich als allmählich ineinander übergehende Flickenteppiche von Praktiken unterschiedlicher Herkunft an19, wobei die Einordnung fremder Praktiken in das jeweils eigene ›kulturelle‹ Schema des betreffenden Akteurs oder Akteurskollektivs das wesentliche Moment ist, das diese 18 Vgl. Fuchs: Aufbruch in fremde Welten, in: Fuchs/Trakulhun (Hg) 2003, S. 187. 19 Vgl. Gassert: Kulturtransfer durch Fernhandelskaufleute, Frankfurt a. M. 2001, S. 38. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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Räume konstituiert.20 Kann man zwar basale Normen und Werte, also Basis­ praktiken zur Konstitution und Evaluation von weiteren Praktikensätzen, als für große Räume und eine Vielzahl von Akteuren verbindlich postulieren und diese als eine Art Markenkern einer Kultur ansehen, der die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Kulturraum regelt, so greift diese sehr allgemeine Betrachtungsweise in meiner Perspektive zu kurz. Welcher Kultur gehörten die Konvertiten der Societas Jesu an, welcher Kultur ihre japanischen oder indischen Mitglieder und Zuarbeiter? Konzepte kultureller Hybridität oder Mestizisierung vermögen zwar zu beschreiben, dass diese Akteure über Praktikensätze verschiedenen Ursprungs verfügten,21 aber nicht zu erklären, warum sie welche dieser Praktiken für sich übernahmen. Praktiken müssen aber in die Praktikengeflechte der jeweiligen Akteurs­ kollektive inkorporiert werden, um erfolgreich transferiert zu werden. Dass die Societas Jesu in ihrem Ausgreifen auf den außereuropäischen Raum Versuche unternahm, genau das zu erreichen, stellte bereits Alden heraus. »In Europe, Jesuits were intimately identified with the forces of Catholic orthodoxy; abroad they became revolutionaries, not among the Europeans whom they hoped to reform, but among the indigenous multitudes whose basic systems of belief and customs they sought to alter through what today would be recognized as behavior modification.«22

Die These der revolutionären Natur dieser durch die Gesellschaft Jesu an­ gestrebten Änderungen in den Praktikengeflechten der Konvertiten sehe ich jedoch kritisch. Jede Eingliederung neuer Praktiken wird limitiert durch die Anforderung grundlegender Kompatibilität. Die jeweilige Praktik muss in den durch das bereits existierende Praktikengeflecht gesetzten Rahmen passen oder eingepasst werden können, damit sie akzeptiert werden kann. Dem Beispiel des Buches folgend ist die erste Limitation das Vorhandensein einer literarischen Praktik. In einer illiteraten oder völlig oralen Gesellschaft wird ein Buch schon wegen der Unvorhandenheit des Äquivalents nur schwer transferabel sein, es sei denn als innovative Problemlösung. In einer Gesellschaft, die Bücher zwar kennt, aber ihren Inhalt und ihre Verwendung strikt auf den religiösen Bereich begrenzt, mag ein wissenschaftliches Werk etwa über Agrikultur oder Maschinenbau den Status einer illegitimen Praktik zugewiesen bekommen, da es mit der vorherrschenden Interpretationspraktik für Bücher kollidiert; nichtsdestotrotz mögen pragmatische Gründe vorliegen, es dennoch zuzulassen oder aber heimlich zu lesen. Die Blockierung unerwünschter Praktiken ist damit eine we 20 Vgl. Suppanz: Transfer, Zirkulation, Blockierung, in: Celestini/Mitterbauer (Hg) 2003, S. 28. 21 Vgl. etwa Todorov: Die Eroberung Amerikas, Frankfurt a. M. 200810, S. 240–259. 22 Alden: The Making of an Enterprise, Stanford 1996, S. 77. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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sentliche Möglichkeit, kollektive Identitäten aufrechtzuerhalten oder zu schaffen. Unbegrenzte Zirkulation würde zur Beliebigkeit von Praktiken und zum Identitätsverlust der Akteurskollektive führen.23 Die informelle Natur von Praktiken, vor allem aber der sie konstituierenden Normen, stellt dabei ein analytisches Problem dar. Sie sind innerhalb des jeweiligen Akteurskollektivs zwar implizit institutionalisiert – um den Kriterien für die Erstellung eines kulturellen Markenkerns genügen zu können, vom Standpunkt der Mitglieder dieses Kollektivs sogar notwendigerweise –, aber das muss nicht heißen, dass sie auch an irgendeiner Stelle von diesen Teilhabenden expliziert würden. Das Selbstverständliche ist das, worüber man nicht zu sprechen braucht. Es muss nicht kommuniziert werden, weil sein Vorhandensein unbewusst vorausgesetzt wird. Dementsprechend ist es in der historischen Untersuchung nur möglich, aus den beobachtbaren, überlieferten Handlungen Praktiken zu erschließen, was wiederum auf den analytischen Charakter der Kategorie verweist: Sie werden ex post zugeschrieben, nicht ex ante präpariert. Es ist zwar etwas ungewöhnlich, im Vorfeld einer historischen Arbeit seine philosophischen Propositionen über die Ebene der operativen Analysekategorien hinaus offenzulegen. Da ich das aber beispielsweise anhand des Vernunft- und Logikbegriffs für meine Protagonisten in dieser Arbeit selbst versuche (siehe Kap. 6.1, 6.2), will ich Klarheit schaffen, vor welchem Hintergrund ich meine Schlussfolgerungen aufbaue. Der impliziten Natur meiner Denk-und Arbeitspraktiken kann ich damit zwar nur partiell abhelfen, aber gerade der Prozess der Untersuchung selbst hat mir gezeigt, wie nötig es ist, scheinbar als selbstverständlich empfundene Grundannahmen des eigenen Denkens mit kritischem Abstand in den Blick zu nehmen und zu relativieren. Es muss immer möglich sein, dass die Welt anders beschaffen ist, als ich sie mir denke. Denn wäre dem nicht so, untersuchte ich nur mein eigenes Denken, das die Welt nach seiner Maßgabe erschüfe. Dennoch, das ist das bekannte Paradoxon, dass der Geist in den Geisteswissenschaften explanans und explanandum zugleich ist, kann ich sie mir nur denkend vergegenwärtigen, und zwar so denkend, wie ich eben denke. Allein das ist schon nicht unproblematisch. Der indische Philosoph und Logiker Jayanta Bhatta (9. Jhdt)24 verneinte aus diesem Grund, dass das Wort »Ich« das reine Selbst, also die Seele bezeichnen könne – denn wäre dem so, würden bestimmte sprachliche Ausdrücke darauf hinweisen, dass sie sich selbst wahrnehme, und also zugleich Wahrnehmende und Wahrgenommenes sei, was er für logisch unmöglich hielt.25 Während westlich-europäisch 23 Suppanz: Transfer, Zirkulation, Blockierung, in: Celestini/Mitterbauer (Hg) 2003, S. 29. 24 Krasser: Zur buddhistischen Definition von gültiger Erkenntnis (pramān a) in Jayan­ tabhattas Nyāyamañjarī, in: Studien zur Indologie und Iranistik (1997), S. 105. 25 Watson: The Self’s Awareness of Itself, Wien 2006, S. 51. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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denkenden Menschen diese Annahme wiederum auf den ersten Blick seltsam vorkommt, so ist es in einer nicht propositional, sondern ortlogisch argumentierenden Struktur wie der klassischen indischen Logik wirklich schwer, eine solche Behauptung regelkonform zu formulieren. Will ich also Raum schaffen, um andere Zugänge zur Welt als meine zuzulassen – und sie, wenn ich sie im Untersuchten auffinde, dementsprechend nicht als defizient bezeichnen zu müssen – so muss ich einerseits die Voraussetzungen explizieren, unter denen ich sie betrachte, und andererseits klarstellen, dass ich sie nur im Rahmen dieser Voraussetzungen verstehen kann. Um es fassbarer zu formulieren, ich möchte einem universalistischen Fehlschluss entgehen, wie er etwa Kant – dessen Gedanken ich ersichtlich viel verdanke – unterlief, als er in der Kritik der reinen Vernunft versuchte, die Bedingungen der Möglichkeit menschlichen Denkens überzeitlich und überindividuell zu bestimmen. Denn hier muss man einwenden, dass das, was er untersuchte, ja zunächst einmal Kants Verstand und Kants Vernunft waren, wobei er sich dann als Instanz eines allgemeinmenschlichen Ganzen betrachtete und damit für seine Erkenntnisse universelle Gültigkeit beanspruchte. Die Gültigkeit eines solchen Schlusses vom Einzelnen auf das Allgemeine sehe ich kritisch. Ich will nicht pauschal abstreiten, dass solche Schlüsse möglich sein können, vor allem, weil ich nicht umhin kann, sie in dieser Arbeit selbst zu ziehen. Aber ich möchte deutlich bestreiten, dass sie zwingend sind. Sie sind fakultativ – es mag sich so verhalten, und es kann notwendig sein, der Argumentation zuliebe anzunehmen, es sei so – aber es ist unmöglich, zu bestimmen, dass es so ist. Letztendlich ist jede als Wissen etikettierte Darstellung weniger eine im von uns üblicherweise vorausgesetzen Sinn deskriptive als vielmehr eine normative Beschreibung des in Frage stehenden Gegenstands.26 Wichtig ist, das transparent zu machen, damit eine Diskussion über die Argumentation sinnvoll möglich wird, und nicht durch das implizite Anlegen verschiedener Maßstäbe ein schiefer Dialog entsteht, der sich nicht auflösen lässt, wie es zwischen den Jesuiten des 16. Jahrhunderts und ihren asiatischen Dialogpartnern mit schöner Regelmäßigkeit der Fall war. Die »so genannte Akkommodationsmethode, die den Jesuiten so großen Ruhm eingebracht hat, nahezu eine Notwendigkeit, um mit Angehörigen einer fremden Kultur ins Gespräch zu kommen«,27 war dabei nicht in der Lage, dem abzuhelfen. Diese Arbeit fragt daher im Folgenden nach Missionspraktiken und den daraus entstehenden oder auch nicht entstehenden Praktikentransfers. Genauer gesagt befasse ich mich mit der Frage, welche Praktiken die Jesuiten in ihren asiatischen Missionsfeldern tatsächlich anwandten und ob damit die Ergebnisse verbunden 26 Kornblith: Why Should We Care About the Concept of Knowledge?, in: Episteme (2005), S. 47 f. 27 Hausberger: Mission: Kontinuität und Grenzen eines universalen Anspruchs, in: Ders. (Hg) 2004, S. 19. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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waren, die ihnen vorschwebten. Dabei versuche ich zu klären, warum sie gerade diese Praktiken anlegten und wo strukturelle Bedingtheiten derselben liegen – und ob und warum die Akteurskollektive der Konvertiten diese Praktiken selbst nutzten, und welchen Veränderungen sie dabei unterlagen. Ein solcher Zugang setzt zunächst einmal voraus, dass das behandelte Gesamtphänomen, die Mission, als ein solcher Prozess des Praktikentransfers gedeutet werden kann. Diese Annahme ist nicht ganz unproblematisch, da argumentiert werden kann, die Übernahme einer anderen Religion sei aufgrund des grundlegenden Charakters der Religion im gesamten Weltbild des Individuums etwas anderes als lediglich die Übernahme einer neuen oder verbesserten Methode, etwa Gemüse anzubauen. Es sei also nicht möglich, ein solches Phänomen aufgrund seiner qualitativen Verschiedenheit zum einfachen Transfer von Praktiken mit der gleichen Methodik zu fassen wie diesen. Ich halte mit Hausberger dafür, dass die Deutung von Mission als Transfer dennoch möglich ist.28 Das mit der Bezeichnung »Religion« gefasste Abstraktum lässt sich auch beschreiben als eine komplexe, präskriptive Praktik der Welt­bilderzeugung.29 Es begreift unter sich viele unterschiedliche Handlungen, aus den Bereichen des Wissens, Glaubens und Handelns, und es stattet das über es verfügende Individuum mit einer zugleich deskriptiven und normativen Möglichkeit der Wahrnehmung der umgebenden Außenwelt aus. Die eigene Individualität, die ja ebenfalls wahrgenommen werden muss, um bewusst zu werden, ist hierbei ebenfalls der Außenwelt zuzuordnen. Gernet bezog hier eine ähnliche Position, als er die Hypothese aufstellte, die Schwierigkeiten der jesuitischen Mission seien darin begründet, dass sich »sich diese Differenzen sowohl in den chinesischen und europäischen Vorstellungen von Religion als auch in den jeweiligen Beziehungen zwischen Politik, Gesellschaft und Religion und nicht zuletzt in den Welt- und Menschenbildern wiederfinden [lassen].«30 Diese komplexe Praktik ist erlernbar und kann von Individuen übernommen werden, was immer wieder geschehen ist, wenn Menschen von einer Religion zu einer anderen konvertiert sind. Praktiken, auf die diese Kriterien zutreffen, können aber auch transferiert werden. Stuckrad führte solche Austauschprozesse im religiösen Bereich als »discursive transfer[s]« auf. Er stellte dabei in deren Beschreibung die wesentlichen Merkmale dieses Konzepts, die Weitergabe von Praktiken und ihre Transformation durch den Rezeptionskontext, explizit auch im Religiösen vor.31 28 Hausberger: Mission: Kontinuität und Grenzen eines universalen Anspruchs, in: Ders. (Hg) 2004, S. 11. 29 Vgl. Gernet: Die ersten chinesischen Reaktionen auf die europäische Kultur, in: Oriens Extremus (1997), S. 2. 30 Ebd., S. 6. 31 Stuckrad: Western Esotericism: Towards an integrative model of interpretation, in:­ Religion (2005), S. 84. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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Aufgrund der Komplexität, der Fremdartigkeit und der hohen Nichtübereinstimmung mit den bereits im Rezipienten installierten Normen, Werten und Begründungsmustern gestaltet sich der Transfer spiritueller, »religiöser« Praktiken allerdings schwieriger als der vermeintlich profanerer Praktiken. Er erfordert vom Vermittler einen beträchtlichen Aufwand, der sich noch erhöht, wenn missionarisch vorgegangen, also aktiv vermittelt werden soll.32 Dem qualitativen Unterschied der Praktiken von Gemüseanbau und Gottesverehrung entspricht auch ein qualitativer Unterschied bei der zum erfolgreichen Transfer notwendigen Vermittlungsleistung. Bei einem erfolgreichen Transfer spiritueller Praktikensätze besteht die Möglichkeit, einen wesentlichen Punkt bei der Zugehörigkeitszuschreibung des Rezipienten zu einem Akteurskollektiv zu transformieren, indem eine neue normative Autorität installiert wird, die fortan grundlegende Normen für die Konstruktion und Bewertung von Praktiken vorgeben kann  – und damit die Position mentaler Hegemonie beansprucht, die konstitutiv ist für imperiale Praktikenstrukturen, auch im spirituellen Bereich.

2.2 Mission als spirituelles Imperium »Es ist aber ein gewöhnliches Schicksal der menschlichen Vernunft in der Spekulation, ihr Gebäude so früh, wie möglich, fertig zu machen, und hintennach allererst zu untersuchen, ob auch der Grund dazu gut gelegt sei. Alsdenn aber werden allerlei Beschönigungen herbeigesucht, um uns wegen dessen Tüchtigkeit zu trösten, oder auch eine solche späte und gefährliche Prüfung lieber gar abzuweisen.«33

Um diesem Schicksal zu entgehen, möchte ich zunächst einen der bereits in der Einleitung angesprochenen diachronen Vergleiche von Praktikenkonfigurationen durchführen, um die Frage nach Möglichkeit und Art derart konstituierter spiritueller, mentaler Imperien genauer zu fassen. Der Südwestdeutsche Rundfunk führte am 24. Mai 2012 ein Interview mit Ibrahim Abou-Nagie, einem in Deutschland ansässigen muslimischen Prediger salafistischer Orientierung durch, in dem dieser offen auf das ihm in den deutschen Medien immer wieder verliehene Epitheton »Hassprediger« angesprochen wurde – wobei er genau so offen verneinte, einer zu sein.34 Der Vorwurf gründe sich, so der Interviewer Holger Schmidt im weiteren Verlauf, vor allem darauf, dass Abou-Nagie predige, wer nicht den Islam bekenne, der sei nach dem Tod zu ewiger Höllenstrafe verdammt – was dieser allerdings bestätigte. 32 Hausberger: Mission: Kontinuität und Grenzen eines universalen Anspruchs, in: Ders. (Hg) 2004, S. 9. 33 Kant: Kritik der reinen Vernunft, hg. v. Martin u. a., Stuttgart 1966, S. 57. 34 Schmidt: Interview mit Ibrahim Abou-Nagie, in: Terrorismus in Deutschland [http:// www.swr.de] (2012), Abs. 3. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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»Sie meinen die Äußerung, wer den Islam nicht annimmt, sei Jude oder Christ und stirbt ohne Islam [sic], dass er in die Hölle kommt. Diese Äußerung stammt nicht von mir. Das ist ein Bestandteil des Islam. Das sagt Allah im Koran und das sagt der Prophet Mohammed. (…) Der Prophet Mohammed sagte, ich schwöre bei Allah, also bei dem, in dessen Hand die Seele Mohammed ist, also das heißt, ich schwöre bei Allah [sic], jeder Mensch ob Jude oder Christ, der von mir hört und stirbt ohne an das zu glauben, ohne an den Koran zu glauben, ohne den Islam anzunehmen, außer dass er [sic] Bewohner des Höllenfeuer [sic] sein wird.«35

Dass er den Menschen diese unangenehme Wahrheit ins Gewissen rufe, sei aber mitnichten ein Zeichen von Hass, so Abou-Nagie. Ganz im Gegenteil, zeuge nicht seine Hingabe, mit der er seine Mitmenschen vor dieser für sie so unan­ genehmen Zukunftsperspektive zu bewahren suche, von einer Motivation aus reiner Menschenfreundlichkeit? »Ich gehe erstmal zur ersten Frage, ich bin erstmal kein Hassprediger und die Menschen, die mich als Hassprediger bezeichnen, sie werden am jüngsten Tag sehen, dass ich nur das Beste für sie geliebt habe. Hassprediger ist derjenige, der die Menschen betrügt und gerne [will], dass sie in die Hölle kommen. Ich warne die Menschen vor der Hölle, weil ich das Beste für sie will. Jemand, der sie warnt, der hasst sie nicht. Jemand, der sie nicht warnt, wenn sie in Gefahrsituation sind, das ist jemand, der sie hasst. Und wir haben noch nie zu Hass gepredigt. Wir haben niemals Hass gepredigt. Aber natürlich die Menschen sind schockiert, wenn ich die Wahrheit aus dem Koran und aus der Sura des Propheten wiedergebe.«36

Die Ziele Abou-Nagies und seiner Bewegung bestünden darin, mit friedlichen Mitteln, also durch Predigen des Korans, die Mehrheit der Gesellschaft zum­ Islam zu konvertieren, um dann Gottes Gesetz, beispielhaft ausgedrückt durch die Scharia, die direkte Umsetzung des Korans in juristische Praxis, einführen zu können.37 Der allgemeine Tenor der Medien ist und bleibt denn auch, dass es sich bei ihm eben doch um einen Hassprediger handele, der Toleranz, Demokratie und Religionsfreiheit gleichermaßen verachte. Ein Gedankenexperiment: Vergleich der hier zutage getretenen Praktiken mit einigen Passagen aus anderen Quellen. Und dieweil die Christenlich Lehr / die wir bekennen / ihren Bräuchen und Gesatzen / so gar zuwider ist / besorgen wir / das sie mit der Zeit (wiewol sie sich jetzt stel 35 Schmidt: Interview mit Ibrahim Abou-Nagie, in: Terrorismus in Deutschland [http:// www.swr.de] (2012), Abs. 21. [ME]. Dieses und alle folgenden Zitate aus dem Interview folgen exakt der dort verwendeten Transkription, mitsamt allen Rechtschreib-, Interpunktions- und Grammatikfehlern, die ich im Folgenden nicht weiter kenntlich gemacht habe, um den Lese­ fluss nicht unmöglich zu machen. 36 Ebd., Abs. 51. 37 Vgl. Ebd. Abs. 53, 57. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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len / als ob sie uns günstig seyen) wann unser sach anfahen wirdt fürsich zugehen /  nit allein selbs / zu unserm verderben / wüten / sonder auch das Volck / welliches sonst für sich selbs uns gar nit auffsätzig ist / wider uns bewegen werden. Wie wir aber bedacht seynd / uns aller zänckischer unnd schmachworten zuenthalten / also haben wir uns auch steiff und vest fürgesetzt / disen Heyden die Warheit von Gott unnd ihrer Seelen Heil unerschrockenlich zusagen / auch von ihrer beruffung zu der erkanntnuß deß Schöpffers und Erlösers unsers Herren Iesv Christi keinswegs abzustehen. Dieweil wir wol wissen / daß sie weiter gegen uns nit vermögen / dann ihnen Gott verhengt.«38

So Javier 1549 in einem Schreiben aus Kagoshima in Beschreibung seiner ersten Erfahrungen aus Japan. Warum er diesen festen Entschluss gefasst hatte, nicht von seinen auserkorenen Konvertenden abzulassen, erklärte er bereits zuvor, als er das beinahe verhängnisvolle Geschehen an Bord der Dschunke beschrieb. »Mich aber bewegten die Gottlosen Opffer der Unglaubigen / und die grosse Gott bewißne schmach / begab mich derwegen ins Gebett / unnd bat Gott offtermals / daß er dise Menschen / die er nach seiner Bildnuß unnd Gleichnuß erschaffen / eh wir mit den Wellen zugedeckt wurden / von so falschen Irrthumben / Wohn und Gottlosen Aberglauben erledigte.«39

Die Gottesebenbildlichkeit seiner Mitmenschen hatte ihn angerührt, er wollte sie nicht tatenlos der ewigen Verdammnis anheimfallen lassen. Wie er ihre Herzen und Seelen zu gewinnen suchte, unterschied sich zumindest nach Fróis’ Berichten aber in seiner tatsächlichen Ausführung nicht sehr von den Strategien, die Herrn Abou-Nagie seine wenig schmeichelhafte Charakterisierung eingetragen haben. »Unter diesen war auch ein vornehmer Edelmann, der sie anscheinend zu seiner Ergötzung und zum Zeitvertreib rufen ließ. Als der Bruder ihm in dessen Haus den Anfang der Welt vorlas und wie Luzifer wegen seines Stolzes in die Hölle hinabgestürzt wurde, und daß die Stolzen auf dieselbe Weise den Teufeln überliefert und in jene ewige Finsternis mit Qualen und Peinen geworfen würden, da begann jener Herr seine Verachtung über das auszudrücken, was er ihm sagte. Aber P. M. Francisco [Javier] wies ihn zurecht, indem er sagte, auch wenn er sich für mächtig hielte, wenn er nicht über seine Sünden weinte und sich demütigte, dann werde Gott ihn erniedrigen mit den höllischen Qualen. Darüber spottete jener noch mehr, zumal, da er hörte, man müsse sich demütigen und seine Sünden beweinen; und indem er sich ihnen mehr näherte, bezeigte er dem Pater und den Worten seiner Lehre seine Verach 38 [Javier, Francisco de SJ]: Veröffentlichter Brief aus Kagoshima vom 05. Dezember 1549, in: Maffei, Giovanni Pietro SJ: Kurtze Verzeichnuß und historische Beschreibung, übers. v. Götze, Johann Georg, Ingolstadt 1586, S. 139 f. (2). 39 [Javier, Francisco de SJ]: Veröffentlichter Brief aus Malakka vom 22. Juni 1549, in: Maffei, Giovanni Pietro SJ: Kurtze Verzeichnuß und historische Beschreibung, übers. v. Götze, Johann Georg, Ingolstadt 1586, S. 117 (2). © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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tung. Aber der Pater, entflammt von heiligem Eifer und mit roten und glühendem Antlitz, sagte zu ihm: »Und wenn Ihr auch nicht wollt, wenn Ihr Euch nicht demütigt, dann werdet Ihr der Qual verfallen!«40

Der extreme Heilsexklusivismus, durch den sich Javier zeitlebens auszeichnete,41 und der ihm die Schlussfolgerung, dass alle Heiden unweigerlich und auf ewig zum Höllenfeuer verdammt seien, unausweichlich machte, war allerdings nicht auf ihn beschränkt. Nachdem die Societas bereits über 70 Jahre Erfahrung in der Ostasienmission gesammelt hatte, schrieb Afonso de Lucena 1614 über seine Erlebnisse bei der Überfahrt nach Japan im Jahr 1578: »Um diese Zeit kippte uns das Boot um, das mit 7 Laskaris an Bord am Heck folgte, und nach dem Umschlagen blieb uns kein anderes Mittel, als das Tau, womit es angebunden war, zu kappen; aber es ging uns tief zu Herzen, sahen wir doch, dass wir 7 mohammedanische Laskaris verloren (und die fuhren direkt zur Hölle).«42

Damit einhergehend ergab sich die fortan von Javier vor allem in Japan ver­ tretene Doktrin, dass alle heidnisch gestorbenen Vorfahren zur Hölle verdammt seien, was in einer Gesellschaft, die dem Ahnenkult eine wichtige Stellung einräumte, die Konversion deutlich erschwerte, da die Konvertiten nicht nur den Glauben ändern, sondern auch aus den gesamten sozialen und kulturellen Zusammenhängen, die mit dem Ahnenkult verbunden waren, heraustreten mussten.43 Die sich entsprechend herausbildende Sub- oder Parallelgesellschaft der Konvertiten ist ein strukturelles Phänomen, das sich aus der Verkopplung von Glauben und sozialem Handeln ergibt. Wirklich interessant ist hier aber der Punkt, dass den Jesuiten im Allgemeinen und Javier im Besonderen durch die Jahrhunderte hinweg schon einiges vorgeworfen wurde  – aber die Anschuldigung, Hassprediger gewesen zu sein, ist nicht darunter. Der strukturelle Parallelismus der beiden Anschauungsmuster Javiers und Abou-Nagies scheint aber in den wenigen hier aufgeführten Stellen bereits deutlich hervor. Bis hinein in die Schwierigkeiten, die es mit sich bringt, theologisch komplexe Sachverhalte in einer Sprache verständlich machen zu wollen, die man nur bedingt beherrscht (siehe Kap. 3.3.2 und 5.1), und bis in die Folgen, die sich daraus ergeben, wie das von den Zeitgenossen argwöhnisch beäugte Entstehen neuer sozialer Räume und deren interner Hierarchisierungen der Konvertiten untereinander. Und ohne das Beispiel jetzt noch weiter 40 Fróis, Luís SJ: Die Geschichte Japans (1549–1578), hg. u. übers. v. Schurhammer SJ/ Voretzsch SJ, Leipzig 1926, S. 11. [ME]. 41 Schatz SJ: Franz Xaver und die Herausforderung der nicht-christlichen Religionen, in: Meier (Hg.) 2005, S. 99. 42 Lucena, Afonso de SJ: Erinnerungen aus der Christenheit von Ōmura, hg. u. übers. v. Schütte SJ, Rom 1972, S. 74 f. 43 Richmond Ellis: ›The Best Thus Far Discovered‹, in: Hispanic Review (2003), S. 159. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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verfolgen zu wollen, illustriert es doch, dass es unabdingbar ist, in der Betrachtung der ersten 30 Jahre der jesuitischen Ostasienmission von den gängigen und naheliegenden Schemata abzuweichen, die aus einer einem christlich geprägten Kulturkreis entstammenden Perspektive heraus die Aktivitäten der Jesuiten als heldenhafte Anstrengung im Angesicht übermenschlicher Schwierigkeiten aus dem besten denkbaren Motiv heraus  – praktizierter Nächstenliebe nämlich – betrachten zu lassen geneigt sind, und die bei andersgläubigen Varianten desselben Themas nichts als mangelhaft bemäntelte Verachtung einer andersartigen Wertordnung feststellen lassen. Stattdessen will ich versuchen, in einer neutraleren Perspektive herauszuarbeiten, welche strukturellen Ähnlichkeiten der Praktikenkomplexe bestehen, und aus welchen Basispostulaten und Strategien heraus diese sich konstitutieren. Allerdings durchaus mit dem Ziel »to counter the rose-coloured myths, the reverence, the hagiography that still hover around Europe’s first explorers and colonists«44 – denn auch wenn auf diesem Gebiet bereits viel geleistet worden ist, seit Rabb sich 1974 dieses Ziel setzte, ist für die Jesuiten hier noch eine Menge zu tun. Dennoch geht es mir eben nicht darum, zwischen den untersuchten Gruppen affektiv zu differenzieren, es ist keine Untersuchung über ›Unsere‹ und ›Andere‹, ›Gute‹ und ›Böse‹, auf welcher Seite auch immer welches dieser Epitheta verortet werden mag. Dabei lässt sich die Societas Jesu in ihrem Ausgreifen nach Außereuropa durchaus analog zu den Kolonialreichen der Zeit betrachten, stellte ihre Organisation der durch die Zentrale in Rom verwalteten, über die ganze Welt verstreuten Provinzen und Vizeprovinzen doch ein den weltlichen durchaus vergleichbares Imperium in miniatura dar. Die Imperienbildungen der Frühen Neuzeit waren dabei auch immer mit gewissen ideologischen Basispostulaten verknüpft, die sich im jeweiligen Imperium verwirklichen sollten.45 Del Pino formulierte diese für die Societas als Strategie der Eroberung für den Glauben durch die Vernunft, »su propria estrategia de ›conquista espiritual‹ – a la fe por la razón«, und das seit ihrer offiziellen päpstlichen Anerkennung 1540.46 Das gilt entsprechend auch für das Imperium der Gesellschaft Jesu, das sich im Wesentlichen dadurch von jenen unterschied, dass es Gott exportierte, statt Gewürze zu importieren. So wie die wirtschaftlichen Aktivitäten und daraus resultierenden Besitzungen der Vereenigden Oostindischen Compagnie und später der East India Company im asiatischen Raum als Imperien betrachtet werden können,47 44 Rabb: The Expansion of Europe and the Spirit of Capitalism, in: The Historical Journal (1974), S. 687. 45 Subrahmanyam: Notes towards a Reconfiguration of Early Modern Eurasia, in: Modern Asian Studies (1997), S. 739. 46 Del Pino: Humanismo clasicista mediterráneo y concepción antropológica del mundo, in: Hispania (1996), S. 30. 47 Vgl. Rei: The organization of Eastern merchant empires, in: Explorations in Economic History (2011), S. 117 f., 123 f. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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die dann gegenüber den staatlich-politisch verfassten Kolonialimperien der einzelnen europäischen Mächte wie dem Estado da Índia quasi phasenverschoben zu sehen sind, so konstituierten auch die spirituellen Aktivitäten und daraus resultierenden Besitzstände der Societas Jesu ein solches phasenverschobenes Imperium. Von den kolonialen wie indigenen Institutionen vor Ort konnte der Orden denn auch tatsächlich als ein unabhängiges, eigenständiges koloniales Agens wahrgenommen werden.48 Papst Paul IV. (Gian Pietro Carafa, 1476–1559, Pont. 1554–59) betrachtete die Societas als fünfte Kolonne Spaniens,49 was einer gewissen Ironie nicht entbehrt, vermutete Philipp II. (1527–98, reg. 1558–98) in ihr doch wenig später eine ebensolche des Papsttums.50 Dieser Wahrnehmungskonflikt lässt sich am besten auflösen, wenn man annimmt, dass die eigenständige Agenda der Societas, die sich beiden Seiten in partnerschaftlichen wie untergeordneten Konstellationen gegenübersah, auf jeder Seite durch die Brille der befürchteten Möglichkeit der Instrumentalisierung durch die jeweils andere gesehen wurde. In außereuropäischen Kontexten gewann diese komplexe Gemengelage eine zusätzliche Dimension: Für Toyotomi Hideyoshi (1536–98), von 1586 bis 1598 kampaku, de-facto-Herrscher Japans, war die von ihm befürchtete potentielle Einflussnahme sowohl des Papstes wie auch der portugiesischen Krone auf die japanischen Konvertiten der Jesuiten ein wichtiger Beweggrund für sein Verbot des Christentums 1587.51 Eine solche Position lud jedoch zu Einwänden geradezu ein: Beim japanischen Jesuiten Fabian Fukan wurde 1605 die Begegnung des Vorwurfs, die Priester wären verkappte Agenten der Kolonialmächte, zu einer Eloge auf die Societas Jesu ausgestaltet, die weit entfernt von persönlichem und zeitlichem Gewinn unter Mühen und Plagen mit aller Kraft des Geistes und der Seele nur dahin strebe, die hochgradig begabten, aber irrenden Japaner wieder auf den Pfad wahrer Tugend zurückzuführen und so ins ewige Leben zu geleiten; die allen Begierden und Leidenschaften abhold das Reich zum Frieden und den Kaiser wieder zur ihm gebührenden Machtstellung zu bringen trachte, bescheiden, mitleidig, gehorsam und in Erfüllung ihrer Kindespflicht.52 Nach seiner Desertion aus den Rängen der Societas und seiner Reversion zum zen-Buddhismus um das Jahr 1608 allerdings wandelte sich Fukans Einstellung offenbar deutlich, und er kehrte 1620 zu dem Argu-

48 Wright: God’s Soldiers, New York u. a. 2004, S. 111. 49 Clossey: Salvation and Globalization in the Early Jesuit Missions, Cambridge u. a. 2008, S. 59. 50 Griffin: ›Virtue versus letters‹, Florenz 1984, S. 19. 51 Boscaro: Toyotomi Hideyoshi and the 1587 edicts against Christianity, in: Oriens Extremus (1973), S. 230, u. Kawamura SJ: Communities, Christendom, and a Unified Regime in Early Modern Japan, in: Üçerler SJ (Hg) 2009, S. 153. 52 Fukan, Fabian: Myōtei Mondō [Buch 3], übers. u. komm.v. Humbertclaude SJ, in: MN 2/1939, S. 264. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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mentationsschema zurück, das er zuvor für die Gesellschaft Jesu umzukehren versucht hatte. »The first mandamento urges disobedience to the orders of sovereign or father if compliance would mean denial of D[eus]’s will; it entreats one to hold life itself cheap in such  a situation. In this precept lurks the intention to subvert and ursurp the ­country, to extinguish Buddha’s Law and Royal Sway. Quick, quick! Put this gang in stocks and shackles!«53

Diese Auffassung bestätigte später ein weiterer christlicher Konvertit zum Buddhismus, Christovão Ferreira (1580–1650), der nach der Ausweisung der Societas aus Japan 1614 im Land geblieben und 1633 in den Rang des Superiors der Japanmission nachgerückt war.54 Noch im selben Jahr wurde er von der japanischen Christenverfolgungsbehörde gefangengenommen. Unter der Folter apostasierte er, konvertiterte nach 37 Jahren als Jesuit zum zen-Buddhismus und nahm den Mönchsnamen Sawano Chūan an.55 In dieser Eigenschaft schrieb er eine Widerlegung des Christentums, das kengiroku, in dem es  – diesmal unter Bezug nicht auf das erste, sondern das siebte Gebot des Dekalogs – hieß: »The Seventh Article sets down as law: ›You shall not steal.‹ Nevertheless, in spreading the gospel of the Kirishitan religion it is  a matter of course to tear away and usurp country after country. Nova Hispania (this is the name of a country), Luzon (ditto), India (ditto), and others have been torn away and taken over by Europe (South Barbary). Their present course of action speaks as evidence. And spreading the gospel always proceeds this way.«56

Diese Anwürfe können durchaus als begründet betrachtet werden, nimmt man die conquista espiritual, wie die Societas sie im 17. Jahrhundert in Nord- und Südamerika betrieb, als Beispiel. Sowohl in Paraguay wie auch im Nordosten Mexikos missionierten ihre Mitglieder unter Bevölkerungen, die europäischen Mächten zu diesem Zeitpunkt noch nicht unterworfen waren, es in der Folge aber wurden.57 Schatz führte dabei aus, gerade die Reduktionen in Südamerika bezögen ihre Rechtfertigung aus den Misserfolgen der Societas im indopazifischen Raum – sie sollten ein besseres Modell darstellen.58 In der Forschung 53 Fukan, Fabian: Deus Destroyed [Ha Daiusu], übers. u. komm. v. Elison, in: Ders. (1991)3, S. 281. [ME]. 54 Cieslik SJ: The Case of Christovão Ferreira, in: MN (1974), S. 11. 55 Ebd., S. 16. 56 Elison/Sawano Chūan [Ferreira, Christovão]: Deceit Disclosed [Kengiroku] in: Elison (19913), S. 306. (EiO). 57 Gómez: Conquista espiritual, in: DHCJ 1, S. 105. 58 Schatz SJ: Inkulturationsprobleme im ostasiatischen Ritenstreit des 17./18. Jahrhunderts, in: Stimmen der Zeit (1979), S. 607. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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findet diese Weise, die Societas zu betrachten, jedoch deutliche Gegenstimmen, wie bei Alden 1996. »The notion that the Society was an independent, powerful firm, able to act on its own impulses irrespective of the admonitions of secular authorities, an idea espoused especially in the eighteenth century, is entirely chimerical. The heads of state supported, tolerated, and/or encouraged the activities of the Society because they perceived that it was in their own interests to do so.«59

In gewissem Sinn handelt es sich dabei allerdings um eine Selbstverständlichkeit, denn die Annahme von Entitäten – seien es politische, religiöse, ökonomische oder welcher Art auch immer –, die frei von allen Zwängen nach eigenem Gutdünken handeln können, ist letztlich immer »entirely chimerical«. Dass wechselseitige Abhängigkeiten und damit Kooperationen zwischen Akteurskollektiven unumgänglich und notwendig sind, ist unstrittig. Auch die »secular authoritites« bedurften zur Aufrechterhaltung und Ausübung ihrer Herrschaft der Unterstützung anderer Akteure, wie etwa der Estado da Índia im Verlauf des 17. Jahrhunderts zunehmend die finanzielle der Societas Jesu, um einen Fall aufzurufen, der nicht auf ›weicher‹ geistiger, sondern harter monetärer Kooperation gründet.60 Ich glaube, dass diese Debatte insofern etwas unglücklich gelagert ist, als hierbei implizit von einer relativ eindimensionalen Sicht von Macht ausgegangen wird, die für alle beteiligten Akteure die gleiche, unter gleichen Voraussetzungen zu erreichen und daher auch gleichermaßen zu bewerten sei. Ich gehe im Gegenzug davon aus, dass Macht qualitativ differenziert werden kann, wenn sie sich aus verschiedenen Quellen speist, und begreife sie im Folgenden als die operationale Verfügungsgewalt über die Praktikenstrukturen anderer Akteure oder Akteurskollektive, die natürlich in ihrer Reichweite jeweils differenziert betrachtet werden muss. Dabei dürfen die verschiedenen Qualitäten, das heißt, die jeweiligen Machtmöglichkeiten innerhalb einzelner Phasen, nicht als voneinander getrennt betrachtet werden, sondern wie etwa verschiedene Währungen ineinander konvertierbar – nach welchen Kursen, wie weit sich also etwa spirituelle Macht in politische oder wirtschaftliche ummünzen lässt, ist dann jeweils von den spezifischen Gegebenheiten des historischen Kontextes bestimmt. Dabei muss allerdings wiederum vor der verführerischen Analogie zu Bourdieus »Feld der Macht« gewarnt werden, das »den Raum der Machtverhältnisse zwischen verschiedenen Kapitalsorten« darstellt.61 Dieses Feld beruht wesentlich auf der Annahme eines einzigen sozialen Raumes, innerhalb dessen 59 Alden: The Making of an Enterprise, Stanford 1996, S. 656. 60 Pachuau: The Spiritual Concerns of  a Mercantilist Empire, in: Studies in History (2004), S. 55. 61 Bourdieu: Praktische Vernunft, Frankfurt a. M. 1998, S. 51. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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auf den übrigen Feldern die Konflikte verschiedener Akteure unter Nutzung ihrer jeweiligen Kapitalien ausgetragen werden.62 Das kann aber für die koloniale und missionarische Situation im indopazifischen Raum des 16. Jahrhunderts unmöglich vorausgesetzt werden. Die verschiedenen Akteure ordneten sich schließlich nicht nur verschiedenen politischen, religiösen, sozialen und kulturellen Kollektiven zu, sondern diese wiederum interagierten an manchen Punkten in Zeit und Raum miteinander, an anderen aber auch wieder nicht. Über die einzelnen Mitglieder der jeweiligen Kollektive, deren statistische Eigenarten es zu erfassen gelten müsste, um ihre wesentlichen Eigenschaften zu definieren, ist meist noch weniger bekannt als das wenige, was ich über meine Jesuiten weiß. Welche kulturellen Kapitalien brachten ein in Portugal ausgebildeter italienischer Jesuit unbekannter Abstammung und Vorbildung, ungewissen Alters, und ein nordwestindischer Brahmane, über den außer seiner gesellschaftlichen Gruppenzugehörigkeit nichts bekannt ist, bei einer Disputation über die Natur des menschlichen Verstandes gegeneinander in Anschlag? Wenn man darüber hinaus noch einbeziehen muss, dass die Disputation eventuell auf gerade erst dem portugiesischen Machtbereich unsicher eingegliederten Gebiet stattfand, der Pater sich aber mit dem örtlichen Militärkommandanten über ihm zustehende Gelder zerstritten hatte und die soziopolitische Stellung des Brahmanen als Untertan noch völlig undefiniert war? Wenn wir nicht einmal sicher sein können, dass die beiden sich sprachlich überhaupt über das Radebrechen hinaus verständigen konnten? Auch hier muss ein niederschwelligerer Ansatz gewählt werden, der eine geringere Reichweite und weniger detailverliebte Schärfe mit sich bringt und dafür sicherere Schlussfolgerungen ermöglicht. Ich kann als Historiker in diesem Sinn kein Soziologe sein.63 Eine Mikrophysik der Macht werde ich in dieser Arbeit nicht liefern. Dazu bedürfte es anders gelagerter, kleinräumiger Detailstudien. Was ich zeigen will, ist ihre Makroskopie über die verhandelten Vorgänge und Zeiträume hinweg. Gliedert man sie daher dergestalt in verschiedene Phasen auf, wie oben vorgeschlagen, so erscheinen die Ähnlichkeiten zwischen der Societas Jesu und anderen, generell als Imperialmächten angesehenen Entitäten als durchaus struktureller Natur. Ein wichtiges Kennzeichen eines Imperiums ist, dass es sich nie auf eine solche ›Phase‹  – Wirtschaft, Politik, Religion  – reduzieren lässt, sondern immer auch anteilig die anderen inkorporiert.64 Der Estado da In­ dia fungierte als Monopolkartell für Gewürze aus den portugiesischen Besitzungen und füllte so die Schatzkammer der Krone,65 und die Kirche in

62 Bourdieu: Praktische Vernunft, Frankfurt a. M. 1998, S. 50 f. 63 Vgl. Bourdieu/Chartier: Der Soziologie und der Historiker, Wien/Berlin 2011, S. ­92–94. 64 Vgl. Subrahmanyam: Holding the World in Balance (2007), S. 1383f 65 Sansom: The Western World and Japan, New York 1970, S. 84. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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den portugiesischen Überseebesitzungen war eine koloniale Institution.66 Sowohl V ­ ereenigde Oostindische Compagnie als auch East India Company, um im indopazifischen Raum zu bleiben, eigneten sich nicht nur Territorien an – Ceylon,67 Batavia, Taiwan,68 Bengalen, Orissa – sondern strebten nach hegemonialer Stellung im ökonomischen Netzwerk des Indopazifiks,69 und förderten, wenn auch schwach, in ihrem Einflussbereich ein protestantisches Christentum.70 Und die Societas Jesu verfügte ab dem Ende des 16. Jahrhunderts nicht nur über ansehnliche Anteile am Seidenhandel zwischen China (via Macao) und Japan (via Nagasaki)71 und zwischen 1560 und 1583 auch über ein Privileg der portugiesischen Krone, in kleinen Quantitäten Indigo von Indien nach Portugal importieren zu dürfen,72 sondern auch über territorialen Besitz in Form der Stadt Nagasaki. Ein eigentlich skandalöser Vorgang, als der Orden mit der Schenkung der Stadt 1569/70 als oberster Territorialherr nicht nur die geistliche, sondern auch die weltliche Gerichtsbarkeit und Gewalt ausüben musste, wofür es eines päpstlichen Dispenses bedurfte (ecclesia abhorret a sanguine) – der aber nie bis zur Ausfertigung gelangte.73 Ich setze als Phasen, innerhalb deren sich als imperial begreifbare Machtstrukturen bilden können, hier zunächst einmal die oben genannte Trias von Wirtschaft, Politik und Religion aus dem einfachen Grund, dass damit die Faktoren benannt sind, aus denen heraus nach allgemeinem Verständnis üblicherweise Kriege geführt werden. Womit nicht ausgeschlossen werden soll, dass noch andere Phasen möglich sind, die hier unbetrachtet bleiben. Genau wie bereits bei der Erläuterung des Machtbegriffs angesprochen muss aber auch hier davon ausgegangen werden, dass die verschiedenen Phasen nicht als strikt voneinander getrennt, sondern durchlässig und ineinander übergehend begriffen werden müssen, will man nicht in einen letztlich auf dem Säkularisierungsnarrativ der letzten Jahrhunderte beruhenden Dualismus von ›geistig‹ und ›weltlich‹ verfallen.74 Durch die mehr oder weniger starke Aktivität der jeweiligen Akteure in verschiedenen Phasen verfügen 66 Boxer: The Church Militant and Iberian Expansion 1440–1770, Baltimore/London 1978, S. 78. 67 Chaiklin: Ivory in early modern Ceylon, in: International Journal of Asian Studies (2009), S. 45. 68 Andrade: The Company’s Chinese Pirates, in: Journal of World History (2004), S. 428, 439., u. Ders.: The Rise and Fall of Dutch Taiwan, 1624–1662, in: Journal of World History (2006), S. 430 f. 69 Erikson/Bearman: Malfeasance and the Foundations for Global Trade, in: The American Journal of Sociology (2006), S. 197. 70 Vgl. auch Stern: Politics and Ideology in the Early East India Company-State, in: The Journal of Imperial and Commonwealth History (2007), S. 12 f. 71 Naohiro: The sixteenth-century unification, in: Hall (1991), S. 62. 72 Alden: The Making of an Enterprise, Stanford 1996, S. 529. 73 Elison: Deus Destroyed, Cambridge (Mass.)/London 19913, S. 97. 74 Shah: Introduction. Religion and World Affairs, in: Ders./Stepan/Toft (Hg) 2012, S. 3. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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diese über eine Gesamtmenge von Machtmitteln, die aus verschiedenen Quellen gespeist wird und sich in ihrer Ausübung kontextspezifisch in ihrer Reichweite verändert, was die Betrachtung zwar komplexer, aber differenzierter gestaltet. Im deutlichen Gegensatz zu den territorial konzipierten Imperien der kolonial expandierenden politischen Reiche muss das Gebilde, das die Societas Jesu errichtete, daher anders begriffen werden, als nicht die direkte Kontrolle über ein Territorium, sondern die Konversion der Bewohner desselben erreicht werden sollte, oder, um es anders zu formulieren, die psychische Kontrolle der fortan den neuen – christlichen – spirituellen Autoritäten im religiösen Bereich unterstellten Menschen vor Ort. Es handelt sich also nicht um eine Form von physischer Beherrschung, sondern aus der indigenenen Perspektive um die Akzeptanz einer neuen, geistig-moralischen Autorität mit all deren Begleiterscheinungen,75 um eine Anerkennung mentaler Hegemonie. Ich beziehe mich hierbei auf die Analyse imperialer Strukturen von Hassig, die dieser am Beispiel des aztekischen Reiches durchführte: »While both territorial […] and hegemonic systems use force and power to dominate and control, the territorial system emphasizes the former, whereas the hegemonic system emphasizes the latter, with markedly different consequences for control, extraction, integration, and expansion. The object of a territorial empire is to conquer and directly control an area […]. The object of a hegemonic empire is to conquer and indirectly control an area […].«76

Hierbei ist wesentlich, dass die Beherrschung, d. h. die Akzeptanz der neuen Verhältnisse durch die Eroberten  – Konvertierten  – auf »power« anstelle von physischer Gewalt beruht, also der »perception of the [power] possessor’s ability to achieve its ends«77, was bedeutet, dass keine direkte physische Kontrolle mehr nötig ist, nachdem die Eroberung – Bekehrung – abgeschlossen ist.78 Die Untergebenen unterwerfen sich in der Folge selbst, vorausgesetzt, sie schreiben dem Hegemon weiterhin die Fähigkeit zu, physische Kontrolle und entsprechende Maßnahmen auszuüben, falls nötig. Erst, wenn das nicht mehr der Fall ist, werden derartige imperiale Strukturen instabil.79 Mit der Produktion oder Reproduktion kolonialer Strukturen durch die Praktiken der Societas wurde eine Einschreibung ebendieser Strukturen in dienjenigen erreicht, die sie – nach der Übernahme – dann selbst wieder praktizierten.80 Es mag in der Übertragung 75 Vgl. Stepan: Religion, Democracy, and the »Twin Tolerations«, in: Shah/Ders./Toft (Hg.) 2012, S. 62. 76 Hassig: Aztec Warfare, Norman/London 199511, S. 19. [MA]. 77 Ebd., S. 18. [ME]. 78 Ebd., S. 19. 79 Vgl. Ebd., S. 20 f. 80 Vgl. Crescentini Anderlini: L’immagine dell’Oriente nelle lettere della Compagnia di Gesù, Diss.: Bologna 2007, S. 213. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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auf die Gesellschaft Jesu zunächst ein wenig seltsam klingen, dass Hassig einen Punkt bei der Eroberung durch hegemonial orientierte Imperien besonders heraus­stellt: Die Gewalttätigkeit des Vorgangs. »Since no imperial troops remain in the conquered areas, overwhelming force and extraordinary measures may be used in the initial conquest to intimidate the local leadership into continued compliance after the conquering army leaves. Thus what may appear as excessive force from the perspective of territorial objectives is not excessive from the perspective of hegemonic objectives.«81

Kann man wirklich davon sprechen, dass von Jesuiten beim Versuch, indigene Konvertiten zu machen, exzessive Gewalt angewandt wurde? Sieht man auf die physischen Komponenten der angewandten Praktiken, so scheint das in den meisten Fällen nicht gegeben gewesen zu sein. Allerdings kann man zumindest das Bewusstsein für die Möglichkeit einer solchen Lösung nicht ausschließen. Ob die Missionsmethoden, die gegen Ende des 16.  Jahrhunderts in Goa angewandt wurden, körperliche Gewalt einschlossen, ist noch nicht abschließend geklärt (siehe Kap. 4). Dass solche Praktiken in einem von Pedro Gómez (1535–1600) erstellten Handbuch für Prediger in Japan noch einmal schriftlich ausgeschlossen werden mussten,82 ist ebenfalls ein Indiz dafür, dass es sich hier nicht um Selbstverständlichkeiten handelte. »Der zweite Satz […] sagt, es ist nicht erlaubt, dass die Ungläubigen auf diese Weise gezwungen werden, den Glauben und die Taufe zu empfangen. Aus diesem Satz ergeben sich [noch] andere Schlussfolgerungen. Erster Schluss: Es ist nicht gestattet, die besagten Ungläubigen zu zwingen, die Taufe zu empfangen, oder den Glauben, auch nicht, sie aus diesem Grund mit Krieg zu überziehen […]. Zweiter Schluss: Es ist gestattet, die Ungläubigen mit Wohltaten, Geldgeschenken und anderen Verlockungen dazu zu bringen, den Glauben zu empfangen […]. Wir gestehen außerdem zu, dass es erlaubt ist, die unterworfenen Ungläubigen mit gerechfertigten Taten und anderen gerechtfertigten Beschwerlichkeiten zu bedrücken […]. Der Grund dafür ist, dass dies alles dem Wohl derselben Ungläubigen und der Verbreitung des Glaubens untergeordnet ist, wenn kein Unrecht geschieht, sondern wir [nur] unser Recht gebrauchen […]«83 81 Hassig: Aztec Warfare, Norman/London 199511, S. 19. 82 Schütte SJ: Drei Unterrichtsbücher für japanische Jesuitenprediger aus dem XVI. Jahrhundert, in: AHSI (1939), S. 277. 83 Zit. nach: Ebd., S. 255 f. MÜ, OR [Zitat]: »2a sententia,[…] dicit non esse licitum huiusmodi infideles cogere at suscipiendam fidem, et baptismum […]. Quae sententia explicatur alibus conclusionibus. Prima conclusio: Illicitum est cogere supradictos infideles ad suscipiendum baptismum, vel fidem, aut ea de causa illis bellum inferre. […] 2a conclusio: Licitum est alicere infideles ad fidem suscipiendam beneficiis, pecuniis, et aliis blandimentis,  […]. Concedimus etiam esse licem subditos infideles gravare et a[c]tionibus aliis iustis atque alias similibus iustis molestis, […]. Ratione est quia haec omnia cedunt in bonum ipsorum infidelium et propagationem fidei, cum nulla fiat iniuria, sed utamus iure nostro.« [ME], [MA]. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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Dass diese Instruktion erst in den 1580ern formuliert und erst ab den 1590ern wirklich eingesetzt wurde,84 wohl unter Bezug auf die analogen Beschlüsse des ersten Provinzialkonzils der Ordensprovinz Indien 1567 in Goa (siehe Kap. 4.2), lässt die Frage für die Zeit davor weiterhin offen. Dem korrespondiert, dass das zweite Provinzialkonzil Goas 1575 das Verbot erzwungener Konversionen wiederholen musste, was darauf hinweist, dass es nötig war, das Verbot zu wiederholen, also zumindest befürchtet wurde, es könne auch weiterhin dagegen verstoßen werden, wenn das nicht gar geschah.85 Allerdings steht einer jeden solchen mit körperlicher Gewalt operierenden Praktik direkt entgegen, dass die Societas dafür außerhalb Goas (siehe Kap.  4.1) einfach nicht die nötigen Personalressourcen und Machtmittel hatte und außerhalb des Estado da Índia auch nur sehr eingeschränkt die Möglichkeit, sie durch Kooperation anderweitig zu beziehen. Anders sieht es aus, wenn man die angewandten Bekehrungspraktiken aus der Perspektive der spirituellen Phase betrachtet, innerhalb derer das Imperium der Gesellschaft zu verorten wäre. Dabei lässt sich recht einfach feststellen, dass hier durchaus mit Mitteln operiert wurde, die als exzessiv betrachtet werden müssen, wenn man diese Charakterisierung versteht als etwas, das den Rahmen des Möglichen voll ausnutzt. Die für sehr viele, bei weitem nicht nur jesuitische oder christliche, Bekehrungsverfahren angewandte Strategie der Kombination von Zuckerbrot und Peitsche – den Gläubigen winkt ewige Seligkeit, den Ungläubigen ewige Verdammnis –, die auch von den Jesuiten meiner Jahrhunderte angewandt wurde (siehe Kap. 2.3), ist ja letztlich nichts anderes als die Drohung mit dem Schlimmsten unter gleichzeitiger Verheißung des Besten in Rahmen der bestehenden Möglichkeiten. Damit einhergehend war diese Strategie auch eine Praktik zur Ausübung von Macht nach dem oben skizzierten Muster, führte sie doch im besten Fall zur Kontrolle über individuelle Handlungen und darüber hinaus Praktiken der durch sie angesprochenen Akteure.86 Javier verfasste wohl 1548 zu Goa87 eine Christliche Tagesordnung, die sich besonders an Konvertiten und Konvertenden richtete – deutlich zu erkennen an dem Zusatz im »Gebet zu Gott unserem Herrn, zur Jungfrau unserer Herrin und zu Sankt Michael«: »[…] und du, Gott, hast mich gemacht nach deinem Gleichnis, und nicht die falschen Pagoden, welches die Götter der Heiden sind, in Gestalt von unvernünftigem Vieh und Teufelsgetier. Ich widersage allen Pagoden und Zauberern und Wahrsagern, weil sie Sklaven und Freunde des Teufels sind.«88 84 Schütte SJ: Drei Unterrichtsbücher für japanische Jesuitenprediger aus dem XVI. Jahrhundert, in: AHSI (1939), S. 227 f., 234. 85 D’Costa SJ: The Christianisation of the Goa Islands, Bombay 1965, S. 110. 86 Toft: Religion, Terrorism, and Civil Wars, in: Shah/Stepan/Dies. (Hg.) 2012, S. 134. 87 Schurhammer SJ: FX 2.2 (1971), S. 245, FN 6. 88 Zit. nach: Ebd., S. 248. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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Dort hieß es bei den Dingen, die ein Christ täglich tun solle, »um sich Gott zu empfehlen und seine Seele zu retten«89: »Das dritte ist, daß er Gott den Herrn um die Gnade bittet, die Zehn Gebote seines heiligsten Gesetzes zu halten, denn niemand kann seine Seele retten ohne sie zu halten. Man sage sie am Morgen und für jedes derselben bitte man Gott den Herrn um die Gnade, daß man sie an jenem Tage und an allen anderen seines Lebens erfülle und halte, wie er es befiehlt, in folgender Weise: […] [Es folgt eine kurze Erläuterung des Dekalogs]. Gott sagt: ›Die, welche diese Zehn Gebote halten, gehen zum Paradies. Gott sagt: ›Die, welche diese Zehn Gebote nicht halten, gehen zur Hölle.‹«90

Die Passage stammte ursprünglich aus dem Katechismus von João de Barros (c.1496–1570), erschienen zu Lissabon 1539. Javier hatte sie allerdings nicht lediglich übernommen, sondern auch erweitert  – bezeichnenderweise sind die letzten beiden Sätze Zusätze seinerseits.91 Die kurze Erklärung wurde im Fortlauf der Tagesordnung wenig später noch deutlicher ausgemalt: »Und er soll sich große Mühe geben, seine Seele zu retten, indem er die Zehn Gebote hält; und er soll all seine Kraft einsetzen, um sich abzugewöhnen, dagegen zu sündigen, indem er spricht: ›Ich glaube wahrhaftiglich, daß, wenn der Tod mich ereilt, in irgend einer Sünde gegen irgend eines dieser Zehn Gebote, dann wird meine Seele verdammt werden zu den Peinen der Hölle ohne jede Hoffnung auf Erlösung. Und ich glaube auch wahrhaftiglich, daß, wenn der Tod mich ereilt außerhalb der Todsünde und nachdem ich mir abgewöhnt habe, gegen die Zehn Gebote zu sündigen, gegen die ich infolge übler Gewohnheit sündige, dann wird Gott der Herr mit meiner Seele Barmherzigkeit haben, ein wie großer Sünder ich auch wäre, und wird mir die ewige Erlösung geben, die Glorie des Paradieses, wenn ich zuvor Buße über meine Sünden getan habe, entweder in diesem Leben oder im Fegefeuer.‹«92

Jemanden unter Ausnutzung der Furcht vor ewiger Verdammnis, Pein und Höllenqual dazu zu bringen, bestimmte Aussagen anzuerkennen, erfüllt meiner Meinung nach alle Definitionen psychischer Gewalt. Es fällt uns im missionarischen Kontext lediglich nicht auf, weil wir daran gewöhnt sind, es normal und alltäglich erscheint. Himmel und Hölle sind nun einmal Kernbestandteile des spirituellen Tagesgeschäfts. Oder, in Javiers Formulierung am Ende der Tages­ ordnung, der »Anweisung für die, welche ihre Seele zu retten wünschen«93: »Jeder Christ sei eingedenk, sich beständig den Tod und die Kürze des Lebens und die strenge Rechenschaft vor Augen zu halten, die er Gott über sein ganzes vergangenes Leben ablegen muß, wenn er stirbt, und denke an den Tag des allgemeinen Gerichts, 89 Zit. nach: Schurhammer SJ: FX 2.2 (1971), S. 245. 90 Zit. nach: Ebd., S. 246. [MA, ME]. 91 Schurhammer SJ: FX 2.1 (1963), S. 216. 92 Zit. nach: Schurhammer SJ: FX 2.2 (1971), S. 246. 93 Zit. nach: Ebd., S. 249. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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wenn wir alle mit Leib und Seele auferstehen werden, und an die ewigen Peinen der Hölle, die niemals ein Ende nehmen. Und er denke an die Seligkeit des Paradieses, für die wir geschaffen wurden. Alle diese Dinge, wenn ich sie täglich erwäge, werden mir viel helfen, mich zu disponieren und jetzt zu tun, was ich in der Stunde meines Todes wünschen würde getan zu haben, um in die Seligkeit des Paradieses einzugehen. Jeder gläubige Christ, der diese Anweisung befolgt, wird mit der Gnade des Herrn die Seligkeit des Paradieses gewinnen in diesem Leben.«94

Die Verwendung dieser diskursiven Praktiken zur Bekehrung lässt sich gut mit Hassigs oben skizziertem Vorschlag fassen. Die Überzeugung durch die Furcht vor der Höllenstrafe und das Versprechen des Himmelreichs stellt einen Beispielfall von »excessive force« dar, mittels dessen genau das erreicht werden soll, was er damit impliziert sieht, und zwar »continued compliance after the conquering army leaves.« In Javiers Formulierung des Credos in der Tagesordnung: »Ich glaube festiglich, ohne zu zweifeln, alles, was die heilige Mutter, die Kirche Roms, glaubt und lehrt. Ich verspreche, als treuer Christ zu leben und zu sterben im heiligen katholischen Glauben meines Herrn Jesus Christus.«95 Um noch einmal zu betonen, dass damit weder eine christliche noch katholische Sonderstellung impliziert werden soll, bietet sich ein Vergleich mit dem Japan des 16. Jahrhunderts an. Die ikkō-shū, die buddhistische Wahre Schule vom Reinen Land (jōdo shinshū), beeinflusste ihre Anhänger unter Zuhilfenahme derselben Praktikenstruktur.96 Ein offenbar von ihr inspiriertes Banner, das den Truppen der westjapanischen Mōri vorangetragen wurde, verkündete die gleiche gedankliche Verkopplung: »Advance and be reborn in Paradise. Retreat and fall down into hell.«97 Gerade die jōdo shinshū bietet sich hier als Vergleichspunkt besonders an, weil sie in einem kleineren – innerjapanischen – Aktionsfeld analoge Praktiken der Konstitution und Expansion mentaler Herrschaft betrieb wie die Societas Jesu (siehe Kap. 5 und 6.3). Auch hier wurden Suprematsansprüche innerhalb der spirituellen Phase nicht primär territorial fixiert, sondern bestand das Charakteristikum der jōdo shinshū »in that the type of power that the Honganji wielded was not primarily over the land itself but over the inhabitants of the land«, konstituiert durch die Anerkennung der Subordination unter jōdo shinshū-Kleriker durch die Internalisierung derselben als spirituelle Superioren.98 Die Anhänger der Schule, die monto, konnten im 16.  Jahrhundert der Spitze der organisatorischen Struktur  – dem obersten Priester des Honganji, des Haupttempels – die Gefolgschaft kaum verweigern, wurden sie doch bei Loyalitätsverstößen mit dem Ausschluss aus der Gemeinschaft der Gläu 94 Zit. nach: Schurhammer SJ: FX 2.2 (1971), S. 249 f. 95 Zit. nach: Ebd., S. 245 f. 96 Tsang: War and Faith, Cambridge (Mass.)/London 2007, S. 158. 97 Zit. nach: Ebd., S. 229. 98 McMullin: Buddhism and the State in Sixteenth-Century Japan, Princeton 1983, S. 37. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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bigen und damit vom Erreichen des Reinen Landes nach dem Tod bedroht, de facto eine Exkommunikation.99 Die jōdo shinshū stand damit allerdings nicht allein; auch die jishū-Buddhisten entwickelten im Japan des 16.  Jahrhunderts ähnliche Strukturen.100 In beiden Fällen entstand so das, was Wendt unter Zuhilfenahme der Raummetaphorik beschrieb, »[d]urch den kolonial-missionarischen Eingriff wurden diese Gruppen jedoch weitergehend differenziert, indem nun ein christlicher Identitäts- und Ritualraum entstand, der mitunter auch zu einem ›christlichen‹ Herrschaftsraum führen konnte.«101 Dieser so konstituierte christliche Identitäts- und Ritualraum begreift in anderer Terminologie in etwa das ein, was ich mit der Gesamtheit der Praktikengeflechte der spirituellen Phase bezeichne – und die Beherrschung desselben die Strukturen mentaler Hegemonie, die das Imperium der Societas Jesu wie auch die anderer, analog arbeitender Akteurskollektive formen. Damit treffe ich aber ausdrücklich keine moralische Wertung, sondern bringe nur eine Beobachtung zum Ausdruck. Auch die erobernden Armeen können ja durchaus im Glauben marschieren, ein gutes Werk zu tun oder gar zur höheren Ehre Gottes zu streiten. Ebenso darf auch hier die Feststellung struktureller Analogie nicht dazu verführen, vorschnell zu ethischen Verurteilungen zu greifen, weil das geschilderte Vorgehen zu den ethischmoralischen Ansprüchen, die wir an als spirituell begriffene Vorgänge anlegen, vielleicht nicht passen mag. Wichtig ist hier, dass der jesuitische Praktikenkomplex der itinerarischen Mission damit aber gerade in den außerhalb des direkten Kontrollbereichs einer kolonialen Macht gelegenen Gebieten bewusst oder unbewusst ein solches phasenverschobenes Imperium formte. Die Konvertiten wurden auf die Internalisierung bestimmter Praktikenkomplexe im spirituellen und moralischen Bereich festgelegt, durch deren Vollzug sie direkt wie indirekt die spirituelle Autorität und Kontrollgewalt der Mitglieder der Societas anerkannten. Andere Änderungen an den lokalen Strukturen wurden im Normalfall nicht vorgenommen, man begnügte sich mit der Anerkennung Christi als des Erlösers und der Mitglieder der Kirche (in Gebieten mit jesuitischem Alleinvertretungsanspruch also de facto der Gesellschaft Jesu) als dessen bevollmächtigter Funktionäre. Als 1565 zwei Dörfer in der Nähe Hirados auf Kyūshū konvertiert wurden, einschließlich des örtlichen buddhistischen Priesters und seines Tempels, der mit einem Kreuz auf dem Dach kurzerhand zur Kirche umgewidmet wurde, änderte sich nach der Abreise der taufenden Jesuiten für die Dörfler nicht viel.

99 McMullin: Buddhism and the State in Sixteenth-Century Japan, Princeton 1983, S. 50. 100 Dobbins: Jōdo Shinshū, Honolulu 2002, S. 109. 101 Wendt: Mission transnational, trans-kolonial, global in: Schweizerische Zeitschrift für Religions- und Kulturgeschichte (2011), S. 101. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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»Dem Bonzen gab der Bruder im Auftrag des Paters einige unserer Bücher, damit er sich mit Muße in den Dingen des Glaubens und der christlichen Religion unterrichten könne, denn er blieb in derselben Kirche, um deren Sorge zu übernehmen und mit denselben Einkünften, die er vorher hatte.«102

Der zuvor buddhistische Kleriker hatte die Loyalitäten, die ihn zuvor mit dem sangha verbanden, mit denen zur katholischen Kirche, verkörpert durch die Societas Jesu, ersetzt. Die Umwidmung geschenkter oder anders erworbener Tempel oder Klöster in Kirchen war dabei eine gängige Praktik der Gesellschaft in Japan.103 Komplikationen mussten allerdings unweigerlich dann auftreten, wenn es den Konvertiten nicht mehr praktikabel schien, dass die Gesellschaft ihre Ansprüche nach Abwesenheit physisch wieder durchsetzen konnte, und sie daher etwa zu ihren alten Praktikenkomplexen zurückkehrten, deren Vertreter üblicherweise vor Ort direkt und in wesentlich größerer Zahl vorhanden waren. Um zu klären, welche Praktiken der Societas Jesu tat-sächlich einerseits als charakteristisch für den Orden vor 1574 angenommen werden können und ob und wie diese dazu beitragen konnten, ein spirituelles Imperium zu konstituieren, werfe ich nun zunächst einen systematischen Blick auf die Strukturen der Societas in ihrer Entwicklung während der ersten Jahrzehnte ihres Bestehens. Auf dieser Grundlage kann ich dann fragen, welche Formen der Interaktion mit den Konvertenden und Konvertiten daraus erwuchsen und zu welchen Praktikenkonfigurationen dieser Akteurskollektive das führte.

102 Fróis, Luís SJ: Die Geschichte Japans (1549–1578), hg. u. übers. v. Schurhammer SJ/ Voretzsch SJ, Leipzig 1926, S. 265. 103 Diniz: Jesuit Buildings in China and Japan, in: BPJS (2001), S. 111. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

3. Strukturen

1538 leitete Diogo de Gouveia (c.1471–1557), Rektor des Kollegs von SainteBarbe, Paris, einen Brief Pierre Favres (1506–46), eines der Gründungsmitglieder der Societas Jesu, an den portugiesischen König João III. (1502–57, reg. 1521–57) weiter. De Gouveia war mit den Gründungsmitgliedern der Jesuiten bereits seit deren Studienzeiten in Paris bekannt.1 Infolgedessen bat João III. 1539 durch seinen römischen Botschafter Pedro Mascarenhas (1483–1555) die zu diesem Zeitpunkt päpstlich noch nicht bestätigte neue Gruppierung um die Entsendung von Missionaren nach Indien,2 da die bislang in seinen überseeischen Besitzungen tätigen Orden der Dominikaner und Franziskaner weniger Erfolg bei der Bekehrung der indigenen Bevölkerungen hatten als von ihm gewünscht.3 Der konkrete Anlass war eine Bitte um geistliche Unterweisung für die Christen der westindischen Malabarküste, wegen ihrer Perlenfischerei auch als Fischerküste bekannt.4 1530 hatten die – hinduistischen – Paravas, eine der unteren Kasten in der malabarischen Sozialstruktur,5 deren Angehörige vor allem von der Perlenfischerei lebten, dort um portugiesischen Beistand gebeten. »Negotiated by the head of this community, the jtai talaivan who adopted the Name D. João da Cruz, and Miguel Vaz, the Bishop of Cochin, the Parava conversion was the first major success that the Portuguese ecclesiastical mission enjoyed in Asia. But little credit for it can be given to the Church, which was effectively handed the opportunity on a platter. The logic of conversion was blatantly political: the maritime wars of the 1520s and early 1530s had made both pearl-fishing and even sea-fishing a hazardous occupation, and the Parava leaders were seeking a solution to this by allying themselves to the principal perpetrators of violence – the Portuguese.«6

Als Dank für die geleistete militärische Hilfestellung konvertierten von 1532 bis 1537 bis zu mehreren Tausend Paravas zum Christentum. Sie erhielten aber keine Missionare geschickt, so dass sie de facto in ihrem alten Glauben ver­ blieben (siehe Kap. 4.2.2).7 1 Callier-Boisvert: Observer, nommer au XVIe siècle, in: L’homme (2000), S. 45. 2 Wicki SJ: Die Ernennung der Provinziäle und Visitatoren der indischen Provinz der Gesellschaft Jesu, in: AHSI (1980), S. 339 f. 3 Sindemann: Japanese Buddhism in the 16th century, in: BPJS (2001), S. 114. 4 Wicki SJ: Liste der Jesuiten-Indienfahrer 1541–1758, in: Flasche 1967, S. 252. 5 Schurhammer SJ: FX 2.1 (1963), S. 457. 6 Subrahmanyam: The Portuguese Empire in Asia 1500–1700, London/New York 1993, S. 92. 7 Haub: Francis Xavier: An intoductory life, in: AHSI (2002), S. 224. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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1540 erfolgte nach der päpstlichen Bestätigung der Societas Jesu am 27. September eine weitere Anfrage Joãos III. bei Papst Paul III. (Alessandro Farnese, 1468–1549, Pont. 1534–49), ob dieser nun neue Orden nicht für die Mission im Estado da Índia freigestellt werden könne.8 Dieser beriet sich mit Loyola darüber, ob die Gesellschaft willens sei, Indien zu missionieren. Als Loyola zusagte, stellte er damit zunächst Simão Rodrigues und Nicolas Alfónso y Perez Bobadilla (1507/11–90) als erste Missionare für das neue Aufgabenfeld bereit. Schon bei seiner Ankunft in Rom wurde Bobadilla die Weiterreise allerdings von ärztlicher Seite untersagt, und Francisco de Javier als sein Ersatzmann nach Indien beordert. Die beiden designierten Indienmissionare schifften sich am 15. März 1540 nach Portugal ein, um sich dort auf die Weiterreise zu begeben, und fanden in Lissabon einen Brief vor, der Javier zum päpstlichen Legaten für den Fernen Osten ernannte.9 Nachdem sie den Abreisezeitpunkt der Ostindienflotten verpasst hatten, mussten sie neun Monate im Land bleiben, bis die Wind- und Strömungsverhältnisse eine neue Ausfahrt zuließen.10 Rodrigues blieb jedoch auf Verlangen Joãos III., dessen besonderes Wohlwollen er während dieses Auf­ enthalts gewonnen hatte, im Land, so dass Javier allein nach Übersee aufbrechen musste, während Rodrigues im Auftrag des Königs den Aufbau des Kollegs von Coímbra übernahm.11 Am 07. April 1541, seinem 35. Geburtstag, legte Javier in Lissabon ab, um nach dreizehn Monaten schließlich am 06. Mai 1542 Goa an der Westküste des indischen Subkontinents zu erreichen, ein Datum, das seitdem zumeist als der Beginn der jesuitischen Asienmission gewertet wird. Javiers erste Reise markiert nicht nur den tatsächlich operativen Beginn jesuitischer Missionsbemühungen, sondern zeigt auch beispielhaft einige strukturelle Merkmale auf, die für die gesamte Ostasienmission des 16. Jahrhunderts prägend sind.

3.1 Seereise »It was only after 1581 years, in the ninth Wan-li (year (A. D. 1581), that Li Ma-tou [Matteo Ricci] crossed ninety thousand li of ocean and landed at Ao (Macao) in the Hsiang-shan district of Kuang-chou, and proceeded to infect China with his teaching.«12 – Aus dem Eintrag »Italien« im Ming shih13

8 Oswald SJ: Ignatius Loyola and Francis Xavier, in: AHSI (2002), S. 238. 9 Haub: Francis Xavier: An intoductory life, in: AHSI (2002), S. 224. 10 Wicki SJ: Liste der Jesuiten-Indienfahrer 1541–1758, in: Flasche 1967, S. 252 f. 11 Schurhammer SJ: S. Francisco Xavier e a sua época’, in: Studia (1963), S. 12. 12 Zit. nach: Moule: The first arrival of the Jesuits at the Capital of China, in: The New China Review (1922), S. 451. KiO, (EiO), [ME]. 13 Offizielle Chronik der Ming-Dynastie, erstellt von 1723–1739. [ME]. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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Zu Beginn dieser Unternehmung stand in jedem Fall: Die Seereise. Um Ostasien missionieren zu können, musste man zunächst einmal dorthin gelangen. Der erste Transferschritt besteht im rein physischen Transfer des Vermittlers durch den Raum, um in den Kreis der Rezipientenkultur gelangen zu können. Dieses Faktum ist so selbstverständlich, dass es in der Forschung zur jesuitischen Mission relativ wenig thematisiert wurde, und dennoch für die Reisenden des 16.  Jahrhunderts eine existentielle Erfahrung. Man musste zunächst die C ­ arreira da Índia durchlaufen haben, um ans Missionsziel zu gelangen. Die Reise war lang, beschwerlich und gefährlich: »Far greater was the possibility of dying during the journey to the East than the prospect of being martyred.«14 Von 608 Jesuiten, die zwischen 1541 und 1614 von Lissabon aus gen Ostasien in See stachen, verstarben mindestens 42 bereits auf der Überfahrt.15 Einige Statistiken gehen von einer gewöhnlichen Verlustrate unter den Passagieren während der Reise von um 50 % aus.16 Die nicht tödlich verlaufenden Krankheitsfälle an Bord sind nicht gesondert erfasst, dürften aber nicht unbeträchtlich gewesen sein. Die räumliche Enge, die Mangelernährung und die zahllosen Möglichkeiten zur Infektion mit für die Reisenden neuen Krankheiten auf langen Routen17 forderten auch von den Missionaren ihren Tribut.18 Auf einer nao von etwas über 500 Tonnen befanden sich schließlich zwischen 400 und 500 Personen, davon knapp über 100 Mann Besatzung, der Rest Soldaten und Passagiere.19 Ab­ gesehen von den physischen Gefahren, die während der monatelangen Reisedauer auftraten, stellten sich zusätzlich noch psychische und spirituelle ein. An Bord eines Schiffes die nötige Ordensdisziplin aufrechtzuerhalten war nicht leicht und erforderte besondere Aufmerksamkeit.20

3.1.1 Routen und Strecken Die Routen dieser Reisen waren klar definiert: Am Anfang einer jeden Fahrt gen Osten in den indopazifischen Raum stand der Transfer Lissabon  – Goa an Bord eines portugiesischen Schiffes. Bis zum Ende des 16. Jahrhunderts befuhren keine anderen europäischen Nationen den Indischen Ozean. Jedes Jahr stachen die Ostindienfahrer im März oder April in einem Verbund (flottilla) 14 Brockey: Largos Caminhoes e Vastos Mares, in: BPJS (2000), S. 45. 15 Vgl. Wicki SJ: Liste der Jesuiten-Indienfahrer 1541–1758, in: Flasche 1967, S. 269–283. 16 Vgl. Brockey: Largos Caminhoes e Vastos Mares, in: BPJS (2000), S. 45–72; Standaert SJ: The Jesuit Presence in China (1580–1773), in: SWCRJ (1991), S. 4–17. 17 Granzow: Quadrant, Kompass und Chronometer, Stuttgart 1986, S.  55. Vgl. auch Schurhammer SJ: FX 2.1 (1963), S. 15–18. 18 Brockey: Largos Caminhoes e Vastos Mares, in: BPJS (2000), S. 46. 19 Schurhammer SJ: FX 2.1 (1963), S. 6. 20 Brockey: Largos Caminhoes e Vastos Mares, in: BPJS (2000), S. 47. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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von Lissabon aus in See, um zunächst mit dem Nordostpassat bis zu den Kana­ ren zu segeln und von dort aus entlang der afrikanischen Westküste zu den Kapverden zu gelangen, von wo aus die Schiffe mit dem Brasilstrom an Tristan da Cunha vorbei in einem weiten Bogen den Südatlantik querten, um dann in möglichst weiter Entfernung das Cabo das Tormentas anzusteuern.21 Die Kapumsegelung war schwierig und durchaus lebensgefährlich. 1580 verstarb Francisco Martins, designierter Provinzial der Ordensprovinz Indien, in diesem Abschnitt der Route auf See, noch bevor er seine Wirkungsstätte überhaupt hatte betreten können.22 Im Juli 1583 wiederholte sich das Geschehen mit Pedro da Silva gleichen Amtes.23 Hatte man diesen neuralgischen Punkt vor Mitte Juli passiert, führte die Route zwischen Moçambique und Madagaskar hindurch und lief ohne Zwischenpunkt im Indischen Ozean mit dem Südwestmonsun auf die Zielhäfen der indischen Küste zu. Gelang die Kapumsegelung jedoch erst nach Mitte Juli, so musste man wegen des Aussetzens des Südwestmonsuns entweder an der afrikanischen Küste überwintern oder die seit 1525 befahrene, besonders gefährliche ›äußere‹ Route östlich von Madagaskar nehmen, was viele Kapitäne vermieden.24 Da die Routen nicht mit der tatsächlichen physikalischen Entfernung übereinstimmten, sondern in Abhängigkeit von Winden und Strömungen gewählt wurden, und keine hinreichend genauen Berechnungsverfahren für die zurückgelegte Strecke zur Verfügung standen, kann die absolute Länge der einzelnen Routen im Raum heutzutage nicht mehr nachvollzogen werden.25 Es bleibt die Orientierung an der Länge der Strecken in der Zeit: Üblicherweise betrug die Transitzeit bis Goa (Streckenlänge ca. 12000– 12400 moderne Seemeilen)26 bei guter Wetterlage etwa fünf Monate, so dass man nach der Abfahrt im April im September dort eintraf. War man jedoch gezwungen, am Kap oder nach dessen Umsegelung in Moçambique zu überwintern, so wuchs die Reisezeit auf dreizehn Monate an, und man erreichte sein Ziel erst im Mai des Folgejahres. Das war durchaus nicht ungewöhnlich. Nicht nur Javier selbst teilte dieses Schicksal, sondern beispielsweise auch die von Valignano nach Europa geschickte Gesandtschaft japanischer Jugendlicher zu Papst Gregor XIII. (Ugo Buoncompagni, 1502–85; Pont. 1572–85) auf ihrer Rückreise – in Portugal in See gestochen am 08. April 1586, erreichten sie Goa im Mai 158727 – sowie Roberto de Nobili; abgesegelt am 28. April 1604, traf er am 21 Granzow: Quadrant, Kompass und Chronometer, Stuttgart 1986, S. 68 f. 22 Wicki SJ: Die Ernennung der Provinziäle und Visitatoren der indischen Provinz der Gesellschaft Jesu, in: AHSI (1980), S. 357. 23 Ebd., S. 358. 24 Granzow: Quadrant, Kompass und Chronometer, Stuttgart 1986, S. 70. 25 Ebd., S. 37. 26 Ebd., S. 41. 27 Massarella: Envoys and Illusions, in: Journal of the Royal Asiatic Society (2005), S. 336 f. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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in Goa am 20. Mai 1605 ein28. Zwischen 1500 und 1600 dürften etwa 10–20 % aller Schiffe auf der Route Lissabon – Goa zu einer derartigen Überwinterung an der afrikanischen Küste gezwungen gewesen sein.29 Zu diesen wetterbedingten Schwierigkeiten gesellte sich ein weiterer Faktor, der die Reise komplizierte. Der Estado da Índia war mit über 40 Stützpunkten überdehnt, die dort herrschende Personalknappheit endemisch und systemisch und konnte nie ausgeglichen werden.30 Schließlich betrug die Einwohnerzahl Portugals im 16. Jahrhundert wohl nur etwa 1,5 Millionen Menschen. Die portugiesische Flottenstärke war daher für die Erfordernisse dieses ausgedehnten Kolonialreichs ebenfalls stets zu niedrig. 1536 umfasste die gesamte portugiesische Marine etwa 300 hochseetaugliche Schiffe,31 die zwischen Portugal, Brasilien und Indien nicht nur die Lebensadern des Imperiums aufrechterhalten mussten, sondern zugleich auch noch den Gewürz-, Gold- und Edelholzhandel. Die verhältnismäßig wenigen Schiffe, die auch Passagiere beförderten, waren mit diesen daher regelmäßig überfüllt. Gerade diese geringe Anzahl von Transportgelegenheiten im und in den indopazifischen Raum stellte für die Societas aber insofern auch einen konstitutiven Faktor für künftige Handlungsoptionen dar, als sie damit notwendigerweise dieselben Schiffe für die Überfahrt nutzte wie die übrigen kolonialen Akteure der portugiesischen Expansion, die Matrosen, Soldaten und vor allem die nobres, fidalgos und Funktionäre der Krone. Die naos der Carreira da Índia wurden unter den Bedingungen der räumlichen Enge und der geteilten Wetter-, Krankheits- und sonstigen Gefahrensituationen eine wertvolle Kontaktbörse. Hier kamen die Mitglieder der Gesellschaft mit allen künftigen Kommandanten und Entscheidungsträgern des Estado da Ín­ dia in Kontakt, was oft genug auch spirituelle und krankenpflegerische Dienste und daraus resultierende gegenseitige Verbundenheiten einschloss. Die Voraus­ setzungen für eine in der späteren missionarischen Arbeit profitabel instrumentalisierbare Netzwerkbildung waren also gegeben.32 War Goa erst einmal erreicht, ließen sich weitere Ziele ansteuern. Von dort aus spann sich ein Netz von Routen, die die übrigen Missionsgebiete anschlossen. Über das seit 1557 portugiesische Macao erreichten die Missionare ab 156533 China und Japan (ab 1580 via Nagasaki), über das bereits 1511 eroberte Malakka wahlweise Macao, Japan/Nagasaki oder die Molukken. Diese Verbindungen waren zwar meist kürzer als die Überfahrt von Portugal nach Indien,

28 Diehl: Catholic Religious Orders in South Asia, 1500–1835, in: The Journal of Asian Studies (1978), S. 700. 29 Granzow: Quadrant, Kompass und Chronometer, Stuttgart 1986, S. 60. 30 Boxer: The Portuguese Seaborne Empire. 1415–1825, London 1969, S. 52 f. 31 Ebd., S. 56. 32 Vgl. Schurhammer SJ: FX 2.1 (1963), S. 67–85; insbesondere S. 85. 33 King: For the Instruction of Those Aspiring to be Christian, in: SWCRJ (2004), S. 59. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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dafür aber nicht weniger risikoreich. Allein zwischen 1569 und 1573 starben 40 indische Jesuiten an Seuchen – oder auf See.34 Von Goa nach Macao betrug die Reisezeit üblicherweise etwa acht Wochen, eine Strecke, die im Regelfall in zwei Teilstücke Goa – Malakka und Malakka – Macao aufgespalten wurde. Das Teilstück von Goa nach Malakka konnte in etwa vier Wochen zurückgelegt werden, führte aber durch die nautisch außerordentlich schwierige Straße von Malakka.35 Um von Malakka aus nach Macao zu gelangen, benötigte man noch einmal etwa einen Monat Reisezeit, musste allerdings das stürmische und unübersichtliche Südchinesische Meer durchqueren.36 Alle Routen im südöstlichen Bereich des Estado da Índia waren zudem stark von den saisonalen Wetterverhältnissen abhängig, was ganz besonders die Route Macao – Nagasaki betraf. Die Verbindung zwischen Macao und Nagasaki nahm etwa 6 Wochen Segelzeit in Anspruch. Versäumte man aber den Monsun, war man gezwungen, lange Wartezeiten in Kauf zu nehmen. Die auch kommerziell außerordentlich wichtige Rundroute Goa – Macao – Nagasaki – Macao – Goa (Streckenlänge insgesamt etwa 9600 moderne Seemeilen)37 nahm insgesamt ca. 18 Monate in Anspruch, konnte sich aber unter ungünstigen Umständen durchaus auf eine Dauer von drei Jahren ausdehnen,38 obwohl die reine Segelzeit theoretisch nur gut 28 Wochen betrug. Alessandro Valignano etwa musste auf seinen Reisen nach Japan nicht nur von Oktober 1577 bis Juli 1578 in Macao auf günstige Winde warten,39 sondern auch von April 1588 bis Juni 1590.40 Als Luís Fróis sich im April 1562 in Goa nach Japan einschiffte, erreichte er Yokoseura auf Kyūshū erst am 06. Juli 1563.41 In den zwanzig Jahren von 1597 bis 1617 musste die Fahrt des Schwarzen Schiffes, der nao, die jährlich einmal zwischen Macao und ­Nagasaki verkehrte, zehnmal ausfallen, es konnten also nur gut 50 % aller Verbindungen bedient werden.42 Die Witterungsverhältnisse hatten auf der besonders in der Taifunsaison geplagten Route dabei durchaus unterschiedlichen Einfluss auf die einzelnen Fahrten und Reisenden. Pedro Gómez schiffte sich am 06. Juni 1582 in Macao zur Überfahrt nach Japan ein, wurde aber durch einen Taifun auf die Ryūkyū-Inseln verschlagen und musste nach Macao zurückkehren, um sich abermals einschifffen zu können; er erreichte dennoch 34 Bangert SJ: A History of the Society of Jesus. St. Louis 19862, S. 85. 35 Brockey: Largos Caminhoes e Vastos Mares, in: BPJS (2000), S. 68. 36 Vgl. zur Straße von Malakka (Singapur) Schurhammer SJ: FX 2.3 (1973), S. 29–37. 37 Granzow: Quadrant, Kompass und Chronometer, Stuttgart 1986, S. 42. 38 Boxer: The Portuguese Seaborne Empire, 1415–1825, London 1969, S. 65 f. 39 Sebes SJ: The Precursors of Ricci, in: Ronan SJ/Oh (Hg) 1988, S. 32. 40 Vgl. Üçerler SJ: Alessandro Valignano: man, missionary, and writer, in: Renaissance Studies (2003), S. 348, u. Massarella: Envoys and Illusions, in: Journal of the Royal Asiatic Society (2005), S. 337. 41 Jorissen: Das Japanbild im Traktat (1585) des Luis Frois, Kyōto 1987, S. 134. 42 Oliveiro e Costa: A Route under Pressure, in: BPJS (2000), S. 79. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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Japan noch im selben Jahr.43 Gonçalo Álvares, Visitator von Indien von 1568 bis 1572, ging dagegen auf dem Weg nach Japan während eines Taifuns am 23. Juli 1573 vor Kyūshū unter und ertrank.44 Goa blieb hierbei der zentrale Nexus dieses Systems. Die Direktverbindung Lissabon – Malakka wurde erst ab 1576 befahren, und die direkte Route von Lissabon nach Macao erst 1706 eingerichtet.45 Hierbei muss jedoch bedacht werden, dass diese Einschränkungen nur für portugiesische Schiffe galten; der rege innerasiatische Schiffsverkehr des Indiks und des Gelben Meeres wurde von den Jesuiten – alternativ – auch als Transportmedium genutzt. Javier selbst erreichte Japan 1549 an Bord einer chinesischen Dschunke, und 1599 gelangte Pedro Ramón (1550–1611) an Bord eines nicht näher bekannten asiatischen Schiffes von Macao nach Nagasaki.46 Landverbindungen waren zwar theoretisch gangbar, boten aber keine echte Alternative. Nicolás Trigault (1577–1628) nahm für den zweiten Teil  seiner Rückreise aus China 1613 eine Karawane nach Aleppo, um schneller als per Schiff über die Levante und Zypern nach Süditalien und Rom zu gelangen,47 aber diese Route durch mehrere nichtchristliche Reiche bot wohl kaum eine halbwegs kontrollierbare Möglichkeit, die Ostasienmission mit Personal und Material zu versorgen. Die Societas hatte, allem anderen voran, ein zu großes Interesse daran, die Privilegien, die sie unter dem Padroado und der portugiesischen Krone genoss, zu behalten.48 Und natürlich waren die Überlandrouten auch nicht ohne Risiko: Bento de Góis (1563–1607), irmão (Laienbruder) der Societas, reiste in Matteo Riccis Auftrag 1602 von Agra über Tibet nach China, das er 1605 erreichte.49 Die Reise hatte das primäre Ziel, die Identität des mittel­ alterlichen »Cathay« mit China zu beweisen,50 und war nicht darauf ausgelegt, eine Überlandroute zu finden. Insofern war sie zwar ein Erfolg, als de Goís berichten konnte, dem sei so – sie endete aber mit de Goís’ Tod im März 1607, noch bevor er Ricci in Beijing treffen konnte.51 43 Schütte SJ: Drei Unterrichtsbücher für japanische Jesuitenprediger aus dem XVI. Jahrhundert, in: AHSI (1939), S. 240 f. 44 Wicki SJ: Die Ernennung der Provinziäle und Visitatoren der indischen Provinz der Gesellschaft Jesu, in: AHSI (1980), S. 349. 45 Wicki SJ: Liste der Jesuiten-Indienfahrer 1541–1758, in: Flasche 1967, S. 254. 46 Oliveiro e Costa: A Route under Pressure, in: BPJS (2000), S. 82. 47 Fezzi: Osservazioni sul De christiana expeditione apud Sinas suscepta ab societatis Iesu dei Nicolas Trigault, in: Rivista di storia e letteratura religiosa (1999), S. 546. 48 Brown: Courtiers and Christians: The First Japanese Emissaries to Europe, in: Renaissance Quarterly (1994), S. 887. 49 Roque de Oliveira: A construção do conhecimento europeu sobre a China, Diss.: Barcelona 2003, S. 396. 50 Sebes SJ: The Precursors of Ricci, in: Ronan SJ/Oh (Hg) 1988, S. 21. 51 Roque de Oliveira: A construção do conhecimento europeu sobre a China, Diss.: Barcelona 2003, S. 1094. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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Besonders die längste dieser Routen, die Verbindung zwischen Lissabon und Goa, stellte eine völlig neuartige Erfahrung für die Reisenden dar, nicht nur aufgrund der Enge, der Krankheiten und anderer Unannehmlichkeiten. Wegen der Bewegung des Schiffes durch verschiedene klimatische Zonen in einer raschen zeitlichen Abfolge geriet die gewohnte Bewegung der Jahreszeiten für die Passagiere der nach Indien steuernden naos scheinbar durcheinander: Man segelte entgegen der Bewegung des Sonnenstandes über die Erde, was zu einem klimatischen Zeitraffereffekt führte. Von März bis Juni erlebte man Hoch­sommer, während im Juli auf der Höhe des Kaps bereits wieder Winter herrschte; und nach dessen Umsegelung gelangte man nach etwa zwei Monaten im Indischen Ozean wieder in die tropische Zone mit dem Gefühl des Hochsommers hinein.52

3.1.2 Konkrete Auswirkungen: Psychologisches Was bedeutete die Reise – abgesehen von der zurückgelegten Entfernung – aber für die Reisenden? Die Schwierigkeiten des physikalischen Transfers, die Atmosphäre der Isolation auf See und der völligen Machtlosigkeit den Naturgewalten gegenüber erzeugte bei denen, die sie überlebt hatten, nicht nur ein besonderes Gefühl einer gemeinsamen existentiellen Erfahrung, sondern auch eine spirituelle Sicherheit. Vor der Überfahrt erhielten die für Indien bestimmten Jesuiten die Möglichkeit zur Generalbeichte, vorgesehen für Sterbende oder Menschen in Todesgefahr.53 Während der Überfahrt waren sie im Rahmen ihrer Pflichten als Kleriker und Ordensmitglieder unter anderem in der Krankenpflege und der Sorge für die Sterbenden tätig54 und erfuhren sich zu verschiedensten Ge­ legenheiten als ›in Gottes Hand‹, so dass die erfolgreiche Bewältigung der Strecke einer göttlichen Bestätigung der Berechtigung ihres missionarischen Impetus gleichkam. Javier selbst formulierte bereits zu Beginn des Unternehmens diese Interpretation der Wegstrecke für seine Mitbrüder. »Dise Japonische Raiß ist fürwar gantz gefährlich/zum theil von wegen der mord unnd raubereyen / die sich auff dem Meer offt und vil zutragen / unnd zum theil der ungestümme des Meers / die zum offternmal / diser Enden allenthalb so grausam entstehet / das die / so diß Meer brauchen / dafür halten / es sey ihnen gar wol gangen / wann von dreyen Schiffen / zwey ohn schaden darvon kommen. Derhalben mir diß in meinem Gemüt/offt ein sorg und bedencken macht / das inn unser Societet /  die / […] an dise ort geschickt werden / vermeinen möchten / es wäre ein fräveliche gewagte sach / und hiesse schier Gott versucht / sich in so offenbare gefährlichkeit 52 Granzow: Quadrant, Kompass und Chronometer, Stuttgart 1986, S. 81 f. 53 Brockey: Largos Caminhoes e Vastos Mares, in: BPJS (2000), S. 50. 54 Schurhammer SJ: FX 2.1 (1963), S. 18, FN 60 u. S. 20, FN 84–86. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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zubegeben. Jedoch entledige ich sie hernach von solchem argwon / das ich hoffe / deß Herren geist / der in unserer Societet studiis wohnet / regiere die ganze sach.«55

Wieso hätte es dem Herrn gefallen sollen, Seinen Knecht an diesen Ort zu geleiten, während so viele andere starben, wenn es nicht Sein Wille war, dass dieser seine Aufgabe der Verkündigung von Gottes Wort erfüllen sollte? Luís Fróis kommentierte in seiner »Geschichte Japans« die Schwierigkeiten, denen sich die zweite Gruppe jesuitischer Missionare, die unter Führung Melchior N ­ unes Barretos (1519/21–71) nach Japan aufbrach, ab Malakka gegenübersah, in diesem Sinn. »Aber sie stießen auf ein anderes Schiff. Dieses kam in Gefahr, […] und so gerieten die Reisenden auf Klippen, wo die Patres und die Karavelle verloren gegangen wären, hätte der Herr sie nicht wunderbarerweise gerettet. Viele beweinten dort noch lebend ihren Tod und wunderten sich, wie eine Fahrt, die so sehr zu Gottes Ehre und Dienst war, so vielen Hindernissen begegne, aber sie verstanden nicht, daß der Herr jene, die er für sich auserwählt, wie Gold im Schmelztiegel läutert.«56

Die psychische Destabilisierung durch die existentielle Grenzerfahrung der Carreira da Índia wurde aufgehoben und kompensiert durch eine selbstbestätigende spirituelle Interpretation. »Später, nach einem Jahr, dankte ich ihm [Gott] mehr und mehr für diese Gnade. Denn wenn ich mich damals nicht eingeschifft hätte, wäre ich, nachdem die Nao nach Japan abgefahren war, gezwungen gewesen, eine Dschunke zu nehmen, die von Siam gekommen war. Diese Dschunke verlor sich, in eben jenem Jahr, mit allen Leuten an Bord im Meer; (sie versank) in einem Taifun. der [sic] auch uns überfiel, als wir im Hafen von Ikinoshima, den wir auch angelaufen hatten, vor Anker lagen. Deshalb war mein Dank gegen Gott umso größer, als ich im folgenden Jahr erfuhr, die Dschunke, auf der ich mich hätte einschiffen müssen, wenn ich in Makao geblieben wäre, sei verloren gegangen; und stets erinnerte ich mich dieser besonderen Gnade, die Gott mir erwies, indem er mich heil nach Japan brachte, und mich zugleich von dem großen Sturm errettete, den unsere Nao, auf der wir fuhren, zu bestehen hatte.«57

Diese Erfahrung nutzte sich nicht ab, sondern wurde durch hinzutretende weitere Reisen immer wieder aktualisiert und aufgefrischt. Dabei hilfreich dürfte eine der Vorschriften zum Verhalten an Bord gewesen sein: Bereits während der Überfahrt mussten die für Indien bestimmten Jesuiten tagebuchartig alles Erbauliche erfassen, das sie miterlebten, und sich der Erinnerungen vergewissern, 55 [Javier, Francisco de SJ]: Veröffentlichter Brief aus Malakka 1549, in: Maffei, Giovanni Pietro SJ: Kurtze Verzeichnuß und historische Beschreibung, übers. v. Götze, Johann Georg, Ingolstadt 1586, S., 105 f. (2). Kapitälchen iO, kursiv statt Antiqua iO. [MA]. 56 Fróis, Luís SJ: Die Geschichte Japans (1549–1578), hg. u. übers. v. Schurhammer SJ/ Voretzsch SJ, Leipzig 1926, S. 49. [MA]. 57 Lucena, Afonso de SJ: Erinnerungen aus der Christenheit von Ōmura, hg. u. übers. v. Schütte SJ, Rom 1972, S. 73. [ME], (EiO). © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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die ihnen die Überfahrt erträglich machen konnten.58 So konstituierte sich die Gemeinschaft des Missionsfeldes retrospektiv zwar als Verkörperung europäischer Tugenden, aber zugleich auch als vom Mutterland durch eine deutliche raumzeitliche Kluft getrennt und damit manövrierfähig. Die Entstehung eines gruppenspezifischen Praktikengeflechts unter den jesuitischen Ostasienmissionaren ist bislang eigentlich immer mit der formierenden Kraft der Ordensregeln und ordensspezifischen Ausbildung erklärt worden. Allerdings stellt sich die Frage, ob diese Faktoren ausreichen, und ob nicht vielmehr noch solche wie die Passage hinzutreten müssen. Durch die Analyse der beobachtbar angewandten Praktiken sowie der in ihnen zutage tretenden Vorannahmen sollte ein Rückschluss hierauf möglich sein. Für die weitere Analyse muss diese neue Erfahrungsdimension in jedem Fall hinzu gedacht werden. Rückschlusspunkte für ein weitergehendes Wirken dieser Reiseerfahrungen lassen sich rasch finden. Das erste lateinische Theologiekompendium für die japanischstämmigen Angehörigen der Societas, De Sphaera, eine astronomisch-geologische Einführung mit dem Ziel der Erkenntnis der Größe Gottes in Ansehung der Wunder der Welt, lehnte sich 1593 in Inhalt und Aufbau deutlich an den Tractatus de sphaera des Johannes de Sacro Bosco (c.1195–c.1256) an,59 dessen Zusammenfassung wiederum einen Standardinhalt der portugiesischen Seehandbücher des 16. Jahrhunderts, der roteiros, darstellte.60 Ein weiterer solcher Punkt findet sich bezeichnenderweise bei einem Jesuiten, der selbst nie auf dem Ozean gereist war: Im Myōtei mondō argumentierte Fabian Fukan, das westliche Paradies (sukhavatī) des Bodhisattva Amida61, das die japanische jōdo shinshū, die Wahre Schule vom Reinen Land, predigte, könne nicht existieren, denn nach deren Angaben sei es von Japan zwei Trillionen Welten entfernt, während das kurofune, die schwarze nao der Portugiesen, nur knapp 7772 leguas62 bis in den fernen Westen Europas zurücklege. Gäbe es aber kein westliches Paradies, so könne Amida dort nicht meditiert haben, folglich auch nicht existiert.63 Vielleicht konnte nur jemand, der die Wirkung einer Seereise von über 7000 leguas nicht selbst verspürt hatte, sie so relativieren; aber selbst in dieser Form blieb sie ein Aktivposten der Societas Jesu. In China führte die Kommunikation des 58 Ferro: A epistolografia no quotidiano dos missionários jesuítas, in: Lusitania sacra (1993), S. 139. 59 Schütte SJ: Drei Unterrichtsbücher für japanische Jesuitenprediger aus dem XVI. Jahrhundert, in: AHSI (1939), S. 243. 60 Granzow: Quadrant, Kompass und Chronometer, Stuttgart 1986, S. 18. 61 Japanisch Amida butsu, sanskr.: Amithaba. 62 Die portugiesische legua des 16. Jahrhunderts war definiert als der 17½te Teil eines Län­ gengrads. Granzow: Quadrant, Kompass und Chronometer, Stuttgart 1986, S. 26. Eine genaue Umrechnung in heutige Maße ist aufgrund der Unmöglichkeit, zuzuordnen, wie lang die Zeit­ genossen einen Längengrad einschätzten, nicht möglich. 63 Fukan, Fabian: Myōtei Mondō [Buch 1 u. 2], übers. u. komm. v. Humbertclaude SJ, in: MN (1938), S. 239. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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geographischen Wissens, das auch die Routen zwischen China und Europa inbegriff, dazu, die Europäer in harmloserem Licht als bislang erscheinen zu lassen. Das Bewusstsein der enormen Entfernungen zwischen dem Reich der Ming und den »Meeresteufeln« ließ diese als potentielle Gefahrenquelle ausscheiden,64 so dass die offiziellen Stellen der chinesischen Verwaltung eher gewillt waren, die Aktivitäten der Portugiesen in Macao und schließlich auch die Anwesenheit der Missionare im Land zu dulden.

3.2 Kommunikation »A sign of this great love is the great joy and pleasure he [Iñigo de Loyola] experiences in talking about, and listening to, news of the doing of the brethren. He ordered the »edifying letters« and news from the colleges to be read two or even three times. Once in 1555, when I was at our villa, he called for me and talked to me with the greatest pleasure about this.«65 Luís Gonçalves da Câmara SJ 1555

Mit der Landung Javiers in Indien begann auch das zweite prägende Strukturmoment der Mission: Die Kommunikation mit dem zurückgelassenen Europa. Die räumliche Distanz schuf  – vor allem auch durch die besondere Qualität der Reise, die zu ihrer Überwindung nötig war – zunächst eine chronographische Distanz, und aus beidem resultierend eine schwerwiegende psychologische Trennung der beiden Sphären des Missionsgebietes und der europäischen Heimat des Ordens. Bereits die Gründergeneration erkannte, dass geeignete Maßnahmen ergriffen werden mussten, um dieser Spaltung entgegenzuwirken und eine Kontrolle der Missionare durch die Ordensleitung in Rom wirksam zu gewährleisten. In den constitutiones Loyolas wurden noch alle Collegia und wichtigeren Residenzen verpflichtet, alle drei Monate schriftlich Bericht nach Rom zu erstatten. Die dreimonatige Frist wurde jedoch bereits unter dem zweiten Ordensgeneral Diego Lainez 1564 in einen sechsmonatigen Turnus geändert, und nach den Beschlüssen der 2. Generalkongregation 1565 mussten diese Briefe nur noch einmal im Jahr geschrieben werden, als die bekannten littera annuae.66 1581 erfuhr diese jährliche Korrespondenz der Asienmissionen mit Europa eine erneute Institutionalisierung durch Valignano.67 Die Rektoren der Kollegien und die Propositi in den Ordensprovinzen mussten nach dem Schema der Konstitutionen halbjährlich an den Provinzial schreiben und alle drei Monate 64 Lévy: L’arrivée des Portugais en Chine, in: NRSS (1998), S. 18 f. 65 Câmara, Luís Gonçalves da SJ: Remembering Iñigo, hg. u. übers. v. Eaglestone/Munitiz SJ, St. Louis 20052, S. 53. [ME]. 66 Dehergne SJ: Les lettres annuelles des missions jésuites de Chine au temps des Ming, in: AHSI (1980), S. 379. 67 Fezzi: Osservazioni sul De christiana expeditione apud Sinas suscepta ab societatis Iesu dei Nicolas Trigault, in: Rivista di storia e letteratura religiosa (1999), S. 561. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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in dreifacher Ausfertigung an den Ordensgeneral nach Rom. Die Provinziale schrieben alle drei Monate an ihre Subalternen und monatlich an den General; der General alle zwei Monate an die Provinziale und alle sechs Monate an die Rektoren und sonstigen lokalen Vorstände. Die Form dieser Schreiben wurde ebenfalls genau geregelt: Die Briefe an den Provinzial wurden den Vorschriften zufolge in zwei Exemplaren ausgefertigt, je eines in der jeweiligen Sprache der Provinz und ein lateinisches, beide desselben Inhalts – Erbauliches – und in doppelter Ausführung, sowie je eine Kopie an den General. Dazu kamen jeweils ein volkssprachliches und ein lateinisches Schreiben an den General, das alles Mitzuteilende unter Auslassung der Details enthielt. Die Erstellung und der Verbleib von Archivkopien für andere Provinzen wurden ebenfalls genau geregelt.68 Bei den Jahresbriefen war das Kopienwesen besonders ausgeprägt: Das Schreiben Javiers aus Cochin 1544 ging in vier Kopien auf die Reise nach Lissabon, je eine an das portugiesische Königspaar, den Ordensgeneral Loyola, den Provinzial der Ordensprovinz Portugal Simão Rodrigues, und die irmãos der Gesellschaft zu Rom.69 Als 1594 wider Erwarten keine Amtsenthebung Valignanos als Visitator der Provinz Indien in Goa eintraf, beschwerte sich Francisco Monclaro (François Monclaire, 1531–95) zum wiederholten Male brieflich darüber. Unter anderem klagte er über die Unzuverlässigkeit der Post, die alle drei Exemplare seiner vorigen Schreiben in der Sache verloren haben müsse, so dass von nun an noch mehr Kopien geschickt werden müssten, um sicherzustellen, dass überhaupt eine das Ziel erreiche.70 So entstand – in Verbindung mit den vielen speziellen und informellen Briefen, die innerhalb der Gesellschaft versandt wurden  – ein enormes Kommunikationsvolumen, auch wenn nicht alle Vorschriften immer buchstabengetreu befolgt wurden. Im Zentralarchiv des Ordens in Rom setzte daher etwa um die 1590er bereits die Kassation des angesammelten Archivmaterials ein, insbesondere des Briefeingangs.71 Diese Menge an Schreiben und Berichten diente einem klar definierten Zweck, die Ordenszentrale in Rom so genau und umfassend wie möglich über alle Ereignisse und Aktivitäten in den Tätigkeitsgebieten der Mitglieder der Societas Jesu zu in­formieren.72 Die so entstehende Kommunikationssituation erfordert aber besonders vor dem Hintergrund der Situation im indopazifischen Raum eine genauere Be 68 Ferro: A epistolografia no quotidiano dos missionários jesuítas, in: Lusitania sacra (1993), S. 140. 69 Ebd., S. 147. 70 Wicki SJ: Die Ernennung der Provinziäle und Visitatoren der indischen Provinz der Gesellschaft Jesu, in: AHSI (1980), S. 368. 71 Friederich: Archive und Verwaltung im frühneuzeitlichen Europa, in: ZHF (2008), S. 386 f. 72 Friederich: Governance in the Society of Jesus 1540–1773, in: Studies in the Spirituality of Jesuits (2009), S. 8 f. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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schreibung, als sie sich durch eine extreme Zerdehnung auszeichnet. Das Entfernungsproblem der Seereisen spiegelte sich in der Kommunikation mit Indien wieder: Briefe des Generals wurden im Januar, besser noch im Dezember, aus Rom abgeschickt, um nach zwei bis vier Wochen Portugal73 und anschließend über die Carreira da Índia im September Goa zu erreichen. Als Ordensgeneral Claudio Aquaviva im Januar 1595 beschloss, Valignano vom Amt des Visitators der Indischen Provinz zu entlasten, erreichte das Schreiben mit der Amts­ enthebung als Indienvisitator Goa am 21. September 1595.74 Die carta grande, der erste Brief Javiers aus Japan, datiert zu Kagoshima, den 05. November 1549, traf im April 1550 in Malakka ein; von dort ging das Schreiben nach Indien weiter, wo es im Dezember ankam. In Cochin wurde der Brief schließlich am 18. Januar 1551 nach Lissabon eingeschifft, um es am 09. August zu erreichen, nach beinahe zwei Jahren auf See.75 In umgekehrter Richtung war die Kommunikation auf dieser Route noch unberechenbarer. Während der ganzen Zeit seines Japanaufenthaltes von 1549 bis 1551 erreichte Javier gar keine Post, da in den Jahren 1550 und 1551 keine portugiesischen Schiffe den Archipel ansteuerten. Diese Situation setzte sich fort; Baltasar Gago (1518–c.83) schrieb 1553, seit 1549 seien keine schriftlichen Nachrichten aus Indien gekommen.76 Diese grundlegenden Bedingungen des Kommunikationsrahmens blieben über die 1570er hinaus bestehen. Michele Ruggieri (1543–1607) schrieb 1580 aufgrund seiner schlechten Fortschritte im Chinesischen an Valignano, dass er Unterstützung benötige und Valignano ihm daher Ricci zur Unterstützung schicken möge. Valignano schrieb daraufhin nach Indien und veranlasste brieflich die Entsendung von Matteo Ricci und Francisco Pasio (Paez, 1551/4–1612), der dann von Macao nach Japan weiterreisen möge. Aufgrund der langen Laufzeit der Briefe war Valignano allerdings eher persönlich in Macao als die von ihm beorderten Ricci und Pasio.77­ Valignano erfuhr 1583 von der Übertragung des Amtes des Indienprovinzials an ihn erst bei seiner Ankunft in Goa, da die Briefe dort für ihn lagerten. Eigentlich wollte er die japanische Gesandtschaft nach Rom begleiten, nahm aber angesichts der Verhältnisse in Indien das Amt an.78

73 Ferro: A epistolografia no quotidiano dos missionários jesuítas, in: Lusitania sacra (1993), S. 149. 74 Wicki SJ: Die Ernennung der Provinziäle und Visitatoren der indischen Provinz der Gesellschaft Jesu, in: AHSI (1980), S. 369 f. 75 Ferro: A epistolografia no quotidiano dos missionários jesuítas, in: Lusitania sacra (1993), S. 148 f. 76 Schurhammer SJ: FX 2.3 (1973), S. 131 f., FN 43. 77 Sebes SJ: The Precursors of Ricci, in: Ronan SJ/Oh (Hg) 1988, S. 34. 78 Wicki SJ: Die Ernennung der Provinziäle und Visitatoren der indischen Provinz der Gesellschaft Jesu, in: AHSI (1980), S. 359. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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Dieses Phänomen zerdehnter Kommunikation ist aus der Administration der spanischen und portugiesischen Kolonialreiche des 16.  und 17.  Jahrhunderts bereits hinlänglich bekannt, allerdings ist die Parallele zur jesuitischen Kommunikation noch nicht ausreichend oft gezogen worden.79 Während die Vizekönige und Gouverneure der kolonialen Verwaltung in der Abwesenheit zeitnaher königlicher Befehle und vor allem in Ermangelung im kolonialen Kontext operationaler herrscherlicher Anweisungen großen Spielraum in ihren Entscheidungen genossen, ist die Frage, ob die Gesellschaft Jesu sich hier durch ähnliche Strukturen auszeichnet, noch offen. Eine Stärkung der Eigengewalt der Provinziale für Ostasien ergab sich in jedem Fall bereits notwendig aus der langen Laufzeit der Briefe zwischen Lissabon und Goa. Die eigentlich drei­jährige Amtszeit des Indienprovinzials war administrativ nicht zu gewährleisten und wurde gegen Ende des 16. Jahrhunderts auf fünf Jahre verlängert – außer im Sterbefall.80 Dass hinsichtlich der Kommunikation der Societas mit den kolonialen Metropolen analoge Verhältnisse galten, zeigte sich an der Übertragung der Einkünfte der 1540/41 zerstörten Hindutempel im Umland Goas an das Colégio do São Paulo. 1545 war diese von der Administration des Estado da Índia vorbehaltlich der königlichen Bestätigung erfolgt. Es dauerte dennoch bis März 1556, bevor eine rechtskräftige königliche Ratifikation der Gesellschaft diese Einnahmen wirklich sichern konnte – und auch dieses Schreiben musste dann erst noch über die Carreira da Índia bis nach Goa gelangen.81 Erschwert wurde die Umsetzung solcher Dekrete zusätzlich durch die lokalen Verhältnisse und die meist mangelnde Kooperation der indigenen Bevölkerung. Die Dorfgemeinschaften Goas, die nach der Zerstörung der Tempel eine Übertragung der diesen zugehörigen Flurstücke in Gemeineigentum statt an das Kolleg befürwortet und 1542 vom Gouverneur des Estado da Índia, Martim Afonso de Souza (†1564, amt. 1542–5), auch bewilligt bekommen hatten, gegen die Gewährung regelmäßiger Ausgleichszahlungen an das Kolleg,82 hielten aus Protest Informationen über die genauen Besitzverhältnisse zurück. So wurden zwei katastrale Erfassungen in den Jahren 1552 und 1553–5 nötig, um überhaupt zu klären, welche Landstücke eigentlich von den Entscheidungen der Zentrale betroffen waren,83 für die zudem differierende präkoloniale Rechtsauffassungen als Referenzpunkte herangezogen werden konnten.84

79 Eine Ausnahme ist Clossey: Salvation and Globalization in the Early Jesuit Missions, Cambridge u. a. 2008, S. 58. 80 Wicki SJ: Die Ernennung der Provinziäle und Visitatoren der indischen Provinz der Gesellschaft Jesu, in: AHSI (1980), S. 339. 81 Alden: The Making of an Enterprise, Stanford 1996, S. 432 f. 82 Xavier: Goa. A Social History (1510–1640), Goa 1993, S. 186. 83 Ebd., S. 187. 84 D’Costa SJ: The Christianisation of the Goa Islands, Bombay 1965, S. 21. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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Es gibt einige Anhaltspunkte für eine den übrigen imperialen Kontexten nach einem solchen Analyseschema notwendig ähnliche Stärkung der provinzia­ len Gewalten innerhalb der Gesellschaft durch die reine Entfernung. Als Francisco Cabral 1592 zum Provinzial der Ordensprovinz Indien erhoben werden sollte, hielten einige Patres die Patentbriefe des Generals zur Bestätigung des Postens zurück, da sie den allseits unbeliebten Cabral als »Unfähigen und Geisteskranken«85 ansahen. Valignano war zwar als Indienvisitator während seiner Amtszeit die oberste Instanz der Ordensprovinz Indien, nichtsdestotrotz aber theoretisch der Autorität des Ordensgenerals unterworfen. Er handhabte diese Verpflichtung jedoch recht flexibel. 1582 ernannte er Gaspar Coelho ­(c.1531–90) zum ersten Vizeprovinzial Japans.86 Als wenig später Post aus Rom eintraf, die Cabral für diesen Posten vorsah, ignorierte er das bereits,87 weil die Lage vor Ort es nicht erlaube.88 Ein Beispiel für die Schwierigkeiten, die aus im lokalen Kontext nicht umsetzbaren Anweisungen erwuchsen, bietet sich bereits unter Javier an. Am 10. Oktober 1549 wurde in Rom per Dekret Loyolas die eigenständige Ordensprovinz Indien konstituiert und Javier zu deren erstem Provinzial ernannt. Nach Indien gelangte das Schreiben allerdings erst im September 1550, und Javier selbst, der sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Japan aufhielt, erhielt es erst auf dem Rückweg von Japan nach Indien im November 1551 in Malakka, wohin es ihm – als seinem zum damaligen Zeitpunkt letztbekannten Aufenthaltsort – nachgesandt worden war.89 Loyola rechnete zwar damit, dass Javier von Goa abwesend sein könnte, wenn das Schreiben eintraf, und verfügte in einer Klausel, dass in diesem Fall der Rektor des Paulskollegs, António Gomes, die Autorität des Provinzials ausüben sollte. Javier hatte die Leitung Indiens während seiner Abwesenheit bei seiner Abreise aber in die Hände Paulo Camerinos (Paolo, †1560) gelegt,90 so dass nun in Frage stand, wer die oberste Position unter den Jesuiten in Indien vertreten sollte. Die Patres vor Ort entschieden schließlich, dass Loyola wohl nicht Javiers Entscheidungen torpedieren wollte, und machten Paulo zum Vizeprovinzial – entgegen dem expliziten Wortlaut der Verfügung des Ordensgenerals.91 85 Wicki SJ: Die Ernennung der Provinziäle und Visitatoren der indischen Provinz der Gesellschaft Jesu, in: AHSI (1980), S. 368. 86 Ruiz-de-Medina SJ: Coelho, Gaspar, in: DHCJ 1, S. 835. 87 Wicki SJ: Die Ernennung der Provinziäle und Visitatoren der indischen Provinz der Gesellschaft Jesu, in: AHSI (1980), S. 360. 88 Üçerler SJ: Alessandro Valignano: man, missionary, and writer, in: Renaissance Studies (2003), S. 341. 89 Wicki SJ: Die Ernennung der Provinziäle und Visitatoren der indischen Provinz der Gesellschaft Jesu, in: AHSI (1980), S. 340. 90 Wicki SJ: Paulo (Paolo), Micer, in: DHCJ 3, S. 3064. 91 Wicki SJ: Die Ernennung der Provinziäle und Visitatoren der indischen Provinz der Gesellschaft Jesu, in: AHSI (1980), S. 340. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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Javier begann, in Übereinstimmung mit den Regularien des Ordens, sofort mit der Ankunft in Goa, Berichte zu verfassen und so – in Briefform – in Kontakt mit der restlichen Gesellschaft zu bleiben.92 Da er hierbei wie in den diese Funktion rasch übernehmenden Jahresbriefen wenig beschönigte, waren solche Schreiben zunächst auch nur für deren interne Information und Zirkulation gedacht, für ein autorisiertes Publikum.93 Für die rasch erfolgenden Veröffentlichungen auf dem Buchmarkt wurden sie entsprechend aufbereitet, stilistisch poliert und inhaltlich zensiert.94 Bereits 1545 erschien durch Jean Corbon ein Pariser Druck. Die Briefe, die Javier aus Japan schrieb, wurden sofort zum Studium innerhalb der ganzen Societas zugelassen, namentlich in den Kollegien zu Rom, Pavia, Valencia, Köln und Paris.95 1549 erreichte ein Brief Javiers aus Malakka Rom, der seine Absichten, sich in Japan niederzulassen, ankündigte und eine neue Beschreibung des Landes lieferte. Er wurde auf Italienisch, Spanisch und Portugiesisch veröffentlicht. Besonders der italienische Text erreichte in der Edition Ramusios, einer Übersetzung ins Lateinische, schnell weite Verbreitung.96 Javier schrieb seinen letzten Brief nach Europa aus Cochin, datiert 19. Januar 1552.97 Dieses Schreiben erreichte Europa im April 1553; Javier berichtete darin von der Gründung der Missionen in Kagoshima, Hirado und Yamaguchi, von seinen Reisen durch Bungo und nach Miyako, dem heutigen Kyōto (vgl. Kap.  5.1). Dieser Brief wurde noch im Laufe des Jahres ins Italienische übersetzt und zu Rom gedruckt.98 Die eigentlichen Jahresbriefe nach dem später verbindlichen Schema wurden in der Nachfolge Javiers zunächst von Luís Fróis verfasst, für die Geschehnisse des Jahres 1552 in Goa.99 Fróis war von 1552 bis 1561 als Schreiber für die Jahresbriefe aus Indien zuständig.100 Seine Berichte fielen dabei in den allgemeinen Kontext der Subjektivierung und Emanzipierung der Reiseliteratur vom klassischen Vorbild während der Renaissance, während sie zugleich eine allmähliche 92 Oswald SJ: Ignatius Loyola and Francis Xavier, in: AHSI (2002), S. 240 f. 93 Balsamo: Les premières relations des missions de la Chine et leur réception françoise, in: NRSS (1998), S. 162. 94 Ferro: A epistolografia no quotidiano dos missionários jesuítas, in: Lusitania sacra (1993), S. 156. 95 Balsamo: Les premières relations des missions de la Chine et leur réception françoise, in: NRSS (1998), S. 163. 96 Boffa: La rencontre de deux mondes, in: Bulletin de l’Institut Historique Belge de Rome (2000), S. 148. 97 Kubo: Francisco Xavier and Aesop’s Fables, in: Bulletin de la Classe de Lettres et de la Sciences Morale et Politique (1994), S. 396. 98 Boffa: La rencontre de deux mondes, in: Bulletin de l’Institut Historique Belge de Rome (2000), S. 149. 99 Ferro: A epistolografia no quotidiano dos missionários jesuítas, in: Lusitania sacra (1993), S. 145. 100 Jorissen: Das Japanbild im Traktat (1585) des Luis Frois, Kyōto 1987, S. 37. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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Entwicklung hin zu Konzepten eines horizontalen Kulturvergleichs zeigten.101 1552 erschienen zu Rom auch die ersten gesammelten Indienbriefe, 1553 die ersten gesammelten Japanbriefe in Buchform.102 Im Zuge der Gewinnung neuer Mitglieder und öffentlichen Ansehens wurden Auszüge aus den Asienbriefen möglichst zeitnah gedruckt, und die jeweiligen Anthologien wurden zu Bestsellern auf dem Buchmarkt.103 Die Verbreitung der Druckwerke war groß genug, dass bereits Fernão Mendes Pinto (1508/10–83), wiewohl kurzzeitig selbst Mitglied der Societas Jesu, in seiner in den 1570ern verfassten Peregrinaçam für die Beschreibung der von ihm geschilderten – und wahrscheinlich auch erfundenen  – Disputationen Javiers Ende 1551 in Bungo auf verschiedene Drucke über die historisch verbürgten Disputationen im Yamaguchi des Jahres 1551 zurückgriff.104 Mit dieser Veröffentlichungstätigkeit trat eine qualitative Unterscheidung der produzierten Briefe stärker in den Vordergrund. Es gab nunmehr grundsätzlich zwei Typen von Jesuitenbriefen aus der Fremde: Einmal die zur späteren Veröffentlichung geeigneten, die Erbauliches schilderten, und dann die internen, an den General gerichteten, die die Probleme aufzeigten, denen man im missionarischen Alltag begegnete.105 Dabei enthielt Javiers Anweisung an seine Mitbrüder, Briefe zu schreiben, bereits die Aufforderung zur Selbst­zensur: Es solle nur Erbauliches geschrieben werden, da schließlich viele in Europa diese Briefe lesen würden und dadurch bestärkt werden sollten.106 Die Möglichkeit einer Veröffentlichung im Druck wurde mit der zunehmenden Häufigkeit des Erscheinens solcher Werke auf dem Markt – herausgegeben durch die Gesellschaft selbst  – zu einem eigenständigen, strukturbestimmenden Merkmal der Korrespondenz, obwohl erst 1580 eine offizielle Normierung der Schreibpraktiken vorgenommen wurde, niedergelegt in der Formula Scribendi.107 Dieser Versuch der Vereinheitlichung stand im Zusammenhang mit klaren Popularisierungsbestrebungen der so erzeugten Schriften: 1575 wurden 90 Briefe von Jesuiten aus den asiatischen Missionen in Alcalá als Druck veröffentlicht. 1000 Exemplare davon wurden frei verteilt,108 um das öffentliche Interesse zu 101 Jorissen: Das Japanbild im Traktat (1585) des Luis Frois, Kyōto 1987, S. 41. 102 Balsamo: Les premières relations des missions de la Chine et leur réception françoise, in: NRSS (1998), S. 163. 103 Loureiro: Jesuit Textual Strategies in Japan between 1549 and 1582, in: BPJS (2004), S. 40. 104 Schurhammer SJ: FX 2.3 (1973), S. 309–311, FN 86. 105 Ferro: A epistolografia no quotidiano dos missionários jesuítas, in: Lusitania sacra (1993), S. 140. 106 Boxer: The Church Militant and Iberian Expansion 1440–1770, Baltimore/London 1978, S. 94 f. 107 Griffin: ›Virtue versus letters‹, Florenz 1984, S. 22. 108 Cummins: Two Missionary Methods in China: Mendicants and Jesuits, in: Archivo Ibero-Americano (1978), S. 40. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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wecken und den Markt zu stimulieren. Mit der Verbreitung dieser Schriften ging auch ein nahezu vollständiges Informationsmonopol der Jesuiten für die von ihnen missionierten Gebiete Asiens in der europäischen Wahrnehmung einher. Für Japan stellte im letzten Viertel des 16. Jahrhundert die jährliche Jesuitenkorrespondenz die Hauptquelle des europäischen Wissens über das Land dar. Als Japan 1577 erstmals in einem englischen Buch erschien, der History of Travayle in the West and East Indies von Richard Eden (c.1521–76), hatte der Autor des Artikels zu Japan, Richard Willes (1558–73), diesen aus den Jesuitenbriefen kompiliert, wobei er vor allem den Jahresbrief des Luís Fróis von 1565 nutzte. Der Artikel erschien auch – beinahe wörtlich – in den Principal Navi­ gations.109 Über die China-Mission berichteten in den Jahren 1581 bis 1614 35 gedruckte Briefe auf dem Buchmarkt,110 für Indien waren es 42 bis zum Jahr 1609.111 In Frankreich erreichten die Indienbriefe von Fróis fünf Auflagen in Lyon (1580, 1588, 1593, 1601, 1602), weitere fünf in Paris (erste von 1586), drei in Douai (erste 1589), je eine in Dôle (1587), Pont-à-Mousson (1592) und Rouen (1600).112 Die Gesamtzahl der in Europa gedruckten Editionen der Jahresbriefe aus Asien in der Frühen Neuzeit lag jedoch weit höher: Ferro zählte 73 italienische, 57 lateinische, 37 französische, 18 spanische, 13 portugiesische, 11 deutsche. Die erste lateinische Edition erschien 1563, wobei jedoch während des 16.  Jahrhunderts allein die Zahl der französischen die der lateinischen Ausgaben beständig überstieg.113 Die Überzahl der volkssprachlichen Ausgaben erklärt sich wohl aus dem Bestreben, eine möglichst breite Masse zu erreichen und so den bestmöglichen Werbeeffekt für die Gesellschaft und den Glauben zu erzielen.114 Erfolgreich verlief diese Strategie vor allem hinsichtlich der Erschließung potentiellen Nachwuchses für die auswärtigen Missionen der Societas Jesu selbst, was sich im während der 1560er deutlich anwachsenden Aufkommen von Petitionen, in diesen Feldern eingesetzt zu werden, abzeichnet.115 Für diesen Effekt wurden deutliche Korrekturen am Material vorgenommen: 1611 bis 1615 übersetzte Nicolas Trigault die Jahresbriefe der Jahre 1610 und 1611 zusammen mit den hinterlassenen Notizen Matteo Riccis zum Zweck der Veröffentlichung ins Lateinische. Die Briefe wie auch Riccis Werk sollten in der trigault 109 Huissen: England encounters Japan, in: Terrae incognitae (1973), S. 43. 110 Dehergne SJ: Les lettres annuelles des missions jésuites de Chine au temps des Ming, in: AHSI (1980), S. 379. 111 Frostin: Lyon, place jesuite, et l’ouverture sur la mission lointaine, in: Cahiers d’Histoire (1985), S. 235. 112 Ebd., S. 254. 113 Ferro: A epistolografia no quotidiano dos missionários jesuítas, in: Lusitania sacra (1993), S. 154. 114 Friederich: Beispielgeschichten in den jesuitischen Litterae Annuae, in: Ruchatz/Willer/Pethes (Hg.) 2007, S. 145. 115 Alden: The Making of an Enterprise, Stanford 1996, S. 256. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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schen Übersetzung vor allem die Zivilisiertheit der Chinesen und die Erfolge der jesuitischen Missionsmethode deutlich herausstellen.116 Wie für die Reiserouten auch war Goa der zentrale Nexus des Postsystems. Das ist nicht weiter verwunderlich, als die Post schließlich dieselben physikalischen Transfermöglichkeiten nutzen musste wie die Reisenden – die Schiffe der Indienflotten. Die gesamte Post der Jesuiten Asiens von und nach Europa lief dementsprechend über das Kolleg in Goa. Briefe wurden dabei durchaus noch vor Ort vor der Weitersendung nach Europa redigiert und zensiert.117 Das war auch deswegen nötig, weil die Beförderung der Post eine Angelegenheit der Krone darstellte, nicht eine des Ordens. Die Schreiber offizieller Briefe mussten daher damit rechnen, dass ihre Briefe von der Kolonialverwaltung des Estado da Índia zensiert wurden, bevor sie Goa verlassen durften, womit die Wahrscheinlichkeit für kritische Aussagen bezüglich dieser deutlich abnahm.118 Mit der Beförderung per Schiff war die Post denselben Unbilden unterworfen wie auch der Reiseverkehr. Vor allem die Wetterbedingungen waren entscheidend dafür, ob und wie die Kommunikationswege genutzt werden konnten. So erreichten in den Jahren 1597 und 1610 keinerlei Nachrichten aus Macao die Nieder­lassung in Nagasaki, und 1600 sowie 1602 erhielt Macao keine Post aus Nagasaki, während sonst zumindest einmal im Jahr ein Nachrichtenaustausch stattfinden konnte.119 Das so installierte jesuitische Kommunikationsnetzwerk war jedoch durchaus leistungsfähig nach den Maßgaben der Zeit, leistungsfähig genug, dass es auch von außen in Anspruch genommen wurde. Shimazu Takahisa (1514–71), Daimyō von Satsuma auf Kyūshū, schrieb 1562 über den irmão der Societas Luís de Almeida (c.1525–83) als Übersetzer an den Vizekönig von Indien, dass die portugiesischen Schiffe seine Häfen anlaufen möchten, unter anderem H ­ irado. Ein weiterer Brief Takahisas an António de Quadros (1529–72), damals Indien-Provinzial, datiert vom 03. Januar 1562.120 Am 20. Dezember 1578 schrieb Ōtomo Yoshishige (1530–87, ab 1562 Ōtomo Sōrin), zu diesem Zeitpunkt der wohl wichtigste Daimyō Kyūshūs, per Übersetzung und Übermittlung durch die Gesellschaft einen Brief an Papst Gregor XIII., in dem er seine Bekehrung – nach seiner Taufe am 28. August 1578 firmierte er auch unter dem Namen Dom Francesco – nochmals hervorhob.121 Bereits zuvor hatte sich Sōrin durch den Missionsoberen der japanischen Jesuiten jedoch schon Kontakte zu portugiesi 116 Fezzi: Osservazioni sul De christiana expeditione apud Sinas suscepta ab societatis Iesu dei Nicolas Trigault, in: Rivista di storia e letteratura religiosa (1999), S. 560 f. 117 Jorissen: Das Japanbild im Traktat (1585) des Luis Frois, Kyōto 1987, S.44. 118 Ebd., S. 52. 119 Oliveiro e Costa: A Route under Pressure, in: BPJS (2000), S. 80. 120 López-Gay SJ: Saint Francis Xavier and the Shimazu Family, in: BPJS (2003), S. 103. 121 Boffa: La rencontre de deux mondes, in: Bulletin de l’Institut Historique Belge de Rome (2000), S. 156. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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schen Händlern verschafft und mehrfach nach Macao geschrieben mit der Bitte um die Lieferung von Munition, unter besonderer Erwähnung der Christen in seinen Provinzen.122 Das Kommunikationssystem stand demnach prinzipiell auch nichtchristlichen Individuen zur Verfügung, jedoch – das vorausgesetzt – unter der Prämisse, dass von jesuitischer Seite aus diese Korrespondenz als der Asienmission potentiell förderlich empfunden wurde. Die Kommunikationssituation innerhalb der Asienmission stellte ihre Partizipienten damit vor einige Herausforderungen. Briefe mussten geschrieben werden, eine oftmals ungern vollzogene Pflicht,123 und erfüllten wichtige administrative und informative Funktionen, ganz zu schweigen von der Selbstversicherung des Briefschreibers über das Geschriebene.124 Es war jedoch kaum vorherzusehen, wie lange die jeweiligen Schreiben brauchen würden, um bis zu ihrem Empfänger zu gelangen, und ob dieser sich dann noch dort aufhalten würde, wo das Schreiben ihn erreichen sollte, ja, ob er überhaupt noch lebte. Die Informationen, auf deren Grundlage die administrativen Vorgaben getroffen wurden, die in den offiziellen Briefen gegeben wurden, waren mit großer Sicherheit nicht mehr aktuell, wenn es darum ging, diese Vorgaben dann vor Ort tatsächlich umzusetzen, was besonders für Anweisungen aus dem fernen Europa galt. Ordres des Generals in Rom hatten zwar unbestritten höchsten autoritativen Charakter für die Jesuiten im asiatischen Feld, waren aber des Öfteren praktisch einfach nicht zu verwirklichen, sondern mussten aufgrund lokaler Faktoren oder inzwischen eingetretener Ereignisse revidiert werden. Für die Ordensleitung in Rom – die von solchen Abweichungen, wenn überhaupt, ja auch erst nach Jahren Kenntnis erhielt und keine Mittel hatte, um dagegen einzuschreiten  – hieß das, dass sie bei der Kommunikation mit Asien eigentlich an jeder Stelle mit Unbekannten handeln musste. Sie kommunizierte mit Menschen, von denen sie weder wirklich wusste, wo sie waren, noch, was sie taten, noch, ob sie lebendig oder tot waren, in Schreiben, von denen nicht klar war, ob und wann sie ihren Empfänger erreichen würden. Antonio de Quadros, Provinzial der Ordensprovinz Indien, gab das in einem an den Ordensgeneral Diego Laínez gerichteten Schreiben vom November 1559 auch zu: »Von Padre Cosme de Torres, Baltasar Gago und Gaspar Vilela, und den übrigen, die in Japan sind, weiß ich nichts.«125 In leicht abgeschwächter Form galt das somit auch für die Asienmission selbst: In Goa wurden Macao und Nagasaki zu ebensolchen Phan 122 Elison: Christianity and the daimyo, in: Hall (Hg.) 1991, S. 317. 123 Friederich: Governance in the Society of Jesus 1540–1773, in: Studies in the Spirituality of Jesuits (2009), S. 14 f. 124 Câmara, Luís Gonçalves da SJ: Remembering Iñigo, hg. u. übers. v. Eaglestone/Munitiz SJ, St. Louis 20052, S. 53. {ME}, [EiO]. 125 Quadros, António de SJ: Sindicação de todos os desta provincia da India que Nosso Padre manda fazer, in: MHSI/DI 4, Dok. 47, S. 400. OR: »O P.e Cosmo de Torres, Baltezar Gago e Guaspar Vilela, e os demais que estão en Japão, não conheço.« © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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tomen wie Goa es für Rom war, Gebilde, die man aufgrund der chronographischen und informationellen Differenz eigentlich immer nur als fakultative, als imaginierte wahrnahm. Für Melchior Nunes Barreto galt das 1560 von Cochin aus gesehen bereits für Goa, wie er in seinem Schreiben an Laínez über die Mitglieder der Provinz Indien entschuldigend vermerkte. »Es ist dabei so, dass mir scheint, um es klar zu sagen, dass ich mich bei den Patres, die sich in Goa befinden, in vielen täuschen könnte, und viele könnten sich woandershin begeben haben, sind es doch schon zwei Jahre, die ich mich in Cochin aufhalte, hundert leguas von Goa. Was die irmãos betrifft, so ist es sehr schwierig, über sie etwas zu schreiben, besonders gegenüber den Patres, denn sie sind viele, und viele davon kenne ich nicht […]«126

Es gelang dennoch, eine funktionale und informationsvermittelnde Kommunikation zu gestalten, aber die fundamentale Unsicherheit zwischen Adressat und Empfänger über den jeweils anderen muss bei deren Betrachtung als bestimmender Faktor ihrer Form mit einbezogen werden. Kurzfristige Entscheidungen mussten vor Ort fallen, und es musste immer gewährleistet sein, dass man sich genügend Spielraum schuf, um impraktikable oder veraltete Anweisungen flexibel handhaben zu können. Mit dieser erweiterten Handlungsbasis treten individuelle Praktiken vor institutionellen stärker in den Vordergrund, da eine Handlungsnormierung durch die Zentrale eben nicht als gegeben angenommen werden kann, weder durch die Zentrale in Rom noch durch deren Subzentrum in Goa. Gerade hier konnten die Briefe anderer Ordensmitglieder, besonders aber die litterae annuae, deren Produktion und Redaktion sie zu Äußerungen der Societas an sich aufwertete, durch ihre exemplarische Vorgehensweise handlungsanleitende Funktionen übernehmen.127 Langfristige Entscheidungen wurden zwar zwecks Entscheidung an die Zentrale delegiert, jedoch musste auch hier damit gerechnet werden, dass sich in der Zeit zwischen einer Anfrage in Rom und der Umsetzung der Antwort die Verhältnisse grundlegend änderten. Letztlich konnten so nur relativ allgemeine Handlungsanweisungen wirklich eine Chance auf eine adäquate Umsetzung haben. Eigentlich vorgesehene subalterne Kommunikationswege konnten zudem ausgesetzt werden, ohne dass die Zentrale dagegen etwas hätte unternehmen können, auch wenn sie direkt mit den daraus resultierenden Anfragen konfrontiert wurde. Im August 1612 126 Nunes Barreto, Melchior SJ: Schreiben an Laínez vom 15.  Januar 1560, in: MHSI/D, Dok. 64, S. 507. MÜ, OR: »Isto hé o que me parece, falando com clareza, dos Padres que estão em Goa, em muitos me poderei enganar, e muitos poderão estar mudados, porque há dous annos que resido em Cochim, cem legoas de Goa. Acerca dos Irmãos que estão em Goa seria difficultoso escrever tam particulamente como dos Padres, asi por serem muitos e muitos deles nom conhecer […]« [MA]. 127 Friederich: Beispielgeschichten in den jesuitischen Litterae Annuae, in: Ruchatz/Willer/Pethes (Hg.) 2007, S. 156. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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wurde Nicolas Trigault von Niccolo Longobardi nach Rom geschickt, um über die strittigen Punkte im internen Konflikt über den chinesischen Gottesnamen zu berichten, eine Unabhängigkeit der chinesischen Mission von der Provinz Japan zu erreichen und den finanziellen und personellen Nachschub für China sicherzustellen, auch wenn dieses Vorgehen eine offene Verletzung der gültigen Vorgehensweisen darstellte: Die Provinz Japan hätte zuvor kontaktiert werden müssen. Im April 1614 garantierte der Ordensgeneral Claudio Aquaviva dennoch die administrative Unabhängigkeit der chinesischen Mission von der Ordensprovinz Japan.128 Dass die Kommunikation dennoch formal so organisiert wurde, als bestünden diese Unwägbarkeiten nicht, oder als könne man sie, etwa durch das Vorhalten einer genügenden Anzahl von Kopien, beherrschen, deutet darauf hin, dass die Praktik des Briefeschreibens nicht nur den Zweck einer tatsächlichen Kommunikation mit einem abwesenden Anderen  – als Gesprächspartner innerhalb der Institution verstanden – erfüllte, sondern auch noch andere Funktionen bediente.129 Wie sich die Jesuiten auf See die erbaulichen Vorfälle ihrer Reise stets vor Augen halten sollten, um angesichts der Gefahren der Reise nicht den Mut zu verlieren, so konnte auch die Kommunikation mit einem imaginären Gesprächspartner dazu dienen, den Glauben an die Beständigkeit des institutionellen Rahmens, in den man sich eingebunden fühlte, zu bewahren. Solche an das Manuskript geknüpften Praktiken waren innerhalb der Societas Jesu nichts Ungewöhnliches: Loyolas ungedruckte Autobiographie etwa zirkulierte noch 20 Jahre nach seinem Tod als identitätsstiftendes Dokument im Orden.130 Die starke Loyola-Fixierung, die so entstand, war aus der Rückschau eigentlich nicht gerechtfertigt:131 Die Gesellschaft war kein monolithischer Block, wie die einmütige Bezugnahme auf die Gründerfigur autosuggestiv versichern sollte, auch wenn sie sich selbst und den Zeitgenossen als solcher erschien. Diese Konstitutionspraktiken funktionierten also, und durch die briefliche Konstruktion einer vollständig funktionierenden Societas im Missionsfeld war es leichter, tatsächliche Dysfunktionalitäten als anormale Störungen abzutun und sich an die eigene Arbeit zu machen – denn der normative Rahmen für das eigene Praktikengeflecht, der durch die Richtlinien des imaginierten institutionellen Rahmens des Ordens vorgeben wurde, blieb so ebenfalls beständig. Die Kommunikation wurde damit auch zur Konstruktionsarbeit am eigenen normativen Selbstbild, eine beständige Rückversicherung auf die Strukturen hin, in die man sein Vertrauen setzte. 128 Fezzi: Osservazioni sul De christiana expeditione apud Sinas suscepta ab societatis Iesu dei Nicolas Trigault, in: Rivista di storia e letteratura religiosa (1999), S. 546 f. 129 Vgl. Friederich: Governance in the Society of Jesus 1540–1773, in: Studies in the Spirituality of Jesuits (2009), S. 15. 130 O’Malley SJ: The Historiography of the Society of Jesus, in: Ders. u. a. (Hg) 1999, S. 4 f. 131 Ebd., S. 5. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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3.3 Ausbildung »Grosse Buddha-Feiern und gewaltige Tempelbauten sind zwar sehr gute Werke, aber wer sich ganz dem Zazen widmet, darf solche nicht üben. Auch darf er nicht Predigt und Lehrvortrag lieben, weil dadurch Zerstreuung des Geistes und ungeordnete Gedanken entstehen. An grossem Zusammenlauf von Menschen darf er sich nicht ergötzen noch gierig nach Jüngern verlangen. Vielerlei Übung und mannigfaltiges Studium darf er nicht betreiben.«132

Mit der Ankunft in Goa erreichten die zukünftigen Missionare ihr erstes Ziel, auch wenn sich dann für einige – beleibe nicht alle (siehe Kap. 4.2) – herausstellte, dass es sich dabei zunächst nur um ein Etappenziel handelte. Bevor die neu aus Europa Eingetroffenen sich daran machen konnten, die Ungläubigen zu bekehren und die (bereits) Gläubigen spirituell zu begleiten, mussten sie für ihre Aufgaben im Feld vorbereitet werden, und das hieß, studieren. Das Studium war hierbei zunächst nur die Fortsetzung der typischen Jesuitenlaufbahn: Nach den zwei Jahren Noviziat und dem Ablegen der drei monastischen Gelübde wurde entschieden, ob der zukünftige Jesuit ein Bruder oder ein Scholasticus werden sollte. Der Scholasticus studierte fortan etwa drei Jahre lang Philosophie, unterrichtete für eine Weile, und schloss dann ein Studium der Theologie an, das noch einmal ungefähr vier Jahre in Anspruch nahm. Danach folgte die zweite Probezeit, in der die Exerzitien nochmals durchgeführt wurden, um sich damit für das Ablegen des zusätzlichen vierten Gelübdes zu qualifizieren, also zum Professjesuiten zu werden.133 Die Professjesuiten waren nicht nur die Elite des Ordens, sondern eigentlich auch diejenigen, die als einzige für die auswärtige Mission als qualifiziert erachtet wurden – und sie waren für die damit verbundene Aufgabenfülle beständig zu wenige. Hier scheint bereits ein Problem auf, das Rule für die Jesuiten der Chinamission des späten 16. und frühen 17. Jahrhunderts formulierte – die tägliche Arbeit nahm die Kräfte der wenigen und beständig überlasteten Missionare nahezu vollends in Anspruch. Ein dieser Arbeit vorgeordneter theoretischer Überbau, den Geisteswissenschaftler einmal ihrer fachlichen Disposition wegen und dann auch, weil er sich in Schriften und Texten im Gegensatz zu den für uns für immer verschwundenen Gesprächen mit der einfachen Bevölkerung wesentlich besser erhalten hat, mit Vorliebe untersuchen, war unter diesen Verhältnissen gar nicht praktikabel aufrechtzuerhalten oder umzusetzen. Für Kontemplation oder gar theoretische Konstruktion der Mission als solcher blieb oft einfach keine Zeit.134 132 Keizan Jōkin: Das Merkbuch für die Übung des Zazen des Zen-Meisters Keizan, übers. u. komm v. Dumoulin SJ, in: MN (1957), S. 157. 133 Wright: God’s Soldiers, New York u. a. 2004, S. 49. 134 Rule: K’ung-tzu or Confucius?, Sidney/London/Boston 1986, S. xiii. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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3.3.1 Coímbra Genau genommen begann das vorbereitende Studium für die Missionsarbeit bereits in Europa. Die meisten nach Asien aufbrechenden Jesuiten nutzen den erzwungenen Aufenthalt in Portugal, um sich an den dortigen Institutionen der Gesellschaft zu qualifizieren. Das Kolleg von Coímbra, von dem aus das Studium an der dortigen Universität möglich war, bestand bereits seit 1547, finanziert aus den Einkünften der Ländereien von Cárquere, die João III. 1541 an die Societas übertragen hatte.135 Im Juli 1542 gründete Simão Rodrigues mit diesen königlichen Mitteln offiziell das Colégio de Jesus als Ausbildungsstätte der Societas an der bereits bestehenden Universität von Coímbra mit zunächst 25 Mitgliedern136 und bereitete die Gründung des Colégio de Espirito Santo in Évora vor.137 Rasch zeichneten sich in der weiteren Ausgestaltung dieser Stiftung erste Rückflüsse der außereuropäischen Missionserfolge auf die imperiale Metropole ab. Auf die Nachricht von der Konversion bei Tranvancore hin hatte João III. zugesagt, den Unterhalt für 100 Jesuiten in Coímbra und zwölf weitere Jesuiten in Indien ab 1546 zu finanzieren.138 Bis 1545 hatte Rodrigues die Aussendung von 35 Mitgliedern der Gesellschaft in die überseeischen Missionsgebiete organisiert,139 und bereits 1551 studierten an den Lehrinstitutionen der Societas in Portugal zusammen zwischen 240 und 250 Mitglieder der Gesellschaft, aus denen die nach Außereuropa auszusendenden Missionare rekrutiert wurden. Die portugiesische Krone verfolgte mit ihrer Politik der Förderung dieser Einrichtungen durchaus handfeste Interessen. Die Landesuniversität Portugals war nach immer wieder auftretenden Ortswechseln zwar 1537 in Coímbra fixiert worden, blieb anderen vergleichbaren europäischen Universitäten jedoch unterlegen.140 Mit der Ankuft der Societas verband der König wohl die Hoffnung auf eine qualitative Verbesserung der Institution. 1551 lud der Erzbischof von Évora die Jesuiten ein, in seinem Bistum eine Universität zu gründen,141 und dank der Vorarbeiten Rodrigues’ konnte bereits Ende des Jahres das dortige Colegio do Espírito Santo realisiert werden. 1559 wurde das Kolleg von Évora von Papst Paul IV. offiziell als Universität anerkannt und – nun ebenfalls offiziell – als solche der Aufsicht der Gesellschaft Jesu unterstellt.142 Diese Kollegien produzierten dabei aber auch Rückflüsse in die Societas selbst, die deren 135 Alden: The Making of an Enterprise, Stanford 1996, S. 30. 136 Schurhammer SJ: FX 2.1 (1963), S. 379. 137 Vaz de Carvalho SJ: Rodrigues, Simão R. De Azevedo, in: DHCJ 4, S. 3391. 138 Bangert SJ: A History of the Society of Jesus. St. Louis 19862, S. 33. 139 Vaz de Carvalho SJ: Rodrigues, Simão R. De Azevedo, in: DHCJ 4, S. 3391. 140 Boxer: The Portuguese Seaborne Empire, 1415–1825, London 1969, S. 7. 141 Alden: The Making of an Enterprise, Stanford 1996, S. 32. 142 Ebd., S. 33. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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Praktikengeflechte beeinflussten. Das Regimento, das Rodrigues für das Kolleg in Coímbra schrieb, wurde in seinem Normbestand später fast geschlossen in die Reglas Comunes übernommen.143 Auch die Grundlegung und Ausarbeitung eines ordensspezifischen kosmologischen Ansatzes wurde während des 16. Jahrhunderts vor allem in Coímbra durch die dort produzierten und gelehrten Aristoteleskommentare geleistet, in Verbindung mit dem Sacrobosco-Kommentar Christopher Clavius’ (1537/8–1612) von 1570144 – wobei erst nach dessen Erscheinen ein allmähliches Abweichen von den traditionellen Inhalten spätmittelalterlicher Kosmologien begann.145 Beide Institute, Coímbra wie Évora, hatten die vornehmliche Aufgabe, den Nachschub an geeigneten Missionarskandidaten für die Asienmissionen sicherzustellen,146 wobei Coímbra den größten Anteil an Auszusendenden stellte.147 Dabei muss jedoch differenziert werden zwischen denjenigen, die wie etwa João da Beira (1512–64) zeitnah nach Erwerb der für nötig erachteten Qualifikationen direkt von Coímbra nach Übersee gesandt wurden, und solchen, bei denen mehr oder weniger lange Phasen anderer Tätigkeiten für die Societas vor der Aussendung lagen, bei denen also nicht notwendig davon ausgegangen werden kann, dass sie in Coímbra die entscheidenden Kenntnisse und Fähigkeiten erwarben, wie etwa Gonçalo da Silveira (1521–61). Da Beira trat der Gesellschaft im Februar 1544 in Coímbra bei und wurde bereits 1545 nach Indien geschickt.148 Da Silveira hingegen, ein Sohn des Grafen von Sortelha, studierte ab 1541 ganz regulär an der Universität Coímbra. Dort machte er Bekanntschaft mit Simão Rodrigues, was schließlich dazu führte, dass da Silveira im Juni 1543 in Coímbra in die Gesellschaft Jesu eintrat. Nach der Beendigung seines Studiums und der Ordination verließ er 1545 jedoch Portugal, um im spanischen Gandía zu promovieren. Im März 1556, also elf Jahre nach Beendigung seiner Studien in Coímbra, schiffte da Silveira sich in Lissabon nach Goa ein, das er im September erreichte. Mit der Dauer zwischen dem Verlassen Coímbras und dem Eintreffen in Asien schien aber kein Distinktionskriterium für die Tätigkeiten vor Ort verbunden zu sein. Da Silveira arbeitete nach seiner Rückkehr nach Portugal von 1553 bis 1556 als erster Superior des Lissaboner Colegio do São Roque, bevor er von Loyola als Indienprovinzial designiert wurde, ein Posten, den er von Ende 1556 bis 1559 auch wahrnahm.149 Da Beira wurde von Javier 1547 auf die Molukken geschickt, wo er lange die Leitung der Mission 143 Vaz de Carvalho SJ: Rodrigues, Simão R. De Azevedo, in: DHCJ 4, S. 3391. 144 Grant: The Partial Transformation of Medieval Cosmology by Jesuits in the Sixteenth and Seventeenth Centuries, in: Feingold (Hg.) 2003, S. 127. 145 Ebd., S. 135. 146 Alden: The Making of an Enterprise, Stanford 1996, S. 41. 147 Bangert SJ: A History of the Society of Jesus. St. Louis 19862, S. 63. 148 Schurhammer SJ: FX 2.1 (1963), S. 2. 149 Tylenda SJ: Silveira, Gonçalo da, in DHCJ 4, S. 3575. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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inne­hatte, bis er nach einer Stationierung in Goa in den Jahren 1552/53 schließlich 1555 von Afonso de Castro (1520/5–57/58) als Superior der Mission ab­ gelöst wurde.150 Beide, da Silveira und da Beira, nahmen also in differierenden Kontexten hochrangige Positionen in der Ordensprovinz Indien ein, so dass der zeitliche Abstand zu den in Coímbra erworbenen Qualifikationen offenbar keine Rolle spielte. Andererseits wäre es verfrüht, von diesen zwei Beispielen auf eine durchgängige Eignung der Coímbra-Absolventen für die Asienmissionen an sich zu schließen. Unter den sieben Mitgliedern der Societas, die Javier 1552 wegen mangelnder Befähigung für die missionarischen Arbeiten aus dem Orden ausgeschlossen wurden,151 waren unter anderem auch António Gomes und Melchior Gonçalves (†1561), die beide 1548 nach einem Studium in Coímbra nach Indien geschickt wurden.152 Von den in dieser Arbeit bereits und im Weiteren noch behandelten Mitgliedern der Gesellschaft hatte insgesamt ein nicht unwesentlicher Teil  in Coímbra studiert oder war gleich dort in die Societas eingetreten. So etwa Henrique Henriques (1520–1602), langjähriger Superior der Mission an der Malabarküste,153 Nicolau Nunes (c.1525/8–76), über zwanzig Jahre Missionar auf Moro,154 Nuno Ribeiro (c.1520/3–49), 1543 in Coímbra eingetreten, 1546 auf die Molukken geschickt und 1549 auf Ambon im Dienst verstorben,155 Melchior Nunes Barreto,156 Gaspar Berze (Kaspar Barzäus, 1515–53), Missionar in Goa und auf Hormuz,157 Baltasar Diaz, (c.1508–71), 1554 Rektor des Kollegs in Goa und lange auf Malakka tätig,158 Francisco Pérez (c.1515–83), Superior der Malakka-Mission,159 Melchior Carneiro, bereits vor dem Eintritt in die Gesellschaft Student in Coímbra, später Rektor des Kollegs von Évora (1551–53) und 1566 von Pius V. (Antonio Michele Ghislieri, 1504–72, Pont. 1566–72) persönlich mit der Sorge für die Kirche in Japan und China beauftragt,160 und andere mehr. Inwieweit die gerade dort erworbenen Qualifikationen eine besondere Vorbereitung auf die Situation der Mission im Indopazifik darstellten und ob mit ihnen weitergehende Implikationen verbunden waren, muss allerdings mit Blick auf die generelle Personalsituation der Societas im Raum der Ordens 150 Jacobs SJ: Beira (Bera, Vera, Veira, da Bera), Juan de, u. Ders.: Castro, Afonso de, beide in: DHCJ 1, S. 385, 707. 151 Schurhammer SJ: FX 2.3 (1973), S. 576, FN 4. 152 Ebd., FN 5. 153 Wicki SJ: Anrriques (Henriques), Anrrique (Henrique) in: DHCJ 1, S. 177. 154 Jacobs SJ: Nunes, Nicolau, in: DHCJ 3, S. 2840. 155 Schurhammer SJ: FX 2.1 (1963), S. 4. 156 Wicki SJ: Barreto, Melchior Nunes, in: DHCJ 1, S. 353. 157 Wicki SJ: Berze (Barzeu, Barzaeus), Gaspar (Jasper), in: DHCJ 1, S. 427. 158 Wicki SJ: Dias (Diaz), Baltasar, in: DHCJ 1, S. 1112. 159 Romo: Un extremeño en las indias portuguesas, in: Revista de estudios extremeños (2002), S. 1049 f. 160 Vaz de Carvalho SJ: Carneiro, Melchior Miguel, in: DHCJ 1, S. 664. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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provinz Indien in Frage gestellt werden (Siehe Kap. 3.4 und 3.5). Festgehalten werden kann aber, dass mit dem Studium in Coímbra in einigen Bereichen bestimmte gedankliche Vorfestlegungen verbunden waren, die sich dementsprechend bei den Absolventen dieser Institution möglicherweise besonders ausprägten (siehe Kap. 6.1). Das kann aber nicht so gedeutet werden, als dass diese nicht auch bei den Missionaren vorhanden sein konnten, die nicht dort studiert hatten (siehe Kap. 6.3.1). Und um das Bild vollends zu komplizieren, muss auch noch in Betracht gezogen werden, dass eine Ausbildung in Coímbra keineswegs auch dazu führen musste, dass die so Qualifizierten auch wirklich in den überseeischen Missionen eingesetzt wurden. Pedro Beuther (Pedro Luis, 1538–1602), gebürtig aus Valencia, studierte dort vor seinem Eintritt in die Societas im Jahr 1555 bereits Latein, Griechisch, Althebräisch und die Artes in Valencia und schloß das Artes-Studium bis 1557 auch noch während seines Noviziats in Valencia ab. Für das Baccalaureat und Lizenziat wechselte Beuther allerdings von 1558 bis 1560 an die Universität Coímbra mit der Absicht, nach Studienabschluss nach Indien zu gehen. Wegen seiner als den dortigen Anforderungen nicht als genügend empfundenen gesundheitlichen Verfassung wurde diesem Ansinnen jedoch nicht statt­gegeben, und Beuther blieb Zeit seines Lebens zwar im Orden, aber in Europa.161 Er war damit kein Einzelfall. Pedro Gómez, der ab Ende 1555 in Coímbra die ArtesKurse gegeben hatte162 und dort Professor für Theologie und Naturkunde ge­ wesen war,163 petitierte seit 1565 darum, nach Indien gehen zu dürfen, wurde aber bis 1579, als diesem Wunsch schießlich stattgegeben wurde, immer wieder anderen nachgeordnet.164 Auch Rui Vicente (1523–87), 1553 in Coímbra in die Societas eingetreten, 1555 unter den ersten Professoren des Kollegs und 1559 Rektor des dortigen Konvikts, wurde erst 1574 nach Indien geschickt, wo er von 1574 an bis 1583 Provinzial der Stadt Goa war.165 Wesentlich eingeschrieben in die kollektive Erinnerung an die Aktivitäten der Societas hatte sich die Universität durch die hier erfolgten Bearbeitungen der Korrespondenzen mit den überseeischen Provinzen, in denen sich ihre Absolventen wiederfanden. Giovanni Pietro Maffei166 (1533/8–1603) stützte sich bei der Erarbeitung seiner monumentalen Geschichte der missionarischen Bestrebungen der Gesellschaft auf ein unveröffentlichtes Manuskript von Manuel da Costa (Emmanuel, c.1540–1604), die Historia dos missiones do Oriente até o anno de 1568. Da Costa hatte in Coímbra Zugang zu allen Briefen der Gesell 161 Batllori SJ: Beuther (Luis), Pedro, in: DHCJ 1, S. 434. 162 Schütte SJ: Drei Unterrichtsbücher für japanische Jesuitenprediger aus dem XVI. Jahrhundert, in: AHSI (1939), S. 237. 163 Ebd., S. 234. 164 Ebd., S. 240. 165 Wicki SJ: Vicente, Rui, in: DHCJ 4, S. 3939. 166 Abweichende Namensformen in: Jacobs SJ: Maffei, Giampietro, in: DHCJ 3, S. 2466–2467. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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schaft aus Asien und fügte dem Manuskript eine Anzahl davon hinten an,167 was aber nicht die einzige derartige Briefsammlung blieb, die am Ort produziert wurde. Bereits 1570 wurden die Cartas que os Padres e Irmãos da Companhia de Iesu que andão nos Reynos de Iapão escreuerão aos da mesma Companhia da Índia,  e Europa herausgegeben, in denen 82 Missiven aus den Jahren zwischen 1549 und 1566 enthalten waren.168 Durch die generell positive Rezeption der sich mit den außereuropäischen Missionen der Gesellschaft be­fassenden Druckerzeugnisse auf dem europäischen Buchmarkt (siehe Kap.  3.2) sicherte sich Coímbra damit in der Außenwahrnehmung eine Position, die nicht unbedingt auch dem Einfluss entsprach, den die Institution in ihren Wirkungen auf die Missionsfelder ausübte. Wie bereits in den kurz angerissenen Lebensläufen ersichtlich, ist das Bild komplexer. Viele der in den Indopazifik ausgesandten Mitglieder der Gesellschaft durchliefen Coímbra, aber das musste nicht bedeuten, dass die Kompetenzen und Qualifikationen, die sie hier erwarben, so spezifisch waren, dass sie nicht auch an anderen Bildungseinrichtungen in gleicher Weise erreicht werden konnten. Die Habitualisierung der ordensspezifischen Praktikengeflechte gestaltete sich zwar sicherlich in besonderer Weise aus, wenn das Studium an einer Einrichtung der Gesellschaft selbst erfolgen konnte, aber besonders mit der Schiffspassage standen andere und noch wirkmächtigere Instanzen zur Einschreibung dieser Praktiken zur Verfügung (siehe Kap. 3.1). Bereits Javier schrieb im November 1549 aus Kagoshima, dass die Absolventen der Universitäten nicht zwingend auf die Realitäten der missionarischen Arbeit vorbereitet waren: »Ich fürchte, es könnte da geschehen, daß einige mit diesem ›Eifer‹ von Coimbra kommen werden, und daß sie sich vielleicht im Toben des Meeres lieber wieder in der heiligen Gemeinschaft von Coimbra zu sehen wünschen als auf dem Schiff. Denn es gibt einen gewissen ›Eifer‹, der hört auf, ehe man nach Indien kommt.«169 Die in Coímbra erreichten Qualifikationen bedeuteten zudem weder die Vollendung noch den Abschluss der möglichen Studien. Die weitere Vorbereitung für die Arbeit im Weinberg des Herrn schloss sich auf See an, um die Zeit der Überfahrt möglichst produktiv auszunutzen und sich zugleich von der Enge des Schiffes und den drohenden Gefahren der Reise abzulenken.

167 Abdallah: Jean-Pierre Maffei et sa présentation de l’Asie orientale à la fin du XVIe­ siècle, in: Cahier d’Histoire (1995), S. 229. 168 Loureiro: Jesuit Textual Strategies in Japan between 1549 and 1582, in: BPJS (2004), S. 43. 169 Zit. nach: Schurhammer SJ: FX 2.3 (1973), S. 95. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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3.3.2 Sprachkompetenzen »In der Zeit, die sie in Kagoshima waren, wo sie sofort begannen, die ersten Fundamente des Glaubens zu legen, litten sie großen Nachteil wegen der Unkenntnis der Sprache. Denn sie wußten von ihr noch nicht mehr als das, was Bruder João ­Fernandes auf der Herreise von Indien unterwegs von jenen Japanern gelernt hatte.«170

Mit diesen auf die ersten Monate Javiers, de Torres’ und Fernández’ 1549 in Japan bezogenen Worten schilderte Luís Fróis kurz und bündig das Dilemma, in dem sich die Missionare der Gesellschaft im indopazifischen Raum befanden. Um zu fremden Völkern über das Wort Gottes sprechen zu können, mussten sie zunächst einmal überhaupt mit ihnen sprechen können. Der Erwerb von Sprachkompetenzen in den verschiedenen indigenen Sprachen, mit denen die Societas der Ordensprovinz Indien konfrontiert wurde, war durchaus nicht einfach zu bewältigen. Diese Erschwernis ihrer Bemühungen lässt sich dabei als Konstante der missionarischen Arbeit bis weit über das 16.  Jahrhundert hinaus verfolgen. Noch während der Überfahrt Nicolas Trigaults 1618 hielten die Jesuiten bis zum Äquator regelmäßig Gottesdienste ab, studierten Mathematik und übten sich im Chinesischen. Unterhalb des Äquators brach jedoch Fieber auf dem Schiff aus, fünf Jesuiten starben; Trigault selbst und ein Mitbruder lagen nach dem Genesen der anderen noch 50 Tage darnieder, so dass die Studien nicht beendet werden konnten.171 Von Goa aus reisten diejenigen, die ihre Studien bereits abgeschlossen hatten, 1618 postwendend nach China weiter.172 Der Rest der Ausgesandten musste zunächst vor Ort bleiben und im Colegió do São Paulo weiter studieren. Die Nutzung der Seereise zu Studienzwecken war zu diesem Zeitpunkt eine langgeübte Praktik der Societas: Bereits 1551 hatten António d’Erédia (*1518) und Melchior Nunes Barreto während der Carreira da Índia den dritten Band von Aquinas’ (1225–74) Summa Theologiae bearbeitet sowie die heilige Schrift studiert.173 Das hiermit institutionalisierte Programm stützte sich auf die missionstheoretischen Konzepte Ramon Llulls (Raimundus L ­ ullus, 1233–1316). Wichtige Punkte zur Vermittlung des Evangeliums waren bei Llull vor allem Sprachenkenntnis und Wissenschaft. Das Christentum solle den zu Missionierenden auf rationaler Basis als alleinseligmachender Glaube angetra-

170 Fróis, Luís SJ: Die Geschichte Japans (1549–1578), hg. u. übers. v. Schurhammer SJ/ Voretzsch SJ, Leipzig 1926, S. 5. 171 Trigault, Nicolas SJ: R. P. D. Nicolai Trigautii, der Societet IESU, Send Schreiben /  Darin er sein und seiner Mitgesellen Reiß oder Schiffahrt nach Goa (…) / erzehlet, Köln 1620, S. 2. 172 Ebd., S. 3 f. 173 Schurhammer SJ: FX 2.3 (1973), S. 447. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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gen werden.174 Die llullsche Missionsmethodologie und -theologie stellte folgende Voraussetzungen für die Verkündigung unter den Ungläubigen auf: Das Vorhandensein von Büchern und Traktaten zur Erläuterung des Glaubens mit für die Ungläubigen verständlichen Beweisen sowie von Kollegien zur wissenschaftlichen Ausbildung der Missionare.175 Im Bereich der Sprachkenntnisse und der Produktion von entsprechenden Werken erzielte die Gesellschaft Jesu zunächst durchaus eindrucksvolle Erfolge auf dem Papier: Üblicherweise war das erste gedruckte Buch im Missionsgebiet ein meist mehrsprachiger Katechismus, so 1539 in Mexiko auf Nahuatl und Spanisch, 1554 in Lissabon für Sri Lanka auf Tamilisch und Portugiesisch, 1584 in Lima auf Aymará, Quechua und Spanisch, und 1624 wiederum in Lissabon für das Kongo-Königreich auf Ki-Kongo und Portugiesisch. 1556 erschien der korrespondierende Katechismus für die Indienmission in Goa – auf Portugiesisch.176 In der Zentrale des Estado da Índia war es offensichtlich nicht vonnöten, die Nutzung der einheimischen Sprache durch den Druck eines entsprechenden Werkes zu institutionalisieren, die Verbreitung des Glaubens konnte hier auf Portugiesisch von statten gehen. Ein Manuskriptkatechismus im einheimischen Konkani, der unter Zuhilfenahme indigener Jugendlicher erstellt wurde, war dagegen bereits um 1545 auf der zu Goa gehörigen Insel Tiswadi im Gebrauch.177 Der gedruckte Katechismus aus Goa, von Javier selbst verfasst, war der erste im Druck erschienene Katechismus der Asienmissionen und bildete das Modell für alle weiteren Katechismen in den indo­ pazifischen Missionsgebieten der Gesellschaft. Javier folgte bei der Abfassung seinerseits dem Katechismus von João de Barros (siehe Kap.  1).178 Außerhalb Goas nahmen sich die Realitäten bereits wieder anders aus. Als Javier sich im September 1542 nach Kap Cormorin an die Fischerküste begab, um den Paravas zu predigen, bestand sein Vorgehen in der genauen Befolgung der oben skizzierten Methodik: Er erlernte etwas, das ihm die Grundlage des Tamil schien, übersetzte die wichtigsten Gebete und Dogmen und begann, diese auf Tamil zu predigen.179 Ungleich seinem späteren Vorgehen in Japan waren in diese Übersetzungen jedoch keine der grundlegenden religiösen Termini einbegriffen. ›Gott‹ bezeichnete Javier hier mit deus.180 Mit einem solchen Vorgehen

174 Jorissen: Das Japanbild im Traktat (1585) des Luis Frois, Kyōto 1987, S. 65 f. 175 Metzler SJ: Wegbereiter und Vorläufer der Kongregation, in: Ders. (Hg) 1971, S. 41. 176 Boxer: The Church Militant and Iberian Expansion 1440–1770, Baltimore/London 1978, S. 41. 177 D’Costa SJ: The Christianisation of the Goa Islands, Bombay 1965, S. 173. 178 Boxer: The Church Militant and Iberian Expansion 1440–1770, Baltimore/London 1978, S. 42. 179 Bangert SJ: A History of the Society of Jesus. St. Louis 19862, S. 31. 180 Kishino: From Dainichi to Deus, in: Üçerler SJ (Hg) 2009, S. 49. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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gewannen die Prediger der Gesellschaft auch zusätzlichen Spielraum gegenüber den kolonialen Institutionen, auf die sie in vielerlei Hinsicht angewiesen waren. 1546 gerieten die an der Malabarküste arbeitenden Jesuiten João da Beira und Francisco Mansilhas in einen Konflikt mit dem lokalen capitão Aires de Figueiredo, der sich weigerte, anweisungsgemäß das Gehalt eines für sie arbeitenden Dolmetschers zu zahlen.181 Diesen Spielraum musste sich jedoch jedes Mitglied der Gesellschaft nach einer Versetzung durch das Lernen einer anderen Sprache wieder neu erarbeiten, was nicht immer gelang. Nicolao Lancilotto (†1558), 1549 von Javier nach Quilon versetzt als regionaler Superior mit der besonderen Aufgabe, ein Kolleg für die Unterrichtung der Kinder der Fischerküste einzurichten, verfügte über keine lokale Sprachkenntnis und blieb von Dolmetschern abhängig, vor allem von Pedro Luís (c.1532–96), einem brahmanischen Konvertiten (siehe Kap. 3.4).182 Das galt auch für Javier selbst, der 1544 in einem Brief an Francisco Mansilhas eingestand, dass er ohne einen Dolmetscher weder die Paravas verstand noch sie ihn.183 Mit dem Vorgehen der reinen lautmalerischen Transliteration der portugiesischen Begriffe für die grundlegenden Konzepte christlichen Glaubens ohne eine Übersetzung wurde die christliche Lehre allerdings weiterhin in einer Weise erläutert, die für sich nicht verständlich war. Die ohne Kontext unverständlichen Worte mussten den Konvertiten von den Mitgliedern der Societas erläutert werden, waren diese doch die einzigen, die sich als dazu befugt unter den Neubekehrten zu installieren suchten. Mit dieser katechetischen Praktik wurde die spirituelle Hierarchisierung der Christenheit in Indien festgeschrieben  – die notwendige Exegese und Explikation der christlichen Botschaft blieb Herrschaftswissen, über das autoritativ nur die Angehörigen der Kirche, an der Malabarküste also nahezu ausschließlich Mitglieder der Societas Jesu, verfügten. Sie gaben es in ihren Bildungsanstalten zwar in gewisser Hinsicht an ausgewählte Teile der Konvertitenschaft weiter (siehe 3.4.1), das aber unter der klaren Zielsetzung, sich dieser als middlemen des spirituellen Imperiums bedienen zu können, und unter der Prämisse, dass der Authentifika­ tionsort dieser Wissenspraktiken in der von ihnen gebildeten Verkörperung der katholischen Kirche lag. Für die übrigen Missionsgebiete folgten nach Javiers Beispiel die Katechismen in grober chronologischer Reihenfolge der Erschließung des jeweiligen Feldes. Dass 1561 in Goa nun auch der Konkani-Katechismus im Druck erschien, zeigt deutlich, dass die – politisch gewünschte – Dominanz des Portugiesischen selbst in der kolonialen Zentrale wesentlich weniger stark war als auf den ersten Anschein vermutet.184 An der Vorherrschaft europäisch geprägter Sprach 181 Schurhammer SJ: FX 2.1 (1963), S. 3. 182 Wicki SJ: Lancilotto (Lancilotti), Nicolao, in: DHCJ 3, S. 2276. 183 Schurhammer SJ: FX 2.1 (1963), S. 443. 184 D’Costa SJ: The Christianisation of the Goa Islands, Bombay 1965, S. 176. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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praktiken änderte sich damit aber nichts. Die 1578 aufgelegte Version des Tamilkatechismus war die erste, die überhaupt in einer nicht europäischen Schrift in den Druck ging,185 zugleich auch die erste, die darum nicht mehr nur in lateinischen Buchstaben literaten Lesern zugänglich war. Damit wurde zwar theoretisch ein großer Vorteil für die Missionarbeit erreicht, denn Henrique Henriques, der diesen Katechismus mit Hilfe Pedro Luís’ (siehe Kap. 3.5) erstellte,186 hatte sich in jahrelanger Arbeit die tamilische Sprache in hohem Grad angeeignet und vermied mit dem Druck im indigenen Alphabet die Nachteile, den die zuvor gepflegte Praktik, Tamil mit römischen Buchstaben zu schreiben, mit sich brachte. Durch den Verzicht auf diakritische Anmerkungen bezüglich der jeweiligen Silbenlängen konnte der Sinn der Worte in der Aussprache des nur Abgelesenen völlig verfälscht werden.187 Ob das auch in einen entsprechenden reellen Vorteil für die lokale Missionsarbeit umgemünzt werden konnte, ist damit aber noch nicht entschieden, denn um den so endlich gesichert niedergelegten Sinn aus dem Tamilkatechismus auch wieder entnehmen zu können, mussten die jeweiligen Mitglieder der Gesellschaft Tamil nicht nur mündlich, sondern auch schriftlich beherrschen, was die Hürden eher erhöht als verringert haben dürfte. Diogo Gonçalves klagte noch 1615 in seiner Historia do Malavar über die Schwierigkeiten, die mit den ungewohnten Buchstaben und der schwierigen Aussprache der Sprache in den örtlichen Palmblattdokumenten verbunden waren.188 Zwischen 1591 und 1592 schließlich kam in Nagasaki ein einsprachig japanischer Katechismus parallel in lateinischer Umschrift und im japanischen kanji-kana-Schriftsystem heraus.189 Ab der zweiten Hälfte des 16.  Jahrhunderts folgten den Katechismen die Grammatiken: Duarte da Silva (1536–64) verfasste die erste japanische Grammatik und das erste japanische Lexikon der Gesellschaft. Luís Fróis und Juan Fernandez legten 1563/64 eine zweite Grammatik und ein Wörterbuch nach.190 1571 erschien auf der anderen Seite des Pazi­f iks die Grammatik des mittelamerikanischen Nahuatl,191 und 1582 wurde die eigenhändig überarbeitete Version von Fróis’ Grammatik und Wörterbuch fertiggestellt, wozu er sich der Hilfe eines japanischen irmãos, Yōfō Paulo

185 Boxer: The Church Militant and Iberian Expansion 1440–1770, Baltimore/London 1978, S. 42. 186 López-Gay SJ/Michel/Wicki SJ: Misionología, in: DHCJ 3, S. 2701. 187 De Napoli: Lingüística, in DHCJ 3, S. 2362. 188 Gonçalves, Diogo SJ: Historia do Malavar, hg. u. übers. v. Wicki SJ, Münster 1955, S. 29 f. 189 Boxer: The Church Militant and Iberian Expansion 1440–1770, Baltimore/London 1978, S. 42. 190 Doi: Das Sprachstudium der Gesellschaft Jesu in Japan im 16. und 17. Jahrhundert, in: MN (1939), S. 439. 191 Boxer: The Church Militant and Iberian Expansion 1440–1770, Baltimore/London 1978, S. 42. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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(Yōfōken, c.1507/9–95)192, bediente (siehe Kap. 5.2.2).193 Von 1603 bis 1604 erschien das Vocabvlario, das portugiesisch-japanische Wörterbuch, 1608 João Rodrigues Tçuzus (c.1561–1633) Arte da Lingoa de Iapam, die große Grammatik des Japanischen, in Nagasaki.194 Inwieweit mit diesen gewiss eindrucksvollen linguistischen Leistungen, mit denen die Societas einem allgemeinen Trend europäischer Spracherschließungsprojekte folgte,195 auch tatsächliche Vorteile für die Missionsarbeit im Feld verbunden waren, ist allerdings weit schwieriger zu beurteilen. Schließlich muss für das Entstehen von konkreten Praktiken um ein Objekt wie etwa ein Wörterbuch oder eine Grammatik herum dieses zunächst einmal verfügbar sein. Die Konkani-Grammatik etwa bestand in Vorstufen, im Manuskript kompiliert von indigen Schülern des Paulskollegs in Goa, wohl bereits seit etwa 1563, ohne mehr als einer Handvoll von Mitgliedern der Societas geholfen zu haben, sich die Sprache auch wirklich anzueignen.196 Gerade komplexe Praktiken wie das Erlernen einer Sprache, die aus der funktionalen Aneignung ganzer Weltdeutungsmechanismen bestehen und neben der reinen Gedächtnisleistung noch darüber hinausgehendes Verständnis erfordern, bedürfen dabei nicht nur eines Objektes, sondern auch eines instrumentellen Praktikenkomplexes, der das tatsächliche Lernen und Üben ermöglicht. Javier etwa, dem oft genug zugute gehalten wird, dass er stets versucht habe, in den Sprachen seiner Missionsgebiete zu predigen, verließ sich bei der Katechese der Konvertenden beständig auf Dolmetscher, auch wenn die dabei erzielten Ergebnisse nicht optimal waren.197 Die tatsächliche Sprachkenntnis wurde, wenn überhaupt, in den meisten Fällen erst nach der Missionsentscheidung erworben, so dass in der Zwischenzeit auf Dolmetscher und confessionarios, also Handbücher, in denen Fragen und Antworten zusammengefasst und handlich übersetzt waren, zurückgegriffen werden musste.198 Dabei muss allerdings Vorsicht gewahrt bleiben, was die Verfügbarkeit von Möglichkeiten, eine Sprache zu lernen, und die tat-sächliche Aneignung derselben betrifft. Beide dürfen nicht einfach in eins gesetzt werden. Paulo Camerino, einer der beiden Begleiter Javiers auf seiner ersten Indienfahrt und einer der ersten drei Jesuiten in Indien, lernte 192 Die heutige Lesung wäre Yohōken Paulo. Das Japanisch des 16.  und 17.  Jahrhunderts verfügte über mehr F-Silben als das heutige, vgl. auch Fabian Fukan – die korrekte heutige Le­ sung wäre Habian Fukan. Ich bleibe in dieser Arbeit bei der zeitgenössischen Variante. 193 Doi: Das Sprachstudium der Gesellschaft Jesu in Japan im 16. und 17. Jahrhundert, in: MN (1939), S. 441 f. 194 Jorissen: Das Japanbild im Traktat (1585) des Luis Frois, Kyōto 1987, S. 218. 195 Vgl. Del Pino: Humanismo clasicista mediterráneo y concepción antropológica del mundo, in: Hispania (1996), S. 41. 196 D’Costa SJ: The Christianisation of the Goa Islands, Bombay 1965, S. 188 f. 197 De Napoli, G. A.: Lingüística, in DHCJ 3, S. 2361. 198 Boxer: The Church Militant and Iberian Expansion 1440–1770, Baltimore/London 1978, S. 43 f. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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trotz lebenslangen Verbleibs im Estado da Índia bis zu seinem Tod nicht einmal brauchbares Portugiesisch.199 1548 war kein Mitglied der Societas im Colégio do São Paulo in der Lage, Marathi zu übersetzen,200 und noch 1615 vermerkte Diogo Gonçalves, der bereits seit 1597 an der Malabarküste für die Societas arbeitete,201 dass die traditionellen Sanskrit-Gebete, die bei den lokalen HinduHochzeitszeremonien gesprochen wurden, von den Teilnehmern nicht verstanden wurden, wobei er auch keinen Hinweis darauf gab, dass er wisse, was sie bedeuten sollten.202 Das – rudimentäre – Erlernen des Japanischen kostete Javier zwei Jahre. Erst 1551 verstand er genug von dem, was er zuvor gepredigt hatte, um verkünden zu können, dass Dainichi, der Terminus, unter dem er bislang vom dreieinigen Gott gesprochen hatte, bedauerlicherweise stattdessen den Boddhisattva Mahāvairocana bezeichnete, den Dainichi Nyorai der shingon-Buddhisten. In einer drastischen Korrektur legte er fortan dar, dass dieser und alle seine Anbeter des Teufels seien, was seine Kontakte zum buddhistischen Klerus deutlich erschwerte.203 Ab diesem Zeitpunkt wurde von den in Japan befindlichen Jesuiten eine Politik der Nichtanpassung vor allem auf sprachlich-terminologischem Gebiet betrieben. Um ›Gott‹ zu bezeichnen, wurde die lautmalerische Transliteration »Deusu« aus dem Portugiesischen mit anderen entsprechenden Worten für die übrigen Schlüsselbegriffe christlichen Glaubens eingeführt, was einen deutlichen Kontrast zur ihnen ansonsten zugeschriebenen Akkommodation darstellt. Mit der Willensbekundung, einerseits die Sprache zu lernen, andererseits aber terminologisch zu christianisieren, war das zugrundeliegende Problem jedoch allein nicht zu lösen. Javier transkribierte seine Übersetzungen aus dem Japanischen in lateinische Buchstaben, so dass sein Adlatus Juan­ Fernández sie zur Predigt nutzen konnte – Javier sprach zwar ein rudimentäres Japanisch, las es aber nicht.204 Die Ergebnisse waren immer noch unbefriedigend, nicht zuletzt, weil damit ein ähnliches Problem aufkam wie im Fall des Tamilischen: Die japanische Sprache verfügt über außerorderntlich viele Homonyme, die sich durch Betonung in der Aussprache unterscheiden lassen, was in der lateinischen Transkription schwer zu verdeutlichen war und zu Sinn­ entstellungen führen konnte. Afonso de Lucena, der Mitte 1578 in Japan eintraf, berichtete in seinen Erinnerungen über die Situation vor Ort:

199 Schurhammer SJ: FX 2.1 (1963), S. 64, FN 121. 200 Xavier: Goa. A Social History (1510–1640), Goa 1993, S. 42. 201 Gonçalves, Diogo SJ: Historia do Malavar, hg. u. übers. v. Wicki SJ, Münster 1955, S. IX f. 202 Ebd., S. 10. 203 Elison: Christianity and the daimyo, in: Hall (Hg.) 1991, S. 309. 204 Kubo: Francisco Xavier and Aesop’s Fables, in: Bulletin de la Classe de Lettres et de la Sciences Morale et Politique (1994), S. 396. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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»In den ersten Jahren eigneten wir uns die Sprache an, nach den Möglichkeiten, die wir damals hatten, und die waren recht gering. Denn zu jener Zeit gab es weder Grammatik noch Wörterbuch, noch irgend ein in japanischer Sprache verfasstes Buch, wie man jetzt [1622] hat, um die Sprache zu erlernen. Nicht einmal jemanden, der uns zuredete, die Sprache zu studieren, gab es. Unsere Lehrer waren einige alte ›Rapados‹, die in unserm Hause wohnten. Irgendwie durch Winke und äußere Zeichen lernten wir von ihnen ein wenig, so dass wir beiden Patres am Ende des ersten Jahres ohne Dolmetscher beichthören konnten.«205

In der ersten Generation der jesuitischen Missionare in Japan galten Duarte da Silva und Juan Fernández als besonders sprachbegabt.206 Da Silva erwarb sich in den 1560ern auch Schreibkompetenz, starb aber bereits 1564,207 Fernández 1567, ohne dass sie in der Lage gewesen wären, dieses Wissen auch im nötigen Umfang weiterzugeben. Dabei wurde in der Weitergabe als wesentlich empfundener Praktiken christlicher Verehrung selbst von diesen Jesuiten nicht unbedingt auf Verständnis abgezielt, sondern zunächst auf Imitation. 1555 berichtete da Silva aus Bungo, unter den 50 oder 60 Konvertiten aus dem nahegelegenen Ort Miyano sei keiner, der nicht das Vaterunser beherrschte und es wie die Mitglieder der Gesellschaft aussprechen könne (»E asi não há christão dos de Miano que não saiba o patrenostre tam bem pronunciado como nós.«).208 Ob damit auch ein Verständnis der fremdsprachigen Gebetsinhalte einherging, muss dahingestellt bleiben. Die Societas nahm zur Kompensation derartiger Probleme einheimische Konvertiten als Sprach- und Schreiblehrer in ihre Dienste.209 »Der Bruder João [Juan] Fernandes beschäftigte sich damit, die Getauften zu unterrichten und die Katechumenen zu unterweisen, und dann begab er sich zu einem festgesetzten Ort, wohin die einen wie die anderen mit verschiedenen Fragen kamen, die er beantwortete, worauf er alle nötige Zeit verwandte; andere Male widerlegte er die heidnischen Irrtümer. Am Nachmittag tat er dasselbe. Die Zeit aber, die ihm übrig blieb, beschäftigte er sich damit, daß er Bücher ins Japanische übersetzte, wobei er sich der Hilfe gelehrter Personen bediente, damit die Übersetzung treuer und reiner war.«210

Nachdem die ersten linguistischen Werke – Wörterbuch und Grammatik – im Manuskript einem Brand zum Opfer gefallen waren, dauerte es in Japan noch 205 Lucena, Afonso de SJ: Erinnerungen aus der Christenheit von Ōmura, hg. u. übers. v. Schütte SJ, Rom 1972, S. 103. [ME]. 206 Ruiz-de-Medina SJ: Silva, Duarte da, in: DHCJ 4, S. 3575, u. Yuuki SJ: Fernández de Oviedo, Juan, in: DHCJ 2, S. 1400. 207 Doi: Das Sprachstudium der Gesellschaft Jesu in Japan im 16. und 17. Jahrhundert, in: MN (1939), S. 438. 208 Da Silva, Duarte SJ: Schreiben aus Bungo vom 10. September 1555, in: MHJ 2, Dok. 110, S. 520. 209 Ebd., S. 518 f. 210 Fróis, Luís SJ: Die Geschichte Japans (1549–1578), hg. u. übers. v. Schurhammer SJ/ Voretzsch SJ, Leipzig 1926, S. 116. [ME]. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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bis 1594, bis gedruckte Versionen solcher Hilfsmittel verfügbar wurden.211 Dass also selbst in einem für den Missionserfolg so zentralen Punkt wie dem zum Erwerb der nötigen Sprachkompetenz erforderlichen Praktikenkomplex im von der Personenzahl her recht kleinen und gut organisierten Netzwerk wie der japanischen Dependance der Societas Jesu Jahrzehnte vergingen, bis tragfähige Strukturen geschaffen waren, lässt einen methodischen Zweifel daran angebracht sein, individuelle Leistungen einzelner Jesuiten der Ostasienmissionen allzu leicht dem ganzen Unternehmen zuzuschreiben. Es waren nicht die Jesuiten, die Japanisch oder andere indigene Sprachen beherrschten, sondern bestenfalls einzelne unter ihnen. Von der Tatsache oder der Dauer des Auf­ enthalts in einem außereuropäischen Missionsgebiet auf die Beherrschung der indigenen Sprache zu schließen greift zu kurz. Zumal auch für die Einzelnen im japanischen Fall die Anfänge offensichtlich bescheiden waren: 1562 besuchte Luis de Almeida Unshū (c.1500–62)212, den Abt des Fukushōji, des größten ZenKlosters bei Kagoshima, der auch bereits – und zuletzt – mit Javier gesprochen hatte, um alte Verbindungen neu zu beleben. Ganz ungeplant ergab sich so eine Gelegenheit, um alte Missverständnisse auszuräumen: »Nun hatte P. M. Francisco in der Stadt Kagoshima mit einem Bonzen Verkehr und Freundschaft gehabt, den alle für einen Heiligen hielten. […] Der Bonze, der schon sehr alt war, empfing mich mit großen Beweisen seiner Liebe und Gastlichkeit und erzählte mir einige Dinge, die sich in jenen ersten Anfängen zwischen ihm und P. M. Francisco zugetragen hatten. […] Er freute sich sehr darüber und sagte mir, er hätte sehr begehrt zu verstehen, was P. M. Francisco predigte, als er dort war, aber in Ermangelung eines Dolmetschers (por falta de interprete) habe er ihn nie verstehen können, und sprach von dem Willen, den er noch habe, getauft zu sterben.«213

Eine keineswegs einmalige Einschätzung der damaligen Situation: Auch nach Valignanos Historia war die Übersetzung von Javiers Predigt für die Unter­ redung mit Ninshitsu (†1556),214 dem damaligen Vorsteher des Fukushōji, so mangelhaft, dass sie lediglich Gelächter provozierte.215 Besonders interessant ist an dieser Stelle, dass de Almeida nicht deshalb so besonders gut mit Ninshitsu und dessen Schülern kommunizieren konnte, weil er etwa im Japanischen weiter fortgeschritten gewesen wäre als sein in dieser Hinsicht unglücklicher Vorgänger, sondern weil er sich eines konvertierten ja-

211 Lucena, Afonso de SJ: Erinnerungen aus der Christenheit von Ōmura, hg. u. übers. v. Schütte SJ, Rom 1972, S. 102 f. 212 Schurhammer SJ: FX 2.3 (1973), S. 80, FN 70. 213 Fróis, Luís SJ: Die Geschichte Japans (1549–1578), hg. u. übers. v. Schurhammer SJ/ Voretzsch SJ, Leipzig 1926, S. 122. [ME], [MA], (EiO). 214 Schurhammer SJ: FX 2.3 (1973), S. 77, FN 61. 215 Elison: Christianity and the daimyo, in: Hall (Hg.) 1991, S. 309. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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panischen Dolmetschers bediente. Ihm diente ein dōjuku, der bereits jahrelang in Diensten der Societas Jesu stand und deshalb nicht nur sprachlich, sondern auch inhaltlich korrekt christliche Predigten vermitteln konnte. Bezahlt machte sich das vor allem bei den Diskussionen de Almeidas mit Tokuō Shukan (c.1492–1582),216 einem der Schüler Ninshitsus und seit 1556 Abt des Nanrinji, eines ebenfalls bei Kagoshima gelegenen Tochterklosters des Fukushōji217, der von der neuen Verständigungsmöglichkeit besonders angetan war. »Und wenn damals, als P. M. Francisco hier war, der fast keine Sprache hatte, sich verständlich zu machen (que quasi não tinha lingua para se explicar), mein Verstand schon so sehr überzeugt war, wieviel mehr jetzt, da Ihr zu mir im besonderen sprecht durch einen Dolmetscher meiner Nation, der so erfahren ist in Euren Dingen, so daß mir kein Zweifel mehr bleibt in dem, was ich Euch fragte.«218

Sowohl Shukan als auch Unshū waren allerdings zwar gern zu nun endlich verständlichen Gesprächen über christliche Lehre und Dogmatik bereit, aber nicht dazu, dem auch in letzter Konsequenz zu folgen und sich zu bekehren (siehe Kap.  5.2.1). Ohne dass ich das dem leider namentlich nie genannten dōjuku anlasten könnte oder wollte, war diese Methode also nicht mit völlig zufriedenstellenden Ergebnissen verbunden. Das übergeordnete Ziel blieb daher weiterhin die eigenständige sprachliche Befähigung der Patres selbst, die aufwendig hergestellt werden musste – und dennoch meist nicht erreicht wurde. Typischerweise fanden die Sprachstudien und alle anderen weiterführenden Qualifizierungen, wenn möglich, vor der Entsendung ins Missionsgebiet in den Kollegien der jeweiligen Ordensprovinz statt, was Javier einfach deswegen nicht möglich war, weil es bei seiner Ankunft gar kein Jesuitenkolleg gab. Die ihm folgenden Missionare konnten auf eine solche Infrastruktur zurückgreifen – und mussten dies auch. Luís Fróis traf 1550 in Goa ein und verbrachte dort sein einjähriges Noviziat.219 Nach missionarischen Tätigkeiten in Nordindien kehrte er 1557 nach Goa zurück und nahm dort im Oktober 1559 ein fortgeschrittenes Studium auf – Philosophie, Logik, und Astronomie.220 Nach seiner Entsendung nach Japan bot sich ihm das gleiche Bild: Die Jesuiten vor Ort verbrachten, um ihrer Selbstdarstellung zu folgen, alle Zeit, die ihnen blieb, mit dem Sprach­ studium. Er berichtete, dass man sich selbst unter Mitjesuiten nur japanisch unterhalte und auf Japanisch die Predigt höre, um sich in der Sprache zu verbessern, schrieb bereits 1567 selbst einige Heiligenviten auf Japanisch und kor 216 Schurhammer SJ: FX 2.3 (1973), S. 79, FN 69. 217 Fróis, Luís SJ: Die Geschichte Japans (1549–1578), hg. u. übers. v. Schurhammer SJ/ Voretzsch SJ, Leipzig 1926, S. 122. 218 Ebd., S. 123. (EiO) 219 Jorissen: Das Japanbild im Traktat (1585) des Luis Frois, Kyōto 1987, S. 25. 220 Ebd., S. 28 f. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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rigierte den japanischen Katechismus.221 Diese Struktur zu etablieren hatte jedoch einige Zeit benötigt: Pedro d’Alcáçova (1524–79), der 1552/53 etwa ein Jahr in Japan verbrachte, machte in diesem Zeitraum keine Fortschritte in der japanischen Sprache.222 War die zu erlernende Sprache (noch) nicht Teil des Lehrangebots in Goa, so wurde auf Feldstudien zurückgegriffen, deren Effektivität jedoch nicht immer sicher war. Im Juni 1556 ließ Melchior Nunes Barreto, der damalige Indienprovinzial, nach einem gescheiterten Einreiseversuch Estevão de Góis (1526–88) in Südchina zurück, damit dieser die Landessprache erlerne, aber de Góis erkrankte und kehrte bereits 1557 in die portugiesische Nieder­ lassung auf Macao zurück.223 Sobald möglich, wurde das Lernen der Sprache in die kontrollierbare Umgebung des eigenen Kollegs verlagert. Sprachstudien waren aber, wie bereits das Beispiel Fróis’ zeigt, nur ein Teil der am Kolleg verfügbaren Ausbildung. Grundsätzlich zielte das Bestreben des Ordens dahin, auch außerhalb Europas eine vollwertige akademische Ausbildung zur Verfügung zu stellen, die es ermöglichte, bereits vor der Aussendung unternommene Studien zu beenden oder diese gar vollständig in Übersee zu absolvieren. Dabei war die Ausgestaltung des Curriculums der Ausbildungsinstitutionen in die Entscheidungsfreiheit der Superioren gestellt. Selbst in einem so sensiblen Bereich wie den Studien der Theologie wurde erst 1571 ein gemeinsames Programm an die Provinzen ausgesandt, weil darüber zuvor keine Einigung erzielt werden konnte.224

3.3.3 Ausbildungsinstitutionen Das Colégio do São Paulo blieb für einige Jahrzehnte die einzige derartige Ausbildungsstätte der Societas Jesu im asiatischen Raum. Dementsprechend bildete der Studienaufenthalt dort für alle nach Asien gesandten Missionare in spe eine notwendig zu durchlaufende, formative Phase. Die nächste äquivalente Institution wurde in Japan errichtet, allerdings erst nach 1580. Nach seiner ersten Ankunft in Japan hielt Alessandro Valignano in seiner Eigenschaft als Visitator Missionskonsulte ab, Treffen aller Missionare einer Region, die als Diskussionsforum dienen sollten, um die Leitlinien für das künftige missionarische Arbeiten zu beschließen. Unter den Beschlüssen des ersten dieser Konsulte, abgehalten in Usuki im Oktober 1580, war die Schaffung eines Kollegs für junge Japaner in Funai, der Hauptstadt der Provinz Bungo. 221 Loureiro: Jesuit Textual Strategies in Japan between 1549 and 1582, in: BPJS (2004), S. 48. 222 Schurhammer SJ: FX 2.3 (1973), S. 322 f., FN 3. 223 Sebes SJ: The Precursors of Ricci, in: Ronan SJ/Oh (Hg.) 1988, S. 28. 224 Julia: Généalogie de la ›Ratio Studiorum‹, in: Giard CNRS/De Vaucelles SJ (Hg.) 1996, S. 120 f. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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Laut Beschlüssen der Konsulte wurden damit japanische Jesuiten zu den höheren Studien für Philosophie und Theologie zugelassen, es dauerte aber noch einige Jahre, bis auch tatsächlich solche Kurse eingerichtet wurden.225 Im Frühjahr 1580 wurde bei Arima ein Semiar für Jungen im Alter von 12 bis 18 Jahren gegründet, ein zweites etwa um dieselbe Zeit in Azuchi in Zentraljapan auf einem Stück Land, das Oda Nobunaga (1534–82) stiftete. Das Programm des Seminars bestand aus Lesen und Schreiben, sowohl Latein wie auch Japanisch, buenas costumbres – Etikette, Gebräuchen und Zeremonien des Landes – dazu möglichst soliden Grundlagen in katholischer Theologie, Grammatik und Musik.226 Das Kolleg sollte dagegen die höhere Ausbildung ermöglichen, und zwar sowohl in europäischen wie japanischen Geisteswissenschaften227 und im Japanischen (für Europäer).228 Wie in Europa nahmen diese Anstalten auch NichtOrdensmitglieder, in diesem Fall auch Nichtchristen, auf.229 Erst mit dieser Einrichtung der Kollegien wurde das Sprachstudium innerhalb der japanischen Jesuiten reglementiert und damit auch normativ, nicht nur praktisch institutionalisiert.230 Bedenkt man, dass das Curriculum für die Jesuitenschulen erst 1599 mit der Ratio Studiorum grundlegend fixiert wurde,231 wirkt die zunächst auffällige Verspätung von gut 30 Jahren zwischen der Ankunft Javiers in Japan und der Normierung des Sprachstudiums weniger dramatisch, bleibt aber dennoch ein erklärungswürdiges Phänomen. Zwischen 1593 und 1594 ließ Valignano schließlich die letzte große Bildungsinstitution der Gesellschaft in Ostasien erbauen, das Colégio Madre de Deus in Macao. Es sollte sicherstellen, dass den in Asien befindlichen Jesuiten intellektuelles Training angeboten werden konnte, das den Anforderungen der Missionsarbeit in diesem Raum adäquat war.232 In Macao befand sich zwar bereits eine Residenz des Ordens, die Francisco Pérez und Manuel Texeira 1565 errichtet hatten,233 aber erst während Valignanos Aufenthalt von Herbst 1592 bis Herbst 1594 wurde das Kolleg installiert, zunächst für japanische Studenten. 225 Schütte SJ: Drei Unterrichtsbücher für japanische Jesuitenprediger aus dem XVI. Jahrhundert, in: AHSI (1939), S. 227. 226 Loureiro: Jesuit Textual Strategies in Japan between 1549 and 1582, in: BPJS (2004), S. 56. 227 Üçerler SJ: Alessandro Valignano: man, missionary, and writer, in: Renaissance Studies (2003), S. 363. 228 Loureiro: Jesuit Textual Strategies in Japan between 1549 and 1582, in: BPJS (2004), S. 55. 229 Bailey: The Migration of Forms in the Art of the Jesuit Missions in Japan and China, in: Oriental Art (2001), S. 4. 230 Doi: Das Sprachstudium der Gesellschaft Jesu in Japan im 16. und 17. Jahrhundert, in: MN (1939), S. 441 f. 231 Wright: God’s Soldiers, New York u. a. 2004, S. 54. 232 Sebes SJ: The Precursors of Ricci, in: Ronan SJ/Oh (Hg.) 1988, S. 33. 233 Ebd., S. 28. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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Es nahm am ersten Dezember 1594 den Betrieb auf,234 wurde aber finanziell zur Belastung für die Gesellschaft: Strukturell stets defizitär, musste es durch »Missionsalmosen« unterhalten werden.235 1603 wurden die Ausbildungsmöglichkeiten in Macao schließlich durch die Einrichtung eines Seminars vervollständigt.236 Bereits das Kolleg bot aber weitgehende Möglichkeiten: João Soeiro (1566–1607) studierte dort Moraltheologie, Dogmatik, Philosophie, Humaniora und Chinesisch als Vorbereitung auf den Einsatz im Landesinnern, bis er 1594 zum Priester geweiht und der Mission in Nanchang zugeteilt wurde, wo er Heiligabend 1595 eintraf.237 Luís de Cerqueira (1552–1614), Bischof von Nagasaki von 1598 bis 1614, der erste in Japan residierende Bischof des Ordens, setzte Valignanos Linie der Toleranz bei der Ausbildung indigener Ordensmitglieder prinzipiell fort. Dennoch eröffnete das Diözesaneminar in Nagasaki für die Ausbildung von Japanern zum vollen Priesterstatus erst 1601 mit acht Studenten, davon zwei Portugiesen, und bildete bis zum Beginn der Verfolgung 1614, als es vom bakufu geschlossen wurde, nur sieben japanische Priester aus.238 De Cerqueira ordinierte darüber hinaus acht japanische Jesuiten, von denen Mancio Itō (c.1570–1612) allerdings bereits 1612 starb, so dass 1614 trotz aller Ausbildungsfakultäten der Societas lediglich 14 japanischstämmige Priester in Japan wirken konnten.239 Die Ausbildung war allerdings nicht auf die institutionellen Zentren beschränkt. So wie die Sprachstudien bei Bedarf ins Feld verlagert wurden, also die Studierenden zum Objekt kamen, so wurde, wenn möglich, auch das Feld zum Studienort aufgewertet, indem man die Studienobjekte mit sich nahm  – sich also mit Büchern ausstattete, die es ermöglichten, auch abseits der institutionell vorgehaltenen Möglichkeiten weitere Bildung zu betreiben. Inwieweit sich diese Gelehrsamkeit aber auch in tatsächlich angewandte Praktiken umsetzte, blieb offensichtlich vom Einzelfall abhängig. Javier wurde von João III. mit Büchern im Wert von 100 cruzados ausgestattet, nutzte sie aber in seiner operativen Arbeit kaum.240 Wo hingegen auf aus Europa importierte Werke zurückgegriffen werden konnte, wurde sichergestellt, dass damit eine Rück­ bindung nicht nur an das europäische, sondern vor allem das katholische Prak 234 Üçerler SJ: Alessandro Valignano: man, missionary, and writer, in: Renaissance Studies (2003), S. 349. 235 Kleiser SJ/Voss SJ: P. Alexander Valignanis Gesandtschaftsreise nach Japan zum Quambacudono Toyotomi Hideyoshi 1588–1591, in: MN (1938), S. 73. 236 López-Gay SJ: Father Francesco Pasio (1554–1612), and his Ideas About the Sacerdotal Training of the Japanese, in: BPJS (2001), S. 36. 237 King: For the Instruction of Those Aspiring to be Christian, in: SWCRJ (2004), S. 61. 238 Boxer: The Church Militant and Iberian Expansion 1440–1770, Baltimore/London 1978, S. 23. 239 Elison: Deus Destroyed, Cambridge (Mass.)/London 19913, S. 71. 240 Lacouture: Dialog in Yamaguchi, Mannheim 2002, S. 6 f. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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tikengeflecht verbunden war. Alle Bücher, die über Lissabon nach Asien verschifft wurden, mussten zuvor mit den Listen der Zensur und den Indices der Inquisition abgeglichen werden, wie Jéronimo Nadal 1561 festhielt.241 Hier liegt die im Kontext einer Vorstrukturierung des möglichen Praktikenspektrums wichtige strukturelle Komponente dieses institutionalisierten Aus- und Weiterbildungssystems für die Asienjesuiten: Die Ausbildung für das Missionsfeld fand statt durch ein Sprechen über das Feld, nicht durch einen tatsächlichen Kontakt mit den Realitäten der Anderen, die zu missionieren waren. Das langfristige Ziel des Institutionenaufbaus der Gesellschaft in ihren asiatischen Provinzen bestand darin, eine Kopie der europäischen Ordenssituation und der darin vorhandenen Bildungsmöglichkeiten zu installieren, innerhalb derer das Wissen, das vor Ort gesammelt wurde, gesichtet, aufbereitet, in Form von Wörterbüchern, Grammatiken, Katechismen und Handlungsanweisungsanweisungen für den Einzelnen gegossen werden und dann vermittelt werden konnte, es also in die Praktikengeflechte europäischer akademischer Wissenschaft und Bildung der Zeit übersetzt wurde.

3.3.4 Konkrete Auswirkungen: Praktikenstrukturen Damit verbunden war notwendigerweise eine gewisse Dekontextualisierung der damit verbundenen Inhalte, die dann im Missionsfeld erst wieder rekontex­ tualisiert werden mussten, um tat-sächlich brauchbar zu sein. Dieses System erfüllte neben dem primären und auch wahrgenommenen Bildungsauftrag noch andere Funktionen: Wie auch die Korrespondenz mit der überseeischen Heimat diente es dazu, eine funktionale Einheit des Ordens über Zeit und Raum herzustellen, zumindest in der Imagination seiner Mitglieder, und das gelang durch seine direkte Erfahrbarkeit vielleicht noch wirksamer als im Schreiben von Briefen an Jahre entfernte Empfänger. Hinzu trat, dass es nicht nur die Einheit des Ordens gewährleistete, sondern auch eine Einheit europäischer Wissenspraktiken sicherstellte und damit die Universalität des europäischen Bildungssystems zum Axiom erhob: Nur in der Übersetzung in die europäischen Praktiken von Wissen und Wissensvermittlung wurde das Fremde kontrolliert und nützlich gemacht. Die wilden Sprachstudien im freien Feld wurden, wenn möglich, in die kontrollierte Umgebung der Kollegien zurückverlagert, sobald die notwendigen Lehrkompetenzen vorhanden waren. Die politisch unmögliche Kontrolle der Situation vor Ort wurde damit auf einer intellektuellen Ebene machbar. Die Erfahrung des Fremden wurde durch die Einfügung desselben in vertraute Praktikenstrukturen sublimiert, das eigene Praktikengeflecht da 241 Loureiro: Jesuit Textual Strategies in Japan between 1549 and 1582, in: BPJS (2004), S. 41. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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durch nachhaltig stabilisiert, indem ein Raster zur Verfügung gestellt wurde, in das auch später aus dem tatsächlichen Kontakts gewonnene Erfahrungen eingeordnet werden konnten, ein Mechanismus, der eine wirksame kulturelle Hybridisierung gleichsam implizit zu unterlaufen in der Lage war. Schütte drückte das unter der Maßgabe seines Paradigmas 1939 in Bezug auf Pedro Gómez’ theologisches Kompendium für die Kurse in Funai so aus: »Darum gab P. Gomez über Glaubensbekenntnis und Martyrium den Predigern klare Richtlinien. Uns sind diese Kapitel um so wertvoller, weil sie viel zur Weckung der großartigen Märtyrergesinnung der frühjapanischen Kirche beitrugen.«242 Bislang stellte die Forschung zur Akkommodation vor allem das Problem von Wissen und Unwissen heraus, das nach einer Lösung verlange.243 Was sich oberflächlich als Lösung des Problems der Akkommodationsmethode darbot – Wissen, die diese Akkommodation erst ermöglichen sollte – verlagerte das Problem in dieser Form auf eine tieferliegende und damit noch schwerer zu ändernde Ebene, das von Wissen und seiner Strukturform, also der Denkpraktik des EtwasWissens, durch deren europäisierende Normierung die Andersartigkeit der so gedachten Inhalte zumindest partiell aufgehoben werden konnte. Im Interesse des Ordens war eine solche Normierung auch hinsichtlich der Erfahrungen der für Asien bestimmten Missionare. Grundsätzlich galt, dass die für die östlichen Missionen bestimmten Jesuiten zunächst in Goa eintrafen und dort entweder ihre unterbrochenen Studien fortsetzten oder neue aufnahmen, um sich für die konkrete Missionsarbeit zu qualifizieren. Die Uniformität dieser Erfahrung dürfte viel dazu beigetragen haben, eine kollektive Identität weiter auszubauen und zu stärken: Nach den Strapazen der Carreira da Índia gelangte man in fremder Umgebung in einen sicheren Hafen, wurde umgehend in nach den bereits vertrauten Standards der jesuitischen Kollegien und Seminare strukturierte Abläufe eingebunden und so versichert, dass von nun an alles wieder in kontrollierbaren und bekannten Bahnen weiterlaufen würde. Ein tatsächlicher Zwang, sich auf veränderte Gegebenheiten endgültig einzustellen, kam daher erst nach dem Eintreffen im eigentlichen Missionsgebiet zustande – wenn nicht auch hier bereits äquivalente Strukturen geschaffen worden waren, wie im Verlauf des 16. Jahrhunderts zumindest für die in dieser Arbeit behandelten Felder Indien und Japan. Trotz aller Kenntnisse über die Anderen der bevorstehenden Transferoperation waren die den nach Asien entsandten Missionaren zur Verfügung stehenden Praktikengeflechte in wichtigen Punkten durch unterliegende Denkpraktiken weiterhin europäisch normiert. Wie sich das im konkreten Aufeinandertreffen auswirkte, bleibt im Folgenden zu untersuchen.

242 Schütte SJ: Drei Unterrichtsbücher für japanische Jesuitenprediger aus dem XVI. Jahrhundert, in: AHSI (1939), S. 253. 243 Witek SJ: Understanding the Chinese, in: Ronan SJ/Oh (Hg.) 1988, S. 63. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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3.4 Jugend »In regard to an age of less than fourteen years for admission to probation and of twenty-five for the profession, if in some persons an anticipation of this age is for special reasons judged to be conducive to the end sought, greater service to God, the superior general will be able to dispense after weighing and considering the circumstances. Similarly, when age is too advanced, he will consider whether the bearing of this inconvenience is expedient for the common welfare or not.« Constitutiones IV, 3244

In bisherigen Studien wurde erstaunlich wenig thematisiert, wie jung die­ Societas Jesu eigentlich war. Das gilt nicht nur für den Zeitraum ihres Bestehens – 1574 bestand sie offiziell ja erst seit gut 30 Jahren – sondern besonders auch für ihre Mitglieder. Die constitutiones hielten im vierten Teil, in dem die Aus- und Weiterbildung der in der Societas Jesu verbleibenden Kandidaten geregelt wurde, über die Scholaren, also diejenigen, die eine weiterführende Ausbildung in den Kollegien und Universitäten der Gesellschaft erhalten sollten, fest, dass auch hier das angemessene Alter zwischen 14 und 23 Jahren liege, es sei denn, die betreffenden Personen besäßen bereits grundlegende Kenntnisse des Lesens und Schreibens.245 Das eigentlich vorgeschriebene minimale Eintrittsalter von 14 Jahren bei der Aufnahme ins generelle Noviziat konnte im Einzelfall vom aufnehmenden Superior außer Kraft gesetzt werden, was auch regelmäßig geschah. Bei der Diskussion dieser generellen Normierungen muss natürlich jeweils im Blick behalten werden, ab wann die entsprechenden Setzungen Gültigkeit beanspruchen konnten  – die constitutiones erreichten die Ordensprovinz Indien 1555 mit António de Quadros, der sie auch offiziell proklamierte und propagierte.246 Dennoch muss auch für die vorangegangene Zeit davon ausgegangen werden, dass ähnliche Normen, unter Umständen implizit, bereits vorhanden waren. Die handschriftlichen Vorversionen der Constitu­ tiones, die Industrias (1548) und Constitutiones Collegiorum (1548–50) Juan de Polancos,247 zirkulierten bereits früh im ganzen Orden.248 Die Konstitutionen erwuchsen schließlich nicht aus dem Nichts, sondern aus den bislang für die Regelung der Praktikengeflechte des Ordens geltenden Vorschriften wie der Fór­ mula del Instituto von 1539 und den 1544/45 von Loyola erstellten Constitu­ tiones circa missiones, die den missionarischen Praktikenbereich in den Blick nahmen und den späteren Teil  VII der Constitutiones wesentlich vorformu­ 244 Loyola, Ignacio SJ: The Constitutions of the Society of Jesus, St. Louis 1970, übers. u. komm. v. Ganss SJ, Teil I, Kap. 3, K, S. 135. 245 Ebd., Teil IV, Kap. 3, K, S. 183. 246 D’Costa SJ: The Christianisation of the Goa Islands, Bombay 1965, S. 80. 247 De Dalmases SJ: Polanco, Juan Alfonso de, in: DHCJ 4, S. 3168. 248 Giard CNRS: Relire les ›Constitutions‹, in: Ders./De Vaucelles SJ (1996), S. 44. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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lierten.249 Dazu kamen noch die bereits eingeführten und etablierten Praktiken, die sich im Verlauf des Aufbaus der Societas ergeben hatten. Ähnliches galt auch für die Konstitutionen selbst, die während Laínez’ Generalats zwar nicht formell umgesetzt, aber vom Praepositus Generalis und der übrigen Führungsebene des Ordens als generelle Richtlinien betrachtet wurden, wie die Gesellschaft zu führen sei, in der Absicht, die als von Loyola beabsichtigt angenommene Struktur der Societas Jesu möglichst zu erhalten.250 Gerade in Bezug auf wichtige Parameter der Mitgliedergewinnung und des Selbstbildes wie der Festlegung des Aufnahmealters ist ja auch immer zu bedenken, dass Normierungen nicht anlasslos entstehen, sondern besonders dann, wenn sich Praktiken abzeichnen, denen entgegengetreten werden soll – in diesem Fall also vor allem die Rekrutierung zu jungen Personals.

3.4.1 Kinder und Jugendliche »Und diweil die erfarnuß gibt / daß die zart und jung art der Menschen vil leichter dann die alten und in ihrem wesen erstarcketen / in Christenlichem Gesatz und Sitten / zuunderrichten/so ist zu Coulan ir fürnembste arbeit / die kinder zulehren /  und zuunderweisen / wie auch zu Goa und Malaca.«251

In der S[ecreta] / Informatión de los de la / India, einem Schreiben Francisco Cabrals an Ordensgeneral Laínez vom 25.  Dezember 1559, das die Angehörigen der Gesellschaft in der Provinz Indien und ihren Dependancen nicht nur nach Fähigkeiten, sondern auch mit Altersangaben und Zugehörigkeitdauer zum Orden verzeichnete, wurde der einer portugiesisch-indischen Verbindung entstammende irmão Pedro Vaz (*1539/40) beschrieben: Alter: 19 bis 20 Jahre, Zugehörigkeit zur Gesellschaft: Sieben Jahre252 – der Eintritt muss hier also bereits mit 12 oder 13 Jahren erfolgt sein (allerdings wurde er 1565 als mit 14 eingetreten angegeben253). Vaz war dabei kein Einzelfall: Der Catalogus Sociorum Provinciae Indicae von 1565 führte den irmão Christovão Luis (*c.1543) auf, der wohl im Alter von 13 Jahren aufgenommen wurde.254 Eine konkrete Möglich 249 López-Gay SJ/Michel/Wicki SJ: Misionología, in: DHCJ 3, S. 2696. 250 Fisher: A Study in Early Jesuit Government, in: Medieval and Renaissance Studies (1979), S. 397. 251 Maffei, Giovanni Pietro SJ: Kurtze Verzeichnuß und historische Beschreibung, übers. v. Götze, Johann Georg, Ingolstadt 1586, S. 74 (1). 252 Cabral, Francisco SJ: Schreiben an Laínez vom 25. Dezember 1559, in: MHSI/DI 4, Dok. 53, S. 459. OR: »O Irmão Pedro Vaz, mistiço, de idade de 19 annos ou 20 e da Companhia 7 (…)«. 253 OA: Catalogus Sociorum Provinciae Indicae [1565], in: MHSI/DI 6, S. 629. OR: »O P.e Pero Vaz, de 26 annos, 12 da Companhia, tem 4 ou 5 anos [sic] de theologia. « 254 Ebd., OR: »O Ir. Christovam Luis, de 22, 9 da Companhia, hum anno de theologia.« © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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keit, die Altersgrenzen außer Kraft zu setzen, war der Rückgriff auf Kinder, die als Waisen oder Halbwaisen der Societas zur Obhut übergeben worden waren und die von dieser nun für ihre Zwecke verwendet werden konnten, auch wenn sie weder formal dem Orden angehörten noch ihm ohne besondere Genehmigung hätten angehören können. Javier selbst akzeptierte japanische und chinesische Kinder ab einem Alter von acht Jahren für die schulische Ausbildung, die er als Vorbereitung für den Eintritt in die Gesellschaft betrachtete, und zugleich als Vorbereitung für den Diözesanklerus bzw. die apostolischen Aufgaben dieser Stufe.255 Bereits 1549 hatte er nach Goa geschrieben, im Interesse der zukünftig projektierten Bekehrung Japans und Chinas solle man im Kolleg in Goa bevorzugt japanische und chinesische Kinder aufnehmen, die dann später als Dolmetscher dienen könnten.256 Fróis berichtete im ersten Jahresbrief der Indienprovinz 1552 aus Goa vom jungen Antonio de Santa Fe (*c.1544?), auch Antonio China genannt, einem gebürtigen Chinesen, der bereits seit vier Jahren im Haus der Gesellschaft sei – seit er sieben oder acht Jahre alt war.257 Als Schutzbefohlene der Societas, für deren Ausbildung man also in jedem Fall zuständig war, wurden solche Kinder in den Schulen der Gesellschaft unterrichtet und in ihren Häusern zu Hilfsarbeiten herangezogen. Henrique Henriques schrieb Anfang 1552 aus Cochin, dass die gezielte Rekrutierung solcher Jugendlicher – er nannte ein Alter von 14 Jahren – zur Erziehung derselben in Glauben und guten Sitten (»em a doctrina da fee e boons costumes«) zur Zeit allerdings daran scheitere, dass nicht genügend Mittel vorhanden seien (»mas nom ay dinheiro pera os poder sostenar«), wobei diese Praktik doch so nötig sei zur Verbreitung des Glaubens (»este modo my necessario e conveniente pera o aproveytamento da christandade«).258 Als Melchior Nunes Barreto 1555 nach Japan aufbrach, machte er sich diese Möglichkeit gezielt zunutze. »Mit sich nahm er den P. Gaspar Vilela, (…) und vier Brüder (…) und fünf Knaben von den Waisen, einige derselben von denen, die aus Portugal gekommen waren, da sie leicht die Sprache Japans erlernen und hernach den Patres als Dolmetscher bei der Ausbreitung des Heiligen Evangeliums dienen konnten.«259

Einer dieser Knaben war Guilherme Pereira (c.1537–1603), der 1551 zusammen mit acht anderen Kindern von der Gesellschaft aus dem Waisenhaus des spanischen Priesters Pedro Doménech in Lissabon geholt und bereits am 10. März 255 Ruiz-de-Medina SJ: Dōjuku, in: DHCJ 2, S. 1133 f. 256 Schurhammer SJ: FX 2.3 (1973), S. 334. 257 Fróis, Luís SJ: Jahresbrief von 1552, in: MHJ 2, Dok. 81, S. 390. OR: »hum moço china que avia sete ou 8 anos que estavaem casa, que tinha 4 anos«. 258 Henriques, Henrique SJ: Schreiben aus Cochim an Loyola vom 27.  Januar 1552, in: MHSI/DI 2, Dok. 64, S. 301. 259 Fróis, Luís SJ: Die Geschichte Japans (1549–1578), hg. u. übers. v. Schurhammer SJ/ Voretzsch SJ, Leipzig 1926, S. 46 f. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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desselben Jahres von Lissabon nach Goa geschickt worden war. Er sollte bis zu seinem Lebensende in der Societas verbleiben.260 Dass die anderen Kinder nicht konkret identifizierbar sind, geht aus der Aufzeichnungspraxis der Jesuiten vor Ort hervor. Die undatierte, aber wohl von Dezember 1556 stammende Lista das pessoas da Companhia que se mandarão a India, in der alle seit 1541 aus Europa in Indien eingetroffenen Jesuiten namentlich und zum größten Teil  mit Herkunftsland verzeichnet wurden, führt für das Jahr 1551 als letzte diesbezügliche Position auf, es seien ebenfalls einige Waisenkinder angekommen, »tambem alguns mininos orfãos«, einer davon, als einziger namentlich benannt, Guilherme: »E hum delles foy Guilhelme.«261 Aus der S[ecreta] /  Informatión de los de la / India lässt sich eher beiläufig entnehmen, dass der irmão Rui Pereira (*c.1537) ebenfalls dazugehörte, und dass für ihn die gleichen Altersangaben galten.262 Hier wurde auch noch einmal genau spezifiziert, wozu die beiden Pereiras eigentlich in die Dienste der Gesellschaft genommen worden waren: »para que aprendesse a linguoa«,263 um die Sprache zu lernen. Es ist noch ein dritter dieser Waisen identifizierbar, der spätere irmão Inofre do Caso (*1535).264 Bei diesem Rückgriff auf solche Kinder und Jugendliche handelte es sich um eine geübte Praxis, schließlich hatte Javier selbst dieses Vorgehen in Indien habitualisiert.265 Analog gehandelt hatte er im konkreten Beispiel bereits 1547 auf den Molukken, als er zehn Jungen nach Malakka mitnahm und sie dort nach Goa weiterschicken ließ, für das Kolleg bestimmt,266 sowie 1551 bei den Vorbereitungen seiner Reise zur Missionierung Chinas, wo er »[a]ls Dolmetscher […] einen jungen Chinesen mit sich [führte], Antonio de Sancta Fé mit Namen, der von klein auf im Kolleg zu Goa erzogen worden war und hernach viele Jahre im Haus der Gesellschaft zu Makao war.«267 Aber nicht nur der Gesellschaft zur Erziehung übergebene Waisen wurden derart als menschliche Ressource genutzt, sondern auch die Kinder der Konvertiten stellten eine Ergän 260 Ruiz-de-Medina SJ: Guilherme, Pereira, in: DHCJ 3, S. 3086. 261 OA: Lista das pessoas da Companhia que se mandarão a India, dos annos de 1541 ate o anno de 1556 inclusive, in: DHMPPO/I 6, S. 159. 262 Cabral, Francisco SJ: Schreiben an Laínez vom 25. Dezember 1559, in: MHSI/DI 4, Dok. 53, S.  448. OR: »O Irmão Rui Pereira, quasi da mesma idade  e tempo da Companhia [wie Guilherme Pereira], levado da mesma maneira, dizem tem bom subjeito e vivo engenho e que aprendera bem a lingoa.« [ME]. 263 Cabral, Francisco SJ: Schreiben an Laínez vom 25. Dezember 1559, in: MHSI/DI 4, Dok. 53, S. 448. 264 [Brandão, Aires SJ]: Lista de los Padres y Hermanos que están en la India [1555], in: MHSI/DI 3, Dok. 72, S. 411, FN 5. 265 López-Gay SJ.: Javier, Francisco, in: DHCJ 3, S. 2141. 266 Schurhammer SJ: FX 2.1 (1963), S. 59. 267 Fróis, Luís SJ: Die Geschichte Japans (1549–1578), hg. u. übers. v. Schurhammer SJ/ Voretzsch SJ, Leipzig 1926, S. 20. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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zung des vorhandenen Arbeitskräftereservoirs dar. 1560 nahm das Kolleg in Goa etwa 60 brahmanische Jugendliche auf, um diese gezielt zu Katecheten auszubilden, die in der Abwesenheit von Angehörigen der Gesellschaft bereits konvertierten Dorfbewohnern spirituelle Unterweisung anbieten sollten.268 Aber nicht nur derartige Masseneinsätze, sondern auch die Rekrutierung und Verwendung individueller Konvertitenkinder folgte diesen Mustern, sowohl in Japan wie auch in Indien. João de Torres (1551–1613), das Kind eines konvertierten Samurais in den Diensten Ōuchi Yoshinagas († 1557, bis 1551 Ōuchi Haruhide) wurde bereits 1551 von Cosme de Torres in Yamaguchi getauft und erhielt so seinen europäischen Namen.269 Nach Yoshinagas Sturz emigrierte die Familie 1558 nach Hakata, wo João unter der Anleitung Baltasar Gagos fortan – mit sieben Jahren  – in der örtlichen Kirche der Gesellschaft als dōjuku arbeitete. Im Alter von elf Jahren arbeitete er 1562 bereits als Prediger und Katechet; ein Jahr später begleitete er Luís de Almeida auf einer Missionsreise über die Shimabara-Halbinsel, und 1564 wählte Luís Fróis ihn dann wegen seiner guten Portugiesischkenntnisse als Begleiter für seine Kyōto-Reise aus.270 Es handelte sich auch hier nicht um einen Einzelfall. Javier hatte sich bereits 1545 bei seinem ersten Aufenthalt für seine Predigttätigkeit in Malakka auf die Dienste des vor Ort ge­borenen Paulo Gomes (c.1535–1610) gestützt, der zu diesem Zeitpunkt etwa neun Jahre alt war.271 Auch Vicente Vilela (*c.1549) wurde – mit etwa 13 oder 14 Jahren – zu ganz ähnlichen Diensten herangezogen, auch wenn Fróis das als freiwillige Leistung aus Glaubenseifer schilderte. »Er [Vicente Vilela] beschloß, seinen Vater um Erlaubnis zu bitten, den P. Cosme de Torres in Bungo zu besuchen, und er bat ihn darum so dringend, daß sein Vater ihm die Erlaubnis dazu gab, obwohl es von dort sehr weit war, und dem Pater schrieb, er bitte ihn sehr, die Sorge für ihn zu übernehmen. Er wollte sofort alle Gebräuche der Unsrigen annehmen, schnitt sich das Haar ab, eines der größten Opfer, welches die Japaner bringen können, zog sofort alle Seidenkleider aus und predigte den Japanern die Verachtung der Welt. […] Als er [Vicente] nach Hirado kam, ging er sofort geraden Weges zur Kirche. Und als Dona Isabel, die Frau des Dom Antonio, erfuhr, er sei dort […], so ließ sie ihn bitten, er möge zu ihr kommen, bevor er abfahre. […] Das Gespräch aber, das er mit ihr und denen ihres Hauses führte, ging über die Buße, über welchen Stoff er gut sprechen konnte; er hatte nämlich den Christen in Yokoseura darüber gepredigt, als er sich dort aufhielt, denn es war niemand dort, der dies besser und mit mehr Andacht tun konnte als er.«272 268 D’Costa SJ: The Christianisation of the Goa Islands, Bombay 1965, S. 175. 269 Ruiz-de-Medina SJ: Torres, Juan de (II), in: DHCJ 4, S. 3823. 270 Ebd. 271 Schurhammer SJ: FX 2.1 (1963), S. 1. 272 Fróis, Luís SJ: Die Geschichte Japans (1549–1578), hg. u. übers. v. Schurhammer SJ/ Voretzsch SJ, Leipzig 1926, S. 133. [ME], [MA] es handelt sich laut Bericht um Geschehnisse des Jahres 1562/63. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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Die diesen Tätigkeiten gebührende Anerkennung blieb allerdings, abhängig von der Herkunft des Kindes und späteren Missionars, oft auf die lobenden Kommentare in den Berichten beschränkt.

3.4.2 Alter und Aufstiegsmöglichkeiten Formell in die Societas aufgenommen wurde João de Torres erst 1568 im den Konstitutionen Genüge tuenden Alter von 17 Jahren. Die Priesterschaft blieb ihm zeitlebens verwehrt, was wohl der Grund dafür war, dass er dem Orden, dem er zuvor sein ganzes Leben gewidmet hatte, zwei Jahre vor seinem Tod den Rücken kehrte – 1611 im Alter von 60 Jahren.273 Es gab für eine solche Behandlung bereits einen Präzendenzfall: 1547 oder 1548 hatte Javier in Kerala Pedro Luís im Alter von 15 Jahren bekehrt und getauft.274 Zehn Monate später trat Luís in den Dienst der Gesellschaft und wurde von Javier und Nicolao Lancilotto fortan als Dolmetscher eingesetzt, bis er 1555 nach Goa versetzt wurde, um dort Latein und Rhethorik zu studieren. Nachdem er 1559 graduiert hatte, musste er jedoch erst beim Ordensgeneral Laínez um die Aufnahme in die Societas petitieren – was ihm zwar als erstem Inder gewährt wurde, aber für die Ordination beim damaligen Visitator Valignano 1575 wiederholt werden musste. Zur endgültigen Profess wurde er nicht zugelassen.275 Sein ehemaliger Dienstherr Lancilotto bezog den Standpunkt, Konvertiten sollten unter einem Alter von 25 bis 30 Jahren gar nicht erst zur Priesterschaft zugelassen werden.276 Luís’ beständig vorgetragene Bitten bei seinen Vorgesetzten, weitere Inder in die Gesellschaft aufzunehmen, blieben bis zu seinem Tod 1596 erfolglos.277 Duarte da Silva hingegen verließ als Waise Portugal und begab sich auf dem Seeweg nach Indien, wo er, in Goa, 1550 mit etwa 14 Jahren in die SJ eintrat. Javier nahm ihn bereits 1552 auf seiner zweiten Reise nach Japan mit, zusammen mit Baltasar Gago und Pedro de Alcáçova.278 Von 1555 bis 1563 arbeitete Silva in der Residenz des Ordens in Funai, die 1556 zur Zentralstelle der Japanmission erhoben wurde und bereits seit 1555 über ein Kinderheim für japanische Waisenkinder verfügte; 1557 kam noch das Hospital hinzu.279 Er nahm dementsprechend auch alle dort anfallenden spirituellen Aufgaben wahr – laut seines Taufbuches taufte er in einem dieser Jahre 130 Personen, darunter auch

273 Ruiz-de-Medina SJ: Torres, Juan de (II), in: DHCJ 4, S. 3823. 274 Wicki SJ: Luís, Pedro, in: DHCJ 3, S. 2440. 275 Ebd. 276 Schurhammer SJ: FX 2.2 (1971), S. 386. 277 Wicki SJ: Luís, Pedro, in: DHCJ 3, S. 2440. 278 Ruiz-de-Medina SJ: Silva, Duarte da, in: DHCJ 4, S. 3574. 279 Elison: Christianity and the daimyo, in: Hall (Hg.) 1991, S. 317. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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Adlige.280 Im Schlaglicht dieses dritten Lebensfragments werden zwei Dinge deutlich. Erstens war es offenbar nicht so ungewöhnlich, wie es uns heutzutage erscheinen mag, dass nach heutigen Begriffen eindeutig Minderjährige zur See fuhren und dabei auch die Carreira da Índia bewältigen konnten.281 Auch João Rodrigues Tçuzu erreichte Japan bereits 1578 im Alter von etwa 16 Jahren, vor seinem Eintritt in die Gesellschaft Jesu282, und Martim Afonso de Mello o Punho (*1519), ein in Goa geborener Portugiese, der später im Seligsprechungsprozess Javiers aussagte, diente seit seinem zwölften Lebensjahr auf Schiffen des Estado, ab dem 14. auch als Soldat.283 Das lässt auch die Überführung von Waisenkindern nach Indien in einem etwas weicheren Licht erscheinen, falls man von deren rein instrumenteller Verwendung als Humankapital absehen möchte. Zumindest für die mit Guilherme Pereira gereisten Kinder muss hierbei allerdings festgehalten werden, dass die Kennzeichnung als »mininos« in der Lista das pes­ soas da Companhia que se mandarão a India darauf schließen lässt, dass auch die zeitgenössischen Patres diese Schutzbefohlenen als minderjährig ansahen. Zweitens war Alter anscheinend kein alleiniges Kriterium für das Heranziehen einzelner Anhänger der Gesellschaft zu bestimmten Aufgaben, sondern Abstammung spielte eine größere Rolle als Lebenserfahrung (vgl. auch Kap. 7). Francisco de Chaves (*c.1546), ein Kind aus einer Verbindung eines Portugiesen mit einer Javanerin, wurde 1556, also mit etwa zehn Jahren, von Baltasar Diaz in Malakka ins Kolleg der Gesellschaft aufgenommen und 1560 nach Goa geschickt, wo er 1563 – mit 17 Jahren – in die Societas eintrat. Nach verschiedenen Tätigkeiten und Studien wurde er 1582 in Goa ordiniert, jedoch 1584 in­ Macao von Francisco Cabral wieder aus dem Orden entlassen.284 Wenn auch den ­limpieza de sangre-Bestimmungen seitens der Jesuiten bis in die 1570er nur zögerlich Folge geleistet wurde,285 so war die ethnische Herkunft doch gerade im indopazifischen Raum ein bestimmender Faktor für die individuellen Möglichkeiten innerhalb der Gesellschaft Jesu. Damit will ich keinen plakativen Rassismusvorwurf erheben, auch wenn weder geleugnet werden kann noch soll, dass die damit verbundenen Praktiken in ihren Effekten rassistisch waren. Vielmehr kann keine nur auf der Rassenzugehörigkeit beruhende diskriminierende Absicht nachgewiesen werden, da kein klares Konzept menschlicher Rassen angenommen wurde, so dass es sich um einen Rassismus ohne Rasse handelte. Es flossen Vorstellungen von klimatischer, religiöser, hautfarblicher und kulturel 280 Ruiz-de-Medina SJ: Silva, Duarte da, in: DHCJ 4, S. 3574. 281 Vgl. Schurhammer SJ: FX 2.1 (1963), S. 8 f., FN 70. 282 Cooper SJ: Rodrigues (Tsūzu), João, in: DHCJ 4, S. 3389. 283 Schurhammer SJ: FX 2.1 (1963), S. 26, FN 81. 284 Ebd., S. 33, FN 21. 285 Vgl. Aixalá SJ/Escalera: Cristianos Nuevos, in: DHCJ 2, S. 1003 f., u. Subrahmanyam: The Portuguese Empire in Asia 1500–1700, London/New York 1993, S. 84. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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ler Differenz ineinander, die dann zusammengenommen Inferioritätsvorstellungen generierten (siehe Kap. 6.1 und 6.2). Zudem waren diese diskriminatorischen Praktiken je nach Missionsgebiet und Missionar stärker oder schwächer ausgeprägt, so dass kein pauschales Urteil gefällt werden kann. Dennoch lässt sich auch eine gewisse Differenzierung nach Altersklassen durchaus erkennen. In der Sindicação de todos os desta provincia da India que Nosso Padre manda fazer, die Antonio de Quadros Mitte November 1559 verfasste, sind in die ausführlichen Beschreibungen der einzelnen Mitglieder der Gesellschaft teilweise Altersangaben eingearbeitet: Die irmãos Lourenço­ Perez (*1543), Manoel Leitão (*1539/42), Antonio Diniz (*1536), Miguel Ferreira (*1531), Manoel Pereira (*1538), Gonçalo da Cunha (*1541), Luis d’Andrade und Luis de Gois (#1,*1543) werden als »moços«, als Jugendliche bezeichnet.286 Die irmãos Paio Correa (*c.1532), Pero Mascarenhas (Pedro, 1529/32–81/3), Luis de Mendanha (1539/40–73), Baltasar d’Araujo (*1522/7), Estevão de Gois, Christovão da Rocha (1532– c.65), Fulgençio Freire (1512/4–71)287 und Luis de Gois (#2, *1504; »outro Luis de Goes«288) dagegen als Männer, als »homes«.289 Nimmt man die leider größtenteils nicht erhärteten, wenn überhaupt bekannten Lebensdaten als Ausgangspunkt für eine ungefähre Klassifikation der beiden Termini moços/homes, so ergibt sich also folgendes Bild: Die moços sind 16 bis 28 Jahre alt, die homes 20 bis 47 Jahre. Ein einziger irmão, Antonio Pereira (*c. 1543?), wird darüber hinaus als »muito moço« bezeichnet, auch wenn dessen Alter nicht feststellbar ist. Es kann aber angenommen werden, dass er damit im Bereich der 16 Jahre gelegen haben dürfte, die den jüngsten moço auszeichneten, oder bei den 15 Jahren der pouca idade Texeiras. Kompliziert wird das Bild jedoch zusätzlich dadurch, dass der Bericht neben diesen insgesamt 17 mit einer Altersklassifikation bezeichneten irmãos weitere 21 aufführt, die keine solche Zuschreibung erhalten, und deren Altersspektrum zwischen 20 und 34 Jahren gelegen haben dürfte.290 Wahrscheinlich ist die Ursache hier in 286 Quadros, António de SJ: Sindicação de todos os desta provincia da India que Nosso Padre manda fazer, in: MHSI/DI 4, Dok. 47, S. 404. 287 Vaz de Carvalho SJ: Freire, Fulgêncio, in: DHCJ 2, S. 1525. 288 Wohl Luis de Gois o Velho, vgl.: OA: Catalogus Sociorum Provinciae Indicae [1565], in: MHSI/DI 6, S. 625. OR: »O P. Luis de Gois, confessa, de 61 annos«; o Velho vgl. FN 5 ebd., Wicki SJ. 289 Quadros, António de SJ: Sindicação de todos os desta provincia da India que Nosso Padre manda fazer, in: MHSI/DI 4, Dok. 47, S. 404. 290 Ebd., S.  403 f. Es handelt sich dabei in Reihenfolge des Auftretens im Dokument um­ Manuel Texeira, Pedro Vaz, Luís Fróis, Baltasar da Costa (ca.1538–76), Martim da Silva (*1538), Braz Diaz (*1535), Gil Barreto (*1539), Melchior de Figueiredo (1530–97), Gaspar­ Coelho, Melchior Diaz (1531/4–84), Francisco Durão (*1532), Amador Correa (1532/6–77), Bartholomeu Carillho (*1529), Manoel de Valadares, João Gonçalvez (*1525), João Nogueira (*1525/7), Gonçalo Cardoso (†1574), Fernão d’Alvarez (*1529), Rui Mendes (#2), Fernão do Souro (1531–65), Francisco Jorge (*c.1534), Manoel Gomez (Baçaim, *1533), Francisco Diaz (Goa) und Fernão de Narbona (*1536). © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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der kompilatorischen Tätigkeit des Briefschreibers zu finden, der aus den ihm zugesandten Notizen und Berichten der einzelnen Missionsstationen das Gesamtschreiben zusammenstellen musste und nur die Informationen verwenden konnte, die ihm vorlagen. Die verzeichneten Patres werden ebenfalls allesamt nicht nach Alter klassifiziert.291 In der nahezu parallel versandten S[ecreta] /  Informatión de los de la / India sind dagegen bis auf die leitenden Patres und wenige Ausnahmen alle mit Alter und Dienstzeit beschrieben, die Daten wurden, zusammen mit den editorischen Anmerkungen Wickis, zur Vervollständigung herangezogen. Ich schlage daher vor, das Alterskriterium hier weniger strikt chronologisch als einen Maßstab zur Festlegung des Lebensalters zu interpretieren als eher als einen Indikator für die intellektuelle Reife und/oder entsprechende Bildung/ Fähigkeiten. Wer diese durch die Ordination nachgewiesen hatte, benötigte keine solche Einstufung mehr, ebensowenig die, bei denen beide Kriterien (oder eines) außer Frage standen. Lediglich bei als sehr jung betrachteten Kandidaten zählte überwiegend das chronometrische Alter: Nunes Barreto vermerkte Schreiben an den Ordensgeneral Laínez 1560 bei seiner Beschreibung Manuel Texeiras, dieser sei in sehr jungem Alter zur Gesellschaft gekommen, »como entrou de pouca idade«.292 Das würde sowohl zur flexiblen Eintritts- und Einsatzpraxis für Kinder und Jugendliche passen wie auch zu einigen Formulierungen in den Dokumenten selbst. Zum moço Manoel Leitão, laut S[ecreta] / Infor­ matión 19 oder 20 Jahre alt, vermerkte Quadros »Manoel mostra mais virtude e prudentia, e que sairá homem« – »Manoel zeigt große Tugend und Klugheit, als sei er [schon] ein Mann«293, und zu einer Gruppe anderer irmãos, sie zeigten gute Anlagen, seien beständig in ihrer Berufung, tugendhaft, und Männer von gutem Verstand, und daher für die Priesterschaft geeignet, wenn sie noch Wissen erwärben.294 Ganz ähnlich urteilte Melchior Nunes Barreto 1560 über die irmãos Luis de Mendanha, Luis de Gois (wohl #1), Gonçalo da Cunha und Christovão Luis.295 Auch in der Beschreibung Texeiras diente der Verweis auf das geringe Lebensalter dazu, die charakterlichen und spirituellen Qualitäten zu 291 Quadros, António de SJ: Sindicação de todos os desta provincia da India que Nosso­ Padre manda fazer, in: MHSI/DI 4, Dok. 47, vgl. S. 397–403. 292 Nunes Barreto, Melchior SJ: Schreiben an Laínez vom 15.  Januar 1560, in: MHSI/D, Dok. 64, S. 508. 293 Quadros, António de SJ: Sindicação de todos os desta provincia da India que Nosso­ Padre manda fazer, in: MHSI/DI 4, Dok. 47, S.. 404. 294 Ebd., S. 404. OR: »Baltesar d’Araujo [32], Estevão de Goes [30], Christovão de Rocha [27], Fulgentio Freire [45], bem despostos, firmes na vocação e virtuosos, e homens de bom juizo, puderão ser Padres se tiverão scientia.« ME]. 295 Nunes Barreto, Melchior SJ: Schreiben an Laínez vom 15.  Januar 1560, in: MHSI/D, Dok. 64, S. 509. OR: »(…) tem principios de virtudes e mostras de virem a ser homens de pezo na Companhia se não fezerem mudança com a idade.« © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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unterstreichen.296 Melchior Carneiro sammelte 1559 am Ende seines Berichtes in einer Übersicht diejenigen, von denen es nicht viel zu berichten gab, weil sie entweder zu jung waren oder aber ihre Potentiale noch nicht ausgeschöpft hatten.297 Eine solche Kategorisierung, die Alter als Index für die rationalen Kapa­ zitäten eines Individuums nutzte vice versa, artikulierte sich nicht nur ebenfalls in den kolonialen Rechtspraktiken (s. u.), sondern passte auch zur Vorstellung der Societas Jesu von den wesentlichen Eigenschaften des Menschen an sich (siehe Kap. 6.1), und nicht zuletzt zu den Gegebenheiten einer Gesellschaft, in der nur wenige ihr Alter wirklich genau wussten, einfach, weil chronographische Exaktheit in dieser Frage nur von nachgeordnetem Interesse war. In den jesuitischen Dokumenten spiegelt sich das ebenfalls wider. In der S[ecreta] /  Informatión de los de la / India heißt es über den irmão Juan Fernández: »ein Kastilier und vom Alter her 33 Jahre oder etwas mehr oder weniger« (»castelhano e de idade de 33 annos pouquo mais ou menos«),298 und bei weiteren sechs Personen sind die Altersangaben nur auf zwei bis drei Jahre genau.299 Dennoch ergibt sich hier eine Möglichkeit, durch die Korrelation mit anderen Datenquellen nicht nur ein ungefähres Altersprofil der Societas der Provinz Indien für das Jahr 1559 zu bilden, sondern auch eines des Eintrittsalters in diesen Teil der Gesellschaft Jesu. Für die Jahre 1555 und 1565 ist eine entsprechende Auflistung ebenfalls möglich, was einen Blick auf die Entwicklungen ermöglicht. Fest­ gehalten werden muss dabei allerdings, dass wegen der unsicheren Natur vieler Angaben sowie der nicht unbeträchtlichen Menge nicht vollständiger Datensätze hieraus keine exakten Schlussfolgerungen ableitbar sind.300 Zum weiteren 296 Nunes Barreto, Melchior SJ: Schreiben an Laínez vom 15.  Januar 1560, in: MHSI/D, Dok. 64, S. 508. OR: »(…) e como entrou de pouca idade he tam puro que a pureza interior se mostra no exterior (…)« 297 Carneiro, Melchior SJ: Schreiben an Laínez vom 20. November 1559, in: MHSI/DI 4, Dok. 49, S. 425. OR: »47. Estos son los de casos, los más o son de poca edad o no de tanta esperança como estós.« 298 Cabral, Francisco SJ: Schreiben an Laínez vom 25.  Dezember 1559, in: MHSI/DI 4, S. 447. 299 Ebd., S. 451, 453, 457, 459, 462. 300 Grundlage der Daten sind in chronologischer Reihe: Gomes, António SJ: Schreiben an Loyola vom 25. Oktober 1549, in: MHSI/DI 1, Dok. 80, S. 517–523; OA: Rol de los Padres y Hermanos que están en la India [1553], in: MHSI/DI 2, Dok. 121, S. 618–621; [Brandão, ­Aires SJ]: Lista de los Padres y Hermanos que están en la India [1555], in: MHSI/DI 3, Dok. 72, S. 409–412; Fróis, Luis SJ: Lista dos Padres e Irmãos deste colegio de Goa e de seus exercitios [1559], in: MHSI/DI 4, Dok. 37, S. 301–306; Carneiro, Melchior: Schreiben an Laínez vom 20. November 1559, in: MHSI/DI 4, Dok. 49; Cabral, Francisco SJ: Schreiben an Laínez vom 25. Dezember 1559, in: MHSI/DI 4, Dok. 53, S. 442–463; Quadros, António de SJ: Sindica­ ção de todos os desta provincia da India que Nosso Padre manda fazer, in: MHSI/DI 4, Dok. 47, S.  396–405; Nunes Barreto, Melchior SJ: Schreiben an Laínez vom 15.  Januar 1560, in: MHSI/DI 4, Dok. 64, S. 499–523; OA: Lista de todos os padres e irmãos existentes na Índia, in: DHMPPO/I 8, Dok. 81, S. 506–511; OA: Catalogus Sociorum Provinciae Indicae [1565], in: MHSI/DI 6, S. 623–631; OA: Rol de todos os Padres e Irmãos desta provincia de India [1571], © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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Vergleich kann zusätzlich noch die meist besser als die Lebensdaten dokumentierte Zeit herangezogen werden, die bereits in der Gesellschaft verbracht wurde, die Zugehörigkeitsdauer. Hier ist auch das Einbeziehen des Jahres 1547 als vorgelagertem Vergleichspunkt möglich, was für Altersschnitt und Eintrittsalter leider nicht der Fall ist. Aus diesen Zusammenstellungen ergibt sich aber immerhin, dass der Anteil der Mitglieder der Gesellschaft, die zwischen 12 und 30 Jahre alt waren, an der Gesamtzahl der im indopafizischen Raum arbeitenden Jesuiten von gut 60 % im Jahr 1555 auf etwa 55 % im Jahr 1559 und noch knapp 38 % im Jahr 1565 zurückging. Damit einhergehend verringerte sich der Anteil der in diesem Alter in die Gesellschaft eingetretenen Mitglieder im Indopazifik von 75 % 1555 auf knapp unter 70 % 1559. Dabei betrug der Anteil der im Alter von 12 bis 18 Jahren eingetretenen Mitglieder 1555 noch über 25 % der Gesamteintritte, 1559 noch etwa 20 %.301 Allerdings bleibt dabei zu bedenken, dass vor dem Hintergrund einer vorindustriellen demographischen Zusammensetzung der jeweiligen lokalen Bevölkerungen diese Altersgruppe das größte potentielle Reservoir an neuen Kräften darstellte, und, wie bereits gezeigt, Strategien entwickelt wurden, die dieser Tatsache Rechnung trugen. Die Verschickung von Kindern auf der bereits für Erwachsene (siehe Kap. 3.1) gefährlichen Seeroute von Europa nach Asien war aber, wie das Kinderheim in Funai bereits zeigt, nicht die einzige Möglichkeit, auf das Reservoir potentieller Arbeitskräfte zuzugreifen, das sich unterhalb der Volljährigkeit auftat. Es ging dabei auf eine Vorgängerinstitution zurück: 1553 gründete die Societas ein Waisenhaus in Goa.302 Im März 1559 erließ die Krone zu Lissabon ein Dekret, dass Hindu-Waisen in Goa, die noch nicht das Alter selbstbestimmter Vernunft erreicht hätten, dem Colégio do São Paulo zur Erziehung, das heißt, vor allem zur Taufe, übergeben werden sollten. Waisen waren hierbei in der Erstfassung Kinder ohne Eltern und Großeltern, aber bald wurde nach portugiesischem Heimatrecht, den Ordenações, eine Waise als Kind ohne Vater definiert, die Definition griff also auch, wenn Mutter und/oder Großeltern noch lebten.303 1567 wurde diese Maßnahme durch die Beschlüsse des ersten Konzils zu Goa nochmals bekräftigt: Alle Waisen seien vom Estado da Índia christlich zu erziehen.304 Die Altersgrenze der hierfür in Frage kommenden Kinder war zunächst nicht exakt festgesetzt. Erst 1718 wurde das Alter selbstbestimmter Verin: MHSI/DI 8, Dok. 54, S.  412–418. Wo möglich, wurde die verwendete Sekundärliteratur zum Abgleich und zur Emendation der Quellenangaben herangezogen. 301 Bei allen Zahlen in diesem Abschnitt muss beachtet werden, dass für ca. 20 % der Ge­ samtmitgliederzahl Lebensalter und/oder Eintrittsalter nicht bestimmt werden konnten; das gleiche gilt für die Zugehörigkeitsdauer. 302 Hambye SJ: India, in: DHCJ 2, S. 2001. 303 Boxer: The Portuguese Seaborne Empire, 1415–1825, London 1969, S. 75. 304 Pachuau: The Spiritual Concerns of  a Mercantilist Empire, in: Studies in History (2004), S. 45. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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nunft auf 14 Jahre für Jungen und zwölf Jahre für Mädchen festgeschrieben,305 während das traditionelle hinduistische Recht das Volljährigkeitsalter allerdings mit 16 Jahren ansetzte.306 Die Annahme der Volljährigkeit mit 14 Jahren war aber im zeitgenössischen Portugal nicht unüblich. Auch der portugiesische König Sebastião I. (1554–78, reg. 1557–78), der den Thron seines Großvaters João III. nach dessen Tod bereits mit drei Jahren geerbt hatte, wurde 1568 mit 14 Jahren für mündig und selbst regierungsfähig befunden.307 Es handelte sich bei der Ausgestaltung dieses Normenkomplexes insgesamt wohl weniger um ein Sonderphänomen des asiatischen Raumes als vielmehr um ein Ergebnis der Interaktion von jesuitischen Praktiken der Konzeptualisierung und kolonialen Strukturen: Die Reduktionen der Societas für die brasilianischen Indios entstanden ab 1550 unter der Maßgabe, diese seien eben nicht zum selbstverantwortlichen Gebrauch ihrer Freiheit fähig und müssten erst dazu erzogen werden.308 Der in Goa für das Aufspüren und Eintreiben von Waisen zuständige Amtsträger, ein Pater, bekleidete einen festen Posten in der kolonialen Administration der Stadt, den des pai dos cristãos. Die Aufgaben des Amtes bestanden darin, für die Konversion von Nichtchristen zu sorgen, diese über ihren neuen Glauben zu unterrichten sowie in ihrem alltäglichen Leben zu unterstützen. Eingerichtet wurde dieser Posten bereits 1533 durch den Gouverneur Nuno da Cunha (1487–1539, amt. 1529–38).309 Das Amt des pai dos christãos wurde nach der festen Etablierung der Gesellschaft in Goa, wenn das auch nicht festgeschrieben war, ab 1557 gewöhnlich von einem Jesuiten besetzt,310 was auch einen symbolischen Gewinn für die Societas bedeutete. 1555 waren den einzelnen im Estado da Índia vertretenen Orden bestimmte Gebiete als exklusive Aktivitiätsdomänen zugewiesen worden, für die diese je einen eigenen pai dos christãos einsetzen konnten.311 An der Übernahme dieser Position in der Metropole ließen sich also eigene Ansprüche deutlich machen. Hier wurde noch einmal sichtbar, dass Goa nicht nur die Hauptstadt des Estado war, sondern auch des phasenverschobenen spirituellen Kolonialreichs der Gesellschaft Jesu (siehe Kap. 4.2), auch wenn der Posten selbst nicht überbewertet werden darf. Mit dem Amt gingen beispielsweise die Befugnisse eines juristischen Verwandten der Katechumenen und Konvertiten einher.312 Waisen und Halbwaisen zeigten sich dabei als ein Punkt, an dem sozialregulative Normvorstellungen mit 305 Boxer: The Portuguese Seaborne Empire, 1415–1825, London 1969, S. 75. 306 Kane: HD 1.1 (1968), S. 475. 307 Alden: The Making of an Enterprise, Stanford 1996, S. 81. 308 Schatz SJ: Einsatz für Gerechtigkeit und Abfinden mit den Verhältnissen, in: Stimmen der Zeit (1979), S. 102. 309 Xavier: Goa. A Social History (1510–1640), Goa 1993, S. 134. 310 Boxer: The Portuguese Seaborne Empire, 1415–1825, London 1969, S. 75. 311 D’Costa SJ: The Christianisation of the Goa Islands, Bombay 1965, S. 139. 312 Hambye SJ: India, in: DHCJ 2, S. 2001. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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finanziellen Interessen der kolonialen Administration verquickt wurden und zugleich versucht wurde, der indigenen Bevölkerung Anreize zur Konversion zu bieten. Starb ein männlicher Hindu ohne männliche Erben, so wurde den Töchtern zwar zunächst eine Rente aus dem Erbe zugeteilt, der restliche Besitz aber von der Krone vereinnahmt, was in den 1540ern dahingehend modi­f iziert wurde, dass Töchter generell ein Anrecht auf den beweglichen Besitz bis zu einem Wert von 50 pardãos zugestanden bekamen – und auf das gesamte mobile und immobile Erbe, wenn sie konvertierten.313 Dass der Posten, wie gezeigt, für die Societas nicht unwichtig gewesen zu sein scheint, zeigt etwa seine Besetzung in den 1580ern mit Manuel Texeira, einem der wenigen Professjesuiten aller vier Gelübde in Indien. Texeira war zu diesem Zeitpunkt bereits Rektor der Kollegien von Cochin und Baçaim und Vizeprovinzial der Ordensprovinz Indien gewesen – und selbst bereits 1551 mit 15 Jahren in die Gesellschaft eingetreten.314 Damit will ich wiederum nicht sagen, dass diese Institutionen als Beschaffungsstellen für Arbeitskräfte konzipiert oder aufgebaut wurden – lediglich, dass es möglich war, sie als solche zu nutzen, und dass das offenbar auch als beobachtbare Praktik Teil des operativen Missionsgeschäfts war. Es wäre allerdings unangebracht, zu vermuten, dass es sich bei solchen Praktiken um eine jesuitische Erfindung oder eine allein von der Gesellschaft genutzte Vorgehensweise handelte. António de Gouveia (1575–1628), ein Augustinermönch aus Goa, berichtete 1603 in seiner Beschreibung der Missionsreise des Aleixo de Menezes (amt. 1595–1612), Erzbischof von Goa, zu den malaba­ rischen Thomaschristen im Jahr 1599 über gleich gelagerte Praktiken der Dominikaner in Kooperation mit der kolonialen Administration. »Regarding this, the religious and ministers of the Gospel from these parts were always trying to enlighten them in the path of truth, and the first […] were the Religious of the Serafic St. Francis, of whom one Frei Vicente, […] who came from the Kingdom [Portugal] in the company of the first Bishop of Goa Dom João Dalbuquerque who [Frei Vicente] […] went to live in Cranganor. Thence he went often to pray in its churches […] [b]ut seeing that nothing of all this was useful to remove them from their errors, he founded on the order of the Bishop and of the Viceroy a college at the same place of Cranagor, in the year of 1546 {1541}, in which would be brought up and taught young boys, sons of these Christians, so that by being taught the letters and customs of the Roman Church and ordained priests they would preach the true doctrine to their people, and through this means they would get cleansed of their errors and would render obedience to the Roman Church.«315

313 Xavier: Goa. A Social History (1510–1640), Goa 1993, S. 167. 314 Wicki SJ: Texeira, Manuel, in: DHCJ 4, S. 3717. 315 Gouveia, António de OSA: Jornada of Dom Alexis de Menezes [1603], hg. u. übers. v. Malekandathil, Kochi 2003, S. 29 f. [ME], [MA], {EiO}, abweichende Zeichensetzung sowie Or­ thographie iO. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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Es handelte sich dabei um das von Vicente de Lagos 1540/41 gegründete Seminar für die Ausbildung der Kinder syrisch-christlicher Malabarchristen, das schnell auf bis zu 70 Schüler anwuchs.316 Diese Institution entstand damit klar vor dem Eintreffen der ersten Jesuiten in Indien und kann also keine Kopie derer Praktiken darstellen. Die Ausbildung gerade von Kindern und Jugendlichen war weder eine Besonderheit der asiatischen Provinzen der Gesellschaft Jesu noch dieser selbst, wohl aber ein prägendes Charakteristikum des gesamten Ordens. In der ersten formellen Stufe der endgültigen Aufnahme in den Orden, der Profess der klassischen drei monastischen Gelübde der Armut, Keuschheit und Gehorsamkeit, wurde die Klausel zur Unterrichtsverpflichtung gegenüber Kindern eigens in die vorgeschriebene Eidesformel aufgenommen, auch wenn sie in der entsprechenden Formel der zeitlichen Koadjutoren fehlte.317 Die besondere Lehrverpflichtung gegenüber Kindern und Ungebildeten wurde darüber hinaus in den constitutiones (§ 528) festgelegt,318 fand sich aber auch bereits zuvor, etwa in der Formel der Professgelübde Javiers von 1543: »Ferner verspreche ich Gehorsam betreffs der Unterweisung der Knaben in den Grundwahrheiten des Glaubens gemäß derselben Bulle und den Konstitutionen.«319 Jerónimo Nadal installierte ab 1547 das Netzwerk der Jesuitenschulen, und 1560 bestätigte Juan de Polanco (1516–77) als Sekretär des Ordensgenerals nochmals dessen Wichtigkeit – was insgesamt den Charakter der Gesellschaft fundamental änderte.320 Anfangs war die Societas Jesu eine freiwillige Verbindung erwachsener Männer, die die mit den vier Gelübden verbundenen Härten bewusst auf sich nahmen. 1548 aber eröffnete Nadals Programm folgend in Messina die erste Jungen­schule der SJ und erwies sich als so erfolgreich, dass sich die Zahl derartiger Anstalten 1556 bereits auf 39 erhöht hatte. Das Gymnasium gehörte fortan zur Grundausstattung der Jesuitenresidenz.321 Nicht nur rückten Kinder und Jugendliche damit verstärkt in den Fokus der spirituellen Arbeit, sondern sie stellten auch in zunehmendem Maß sowohl Mitglieder wie anhängige Kräfte des Ordens. Für die Erziehungsbemühungen des Ordens bis in die 1570er lag dieser Ausrichtung ein klares Kalkül zugrunde: Die so gebildeten und erzogenen Kinder und Jugendlichen sollten als Seelen für Gott und als potentielle Mitglieder für die Societas gewonnen werden,322 eine durchaus erfolgreiche Strategie. Schon in den 1560ern fand der Eintritt in die SJ in Europa vorwiegend in 316 Moffett: A History of Christianity in Asia, Maryknoll 2005, S. 7 f. 317 Olivares SJ/Ruiz Jurado SJ: Votos públicos de incorporación  a la CJ, in: DHCJ 4, S. 4000. 318 Ebd., S. 4001. 319 Zit. nach: Schurhammer SJ: FX 2.1 (1963), S. 380. 320 O’Malley SJ: The Historiography of the Society of Jesus, in: Ders. u. a. (Hg) 1999, S. 6. 321 Cohen: Why the Jesuits joined, in: Historical Papers/Communications historiques (1974), S. 251. 322 Feingold: Jesuits: Savants, in: Ders. (Hg.) 2003, S. 5 f. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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jungen Jahren statt: Das Median-Alter lag bei 19 Jahren, nur etwa 10 % der Novi­ zen waren über 30, und davon nur sehr wenige über 40.323 Der bereits erwähnte Afonso de Lucena beispielsweise trat der Gesellschaft 1565 im Alter von 14 Jahren in Coímbra als Novize bei.324 Dabei sagte das Eintrittsalter kaum etwas über die Aufstiegschancen innerhalb der Gesellschaft aus: António de Quadros trat am 01. April 1544 in Coímbra in die Societas ein, mit etwa 15 Jahren. Nach dortigem Studium der Philosophie und Theologie wurde er bis 1553 Sekretär des Visitators Jéronimo Nadal, dann Kollateral des Provinzials von Portugal, Diego Mirón (†1590). 1555 segelte er von Lissabon in Richtung Indien, wo er ab dem Frühjahr 1556 das Amt des Vizeprovinzials bekleidete, um im September desselben Jahres zum Provinzial aufzusteigen, was er bis zu seinem Tod 1572 blieb.325 Der bereits genannte Guilherme Pereira hingegen blieb, obwohl bereits mit 14 Jahren zum Orden gekommen, Zeit seines Lebens irmão, wenn auch laut Angaben des Diccionario histórico aus freien Stücken.326 Seine formelle Zu­ gehörigkeit zur Societas war während der ersten Jahre seiner Dienste für diese anscheinend nicht selbstverständlich: In der Rol de los Padres y Hermanos que están en la India von 1553 wurde er unter der Rubrik »Andan en la armada«, an Bord der Expeditionsflotte (gegen die osmanischen Streitkräfte vor Hormuz), aufgeführt.327 Die Lista de los Padres y Hermanos que están en la India von 1555 hingegen führt ihn nicht auf, obwohl sie alle der indischen Provinz unterstellten Gebiete umfasste, so auch Hormuz, die Molukken und Japan.328 Unter Missionaren setzte sich dieser Trend zum frühen Eintritt bis ins 17.  Jahrhundert ungebrochen fort, so dass die achte Generalkongregation des Ordens 1645/46 ofiziell beschließen musste, dass die Provinziale niemanden unter einem Alter von 15 Jahren mehr aufnehmen durften.329 Schließlich sprachen pragmatische Gründe für diese Praxis: Javier hatte bereits 1542 zu be­ denken gegeben, dass das indische Klima für diejenigen, die nicht darin geboren waren, schwer erträglich sei, und daher keine gesundheitlich angeschlagenen oder zu alten Mitglieder dorthin geschickt werden sollten.330 Wichtiger aber dürfte eine einfache Kalkulation gewesen sein: Gesetzt den Fall, ein Jesuit arbeitete idealiter bis zum Tod für die Gesellschaft, investierte also seine gesamte ver 323 Clossey: Salvation and Globalization in the Early Jesuit Missions, Cambridge u. a. 2008, S. 160. 324 Yuuki SJ: Lucena, Afonso de, in: DHCJ 3, S. 2435. 325 Wicki SJ: Quadros, António de, in: DHCJ 4, S. 3264. 326 Ruiz-de-Medina SJ: Guilherme, Pereira, in: DHCJ 3, S. 3086. 327 OA: Rol de los Padres y Hermanos que están en la India [1553], in: MHSI/DI 2, Dok. 121, S. 618–621; S. 621. 328 [Brandão, Aires SJ]: Lista de los Padres y Hermanos que están en la India [1555], in: MHSI/DI 3, Dok. 72, S. 409–412. 329 De Aldama SJ/Echarte SJ: I. Admisión, in: Miembros de la CJ, in: DHCJ 3, S. 2664. 330 Javier SJ: Schreiben Javiers an Loyola vom 20. September 1542, Goa, in: DHMPPO/I 3, Dok. 7, S. 38. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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bleibende Lebenszeit, dann amortisierte ein junger Missionar die hohen Transportkosten besser, da er sie durch mehr Lebensarbeit aufwiegen konnte.331 Der bereits genannte Manuel Texeira erreichte Goa 1551 im Alter von ca. 15 Jahren und leistete bis 1587 aktive Arbeit für die Gesellschaft in Asien; er verstarb 1590 in Goa.332 Von einer Lebensdauer von 54 Jahren wurden also 36 in die Missionsarbeit in Asien investiert. Bei Henrique Henriques, der im September 1546 in Goa anlandete, waren es bis zu seinem Tod in Punnaikayal sogar 56 Jahre eines Lebens von 82 Jahren Dauer.333 Eine ebensolche Rechnung lässt sich natürlich auch für die jung in die Gesellschaft kommenden Novizen, Waisen und dōjuku aufmachen: Je jünger, desto besser, denn desto länger konnten sie dem Orden nützlich sein. Gaspar Sadamatsu (1565–1626), geboren in Hasami bei Nagasaki, wurde von klein auf von Jesuiten erzogen und war einer der ersten fünf Absolventen des Seminars von Arima. Mit ca. 17 Jahren trat er am 31. Oktober 1582 in Usuki in die Societas ein, zunächst als irmão. Seit seinem Noviziat arbeitete er für die Gesellschaft als Prediger und Katechet, wurde aber erst im Februar 1620 mit der Profess in Nagasaki endültig aufgenommen. Am 20. Juni 1626 wurde er von den japanischen Christenverfolgungsbehörden gemeinsam mit sechs anderen Jesuiten in Nagasaki lebendig verbrannt.334 Somit hatte er – zieht man die bereits geschilderten ähnlichen Fälle in Betracht  – wohl ebenfalls etwas über 50 Jahre der Societas Jesu treue Dienste geleistet. Immerhin wurde er für sein Martyrium 1867 seliggesprochen,335 aber zeitgenössisch gesehen muss er nicht nur als eine gewonnene Seele, sondern auch als ein außerordentlich rentabler Arbeiter im Weinberg des Herrn betrachtet werden. Was eine Besonderheit der Asienmissionen darstellt, ist die Vorreiterrolle, die sie bei dieser Entwicklung auf dem Gebiet der Jugend übernahmen. Das Cole­ gio do São Paulo in Goa war das erste Jesuitenkolleg, in dem – schon ab 1542 – ordensexterne Schüler, und zwar sowohl portugiesische als auch indische Kinder, sowie interne Schüler, also Ordensangehörige, unterrichtet wurden. Die enthusiastischen Berichte Javiers über die Wirksamkeit dieser neuen Arbeitsweise veranlassten Loyola, ab 1552 diesen Typ von Kolleg besonders zu forcieren.336

331 Clossey: Salvation and Globalization in the Early Jesuit Missions, Cambridge u. a. 2008, S. 161. 332 Wicki SJ: Texeira, Manuel, in: DHCJ 4, S. 3717. 333 Wicki SJ: Anrriques (Henriques), Anrrique (Henrique) in: DHCJ 1, S. 177. 334 Ruiz-de-Medina SJ: Sadamatsu, Gaspar, in: DHCJ 4, S. 3459. 335 Ebd. 336 Aixalá SJ: Colegio de externos, in: DHCJ 1, S. 683. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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3.4.3 Konkrete Auswirkungen: Praktikenlimitationen Die Frage lässt sich also stellen, inwiefern gerade diese jung eingetretenen und eventuell schon lange vor ihrem Beitritt für die Gesellschaft arbeitenden Jesuiten für eine Strategie der Vermittlung bestimmter Praktiken unter der strukturellen Vorbedingung der dafür nötigen akkulturierenden Übernahme fremder Praktiken prädisponiert waren. Schließlich waren sie, da sie sich früh und lang der Ordensdisziplin unterwerfen mussten, damit bestens darin trainiert, sich derartige Handlungsmuster anzueignen, wie etwa Cohen konstatierte.337 Im Umkehrschluss ließe sich allerdings auch sagen, dass gerade die strikte Verhaltensnormierung, die bei den Novizen und jungen Jesuiten angestrebt wurde, wohl eher dazu führte, eben keine Prädisposition für eine kreative Aneignung fremder Situationen zu entwickeln. Sondern im Gegenteil gerade die, sich vor allem an die Vorgaben ihrer Vorgesetzten zu halten, was sich notwendig aus dem Geist der dem Orden eingeschriebenen Gehorsamspflichten ergebe.338 Die Formulierungen der constitutiones selbst legen eine solche Interpretation durchaus nahe: »The command of obedience is fulfilled in regard to the execution when the thing commanded is done; in regard to the willing when the one who obeys wills the same thing as the one who commands; in regard to the understanding when he forms the same judgement as the one commanding and regards what is commanded as good. And that obedience is imperfect in which there does not exist, in addition to the execution, also that agreement in willing and judging between him who commands and him who obeys.«339

Diese Gehorsamsverpflichtung war allerdings nicht nur durch die Formel des monastischen Gehorsamkeitsgelübdes festgelegt, sondern noch spezifiziert durch ein der Societas Jesu eigentümliches Phänomen ohne Parallele in anderen zeitgenössischen Orden, die fünf vor der eigentlichen Profess abzulegenden Zusatzgelübde. Von diesen beinhaltete das erste die Verpflichtung zur Armut gemäß der Bestimmungen der constitutiones und das zweite die Versicherung, dass innerhalb der Societas kein anderer Rang angestrebt werde als der bereits zugeteilte. Dem eigentümlichen Charakter des Gehorsams innerhalb der Gesellschaft zuzurechnen sind vor allem die folgenden: Das dritte, dass der zu­ geteilte Rang innerhalb der Gesellschaft im Gehorsam angenommen werde, das 337 Cohen: Why the Jesuits joined, in: Historical Papers/Communications historiques (1974), S. 255. 338 Vgl. Hay: Failure in the Far East, Wetteren 1956, S. 3. 339 Loyola, Ignacio SJ: The Constitutions of the Society of Jesus, St. Louis 1970, übers. u. komm. v. Ganss SJ, Teil VI, Kap. 1, § 550; S. 249. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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vierte, nämlich die Verpflichtung, diejenigen zu denunzieren, die dennoch andere Ränge in der Gesellschaft anstrebten, und das fünfte mit der Verpflichtung, den Entscheidungen des Generals und der Superiores Folge zu leisten und sie als besser zu halten als den eigenen Willen.340 Diese zusätzlichen eidlichen Leistungen wurden bereits 1545 und 1548 vor der Festlegung der constitutiones fixiert und 1558 in diesen endgültig als einfache Gelübde festgehalten.341 Damit einhergehend wurde die Umsetzung in tat-sächliches Handeln zumindest in der Theorie durch eine gegenseitige Kontrolle der Ordensmitglieder untereinander ergänzt, um sicherzustellen, dass keine größeren Abweichungen vom Schema auftraten. »The autocratic government of the Order was bolstered by an all-embracing system of espionage and informing which covered every branch of the Society’s activities and all classes of members. Every Jesuit had someone spying on him; all novices were told before admission that others would report about their shortcomings and errors and they were asked to do likewise. History had never seen anything quite like this system of so-called ›fraternal correction.‹«342

Hierbei stellte sich allerdings im Kontext der Asienmissionen das zusätzliche Problem, dass ein solches System nur dort überhaupt betrieben werden konnte, wo eine genügende Zahl an Mitgliedern an einem Ort für längere Zeit aufein­ andertraf, wie etwa in den großen Kollegien in Goa oder Cochin. In Residenzen, an denen nur zwei oder drei Mitglieder Dutzende, wenn nicht Hunderte von Kilometern von den nächsten Ordensangehörigen entfernt arbeiteten, war eine solche gegenseitige Kontrolle schlicht nicht möglich – wobei durchaus in Frage gestellt werden muss, ob sie es selbst in größeren Institutionen tatsächlich war. Da dieses Stadium eigenverantwortlicher Tätigkeit weitab von den Zentralen des Ordens aber erst in der späteren missionarischen Karriere, nach der erfolgreich abgeschlossenen Einführung der jesuitischen Standards, stattfand, nehme ich prinzipiell eher eine Verstärkung konformistischer Tendenzen an als ihr Gegenteil. Cohen stellte zusätzlich bereits 1974 anhand von Befragungen iberischer Jesuiten aus den Jahren 1561/2, die durch Jéronimo Nadal veranlasst wurden,343 fest, dass aus der Jugendlichkeit der Novizen und ihrer ordensinternen Vor­ karriere als Schüler oder Studenten an jesuitischen Gymnasien, Kollegien oder anderen Fakultäten noch eine ganz andere Motivation zu erwachsen schien 340 Olivares SJ/Ruiz Jurado SJ: Votos públicos de incorporación  a la CJ, in: DHCJ 4, S. 3999. 341 Ebd., S. 3999. 342 Lewy: The Struggle for Constitutional Government in the Early Years of the Society of Jesus, in: Church History (1960), S. 145. 343 Cohen: Why the Jesuits joined, in: Historical Papers/Communications historiques (1974), S. 239. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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als die Faszination der glorreichen Vorbilder, des Martyriums und der Heils­ stiftung für die Nächsten.344 Viele der Befragten verbanden mit der Gesellschaft vor allem ein Bild vom sicheren Hafen im Trubel der Welt, so dass der Orden spirituelle – und nicht zu vergessen auch materielle! – Sicherheit in einer als bedrohlich und unsicher empfundenen Umgebung bot und primär als psycholo­ gischer Rückzugsort diente.345 Verbindet man diese Tendenz – die für das Gros der in meiner Untersuchung maßgeblichen Jesuitenmissionare, zumindest diejenigen, die von der Societas aus Europa nach Asien geschickt wurden, sicherlich übertragbar ist, da sie sich aus derselben Kohorte rekrutieren wie die Befragten  – mit den psychologischen Implikationen des Gehorsamsbegriffs, so lässt sich nachvollziehen, wieso Lewy den Standpunkt bezog, der Orden habe gerade durch seine Ausbildungsmethoden vergleichsweise wenig kreative Denker hervorgebracht, so dass diese wenigen als Ausnahmen betrachtet werden müssten,346 eine Sichtweise, die sich auch bei Feingold findet.347 Die Jesuiten selbst waren durchaus in der Lage, diesen Mechanismus in Kombination mit den bereits angesprochenen Vorteilen des Einsatzes junger Kräfte zu ihrem Vorteil zu gebrauchen. Loyola antwortete Ende 1549 an Javier, dass mit der Erziehung von indigenen Kindern möglichst früh begonnen werden sollte, um ihnen gute Vorbilder zu geben und damit die schädlichen Einflüsse ihrer Umwelt und ihrer natürlichen Anlagen zu minimieren.348 Alessandro Valignano wählte für die Gesandschaft, die auf Betreiben der Societas 1582 von einigen bereits christianisierten japanischen Daimyō nach Europa geschickt wurde, mit Vorbedacht Jugendliche als Teilnehmer aus: Diese würden den Gefahren der Reise besser widerstehen können, zudem als Jugendliche besser führbar und beeindruckbar sein; und auch später noch länger leben, um von ihren Erlebnissen berichten zu können.349 Der Teufel steckte allerdings auch hier im Detail. Der auf den portugiesischen Namen Jorge de Loyola (1562–89) getaufte Jugendliche nahm zwar mit gerade 20 Jahren noch in recht jungem Alter an der Gesandtschaftsreise teil, verstarb aber bereits mit gut 27 Jahren in Macao, noch vor der end­gültigen Rückkehr nach Japan.350 Ich schließe ich mich der Einschätzung Lewys an. Wichtig sind weniger die auch in den Asienmissionen (siehe Kap. 5 und Kap. 6) relativ seltenen Indivi 344 Cohen: Why the Jesuits joined, in: Historical Papers/Communications historiques (1974), S. 248. 345 Ebd., S. 250. 346 Lewy: The Struggle for Constitutional Government in the Early Years of the Society of Jesus, in: Church History (1960), S. 144. 347 Feingold: Jesuits: Savants, in: Ders. (Hg.) 2003, S. 4 f. 348 Schurhammer SJ: FX 2.3 (1973), S. 360. 349 Brown: Courtiers and Christians: The First Japanese Emissaries to Europe, in: Renaissance Quarterly (1994), S. 875, u. Boffa: La rencontre de deux mondes, in: Bulletin de l’Institut Historique Belge de Rome (2000), S. 156. 350 Yuuki SJ: Loyola, Jorge de, in: DHCJ 3, S. 2427. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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duen mit nach heutigen Maßgaben fortschrittlichen Ansichten, sondern vielmehr die Menge derjenigen, deren Praktiken die für die direkte Interaktion mit der indischen oder japanischen Umgebung bestimmend waren. Diese Praktikengeflechte gilt es also vorrangig zu erschließen. Denn auch wenn einige Protagonisten der Asienmission nicht nur ›fortschrittliche‹ Ansichten vertraten, sondern sich in den Positionen befanden, diese autoritativ ihren Untergebenen anweisen zu können, darf nicht wie bei Griffin der Buchstabe der con­ stitutiones ohne Probe für bare Münze genommen werden, der die Tendenz, Vorgänge ohne klaren Präzedenzfall den nächsthöheren Instanzen der Societas zu melden, als Beleg dafür betrachtete, dass diese die Praktiken ihrer Untergebenen maßgeblich bestimmten.351 Ob sich die normativen Kompetenzen der jeweiligen Oberen in tat-sächliche Praktiken umsetzen ließen, muss jeweils untersucht werden, ganz gleich, welche Ausrichtung(en) der Missionsmethodologie sie vertraten – und wo immer möglich, muss der Fokus auf die subalternen Ebenen ausgeweitet werden. Dabei darf allerdings nicht vergessen werden, dass selbst die rigoroseste Anwendung jesuitischer Techniken der Verhaltensnormierung lediglich die Wahrscheinlichkeit des Auftretens der gewünschten Effekte erhöhte, aber natürlich keineswegs garantieren konnte. Die Instruktionen Berzes für das Kolleg in Goa, in denen das Verhalten der dort lernenden irmãos und Novizen normiert wurde, sollten wöchentlich bei den gemeinsamen Mahlzeiten verlesen werden,352 ein deutlicher Hinweis darauf, dass bei weniger regelmäßigem Einschärfen wohl nicht der gewünschte Effekt erzielt wurde. Nimmt man noch einmal Bezug auf den Bericht des António de Gouveia, so unterschieden sich die jesuitischen Institutionen zwar von denen der übrigen religiösen oder administrativen Träger durch ihre besonderen Inhalte, vermochten aber ebensowenig, ihre Ziele wie gewünscht zu erreichen. Nach dem Scheitern einer stärkeren Union der malabarischen Thomaschristen mit Rom durch die Absolventen des bereits erwähnten Dominikanerkollegs in Cranganore nahm sich die Societas Jesu der Angelegenheit an – ohne dass dadurch nennenswerte Verbesserungen der Situation erreicht werden konnten. »But when the Religious of the Society […] started in the year 1587  a College at ­Chanota or Vaipicota,  a league from Cranganor, […] with order of the Viceroy of the state and a portion of property of the king our Lord […] and in it they started to teach Chaldean and Surian languages to the sons of the same Christians, so that being S­ urian […] [they] would be better received in the Serra [Malabar] and they would reside in its churches, and through this means would enter the Catholic doctrine in which they were brought up at the college. All of which lead vastly to misunderstandings in matters of the Faith and of the Sacraments of the Church and yet it had little benefit for the healing of a few, for neither did they dare in the churches to 351 Griffin: ›Virtue versus letters‹, Florenz 1984, S. 10. 352 Alden: The Making of an Enterprise, Stanford 1996, S. 283; vgl. auch S. 285. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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preach against what their Prelates, by whom they were ordained and on whom they depended for favors or for punishment, were teaching them, nor as they left the college would they mix easily with the others, nor inside it were the Society members power­ful enough to change anything in their errors which they had in their divine rites, nor to stop recommending it, and [to change anything] in the Mass of the schismatic Patriarch of Babylonia because they were subject to their Bishop, who was ordering them.«353

Hier zeigen sich beispielhaft auch die Schwierigkeiten, die mit einem derartigen Ansatz, der auf eine europäisch-christliche Akkulturation von Jugendlichen zielte, verbunden sein mussten. Wurden diese dann wieder in ihre jeweiligen Ursprungsgesellschaften entlassen, musste schon ein gehöriges Maß an religiöser Überzeugung vorhanden sein, um die abweichenden Praktiken, in denen sie geschult worden waren, offensiv vertreten zu können. Oft genug war das offenbar nicht der Fall, auch wenn natürlich davon ausgegangen werden muss, dass de Gouveia in seinem Werk den Erfolg des Augustinerbischofs de Menezes bei der Union der Thomaschristen mit Rom besonders herausheben wollte und daher die vorigen Versuche konkurrierender religiöser Institutionen in diese Richtung abzuwerten geneigt gewesen sein dürfte. Und um eine Implementierung dieser abweichenden Praktiken durch die jeweilige Ursprungsgesellschaft zu erreichen, waren die sozialen Positionen dieser jungen Menschen nicht mit ge­ nügend Autorität verbunden, sie mussten sich in die örtlichen Schemata und Beziehungsgeflechte einordnen und damit wiederum akkommodieren. Was also in jedem Fall in Betracht gezogen werden muss, sind die Grenzen des Aktionsradius, die durch das Alter der Missionare möglichen effektiven Praktikenrealisierungen gesetzt wurden.Das gilt nicht nur für diejenigen Missionare, die ein hohes Alter erreichten und dann unter mehr oder minder schweren Gebrechen und anderen physischen Einschränkungen litten, sondern gerade auch für die besonders jungen, die zwar weniger körperlichen Begrenzungen unterlagen, aber dafür sicherlich nicht alle Praktiken legitimer- und anerkannterweise effektiv ausführen konnten, die Individuen mit mehr Lebenserfahrungen offenstanden. Um das Beispiel des Vicente Vilela noch einmal aufzugreifen: Es dürfte kaum ein Zufall gewesen sein, dass der 13-Jährige den bereits Bekehrten, den örtlichen Christen über die Buße predigte und sich nicht in der Heidenmission versuchte, wo sich die Frage gestellt hätte, welche Autorität eine Religion wohl beanspruchen konnte, die von so jungen Menschen verkündet wurde.

353 Gouveia, António de OSA: Jornada of Dom Alexis de Menezes [1603], hg. u. übers. v. Malekandathil, Kochi 2003, S. 31 f. KiO, [ME, MA]. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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3.5 Mitgliederstruktur Ein wesentlicher Faktor, der noch nicht angesprochen wurde, ist die personelle Ausstattung der Societas im Missionsfeld selbst. Mit dem zur Verfügung stehenden Potential an Arbeitskräften stand und fiel die Intensität der Be­arbeitung einzelner Missionsfelder, die Dauer der Einsätze, die Kontinuität von Niederlassungen fernab der Zentrale sowie die Spannweite von Praktiken, die der Konversion der indigenen Bevölkerung und der Aufrechterhaltung der Ordensstruktur dienten. Damit nicht genug, stellte das Personal, dessen Herkunft, Ausbildung und Eintrittsmodalitäten in die Societas einen wesentlichen Punkt im Verhältnis der Zentrale in Rom bzw. Portugal zu den Dependancen in Indien, Indonesien, Japan und Äthiopien dar. In Portugal waren die Universitäten von Coímbra und Évora angesiedelt, die dezidiert als Ausbildungsfakultäten für die Überseemissionare der Gesellschaft Jesu konzipiert waren (siehe Kap. 3.3.1). Aufgrund der padroado-Rechte der portugiesischen Krone behielt diese zudem weitgehende Kontrolle darüber, wer legal über die Carreira da­ Índia nach Asien reisen durfte, was dementsprechend auch für die Jesuiten galt. Jesuiten, die von der europäischen Ordenszentrale nach Asien geschickt wurden, mussten also über Portugal, genauer gesagt über Lissabon, ausreisen, und entsprechend dem einmal jährlichen Abfahrtstermin der Indienflotten (siehe Kap. 3.1) meist noch Zeit im Land verbringen, die für weiterführende Studien in Coímbra oder Évora genutzt werden konnte. Das in diesen Institutionen lehrende Personal und die von ihm vertretenen Standpunkte waren als autoritativ für die ausfahrenden Missionare gedacht, so dass in der Theorie eine relativ strikte Kontrolle der Zentrale über die Provinzen dadurch gewährleistet werden konnte, dass gut ausgewähltes und besonders instruiertes Personal nach Übersee geschickt wurde. Diese Missionare sollten der Zentrale gegenüber in besonderem Maß verpflichtet und loyal sowie auf deren Praktikenkomplexe bereits gewohnheitsmäßig orientiert sein. Leão Henriques (1524–89), der Beichtvater des Cardinalinfante von Portugal, und Luís Gonçalves da Câmara (1518–75), dessen Cousin, seinerseits zunächst Erzieher und dann Beichtvater des portugiesischen Königs Sebastião I.,354 kontrollierten als spirituelle Autoritäten in den 1560ern und 1570ern die Aktivitäten der portugiesischen Provinz der Gesellschaft und ihrer anhängenden Gebiete. Sie entschieden darüber, wer aus der Societas letztlich über die Carreira da Índia geschickt wurde und wer nicht.355 Die Zahl der solcherart Ausgesandten und die Umstände ihrer Reisen sind

354 Vaz de Carvalho SJ: Câmara, Luís Gonçalves da, in: DHCJ 1, S. 609. 355 Ross: Alessandro Valignano: The Jesuits and Culture in the East, in: O’Malley SJ, u. a. (1999), S. 339. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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von Wicki bereits außerordentlich detailliert aufgearbeitet worden und damit bekannt.356 Zwischen 1541 und 1572 [die 1574 eintreffende Aussendung Valignanos von 1573 nicht mitgerechnet, da deren Ankunft ja den Endpunkt der Untersuchung bildet], schickte die Societas in 20 Aussendungen insgesamt 131 Personen in die Ordensprovinz Indien, von denen zehn bereits auf See verstarben oder umkehren mussten, so dass 121 davon auch in Indien ankamen. Von diesen verstarben weitere acht bis 1572 in Ausübung ihres Dienstes, und noch einmal acht verließen die Gesellschaft wieder.357 Auch wenn Wicki zu bedenken gibt, dass bei den auf See Verstorbenen die Dunkelziffer nicht genau einzuschätzen ist,358 so sind beide Verlustquoten trotz der unbestreitbaren Gefahr, die für die Missionare bestand, nicht als übermäßig hoch einzuschätzen. Besonders die Quote der Verluste im Dienst ist mit 7,5 % in 30 Jahren nicht gerade übermäßig hoch, vor allem, weil auch die natürlichen Tode durch Alter und Krankheiten mit eingerechnet sind. Gen Asien zu segeln war in den ersten 30 Jahren jesuitischer Mission offensichtlich nicht der Königsweg zur Märtyrerkrone. Die so in den Osten entsandte Personalmenge ist aber bei weitem kleiner als die Zahl derer, die in den Missionen tatsächlich für den Orden wirkten. Bereits 1548 kamen zu den sieben Mitgliedern der Gesellschaft, die an der Malabarküste Südindiens arbeiteten – vier Patres und drei Brüdern – noch drei indigene Kleriker hinzu, Francisco Coelho, ein Malabare, der schon Anfang 1544 mit Javier gearbeitet hatte,359 und die zwei Paravas Manuel und Gaspar,360 die als Zuarbeiter der Societas ohne Mitgliedschaft lediglich als Weisungsempfänger fungierten, um die anfallende Arbeitslast zu bewältigen. Waren in diesem Fall noch alle sieben formellen Mitglieder der Gesellschaft in Europa eingetreten, so änderte sich das Bild später zusehends. Der Catalogus Sociorum Provinciae Indicae verzeichnete für November 1559 namentlich 127 Mitglieder der Ordensprovinz Indien, 70 in Goa, weitere 57 in den übrigen Missionsstationen in Indien, Indonesien und Japan, aber auch in Hormuz und Äthiopien.361 Ausgesandt wurden bis zu diesem Termin in zehn Aussendungen aber nur 70 Jesuiten, von denen mindestens sechs während der Überfahrt verstarben.362 Eventuell wurden auch 71 ausgesandt,363 es kann also mit etwa 65 Ankömmlingen gerechnet werden. 356 Vgl. Wicki SJ: Liste der Jesuiten-Indienfahrer 1541–1758, in: Flasche (Hg.) 1967, S. ­252–450. 357 Vgl. Ebd., S. 269–274. 358 Ebd., S. 268. 359 Schurhammer SJ: FX 2.1 (1963), S. 399. 360 Schurhammer SJ: FX 2.2 (1971), S. 306. 361 Fróis, Luis SJ: Lista dos Padres e Irmãos deste colegio de Goa e de seus exercitios [1559], in: MHSI/DI 4, Dok. 37, S. 304 f. Fróis zählt 71 in Goa, Wicki SJ korrigiert auf 70. 362 Vgl. Wicki SJ: Liste der Jesuiten-Indienfahrer 1541–1758, in: Flasche 1967, S. 269–271. 363 Ebd., S. 337. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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Die so entstehende Differenz von 62 Mitgliedern kam durch Personal zustande, das vor Ort rekrutiert wurde. Bereits 1549 meldete António Gomes aus Goa, es seien bislang 20 Aspiranten vor Ort in die Societas aufgenommen worden, wobei manchen auch der Eintritt verweigert wurde,364 und sieben Jahre später, 1556 beim Tod Loyolas, waren in allen Überseegebieten zusammengenommen 61 Jesuiten auf diese Weise neu eingetreten.365 Für den asiatischen Kontext waren es verschiedene Gruppen, aus denen sich neue Mitglieder in den Missionsgebieten gewinnen ließen. Einmal die irmãos und Novizen, die sich aus lokalen Konvertiten rekrutierten, aber auch aus anderen Orden oder nicht-kirchlichen Lebenszusammenhängen zur Societas Jesu gekommene Europäer, vor allem Soldaten oder Händler. Diese stammten, nicht verwunderlich ob des generell hohen spanischen Mitgliederanteils in der frühen Societas366 und der portugiesischen Präsenz im indopazifischen Raum, bis 1574 fast ausschließlich von der iberischen Halbinsel. Auch noch sehr junge Europäer gehörten zu diesem Kreis, wie der bereits behandelte Duarte da Silva, oder etwa Miguel de Lacerda (*1541), der 1557 mit vierzehn Jahren in Goa in die Gesellschaft eintrat und einen der relativ wenigen Fälle darstellt, in denen Jesuiten wieder aus dem Orden entlassen wurden – so geschehen 1569.367 Dabei muss die Zahl der lokal der Societas zurechenbaren Personen eigentlich noch einmal deutlich erhöht werden, weil vor allem diejenigen, die dem Orden nur affiliiert waren, wie japanische dōjuku, indische kanakkappilei, in­ digene Schüler an den Schulen und Kollegien der Gesellschaft, Waisenkinder, die von der Societas erzogen wurden, oder Konvertiten, die als Dolmetscher oder für einfache Aufgaben der Organisation des täglichen Lebens heran­ gezogen wurden, in den Listen der Gesellschaft gar nicht aufgeführt wurden. Bei den kanakkappilei etwa handelte es sich um eine Gruppe von Zuarbeitern, die Javier eigens für die indischen Missionsgebiete der Societas ins Leben rief, um Laienkatecheten, die für die Unterhaltung der Kirchen zuständig waren368 und die dafür vom Estado da Índia eigens besoldet wurden.369 Da sie üblicherweise verheiratet waren, kamen sie nur für Auxiliardienste in Frage, aber nicht für die Wahrnehmung priesterlicher Funktionen.370 Das trug dazu bei, die von ihnen potentiell ausgehende Schwächung der spirituellen Autorität der Mitglieder der Societas zu verringern oder ganz zu vermeiden, so dass sie trotz ihrer deutlich höheren Präsenz im Leben der indischen Konvertiten als middle men von der Bestätigung durch die Gesellschaft Jesu abhingen. Die japanischen 364 Schurhammer SJ: FX 2.2 (1971), S. 338, FN 107. 365 López-Gay SJ/Michel/Wicki SJ: Misionología, in: DHCJ 3, S. 2697. 366 Griffin: ›Virtue versus letters‹, Florenz 1984, S. 16. 367 Schurhammer SJ: FX 2.3 (1973), S. 3, FN 1.  368 López-Gay SJ.: Javier, Francisco, in: DHCJ 3, S. 2141. 369 Schurhammer SJ: FX 2.1 (1963), S. 400. 370 López-Gay SJ/Michel/Wicki SJ: Misionología, in: DHCJ 3, S. 2700. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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dōjuku der Gesellschaft stellten ein ähnliches Phänomen dar (siehe ausführlich Kap. 5.2). Diese Personalstruktur ist kein allein in Indien anzutreffendes Phänomen: Der Katalog der Societas für die Ordensprovinz Brasilien von 1568 nannte 61 vor Ort befindliche Jesuiten, von denen allerdings 36 erst in Brasilien eingetreten waren – dabei befand sich unter ihnen nur ein Mestize, ein Novize.371 In Brasilien waren Mestizos und Indios von der Mitgliedschaft in der Societas Jesu ausgeschlossen, ein Verbot, das im selben Jahr 1568 durch den Visitator Ignacio Azevedo (1526/8–70) noch einmal bekräftigt und im Provinzialkonzil gesondert festgehalten wurde.372 Die in dieser Kolonie neu aufgenommenen Mitglieder rekrutierten sich also notwendig aus den bereits vor Ort befindlichen Europäern. Auch hier galt das Gleiche für die Missionen in Asien: Erst unter Ordensgeneral Mercurian wurden indigene japanische Aspiranten offiziell für die volle Mitgliedschaft in der Societas zugelassen, was ihnen zuvor nicht möglich war; allerdings blieben auch unter Mercurian Inder weiterhin davon ausgeschlossen.373 Ein solches Muster der Mitgliedergewinnung führte vor allem zu einem: Einem deutlichen Zuwachs von Spielraum gegenüber der europäischen Zentrale. Die vor Ort aufgenommenen Mitglieder waren nicht durch die ordensinternen Ausbildungsfakultäten für die Asienmission gegangen und hatten auch nicht die königliche Vorzensur der Zulassung für die Carreira da Índia über­ stehen müssten. Sie waren als Händler, Kolonisten – wie etwa Gaspar Coelho, der 1556 in Goa der Societas beitrat374 – oder Soldaten nach Ostasien gekommen und brachten beim Eintritt in die Gesellschaft ihre ganz eigenen institutionellen Sozialisationen und die damit verbundenen habituell gewordenen Praktikenkomplexe mit, was aber natürlich in jedem Fall ein individuelles Phänomen war. Über die Steuerung der Eintritte – die Entscheidung über die Zulassung der Applikanten lag ja bei den jeweiligen Superioren – ergaben sich hier neue Gestaltungsmöglichkeiten. Reduzieren lassen hätten sich die Auswirkungen dieses Phänomens, wenn eine von der Ankunftsweise abhängige Hierarchisierung eingeführt worden wäre, wenn also die leitenden Positionen innerhalb der Gesellschaft in den Missionsgebieten bevorzugt von direkt aus Europa entsandten Ordensmitglieder wahrgenommen worden wären. Das war allerdings nicht der Fall. Einige Fallbeispiele sprechen dabei eine deutliche Sprache. Francisco Cabral, geboren auf den Azoren, wurde 1550 als portugiesischer Soldat von Lissabon aus nach Indien verlegt und nahm 1552 an den Kämpfen um Hormuz teil.375 In diesem Kontext begegnete er der Gesellschaft Jesu, deren 371 Palacín: Brasil, in: DHCJ 1, S. 526. 372 Ebd. 373 López-Gay SJ/Michel/Wicki SJ: Misionología, in: DHCJ 3, S. 2699. 374 Ruiz-de-Medina SJ: Coelho, Gaspar, in: DHCJ 1, S. 834. 375 Yuuki SJ: Cabral, Francisco in: DHCJ 1, S. 591. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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Mitglieder zur Truppenseelsorge an der Expedition teilnahmen (siehe Kap. 3.4), und trat der Societas nach seinem Ausscheiden aus dem aktiven Dienst im Dezember 1554 in Goa bei. Ordiniert wurde er ebendort 1558, die Profess legte er 1569, en route nach Japan, in Macao ab. Nach der Ordination wurde er zunächst Novizenmeister des Kollegs in Goa (1558–60); dann folgten Posten als Rektor der Kollegien in Baçaim (1562–66) und Cochin (1567–1570), und schließlich das Amt des Superiors der Japanmission (1570–81).376 Alessandro Valignano sorgte in seiner Funktion als Visitator jedoch für die Abberufung Cabrals und die Bestellung Gaspar Coelhos zum Superior Japans aufgrund von Cabrals Weigerung, Japaner in die Gesellschaft Jesu aufzunehmen.377 Wegen der Opposition gegen Valignanos Japanpläne wurde Cabral aber 1582 lediglich nach Macao versetzt, als Superior der Chinamission (1583–86), um anschließend Superior des Professhauses in Goa zu werden (1587–92), dann Provinzial in Goa (1592–97) und wiederum Superior des Professhauses (1600–09).378 Weder vermochte also seine individuelle Auslegung der innerhalb der Gesellschaft möglichen Praktiken, was die Behandlung von indigenen Konvertiten anging, seinen Lauf durch das Curriculum leitender Positionen wesentlich abzuschwächen, noch waren die Umstände seiner Aufnahme seinem Aufstieg hinderlich. Auch Cabrals Vorgänger als Superior der Japanmission, Cosme de Torres, Spanier aus Valencia, der dieses Amt von 1550 bis 1570 bekleidete, war erst in Goa in die Societas aufgenommen worden, im Jahr 1548. De Torres war als bereits ordinierter Priester nach einer Lehrerstelle in Mallorca und weiteren Studien in Valencia im März 1538 von Sevilla nach Mexiko übergesetzt, von wo aus er Allerheiligen 1542 als Kaplan der Flotte des Ruy López de Villalobos (†1546) mit dessen Pazifikexpedition aufbrach. Diese spanische Expeditionsflotte erreichte am 10. März 1546 Ambon auf den Molukken, wo de Torres zufällig mit Javier zusammentraf, der gerade dort die jesuitische Mission zu begründen versuchte. Unter dem Eindruck dieses Treffens beschloss de Torres, der Societas Jesu beizutreten, und brach 1547 nach Goa auf, wo er zunächst eine gewöhnliche Pfarrstelle wahrnahm. Nach dem Ablegen der Exerzitien trat er 1548 schließlich baldmöglichst in die Gesellschaft ein, und bereitete für diese noch im selben Jahr die Taufe des Japaners Anjirō und seiner Begleiter vor.379 1549 brach er mit Javier nach Japan auf und übernahm das Amt des Superiors, um die Mission nach der Rückkehr Javiers nach Indien weiterhin zu leiten. Die Professgelübde legte er am 15. Oktober 1563 in Yokoseura (heutiges Nagasaki) ab. Auch hier zeigt sich deutlich, dass abweichende Eintrittskonditionen kein Hindernis für 376 Yuuki SJ: Cabral, Francisco in: DHCJ 1, S. 590. 377 Kleiser SJ/Voss SJ: P. Alexander Valignanis Gesandtschaftsreise nach Japan zum Quambacudono Toyotomi Hideyoshi 1588–1591, in: MN (1938), S. 72. 378 Yuuki SJ: Cabral, Francisco in: DHCJ 1, S. 591. 379 Yuuki SJ: Torres, Cosme de, in: DHCJ 4, S. 3819. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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einen Aufstieg in der Gesellschaft darstellten. Im Fall der Japanmission führte das dazu, dass sie von 1549 bis 1574, bis auf die Initialphase unter Javier, von Mitgliedern der Gesellschaft geleitet wurde, die erst über Umwege vor Ort Aufnahme gefunden hatten und bei denen daher die spezifisch jesuitische Sozialisation und Praktikenkontrolle nicht vorausgesetzt werden können. Zusammen mit der weitgehenden Abkoppelung der Japanmission vom Rest der Indienprovinz wegen der unsicheren Kommunikationswege (siehe Kap.  3.1) führte das zu einer faktischen Autonomie von der Ordenszentrale (siehe auch Kap. 3.5.3). Konformitäten im beobachtbaren Praktikenspektrum können daher nicht auf externe Kontrolle zurückgeführt werden, sondern dürften wesentlich eher aus subjektiven internen Prozessen entstanden sein. Schließlich kamen auch weniger prominent figurierende Jesuiten über solche und ähnliche Wege zur Gesellschaft. João Díaz (Juan Delgado,380 1510/1–77), gebürtig aus Medellín in der Extremadura, ordiniert 1536, gelangte 1546 wie de Torres mit der Flotte Villalobos’ auf die Molukken, um dort Bekanntschaft mit Javier zu machen – was letztlich dazu führte, dass er 1557 in Goa der Societas Jesu beitrat. In dieser durchlief er verschiedene Stationen in Indien, ohne dabei in Spitzenpositionen vorzustoßen, und verstarb 1577 in Diensten der Gesellschaft in Thāna bei Goa.381

3.5.1 Mitglieder mit militärischen Erfahrungen Wiewohl prägnante Beispiele, sind de Torres und Cabral aber bei weitem nicht die einzigen Gesellschaftsmitglieder, die auf abweichenden Wegen rekrutiert wurden. Aus ihren Vorleben heraus zeichnet sich aber eine deutliche Tendenz ab, was die Lebenswelt angeht, aus der heraus sich die vor Ort aufgenommenen Europäer für die Gesellschaft entschieden. Es war das Militär. Beide hatten an militärischen Expeditionen teilgenommen, Cabral als aktiv kämpfender Soldat, de Torres als Seelsorger (was aber nicht heißt, dass Kampfteilnahmen darum prinzipiell ausgeschlossen werden können). Die Umstände, unter denen Cabral während der Hormuz-Expedition mit Jesuiten in Berührung kam, konstituieren eine weitere Facette dieses Bildes: Auch jesuitische Geistliche nahmen an portugiesischen Militäraktionen im indopazifischen Raum teil. Ein treffendes Beispiel bietet Antonio Criminali (1520–49), der von der Gesellschaft als ihr erster Märtyrer in Indien gefeiert wurde. Der aus Sissa bei Parma stammende Criminali wurde im April 1542 von Loyola persönlich in Rom in die Gesellschaft aufgenommen und zum Studium der Theologie nach Coímbra geschickt, wo er für 380 Schurhammer SJ: FX 2.3 (1973), S. 662, FN 50. 381 Romo: Un extremeño en las indias portuguesas, in: Revista de estudios extremeños (2002), S. 1062. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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die Indienmission bestimmt wurde.382 Seine eigentlich für sein Ordinationsjahr 1544 vorgesehene Abreise musste auf 1545 verschoben werden. Als er in Indien eintraf, wurde er von Javier zunächst zur Arbeit im Colégio do São Paulo eingeteilt, und anschließend an die südindische Fischerküste geschickt, wo er das Tamilische erlernte. Seine Blutzeugenschaft für Christus erreichte er schließlich im Juni 1549 bei Vēdālai im heutigen indischen Bundesstaat Tamil Nadu durch Vermittlung des örtlichen portugiesischen Standortkommandanten João Fernandes Correa. Dieser hatte aus einer Palisadenbefestigung heraus HinduPilgern den Weg zum Tempel auf der als heilig geltenden Insel Rāmeshwaram versperrt und Tribut, also Wegzoll verlangt,383 eine Operation, die angesichts der häufigen portugiesischen Plünderungen von Hindu-Tempeln der Tempelschätze wegen384 kaum verwundert. Diese Unternehmung zog jedoch eine Strafexpedition von Truppen aus Vijayanagar (Karnātaka)385 oder des Rajas von Rāmnād nach sich,386 um die Straßensperre zu brechen und die Urheber zu bestrafen. Im anschließenden Gefecht wurde Criminali getötet. Er soll versucht haben, seinen Konvertiten während des Angriffs der einheimischen Truppen zu helfen, statt sich selbst zu retten.387 Criminalis Martyrium war sicherlich ein Extremfall, was Juan de Polanco dazu bewegte, in seinen Missionsrichtlinien des Jahres 1558 deutlich festzuhalten, diesem Beispiel sei nicht zu folgen (»quid censendum sit de modo illo quo pater Criminalis se morti exposuit«)388 – es war aber auch kein Einzelfall. Auch Rui Mendes (#1) starb Ende 1552 im Kontext des Konfliktes zwischen dem Raja der Fischerküste und Vijayanagar bei einem Überfall der Truppen des Rajas.389 Üblicherweise jedoch schienen die an portugiesischen Expeditionen teilnehmenden Mitglieder der Gesellschaft weniger Gefährdungen ausgesetzt zu sein. Zumindest starben sie in der Regel nicht im Gefecht. Die vier Jesuiten an Bord der 1552 nach Hormuz entsandten Flotte, die Patres António Vaz (#1, siehe Kap. 6.2, 1523/6–73/89) und Francisco López 382 Wicki SJ: Criminali (Criminale, Criminal), Antonio (Pietro Antonio), in: DHCJ 2, S. 1000. 383 Schurhammer SJ: FX 2.3 (1973), S. 384. 384 Nilakanta Sastri: The Illustrated History of South India, Oxford/New York 2009, S. 186. 385 Vijayanagar war der eigentlich der Name der Hauptstadt, von den Europäern auf das ganze Reich (Karnātaka) übertragen. Um Konfusionen zu vermeiden, verwende ich in dieser Arbeit dennoch die auch in der Forschung so genutzte Bezeichnung Vijayanagar stets für das ganze Reich, nicht nur für die Hauptstadt. Filiozat: Historical introduction, in: Ders. (Hg.) 2001 [1999], S. 5. 386 Schurhammer SJ: FX 2.3 (1973), S. 385, FN 7. 387 Vgl. Wicki SJ: Criminali (Criminale, Criminal), Antonio (Pietro Antonio), in: DHCJ 2, S. 1000, u. Schurhammer SJ: FX 2.3 (1973), S. 386–388. Die Darstellungen differieren zwar in Details, stimmen jedoch in den wiedergegebenen Teilen überein. 388 Polanco, Juan de SJ: Anotactiones sobre las misiones, in: MHJ 3, Dok. 6, S. 126 f. 389 Schurhammer SJ: FX 2.2 (1971), S. 300, FN 77. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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(1529–68)390 sowie die irmãos Francisco Durão und Guilherme Pereira,391 kehrten alle wohlbehalten zurück. Dass Flotten und militärische Expeditionen von Geistlichen begleitet wurden, war im portugiesischen Indopazifik allerdings seit Vasco da Gama (1460/ 9–1524) Usus,392 es kann also nicht davon gesprochen werden, dass der Societas durch die Teilnahme daran allein ein Sonderstatus eingeräumt worden sei. Aber auch Mitglieder der Gesellschaft, die sich im indopazifischen Raum nicht durch militärische Auxiliardienste hevortaten, mussten deshalb nicht auf solche Operationen verzichten. Alessandro de Valla (Vallareggio, c.1529–80) trat am 07. Mai 1560 in Rom in die Societas ein und wurde bereits elf Monate nach seinem Eintritt ordiniert, für einen Novizen recht früh, was auf vorherige klerikale Erfahrung oder einschlägige Studien hindeutet.393 1564 wurde er durch den Ordensgeneral Laínez für die Japanmission bestimmt und schiffte sich folgerichtig zunächst nach Spanien ein. Dort angekommen, begleitete er aber erst einmal António Franco auf dessen Expedition zur Eroberung Biniols an der afrikanischen Küste als Kaplan. Danach erst reiste er nach Lissabon weiter, von wo er am 25. März 1565 nach Indien aufbrach. Während seiner aktiven Zeit in Indien und Japan für die Gesellschaft nahm er zwar nicht mehr an militärischen Operationen teil, aber nach seiner Rückkehr nach Europa nahm er 1578 als Seelsorger für die deutschen und italienischen Truppenteile an der unglücklichen Marokko-Expedition Sebastiãos I. teil und wurde bei Al-Quasr al-Kabīr (Alcazarquivir) gefangengenommen. Es gelang ihm im Mai 1579, aus der Gefangenschaft zu fliehen und von Fez aus nach Lissabon zurückzukehren. Dort schloss er sich dem Zug der Entsatztruppen für die Gefangenen von 1578 an und starb während dieses 1580 in Ceuta an einer Seuche.394 Juan Bautista Ribeira (1525–94), Spanier aus Jerez de la Frontera, Mitglied der Societas seit 1554, ordiniert wahrscheinlich um 1558 in Lissabon, legte gemeinsam mit Valla am 25. Mai 1565 in Lissabon Richtung Goa ab, zusammen mit den Jesuiten Hernando de Alcaraz (1532–68), Gabriel Oliveira, Pedro Riera (c.1526–73) und Pedro Argudo.395 Ribeira war in Rom von 1560–64 Generalprokurator der Gesellschaft gewesen und hatte den Ordensgeneral Laínez bereits am 20. Oktober 1563 um die Entsendung nach Asien gebeten, was allerdings abgelehnt wurde. Im Juni 1564 legte Ribeira seine Profess ab und wurde 390 Nicht der Francisco Lopes (1517–97) der späteren Äthiopienmission, der erst 1556 in Lissabon dem Jesuitenorden beitrat. Vgl. Vaz de Carvalo SJ: Lopes, Francisco, in: DHCJ 3, S. 2412–2413. 391 OA: Rol de los Padres y Hermanos que están en la India [1553], in: MHSI/DI 2, Dok. 121, S. S. 620 f. 392 Schurhammer SJ: FX 2.1 (1963), S. 143. 393 Ruiz-de-Medina SJ: Valla (Vallareggio), Alessandro de, in: DCHJ 4, S. 3879. 394 Ebd. 395 Ruiz-de-Medina SJ: Ribeira, Juan Bautista de, in: DCHJ 4, S. 3348. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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für andere Aufgaben eingeteilt; unter anderem bekleidete er die Stelle als Kaplan der Flotte García de Toledos (Marquéz de Villafranca, 1514–77) bei der Eroberung La Gomeras. Erst nach seiner Rückkehr von dieser Expedition im November 1564 wurde ihm die Erlaubnis erteilt, mit Valla und Konsorten nach Indien aufzubrechen.396 Mit der Teilnahme an solchen Operationen ergaben sich späterhin Möglichkeiten, entsprechende Vorgänge selbst zu veranlassen, wenn die Societas davon profitieren konnte. Javier hatte bereits während seines Malakka-Besuches im August 1547 nach einem gescheiterten Angriff indigener Gruppen auf die Stadt nicht nur auf deren rasche Verfolgung gedrängt, sondern auch persönlich dazu beigetragen, eine schlagkräftige Expeditionsflotte zu organisieren, die diese Operation durchführte.397 Marcos Prancudo (c.1531–78), eingetreten in die Gesellschaft Jesu 1551 in Coímbra, wurde 1566 Superior der Molukkenmission der Societas und begleitete 1568 als Kaplan die Expedition des capitão-mor Gonçalo Pereira Marramaque nach Cebu auf den Philippinen.398 1571 begab er sich nach Indien, um dort militärische Unterstützung für seine Mission gegenüber dem Sultan von Ternate einzufordern, was auch gelang. Nach der solcherart geglückten Rückkehr als Superior hielt er sich bis 1573 vornehmlich in der portugiesischen Festung von Ternate auf.399 Die Nutzung der sich hier abzeichnenden Verbindungslinien zwischen der militärischen Macht des Estado da Índia und den spirituellen Praktikenkomplexen der Societas brachte allerdings nicht nur Vorteile mit sich, sondern verstrickte die Gesellschaft auch in die militärischen Schicksale der portugiesischen Kolonialmacht. Als die Festung von Ternate nach erneuten Konflikten endgültig an Sultan Baab Ullah (reg. ­1570–83) übergeben wurde, musste Prancudo im Gefolge dieser Niederlage die Insel verlassen und sich 1575 nach Ambon zurückziehen, wo er schließlich 1578 starb.400 Ähnliches galt für Pero Mascarenhas, der 1557 in Goa der Societas beitrat und 1575 ebenfalls beim Fall Ternates anwesend war. Er übersiedelte 1578 dauerhaft nach Tidore, wo er gleichermaßen an der Konstruktion des portugiesischen Forts wie auch des daran angeschlossenen Missionspostens teilnahm.401 Mit Expeditionsteilnahmen konnten jedoch auch Vorteilsgewinne gegenüber den anderen Missionsorden im Estado da Índia verbunden sein. In den Feldzügen gegen die Königreiche Sitawaka, Kandy und Jaffnapatam auf Sri Lanka dienten verschiedene Mitglieder der Societas als Militärkaplane, obwohl das Generalmissionsprivileg für die Insel eigentlich bei den Franziskanern lag402 – was so 396 Ruiz-de-Medina SJ: Ribeira, Juan Bautista de, in: DCHJ 4, S. 3348. 397 Schurhammer SJ: FX 2.1 (1963), S. 18. 398 Jacobs SJ: Prancudo, Marcos, in: DHCJ 4, S. 3123. 399 Ebd. 400 Ebd.. 401 Jacobs SJ: Mascarenhas, Pero, in: DHCJ 3, S. 2554. 402 Perniola SJ: Sri Lanka, in: DHCJ 4, S. 3626. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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unterlaufen werden konnte, um der eigenen missonarischen Expansion neue Räume zu verschaffen. Zusätzlich zu Mitgliedern, die in ihrer Eigenschaft als Geistliche an militärischen Expeditionen teilgenommen hatten, gab es, wie bereits an Cabrals Beispiel ersichtlich, auch die Möglichkeit, dass ehemalige Soldaten um Eintritt ersuchten. Andre Fernandes (c.1518–98) kam als portugiesischer Flottenkapitän nach Hormuz und wurde dort von den Predigten Gaspar Berzes, bezeichnenderweise ebenfalls vor seinem Eintritt in die Societas Soldat in Diensten Kaiser Karls V. (1500–58, reg. 1515/9–58),403 im September 1550 zum Eintritt in die Societas bewogen. Fernandes wurde im September 1553 in Goa ordiniert, woraufhin Javier entschied, ihn als Berichterstatter nach Portugal und Rom zurückzuschicken.404 Noch 1553 reiste er von Goa ab, um im Oktober 1554 in Rom einzutreffen. Er berichtete Loyola von den Verhältnissen und Schwierigkeiten in Indien und schiffte sich im September 1555 erneut nach Lissabon ein, um nach Indien zurückzukehren. Seine Profess legte er am 30. November 1568 in Goa ab, wo er seine Arbeit für die Gesellschaft schließlich 1598 mit dem Tod beendete.405 Gonçalo Fernandes, genannt Trancoso (c. 1541–1621), diente zunächst als Soldat in der Expedition des Vizekönigs von Indien, Constantino de Bragança (1528–75, amt. 1558–61), gegen den König von Jaffnapatam auf Sri Lanka. Auf der Insel Mannar bei Sri Lanka trat er im November 1561 in die Gesellschaft Jesu ein, offiziell aufgenommen von Henrique Henriques. Sein Noviziat leistete Fernandes in Goa ab, wo er schließlich 1582 auch ordiniert wurde. Mit der Priesterschaft wurde er als Prokurator an die Fischerküste versetzt, wo er zuvor bereits als Prediger und Beichtvater tätig gewesen war und sich Kenntnisse des Tamilischen erworben hatte.406 Dass durchaus alle Dienstgrade die Option des geistlichen Lebens bei den Jesuiten in Erwägung zogen, zeigen Paio Correa, der mit 25 Jahren der Societas beitrat und zuvor Kapitän einer nao gewesen war,407 und das Beispiel Fulgêncio Freires, der der Gesellschaft im August 1552 in Baçaim beitrat. Vor seinem Eintritt in die Gesellschaft war Freire Bürgermeister von Diu und Alcaide der Festung von Baçaim gewesen.408 An Freire zeigt sich, wie sich die Verknüpfungen zwischen der exekutiven Ebene des Estado da Índia und dem Orden gestalten konnten. 1555 begleitete er Gonçalo Rodrigues (1527–64) nach Äthiopien und kehrte mit diesem wieder nach Goa zurück, als sich der Negus ambivalent in Bezug auf eine Union mit Rom zeigte. 1557 kehrten die Missionare der 403 Schurhammer SJ: FX 2.2 (1971), S. 291 f. 404 Santos: Fernandes, André (I), in DHCJ 2, S. 1395. 405 Ebd. 406 Wicki SJ: Fernandes (Trancoso), Gonçalo, in: DHCJ 2, S. 1397. 407 Carneiro, Melchior: Schreiben an Laínez vom 20. November 1559, in: MHSI/DI 4, Dok. 49, S. 424. 408 Vaz de Carvalho SJ: Freire, Fulgêncio, in: DHCJ 2, S. 1525. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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Gesellschaft wiederum nach Äthiopien zurück, aber aufgrund der bald darauf einsetzenden osmanischen Küstenblockade brach die Kommunikation der dortigen Jesuiten mit der Außenwelt rasch ab.409 1560 schickte viso-rey de Bragança drei Schiffe nach Äthiopien, um die osmanische Blockade zu durchbrechen, und ließ Freire an Bord nehmen. Auf der Rückreise nach Goa wurde das Flaggschiff der Expedition von osmanischen Kräften aufgebracht und Freire als Gefangener nach Kairo verbracht, wo er bis zu seinem Freikauf durch den portugiesischen Botschafter 1562 blieb. Nach seiner Befreiung gelangte er über Rom nach Portugal, von wo aus er 1571 wieder nach Indien aufbrach, ein Ziel, das er nicht mehr erreichen sollte: Er verstarb während der Reise. Freire weigerte sich nach Angaben des Diccionario aus Bescheidenheit, sich ordinieren zu lassen. Eine Profess ist für ihn nicht dokumentiert.410 Die Bereitschaft Braganças zu direktem Eingreifen zugunsten des Ordens dürfte aber nicht an Freires Person festzumachen sein: Ebenfalls 1560 bot der Vizekönig dem Orden an, eine Flotte gegen Travancore zu schicken, weil dessen Herrscher keine Missionserlaubnisse ausstellte.411 Auch die dritte Expedition der Societas Jesu nach Monomotapa an der Ostküste Afrikas im heutigen Moçambique 1569, bestehend aus den Patres Francisco Monclaro und Estêvão Lopez sowie den irmãos Gonçalo Dinis und Domingos Gonçalves, begleitete eine Militärexpedition des ehemaligen Gouverneurs Francisco Barreto (1520–73, amt. 1555–8) mit 550 Soldaten.412 Ziel Barretos war es, die den Portugiesen feindlich gesinnten Kleinkönige im Küstenbereich zu unterwerfen und einen Freundschaftsvertrag mit Monomotapa abzuschließen. Militärisch ge­ sehen verlief die Expedition verlust-, aber erfolgreich, was aus jesuitischer Sicht nicht ganz bestätigt werden konnte. Beide irmãos starben; die Patres mussten 1572 unverrichteter Dinge nach Goa zurückkehren, denn es war ihnen nicht gelungen, die Erlaubnis zu erhalten, sich in Monomotapa bei Hof niederzulassen.413 Damit verbunden war durchaus ein substantieller Rückschlag: Während des 16. Jahrhunderts gab es keine weiteren Operationen der Gesellschaft mehr im Gebiet Monomotapas.414 Zu den Expeditionen, an denen die Societas ein genuines Interesse hatte, traten noch die militärischen Operationen, für die Ordensmitglieder direkt angefragt wurden. Pedro de Castro bat Ende 1567 ausdrücklich um Jesuiten als Kleriker für die Eroberungsfahrt des Gouverneurs António de Noronha ­(1510–74, amt. 1571–3) gen Mangalore an der Malabarküste, und am 08. Dezem 409 Vaz de Carvalho SJ: Freire, Fulgêncio, in: DHCJ 2, S. 1525. 410 Ebd. 411 Pachuau: The Spiritual Concerns of  a Mercantilist Empire, in: Studies in History (2004), S. 50. 412 Alden: The Making of an Enterprise, Stanford 1996, S. 55. 413 Vaz de Carvalho SJ: Mozambique, in: DHCJ 3, S. 2757. 414 Alden: The Making of an Enterprise, Stanford 1996, S. 55. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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ber 1567 stachen zwei Mitglieder der Gesellschaft, darunter Giovanni Francesco Stefanoni (1541–c.1612), mit der betreffenden Flotte in See.415 Solche militärischen Operationen zu begleiten oder an ihnen aktiv teil­ zunehmen hatte in der Societas Jesu durchaus eine feste Tradition, bereits beginnend mit ihrem Gründer Iñigo de Loyola, der vor seiner spirituellen Wende eine militärische Karriere gemacht hatte. Dieses Muster setzte sich bei den folgenden Ordensgenerälen fort. Loyolas Nachfolger Diego Laínez hatte 1550 als Kaplan der Truppen des spanischen Vizekönigs Juan de la Vega (1500–64) diese bei der Expedition gegen die Barbareskenstaaten an der nordafrikanischen Küste begleitet und dabei mehrere Muslime konvertiert.416 Ein Zwischen­spiel zweier Teilnahmen am Tridentinum, das er bereits 1551/52 im Auftrag Papst Julius III. (Giovanni Maria del Monte, 1487–1555, Pont. 1550–55) als Theologe wieder besuchte. Er beteiligte sich dabei vor allem an den Diskussionen zur Sakramenten­lehre.417 Der dritte Ordensgeneral Francisco de Borja war als Erstgeborener Juans de Borja y Enríquez de Luna (1495–1543), des dritten Herzogs von Gandía, und der Juana de Aragón (1500–77) väterlicherseits illegitim mit Papst Alexander VI. (Rodrigo Lanzol y Borja, 1430–1503, Pont. 1492– 1503) verwandt, gleicherweise mütterlicherseits mit Fernando II. el Católico von Aragón (1452–1516, reg. 1468–1516). Nach Studien der Grammatik, Musik und Humaniora in Tordesillas und Saragossa während der 1520er418 entschloss auch er sich, eine militärische Karriere zu verfolgen. 1536 wurde er in die Kämpfe zwischen Spanien und Frankreich um Túnez und die Provence verwickelt, 1539 bis 1543 als Vizekönig von Katalonien mit militärischen Aufgaben betraut. Darunter fielen vor allem die Befestigung der Provinz, die Bekämpfung des Banditen- und Seeräuberwesens, und die Vorsorge gegen einen französischen Angriff auf das Roussillon. Nach dem Tod seiner Frau419 beendete er diesen Abschnitt seines Lebens und trat im Juni 1546 in die Gesellschaft Jesu ein.420 Gerade was den Bereich des Militärischen angeht, bestand also offenbar eine deutliche Affinität zwischen dem Orden und Europäern in Übersee, die ihrem bisherigen Leben eine neue Wendung geben wollten und sich, sei es durch Beispiele einzelner Jesuiten oder durch persönliche biographische Ereignisse, nun der Kirche zuwandten. Vom Miles zum Miles Christi war es anscheinend kein großer Schritt. Die Verknüpfungen gestalteten sich wechselseitig: Javier war im Frühjahr 1545 maßgeblich daran beteiligt, Schiffe, Soldaten und Munition für die Expedition des Gouverneurs Martim Afonso de Souza gegen das König 415 Schurhammer SJ: FX 2.3 (1973), S. 4, FN 44. 416 López-Gay SJ/Michel/Wicki SJ: Misionología, in: DHCJ 3, S. 2698. 417 Scaduto SJ: Generales de la CJ. 2. Laínez, Diego. Segundo General, in: DHCJ 2, S. 1602. 418 De Dalmases SJ: Generales de la CJ. 3. Borja, Francisco de, in: DHCJ 2, S. 1605. 419 Ebd. 420 Ebd. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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reich Jaffnapatam auf Sri Lanka zu organisieren.421 Fraglich bleibt dabei immer, wie sehr die Neumitglieder bereits Praxen ihrer militärischen Lebenswelt inter­ nalisiert und habitualisiert hatten, welche Praktiken sie also in den Dienst der Societas als sofort verfügbare Verhaltensroutinen mitbrachten. Es kann aber in der späteren Betrachtung nicht ausgeschlossen werden, dass sie das taten. Gerade für die Person Francisco Cabrals ist eine derartige Debatte bereits geführt worden. Jorissen stellte 1981 fest, von Cabral zu Organtino Gnecchi-Soldo (1532–1609), der ihm als Japanprovinzial nachfolgte, fände in der Japanmission ein Paradigmenwechsel statt von einer völligen Ablehnung der indigenen Gebräuche und einer Kolonialherrenmentalität hin zur Akkommodation, selbst in Kleidung, Ernährung und Manieren.422 Elison sah in der Anwesenheit Cabrals und seiner Verantwortung für Entscheidungen in der »kritischen Phase« der Japanmission ein Problem. Die zweitklassige Behandlung der japanischen Jesuiten, deren Grundstein hier gelegt wurde, sei auch lange nach Cabral noch Standard gewesen, und nicht nur Fabian Fukan, sondern auch andere seien der Gesellschaft deswegen von der Fahne gegangen und zu ihren alten Praktiken revertiert.423 Anscheinend bedeutete der Übertritt in die Sphäre des Spirituellen nicht, dass solche Männer ihre militärischen Routinen ablegen mussten, sondern sie konnten sie weitgehend ungehindert auch ihren im Missionskontext angewandten Praktiken zugrundelegen. Hier erwies sich der Orden wahrhaftig als ecclesia militans.

3.5.2 Händler und indigene Aspiranten Ehemalige Militärs waren aber nicht die einzigen, die sich der Gesellschaft außerhalb Europas zuwandten. Für den indopazifischen Raum sind noch zwei weitere Kategorien von neu rekrutierten Jesuiten auszumachen: Ehemalige Händler und, als kleinste (oder zumindest am schlechtesten dokumentierte) Gruppe, genuin indigene Beitrittswillige. Natürlich finden sich auch solche Ordens­mitglieder, deren Leben, wenn überhaupt, erst nach dem Eintritt in die Societas dokumentiert ist, wie etwa António Lopes (1544–98), der 1566 in Goa in die Gesellschaft eintrat, und von dessen Vorleben nicht mehr bekannt ist, als dass er als Sohn einer portugiesischen Mutter und eines italienischen Vaters in Lissabon geboren wurde.424 Da sich diese Neumitglieder der Zuordnung 421 Schurhammer SJ: FX 2.1 (1963), S. 538. 422 Jorissen: Das Japanbild im Traktat (1585) des Luis Frois, Kyōto 1987, S. 339. Vgl. auch Dumoulin SJ: Inkulturation in der Jesuitenmission Japans, in: Sievernich SJ/Switek SJ (Hg) 1990, S. 261. 423 Elison: Deus Destroyed, Cambridge (Mass.)/London 19913, S. 15. 424 Ruiz-de-Medina SJ: Lopes, António, in: DHCJ 3, S. 2412. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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zu einer der hier aufgestellten Kategorien entziehen, bleibt mir an dieser Stelle nur, nochmals darauf hinzuweisen, dass mit der hier dargebrachten Aufstellung nur ein Teil der Akteure meines Zeitraums erfasst werden kann, weshalb auch eine vollständige Quantifikation weder erreichbar ist noch angestrebt werden sollte. Innerhalb der Händlerschaft waren dabei verschiedenste Abstufungen der Devotion zu finden. Fernão Mendes Pinto, portugiesischer Kauffahrer und Abenteuer, war wahrscheinlich bereits 1544 und 1546 in Japan gewesen, sicher aber im Jahr 1551 gemeinsam mit Duarte da Gama, einem Bekannten J­aviers. Javier selbst traf Pinto auf dieser Reise im November 1551 in Bungo. Nach eigener Aussage erlebte dieser eine spirituelle Erweckung nach der Überführung des unverwesten Leichnams Javiers nach Goa im März 1554, woraufhin er am 08. April desselben Jahres in Goa um die Aufnahme in die Societas bat, die ihm auch gewährt wurde.425 Dennoch passten der Orden und Pinto wohl nicht so recht zueinander; bereits im Oktober 1556 trat er auf eigenen Wunsch wieder aus.426 Die asketische Grundhaltung der Societas und Pintos persönliche Vorlieben waren anscheinend nicht ganz einfach zu vereinbaren. Als er beim Eintritt gemäß den constitutiones seinen gesamten weltlichen Besitz weggeben sollte, bat er darum, drei seiner Sklaven behalten zu dürfen.427 Solche weltlichen Besitztümer, von denen die Kaufleute je nach ihrem Erfolg recht große Mengen in die Gesellschaft einbrachten, waren dabei nicht nur willkommene finanzielle Beihilfen, sondern auch Anlass zu strukturellen Entscheidungen, die sich auf Dauer als schwierig und konfliktträchtig herausstellten. Luis de Almeida, aus neuchristlicher Familie, segelte im März 1548 über die Carreira da Índia. Nachdem er zwei Jahre zuvor in Medizin graduiert hatte, finanzierte er sich nun als Händler. 1552 traf er in Yamaguchi auf Cosme de Torres – eine Begegnung, die nicht ohne Folgen blieb: 1555 führte er unter Anleitung Baltasar Gagos die spirituellen Exerzitien durch, um sich auf den Ordenseintritt vorzubereiten.428 Das Vermögen de Almeidas, immerhin die stattliche Summe von etwa 3000 cruzados, wurde mit seinem Eintritt in die Societas genutzt, um für diese einen Anteil am Seidenhandel zwischen Japan und China zu erwerben. Zu diesem Zweck wurde es in Transportkapazitäten auf der zwischen Macao und Nagasaki verkehrenden nao investiert. Wann genau diese Investition erfolgte, ist noch umstritten, aber es geschah zwischen 1555 und 1571.429 Die Maßnahme war zwar ökonomisch gesehen ein Erfolg und bedeutete für die chronisch finanzschwache Japanmission eine außerordentliche Verbesserung ihrer Posi 425 Ruiz-de-Medina SJ: Mendes Pinto, Fernão, in: DHCJ 3, S. 2619. 426 Ebd. 427 Ebd., S. 2619 f. 428 Yuuki SJ: Almeida, Luís de, in: DHCJ 1, S. 81. 429 Vgl. Alden: The Making of an Enterprise, Stanford 1996, S. 533 f., FN 22 u. 23.  © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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tion, brachte aber langfristig einige Probleme mit sich. Schließlich waren den Missionaren als Ordensgeistlichen solche kommerziellen Aktivitäten sowohl zivilrechtlich wie kanonisch untersagt.430 Dennoch waren sie in der Indienprovinz der Gesellschaft nicht selten. Auch das Colégio do São Paulo verlieh Gelder, um mit den Zinsen Reparaturen finanzieren zu können.431 1548 hatte Javier die ihm von der portugiesischen Krone für die Molukkenmission zur Verfügung gestellten Gelder in Baçaim für den Ankauf von Stoffen verwendet, um beim Export auf die Molukken das fünffache der investierten Summe zu erzielen, was als vermeintliche Profitgier kontrovers aufgenommen worden war.432 Dementsprechend wurden neu eingetretene Mitglieder wie de Almeida zwar nicht prinzipiell nach Maßgabe ihrer wirtschaftlichen, sondern eher nach der ihrer sonstigen Kompetenzen eingesetzt. De Almeida arbeitete zunächst im jesuitischen Hospital von Funai als Mediziner (siehe Kap.  5.2.1). Andererseits aber wurde er von Melchior Nunes Barreto 1560 in seiner Liste der Mitglieder der Ordensprovinz Indien ausdrücklich für sein ökonomisches Geschick und dessen Nutzen für die Japanmission gelobt.433 Aires Sanchez (c.1528–90), ein portugiesischer Händler mit musikalischen und chirurgischen Vorkenntnissen, fand nach seinem Eintritt in die Gesellschaft zunächst unter Luís de Almeida im Hospital Verwendung, aber auch, um fünf japanischen und chinesischen Kindern im Haus der Societas in Funai Lesen, Schreiben und Singen beizubringen. Er gründete schließlich die erste Schule für europäische Musik in Japan.434 Beigetreten war Sanchez dem Jesuitenorden 1561 in Hirado, wohin er sich eigens zu diesem Zweck begeben hatte, um sein Leben zu ändern. Cosme de Torres nahm ihn in noch im selben Jahr in Funai (Ōita) auf, ordiniert wurde er allerdings erst 1579/80 in Macao.435 Ein Beispiel für einen der wenigen indigenen Jesuiten ist etwa Melchior de Figuereido, geboren wohl in Goa, wo er schließlich auch verstarb. Über seine Jugend vor dem Eintritt in den Orden ist nichts bekannt, nicht einmal sein ursprünglicher indischer Name. 1554436 trat er auf Ternate, also auf den Mo­ lukken, der Societas bei, wo er bis 1559 auch für sie wirkte.437 Nach vorbereitenden Studien wurde er 1561 in Goa ordiniert; die Profess legte er am 15. August 1581 in Usuki, Japan, ab, bereits unter den von Valignano neu formulierten Richtlinien missionarischer Arbeit, die in Japan auch indigenen Mitgliedern 430 Rodrigues: Local Sources of Funding for the Japanese Mission, in: BPJS (2003), S. 123. 431 Xavier: Goa. A Social History (1510–1640), Goa 1993, S. 16. 432 Alden: Comercio ultramarino de Portugal, in: DHCJ 1, S. 869. 433 Nunes Barreto, Melchior SJ: Schreiben an Laínez vom 15.  Januar 1560, in: MHSI/D, Dok. 64, S. 512. 434 Ruiz-de-Medina SJ: Sanchez, Aires, in: DHCJ 4, S. 3486. 435 Ebd. 436 Nach Schurhammer 1550. Schurhammer SJ: FX 2.3 (1973), S. 629, FN 55. 437 Ruiz-de-Medina SJ: Figueiredo, Melchor de, in: DHCJ 2, S. 1416 f. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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die vollen Weihen erlaubten. Ein Steinleiden zwang ihn jedoch bereits 1586 dazu, seine Tätigkeit in Japan aufzugeben und über Macao nach Goa zurückzukehren.438 Francisco Henriques (*c.1533), in Hormuz geboren und persischer Abstammung, trat der Societas 1557 in Baçaim bei. Bis zu seiner Aufnahme als spiritueller Koadjutor 1588 vergingen allerdings 31 Jahre, innerhalb derer er als ir­ mão tätig war.439 Ähnliches gilt für den in Indien geborenen Mestizen Bernardo Rodrigues (*c.1529), der bereits Anfang 1549 in Goa in die Societas einge­treten war, aber zunächst nur als irmão wirkte. 1550 war er als Ersatz für Roque da Oliveira nach Malakka abgeordnet worden, wo er bis 1552 in der Schule der Gesellschaft Elementarunterricht erteilte. Javier versetzte ihn bei seinem MalakkaBesuch 1551 nach Cochin, wo er bis 1561 wiederum an der örtlichen Elementarschule wirkte.440 Francisco Dionisio, Sohn eines spanischen Vaters und einer afrikanischen Mutter, wurde als einer der wenigen bis 1574 aufgenommenen mulattos von der Societas nicht nur ordiniert, sondern leitete nach Ernennung durch Valignano auch das Colégio Madre de Deus in Cochin als Rektor, bis er 1578 von diesem Posten wegen ungebührlichen Verhaltens abberufen wurde. Wegen seiner Verhandlungen mit den Karthäusern bezüglich eines Übertritts in ihren Orden wurde er nach seiner Rückkehr nach Portugal 1580 aus der Gesellschaft Jesu entlassen.441 Bisweilen überschnitten sich die verschiedenen Bereiche, aus denen sich Personal rekrutieren ließ, in den Lebensläufen der konkreten Personen. Paulo G ­ omes, ein indiano, wohl ein Mestize, aus Malakka, wurde bereits 1545 mit zehn Jahren von Javier als Dolmetscher für dessen Predigten in Malakka eingesetzt442 und trat der Societas schließlich 1556 in seiner Heimatstadt bei. Nach verschiedenen Stationen in Indien wurde er 1567 ordiniert, verbrachte mehrere Jahre auf den Molukken und wurde schließlich von 1577 bis zu seinem Tod in Malakka eingesetzt.443 An ihm zeigt sich nicht nur, dass die Indienstnahme von Kindern für die Zwecke der Gesellschaft in allen Missionskontexten prakti­ kabel war, sondern auch, dass diese Kinder so offensichtlich eine wirksame Beeinflussung erfuhren, die sie später für die Societas in erweiterten Kontexten auch als Mitglieder nutzbar machte. Dass er im ordensinternen cursus hono­ rum keine besonderen Positionen besetzen konnte, sondern bevorzugt als Lehrer oder Missionsarbeiter in für die Gesellschaft Jesu schwierigen Gebieten eingesetzt wurde, lässt aber auch die Einschränkungen deutlich werden, denen sich 438 Schurhammer SJ: FX 2.3 (1973), S. 629, FN 55. 439 Alden: The Making of an Enterprise, Stanford 1996, S. 309. 440 Schurhammer SJ: FX 2.3 (1973), S. 344, FN 16. 441 Alden: The Making of an Enterprise, Stanford 1996, S. 291. 442 Schurhammer SJ: FX 2.1 (1963), S. 620 f. 443 Ebd., S. 620, FN 180. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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Mitglieder mit nicht-europäischem Familien- oder Kulturhintergrund tendenziell ausgesetzt sahen, auch wenn sie wie Gomes allein in formeller Zugehörigkeit 54 Lebensjahre lang dem Orden dienten.

3.5.3 Konkrete Auswirkungen: Die Ordensmitglieder in Japan 1549–1574 Betrachtet man nun unter der Perspektive dieser strukturellen Gegeben­heiten der Personalgewinnung vor allem die frühe Japanmission der Societas Jesu, so tritt eine erstaunliche Konsequenz zutage. Die erste Delegation der Gesellschaft, die 1549 in Kagoshima eintraf, bestand mit Javier und Juan Fernández de Oviedo aus zwei noch in Europa eingetretenen Ordensmitgliedern sowie dem bereits erwähnten Cosme de Torres. Fernández, gebürtig aus Córdoba, war 1547 in Coímbra zum Orden gekommen, nachdem er zuvor als Händler reich geworden war, und 1548 nach Indien geschickt worden. Nach der Ankunft in Goa im September 1548 wurde er im April 1549 nach Malakka geschickt, von wo ihn ­Javier bereits am 31. Mai mit auf die Reise nach Japan nahm.444 1552 verließ ­Javier Japan wieder, dafür trafen dort Duarte da Silva (siehe Kapitel 3.4), eingetreten mit 14 Jahren in Goa, und Pero d’Alcáçova ein, eingetreten 1543 in Coímbra.445 Dazu kamen noch Balthasar Gago und Anjirōs ehemaliger Gefährte und Mitkonvertit Antonio als Dolmetscher.446 Wichtig ist hier, dass ich die Definition des Personals der Societas Jesu etwas weiter fasse als formell korrekt wäre. Die fest für die Gesellschaft arbeitenden und namentlich bekannten dōjuku und anderen Zuarbeiter, wie etwa die Dolmetscher Antonio und Joane, die teilweise jahre- und jahrzehntelang im Dienst des Ordens standen (siehe Kap. 5.2), behandle ich als de facto-Mitglieder ungeachtet ihres juristischen Status. Schütte stellte 1968 zwar bereits ein sehr gutes Personaltableau der Japanmission auf, schloss die japanischen Mit- und Zuarbeiter aber dabei nicht mit ein,447 ebensowenig wie Ruiz-de-Medina in seiner Auflistung der Mitglieder derselben für 1547–52.448 Balthasar Gago war der Gesellschaft 1546 im Jahr seiner Ordination in Lissa­ bon beigetreten, traf 1548 in Goa ein und nahm 1551 als Kaplan an der Ex­ pedition des Vizekönigs Afonso de Noronha nach Sri Lanka teil, bevor er im

444 Yuuki SJ: Fernández de Oviedo, Juan, in: DHCJ 2, S. 1400. 445 Ruiz-de-Medina SJ: Introducción, in: MHJ 2, S. 30. 446 Schurhammer SJ: FX 2.3 (1973), S. 645. 447 Vgl. Schütte SJ: Introductio ad historiam Societatis Jesu in Japonia, 1549–1650, Rom 1968, S. 309–367; bis 1574 S. 309–318. Dōjuku und andere Zuarbeiter listete Schütte separat, aber vor allem für den Zeitraum von 1579–1614, ebd. S. 376–381. 448 Ruiz-de-Medina SJ: Introducción, in: MHJ 2, S. 27–30.  © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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November desselben Jahres brieflich von Javier nach Japan beordert wurde.449 Mit drei in Europa und drei erst in Asien eingetretenen Jesuiten lag der Anteil lokal eingetretener Mitglieder in der Japanmission nunmehr weit über dem Durchschnitt, während unter ihnen zugleich ein ehemaliger Händler, ein sehr jung eingetretener Novize sowie zwei Begleiter militärischer Expeditionen zu finden waren. D’Alcáçova verließ Japan allerdings bereits nach knapp einem Jahr 1553 wieder – de Torres hatte ihn nach Indien abbeordert, um von dort für materielle und personelle Verstärkung der Japanmission zu werben.450 Die nächste personelle Verstärkung durch Mitglieder der Gesellschaft erfolgte für diese kleine Gruppe dennoch erst 1556, als sowohl Luís de Almeida – vor Ort eingetretener Händler – sowie Gaspar Vilela und Melchior Nunes Barreto zu ihnen stießen, unterstützt durch den zweiten der Mitkonvertiten Anjirōs, Joane.451 Vilela, in die Societas eingetreten 1553 in Goa,452 war gebürtiger Portugiese aus Aviz bei Évora, der dort im Kloster São Bento des Ordens von Aviz aufgezogen worden war.453 Er war bei seinem Eintritt in die Gesellschaft dementsprechend bereits ordiniert, und schon im April 1553 nahm Melchior Nunes Barreto ihn mit auf die Reise nach Japan.454 Außerdem begleiteten Nunes Barreto noch der oben kürzlich erwähnte Fernão Mendes Pinto, der im Auftrag des Vizekönigs von Indien, Antonio de Noronha, bei Ōtomo Yoshishige (Sōrin) die Funktion eines Botschafters übernehmen sollte,455 und die beiden als Waisenkinder aus Europa nach Indien verbrachten irmãos Guilherme und Rui ­Pereira, von denen Guilherme erst etwas später, 1557, in Funai auch offiziell Mitglied des Ordens wurde.456 Das letzte Mitglied der Mannschaft Barretos bildete M ­ elchior Diaz, der wenig später mit Barreto nach Indien zurückkehrte. Dasselbe tat Pinto, der zwischenzeitlich seine Entscheidung noch einmal überdacht und Barreto um die Entlassung aus der Societas Jesu gebeten hatte.457 Nach ­Barretos Abreise verblieben 1557 also noch Cosme de Torres, Juan Fernández, Duarte da Silva, Luís de Almeida, Baltasar Gago, Gaspar Vilela sowie Guilherme und Rui Pereira in Japan, womit die Zahl der erst in Asien eingetretenen Mitglieder auf fünf von acht stieg, rechnet man die Pereiras mit. Das ist durchaus berechtigt, denn beide hatten ihre formativen Jahre innerhalb der Gesellschaft Jesu im Kolleg von Goa verbracht. Sie waren ja als Kinder ohne Vorbereitung auf die Carreira da 449 Ruiz-de-Medina SJ: Gago, Baltasar, in: DHCJ 2, S. 1549. 450 Ruiz-de-Medina SJ: Introducción, in: MHJ 2, S. 30 f. 451 Schurhammer SJ: FX 2.3 (1973), S. 645, FN 27. 452 Yuuki SJ: Vilela, Gaspar, in: DHCJ 4, S. 3973. 453 Ruiz-de-Medina SJ: The Role of the blind biwa hōshi troubadours in the history of the Christian Mission in Japan, in: BPJS (2003), S. 123. 454 Yuuki SJ: Vilela, Gaspar, in: DHCJ 4, S. 3973. 455 Ruiz-de-Medina SJ: Mendes Pinto, Fernão, in: DHCJ 3, S. 2620. 456 Ruiz-de-Medina SJ: Guilherme, Pereira, in: DHCJ 3, S. 3086. 457 Ruiz-de-Medina SJ: Mendes Pinto, Fernão, in: DHCJ 3, S. 2620. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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Índia geschickt worden. Das Muster setzte sich fort: Gago verließ Japan zusammen mit Rui Pereira 1560, um nach Indien zurückzukehren. Dafür trat 1561 der bereits erwähnte Aires Sanchez in Japan bei, und 1563, als Giovanni ­Battista de Monte und Luís Fróis aus Malakka kommend eintrafen, der japanische dōjuku Lourenço offiziell als irmão.458 Von den zehn formell der Societas angehörigen Missionaren des Ordens, die sich 1563 in Japan befanden, waren also sieben erst in Asien selbst der Societas beigetreten, darunter der Superior der Japan­ mission selbst  – da Silva, de Almeida, de Torres, Lourenço, Pereira, Sanchez, und Vilela. Bereits in Europa als Jesuiten aufgenommen worden waren dagegen nur de Monte, Fernández und Fróis. Auch das Jahr 1564, als die nächsten Nachrücker für dieses Missionsgebiet eintrafen, brachte wenig Veränderung in der Struktur. Aus Indien kamen der oben bereits geschilderte Melchior de Figuereido, der ebenfalls erst in Asien eingetretene Baltasar da Costa (eingetr. 1555 in Goa)459 sowie João Cabral (1529–75), der 1559 in Goa in die Societas aufgenommen worden war.460 Jacome Gonçalvez, ein in Indien geborener Mestize,461 trat in Japan als irmão in die Gesellschaft ein,462 und Duarte da Silva starb in ­Funai. Das neue Verhältnis von in Asien zu in Europa eingetretenen Mitgliedern stellte sich also als zehn zu drei dar. Im Dezember 1565 hatte sich der Mitgliederstamm der Societas in Japan laut eigenen Berichten auf 13 erhöht, der irmão Miguel Vaz (1546–82) war nach Japan übergesetzt, ein gebürtiger Inder; dabei war der japanische irmão Lourenço allerdings nicht eingerechnet.463 Legt man also die 14 mit Lourenço zugrunde, so betrug der Anteil nicht in Europa eingetretener Jesuiten fast vier zu eins (11:3). 1566 wurde der als Damião (1541–86) getaufte Japaner als irmão aufgenommen,464 und 1567 verstarb Juan Fernández. Etwa gleichzeitig, entweder 1566 oder 1567, verließ João Cabral Japan, um wieder nach Indien zurückzukehren,465 dafür trat der bereits erwähnte João de Torres (siehe Kap. 3.4) offiziell als irmão der Gesellschaft bei. Der 1560 in Rom eingetretene Alessandro Valla ging im Juni 1568 in Fukuda an Land.466 Bis zu diesem Zeitpunkt geben die Zahlen (siehe Diagramm 1) einen eindeutigen Trend wieder. Trotz starker Fluktuationen in den konkreten Personen 458 Die Literaturlage bezüglich seines Eintritts ist unklar; an anderer Stelle findet sich auch 1557. Ruiz-de-Medina SJ.: Lorenzo, Ryōsai (de Hizen, de Hirado), in: DHCJ 3, S. 2421. 459 Ruiz-de-Medina SJ: Autores de los documentos, in: MHJ 3, S. 50. 460 Schurhammer SJ: FX 2.3 (1973), S. 694. 461 Ruiz-de-Medina SJ/Pfister: Japón, in: DHCJ 3, S. 2132. 462 Schurhammer SJ: FX 2.3 (1973), S. 693. 463 Vgl. OA: Catalogus Sociorum Provinciae Indicae [1565], in: MHSI/DI 6, S. 631, für Vaz editorische Notiz Wicki SJ. Lourenço ist im Dokument nicht erwähnt. 464 Ruiz-de-Medina SJ: Un Japones con un nombre español. Juan de Torres, S. J. ­(1551–1612…), in: Missionalia Hispanica (1984), S. 10. 465 Schütte SJ: Introductio ad historiam Societatis Jesu in Japonia, 1549–1650, Rom 1968, S. 315. 466 Ruiz-de-Medina SJ: Valla (Vallareggio), Alessandro de, in: DCHJ 4, S. 3879. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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stieg der Anteil außerhalb Europas aufgenommener Mitglieder der Japanmission kontinuierlich an, während der Anteil der noch in Europa aufgenommenen stark schwankte und zeitweilig rückläufig war. Es gab zu diesem Personalmanagement allerdings auch kaum eine Alternative. Die wachsende Anzahl von Konvertiten erforderte eine Erhöhung des zur Verfügung stehenden Arbeitskräftereservoirs, und ein Rückgriff auf externe Ressourcen gestaltete sich schwierig. De Torres petitierte bereits seit 1556 in Goa um Verstärkung für seine Mission, aber zwischen 1557 und 1570 erreichten nur sechs Mitglieder der Gesellschaft Japan von dort aus.467 Eine erste Änderung stellte das Jahr 1570 dar: Cosme de Torres verstarb, und Gaspar Vilela kehrte seiner angegriffenen Gesundheit wegen nach Indien zurück. Was Damião angeht, sind die Angaben nicht eindeutig: Er wird zwar längere Zeit in den Quellen nicht fassbar,468 verließ die Gesellschaft wohl aber nicht – 1584 wurde er vom Vizeprovinzial Japans nach Kagoshima geschickt,469 muss also weiterhin mit eingerechnet werden. Dafür erreichte Francisco Cabral, eingetreten in Goa (s. Kap. 3.5.1) als neuer Superior Japan. Mit sich führte er dabei Organtino Gnecchi-Soldo und Balthasar López (senior, 1535/8–1605).470 In den folgenden Jahren stabilisierte sich dieses Bild (siehe Diagramm 1). 1572 erreichten zwei weitere Mitglieder der Gesellschaft das Land, die Padres Gaspar Coelho, eingetreten 1560 in Goa,471 und Sebastião Gonçalvez. Dazu kam 1574 noch Giovanni Francesco Stefanoni, eingetreten in Rom 1560. Immer noch betrug aber damit das Verhältnis der in Europa eingetretenen Jesuiten in Japan zu den im indopazifischen Raum zur Gesellschaft gestoßenen fast zwei zu eins (12:7). Die beginnende Aufstockung der aus Europa stammenden Kräfte sowie der insgesamt zu verzeichnende Anstieg der Mitgliederzahl lassen sich dabei etwa mit dem Gesamtwachstum der Gesellschaft selbst parallelisieren, für die Alden von 1556 bis 1579 einen Anstieg von 1500 auf 5162 ausmacht,472 wie auch mit dem verhältnismäßig stärkeren Wachstum der Zentrale der indopazifischen Teile der Societas in Goa, das er von 42 Mitgliedern 1549 über 112 im Jahr 1559 bis auf 194 Mitglieder 1571 beziffert.473 Bedacht werden muss dabei allerdings in jedem Fall, dass damit nur die offiziellen Mitglieder des Ordens erfasst sind, nicht jedoch die Konvertiten, die Schüler, Übersetzer und Zuarbei-

467 Ruiz-de-Medina SJ/Pfister: Japón, in: DHCJ 3, S. 2132. 468 Schütte SJ: Introductio ad historiam Societatis Jesu in Japonia, 1549–1650, Rom 1968, S. 316. In der Tabelle als 1567 erfasst. 469 Schurhammer SJ: FX 2.3 (1973), S. 140, FN 28 von S.139. 470 Ruiz-de-Medina SJ: Un Japones con un nombre español. Juan de Torres, S. J. ­(1551–1612…), in: Missionalia Hispanica (1984), S. 26. 471 Schurhammer SJ: FX 2.3 (1973), S. 695. 472 Alden: The Making of an Enterprise, Stanford 1996, S. 17. 473 Ebd., S. 674. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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ter, so dass die in Europa eingetretenen Jesuiten wirklich nur noch die Spitze des Eisbergs bildeten. Die ersten 25 Jahre der japanischen Dependance der Societas Jesu zeigten sich damit deutlich von solchen Mitgliedern dominiert, deren Eintrittsweg in den Orden von der europäischen Ordenszentrale, teilweise sogar von der Subzentrale in Goa unkontrolliert verlief. Damit brachten sie in vielen Fällen andere habitualisierte Praktikensätze mit als das für noch in Europa ausgebildete Jesuiten im indopazifischen Kontext galt, und konnten für Probleme so auch differente Lösungsstrategien wählen. 23 22 21 20 19 18 17 16 15 14 13 12 11 10 9 8 7 6 5 4 3 2 1 0

In Europa eingetreten In Asien eingetreten

Diagramm 1: Mitgliederstruktur in Japan, 1549–74

Im kirchenmusikalischen Bereich lässt sich das beispielhaft beobachten. Die christliche Kirchenmusik, vor allem entsprechendes Liedgut, wurde in Japan trotz ihrer Fremdartigkeit für die Konvertiten schnell rezipiert und von den jesuitischen Missionaren zielgerichtet verwendet, auch wenn die konkreten musikalischen Formen von den in analogen Kontexten üblichen japanischen mehr oder weniger stark differierten.474 Auf musikalischem Gebiet kam es dabei aber ebenfalls schnell zu einer Synthese. Cosme de Torres nutzte die rezitative Funktion japanischer Musik, die traditionellerweise für die Unterstützung des Vor 474 Ruiz-de-Medina SJ: The Role of the blind biwa hōshi troubadours in the history of the Christian Mission in Japan, in: BPJS (2003), S. 114 f. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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trags von Epen, Legenden, und mythologischen Stoffen Verwendung fand, um christliche Inhalte zu verbreiten. In dieser Praxis folgten ihm Juan Fernández, Duarte da Silva, und ab 1559 auch Gaspar Vilela.475 Nachdem Aires S­ anchez 1561 in Bungo eintraf, stand auch ein ausgebildeter europäischer Musiker zur Verfügung, der fortan die Konvertiten europäische Instrumentalmusik lehrte.476 Analoge Synkretisierungsprozesse, die tat-sächlich das Ergebnis einer kreativen Anpassung an den indigenen Kontext darstellten, sind mir für das indische Missionsfeld nicht bekannt, auch wenn hier ebenfalls Musik eine wichtige Rolle sowohl im Rahmen der schulischen Bildung als auch der Vermittlung der christlichen Lehre und der Zelebrierung der Gottesdienste spielte.477 Juan de Polanco erlaubte 1558 in seinen Missionsrichtlinien ausdrücklich die Verwendung des Gesangs, auch wenn das nicht den europäischen Gepflogenheiten des Ordens entsprach, da er die Aufmerksamkeit dieser Völker auf Gott richte.478 Im Zusammenspiel mit den Einschränkungen, die sich durch die schwierige Kommunikationssituation ergaben, bedeutet das, dass die Japanmission in dieser ersten Phase nicht vorschnell für den gesamten Orden vereinnahmt werden darf. Sie war nicht der Beispielfall des idealtypischen Missionsmodells der ­Jesuiten insgesamt. Ihre Leistungen, aber auch ihre Misserfolge einem allgemein-jesuitischen Formprinzip zuzuschreiben ist nicht pauschal möglich, da sie sich strukturell auf zu vielen Feldern von der europäischen oder auch der indischen Societas Jesu unterschied. Hier zeigte sich die japanische Provinz als Sonder- und Einzelfall. De Torres, da Silva, Sanchez und Vilela trafen beispielsweise ihre musikalischen Entscheidungen wahrscheinlich weitgehend unbeeinflusst von der sonstigen ordensspezifischen Weise des Umgangs mit Kirchenmusik. Umgekehrt allerdings darf nicht übersehen werden, dass trotz der in den Blick genommenen Einschränkungen und Unterschiede die Einheitlichkeit und Verbindlichkeit der Ordenszugehörigkeit von den Betreffenden nie in Frage gestellt wurde. Sie waren allesamt Mitglieder eines einzigen Ordens, eines Körpers, dessen alleiniges Haupt der Praepositus Generalis in Rom darstellte.479 Schließlich hatte auch Juan Fernández aktiv Anteil an der Ausgestaltung der japanischen kirchenmusikalischen Praktiken. Es kann daher auch keinesfalls pauschal ausgeschlossen werden, dass gemeinsame Praktiken auch einem gemeinsamen und für die ganze globalisierte Gesellschaft Jesu vergleichbaren Ursprung entstammten. Eine Lösung kann nur darin liegen, Gemeinsamkeiten und Unterschiede an konkreteren Beispielen zu fassen und somit herauszu­ arbeiten, womit sich die folgenden Kapitel beschäftigen. 475 Ruiz-de-Medina SJ: The Role of the blind biwa hōshi troubadours in the history of the Christian Mission in Japan, in: BPJS (2003), S. 116. 476 Ebd., S. 119. 477 Xavier: Goa. A Social History (1510–1640), Goa 1993, S. 226 f. 478 Polanco, Juan de SJ: Anotactiones sobre las misiones, in: MHJ 3, Dok. 6, S. 124. 479 Ruiz Jurado SJ: Cuerpo de la CJ, in: DHCJ 2, S. 1020. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

4. Indien

»The sending of subjects ›to whatsoever place these superiors think it expedient‹ means either among the faithful, even though it be in the Indies, or among the unbelievers, especially where there is a colony of believers, as in Greece and elsewhere. Where the inhabitants are more exclusively unbelievers, the superior should ponder seriously in the sight of God our Lord whether he ought to send subjects or not, and where, and whom. The part of the subject will always be to accept this appointment joyfully as something from God our Lord.«1

Diese Bestimmung der Konstitutionen der Gesellschaft Jesu beinhaltete in ihrer vorsichtigen Formulierung bereits das aus den verschiedenen außereuropäischen Missionsfeldern, in denen sie zu diesen Zeitpunkt involviert war, gezogene Praxiswissen. Mission unter den Ungläubigen war offenbar auch konzeptionell die einfachste Angelegenheit nicht und erforderte im Vorhinein genaues Bedenken und Planen. Besonders beruhte diese Festlegung auf den Erfahrungen mit dem indischen Missionsfeld der Societas, dem ersten, auf dem ihre Mitglieder außerhalb Europas aktiv wurden, und den in der Folge daraus resultierenden übrigen Asienmissionen. Bereits für den Beginn des indischen Abenteuers muss dabei dieselbe Betrachtung eingeflochten werden wie bereits für Japan geschehen: Auch hier wird als Fixpunkt für den ersten Aufzug des Schauspiels üblicherweise der 06. Mai 1541 gesetzt, als Javier in Goa an Land ging (siehe Kap. 2.2). Allein, bereits hier war er – entgegen verkürzenden Darstellungen2 – nicht allein gereist: Ein Priester und ein irmão hatten ihn begleitet.3 Es handelte sich dabei um Paulo Camerino und Francisco Mansilhas.4 Bei Diogo Rodrigues, einem Verwandten Simão Rodrigues’, der sich an Bord derselben Indienflotte befand, scheint trotz einiger anderslautender Quellen keine direkte Ordenszugehörigkeit bestanden zu haben.5 Im Unterschied zur Landung in Kagoshima ergab es sich jedoch in dieser früheren Begebenheit so, dass Javier wirklich allein – sieht man einmal von den Menschen an Bord des Schiffes ab, das ihn getragen und deren Arbeit seine Überfahrt ermöglicht hatte – in Goa an Land ging. Seine Entourage war in Moçambique aufgehalten worden, wo die Flotte einen witterungsbedingten 1 Loyola, Ignacio SJ: The Constitutions of the Society of Jesus, St. Louis 1970, übers. u. komm. v. Ganss SJ, Teil VII, Kap. 2, C, S. 273 f. 2 Etwa: López-Gay SJ.: Javier, Francisco, in: DHCJ 3, S. 2141. 3 Alden: The Making of an Enterprise, Stanford 1996, S. 43. 4 Wicki SJ: Liste der Jesuiten-Indienfahrer 1541–1758, in: Flasche 1967, S. 269. 5 Schurhammer SJ: FX 2.1 (1963), S. 2, FN 15. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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Zwischenhalt einlegen musste. Camerino und ­Mansilhas arbeiteten während der Überwinterung der Indienflotte im Spital der portugiesischen Niederlassung als Krankenpfleger, während Javier sich dort der Krankenseelsorge widmete.6 Als Javier im Februar 1542 die Gelegenheit nutzen konnte, mit einem außerplanmäßig von Indien aus eingetroffenen Schiff als Begleiter des designierten Gouverneurs von Indien, Martim Afonso de Souza, vor der Abfahrt der eigentlichen Flotte nach Indien abzusegeln, blieben Camerino und Mansilhas in Moçambique zurück, um weiterhin im Spital zu arbeiten, nach Javiers Angaben auf den Wunsch des örtlichen Statthalters hin.7 Eine weitere Feststellung lässt sich dem einführenden Zitat ebenfalls entnehmen: Der verwendete Ausdruck ›die Indien‹ ist weniger eine Referenz auf das konkrete Missionsfeld Indien mit seiner eindeutigen räumlichen Lokalisierung als vielmehr eine Chiffre für einen Fall X, nämlich die weiteste denkbare Ausdehnung der gegebenen Bestimmung. Selbst wenn das konkrete Ziel Indien hieße, bliebe die generelle Geltung der Norm davon unberührt. Dieser Begriffsgebrauch führte zu Analogieschlüssen, in denen als spirituell rückständig betrachtete Gebiete selbst Europas als ›andere Indien‹ bezeichnet wurden,8 um so die Ausnahmebestimmungen auch für die in diesen besonders bedürftigen Gegenden angewandten Praktiken zu reklamieren. Diese Annahme beider Indien als Härtefall führte aber – bei aller generellen Gültig­ keit  – zu einigen speziellen Aufweichungen der Bestimmungen der constitu­ tiones, regelte zusätzlich zur Härtefallprüfung also noch den Ausnahmefall. Diese Ausnahmefallregelungen wiederum führten zu einem deutlich erhöhten Spielraum der lokalen Ebene gegenüber der Zentrale in Rom. So war es aufgrund der Entfernung anders als im Normalfall nicht nur möglich, ohne Zustimmung des Generals spirituelle und temporale Koadjutoren aus der Gesellschaft auszuschließen (Const. II, Kap. 1, § 208)9 und Ordensmitglieder zur Profess zuzulassen (Const. V, Kap. 2, § 517)10, sondern auch, die interne Kommunikation nach einem großzügigeren Schema zu handhaben (Const. VIII, Kap. 2, § 679)11 und sich der Teilnahme an der Generalkongregation zu entziehen (Const. VIII, Kap. 3, § 682): »Thus it is clear that those who are physically ill are not included, nor those who are in places very distant, for example, in the Indies […]«.12

6 Schurhammer SJ: FX 2.1 (1963), S. 64. 7 Ebd., S. 101. 8 Griffin: ›Virtue versus letters‹, Florenz 1984, S. 12. 9 Loyola, Ignacio SJ: The Constitutions of the Society of Jesus, St. Louis 1970, übers. u. komm. v. Ganss SJ, Teil II, Kap. 1, S. 143. 10 Ebd., Teil V, Kap. 2, S. 235. 11 Ebd., Teil VIII, Kap. 2, S. 294. 12 Ebd., Teil VIII, Kap. 3, S. 295. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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Beide Möglichkeiten, den Begriff zu gebrauchen  – sowohl als Ausnahmeklausel wie auch als Einschlussbestimmung – zeigen die Paragraphen 747 und 750 aus Const. IX, Kapitel 3, das die Befugnisse und Aufgaben des Generals festlegt. § 747: »The general ought to exercise his authority personally. He will also be able to exercise it through someone else in urgent cases in which delay is impossible without notable inconvenience, or in which he has given a special commission to someone in whom he has confidence as in himself, especially in far distant places such as the Indies.«13 § 750: »F. Thus he may send them, for example, among the faithful in the Indies and among the unbelievers where there are Christian inhabitants. In some cases or urgent necessities he may even send them where there are no Christians; but he should do this only after much previous deliberation.«14

Während die direkte persönliche Ausübung der Autorität des Generals speziell im indischen Ausnahmefall eingeschränkt wurde, reichte sie dennoch generell gesehen selbst bis nach Indien, wenn es etwa wie hier darum ging Bestimmungsorte festzulegen. Kompliziert wurde die konzeptuelle Ambiguität, mit der ›Indien‹ hier aufgeladen wurde, noch durch die klare Bestimmung des großen spirituellen Werts der Aufgabe, die die Societas mit der Missionierung dieses Subkontinents angenommen hatte. »For that reason, the spiritual aid which is given to important and public persons ought to be regarded as more important, since it is a more universal good. […] For that same reason, too, preference ought to be shown to the aid which is given to great nations such as the Indies, or to important cities, or to universities, which are­ generally attended by numerous persons who by being aided themselves can become laborers for the help of others.«15

Die Sonderstellung der indischen Missionsgebiete in Bezug auf geistliche Vorschriften wurde bereits zuvor päpstlicherseits anerkannt. In seiner Bulle L ­ icet debitum vom 18.  Oktober 1549 hielt Paul III. fest, dass die Mitglieder der­ Societas in von Rom weit entfernten, mehrheitlich nichtchristlichen Ländern weitreichende Ausnahmebefugnisse ausüben konnten, was das Erteilen von Dispensen für Verstöße gegen kanonisches Recht und die Betätigung als Weltgeistliche anging, was von Julius III. in Exposcit debitum vom 21. Juli 1550 mit der pauschalen Anerkennung aller der Gesellschaft bereits verliehenen Privile-

13 Loyola, Ignacio SJ: The Constitutions of the Society of Jesus, St. Louis 1970, übers. u. komm. v. Ganss SJ, Teil IX, Kap. 3, S. 314. 14 Ebd., S. 315. 15 Ebd., Teil VII, Kap. 2, S. 275. [MA]. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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gien noch einmal bestätigt wurde.16 Anwendbar wurden diese Bestimmungen für die Mitglieder der Societas im Missionsfeld mit ihrer Kenntnisnahme durch Javier nach seinem Aufenthalt in Malakka im Dezember 1551,17 als er die dort auf ihn wartende Post zweier Jahre in Empfang nahm. Die tat-sächlich im Missionsfeld Indien operierenden Mitglieder der Gesellschaft waren also vor folgendes Dilemma gestellt: Einerseits standen sie vor einer Aufgabe, die an sich bereits als wichtig galt, und waren zudem aufgrund ihrer Entfernung von der Zentrale in der Gestaltung ihrer Arbeit von einigen Restriktionen befreit, was pragmatisch gesehen die Entscheidungsfindung deutlich vereinfachte. Andererseits aber waren sie auf ein gewisses Vorgehen hin orientiert, dessen generelle Gültigkeit auch für den indischen Sonderfall in den constitutiones mehrfach betont wurde. Während also ein Freiraum für Experimente bestand, war dieser Freiraum zumindest auf dem normsetzenden Papier ein umgrenzter – aber dessen genaue Grenzen waren wiederum nicht definiert und mussten je nach Situation ausgehandelt werden, eine Situation, die die Diskrepanzen in den Einzelnormen der Regularien des Ordens genau wider­ spiegelte.18 Hinzu kam, dass eine Disposition bestand, die vertrauten Strukturen der Gesellschaft zu reproduzieren, was unter den gegebenen Bedingungen den damit bezweckten Effekten in der einen oder anderen Form zuwiderlief. Das galt nicht nur für die Wiedererrichtung eines bereits habitualisierten Praktikengeflechts, innerhalb dessen einfache Orientierung und leichtes Agieren möglich waren und das psychische Konsolidierung leisten konnte, sondern auch für die Bewältigung der Aufgabe, die Christianisierung der örtlichen Heiden. Die Kollegien der Societas beispielsweise durften laut constitutiones im Gegensatz zu den »Häusern« Stiftungen annehmen und fixe Renten beziehen, um den Betrieb zu gewährleisten. Aus solchen Geldern wurden neben den reinen Betriebs- und Unterhaltungskosten der Einrichtungen vor allem die dort angestellten Lehrkräfte und Superioren besoldet bzw. versorgt, weshalb diese Posten eigentlich nach Möglichkeit nicht mit Professjesuiten besetzt werden sollten, da diese ja einerseits wegen des Armutsgelübdes keine solchen Leistungen beziehen durften und andererseits eigentlich stets auf Abruf bereit stehen sollten, um weiterzuziehen. Indien galt aber auch hier faktisch als Ausnahmefall.19 Dabei war gerade die Seßhaftigkeit, die mit der Lehrverpflichtung am Kolleg einherging, ein wesentlicher Punkt. Die Abkehr von den traditionellen Formen monastischen Lebens hatte ja gerade die Itinerarität der Societas und ihrer Mitglieder aufrechterhalten sollen.20 Nachdem aber die lokale Fixierung die Gesell 16 Schurhammer SJ: FX 2.3 (1973), S. 365. 17 Ebd., S. 343. 18 Griffin: ›Virtue versus letters‹, Florenz 1984, S. 27. 19 Switek SJ: Pobreza, in: DHCJ 4, S. 3157. 20 Giard (CNRS): Relire les ›Constitutions‹, in: Ders./De Vaucelles SJ (1996), S. 56 f. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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schaft Jesu durch die Kollegien sozusagen durch die Hintertür wieder einholte, was sich in der wachsenden Zahl spiritueller Koadjutoren und ihres relativen Anteils an der Gesamtmitgliedschaft gegenüber den Professjesuiten konkretisierte21 – betrug deren Anteil bei Loyolas Tod 1556 noch ca. 18 Prozent der Ordensangehörigen, so waren es in den 1580ern im Generalat Everard Mercurians bereits 46,8 Prozent, um erst danach wieder abzufallen22 – entstand so eine weitere Hürde für die Umsetzung des Konzeptes der wandernden Mission, vor allem in Indien. Normativ geregelt – und damit festgeschrieben – wurde diese Konfiguration schließlich in constitutiones VII, Kap. 3, § 633: »Nevertheless one who is sent to an extensive region such as the Indies or other provinces and for whom no particular district is marked out, may remain in one place for a longer or shorter period. Or, after considering the reasons on one side and the other, while praying and keeping his will indifferent, he may travel about wherever he judges this to be more expedient for the glory of God our Lord.«23

Eine unmittelbar fassbare Konsequenz dieser Entwicklung zeigt sich schon früh in der Verteilung der Jesuiten über das Missionsfeld: Die überwiegende Mehrheit hielt sich, wenn auch in wechselnder Zusammensetzung, stets in Goa auf (siehe Kap. 5.1). Generell galt also, dass Ferne vom administrativen Zentrum der Gesellschaft in Rom an sich einen Faktor darstellte, der als Exkulpationsgrund für das Abweichen von den Ordensregeln dienen konnte; sie definierte einen Ausnahmebereich, innerhalb dessen größere Spielräume möglich waren, besonders im Fall Indiens. Wie weit das gehen konnte, wird aus § 25 des Generalexamens deutlich, der Fälle regelte, in denen die Aufnahme eines Aspiranten in die Societas nur unter bestimmten Bedingungen möglich war. Absatz zwei stellte klar, dass hierunter etwa die Tötung eines Menschen fielen oder das öffentliche Bekanntsein der Tatsache, dass es sich um einen schweren Sünder handelte. In den Zusatzbestimmungen wurde das zweite Kriterium genauer spezifiziert: »C. This infamy bars admission in the place where it exists. But when one fell into the infamy in very distant regions and has completely brought himself back to the divine service, the infamy will not exclude him from the Society.«24

Dieser so generell und vieldeutig gewordene Begriff ›Indien‹ füllte sich für den einzelnen Jesuiten spätestens dann mit Leben, wenn er die Carreira da Índia erfolgreich hinter sich gebracht und so den Übergang in die Sphäre der geo­ 21 Giard (CNRS): Relire les ›Constitutions‹, in: Ders./De Vaucelles SJ (1996), S. 56 f. 22 Dezza SJ: Grados en la CJ, in: DHCJ 2, S. 1799. 23 Loyola, Ignacio SJ: The Constitutions of the Society of Jesus, St. Louis 1970, übers. u. komm. v. Ganss SJ, Teil VII, Kap. 3, S. 280. 24 Ebd., Examen, Kap. 2, S. 86. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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spatialen Dimension des Begriffes leibhaftig vollzogen hatte. Die eigenständige »Ordensprovinz Indien« wurde offiziell allerdings erst am 10. Oktober 1549 als dritte Provinz der Gesellschaft per Dekret Loyolas für Javier als ihren ersten Provinzial gegründet, als »India y otras regiones transmarinas sujetas al serenísimo rey de Portugal y otras más lejanas«.25 Bis zu diesem Zeitpunkt war Indien administrativ gesehen ein Teil der ersten errichteten Ordensprovinz, der Provinz Portugal, und damit konzeptuell gesehen noch deutlich an Europa rückgebunden. Nach Indien gelangte das entsprechende Schreiben allerdings erst im Spetember 1550, und Javier selbst erhielt es erst im Dezember 1551 bei seinem Zwischenhalt in Malakka, auf dem Rückweg von Japan nach Indien.26 Die Ausgründung als eigenständige Ordensprovinz war dabei das dauerhafteste Ergebnis des Kommunikationsprozesses zwischen Javier und der Ordensleitung. Loyola beförderte zusätzlich beim Papst die verschiedenen Anfragen Javiers nach notwendigen Privilegien und Dispensen, und versuchte, möglichst viele Finanzquellen für die Mission zu eröffnen,27 was ein notorisch schwieriges Unterfangen darstellte.

4.1 Praktikenkonfigurationen Unter welchen politischen Rahmenbedingungen traten sie Jesuiten in diesem vieldeutigen östlichen Indien nun eigentlich ihre Arbeit an? Eine erste Fest­ stellung lässt sich leicht treffen  – ihr Patron war nicht so machtvoll, wie sie es sich vielleicht erhofft hatten. Die portugiesischen Erwerbungen an der indischen Küste, deren seelsorgerische Nöte die Societas ja überhaupt erst auf den Subkontinent gebracht hatten, waren nur der regionalen politischen Zersplitterung geschuldet. Goa selbst war erst 1498, zwölf Jahre vor der Eroberung durch Afonso de Albu­querque (1453–1515), an Yūsuf Adil Shāh (†1510, reg. 1489–1510) von Bijāpur gefallen.28 Ersten größeren Landbesitz mit Ausnahme der Insel Tiswadi (auf der Goa liegt), die Provinz Baçaim im Süden Gujarats, erwarb der Gouverneur Nuno da Cunha 1534 vom Sultan von Gujarat als Preis für Waffenhilfe in dessen Auseinandersetzung mit dem Mogulreich; wenig später erlaubte der Sultan auf seinem Territorium den Bau der Festung Diu.29 Weitere Befestigungen kamen sukzessive hinzu: In Baçaim wurde 1539 ein portugiesisches Fort errichtet, ebenso 1559 eines in Daman (Damão). 25 Olivares SJ: II. Provincia, in: Div.: Territorios (división), in: DHCJ 4, S. 3782. 26 Wicki SJ: Die Ernennung der Provinziäle und Visitatoren der indischen Provinz der Gesellschaft Jesu, in: AHSI (1980), S. 340. 27 Oswald SJ: Ignatius Loyola and Francis Xavier, in: AHSI (2002), S. 240 f. 28 Xavier: Goa. A Social History (1510–1640), Goa 1993, S. 5. 29 Schurhammer SJ: FX 2.1 (1963), S. 139. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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Im 16.  Jahrhundert nahm dabei auch in einem größeren Kontext gesehen machtvolle Staatlichkeit in Asien tendenziell eher zu als ab: Das Osmanische Reich, das Persien der Safawiden, das Mogulreich, das südindische hinduistische Königreich von Vijayanagar, und schließlich Japan nach der Reichseinigung stellten politische Entitäten dar, die ihre Macht zunehmend ausweiteten und expansionswilligen europäischen Mächten als Opponenten (oder gegebenenfalls Partner) gegenüberstanden  – wobei sich allerdings die politischen Zustände in beständigem Fluss befanden.30 1559 etwa konstituierte sich bei Kannanūr eine neue muslimische Dynastie, die Alị Rājas, die den die Region bislang beherrschenden hinduistischen Kōlạthiri Rājas die Oberhoheit über das Gebiet entwanden und den Portugiesen eine neue Herausforderung bereiteten.31 Die japanische Reichseinigung war erst um 1600 definitiv abgeschlossen. Vijayanagar wurde 1565 von einer Koalition der muslimischen Staaten Bijāpur, Ahmadnagar und Golconda militärisch entscheidend besiegt,32 so dass sich die Machtverhältnisse in Südindien deutlich verschoben. Das bedeutete für den Es­ tado da Índia in diesem Fall eine Entlastung, hatten sich die vormals guten Beziehungen zum hinduistischen Königreich seit den späten 1550ern doch deutlich verschlechtert, was auch zu militärischen Konflikten geführt hatte.33 Im Süden Indiens entstand so ein politisches Vakuum, das andere Mächte, also auch die Portugiesen des Estado, nutzen konnten  – in rascher Folge eroberten diese nun in Kanara die Küstenstädte Honawar, Basrur und Mangalore im Lauf der Jahre 1568/69.34 1568 wurden, ermöglicht durch diese Entwicklungen, bereits zwei Festungen in Kanara erbaut, St. Sebastião in Mangalore sowie ein Fort in Barcelor, und 1569 noch eine dritte bei Onor (Honawar).35 Diese deutliche Ausweitung direkter Territorialherrschaft in Indien war ein ebenso deutlicher Bruch mit der bislang betriebenen Kolonialpolitik der portugiesischen Krone. Bis in die 1540er verfolgte Lissabon eine Politik des informellen Imperialismus. Angestrebt wurde die Suzeränität über möglichst viele Territorien, die damit einhergehenden Tribute und Protektoratsrechte, aber keine Einmischung in die innere Verfasstheit der asiatischen Ländereien.36 Das danach 30 Subrahmanyam: The Portuguese Empire in Asia 1500–1700, London/New York 1993, S. 10 f. 31 Biedermann: Colombo versus Cannanore, in: Journal of the Economic and Social History of the Orient (2009), S. 429. 32 Nilakanta Sastri: The Illustrated History of South India, Oxford/New York 2009, S. 190–192. 33 Ebd., S. 189 f. 34 Subrahmanyam: The Portuguese Empire in Asia 1500–1700, London/New York 1993, S. 106. 35 Malekandathil: Portuguese Cochin and the Maritime Trade of India 1500–1603, Delhi 2001, S. 178. 36 Subrahmanyam: The Portuguese Empire in Asia 1500–1700, London/New York 1993, S. 78. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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einsetzende gewaltsame portugiesische Vorgehen führte aber dazu, dass die indischen Reiche der Umgegend waffentechnisch rasch aufrüsteten, und zwar durchaus mit europäischer Hilfe, bis ihre Artillerie und ihr Kampfstil dem portugiesischen gewachsen waren. Den Portugiesen wurde also schnell klar, dass sie in Indien vielleicht großflächige Territorien erobern, aber nicht halten könnten.37 Es wurde daher nötig, die gewonnenen Positionen zu sichern, nicht aber, sie über Gebühr hinaus zu erweitern, und diese Konsolidierung konnte ohne den Einbezug der neugewonnenen Untertanen nicht dauerhaft funktionieren. Es kam zu einer mehr oder weniger – meist weniger – bewusst gesteuerten Aufnahme indigener Strukturen in das koloniale System. Die Assimilation lokaler Elemente zeigte sich dabei nicht nur auf bevölkerungspolitischem oder religiösem Gebiet, sondern etwa auch in der Architektur. Obwohl neu angelegte Siedlungen nach europäischen Prinzipien angelegt wurden, wurde bei Eingriffen in bestehende Bausubstanz und im kleinräumigeren Maßstab auf Ortsübliches zurückgegriffen.38 Dazu kam, dass der Estado da Índia ja vor allem ein ökonomisch motiviertes Expansionsgebilde darstellte, für das Belastungen in Form der administrativen Kosten von Territorien keine funktionalen Anreize darstellten. Das galt ebenso für durch fundamtentalchristliche Politik entstehende Komplikationen. Erst während der Regentschaft Joãos III. als König von Portugal begann, in einer zeitlichen Parallele zum Tridentinum und den ersten gegenreformatorischen Bewegungen, auch im portugiesischen Machtbereich die Verfolgung Andersgläubiger.39 Damit kann aber unter den Bedingungen zerdehnter Kommunikation und lokalen Spielraums der kolonialen Autoritäten (siehe Kap. 3.2) nicht von einer uniformen und generell durchgesetzten Herangehensweise ausgegangen werden. Da der Estado sich in den frühen 1540ern vor dem Hintergrund sinkender Einnahmen und steigender Ausgaben in einer Ressourcenkrise befand, konnten diskriminatorische Praktiken etwa gegenüber indigenen organisierten Händlergruppen nicht aufrechterhalten werden – man bedurfte ihrer schließlich des Geldes wegen.40 Zudem war die Erwartungshaltung, mit der man auf indischer Seite an die neuen Herren herantrat, klar definiert: Im dharmaśāstra, dem hinduistischen Rechtskorpus, waren auch die Rechte und Pflichten eines Eroberers kodifiziert, und obwohl dem König klar das Privileg zugesprochen wurde, durch die strafrechtliche Durchsetzung der Gesetze für Gerechtigkeit und sozialen Frieden zu sorgen,41 wurde er doch im Zug der Er 37 Sansom: The Western World and Japan, New York 1970, S. 57. 38 Texeira: Portuguese traditional settlements, in: Traditional Dwellings and Settlement Review (1990), S. 29. 39 Boxer: The Portuguese Seaborne Empire, 1415–1825, London 1969, S. 72 f. 40 Subrahmanyam: The Portuguese Empire in Asia 1500–1700, London/New York 1993, S. 93. 41 Kane: HD 1.2 (19752), S. 855. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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oberung neuer Gebiete verpflichtet, die lokalen Gebräuche und Rechte seiner neuen Untertanen zu wahren.42 Im Gebiet von Baçaim wurden so in den frühen 1540ern nicht nur keine Missionsanstrengungen von Seiten der kolonialen Administration unternommen, sondern im Gegenteil die lokalen muslimischen Gemeinden und Einrichtungen durch die portugiesischen feitores finanziell unterstützt.43 Innerhalb dieses sich beständig verschiebenden Ensembles von größeren und kleineren regionalen und lokalen Machtfaktoren bestanden für die Societas stets Optionen, sich mit politischen Akteuren zu verbinden, so dass Einschränkungen ihrer Möglichkeiten, ihre Praktiken auszuüben, innerhalb der politischen Phase ausgeglichen werden konnten. Durch diese pragmatische Flexibilität, sich innerhalb und außerhalb des kolonialen Gefüges zu bewegen und zu vernetzen, wurden zugleich die bisherigen sozialen, religiösen und politischen Balancen verschoben.44 Damit wird zugleich vor der genaueren Analyse eine weiträumigere Verortung der jesuitischen Aktivitäten notwendig. Dieser weitere Kontext, in dem das ›Indien‹ der Societas verortet werden musste, war vor allem durch die kirchenrechtliche Basis gegeben, auf der die jesuitische Asienmission seit der Anfrage Joãos III. beruhte. Das portugiesische padroado real war eine lose Verknüpfung von Rechten und Privilegien, die der heilige Stuhl der portugiesischen Krone eingeräumt hatte, um dieser einen Anreiz zu schaffen, die Mission in den Kolonialgebieten vorzunehmen. Die erste Bulle mit entsprechenden Konzessionen, Dum Diversas, erließ Nikolaus V. (Tommaso Parentucelli, 1397–1455; Pont. 1447–55) bereits 1452 im Kontext der portugiesischen Streifzüge an den afrikanischen Küsten, die letzte, Praecelsae Devotionis, Leo X. (Giovanni de’ Medici, 1475–1521; Pont. 1513–21) 1514. Dum Diversas bestätigte dabei vor allem das Recht des portugiesischen Königs, Sarazenen, Heiden und andere Ungläubige anzugreifen, zu erobern, ihre Besitzungen und Territorien zu annektieren und sie selbst zu versklaven. Die Bestimmungen waren allerdings unspezifisch genug, dass sie prinzipiell auf alle Gegenden und Völker der Erde anwendbar waren.45 Das spanische patronazgo real funktionierte analog, baute aber vor allem auf Julius’ II. (Giuliano della Rovere, 1443–1513, Pont. 1503–13) Universalis Ecclesiae von 1508 auf.46 Wie beide iberischen Kolonialimperien im 16. Jahrhundert in ihren Strukturen und Strategien durchaus nicht so weit voneinander entfernt waren, wie es auf den ersten Blick scheinen

42 Kane: HD 3.1 (19732), S. 71. 43 Schurhammer SJ: FX 2.1 (1963), S. 494. 44 Xavier: Disquiet on the island, in: The Indian Economic and Social History Review (2007), S. 271. 45 Boxer: The Portuguese Seaborne Empire, 1415–1825, London 1969, S. 21. 46 Boxer: The Church Militant and Iberian Expansion 1440–1770, Baltimore/London 1978, S. 77 f. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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mag,47 so gilt das auch für die kirchlichen Kompetenzen der jeweiligen Herrscher. Beide Patronate beinhalteten einen Kernbereich von Rechten, die den jeweiligen Kronen zugestanden wurden: Das Recht, Kirchen, Klöster und andere spirituelle Einrichtungen errichten zu lassen; dem heiligen Stuhl eine dementsprechende Kandidatenliste mit geeigneten Personen für alle Erzbistümer, Bistümer und Abteien im Patronatsgebiet zur Investitur vorzulegen, für die kleineren kirchlichen Ämter den jeweils zuständigen (ebenfalls bereits über dieses Verfahren investierten) Bischöfen; und zuletzt das Recht, die kirchliche Rechtsprechung und Finanzierung zu verwalten und Veto gegen päpstliche Bullen und Briefe einzulegen, die Angelegenheiten des Patronats berührten und nicht zuvor den jeweiligen königlichen Kanzleien vorgelegen hatten. In allen Fragen bis auf Dogma und Lehre war die koloniale Kirche damit de facto eine Kron­ behörde.48 Entgegen den Angaben von Silva Rego oder Boxer kann aber dennoch nicht davon ausgegangen werden, dass die koloniale Kirche und der Träger des padroado, also der koloniale Staat, in Indien dieselbe untrennbare Agenda, also programmgemäß die Beförderung des christlichen Glaubens, hatten.49 Damit ist allerdings weder ausgeschlossen, dass zwischen diesen beiden Akteurskollektiven Praktikenkonvergenzen auftreten, denn schließlich operierten beide in einem zumindest teilweise deckungsgleichen Kontext, noch, dass sich die Akteurskollektive in den Personen oder deren Viten überschnitten. Gerade was diese nicht-gleichzeitigen Verflechtungen und deren Implikationen angeht, kann festgehalten werden, dass viele der im betreffenden Zeitraum in Indien aktiven Jesuiten entweder bereits den militärisch-administrativen Bereich des Estado da Índia im Dienst der Krone durchlaufen oder aber militärische Unternehmungen als Feldgeistliche begleitet hatten (siehe Kap. 3.5). Gewisse Überschneidungsbereiche im Spektrum der tat-sächlichen Praktiken deuten sich an, so zum Beispiel in der immer noch nicht gelösten Kontroverse um die Frage, ob die Societas Jesu in Indien auch gewaltsame Mission sowie Selbstverteidigung mit Waffen praktiziert habe.50 Eine besonders schwierig mit dem Ethos und Missionsvorschriften des Kirchenrechts zu vereinbarende Praktik steht hier seit ihrer Schilderung durch­ Boxer 1978 immer wieder in der Diskussion: Gegen Ende des 16. Jahrhunderts seien in Goa immer zum Fest der Bekehrung Paulus’ (25. Januar) Massen­taufen durchgeführt worden, für die man die nötigen Hindu-Täuflinge in den Straßen der Stadt gewaltsam eingefangen und durch Kontakt mit Rindfleisch rituell verunreinigt habe, so dass sie konvertieren mussten, weil sie ihren sozia 47 Subrahmanyam: Holding the World in Balance (2007), S. 1373. 48 Boxer: The Church Militant and Iberian Expansion 1440–1770, Baltimore/London 1978, S. 78 f. 49 Pachuau: The Spiritual Concerns of  a Mercantilist Empire, in: Studies in History (2004), S. 32. 50 Jorissen: Das Japanbild im Traktat (1585) des Luis Frois, Kyōto 1987, S. 32. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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len Status in der Hindu-Gesellschaft völlig verloren.51 Xavier berichtete eine ähnliche Episode: Im Juli 1560 seien einige junge Brahmanen von Divar und Chorão zu einer Pilgerreise nach Bijāpur aufgebrochen, um an einer GaneshaZeremonie teilzunehmen, dabei verhaftet und anschließend zwangskonvertiert worden (siehe Kap. 6.3). Zuvor ging er auf die Praktik der rituellen Beschmutzung durch die Verpflegung von Gefangenen mit Gerichten, mit deren Verzehr ein Verlust der Kastenzugehörigkeit einherging, ein.52 Eine Wiederaufnahme in die Gemeinschaft der Hindus und damit eine Reinigung von dieser Form der Beschmutzung war zwar theoretisch möglich, praktisch aber sehr schwierig zu erreichen.53 Selbst wenn diese Darstellungen der Abläufe als rein äußerliche Vorgangsbeschreibung vollständig korrekt sein sollten, so mag es sein, dass auch solche Praktiken von den Rezipienten, also in diesem Fall den Zwangskonvertierten, in ihrem Sinne genutzt wurden. Während mit der Konversion zum Christentum eine rechtliche und formale soziale Aufwertung innerhalb des portugiesischen Machtbereichs verbunden war, bedeutete der freiwillige Übertritt zur fremden Religion in den Augen nicht-christianisierter Inder zunächst einmal den Verlust der Kaste, was das soziale Leben außerhalb des Estado da Índia für die Konvertiten bedeutend erschwerte. Während der Taufen, die Domingos Fernandez (*c.1526) 1560 auf der Insel Chorão vornahm, wurden daher von einigen potentiellen Konvertenden die Bitten geäußert, man möge sie doch (sichtbar) zur Konversion zwingen, um dem Verlust der Kastenzugehörigkeit vorzubeugen54 – und dennoch die Privilegien der christianisierten Bevölkerungsgruppen nutzen zu können. Damit bewegten sie sich im Rahmen traditioneller hinduistischer Rechtspraktiken, die grundsätzlich Transaktionen unter Zwang als nichtig erklärten,55 so dass eine Rücknahme von Zwangskonversionen erlaubt56 und unter Beachtung bestimmter Sühnerituale eine Wiederaufnahme in die hinduistische Gesellschaft ermöglicht wurde.57 Eine nicht genau bestimmbare, aber gewichtige Gruppe der hinduistischen Einwohner Goas konvertierte aus ökonomischen Gründen,58 worunter auch die Praktik fiel, dass die meisten Familienmitglieder in die nicht-portugiesischen Nachbarterritorien auswanderten, um dort ungehindert ihren Glauben praktizieren zu können, aber einige Mitglieder zurückblieben. Diese konvertierten dann, um die Rechts 51 Boxer: The Church Militant and Iberian Expansion 1440–1770, Baltimore/London 1978, S. 100. 52 Xavier: Goa. A Social History (1510–1640), Goa 1993, S. 116 f. 53 D’Costa SJ: The Christianisation of the Goa Islands, Bombay 1965, S. 23. 54 Xavier: Disquiet on the island, in: The Indian Economic and Social History Review (2007), S. 283. 55 Kane: HD 1.1 (1968), S. 526. 56 Kane: HD 4.1 (19732), S. 117 f. 57 Kane: HD 2.2 (19742), S. 973–975. 58 Xavier: Goa. A Social History (1510–1640), Goa 1993, S. 32. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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ansprüche auf den innerhalb des Estado da Índia gelegenen Familienbesitz aufrechterhalten zu können.59 Allerdings scheinen auch bei den in der Bekehrung Chorãos angewandten Methoden die Zwangsmaßnahmen, die von der Gesellschaft Jesu unter Zuhilfe­ nahme der kolonialen Infrastruktur, etwa der lokalen portugiesischen Truppen, angewandt wurden, mit der Drohung und Anwendung physischer Gewalt bis hin zum Tod verbunden gewesen zu sein.60 Trotz der damit verbundenen gegenläufigen Effekte wurde so während der 1560er anscheinend eine zumindest oberflächlich weitgehend vollständige Konversion der Inselbevölkerung erreicht, auch wenn die jeweilige Motivlage der Konvertiten nicht genau bestimmt werden kann.61 In diese Zeit fiel auch der Bericht António de Quadros’, amtierender Provinzial Indiens, der festhielt, dass unter den indigenen Konvertiten eine – unbestimmt hohe – Anzahl von Hindus sei, die wegen Verstoßes gegen die Bestimmungen des Provinzialkonzils von 1567 eingesperrt wurden und die im Gefängnis aus Angst vor Strafe nach der Taufe verlangten. Diese Menschen würden dann von den Jesuiten zunächst gespeist, was dazu führte, dass sie in den Augen strenggläubiger Hindus unrettbar unrein würden, also ihre Kaste verlören, was ihnen die Annahme des Christentums als einzigen Ausweg erscheinen ließe.62 Auch diese Praktikenbeschreibung lässt sich zumindest doppelt deuten: Einerseits konnte es sich um eine Instrumentalisierung der ko­lonialen staatlichen Infrastruktur seitens der Societas handeln, um Konversionen zu generieren, ohne selbst zu Zwangsmaßnahmen greifen zu müssen, und andererseits wäre eine erfolgreiche Konversion zur Sicherung oder Verbesserung des eigenen sozialen Status im Estado durch die Konvertiten ohne die sozialen Folgen der freiwilligen Kooperation mit der fremden Besatzungsmacht ebenso möglich. Konvertierende Unberührbare beispielsweise verloren in der christlichen Gesellschaft ihre Kastenzugehörigkeit und erlebten damit eine sonst unmögliche soziale Aufwärtsmobilität.63 Ebenso möglich und wahrscheinlich ist natürlich das gesamte Spektrum von Motivkombinationen dazwischen, sind Handlungen doch selten monokausal. Bei jesuitenfreundlicheren Autoren wie Wright wird hingegen eine andere Sichtweise der geschilderten Überlieferungen vorgeschlagen: »This was almost certainly unfounded propagandist exaggeration, but a clear enough signal that calculating an appropriate pace of conversion was a problem that never went away.«64

59 Xavier: Goa. A Social History (1510–1640), Goa 1993, S. 33 f. 60 Xavier: Disquiet on the island, in: The Indian Economic and Social History Review (2007), S. 284 f. 61 Ebd., S. 286. 62 Boxer: The Portuguese Seaborne Empire, 1415–1825, London 1969, S. 71. 63 Xavier: Goa. A Social History (1510–1640), Goa 1993, S. 37. 64 Wright: God’s Soldiers, New York u. a. 2004, S. 126. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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Intolerante Praktiken gegenüber anderen Religionen und deren Anhängern, vor allem den die lokale Bevölkerungsmehrheit stellenden Hindus, waren aber durchaus häufig. Das wird deutlich an mutwilligen Sakrilegen der Christen gegen Kühe, heilige Badestätten und Zeremonien,65 die vor allem in den 1540ern deutlich zunahmen66 – auch Javier ließ seine Konvertiten an der Malabarküste 1548 Götterbilder zerschlagen, auch aus Tempeln noch nicht konvertierter Dörfer67 – ist aber für sich genommen noch kein Beleg für die oben angesprochene Kreuzkontamination der beiden Praktikensysteme. Vielmehr stellt ein solches Vorgehen unter der Maßgabe der Verbreitung der eigenen religiösen Denomination bei gleichzeitiger Zurückdrängung aller anderen eine rationale Handlungsoption dar. Alle Anknüpfungspunkte an die alte Religion, die zurückblieben, stellten schließlich potentielle Anreize zur Apostasie dar, so dass »[d]estroying pagan religious sites would leave the Indians in a religious vacuum which would make them turn more willingly to the consolations of Christianity.«68 Im indischen Missionsfeld lassen sich nicht nur die Praktiken der kolonialen Administration, sondern auch die der jesuitischen Missionare an dieses Paradigma anschließen (siehe 6.3), und auch in Japan finden sich derartige Vorfälle wieder, wie das von Fróis geschilderte Vorgehen Gaspar Vilelas auf den GōtoInseln bei Hirado 1559 zeigt. »Nun war in Hirado kein Raum für viele Bekehrungen wegen des Widerstandes der Bonzen und des stillen Hasses der Hisho. Darum sprach der Pater [Gaspar Vilela] mit Dom Antonio, es wäre gut, wenn man auf den Inseln seiner Jurisdiktion seine Vasallen zu Christen machte. […] Und in demselben Maß, wie die Leute getauft wurden und gutes Verständnis für die Dinge Gottes zeigten, so vermehrte der Pater (um bei ihnen schneller die alten Wurzeln des Heidentums auszureißen) die Zahl der Götzenbilder aus verschiedenen Tempeln und indem er sie in Haufen aufeinander warf, machte er davon sehr große Freudenfeuer.«69

Unterstützt wurde ein derartiges Vorgehen der Missionare durch die Strukturen, innerhalb deren sie operierten – Strukturen, die ihnen ein großes Maß an eigenverantwortlichem Handeln ermöglichten. Theoretisch sah das Prozedere des kirchlichen Vorgehens bei der ekklesiastischen Durchdringung der neuen Herrschaftsbereiche folgendermaßen aus: Die kirchlichen Aktivitäten standen unter der Kontrolle der Bischöfe, als direkte Nachfolger der Apostel, mit der höchsten Autorität konzentriert im Papst als Nachfolger Petrus’. Sobald 65 Jorissen: Das Japanbild im Traktat (1585) des Luis Frois, Kyōto 1987, S. 33. 66 Xavier: Goa. A Social History (1510–1640), Goa 1993, S. 113. 67 Schurhammer SJ: FX 2.2 (1971), S. 364 f. 68 Cummins: Two Missionary Methods in China: Mendicants and Jesuits, in: Archivo Ibero-Americano (1978), S. 72. 69 Fróis, Luís SJ: Die Geschichte Japans (1549–1578), hg. u. übers. v. Schurhammer SJ/ Voretzsch SJ, Leipzig 1926, S. 59. [ME], [MA], (EiO). © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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Diözesen und Pfarrbezirke eingerichtet waren, sollten die Pfarreien von Weltgeistlichen unter bischöflicher Aufsicht geleitet werden.70 Da ein entsprechender Diözesanklerus aber nicht in genügender Zahl vor Ort vorhanden war und der Aufbau der kirchlichen Infrastrukturen ebenfalls nicht mit der Ausweitung der kolonialen Machtbereiche Schritt hielt, erhielten 1522 die Superiore der geistlichen Orden im Estado da Índia die uneingeschränkte Befugnis, nicht nur Konversionen, sondern auch die daraus folgenden Pfarrtätigkeiten zu übernehmen. Damit gingen Privilegien wie die Exemption von der eigentlich lokal zuständigen bischöflichen Gewalt einher, was konfliktträchtig war. Noch im Jahr seines Amtsantritts, 1560, versuchte der Erzbischof Goas, Gaspar Jorge de Leão Pereira (†1576, amt. 1560–7 u. 1571–6), diese Privilegien für die Societas Jesu in seiner Diözese aufheben zu lassen.71 Ab 1563/64 geriet diese Praxis zusätzlich in offenen Widerspruch zu den Konzilsbeschlüssen des Tridentinums, die ja als einen Pfeiler der Kirchenreform die bischöfliche Gewalt wieder stärken wollten.72 Diese innerkirchlichen Spannungsverhältnisse bestanden bereits, als die Gesellschaft Jesu sich dieses Missionsfeldes annahm. Sie unterstützten aber deren spezielle Vorgehensweisen, indem sie die Trennung der Jesuiten in Asien von den eigentlich vorgesehenen kirchlichen Hierarchien und Praktikengeflechten noch deutlich erleichterten. Direkt damit verbunden erweiterte diese strukturelle Beschaffenheit auch den Spielraum gegenüber der Krone, die zwar gemäß der Patronatsprivilegien weitgehenden Einfluss auf die Besetzung der Bistümer nehmen konnte, aber gegenüber den geistlichen Orden keinerlei entsprechende Befugnisse genoss. Dennoch ging die Umsetzung der nach diesem Schema notwendigen Maßnahmen auch bei der Societas Jesu schleppend vor sich. Während die Residenz des Ordens in Baçaim bereits 1549 eröffnet wurde, schon bei ihrer Gründung eine Katechumenenschule einschloss und mit dem Bau des Colégio do São Nombre dort bereits 1564 begonnen wurde, so wurde die erste jesuitische Pfarrei in Baçaim erst 1566 eingerichtet, gefolgt von einer zweiten 1580.73 Bezieht man ein, wie sehr das Konzept einer Pfarrei jedoch der itinerarischen Ausrichtung der Societas zuwiderlief, und dass auch die Papstkirche vor dem Tridentinum die monastische Form kirchlicher Organisation und kirchlichen Lebens vor dem Weltklerus zumindest implizit eher bevorzugte,74 so verwundert es weniger, dass zwischen der Bekehrung der Konvertiten und der lokalen Institutionalisierung derer spirituellen Versorgung solche Lücken 70 Boxer: The Church Militant and Iberian Expansion 1440–1770, Baltimore/London 1978, S. 65. 71 D’Costa SJ: The Christianisation of the Goa Islands, Bombay 1965, S. 69. 72 Boxer: The Church Militant and Iberian Expansion 1440–1770, Baltimore/London 1978, S. 66. 73 Hambye SJ: India, in: DHCJ 2, S. 2002. 74 Boxer: The Church Militant and Iberian Expansion 1440–1770, Baltimore/London 1978, S. 67. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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enstanden. Hier eröffnet sich wieder dasselbe Dilemma, das bereits mit der begrifflichen Konkretisierung »Indiens« eingesetzt hatte. Es bestand zwar ein großer Freiraum, fern der kirchlichen, staatlichen und sogar ordenseigenen Strukturen eigenverantwortlich zu operieren, also Konvertiten zu machen. Doch war auch dieser Freiraum umgrenzt (wenn auch nur nebulös), und die daraus folgenden Konsequenzen führten entweder dazu, dass dem Geist der constitutio­ nes nicht Genüge getan werden konnte oder dass die Konversionen nicht mit dem notwendigen Unterbau versehen wurden, der für ihre tat-sächliche Wirksamkeit hätte sorgen können. Dieses Problem prägte sich in den portugiesischen Kolonialgebieten Indiens nicht so stark aus, da sowohl andere Orden vor Ort waren als auch die Patronatskirche einzelne funktionsfähige Einheiten bildete, so dass ein Teil der nötigen Seelsorge aufgefangen wurde. In Goa befanden sich 1542 bei der Ankunft Javiers bereits gut hundert christliche Geistliche verschiedener Qualifikation.75 1554/55 teilte der viso-rey Pedro Mascarenhas das Einzugsgebiet Goas zwischen Dominikanern und Jesuiten in einen westlichen und einen östlichen Bereich auf,76 innerhalb dessen die jeweiligen Orden allein operierten. Die 1546 unter der Führung Antonio do Portos in Goa eingetroffenen sechs Franziskaner etwa machten sich nach Absprache mit dem General­v ikar Miguel Vaz daran, im Gebiet von Baçaim zu operieren, weil dort noch keine Jesuiten tätig waren. Die jeweiligen missionarischen Anstrengungen konnten sich also durchaus synergetisch ergänzen.77 Dieses Zusammenspiel von Ordens- und Weltklerus darf allerdings nicht als rein harmonische Kooperation verstanden werden. In der Provinz Salçete bei Goa, in der die Societas ebenfalls seit den 1560ern Pfarrstellen wahrnahm, musste sie diese Tätigkeit 1573/74 nach Beschwerden des Erzbischofs von Goa wieder aufgeben.78 1550 erhielten die Jesuiten die Kirche Madre de Deus in Cochin zugewiesen, um dort ein Kolleg zu errichten. Die Sodalität, der die Kirche zuvor gehört hatte, protestierte gegen diese Enteignung und erhielt die Kirche auch 1552 zurück – nur um sie 1557 wiederum an die Societas Jesu abtreten zu müssen, als João III. zu deren Gunsten intervenierte.79 Die Schwierigkeiten waren nicht rein organisatoischer Art, sondern zeigten tieferliegende Bruchlinien auf, die innerhalb der Kirche verliefen. Die Societas ließ sich in ihrer Spiritualität und dem daraus resultierenden Vorgehen, dem ›modo de proceder‹, nicht auf die katholische Orthodoxie des konfessionellen Zeitalters reduzieren, sondern stand in einem beständigen Spannungsverhältnis zwischen internalisierten und externalisierten Praktiken 75 Moffett: A History of Christianity in Asia, Maryknoll 2005, S. 10. 76 D’Costa SJ: The Christianisation of the Goa Islands, Bombay 1965, S. 35. 77 Schurhammer SJ: FX 2.2 (1971), S. 104. 78 Alden: The Making of an Enterprise, Stanford 1996, S. 335. 79 Malekandathil: Portuguese Cochin and the Maritime Trade of India 1500–1603, Delhi 2001, S. 87. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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des Ausdrucks ihrer Spiritualität.80 In Japan, wo bis in die 1580er weder andere Orden für die Mission zugelassen noch überhaupt koloniale Strukturen europäischer Staaten vorhanden waren, zeigte sich diese Problemlage wesentlich schärfer (siehe Kap. 6.4). Verschärft wurde die Lage in beiden Fällen dadurch, dass die personelle Ausstattung der Societas ihren Ambitionen nicht gerecht werden konnte. Erreichten in den späten 1540ern insgesamt knapp über 20 Jesuiten Indien, so wuchs diese Zahl bis in die 1590er lediglich auf gut 170 an.81 Auch wenn über diese Zahlen nur ein Teil  des vor Ort vorhandenen Menschenpotentials der Gesellschaft erfasst wird, da hier nur die als Jesuiten vom Orden offiziell als Missionare nach Indien geschickten oder dort eingetretenen Personen gezählt wurden (siehe Kap. 3.5), so wäre auch die doppelte oder dreifache Anzahl unter Einbezug der in Indien eingetretenen europäischen und indigenen Kräfte nicht genug gewesen, um die laut Eigenaussagen des Ordens erbrachten Konversionen nachhaltig zu sichern, ganz gleich, wie groß die Auffangpotenziale der übrigen Orden und der Patronatskirche gewesen sein mögen. Geht man davon aus, dass die zusammengenommen etwa 80.000 Taufen, von denen Javier allein unter den Paravas berichtete,82 deutlich übertrieben sind, so bliebe selbst bei einer Reduktion der Zahlen um den Faktor zehn nach Javiers Abreise ein Verhältnis von jesuitischen Geistlichen zu Neophyten von 3:8000, so dass ein einzelner Angehöriger der Gesellschaft gut 2700 Gläubige spirituell zu betreuen, zu katechisieren und zu führen gehabt hätte. Pedro Vaz berichtete Entsprechendes 1568 an den Ordensgeneral über die Situation in Thána, im Norden der Besitzungen des Estado. Er bezifferte das Verhältnis für einen Ort mit etwa 2500 Christenseelen auf einen irmão der Gesellschaft, der allerdings glücklicherweise in der Lage sei, durchgängig in der lokalen Sprache zu arbeiten.83 Da sich diese Gemeinden über ein verhältnismäßig großes geographisches Gebiet verteilten, konnte mit einer solchen Konversionspraktik keine vertiefte, keine dichte Hinführung zu und Überwachung von christlichen Praktiken bei den Konvertiten einhergehen. Vielmehr wurde zunächst eine Anerkennung des spirituellen Suprematieanspruchs des durch die katholische Kirche in Gestalt der Societas Jesu vertretenen christlichen Dogmas erzielt, mani­ fest im Auswendiglernen des Credos und des Reimkatechismus Javiers, eine Ausweitung des imperialen Territoriums innerhalb der spirituellen Phase. Javier selbst hatte sich in Malabar in seiner Katechisierungspraxis abseits des Rück-

80 Mongini: Per un profile dell’eresia gesuitica, in: Rivista Storica Italiana (2005), S. 39, S. 57. 81 Pachuau: The Spiritual Concerns of  a Mercantilist Empire, in: Studies in History (2004), S. 55. 82 Moffett: A History of Christianity in Asia, Maryknoll 2005, S. 11. 83 Vaz, Pero SJ: Schreiben an den Ordensgeneral vom 27. Dezember 1568, in: DHMPPO/I 10, Dok. 53, S. 479. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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griffs auf Dolmetscher zur Übersetzung seiner Predigten vor allem darauf konzentriert, das Vaterunser, das Ave Maria, Confiteor und Salve Regina, die zehn Gebote und die korrekte Bekreuzigungspraktik in Tamil auswendig zu lernen und beständig zu wiederholen.84 Auch die Ordination indischstämmiger Priester, wie etwa der drei an der Malabarküste 1548 tätigen Kleriker Francisco Coelho, Manuel und Gaspar,85 konnte diesen Zustand nicht beheben, dafür war deren Zahl zu gering. Der Einbezug indigener Konvertiten als Prediger und Katecheten, die auch andere Aufgaben wie die Taufe Neugeborener übernahmen, wurde ab 1549 verstärkt, um die Personalprobleme zu kompensieren, auch wegen der größeren linguistischen und soziokulturellen Kompetenz dieser Helfer »um Gotteslohn«.86 Die konkrete Einführung in christliche Glaubensinhalte und -praktiken auf einem Europa vergleichbaren Niveau wurde aber damit notwendigerweise zu einem auf unbestimmte Zeit verschobenen Zukunftsprojekt.87 Die Paravas waren 1530 zum Christentum konvertiert und bereits seit 1542 in das Praktikengeflecht der Societas integriert, durch Missionare und kanakappilei spirituell geleitet. Anfang 1552 schrieb nun Henriques von der Fischerküste an Loyola: »Kürzlich habe ich den Schritt unternommen, diesen Christen das Mysterium der Heiligsten Dreifaltigkeit, der Inkarnation Unseres Herrn Jesu Christi und den Grund, warum wir das Kreuz anbeten, zu verstehen zu geben […]«88, so dass man sich fragen kann, ob derart basaler Inhalte katholischen Dogmas unkundige Konvertiten überhaupt berechtigterweise als Christen bezeichnet werden können. Gerechtfertigt wurde diese Praktik langsamen Vorgehens ab den 1560ern unter anderem durch die auch in den constitutiones festgehaltene Abwägung zwischen der Sorge für die bestehenden Konvertiten und dem Erringen neuer Seelen, so dass abgewogen werden musste, auf welche Weise der größere spirituelle Gewinn zu erzielen sei. Die Societas Jesu entschied sich im Indopazifik offensichtlich für Masse statt Klasse. Damit war allerdings ein gewisser Zielkonflikt verbunden, hatte Loyola doch bereits 1548 über Polanco nach Indien geschrieben, es sei besser, sichere Konversionen herbeizuführen, auch wenn deren Zahl damit geringer würde.89 Die entsprechenden Bestimmungen der Konstitutionen allerdings drückten sich nur sehr vage aus, was die Bestimmung 84 Buckley: Catequesis, in: DHCJ 1, S. 714. 85 Schurhammer SJ: FX 2.2 (1971), S. 157. 86 Schurhammer SJ: FX 2.3 (1973), S. 391. 87 Vgl. für Japan: Lucena, Afonso de SJ: Erinnerungen aus der Christenheit von Ōmura, hg. u. übers. v. Schütte SJ, Rom 1972, S. 97. 88 Henriques, Henrique SJ: Schreiben aus Cochim an Loyola vom 27.  Januar 1552, in: MHSI/DI 2, Dok. 64, S. 302. OR:»Há dias que pus diligencia pera dar a entender a estes christãos o mysterio da Sanctissima Trindade,  a encarnação de Nosso Senhor Jesu Christo e  a causa porque adoramos a cruz […]«. 89 Schurhammer SJ: FX 2.2 (1971), S. 303. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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einzelner Jesuiten zu missionarischen Aufgaben und deren anzustrebendem Charakter anging.90 Die einer Orientierung auf Massenkonversionen entsprechenden katechetischen Aufgaben wurden im indischen Missionsfeld entweder an andere Orden oder den Weltklerus delegiert oder aber von den Konvertiten nach einer entsprechenden Einweisung selbst geleistet, so dass die neuen Gemeinden sich im Wortsinne selbst polizierten (siehe Kap. 6.3). Dass Dürr die Verhältnisse in den Reduktionen Paraguays, wo das Zahlenverhältnis von Mitgliedern der Societas zu Guaraní-Konvertiten/Konvertenden im 17. Jahrhundert bei etwa 1: 2000– 3000 lag, als von der Personalausstattung wesentlich schlechter als in Asien beschreibt,91 trifft zumindest im Vergleich mit dem zweiten Drittel des 16. Jahrhunderts kaum zu und deutet auf strukturelle Ähnlichkeiten der Vorgehensweise in beiden Missionskontexten hin. Gerade für den südamerikanischen Fall hielt auch Alden bereits fest, dass sich hier deutlich zeige, dass der Mangel an Personalressourcen für die zu bewältigenden Aufgaben ein strukturelles Problem darstellte92 – genau wie im indopazifischen Raum. In Indien bedeutete das Vorhandensein anderer organisierter katholischer spiritueller Praktikengeflechte für die Societas dementsprechend auch noch lange nicht, dass damit wesentliche Probleme gelöst gewesen wären. Zu den Anlaufschwierigkeiten der jesuitischen Indienmission trug unter anderem bei, dass die bisherigen Missionare, meist Dominikaner oder Franziskaner, sich vor allem um die spirituellen Belange der im kolonialen Bereich ansässigen oder anwesenden Portugiesen gekümmert hatten. In Gebieten, die erst vor kurzem von muslimischer Herrschaft unter portugiesische gewechselt hatten, galten Bekehrungen generell als schwer möglich und wurden teilweise auch gar nicht angestrebt.93 Etwa vorhandenen autochtonen Kirchen wie den Thomaschristen wurde im Namen des katholischen Dogmas mit nicht mehr Toleranz begegnet als den Heiden.94 Darüber hinaus wurden an katholisch-christliche Praktiken erinnernde nicht-christliche Glaubensäußerungen während des 16.  Jahrhunderts oft als durch diese autochtonen Kirchen eingeführte, durch Unwissenheit zu Götzendienst herabgesunkene Elemente des ›wahren Glaubens‹ gefasst,95 so

90 Vgl. Loyola, Ignacio SJ: The Constitutions of the Society of Jesus, St. Louis 1970, übers. u. komm. v. Ganss SJ, Teil VII, Kap. 2, § 618.1, S. 272 f. 91 Dürr: Wechselseitiger Kulturtransfer, in: Zeitsprünge (2007), S. 435. 92 Alden: The Making of an Enterprise, Stanford 1996, S. 476. 93 Rubiés: The Concept of Cultural Dialogue and the Jesuit Method of Accommodation., in: AHSI 2005, S. 248. 94 Mundadan: Meeting of two theologies in India in the 16th and 17th centuries, in: Journal of Dharma (1989), S. 77 f. 95 Amsler: ›Sie meinen, die drei Sekten seien eins‹, in: Schweizerische Zeitschrift für Religions- und Kulturgeschichte (2011), S. 80 f. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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dass eine pejorative Linie von der als häretisch empfundenen Lehre direkt in die Ungläubigkeit führte.

4.2 Goa: Nabe und Nexus Goa an der Westküste des indischen Subkontinents war bereits im Februar 1510 von einer portugiesischen Expeditionsflotte unter Afonso de Albuquerque erobert worden. Im November erzwangen die Expeditionsstreitkräfte gemeinsam mit lokalen hinduistischen Verbündeten vom örtlichen Vertreter des Sultans von Bijāpur, Ismāīl Khan,96 nach vorübergehenden Rückschlägen die endgültige Abtretung der auf Tiswadi, einer Insel zwischen den Flüssen Zuari und Mandovi, gelegenen Stadt an die portugiesische Krone.97 Diese war zu diesem Zeitpunkt seit zehn Jahren in Indien präsent. Im Jahr 1500 hatte Francisco de Almeida (c.1450–1510) das südlich von Goa gelegene Cochin als administra­ tiven Stützpunkt in Beschlag genommen, 1502 richtete er dort eine Faktorei ein. 1505 wurde Almeida erster viso-rey, Vizekönig von Indien (amt. 1505–09),98 und kleinere, günstig gelegene Handelsstädte an der Westküste des Subkontinents wurden in das Befestigungssystem des neuen Estado da Índia integriert, wie etwa Kannanūr an der Malabarküste noch 1505.99 Die portugiesische Präsenz an der indischen Küste erwies sich rasch als lukrativ und wurde daher gezielt ausgeweitet, wenn sich entsprechende Gelegenheiten boten, was allerdings aufgrund der personellen Unterdeckung des E ­ stado da Índia, vor allem was Truppenkapazitäten anbelangte, schwierig war.100 Die Einnahme Goas war nur durch die Hilfe des Herrschers von Vijayanagar möglich geworden, eines hinduistisch geprägten Königreichs in Südindien, das sich so eines Nachschubhafens für Kriegsgüter versichern konnte.101 Goa übernahm schnell die Stellung Kalikuts als führende Zwischenhandelsstation auf der Route zwischen Ostasien und Europa. Afonso de Albuquerque übernahm die Administration des portugiesischen Kolonialreichs in Indien im November 1509, als Almeidas Vizekönigschaft endete, aber aus hofpolitischen Gründen wie einige seiner Nachfolger unter dem Titel eines Gouverneurs (amt. 1509–15).102 Er in 96 Schurhammer SJ: FX 2.1 (1963), S. 175. 97 Boxer: The Portuguese Seaborne Empire, 1415–1825, London 1969, S. 46. 98 Subrahmanyam: The Portuguese Empire in Asia 1500–1700, London/New York 1993, S. 60. 99 Biedermann: Colombo versus Cannanore, in: Journal of the Economic and Social History of the Orient (2009), S. 418. 100 Xavier: Goa. A Social History (1510–1640), Goa 1993, S. 11. 101 Sansom: The Western World and Japan, New York 1970, S. 62. 102 Subrahmanyam: The Portuguese Empire in Asia 1500–1700, London/New York 1993, S. 67. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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stallierte in seiner Amtszeit das prägende System des Estado, eine Kette befestigter Sützpunkte entlang der Küsten des Indik und der Haupthandelsrouten der süd- und ostasiatischen Meere, durch Eroberungen von Städten wie Goa, Malakka und Hormuz.103 Die so entstehenden portugiesischen Überseesiedlungen, ob Städte, Faktoreien oder Forts, waren vor allem Mechanismen zur Kontrolle von Wegen und Territorien.104 Viele der entsprechenden Niederlassungen wurden gar nicht durch den Einsatz direkter militärischer Gewalt, sondern im Zug von Verhandlungen mit den lokalen Herrschern erworben, wie etwa Cochin, wo das portugiesische Fort vom lokalen Herrscher bereits 1503 auf eigenen Wunsch und eigene Kosten erbaut wurde,105 und Kannanūr.106 Die portugiesische Besetzung von Sokotra (bei Aden), Hormuz und Diu war Teil dieser Strategie, aber zugleich auch eine Eindämmungsstrategie gegen das Osmanische Reich, das nach 1515 durch die Besetzung Ägyptens in die Region hineinwuchs.107 Malakka, Sokotra und Hormuz waren drei wichtige Entrepôts an den asiatischen Hauptverkehrswegen und zugleich handelsbasierte Kleinstaaten im 15. und frühen 16.  Jahrhundert.108 Hormuz und Malakka waren dabei durch ihre Position an den beiden großen Nadelöhren des Indiks zu den beiden reichsten Städten der ganzen Region geworden, den wichtigsten Stapelplätzen für den Handel zwischen Europa und Indien sowie zwischen Indien und Ostasien.109 Wichtig zu bemerken ist dabei, dass der Estado da Índia zwar versuchte, die ökonomischen Netzwerke des indopazifischen Raums unter einer hierarchischen Struktur zusammenzubinden, die es der portugiesischen Krone und individuellen Händlern erlaubte, möglichst hohe Profite daraus abzuschöpfen, dass aber eine flächendeckende Kontrolle oder gar eine Übernahme größerer Anteile am innerasiatischen Handel unmöglich waren.110 Wichtig waren vor allem die nach Möglichkeit hegemoniale Kontrolle der Haupthandelswege zur See und die damit verbundenen Potentiale zur Abgabenerhebung.111 Insbesondere die Be­ 103 Subrahmanyam: The Portuguese Empire in Asia 1500–1700, London/New York 1993, S. 68. 104 Texeira: Portuguese traditional settlements, in: Traditional Dwellings and Settlement Review (1990), S. 25. 105 Malekandathil: Portuguese Cochin and the Maritime Trade of India 1500–1603, Delhi 2001, S. 73. 106 Biedermann: Colombo versus Cannanore, in: Journal of the Economic and Social History of the Orient (2009), S. 419. 107 Sansom: The Western World and Japan, New York 1970, S. 65. 108 Subrahmanyam: The Portuguese Empire in Asia 1500–1700, London/New York 1993, S. 13. 109 Boxer: The Portuguese Seaborne Empire. 1415–1825, London 1969, S. 42. 110 Frank: India in the World Economy, 1400–1750, in: Economic and Political Weekly (1996), S. 54. 111 Axelrod/Fuerch: Portuguese Orientalism and the Making of the Village Communities of Goa, in: Ethnohistory (1998), S. 443 f. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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setzung von Malakka sollte die Handelsrouten nach Ostasien absichern.112 Damit eröffneten sich aber auch zugleich neue Routen für portugiesische Händler und Missionare, die über den kolonialen Machtbereich hinausreichten, so etwa nach China und Japan. Zur Sicherung der so errichteten kolonialen Herrschaft war Albuquerque anscheinend durchaus gewillt, radikale Maßnahmen zu ergreifen. Jann warf ihm 1915 vor, ethnische Säuberung betrieben zu haben. »Sämtliche mohammedanischen Einwohner von Tissuar [Tiswadi] ließ Albuquerque auf barbarische Weise ausrotten. Den dort ansässigen Heiden aber gestattete er gegen eine Abgabe freie Ansiedlung.«113 Die Anschuldigung dürfte keinesfalls unbegründet sein. Schurhammer beschrieb denselben Sachverhalt, allerdings lediglich als gerechtfertigte Strafaktion.114 In der Analyse verknüpfte Jann diese Herrschaftssicherungsstrategie mit einer religiösen Motivation: »Von den Anhängern des Islam war keine Bekehrung zu erwarten, wohl aber von den Bekennern des Brahmanismus.«115 Um diese auch tat-sächlich zu bewerkstelligen, war die Societas Jesu schließlich von João III. gerufen worden, da die bisherigen Erfolge der portugiesischen Christianisierungspolitik hinter den Erwartungen der Krone zurückblieben,116 die von einem homogen christlichen Territorium nicht nur eine leichtere Beherrschbarkeit erwartete, sondern die Bekehrung ihrer neuen Untertanen auch als Ziel eigener Wertigkeit behandelte. Schurhammer gab die Zahl der so in Goa Umgekommenen mit 6000 an und sprach von einem »strenge[n] Strafgericht«.117 Das Verfahren Albuquerques in diesem Fall war allerdings nicht symptomatisch für die generelle portugiesische Politik der ersten Jahre des 16. Jahrhunderts gegenüber Andersgläubigen. In Lissabon bestand seit der Reconquista ein maurisches Viertel, dessen Bewohner zwar keine vollen Bürgerrechte genossen, aber weitgehende Freiheiten, darunter auch die Religionsfreiheit inklusive einer eigenen Moschee und Madrasse, zugestanden bekommen hatten. Dieses Koexistenzmodell wurde später auf Goa und Malakka übertragen.118 Albuquerque spielte in seiner Politik Hindus gegen Moslems aus und umgekehrt, stützte sich aber immer auf beide Parteien, um seine Ziele zu erreichen. Auch die süd­indischen Thomaschristen und die monophysitische koptische Kirche 112 Sansom: The Western World and Japan, New York 1970, S. 66. 113 Jann OMC: Die katholischen Missionen in Indien, China und Japan, Paderborn 1915; S. 85 f. [ME]. 114 Schurhammer SJ: FX 2.1 (1963), S. 226. 115 Jann OMC: Die katholischen Missionen in Indien, China und Japan, Paderborn 1915; S. 85 f. 116 Sindemann: Japanese Buddhism in the 16th century, in: BPJS (2001), S. 114. 117 Schurhammer SJ: FX 2.1 (1963), S. 175 f. 118 Subrahmanyam: The Portuguese Empire in Asia 1500–1700, London/New York 1993, S. 40 f. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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Äthiopiens wurden zunächst toleriert. 1530 wurde Goa schließlich offiziell anstelle des bislang hierfür genutzten Cochin zur Zentrale des Estado da Índia erhoben.119 Zur territorialen Abrundung der portugiesischen Besitzungen um die Insel herum wurden nach längeren Auseinandersetzungen mit den Adil Shāhis von Bijāpur die angrenzenden Festlandsprovinzen Bardez und Salçete erobert, die damit die Fläche der um Goa gelegenen portugiesischen Besitzungen gut verfünffachten.120 Offiziell abgetreten wurden sie im Jahr 1543.121 Zuvor hatte der Machtbereich des Estado da Índia in der unmittelbaren Umgebung seiner Hauptstadt außer Tiswadi lediglich vier kleinere Nachbarinseln umfasst, Chudamani (Chorão), Divapati (Divar), Vansim und Jua.122

4.2.1 Koloniale spirituelle Strukturen Am 06. Mai 1542 kam Javier gemeinsam mit Martim Afonso de Sousa, dem neuen Gouverneur, als erster Jesuit, der Indien betrat, auf der nao »Coulam« im Hafen Goas an.123 Seine ersten Meldungen aus Goa waren, was den Stand des Glaubens anbelangte, dann auch durchaus vorteilhaft. Die Stadt beinhalte viele Kleriker, Christen und Kirchen, Franziskanermönche und das Colégio da Santa Fé sowie die Konfraternität der Santa casa da misericórida, die viel Gutes täten und aufgrund derer der Name Christi unter den Heiden strahle.124 Er identifizierte damit zielsicher die auch architektonisch markierten Kernorte portugiesischer Überseestädte, die Knotenpunkte der wichtigsten sozioadministrativen Praktikengeflechte darstellten und durch massive, hervorstechende Gebäude markiert wurden: den Gouverneurspalast, die Stadthalle, das Hospital, die misericórdia, also die Armenfürsorge, und die jeweiligen Kirchen und Konvente.125 Auch was die zahlenmäßige Stärke des Klerus anbelangte, hatte er nicht übertrieben. 1514 wurde in der Stadt zunächst ein Generalkurat des ersten portugiesischen Überseebistums in Funchal auf Madeira eingerichtet,126 1517 folgten die Franziskaner – deren Kloster 1548 bereits 40 Ordensangehörige beherbergte127 – und 1534 wurde Goa zum Bischofssitz mit Jurisdiktion über 119 Malekandathil: Portuguese Cochin and the Maritime Trade of India 1500–1603, Delhi 2001, S. 73. 120 Xavier: Goa. A Social History (1510–1640), Goa 1993, S. 3. 121 Xavier: Disquiet on the island, in: The Indian Economic and Social History Review (2007), S. 270. 122 Xavier: Goa. A Social History (1510–1640), Goa 1993, S. 6. 123 Schurhammer SJ: FX 2.1 (1963), S. 130. 124 Schurhammer SJ: S. Francisco Xavier e a sua época (’), in: Studia (1963), S. 8. 125 Texeira: Portuguese traditional settlements, in: Traditional Dwellings and Settlement Review (1990), S. 25. 126 Sindemann: Japanese Buddhism in the 16th century, in: BPJS (2001), S. 114. 127 Schurhammer SJ: FX 2.1 (1963), S. 212. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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alle portugiesischen Besitzungen östlich vom Kap der Stürme erhoben.128 Die misericórdia war bereits unter Afonso de Albuquerque auf dessen Initiative gegründet worden, wurde aber erst mit der Übernahme der Schirmherrschaft durch João III. ab 1545 in der sozialen Landschaft der Stadt deutlicher wahrnehmbar.129 Seit 1541 existierte ein Seminar für indische Priester in der Stadt,130 das bereits erwähnte Colégio da Santa Fé, eingerichtet von der gleichnamigen Bruderschaft und in Bau befindlich auf den Ruinen einer größeren Moschee.131 Dort sollten gezielt einheimische Missionare ausgebildet werden, um das durch den im Handel erzielten Wohlstand und die normative Ungeregeltheit des kolonialen Lebens als defizient empfundene religiöse Leben Goas wieder in geregelte christliche Bahnen zu lenken.132 Javier übernahm die Verantwortung für den Betrieb der Institution bereits kurz nach ihrer Gründung, da die Bruderschaft die charakterliche Formung der Jugendlichen in den Händen von Klerikern als besser aufgehoben empfand.133 1545 übernahm Nicolao Lancilotto den Posten des Rektors, aber erst 1548 wurde das Kolleg der Societas vollständig übereignet134 und firmierte fortan als Colegió do São Paulo. Es blieb eine multikulturelle Institution, in der seit 1544 Studierende aus aller Herren Ländern unter jesuitischer Aufsicht Latein lernten.135 Die Ausbildung wurde der an anderen jesuitischen Kollegien, vor allem Coímbra, angeglichen und in eine dreijährige Elementarausbildung sowie eine darauf folgende sechsjährige universitäre Weiterbildung gegliedert.136 Die dort ausgebildeten Kleriker wurden jedoch nur als Weltgeistliche eingesetzt, ohne dabei Chancen auf die Besetzung einer Pfarrstelle oder Aufstiegsmöglichkeiten in der kirchlichen Hierarchie zu haben, und selbst diese Praxis war alles andere als unumstritten.137 Die vordergründig eindrucksvollen Erfolge des christlichen Glaubens in der Hauptstadt des Estado da Índia ruhten auf der sicheren Basis der portugiesischen Machtstellung. Beginnend mit der Zerstörung aller Hindutempel in Goa brachten die Kolonialbehörden eine Reihe von Gesetzen auf den Weg, die alle nicht-christlichen Praktiken in portugiesischen Kolonialterritorien ver 128 Sansom: The Western World and Japan, New York 1970, S. 84. 129 Xavier: Goa. A Social History (1510–1640), Goa 1993, S. 70 f. 130 Bangert SJ: A History of the Society of Jesus. St. Louis 19862, S. 173. 131 Xavier: Goa. A Social History (1510–1640), Goa 1993, S. 116. 132 Haub: Francis Xavier: An intoductory life, in: AHSI (2002), S. 224. 133 Xavier: Goa. A Social History (1510–1640), Goa 1993, S. 179. 134 D’Costa SJ: The Christianisation of the Goa Islands, Bombay 1965, S. 48. 135 [Javier, Francisco de SJ]: Veröffentlichter Jahresbrief von 1544, in: Maffei, Giovanni Pietro SJ: Kurtze Verzeichnuß und historische Beschreibung, übers. v. Götze, Johann Georg, Ingolstadt 1586, S. 20 (2). 136 Xavier: Goa. A Social History (1510–1640), Goa 1993, S. 184 137 Boxer: The Church Militant and Iberian Expansion 1440–1770, Baltimore/London 1978, S. 12. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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boten und Konvertiten eine juristisch bessere Stellung zubilligten als NichtKonvertiten.138 Bereits 1522 hatte der Titularbischof von Dume als erster Prälat in Goa darauf bestanden, dass alle Nichtchristen aus der Stadt vertrieben werden müssten, flankiert von einem garantierten Bleiberecht für die, die sich, wie oberflächlich auch immer, bekehren ließen, da man auf deren Nachkommen – wenn auch nicht auf sie selbst – in der zweiten oder dritten Generation als in Glaubensdingen gute und sichere Christen zählen könne.139 1540/41, also kurz vor dem Eintreffen der ersten Generation von Jesuiten im indischen Missionsfeld, wurden alle Hindutempel und anderen nichtchristlichen Kultstätten in Goa niedergebrochen,140 zu einem nicht unbeträchtlichen Teil von der indigenen Bevölkerung selbst,141 die durch verschiedene Drohinstrumente dazu gebracht wurden, Kooperation dem Widerstand vorzuziehen.142 Auch hier kann allerdings nicht von einer einheitlichen und monolithisch betriebenen Politik der kolonialen Macht gegenüber einer ihr ausgelieferten Bevölkerung gesprochen werden. Sowohl die sich entwickelnde kreolische Gesellschaft der Stadt, deren Rechte seit 1526 im Foral dos Usos e Costumes dos Gauncares ou lavrado­ res de Goa e mais terras festgeschrieben waren, wie auch die Berücksichtigung der Ansprüche der indigenen Bevölkerungsteile ließen eine brachiale Christianisierungspolitik schwer durchsetzbar werden.143 Die Vision des Bischofs von Dume aus den 1520ern wurde so erst durch Miguel Vaz, königlicher General-Vikar des Estado ab 1532,144 verwirklicht. Vaz wurde 1546 nach Lissabon geschickt, um sich vom König ein härteres Vorgehen gegenüber den nichtchristlichen Untertanen genehmigen zu lassen – mit Erfolg. Eingerichtet wurde auf königliches Geheiß ein System von Verboten und finanziellen Anreizen, die einen Übertritt zum Christentum erleichtern sollten, zu finanzieren aus der Kasse des Estado.145 Diese Maßnahmen gingen allerdings nicht allen weit genug: 1546 forderte Javier bereits die Einführung der Inquisition in Indien.146 Seine entsprechende Petition an João III. zur Errichtung eines Inquisitionstribunals in Goa führte als Begründung dafür an, es gelte, die neuen Christen vor Juden, Muslimen und Protestanten zu schützen, die dort bislang ebenfalls missionieren könnten.147 Obwohl die Inquisition schließlich vor allem 138 Boxer: The Portuguese Seaborne Empire, 1415–1825, London 1969, S. 66. 139 Ebd., S. 72. 140 Alden: The Making of an Enterprise, Stanford 1996, S. 44. 141 Schurhammer SJ: FX 2.1 (1963), S. 231. 142 D’Costa SJ: The Christianisation of the Goa Islands, Bombay 1965, S. 31. 143 Pachuau: The Spiritual Concerns of  a Mercantilist Empire, in: Studies in History (2004), S. 41. 144 Schurhammer SJ: FX 2.1 (1963), S. 144. 145 Pachuau: The Spiritual Concerns of  a Mercantilist Empire, in: Studies in History (2004), S. 42. 146 Sansom: The Western World and Japan, New York 1970, S. 86. 147 González-Novalín: Inquisición, in: DHCJ 3, S. 2037. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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durch Javiers Betreiben wirklich nach Goa kam, erreichte er deren funktionale Einführung nicht mehr zu seinen Lebzeiten.148 1556 wurde Goa Standort der ersten westlichen Druckerpresse in Asien,149 die auch für die Zwecke der Mission, also der Erstellung und Verbreitung entsprechenden Schriftguts genutzt wurde, eine Funktion, die sie bis ins späte 17. Jahrhundert erfüllte.150 Als 1557 in Cochin Flugblätter erschienen, die gegen die Eucharistie argumentierten, nahm der portugiesische König Sebastião I. das zum Anlass, in Goa auch tatsächlich ein funktionales Inquisitionstribunal einrichten zu lassen.151 Der entsprechende Erlass war zwar bereits 1555 in Goa eingetroffen, in Anbetracht der Länge der Kommunikationswege und der üblichen Dauer königlicher Verwaltungsentscheidungen eine außerordentlich schnell getroffene und umgesetzte Maßnahme, konnte aber mangels eines ausführenden Bischofs vor Ort nicht umgesetzt werden.152 Der Personalmangel, der die Societas Jesu im Indopazifik plagte, war kein auf diese allein begrenztes Phänomen, sondern ein strukturelles Problem des portugiesischen Kolonialreichs. 1560 wurde, ermöglicht durch die Ankunft des neuen Erzbischofs Leão Pereira, in Goa das offizielle Inquisitionstribunal eingerichtet. Es erhielt die Jurisdiktion über alle Anrainergebiete des Indik,153 wobei der seit 1558 zum Erzbischof erhobene Bischof der Stadt154 zugleich die Stelle des Großinquisitors bekleidete.155 Damit erhielt Goa das zu diesem Zeitpunkt dritte Tribunal der portugiesischen Inquisition überhaupt, und das einzige in den außereuropäischen Gebieten gelegene, nach Lissabon, Évora156 und schließlich dem 1565 wiedererrichteten vierten Tribunal in Coímbra.157 Bezeichnenderweise waren alle diese Institutionen in den Städten ansässig, in denen auch die Societas Jesu deutlich präsent war – in Coímbra und Évora mit ihren Universitäten, in Lissabon mit dem Sitz des Provinzials der Ordensprovinz Portugal und den Kollegien São Antão und São Roque.158 Goa glich sich damit weiter dem urbanen Muster an, das den Mitgliedern der Gesell 148 Pachuau: The Spiritual Concerns of  a Mercantilist Empire, in: Studies in History (2004), S. 44. 149 Sansom: The Western World and Japan, New York 1970, S. 84. 150 Boxer: The Church Militant and Iberian Expansion 1440–1770, Baltimore/London 1978, S. 91. 151 González-Novalín: Inquisición, in: DHCJ 3, S. 2037. 152 D’Costa SJ: The Christianisation of the Goa Islands, Bombay 1965, S. 196. 153 Boxer: The Church Militant and Iberian Expansion 1440–1770, Baltimore/London 1978, S. 86. 154 Roque de Oliveira: A construção do conhecimento europeu sobre a China, Diss.: Barcelona 2003, S. 584. 155 Moffett: A History of Christianity in Asia, Maryknoll 2005, S. 13. 156 Anderson: How to expect the Portuguese Inquisition, Diss.: Fairfax 2011, S. 39. 157 Alden: The Making of an Enterprise, Stanford 1996, S. 670. 158 Ebd., S. 29. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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schaft, die über Portugal in den indopazifischen Raum eingereist waren und zuvor in Coímbra oder Évora studiert hatten, bestens vertraut war. Die kirchlichen Behörden Goas führten allerdings auch zuvor schon Ketzerprozesse auf eigene Faust.159 Die Inquisition wurde dabei zunächst vor allem gegen Neuchristen eingesetzt,160 die sich in verstärkter Zahl in Cochin niedergelassen hatten,161 wobei die eigentlichen Prozesse sowie die autos-da-fé zentral in Goa stattfanden. Die Societas beteiligte sich nach Kräften an der Arbeit der neuen Institution: 1570 waren ein Viertel der Berater des Tribunals Mitglieder der Gesellschaft, und zwischen 1560 und 1718 ingesamt etwa 20 Prozent seiner Beisitzer.162 Die Jesuiten nahmen zudem aktiv an den autos-da-fé teil, ebenso an der vom Tribunal ausgeübten Zensur, was ihnen den Ruf einbrachte, Handlanger der Inquisition zu sein.163 Für Indien, und damit auch für die weiteren Gebiete des Indopazifik, die der indischen Provinz der Gesellschaft angegliedert waren, wurden die Missionsrichtlinien erstmalig auf den Provinzialkonzilen von Goa definitiv fixiert.164 Deren erstes fand am 04. Dezember 1567 statt, dann folgten noch vier weitere in den Jahren 1575, 1585, 1592, und 1606.165 Von diesen ist jedoch keines sonderlich relevant für diese Arbeit, da sie alle die Beschlüsse des ersten mit leichten Modifikationen fortschrieben. Alle waren stark vom tridentinischen Modell des Katholizismus geprägt,166 und die Societas nahm an ihnen auch wesentlichen Anteil. Das zweite Provinzialkonzil von 1575 verzeichnete unter 20 Teilnehmern zwar nur vier Jesuiten – Rui Vicente, den derzeitigen Provinzial, sowie Marçal Vaz (1530–c.76), Manuel Texeira und Francisco Dionisio; damit war die Societas Jesu aber mit mehr Teilnehmern vertreten als alle anderen Orden.167 Die wesentlichen Beschlüsse, die dort gefasst wurden, bestanden in einer Bestätigung der Ergebnisse des Tridentinums, dergestalt, dass festgelegt wurde, dass alle Religionen außer dem nachtridentinischen Katholizismus intrinisch falsch seien, die portugiesische Krone die Verpflichtung habe, nach Kräften die Ausbreitung dieses Glaubens zu fördern,168 und, demonstrativ im ersten Beschluss, dass dennoch der Reinheit des Glaubens wegen niemand zur Konversion gezwungen werden dürfe (»pois a pureza da fé não permitte nem sombra 159 Sansom: The Western World and Japan, New York 1970, S. 85. 160 Jorissen: Das Japanbild im Traktat (1585) des Luis Frois, Kyōto 1987, S. 31. 161 Malekandathil: Portuguese Cochin and the Maritime Trade of India 1500–1603, Delhi 2001, S. 99. 162 Alden: The Making of an Enterprise, Stanford 1996, S. 672. 163 González-Novalín: Inquisición, in: DHCJ 3, S. 2037. 164 Boxer: The Portuguese Seaborne Empire, 1415–1825, London 1969, S. 66. 165 D’Costa SJ: The Christianisation of the Goa Islands, Bombay 1965, S. 19. 166 Heredia SJ: Opening the door, in: Indica (1992), S. 24. 167 OA: Segundo Concilio Provincial de Goa, 1575, in: DHMPPO/I 12, Dok. 25, S. 288 f. 168 Boxer: The Portuguese Seaborne Empire, 1415–1825, London 1969, S. 66 f. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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tal força […] e lá tomar o sancto baptismo.«).169 Wie im bereits geschilderten japanischen Fall (siehe Kap. 1) und wie aus den bei der Konversion der eroberten Gebiete bislang angewandten Methoden ersichtlich, lässt die Bekräftigung des Konzils, Zwangsbekehrungen zu untersagen, darauf schließen, dass diese Praktiken offenbar nicht anders zu beenden waren – und es fraglich sein muss, ob eine Durchsetzung dieser neuen Norm auch wirklich möglich war. Offenbar wurden viele Bestimmungen nur sporadisch umgesetzt. Auf den folgenden Konzilen gab es immer wieder Klagen, allerdings meist über zu große Toleranz, etwa in Dingen wie dem Konkubinat, also der verbreiteten Praktik der in Indien ansässigen Portugiesen, sich Mätressen zu halten.170 Ob der Verzicht auf Gewalt bei der Verbreitung des Glaubens auch in diese Kategorie fiel, bleibt fraglich. Die engen Beziehungen zwischen den kirchlichen und den politischen Einheiten des Estado da Índia zeigen sich deutlich an den Gesetzen Goas nach den Konzilsbeschlüssen. Alle Hindu-Tempel und alle heiligen Bücher heidnischer Religionen auf dem Kolonialgebiet seien zu zerstören; der Muezzin dürfe Mohammeds Namen nicht rufen; der Besuch nichtchristlicher religiöser Stätten sei untersagt; ebenso rituelle Bäder und Wallfahrten, nichtchristliche Hochzeitsfeiern und Prozessionen. Alle Männer müssten monogam leben, ungeachtet ihres Glaubens und ihrer momentanen Familienverhältnisse, alle verwaisten Hindukinder in christliche Obhut gegeben und zur Taufe erzogen werden – und Konversionen weg vom oder nicht hin zum Christentum seien fortan illegal.171 Des Weiteren wurden Bestimmungen erlassen, alle Nichtchristen im Estado zu er­ fassen und zum Besuch christlicher Gottesdienste zu verpflichten, alle nichtchristlichen Religionsvertreter bei Strafe der Zwangsarbeit am Hafen aus dem Estado auszuweisen und konvertierende Nichtchristen unter Aufsicht durch glaubensfeste Christen zu stellen. Angestrebt wurde die möglichst totale Apartheid von Christen und Nichtchristen, die sich durch besondere Kleidung kenntlich machen mussten und auch die Amtsfähigkeit verloren.172 Die Hindus Goas wurden dementsprechend registriert und in Gruppen zu je 50 Familien zusammengefasst, die gezwungen wurden, an wechselnden Sonntagen die Messe zu hören.173 Diese Instruktion in christlichen Glaubenspraktiken war keine direkte Ausformung der Zwangskonversion, also auch unter den Bedingungen von 1567 legal, aber ob sie auch funktional war, ob damit wirklich in den Ungläubigen Prädispositionen hinsichtlich des christlichen Glaubens geweckt oder wenigstens Kenntnisse über denselben vermittelt wurden, dürfte mindestens fraglich sein. 169 OA: Segundo Concilio Provincial de Goa, 1575, in: DHMPPO/I 12, Dok. 25, S. 301. [MA]. 170 Boxer: The Portuguese Seaborne Empire, 1415–1825, London 1969, S. 69. 171 Ebd., S. 67. 172 Pachuau: The Spiritual Concerns of  a Mercantilist Empire, in: Studies in History (2004), S. 45 f. 173 Boxer: The Portuguese Seaborne Empire, 1415–1825, London 1969, S. 68. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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Vorsicht muss auch dabei angeraten sein, bei der Betrachtung administrativer Bestimmung der kolonialen Exekutive vorschnell auf die faktische Kraft des Normativen zu vertrauen. Die Administration des Estado war außerhalb Goas nur eingeschränkt handlungsfähig. Die Erfolge der Christianisierungspolitik entsprachen dann auch nicht den Vorstellungen, die mit den hier beschriebenen Normen erreicht werden sollten. Im 16. Jahrhundert konnte nur etwa die Hälfte der Stadtbevölkerung als christlich gelten.174 1575 verbot der Gouverneur Goas nichtchristlichen Einwohnern, in der Stadt oder ihren Vororten zu Pferd oder beschattet von einem Sonnenschirmträger unterwegs zu sein, bei Strafe der Konfiskation von Pferd oder Schirm sowie einer Zahlung von 50 pardaos, von denen eine Hälfte dem Anzeigenden, die andere wohltätigen Zwecken (»obras pias«) zufließen sollte.175 Diese gezielte Disziplinierung von Nichtchristen, die in der städtischen Öffentlichkeit soziale Distinktionspraktiken der wohlhabenden Schichten – die sich Pferde oder Sonnenschirmträger leisten konnten – ausübten, zeigt sichtbar an, dass es solche bessergestellten hinduistischen, muslimischen oder jüdischen Einwohner 1575 noch in genügender Zahl gab, um ein derartiges Verbot sinnhaft erscheinen zu lassen. Zugleich sollte damit ein zusätzlicher Konversionsanreiz geschaffen werden, war die Diskriminierung doch nicht ethnisch begründet, sondern rein religiös. Völlig überzeugend waren derartige Maßnahmen aber wohl nicht. Der Zensus von 1623 wies für das Gebiet Goa, also die Inseln Tiswadi, Divar und Chorão ohne die Festlandsprovinzen Bardez und Salçete, etwa 60.000 indigene Christen aus, gegenüber ungefähr 100.000 nichtchristlichen Einwohnern.176 1614 zitierte Gonçalo Pinto da Fonseca, vedor de fazenda, eine Anweisung an den Dorfschreiber von Cortalim, er solle binnen zwei Jahren aufhören, in indigener Schrift zu schreiben und stattdessen seine Berichte portugiesisch ab­ fassen.177 Damit artikulierte da Fonseca offenbar ein verbreitetes Problem. Erst im ersten Viertel des 17.  Jahrhunderts konnte die im Umland Goas geläufige Gõykanadi-Schrift aus den offiziellen Dokumenten verdrängt werden, im privaten Bereich gelang das erst im Übergang vom 18. zum 19. Jahrhundert – und dabei wurde sie auch lediglich durch eine neue indische Schriftvariante ersetzt, nicht durch eine lateinische Schriftvariante oder gar die portugiesische Amtssprache.178 In Abwesenheit flächendeckender kolonialer Kontrolle durch portugiesische Amtsträger musste der Estado da Índia mit allen Konsequenzen leben, die sich aus der Nutzung vorwiegend indigenen Personals in größtenteils indigenen Kontexten ergaben. Das zeigte sich nicht nur in Fragen wie denen 174 Correia-Afonso SJ: Mártires de Salçete, in: DHCJ 3, S. 2537. 175 [Barbosa, Antonio/Moniz Barreto, Antonio]: Schreiben über die Heiden in Goa vom 14. November 1575, in: DHMPPO/I 12, Dok. 23, S. 285. 176 Xavier: Goa. A Social History (1510–1640), Goa 1993, S. 146. 177 Sinai Ghantkar, G. S.: History of Goa through Gõykanadi Script, Goa 1993, S. X. 178 Ebd., S. XI. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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des Schriftgebrauchs in der Verwaltung, sondern auch in den de jure normierten religiösen Praktiken der nichtchristlichen Bevölkerungsteile. Die Witwenverbrennung, satī, wurde zwar bereits 1510 von Albuquerque verboten, in den Festlandsprovinzen Bardez und Salçete aber noch bis in die 1560er weitergeführt. Im Stadtgebiet Goas musste das Verbot von 1510 sowohl 1555 als auch 1560 wiederholt werden,179 was darauf schließen lässt, dass mit der Normsetzung noch lange keine Normumsetzung verbunden war. Die von der kolonialen Verwaltung vorgegebenen Routinen wurden zwar ausgeführt, aber in die eigenen Praktikenkontexte so weit wie möglich integriert, was dann beispielsweise Dokumente hervorbrachte, die zwar den formalen Vorgaben der portugiesischen Zentrale entsprachen, aber mit indischen Schriften in indischen Sprachen geschrieben wurden.

4.2.2 Konkrete Auswirkungen: Die Societas Jesu in Goa »Es gehen viele [Grund]Renten ein, und die Gouverneure geben diesem Haus viele Spenden, vollführen große Werke und Bauten; denn uns fehlen viele Leute, um von jetzt an alle die übrigen [Landes]Teile zu versorgen, für die gestorbenen Brüder, die in diesen waren; und in einer Stadt wie dieser, die das Haupt Indiens ist, sehr volkreich, entschuldigen sich so zwölf, dreizehn Patres, und ich glaube nicht, dass sie von der Frömmigkeit des Volkes unterhalten werden können.«180

António Gomes, Rektor des Kollegs in Goa, beschrieb in seinem Brief an Loyola vom 25. Oktober 1549 auf diese Weise die Lage in der Haupstadt des Estado da Índia, und begründete sie zugleich. Das Schreiben enthielt eine Auflistung der Stationen der Gesellschaft in der Ordensprovinz Indien und der dort jeweils tätigen Mitglieder und ihrer Erfolge. Auf Goa, das Haupt Indiens (»cabeça da India«), wie Gomes schrieb, entfielen dabei über zwanzig irmãos, die im Kolleg studierten, und eine nicht genau spezifizierte Anzahl Patres, womit die Zentralität der Stadt unterstrichen und durch ihre Funktion als Ausbildungsstätte für den indigenen Nachwuchs der Societas gerechtfertigt wurde.181 Im Dezember 1549 befanden sich in Goa die Patres António Gomes, Baltasar Gago, Paulo Camerino und Gaspar Berze, die irmãos Juan Fernández, Gil Barreto, Luís 179 Xavier: Goa. A Social History (1510–1640), Goa 1993, S. 165. 180 Gomes, António: Schreiben an Loyola vom 25. Oktober 1549, in: MHSI/DI 1, Dok. 80, S. 522. OR: »Tem muita renda, e os governadores fazem muita esmola a esta casa, tem grandes edificios e obras; nam nos falta mais que gente, porqe daqui se an de prover todas as outras partes, morrendo os Yrmãos que estaam nellas; e numa cidade como esta, que hé a cabeça da India, tam populosa, nam se escusam doze, treze Padres, nem creo que poderam comprir a devaçam do povo.« 181 Gomes, António SJ: Schreiben an Loyola vom 25.  Oktober 1549, in: MHSI/DI 1, Dok. 80, S. 522. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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Fróis, Francisco Gonçalves und Manuel Vaz, dazu zwischen 50 und 60 indischstämmige Schüler des Kollegs.182 Mit der hier deutlich erkennbaren Funktion Goas als Nexus der Gesellschaft Jesu in Indien zeichnet sich eine strukturelle Eigenart der indischen Ordensprovinz ab: Das relative Übergewicht ihrer Zentrale gegenüber den von ihr versorgten Peripherien. 1553/4 zählte die Rol de los Padres y Hermanos que están en la India 62 Angehörige der Gesellschaft auf, die in der Ordensprovinz Indien tätig waren. Zieht man die beiden Mitglieder ab, die zum Zeitpunkt des Erstellens der Liste bereits tot waren, deren Namen sich aber dennoch dort finden – Francisco Javier und Urbano Fernandes – so bleiben 60 Jesuiten in Indien.183 Davon befanden sich laut der Liste 32 in Goa, fünf Patres und 27 irmãos und Novizen. Bei weiteren vier Mitgliedern der Societas, zwei Patres und zwei irmãos, ist kein genauer Aufenthaltsort angegeben, aber da sie als kürzlich angekommen geführt wurden, steht zu vermuten, dass sie sich auch (noch) in Goa befanden.184 Damit befanden sich mindestens 32, wenn nicht sogar 36 von 60 in der kolonialen Metropole, also zwischen 53 und 60 % der gesamten verfügbaren Kräfte. 1555 befanden sich nach Wright 55 Angehörige der Societas Iesu in Goa – Priester, irmãos, und Novizen zusammengerechnet.185 Die Lista de los Padres y Hermanos que es­ tán en la India gab allerdings für Ende Dezember 1555 insgesamt 78 Angehörige der Gesellschaft an, von denen 44, elf Patres, 25 irmãos und acht Novizen, als in Goa befindlich gelistet wurden.186 Dabei muss es sich nicht unbedingt um einen Widerspruch handeln. Die Kataloge stellten ja lediglich Momentaufnahmen dar, während die einzelnen Mitglieder der Gesellschaft ihre geographische Position immer wieder wechselten. In Cochin beispielsweise machten zwischen 1541 und 1560 gut 65 verschiedene Mitglieder der Gesellschaft Station, von denen sich viele lediglich auf der Durchreise zu anderen Teilen der Indienprovinz befanden.187 Nimmt man für das Jahr 1555 jedoch die detaillierteren Angaben des Catalogus zur näheren Betrachtung, so lässt sich auch hier wieder feststellen, dass sich etwa 56 % des insgesamt in der indischen Provinz verfügbaren Personals in Goa selbst konzentrierte. Durch die genauere Aufschlüsselung der einzelnen Tätigkeiten und Personen gegenüber der Liste von 1553/54 wird auch klar deutlich, worin dieses Über­ gewicht begründet war: Mindestens 28 Personen waren allein direkt dem Kol 182 Schurhammer SJ: FX 2.2 (1971), S. 367, FN 50. 183 OA: Rol de los Padres y Hermanos que están en la India [1553], in: MHSI/DI 2, Dok. 121, S. 618–621. 184 Ebd,. S. 620 f. 185 Wright: God’s Soldiers, New York u. a. 2004, S. 4. 186 [Brandão, Aires SJ]: Lista de los Padres y Hermanos que están en la India [1555], in: MHSI/DI 3, Dok. 72, S. 410 f. 187 Malekandathil: Portuguese Cochin and the Maritime Trade of India 1500–1603, Delhi 2001, S. 93. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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leg zugeordnet, darin inbegriffen auch die acht Novizen, und weitere sieben irmãos waren als »Hermanos que sirvem«188 zu – hier nicht weiter spezifizierten – Diensten abgeordnet, die das Funktionieren der Einrichtungen sicherstellen. Das Novizenhaus in Goa wurde wenig später, 1556, vom Kolleg abgetrennt, in das es bislang integriert war. Hiermit, ähnlich wie mit dem Typus des gemischten Kollegs für interne und externe Schüler, erwies sich die Indienmission der Gesellschaft als erfolgreiches Experimentierfeld, als koloniales Labor, dessen Ergebnisse in die Metropole ausstrahlten oder deren Entwicklungen vorwegnahmen, ordnete die zweite Generalkongegration der Societas doch 1565 separate Novizenhäuser für alle Einrichtungen der Gesellschaft Jesu an.189 Der Bericht Cabrals vom Dezember 1559 verzeichnete bereits »na casa dos noviços 32 irmaõs, e no collegio 21«190, was wohl aber nicht dazu führen sollte, die 32 ir­ mãos im Novizenhaus auch alle als Novizen zu klassifizieren. Die Liste von 1565 führte in ihrem ersten Teil, dem »Cathalogo dos Padres e Irmãos do Collegio de Goa«, 20 »Irmãos colegiaes« auf, zu denen man wohl noch die vier »Diaconos« rechnen muss,191 und jeweils neun »Noviços que tem votos«, die also bereits Gelübde abgelegt hatten, und »Noviços não tem votos«, bei denen das noch nicht der Fall war.192 Zwischen diesen beiden Gruppen finden sich jedoch auch noch zwölf »Irmãos da provação«, in der Probationszeit befindliche irmãos. Rechnet man diese zu den insgesamt 18 Novizen hinzu, so erhält man mit der Zahl von 1559 vergleichbare 30. Im Jahr 1561 wurde in der entsprechenden Liste eigens darauf hingewiesen, dass wegen der beengten Verhältnisse im eigentlichen Kolleg 22 irmãos, die ihr Noviziat beendet hatten, in der »casa da provação« untergebracht wären.193 Dass also auch die irmãos auf Probe dem Novizenhaus zugeschlagen werden können, erscheint damit sinnvoller als ein großer Abfall in der Novizenzahl, der auch sonst nirgendwo vermerkt ist. Der Mitgliederzahl im Colégio, der Ausbildungsstätte der Societas für ihren eigenen Nachwuchs, muss allerdings vergleichend die Zahl derjenigen Anghörigen der Gesellschaft gegenübergestellt werden, die an der dem Kolleg angeliederten Elementarschule vorwiegend indigene Kinder grundlegend unterrichteten – während die Schüler beständig mehrere Hundert zählten, waren zwischen 1562 und 1568 nie mehr als zwei Ordensangehörige zugleich an dieser Einrichtung tätig.194 Die konkrete Erteilung des allgemeinbildenden Unterrichts 188 [Brandão, Aires SJ]: Lista de los Padres y Hermanos que están en la India [1555], in: MHSI/DI 3, Dok. 72, S. 411. 189 Ruiz Jurado SJ: Probación, in: DHCJ 4, S. 3238. 190 Cabral, Francisco SJ: Schreiben an Laínez vom 25.  Dezember 1559, in: MHSI/DI 4, Dok. 53, S. 455. 191 OA: Catalogus Sociorum Provinciae Indicae [1565], in: MHSI/DI 6, S. 625 f. 192 Ebd., S. 626 f. 193 OA: Lista de todos os padres e irmãos existentes na Índia, in: DHMPPO/I 8, Dok. 81, S. 506. 194 D’Costa SJ: The Christianisation of the Goa Islands, Bombay 1965, S. 178. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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wurde an bereits fortgeschrittene Schüler delegiert und damit eine hierarchische Struktur implementiert, die sowohl die Sozialstruktur wie auch die politischen Verhältnisse nicht nur des Estado da Índia, sondern auch der Societas Jesu selbst in nuce reproduzierte (siehe Kap. 5.2, 6.3 und 6.4). Das gilt auch für die Gesamtmitgliederschaft in der kolonialen Metropole. Vergleicht man den prozentualen Anteil der zusammengenommen in Goa befindlichen Mitglieder der Societas an der Gesamtstärke der Indienprovinz über die Dauer, lässt sich feststellen, dass er trotz Schwankungen immer zwischen einem Drittel und der Hälfte (oder mehr) des vorhandenen Personals lag. Damit machte die Hauptstadt des Estado da Índia den bei weitem größten Posten in der Personalauflistung aus, was sich auch in der Teilung der entsprechenden Listen in diejenigen, die sich in Goa, und die anderen, die sich außerhalb Goas befanden, widerspiegelt. Auch die Neuformulierung und Umsetzung der generellen Missionspolitik in enger Koordination mit den obersten Autoritäten des Estado da Índia, dem Gouverneur Francisco Barreto, die D’Costa für 1557 ansetzte und in der wesentliche Bestandteile der Festschreibungen des Provinzialkonzils von 1567 bereits vorweggenommen wurden,195 koinzidiert mit der Hochphase der Präsenz von Mitgliedern der Societas in der Hauptstadt Portugiesisch-Indiens. 100%

Goa

Übrige

90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0%

1547

1549

1553/54

1555

1559

1561

1565

1571

Diagramm 2: Verteilung der Societas in Goa und dem übrigen Estado 195 Vgl. D’Costa SJ: The Christianisation of the Goa Islands, Bombay 1965, S. 58–60. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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Was die Installation der Gesellschaft als bevorzugter Partner der Administration für die Durchdringung der spirituellen Phase angeht, war dieses Konzept durchaus erfolgreich. Die königliche Verordnung über die Förderung der Christianisierung Goas von März 1569 erwähnte als einzige spirituelle Akteure den Erzbischof der Stadt und den Provinzial der Gesellschaft Jesu, die fortan durch die koloniale Administration sequestrierte Tempelländereien zur Versorgung der Missionare untereinander aufteilen sollten.196 Damit war aber nicht gesagt, dass die Funktionalität der Verwaltung der jesuitischen Ordensprovinz, die von dort aus durchgeführt wurde, durch diese Personalhäufung verbessert wurde, was vor allem der hierarchischen Organisation der Societas selbst geschuldet war. Am 21. November 1572 verstarb António de Quadros, seines Zeichens Provinzial der Indienmission, in Goa. Francisco Rodrigues (1513–73) wurde in der Folge zum Vizeprovinzial gewählt gemäß der Bestimmungen von 1561, die festhielten, dass im Fall der Vakanz des Provinzialspostens die Jesuiten der Indienmission nach den Vorschriften zur Wahl eines Vikars des Ordensgenerals einen Vikar zum Provinzial wählten, der bis zum Eintreffen eines neuen, von Rom bestellten Provinzials das Amt zu verwalten hatte.197 Da die Wahl aber nur von vier Personen aus Goa durchgeführt und dem zuständigen Visitator nicht gemeldet wurde, kamen bald Zweifel an ihrer Legitimität auf, so dass 1573 die Ordensleitung in Rom postalisch gebeten wurde, den Fall zu entscheiden.198 Aufgrund der langen Postlaufzeiten (siehe Kap.  3.2) lag diese Entscheidung in Indien aber noch nicht vor, als am 17. September 1573 Rodrigues ebenfalls starb. Da 1573 keine neuen Ausgesandten aus Europa eingetroffen waren, standen nun nur noch zwei geeignete, weil durch die Profess qualifizierte Personen in der Indienprovinz zur Wahl zur Verfügung, Manuel Texeira und Francisco Cabral, von denen sich Cabral aber als Superior in Japan befand. Folgerichtig ernannte sich Texeira selbst zum Vizeprovinzial und wurde in einer Nachwahl auch – wenig überraschend – als solcher bestätigt, obwohl er unbeliebt war. Er erklärte sich nunmehr auch selbst zum Provinzial und ernannte eigenständig einen Vizeprovinzial, aber diese Volte erkannten nun weder seine Untergebenen noch der 1574 schließlich eingetroffene neue Visitator Alessandro Valignano an.199 Mit der Vergrößerung der in Goa befindlichen Personalbasis allein trat noch keine Vergrößerung der administrativen Spitze ein, ein Vorgang, der auf imperiale Praktikenstrukturen verweist. Die Konzentration der tatsächlichen Entscheidungsbefugnisse in wenigen Händen bei gleichzeitiger Ausweitung der 196 [Sebastião I.]: Schreiben betreffs der Christenheit Goas vom 23.  März 1569, in: DHMPPO/I 11, Dok. 5, S. 32 f. 197 Wicki SJ: Die Ernennung der Provinziäle und Visitatoren der indischen Provinz der Gesellschaft Jesu, in: AHSI (1980), S. 348 f. 198 Ebd., S. 350. 199 Ebd., S. 350 f. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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exekutiven Ebene dieser Befugnisse erhöhte vor allem die Macht des Apparats. Bis zum Ende des 16.  Jahrhunderts gelang es aber nicht, die administrativen Vorgänge an der Spitze der Indienmission auf eine sichere Grundlage zu stellen. Was sich an Goa klar zeigt, ist, was Alden bereits für die Anfänge der Gesellschaft in Portugal während der 1540er und 1550er festhielt: »[T]he Jesuits […] preferred from the outset to erect their institutions in urban situations, rather than in rural areas.«200 Die hier erworbenen Praktikenkomplexe, die, wie etwa die Kollegien als Institutionen, nur in urbanen Situationen überhaupt funktional waren, weil sie in das dichte Beziehungs- und Handlungsnetz europäischer frühneuzeitlicher Städte bereits vom Konzept her notwendig eingebettet waren, konnten am sichersten und einfachsten in einem möglichst ähnlichen Umfeld neu eingerichtet werden. Die Fronleichnamsprozessionen beispielsweise waren in Indien mit dem Problem behaftet, dass sie in die Regenzeit fielen. Was die Societas dennoch nicht daran hinderte, sie abzuhalten, allerdings unter der sicheren Überdachung des Kreuzgangs im Colégio do São Paulo.201 Die europäische Praktik wurde bei ihrem Transfer in die anders gelagerte Umgebung des Subkontinents damit zwar modifiziert, konnte aber aufgrund der Gegebenheiten des urbanen Raums in möglichst ähnlicher Form beibehalten werden, auch wenn sie mit dem Wegfall der öffentlichen Sichtbarkeit einen Teil  ihrer Signifikanz verlor. Die aus Coímbra und Évora kommenden Mitglieder der Gesellschaft waren aber von ihrer ordensinternen Sozialisation her an derartige Praktikenkomplexe zunehmend gewöhnt, je weiter man chronologisch voranschreitet, und empfanden die Reinstallation (in) einer derartigen Umgebung wahrscheinlich als normal. Die Komplementarität der Praktikenkomplexe von Estado und Societas ließ sich in urbanen Situationen in konkreten Handlungen umsetzen. Das königliche Hospital, das bereits seit 1542 von der misericór­ dia betrieben wurde und sich vor allem an die örtlichen Portugiesen und Christen wandte, wurde ab 1551 vom durch Paulo Camerino geleiteten Hospital der Gesellschaft flankiert, das sich an Konvertiten, aber auch an als Konvertenden begriffene Nichtchristen wandte.202 Die 1551 erfolgte Übernahme nicht nur der Leitung, sondern auch des Vermögens der misericórdia da santa fe durch Javier und damit die Societas ermöglichte es, nun zum Bau einer eigenen Kirche zu schreiten.203 Auch die enge Kohabitation mit den Tribunalen der Heiligen Inquisition war ein aus den urbanen Kontexten der portugiesischen Niederlassungen der Societas vertrautes Phänomen, das seit der Einrichtung des Tribunals in Goa dazu beitrug, eine sozialräumliche Situation herzustellen, die mit den habitualisierten Praktikenkomplexen der Gesellschaft Jesu soweit wie möglich 200 Alden: The Making of an Enterprise, Stanford 1996, S. 34. [ME, MA]. 201 Schurhammer SJ: FX 2.2 (1971), S. 237, 253. 202 Xavier: Goa. A Social History (1510–1640), Goa 1993, S. 74 f. 203 Kowal: Innovation and Assimilation, in: O’Malley SJ. u. a. (Hg) 1999, S. 481 f. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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konform war. Schließlich firmierte Goa gegen Ende des 16. Jahrhunderts, auch wenn ich die deutlich überhöhte Zahl von 300.000 Einwohnern bei Boxer nicht übernehmen möchte, doch als »the Lisbon of the Orient because of its close resemblance to that city.«204 Nimmt man die etwa 60.000 Einwohner, die Wright für 1580 veranschlagt, als ungefähre Bezugsgröße für das Ende des 16.  Jahrhunderts, so war Goa damit zwar nach indischen Standards für eine Metropole recht klein, zählten Delhi und Agra zur selben Zeit doch beide wohl je etwa 500.000 Einwohner,205 entsprach damit aber viel eher dem Erfahrungshorizont der aus Europa Einreisenden. In deren bisheriger, gewohnter Umgebung gab es ja vor allem Städte kleinerer oder bestenfalls gleicher Größe. Das Kolleg, das außer den bereits aufgenommenen oder prospektiven Mitgliedern der Gesellschaft noch eine große Zahl auswärtiger Schüler aufwies, sollte der Versorgung der übrigen Teile der Ordensprovinz Indien mit neuen Kräften dienen, band aber dafür eine große Personalmenge, die einerseits zur Ausbildung der Schüler, andererseits zum organisatorischen Betrieb der Institution eingesetzt wurde. Ob diese hohe Zahl wirklich notwendig war, ist fraglich, wenn man das Beispiel des Colégio Madre de Deus in Cochin hinzuzieht, das ebenfalls etwa 300 indigenen und portugiesischen Schülern als Lehranstalt diente, aber mit deutlich weniger Personal auskam.206 Henrique Henriques, durch langjährige Erfahrungen in Malabar mit diesen Verhältnissen vertraut, kritisierte das Übergewicht Goas in Bezug auf die dortige Ausstattung der Gesellschaft dann auch in den 1580ern.207 Hinzu kommt noch, dass, wie bereits am Beispiel der Japanmission deutlich wurde, der Mitgliederzuwachs außerhalb der Zentrale bei Weitem nicht ausschließlich auf deren Rekrutierungs- und Ausbildungsmaßnahmen zurückzuführen war (siehe Kap. 3.5.3). Natürlich sprachen pragmatische Gründe für eine starke Präsenz in der kolonialen Metropole. Dort befand sich das administrative Zentrum des Estado da Índia, zu dem sich auf diese Weise ein möglichst guter Zugang offenhalten ließ, und es lebte eine hohe Anzahl (christlicher) Europäer in der Stadt, deren Seelsorge für die Societas ein wichtiges Thema war. Hier befand sich ein wichtiger Handels- und Verkehrsknotenpunkt, der die Verbindung mit dem Rest des indopazifischen Raumes wie mit Europa gewährleistete, damit auch ein Zentrum für eingehende Informationen aller Art. Die dichte Durchdringung der umliegenden Gebiete mit kolonialen Herrschaftsstrukturen und -mechanismen machte es beispielsweise hier möglich, dass die Societas 1568 mit dem Erwerb von vier Dörfern auf Tiswadi ein bereits aus ihren europäischen Einrichtungen bekann 204 Texeira: Portuguese traditional settlements, in: Traditional Dwellings and Settlement Review (1990), S. 26. 205 Wright: God’s Soldiers, New York u. a. 2004, S. 4. 206 Vgl. Malekandathil: Portuguese Cochin and the Maritime Trade of India 1500–1603, Delhi 2001, S. 93. 207 Alden: The Making of an Enterprise, Stanford 1996, S. 457. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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tes Muster im indischen Kontext aktualisierte und zum Grundeigentümer wurde, eine gegenüber den Unwägbarkeiten von Handelsgeschäften als sicherer empfundene Finanzierungsmethode.208 Diese Praktik strahlte weiter aus – zwischen 1570 und 1576 wurde diese Finanzierungsstrategie auch in der Japanmission angewandt, aber ohne dort große Erfolge zu zeitigen,209 wohl auch, weil eine Goa entsprechende Verfügbarkeit und Sicherheit solcher Einkommenstitel dort, außerhalb des kolonialen Kontextes, für die Societas nicht gegeben war. Ob die Nutzung dieser Funktionen des kolonialen Zentrums nicht auch mit geringerem Personaleinsatz möglich gewesen wäre, ist schwierig zu diskutieren. Klar ist aber, dass die große Zahl der dort anwesenden Mitglieder der Gesellschaft überwiegend nicht als übergroß empfunden, sondern akzeptiert wurde. Diesem Primat Goas entsprechend befasste sich der erste offizielle Jahresbrief der Indienprovinz, verfasst von Luís Fróis, mit den Geschehnissen des Jahres 1552 ebendort.210 Eine weitere Bestätigung der Bedeutung Goas für die Societas durch sie selbst ergab sich aus Javiers Tod vor der chinesischen Küste 1552, genauer gesagt, aus dem Umgang mit seinen sterblichen Überresten. Da Javier schnell als Kandidat für einen künftigen Heiligen galt, sein Leichnam also eine potentielle Reliquie darstellte, wurde ein Rahmen geschaffen, um den hochverehrten Gründungsvater der eigenen Missionen im Indopazifik zu würdigen. Der – den Berichten zufolge unverweste – Leichnam Javiers wurde bereits im Februar 1553 exhumiert,211 nach Goa überführt, und erreichte die Stadt am 16. Mai 1554.212 Er wurde im Mausoleum der ordenseigenen Kirche Bom Jesus aufgebahrt und fortan etwa alle zehn Jahre der Öffentlichkeit zur Verehrung präsentiert.213 Damit hatte sich die Societas einen spirituellen Fixpunkt gesetzt, der die Zentralität Goas durch die unbestrittene Zentralität Javiers in der Indienmission unterstrich. Dieser Konnex wurde noch betont durch den Neubau der Hauptkirche der Societas in Goa, São Paulo, 1560 begonnen und 1572 beendet.214 Die neue und wesentlich größere Kirche knüpfte in Aufbau und architektonischen Details klar an Il Gesù, die Hauptkirche der Gesellschaft in Rom, an und symbolisierte damit nicht nur programmatisch die ecclesia triumphans,215 sondern stellte auch die Wertigkeit Goas für die Societas des indopazifischen Raums sichtbar dar.

208 Alden: The Making of an Enterprise, Stanford 1996, S. 392. 209 Ruiz-de-Medina SJ: Comercio ultramarino. II. Japon, in: DHCJ 1, S. 872. 210 Ferro: A epistolografia no quotidiano dos missionários jesuítas, in: Lusitania sacra (1993), S. 145. 211 Lidin: Tanegashima, Kopenhagen 2002, S. 180. 212 Wright: God’s Soldiers, New York u. a. 2004, S. 4. 213 Diehl: Catholic Religious Orders in South Asia, 1500–1835, in: The Journal of Asian Studies (1978), S. 699. 214 Kowal: Innovation and Assimilation, in: O’Malley SJ. u. a. (Hg) 1999, S. 482. 215 Ebd., S. 484. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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»In the reign of Mikado Go-Nara no In, the hundred and eighth emperor since the days of Jimmu, some time about the Kōji Period, a Southern Barbarian trading vessel came to our shores. From this ship for the first time emerged an unnamable creature, somewhat similar in shape to a human being, but looking rather more like a longnosed goblin or the giant demon Mikoshi Nyūdō. Upon close interrogation it was discovered that this was a being called Bateren. The length of his nose was the first thing which attracted attention: it was like a conch shell (though without its surface warts) attached by suction to his face. His eyes were large as spectacles, and their insides were yellow. His head was small. On his hands and feet he had long claws. His height exceeded seven feet, and he was black all over; only his nose was red. His teeth were longer than the teeth of a horse. His hair was mouse-grey in color, and over his brow was a shaved spot in the outline of a winebowl turned over. What he said could not be understood at all: his voice was like the screech of an owl. One and all rushed to see him, crowding all the roads in total lack of restraint. And all were agreed that this apparition was even more dreadful than the fiercest of goblins could ever be. His name was Urugan Bateren. Though at heart he planned to spread the Kirishitan religion, he seemed intent first to survey the wisdom of the Japanese people. He brought with him all sort and manner of curious things from South Barbary.«1

Die hier in einer anonymen japanischen Schrift im Jahr Kan’ei 16, also 1639 veröffentlichte und wahrscheinlich etwa zeitgleich verfasste Beschreibung2 bezog sich auf die Landung Organtino Gnecchi-Soldos (japanisiert Urugan Bateren = Padre Organtino) in Japan 1570. Wegen des zeitlichen Abstands kann es sich dabei bereits nicht mehr um eine unverfälschte Beobachtung des konkreten Aufeinandertreffens im Zeitkontext handeln. Die daraus erfolgten Entwicklungen wurden bereits bei der Niederschrift mit einbezogen, was sich in der deutlich negativen Stilisierung niederschlägt. Das geschilderte Wesen sieht nicht nur aus wie mikoshi nyūdō, in der japanischen Mythologie ein böser Geist in der Gestalt eines buddhistischen Mönchs, der wie ein Scheinriese immer größer wird, je länger man zu ihm aufsieht, sondern hatte sich auch als würdiger Vertreter dieser Metapher herausgestellt: Spricht man das Zauberwort, verschwindet mi­ koshi nyūdō wie ein böser Traum. Das Aufeinandertreffen von Jesuiten und Japanern im 16. Jahrhundert war aus der japanischen Rückschau gesehen offenbar von vornherein zum Scheitern verurteilt, und zwar aus dem Grund, der es 1 OA: Kirishitan monogatari, übers. u. komm. v. Elison, in: Ders.: Deus Destroyed, Cambridge (Mass.)/London 19913, S. 320 f. 2 Ebd., S. 374. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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überhaupt erst hatte geschehen lassen – »at heart [they] planned to spread the Kirishi­tan religion.« Das letztliche und so gut wie totale Scheitern der Japanmission der Societas darf aber nicht dazu verführen, aus einer solchen Perspektive zu argumentieren und die Praktiken und daraus resultierenden Entwicklungen besonders zu betonen, die in der Ausweisung der Missionare und dem Verbot des Christentums kulminierten. Vielmehr will ich im Folgenden versuchen, einen Blick auf die Praktikenkonfigurationen zu werfen, die sich in der ersten Phase dieser Mission bis 1574 herauspräparieren lassen, um dann eine Bewertung vornehmen zu können, ob hier tatsächlich bereits Weichen gestellt wurden, die solche Entwicklungen vorstrukturierten  – und falls ja, warum. Was wurde hier ›verstanden‹? Wobei allerdings – das muss aus der Rückschau doch deutlich betont werden – die Wichtigkeit dieser sämtlichen mit der Societas Jesu in Japan verbundenen Entwicklungen im gesamtjapanischen Kontext nicht überschätzt werden darf. Für Japan und die Japaner selbst waren die bateren lediglich ein nachrangiges Phänomen.3 Um aber zunächst den Kreis zu schließen, muss nun nach dem Ende auch der Anfang betrachtet werden. Was brachte die Societas Jesu überhaupt auf den Archipel? Der erste auch nach Europa dringende Bericht der Frühen Neuzeit über Japan stammte aus der Feder Jorge Alvares’ und wurde 1548 von Goa nach Rom geschickt.4 Erfahren hatten die im Indopazifik befindlichen Europäer von Japan allerdings bereits deutlich früher, hatten doch bereits 1543 die ersten Portugiesen, wenn auch eher zufällig von einem Sturm verschlagen, die Küsten des Archipels erreicht. Gelegenheiten zu profitablen Geschäften wurden schnell von den Händlern des Estado da Índia genutzt, es entwickelten sich mehr oder weniger regelmäßig befahrene Routen zwischen Malakka als Drehscheibe im Übergangsbereich vom Indischen Ozean zum Pazifik und Kyūshū. Einer der Kapitäne, die in diesem Gebiet verkehrten, der besagte Jorge Alvares, traf Javier während dessen zweiten Malakka-Aufenthalts 1547 und teilte ihm seine Kenntnisse der dortigen Verhältnisse mit, was Javiers Interesse am Versuch, die Japaner zu konvertieren, weckte.5 Mit der Ankunft und Konversion Anjirōs und seiner Begleiter standen bald weitere Informationsquellen über dieses unbekannte Land und seine Bewohner zur Verfügung. Die Vorstellungen, die sich Javier sich auf diesen Wegen von seinem nächsten Missionsziel machte, sollten sich jedoch bald als schwierig mit der dort vorgefundenen Realität vereinbar herausstellen. Womit sich die Frage stellt, ob es sich um etwas wie kulturelle



3 Sansom, G. B.: A History of Japan, Bd. 2 (1334–1615), Singapur 1993, S. 263. 4 Jorissen: Das Japanbild im Traktat (1585) des Luis Frois, Kyōto 1987, S.74. 5 Ebd., S. 76. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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Kategorienfehler handeln könnte,6 die dann von einem auf generelle Konvergenz geeichten Bewusstsein zeugen würden. Die Wahrnehmung von Fremdem als Ähnlichem macht weiteres Nachfragen prinzipiell unnötig, da das Unbekannte in einer solchen Sichtweise ja dem Bekannten analog ist und durch dieses verstanden werden kann, und verhindert so das Erlangen besseren Wissens. In den jesuitischen Berichten lassen sich immer wieder derartige Analogisierungen auffinden, einerseits nötig, um Verständlichkeit herzustellen und das Unvertraute vertraut zu machen, aber andererseits mit der Gefahr der vereinfachenden Verkürzung behaftet.7 In solchen Äußerungen zeigt sich aber eher eine unkritische Übertragung der europäischen Kategorien auf die vorgefundenen andersartigen Verhältnisse, eine Analogisierung des Anderen als Selbst-Spiegelbild, denn ein lediglich als Hilfskonstruktion dienender Zugriff. Es gab von Seiten der Gesellschaft aus kaum Tendenzen, darauf aufbauend zu einem differenzierten Verständnis des Vorgefundenen zu kommen, das sich dann wiederum in den (späteren) Berichten zeigen würde. Auch Javiers terminologisches Vorgehen in der Frage der Übersetzung der christlichen spirituellen Begriffe, die sattsam bekannte Kontroverse, ob man japanische Begriffe nutzen sollte oder Transliterationen, lässt sich durchaus in dieser Form fassen. Javier stellte rasch fest, dass Anjirō ihn über die Natur des shingon-Buddhismus falsch informiert hatte: Dainichi werde als einer und einziger Gott verehrt, er habe eine Priesterschaft, und werde ab und an mit drei Köpfen quasitrinitarisch dargestellt.8 Anjirō bezog sich dabei auf den Boddhisattva Mahāvairocana, Japanisch Dainichi Nyorai. Was er hier genau meinte, ist ungewiss, es mag sich um einen Kommunikationsfehler oder ein Missverständnis gehandelt haben. Jedenfalls existierte im shingon-Buddhismus keine dem christlichen Trinitarismus äquivalente Vorstellung.9 Wohl aber war es für praktizierende shingon-Buddhisten durchaus möglich, das Konzept des christlichen Gottes dem die universale Wahrheit verkörpernden Dai­ nichi zu analogisieren.10 Eine solche ungenaue und missverständliche Übersetzung war jedenfalls mehr als wahrscheinlich gewesen: Da Anjirō nicht perfekt portugiesisch sprach und zudem mit europäischen Verhältnissen und Kon­ zepten kaum vertraut war, muss es ihm oft schwer bis unmöglich gewesen sein, für japanische Ausdrücke gute Übersetzungen zu finden.11 Fraglich ist zudem auch, ob es überhaupt möglich gewesen wäre, für den katholisch-christ 6 Schatz SJ: Franz Xaver und die Herausforderung der nicht-christlichen Religionen, in: Meier (Hg.) 2005, S. 105. 7 Vgl. Pinto: Japanese Elites as seen by Jesuit Missionaries, in: BPJS (2000), S. 32. 8 Elison: Christianity and the daimyo, in: Hall (Hg.) 1991, S. 307. 9 Ebd., S. 308. 10 Kishino: From Dainichi to Deus, in: Üçerler SJ (Hg) 2009, S. 47. 11 Aoyama SVD: Die Missionstätigkeit des heiligen Franz Xaver in Japan, St. Augustin 1967, S. 37. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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lichen Gottesbegriff der Societas eine angemessene japanische Terminologie zu finden, ein Problem, mit dem die katholische Kirche Japans heute noch ringt.12 Anjirōs relativ oberflächliche Kenntnisse der Praktikengeflechte der Religion(en), in der er aufgewachsen war – er konnte zwar vieles plastisch beschreiben, aber nur weniges auch exegetisch erklären –,13 waren durchaus symptomatisch für die japanische Bevölkerung der Zeit. Nur die Mönche der Klöster und Abteien verfügten über die Fähigkeiten, die aus dem Sanskrit übersetzten oder im originalen Sanskrit oder Chinesisch vorliegenden Sutren zu lesen und zu interpretieren.14 Das pejorativ in Anschlag bringen zu wollen, greift allerdings zu kurz: Im zeitgenössischen Europa war es hinsichtlich der religiösen Bildung des gemeinen Mannes wohl kaum besser bestellt. Für Javier war die in seinen Augen entstellte Form, die seine Botschaft mit der Einsetzung von Dainichi für Gott angenommen hatte, Grund genug, die Praktik der Übersetzung und Reinterpretation japanischer Begriffe für Termini der christlichen Lehre zu untersagen und fortan auf ans Japanische angepasste lautsprachliche Transliterationen aus dem Portugiesischen auszuweichen, also etwa deusu für Gott, anjo für Engel, mandamento für die Gebote des Dekalogs zu gebrauchen. Damit war einerseits der Nutzen verbunden, dass nunmehr keine buddhistischen oder shintoistischen Vorstellungen mit den Worten in Verbindung gebracht werden konnten, die er gebrauchte und von der Societas gebrauchen ließ. Andererseits lag darin auch der gravierende Nachteil, dass damit der Versuch unnötig wurde, das Japanische als Sprache und damit komplexe Weltdeutungspraktik so weit zu durchdringen, dass es möglich wurde, die richtigen Begriffe und Konzepte auszuwählen oder, falls es keine funktionalen Äquivalente geben sollte, den Konventionen der Sprache folgende Neologismen einzuführen. Konnte das Fremde nicht als Bekanntes identifiziert werden, blieb es unverständlich, und wurde folglich – soweit möglich – ignoriert. In diesem Kontext kann man nicht eigentlich von einer Sprachkompetenz sprechen, die es für die Missionare der Societas zu erwerben galt. Das Ziel war vielmehr reine Sprachnutzungskompetenz. Eine funktionale Beherrschung des linguistischen Systems zum Zweck der Übermittlung einer ganz bestimmten, und zwar der christlichen, Botschaft wurde angestrebt, was darüber hinausging, war nicht nötig. Damit korrespondiert die fleißige Erstellung von Grammatiken und Wörterbüchern und deren geringer Effekt in den Praktiken der Societas vor Ort mit der Betrachtung del Pinos, der die Intention Antonio de Nebrijas (1444–1522) bei seiner berühmten spanischen Grammatik von 1492, 12 Farge: Translating Religious Experience Across Cultures, in: Üçerler SJ (Hg) 2009, S. 105. 13 Vgl. Kishino: From Dainichi to Deus, in: Üçerler SJ (Hg) 2009, S. 48 f. 14 Sindemann: Japanese Buddhism in the 16th century, in: BPJS (2001), S. 120. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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die auch für die entsprechenden Werke der Societas im 16. Jahrhundert Modell stand, für vor allem pragmatisch orientiert hielt.15 Wichtig war weniger die Beherrschung durch Sprache, als der Beherrschung eine Sprache zu geben. Die indigene Umgebung musste gar nicht vollständig verstanden oder bereits assimiliert werden, um als funktional beherrschbar behandelt zu werden. Es genügte, Anweisungen halbwegs verständlich formulieren zu können, auch wenn die durch dieses Vorgehen produzierten Resultate manches Mal überraschend waren – und gerade in solchen Irritationen zeigen sich Falsifikationsinstanzen von Verständnisüberzeugungen. Um allerdings von einem solchen Vorgehen auf eine allgemeine Tendenz unter den ersten Mitgliedern der Gesellschaft in Japan schließen zu können, müssten sich in der Übersicht über das Praktikenspektrum ähnlich gelagerte Handlungskomplexe auffinden lassen. Um das nun wieder überprüfen zu können, bietet sich als Vergleichspunkt ein Fokus an, an dem über den ganzen Raum der Arbeit hinweg möglichst unterschiedliche Mitglieder der Gesellschaft in wechselnden Kontexten beteiligt waren. Ein solcher bietet sich mit dem bereits seit 1551 durch Javier verfolgten Projekt einer Mission in der Kaiserstadt Kyōto (siehe Kap. 5.1). Ein weiterer solcher Praktikenkomplex eröffnet sich mit dem Umgang, den die Societas mit ihren indigenen Konvertiten pflegte, vor allem denen, die für die Gesellschaft arbeiteten, den dōjuku, und denen, die ihr beigetreten waren, den irmãos (siehe Kap. 5.2). Diese Fokussierung erfordert dabei wieder den Verzicht auf das, was außerhalb der Foki liegt. Auch hier soll keine vollständige Beschreibung das Ziel sein, sondern eine gezielte Beschreibung, die Einzelnes als Relevantes aus dem Vollen schöpft. Eine allgemeine Einordnung der zugrunde liegenden Verhältnisse muss allerdings, wie bereits im indischen Fall (siehe Kap. 4.1), diesen Betrachtungen vorangehen. Der politische Kontext, in dem die Societas ihre Japanmission antrat, lässt sich strukturell durchaus mit den Verhältnissen parallelisieren, die sie bislang im Indopazifik angetroffen hatte. Wie in Indien, Sri Lanka, an der Ostküste Afrikas oder auf den Molukken war es auch hier so, dass keine einheitliche politische Organisation bestand, sondern dass politische Einheiten verschiedener Größe in beständige Konkurrenz und dauernde kriegerische Konflikte verwickelt waren. Die einzelnen Feudalherren, die Daimyō, hatten sich seit dem ausgehenden 15.  Jahrhundert von der zentralen Autorität des Shōgunats weitestgehend abgekoppelt. Die Machtverhältnisse des Archipels waren beständig im Fluss, und erst gegen Ende des 16. Jahrhunderts zeichnete sich ab, dass eine Wiedervereinigung der japanischen Inseln unter einheitlicher politischer Kontrolle in Reichweite lag. Auch der spirituelle Kontext befand sich im Fluss, wenn die Societas dabei auch gegenüber den übrigen Gegenden des Indopazifiks den Vorteil sah, dass 15 Del Pino: Humanismo clasicista mediterráneo y concepción antropológica del mundo, in: Hispania (1996), S. 40. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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keine muslimischen Missionare vorhanden waren. Zwischen dem 14. und dem 16. Jahrhundert hatte sich jedoch in Japan erstmals eine klar definierte spezifisch japanische religiöse Gemengelage ergeben. Buddhismus und Shintoismus wurden intellektuell neukonzipiert und der breiten Masse erstmals auch als strukturierte, intellektuell anspruchsvolle Systeme nahegebracht.16 Sobald Buddhismus und Shintoismus mit unterschiedlichen spirituell-sozialen Funktionen besetzt waren – die Buddhisten wurden mit allem in Verbindung gebracht, was mit dem Tod, die Shintoisten mit allem, was mit dem Leben in direktem Zusammenhang stand – war es auch problemlos möglich, zugleich Anhänger beider Systeme zu sein. Die klare Ausdifferenzierung der jeweiligen Rituale und Zeremonien war allerdings ein Phänomen der Zeit nach dem 16. Jahrhundert,17 in dem beide ein schwer entwirrbares Amalgam bildeten. Bereits seit dem 10. Jahrhundert wurde seitens der japanischen Buddhisten die Theorie des honji su­ jiaku entwickelt, nach der sich die Buddhas und Boddhisattvas in Japan in Gestalt der shintō-Gottheiten manifestiert hatten, um die Menschen zur Erlösung zu führen.18 Grundgelegt wurde diese Auffassung in einem Text, der für viele Buddhisten in Ostasien, vor allem eben in Japan, als heilige Schrift etwas wie ein ungefähres Äquivalent zur christlichen Bibel darstellte, dem Lotus-Sutra.19 Es galt als letzte Offenbarung des historischen Buddha Śākyamuni, wurde jedoch wahrscheinlich zwischen dem 1. Jahrhundert v.d.Z und dem 2. Jahrhundert n. d. Z kompiliert und fand seine weiteste Verbreitung in der 406 n. d. Z. in China entstandenen Übersetzung.20 Die darin niedergelegte Lehre von den wirksamen Mitteln besagte, dass die Lehre des Buddha nur Mittel zum Zweck, zum Erreichen der Erleuchtung, sei, nicht aber ein Zweck an sich selbst, und daher nach Erreichen desselben beiseite gelassen werden konnte. War es zur Erlösung der betreffenden Menschen nützlich oder nötig, so konnte der Buddha auch nicht-buddhistische Lehren predigen.21 Diese Vorstellung fand durchaus Eingang in populäre Narrative, wie ein ­otogi-sōshi, eine volkstümliche Schrift zur Verbreitung buddhistischer Inhalte, aus der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts zeigt. »Wäre freilich der Page seiner Dame nicht begegnet, er hätte nimmer den Zugang zu dem Pfad der wahren Erkenntnis gefunden, und wie ihm ergeht es jedem, der das mönchische Leben ergreift. Es bedarf immer eines Anlasses, so vielfältig und verschieden diese auch sein mögen. Drum soll man auch das Böse nicht verwerfen, es ist die Kehrseite des Guten. Auch die Liebe einfach ablehnen, ist Torheit, wächst Liebe 16 Masahide: Thought and Religion, in: Hall (Hg) 1991, S. 378. 17 Ebd., S. 379. 18 Elisonas: The Jesuits, the Devil, and Pollution in Japan, in: BPJS (2000), S. 5. 19 Jap.: tenbon myōhō rengekyō,sanskr.:saddharmapund arīka sutra. 20 Williams: Mahāyāna Buddhism, London/New York 1989, S. 141 f. 21 Ebd., S. 143. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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doch nur in einem zarten Herzen, und ein solches allein macht den Menschen fähig, die wahren Werte zu würdigen. Alles, auch Liebe und selbst Verbrechen, kann zum Vermittler wahrer Erkenntnis und zum Führer in die Welt Buddhas werden.«22

Die seita dos camins, Sekte der kami, die die Missionare der Gesellschaft Jesu zu identifizieren glaubten, gab es dementsprechend im Japan des 16. Jahrhunderts nicht, und auch kein als shintō benanntes Gedankengebäude. Ein solches wurde erst ab 1868 im Zuge der Meiji-Reform institutionalisiert.23 Der generelle Synkretismus im spirituellen Bereich reichte zudem noch weiter. Das – aus China übernommene – Konzept des sankyō itchi, der Einheit der drei Glaubensrichtungen des Buddhismus (im japanischen Fall also der buddhistisch-shintōstischen Synthese), Konfuzianismus und Daoismus war durchaus populär und hätte prinzipiell auch einer Einbeziehung christlicher Inhalte offengestanden.24 Die spirituellen Verhältnisse stellten keine festgefügten Blöcke dar, sondern verschoben sich beständig. Zwischen der Mitte des 16. und der Mitte des 17. Jahrhunderts wurden in Japan sehr viele buddhistische Tempel neu gegründet. Von 6008 Tempeln, die Ende des 17. Jahrhunderts der jōdo shinshū, der Wahren Schule25 vom Reinen Land, angehörten, kann für 4435 ein Gründungsdatum festgestellt werden. 65 % davon wurden zwischen 1573 und 1643 gegründet, 15 % zwischen 1501 und 1572 und 10 % zwischen 1646 und 1696, also insgesamt 90 % zwischen dem 16. und 17. Jahrhundert,26 eine Bewegung, die zum Ende des 16. Jahrhunderts hin gerade Fahrt aufnahm. Diese Verschiebungen der bisherigen spirituellen Verhältnisse war durchaus von Dauer: Eine Zählung von 1941 ergab 6974 jōdo-Tempel in ganz Japan, mit einer nahezu gleichen geographischen Verteilung wie sie für die 6008 Tempel des 17. Jahrhunderts feststellbar ist. Das Netzwerk der jōdoSchule wurde also zwischen dem 16. und 17. Jahrhundert für mehrere Jahrhunderte festgelegt, eine Entwicklung, die auch auf andere buddhistische Strömungen übertragbar ist.27 Die sozialen, politischen und wirtschaftlichen Umbrüche des späten 15. und frühen 16. Jahrhunderts führten zu einer verstärkten Ausdifferenzierung und Polarisierung konkurrierender Ansprüche der verschiedenen religiösen Denominationen auf bestehende und potentielle Gläubige.28 22 Kazuhiko, S. (Übers.)/OA: Drei Einsiedler. Sannin Bôshi, in: MN (1943), S. 354. 23 Elisonas: The Jesuits, the Devil, and Pollution in Japan, in: BPJS (2000), S. 5. 24 Butler: Emperor and Aristocracy in Japan 1467–1680, Cambridge (Mass.)/London 2002, S. 290. 25 Den sonst häufig anzutreffenden Sektenbegriff verwende ich in dieser Arbeit nicht, da er eine nicht vorhandene prinzipielle Abgrenzung zu anderen Strömungen suggeriert und zudem pejorativ besetzt ist. 26 Masahide: Thought and Religion, in: Hall (Hg) 1991, S. 381. 27 Ebd. 28 Farris: Japan to 1600, Honolulu 2009, S. 184. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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Die Societas Jesu profitierte davon, in einen fluktuierenden religiösen Kontext hineinzustoßen, in dem nicht nur das Werben um Gläubige üblich und daher geläufig war, sondern auch eine starke spirituelle Unsicherheit bestand, die sich nutzen ließ. Fróis gab das unumwunden zu: »Für uns war es in Japan ein großer Vorteil, daß darin eine solche Verschiedenheit von Sekten und Meinungen war, die einander entgegengesetzt waren. Das erleichterte die Einführung und Verkündigung des Gesetzes Gottes unseres Herrn. Denn wenn alle einmütig in einem einzigen Kult zusammengeschlossen gewesen wären, dann wäre es äußerst schwierig gewesen, sie zur Aufnahme und Annahme unserer Lehre fähig zu machen.«29

Das mag auch den massiven Konkurrenzdruck zwischen Buddhisten und Jesuiten erklären helfen. Seitens der japanischen Kleriker ging es nicht primär um Bestandskonkurrenz, sondern handelte es sich sozusagen um einen Wettlauf um neue Seelen. Das drückte sich auch darin aus, dass  – einmal abgesehen von der Oberfläche der Praktikensysteme – durchaus Ähnlichkeiten zwischen den Angehörigen der Gesellschaft und ihren Kontrahenten bestanden. Die jōdo shinshū (ikkō-shū), lehnte etwa wie die Jesuiten die shintōistische Verehrung der kami vehement ab,30 definierte alle nicht-buddhistischen Praktiken per se als falsch31 und zeigte mustergültig, welche theokratischen oder besser phasenverschoben imperialen Bestrebungen es im japanischen Buddhismus gab. Sie beanspruchte für sich, zugleich säkulare und spirituelle Gewalt zu sein (siehe Kap. 1). Ihr Haupttempel, der Ishiyama Honganji in Ōsaka, war seit den 1530ern Herr über die ganze Provinz Kaga, entgegen den eigentlichen Feudalstrukturen,32 und ein prominenter Mitspieler im politisch-militärischen Machtkampf der Daimyō. Auf dem Zenit ihrer Macht zwischen den 1550ern und 1580 beeinflusste die ikkō-shū große Teile der gesamten japanischen Wirtschaft und kontrollierte außer Kaga und der Stadt Ōsaka weite Gebiete um ihre Tempel und Klöster herum, besonders in der Region Kyōto.33 Die hokke-shū, die Schule der Anhänger Nichirens (1222–82), zeichnete sich durch eine ebenso absolute Überzeugtheit von der Alleingültigkeit ihrer religiösen Dogmen aus wie die Societas Jesu – das alleinseligmachende Lotus-Sutra lag all ihren Überzeugungen zugrunde. Gemeinsam mit dem vor allem für die buke, die japanische Kriegerschicht, attraktiven sōtō-zen bildeten diese Denominationen die be­sonders stark expandierenden Teile der religiösen Landschaft Japans.34 Sowohl die ikkō-shū 29 Fróis, Luís SJ: Die Geschichte Japans (1549–1578), hg. u. übers. v. Schurhammer SJ/ Voretzsch SJ, Leipzig 1926, S. 232. 30 Elisonas: The Jesuits, the Devil, and Pollution in Japan, in: BPJS (2000), S. 9. 31 Dobbins: Jōdo Shinshū, Honolulu 2002, S. 37. 32 Elison: Deus Destroyed, Cambridge (Mass.)/London 19913, S. 120 f. 33 Tsang: War and Faith, Cambridge (Mass.)/London 2007, S. 223. 34 Farris: Japan to 1600, Honolulu 2009, S. 184 f. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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wie auch die hokke-shū nutzten ikki, also Zusammenschlüsse von einfachen Japanern zum Erreichen eines gemeinsamen Zwecks, gebildet aus ihren Anhängern, während des 16.  Jahrhunderts zur Verfolgung ihrer politischen wie militärischen Ziele.35 Auch ihre Umwelt reagierte auf beide Praktikengeflechte strukturell analog. Nicht nur Hideyoshi zog die Parallele zwischen jōdo shinshū und Societas Jesu auf einer gesamtjapanischen Ebene, sondern auch in kleineren Territorien wurde anscheinend so geurteilt. Das Christentumsverbot Shimazu Takahisas nach der Landung der nao in Hirado, der Domäne der konkurrierenden Matsuura, im Jahr 1550 muss eventuell nicht auf dieses vordergründige Ereignis zurückgeführt werden, sondern kann auch aus denselben Gründen motiviert gewesen sein wie Takahisas Verbot der ikkō-shū 1562.36 Auch die Missionare der Societas wurden nach diesen Paradigmen beurteilt und behandelt, vor allem hinsichtlich der durch sie eröffneten Potentiale zur Machtsteigerung der Daimyō. Als die Feudalherren Südwestjapans feststellten, dass die Missionare von den Portugiesen besonders respektvoll behandelt werden, imitierten sie dieses Verhalten, um damit die Chancen zu erhöhen, dass die naos ihre Häfen anliefen. Eine Konkurrenz um portugiesische Handelswaren setzte ein, allen voran die von diesen gelieferten Feuerwaffen.37 Da die zur Produktion dieser Waffen notwendigen Praktikenkomplexe und Institutionen weitverzweigt waren und einen hohen Technologietransfer erforderten, blieben Musketen im 16. Jahrhundert ein wichtiges Importgut,38 auch wenn es bald gleichwertige japanische Produkte gab (siehe Kap. 5.1.4). Das so etablierte ökonomische Muster blieb stabil, und auch die darauf aufbauenden Strategien der beteiligten Parteien, auch wenn die Protagonisten wechselten. Javiers ursprüngliche Einladung nach Funai beruhte wohl auf dem Wunsch Ōtomo Sōrins, Handelsgeschäfte mit portugiesischen Händlern abschließen zu können,39 vor allem, um sich mit portugiesischer Waffentechnologie ausrüsten zu können.40 Fortan wurde die Societas in Bungo und Yamaguchi, den Provinzen der Ōtomo, begünstigt – was aber nicht hieß, dass der lokale Daimyō damit auch eine persönliche spirituelle Überzeugung verband. Taufen ließ sich Ōtomo Yoshihige (Sōrin) erst 1578, als Dom Francisco.41 Mit der Begründung und Inanspruchnahme solcher Verbindungen gerieten die Mitglieder der Gesellschaft allerdings rasch zwischen die politischen Konfliktlinien. Javier – und mit ihm seine Lehre – wurde bereits 1549 in einen solchen Konflikt verwickelt. Der Daimyo von Satsuma, Shimazu Takahisa, ver 35 Tsang: War and Faith, Cambridge (Mass.)/London 2007, S. 172. 36 Schurhammer SJ: FX 2.3 (1973), S. 133, FN 7. 37 Farris: Japan to 1600, Honolulu 2009, S. 166, S. 171. 38 Lidin: Tanegashima, Kopenhagen 2002, S. 91. 39 Sansom: A History of Japan. 1334–1615, Singapur 1993, S. 264. 40 Schurhammer SJ: FX 2.3 (1973), S. 271. 41 Jorissen: Das Japanbild im Traktat (1585) des Luis Frois, Kyōto 1987, S. 96 f. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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suchte, die Christen mit der Erlaubnis ihrer Lehre an sein Territorium zu binden, in der Hoffnung, damit das Anlanden portugiesischer Handelsschiffe in seinen Häfen zu sichern. Als eine nao in Hizen, im Gebiet seines regionalen Konkurrenten Matsuura Takanobu (1529–99), anlandete, verbot er daher das Christentum. Er stellte Javier dennoch ein Schiff für die Überfahrt von Hirado nach Sakai zur Verfügung, so dass dieser seine erste Kyōtoreise antreten konnte.42 Solche Konflikte traten immer wieder auf. Vierzehn Jahre später, im Spätnovember 1563, brannte die lokale xenophobe Fraktion in Yokoseura die Kirche, das Haus der Jesuiten und den christlichen Stadtteil nieder. Ōmura Sumitada (1533–87), ließ die Kontakte zur Gesellschaft jedoch aufgrund seines Interesses an portugiesischen Feuerwaffen nicht abbrechen.43 1565 wurde der Kapitän einer nao wohl durch entsprechende jesuitische Einflussnahme dazu bewegt, sein Schiff nach Fukuda im Herrschaftsgebiet Sumitadas zu steuern. Die mit den Ōmura verfeindeten Matsuura aus Hirado mobilisierten im Gegenzug eine Flotte aus kleineren Einheiten, um die nao zu kapern, was jedoch durch die höhere Feuerkraft der portugiesischen Kanonen abgeschlagen werden konnte.44 Vor allem in den 1550ern waren Handel und Mission in Japan untrennbar verwoben,45 was sich nicht wesentlich ändern sollte. In seiner Historía do Japam drückte Fróis das für das Jahr 1563 so aus: »Von diesem heiligen Eifer angetrieben, schickte er [Cosme de Torres] den Bruder Luiz de Almeida mit zwei Japanern, da sie nicht nach Hirado gehen konnten, von wo die Unsrigen ausgeschlossen waren, heimlich zur Insel Takushima, die Dom Antonio gehörte und zwei Meilen von Hirado liegt, um zu sehen, ob es nicht irgendein Mittel gäbe, einen der Herren des Shimo zum Christen zu machen, indem man ihm die Hoffnung machte, das Chinaschiff (nao de carreira) würde zu seinen Häfen fahren, wenn er geeignete hätte. Denn für diese Dinge hatte Bruder Luiz de Almeida außer­ ordentliches Geschick und Talent.«46

Im Juli 1562 wurde der angesprochene Daimyō Ōmura Sumitada für die Kirche gewonnen, indem ihm gegen die Überlassung des Hafens von Yokoseura das Anlanden der nao angeboten wurde – im Juni 1563 wurde er getauft.47 Vor dem Hintergrund des ständigen Krieges in Japan waren zudem die Bemü­hungen um das Wohlwollen und die damit verbundenen politischen Begünstigungen einzelner Lokalherrscher stets von der Entthronung derselben 42 Jorissen: Das Japanbild im Traktat (1585) des Luis Frois, Kyōto 1987, S. 93. 43 Elison: Christianity and the daimyo, in: Hall (Hg.) 1991, S. 325. 44 Ebd. 45 Subrahmanyam: The Portuguese Empire in Asia 1500–1700, London/New York 1993, S. 103. 46 Fróis, Luís SJ: Die Geschichte Japans (1549–1578), hg. u. übers. v. Schurhammer SJ/ Voretzsch SJ, Leipzig 1926, S. 152 f. [ME,] (EiO). 47 Elison: Deus Destroyed, Cambridge (Mass.)/London 19913, S. 88. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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bedroht. Das widerfuhr Javier beim Fall Ōuchi Yoshitakas (1507–51), der ihn zwar zunächst begünstigte, aber bald darauf durch eine Rebellion gestürzt wurde.48 Yoshitaka war ein eklektisch gebildeter Mann, ein gelehrter Konfuzianer, aber auch an Buddhismus und Shintoismus interessiert. Die Ōuchi unterhielten bereits seit langem kulturelle und vor allem kommerzielle Beziehungen nach China und Korea. Die japanischen Tributgesandtschaften der Jahre 1539 und 1547 nach China waren zwar formal vom bakufu legitimiert, aber de facto von den Ōuchi organisiert und durchgeführt worden.49 Yoshitaka protegierte in seinem Herrschaftsbereich sowohl die Künste als auch die verschiedenen japanischen spirituellen Denominationen, es boten sich dort also theoretisch optimale Bedingungen für die Etablierung einer neuen Religion.50 Die Verknüpfung gerade von Handel und Religion war für die Ōuchi nichts Neues. Sie übertrugen auf die Societas Jesu nur Praktiken, die sie bereits in der Interaktion mit den buddhistischen Tempeln ihrer Domänen genutzt hatten. Der Shōfukuji in Hakata, ein wichtiger Verwaltungstempel für die Abwicklung der Tributgesandtschaften, wurde nach der Eroberung der Stadt durch die Ōuchi intensiv in deren Politik eingebunden und von der Steuerzahlung befreit, um Einfluss auf die Gesandtschaften nehmen zu können.51 Um die Societas Jesu nun durch ihre Kontakte zu den Portugiesen in Anwendung dieser Praktikenkomplexe fest im Territorium der Ōuchi etablieren zu können, brauchte es jedoch die Person des Landesherren, der dazu bereit war, und diese war den politischen Wechselfällen unterworfen. Am 30. September 1551 beging Yoshitaka seppuku, nachdem er durch eine erfolgreiche Rebellion Sue Harukatas (1521–55),52 seines höchsten Vasallen, gestürzt worden war.53 Jegliche politische Protektion, die er der Gesellschaft hatte bieten können, starb mit ihm. Sein Nachfolger Ōuchi Yoshinaga teilte dasselbe Schicksal mit ihm, als die Lage im Konflikt mit den Mōri zusehends aussichtslos für ihn wurde, womit die Dynastie der Ōuchi als politischer Faktor verschwand.54 Auch die Sicherung von Kontakten zur politischen Ebene durch die Kon­ version von Daimyō gestaltete sich schwierig. Bis 1574 wurde nur ein japanischer Territorialherr konvertiert, Ōmura Sumitada, im Juni 1563 getauft auf den christlichen Namen Bartolomeu. Obwohl er als erster christlicher Daimyō Japans gilt, bleibt fraglich, ob er machtvoll genug war, um 1563 wirklich bereits als solcher betrachtet zu werden. Alessandro Valignano beschrieb ihn noch

48 Jorissen: Das Japanbild im Traktat (1585) des Luis Frois, Kyōto 1987, S. 96. 49 Oláh: Räuberische Chinesen und heimtückische Japaner, Wiesbaden 2009, S. 78 u. 109. 50 Elison: Christianity and the daimyo, in: Hall (Hg.) 1991, S. 314. 51 Oláh: Räuberische Chinesen und heimtückische Japaner, Wiesbaden 2009, S. 142. 52 Ebd., S. 114. 53 Elison: Christianity and the daimyo, in: Hall (Hg.) 1991, S. 315. 54 Oláh: Räuberische Chinesen und heimtückische Japaner, Wiesbaden 2009, S. 114. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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20 Jahre später als kunishū, als lokalen Kleinstadligen.55 Noch im Jahr seiner Taufe konnte Sumitada seiner Herrschaft nicht ganz sicher sein; Gotō Takaakira, der leibliche Sohn von Sumitadas Adoptivvater, trachtete ihm nach dem Leben, um sein Erbteil zurückzuerlangen.56 Er konvertierte wohl eher aus Not angesichts seiner zunehmend verzweifelten militärische Lage, in der er auf Hilfe aus europäischen Quellen kaum verzichten konnte, wenn sich die Möglichkeit dazu bot. Seine christliche Gesinnung danach scheint ein anderes Feld zu sein. Die mit seiner Konversion eröffneten leichteren Zugänge zu den Waren­ austausch- und Kommunikationskanälen des Estado da Índia zahlte sich für Sumitada in jedem Fall aus: 1566 konnte er mit von portugiesischen Händlern erhaltenen Waffen einen wesentlichen Sieg erringen, um seine Herrschaft zu sichern. Dementsprechend war er der Gesellschaft Jesu, die hierbei die Vermittlung übernommen hatte, fortan verpflichtet.57 Während des 16.  Jahrhunderts lag solchen Handlungen, sei es von Seiten der Gesellschaft oder der japanischen politischen Eliten, durchaus eine politische Rationale zugrunde. Das außerhalb des Estado da Índia gelegene Japan war nicht an eine regelmäßige, institutionalisierte portugiesische Handelsroute angebunden, weshalb das Vorhandensein portugiesischer Waren nie sicher vorausgesetzt werden konnte. Darunter fielen nicht nur Feuerwaffen, sondern auch die Importe aus China, für die portugiesische Händler nach der Schließung der chinesischen Häfen für japanische Schiffe im Zug der Bekämpfung der wako durch die Ming als Zwischenhändler fungierten.58 Nach der Tribut­gesandtschaft des Jahres 1547, der letzten offiziellen japanischen Handelsmission nach China, waren auch die unter dem diplomatischen Protokoll des Tributsystems noch möglichen Kontakte nicht mehr nutzbar, der Handel musste also anders organisiert werden, wollten japanische Händler weiterhin Importe aus China beziehen (und dort selbst Waren absetzen).59 Die Portugiesen fungierten dabei auch als Zwischenhändler im erweiterten Dreieck Japan – China – Südostasien, wobei der Handel zwischen Japan und China vor allem dem Muster von Silber gegen Rohseide folgte.60 Vereinfacht wurden solche Kontakte nach der Vergabe Macaos an Portugal 1557, formal aufgrund der Hilfe im Kampf gegen die wako im südchinesischen Meer,61 wahrscheinlich aber, um den überschießenden Schleichhandel an der südchinesischen Küste in berechenbare Bahnen zu lenken. Bis in die Mitte der 1550er kamen nur recht wenige portugiesische Schiffe nach Ja 55 Elison: Christianity and the daimyo, in: Hall (Hg.) 1991, S. 323. 56 Ebd., S. 324. 57 Elison: Deus Destroyed, Cambridge (Mass.)/London 19913, S. 91. 58 Boscaro: Toyotomi Hideyoshi and the 1587 edicts against Christianity, in: Oriens Extremus (1973), S. 240. 59 Oláh: Räuberische Chinesen und heimtückische Japaner, Wiesbaden 2009, S. 44 f. 60 Naohiro: The sixteenth-century unification, in: Hall (1991), S. 62. 61 Sebes SJ: The Precursors of Ricci, in: Ronan SJ/Oh (Hg) 1988, S. 31. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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pan, auch wenn deren Zahlen nicht genau angegeben werden können und portugiesische Händler – wie auch Javier und Konsorten bei ihrer Überfahrt – des öfteren chinesische Dschunken als Transportmittel nutzten.62 Stabilität kam in die Handelsverhältnisse zwischen dem Estado und Japan erst durch das Fixieren des Handels auf die Route Macao – Nagasaki nach 1570. Der Silberimport aus Japan brachte die im Estado da Índia dringend benötigte Liquidität und half so, die Krise der 1540er und ’50er zu überwinden. Der hierfür wichtige Knotenpunkt Macao zählte gegen Ende des 16. Jahrhunderts bereits 500 bis 600 Portugiesen, mehr als jede andere Einzelsiedlung östlich des Kaps.63 Von den 1570ern an wurde die Route Macao – Nagasaki zum unverzichtbaren Bestandteil der Überseeroute nach Goa, und ein Teil der Profite aus diesem Handel ging zur Missionsfinanzierung an die Societas Jesu.64

5.1 Der Weg nach Kyōto Wenn auch der Weg, der Javier nach Japan führte, eher aus den Umständen und Wechselfällen seiner Reisen entstand als aus konkreter Planung, so musste das nicht bedeuten, dass auch das weitere Unternehmen der Evangelisierung dieses neuen und scheinbar so vielversprechenden Arbeitsfeldes der Societas Jesu entsprechend verlief. Bereits 1550 fasste Javier einen Entschluss, dessen Fassung wie auch Umsetzung einen zumindest grob skizzierten Plan erforderte, so dass sich daran sowohl die Präkonzeptionen für das zu Planende wie auch deren Konkretisierung in der Realisierung des Geplanten deutlich machen lassen: Er würde zum Kaiser nach Kyōto gehen.65 Dort, so die damit verknüpfte Erwartung, würde er eine Missionserlaubnis für das ganze Land erhalten können und vielleicht Einfluss bei Hof aufbauen, der ihn in die Lage versetzen würde, aus einer ungefährdeten Position heraus das gesamte Reich an der Verkündung seiner Lehre teilhaben zu lassen. Die damit avisierte Strategie stellte eine Anwendung derselben Methodik dar, die Loyola nahezu zeitgleich in den constitu­ tiones – vervollständigt im November 155166 – niedergelegt hatte: Sich zunächst durch Protektion oder zumindest Toleranzpatente der Herrschenden abzu­ sichern, um die zu erzielenden Konversionen zu sichern – oder bestenfalls die Mächtigen selbst zu konvertieren, um einen Schneeballeffekt zu generieren.67 62 Lidin: Tanegashima, Kopenhagen 2002, S. 98 f. 63 Subrahmanyam: The Portuguese Empire in Asia 1500–1700, London/New York 1993, S. 104. 64 Naohiro: The sixteenth-century unification, in: Hall (1991), S. 62. 65 Sansom: A History of Japan. 1334–1615, Singapur 1993, S. 291. 66 Bangert SJ: A History of the Society of Jesus, St. Louis 19862, S. 43. 67 Vgl. Loyola, Ignacio SJ: The Constitutions of the Society of Jesus, St. Louis 1970, übers. u. komm. v. Ganss SJ, Teil VII, Kap. 2, S.275, S. 278. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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Um ein solches Konzept in eine umsetzbare Strategie zu überführen, waren allerdings Informationen über die politischen Konfigurationen und Macht­ kontexte erforderlich, die im Ankunftsland zu erwarten waren. Auch für das noch sehr im Ungefähren liegende Japan gab es solches Material, und Javier kannte es. Nicolao Lancilotto stellte 1548 eine Bearbeitung des Berichts Anjirōs her, um zu beweisen, dass Japan und die europäische Christenheit eigentlich spiegelgleich seien68 – man die Japaner also leicht bekehren können müsse. Politisch beschrieb Lancilotto den obersten Herrscher Japans als Mann mit geistlichen wie weltlichen Herrschaftsrechten, die er aber der Würde seines Standes wegen nicht ausübe und an den gosho, den Shōgun, abgebe, der dann über ein dem europäischen analoges Feudalsystem präsidiere.69 Das Verhältnis der beiden Gewalten tennō und Shōgun wurde dabei verglichen mit dem zwischen Papst und Kaiser.70 Die Personen, die diese ehrenvollen Plätze chronologisch zeitgenössisch innehatten, entsprachen aus einer nachzeitlichen Perspektive den Projektionen Lancilottos allerdings nur bedingt. Go-Nara tennō ­(1497–1557) folgte seinem Vater bereits 1526 nach, konnte allerdingt erst 1536 mit der formellen Zeremonie inthronisiert werden, weil im kaiserlichen Haushalt keine Mittel dafür vorhanden waren. Er war nicht gerade der Partner, von dem Javier wie avisiert landesweite Protektion erlangen konnte,71 waren seine direkten Möglichkeiten, Macht auszuüben, doch quasi nicht vorhanden.72 Auch die zeremonielle Thronbesteigung seines Nachfolgers Ōgimachi tennō (1517–93, amt. 1557–86) musste um drei Jahre aufgeschoben werden, weil es an den nötigen Geldern fehlte.73 Shōgun Ashikaga Yoshiteru (1536–65, amt. 1546–65) wurde im Januar 1547 formell ernannt, war aber nur wenig handlungsfähig, da er zu diesem Zeitpunkt mit elf Jahren einfach noch zu jung war. Erst ab 1554 konnte er sein Amt eigenverantwortlich wahrnehmen.74 1549 allerdings wurde er vom lokalen Daimyō Miyoshi Chōkei (Miyoshi Nagayoshi, 1522/3–64) aus Kyōto vertrieben und konnte erst 1552 wieder in die Stadt zurückkehren, nur um ihrer wenig später ein weiteres Mal von Chōkei verwiesen zu werden.75 Seine Machtbefugnisse waren de facto nur nominell.76

68 Elisonas: An Itinerary to the Terrestrial Paradise, in: Itinerario (1996), S. 30. 69 Ebd., S. 42. 70 [Lancilotto, Nicolao SJ]: Beschreibung der Insel Japonia, in: Maffei, Giovanni Pietro SJ: Kurtze Verzeichnuß und historische Beschreibung, übers. v. Götze, Johann Georg Ingolstadt 1586, S. 50 f. (2). 71 Elison: Christianity and the daimyo, in: Hall (Hg.) 1991, S. 311. 72 Butler: Emperor and Aristocracy in Japan 1467–1680, Cambridge (Mass.)/London 2002, S. 58. 73 McMullin: Buddhism and the State in Sixteenth-Century Japan, Princeton 1983, S. 76. 74 Elisonas: An Itinerary to the Terrestrial Paradise, in: Itinerario (1996), S. 43. 75 McMullin: Buddhism and the State in Sixteenth-Century Japan, Princeton 1983, S. 66. 76 Elison: Christianity and the daimyo, in: Hall (Hg.) 1991, S. 311. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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Fehlinformationen wie die Lancilottos waren nicht nur so gut wie unvermeidlich, obwohl Javier sich auf indigene Informanten stützen konnte, sondern hätten nicht unbedingt zu seinem Schaden ausfallen müssen. Theoretisch hätte er doch nur die tatsächlich aktiven politischen Akteure identifizieren und sein Programm entsprechend übertragen müssen. Nach Elison gab es dabei jedoch eine schwer zu überwindende Schwierigkeit: »The missionaries had surrendered to wishful thinking. They visualised too much of themselves in the Other. Their distant vision had been faulty, and they were not cured of their delusions on the spot.«77 Diese Beschreibung greift aber ein wenig kurz: Einerseits vermag sie nicht zu erklären, warum Javier sich auf das Unternehmen einließ, wenn tatsächlich eine Analogie des Verhältnisses der imaginierten japanischen Reichsspitzen zwischen Kaiser und Papst im Raum stand, deren Beziehungen sich vor Javiers Abreise nicht gerade unkompliziert entwickelt hatten – der sacco di Roma lag gerade einmal 23 Jahre zurück. Realpolitisch gedacht hätte also unter diesen Voraussetzungen ein behutsames und abwägendes Vorgehen sicherlich mehr Erfolg versprechen müssen als das Voranstürmen in die Hauptstadt bis in den Thronsaal des kaiserlichen Palastes hinein. Andererseits wiederum ist damit noch nicht gesagt, welche Wahnvorstellungen die Jesuiten denn nun so konsequent heimsuchten, dass die in Japan verbleibenden Patres über zwanzig Jahre hinweg diesen Plan doch noch zu verwirklichen suchten. Einer der möglichen Ansatzpunkte ergibt sich in der Betrachtung eines diachron später, aber strukturell parallel gelagerten Phänomens. Die ersten jesuitischen Missionare (auch Javier), die an eine Bekehrung Chinas dachten, waren der Meinung, dass der chinesische Kaiser überzeugt werden könne, Handel mit Portugal und christliche Mission zuzulassen, wenn man zu ihm gelangen und ihm einen übersetzten Katechismus oder eine ähnliche Schrift vorlegen könne. Daher wurde zunächst die Arbeit an der Katechismus-Übersetzung forciert, und es wurden beständig neue diplomatische Missionen angestrengt, da das am erfolgversprechendsten schien: Die von Tomé Pires (1468–1539) 1520, die päpstliche Gesandtschaft, die Michele Ruggieri ab 1588 initiieren sollte, oder Handelsmissionen wie die von Diogo Pereira in den 1550ern und 1560ern, die Javier initiiert hatte.78 Dass in diesem Fall – ungleich dem japanischen – der Kaiser durchaus in einer entsprechenden Position zur Autorisierung fremder Lehren war, konnte aus der Außensicht nicht verlässlich abgeschätzt werden. Eine andere Interpretation wirft Javier einfach irriges Anwenden europäischer Kategorien auf japanische Verhältnisse vor – der Hiei-zan, wo er Kontakte knüpfen wollte, war schließlich keine Universität, sondern ein Klosterzentrum, und der Kaiser in Kyōto vor allem eine Symbolfigur.79 77 Elisonas: The Jesuits, the Devil, and Pollution in Japan, in: BPJS (2000), S. 3. 78 Sebes SJ: The Precursors of Ricci, in: Ronan SJ/Oh (Hg) 1988, S. 39. 79 Bangert SJ: A History of the Society of Jesus, St. Louis 19862, S. 34. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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5.1.1 Erster Etablierungsversuch: Javier 1550/51 Die Entscheidung, den Weg nach Kyōto einzuschlagen, entstand allerdings nicht spontan. Als Javier in Japan eintraf, landete er zunächst in den Domänen der Shimazu-Familie in der Provinz Satsuma auf Kyūshū. Auch hier versuchte er zunächst, die Obrigkeiten des Territoriums zu identifizieren und sich von ihnen eine Missionserlaubnis und, wenn möglich, aktive Unterstützung geben zu lassen. Das Treffen zwischen Shimazu Takahisa, dem Daimyō von Satsuma, und Javier fand auf der Burg Uchiujijō am 29. September 1549, dem Fest des Erzengels Michael statt. Wenige Tage später erteilte Takahisa Predigt- und Konversionsfreiheit. Takahisa war zudem mit Go-Nara tennō gut bekannt und hatte damit über Satsuma hinausreichenden Einfluss.80 Dennoch unterstützte ­Takahisa weder Kirche noch Missionare darüber hinaus, auch wenn die Gründe dafür bislang unklar sind. Javier beschloss nach dieser Enttäuschung, direkt zum tennō nach Miyako (Kyōto) zu pilgern.81 Kurz zusammengefasst bestanden Javiers Pläne in dieser Initialphase der Mission offenbar daraus, in die Hauptstadt zu gehen und die Hauptuniversitäten aufzusuchen. Anschließend wollte er dort eine offizielle Erlaubnis des ›Königs‹ zur Mission erhalten und die Auseinandersetzung mit den Hauptvertretern der lokalen Glaubenssysteme, in diesem Fall also des Buddhismus, suchen.82 Das korrespondiert mit den Javier immer wieder zugeschriebenen Vorannahmen über die Natur der Menschen und des Landes: Die Einwohner seien mutig, freundlich und vor allem rational; es gäbe eine Zentralgewalt in königlicher Form; und es gäbe darüber hinaus Universitäten, die eine religiöse Lehre anböten.83 Zudem erschien ihm der Schritt wohl durch den schieren Sachzwang, die Situation der Mission eindeutig zu klären und ihren Fortbestand zu sichern, als notwendig, denn deren Lage in Japan war, bedingt durch Javiers eigenmächtiges Ausweiten seines Aktionsradius, anders als die bislang gewohnten Verhältnisse. Außerhalb jedes europäischen Kolonial­ gebiets gelegen, gab es keine politischen Strukturen, die als natürliche Verbündete in Frage gekommen wären wie der Estado da Índia in Indien.84 Nachdem bislang alle Stukturen und Praktiken der Mission in enger Kohabitation mit denen des Estado entstanden waren, führte das Nichtvorhandensein eines solchen Partners zu einer Kompensationsreaktion, um weiterhin in den gewohnten Bahnen agieren zu können. Hierfür gab es zwei Möglichkeiten: Entweder die Praktiken an den neuen Kontext adaptieren und Strategien entwickeln, mit der nun 80 López-Gay SJ: Saint Francis Xavier and the Shimazu Family, in: BPJS (2003), S. 102. 81 Ebd., S. 103. 82 Jorissen: Das Japanbild im Traktat (1585) des Luis Frois, Kyōto 1987, S. 81. 83 Lacouture: Dialog in Yamaguchi, Mannheim 2002, S. 18. 84 Rodrigues: Local Sources of Funding for the Japanese Mission, in: BPJS (2003), S. 115. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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fehlenden politischen Protektion zu leben, oder aber einen Ersatzpartner zu suchen, der ähnliche Unterstützung gewähren konnte. Javier entschied sich für den Versuch des Letzteren. Ihm schien zwar durchaus klar zu sein, dass unter japanischen Verhältnissen andere Methoden nötig seien als in Indien, aber eine erste klare Formulierung der ersteren Strategie, unter Anpassung an die örtlichen Verhältnisse, also akkommodativ, notfalls ohne einen leistungsfähigen politischen Partner im Rücken zu arbeiten, gab erst Alessandro Valignano 1574 – in Indien.85 Um dabei auf die Bedingungen näher eingehen zu können, unter denen Javiers Vorgehen unternommen wurde, müssen zunächst die Bestandteile seiner Kalkulation – tennō und Universität – kurz betrachtet werden. Der bislang hier unreflektiert eingeführte Begriff tennō sowie die damit im Deutschen üblicherweise verbundene Charakterisierung von Amt und Person als ›Kaiser‹ und ›kaiserlich‹ ist durchaus schwierig, weil einerseits die Zeitgenossen den Begriff nur selten und lediglich als eine von mehreren Alternativen gebrauchten – die Mitglieder der Societas gebrauchten bespielsweise »Vooh« (Ō) und mikado, und zogen weit eher die Parallele zum Papst als zum Kaiser  – und andererseits die Charakterisierung Assoziationen hervorruft, die mit den spezifischen Konstellationen des japanischen Kontexts schwer vereinbar sind.86 Um zugleich eine analytische Distanzierung von den Quellen zu schaffen und keine unnötigen Irritationen hervorzurufen, behalte ich dennoch tennō und ›Kaiser, kaiserlich‹ im Folgenden bei, da die deutsche Geschichte mit den in ihren politischen Handlungsmöglichkeiten zunehmend bedrängten Kaisern des Heiligen Römischen Reiches im 18.  Jahrhundert immerhin einen durchaus anschlussfähigen Vergleichspunkt bietet. Was die Universitäten betraf, so war auch diese Vorstellung nicht ganz zutreffend. Es gab Institutionen, die auf einem hohen Niveau komplexe Bildungs­ angebote boten, aber diese trugen nicht den Charakter europäischer Universitäten. Die größte und bekannteste dieser Bildungseinrichtungen, die in Bandō gelegene Ashikaga gakkō, wurde 1439 durch Uesugi Norizane (1411–66) ins Leben gerufen. Die Gründung erfolgte im Auftrag der Militärregierung, des Muromachi-Shōgunats, um eine staatliche Bildungseinrichtung zu errichten. Betrieben wurde die Hochschule von buddhistischen Mönchen, die dem rinzaiZweig des zen-Buddhismus angehörten.87 Die Ashikaga gakkō erreichte den Höhepunkt ihrer Bedeutung um 1550 herum unter der Leitung Gyokukōs (Kyūka, 1500–78) und beherbergte zu diesem Zeitpunkt, also zeitgleich mit Javiers Ankunft, etwa 3000 Studenten. Ab den 1560ern wurde die Schule speziell von den 85 Witek SJ: Understanding the Chinese, in: Ronan SJ/Oh (Hg) 1988, S. 63. 86 Butler: Emperor and Aristocracy in Japan 1467–1680, Cambridge (Mass.)/London 2002, S. 13. 87 Aoyama SVD: Die Missionstätigkeit des heiligen Franz Xaver in Japan, St. Augustin 1967, S. 19. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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Go-Hōjō gefördert, die damals den größten Teil des Kantō kontrollierten. Die zweite bedeutende (konfuzianische) Schule, die bei Kyōto gelegene daigakuryō, die bereits im achten Jahrhundert als kaiserliche Bildungseinrichtung für Verwaltungsbeamte gegründet wurde, scheint Javier nicht bekannt gewesen zu sein, was nicht allzu verwunderlich ist, hatte die Institution doch in den Kämpfen um die Hauptstadt schwere Schäden davongetragen.88 Beide Einrichtungen hatten dennoch zusammen mit den anderen, vor allem religiösen Bildungszentren in der Hauptstadtregion durchaus einen wahrnehmbaren Einfluss auf die Verhältnisse im übrigen Land. In der Mitte des 16. Jahrhunderts begann sich der Neokonfzuianismus nach Zhū Xhī (1130–1200) in Japan rapide zu verbreiten, eine Bewegung, die vor allem durch die zen-Priesterschaft getragen wurde.89 Die Tosa- und Satsuma-Schulen erreichten in dieser Zeit Berühmtheit; ihre Gründer und Lehrer studierten den Konfuzianismus in Kyōtos gozan,90 den Fünf Bergen, also den fünf großen zen-Klöstern Tenryūji, Shōkokuji, Kenninji, Tōfukuji und Manjuji. Javiers Fehlkonzeptionen bezüglich des Charakters der Institution könnten sich also durchaus mit der Außenwahrnehmung dieser großen, geschäftigen und offensichtlich blühenden Einrichtung erklären lassen.91 Sie waren dennoch innerhalb der Gesellschaft Jesu nicht von allzu großer Dauer. Fróis führte in der Historía 1587 aus: »Wenn man in den Briefen oder sonst von den »Universitäten« Japans spricht, dann darf man ebenfalls nicht meinen, die japanischen Universitäten hätten die Autorität, Vornehmheit, Wissenschaft, Einkünfte oder Grad wie die Europas. Denn die Stu­ denten Japans sind zum größten Teil entweder Bonzen, oder sie studieren, es zu werden; und die meiste Zeit, Sorgfalt und Mühe verwenden sie darauf, die Schriftzeichen Chinas und Japans zu erlernen, und die sind fast nicht zu zählen, und zuweilen hat ein einziges derselben 15 und 20 verschiedene Bedeutungen. Ferner lehren sie die Lehren ihrer Sekten, was ihre Theologie ist, und einige Morallehren, aus den Büchern einiger weiser Männer und alter Philosophen genommen, die in China lebten. Dies aber studieren sie nicht nach methodischen Schulbüchern oder wissenschaftlichen Argumenten, sondern nach Art von Katechismen. Ferner studieren sie noch etwas Astrologie und Medizin. Und von diesen Wissenschaften gibt es in ganz Japan nur eine einzige Universität und öffentliche Schule, und die ist im Gebiet von Kwantō im R ­ eiche [Shimotsuke] in einem Ort namens Ashikaga. Und was man in den anderen Reichen in den Bonzenklöstern lernt, ist für sich und privat, fast ohne allen Apparat oder äußeren Aufwand.«92 88 Ward: Jesuit Encounters with Confucianism in Early Modern Japan, in: Sixteenth Century Journal (2009), S. 1049. 89 Masahide: Thought and Religion, in: Hall (Hg) 1991, S. 398. 90 Ward: Jesuit Encounters with Confucianism in Early Modern Japan, in: Sixteenth Century Journal (2009), S. 1052. 91 Masahide: Thought and Religion, in: Hall (Hg) 1991, S. 399. 92 Fróis, Luís SJ: Die Geschichte Japans (1549–1578), hg. u. übers. v. Schurhammer SJ/ Voretzsch SJ, Leipzig 1926, S. 11. [EiO]. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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Nach manchen Darstellungen sah Javier sich selbst nicht als individuellen Missionar, sondern vor allem als Wegbereiter für künftige. In dieser Rolle habe seine Aufgabe vor allem darin gelegen, Daten zu erheben und damit ein Missionsmuster zu formulieren, das erfolgreich zu sein versprach.93 Teil einer solchen Strategie war die institutionelle Absicherung der Missionare durch die Privilegien, die seine Reise zu den Spitzen der staatlichen Gewalten bringen sollte. Bereits der Weg in die Hauptstadt bereitete Javier jedoch einige Schwierigkeiten. Er reiste im Winter, mit geringen finanziellen Mitteln, noch geringeren Sprachkenntnissen94 und behaftet mit dem augenfälligen Nachteil, eine exotische Erscheinung darzustellen, die nicht recht einzuordnen war. In der Berichterstattung der Gesellschaft in Europa wurde unter anderem herausgestellt, er sei von den Bewohnern der durchwanderten Orte geschmäht und von Kindern mit Steinen beworfen worden.95 Dass er unter diesen Umständen dennoch in der Lage war, den Weg bis zum Ziel zu finden, lag an seinen Begleitern. Er reiste, wieder einmal, nicht allein, sondern zusammen mit Juan Fernández96 und Cosme de Torres, und vor allem mit den japanischen Konvertiten. Joane und António waren zusammen mit Anjirō konvertiert worden und hatten Javier bereits auf der Reise nach Japan selbst begleitet,97 und Bernardo von Satsuma (†1557) war Javiers zwölfter Bekehrter und einer seiner beiden Katecheten,98 ein ehemaliger Samurai.99 Vervollständigt wurde die kleine Gruppe durch den aus Indien mitgeführten Diener (oder Sklaven) Amador.100 De Torres wurde allerdings nach dem Zwischenaufenthalt der Reisegesellschaft in Yamaguchi dort belassen.101 Von dort aus zogen Javier, Fernández und Bernardo allein weiter. Am 18. Dezember 1550 trafen sie schließlich in Miyako ein, das allerdings nicht ganz Javiers Erwartungen entsprach – er fand die Stadt in schlechtem Zustand und Kaiser wie Shōgun praktisch machtlos vor.102

93 Sebes SJ: The Precursors of Ricci, in: Ronan SJ/Oh (Hg) 1988, S.  25; Kishino: From­ Dainichi to Deus, in: Üçerler SJ (Hg) 2009, S. 50. 94 Elison: Deus Destroyed, Cambridge (Mass.)/London 19913, S. 34. 95 Maffei, Giovanni Pietro SJ: Kurtze Verzeichnuß und historische Beschreibung, übers. v. Götze, Johann Georg, Ingolstadt 1586, S. 24 (1). 96 Yuuki SJ: Fernández de Oviedo, Juan, in: DHCJ 2, S. 1401. 97 Aoyama SVD: Die Missionstätigkeit des heiligen Franz Xaver in Japan, St. Augustin 1967, S. 92. 98 Boffa: La rencontre de deux mondes, in: Bulletin de l’Institut Historique Belge de Rome (2000), S. 151. 99 Ruiz-de-Medina SJ/Pfister: Japón, in: DHCJ 3, S. 2131, u. Ders.: Bernardo de Satsuma, in: DHCJ 1, S. 419. 100 Aoyama SVD: Die Missionstätigkeit des heiligen Franz Xaver in Japan, St. Augustin 1967, S. 92. 101 Yuuki SJ: Torres, Cosme de, in: DHCJ 4, S. 3819 f. 102 Jorissen: Das Japanbild im Traktat (1585) des Luis Frois, Kyōto 1987, S. 94 f. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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Seit dem Ōnin-Krieg (1467–77), der um die Nachfolge des Shōguns ausgefochten und vor allem in und um Kyōto herum ausgetragen wurde,103 war die Hauptstadt nicht mehr das Machtzentrum des Landes, und zudem durch die Kampfhandlungen stark in Mitleidenschaft gezogen worden, wovon sie sich ihres damit verbundenen Bedeutungsverlustes wegen nur schwer erholte. Zunehmende soziale Unruhen, deutlich erhöhte Kriminalität und häufige gewalttätige Zusammenstöße minderten die Attraktivität der Stadt nach dem Ōnin-Krieg erheblich.104 Zwei verheerende Stadtbrände, 1494 und 1500, trugen zur Verschlechterung des Stadtbildes bei, und in der Folge verließen viele Adlige Kyōto dauerhaft.105 Der Shōgun wurde nach dem Ōnin-Krieg zunehmend zur Marionette der Hosokawa, die die Gegend um Kyōto herum kontrollierten.106 Bei­ Javiers Ankunft war der derzeitige Amtsinhaber, Shōgun Ashikaga Yoshiteru, gar nicht in der Stadt selbst anzutreffen, da er sich im etwa sechs Kilometer entfernten Katada aufhielt.107 Zum tennō wurde Javier gar nicht erst vorgelassen, da ihm einerseits eine glaubwürdige Legitimation und andererseits die anlassüblichen Präsente fehlten.108 Hierbei könnte trotz der schwierigen finanziellen Lage des Kaiser­hauses auch eine spirituelle Überlegungskomponente hineingespielt haben. Vor allem der Kaiserhof und damit die kaiserliche Person, die ja als letztlich göttlicher Sproß vor den kami, den Numinosa des shintō, Japan repräsentierte, musste vor spiritueller Verschmutzung geschützt werden,109 weil sonst nationale Unreinheit drohte, eine spirituelle Katastrophe. Dieses Bestreben nahm im 16.  Jahrhundert zunehmend übertriebene Formen an.110 Ein Fremder, von dem nicht festgestellt werden konnte, ob er die Reinheitsgebote des shintō beachtete, bei dem aber zunächst davon ausgegangen werden musste, dass das nicht der Fall war, stellte nicht nur ein Ärgernis dar, sondern auch ein spirituelles Sicherheitsrisiko. Dabei muss allerdings von einer Überinterpretation Abstand genommen werden: Die wahrscheinlichste Lösung ist, dass Javiers Begehren für den Hof so marginal war, dass es gar nicht zur Kenntnis genommen wurde. Sicherlich waren die Interessen der Patres, der bateren, in den Überlegungen der kaiserlichen Umgebung höchstens minimal relevant. Butler etwa sah in seiner Studie über den frühmodernen japanischen Hof keinen Anlass, auf die Berührungspunkte 103 Ishigami-Iagolnitzer: Le Japon mouvementé du XVIe siècle (1998), S. 61. 104 Butler: Emperor and Aristocracy in Japan 1467–1680, Cambridge (Mass.)/London 2002, S. 27. 105 Farris: Japan to 1600, Honolulu 2009, S. 165, S. 183. 106 Aoyama SVD: Die Missionstätigkeit des heiligen Franz Xaver in Japan, St. Augustin 1967, S. 22. 107 Schurhammer SJ: FX 2.3 (1973), S. 211, FN 42 von S. 210. 108 Elison: Christianity and the daimyo, in: Hall (Hg.) 1991, S. 312. 109 Butler: Emperor and Aristocracy in Japan 1467–1680, Cambridge (Mass.)/London 2002, S. 113. 110 Elisonas: The Jesuits, the Devil, and Pollution in Japan, in: BPJS (2000), S. 20. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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zwischen der Societas und dem tennō überhaupt einzugehen,111 eine aus strikt japanischer Perspektive vollkommen nachvollziehbare Entscheidung. Keiner der beiden für diese Arbeit relevanten Kaiser, weder Go-Nara noch Ōgimachi, hatte Anlass, der Gesellschaft Jesu in seinen Plänen und Aktivitäten eine besondere Rolle zuzuschreiben. Allerdings blieb auch der gescheiterte erste Anlauf zur Etablierung in Kyōto nicht folgenlos für das weitere Vorgehen der Missionare. Nach dem Scheitern seines Besuches beim tennō kultivierte Javier ein deutlich zeremonielles Auftreten gegenüber den japanischen Daimyō, was für das Erlangen formeller Konversionserlaubnisse eine wesentliche Erleichterung darstellte.112 Im April 1551 machte er Ōuchi Yoshitaka zum zweiten Mal seine Aufwartung, diesmal in der allen Parteien vertrauten Rolle eines diplomatischen Gesandten, mit Geleit­ briefen des Gouverneurs und des Bischofs von Goa, exotischen Geschenken und prunkvollem Habit. Das Ergebnis schien ihm recht zu geben: Im Gegensatz zu seinem ersten Treffen mit Yoshitaka und den mageren Erfolgen in Kyōto war es ihm nun möglich, eine offizielle Predigterlaubnis für alle zehn Provinzen der Ōuchi zu erlangen, was die Mission zumindest in einem Teil Südjapans auf eine sichere Rechtsgrundlage stellte113 – solange die Machtstellung des Daimyō währte. Auch in der propagandistischen Selbstdarstellung des Ordens wurden die Ereignisse in der japanischen Hauptstadt nicht übergangen, sondern klar thematisiert. Der letzte Brief Javiers, der im April 1553 Europa erreichte, berichtete von der Gründung der Missionen in Kagoshima, Hirado und Yamaguchi, von den Reisen durch Bungo und nach Kyōto; er wurde noch im Laufe des Jahres ins Italienische übersetzt und zu Rom gedruckt.114

5.1.2 Zweiter Etablierungsversuch: Lourenço und Bernabé, 1555 Nachdem Javier im November 1552 Japan verlassen hatte, blieb das Projekt der Etablierung der Gesellschaft in Miyako dennoch auf der Tagesordnung. Cosme de Torres, Javiers Nachfolger als Superior der Japanmission, versuchte mehrmals, eine Kirche in Kyōto einzurichten, wurde aber immer wieder mit Rückschlägen belohnt.115 111 Vgl. Butler: Emperor and Aristocracy in Japan 1467–1680, Cambridge (Mass.)/London 2002. 112 Elison: Deus Destroyed, Cambridge (Mass.)/London 19913, S. 35. 113 Elison: Christianity and the daimyo, in: Hall (Hg.) 1991, S. 313. 114 Boffa: La rencontre de deux mondes, in: Bulletin de l’Institut Historique Belge de Rome (2000), S. 149. 115 Nelson: Myths, Missions, and Mistrust, in: History and Anthropology (2002), S. 98. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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De Torres wählte allerdings nach dem Fehlschlag des direkten Weges eine indirektere Alternative. Der neue Plan bestand darin, zunächst eine entsprechende Bescheinigung der Oberen des Enriyakuji-Tempels auf dem Hiei-zan, der großen und außerordentlich renommierten Klosteranlage der tendaiBuddhisten, einzuholen und mit dieser ausgestattet den Vorstoß in die Stadt wagen zu können. »Ein Jahr später, nachdem er den Plan zuerst mit Gott unserem Herrn beraten hatte, verhandelte er ihn auch mit Paulo; und so entschloß er sich und beschloß, den Bruder Lourenço nach Hie-no-yama zu schicken, damals der hauptsächlichsten und berühmtesten Universität in ganz Japan. Und da Paulo wegen seiner seltenen Eigenschaften und weil er ein berühmter Arzt war, im Gokinai, den Nachbarreichen von Miyako, und in Hie-no-yama sehr bekannt war, so schrieb er Briefe und gab sie Bruder Lourenço, sowohl für den Weg, als auch an einige Bonzen jener Gegenden, und es wurde bestimmt, daß mit Lourenço der andere Gefährte des Paulo gehe, Bernabe mit Namen, und sie reisten so evangelisch, daß sie außer ihren Kleidern und den Briefen nichts anderes mit sich führten.«116

Dieser Ansatz operierte – wohl angesichts des Scheiterns des letzten Versuches – deutlich niederschwelliger. Es wurde eine Delegation zusammengestellt, die aus konvertierten Japanern bestand, und der keine hochrangigen Mitglieder der Gesellschaft angehörten. Zudem wurde »evangelisch gereist«, oder anders gesagt, die Finanzmittel der Societas in Japan wurden durch die Kosten der Unternehmung möglichst wenig belastet, auch wenn hier sicherlich eine besondere rhetorische Betonung der Reise als ›apostolische‹ in der Darstellung beabsichtig gewesen sein dürfte. Die auf die Reise geschickten Konvertiten waren aber sorgfältig ausgewählt worden. Es handelte sich um einen ehemaligen buddhistischen Priester, Bernabé von Tōnomine,117 »von großer Klugheit und großen Fähigkeiten, und […] sehr gelehrt in den Sekten Japans und ein trefflicher Arzt«118 sowie den biwa hōshi und einstmaligen buddhistischen dōjuku Lourenço.119 Von solchen Konvertiten war zu erwarten, dass sie nicht nur in der Terminologie, sondern auch in der Argumentationsweise der anderen Glaubenswelt bewandert waren. Da sie der Überzeugungskraft der christlichen Lehre bereits selbst gefolgt waren, konnte angenommen werden, dass sie diese Über­ zeugung anderen weitergeben konnten. Zudem waren keinerlei linguistische Probleme zu befürchten, handelte es sich bei allen Beteiligten doch um japa 116 Fróis, Luís SJ: Die Geschichte Japans (1549–1578), hg. u. übers. v. Schurhammer SJ/ Voretzsch SJ, Leipzig 1926, S. 40. 117 Nach Schurhammer SJ: FX 2.3 (1973), S. 203 f., FN 12, nahm an dieser Mission nicht Bernabé, sondern Paulo (Senyō Paulo) teil. 118 Fróis, Luís SJ: Die Geschichte Japans (1549–1578), hg. u. übers. v. Schurhammer SJ/ Voretzsch SJ, Leipzig 1926, S. 39 f. [MA]. 119 Ruiz-de-Medina SJ/Pfister: Japón, in: DHCJ 3, S. 2131. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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nische Mutter­sprachler. Dennoch war das erzielte Ergebnis unbefriedigend: Auf dem Berg Hiei kam es zu einem weiteren Fehlschlag. Lourenço und Bernabe wurden höflich abgewimmelt und auf andere Stellen verwiesen.120 Interessant ist dabei, dass die buddhistischen Praktikengeflechte, auf die die Konvertiten hier trafen und die sie beide ja bereits aus eigener Lebenserfahrung von innen kannten, oberflächlich große Ähnlichkeiten mit denen des katholischen Christentums der Societas Jesu aufwiesen,121 und diese von den Zeitgenossen durchaus auch als solche erkannt wurden. Toyotomi Hideyoshi parallelisierte bereits vor 1587 die Jesuiten und ihre Konvertiten mit den buddhistischen ikkōund hokke-Schulen,122 auch wenn er die Gefahr, die potentiell von den Christen ausging, zumindest in seinem öffentlich proklamierten Ausweisungsedikt betreffend die Societas Jesu von 1587 als höher veranschlagte.123 Berücksichtigt man, dass die jōdo shinshū-Buddhisten (ikkōshū) von ihrem Haupttempel, dem­ Ishiyama Honganji bei Ōsaka, aus seit 1486 die Provinz Kaga in Zentraljapan nahezu vollständig beherrschten und ihre Anhänger beständig in Aufstände gegen die Territorialherren verwickelt waren,124 stellte er den christlichen Konvertiten damit ein außerordentlich negatives Zeugnis aus. Im Kontext des zehnjährigen Kampfs, den die jōdo shinshū Hideyoshis damaligem Dienstherren Oda Nobunaga von 1570 bis 1580 geliefert hatte, wurden die Mitglieder der Societas so gleichsam zu Reichsfeinden erklärt, was eine Stigmatisierung ihrer Anhänger nach sich zog.125 Vor dem Hintergrund der Macht und der Aufstände der bewaffneten Anhänger der ikkō-Schule im 15. und 16. Jahrhundert waren die japanischen Autoritäten bestrebt, solche Zustände für die Zukunft zu vermeiden.126 Die sich offenbar aufdrängende strukturelle Analogie zwischen den Praktikengeflechten beider Organisationen, der jōdo shinshū und der Societas Jesu (vgl. Kap. 1), wurde auch im japanischen Sprachgebrauch des 16. Jahrhunderts deutlich. Für die indigenen Konvertiten wurde der Terminus monto als Bezeichnung für den zu etwas Bekehrten gebraucht. Monto stand aber in seiner allgemeinen Verwendung vor allem für ikkō-Anhänger; als bateren monto bezeichnete es japanische Christen, also »von den bateren bekehrte monto«.127 Diese Identifikation brachte die Jesuiten wiederum dazu, sich deutlich gegenüber ande 120 Frois, Luis SJ: Die Geschichte Japans (1549–1578), hg. u. ubers. v. Schurhammer SJ/ Voretzsch SJ, Leipzig 1926, S.42. 121 Sansom: The Western World and Japan, New York 1970, S. 133. 122 Elison: Deus Destroyed, Cambridge (Mass.)/London 19913, S. 111 f. 123 Boscaro: Toyotomi Hideyoshi and the 1587 edicts against Christianity, in: Oriens­ Extremus (1973), S. 223. 124 Ishigami-Iagolnitzer: Le Japon mouvementé du XVIe siècle (1998), S. 62 f. 125 Elison: Christianity and the daimyo, in: Hall (Hg.) 1991, S. 361. 126 Boscaro: Toyotomi Hideyoshi and the 1587 edicts against Christianity, in: Oriens­ Extremus (1973), S. 223. 127 Ebd., S. 225. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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ren Glaubensgemeinschaften mit oberflächlich scheinbar analogen Praktikenstrukturen abzugrenzen. Luís Froís hielt für das Jahr 1560 fest: »Die Bonzen der Hokke-shū sind unter allen anderen die zügellosesten und die, welche schlechter leben als alle anderen. Alle aus dieser Sekte, Laien wie Bonzen, sind die verstocktesten und schwierigsten, wenn es sich darum handelt, in den Schoß der katholischen Kirche einzugehen, und diese waren es immer, die am meisten unsere Dinge bekämpften und uns mehr wie alle anderen Sekten verfolgten.«128

Der japanische Jesuit Fabian Fukan konstatierte 1605 in seinem Myōtei Mondō, der ikkō-shū sei wie allen anderen buddhistischen Denominationen auch vorzuwerfen, dass es bei all ihren Riten nie um moralische Besserung, sondern nur um eine Nichtverletzung des Dharmas gehe, und damit auch nicht um Moral im eigentlichen (christlichen) Sinn.129 Mit dieser klaren Abgrenzung sollte ein Distinktionskriterium aufgebaut werden, um den potentiellen und tatsächlichen Konvertiten eine Orientierung zu ermöglichen. Eine an der Oberfläche gleiche Praktikenstruktur beider Gruppen130 – das Sumário do erros en que os gentios do Japão vivem (1549/56) verglich etwa die Klöster und Mönche mit denen der Franziskaner und Dominikaner131 – bot zumindest aus einer pragmatisch und nicht tiefgründig theologisch orientierten Perspektive keinen wesentlichen Anreiz, sich für eine davon zu entscheiden. Erst wenn diese Analogie als eine scheinbare erwiesen werden konnte, als ein teuflisches Trugbild, eine Satanskirche, konnte zugunsten des christlichen Praktikensatzes vorgebracht werden, der buddhistische sei diesem gegenüber moralisch defizient. »Nun ist es wohl war / daß wir Christen in vnserm Geistlichen vnd Cölsterlichen standt nicht wenig Gebräuch vnnd Ceremonien mit den obgemeldten Bontzen vnnd Heydnischen falschen Pfaffen vnd Mönchen gemein haben. Dann dieweil die alte Schlang der böse Feindt vnnd Fürst diser Welt fast arglistig / ist und sich zum Engel des Liechts gern verstellt / so ist es nichts grosses vnnd zu verwundern / das sich auch seine Diener als zu Dienern der Gerechtigkeit verwandelen / ob sie schon nichts anders sindt / dann falsche Botten / betriegliche Arbeiter / vnd ires Herren deß Teuffels Diener […]. Dann solche Art vnn Eigenschafft hat der bös Feind allzeit gehalten / 

128 Fróis, Luís SJ: Die Geschichte Japans (1549–1578), hg. u. übers. v. Schurhammer SJ/ Voretzsch SJ, Leipzig 1926, S. 101. 129 Fukan, Fabian: Myōtei Mondō [Buch 1 u. 2], übers. u. komm. v. Humbertclaude SJ, in: MN (1938), S. 240. 130 Vgl. etwa Keizan über den Nutzen von Weihrauch und Heiligenbildern: Keizan Jōkin: Das Merkbuch für die Übung des Zazen des Zen-Meisters Keizan, übers. u. komm v. Dumoulin SJ, in: MN (1957), S. 157, oder Fróis’ Bericht über die Nutzung buddhistischer Reliquien: Fróis, Luís SJ: Die Geschichte Japans (1549–1578), hg. u. übers. v. Schurhammer SJ/Voretzsch SJ, Leipzig 1926, S. 301. 131 OA: Sumário dos erros en que os gentios do Japão vivem e algumas seitas gentílicas en que principalmente confiã, in: MHJ 2, Dok. 124, S. 660. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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das er der waren kirchen Gottes sovil möglich nachstalte / vnn mit jhrer Farb / seine Diener anstreichet / von jr allerley Ceremonien in der kirchen abstale vnnd was dem waren Gott zu Lob vnnd Ehren eingesetzt / geordnet vnnd gehalten wirdt / auch gehalten werden soll / dasselbige von Götzendienern zu seinem Lob / Ehr vnd Dienst gern wendet vnnd zeucht. Demnach hat er von alters her gehabt / vnnd bey den Heiden erhalten / sein sondere Templen / hoch vnnd nider Kirchendiener / Altär / Feyr vnnd Festäg / Gesäng / Gebett / Segen / Leuchter / Kertzen / Glocken / vnd dergleichen andere Bräuch vnd Ceremonien […]«132

Diese Einschätzung der fremden spirituellen Praktikengeflechte war nicht allein auf den indopazifischen Raum beschränkt, sondern in der Societas Jesu weit verbreitet. Einer weitgehenden Neuinterpretation der präkolumbianischen Strukturen bei der Mission in Peru stand im 16. Jahrhundert dasselbe Paradox der Ähnlichkeit entgegen: Was dem Eigenen zu ähnlich war, musste eine Falle oder Erfindung des Teufels sein, in diesem Fall der Glaube der Inka an Viracocha, den alleinigen Schöpfergott.133 Auch hierbei muss allerdings betont werden, dass es sich dabei nicht um eine jesuitische oder christliche Vorstellung allein handelte. Folgt man Fernández’ Bericht über die Disputationen in Yamaguchi 1551, so ordneten die Buddhisten, mit denen Cosme de Torres und Juan Fernández dort debattiert hatten, die Mitglieder der Societas in ein ähnliches Schema ein: »Einige sagten, dass der Teufel kam und [ihnen] durch ein Götzenbild sprechend verkündete, dass wir seine Schüler seien.«134 Wiewohl damit durchaus ursprünglich eine positive Aussage verbunden gewesen sein mag – nimmt man an, dass Fernández das fremde Numinosum per se als Teufel verstand und dementsprechend übersetzte, so dass eigentlich eine synkretistische Interpretation angebracht wäre – zeichnet sich doch ein Muster ab, das Fremde mit dem Eigenen zu vergleichen und deutlich ähnlich zu finden. Und nach der Enttäuschung über die Feststellung, dass die Ähnlichkeiten nicht so weit reichten wie erhofft, folgte in beiden Fällen die Verketzerung der Gegenpartei als Anhänger einer degenerierten Form der usprünglichen und eigentlich wahren Lehre. Die Kontaktaufnahme mit den religiösen Strukturen hatte, nach der persönlichen Vorstellung bei den in der jesuitischen Wahrnehmung obersten politischen Ebenen, keine Erfolge erbracht. Dabei dürfte auch ein Element eine Rolle spielen, das der Societas und ihren Mitgliedern wohl kaum bewusst war, dass diese beiden Strukturen, der Hof in Kyōto und die umliegenden großen buddhistischen Tempelanlagen, nämlich viel stärker mit einander verflochten 132 Cysat, Renward: Warhafftiger Bericht, Freiburg 1586, S. 105 f. [MA]. 133 Albó SJ: Jesuitas y culturas indigenas. Segunda Parte, in: América Indígena (1966), S. 425 f. 134 Fernández, Juan SJ: Schreiben an Javier vom 20.  Oktober 1551, in: MHJ 2, Dok. 44, S. 258. OR: »Hunos dizen que el demonio vino y abló por hun ídolo diziendo que nós éramos sus discípulos.« © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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waren, als es zunächst den Anschein machte. Während der tennō seine Befugnisse im spirituellen Bereich sukzessive erweiterte und die Ernennung der Äbte der Haupttempel der jeweiligen Schulen in seine Kompetenzen zog,135 waren diese auch auf einer niederschwelligeren Ebene Versorgungsinstitutionen für die nachgeborenen Söhne und Töchter der Hofadeligen,136 und der Enryakuji im Besonderen nahm auch Brüder und Onkel des tennō auf.137 Der nächste Versuch musste also wieder über andere Kanäle erfolgen. Hierbei wurden nun die bereits in Kontakt mit dem Orden befindlichen politischen Entitäten Japans genutzt. 1554 gab es nach Schätzungen von Bangert etwa 2300 Konvertiten in Japan,138 die sich größtenteils im Süden auf Kyūshū befanden. Daraus resultierten gute Beziehungen mit den örtlichen Daimyō, die durch die Societas einen Zugang zu den Kapitänen der portugiesischen naos erhalten und sich so mit zusätzlichen Machtressourcen, vor allem in Form von Waffen, versorgen konnten. Insbesondere die Familie der Ōtomo, deren Machtbereich im Norden Kyūshūs, in den Provinzen Bungo und Yamaguchi lag, zeigte sich an dauerhaften Beziehungen interessiert. Der neue Patron der Gesellschaft Jesu in Japan wurde etwa ab dem Jahr 1551 Ōtomo Yoshishige, wobei die Unterstützung der Societas dabei vor allem dem pragmatischen Ziel diente, seine Stellung in Südjapan durch Kontakte mit einer überseeischen Macht, die ökonomisch und militärisch nutzbar sein mochten, auszuweiten. Gerade Handelskontakte kamen ihm sehr gelegen, da seine eigenen Versuche, Gesandschaften mit Tributschiffen nach China zu entsenden, 1551 und 1556 an den chinesischen Behörden scheiterten, die sich daran störten, dass beide Male der eigentlich vorgeschriebene Zehn-Jahres-Rhythmus solcher Gesandtschaften nicht eingehalten wurde.139 João Rodrigues Tçuzu berichtete jedoch, Yoshishige habe darüber hinaus besonderes Interesse an Religion gezeigt und gerade zu den Jesuiten eine besondere Beziehung, als er als 21jähriger Javier habe predigen hören.140 Dessen Einladung nach Funai war allerdings primär durch den Wunsch der Ōtomo motiviert gewesen, Handelskontakte mit Portugiesen aufzubauen.141 Yoshishiges Kontakte zum 1559 wiedererrichteten Shōgunatshof in Kyōto machten denn auch den Weg frei für die dritte Kyōto-Expedition der Societas durch Gaspar Vilela, der 1559 vom Shōgun empfangen wurde.142 Diese

135 Butler: Emperor and Aristocracy in Japan 1467–1680, Cambridge (Mass.)/London 2002, S. 60 f. 136 Ebd., S. 36. 137 Ebd., S. 131. 138 Bangert SJ: A History of the Society of Jesus. St. Louis 19862, S. 37. 139 Oláh: Räuberische Chinesen und heimtückische Japaner, Wiesbaden 2009, S. 116. 140 Elison: Christianity and the daimyo, in: Hall (Hg.) 1991, S. 316. 141 Sansom: A History of Japan. 1334–1615, Singapur 1993, S. 264. 142 Elison: Christianity and the daimyo, in: Hall (Hg.) 1991, S. 318. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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Möglichkeit hatte trotz der Protektion, die Yoshishige bereits Javier hatte angedeihen lassen,143 in der politischen Situation der Hauptstadtregion vor 1551 noch nicht bestanden.

5.1.3 Etablierung: Gaspar Vilela, Lourenço, Damião 1559 »He [Vilela] stayed in Japan from 1556 until 1570, was the founder of the Miyako mission, where he lived alone among the Japanese for 6 years (1559–1565). He was, undoubtedly, one of the first Jesuits who developed accomodative experiences, many years before the works of Matteo Ricci or Alessandro Valignano.«144

Mit dieser Einschätzung stellte sich de Costa in den bereits mehrfach beobachteten Konsens in der Beschreibung der Aktivitäten der Societas Jesu: Heldenhafte Einzelkämpfer produzierten unter widrigen Umständen beispielhafte Leistungen. Auch Jorissen pflichtete ihm bei: Mit der Einrichtung der Mission 1559 in Kyōto mehrten sich die frohen Stimmen, und die Anpassungsbestrebungen würden vorangetrieben, vor allem durch Organtino Gnecchi-Soldo.145 Sansom schloss sich an, indem er für das Jahr 1559 nur sechs Jesuiten in Japan ansetzte, einer davon besagter Gaspar Vilela146 – was zwar de jure richtig ist, wenn nur die eingeschworenen Vollmitglieder gezählt werden, man aber außer Guillermo und Rui Pereira auch sämtliche dōjuku unterschlägt. Boffa veranschlagte offensichtlich nur die Patres und kam so unter Außerachtlassen aller Übrigen lediglich auf drei Jesuiten im Japan des Jahres 1559.147 In all diesen Fällen bewirkte dieses Narrativ zuallererst, dass die jeweiligen indigenen Kontributionen un­ beachtet bleiben – auch Vilela ging an diese seine Aufgabe nicht allein – und dass die reine Notwendigkeit, sich den Verhältnissen anzupassen, als bestimmendes Moment der »accomodative experiences« ausgeblendet wurde. Fróis beschrieb beides noch wesentlich eindeutiger in seiner Darstellung der Vorbereitungen zu diesem dritten Versuch der Societas, in Miyako Fuß zu fassen. »Im Jahr 1559 beschloß P. Cosme de Torres, von Neuem einen Versuch zu einer Missionsgründung im Gebiet von Miyako zu machen, da es eine Sache von solcher Bedeutung war, nachdem man dafür Messen gelesen und besondere Gebete dafür abgehalten hatte, P. Gaspar Vilela wurde dafür auserwählt. Er war nämlich eine gute Kraft und hatte die nötigen Eigenschaften für diese Mission, denn er hatte von Haus aus 143 Boffa: La rencontre de deux mondes, in: Bulletin de l’Institut Historique Belge de Rome (2000), S. 152. 144 Oliveiro  e Costa: The Misericórdias among Japanese Christian Communities in the 16th and 17th centuries, in: BPJS (2003), S. 74. 145 Jorissen: Das Japanbild im Traktat (1585) des Luis Frois, Kyōto 1987, S. 104. [MA]. 146 Sansom: A History of Japan. 1334–1615, Singapur 1993, S. 291. 147 Boffa: La rencontre de deux mondes, in: Bulletin de l’Institut Historique Belge de Rome (2000), S. 153. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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eine gute Gesundheit, die Last der Beschwerden zu ertragen, hatte ein gutes Aussehen für die Japaner, sprach damals schon ziemlich die japanische Sprache und konnte auch etwas darin schreiben, und vor allem hatte er großen Eifer für die Bekehrung der Heiden und ein großes Verlangen, harte Beschwerden für die Ehre Gottes und das Wohl der Seelen zu ertragen, und in seinem Umgang und der Art seines Vorangehens gefiel er den Japanern sehr. Er zählte damals etwa 35 Jahre. […] Als Gefährten erhielt er den Bruder Lourenço, der schon einmal von dort zurückgekehrt war und Damião, der damals noch Dōjuku war. Messachen nahmen sie nicht mit, denn sie gingen nur, das Land zu erforschen, um freier jenes heidnische Gebiet durchwandern zu können reisten alle, dem Landesgebrauch entsprechend, Bart und Kopf rasiert und in ihre arme Kimono gekleidet, der Absicht ihrer Pilgerfahrt entsprechend.«148

Es mag abseits der hier geschilderten und nicht mehr nachprüfbaren Vorzüge Gaspar Vilelas in Anbetracht der Gesamtsituation der Gesellschaft durchaus noch andere Gründe gegeben haben, gerade ihn für diese Mission auszuwählen. Er war abkömmlich, denn aus der Nähe Hirados, wo er bislang tätig war, wurde Vilela 1558 ausgewiesen, da zu seinem Missionsstil auch das Verbrennen von Büchern und die Zerstörung buddhistischer Heiligenbilder gehörte. Die jesuitische Mission dort war damit für die nächsten fünf Jahre beendet.149­ Matsuura Takanobu, der Daimyō von Hirado, verbot Vilela die Mission auf den Inseln Ikitsuki und Takushima wegen dessen Praktiken, nachdem die Äbte der Hauptklöster Hirados intervenierten.150 Hier zeichnete sich deutlich die Problemkonstellation zweier funktional äquivalenter und gleichermaßen expandierender Praktikengeflechte ab, zweier konkurrierender spiritueller Hegemonialansprüche. Die Missionserlaubnis für Vilela hatte Koteda Sayemon Yasumasa, der örtliche Vasall der Matsuura, vergeben, der 1553 als Dom Antonio getauft worden war.151 Die Matsuura hingegen favorisierten die jōdo shinshū,152 was einen Konflikt zwar nicht unvermeidlich machte, aber vorstrukturierte, und folgerichtig auf Vilelas Ausweisung hinführte. Einen solchen Mann auf eine Reise zu schicken, die ein Höchstmaß an diplomatischem Takt und außerordentliche Umsicht in der Vorgehensweise zu erfordern schien, erscheint zunächst etwas verwunderlich. Aber die Personalressourcen waren eng begrenzt, und die absolute Standhaftigkeit und Kompromisslosigkeit im Glauben, die für eine Überzeugung der erwarteten Verhandlungspartner von den eigenen Überzeugungen benötigt werden würde, war sicherlich vorhanden. Zudem war diesmal war der Vorstoß generell besser 148 Fróis, Luís SJ: Die Geschichte Japans (1549–1578), hg. u. übers. v. Schurhammer SJ/ Voretzsch SJ, Leipzig 1926, S. 73. 149 Elison: Christianity and the daimyo, in: Hall (Hg.) 1991, S. 322. 150 Schurhammer SJ: FX 2.3 (1973), S. 144, FN 5. 151 Ebd. 152 Ebd., S. 145. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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vorbereitet: Vilela führte Empfehlungsschreiben an einen hohen Priester am­ Hiei-zan mit und erhielt unterwegs von einem christlichen Japaner aus Yamaguchi noch ein solches Schreiben an einen zen-Mönch am Kenninji, einem der fünf zen-Hauptklöster bei Kyōto.153 Damit sollte nicht nur der Zutritt zu den Klosteranlagen, sondern vor allem auch das Erlangen einer entsprechenden Empfehlung an die Mächtigen in Kyōto selbst ermöglicht werden. Allerdings waren mit solchen diplomatischen Absicherungen noch lange nicht alle Probleme gelöst. Bereits das Zurücklegen der Wegstrecke bis in die Hauptstadt stellte sich als schwierig genug heraus. Auf der Schiffsreise von Miyajima über Horie, Tomotsu und Murotsu nach Sakai kam es zu wetterbedingten Verzögerungen, für die die übrigen Passagiere die kleine Gruppe der Jesuiten an Bord verantwortlich machten, die sie darum mehrfach von der Weiterfahrt auszuschließen versuchten.154 Hier zeigte sich bereits, was sich in Kyōto selbst als ein Hauptproblem der missionarischen Arbeit darstellen würde: Es genügte weder, sich in Kleidung und Sprache oberflächlich an Land und Leute anzugleichen, noch sich mit indigenen Konvertiten zu umgeben, die bessere Kontaktmöglichkeiten zur einheimischen Bevölkerung hatten, um generelle Akzeptanz zu erreichen. Vielmehr wurde der Abbau von sofortigen Schranken für Handlungsoptionen – wie reines Nichtverstehen durch Sprach­ unkenntnis oder starke Auffälligkeit durch abweichende Physiognomie, Kleidung und Auftreten – durch den Einsatz von Konvertiten oder durch Erwerb von Sprach(nutzungs)kompetenz zwar kompensiert. Aber in der Folge wurden diese bewältigten Schwierigkeiten durch das Entstehen neuer Schranken ersetzt, die sich durch den gewachsenen Handlungsspielraum nun erst er­gaben. Erst wenn durch die erfolgreiche Angleichung in grundlegenden Praktiken menschlicher Interaktion die Möglichkeit eröffnet war, die eigene Botschaft zu verkünden zu versuchen, wurde dem Gegenüber schließlich die ganze Tragweite derselben überhaupt erst bewusst. Die durch den Anschluss an diese neuartigen Praktikenkomplexe aus vielen gesellschaftskonstitutiven Praktiken ausgeschiedenen japanischen Konvertiten vermochten in solchen Fällen die Lage nicht zum Besseren zu wenden, da ihre Gegenüber die Grundlage dafür – eben die angenommene Zugehörigkeit zur selben imaginierten Gemeinschaft – nicht mehr ohne weiteres als gegeben ansahen. Nach Erreichen der ersten Station auf dem Weg nach Kyōto, dem Berg Hiei, stellte sich heraus, dass auch die Empfehlungsschreiben wenig nutzten. Die Paral­lelen zur ersten gescheiterten Hiei-Mission der japanischen Konvertiten – derer zwei, Lourenço und Damião, auch dieser Gesandtschaft angehörten – sind deutlich: Es gelang nicht, zur entscheidenen Hierarchieebene vorzudringen, 153 Fróis, Luís SJ: Die Geschichte Japans (1549–1578), hg. u. übers. v. Schurhammer SJ/ Voretzsch SJ, Leipzig 1926, S. 76. 154 Ebd., S. 74 f. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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und auf den unteren Ebenen, die sich erreichen ließen, war es nicht möglich, definitive Erfolge zu erzielen. Für Lourenço und Damião dürfte die Situation einem deja vu geähnelt haben. »Am folgenden Tag schickte der Pater den Bruder Lourenço mit Briefen, die er vom König von Yamaguchi und P. Cosme de Torres an Shinkai hatte, von Sakamoto nach Hie-no-yama, und da er erfuhr, derselbe sei bereits gestorben, übergab er sie dessen Schüler Daizembō. Dieser antwortete: ›Als Shinkai noch lebte, hörte er, daß Ihr einen Unterschied macht zwischen den Seelen der Menschen und der unvernünftigen Tiere und daß es einen Schöpfer des Weltalls gebe. Aber er konnte diese Dinge nicht vollkommen verstehen. Wäre er noch am Leben, dann würde er euch viel mit seiner Autorität begünstigen. Da ich aber Inkiō gemacht habe und hier draußen, getrennt von der Kommunität lebe, habe ich keine Macht mehr, euch zu begünstigen. […] Ich sehe Euer Kommen gern und freue mich darüber. Aber, die Dinge vorausgesetzt, die man von Eurem Gesetz sagt, das der Pater in diesen Gegenden verkünden will, wenn die Bonzen von Hie-no-yama erführen, daß ich Euch begünstige, dann würden sie mir das Haus zerstören und mich vielleicht dafür töten. […] Darum scheint es mir, Ihr müßt Euch zu einem von zwei Dingen entschließen: entweder Ihr sucht eine Audienz beim Sairakin zu bekommen, welcher der Zasu von Hie-no-yama ist (unter ihnen eine Würde wie Hohepriester), der hier die höchste Würde innehat, oder Ihr kehrt nach Bungo zurück.‹«155

Prinzipiell schien der Ansatz allerdings nicht falsch gewesen zu sein: Nach Fróis riet Daizenbō anschließend, die Gruppe solle sich einen Schutzbrief des Statthalters von Kyōto beschaffen, wenn sie ihre Ziele erreichen wolle.156 Es wäre also wohl vielversprechender gewesen, die weltlichen statt die geistlichen Autoritäten zu erreichen zu suchen. Das vor Allem, da diese sich wohl nicht als in direkter Konkurrenz zu den Missionaren befindlich betrachtet hätten. Dennoch unternahmen Vilela, Lourenço und Damião noch einen zweiten Versuch. Sie intervenierten bei einem weiteren Mönch, damit dieser ihr Anliegen vor den zasu, den Abt, des Hiei bringe. Eine Unterredung kam auch zustande,157 aber: »Als die Sache schon vor der Verwirklichung stand, ließ Shikinai dem Pater ­sagen, er habe erfahren, daß die Patres, als sie das erste Mal zur Stadt Yamaguchi kamen, dem damaligen König Ōuchidono, sehr große Geschenke und sehr seltene Gaben gebracht hätten; wenn aber die Patres einem Laien, auch wenn das ein König gewesen sei, solch reiche Geschenke gegeben hätten, wieviel mehr müssten sie dies gegenüber Sairakin tun, der der Hohepriester von Hie-no-yama sei, ein naher Verwandter des Dairi und Haupt der Universität in allen 16 Tälern sei. Da ferner der Pater auf eine so hohe Stufe der Ehre und Würde steige wie die, daß der Zasu sich 155 Fróis, Luís SJ: Die Geschichte Japans (1549–1578), hg. u. übers. v. Schurhammer SJ/ Voretzsch SJ, Leipzig 1926, S. 77. [MA]. 156 Ebd., S. 79. 157 Ebd., S. 80 f. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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vor ihm sehen lasse und da er von so fernen Reichen komme und dort ein Fremder sei, und er ihm gemäß dem Brauch Japans etwas anzubieten habe, so möchte er zuerst wissen, was für ein Geschenk er ihm mitbringe, und ihn sehen, damit es ihm erklärt werde. Hierauf antwortete der Pater, er sei ein armer Ordensmann, der aus sehr fernen und äußerst entlegenen Ländern komme, nur, um dies Gesetz zu verkünden, und als Armer habe er ihm nichts anderes anzubieten, als eben diese Lehre, die er predigen komme; vielmehr scheine es ihm, da sie Ordensleute seien, so sollten sie Mitleid mit ihm haben, da er ein Fremder sei. Wenn es aber ohne ein Geschenk nicht abgehen könne, dann wolle er es bringen, wenn er ein zweites Mal zurückkomme. Am anderen Tage schickte der Pater dem Daizenbō einen Brief, worin er ihm mitteilte, was Shikinai gesagt habe. Der Bonze antwortete ihm in einem höflichen Brief; mündlich aber ließ er ihm sagen, er habe erfahren, die Patres äßen Menschenfleisch; so gehe das Gerücht in Hie-no-yama; darum solle weder der Pater noch der Bruder fernerhin dahin mit einer Botschaft kommen, und es wäre gut, er ginge in die Gegenden des Shimo, anstatt sich dort aufzuhalten und unmögliche Dinge zu versuchen.«158

Der von Fróis hier geschilderte zasu159 zeigte sich gut unterrichtet, was die politischen Verhältnisse anging. Javier hatte im April 1551 bei seiner zweiten Audienz bei Ouchi Yoshitaka, dem Daimyō von Yamaguchi, nach seiner gescheiterten Reise nach Kyōto  – wohl in Erkenntnis der realen Machtverhältnisse – die Geschenke überreicht, mit denen er eigentlich den tennō hatte gewinnen wollen. Javiers zweite Kalkulation erwies sich als pragmatischer, denn Yoshitaka gewährte daraufhin ja der Gesellschaft eine Predigterlaubnis für seine Domänen.160 Dennoch wäre es sicherlich nicht angebracht, der Quelle allzu vorschnell zu vertrauen. Fróis schrieb gut 30 Jahre nach den hier geschilderten Vorgängen und hatte bei seiner Berichterstattung natürlich ein Interesse daran, die Gesellschaft gegenüber ihren Opponenten in ein möglichst gutes Licht zu rücken. Verweise auf die Gier des buddhistischen Klerus nach weltlichen Gütern waren in einer solchen Situation wohlfeil. Andererseits erscheint das Verlangen eines hohen geistlichen Würdenträgers nach den seiner gesellschaftlichen Stellung entsprechenden Präsenten nicht so unangebracht, wie die Schilderung es erscheinen lassen will. Lourenço schilderte wesentlich nüchterner, dass Daizenbō sie beschieden hätte, es sei ihm nicht möglich, sie vor den Obersten des Hiei zu bringen, wenn sie keine Geschenke mitbrächten, ohne daran etwas zu kritisieren.161 Auch aus dem europäischen Kontext war den Jesuiten das Phänomen sattsam bekannt, und dass Javier sich auf seiner Japanreise mit entsprechenden Gaben hatte ausstatten lassen, zeigt exemplarisch, dass die Praktik als 158 Fróis, Luís SJ: Die Geschichte Japans (1549–1578), hg. u. übers. v. Schurhammer SJ/ Voretzsch SJ, Leipzig 1926, S. 81. 159 Abt eines buddhistischen Tempels. 160 Bangert SJ: A History of the Society of Jesus, St. Louis 19862, S. 34 f. 161 Vgl. Lourenço SJ: Schreiben aus Kyōto vom 02. Juni 1560, in: MHJ 3, Dok. 27, S. 269. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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solche der Gesellschaft nicht fern lag. In Malakka hatte Javier vom portugiesischen Standortkommandanten als Anschubfinanzierung für die Japanmission Pfeffer im dort geschätzten Marktwert von etwa 1000 cruzados erhalten sowie Geschenke für den Herrscher Japans im Wert von 200 ­cruzados.162 Bedenkt man, dass die durch den Verkauf des Pfeffers erzielte Summe genügte, um Javiers gesamten Japanaufenthalt zu finanzieren,163 wenn eventuell auch in Japan ein geringerer Erlös erzielt wurde als die erhofften 1000 cruzados,164 stellte ein Fünftel dieser Summe eine nicht unbeträchtliche Aufwendung dar. Das Versagen solcher Präsente konnte als Respektlosigkeit ausgelegt werden, als Missachtung des Gegenübers. Auch wenn bei Fróis die Armut des Paters als gut christliche Befolgung der monastischen Gelübde dargestellt wird, als Weltentsagung, die dem buddhistischen Widerpart dementsprechend fremd ist, so dürfte die knappe Ausstattung der Gesandtschaft Vilelas entweder der Finanzlage der Mission geschuldet sein oder dem Stellenwert, der dem Projekt von Seiten de Torres’ als Superiors zugewiesen wurde. Da die Hartnäckigkeit, mit der die Gesellschaft das Projekt der Kyōto-Mission verfolgte, gegen die zweite Annahme spricht, dürfte die beständig schwierige Finanzlage der Societas ausschlaggebend gewesen sein für die schlechte Ausstattung der drei Pilger. Die Mission erforderte schließlich solche finanziellen Aufwendungen immer wieder, vor allem für Geschenke an die Daimyō; diese Praxis konnte nicht einmal unter christlichen Daimyō abgeschafft werden. Da die Japan-Mission aus dem portugiesischen padroado erwuchs, war die portugiesische Krone in einer gewissen, wenn auch nur zögernd anerkannten Verpflichtung befangen, sie zu finanzieren. 1554 bewilligte João III. ihr die Summe von 500 cruzados pro Jahr, zahlbar aus den Einnahmen des Zollhauses in Malakka, allerdings auf Widerruf. Erst 1574 wurde diese Summe auf 1000 cruzados im Jahr erhöht und »auf ewig« festgeschrieben.165 Diese Summe war nicht allzu hoch, wenn man sie mit anderen in Vergleich setzt: Die miseri­ córdia Goas wurde allein für die Pflege der Kranken der Stadt vom Estado seit 1543 mit 3697 pardaos, etwa 3500–4000 cruzados, im Jahr unterstützt.166 Andere feste Einnahmen der Japanmission waren aber kaum vorhanden, und die Einnahmen aus Malakka wurden auch gleich in Malakka wieder verausgabt, ohne dass die entsprechenden Abführungen an die Jesuiten in Japan vorgenommen worden wären. 1595 richtete Alessandro Valignagno eine diesbezügliche

162 Schurhammer SJ: FX 2.3 (1973), S. 9. 163 Ebd., S. 15, FN 79. 164 Aoyama SVD: Die Missionstätigkeit des heiligen Franz Xaver in Japan, St. Augustin 1967, S. 94. Die gegenteilige Auffassung in: Schurhammer SJ: FX 2.3 (1973), S. 109, FN 105. 165 Rodrigues: Local Sources of Funding for the Japanese Mission, in: BPJS (2003), S. 116. 166 Schurhammer SJ: FX 2.1 (1963), S. 198; vgl. auch FN 13 ebd. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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Beschwerde an den Ordensgeneral Aquaviva, dass ca. 30.000 Dukaten in Japan bislang nicht angelangt seien.167 Vor diesem Hintergrund konnte die Finanzierung kostspieliger Geschenke und des dazugehörigen repräsentativen Aufwands sowie der dann nötigen Transportarrangements nicht sinnvoll sein, wenn nicht klar war, ob ein Erfolg dahinterstehen würde. Trotz dieser schlechten Ausgangslage den Versuch zu unternehmen spricht sicherlich für das Gottvertrauen der Ausgesandten, aber das Ergebnis muss als ernüchternd betrachtet werden. Vilela attributierte das Scheitern in seinem Schreiben vom September 1559 der schädlichen Einwirkung des Teufels, ohne auf die Problematik der Geschenke überhaupt einzugehen.168 Auch dieser erneute Anlauf auf dem Hiei schlug fehl, und die Missionare sahen sich immer noch ohne die begehrten Empfehlungsschreiben. Was also tun? »Diogo und die Gefährten bemühten sich, den Pater von dem Vorsatz abzubringen, sich in Miyako festzusetzen, da es ihnen eine Tollkühnheit schien, dies ohne die Approbation vom Hie-no-yama zu tun. Der Pater aber, mit unerschrockenem Geist und nicht geringerem Eifer für den Dienst Gottes und das Heil der Seelen, gab ihnen zur Antwort, er sei ohne jedes Bedenken gewillt und unbedingt entschlossen, nach Miyako zu gehen und dort das Gesetz Gottes unseres Herrn öffentlich zu predigen, selbst wenn er wüßte, sie würden ihn am selben Tage töten; und um keinen Preis werde er nach Bungo zurückkehren, ohne seinen Auftrag erfüllt zu haben. Und wenn sie sich fürchteten, durch das Gericht auf einen Karren gesetzt zu werden, wie man es in Miyako mit den Übeltätern tue, und daß man sie brate und ihnen dann den Kopf abschlage, dann könnten sie zurückkehren, denn er würde den Eingang allein versuchen. Da sie aber darauf beharrten, ihn zu begleiten, so hielt er ihnen eine lange Ermahnung über die religiöse Vollkommenheit und die unendliche Seligkeit, die Gott ihnen in seiner künftigen Herrlichkeit für jene kurzen und vergänglichen Be­ schwerden geben werde.«169

Diese Ansprache erreichte offenbar ihr Ziel. Die Dreiergruppe begab sich allen geschilderten Gefahren zum Trotz in die Höhle des Löwen hinein und versuchte sich in Kyōto festzusetzen – mit gewissem Erfolg. Der Vilela hier in den Mund gelegte Aufruf zur Glaubensverbreitung bis hin zum Martyrium muss allerdings deutlich relativiert werden, betrachtet man die weiteren Er­eignisse seines Aufenthaltes (siehe Kap.  5.1.4). Die Quelle ist hier deutlich erkennbar daraufhin konstruiert, ein bestimmtes Bild ihrer Protagonisten zu zeichnen. Lourenço hielt 1560 lediglich kurz fest, dass Vilela beschloss, nach Kyōto zu gehen, als klar war, dass er auf dem Hiei seine Botschaft nicht verbreiten 167 Rodrigues: Local Sources of Funding for the Japanese Mission, in: BPJS (2003), S. 119. 168 Vilela, Gaspar SJ: Schreiben aus Funai vom 01. September 1559, in: MHJ 3, Dok. 12, S. 150. 169 Fróis, Luís SJ: Die Geschichte Japans (1549–1578), hg. u. übers. v. Schurhammer SJ/ Voretzsch SJ, Leipzig 1926, S. 81 f. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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könne.170 Folgt man Fróis’ Schilderung der Ereignisse weiter, dann mieteten sich Vilela, Lourenço und Damião anonym im schlechtesten Viertel der Stadt in einer Abstellkammer ein und lebten aufgrund ihrer desperaten Finanzlage nur vom Allernötigsten.171 In Anbetracht der Umstände, unter denen dieser Vorstoß bislang vonstatten gegangen war, ist ein solches Bild kaum verwunderlich, auch wenn es eine verdächtig gute Passung sowohl auf die Selbststilisierung der Gesellschaft als apostolisches Unternehmen wie auch der jeweiligen Missionsumstände als Selbstkasteiungen im Dienste Christi aufweist – es dürfte sich um einen Fall handeln, in dem Narrativ und Narratum zufällig zusammenfallen. Denn nur dass eine narrative (Über-)Formung einer geschilderten Begebenheit feststellbar ist, eliminiert ja nicht die Möglichkeit, dass es sich doch so verhalten haben könnte, wie es die Quelle beschreibt; es mahnt zunächst einmal lediglich zu kritischer Distanz. Die Umstände des ersten Jahrzehnts der Japanmission auf Honshū passen jedoch recht gut auf das Berichtete: Als teufelsanbetende Ausländer diffamiert, mussten die Mitglieder der Gesellschaft teilweise heimlich predigen172 und konvertierten größtenteils die Armen (siehe Kap. 5.2).

5.1.4 Zeitweilig in Kyōto: Unter Vilela, 1559–1564/65 Die erste Stufe des Gesamtziels war erreicht: Die Gesellschaft hatte sich nach acht Jahren und zwei gescheiterten Versuchen 1559 endlich, wenn auch prekär, in Kyōto etabliert. Die nächste zu erreichende Stufe stellte nun die Gewinnung der lokalen Eliten dar, um von diesen die ersehnten Missionserlaubnisse zu erhalten, die die Tätigkeit der Societas endlich rechtlich absichern und darüber hinaus symbolisch aufladen und so sozial akzeptabel machen sollten. Pinto zufolge war dieses Unterfangen mit einem entscheidenen Makel behaftet: Erst nach der dort als mehr oder weniger gescheitert beschriebenen Kyōto-Expedition des Jahres 1559 habe die Gesellschaft Jesu die wahre Natur der japanischen Eliten kennengelernt.173 Um dieses Verdikt prüfen zu können, empfiehlt es sich, einmal den tat-sächlichen Aktivitäten der Missionare um Gaspar Vilela während dieser ersten Präsenzphase in der Kaiserstadt zu folgen. Was taten die Jesuiten in Kyōto? Der ausführlichen Schilderung bei Fróis zufolge zunächst einmal das, was man im Tagesgeschäft von ihnen erwarten konnte: Sie predig-

170 Lourenço SJ: Schreiben aus Kyōto vom 02. Juni 1560, in: MHJ 3, Dok. 27, S. 269. OR: »Así, viendo el padre [Vilela] que no avía remedio pera poder manifestar la verdad en Fienoiama determinó de se ir a Miaco.« [ME]. 171 Fróis, Luís SJ: Die Geschichte Japans (1549–1578), hg. u. übers. v. Schurhammer SJ/ Voretzsch SJ, Leipzig 1926, S. 82–84. 172 Jorissen: Das Japanbild im Traktat (1585) des Luis Frois, Kyōto 1987, S. 103. 173 Pinto: Japanese Elites as seen by Jesuit Missionaries, in: BPJS (2000), S. 30. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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ten. Dabei dürfte den japanischstämmigen Mitgliedern die Hauptlast zugefallen sein, hatte Vilela Lourenço doch der Sprache wegen mitgenommen (»[v]ai pera lingoa ho irmão Lourenço«).174 »Die Menge der Leute, die dort zusammenkamen, um die Predigt zu hören, war wegen der Neuheit der so fremdartigen und nie gehörten Lehre so groß, daß für den Pater kaum Zeit blieb, den Verpflichtungen seines Breviergebets nachzukommen. […] Der Besuch all dieser Leute, die dort zusammenkamen, hatte jedoch verschiedene Gründe. Die Einen kamen nämlich nur, den Pater zu sehen, überzeugt, er habe eine andere Gestalt, als vernünftige Geschöpfe sie gewöhnlich haben. Andere kamen aus Neugierde, die Dinge und Gebräuche Indiens und Europas zu hören und danach zu fragen. Andere, die Neuheit der Lehre zu hören und sie anzugreifen. Andere, um über den Pater zu spotten und ihn zu schmähen. Dieser bot sich all diesen Lagen mit gleichmütigem und heiterem Geiste an, indem er sich bemühte, sich allen anzupassen, so daß sie von ihm erbaut und nicht gestoßen würden.«175

Über den Erfolg dieser Bemühungen urteilte Lourenço nur knapp, obwohl viele kamen, um ihnen zuzuhören, sei niemand so zur Wahrheit geführt worden (»adonde vinieron algunos a hoír, mas nenguno tomó la verdad«), und zwar aus eben den auch von Fróis angeführten Gründen. Nicht Interesse an der fremden Lehre, sondern vor allem Spottlust habe die Kyōtoer zu ihnen geführt.176 Was auch immer die jesuitischen Predigten sonst auch bewirken mochten, und ohne über die – wohl von Fróis recht gut getroffenen – Motive der Zuhörerschaft unnötig spekulieren zu wollen, eines war sicherlich gegeben: Sie erregten öffentliches Aufsehen. Damit war auch der Schutz der Anonymität, innerhalb dessen sie die Niederlassung zunächst überhaupt erst gewagt hatten, rasch dahin. Bislang hatten sich noch keinerlei Kontakte zu den höheren Ebenen der Kyōtoer Gesellschaft ergeben, also waren die drei immer noch ohne rechtliche Absicherung und ohne Protektion. Es mussten also Verbindungen zur politischen Oberschicht geschaffen werden, um beides zu erlangen, und der ideale Partner hierfür schien der Shōgun zu sein. »Der Pater verlangte sehr danach, eine Möglichkeit zu bekommen, diesen Kubōsama [Shōgun] zu besuchen. Denn wenn er von ihm ein Patent bekam, daß er in Miyako wohnen und dort frei das Gesetz Gottes unseres Herrn verkünden dürfe, dann konnten ihn die Bonzen von Hie-no-yama nicht mehr daran hindern. Und da er über die 174 Gago, Baltasar SJ: Schreiben nach Indien vom 01. November 1559, in: MHJ 3, Dok. 15, S. 189. 175 Fróis, Luís SJ: Die Geschichte Japans (1549–1578), hg. u. übers. v. Schurhammer SJ/ Voretzsch SJ, Leipzig 1926, S. 85. [MA]. 176 Lourenço SJ: Schreiben aus Kyōto vom 02. Juni 1560, in: MHJ 3, Dok. 27, S. 269 u. S. 270. OR 270: »(…) quasi nenguno quiso obedeser a la verdad, mas unos blasfemando y otros burlando y escarnesiemdo se bolvião.« © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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Mittel nachdachte, die er zu dessen Ausführung habe, erinnerte er sich des Briefes, den ihm der christliche Arzt mitgab und den er von Sakai an einen sehr vornehmen Bonzen names Yengennan in Miyako mitnahm. Und da er mit ihm sprach, bot dieser sich sehr gern an, dem Pater hierin zu helfen und ihn zu unterstützen.«177

Mit der Vermittlung durch den buddhistischen Mönch schien nun endlich eine Strategie gefunden, die den erwünschten Erfolg brachte. Der im Honkakuji, einem hokke-Kloster, residierende Shōgun ließ sich darauf ein, Vilela zu empfangen. Diese Gelegenheit galt es nun zu nutzen, um endlich Ergebnisse zu erzielen. Vilelas Strategie hierfür scheint, nimmt man noch einmal die ausführliche Beschreibung der Ereignisse bei Fróis, eine Selbstpräsentation als Kuriosität gewesen zu sein. »Und damit man wisse, daß er ein Bonze von Namban, d. h. von den Gegenden Indiens sei, zog er über den Kimono’s {sic}, mit denen er nach Landesgebrauch gekleidet ging, darüber noch seinen Mantel aus portugiesischem Tuch an, der sehr alt war, so daß er schon ganz fadenscheinig war, und auf dem Haupt trug er eine rote Mütze und in der Hand ein Buch. Der Bruder Lourenço aber, welcher den Dolmetscher spielen mußte, trug ein Dobuku d. h. einen Talar aus schwarzem Kanga [grobem Baumwollstoff], der dem Pater gehörte. Da es ihm viel zu lang war und es gerade heftig regnete, so war er, da er sehr schlecht oder fast nichts sah, am Ziele angelangt, so voll Kot, daß er die Tatami der Zimmer beschmutzte, durch die er ging. Da dies für die Leute Miyako’s {sic} ein so neues Schauspiel war, durchzog der Pater alle jene Straßen mit großer Gemächlichkeit, denn er hatte einen über Kleinigkeiten erhabenen Geist und er freute sich sehr, Beschwerden durchzumachen und Unbilden aus Liebe zu Gott zu ertragen. {…} Der Bonze, der ihn begleitete und der sehr vornehm und in jener Stadt sehr bekannt war, wurde dabei mehr gequält als der Pater, da er den Lärm nicht beruhigen konnte, den die Leute und die Kinder machten, als sie sie passieren sahen.«178

Sollte sich diese Szene wie geschildert abgespielt haben, muss in Frage gezogen werden, ob sich die Gesellschaft auf die japanischen Verhältnisse wirklich eingestellt hatte. Die Exotik des Paters konnte nach diesem Auftritt wohl kaum noch bestritten werden, hatte er sich doch samt seinem Begleiter willentlich außerhalb der sozialen Konventionen gestellt, die in Japan generell üblich waren. Allein schon das Beschmutzen der tatami, der Reisstrohmatten, die den Fußboden auskleideten, galt als grobe Unhöflichkeit. Wichtiger aber festzuhalten ist hier, dass auch in dieser Situation und nach einem Aufenthalt von über drei Jahren in Japan der Leiter der Hauptstadtmission der Gesellschaft nicht sprachmächtig genug war, ohne einen indigenen Dolmetscher auftreten

177 Fróis, Luís SJ: Die Geschichte Japans (1549–1578), hg. u. übers. v. Schurhammer SJ/ Voretzsch SJ, Leipzig 1926, S. 86 f. [ME]. 178 Ebd., S. 87. [EiO], {ME, MA}. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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zu können. Natürlich handelte es sich beim Besuch des Shōgun sprachlich um einen wesentlich anspruchsvolleren Fall als es die Predigten auf den Straßen der Kyōtoer Armenviertel gewesen sein dürften, was das Beiziehen eines Muttersprachlers in jedem Fall ratsam machte, aber gemessen an den Ansprüchen, die seitens der Gesellschaft dem Buchstaben nach an das Sprachstudium gelegt wurden, kann dieses Ergebnis nicht als optimal bezeichnet werden und illustriert ein weiteres Mal die unbedingte Abhängigkeit der Europäer der Gesellschaft von ihrem indigenen Personal. Dessen ungeachtet stellte dieser Besuch nicht nur den bisherigen sozialen Höhepunkt der Aktivitäten der Kyōtoer Dependance der Societas Jesu dar, sondern brachte endlich auch die lange gesuchten rechtlichen Absicherungen. 1560 erliess Shōgun Ashikaga Yoshiteru einen Erlass, dass die Mitglieder der Gesellschaft und ihre Predigten nicht behindert werden dürften,179 was auf dem Papier und effektiv zumindest für den unmittelbaren Machtbereich des Shōguns eine Fixierung ihres Status innerhalb der Legalität bedeutete. Das erlassene Dekret (kinzei, bei Schurhammer »Patent«, sheisatsu)180 für »Bāteren, den Priester aus dem Land Kirishitan«, bestimmte im Einzelnen, dass Vilela vor Einquartierungen, unangemessenen Abgaben, Unhöflichkeiten, unaufgefordertem Eindringen und generell vor Fehlbehandlungen sicher sein sollte.181 Unter diesen neuen Rahmenbedingungen gelangen Vilela und Lourenço die ersten nachhaltigen Konversionen in der Hauptstadt, darunter auch einige Samurai.182 Der eigenwillige Auftritt Vilelas wiederholte sich bei der Neujahrsaudienz des Shōguns. Auch hier trat er wieder in vollem Ornat auf. Er hatte sich zuvor unter die Protektion eines kugyō aus der einflussreichen Familie Konoe183 begeben können,184 aber das hieß nicht, dass dieser damit auch christlich geworden wäre – zumindest ergeben sich darauf keine Hinweise. Auch hinsichtlich der durch diese Wahl eröffneten Möglichkeiten war wohl kaum der ideale Partner für die Sicherung der Societas in Kyōto gefunden worden. Die kugyō, der hohe Hofadel (gegenüber dem niedrigeren Hofadel, den kuge), waren zwar in der sozialen Hierarchie als die meistgeehrten Mitglieder der japanischen Gesellschaft ganz oben angesiedelt, aber politisch galten sie nichts, was sich auch in den Briefen der Gesellschaft Jesu niederschlug, in denen kugyō und kuge deut 179 Sansom: A History of Japan. 1334–1615, Singapur 1993, S. 291. 180 Fróis, Luís SJ: Die Geschichte Japans (1549–1578), hg. u. übers. v. Schurhammer SJ/ Voretzsch SJ, Leipzig 1926, S. 88 f. 181 Elison: Christianity and the daimyo, in: Hall (Hg.) 1991, S. 318. 182 Sansom: A History of Japan. 1334–1615, Singapur 1993, S. 292. 183 Vgl. Butler: Emperor and Aristocracy in Japan 1467–1680, Cambridge (Mass.)/London 2002, S. 36, 100, 110 f. 184 Fróis, Luís SJ: Die Geschichte Japans (1549–1578), hg. u. übers. v. Schurhammer SJ/ Voretzsch SJ, Leipzig 1926, S. 89. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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lich weniger oft auftraten als die buke, die Kriegeraristokratie.185 Zudem waren gerade die Hofadeligen seit Beginn des 16. Jahrhunderts in der Folge des ŌninKrieges und seiner Folgen zunehmend verarmt und kaum in der Lage, ihre repräsentativen Pflichten erfüllen zu können,186 geschweige denn, irgend jemanden auf finanziellem Gebiet zu unterstützen. Diese Situation verbesserte sich für den Adel erst in der frühen Tokugawa-Zeit Anfang des 17. Jahrhunderts.187 Die Mitglieder der Societas bekamen das rasch zu spüren: Nachdem ihr Vermieter ihnen wegen des durch sie verursachten öffentlichen Aufsehens in der Nachbarschaft gekündigt hatte, mussten Vilela und seine Mitstreiter sich eine neue Unterkunft suchen, die zumindest nach Fróis’ Auskunft noch schlechter ausfiel als die alte.188 Der neue Protektor schien nicht in der Lage zu sein, dem zu wehren, und dieses Muster setzte sich fort. Nachbarschaftsschikanen und Druck des buddhistischen Klerus veranlassten auch den neuen Vermieter, den Pater samt Entourage erneut vor die Tür zu setzen.189 Nach Fróis gelang es Vilela bereits 1561, einen kuge zu konvertieren,190 auch wenn nicht klar ist, ob der Quelle gefolgt werden kann. Der erste und bis 1574 einzige hochrangige Konvertit aus dem Hochadel, Kiyohara Shigekata (1509–80), Vater von Kiyohara Ito Maria (Maria Kojijū), der Zofe der christlichen Adeligen Hosokawa Gracia (1563–1600),191 ließ sich erst um 1564 nach einer Debatte mit Lourenço taufen (s. u.).192 Es ist aber in jedem Fall auch nicht wesentlich für den Verlauf der weiteren Geschehnisse. Selbst wenn es Vilela gelang, solche Konversionen zu erzielen, so bedeutete das zwar einen Achtungserfolg wegen der sozialen Position dieser Gläubigen, aber nicht unbedingt, dass es möglich war, diesen auch in eine Ausweitung oder Stabilisierung der lokal möglichen Praktikengeflechte umzuwandeln. Lourenço berichtete 1560 bereits von zwei am Christentum interessierten kuge, um hinzuzufügen, dass diese zwar durch Würde ausgezeichnet seien, aber eben nicht durch Reichtum (»que som mui prensipales personas deste reino en dinidad, […] ahumque no en riquezas.«).193 Auch sozial gesehen verharrte die Societas, stadtgeographisch und von der Menge ihrer Konvertiten her gesehen, eher in den Randschichten

185 Pinto: Japanese Elites as seen by Jesuit Missionaries, in: BPJS (2000), S. 31. 186 Farris: Japan to 1600, Honolulu 2009, S. 183. 187 Butler: Emperor and Aristocracy in Japan 1467–1680, Cambridge (Mass.)/London 2002, S. 146. 188 Fróis, Luís SJ: Die Geschichte Japans (1549–1578), hg. u. übers. v. Schurhammer SJ/ Voretzsch SJ, Leipzig 1926, S. 106. 189 Ebd., S. 107. 190 Ebd., S. 108. 191 Ward: Jesuit Encounters with Confucianism in Early Modern Japan, in: Sixteenth Century Journal (2009), S. 1051. 192 Mulhern SJ: Cinderella and the Jesuits, in: MN (1979), S. 428. 193 Lourenço SJ: Schreiben aus Kyōto vom 02. Juni 1560, in: MHJ 3, Dok. 27, S. 270. [MA]. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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der Gesellschaft. Bis 1565 gelang Vilela trotz mehrerer Versuche keine Umsiedlung in den bessergestellten Stadtteil Kamigyō.194 Die folgende Episode bei Fróis zeigt eindrücklich, dass  – auch unter Einbeziehung der Überzeichnung des wahrscheinlichen Gewichts der religiösen Überzeugungen, die hier geschildert werden  – die Ablehnung der Personen und Praktiken der Gesellschaft Jesu durch die Anhänger analog strukturierter buddhistischer Systeme, wie eben der jōdo shinshū, ein wesentlicher Faktor der sozialen Marginalisierung gewesen sein dürfte. Es handelt sich um einen Besuch Vilelas in Kyōto während des Jahres 1562, als die teilweise offenen Feindseligkeiten ihn zum Rückzug nach Sakai gebracht hatten: »Bartholomeo drängte ihn, in Yawata auf die Antwort betreffs dessen, was Lourenço verhandelt hatte, zu warten. Aber der Pater wartete nicht auf diesen Aufschub, sondern reiste um Mitternacht bei heftigem Regen und großer Dunkelheit von Yawata nach Miyako ab. Das einzige, was Bartholomeo von ihm erreichen konnte, war, daß er sich nicht sogleich in die Kirche begab, sondern heimlich in seinem Hause Wohnung nahm, bis die Antwort kam. Dies gab der Pater zu, da Bartholomeo ein sehr guter Christ war und große Liebe zu den Dingen der Kirche hatte. Seine Frau aber, die von der Sekte der Hokke-shū war, nahm ihm das äußerst übel und nur das gab sie schließlich zu, daß der Pater hinter ihrem Hause Unterkunft nahm. Aber sie wollte nicht zugeben, daß Damião der Dōjiku bei ihm sei. Und so ging dieser sich ein anderes Haus suchen, wo er unterkam. Die Frau begehrte so auf gegen ihren Mann, weil er ihr den Pater dahin gebracht habe, und sie war eine so erbitterte Feindin der Christen, daß sich der Pater nach zwei Tagen einstweilen in das Haus eines anderen Christen begeben mußte.«195

Die Menge der unter diesen Bedingungen effektiv erreichten Konversionen lässt sich kaum beziffern, aber ich bezweifle, dass sie sonderlich groß war. Selbst nach Fróis’ Bericht versammelten sich Weihnachten 1561 nur etwa 100 Christen Kyōtos zur Feier196 – was im Fortlauf des Textes dann genutzt wurde, um zu rechtfertigen, dass Vilela die Stadt bereits 1562 wieder verlassen hatte. »Da der Pater sah, daß das Bekehrungswerk vorderhand in Miyako keinen Fortgang nahm, er aber großen Eifer für das Heil der Seelen hatte, so litt sein Herz dort nicht länger, ohne daß er ein Wachstum in der Zahl der Christen sah. Er dachte darum darüber nach, wohin er gehen und wo er mehr Frucht wirken könnte, und da schien es ihm, außer Miyako gebe es keinen wichtigeren Platz als die Stadt Sakai, die das Venedig Japans ist.«197

194 Fróis, Luís SJ: Die Geschichte Japans (1549–1578), hg. u. übers. v. Schurhammer SJ/ Voretzsch SJ, Leipzig 1926, S. 272. 195 Ebd., S. 130. 196 Ebd. 197 Ebd., S. 132. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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Bei dieser Darstellung dürfte es sich wohl um eine Bemäntelung der Umstände gehandelt haben. Bereits zuvor, seit der Lizensierung durch den Shōgun, wurden Konflikte zwischen dem lokalen buddhistischen Klerus und der kleinen jesuitischen Gruppe benannt.198 Seit 1560 drängten die buddhistischen Priester Kyōtos auf die Ausweisung der Missionare, da diese die japanischen Religionen untergrüben. Matsunaga Hisahide (1510–77), seit 1549 Statthalter Kyōtos und Anhänger der hokke-shū, ließ dementsprechend 1562/63 eine Untersuchungskommission einsetzen, um diese Vorwürfe zu klären und, sollten sie sich er­ härten, die Jesuiten exekutieren zu lassen. Die Untersuchungsleiter, Kiyohara Shigekata, und ein buke, Yūki Tadamasa,199 bekehrten sich nach Befragung­ Vilelas und seiner Begleiter jedoch 1563/64 überraschend zum Christentum200 – zunächst eine positiv scheinende Entwicklung, die jedoch an den folgenden Ereignissen nichts änderte. Kiyohara Shigekata war zwar ein gelehrter Konfuzianer aus einer traditionell gut etablierten Familie und besaß einen hohen Hofrang als Mitglied des kaiserlichen Kabinetts, fristete seinen Lebensunterhalt aber als wandernder Gelehrter und verfügte nicht über eigene Machtmittel.201 Fróis schilderte den weiteren Verlauf der Angelegenheit als eine weitgehend innenpolitische Auseinandersetzung: Matsunaga war Vasall Miyoshi Chōkeis, der ihn in seine Statthalterposition eingesetzt und der Gesellschaft ebenfalls ein Bleibepatent ausgestellt hatte. Bezüglich der Ausweisung der Missionare habe Matsunaga aber eigenmächtig gehandelt, um seine private Agenda durch­setzen zu können. »Darum begehrte Sōtai [=Matsunaga Hisahide] den Pater zu vertreiben, aber so, daß man glauben sollte, er wisse nicht darum und habe es nicht befohlen. Im Hause dieses Sōtai war ein Edelmann namens Imamuradono. Er war es, der den Bruder L ­ ourenço bei ihm einzuführen oder ihm Botschaften oder Briefe des Paters zu übermitteln pflegte, wenn er bei ihm irgend eine Angelegenheit der Kirche zu betreiben hatte. Dieser schrieb, von Shimosadono und den Bonzen überredet, an die Hauptchristen von Miyako einen Brief, während er im Reiche Yamato war, worin er sagte: ›Der Kubōsama hat eigens dem Matsunaga Sōtai ausdrücklich erklären lassen, er solle den »Gott« (d. h. den Pater) nicht in Miyako wohnen lassen. Ich bemühte mich vielmals zu sehen, ob ich dies hindern könnte. Da es aber vom Kubōsama so befohlen ist, so ist es eine Sache, bei der ein Rekurs unmöglich ist.‹«202 198 Frois, Luis SJ: Die Geschichte Japans (1549–1578), hg. u. ubers. Voretzsch SJ, Leipzig 1926, S. 109f. 199 Ward: Jesuit Encounters with Confucianism in Early Modern Century Journal (2009), S. 1050. 200 Elison: Christianity and the daimyo, in: Hall (Hg.) 1991, S. 319 f. 201 Ward: Jesuit Encounters with Confucianism in Early Modern Century Journal (2009), S. 1049 f. 202 Fróis, Luís SJ: Die Geschichte Japans (1549–1578), hg. u. übers. Voretzsch SJ, Leipzig 1926, S. 128.

v. Schurhammer SJ/ Japan, in: Sixteenth Japan, in: Sixteenth v. Schurhammer SJ/

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Vilela verließ daher Kyōto zusammen mit Lourenço und anderen Christen möglichst rasch,203 und schlug seine Residenz in der naheliegenden freien Handelsstadt Sakai auf.204 Dort waren sowohl er wie auch die Gesellschaft Jesu als solche einigermaßen sicher vor einer Verfolgung durch die daimyō, war die Stadt doch einer der wichtigsten Handelshäfen Japans im 16.  Jahrhundert und seit dem Ende des 15. Jahrhunderts unter Verwaltung durch einen aus der Bürgerschaft gewählten Rat weitgehend eigenständig.205 Die formelle Anerkennung der Unterstellung unter einen Territorialherrn konnte Sakai bis 1569 ver­hindern.206 Das Klima für die Rezeption europäischer Praktiken war dabei nicht ungünstig. Bereits früh hatten die Sakaier Waffenschmiede die Herstellung von Musketen gemeistert, und bis zu den 1560ern entwickelte sich die Stadt zu einem der Hauptproduktionszentren der neuen Waffen in Japan.207 Die eigenmächtigen Handlungen, die Matsunaga Hisahide unterstellt wurden, sind dabei vor dem Hintergrund der wieder auflebenden militärisch-politischen Aus­ einandersetzungen zumindest nicht unwahrscheinlich. Das bakufu verstärkte seine eigene Präsenz in der Hauptstadt wieder mit der Festung des Shōguns in der Stadtmitte, mit deren Bau 1559 begonnen wurde.208 Zwischen Miyoshi Chōkei und Hatakeyama Takamasa (†1567) kam es in diesem Zeitraum verstärkt zu militärischen Auseinandersetzugen um die Vorherrschaft im Raum Kyōto, die Chōkei schließlich unter Rückgriff auf Tempeltruppen (sōhei) der Mönche des Negorodera in Kii für sich entscheiden konnte, Ereignisse, die auch die Christen Kyōtos in Mitleidenschaft zogen, auch wenn, wie Fróis betonte, die Kirche unversehrt blieb.209 In einer geradezu ironischen Volte waren besonders die sōhei des Negorodera als Söldner beliebt, da der Tempelkomplex ein weiteres Zentrum der japanischen Produktion von den portugiesischen Waffen nachempfundenen Musketen und Mörsern darstellte und seine bewaffneten Anhänger auch damit ausrüstete, ein Faktor, dem der Tempel seine Machtstellung in der Mitte des 16.  Jahrhunderts verdankte.210 Die von der Societas oft betonte Verknüpfung von Feuerwaffen und Christianisierung lässt sich also nicht pauschalisieren, kehrte sie sich hier doch nahezu in ihr Gegenteil um. In einer solchen Situation Operationen durchzuführen, durch die ein lokaler poli 203 Fróis, Luís SJ: Die Geschichte Japans (1549–1578), hg. u. übers. v. Schurhammer SJ/ Voretzsch SJ, Leipzig 1926, S. 129. 204 Sansom: A History of Japan. 1334–1615, Singapur 1993, S. 292. 205 Aoyama SVD: Die Missionstätigkeit des heiligen Franz Xaver in Japan, St. Augustin 1967, S. 116. 206 Farris: Japan to 1600, Honolulu 2009, S. 171 f. 207 Lidin: Tanegashima, Kopenhagen 2002, S. 152 f. 208 Yasuo/Stavros: Castles in Kyoto at the Close of the Age of Warring States, in: Fiévé/Waley (Hg) 2003, S. 42 f. 209 Fróis, Luís SJ: Die Geschichte Japans (1549–1578), hg. u. übers. v. Schurhammer SJ/ Voretzsch SJ, Leipzig 1926, S. 133 f. 210 McMullin: Buddhism and the State in Sixteenth-Century Japan, Princeton 1983, S. 43. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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tischer Akteur sich – wie hier etwa durch die Verstärkung guter Beziehungen zum mächtigen buddhistischen Klerus der Hauptstadt – unabhängig von seinem Oberherrn positiv positionieren konnte, dürfte durchaus ein kluger Schachzug gewesen sein. Die Erlaubnis zur Rückkehr in die Stadt erhielt die Gesellschaft dann auch von Chōkei selbst, allerdings erst nach geschickter Intervention über das Beziehungsgeflecht, das vor allem Lourenço aufgebaut hatte. Er leitete einen Brief eines lokalen Adligen bezüglich der Weigerung des Shōguns, die ­Societas der Stadt zu verweisen, über den bereits erwähnten Imamura an Matsunaga­ Hisahide und daran anschließend Miyoshi Chōkei weiter und erlangte so die Erlaubnis zur Rückkehr.211 Ohne die indigenen Konvertiten, deren Bewegungsspielraum in den Kreisen der japanischen Gesellschaft deutlich größer war als derjenige europäischer Missionare, wäre diese Wendung wohl kaum gelungen. Vilela kehrte dennoch erst nach Kyōto zurück, als die Kampfhandlungen vorüber waren,212 was die eingangs geschilderte Todesverachtung und Martyriumsbereitschaft bei der ersten Niederlassung in der Kaiserstadt in einem etwas anderen Licht erscheinen lässt. Die offenbar annehmbare Entschuldigung für das Verlassen der Stadt, es sei an anderer Stelle möglich, mehr Bekehrungen zu generieren, ist aber aufschlußreich für die Disposition und die als positiv entschuldigend aufgefassten Beweggründe der Mitglieder der Societas für ihre Wanderungen. Wichtiger als Märtyrertode zur höheren Ehre Gottes war das Gewinnen neuer Seelen, und damit verbunden auch ein gewisses Desinteresse an den individuellen Konvertiten selbst. Diese zählten vor allem durch ihr reines Vorhandensein, und waren sie einmal gerettet, galt es, möglichst viele weitere hinzuzugewinnen – auch wenn damit einherging, dass die gerade neu für Christus Gewonnenen sich bis auf Weiteres selbst überlassen bleiben mussten. Die politische Sanktionierung der Mission, also deren juristische Absicherung, blieb dabei das übergeordnete Ziel des Kyōto-Aufenthalts, vermochte sie doch zumindest auf dem Papier die mangelnden Verbindungen der Societas zu machtvollen politischen Partnern in Zentraljapan zu kompensieren. Doch gerade diese Absicherung war nicht von Dauer, sondern stets dem Wandel der allgemeinen politischen Verhältnisse unterworfen. 1565 bereits wiederrief der tennō unter Druck der Nichiren-Buddhisten, also der hokke-shū, das Bleibepatent, verbot die Weiterverbreitung des Christentums und wies die Mitglieder der Gesellschaft aus Kyōto aus.213

211 Fróis, Luís SJ: Die Geschichte Japans (1549–1578), hg. u. übers. v. Schurhammer SJ/ Voretzsch SJ, Leipzig 1926, S. 130 f. 212 Ebd., S. 134. 213 Hane, M.: Premodern Japan. A Historical Survey, Boulder u. Oxford 1991, S. 123 f. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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5.1.5 Instabile Präsenz: Fróis, Gnecchi-Soldo, 1564/65 und ab 1569 Lacouture beschrieb das grundlegende Problem der Gesellschaft Jesu in Japan folgendermaßen: »Eine Strategie, die auf der Beziehung zur Macht gründet, ist zum Scheitern verurteilt, wenn sie ihre Stütze verliert.«214 Die wechselhaften Entwicklungen bezüglich der Präsenz der Societas in Kyōto um das kaiserliche Edikt von 1564/65 herum scheinen diese Aussage auf den ersten Blick deutlich zu bestätigen. Zunächst schien nach den erfolgreich gemeisterten Schwierigkeiten der Jahre 1562/63 die Entwicklung positiv für die Missionare zu verlaufen. 1564 ließen sich in Iimori insgesamt 73 Angehörige des Kriegerstandes, bushi, aus ­Miyoshi Chōkeis Diensten taufen, darunter hochrangige Vasallen. Die Kyōto-Mission wurde so hinsichtlich der erforderlichen Protektion erstmals auf eine solide Grundlage gestellt,215 und das soziale Spektrum der Konvertiten erweiterte sich deutlich. Möglich geworden waren diese Taufen durch die Arbeit Lourenços, der von Vilela allein nach Iimori geschickt wurde, als man von dort aus nach ihm verlangte.216 Durchgeführt wurden sie allerdings von Vilela selbst, der dafür eigens anreiste,217 nicht von Lourenço. Die Übertragung der Tauf­ berechtigung auf ungeweihte japanische Konvertiten stellte aber in Situationen, in denen kein nicht-japanischstämmiger Priester der Societas greifbar war, de facto keine Schwierigkeit dar (siehe Kap. 5.2.2), so dass hier wiederum davon ausgegangen werden muss, dass die Sorge um die symbolische Autorität der Patres den Hintergrund dieses Vorgehens bildete. Die spirituellen Abhängigkeiten wurden, wo möglich, auf die oberen Ebenen der im japanischen Missionsbereich etablierten Statushierarchie der Christen fixiert, auf die geweihten Vollmitglieder der Societas. Die innerhalb der indischen Ordensprovinz der Gesellschaft Jesu geschaffenen Strukturen wurden damit auch hier wieder eingeschrieben. Die Schwierigkeiten, die für die europäischen Mitglieder der Gesellschaft aber im alltäglichen Umgang mit Japanern bestanden, und die mangelnden Sprachkompetenzen zeigten sich dabei allerdings Fróis zufolge noch einmal deutlich. »Bevor sie aber die Vorträge des Paters anhörten, stieg zwei oder drei dieser Edelleute ein Zweifel auf. Sie wußten nämlich nicht, ob der Bruder Lourenço nicht doch vielleicht ein Betrüger wäre, wie es solche in Japan gibt, Hatonokai mit Namen, deren 214 Lacouture: Dialog in Yamaguchi, Mannheim 2002, S. 21. 215 Elison: Christianity and the daimyo, in: Hall (Hg.) 1991, S. 320 f. 216 Fróis, Luís SJ: Die Geschichte Japans (1549–1578), hg. u. übers. v. Schurhammer SJ/ Voretzsch SJ, Leipzig 1926, S. 144 f. 217 Ebd., S. 145. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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Profession es ist, von Betrug zu leben, und daß Lourenço zufällig in den Gegenden des Shimo diesen Pater verlassen dort gefunden habe, und daß, da er nicht sprechen noch zu irgend etwas weiter dienen könnte als zu einer Statue, Lourenço bei seiner Schlauheit und Umsicht ihn mit sich herumführe, um in Japan mit ihm Geld zu verdienen. Es fehlte nicht an einem Mann, der dem Pater von diesem Zweifel Kenntnis gab. Dieser nahm darum absichtlich schnell zusammenfassend die Predigten noch einmal durch, die Bruder Lourenço gehalten hatte, indem er ihnen die Absicht erklärte, warum die Patres nach Japan kämen und ihnen befriedigend auf ihre Zweifel antwortete. Damit bestärkten sie sich vollends in der Überzeugung, daß die evange­ lische Lehre die wahre und der Pater deren Prediger und Verkünder sei. Und so taufte er sie alle.«218

Die 73 bushi hatten keinerlei weltliche Vorteile durch die Konversion zu ge­ wärtigen; sie scheinen aus Überzeugung zum christlichen Glauben übergegangen zu sein.219 Dazu wurde die jesuitische Personalbasis in der Hauptstadt erweitert. Am 10. November 1564 brach Luís Fróis aus Hirado nach Kyōto auf, das er am 01. Februar 1565 erreichte.220 Wie bereits des Öfteren gesehen, reiste auch Fróis bei dieser Gelegenheit nicht allein. Begleitet hatte ihn nicht nur Luís de Almeida, der in Sakai zurückblieb, sondern auch »drei oder vier Dōjiku-Knaben und ebenso viele Christen als Führer auf dem Wege«,221 darunter der etwa dreizehnjährige dōjuku João de Torres.222 Die von der Gesellschaft entwickelten Praktikenkomplexe bezüglich der Nutzung indigener Arbeitskräfte sowie der Verwendung von Kindern und Jugendlichen für Dienstleistungen und unqualifizierte Arbeiten lassen sich damit auch an diesem Beispiel wieder aufzeigen. Es wird wieder einmal deutlich, dass die interkulturellen Kompetenzen der Mitglieder der Societas noch nicht so weit reichten, dass sie eine derartige Reise allein hätten bewältigen können. Führer, Dolmetscher und Handlanger wurden beständig gebraucht, und selten genug erwähnt. Im Kontext dieser Reise allerdings schilderte Fróis beiläufig bei der Wiedergabe der Unterbringung nach einem Zwischenfall in Ōsaka, wo der Pater sich aus Angst vor den die Stadt beherrschenden jōdo-Buddhisten verborgen hielt, dass die Entourage außer den genannten dōjuku auch noch mit »zwei Dienern, einem Indier und einem Chinesen«223 ausgestattet war – deren Namen, wie die der jungen dōjuku, nicht 218 Fróis, Luís SJ: Die Geschichte Japans (1549–1578), hg. u. übers. v. Schurhammer SJ/ Voretzsch SJ, Leipzig 1926, S. 145 f. 219 Elison: Christianity and the daimyo, in: Hall (Hg.) 1991, S. 321. 220 Jorissen: Das Japanbild im Traktat (1585) des Luis Frois, Kyōto 1987, S. 138. 221 Fróis, Luís SJ: Die Geschichte Japans (1549–1578), hg. u. übers. v. Schurhammer SJ/ Voretzsch SJ, Leipzig 1926, S. 226. 222 Ruiz-de-Medina SJ: Un Japones con un nombre español. Juan de Torres, S. J. ­(1551–1612…), in: Missionalia Hispanica (1984), S. 21. 223 Fróis, Luís SJ: Die Geschichte Japans (1549–1578), hg. u. übers. v. Schurhammer SJ/ Voretzsch SJ, Leipzig 1926, S. 228. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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genannt wurden, da sie offenbar nicht wichtig waren. Es besteht dabei durchaus die Möglichkeit, dass es sich um Sklaven handelte, die ja bei Fróis ebenfalls unter der Bezeichnung ›Diener‹ geführt wurden (siehe Kap. 7).224 Die Integration der Societas in die gesellschaftlichen Zusammenhänge der Stadt schien sich aber zu verfestigen. Vilela und Frois nahmen an der Neujahrsaudienz des Shōgun teil, die 1565 zufällig auf genau auf Fróis’ Ankunftstag fiel. Bei diesem Besuch passten sich die beiden Patres hinsichtlich ihrer Kleidung, der zu überreichenden Geschenke und ihres Auftretens  – sie ließen sich wie die übrigen Würdenträger mit großer Entourage in Sänften vortragen – an die sozialen Gepflogenheiten an,225 anders als noch 1559. Damit verbunden waren auch Anstrengungen, sich ins soziale Netz der Eliten zu integrieren: »Es pflegte der Pater [Vilela] alle Jahre in Miyako einmal einige der vornehmsten Herren vom Hofe des Kubōsama in unserem Hause einzuladen, um sie sich gewogen zu halten für die Zeit, wo er sie irgendwie nötig haben sollte.«226 Die Nachrichten, die Cosme de Torres aufgrund dieser Entwicklungen im Oktober 1565 an den Ordensgeneral Laínez meldete, klangen dementsprechend hoffnungsvoll.­ Vilela und Fróis hätten bereits über 1000 Christen in der Metropolregion zu betreuen,227 und: »Ich erbitte von Jesus Christus, unserem Herrn, dass er [dieses Land] zu ihrem Wohl befriede, denn, wie mir scheint, wenn sie in Frieden leben, werden viele von ihnen Christen, und von den Besseren des Landes: denn, da diese Gegend das Haupt Japans ist, sind ihre Bewohner von sehr feinem Verstand, und es verlangt sie sehr nach ihrer Erlösung, und da nach den esoterischen Gesetzen Japans nichts weiter geschieht als geboren werden und sterben, empfangen wir von denen, die nach Erlösung verlangen und die Dinge Gottes hören, alle in die Herde, wodurch große Hoffnung besteht, dass sich so das Gesetz Gottes in Japan verwirklicht.«228

Die Fürbitte um Frieden war bitter nötig, denn mit der erneuten Zuspitzung der politischen Konflikte um die Kontrolle über die Hauptstadtregion hatte sich die Situation im Sommer 1565 schlagartig geändert. Am 17. Juni griffen Trup 224 Vgl. Fróis, Luís SJ: Die Geschichte Japans (1549–1578), hg. u. übers. v. Schurhammer SJ/ Voretzsch SJ, Leipzig 1926, S. 181. 225 Ebd., S. 230. 226 Ebd., S. 272. 227 De Torres, Cosme SJ: Schreiben an Laínez vom 20. Oktober 1565, in: MHJ 1, Dok 10, S. 68. 228 Ebd., S. 68 f. OR: »Rogo a Jesu Christo, nosso Senhor, que tenha por bem de os pacificar, porque, segundo parece, se estiver en paz, se farão nella muitos christãos, e os melhores de terra: porque, como aquella terra seja cabeça de Japão, os moradores della são de entendimendo mui delgado, e desejão os mais delles sua salvação, e como nas Leis de Japão no in­ terior dellas não aja mais que nacer e morrer, os que desejão sua salvação e ouvem as cousas de Deus, todos recebem a guardão, por onde se tem grande esperança que se há de manifestar a Lei de Deus em Japão.« [MÜ] © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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pen Miyoshi Yoshitsugus (†1573), Miyoshi Chōkeis Onkel väterlicherseits, und Matsunaga Hisahides überraschend die kurz vor der Fertigstellung stehende Festungsanlage des Shōguns in der Stadt an.229 Die Schlacht endete mit Ashikaga Yoshiterus Tod und der Zerstörung der Festung, die nachfolgend abgebrochen wurde.230 Die Ashikaga, also das Shōgunat, hatten damit die 1558/59 neu beanspruchte Kontrolle über die Hauptstadt wieder verloren, auch wenn im Unterschied zu früheren Phasen diesmal keine Zerstörung oder Verwüstung der Stadt Kyōto selbst aus den Auseinandersetzungen folgte.231 Die beginnende wirtschaftliche Konsolidierung und Bevölkerungszunahme der Hauptstadt ab den 1560ern wurde nicht nachhaltig gestört.232 Nach diesen Ereignissen, besonders unter Bezug auf den Tod Yoshiterus, erließ der tennō auf Druck des lokalen buddhistischen Klerus das bereits erwähnte Ausweisungsedikt gegen die Missionare, die daraufhin die Stadt verließen – politisch getragen und vorbereitet wurde der Erlaß von Matsunaga Hisahide, der sich sein Vorgehen durch die kaiserliche Bestätigung legitimieren ließ.233 Vilela begab sich zurück nach Kyūshū,234 und Fróis, geübter Praxis folgend, nach Sakai.235 De Torres hatte beide zusammen mit Luís de Almeida nach Kuchinotsu zurückbeordert.236 De Torres’ Formulierungen in seiner gerade zitierten Korrespondenz mit der römischen Zentrale werfen damit wiederum ein Schlaglicht auf die Kommunikationspraktiken der Societas, als er zu diesem Zeitpunkt von den Vorgängen in der Hauptstadt längst wusste.237 Weitergegeben wurde an die Ordensleitung aber zunächst einmal das, was die Fortschritte der Societas in Japan in gutem Licht erscheinen ließ. Dass hierbei im gleichen Federzug Bezug auf die intellektuellen Fähigkeiten der potentiellen Konvertenden genommen wurde, die sie für die christliche Botschaft disponieren sollten, verweist bereits auf die in den Konversionsbemühungen genutzten diskursiven Praktiken (siehe Kap. 6.4). 1566 berichtete de Torres in wesentlich dürreren Worten, dass Froís und Vilela Kyōto wegen des Todes des Shōguns hatten verlassen müssen (»pela morte do se-

229 Jorissen: Das Japanbild im Traktat (1585) des Luis Frois, Kyōto 1987, S. 141. 230 Yasuo/Stavros: Castles in Kyoto at the Close of the Age of Warring States, in: Fiévé/ Waley (Hg) 2003, S. 44 f. 231 Butler: Emperor and Aristocracy in Japan 1467–1680, Cambridge (Mass.)/London 2002, S. 100. 232 Aoyama SVD: Die Missionstätigkeit des heiligen Franz Xaver in Japan, St. Augustin 1967, S. 123. 233 Ebd., S. 151. 234 Sansom: A History of Japan. 1334–1615, Singapur 1993, S. 292. 235 Boffa: La rencontre de deux mondes, in: Bulletin de l’Institut Historique Belge de Rome (2000), S. 153. 236 Yuuki SJ: Vilela, Gaspar, in: DHCJ 4, S. 3973. 237 Schütte SJ: Editorische Anmerkung 4 zu De Torres, Cosme SJ: Schreiben an Laínez vom 20. Oktober 1565, in: MHJ 1, Dok 10, S. 66 f. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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nhor da terra«) – die Gesellschaft hoffe, die Gegend werde sich wieder beruhigen, um dorthin zurückkehren zu können.238 In Sakai nahm Fróis mitsamt seiner Entourage zunächst Zuflucht bei Fukuda Hibiya Ryōkei, einem örtlichem Händler. Dessen Verwandte und Kinder konvertierten zwar rasch, er selbst aber erst zwei Jahre später – das intrafamiliäre Konversionsschema funktionierte wohl nur von oben nach unten, aber nicht in umgekehrter Richtung. Ryōkeis Haus diente der Gesellschaft als Versammlungsplatz, Wohnung der Patres und Kirche während der 18 Jahre dauernden Sakaier Präsenz der Societas, die sich innerhalb dieses Zeitraums dort kein eigenes Haus verschaffen konnte.239 Sakai war insofern eine gute Wahl für das unfreiwillige Exil im Kyōtoer Raum, als es zusammen mit Hakata eine Zentralstelle der japanischen Kontakte und des Handels mit China darstellte. Von beiden Städten aus wurden die japanischen Tributgesandtschaften vorbereitet, die während des 16.  Jahrhunders aus Japan ins Reich der Ming gesandt wurden; bei ihrer Rückkehr liefen die Schiffe in Sakai ein.240 Die kosmopolitische Atmosphäre der freien Handelsstadt erstreckte sich jedoch nicht so weit, dass damit eine besonders hohe Anzahl an Konversionen verbunden gewesen wäre, wie nicht nur an Ryōkei, sondern etwa auch an Yōfō Paulo deutlich wird (siehe Kap. 5.2.2). Die dauerhaft endgültige Ausweisung der gesamten Gesellschaft Jesu als solcher aus Kyōto konnte jedoch in der Folge durch das Einwirken den Jesuiten freundlich gesonnener buke auf die politischen Entscheidungsträger ab­ gewandt werden,241 auch wenn dieser Prozess einige Jahre in Anspruch nahm. Takayama Ukon (1552–1615), getauft auf den Namen Takayama Justo, in den Briefen der Gesellschaft bekannt als »Ucondono«, entstammte einer höherrangigen Samuraifamilie, die Vilela konvertiert hatte. Anfang der 1560er hatte Vilela Ukons Vater Takayama Tomoteru (†1596) überzeugen können, sich 1564 in Sawa als Dom Dario Takayama mit seiner gesamten Familie taufen zu lassen, was auch seinen Sohn einschloss.242 Dom Justo Takayama stieg in der Folge unter Nobunaga und Hideyoshi zum höchstrangigen christlichen Daimyō Japans auf.243 Die Familie intervenierte 1568 über Wada Koremasa (1532–73), einen alten Freund und Vertrauten des Shōguns, bei Oda Nobunaga, die Jesuiten wieder in Kyōto zuzulassen. Dieser wiederum gab das Anliegen an Yoshiterus Nach­

238 De Torres, Cosme SJ: Schreiben an Laínez vom 24. Oktober 1566, in: MHJ 1, Dok. 11, S. 75. 239 Fróis, Luís SJ: Die Geschichte Japans (1549–1578), hg. u. übers. v. Schurhammer SJ/ Voretzsch SJ, Leipzig 1926, S. 132. 240 Oláh: Räuberische Chinesen und heimtückische Japaner, Wiesbaden 2009, S. 141. 241 Pinto: Japanese Elites as seen by Jesuit Missionaries, in: BPJS (2000), S. 31. 242 Elison: Deus Destroyed, Cambridge (Mass.)/London 19913, S. 127. 243 Elison: Christianity and the daimyo, in: Hall (Hg.) 1991, S. 320. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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folger, Shōgun Ashikaga Yoshiaki (1537–97, amt. 1568–97), weiter,244 und wenig später erhielt Frois wieder eine Predigterlaubnis für die Hauptstadt.245 Yoshiaki war von Nobunagas militärischer Macht abhängig, seit dieser 1568 gemeinsam mit ihm wieder in Kyōto einzog.246 Aufgrund der Zerstörung der Burg Yoshiterus ließ er sich zunächst wieder im  – ebenfalls befestigten  – Komplex des Honkakuji-Tempels nieder, aber die Präsenz von Truppen der Miyoshi in der Stadt führte ab 1569 zur Errichtung einer neuen Festung des bakufu, des Nijō-jō.247 Nobunaga stützte den Shōgun aus politischen Motiven, vermochte dieser durch seine Kontakte zum Kaiserhof und seine formale, wenn auch nur noch auf dem Papier bestehende, Position als oberster Militärmachthaber Japans ihn doch mit der benötigten Legitimation für seine Vorhaben auszu­ statten. Auch die Gesellschaft Jesu erkannte diese neuen Verhältnisse relativ rasch. Mit dem Einbezug Nobunagas in die kaiserlichen Geschäfte ab 1568 wurden er und der tennō auch in den Berichten der Societas als Spitze der japanischen Herrschaftsstruktur anerkannt.248 Durch die Bemühungen der Takayama wurde Fróis sowohl von Nobunaga als auch von Yoshiaki empfangen, und als Resultat dieser Audienzen verbesserte sich die Lage der Christen in­ Japan leicht.249 Nobunaga ließ die Kontaktaufnahme durch Fróis sowohl aus Neugier als auch aus politischen und ökonomischen Motiven zu; Fróis hatte zuvor jahrelang auf eine solche Gelegenheit warten müssen.250 Einerseits boten die Missionare ein potentielles Gegengewicht gegen die Macht des buddhistischen Klerus in seinen verschiedenen militarisierten Organisationsformen, andererseits mag seitens Nobunagas auch persönliche Sympathie mit im Spiel gewesen sein.251 Als konkrete Auswirkung der Kontakte des Jahres 1569 bot Nobunaga den Christen Kyōtos Land an, um darauf eine Kirche errichten zu können,252 was aber nicht aus dem Kontext gerissen werden sollte. Mit dem in der Hauptstadt gelegenen rinzai-zen-Tempel Daitokuji pflegte Nobunaga ähnliche Beziehungen, nur in weitaus größerem Maßstab,253 und die religiösen Disputationen,

244 Elison: Deus Destroyed, Cambridge (Mass.)/London 19913, S. 127. 245 Sansom: A History of Japan. 1334–1615, Singapur 1993, S. 293. 246 McMullin: Buddhism and the State in Sixteenth-Century Japan, Princeton 1983, S. 67. 247 Yasuo/Stavros: Castles in Kyoto at the Close of the Age of Warring States, in: Fiévé/Waley (Hg) 2003, S. 51 f. 248 Pinto: Japanese Elites as seen by Jesuit Missionaries, in: BPJS (2000), S. 36. 249 Boffa: La rencontre de deux mondes, in: Bulletin de l’Institut Historique Belge de Rome (2000), S. 153 f. 250 Nelson: Myths, Missions, and Mistrust, in: History and Anthropology (2002), S. 98. 251 Dougill: Kyoto. A cultural history, Oxford 2006, S. 110. 252 Ishigami-Iagolnitzer: Le Japon mouvementé du XVIe siècle (1998), S. 63. 253 McMullin: Buddhism and the State in Sixteenth-Century Japan, Princeton 1983, S. 210 f. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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die er 1576 und 1579 in seiner Residenz Azuchi abhalten ließ, fanden vor allem zwischen jōdo-shū254 und hokke-shū-Buddhisten statt.255 Die Wiederzulassung der Societas von Seiten des bakufu stellte sich dagegen, wiewohl nicht widerrufen, als wenig ertragreich heraus, weil ihr schnell keine Partei mit Entscheidungsmacht mehr korrespondierte. Im selben Jahr geriet ­Nobunaga in Konflikt mit Yoshiaki. Er hatte versucht, verbindliche Vorschriften aufzustellen, die die Interaktion zwischen Shōgun und Außenwelt regeln sollten,256 um sicherzustellen, dass der Shōgun keine von ihm unabhägige Agenda verfolgen konnte. Der daraus resultierende Konflikt zwischen ­Nobunaga und dem Shōgun führte schließlich 1573 zu einer militärischen Aktion Nobunagas gegen den noch im Bau befindlichen Komplex des Nijō-jō, der rasch überrannt wurde. Ein Teil der Stadt wurde planmäßig niedergebrannt, und im August des Jahres setzte Nobunaga seinen eigenen Statthalter zur Verwaltung Kyōtos ein.257 Der Shōgun floh und verlor in der Folge seine Macht­ stellung endgültig, die Festung wurde aufgegeben und den Einwohnern der Stadt zu Plünderung und Abbruch überlassen.258 Zugleich festigte Nobunaga seine Macht durch Kampagnen zur Unterwerfung oder Ausschaltung der klerikalen Machtfaktoren, die bislang in Zentraljapan und der Hauptstadtregion sowohl die religiösen wie auch politischen Geschehnisse mitgestaltet hatten. Von 1570 bis 1580 bekämpfte er eine Dekade lang die ikkō ikki, also die militarisierten Anhänger und Praktikensysteme der jōdo shinshū, eine verbissen geführte Auseinandersetzung, in der auf beiden Seiten kein Pardon gegeben wurde.259 Diese Konfrontation bestimmte in wechselnden Koalitionen die 1570er Jahre entscheidend, und ihr Ausgang stellte mit der Niederlage der shinshū die Weichen für das Ende des sengoku.260 1571 zerstörten Nobunagas Truppen den E ­ nriyakuji der tendai-Schule, also die Kloster- und Tempelanlagen auf dem Hiei, bei denen die Missionare der Societas bislang ja vergeblich versucht hatten, die Approbation ihrer Lehren zu erhalten, vollständig.261 Die Präsenz der S­ ocietas in Kyōto, die Nobunaga keinen Anlass gegeben hatte, um gegen sie entsprechende Maßnahmen anzuwenden, blieb dagegen bestehen. Ab 1570 wurde die Stelle eines Paters nach dem Rückzug Vilelas nach Kyūshū von Urugan ­Bateren, Organtino Gnecchi-Soldo, neu besetzt, und Fróis verblieb 254 Nicht zu verwechseln mit der jōdo shinshū; die jōdo-shū stellte zwar auch die AmidaVerehrung in den Fokus ihrer spirituellen Praktiken, gestaltete diese aber deutlich anders aus. 255 McMullin: Buddhism and the State in Sixteenth-Century Japan, Princeton 1983, S. 78, 204 f. 256 Naohiro: The sixteenth-century unification, in: Hall (1991), S. 42. 257 McMullin: Buddhism and the State in Sixteenth-Century Japan, Princeton 1983, S. 74. 258 Yasuo/Stavros: Castles in Kyoto at the Close of the Age of Warring States, in: Fiévé/­ Waley (Hg) 2003, S. 59. 259 Tsang: War and Faith, Cambridge (Mass.)/London 2007, S. 224–227. 260 McMullin: Buddhism and the State in Sixteenth-Century Japan, Princeton 1983, S. 101. 261 Farris: Japan to 1600, Honolulu 2009, S. 191. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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bis 1576 in der Hauptstadt.262 Im Winter 1572 visitierte der neue Superior der Japanmission, Francisco Cabral, nach vorhergegangenen Inspektionen der Aktivitäten der Gesellschaft in Nagasaki, Ōmura, Arima und Bungo auch Kyōto erstmals ganz regulär,263 da dort ja erst seit drei Jahren wieder eine jesuitische Tätigkeit möglich war. Begleitet wurde er dabei von zwei japanischen Mitarbeitern der Gesellschaft, den dōjuku João de Torres und Lourenço,264 die beide schon über Erfahrungen mit der Region verfügten. Die erwünschten großen Erfolge blieben jedoch aus. Auch nach der sozialen Etablierung durch Konvertiten aus dem gesamten Spektrum der japanischen Gesellschaft, der Errichtung eines physischen Nexus der Gemeinde in Form eines Kirchenbaus, und solider politischer und ökonomischer Protektion aus diversifizierten Quellen konnten nicht wesentlich mehr Bekehrungen erzielt werden als unter den ungünstigen Umständen der Jahre bis 1565. Noch 1577 lag die Zahl der Christen in Kyōto unter 1500.265 Die äußeren Verhältnisse allein können hier also nicht als die ausschlaggebenden Faktoren angesehen werden, und auch nicht eine auf der Beziehung zur Macht gründende Strategie, hielten sich die ohne solche Beziehungen erzielten Ergebnisse der Mission in der Hauptstadt mit denen unter Vorhandensein eben jener erreichten doch die Waage. Wichtiger scheinen die generellen Praktikenkomplexe und deren Einführung, Nutzung und Wirkung(en) unter den potentiellen Konvertiten gewesen zu sein, die noch genauer analysiert werden müssen (siehe Kap. 5.2).

5.1.6 Konkrete Auswirkungen: Strukturen und Praktiken »Nicht ohne starken Antrieb und Anregung Gottes kam P. M. Francisco [Javier] mit solchem Verlangen zu diesem äußersten Teile der entdeckten Welt, um dies so ferne und der Kenntnis seines Schöpfers so entfremdete Volk aufzusuchen mit dem Verlangen, daß sein heiligstes Gesetz in dieser Stadt Miyako, welche die Pflanzstätte und Quell der Gesetze Japans ist, angenommen werden möchte, mit so wenig menschlicher Hilfe und Gunst und durch so schwache Instrumente, die so wenig geeignet waren für ein so hohes Amt; und besonders, daß die göttliche Vorsehung gebe, daß vornehme Personen den Anfang machten und sich bekehrten, solche, die das Gesetz Gottes nur annehmen, um ihre Seele zu retten und weil sie durch klare, offenbare Beweisgründe erkannt haben, daß sie das wahre Heil nicht finden können außer im Gesetz Gottes, wie die Erfahrung bei ihnen gelehrt hat.«266 262 Mulhern SJ: Cinderella and the Jesuits, in: MN (1979), S. 417. 263 Ruiz-de-Medina SJ/Pfister: Japón, in: DHCJ 3, S. 2132. 264 Ruiz-de-Medina SJ: Un Japones con un nombre español. Juan de Torres, S. J. (1551– 1612…), in: Missionalia Hispanica (1984), S. 30. 265 Sansom: The Western World and Japan, New York 1970, S. 127. 266 Fróis, Luís SJ: Die Geschichte Japans (1549–1578), hg. u. übers. v. Schurhammer SJ/ Voretzsch SJ, Leipzig 1926, S. 241. [ME]. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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Aus den Entwicklungen in Kyōto 1550/51 direkt auf eine völlige Fehl­ einschätzung Javiers hinsichtlich der politischen und religiösen Situation zu schließen ist zwar verführerisch, trifft aber nicht unbedingt den Kern des Problems. Es lässt sich so nicht erklären, warum Javiers Mitstreiter und Nachfolger an dem von ihm einmal eingeschlagenen Kurs trotz längerer und vermutlich besserer Kenntnis der japanischen Verhältnisse so unnachgiebig festhielten. Wenn auch dem Kaiserhaus keine politische Macht im Sinne von eigenständiger Wirkmächtigkeit mehr zukam, so hatte es doch eine tief verwurzelte, auch in der spirituellen Tradition des Archipels begründete moralische Autorität, die seinen Entscheidungen eine Verbindlichkeit einschrieb, die nicht in der physischen Durchsetzbarkeit begründet lag. Als die militärische Lage der ikkō-shū im Konflikt mit Nobunaga gegen 1580 zusehends aussichtslos wurde, mobilisierte sie ihre Verbindungen zum Kaiserhof und konnte so eine Anweisung des tennō an beide Parteien erreichen, dass die Feindseligkeiten einzustellen wären. Nobunaga ließ sich daraufhin auf entsprechende Friedensverhandlungen ein, die von Emissären aus dem Hofadel überwacht wurden, obwohl er die militärischen Möglichkeiten gehabt hätte, die Schule stattdessen physisch auszulöschen, so dass Tsang argumentiert, dass die kaiserliche Intervention deren Überleben sicherte.267 Auch die auf das Ausweisungsedikt des tennō von 1565 folgenden Turbulenzen deuten in diese Richtung: Wenn auch die Direktiven des Palastes nicht mit direkter Durchführungsgewalt gekoppelt waren, so boten sie doch eine genügende Legitimationsbasis für Ansprüche betroffener Parteien, um wertvoll zu sein. Auch was die fluktuierenden Machtverhältnisse angeht, die auf den ersten Blick die Arbeit der Missionare eher zu erschweren schienen als zu fördern, muss festgehalten werden, dass erst das Machtvakuum in Zentraljapan das Eindringen der Societas in die Region Kyōto überhaupt ermöglichte. Die politische Zersplitterung des Landes in kleine Einheiten unter der Kontrolle einzelner Daimyō hatte zudem den entscheidenden Vorteil, dass es möglich war, bei Verfolgungen einfach den Herrschaftsbereich zu wechseln und ein Territorium zu suchen, dessen Herrscher – aus welchen Gründen auch immer – eher gewillt war, die missionarische Präsenz zu dulden oder gar zu befördern.268 Für die konkrete Arbeit mit den Konvertiten vor Ort scheint es auch keine großartigen Auswirkungen gezeitigt zu haben, wie die Obrigkeit des Territoriums verfasst war und ob Krieg herrschte oder nicht. Folgt man der bei Fróis wiedergegebenen Beschreibung der Etablierung der Societas in Hakata auf Kyūshū, so muss man im Gegenteil zu dem nicht unwahrscheinlichen Schluss kommen, dass gerade Kriege und die damit einhergehenden Zerstörungen und Verwüstungen positiv für die Verbreitung des Glaubens waren. 267 Tsang: War and Faith, Cambridge (Mass.)/London 2007, S. 232. 268 Lidin: Tanegashima, Kopenhagen 2002, S. 183. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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»Da in dieser Stadt [Hakata] alle Bewohner reiche und wohlhabende Kaufleute sind, so gibt es in ihr vornehme Leute. Die Frömmigkeit der Christen war groß. Alle Tage hatten sie eine, zuweilen zwei Predigten, ihre gewöhnliche Lehre und stets Vorträge über den Katechismus für die, die Christen werden wollten. Aber bis dahin fand die Annahme des Gesetzes Gottes in keiner Stadt ganz Japans solche Schwierigkeiten wie in dieser. Denn es war P. Balthazar Gago in ihr und ein anderes Mal P. Gaspar Vilela, und es wurden nur wenige Christen. Nachdem sie aber Kriege gehabt hatten und besiegt worden waren, veränderte Gott die Härte ihrer Herzen in große Nachgiebigkeit, so daß durch die Barmherzigkeit des Herren Christen gewonnen wurden, und diese zählten zu den besten, die in diesen Gegenden waren.«269

Die mit kriegerischen Auseinandersetzungen einhergehenden Umwälzungen und Bedrohungen führten zu einer spirituellen Destabilisierung, die das Hoffen auf das Jenseits in der Gewißheit seines baldigen Nahens deutlich aufwerteten, eine Entwicklung, von der die Anbieter spiritueller Praktikenkomplexe, dementsprechend auch die Societas, nur profitieren konnten. Unter den Bedingungen der Praktikenkonkurrenz mit den buddhistischen Denominationen gelang das allerdings nur, wenn ihr Angebot besser war als das der übrigen Akteurskollektive. Damit könnte auch eine Erklärung dafür verbunden sein, warum trotz der zeitweise desaströsen politischen Verhältnisse in Kyōto keine gemessen an den Ansprüchen der Societas nennenswerte Anzahl an Neubekehrten gewonnen werden konnte. Die alteingesessenen buddhistischen Schulen verfügten über den jesuitischen Praktikenkomplexen funktional äquivalente Strukturen und waren zudem traditionell in der japanischen Gesellschaft verwurzelt. Die Vorteile gegenüber den europäischen Missionaren lagen auf der Hand – sie sprachen die Sprache, beherrschten die sozialen Formen und konnten das gleiche kulturelle Reservoir abrufen wie ihre Konvertenden. Die Reaktionen auf Seiten der Societas waren nahezu berechenbar. Das religiöse Leben in Japan sei, wie Frois 1565 im Brief aus Kyōto mehrmals anmerkte, vollständig vom Teufel beherrscht.270 Als Frois 1585 seinen Traktat über die japanischen Sitten schrieb, verwandte er den Brief aus Kyōto offensichtlich als Blaupause und konstruierte eine analoge Übertragung auf seine gesamte restliche Konstruktion einer ›kulturellen Einheit Japan‹.271 Die Zentralität der Hauptstadt scheint ein Denkmodell gewesen zu sein, von dem sich die Mitglieder der Societas nur schwer lösen konnten. Joāo Rodrigues Tçuzu legte noch 1620 seinem Werk zur japanischen Grammatik als Standardsprache das Hofjapanisch von Kyōto zugrunde; alle anderen Sprachformen firmierten bei ihm als Dialekte.272 269 Fróis, Luís SJ: Die Geschichte Japans (1549–1578), hg. u. übers. v. Schurhammer SJ/ Voretzsch SJ, Leipzig 1926, S. 154. [ME]. 270 Jorissen: Das Japanbild im Traktat (1585) des Luis Frois, Kyōto 1987, S. 185. 271 Ebd., S. 187. 272 Doi: Das Sprachstudium der Gesellschaft Jesu in Japan im 16. und 17. Jahrhundert, in: MN (1939), S. 462. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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Die Faszination des Zentrums, wie sie bereits bei Javier aufschien, kann auch zur Erklärung des Festhaltens der Societas trotz aller Rückschläge und mangelnder Erfolge an der Idee der Kyōto-Mission dienen. Für die Gesellschaft Jesu als urban orientiertem Orden, der die Zentralen seiner Provinzen üblicherweise in den Städten ansiedelte, die auch die politischen Zentren der jeweiligen staatlichen Strukturen darstellten – in der direkten Erfahrung der Asienmissionare vor allem Rom, Lissabon, und Goa – dürfte die Einrichtung einer Niederlassung in der Hauptstadt eine Selbstverständlichkeit gewesen sein, vor allem eine, die das implizite Versprechen beinhaltete, die in den übrigen Zentren eingeübten Praktikenkomplexe auch in Japan wieder reaktualisieren zu können. Im zeitgenössischen Kontext war es jedoch nicht möglich, diese Erwartungen einzulösen. Was für die Honganji-Fraktion der jōdo shinshū Ende des 15. Jahrhunderts noch machbar gewesen war, mit der Präsenz in Kyōto am Charisma der Hautpstadt zu partizipieren und die dort vorhandenen Möglichkeiten erweiterter kultureller und theologischer Bildung ins eigene Portfolio zu integrieren, um mit dem so erworbenen Prestige letztlich das Praktikengeflecht der shinshū dominieren zu können,273 konnte der Societas Jesu Ende des 16. Jahrhunderts nicht mehr gelingen. Die in ihrer Erwartung mit der urbanen Metropole verknüpften Praktiken, die ein phasenverschobenes Imperium zu konstituieren imstande waren, ließen sich nicht realisieren. Was die Kooperation mit den politischen Institutionen anbelangte, waren die Erwartungen, hier potente Partner zu finden, schwierig umzusetzen und zerschlugen sich schließlich. Bestenfalls wurden die Missionare in der Hauptstadt geduldet, aber weder in die Ausführung von administrativen Praktiken einbezogen noch mit der Möglichkeit versehen, die Ressourcen der politischen Macht für ihre Zwecke abzurufen. Dennoch waren die damit verbundenen Vorstellungen auch in dieser Situation klar wieder aufzufinden. Als Fróis die Beratungen beschrieb, die von der christlichen Gemeinde Kyōtos hinsichtlich der Reaktion auf das kaiserliche Ausweisungsedikt von 1565 gehalten wurden, griff er dafür auf Darstellungsmuster zurück, die deutlich auf entsprechende Konstellationen verweisen. »Nun waren es damals im Gokinai nicht mehr als zwei Patres und diese waren zur Erhaltung jener noch so neuen Christengemeinden bitter notwendig. Darum hielten die Christen unter sich in der Kirche eine Beratung ab und darin beschlossen sie, damit der Rest der Christen, die in jenen Gegenden des Gokinai gewonnen worden seien, nicht verloren gingen, sollte Sancho Sangadono, das Haupt jener Christen, der sich gegen die Patres als wahrer Vater zeigte und der in jener selben Nacht angekommen war, sofort die folgende Nacht mit P. Gaspar Vilela und dem Japaner João de Torres, der Dōjiku war und noch ein Knabe, umkehren und zum Reiche Kawachi gehen. Sie brachten dazu dringende Gründe vor, indem sie sagten, P. Gaspar Vilela kenne

273 Vgl. Dobbins: Jōdo Shinshū, Honolulu 2002, S. 131. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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die Christen und habe sie getauft, er kenne die Sprache und habe mehr Erfahrung im Land, predige und höre Beichten, darum sei jetzt die Erhaltung seines Lebens wichtiger für das allgemeine Wohl aller. Denn wenn auch die Kirche von Miyako zerstört würde, der Pater aber am Leben bleibe, dann würde er sich hernach schon Mittel suchen, um wieder zurückgeführt zu werden. Sie alle 60 aber wollten bei dem P. Luiz Frois und Bruder Damião und zwei anderen Knaben des Hauses bleiben, bis sie den Ausgang der Sache sähen, freudig bereit, mit ihm zu sterben.«274

In dieser Beschreibung sind einige aufschlussreiche Elemente enthalten, auch wenn nicht mehr festgestellt werden kann, wie viel davon auf die Beratungen der Gemeinde zurückgeht und wie viel auf schriftstellerische Interpolationen Frois’. Die Patres, für die ja kein indigener Ersatz verfügbar war, werden hier als unverzichtbare Köpfe der Gemeinde betrachtet, sie übten autoritativ die Praktiken aus, die konstitutiv für die Anerkennung als Agenten des mentalen Hegemons waren, Predigen und Beichten hören – wenn auch die Effektivität des letzteren im Licht der bereits betrachteten Limitationen für das Spenden dieses Sakramentes kritisch betrachtet werden muss. Übersetzt in die sich aufdrängende militärische Analogie wird hier beschrieben, dass die einfachen Truppen ruhig fallen könnten. Solange nur der Kommandant entkäme, ginge bloß eine Schlacht verloren, aber nicht der Krieg. Und obwohl Vilela vorgeblich Sprachkompetenz attributiert wurde, beinhaltete der Fluchtplan die Begleitung durch den dōjuku João de Torres, der bereits des Öfteren der Gesellschaft als Prediger und Dolmetscher gedient hatte (siehe Kap. 3.4.1 und 3.4.2). Dabei hätte gerade im Fall der Kyōtoer Christen ein Exempel gefunden werden können, wie sich Akkulturation hätte leisten lassen können. Wie Froís selbst beschrieb, wurde die Lücke, die durch den Weggang der Patres gerissen wurde, funktional kompensiert, indem ein indigener Konvertit, ein ehemaliger buddhistischer Mönch mit Taufnamen Thoma, ihre Rolle ausfüllte, und das »so gesetzt und ehrbar in seinem Leben wie ein Ordensmann«275, ja sogar »als wäre er irgendein Religiose der Gesellschaft gewesen.«276 Er übernahm nicht nur die spirituelle Führung der Gemeinde, sondern auch die anfallenden kirchlichen Pflichten wie Taufen, Beerdigungen und Predigten. Weder wurde er aber offiziell in die Societas Jesu aufgenommen, als diese ihre Präsenz in der Stadt wieder aufnahm – wahrscheinlich, weil er nach seiner Konversion geheiratet hatte277 – noch bestand ein sonderliches Interesse an seinem Leben. Fróis nahm weder seine sonstige Lebensgeschichte auf, noch sein genaues Todesdatum, und selbst ein so akribischer Detailforscher wie Schurhammer eruirte keine Daten zu ihm, ohne das zu 274 Fróis, Luís SJ: Die Geschichte Japans (1549–1578), hg. u. übers. v. Schurhammer SJ/ Voretzsch SJ, Leipzig 1926, S. 282. 275 Ebd., S. 316. 276 Ebd., S. 336. 277 Ebd. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

Der Weg nach Kyōto

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kommentieren.278 Was hier geschaffen worden war, stellte keine Akkommodation an die lokalen Verhältnisse dar, sondern eine Notkonstruktion, die sich wieder aufheben ließ, als die Gesellschaft in die Stadt zurückkehren konnte, ein Paradefall von »continued compliance after the conquering army leaves« (siehe Kap. 2). Die so geschaffene Struktur, in der die Mitglieder der Societas von der autoritativen Position der bevollmächtigten Interpreten und Agenten Gottes aus die indigenen Konvertiten leiten konnten, konterkariert die Argumentation Sebes, dass Javier seine Akkommodationsmethode nicht schon in Indien, sondern erst nach dem Eintreffen in Japan und den ersten dort gewonnenen Eindrücken formuliert habe: Um Asien für das Christentum zu gewinnen, müssten Lehre und Verkünder asiatisch werden.279 Im Kyōto des 16.  Jahrhunderts war weder das eine noch das andere der Fall. Sowohl Lehre wie Verkünder blieben europäisch. Was ihnen aber gelang, war, wenn auch nur in einer kleinen Gruppe, bestimmte genuin auf ihre Intervention zurückführbare Praktikensätze zu installieren. Dieser Praktikentransfer gestaltete sich in Kyōto 1563 offenbar so: »In der folgenden Fastenzeit beschloß der Pater, den Glauben der Christen noch mehr zu kräftigen und ihnen Wohlgeschmack, Andacht und innere Ergriffenheit in den Dingen Gottes zu verschaffen. Zu diesem Behufe predigte er ihnen an den Sonntagen über das Evangelium, des Mittwoches über die Materie der Beichte und des Freitags über die Geheimnisse des bitteren Leidens, wobei er ihnen des Nachts die Litanei betete und zugleich mit ihnen die Disziplin nahm. Obwohl sie noch so neu waren, so machten sie sich doch am Gründonnerstag mit eigenen Händen ihre Geißeln mit Stachelkugeln, mit denen sie viel Blut vergossen.«280

Die äußerliche Kenntlichmachung und Ableistung der Buße durch Geißelung figuriert in den Berichten der Gesellschaft aus Japan prominent, was durchaus pragmatische Gründe gehabt haben mag (siehe Kap 5.2). Dieses Ein­f ühren neuer Praktikensätze war ein entscheidender Begleitaspekt jeder Konversion. In welchem Umfang solche neuen Praktiken rezipiert wurden, und welche es waren, hing dabei von der Position des Konvertiten im System der Gesellschaft Jesu ab. Somit kann die Kyōto-Mission der Jesuiten zwischen 1551 und 1574 nicht als Fehlschlag bewertet werden, denn sie erbrachte nach langer Anlaufzeit durchaus Ergebnisse, aber auch nicht als ein wirklicher Erfolg, war die dauerhafte Etablierung in der Kaiserstadt doch nicht den Fähigkeiten und Vorzügen der 278 Vgl. Fróis, Luís SJ: Die Geschichte Japans (1549–1578), hg. u. übers. v. Schurhammer SJ/ Voretzsch SJ, Leipzig 1926, S. 316 f., S. 336 f. 279 Sebes SJ: The Precursors of Ricci, in: Ronan SJ/Oh (Hg) 1988, S. 23. 280 Fróis, Luís SJ: Die Geschichte Japans (1549–1578), hg. u. übers. v. Schurhammer SJ/ Voretzsch SJ, Leipzig 1926, S. 135. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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Societas geschuldet, sondern ihrer strategisch instrumentalisierbaren Position zwischen verschiedenen Akteurskollektiven. Sie eröffnet aber nicht nur einen Blick auf die Konzeptionen der Societas von ihrer eigenen Arbeit und die langfristigen Weichenstellungen, die bereits in der Frühphase der Japanmission getroffen wurden, sondern zeigt auch, dass die steigende Verweildauer im Land zwar das Wissen über Japan zu erweitern vermochte, damit aber nicht notwendig auch ein entsprechend erweitertes Verständnis Japans verbunden war, weder linguistisch, kulturell noch religiös oder politisch.

5.2 Konvertiten, dōjuku, indigene irmãos Als Javier Japan am 22. November 1551 wieder verließ, hatte die Missionsarbeit der Societas etwa 900 Konvertiten gewonnen: Um die 100 in Kagoshima, doppelt so viele in Hirado, und den Löwenanteil, um die 600, in Yamaguchi.281 Es handelte sich dabei zwar um wesentlich weniger zum Glauben Geführte als Javier ursprünglich erwartet hatte, aber die so erzielte Gemeinde war groß genug, um die Gesellschaft Jesu in ihrem jüngsten Missionsgebiet vor organisatorische Herausforderungen zu stellen. Zunächst allerdings musste eine Missionsmethode entwickelt werden, die es erlaubte, die Zahl der Konversionen, wenn möglich, deutlich zu steigern, sollte sich der Traum von der Christianisierung des ganzen Archipels in absehbarer Zeit verwirklichen lassen. Dabei gab es verschiedene strategische Ansätze. Einen davon, die Bekehrung der religiösen und politischen Eliten mittels rational geführter Debatten, werde ich an anderer Stelle noch genauer untersuchen (siehe Kap. 6.3). Es handelte sich dabei um eine Ausweitung und Formalisierung bereits gängiger Argumentationsmuster der Societas. 1551 wurde Cosme de Torres in Yamaguchi gefragt, warum Gott sein Gesetz erst jetzt nach Japan bringe – er antwortete mit der Idee der natürlichen Religion.282 Ein weiterer und offensichtlich niederschwelligerer Ansatz nahm die weniger gebildete und begüterte, zumeist ländliche Bevölkerung in den Fokus. »Wir gingen an Land und nahmen Wohnung in einem Haus, wo viele Leute zusammenkamen, um die Portugiesen zu sehen; eine Sache, wonach sie sehr verlangten, da sie niemals solche gesehen hatten. Als das zwar arme, aber ziemlich große Haus voll von Leuten war, begann ich ihnen mit Hilfe des Dōjiku, den ich mitführte, eine Ansprache zu halten. Derselbe war in unserem Hause erzogen worden und war gut in den Dingen Gottes unterrichtet. Alle waren über das Gehörte sehr erstaunt und wünschten, noch mehr zu hören. Ich sagte ihnen, sie sollten hernach zurückkehren, und so taten sie. Und nachdem sie drei Predigten angehört hatten, baten mich alle, ich 281 Ruiz-de-Medina SJ/Pfister: Japón, in: DHCJ 3, S. 2131. 282 Rubiés: The Concept of Cultural Dialogue and the Jesuit Method of Accommodation., in: AHSI 2005, S. 257. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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solle sie taufen, denn sie wollten Christen werden; sie fürchteten aber den Herrn des Landes […]. Ich tröstete sie und sagte ihnen, ich würde ihnen von ihrem Herrn Erlaubnis erwirken […], daß sie Christen werden dürften und würde ihnen vom König selber einen Brief an ihren Herrn erlangen, damit er ihnen diese Erlaubnis gäbe.«283

Diese hier gezeigte Verkündungsmethode führte anscheinend des Öfteren zur pauschalen Taufe ganzer Dörfer, vor allem, wenn sich die Missionare auf einen bereits lang in ihren Diensten stehenden dōjuku oder anderen Dolmetscher stützen konnten. Eine dritte erfolgversprechende Strategie der Bekehrung war ein intrafamiliäres Konversionsschema, das den erst 1581 in Japan durchgesetzten Ansatz der Elitenbekehrung284 funktional auf anderer Ebene bereits vorwegnahm. Wurde ein Familienoberhaupt getauft, so folgte nicht selten bald der gesamte Haushalt, die erweiterte Familie inklusive Dienern und gegebenenfalls Vasallen, in einem Akt der Loyalität, wobei die gesellschaftliche Position der entsprechenden familiären sozialen Einheit für das Funktionieren dieses Mechanismus unerheblich war. »Zufällig war damals einer der größten Astrologen anwesend, den es in Japan gab, ein Kuge, eine sehr vornehme Person, Akimasadono mit Namen. Er hatte von dem Pater die Sonnen- und Mondeklipsen und einiges von den Bewegungen der Himmel gehört, und das hatte ihn so mit Achtung vor ihm erfüllt, daß er unter den ersten war, die in Miyako Christ wurden. Er hatte sich und mit ihm seine Frau, seine Kinder und sein Gesinde taufen lassen und hatte den Namen Akimasa Manoel angenommen.«285

In Yamaguchi konvertierte Javier einen Japaner namens Uchida, seinen Herbergswirt. Darauf folgte nicht nur dessen Frau, sondern dazu noch einige andere Verwandte. In Hirado taufte Javier in der gleichen Konstellation Taniguchi Thomé, diesen jedoch mit Frau, Kindern und Gesinde.286 Was bei diesen Konversionen allerdings einen differenzierenden Faktor darstellte, war die unterschiedliche Gewichtung der Katechese in verschiedenen Fällen. Fróis hielt in seiner Schilderung des Jahres 1557 zwei deutlich voneinander abweichende Instanzen dieser Praktik fest. Im urbanen Kontext wurde anscheinend viel Wert auf eine überprüfbar funktionale Einführung in die Basissätze des katholischen Christentums gelegt, während in dörflichen Umgebungen die Dinge rascher und unkomplizierter in die Tat umgesetzt wurden. Das war auch den vorhandenen Möglichkeiten geschuldet. In Funai unterhielt die 283 Fróis, Luís SJ: Die Geschichte Japans (1549–1578), hg. u. übers. v. Schurhammer SJ/ Voretzsch SJ, Leipzig 1926, S. 119. [MA]. 284 Gernet: Die ersten chinesischen Reaktionen auf die europäische Kultur, in: Oriens Extremus (1997), S. 1. 285 Fróis, Luís SJ: Die Geschichte Japans (1549–1578), hg. u. übers. v. Schurhammer SJ/ Voretzsch SJ, Leipzig 1926, S. 108. 286 Schurhammer SJ: FX 2.3 (1973), S. 172, 228. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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Gesellschaft eine beständige Präsenz, so dass längere Katechese und das Überprüfen des Verständnisses prinzipiell möglich waren. Das namenlose Dorf des zweiten Beispieles hingegen stellte lediglich eine Station auf der Durchreise dar. »In dieser Zeit wurden in Funai gewöhnlich an einem Tag 8, an einem anderen 14, 15 Christen, und viele andere baten, man möge sie taufen. Aber man ließ sie nicht zu, bevor man nicht die nötige Erfahrung mit ihnen gemacht hatte, um zu sehen, ob sie durch die Tür eintraten, und erst wenn sie gut katechisiert und unterwiesen worden waren, wurden sie getauft.«287 »Und obwohl es eine kalte und dunkle Nacht war, brachten sie eine große Menge Heiden zusammen, welche die Predigt anhörten, und es gefiel dem Herrn, daß durch diese Ansprache zehn bekehrt wurden, die der Pater zu seinem und der Christen großen Troste taufte.«288

Bei Angehörigen der Oberschicht aus den Reihen der bushi kamen kateche­ tische Argumente anscheinend nur selten zum Tragen, wenn sich die Gelegenheit einer Taufe bot. Dario Takayama etwa wurde nach Fróis ganz ohne formale Katechisierung getauft, als er »in der Stadt Nara zwei Tage und zwei Nächte verborgen in einem Haus [blieb] und beständig Tag und Nacht die Dinge Gottes an[hörte]. Er fand daran ein solch außerordentliches Wohlgefallen, daß er sofort die heilige Taufe empfing und den Namen Dario erhielt.«289 Vor allem die linguistischen Schwierigkeiten machten gerade in kurzen Zeitfenstern die Vermittlung der christlichen Botschaft schwierig. Das primäre Interesse bestand in der Konversion, und um diese zu erreichen, war ein vertieftes Verständnis des Katechismus nicht unbedingt erforderlich. Weit mehr Konversionen dürften daher durch das Auftreten und Verhalten der Patres bewirkt worden sein als durch ihre Botschaft.290 Mitnahmeeffekte wie durch Predigt auf der Durchreise motivierte Bekehrungen wurden unter diesen Bedingungen gern akzeptiert, wenn sich die Möglichkeit dazu bot, auch wenn weder die eigentlich notwendige Einführung in die Glaubenssätze noch die später erforderliche Betreuung der Konvertiten gewährleistet sein konnte. »Es schmerzte mich sehr, zu sehen, wie diese neuen Christen so ohne Pater oder Bruder, die sie unterwiesen, unter den Heiden zurückblieben und auch ohne Hoffnung, daß man sie sobald wieder besuchen könnte, da noch niemand in Japan war, der sie hätte betreuen können, denn es gab viele Orte, die aus demselben Grunde merklichen Schaden litten.«291 287 Fróis, Luís SJ: Die Geschichte Japans (1549–1578), hg. u. übers. v. Schurhammer SJ/ Voretzsch SJ, Leipzig 1926, S. 58. 288 Ebd., S. 57. 289 Ebd., S. 142. 290 Sansom: The Western World and Japan, New York 1970, S. 98. 291 Fróis, Luís SJ: Die Geschichte Japans (1549–1578), hg. u. übers. v. Schurhammer SJ/ Voretzsch SJ, Leipzig 1926, S. 126. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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Diese Feststellung, die von de Almeida für das Jahr 1562 anlässlich seiner Abreise aus einem gerade konvertierten Ort nahe Kagoshima berichtet wurde, hinderte ihn  – und darin stand er stellvertretend für die Societas Jesu als Ganzes  – aber keineswegs daran, immer neue Taufen durchzuführen, und dann wiederum vor genau den selben Problemen zu stehen, wie sein Besuch auf der Burg Ichiku in der Provinz Ise im selben Jahr zeigte. Dort waren etwa fünfzehn noch von Javier getaufte Christen ansässig. »Sie freuten sich sehr darüber, denn es waren 11 oder 12 Jahre her, daß sie keinen Pater oder Bruder der Gesellschaft gesehen hatten. Was sie erhielt, war, daß sie einen guten Alten bei sich hatten, Miguel mit Namen, der eine Art Haushofmeister dort war, und den alle sehr wegen seiner Tugend liebten. P. M. Francisco hatte ihn beauftragt, die Kinder zu taufen, die den Christen geboren würden. Das pflegte er auch zu tun, denn ich traf dort einige, die er getauft hatte.«292

Dieses Muster setzte sich in Ichiku nahtlos weiter fort. Auf den ersten Besuch Javiers 1550 folgte zwölf Jahre später 1562 Luís de Almeida, woraufhin es weitere 15 Jahre dauerte, bis 1577 Miguel Vaz die dortige Gemeinde besuchte. In einer seltenen Ausnahme kamen die Christen Ichikus bereits im nächsten Jahr, 1578, noch einmal in den Genuss der Anwesenheit Luís de Almeidas, um dann die nächsten 27 Jahre wiederum kein Mitglied der Gesellschaft vor Ort begrüßen zu können. Erst 1605 und noch einmal 1607 kam Luis Niabara nach Ichiku, und eine letzte Visite erlebte die Gemeinde 1618.293 Die Schwierigkeiten der Betreuung der gewonnenen Konvertiten waren kein alleiniges Phänomen der Anfangsphase, sondern ein strukturelles Moment des ganzen Unterfangens selbst, das sich vor allem aus dem Willen zum Gewinn neuer Konvertiten speiste. Hin und wieder jedoch kollidierte der Bekehrungswille der Gesellschaft mit anderen Anforderungen. Fróis berichtete 1564 von einem Zwischenstopp Luís de Almeidas in einem weiteren ungenannten Dorf en route zwischen Bungo und Hakata, in dem der Pater es ablehnte, die Bevölkerung zu taufen, obwohl ihm für ihre Instruktion theoretisch genügend Zeit zur Verfügung gestanden hätte, nimmt man die oben geschilderten Ereignisse als Vergleichspunkte. »Bei einem heidnischen Ort musste er wegen des starken Regens drei Tage bleiben. Er hielt darum dort Predigten unter großem Zulauf. Viele waren unter den Zuhörern, welche die Wahrheit erkannten und ein Verlangen zeigten, Christen zu werden, wenn sie dafür die nötige Zeit hätten. Aber der Bruder hatte Eile und konnte sich dort nicht länger aufhalten. Darum tat er nicht mehr, als daß er ihnen im Vorübergehen jene

292 Fróis, Luís SJ: Die Geschichte Japans (1549–1578), hg. u. übers. v. Schurhammer SJ/ Voretzsch SJ, Leipzig 1926, S. 121. 293 Schurhammer SJ: FX 2.3 (1973), S. 136, FN 16. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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frohe Kunde vom Evangelium gab, daß es einen Schöpfer der Welt und einen Erlöser ihrer Seelen gebe, von dessen Kenntnis sie sehr weit entfernt waren.«294

Anscheinend nahm mit der generellen Zunahme der Konvertitenzahl mit längerem Verbleiben der Societas im Land  – 1564 dauerten ihre Missionsbemühungen immerhin schon 15 Jahre an – der reine Expansionsdruck ab, wohl weil die Schwierigkeiten immer deutlicher wurden, die allein der so bereits geschaffene Bestand an Gläubigen aufwarf. Vorteilhaft für den Orden war allerdings bei einem derartigen Konversionsschema, dass von Seiten der Konvertiten andere Motivationen als die reine christliche Lehre in Anschlag gebracht werden konnten und offensichtlich auch wurden. Beispielhaft dafür sind die jesuitischen Einrichtungen der Armen- und Krankenfürsorge, die miserícordias und Hospitäler, von denen das in Funai wohl die meisten Bekehrungen bewirkte. Hierbei wurde eine funktionale Lücke im sozialen Praktikengeflecht des spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Japan genutzt, in dem karitative Einrichtungen selten waren. Lediglich die jishū-Buddhisten und später eben die Mitglieder der Societas Jesu nahmen sich der Armen, Kranken, Aussätzigen und Unreinen an.295 Die verschiedenen Einrichtungen, die auf Anregung der Gesellschaft Jesu entstanden, überschnitten und unterstützten sich dabei in ihren Funktionen. Anfang des 17. Jahrhunderts wurden zur Aufrechterhaltung des sich unter der Administration Diogo de Mesquitas (1533–1614) stetig vergrößernden Hospitals von Nagasaki zuätzlich zur misericordia zwei Laienbruderschaften, eine männliche und eine weibliche, gegründet.296 In Funai und Nagasaki richtete die Societas bereits früh ›Häuser der Gnade‹ ein, die den misericórdias des portugiesischen Machtbereichs entsprachen.297 Dabei griff sie auf Vorbilder aus ihren portugiesisch dominierten Missionsgebieten zurück, die nicht nur ihren eigenen Praktiken entstammten, sondern auch denen der kolonialen Administration des Estado da Índia. In Cochin war die misericordia bereits 1527 eingerichtet worden, in Goa 1529,298 und 1544 war durch Paulo Camerino dem Kolleg in Goa ein Hospital angegliedert worden, das Camerino auch bis zu seinem Tod 1560 betrieb.299 In Japan war vor allem der so ermöglichte Hospitalbetrieb mit seiner Krankenversorgung ein wesentliches Instrument zur Herbeiführung von Konversionen. 294 Fróis, Luís SJ: Die Geschichte Japans (1549–1578), hg. u. übers. v. Schurhammer SJ/ Voretzsch SJ, Leipzig 1926, S. 221. 295 Elisonas: The Jesuits, the Devil, and Pollution in Japan, in: BPJS (2000), S. 22. 296 Pacheco SJ: Diogo de Mesquita, S. J. and the Jesuit Mission Press, in: MN (1971), S. 433. 297 Oliveiro  e Costa: The Misericórdias among Japanese Christian Communities in the 16th and 17th centuries, in: BPJS (2003), S. 72. 298 Malekandathil: Portuguese Cochin and the Maritime Trade of India 1500–1603, Delhi 2001, S. 87 f. 299 Wicki SJ: Paulo (Paolo), Micer, in: DHCJ 3, S. 3064. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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»Das erregte große Verwunderung bei den Japanern und war für sie ein Grund, sich dem heiligen Evangelium zu nähern. Die Unsrigen aber konnten es nicht unterlassen, sich zu wundern, wie sie sahen, was die Medizinen bei jenen Kranken wirkten, da sie doch dazu wenig Kraft hatten. Und alle erhielten zugleich auch die Gesundheit der Seele, denn indem sie die Predigt anhörten, wurden sie Christen. Unter diesen waren dieses Jahr [1562] einige Bonzen und sehr angesehene Personen.«300

Trotz dieser offenkundigen Vorteile war der Betrieb dieser Einrichtung nicht ganz unproblematisch für die Societas. Auch wenn die marginalisierten Schichten der Bevölkerung das Angebot nutzten und sich davon auch zur Konversion bringen ließen, stellte es für die sozial privilegierten Teile der Bevölkerung ein potentielles Hindernis im Verkehr mit den Mitgliedern der Societas dar, das in der shintōistischen Praktik gründete, rituelle Verschmutzung möglichst zu vermeiden. Diese als soziales Differenzierungsinstrument eingesetzte Praktik setzte sich folgendermaßen zusammen: Tod, Zerstörung, und Unheil im Allgemeinen wurden nach shintōistischer Annahme von bösen Kräften bewirkt. In Kontakt mit dem Unheil zu kommen hieß, in Kontakt mit der bösen Macht zu kommen, und daher von dieser dominiert, gefangengenommen zu werden, was es zu verhindern galt.301 Die Gesellschaft Jesu selbst verbot in den Beschlüssen der ersten Generalkongregation 1558 ihren Mitgliedern unter anderem das Studium der Medizin. Als diese Order Japan 1560 erreichte, musste das Hospital in Funai an das bisherige japanische Personal übergeben werden, das fortan für seinen Betrieb zuständig sein sollte – das allerdings auch nur, wie Juan de Polanco noch einmal klarstellte, wenn es sich um Christen handelte.302 Der bislang dort als Chirurg tätige Luís de Almeida verließ es in der Folge 1561, nach offizieller Begründung, um sich der Seelsorge zu widmen. Da er kein Priester war, sondern lediglich Laienbruder, galt zwar laut kanonischem Recht kein direktes kirchliches Verbot medizinischen Praktizierens für ihn, aber seine Abberufung scheint mit der Ordenszentrale in Rom konform gegangen zu sein.303 Dieser Schritt war für die Mitglieder der Societas in Japan auch insofern vorteilhaft, als damit die Problematik ritueller Verschmutzung gemildert wurde, denn von einer maßgeblichen Quelle derselben waren sie nun nicht mehr direkt betroffen. Solange die Mitglieder der Societas dort selbst tätig waren, setzten sie sich in den Augen ihrer sozial privilegierten Gönner potentiell der rituellen Beschmutzung aus, die – zusammen mit dem von ihr verursachten Unheil – als übertragbar, quasi ansteckend galt und somit die Erfolge der Gesellschaft im Verkehr mit den ja 300 Fróis, Luís SJ: Die Geschichte Japans (1549–1578), hg. u. übers. v. Schurhammer SJ/ Voretzsch SJ, Leipzig 1926, S. 116. [ME]. 301 Elisonas: The Jesuits, the Devil, and Pollution in Japan, in: BPJS (2000), S. 18. 302 Polanco, Juan de SJ: Anotactiones sobre las misiones, in: MHJ 3, Dok. 6, S. 126. 303 Elisonas: The Jesuits, the Devil, and Pollution in Japan, in: BPJS (2000), S. 23. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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panischen Eliten gefährdete. Schließlich bestand das beste Mittel gegen die Ansteckung durch rituelle Verschmutzung doch darin, keinen Kontakt mit ihren (Über)Trägern zu haben.304 Nichtsdestotrotz war das Hospital ein Erfolg. Nicht nur hatten sich Praktiken des Estado da Índia zur Ausübung christlicher Barmherzigkeit in den japanischen Kontext transferieren lassen, sie waren auch funktional im Sinne der Societas wirksam, als sie Konversionen generierten und das soziale Leben der Konvertiten maßgeblich beeinflussten.305 Das Hospital in Funai leistete vordergründig vor allem die Versorgung der Kranken, die seinen Gründungszweck darstellte. Verbunden waren damit allerdings weitergehende Folgeerscheinungen: Geheilte konvertierten in vielen Fällen nach ihrer Genesung und erzeugten dabei weitere Folgekonversionen in ihrem sozialen Umfeld, vor allem dann, wenn das intrafamiliäre Konversionsschema aktiviert werden konnte, also die Familie des Geheilten mit zum neuen Glauben übertrat. Für das Jahr 1555 zählte Fróis bereits 300 Kranke, die aus Dankbarkeit über die Heilung konvertiert seien.306 Gelang es etwa, führende Angehörige der sozial marginalisierten Schichten, wie der eta, für das Christentum zu gewinnen, so zog das die Taufen ihrer jeweiligen Verbände mit sich. Der Betrieb des Hospitals allerdings gestaltete sich oft genug als Übung in praktischem Gottvertrauen, da häufig außer Weihwasser und Gebeten keinerlei Medikamente vorhanden waren.307 Das war aber keine prinzipielle Abweichung von den kurativen Praktiken der Societas. Auch Javier vertraute bei seinen Heilmethoden vor allem auf die Kraft Gottes, und gab entsprechende Anweisungen zusammen mit den dazu nötigen Objekten an seine Konvertiten weiter. »Sie zeigte mir dieselben und sie zog sie aus einem Säckchen hervor, worin sie die­selben bei sich zu tragen pflegte. Sie waren von der Hand des Paters [Javier] geschrieben, mit den Litaneien. Sie waren recht lang, und nachdem ich sie gelesen hatte, sagte sie mir, sie hätten viele Kranke geheilt, indem sie ihnen dieselben um den Hals hängte, und im besonderen ihren Gatten, der ein Heide war und an dessen Leben man bereits verzweifelt hatte; als man ihm dieselben um den Hals hängte, wurde er sofort gesund.«308

Gemeinsam war all diesen Konversionsschemata, dass sie zwar effektiv in unter den gegebenen Verhältnissen erstaunlich hoher Zahl Konvertiten zu produzieren in der Lage waren, diese aber hinsichtlich ihrer Nachhaltigkeit und ihrer dogmatischen Übereinstimmung mit den Voraussetzungen, die von Seiten 304 Elisonas: The Jesuits, the Devil, and Pollution in Japan, in: BPJS (2000), S. 24. 305 Oliveiro  e Costa: The Misericórdias among Japanese Christian Communities in the 16th and 17th centuries, in: BPJS (2003), S. 71. 306 Fróis, Luís SJ: Die Geschichte Japans (1549–1578), hg. u. übers. v. Schurhammer SJ/ Voretzsch SJ, Leipzig 1926, S. 45. 307 Elisonas: The Jesuits, the Devil, and Pollution in Japan, in: BPJS (2000), S. 22. 308 Fróis, Luís SJ: Die Geschichte Japans (1549–1578), hg. u. übers. v. Schurhammer SJ/ Voretzsch SJ, Leipzig 1926, S. 121. [MA, ME]. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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der Societas normativ an ihre Neubekehrten herangetragen wurden, zweifelhaft waren. Viele Gemeinden konnten kaum mit der Intensität betreut werden, die für eine Aufrechterhaltung der Ansprüche der Societas an ihr christliches Leben eigentlich notwendig gewesen wäre. Die Konvertiten Yamaguchis mussten nach der Ausweisung Cosme de Torres’ und Juan Fernandez’ durch Mōri Motonari (1497–1571) 1556 bis zur Visitation durch Francisco Cabral 1574 warten, um wieder einen Pater zu Gesicht zu bekommen.309 Die mangelnde Sprachkompetenz und endemische Unterbesetzung der nicht-japanischstämmigen Mitglieder der Societas im Verhältnis zur ihren Konvertiten wurde dabei durchaus mit kreativen Lösungen zu kompensieren versucht. In Übertragung der auch im globalen Maßstab in verschiedenen Kontexten erfolgreich praktizierten Strategie der Katechese durch Schauspiel wurden durch japanische Konvertiten an christlichen Feiertagen Festspiele und Prozessionen aufgeführt, die ein plastisches Glaubensbild vermitteln sollten – alles auf Japanisch.310 Die Gesellschaft Jesu war insgesamt gesehen in der Lage, ihr Imperium durch eine funktionale Adaption an die japanischen Verhältnisse deutlich auszuweiten. Was das allerdings in der genaueren Sicht auf die verschiedenen Statusgruppen von Konvertiten, aus denen es sich zusammensetzte, bedeutete, muss noch separat betrachtet werden.

5.2.1 Konvertiten Die Bewohner eines Dorfes in der Nähe von Shimabara statteten 1565 einer anderen, nicht christianisierten benachbarten Dorfgemeinschaft einen zeremoniellen Gegenbesuch nach einem Fest ab, bei dem sie rituelle Tänze in christianisierter Form »zum Lob der Jungfrau, unserer Herrin« aufführten. »Als sie zurückkamen, wollten sie mit dem Tanz zur Kirche kommen, P. Cosme de Torres aber ließ ihnen die Türe verschließen, weil sie mit Tänzen zu den Heiden gegangen waren. Es war zum Verwundern, wie sehr sie das schmerzte. Am andern Tage las der Pater sehr früh Messe bei verschlossenen Türen, so daß, als die Christen kamen, um der Messe beizuwohnen, diese schon gelesen war. Ihr Schmerz war so groß, da sie glaubten, bei Gott und dem Pater in Ungnade zu sein, daß alle, die am Tanze teilgenommen hatten, sich zusammentaten und sich über den Weg berieten, wie sie sich wieder mit dem Pater aussöhnen könnten, der niemand sehen noch sprechen wollte; und sie beschlossen, sie wollten alle mit ihren Geißeln in die Kirche gehen. Und so taten sie und nahmen eine tüchtige und lange Geißelung vor, mit solcher Ergriffenheit, daß der Pater sich nicht zurückhalten konnte, und ihnen aufzuhören befahl. Dann hielt er ihnen eine väterliche Ansprache und entließ sie. Ein sehr ange 309 Schurhammer SJ: FX 2.3 (1973), S. 297, FN 58. 310 Boxer: The Church Militant and Iberian Expansion 1440–1770, Baltimore/London 1978, S. 58. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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sehener Edelmann hatte auch an dem Tanze teilgenommen und als er erfuhr, die Christen hatten [sic] sich gegeißelt, kam er zur Kirche mit einer Geissel [sic] mit Stachelkugeln und sagte, er allein sei sündig und trage die ganze Schuld, und dann geisselte [sic] er sich so stark, daß er ganz mit Blut überströmt war. Diesen Weg wählten sie, um ihren Fehler wieder gut zu machen.«311

Interessant an dieser Stelle ist vor allem die außerordentlich gelungene Einschreibung einer spezifisch auf die Societas zurückführbaren Praktik unter den Konvertiten – der Flagellation. Fróis berichtete in seiner Historia an verschiedenen Stellen von analogen Ereignissen, vor allem anlässlich der Gottesdienste am Gründonnerstag.312 Auch wenn die Häufigkeit der berichteten Fälle bei einem Schreiber darauf schließen lassen könnte, dass Fróis persönlich von Geißelungen besonders angetan war  – immerhin berichtete er auch aus Goa von Geißelungen im privaten Bereich der Gläubigen, durch Kinder, und mit Stachelkugeln313  – so war mit diesen Schilderungen ja in jedem Fall ein besonderes darstellerisches Interesse verbunden. Es ist auch recht unwahrscheinlich, dass alle berichteten Fälle lediglich auf Wunschdenken zurückzuführen sind. Warum aber war die Flagellation eine so erfolgreich transferable Praktik? Die Geißelung hatte aus einem praxeologischen Blickwinkel mehrere Vorteile, sowohl für die Konvertiten wie auch für die Mitglieder der Societas. Sie leistete eine Externalisierung der ja zunächst nur internen Frömmigkeit, die nach dieser Überführung physisch in die Körper der Konvertiten eingeschrieben war und damit nicht nur augenfällig wurde, sondern auch kontrollierbar war. 1566 berichtete Fróis aus Malakka über die Ereignisse in Japan, die er nur mittelbar kannte, so dass er wohl nicht selbst die Quelle der Geißelungsschilderung war, und verknüpfte dabei mit demselben Federstrich, der als Konvertit gewonnene ehemalige buddhistische Mönch Paulo von Tōnomine geißele sich mit seltsamer Härte – und sei ein Instrument Gottes, durch das dieser Wunder wirke (»Disciplina-se com estranha crueza e hé instrumento por onde Deos faz contínuos milagres«).314 Wer sich geißelte, war augenfällig Christ und konnte diese Tatsache kaum verbergen, trug sein Körper doch die Wunden als permanent eingeschriebene Spuren der Praktik. Damit verbunden waren aber durchaus weiter reichende Implikationen und Möglichkeiten der Instrumentalisierung, die auf europäische Vorbilder zurückgingen. Gaspar Berze führte 1551 in Goa öffentliche Geißelungen nach Lis 311 Fróis, Luís SJ: Die Geschichte Japans (1549–1578), hg. u. übers. v. Schurhammer SJ/ Voretzsch SJ, Leipzig 1926, S. 260. 312 Vgl. als Auswahl: Fróis, Luís SJ: Die Geschichte Japans (1549–1578), hg. u. übers. v. Schurhammer SJ/Voretzsch SJ, Leipzig 1926, S. 56, S. 120, S. 162, S. 165, S. 311, S. 316, S. 317, S. 318, S. 325, S. 326, S. 350. 313 Schurhammer SJ: FX 2.3 (1973), S. 539, FN 87. 314 Fróis, Luís SJ: Schreiben aus Malakka vom 07. Januar 1556, in: MHJ 2, Dok. 122, S. 648. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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sabonner Vorbild ein,315 und in Hormuz bediente er sich gezielt einberufener Flagellationsprozessionen seiner Gläubigen, um symbolische Ansprüche auf sakrale Stätten von Moslems und Hindus zu stellen.316 Geißelungen waren dabei – wenn auch Praktiken der Selbstverletzung und -verstümmelung als Bestandteile von asketischer Weltverneinung in Indien, und auch in Goa, durchaus geläufig waren – vom traditionellen dharmaśāstra, dem Korpus kodifizierten hinduistischen Rechts, eigentlich nicht vorgesehen.317 Dementsprechend waren derartige Veräußerlichungen religiöser Gefühle und Bußableistungen zwischen der europäischen Ordensprovinz Portugal und den Mitgliedern der Provinz Indien durchaus strittig. 1561 erlaubte António de Quadros gegen den erklärten Willen Jéronimo Nadals das weitere Praktizieren von Geißelungen durch die Konvertiten unter dem Verweis auf den Einklang mit lokalen Gebräuchen und Manifestationen indischer Askese.318 Mit dem Vorhandensein äquivalenter Praktiken der körperlichen Devotionsäußerung als Selbstverletzung ließ sich die Etablierung der Geißelung allerdings sicherlich einfacher gestalten als in Japan, wo derartige Parallelpraktiken fehlten. Aber auch dort vermochte sie sich zu etablieren, brachte sie doch einige Nutzeffekte mit sich. Einerseits gestattete diese Art der Bußübung eine Sichtbarmachung und immer wiederholte Aktualisierung der Statusdifferenzen innerhalb der japanischen Christenheit, die die Mitglieder der Societas in ihrer leitenden Funktion bestätigte. Sie waren es, die in der Mehrzahl der Fälle die legitimen Anlässe der Geißelungen vorgaben, etwa in den fastenzeitlichen Gottesdiensten vor Ostern, und sie waren es auch, die deren Angemessenheit und zeitliche Dauer beurteilten und bewerteten, wobei sie selbst deutlich von ihren Gläubigen dadurch differenziert wurden, dass sie nicht zwingend auch daran teilnahmen. Sie normierten und kontrollierten Praktiken, die für die Konvertiten deutliche physische Folgen aufwiesen, waren damit in der Lage, die Körper der Gläubigen sichtbar zu dominieren und zu zeichnen. Damit verfügten sie in der Flagellation über eine Möglichkeit par excellence, ihre spirituelle Macht den Gläubigen gegenüber zu aktualisieren und zu demonstrieren (siehe Kap. 1), erlaubte diese es ihnen doch, nicht nur die Praktiken der angesprochenen Akteure zu beeinflussen, sondern auch deren Körper. Andererseits aber war diese Praktik nach ihrer erfolgreichen Einführung auch ein Instrument, dessen sich die Konvertiten zu ihren Zwecken bedienen konnten. Zwar war es der Societas möglich, einzelne Instanzen der konkreten Ausübung der Praktik anzuweisen oder zu legitimieren, aber es waren doch die Gläubigen selbst, die für die physische Ausführung sorgen, also sich geißeln 315 Schurhammer SJ: FX 2.3 (1973), S. 539, FN 87. 316 Ebd., S. 418 f., 423. 317 Kane: HD 2.2 (19742), S. 975. 318 D’Costa SJ: The Christianisation of the Goa Islands, Bombay 1965, S. 186 f. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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und ihr Blut vergießen mussten, womit sie die Kontrolle über die notwendige Bedingung für die jeweilige Handlung erhielten. Das wird im eingangs zitierten Beispielfall besonders deutlich, wenn man ihn nicht nur als mehr oder weniger zuverlässige Wiedergabe eines realen Geschehens, sondern auch als eine Illustration der Möglichkeiten sieht, innerhalb des Praktikensystems der Societas über derartige Geschehnisse zu reflektieren. Fróis räumte ein, dass es den Konvertiten durch eigenmächtigen Zugriff auf die Ausübung der Praktik gelang, die Normalisierung ihrer Beziehungen zur Societas – repräsentiert durch de Torres – wiederherzustellen. Durch die Ausführung der Bußübung verdeutlichten sie ihre Zugehörigkeit zum christlichen Akteurskollektiv und konterkarierten damit die durch ihre befürchtete Teilnahme an – und damit eingehende (Re) Integration in den – heidnischen Praktikengeflechten ausgelösten Disziplinierungsmaßnahmen de Torres’. Damit hatte dieser zwar vordergründig das Ziel erreicht, auf das die Disziplinierung gerichtet gewesen war: Die Anerkennung der mentalen Hegemonialstellung der christlichen Praktiken und ihrer Interpreten im Akteurskollektiv, verdeutlicht durch die Selbstverletzung in der Geißelung. Das aber nicht zu seinen Bedingungen, war er laut Schilderung doch nicht in der Lage, anders zu handeln, als zu verzeihen und seinerseits die Normalisierung der Beziehungen zu verkünden, ohne damit weiter in der Lage zu sein, diese Situation normativ nutzen zu können. Dass es der Societas Jesu gelungen war, dieses Akteurskollektiv in das eigene mentale Imperium einzugliedern, darf also nicht so mißdeutet werden, als sei damit eine quasi totale Form der Beherrschung ermöglicht worden. Im Gegenteil waren, wie hier erneut (siehe Kap.  4.2) ersichtlich, imperiale Praktiken wesentlich von der Anerkennung der Beherrschten abhängig und von diesen ebenso nutzbar wie von den sich eigentlich allein als dazu befugt Stilisierenden. Das stellt auch kein Spezifikum der Societas dar, sondern ein Problem aller Kollektive, die Praktiken zu normieren versuchen – den buddhistischen Orden erging es nicht anders.319 Die in Japan durch Javier eingeführten Geißeln bestanden ursprünglich lediglich aus Stricken, konform den Ordensregeln, die exzessive Selbstverletzung in der Buße untersagten, um die körperliche Funktionalität der Mitglieder möglichst aufrechtzuerhalten. Die Frage der Geißelung bis aufs Blut war dabei eine, über die Francesco Borgia bereits Loyola als oberste spirituelle Autorität des Ordens befragt hatte, wobei dieser die rein körperlichen Bußen gegenüber innerlichen deutlich abwertete.320 Die schnell einsetzenden Modifikationen der Praktik durch die Konvertiten, die wie die Einführung von Stachelkugeln, die zu wesentlich schwereren Verletzungen führten, explizit der jesuitischen Spiritualität, wie sie vom Ordensgründer vorgesehen wurde, geradezu wider­sprachen, 319 McMullin: Buddhism and the State in Sixteenth-Century Japan, Princeton 1983, S. 52. 320 Mongini: Per un profile dell’eresia gesuitica, in: Rivista Storica Italiana (2005), S. 49 f. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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wurden aber nicht mehr disziplinarisch aufgefangen. Die Eigen­dynamiken erwiesen sich als nicht mehr einholbar. Dass durch Nutzung dieser Praktik durch die Konvertiten aber dennoch die Statusdifferenzen, die sie ursprünglich angezeigt hatten, weiterhin gesichert wurden, zeigt das Beispiel der bereits angesprochenen Christen von Ichiku. »Auch Miguel der Alte kam und zeigte mir eine Geißel des P. M. Francisco, die er ihnen gegeben hatte, und er sagte mir, als dieselbe Herrin sehr krank war, habe sie ihn darum gebeten, um sich zu geißeln, wie sie zu tun pflegte (denn einen Tag in der Woche versammelte der Alte alle Christen und ließ einen jeden sich drei Streiche mit der Geißel geben und nicht mehr, denn er fürchtete, sie möchte aufgebraucht werden) und als die Herrin die Geißel erbat, gefiel es unserem Herrn, durch die Verdienste des Paters, daß sie sofort gesund wurde. Diese und ähnliche Dinge hatten sie seit 13 Jahren im Glauben bewahrt, ohne daß jemand da war, der ihnen predigte oder sie unterwies.«321

Miguel als Verwalter der von Javier hinterlassenen Objekte, die sich nach der Abreise des Paters zu Devotionalien wandelten, füllte durch die Wahrnehmung dieser Rolle die mit dem Weggang Javiers entstandene Lücke als Führer der Gemeinde. Allerdings installierte er sich in dieser Position lediglich funktional, ohne sie damit auch autoritativ zu beanspruchen, leitete sich seine Autorität doch vom Bezugspunkt Javier ab. Der so lediglich kommissarisch von ihm verwaltete Platz des Hauptes der Gemeinde konnte damit jederzeit von der S­ ocietas wieder besetzt werden. Das geschah auch sofort, wenn diese in Ichiku wie im Jahr 1562 wieder Präsenz zeigte. Mit der Offenhaltung des Anspruches der Societas, auch in absentia die beherrschende Position in dieser Gemeinschaft von Gläubigen zu stellen, wurde die zum Zeitpunkt des Entstehens der Gemeinschaft etablierte Hierarchie beibehalten. Javier geißelte sich als Bußübung des Öfteren selbst322 und konnte so nicht nur autoritativ am eigenen Beispiel die Praktik authentifizieren, sondern auch eine mit ihm verbundene Identifika­ tionsfunktion damit verbinden. Diese verlängerte sich nach unten über Miguel weiter hin zu den von ihm geleiteten Gläubigen, gegenüber denen er autoritativen Status besaß, was die Ausübung von Glaubenspraktiken, wie in diesem Beispiel der Flagellation mit der von Javier hinterlassenen Geißel, anbelangte. Damit wurde nicht nur der Anspruch auf mentale Hegemonie selbst nach Verlassen der konvertierten Gemeinschaften realisiert, der das missionarische Imperium der Societas konstituierte, sondern auch die wesentliche Rolle der indigenen Konvertiten im Prozess der Konstitution und Reaktualisierung dieser Praktikengeflechte festgeschrieben. 321 Fróis, Luís SJ: Die Geschichte Japans (1549–1578), hg. u. übers. v. Schurhammer SJ/ Voretzsch SJ, Leipzig 1926, S. 120. 322 Schurhammer SJ: FX 2.3 (1973), S. 538 f. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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Das bei weitem nicht totale Ausmaß der Praktikenkontrolle lässt sich auch an anderen Stellen aufzeigen, wie etwa anhand der Frage nach der Interpretation der ja oft genug bereits unzureichend erläuterten und unverständlich verdolmetschten christlichen Botschaften durch die Konvertiten, gut zu illustrieren durch den Synkretismus. Offen thematisiert wurde dieser dabei nur selten. Ein aussagekräftiges Beispiel, liest man es gegen den Strich, bietet aber eine Stelle bei Fróis, in der dieser eine Szene des Jahres 1563 schilderte. »Es war dort [bei Iimori] ein angesehener alter Mann, einfältig und von guter Natur­ anlage und sehr begierig, seine Seele zu retten. Zusammen mit den anderen 73 hatte er vor wenig Tagen die Taufe empfangen, und als es sehr kalt war, ging er auf einem Platz vor dieser neuen Kirche und betete dabei an einem Rosenkranz, den er noch von der Zeit her hatte, als er ein Heide war. Man läßt denselben nur durch die Hand gleiten, indem man sagt: ›Namu Amidabut‹, und er ist wie zwei halbe Rosenkränze, einer in den anderen verkettet. Der Pater [Vilela] sah ihn zufällig und fragte erstaunt: ›N. N., seid Ihr nicht Christ?‹ ›Pater, ja‹, antwortete der Alte. ›Wo ist denn dann Euer christlicher Rosenkranz?‹ ›Hier‹, sagte er, ›ich trage ihn am Gürtel.‹ ›Und dieser da, den Ihr da in der Hand habt, warum betet Ihr dann diesen?‹ Da gab der Alte zur Antwort: ›Pater, ich war bisher ein großer Sünder, und mit dem christlichen Rosenkranz bete ich und bitte unseren Herrn, er möge meiner Seele Barmherzigkeit erzeigen. Da ich aber in den Predigten gehört habe, daß er sehr gerecht und streng im Gerichte ist, so könnte es vielleicht sein, daß bei meinem Tod meine Sünden so viele sind, daß ich nicht verdiene, daß Gott mich in seine Glorie einführt. Darum bete ich für diesen Fall auch d i e s e n Rosenkranz zu Amida, indem ich ihn bitte, er möge mich dann zu s e i n e m Paradiese führen, das sie Gokuraku nennen.‹ […] Der Pater rief ihn und erklärte ihm, er dürfe die Kami und Hotoke nicht anbeten, die in der Hölle seien und dort ewige Pein litten. Er solle nur zu Gott beten und auf seine Barmherzigkeit vertrauen, daß Gott ihn seiner Glorie teilhaftig machen werde, denn alle Sünden seines vergangenen Lebens, derentwegen er Furcht habe, seien vergeben; und die Strafe, die er dafür verdiente, die habe er ihm in der heiligen Taufe um der unendlichen Verdienste des Leidens Christi unseres Herrn willen verziehen. Dadurch wurde der Alte sehr getröstet und verstand, was er vorher nicht gewußt hatte.«323

Der  – bezeichnenderweise, und passend zur Menge seiner Mittäuflinge  – namen­lose Konvertit machte hier in seiner synkretistischen Praktik gleich mehrere Schwierigkeiten der Mission deutlich. Offenbar war seine Katechese ungenügend gewesen, um die nach Ansicht der Societas notwendigen Grundkenntnisse des Christentums, die für die Taufe erforderlich waren, zu vermitteln. Erst nach der folgenden Erläuterung durch den Pater verstand er, »was er vorher nicht gewußt hatte« – getauft worden war er dennoch. Zudem war die Möglichkeit, diese konzeptionellen ›Fehler‹ des Konvertiten hinsichtlich seiner 323 Fróis, Luís SJ: Die Geschichte Japans (1549–1578), hg. u. übers. v. Schurhammer SJ/ Voretzsch SJ, Leipzig 1926, S. 146. [ME, MA],SiO. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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neuen Religion auszuräumen, nur zufällig dadurch entstanden, dass sie in Form einer klar differenzierbaren Praktik dem anwesenden Pater vor Augen kamen. Über die Nachhaltigkeit dieser Intervention kann zudem nichts ausgesagt werden, da sie nur einmalig erfolgte, verließ Vilela Iimori doch wenig später. Des Weiteren waren die Schwierigkeiten, die sich hier ergaben, hausgemacht. Schließlich war der Synkretismus doch anscheinend dadurch notwendig geworden, dass die strafende Hand Gottes, das Befeuern der Furcht vor der Hölle, in den Predigten, die zur Konversion des »Alte[n]« führten, prominenter erschienen, diesem jedenfalls besser im Gedächtnis geblieben waren als die Erlösung durch Christus. Die das Verbleiben im christlichen Praktikengeflecht und damit im mentalen Imperium der Societas zu sichern gedachte Anwendung psychischer Gewalt (siehe Kap.  2) in der Konversionsstrategie führte hier zu unerwünschten Nebeneffekten, dass nämlich die Rückversicherung auf einen wohlwollenderen spirituellen Akteur hin als Alternative neben den Verbleib im christlichen Akteurskollektiv trat. Damit verbunden war immer auch die Möglichkeit der Reversion, sollten die Umstände diese fördern. Wie die 72 Mitkonvertiten des Alten diese Predigten und ihre Taufe verstanden, und wie in diesem Kontext ihre entsprechenden Praktiken und Loyalitätsverteilungen ausfielen, kann nur spekulativ bleiben. Da aber davon ausgegangen werden muss, dass die Mehrzahl der Konversionen unter ähnlichen Bedingungen stattfand, stellt sich unweigerlich die Frage, wie viele derartige Fälle sich einfach dadurch ergaben, dass der Pater oder irmão bereits wieder außer Sichtweite war, wenn der »Rosenkranz zu Amida« gebetet wurde. Auch die bereits erwähnten Unterredungen Luís de Almeidas mit Tokuō Shukan (vgl. Kap. 3.3) zeigten in ihrer überlie­ferten Form offensichtlich ganz ähnliche Vorstellungen beim potentiellen Konvertenden Shukan. »›Und da ich [Shukan] bereits die Gebete auswendig weiß und diesen guten Willen habe und schon 60 Jahre alt bin, so bitte ich Euch mit aufgehobenen Händen, tauft mich hier heimlich, denn mit den Edelleuten und Vornehmen, die hierherkommen werden, um Zen-shū der Sekte dieses Ordens zu werden, in dem ich bin, werde ich es so halten, daß ich sie in den Anfängen die Betrachtungen der Zen-shū lehre und hernach werde ich sie zur Erkenntnis der Wahrheit des evangelischen Gesetzes führen.‹ Wegen der Erfahrung aber, die ich [de Almeida] schon von den Dingen Japans hatte, belehrte ich ihn eines Besseren, indem ich ihm sagte: ›Wenn Ihr das Gesetz Gottes, das Ihr in diesen Tagen und schon vorher gehört habt, für gerecht, heilig und wahr haltet, dann müßt ihr bekennen, daß die Sekten, die der Teufel in Japan einführte, gottlos, falsch und trügerisch sind, und das müßt ihr im Herzen festhalten und in den Worten und Werken offenbaren, und wenn Ihr die Taufe empfangen wollt, dann müßt Ihr auf die Insignien verzichten, die Ihr als Anhänger der Sekte der Zen-shū tragt, und dann dürft Ihr niemanden mehr die Irrtümer dieser Sekte lehren, denn das ist Götzendienst und eine schwere Beleidigung Gottes: und schließlich müßt Ihr diese Obernstelle verlassen, die Ihr habt, denn hier opfert Ihr den Idolen Wohlgerüche und betet vor denselben mit Euren Bonzen, und nichts von all dem duldet das © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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Gesetz Gottes.‹ Aber der Bonze war so mit den Dinges des Landes verkettet und darein versenkt, daß er sich nie entschließen konnte, das Irdische für das Himmlische zu verlassen.«324

Auch hier wurde die Möglichkeit der Praktikensynthese  – sieht man einmal von den unterstellten persönlichen Beweggründen ab, die zutreffend gewesen sein mögen oder auch nicht  – klar in Betracht gezogen, die christliche Lehre also als weiterer Baustein in einem komplexen System verschiedener spritueller Theoreme angesehen, aber nicht unter dem von ihr propagierten Exklusivitätsanspruch. Gerade in einem zen-buddhistischen Kontext war das auch nicht anders zu erwarten gewesen, negierten diese Systeme doch solche Tendenzen explizit. »Denn Erleuchtung, die das Warten auf das Satori-Erlebnis zur Norm nimmt, ist nicht das Wesen des Zazen. Übung, die die Verwirklichung der Wahrheit übt, ist nicht das Wesen des Zazen. Lehre, die das Überwinden des Bösen und Üben des Guten lehrt, ist nicht das Wesen des Zazen. Auch wenn man im Zen Lehre aufstellt, so ist es nicht die gewöhnliche Lehre, sondern der Weg des unmittelbaren Zeigens in einliniger Überlieferung.«325

Die Kritik, die von chinesischer Seite später an Matteo Riccis chinesischen Schriften zur Verbreitung des Christentums formuliert wurde, verfuhr analog, es handelte sich also nicht nur um einen Einzelfall. »Wenn man ›den Geist bewahrt und die Natur nährt‹ und sich nicht um Lohn kümmert, dann wird man im Inneren leer. Wenn man leer ist, dann erlangt man prophetisches Wissen, das göttlich (shen 神) genannt wird und höher steht als der scharfsinnige Heilige. Wenn aber die geistigen Kräfte sich an Glück und Segen fesseln, dann ist die Stätte, wo die Vergangenheit bewahrt und die Zukunft erkannt wird (nämlich der Geist), behindert und verstopft. Durch dieses Wort bin ich Xitai (Ricci) gegenüber sonderbar.«326

Begünstigt wurden sich so ergebende abweichende Praktikenkonstellationen durch die Einschränkungen, die sich aus der Anzahl der von der Societas als dafür qualifiziert angesehenen Personen und der Menge der Konvertiten bezüglich der Seelsorge ergaben. Wie auch in anderen Bereichen des Indopazifiks war es kaum möglich, eine flächendeckende Versorgung der neugewonnnen Christen mit den kirchlichen Heilsmitteln bereitzustellen. Im Gegensatz zu im Machtbereich des Estado da Índia (oder einer anderen europäischen Kolonial­ 324 Fróis, Luís SJ: Die Geschichte Japans (1549–1578), hg. u. übers. v. Schurhammer SJ/ Voretzsch SJ, Leipzig 1926, S. 123. [ME]. 325 Keizan Jōkin: Das Merkbuch für die Übung des Zazen des Zen-Meisters Keizan, übers. u. komm v. Dumoulin SJ, in: MN (1957), S. 158. 326 Yu Shunxi: Vorwort zu Riccis ›Zehn Kapiteln eines sonderbaren Menschen‹ (Ende 1607 oder Anfang 1608), in: Kern (Hg) 1992, S. 61. (EiO). © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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macht) gelegenen Gebieten stellte sich das Problem in Japan schärfer dar, weil hier bis zur Zulassung und funktionalen Niederlassung anderer Orden für die Mission, wie etwa der Franziskaner zwischen den 1590ern327 und 1608,328 keine kirchlichen Strukturen bestanden, die das hätten kompensieren können. Das führte zu bereits von de Lucena als fatal wahrgenommenen Folgen für die indigenen Christen. »Bevor das Noviziat nach Ōmura kam, fehlte solch eine gute Methode, daß alle beichteten. So geschah es, daß viele ohne Beichte starben, und das aus reiner Unwissenheit, und weil sie von der Beichte noch nicht so viel Kenntnis hatten wie sie nachher erwarben, Gewiß [sic] in den gewöhnlichen Predigten während des Jahres, die in der Kirche gehalten wurden, und in den Häusern aller einzelnen, die unsere Irmãos und Dōjuku aufsuchten, wiesen wir sie darauf hin, daß sie sich ohne Beichte nicht retten könnten, wenn sie Todsünden begangen hätten, und daß durch die Beichte die Sünden vergeben würden. Trotz alledem kam Nachlässigkeit vor, und viele starben wie unvernünftige Tiere, die kein Heil und kein Paradies zu erhoffen, keine Hölle zu fürchten haben.«329

Der Bericht Fróis’ scheint das zu bestätigen, nimmt man die Schilderung der Ankunft Giovanni Battista Stefanonis in Bungo 1564 als Beispiel. »Da sie aber gar sehr zu beichten wünschten, drangen sie sehr in den Pater, er möchte doch ihre Beichten hören, da es schon 1½ Jahre her sei, daß sie die Früchte dieses Sakramentes entbehren müßten. Schließlich begann der Pater, durch ihre und der Brüder Bitten bewogen, sie Beichte zu hören, obwohl er in der Sprache noch nicht recht bewandert war, und er staunte über die gute Ordnung, die sie in ihren Beichten einhielten, und die Herzensreinheit, die er bei vielen fand und ihren Schmerz und ihre Reue über ihre Sünden.«330

Auch aus Iimori berichtete Luís de Almeida 1565 Entsprechendes über Gaspar Vilelas Besuch bei den 1564 konvertierten bushi: »Am anderen Tage begannen sie zu beichten und damit war der Pater eine Woche beschäftigt.«331 Es handelte sich bei diesem Problem, wie bereits am indischen Beispiel gezeigt (siehe Kap.  4.2), um ein strukturelles Merkmal. Schon Francisco Pérez konnte 1549 auf den Molukken nur im Rahmen der erweiterten kirchlichen Infrastruktur, die der Estado da Índia bereitstellte, funktional arbeiten, war doch »[d]ie Zahl der Leute, die zu seinen Predigten herbeeilten, […] so groß, daß die Kirche sie schon nicht mehr fasse. […] Die Leute erbauten sich alle sehr und zögen Nutzen 327 Sansom: A History of Japan. 1334–1615, Singapur 1993, S. 373. 328 Bangert SJ: A History of the Society of Jesus. St. Louis 19862, S. 156. 329 Lucena, Afonso de SJ: Erinnerungen aus der Christenheit von Ōmura, hg. u. übers. v. Schütte SJ, Rom 1972, S. 161. 330 Fróis, Luís SJ: Die Geschichte Japans (1549–1578), hg. u. übers. v. Schurhammer SJ/ Voretzsch SJ, Leipzig 1926, S. 215. 331 Ebd., S. 246. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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daraus, so daß sechs Patres beständig zu tun hätten, die Leute anzuhören, die zur Beichte kämen.«332 Gegen Ende der Amtszeit Cosme de Torres’ als Superior der Japanmission 1570 könnte die Zahl der japanischen Christen insgesamt bis zu 30.000 betragen haben.333 Dennoch befanden sich noch 1579 insgesamt nur 55 Angehörige der Societas in Japan, davon nur 23 Priester. Den Bedürfnissen der Konvertiten hinsichtlich ihrer eigentlich aus katholischer Sicht als nötig erachteten seel­sorgerischen Betreuung konnte in einer solchen personellen Struktur keine Rechnung getragen werden, wodurch die als Endziel avisierte Bekehrung des ganzen Landes in der Wahrnehmung des Visitators Valignano in weite Ferne rückte.334

5.2.2 Dōjuku »Hier in diesem Hause wurde auch ein Arzt Christ und getauft, gebürtig aus dem Reiche Wakasa, Yofoken mit Namen, ein Mann ausgezeichnet in der Sprache Japans. Da er von Natur aus gut und begierig war, seine Seele zu retten, ließ er, nachdem er Christ geworden war, seine Frau und Kinder in jenen Gegenden und ging nach Shimabara, P. Cosme de Torres aufzusuchen, mit dem Verlangen, Gott in den Häusern der Gesellschaft zu dienen. Und so ging er 18 Jahre lang als Begleiter der Patres. Und da er schon gegen 80 Jahre zählte, nahm ihn hernach der P. Visitator Alexandre Valignano in Bungo auf. Er heißt Yofo Paulo, und außer daß er durch seine Tugend und seine große Demut allen ein sehr erbauliches Beispiel gibt, trug er durch seine Mitarbeit viel dazu bei, daß man die japanische Grammatik und das sehr umfangreiche Wörterbuch schreiben konnte. Mit seiner Hilfe wurde im Laufe der Zeit der Katechismus vervollkommnet, den man den Heiden predigt, mit der Kenntnis, die er uns von den Sekten und Altertümern Japans gab, da er hierin sehr bewandert war. Mit seiner Hilfe wurden viele Leben von Heiligen übersetzt und andere Dinge unserer Autoren, denn die Eleganz, Schönheit und Feinheit seiner Sprache findet bei den Japanern großen Gefallen, wo immer man sie hört.«335

Beim hier geschilderten Konvertiten handelte es wie sich, wie gesagt, um Yōfō Paulo, vor seiner Taufe Yōfōken, der als bekannter Arzt 1560 in Kyōto zum Christentum übertrat und von Gaspar Vilela getauft wurde.336 Als Katechet half Paulo nach der Ausweisung der Gesellschaft aus Kyōto zunächst in Sakai aus, bevor er im Mai 1560 mit Frau und Kindern nach Funai zog, wo er unter de Torres als dōjuku arbeitete. Seine medizinische Bildung und seine Belesen 332 Schurhammer SJ: FX 2.3 (1973), S. 19. [MA]. 333 Moffett: A History of Christianity in Asia, Maryknoll 2005, S. 74. 334 Spence: Matteo Ricci and the Ascent to Peking, in: Ronan SJ/Oh (Hg) 1988, S. 8. 335 Fróis, Luís SJ: Die Geschichte Japans (1549–1578), hg. u. übers. v. Schurhammer SJ/ Voretzsch SJ, Leipzig 1926, S. 95 f. Das Kapitel berichtet über das Jahr 1560. 336 Ruiz-de-Medina SJ: Yōhō, Paulo, in: DHCJ 4, S. 4059. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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heit in Fragen des japanischen Buddhismus wurden von der Societas schnell genutzt. Zuerst brachte er christliche Botschaften in traditionelle japanische Gesangsformen,337 dann beteiligte er sich an anderen Übersetzungsprojekten und stellte der Gesellschaft in verschiedenen Wirkungskontexten interkulturelle Kompetenzen zur Verfügung. Wie das Diccionario es formulierte, diente er als »instrumento ideal para la difusión del cristianismo«,338 was wohl auch ein Gedanke gewesen zu sein scheint, der seine Statusänderung vom Konvertiten über den Katecheten hin zum dōjuku leitete. »Der Herr gab ihm [Paulo] die Gnade des Verlangens, in die Kirche aufgenommen zu werden. Aber er fühlte einen großen Widerwillen in sich, in Sakai oder Miyako bleiben zu müssen, da er bei allen sehr bekannt war. Darum bat er mich um den Gefallen, ihn mitzunehmen, damit er in Bungo oder einem anderen Ort im Dienst des Herrn sterbe. Sofort bewog ich [Luís de Almeida] ihn, alles, was er hatte, einem Sohn zu überlassen, der ebenfalls Arzt war, und er allein, nur mit seinen guten Kleidern aus Miyako-Seide, kam mit mir. Ich sagte ihm, er solle diese mitnehmen, denn da er mit Herren sprechen und Botschaften des P. Cosme de Torres überbringen müßte, so sei es zweckdienlich, daß er gut und sauber gekleidet sei. Denn diese heidnischen Herren richten sich nur nach dem Äußern und diesem entsprechend erweisen sie einem Ehre. […] Er beginnt auf Anordnung des P. Cosme de Torres bereits zu predigen und alle Christen sind ihm ob seiner guten Art zugetan.«339

Diese Predigtfunktionen erfüllte Paulo in Bungo (1565, 1577–80), Hakata (1576) auf den Gōtō-Inseln (1566–75) und schließlich in Nagasaki, wo er auch verstarb. Formell in die Societas Jesu aufgenommen wurde er, gemeinsam mit seinem Sohn Hōin Vicente,340 aber erst 1580 als irmão.341 An Yōfō Paulo zeigen sich beispielhaft einige Praktiken der Gesellschaft hinsichtlich ihrer japanischen Konvertiten. Als erstes die Einteilung der einheimischen Christenheit in verschiedene Statusgruppen, denen eines gemeinsam war: Wie Juan de Polanco 1558 noch einmal offiziell festschrieb, leisteten sie zwar die Arbeit der Mitglieder der Gesellschaft, indem sie Konvertiten generierten oder spirituell versorgten, konnten ihnen aber formal nicht gleichgestellt werden.342 Die Societas unterschied in ihrer japanischen Alltagspraxis 337 Ruiz-de-Medina SJ: The Role of the blind biwa hōshi troubadours in the history of the Christian Mission in Japan, in: BPJS (2003), S. 120 f. 338 Ruiz-de-Medina SJ: Yōhō, Paulo, in: DHCJ 4, S. 4059. 339 Fróis, Luís SJ: Die Geschichte Japans (1549–1578), hg. u. übers. v. Schurhammer SJ/ Voretzsch SJ, Leipzig 1926, S. 257. [ME]. 340 Ruiz-de-Medina SJ: The Role of the blind biwa hōshi troubadours in the history of the Christian Mission in Japan, in: BPJS (2003), S. 120 f. 341 Schurhammer SJ: FX 2.3 (1973), S. 266, FN 39. 342 Polanco, Juan de SJ: Anotactiones sobre las misiones, in: MHJ 3, Dok. 6, S. 127. OR: »Videatur an alii ex indigenis apti redid possint ad conversionen et conservationem aliorum, licet de Societate non sint, sive ad ordines sacros promoveantur sive laici permaneant, et quomodo.« © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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oberhalb der Ebene reiner Konversion zwischen Katecheten (catequistas) – ein Amt, das sowohl Männern wie Frauen offenstand  – und dōjuku, was einen Status bezeichnete, der nicht notwendigerweise lebenslang galt und nur an Männer vergeben wurde. Die dōjuku unterschieden sich dabei von den kanbō, Laien, die bestimmten Christengruppen von einem Missionar zur Unterstützung seiner Aufgaben zugeteilt wurden und für die keine Zölibatspflicht galt, und den komono, die lediglich ungelernte Hilfsarbeiten ausführten.343 Kanbō wurden besonders in ländlichen Gegenden ohne Priester eingesetzt, entsprachen in ihrer sozialen Funktion und ihrem Auftreten den bereits traditionellen buddhistischen Geistlichen – sie schoren sich beispielsweise auch wie diese den Kopf – und betreuten die Gemeinden vor allem spirituell; zumeist waren es alte Männer.344 Hinzu kam noch eine weitere Gruppe von Laienbrüdern, die jihiya­ kusha, die auch als »Brüder der misericórdia« bezeichnet wurden. Während die kanbō Sorge für die geistlichen Aufgaben trugen, waren die jihiyakusha vor allem mit der Umsetzung der Armen- und Krankenfürsorge betraut.345 Wie auch im portugiesischen Machtbereich des Indopazifiks gründeten die Mitglieder der Societas bevorzgt confrarias – japanisiert konfurariya –, also Laienbruderschaften, zur Aufrechterhaltung der Tätigkeiten, die von der Gesellschaft selbst wegen ihrer personellen Ausstattung nicht geleistet werden konnten.346 Dieses System war nicht so neuartig, wie es zunächst erscheinen mag, sondern hatte vor allem in den kō, den selbstverwalteten Dorfgemeinschaften der jōdo shinshū deutliche Parallelen bis in die Terminologie hinein.347 Die Institution der dōjuku innerhalb der Societas entstand dagegen eigens in Japan, um dann auf den Rest der indopazifischen Missionsgebiete über­tragen zu werden.348 Dōjuku war im zeitgenössischen Kontext der terminus tech­ nicus der japanischen Buddhisten für die Schüler an ihren Tempelschulen,349 der von anderen Gruppen zur Bezeichnung analoger Funktionen übernommen wurde.350 Schüler in Ausbildungseinrichtungen der Societas hießen daher in Japan auch bis 1579 nicht dōjuku im Sprachgebrauch der Societas, sondern­ rapados oder moços de casa, um die als pejorativ empfundene Konnotation der

343 Ruiz-de-Medina SJ: Dōjuku, in: DHCJ 2, S. 1133. 344 Oliveiro  e Costa: The Misericórdias among Japanese Christian Communities in the 16th and 17th centuries, in: BPJS (2003), S. 69. 345 Ebd., S. 70. 346 Vgl. Xavier: Goa. A Social History (1510–1640), Goa 1993, S. 77. 347 Kawamura SJ: Communities, Christendom, and  a Unified Regime in Early Modern­ Japan, in: Üçerler SJ (Hg) 2009, S. 159. 348 Olivares SJ: XI. Donados, in: Div.: Miembros de la CJ, in: DHCJ 3, S. 2669. 349 Ruiz-de-Medina SJ: Dōjuku, in: DHCJ 2, S. 1133. 350 Loureiro: Jesuit Textual Strategies in Japan between 1549 and 1582, in: BPJS (2004), S. 46. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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buddhistischen Praktiken zu vermeiden.351 Dabei dürfte es vor allem um Abgrenzung gegen die in den buddhistischen Klöstern weitverbreitete Päde­rastie gegangen sein.352 Obwohl der Terminus für diese Arbeit also eigentlich ein anachronistischer ist, behalte ich ihn bei, um die Kontinuität der Einrichtung deutlich zu machen, denn die moços de casa der Jahre vor 1579 unterschieden sich von den dōjuku der späteren Missionsphasen nur dem Namen nach. Auch Froís benannte die indigenen Helfer der Societas seit 1549 als dōjuku, als er in den 1580ern seine Historía schrieb. Bis in die 1570er zählte die Gesellschaft die dōjuku auch nicht offiziell zu ihren Mitgliedern, obwohl ihre Zahl beträchtlich war und die der Vollmitglieder deutlich überstieg – 1579 waren ihrer gut 100.353 Erst drei Jahre zuvor, 1576, hatte Alessandro Valignano erste Vorschläge zur formalen Eingliederung der dōjuku in den Orden vorgelegt, aber diese wurde zunächst auf unbestimmte Zeit vertagt.354 Dennoch waren sie der Gesellschaft funktional angeschlossen, unterstellten sich der Weisungskompetenz der Mitglieder, und strebten mehrheitlich die spätere Aufnahme in den Orden an, auch wenn das nicht immer unproblematisch war. Damião etwa erreichte seine Aufnahme als irmão kurz nach der Ausweisung der Societas aus Kyōto in Sakai mit der Drohung, andernfalls den Dienst zu quittieren  – was seine beiden Mitstreiter wohl auch tatsächlich taten. Da Damião für die formale Aufnahme die Erlaubnis Cosme de Torres’ als Superior benötigte, musste er sich aber persönlich zur Bestätigung der entsprechenden Bewilligung Fróis’ zu de Torres nach Kyūshū begeben, so dass der Effekt der gleiche war, als hätte er seine Drohung wahrgemacht. Fróis stand 1567 in Sakai plötzlich ohne dōjuku da und musste, seinem eigenen Bericht nach, »um die Messe lesen zu können, die Art und Weise, wie man bei derselben diene, aufschreiben und einem Knaben, dem Sohn einen [sic] Christen, geben, der bei der Messe fromm von dem Papiere ablas, was er zu antworten hatte; und ein Edelmann schickte ihm den Sohn eines seiner Bauern, um ihm das Essen zu bereiten, bis P. Cosme de Torres ihm von den Gegenden des Shimo einen anderen Dōjiku und andere Diener schickte.«355

Eine derartige Personalkonfiguration war durchaus nichts Ungewöhnliches. Ähnliche Muster zeigten sich bereits in der frühen Phase der indischen Mission. Francisco Mansilhas wurde im Februar 1544 von Javier in Mannāpad an

351 Ruiz-de-Medina SJ: Dōjuku, in: DHCJ 2, S. 1134. 352 Ruiz-de-Medina SJ: El neologismo ›dōjuku‹, datos historicos, in: AHSI (1999), S. 184. 353 López-Gay SJ/Michel/Wicki SJ: Misionología, in: DHCJ 3, S. 2700. 354 Üçerler SJ: Alessandro Valignano: man, missionary, and writer, in: Renaissance Studies (2003), S. 361. 355 Fróis, Luís SJ: Die Geschichte Japans (1549–1578), hg. u. übers. v. Schurhammer SJ/ Voretzsch SJ, Leipzig 1926, S. 324. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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der Malabarküste stationiert, mit Artiaga, einem lokalen Helfer, einem indigenen Koch und Matheo, einem jungen Parava, der bereits für Javier gedolmetscht hatte und jetzt Mansilhas zugeteilt wurde.356 Die dōjuku waren, wie bereits an solchen und anderen Beispielen gesehen und auch an Paulo deutlich ersichtlich, diejenigen, die allein schon aufgrund ihrer zahlenmäßigen Menge den Großteil der zur Aufrechterhaltung der ­Societas notwendig anfallenden Aufgaben übernahmen. Die oben zitierte Stelle erhellt auch, was zu diesen Aufgaben gezählt wurde  – wie beispielsweise die Bereitung des Essens, was die Missionare in ganz direkte physische Abhängigkeiten von ihren Untergebenen brachte. Zudem waren nicht nur dōjuku für einen geregelten Betrieb notwendig, sondern auch Diener, wie ja auch bereits an einigen anderen Stellen aufschien. Die Nutzung von Köchen und anderen Domestiken muss dabei nicht unbedingt auf imperiale oder koloniale Praktikensätze hinweisen. Wahrscheinlicher ist die Nutzung solcher Dienstleistungen zur Aufrechterhaltung eines sozialen Status, was aber wiederum auch nicht pauschal als erzwungene Aufgabe der apostolischen Armut im Angesicht der Verhältnisse gedeutet werden darf. An keiner Stelle finden sich Hinweise darauf, dass ein solcher Status von den Mitgliedern der Societas als unangemessen für sie selbst betrachtet wurde. Die dōjuku fungierten dabei als Dolmetscher, Übersetzer und Vermittler und so als die essentielle Schnittstelle zwischen den nicht-japanischstämmigen Mitgliedern der Gesellschaft und ihrer japanischen Umgebung, eine Funktion, die manche von ihnen Jahre und Jahrzehnte ausübten. Der Status war nicht altersabhängig, sondern funktional bestimmt. Die dōjuku lebten mit den Mitgliedern der Societas zusammen und unterwarfen sich einem eigenen Reglement, zu dem auch der Zölibat gehörte.357 Sie nahmen an allen wichtigen Vorgängen teil und vermochten in der Rückschau durch diese Zeugenschaft wesentliche Informationen zu liefern, die als ebenso gültig angenommen wurden wie die Aussagen der Mitglieder selbst. Die Schilderung der Reise Cosme de Torres’ und Luís de Almeidas nach Satsuma 1562 schrieb Fróis »teils nach dem Brief eben jenes Bruders Luiz de Almeida und teils nach dem, was mir viele Jahre hernach der Dōjiku berichtete, der den Bruder auf der Reise begleitete und ihm als Dolmetscher diente.«358 Diese Dolmetschertätigkeit stellte wohl, wie an verschiedenen Stellen bereits sichtbar, den wesentlichsten Teil ihrer Aufgaben dar, da er die Tätigkeiten der Missionare überhaupt erst ermöglichte. Yōfō Paulo begleitete etwa auf Gotō und Hakata den aus Indien stammenden Pater Melchior de Figueiredo, unter anderem mit dem Ziel, die von Mōri Terumoto (1553–1625) 356 Schurhammer SJ: FX 2.1 (1963), S. 420. 357 Ruiz-de-Medina SJ: El neologismo ›dōjuku‹, datos historicos, in: AHSI (1999), S. 193. 358 Fróis, Luís SJ: Die Geschichte Japans (1549–1578), hg. u. übers. v. Schurhammer SJ/ Voretzsch SJ, Leipzig 1926, S. 118. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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verfolgten Christen in Yamaguchi zu besuchen.359 Paulo hinterließ außerdem als bleibende Resultate seiner Dolmetschertätigkeiten unter anderem ein japanisches Wörterbuch und eine Grammatik, die er in Zusammenarbeit mit João de Torres und Cosme Takeya (†1597) erarbeitet hatte und die als Vorstufen des Vocabulário und der Arte da Língoa de Japam João Rodrigues Tçuzus dienten, und verfasste auch einen speziell an noch zu konvertierende Japaner gerichteten Katechismus.360 Valignanos Catechismus Christianae Fidei, 1586 gedruckt, wurde unter Zuhilfenahme der Vorarbeiten Paulos erstellt, der in diesem Zeitraum auch formell als irmão in die Societas aufgenommen wurde,361 auch wenn das im Werk selbst keine Erwähnung fand.362

5.2.3 Indigene irmãos »Während der Pater dort in Hakata war [1559], wurde ein Edelmann mit seiner ganzen Familie Christ, gebürtig aus Yamaguchi. Wegen der vielen Beschäftigungen, die er in Yamaguchi hatte, fand derselbe keine Zeit, eingehender die Dinge Gottes und seines Seelenheils anzuhören und kennen zu lernen. Er lernte sie hernach kennen […]; und er gab einen Sohn von großen Fähigkeiten der Kirche, damit er von klein auf darin aufgezogen würde, und das war der [spätere] Bruder João de Torres.«363

Die Transition vom informellen Zuarbeiter der Societas zu deren formalem Mitglied, der Schritt vom dōjuku zum irmão, stellte das Ziel der Aufstiegsbemühungen indigener Konvertiten in der durch die Societas etablierten organisatorischen Hierarchie dar – war dieser Schritt doch zugleich das Ende der Möglichkeiten, die ihnen offenstanden. João de Torres, geboren 1551, trat der Societas nach neun Jahren als dōjuku 1568 als irmão bei. Er war allerdings zu diesem Zeitpunkt der einzige unter den japanischen irmãos, der gut genug Portugiesisch sprach, um als Sprachlehrer des Japanischen für die nicht-japanischen Missionare dienen zu können.364 Zu diesem Zeitpunkt war es bereits keine Seltenheit mehr, dass Japaner der S­ ocietas formell beitraten, auch wenn es einige Jahre gedauert hatte, bis diese Möglichkeit in Betracht gezogen wurde. 1556 wurde der auf den Namen

359 Ruiz-de-Medina SJ: Yōhō, Paulo, in: DHCJ 4, S. 4059. 360 Ebd., S. 4060. 361 Elison: Deus Destroyed, Cambridge (Mass.)/London 19913, S. 38. 362 Vgl. Valignano, Alessandro SJ: Catechismvs Christianae Fidei, [2 Bde, Lissabon 1586] Tōkyō 1972, Bd. 1, S. [i] – [iii] (Proœmium, unpaginiert), u. Bd. 2, S. 2. 363 Fróis, Luís SJ: Die Geschichte Japans (1549–1578), hg. u. übers. v. Schurhammer SJ/ Voretzsch SJ, Leipzig 1926, S. 70. [ME, MA]. 364 Ebd., S. 70. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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Lourenço getaufte biwa hoshi Ryōsai in Funai von Cosme de Torres als erster japanischer irmão in den Orden aufgenommen.365 Damit wurde eine Entwicklung eingeleitet, die sich im Vergleich zu anderen Missionsgebieten der Gesellschaft Jesu sehr erfolgreich fortsetzte – bis zum Ende des 16. Jahrhunderts bestand die Brüderschaft immerhin zur Hälfte aus Japanern.366 1581 waren von 64 Mitgliedern der Gesellschaft in Japan 20 japanische irmãos. Davon über­ nahmen elf aktiven Predigtdienst, während es sich bei sechsen noch um Novizen in der Probezeit handelte; sieben weitere, für die Japanmission bestimmte Jesuiten warteten in Macao noch auf die Einschiffung.367 1582 zählte die­ Societas in Japan 30 europäische Priester und zusammengenommen 45 irmãos und Novizen, von denen gut 20 Japaner waren.368 Das war allerdings eher eine Kompensation für den stetig zunehmenden Arbeitskräftemangel als mit einer den neuen Statusoptionen auch entsprechenden Aus- und Weiterbildung der neu Aufgenommenen verbunden. Als Valignano 1579 im Zug seiner Visitationen in den Missionsgebieten der Indienprovinz in Japan eintraf, stellte sich ihm die Frage der Ausbildung der indigenen Jesuiten – diese wurden zwar bereits seit 1549 von der Gesellschaft beschäftigt und seit 1556 formal aufgenommen, aber es gab noch kein Novizenseminar für japanische Mitglieder der Societas.369 Damit reaktualisierten sich im japanischen Missionsgebiet eigentlich von der Societas rechtlich längst anders geregelte Zustände. Eigentlich sah die formula instituti keine Laienbrüder, oder in ihrer Terminologie, ›temporalen Koadjutoren‹ vor. Die irmãos waren ursprünglich nicht als Mitglieder der Gesellschaft Jesu gedacht und sollten daher zwar die Möglichkeit genießen, ihr zuzuarbeiten, aber keine dem offiziellen Mitgliedsstatus korrespondierenden Rechte.370 Mit Exponi nobis vom 05. Mai 1546 zwang Paul III. die Societas zwar dazu, sie doch formell anzuerkennen, aber offenbar ließ sich die auf der Ferne Indiens begründete Exklusionsregel für Praktiken, deren Umsetzung im Missionsgebiet nicht sinnvoll schien (siehe Kap. 4), auch auf die internen Statusregulationen der Gesellschaft anwenden. »Während das Noviziat in Ōmura seinen Sitz hatte, war es für die ganze christliche Bevölkerung eine große Hilfe. Alle Irmãos waren ja Prediger. Auf die Dörfer und Ortsteile von Ōmura verteilt, halfen sie den Christen mit ihren Predigten und Ermah-

365 Yuuki SJ: Torres, Cosme de, in: DHCJ 4, S. 3820. 366 Oliveiro  e Costa: The Misericórdias among Japanese Christian Communities in the 16th and 17th centuries, in: BPJS (2003), S. 69. 367 Elison: Christianity and the daimyo, in: Hall (Hg.) 1991, S. 332. 368 Elison: Deus Destroyed, Cambridge (Mass.)/London 19913, S. 81. 369 Schütte SJ: Drei Unterrichtsbücher für japanische Jesuitenprediger aus dem XVI. Jahrhundert, in: AHSI (1939), S. 223. 370 Olivares SJ: V. Coadjutor espiritual, temporal; formado, aprobado, in: Div.: Miembros de la CJ, in: DHCJ 3, S. 2666. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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nungen, mit dem Beispiel ihres Lebens und dem Rat, den sie ihnen gaben, das hochheilige Gesetz Gottes und die Gebote unserer hl. Mutter Kirche zu beobachten. Als Augenzeuge, und als einer, der soviel von den Dingen von Ōmura weiß, kann ich behaupten, daß diese Irmãos und ihre Oberen für die Christen von Ōmura ein ganz besonderes Mittel und Motiv waren, sich wie mit Flügeln zu erheben, sich anzuspornen und zu bewegen, gute Christen zu sein: wie alle es waren, bevor wir vom Tono außer Landes verwiesen wurden.«371

Mit der Einrichtung des formellen Noviziats war die Ungleichbehandlung von indigenen Mitgliedern in Japan aber nicht abgestellt. Zur Priesterschaft wurden sie noch lange nicht zugelassen. Noch 1595 argumentierte Francesco ­Pasio, seit 1579 Prokurator der Gesellschaft für ganz Indien und seit Jahren in Japan aktiv in der missionarischen Arbeit tätig, dass es pragmatische Gründe gegen die Priesterweihe von Japanern gäbe: Man verlöre die Katecheten- und Seelsorgerqualitäten der japanischen Brüder, die dann zu sehr von ihren priesterlichen Pflichten in Anspruch genommen würden, und hätte keinen adäquaten Ersatz.372 Diese Argumentation beruhte auf der geübten Einsatzpraktik für die indigenen Mitglieder, wie sie nicht nur der Bericht de Lucenas, sondern beispielsweise auch der Lebenslauf Pablo Ryōins (1555–1615) widerspiegelt. 1577 trat Ryōin der Societas bei, wahrscheinlich nach einer vorherigen Tätigkeit als dōjuku, und arbeitete danach als Prediger in Wakae. Zur Priesterweihe zugelassen wurde er aber erst vierundzwanzig Jahre später, am ersten November 1601 in Kyōto.373 Auch die Ausbildungsqualität als solche ließ offenbar gemessen an den Standards des Ordens noch zu wünschen übrig. Noch zu Beginn der 1590er wurden die wichtigsten Teile des theologischen Kompendiums ins Japanische übersetzt, da die Lateinkenntnisse der irmãos wohl noch nicht so weit fortgeschritten waren, dass sie ihr Studium auf die sonst in der Gesellschaft übliche Weise fortsetzen konnten.374

5.2.4 Konkrete Auswirkungen: Praktiken der Konvertiten Wie auch die Konvertiten und die dōjuku waren die indigenen irmãos zwar eine weitere Statusgruppe unterhalb der nicht nur juristischen, sondern auch in der Alltagspraxis formell anerkannten Vollmitgliedschaft in der Societas Jesu, aber vor allem waren sie, wie die anderen Gruppen auch, ein unverzichtbares 371 Lucena, Afonso de SJ: Erinnerungen aus der Christenheit von Ōmura, hg. u. übers. v. Schütte SJ, Rom 1972, S. 177. 372 López-Gay SJ: Father Francesco Pasio (1554–1612), and his Ideas About the Sacerdotal Training of the Japanese, in: BPJS (2001), S. 38 f. 373 Ruiz-de-Medina SJ: Ryōin, Pablo (de Amakusa), in: DHCJ 4, S. 3452. 374 Schütte SJ: Drei Unterrichtsbücher für japanische Jesuitenprediger aus dem XVI. Jahrhundert, in: AHSI (1939), S. 229 f. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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Arbeitskräftereservoir. Damit bildeten sie ein Instrument, um die spirituelle Versorgung, Überwachung und Disziplinierung der Konvertiten zu sichern und nach Möglichkeit noch auszuweiten. Mit der erfolgreichen Errichtung dieser differenzierten Hierarchie von Statusgruppen und spezifischen organisatorischen Funktionen und Verpflichtungen, die sich unterhalb der Vollmitgliedschaft in der Societas auffächerte, hatte die Gesellschaft Jesu Möglichkeiten geschaffen, nicht nur die sozialen Praktiken der Konvertiten zu regulieren und die eigene angestrebte mentale Hegemonie in der Bewertung und Durchführung ihrer Praktiken zu verwirklichen, sondern auch ein Abbild der ebenso stratifizierten kolonialen Gesellschaften des europäisch dominierten Machtbereichs in Außereuropa und vor allem im Indopazifik in der Substruktur der japanischen Christenheit aufzubauen. Wie im Estado da Índia die europäischstämmigen Portugiesen, die reinoes, die Spitze der sozialen Pyramide bildeten, unterhalb derer sich mit den casados, castiços, mestiços, mulattos und na­ turais verschiedene Strata ansiedelten,375 die teils nach Abstammung, teils nach sozialen Praktiken und teils nach Glauben differenziert wurden, so etablierte sich unter den Konvertiten in Japan eine ebensolche Schichtung. Die nichtjapanischstämmigen Patres standen an der Spitze der Gemeinde, darunter die japanischen irmãos, die dōjuku, kanbō, jihiyakusha, Konvertiten und schließlich in der Binnenwahrnehmung zuletzt die der Hölle verfallenen Nicht-Konvertiten. Damit soll nicht der Eindruck erweckt werden, die indigenen Gesellschaften seien nicht bereits sozial stratifiert und hierarchisiert gewesen. Das waren sie ohne Zweifel, und es ließe sich sogar argumentieren, dass etwa im indischen Fall die soziale Schichtung des Estado da Índia weit eher auf die ursprünglichen lokalen Verhältnisse zurückführbar war als auf den portugiesischen Praktikenimport.376 Wichtig ist aber die Beobachtung, dass es der Societas gelang, innerhalb der japanischen Konvertitenschaft eine Rekonfiguration des Systems der Sozialdifferenzierungspraktiken zu bewirken, die eine Zentrierung der Strukturen um die Patres der Gesellschaft herum bewirkte und somit in einem anderen Zusammenhang und kleineren Maßstab koloniale Strukturen etablierte, ein Schritt auf dem Weg in ein mentales Imperium.   

375 Xavier: Goa. A Social History (1510–1640), Goa 1993, S. 29 f. 376 Ebd., S. 45. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

6. AnthropoLogik

»Alle Philosophen haben den gemeinsamen Fehler an sich, daß sie vom gegenwärtigen Menschen ausgehen und durch eine Analyse desselben ans Ziel zu kommen meinen. Unwillkürlich schwebt ihnen »der Mensch« als eine aeterna veritas, als ein Gleichbleibendes in allem Strudel, als ein sichres Maß aller Dinge vor. […] Sie wollen nicht lernen, daß der Mensch geworden ist, daß auch das Erkenntnisvermögen geworden ist; während einige von ihnen sogar die ganze Welt aus diesem Erkenntnisvermögen sich herausspinnen lassen. […] Alles aber ist geworden; es gibt keine ewigen Tatsachen; sowie es keine absoluten Wahrheiten gibt. – Demnach ist das historische Philosophieren von jetzt ab nötig und mit ihm die Tugend der Bescheidung.«1

Die Vorannahmen, die die Bedingungen der Möglichkeit eines tat-sächlichen interkulturellen Verständnisses der von der Societas Jesu im indopazifischen Raum vorgefundenen Kontexte und damit auch die weitere Missionsarbeit vorstrukturierten, lassen sich anhand des Vernunftbegriffs exemplarisch durch zwei miteinander verbundene Prinzipien in den Blick nehmen: Ein anthropologisches und ein logisches. Beide wurden nicht aus der Realität des Kontaktes abgeleitet, sondern aus den jeweiligen religiösen Grundannahmen, und waren durch eine theoretisch-philosophische Vorformulierung gekennzeichnet. Da ›Verständnis‹ selbst als Analysekategorie für diese Untersuchung nicht taugt (siehe Kap. 1), beschränke ich mich darauf, diese beiden Bedingungen der Möglichkeit dessen als Foki für eine andere Perspektive auf die bereits betrachteten Begegnungen von Jesuiten, Japanern und Indern in den Blick zu nehmen. Damit kann zwar auch nicht geklärt werden, ob es ein ›Verständnis‹ in unserem heutigen Sinne gab, aber anhand der Einschränkungen, denen es ob der Möglichkeiten seines Zustandekommens bereits vorab unterworfen war, will ich den Versuch unternehmen, die Vorformulierungen und Grundannahmen der betrachteten Praktikengeflechte zu beleuchten. Ob diese Vorformulierungen im Kontakt mit dem Anderen als tatsächlicher Interaktion Verschiebungen erfuhren, also durch Empirie modifizierbar waren, und ob die Konzeption von Vernunft, die von der Societas angelegt wurde, Bestandteil oder gar Bedingung ihres spirituellen Imperiums war, wird noch zu untersuchen sein. Dass es derartige Vorannahmen gab, ist dabei kein neuer Befund.2 Allerdings verlaufen die Argumentationslinien zumeist lediglich an der Oberfläche des zu 1 Nietzsche: Menschliches, Allzumenschliches, in: Messer (Hg.)/Nietzsche (1930), S. 44 f. [MA]. 2 Vgl. Rule: The Confucian interpretation of the Jesuits, in: Papers on Far Eastern History (1972), S. 31. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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AnthropoLogik

betrachtenden Problemkomplexes Mission, entlang einer vor allem deskriptiven Beschreibung tat-sächlich realisierter Praktiken missionarischen Wirkens, unter der Fragestellung: Was bewirkten diese Vorannahmen? und weniger unter: Wie sahen sie aus?3 Das liefert Ergebnisse, die das zu beobachtende Ende jener Prozesse nachvollziehbar machen, ihren Ausgang aber weiterhin im Halbdunkeln lassen, vage illuminiert von der irgendwie beruhigenden Vorstellung, verantwortlich seien »cultural beliefs and ideologies«4. Eine Betrachtung beider Felder, sowohl der Auswirkungen wie auch der Analyse der Voraussetzungen, ist nötig, um das genauer zu fassen. Sie bleibt aber unter dem bereits in Kapitel 1 geäußerten Vorbehalt, dass der Rückschluss von der analytischen Zuschreibung auf die faktische Realität nur ein wahrscheinlicher sein kann, kein notwendig wahrer. Verschiedene Denksysteme greifen unterschiedlich auf die jeweiligen Basispostulate zu, die Grundannahmen, die in jeder Religion oder Philosophie axiomatisch gesetzt werden müssen, um Letztbegründungen zu schaffen. Nicht nur diese Postulate selbst, auch die Fragen danach sind dabei verschieden.5 Wenn Basisfragen so differieren, heisst das, dass es gewichtigere als lediglich kontingente historisch-soziale Gründe für die Ausbildung verschiedener Religionen gibt, nach denen gefragt werden kann. Die Annahme, religiöser Streit sei das Resultat konfligierender Wahrheitsansprüche, kann damit durch die ersetzt werden, er sei die Folge verschiedener, rivalisierender Basisfragen.6 Ein Versuch, die Differenzen, Unvereinbarkeiten und Probleme, die in Praktiken der Bekehrung, des Widerstandes gegen ebenjene und den jeweiligen sozialen Handlungsfeldern auftreten, in denen sich die Mitglieder der Societas in Indien und Japan in der Frühphase der Mission bewegen, mittels der Foki »Anthropologie« und »Logik« auszuleuchten, liegt von daher nahe. Da Handlungen als beobachtbare Praktiken ihnen zugrundeliegende Praktiken des Denkens (und sei es unterbewusst) notwendig erfordern, müssen diese nicht nur vorgängig sein, sondern sind bis zu einem gewissen Grad durch das Beobachtbare erschließbar. Das gilt vor allem, wenn man die Vorbedingungen dieses Denkens einbezieht, also die im Verlauf von Enkulturation, Sozialisation und Bildung ausgeprägten Kanäle und Muster, die Bedingungen der Möglichkeit von Praktikenkonzeption und damit letztlich auch -realisation darstellen. Für die Jesuiten des 16.  Jahrhunderts kann ich zeigen, dass die Argumentationen, die sie für ihre Konversionsstrategie nutzten, ableitbar sind aus ihren vorgängigen Annahmen über das lo 3 Vgl. etwa: Garreau, J.: Chinese Reaction to Christianity, in: Asian Thought Society (1983), S. 19–27; Gernet: Die ersten chinesischen Reaktionen auf die europäische Kultur, in: Oriens Extremus (1997), S. 1–15; Lacouture: Dialog in Yamaguchi, Mannheim 2002. 4 Nelson: Myths, Missions, and Mistrust, in: History and Anthropology (2002), S. 94 5 Smith: Bowl climbing: The logic of religious question rivalry, in: International Journal for the Philosophy of Religion (1994), S. 27. 6 Ebd., S. 30. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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gische Vermögen des Verstandes und über die Natur des Verstandes selbst. Auf gleiche Art und Weise lassen sich auch Deduktionslinien sowohl in konfuzianischer wie buddhistischer Argumentation auffinden. Auch im südamerikanischen Missionsfeld der Societas Jesu manifestierten sich im 16.  und frühen 17.  Jahrhundert analoge Problemlagen im Umgang mit den zwangschristianisierten Indios: Gewisse Anpassungen und Überlagerungen waren unvermeidlich, prächristliche Feste wurden mit christlichen überformt, und andere Aspekte des täglichen Lebens ebenso. Das lag eben daran, dass die Konvertiten der ersten Generationen nicht okzidental denken konnten, da sie fest im indigenen Denken verwurzelt waren, und die christlichen Logiken des Abendlandes sich ihnen daher nicht erschlossen. Sie konnten nicht wie europäische Christen denken – und daher auch keine sein.7

6.1 Anthropologie »Mein in CHRISTO dem HERREN für all andere geliebter Vatter / Ihr wöllet von Indischen dingen / etwas wenigs / so hernach beschriben wirdt / vernemmen. Es wohnen an allen orten in India / da Christen seynd / etliche auß unser Societet / als inn den Inseln Maluccis / zu Malaca, Coulan, Basain, Socotora / und am Cormoriner Horn. An welchen orten / ich / meins erachtens / nit vil hilff beweisen kan / von wegen / das sonst etliche Vätter unserer Societet daselbst seynd / unnd das die tollheit unnd der unverstand der Indianer diser orten gar groß / unnd sie darneben mit grausamen Lastern behafft seynd: Daraus ervolget / daß sie schier gar kein neigung haben unsern Glauben anzunemmen / sonder vil mehr denselben hassen / unnd unser Lehr von empfahung deß Tauffs mit beschwerden anhören. Mir ist von vilen gesagt worden von unserer Insel / Japonia genannt / […] Dieselbig habe Männer / die mit guten Sitten begabet / auch gantz fürwitzig / verständig unnd begierig seyen / newe ding / von GOTT / auch Göttlichen und natürlichen dingen zuhören. Derhalben hab ich mir / […] fürgenommen / dieselbige Insel auch zubesuchen /  von wegen / das ich acht / unnd der hoffnung bin / wann das Fundament einmal daselbst gesetzt wird / das alsßdann die Frucht unnd das Gebäw deß Glaubens / vil tausent Jar ein wirigen bestand haben werde.«8

Das anthropologische Konzept, das die Jesuiten ihrer Missionsarbeit in Ostasien zugrunde legten, hatten sie bereits zuvor erarbeitet und wahrscheinlich verinnerlicht. Grundlegend handelt es sich um eine leicht modifizierte Version der von Thomas von Aquin in De ente et essentia eingeführten Bestimmung des 7 Vgl. Albó SJ: Jesuitas y culturas indigenas. Segunda Parte, in: América Indígena (1966), S. 430. 8 Maffei, Giovanni Pietro SJ: Kurtze Verzeichnuß und historische Beschreibung, übers. v. Götze, Johann Georg, Ingolstadt 1586, S. 82–84 (2). [MA]. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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Menschen als animal rationale. Hieraus erklärt sich auch die direkte Verknüpfung der Konzeptionen von Logik mit den anthropologischen, denn das logische Vermögen wurde damit als Ausdruck eben jener Vernunft gedeutet, die das Wesen des Menschen darstelle. Aquinas begründete das folgendermaßen: Form und damit strukturbestimmendes Prinzip des Menschen als Geschöpf sei die Vernunft. In Kombination mit Materie entstünde der oder die individuelle Einzelne, der oder die aber damit nur eine Variation eines Grundthemas darstellte. Der individuelle Verstand dieser Einzelnen sei folglich jeweils ebenfalls eine Ausprägung der gottgegebenen Universalvernunft, was sowohl die Erkenntnismöglichkeiten wie die Denkstrukturen vorbestimmend präge.9 Parallelen hierzu ergaben sich in den ostasiatischen Missionsgebieten zumindest für China und die unter chinesischem Kultureinfluss stehenden Gebiete, insofern sie den Konfuzianismus rezipiert hatten, denn auch im konfuzianischen Paradigma galt der Verstand – hier verstanden als moralisch wertender Verstand  – als das wesentliche Kriterium des Menschen.10 Diese Verbindung war auf christlicher Seite gut nachvollziehbar. Enrique Henriquez (1536–1608), Jesuit und Philosoph, beschrieb um 1600 in seiner Summa Theologiae Moralis diese Verknüpfung als nicht nur natürlich, sondern gottgewollt. »Wenn der Mensch allein von Natur aus durch seine Fähigkeiten und Talente bestimmt ist, den Vorschriften des natürlichen Rechts unterworfen, welche das ewige Gesetz Gottes durch das Licht der Natur sind, und [durch die Natur] ersichtlich und sicherlich des Menschen Weg vorgegeben; so kann er durch allgemeine und generelle Hilfe Gottes und der Beweggründe aller Dinge Gott und das Ziel [seiner] Natur erkennen.«11

Eine für diese Untersuchung zeitgenössische jesuitische Interpretation zu Aquinas’ Ausführungen lieferte Benito Pereira (Benedictus Pererius, 1535–1610) in den 1560ern. Pereira legte fest: »Der Mensch ist wahrhaft verständig, also ist die Verstandesseele seine wesensbestimmende Form«12, um dann unter Bezug auf Aristoteles’ De generatione Animalium und Aquinas vor allem darzulegen, dass Mensch und Verstand nicht als voneinander getrennt begriffen werden dürften, denn das Denkvermögen sei eins mit dem Menschen selbst, nicht 9 Leppin: Thomas Aquinas, Münster 2009, S. 59. 10 Munro: The Concept of Man in Early China, Stanford 1969, S. 58. 11 Henriquez, Enrique SJ: Summa Theologiae Moralis, Venedig 1600, S.3 f. MÜ, [ME], OR: »Si homo cum sola naturae facultare & talento conditus esset, subiectus praeceptis tantum iuris naturalis, quae lex eterna Dei per lumen naturae, & evidentem aut certum hominis discursum proponit: hic cum communi & generali concursu Dei, & causarum vniuersalium, Deum vt finem nature diligere posset.« 12 Pereira, Benito SJ: De Communibus omnium rerum naturalium Principiis & Affectionibus, Lyon 1585; 6. Buch, caput XXI, S. 393. MÜ, OR: »Homo est vere intelligens, ergo anima intellectiva est forma essentialis.« © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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von ihm geteilt. Es werde als untrennbar von ihm wahrgenommen, und hätte der Mensch es nicht als solches, wäre er nicht Herr seiner Handlungen – denn er könnte seinem Denken nicht befehlen – und damit auch nicht frei in seinem Willen, folglich weder für Gutes noch Böses in Taten und Worten verantwortlich.13 Damit setzte Pereira sich von der pura natura-Konzeption Thomas Cajetans (Tommasio de Vio, 1468/9–1534) und anderer ab, die das Verstandesvermögen des Menschen durch nichts bestimmt ansahen als durch seine ihm durch die eigene Natur zukommende Prägung,14 so dass die (natur)philosophische und theologische Betrachtung der seelischen Vermögen getrennt gedacht werden konnten.15 Diese Konzeption wurde von Francisco Suárez (1548–1617) ab den 1570ern in der jesuitischen Neoscholastik gegen Aquinas dahingehend ausgeweitet, dass das telos des Menschen von diesem allein durch seine natürlichen Fähigkeiten erreicht werden können müsse, von denen die dafür wesentliche die ratio sei.16 Vor 1570 hingegen dominierte die Interpretation aristotelischer Logik nach Aquinas deutlich die Kommentare der Jesuiten aus Coímbra,17 der Haupt-Ausbildungsfakultät der Societas für den Dienst in Asien. Allein auf die Societas Jesu beschränkt war dieses Muster allerdings nicht. Der Dominikaner Domingo de Soto (1495–1560) stellte, in eben dieser Linie argumentierend, ähnlich wie Pereira, in seinem Werk De natura et gratia 1547 fest, dass dem als rationale animal18 erschaffenen Menschen zwei Arten von gottgegebenen Zielen zukämen, eines durch natürliche Fähigkeiten, das andere durch Tugend zu erreichen.19 Für das telos der natürlichen Fähigkeiten gelte, dass »weil ja, was die menschliche Willenskraft und den freien Willen betrifft, zu bemerken ist, dass der Mensch ein vernünftiges Tier ist, ist sein naürlichstes Ziel, immer nach [Maßgabe] der Vernunft zu handeln, das heißt, alles der Rechtschaffenheit halber nach den Regeln der Klugheit zu tun, die die Vernunft vorschreibt, wann und wo es sich gebührt.«20 De Soto arbeitete auch zur Logik als solcher, wobei seine Kommentare ihn – ähnlich seiner Argumentation in Verstandesfragen – als einerseits traditions-

13 Pereira, Benito SJ: De Communibus omnium rerum naturalium Principiis & Affectionibus, Lyon 1585; 6. Buch, caput XXI, S. 393–396. 14 De Angelis: Anthropologien, Regensburg 2010, S. 72 f. 15 Ebd., S. 75. 16 Courtine: Théologie morale et conception du politique chez Suárez, in: Giard CNRS/ de Vaucelles SJ (Hg.) 1996, S. 266. 17 Ashworth: Traditional logic, in: Schmitt/Skinner (Hg.) 20098, S. 145. 18 De Soto, Domingo OP: De natura & gratia, Paris 1549, 1. Buch, Cap. 3, S. 7r. 19 Ebd., S. 8v. 20 Ebd. MÜ, OR: »At quatenus ad humanam voluntatem, liberúmque attinet arbitrium […] animadvertendum est, quod cum homo sit rationale animal, finis eius naturalissimus est operari semper secundum rationem, id est, omnia agere proper honestum, quando, & ubi oportet, secundum prudentiae regulas, à ratione praescriptas.« [MA]. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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verhaftet, aber auch schon darüber hinaus anschlussfähig zeigen.21 Die zeit­ genössischen Vordenker der Societas Jesu dagegen standen auf traditionelleren Füßen. Pedro de Fonseca (Petrus Fonseca, 1528–99) schrieb im Rahmen des großen Kommentarprojekts der Jesuiten in Coímbra einen Kommentar zu Aristoteles’ Metaphysik und1561 eine populäre Einführung in die Logik,22 deren Verwendung in der Ratio Studiorum 1599 als eine von zwei Möglichkeiten vorgeschrieben wurde23, neben der 1564 erschienenen von Francisco de ­Toledo Herrara (Franciscus Toletus, 1534–96).24 Fonsecas Dialektik allein erfuhr dabei bis ins 17.  Jahrhundert hinein 45 Auflagen.25 Insgesamt allerdings kann man für die Philosophie der Societas durchaus von einer spezifischen, vor allem orthodox iberisch geprägten Ausrichtung sprechen. Die in Fragen der Verstandesphilosophie vom Humanisten Juan Luis Vives (1492–1540) in seiner Schrift De anima et vita 1538 vorgegebene Linie einer Aufweichung der gottgegebenen Strukturprägung des Menschen zugunsten subjektiv füllbarer Wahrheitskeime, semina veritatis,26 wurde von der Societas nicht rezipiert. Dabei war V ­ ives’ Werk im humanistischen Anthropologiediskurs des 16. Jahrhunderts breit verankert,27 er galt jedoch als unkonventioneller Denker. Die theoretischen Positionen der Jesuiten deckten sich in dieser Frage eben nicht mit der akademischen Philosophie der Universitäten,28 sondern hielten sich an die Vorgaben der offiziellen Theologie. Fonseca, Pereira, Henriquez und Suarez teilten alle das Bestreben (wie auch de Soto), in ihren Behandlungen aristotelischer Philo­ sophie deren Lehren an die neuen Erkenntnisse des 16. Jahrhunderts anzupassen, aber dennoch ihren Geist möglichst unverändert zu erhalten.29 Sie wollten keine neuen Theorien in die Welt setzen, sondern die alten verständlich machen.30 Aller­dings zeigt sich die Dynamik der Prozesse innerhalb der frühen Societas Jesu dabei deutlich an der Bruchlinie, die die älteren Autoren Henriquez und Pereira mit ihrem strengeren Anschluss an Aristoteles und Aquinas von der nachfolgenden Generation jesuitischer Philosophen unterscheidet. Dabei beruhte diese Differenz wohl eher auf einer Entwicklung von Positionen als auf bewusster Abgrenzung, ergaben sich doch nicht nur durch die reine Ordens­zugehörigkeit und Zeitgenössigkeit bereits Verbindungen zwischen den 21 Ashworth: Traditional logic, in: Schmitt/Skinner (Hg.) 20098, S. 162 f. 22 des Chene, D.: An Aristotle for the Universities, in: Gaukroger/Schuster/Sutton (Hg) London u. a. 2000, S. 30. 23 Ashworth: Petrus Fonseca on Objective Concepts and the Analogy of Being, in: Easton (Hg.) Atascadero 1997, S. 47. 24 Ebd., S. 49. 25 Vaz de Carvalho, J. (SJ): Portugal, in: DHCJ 4, S. 3197. 26 De Angelis: Anthropologien, Regensburg 2010, S. 29. 27 Ebd., S. 30. 28 Ebd., S. 95 f. 29 Zanfredini: Filosofía. I. Filosofía en las centras de CJ, in: DHCJ 2, S. 1431. 30 Feingold: Jesuits: Savants, in: Ders. (Hg.) 2003, S. 18. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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Autoren. Suarez etwa studierte vor seiner Ordination ab 1564 als Novize der Gesellschaft Jesu in Salamanca unter Henriquez31 und bezog sich in seiner Argumentation über die Eigenschaften der Tierseele klar auf Pereira.32 Für die intellektuelle Formation der in dieser Arbeit behandelten Jesuiten stellen diese drei – Henriquez, Pereira, Suarez – jedoch die Referenzpunkte dar. Sie lehrten in den Anstalten, die jesuitische Asienmissionare durchliefen – den Universitäten von Coímbra und Évora  – oder hatten ihre Werke bereits ver­ öffentlicht, so dass sie verfügbar waren. Allen gemeinsam war jedoch, dass sie nicht nur Aristoteles als den Grundstein wahrhafter Philosophie ansahen, sondern auch, dass ihre Folgerungen über die menschlichen Verstandesfakultäten trotz der Bemühungen um die Wahrung der Tradition durchaus neuartig waren33 – und daher außerhalb des Ordens nicht im selben Maß vorausgesetzt werden können wie innerhalb. Eine solche Betrachtungsweise machte es aber nun nicht nur möglich, sondern sogar nötig, im Anderen auch auf der gegenüberliegenden Seite des Globus die Möglichkeit zur Erkenntnis der zu vermittelnden Wahrheiten vorauszusetzen.34 Die christliche Wahrheit war ja darum so unabdingbar wahr, weil der Verstand nach ihrer Maßgabe beschaffen war, und nicht etwa anders h ­ erum. Enrique Henriquez ging davon aus, dass die Erkenntnis Gottes aus notwendigen Verstandesoperationen folge – wie etwa den Erkenntnissen, dass Gott eins sei oder das höchste Gut die unendliche Vollendung – führte aber weiter nicht aus, warum gerade diese Operationen aus der Verstandesbeschaffenheit notwendig folgen mussten.35 Wie andere Philosophen der Societas auch setzte er die von ihm als solche verstandenen Grundprinzipien zugleich als selbstverständliche Eigenschaften des menschlichen Verstandes an sich fest.36 Dennoch kann die Universalität dieser Aussagen wiederum nicht als gemeinsame Vorannahme der jesuitischen Ostasienmissionare angenommen werden, da bereits bei Javier ganz offensichtlich differenziert und das auch in der Außendarstellung des Ordens breit kommuniziert wurde. Völkern, für die wie im einführenden Zitat galt, »das die tollheit unnd der unverstand der Indianer diser orten gar groß / unnd sie darneben mit grausamen Lastern behafft seynd«, was nur bedeuten konnte: »daß sie schier gar kein neigung haben unsern Glauben anzunemmen / sonder vil mehr denselben hassen«, standen andere gegenüber, die vielversprechender schienen, denn »[d]ieselbig habe[n] Männer / die mit guten Sitten begabet / auch gantz fürwitzig / verständig unnd begierig seyen / newe 31 Castellote Cubells: Die Anthropologie des Suarez, Freiburg/München 1962, S. 9. 32 Ebd., S. 87. 33 Simmons: Jesuit Aristotelian Education, in: O’Malley SJ u. a. (Hg) 1999, S. 523. KiO. 34 Ashworth: Petrus Fonseca on Objective Concepts and the Analogy of Being, in: Eaton (Hg.) Atascadero 1997, S. 50. 35 Henriquez, Enrique SJ: Summa Theologiae Moralis, Venedig 1600, S. 6. 36 Simmons: Jesuit Aristotelian Education, in: O’Malley SJ u. a. (Hg) 1999, S. 526. KiO. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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ding / von GOTT / auch Göttlichen und natürlichen dingen zuhören.« Die individuellen Ausprägungen der anima intellectiva waren hier durch kollektive ergänzt worden, die in ihrer negativen Form nicht nur bewirkten, dass diese Menschen vom rechten religiösen Leben abkamen, sondern auch noch ein Hindernis auf dem Weg der Christianisierung darstellten. In ihrer positiven Form dagegen prädisponierten sie die Menschen dergestalt zur Konversion, dass die erfolgreiche Missionierung nur eine Frage der Zeit sein konnte. Dabei wurden Kriterien der Intelligenz mit solchen der Moral vermischt, in einer Weise, die eine als notwendig gedachte Verknüpfung miteinzubeziehen scheint. Als lasterhaft definierte Völker waren von Natur aus abgöttisch, während als wohlgesittet empfundene auf der Schwelle des wahren Glaubens standen. Unter dem Gesichtspunkt absoluter Wahrheit der christlichen Religion in europäisch-katholischer Ausprägung, wie ihn die Mitglieder der Societas vertraten, lässt sich das Problem dieser Verknüpfung durchaus lösen. Rechte Lebensführung wies auf eine Übereinstimmung mit den durch die göttliche Schöpfung im menschlichen Verstand implizierten grundlegenden Normen und Werten christlicher Lehre hin, so dass das Abweichen von diesen nur als Defizienz nicht nur des Verhaltens, sondern des gesamten Wesens unter Einschluss des Verstandes gedeutet werden konnte. Eine Übereinstimmung mit als christlich verstandenen Normen hingegen signalisierte, dass eine unbewusste Erkenntnis des Guten durchaus als vorhanden angenommen werden konnte, also die Grundlagen als gelegt und die Mission damit als erfolgversprechend. Diese Vorannahme konkretisierte sich deutlich in der Beschreibung einzelner Individuen, wie etwa des 1562 mit 13 Jahren als Vicente Vilela getauften japanischen Jungen bei Froís. »In diesem, einem Knaben, wollte die Natur, so scheint es, ihr Meisterstück schaffen. Denn nicht nur war er äußerst edel in seinem Benehmen, sondern er hatte auch einen sehr scharfen Verstand und ein glückliches Gedächtnis, war dem Gebet ergeben, demütig, fromm, beichtete alle 8 Tage und empfing mit solcher Andacht die heilige Kommunion, daß die Unsrigen sich bei diesem Anblick beschämt fühlten.«37

Eine solche Perspektive einzunehmen wurde noch dadurch erleichtert, dass unter Bezug auf Aristoteles und Aquinas, wenn auch nicht in direkter argumentativer Folge, der für das moralische Handeln erforderliche freie Wille von den Jesuiten logisch bestimmt wurde.38 Diese Haltung ist weniger weit von uns entfernt als es hier vielleicht scheint. 1915 urteilte der Kapuziner Jann über Javiers Wirken in Indonesien auf der Grundlage derselben Argumentation  – 37 Fróis, Luís SJ: Die Geschichte Japans (1549–1578), hg. u. übers. v. Schurhammer SJ/ Voretzsch SJ, Leipzig 1926, S. 132 f. 38 Schmutz: Du péché de l’ange à la liberté d’indifferénce, in: Les Études philosophiques (2002), S. 179. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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sittliche Verkommenheit habe die Mission Javiers in Malakka unmöglich gemacht.39 Und noch 1988 pflichtete Sebes, seines Zeichens Jesuit, ihm folgendermaßen bei: »Relying, even temporarily, on  a native clergy (in South India, Malacca, and the ­Moluccas) did not augur well for the future. Everywhere one encountered that soft, dreamy and nonenterprising spirit which would never do. It was at this precise ­moment he was told that in Japan there was to be found a different type of man; as soon as he encountered the Japanese, he saw that he had not been mislead, and his hopes were fulfilled.«40

Die in neueren Publikationen immer wieder beklagte eurozentristische Ausrichtung der Missionsprojekte, die aus den Konvertiten nicht nur Christen, sondern auch europäischen Konventionen genügende Menschen zu machen suchten, ergab sich aus einer solchen Sichtweise geradezu notwendig. Problematisch ist hieran, dass diese Überlegung bislang eine weitere Komponente auslässt: Die körperliche. Während Aristoteles in De Generatione Ani­ malium noch eine weitgehende, wenn nicht vollständige Trennung von mentalen und physischen Prozessen gelehrt hatte, so ließen weder Thomas von Aquin noch in seiner Folge Benito Pereira oder Enrique Henriquez dies gelten: »[…] und in De Generatione Animalium, Kapitel 3, sagt [Aristoteles], mit der geistigen Tätigkeit sei keine körperliche verbunden; entweder der Mensch ist durch einen anderen Teil seiner selbst verständig, und zwar sicherlich durch die Materie, das [aber darum] nicht, da die Materie weder das rezipierende noch produzierende Prinzip [=Ursache] einer immateriellen Tätigkeit sein kann, welcher Art die Verstandestätigkeit ist; oder der Mensch versteht durch seine Form, aber er versteht durch die Verstandesseele, denn diese produziert und rezipiert nämlich das Verstehen unmittelbar; also ist die Verstandesseele die wahrhafte und natürliche Form des Menschen.«41

Nachdem hier der bei Pereira mit »oder« eingeleiteten Proposition Folge geleistet wurde, stellte sich, wie bei Aquinas, die Seele als Vernunft als Form des Menschen heraus. Was Henriquez deutlich unterstrich: »Obwohl die Seele der innere Mensch genannt wird, ist sie nicht der ganze Mensch; noch ist sie eine 39 Jann OMC: Die katholischen Missionen in Indien, China und Japan, Paderborn 1915; S. 119. 40 Sebes SJ: The Precursors of Ricci, in: Ronan SJ/Oh (Hg) 1988, S. 25. 41 Pereira, Benito SJ: De Communibus omnium rerum naturalium Principiis & Affectionibus, Lyon 1585, S. 394. MÜ, OR: »[…] & in de Generatione animalium, cap.3 ait [Aristo­ teles] cum actione mentis nihil communicare actionem corporalem: aut est homo intelligens per aliquam partem suai, nempe per materiam, & hoc non, quia materia non potest esse principium receptivum aut productivum actionis immaterialis, qualis est ipsa intellectio: aut homo intelligit per formam suam, sed intelligit per animam intellectivam, haec enim immediatè producit & recepit intellectionem, ergo anima intellectiva est vera & naturalis forma­ hominis.« © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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vollständige Substanz, wie [etwa] der Lenker des Körpers oder ein Engel: Denn sie ist ihrem Wesen nach ein Teil, und des ganzen Menschen Form: Und die im zweiten Vernunftgrad zu bestimmende Materie wird [so] vollendet.«42 Die so verstandene Seele ging demnach mit der unförmigen Materie eine Verbindung ein, um das tatsächliche menschliche Individuum zu erschaffen, wie es im Erscheinungsraum vor Augen trat. Auch Suarez definierte später die Seele als Formursache des Menschen43 und als dessen wesentlichste Kennzeichen die Liebesfähigkeit und – die Verstandestätigkeit.44 Damit ergab sich de facto die Möglichkeit, den abstrakten göttlichen Heilsplan, nach dessen Maß die Menschen geschaffen waren, und die natürlichen Bedingungen, nach denen jedes einzelne Individuum geschaffen war, zu trennen.45 Was bedeutete, dass körperliche Differenzen, wie sie zwischen Europäern und Asiaten relativ leicht festgestellt werden konnten, zumindest potentiell als Ursachen von Problemen der Verständigung, der Vermittlung und letztlich der Missionierung in Frage kamen. Eine Ungleichheit in der Erscheinung deutete auf eine Ungleichheit des zugrundeliegenden Prinzips, der forma hin, und da diese dem Verstand gleichzusetzen war, konnte eine biologische Verschiedenheit als Zeichen einer geistigen gelesen werden, die dann als Defizienz gedeutet wurde. Suarez ließ später in seiner Diskussion des Geruchssinns eine solche biologisch begründete Konditionierung der Rationalität ausdrücklich zu.46 In De Ente et Essentia hattte schließlich bereits Thomas von Aquin selbst ausgeführt, dass die Menschen­ vernunft nicht eine einzige sei. »Und daher ist der Fehler des Kommentators zum 3. Buch von ›Die Seele‹ offenbar, der aus der Allgemeinheit der mit der Vernunft erkannten Form die Einheit der Vernunft in allen Menschen folgern wollte. Denn […] die Allgemeinheit gehört zu jener Form nicht gemäß dem Sein, das die Form in der Vernunft hat, sondern insofern die Form sich auf die Dinge wie eine Ähnlichkeit der Dinge bezieht, so wie auch, wenn es eine einzelne körperliche Statue gäbe, die viele Menschen repräsentierte, feststeht, daß jenes Bild oder jene Gestalt der Statue […] ein einzelnes und eigenes Sein hätte, insofern es (sie) in dieser Materie wäre, aber den Begriff der Gemeinsamkeit hätte, insofern es (sie) der gemeinsame Repräsentant mehrerer wäre.«47 42 Henriquez, Enrique SJ: Summa Theologiae Moralis, Venedig 1600, S.  30. MÜ, OR: »Anima quamvis dicatur homo interior, non est totus homo: nec est completa substantia, vt auriga corporis, aut angelus: nam essentialiter est pars, et totius hominis forma: et secundum gradum rationalem perficitur informando materiam.« 43 Castellote Cubells: Die Anthropologie des Suarez, Freiburg/München 1962, S. 68. 44 Ebd., S. 50. 45 Correia: Alessandro Valignano’s Attitude towards Jesuit and Franciscan Concepts of Evangelization in Japan (1587–1597), in: BPJS (2001), S. 93. 46 Castellote Cubells: Die Anthropologie des Suarez, Freiburg/München 1962, S.100. 47 Thomas Aquinas: De ente et essentia, übers. u. komm. v. Beeretz, Stuttgart 20083. Lat.: »Et ideo patet defectus Commentatoris in III De anima, qui voluit ex universalitate forme intellecte unitatem intellectus in omnibus hominibus concludere; quia non est […] univer© 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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In konsequenter Anwendung dieses Prinzips konnte Henriquez die Verknüpfung von körperlicher und intellektueller Beschaffenheit mit der Fähigkeit zur Erkenntnis des christlichen Gottesbegriffs folgendermaßen ausführen: »­Pygmäen haben an ihrem kleinen Körper Gesichter und Glieder ähnlich dem Menschen, aber sie sind keine Menschen: Wenn sie nämlich Verstand hätten, hätten sie sicher [darin] das Bild Gottes eingeprägt. Oder es wäre möglich, dass Giganten, die irgendwo durch dämonische Verführung gezeugt wurden, Menschen sind.«48 Anzunehmen, damit sei eine generelle Absage an den Gedanken des Kulturrelativismus verbunden, wäre allerdings ein voreiliger Schluss. Dass Konventionen insofern kontingent sein könnten, als dass sie kulturell begründet differieren, wurde durchaus anerkannt.49 Dennoch wurde eine solche Verschiedenheit als in der Natur des Menschen letztbegründet angenommen, so dass auch die zu beobachtenden Divergenzen der Kulturen auf biologische Faktoren rückgeführt werden konnten. Javier selbst wurde im Jahresbrief aus Cochin vom 1544 öffentlichkeitswirksam über die Fragen, die Brahmanen ihm in einer Disputation stellten, ähnlich wiedergegeben. »Item / ob GOTT weiss oder schwartz sey? und dasselbig von wegen deß underscheids der zweyer Farben an den Menschen. Dann dieweil hie zu Land alle Menschen schwartz seynd / und einem jeden sein form und gestalt am besten gefällt / so vermeinen sie / GOTT sey schwartz / und halten darfür / daß die schwartzen Menschen schöner seyen / dann die weißen. Umb deß willen seynd auch ihre Abgötter vor schwärtze gantz scheußlich und mit unreinem öl dermassen ubergossen / daß sie darvon stincken / auch sonst so häßlich unnd ungestalt / das einer / der sie nur ansihet / darab erschrecken möchte.«50

Die den Indern hier zugeschriebene, in der allgemeinen Menschennatur begründete Neigung, ihre eigene biologische Erscheinung als schön zu empfinden – »dieweil […] einem jeden sein form und gestalt am besten gefällt« – führte sie dazu, ihre Götter als ihnen selbst entsprechend darzustellen. Vergleichensalitas illius forme secundum hoc esse quod habet in intellectu, sed secundum quod refertur ad n.res ut similitudo rerum; sicut etiam si esset una statua corporalis representans multos homines, constat quod illa ymago vel species statue […] haberet esse singulare et proprium secundum quod esset in hac materia, sed haberet rationem communitatis secundum quod esset commune representativum plurium.« [MA]. Ebd., S. 38. 48 Henriquez, Enrique SJ: Summa Theologiae Moralis, Venedig 1600, S.  32. MÜ, OR: »Pygmaei in pusillo corpore habent vultum & membra homini similia, sed non sunt h ­ omines: si enim haberent vsum rationis, certe haberent imaginem Dei impressam. At gigantes licet ministerio demonis incubi essent alicubi procreati, sunt homines.« 49 Correia: Alessandro Valignano’s Attitude towards Jesuit and Franciscan Concepts of Evangelization in Japan (1587–1597), in: BPJS (2001), S. 93. 50 [Javier, Francisco de SJ]: Veröffentlichter Brief aus Cochin vom 15.  Januar 1544, in: Maffei/Götzen: Kurtze Verzeichnuß und historische Beschreibung, Ingolstadt 1586, S. 28 f. (2). © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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derweise müsste man hierzu sagen, so, wie auch diese selbe Neigung Javier dazu verleitete, sich den gekreuzigten Christus physiologisch als Mitteleuropäer zu denken. Ein solcher zweiter Schritt der Reflektion, der erst eine wirksame Relativierung kultureller Verschiedenheiten hin zu einer Neutralisierung dieses Verschiedenheitsproblems hätte einleiten können, unterblieb bei Javier aber wegen des Festhaltens an der absoluten Wahrheit seiner ursprünglichen religiösen Erfahrungen. Dementsprechend leitete diese an sich natürliche und erklärliche Verschiedenheit eine religiöse Defizienz ein, indem ein falsches Bild, »vor schwärtze gantz scheußlich […] häßlich unnd ungestalt«, von Gott daraus folgte. Aus der biologischen Verschiedenheit erwuchs hier notwendig die kulturelle Andersartigkeit, die als Abartigkeit wahrgenommen werden musste. Eine implizit negative Bewertung der biologischen Faktoren, die dazu geführt hatten, musste also als einleuchtend erscheinen. Dazu sahen J­ avier und Konsorten nichtchristliche Geistliche als unmöglich im Besitz irgendwelcher Wahrheiten befindlich an, es sei denn, sie besäßen diese auf der Grundlage eines durch das Heidentum verzerrten sittlichen Naturgesetzes – daran zu überprüfen, wie viele implizite Übereinstimmung mit christlichen Lehrsätzen in ihren Vorstellungen auffindbar seien.51 In Asien interessierten sich die Mitglieder der Gesellschaft Jesu im 16.  Jahrhundert dann auch vor allem für die als körperlich bedingt geglaubte indigene Moral, insbesondere im Sexuellen. Aus der so möglichen Ableitung einer Stufenleiter hin zur naturgesetzlichen (europäisch-christlichen) Moralität konnten ihre potentiellen Konvertiten dann verortet werden.52 Solche Annahmen waren jedoch nicht den Jesuiten allein zuzuschreiben. Sie strukturierten bereits die Realitäten des kolonialen Aufeinandertreffens vor, indem sie soziale Realitäten schufen, in deren Kontexte sich die Mission einfügen musste. Schon Afonso de Albuquerque setzte bei seiner offensiv verfolgten Politik portugiesisch-indischer Mischehen klare Grenzen. ›Dunkle‹ indische Frauen, wie etwa die Südinderinnen der Malabarküste, waren als Ehefrauen portugiesischer Kolonisatoren nicht erwünscht.53 Dem entspricht, dass die Völker, von denen Javier sich bessere, christlichere Sitten und dementsprechend leichtere Konversionen versprach, auf seiner bipolaren Farbskala mit Euro­päern in eins fielen: Sie waren für ihn weiß, nicht schwarz. In Javiers alltäglichen Praktiken konkretisierte sich diese Auffassung in seinen Ratschlägen zur Verbesserung des Lebenswandels an die portugiesischen casados, mit denen er verkehrte. Hatten diese hellhäutige Mätressen, empfahl er, die Verbindung durch 51 Gössmann: Das Christentum im Japan des 16./17. Jahrhunderts, in: Meier (Hg) 2005, S. 122. 52 Županov: Lust, Marriage and Free Will, in: Studies in History (2000), S. 200. 53 Malekandathil: Portuguese Cochin and the Maritime Trade of India 1500–1603, Delhi 2001, S. 84. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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Heirat zu legitimieren – waren die in Frage stehenden Frauen dagegen dunkelhäutig, so riet er zu ihrer Verstoßung.54 Er stand mit dieser Einschätzung nicht allein: Auch die wirkmächtige Geschichte Chinas von Juan Gonzalez de Mendoza (1545–1618), 1585 im Auftrag Gregors XIII. verfasst, stellte ein analoges Schema auf.55 Dass es sich hierbei weniger um eine Übertragung als um eine Folgerung aus gleichen oder ähnlichen Prämissen handelte, lässt sich daran abnehmen, dass Mendoza kein Jesuit war, sondern Augustiner, und sich nicht auf jesuitische Dokumente wie etwa die aus China geschriebenen und bereits veröffentlichten Jahresbriefe Ruggieris stützte, sondern bevorzugt spanische und portugiesische Quellen heranzog.56 Auch die Reaktion des europäischen Publikums auf den ersten Japaner, der Europa besuchen sollte, Bernardo von Satsuma, seines Zeichens Konvertit der Societas Jesu, zeigt, dass diese Ansicht offenbar durchaus verbreitet war. Bernardo, einer der ersten Konvertiten Javiers, erregte nach seiner Reise nach Portugal in Europa kaum Aufsehen, auch wenn er zumindest einige hohe Prälaten der Kirche zu sehen bekam.57 Nachdem er Javier im Winter 1550/51 nach Kyōto begleitet hatte, wurde Bernardo nach Europa gesandt, um augenfälliges Zeugnis der Erfolge zu sein, die in den neuen Missionsgebieten erzielt wurden.58 1554 wurde er in Lissabon offiziell als Novize in die Societas Jesu aufgenommen, und 1555 schickte die Gesellschaft ihn auf eine Vorstellungsreise durch Spanien und Italien, über Neapel nach Rom, um ihn dort sowohl Loyola selbst wie auch dem Papst zu präsentieren.59 Von ihm nahm aber niemand besondere Notiz, dabei sollte gerade er doch das Exotische der neuen Länder demonstrieren. Bernardo war jedoch ein armer und ungebildeter Mann, und seine physiologische Erscheinung wurde anscheinend nicht für aufsehenserregend andersartig gehalten.60 Die recht ausführliche Beschreibung des Luís Gonçalves da Câmara verfuhr mit ihm genau wie mit anderen, europäischen Brüdern der Gesellschaft. Die Markierung besonderer ethnischer oder kultureller Unterschiede war offensichtlich unnötig, seine körperliche Erscheinung wurde nicht einmal erwähnt.61

54 Schurhammer SJ: FX 2.1 (1963), S. 224. 55 Gonzalez de Mendoza, Juan OSA: Historia de las cosas mas notables, ritos y c­ ostumbres del gran reyno dela China, Barcelona 1586, S. 25. 56 Balsamo: Les premières relations des missions de la Chine et leur réception françoise, in: NRSS (1998), S. 176. 57 Brown: Courtiers and Christians: The First Japanese Emissaries to Europe, in: Renaissance Quarterly (1994), S. 886. 58 Ruiz-de-Medina SJ: Bernardo de Satsuma, in: DHCJ 1, S. 419. 59 Ebd. 60 Brown: Courtiers and Christians: The First Japanese Emissaries to Europe, in: Renaissance Quarterly (1994), S. 886. 61 Câmara, Luís Gonçalves da SJ: Remembering Iñigo, hg. u. übers. v. Eaglestone/ Munitiz SJ, St. Louis 20052, S. 20 f. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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Loyola war insgesamt sehr zufrieden mit Bernardo: Seine Ergebenheit und sein Gehorsam seien vorbildlich.62 Selbstverständlich ließ sich ein solches bipolares Farbschema auch in­versiv verwenden, was vor allem für Indien in Anschlag gebracht wurde, und auch hier nicht nur Societas Jesu. Antonio de Gouveia, Mitglied des Augustinerordens, begleitete den Erzbischof Dom Alexis de Menezes 1597 als Sekretär an die Malabarküste. De Menezes wollte die dortigen Thomaschristen zur Union mit Rom und damit zur Anerkennung seiner kirchlichen und spirituellen Autorität bewegen. De Gouveia beschrieb in seinem Bericht im historischen Abriss der Situa­tion eine analoge Verknüpfung. »In this distribution, the Apostle St. Thomas was allotted the remotest part of Eastern India whose people were more stubborn in their customs, superstitious in the adoration of idols, and less capable of learning a doctrine. For they were a group of different races (nações); some very superstitious and believing in omens and doctrines of the devil, others very barbarous and lacking in natural reasoning, which obstructed them to see the truth of things.«63

Selbst bei letztlich gescheiterten Missionsprojekten wie dem  – ebenfalls von­ Javier gegründeten64 – auf Morotai im indonesischen Archipel erinnerten sich die jesuitischen Missionare an die ihnen so vielversprechend erscheinenden Menschen im Nachhinein unter der Maßgabe dieser Kategorien, mit einer erstaunlich stabilen Linie des Ineinsfallens von körperlicher Idealisierung und der Attribution geistiger Fähigkeiten, und »the fairest in all these parts, well built and of good judgement, albeit lascivious, especially the women.«65 Dass eine solche Darstellungspraktik kein unvermeidliches Allgemeingut europäischer (portugiesischer) Betrachter war, sondern es auch andere Zugänge gab, zeigt der in den 1540ern entstandene Bericht des António Galvão (c.1490–1557), der von 1536 bis 1539 capitão der Molukken war.66 Im Kapitel über die Einwohner wurde über deren Hautfarbe nichts gesagt; sie seien zwar nicht sonderlich gutaussehend, aber körperlich durchaus gewandt, schnell und geschickt. Dennoch seien sie mit verschiedenen moralischen und charakterlichen Mängeln behaftet, »they have all the evils«, was Galvão sich aber durchaus zu erklären vermochte: »This is what the Holy Scripture confirms for us, saying that the land along the sea will be fruitful and its people very malicious.«67 62 Ruiz-de-Medina SJ: Bernardo de Satsuma, in: DHCJ 1, S. 420. 63 Gouveia, António de OSA: Jornada of Dom Alexis de Menezes [1603], hg. u. übers. v. Malekandathil, Kochi 2003, S. 1 f. 64 Schurhammer SJ: S. Francisco Xavier e a sua época (›), in: Studia (1963), S. 13. 65 Villiers: Las Yslas de Esperar en Dios, in: Modern Asian Studies (1988), S. 606. 66 [Galvão, António]: A Treatise on the Moluccas (c. 1544), übers. u.komm. v. Jacobs SJ, Rom/St. Louis 1971, S. 6. 67 Ebd., S. 71. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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Analoge Verknüpfungen von Klimatologie, Hautfarbe und allgemeinem Verhalten wurden von den berichtenden Jesuiten in positiver Form für die beiden ›weißen‹ Völker, denen ihre Missionsbemühungen in Ostasien galten, hergestellt: Chinesen und Japaner.68 Das anvancierte schnell zu einem festen Topos. Der anonyme Herausgeber der Brevis Iapaniae insulae descriptio, einer lateinischen Übersetzung der 1579 als Lettere del Giappone dell’anno M. D.LXXVII. herausgegebenen Sammlung von Jesuitenbriefen aus dem Japan des Jahres 1577,69 konnte seinem Publikum 1582 in der Praefatio ad lectorem »[ü]ber die Heiden dieser sehr großen Insel« bereits unter Berufung auf andere Publikationen an die Hand geben, »dass sie von weißer Farbe, gutem Wesen, an Begabung und Vorzüglichkeit vielen Völkern unseres Europa voranstehend, und durch ihre Begabung die christliche Religion zu empfangen vortrefflich ge­ eignet seien.«70 Der japanische Jesuit Fabian Fukan konnte ausgehend von einem solchen Schlussverfahren, das biologische und mentale Dispositionen unentwirrbar verquickte, indem jede topologisch als Zeichen der jeweils anderen gedeutet werden konnte, noch 1605 in Japan eine Rechtfertigung der impliziten Vorannahmen der Societas in dieser Hinsicht aus der menschlichen Grundgestalt ableiten. »Autre preuve: les gens de chacune des diverses nations se distinguent par le costume, mais sans offrir pourtant de différence dans l’ôgan-bichoku, je veux dire la position horizontale des yeux et verticale du nez; il en est de même des cinq parties du corps et six sens; la raison en est qu’ils portent la marque du sceau d’un unique et même auteur.«71

Auf asiatischer Seite korrespondierten dieser Konzeption der Jesuiten verschiedene Zugänge, die allerdings ebenfalls interessante Implikationen für das Aufeinandertreffen bergen. Im indischen Kontext traf die Gesellschaft Jesu mit einer reich differenzierten philosophischen Landschaft verschiedener Strömungen aufeinander, deren Konzeptionen der Verstandesfakultät untereinander nicht einheitlich waren. Von Begegnung lässt sich in diesem Kontext allerdings 68 Jorissen: Das Japanbild im Traktat (1585) des Luis Frois, Kyōto 1987, S. 88. 69 Vgl. OA: Lettere del Giappone dell’anno M. D.LXXVII. Scritte dalli Reverendi Padri della Compagnia di Giesù, Rom 1579. 70 OA: Brevis Iapaniae insulae descriptio, ac rervm quarvndam in ea mirabilium, à Patri­ bus Societatis IESV nuper gestarum, succincta narratio. Item insigne qvoddam martyrium, quod in Aphrica quidam pro Christiana religione Catholica inuicta constantia subiit, Köln 1582, S.  A3r. MÜ, OR: »De gentium eius insulae amplissimae, 66. regna continentis, vana religione & moribus, copiosè in Epistolis Iapanicis dudum editis pertractatur, vtpote quod colore candidi, naturae bonitate, ingeniique praestantia multis Europae nostrae nationibus antecellant, & quod eorum ingenia ad Christi religionem suscipiendam in primis idonea sint.« Kursiver Teil in der Übersetzung ausgelassen. 71 Fukan, Fabian: Myōtei Mondō [Buch 1 u. 2], übers. u. komm. v. Humbertclaude SJ, in: MN (1938), S. 243. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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nur schwer sprechen, da die Jesuiten des 16.  Jahrhunderts die Auseinandersetzung mit indischen Philosophien bewusst vermieden.72 Intellektuell wahrgenommen wurden die indischen Denksysteme von ihnen erst gegen Ende des 17., vor allem aber zu Beginn des 18.  Jahrhunderts.73 Dieses Desinteresse erscheint aus der Rückschau geradezu vertraut: Die Literaturlage zum indischen navya-nyāya der Frühen Neuzeit ist immer noch spärlich.74 Eine klare und differenzierte Schilderung der in Frage stehenden philosophischen Vorannahmen indischer Herkunft ist mir also hier nur unter Vorbehalt möglich. Einig waren die verschiedenen philosophischen Strömungen Indiens jedoch darin, dass der Mensch Vernunft nicht nur besitze, sondern dass ihr auch eine Schlüsselfunktion dabei zukomme, sein telos zu erreichen, die Befreiung von duh kha, den negativen Emotionen, die durch negative karmische Auswirkungen entstünden und dann dazu beitrügen, diese erneut zu generieren.75 Ragunātha Śiromani (c.1477–1547) formulierte klar, dass die Überwindung von duh kha den Sinn des Lebens darstelle.76 Die wichtigste Position, mit der die Jesuiten in den konkreten Missionierungssituationen in Auseinandersetzungen verwickelt wurden, dürfte das navya-nyāya sein. Als im 13. Jahrhundert die meisten buddhistischen Gelehrten aus Indien vertrieben wurden, nahm die Relevanz buddhistischer Philosophieund Logikformen für die indischen Alltagspraktiken zwar ab, dennoch musste aber auf einer grundlegenden Ebene den Kritiken, die von Buddhisten an den klassisch-hinduistischen Denkweisen geübt wurden, begegnet werden. Aus der Synthese der buddhistischen Lehren von den pramān a, den Erkenntnisgründen, und dem nyāya, der prävalenten hinduistischen Argumentationslehre, entwickelte sich infolgedessen das navya-nyāya ab dem 13. Jahrhundert zu einem neuen System.77 Ein buddhistischer Philosoph, dessen Argumenten hier besondere Beachtung geschenkt wurde, war etwa der bereits erwähnte Jñānaśrimita.78 Besonderes Kennzeichnen dieses Praktikenkomplexes war dabei die Metho­dologie: Das navya-nyāya legte besonderes Augenmerk auf die Bildung von Ausdrücken durch das Verknüpfen der zu analysierenden Termini durch Relationen. Diese Relationen wurden dabei nicht als realiter existent, sondern nur als idealiter interpoliert konzipiert. Da sie also verstandesabhängig waren, war durch sie erlangte Erkenntnis ebenfalls verstandesabhängig. Daher war es 72 Correia-Afonso SJ: Ritos malabares, in: DHCJ 4, S. 3373. 73 Vidyabhusana: A History of Indian logic, Delhi u. a. 1971 [1921], S. 488 f. 74 Potter/Bhattacharyya: Introduction to the Philosophy of Navya-nyāya, in: Dies. (Hg.) 1993, S. 5. 75 Ganeri: Philosophy in Classical India, London u. a. 2001, S. 15. 76 Varadachari: Dīdithi on Udayana’s Ātmatattvaviveka, in: Versch.: Ragunātha Śiromani, in: Potter/Bhattacharyya (Hg) 1993, S. 524. 77 Vidyabhusana: A History of Indian logic, Delhi u. a. 1971 [1921], S. 353. 78 Ganeri/Tiwari/Matilal: The Character of Logic in India, New York 1998, S. 140. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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wesentlich, zu definieren, welche dieser Erkenntnisse epistemologisch wie ontologisch als valide betrachtet werden konnten.79 Das navya-nyāya war dabei sowohl ontologisch wie epistemologisch eine prinzipiell realistische Position, die die idealistischen und nominalistischen Positionen der Buddhisten und der Vaiśesika inkorporieren konnte.80 Besondere Exponenten dieses Gedankengebäudes waren vor allem Gangeśa (Gangeśvara)  Upādhyāya (um 1325)81, dessen Werk Tattvacintāman i (Gedankenjuwel der Wahrheit) eine entscheidende Rolle im Formierungsprozeß des navya-nyāya spielte82, und der bereits erwähnte und für diese Untersuchung zeitgenössische Ragunātha ­Śiromani, der das Tattvacintāman i in seinen Dīdhiti authoritativ kommentierte und als der wichtigste Denker dieser Strömung nach Gangeśa gilt.83 Eine Auseinandersetzung mit Ragunāthas Positionen hätte sicherlich interessante Debatten seitens der Jesuiten nach sich gezogen. In seinem Padārthatattvanirūpan a stellte er beispielsweise in der Diskussion der Attribute Gottes die These auf, dass Zeit, Raum und Gott ontologisch identisch seien. Schließlich seien Raum und Zeit die grundlegenden Kategorien der Wahrnehmung, und es gebe keinen Beweis, dass Gott von Raum und Zeit verschieden sei, so dass die einfachste Annahme sei, alle drei als eins zu betrachten.84 Die Sichtweise der Vernunft, die er zugrunde legte, war die eines Bewusstseins (jñāna), das sich in konkreten kogni­tiven Akten (ebenfalls jñāna)  manifestiere, die in einem regelmäßigen Verhältnis zueinander stünden.85 Dieses Bewusstsein zeichne sich nicht nur durch diese interne Regelmäßigkeit seiner Funktionsabläufe aus, sondern vor allem dadurch, dass diese einerseits als introspektiv erkennbar und andererseits als universell gültig gesetzt wurden.86 Was mit der Anwendung bestimmter, klar voneinander abgegrenzter Methoden durch Gebrauch dieser Vernunft erreicht werden sollte, war eine Erweiterung des Wissens, das heißt, der gesicherten Episteme. Solches Wissen, also gedankliche Zustände, die den Wahrheitswert »wahr« tragen (pramā), könne durch vier über Erkenntnismittel (pramāna) erreicht werden: Durch unmittelbare Sinneswahrnehmung (pratyaks a), Infe 79 Wada: The origin of Navya-nyāya and its place within the history of Indian Logic, Working Paper (2006), unter: Nagoya Repository (http://hdl.handle.net/2237/13138), S. 14. 80 Ebd., S. 15. 81 Die genauen Lebensdaten sind noch nicht abschließend geklärt. Ich folge Phillips/Tacharya: Preliminaries, in: Gangeśa: Epistemology of Perception, hg. u. übers. v. Phillips/Tacharya, Delhi 2009, S. 1–6; S. 1. [KiO.] und Ganeri/Tiwari/Matilal: The Character of Logic in India, New York 1998, S. 142. 82 Vidyabhusana: A History of Indian logic, Delhi u. a. 1971 [1921], S. 405. 83 Div.: Ragunātha Śiromani, in: Potter/Bhattacharyya (Hg) 1993, S. 521. 84 Potter: Padārthatattvanirūpana, in: Versch.: Ragunātha Śiromani, in: Ders./Bhattacharyya (Hg) 1993, S. 529. 85 Potter/Bhattacharyya: Introduction to the Philosophy of Navya-nyāya, in: Dies. (Hg.) 1993, S. 19. 86 Ebd., S. 23. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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renz (anumāna), Zeugnis (śabda) und Analogie (upamāna).87 Die Anwendbarkeit der logischen Methodik als solcher im Theologischen wurde dabei von den indischen Theoretikern traditionell bereits seit langem anerkannt. Sowohl Kumarila Bhatta (8. Jhdt) wie auch Manu (9. Jhdt) sprachen als einflussreiche und traditionsbildende indische Philosophen dem nyāya die Funktion eines notwendigen Werkzeugs zum Verständnis der Veden zu.88 In Japan war die konzeptionelle Landschaft, in der sich die jesuitischen Missionare zurechtfinden mussten, gänzlich anders zusammengesetzt. Die beiden Grundpositionen, mit denen sie hier konfrontiert wurden, waren einerseits die aus China übernommene konfuzianische Theorie und andererseits der Buddhismus in seiner chinesischen Erscheinungsform, beide transformiert in ein jeweils spezifisch japanisches System  – wobei beide Systeme zu einem großen synkretistischen Block zusammengedacht wurden. In konfuzianischer Theorie zeichnete sich der Mensch vor allem durch eines aus: Seine wertende Vernunft, die es ihm ermöglichte, aus Sinneswahrnehmungen moralische Urteile abzuleiten und sich diesen entsprechend zu verhalten.89 Dieses Vermögen besäßen alle Menschen in gleicher Weise; lediglich die Realisierung dieses Potentials im Laufe der Entwicklung des Einzelnen differiere und differenziere so die Menschen, um eine strukturierte Gesellschaft hervorzubringen.90 In China beschrieb Feng Ying-Ching das 1603 im Vorwort zur vierten Auflage der Weltkarte des Jesuiten Matteo Ricci ausdrücklich als Voraussetzung interkultureller Verständigung: »The mind, this gift given to us by the Supreme Ruler, is the same throughout the world: the particulars at which it arrives, considered fundamentally, completely harmonize and perfectly correspond.«91 Dieses Verstandesvermögen wurde jedoch nicht als gottgegeben angenommen, sondern als aus der Natur des Menschen erwachsen. Es brachte ihm keine ontologische Sonderstellung ein, die ihn von den anderen Geschöpfen der Natur prinzipiell unterschiede. Diese Auffassung der Seele (als Verstandesvermögen begriffen) brachte die Jesuiten wiederum dazu, dem Konfuzianismus Materialismus vorzuwerfen. Obwohl es durchaus Überschneidungspunkte zwischen Konfuzianismus und Christentum gebe, rührten diese aus der notwendigerweise unvollständigen natürlichen Offenbarung her – was implizierte, dass sie defizitär sein müssten, wie Fukan darlegte.92 Diese verschiedenen Positionen hätten jedoch offenbar nicht unvereinbar sein müssen. Nach seiner Apostasie argumentierte Fabian Fukan 87 Guha: Tarka as cognitive validator, in: Journal of Indian Philosopy (2012), S. 49. 88 Kane: HD 5.2, (19772), S. 1261. 89 Munro: The Concept of Man in Early China, Stanford 1969, S. 12. 90 Ebd., S. 26. 91 D’Elia SJ: Recent Discoveries and New studies (1938–1960) on the world map in Chinese of Father Matteo Ricci S. J., in: Monumenta Serica (1961), S. 132. 92 Fukan, Fabian: Myōtei Mondō [Buch 1 u. 2], übers. u. komm. v. Humbertclaude SJ, in: MN (1938), S. 254. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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in seiner Schrift wider das Christentum, Ha Daiusu (1620), gegen die aristotelische Lehre von den drei Seelenvermögen in einer gut thomistisch interpretierbaren Weise, mit dem Unterschied von forma und materia. So wiedergegeben lautete sein Argument: Das Prinzip (die Form) sei für jedes Objekt unteilbar eine, während die Differenzen in der Erscheinung sich aus dem konkreten Objekt erklärten (der individuierenden Materie). Da die Seele nun aber eine sei, sei es nicht möglich, ihr Prinzip in drei zu teilen und die anima rationalis besonders hervorzuheben. »All things have two aspects: object and principle. If a particular object exists, it is impossible for its principle not to exist. This principle we call the thing’s natural endowment. […] Rain is one – is the principle. The receptacles are of thousandfold variety – they are the objects. […] Rainwater is not endowed with the attributes of long or short, square or round; it does not possess odor, fragrant or foul; clearness and turbidity are not inherent in it; and it does not have flavor, sweet or bitter or whatever. Rather, for rainwater a square or round shape, the Five Flavors, fragrant or foul odor, clearness or turbidity, and so forth – all is determined by the receptacle’s square or round shape, good or bad quality, pure or defiled state.«93

Der ehemalige Jesuit Fukan muss sicherlich als philosophisch-argumentatorisch vom Gedankengut seiner Lehrer beeinflusst gedacht werden. Nichtsdestotrotz zeigt die Tatsache, dass er in einem dezidiert weder an Jesuiten, Europäer noch – im Wesentlichen – Christen, sondern gerade an die traditionellen konfuzianisch-buddhistischen Eliten Japans gerichteten Werk dieses Argumenta­ tionsmuster nutzen zu können glaubte, um eine effektive Widerlegung westlicher Lehren zu erzielen, doch, dass ein Verständigungspotential auf diesem Gebiet bestanden hätte. Trotz unterschiedlicher philosophischer und religiöser Basispostulate lässt sich zwischen Jesuiten und Konfuzianern zudem eine wichtige Ähnlichkeit festhalten. Beide glaubten an die unabänderliche Richtigkeit ihres Werte- und Normensystems aufgrund der Übertragung desselben in die Vorstellung von naturnotwendiger kosmischer Ordnung.94 Nachdem im chinesischen Paradigma der menschliche Verstand also zwar wertend tätig werden konnte und musste, aber nur dann zu wahrhafter moralischer Erkenntnis gelangte, wenn er die in der Natur liegenden Prinzipien wahrer sittlicher Verhältnisse – also: chinesischer sittlicher Konventionen  – ergründete, so ergab sich aus einem andersartigen Verhalten von Fremden auch hier eine Wahrnehmung als Defizienz. Die naturgegebenen Verstandeskapazitäten aller Menschen wurden offensichtlich nicht gut genutzt, sonst wäre es unmöglich, in Verfehlung der Wahrheit auf solche 93 Fukan, Fabian: Deus Destroyed [Ha Daiusu], übers. u. komm. v. Elison, in: Ders. (1991)3, S. 269. [MA]. 94 Munro: The Concept of Man in Early China, Stanford 1969, S. 36. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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irrigen Konventionen zu verfallen. Eine anthropologische Verankerung dieser Position lieferte der große Theoretiker des Neokonfuzianismus, Zhū Xhī, bereits im 12. Jahrhundert.95 Die dritte Position, mit der die Jesuiten sich in Ostasien auseinandersetzen mussten, die buddhistische, legte eine ganz andere anthropologische Konzeption des Vernunftvermögens zugrunde. Chitta/Citta (sanskr./pali), das Bewusstsein, wurde dort definiert als eine Reihe diskontinuierlicher Momente, die aufeinander folgten und aus denen keine Konstanz einer seelischen oder vernünftigen Substanz im Menschen ableitbar sei.96 Damit wurden auch die Prozesse, die der Mensch als seelisch oder vernünftig empfindet, als kausal konditioniert gedacht. Es gab keinen speziellen ontologischen Status des Spirituellen, als letztlich sowohl materiale wie mentale Phänomene irreal seien.97 Das Vernunftvermögen des Menschen trat nicht gesondert in Erscheinung, da auch die einzelnen Gedanken letztlich nur Momentaufnahmen von Bewusstseinszuständen waren, wie rational sie auch scheinen mochten. Das Subjekt nahm sich in einer solchen Sichtweise lediglich selbst als denkend wahr. Da das aber immer nur für Augenblicke dieses Prozesses galt, die als Teilstücke, gleichsam Ausschnitte wahrgenommen werden, konnte nicht notwendig geschlossen werden, diese konstituierten tatsächlich einen übergreifenden Prozess. Dies sei lediglich eine kognitive Gewohnheit, verursacht vom mentalen Vermögen der Aufmerksamkeit, die einzelne Wahrnehmungen fixiere, damit zu mentalen Objekten mache und so das illusorische Gefühl einer kontinuierlichen Sinneswahrnehmung durch ein kontinuierlich einheitliches Bewusstsein erzeuge.98 Das, was Kant als die transzendentale Einheit der Apperzeption einführte, um das individuelle Bewusstsein konstituieren zu können,99 wurde aus dieser Perspektive also rundweg abgelehnt. Zu denken, es gebe ein solches ›Selbst‹, abgeschlossen und autonom, war in der Terminologie des hier grundlegenden Diamanten-Sutra100 eine charakteristische Angewohnheit gewöhnlicher, unverständiger Menschen.101 Die Vorstellung der Möglichkeit einer tatsächlich kausallogisch abgeleiteten wahren Aussage über Phänomene der empirischen oder spirituellen Außenwelt wurde damit prinzipiell aufgehoben, dialektische Logik zu nichts Weiterem als einer Spielerei des sich ein Selbst vorgaukelnden Geistes. Das Verständnis der Konzeption der Verstandesfakultät (Sanskr.: yukti) selbst, die für diese Imaginationen verantwortlich zeichne, ist nicht weniger schwie 95 De Bary: East Asian Civilizations, Cambridge (Mass.)/London 1988, S. 56. KiO. 96 Billington: Understanding Eastern Philosophy, London/New York 1999, S.  57., u.­ Coseru: Mind in Indian Buddhist Philosophy, in: SEP/O (2009), 1.1, Abschn. 6.  97 Ebd., 2.2, 2.3, Abschn. 1. 98 Ebd., 5.1. 99 Kant: Kritik der reinen Vernunft, hg. v. Martin u. a., Stuttgart 1966, S. 181 f. 100 Sanskrittitel: Vajraccedhikāprañiatāpāramitā. 101 Nagatomo: The Logic of the Diamond Sutra, in: Asian Philosophy (2000), S. 217 f. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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rig, als der Terminus im indischen Gebrauch sowohl die Prozesse des Vernunftgebrauchs bezeichnen konnte als auch die Grundlagen, auf denen diese Prozesse stattfinden.102 Dabei gab es keine dogmatische oder orthodoxe Einigkeit über die Verortung dieses Phänomens.103 Auch in geographisch und praxeologisch Indien näher gelegenen Kontexten wie etwa Tibet war diese Unterscheidung nicht einfach zu leisten.104 Die damit letztlich einhergehende Ablehnung der Vorstellung, der Mensch besitze eine persönliche, abgeschlossen existierende Seele – ganz zu schweigen von deren Unsterblichkeit – bildete ein substantielles Hindernis dafür, überhaupt in einen tatsächlichen Dialog einzutreten. Für Ricci in China stellte Rule dieses Problem bereits als einen wesentlichen Stolperstein in der Auseinandersetzung mit dem Buddhismus vor105, und auch in Japan traten bereits früh ähnliche Rezeptionsprobleme bei den dort tätigen Jesuiten auf.106

6.2 Logik Aus der anthropologisch begründeten Konzeption der menschlichen Vernunft lässt sich der zweite Betrachtungsfokus ableiten, die Logik. Welche Eigenschaften wurden der Vernunft zugeschrieben? Wenn der Verstand eine Eigenschaft des Menschen ist, so stellt sich ein logisches Vermögen als eine mögliche Eigenschaft des Verstandes dar, als dessen modus operandi. Die Art und Weise, in der dieses Vermögen von den am Missionsgeschehen Beteiligten konzipiert wurde, sollte einen Blick auf die Bedingungen der Möglichkeiten von Argumentation und deren Verständnis erlauben, die den jeweiligen Vermittlungsversuchen vorgehen. Das insbesondere, da die Differenzen, die hier auftraten, sich notwen­ digerweise durch alle nachfolgenden Diskussionen zogen.107 Für die Jesuiten war die Entwicklung eines logischen Vermögens aus der Verstandesvorstellung heraus einfach. Die zweiwertige Logik in der aristotelischen Form der vier Ursachen war diejenige, durch die ihre Begründungen für die Annahme des Verstandes als forma des Menschen funktionierten. Also musste sie auch diejenige sein, die die natürliche Ausdrucksweise des Verstandes darstellte. Liu geht soweit, dies als nicht nur jesuitisches, sondern spezifisch christliches Logikverständnis herauszustellen, eine Verknüpfung, die bis 102 Nance: On what do we rely when we rely on reasoning?, in: Journal of Indian Philo­ sophy (2007), S. 151. 103 Ebd., S. 163. 104 Ebd., S. 152. 105 Rule: Jesuit and Confucian, in: Journal of religious history (1968), S. 122. 106 Sansom: The Western World and Japan, New York 1970, S. 120 f. 107 Vgl. Smith: Bowl climbing: The logic of religious question rivalry, in: International Journal for the Philosophy of Religion (1994), S. 29. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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zu den Arbeiten von Leibniz als notwendig gelten musste.108 Er zieht allerdings aus dieser Beobachtung nicht den konsequenten Schluss. In der Betrachtung von ­R iccis Interpretationsstrategie der konfuzianischen Klassiker schreibt er diesem zu, die Funktionalitätslücke in diesem Ansatz notgedrungen mit dem Rekurs auf aristotelische Logik geschlossen zu haben, als sie ihm bewusst wurde.109 Diese pragmatisch erscheinende Lösung lässt es aussehen, als habe es eine Option gegeben, als habe Ricci sich freiwillig und bewusst für diese Version der Verteidigung seiner Missionsstrategie entschieden. Nimmt man aber die erste Aussage Lius ernst, und sie scheint mir plausibel, dann bestand nicht einmal das Bewusstsein einer Wahlmöglichkeit im logischen Bereich. Ricci nahm den Rekurs auf die aristotelische Untermauerungsmöglichkeit für sein christliches Weltbild als eine Selbstverständlichkeit. Zudem schien diese Argumentation einem Publikum, das sich zwar durch natürliche Rationalität, aber auch völlige Unkenntnis christlicher Glaubensinhalte auszeichnete, näher zu liegen als jede dogmatische Deduktion. Auf Aristoteles verfiel er ebenfalls nicht zufällig, sondern unweigerlich. Der Philosophus bildete die Ausgangsbasis aller logischen Überlegungen christlicher Philosophie, und nach seiner Integration in den christlichen Kosmos durch Aquinas mit der zusätzlichen Autorität des Doctor Angelus auch den Rahmen sämtlicher jesuitischer logischer Überlegungen. Es gab für Ricci keine valide Alternative. Selbst das Bewusstsein für eine solche dürfte gefehlt haben.110 Obwohl die Natur der Vernunft von den jesuitischen Autoren ausgiebig er­ örtert wurde, fehlen Thematisierungen der Art und Weise ihrer Funktion, die sich außerhalb von Fragen nach der reinen Mechanik der Abläufe bewegen. Die unausgesprochen zugrundeliegende Annahme hierbei war, dass die Natur des rationalen Vermögens einfach, unabänderlich und durch dieses selbst erkennbar sei. Es ging darum, wie akkurat diese Erkenntnis war, nicht darum, ob sie die richtige Betrachtungsweise darstellte. Dass es nur eine mögliche Art und Weise gab, logisch richtig zu denken, war so selbstverständlich, dass es nicht thematisiert wurde.111 Damit standen die Jesuiten aber selbstverständlich nicht allein. Ganz im Gegenteil zieht sich diese Haltung in westlich-europäischer Philosophie und Geistesgeschichte zumindest bis zu David Humes (1711–76) berühmter Infragestellung des Kausalprinzips.112 Seine Theorien zu Selbst und Identität weisen dabei deutliche Berührungspunkte mit den oben angespro 108 Liu: Seeing God differently: Chinese Piety and European Modernity, in: History of­ Religions (2005), S. 42. 109 Liu: The Intricacies of Accommodation, in: Journal of World History (2008), S. 480. 110 Raguin SJ: Father Riccis Presentation of Some Fundamental Theories of Buddhism, in: Chinese Culture (1969), S. 42. 111 Yesudhas: Indigenization or Adaption?, in: Bangalore Theological Forum (1967), S. 51. 112 Hume: An Enquiry concerning Human Understanding, übers. u. komm. v. Beauchamp, Oxford/New York 1999, S. 144. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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chenen buddhistischen Konzepten auf113 und lassen sich, was Kausalität betriftt, auch in vielen Aspekten mit den diesbezüglichen Theorien der indischen nyāya-Logiker verbinden.114 Für das 16. und frühe 17. Jahrhundert jedoch kann eine solche – noch sehr vorsichtige – Relativierung der eigenen Logik nicht angenommen werden. Zumindest nicht für Europa, außerhalb dessen es durchaus Ansätze zu einer solchen Relativierung gegeben hatte. Der muslimische Philo­ soph Ibn Khaldun (1332–1406) beispielsweise kritisierte im 14.  Jahrhundert Aristoteles, indem er die Anwendbarkeit von Logik auf metaphysische Probleme generell bestritt.115 Ostasien zeichnete in dieser Hinsicht sich nicht nur durch eine Mehrzahl konkurrierender religiöser Systeme aus, sondern auch durch eine Relativierung logischer Betrachtungsweisen insofern, als diese als solche thematisiert wurden. 1227 formulierte der Zen-Meister Dōgen (Dōgen Kigen, ­1200–53), der Begründer des sōtō-zen, nach seiner Rückkehr aus China, eine solche Relativierung in einem sehr einflussreich gewordenen Text.116 »Das Transzendieren von ›Gewöhnlich‹ und ›Heilig‹, das man von alters her sieht, bedient sich der Hilfe der Stille (des Zazen), auch die Befreiung im Hocken und das Sterben im Stehen beruht auf der Kraft der Sammlung. Die Kōan vom Heben des Fingers, vom Hinausschreiten über die Spitze der Stange, von der Nadel und dem Hammer, sowie die Erleuchtungsmittel Wedelstab, Faust, Stock und Andonnern,  – diese werden vom unterscheidenden Denken nicht verstanden.«117

Das »unterscheidende Denken«, die zweiwertige Logik, wurde so als untauglich zur Erleuchtung abgelehnt  – als eine defizitäre Denkform. Dōgen stand damit keineswegs allein. Der shingon-Buddhismus beispielsweise verfuhr auf anderer Grundlage ganz ähnlich und teilte alle buddhistischen Lehren in exote­ rische, auf Wort und Logik beruhende, und esoterische, allein auf mystische Erfahrungen gründende, und erkannte nur die letzteren als wahr an.118 An Stelle von Wort und Logik trat in beiden Ansätzen eine mit der aristotelischen Logikkonzeption unvereinbare Argumentationsform nicht-dualistischen Charakters, entwickelt aus dem Diamanten-Sutra. Deren Grundproposition lautete: »A = non-A, also: A = A«.119 Ziel der Anwendung dieser Logik war jedoch nicht, systematisches Wissen über die Welt zu gewinnen, sondern vielmehr, Zweifel und Anfechtungen aus dem eigenen Denken zu verbannen, indem die zwei­ 113 Coseru: Mind in Indian Buddhist Philosophy, in: SEP/O (2009), 1.1, Abschn. 7. 114 Ganeri: Analytic Philosophy in Early Modern India, in: SEP/O (2009), Abschn. 6.3. 115 Schleifer: Ibn Khaldun’s theories of perception, logic and knowledge, in: The islamic quarterly (1990), S. 95. 116 Dōgen Kigen: Allgemeine Lehren zur Förderung des Zazen von Zen-Meister Dōgen, übers. u. komm. v. Dumoulin SJ, in: MN (1958/59), S. 183. 117 Ebd., S. 187 f. KiO. 118 Matsuo: A History of Japanese Buddhism, Folkestone 2007, S. 163. KiO. 119 Nagatomo: The Logic of the Diamond Sutra, in: Asian Philosophy (2000), S. 213. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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wertige Logik überwunden wurde.120 Diese erwüchse aus der Struktur des Verstandes gewöhnlicher Menschen, indem sie sich als Selbst voraussetzen, geradezu notwendigerweise, und würde von diesen ebenso notwendig, aber fälschlich als natürlich und vernunftgemäß empfunden.121 Dass die Argumentation »A = non-A, also: A = A« in dieser Logik widersprüchlich erschiene, entspränge dementsprechend aus einer Fehlinterpretation des Argumentationsganges, der keine kausale, sondern eine konsekutive Folge ausdrücke. Durchliefe A als ein Phänomen, das ja wie alles Wahrgenommene lediglich auf Illusion beruhte, den Denkprozess der Negation, so werde es in der Folge möglich, A aus der Perspektive desjenigen zu betrachten, der sich auf dem rechten Weg zur Erleuchtung befindet.122 Beide Perspektiven waren jeweils für sich genommen wahr und logisch, das jedoch lediglich abhängig vom Standpunkt des Betrachters. Dieser Prozess der Negation ließ sich dabei auf jeder Stufe des Erkenntnisprozesses wieder neu durchführen, um die Nichtigkeit all dieser Erkenntnisse zu zeigen.123 So ergab sich eine generelle Scheidung von konventioneller und ultimativer Erkenntnis, wobei die ultimative Erkenntnis das Bewusstsein der letztlichen Irrealität und damit Kontingenz aller Dinge beinhaltete.124 Das Diamanten-Sutra konzipierte  – seinem Programm der Überwindung von Logik folgend – selbst jedoch keine logische Form.125 Eine Rekonstruktion der Praktiken logischen Denkens in den so vorgegebenen Kategorien kann auf dieser Basis nur ex post gelingen. Es kann aber auch nicht die Rede davon sein, diese Art der Argumentation stelle nur eine historische Kuriosität dar, die von der Moderne beseitigt worden sei. Die Theoretiker der modernen japanischen Kyōto-Schule beziehen den Standpunkt, dass ein logisches System, das der Struktur der Realität adäquat sein will, in der Lage sein müsse, mit derartigen Antinomien umzugehen, da diese sich bei näherer Betrachtung der Welt notwendig ergäben, und verwenden daher weiterhin die »A und zugleich non-A«-Formulierung.126 In der Philosophie Nāgārjunas, eines der bedeutendsten buddhistischen Theoretiker nach Gautama selbst127 – er konzipierte den »mittleren Weg« des Buddhismus, das mādhyamika, auf den sich ein Großteil der späteren buddhistischen Bewegungen beruft – zeigt sich ein ähnliches Verständnis von Logik. Logik sei nicht mit Kategorisierungen zu fassen und primär ein Mittel zum 120 Nagatomo: The Logic of the Diamond Sutra, in: Asian Philosophy (2000), S. 215. 121 Ebd., S. 221. 122 Ebd., S. 224. 123 Chang: Ch’an Buddhism: Logical and Illogical, in: Philosophy East and West (1967), S. 38 f. 124 Cheng: Truth and logic in San-lun Mādhyamika Buddhism, in: International Philo­ sophical Quarterly (1981), S. 265 f. 125 Nagatomo: The Logic of the Diamond Sutra, in: Asian Philosophy (2000), S. 230. 126 Jones: The logic of soku in the Kyoto school, in: Philosophy East and West (2004), S. 302 f. 127 Westerhoff: Nāgārjuna, in: SEP/O (2010), Abschn. 1.  © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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Zweck, beinhalte aber keine darüber hinausreichenden Ansprüche auf Wahrheit.128 Diese taktische Instrumentalisierung von Logik sollte dazu genutzt werden, mit jeder logischen Grundposition kompatibel so zu argumentieren, dass widersprüchliche Aussagen entstehen, um so die Unvollständigkeit, die illusorische Natur jedes solchen Systems aufzuweisen.129 Logische Kriterien waren damit innerhalb eines solchen Paradigmas nicht die einzigen, die zur Entscheidung von Sachverhalten dienen konnten. Für gewisse Fragen galt, dass sie logisch unbeantwortbar waren und daher zurückgewiesen werden konnten und mussten, um nicht in eine Fetischisierung der Logik zu verfallen.130 Die Grundbausteine, auf denen ein so begründetes Denksystem aufbaute, waren keine Axiome, auf die sich formallogische Aussagen gründen ließen, sondern die Konzepte von »bedingter Entstehung« pratītyasamutpāda, »Leere« (im Sinn einer Relativität, Nicht-Substantialität der Welt und des Bewusstseins131) śūnyatā, und nirvāņa/nibbāna, das letzte verstanden als ein Bewusstseinzustand, der einer bestimmten Wahrnehmungskonfiguration entspricht, nämlich der bereits erwähnten desjenigen, der sich auf dem Weg der Erleuchtung befindet.132 Mit diesen verschiedenen, für die Entscheidung, welche der jeweiligen Logikformen (dualistisch oder nicht-dualistisch) angemessen und anwendbar sei, notwendig einzurechnenden Bewusstseinszuständen war auch verbunden, dass trotz der anscheinend klaren Unvereinbarkeit beider Argu­ mentationsmuster diese gar nicht bestand.133 Nicht-dualistische Logik erkannte den Wert und Beweischarakter dualistischer Logik durchaus an, trennte jedoch die Anwendungsgebiete. Sowohl Logik wie auch Sprache konnten verwertbare Aussagen mit praktischer Relevanz für das Gebiet der empirischen oder konventionellen Wahrheit aufstellen, aber diese durften nicht zu ontologischen Aussagen hypostasiert werden.134 Sprache sei nicht in der Lage, Wahrheit abzubilden, und Logik schließlich nur ein sprachliches System.135 Letztlich verweist ein solcher argumentativer Zugang für den Außenstehenden auf ein grundlegendes Paradoxon: Es ist nicht möglich, von der Lehre der Irrea­lität der Wahrheit (und damit der Logik) widerspruchsfrei zu behaupten, sie sei 128 Cheng: Truth and logic in San-lun Mādhyamika Buddhism, in: International Philo­ sophical Quarterly (1981), S. 263. KiO. 129 Ebd., S. 270, u. Bharadwaja: Rationality, Argumentation and Embarrassment, in: Philosophy East and West (1984), S. 314. 130 Bharadwaja: Rationality, Argumentation and Embarrassment, in: Philosophy East and West (1984), S. 313. 131 Kern: Matteo Riccis Verhältnis zum Buddhismus, in: Monumenta Serica (1984), S. 82. 132 Bharadwaja: Rationality, Argumentation and Embarrassment, in: Philosophy East and West (1984), S. 315. 133 Hoffman: Non-dual Awareness and Logic, in: Asian Philosophy (2001), S. 130. 134 Kügler: The Logic and Language of Nirvāna, in: International Journal for Philosophy of Religion (2003), S. 99 f. 135 Ghose: The modality of dialectics, in: Journal of lndian Philosophy (1987), S. 302. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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wahr. Gautama selbst verwies in diesem Zusammenhang seine Anhänger darauf, nicht übermäßig auf seine Lehre zu bauen, wollten sie Erleuchtung erlangen, »[b]ut when you know for yourselves … then you should do or not.«136 Mit Billington gesprochen, »[w]e are left with the logical dilemma of not having blind faith in teaching that included the admonition not to have blind faith in the teaching.«137 Die Entwicklung einer buddhistischen Logik als Demonstrationselement für im obigen Sinne logisch beantwortbare Sachverhalte folgte im 6.  Jahr­ hundert n.d.Z. mit dem nyāyapraveśa-Sutra, der »Einführung in die logischen Methoden«.138 Trotz einer prinzipiellen Übersetzbarkeit in westliche syllogistische Methodik und einer analogen Verwendung zur Überzeugung Anderer von der eigenen Position war diese aus der klassischen indischen Logik erwachsene Denkrichtung jedoch grundlegend anders orientiert als die aristotelische. Sie ging nicht deduktiv, sondern retroduktiv vor.139 Es wurde also zunächst eine Hypothese aufgestellt und diese anhand von Beobachtungen Schritt für Schritt in ihrer Plausibilität evaluiert, so dass am Ende ein probabilistischer Schluss stand. Das Muster eines solchen Schlusses lautete also: Hypothese A ist wahrscheinlich, da A notwendig B bedeuten würde und wir B feststellen können. Diese Methode postulierte ein neues, nicht in der ursprünglichen Datenmenge enthaltenes, und aufgrund dieser Daten wahrscheinliches Resultat. Damit wurde dieses aber nur als möglicherweise zutreffend angenommen. Schließlich konnte B ja noch auf andere Art und Weise zustande gekommen sein als durch A. Die so getroffene Feststellung konnte also nur unter Vorbehalt gültig sein. Der Denkende ging ein kognitives Risiko ein, dass sich seine Annahme letztlich als falsch erweisen könnte.140 Das navya-nyāya operierte mit demselben Fallibilitätmodus.141 Das so erzeugte Resultat konnte jedoch syntaktisch nicht vom Resultat einer syllogistischen Deduktion unterschieden werden, das nicht neu – da in der ursprünglichen Datenmenge bereits enthalten – und aufgrund der Daten als sicher zutreffend anzunehmen ist. Hier zeigt sich erneut eine oberflächliche Ähnlichkeit inhaltlich voneinander abweichender Positionen, die im konkreten Kontakt einen erfolgreichen Transfer deutlich erschweren musste. Dass derartige Schwierigkeiten zumindest im Ansatz be-

136 Aus dem Anguttara Nikaya, III, 65, zit. nach: Laumakis: An Introduction to Buddhist Philosophy, Cambridge 20092, S. x. 137 Billington: Understanding Eastern Philosophy, London/New York 1999, S. 176. 138 Factor: What is the »Logic« in Buddhist Logic?, in: Philosophy East and West (1983), S. 183, S. 187. 139 Ebd., S. 187. 140 Oetke: Indian Logic and Indian Syllogism, in: Indo-Iranian Journal (2003), S. 61 f. 141 Phillips/Tacharya: Introduction: Gangeśa and Nyāya Philosophy, in: Gangeśa, übers. u. hg. v. dens., 2004, S. 21. KiO. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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reits von den Zeitgenossen erkannt und benannt wurden, zeigt sich in der buddhistischen Refutation des Christentums Taiji Jashūron (Widerlegung der bösartigen Lehren), 1648 verfasst vom Mönch Sessō Sōsai. »The Lord of the Heavens Deusu created the Universe and everything that is contained therein, and furthermore, transmitted the law of causality that allows the salvation of humanity. Ignorance of this principle is the root cause of the appearance of hollow theories that profess nihilism as their religious principle.«142

Sessō war allerdings nicht in der Lage, den von ihm hier angedeuteten Gedanken vollständig zu entwickeln. Obwohl das Taiji Jashūron eine weitgehende Detailkenntnis christlicher Glaubensinhalte und Dogmatik zeigt, schien der Autor seine Informationsmenge nicht zu einem Verständnis dieser Lehre zusammenziehen zu können, was Pinto dos Santos im einschlägigen Aufsatz zwar feststellte, aber nicht weiter erklärte.143 Ich unterstelle jedoch, dass Sessō zwar feststellen konnte, dass hier eine bestimmte Art von logischer Verknüpfung behauptet wurde, aber seine eigene, dem widersprechende logische Grund­ position als seinem Denken zugrundeliegende Vorannahme nicht zur Seite setzen konnte, da er sich wohl nicht bewusst war, dass gerade hier der Konfliktpunkt lag. So folgte das Unvermögen, Verständnis zu entwickeln, nahezu zwangsläufig. Ähnlich wie in der nicht-dualistischen Logik, wie sie etwa Nāgārjuna formulierte, entwickelte sich auch in der chinesischen Argumentationslehre bereits im 4. Jahrhundert v.d.Z. mit der ming jia, der »Schule der Namen« eine dem aristotelischen Prinzip der Widerspruchsfreiheit auf den ersten Blick widersprechende Form, die in sich selbst widersprüchliche Aussagen wie »Jedes Ding ist gleich anderen Dingen und doch sind alle Dinge voneinander unterschieden« enthielt.144 Das hier aufgestellte Prinzip ließe sich als eines der Selbstnegation der Dinge reformulieren. Im Lauf der Zeit verkehre sich alles durch den steten Wandel, dem es unterworfen sei, unweigerlich in sein in ihm selbst bereits angelegtes Gegenteil. Hierbei ergaben sich leicht Anschlusspunkte zum buddhistischen Denken, innerhalb dessen die Verneinung von Kontinuität und Substanz zugunsten eines permanenten Wandels ebenfalls als notwendig vorausgesetzt wurde.145 Gerade das stellte dabei für ein dem aristotelischen Paradigma verpflichtetes logisches System eine schwer zu nehmende Hürde dar. Syntaktisch

142 Zit. nach: Pinto dos Santos: A 17th century Buddhist treatise refuting Christianity, in: BPJS (2002), S. 106. 143 Ebd., S. 110. 144 Jiang: The law of non-contradiction and Chinese philosophy, in: History and Philo­ sophy of Logic (1992), S. 2. 145 Chinchore: Some Thoughts on Significant Contributions of Buddhist Logicians, in: Journal of Indian Philosophy (1987), S. 156. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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waren dergestalt aufgestellte Sätze schließlich weiterhin selbstwidersprüchlichen Aussagen gleich. Eine Unterscheidung ließ sich nur über eine metatheoretische Reflektion über den logischen Gesamthintergrund der jeweiligen Aussage treffen. Diese aber war den an der aus dem Versuch, Praktiken zu übertragen, resultierenden Praktikenkollision Beteiligten nicht möglich. Vordergründig gleiche Aussagen, die aber von allen Beteiligten notwendigerweise mit völlig verschiedenen Interpretationen versehen werden mussten, ohne dass es zu einer Thematisierung der Gründe für diese Unterschiede kommen konnte, stellten auf allen Ebenen der logischen Verständigung entscheidende Problemfaktoren dar. Mit der notwendigen Einbeziehung auch der nicht-buddhistischen indischen Logik kompliziert sich das Bild noch weiter, als diese in ihrer frühen Form, dem nyāya, dem entgegen nicht die beständige Wandelbarkeit, sondern die Kontinuität der Dinge in den Mittelpunkt stellte.146 Das für diese Arbeit maßgebliche spätere Stadium indischer Logik, das bereits thematisierte navya-nyāya, übernahm diese Grundannahme. Zusammen mit den schon aufgezeigten Ähnlichkeiten zur europäisch-aristotelischen Argumentationspraxis dürfte es das den Mitgliedern der Societas scheinbar einfach gemacht haben, mit denselben Argumentationen aufzutreten, die sie aus den scholastischen und dialektischen Diskussionen europäischer Philosophie bereits kannten, schienen die Kontexte doch grundlegend vergleichbar. Noch Roberto de Nobili begann Anfang des 17. Jahrhunderts seinen Tamil-Katechismus mit den kosmologischen und teleologischen Argumenten Aquinas’ für die Existenz Gottes: »(a)  there is no effect without cause, wherefore the created universe must have a creator; (b) the orderly working of the universe speaks for a mind behind it.«147 Gerade (a) stellte aber hierbei eine im indischen Kontext problematische Annahme dar. Während Gangeśa zwar die Inferenz Gottes (Īśvaranumānam) an sich als zulässig empfand, wies er das Argument der notwendigen Geschaffenheit jedoch zurück. Zwar gebe es Produkte – wie Töpfe – die materiell seien und einen Schöpfer erforderten, aber auch Produkte, die immateriell seien, wie Blitze, und für deren Existenz daher der Schluss auf einen Schöpfer unnötig sei. Die Ableitung des Schöpfers aus der Schöpfung sei also nur vermuteterweise wahr, da die Beweisgrundlage unsicher sei, und diese Form der Inferenz damit abzulehnen.148 Die möglichst genaue Bestimmung und Formulierung der in Frage stehenden Argumentation mit dem Ziel, einen möglichst hohen Grad an Wahrscheinlichkeit für die abzuleitende Aussage anzunehmen, muss dabei allerdings stets als

146 Chinchore: Some Thoughts on Significant Contributions of Buddhist Logicians, in: Journal of Indian Philosophy (1987), S. 156. 147 Yesudhas: Indigenization or Adaption?, in: Bangalore Theological Forum (1967), S. 48. 148 Vidyabhusana: A History of Indian logic, Delhi u. a. 1971 [1921], S. 432. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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Ziel indischer Logiker mitgedacht werden.149 Um die Inferenz Gottes sicherzustellen, gab Gangeśa daher folgende Definition: Was existiert, ist ein Produkt, denn es besteht aus Atomen. Das kleinste mögliche Produkt ist also eine Zusammenfügung zweier Atome. Atome sind nicht wahrnehmbar; der Produzent muss sein Produkt aber wahrnehmen können, also muss er über göttliche Fähigkeiten verfügen. Folglich muss er Gott sein.150 Auf dieser Grundlage hätten sich Brahmanen und Jesuiten also in einer Disputation über die Grundaussage verständigen können, eine oberflächliche Gleichartigkeit der jeweiligen Praktiken war gegeben. Die etwa von Toledo und Fonseca in ihren Logikhandbüchern klar geschilderte doktrinäre Disputation kam dabei in der Oberfläche der Praktikenstruktur nicht nur in ihrer Funktion der nyāya-Debatte gleich, sondern musste geradezu als ein Spiegelbild derselben erscheinen.151 Bei genauerem Nachfragen hätte sich aber herausgestellt, dass die Brahmanen die jesuitische Argumentation als nachlässig formuliert und daher unhaltbar, die Jesuiten hingegen die brahmanische auf der schwerlich akzeptablen Theorie des Atomismus aufgebaut betrachtet hätten. Die zugrundeliegenden Praktikenstrukturen hätten sich also als fundamental unterschiedlich erwiesen. Was bedeutet, dass (siehe Kap.  6.3) eine solche Disputation mit einiger Wahrscheinlichkeit zwar wohl damit geendet hätte, dass man sich auf eine Schlussformel wie etwa »Gott muss zwangsläufig existieren« hätte einigen können. Aber das so produzierte Ergebnis wäre von beiden Seiten nur unter Vorgabe der dieser Praktikenoberfläche unterliegenden Tiefenstruktur, der jeweils eigenen, nicht ausgesprochenen logischen und ontologischen Vorannahmen interpretierbar gewesen wäre. Man hätte sich also versichert, sich zu verstehen, nur um später festzustellen, dass man sich gerade deswegen nicht verstehen konnte. Javier und mit ihm die Societas berichtete so 1544 enttäuscht über einen Brahmanen, den er fleißig katechisiert habe und der über das Wesen Gottes und die zehn Gebote bereits schöne Betrachtungen anstellen habe können: »Und begert derhalb von mir getaufft zuwerden / doch heimlich unnd mit vil gedingen / die weder zimlich noch Christenlichen Sitten gemäß waren. Derwegen ich ihme nit gewillfahret.«152 Hinzu kam, dass auch der Bezug auf die Autorität heiliger Schriften im theologischen Diskurs im indischen Kontext problematisch sein konnte. Während das alte nyāya als einen Gottesbeweis anführte, dass die Veden, also die grundlegenden heiligen Texte des Hinduismus, einen Autor gehabt haben müss-

149 Taber: Is Indian Logic nonmonotonic?, in: Philosophy East and West (2004), S. 153. 150 Vidyabhusana: A History of Indian logic, Delhi u. a. 1971 [1921], S. 442. 151 Vgl. Ashworth: Traditional logic, in: Schmitt/Skinner (Hg.) 20098, S. 166 f., u. Matilal: Debate and Dialectic in Ancient India, in: Philosophical Essays (1987), S. 64 f. 152 [Javier, Francisco de]: Veröffentlichter Brief aus Cochin vom 15. Januar 1544, in: Maffei, Giovanni Pietro SJ: Kurtze Verzeichnuß und historische Beschreibung, übers. v. Götze, Johann Georg Ingolstadt 1586, S. 33 (2). © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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ten, und dieser also notwendigerweise Gott sei, lehnte Gangeśa diese Argumentation ab.153 Die vedische Autorität sei auch ohne die Annahme Gottes erklärbar, lasse sich die Bedeutung der Schriften doch vollständig aus ihren Worten, der zugrundeliegenden Grammatik und den Techniken von Interpretation und Wissensweitergabe begründen. Wozu also die Bedeutung notwendig auf Gott zurückführen?154 Mit einer solchen Argumentation wäre prinzipiell auch jede andere auf heiligen Schriften begründete Position  – wie die jesuitische  – angreifbar gewesen. Es ist jedoch kaum vorstellbar, dass diese sich die Möglichkeit des Rückgriffs auf die Autorität der Bibel aus deren göttlicher Autorschaft heraus hätten nehmen lassen. Die sich auch aufs Religiöse erstreckenden philosophischen Demonstrations­ prinzipien im asiatischen Raum unterschieden sich damit deutlich von dem, was europäische Philosophen als Beweisführung akzeptierten. Dennoch waren durchaus auch immer potentielle Berührungspunkte gegeben. Die indischen Brahmanen erkannten andere Gottesbeweise ja durchaus an, und auch mit den Argumentationsmustern der im japanischen Bereich dann relevanten chinesischstämmigen Logikpraktiken gab es zumindest oberflächliche Übereinstimmungen. So bildete das den Mitgliedern der Societas aus der scholastischen Theorie vertraute Operieren mit Analogien zur Absicherung von Argumenten ein wesentliches Muster klassischer chinesischer Logik.155 Aber auch dieses Charakteristikum wurde im Aufeinandertreffen von Jesuiten und chinesisch-konfuzianisch argumentierenden Disputationspartner potentiell problematisch. Analogische und syllogistische Schlüsse können in vielen Fällen in ihrer sprachlichen Erscheinung nicht voneinander unterschieden werden,156 aber eventuell zu verschiedenen Schlussfolgerungen führen. Teilweise wurden diese Argumentationsmuster schließlich in der jesuitischen Konversionsargumentation aufgenommen und genutzt. Fabian Fukan untermauerte die Gültigkeit der katholischen Lehre in seiner Argumentation für das Christentum nicht nur kausallogisch, sondern auch mit dem Verweis auf ihre stolze Tradition: Seit Petrus hätten 253 Päpste in ungebrochener Linie diese Lehre an ihre Nachfolger weitergegeben.157 Ein interessanter Punkt ist dabei die Nicht-Nutzung der beiden für die jesuitische Argumentation wesentlichen Biographien, der Thomas von Aquins und Iñigo de Loyolas, durch die indigenen Disputationspartner der jesuitischen 153 Gangeśa: Epistemology of Perception, übers. u. komm. v. Phillips/Tacharya, New York 2004, S. 187. 154 Ebd., S. 192. (EiO). 155 Sun: Chinese logic and the absence of theoretical sciences in ancient China, in: Dao (2009), S. 405. 156 Ebd., S. 409. 157 Fukan, Fabian: Myōtei Mondō [Buch 3], übers. u. komm.v. Humbertclaude SJ, in: MN 2/1939, S. 258. Mir ist allerdings nicht klar, auf welcher Grundlage die (falsche) Papstzahl zu­ stande kam. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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Mission. Loyola führte Zeit seines Lebens seine religiösen Erfahrungen auf die »ilustración tan grande«, die überaus große Erleuchtung, zurück, die er am Fluss Cardoner bei Manresa erlebt habe und die ihm in einem Augenblick eine Zusammenschau und Erkenntnis vieler spiritueller Fragen bot.158 Solche mystischen Erfahrungen und deren Nachwirkungen parallelisieren sehr schön das zen-buddhistische Konzept der Erleuchtung, ›unvergleichliches satōri‹. Übersetzt in die entsprechende Terminologie hätten also buddhistische Disputationsgegner den Jesuiten vorwerfen können, sie blieben hinter ihrem Ordensgründer zurück, der erkannt hätte, dass dualistisches, kausallogisches Denken eben nicht hinreichend sei, um das Wesen der Welt und des Spirituellen zu begreifen. Vielmehr stünden sie immer noch auf jener Stufe des Denkens, die Iñigo selbst erfolgreich überwunden habe. Mit dem Resultat überwunden, dass er seine Erkenntnisse in ihrer ursprünglichen Form niemandem mitteilen konnte, der keine solche Erleuchtung erfahren hatte. Auch Thomas von Aquin, der seine Summa Theologiae unvollendet ließ, was die europäische Tradition auf eine mystische Erfahrung zurückführte, nach der ihm alles, was er bisher geschrieben, »wie Stroh« erschien,159 würde in ein solches Muster passen. Erklärt werden kann dieser Punkt jedoch recht einfach: Vom Leben Aquinas und Loyolas wussten die asiatischen Gesprächspartner schließlich ganz einfach nichts. Wie sich in den Disputationen abzeichnete (siehe Kap. 6.4), mussten zunächst ganz basale Verständnisfragen hinsichtlich der Begriffe und Praktiken der jeweils anderen Seiten geklärt werden. Bis zu dem Punkt, an dem komplizierte Traditionsexegesen hätten betrieben werden können, gelangte dieser Austausch gar nicht. Das weist auf einen noch zu klärenden Punkt bezüglich der möglichen Reichweite solcher Annahmen hinsichtlich der Praktiken des einzelnen Individuums hin: Können derart hochgradig theoretische Überlegungen als kollektive Normierungen für argumentative Praktiken als das manifeste Handeln ›der‹ konkreten Akteure beeinflussend angenommen werden? Wie grundlegend ist eine solche AnthropoLogik? Im japanischen Fall verbanden sich beide Perspektiven durch die Struktur des mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Bildungssystems, in dem zumeist buddhistische Mönche in Tempel- und Winkelschulen ein Curriculum auf der Grundlage der vier Bücher des Zhū Xhī, also des klassischen Neokonfuzianismus lehrten.160 Was allerdings die Situation in Indien anbelangt, ist eine Aussage ungleich schwieriger. Obwohl die indische Philosophie- und, was hier stärker im Vordergrund stehen muss, Logiktradition ein der abendländischen vergleichbares Alter und eine ebenso vergleichbare Tiefe und Differenzierung aufwiesen, war die Verbreitung dieser Traditionen als Praktiken anscheinend 158 Mongini: Per un profile dell’eresia gesuitica, in: Rivista Storica Italiana (2005), S. 45. 159 Leppin: Thomas von Aquin, Münster 2009, S. 21. 160 Vgl. de Bary: East Asian Civilizations, Cambridge (Mass.)/London 1988, S. 62, 88. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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stärkeren Einschränkungen unterworfen. Die Lehrkräfte der im 15.  Jahrhundert in Indien führenden Logikfakultät, der Schule von Mithilā, verboten offensichtlich die Weitergabe der dort genutzten Lehrwerke. Der Tradition nach soll das Vāsudeva Sārvabhauma (c.1450–1525) dazu gebracht haben, mehrere Werke, darunter das gesamte Tattvacintāman i Gangeśas, komplett auswendig zu lernen, um sie überhaupt aus der Schule hinausbringen zu können.161 Außerdem lag der räumliche Schwerpunkt der Logikschulen seit dem 14. Jahrhundert mit dem Aufstieg des in Bihar gelegenen Mithilā, einer herausragenden Schule auch allgemeiner hinduistischer Gelehrsamkeit, in Nordostindien.162 Auch die im 16. Jahrhundert dann maßgebliche Schule von Navadvīpa, gegründet 1503, lag im selben Raum, bei Nadia in Bengalen,163 und damit weit entfernt von der tatsächlichen Kontaktzone zwischen Jesuiten und Brahmanen an der indischen Südwestküste. Das mag ein Teil der Erklärung dafür sein, dass die hinduistischen Theorien durch die Gesellschaft Jesu lange nicht zur Kenntnis genommen wurden, denn sie hatte keinen Zugang zu diesen Gebieten. Erst 1576 wurden António Vaz (#2,164 c.1515–89) und Pero Dias als erste Jesuiten überhaupt nach Bengalen geschickt, eine formelle Mission dort erst 1597 eröffnet.165 Einen sicheren Zugriffspunkt auf schriftlich niedergelegtes hinduistisches Gedankengut erhielt die Societas in Goa erst 1559, als eine kleine Expedition portugiesischer Fourageure mit Genehmigung des viso-reys Bragança die Bibliothek eines gelehrten Brahmanen im benachbarten Bijāpur überfiel und plünderte.166 Die nach Goa verschleppten Schriften wurden im Colégio do São Paulo deponiert und standen fortan als Quellenmaterial zur Verfügung. Wie weit dieses Material reichte, ist damit aber nicht gesagt. Die Brahmanen Goas selbst erteilten, ganz im Einklang mit den üblichen indischen Bildungsvermittlungspraktiken, Elementarunterricht für die Kinder der drei obersten Kasten im Rahmen von Dorfschulen, die üblicherweise an die lokalen Tempel angeschlossen waren.167 Ob vor der portugiesischen Eroberung höhere hinduistische Lehranstalten vorhanden waren, ist schwer nachzuvollziehen. Diogo Gonçalves urteilte in der Historia do Malavar 1615 über die Wissenschaften, die von den dortigen Brahmanen betrieben würden, recht abschätzig. Sie würden keine wahren Gründe finden, sondern nur vorgeschobene Erklärungen für Phänomene, hätten sie doch keine Universitäten.168 161 Vidyabhusana: A History of Indian logic, Delhi u. a. 1971 [1921], S. 462. 162 Ebd., S. 525. 163 Ebd., S. 405. 164 Nicht zu verwechseln mit António Vaz #1 (siehe Kap. 3.5). Alden: The Making of an Enterprise, Stanford 1996, S. 291, FN 128. 165 Vaz de Carvalho SJ: Bangladesh. Antigua CJ, in: DHCJ 1, S. 336. 166 D’Costa SJ: The Christianisation of the Goa Islands, Bombay 1965, S. 62. 167 Xavier: Goa. A Social History (1510–1640), Goa 1993, S. 176. 168 Gonçalves, Diogo SJ: Historia do Malavar, hg. u. übers. v. Wicki SJ, Münster 1955, S. 27. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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Dennoch lässt sich nach Potter eine grundlegende philosophische Verbindungslinie über den Subkontinent ziehen: »But on the basic postulation of ultimate values, Hinduism, Buddhism and Jainism are united: complete freedom is the only thing worth striving for, and complete freedom means maximum concern with minimum attachment.«169 Diese Freiheit besteht aus der Lösung aller Bindungen, seien sie nun physisch oder psychisch, ethisch oder sozial, materiell oder spirituell, die der endgültigen Verwirklichung des Individuums hinderlich sind. Die Befürchtung, durch die Konsequenzen der getätigten Handlungen schließlich die Möglichkeit, Freiheit zu erlangen, zu verlieren, weil Handeln neues karma, neue Bindungen, produziert, sei unnötig. Sie erzeuge nur Bindung an die Ergebnisse der Handlungen und führe nicht zu einem Zustand der Losgelöstheit, sondern zu einem der Resignation.170 Als eine weitere verbindende Linie hatte das navya-nyāya bereits seit dem 12. Jahrhundert durch seine Anwendbarkeit als methodologisches System viele Gebiete kultureller Praktiken Indiens wesentlich beeinflusst, darunter Literatur, Rechtswissenschaften und Linguistik.171 Wenn damit für die Philosophien indischen Ursprungs ein Satz gemeinsamer Grundannahmen zur Verfügung stand, der Diskussionen über die aus diesen Annahmen unter Heranziehen anderer Aussagen erzeugten Sätze und damit schließlich Denkens- und Glaubenspraktiken möglich machte, so war eine solche Querverbindung zum Katholizismus der Gesellschaft Jesu nicht möglich. Die christliche Sündenmoral, die von der Societas ausdauernd vertreten wurde, stand einer auf einem solchen Freiheitsbegriff begründeten Konzeption diametral entgegen. Sie verortete die Bewertungen von Handlungen und Praktiken der Individuen in einer externen Moralitätsquelle, von der es sich um keinen Preis zu lösen galt – Gott. Wenn es etwas gab, wovon man sich nach Sicht der Jesuiten nicht befreien konnte, dann waren es Gottes Gebote, und der Versuch kam deren Leugnung und damit der Verdammung zur ewigen Höllenstrafe gleich. Auf der Seite ihrer Diskussionspartner gab es kein entsprechend strenges Dogma. Selbst dort, wo, wie im Buddhismus, ebenfalls eine externe Quelle moralischer Gebote und spiritueller Erlösung postuliert wurde, wurde von den direkten Opponenten der Societas Jesu, etwa den jōdo shinshū-Buddhisten, die Statthaftigkeit der möglichen Verknüpfung von Sünde und deren Vergebung durch verdienstvolle Werke geleugnet. Dass es ein Heilmittel gebe, dürfe kein Anreiz dafür sein, Gift zu trinken.172 Ob unter diesen Bedingungen überhaupt ein funktionaler Dialog möglich sein konnte, bleibt noch zu diskutieren (siehe Kap. 6.3 und 6.4). Was allerdings sowohl im hinduis-

169 Potter: Presuppositions of India’s Philosophies, Westport 19763, S. 21 f. 170 Ebd., S. 23. 171 Ganeri: Analytic Philosophy in Early Modern India, in: SEP/O (2009), Abs. 1. 172 Dobbins: Jōdo Shinshū, Honolulu 2002, S. 75. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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tischen wie buddhistischen Kontext angenommen werden konnte, war die Verderbnis des gegenwärtigen Zeitalters als einer Endzeit, kalyuga (sanskr./hind.) oder mappō (jap./buddh.), in der sich eigentlich geheiligte Standards zusehends auflösten und nichts mehr absolute Gültigkeit beanspruchen konnte, ging die Welt doch einem stetigen Verfall entgegen.173 Dieses Konzept des drohenden Weltendes war den Europäern des 17. Jahrhunderts durchaus vertraut – zumindest in der Erwartung der nahenden Apokalypse hätte man also zusammenfinden können. Für die hier in den Blick genommenen individuellen Jesuiten muss jedoch gar nicht auf eine derart grundlegende Betrachtung der Gesellschaften und Kultur(en) zurückgegriffen werden, aus denen sie vor Eintritt in die Gesellschaft Jesu stammten. Denn gerade was die intellektuelle Förderung und damit einhergehende Uniformierung ihrer Mitglieder anging, waren die damit verbundenen Praktiken und Normen relativ strikt und wurden wohl auch einigermaßen effizient realisiert (siehe Kap. 3.3), was auch mit der Jugend eines großen Teils der von ihr angenommenen Novizen zusammenhing (siehe Kap. 3.4). Ich gehe also für das Folgende davon aus, dass die Konzepte, die durch die reglementierte und weitgehend normierte Ausbildung und Erziehung an den Kollegien und Universitäten der Societas den individuellen Jesuiten eingeschrieben werden sollten, dann auch als tat-sächliche Praktiken wieder abgerufen wurden, wenn ich Praktiken vorfinde, die diesen Mustern entsprechen. Für manche raumzeitlichen Abschnitte dieser Arbeit lassen sich solche Vorbedingungen sogar noch etwas genauer spezifizieren. In Kagoshima, der ersten Station Javiers und seiner Gefährten in Japan, hatte nach der Einladung durch den örtlichen Daimyō Shimazu Tadamasa (1463–1508) der rinzai-zen-Mönch Keian Genju (1427–1508/9) ab 1478 den Neokonfuizanismus nach Zhū Xhī gelehrt und eigens einen Kommentar zu dessen Werken, das Shushi shin-chū, veröffentlicht.174 Genju war 1467 mit einer japanischen Tributgesandtschaft nach China gekommen und hatte anschließend sieben Jahre lang das Land bereist, um sich dort weiterzubilden.175 Tadamasas Nachfolger Shimazu Tadanaga (1492–1568) betätigte sich selbst philosophisch und literarisch in dieser Tradition einer Synthese von Neokonfuzianismus, Buddhismus und shintō.176 Die in Kagoshima starke jōdo shinshū berief sich in ihren Praktiken der Begründung und Herleitung ihrer spirituellen Leitsätze auf Nāgārjuna als ihren ersten Patri-

173 D’Costa SJ: The Christianisation of the Goa Islands, Bombay 1965, S. 47, u. Boot: Het einde van de wet, in: Tijdschrift voor Geschiedenis (2001), S. 58 f. 174 Aoyama SVD: Die Missionstätigkeit des heiligen Franz Xaver in Japan, St. Augustin 1967, S. 53. 175 Oláh: Räuberische Chinesen und heimtückische Japaner, Wiesbaden 2009, S. 332. 176 Aoyama SVD: Die Missionstätigkeit des heiligen Franz Xaver in Japan, St. Augustin 1967, S. 54. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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archen nach Śākyamuni selbst,177 und damit letztlich auch auf seine logischen Positionen. Dennoch ist es für die konkreten Situationen des Aufeinandertreffens gar nicht notwendig, die Hypothese zu weitreichend zu formulieren. Es lässt sich klar eine Binnendifferenzierung erkennen. Einerseits gab es die religiös-philosophischen Debatten, mit denen die Jesuiten vor Ort ihre als Kontrahenten deklarierten jeweiligen analogen Funktionsträger, die religiösen Spezialisten, oder auch die politischen Entscheidungsträger zu überzeugen suchten. In diesen können den Protagonisten beider Seiten die hier diskutierten AnthropoLogiken durch Ausbildung und Überzeugung zumindest größtenteils mit hoher Wahrscheinlichkeit zuerkannt werden. Auf der anderen Seite stehen dagegen die Konversionen unter den zumeist in bedrängten Verhältnissen lebenden einfachen Bevölkerungsteilen. Bei diesen kann und sollte – genau wie im zeitgenössischen Europa auch – weniger eine genaue Kenntnis der komplexen Argumentationsmuster der theologisch-philosophischen Strukturen ihrer Glaubenspraktiken vorausgesetzt werden und vielmehr eine alltagstaugliche und zumeist pragmatische Verinnerlichung der tat-sächlichen Umsetzungspraktiken der Glaubenssysteme, denen sie angehörten. Hier waren komplexe Debattenstrategien unnötig. Mit einfacheren Appellen an primäre Bedürfnisse wie das nach (spiritueller) Sicherheit ließen sich bessere Erfolge erzielen. Luís Fróis schrieb über das Missionsjahr 1555 in Japan: »Die welche damals am meisten Gewinn schöpften, waren die Armen und Demütigen, die nichts an die Welt fesselte, denn die Hofleute und Reichen hingen sehr an der Welt«178, und Javier urteilte öffentlichkeitswirksam 1544 in seinem Schreiben aus Cochin über die Disputationen mit den Brahmanen Goas: »Doch müssen die Argument und ursachen / bey disem ungelerntem und aller solcher sachen unerfarnem Volck / nit so subtil und scharpff seyn / als die / deren sich die sinnreichen Theologi Scholastici gebrauchen.«179 Javiers Formulierung dürfte dabei wohl einerseits die Realitäten des Umgangs mit der Menge der Konvertiten beschreiben. Zugleich zeichnete sie andererseits ein stereotypes Bild der Brahmanen, das innerhalb der Gesellschaft Jesu, und mit der Veröffentlichung der entsprechenden Briefe im Druck auch weit darüber hinaus, ein deutliches Echo fand. In den 1570ern beschrieb Alessandro Valignano in seiner Funktion als Visitator der Ordensprovinz Indien die Inder zwar als nicht gänzlich unzivilisiert, schließlich verfügten sie über die Kenntnisse des Lesens und Schreibens, aber doch als ohne jede Wissenschaft und daher schwer zu konvertieren. Schließlich ließen 177 Dobbins: Jōdo Shinshū, Honolulu 2002, S. 3. 178 Fróis, Luís SJ: Die Geschichte Japans (1549–1578), hg. u. übers. v. Schurhammer SJ/ Voretzsch SJ, Leipzig 1926, S. 44. 179 [Javier, Francisco de]: Veröffentlichter Brief aus Cochin vom 15. Januar 1544, in: Maffei, Giovanni Pietro SJ: Kurtze Verzeichnuß und historische Beschreibung, übers. v. Götze, Johann Georg, Ingolstadt 1586, S. 28 (2). © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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sie sich daher in ihrem alltäglichen Verhalten eben nicht von der Vernunft leiten.180 Sein Ordensbruder Giacomo Fenicio (1558–1632) lieferte in den 1580ern auch gleich eine konkrete Begründung dieses Urteils nach: Die Überkonzentration aufs Sexuelle mache die Hindu-Mentalität zu rationalem Urteilen unfähig. Fenicio konzentrierte sich dabei bevorzugt über die sexuellen Eskapaden der indischen Gottheiten und verschwieg alles Asketische in der indischen Religiösität, vor allem solche Praktiken, die, wie etwa Bußrituale, Parallelen in seinem eigenen Glauben hatten.181 Es lassen sich so wesentliche Faktoren herausarbeiten, die über Erfolg und Misserfolg der Missionsprozesse entschieden. Einer besteht aus den hier zu Tage tretenden verschiedenen Formen von Kompatibilität und Differenz, in denen die jeweiligen Praktikengeflechte der gewünschten Konvertiten zu den durch die Gesellschaft Jesu als zu übernehmen angepriesenen Praktikengeflechten des jesuitischen Katholizismus standen. Das betrifft sowohl die argumentativen der religiösen und politischen Eliten als auch die pragmatischen der unteren Gesellschaftsschichten. Und der andere Faktor ist das Maß, in dem die jeweils beteiligten Jesuiten diese er- und anerkannten – oder eben auch nicht (siehe Kap. 5.2 und 5.3 sowie Kap. 6.2 und 6.3). Die Jesuiten der Ostasienmission standen jedoch nicht nur zeitgenössisch in ihrem europäischen Kontext nicht allein mit ihrem Logikverständnis. Trotz vielversprechender Ansätze wie Lenks in seiner Betrachtung der konfuzianischen logischen Methoden als Alternativbeispiel zum »erkenntnistheoretischen Imperialismus des Cartesianischen Dualismus, der totalisierenden Subjekt-Objekt-Spaltung und der traditionellen Tatsachen-Werte-Trennung«182 findet sich die Annahme einer einzigen und einzig wahren Logik auch heute noch. Dabei argumentierte Norbert Elias (1897–1990) bereits in den 1970ern, die Vorstellung, »daß es ewige und unveränderliche Denkformen gibt – repräsentiert etwa in den ›Kategorien‹ oder Spielregeln dessen, was wir ›Logik‹ nennen« und »daß als unveränderlich angenommene Gesetze der Logik tatsächlich beobachtbar Gesetzmäßigkeiten des Denkens aller Menschen sind« beruhe vor allem »auf der nicht beachteten Verwechslung von Tatsache und Ideal.«183 Diese vielversprechende philosophische Position scheint noch nicht ins allgemeine Repertoire der Geisteswissenschaften aufgenommen. Warum auch? Durch die enormen Erfolge, die die westlich-europäische Logikform in der Beherrschung von Um- und Mitwelt erzielt hat, erscheint es quasi natürlich, dass außer Frage steht, ob diese Form, die Welt zu denken, die einzig mögliche 180 Üçerler SJ: Alessandro Valignano: man, missionary, and writer, in: Renaissance­ Studies (2003), S. 353 f. 181 Županov: Lust, Marriage and Free Will, in: Studies in History (2000), S. 208. 182 Lenk: Logik, cheng ming und Interpretationskonstrukte, in:Zeitschrift für Philo­ sophische Forschung (1991), S. 395. 183 Elias: Was ist Soziologie?, München 19783, S. 42. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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sei.184 Implizit wird »die Logik« trotz allem auch heutzutage oft als eine einzige und unabänderliche, kulturübergreifend wirksame dargestellt, eine Reinform des Verstandes, analog etwa zur Mathematik, die ja auch als absolut und nicht kulturell relativ gültig erscheint.185 Hier ordnet sich auch eine so ambitionierte Untersuchung wie Lis »Die christliche China-Mission im 17. Jahrhundert« ein, die ganz ähnliche Phänomene verhandelt wie meine Arbeit. Li stellt jedoch bereits einführend fest, dass Matteo Riccis Grundsatz, »dass die christliche Wahrheit eine logische Wahrheit sei und daß sie deshalb nur von der Logik her zu begreifen sei« und »die Chinesen, die diese Logik nicht kannten, […] damit von einem Begreifen dieser Wahrheit ausgeschlossen [werden]« nicht statthaft sei, da die Missionare auch »zu dem erstaunlichen Ergebnis gekommen waren, daß die chinesische Kultur nicht nur der christlichen Wahrheit entspreche, sondern sie auch in mancher Hinsicht übertreffe und ergänze. Weder der Mangel an Logik noch die Eigentümlichkeit der chinesischen Sprache können also die Chinesen daran gehindert haben, die christliche Wahrheit zu begreifen und sich zu ihr zu bekennen! Die Gründe müssen anderswo gelegen haben.«186 Womit infolge einer solchen Ineinssetzung westlicher Logik mit »der Logik« allgemein hier die noch relativierende Feststellung, es seien eben »die Chinesen, die diese Logik nicht kannten«, zum »Mangel an Logik« insgesamt aufgewertet wird. Auch in anderen logischen Untersuchungen lässt sich eine solche Argumenta­tionsweise finden, etwa ins Positive gekehrt bei Bharadwaja in einem Aufsatz zur indischen buddhistischen Logik, wo ausgehend von einer Definition menschlichen Verstandes nach den Kriterien Aristoteles diese notwendig auf alle logischen Operationen aller Menschen ausgedehnt wurden: »I wish that Poussin had realized that the old Aristotelian three laws of thought are the mark of human rationality […], and it does not matter whether a human being is white, black, brown, yellow, or red.«187 Logik ist aber genau wie Mathematik ein willkürlich erzeugtes System, das auf der Grundlage primärer Axiome nach definierten Regeln funktioniert. Mathematik ist somit weniger eine tatsächliche Erkenntnisform als ein Spiel, das insofern nicht kulturell relativ ist, als sie jeder, der ihre Spielregeln und Grundannahmen akzeptiert, gleichermaßen spielen kann. Mathematik ist nicht absoluter wahr als Monopoly. Will man die Möglichkeit verschiedener Logiken denken, von denen nicht alle bis auf eine ›echte‹ Defizienzformen dieser einzig 184 Nagatomo: The Logic of the Diamond Sutra, in: Asian Philosophy (2000), S. 238; Elias: Was ist Soziologie?, München 19783, S. 44 f.; Menne: Zur Logik und ihrer Geschichte, in: Philosophia Naturalis (1985), S. 467 f. 185 Vgl. Sun: Chinese logic and the absence of theoretical sciences in ancient China, in: Dao (2009), S. 404, 408. 186 Li: Die christliche China-Mission im 17. Jahrhundert, Stuttgart 2000, S. 37. [MA, ME]. 187 Bharadwaja: Rationality, Argumentation and Embarrassment, in: Philosophy East and West (1984), S. 309. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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wahren sind, gilt für Logik dasselbe. Die so unterschiedenen Logikformen sind dann in ihren jeweiligen Arbeitsweisen, Funktionen und Kategorien durchaus kulturell beeinflussbar und bestimmt.188 Ich wende daher eine andere Analogie an und behandle Logik wie Sprache, ohne jedoch die von Wittgenstein und anderen (z. B. auch Li189) gehaltene Position beziehen zu wollen, sie entwickele sich in bedingender Form aus den primären Kategorien der Sprache.190 Anthropologisch gesehen bedeutet das, ich gehe davon aus, dass man sagen kann: »Der Mensch ist ein Tier, das spricht«; aber ebenso auch, »Der Mensch ist ein Tier, das kombiniert.« Das kombinatorische Denkvermögen scheint mir eine Fakultät des Geistes zu sein wie die Sprachfähigkeit: Und wie man davon ausgehen kann, dass jeder Mensch spricht, dass aber nicht eine Sprache die einzige »wahre«, die Natur wirklich abbildende darstellt, so kann man auch sagen, dass jeder Mensch kombiniert, aber nicht, dass eine Logik als Ausprägungsform dieses Vermögens die absolut wahre ist. Wir haben die Suche nach der adamitischen Sprache aufgegeben. Es ist Zeit, auch den Glauben an die adamitische Logik abzulegen. Das Problem, das sich hier unweigerlich abzeichnet, ist ein methodisches. Wenn die Differenzen zwischen den Argumentationen der einzelnen Individuen, die ich analysiere, auch in differenten Logiken begründet sind, die ich als zueinander relativ begreife, so ist doch die Logik, mittels derer ich diese nachzuvollziehen und zu erklären suche, zunächst davon offensichtlich nicht betroffen. In konsequenter Anwendung eines Zugangs, der auf die kulturelle Bedingtheit und damit Relativität von Logiken abhebt, kann aber die diesem Zugang selbst zugrundeliegende Logik nicht davon ausgeschlossen werden. Es sei denn, ich stellte mich auf den Standpunkt, die in mein Denken ein­ geschriebene, von mir praktizierte Form von Logik sei die eigentliche und allein wahre. Nachdem ich ein solches verkürzendes Bewusstsein in den untersuchten Prozessen eben als Problem thematisieren möchte, steht es mir schlecht an, es selbst zu praktizieren. Dennoch kann ich in diesem Fall das Problem nur benennen, nicht lösen. Meine durch Sozialisation, Enkulturation und Aus­ bildung erworbene Form logischen Denkens kann ich in mir selbst nicht überwinden. Auch wenn ich versuchen kann, andere Formen von Logik zu akzeptieren und zu verstehen, verstehe ich sie nur unter Maßgabe der Übersetzung ihrer Ergebnisse und Prozesse in die meine,191 und manche Details werden

188 Vgl. Lenk: Logik, cheng ming und Interpretationskonstrukte, in: Zeitschrift für Philosophische Forschung (1991), S. 394. 189 Li: Die christliche China-Mission im 17. Jahrhundert, Stuttgart 2000, S. 37. 190 Lenk: Logik, cheng ming und Interpretationskonstrukte, in: Zeitschrift für Philo­ sophische Forschung (1991), S. 391. 191 Vgl. Factor: What is the »Logic« in Buddhist Logic?, in: Philosophy East and West (1983), S. 184 f. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

Disputationen und Konversionen – Indien   

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unübersetzbar bleiben.192 Die zweiwertige westlich-europäische Logik ist die Muttersprache meines kombinierenden Geistes, und wie meine Muttersprache im linguistischen Sinn kann ich sie nicht ablegen. Alle weiteren Logikerfahrungen, die ich mache, werden durch sie unweigerlich vorstrukturiert. Was jedoch wie bei Spracherfahrungen weder heißt, dass ich keine anderen machen kann, noch, dass diese nicht Betrachtungsmöglichkeiten enthalten können, die die ursprüngliche nicht bietet.193 Damit sind nun die möglichen Vorannahmen der an der Mission in irgendeiner Weise Beteiligten zumindest ansatzweise umrissen. Jetzt gilt es, dieses Wissen auch anzuwenden  – das heißt, nachzuverfolgen, wie sowohl die Mitglieder der Societas Jesu als auch ihre Gesprächspartner ihr jeweiliges Wissen anwandten. Fassen lässt sich diese Anwendung am besten in der direkten Konfrontation, in den Disputationen, die ich nun sowohl am indischen wie japanischen Beispiel näher untersuche.

6.3 Disputationen und Konversionen – Indien »Wo die Brahmanen sich der Gründe entbehren sahen, glaubten sie, es genüge zu­ [ihrer] Verteidigung, dass sie auf irgendeine Weise den Schlingen entgingen, damit sie nach Art ihrer Vorfahren weiter leben könnten. Aber da sie aufgrund der ange­ borenen Hartnäckigkeit ihrer Seele sich niemals als besiegt anerkannten, noch wie sehr auch immer wirksamen Gründen Glauben schenkten […]«194

Bereits früh wurden die Brahmanen Indiens Ziel der Konversionsbemühungen der im Rahmen des Estado da Índia operierenden christlichen Akteure,195 in der Hoffnung, würde es gelingen, die sozial und spirituell in der gesellschaftlichen Hierarchie hochstehenden Schichten zu bekehren, würde die übrige Bevölkerung diesem Beispiel nahezu zwangsläufig folgen. Luís Fróis, der in seiner Funktion als Schreiber der Jahresbriefe aus Indien (1552–61)196 wie später auch als Chronist der Japanmission besonderes Gewicht auf die Darstellung inter­ 192 Yuan: The role of time in the structure of Chinese logic, in: Philosophy East and West (2006), S. 136. 193 Vgl. Jones: The logic of soku in the Kyoto school, in: Philosophy East and West (2004), S. 315. 194 OA: Epistolae Indicae. De stupendis et praeclaris rebus, quas divina bonitas in India, & variis Insulis per societatem nominis IESU operari dignata est, in tam copiosa gentium ad fidem conversione, Leuwen 1566, S.  407 f. MÜ, OR: »Ubi Brachmanes rationibus se destitui viderant, ad defensionem satis esse putabant, ut quoquo modo de cassibus effugerent, quod se more maiorum vivere profiterentur. Sed cum pro innata animi pertinacia neque umquam se victos agnoscerent, neque rationibus quantumlibet efficacibus crederent, […]«. [ME, MA]. 195 Xavier: Goa. A Social History (1510–1640), Goa 1993, S. 175. 196 Jorissen: Das Japanbild im Traktat (1585) des Luis Frois, Kyōto 1987, S. 37. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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religiöser Disputationen legte, tat das bereits aus eigener Erfahrung. Er hatte in Indien bereits praktische Missionsaufgaben wahrgenommen, die vor allem auf die höheren Kasten zielten, mit der Hoffnung auf einen derartigen Schneeballeffekt.197 1558 stellte Ordensgeneral Laínez für die Societas klar, welche Methode zur Bekehrung der Ungläubigen in Indien Anwendung finden sollte: Einerseits die Wahrheit des christlichen Glaubens predigen, und andererseits die Irrtümer der indigenen Religionsgemeinschaften widerlegen (»y de otra [parte] confutando los errores de sus sectas«), wozu man allerdings deren Bücher zur Kenntnis nehmen müsse, was er ausdrücklich erlaubte.198 Diese Bestrebungen wurden von der kolonialen Obrigkeit erleichtert. 1559 hatte der viso-rey Constantino de Bragança ein Edikt erlassen, das die nichtchristlichen Einwohner des Estados verpflichtete, sich an Sonntagen bei den Kirchen einzufinden, um dort derartigen Disputationen beizuwohnen.199 Die Erfolge bei der Gewinnung vor allem brahmanischer Konvertiten durch derartige Debatten blieben allerdings, wie bereits angeklungen, hinter ihrer Prominenz in der Darstellung deutlich zurück. An sich ist das zwar nicht unbedingt erstaunlich, aber dennoch bedarf es genauerer Erläuterung, warum die Methode trotzdem in der Außendarstellung der Societas so prominent herausgestellt wurde. Nach Smith sind die Grundannahmen beider Dialogpartner in einem interreligiösen Gespräch, dass über ein bestimmtes Thema gesprochen wird, etwa die Natur der Erlösung oder der ultimativen Realität, und dass beide Seiten darin übereinstimmen, dass ihnen genuiner religiöser Ernst eignet. Dennoch sind solche Konversationen von Beginn an mit dem Problem behaftet, dass die Grundannahmen und Zugangsweisen der an der Diskussion teilnehmenden Parteien letztendlich unrettbar verschieden sind, was bedeutet, dass nicht alle Kontroversen harmonisiert werden können.200 Problematisch an diesen Einschränkungen ist, dass es nahezu unmöglich ist, sie zu thematisieren. Religiöse Gespräche sind nicht ergebnisoffen. Dabei muss allerdings davon ausgegangen werden, dass interreligiöser Dialog hier nicht in einem modernen Sinn verstanden wird. Es handelte sich nicht um Veranstaltungen, in denen weniger der Sieg in der Disputation als ein besseres gegenseitiges Verständnis zur Konfliktreduktion im Vordergrund steht.201 Eine solche Deutung lehne ich für diese Arbeit als anachronistisch ab. Solche Gespräche waren im Gegenteil zumindest von den Erwartungen der jeweiligen Teilnehmenden her mit einem 197 Jorissen: Das Japanbild im Traktat (1585) des Luis Frois, Kyōto 1987, S. 30. 198 Laínez, Diego SJ: Schreiben an Melchior Carneiro vom 18.  Februar 1558, in: MHJ 3, Dok. 4, S. 119. [ME]. 199 D’Costa SJ: The Christianisation of the Goa Islands, Bombay 1965, S. 167. 200 Smith: Bowl climbing: The logic of religious question rivalry, in: International Journal for the Philosophy of Religion (1994), S. 28. 201 Banchoff: Interreligious Dialogue and International Relations, in: Shah/Stepan/Toft (Hg) 2012, S. 204 f. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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klaren Ergebniszwang versehen. Die Teilnehmer gingen schließlich mit der Erwartungshaltung in die Diskussion, dass ihre Position sich letztendlich bewahrheiten müsse. Javiers abschätzige Haltung gegenüber den südindischen Brahmanen (siehe Kap. 6.2) und die daraus resultierende Unwilligkeit, den Versuch einer ernsthaften Strategie der Konversion durch dialogische Überzeugungsarbeit zu wagen, führte daher zu anders gelagerten und offensiv vertretenen Praktiken der Bewegung hin zum Christentum. An der Malabarküste stellte er Gruppen junger christlicher Männer oder Jugendlicher zusammen, die als Religionspolizei fungierten, und, wie die Berichte anzudeuten scheinen, mit eher groben Methoden sicherstellten, dass sich genug neue Konvertiten fanden. Wichtig war das erzielte Ergebnis, der Sieg der christlichen Wahrheit, und wenn sich dieses schon dadurch erzielen ließ, »das auß forcht der Kinder / kein Burger diser Stadt / den Abgöttern mehr opffern dörffe. So aber etwan einer ausserhalb der Stadt / dem Götzendienst heimlich nachhengte / so durchlieffen sie alle argkwönige Winckel / und so sie einen erwischen / zeigen sie mir ihne gleich an«,202 so war keine weitere Verständigung im Dialog erforderlich. Eine prinzipiell abwertende Sichtweise der Vertreter des Hinduismus kann aber nicht von den Berichten der Missionare zu einer Perspektive aller europäischen Akteure im indischen Raum verallgemeinert werden. In der Verwaltung der Festlandsterritorien des Estado da Índia nahmen die vor der Eroberung sozial bevorteilten Schichten auch weiterhin Schlüsselpositionen ein, fungierten als Vorsteher der Dorfgemeinschaften, als Dolmetscher, Steuerfarmer und diplomatische Kuriere.203 Fernão Nuniz, Portugiese, beschrieb während seines Aufenthaltes in Vijayanagar um 1535 die dortigen Brahmanen als durchaus vernunftgeleitete und ehrenwerte Männer, als »the best that there are amongst them. They are honest men, given to merchandise, very acute and of much talent, very good at accounts, lean men and well-formed«, und bemerkte im selben Federstrich, dass »{t}hey believe that there are Three Persons and only One God, and they call the Persons of the Most Holy Trinity ›Tribecema‹ [Triyam  baka {Visnu}].«204 Gerade die hier angeführte Gelehrsamkeit war es, die der Societas in den Disputationen offenkundig zum Nachteil ausschlug und von ihr daher auch stets misstrauisch betrachtet wurde, auch wenn ihr Vorhandensein anerkannt wurde. Der irmão der Societas Luís de Gouveia formulierte das 1560 mit deutlichen Worten: »Bedenkt diese Verblendung und Dummheit, Brüder, wie sie Herzen und Verstand bedeckt von so feinen Menschen mit so gutem 202 Maffei, Giovanni Pietro SJ: Kurtze Verzeichnuß und historische Beschreibung, übers. v. Götze, Johann Georg, Ingolstadt 1586, S. 11 f. (2). 203 D’Costa SJ: The Christianisation of the Goa Islands, Bombay 1965, S. 26 f. 204 Nuniz, Fernão: [The Chronicle of Fernao Nuniz], in: Filiozat (Hg) 2001 [1999], S. 240 f. [EiO] vgl. ebd., S. 241, FN 1; {ME}. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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Urteilsvermögen, wie es diese Brahmanen sind, die es [die christliche Botschaft] sofort erfassen könnten.«205 Damit verbunden waren Problemstellungen, die durch die auf beiden Seiten unterschiedlichen Begriffe von Art und Wesen interreligiöser Disputationen vorgeprägt waren. Bereits in der klassischen indischen Philosophie wurde großer Wert auf das Entwickeln von Positionen durch die Debatte gelegt und eine Typologie verschiedener Formen philosophischer Disputationen entwickelt. In einer immer wieder zitierten Diskussion zwischen dem graekobaktrischen König Menandros I. Soter (sankr.: Milinda, 2.  Jht v.d.Z) und dem buddhistischen Mönch Nāgasena (um 150 v.d.Z) soll letzterer die in Frage stehenden Diskussionstypen so bestimmt haben: »When scholars debate, your Majesty, there is summing up and unravelling of a theory, convincing and conceding, there is also defeat, and yet the scholars do not get angry at all. When the kings debate, your Majesty, they state their thesis, and if anyone differs from them, they order him punished, saying ›Inflict punishment on him.‹«206

Das nyāyasūtra unterschied auf der Basis ähnlicher Vorläuferkonzepte zwischen zwei Formen der Diskussion um der Sache willen: Einerseits der ausgewogenen, philosophisch gehaltvollen Debatte zwischen Wahrheitssuchenden  – vāda  – und deren Nebenform, in der einer der Disputanten eine rein destruktive Position einnimmt, um die Positionen seines Gegenübers zu zerstören, ohne selbst eine These zu vertreten – vitan dā. Dem gegenüber stand andererseits die Diskussion, in der sich die Opponenten diametral gegenüberstanden und unter Zuhilfenahme der Vernunft versuchten, mit allen Mitteln einen Sieg zu erringen – jalpa.207 Eine Disputation dieses Typs fand zwischen rivalisierenden Parteien statt, die ihren Standpunkt durch den Sieg in der Debatte durchsetzen wollten, wobei die Disputanten allerdings in der Wahl der Mittel frei waren. Rhetorische Spitzfindigkeiten und Scheinargumente waren gestattet, war doch der Sieg das Ziel – und nicht die Wahrheitsfindung.208 Bezeichnenderweise endete die angeführte Diskussion zwischen Menander und Nāgasena laut Überlieferung mit der Überzeugung des Königs durch die pragmatischen Vorteile, die es für die Praktizierenden mit sich brachte, zum Buddhismus zu konvertieren.209 Eine jalpa-Debatte dagegen mochte zwar einen Sieger haben, aber damit war über 205 Gouveia, Luís de SJ: Schreiben von Palmsonntag 1560, in: DHMPPO/I 8, Dok. 11, S. 33. MÜ, [ME]; OR: »Consideray esta cegeira e parvoice, irmãos, como cahe em corações e entendimentos de homens tam delgados e de tão bom juizo como são estes bramenes, que laa ja terão conhecimento.« 206 Milinda-pañho 2.6, zit. nach: Ganeri/Tiwari/Matilal: The Character of Logic in India, New York 1998, S. 32. 207 Matilal: Debate and Dialectic in Ancient India, in: Philosophical Essays (1987), S. 56. 208 Ebd., S. 57. 209 Reader/Thānabe: Practically religious, Honolulu 1998, S. 77 f. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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die Qualität der siegreichen Behauptungen noch nichts ausgesagt. Dementsprechend war die Legitimität derartiger Disputationen in den verschiedenen Schulen klassischer indischer Philosophie umstritten. Während das Nyāyasūtra sie unter bestimmten Bedingungen, etwa zu Lehr- und Trainingszwecken, gestattete, lehnte der einflussreiche buddhistische Philosoph Dharmakīrti (7. Jhdt) sie rundheraus ab.210 Da den an solchen Debatten teilnehmenden Jesuiten wohl nicht einmal diese Klassifikation bekannt gewesen sein dürfte, kann ihnen auch nicht unterstellt werden, dass sie bestimmte Argumentationstropen oder -modi genutzt hätten, um gezielt einen bestimmten Typus anzusteuern – auch wenn ihnen ein solches Vorgehen instrumentell betrachtet wohl deutlich genutzt hätte. Wären ihre Ergebnisse als die einer vāda-Debatte gesichert worden, hätte das ihre Relevanz bei den indischen Teilnehmern und Rezipienten, bei denen Kenntnisse der entsprechenden argumentativen Muster vorausgesetzt werden konnten, stark erhöht. Ergebnisreicher ist es daher, auf die Schwierigkeiten zu achten, die sich der Führung von Debatten ergeben konnten, und durch die effektiv verhindert wurde, dass der von den jesuitischen Dialogpartnern formulierten Position Glauben geschenkt werden konnte. In den 22 Fehlern, die einem Disputanten nach Dharmakīrti vorgeworfen werden konnten, waren allein fünf enthalten, die sich auf mangelnde sprachliche Fähigkeiten oder Ausdrucksmöglichkeiten bezogen, sowie drei, die auf falscher oder ungenügender Anwendung des fünfschrittigen indischen Beweisschemas beruhten.211 Für die trotz aller Anstrengungen zumeist in den indigenen Sprachen linguistisch nur bedingt kompetenten Mitglieder der Gesellschaft Jesu (siehe Kap. 4.3), die sich zudem weigerten, die indischen philosophischen Traditionen zur Kenntnis zu nehmen (siehe Kap. 3.1), waren solche oder ähnliche Fehler nahezu unvermeidbar. Gerade die Anwendung des dreischrittigen syllogistischen Musters nach Aristoteles, auf die Absolventen jesuitischer Bildungseinrichtungen trainiert waren, ließ sich unter indischen Voraussetzungen prinzipiell als fehlerhaft betrachten, weil damit der Argumentation das konkretisierende und beweissichernde Beispiel fehlte. Auch inhaltlich fehlte lange Zeit eine ausreichende Kenntnisbasis zur Durchführung kontroverser Argumentationen gegen hinduistische Glaubenannahmen. Der erste nachgewiesene Versuch einer Nutzung der heiligen Schriften der Hindus für missionarische Zwecke, die Übersetzung des anadípurana, eines religiösen Gedichts, wurde erst 1558 durchgeführt, mit dem Ziel, daraus die wichtigsten Glaubensgrundsätze der Hindus zu extrahieren, damit sie leichter mit ihren Irrtümern konfrontierbar wären.212 Hinzu kommt, dass 210 Matilal: Debate and Dialectic in Ancient India, in: Philosophical Essays (1987), S. 59. 211 Vgl. Ganeri/Tiwari/Matilal: The Character of Logic in India, New York 1998, S. 81–86. 212 Boxer: The Church Militant and Iberian Expansion 1440–1770, Baltimore/London 1978, S. 50. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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darüber hinaus der Kardinalfehler in solchen Disputationen, der jede Argumentation zunichte machte – das Anführen eines unzureichenden Beweisgrundes213 – sich nur durch Kenntnis der ausgefeilten indischen Lehre und Terminologie korrekter Beweisführung hätte vermeiden lassen.214 Henrique Henriques berichtete 1552 von der Malabarküste, dass Disputationen nicht so häufig waren wie gewünscht, und bezeichnenderweise erwähnte er auch nicht, dass aus ihnen Konversionen folgten  – sondern Konfusion. »In letzter Zeit hatten wir keine Disputationen mit Heiden und Mauren (wie ich Euch für das letzte Jahr geschrieben hatte), und zwar, glaube ich, weil sie sich nicht wagen, eine Disputation zu verlangen. Allerdings hören [uns] immer einige, und zwar folgt daraus immer Ehre Gottes und Verwirrung unter den Heiden.«215 Über die Brahmanen Divars schrieb Fróis im Jahresbrief von 1560 beiläufig dann bezeichnenderweise auch, dass die eigentlichen Gespräche dieser Art erst nach der Konversion stattfanden. »Ihre Söhne sind fähigste, weiße, edle Menschen und philosophisch begabt; nachdem sie Christen sind, erfreut es sie, sich mit uns zu unterhalten und die Dinge des Glaubens zu erlernen.«216 Der eigentliche Mechanismus der Konversion, die tat-sächlich den Glaubenswechsel einleitenden Praktiken, ist also nicht in den Disputationen und Debatten zu suchen, sondern muss über einen anderen Ansatz erfolgreich gewesen sein. Auch in Indien lassen sich bereits früh erste Hinweise auf das innerfamiliäre Konversionsschema finden. 1547 konvertierte Adão Francisco einen angesehenen hinduistischen Malabaren, was dazu führte, dass dessen Frau, Kinder und ganzer Haushalt ebenfalls zum Christentum übertraten.217 In diesem Sinn war das erwünschte Schneeballsystem wirklich erfolgreich, wenn auch auf kleinerer Ebene als gedacht. Wo solche Konversionen von Brahmanen erzielt werden konnte, wurde aber ein deutlich anderes Verfahren praktiziert als bei den einfachen Dorfbewohnern, die – vor allem, wenn sie zu den unteren Kasten gehörten, die in der indischen Sozialstruktur von höherer Bildung ausgeschlossen waren – möglichst rasch getauft wurden, sobald sie sich zu Christus bekannten. Bei diesen wurde auf Katechese weitgehend verzichtet und diese im Verlauf der nächsten Jahre oder Jahrzehnte bei Gelegenheit nachgeholt (siehe Kap. 4.2). Konvertiten aus den höhreren Kasten, vor allem Brahmanen, wurden hingegen 213 Vgl. Ganeri/Tiwari/Matilal: The Character of Logic in India, New York 1998, S. 86. 214 Vgl. Ganeri: Analytic Philosophy in Early Modern India, in: SEP/O (2009), Abs. 9.3. 215 Henriques, Henrique SJ: Schreiben aus Cochim an Loyola vom 27.  Januar 1552, in: MHSI/DI 2, Dok. 64, S.  305 f. OR: »Dias há que nom tive disputas com gentios  e mouros (como o ano passado lhe screvi que tinha), porque creo que nom ousão a querer-se poer a disputa. Contudo algumas ouve e sempre disso se seguio gloria a Deus e confusão aos gentios.« [ME]. 216 Fróis, Luís SJ: Jahresbrief aus Goa vom 13. November 1560, in: DHMPPO/I 8, Dok. 19, S. 91. MÜ, OR: »Os filhos são abilissimos, alvos, gentis homens e de boa philosofia; depois de christãos, folgão de nos converser de de aprender as cousas da fee.« 217 Schurhammer SJ: FX 2.2 (1971), S. 80. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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über einen langen Zeitraum hinweg rigoros katechisiert und bei Verdacht auf von der reinen christlichen Lehre nach dem Verständnis der Gesellschaft Jesu abweichende Vorstellungen von katholischen Dogmen nicht zur Taufe zugelassen, ein Prozedere, das ohne weiteres mehrere Jahre dauern konnte.218 Der bloßen Reinerhaltung des Glaubens konnte das nicht dienen, konvertierten doch wesentlich mehr Hindus aus den unteren gesellschaftlichen Schichten als Brahmanen. Diese bekehrten sich ohne vorherige Einweisung in christliche Glaubenspraktiken, was unausweichlich vielfältige Synkretismen nach zog. Die verstärkte Aufmerksamkeit, die den Brahmanen in katechetischer Sicht gewidmet wurde, lässt sich daher einfacher als Sozialdisziplinierung deuten. An deren Ende sollte die unhinterfragte Anerkennung der Mitglieder der Societas als neue spirituelle Autoritäten stehen, die ja in Form der Taufe die Zugangsvoraussetzungen zum erhofften spirituellen Gut  – der ewigen Seligkeit  – kontrollierten. Der dafür nötige Verzicht der Brahmanen auf die eigene religiöse Deutungskompetenz erzeugte das gewünschte geistige Unterordnungsverhältnis, das dieser Anerkennung entsprach, und gliederte so die nun endlich neugewonnenen Konvertiten sicher und beherrschbar in das Imperium der Gesellschaft Jesu ein. Bestanden hingegen Zweifel an der Aufgabe der eigenen Interpretationspraktiken durch die in Frage stehenden Individuen, so wurde die Taufe ausgesetzt und die Konversion verzögert. Schließlich wäre mit einer eigenständigen spirituellen Deutungskompetenz die Machtstellung der Societas, und damit ihre anerkannte hierarchische Überordnung in der spirituellen Phase, gegenüber diesen Konvertenden unsicher geworden. Ähnliche Konversionspraktiken hinsichtlich der Verlängerung der Katechese und der Nichtgewährung der Taufe finden sich auch in Japan (siehe Kap. 6.4). Das kann – neben dem Verlangen zur Rettung der betreffenden Seele von der sicheren Verdammnis – auch helfen, die Bereitwilligkeit der Mitglieder der Societas zu Taufen auf dem Totenbett zu erklären, die ohne jede Katechisierung stattfinden konnten. Es genügte, dass der Sterbende erklärte, Christ werden zu wollen.219 Einerseits war dem Toten damit spirituell geholfen, weil seine Seele nun nicht mehr pauschal zur Hölle verdammt war, sondern gehofft werden konnte, dass er oder sie im Jüngsten Gericht Gnade finden möge. Andererseits war es solchen Konvertiten auch nicht mehr möglich, die spirituelle Autorität der Societas in Frage zu stellen. Ihre Taufen stellten kein Risiko dar, es sei denn, die Angehörigen wurden übergangen. Das zweite Provinzialkonzil Goas hielt fest, dass sterbende nichtchristliche Kinder getauft werden durften, aber so, dass es die Eltern nicht zu sehr empörte (»não se escandalizando os paes demasiadamente«).220

218 D’Costa SJ: The Christianisation of the Goa Islands, Bombay 1965, S. 134 f. 219 Vgl. Ebd., S. 158. 220 OA: Segundo Concilio Provincial de Goa, 1575, in: DHMPPO/I 12, Dok. 25, S. 304. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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Ein bereits oft zitiertes Beispiel für die ersten Bestrebungen der Societas bei der Konversion der indischen Untertanen des Estado da Índia ist ihr Vorgehen auf der kleinen Insel Chorão bei Goa. Die ersten Konvertiten dort rekrutierten sich bereits vor der Ankuft der Gesellschaft Jesu zwischen der Besetzung der Insel 1511 im Zug der Eroberung Goas und den neuen Maßnahmen der 1540er wohl aus den lokalen Unterschichten. Diese konnten durch einen Übertritt zum Christentum sowohl die von der portugiesischen Kolonialregierung für Christen gewährten materiellen Vergünstigungen in Anspruch nehmen wie auch eine Erhöhung ihres sozialen Status erreichen, was zu innerindigenen Spannungen führen konnte.221 Die Konvertitenzahl war allerdings zunächst nicht besonders hoch, was an den lokalen Verhältnissen lag. Die Dorfgemeinschaften im Umland Goas hielten das von ihnen beanspruchte Land üblicherweise als Gemeinschaftsbesitz, über dessen Verteilung und Nutzung die gaunkares, die Familien, die als Nachfahren der ersten Besiedler akzeptiert wurden,222 entschieden.223 Auch die oberen Gesellschaftsschichten, die vor allem von den lokalen Gruppen gebildet wurden, die sich als Brahmanen definierten, verdankten diese Position schließlich nicht nur ihrer ökonomischen, sondern auch ihrer juristischen und vor allem diskursiv konstituierten Stellung im sozialen und rituellen Leben.224 Bestimmte Anteile der Parzellen eines Dorfes waren für die spirituelle Versorgung der Dorfbewohner reserviert, indem ihre Erträge zum Unterhalt der lokalen Tempel und deren Personals verwendet wurden.225 Innerhalb dieser sozioökonomischen Konstellation war es für die marginalisierten Teile der indigenen Bevölkerung schwierig, über den Weg der Konversion deutliche Verbesserungen ihrer Positionen zu erreichen, weil sich damit weder ihr akzeptierter genealogischer Status ändern ließ noch ein besserer Zugang zu landwirtschaftlichen Flächen eröffnet wurde. Die vom Estado da Índia gewährten Abgabenvergünstigungen und juristischen Privilegien scheinen in der sozialen Wirklichkeit der dörflichen Bevölkerung nicht ausschlaggebend genug gewesen zu sein, um größere Mengen von Konvertiten zu generieren. Erste größere christliche Gemeinden auf Chorão entstanden daher erst in den frühen 1550ern, als der viso-rey Afonso de Noronha (amt. 1550–4) aus Kronland Parzellen zum Unterhalt armer Konvertiten stiftete, die den Nukleus eines christlichen Dorfes

221 Xavier: Disquiet on the island, in: The Indian Economic and Social History Review (2007), S. 282. 222 Axelrod/Fuerch: Portuguese Orientalism and the Making of the Village Communities of Goa, in: Ethnohistory (1998), S. 463. 223 Ebd., S. 445. 224 Vgl. O’Hanlon/Minkowski: What makes people who they are?, in: Indian Economic and Social History Review (2008), S. 384 f. 225 Axelrod/Fuerch: Portuguese Orientalism and the Making of the Village Communities of Goa, in: Ethnohistory (1998), S. 446. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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bildeten.226 1541 wurde bereits eine erste Kapelle auf Chorão errichtet, 1544 darauf folgend eine Kirche,227 die nach Xavier auf einer zuvor vom Estado enteigneten Parzelle errichtet wurde.228 Diese Situation blieb bis Anfang der 1550er Jahre stabil. Für 1551/52 setzte Schurhammer dort etwa 300 Christen sowie die von António Gomes erbaute kleine Kirche an.229 Xavier gibt vergleichbare Zahlen von etwa 3000 Einwohnern auf der Insel Anfang der 1550er, darunter etwa 300 Christen.230 Zwischen 1558 und 1560 wurde auf Chorão ein Seminar der Societas Jesu eingerichtet, erbaut für João Nunes Barreto (1517–62), den designierten Patriarchen von Äthiopien. 1566 unterrichteten zwei Padres dort sieben Novizen auf Konkani,231 der Umgangssprache der indischen Bevölkerungsteile Goas.232 Dass die Bereitschaft zur Konversion wesentlich in den sozioökonomischen Umständen begründet lag, lässt sich durchaus auch an anderen Institutionen der Societas selbst ablesen. 1548 war der Arzt des Colégio do São Paulo ein hinduistischer Brahmane, der auch durch stundenlange wiederholte Disputationen mit den Patres nicht dazu gebracht werden konnte, zu konvertieren.233 Solange die gesellschaftliche Position der betreffenden Individuen ihren Statusansprüchen entsprach, war der Wechsel in ein christliches Praktikengeflecht nicht notwendig, da dieses keine signifikanten Vorteile bot. Die bereits erwähnte finanzielle Unterstützung, die der Estado da Índia indigenen Waisenkindern (»orfãos da gente da terra«)234 angedeihen ließ, war ein solcher Vorteil, dessen Reichweite allerdings durch die Praktiken der örtlichen Portugiesen eingeschränkt wurde, wie Antonio Moniz Barreto, Gouverneur des Estado (1530–1600, amt. 1573–76), 1575 monierte. Das für die Waisen bestimmte Geld fließe an Portugiesen, die als Vormünder fungierten, und aus Furcht vor deren Stellung sei es weder den Waisen noch ihren Ausbildern möglich, an die Mittel zu gelangen. Das entsetze die Konvertiten und verleide Konvertenden das Christentum (»e por ser escandalo dos que são convertidos, e estão para se converter, e ser desfavor da christandade«), und sei daher abzustellen.235 Wie aber ließen sich unter diesen Bedingungen denn überhaupt Konvertiten gewinnen?

226 D’Costa SJ: The Christianisation of the Goa Islands, Bombay 1965, S. 145. 227 Xavier: Disquiet on the island, in: The Indian Economic and Social History Review (2007), S. 279. 228 Xavier: Goa. A Social History (1510–1640), Goa 1993, S. 120. 229 Schurhammer SJ: FX 2.3 (1973), S. 435. 230 Xavier: Goa. A Social History (1510–1640), Goa 1993, S. 120. 231 Ebd., S. 184. 232 D’Costa SJ: The Christianisation of the Goa Islands, Bombay 1965, S. 17. 233 Schurhammer SJ: FX 2.2 (1971), S. 267. 234 [Caldeira de Lemos, Pero/Moniz Barreto, Antonio]: Sobre o emprego do dinheiro dos órfãos. Goa, 14 de Novembro de 1575, in: DHMPPO/I 12, Dok. 22, S. 284. 235 Ebd. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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»Der irmão Domingo Fernandez, 32 Jahre alt und 10 in der Gesellschaft, ist bei den Christen auf der Insel Chorão, scheint fest in seiner Berufung und von gewöhnlicher Tugend, hat Eifer für den Glauben und nutzt sein Talent darin gut, weiß von Natur nicht viel, mit angemessenen körperlichen Kräften.«236

Um die Praktiken der Societas Jesu auf Chorão an einem konkreten Beispiel mit Leben zu füllen, bietet sich die genauere Betrachtung einer Person an. Der 1559 von Francisco Cabral im obigen Zitat als zwar brauchbar, aber nicht herausragend beschriebene irmão Domingos Fernandez arbeitete ab 1554 zusammen mit wechselnden anderen Mitgliedern der Societas auf Chorão. Seit 1556 wurde er zusätzlich durch den ersten indigenen konkanisprachigen Säkularkleriker Goas unterstützt.237 Auf Fernandez entfiel in dieser Konstellation anscheinend – wie angesichts seiner Position in der Hierarchie und Struktur der Gesellschaft nicht verwunderlich – die Hauptarbeit bei der Gewinnung von Konvertiten. Er verfügte auch über die nötige Vertrautheit mit der lokalen Umgebung und Bevölkerung, ist er doch bis 1571 kontinuierlich vor Ort nachweisbar.238 In der Lista de los Padres y Hermanos que están en la India wurde Fernandez 1555 zwar noch als in Goa befindlich benannt,239 aber das dürfte auf der rein geographischen Nähe Chorãos zu Goa begründet gewesen sein, so dass die Nachbarinsel zum gleichen Missionsgebiet rechnete. Die Liste Cabrals von 1559 gab ihn ebenfalls unter der Rubrik »Goa«, verzeichnete aber in der näheren Beschreibung »está na ilha de Chorão com os christãos«240, und Fróis führte ihn in seiner Lista dos Padres e Irmãos deste c­ olegio de Goa von Ende 1559 zwar unter den »Oficiaes de colegio« auf, vermerkte aber bei ihm ebenfalls Chorão als Standort hinter dem Namen.241 António de Quadros’ Sindicação de todos os desta provincia da India que Nosso Padre manda fazer für den November 1559 enthält Fernandez allerdings nicht,242 wie 236 Cabral, Francisco SJ: Schreiben an Laínez vom 25.  Dezember 1559, in: MHSI/DI 4, Dok. 53, S. 460. MÜ, OR: »O Irmão Dominguos Fernandez, de idade de 32 annos e da Companhia 10, ésta na ilha de Chorão com os christãos, parece firme na vocação e com huma virtude comum, tem zelo da christandade e exercita ali bem seu talenta nella, naturalmente não sabe muito, e com arezoadas forças corporais.« 237 Ebd., S. 188. 238 OA: Rol de todos os Padres e Irmãos desta provincia de India [1571], in: MHSI/DI 8, Dok. 54, S. 416. 239 [Brandão, Aires SJ]: Lista de los Padres y Hermanos que están en la India [1555], in: MHSI/DI 3, Dok. 72, S. 411. 240 Cabral, Francisco SJ: Schreiben an Laínez vom 25. Dezember 1559, in: MHSI/DI 4, Dok. 53, S. 460. 241 Fróis, Luis SJ: Lista dos Padres e Irmãos deste colegio de Goa e de seus exercitios [1559], in: MHSI/DI 4, Dok. 37, S. 303 f. 242 Quadros, António de SJ: Sindicação de todos os desta provincia da India que Nosso­ Padre manda fazer, in: MHSI/DI 4, Dok. 47, S. 404. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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auch Melchior Carneiros Beschreibung der Mitglieder der Indienprovinz vom 20. November 1559.243 Wie nutzte Fernandez nun sein Talent »da christandade«, zur Bekehrung, konkret? Die von ihm angewandten Methoden beinhalteten unter anderem auch die tägliche öffentliche Unterweisung der Kinder in christlichen Glaubensinhalten, eine Praktik, bei der die junge Zuhörerschaft durch körperliche Züchtigung zur Anwesenheit genötigt werden durfte.244 In kleinräumigen lokalen Zusammenhängen wurden Konversionen Einzelner in Kombination mit solchen Aktivitäten der Societas zu Kristallisationskeimen größerer Mengen von Konvertiten, als so zunehmend sozialer Druck ausgeübt werden konnte. Die Konvertiten brachten ihre Familienangehörigen, Nachbarn und Freunde mit zu Predigten und anderen Veranstaltungen und so in die Reichweite der ›gewohnten Methoden‹ der Societas, ihrer »praticas familiares«.245 Am 24. August 1560 (St. Bartholomäus) nun ließen sich – nach den sich etwas unterscheidenden Berichten Fernandez’ und Fróis’ über das Ereignis – zwischen 50 und 500 Angehörige der sozialen Oberschicht Chorãos, die für sich in Anspruch nahmen, der brahmanischen Kaste anzugehören, von Domingos Fernandez taufen.246 Vorausgegangen war diesem für die Societas freudigen Ereignis allerdings der Zugriff der politischen Macht des Estado da Índia auf diese Gruppe in Gestalt ihrer Verhaftung wegen der Feier heidnischer Riten. Um genau zu sein, handelte es sich um eine traditionelle hinduistische Hochzeit. An der Verhaftung selbst war Fernandez’ maßgeblich beteiligt, eine Form der Kooperation, die durchaus zu den praticas familiares der Societas gehörte.247 Gerade die Shenvi- und Sarasvat-Brahmanen, die sich im Umland Goas bereits seit dem 15. Jahrhundert fest als grundbesitzende Oberschichten installiert hatten, waren im 16.  Jahrhundert als hautpsächliche Profiteure der vorkolonialen Sozialstruktur meist wenig geneigt, sich neuen und diese Strukturen in Frage stellenden Praktiken­ komplexen anzuschließen, indem sie etwa konvertierten.248 Für sie kam ein solcher Wechsel von Praktikenstrukturen erst dann in Frage, als ihre sozio­ ökonomische Position durch die von Eroberung und Konversionen ausgelösten gesamtgesellschaftlichen Umschichtungsprozesse bedroht war. Wie auch immer die Ereignisse des Augustes 1560 aufzulösen sind, deuten sie jedoch an, 243 Carneiro, Melchior: Schreiben an Laínez vom 20.  November 1559, in: MHSI/DI 4, Dok. 49. 244 Vgl. D’Costa SJ: The Christianisation of the Goa Islands, Bombay 1965, S. 176 f. 245 Fróis, Luís SJ: Jahresbrief aus Goa vom 13. November 1560, in: DHMPPO/I 8, Dok. 19, S. 54. 246 Xavier: Disquiet on the island, in: The Indian Economic and Social History Review (2007), S. 281 f. 247 Ebd., S. 280 f. 248 O’Hanlon/Minkowski: What makes people who they are?, in: Indian Economic and Social History Review (2008), S. 390. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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dass eine langsame Tendenz in diese Richtung erkennbar wurde, als zunehmend sowohl politischer, sozialer und spiritueller Druck auf die Einwohner der Insel ausgeübt wurde. Der irmão Baltasar da Costa berichtete in der Folge schon 1560, in der Stadt Goa gäbe nur noch sehr wenige Nichtchristen, und im Colé­ gio ­Madre de Deus, also in Cochin, sowie auf Divar und Chorão gar keine mehr, da sich alle bekehrt hätten.249 Diese Aussage lässt sich bei genauerem Hinsehen aber nicht erhärten. Noch 1563 mussten die Konvertiten Chorãos durch strikte Anwesenheitskontrollen unter Zuhilfenahme öffentlich aushängender Namens­ listen zum tat-sächlichen Besuch der Gottesdienste diszipliniert werden.250 Die Konvertiten auf Chorão entschieden sich wohl in einer Mischung aus pragmatischer Kooperation mit der portugiesischen Kolonialregierung und Nutzung der Konversion zur Verbesserung ihrer sozialen Position für den Übertritt zum neuen Glauben.251 Das bedeutete daher nicht, dass die gesamte Einwohnerschaft zu diesem Kreis gehörte. Noch 1566 konvertierten 200 auf der Insel lebende hinduistische Fischer, weil in den Direktiven des Estado, die zum Glaubenswechsel anregen sollten, auch die Exemption von Zwangsarbeit und Marinedienst einbegriffen war und sie sich so der Zwangsverpflichtung als Matro­sen entziehen konnten.252 Die Konvertiten nutzten die neuen Möglichkeiten, die sich ihnen durch Integration neuer Praktiken in ihre bisherigen Praktikengeflechte boten, nach ihren Bedürfnissen. Sie vermochten sich selbst so innerhalb der neuen politischen und sozialen Architektur des Estado da Índia möglichst vorteilhaft zu platzieren. Damit stellten sich diese Konvertiten keineswegs als die letztlich unterlegenen Besiegten einer spirituellen Eroberung dar, sondern als diejenigen, die eigentlich die Agenda setzten und die selbst entschieden, welche Angebote des Praktikentransfers, die ihnen die Societas in der Rolle als Vermittler solcher Praktikensets boten, sie zu welchen Konditionen umsetzen wollten. Taten sie das aber, setzte damit tendenziell eine Entwicklung ein, die Melchior Nunes Barreto bereits 1560 am Beispiel Pedro d’Almeidas für das Stadtgebiet Goas beschrieben hatte. »Der Pater Pedro d’Almeida, der die Bekehrung der Canaryns Goas versteht, ist im Wesentlichen ein guter Mann, hat aber ein wenig begründetes Urteilsvermögen, macht viele Heiden zu Christen […], und durch die Inbrunst, mit der er das für sie den Brahmanen entgegen getan hat, hat er die Gewalt, die er über diese Christen hat […]«253 249 Costa, Baltasar da SJ: Schreiben an Marcos Prancudo vom 16.  November 1560, in: DHMPPO/I 8, Dok. 21, S. 121. 250 D’Costa SJ: The Christianisation of the Goa Islands, Bombay 1965, S. 181. 251 Xavier: Disquiet on the island, in: The Indian Economic and Social History Review (2007), S. 292. 252 D’Costa SJ: The Christianisation of the Goa Islands, Bombay 1965, S. 128. 253 Nunes Barreto, Melchior SJ: Schreiben an Laínez vom 15. Januar 1560, in: MHSI/DI, Dok. 64, S. 507. MÜ, OR: »O P.e Pedro d’Almeida, que entende na conversão dos canaryns © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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Die spirituelle Autorität, die der Pater sich erworben hatte, zum Schaden der bislang an dieser Stelle stehenden Brahmanen, übersetzte sich in die mit dieser Autorität einhergehende mentale Hegemonie in der spirituellen Phase. Daraus speiste sich das »imperio«, über das d’Almeida verfügte und das er als Mitglied der Societas in den größeren Kontext deren Imperiums einbrachte. Die damit einhergehende Erosion der sozialen Position der Brahmanen führte zwar zu vereinzelten Konversionen von Angehörigen dieser Gruppe, aber nicht zu einer flächendeckenden Christianisierung des Estado da Índia. Dennoch gestattete sie der Societas die Konstruktion und Ausweitung ihrer imperialen Strukturen, und das nicht nur im Zentrum der kolonialen Macht. An der Malabarküste, wo Henrique Henriques tätig war, wurde ebenso innerhalb der Konvertitenschaft schnell eine Hierarchisierung etabliert, die ganz auf die Societas Jesu zentriert war, auch wenn diese wegen ihrer geringen Personenstärke in den von ihr beanspruchten Gebieten meist eher ab- als anwesend war. Henriques musste daher bereits 1547 Maßnahmen ergreifen, um dennoch eine einigermaßen zuverlässige spirituelle Versorgung sicherstellen zu können, wobei der notwendige Rückgriff auf indigenes Personal Schurhammer zufolge mit gewissen Schwierigkeiten verbunden war. Henriques »besuchte […] auch alle zwei Monate die weit entfernten Dörfer Vaippâr und Vêmbâr, die einem eingeborenen Priester unterstanden, auch um dessen Autorität zu stärken, da seine Pfarrkinder ihn nicht wie die portugiesischen Patres fürchteten und nicht immer alles taten, was er ihnen befahl.«254 Trotz solcher Widrigkeiten ließ sich diese Vorgehensweise nicht vermeiden, weil das zugrundeliegende Problem während des 16. Jahrhunderts bestehen blieb und sich als strukturelles Moment dieses Missionsgebiets verfestigte.255 Es wurden einfach nie genügend Mitglieder der Gesellschaft nach Malabar abgeordnet. Die Schichtung der Konvertitenschaft durch eine Delegation der normsetzenden Autorität, die die Societas beanspruchte, in Vertretung der abwesenden Patres an ausgewählte Konvertiten stabilisierte das spirituelle Imperium aber erfolgreich. Luís de Gouveia schrieb 1569 aus Quilon, am Kap Comorin gehorchten die lokalen Christen den Geboten der Gesellschaft größtenteils sehr gut (»[p]olla maior [p]arte são muito obedientes aos mandados dos padres«), was darauf zurückzuführen sei, dass sie selbstständig nach berufenen Vertretern verlangten, die deren Stelle ausfüllten.256 Hier war es gelungen, trotz der beständigen personellen und finanziellen de Goa, hé boom homen no essential, mas tem o juizo pouco assentado, faz muitos gentios christãos […], asi polo zelo que tem em fazer por eles contra os brachmenes, como no imperio que toma sobre os christãos […]«. [MA]. 254 Schurhammer SJ: FX 2.2 (1971), S. 163. [MA]. 255 Alden: The Making of an Enterprise, Stanford 1996, S. 50 f. 256 Gouveia, Luís de SJ: Schreiben aus Quilon vom 15.  Januar 1569, in: DHMPPO/I 11, Dok. 1, S. 6. Im edierten Text steht für die zweite Konjektur »marte«, was an dieser Stelle aber keinen Sinn ergibt, weshalb ich in »parte« verbessere. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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Schwierigkeiten den Anspruch der Societas auf mentale Hegemonie hinsichtlich des Spirituellen unter den Konvertiten durchzusetzen und ihn durch eine signifikante Zahl derselben zu bestätigen. Es war eine Struktur entstanden, die eine Provinz eines spirituellen Imperiums bildete. Die Disputationen, auf die die Societas so viel Wert legte, hatten dazu allerdings kaum etwas beigetragen.

6.4 Disputationen und Konversionen – Japan »Es kamen zwei Gelehrte von der Sekte der Tendai-shū und disputierten viel über ihre Sekte und über unser Gesetz. Aber schließlich gaben sie zu, das Gesetz Gottes sei wahr. Hernach kehrte einer derselben zurück, indem er sich als Freund zeigte, und da er einige Dinge fragte, sah er ein, daß es einen Schöpfer und ein anderes Leben gebe und daß alle Gesetze Japans falsch seien. Da aber die Fesseln stark waren, mit denen er sich von Kindheit an vom Teufel hatte gefangen nehmen und binden lassen, so verdiente er nicht, die heilige Taufe zu empfangen.«257 Kyōto, 1560

Die Konversion von Buddhisten zum katholischen Christentum, vor allem möglichst gebildeter, wurde in den Beschreibungen der missionarischen Bemühungen bereits seit Javiers Ankunft in Japan als ein Primärziel der Societas Jesu gesehen – es gehe dabei darum, die Refutation des Buddhismus zu erleichtern.258 Daraus sollten sich in notwendiger Folge dann die Bekehrung der­ jenigen ergeben, denen gerade nachgewiesen worden war, dass ihre bisherigen Praktiken sie nicht zum Heil führen könnten. Leisten sollten sowohl die initalen Konversionen als auch die daraus resultierenden Refutationen interreligiöse Disputationen zwischen der Societas und den buddhistischen Denominationen Japans, was von den Mitgliedern der Gesellschaft, angefangen bei Javier, nicht nur vorausschauend geplant, sondern auch zeitnah im Druck veröffentlicht und möglichst weit kommuniziert wurde. Schließlich sei, so die in der Selbstdarstellung öffentlich gemachte Annahme, damit kaum ein Risiko verbunden, denn »so getrösten wir uns doch / mit Gottes hilf / wann es zu einem Kampff kompt /  eines unzweiflichen Sigs. Dann wir haben ob der halbgelehrten betrüglichen strickreden kein abschewhen / wir förchten auch der Unglaubigen tröwort und deß Teufels auffsatz gar nit. Was gefahr soll uns deren kunst / die IESUM nit wissen/[…]?«259 Allerdings muss auch hier ein methodischer Zweifel angebracht bleiben, was die vorschnelle Übertragung der Häufigkeit der Erwähnung solcher Disputa 257 Fróis, Luís SJ: Die Geschichte Japans (1549–1578), hg. u. übers. v. Schurhammer SJ/ Voretzsch SJ, Leipzig 1926, S. 99. 258 Elison: Deus Destroyed, Cambridge (Mass.)/London 19913, S. 36 f. 259 [Javier, Francisco de SJ]: Veröffentlichter Brief aus Malakka vom 22. Juni 1549, in: Maffei, Giovanni Pietro SJ: Kurtze Verzeichnuß und historische Beschreibung, übers. v. Götze, Johann Georg Ingolstadt 1586, S. 104 (2). [MA]. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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tionen in ihr Stattfinden einerseits und ihre Wirksamkeit andererseits angeht. Schurhammer stellte bereits 1973 fest, dass Fernão Mendes Pinto Disputationen Javiers mit buddhistischen Priestern im Bungo des Jahres 1551 mehr oder weniger frei erfunden hatte, dass diesen jedenfalls keine konkreten Ereignisse zugeordnet werden konnten. In der Berichterstattung der Gesellschaft über ihre eigenen Taten verselbstständigte sich diese Überlieferung aber in der Folge und wurde lange als Faktum genommen.260 Damit wird zwar deutlich, dass die Societas selbst großen Wert auf diese Methode als Element ihrer Selbstdarstellung legte, nicht aber, wie sich die Praktik dort, wo sie auch wirklich angewandt wurde, darstellte. Denn gerade was die Wirkung dieses Instrumentes anbelangte, gaben die Darstellungen der Societas selbst eine sehr positive Rückmeldung. Durch derartige Debatten sei es den Ungläubigen möglich, die Fehler ihres Glaubens zu erkennen, die Überlegenheit des Christentums dargelegt zu bekommen und dann nur noch den letzten Schritt zur Konversion aus freien Stücken tun zu müssen. Ruiz-de-Medina SJ beschrieb die Ausbreitung des Christentums in Japan unter Ägide der Jesuiten dementsprechend als eine Erfolgsgeschichte vernunftgeleiteter Übertritte zum neuen Glauben: »La expansión cristiana (…) se debió en su mayor parte a la aceptación racional y voluntaria de los convertidos.«261

6.4.1 Disputationen Besonders interessant ist unter den hier vorgebrachten Gesichtspunkten eine genauere Lektüre des Protokolls, das Juan Fernández von den Disputationen anfertigte, die Cosme de Torres unter Zuhilfenahme Fernández’ als Dolmetschers 1551 in Yamaguchi mit örtlichen Buddhisten führte.262 Diese gehörten, Fernán­ dez zufolge, verschiedenen Schulen an, wobei zunächst mit Anhängern der zenDenominationen disputiert wurde (»muchos padres y legos jenxus«),263 was auch den größten Teil des Protokolls vereinnahmt. Die folgenden Gespräche mit »andere[n], die Shaka anbeten«,264 was sich wegen der Allgemeinheit der Aussage schlecht auf eine bestimmte Denomination zurückführen lässt, sowie »an 260 Schurhammer SJ: FX 2.3 (1973), S. 309 f., FN 86. 261 Ruiz-de-Medina SJ: Mártites jesuitas y víctimas de la fe en Japón, in: DHCJ 3, S. 2541. 262 Fernández, Juan SJ: Schreiben an Javier vom 20.  Oktober 1551, in: MHJ 2, Dok. 44, S. 238–261; das Protokoll umfasst darin S. 242–258. Da bereits die ausgezeichnete Übersetzung von Schurhammer vorliegt, zitiere ich hier im Folgenden nach dieser und nur zur zusätzlichen Klärung aus dem Original. 263 Fernández, Juan SJ: Schreiben an Javier vom 20.  Oktober 1551, in: MHJ 2, Dok. 44, S. 242. 264 Fernández, Juan SJ: Disputationsprotokoll (1551), übers. u. komm. v. Schurhammer SJ, in: Ders.: FX 2.3 (1973), S. 299–309; S. 308. OR: Fernández, Juan SJ: Schreiben an Javier vom 20. Oktober 1551, in: MHJ 2, Dok. 44, S. 257: »otros que adoran a Xacha«. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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dere[n] von der Religion Amidas, und andere[n], Hokke-shû«, also Anhängern der jōdo shinshū und des Nichiren-Buddhismus,265 wurden nur noch im Nachspann kurz referiert. Über die aus praxeologischen Gesichtspunkten besonders interessanten Gespräche mit den beiden letztgenannten Schulen verlor Fernández kaum noch Worte, lediglich, dass de Torres und er »viele Fragen stellten über ihre Religionen und ihren Götzendienst, wobei wir sie vor allem zurechtwiesen wegen der Dinge, die sie tun, und wegen der Albernheiten, […] und auch wegen ihrer Sünden, und wegen vieler anderer Dinge, was alles sehr weit führen würde, wenn man es aufzeichnen wollte.«266 Dass gerade die Disputation mit den Nichiren-Buddhisten, also der hokkeshū, nur im Nachspann ohne großes Aufheben referiert wird, ist besonders bemerkenswert. Die hokke-Buddhisten waren im 16. Jahrhundert in der japa­ nischen religiösen und politischen Öffentlichkeit gerade wegen ihrer missionarischen Methoden besonders schlecht angesehen, zu denen auch die Praktiken des shakubuku gehörten, bestehend aus der Überführung von Irrtümern (shaku) und, wo möglich, Zwangskonversionen (buku).267 Die Methode der Wahl, um Kontrahenten ihrer spirituellen Irrtümer zu überführen, bestand dabei in öffentlichen Disputationen, die oftmals in gewalttätige Ausschreitungen von Seiten der zuschauenden hokke-Anhänger mündeten, so dass nahezu alle Daimyō, in deren Territorien Nichiren-Buddhisten expansiv aktiv waren, religiöse Debatten pauschal verboten.268 Innerhalb der jōdo shinshū dagegen wurden derartige Disputationen, auch wenn sie offensichtlich vorkamen,269 seit langem zwiespältig gesehen. Bereits Hōnen (1133–1212), Begründer des jōdo-Buddhismus in Japan, hatte seine Anhänger 1207 deutlich vor ihnen gewarnt. »5. As an ignorant being who is unable to distinguish between right and wrong, refrain from deviations from the scriptures, from what is not the teachings of your master, from arbitrarily putting forward your own doctrines, from needlessly seeking out dispute, from being laughed at by the wise, and from leading the ignorant astray. 6. In your state of ignorance, refrain from delighting so much in rhetoric, from knowing nothing of the true teachings, from expounding various heresies (jahō), and from converting ignorant priests and lay people to them.«270

265 Fernández, Juan SJ: Schreiben an Javier vom 20.  Oktober 1551, in: MHJ 2, Dok. 44, S. 257. OR: »otros de la ley de Amida y otros foquexus«. 266 Fernández, Juan SJ: Disputationsprotokoll (1551), übers. u. komm. v. Schurhammer SJ, in: Ders.: FX 2.3 (1973), S. 309. [MA]. 267 McMullin: Buddhism and the State in Sixteenth-Century Japan, Princeton 1983, S. 55. 268 Ebd. 269 Wie etwa gegen hokke-Mönche 1338 in der Provinz Bingo. Dobbins: Jōdo Shinshū, Honolulu 2002, S. 101. 270 Hōnen: Shichikajō kishōmon, in: Dobbins: Jōdo Shinshū, Honolulu 2002, S. 17. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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1285 wurden ähnliche Bestimmungen in die Regularien der shinshū aufgenommen. An zweiter Stelle eines Satzes von siebzehn bei Strafe des Ausschlusses aus der Gemeinschaft verbotenen Praktiken hieß es: »Do not indulge in arguments with people of other persuasions and practices.«271 Von Seiten aller Beteiligten handelte es sich bei diesem Aufeinander­treffen in Yamaguchi allerdings ganz offensichtlich eher um eine gegenseitige Inaugenscheinnahme als um eine tatsächliche Disputation, in der strittige Fragen geklärt worden wären. Wiedergegeben wurde von Fernández auch nicht ein einzelnes Aufeinandertreffen, sondern ein punktueller Ausschnitt aus einem kontinuierlichen Befragungsprozess.272 Die gestellten Fragen, sowohl von jesuitischer wie auch von buddhistischer Seite, zielten vor allem darauf ab, den Wissensstand über die Ansichten der jeweils Anderen zu erhöhen. Die Mitglieder der Societas fragten, was die zen-Buddhisten für nötig hielten, um Erlösung zu erlangen,273 wie sie den Unterschied zwischen Mensch und Tier definierten und was ihre Gesprächspartner als Seele verstanden,274 wo und wann Śākyamuni reinkarniert worden sei,275 und ob er auch ins Nirvana eingegangen wäre, wäre er unerleuchtet gestorben.276 Sie stellten weiterhin die bereits erwähnten Fragen nach »Religionen und Götzendienst« der jōdo shinshū und hokke-shū. Den zen-Buddhisten ging es darum, zu erfahren, was nach Meinung der Jesuiten die Materie der Seele darstelle,277 was Gott sei und ob und wie man ihn erfassen könne,278 desgleichen der Teufel,279 warum der barmherzige Gott das Böse zulasse, sei es im Menschen oder in Luzifer,280 und warum die göttliche Offenbarung nicht allen Menschen auf der Welt gleichermaßen zuteil wurde.281 Die Theodizee-Problematik der Existenz des Bösen in einer durch einen allgütigen Schöpfer erschaffenen Welt wirkte für japanische Buddhisten beständig irritierend und musste in verschiedenen Disputationen immer neu verhandelt werden.282 Im vorliegenden Fall zog jeder dieser Fragenkomplexe Antworten und Folgefragen nach sich. Aus den unterschiedlichen Reaktionen auf die Erläute-

271 Dobbins: Jōdo Shinshū, Honolulu 2002, S. 67. 272 Aoyama SVD: Die Missionstätigkeit des heiligen Franz Xaver in Japan, St. Augustin 1967, S. 141. 273 Fernández, Juan SJ: Disputationsprotokoll (1551), übers. u. komm. v. Schurhammer SJ, in: Ders.: FX 2.3 (1973), S. 299. 274 Ebd., S. 300. 275 Ebd., S. 308. 276 Ebd. 277 Ebd., S. 302. 278 Ebd. 279 Ebd., S. 304. 280 Ebd., S. 304–306. 281 Ebd., S. 307. 282 Kishino: From Dainichi to Deus, in: Üçerler SJ (Hg) 2009, S. 54 f. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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rungen der jeweiligen Seiten lassen sich dabei Rückschlüsse auf die mit der Disputation verfolgten Zielsetzungen der jeweiligen Akteure ziehen. Während es auf Seiten der Societas Jesu – wenig verwunderlich – vor allem darum ging, den Gegner zu überzeugen, und zu diesem Zweck mit rhetorischen Fragen gearbeitet wurde, wurden entsprechende Invektiven der buddhistischen Parteien von Fernández entweder nicht notiert, oder sie wurden nicht vorgebracht. Die klare Parteilichkeit des Chronisten ist sicherlich ein Faktor, der in Betracht gezogen werden muss, aber das Protokoll macht ansonsten den Eindruck, als habe Fernández sich um eine getreue Wiedergabe des Vorgefallenen bemüht. Aus seinen Aufzeichnungen heraus scheint es, als sei es den buddhistischen Teilnehmern primär darum gegangen, Informationen über die Grundannahmen der Neuankömmlinge zu erlangen, um deren Glaubenssystem besser nachvollziehen zu können, nicht aber darum, die Überlegenheit ihrer eigenen Vorstellungen zu demonstrieren. Gestützt wird das durch die mehrfach erfolgenden Personenwechsel, im Protokoll als »Andere« gekennzeichnet. Allein im Austausch mit den zen-Buddhisten vollzog sich dieser Diskutantenwechsel siebenmal.283 War das Informationsbedürfnis bestimmter Individuen befriedigt, kamen ›andere‹ an die Reihe, die dann ihrerseits einen Punkt mit den Missionaren klären konnten (»[d]ixeron otros […]«, »[v]enieron otros […]«).284 Die »viele[n] zen-shû, Padres und Laien«, die eingangs beschrieben wurden, formten also mitnichten einen zusammenhängend argumentierenden kollektiven Akteur in einem ZweiParteien-Gespräch, sondern im Gegenteil eine aus partikular interessierten Individuen bestehende Menschenmenge. Damit einhergehend waren sie nicht darauf aus, sich von etwas überzeugen zu lassen. Sie wollten also ihre eigenen Grundannahmen gar nicht auf den Prüfstand eines argumentatorischen Wettbewerbs stellen, um nach dessen Ende das siegreiche Argument als das bessere anzunehmen, auch, da im zen die intellektuelle Debatte als Mittel zur Erleuchtung generell abgelehnt wurde.285 Betrachtet man genauer, an welchen Stellen Fernández überhaupt Zustimmung zu von ihm verdolmetschten Positionen notierte, so stellt sich heraus, dass es im Ganzen nur sechs solche Punkte gab. De Torres wurde zugestimmt, dass es ein erstes Prinzip gebe, aus dem heraus alle anderen Dinge entstünden;286 dass ein vernunftgemäßes Leben den Menschen zu einem spirituell betrachtet

283 Fernández, Juan SJ: Disputationsprotokoll (1551), übers. u. komm. v. Schurhammer SJ, in: Ders.: FX 2.3 (1973), S. 300, 301, 302, 303, 304, 305, 307. 284 Fernández, Juan SJ: Schreiben an Javier vom 20.  Oktober 1551, in: MHJ 2, Dok. 44, S. 246 f. [ME, MA]. 285 Billington: Understanding Eastern Philosophy, London/New York 1999, S.  74 f., u. Williams: Mahāyāna Buddhism, London/New York 1989, S. 44. 286 Fernández, Juan SJ: Disputationsprotokoll (1551), übers. u. komm. v. Schurhammer SJ, in: Ders.: FX 2.3 (1973), S. 299. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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guten Ende führe;287 dass die Sünde kein Produkt des materiellen Körpers allein, sondern Ergebnis einer willentlichen Tätigkeit sei, und die Seele eines Sünders nach dessen Tod zur Höllenstrafe verdammt;288 dass es möglich sei, dass der Seele keine materiellen Parameter eigneten;289 und dass die Kinderlosigkeit mancher Paare trotz Kinderwunschs ein Instrument des Numinosen sei. »Sie sagten: ›Wenn Gott barmherzig ist, warum gibt er einigen Personen keine Kinder, die danach verlangen?‹ Wir antworteten: ›Das tut er, um den Menschen zu zeigen, dass es einen Schöpfer gibt, der die Menschen erschafft, und daß die Menschen aus i h r e n Kräften die Kinder nicht hervorbringen. Denn würde er sie ihnen nach ihren Begierden geben, dann würden die undankbaren und ungerechten Menschen dazu kommen, zu sagen, es gebe keinen Schöpfer.‹ Sie sagten, wir hätten recht.«290

Mit diesen Punkten gestanden die zen-Buddhisten allerdings wohl nicht mehr als das zu, was sie selbst ebenfalls als Annahmen aufstellten. Darüber hinaus wurden diese sechs Positionen von fünf als verschieden markierten Disputan­ tengruppen zugestanden, wobei die einzige Gruppe, die zwei Punkten nacheinander zustimmte, die erste war, die also sowohl das »Prinzip« als Erstursprung wie auch die generelle Tugendhaftigkeit eines vernunftgemäßen Lebens bejahte. Ob es eine Vor- oder Nachverständigung über die Natur solcher im Protokoll vermerkter Begriffe wie »Verstand« oder »Prinzip« gegeben hatte, ist nicht notiert, aber es erscheint außerordentlich zweifelhaft (siehe Kap.  6.1, 6.2).291 Kishino zufolge waren die Mitglieder der Societas in Japan erst in den frühen 1560ern auf einem Kenntnisstand über den Buddhismus angelangt, der es ihnen überhaupt erlaubte, buddhistische Termini durch Analogien scholastisch annähernd adäquat umzudeuten,292 auch wenn von einer heutigen Position aus gesehen die Passgenauigkeit dieser Analogien immer noch in Zweifel gezogen werden muss. Wenn etwa die prinzipielle ›Leerheit‹ (sanskr. śūnyatā) allen Seins im Buddhismus der materia prima scholastischer Philosophie gleichgesetzt wurde, so muss eine solche Analogie schon dadurch zu Verwirrungen führen, dass der materia prima als Urstoff der Schöpfung ja als wesentliches Merkmal gerade wahrhafte Existenz eignen sollte, die allem, was ›leer‹ im śūnyatā-Sinn ist, aber völlig mangeln soll. In umgekehrter Richtung dürften Kenntnisstand und Analogisierungsmöglichkeiten ähnlich und damit auch ähnlich problematisch gewesen sein. Lourenço schrieb 1560, dass die 287 Fernández, Juan SJ: Disputationsprotokoll (1551), übers. u. komm. v. Schurhammer SJ, in: Ders.: FX 2.3 (1973), S. 300. 288 Ebd., S. 300 f. 289 Ebd., S. 302. 290 Ebd., S. 305. SiO. 291 Vgl. Dumoulin SJ: Inkulturation n der Jesuitenmission Japans, in: Sievernich SJ/Switek SJ (Hg) 1990, S. 259. 292 Kishino: From Dainichi to Deus, in: Üçerler SJ (Hg) 2009, S. 58 f. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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verschiedenen buddhistischen Denominationen wie auch die Shintōisten die christliche Lehre je nach ihren Paradigmen deuten und ihren jeweiligen Grundannahmen gleichsetzen würden.293 Dementsprechend waren besonders in der Phase vor der Etablierung eines einigermaßen funktionalen Kenntnisbestandes über die jeweils andere beide Seiten frei, solche Punkte in ihrem eigenen Sinn zu interpetieren, indem sie ihre jeweiligen Grundannahmen zugrundelegten. Die Nützlichkeit der Versagung des Kinderwunsches konnte in einem buddhistischen Paradigma relativ leicht damit erklärt werden, dass dem Menschen durch sein Leiden in der Welt – worunter auch die Nichterfüllung von Wünschen fiel294 – die Notwendigkeit zur Überwindung dieses Leidens und der letztlichen Erlangung der Erlösung im nirvana sichtbar gemacht wurde. Ähnliches gilt von der Hölle, für die zwar deren Existenz als Strafort für die Sünder akzeptiert wurde, nicht aber die daraus folgenden Erläuterungen de Torres’ über deren Ort und das eingeschaffene telos der menschlichen Seele.295 Die Unterscheidung der Sünden in solche im Affekt, hervorgerufen durch unkontrollierbare körperliche Impulse, und willentlich hervorgebrachte war darüber hinaus akzeptabel, gehörte diese Position doch beispielsweise auch zum Kernbestand der jōdo shinshū-Lehren.296 Um seine Argumentationen allgemeingültig zu begründen, griff de Torres im Verlauf dieses interreligiösen Gesprächs in verschiedener Form auf die von ihm als natürlich begriffene Beschaffenheit des menschlichen Verstandes zurück. Seine Ausführungen dazu verdienen besondere Beachtung, als de Torres ja nicht die spezifische Sozialisation der jesuitischen Bildungseinrichtungen durchlaufen hatte. Seine Übereinstimmung mit oder sein Abweichen von den in den für die Societas Jesu bereits herausgearbeiteten Postulaten sollte also einen Blick auf deren Allgemeingültigkeit für zeitgenössische Europäer vergleichbaren Ausbildungsstands erlauben – und hier in den spezifischen Differenzen zu seinen Dialogpartnern herausgearbeitet werden können. Natürlich muss hierbei bedacht werden, dass Fernández, der das entsprechende Curriculum der Gesellschaft durchlaufen hatte, als Dolmetscher wie als Protokollant die Möglichkeit hatte, die Argumente de Torres’ in eine der Societas konforme Gestalt zu bringen. Die Häufigkeit bestimmter Topoi deutet aber darauf hin, dass de Torres zumindest beständig bestimmte Vorlagen einbrachte, die mit einer jesuitischen Argumentationsweise vereinbar waren. Ein wichtiges und im zeitgenössischen Kontext durchaus verbreitetes Argument, das de Torres im Verlauf der Disputation in verschiedenen Varianten insgesamt dreimal vorbrachte, betraf das Vorhandensein 293 Lourenço SJ: Schreiben aus Kyōto vom 02. Juni 1560, in: MHJ 3, Dok. 27, S. 274. 294 Laumakis: An Introduction to Buddhist Philosophy, Cambridge 20092, S. 48 f. 295 Fernández, Juan SJ: Disputationsprotokoll (1551), übers. u. komm. v. Schurhammer SJ, in: Ders.: FX 2.3 (1973), S. 301 f. 296 Dobbins: Jōdo Shinshū. Shin Buddhism in Medieval Japan, Honolulu 2002, S. 55. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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der Verstandesfakultäten und ihr Funktionieren in einer bestimmten Weise von Geburt an, allein aufgrund der biologischen Zugehörigkeit zur Spezies Mensch. »Wir sagten ihnen, wenn es auch vielerlei Insekten und andere Tiere gebe und sie auch verschieden seien im Körper, so seien sie doch, Große und Kleine, insofern sie weder Gut noch Böse kännten, alle von e i n e r Art. Der Mensch aber sei hierin sehr verschieden von ihnen allen und einzig in seiner Art. Sie antworteten: ›Mag dem auch so sein, im Geborenwerden, im Sterben und in der Seele sind doch die Menschen und die Tiere eins.‹ Wir sagten ihnen, das sei nicht der Fall. Auch wenn man ein Kind nach der Geburt unter die Tiere versetzte, so daß es keine Menschen sähe; sobald es die Körperkräfte dazu habe, spreche es und wisse Gut und Böse zu unterscheiden, und wenn es etwas gegen die Vernunft tue [si haze cosa contra la rázon], habe es ­G e w i s s e n s b i s s e [tiene remorso]. Sie sollten sagen, was das für ein Ding sei, womit es die Gewissensbisse empfinde.«297

In dieser ersten Äußerung des Topos zog de Torres eine Verbindungslinie von der Zugehörigkeit zur Spezies Mensch über die damit einhergehende Vernunft hin zur moralischen Fähigkeit, Gut und Böse zu unterscheiden, die dem Menschen in seinem Paradigma ja seit dem Sündenfall eignete. Die Vernunft sei daher aufgrund dieses eingeborenen Distinktionskriteriums in der Lage, moralische Urteile zu fällen, und täte das unweigerlich. Das sei auch der Fall, wenn das Kind etwa unter Tieren aufwachse und daher mit den positiven Moral­ formen der menschlichen Gesellschaft vollkommen unvertraut sei. Im zweiten Schritt wurde nun die Seele mit der Vernunftfakultät verknüpft, die so nicht nur aus der biologisch-materiellen, sondern auch aus der spirituellen Beschaffenheit des Menschen abzuleiten war. »Sie antworteten: ›Auch die Seele nimmt im Alter ab, denn auch das Gedächtnis versagt, das eine Kraft der Seele ist, wenn sie vor Alter hinfällig wird.‹ Wir sagten ihnen: ›Das Versagen des Gedächtnisses kommt nicht durch ein Versagen der Seele, sondern durch das Versagen der körperlichen Werkzeuge, und weil die Seele sich nicht, so wie es nötig ist, des Körpers bedienen kann, weil er schwach ist. Denn auch ein kleines Kind ist, was die Seele angeht, einem Mann gleich, aber weil ihm die Körperkräfte fehlen, spricht es nicht, erinnert sich nicht und weiß nichts. Aber trotzdem hat es eine vernünftige Seele [por tener el alma racional], und es wird, auch wenn man es bei der Geburt unter die wilden Tiere versetzt, wo es keine Menschen gibt, sobald es die Körperkräfte erlangt hat, sofort die Seele, die Vernunft gebrauchen [teniendo forças corporales, luego el alma usa de razón], indem sie sich des Körpers bedient und spricht.‹«298 297 Fernández, Juan SJ: Disputationsprotokoll (1551), übers. u. komm. v. Schurhammer SJ, in: Ders.: FX 2.3 (1973), S.  300. Sperrung bei Schurhammer, bei Ruiz-de-Medina keine dies­bezügliche Notiz, vgl. hierfür und für [ME] Fernández, Juan SJ: Schreiben an Javier vom 20. Oktober 1551, in: MHJ 2, Dok. 44, S. 243. 298 Fernández, Juan SJ: Disputationsprotokoll (1551), übers. u. komm. v. Schurhammer SJ, in: Ders.: FX 2.3 (1973), S. 303. [ME] vgl. Fernández, Juan SJ: Schreiben an Javier vom 20. Ok­ tober 1551, in: MHJ 2, Dok. 44, S. 248. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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Mit der dritten Äußerung dieser Argumentationsfigur wurde die Verknüpfung der eingeborenen Vernunft und damit einhergehenden naturgegebenen Mora­ lität mit der natürlichen Offenbarung und damit mit der aus der Eigenschaft des Mensch-Seins ableitbaren Erkenntnis der Existenz Gottes verknüpft. Der bereits geschilderte Deutungshorizont der Verknüpfung von Verstand, Moral und christlichem Glauben wurde so vervollständigt. »Andere kamen und sagten: ›Wenn Gott der Schöpfer und Erlöser der ganzen Welt ist, warum richtete er es nicht so ein, daß sein Gesetz von Anfang an in diesen Ländern verkündet und geoffenbart wurde, anstatt bis jetzt zu warten?‹ Wir antworteten ihnen: ›Das Gesetz Gottes wurde von Anfang der Welt an bis jetzt in allen Ländern der Vernunft des Menschen verkündet. Wenn auch ein Mensch auf einem Berg aufwächst, ohne andere Menschen zu sehen, so weiß er doch durch die Erkenntnis von Gut und Böse: ›Wenn er gegen einen anderen das tut, wovon er nicht will, daß ein anderer es ihm tue, dann ist das eine Sünde.‹ Auf diese Weise erklärten wir ihm die Gebote. Er brauchte also nicht von den Predigern zu lernen, was der ihn lehrte, der ihn erschuf. So das erste Gebot: Jeder Mensch, der Vernunft besitzt und sie anwendet, wird sofort wissen, daß es einen Schöpfer gibt, der seine Seele erschuf. [Poes el primer mandamiento, qualquiera hombre que tiene intendimento, si pensare en ello, luego sabrá que ay hun criador que crió su ánima.] […] Wenn er also dem anderen nichts tut, wovon er nicht will, daß es ihm geschehe, und den anbetet, der ihn erschuf, dann wird er gerettet, auch wenn er niemals das Gesetz Gottes predigen hört.‹«299

Ganz ähnlich wie 1600 Enrique Henriquez in seiner Theologia Moralis setzte de Torres hier ohne weitere Erklärung voraus, dass die Erkenntnis eines Schöpfers notwendig aus der Verstandestätigkeit folgen müsse, weil ihm das unter Zuhilfenahme seiner logischen Sprache (siehe Kap. 6.2) nicht anders möglich erschien. Dass dieser Schluss nicht die unbedingte Konsequenz aus den von ihm vorgebrachten Argumenten sein musste, sondern durchaus andere Inter­pretationsmöglichkeiten gegeben waren, lässt sich nicht nur daran verdeutlichen, dass unter dem buddhistisch-shintōistisch-konfuzianischen Paradigma seiner Disputationsgegner andere Schlussfolgerungen zwingend erschienen, sondern auch daran, dass wir Heutigen wohl nur sehr bedingt seinen Ausführungen zustimmen würden. Dass diese Situation nicht nur für den japanischen Kontext exemplarisch war, zeigte sich am anderen Ende des indopazifischen Raums. Die Disputationen, die Gaspar Berze Ende 1549 in Hormuz mit den dort ansässigen Juden hielt, waren strukturell vollkommen gleichartig. Aus Schrift und Vernunft sollte die Gültigkeit der christlichen Trinität auch angesichts des jüdischen Gottesbegriffes dargelegt werden.300 Gleich waren auch die 299 Fernández, Juan SJ: Disputationsprotokoll (1551), übers. u. komm. v. Schurhammer SJ, in: Ders.: FX 2.3 (1973), S. 307. [ME] vgl. Fernández, Juan SJ: Schreiben an Javier vom 20. Ok­ tober 1551, in: MHJ 2, Dok. 44, S. 255. [MA]. 300 Schurhammer SJ: FX 2.3 (1973), S. 406. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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Ergebnisse: Es gelang Berze nicht, direkt auf die Disputationen zurückführbare Konversionen von Juden zu erzielen.301 Für Cosme de Torres und Juan Fernández waren die Konsequenzen aus den Verknüpfungen, die sie zogen, jedoch klar: Wider die Vernunft zu handeln, damit wider europäisch-christliche Moralität katholischer Provenienz, konnte nur zu einem führen – Verdammnis. Was sie ihren Disputationspartnern auch klar zu verstehen gaben. »Und wenn sie so vermittels der Barmherzigkeit Gottes treu und naturgemäß leben, wird er ihnen auch sicher die Gnade geben, sich zu retten. Denn die, welche verdammt werden, die haben die Schuld ganz auf ihrer Seite, denn wissentlich tun sie Dinge gegen jede Vernunft [pues es cosa tan contra razón], indem sie viele Sünden begehen und Holz und Steine anbeten und Teufel und Menschen, obwohl sie wissen, daß diese sie nicht erschaffen haben, noch sie retten können.«302

Die Schwierigkeiten, die aus der hier sichtbaren Anwendung der zweiwertig operierenden Logik nach Aristoteles und Aquinas im indopazifischen Raum, vor allem seiner ostasiatischen Seite, folgen mussten, wurden auch in der folgen­den, wesentlich kürzer referierten Diskussion mit denen, »die S h a k a anbeten«303, deutlich. Um welche buddhistische Schule es sich hierbei handelte, ist kaum noch auszumachen, waren im Yamaguchi der 1550er doch nahezu alle Strömungen des japanischen Buddhismus vertreten.304 Fernández grenzte sie von den zen-, jōdo shinshū- und hokke-Buddhisten ab, und um die in ­Yamaguchi mit mehreren Tempeln vertretenen shingon-Buddhisten305 dürfte es sich auch nicht gehandelt haben. Diese waren Fernández bereits aus Kagoshima vertraut, auch, dass sie den Fokus ihrer Verehrung nicht auf den historischen Buddha Śākyamuni legten. Es hätte also keinen Grund für ihn gegeben, sie nicht ebenfalls namentlich zu nennen. Aussagen über bestimmte schulenspezifische Argumentationsmuster lassen sich hier also nicht anbringen, lediglich allgemein akzeptierte Praktiken buddhistischer Argumentationsweisen. De Torres versuchte, diese neue Gruppe buddhistischer Disputanten durch eine reductio ad absurdum von der Falschheit ihrer Glaubenssätze zu überzeugen. »Wir fragten, ob alle die, die Shaka und die anderen Heiligen anbeteten, gerettet würden, auch wenn sie verständig wären? Sie bejahten dies. Wir sagten ihnen, wenn dem so sei, warum habe Shaka in der Stunde, da er 40 Jahre alt war, gesagt, daß er nichts gewußt habe, als er jene Bücher verfaßte, und daß nur der gerettet würde, der be 301 Schurhammer SJ: FX 2.3 (1973), S. 407. 302 Fernández, Juan SJ: Disputationsprotokoll (1551), übers. u. komm. v. Schurhammer SJ, in: Ders.: FX 2.3 (1973), S. 307. [ME] vgl. Fernández, Juan SJ: Schreiben an Javier vom 20. Ok­ tober 1551, in: MHJ 2, Dok. 44, S. 256. 303 Fernández, Juan SJ: Disputationsprotokoll (1551), übers. u. komm. v. Schurhammer SJ, in: Ders.: FX 2.3 (1973), S. 308. SiO, KiO. 304 Vgl. Schurhammer SJ: FX 2.3 (1973), S. 159–163. 305 Ebd., S. 163. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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trachte? Das sei also eine Lüge, und wenn er ein wahrer Heiliger gewesen wäre, ohne Anfang und Ende, dann hätte er nicht lügen dürfen; denn der Schöpfer und Erlöser der Welt, in dem gibt es keine Lüge. Und da er damals log, so sehe man, daß es auch eine Lüge war, was er mit sieben Jahren sagte, daß er allein im Himmel und auf der Erde war, und daß jene, die ihn anbeteten und tun, was er lehrte, nicht gerettet werden können, da alles Lügen seien.«306

Die verschiedenen, einem Mahāyāna-buddhistischen Kontext entstammenden Legenden um Śākyamuni, von denen hier die Rede war, müssen dabei gar nicht näher betrachtet werden, um die Problematik der so gestützten Re­ futation zu beleuchten. Der Glaube an Śākyamuni als nahezu gottgleiche Gestalt, deren Verehrung die entsprechenden Legendenbildungen nach sich gezogen hatte, war in seiner theoretischen Form in der japanischen Situation der frühen Neuzeit kein unreflektierter Glaube, sondern einer, innerhalb dessen das geglaubt wurde, was sich als spirituell praktikabel und vernünftig sinnvoll erwiesen hatte. Schließlich wurde Śakyamuni selbst doch das Diktum zugeschrieben, man solle etwas nicht lediglich aus Verehrung für ihn akzeptieren, sondern nur, wenn es sinnvoll sei.307 Der historische Buddha war unter einer solchen Perspektive letzlich kontingent, war doch nur die durch ihn gefundene Wahrheit substantiell.308 Mit einer Abwertung der Person Śākyamunis konnte die Societas Jesu also zwar dessen Anhänger verärgern, aber nicht eine damit einhergehende Entwertung der auf ihn zurückgehenden Praktikengeflechte erzwingen. Lourenço musste das 1560 in Kyōto feststellen, als er mit einem ten­ dai-Buddhisten disputierte: »Und er verstand, dass es einen Schöpfer gebe und eine unsterbliche Seele, und bekannte, dass die Lehre, die Shaka lehrte, auf die materia prima gegründet sei, die das Nichts ist. Und er begriff klar, dass alle Sekten Japans abseits des Wegs der Wahrheit lägen, da sie alle von Shakas Schriften abhingen. Aber er empfing die Taufe nicht.«309

Bislang wurde Javier stets zugeschrieben, er habe seit den Disputationen in­ Yamaguchi einen Punkt in seiner Bekehrungsarbeit besonders betont, den er als besondere Schwäche des japanischen Buddhismus ausgemacht habe, die Schwierigkeiten der einzelnen Schulen, ihre eigene Existenz logisch unab­hängig 306 Fernández, Juan SJ: Disputationsprotokoll (1551), übers. u. komm. v. Schurhammer SJ, in: Ders.: FX 2.3 (1973), S. 308. 307 Williams: Mahāyāna Buddhism, London/New York 1989, S. 216. 308 Ebd., S. 168. 309 Lourenço SJ: Schreiben aus Kyōto vom 02. Juni 1560, in: MHJ 3, Dok. 27, S. 272. OR: »Y entendió cómo ai hun criador y anima inmortal [sic], y confesó que la dotrina que ensenhó Xaca está fumdada en la materia prima, que es hun nada. Y entendió claro que todas las setas de Japão som fuera del camino de la verdad, pues todas depemdem de los libros de Xaca. Mas no resebió el bautismo.« [ME], [MÜ], Orthographie iO. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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vom restlichen Buddhismus zu erklären.310 Ergänzt werden muss dazu nur, dass Javier das zwar im Einklang mit seiner und der Societas Jesu sonstigen Vorgehensweise versuchen, aber damit nicht langfristig erfolgreich sein konnte. Dennoch wurden so nicht nur Muster der Argumentation sichtbar, die für die Societas in Japan typisch waren, sondern auch Praktiken installiert, die langfristig nachwirkten. Dass eine solche Übertragung auf andere Disputationen der Gesellschaft stattfand, zeigt sich in den Berichten Fróis’ über die Disputationen Lourenços während der dritten Mission der Societas nach Kyōto 1559 auf dem Hiei (vgl. Kap. 5.1.3). »Als das Essen vorüber war, ließ Daizenbō zwei Bonzen rufen, […] und sagte, […] er bitte den Bruder, er möge zu ihnen mit klaren Worten sprechen, die alle verständen, ohne Worte unserer Sprache Europas einzuflechten, die sie nicht verständen. Unter lautloser Stille begann ihnen der Bruder Lourenço zu predigen von der Erschaffung der Welt und vom Schöpfer des Weltalls, der das Prinzip des Lebens sei, aber selber keinen Anfang (principio) noch Ende habe, der den Menschen Leben, Gnade und Tugenden gebe, wodurch sie nach dem Tode ewige Seligkeit erlangen und den ewigen Qualen entgehen könnten, um in diesem Leben, soweit unsere Schwäche das gestatte, diesen Herrn zu erkennen. Am Ende des Vortrags frug Daizenbō, ob es wirklich wahr sei und der Pater versichere [sic], daß es nach diesem Leben unfehlbar ewige Seligkeit und höllische Strafen gebe. Der Pater erklärte ihm hierin alles, was für ihr Verständnis nötig war, indem er ihnen durch viele Vernunftgründe den gewaltigen Unterschied zeigte, der zwischen dem Menschen und Tieren bestehe, und wie infolge der Willensfreiheit des Menschen seine Werke verdienstlich oder strafwürdig seien, indem er besonders die Unsterblichkeit der Seele bewies, von der er wußte, daß alle sie leugneten. Und von dem Gesagten überzeugt, stimmten sie zu und billigten, was der Bruder ihnen gesagt hatte, und indem sie einander anschauten, bewegten sie den Kopf und sagten: ›Eine heilige Lehre ist das, sie haben recht mit dem, was sie sagen.‹«311

Trotz dieser im Bericht vermerkten Zustimmung der Mönche ergaben sich laut Fróis auch hier wiederum keine Bekehrungen aus der Situation. Das dürfte auch kaum anzuzweifeln sein, gab es für ihn doch keinen Grund, solche zu unterschlagen. Hier zeigte sich am japanischen Konvertiten Lourenço, zu diesem Zeitpunkt noch kein volles Mitglied der Societas, das gleiche Argumentationsmuster wie bereits 1551 bei Fernández und de Torres in Yamaguchi, und auch der weitere Kontext der Situation dürfte vergleichbar gewesen sein. Es handelte sich nicht um eine Kontroversdebatte, sondern um einen erläuternden Vortrag vor einer Zuhörerschaft, die nicht als Akteurskollektiv, sondern als Menge von Individuen – wenn auch als Menge von buddhistischen Mönchen mit einer ge 310 Kubo: Francisco Xavier and Aesop’s Fables, in: Bulletin de la Classe de Lettres et de la Sciences Morale et Politique (1994), S. 397. 311 Fróis, Luís SJ: Die Geschichte Japans (1549–1578), hg. u. übers. v. Schurhammer SJ/ Voretzsch SJ, Leipzig 1926, S. 88. [MA]. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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meinsamen spirituellen Praktikengrundlage – auftrat und deren Ziel vor allem Verständnis der unbekannten Lehre war, nicht deren Nachvollzug oder gar die Konversion zu ihr. Die Verknüpfung von Vernunft, christlicher Moral, Sünden-, Seelen- und Höllenlehre machte, ganz im Einklang mit den Praktiken spiritueller Eroberung (siehe Kap. 2), den Kern des Versuches aus, Konversionen herbeizuführen und damit neue Strukturen mentaler Hegemonie in den Praktiken der Konvertiten zu etablieren. Sie vermochte das aber nicht zu leisten, auch wenn Disputationen mit buddhistischen Priestern in Japan von Beginn der Missionsarbeit an zur Tagesordnung gehörten.312 Es wäre allerdings verfehlt, die Mitglieder der Societas in diesen Debatten lediglich in der Rolle derjenigen zu sehen, die um jeden Preis überzeugen wollten. Die Funktion von Disputationen als Mittel zur Informationsbeschaffung über das fremde religiöse Gegenüber war ihnen keinesfalls fremd und wurde immer mitbedacht und mitgenutzt. Javier war erst durch Gespräche mit­ shingon-Mönchen darauf aufmerksam geworden, dass deus und dainichi wohl doch nicht dasselbe waren,313 und hatte 1552 beschrieben, dass der Erwerb von Wissen über Gebräuche und Religion(en) der Japaner für die Widerlegung derer Irrtümer nötig sei.314 Eine systematische Strategie gezielten Sammelns und Auswertens solcher Informationen über buddhistische Praktiken und Glaubensinhalte zur Erstellung von Refutationen, die von Buddhisten nicht widerlegt werden können sollten, verfolgte allerdings erst Francisco Cabral als Superior der Japanmission. Ein entsprechendes Handbuch zur Widerlegung des Buddhismus wurde 1570 von ihm in Auftrag gegeben, konnte aber erst 1578 fertiggestellt werden.315 Zuvor stand für die einzelnen Mitglieder der Societas kein solches Instrument zur Verfügung. Ihnen blieb also nur, das nötige Wissen aus den Disputationen selbst zu gewinnen oder auf die Kenntnisse von indigenen Mitgliedern und Konvertiten zurückzugreifen. Diese Möglichkeit bestand tat-sächlich schon sehr früh. Da der ehemalige buddhistische Tempelschüler Lourenço bereits 1551 konvertiert war und sein wohl umfangreiches Wissen in den Dienst der Prediger gestellt hatte,316 erstaunt es, dass erst zwanzig Jahre später an einer gezielten Refutationsstrategie gearbeitet wurde. Ein ähnliches Phänomen lässt sich aber auch für den Konfuzianismus beobachten, dessen Inhalte seit der Konversion Kiyohara Shigekatas, also seit etwa 1564, der Societas theoretisch ebenso zur Verfügung gestanden hätten und ebenso konsequent nicht untersucht wurden.317 Noch im 1581 bereits japanisch verfassten Nihon no kate­ 312 Elison: Deus Destroyed, Cambridge (Mass.)/London 19913, S. 42 f. 313 Kishino: From Dainichi to Deus, in: Üçerler SJ (Hg) 2009, S. 51 f. 314 García Mateo SJ: Ciencias de la religion, in: DHCJ 1, S. 814. 315 López-Gay SJ/Michel/Wicki SJ: Misionología, in: DHCJ 3, S. 2710 f. 316 Ruiz-de-Medina SJ: Lorenzo, Ryōsai (de Hizen, de Hirado), in: DHCJ 3, S. 2421. 317 Ward: Jesuit Encounters with Confucianism in Early Modern Japan, in: Sixteenth Century Journal (2009), S. 1064. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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kizumo, dem ›Katechismus Japans‹, wurden zwar Buddhismus und shintō ausführlich refutiert, aber der Konfuzianismus überhaupt nur einmal erwähnt.318 Allerdings dürften auch Lourenços Schilderungen seiner Disputationen zu hinterfragen sein. Wenn er wie 1560 berichtete, in einer Disputation mit zwei gelehrten hokke-Buddhisten diesen auf ihre (kosmophysikalischen?) Fragen nach Himmel und Erde dargelegt zu haben, dass diese sich nicht nur auf das Materielle zurückführen ließen, aber keine daraus folgenden Konsequenzen notierte,319 muss wiederum davon ausgegangen werden, dass die andere Seite diese Ausführungen zwar zur Kenntnis nahm, aber nicht, dass sie sich ihnen auch anschloss. Das Problem scheint auf einer grundsätzlichen Ebene zu suchen zu sein. Da zwischen gleichermaßen funktionalen Praktikengeflechten, auch solchen, die durch Sätze von religiösen Basisfragen gebildet werden, nicht auf einer logischen Basis entschieden werden kann, muss zur Herbeiführung einer Konversion – einem Wechsel von einem Praktikengeflecht ins andere – eine intuitive Hinwendung erfolgen, ein spontaner Umschlag.320 Dieser lässt sich zwar theoretisch raumzeitlich punktuell identifizieren, und damit die Konversion eingrenzen. In der historischen Rückschau ist es aber vor allem auf der Ebene einer generalisierenden Beschreibung schwer möglich, für einzelne Individuen diese Identifikation von Zeit und Ort auch zu leisten, es sei denn, die Quellenlage sei ganz außerordentlich gut. Was sich aber identifizieren und generalisieren lässt, sind die Umstände, die zu Konversionen beigetragen, also die Bedingungen der Möglichkeit derselben. Eine wesentliche Bedingung, um einen Wechsel zwischen Praktikengeflechten attraktiv erscheinen zu lassen, ist, dass mindestens eine angenommene Gleichwertigkeit der in Frage stehenden Praktiken hinsichtlich der mit ihnen verbundenen erhofften Effekte gegeben ist. Als Fernández und de Torres den zen-Buddhisten Yamaguchis einen Ausschnitt ihrer Basisfragensätze vorlegten und damit einen Blick auf die Praktiken ermöglichten, die sich daraus ergaben, trat dabei ein Problem auf, das direkt aus den zen-Vor­annahmen hinsichtlich der Verstandesfakultät und ihrer Verknüpfungen mit den spirituellen Grundlagen der beiden hier gegenübergestellten Praktikengeflechte erwuchs. Buddhaschaft oder Buddha-Natur (sanskr. tathāgatag­ arbha), die zur Erlangung der Erlösung aus dem Kreis des Leidens notwendig sei, konnte unter den Vorgaben dieses Systems nur der Buddha besitzen – und sie war vor allem nicht logisch oder vernunftgemäß erklärbar.321 Das galt für beide Schulen des zen-Buddhismus, die untereinander im Japan des 16.  Jahr 318 Paramore: Ideology and Christianity in Japan, New York 2009, S. 35. 319 Lourenço SJ: Schreiben aus Kyōto vom 02. Juni 1560, in: MHJ 3, Dok. 27, S. 270. 320 Smith: Bowl climbing: The logic of religious question rivalry, in: International Journal for the Philosophy of Religion (1994), S. 35. 321 Williams: Mahāyāna Buddhism, London/New York 1989, S. 100 f. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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hunderts eine Art informelle Arbeitsteilung betrieben. Das rinzai-zen war für die bushi, das sōtō-zen dagegen für die Bauernschaft besonders attraktiv.322 Damit wurden zwei für die Arbeit der Societas besonders wichtige Zielgruppen in dieser Hinsicht neutralisiert, so sie denn über ein gewisses Kenntnisniveau in den Traditionen verfügten, denen sie sich zuschrieben. Deren Lehren standen in vielerlei Hinsicht denen der Societas unvereinbar gegenüber. »Ferner gehört das Zazen auch nicht zu Gebot, Versenkung und Weisheit, aber es enthält diese drei Disziplinen. Gebot heisst das Unrechte verhindern und das Böse hemmen. Zazen schaut das Ganze ohne Gegensätzlichkeit und lässt alle Gegenstände ruhen, kümmert sich nicht um Buddha-Gesetz und Gesetz der Welt, vergisst beide, nämlich das Gefühl des Buddha-Weges und das Gefühl der Welt, kennt weder richtig noch falsch, weder gut noch böse. Wie gäbe es da Verhindern und Hemmen? Dieses ist das Gebot des gestaltlosen Geistes.«323 »Man muss wissen: Der Kreislauf der wechselnden Kalpa beruht auf dem einen Gedanken des Zweifels; der Weg der Trübungen in dieser Staubwelt kommt von der Unruhe des gegensätzlichen Denkens. Wer die höchste Höhe zu übersteigen wünscht, soll nur die unmittelbare Erleuchtung begreifen!«324

Sieht man unter diesen Voraussetzungen noch einmal auf die Disputationen, die Fróis von Gaspar Vilela 1560 in Kyōto berichtete, so ist es schwierig, die Schlussfolgerungen nachzuvollziehen, die Fróis daraus zog. »Ein anderer Bonze kam dorthin, mit dem Pater zu disputieren, ein Gelehrter von Hie-no-yama, Zenkōbō (Jenquóbó) mit Namen, und eines Tages war er am Disputieren vom Mittagessen bis gegen Mitternacht, indem er sich bemühte, ob er den Pater nicht besiegen könnte. Aber zu guter Letzt wurde er selber besiegt, indem er gestand, die Lehre von Gott verdiene Hochschätzung, da sie so der Vernunft gemäß und ihr angepaßt sei, der die Menschen nicht entfliehen könnten.«325

Das Eingeständnis des zen-Mönchs kann damit auch dahingehend interpretiert werden, dass das unausweichliche Verhaftetsein der ihm gerade verkündeten Lehre auf der Ebene des gegensätzlichen Denkens trotz all seiner Anstrengungen, deren Prediger darüber hinauszuführen, es unmöglich mache, diesen zu wahrer Erkenntnis zu führen, glaube er doch bereits, alles Nötige zu wissen. Eine aus zen-Sicht schwer haltbare Position, war doch gerade »das Nicht-Wissen

322 Williams: Mahāyāna Buddhism, London/New York 1989, S. 113. 323 Keizan Jōkin: Das Merkbuch für die Übung des Zazen des Zen-Meisters Keizan, übers. u. komm v. Dumoulin SJ, in: MN (1957), S. 160. 324 Dōgen Kigen: Allgemeine Lehren zur Förderung des Zazen von Zen-Meister Dōgen, übers. u. komm. v. Dumoulin SJ, in: MN (1958/59), S. 184. 325 Fróis, Luís SJ: Die Geschichte Japans (1549–1578), hg. u. übers. v. Schurhammer SJ/ Voretzsch SJ, Leipzig 1926, S. 91. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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des Weisen nicht zu vergleichen mit einer bloßen Uninformiertheit, die durch entsprechende Mitteilungen zu beseitigen wäre […], sondern eine höhere Form des Wissens, die nicht überboten werden kann.«326 Eine ähnliche Position gilt erst seit Gödels Beweis der Unentscheidbarkeit beziehungsweise Widersprüchlichkeit der elementaren Arithmetik auch für ein System westlicher Logik. In der Form der Logik, die von der Gesellschaft Jesu hier verwendet wurde, konnte einer solchen Annahme nicht zugestimmt werden, es bestand eine fundamentale Unvereinbarkeit der Positionen. Damit wäre seitens Zenkōbōs eine Absage an weitere Bemühungen verbunden gewesen, Vilela von den Geboten des gestaltlosen Geistes zu überzeugen, war das doch offensichtlich zwecklos. Das bedeutete auch eine implizite Aufwertung des eigenen Praktikengeflechts gegenüber dem der Societas, das eben nicht in der Lage war, alle dem eigenen zugeschriebenen Effekte zu erzeugen, war es doch in einem wichtigen Punkt defizient. In ihm war kein Platz für das Nicht-Wissen des Weisen. Unter den Bedingungen einer solchen funktionalen Ungleichheit schwanden die Anreize zum Wechsel, und damit zur Konversion, erheblich. Die von den Mitgliedern der Societas stets prominent in Anschlag gebrachten Leistungen der europäischen Wissenschaft, die ein Praktikengeflecht mit erhöhter Erklärungskraft repräsentieren sollten, mit dem solche Lücken augenscheinlich funktionell geschlossen werden konnten, vermochten die in sie gesetzten Erwartungen nicht immer zu erfüllen. Beim Besuch de Almeidas und seines ungenannten dōjuku in Kagoshimas Nanrinji 1562 kam es nach Fróis’ Bericht auch zu einer Disputation mit gelehrten Mönchen anderer in der Region gelegener Tempel. Darunter war auch ein Mönch des Hōshenji bei Kawanabe in der Provinz Satsuma, ein Mathematiker, der unter Rückgriff auf die abendländischen Geistesleistungen für Christus gewonnen werden sollte. De Almeida versuchte sein Bestes, ihm erschöpfend zu antworten. »Er frug mich nach den Eklipsen der Sonne und des Mondes, nach Ebbe und Flut und stellte viele andere Fragen über die unvollkommenen Mischungen der Luftregion. Und da ich alle diese Fragen in Hefte geschrieben mit den Antworten dabei mitführte, zeichnete ich ihm einige Beweise, wodurch ich ihn sofort ad oculum überzeugte. So wurde der Bonze völlig befriedigt.«327

Die hoffnungsvoll begonnene Begegnung wurde allerdings nicht von einem entsprechenden Erfolg gekrönt. Einige Beweise später resümierte der hōshenjiin, der seinen Stand und Status nicht verlassen habe wollen: »›Da ich nun einmal

326 Beeh: Logik und Religion, in: Zen Buddhism today ( 1987), S. 144. [MA]. 327 Fróis, Luís SJ: Die Geschichte Japans (1549–1578), hg. u. übers. v. Schurhammer SJ/ Voretzsch SJ, Leipzig 1926, S. 123. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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diese Hindernisse habe, die Taufe zu empfangen, so will ich mich bemühen, ein Christ im Herzen zu sein.‹ Aber er blieb so an seine Götzendienereien und Irrtümer gebunden, wie sein Meister Nenjitsu.«328 Nicht vollumfänglich als funktional gleichwertig empfundene Praktikengeflechte vermochten zwar durch ihre jeweils speziellen Besonderheiten Faszination hervorzurufen, aber nicht, auch zur Konversion zu überzeugen. Ähnliches galt auch für die anderen buddhistischen Denominationen, die von den in Japan arbeitenden Mitgliedern der Societas als besonders verstockt und dem Übertritt zum Christentum grundsätzlich abgeneigt beschrieben wurden. Sowohl die hokke-shū – die Nichiren-Buddhisten – als auch die ikkō-shū – die jōdo shinshū-Buddhisten – nahmen in den von ihren Anhängern befolgten Praktiken den Menschen die Sorge um das Leben nach dem Tod durch das Versprechen des Eingangs in eines der ›Reinen Länder‹, der buddhistischen Paradiese, und förderten somit eine weltliche Orientierung der Gläubigen. Es war damit nach volkstümlicher Lesart kein besonderer Verhaltenskodex für das diesseitige Leben absolut erforderlich, um jenseitige Erlösung zu finden.329 In Fukans myōtei mondō wurde die jōdo shinshu damit gekennzeichnet, sie verspreche ein Leben nach dem Tod im Reinen Land, dem Westlichen Paradies, wenn man nach dem Grundsatz lebe, alles Seiende wie sich selbst zu lieben,330 was etwas problematisch ist, wenn man es mit seiner später im selben Text gegebenen Zusammenfassung der essentiellen Verhaltensvorschriften der christlichen Lehre vergleicht: »Regardez ces dix commandements comme résumés tous dans les deux suivants: tu aimeras et honoreras le seul Seigneur; et encore: Songe au prochain comme tu songes à toi-même.«331 Ein weiteres Problem, das sich in diesen Disputationen zeigte, ging auf einen begrifflichen Unterschied prinzipieller Natur zurück. In den jüdisch begründeten Religionen gilt, dass Gott im Hinblick auf die Sprache nicht transzendent ist, der Mensch kann zu Gott sprechen wie zum Menschen. In indisch begründeten Religionen, vor allem in den verschiedenen Spielarten des Buddhismus, gilt das nicht. Die Sprache ist hier wie Bilder nur ein uneigentliches Abbild des Göttlichen. Zu Gott kann nicht gesprochen werden.332 Eine Debatte, die Lourenço nach Fróis 1561 in Kyōto hielt, illustriert die Auswirkungen dieser Differenz in den Basispostulaten der beiden sich konfrontierenden Praktikengeflechte.

328 Fróis, Luís SJ: Die Geschichte Japans (1549–1578), hg. u. übers. v. Schurhammer SJ/ Voretzsch SJ, Leipzig 1926, S. 124. 329 Masahide: Thought and Religion, in: Hall (Hg) 1991, S. 386. 330 Fukan, Fabian: Myōtei Mondō [Buch 1 u. 2], übers. u. komm. v. Humbertclaude SJ, in: MN (1938), S. 238. 331 Ebd., S. 259. 332 Beeh: Logik und Religion, in: Zen Buddhism today (1987), S. 131. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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»Es kam dahin ein anderer Bonze aus Kwantō, aus einer Sekte der Hokke-shū, […]. Es war dies eines Tages beim Morgengrauen und er sagte, er wolle eine Predigt hören. Bruder Lourenço predigte ihm, wie es nur einen einzigen Gott gebe von unendlicher Macht, Weisheit und Güte, ewig und unsichtbar. Einige dieser Bonzen […] sind, weil sie Gelehrte sind, doch voll von großem Stolz und Anmaßung, und die aus dieser Sekte haben den Gebrauch, daß sie bisweilen nur mit durch die Finger gebildeten Figuren und Zeichen disputieren, ohne Worte auszusprechen. So tat es dieser Bonze. Er erhob sich plötzlich von der Stelle, wo er war, setzte sich auf den höchsten und besten Platz jenes Hauses, zog einen Fächer heraus, den er im Gürtel trug, breitete ihn aus und legte ihn unter einen Fuß, legte eine Hand an die Seite und erhob den Zeigefinger der anderen nach oben, und die Annahme dieser Positur war das Argument, das er ohne Worte von seiner Seite vorbrachte. Bruder Lourenço, der ihm zu antworten hatte, konnte, da er fast blind ist, die Positur nicht unterscheiden, die der Bonze angenommen hatte. Er frug darum den Pater, der neben ihm war, er möge sie ihm angeben, und sobald er sie wußte, sagte er zu dem Pater: »Laßt mich machen, Hochwürden, denn ich werde ihn sofort erledigen.« Dann legte er die eine Hand an die Seite, erhob die andere, spreizte alle fünf Finger und sagte mit lauter Stimme: »Credo in Deum Patrem omnipotentem, Creatorem Coeli et terrae«. Der Bonze, der Gravität und Arroganz verkörperte, mußte in ein solches Gelächter ausplatzen und alle anderen Anwesenden mit ihm, daß sie, ohne länger warten zu können, sich verabschiedeten und sofort entfernten, ohne sich je wieder blicken zu lassen.«333

Beide Seiten hielten sich daraufhin den Sieg in dieser Disputation zugute. Nüchtern betrachtet scheint es eher, dass keiner der Kontrahenten damit außer einem Mehr an Reputation unter seinen Glaubensgenossen irgendetwas gewonnen hatte, in jedem Fall keine Konvertiten. Nach der Rückkehr Gaspar Vilelas nach Kyōto kamen seit 1562 nach Auskunft Fróis dementsprechend auch keine Disputationen mit den örtlichen Buddhisten mehr zustande. »Die Kirche ging nach dem überstandenen Sturm mit Ruhe voran, aber es kamen keine Bonzen mehr, um dem Pater Zweifel vorzulegen. Sie pflegten vielmehr zu sagen, es sei das größte Unglück und Mißgeschick, wenn ein Mensch zu solchem Wahnsinn und einem so erbarmungswürdigen Zustand komme, daß er Christ werde und sich dadurch unter die unvernünftigen Tiere erniedrige, und es sei dies ein sicheres Zeichen der Verdammnis eines Menschen, da er ausgeschlossen und hinausgestoßen, ich will sagen, verstoßen sei von der Gunst und Gnade der Kami und Hotoke.«334

Elison identifizierte die Schwierigkeiten, die bei all diesen Disputationsversuchen auftraten, als eine fundamental ideologisch, nicht logisch motivierte Diskussionsführung. Die jeweiligen Akteure seien wegen ihrer Fixierung auf die jeweils orthodoxe Doktrin nicht in der Lage gewesen seien, das Gegenüber 333 Fróis, Luís SJ: Die Geschichte Japans (1549–1578), hg. u. übers. v. Schurhammer SJ/ Voretzsch SJ, Leipzig 1926, S. 108 f. 334 Ebd., S. 131. KiO. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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überhaupt wahrzunehmen, was notwendig zu polemischem Streit statt sachlicher Auseinandersetzung geführt habe.335 Das beschreibt zwar die Auswirkungen der hier zu beobachtenden Praktikenkollision durchaus angemessen, aber es bleibt fraglich, ob damit tatsächlich die Dynamiken aufgeschlüsselt werden können, die zu eben diesen Effekten des gegenseitigen Unverständnisses führten. Schließlich hatten beide Parteien sich zum Ziel gesetzt, die jeweils andere intellektuell zu verstehen, also ihr System nachvollziehen zu können. Beide stilisierten sich außerdem – und durchaus mit Recht – ganz im Rahmen ihrer jeweiligen Traditionen als im jeweiligen zeitgenössischen und kulturspezifischen Sinn wissenschaftliche Akteure, die resultierenden Diskussionen damit ebenfalls als wissenschaftliche Aktivitäten. Nach Huang sind wissenschaftliche Traditionen nun keine in sich geschlossenen Strukturen, sondern Praktikensätze, deren Reichweiten von Beschränkungen definiert werden.336 Darunter fallen langfristige Beschränkungen metaphysischer und ontologischer Art, mittelfristige Beschränkungen in Form methodologischer und epistemologischer Regeln, und kurzfristige Beschränkungen wie Theorien, Modelle, und Untersuchungsinstrumente. Alle diese beschränkenden Elemente können von unterschiedlichem Gehalt sein und formen durch die Beschränkungen, die sie der jeweiligen Tradition auferlegen, deren Wissenschaftverständnis.337 Damit bedingen sie auch die innerhalb dieses Praktikengeflechts zulässigen wissenschaftlichen Einzelpraktiken. In der Serie von Praktikenkollisionen, die die Disputationen des 16.  Jahrhunderts darstellten, zeigen sich mindestens eine langfristige Beschränkung – die jeweils unterschiedlichen Annahmen über die Natur der menschlichen Vernunft – und eine daraus resultierende mittelfristige Beschränkung, die ebenso unterschiedlichen Regeln logischer Verknüpfung und Schlussfolgerung. Im Verein mit anderen Annahmen, wie beispielsweise über die Geschaffenheit oder Unendlichkeit der materiellen Welt, wurde eine auch nur funktionale Verständigung so außerordentlich erschwert. Ähnliche Problemlagen wiederholten sich in der China-Mission der Gesellschaft Jesu im 17. Jahrhundert. Die zugrunde liegenden Schwierigkeiten waren also entweder nicht erkannt oder nicht als wesentlich erachtet worden. Das kann damit erklärt werden, dass wie bei Elison der Rückzug auf die einen Austausch prinzipiell verunmöglichende Orthodoxie der Denksysteme gesucht wird. Diese Position ist zwar berechtigt, aber nicht vollständig. Schließlich war es in selektiver Anwendung der durch die wissenschaftlichen Paradigmen der jeweiligen Seiten vorstrukturierten Kommu­ nikationspraktiken möglich, zu einem begrenzten Verständnis der Gegenseite 335 Elison: Deus Destroyed, Cambridge (Mass.)/London 19913, S. 9. 336 Huang: The Trading Zone Communication of Scientific Knowledge, in: Science in Context (2005), S. 395. 337 Ebd. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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zu gelangen, das für die Zielsetzungen der Akteure genügte. Man erreichte das durch eine Art symbolischer Pidgin-Sprache, die halb begriffene Ideen und Vorstellungen in halbwegs passende eigene Konzepte zu übersetzen versuchte,338 so dass beide Seiten meinten, sie verstünden genug, um zu erkennen, was eigentlich vor sich ging. Mit Hilfe dieses eingeschränkten, aber im Rahmen dieser Einschränkungen funktionalen Systems einer trading zone für Wissen, die sich in den Disputationen immer wieder aktualisierte, war es beiden Seiten möglich, ihre Kenntnisse über die jeweils andere so weit zu erweitern, dass damit eine Refutation der fremden Lehren auf einem sehr einfachen Niveau möglich war. Die Mitglieder der Societas gingen dabei in einer durch die katholische und ordenseigene Tradition autorisierten Weise vor. Was sie versuchten, war die Schwierigkeit zu beheben, die Thomas von Aquin im ersten Band der Summa contra Gentiles beschrieben hatte – die sich auch unter den Büchern befand, die mit der Expedition Melchior Nunes Barretos 1556 nach Japan kamen.339 »Gegen die Irrtümer der einzelnen vorzugehen, ist jedoch aus zwei Gründen schwierig. Erstens, weil die frevlerischen Aussprüche der einzelnen Irrenden uns nicht dermaßen bekannt sind, daß wir aus dem, was sie sagen, Argumente entnehmen könnten, um ihre Irrtümer zu widerlegen. Auf diese Weise sind nämlich die alten Theologen vorgegangen, um die Irrtümer der Heiden zu widerlegen, deren Meinung sie kennen konnten, weil sie selbst Heiden gewesen waren oder zumindest unter Heiden gelebt hatten und deshalb in deren Lehren unterrichtet waren. Zweitens, weil einige von ihnen, wie die Mohammedaner und die Heiden, nicht mit uns die Autorität wenigstens eines Teils der Heiligen Schrift anerkennen, durch die sie überzeugt werden könnten, wie wir gegen die Juden auf Grund des Alten Testaments disputieren können, gegen die Häretiker auf Grund des Neuen. Sie aber nehmen ja keins von beiden an. Deshalb ist es notwendig, auf die natürliche Vernunft zurückzugreifen, der alle beizustimmen gezwungen sind. Diese ist allerdings in Bezug auf die göttlichen Dinge mangelhaft.«340

Auf diese Weise, unter Zuhilfenahme der in Bezug auf die göttlichen Dinge mangelhaften Vernunft, der eben nicht alle beizustimmen gezwungen waren, war es zwar nur in Einzelfällen möglich, Personen zu konvertieren, die habituell über die Praktikengeflechte ihrer Partei vollumfänglich verfügen konnten. Daher konvertierten kaum buddhistische Mönche zum Christentum oder, als nach 1614 in Japan die Christenverfolgungen einsetzten, jesuitische Missionare zum Buddhismus. Dafür aber wurde unter Zuhilfenahme dieser so aufgebauten Wissensbestände bei denen, die eines dieser Praktikensysteme, wenn über 338 Huang: The Trading Zone Communication of Scientific Knowledge, in: Science in Context (2005), S. 413. 339 OA: Inventario del bagaje de la expedicion de 1554 a Japon, in: MHJ 2, S. 485. 340 Thomas Aquinas: Summa contra Gentiles, übers. u. hg. v. Albert u. a., Darmstadt 20093, 1. Bd, S. 7. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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haupt, nur unvollständig verinnerlicht hatten und nicht völlig beherrschten, eine deutlich erfolgreichere Konversionsargumentation möglich. Problematisch für die Societas war jedoch, dass es für ihre Mitglieder nicht möglich war, die jeweiligen Instanzen der trading zone zu kontrollieren. Eine Disputation war nur möglich, wenn jede der beteiligten Parteien versuchte, die ihr gestellten Fragen zur Zufriedenheit der Gesprächspartner zu beantworten. Die Wissenstranfers waren also immer beidseitig, was nicht nur den Mitgliedern der Gesellschaft, sondern auch ihren japanischen Gegnern Informationen verschaffte. Die Disputationen waren also in Japan wie in Indien (siehe Kap. 6.1) nicht das funktionale Instrument zur Erlangung von Konvertiten, als das die ­Societas es in ihren Beschreibungen darstellte. Was aber dann? Denn Konversionen gab es ja doch.

6.4.2 Konversionen »By offering compelling faith-contents and installing persons in faiths, religions play an incomparably powerful role in person-making or person-transforming. A religion attempts to realize  a vision of what persons are in general and, within this framework, puts individuals on specific paths to becoming what they will finally take themselves to be. In this connection with faith, therefore, religious question rivalry involves the maximal existential disturbance. Conversion is scarier than a leap into an unfamiliar landscape: in this case the unforeseeable lies within, in a reconstituting of aim-taking.«341

Die ersten namentlich bekannten japanischen Konvertiten der Societas verdeutlichen in ihrer sozialen Position bereits das oben skizzierte Bekehrungsschema. Sie entstammten den sozial marginalisierten und ökonomisch schlecher gestellten Bevölkerungsgruppen. Anjirō und Bernardo waren verarmte bushi, die den unteren Rängern der Kriegerschicht angehörten; Lourenço ein nahzeu blinder biwa hoshi, ein Bettelmusikant; Joane und Amador, Anjirōs Begleiter oder Diener, wohl entweder Domestiken oder Sklaven; Matheo und Francisco aus Yamaguchi ebenfalls junge Männer aus ärmlichen Verhältnissen.342 Joane etwa hatte sich 1552 auf Javiers Ersuchen hin dazu bereiterklärt, bis 1553 in Indien zu verbleiben, um mit der dann erwarteten Entsendung von Missionaren nach Japan zurückzukehren und diese als Dolmetscher zu unterstützen. Das aber nur unter der Bedingung, dass Javier ihm ein Almosen verschaffte, damit er seinen Lebensunterhalt fristen könne.343 Gemeinsam war ihnen damit auch, dass sie 341 Smith: Bowl climbing: The logic of religious question rivalry, in: International Journal for the Philosophy of Religion (1994), S. 38. 342 Schurhammer SJ: FX 2.3 (1973), S. 244–246, besonders FN 92. 343 Ebd., S. 645. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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in theologischen Fragen deutlich weniger gut informiert waren als etwa die buddhistischen Mönche, auf die die Disputationen der Gesellschaft zielten. Damit soll nicht der Eindruck erweckt werden, es habe keine Konversionen sozial hochgestellter, gebildeter oder begüterter Persönlichkeiten gegeben. Das war später durchaus der Fall,344 aber offenbar waren diese gesellschaftlichen Schichten abgesehen von Einzelfällen wie Yōfō Paulo und Paulo von Tonomine bis in die 1570er nicht für dauerhafte Arbeit im Orden zu gewinnen. Diese Beobachtungen spiegeln die größeren Dynamiken der Konversion wider. In den ersten zwei Monaten nach Erteilung der Missionserlaubnis konvertierte Javier in den Territorien Ōuchi Yoshitakas etwa 500 Personen, darunter auch Angehörige der lokalen Oberschicht,345 wiewohl nicht mehr geklärt werden kann, ob und inwieweit das, was diese neuen Christen dann glaubten, sich mit dem deckte, was Javier ihnen hatte vermitteln wollen. Dem gegenüber stehen Ereignisse wie die von Fróis eher en passant wiedergegebene Bekehrung eines Bauerndorfes im ländlichen Südwesten Japans, dessen Einwohner, »die keinerlei Wissenschaft besaßen«, 1555 nach kurzer Anwesenheit der Missionare vor Ort allesamt konvertierten, was auf einen Schlag etwa 300 neue Gläubige bedeutete.346 Eines der wenigen Beispiele einer nach den Maßstäben der ursprünglich mit dieser Methode verbundenen Ziele gelungenen Disputation beschrieb Fróis für das Jahr 1651, als Luis de Almeida in Hakata mit einem buddhistischen Mönch debattierte. »Dieser Bonze verwandte eine ganze Woche auf Disputationen und Fragen, wobei er eigenhändig alles aufschrieb, was er hörte. Und nachdem er die Erkenntnis eines Schöpfers und vieler anderer Dinge erlangt hatte, die man ihm mit Vernunftgründen bewies, empfing er die heilige Taufe und mit ihm 18 Personen.«347 Verglichen mit den Bekehrungserfolgen, die durch das innerfamiliäre Konversionsschema oder die Bekehrung von vergleichsweise armen und wenig gebildeten Dorfbewohnern erzielt werden, nimmt sich hier das Verhältnis von Aufwand und Ertrag recht ungünstig aus. Natürlich müssen die Zahlen grundsätzlich in Zweifel gezogen werden, vor allem, wenn sie verdächtig rund erscheinen. Einerseits war es verlockend, in der Darstellung die Schätzungen großzügig zu gestalten, nicht nur aus Kalkulation, sondern auch unbewusst, um ein positives Empfinden der eigenen Wirksamkeit zu erhalten. Andererseits waren Konvertitenzahlen und der Bericht über sie auch immer ein Werkzeug, um Richtungsentscheidungen innerhalb der Societas zu rechtfertigen.Während Pedro d’Alcáçova für 1553 in Funai und dessen Umgebung 600 bis 700 Christen ansetzte, gab Alessandro Valignano 1571 344 Schurhammer SJ: FX 2.3 (1973), S. 247 f., FN 93. 345 Elison: Christianity and the daimyo, in: Hall (Hg.) 1991, S. 313 f. 346 Fróis, Luís SJ: Die Geschichte Japans (1549–1578), hg. u. übers. v. Schurhammer SJ/ Voretzsch SJ, Leipzig 1926, S. 45. 347 Ebd., S. 114. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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an, er habe bei seiner Ankunft in Japan insgesamt nur 500 Konvertiten vorgefunden. Ohne diese Zahlen jetzt harmonisieren zu wollen, lässt sich feststellen, dass beide davon ausgingen, dass sich darunter nur sehr wenige hochrangige Personen oder gar ehemalige buddhistische Mönche befanden. Der Löwenanteil der neuen Gläubigen kam vom sozialen und ökonomischen Rand der ­Gesellschaft.348 Bekehrungen von Vertretern der jeweiligen theologisch-wissenschaftlichen Praktikengeflechte waren vor allem dann möglich, wenn diese keine vollständige Verinnerlichung der jeweiligen Grundannahmen vollzogen hatten. Eine der wenigen namentlich gekennzeichneten und ausführlich berichteten Konversionen eines buddhistischen Mönchs bei Fróis,349 deren besondere Breite in der Darstellung bereits darauf hinweist, dass es sich um einen ungewöhnlichen Einzelfall handelte, der besondere Herausstellung nicht nur verdiente, sondern auch erst möglich machte, befasste sich mit der Bekehrung eines gewissen Yamada no Shōzaimon. Laut Schilderung seiner Lebensgeschichte wurde er zunächst tendai-Mönch im Enryakuji auf dem Hiei-zan, ging dann zur jōdo shinshū über, von dort zu den shingon-Buddhisten, dann zum shintō, und schließlich zum sōtō-zen, und als er 1560 erfuhr, dass sich Mitglieder der Societas in Kyōto befänden, machte er sich auf, um mit ihnen zu debattieren.350 Als Motivation wurden spirituelle Probleme angeführt, er zweifle an den Grundsätzen seines Glaubenssystems. Die zen-Buddhisten würden lediglich fünf Elemente anerkennen, von denen das fünfte ihm die größten Schwierigkeiten mache.351 Lourenço, der wie in solchen Fällen üblich, die Disputation übernahm, begann, ihn zu katechisieren.352 »Zu dessen Verständnis müßt Ihr wissen, daß die alten Philosophen Europas außer den vier Elementen den Himmel die fünfte Essenz nannten; aber auch diese, die geschaffen ist wie die anderen Elemente, steht in einem unendlichen Abstand von der Vollkommenheit der höchsten Essenz, die wir »Gott« nennen, ohne Anfang und Ende, von unendlicher Macht, Weisheit und Güte. Aber da Stufen nötig sind, um hohe Dinge zu verstehen, so will ich Euch zuerst die Erschaffung dieses niederen Werkes (maquina inferior) und der sichtbaren Dinge darlegen, und dann werde ich euch erklären, was für eine Sache die vernünftige Seele ist, eine Substanz, unsichtbar und unsterblich, die Ihr und ich und alle vernünftigen Geschöpfe haben, und den Unterschied, der besteht zwischen unseren Seelen und den anderen geistigen, unsichtbaren Substanzen, welches die Engel und Teufel sind. Und wenn Ihr von diesen

348 Vgl. Schurhammer SJ: FX 2.3 (1973), S. 311 f., FN 87. 349 Fróis, Luís SJ: Die Geschichte Japans (1549–1578), hg. u. übers. v. Schurhammer SJ/ Voretzsch SJ, Leipzig 1926, S. 96–99. 350 Ebd., S. 96. KiO. 351 Ebd., S. 97 f. 352 Ebd., S. 97. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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Dingen Kenntnis habt, und sie versteht, dann werde ich Euch von Gott sprechen, der die höchste und göttlichste Essenz ist, die zu sehen und deren ewige Seligkeit zu genießen wir alle geschaffen sind.«353

Die Disputation diente jedoch auch in diesem Fall lediglich der Informationsbeschaffung. Die Entscheidung zur Konversion fiel erst, nachdem Shōzaimon einen Katalog von elf schriftlichen Fragen vorgelegt und entsprechende schriftliche Antworten erhalten hatte. Als diese seine Zustimmung fanden, beschloss er, der Reihe der von ihm praktizierten Glaubenssysteme ein weiteres hinzuzufügen, in diesem Fall das katholische Christentum der Gesellschaft Jesu. Allerdings war mit auch mit dieser diskursiv so deutlich herausgestrichenen Bekehrung, die ja endlich einen der von der Societas seit 1549 erstrebten Erfolge darstellte, kein Schneeballeffekt verbunden. Shōzaimon brachte offenbar keine weiteren Konvertiten mit sich, und er starb bereits wenige Jahre nach seinem Übertritt zum Christentum.354 Die wesentlichen Erfolge dieser Methode lagen, anders als die Societas Jesu es selbst darstellte und es bislang in der Forschung weitgehend übernommen wurde, nicht in der Zahl gewonnener Disputationen. Selbst im besten möglichen Fall konvertierten auf diese Weise nur relativ wenig Personen, und diese brachten zumeist keine weiteren Konvertiten mit sich, von vereinzelten Ausnahmen abgesehen. Nach dem innerfamiliären Schema konnten wesentlich mehr Konversionen erzeugt werden, oder durch die Predigten der Patres vor sozial marginalisierten oder armen Bevölkerungsteilen. Die Menge war größer, auch wenn in solchen Fällen prinzipiell in Frage gestellt werden muss, was diese Konvertiten unter dem Glauben verstanden, dem sie sich anschlossen – sicher nicht dasselbe wie die Patres. Auch der Informationsgewinn über die fremden spirituellen Praktiken, wiewohl stets gegeben und auch in eigene Praktiken rückübersetzt, war nicht der hauptsächliche Nutzen der Methode, sondern eher ein Mitnahmeeffekt, was sich an der späten Institutionalisierung und Systematisierung dieser Art der Informationsbeschaffung zeigt. Die wesentlichen Vorteile, die derartige Disputationen der Societas verschaffen konnten, bestanden vor allem in der Erhöhung ihrer öffentlichen Sichtbarkeit, ihres sozialen Status und der Festigung ihrer spirituellen Autorität unter der Konvertitenschaft. Konnten die Patres mit öffentlichen Religionsgesprächen augenfällig machen, dass sie – Sieg über und Konversion ihrer Disputationsgegner hin oder her – von den buddhistischen Klerikern als diskussionswürdig und damit als zumindest ernstzunehmende, wenn nicht gar gleichwertige spirituelle Akteure wahrgenommen wurden, so wurden sie damit sozial integriert. Und konnten sie ihren eigenen 353 Frois, Luis SJ: Die Geschichte Japans (1549–1578), hg. u. ubers. v. Schurhammer SJ/ Voretzsch SJ, Leipzig 1926, S. 98. 354 Ebd., S. 98 f. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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Anhängern glaubhaft machen, dass sie in den aufgeworfenen Fragen die besseren Lösungen anzubieten hatten, also in der Lage waren, nicht nur funktional äquivalente, sondern darüber hinaus einen spirituellen Mehrwert bietende Praktiken anzubieten, war ein wesentlicher Schritt getan, um das mit der sozialen Stratifizierung der Konvertitenschaft und deren Nutzung spezifischer Praktiken von Buße, Caritas und religiöser Argumentation vorgeformte Programm der Beanspruchung und Ausübung mentaler Hegemonie in der spirituellen Phase realisieren zu können, also auch hier eine Provinz des spirituellen Imperiums der Gesellschaft Jesu zu errichten.

6.5 Wohin des Wegs? Welchen Weg nahm das Unterfangen der Societas denn nun als Ganzes während der hier untersuchten ersten zweiunddreißig Jahre in Asien? Und wohin sollte er führen? Als wichtigstes Ergebnis bleibt zunächst festzuhalten, dass es sich zunehmend verselbstständigt hatte. Es waren Eigendynamiken aufgetreten, die niemand vorausgesehen hatte, und Entwicklungen erfolgt, die weder von der Ordenszentrale in Rom veranlasst worden waren noch von ihr gesteuert werden konnten. Das war nicht zufällig geschehen, sondern beruhte auf den verschiedenen Beschränkungen, denen sich die Gesellschaft Jesu bei der Verfolgung ihrer Ziele gegenübersah. Sie war darauf angewiesen, die portugiesischen naos der Carreira da Índia zu nutzen, um überhaupt in den indopazifischen Raum gelangen zu können. Die enorme Entfernung, die dabei überwunden werden musste, bedeutete eine klare geographische und chronographische Trennung der neuen Missionsgebiete von Europa, weil jede Kommunikation nur extrem zerdehnt möglich war. Obwohl das Kommunikationsvolumen ständig anwuchs, handelte es sich doch an vielen Stellen um das Gespräch mit Abwesenden, Unbekannten oder Toten. Das hieß in der Missionspraxis, dass immer wieder Entscheidungen gefällt werden mussten, die entweder den Vorgaben Roms nicht entsprachen, nicht entsprechen konnten oder von dort gar nicht geregelt worden waren, weil in Rom noch niemand davon wusste. Diese Entscheidungen wurden gefällt und ausgeführt von einer Mitgliederschaft, die ebenfalls nur zu einem Teil überhaupt einer Kontrolle durch die europäischen Teile des Ordens unterlag oder jemals unterlegen hatte. Es war nicht nur unmöglich, den Briefverkehr über den Indik und Atlantik hinweg funktional so zu organisieren, wie das eigentlich gewünscht war, es galten auch die selben Einschränkungen für den Personenverkehr. Die Reise war lang, beschwerlich, gefährlich und teuer, die Plätze waren knapp, und die römische Zentrale setzte für die Ordensangehörigen meist andere Prioritäten als die Verschickung ins ferne Indien. Daher gelang es nie, diese Missionsgebiete in aus© 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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reichender Zahl mit aus Europa kommenden Jesuiten zu bestücken, als dass die dort anfallenden Aufgaben auch nur halbwegs hätten bewältigt werden können. Der Rückgriff auf verschiedene alternative Möglichkeiten, die dringend benötigten Kräfte zu beschaffen, war also unvermeidlich und wurde bereits von Beginn an intensiv genutzt. So bestand die Mitgliederschaft der Asienmissionen rasch zu einem hohen Prozentsatz aus jung und sehr jung zum Orden gekommenen Mitgliedern, indigenen Konvertiten und Europäern, die erst in Übersee überhaupt der Gesellschaft beitraten und zuvor Händler, Soldaten oder Beamte gewesen waren. Dazu kam die Nutzung von Sklaven zur Verrichtung der einfachsten Arbeiten (siehe Kap. 7). Innerhalb dieser so ungleich zusammengesetzen Mitgliederschaft, die ja dennoch dem Buchstaben der Ordensregeln unterworfen war und theoretisch einen einzigen mystischen Körper bildete, mit dem Ordensgeneral im fernen Rom an ihrer Spitze, entstand eine klare Hierarchisierung, die sich auf ethnische, anthropologische und logische Kriterien stützte. Diese Hierarchie stellte die europäischen Patres an die Spitze und die indigenen Laienbrüder und Zuarbeiter ganz an den Fuß der Organisationspyramide der Societas und machte den Aufstieg indigener Kräfte zu einer gleichberechtigten Teilhabe an ihr nahezu unmöglich. Der Versuch, europäische Verhältnisse, Praktiken, Strukturen und Normen möglichst unverändert in den neuen Missionsgebieten und den neuen Konvertiten gleichermaßen wieder erstehen zu lassen, führte dazu, dass nicht nur die vom Orden gewonnene und betreute Gläubigenschaft eine spiegelgleiche Hierarchie entwickelte, die nach der Teilhabe an der göttlichen Botschaft abgestuft war und innerhalb derer die europäischen Patres die spirituelle Spitze bildeten. Ein weiteres Ergebnis dieser Bestrebungen war die Intensivierung der Kontakte zur politischen Macht, bevorzugt zu der der europäischen Kolonialmächte, unter deren Patronat das ganze Unternehmen ja auch begonnen hatte (siehe Kap. 7). Eng verwoben mit den Wechselfällen der politischen und spirituellen Organisation, der personellen Logistik und der finanziellen Ausstattung der Gesellschaft in Asien war die Formulierung der generellen Herangehensweise, die die Völker dieser Weltgegend zu Christus führen sollte. In Übereinstimmung mit den philosophischen und theologischen Grundannahmen des Ordens wurde ein Programm der Konversion von oben, der Arbeit an der Spitze der sozialen und intellektuellen Eliten der zu bekehrenden Gebiete entwickelt. Dieses bestand aus der Instrumentalisierung politischer Kontakte und Handelsversprechen einerseits und Disputationen mit den als meinungsführend angesehenen Vertretern der ›Gegenparteien‹, der indigenen spirituellen Gemeinschaften, andererseits. Obwohl mit hohem Aufwand durchgeführt und verbissen verfolgt, bewirkten diese Strategien weit weniger als die Arbeit unter den sozial, ökonomisch und intellektuell an der Basis der indigenen Gesellschaften angesiedelten Bevölkerungsteilen. Diese ließen sich leichter bekehren und spirituell kontrollieren, brachten aber dafür den Fluch des Erfolges mit sich. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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AnthropoLogik

Der Gesellschaft wuchsen ihre Gläubigen über den Kopf, auch wenn die Zahlen hinter den gewünschten zurückblieben. Eine tiefgehende und eindringliche Vermittlung der christlichen Botschaft war so nicht möglich, und die Katechisierung der neugewonnenen Herde blieb deutlich hinter den für Europa geltenden Anforderungen zurück. Die Misserfolge in den Disputationen – zumindest waren es ja solche nach der Societas selbstgesteckten Maßstäben – verdeutlichen darüber hinaus, dass das angestrebte Verständnis nicht das war und leistete, was es hatte leisten sollen. Die bis jetzt erfolgte Betrachtung verschiedener Einzelaspekte des Themas hatte mir die Schlüssel in die Hand geben sollen, die umliegenden Teile zu verstehen, von diesen Inseln aus das weite umliegende Meer beherrschen zu können. Die angekündigte Makroskopie der Macht, der strukturellen Form des Unternehmens unter den Gesichtspunkten eines spirituellen Imperialismus steht aber noch aus: Sie gilt es nun abschließend zu liefern.

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7. Estado do Jesus

»As the proverb says: the whole earth is one, and its people nearly alike. ([C]omo diz ho ryfão, a terra toda hé huma e a gemte quasy comua).«1

So urteilte António Galvão, capitão-mor der Molukken, Ende der 1530er in seinem Bericht an den König im fernen Lissabon. In der betreffenden Passage seines Werkes gab er einen Überblick über die Eigenschaften und den Charakter der indigenen Bevölkerung, auf die er in Ausübung seiner kolonialen Herrschaft traf. Seine Verdikte fielen dabei durchaus zugunsten der Einheimischen aus, nicht zuletzt zugunsten ihrer Frauen, die Galvão mit den europäischen auf dieselbe Stufe, wenn nicht höher stellte. Was aber bewegte Galvão überhaupt zu dieser Schilderung? Warum er überhaupt einen solchen umfangreichen Traktat verfasste, legte er im Prolog seines Textes dar. »I have received the news that Your Highness has written to Your Governor and Captains that they should try to find out the way of life of the countries, their products, in which latitude and climate they are situated, and the customs, costumes, and languages of their inhabitants. […] And although I am not suited to undertake this because of my lack of education and slight talent, yet I want to do what has been commanded, being only a servant. This work contains a very small part of the matter because to treat the whole of it should be left to someone who has a greater ability for it.«2

Sowohl in der Selbststilisierung des Schreibers wie auch im dargelegten Zweck des Schreibens parallelisiert das hier sichtbare Muster sich klar mit den Briefen der Societas an den Praepositus Generalis in Rom. Es galt, Informationen über den Stand des Unternehmens, die Natur und Art der Länder und Völker, mit denen man konfrontiert war, zu geben. Zugleich war die deutliche Betonung des Unterordnungsverhältnisses wichtig, um klarzustellen, dass die Strukturen des jeweiligen Imperiums zumindest auf dem Papier durch die Entfernung nicht litten, sondern in der Kommunikation affirmativ wiederhergestellt werden konnten. Auch Henrique Henriques entschuldigte sich 1552 in seinem Bericht an Loyola dafür, dass er für diese Aufgabe so ungeeignet sei, wiewohl er ihr natürlich nachkomme,3 sei sie doch vom Praepositus Generalis selbst ange 1 [Galvão, António]: A Treatise on the Moluccas (c. 1544), übers. u. komm. v. Jacobs SJ, Rom/St. Louis 1971, S. 102 f. 2 Ebd., S. 34. [MA]. 3 Henriques, Henrique SJ: Schreiben aus Cochim an Loyola vom 27.  Januar 1552, in: MHSI/DI 2, Dok. 64, S. 300. OR: »(…) me mandam estar lá e que tenha cargo, sendo eu tão inhabil para isso.« © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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wiesen.4 António de Quadros übernahm 1559 in seiner Sindicação die Beauftragung gleich in den Titel des Schreibens (»que Nosso Padre manda fazer«).5 Galvão stellte sich mit seinen brieflichen Kommunikationspraktiken aber nicht nur mit der Societas in eine Linie, sondern auch mit anderen Akteuren iberischer kolonialer und spiritueller Expansion, wie etwa dem Spanier Gonzales de Mendoza. Dieser vermerkte in seinem Vorwort nicht nur die gängige rhetorische Trope, er müsse sich entschuldigen, da es seinem Werk an Stil mangele,6 sondern auch, er sei vom letzten Präsidenten des – spanischen – Consejo de Indias, Antonio de Padilla y Meneses (†1598), beauftragt worden, das Werk zu schreiben, um einerseits Informationen über China und die Chinesen zur Verfügung zu stellen und andererseits Wege aufzuzeigen, um »la conuersion dellas a la Fee Catholica« ins Werk setzen zu können.7 Eine Absicht, die der Consejo de Indias bereits seit den 1530ern verfolgte8 und hinsichtlich derer Mendoza sich von Galvão nicht unterschied. Der jedoch verfügte anders als der Augustinermönch in seiner Position als capitão-mor auch über die Mittel, diese Absicht praktisch umzusetzen. Seine Methode der Wahl zu diesem Zweck erinnert dabei deutlich an die Anstrengungen der Societas sowohl in Indien wie in Japan. Nachdem Galvão nach eigenen Angaben im Umkreis von 80 leguas um seinen Standort viele Bekehrungen erzielt hatte, richtete er eine Schule ein, in der er elementare Bildung mit christlicher Katechese verbinden ließ. »In order to consolidate [this work] and make it secure, he had the heirs and sons of the prominent people come into his house, which he transformed into a school. He taught them reading and writing and the short catechism, and all other good behavior, in order to strengthen them in our holy faith; and he did so for the sons of the Portuguese together with them.«9

Die Arbeit mit den oberen sozialen Schichten, der Versuch der Beeinflussung über die Kinder, die Verbindung von Herrschaft, christlicher Botschaft und europäischen Sitten, der gemeinsame Unterricht von Indigenen und Portugiesen, all das lässt Galvãos Institution wie eine der bereits geschilderten Jesuitenschulen wirken. Nur ohne Jesuiten, waren diese doch noch gar nicht nach Asien 4 Henriques, Henrique SJ: Schreiben aus Cochim an Loyola vom 27.  Januar 1552, in: MHSI/DI 2, Dok. 64, S. 300. OR: »Bem vejo nom se eu dino de escrever a V[ossa] R[everencia]; faço-o porque assi no-llo teem mandado.« ME]. 5 Quadros, António de SJ: Sindicação de todos os desta provincia da India que Nosso­ Padre manda fazer, in: MHSI/DI 4, Dok. 47, S. 398. 6 Gonzalez de Mendoza, Juan OSA: Historia de las cosas mas notables, ritos y costumbres del gran reyno dela China, Barcelona 1586, S. [3]f. Unpaginiert iO. 7 Ebd., S. [4]f. Unpaginiert iO. 8 Del Pino: Humanismo clasicista mediterráneo y concepción antropológica del mundo, in: Hispania (1996), S. 45. 9 [Galvão, António]: A Treatise on the Moluccas (c. 1544), übers. u. komm. v. Jacobs SJ, Rom/St. Louis 1971, S. 299. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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gekommen. Natürlich ist Galvãos Text zunächst einmal ein singuläres Dokument, aber es erhellt als exemplarische Momentaufnahme portugiesischer Kolonisationspraktiken, als induktives Beispiel, die Praktiken der Societas von einer anderen Perspektive her als bislang geschehen. Friederich etwa deutete auf die diplomatischen Schriftverkehre der italienischen Stadtstaaten mit ihren auswärtigen Diplomaten und auf das erhöhte Briefaufkommen der Kurie des 16. Jahrhunderts, um die brieflichen Korrespondenzpraktiken der Societas zu erkären. Dass die kolonialen Akteure Europas ebenfalls bereits über gleichartige Systeme verfügten, tauchte bei ihm nicht auf.10 Aus Galvãos Bericht ergeben sich aber nicht nur Seitenblicke auf gleich gelagerte Praktiken der Kommunikation (siehe Kap.  3.2). Die Parallelen seiner Bildungseinrichtung zum Colégio do São Paulo sind, wie gesagt, unverkennbar (siehe Kap 3.3.3 und 4.2.2). Dass jene Institution nicht von der Societas selbst ins Leben gerufen wurde, sondern von der confraria de santa fe, weist auch darauf hin, warum ihre Einrichtung, verglichen mit anderen jesuitischen Bildungsinstituten, so rasch erfolgte. In Macao dagegen wurde die von der Gesellschaft betriebene Lateinschule erst 1572 ins Leben gerufen, sieben Jahre nach der Einrichtung der Residenz der Gesellschaft.11 Der Estado da Índia war offensichtlich sowohl in seinen staatlichen wie privaten Organisationsformen rascher in der Lage, solche Institutionen einzurichten, auch wenn diese Praktik nicht unumstritten war. Die erste Schule in Cochin wurde bereits 1510 von Afonso de Albuquerque selbst eingerichtet. Ein festangestellter Lehrer unterrichtete dort 1512 gut 100 Kinder, die ohne Unterschied auf die Kastenzugehörigkeit zusammen beschult wurden, was den örtlichen Hindus nicht unbedingt angenehm war.12 Es handelte sich also um eine Einrichtung desselben Typs wie Galvãos Schule auf den Molukken. In Cochin führten die Differenzen mit der indigenen Bevölkerung über die Art und Weise, wie die Schule betrieben wurde, dazu, dass der Gouverneur Lopo Soarez de Albergaria (c.1460–c.1520, amt. 1515–8) sie wieder schloss, sein Nachfolger Duarte de Meneses (c.1488–c.1539, amt. 1521–4) sie aber 1521 erneut eröffnen ließ.13 Auch in Goa war die kombinierte Latein- und Katechismusschule 1512 bereits eingerichtet, folgt man den Briefen Albuquerques.14 Ebenso wie in Goa schien die Versorgung der Einwohner mit elementarer Bildung durch die Einrichtungen des Estado aber den lokalen Bedürfnis 10 Friederich: Governance in the Society of Jesus 1540–1773, in: Studies in the Spirituality of Jesuits (2009), S. 5. 11 Diaz de Seabra: Macau e os jesuítas na China (séculos XVI e XVII), in: História Unisinos (2011), S. 418. 12 Moffett: A History of Christianity in Asia, Maryknoll 2005, S. 9. 13 Malekandathil: Portuguese Cochin and the Maritime Trade of India 1500–1603, Delhi 2001, S. 86. 14 Pachuau: The Spiritual Concerns of  a Mercantilist Empire, in: Studies in History (2004), S. 39. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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sen nicht vollumfänglich zu genügen, was für die Societas eine Möglichkeit bot, sich vor Ort zu etablieren. Javier besuchte Cochin jeweils für kurze Zeit in den Jahren 1543, 1544 und 1545, und die Einwohner baten ihn, eine Schule für ihre Kinder ins Leben zu rufen, wozu er sich nicht lange bitten ließ. Zunächst blieb diese Lehranstalt eine reine Lateinschule und insofern von den Einrichtungen des Estado nicht wesentlich unterschieden. Erst seit 1548 bestand durch die Tätigkeit Francisco Henriques’ an der Anstalt die Möglichkeit, auch höhere Lehrinhalte zu vermitteln.15 Auch die schulische Betätigung der Societas war aber mitnichten ein konfliktfreies Feld. Die 1548 in Malakka gegründete Elementarschule der Gesellschaft musste im Dezember 1552 auf Anweisung des capitãos der Stadt, Álvaro de Átaide, bis 1554 geschlossen werden.16 Ähnliche Konfigurationen von Konflikt und Zusammenarbeit bestanden auf dem Gebiet militärisch-politischer Kooperationen zwischen dem portugiesischen Kolonialreich und der Societas Jesu im Indopazifik. Das Gebiet von Morotai etwa war während des 16. Jahrhunderts stets umstritten zwischen Jailolo, Tidore und Ternate, den damals stärksten Staaten der Molukken. Die dortige Dependance der Societas wurde 1546 von Javier gegründet, obwohl bereits seit den 1530ern Priester auf Moro missionierten. Der klerikale Personalnotstand dürfte jedoch dort noch drastischer ausgefallen sein als in den übrigen indopazifischen Missionsgebieten, betrug die christliche Gemeinde doch zu diesem Zeitpunkt geschätzte 20.000 Menschen,17 so dass die zusätzliche Verstärkung durch die Missionare der Societas hochwillkommen gewesen sein dürfte. Die drei regionalen Staaten konkurrierten um Morotai wegen dessen hoher agrarischer Produktivität und betrachteten das Engagement der Gesellschaft Jesu kritisch, befürchteten sie doch, diese sei die fünfte Kolonne Portugals.18 Was hier, wie bereits an Marcos Prancudo und Pedro Mascarenhas gesehen (siehe Kap. 3.5.1), durchaus nicht ganz unbegründet war. Es schlug der Societas aber letztlich zum Nachteil aus. Wegen der aktiven Kollaboration mit den portugiesischen Truppen musste nach der Niederlage Portugals im Krieg gegen Ternate (1569–75) und der darauf folgenden Ausweisung der Missionare die MoroMission beendet werden.19 Die militärische Kooperation mit dem Estado da Ín­ dia erwies sich also durchaus nicht nur als vorteilhaft für die Gesellschaft Jesu. Sie war aber nicht die einzige Form der Zusammenarbeit zwischen dem politischen und dem spirituellen Imperium. In Hormuz verlief die Zusammenarbeit zwischen dem Estado und der Societas 1552 auf finanzieller Basis. Nicht nur wurde das örtliche Kolleg durch Spenden unterstützt, es wurden vielmehr von 15 Malekandathil: Portuguese Cochin and the Maritime Trade of India 1500–1603, Delhi 2001, S. 87. 16 Murphy: Malaisia, in: DHCJ 3, S. 2482. 17 Moffett: A History of Christianity in Asia, Maryknoll 2005, S. 64. 18 Villiers: Las Yslas de Esperar en Dios, in: Modern Asian Studies (1988), S. 594. 19 Ebd., S. 595. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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Seiten des Estado auch die Soldzahlungen an diejenigen aufrechterhalten,20 die der Societas beitraten. Das bedeutete eine indirekte Quersubventionierung des Ordens, als dessen Mitglieder nicht über persönlichen Besitz verfügen konnten. Die Finanzierung der Gesellschaft durch die koloniale Administration, zu der die portugiesische Krone im Rahmen des padroado verpflichtet war, verlief aber trotz solcher Kooperationsprojekte keineswegs überall problemfrei und gleichmäßig. Im selben Jahr 1552 stellte Berze fest, dass für das Kolleg in Goa noch erhebliche bereits zugesagte Mittel ausstünden.21 Eine solche Kooperation bedeutete dabei nicht automatisch auch einen Erfolg der damit verbundenen Anstrengungen, und der Estado da Índia hatte durchaus die Möglichkeit, die Gesellschaft Jesu durch funktional äquivalente Akteurskollektive, also andere Orden, zu ersetzen. Wegen der andauernden Erfolglosigkeit der Missionsbemühungen in Hormuz und der als feindselig empfundenen muslimischen Bevölkerungsmehrheit der Insel gab die Societas diesen Außenposten beispielsweise Ende der 1570er auf. 1580 wurde die dortige jesuitische Residenz den Augustinern übereignet,22 die deren Aufgabe in diesem speziellen kolonialen Kontext fortan übernahmen. Die Zusammenarbeit der kolonialen portugiesischen Verwaltungselite mit der Societas Jesu wurde zwar von Seiten der Krone gefördert  – die Vizekönige bzw. Gouverneure Francisco Coutinho (Conde de Redondo, 1517–64; amt. 1561–4) und Antão de Noronha (1520–69; amt. 1564–8) brachten für die 1560er königliche Instruktionen mit sich nach Indien, in denen sie angewiesen wurden, die Jesuiten zu unterstützen.23 1560 schrieb Luís Fróis in einem privaten Brief an einen anderen irmão, der viso-rey Constantino de Bragança sei Gott zu empfehlen, habe er sich die Societas in Indien doch besonders verpflichtet (»he hum dos homens a quem a Companhia esta muito obrigado na terra«) und hingen nach Gott wesentlich von ihm die Erfolge im Indopazifik ab (»depois de Deos, todo o fruito destas partes depende delle«).24 Das bedeutete aber nicht, dass die Synergien zwischen Estado und Societas so augenfällig waren und so reibungslos funktionierten, wie die Beispiele gelungener Kooperation – zu welchem Ergebnis diese auch letztlich führten – suggieren könnten. Beide Praktikengeflechte bildeten Strukturen der Machtausübung, die sich vorteilhaft ergänzen konnten, sich aber auch in allen Phasen mehr oder weniger stark überschnitten und damit zu Konflikten führten. Als Javier 1552 versuchte, seinen Vorstoß nach China wie geplant und vom viso-rey Afonso de Noronha in Goa authorisiert in die Tat umzusetzten, führte das zu erheblichen Schwierig 20 Schurhammer SJ: FX 2.3 (1973), S. 421. 21 Alden: The Making of an Enterprise, Stanford 1996, S. 326. 22 Ebd., S. 53. 23 D’Costa SJ: The Christianisation of the Goa Islands, Bombay 1965, S. 66 f. 24 Fróis, Luís SJ: Schreiben an João Volfango vom 30. November 1560, in: DHMPPO/I 8, Dok. 24, S. 137. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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keiten mit dem capitão Malakkas, Alvaro de Ataide, die letzten Endes eine Ausführung des ursprünglichen Vorhabens unmöglich machten.25 Andere Praktiken imperialer Unterwerfung, deren Nutzung beiden Akteurskollektiven gleichermaßen offenstand und die nicht auf miteinander im Konflikt liegende Ansprüche innerhalb einzelner imperialer Phasen zuliefen, waren dagegen unproblematisch, wie ein Blick auf das Verhältnis der Societas zur Sklaverei zeigt. Die Verbindung der Societas Jesu zum Sklavenhandel in Japan gilt als noch nicht abschließend geklärt. Es gibt einerseits die Meinung, die Jesuiten hätten den Handel jahrelang toleriert, andererseits auch die, sie hätten lediglich nicht die Mittel gehabt, etwas dagegen zu unternehmen. Consilio auctoritatis erklärte Boxer, 1596 sei es der Gesellschaft endlich gelungen, diesen Handel abzuschaffen.26 Dem entgegen steht zumindest die Quellenlage bei Fróis, der als offiziell beauftragter Chronist seines Ordens wohl kaum im Verdacht stehen dürfte, der Gesellschaft abträgliche Darstellungen besonders zu betonen. Bei ihm wird in den späten 1580ern ein Bericht Luís de Almeidas wiedergegeben, eine Begebenheit des Jahres 1562, als dieser auf Reisen in Ichiku Station machte und dort auf portugiesische Händler traf. »Und als die Gelegenheit dazu gekommen war, verabschiedete ich mich von den Portugiesen, nachdem sie die Dinge in Ordnung gebracht hatten, die mir P. Cosme de Torres aufgetragen hatte, daß nämlich alle Frauen in verschlossenen Kammern seien und daß zwei angesehene Männer die Schlüssel und die Sorge für sie hätten. Sie führten nämlich im Schiff viele mit, die sie um sehr billigen Preis von den Japanern gekauft hatten, die jene ihrerseits in China weggenommen hatten und hernach ver­ kauften.«27

Die portugiesischen Händler kauften den wako, den multinational zusammengesetzten, aber zu großen Teilen japanischen Piraten, die das Gelbe Meer unsicher machten28  – und denen auch Javiers Erstkontakt Anjirō angehört hatte – also Sklaven zum Weiterverkauf ab, was die Mitglieder der Gesellschaft offensichtlich nicht interessierte. De Almeida als ehemaliger Händler im Indopazifik dürfte dabei über die damit verbundenen Geschäftsperspektiven informiert gewesen sein. Gerade während des Krieges des wako Wang Zhi (Wang Wu-feng, †1560) gegen die Ming zwischen 1552 und 1555 verschleppten die Piraten in großem Stil Chinesen in die Sklaverei.29 Weder de Almeida noch Fróis nutzten ihre jeweilige Funktion als Berichterstatter jedoch, um einen 25 Schurhammer SJ: FX 2.3 (1973), S. 616–623. 26 Boscaro: Toyotomi Hideyoshi and the 1587 edicts against Christianity, in: Oriens Extremus (1973), S. 234. 27 Fróis, Luís SJ: Die Geschichte Japans (1549–1578), hg. u. übers. v. Schurhammer SJ/ Voretzsch SJ, Leipzig 1926, S. 121. 28 Farris: Japan to 1600, Honolulu 2009, S. 180. 29 Lidin: Tanegashima, Kopenhagen 2002, S. 97. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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Kommentar zur Situation einzufügen, vor allem nicht zur Sklaverei selbst. Solange das Geschäft in einer geordneten Weise abgewickelt wurde – alle Frauen sicher weggeschlossen und von angesehenen Männern bewacht, was wohl keine Vorsichtsmaßnahme um der Sklavinnen willen, sondern eher Besorgnis um die von ihnen ausgehende mögliche Verführung zur Sünde war – schien daran kein Anstoß zu nehmen zu sein, was mit der generellen Haltung der Societas zur Sklavenfrage bestens vereinbar war. Die spezielle Praktik, Sklavinnen an Bord von Sklavenschiffen streng unter Verschluss zu halten, wurde den Kapitänen vom dritten und fünften Provinzialkonzil Goas unter Androhung der Ex­ kommunikation angemahnt.30 In Indien hatte Javier selbst die käufliche Beschaffung von Arbeitskräften für das Colégio do São Paulo empfohlen.31 In Südamerika billigte José de Acosta (1540–1600) Mitte des 16. Jahrhunderts die Zwangsverpflichtung von Indios zur Arbeit in den Silber- und Quecksilberminen von Huancavelica und Potosì,32 und gerade die Versklavung von Afrikanern war für die Mitglieder der Gesellschaft in diesem Zeitraum vollkommen normal.33 Auch die constitutiones hielten schließlich fest, dass legitime Sklaverei ein Hindernis für den Eintritt in die Societas Jesu darstelle,34 wobei für deren Legitimität zumindest für Nichtchristen folgende Rechtsgründe galten: Die Gefangennahme in einem gerechten Krieg, der Verkauf als Ersatz für die Todesstrafe, als Loskauf von solchen, die als Opfer von Kanniba­ len zur Verzehrung bestimmt waren, der Selbstverkauf in äußerster Not, und schließlich der Verkauf von Kindern durch ihre Eltern.35 Luís de Molina (1535– 1600), der für die Societas von 1563 bis 1567 in Coímbra und von 1568 bis 1583 in Évora als Dozent tätig war, rechtfertigte die Sklaverei unter theologischen Gesichtspunkten.36 Die erste Bestimmung von Seiten der Ordensspitze, dass die Sklaven der Societas Jesu freizulassen seien, wurde erst 1569 erlassen, zwar unter konkretem Bezug auf die Gebiete des portugiesischen Machtbereichs, aber häufig genug ignoriert.37 Mit den kolonialen Rechtsbestimmungen war diese Position völlig vereinbar. 1558/59 wurden die Gesetze des Estados zur Sklaverei dahingehend präzisiert, dass christliche oder konvertierende Sklaven nicht automatisch die Freiheit erlangten. Sie mussten lediglich christliche Herren haben, was bedeutete, dass nichtchristliche Besitzer 30 Xavier: Goa. A Social History (1510–1640), Goa 1993, S. 98 u. S. 129. 31 Alden: The Making of an Enterprise, Stanford 1996, S. 507. 32 Schatz SJ: Einsatz für Gerechtigkeit und Abfinden mit den Verhältnissen, in: Stimmen der Zeit (1979), S. 106. 33 MacNaspy SJ/Gómez SJ: Esclavitud negra en América, in: DHCJ 2, S. 1254. 34 Loyola, Ignacio SJ: The Constitutions of the Society of Jesus, St. Louis 1970, übers. u. komm. v. Ganss SJ, S. 86. 35 Schatz SJ: Einsatz für Gerechtigkeit und Abfinden mit den Verhältnissen, in: Stimmen der Zeit (1979), S. 103. 36 Alden: The Making of an Enterprise, Stanford 1996, S. 510, FN 42. 37 D’Costa SJ: The Christianisation of the Goa Islands, Bombay 1965, S. 24. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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christlicher Sklaven im äußersten Fall zum Verkauf derselben gezwungen werden konnten.38 Auch im indopazifischen Raum kann also nicht davon ausgegangen werden, dass die dort tätigen Mitglieder der Gesellschaft, besonders vor dem Hintergrund ihrer spezifischen Praktikensozialisationen, geneigt waren, der Sklaverei einen Riegel vorzuschieben. Gerade ihr beständiger Arbeitskräftemangel, der auch durch das Heranziehen von Kindern und Konvertiten nicht gedeckt werden konnte, war ein wesentlicher Auslöser für die Nutzung von Sklavenarbeit durch die Societas.39 Dementsprechend verurteilte Fróis in seiner Beschreibung eines Zwischenfalls im Jahr 1563 in Südjapan in diesem Kontext auch lediglich die Wegelagerei durch japanische Banditen, aber nicht einmal die Versklavung von indigenen Konvertiten, einer Japanerin nämlich, die »Christin sei und das Gesetz Gottes liebe«.40 Schließlich hatte die Frau in ihrem portugiesischen Besitzer ja einen christlichen Herren. »Diese Frau wurde in Bungo von einem Portugiesen gekauft und als beide in Gesellschaft des P. Cosme de Torres von Bungo nach Yokoseura kamen, wurden im Reiche Higo, wo es viele Wegelagerer gab, der Pater und Manuel de Mendonça, Kapitän der Japanfahrt, und andere Portugiesen, die den Pater begleiteten, von einem Trupp Räuber überfallen. Die Banditen nahmen den Portugiesen die Diener und Dienerinnen, die sie gekauft hatten und mit sich führten, und einige Habe und wollten sie überdies noch töten, denn die Leute jenes Reiches sind sehr schlecht […]. Aber in seiner Klugheit hielt der Pater […] die Seinen davon ab, mit den Angreifern zu kämpfen, und indem er ihnen einiges Silber gab, stellte er sie zufrieden und sie entfernten sich, und hernach verkauften eben jene Räuber von Higo jene Frau einem Heiden von­ Shimabara.«41

Der in dieser Situation geübte Gewaltverzicht ist im Gegensatz zur Einstellung der Gesellschaft Jesu der Sklaverei gegenüber jedoch nicht exemplarisch. Es wäre ebenso verfehlt, den Mitgliedern der Societas eine friedliebende, pazifistische Grundhaltung zu unterstellen, wie sie mit modernen Maßstäben in Bezug auf die Verbindung von christlicher Nächstenliebe und Zwangsarbeit messen zu wollen. Im Gegenteil, die expansive und militarisierte Metaphorik vieler ihrer Äußerungen sollte durchaus ernst genommen werden – die »Eroberung der ganzen Welt für Christus zum Wohl und Heil der Völker« war fester Bestandteil ihres Programms.42 Henrique Henriques formulierte seine Missionierungsstrategie an der Malabarküste 1552 klar unter Zuhilfenahme dieses Paradigmas: »So 38 D’Costa SJ: The Christianisation of the Goa Islands, Bombay 1965, S. 146. 39 Alden: The Making of an Enterprise, Stanford 1996, S. 503. 40 Fróis, Luís SJ: Die Geschichte Japans (1549–1578), hg. u. übers. v. Schurhammer SJ/ Voretzsch SJ, Leipzig 1926, S. 181. 41 Ebd., S. 181. [MA]. 42 Sievernich SJ: Die Mission und die Missionen der Gesellschaft Jesu, in: Meier SJ (Hg) 2005, S. 11. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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wie die capitãos sich für die Kriege bessere Kämpfer suchen, so gehen wir daran, uns bessere Christen zu suchen (wie ich Euch schon letztes Jahr schrieb)  für diesen Krieg und Kampf, den wir in unseren Händen tragen.«43 Diese Haltung ist eigentlich auch nicht sonderlich überraschend. Conquista espiritual war im 16. und 17. Jahrhundert ein durchaus gebräuchlicher Terminus für die Mission der von den iberischen Kolonialmächten unterworfenen Völker, im Unterschied zur conquista militar oder política. Loyolas Spiritualität, aus der im spezifischen Bereich der Societas dieses Konzept gedeutet wurde, stand im Kontext der Reconquista, die militärischen Analogien der Exerzitien zeigten das deutlich, und mit der Bulle Regimini militans ecclesiae wurde diese Deutung zudem päpstlicherseits gutgeheißen. Loyola und seine Gefährten standen damit im Konsens mit anderen christlichen Missionaren der Zeit.44 Die Societas Jesu dynamisierte dabei in ihrer Vorgehensweise den Missionsbegriff über den Rückgriff auf das Konzept der conquista espiritual, was einerseits die Korrektur von Glaubensirrtümern und andererseits die Bekehrung von Nichtchristen einbegriff,45 und stellte ihre Mitglieder als milites Christi direkt in diesen Kontext. Melchior Gonçalves schrieb bekanntermaßen im November 1548 aus Goa über Javier: »Wirklich kann man ihn einen Soldaten Christi nennen, und was ich sage, ist noch nichts, ereigneten sich doch viele Wunder in Predigten, die er hielt, und das mit großer Erbauung, […].«46 In Fróis’ Briefen und Berichten traten die Mitglieder der Gesellschaft dementsprechend oftmals als begleitende und fördernde Kräfte der portugiesischen Expansionsbestrebungen auf,47 was unter einer solchen Perspektive nicht verwundert, waren konvertierte Nichtchristen damit doch nicht nur für Gott gewonnene Seelen, sondern versprachen auch, bessere Untertanen des imperialen Monarchen zu sein.48 Auch in der heutigen Betrachtung dieses Komplexes aus Sicht der Gesellschaft Jesu ist eine derartige Terminologie nicht ungebräuchlich. López-Gay stellte Javier als vom Geist der ignatischen Exerzitien vorangetrieben und durch sie bekehrt – also erobert – heraus: »San Ignacio confesabar que Javier fu conquistado para la Compañia por medio

43 Henriques, Henrique SJ: Schreiben aus Cochim an Loyola vom 27.  Januar 1552, in: MHSI/DI 2, Dok. 64, S. 301. MÜ, OR: »Assi como os capitães buscam pera as guerras os melhoes cavaleyros, andamos nós buscando os melhores christãos (como já o outro ano lhe screvi), pera esta guerra e combate que trazemos entre as mãos.« 44 Gómez: Conquista espiritual, in: DHCJ 1, S. 105. 45 Diaz de Seabra: Macau e os jesuítas na China (séculos XVI e XVII), in: História Unisinos (2011), S.. 418. 46 Gonçalvez, Melchior SJ: Schreiben nach Coímbra vom 09. November 1548, in: DHMPO/I 4, Dok. 25, S. 119. MÜ, OR: »Con verdad se puede dizir soldado de Christo y no es nada lo que diguo, porque milagros acaesceran muchos en sermons que hizo y de mucha edificación […]« [MA]. 47 Jorissen: Das Japanbild im Traktat (1585) des Luis Frois, Kyōto 1987, S. 48. 48 Gómez: Conquista espiritual, in: DHCJ 1, S. 105. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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de los Ejercicios.«49 Bangert beschrieb die Mehrheit der Mitglieder als »devout and dedicated men of noble conquests in sanctity and in culture.«50 Damit soll die Societas jedoch ausdrücklich nicht als militärischer Orden beschrieben werden. Weder der Gebrauch militärischer Terminologie noch die Inkorporation vieler Mitglieder mit dezidiert militärischen Sozialisations­ karrieren sind hinreichend, um darauf zu schließen. Die üblicherweise betriebene Reduktion dieser Rhetorik auf den Bereich des rein Metaphorischen greift jedoch auch zu kurz. Hier ist es an der Zeit, die Quellen ernst zu nehmen. Die Mitglieder der Societas scheinen sich durchaus im Klaren darüber gewesen zu sein, welchen »Kampf und Krieg« sie »in [ihren] Händen tr[u]gen«: Nicht den militärischen der politischen Phase, sondern den primär psychischen der spirituellen. Daher darf die Societas Jesu hier auch nicht mit einer fünften Kolonne der Kolonialmächte gleichgesetzt werden. Sie war eine eigenständige Organisation mit einer unabhängig von den Zielen der politischen Imperien definierten Agenda. Was sie allerdings war, und als was sie sich darstellte, war eine kämpfende Organisation, die ihre Ziele durch die Nutzung gewalttätiger Antagonismen zu erreichen suchte. Die dementsprechenden Praktiken lagen aber nicht in der militärisch-politischen Phase – bis zum Einsetzen erster diesbezüglicher Debatten in den 1590ern existierte wohl keine explizite politische Doktrin des Ordens51 –, sondern in der spirituellen. Sie umfassten dementsprechend nicht primär physische, sondern psychische Gewalt-, Überwindungs- und Unterwerfungsmechanismen. Obwohl diese verwendeten Praktiken den ›echten‹ militärischen nicht nur in der begrifflichen Darstellung, sondern ihrer Struktur nach auch im Einsatz durchaus gleichartig waren, unterschieden sie sich von diesen phasenbedingt in ihrer konkreten Gestalt. Sie waren dennoch imperial nicht nur in ihrer Ausgestaltung, sondern auch in dem sie bedingenden ersten aggressiv-expansiven Impuls der Verbreitung der eigenen Normen und Praktiken. Und um zur eingangs gestellten Frage zurückzukehren, ob diese Praktikengeflechte auch einen kolonialen Charakter trugen: Ja, das taten sie, soweit der Blick dieser Arbeit reicht. Anders als in europäischen Gegenden, in denen, etwa in den gegenreformatorischen Volksmissionsbestrebungen der Gesellschaft Jesu, ländliche Bevölkerungen in den Fokus genommen wurden – und für deren Re-Evangelisation nach tridentinisch-katholischem Muster ohne Weiteres dasselbe Praktikenspektrum eingesetzt werden konnte wie im Indopazifik – war es für die Konvertiten und Konvertenden des indopazifischen Raums nicht möglich, durch den Eintritt in den Orden in der Hierarchie aufzusteigen und diese Praktiken eines Tages selbst als Akteure ausüben zu können. Durch 49 López-Gay SJ: La vida y mision de Francisco Javier a la luz de la espiritualidad ignaciana, AHSI (2002), S. 249. 50 Bangert SJ: A History of the Society of Jesus. St. Louis 19862, S. 110. 51 Clancy SJ: Política, in: DHCJ 4, S. 3169 f. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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ihre in ihrer angenommenen biologischen Verschiedenheit begründet gedachte mentale und rationale Differenz zu den europäischen Mitgliedern der Gesellschaft und durch ihre als andersartig betrachtete Vernunft und psychische Konfiguration wurden sie als untauglich für höhere Aufgaben betrachtet, aber zu niederen wurden sie nur zu gern und in jedem Umfang herangezogen. Auch in den südamerikanischen Missionsgebieten der Societas manifestierte sich diese Haltung während des 16.  Jahrhunderts: Zur Priesterschaft sollten Indios von der Gesellschaft Jesu nicht zugelassen werden, schließlich fehle den frisch Konvertierten die sichere Basis im Glauben, die erst aufgebaut werden müsse, und auch die Priesterschaft von Mestizen wurde zunächst nicht als zulässig betrachtet.52 Dass diese Linien im indopazifischen Raum weiter reichten als bis zur Visitation Valignanos, zeigt sich an der Agenda Francisco Pasios, der 1595 immer noch eine spirituell segregierte Priesterschaft anstrebte, in der die europäischen Mitglieder der Societas die streng ausgebildete und handverlesene Elite stellten, und erst darunter, als Weltklerus, indigene Hilfskräfte vorgesehen waren.53 Er sprach sich dafür aus, die Priesterschaft zwar auch an Japaner zu vergeben, damit aber noch zu warten: Schließlich seien sie schwankend im Glauben, nicht geneigt, zu gehorchen, und wenig interessiert an Fragen der Seele.54 Das spirituelle Imperium der Societas nahm im indopazifischen Raum zwischen 1542 und 1574 einen kolonialen Charakter an, der die Strukturen künftiger Missionspraktiken auch darüber hinaus vorzeichnete. Gerade die Vernunftkonzeption, die letztlich philosophisch-theologisch hergeleitet war, und deren enge Verbindung mit den durch die Konformität mit der christlichen Botschaft die Vernünftigkeit der so Handelnden anzeigenden Praktiken sozialer Konvention erzeugte die beschriebene gläserne Barriere gegenüber den in­digenen Konvertiten. Unter Rückgriff auf andere Argumentationsmuster wie klimatische und physiologische noch ausgebaut, transformierte diese Schranke das Unternehmen von einem imperialen in ein koloniales. Mit dem Beharren auf diesen Konzeptionen weit über Valignanos nur an der Oberfläche des Praktikensystems gelegene methodische Umorientierung der Societas schrieb sich dieser Charakter der Mission im indopazifischen Raum ebenfalls weiter fort. Die Schwierigkeiten und das letztliche Scheitern der großen Ambitionen dürften damit viel eher hier zu suchen sein als in der Opposition der Papstkirche gegen die jesuitischen Methoden oder einer vorurteilsbeladenen indigenen Umwelt, die politische Konflikte auf dem Rücken der Missionare austrug. Was die vorstrukturierte Vernunft der Mitglieder der Societas diesen zu verstehen ge­geben 52 Albó SJ: Jesuitas y culturas indigenas. Primera Parte, in: América Indígena (1966), S. 300 f. 53 López-Gay SJ: Father Francesco Pasio (1554–1612), and his Ideas About the Sacerdotal Training of the Japanese, in: BPJS (2001), S. 39. 54 Ebd., S. 38. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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hatte über die Pforte zur Heidenmission, war weniger funktional als erhofft, und so wurden in diesen ersten dreißig Jahren Fakten geschaffen und Praktiken eingeführt, die ein weitergehendes Verständnis eben nicht beförderten. Die enge Kooperation und Kohabitation der Societas mit dem Estado da Índia ergab sich dabei einerseits aus der für beide Seiten instrumentellen Nützlichkeit dieser gegenseitigen Beziehungen und andererseits aus den phasen­ verschobenen und damit nicht prinzipiell kollidierenden Zielen beider Akteurskollektive. Dort, wo es zu Überlagerungen im Ausgreifen auf andere Phasen kam, entstanden auch entsprechende Konflikte, ob im schulischen Bereich, bei der Bereitstellung spiritueller Unterstützung der kolonialen Strukturen, der spirituellen Versorgung der Europäer im kolonialen Machtbereich oder bei der Forderung nach politischer Umsetzung spiritueller Maßgaben in eben diesem. Was aber auffällt, sind die vielfältigen strukturellen Analogien zwischen den Praktikengeflechten beider Akteurskollektive. Das beginnt bereits mit ihrer geographischen Diffusion. Die portugiesischen Aktivitäten östlich des Kaps Cormorin folgten aus der Einnahme Malakkas, sie waren von der imperialen Metropole nicht geplant worden,55 sondern ergaben sich aus dem Sog der Peripherie, ebenso wie die Missionsgebiete der Societas Jesu im indopazifischen Raum sich aus den Reisen Javiers ohne einen vorherigen Plan der römischen Ordenszentrale entwickelten. In der Entfaltung und Nutzung der Praktikengeflechte, die für die Societas dieser Arbeit zwischen Indien und Japan kennzeichnend waren, zeichnet sich auf vielen Feldern eine Wesensverwandtheit zu denen des Estado da Índia ab. Sowohl die Redefinition der sozialen Schichtung der indigenen Gesellschaften durch die Einfügung der Eroberer, seien sie nun conquistadores militares oder espirituales, an der Spitze der sozialen Hierarchie wie auch die Beanspruchung umfassender normativer Autorität – mentaler Hegemonie – durch die jeweiligen Akteurskollektive, sei es im Politischen oder Spirituellen und deren Umsetzung durch eine breites System indigener Zuarbeiter, die jedoch bezüglich ihrer Teilhabemöglichkeiten an den jeweiligen Institutionen marginalisiert wurden, gleichen sich. Die Praktiken von Ausbildung und Sprachnutzungskompetenz, die Rekrutierung jugendlichen Personals, die Nutzung abhängiger Arbeitskräfte für unqualifizierte Tätigkeiten und die Selbststilisierung als wahrhaft vernunftgemäß Handelnde betrieben beide Gruppen in ähnlichem Maß. Dem Estado da Índia stellte die Societas einen Estado do Jesus gegenüber. Auf der strukturellen Ebene verwundert das eigentlich wenig. Beide Akteurskollektive, die Portugiesen des Estado und die Jesuiten des Ordens, sahen sich nicht nur den gleichen geographischen und kulturellen Herausforderungen gegenüber. Sie konnten auch im selben Maß die Gunst der Situation nutzen, 55 Subrahmanyam: The Portuguese Empire in Asia 1500–1700, London/New York 1993, S. 70. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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in fluktuierende regionale Kontexte ähnlicher Akteure hineinzustoßen, wurde doch nicht nur die politische, sondern auch die religiöse Landkarte des Indopazifiks im 16. Jahrhundert deutlich verändert. Sowohl Indien wie auch J­ apan bildeten weder in religiöser noch in politischer Hinsicht einen ansatzweise homogenen oder statischen Raum, sondern waren durch heftige interne Konflikte und Machtverschiebungen in allen Phasen gekennzeichnet, so dass sich zusätzliche Akteure unter Nutzung ihrer spezifischen Vorteile in diesen Aus­ einandersetzungen positionieren konnten, da sie immer indigene Partner fanden. Sowohl die portugiesische Krone wie die Gesellschaft Jesu in Gestalt ihrer lokalen Vertreter sahen sich auch insofern gleichen Bedingungen gegenüber, als sie (siehe Kap. 3.5) aus einem sehr ähnlichen und sich teilweise deutlich überschneidenen Personalreservoir ihre Kräfte rekrutierten, ein Vorgang, der zu großen Teilen vor Ort ablief und damit weniger europäischen als vielmehr lokalen Gegebenheiten folgen musste. Beide standen vor der Frage, wie mit einer relativ zu den zu erobernden und beherrschenden Bevölkerungen und Räumen gesehen sehr kleinen Anzahl von Mitgliedern der eigenen Gruppe und einer schmalen und instabilen finanziellen Basis unter dem Druck einer Vielzahl konkurrierender Akteurskollektive eine möglichst sichere Geltung der eigenen Herrschaftsansprüche durchgesetzt werden konnte. Beide traten den von ihnen in den Blick genommenen indigenen Gruppen mit einer aus verschiedenen ideellen Komponenten gemischten Geringschätzung entgegen, die sich auf die Annahme fundamentaler anthropoLogischer Differenzen gründete. Und diese verhinderte wiederum letztlich, dass – bei aller Bewunderung für die Leistungen und Fähigkeiten einzelner indigener Akteure oder Akteurskollektive – eine Gleichwertigkeit mit der eigenen Gruppe angenommen wurde, die zu einer im heutigen Sinne kulturübergreifenden Verständigung hätte führen können. Auch wenn es in den Quellen nie explizit aufscheint, nehme ich an, dass der Estado da Índia in gewissen Sinn die Blaupause für die charakteristischen Strukturmerkmale der Ordensprovinz Indien lieferte. Außer den bereits genannten Indizien für eine solche Vorbildfunktion kommt hinzu, dass die japanische Dependance der Societas, trotz ihres de facto beträchtlichen Spielraums gegenüber den normativen und habitualisierten Praktiken des Ordens, sowohl dessen geschriebenen wie ungeschriebenen Regeln, dieselben funktionalen Organisationspraktiken entwickelte wie die indische Ordensprovinz, die als direkter Kooperationspartner der kolonialen Administration ganz anderen Zwängen unterworfen war, aber auch über andere Ressourcen verfügen konnte. Unter diesen Umständen gleichartige Strukturen aufzubauen, verweist nicht, wie im Vergleich Brasiliens und Japans (siehe Kap. 1) auf eine vorgeprägte und vorprägende Methode des Kontakts mit dem Anderen, sondern auf ein prädisponierendes Modell. Und dieses war das der europäischen Kolonialreiche, hier im Besonderen des portugiesischen. Als Francisco de Javier, Paulo Camerino und Francisco Mansilhas 1542 das Kap der Stürme umsegelten, hatte sich der © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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Estado als politisch-ökonomische Organisationsform des portugiesischen Ausgreifens in den indopazifischen Raum immerhin bereits 40 Jahre lang durchaus erfolgreich entwickelt  – und die rasche Entwicklung der einzelnen Missionsgebiete der indischen Provinz beim Aufbau nach diesem Muster war einem solchen Vergleich sicherlich nicht abträglich. Woher hätten auch andere Vorbilder stammen sollen? Es gab schließlich kein konkurrierendes europäisch-christliches Modell funktionierender Expansion in diesen Raum, das man hätte zum Vorbild nehmen können. Zudem kann eine gewisse funktionale Übereinstimmung bestimmter Motivationen angenommen werden: Kämpften die cavalhei­ ros des Estado da Índia für den König (und Gott), so kämpften die padres und irmãos der Societas Jesu für Gott (und den König). Und wie die besiegten Einheimischen mit ihren Abgaben und Diensten den fidalgos, nobres und casados das zeitliche Wohlergehen verschaffen sollten, so sollten die die bekehrten Heiden mit ihrer Konversion den milites Christi die ewige Seligkeit sichern. Was die Societas durch ihre thomistische Vernunft als Pforte und Weg zur Verbreitung des Glaubens verstanden hatte, war, wie sie sich unter ihren neuen Gläubigen im Namen Christi ein Imperium schaffen konnte.

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8. Abkürzungsverzeichnis

8.1 Zeitschriften, mehrbändige Werke und Quelleneditionen AHSI BPJS DHCJ (1–4)

Archivum Historicum Societatis Iesu. Bulletin for Portuguese-Japanese Studies. Diccionario histórico de la Compañía de Jesús. Biográfico-Temático, 4 Bände, Madrid 2001. Silva Rego, A. da (Hg.): Documentação para a história das missões do padroado português do oriente. Índia, 12 Bände, Lissabon ­1949–1958. Schurhammer, G. (SJ): Franz Xaver. Sein Leben und seine Zeit, 2. Band in drei Halbbänden, Freiburg 1963, 1971, 1973. Kane, P. V.: History of Dharmaśāstra. Ancient and Mediæval religious and civil law, 5 Bände, Poona 1973–1975. Wicki, J. (SJ) (Hg): Monumenta Historica Societatis Iesu. Documenta Indica, 18 Bände, Rom 1948–1988. Schütte, J. F. (SJ) (Hg): Monumenta Historica Japoniae, Bd. 1, Rom 1975; Ruiz-de-Medina, J. (SJ) (Hg.): Monumenta Histo­rica Japoniae, Band 2 u. 3, Rom 1990 u. 1995. Monumenta Nipponica. Studies on Japanese Culture, Past and Present. Nouvelle Revue du XVIe siècle. Stanford Encyclopedia of Philosophy (Online), unter: http://plato. stanford.edu/. Sino-Western Cultural Relations Journal (Zhong-Xi Whenhua Jiaoliushi-Zazhi). Zeitschrift für Historische Forschung.

DHMPPO/I (1–12) FX (2.1–2.3) HD (1–5) MHSI/DI (1–18) MHJ (1–3) MN NRSS SEP/O SWCRJ ZHF

8.2 Abkürzungen in den Fußnoten (AiO), [AiO], {AiO} (EiO), [EiO], {EiO}

Auslassung im Original. Einfügung im Original. Die verwendete Klammertype bezieht sich auf die jeweils zur Ab­ setzung der Einfügung/Auslassung verwendeten Klammern. KiO Kursiv im Original. (MA), [MA], {MA} Meine Auslassung. (ME), [ME], {ME} Meine Einfügung. Die verwendete Klammertype bezieht sich auf die jeweils zur Ab­ setzung der Einfügung/Auslassung verwendeten Klammern. MÜ Meine Übersetzung. SiO Sperrung im Original. OA Ohne Autor. OR Original. Meine Anmerkungen stehen – im Gegensatz zu Literaturangaben und Zitaten – stets kursiv. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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Abkürzungsverzeichnis

8.3 Transkription, Chronologie, Lebensdaten Ich habe mich, soweit möglich, an die gängigen Transkriptionen japanischer, chinesischer oder indischer Begriffe und Namen gehalten, wobei ich mich bemühe, die aktuellste Transkriptionsvariante zu nutzen. Ich habe keine Transkriptionen selbst angefertigt, sondern bin hierin der Literatur gefolgt. Bei offenen Fragen erläutere ich meine Wahl in der zugehörigen Anmerkung. Auf die Einfügung von nicht-lateinischen Schriftzeichen habe ich bis auf das Literaturverzeichnis verzichtet. Fremdworte und Werktitel sind, wenn sie nicht zu festen deutschen Fachtermini gehören, kursiv gesetzt. Ich gebe alle Zeitangaben in geläufiger europäischer Zeitrechnung an – aus Gründen weltanschaulicher Neutralität in der Form vor/nach der Zeitrechnung (v./n. d. Z), wo nötig – wobei ich keine Umrechnungen selbst vorgenommen habe, sondern der zugrunde gelegten Sekundärliteratur folge. Lebensdaten führe ich lediglich bei der ersten Nennung der Personen auf. Dort, wo ich sie nicht mit hinreichender Sicherheit ermitteln konnte, habe ich sie ohne weitere Kennzeichnung weggelassen.

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9. Quellen- und Literaturverzeichnis

9.1 Quellen Aquinas, Thomas: Summa contra Gentiles. Gesamtausgabe in einem Band. Lateinisch und Deutsch. Thomae Aquinatis Summae contra gentiles libri quattuor, übers. u. hg. v. Albert, K. u. a.: Darmstadt 20093. Aquinas, Thomas: De ente et essentia. Das Seiende und das Wesen, übers. u. hg. v. Beeretz, F. L, Lateinisch/Deutsch, Stuttgart 20083. [Barbosa, Antonio/Moniz Barreto, Antonio]: Schreiben über die Heiden in Goa vom 14. No­ vember 1575. Sobre os gentios de Goa. Goa, 14 de Novembro de 1575, in: Silva Rego, A. da (Hg.): Documentação para a história das missões do padroado português do oriente. Índia, 12. Bd. (1572–1582), Lissabon 1958, Dok. 23, S. 285. [Brandão, Aires (SJ)]: Schreiben zwischen dem 21. – 31.12.1555/Lista de los Padres y Hermanos que están en la India [Catalogus Sociorum Provinciae Indiae], in: Wicki, J. (SJ) (Hg): Monumenta Historica Societatis Iesu. Documenta Indica, 3.  Bd., Rom 1954, Dok. 72, S. 409–412. Cabral, Francisco (SJ): Schreiben an Laínez vom 25. Dezember 1559 [S[ecreta] / Informatión de los de la / India] [P. Franc. Cabral S. I., Mag. Nov., P. Iacobo Lainez, Praep. Gen. S. I., Romam], in: Wicki, J. (SJ) (Hg): Monumenta Historica Societatis Iesu. Documenta Indica, 4. Bd., Rom 1956, Dok. 53, S. 442–463. [Caldeira de Lemos, Pero/Moniz Barreto, Antonio]: Sobre o emprego do dinheiro dos órfãos. Goa, 14 de Novembro de 1575, in: Silva Rego, A. da (Hg.): Documentação para a história das missões do padroado português do oriente. Índia, 12. Bd. (1572–1582), Lissabon 1958, Dok. 22, S. 284. Câmara, Luís Gonçalves da (SJ): Remembering Iñigo. Glimpses of the Life of Saint Ignatius of Loyola. The Memoriale of Luís Gonçalves da Câmara, übers. u. hg. v. Eaglestone, A./ Munitiz, J. A. (SJ), St. Louis 20052. Carneiro, Melchior (SJ): Schreiben an Laínez vom 20. November 1559 [P. Melchior Carneiro S. I. Patri I. Lainez, Praep. Gen. S. I., Romam. Goa ca. 20 Novembris 1559], in: Wicki, J. (SJ) (Hg): Monumenta Historica Societatis Iesu. Documenta Indica, 4. Bd., Rom 1956, Dok. 49, S. 409–425. Costa, Baltasar da (SJ): Schreiben an Marcos Prancudo vom 16. November 1560 [Carta do irmão Baltasar da Costa ao Padre Marcos Prancudo. India, 16 de Novembro de 1560], in: Silva Rego, A. da (Hg.): Documentação para a história das missões do padroado português do oriente. Índia, 8. Bd. (1560–1561), Lissabon 1952, Dok. 21, S. 120–124. Cysat, Renward: Warhafftiger Bericht / Von den New-erfundenen Japponischen Inseln vnd Königreichen / auch von anderen bisher unbekandten indianischen Landen. Darinn der heilig Christlich Glaub wunderbarlich zunimpt und auffwächst. Allen frommen Christen gantz lustig vnd nutzlich zulesen. Durch Renvvardum Cysatum, Burgern zu Luzern / aus dem Italienischen in das Teutsch gebracht / und jetzt zum ersten mal im Truck auß­ gangen. Freiburg 1586. Da Silva, Duarte (SJ): Schreiben aus Bungo vom 10.  September 1555 [Duarte da Silva  a los­ Jesuitas de India. Bungo, 10 de Septiembre de 1555], in: Ruiz-de-Medina, J. (SJ) (Hg.): Monu­menta Historica Japoniae, 2.  Bd.  (Documentos del Japon 1547–1557), Rom 1990, Dok. 110, S. 512–536. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

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Quellen- und Literaturverzeichnis

De Soto, Domingo OP: Fratris Dominici Soto, Segobiensis, theologi, ordinis praedicatorum, & Caesarae maiestatis Caroli quinti Imperatoris à sacris co[n]feßionibus, ad sanctum concilium Tridentinum De natura & gratia. Quod opus ab ipso authore denuo recognitu[m] est, nonnulli spe in locis emendatum, & Apologia contra reverendu[m] Episcopum Catharinum auctum. Paris 1549 (unter: www.books.google.com). De Torres, Cosme (SJ): Schreiben an Laínez vom 20. Oktober 1565 [Epistola P. Cosmae de Torres ad P. Jacobum Laines Praepositum Generalem], in: Schütte, J. F. (SJ) (Hg): Monumenta Historica Japoniae, 1. Bd. (Textus Catalogorum Japoniae. Aliaeque de personis domibusque S. J. in Japonia informationes et relationes 1549–1654), Rom 1975, Dok 10, S. 66–70. De Torres, Cosme (SJ): Schreiben an Laínez vom 24. Oktober 1566 [P. Cosmas de Torres ad Praepositum Generalem], in: Schütte, J. F. (SJ) (Hg): Monumenta Historica Japoniae, 1. Bd. (Textus Catalogorum Japoniae. Aliaeque de personis domibusque S. J. in Japonia informationes et relationes 1549–1654), Rom 1975, Dok. 11, S. 71–77. Dōgen Kigen: Allgemeine Lehren zur Förderung des Zazen von Zen-Meister Dōgen, Text, übers. u. komm. v. Dumoulin, H.  (SJ), in: Monumenta Nipponica. Studies in Japanese Culture, Past and Present, 14, 1958/59, S. 184–190. Fernández, Juan (SJ): Schreiben an Javier vom 20.  Oktober 1551 [Juan Fernandez  a Francisco de Xavier. Yamaguchi, 20 de octubre de 1551], in: Ruiz-de-Medina, J. (SJ): Monumenta Historica Japoniae, 2. Bd. (Documentos del Japon 1547–1557), Rom 1990, Dok. 44, S. 238–261. Fernández, Juan SJ: Disputationsprotokoll (1551), übers. u. komm. v. Schurhammer, G. (SJ), in: Ders.: Franz Xaver. Sein Leben und seine Zeit. 2. Bd. (Asien 1541–1552), 3. Halbbd. (Japan und China. 1549–1552), Freiburg/Basel/Wien 1973, S. 299–309. Fróis, Luís (SJ): Schreiben an João Volfango vom 30.  November 1560 [Carta do irmão Luís Fróis ao irmão Volfango. Goa, 30 de Novembro de 1560], in: Silva Rego, A. da (Hg.): Documentação para a história das missões do padroado português do oriente. Índia, 8. Bd. ­(1560–1561), Lissabon 1952, Dok. 24, S. 135–138. Fróis, Luís (SJ): Jahresbrief aus Goa vom 13. November 1560 [Carta geral do Padre Luís Frois dirigida aos colégios da Companhia de Jesus em Portugal. Goa, 13 de Novembro de 1560], in: Silva Rego, A. da (Hg.): Documentação para a história das missões do padroado português do oriente. Índia, 8. Bd. (1560–1561), Lissabon 1952, Dok. 19, S. 52–112. Fróis, Luís (SJ): Lista dos Padres e Irmãos deste colegio de Goa e de seus exercitios [Catalogus Sociorum Provinciae Indicae. Goa [ante 12] Novembris 1559], in: Wicki, J. (SJ) (Hg): Monumenta Historica Societatis Iesu. Documenta Indica, 4.  Bd., Rom 1956, Dok. 37, S. ­301–306. Fróis, Luís (SJ): Schreiben aus Malakka vom 07. Januar 1556 [Luis Frois a los Jesuitas de Goa. Malaca, 7 de Enero de 1556], in: Ruiz-de-Medina, J. (SJ) (Hg.): Monumenta Historica Japoniae, 2. Bd. (Documentos del Japon 1547–1557), Rom 1990, Dok. 122, S. 635–650. Fróis, Luís (SJ): Jahresbrief von 1552 [Luis Frois a los Jesuitas de Coimbra. Goa, 1 de diciembre de 1552], in: Ruiz-de-Medina, J. (SJ) (Hg.): Monumenta Historica Japoniae, 2. Bd. (Documentos del Japon 1547–1557), Rom 1990, Dok. 81, S. 388–393. Fróis, Luís (SJ): Die Geschichte Japans (1549–1578). Nach der Handschrift in der Ajudabibliothek in Lissabon übersetzt und kommentiert, übers. u. hg. v. Schurhammer, G. (SJ)/Voretzsch, E. A. (SJ), Leipzig 1926. Fucan, Fabian [Fukan, Fabian]: Deus Destroyed [Ha Daiusu], übers u. komm. v. Elison, G., in: Ders.: Deus Destroyed. The Image of Christianity in Early Modern Japan, Cambridge (Mass.)/London 19913, S. 258–291. Fucian, Fabian [Fukan, Fabian]: Myōtei Mondō. Une apologétique chrétienne japonaise de 1605, übers. v. Humbertclaude, P. (SJ), in: Monumenta Nipponica. Studies in Japanese Culture, Past and Present, 2/1939, S. 237–267. [Übersetzung von Buch 3] Fucian, Fabian [Fukan, Fabian]: Myōtei Mondō. Une apologétique chrétienne japonaise de © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658

Quellen   

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10. Index

10.1 Personenregister Acosta, José de SJ (1540–1600): 337 Albuquerque, Afonso de (Gouverneur des Estado da Índia; 1453–1515, amt. 1509–15): 142, 155, 157, 159, 165, 264, 333 Alcáçova, Pero d’ SJ (1524–79): 89, 99, 131 f., 325 Alcaraz, Hernando de SJ (1532–68): 122 Alexander VI. (Papst; Rodrigo Lanzol y Borja, 1430–1503, Pont. 1492–1503): 126 Almeida, Francisco de (viso-rey des Estado da Índia; c.1450–1510, amt. 1505–9): 155 Almeida, Luís de SJ (c.1525–83): 70, 87 f., 98, 128 f., 132 f., 182, 216, 218, 231, 233, 241, 243, 245, 248, 319, 325, 336 Almeida, Pedro de SJ (16. Jhdt): 302 f. Alvarez, Fernão d’ SJ (*1529): 101 Álvares, Gonçalo SJ (†1573): 58 Alvares, Jorge (16. Jhdt): 174 Anjirō (Angero, Yajirō) (c.1512–55): 24 f., 119, 131 f., 174–176, 186, 191, 324, 336 Amador (ind. Konvertit, 16. Jhdt.): 24, 191, 324 António (jap. Konvertit, 16. Jhdt.): 24 f., 191 Aquaviva, Claudio SJ (5. Ordensgeneral; 1543–1615, Gen. 1580–1615): 8, 17, 73, 205 Aquin, Thomas v. OFM (St. Thomas Aquinas, 1225–74): 80, 255–258, 260–262, 274, 280, 282 f., 313, 323, 344 Aragón, Juana de (1500–77): 126 Araujo, Baltasar d’ SJ (*1522/7): 101 f. Argudo, Pedro SJ (16. Jhdt): 122 Aristoteles s. Sachregister Artiaga (ind. Konvertit, 16. Jhdt): 248 Ashikaga Yoshiaki (shōgun, 1537–97, amt. 1568–97): 220 f. Ashikaga Yoshiteru (shōgun; 1536–65, amt. 1546–65): 186, 192, 209, 218–220 Átaide, Álvaro de (16. Jhdt): 334, 336 Azevedo, Ignacio SJ (1526/8–70): 118

Baab Ullah v. Ternate (Sultan, reg. 1570– 83): 123 Barreto, Francisco (Gouverneur des E ­ stado da Índia; 1520–73, amt. 1555–58): 125, 168 Barreto, Gil SJ (*1539): 101, 165 Barros, João de (c.1496–1570): 48, 81 Barzäus s. Berze Beira, João da SJ (1512–64): 76 f., 82 Bernardo v. Satsuma (†1557): 191, 265 f., 324 Berze, Gaspar SJ (Kaspar Barzäus, ­1515–53): 77, 113, 124, 165, 236, 312 f., 335 Beuther, Pedro SJ (Pedro Luis, 1538–1602): 78 Bhatta, Jayanta (9. Jhdt): 32 Bhatta, Kumarila (8. Jhdt): 270 Bobadilla, Nicolas Alfónso y Perez SJ (1507/11–90): 53 Borja, Francisco de SJ (3. Ordensgeneral; 1510–72, Gen. 1565–72): 8, 126, 238 Borja y Enríquez de Luna, Juan de ­(1495–1543): 126 Bragança, Constantino de (viso-rey des E ­ stado da Índia, 1528–75, amt. 1558–61): 124 f., 284, 292, 335 Buddha Śākyamuni s. Śākyamuni Buys, Jan (Joannes Busaeus) SJ (1547–1611): 20 Cabral, Francisco SJ (1533–1609): 11, 66, 95, 100, 118–120, 124, 127, 134, 167, 169, 222, 235, 300, 316 Cabral, João SJ (1529–75): 133 Cajetan, Thomas OP (Tommasio de Vio, 1468/9–1534): 257 Camerino, Paulo SJ (Paolo, †1560): 66, 84, 137 f., 165, 170, 232, 343 Cardoso, Gonçalo SJ (†1574): 101 Carneiro, Melchior SJ (c.1516–83): 9, 77, 103, 301 Carillho, Bartholomeu SJ (*1529): 101 Caso, Inofre do SJ (*1535): 97

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372

Index

Castro, Afonso de SJ (1520/5–57/8): 77 Castro, Pedro de (16. Jhdt): 125 Cerqueira, Luís de SJ (1552–1614): 91 Chaves, Francisco de [SJ] (*c.1546): 100 Christus, Jesus: 9, 15, 37, 49 f., 121, 126, 153, 158, 206, 214, 217, 241, 255, 264, 296, 319, 329, 331, 339, 342, 344 Clavius, Christopher SJ (1537/8–1612): 76 Coelho, Francisco (malab. Konvertit, 16. Jhdt.): 116, 153 Coelho, Gaspar SJ (c.1531–90): 66, 101, 118 f., 134 Correa, Amador SJ (1532/6–77): 101 Correa, João Fernandes (16. Jhdt): 121 Correa, Paio SJ (*c.1532): 101, 124 Cosme Takeya SJ (†1597): 249 Costa, Baltasar da SJ (ca.1538–76): 101, 133, 302 Costa, Manuel da SJ (Emmanuel, c.1540– 1604): 78 Coutinho, Francisco (viso-rey des Estado da Índia; Conde de Redondo, 1517–64, amt. 1561–4): 335 Criminali, Antonio SJ (1520–49): 120 f. Cunha, Gonçalo da SJ (*1541): 101 f. Cunha, Nuno da (Gouverneur des Estado da Índia, 1487–1539, amt. 1529–38): 105, 142 Cysat(us), Renward (1545–1614): 21 Daizenbō (16. Jhdt): 202 f., 315 Damião SJ (1541–86): 133 f., 199–202, 206, 211, 226, 247 Dharmakīrti (7. Jhdt): 295 Diaz, Baltasar SJ (c.1508–71): 77, 100 Diaz, Braz SJ (*1535): 101 Diaz, Francisco SJ (16. Jhdt): 101 Díaz, João (Juan Delgado, 1510/1–77): 120 Diaz, Melchior SJ (1531/34–1584): 101, 132 Dias, Pero SJ (16. Jhdt): 284 Diniz, Antonio SJ (*1536): 101 Dinis, Gonçalo SJ (†1569/71): 125 Dionisio, Francisco [SJ] [entl. 1580]: 130, 162 Dōgen Kigen (1200–53): 275 Doménech, Pedro OP (16. Jhdt): 96 Durão, Francisco SJ (*1532): 101, 122 Eden, Richard (c.1521–76): 69 Elias, Norbert (1897–1990): 288 Erédia, António d’ SJ (Heredia, *1518): 80

Favre, Pierre SJ (1506–46): 52 Fenicio, Giacomo SJ (1558–1632): 288 Fernandes, Andre SJ (c.1518–98): 124 Fernandes, Gonçalo SJ (Trancoso, c.1541–1621): 124 Fernandes, Urbano SJ († c.1552): 166 Fernández de Oviedo, Juan SJ (João Fer­ nandes, 1526–67): 18, 24 f., 80, 83, 85 f., 103, 131–133, 136, 165, 191, 197, 235, 305–308, 310, 313, 315, 317 Fernandez, Domingos SJ (*c.1526): 147, 300 f. Fernando II. v. Aragón (el Católico, 1452– 1516, reg. 1468–1516): 126 Ferreira, Christovão [SJ] (1580–1650; al. Sawano Chuan) [apost. 1633]: 41 Ferreira, Miguel SJ (*1531): 101 Figueiredo, Aires de (16. Jhdt): 82 Figueiredo, Melchior de SJ (1530–1597): 101, 248 Fonseca, Pedro de SJ (Petrus Fonseca, 1528–99): 258, 281 Francisco, Adão SJ (16. Jhdt): 296 Franco, António (16. Jhdt): 122 Freire, Fulgençio SJ (1512/4–71): 101 f., 124 f. Fróis, Luís (Polycarpo) SJ (c.1532–97): 16 f., 20, 25, 37, 57, 60, 67, 69, 80, 83, 88 f., 96, 98, 101, 133, 149, 166, 172, 180, 182, 190, 196, 199, 202–204, 206–208, 210–213, 215–221, 223–226, 229–231, 234, 236, 238, 240, 243, 247 f., 260, 287, 291, 296, 300 f., 315, 318–321, 325 f., 335 f., 338 f. Fukan, Fabian [SJ] (Habian; 1565–1621) [ausgetreten 1608]: 17, 40, 61, 127, 196, 267, 270 f., 282, 320 –– s. a. Myōtei Mondō, Sachregister –– s. a. Ha Daiusu, Sachregister Fukuda Hibiya Ryōkei (16. Jhdt): 219 Gago, Baltasar SJ (1518–c.83): 64, 71, 98 f., 128, 131–133, 165, 224 Galvão, António (c.1490–1557): 266, ­331–333 Gama, Duarte da (16. Jhdt): 128 Gama, Vasco da (1460/9–1524): 110 Gangeśa Upādhyāya (Gangeśvara, um 1325): 269, 280–282, 284 Gaspar (Parava-Konvertit, 16. Jhdt): 116, 153 Gnecchi-Soldo, Organtino SJ (Urugan Bateren, 1532–1609): 127, 134, 173, 199, 215, 221

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Personenregister    Góis, Bento de SJ (1563–1607): 58, 89 Góis, Estevão de SJ (1526–88): 101 Gois, Luis de SJ (#1,*1543): 101 f. Gois, Luis de SJ (#2, *1504): 101 Gomes, António [SJ] [ausgeschl. 1552]: 66, 77, 117, 165, 299 Gomez, Manoel SJ (*1533): 101 Gomes, Paulo SJ (c.1535–1610): 98, 130 f. Gómez, Pedro SJ (1535–1600): 46, 57, 78, 93 Go-Nara tennō (1497–1557, amt.1526–57): 173, 186, 188, 193 Gonçalves, Diogo SJ (1561–1640): 20, 83, 85, 284 Gonçalves, Domingos SJ (†1569/71): 125 Gonçalves, Francisco SJ (16. Jhdt): 166 Gonçalvez, Jacome SJ (16. Jhdt): 133 Gonçalvez, João SJ (*1525): 101 Gonçalves, Melchior [SJ] (†1561) [ausgeschl. 1548]: 77, 339 Gonçalvez, Sebastião SJ (16. Jhdt): 134 Gonçalves da Câmara, Luís SJ (1518–75): 62, 115, 265 Gotō Takaakira (16. Jhdt):184 Gouveia, António de OSA (1575–1628): 106, 113 f., 266 Gouveia, Diogo de (c.1471–1557): 52 Gouveia, Luis de SJ (16. Jhdt): 293, 303 Gregor XIII. (Papst; Ugo Buoncompagni, 1502–85; Pont. 1572–85): 55, 70 Gyokukō (Kyūka, 1500–78): 189 Hatakeyama Takamasa (†1567): 213 Henriques, Francisco SJ (*c.1533): 130, 334 Henriques, Henrique SJ (Anrrique Anrri­ quez, 1520–1602): 77, 83, 96, 109, 124, 153, 171, 296, 303, 331, 338 Henriquez, Enrique SJ (1536–1608): 256, 258 f., 261, 263, 312 Henriques, Leão SJ (1524–89): 115 Hōin Vicente SJ (16. Jhdt): 245 Hōnen (1133–1212): 306 Hosokawa Gracia (1563–1600): 210 Hume, David (1711–76): 274 Ibn Khaldun (Ibn Haldūn; Abū Zaid ’Abd al-Rahmān bin Muhammad bin Haldūn Walī ad-Dīn at-Tūnisī al-H  adramī alIšbīlī al-Mālikī, 1332–1406): 275 Ismāīl Khan (16. Jhdt): 155 Itō, Mancio SJ (c.1570–1612): 91

373

Javier (Xavier), Francisco de Yassu y SJ (St. Franciscus Xaverius) (1506–52): 7, 12 f., 18–20, 22, 24 f., 37 f., 47–49, 53, 55, 58 f., 62–64, 66–68, 76 f., 79–82, 84 f., 87 f., 90 f., 96–100, 107–109, 112, 116–121, 123 f., 126, 128–132, 137 f., 140, 142, 149, 151 f., 158–161, 166, 170, 172, 174–177, 181–183, 185–193, 197–199, 203 f., 222 f., 225, 227–229, 231, 234, 238 f., 247 f., 259– 261, 263–266, 281, 286 f., 293, 304–306, 308, 311, 314–316, 324 f., 334–337, 339, 342 f. Jesus s. Christus Jñānaśrimita (10. Jhdt): 28, 268 Joane (jap. Konvertit, 16. Jhdt): 24, 131 f., 191, 324 João III. v. Portugal (1502–57, reg. 1521–57): 52, 75, 91, 105, 151, 157, 159 f., 204 Jorge, Francisco SJ (*c.1534): 101 Julius II. (Papst; Giuliano della Rovere, 1443–1513, Pont. 1503–13): 145 Julius III. (Papst; Giovanni Maria del Monte, 1487–1555, Pont. 1550–55): 126, 139 Kant, Immanuel (1724–1804): 26 f., 33, 272 Karl V. (röm. Kaiser; Carlos I. v. Spanien, 1500–58, reg. 1515/9–58): 124 Keian Genju (1427–1508/9): 286 Kiyohara Ito Maria (Maria Kojijū, 16. Jhdt): 210 Kiyohara Shigekata (1509–80): 210, 212 Koteda Sayemon Yasumasa (ab 1553 auch Dom Antonio, 16. Jhdt): 200 Kyōzen s. Tōnomine, Paulo v. SJ Lacerda, Miguel de [SJ] (*1541) [ausgeschl. 1569]: 117 Lagos, Vicente de (16. Jhdt): 107 Laínez, Diego SJ (2. Ordensgeneral, ­1512–65, Gen. 1558–65): 8, 62, 71 f., 95, 97, 99, 102, 122, 126, 217, 292 Lancilotto, Nicolao SJ (†1558): 82, 99, 159, 186 f. Leão Pereira, Gaspar Jorge de (EB Goas; †1576, amt. 1560–7 u. 1571–6): 150, 161 Leitão, Manoel SJ (*1539/42): 101 f. Leo X. (Papst; Giovanni de’ Medici, ­1475–1521; Pont. 1513–21): 145 Llull, Ramon (Raimundus Lullus, ­1233–1316): 80  f.

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Index

Longobardi, Niccolò SJ (1489–1565): 20, 73 Lopes, António SJ (1544–98): 127 López, Balthasar SJ (senior, 1535/8–1605): 134 López, Estevão SJ (16. Jdht): 125 López, Francisco SJ (1529–68): 121 López de Villalobos, Ruy (†1546): 119 f. Lourenço (Ryōsai) SJ (c.1525–92): 18, 133, 193–195, 199–203, 205–216, 222, 250, 309, 314–317, 320 f., 324, 326 Loyola, Iñigo de SJ (St. Ignatius v. Loyola, 1. Ordensgeneral, 1491–1556, Gen. 1540–56): 7 f., 16, 18, 20, 53, 62 f., 66 f., 73, 76, 94 f., 109, 112, 117, 120, 124, 126, 141 f., 153, 165, 185, 238, 265 f., 282 f., 331, 339 Loyola, Jorge de SJ (1562–89): 112 Lucena, Afonso de SJ (1551–1623): 17, 38, 85, 108, 243, 251 Luis, Christovão SJ (*c.1543): 95, 102 Luís, Pedro SJ (c.1532–96): 82 f., 99 Maffei, Giovanni Pietro SJ (Giampietro, 1533/8–1603): 78 Mansilhas, Franciso SJ (16. Jhdt): 82, 137 f., 247 f., 343 Manu (9. Jhdt): 270 Manuel (Parava-Konvertit, 16. Jhdt): 116, 153 Martins, Francisco SJ (†1580): 55 Mascarenhas, Pedro (viso-rey des Estado da Índia, 1483–1555): 52, 151 Mascarenhas, Pero SJ (Pedro, 1529/32– 1581/3): 101, 123, 334 Matheo (ind. Konvertit, 16. Jhdt): 248 Matheo (jap. Konvertit, 16. Jhdt): 324 Matsunaga Hisahide (1510–77): 212–214, 218 Matsuura Takanobu (daimyō; 1529–99): 182, 200 Mello o Punho, Martim Afonso de (*1519): 100 Menandros I. Soter (Milinda, 2. Jht v. d. Z): 294 Mendanha, Luis de SJ (Bendanha, 1539/40–73): 101 f. Mendes, Rui SJ (#1, †1552): 121 Mendes, Rui SJ (#2) (16. Jhdt): 101 Mendes Pinto, Fernão [SJ] (1508/10–83) [ausgetr. 1556]: 68, 128, 132, 305

Mendoza, Juan Gonzalez de OSA (1545– 1618): 265, 332 Menezes, Aleixo de OSA (EB Goas; amt. 1595–1612): 106, 114, 266 Meneses, Duarte de (Gouverneur des ­ Estado da Índia; c.1488 – c.1539, amt. 1521–24): 333 Mercurian, Everard SJ (4. Ordensgeneral; 1514–80, Gen. 1572–80): 8, 118, 141 Mesquita, Diogo de SJ (1533–1614): 232 Miguel (jap. Konvertit, 16. Jhdt): 231, 239 Mirón, Diego SJ (†1590): 108 Miyoshi Chōkei (daimyō; Miyoshi Naga­ yoshi, 1522/3–64): 186, 212–215, 218 Miyoshi Yoshitsugu (†1573): 218 Molina, Luís de SJ (1535–1600): 337 Monclaro, Francisco SJ (Monclaire, François; 1531–95): 63, 125 Moniz Barreto, Antonio (Gouverneur des Estado da Índia; 1530–1600, amt. 1573–76): 299 Monte, Giovanni Battista de SJ (16. Jhdt): 133 Mōri Motonari (daimyō; 1497–1571): 235 Mōri Terumoto (daimyō; 1553–1625): 248 Narbona, Fernão de SJ (*1536): 101 Nadal, Jéronimo SJ (1507–80): 22, 92, 107 f., 111, 237 Nāgārjuna (c.150–250 n.d.Z.): 28, 276, 279, 286 Nāgasena (um 150 v.d.Z): 294 Nebrija, Antonio de (1444–1522): 176 Niabara, Luis SJ (16. Jhdt): 231 Nichiren (1222–82): 180 –– s. a. Buddhismus (Sachregister) Nikolaus V. (Papst; Tommaso Parentucelli, 1397–1455, Pont. 1447–55): 145 Ninshitsu (†1556): 87 f. Nobili, Roberto de SJ (1577–1656): 13, 55, 280 Nogueira, João SJ (*1525/7): 101 Noronha, Afonso de (viso-rey des Estado da Índia, amt. 1550–4): 131, 298, 335 Noronha, Antão de (viso-rey des Estado da Índia; 1520–69, amt. 1564–8): 335 Noronha, António de (Gouverneur des Es­ tado da Índia; 1510–74, amt. 1571–73): 125, 132 Nunes, Nicolau SJ (c.1525/8–76): 77 Nunes Barreto, João SJ (1517–62): 299

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Personenregister    Nunes Barreto, Melchior SJ (Belchior, 1519/21–71): 60, 72, 77, 80, 89, 96, 102, 129, 132, 302, 323 Nuniz, Fernão (16. Jhdt): 293 Oda Nobunaga (daimyō; 1534–82): 90, 195, 219–221, 223 Ōgimachi tennō (1517–93, amt. 1557–86): 186, 193 Oliveira, Gabriel SJ (16. Jhdt): 122, 130 Ōmura Sumitada (daimyō; 1533–87, ab 1563 auch Dom Bartolomeu): 182 f. Ōtomo Yoshishige (daimyō; 1530–87, ab 1562 Ōtomo Sōrin, ab 1578 auch Dom Francesco): 70, 132, 181, 198 Ōuchi Yoshinaga (daimyō; †1557, bis 1551 Ōuchi Haruhide): 98, 183 Ōuchi Yoshitaka (daimyō; 1507–51): 183, 193, 202 f., 325 Padilla y Meneses, Antonio de (†1598): 332 Pasio, Francisco SJ (Paez, 1551/4–1612): 64, 251, 341 Paul III. (Papst; Alessandro Farnese, ­1468–1549, Pont. 1534–49): 53, 139, 250 Paul IV. (Papst; Gian Pietro Carafa, ­1476–1559, Pont. 1554–9): 40, 75 Pereira, Antonio SJ (*c.1543?): 101 Pereira, Benito SJ (Benedictus Pererius, 1535–1610): 256–259, 261 Pereira, Diogo (16. Jhdt): 187 Pereira, Guilherme SJ (c.1537–1603): 96 f., 100, 108, 122, 132 f., 199 Pereira, Manoel SJ (*1538): 101 Pereira, Rui SJ (*c.1537): 97, 132 f., 199 Pereira Marramaque, Gonçalo (16. Jhdt): 123 Pérez, Francisco SJ (c.1515–83): 77, 90, 243 Perez, Lourenço SJ (*1543): 101 Philipp II. v. Spanien (1527–98, reg. ­1558–98): 40 Pimenta, Nicolao SJ (1546–1614): 20 Pinto da Fonseca, Gonçalo (16. Jhdt): 164 Pires, Tomé (1468–1539): 187 Pius V. (Papst; Antonio Michele Ghislieri, 1504–72, Pont. 1566–72): 77 Polanco, Juan de SJ (1516–77): 94, 107, 121, 136, 153, 233, 245 Porto, Antonio do OP (16. Jhdt): 151 Prancudo, Marcos SJ (c.1531–78): 123, 334

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Quadros, António de SJ (1529–72): 70 f., 94, 101 f., 108, 148, 169, 237, 300, 332 Ramón, Pedro SJ (1550–1611): 58, 80 Ribeira, Juan Bautista SJ (1525–94): 122 Ribeiro, Nuno SJ (c.1520/3–49): 77 Riera, Pedro SJ (c.1526–73): 122 Ricci, Matteo SJ (1552–1610): 13, 18, 53, 58, 64, 69, 199, 242, 270, 273 f., 289 Rocha, Christovão da SJ (1532– c.65): 101 Rodrigues, Bernardo SJ (*c.1529): 130 Rodrigues, Diogo (16. Jhdt): 137 Rodrigues, Francisco SJ (1513–73): 169 Rodrigues, Gonçalo SJ (1527–64): 124 Rodrigues, João SJ (c.1561–1633) s. Tçuzu Rodrigues de Azevedo, Simão SJ (1510–79): 7, 53, 63,75, 76, 137 Ruggieri, Michele SJ (1543–1607): 64, 187, 265 Ryōin, Pablo SJ (1555–1615): 251 Sacro Bosco, Johannes de (c.1195–c.1256): 61, 76 Sadamatsu, Gaspar SJ (1565–1626): 109 Sanchez, Aires SJ (c.1528–90): 129, 133, 136 San(c)ta Fe, Antonio de (Antonio China, *c.1544?): 96 f. Sārvabhauma, Vāsudeva (c.1450–1525): 284 Sawano Chūan s. Ferreira, Christovão SJ Sebastião I. von Portugal (1554–78, reg. 1557–78): 105, 115, 122, 161 Senyō s. Tōnomine, Bernabé v. SJ Sessō Sōsai (17. Jhdt): 279 Śākyamuni: 178, 287, 307, 313 f. Shimazu Tadamasa (daimyō; 1463–1508): 286 Shimazu Tadanaga (daimyō; 1492–1568): 286 Shimazu Takahisa (daimyō; 1514–71): 70, 181, 188 Shōzaimon, Yamada no († c.1562–5): 326 f. Siddharta Gautama s. Śākyamuni Silva, Duarte da SJ (1536–64): 83, 86, 99, 117, 131–133, 136 Silva, Martim da SJ (*1538): 101 Silva, Pedro da SJ (†1583): 55 Silveira, Gonçalo da SJ (1521–61): 76 f. Śiromani, Ragunātha (c.1477–1547): 268 f. Soarez de Albergaria, Lopo (Gouverneur des Estado da Índia; c.1460–c.1520, amt. 1515–8): 333 Soeiro, João SJ (1566–1607): 91 Soto, Domingo de OP (1495–1560): 257 f.

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Souro, Fernão do SJ (1531–65): 101 Souza, Martim Afonso de (Gouverneur des Estado da Índia, †1564, amt. 1542–45): 65, 126, 138 Stefanoni, Giovanni Francesco SJ -­ (1541–c.1612): 126, 134, 243 Suárez, Francisco SJ (1548–1617): 257–259, 262 Sue Harukata (1521–55): 183 Takayama Tomoteru (daimyō; †1596, ab 1564 auch Dom Dario): 219 Takayama Ukon (daimyō; 1552–1615, ab 1564 auch Takayama Justo): 219 Tçuzu, João Rodrigues SJ (c.1561–1633): 84, 100, 198, 224, 249 Thoma (jap. Konvertit, 16. Jhdt): 226 Tokuō Shukan (c.1492–1582): 88, 241 Toledo, García de (Marquéz de Villafranca, 1514–77): 123 Toledo Herrara, Francisco de SJ (Franciscus Toletus, 1534–96): 258, 281 Tōnomine –– Paulo v. SJ (16. Jhdt): 18, 236, 325 –– Bernabé v. SJ (16. Jhdt): 18, 193–195 Torres, Cosme de SJ (c.1510–70): 20, 24 f., 71, 80, 98, 119 f., 128 f., 131–136, 182, 191, 193 f., 197, 199, 202, 204, 217 f., 228, 235, 238, 244 f., 247 f., 250, 305 f., 308, 310–313, 315, 317, 336, 338 Torres, João de SJ (1551–1613): 98 f., 133, 216, 222, 225 f., 249 Toyotomi Hideyoshi (kampaku; 1536–98, amt. 1586–98): 40, 195 Trigault, Nicolás SJ (1577–1628): 58, 69, 73, 80 Uesugi Norizane (1411–66): 189 Unshū (c.1500–62): 87 f.

Valignano, Alessandro SJ (1539–1606): 7 f., 11, 18, 55, 57, 62–64, 66, 87, 89–91, 99, 112, 116, 119, 129 f., 169, 183, 189, 199, 244, 247, 249 f., 287, 325, 341 Valla, Alessandro de SJ (Vallareggio, c.1529–80): 122 f., 133 Vaz, António SJ (#1, 1523/6–73/89): 121 Vaz, António SJ (#2, c.1515–89): 284 Vaz, Manuel SJ (16. Jhdt): 166 Vaz, Marçal SJ (1530–c.76): 162 Vaz, Miguel (Generalvikar Goas; 16. Jhdt): 52, 151 Vaz, Miguel SJ (1546–82): 133, 231 Vaz, Pedro SJ (*1539/40): 95, 101, 152, 160 Vega, Juan de la (1500–64): 126 Vicente, Rui SJ (1523–87): 78, 162 Vilela, Vicente SJ (*c.1549): 98, 114, 260 Vives, Juan Luis (1492–1540): 258 Wada Koremasa (1532–73): 219 Wang Zhi (Wang Wu-feng, †1560): 336 Willes, Richard (1558–73): 69 Xav(i)er, Francisco s. Javier Yajirō s. Anjirō Ying-Ching, Feng (16./17. Jhdt): 270 Yōfō Paulo SJ (Yōhō, Yō(f/h)ōken, c.1507/ 9–95): 83 f., 219, 244 f., 248, 325 Yūki Tadamasa (16. Jhdt): 212 Yūsuf Adil Shāh v. Bijāpur (†1510, reg. 1489–1510): 142 Zenkōbō (16. Jhdt): 318 f. Zhū Xhī (1130–1200) s. Konfuzianismus (Sachregister)

10.2 Ortsregister Sortierung nicht exakt geographisch, sondern nach Sachgebieten der Arbeit. Afrika: 55 f., 122, 125 f., 130, 145, 177, 337 –– Biniol: 122, Kongo: 81, Moçambique: 55, 125, 137 f., Monomotapa: 125 Agra s. Indien Ägypten: 156 –– Kairo: 125

Ahmadnagar s. Indien Alcalá s. Spanien Aleppo s. Asien Al-Quasr al-Kabīr (Alcazarquivir) s. ­ Marokko Ambon (Amboina) s. Molukken

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Ortsregister    Amerika –– Mittel-: 83, Spanisch-: 12, Süd-: 41, 154, 255, 337, 341; Mexiko: 41, 81, 119, Paraguay: 41, 154 Arima s. Japan Asien: 7 f., 10, 12, 17, 22, 33, 39, 52, 69–71, 75 f., 79, 89, 92 f., 104 f., 107, 109, 112, 115–118, 122, 132 f., 135, 143, 150, 154, 161, 227, 257, 262, 264, 282, 328 f., 332 –– Ost-:14, 54, 65, 90, 118, 155–157, 178, 255 f., 267, 272, 275, 313, Süd-: 14, 156, Südost-: 184; Aleppo: 58, Korea: 183, Levante: 58, Tibet: 15, 58, 273 Äthiopien: 9, 115 f., 124 f., 158, 299 Atlantik: 13, 328 –– Süd-: 55; Azoren: 118, Funchal: 158, Gomera (la): 123, Kanaren: 55, Kap­ verden: 55, Madeira: 158, Tristan da Cunha: 55 Aviz s. Portugal Azoren s. Atlantik Azuchi s. Japan Baçaim s. Estado da Índia Bahia do Brasil s. Brasilien Bandō s. Japan Barcelor s. Estado da Índia Basrur s. Estado da Índia Batavia s. Indonesien Beijing s. China Bengalen s. Indien Bihar s. Indien Bijāpur s. Indien Biniol s. Afrika Brasilien: 13 f., 56, 105, 118, 343 –– Bahia do Brasil: 13, Brasilstrom: 55 Bungo s. Japan Cabo das Tormentas [Afrika]: 7, 55 –– Kap der guten Hoffnung: 7, Kap der Stürme: 159, 343 Cebu s. Philippinen Ceuta s. Spanien Ceylon s. Sri Lanka China: 7, 12 f., 22, 44, 53, 56, 58, 61 f., 73, 77, 80, 89, 96 f., 128, 157, 178 f., 183 f., 187, 190, 198, 219, 256, 265, 270, 273, 275, 286, 332, 335 f. –– Beijing: 58 –– Chinese(n), Chinesisch s. Sachregister

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Chorão (Chudamani) s. Goa Cochin s. Estado da Índia Coímbra s. Portugal Colégio: –– de Espirito Santo [Évora]: 75 –– de Jesus [Coímbra]: 75 –– Madre de Deus [Cochin]: 130, 151, 171, 302 –– Madre de Deus [Macao]: 90 –– da Santa Fé [Goa]: 158 f. –– do São Antão [Lissabon]: 161 –– do São Nombre [Baçaim]: 150 –– do São Paulo [Goa], Paulskolleg: 65 f., 80, 84 f., 89, 104, 109, 121, 129, 159, 170, 284, 299, 333, 337 –– do São Roque [Lissabon]: 161 Córdoba s. Spanien Cortalim s. Estado da Índia Cranagore s. Estado da Índia Daman (Damão) s. Estado da Índia Delhi s. Indien Diampar s. Udayampēŕūr Diu s. Estado da Índia Divar (Divapati) s. Goa Dôle s. Frankreich Douai s. Frankreich England: 69 Estado da Índia [s. Sachregister] –– Baçaim: 106, 119, 124, 129 f., 142, 145, 150 f., Barcelor: 143, Basrur: 143, Cochin: 22, 52, 63 f., 67, 72, 96, 106, 111, 119, 130, 151, 155 f., 158, 161 f., 166, 171, 232, 263, 287, 302, 333 f., Cortalim: 164, Cran(a)g(an)ore: 106, 113, Diu: 124, 142, 156, Daman (Damão): 142, Honawar: 143, Hormuz: 22, 77, 108, 116, 118, 120 f., 124, 130, 156, 237, 312, 334 f., Kalikut: 155, Macao: 44, 53, 56–58, 62, 64, 70 f., 89–91, 100, 112, 119, 128–130, 184 f., 250, 333, Malakka: 56–58, 60, 64, 66 f., 77, 95, 97 f., 100, 123, 130 f., 133, 140, 142, 156 f., 174, 204, 236, 261, 334, 336, 342, Mangalore: 125, 143, Punnaikayal: 109, Quilon: 82, 303, Salçete: 151, 158, 164 f., Sokotra: 156, Thāna: 120, 152, Udayampēŕūr (Diampar): 18 Europa: 20, 55, 61 f., 67–71, 74 f., 78, 89– 91, 97, 104, 107, 112, 116, 118, 122, 127, ­131–135, 137 f., 142, 153, 155 f., 169, 171,

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174, 176, 190 f., 193, 207, 265, 267, 275, 287, 315, 326, 328–330, 333 –– Außer-: 39, 75, 252; Europäer, euro­ päisch, außereuropäisch s. Sachregister Évora s. Portugal Extremadura s. Spanien

Ikitsuki s. Japan

Gandía s. Spanien Goa [Estado da Índia]: 11, 46 f., 53–59, ­63–67, 70–72, 74, 76–78, 80–82, 84, 88 f., 93, 95–101, 104–106, 109, 111, 113, ­116–120, 122–125, 127–135, 137, 141 f., 146 f., 150 f., 155–172, 174, 185, 193, 204, 225, 232, 236 f., 284, 287, 297–302, 333, 335, 337, 339 –– Chorão (Chudamani): 147 f., 158, 164, 298–302, Divar (Divapati): 147, 158, 164, 296, 302, Jua: 158, Tiswadi (Tissuar): 81, 142, 155, 157 f., 164, 171, Vansim: 158 Golconda s. Indien Gomera (la) s. Atlantik Gōto-Inseln s. Japan Gujarat s. Indien

Indien: 7, 12 f., 15, 18, 22 f., 44, 47, 52 f., 55 f., 58–60, 62–64, 66 f., 69–72, 75–80, 82, 84, 88, 93–95, 97–100, 103, 106–108, 115 f., 118–125, 129–134, 137–146, 148, 151 f.– 156, 158, 160, 162 f., 165 f., 168–171, 177, 188 f., 191, 207, 207, 227, 237, 248, 250 f., 254, 266, 268, 273, 283–285, 287, 291 f., 296, 324, 328, 332, 335, 337, 342 f. –– Nordost-: 284, Süd-: 13, 143, 155; Agra: 58, 171, Ahmadnagar: 143, Bengalen: 44, 284, Bihar: 284, Bijāpur: 142 f., 147, 155, 158, 284, Delhi: 171, Golconda: 143, Gujarat: 142, Kerala: 99, Kanara: 143, Kannanūr: 143, 155 f., Madurai: 13, Mithilā: 284, Nadia: 284, Navadvīpa: 284, Orissa: 44, Rāmeshwaram: 121, Rāmnād: 121, Travancore: 125, Vēdālai: 121; Inder, indisch s. Sachregister Indonesien: 7, 15, 115 f., 260 Indopazifik: 7, 9 f., 14 f., 18, 20, 23, 41–44, 54, 56, 63, 77, 79–81, 100, 104, 117, 120, 122, 127, 134 f., 153 f., 156, 161 f., 171 f., 174, 177, 197, 242, 246, 252 f., 312 f., 328, 334–336, 338, 340–344 –– Indik: 58, 156, 161, 328, Indischer Ozean: 54 f., 59, 174; Madagaskar: 55 Ise s. Japan Ishiyama Honganji s. Sachregister: Tempel Italien: 53, 67, 69, 122, 193, 265, 333 –– Süd-: 58; Parma: 120, Pavia:67, Rom: 12, 21, 39, 49, 53, 58, 62–64, 66–68, 71– 73, 113–115, 120, 122, 124 f., 133 f., 136, 138 f., 141, 169, 172, 174, 187, 193, 225, 233, 265 f., 328 f., 331, Sissa: 120

Hakata s. Japan Hasami s. Japan Hiei [Japan]: 187, 194 f., 201–203, 205, 221, 315, 326 Enriyakuji: 194, 221 Hirado s. Japan Honawar s. Estado da Índia Honganji s. Ishiyama Honganji Honshū s. Japan Horie s. Japan Hormuz s. Estado da Índia Huancavelica s. Peru Ichiku s. Japan Iimori s. Japan

Jailolo s. Molukken Japan: 7, 12 f., 15, 17 f., 22–25, 37 f., 40 f., 44, 46, 49, 51, 56–58, 60 f., 64, 66 f., 69, 71, 73, 77, 80 f., 85 f., 88–91, 93, 96, 98–100, 108, 112, 115 f., 119, 122, 128–135, 137, 142 f., 149, 152, 157, 169, 173–180, 182–188, 190–194, 198 f., 203–205, 208, 211, 213, 215–220, 222, 224 f., 227–230, 232 f., 236–238, 241, 243 f., 246, 250–252, 254, 261, 267, 270 f., 273, 286 f., 297, 304–306, 309, 314–317, 320, 323–326, 332, 336, 342 f. –– Süd-: 193, 198, 338, Südwest-: 181, Zentral-: 195, 214, 221, 223; Arima: 90, 109, 222, Azuchi: 90, 221, Bungo: 67 f.,

Fez s. Marokko Fischerküste: 52, 81 f., 121, 124, 153, s. a. Malabar –– Kap Cormorin: 81, 255, 342 Frankreich: 69, 126 –– Dôle:69, Douai: 69, Lyon: 69, Paris: 52, 67, 69, Pont-à-Mousson: 69, Provence: 126, Rouen: 69 Funchal s. Atlantik Fukuda s. Japan Fukushōji s. Kagoshima Funai s. Japan

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Ortsregister    86, 89, 98, 128, 136, 181, 193, 198, 202, 205, 222, 231, 243–245, 305, 338, Fukuda: 133, 182, 219, Funai: 89, 93, 99, 104, 129, 132 f., 181, 198, 229 f., 232–234, 244, 250, 325, Gōto-Inseln: 149, 245, 248, Hakata: 98, 183, 219, 223 f., 231, 245, 248 f., 325, Hirado: 50, 67, 70, 98, 129, 149, 181 f., 193, 200, 216, 228 f., Honshū: 206, Ichiku: 231, 239, 336, Iimori: 215, 240 f., 243, Ikitsuki: 200, Ise: 231, Kaga: 180, 195, Katada: 192, Kuchinotsu: 218, Kyūshū: 24, 50, 57 f., 70, 174, 188, 198, 218, 221, 223, 247, Nara: 230, Nagasaki: 44, 56–58, 70 f., 83 f., 91, 109, 119, 128, 185, 222, 232, 245, Murotsu: 201, Miyajima: 201, Ōita: 129, Omura: 222, 243, 250 f., Sakai: 182, 201, 208, 211, 213, 216, 218 f., 244 f., 247, Satsuma: 70, 181, 188, 190 f., 248, 265, 319, Sawa: 219, Shimabara-Halbinsel: 98, 235, 244, 338, Takushima: 182, 200, Tomotsu: 201, Usuki: 89, 109, 129, Wakae: 251, Yamaguchi: 67 f., 98, 128, 181, 191, 193, 107, 198, 201– 203, 228 f., 235, 249, 305, 307, 313–315, 317, 324, Yokoseura: 57, 98, 119, 182, 338; Japaner, ­Japanisch s. Sachregister Jerez de la Frontera s. Spanien Jua s. Indien Kaga s. Japan Kagoshima [Japan]: 24 f., 37, 64, 67, 79 f., 87 f., 131, 134, 137, 193, 228, 231, 286, 313, 319 –– Fukushōji: 87 f., Nanrinji: 88, 319 Kairo s. Ägypten Kalikut s. Estado da Índia Kanara s. Indien Kanaren s. Atlantik Kannanūr s. Indien Kap Cormorin s. Fischerküste Kapverden s. Atlantik Karnātaka s. Vijayanagar (Sachregister) Katada s. Japan Katalonien s. Spanien Kawanabe [Japan]: 319 –– Hōshenji: 319 Kerala s. Indien Kii [Japan]: 213 –– Negorodera: 213 Kongo s. Afrika Korea s. Asien

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Kuchinotsu s. Japan Kyōto (Miyako) [Japan]: 17, 67, 98, 177, 180, 182, 185–188, 190–194, 197–199, 201–209, 211–227, 229, 244 f., 247, 251, 265, 276, 304, 314 f., 318, 320 f., 326 –– Daitokuji: 220, Kamigyō: 211; gozan s. Buddhismus (Sachregister) Kyūshū s. Japan Levante s. Asien Lissabon s. Portugal Luzon s. Philippinen Lyon s. Frankreich Macao s. Estado da Índia Madagaskar s. Indischer Ozean Madeira s. Atlantik Madurai s. Indien Malabar [Indien]: 106, 113, 152, 296, 303 –– Malabarküste: 15, 24, 52, 77, 82, 85, 116, 125, 149, 153, 155, 171, 248, 264, 266, 293, 296, 303, 338; Mannāpad: 247 Malakka s. Estado da Índia Mallorca s. Spanien Mangalore s. Estado da Índia Mannāpad s. Malabar Mannar s. Sri Lanka Marokko: 122 –– Al-Quasr al-Kabīr (Alcazarquivir): 122, Fez: 122 Medellín s. Spanien Meer s. Sachregister –– Gelbes –: 58, 336, Südchinesisches –: 57, 184 Mexiko s. Amerika Mithilā s. Indien Miyajima s. Japan Miyako s. Kyōto Moçambique s. Afrika Molukken [Pazifik]: 22, 56, 76 f., 97, 108, 119 f., 129 f., 177, 243, 266, 331, 333 f. –– Ambon: 77, 119, 123, Jailolo: 334, Moro: 77, 334, Morotai: 266, 334, Ternate: 123, 129, 334, Tidore: 123, 334 Monomotapa s. Afrika Moro s. Molukken Murotsu s. Japan Nadia s. Indien Nagasaki s. Japan Nanrinji s. Kagoshima

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Index

Nara s. Japan Navadvīpa s. Indien Ōita s. Japan Orissa s. Indien Ormus, Ormuz s. Hormuz Ozean: 24, 61 –– Atlantischer s. Atlantik –– Indischer s. Indopazifik –– Pazifischer s. Pazifik, Indopazifik Paraguay s. Amerika Paris s. Frankreich Parma s. Italien Pavia s. Italien Pazifik: 83, 119, 174 Peking s. Beijing s. China Peru: 197 –– Huancavelica: 337, Potosì: 337 Philippinen: 123 –– Cebu: 123, Luzon: 41 Pont-à-Mousson s. Frankreich Portugal: 7, 43 f., 53, 55 f., 63 f., 75 f., 96, 99, 105 f., 108, 115, 124 f., 130, 142, 144, 161 f., 170, 184, 187, 237, 265, 334 –– Aviz: 132, Coímbra: 53, 75–79, 108, 115, 120, 123, 131, 159, 161 f., 170, ­257–259, 337, Évora: 75–77, 115, 132, 161 f., 170, 259, 337, Lissabon: 48, 53–56, 58 f., ­63–65, 76, 81, 92, 96 f., 104, 108, 115, 118, 122, 124, 127, 131, 143, 157, 160 f., 225, 265, 331; Portugiese(n), Portugiesisch s. Sachregister Potosì s. Peru Provence s. Frankreich Punnaikayal s. Estado da Índia Quilon s. Estado da Índia Rāmeshwaram s. Indien Rāmnād s. Indien Rom s. Italien Rouen s. Frankreich Roussillon s. Spanien

Sakai s. Japan Salçete s. Estado da Índia Satsuma s. Japan Sawa s. Japan Sevilla s. Spanien Shimabara-Halbinsel s. Japan Sissa s. Italien Sokotra s. Estado da Índia Spanien: 40, 122, 126, 265 –– Alcalá: 68, Ceuta: 110, Córdoba: 131, Extremadura: 120, Jerez de la Frontera: 122, Gandía: 76, 126, Katalonien: 126, Mallorca: 119, Medellín: 120, Roussillon: 126, Sevilla: 119, Túnez: 126, Valencia: 67, 78, 119; Spanier, Spanisch s. Sachregister Sri Lanka: 81, 123 f., 127, 131, 177 –– Ceylon: 44, Jaffnapatam: 123 f., 127, Kandy: 123, Mannar: 124, Sitawaka: 123 Taiwan s. Indopazifik Takushima s. Japan Ternate s. Molukken Thāna s. Estado da Índia Tibet s. Asien Tidore s. Molukken Tiswadi (Tissuar) s. Goa Tomotsu s. Japan Travancore s. Indien Tristan da Cunha s. Atlantik Túnez s. Spanien Udayampēŕūr (Diampar) s. Estado da Índia Usuki s. Japan Valencia s. Spanien Vansim s. Estado da Índia Vēdālai s. Indien Vijayanagar s. Sachregister Wakae s. Japan Yamaguchi s. Japan Yokoseura s. Japan Zypern: 58

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Sachregister   

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10.3 Sachregister abstrakt: 30, 262 –– Abstraktum 30, 34 Abt s. Kloster Adel: 210 –– Adelige(r): 210, Hochadel: 210, Hofadel: 209, 223, Hofadlige(r): 198, 210; kuge: 209 f., 229, kugyō: 209 Administration: 65, 105 f., 145, 149, 155, 164, 169, 232, 335, 343 –– administrativ: 65, 71, 73, 113, 141 f., 146, 155, 164, 169–171, 225; Kolonial­ verwaltung s. Kolonie; sozioadministra­ tiv: 158, Verwaltung: 62, 65, 165, 169, 213, 221, 293, Verwaltungsbeamte: 190, Verwaltungselite: 335, Verwaltungsentscheidungen: 161, Verwaltungstempel s. Tempel Adressat(en): 22, 72 Akkommodation: 85, 93, 127, 227, s. a. Akkulturation –– akkommodativ: 189, Akkommodationsidee: 7, Akkommodationsmethode: 13, 33, 93, 227 Akkulturation: 114, 226, s. a. Akkommoda­ tion –– akkulturierend:14, 110, Akkulturationsmethode: 13 Akteur(e): 9, 26, 30 f., 42–44, 47, 56, 128, 145, 169, 187, 214, 237, 241, 283, 291, 293, 308, 321–323, 327, 332 f., 340, 343 –– Akteurskollektiv(e): 13, 26, 29–33, 35, 42, 50 f., 146, 224, 228, 238, 241, 315, 335 f., 342 f., Einzelakteur: 19; Handeln: 16, 28, 34, 38, 111, 149, 260, 283, 285, Handelnde: 9, 16, 341 f. Alter: 43, 90, 94–96, 98–104, 108 f., 112, 114, 116, 283 –– altersabhängig: 248, Altersangabe(n): 95, 97, 101, 103, Altersgrenzen: 96, 104, Altersgruppe: 104, Altersklassen: 101, Altersklassifikation: 101, Alterskrite­ rium: 102, Altersprofil: 103, Altersschnitt: 104, Altersspektrum: 101, Aufnahmealter: 95, Eintrittsalter: 94, 103 f., 108, Lebensalter: 102, 104, MedianAlter: 108, Volljährigkeitsalter: 105; Alter selbstbestimmter Vernunft: 104 Amida (Amithābā) s. Bodhisattva

Analogie(n): 42, 50, 187, 195 f., 226, 270, 282, 290, 309, 339, 342 –– Analogieschlüsse: 138 Analyse: 16, 29, 45, 61, 145, 253 f. –– Analysekategorie(n): 30, 32, 253, Ana­ lyseschema: 66, Psychoanalyse: 29 Anthropologie: 27, 254 f. –– Anthropologiediskurs: 258, anthro­ pologisch: 253, 255 f., 272 f., 290, 329, 343 Apostasie s. a. Reversion Arbeitskraft, -kräfte: 104, 106, 115, 216, 337, 342 –– Arbeitskräftemangel: 250, 338 Arbeitskräftereservoir: 98, 134, 252; Arbeiter: 14, 196, Hilfsarbeiten: 96, 246, Lebensarbeit: 109, Mitarbeit(er): 222, 244, Zuarbeiter: 18, 31, 116 f., 131, 249, 329, 342 Archive: 20 –– Archivkopien: 63, Archivmaterial: 63, Zentralarchiv: 63 Aristoteles: 256, 258–261, 274 f., 289 –– aristotelisch: 257 f., 271, 273–275, 278– 280, 295, 313 Aristoteleskommentare: 76 Askese: 237 –– Asketisch(es): 128, 237, 288 Augustiner: 265, 335 –– Augustinerbischof: 114, Augustinermönch: 106, 332, Augustinerorden: 266 Ausbildung: 61, 74, 78, 81, 89–92, 94, 96, 107, 115, 159, 171, 250, 286 f., 290, 342 s. a. Bildung, Schule, Studium –– Elementarausbildung: 159 –– Ausbildungseinrichtungen: 246 –– Ausbildungsfakultät(en): 91, 115, 118, 257 –– Ausbildungsinstitutionen: 89 –– Ausbildungsmaßnahmen: 171 –– Ausbildungsmethoden: 112 –– Ausbildungsmöglichkeiten: 91, Ausbildungsqualität: 251 –– Ausbildungsstand: 310 –– Ausbildungsstätte: 75, 89, 165, 167; Lehrverpflichtung: 107, 140 Ausnahme(n): 102, 112, 142, 231, 327 –– Ausnahmebefugnisse: 139, Ausnahmebereich: 141, Ausnahmebestimmungen: 138, Ausnahmefall: 138–140, Ausnahmeklausel:139

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Index

Außereuropa: 39, 75, 252 –– außereuropäisch: 13, 31, 40, 75, 79, 87, 137, 161 Ausweisung: 41, 174, 200, 212, 219, 235, 244, 247, 334 –– Ausweisungsedikt: 195, 218, 223, 225 Autorität(en): 13, 66, 114, 139, 149, 190, 202, 223, 274, 281 f., 323, 327 –– autoritativ: 71, 82, 113, 115, 226 f., 239, koloniale –: 144, 168, politische –: 177, 195, 202, spirituelle –: 35, 45, 50, 115, 117, 215, 238 f., 266, 297, 303, 342 Azuchi-Momoyama (Japan, Periodisierung, 1575–98): 8 bakufu: 91, 183, 213, 220 f., Basispostulat(e): 39, 254, 271, 320 bateren s. Klerus Begriff(e): 29,82, 100, 139, 141 f., 175 f., 189, 262, 283, 294, 309 –– begrifflich: 151, 320, 340, Begriffsfeld: 25, Begriffsgebrauch: 138, Freiheits­ begriff: 285, Gehorsamsbegriff: 112, Gottesbegriff: 263, 312, Modellbegriff: 14, Schlüsselbegriff: 85; Terminus; Handlungsbegriff s. Handlung(en), Logikbegriff s. Logik, Machtbegriff s. Macht, Praktikenbegriff s. Praktiken, Vernunftbegriff s. Vernunft, Verständnisbegriff s. Verständnis Bekehrung s. Konversion Beweis(e): 26, 81, 87, 269, 319 f. beweisbar, Beweischarakter: 277, Beweisführung: 282, 296, Beweisgrund: 222, 296, Beweisgrundlage: 280, Beweis­ schema: 295, beweissichernd: 295, Gottesbeweis(e): 281 f. Bewusstsein: 13, 46, 62, 175, 269, 272, 274, 276 f., 290 –– Bewusstseinszustände: 272, 277, 325; jñāna s. Verstand; unbewusst: 32, 50, unterbewusst: 254, 260 Bhakti-Gläubige s. Hindus Bibel: 178, 282 Bildung: 91 f., 102, 136, 176, 225, 244, 254, 268, 296, 332 f., s. a. Ausbildung, Schule, Studium –– Bildungsangebote: 189, Bildungsanstal­ ten: 82, Bildungsauftrag: 92, Bildungseinrichtungen: 79, 189 f., 295, 310, 333, Bildungsinstitution(en): 90, Bildungs­

institute: 333, Bildungsmöglichkeiten: 92, Bildungssystem: 92, 283, Bildungs­ vermittlungspraktiken: 284 Bildungs­ zentren: 190, Vorbildung: 43, Weiter­ bildung(ssystem): 92, 94, 159, 250 Bischof: 91, 146, 149, 160 f., 193 –– Augustinerbischof s. Augustiner; bischöf­lich: 150, Bischofssitz: 158, Erz­ bischof: 75, 106, 150 f., 161, 169, 266, Titularbischof: 160; Bistum: 75, 146, 150, Erzbistum: 146, Überseebistum: 158; s. Personenregister: Leão Pereira, Gaspar Jorge de; Menezes, Aleixo de biwa hōshi: 194, 250, 324 Bodhisattva(s): 61, 85, 178, s. a. Buddha, Buddhismus –– Amida: 61, 221, 240 f., 306, Amithābā: 61, Mahāvairocana: 85, 175; Dainichi Nyorai: 85, 175 Brahmane(n): 23, 43, 147, 157, 263, 281 f., 284, 287, 291, 293 f., 296–299, 302 f. –– Shenvi-/Sarasvat-Brahmanen: 301; brahmanisch: 82, 98, 281, 292 f., 301 Brief(e): 17 f., 20 f., 52 f., 62–65, 67–72, 78, 82, 92, 146, 165, 190, 193 f., 202 f., 208 f., 212, 214, 219, 224, 229, 248, 287, 331, 333, 335, 339, s. a. Korrespondenz –– Asienbriefe: 68, Briefaufkommen: 333, Briefeingang: 63, brieflich: 17, 64, 73, 132, 332 f., Briefsammlung(en): 20, 79, Briefschreiber: 71, 102, Briefverkehr: 328, Geleitbriefe: 193, Indienbriefe: 68, Jahresbrief(e): 20, 63, 67, 69, 96, 172, 263, 265, 291, 296, Japanbriefe: 68, Jesuitenbriefe: 68 f., 267, Patentbriefe: 66, Schutzbrief: 202, Sendbrief: 21 f.; Empfehlungsschreiben: 201, 205, Gesamtschreiben: 102, litterae annuae: 72, Sendschreiben: 21, Schreiben: 7, 21, 29, 37, 63–67, 71 f., 90, 92, 94 f., 102, 142, 166, 201, 205, 287, 331 f. Buch: 29–31, 69, 81, 86, 208, 262, s. a. Druck, Katechismus –– Bücher: 17, 31, 50, 81, 86, 91 f., 163, 190, 200, 284, 313, 323, Büchlein: 21, Buchform: 68, Buchmarkt: 67–69, 79, Handbuch(-bücher): 46, 84, 316, Logik­ handbücher: 281, Notizbücher: 18, Seehandbücher: 61, Taufbuch: 99, Wörterbuch(-bücher)/Grammatiken: 83 f., 86, 92, 176, 244, 249

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Sachregister    Buddha(s): 41, 74, 178 f., 314, 318, s. a. Buddhismus, Bodhisattva –– Buddha-Natur/Buddhaschaft: 317 –– Buddha Śākyamuni s. Personenregister Buddhismus: 41, 178–180, 183, 188, 245, 270, 273, 276, 285 f., 294, 304, 309, ­314–317, 320 f., 323, s. a. Buddha, Bodhi­ sattva, Sutra –– Nichiren-Buddhismus: 180, 306 f., ­ shingon-Buddhismus: 175, 275, tendaiBuddhismus: 221, 326, zen-Buddhismus: 40 f., 189, 317; Buddhisten: 11, 15, 178, 197, 246, 268 f., 304 f., 307, buddhistisch:18, 28, 49–51, 85, 173, 176, 1­ 78–180, 189, 194–197, 200, 203 f., 208, 210–212, 214, 218, 224, 226, 236, 238, 246 f., 255, 268, 271 f., 275 f., 278–280, 283, 286, 289, 294 f., 304 f., 307–310, 312–316, 320, 323, 325–327, jishū-Buddhisten: 49, jōdō shinshū(-Buddhisten): 49, 61, 179–181, 195, 200, 211, 216, 221, 225, 246, 285 f., 306 f., 310, 313, 320, 326, jōdō-Tempel s. Tempel, mādhyamika: 276, NichirenBuddhisten (hokke-shū): 180, 211, 214, 221, 306, 313, 317, 320, shingon-Buddhisten: 85, 175, 313, 316, 326, tendaiBuddhisten: 194, 304, 314, 326, rinzaizen: 189, 220, 286, 318, sōtō-zen: 275 f., 318, 326, zazen: 275, zen-Buddhisten: 23, 190, 201, 241, 275, 305, 307–309, 313, 317 f., 326, zen-buddhistisch: 18, 242, 283; gozan: 190, hokke-Kloster; 208, zenKloster: 87, 190, 201, zen-Tempel s. Tem­ pel; s. Personenregister: Daizenbō, Dharmakīrti, Dōgen Kigen, Gyokukō, Hōnen, Jñānaśrimita, Nāgārjuna, Nāgasena, Nichiren, Ninshitsu, Shōzaimon, Yamada no, Tokuō Shukan, Unshū, Zenkōbō buke, bushi s. samurai capitão: 82, 266, 334, 336, 339, –– capitão mor: 123, 331 f., Carreira da Índia: 54, 56, 60, 64 f., 80, 93, 100, 115, 118, 128, 132, 141, 328 casados, castiços s. Portugiesen Chinese(n); 70, 96 f., 216, 289, 332, 336, s. a. Ortsregister: China –– chinesisch: 24, 34, 58, 62, 73, 96, 129, 172, 184, 187, 198, 242, 256, 270 f., 279, 282, 289, Chinesisch (Sprache): 64, 80, 91, 176, 289

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–– Christus s. Personenregister Christ(en): 36, 47–49, 52, 71, 86, 98, 106, 113 f., 139, 149, 153, 158, 160, 164, 170, 182, 195 f., 211–213, 215–217, 220, 222, 224, 226 f., 229–231, 233, 235 f., 239 f., 242–247, 249–251, 255, 261, 271, ­296–300, 302, 303,320, 321, 325, 338 f. –– Christenheit: 21, 82, 186, 237, 245, 252, Christenseelen: 152, Christentum: 7, 96, 15, 24, 40 f., 44, 52, 80, 147–149, 153, 160, 163, 174, 182, 195, 210, 212, 227, 229, 234, 240, 242, 244, 270 f., 279, 282, 293, 296, 298 f., 304 f., 320, 323, 327, Christentumsverbot: 181, (214) Christenverfolgungsbehörde(n): 41, 109, christlich: 14 f., 17, 36, 38, 41, 45, 47, 49 f., 82, 85 f., 88, 95, 104, 114, 135 f., 146, 148, 151–154, 157, 159, 163 f., 171, 175 f., 178 f., 182–184, 187, 194–197, 201, 204, 208– 210, 216, 218 f., 225, 231 f., 234 f., 238, 240–242, 245, 250, 255 f., 259 f., 263 f., 267, 273 f., 279, 281, 285, 289, 291–294, 297–299, 301, 310, 312 f., 316, 320, 330, 332, 334, 337 f., 341, 344; fundamentalchristlich: 144, Malabarchristen: 107, Neuchristen: 162, neuchristlich: 128, Nichtchristen s. eigener Eintrag, Thomaschristen: 18, 106, 113 f., 154, 157, 266; Christianisierung: 140, 169, 213 f., 228, 260, (301), 303 christianisiert: (85), 112, 147, 235, Christianisierungsauftrag: 14, Christianisierungspolitik: 157, 160, 164; zwangschristianisiert: 255 colégio s. Kolleg confraria s. misericórdia conquista: 14 – espiritual: 39, 41, 339, Konquistador: 14, 342, – militar: 339, – politica: 339, reconquista:157, 339; miles Christi: 126, ecclesia militans: 127, (339) Constitutiones: 62, 94, 107, 110 f., 113, 128, 138, 140 f., 151, 153, 185, 337 constituiones circa missiones: 94, constitu­ tiones collegiorum: 94, fórmula del insti­ tuto (formula instituti): 94, 250, formula scribendi: 68, industrias: 94, reglas com­ munes: 76 cruzados: 91, 128, 204 –– pardaos: 106, 164, 204,

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daimyō: 70, 112, 177, 180–183, 186, 188, 193, 198, 200, 203 f., 213, 219, 223, 286, 306 –– s. Personenregister: Miyoshi Chōkei; Matsuura Takanobu; Mōri Motonari; Mōri Terumoto; Oda Nobunaga; Ōmura Sumitada; Ōtomo Yoshishige; Ōuchi Yoshinaga; Ōuchi Yoshitaka; Shimazu Tadamasa; Shimazu Tadanaga; Shimazu Takahisa; Takayama Tomoteru; Takayama Ukon dainichi nyorai s. Bodhisattva Debatte(n) s. Disputation(en) Defizienz: 260, 262, 264, 271 –– defizient: 33, 159, 196, 319, Defizienzformen: 289 dharmaśāstra: 144, 237 –– Diener: 25, 191, 196 f., 216 f., 229, 247 f., 324, 338, s. a. Sklaven Diözese(n): 150 –– Diözesanklerus: 96, 150, Diözesan­ seminar: 91 Diskriminierung: 100, 164 Diskurs: 281 –– Anthropologiediskurs: 258, diskursiv: 49, 218, 298, 327 Dispens(e): 44, 94, 139, 142 Disputation(en): 43, 68, 197, 220, 263, 281, 283, 287, 291–296, 299, 304–308, 310, 312–327, 329 f. –– Disputanten: 294 f., 313, Disputantengruppen: 309, Disputationsgegner: 283, 312, 327, Disputationspartner: 282, 313, Disputationsversuche: 321; Debatte(n): 23, 42, 127, 210, 228, 269, 281, 287, 292, 294–296, 305 f., 308, 316, 320, 340, Debattenstrategien: 287, debattieren: 197, 325 f.Kontroversdebatte: 315 Disziplinierung, 164, 238, 252, 302 –– disziplinarisch: 239, Disziplinierungsmaßnahmen, 238, Ordensdisziplin s. Orden, Sozialdisziplinierung: 297 Dogma: 146, 152–154, 285 –– Dogmatik: 88, 91, 279, dogmatisch: 234, 273, 274 –– dōjuku: 88, 98, 109, 117 f., 131, 133, 177, 194, 199 f., 211, 216, 222, 225 f., 228 f., 243–249, 251 f., 319; –– rapado(s): 86, 246, moços de casa: 246, kanbō: 246, 252, komono: 246 Dokument(e):18, 20, 73, 102 f., 164 f., 265, 333

–– dokumentiert: 104, 125, 127, Palmblattdokumente: 83 Dolmetscher: 82, 84, 86–88, 96 f., 99, 117, 130 f., 153, 208, 216, 226, 229, 248, 293, 305, 310, 324 –– Dolmetschertätigkeit(en): 248 f. Dominikaner: 45, 106, 151, 154, 196, 257 –– Dominikanerkolleg: 113 Dorf (Dörfer): 50, 171, 229–231, 235, 250, 298, 303 Bauerndorf: 325, Dorfbewohner: 50, 98, 149, 296, 298, 325, Dorfgemeinschaft(en): 65, 235, 246, 293, 298, dörflich: 229, 298, Dorfschreiber: 164, Dorfschulen s. Schule(n); gaunkares: 298 Druck(werk/e): 18, 67 f., 81–83, 287, 304 Buchdruck, Druckerpresse: 161, Druck­ erzeugnisse: 79, Druckvorbereitung: 20, gedruckt: 16, 67–69, 81, 87, 193, 249, ungedruckt: 73 Dschunke s. Schiff(e) Edition(en): 20, 67, 69 –– Editionsarbeiten: 16, Einzeleditionen: 16, Masseneditionen: 16 Elite(n): 74, 206, 217, 234, 271, 341 –– Elitenbekehrung; 229, intellektuelle –: 329, politische –: 184, 228, 288, religiöse –: 23, 228, 288, Verwaltungselite: 335 Empfehlungsschreiben s. Brief(e) Erkenntnis: 27, 61, 178 f., 203, 241, 259 f., 263, 268, 271, 274, 276, 283, 312, 318, 325 –– Erkenntnisform: 289, Erkenntnisgründe: 268, Erkenntnismittel: 269, Erkenntnismöglichkeiten: 256, Erkenntnisprozess: 276, Erkenntnisse: 33, 258 f., 269, 276, 283, Erkenntnisvermögen: 253 Erleuchtung: 178, 242, 275–278, 283, 308, 318 –– Erleuchtungsmittel: 275 Eroberung(en): 39, 45, 122 f., 142, 156, 183, 284, 293, 298, 301 f., 316, 338 Eroberungsfahrt: 125; Eroberer: 144, 342, Eroberte: 45 Estado da Índia: 8, 18 f., 23, 39, 42 f., 47, 53, 56 f., 65, 70, 81, 85, 100, 104 f., 117, 123 f., 143 f., 146–148, 150, 152, 155 f., 158–160, 163–165, 168, 170 f., 174, 184 f., 188, 204, 232, 234, 242 f., 252, 291–293, 298 f., 301–303, 333–335, 337, 342–344

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Sachregister    Etikette s. Sitten Evangelium: 7, 80, 96, 227, 232 f. –– Evangelisierung s. Konversion(en) exemplarisch: 19, 72, 203, 253, 312, 333, 338 Exempel: 20, 226 exotisch: 191, 193, 265 –– Exotik: 208 Expansion: 12, 15, 45, 49, 56, 124, 305, 332, 344 –– expandieren: 45, 180, 200, Expansionsbestrebungen: 339, Expansionsdruck: 232, Expansionsgebilde: 144, expansiv: 306, 338, 340 Expedition(en): 119–126, 131 f., 198, 206, 284, 323 –– Expeditionsflotte(n) s. Flotte(n), Expeditionsstreitkräfte: 155, Militär­ expedition: s. Militär Pazifikexpedition: 119, Strafexpedition: 121, Expeditionsteilnahmen: 123 Externalisierung s. Internalisierung Familie(n): 98, 128, 131, 163, 188, 198, 209, 212, 219, 229, 234, 249, 298 –– Familienangehörige: 301, Familien­ besitz: 148, Familienmitglieder: 147, Familienoberhaupt: 229, Familien­ verhältnisse: 163, Samuraifamilie s. samurai Feuerwaffen s. Waffen Flagellation s. Geißelung Flotte(n): 119–123, 125 f., 137, 182 –– Expeditionsflotte(n): 108, 119, 123, 155, Flottenkapitän: 124, Flottenstärke: 56, (Ost)Indienflotte(n): 53, 70, 115, 137 f. Franziskaner: 52, 123, 151, 154, 158, 196, 243 –– Franziskanermönche: 158 gaunkares s. Dorf Gebräuche s. Sitten Gehorsam(keit): 40, 107, 110, 266 Gehorsamsbegriff: 112 Gehorsamkeitsgelübde s. Gelübde, Gehorsamkeitsverpflichtung: 110, Gehorsamspflicht: 110 Geißelung: 227, 235–238 –– Geißel(n): 227, 235 f., 238 f., Flagella­ tionsprozessionen: 237 Geistliche(r) s. Klerus Gelübde: 74, 106 f., 111, 167, 204

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–– Armutsgelübde: 140, Gehorsamkeits­ gelübde: 110, Professgelübde:107, 119, Zusatzgelübde: 110 General (SJ): 7 f., 20, 63 f., 66, 68, 71, 94, 111, 138, 139 Generalat: 8, 95, 141, Generalmissionsprivileg s. Mission, Generalprokurator s. Prokurator, Generalvikar s. Klerus, praepositus generalis: 7 f., 95, 136, 331, Ordensgeneral: 7 f., 62–64, 66, 71, 73, 95, 99, 102, 107, 118, 122, 126, 152, 169, 205, 217, 292, 329,; s. Personenregister: Aquaviva, Claudio; Borja, Francisco de; Laínez, Diego; Loyola, Iñigo de; Mercurian, Everard Generalkongregation: 62, 108, 138, 167, 233 Gesandtschaft(en): 55, 64, 183, 187, 198, 201, 204 –– Gesandtschaftsreise: 112, Tributgesandtschaft(en): 183 f., 219, 286 –– Geschenk(e): 193, 202–205, 217 –– Geldgeschenke: 46 Gewalt: 13, 44–48, 148, 150, 156, 163, 180, 186, 241, 302 Durchführungsgewalt: 223, gewaltsam: 144, 146, Gewalttätig(keit): 45, 192, 306, 340, Gewaltverzicht: 338, Kontroll­gewalt: 50, Verfügungsgewalt: 42, Zentralgewalt: 188 Glaube(n): 15, 34, 38 f., 46, 49 f., 52, 69, 73, 80–82, 85, 96, 105, 107, 146 f., 154, 158 f., 162 f., 197, 200, 216, 223, 227 f., 234, 239, 252, 255, 259 f., 288, 290, 292, 295–297, 300, 302, 305,312, 314, 327, 341, 344, s. a. Gläubig(e/r) –– Aberglaube: 37, Glaubensannahmen: 295, Glaubensäußerungen: 154, Glaubensbekenntnis: 93, Glaubensbild: 235, Glaubensdinge: 160, Glaubenseifer: 98, Glaubensgemeinschaft: 196, Glaubensgenossen: 321, Glaubensgrundsätze: 295, Glaubensinhalte: 153, 274, 279, 301, 316, Glaubensirrtümer: 339, Glaubenspraktiken s. Praktiken, Glaubensrichtungen: 15, 179, Glaubenssätze: 230, 313, Glaubenssystem(e): 188, 287, 308, 326 f., Glaubensverbreitung s. Mission, Glaubenswechsel s. Konversion, Glaubenswelt: 194 Gläubig(e/r): 15, 47, 49, 74, 152, 179 f., 210, 232, 236 f., 239, 320, 325 f., 330, 344

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Index

–– Andersgläubig(e): 39, 144, 157, Gläubigenschaft: 329, strenggläubig: 148, Ungläubige: 37, 46 f., 74, 81, 137, 145, 163, 292, 304 f., Ungläubigkeit: 155 Gouverneur(e): 65, 105, 125 f., 138, 142, 155, 158, 164 f., 168, 193, 299, 333, 335 –– Gouverneurspalast: 158 –– Gouverneure des Estado da Índia s. a. viso-rey; s. Personenregister: Albuquerque, Afonso de; Barreto, Francisco; Cunha, Nuno da; Meneses, Duarte de; Moniz Barreto, Antonio; Noronha, António de; Soarez de Albergaria, Lopo; Souza, Martim Afonso de Grammatik(en) s. Buch habitualisiert: 29 f., 97, 127, 135, 140, 170, 343 –– Habitualisierung: 79 Ha Daiusu s. Refutation Handel: 156, 159, 182–185, 187, 219, 336 –– Edelholzhandel: 56, Gewürzhandel: 56, Goldhandel: 56, Handelsgeschäfte: 172, 181, Handelshafen: 213, Handelsknotenpunkt: 171, Handelskontakte: 198, Handelsmission(en): 184, 187, Handelsstadt(städte): 155, 213, 219 Handelsschiffe s. Schiff(e), Handelsroute: 157, 184, Handelswaren: 181, Handels­ verhältnisse: 185, Handelsversprechen: 329, Haupthandelswege: 156, Schleichhandel: 184, Seidenhandel: 44, 128, Sklavenhandel: 336, Zwischenhandels­ station: 155 Händler(schaft): 71, 117 f., 127–129, 131 f., 156 f., 174, 181, 184 f., 219, 329, 336 –– Händlergruppen: 144, Zwischenhändler: 184; Kaufleute: 128, 224 Handlung(en): 9 f., 15 f., 21, 23, 25 f., 28–30, 32, 34, 47, 148, 170, 184, 213, 238, 254, 257, 285, s. a. tat-sächlich –– handlungsanleitend: 72, Handlungsanweisung(en): 72, 92, Handlungsbasis: 72, Handlungsbegriff: 26, 28, Handlungsfelder: 254, Handlungskomplexe: 177, Handlungsmöglichkeiten: 189, Handlungsmuster: 10, 30, 110 –– Handlungsnetz: 170, Handlungs­ normierung: 72, Handlungsoption(en): 10, 13, 56, 149, 201, Handlungsspielraum: 201, Handlungsüberlieferung: 25,

Handlungsweisen: 9, 21; Handeln, Handelnde s. Akteur(e)  Hegemonie: 35, 45, 50, 239, 252, 303 f., 316, 328, 342 –– Hegemon: 45, 226, hegemonial: 44 f., 156, Hegemonialansprüche: 200, Hegemonialstellung: 238 Herrschaft: 42, 49, 154, 157, 184, 331 f. Herrschaftsansprüche: 343, Herrschaftsbereich(e): 149, 183, 223, Herrschaftsgebiet: 182, Herrschaftsraum: 50, Herrschaftsrechte: 186, Herrschaftssicherungsstrategie: 157, Herrschaftsstruktur(en): 171, 220, Herrschaftswissen: 82, Oberherrschaft, Schirmherrschaft: 159, Territorialherrschaft: 143 Herrscher: 40, 125, 146, 155 f., 186, 204, 223; s. a. Gouverneur(e), Kaiser, König, shōgun, viso-rey, Vizekönig(e) –– herrscherlich: 65, Lokalherrscher: 182, Shah: 142, 158, Sultan: 123, 142, 155, Raja: 121, 143; s. Personenregister: Aragón, Juana de; Baab Ullah; Fernando II.; Karl V.; João III.; Philipp II.; Sebastião I.; Toyotomi Hideyoshi; Yūsuf Adil Shāh Heide(n) s. Nichtchristen Hierarchie(n): 25, 150, 156, 159, 209, 239, 249, 252, 291, 300, 329, 340, 342 –– Hierarchieebene: 201, Hierarchisierung: 38, 82, 118, (252), 303, 329, Statushierarchie: 215; hierarchisch: 168 f., 297 Hindu(s): 11, 85, 106, 147–149, 163, 237, 295, 297, 333 –– Hindu-Gesellschaft: 147, Hinduismus: 281,285, 293, hinduistisch: 15, 52, 105, 143 f., 147,155, 157, 164, 237, 268, 284–286, 295 f., 299, 301 f., Hindu-Kinder: 163, Hindu-Mentalität: 288, HinduPilger: 121, Hindu-Täuflinge: 146, Hindutempel s. Tempel, Hindu-Waisen: 104; Bhakti-Gläubige: 15, vaiśesika: 269, Veden: 264, 281 hokke-shū s. Buddhismus, s. a. Personen­ register: Nichiren Hölle: 35–38, 48 f., 240 f., 243, 252, 297, 310 Höllenfeuer: 36, 38, Höllenlehre: 316, Höllenstrafe: 35, 49, 285, 309, Höllenqual: 48, höllisch: 37, 315 Hospital: 99, 129, 158, 170, 232–234 –– Hospitalbetrieb: 232

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Sachregister    ikkō-shū (jōdo shinshū) s. Buddhismus, s. a. Personenregister: Honen Imperium: 39 f., 43–45, 47, 50, 56, 235, 239, 248, 297, 303, 331, 340, 344 –– imperial: 15, 35, 44–46, 66, 75, 152, 169, 180, 225, 238, 303, 336, 339 f., 342, Imperialmächte: 43, Imperialismus: 143, 288, 330, imperialistisch; mentales –: 35, 238, 241, 252, spirituelles –: 35, 51, 82, 253, 303 f., 328, 334, 341, Imperienbildungen: 39, Kolonialimperien: 39, 145 indigen: 11, 17 f., 22 f., 31, 40, 45 f., 52, 65, 80 f., 83 f., 87, 91, 106, 112, 115–119, 123, 127, 129, 136, 144, 148, 152 f., 160, 164 f., 167, 171, 177, 187, 195, 199, 201, 209, 214, 216, 226 f., 239, 243, 247–252, 255, 264, 282, 292, 295, 298–300, 303, 316, 329, 331–333, 338, 341–343 –– innerindigen: 298 Inder: 24, 99, 118, 133, 147, 253, 263, 287, s. a. Ortsregister: Indien, Indik –– indisch: 15, 19 f., 28, 31 f., 53, 55, 57, 64, 95, 108 f., 113, 117, 121, 129, 136 f., 139 f., 142, 154 f., 159 f., 162, 164–166, 171 f., 177, 215, 237, 243, 247, 252, 255, 264, 267 f., 270, 273, 275, 278, 280–285, 288 f., 291, 293–296, 298 f., 320, 343 f., indischstämmig: 153, 166, nordwestindisch: 43, südindisch: 15, 121, 143 f., 149, 157, 293, Südinderinnen: 264, westindisch: 52 Inquisition: 92, 160, 162, 170 –– Großinquisitor: 161, Inquisitions­ tribunal: 160 f. Institution(en): 40, 43, 73, 75, 78 f., 82, 89, 106 f., 111, 113–115, 159, 161 f., 170 f., 181, 189 f., 225, 246, 299, 332 f., 342 Ausbildungsinstitutionen s. Ausbildung, Institutionenaufbau: 92, institutionalisiert: 32, 90, 92, 179, 184, Institutiona­ lisierung: 62, 150, 327, institutionell: 20, 72 f., 80 f., 91, 118, 191, Lehrinstitutio­ nen: 75, Ordensinstitutionen s. Orden, Versorgungsinstitutionen: 198, Vorgängerinstitution: 104 Internalisierung: 49 f. –– internalisiert: 127, 151, externalisiert: 151, Externalisierung: 236 irmão(s): 58, 63, 70, 72, 79, 83, 95, 97, 101– 103, 108 f., 113, 117, 122, 125, 130, 132 f., 137, 152, 165–167, 177, 207, 228, 241, 243, 245, 247, 249–252, 293, 300, 302, 335, 344

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–– Laienbruder: 58, 233, 246, 250, 329 Laien­bruderschaften: 232, 246 Islam: 35 f., 157, s. a. Muslime –– Madrasse: 157, Moschee: 157, 159, ­ Muezzin: 163 Jahresbrief(e) s. Brief(e) Japaner: 14, 24, 40, 80, 89, 91, 98, 119, 133, 173 f., 181 f., 186, 194, 199–201, 215, 225, 229, 233, 244, 249–251, 253, 261, 265, 267, 316, 336, 338, 341, s. a. Ortsregis­ ter: Japan –– gesamtjapanisch: 174, 181, innerjapanisch: 49, Japanbrief(e) s. Brief(e), (Hof) Japanisch (Sprache): 83, 85–90, 175 f., 195, 200, 224, 235, 244, 249, 251, 316, japanisch: 8, 10, 17 f., 24, 31, 40 f., 55, 61, 64, 70, 83 f., 87, 90 f., 99, 109, 112 f., 117 f., 127, 129, 131, 133, 135 f., 143, 163, 173, 175–181, 183 f., 187, 189– 193, 195 f., 201, 206, 208 f., 212–215, 219 f., 222–224, ­233–235, 237, 244– 246, 248–252, 260, 267, 270, 276, 282 f., 286, 291, 306 f., ­312–315, 324, 336, 338, 343, Japan­provinzial s. Provinzial, japanisch­stämmig: 61, 91, 96, 207, 215, Japan­mission s. Mission, nicht-japanischstämmig: 235, 248, 252, westjapanisch: 49 Jesus Christus s. Personenregister jihiyakusha s. misericórdia jñāna s. Verstand jōdō shinshū s. Buddhismus Jude(n): 35 f., 160, 312 f., 323 –– jüdisch: 164, 312, 320 Jugendlich(e/r): 55, 81, 95–98, 101 f., 107, 112, 114, 159, 216, 293, 342 –– Jugend: 94, 109, 129, 286, s. a. Kinder; Jugendlichkeit: 111 Jurisdiktion: 149, 158, 161 Kaiser: 40, 124, 185–187, 189, 191, 193 s. a. Herrscher, tennō –– Kaiserhaus: 192, 223, Kaiserhof: 192, 220, 223, kaiserlich: 186 f., 189 f., 192, 212, 215, 218, 220, 223, 225, Kaiserreich, Kaiserstadt: 177, 206, 214, 227; s. Per­ sonenregister: Go-Nara tennō, Ōgimachi tennō, Karl V. kami: 179 f., 192, 240, 321 kanakkappilei: 117

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Index

kanbō s. dōjuku Kaplan: 119, 122 f., 126, 131 –– Militärkaplan: 123 Karnātaka s. Vijayanagar Katechismus: 48, 81–83, 89, 92, 187, 190, 224, 230, 244, 249, 317 –– Manuskriptkatechismus: 81, Katechumenen: 86, 105, Katechumenenschule: 150, Katechese: 84, 229 f., 235, 240, 296 f., 332, Katechet(en): 98, 109, 153, 191, ­244–246, 251, katechetisch: 82, 154, 230, 297, katechisieren: 152, 230, 281, 297, 326, Katechisierung(spraxis): 152, 330, Katechismusschule: 333, Laienkatecheten: 117, Reimkatechismus: 152, Tamilkatechismus: 83, 280 katholisch: 7, 21, 49, 51, 82, 90 f., 151, 153 f., 175 f., 195 f., 229, 244, 260, 282, 297, 304, 313, 323, 327, 340 –– Katholizismus: 162, 285, 288 Kaste(n): 52, 147 f., 284, 292, 296, 301 –– Kastenzugehörigkeit: 147 f., 333 Kausalität: 275 –– kausal: 272, 276, Kausalitätsfokussierung: 28; kausallogisch s. Logik, Kausalprinzip: 274, monokausal: 148 Häretiker: 323 –– häretisch: 155, Ketzerprozesse: 162, Verketzerung: 197 Kind(er): 82, 95–100, 102, 104, 107, 109, 112, 130, 132, 167, 191, 208, 216, 219, 229, 231, 236, 244, 284, 293, 296 f., 301, 309, 311, 332–334, 337 f., s. a. Jugend –– Hindu-Kinder: 163, Kinderheim: 99, 104, Kinderlosigkeit: 309, Kinderwunsch: 309 f., Kindespflicht: 40, Kindheit: 304, Konvertitenkinder: 98, Waisenkinder: 97, 99 f., 117, 129, 132, 299; Halbwaisen: 96, 105, Hindu-Waisen: 104, Waise(n): 96 f., 99, 104 f., 109, 299, Waisenhaus: 96, 104 Kirche(n): 10, 12, 18, 43, 49–51, 77, 82, 93, 98, 117, 126, 146, 151 f., 154, 157 f., 170, 172, 176, 182, 188, 193, 196 f., 211–213, 219 f., 225 f., 235 f., 240, 243, 245, 249, 251, 265, 292, 299, 321 –– Hauptkirche: 172, Kirchenbau: 222, Kirchenmusik: 135 f., Kirchenrecht(lich): 145 f., Kirchenreform: 150, kirchlich: 146, 149–151, 159, 162 f., 226, 233, 242 f., 266, innerkirchlich: 150, nicht-kirchlich:

117, Papstkirche: 150, 341, Patronatskirche: 151 f., Satanskirche: 196 Klerus: 85, 158, 203, 210, 212, 214, 218, 220, s. a. Priester –– Diözesanklerus s. Diözese, klerikal: 122, 221,334, Kleriker: 49, 51, 59, 116, 125, 153, 158 f., 180, 327, Säkularkleriker: 300, Weltklerus: 150 f., 154, 341; bateren: 173 f., 192, 195, 209, 221, Feldgeist­liche: 146, Geistliche(r): 15, 120, 122, 124, 151 f., 196, 246, 264, Generalvikar: 151, 160, Weltgeistliche(r): 139, 150, 159 Klima: 108, 213 –– klimatisch: 14, 59, 100, 341, Klima­ tologie: 267 Kloster: 51, 132, 146, 158, 176, 180, 196, 247 –– Hauptklöster: 200, hokke-Kloster s. Buddhismus, Klosteranlage(n): 194, 201, 221, Klosterzentrum: 181, Tochterkloster: 88, zen-Kloster s. Buddhismus; Abt: 87 f., 202, Äbte: 198, 200, Abteien: 146, 176 Koadjutor(en) –– spirituelle/r –: 130, 141, temporale/r –: 107, 138, 250 König: 52 f., 75, 105, 115, 124, 144 f., 160 f., 188, 202, 229, 294, 331, 344 s. a. Herrscher –– Kleinkönige: 125, königlich: 65, 75, 118, 146, 160 f., 169 f., 188, 335, Königspaar: 63, Königreich(e): 21, 81, 123, 126, 143, 155, Vizekönig(e): 65, 70, 124–126, 131 f., 155, 335, s. a. Gouverneur(e), viso-rey; s. Personenregister: Fernando II., João III., Menandros I. Soter, Philipp II., Sebastião I. Körper: 136, 236, 262 f., 309, 311, 329 –– körperlich: 46 f., 114, 237 f., 261–266, 300 f., 310 f., Verkörperung: 61, 82, (175, 321); physisch: 45 f., 51, 54, 114, 148, 222 f., 236 f., 248, 261, 285, 340 Kolleg(ien): 18, 52 f., 62, 65, 67, 70, 75–78, 81 f., 88–94, 96–98, 100, 106, 109, 111, 113, 117, 119, 132, 140 f., 151, 159, 161, 165–167, 170 f., 232, 286, 334 f. –– Jesuitenkolleg: 88, 109; Rektor(en): 52, 62 f., 66, 77 f., 106, 119, 130, 159, 165 –– Colégio s. Ortsregister: – de Espirito Santo, – de Jesus, – Madre de Deus, – do São Antão, – do São Nombre, – do São Paulo, – do São Roque

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Sachregister    kolonial: 14 f., 40, 42 f., 45, 50, 56, 82, 103, 105 f., 144–146, 148–150, 152, 154, 157– 160, 164–169, 171 f., 232, 248, 252, 264, 292, 303, 331–333, 335, 337, 340–343 –– Kolonialbehörden: 159, Kolonialgebiet(en): 145, 151, 163, 188, Kolonialhauptstadt: 13, Kolonialherrenmentalität: 127, Kolonialimperium: 39, 145, Kolonialismus: 13, 16, Kolonialmacht: 40, 123, 243, 329, 339 f., Kolonialministerium: 16, Kolonialpolitik: 143, Kolonialregierung: 302, Kolonialreich(e): 11, 39, 56, 65, 105, 155, 161, 334, 343, Kolonialstrategie: 14, Kolonialterritorien: 159, präkolonial: 65, vorkolonial: 301, Kolonial­verwaltung: 70, Kolonie: 19, 118; Kolonisation: 12, Kolonisationspraktiken: 333, Kolonisator(en): 15, 264, Kolonisten: 118 Kommunikation: 9, 61 f., 64 f., 71–73, 125, 138, 144, 328, 331, 333 –– Kommunikationsfehler: 175, Kommunika­tionskanäle: 184, Kommunikationsnetzwerk: 70, Kommuni­ kationspraktiken s. Praktiken, Kommunikationsprozess: 142, Kommunikationsrahmen: 64, Kommunikationssituation: 63, 71, 136, Kommunikationssystem: 71, Kommu­ nikationsvolumen:63, 328, Kommunikationswege: 70, 72, 120, 161 komono s. dōjuku Konfraternität s. misericórdia Konfuzianismus: 179, 190, 256, 270, 316 f. –– Konfuzianer: 183, 212, 271, konfuzianisch: 190, 255 f., 270, 274, 271, 282, 288, 312, Neokonfuzianismus: 272, 283,286, s. a. Personenregister: Zhū Xhī Konkani: 81, 299 –– -Grammatik: 84, -Katechismus: 82, konkanisprachig: 300 Konkurrenz: 15, 177, 181, 202 –– Bestandskonkurrenz: 180, Konkurrenzdruck: 180, Konkurrent(en): 182, konkurrierend: 114, 179, 181, 200, 275, 334, 343 f., Praktikenkonkurrenz: 224 Konquistador s. conquista Konstitutionen s. constitutiones Konversion(en): 14, 23, 38, 45, 47, 75, 105 f., 115, 147 f., 150–153, 162 f., 174, 183– 185, 209–211, 216, 219, 226–230, 232–

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234, 241, 246, 260, 264, 287, 291–293, 296, 298 f., 301–305, 313, 316 f., 319 f., ­324–327, 329, 344 s. a. Reversion –– Folgekonversionen: 234, Massenkon­ version(en): 154, Konversionsanreiz: 164, Konversionsargumentation: 282, 324, Konversionsbemühungen: 218, 291 Konversionserlaubnis(se): 193, Konversionsfreiheit: 188, Konversionspraktik(en): 152, 297 Konversionsschema(ta): 219, 229, 232, 234, 296, 325, Konversionsstrategie: 241, 254, Zwangskonversion(en): 147, 163, 306; Bekehrung(en): 7, 12, 45, 49, 52,70, 96, 146, 148–150, 154, 157, 187, 200, 214, 222, 228–230, 232, 244, 254, 292, 301 f., 304, 315, 325– 327, 332, 339, Bekehrungsarbeit: 314, Bekehrungserfolge: 325, Bekehrungspraktiken: 47, Bekehrungsschema: 324, Bekehrungsverfahren: 47, Bekehrungswerk: 211, Bekehrungswille: 231, Eliten­bekehrung: 229, Evangelisierung, Glaubenswechsel: 296, 302, Zwangsbekehrungen: 163 Konvertenden: 9, 11, 16, 37, 47, 51, 84, 147, 154, 170, 218, 224, 241, 297, 299, 340 Konvertiten: 14, 17 f., 24 f., 31, 33, 38, 40 f., 45–47, 50 f., 82, 86, 97, 99, 105, 117, 119, 121, 134–136, 147–154, 160, 170, 177, 191, 194–196, 198, 201, 210, 214 f., 222 f., 226–228, 230–232, 234–240, 242, 244 f., 249, 251 f., 255, 261, 264 f., 287 f., 292 f., 296–304, 315 f., 321, 324, 326 f., 329, 338, 340 f. –– Konvertitenschaft: 82, 303, 327 f., Konvertitenkinder s. Kinder, Konvertitenzahl(en): 232, 298, 325, Mitkonvertit(en): 131 f., 241, Neophyten: 13, 17, 152, (Neu) Bekehrte(r): 82, 114, 191, 195, 224, 235, Nicht-Konvertiten: 251, monto: 49, 195, zwangskonvertiert: 147 Konzil: 104, 163 –– Konzilsbeschlüsse: 150, 163, Provinzialkonzil(e): 47, 118, 148, 162, 168, 297, 337, Tridentinum: 126, 144, 150, tridentinisch: 162, 340 Kollektiv: 13, 19, 21, 30–32, 43, 78, 93, 238, 260, 283, 308 –– Akteurskollektiv(e) s. Akteure Korrespondenz(en): 18, 62, 68, 71, 78, 92, 218, s. a. Brief(e) 

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Index

–– Jesuitenkorrespondenz: 69, Korrespondenzpraktiken s. Praktiken Krankheit(en): 54, 59, 116 –– Krankenfürsorge: 232, 246, Krankenpflege(r): 59, 138, Krankenseelsorge: 138, Kranke/r: 204, 232–234, (239), Krankheitsfälle: 54, Krankheitssituationen: 56, Krankenversorgung: 232 Krieg(e): 44, 46, 182, 223 f., 226, 334, 336 f., 339 f. –– kriegerisch: 177, 224, Kriegeraristokratie: 210, Kriegerschicht: 180, 324, Kriegerstand: 215, Kriegsgüter: 155, Kriegswaffen, Ōnin-Krieg: 192, 210 Kultur(en): 12, 22, 27, 30 f., 33, 263, 286, 289 –– Kultureinfluss: 256, Kulturhintergrund: 131, Kulturkreis: 38, Kulturräume: 30 f., Kulturrelativismus: 263, kulturrelativistisch, Kulturtransfer: 14, kulturübergreifend: 289, 343, Kulturvergleich: 68, Rezipientenkultur: 54; Enkulturation: 254, 290, interkulturell: 9 f., 12, 216, 245, 253, 270, kulturelle Hybridität: 31, 93, multikulturell: 159 kurofune s. nao Latein(isch): 20, 61, 63, 67, 69, 78, 83, 90, 99, 159, 164, 267 –– Lateinkenntnisse: 251, Lateinschule s. Schule Lebenslauf: 251 –– Lebensfragment: 100, Lebensläufe: 79, 130 Lebenswelt: 120, 127 Legitimation: 192, 220 –– Legitimationsbasis: 223 Lehrverpflichtung s. Ausbildung Leitung: 66, 76, 170, 189 –– Leiter: 208, Ordensleitung s. Orden litterae annuae s. Brief(e)  Logik(en): 32, 88, 253–258, 272–280, 282, 288–291, 313, 319 –– Logikbegriff: 32, Logiker: 32, 275, 281, Logikerfahrungen: 291, Logikfakultät: 284, Logikform(en): 268, 277, 288, 290, Logikkonzeption: 23, 275, Logikpraktiken: 282, Logikschulen: 284, Logiktradition: 283, Logikverständnis: 273, 288; formallogisch: 277, logisch: 28, 32, 253, 256, 260, 270, 273–281, 287–290, 312, 314, 317, 321 f., 329, kausallogisch: 272,

282 f., ortlogisch: 32; navya-nyāya: 268 f., 278, 280, 285 Märtyrer: 120 –– Märtyrergesinnung: 93, Märtyrerkrone: 116, Märtyrertod(e): 214; Martyrium: 93, 109, 112, 121, 205, Martyriumsbereitschaft: 214 Macht: 42 f., 47, 50, 123, 143, 160, 170, 180, 186, 195, 198, 202, 215, 220–223, 225, 233, 237, 301, 303, 321, 326, 329 f. –– Besatzungsmacht: 148, definitionsmächtig: 13, Entscheidungsmacht: 221, Machtausübung: 335, Machtbefugnisse: 186, Machtbegriff: 44, Machtbereich: 19, 43, 144, 147, 150, 157 f., 198, 209, 232, 242, 246, 252, 337, 342, Machtfaktoren: 145, 221, Machtkampf: 180, Machtkontexte: 186, Machtlosigkeit: 59, Machtmittel: 44, 47, 212, Machtmöglichkeiten: 42, Machtressourcen: 198, Machtsteige­ rung: 181, Machtstellung: 40, 159, 193, 213, 221, 297, Machtstrukturen: 44, Machtvakuum: 223, Machtverhältnisse: 14, 42, 143, 177, 203, 223, Machtverschiebungen: 343, Machtzentrum: 192, Mächte: 39, 41, 143; power: 45, 49. mādhyamika s. Buddhismus Madrasse s. Islam mahāvairocana s. Bodhisattva Manuskript(e): 73, 78 f., 81, 84, 86 Marathi: 85 Meer(e):19, 26, 59 f., 79, 156, 330 –– Meeresteufel: 62; s. Ortsregister: Gelbes –, Südchinesisches – mestiço(s) s. Portugiesen Metropole: 19, 65, 75, 105, 166–168, 171, 225, 342 mikoshi nyūdō: 173 Militär: 120, 181 s. a. Soldat(en) –– Militäraktionen: 120, Militärexpedition(en): 125, militärisch; 52, 120, 122– 127, 132, 143, 146, 184, 221, 198, 220, 223, 226, 334, 339 f., Militärkaplan s. Ka­ plan, Militärkommandant: 43, Militärmachthaber: 220, Militärregierung: 189, Entsatzruppen: 122, Truppen: 49, 121, 126, 148, 334, Truppenkapazitäten: 155, Truppenseelsorge: 119, Truppenteile: 122 Ming: 53, 62, 184 misericórdia: 158 f., 170, 204, 232

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Sachregister    –– confraria: 246, 333, jihiyakusha: 246, 252, Konfraternität: 158, Sodalität: 151 Mission(en): 11, 13, 17,18, 20, 22, 25 f., 34 f., 50, 52–54, 62, 67, 73 f., 76–79, 91, 93, 97, 116, 118 f., 123, 137, 139, 141 f., 145 f., 152, 161, 174, 182, 187 f., 193, 197, 199–201, 204, 214, 240, 243, 254, 260–262, 264, 268, 283 f., 287, 291, 339, 341 s. a. Missions­arbeit, Missionsgebiet(e), Mis­ sionar(e) –– Generalmissionsprivileg: 123, Hauptstadtmission: 208, 222, 225, 227, 315, Heidenmission: 8, 113, 342, Jesuitenmission: 17, Missionsalmosen: 91, Missionsbegriff: 339, Missionserlaubnis(se): 125, 185, 188, 200, 206, 325, Missionskontext(e): 127, 130, 154, Mis­ sionskonzeption: 10, Missionsmethodologie: 7, 81, 113, Missionsmodell: 136, Missionsmuster: 191, Missionsphase: 247 –– Missionsprojekte: 261, 266 –– Missionspolitik: 168 –– Missionsrichtlinien: 121, 136 –– Missionstheorie: 80, Missionstheologie: 81 –– Missionsverständnis: 12, Missionsvorschriften: 146 –– Missionsziel: 54, 174; Glaubensverbreitung: 10, 205 –– Missionsarbeit: 12, 75, 83 f., 90, 93, 109, 130, 228, 253, 255, 316, s. a. Mission(en), Missiongebiet(e), Missionare –– Handelsmission(en): 184, 187, Missionsaufgaben: 292, Missionsbemühungen: 53, 145, 232, 267, 335, Missionserfolg(e): 75, 87, Missionsfinanzierung: 185, Missionsgeschäft: 106, Missionskonsulte: 89, Missionsmethode(n): 12 f., 46, 70, 228, Missionsoberer: 70, Missionsorden s. Orden, Missionspraktiken: 33, 341, Missionspraxis: 14, 328, Missionsprozesse: 288 –– Missionsstil: 200, Missionsstrategie: 274, 338, Missionsumstände: 206, Missionswirklichkeit: 20 –– Missionsgebiet(e): 23, 56, 62, 75, 81 f., 84, 87 f., 93, 101, 117 f., 133, 139, 228, 232, 246, 250, 256, 265, 300, 303, 328 f., 334, 341 f., 344, s. a. Mission(en), Missions­ arbeit, Missionar(e)

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–– (Ost)Asienmission(en): 8, 12, 22, 38, 53, 62, 68, 71, 76 f., 81, 87, 109, 111–113, 118, 137, 145, 288, 329 –– Chinamission: 13, 69, 73 f., 119, 289, 322, Indienmission: 81, 121, 154, 167, 169 f., 172, 247, Japanmission: 11, 17, 25, 41, 99, 119 f., 122, 127–129, 131–134, 136, 171 f., 174, 177, 193, 204, 206, 222, 228, 244, 250, 291, 316, Maduraimission: 13, Malakkamission: 77, Missionsbereich: 215, Missionsfeld(er): 18, 61, 73, 79, 92, 115, 136–138, 140, 150, 154, 160, 255, Missionsposten: 123, Missionsreise(n): 98, 106, Missionsstationen: 102, 116, Molukkenmission: 123, 129, Moromission: 334 Missionar(e): 7, 10 f., 13 f., 16, 22, 24, 35, 52– 54, 56, 60, 62, 74 f., 77 f., 80 f., 86, 88 f., 93, 99, 101, 108 f., 112 f., 115 f., 123, 129, 133, 135, 149, 152–154, 157, 159, 169, 174, 176, 178 f., 181, 187 f., 191, 193, 202, 205 f., 212, 214 f., 218, 220 f., 223–225, 229, 246, 248 f., 266, 270, 289, 293, 308, 323–325, 334, 339, 341, s. a. Mission(en), Missions­ arbeit, Missionsgebiet(e)  –– (Ost)Asienmissionare: 61, 225, 259, Indienmissionare: 53, missionarisch: 7, 10, 13, 15, 42, 48, 50, 56, 59, 68, 77, 79 f., 88 f., 94, 111, 129, 151, 154, 201, 223, 239, 251, 295, 304, 306; Missionskandidaten: 76 Mitglieder s. Ordensmitglieder Moschee s. Islam Monsun: 57 –– Südwestmonsun: 55 monto s. Konvertiten Moral(ität): 22, 190, 196, 260, 264, 312 f., 316 –– moralisch: 45, 50, 196, 223, 256, 260, 266, 270 f., 311, Moralformen: 311, Moralitätsquelle: 285, Moraltheologie: 91, Sündenmoral: 285 mulatto(s) s. Portugiesen Muslim(e): 11, 126, 143, 160, s. a. Islam –– muslimisch: 35, 143, 145, 154, 164, 178, 275, 335 Muezzin s. Islam Myōtei Mondō: 61, 196, 320, s. a. Personen­ register: Fukan, Fabian SJ Nao: 54, 56 f., 59–61, 124, 128, 158, 181 f., 198, 328, s. a. Schiff(e) –– kurofune: 61

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Index

Natur [fig.]: 27, 31 f., 43, 103, 175, 206, 242, 244, 255–257, 260, 271, 274, 277, 290, 292, 309, 320, 322 –– Natur des Menschen: 188, 240, 261, 263, 270, naturgegeben: 271, 312, Natur­ gesetze: 264, Naturgewalten: 59, Naturkunde: 78, naturnotwendig: 271 naturais s. Portugiesen navya-nyāya s. Logik(en) Neophyten s. Konvertiten Netzwerk(e): 44, 87, 107, 156, 179 –– Kommunikationsnetzwerk s. Kommuni­ kation, Netzwerkbildung: 56 Nichtchristen: 90, 105, 160, 163 f., 170, 302, 337, 339 –– nichtchristlich: 58, 71, 139, 159 f., ­163–165, 264, 292, 297, 337; Heiden: 38, 47, 140, 145, 154, 157 f., 197, 200, 230, 234 f., 240, 244, 267, 296, 302, 323, 338, Heidenmission s. Mission(en), Heidentum: 149, 264, heidnisch: 7, 38, 86, 163, 200, 231, 238, 245, 301 Norm(en): 30, 32, 34 f., 94, 138, 163 f., 242, 260, 286, 329, 340 –– Einzelnorm(en): 140, normativ: 33– 35, 73, 90, 113, 141, 159, 235, 238, 342 f., Normbestand: 76, Normierung: 68, 93– 95, 110, 283, Normenexport: 14, Normenkomplex: 105, normsetzend: 140, 165, 303, Normensystem: 271, Normvorstellung: 105 Novize(n): 108–111, 113, 117 f., 122, 132, 166 f., 250, 259, 265, 286, 299 –– Novizenhaus: 167, Novizenmeister: 119, Novizenseminar: 250, Noviziat: 74, 78, 88, 94, 109, 124, 167, 243, 250 f. Orden: 7 f., 10–12, 15, 21 f., 40, 44, 51–53, 62 f., 67, 70, 73 f., 77 f., 89–96, 99 f., 105, 107–112, 116 f., 124–132, 134–136, 140, 150–152, 154, 162, 193, 198, 225, 232, 238, 241, 243, 247, 250 f., 259, 325, 328 f., 335 f., 340, 342 f. –– Missionsorden: 123, Jesuitenorden: 7,129, Ordensangehörige: 109, 111, 141, 158, 167, 203, 226, 328, Ordensbrüder: 13, 288, Ordensdisziplin: 54, 110, ordenseigen: 151, 172, 323, Ordenseintritt: 128, ordensextern. 109, Ordensgeistliche: 129, Ordensgeneral s. General (SJ), Ordensgründer: 238, 283, 287, Or-

densinstitutionen: 21, ordensintern: 8, 20, 111, 118, 130, 170, Ordensklerus: 151, Ordensleitung: 7, 62, 71, 142, 169, 218, Ordensmitglieder: 59, 72, 90 f., 111, 118, 125, 127, 131, 138, Ordensprovinz(en): 7, 19, 47, 55, 62 f., 66, 71, 73, 77 f., 80, 88, 94, 106, 116, 118, 129, 142, 161, 165 f., 169, 171, 215, 237, 343, Ordensregeln: 61, 141, 238, 329, Ordenssituation, 92, ordensspezifisch: 61, 76, 79, 136, Ordensspitze: 337, Ordensstruktur: 115, Ordenszentrale: 63, 115, 120, 135, 233, 328, 342, Ordenszugehörigkeit: 136 f., 258 –– s. a. Dominikaner, Franziskaner, Augus­ tiner Ordination: 76, 99, 102, 119, 131, 153, 259 –– Ordinationsjahr: 121, ordiniert: 91, 100, 119 f., 122, 124, 129 f., 132 Osmanisches Reich: 143, 156 –– osmanisch: 108, 125 –– padroado (real) [port.]: 115, 145 f., 204, 335 –– patronazgo (real) [span.]: 145, Patron: 142, 198, Patronat(e): 146, 329, Patronatskirche: 151, Patronatsprivilegien: 150 pai dos cristãos: 105 –– Papst: 40, 55, 70, 75, 126, 142, 149, 186 f., 189, 265, 282 –– Papstkirche: 150, 341, päpstlich: 39, 44, 52 f., 139, 146, 187, 339, Papsttum: 40 –– s. a. Personenregister: Alexander VI., Gregor XIII., Julius II., Julius III., Leo X., Nikolaus V., Paul III., Paul IV., Pius V. Paradigma: 93, 149, 256, 271, 277, 279, 310– 312, 338 Paravas: 52, 81 f., 152, 248 pardaos s. cruzados Personal: 58, 95, 115, 117, 130 f., 164, 166, 168, 171, 209, 233, 298, 303, 342 –– Personalauflistung: 168, Personalausstattung: 154, Personalbasis: 169, 216, Personaleinsatz: 172, Personalgewinnung: 131, Personalknappheit: 56, Personalkonfiguration: 247, Personal­ häufung: 169, Personalmanagement: 134, Personalmangel: 161, Personalmenge: 116, 171, Personalnotstand: 334, Personalprobleme: 153, Personalreser-

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Sachregister    voir: 343, Personalressourcen: 47, 154, 200, Personalsituation: 77, Personalstruktur: 118 Pfarrstelle(n): 119, 151, 159 –– Pfarrbezirk(e): 150, Pfarrei(en): 150 –– Pfarrkinder: 303, Pfarrtätigkeiten: 150 Phase(n): 11 f., 17, 42–44, 76, 89, 127,136, 174, 218, 247, 310, 335 f., 342 f. –– Anfangsphase: 231, Frühphase: 10, 12, 228, 254, Hochphase: 168, Initialphase: 120, 188, ökonomische Phase: 44, phasenverschoben: 39, 50, 105, 180, 225, 342, politische Phase: 44, 145, 340, Präsenzphase: 206, spirituelle Phase: 44, 47, 49 f., 152, 169, 180, 297, 303, 328, 340 Transformationsphase: 8 Philosophie: 74, 88, 90 f., 108, 254, 258 f., 268, 274, 276, 280, 283, 285, 294 f., 309, 329, s. a. Aristoteles, Konfuzianismus –– philosophisch: 16, 32, 253, 257, 267 f., 271, 282, 285–288, 294–296, 341 Philo­ soph(en): 32, 190, 253, 256, 258, 268, 270, 274 f., 282, 295, 326, Verstandes­ philosophie s. Verstand; s. Personenregis­ ter: Aquin, Thomas v.; Bhatta, Jayanta; Bhatta, Kumarila; Cajetan, Thomas; Dharmakīrti; Gangeśa Upādhyāya; Henriquez, Enrique; Hume, David; Ibn Khaldun; Jñānaśrimita; Kant, Immanuel; Keian Genju; Llull, Ramon; Manu; Molina, Luís de; Nāgārjuna; Nāgasena; Pereira, Benito; Sārvabhauma, Vāsudeva; Śiromani, Ragunātha; Soto, Domingo de; Suárez, Francisco; Toledo Herrara, Francisco de; Vives, Juan Luis Politik: 34, 43 f., 75, 85, 143 f., 157, 160, 183, 264 –– bevölkerungspolitisch: 144, Christianisierungspolitik; 157, 160, 164, hof­ politisch: 155, innenpolitisch: 212, Kolonialpolitik: 143, Missionspolitik: 168, politisch: 8, 39, 42 f., 45, 52, 82, 92, 142 f., 145, 163, 168, 177, 179–184, 186–189, 197–199, 203, 207, 209, 213 f., 217–225, 228, 287 f., 301 f., 306, 329, 334, 340–344, realpolitisch: 187 Portugiesen: 61 f., 91, 95, 100, 125, 132, 143 f., 154, 163, 170, 174, 181, 183–185, 198, 228, 252, 293, 299, 336, 338, 342 –– portugiesisch: 11, 15 f., 19, 40, 43 f., 52, 54, 56, 58, 61, 63–65, 75, 89, 104, 109,

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115, 117 f., 120–129, 138, 142–145, 147 f., 151, 154–159, 161 f., 164 f., 168, 170 f., 181 f., 184 f., 198, 204, 208, 213, 232, 246, 252, 264, 266, 284, 298, 302 f., 328, 332– 339, 342–344, Portugiesisch (Sprache): 18, 24, 67, 69 f., 81 f., 84 f., 98, 112, 164, 175 f., 249, 265, nicht-portugiesisch: 12, 147; casados: 252, 264, 344, castiços: 252, mestiços: 130, 133, 252, 341, mulattos: 130, 252, naturais: 252, reinoes: 252; s. a. Ortsregister: Portugal Postulat(e): 14, 28, 254, 310 –– Basispostulat(e); 39, 254, 271, 285, 320, postuliert: 13, 278, 285 Power s. Macht Praktik(en): 8, 11–13, 15, 17, 19, 21–23, 25 f., 29–36, 45–47, 49, 51, 61, 72 f., 79 f., 82–84, 86, 91, 95 f., 100 f., 105–107, 110, 113–115, 119, 127, 136, 138, 144–147, 149, 151–154, 159, 163, 165, 170, 172, 174, 176, 180, 183, 188, 200 f., 203, 211, 213, 218, 225–227, 229, 232–234, 236–241, 245, 247, 250, 252, 254, 264, 276, 280 f., 283, 285 f., 288, 293, 296, 299–302, 304–307, 313, 315–317, 320, 327–329, 333, 336 f., 340–343, s. a. tat-sächlich –– Alltagspraktiken: 268, Arbeitspraktiken: 32, Basispraktiken: 30, Bekehrungspraktiken: 47, Bildungsvermittlungspraktiken: 284, Darstellungspraktik: 266, Denk(ens)praktiken: 93, 285, Distinktionspraktiken: 164, Einsatzpraktik: 251, Glaubenspraktiken: 153, 163, 239, 285, 287, 297, Interpretationspraktik(en): 31, 297, Kommunikationspraktiken: 218, 322, 332 f., Konstitutionspraktiken: 73, Konversionspraktik(en): 151, 297, Korrespondenzpraktiken: 333, Logikpraktiken: 282, Metapraktik(en): 29, Missionspraktiken: 33, 341, Organisationspraktiken: 343, Praktikenbegriff: 16, 26, 29, Praktikenbereich: 94, Praktikenbeschreibung: 148, Praktikengeflecht(e): 9, 17, 31, 50, 61, 73, 76, 79, 92–94, 113, 140, 150, 153 f., 158, 176, 181, 195, 197, 200, 210, 225, 232, 238 f., 241, 253, 288, 299, 302, 314, 317, 319 f., 322 f., 326, 335, 340, 342, Praktikengrundlage: 316, Praktikenkollision: 280, 322, Praktikenkomplex(e): 13, 39, 50 f., 84, 87, 92, 115, 118, 123, 170, 177, 181, 183, 201, 216,

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222, 224 f., 268, 301, Praktikenkonfiguration(en): 15, 35, 51, 142, 174, Praktikenkonkurrenz: 224, Praktikenkontexte: 165, Praktikenkontrolle: 120, 240, Praktikenkonstellationen: 242, Praktikenkonvergenzen: 146, Praktikenkonzeption(en): 254, Praktikenlimitationen: 110, Praktikenoberfläche: 281, Praktikenrealisierungen: 114, Praktikensätze: 30 f., 35, 135, 196, 227, 248, 322, Praktikensets: 302, Praktikensozialisation(en): 338, Praktikenspektrum: 92, 120, 177, 340, Praktikenstruktur(en): 35, 42, 49, 92, 169, 196, 281, 301, Praktikensynthese: 242, Praktikensystem(e): 149, 180, 221, 238, 323, 341, Praktikentransfer(s): 14, 33 f., 227, 302, Rechtspraktiken: 103, 147, Schreibpraktiken: 68, Sozialdifferenzierungspraktiken: 252, Sprachprak‑ tiken: 82, Subpraktik(en): 29, Umsetzungspraktiken: 287, Weltdeutungsprak­ tik(en): 176, Wissenspraktiken: 82, 92 praxeologisch: 16, 236, 273, 306 –– Alltagspraxis: 245, 251, Argumentationspraxis: 280, Aufzeichnungspraxis: 97, Einsatzpraxis: 102, Katechisierungspraxis: 152, Missionspraxis: 14, 328, Praxen: 29, 127, Praxeologie: 22, Praxis: 26, 28, 36, 97, 108, 136, 150, 159, 204, 218, Praxisbegriff: 28, Praxiswissen: 137 Predigt(en): 74, 85, 87 f., 124, 130, 153, 207, 209, 216, 224, 226, 228, 230 f., 233, 240 f., 243, 250, 301, 321, 327, 339 –– Hassprediger: 35 f., 38, predigen: 7, 36, 81, 84, 178, 198, 205 f., 226, 245, 292, 312, 315, Prediger: 35, 46, 82, 93, 98, 109, 124, 153, 216, 226, 250 f., 312, 316, 318, Predigtdienst: 250, Predigterlaubnis: 188, 193, 203, 220, Predigtfunktionen: 245, Predigttätigkeit: 98 Priester s. a. Kleriker –– Priesterschaft, Priesterstatus; Religionsvertreter: 106, 113, 163 Privileg(ien): 44, 58, 142, 144 f., 147, 150, 191, 298 –– Patronatsprivilegien: s. padroado, General­missionsprivileg s. Mission Profess: 94, 99, 107, 109 f., 119, 122, 124 f., 129, 138, 169 –– Professgelübde: 107, 119 Professhaus: 119, Professjesuit(en): 74, 106, 140 f.

Prokurator: 124, 251 –– Generalprokurator: 122 Protektion: 183, 185 f., 189, 199, 207, 209, 215, 222 –– Protektor: 210 Provinz(en): 39, 62, 64, 66, 71, 78, 89, 92, 107, 115, 126, 142, 151, 180 f., 188, 193, 195, 198, 225, 231, 304, 319, 328 –– Festlandsprovinzen: 158, 164 f., Indienprovinz: 72, 95 f., 103,108, 120, 129, 162, 166, 168 f., 172, 237, 250, 301, 344 Japanprovinz: 73, Ordensprovinz s. Or­ den, Provinzialkonzil s. Konzil, Vize­ provinz(en): 39 Provinzial(e): 7, 55, 62 f., 65 f., 78, 108, 119, 142, 161 f., 169 –– Indienprovinzial: 64 f., 70 f., 76, 89,148, 169, Japanprovinzial: 127, Vizeprovinzial: 66, 106–108, 134, 169 Quelle(n): 9, 16–19, 21, 29, 36, 42, 44, 62, 134, 137, 184, 189, 203, 205 f., 210, 236, 265, 340, 343 –– Datenquellen: 103, Informationsquellen: 174, Quellenauswahl: 17, Quellenlage: 16, 317, 336, Quellenmaterial: 284, Quellenwert: 17 Raja s. Herrscher rapado(s) s. dōjuku Rassismus: 100 –– Rassismusvorwurf: 100, rassistisch: 100; Mestize(n), Mulatte(n) s. Portugiesen: mestiços, mulattos reinoes s. Portugiesen Refutation: 279, 304, 314, 316, 323 –– Refutationsstrategie: 316, Widerlegung: 41, 271, 279, 316 –– Taiji Jashūron: 279, s. a. Personenregister: Sessō Sōsai –– Ha Daiusu; 17, 271, s. a. Personenregister: Fukan, Fabian SJ –– Kengiroku: 41, s. a. Personenregister: Ferreira, Christovão Reise(n): 54, 56–60, 62 f., 67, 73, 79 f., 9­ 7–99, 112, 115, 125, 128, 131 f., 182, 185, 191, 193 f., 200, 203, 216, 248, 265, 328, 336, 342 –– Abreise: 50, 53, 66, 121, 132, 152, 187, 231, 239, Durchreise: 166, 230, Einreisende: 171, Einreiseversuch: 89,

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Sachregister    Gesandt­schaftsreise: 112, Missionsreise: 98, 106, Mitreisende: 24, Pilgerreise: 147, Reisedauer: 54, Reiseerfahrungen: 61, Reisegesellschaft: 191, Reiseliteratur: 67, Reisende(r): 54, 57, 59 f., 70, Reiserouten: 70, Reiseverkehr: 70, Reisezeit: 55, 57, Rückreise: 55, 58, 125, Schiffsreise: 201, Seereise(n): 53 f., 61, 64, 80, Viel­reisender: 24, Vorstellungsreise; 265, Weiterreise: 53 Rektor(en) s. Kolleg(ien) Religion(en): 19, 34, 41, 43 f., 114, 147, 149, 162 f., 173 f., 176, 183, 198, 212, 228, 241, 254, 260, 267, 306 f., 320, s. a. Glauben –– interreligiös: 23, 292, 294, religiös: 11, 15, 23, 31, 34, 42 f., 45, 50, 81, 100, 113 f., 144 f., 149, 157, 159, 163–165,176, 178–180, 188, 190, 197, 205, 211, 220 f., 223 f., 228, 237, 253 f., 260, 264, 271, 275, 279, 282 f., 287 f., 292, 306, 316 f., 328, 343, Religionsgemeinschaften: 292, Religionsgespräche: 327, Religionsfreiheit: 36, 157, Religionsvertreter s. Priester, Religionspolizei: 293 Reversion: 40, 241, s. a. Apostasie samurai: 98, 191, 209 –– Samuraifamilie: 219; buke: 180, 210, 212, 219, bushi: 215 f., 230, 243, 318, 324 Schiff(e): 54–60, 64, 70, 79 f., 100, 125 f., 137 f., 182, 184, 219, 336, s. a. Flotte(n), nao –– Einschiffung: 250, Flaggschiff: 125, Handelsschiffe: 182, Schiffspassage: 79, Schiffsreise: 201, Schiffsverkehr: 58,Sklavenschiff(e) s. Sklave(n), Tributschiffe: 194; Dschunke: 24, 37, 58, 60, 185 Schule(n): 96, 117, 129 f., 136, 167, 190, 197, 246, 284, 332,333, 334, s. a. Ausbildung, Bildung –– Dorfschulen: 284, Elementarschule: 130, 334, Hochschule s. Universität(en), Jesuitenschule(n): 90, 107, 332, Jungenschule:107, Katechismusschule: 333, Katechumenenschule: 150, Lateinschule: 333 f., Logikschule s. Logik, Schüler: 84, 87 f., 107, 109, 111, 117, 134, 166–168, 171, 202, 246, schulisch: 96, 334, 342, Tempelschule(n): 246, 283, Tempelschüler, 316, Winkelschule, 283,; Ashikaga gakkō s. Universität(en)

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Seele: 32, 36 f., 40, 47 f., 107, 109, 153, 180, 200, 202, 205, 211, 214, 222, 232 f., 240, 244, 261 f., 270 f., 291, 297, 307, 309–312, 314 f., 326, 339, 341 –– Christenseelen: 152, Seelenheil: 249, Seelenlehre: 316, Seelenvermögen: 271, seelisch: 257, 272 f., Seelsorge(r): 14,120, 122, 151, 171, 233, 242, 251, seelsorgerisch: 142, 244, Krankenseelsorge: 138, Tierseele, 259, Truppenseelsorge: 119, Verstandesseele s. Verstand Shah s. Herrscher shintō: 178 f., 192, 286, 317, 326, s. a. kami –– Shintoismus: 178, 183, Shintoisten: 178, 310, shintoistisch: 176, 179 f., 233, 312 shōgun: 186, 192, 198, 207–209, 212–214, 217–221, s. a. Herrscher –– Shōgunat: 177, 189, 191, 218, Shōgunatshof: 198; bakufu: 91, 183, 213, 220 f., s. Personenregister: Ashikaga Yoshiaki; Ashikaga Yoshiteru Sitten: 95 f., 224, 255, 259, 264, 281, 332 Etikette: 90, Gebräuche: 90, 98, 127, 145, 207, 237, 316 Sklave(n): 25, 47, 128, 191, 217, 324, 329, 336–338 –– Sklavenarbeit: 338, Sklavenfrage: 337, Sklavenhandel: 336, Sklavenschiffe: 337, Sklavinnen: 337, Sklaverei: 336–338, Versklavung: 145, 337 f. Soldat(en): 54, 56, 100, 117 f., 120, 124–126, 329, 339, s. a. Militär Sozialstruktur: 52, 168, 296, 301 Spanier: 119, 122, 332, s. a.Ortsregister: Spanien –– Spanisch (Sprache): 67, 69, 81, 176, 265, spanisch: 65, 76, 96, 117, 119, 126, 130, 145, Spanisch-Amerika: 12, 41 Sprache(n): 11, 38, 63, 80–89, 96 f., 118, 152, 165, 176 f., 200 f., 207, 224, 226, 243 f., 277, 290, 295, 312, 315, 320, 323 –– Amtssprache: 164, Aussprache: 83, 85, fremdsprachig: 86, Landessprache: 89, lautsprachlich: 176, mehrsprachig: 81, Muttersprache: 291, Muttersprachler: 195, 209, sprachbegabt: 86, Spracherfahrungen: 291, Spracherschließungsprojekte: 84, Sprachfähigkeit: 290, Sprachformen: 224, Sprachgebrauch: 196, 246, Sprachkenntnis: 80–82, 84, 191, Sprachkompetenz(en): 80, 87, 176, 201, 215,

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226, 235, Sprachlehrer: 86, 249, sprachlich: 32, 43, 85, 88, 209, 277, 282, 289, 295, sprachmächtig: 208, Sprachnutzungskompetenz: 176, 201, 342, Sprachpraktik(en) s. Praktiken, Sprachstudium: 88–92, 209, Sprachunkenntnis: 201, Standardsprache: 224, Umgangssprache: 299, volkssprachlich: 63, 69; linguistisch: 176, 295 Status: 31, 131, 147 f., 209, 239, 246, 248, 272, 298, 319, 327 –– Mitgliedsstatus: 250, Sonderstatus: 122, Statusänderung: 245, Statusansprüche: 299, Statusdifferenzen: 237, 239, Statusgruppen: 235, 245, 251 f., Statushierarchie: 215, Statusoptionen: 250, Statusregulationen: 250 Studi(um/en): 12, 67, 74–80, 88–90, 93, 100, 108, 115, 119 f., 122, 126, 129, 233, 251, s. a. Ausbildung, Bildung, Universität(en) –– Feldstudien: 89, Sprachstudium s. Spra­ che(n), Student(en)/Studierende: 60, 91, 159, 165, 190, Studienaufenthalt: 89, Studienobjekt(e): 91, Studienort: 91, Studienzeiten: 52, Studienzwecke: 80, Curriculum: 89 f., 119, 283, 310, ratio studiorum: 90, 258 Sultan s. Herrscher Superior(en): 41, 49, 76 f., 82, 89, 94, 111, 118 f., 123, 133 f., 137, 140, 150, 169, 193, 204, 222, 244, 247, 316 Sutren: 176, s. a. Buddhismus –– Diamanten-Sutra: 272, 275 f., LotusSutra: 178, 180, nyāya(praveśa)-Sutra: 278, 294 f. Synkretismus: 17, 179, 240 f., 297 –– Synkretisierungsprozesse: 136, synkretistisch: 197, 240, 270 Taiji Jashūron s. Refutation Tamil(isch): 81, 83, 85, 121, 124, 153, 280 –– Tamilkatechismus s. Katechismus tat-sächlich: 16, 25, 51, 84, 92, 111, 113, 136, 140, 146, 151, 157, 206, 253 f., 286 f., 296, 302, 316, s. a. Handlung(en) Taufe(n): 46, 70, 104, 119, 147 f., 152 f., 163, 181, 184, 215, 226, 229–231, 234, 240 f., 244, 255, 297, 304, 314, 320 –– Massentaufe(n): 146, (Mit)Täuflinge: 146, 240, Taufberechtigung: 215, Taufbuch: 99, Taufname: 24, 226

Tempel: 50 f., 65, 74, 121, 149, 179 f., 183, 213, 284, 298, 313, 319 –– Haupttempel: 49, 180, 195, 198, Hindutempel:65, 121, 159 f., 163, jōdoTempel: 179, Tempelanlagen: 197, 221, Tempelkomplex: 213, Tempelländereien: 169, Tempelschätze: 121, Tempelschulen s. Schule(n), Tempeltruppen: 213, Verwaltungstempel: 183, zen-Tempel: 87, 220; s. Ortsregister: Daitokuji s. Kyōto, Enriyakuji s. Hiei, Fukushōji s. Kagos­ hima, Hōshenji, s. Kawanabe, Ishiyama Honganji, Nanrinji s. Kagoshima, Negorodera s. Kii tennō: 186, 188 f., 192 f., 198, 203, 214, 218, 220, 223, s. a. Kaiser –– s. Personenregister: Go-Nara tennō, Ōgimachi tennō Territorium: 43, 45, 142–145, 152, 156 f., 181–183, 188, 223, 306, 325 –– Festlandsterritorien: 293, Kolonial­ territorien: 159, Nachbarterritorium: 147, territorial: 44–46, 49, 158, Territo­rialherr(en): 44, 183, 195, 213, Territorial­herrschaft: 143 Teufel: 37, 47, 85, 196 f., 205, 224, 241, 304, 307, 313 –– Meeresteufel: 62, teufelsanbetend: 206, teuflisch: 192; dämonisch: 263 Theologie: 12, 74, 78, 89 f., 108, 190, 258 –– Moraltheologie: 91, Theologe(n): 126, 287, 323, 325 f., 329, 337, 341, Theologiekompendium: 61, theologisch: 11, 38, 93, 196, 225, 251, 257, 270, 281, 287; Summa Theologiae: 80 Thomaschristen s. Christen Transkription s. Übersetzung Transliteration s. Übersetzung Tridentinum s. Konzil Truppen s. Militär Übersetzung: 16, 67, 70, 81 f., 85–87, 92, 153, 175 f., 178, 187, 267, 290, 295 –– Übersetzbarkeit: 278, Übersetzer: 70, 134, 248, Übersetzungsprojekte: 245; Neologismen: 176, Transkription: 85, Transliteration: 82, 175 f. Ungläubige s. Glauben Universität(en): 75 f., 78 f., 94, 115, 139, 161, 187–190, 194, 202, 258 f., 284, 286 s. a. Ortsregister: Coímbra, Évora

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Sachregister    –– Hauptuniversität(en): 188, Hochschule: 189 f., Ashikaga gakkō: 190 vaiśesika s. Hindu(s) Veden s. Hindu(s) Verständnis: 9 f., 44, 84, 86, 149, 175, 228, 230, 253, 270, 272 f., 279, 292, 297, 315 f., 322, 326, 330, 342 –– Logikverständnis s. Logik, Missverständnis(se): 10, 87, 175, Unverständnis: 322, Verständnisbegriff: 10, Verständnisfragen: 283, Verständnisüberzeugungen: 177 Verstand: 26 f., 33, 43, 88, 102, 217, 255 f., 259 f., 262 f., 271, 273, 276, 289, 293, 309 f., s. a. Vernunft –– verstandesabhängig: 268, Verstandes­ beschaffenheit: 259, Verstandes­ fakultät(en): 259, 267, 272, 311, 317, Verstandeskapazitäten: 271, Verstandesoperationen: 259, Verstandesphilosophie: 258, Verstandesseele: 256, 261, Verstandestätigkeit: 261 f., 312, Verstandesvorstellung: 273, Verstandesvermögen: 257, 270; Denkvermögen, verständig: 255 f., 259, 261 Vernunft: 30, 33, 35, 39, 104, 253, 256 f., 261 f., 269 f., 273 f., 288, 294, 311–313, 316, 318, 322 f., 341, 344, s. a. Verstand –– Menschenvernunft: 262, Universalvernunft: 256, Vernunftbegriff: 16, 32, 253, Vernunftfakultät: 311, Vernunftgebrauch: 273, vernunftgeleitet: 293, 305, vernunftgemäß: 276, 308 f., 317, 342, Vernunftgrad: 261, 268, Vernunftgründe: 315, 325, Vernunftkonzeption: 23, 341, Vernunftvermögen: 272; vernünftig: 207, 257, 272, 311, 314, 326 Verwaltung s. Administration Vijayanagar: 121, 143, 155, 293 Visitator: 58, 63 f., 89, 99, 108, 118 f., 169, 244 –– Indienvisitator: 7, 64, 66, 287, Visitation: 7 f., 235, 250, 341

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–– viso-rey: 125, 151, 155, 284, 292, 298, 335 s. a. Gouverneur(e) –– Vizekönig(e): 65, 70, 155, 355, Vizekönigschaft: 155; s. Personenregis­ ter: Almeida, Francisco de; Bragança, Constantino de; Coutinho, Francisco; Mascarenhas, Pedro; Noronha, Afonso de; Noronha, Antão de Waffen: 146, 184, 198, 213 –– Feuerwaffen: 181 f., 184, 213, Waffenhilfe: 142, Waffenschmiede: 213, Waffentechnologie: 144, 181 Wahrheit: 30, 36, 175, 207, 231, 241 f., 253, 259 f., 264, 269, 271, 277, 289, 292 f., 314 –– Grundwahrheiten: 107, Wahrheitsansprüche: 254, Wahrheitsfindung: 294, Wahrheitskeime: 258 f., Wahrheitssuchende: 294, Wahrheitswert: 269 Waise(n) s. Kind(er) Weltgeistliche s. Klerus Widerlegung s. Refutation Wille: 9, 12, 60, 87, 111, 231, 237, 241, 257, 260 –– Bekehrungswille: 231, Willensbekundung: 85, Willensfreiheit: 315, Willenskraft: 257, willentlich: 309 f. Wissen: 30, 33 f., 62, 69, 86, 92 f., 102, 175, 228, 242, 269, 275, 291, 316, 319, 323 –– Geisteswissenschaften: 32, 74, 90, 288, Herrschaftswissen: 82, NichtWissen: 318 f., Praxiswissen: 137, Wissensbestände: 323, Wissenschaft: 30, 80 f., 92, 190, 284, 287, 319, 322, 325 f., Wissenspraktiken: 82, 92, Wissensstand: 307, Wissensvermittlung: 92, Wissensweitergabe: 282, Unwissen(heit): 29, 93, 154, 243 Wörterbuch s. Buch zazen s. Buddhismus zen s. Buddhismus Zensur: 20, 92, 162 –– Selbstzensur: 20, 68, Vorzensur: 118

© 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525300657 — ISBN E-Book: 9783647300658