Verjährung und Verursacherprinzip: Die Anwendung kurzer Verjährungsfristen bei umweltbezogenen Vertrags- und Rechtsverletzungen [1 ed.] 9783428487837, 9783428087839

In den Siebziger Jahren wurde im Rahmen einer sich konstituierenden Umweltpolitik das Verursacherprinzip als marktnahes

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German Pages 350 Year 1999

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Verjährung und Verursacherprinzip: Die Anwendung kurzer Verjährungsfristen bei umweltbezogenen Vertrags- und Rechtsverletzungen [1 ed.]
 9783428487837, 9783428087839

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THOMAS MEYER

Verjährung und Verursacherprinzip

Schriften zum Bürgerlichen Recht Band 221

Verjährung und Verursacherprinzip Die Anwendung kurzer Verjährungsfristen bei umweltbezogenen Vertrags- und Rechtsverletzungen

Von Thomas Meyer

Duncker & Humblot . Berlin

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Meyer, Thomas: Verjährung und Verursacherprinzip: die Anwendung kurzer Verjährungsfristen bei umweltbezogenen Vertragsund Rechtsverletzungen I von Thomas Meyer. Berlin : Duncker und Humblot, 1999 (Schriften zum Bürgerlichen Recht; Bd. 221) Zugl.: Bremen, Univ., Diss., 1995 ISBN 3-428-08783-6

©

Alle Rechte vorbehalten 1999 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fotoprint: Wemer Hildebrand, Berlin Printed in Germany ISSN 0720-7387 ISBN 3-428-08783-6

Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 @

Vorwort Die vorliegende Arbeit ist auf Anregung von Prof. Dr. Peter Derleder zustande gekommen. Die selbstlose, aufopferungsvolle Art, in der er die Untersuchung betreute, stellt nach meinen Erfahrungen im Fachbereich, aber auch im Austausch mit auswärtigen Promovenden, eine Ausnahme dar. Die gesamte Bearbeitungszeit hindurch fand ich in ihm einen kritischen Leser, der mit seinen Anregungen den Inhalt der Arbeit wesentlich beeinflußte und dabei meine Kreativität f6rderte, statt sie einzuengen. Dabei ging das persönliche Verhältnis weit über eine berufliche Basis hinaus. Auch kulturelle, soziale und politische Themen waren Gegenstand unserer Auseinandersetzung. Daher möchte ich ihm nicht nur fiir die Betreuung bei dieser Arbeit danken, sondern fiir den umfassenden Einfluß, den er auf mich ausübte. Zu einer Freundschaft erwuchs ebenfalls das Verhältnis zu Dr. JÜTgen Schaper, der das Zweitgutachten erstellte. Auch sein Beitrag beschränkte sich nicht auf die kritische Durchsicht der Arbeit. Gerade in der Endphase war er immer zu einer Diskussion meiner Thesen bereit. So mancher Becher Kaffee wurde anläßlich solcher Zusammenkünfte geleert. Während der Arbeit ist manche enge Verbindung entstanden bzw. vertieft worden. Inhaltliche Anregungen gab Dr. Ronald Kandelhard. Besonders in stilistischer Hinsicht versuchte Dr. Klaus Ehringfeld Einfluß zu nehmen. Hier alle die zu nennen, die diese Arbeit ermöglicht haben, würde den Rahmen sprengen. Besonders erwähnen möchte ich aber Ute und Wilma. Die Arbeit ist dem Gedenken meiner Mutter gewidmet. Bremen, im Juli 1997

Thomas Meyer

Inhaltsverzeichnis

A. Problemabriß ........................................................................................................... 17 B. Systematik des geltenden Verjährungsrechts ........................................................ 19 I. Gegenstand der Verjährung ................................................................................. 19 ll. Zwecke der Verjährung ....................................................................................... 21 1. Verschlechterung der Position des Schuldners durch Zeitablauf..................... 21

a) Beweisnot ..................................................................................................... 22 b) Dispositionsfreiheit ...................................................................................... 22 2. Rechtfertigung der Verjährung ........................................................................ 23 a) Möglichkeit der Durchsetzung .....................................................................23 b) Unzulänglichkeit einer bloßen Beweislastumkehr .......................................24 3. Öffentliche Interessen ......................................................................................24 a) Rechtsfrieden und Rechtssicherheit. .............................................................24 b) Andere Zwecke ............................................................................................26 lll. Fristen ................................................................................................................27 1. Die §§ 195ffBGB und die Grundgedanken der kurzen Verjährungsfristen

filr Erfilliungsanspruche des Geschäftslebens ..................................................27 2. § 477 BGB und die zeitlich limitierte Mängelgewährleistung .........................28 3. § 638 BGB und die Verjährung nach der VOBIB .......................................... .30 4. § 558 BGB und die Verjährung nach Mietende .............................................. .31 5. § 852 BGB und die kenntnisbezogene Verjährung ......................................... .32 IV. Beginn der Verjährung ....................................................................................... 33 1. Entstehung des Anspruches ............................................................................. 33 2. Fristbeginn nach Entstehung............................................................................ 33

8

Inhaltsverzeichnis 3. Fristbeginn vor Entstehung ............................................................................. .34 4. Fristbeginn bei Gewährleistungsansprüchen ................................................... .34 5. Fristbeginn bei Schadenersatzansprüchen ....................................................... 35 V. Hemmung der Verjährung ..................................................................................40 1. Fortlaufshemmung .......................................................................................... .41 2. Ablaufshemmung .............................................................................................43 VI. Unterbrechung ..................................................................................................43

VII. Wirkung der Verjährung .................................................................................. .44

I. Einrede gegen die verjährte Forderung ........................................................... .44 2. Aufrechnung ................................................................................................... .45 3. Bestehenbleiben der Sicherheiten ....................................................................46 4. Einreden aus dem verjährten Anspruch ...........................................................46

vrn. Verjährung als halbzwingendes Recht............................................................. .47 C. Rechtsprechungstendenzen ....................................................................................49 I. Zu § 196 BGB ...................................................................................................49 I. Historie ........................................................................................................... .50 2. Die systematische Ausweitung auf andere als in § 196 BGB ausdrücklich genannte Ansprüche ......................................................................................... 53 a) Ansprüche aus culpa in contrahendo und § 122 BGB ................................. .53 b) Einbeziehung der Ansprüche aus § 2 AbzG und § 347 BGB ....................... 55 c) Einbeziehung der Ansprüche aus Werkverträgen ......................................... 57 d) Teilweise Einbeziehung von Vertragsstrafen .............................................. .58 e) Einbeziehung dinglicher Herausgabeansprüche ........................................... 59 3. Ausweitung des von § 196 BGB erfaßten Personenkreises ............................. 60 a) Einbeziehung von Ansprüchen des Bauunternehmers in den Anwendungsbereich des § 196 I Nr. 1 BGB ..................................................................... 60 b) Ansprüche aus § 179 BGB gegen den vollmachtlosen Vertreter .................61 c) Anspruch aus Verschulden bei Vertragsschluß gegen einen Dritten, der als Vertreter persönliches Vertrauen in Anspruch genommen hat... ............. 64

Inhaltsverzeichnis d) Wirtschaftliche Betrachtungsweise bei der Bestinunung des Personenkreises, dessen Ansprüche § 19611 BGB unterfallen .................................. 64 11. Zu § 197 BGB .................................................................................................... 65 IIl. Zu § 477 BGB ....................................................................................................67 1. Die Einbeziehung der Ansprüche aus p VV in den Anwendungsbereich von

§ 477 BGB ....................................................................................................... 68 2. Einbeziehung von Ansprüchen aus cic in den Anwendungsbereich von

§ 477 BGB ....................................................................................................... 71 3. Einbeziehung von Garantieansprüchen ............................................................ 76 4. Einschränkungen des Anwendungsbereiches des § 477 BGB durch die Rechtsprechung ............................................................................................... 78 a) Erweiterung der Arglisthaftung und der Wissenszurechnung ...................... 78 (1) Konkretisierung des Arglistbegriffes ...................................................... 78 (2) Zurechnung der Arglist. .......................................................................... 79 b) Ausgliederung deliktischer Ansprüche wegen Mangelhaftigkeit der gekauften Sache ............................................................................................ 82 c) Ausgliederung von an sich § 477 BGB unterfallenden Ansprüchen in den Bereich des § 638 BGB ................................................................................ 86 IV. Zu § 638 BGB .................................................................................................... 87

1. Verhältnis von pVV und § 635 BGB ............................................................... 87 2. Einbeziehung von Ansprüchen aus cic in den Anwendungsbereich von

§ 638BGB ....................................................................................................... 95 3. Ausweitung im Arglistbereich und der Wissenszurechnung ............................95 4. Weiterfressende Mängel im Werkvertragsrecht.. ............................................. 97 V. Zu § 558 BGB .................................................................................................... 97

1. Einbeziehung anderer als in § 558 BGB ausdrücklich genannter Ansprüche .. 97 a) Einbeziehung von Ansprüchen aus unerlaubter Handlung ........................... 97 b) Weitere erfaßte Ansprüche ......................................................................... 101 (1) Ansprüche aus § 7 StVG ...................................................................... 101 (2) Ansprüche aus § 22 WHG .................................................................... 101 2. Ausweitung des Personenkreises, der sich auf § 558 BGB berufen kann ...... 103

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Inhaltsverzeichnis VI. Zu § 852 BGB, insbesondere haftungsrechtliche Vereinheitlichung ............... 105

1. Der extensiv ausgelegte Begriff der unerlaubten Handlung ........................... 105 2. Das Kenntniselement ..................................................................................... 107

D. Verjährung im öffentlichen Recht ....................................................................... 109 I. Anwendung bürgerlich-rechtlicher Vorschriften .............................................. 110

11. Gegenstand der Verjährung im öffentlichen Recht.. ......................................... 113 III. Ausgestaltung des Laufes der Verjährungsfrist im öffentlichen Recht.. .......... .114 1. Frist. ............................................................................................................... 114 2. Unterbrechung, Hemmung ............................................................................. 115

IV. Wirkung der Verjährung im öffentlichen Recht.. ............................................. 118

E. Verursacherprinzip ............................................................................................... 122 I. Wirtschaftswissenschaftlicher Inhalt und Kritik .............................................. 122 1. Die volkswirtschaftliche Betrachtung von Umweltbeeinträchtigungen ......... 122 2. Externe Effekte .............................................................................................. 123 3. Das Prinzip der sozialen Kosten .................................................................... 124 4. Das Coase-Theorem ....................................................................................... 125

5. Geeignetheit der klassischen Schulen, Umweltschäden sachgerecht zu erfassen ............................................................................................................. 127

11. Das Verursacherprinzip in der Umweltpolitik ................................................. 135 1. Das Verursacherprinzip als zentrales Element einer sich konstituierenden Umweltpolitik ................................................................................................ 135 2. Euphorie und Besinnung ............................................................................... 138 3. Zivilrechtliche Haftung als dem Verursacherprinzip entsprechende Maßnahme ............................................................................................................ 141 4. Der Maßnahmenadressat nach dem politischen Verursacherprinzip ............. 143 III. Zivilrechtliche Haftung für Umweltschäden .................................................... 144

1. Adaption des Verursacherprinzips in den Rechtswissenschaften .................. 144 2. Verhaltenssteuerung durch Haftungsrecht ..................................................... 147

Inhaltsverzeichnis

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a) Präventivzweck des Haftungsrechts ........................................................... 149 b) Die Versicherungsperspektive .................................................................... 151 3. Haftung als marktwirtschaftliches Instrument der Umweltpolitik ? ............... 152 4. Der Verursacher ............................................................................................. 153 5. Grundsätzliche Unzulänglichkeiten zivilrechtlicher Haftung bei Umweltschäden .......................................................................................................... 155 a) Rechtsgüterproblem.................................................................................... 155 (1) Grenzen der Rechtsgüterzuordnung ..................................................... 157 (2) Neuorientierung der Rechtsgüterzuordnung ? ...................................... 159 b) Kausalitätsprobleme ................................................................................... 161 (1) Probleme der Identifizierung des Schädigers wegen Latenz von Umweltbeeinträchtigungen und Distanzschäden ....................................... 161 (2) Die bloß statistische Risikoerhöhung ................................................... 162 (3) Anteilsverursachung ............................................................................. 163 (4) Summationsschäden ............................................................................. 164 (5) Beweislastfragen und andere Lösungsversuche .................................... I64 c) Verhältnis zum öffentlichen Recht (Rechtswidrigkeit)............................... 166 d) Verschulden und Verkehrssicherungspflichten .......................................... 169 IV. Vorläufiges Zwischenergebnis ........................................................................ 170

F. Unzulänglichkeiten bei der kaufrechtlichen Haftung ......................................... 177 I. Die Altlastenfalle ............................................................................................. 178 1. Altlast als Rechtsmangel ................................................................................ 179 2. Altlasten als Fehler im Sinne des § 459 I BGB ............................................. 181 a) Umweltsensible Gewährleistungsansprüche ? ............................................ 183 (I) Kaufpreishorizont ................................................................................. 183 b) Ansprüche aufVerwendungsersatz im Rahmen der Wandlung ................. 184

(l) Notwendige Verwendungen ................................................................. 184 (2) Das objektiv-fremde Geschäft und der Geschäftsfiihrungswille ........... 187 (3) Der Wille des Veräußerers, sein Interesse und das öffentliche Interesse ..................................................................................................... 188

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Inhaltsverzeichnis c) Das Vorhandensein des Fehlers bei Geltendmachung der Gewährleistungsrechte ................................................................................................ 191 d) Der Verkäufer als Verursacher ................................................................... 192 3. Ansprüche aus § 463 S. 1 BGB ..................................................................... 194 4. Ansprüche gern. § 463 S. 2 BGB ................................................................... 195 a) Das Kenntniselement .................................................................................. 196 b) Umfang des Schadenersatzanspruches aus § 463 Satz 2 BGB ................... 197 c) Der arglistig handelnde Verkäufer als Verursach er .................................... 200 5. Ansprüche aus verschuldeter Vertragsverletzung ..........................................200 a) Die verletzte Pflicht .................................................................................... 200 b) Einordnung der Pflichtverletzung unter die positive Vertragsverletzung bzw. die culpa in contrahendo ...................................................................203 c) Die Sanierungskosten als Mangelschaden? ................................................ 204 d) Kurze Verjährung der Ansprüche nach der bisherigen Rechtslage ............ 207 6. Die deliktische Haftung des Veräußerers fiir Altlasten .................................. 208 a) Ausgangslage .............................................................................................. 208 b) Deliktischer Vermögensschutz ? ................................................................ 212 7. Weitere Ansprüche ........................................................................................213 a) Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag .........................................216 b) Ausgleichsanspruch analog § 426 BGB .....................................................223 (1) Berücksichtigung der kaufrechtlichen Beziehung ................................225 (2) Freistellung des Verkäufers bei Inanspruchnahme nach abgelaufener Gewährleistungsfrist? ........................................................................... 228 Ir. Die kurze Verjährung bei Sanierungsaufwendungen ....................................... 229 1. Die Strukturnotwendigkeit der kurzen Verjährungsfrist fiir die Ansprüche

aus positiver Vertragsverletzung .................................................................... 230 2. Differenzierungsansatz hinsichtlich der betroffen Interessen ........................ 232 3. Weite Mangelfolgeschäden im kaufvertraglichen Bereich? ........................... 235 4. Situation beim Kettenerwerb ......................................................................... 237 111. Übertragung auf andere Fallgruppen ...............................................................238

Inhaltsverzeichnis

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IV. Vorteilsausgleich bei Verbesserungen der Kaufsache ..................................... 239

G. Die mietvertragliehe Verjährungsfrist ...............................................................244 1. Die rnietrechtliche Ausgangslage .....................................................................244 11. Der Maßstab für die Obhutspflichten des Mieters ............................................................................................................. 247 III. Vorsätzliche Beeinträchtigungen der Mietsache .............................................. 249 1. Anwendung auf konkurrierende außervertragliche Ansprüche bei vorsätzlicher Beeinträchtigung .................................................................................. 252 2. Anwendung des § 558 BGB auf vertragliche Ansprüche bei vorsätzlicher Beeinträchtigung der Mietsache ....................................................................255 3. Vorsätzliche Beeinträchtigung durch Verletzung von Offenbarungspflichten ? ............................................................................................................... 256 IV. Anwendung bei konkurrierenden Ansprüchen aus Umweltgesetzen ...............257 V. Der Umfang des Anwendungsbereiches des § 558 BGB .................................. 263

1. Weiterfressende Schäden im Mietvertragsrecht ? .......................................... 263 a) Keine kurze Verjährung bei nicht voraussehbaren Schadensfolgen ? ........264 b) Erstreckung auf Ansprüche, die erst nach Ende des Mietverhältnisses entstanden sind .......................................................................................... 266 2. Weite Mangelfolgeschäden im Mietvertragsrecht ? ....................................... 266 a) Neue Tendenz in der Rechtsprechung? .....................................................268 b) Bewertung der Entscheidung ..................................................................... 271 (1) Unzulänglichkeit des Abstellens auf die Schadenseinheit.. ..................271 (2) Die Einführung der weiten Mangelfolgeschäden in das Mietrecht .......274

H. Werkvertragliehe Besonderheiten der Bewältigung von Umweltschäden ........278 1. Die Ausgangslage im Werkvertragsrecht ..........................................................278 11. Haftung wegen arglistbegründender Kenntnis ..................................................281 III. Die deliktische Haftung des Werkuntemehmers für Umweltschäden .............. 287

1. Deliktische Haftung bei weiten Mangelfolgeschäden ....................................288 2. Deliktische Haftung bei engen Mangelfolgeschäden und Mangelschäden ....289 a) Eigentumsverletzung ..................................................................................289

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Inhaltsverzeichnis (1) Sachenrechtliche Ausgangslage ............................................................289

(2) Das mangelbehaftete Eigentum ............................................................290 b) Grundsätzliche Anwendbarkeit der Weiterfresserdoktrin im Werkvertragsrecht ................................................................................................... 290 c) Werkvertragsspezifische Modifikationen konkurrierender deliktsrechtlicher Ansprüche.........................................................................................291 d) Umweltschäden als weiterfressende Mängel .............................................. 292 IV. Die gewährleistungsrechtliche Haftung wegen Umweltschäden .......................293

1. Die Ausgangslage beim werkvertraglichen Gewährleistungsmodell .............295 a) Der Werklohnhorizont bei Ansprüchen auf Wandlung und Minderung.....295 b) Die Doppelfunktion des Schadenersatzanspruches gern. § 635 BGB ........297 (1) Der reine Mangelschaden .....................................................................297 (2) Der nahe und der weite Mangelfolgeschaden .......................................298

2. Die Qualifizierung der Ansprüche des Bestellers im werkvertraglichen Gewährleistungssystem ................................................................................. .300 a) Generelle Unanwendbarkeit der kurzen Fristen des § 638 BGB auf Umweltschäden ? ...................................................................................... .300 b) Altlasten im werkvertraglichen Bereich .................................................... .300 c) Der Nutzungsentgang des Bestellers ..........................................................301 d) Kosten fiir Schaden.abwendungsmaßnahmen ............................................ 302 e) Ansprüche aus Umweltschutznormen ........................................................ 303 3. Innenausgleich bei Inanspruchnahme des Werkunternehmers ? .................... 303

I. Die Anwendung der deliktsrechtlichen Verjährungsregelung ............................ 305 I. Die Kenntnisabhängigkeit ................................................................................. 306 11. Der fehlende Konflikt beim kenntnisabhängigen Verjährungsbeginn .............. 308 III. Konkretisierung des Begriffes der Kenntnis und der Voraussehbarkeit.. ........ .309 1. Restriktive Auslegung des Kenntnisbegriffs .................................................. 309 2. Restriktive Auslegung des Kriteriums der Voraussehbarkeit.. ...................... .311

J. Schlußbetrachtungen und Ausblick......................................................................313 I. Zusammenfassung ............................................................................................. 313

Inhaltsverzeichnis

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1. Unzulässige Instrumentalisierung vertraglicher Haftung fiir umweltpolitische Zwecke? .............................................................................................. 315

2. Kurze Verjährungsfristen als Henunschuh der umweltpolitischen Funktionalität vertraglicher Haftung ........................................................................ .316 II. Die Vorschläge der Schuldrechtskommission ................................................. .318

1. Unzureichende Berücksichtigung der Doppelfunktion vertragsrechtlicher Unrechtshaftung durch die Schuldrechtskommission ................................... .319 2. ,,Diskriminierung" vertraglicher Haftung hinsichtlich der Verjährung .......... 324 III. Fazit .................................................................................................................. 325

Literaturverzeichnis .................................................................................................. 327 Sachwortverzeichnis ................................................................................................. .347

A. Problemabriß

Das Institut der Verjährung hat eine traditionelle Rechtsfriedensfunktion, die je nach betroffener Pflicht gegenüber einem Vertragspartner oder gegenüber der Allgemeinheit, je nach Vertragsgegenstand und Schadensentwicklung, Grenzen für die Geltendmachung privatrechtlicher Ansprüche legitimiert. Sie gerät in einer historischen Phase immer weitergehender ökologischer Vernetzung von Ressourcen zunehmend in Konflikt mit dem Verursacherprinzip. Dieses ist zwar seinerseits aufgrund von Summationen und Synergismen einem Aushöhlungsprozeß ausgesetzt, der in der gesellschaftstheoretischen Debatte zu seiner Relativierung gefiihrt hat. Für die privatrechtliche Steuerung ist es jedoch weiterhin eine zentrale Kategorie, da nur so die Quellen ökologischer Schädigungsprozesse angegangen werden können. Zu untersuchen ist daher, ob mit dem Verursacherprinzip und der damit intendierten gesellschaftlichen Verantwortung für Umweltbeeinträchtigungen die geltenden - zum Teil sehr kurzen - Verjährungsregelungen des Schuldrechts vereinbar sind oder ob bereits de lege lata eine Revision nötig ist. Demgemäß sind nicht nur die bereichsspezifischen Pflichtenkataloge zu entwickeln, sondern auch die Verjährungsregeln im Hinblick auf die häufige Latenz in der ersten Phase und die Ausweitungsaffekte ökologischer Schadensentwicklungen zu überdenken. Die gegenwärtige Debatte um die Reform des Schuldrechts, die ihren vorläufigen Höhepunkt im Abschlußbericht der Schuldrechtskommission gefunden hat, thematisiert eine Erneuerung der Verjährungsregelungen nur unter dogmatischen und ökonomischen Gesichtspunkten. Der auf Verkehrsdynamisierung ausgerichtete Entwurf berücksichtigt dabei bislang nicht den beschriebenen Zielkonflikt mit ökologischen Fragestellungen. Die Arbeit wird aufzuzeigen versuchen, inwieweit der vorgelegte Entwurf diesen Erfordernissen dennoch genügt. Zu diesem Zweck soll das bisherige System der Verjährung unter Heranziehung der historischen Grundlagen skizziert werden (Kap 11). Es folgt eine Vertiefung der Verjährung von schadensbezogenen Ansprüchen (Kap III). Mangels zivilrechtlich orientierter Bearbeitungen ist dann das Verursacherprinzip in seiner wirtschaftswissenschaftlichen und umweltpolitischen Dimension zu erfassen und für die privatrechtliche Haftung aufzubereiten (Kap V). Auf dieser 2 Meyer

18

A. Problemabriß

Basis sollen bereichsspezifisch - fiir das Kauf-, das Werkvertrags-, das Mietund das Deliktsrecht (Kap VI-IX) - die Reserven des geltenden Rechts zur Effektivierung des Verursacherprinzips gegenüber der Verjährung ausgeschöpft werden, was schadensbezogene Ansprüche angeht. Abschließend wird die rechtspolitische Diskussion um einheitliche Verjährungsregelungen im Vertrags- und im Deliktsrecht (Kap X) unter Berücksichtigung der gewonnenen Erkenntnisse weiterzuführen sein.

B. Systematik des geltenden Verjährungsrechts

I. Gegenstand der Verjährung Ausgangspunkt der geltenden Regelung des Verjährungsrechts ist der Begriff des Anspruchs. Die Legaldefinition des § 194 BGB folgt der von Windscheid konzipierten allgemeinen Terminologie l , stellt also auf das relative Verhältnis zwischen Anspruchsinhaber und Anspruchsadressat ab2, ohne daß es sich dabei notwendig um ein persönliches Verhältnis handeln müßte. Dies bedeutete eine Weiterentwicklung der bis dahin herrschenden Auffassung vom Klagerecht3, das grundsätzlich nicht übertragbar war", und auf einer bis dahin nicht vollzogenen Unterscheidung zwischen materiellem und prozessualem Recht beruhtes. Heute herrscht dagegen die Auffassung vor, daß sich das prozessuale Klagerecht als Rechtsschutzanspruch aus dem materiellen Recht ergibt6. Ohne Rücksicht auf das Verhältnis, aus dem der Anspruch entstammt, werden auch dingliche 7, familien- und erbrechtliche Ansprüche, neben den schuld-

Zinunermann, JuS 1984,410. 2

Vgl. Mot. I, S. 291.

3 Das als prozessuales Klagerecht heute nicht mehr der Verjährung unterliegt; vgl. Palandt-Heinrichs, § 194 BGB, RdNr.2. 4

Vgl. WindscheidlMuther, S. 119 ff.

5 Die geschichtliche Entwicklung des Verjährungsrechtes aus dem römischen und gemeinen Recht wird umfassend dargestellt bei Ebihara, Zeitschrift der Savignystiftung rur Rechtsgeschichte, Romanistische Abteilung, Band 110 (1993), 602. 6

Larenz, AT § 14 I, S. 245; über die Bedeutung der Objektivierung privater Rechte rur die Frage, ob der Gesetzgeber mit privatem Recht regulierend eingreifen kann, siehe unten Kap IV, S. 147. 7

Zur Divergenz, die sich daraus ergibt, daß das Eigentum, das als Recht nicht der Verjährung unterworfen ist, praktisch wertlos wird, wenn der aus ihm fließende Herausgabeanspruch verjährt und der bösgläubige Besitzer (§ 937 II BGB) die Sache, ohne daß

20

B. Systematik des geltenden Verjährungsrechts

rechtlichen, vom allgemeinen Anspruchsbegriff erfaßt8, teilweise aber wegen ihrer Eigenart von der Verjährbarkeit mittels besonderer gesetzlicher Anordnung ausgenommen9, so insbesondere bestimmte familienrechtliche (§ 19411 BGB)10, gemeinschaftsrechtliche (§ 758 BGB), nachbarrechtliche (§ 924 BGB) Ansprüche und Ansprüche aus eingetragenen Rechten. Die Grundkonstellation ist demnach die, daß dem Interesse des Anspruchsinhabers, seinen berechtigten Anspruch durchzusetzen, das Interesse des Anspruchsadressaten, dem Anspruch etwa vorhandene Einwendungen und Einreden entgegenzusetzen, gegenüberstehtli. Dabei ist zu beachten, daß den Gläubiger keine Pflicht oder Obliegenheit trifft, seinen Anspruch geltend zu machen l2 ; er sollte lediglich beim Vertragspartner nicht den Eindruck erwekken, er werde seinen Anspruch nicht geltend machen 13 . Im Widerstreit der Interessen erhebt sich die Frage, wie sich der Zeitablauf14 rechtlich auswirken muß. Im klassischen römischen Recht hatte er keinen Einfluß auf die Klagemöglichkeit l5 . Erst im 5.Jahrhundert wurde die longi temporis praescriptio in das corpus iuris übemommen l6 . Diese allgemeine Klagever-

für den Herausgabeanspruch eine neue Verjährungsfrist beginnt (§ 221BGB), weiterübertragen kann, ohne Eigentümer zu sein, vgI. Mot I, S. 292 ff. ; Endemann, S. 552. 8

Zimmermann, JuS 1984,410.

9 VgI. den Überblick bei Peters/Zimmermann, S. 145 ff. und bei Palandt-Heinrichs, § 194 BGB, RdNr. 11.

10 Da insbesondere Unterhaltsansprüche auf wiederkehrende Leistungen gerichtet sind und der kurzen Verjährung nach § 197 BGB unterliegen, ist die Relevanz dieser Ausnahme von den Verfassern des BGB als gering eingestuft worden; Mot. I, S. 294. 11 VgI. Diehl 1988, S. 129. 12 Non videtur vim farce, qui iure suo utitur, et ordinaria actione experitur (Gewalt übt ersichtlich nicht, wer sein Recht ausübt ... ), Dig. L, 17, 155 und im Umkehrschluß neminem laedit, qui suo iure non utitur, vgI. Spiro 1953, S. 585 Fn.4; Savigny V, S. 270. 13 Palandt-Heinrichs, § 242 BGB, RdNr. 95.

14 Zum ZeitbegriffvgI. Großfeid/Wessels, ZVgIRwiss 89 (1990), 498 ff. 15 VgI. Zimmermann, JuS 1984,409; Peters/Zimmermann S. 112. 16 Trinkner, BB 1991,2454; Peters/Zimmermann, S.112; WindscheidlKipp, Band 1, S.548; Oetker, S. 20.

Ir. Zwecke der Verjährung

21

jährung hatte sich aus der Ersitzung 17 (usucapio) entwickelt. Noch im gemeinen Recht wurden die Institute der Ersitzung, des Erlöschens der Rechte durch Nichtgebrauch (non usus) und der Untergang von Klagen oder Anspruchen durch Nichtausübung (praescriptio actionum) unter dem Begriff der Verjährung zusammengefaßt l8 . Erst die Verfasser des BGB ordneten die Ersitzung dem Sachenrecht zu und regelten die Verjährung im Allgemeinen Teil, während das Institut des non usus nicht aufgenommen wurde l9. Da die Verjährung als die die Durchsetzung hemmende Einrede gern. § 222 BGB nur Anspruche erfaßt, muß die einseitige Benachteiligung des Gläubigers gerechtfertigt werden20 . Demgegenüber fehlt es für unberechtigte Anspruche schon an der Anspruchsgrundlage, oder es bestehen Einwendungen gegen sie.

11. Zwecke der Verjährung 1. Verschlechterung der Position des Schuldners durch ZeitablauJ

Das Institut der Verjährung ermöglicht es dem Schuldner, durch bloßen Hinweis auf den Zeitablauf gegen ihn erhobene Anspruche abzuwehren. Damit soll kompensiert werden, daß sich die Position des Schuldners mit fortschreitendem Zeitablauf verschlechtert, da der Anspruch der "verdunkelnden Macht

17 Die bereits das altorientalische Recht kannte; vgl. Trinkner, BB 1991,2454.

18 Mot. I, S.288. 19 Peters/Zimmermann, S. 114; Trinkner, BB 1991,2454. 20 Heinrichs, VersR 1992, Sonderheft, S.6; wobei allerdings fraglich ist, ob die Rechtfertigung im Hinblick auf Art. 14 GG erfolgen muß. Ansprüche unterliegen in ihrer privatrechtlichen Ausgestaltung von jeher der Verjährung, so daß allenfalls Verkürzungen von Verjährungsfristen in Übereinstimmung mit Art. 14 00 erfolgen müssen. Selbst solche fallen aber aus der Eigentumsgewährleistung des Art. 1400, da der Anspruch als subjektives Recht von der Rechtsordnung abhängig ist und dem Wandel derselben unterliegt (vgl. näher Winter KJ 1986,459 ff., 465 f., so daß es lediglich beim Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verbleibt, an dem die Verjährungsregelung zu messen wäre (vgl. oo-AK-Rittstieg, Art. 14 00, RdNr. 167 ff.; Dürig/Papier, Art. 1400, RdNr.254.

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B. Systematik des geltenden Verjährungsrechts

der Zeit"21 ausgesetzt ist. Da nach allzu langer Zeit keine sicheren Aussagen über die Berechtigung von Ansprüchen gemacht werden können, besteht sonst die Gefahr, daß unberechtigte Ansprüche durchgesetzt werden könnten. a) Beweisnot Das gilt zunächst fiir Einreden und Einwendungen des Schuldners. Nach langer Zeit besteht die Gefahr, daß die dem Schuldner zur Seite stehenden Umstände von diesem nicht mehr mit Erfolg geltend gemacht werden können22 . So können sich Zeugen evtl. nicht mehr erinnern, Dokumente sind unter Umständen nicht auffindbar etc.23. Auch ist dem Schuldner die Aufbewahrung von Beweismitteln nicht unbegrenzt zumutbar. Der nicht gegen den Willen des Schuldners24 durchzusetzende berechtigte Anspruch ist dann der Preis, der zur Abwehr dieser Gefahr notwendig ist25 . b) Dispositionsfreiheit Des weiteren sind die Risiken "ewiger" Inanspruchnahme fiir den Schuldner schwer kalkulierbar, seine wirtschaftliche Dispositionsfreiheit wird dadurch eingeschränkt26 . Das gilt zunächst fiir die Bereiche, in denen der Schuldner von seiner Verpflichtung nichts weiß27, da es ihm nicht möglich ist, solche unbekannten Forderungen zu berücksichtigen. Aber auch, wo er seine Verpflichtung

21 Mot. I, S.291; vgl. auch WindscheidlKipp, Band 1, S.544, auf den die Fonnulierung zurückgeht, die sich durch die gesamten Materialien zieht, im Original aber heißt: ,,Die Zeit ist eine Macht, der sich kein menschliches Gemüt entziehen kann ( ... ) Die Zeit heiligt nicht bloß, sie verdunkelt auch.". 22 Mot.I, S.291. 23 Heinrichs, VersR 1992, S. 6.

24 Beachte aber ,,impium praesidium praescriptio" (Verjährung ist ein ungutes Verteidigungsminel); vgl. Dohse, S. 5f; Peters/Zimmennann, S. 264. 25 Zimmennann, JuS 1984,410. 26 Ebenda; vgl. auch Dannemann/Karatzenis/Thomas, RabelsZ 55 (1991), 697, 699f.; PetersiZimmennann, S.189; Oetker, S. 51; vgl. auch schon Mot. I, S.298, allerdings zur kurzen Verjährung nach § 196 BGB. 27 Vgl. Spiro 1975, S. 11 f.

11. Zwecke der Verjährung

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kennt oder zumindest mit ihr rechnen muß, kann es ihm nicht obliegen, den Gläubiger zur Geltendmachung anzuhalten. Auch kann es auf den guten Glauben des Schuldners, entsprechenden Ansprüchen nicht ausgesetzt zu sein, nicht ohne weiteres ankommen28 . Da die regelmäßige Verjährung aber mit 30 Jahren recht großzügig bemessen ist, kann die Schaffung von Dispositionsfreiheit kaum als Zweck der Verjährung überhaupt herhalten. Der Schuldner wäre dann bei von ihm befürchteten Forderungen eine Generation lang an seine Dispositionen gebunden. In den Motiven klingt die Dispositionsfreiheit dann auch nur im Zusammenhang mit den kurzen Verjährungsfristen an, mit denen auch die Ansammlung von Ansprüchen vermieden werden so1l29. Der Gedanke des Schutzes der Dispositionsfreiheit wird aber, insbesondere im Bereich der kurzen Gewährleistungsfristen, zum vorherrschenden Moment 30 . Hier rechnet der Schuldner nicht mit seiner Verpflichtung, er befürchtet sie allenfalls 3!. Für diese Möglichkeit der Inanspruchnahme muß er entsprechende Vorkehrungen treffen, also Mittel zurückstellen. Um diese Mittel wieder aktivieren zu können, bedarf es absehbarer Zeiträume, nach denen eine Inanspruchnahme nicht mehr zu befürchten ist32 . 2. Rechtfertigung der Verjährung a) Möglichkeit der Durchsetzung Die Interessen des Gläubigers an der Durchsetzung seines berechtigten Anspruchs werden nach den Motiven33 durch seine durch Nichtgeltendmachung manifestierten Desinteresses relativiert34 . Dennoch ist nach der geltenden Re-

28 Mot. I, S. 296; Spiro 1975, S. 12 ff.; vgl. auch Prot. I, S. 234. 29 Mot. I, S. 305; Prot. I, S. 204 f. 30 Vgl. auch Oetker, S. 45, der dies allerdings aus dem aus § 242 BGB erwachsenden Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme konstruiert (ebenda, S. 48); vgl. unter 11.3.2. 3! Vgl. Spiro 1975, S. 15 f.

32 Vgl. Oetker, S. 48. Zur entsprechenden Vertragspraxis im Factoring-Geschäft, Martinek, Moderne Vertragstypen, S.226. 33 I, S.291. 34 Ebenda.

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B. Systematik des geltenden Verjährungsrechts

gelung die Möglichkeit des Gläubigers, seinen Anspruch durchsetzen zu können, nur dann relevant, wenn er im Sinne des § 203 BGB objektiv daran gehindert oder nach der Vereinbarung mit dem Schuldner die Leistung nicht durchsetzbar ist (§ 202 BGB). Subjektive Merkmale wie die Kenntnis des Gläubigers vom Vorhandensein des Anspruchs 35 sind fiir die Verjährung nicht automatisch relevant 36 . b) Unzulänglichkeit einer bloßen Beweislastumkehr Die Verjährung wäre nicht zu rechtfertigen, wenn die von ihr verfolgten Zwecke mit einem milderen Mittel als einer Einrede zu erreichen wären. In Betracht kommt hier eine nach entsprechender Zeit eintretende umfassende Beweislastumkehr zugunsten des Schuldners. Dieser Weg wurde auch teilweise beschritten. So war im code civil die dem heutigen § 196 BGB entsprechende Regelung als Tilgungsvermutung ausgestaltet37 . Die bloße Beweislastumkehr stößt aber schon auf denklogische und tatsächliche Schranken. So kann der Gläubiger oftmals nicht den negativen Beweis erbringen, daß etwa die Sache keine Mängel aufgewiesen hat, daß Einwendungen nicht bestehen etc. 38 . Die dann vom Gläubiger vorzubringenden Tatsachen werden auch oft in der Sphäre des Schuldners liegen, so daß der Gläubiger keine Zugriffsmöglichkeiten hat. Das Mittel der bloßen Beweislastumkehr ist danach nicht geeignet, die der Verjährung zugedachten Aufgaben zu erfüllen. 3. Öffentliche Interessen a) Rechtsfrieden und Rechtssicherheit In den Fällen, in denen der Gläubiger seinen Anspruch kennt oder kennen muß, kann man die Verjährung schon damit rechtfertigen, daß dann die durch Zeitablauf verschlechterte Situation des Schuldners durch die Begrenzung der Rechtsposition des Gläubigers auszugleichen ist. Der bloße Zeitablauf scham

3S Heinrichs, VersR 1992, Sonderheft, S.6.

36 Oetker, S. 49 f., 55. Das ALR sah aber vor, daß eine Verjährungsfrist bei Unkenntnis nicht zu laufen beginnt, vgl. F örsterlEccius, Bd. I; S. 221. Eine Ausnahme nach dem geltenden Recht stellt § 852 I BGB dar; vgl. Seite 32 ff. 37 Vgl. 3.1. 38 Spiro 1975, S. 9; vgl. Schellhammer, RdNr. 392.

II. Zwecke der Verjährung

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damit fiir den Schuldner einen gesetzlichen Vertrauenstatbestand, und das Institut der Verjährung stellt insofern eine Konkretisierung oder, wenn man will, auch eine Entlastung des § 242 BGB dar39. Fraglich ist aber, ob dies fiir den Fall, daß der Gläubiger vom Bestehen des Anspruches keine Kenntnis hat und haben konnte, ausreichend ist4°. Insoweit werden zur Rechtfertigung der dramatischen Wirkung der Verjährung und der damit verbundenen Benachteiligung des Gläubigers die Rechtssicherheit und der Rechtsfrieden als Rechtfertigungsgründe herangezogen41 . In den Motiven wird zwar der Rechtsfrieden als Zweck der Verjährung genannt4 2, aber lediglich als Sy-nonym fiir die beschriebene Beweisnot des Schuldners43 . An anderer Stelle44 verzichten die Motive dagegen auf jede Ausdifferenzierung des Erfordernisses der Einfachheit und Klarheit bei Verjährungsfragen; dies beruht wohl darauf, daß die Verfasser des BGB ganz allgemein die Vereinheitlichung durch Einebnung der starken Unterschiede der Verjährungsregelungen in den einzelnen Rechtsordnungen der deutschen Länder als ihre Aufgabe angesehen haben4S • Auch in der klassischen Literarur4 6 werden Rechtsfrieden und Rechtssicherheit gelegentlich dafiir angefiihrt, daß nach genau zu bestimmender Zeit niemand mehr ungewissen Ansprüchen ausgesetzt sein dürfe47 . In den beiden größeren Arbeiten zum Verjährungsrecht4 8 werden diese beiden Grundgedanken nicht zur Rechtfertigung der Verjährung herangezogen49.

39 Vgl. etwa Zimmermann, JuS 1984,410; Oetker, S. 46 ff. 40 Vgl. DannemannlKaratzenis/Thomas, RabelsZ 55 (1991),697, S. 700. 41 Dannemann/Karatzenis/Thomas, eben da; Heinrichs, VersR 1992, Sonderheft S. 7; Staudinger-Dilcher, Vorbem zu § 194 BGB RdNr. 4; MünchKomm-von Feldmann, § 194 BGB, RdNr. 6; Oetker, S. 38 ff.; vgl. auch schon Crome, S. 504.

42 I, S. 293. 43 Ebenda und S. 291. 44 Heinrichs, VersR 1992, Sonderheft, S. 5; Spiro 1953, S. 593. 4S Vgl. Mot. I, S. 300.

46 Etwa bei Savigny V, S. 267 f. 47 Ebenda. 48 Spiro, Die Begrenzung privater Rechte ... , S. 5 ff. und das Gutachten von Peters/Zimmermann, S. 189 ff. 49 Vgl. aber Oetker, S. 38 ff., der allerdings einen Zusammenhang mit der Beweisverdunkelung zieht, also wiederum auf den Schuldnerschutz abstellt.

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B. Systematik des geltenden Verjährungsrechts

Der Gedanke jedenfalls, daß nach bestimmter Zeit die Möglichkeit, berechtigte Ansprüche durchzusetzen, hinter dem Gedanken der Rechtsfriedens zurücktreten muß 50, ist sicher tragfähig, aber lediglich auf den Schuldnerschutz als allgemeinen Schutz vor allzu langer Inanspruchnahme gerichtet. Die so häufig beschworenen Gedanken der Rechtssicherheit und des Rechtsfriedens sind dann nicht Zweck, sondern mittelbare Wirkung des Institutes der Verjährung 51 . Besondere Bedeutung fiir die Rechtssicherheit gewinnt die Verjährungsregelung aus der Tatsache, daß der Zeitablauf ihr Herzstück darstellt. Die Zeit hat aber die besondere, weil von den Umständen des Einzelfalles unabhängige, Eigenschaft, genau berechenbar zu sein52 . b) Andere Zwecke Als weiterer Zweck der Verjährung wurde die Eindämmung der Kreditierung von Ansprüchen, die die Liquidität der Gewerbetreibenden einzuschränken droht, in Erwägung gezogen. Da aber selbst die kurze Verjährung des § 196 BGB als zu lang erschien, um der Ausdehnung des ,,Borgsystemes" entgegenzutreten53 , wurde dieser Gesichtspunkt fallengelassen und bei der Bemessung der Fristen nicht berücksichtigt54. Angesichts der nunmehr üblichen wirtschaftlichen Verwendung von hinausgeschobenen Zahlungszielen kann dieser Gedanke ohnehin als veraltet bezeichnet werden55 . Auch die Entlastung der Gerichte wird im Zusammenhang mit den Zwecken der Verjährung immer wieder genannt56 , als Grundlage fiir die Begründung einer Verjährungsregelung aber abgelehnt. Zwar ist die Entlastung der Gerichte Folge einer Verjährungsregelung57 . Doch liegt die Erhebung der Verjährungs-

50 Heinrichs, VersR 1992, Sonderheft, S. 5. 51 Spiro 1953, S. 585. 52 Vgl. DannemannlKaratzenisrrhomas, RabelsZ 55 (1991), 697, S. 700; Savigny V, S. 268. 53 Mot. I, S. 298 f. 54 Mot. I, S. 300; vgl. auch Spiro 1975, S. 20f. 55 Vgl. aber Spiro 1975, S. 21. 56 Heinrichs, VersR 1992, Sonderheft, S. 7; Spiro 1975, S. 22; Savigny V, S. 272. 57 Obschon eine große Zahl von Prozessen wegen verjährungsrechtlicher Fragen geführt wird; vgl. Peters/Zimmermann S. 103; Heinrichs NJW 1982,2021.

m. Fristen

27

einrede im Ermessen des Schuldners. Ferner wird im Geschäftsleben durch kürzere Verjährungsfristen die GeltendmachWlg nur vorverlagert. Die VerjähTWlg stellt danach kein geeignetes Mittel dar, die Gerichte zu entlasten58 .

III. Fristen 1. Die §§ 195ffBGB und die Grundgedanken der kurzen Verjährungsfristenfür Erjüllungsansprüche des Geschäftslebens

Als Regelfrist statuiert § 195 BGB eine 30 jährige Frist, die einen Kompromiß zwischen den bis dato geltenden RegelWlgen der vormaligen RechtsordnWlgen darstellte 59 . Diese oft als zu lang empfundene Frist60 ist wegen der zur AnwendWlg von kurzen Verjährungsfristen tendierenden RechtsprechWlg zunehmend zur Ausnahme geworden61 . Bereits im Allgemeinen Teil Wlterstellen die §§ 196, 197 BGB eine Reihe von Ansprüchen kürzeren Fristen. ZWlächst sieht § 196 BGB fiir einen Katalog von Ansprüchen eine zweijährige Verjährungsfrist vor. Es handelt sich hierbei wn Ansprüche aus "Geschäften des täglichen Verkehrs"62. Vorgänger des § 196 BGB waren Wlter anderen die Artt. 2271-2277 des code civil63 , die allerdings lediglich eine TilgoogsvermutWlg vorsahen, die der Gläubiger durch EideszuschiebWlg aufheben konnte. Da dies der Mehrzahl der entsprechen~en RegelWlgen der anderen deutschen GesetzgebWlgen nicht entsprach, die im Interesse der raschen AbwicklWlg allgemeine VerjährungsgTWldsätze anwandten64 , wurde die TilgoogsvermutWlg nicht aufgenommen. Mit der kurzen Verjährung wurde der rechtspolizeiliche Zweck65 verfolgt, Schuldner davor zu bewahren, RechnWlgen, deren ZahlWlg nicht mehr nachweisbar war, nochmals begleichen zu müssen. Die kurze Verjährung des § 196 BGB, die im wesentli58 Spiro 1975., S. 22. 59 Heinrichs, VersR 1992, Sonderheft, S. 5; Zimmennann, JuS 1984,410. 60 Ebenda; Grunsky, S. 454; kritisch Roll, WM 1977, 1217. 61 BGHZ 9, 209; Dilcher, JZ 1983, 827; Roll WM 1977, 1217. 62 Mot. I, S.297. 63 Ebenda; vgl. Demburg, S. 518; Endemann, 9.Aufl., S. 560. 64 Ebenda; vgl. auch PetersiZimmennann S. 115.

65 Mot. I, S. 299.

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B. Systematik des geltenden Verjährungsrechts

chen Entgeltansprüche von Gewerbetreibenden66 erfaßt, zollt damit dem Umstand Tribut, daß Gewerbetreibende im allgemeinen Kenntnis davon haben, daß sie wegen erbrachter Leistungen Ansprüche haben. Das anerkannte Interesse des Gläubigers, auch bei entsprechender Kenntnis noch zurückliegende Ansprüche realisieren zu können, steht der gesteigerten Beweisnot des Schuldners gegenüber, die damit stärkeres Gewicht erhält67 . Nach ständiger Rechtsprechung des BGH gilt § 196 BGB auch für Ersatz- oder Nebenansprüche, sofern diese als ,,Ersatzwert des ursprünglich Bedungenen"68 anzusehen sind, da die Anwendung der kurzen Verjährung Sinn und Zweck des § 196 BGB entspreche. Dies könnte in Zweifel zu ziehen sein, da die oben dargestellte Interessenlage bei anderen als Entgeltansprüchen so eindeutig nicht ist. Bei schwierigen Rechtsfragen könnte die Vermutung der Kenntnis des Anspruchs entfallen; auch braucht der Gläubiger nicht unbedingt die entsprechende Rechtsprechung zu kennen. Die vierjährige Verjährungsfrist des § 197 BGB maß dem wirtschaftlichen Gesichtspunkt, daß der unbegrenzten Ansammlung von Zinsansprüchen entgegenzuwirken sei69 , da diese im Extremfall die Existenz des Schuldners bedrohen könnte70, zusätzliche Bedeutung zu. Der Gedanke ist auch für § 196 BGB nicht ganz unbeachtlich, da die § 196 BGB unterstehenden Ansprüche an sich unbedeutende Schulden aus Geschäften des täglichen Lebens sind, die unter Umständen erheblich anschwellen können und dann nicht mehr aus dem laufenden Einkommen zu decken sind71 . 2. § 477 BGB und die zeitlich limitierte Mängelgewährleistung Die sechsmonatige Verjährungsfrist für Gewährleistungsansprüche bei beweglichen Sachen und die einjährige bei unbeweglichen im Kaufrecht gehen auf das römische Recht zurück 72 . Durch das Edikt der Aedilen wurden dort die

66 WindscheidIKipp, S. 571; Neumann, 1.Auft, § 196 BGB, Anm. 14. 67 Mot. I, S. 297 f. und Peters/Zimmermann S. 117. 68 BGHZ 57,191 (195). 69 Mot. I, S. 305. 70 Peters/Zimmermann, S.189f. 71 Prot. I, S. 204 f.; Demburg, S. 517; Endemann, 9.Aufl., S. 560. 72 Peters/Zimmermann, S. 120.

III. Fristen

29

Rechte aufWandehmg und Minderung (actio quanti minoris, actio redhibitoria) eingefiihrt, nachdem zuvor der Verkäufer nur bei Arglist, Zusicherung und wegen Verschulden gegenüber dem Vertragspartner fiir Fehler der Sache Gewähr leisten mußte 73 . Diese zunächst nur fiir den Vieh- und Sklavenkaufvorgesehen Rechtsbehelfe unterlagen bereits nach römischem Recht einer kurzen Verjährungsfrist 74 . Das gemeine Recht unterschied zwischen einer Ein-JahresFrist fiir die Wandelung und einer sechsmonatigen fiir die Minderung, was von den Verfassern des BGB nicht übernommen wurde, die lediglich verschiedene Fristen fiir bewegliche und unbewegliche Sachen einfiihrten. Das entsprach den ,,modemen" Gesetzgebungen75. Von den vormaligen Rechtsordnungen wich der Gesetzgeber auch insofern ab, als er den Schadensersatzanspruch wegen Fehlens einer zugesicherten Eigenschaft der kurzen Verjährung unterwarf. Eine entsprechende Regelung fand sich lediglich im sächsischen Gesetzbuch 76 . Angesichts des Normalfalls der Gewährleistung nach § 459 I BGB, bei der der Verkäufer oft als Zwischenhändler die Qualität der von ihm vertriebenen Waren nicht untersucht 77 und den auch insoweit nur in Ausnahmefällen eine entsprechende Obliegenheit oder Pflicht trifft78, dient die kurze Verjährungsfrist des § 477 BGB dem Abwicklungsinteresse des Verkäufers 79, der in absehbarer Zeit darauf vertrauen können muß, daß er verschuldensunabhängigen Gewährleistungsansprüchen nicht mehr ausgesetzt ist, um entsprechend: disponieren zu können 80 . Das Interesse des Verkehrs wird auch in den Motiven in den Vordergrund gestellt81 . Auch der Umstand, daß nach längerer Zeit schwer beweisbar ist, ob der Mangel schon bei Ablieferung vorhanden war, wurde der

73 Förster/Eccius, Preußisches Privatrecht, I. Band, 8.496. 74 Förster/Eccius, 8.512. 75 Mot. II, 8. 239; vgl. Förster/Eccius, 8.512.

76 Mot. 11, 8. 240; vgl. §§ 899, 923 des sächsischen bürgerlichen Gesetzbuches von

1863. 77 Peters/Zimmennann, 8. 227. 78 Vgl. nur EsserlWeyers, 8.29. 79 Zimmennann, Ju8 1984,415. 80 8oergel-Huber, § 471 BGB, RdNr.2; vgl. für die insofern gleiche Interessenlage beim Werkvertrag, Diehl, 8. 127. 81 Mot. II, 8.238.

30

B. Systematik des geltenden Verjährungsrechts

Regelung zugrunde gelegt82, obgleich in solchen Fällen die Beweislast beim Käufer liegt83. Der Schadenersatzanspruch nach § 463 BGB setzt lediglich eine eingegangene Einstandspflicht des Verkäufers, nicht aber ein Verschulden voraus, so daß die für die kurze Verjährung sprechenden Gründe auch hier voll zum Tragen kommen. Das den Verkäufer durch die Gewährleistungsrechte unverschuldet treffende wirtschaftliche Risiko wird durch die kurze Frist des § 477 BGB damit wieder zurückverlagert84 . Der einzige in den §§ 459 ffBGB geregelte verschuldensabhängige Anspruch, derjenige wegen arglistigen Verschweigens, wird denn auch folgerichtig von der kurzen Verjährung gern. § 477 I Satz 1 BGB ausgenommen, so daß § 195 BGB anwendbar bleibt85 . 3. § 638 BGB und die Verjährung nach der VOB/B Bei der Einführung der kurzen Verjährung nach § 638 BGB waren im wesentlichen die für § 477 BGB sprechenden Gründe bestimmend86 . Lediglich für Bauwerke entschied man sich wegen der mit der Herstellung vorhandenen Besonderheiten für eine "geräumigere" 5-Jahresfrist87 . Zu berücksichtigen ist, daß durch die AGBG-feste (§ 23 II Nr.5 AGBG) Regelung des § 13 Nr.4 VOBIB für Werkverträge, denen die VOBIB als ganzes zugrunde gelegt ist88 , ein wesentlicher Teil der Bauverträge einer zweijährigen Verjährung unterliegt89. Bezog man sich bei der Begründung zu § 638 BGB ausdrücklich auf § 477 BGB, besteht doch inhaltlich der Unterschied, daß § 477 BGB die Verjährung verschuldensunabhängiger Ansprüche regelt, während § 638 BGB

82 Soergel-Huber, §477 BGB, RdNr. 2. 83 Soergel-Huber, §459 BGB, RdNr. 92; vgl. auch BGHZ 77, 215 ,219. 84 Vgl. Roth, S. 1. 85 Zu den sonstigen verschuldensabhängigen Ansprüchen des Käufers und der Tendenz der Rechtsprechung, durch Konstruktion von Offenbarungspflichten den Anwendungsbereich von § 477 BGB einzugrenzen, siehe Seite 78 ff. 86 Vgl. Mot. II, S.486; Peters/Zimmermann, S. 122. 87 Mot. II, S.486. 88 BGH, NJW 1990, 1365. 89 Allerdings mit Abweichung in bezug auf den Ablauf der Verjährung; vgl. näher Müller-Foell, BauR 1982, 538ff.

ID. Fristen

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ausdrücklich auch auf Anspruche aus § 635 BGB anwendbar ist, der die verschuldensabhängige Einstandspflicht fiir Mängel des Werkes regelt. Auf die Abweichung zwn preußischen ALR, das die verschuldensabhängigen Anspruche von der kurzen Verjährung ausnahm, wurde zwar hingewiesen, aber nicht eingegangen90 . 4. § 558 BGB und die Verjährung nach Mietende Aus dem Regelsystem der kurzen Verjährungsfristen fällt § 558 BGB insoweit heraus, als er nicht die Verjährung von Gewährleistungsanspruchen des Mieters regelt, sondern die Anspruche des Mieters und des Vermieters betrifft, die mit dem Zustand der Mietsache zwn Zeitpunkt der Rückgabe bzw. der Beendigung des Mietverhältnisses zusammenhängen91 . Noch im ersten Entwurf des BGB war eine derartige Regelung nicht vorgesehen, da ein Bedürfnis dafiir nicht anerkannt wurde 92 • Damit die Parteien zur raschen Auseinandersetzung wegen des beendeten Mietverhältnisses angeregt würden, wurde im 2. Entwurf93, dem preußischen ALR folgend 94 , die halbjährige Frist aufgenommen. Diese Besonderheit des Mietrechts erklärt sich aus der Rechtsnatur der Minderung nach § 537 BGB als rechtsvernichtender Einwendung95 sowie des Anspruches aus § 538 BGB als Schadenersatzanspruchs wegen Nichterfüllung einer Hauptleistungspflicht96 . § 536 BGB statuiert als Hauptleistungspflicht des Vermieters nämlich die Überlassung einer Sache im vertragsgemäßen Zustand, während im Kaufrecht, jedenfalls beim Stückkauf97 und nach der Konkretisierung auch beim Gattungskauf, auch die Lieferung einer mangelhaften Sache als Erfüllung gilt, die Mängelrechte dementsprechend im Gegensatz zwn Mietrecht 90 Mot. H, S. 488. 91 BGHZ 98, 235, 237 mwN., zur problematischen Einbeziehung konkurrierender Ansprüche in den Anwendungsbereich des § 558 BGB siehe Seiten 244 ff. 92 Mot. 11, 395. 93 Prot. H, 177 f., 194. 94 Staudinger-Emmerich, § 558 BGB, RdNr. 1. 95 Palandt-Putzo, § 537 BGB, RdNr. 1. 96 Palandt-Putzo, § 538 BGB, RdNr. 2. 97 Vgl. vorne unter B.III.2.

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B. Systematik des geltenden Verjährungsrechts

als Einreden konzipiert sind. Auch beim Werkvertrag ist mit der Abnahme als Billigung des Werkes als im wesentlichen vertragsgemäß Erfiillung des Werkherstellungsanspruches eingetreten98 . Die Verfasser des BGB sahen also mit der Modifizierung des ursprünglichen Erfiillungsanspruchs im Werk- und Kaufvertragsrecht im Austauschakt das zeitliche Ereignis, ab dem der Verkäufer seine Inanspruchnahme abschätzen können muß. Im Mietvertrag als Dauerschuldverhältnis wird dagegen der Erfiillungsanspruch des Mieters, den Anspruch auf Überlassung einer tauglichen Sache, durch die Übergabe der Sache nicht in seinem Wesen verändert. Ein Abwicklungsbedürfnis besteht erst nach Beendigung des Vertragsverhältnisses. 5. § 852 BGB und die kenntnisbezogene Verjährung

Besondere Bedeutung hat § 852 BGB wegen seines Kenntniselementes erlangt99. Im römischen und gemeinen Recht unterlagen deliktische Ansprüche im wesentlichen 100 der allgemeinen Verjährung lOI . Trotz der Bedenken, daß eine kurze Verjährung die Privilegierung des unerlaubt Handelnden gegenüber dem Schuldner eines der regelmäßigen Verjährung l02 unterliegenden Schadenersatzanspruches zur Folge hätte, wurde mit Rücksicht auf dringende praktische Bedürfnisse lO3 die dreijährige Frist eingefiihrt l04 . Gerade bei unerlaubten Handlungen komme es zur schnellen Verdunkelung der Tatumstände, da es sich um plötzliche, unerwartete Vorfälle handele l05 . Subsidiär zur kenntnisabhängigen läuft die regelmäßige Verjährungsfrist von der Vornahme der unerlaubten Handlung an, solange der Gläubiger noch keine Kenntnis erlangt hat. 98 Zur problematischen Einbeziehung konkurrierender Ansprüche in den Anwendungsbereich von § 558 BGB vgl. Seiten 244 ff. 99 Dazu Seiten 107 ff. 100 Umstritten war, ob die prätorischen Deliktsansprüche einer einjährigen Verjährung unterliegen; vgl. v. Kübel, S. 729, aber Savigny V, S. 353 f., der diese Ausnahme bestreitet. 101 v. Kübel, S. 729; Peters/Zimmermann, S. 124. 102 Was freilich nur noch die Ausnahme darstellt; vgl. nur Larenz, AT, S. 254. 103 Mot. H, S. 414. 104 Insoweit folgte der Entwurf dem ALR, in dem bei außervertraglichen Schadenersatzansprüchen auch eine dreijährige Frist nach Kenntnis von Schaden und Schädiger bestand, vgl. FörsterlEccius, Bd. I, S. 315 f. 105 Ebenda.

IV. Beginn der Verjährung

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IV. Beginn der Verjährung 1. Entstehung des Anspruches Als allgemeine Regel stellt § 198 BGB fiir den Beginn der Verjährungsfrist auf die Entstehung des Anspruches ab, während der 1. Entwurf noch den Zeitpunkt, in dem der Anspruch erstmals rechtlich geltend gemacht werden konnte, fiir maßgeblich betrachtete l06, wobei mit der jetzigen Fassung in der Sache allerdings kein Unterschied besteht und auch nicht bestehen sollte l07 . Ein Anspruch entsteht nämlich dann, wenn man den Anspruchsadressaten, notfalls gegen seinen Willen, zur Erfiillung anhalten kann. Er bezieht sich auf das Recht(sverhältnis), dem er entstammt, "in seiner Richtung auf die Unterwerfung menschlichen Willens"108. Beim gegenseitigen Vertrag entsteht diese Möglichkeit mit Abschluß des Vertrages (§ 271 I BGB) bzw. mit der besonders vereinbarten Fälligkeit (§ 271 11 BGB). Mit der Formulierung des 1. Entwurfes sollte lediglich klargestellt werden, daß es nicht auf die Möglichkeit der gerichtlichen Geltendmachung, sondern auf die rechtliche Möglichkeit ankommt, es sich bei der Anspruchsverjährung also um eine materiell-rechtliche Regelung handelt I 09. Damit wurde die Kontroverse abgeschlossen, ob das Klagerecht oder der Anspruch der Verjährung unterliegtllO.

2. Fristbeginn nach Entstehung Für Ansprüche, die den §§ 196,197 BGB unterstehen, beginnt der Lauf der Verjährung erst mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem diese entstanden sind. Das erleichtert den Umgang mit den kurzen Verjährungsfristen, da sonst die Gewerbetreibenden eine unüberschaubare Anzahl von Fristen zu überwachen

106 Mot. I, S. 307. 107 Zinunennann, JuS 1984,418; Prot. I, S.210. 108 Windscheid/Kipp, S. 552. 109 Mot. I, S.307. 110 Die in den Beratungen des BGB inuner wieder aufflanunte, vgl. Mot. I, S. 290. 3 Mcycr

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B. Systematik des geltenden Verjährungsrechts

hätten, und entsprach den vormaligen RechtsordnungenIlI. Die Regelung stellt eine deutsche Besonderheit dar und wird teilweise kritisiert, weil sie zu Stoßzeiten in den Mahnabteilungen der Gerichte und bei Anwälten fUhrt I 12.

3. Fristbeginn vor Entstehung Die §§ 199 und 200 BGB gehen auf die gemeinrechtliche Regel "toties praescribitur actioni nondum natae, quoties nativitas est in potestate creditoris.. l13 zurück. Damit soll verhindert werden, daß der Gläubiger, in dessen Macht die Entstehung eines Anspruches steht, durch Nichtausübung dieser Macht privilegiert wird 114 . Heute ist die Regelung von zwei Seiten der Kritik ausgesetzt. Einmal scheint es nicht zweckmäßig, mit dem Mittel der Verjährung Druck auf den Gläubiger auszuüben, zumal die in Frage stehenden Gestaltungsrechte der Kündigung und der Anfechtung bereits mit Ausschlußfristen versehen sind l15 . Zum anderen erscheint die Begrenzung auf die Spezialfälle der Anfechtung und der Kündigung willkürlich, da der in den §§ 199 ffBGB zum Ausdruck gekommene Rechtsgedanke verallgemeinerungsfähig ist l16 .

4. Fristbeginn bei Gewährleistungsansprüchen Bei Werk- und Kaufverträgen wird, dem Sinn der kurzen Verjährung nach alsbaldiger Abwicklung entsprechend, der Beginn der Verjährung auf den eigentlichen Austauschakt gelegt. Das fUhrt zu Unbilligkeiten, da für nicht erkennbare Mängel die Gewährleistungsfristen oft bereits abgelaufen sind, wenn die Mängel hervortreten, die

111 Mot. I, S.3lO; vgl. für das Preuß. ALR, FörsterlEccius, Band 1, S.313. 112 Peters/Zimmermann, S.247 mit der Anekdote, daß die Regelung von anderen Rechtsordnungen schon deshalb nicht rezipiert wurde, weil es unschön wäre, "wenn die Gemütsruhe der Anwälte ausgerechnet um Weihnachten herum derart gestört würde". 113 Der Verjährung unterliegen die noch nicht entstandenen Ansprüche, deren Entstehung in der Macht des Gläubigers steht; vgl. WindscheidlKipp, S. 555 f. Fn. 9. 114 Vgl. WindscheidlKipp, S.555. 115 Vgl. Peters/Zimmermann, S. 246, 302. 116 Heinrichs, VersR 1992, Sonderheft, S.5; ders., NJW 1982,2025.

IV. Beginn der Verjährung

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§§ 477,638 BGB aber auch auf solche Mängel anzuwenden sind 117 . Da dies den Anforderungen des modernen Wirtschaftslebens nicht entspricht, wurde insbesondere in der Lehre erwogen, § 852 BGB in Bezug auf den Beginn der Verjährungsfrist bei nicht erkennbaren Mängel anzuwenden 118. Der BGH lehnte es ab, dieser Argumentation zu folgen, da es eine mit dem eindeutigen Wortlaut des § 477 BGB nicht zu vereinbarende und somit unzulässige Rechtsfortbildung wäre, würde seit den Beginn der Verjährung auf die Kenntnis vom Mangel oder auf dessen Erkennbarkeit abzustellen 119. Er verwies wegen einer Änderung dieses Zustandes, der auch im Hinblick auf das internationale Kaufrecht unbefriedigend sei, auf den Gesetzgeber l20 . 5. Fristbeginn bei Schadenersatzansprüchen

Als problematisch stellt sich der Beginn der Verjährung von Schadenersatzansprüchen dar. Die Rechtsprechung wendet zwar bei Ansprüchen, die wirtschaftlich an die Stelle eines Erfiillungsanspruches treten, die Verjährungsfrist des Erfiillungsanspruches an 121 , läßt die Verjährung aber, von Ausnahmen l22 abgesehen, erst mit Eintritt des Schadens beginnen l23 . Dadurch wird aber praktisch der Gedanke, der zur Anwendung der Verjährungsfristen des Erfiillungsanspruches auf die an seine Stelle tretenden Schadenersatzansprüche gefiihrt hat, konterkariert l24 . Eine Verjährungsregelung und also auch eine entsprechende Rechtsfortbildung des Verjährungsrechts kann nicht isoliert im Hinblick

117 Dagegen noch Heck 1929, S.277. 118 Siehe die Nachweise bei OLG Bremen, OLGZ 1979, 226 229; vgl. auch BGHZ 60,9,13 f. 119 BGHZ 77, 215, 220 ff. 120 Ebenda, S. 223; vgl. Heinrichs, VersR 1992, Sonderheft, S.5; wegen der Anwendung des §477 BGB auf Ansprüche aus pVV sowie anderen verschuldensabhängigen Ansprüchen siehe Seiten 67 ff. 121 Vgl. Seiten 49 ff. 122 Bei Unmöglichkeit und § 179 BGB beginnt die Verjährung jeweils mit Eintritt der Unmöglichkeit bzw. Verweigerung der Genehmigung; BGH, NJW 1959, 1819; BGHZ 73, 266, 271. 123 Palandt-Heinrichs, § 198 BGB, RdNr. 9. 124 Vgl. Peters, JZ 1989, 749 f.

B. Systematik des geltenden Verjährungsrechts

36

auf die jeweiligen Fristen, sondern immer nur im Zusammenhang mit deren Ablauf betrachtet werden l25 . Dabei stellt sich das Problem, daß es fiir den Beginn der Verjährungsfrist nicht auf den konkreten Einzelschaden ankommen kann, da latente Schäden dann nicht verjähren könnten. Lehre und Rechtsprechung verstehen daher auch den Schaden als abstrakte Rechengröße, der schon dann eingetreten ist, "wenn die Vermögenslage des Geschädigten infolge des schädigenden Ereignisses im Vergleich mit dem früheren Vermögensstand objektiv schlechter geworden ist,,126. Die Verjährung beginnt dann mit Eintritt dieser, nennen wir sie, "SchadensanIage"127. Mit dem konkreten Einzelschaden steht diese nur durch dessen Voraussehbarkeit in Verbindung 128. Damit wird im Ergebnis entgegen der sonstigen Intention, bei der Verjährungsregelung als formalem Recht nur auf objektiv feststellbare Tatsachen abzustellen, ein subjektives Element eingeführt. Die ganze Entwicklung erklärt sich daraus, daß der Begriff des einheitlichen Schadens dem Deliktsrecht entlehnt ist. Zunächst hatte bereits das Preußische Obertribunal 129 darauf abgestellt, daß bei einer in sich abgeschlossenen Handlung die Verjährung daraus herrührender Ansprüche auch hinsichtlich nur drohender, noch nicht eingetretener Schäden zu laufen beginnt. Diese Rechtsprechung wurde bereits vor Inkrafttreten des BGB vom RG übernommen l30, nach

125 Peters/Zimmermann, S.102. 126 BGH, NJW-RR 1990,459; vgl. auch BGH, NJW 1979, 264; RGZ 153, 101, 106 für die Verjährung von Ansprüchen gegen den Rechtsanwalt, der einen Anspruch des Mandanten hat verjähren lassen. Die Formulierung geht auf eine frühere Entscheidung des RG zurück (RGZ 90, 82, 84), die ebenfalls den Regreßanspruch gegen einen Rechtsanwalt zum Gegenstand hatte. 127 Vgl. zur Kritik des so verstandenen einheitlichen Schadensbegriffes, Keuk, S. 31 ff.; vgl. auch BGHZ 96, 290, 296, eine Entscheidung die aus dem Rahmen fällt, weil sie auf verschiedene Schäden abstellt, ohne überhaupt auf einen einheitlichen Verjährungsbeginn einzugehen. 128 LM Nr.3 zu § 198 BGB, B1.2. 129 v. 20.3.1846, Entsch. 13,19.. 130 RGZ 37, 269.

IV. Beginn der Verjährung

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Inkraftreten des BGB allerdings zunächst lediglich fiir die Verjährung deliktischer Ansprüche herangezogen 131. Das RG begründete dies damit, daß " ... ihm (dem Kläger) die Ungewißheit der Höhe seines Schadens in diesem Sinne nicht hat zugute kommen und den Beginn der Verjährung nicht hat aufhalten können, da diese trotz der Unkenntnis des Verletzten vom Umfang des Schadens zu laufen beginnt. Der Kläger wäre ... in der Lage gewesen, ohne endgültige Bezifferung seines Schadens, gerade um der Verjährung vorzubeugen, eine Feststellungsklage ... zu erheben 132."

Diese relativ weite Fassung, nach der nur die Schadensträchtigkeit, nicht aber die konkrete Auswirkung Gegenstand der Schadenskenntnis im Rahmen des § 852 I BGB sein muß I33 , wurde bald darauf dahingehend relativiert, daß nur der "gewöhnliche Schaden" von dieser Kenntnis umfaßt sei 134. Um einer zu weiten Ausdehnung vorzubeugen, betonte das RG im folgenden, daß es sich dabei um eine Ausnahme handle, der Schaden grundsätzlich einheitlich verjähre 135 .

131 JW 1907,302. 132 Ebenda. 133 Vgl. auch RG, JW 1909, 724; 1912, 751; WarnRspr 1914, Nr. 84; RGZ 87, 306; JW 1918,303; RGZ 106,289; JW 1926, 1151. 134 RGZ 70,150,157; JW 1908, 11, Nr. 11. 135 RG, JW 1912, 751: ,,Nicht jede neu eingetretene Folge der ursprünglichen Schadensursache kann daher als neuer Schaden und die Zeit seines Eintritts als Anfangstermin für eine neue Verjährung angesehen werden. Vielmehr kann dies nur in besonderen Ausnahmefällen z.B. dann geschehen, wenn die neuen Folgen nicht voraussehbar gewesen sind."; vgl. auch RG, WarnRspr 1914, Nr. 84: "Wer daher Schadenskenntnis im allgemeinen erlangt, dem gelten auch alle Folgezustände, die in jenem Zeitpunkt überhaupt als möglich voraussehbar waren, als bekannt, derart, daß die bloße Ungewißheit über Umfang oder Höhe des Schadens den Beginn der Verjährung nicht hindern kann. Aber bei schweren Folgezuständen, die neben ganz leichten Verletzungen erst später unerwartet eintreten, wird der Beginn der Verjährung in der Regel erst von dem Zeitpunkt zu rechnen sein, in dem der Verletzte von diesem erst nachträglich eingetretenen Schaden Kenntnis erhält."; vgl. auch RG, JW 1914, 355; 1918,303.

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B. Systematik des geltenden Verjährungsrechts

Das RG sah in dieser Rechtsprechung allerdings keine Besonderheit des Deliktsrechts. In einer Entscheidung aus dem Jahre 1913 136 hieß es: ,,Nun beruht zwar diese Rechtsprechung auf dem § 852 I BGB, einer Gesetzesbestimmung, die abweichend von dem hier maßgeblichen § 198 BGB, zum Beginne der kurzen dreijährigen Verjährung die Kenntnis des Verletzten von dem Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen verlangt. Ungeachtet dieser Verschiedenheit bietet sie aber doch Anhaltspunkte für den Verjährungsbeginn nach § 198 BGB, wenn sich nach Entstehung eines Schadenersatzanspruchs der ursprüngliche Schaden vergrößert und Streit entsteht, ob die Einheitlichkeit des Schadens so lange gewahrt bleibt, als die Schadensfolgen sich noch als eine nach den Anschauungen des Verkehrs möglicherweise zu erwartende Weiterentwicklung der zum Schadenersatz verbindenden Handlung ansehen lassen. Dieser Grundsatz ist ein allgemein gültiger. 137 ,. Der BGH übernahm zunächst die Rechtsprechung des RG hinsichtlich des Beginns der Verjährung nach § 852 I BGB sowie die Einschränkung auf voraussehbare Schäden l38 . Auch bei anderen Schadenersatzansprüchen geht der BGH mit dem RG vom Grundsatz der Schadenseinheit aus 139, ihm folgend auch etwa das BAGI40. Eine Abweichung von der Linie des RG ergab sich nur fiir die Verjährung des Beseitigungsanspruches. Während das RG hier nicht den einheitlichen Schadensbegriff anwandte, da der Beseitigungspflichtige eine Rechtspflicht zu erfüllen habe, worauf der Gläubiger vertrauen dürfe l41 , stellte der BGH auch insoweit darauf ab, welche Folgen der dem Gläubiger bekannten Verletzung der Beseitigungspflicht voraussehbar waren I 42.

136 RGZ 83, 354. 137 RGZ 83, 354, 360. 138 BGHZ 6,195; BGH, NJW 1960,380; VersR 1963, 161. 139 Vgl. für den Anspruch aus § 288 11 BGB, NJW 1957, 1436; Für Ansprüche bei Unmöglichkeit, LM Nr. 3 zu §198 BGB; bei Regreßansprüchen gegen den Anwalt, VersR 1967, 979; vgl. auch DB 1960, 667; "Spiegelbild" dieser Schadenseinheit ist denn nach dem BGH auch, daß die Erhaltung der Mängeleinrede auch für den sich erst später entwickelnden Mangel wirkt, BGHZ 50, 21. 140 AP Nr.8 zu §198 BGB. 141 RGZ 106,283,286; vgl. bereits RGZ 37, 269, 272. 142 NJW 1973,2285.

IV. Beginn der Verjährung

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Durch die Anwendung der kurzen Verjährung der Primär- auf die Sekundäransprüche umgeht die Rechtsprechung einerseits die ungeliebte 3D-Jahresfrist des § 195 BGB, verfällt dann andererseits, um Unbilligkeiten zu venneiden, darauf, die so gewonnene einheitliche Verjährungsfrist durch unterschiedlichen Beginn aufzuweichen. Daß dann schon die Anwendung der kurzen Verjährung fehlerhaft war und es eben nicht Sinn und Zweck der kurzen Verjährung nach § § 196ff BGB entspricht, diese auch auf Sekundäransprüche zu erstrecken, wird nicht in Betracht gezogen. Auch die naheliegende Möglichkeit, in Anlehnung an § 852 BGB an die zum Schadenersatz verpflichtende Handlung anzuknüpfen, wurde nicht erwogen. Dies hätte auch zur Folge, daß, behielte man die Einbeziehung der Schadenersatzansprüche in den Anwendungsbereich der §§ 196 ffBGB bei, die Gefahr bestünde, daß der Schadenersatz- vor dem Erfüllungsanspruch verjähren könnte, wenn die Handlung vor Entstehung des Erfüllungsanspruches vorgenommen würde. Dieses wenig wünschenswerte Ergebnis wäre dadurch zu venneiden, daß man dem Sinn und Zweck der §§ 196 ffBGB entsprechend den Ersatzanspruch in den genannten Fällen generell mit dem Erfüllungsanspruch verjähren ließe l43 . Bei Schadenersatzansprüchen, die nach der Rechtsprechung den §§ 477, 638 BGB unterliegen, also im Bereich des Kaufrechts bei Ansprüchen wegen mangelbezogener pVV und im Bereich des § 638 BGB bei Ersatzansprüchen wegen naher Mangelfolgeschäden, beginnt die Verjährung dagegen streng nach dem Wortlaut der gesetzlichen Vorschriften mit Übergabe/Ablieferung bzw. Abnahme l44 . Bei Ansprüchen nach § 558 BGB wird für den Beginn der kurzen Verjährung nach der Stellung als VennieterIMieter differenziert. Bei Schadenersatzansprüchen des Vennieters beginnt die Verjährung mit der Rückgabe der Mietsache, wobei auch für aus anderen Gründen erwachsende konkurrierende Schadenersatzansprüche die Verjährung mit diesem Zeitpunkt beginnt l45 . Eine Sonderstellung nehmen schließlich die deliktischen Schadenersatzansprüche ein, da die kurze Verjährungsfrist gern. § 852 BGB erst mit Kenntnis des Geschädigten von Schaden und Schädiger beginnt. Dies war der Komprorniß in der Diskussion, in der Bedenken gegen die kurze Verjährung deliktischer

143 Vgl. Peters, JZ 89, 750, der ErfulJungs- und Ersatzanspruch bezüglich Frist und deren Beginn gleich behandeln will. 144 Palandt-Heinrichs, §198 BGB, RdNr. 6. 145 Vgl. zur problematischen Einbeziehung konkurrierender Ansprüche in den Anwendungsbereich des § 558 BGB, Seiten 244 ff.

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B. Systematik des geltenden Verjährungsrechts

Ansprüche als Privilegierung des unerlaubt Handelnden angemeldet wurden l46. Die kurze Verjährung hatte auch im gemeinen Recht keine Entsprechung, allerdings bereits Eingang in vielen Rechtsordnungen gefunden l47 . Dem Preußischen Allgemeinen Landrecht folgend l48 wurde das Kenntniselement aufgenommen. Ob man insoweit überhaupt von einer Verjährungsregelung sprechen kann, ist allerdings fraglich. Eine solche zeichnet sich namentlich dadurch aus, daß der Schuldner seine Inanspruchnahme abschätzen kann. Um den Funktionen der Verjährungsregelung zu genügen, kann es auf ein Kenntniselement nicht ankommen l49 . Macht man eine Verjährungsregelung von einem Kenntniselement abhängig, stellt man also auf das Nichttätigwerden des Gläubigers ab, handelt es sich lediglich um eine Ausprägung des § 242 BGBI50. Zur Verwirkung besteht insofern ein Unterschied, weil es keines Vertrauensverhältnisses inter partes bedarf, so daß § 852 eine Zwitterstellung zwischen Verjährung und Verwirkung in bezug auf den Beginn des Laufes der Verjährungsfrist einnimmt.

V. Hemmung der Verjährung Bei den im Allgemeinen Teil des BGB geregelten Hemmungsgründen kann zwischen der Fortlaufs- 151 und der Ablaufshemmung unterschieden werden. Unter Fortlaufshemmung ist dabei die Hemmung der Verjährung fiir die Dauer, in der der Hemmungsgrund vorliegt, zu verstehen, während bei der Ablaufshemmung der Ablauf der Verjährungsfrist fiir eine bestimmte Zeit unbeachtlich ist, wenn der Ablaufshemmungsgrund vorliegt.

146 Vgl. Seiten 32 ff. 147 Mot. H, S.742. 148 Vgl. FörsterlEccius,Band 1, S.315. 149 V gl. bereits Seite 23 f.

ISO Zimmennann, JuS 1984,410.

151 Die Tenninologie geht auf Hausen, BB 1952,963 zurück.

V. Hemmung der Verjährung

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J. Fortlaufshemmung

Ausgehend von der gemeinrechtlichen Regel "agere non valenti non currit praescriptio"152 und der auf Bartolus und Baldus zurückgehenden Unterscheidung zwischen faktischen und rechtlichen Gründen, nicht wirksam klagen zu können l53 , statuieren die §§ 202-204 BGB eine Fortlaufshemmung der Verjährung bei höherer Gewalt, familiärer Bindung und aus Rechtsgründen. Der Hemmungsgrund der höheren Gewalt stellte gegenüber den vormaligen Rechtsordnungen eine Einschränkung dar. Diese erkannten auch andere Fälle an, in denen der Gläubiger unverschuldet außerstande war, seinen Anspruch zu verfolgen, etwa bei entschuldbarer Nichtkenntnis, als Hemmungsgrund 154. Die Verfasser des BGB sahen die Nichtaufnahme der entschuldbaren Unkenntnis nicht als zu große Härte an. Schon die Länge der ordentlichen Verjährung beuge hier Unbilligkeiten vor. Bei den Ansprüchen, die der kurzen Verjährung unterliegen, handele es sich um solche, die nach ihrer Art die Kenntnis vom Anspruch verbürgten I55. Ansonsten würden aber wirtschaftliche Gründe die Unbeachtlichkeit der Kenntnis fordern, was, ohne daß diese ausdrücklich erwähnt werden, auf die Gewährleistungsrechte hinweist 156. Der Hemmungsgrund der familiären Verbindung soll auf das zwischen den Personen bestehende "Pietätsverhältnis"157 Rücksicht l58 nehmen. Die Hemmung aus Rechtsgründen (impedimenta iuris) tritt ein bei dilatorischen Einreden, nicht aber bei peremptorischen, da diese den Anspruch ebenso nachhaltig

152 Die Verjährung läuft nicht gegenüber demjenigen, der nicht wirksam klagen kann. Dieser Rechtssatz findet sich allerdings in dieser Form nicht im römischen Recht, sondern geht auf Bartolus zurück; vgl. Spiro 1953, S. 588). Allerdings fmden sich entsprechende Regeln auch im corpus iuris civilis, vgl. etwa Dig. XLIV, 3, 1. 153 Spiro 1953, S.592. 154 Mot. I, S.315; Peters/Zimmermann, S.127; Gebhard, Teil 2, S.107 (395 im Nachdruck). 155 Womit Ansprüche gern. §§ 196fBGB erfaßt sind, vgl. 3.1. 156 Vgl. Mot. I, S. 317. 157 Mot. I, S. 324. 158 Wobei auch dies ein Fall der Fortlaufhemmung ist, da Ansprüche, die vor Eingehung der familiären Verbindung bestanden, während der Verbindung diesem Hemmungsgrund unterliegen; vgl. OLG Nürnberg, MDR 1980, 668; anders noch Hausen, BB 1952,963; Zimmermann, JuS 1984,420.

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B. Systematik des geltenden Verjährungsrechts

treffen würden wie die Verjährung 159 und es gerade dem Zweck der Verjährung entspreche, wenn der Schuldner, statt das Vorhandensein beweisen zu müssen, auf den Ablauf der Verjährungsfrist verweisen könnte l60. Hauptanwendungsfeld ist die im Gesetz genannte Stundung. Die Verfasser des BGB wollten keine zu enge Formulierung wählen, um etwa auch das Besitzrecht nach § 986 BGB erfassen zu können 161. Keine Hemmungswirkung haben die dilatorischen Einreden, deren Aufhebung in der Macht des Gläubigers steht (§ 20211 BGB), was dem Rechtsgedanken der §§ 199,200 BGB entspricht l62 . Die kasuistische Aufzählung des § 202 11 BGB war nötig, weil der Gesetzgeber sich angesichts der geringen Durchdringung der Materie gehindert sah, eine allgemeine Regel zu fixieren 163 . Im Besonderen Schuldrecht finden sich Hemmungsgründe in den §§ 85211 und 63911 BGB. Während § 85211 BGB erst 1978 zur Vereinheitlichung mit dem Haftpflichtrecht eingeführt wurde l64 , ist § 63911 BGB bereits von Anbeginn im BGB enthalten. Da der Besteller solange keinen Grund hat, gerichtlich gegen den Werkunternehmer vorzugehen, als dieser die Nachbesserung nicht abgelehnt hat, entspricht die Regelung dem Rechtsgedanken des § 208 BGB. Im Gegensatz zu diesem hat der Gesetzgeber allerdings nur eine Hemmung vorgesehen, da mit der Prüfung, ob ein Mangel vorliegt, und dem Versuch, diesen zu beseitigen, noch nicht notwendig ein Anerkenntnis einer Beseitigungspflicht gegeben ist 165 .

159 In mancher Hinsicht nachhaltiger vgl. § 813 I Satz 1 BGB. 160 Peters/Zimmermann, S.126. 161 Ebenda; das Besitzrecht nach § 986 BGB wird allerdings heute als Einwendung verstanden, so daß der Herausgabeanspruch des Eigentümers erst mit Beendigung des Besitzrechtes entsteht; vgl. BGHZ 82, 13, 18. 162 toties praescribitur actioni nondum natae, quoties nativatas est in potestate creditoris; vgl. vorne 4.3. 163 Peters/Zimmermann, S. 126. 164 Gesetz zur Änderung schadenersatzrechtlicher Vorschriften vom 16.8.1977 (BGBl. I, 1577). 165 Vgl. aber BGH NJW 1988, 254 f.; § 639 II BGB schließt nicht aus, daß der Unternehmer, der sich der Mängelbeseitigung entzieht, damit auch seine Verpflichtung gegenüber dem Berechtigten anerkennt.

VI. Unterbrechung

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Für das Kauf- und, per Verweisung, auch fiir das Werkvertragsrecht (§ 639 I BGB) bestimmt § 477 III BGB, daß die Hemmung und Unterbrechung eines Gewährleistungsanspruches, etwa die Wandlungsklage, auch die anderen wegen dieses Mangels gewährten Gewährleistungsansprüche erfaßt. 2. Ablaufshemmung

Die Fälle der Ablaufshemmung sind in den §§ 206,207 BGB geregelt. Während aber § 206 BGB den Minderjährigen schützen soll und nur Ansprüche erfaßt, die dieser nicht geltend machen kann, da ihm der gesetzliche Vertreter fehlt, erfaßt § 207 BGB auch Ansprüche gegen den Nachlaß, um den Nachlaßgläubiger nicht zu nötigen, die Nachlaßpflegschaft zu bestellen l66. Der Regel "agere non valenti non currit praescriptio" kann man auch diese faktischen Hemmungsgründe (impedimenta facti) zuordnen.

VI. Unterbrechung Das geltende Verjährungsrecht unterscheidet zwischen zwei Unterbrechungsgründen. Einmal bedarf der Schuldner des Schutzes der Verjährung nicht, wenn er die Verpflichtung dem Gläubiger gegenüber anerkennt (§ 208 BGB), da dieser dann keine Veranlassung hat, gegen den Schuldner vorzugehen. Als weiterer Unterbrechungsgrund gilt die gerichtliche Geltendmachung (§§ 209-220 BGB). Eine Besonderheit ergibt sich bei rechtskräftiger Entscheidung über einen Anspruch. Wirkt die Unterbrechung sonst nur in der Weise, daß nach der Unterbrechung die Verjährungsfrist neu zu laufen beginnt, läßt die rechtskräftige Entscheidung eine neue 30-jährige Verjährungsfrist beginnen (§ 218 I BGB), soweit es sich nicht um eine wiederkehrende Leistung handelt (§ 218 11 BGB). Der Gesetzgeber begründet dies mit einer Novation des Anspruchs. Nicht mehr der ursprüngliche Rechtsgrund, sondern das Urteil ist Grundlage des festgestellten Anspruches, so daß eine Verdunkelung der Verhältnisse auf lange Zeit nicht eintritt l67 , während es fiir wiederkehrende Leistungen bei der geschilderten Interessenlage verbleibt l68 .

166 Mot. I, S. 323. 167 Mot. I, S. 337f. 168 S. 338; vgl. 3.1.

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B. Systematik des geltenden Verjährungsreehts

Im Kauf- und, per Verweisung, auch im Werkvertragsrecht (§§ 477 11, 639 I BGB) gilt nicht nur die Entscheidung in der Sache als Unterbrechungsgrund, sondern schon die Einleitung des selbständigen Beweissicherungsverfahrens. Daß hier eine Unterbrechung, keine Hemmung eintritt, obwohl mit dem selbständigen Beweissicherungsverfahren keine endgültige Entscheidung in der Sache angestrebt wird, ist dann auch ein Grund der Kritik der Regelung in der Literatur l69 .

VII. Wirkung der Verjährung 1. Einrede gegen die verjährte Forderung Mit Ablauf der Verjährungsfrist hat der Schuldner die Möglichkeit, durch bloßen Hinweis auf den Zeitablauf die Erfüllung der Verbindlichkeit zu verweigern (§ 222 BGB). Der Gesetzgeber entschied sich damit fiir die "schwächere" Wirkung der Verj ährung I 70, da dies den meisten Rechtsordnungen entsprach l7l , und ausreicht den Zwecken der Verjährung zu genügen l72 . Da die Verjährung den Schutz des Schuldners bezweckt, liegt kein Grund vor, ihm diesen Schutz aufzudrängen l73 . Die Verjährung bringt den Anspruch aber nicht zum Erlöschen, so daß das trotz Bestehens der Verjährungseinrede Geleistete nicht zurückverlangt werden kann. Insbesondere gilt dies bei der Verjährung auch, wenn der Schuldner vom Ablauf der Verjährungsfrist keine Kenntnis hatte (§§ 222 11, 813 I Satz 2 BGB)174.

169 Peters/Zimmermann, S. 255; vgl. auch Spiro 1975, S.293f. 170 Zimmermann, JuS 1984,421. 171 Und heute noch entspricht, vgl. PeterslZimmermann, S. 263; zur Ausnahme im französischen und italienischen Recht in dem, dem § 196 BGB entsprechenden, Bereich (Ce 2271; Ccit 2954); Spiro 1975, S. 581 ff. 172

Mot. I, S. 341 f.

173 Ebenda, S. 341; Peters/Zimmermann, S. 263; vgl. Spiro 1975, S. 541 f. 174 Mot. I, S. 342, wo zum Ausdruck kommt, daß der Gesetzgeber die Lösung als Kombination von schwacher Wirkung - Verjährung als bloße Einrede - und starker Wirkung - Verjährung als Rechtsverlust - betrachtete.

VII. Wirkung der Verjährung

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2. Aufrechnung Eine weitere Besonderheit besteht im Hinblick auf die Möglichkeit der Aufrechnung mit einer verjährten Forderung. Während an sich die Aufrechnung mit einer einredebehafteten Forderung nicht möglich ist, gilt dies für die verjährte Forderung dann nicht, wenn die verjährte Forderung der aufzurechnenden unverjährt gegenübergestanden hat (§ 390 Satz 2 BGB). Noch im ersten Entwurf wurde eine solche Regelung abgelehnt l75 , da die Aufrechnungsmöglichkeit kein unentziehbares Recht gewähre und sich auch aus der Rückwirkung der Aufrechnung nicht notwendig die Möglichkeit ergeben müsse, daß auch inzwischen durch den Ablauf der Verjährungsfrist wertlos gewordene Ansprüche mit der Aufrechnung verwertet werden könnten. Vielmehr entspreche es dem Bild vom "ordentlichen Hausvater", daß dieser sich wegen ausstehender Forderungen mit seinem Vertragspartner zügig auseinandersetze. Ansonsten würden für den Fall, in dem die gegeneinander aufzurechnenden Ansprüche verschiedenen Verjährungsfristen unterlägen, Sinn und Zweck kürzerer Verjährungsfristen unterlaufen l76 . Die Frage wurde in den Beratungen schließlich zurückgestellt, um sie im Zusammenhang mit dem Recht der Aufrechnung zu diskutieren 177. Dort wurde, seit der Vorlage für die zweite Lesung, die dem § 390 Satz 2 BGB entsprechende Regelung aufgenommen. Die Aufnahme wurde damit begründet, daß die Regelung dem überwiegenden Teil des bis dahin geltenden Rechts entspreche und auch die Verkehrsanschauung dahin gehe, geschuldete Leistungen als Dekkungsmittel für zu fordernde Leistungen anzusehen l78 . Die Lösung ist denn auch die dogmatische Konsequenz aus der Rückwirkung der Aufrechnung (§ 389 BGB)179. Eine Ausnahme von § 390 Satz 2 BGB statuiert § 479 BGB für das Kaufund, in Verbindung mit § 639 I BGB, für das Werkvertragsrecht, in dem für den Erhalt der Aufrechnungsmöglichkeit zusätzlich gefordert wird, daß der KäuferlBesteller vorhandene Mängel dem VerkäuferIBesteller vor Ablauf der Verjährungsfrist angezeigt hat.

175 Mot. I, S. 343; II, S. 106. 176 Mot. I, S. 343, die allerdings lediglich die schon von Gebhard geäußerten Bedenken wiedergaben; vgl. dort, S. 103 f. (S. 391 f. im Nachdruck). 177 SchuhertlJakobs, AT, Teilband 2, §§ 1-240, S. 1114. 178 Schubert /Jakobs , SchR I, §§ 241-432, S.697. 179 Zur Kritik der Regelung Peters/Zimmermann S.266.

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B. Systematik des geltenden Verjährungsrechts

3. Bestehenbleiben der Sicherheiten

Von der Verjährung nicht betroffen sind fiir den veIjährten Anspruch bestellte Sicherheiten (§ 223 BGB). Die Verfasser waren der Ansicht, daß, wenn durch Bestelhmg von Sicherheiten während des Laufs der Verjährungsfrist diese unterbrochen wird (§ 208) und auch die nach Ablauf der Verjährungsfrist geleistete Sicherheiten nicht zurückgefordert werden können (§ 222 11 BGB), auch vor Beginn des Laufs der Verjährungsfrist bestellte Sicherheiten Auswirkungen auf die Verjährung haben müßten l80 . Daß dies eine Durchbrechung der Akzessorietät der bestellten Sicherheiten darstellte bzw. die gesicherte Forderung in Höhe des Wertes der Sicherheit praktisch unverjährbar gestellt wurde, wurde gesehen, doch nahmen die Verfasser dies in Kauf und schränkten den Grundsatz nur fiir wiederkehrende Leistungen ein 181. 4. Einreden aus dem verjährten Anspruch

Eimeden unterliegen, da sie keine Anspruche sind, an sich nicht der Verjährung 182. Dies gilt nicht fiir die Eimeden, die bloßer Annex von Anspruchen sind l83 . Als Ausnahme ist wieder fiir Kauf- und Werkvertrag, diesmal zum Vorteil des Schuldners l84 , vorgesehen, daß seine Eimede gegen den Kaufpreisanspruch bestehen bleibt, sofern er den Mangel vor Ablauf der Verjährungsfrist angezeigt hat, obwohl diese Eimede, weil aus dem Gewährleistungsanspruch fließend, sonst der Verjährung unterliegen würde. Der Mängelanzeige bedarf es nicht, wenn der VerkäuferIWerkunternehmer den Mangel arglistig verschwiegen hat l85 . Weitere Ausnahmen finden sich in den §§ 821, 853 BGB, die demjenigen, der ohne Rechtsgrund oder aufgrund unerlaubter Handlung eine Verbindlichkeit eingeht, die Eimede, die eigentlich aus dem Anspruch auf Befreiung von der

180 Mot. I, S. 344. 181 Ebenda; Zur Kritik der entsprechenden Regelung Peters/Zimmermann S. 264 f. 182 Mot. I, S. 291; WindscheidIKipp, Band 1, S. 579; Crome, S. 505. 183 Mot. I, S. 291. 184 Vgl. oben 7.2.aE; Peters/Zimmermann, S. 138. 185 Da dann der Gewährleistungsanspruch des Käufers ohnehin erst in 30 Jahren verjährt, ist die Vorschrift nur dann relevant, wenn der Kaufpreisanspruch nach der Übergabe entsteht und nicht der kurzen Verjährung nach § 196 BGB unterliegt.

VIII. Verjährung als halbzwingendes Recht

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Verbindlichkeit erwächst, zugestehen, daß er sich passiv verhält, da er keine Veranlassung hat, Klage zu erheben, ohne daß er in Anspruch genommen wurde 186.

VIII. Verjährung als halbzwingendes Recht § 225 BGB gestaltet die Verjährungsregelung als halbzwingendes Recht aus. Während die Verkürzung der gesetzlichen Verjährungsfristen den Zwecken der Verjährung nur entgegenkommt und schon aus diesem Grunde zulässig ist l87 , kann die Verlängerung nicht wirksam vereinbart werden. Die Verfasser begründeten die Vorschrift damit, daß ebenso, wie es den Parteien versagt ist, einen unverjährbaren zu einem verjährbaren Anspruch zu machen, die Parteien nicht umgekehrt einen verjährbaren zu einem unverjährbaren Anspruch machen könnten. Zudem diene die Verjährung auch öffentlichen Zwecken und müsse so dem Parteiwillen entzogen bleiben l88 . Das sächsische Gesetzbuch sah vor, die kurzen Verjährungen vom gesetzlichen Verbot auszunehmen, da diese im Bereich der §§ 196 ffBGB lediglich den Schutz des Schuldners bezweckten, der darauf verzichten könne, und ein Verbot ohnehin, angesichts der Möglichkeiten, die Verjährungsfrist mittelbar zu beeinflussen, illusorisch sei l89 . Da aber die § 196 ffBGB auch öffentlichen Zwecken dienen, wurde der sächsischen Regelung nicht gefolgtl90. Für den wichtigen Bereich der Verjährungsfristen im Gewährleistungsrecht sehen die §§ 477 I Satz 2, 63811 BGB die Möglichkeit von Verlängerungen vor. Entgegen den im allgemeinen Teil geäußerten Bedenken folgerten die Verfasser aus den im Verkehr allgemein üblichen Verlängerungen der Verjährungsfristen für Gewährleistungsansprüche durch entsprechende Garantieabre-

186 Peters/Zimmennann, S. 139. 187 Gebhard, Teil 2, S. 106 f. (S. 394 f. im Nachdruck); Mot. I, S. 346; Zimmennann, JuS 1984,422; Peters/Zimmennann, S.141. 188 Gebhard, Teil 2, S. 105 f. (S. 393 f. im Nachdruck); Mot. I, S. 345 f.; In den Kommentaren wird ebenfalls auf die Wahrung des Rechtsfriedens und der Rechtssicherheit als öffentlichen Interessen abgestellt, die das gesetzliche Verbot des § 225 BGB erforderlich machen; vgl. nur MünchKomm-von Feldmann, § 225 BGB, RdNr. 1; Staudinger-Dilcher, § 225 BGB, RdNr. 1. 189 Gebhard, Teil 2, S. 106 (S. 394 im Nachdruck). 190 Ebenda; Mot I, S. 346; SchubertIJakobs, AT, Teilband 2§§ 1-240, S. 1005.

48

B. Systematik des geltenden Verjährungsrechts

den, daß eine solche Regelung notwendig sei l91 . Da die kurzen Verjährungsfristen im Gewährleistungsrecht auch ein Element der Risikoverlagerung beinhalten 192, erscheint die getroffene Regelung auch als sachgerecht. Abweichend von § 225 Satz 2 BGB sieht § 11 Nr.l0 f AGBG die Unwirksamkeit von Abkürzungen der Verjährungsfrist für Gewährleistungsansprüche in AGB und Formularklauseln vor.

191 Vgl. Peters/Zimmermann, S. 141. 192 Roth, S. 1.

C. Rechtsprechungstendenzen

Im folgenden wird die Entwicklung der Rechtsprechung bezüglich der Ausgestaltung der Verjährungsfristen dargestellt. Dabei werden zunächst nicht die ökologischen Aspekte behandelt, die sich bei mancher Fallgestaltung aufdrängen, sondern die allgemeinen Tendenzen der Rechtsprechung rekonstruiert. Ob die ökologisch relevanten Fallgestaltungen in adäquater Weise verarbeitet sind, soll erst nach Erörterung des Verursacherprinzips untersucht werden. Die Durchsicht der Rechtsprechung hat zwn Ziel, die Verständnishorizonte eines modemen Verjährungsrechts offen zu legen. Da sich die Maximen, unter denen sich die Rechtsprechung bereit fmdet, Verjährungsrecht mit sozialem Gestaltungswillen anzuwenden, besonders an den zu § 196 BGB ergangenen Entscheidungen aufzeigen lassen und dieses Gebiet in der Literatur weitgehend vernachlässigt wird, wird zunächst die Entwicklung der Rechtsprechung auf diesem Sektor dargestellt.

I. Zu § 196 BGB Ältere Rechtsordnungen sahen für eine Reihe von Forderungen des gewerblichen Geschäftsverkehrs ebenfalls schon eine kürzere als die regelmäßige Verjährungsfrist vor. Gerade in diesem Bereich bestanden aber starke Unterschiede, was die erfaßten Ansprüche und Personenkreise sowie die Ausgestaltung im einzelnen betraf1• Der ursprüngliche Zweck der §§ 196, 197 BGB, den besonderen Beweisschwierigkeiten bei Erfüllung von Geldforderungen zu begegnen2, trat immer mehr in den Hintergrund. Auch solche Geschäfte, die wegen ihres

Vgl. Seiten 27 ff. 2 Die angesichts der inuner weitgehenden Verbreitung der bargeldlosen Zahlung und der damit einhergehenden Verbuchung auch von Zahlungen von Privatleuten eher zurückgegangen sein dürfte. 4 Meyer

c. Rechtsprechungstendenzen

50

Umfanges nicht als Geschäfte des täglichen Lebens anzusehen sind, werden nach der Rechtsprechung von § 196 BGB erfaßt3. Dabei lassen sich grundsätzlich zwei Tendenzen in der Judikatur verfolgen. Zum einen wird durch die analoge Anwendung des § 196 BGB der Kreis der der kurzen Verjährung unterliegenden Ansprüche vergrößert oder durch extensive Auslegung etwa des Begriffes der Auslagen und der Leistung von Diensten der Anwendungsbereich der Norm erweitert. wird. Zum anderen wird durch Ausweitung des Personenkreises, dessen Ansprüche der kurzen Verjährung unterliegen, die Bedeutung der Norm erhöht. Hier läßt sich aber auch beobachten, daß die extensive Gesetzesauslegung dazu genutzt wurde, mittels § 196 II BGB die Verjährungsfrist angemessener zu gestalten. J. Historie

Die Ausdehnung des Anwendungsbereichs der kurzen Verjährung betrifft zunächst die Sekundäransprüche. Die Einbeziehung von Ersatzansprüchen in den Anwendungsbereich des § 196 BGB kann auf eine lange Tradition in der Rechtsprechung zurückblicken. Bereits das Königliche Obertribunal verkündete in einem obiter dictum von 18504 zum § 1 des preußischen Verjährungsgesetzes von 1838: "Gehört diese Verpflichtung zu den in der citirten Gesetzesstelle bezeichneten, dann wird auch die Forderung des Geldaequivalents sich nach der letzteren zu richten haben."S

Diese Auffassung wurde derm auch in weiteren Entscheidungen bestätigt6. Da davon auszugehen ist, daß dem Gesetzgeber, der das preußische Verjährungsgesetz von 1838 als Ausgangspunkt fiir die Formulierung der §§ 196, 197 BGB genommen hat?, die zu diesem ergangene Rechtsprechung bekannt war, sich in den Materialien aber keine Stelle findet, in der diese Rechtsprechung mißbilligt wurde, kann nicht davon gesprochen werden, daß der Gesetz-

3

RGZ 66, 48,49; OLG Hamburg Recht 19lO Nr. 4053; BGHZ 50, 25, 32.

4

Entscheidung vom 7.11.1850, Strieth I, 102.

S

Strieth 1, S. 104.

6

Strieth 34, 255 f.; 39, 302, 304; 50, 283, 285 f.; 73,211, 2l3.

7

Peters/Zimmermann, S. 115; Mot. I, S. 288, 300.

I. Zu § 196 BGB

51

geber nur die primären Erfiillungsansprüche erfassen wollte, die Erfassung der Sekundäransprüche aber seinen Intentionen zuwiderlaufen würde 8. Das RG hatte sich vor Inkrafttreten des BGB, soweit ersichtlich, nur einmal mit dem Problem zu befassen9 . Hier war zwischen einem Fuhrunternehmer und einem Steinbruchbesitzer vereinbart, daß dieser bei der Vergabe von Fuhraufträgen bevorzugt werden sollte. Der Steinbruchbesitzer vergab aber abredewidrig Aufträge an andere als den Geschäftspartner und berief sich, offenbar in Kenntnis der entsprechenden Rechtsprechung des Königlichen Obertribunals, gegenüber dem vom Fuhrunternehmer geltendgemachten Schadenersatzanspruch auf die Verjährung nach § 1 Nr. 6 des Gesetzes von 1838 10. Der 3. Senat des RG lehnte es ab, in diesem Fall die kurze Verjährung anzuwenden, da nach Geist und Wortlaut des Gesetzes lediglich die in dem preußischen Verjährungsgesetz genannten Ansprüche erfaßt seien I I. Auf die Rechtsprechung des Königlichen Obertribunals ging er mit keinem Wort ein. Nach Inkrafttreten des BGB verfolgte das RG, hier war erstmals der 2. Senat zur Entscheidung über die Einbeziehung von Sekundäransprüchen in den Anwendungsbereich des § 196 berufen l2 , diese Linie nicht weiter. In dem von ihm zu entscheidenden Fall hatte sich der Beklagte dazu verpflichtet, dem Kläger ein bestimmtes Quantum Eisenbleche zum Transport auf dem Seewege anzudienen, dieses Quantum aber nicht eingehalten. Die Einbeziehung des daraus resultierenden Schadenersatzanspruches in den Anwendungsbereich des § 196 Nr. 3 BGB folgt nach dem RG "mit Notwendigkeit daraus, daß der Schadenersatzanspruch in demselben 13 Vertrage wurzelt und ein Aequivalent rur die Frachtforderung ist. Das Interesse der Klägerin, das in dem Frachtvertrag seinen Rechtsgrund hat, realisiert sich in der Schadenersatzforderung, in der Forderung, daß dasjenige ihr von der Beklagten gewährt

8

So aber Peters/Zimmermann, S. 179.

9

RG v. 2.2.1982, Gruchot 36, 997.

10 Wobei das Gericht entsprechend dem Stand der damaligen Dogmatik den Schaden ersatzanspruch nicht aus pVV herleitete, sondern aus einer entsprechenden Heranziehung der Regeln über das Vorkaufsrecht, vgl. Gruchot 36, 998; zu dieser Fallgruppe Staub, Von den positiven Vertragsverletzungen, S. 45. 11 Gruchot 36, 999. 12 RG v. 20.10.1905, RGZ 61, 390. I3 Hervorhebungen aus dem Original.

C. Rechtsprechungstendenzen

52

werde, was sie hätte gewähren müssen, wenn sie nicht vertragsbrüchig geworden wäre, also ... wenn die Beklagte die noch fehlenden Bleche zum Transporte übergeben hätte" 14.

Die gegenläufige Entscheidung des 3. Senats wird nicht erwähnt lS • Der Ausgangspunkt, daß neben den in § 196 BGB genannten auch die Ansprüche der kurzen Verjährung unterliegen, die als Äquivalent an die Stelle der erfaßten Erfüllungsansprüche treten, wurde in der weiteren Rechtsprechung des RGI6 und der Oberlandesgerichte 17 bestätigt. Nach dem Ende des Dritten Reiches setzte der BGH diese Rechtsprechung nahtlos fort. Zunächst wurde für den Anspruch aus Nichterfüllung und aus Verzug erklärt, diese Ansprüche "wurzeln im Grunde, wenn auch nicht nach der Zeit ihrer Entstehung l8, in dem alten Schuldverhältnis und bilden nur einen Ersatzwert statt des ursprünglich Bedungenen 19.',20

14 RGZ 61, 391. 15 Eine Erwähnung findet sich lediglich in der Entscheidung des OLG Hamburg, OLG 15,320. 16 Vgl. nur RGZ 64, 284; 85,242; Recht 1911 Nr. 1870; JW 1918, 550. 17 Vgl. OLG Dresden, OLG 12,248; nur OLG Rostock, OLG 13, 333; OLG Hamburg, OLG 15,320; OLG Stuttgart, DJZ 1908, Sp. 1408; Kammergericht, OLG22,168. 18 Auch nach der Rechtsprechung des RG begann die Verjährungsfrist für den Ersatzanspruch eigenständig zu laufen (vgl. RGZ 128, 76, 79; OLG Celle, OLG 24, 272), wenngleich auch hier § 201 BGB angewendet wurde (vgl. RGZ 128, 76, 78 f.). 19 Eine Formulierung, die aufRGZ 116,281,285 zurückgeht. 20 BGH v. 11.2.1958, DB 1958,307.

I. Zu § 196 BGB

53

2. Die systematische Ausweitung auf andere als in § 196 BGB ausdrücklich genannte Ansprüche Bei der Einbeziehung anderer als der in § 196 BGB genannten Ansprüche sind nach der Rechtsprechung des RG, des BGH und der Oberlandesgerichte zunächst vertragliche Ansprüche von der kurzen Verjährung nach § 196 BGB erfaßt. Voraussetzung ist jeweils, daß die Ansprüche an die Stelle des ursprünglich schon wörtlich erfaßten Anspruches treten. Unbestritten war und ist dies fiir Ansprüche aus Verzug und Unmöglichkeit21 . Auch fiir Schadenersatzansprüche aus positiver Vertragsverletzung hat sich diese Auffassung bald durchgesetzt22 . Schon früh wurde ferner klargestellt, daß nicht nur die vertraglichen Sekundäransprüche der kurzen Verjährung unterliegen sollen, sondern auch außervertragliche, so die Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag oder ungerechtfertigter Bereicherung, die an Stelle der vertraglichen Ansprüche bestehen können23 . Die Anwendung des § 196 BGB auf vertragliche Ansprüche läßt sich exemplarisch an einigen Beispielen aufzeigen. a) Ansprüche aus culpa in contrahendo und § 122 BGB Grundsätzlich unterliegt ein Schadenersatzanspruch aus cic dann, wenn keine kürzere Verjährungsfrist durchgreift, der dreißigjährigen Verjährung (§ 195 BGB)24. Getreu der durch die Rechtsprechung gesetzten Maxime muß eine kürzere Verjährungsfrist gelten, wenn der Schadenersatzanspruch, der sich

21 KcP, JW 1913, 129; DR 1939, 165; OLG Celle, OLG 24, 272, 273; OLG Düsseldorf, JW 1936, 3476 mit Anm. Lehmann; BGH, DB 1958, 307; WM 1973,489,490; LM Nr. 3 zu § 198 BGB. 22 RG, DR 1939, 165; BGH, NJW 1968, 692, 693; BGHZ 50, 25, 29. 23 Vgl. schon Strieth 34, 255 f.; 39, 302, 304; 50, 283, 285; vgl. RGZ 129,401; OLG Stuttgart, DJZ 1908, Sp. 1408; Planck 4. Aufl., § 196 BGB, Anm. 1; RGRK § 196 BGB, Anm. 1; vgl. auch RG, JW 1938, 317 wo ausdrücklich die bisherige Rechtsprechung beibehalten wurde, im konkreten Fall aber keine Besorgung fremder Geschäfte vorlag. 24 Dies ergibt sich schon direkt aus § 195 BGB, ohne daß es dazu der Heranziehung von Präjudizien bedarf, wie dies in Kommentaren und in der Literatur üblich zu sein scheint; vgl. Palandt-Heinrichs, § 196 BGB, RdNr. 10; Peters, VersR 1979, 103.

c. Rechtsprechungstendenzen

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aus der Verletzung vorvertraglicher Pflichten ergibt, an die Stelle des einer kurzen Verjährung unterliegenden Erfüllungsanspruches tritt. Für den Anwendungsbereich des § 196 BGB hat der 3. Senat des BGH zunächst darauf abgestellt, ob der in seinem Vertrauen Enttäuschte das positive Interesse ersetzt verlangt25. In einem solchen Fall verlangt der Verletzte, so gestellt zu werden, wie wenn der Vertrag, der durch das Verschulden des Verhandlungspartners nicht zustandegekommen ist, zustandegekommen wäre. Der so begründete Ersatzanspruch könne aber nicht "intensiver" sein, als der sich aus dem Vertrag ergebende Erfüllungsanspruch und müsse folglich nach denselben Regeln verjähren wie dieser26 . Der 7. Senat des BGH hielt dieser Rechtsauffassung entgegen, daß es nicht darauf ankommen könne, wie der Verletzte seinen Schaden berechne27 . Gleichgültig, ob der Verletzte den positiven oder den negativen Schaden ersetzt verlange, komme eine Anwendung der für den Erfüllungsanspruch geltenden kurzen Verjährung in den Fällen in Betracht, in denen die Vertragsverhandlungen wegen eines Verschuldens eines Partners nicht zum Abschluß gebracht worden seien28 . In diesen Fällen stellt der Anspruch aus Verschulden bei der Vertragsanbahnung dem BGH zufolge "in gewissem Sinne einen wirtschaftlichen Ausgleich dafür da, daß der Vertrag gescheitert ist. ... Dieser enge wirtschaftliche Zusammenhang zwischen der Vertragsanbahnung (den Vertragsverhandlungen) und dem daraus sich ergebenden Ersatzanspruch rechtfertigt es, den Schadenersatzanspruch aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen den gleichen Verjährungsregeln zu unterwerfen, denen im Falle eines Zustandekommens des Vertrages der vertragliche Erfiillungsanspruch der betreffenden Vertragspartei unterliegen würde ...29

25 BGHZ 49, 77. 26 BGHZ 49,82 f.; vgl. auch BGH, WM 1974,216 zur Verjährung von Schadenersatzansprüchen aus Verletzung eines Vorvertrages der danach ebenfalls § 196 I Nr. 1 BGB unterliegt. 27 BGHZ 57,191,195. 28 BGHZ 57,191,194. 29 BGHZ 57, 191, 197 f.

I. Zu § 196 BGB

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b) Einbeziehung der Ansprüche aus § 2 AbzG und § 347 BGB Eine besonders wechselvolle Geschichte hat die Behandlung von Ansprüchen aus § 2 AbzG, die weiterhin für die Ansprüche nach §§ 7, 13 VerbrKrG30 bedeutsam bleibt. Erstmals plädierte das LG Berlin31 für die Anwendung kürzerer Verjährungsfristen und zog eine analoge Anwendung von § 558 BGB in Betracht, da es sich auch bei Ansprüchen aus § 2 AbzG um solche wegen der Rückgabe einer Sache handle, was der Situation bei § 558 BGB vergleichbar sei. Dieser Auffassung wurde durch das OLG Königsberg32 eine Absage erteilt. Eine Analogie komme nur für die am nächsten liegenden rechtsähnJichen Fälle in Betracht, um die es sich bei § 558 BGB nicht handle. Infolgedessen setzte sich die Ansicht durch, daß für Ansprüche aus § 2 AbzG, da eine Sonderregelung nicht getroffen sei, die regelmäßige Frist des § 195 BGB anzuwenden sei33 . Die Ansprüche aus § 2 AbzG seien mit denen aus § 347 BGB vergleichbar, für die die regelmäßige Verjährungsfrist des § 195 BGB gelte, sich eine Gleichbehandlung mit den Ansprüchen auf Ersatz des Vertrauensinteresses aber verbiete 34 . Im folgenden wurde von einem Teil der Rechtsprechung35 die zur Einbeziehung von Ersatzansprüchen in den Anwendungsbereich des § 196 BGB ergangene Begründung auch für § 2 AbzG herangezogen. Die §§ 346 ff. BGB seien nicht anzuwenden, da sie als zum Allgemeinen Teil des Schuldrechts gehörige Normen keine Aussagen über die Verjährung der aus ihnen erwachsenden Ansprüche enthalten wfuden36 . Die Ansprüche aus § 2 AbzG seien für die erfolgte Lieferung und Überlassung an Stelle des zunächst bedungenen Kaufpreises geschuldet, so daß § 196 I Nr. 1 greife 37 . Dieser Auffassung trat nun wiederum das OLG Karlsruhe 38 entgegen. Für die Ansprüche aus § 2 AbzG habe der

30 LV.m. § 3 HaustürWG bzw. den §§ 346-354,356 BGB. 31 JW 1934, 3017. 32 HRR 1937,788. 33 OLG Breslau, HRR 1939, 1246; LG Düsseldorf, MDR 1958,239.

34 LG Düsseldorf, MDR 1958,239. 35 LG Oldenburg, NJW 1963,910; LG Nümberg-Fürth, NJW 1964,1230.

36 LG Oldenburg, NJW 1963,911. 37 Ebenda. 38 NJW 1964,1802.

56

c. Rechtsprechungstendenzen

Gesetzgeber keine kürzere Verjähnmg vorgesehen, obwohl das AbzG älter als das BGB sei. Eine entsprechende Anwendung des § 196 I Nr. 1 BGB komme nicht in Betracht, weil mit dem Rücktritt die Ansprüche aus dem Kaufvertrag erloschen seien und das nunmehr bestehende Rückgewährschuldverhältnis ausschließlich aus diesem resultiere. Von der allgemeinen Regel des § 195 BGB ausgehend komme wie für die sehr ähnlichen Ansprüche aus den § 346 ff. BGB nur die dreißigjährige Verjähnmgsfrist in Betracht39. Im folgenden traten immer mehr Gerichte der Auffassung bei, daß die Ansprüche des Abzahlungsverkäufers nach § 2 AbzG der kurzen Verjähnmg unterlägen40, wobei jeweils darauf hingewiesen wurde, daß es sich dabei nicht um eine analoge, sondern um die direkte Anwendung des § 196 I Nr. 1 BGB aufgrund extensiver Auslegung handle 41 . Der BGH wurde 1972 mit dem Problem befaßt42. Allerdings lehnte er es ab, § 196 I Nr. 1 BGB direkt auf die Ansprüche des Abzahlungsverkäufers anzuwenden, da die Ansprüche für die Lieferung von Waren durch den Rücktritt untergingen43 . Allerdings seien die Ansprüche aus § 2 AbzG ebensowenig mit denen aus den §§ 346 ff. BGB vergleichbar, da sie diesen gegenüber eine Sonderregelung darstellten44 . Auch reichten die Ansprüche aus § 2 AbzG weiter als die aus § 346 BGB ff., da nicht nur die empfangenen Leistungen zurückzugewähren, sondern darüber hinaus auch die vergeblichen Aufwendungen zu erstatten seien45 . Dies ähnele dem Anspruch auf Ersatz des Vertrauensinteresses und stehe in einem engen wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Anspruch für Lieferung von Waren, so daß § 196 BGB anzuwenden sei46 . Die Rechtsprechung wurde später4 7 auf die § 2 AbzG entsprechenden Ansprüche des Darlehensgebers, der die Sache an sich nimmt, ausgedehnt, während der Anspruch

39

Ebenda.

40 Wiederum das LG Nümberg-Fürth, NJW 1965, 638; LG Bochum, NJW 1966, 2215; KG, NJW 1969, 1255.

41 KG, NJW 1969, 1256. 42 BGHZ 58,121. 43 BGHZ 58, 122. 44 BGHZ 58, 12l. 45 BGHZ 58,123. 46 BGHZ 58, 123 f. 47 BGHZ 71, 322.

I. Zu § 196 BGB

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auf Darlehensrückzahlung beim finanzierten Abzahlungskauf vom Kaufpreisanspruch unterschieden werden und nicht der kurzen Verjährung nach § 196 BGB unterliegen so1l48. Auch die Ansprüche aus § 347 S. 2 BGB auf Entschädigung fiir den Gebrauch der Sache unterliegen nach der Rechtsprechung mittlerweile der kurzen Verjährung des § 196 BGB49, wobei wiederum darauf abgestellt wurde, daß diese Ansprüche wirtschaftlich gesehen an die Stelle der Vergütungsansprüche treten und einen Ausgleich fiir den gescheiterten Vertrag darstellen50. c) Einbeziehung der Ansprüche aus Werkverträgen Auch die Ansprüche aus Werkverträgen wurden mittels weiter Auslegung des Begriffes der Leistung von Diensten in den Anwendungsbereich des § 196 I Nr. 7 BGB einbezogen. Während noch das RG51 davon ausging, daß unter Leistungen von Diensten nur solche im Rahmen von Dienstverträgen zu fassen seien, legte der BGH52 unter Aufgabe einer eigenen früheren Rechtsprechung53 den Begriff der Leistung von Diensten extensiv aus, da er in einem "untechnischen"54 Sinne zu verstehen sei. Gerade bei Architektenverträgen etwa sei die Abgrenzung zwischen Dienst- und Werkvertrag schwierig, so daß es auch rechtspolitisch geboten sei, auch deren Ansprüche der kurzen Verjährung nach § 196 I Nr. 7 BGB zu unterwerfen 55.

48 BGHZ 60, 108, 110 f. wobei in der Sache das gesamte Restdarlehen fallig gestellt wurde, die Sache aber bei dem Käufer verblieb. 49 BGHZ 86, 313. 50 BGHZ 86, 319 mit Verweis aufBGHZ 57,191, siehe obiges Zitat. 51 RGZ 72, 179; 86, 75; 97, 122, 125; 129,401,404. 52 BGHZ 59, 163. 53 BGHZ 45, 223; vgl. auch BGR, NJW 1960, 1198; OLG Düsseldorf, NJW 1966, 984.

54 BGHZ 59, 165. 55 BGHZ 59,165 f.; vgl. auch LG Bremen, MDR 1963,676; OLG Stuttgart, MDR 1964,843; OLG Bamberg, NJW 1965, 300; OLG Karlsruhe, Die Justiz 1965,272.

58

C. Rechtsprechungstendenzen

d) Teilweise Einbeziehung von Vertragsstrafen Getreu der Maxime, auch die vertraglichen Sekundäranspruche in der für den Primäranspruch maßgeblichen Frist verjähren zu lassen, nahm der 1. Senat des RG zunächst an, daß Vertragsstrafen, da sie an Stelle der ursprünglich vereinbarten Vergütung träten, der Verjährungsfrist des Vergütungsanspruches unterlägen56 . Durch die Bezeichnung als Konventionalstrafe, im konkreten Fall als ,,Frachtzuschlag", hörten diese nicht auf, ,,Fracht" im Sinne des § 196 I Nr. 3 BGB zu sein, wofür schon eine ungezwungene Auslegung des Wortlautes, aber auch der Zweck der Verjährungsvorschriften überhaupt spreche57 . Mit einer Entscheidung aus dem Jahre 1911 58 differenzierte das RG - nunmehr war allerdings wieder59 der 2. Senat mit der Frage befaßt - dahingehend, daß die ,,reine" Vertragsstrafe insoweit nicht der kurzen Verjährung unterliege, als sie unabhängig von der tatsächlichen Leistung verlangt werden könne 60 . Noch weitergehend entzog der 2. Senat des RG die Vertragsstrafe der kurzen Verjährung in einer Entscheidung aus dem Jahre 191461 . Danach ist die Anwendung der kurzen Verjährung dann ausgeschlossen, wenn mit der Vertragsstrafe ein Interesse verfolgt wird, das dasjenige an der ordnungsgemäßen Erfüllung bei weitem übersteigt62. Von der kurzen Verjährung sei nur der Anspruch erfaßt, der ein Äquivalent für die Warenlieferung sei63 . Ob das RG damit der bisher verfolgten Linie entsprechend, auf die Ersatzfunktion für den ursprünglichen, der kurzen Verjährung unterliegenden Anspruch abstellt, wurde nicht klar64 .

56 RGZ 64, 284, 287. 57 RGZ 64, 286 f. 58 Recht 1911 Nr. 1870. 59 Wie schon bei der Einbeziehung von Sekundäransprüchen, vgl. Seite 51. 60 Recht 1911 Nr. 1870.

61 RGZ 85, 242. 62 RGZ 85, 243. 63 RGZ 85, 244. 64 Die Fonnulierung wird auch von der Rechtsprechung teilweise noch verwandt und in den Kommentaren angeführt; vgl. BGHZ 79, 89; Staudinger-Dilcher, § 196

I. Zu § 196 BGB

59

In neuerer Zeit hat der BGH lediglich in einem obiter dictum zu der Problematik Stellung genommen. Danach soll auch die Vertragsstrafe von der kurzen Verjährung des § 196 BGB erfaßt sein, wenn sie als Zuschlag zur ursprünglichen Entgeltforderung ausgestaltet ist65 , womit zumi~dest terminologisch wieder der Ausgangspunkt der Entscheidung aus dem Jahre 190666 erreicht ist. Tatsächlich muß für die Einbeziehung der Vertragsstrafe auf deren Rechtsnatur abgestellt werden. Handelt es sich bei ihr um einen Sekundäranspruch, der lediglich die Schadloshaltung des einen Teils bei vertragswidrigem Verhalten des anderen Teils sichern so1l67, muß nach den Grundsätzen der Rechtsprechung, da der Anspruch auf Zahlung der Vertragsstrafe dann an die Stelle des Erfüllungsanspruches tritt, die kurze Verjährung für den Primäranspruch zur Anwendung kommen, was vor allem für den Teil der Vertragsstrafe gilt, der gemäß § 338 BGB auf den Schadenersatzanspruch wegen Nichterfüllung anzurechnen ist. Insofern stellte die obengenannte Entscheidung aus dem Jahre 1911 zutreffend darauf ab, ob die Vertragsstrafe unabhängig vom Primäranspruch verlangt werden kann, und ist dahingehend zu ergänzen, daß sie insoweit der kurzen Verjährung entzogen ist, als sie auch unabhängig von dem an die Stelle des Erfüllungsanspruches tretenden Sekundäranspruch verlangt werden kann.

e) Einbeziehung dinglicher Herausgabeansprüche Ebenfalls recht wechselvoll stellt sich die Geschichte der Rechtsfrage dar, ob auch dingliche Herausgabeansprüche von § 196 BGB erfaßt werden sollen. Im Bereich des Kaufes unter Eigentumsvorbehalt hat sich allerdings recht schnell die zutreffende Einsicht durchgesetzt, daß der Eigentumsherausgabeanspruch des Vorbehaltsverkäufers nicht der kurzen Verjährung des Kaufpreisanspruches unterliegen kann68 . BGB, RdNr. 19; MünchKomm-v. Feldmann § 196 BGB, RdNr. 5; Soergel-Walter § 196 BGB, RdNr. 20.

65 BGH v. 23.10.1990, LM Nr. 32 zu § 195 BGB. 66 RGZ 64, 284. 67 Vgl. Esser/Schmidt, SchR AT, Band I, 1. Teilband, S. 272. 68 Vgl. BGHZ 34, 191; 70, 96; vgl. bereits Oertmann, JW 1926, 725; Crisolli, JW 1935, 2218. Bei den letztgenannten FundsteIlen handelt es sich um Anmerkungen zu den Entscheidungen des LG Dresden (JW 1926, 725) und des LG Breslau (JW 1935, 2218), in denen jeweils eine Anwendung der kurzen Verjährungsfrist angenommen wurde.

60

C. Rechtsprechungstendenzen

Bei der Fallgruppe in der der Verkäufer die Kaufsache in einer Verpackung liefert und nunmehr Herausgabe derselben fordert, ist das Bild wesentlich uneinheitlicher. Bereits in den Motiven wurde angenommen, daß die Aufwendungen bezüglich der ,,Emballage" unter den Begriff der Auslagen in § 196 I Nr. 1 BGB fallen69 . Diesen Gedanken aufnehmend erging eine Reihe von Entscheidungen der Oberlandesgerichte, die auch den Herausgabeanspruch bezüglich der Verpackung der kurzen Verjährung nach § 196 BGB unterstellten 70 , obgleich sich eine so weitgehende Auslegung jedenfalls nicht aus den Motiven ergab. Der Anspruch auf Herausgabe der Emballage, etwa eines Waggons oder eines Containers nach erfolgter Lieferung selbst, kann kaum als einer wegen Auslagen bezeichnet werden71, selbst wenn man insoweit einen vertraglichen Nebenanspruch annimmt. Das RG folgte dem dann auch insoweit nicht, als die Herausgabe aufgrund des Eigentums an der Verpackung gefordert wurde, sondern beließ es bei der regelmäßigen Verjährung 72 . Auch der BGH folgte der Ansicht, daß jedenfalls die auf das Eigentum an der Verpackung gestützten Ansprüche nicht der kurzen Verjährung unterliegen können 73 . 3. Ausweitung des von § J96 BGB erfaßten Personenkreises a) Einbeziehung von Ansprüchen des Bauunternehmers in den Anwendungsbereich des § 196 I Nr. 1 BGB Als Beispiel, wie die Rechtsprechung durch weite Auslegung der Begriffe in § 196 BGB Ansprüche in den Anwendungsbereich der Vorschrift miteinbezog, um damit die Verjährungsfristen abzukürzen, ist die Art und Weise heranziehbar, wie Forderungen eines Bauunternehmers unter § 196 BGB subsumiert worden sind. Bereits das Königliche Obertribunal hatte sich mit dem Problem beschäftigt 74 und entschieden, daß Bauunternehmer, da diese die Arbeiten nicht selbst ausführten, keine Handwerker im Sinne des § 1 Nr. 1 des preußi-

69 Mot. I, S. 301. 70 OLG Celle, SeuffArch 66, 130 (Nr. 66); OLG Hamburg, DJZ 1914, Sp. 176; Kammergericht, JW 1929, 330. 71

So aber Wolf, DJZ 1905, 1159; wie hier LG Koblenz, NJW 1959,1783.

72 WamRspr. 1929, Nr. 27. 73 LM Nr. 2 zu § 989 BGB; aA LG Koblenz, NJW 1959, 1738. 74 Entscheidung v. 26.6.1856, Entsch 34, 97.

1. Zu § 196 BGB

61

schen Verjährungsgesetzes von 1838 seien75 . Auch nach Inkrafttreten des BGB herrschte die Auffassung vor, daß Ansprüche von Bauunternehmern nur dann unter § 196 I Nr. 1 BGB fielen, wenn diese als Handwerker oder Kaufleute anzusehen seien76 . Von dieser Auffassung hat sich der BGH mit einer Entscheidung aus dem Jahre 1963 77 ab gewandt. Danach kommt es nicht darauf an, ob der Bauunternehmer Kaufmann im Sinne der §§ 1,2 HGB ist oder selbst handwerklich mitarbeitet: Seine Ansprüche sollen in jedem Fall § 196 I Nr. 1 BGB unterliegen. Dies erreichte der BGH, indem er lediglich darauf abstellte, daß· die Leistungen des Bauunternehmers im wesentlichen handwerksmäßig bewirkt werden. Angesichts der Anforderungen einer modernen Wirtschaftsstruktur und einer entsprechend geänderten Verkehrsauffassung sowie nach dem Sinn und Zweck des § 196 BGB fällt der Bauunternehmer damit aber unter einen extensiv ausgelegten Handwerkerbegriff7 8.

b) Ansprüche aus § 179 BGB gegen den vollmachtlosen Vertreter79 Die Ansprüche gegen den vollmachtlosen Vertreter aus § 179 BGB auf Schadenersatz bzw. Erfüllung unterlagen zunächst nach der Rechtsprechung des RG80 nicht der kurzen Verjährung, die bei Zustandekommen des Vertrages für den Erfüllungsanspruch gegolten hätte. Zwar sei § 196 BGB auch auf gesetzliche Ansprüche anwendbar81 ; doch wichen die Ansprüche gegen den vollmachtlosen Vertreter, da es sich bei ihm um keine tägliche Erscheinung handle, so weit vom Tatbestand des § 196 BGB ab, daß dessen Anwendung nicht geboten sei. Die Anwendung des § 196 BGB sei auch unzweckmäßig, da es denk-

75 Entsch 34,100 f. 76 RGZ 60, 74, 77; 66, 4; 70,28; RG, JW 1905,337; 1907,325,328; 1913, 196. 77 LM Nr. 10 zu § 196 BGB.

78 LM Nr. 10 zu § 196 BGB. 79 Solche sind in diesem Gliederungspunkt zu behandeln, da mit den Ansprüchen gegen den vollmachtlosen Vertreter Ansprüche gegen eine Person ohne Rücksicht auf deren gewerbsmäßiges Handeln § 196 BGB unterstellt werden.

80 RG v. 25.6.1934, RGZ 145,40. 81 Um die es sich bei Ansprüchen aus § 179 BGB auch dann handelt, wenn der vollmachtlose Vertreter auf Erfüllung in Anspruch genommen wird, vgl. BGH, NJW 1970,240,241; NJW 1971,429,430.

62

C. Rechtsprechungstendenzen

bar sei, daß die Identität des ohne Vollmacht Handelnden nur schwer zu ermitteln sei 82 . Eine Abkehr von dieser Auffassung deutete sich bereits in zwei fast gleichzeitig, aber voneinander unabhängig ergangenen Entscheidungen des OLG Hamburg83 und des LG Frankfurt84 an. Das LG Frankfurt entschied fiir die gegenüber der aus § 179 BGB weitergehenden Haftung aus § 54 S. 2 BGB85, daß hier die kurze Verjährung angebracht erscheine, da es dem Anspruchsinhaber ohne Prüfung der näheren Umstände durch diese Norm ermöglicht sei, direkt auf den fiir den nicht rechtsfähigen Verein Handelnden zurückzugreifen 86 , ohne daß es, wie im Falle des § 179 BGB darauf ankomme, ob der eigentliche Geschäftspartner die Genehmigung des Geschäftes verweigere. Das LG Frankfurt hielt deswegen im Unterschied zum Fall des § 179 BGB, die dreißigj ährige Verj ährungsfrist fiir angezeigt87. Ein knappes Jahr zuvor hatte das OLG Hamburg entschieden, daß Ansprüche gegen den vollmachtlosen Vertreter jedenfalls dann der kurzen Verjährung fiir den ursprünglich angestrebten Erfiillungsanspruch unterliegen, wenn vom vollmachtlosen Vertreter die Erfüllung gern. § 179 I 1. Alt. BGB verlangt werde 88 . Das Gericht verwies zunächst darauf, daß vom RG über einen Fall des § 179 I 2. Alt. BGB entschieden worden sei 89 . Für den Fall, daß die Erfüllung gern. § 179 I 1. Alt. BGB verlangt wird, betonte das OLG Hamburg, daß dann ein vertragsähnliches Schuldverhältnis vorliege 90. Dieser Fall sei den Fällen des

82 RGZ 145,41. 83 MDR 1976, 141. 84 DB 1976,2058. 85 Im Fall des § 179 BGB kann lediglich der vollmachtlose Vertreter auf Erfüllung in Anspruch genommen werden, während nach § 54 S. 2 BGB auch der nicht eingetragene Verein aus dem in seinem Namen getätigten Geschäften verpflichtet ist. Auch haftet der Handelnde in jedem Fall auf Erfüllung, ob er nun zur Vertretung des nicht rechtsflihigen Vereins befugt ist oder nicht, ohne Rücksicht auf den guten Glauben des Handelnden bezüglich seiner Vollmacht. 86 DB 1976,2058,2059. 87 Ebenda. 88 MDR 1976, 141, 142. 89 MDR 1976, 141. 90 MDR 1976, 142.

I. Zu § 196 BGB

63

Verschuldens bei Vertragsverhandhmgen, bei denen der BGH die kurze Verjährungsfrist anwende91 , vergleichbar. Die Anwendung der dreißigjährigen Verjährungsfrist würde die Rechtsstellung des Gläubigers in dem Schuldverhältnis zum vollmachtlosen Vertreter gegenüber derjenigen, die der Gläubiger erlangt hätte, wäre der Vertrag planmäßig zustandegekommen, in einem Maße verbessern, welches den in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen zuwiderlaufe 92 . Dem Grundsatz, daß der Ersatzanspruch nicht stärker sein dürfe als der ursprünglich angestrebte Anspruch, wurde also vom OLG Hamburg auch in diesen Fall Geltung verschafft.

In einer Grundsatzentscheidung hat sich der BGH dieser Auffassung angeschlossen93 , es aber hier nicht fiir geboten gehalten, bei den einzelnen sich aus § 179 BGB ergebenen Ansprüchen bezüglich der Verjährungsfrist zu differenzieren94 . Mit Hinweis auf die fast allgemeine Meinung in der Literatur, daß jedenfalls der Ersatzanspruch fiir den Vertrauensschaden gern. § 17911 BGB der kurzen Verjährung unterliege 9S , und darauf, daß zwischen dem Schadenersatzanspruch aus § 179 I 2. Alt. BGB und dem aus § 179 11 BGB kein wesensmäßiger Unterschied bestehe96, wurde die bisherige durch die Entscheidung des RG von 193497 initiierte Rechtsprechung aufgegeben. Es komme nicht darauf an, ob es sich bei Ansprüchen gegen den vollmachtlosen Vertreter um eine alltägliche Erscheinung handle. Die §§ 196, 197 BGB stellten lediglich darauf ab, ob die erfaßten Ansprüche im Wirtschaftsverkehr typischerweise massenhaft vorkämen und kurzfristig abgewickelt zu werden pflegten98 . Da es geboten sei, Ersatzansprüche einzubeziehen, wenn sie wirtschaftlich den Ersatzberechtigten so stellen sollten, als wäre das Rechtsgeschäft planmäßig abgewickelt worden, es sich aber auch bei Ansprüchen aus § 179 BGB um solche Ansprüche handle, sei die Anwendung der kurzen Verjährung auch auf diese Ansprüche geboten99 .

91 Ebenda; zur entsprechenden Rechtsprechung des BGH vgl. Seite 53 ff. 92 MDR 1976, 142. 93 BGH v. 8.2.1979, BGHZ 73, 266. 94 BGHZ 73,269. 95 BGHZ 73, 268 mit entsprechenden Nachweisen.

96 BGHZ 73, 270. 97 RGZ 145,40. 98 BGHZ 73, 266, 270. 99 BGHZ 73, 270 f.

64

c. Rechtsprechungstendenzen

Den Einwänden des RG, daß Ansprüche aus § 179 BGB nicht einzubeziehen seien, weil der Tatbestand schwer feststellbar sei und auch die Person des vollmachtlosen Vertreters teilweise nicht oder nur schwer zu ermitteln sei, wurde entgegengehalten, daß durch Streitverkündung die Verjährung im Verhältnis zum vollmachtlosen Vertreter unterbrochen werden könne. Schwierigkeiten bei der Feststellung der Person lägen zudem im Risikobereich dessen, der mit dem vollmachtlosen Vertreter im direkten Kontakt gestanden hat lOO. c) Anspruch aus Verschulden bei Vertragsschluß gegen einen Dritten, der als Vertreter persönliches Vertrauen in Anspruch genommen hat Folgerichtig wendet der BGH § 196 BGB auch auf den Anspruch aus cic gegen den Vertreter an, der persönliches Vertrauen in Anspruch genommen hat, wenn der Erfüllungsanspruch aus dem zustandegekommenen Vertrag der kurzen Verjährung unteriiegtlOI. Hier besteht zwar der Anspruch gegen den Dritten neben dem Erfüllungsanspruch gegen den Vertragspartner l02 , tritt also nicht an dessen Stelle. Trotzdem gebietet der die Ansprüche verbindende Lebenssachverhalt nach dem BGH die Anwendung einer einheitlichen Verjährungsfrist l03 . d) Wirtschaftliche Betrachtungsweise bei der Bestimmung des Personenkreises, dessen Ansprüche § 196 11 BGB unterfallen Ein Beispiel, das zeigt, daß Entwicklungen der Rechtsprechung nicht ausnahmslos zu einer Verkürzung von Verjährungsfristen führen, bietet die Ausweitung des Personenkreises, der sich nicht auf die zweijährige Frist des § 196 I BGB, sondern lediglich auf die vierjährige Frist des § 196 11 BGB berufenkann. Besonders differenziert wird in diesem Bereich die Frage behandelt, ob es sich bei der Errichtung von Häusern zum Zwecke der späteren Vermietung um eine gewerbsmäßige Tätigkeit oder lediglich um Kapitalnutzung handelt. Hier wird in der Rechtsprechung die Auffassung vertreten, daß es in der Regel um

100 BGHZ 73, 271. 101· BGHZ 87, 27, 36. 102 Ebenda. 103 BGHZ 87, 27, 37.

11. Zu § 197 BGB

65

eine bloße Kapitalnutzung gehe I04. Nur dann, wenn die Verwaltung der Mietobjekte eine besonders wnfangreiche berufsmäßige Tätigkeit erfordert, handelt der Vermieter danach in der Absicht, sich eine berufsmäßige Erwerbsquelle zu schaffen, so daß seine Tätigkeit als gewerbliche Tätigkeit anzusehen istlOS, für die die vierjährige Frist des § 196 II BGB anzusetzen ist. Uneinheitlich wurde die Frage behandelt, ob ein landwirtschaftlicher Betrieb als Gewerbebetrieb im Sinne des § 196 BGB zu gelten hat. Während noch das RGI06 davon ausging, daß es sich bei landwirtschaftlichen Betrieben nicht wn Gewerbebetriebe im Sinne des § 196 BGB handelt, die Rechtsprechung der Oberlandesgerichte im folgenden aber uneinheitlich war I07, entschied der BGHI08, daß ein landwirtschaftlicher Betrieb in der Regel ein Gewerbebetrieb im Sinne der Verjährungsvorschriften sei. Zu erklären ist die historische Zurückhaltung in Bezug auf diese Einordnung der landwirtschaftlichen Tätigkeit mit der Sonderstellung, die die Landwirtschaft zwnindest bis in das Dritte Reich hinein eingenommen hatte I09.

11. Zu § 197 BGB Eine Sonderentwicklung ergab sich in der Rechtsprechung zu § 197 BGB für die Verjährung von Regreßansprüchen nach Erfiillung von wiederkehrenden Verbindlichkeiten durch einen Dritten. Ausgangspunkt war dabei die Auslegung des § 196 BGB. Hierzu vertrat das RG die Auffassung, daß nicht nur die vertraglichen Erfiillungs- und die Sekundäransprüche des dort genannten Personenkreises der kurzen Verjährung unterlägen, sondern auch die gesetzlichen Ansprüche, etwa aus Geschäftsfiihrung ohne Auftrag, die dieser Personenkreis hat I 10. Für den Fall, daß ein Dritter den der kurzen Verjährung unterliegenden Anspruch erfiillt, sollte dies nach der Rechtsprechung des RG allerdings nicht

104 Vgl. schon OLG Celle v. 22.5.1912, OLG 28, 42, 44; BGHZ 74, 273, 276 f. 105 BGH,LMNr.17zu§ 196BGB. 106 RGZ 120,356; vgl. schon das Königliche Obertribunal, Strieth 7, 248; 11,92. 107 Vgl. OLG Celle, JW 1932, 1573 einerseits und OLG Jena, JW 1937,2590 andererseits. 108 BGHZ 33, 321. 109 Vgl. insbesondere OLG Jena aaO. 110 Vgl. JW 1938,317; OLG Stuttgart, DJZ 1908, Sp. 1408. 5 Meyer

66

C. Rechtsprechungstendenzen

gelten 111. Das wurde damit begründet, daß der Anspruch aus Geschäftsfiihrung ohne Auftrag ein eigener selbständiger Anspruch des Dritten sei, der nicht an die Stelle des ursprünglichen Erfiillungsanspruchs trete 112. Etwas anderes sollte jedoch für den Bereich des § 197 BGB, insbesondere für die Fallgruppe gelten, in der ein Dritter Unterhaltsverpflichtungen erfüllt 113. In einem solchen Fall, meinte das RG, entstünden die einzelnen Ansprüche mit jeder Unterhaltsleistung neu, so daß die Ansprüche aus Geschäftsfiihrung ohne Auftrag ihrerseits auf wiederkehrende Leistungen gerichtet und daher direkt unter § 197 BGB zu fassen seien ll4 . Nach dem Ende des Dritten Reiches wich das OLG Stuttgart von dieser Auffassung noch einmal ab 115 . Es nahm an, daß die Entscheidung des RG kriegsbedingt übereilt getroffen worden sei ll6, und verwies auf die Motive, nach denen für diesen Fall die Regelverjährung vorgesehen war 11 7. Bei den vom Geschäftsführer aufgebrachten Unterhaltsleistungen handle es sich auch nicht um wiederkehrende Leistungen, da diese in unregelmäßiger Folge je nach den Bedürfnissen des Unterhaltsberechtigten erbracht WÜTden l18 . Bald darauf erging jedoch eine Entscheidung des BGH zu dieser Fallgruppe 119, die die Auffassung des OLG als lebensfremd ZUTÜckwies l20 . Gerade bei Naturalunterhaltsleistungen verteilten sich die zu machenden Aufwendungen so, daß eine zeitbezogene durchschnittliche Belastung festgestellt werden könne l21 .

111 RGZ 69, 422, 429; 86, 96. 112 Ebenda. 1\3 RGZ 170,252; aA noch OLG Hamburg, JW 1936, 3066. 114 RGZ 170,252,253. 115 NJW 1955, 1593. 116 Ebenda. 117 NJW 1955, 1593, mit Bezug aufMot I S. 306; 11 S. 864. 118 NJW 1955,1593,1594. 119 BGHZ 31, 329; auch hier war das OLG Stuttgart Vorinstanz, bei der angegebenen Entscheidung (NJW 1955, 1593) handelte es sich aber lediglich um einen Beschluß, in dem die Abweisung eines Armenrechtsgesuchs durch das LG zurückgewiesen wurde. 120 BGHZ 31, 333. 121 Ebenda.

III. Zu § 477 BGB

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Auch seien Rückstände auf Unterhaltsleistungen von § 197 BGB eindeutig als regelmäßig wiederkehrende Leistungen erfaßt I22 . Die vom Unterhaltspflichtigen dem Geschäftsführer zu erstattenden Aufwendungen seien darauf gerichtet, diesem den zur Bestreitung des Unterhaltes durchschnittlich erforderlichen Geldaufwand zu ersetzen. Wirtschaftlich handle es sich dann aber um rückständige Unterhaltsleistungen l23 . Weiter bezog sich der BGH auf die Gründe zur Einführung des § 197 BGB. So bestehe bei einer längeren als der vierjährigen Verjährungsfrist die Gefahr, daß sich die Forderungen zu schwer zu erbringenden Beträgen aufsurnmierten 124. Aus der neueren Rechtsprechung ist schließlich, abgesehen von einzelfallbezogenen Begriffskonkretisierungen 125, die Rechtsprechung des BGH zu der Frage erwähnenswert, ob der Anspruch des Kreditnehmers auf Rückzahlung von Leistungen, die auf einen sittenwidrigen Ratenkredit erbracht worden sind, § 197 BGB unterliegtl26.

III. Zu § 477 BGB Die Anwendung des § 477 BGB ist eines der am meisten diskutierten Probleme des Besonderen Schuldrechts. Außer der Anwendbarkeit der Regeln der positiven Vertragsverletzung und des Verschuldens bei Vertragsschluß neben den Gewährleistungsregeln ist hier im besonderen die Problematik der "weiterfressenden Mängel" zu nennen. Dabei haben immer auch Verjährungsprobleme eine besondere Rolle gespielt.

122 BGHZ 31, 334. 123 Ebenda. 124 BGHZ 31, 335, seitdem st. Rspr., vgl. BGH, MDR 1962,472; NJW 1963,2315. 125 Vgl. etwa BAG, AP Nr. 4 zu § 195 BGB; BGH, NJW 1977, 1335; BGHZ 71, 80; 80,357; BGH, LM Nr. 62 zu § 196 BGB. 126 Vgl. zu dieser vom BGH bejahten Frage BGHZ 98, 174; NJW 1990, 1036; jeweils kritisch dazu OLG Koblenz, NJW-RR 1988, 673; AG Ratingen, NJW·RR 1990, 267; vgl. auch die zuvor ergangene Rspr. Wie der BGH unterwarf auch das OLG Celle, NJW 1985, 2275 den Anspruch § 197 BGB; anders dagegen noch OLG Schleswig, NJW 1985, 750; OLG Hamburg, NJW-RR 1986,47; siehe auch die Entscheidung des OLG Stuttgart, NJW-RR 1992, 179, in der auch der Anspruch der Bank aus ungerechtfertigter Bereicherung § 197 BGB unterstellt wird.

68

C. RechtsprechW1gstendenzen

1. Die Einbeziehung der Ansprüche aus p VV in den Anwendungsbereich von § 477 BGB

Neben der Frage, ob die Regeln über die positive Vertragsverletzung überhaupt neben den Gewährleistungsregeln Anwendung finden können l27 , stellte sich bald nach Inkrafttreten des BGB die Frage, ob Ansprüche aus positiver Vertragsverletzung nach § 477 BGB in sechs Monaten verjähren, wenn sie neben den Gewährleistungsrechten bestehen. Das RG128 bejahte dies. Danach umfaßt § 477 BGB ,,zwar nicht dem Wortlaut, wohl aber dem Sinne nach auch den auf einem Verschulden beruhenden Anspruch auf Ersatz des durch die LieferWlg einer mangelhaften Sache entstandenen Schadens. Der kurzen VerjährWlg sind die im § 477 BGB bezeichneten Ansprüche deshalb W1terworfen, weil die ErmittelW1g W1d FeststellW1g von Beschaffenheitsmängeln nach Verlauf längerer Zeit kaum ausführbar W1d für den Verkehr die ZulassW1g des Zurückgreifens auf solche Mängel nach längerer Zeit im höchsten Grade lästig W1d hemmend ist.,,129

Diese nicht unumstrittene Auffassung l30 wurde im folgenden bestätigt und dahingehend bekräftigt, daß alle Ansprüche wegen Mängeln der Sache der kurzen Verjährung nach § 477 BGB unterliegen 13l . Differenziert wurde aber danach, ob die Pflichtverletzung mit der mangelhaften Lieferung in Zusammenhang steht. Ist dies nicht der Fall, soll § 477 BGB nicht anwendbar sein, so daß es bei der regelmäßigen Verjährung nach § 195 BGB verbleibt 132. Der BGH machte sich die Auffassung des RG zu eigen 133. Zunächst hatte der BGH darüber zu befinden, ob Ansprüche aus pVV wegen der Verletzung

127 Bejahend RG v. 13.6.1902, RGZ 52,18,19. 128 RGZ 53, 200. 129 RGZ 53, 203.

130 Vgl. Staub, DJZ 1903,389. 131 RGZ 56, 166, 169 mit Verweis auf die allgemeine MeinW1g zu Art. 349 II HGB (alte FassW1g), der den §§ 477-479 BGB entsprach; vgl. auch RG, Recht 1922 Nr. 829; RGZ 117,315,316. \32 RGZ 144, 162, 163; LZ 1909, Sp. 68, 69 f.

133 ZW1ächst als obiter dictum LM Nr. 5 zu §477 BGB; dem folgend BGH, NJW

1965, 148; BGHZ 47,312.

III. Zu § 477 BGB

69

einer kaufvertraglichen Nebenpflicht zur Beratung über die EignWlg von Geräten, hier Wännespeichern, für den vertraglich vorausgesetzten Gebrauch der kurzen VerjährWlg Wlterliegen. Dies bezog sich auf Geräte, die der Verkäufer nicht nutzen konnte l34 . Mit Bezug auf die RechtsprechWlg des RG Wlterstellte der BGH Ansprüche aus pVV jedenfalls dann der kurzen VerjährWlg, wenn sie mit einem Mangel der Kaufsache zusammenhängen 135. Ein Beispiel, wann es sich bei Ansprüchen aus pVV nicht um solche handelt, die mit der Mangelhaftigkeit der Sache zusammenhängen, bietet eine EntscheidWlg aus dem Jahre 1967 136. Hier hatte der Verkäufer einer Betonmischmaschine den Käufer nicht darüber aufgeklärt, daß die Belüftung der Maschine in besonderer Weise zu warten sei. Eine solche PflichtverletZWlg führe zu einem Schadenersatzanspruch, der nicht mit einem Mangel der im übrigen makellosen Mischmaschine zusammenhänge. Für einen derartigen Anspruch aus der VerletZWlg einer Nebenpflicht gelte aber nicht die nur auf Mängelansprüche anwendbare kurze Frist des § 477 BGB, sondern die regelmäßige des § 195 BGB137. In der Folgezeit deutete sich eine Ausweitung des AnwendWlgsbereiches des § 477 BGB an 138. Bei einem SukzessivliefefWlgsvertrag hatte der Käufer die Mangelhaftigkeit bereits erfolgter LiefefWlgen angezeigt Wld auf LiefefWlg einer besseren Qualität bestanden. Der Verkäufer bezweifelte die Mangelhaftigkeit Wld weigerte sich, Ersatz zu leisten Wld weitere LiefefWlgen zu erbringen. Der Käufer verlangte auch wegen der noch nicht gelieferten Ware Schadenersatz aus positiver VertragsverletZWlg. Obwohl auch der BGH insoweit davon ausging, daß der Schadenersatzanspruch aus einer solchen PflichtverletZWlg

134 Dabei handelte es sich hier eher um einen Anspruch aus dc, da der Verkäufer vorvertragliche Pflichten verletzt hatte und der Anspruch aus der Verletzung vorvertraglicher Pflichten sich al1enfal1s dann in einen Anspruch aus Verletzung vertraglicher Pflichten umwandelt, wenn die Pflichten auch noch während des Vertrages erfiil1t werden könnten. Das war im entschiedenen Fal1 nicht möglich, da die wegen der fehlerhaften Beratung untauglichen Wärmespeicher bereits geliefert waren. Anders in dem in BGHZ 47, 312 entschiedenen Fal1, da hier auch nach Lieferung noch eine pflichtgemäße Beratung Schäden hätte abwenden können. 135 BGH, NJW 1965,150. 136 BGHZ 47,312. 137 BGHZ 47, 319; vgl. auch BGHZ 66, 208, 212; hier ging es um eine fehlerhafte Verpackung die nicht die Tauglichkeit oder den Wert der Sache einschränkte, sondern die Ware lediglich vor Beschädigung schützen sol1te. 138 BGH, NJW 1972, 246.

70

c. Rechtsprechungstendenzen

nicht unmittelbar mit der Mangelhaftigkeit der Ware zusammenhing, ooterstellte er diesen der kurzen Verjährung nach § 477 BGBI39. Die angedeutete Linie wurde aber so nicht weiter verfolgt, vielmehr an der alten Unterscheidoog festgehalten 140. Später ging der BGH dazu über, das Merkmal des unmittelbaren Zusammenhangs erweiternd auszulegen. So entschied der BGH den Fall, daß der Verkäufer seiner vertraglich ausbedoogenen ErsatzliefefWlgspflicht nur verzögerlich nachgekommen war. Der dadurch entstandene Schaden sei auf die nicht rechtzeitige ErsatzliefefWlg, also auf die Mangelhaftigkeit des zu ersetzenden Teils zurückzufiihren, der sich aus der positiven VertragsverletZWlg ergebende Schadenersatzanspruch ooterliege dann aber der kurzen Verj ährung 141 . Daß die Rechtsprechoog des BGH zur AusweitWlg des Anwendoogsbereiches des § 477 BGB neigt, zeigt sich deutlich an einer Entscheidoog aus dem Jahre 1983 142 . Hier fiihrte die fehlerhafte VerpackWlg von Bodenplatten dazu, daß diese miteinander verklebten ood oobrauchbar wurden. Die Ähnlichkeit mit einem 1976 entschiedenen Fall ist ooverkennbar l43 . In diesem Fall hatte der BGH entschieden, daß es sich bei der sachgemäßen Verpackoog um eine selbständige Nebenpflicht handle, deren VerletZWlg einen nicht der kurzen VerjähfWlg ooterliegenden Schadenersatzanspruch aus positiver VertragsverletZWlg auslöse. In dem nunmehr zu entscheidenden Fall diente die Verpackoog lediglich dem Schutz des zu versendenden Gutes, so daß die fehlerhafte Verpackoog selbst keine GewährleistWlgsansprüche auslöste l44 . Da die fehlerhafte Verpakkoog aber einen Mangel der Sache verursachte, wandte der BGH die kurze Verjährung auch auf den dadurch entstandenen Schadenersatzanspruch aus positiver VertragsverletZWlg an 145 . Der BGH begründete die Divergenz zu der Entscheidoog von 1976 146 damit, daß in dieser nicht der Schaden an der Kauf-

139 BGH, NJW 1972,247.

140 BGHZ 60, 9,11. 141 BGHZ 60, 9,12 f.; vgl. auch BGH, NJW 1984, 1955, 1956. 142 BGHZ 87, 88. 143 BGHZ 66, 208, siehe bereits FN 137. 144 BGHZ 87, 88, 91 f.; vgl. auch BGHZ 66, 208, 212. 145 BGHZ 87, 88, 93 ff. 146 BGHZ 66, 208.

III. Zu § 477 BGB

71

sache selbst, sondern an anderen Rechtsgütern des Geschädigten entstanden war 147 . Die Ausweitung der Anwendung von § 477 BGB auf Schadensersatzansprüche aus der Verletzung vertraglicher Nebenpflichten wurde im folgenden ausgebaut. So erstreckt sich nach dem BGH die kurze Verjährung auch auf Ansprüche aus der Verletzung von Pflichten zur Aufklärung über Eigenschaften der Kaufsache, die keinen Mangel darstellen l48 . Voraussetzung ist insoweit lediglich, daß die Eigenschaft für die vertraglich vorausgesetzte Verwendungsfähigkeit von Bedeutung ist l49. Das sei erforderlich, da § 477 BGB nicht zwischen Eigenschaften im Sinne des § 459 11 und Fehlern im Sinne des § 459 I BGB unterscheide l50. Dann aber widerspreche es Sinn und Zweck des § 477 BGB, wollte man Ansprüche aus Pflichtverletzungen, die mit einem Fehler zusammenhingen, anders behandeln als solche, die mit einer Eigenschaft der Kaufsache zusammenhingen 151.

2. Einbeziehung von Ansprüchen aus cic in den Anwendungsbereich von § 477 BGB Die Frage, ob Ansprüche aus Verletzung von Aufklärungs- und Beratungspflichten anläßlich der Verhandlungen zu einem Kaufvertrag der kurzen Verjährung des § 477 BGB unterliegen, wurde zwar früh, aber an denkbar ungeeigneten Fällen vom RG behandelt l52 . Jeweils ging es um die Frage, ob Ansprüche aus fehlerhafter Beratung beim Kauf unrentabler Gesellschaftsanteile der kurzen Verjährung unterliegen. Da es sich jeweils um Rechtskäufe handelte, kam eine Anwendung der Regelung für Sachmängel von vornherein nicht in Betracht, was vom RG klargestellt wurde I 53.

147 BGHZ 87, 88, 95. 148 BGHZ 88,130; vgl. auch BGH, NJW 1983,392; NJW 1984,2938. 149 BGHZ 88, 130, 135. 150 BGHZ 88,130,137. 151 BGHZ 88,130,138; zur Abgrenzung BGHZ 107,249,253 f. 152 JW 1905,502,503; LZ 1909, Sp. 68, 69 f. 153 Ebenda.

72

C. Rechtsprechungstendenzen

In einer Grundsatzentscheidung von 1930 154 wurde dann vom RG ausgesprochen, daß Ansprüche aus Verschulden bei Vertragsschluß § 477 BGB unterlägen, wenn ihre Grundlage die schuldhaft mangelhafte Lieferung einer Kaufsache betreffe I 55. In dem zu entscheidenden Fall hatte der Verkäufer angegeben, daß das zu verkaufende landwirtschaftliche Anwesen für die gewöhnliche Bewirtschaftung geeignet seil 56. Da diese Fehlangabe mit der Mangelhaftigkeit der Kaufsache zusammenhänge, sei die kurze Verjährung anzuwenden. Im folgenden zeichnete sich eine Einschränkung des Anwendungsbereiches der Regeln über das Verschulden bei Vertragsschluß im Bereich des Kaufrechts ab. Dem vorausgegangen war eine Reihe von Entscheidungen des RG über die Anwendbarkeit des § 119 11 BGB bei einem Irrtum des Käufers über Eigenschaften der Kaufsache I57 . Hier wurde jeweils angenommen, daß die Anfechtung wegen Irrtums über eine verkehrswesentliche Eigenschaft neben den Gewährleistungsrechten mit Rücksicht auf die Verkehrsanforderungen nicht zuzulassen sei, da ansonsten die Gefahr bestehe, daß Kaufverträge wegen Mängeln der Sache dreißig Jahre lang der Rückabwicklung unterlägen, was den Intentionen von § 477 BGB zuwiderlaufe I 58. Das RG kam nunmehr auch für Ansprüche aus cic zu dem Ergebnis, daß es sich bei den §§ 459 ff. BGB um eine Spezialregelung handele, neben der für eine Haftung wegen fehlerhafter Angaben über Eigenschaften kein Platz sei, berief sich aber vorsorglich auch auf die kurze Verjährung nach § 477 BGB, die ansonsten Anwendung finden WÜTde 159. In einem weiteren Urteil nahm das RG die angesichts der kurzen Verjährung von Ansprüchen aus pVV vorgenommene Unterscheidung auf und erklärte explizit, daß eine Haftung aus Verschulden bei Vertragsschluß im Kaufrecht nur dann in Frage komme, wenn sich das Verschulden nicht auf Ei-

154 RGZ 129,280. 155 RGZ 129,282. 156 RGZ 129,283 f. 157 RGZ 61, 171, 175; vgl. auch RGZ 62, 282, 285; 70,423,429; auch RGZ 135, 339. 158 RGZ 61,171,175 f. 159 JW 1934,2906 Nr. 2; vgl. auch die nur im Leitsatz abgedruckte Entscheidung in JW 1935, 1687 Nr. 4.

ill. Zu § 477 BGB

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genschaften der Kaufsache beziehe, ansonsten aber durch die SpezialregelWlg der §§ 459 ff. BGB verdrängt werde l60 . Der BGH ließ die Frage ZWlächst offen 161. In einer GrWldsatzentscheidWlg aus dem Jahre 1973 162 folgte der BGH der RechtsprechWlg des RG Wld hielt eine HeranziehWlg der Regeln über das Verschulden bei Vertragsschluß im Bereich des GewährleistWlgsrechts fiir ausgeschlossen l63 . Durch die §§ 459 ff. BGB seien die widerstreitenden Interessen von Käufer Wld Verkäufer in angemessener Weise ausgeglichen. Danach komme ein Schadenersatzanspruch, der aus der Mangelhaftigkeit der Sache abgeleitet werde, nur bei ZusicherWlg Wld Arglist in Betracht. Durch die §§ 459 ff. BGB werde die HaftWlg des Verkäufers fiir Eigenschaften der Kaufsache in ihrer Gesamtheit begrenzt l64 . Lediglich fiir das Integritätsinteresse des Käufers könne neben dem GewährleistWlgsrecht auf die GrWldsätze der pVV zurückgegriffen werden l65 . Diese RechtsprechWlg wurde im folgenden bestätigtl66, ebenso der GrWldsatz, daß bei einem Verschulden, das sich nicht auf die Mangelhaftigkeit der Sache bezieht, ein Anspruch aus cic nicht der kurzen VerjährWlg Wlterliegtl67.

160 RGZ 148,286, 196; vgl. auch RGZ 161, 193, 195 f. und insbes. 161,330,337, wo tatsächlich ein Anspruch aus cic durch die Gewährleistungsregeln ausgeschlossen wurde, während bei den vorgenannten Entscheidungen die Pflichtverletzungen jeweils nicht eigenschaftsbezogen waren, so daß Ansprüche aus cic in Betracht kamen. Vgl. aber schon RG v. 31.5.1922, SeuffArch 78, Nr. 7, wo die Haftung wegen Verschuldens bei Vertragsschluß ausgeschlossen wurde, soweit Gewährleistungsrecht Platz greifen konnte. Auf die Entscheidung wurde bereits in RG, JW 1934,2906 und JW 1935, 1687 verwiesen, aber nicht auf die Divergenz zwischen dieser Entscheidung und RGZ 129, 280. 161 NJW 1970, 653, 655; siehe aber für den Ausschluß der Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage durch das Vertragsrecht im allgemeinen BGH, WM 1971,1016 f. 162 BGHZ 60, 319. 163 BGHZ 60, 319, 322f. 164 Ebenda. 165 Vgl. dazu BGH, WM 1976,791 wo darauf abgestellt wird, daß insofern das Integritätsinteresse des Käufers geschützt wird, in der Entscheidung aus BGHZ 60, 319 wird dies auf S. 320 lediglich beiläufig erwähnt. 166 WM 1976,791,792; NJW-RR 1988, 10; NJW 1990,1658,1659. 167 NJW 1990, 1658.

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c. Rechtsprechungstendenzen

In einer weiteren Entscheidung stellte der 5. Senat des BGH seine eigene Position 168 für den Fall zur Disposition, daß sich das Verschulden auf eine Eigenschaft bezieht, die zwar zusicherungsfähig ist, deren Fehlen aber keinen Fehler im Sinne von § 459 I darstellt l69 . Bereits das RG170 hatte in dieser Richtung argumentiert. Das KG hatte sich ebenfalls mit der Frage zu beschäftigen, hielt die Anwendung der Grundsätze über das Verschulden beim Vertragsschluß aber auch insoweit für ausgeschlossen 171. Der BGH, der beide Entscheidungen berücksichtigte l72 , hielt ohne weitere Begründung Ansprüche aus cic für möglich, unterstellte diese aber der kurzen Verjährung des § 477 BGB, "da sich das Verschulden des Verkäufers (... ) auf eine immerhin zusicherungsfähige Eigenschaft bezieht."173 In weiteren Entscheidungen ist der BGH allerdings hiervon wieder abgegangen und schließt nunmehr, ohne Bezug auf diese Präjudizien, Ansprüche aus Verschulden bei Vertragsschluß auch insoweit aus, als sich das Verschulden auf zusicherungsfähige Eigenschaften LS.d. § 459 11 BGB bezieht l74 . Insbesondere ergeben sich hier Abgrenzungsschwierigkeiten, da es mitunter vorkommt, daß Ansprüche wegen fehlerhafter, vor Vertragsschluß vorgenommener Beratung über Eigenschaften der Kaufsache als Ansprüche aus Verletzung einer kaufvertraglichen Nebenpflicht behandelt werden, auch wenn eine Beseitigung der sich aus der fehlerhaften Beratung ergebenden Folgen nach Vertragsschluß nicht mehr möglich ist 175 und es sich in solchen Fällen an sich um Ansprüche aus cic handelt. Um eine Haftung für diesbezügliches Fehlverhalten einerseits nicht auszuschließen, andererseits aber nicht zur dreißigjährigen Verjährungszeit zu kommen, wird ein solcher Anspruch aus pVV hergeleitet, der dann aber der kurzen Verjährung unterliegt.

168 BGHZ 60, 319, 322. 169 BGHZ 79, 183, 187.

170 DR 1940,795,796. 171 JW 1937, 1253, 1254. 172 BGHZ 79,183,187. 173 Ebenda. 174 NJW-RR 1988, 10,11; NJW-RR 1990,1658, 1659. 175 Vgl. BGH, WM 1984,1092,1094; WM 1985, 1167, 1168; WM 1985,463,466.

III. Zu § 477 BGB

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Nach der Einschränkung des Anwendungsbereichs der cic unterliegen Ansprüche aus ihr der kurzen Verjährung gern. § 477 BGB damit nur noch in zwei Fällen: Zu einem, wenn der Verkäufer den Käufer bei der Auswahl des Kaufobjektes in der Art falsch beraten hat, daß die dann gekaufte Sache zwar der vertraglichen Abrede entspricht, fiir die Zwecke des Käufers aber ungeeignet ist l76, obwohl er diese Zwecke zum Gegenstand der Vertragsverhandlungen gemacht hat l77 • Zum anderen, wenn gegen den Verhandlungspartner als Vertreter Ansprüche aus cic bestehen, weil dieser im besonderen Maße persönliches Vertrauen in Anspruch genommen hat oder ein wirtschaftliches Eigeninteresse an dem Vertragsabschluß hat 178. Bezieht sich das Verschulden auf Eigenschaften der Kaufsache und besteht kein eigenständiger BeratungsvertragI 79, verjähren auch die Ansprüche des Verhandlungspartners, der nicht Vertragspartner geworden ist, in analoger Anwendung des § 477 BGB nach sechs Monaten l80 . Damit wird verhindert, daß die Ansprüche gegen den nicht direkt am Vertrag beteiligten Dritten stärker sind als die gegen den Vertragspartner l81 .

176 BGH, NJW 1984, 2938 in Abweichung von BGH, MDR 1958,422. 177 Vgl. auch OLG Koblenz, WM 1989,222,224. Obgleich dann zweifelhaft ist, ob nicht doch ein Mangel der Kaufsache vorliegt, weil die nach dem Vertrag vorausgesetzten Eigenschaften dann doch nicht vorliegen. Der BGH begründet dies damit, daß wenn der Käufer ausdrücklich nachgefragt habe, eine besondere neben den Gewährleistungspflichten stehende Nebenverpflichtung begründet werde, vgl. WM 1976, 740. 178 Vgl. etwa BGH, NJW 1986, 586; 1989,292, NJW-RR 1991,1312; 1992, 1011; BB 1993,2467; WM 1995, 108; OLG Karlsruhe, VersR 1986,33; OLG Hanun, NJWRR 1986,391; 1991,747; OLG München, NJW-RR 1993, 49l. 179 Sich hieraus ergebende Ansprüche sollen auch dann der Regelfrist unterliegen, wenn sich die Beratung auf Eigenschaften der Kaufsache bezieht, vgl. BGH, NJW-RR 1990, 1301; NJW-RR 1992, 1011. 180 BGH WM 1977, 1048, 1049; OLG Oldenburg, NJW 1991, 1187, 1188; OLG Hamm, NJW-RR 1991,28. 181 BGHZ 63, 382, 388; 79, 281, 287; vgl. zur entsprechenden Rechtsprechung fiir den Bereich des § 196 BGB, BGHZ 87, 27, 36.

C. Rechtsprechungstendenzen

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3. Einbeziehung von Garantieansprüchen Bereits vor Inkraftreten des BGB hat das RG Garantieerklärungen des Verkäufers, in denen fiir eine längere als in dem damaligen Art. 349 HGB182 vorgesehene Zeit Gewähr fiir Mängel der Sache geleistet werden sollte, in der Art ausgelegt, daß der Beginn der kurzen Verjährungsfrist in diesen Fällen auf die Erkennbarkeit des Mangels hinausgeschoben sei, sofern der Mangel während der Garantiefrist zu erkennen sei 183. Die Frage wurde, obschon Garantieversprechen auch vor Inkrafttreten des BGB bekannt waren, von den Verfassern des BGB ausdrücklich offengelassen, damit jeweils einzelfallbezogen der Sinn von solchen Versprechen erfaßt werden könne l84 . Die Rechtsprechung des RG zu Art. 349 HGB wurde im folgenden auch fiir den Bereich des § 477 BGB bestätigt185 und praktisch bis heute unverändert übernommen l86 . Lediglich bei Ansprüchen aus selbständigen Garantieversprechen, bei denen der Versprechende einen über die vertragsgemäße Leistung hinausgehenden Erfolg verspricht l87 , gilt etwas anderes. Tritt dieser Erfolg in der ausbedungenen Garantiefrist ein, verjährt der daraus resultierende Anspruch in 30 Jahren l88 . Ein echte Ausweitung des Anwendungsbereiches des § 477 BGB nahm der BGH in einer Entscheidung aus dem Jahre 1981 vor l89 . In dem zu entscheidenden Fall hatte nicht der Verkäufer, sondern der Hersteller eine Garantie eingeräumt, wollte aber nach der Auffassung des Gerichtes lediglich die Gewährleistungsrechte des Käufers verstärken. Auch insoweit sei die zur unselbständigen Garantie entwickelte Rechtsprechung heranzuziehen, so daß Ansprüche gegen

182 Der in seinem Abs. 2 den heutigen §§ 477-479 BGB weitgehend entsprach, vgl. oben. 183 RG v. 18.4.1896 RGZ 37, 79, 81. 184 Mot., II S. 240 f. 185 RGZ 65,119,121; s. aber kritisch wenn eine der kurzen Verjährung entsprechend kurze Garantiefrist vereinbart wurde, RGZ 91, 305, 307. 186 BGH, BB 1962, 234; DB 1965, 1736; NJW 1979, 645; vgl. auch aus der neueren Rechtsprechung LG Frankfurt, CR 1991, 733; OLG Köln, NJW 1992, 1462. 187 Vgl. RGZ 146, 120, 124 mit umfangreichen Nachweisen; vgl. auch BGH, BB 1957,1195; 1962,234. 188 BGH, BB 1962,234. 189 NJW 1981,2248.

III. Zu § 477 BGB

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den Hersteller bezüglich Mängeln der Sache gern. § 477 BGB in sechs Monaten verjährten, wenn sie innerhalb der Garantiefrist erkennbar geworden seien l90 . Die Rechtsprechung des BGH läßt sich somit in wenigen Grundsätzen zusammenfassen. Nach ihr verjährt der Schaden, der auf die Mangelhaftigkeit der verkauften Ware zurückzuführen ist, immer nach § 477 BGB. Für den direkten Mangelschaden ergibt sich dies bereits daraus, daß insoweit nur die Gewährleistungsrechte zur Anwendung kommen, fiir einen aus dem Mangel erwachsenen Mangelfolgeschaden 191 daraus, daß insoweit, als dieser Mangelfolgeschaden von einer Zusicherung erfaßt wird l92 , ohnehin die kurze Verjährungsfrist gilt. Auf einen sonstigen Anspruch aus positiver Vertragsverletzung auf Ersatz des Mangelfolgeschadens daraus ist § 477 BGB entsprechend anzuwenden l93 . Jeweils wird auf die Begründung der Grundsatzentscheidung des RG194 verwiesen, das die Anwendung des § 477 BGB auf alle mangelbezogenen Schäden fiir notwendig hielt, weil neben den besonderen Beweisschwierigkeiten195 die Anwendung der regelmäßigen Verjährungsfrist fiir den Verkehr äußerst lästig und hemmend sei l96 . Lediglich wenn der Schaden in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit der Mangelhaftigkeit der Sache steht, aber aus schuldhafter Verletzung vertraglicher Nebenpflichten unter Bezug auf Umstände herzuleiten ist, die keine Eigenschaften der Sache selbst darstellen 197, verbleibt es bei der regelmäßigen Frist des § 195 BGB.

190 Ebenda. 191 Wobei sich der BGH der Abgrenzungsschwierigkeiten durchaus bewußt ist, vgl. BGHZ 77, 215, 218. 192 BGHZ 50, 200, 204. 193 Vgl. Seiten 68 f. 194 RGZ 53, 200. 195 Obgleich insoweit die Beweislast beim Käufer liegt, vgl. Seiten 22 f. 196 RGZ 53, 200, 203; vgl. auch mit ausdrücklichem Bezug auf die Notwendigkeit einer beschleunigten Abwicklung im Bereich des Warenumsatzes BGHZ 77, 215, 219 f. 197 Vgl. Seite 69.

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C. Rechtsprechungstendenzen

4. Einschränkungen des Anwendungsbereiches des § 477 BGB durch die Rechtsprechung a) Erweitenmg der Arglisthaftung und der Wissenszurechnung Ansprüche aus § 463 S. 2 BGB unterliegen nicht der kurzen Verjährung des § 477 I BGB. Werden die Anfordenmgen, bei denen Arglist angenommen wird, gesenkt, wird damit der Anwendungsbereich der kurzen Verjährung eingeschränkt.

(1) Konkretisienmg des Arglistbegriffes Neben der Abwehr von Versuchen, § 852 BGB auf Ansprüche aus 463 S. 2 BGB analog anzuwenden I 98, ist eine erste Weiterentwicklung der Arglisthaftung im Kaufrecht in der Einbeziehung von Ansprüchen wegen der arglistigen Vorspiegelung von Eigenschaften zu sehen l99. Danach ist von Arglist auszugehen, wenn "der Verkäufer, der das Fehlen der Eigenschaft kannte oder doch mit deren Fehlen rechnete, wußte oder doch mit der Möglichkeit rechnete, dem Käufer sei jenes Fehlen nicht bekannt, und sich bewußt war, der Käufer würde bei Kenntnis der dem Verkäufer bekannten Sachlage den Vertrag nicht schließen .. .',200.

Diese Gnmdsätze entsprechen auch heute noch ständiger Rechtsprechung20I . Bei der Konkretisienmg im einzelnen hat sich insbesondere im Bereich des Gebrauchtwagen- und des Hauskaufes aber eine umfangreiche Kasuistik herausgebildet. Erwähnenswert ist hier insbesondere die Rechtsprechung, wonach ein arglistiges Verhalten des Verkäufers bereits dann vorliegt, wenn er zu Fragen des Käufers, die für dessen Kaufentschluß von erkennbarer Bedeutung sind,

198 Vgl. RG, JW 1907, 358. 199 RGZ 66, 335, 337 f.; von da an st. Rspr., vgl. RG JW 1911,808 (Nr. 13).

200 RGZ 62, 300, 302. Zum Arglistbegriff des BGB im allgemeinen und zum Erfordernis der Kausalität zwischen Arglist und Käuferverhalten im besonderen vgl. schon RGZ 55, 210, 213 ff. 201 BGH, WM 1989, 1735; NJW 1987, 2511, 2512; NJW-RR 1989, 650, 651; BGHZ 62, 63, 68; NJW1986, 980; kritisch Soergel-Huber, § 463 BGB, RdNr. 25, der das Kriterium im kaufrechtIichen Zusammenhang für unbeachtlich hält.

III. Zu § 477 BGB

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ohne tatsächliche Grundlage Angaben macht, die sich als unrichtig erweisen202 . Zwar trifft den Verkäufer keine allgemeine Untersuchungspflicht und also auch keine Pflicht zum Hinweis darauf, daß er den verkauften Gegenstand nicht untersucht hat203 , doch darf er beim Käufer nicht den Eindruck erwecken, daß die Kaufsache bestimmte Eigenschaften aufweist, ohne über entsprechende Erkenntnismöglichkeiten zu verfiigen204 . Festzuhalten bleibt, daß jedenfalls durch die Annahme der Arglist auch in den Fällen, in denen der Verkäufer lediglich einen Mangel vermuten muß, der Anwendungsbereich des § 477 BGB faktisch sehr eingeschränkt wird. Je nachdem, wie man den Wissenshorizont des Verkäufers bestimmt, kann dann die kurze Verjährung umgangen werden205 . (2) Zurechnung der Arglist Für den Bereich der Stellvertretung legt § 166 I BGB fest, daß es bei Willensmängeln nicht auf die Person des Vertretenen, sondern auf die des Vertreters ankommt206 . Dies wurde vom RG klargestellt207 und auch fiir die Fälle bejaht, wo ein Vertreter ohne entsprechende Vollmacht auftritt, das Geschäft aber vom Geschäftsherrn genehmigt wird208 .

202 Die sog. Erklärung "ins Blaue hinein", s. BGHZ 63, 382, 388 mit Verweis auf zwei unveröffentlichte Entscheidungen. 203 Eine solche ergibt sich allenfalls dann, wenn erhebliche Zweifel an der Mangelfreiheit bestehen, BGH, WM 1979, 672; vgl. auch BGHZ 74, 383, 388; obgleich in solchen Fällen schon ein arglistiges Verhalten des Verkäufers vorliegt, wenn er diese Zweifel dem Käufer nicht offenbart. 204 Vgl. BGH, WM 1980, 983, 985; NJW 1981, 1441, 1442; NJW-RR 1987,436, 437. 205 Vgl. hierzu Köck/Meier, JZ 1992,554 f. 206 Vgl. als Beispiel der neueren Rechtsprechung BGH, NJW-RR 1988, 1137, 1138 unter 2. 207 RGZ 58, 342, 347; vgl. auch RGZ 83, 241, 244; einschränkend RGZ 132,76,78: keine Zurechnung bei gesetzlicher Vertretung wenn diese wg. § 1643 BGB zur Vertretung des Mündels allein nicht ausreicht, vielmehr das Vormundschaftsgericht das Rechtsgeschäft genehmigen muß, wobei es sich allerdings um eine Besonderheit des Minderjährigenschutzes handelt. 208 RGZ 66, 107, 109 zur Abgrenzung, wer Dritter LS.d. § 123 II BGB ist.

c. Rechtsprechungstendenzen

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Gerade bei juristischen Personen ist die Wissenszurechnung Billigkeitskriterien zugänglich, da sie nur über Rechtsbegriffe konkretisiert werden kann209 . Da die juristische Person eine Schlüsselstellung in einer modemen arbeitsteiligen Wirtschaft einnimmt, ist es nicht verwunderlich, daß sich die Rechtsprechung relativ früh mit der Wissenszurechnung bei juristischen Personen auseinanderzusetzen hatte. So stellte das RG bereits 1882, allerdings für den Fall des gutgläubigen Erwerbs einer oHG fest210, daß der fehlende gute Glaube nur eines Gesellschafters den gutgläubigen Erwerb ausschließt211 . In einer späteren Entscheidung wurde mit Bezug auf den bis heute unveränderten § 171 III ZPO ausgesprochen, daß ,,Kenntnis einer Tatsache auf seiten eines Kollektivvertreters genügt, um Kenntnis der vertretenen Person anzunehmen,,212. Speziell für die hier zu behandelnde Konstellation der Zurechnung von arglistigem Verhalten im Kaufrecht datiert die erste Entscheidung aus dem Jahre 1914213 . Hier ging es um die Zurechnung der Arglist eines Vorstandsmitgliedes eines Vereins. Das RG vertrat die Auffassung, daß es für die Kenntnis von Tatsachen, die eine Haftung wegen Arglist begründen, nicht darauf ankommen könne, daß das "wissende" Organ beim betreffenden Rechtsgeschäft tätig gewesen sei. Vielmehr komme in den Fällen, in denen diese Person gem. § 34 BGB von der Beteiligung an der Vornahme eines Rechtsgeschäftes ausgeschlossen sei, der obige Grundsatz, daß das Wissen eines von mehreren Gesamtvertretungsberechtigten zuzurechnen sei, zum Tragen214 . Dafür sei es nicht einmal erforderlich, daß die Person an dem betreffenden Rechtsgeschäft selbst beteiligt gewesen war, sondern nur, daß diese das Rechtsgeschäft wissentlich habe geschehen lassen215 . Nach dieser im folgenden bestätigten216 Rechtsprechung galt

209 Vgl. BGHZ 109,327,331. 210 Die als Personengesellschaft über keine eigenständige Rechtspersönlichkeit verfUgt, allerdings in st. Rspr. der juristischen Person angenähert wird, vgl. RGZ 76, 48; BGH, NJW 1952,538. 211 RGZ 9,143,145. 212 RGZ 53, 227, 231. 213 JW 1914, 399. 214 AaO, S. 401. 215 Ebenda.

IIT. Zu § 477 BGB

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das Wissen eines vertretungsberechtigten Organs der juristischen Person als deren Wissen, sofern das Organ nur Kenntnis von der Relevanz seines Wissens hatte. Dabei war dieser Grundsatz aber beschränkt auf Organe der juristischen Person. Das Wissen bloßer Angestellter der juristischen Person galt jedenfalls nicht automatisch als das der Körperschaft217 . Der BGH hat diese Rechtsprechung nahtlos übernommen218 . Sie wurde sogar ausgebaut. Nach dem BGH gilt nunmehr: ,,Hat eine Rechtsperson einmal von einem Sachverhalt Kenntnis erlangt, so bleibe sie wissend, auch wenn das Organmitglied ausgeschieden ist, neue Organmitglieder bestellt worden sind und diese für die juristische Person gehandelt haben, ohne ihrerseits von jenem Sachverhalt erfahren zu haben. ,,219 Auch diese Erweiterung, die dazu führen kann, daß bei einer juristischen Person Arglist angenommen werden kann, obwohl keiner der Beteiligten bewußt vorhandenes Wissen verschweigt220, wurde im folgenden bestätigt221, ebenso die Differenzierung des RG bei Personen, die nicht Organ, sondern lediglich Angestellte der juristischen Person sind222 . Deren Wissen wird der juristischen Person lediglich dann zugerechnet, wenn sie als "Wissensvertreter"

216 RG, JW 1927, 1675, 1676 - ,,Kenntnis eines von mehreren Gesamtvertretem (gilt) als Kenntnis der Körperschaft"; JW 1935,2044 - ,,Das Wissen d(ies)es Organs ist das Wissen der Gesellschaft". 217 RG,LZ 1914, Sp.1752, 1753. 218 BGHZ 20, 149, 153 für die Wissenszurechnung bei der Genossenschaft; BGHZ 41,282,287 für die Aktiengesellschaft; BAG, DB 1985,237,238 für den Verein. 219 WM 1959, 81, 84. 220 Was damit zu rechtfertigen ist, daß derjenige, der den Nutzen aus der arbeitsteiligen Organisation zieht, auch deren Nachteile zu tragen hat; Vgl. etwa OLG Oldenburg NJW 1991,1187,1188. 221 BGHZ 109, 327, 330 f. = DNotZ 1991, 122 m.Anm. Bohrer für die Gemeinde, für die insoweit nichts anderes gilt; vgl. schon RGZ 59, 400, 407 f. und neuerdings BGH, WM 1996, 594. 222 BGH, BB 1992,456. 6 Meyer

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c. Rechtsprechungstendenzen

gelten223 . Hierfür ist es zwar nicht erforderlich, daß sie dazu ausdriicklich bestellt sind; es genügt aber, daß sich der Geschäftsherr ihrer im rechtsgeschäftlichen Verkehr bedient224 , was freilich bei bevollmächtigten Stellvertretern in der Regel anzunehmen ist225 . b) Ausgliederung deliktischer Ansprüche wegen Mangelhaftigkeit der gekauften Sache Ein weiterer Bereich, in dem Ansprüche dem Anwendungsbereich des § 477 BGB entzogen wurden, findet sich in der Rechtsprechung des BGH zwn sogenannten "weiterfressenden Mangel"226. Dabei ist zunächst davon auszugehen, daß für den Fall der freien Anspruchskonkurrenz jeder Anspruch, auch hinsichtlich der Verjährung, seinen eigenen Regeln folgt. Dies gilt grundsätzlich auch, wenn die Ansprüche aus dem gleichen Lebenssachverhalt entstammen227 . Für den Fall, daß neben Ansprüchen aus der Verletzung von kaufvertraglichen Nebenpflichten auch deliktische Ansprüche in Frage kommen, stammt die erste höchstrichterliche Entscheidung allerdings erst aus dem Jahre 1976228 . Zuvor hatte das OLG Düsseldorf § 477 BGB auch auf konkurrierende deliktische Ansprüche angewandt229. Unter Heranziehung der Rechtsprechung zu § 558 BGB meinte das OLG, daß die Anwendung der kurzen Verjährungsfrist notwendig sei, da die Ermittlung und Feststellung von Mängeln des Kaufgegen-

223 Vgl. etwa BGH, NJW 1994, 1150. Als einschränkendes Kriterium hat sich in der neueren Rechtsprechung das Erfordernis herausgebildet, daß nur solches Wissen zugerechnet wird, das "typischerweise aktenmäßig festgehalten" wird, vgl. BGH, WM 1995, 1145; WM 1996, 594, 596. Da ohnehin eine Verletzung von Offenbarungspflichten voraussetzt, daß es sich um für den Vertragspartner wesentliche Informationen handelt, wird dieses Kriterium aber in aller Regel erfüllt sein. 224 St. Rspr. vgl. BGHZ 55, 307, 311; BB 1987, 1627; BB 1992,456,457. 225 BGH, NJW 1987, 1953, 1954. 226 Wobei dies natürlich nur der Fall ist, wenn der Verkäufer zugleich Hersteller, bzw. Quasi-Hersteller (vgl. BGHZ 40,108; 51, 91) der Sache ist. 227 Vgl. etwa BGHZ 9, 301, 303; vgl. schon RG, DJ 1938, 1598. 228 BGHZ 66, 315. 229 NJW 1975,453.

m. Zu § 477 BGB

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standes nach längerer Zeit kawn noch durchführbar sei 230 und es nicht darauf ankommen könne, daß zufällig ein von § 823 BGB geschütztes Rechtsgut beeinträchtigt werde2 31 . Der BGH hielt dieser Auffassung entgegen, daß zunächst von der freien Anspruchskonkurrenz zwischen vertraglichen und deliktischen Ansprüchen auch hinsichtlich der Verjährung auszugehen sei232 . Die Rechtsprechung zu § 558 BGB233 betreffe den besonderen Fall, daß der Zweck einer Vorschrift, die die kurze Verjährung von Ansprüchen vorsieht, nicht erreicht werden könne, wenn neben der kurzen auch die längere und, abweichend von den allgemeinen Verjährungsgrundsätzen, teilweise anders ausgestaltete234 deliktische Verjährungsregelung herangezogen werden könne235 . Während aber etwa bei § 558 BGB schon der Wortlaut die Einbeziehung deliktischer Ansprüche nicht ausschließe2 36, sei dies bei § 477 BGB nicht der Fall. So würden Ansprüche wegen Verletzung von durch § 823 BGB nicht erfaßten Rechtsgütern immer von § 477 BGB erfaßt, während bei § 558 BGB typischerweise das Eigentwn des Vermieters und damit ein bereits von § 823 I BGB geschütztes Rechtsgut beeinträchtigt werde 237 . Auch ansonsten sei die Situation des Geschädigten bei § 477 BGB schlechter, wenn er nach § 823 BGB vorgehe, so daß es bei der freien Anspruchskonkurrenz zwischen vertraglichen und deliktischen Ansprüchen im Kaufrecht bleibe238 . Knapp ein halbes Jahr später erging dann vom gleichen Senat die "Schwimmerschalter"-Entscheidung239. Während bislang der Schaden, der an der Kaufsache selbst entstanden war, nicht als eine Verletzung des Eigentwns des Käu-

230 Ebenda. 231 NJW 1975, 454. 232 BGHZ 66, 315, 319 mit VelWeis auf entsprechende Rechtsprechung zu § 414 HGB (BGHZ 9, 301; vgl. jetzt auch BGHZ 116,297; aber auch LG Mönchengladbach, TranspR 1995, 127, daß eine Verjährung nach § 195 BGB annimmt) und zum Werkvertrag (BGHZ 55, 392). 233 Dazu siehe unten Seite 97 ff. 234 Z.B. bezüglich der Kenntnis von Schaden und Schädiger, vgl. oben Seite 105 ff. 235 BGHZ 66, 315, 320. 236 Vgl. RGZ 66, 363, 364. 237 BGHZ 66, 315, 321. 238 BGHZ 66, 315, 322. 239 BGHZ 67, 359.

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C. Rechtsprechungstendenzen

fers angesehen worden war, weil dieser schon mangelbehaftetes Eigentwn erworben hatte240 , stellt der 8. Senat nunmehr darauf ab, ob der Mangel zunächst nur ein funktional abgrenzbares Teil erfaßt. Erstrecke sich dann nach der Übergabe der Mangel auf die restliche Kaufsache, werde das insoweit mangelfreie Eigentwn des Erwerbers beeinträchtigt241. Trotz heftigen Widerstands in der Literatur242 bestätigte der 8. Senat diese Rechtsprechung243 , der sich auch die anderen Senate244 anschlossen. Zur Konkretisierung, wann ein Schaden, der auf einen Mangel der Kaufsache zurückzuführen ist, deliktische Ansprüche auslösen kann, wurde in einer weiteren Entscheidung, diesmal vom 6. Senat, das Kriterium der "Stoffgleichheit" eingefiihrt245 . Danach ist ein Schaden, der sich mit dem Unwert, welcher der Sache durch ihre Mangelhaftigkeit von vornherein anhaftet, deckt, "stoffgleich" mit dem Wertverlust für das Äquivalenz- und Nutzungsinteresse, so daß insoweit kein Platz für deliktische Schadenersatzansprüche ist246 , Deckt sich der Schaden dagegen nicht mit den enttäuschten Vertragserwartungen, kann das Integritätsinteresse des Erwerbers berührt sein, und es ergeben sich deliktische Ansprüche, die in freier Anspruchskonkurrenz zu etwaigen vertraglichen Ansprüchen stehen247 . Dabei ist sich der BGH durchaus bewußt, daß erhebliche Abgrenzungsschwierigkeiten bestehen, welcher Schaden noch als stoffgleich mit dem Wertverlust für das Äquivalenz- und Nutzungsinteresse anzusehen ist und welcher nicht248 . Die zunächst vom 8. Senat getroffene Unterscheidung,

240 BGHZ 39, 366, 367; RG, JW 1905,367. 241 BGHZ 67, 359, 364 f. 242 Vgl. nur Diederichsen, NJW 1978, 1281; Schmidt-Salzer, BB 1979, 1; Vogt, VersR 1979, 896; Brüggemeier, VersR 1983,501 (anders noch ders., WM 1982, 1294); Nickel, VersR 1984, 318; Mayer, BB 1984, 568; ReinickelTiedtke, NJW 1986, 10; Steinmeyer, DB 1989,2157. 243 BGB, NJW 1978, 2241 - ,,Hinterreifen". 244 In BGB, NJW 1978, 2241, 2243 wird auf eine nicht veröffentlichte Entscheidung des 6. Senat vom 30.5.1978 (VI ZR 113/77) hingewiesen; siehe auch BGHZ 86, 256; siehe auch die Entscheidung des 7. Senats, VersR 1992, 758. 245 BGHZ 86, 256, 259 - "Gaszug". 246 Ebenda; vgl. auch BGB, NJW 1978,1051; 1981,2248,2250; 1983,812. 247 BGHZ 86, 256, 259. 248 BGBZ 86, 256, 260.

III. Zu § 477 BGB

85

daß es sich bei dem mangelhaften Teil um ein fimktional abgrenzbares, im Verhältnis zur Gesamtsache geringwertiges Teil handeln muß, hält der 6. Senat fiir unzureichend249 . Relevant sei, ob das in Frage stehende Teil derart mit der Gesamtsache verbunden ist, daß eine Trennung nur unter Inkaufnahme von erheblichen Beschädigungen möglich ist250, und ob der Mangel in wirtschaftlich vertretbarer Weise beseitigt werden kann251 . Ergänzend sei eine Betrachtung des Verhältnisses zwischen Art und Umfang des geltend gemachten Schadens und der Bedeutung des Mangels fiir die Gesamtsache zur Bestimmung der Verkehrssicherungspflichten des Herstellers heranzuziehen252 . In der Regel liege Stoffungleichheit aber vor, wenn der Mangel geeignet sei, die Beschädigung oder Zerstörung der Sache herbeizuführen253 . Insbesondere, wenn sich die Risiken in einer gewaltsamen Art und Weise verwirklichten, sei in der Regel nicht nur das Nutzungs- und Äquivalenzinteresse, sondern auch das Integritätsinteresse des Erwerbers betroffen254 . In der weiteren Entwicklung haben sich diese Kriterien des 6. Senats nicht durchgesetzt. Auch wenn das mangelhafte Teil nur mit erheblichen Beschädigungen von der Gesamtsache zu trennen ist, wird vom 8. Senat angenommen, daß es sich um ein fimktional abgrenzbares Teil der Gesamtsache handelt, so-

249 BGHZ 86, 256, 261. 250 BGHZ 86, 256, 262. 251 Ebenda. 252 Ebenda. 253 BGHZ 86, 256, 263; wobei lediglich die Befürchtung, ei.l solcher Schaden könnte bei Nutzung der mangelbehafteten Sache eintreten, nicht ausreicht, vgl. OLG Karlsruhe, VersR 1986, 1125 mit dem Nichtannahmebeschluß des 6. Senat des BGH, aaO, S. 1127. Die Frage, wie es ist, wenn der Erwerber in Kenntnis der Mangelhaftigkeit dennoch die Sache in Betrieb ninunt und die erwarteten Integritätseinbußen eintreten, ist dabei meines Erachtens noch nicht hinreichend geklärt. Der BGH (aaO S. 1127 f.) spricht in diesem Zusanunenhang davon, daß das Integritätsinteresse dann nicht betroffen ist, wenn ein Schaden nicht ernsthaft zu befürchten ist. Der Erwerber steht dann in dem Dilenuna, daß, wenn er die Sache in Benutzung ninunt, obwohl er mit Integritätseinbußen rechnet, seine Kenntnis oder Befürchtung im Rahmen des § 254 BGB seine Schadenersatzansprüche schmälert, die er aber, wenn er die Sache wegen dieser Befürchtungen nicht in Betrieb ninunt, überhaupt nicht hat, da der Schaden, den er erleidet, weil er die erworbene Sache nicht nutzt, lediglich seinem gestörten Äquivalenz- und Nutzungsinteresse zuzuordnen ist. Vgl. auch BGHZ 101,337,349. 254 BGHZ 86, 256, 263 f.

c. RechtsprechWlgstendenzen

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fern der wirtschaftliche Aufwand vertretbar ist255 . Der 6. Senat weicht von den selbstgeschaffenen Kriterien ab. indem er annimmt, daß es nicht auf die gewaltsame Zerstörung oder Beschädigung der Sache ankomme, vielmehr auch die nach und nach eintretende Verschlechterung der Sache deliktische Anspruche auslöse 256 . Nach einer neueren Entscheidung257 liegt Stoffgleichheit zwischen geltend gemachtem Schaden und Wertverlust fiir das Nutzungs- und Äquivalenzinteresse auch dann nicht vor, wenn der Schaden darin besteht, daß eine Gesamtsache bei der Nachbesserung beschädigt werden muß, weil sich ein eingebautes Teil als fehlerhaft erweist258 . Dies ist deswegen problematisch, weil in den Fällen, in denen es der Bewerber dabei beläßt und die Sache zu einem niedrigeren Preis verkauft oder gar nicht verkauft, unzweifelhaft kein ersatzfähiger Schaden entstanden wäre 259 . Danach ist ein solcher Schaden dann ersatzfähig, wenn der wirtschaftliche Aufwand, die Sache zwecks Reparatur wieder instandzusetzen, niedriger ist als der Aufwand, die Sache neu zu produzieren. c) Ausgliederung von an sich § 477 BGB unterfallenden Anspruchen in den Bereich des § 638 BGB Als weiterer, allerdings weniger spektakulärer Fall, in dem die Rechtsprechung Anspruche dem Anwendungsbereich des § 477 BGB entzogen hat, ist hier noch die Anwendung der werkvertraglichen Gewährleistungsregeln beim Kauf von Häusern und Eigentumswohnungen anzuführen. Um zu verhindern, daß Bauunternehmer die längeren Verjährungsfristen fiir Gewährleistungsanspruche bei Werkverträgen dadurch umgehen, daß sie einen Zwischenverkäufer einschalten, der die neu erstellte Wohnung bzw. das neu erstellte Haus weiterverkauft, und daß auf diesen Kaufvertrag dann die kürzeren Fristen gern.

255 BGHZ 117, 183; hier bestand die Besonderheit darin, daß nicht eine Gesamtsache geliefert wurde, bei der ein Teil mangelhaft war, sondern ein mangelhaftes Teil, das in eine Gesamtsache eingebaut wurde. 256 BGH, NJW 1985,2420, 242l. 257 BGHZ 117, 183. 258 BGHZ 117, 183, 187. 259 OLG Oldenburg, VersR 1986, 1006, vom BGH nicht zur Revision angenommen (VI ZR 212/85) VersR 1986; BGH, NJW 1990,908.

IV. Zu § 638 BGB

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§ 477 BGB anzuwenden sind, hat der BGH bei einer solchen Fallgestaltung die werkvertraglichen Gewährleistungsregeln zur AnwendWlg gebracht260 .

IV. Zu § 638 BGB 1. Verhältnis von pVV und § 635 BGB Die werkvertragliehe GewährleistungsregelWlg Wlterscheidet sich von der kaufrechtlichen dadurch, daß sie in § 635 BGB verschuldensabhängige Schadenersatzansprüche wegen eines Mangels der Sache kennt. Die RechtsprechWlg war also zunächst lediglich vor die Frage gestellt, inwieweit neben dieser speziellen werkvertraglichen RegelWlg auch allgemeine Grundsätze für eine Haftung des WerkWlternehmers herangezogen werden können. Hier grenzte das RQ261 zunächst danach ab, ob der geltend gemachte Schadenersatzanspruch aus einem Mangel des Werkes resultiere. So seien allgemeine GrWldsätze insoweit anwendbar262 , als das das Werk noch nicht fertiggestellt sei. Eine in diesem Stadium begangene Pflichtverletzung fiihre zu einem nach allgemeinen GrWldsätzen zu bewertenden Schadenersatzanspruch, der dann gemäß der regelmäßigen Frist nach § 195 BGB in dreißig Jahren verjähre263 , da dann mangels Abnahme noch keine Gewährleistungsansprüche bestehen könnten264 . Auch wenn der Schaden auf der Verletzung einer nicht mit der eigentlichen Werkleistung zusammenhängenden Nebenverpflichtung beruhe, etwa der Pflicht, zu befördernde Personen vor gesWldheitlichen Gefahren zu schützen265 , greife die kurze

260 BGHZ 60, 362, 364; 63, 96, 97; 68, 372, 374; Vgl. auch zur AGB-Kontrolle solcher Verträge BGH, NJW 1995, 1675; anders soll es sein, wenn die Haftung aufwuichtigen Prospektangaben beruht, vgl. OLG Hamburg, NJW-RR 1995,14. 261 RGZ 62,119. 262 Das RG sprach damals noch nicht explizit von pVV, sondern von einem Schadenersatzanspruch der sich auf eine "durch positives Zuwiderhandeln gegen die pflichtgemäße Sorgfalt ... begangene Vertragsverletzung" gründe; vgl. bereits die Entscheidung des RG vom 22.4.1881, RGZ 4, 192, 193: "verschuldete Nichterfüllung kontraktlicher Pflicht". 263 RGZ 62,119,122; vgl. auch RGZ 62, 211, 214; RG, JW 1906, 111. 264 Vgl. auch die insoweit nahtlos übernommene Rechtsprechung des BGH, NJW 1969,838,839. 265 RGZ 66,12,16 f.; vgl. auch RG, LZ 1924, Sp. 546.

C. Rechtsprechungstendenzen

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gewährleistungsrechtliche Verjährung gegenüber der regelmäßigen Verjährung nicht durch. Die Frage, wann Schadenersatzansprüche, da diese wegen des Verschuldenserfordernisses neben § 635 immer auch aus pVV hergeleitet werden können, von der kurzen Verjährung nach § 638 erfaßt werden, beantwortete das RG dahingehend, "daß für den durch § 635 BGB gewährten Schadenersatzanspruch ... ein direkte,266 Zusammenhang mit den beiderseitigen Leistungen aus dem Werkvertrage erforderlich ist, daß also der Schade dem gelieferten Werk unmittelbar anhaften muß.,,267 In späteren Entscheidungen wird darauf abgestellt, daß zwischen Mangel und Schaden kein weiteres Mittelglied stehen dürfe 268 , schließlich, daß der Schaden nicht auf einem selbständig hinzutretenden Ereignis beruhen dürfe269. Jeweils wurde auf die vorhergehenden Rechtsordnungen verwiesen, die eine kurze Verjährung nur fiir die verschuldensunabhängigen Gewährieistungsrechte270 kannten. Daraus wurde gefolgert, daß die kurze Verjährung nur solche Schadenersatzansprüche erfassen könne, die auf Mängeln gründen, wegen denen auch Wandlung oder Minderung verlangt werden können271 . Diese Rechtsprechung, der auch die Oberlandesgerichte folgten272 , sah sich durchaus im Einklang mit dem Gewährleistungsrecht beim Kauf2 73 , bei dem ja auch die Ansprüche aus mangelbezogenen schuldhaften Pflichtverletzungen der kurzen Verjährung unterliegen274 .

266 Hervorhebungen entsprechen dem Original. 267 RGZ 64, 41, 43 f.; vgl. auch RG, JW 1938,1646. 268 RGZ 71,173,175. 269 RG,

JW 1911,444;

vgl. auch RG, LZ 1916, Sp. 1362; RGZ 95, 2, 4; 115, 122,

125.

270 Also Wandlung und Minderung, vgl. RGZ 66, 12, 17. 271 Ebenda. 272 Vgl. etwa OLG Colmar, OLG 28,193; OLG Hamburg, LZ 1919, Sp. 605. 273 RG, LZ 1924, Sp. 546,547. 274 Vgl. Seiten 68 ff.

IV. Zu § 638 BGB

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Der BGH übernahm die Rechtsprechung des RG zunächst stillschweigend275 , schließlich ausdrücklich276. In seinem viel zitierten Grundsatzurteil aus dem Jahre 1961 277 ging der BGH zunächst davon aus, daß lediglich der reine Mangelschaden von § 635 BGB erfaßt ist. Der BGH betonte278 , "daß derjenige Schaden, der dem Werke unmittelbar anhaftet, weil es - wegen des Mangels - unbrauchbar, wertlos oder minderwertig ist, allein unter die Vorschrift des § 635 BGB fällt 279 . Für den Schadenersatz wegen positiver Vertragsverletzung kommen diejenigen Nachteile in Betracht, die dem Besteller als weitere Folge des Mangels, also außerhalb des Werkes und des infolge des Mangels entgangenen Gewinns, erwachsen sind. ,,280

Daß die Abgrenzung aber nicht in allen Punkten der Rechtsprechung des RG folgte, wurde darin deutlich, daß der BGH das Erfordernis des selbständigen, hinzutretenden Ereignisses zur Disposition stellte281 . Das RG hatte dieses Erfordernis allerdings eher als Umschreibung der Unmittelbarkeit verstanden, stellte also noch auf ein Kausalitätsmoment ab, damit aber auf eine, dem Zivilrecht sonst unbekannte, mittelbare Verursachung. Dies macht deutlich, daß jedenfalls der BGH bei dem unmittelbaren Zusammenhang zwischen Mangel und Schaden nicht auf ein Kausalitätserfordernis abstellen will 282 .

275 Zur Annahme von pVV bei Ausbesserungskosten als Schaden der dadurch entstanden war, daß Kupferrohre an verzinkte Eisenrohre einer Warmwasserbereitungsanlage angeschlossen worden waren, BGHZ 23, 288. 276 BGHZ 35, 130, 132.

277 Ebenda. 278 BGHZ 35, 130, 133. 279 BGHZ 35, 130, 132, ferner wegen § 252 BGB auch der entgangene Gewinn. 280 Daß damit nur der reine Mangelschaden gemeint ist, wird in BGH, NJW 1965, 106, 107 (1. Spalte Mitte) klargestellt. Diese Entscheidung ist allerdings vom 6. Senat ergangen, während ansonsten bei der Frage, auch bei der vorerwähnten Grundsatzentscheidung der 7. Senat zuständig war. 281 BGHZ 35,130,133 f.; ebenso der 6. Senat, NJW, 1965, 106, 107. 282 Was in späteren Entscheidungen dann auch explizit ausgesprochen wurde; vgl. BGHZ 67, 1,6,8.

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c. Rechtsprechungstendenzen

Daß der reine Mangelschadensersatzanspruch nach § 638 BGB verjährt, während der Mangelfolgeschaden aus pVV der regelmäßigen Verjährung des § 195 BGB unterliegt, wurde in weiteren Entscheidungen klargestellt283 . Nach den Vorstellungen des BGH soll dies aber nicht fiir alle Folgeschäden gelten. Zunächst wurde fiir die Fälle, in denen ein Architekt ein zu erstellendes Gebäude fehlerhaft plant, eine Ausnahme von diesem Grundsatz konstituiert284 . Bei dieser Fallgruppe besteht die Problematik, daß Fehler in den Planungen eines Architekten notwendigerweise dazu führen, daß ein Schaden an anderen Rechtsgütern entsteht, namentlich an dem herzustellenden Bauwerk. Da ein solcher Schaden aber dem klassischen Begriff des Mangelfolgeschadens entspricht, würde dies dazu führen, daß Ansprüche gegen einen Architekten wegen fehlerhafter Bauausfiihrung aufgrund fehlerhafter Planung immer nach § 195 BGB verjähren, der Architekt damit aber gegenüber anderen Werkunternehmern bezüglich der Verjährungsfrist diskriminiert würde. Da dies nicht den Gerechtigkeitsvorstellungen des BGH entsprach, wurde in solchen Fällen die kurze Verjährungsfrist des § 638 BGB auf die Ansprüche gegen den Architekten wegen der sich in Mängeln des Bauwerkes realisierenden Planungsfehler des Architekten angewandt285 . Bereits in früheren Entscheidungen hatte der BGH in Abweichung von der Rechtsprechung des RG die Architektenleistung als Teil des arbeitsteiligen Leistungsprogramms zur Erstellung eines Bauwerkes angesehen286. Dies führte nun dazu, daß der BGH einen Mangel der Architektenleistung dem daraus resultierenden Mangel des Bauwerkes gleichsetzte287 . Damit wurde auch erreicht, daß Ansprüche gegen den Architekten, auch wenn sie lediglich aus der mangel-

283 Neben der obengenannten Entscheidung des 6. Senats wurde dies auch in BGH, VersR 1966, 1154, 1155 f. vom 7. Senat explizit ausgesprochen; vgJ. auch BGH, VersR 1962, 480; BGHZ 46, 238, 239 wo aber lediglich die Entscheidung BGHZ 35, 130 bestätigt wurde. VgJ. auch BGHZ 58, 305, 308. Was im einzelnen als reiner Mangelschaden zu qualifizieren ist, ist allerdings nicht immer klar abzugrenzen, wie es sich an der unterschiedlichen Beurteilung der Kosten für ein Gutachten über Ausmaß und Ursache eines Mangels in NJW 1967, 340, 341 (insoweit in BGHZ 46, 238 nicht abgedruckt) einerseits (Anspruch aus pVV) und BGHZ 54, 352, 358 (Anspruch aus § 635 BGB) andererseits ergibt. 284 BGHZ 37, 341, 343. 285 Ebenda; vgJ. auch BGH, NJW 1981,2182,2183; 1983,871. 286 BGHZ 32, 206, 207 f. mwN. 287 BGHZ 37, 341, 344.

IV. Zu § 638 BGB

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haften Planungsleistung selbst abgeleitet wurden, der "geräumigeren"288 fünfjährigen Frist des § 638 I Satz 1 BGB unterlagen289 . Daß darin keine Besonderheit des Architektenvertrages liegt, zeigt sich aber in weiteren Entscheidungen des BGH290, in denen auch die Ansprüche gegen andere Werkunternehmer, die planende Tätigkeiten im arbeitsteiligen Prozeß zur Erstellung von Bauwerken beitragen, § 638 BGB unterworfen wurden291 . Hiervon abzugrenzen sind nach dem BGH die Fälle, in denen Auskünfte und Gutachten zwar auf ein bestimmtes Objekt gerichtet sind, allerdings lediglich zu weiteren, wenn auch objektbezogenen Dispositionen fUhren. Beruhen diese Dispositionen auf dem fehlerhaften Gutachten oder der fehlerhaften Auskunft, verjähren Ansprüche wegen daraus erwachsender Schäden nach der Rechtsprechung des BGH, teilweise unter Rückgriff auf das vom RG präjudizierten Erfordernis des selbständigen hinzutretenden Ereignisses, gern. § 195 BGB in dreißig Jahren292 . Danach ergibt sich folgendes Bild. Grundsätzlich verjähren Ansprüche des Bestellers gegen den Unternehmer gern. § 638 BGB, wenn es sich bei dem geltend gemachten Schaden um den reinen Erfüllungsschaden handelt, d.h. den Schaden, der dem Besteller infolge des wegen des Mangels unbrauchbaren, wertlosen oder minderwertigen Werkes erwächst, einschließlich des entgangenen Gewinns (§ 252 BGB)293. Mangelfolgeschäden, d.h. solche, die dem Besteller außerhalb des Werkes entstanden sind, verjähren grundsätzlich nach § 195 BGB, weil die Ansprüche insoweit aus pVV hergeleitet werden und fiir diese Ansprüche keine kürzere Verjährungsfrist vorgesehen ist294 . Anders ist es nur in den Fällen,

288 Mot. II, S. 486. 289 BGHZ 32, 206, 207; 37,341,344 f. 290 BGHZ 48, 257, 258, 260; 58, 85, 89. 291 Wobei sich in BGHZ 58, 85 eine ausgezeichnete Darstellung der Rechtsprechung findet; Vgl. auch BGHZ 58, 225 (Ansprüche wegen Vennessungsfehlem und daraus resultierendem merkantilen Minderwert des Bauwerkes gegen den Vennessungsingenieur); BGHZ 72, 257, 260. 292 BGHZ 67,1,8 f.; 87,239; JR 1988,197; OLG Ramm, NJW-RR 1992,530. 293 Vgl. OLG Karlsruhe, BauR 1972, 126; OLG Köln, OB 1974, 185; VersR 1977, 139. 294 Vgl. etwa OLG Stuttgart, NJW-RR 1989,917; OLG Ramm, NJW-RR 1990,981; LG Tübingen, NJW-RR 1994, 1175.

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C. Rechtsprechungstendenzen "in denen ein Werk nur darauf gerichtet ist, in der Hand des Bestellers seine Verkörperung in einem bestimmten weiteren Werk zu finden, so daß sich die Fehler des ersten Werkes zwangsläufig auf das zweite übertragen müssen, ja dort erst wirksam werden ("sich realisieren"). ,,295

Hier resultiert der Mangel des zweiten Werkes notwendig aus dem Mangel des ersten Werkes, ein Anspruch folgt dann aber aus § 635 BGB und unterliegt somit der kurzen Verjährung des § 638 BGB. Der vorliegende Mangelfolgeschaden an anderen Rechtsgütern des Bestellers wird damit wegen der im obigen Zitat beschriebenen Eigenart dem Mangelschaden gleichgestellt. Daß der BGH die Einbeziehung von Mangelfolgeschäden in den Anwendungsbereich des § 638 BGB aber nicht auf diese Fallgruppe beschränken wollte, zeigt sich an den jeweils gewählten Formulierungen. Bei der Darstellung seiner Rechtsprechung verwies der BGH jeweils auf die Notwendigkeit, zur Durchsetzung einer interessegerechten Rechtsanwendung auch andere Folgeschäden in den Anwendungsbereich des § 638 BGB einzubeziehen296 . Neben den beschriebenen Planungsfällen fiihrte der BGH die Fälle auf, in denen Kosten für eine Mietwohnung, die der Besteller wegen Unbrauchbarkeit des erstellten Bauwerks zeitweise aufwenden mußte 297 , sowie Kosten für die Erstellung eines Gutachtens über Ursache und Ausmaß eines Mangels anfielen298 . Kann man dies im ersten Fall noch diskutieren, insbesondere aufgrund der Vergleichbarkeit mit dem Fall des entgangenen Gewinns299, handelt es sich im zweiten Fall um Kosten, die zur Beseitigung des Mangels erforderlich und schon deshalb als reiner Mangelschaden nach § 635 BGB zu ersetzen waren300 . Allerdings entspricht es der Terminologie des BGH, statt eines extensiven Begriffes vom Mangelschaden nunmehr von einer Einbeziehung von Mangelfolgeschäden zu sprechen30I .

295 BGHZ 58, 85, 89. 296 Vgl. z.B. BGHZ 58, 85, 89. 297 BGHZ 46, 238, 240. 298 BGHZ 54, 352, 358. 299 BGHZ 46, 238, 240. 300 BGHZ 54, 352, 358.

301 Vgl. etwa BGH, NJW 1983,2240,2241.

IV. Zu § 638 BGB

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Der BGH verwehrt sich in Reaktion auf die entsprechende Meinung in der Literatur302 dagegen, alle Mangelfolgeschäden in den Anwendungsbereich des § 638 BGB miteinzubeziehen, die mit dem Mangel des Werkes in einem ursächlichen Zusammenhang stehen303, und stellt damit klar, daß nicht auf den kausalen Zusammenhang zwischen Mangel und Schaden abzustellen ist304 . Vielmehr ist das Erfordernis eines engen Mangelfolgeschadens eine Art Generalklausel, die es ermöglichen soll, die besonderen Eigenheiten des Sachverhalts zu erfassen und die widerstreitenden Interessen angemessen zu würdigen305 . Wie bei anderen Generalklauseln auch soll dann eine Typenbildung nach Fallgruppen erfolgen können306. Als Fallgruppe, bei der auch mangelbezogene Folgeschäden nicht von § 638 BGB erfaßt werden, führt der BGH die Fälle auf, in denen über das vom Werkvertrag erfaßte Maß hinaus 307 in die Integritätssphäre des Besteller eingegriffen wurde, da der historische Gesetzgeber solche schweren Schäden bei §§ 635, 638 BGB nicht vor Augen gehabt habe308 .

Die dargestellte Rechtsprechung führt zu Abgrenzungsschwierigkeiten309 . Dies läßt sich insbesondere an folgender Abfolge von Entscheidungen aufzeigen. Dabei ist mit einer Entscheidung des BGH aus dem Jahre 1986310 zu beginnen. Im zu entscheidenden Fall ging es um Ansprüche wegen Schäden, die auf einen mangelhaft durchgeführten Ölwechsel zurückzuführen waren. Den dadurch eintretenden Motorschaden stufte der BGH als engen Mangelfolgeschaden ein,

302 Vgl. die Nachweise in BGHZ 58, 85, 90. 303 Ebenda. 304 BGHZ 67,1,6,8. 305 BGHZ 58, 85, 92. 306 Ebenda. 307 BGHZ 61, 203, 205; 98, 45, 47; NJW 1982,2244; 1983,2440,2441 f. 308 BGHZ 58, 85, 91; der Bezug aufBGH, NJW 1965, 106 ist dabei allerdings fragwürdig. Hier grenzte der BGH lediglich die Fälle, in denen Gutachten oder Auskünfte sich als falsch erwiesen, von den Planungsfallen ab, vgl. aaO S. 107; vgl. auch BGH, NJW 1982,2244,2245; deshalb problematisch OLG München, BauR 1990, 736. 309 Vgl. die dahingehende Kritik in der Literatur, zuletzt Ackmann, JZ 1992, 670. 310 BGHZ 98, 45.

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c. Rechtsprechungstendenzen "weil der durch unzureichende Schmiennittelwirkung verursachte Motorschaden die typischerweise auftretende zwangsläufige Folge des mangelhaften Werkes war, dessen Zweck das Berufungsgericht ohne Rechtsverstoß darin gesehen hat, durch eine ausreichende Schmierung Schäden der eingetretenen Art am Motor zu verhindern.,,3!!

Bald darauf war das OLG München mit folgendem Sachverhalt beschäftigt: Ein Architekt wurde beauftragt, ein Juweliergeschäft einbruchssicher umzubauen. Für die Schaufensterverglasung wählte er völlig ungeeignetes Glas. Dem Juwelier entstand ein größerer Schaden dadurch, daß ein Einbrecher mit einem Vorschlaghammer die Scheibe zerbrach und mit den Schaufensterauslagen so schnell entkommen konnte, daß die durch eine Alarmvorrichtung alarmierte Polizei nicht schnell genug erscheinen konnte, was bei tauglicher Verglasung anders gewesen wäre 3 !2. Unter Verweis auf die genannte BGH-Entscheidung meinte das OLG München, Fehler in der Sicherheitskonzeption führten typischerweise dazu, daß Einbruche gelängen, es handle sich dann aber um einen engen Mangelfolgeschaden3!3. Der BGH war einige Zeit später mit einer ganz ähnlichen Fallgestaltung befaßt 3 !4. Hier war eine Sicherungsanlage derart installiert worden, daß ein Sensor an einem beweglichen Schrank befestigt wurde. Da zudem die Eingangstür derart konstruiert war, daß sie mit mäßiger Anstrengung aufzuschieben war, wurde es einem Einbrecher ermöglicht, durch die aufgeschobene Tür den Schrank zu verrücken und, ohne die Sensorschranke zu durchbrechen, die Schaufensterauslage zu erbeuten. Der BGH stellte klar, daß nur im Ausnahmefall die kurze Verjährung auch Mangelfolgeschäden erfasse 3 !5. Das zur Feststellung dieses Ausnahmefalles entwickelte Kriterium des "engen" Mangelfolgeschadens stellt, wie der BGH nochmals 3 !6 ausführte, kein kausales Kriterium,

3!! BGHZ 98, 47. 3!2 NJW-RR 1988,85. 313 NJW-RR 1988, 8586, dennoch war der Anspruch durchsetzbar, da die in den AGB des Architekten vorgesehene Verkürzung der Verjährungsfrist gegen § 11 Nr. 10 f AGBG verstoß, die fiintjährige Verjährungsfrist aber noch nicht abgelaufen war. 3!4 BGHZ 115,32. 3!5 BGHZ 115,3235. 316 Vgl. schon BGHZ 67,1,6.

N. Zu § 638 BGB

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sondern ein ,,lokales" Kriteriwn dar 317 . Im Unterschied zu dem vom OLG München angeführten FaU 318 sei die Sicherungsanlage nicht von vornherein bestimmten zu schützenden Objekten zugeordnet gewesen, so daß es sich bei dem durch das Versagen der Sicherungsanlage entstandenen Schaden nicht wn einen engen Mangelfolgeschaden handle 319 . 2. Einbeziehung von Ansprüchen aus cic in den Anwendungsbereich von § 638 BGB

Für die Frage, ob § 638 BGB auch auf Ansprüche des Bestellers aus einem Verschulden des Werkunternehmers bei Vertragsschluß anzuwenden ist, kann im wesentlichen auf das Kaufrecht verwiesen werden320. Die dazu speziell fiir das Werkvertragsrecht ergangenen Entscheidungen sind rar. Die erste datiert aus dem Jahre 1969321 . Hier wandte der BGH § 638 BGB auf Ansprüche aus cic an, soweit sich diese mit Ansprüchen aus § 635 BGB deckten und verwies auf die Rechtsprechung zwn Kaufrecht322 . Schließlich übernahm der BGH auch die Rechtsprechung zwn Kauf dahingehend, daß Ansprüche aus cic dann nicht in Betracht kommen, wenn sich das Verschulden auf Eigenschaften der herzustellenden Sache bezieht323 . 3. Ausweitung im Arglistbereich und der Wissenszurechnung

Wie beim Kauf wird der Anwendungsbereich der kurzen Verjährungsfrist dadurch eingeschränkt, daß der Unternehmer sich nicht auf die kurze Verjährung berufen kann, wenn er dem Besteller den Mangel arglistig verschwiegen

317 Ebenda, ebenfalls aufBGHZ 67,1,6 verweisend. 318 BGHZ 98, 45. 319 BGHZ 115, 32, 35, 36, deswegen problematisch OLG Ramm, NJW-RR 1990,

981. 320 Vgl. Seiten 67 ff. 321 NJW 1969,1710. 322 NJW 1969, 1710, 1711; vgl. auch NJW 1974, 1187. 323 WM 1976, 791; vgl. auch NJW 1984,2938.

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C. Rechtsprechungstendenzen

hat. Auch bezüglich der Zurechmmg von arglistbegründender Kenntnis kann hier im wesentlichen auf die Rechtsprechung zum Kauf verwiesen werden324 . Eine spezielle Differenzierung hat sich aber fiir den Bereich der Zurechnung von Kenntnissen von Erfüllungsgehilfen ergeben. Auch beim Kauf wird dem Verkäufer nicht jedes Wissen von Erfüllungsgehilfen zugerechnet, sondern nur das Wissen solcher Personen, die Erfüllungsgehilfen des Verkäufers bezogen auf die Offenbarungspflichten sind325 . Das KG nahm diesen Gedanken fiir das Werkvertragsrecht auf326 . Danach kommt eine Zurechnung nur in Betracht, wenn der Erfüllungsgehilfe gerade die Aufgabe hat, auf bestimmte Mängel aufmerksam zu machen327 . Dies sei bei den Mitgliedern einer Putzerkolonne nicht der Fall. Der BGH macht sich diese Auffassung zu eigen328 . Danach ist eine Zurechnung des Wissens aller Hilfspersonen von § 278 BGB nicht gedeckt. Über § 278 BGB könne nur das Wissen von Personen zugerechnet werden, deren sich der Unternehmer bei Offenbarungspflichten bedient habe 329. Das sei in der Regel bei den Personen der Fall, die mit der Ablieferung des Werkes betraut seien oder die dabei mitgewirkt hätten330. Dazu kämen die Fälle, in denen mit der Prüfung des Werkes betraute Personen ihr Wissen um Mängel des Werkes nicht weitergegeben hätten. Es könne nicht angehen, daß der Unternehmer der Arglisthaftung entgehe, weil die Prüfung des Werkes an Personen vergeben werde, die an der Ablieferung nicht mitwirkten 331 . Ob das so sei, sei eine Frage des Einzelfalles. Diese Rechtsprechung wurde in der Folge bestätigt332 und von den OLGen übernommen333 . In einer neueren Entscheidung wurde sie vom

324 Vgl. Seite 79. 325 Vgl. Seiten 78 ff. und LM Nr. 13 zu § 463 BGB, BI. 2. 326 MDR 1970, 1010. 327 MDR 1970, 1010, 1011. 328 BGHZ 60, 63, 67. 329 BGHZ 60, 63, 68. 330 Ebenda. 331 Ebenda. 332 BGHZ 66, 43, 45. 333 OLG Karlsruhe, BauR 1979, 335; OLG Köln, BauR 1984,525.

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BGH dahingehend differenziert, daß der Unternehmer sich nicht auf seine fehlende Kenntnis berufen könne, wenn diese aufOrganisationsmängeln beruhe334 .

4. Weiterfressende Mängel im Werkvertragsrecht Eine bislang von der Rechtsprechung noch nicht behandelte Frage ist die, ob die kaufrechtliche Rechtsprechung zum "weiterfressenden Mangel" auch auf das Werkvertragsrecht übertragen werden kann. Obschon sich der BGH bei der Rechtsprechung zum "weiterfressenden Mangel" auf Entscheidungen aus dem werkvertraglichen Bereich beruft335 , ist aber wegen der werkvertragsspezifischen Besonderheiten im Gewährleistungsrecht zu differenzieren336 .

v. Zu § 558 BGB Bei § 558 BGB besteht die Be~onderheit, daß die früheren Rechtsordnungen eine entsprechende Regelung nicht kannten, die Rechtsprechung also ohne traditionelle Vorgaben 1900 verjährungsrechtliches Neuland betrat. Dazu kommt, daß § 558 BGB mit den anderen kurzen Verjährungsregelungen bei den einzelnen Vertragstypen nicht zu vergleichen ist. Zum einen werden von der kurzen Verjährung Ansprüche beider Vertragsparteien erfaßt, zum anderen erfaßt die kurze Verjährung keine Gewährleistungsansprüche des Mieters, sondern nur dessen Ansprüche wegen auf die Sache gemachter Verwendungen (§§ 547, 55811 BGB) sowie Ansprüche auf Wegnahme von eingebrachten Einrichtungen (§ 547a BGB). 1. Einbeziehung anderer als in § 558 BGB ausdrücklich genannter Ansprüche

a) Einbeziehung von Ansprüchen aus unerlaubter Handlung Bald nach dem Inkrafttreten des BGB war das RG mit einem Fall beschäftigt, in dem neben mietvertraglichen Ansprüchen solche wegen der Beschädigung der im Eigentum des Vermieters stehenden Mietsache aus unerlaubter Handlung bestanden. Bezüglich der Verjährung entschied das RG, daß es erfor-

334 NJW 1992,1754. 335 Vgl. etwa BGHZ 86, 256, 259 mit Bezug aufBGHZ 39, 366 und 55, 392. 336 Vgl. dazu S. 281 ff.; Eingehend dazu DeriederlMeyer, AcP 195 (1995),137. 7 Meyer

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C. Rechtsprechungstendenzen

derlich sei, die kurze mietvertragliche Verjährung auch auf diese Ansprüche anzuwenden337 . Bereits in einer früheren Entscheidung hatte das RG ausgesprochen, daß dem Vennieter zustehende vertragliche Ansprüche, die die Beschaffenheit der Mietsache betrafen, der kurzen Verjährung gern. § 558 BGB unterlägen 338 . Das RG führte aus, daß schon nach dem Wortlaut des § 558 BGB auch Ansprüche aus unerlaubter Handlung erfaßt seien. Aber auch nach Sinn und Zweck des § 558 BGB sei es erforderlich, die kurze Verjährung auf solche Ansprüche anzuwenden; maßgeblich sei "vor allem die Erwägung, daß die ganze Bestimmung im wesentlichen bedeutungslos sein würde, wenn fahrlässige oder vorsätzliche Beschädigungen ausschieden, da für zufällige Verschlechterungen der Mieter, bzw. Entleiher überhaupt nicht haftet.,,339 Unter Verweis auf die Protokolle ging das RG davon aus, daß es vom Gesetzgeber vorgesehen war, alle Ersatzansprüche wegen vertragswidrigen Verhaltens und dadurch entstandener Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache zu erfassen, also auch auf unerlaubte Handlung gegründete Ansprüche340 . Dies sollte nicht nur für den Fall gelten, daß sich die Mietsache verschlechtert hatte, sondern auch dann, wenn andere Sachen des Vennieters in Mitleidenschaft gezogen worden waren341 . Die Anwendung des § 558 BGB sei auch geboten, wenn der Mieter an den beschädigten Sachen keinerlei Besitzrecht342 , der Schaden an der Mietsache sich aber auf diese Sachen negativ ausgewirkt habe 343 . Lediglich bei völliger Zerstörung der Mietsache sei § 558 BGB nicht anwendbar, da es dann an einem Zeitpunkt für den Beginn der kurzen Verjährung fehle 344 .

337 RGZ 66, 363. 338 RGZ 62, 329, 331. 339 RGZ 66, 363, 364. 340 Ebenda; im folgenden bestätigt. Vgl. neben den noch aufgeführten Entscheidungen RGZ 142,258,262; RG, DJ 1938, 1598. 341 RGZ 75,116,118. 342 Ebenda. 343 RGZ 75, 116, 119. 344 Obiter dictum in RGZ 96, 300, 301.

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Diese Rechtsprechung wurde vom BGH übernommen345 . In der Folge bezog der BGH auch solche Ansprüche mit ein, die im Ergebnis dem Vermieter einen Ersatz fiir die Verschlechterung sichern sollten, so etwa Ansprüche wegen Verstoßes gegen die im Vertrag festgelegte Pflicht, die Mietsache gegen Feuer zu versichern346 . Außer auf Ansprüche wegen Verschlechterung einer Sache im Rahmen eines Mietvertrages wurde die kurze Verjährung auch bei anderen Fallgruppen angewandt, in denen eine Sache zeitweilig überlassen wird, so wenn im Rahmen von Verhandlungen über einen Kaufvertrag das in Betracht gezogene Fahrzeug vom Kaufinteressenten beschädigt wird 347 . Auch in den Fällen, in denen ein wirksamer Mietvertrag nicht zustandegekommen ist, etwa weil der Verhandlungspartner minderjährig ist, wendet der BGH die kurze Verjährung des § 558 BGB an 348 . Die schon vom RG349 vorgenommene Einschränkung, daß bei völliger Zerstörung die Anwendung der kurzen Verjährung nicht in Betracht kommt, wurde vom BGH ebenfalls übernommen350 , ebenso wurde die Rechtsprechung fortgeführt, daß bei Beschädigung anderer Sachen als der gemieteten § 558 BGB

345 NJW 1957,1436. 346 NJW 1964,545; vgl. z.B. auch BGH, NJW 1980,389; BGHZ 107, 179, 180; OLG Düsseldorf, ZMR 1990, 340. 347 NJW 1964, 1225; wobei es nicht darauf ankommt ob es sich bei dem beschädigten Fahrzeug um das in Betracht kommende Fahrzeug handelt, vgl. NJW 1968, 1472; vgl. auch BGH NJW 1992, 2413 beim Kauf auf Probe und Beschädigung der Sache vor Billigung. 348 BGHZ 47,53. 349 RGZ 96, 300, 301. 350 NJW 1968, 694, insoweit in BGHZ 49, 278 nicht abgedruckt; vgl. auch BGH, NJW 1964, 545, 546, wo aber Teile der Sache zurückgegeben werden konnten. Das OLG Düsseldorf argumentiert in MDR 1972, 694, 695, die weite Auslegung von § 558 BGB beruhe darauf, daß bei vermieteten Sachen die "tatsächlichen Grundlagen" von Ersatzansprüchen nicht mehr hinreichend genau ermittelt werden könnten, zumal die Sachen ja in anschließenden Überlassungsverträgen anderen Nutzem ausgesetzt seien. Bei einem Totalverlust seien die tatsächlichen Verhältnisse aber so eindeutig, daß dieser Grund wegfalle; vgl. auch BGH, NJW 1981,2406,2407; OLG Düsseldorf, ZMR 1990,273.

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anzuwenden ist 351 , wobei es unerheblich sein soll, ob der an den anderen Sachen entstandene Schaden überwiegt352. Eine solche Einschränkung hätte aus einer Entscheidung des RG353 entnommen werden können. Während der BGH zunächst ausdrücklich offenließ, was zu gelten habe, wenn andere als die vermietete Sache beschädigt wurden354 , setzte sich in der Folgezeit in der unterinstanzlichen Rechtsprechung die Ansicht durch, daß auch dann § 558 BGB eingreifen müsse 355 . Ohne genauere Kriterien anzugeben, hat der BGH schließlich angedeutet, daß er den Anwendungsbereich des § 558 BGB nicht soweit ausdehnen wi1l 356. Eine besondere Konstellation ergibt sich, wenn der Vermieter nicht zugleich Eigentümer der Mietsache ist. Der weite Wortlaut des § 558 BGB kann für eine Heranziehung der kurzen Verjährung nicht herhalten, da § 558 BGB lediglich von Ersatzansprüchen des Vermieters spricht. Das Problem stellte sich dem BGH zunächst in der Konstellation, daß ein Kaufinteressent ein Fahrzeug anläßlich einer Probefahrt beschädigt hatte, der Kfz-Händler aber nicht Eigentümer war, sondern einer seiner Angestellten. Der Händler entschädigte den Angestellten und ging aus eigenem und abgetretenen Recht gegen den Kaufinteressenten vor 357 . Da im zu entscheidenden Fall aber lediglich die Abwicklung des Vertragsverhältnisses zwischen Interessent und Verkäufer in Frage stand, ließ der BGH die Frage offen, ob bei hintereinander geschalteten Überlassungsverträgen dem Durchgriff des Eigentümers die kurze Verjährung entgegengehalten werden könne 358 . Bisher offen gelassen ist vom BGH ferner

351 BGHZ 61, 227. 352 BGHZ 61, 227, 230. 353 RGZ 75, 116. 354 BGHZ 61, 227, 231. 355 AG Schöneberg, MDR 1979, 847, 848; LG Köln, VersR 1979,415,416. 356 BGHZ 86, 71, 81; vgl. auch BGR, NJW 1992, 687. 357 BGHZ 54, 264; Die Glaubwürdigkeit dieses Vorbringens war von den Vorinstanzen offenbar nicht in Zweifel gezogen worden. 358 BGHZ 54, 264, 267; vgl. auch die ähnlich gelagerte Entscheidung des OLG Düsseldorf, ZMR 1988,256; vgl. auch AG Nordenham, NJW-RR 1989,523.

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die Frage, ob der Schädigende sich auch bei vorsätzlicher Schädigung auf die kurze Verjähnmg berufen kann359 . b) Weitere erfaßte Ansprüche

(1) Ansprüche aus § 7 StVG Neben Ansprüchen aus unerlaubter Handlung hat der BGH auch andere Ansprüche, die dem Vermieter, der gleichzeitig Eigentümer ist, wegen der Verschlechterung der Mietsache zustehen, der kurzen Verjähnmg nach § 558 BGB unterstellt. So verjähren Ansprüche gern. § 7 StVG nicht, wie damals spezialgesetzlich vorgesehen, in der Zwei-Jahres-Frist des § 14 StVG a.F.360, sondern gern. § 558 BGB in sechs Monaten361 . Dies sollte jedenfalls dann gelten, wenn die Kfz-Benutzung sich im Rahmen des vertragsgemäßen Mietgebrauches hielt 362 . (2) Ansprüche aus § 22 WHG Die erste Entscheidung, ob Ansprüche gern. § 22 WHG ebenfalls der kurzen Verjähnmg des § 558 BGB unterliegen können, datiert aus dem Jahre 1975 363 . Das LG Köln hatte hier folgenden Sachverhalt zu beurteilen: Die Klägerin hatte von der späteren Beklagten unter Ausschluß jeglicher Gewährleistung ein Grundstück gekauft und dies an die Beklagte weitervermietet. Die Beklagte betrieb auf dem Grundstück wie schon seit längerer Zeit einen Heizöl- und Kohlenhandel. Als die Klägerin auf dem Grundstück einen Neubau errichten wollte, kündigte sie den Mietvertrag. Sie kam mit der Beklagten überein, die in der Erde eingelassenen Heizöltanks erst bei Baubeginn unter Kostenbeteiligung der Beklagten zu beseitigen. Anläßlich dieser Bauarbeiten, die erst mehr als ein halbes Jahr nach Räumung des Grundstückes durch die Beklagte begannen,

359 BGHZ 71, 175, 180, insoweit nicht abgedruckt in NJW 1978, 1426; vgl. auch OLG Köln, NJW-RR 1991, 1292, 1294. 360 Die nunmehr im Rahmen der haftungsrechtlichen Vereinheitlichung zugunsten einer Heranziehung von § 852 BGB weggefallen ist. 361 BGHZ 61, 227, 229. 362 Ebenda. 363 LG Köln, NJW 1975, 1708.

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c. Rechtsprechungstendenzen

wurde festgestellt, daß das Erdreich stark ölverseucht war. Die Klägerin beseitigte die Verschmutzungen und verhinderte so, daß die örtliche Wasserbehörde ihrerseits Schritte unternahm, um die Beseitigung und die Sicherung der Grundwasserreinheit zu gewährleisten. Die Beklagte berief sich unter anderem auf die kurze mietvertragJiche Verjährung. Das LG, das Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag für gegeben ansah, verwarf die Verjährungseinrede. Zur Begründung fiihrte das Gericht aus, daß es sich bei § 22 WHG um einen Gefahrdungshaftungstatbestand handle, der nicht mit deliktischen Tatbeständen vergleichbar sei, da auch reine Vermögensschäden nach § 22 WHG ersetzbar seien364 . Den Grund, warum § 558 BGB auch auf deliktische Ansprüche Anwendung findet, sah das Gericht darin, daß diese deliktischen Handlungen sich typischerweise mit den von § 558 BGB erfaßten Vertragsverletzungen decken. Da § 22 WHG aber nicht typischerweise die auch von § 558 BGB erfaßten Eigentumsverletzungen zur Voraussetzung habe, sondern jede Vermögensschädigung ausreiche, sei die Rechtsprechung, die § 558 BGB auch auf deliktische Ansprüche anwendet, hier nicht heranzuziehen365 . Der BGH hatte sich mehr als zehn Jahre später mit der gleichen Problematik zu befassen366. Hier betrieb die Beklagte seit längerer Zeit auf einem Grundstück eine Tankstelle. Auf dem Grundstück befanden sich zwei unterirdische Kraftstofftanks, die allerdings aufgrund behördlicher Weisung nicht mehr betrieben wurden. Nach Beendigung des Pachtverhältnisses veräußerte der Eigentümer das Grundstück an den Kläger, der darauf ein Wohnhaus errichten wollte. Auch hier wurde anläßlich der Bauarbeiten starke Ölverschmutzung des Erdreichs festgestellt. Die Ordnungsbehörde erließ gegen Kläger und Beklagte Verfügungen zur Abwehr von Grundwasserverunreinigungen. Der Kläger ließ die Verunreinigungen beseitigen und wollte die Beklagte in Anspruch nehmen. Diese berief sich unter anderem auf Verjährung. Der BGH ließ offen, ob Ansprüche aus § 22 WHG bestanden, da er solche jedenfalls für verjährt hielt 367 . Er sah in der durch § 22 WHG konstituierten Gefahrdungshaftung eine Haftung aus unerlaubter Handlung im weiteren Sinne. Er knüpfte dabei an eine vorausgegangene Entscheidung an, nach der Ansprüche gern. § 22 WHG in der kurzen Frist des § 117 BinnSchG verjähren sollten, wenn sie in einem engen Zusam-

364 LG Köln, NJW 1975, 1708, 1709. 365 Ebenda. 366 BGHZ 98, 235. 367 BGHZ 98, 235, 237.

V. Zu § 558 BGB

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menhang mit dem Schiffsbetrieb standen368 . Da in der Verschmutzung des Erdreichs eine Verschlechterung der Mietsache im Sinne des § 558 BGB zu sehen sei, müßten auch die aus § 22 WHG hergeleitenen Ansprüche, da sie Ersatz für diese Verschlechterungen gewähren sollten, der kurzen Verjähnmg nach § 558 BGB unterfallen369. Auch auf Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag könne sich der Kläger nicht berufen. Zwar sei es möglich, daß der Kläger ein "auch fremdes" Geschäft besorgt habe. Eine Beseitigungspflicht der Beklagten könne sich aber allenfalls aus § 1004 BGB ergeben. Auch ein solcher Anspruch unterliege aber der kurzen Verjähnmg nach § 558 BGB370. Eine polizeirechtliche Pflicht zur Beseitigung treffe den Kläger nicht. Zwar hätte die polizeirechtliche Verfügung auch gegenüber der Beklagten als Verhaltensstörerin ergehen können; doch sei auch die Inanspruchnahme des Klägers als Zustandsstörer zulässig gewesen, so daß sich Ausgleichsansprüche nach dem Innenverhältnis der Beteiligten richteten. Hier sehe aber § 558 BGB zugunsten der Beklagten vor, daß diese für die Verschlechterungen der Sache nicht mehr in Anspruch genommen werden könne 371 .

2. Ausweitung des Personenkreises, der sich auf§ 558 BGB berufen kann Insbesondere in den Fällen, in denen nach dem Mietvertrag nicht nur der Mieter, sondern auch andere Personen den Mietgegenstand nutzen sollen, erschien es dem BGH als unbillig, wenn sich nur der Mieter auf die kurze Verjährung berufen könnte, nicht aber die anderen nutzungsberechtigten Personen372 . Um dies zu vermeiden, hat der BGH es diesen Personen mit einer Grundsatzentscheidung aus dem Jahre 1968 ermöglicht, sich gegenüber dem Vermieter auf die kurze Verjähnmg zu berufen373 . Der BGH verweist dabei auf die Möglichkeit, daß Personen, die in den Schutzbereich des Mietvertrages einbezogen sind, Schadenersatzansprüche gegen den Vermieter haben können, wenn

368 BGHZ 76, 312, 317. 369 BGHZ 98, 235, 239. 370 BGHZ 98, 235, 241. 371 BGHZ 98, 235, 243; vgl. auch OLG Karlsruhe, BB 1988,2130 mit zust. Anm. Knopp. 372 Zur Möglichkeit des Untermieters, sich gegenüber dem Hauptvermieter auf die Verjährung nach § 558 BGB zu berufen, vgl. AG Lemgo, NJW-RR 1994,1166. 373 BGHZ 49, 278, 280 f.

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C. Rechtsprechungstendenzen

dieser gegen vertragliche Sorgfaltspflichten verstoßen hat374 , Obwohl sich Dritte grundsätzlich auf Einreden aus einem Vertrag, an dem sie nicht beteiligt sind, nicht berufen können, sei in der vorgegebenen Situation hiervon eine Ausnahme zu machen375 , Überdies stellte der BGH darauf ab, daß im gegebenen Fall die in Anspruch genommene Hilfsperson nach den Grundsätzen über die gefahrgeneigte Arbeit Freistellung vom Mieter verlangen könne 376, Dann würde aber auf dem Umweg über die Hilfsperson der Mieter trotz Ablaufs der kurzen Verjährungsfrist in Anspruch genommen werden können, Jedenfalls in einem solchen Fall könne sich dann die Hilfsperson auf § 558 BGB berufen377 , In einer weiteren Entscheidung stellte der BGH dann aber nicht mehr darauf ab, ob die Hilfsperson Freistellung beim Mieter verlangen kann378 , Vielmehr gebiete es der Gedanke, der auch zur Begründung von Ersatzansprüchen für in den Schutzbereich eines Vertragsverhältnisses einbezogene Personen geführt habe, daß sich diese Personen auf die kurze vertragliche Verjährung berufen könnten379, Selbst auf das Erfordernis des Obhuts- bzw. Fürsorgeverhältnisses des Vertragspartners zum geschützten Dritten soll es nicht mehr ankommen380 , so daß auch ein selbständiger Werkuntemehmer sich auf § 558 BGB berufen könne, wenn ,,nach dem Inhalt des Vertrages der Mietgebrauch durch den Dritten gewissermaßen bestinunungsgemäß ausgeübt wird und ,.. erkennbar für den Dritten ebenso wie für

374 BGHZ 49, 278, 279 unter Hinweis auf den Gesichtspunkt des Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter. 375 BGHZ 49, 278, 280 unter Hinweis auf die Möglichkeit, daß sich Dritte unter bestinunten Umständen auf einen vertraglichen Haftungsauschluß berufen können; BGHZ 22, 109, 120. 376 BGHZ 49, 278, 281. 377 Ebenda; dies erscheint deshalb fragwürdig, weil ansonsten bei den Grundsätzen über die gefahrgeneigte Arbeit das Innenverhältnis zwischen Arbeitnehmer und -geber unberücksichtigt bleibt, vgl. BGHZ 108, 305. 378 BGHZ 61, 227. 379 BGHZ 61, 227, 233; vgl. auch BGHZ 71,175,178 f. 380 BGH, NJW 1976, 1843, 1844; in der Folge wurde dieses Erfordernis auch beim ,,normalen" Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter aufgegeben.

VI. Zu § 852 BGB, insbesondere haftungsrechtliche Vereinheitlichung

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den Mieter die Gefahr mit sich bringt, wegen Beschädigung der Mietsache auf Ersatz in Anspruch genonunen zu werden.,,381

VI. Zu § 852 BGB, insbesondere haftungsrechtliche Vereinheitlichung Die Entwicklung der Rechtsprechung für den Bereich des § 852 BGB ist im wesentlichen von zwei Themenkomplexen geprägt382. Einmal wurde durch einen extensiv ausgelegten Begriff der unerlaubten Handlung der Kreis der erfaßten Ansprüche weit gefaßt. Zum anderen wurde das dem Verjährungsrecht sonst unbekannte Kenntniselement konkretisiert.

1. Der extensiv ausgelegte Begriff der unerlaubten Handlung Bald nach Inkraftreten des BGB wurde vom RG festgestellt 383 : ,,Das Bürgerliche Gesetzbuch faßt ... den Begriff einer unerlaubten Handlung in einem weiten Sinne auf, wodurch sich die Annahme rechtfertigt, daß sich auch die Verjährungsvorschrift des § 852 B.G.B. in betreff des Anspruchs auf Ersatz des aus einer unerlaubten Handlung entstandenen Schadens auf den Schadenersatzanspruch aus unerlaubten Handlungen im weiten Umfange, also auch des alten Rechtes, erstreckt, falls rur letztere nicht eine ganz spezielle Verjährungsvorschrift ... besteht."

Dies führe dazu, daß neben den im Titel über die unerlaubten Handlungen genannten Ansprüchen auch außerhalb des BGB geregelte Ansprüche von der Verjährungsregelung des § 852 BGB erfaßt würden, soweit es sich bei ihnen um

381 Ebenda; vgl. auch OLG Hanun, ZMR 1982, 113, 114; BGH, NJW-RR 1988,

1358 f. 382 Die entsprechende Anwendung des § 852 II BGB wird, da sie nur die Ausgestaltung des Laufs der Verjährungsfrist betriffi:, im folgenden ausgespart. Vgl. hierzu BGHZ 93,64; BGH, NJW 1987,2072. Ebenso bleiben die Versuche, § 852 BGB bezüglich der Kenntnis auf Gewährleistungsansprüche anzuwenden, unberücksichtigt, da dies bereits im systematischen Teil angesprochen wurde; vgl. dort unter D 4 und BGH, NJW 1973, 843; OLG Bremen, OLGZ 1979,226; BGHZ 77,215. 383 RGZ 67,141,144.

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C. Rechtsprechungstendenzen

quasideliktische Ansprüche handle384 . Dazu sei ein Verschulden des Schädigers nicht Voraussetzung, da auch die unter die unerlaubten Handlungen gefaßten Ansprüche nicht ausnahmslos ein Verschulden voraussetzten385 . Auch ein vermutetes Verschulden oder eine Gefährdungshaftung seien fiir die Anwendbarkeit von § 852 nicht erforderlich. Dieser umfasse vielmehr386 "alle gegenständlich rechtswidrigen Eingriffe, für deren Eintritt kraft gesetzlicher Bestimmung eine Person verantwortlich ist." Der BGH folgte dieser Auffassung ausdrücklich387 . Neben den in

§ 852 BGB ausdrücklich genannten Ersatzansprüchen wandte das RG die Bestimmung auch auf den aus § 823 I BGB erwachsenen Unterlassungsanspruch an388 . Auch insoweit folgte der BGH dem RG389 und wandte § 852 BGB auch auf den aus §§ 823, 1004 BGB hergeleiteten Widerrufsanspruch gegenüber einer Ehrverletzung an390 .

Während das RG § 852 BGB zunächst auch auf Nachbaransprüche aus §§ 906, 1004 BGB angewendet hatte391 , ging der BGH fiir den Beseitigungsanspruch des Grundstückeigentümers aus § 1004 BGB von der dreißigjährigen Frist des § 195 BGB aus392 ; dies gilt auch fiir Ansprüche aus § 906 11 Satz 2 BGB393. Gegen eine Einbeziehung der Ansprüche aus § 906 11 Satz 2 BGB

384 Im zu entscheidenden Fall ging es um die Haftung des Staates aus Art. 1384 Code civil, die auf einer Vermutung des Verschuldens der Staatsgewalt beruhte. 385 RGZ 70, 150, 157. 386 RGZ 122, 320, 326. 387 Vgl. etwa BGHZ 9, 209, 212; 36, 252, 254; 57,171,176. 388 LZ 1908, Sp. 599, Nr. 25. 389 NJW 1969,463. 390 Ebenda. 391 JW 1912, 31; 1926, 1151; 1935, 1775. 392 BGHZ 60, 235, 239; vg. auch NJW 1990, 2555; 1994, 999; aA LG Tübingen, NJW-RR 1990, 338, das annimmt, Ansprüche aus § 1004 BGB unterlägen beim Grundeigentum gern. § 902 I BGB nicht der Verjährung. 393 BGH, NJW 1995,714; vgl. aber OLG Hamm, NJW 1988, 1031, das § 195 BGB

für einschlägig hält; aA LG Regensburg, NJW 1986, 2768,das § 852 BGB anwendet.

VI. Zu § 852 BGB, insbesondere haftungsrechtliche Vereinheitlichung

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spricht dabei, daß es sich insofern nicht wn quasideliktische Ansprüche handelt, da sie ja gerade die Rechtmäßigkeit der Immission voraussetzen. Nach dem RG und dem BGH394 verjähren weiterhin die Ansprüche aus den §§ 302 IV Satz 3, 600 11, 717 11 Satz 1,945 ZPO wegen ihrer quasideliktischen Natur nach § 852395 , ebenso Ansprüche aus dem WarenzeichenaJ96. Durch den BGH wurde der Anwendungsbereich des § 852 BGB auch auf Ansprüche aus Art. 5 V Menschenrechtskonvention397 , § 35 GWB398 sowie § 22 WHG399 erstreckt. Durch die Vereinheitlichung haftungsrechtlicher Vorschriften400 wurden die recht unterschiedlichen gesetzlichen Regelungen der Gefährdungshaftung den von der Rechtsprechung vorgegebenen Richtlinien gemäß angepaßt, teilweise durch Aufnahme einer dem § 852 BGB entsprechenden Spezialregelung4°I, teilweise durch Verweisung auf § 852 BGB, teilweise durch Verzicht auf eine ausdrückliche Regelung im Hinblick auf die schon existierende Rechtsprechung. 2. Das Kenntniselement

Bezüglich des Kenntniselementes ergeben sich Abgrenzungsprobleme sowohl hinsichtlich des Schadensbegriffs, als auch bezüglich des Verjährungsbeginns402 . Nach der Rechtsprechung des BGH hat der Geschädigte nicht erst dann Kenntnis von einem Schaden, wenn ihm dessen Umfang bekannt ist, sondern schon dann, wenn ihm bekannt ist, daß die Handlung schädliche Folgen

394 NJW 1957, 1926; BGHZ 75,1,3. 395 RGZ 74,249; 106,289,291; 157, 14, 18. 396 JW 38, 3306; MDR 1968,381. 397 BGHZ 45, 58, 75. 398 NJW 1966,975. 399 BGHZ 57, 171, 176. 400 Gesetz über die Änderung schadensersatzrechtlicher Vorschriften v. 16.8.1977, BGBI 11577. 401 Vgl. etwa § 32 AtG. 402 Vgl. dazu bereits im systematischen Teil unter 0.0.0.

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C. Rechtsprechungstendenzen

hat4 03 . Lediglich nicht vorhersehbare neue Schädigungen werden von dieser Kenntnis nicht umfaßt4 04 . Bezogen auf die Person des Schädigers reicht eine Kenntnis aus, die den Geschädigten befähigt, gegen eine bestimmte Person mit hinreichender Erfolgsaussicht vorzugehen405 . Eine gewisse Ausweitung des Kenntnisbegriffs führte der BGH dadurch ein, daß er es genügen ließ, wenn dem Geschädigten Umstände bekannt waren, die es ihm ohne Mühe ermöglichten, die Person des Schädigers festzustellen406 . Faßt man die im einzelnen dargestellten Entwicklungen zu den zentralen Verjährungsregeln und den klassischen Vertragstypen zusammen, so ergeben sich dominierende Tendenzen zur Ausweitung der kurzen Verjährung, denen jedoch auf der anderen Seite teilweise die Ausgrenzung außergewöhnlicher Risiken (etwa bei den Weiterfresserschäden) aus dem Vertragsbereich und die Übernahme des kenntnisabhängigen Verjährungsprinzips des § 852 BGB fiir sie gegenüberstehen. Bevor diese Entwicklungen nun im Hinblick auf ihre ökologische Bedeutung befragt werden, muß noch die Struktur der öffentlichrechtlichen Verjährung skizziert werden, um so den Gesamtrahmen fiir die Spannungen zwischen Verjährung und Verursacherprinzip nachzuzeichnen.

403 So schon das RG in WarnRspr. 1909 Nr. 103 und seitdem ständige Rspr., vgl. etwa BGH, NJW 1991,973. 404 Ebenfalls ständige Rspr. seit RG, JW 1909, 725. 405 Vgl. nur RGZ 76, 61 st. Rspr. 406 BGH, NJW 1955, 706.

D. Verjährung im öffentlichen Recht

Das öffentliche Recht wies in der Vergangenheit eine geringere Regelungsdichte auf als das Zivilrecht. Daher muß speziell fiir die Verjährung öffentlichrechtlicher Ansprüche von der bisher gewählten Vorgehensweise, zunächst die Systematik der gesetzlichen Regelungen und dann Tendenzen in der Rechtsprechung aufzuzeigen, abgewichen werden, da sich eine Systematik erst durch die Rechtsprechung entwickelt hat. Die Verjährung von Ansprüchen, die dem öffentlichen Recht entstammen, ist auch heute noch in entsprechenden Gesetzen, wenn überhaupt, nur ansatzweise geregelt. Detaillierte Regelungen der Verjährung bestehen fiir das Strafrecht! und das Recht der Ordnungswidrigkeiten2, wobei der Konflikt dieser Regelungen mit dem Verursacherprinzip wegen der Besonderheiten dieses Rechtsgebietes nicht Gegenstand der vorliegenden Untersuchung sein soll. Für den verwaltungsrechtlichen Bereich besteht eine detaillierte Regelung in der Abgabenordnung3. Hier ist zwischen der in den §§ 228 ff. AO geregelten Zahlungsverjährung - nach deren Ablauf ein bereits festgesetzter Anspruch nicht mehr geltend gemacht werden kann - und der Festsetzungsverjährung (§§ 169 ff. AO) - nach deren Ablauf ein Steuerbescheid nicht mehr erlassen werden darf - zu unterscheiden4 . Die Komunalabgabengesetze der Länder verweisen im wesentlichen auf die AOs. Weitere Verjährungsfristen finden sich etwa in § 15 II ZSEG, nach dem die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen innerhalb von drei Monaten geltend gemacht werden muß. Nach § 10 GKG verjähren Ansprüche auf Zahlung von Kosten nach vier Jahren. Dem

§§ 78 ff. StGB. 2

§§ 31, 34 OWiG.

3

§§ 169 ff., 228 ff. AO.

4 Vgl. auch die Entsprechungen im Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht, in denen ebenfalls zwischen Verfolgungs- und Vollstreckungsverjährung unterschieden wird; §§ 78, 79 StGB, 31, 34 OWiG. Vgl. zur historischen Entwicklung, Oetker, S. 22 ff. 5

Vgl. Dörr, DÖV 1984, 13.

110

D. Verjährung im öffentlichen Recht

§ 852 BGB angenäherte Verjährungsregelungen finden sich in den §§ 46 III BRRG, 78 III BBG, 24 III SoldatenG. Zu erwähnen ist schließlich noch § 45 SGB I, in dem allerdings lediglich eine vierjährige Frist vorgesehen ist und bezüglich der Ausgestaltung des Ablaufs der Frist auf das BGB verwiesen wird (§ 45 11 SGB 1)6. Ebenfalls eine vierjährige Frist ist in § 34 BLG7 für Zahlungsansprüches wegen der Anforderung von Leistungen durch dazu ermächtigte Behörden (§ 5 BLG) vorgesehen. Bezüglich der Hemmung und Unterbrechung sowie der Wirkung der Verjährung wird auf die §§ 202-225 BGB verwiesen (§ 34 I S. 3 BLG). Für alle anderen als die Zahlungsansprüche9 erfolgt eine Globalverweisung auf die Verjährungsvorschriften des BGB (§ 34 11 BLG). Eine in der Praxis wichtige Regelung der Unterbrechung öffentlich-rechtlicher Ansprüche findet sich in den §§ 53 VwVfG, 54 SGB X, wobei hier allerdings die schon bestehende Rechtsprechung zur Unterbrechung der Verjährung öffentlich-rechtlicher Ansprüche durch das Gesetz übernommen wurde lO •

I. Anwendung bürgerlich-rechtlicher Vorschriften Ist keine Regelung der Verjährung öffentlich-rechtlicher Ansprüche vorhanden oder diese lückenhaft, ist fraglich, ob und wie die bürgerlich-rechtlichen Vorschriften zur Lückenfiillung herangezogen werden können. Dabei geht die Rechtsprechung teilweise von der entsprechenden Anwendung der §§ 194 ff. BGB im Wege der Analogie ausII, teilweise wird ein "allgemeiner Rechtsgedanke" herangezogen, der im bürgerlichen Recht in den §§ 194 ff. BGB seinen Ausdruck findet l2 . Dabei wird nicht immer ganz deutlich, nach welcher

6

Vg!. aber auch § 45 III SGB I, der vorsieht, daß die Verjährungsfrist bereits mit der AntragsteIlung bzw. der Einlegung eines Widerspruches unterbrochen wird. 7

I.d.F. vom 27.9.1961, BGB!. I, S. 1769.

s

Die sich aus den §§ 20 ff. BLG ergeben können.

9

Beispielsweise solche auf Herausgabe des Geleisteten gern. § 26 BLG.

10 BVerwGE 48, 279, 283; 34, 97, 99; 28, 336, 341. 11 BVerwGE 28,336,338; BSG 19, 88, 90. 12 Vgl. bereits RGZ 107, 189 ff.; Zur Qualität der Verjährung als allgemeines Rechtsinstitut, vgl. Oetker, S. 69 f.

I. Anwendung bürgerlich-rechtlicher Vorschriften

111

Methode vorgegangen wird l3 und ob es sich überhaupt um unterschiedliche Methoden handelt. Jedenfalls ergibt sich aus der ratio legis der §§ 194 ff. BGB, daß der Ablauf einer Zeitspanne Einfluß auf die Durchsetzung zumindest geldwerter Ansprüche haben soll, um den Interessen des Schuldners unter Abwägung mit denen des Gläubigers gerecht zu werden l4 . Bestehen nun auch bei Ansprüchen des öffentlichen Rechts vergleichbare Interessenlagen, liegt es nahe, den allgemeinen Rechtsgedanken, daß Ansprüche der Verjährung unterliegen, auch auf diese Ansprüche zu beziehen. Doch sagt dies noch nichts darüber aus, wie diese Verjährung im einzelnen ausgestaltet ist. Hier sind die einzelnen Normen der §§ 194 ff. BGB heranzuziehen. Auf ihrer Basis ist zu fragen, ob die Interessenlagen bei öffentlich-rechtlichen Ansprüchen insoweit eine entsprechende Anwendung erfordern oder ob sich aus der Besonderheit der Ansprüche eine Anwendung der privatrechtlichen Normen verbietet. Für die Verjährung von dem öffentlichem Recht entstammenden Ansprüchen ergibt sich danach folgendes: Zunächst ist festzustellen, daß es hinsichtlich des Einflusses des Zeitablaufes auf die Durchsetzung von Ansprüchen, die dem öffentlichen Recht entstammen, keine flächendeckende Regelung im öffentlichen Recht gibt. Die bestehenden differenzierten Regelungen im öffentlichen Recht, etwa des Strafrechts oder des Abgabenrechts, sind wegen ihrer Spezialität nur begrenzt analogiefähig lS , jedenfalls in der Detailtiefe mit den bürgerlich-rechtlichen Normen nicht zu vergleichen. Sodann ist festzustellen, daß nach den §§ 194 ff. BGB der Ablauf einer bestimmten Zeitspanne Einfluß auf die Durchsetzungsmöglichkeit hat, um den Interessen des Schuldners gerecht zu werden. Besteht eine entsprechende Interessenlage auch bei öffentlichrechtlichen Ansprüchen, folgt aus der ratio legis der §§ 194 ff. BGB, daß auch solche Ansprüche generell der Verjährung unterliegen sollten. Dafür spricht schon, daß in § 197 BGB öffentlich-rechtliche Ansprüche, namentlich solche auf Renten, Besoldungen und Wartegelder, ausdrücklich genannt sind. Auch

13 Das BVerwG aaO. spricht zum einen von der Anwendbarkeit eines Rechtsgrundsatzes und zum anderen von der entsprechenden Anwendung der Vorschriften des BGB, vgl. auch BVerwGE 34, 97, 98. 14 Vgl. bereits Kap. 11. B. 15 Vgl. Dörr, DÖV 1984, 12, 15; Lange, S. 43; Dietlein, DÖV 1967, 804, 805; Schack, BB 1957, 1037, 1039, Maas, S. 10, 49; Stelkens-Stelkens, § 53 VwVfG, RdNr. 2; OVG Lüneburg, KStZ 1988, 172; aber BVerwGE 34, 97, 99; OVG Münster, NJW 1971, 1330.

112

D. Verjährung im öffentlichen Recht

§ 196 BGB nennt in Absatz I Nr. 11, 13 Ansprüche, die jedenfalls öffentlichrechtlicher Natur sein können l6, sowie in § 196 I Nr. 15 BGB die öffentlichrechtlichen Ansprüche eines Notars auf die GebührenI? Auch bei anderen öffentlich-rechtlichen Ansprüchen, die auf eine geldwerte Leistung gerichtet sind, besteht nach allgemeiner Ansicht eine dem bürgerlichen Recht vergleichbare Interessenlage, so daß der allgemeine Rechtsgedanke, der in den §§ 194 BGB seinen Ausdruck findet, auf öffentlich-rechtliche Ansprüche übertragbar ist l8 . Ist der Staat Schuldner eines Anspruches, trägt nämlich auch bei diesen Ansprüchen der beschriebene Gedanke der Dispositionsfreiheit l9. Auch der Staat muß nach Ablauf einer bestimmten Zeitspanne über die nicht eingeforderten Mittel verfügen können und kann nicht dazu verpflichtet sein, Rücklagen für nicht eingeforderte Mittel zu bilden, zumal diese sonst in mehreren Haushaltsplänen zu berücksichtigen wären20 . Ist dagegen der Bürger Schuldner eines gegen ihn gerichteten hoheitlichen Anspruches, sind seine Interessen grundsätzlich die gleichen, wie wenn er einem privaten Gläubiger verpflichtet ist. Bestehen vergleichbare Interessenlagen bei privatrechtlichen wie bei öffentlich-rechtlichen Ansprüchen, gebietet der Grundsatz der Einheit der Rechtsordnung, daß die bestehenden Regelungen bei der Entscheidungsfmdung herange-

16 Für § 1961 Nr. 11 BGB wie hier VGH Mannheim, NJW 1986, 1414 (bei Ansprüchen eines Landeskrankenhauses gegen einen ehemaligen Patienten); a.A. PalandtHeinrichs, § 196 BGB, RdNr. 25; Staudinger-Dilcher, § 196 BGB, RdNr. 63 [der sich wiederum auf die Motive (1, S. 301) und das RG (RGZ 72, 334) beruft. Während die Motive tatsächlich, allerdings ohne jede Begründung, davon ausgehen, daß § 156 Nr. 4 (der heutige § 1961 Nr. 11 BGB) solche Ansprüche nicht erfaßt, da diese durch das öffentliche Recht geregelt seien, geht es bei der RG-Entscheidung um Bereicherungsansprüche gegen den eigentlich Unterhaltsverpflichteten; vgl. dazu aber die ansonsten gegebene entsprechende Anwendbarkeit des § 197 BGB); Zur Anwendung § 1961 Nr. 13 BGB bei Ansprüchen verbeamteter Lehrer, LG Aachen, NJW-RR 1988, 1085. 17 OLG Hamm, NJW 1980,242. 18 Stelkens-Stelkens, § 53 VwfG, RdNr. 5; Knack-Schwarze, Vor § 53 Vwvro, RdNr. 3; Kopp, § 53 Vwvro, RdNr. 24; Dörr, DÖV 1984, 12, 14; Dietlein, DÖV 1967, 804; Ule/Laubinger, S.380; a.A. Schack, BB 1957, 1037.

19 Vgl. Kapitel H. B. 1. b; Dabei ist es unerheblich, ob Gläubiger des Anspruches auch eine staatliche Stelle ist, vgl. BVerwG, BayVBI. 1987,23,26. 20 Vgl. bereits Maas, S. 19; s. auch Dörr, DÖV 1984, 12, 16.

II. Gegenstand der Verjährung im öffentlichen Recht

113

zogen werden. Die analoge Heranziehung der bürgerlich-rechtlichen Vorschriften wurde aber in der Vergangenheit ausdrücklich abgelehnt21 . Dies drückte das Bestreben aus - eine für den damaligen Zeitpunkt durchaus modeme Ansicht - , daß das öffentliche vom privaten Recht strikt zu trennen sei, privatrechtliche Vorschriften demnach keine Anwendung auf öffentlich-rechtliche Sachverhalte finden sollten und wngekehrt22 . Dies resultierte aus der das öffentliche Recht prägenden, (inzwischen) überholten Vorstellung eines durchgehenden Subordinationsverhältnisses23 .

11. Gegenstand der Verjährung im öffentlichen Recht Das gemeine Recht ging von einem weiten Verjährungsbegriff aus24 . Für die Verjährung im öffentlichen Recht wurde bereits früh angenommen, daß nur vermögensrechtliche Anspruche der Verjährung unterliegen25 . Dies sollte sich daraus ergeben, daß die vermögensrechtlichen Anspruche nur mittelbar mit hoheitlichen Aufgaben des Staates verknüpft seien. Wenn der Staat Schuldner eines vermögensrechtlichen Anspruches oder Gläubiger eines solchen sei, gingen diese nicht auf eine hoheitliche Leistung. Nur bei nichtvermögensrechtlichen Anspruchen, etwa dem Anspruch auf Erlaß einer Rechtsverordnung, ist auch inhaltlich eine öffentlich-rechtliche Leistung betroffen26 . Danach unterliegen im Bereich des öffentlichen Rechts nur solche Anspruche der Verjährung, die auf eine geldwerte Leistung gerichtet sind27 .

21 Vgl. etwa die Mot. I, S. 301; Maas, S. 43 ff. und RGZ 97, 43; 104,60; 107, 189, 190; 110, 293; 124, 193, 194; In neuerer Zeit wird allenfalls aufgrund unscharfer Begriffsverwendung ein allgemeiner Rechtsgedanke herangezogen (vgl. BVerwGE 28, 336,338; 34,97,98) Dazu ausfiihrlich Schack, FS Laun, S. 275 ff. 22 Vgl. Schack, FS Laun, S. 280. 23 Vgl. etwa Maas, S. 47; die angefiihrten Entscheidungen des RG betrafen ausnahmslos Ansprüche aus einem Dienstverhältnis, das nach damaligem Verständnis als besonderes Gewaltverhältnis galt. 24 Vgl. bereits vome Seite 19. 25 Maas, S. 11 f. 26 Lange, S. 20 f.; Obermayer, § 53 VwVfG, RdNr. 13. 27 Lange, S. 20 f.; Stelkens-Stelkens, § 53 VwVfG, RdNr. 5; Kopp, § 53 VwVfG, RdNr. 24; Knack-Schwarze, § 53 VwVfG, RdNr. 3; a.A. Schack, BB 1957, 1037; 8 Meyer

114

D. Verjährung im öffentlichen Recht

111. Ausgestaltung des Laufes der Verjährungsfrist im öffentlichen Recht Selbst wenn Verjährungsregelungen vorhanden sind, beschränken sich diese im öffentlichen Recht in der Regel darauf, eine Frist für die Verjährung festzulegen. Regelungen über den Beginn des Ablaufes der Frist, über die Möglichkeit, den Ablauf der Frist zu hemmen oder zu unterbrechen, finden sich meist nicht. Allenfalls findet sich eine pauschale Verweisung auf die §§ 194 ff. BGB, so in § 45 11 SGB I. 1. Frist

Findet sich nicht einmal eine Frist für die Verjährung, stellt sich die Frage, ob auch hier die bürgerlich-rechtlichen Vorschriften herangezogen werden können. Die dreißigjährige Frist des § 195 war bereits bei der Einführung des BGB eine Vereinheitlichung der bestehenden gemein- und partikularrechtlich vorgesehenen Fristen. Lediglich bestimmte Ansprüche aus einer Hypothek sowie der römischen Kirche unterlagen teilweise erheblich28 längeren Fristen29 . Daraus wird allgemein geschlossen, daß die dreißigjährige Frist des § 195 BGB als absolute Frist für alle verjährbaren Ansprüche gilt, also auch die der Verjährung unterliegenden öffentlich-rechtlichen Ansprüche erfaßt30 . Für die Frist des § 197 BGB gibt es eine bereits auf das RG31 zurückgehende Rechtsprechung, die bei Ansprüchen der öffentlichen Hand auf wiederkehrende Leistungen § 197 BGB analog anwendet 32 .

einsehr. Obermayer, § 53 VwVfG, RdNr. 12; ; vgl. auch die Nachweise in BSG 19, 88, sowie BVerwG, BayVB11974, 20; BVerwGE 28, 336.

28 Bei Ansprüchen gegen die römische Kirche war eine 100jährige Frist vorgesehen. 29 Vgl. dazu Peters/Zimmermann, S. 114 sowie bereits Seiten 27 ff. 30 BVerwGE 28,336; vgl. auch OVG Münster, NJW 1986,1511. 31 RGZ 72, 334, 340 ff. 32 Vgl. BGH, MDR 1962,472; NJW 1963,2315; BSG, DVBI. 1963,409; BVerwG, BayVBI. 1974,20; BVerwGE 52, 17,24; BayVBI 1986,23, Forts. 55; NVwZ 1988, 733; OVG Münster, NJW 1981, 1328; vgl. allerdings die im Sozialrecht fast generell geltenden vierjährigen Fristen gern. § 45 SGB I (sowie die entsprechenden §§ 25, 27 SGB IV; § 113 SGB X).

ill. Ausgestaltung des Laufes der Verjährungsfrist

115

Als weitere analog anzuwendende Nonn könnte sich § 852 BGB anbieten. Hier bestehen insbesondere für öffentlich-rechtliche Dienstverhältnisse Spezialregelungen für den Fall, daß ein Bediensteter seine dienstlichen Pflichten verletzt und dem Dienstherrn daraus ein Schaden entsteht (§§ 46 BRRG, 78 BBG, 24 SoldatenG). Handelt der Bedienstete dabei in Ausübung eines ihm übertragenen öffentlichen Amtes, haftet er allerdings nur bei grob fahrlässigem oder vorsätzlichem Pflichtverstoß (§§ 46 I S. 2 BRRG, 78 I S. 2 BBG, 24 I S.2 SoldatenG). Für die Verjährung gilt eine dem § 852 angenäherte dreijährige Frist, die mit der Kenntnis von Schaden und Schädiger beginnt; subsidiär gilt allerdings eine lediglich zehnjährige Frist von der Begehung der Dienstpflichtverletzung an (§§ 46 III BRRG, 78 III BBG, 24 III SoldatenG). Angesichts des weiten Begriffes der unerlaubten Handlung wurde eine analoge Anwendung des § 852 BGB auf solche Ansprüche angenommen, die aus rechtswidrigen Eingriffen des Staates folgen 33 . Für Aufopferungsansprüche des Bürgers gegen den Staat ist anerkannt, daß für diese eine Anwendung des § 852 BGB nicht in Betracht kommt34 , was damit begründet wird, daß es sich bei der zum Ersatz verpflichtenden staatlichen Maßnahme nicht um einen rechtswidrigen Akt handle 35 .

2. Unterbrechung, Hemmung Hinsichtlich der Unterbrechung der Verjährung besteht bei öffentlichrechtlichen Ansprüchen die Besonderheit, daß der Staat eine Vielzahl seiner Forderungen gegen den Bürger ohne Inanspruchnahme gerichtlicher Hilfe selbst vollstrecken kann36 . Dies gilt auch für die vennögensrechtlichen Ansprüche des

33 Vgl. etwa für Ansprüche aus Art. 5 V Menschrechtskonvention, BGHZ 45, 58; Siehe auch bereits oben III F. 1. 34 BGHZ 9, 209.

35 BGHZ 9, 209, 212; in der Konsequenz führt dies dazu, daß bei rechtmäßigen Eingriffen eine kurze Verjährungsfrist nicht besteht, das rechtswidrige Handeln also in gewisser Weise privilegiert wird; vgl. dazu Giese, S. 80. 36 Vollstreckung setzt schon begrifflich einen vennögensrechtlichen Anspruch voraus, da sie darauf geht, einen auf Geld (§ 1 VwVG) oder auf eine Handlung, Duldung oder Unterlassen (§ 6 VwVG) gerichteten Anspruch durchzusetzen, sieht man von repressiven Maßnahmen ab, die dazu dienen, die Vollstreckung durchzusetzen (etwa die Ersatzzwangshaft gern. § 16 VwVG).

116

D. Verjährung im öffentlichen Recht

Staates37 . Da der Staat danach selbst seine Ansprüche per Leistungsbescheid festzusetzen hat38 , stellt sich die Frage, welche Wirkung auf die Verjährungsfrist der Erlaß eines solchen Leistungsbescheids hat. Aus dem Umstand, daß die Behörde ihren durch Leistungsbescheid festsetzbaren Anspruch nicht im Klagewege geltend machen kann, weil ihr dann ein entsprechendes Rechtsschutzinteresse fehlt 39, wurde dann geschlossen, daß auch der Erlaß eines Leistungsbescheides analog § 209 II BGB die Unterbrechung der Verjährungsfrist bewirkr40. Dabei muß es sich allerdings jeweils um eine eindeutige Zahlungsaufforderung handeln41 . Durch § 53 VwVfG42 wurde diese Rechtsprechung übernommen, wobei allerdings in der verwaltungsrechtlichen Literatur streitig ist, ob entgegen dem Wortlaut des § 53 VwVfG bereits der Feststellungsbescheid die Unterbre-

37 Wenngleich bei Schadenersatzansprüchen gegen Beamte sich diese Auffassung erst relativ spät allgemein durchgesetzt hat. Trotz entsprechender Urteile des BVerwG (BVerwGE 18,283; 19,243) hat das OVG Hamburg (DÖV 1966,348) diese für Schadenersatzansprüche gegen Beamte abgelehnt (vgl. dazu zust. Wacke, DÖV 1966, 311). Die dort vorgebrachten Bedenken, daß Beamte dann entgegen dem bis dato geltenden Recht auch für einfach fahrlässige Handlungen qua Leistungsbescheid herangezogen werden können, sind allerdings weitgehend durch die nunmehr eingeführten Ermächtigungsgrundlagen in den §§ 46 BRRG, 78 BBG, 24 SoldatenG entfallen. Die weiter vorgebrachten Bedenken, daß nunmehr der Beamte gerichtlich gegen seinen Dienstherrn vorgehen muß (vgl. Wacke. aaO, S. 311; OLG Hamburg. aaO. S. 349) und dies schon aus diesem Grunde nicht tun wird, sind angesichts des verbreiteten Anspruchsdenkens gerade bei Beamten als überholt anzusehen. 38 Der Leistungsbescheid ist bei Geldforderungen gern. § 3 II a VwVG Voraussetzung der Vollstreckungsanordnung. Bei anderen Ansprüchen ist die Vollstreckung ohne vorherigen Verwaltungsakt gern. § 6 11 VwVG nur in Ausnahmefallen möglich. 39 BSGE 3, 135; 140; 6, 97, 98; NJW 1970, 1567; VGH München, BayVBl. 1962, 281; DVBl. 1966, 151. 40 BGHZ 21, 199; BVerwGE 34, 97, 98; VGH München, RiA 1962,266; vgl. auch Dietlein, DÖV 1967,804.

41 BVerwGE 28,336,341 ff.; 29, 310; 48, 279. Vgl. jedoch BVerwG, DÖV 1971, 749, bei der die Zustellung eines Erstattungsbeschlusses ausreichen soll, die Verjährungsfrist zu unterbrechen. 42 Vgl. auch die entsprechende Regelung in § 52 SGB X.

m. AusgestaltWlg des Laufes der VerjähfWlgsfrist

117

chWlgswirkung herbeifiibrt4 3. Da der FeststellWlgsbescheid nicht auf die Vollstreckung des Anspruches zielt, wird bei einem Teil der Literatur zutreffend angenommen, daß dieser nicht dazu geeignet ist, die Verjährung zu Wlterbrechen44 . Da der bloß feststellende VerwaltWlgsakt vom Wortlaut des § 53 VwVfG nicht erfaßt wird Wld § 209 BGB nicht analog auf den feststellenden VerwaltWlgsakt anzuwenden ist, dieser nämlich nicht auf die Durchsetzung, sondern allenfalls nur auf die FeststellWlg eines Anspruchs zielt4 5, Wlterbricht also der feststellende VerwaltWlgsakt nicht die Verjährungsfrist für den festgestellten Anspruch46 . Im Rahmen der RechtsprechWlg zu § 53 VwVfG ist weiter anerkannt, daß der rechtswidrige47 oder später durch einen anderen ersetzte48 VerwaltWlgsakt die Verjährung Wlterbricht. Als weitere Besonderheit des öffentlichen Rechts bestimmt § 53 11 VwVfG die entsprechende AnwendWlg des § 218 BGB bei Unanfechtbarkeit des VerwaltWlgsaktes49 . Unabhängig von der vorher laufenden Verjährungsfrist kommt es dann zu einer dreißigjährigen - bzw. bei zukünftigen wiederkehrenden LeistWlgen - vierjährigen Frist gern. § 218 BGB50. Im Gegensatz dazu wird bei einem Antrag des Bürgers angenommen, daß dies nicht ausreicht, die Verjährungsfrist für die beantragte LeistWlg zu Wlterbrechen51 . Erst der Widerspruch Wld die verwaltWlgsgerichtliche Klage fUhren

43 So Stelkens-Stelkens, § 53 VwVfG, RdNr. 25; Kopp, § 53 VwVfG, RdNr. 7. 44

So Knack, § 53 VwVfG, RdNr. 3; Obennayer, § 53 VwVfG, RdNr. 18.

45 Der feststellende VA reicht auch als Grundlage fiir die verwaltWlgsrechtliche VollstreckWlg nicht aus, s. Knack-Schwarze, § 53 VwVfG, Rdnr. 3. 46 Vgl. aber § 181 I AO, der eine UnterbrechWlg auch bei FeststellWlgsbescheiden vorsieht. 47 VGH München, BayVBI. 1981, 239, 241; OVG Münster, OVGE 25, 210; vgl. auch Obennayer, § 53 VwVfG, Rdnr. 20.

48 OVG Lüneburg, DVB11970, 419. 49

Vgl. auch BVerwGE 48, 279, 281.

50 ErstaWllich daran ist nur, daß in den öffentlich-rechtlichen RegelWlgen auf die VerjähfWlgsfrist für die FestsetZWlg des VerwaltWlgsaktes jeweils eine kurze Frist fiir die DurchsetZWlg des Anspruches folgt, vgl. etwa die abgabenrechtliche UnterscheidWlg nach FestsetzWlgs- Wld ZahlWlgsverjähfWlg; vgl. dazu bereits Seite 109 . 51 BVerwGE 57, 306, eine EntscheidWlg, die den Antrag eines Beamten auf GewähfWlg rückständiger Dienstbezüge betraf.

D. Verjährung im öffentlichen Recht

118

etwa zur UnterbrechWlg des Amtshaftungsanspruches 52 . In § 210 BGB ist allerdings vorgesehen, daß die UnterbrechWlg auch eintritt, wenn die Zulässigkeit einer Klage von der VorentscheidWlg einer Behörde abhängt. Da in den § 68 ff. VwGO lediglich ein Widerspruch im notwendigen Vorverfahren für die verwaltWlgsrechtliche AnfechtWlgsklage vorgesehen ist, wird allgemein angenommen, daß der bloße Antrag nicht für die UnterbechWlg der Verjährungsfrist ausreicht 53 . Dieser ziele nicht unmittelbar auf die gerichtliche GeltendmachWlg Wld könne von daher nicht zur UnterbrechWlg fiihren 54 . Das führt dann jedoch dazu, daß der Bürger, der kurz vor Ablauf etwa der vierjährigen Verjährungsfrist eine LeistWlg beantragt, den Ablauf der Frist nicht beeinflussen kann, dieser Antrag aber notwendige VoraussetZWlg für einen die Verjährungsfrist Wlterbrechenden Widerspruch ist. Dies widerspricht dem sonst geltenden GrWldsatz, daß die UnterbrechWlg zwar nur durch jede ernsthafte, auf die gerichtliche DurchsetZWlg zielende HandlWlg erreicht werden kann, aber der Berechtigte jedenfalls aus eigener Kraft vorgehen kann. Anders ist es allerdings im Sozialrecht, in dem gem. § 45 III SGB I bereits der Antrag auf die LeistWlg die Verjährung Wlterbricht. Entsprechende RegelWlgen kennen die anderen VerwaltWlgsverfahrensgesetze aber nicht. Die weiteren UnterbrechWlgs- Wld HemmWlgsregelWlgen der §§ 202, 203, 206-212, 216-219 BGB werden im öffentlichen Recht weitgehend analog angewandt55 .

IV. Wirkung der Verjährung im öffentlichen Recht Eine umstrittene Frage bei der Verjährung im öffentlichen Recht ist die, ob auch hinsichtlich der WirkWlg der Verjährung analog den BGB-BestimmWlgen 52 BGHZ 95, 239. wobei bis dato noch nicht geklärt war, ob überhaupt die verwaltungsrechtliche Klage die Verjährung für den vor den ordentlichen Gerichten geltend zu machenden Amtshaftungsanspruch unterbrechen konnte, siehe noch BGH, LM BGB § 852 BGB Nr.14. 53 BVerwGE 57, 306; MünchKomm-von Feldmann, § 220 BGB, Rdnr. 2; a.A. Kopp, § 53 VwVfG, RdNr. 34, der eine analoge Anwendung des § 53 auch bei Ansprüchen des Bürgers gegen den Staat erwägt, jedenfalls gern. § 220 I BGB dem Antrag unterbrechende Wirkung zubilligt (Kopp, § 53 VwVfG, RdNr. 35). 54 BVerwG aaO. 55 Ste1kens-Ste1kens, § 53 VwVfG, RdNr.7; Kopp, § 53 VwVfG, RdNr. 11; WolfflBachof I, § 37 III e 2; BVerwG, NJW 1977, 823, 824; BGH, VerwRspr 1959, Nr.6; vgl. auch die ausdrückliche Verweisung in § 45 11 SGB I.

N. Wirkung der Verjährung im öffentlichen Recht

119

die Verjährung als Einrede ausgestaltet ist. Dafiir spricht zunächst einmal die detaillierte Ausgestaltung der VerjährungswirkWlg im bürgerlichen Recht Wld das weitgehende Fehlen einer NormierWlg im öffentlichen Recht. Bei den im öffentlichen Recht bestehenden RegelWlgen ist die Verjährung aber meist als EinwendWlg ausgestaltet. Das trifft zum einen fiir die straf- oder ordnWlgsrechtlichen56, aber auch fiir die abgabenrechtlichen57 Verjährungsfristen zu58. Allerdings verweist etwa § 45 11 SGB I ausdrücklich auch hinsichtlich der WirkWlg auf § 222 BGB, so daß sich kein einheitliches Bild aus den positiven BestimmWlgen des öffentlichen Rechts ergibt59. Für Ansprüche des Staates gegen den Bürger könnte aus dem AmtsermittIWlgsgrWldsatz folgen, daß die Verjährung bei Ansprüchen des Staates von Amts wegen zu berücksichtigen ist Wld damit praktisch den Anspruch zum Erlöschen bringt60. Es fragt sich aber, ob die Ausgestaltung der Verjährung als EinwendWlg61 notwendig ist, um den Belangen des Bürgers gerecht zu werden. Insbesondere fiir den Fall, daß ein verjährter Anspruch nochmals durch einen (bei Ausgestaltung als EinwendWlg rechtswidrigen) Verwaltungsakt festgesetzt wird, ergibt sich keine VerbesserWlg der RechtsstellWlg des Bürgers durch eine EinwendWlg. Auch dann wird der Verwaltungs akt wirksam, da keine Nichtigkeit gern. § 44 VwVfG vorliegt. Nach Bestandskraft des Verwaltungsakts käme der Berechtigte ohne Rücksicht auf die Ausgestaltung nicht in den Genuß der VerjährungswirkWlg62 . Ein Vorteil bei der Ausgestaltung als EinwendWlg könnte sich nur ergeben, wenn man davon ausginge, daß die Nichtberücksichtigoog des Erlöschens des Anspruches das Ermessen im Rahmen des § 48 VwVfG auf Null reduzierte, der dann rechtswidrige belastende Verwal-

56 Neben den Verjährungsvorschriften der §§ 78 ff. StGB bzw. §§ 31, 34 OWiG sei hier nur beispielsweise auf § 4 BDO verwiesen. 57 §§ 169 ff., 228 ff. AO, vgl. dazu bereits Maas, S. 19 ff. 58 Trotz Verweisung auf die bürgerlich-rechtlichen Vorschriften hielt man es in § 27 VII PostG fiir notwendig, explizit darauf hinzuweisen, daß die Verjährung nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sei. 59 Dörr, DÖV 1984, 12, 17. 60 So etwa Schack, BB 1954, 1037; vgl. aber auch BSGE 22, 173 (für Ansprüche auf rückständige Beträge gern. § 29 I RVO). 61 Für die Ausgestaltung als Einwendung auch Forsthoff, 10. Auflage, S. 193 f.; Dietlein, DÖV 1967,804,805. 62 Dörr, DÖV 1984, 12, 17.

120

D. Verjährung im öffentlichen Recht

tungsakt also zurückzunehmen wäre. In der wngekehrten Konstellation, in der ein Anspruch des Bürgers gegen den Staat besteht, könnte die Ausgestaltung als Einwendung den Bürger sogar benachteiligen. Da im öffentlichen Recht die Erhebung der Verjährungseinrede unter weiteren Voraussetzungen als im Zivilrecht als unzulässige Rechtsausübung gewertet werden kann63 , wäre bei Ausgestaltung als Einwendung diese Möglichkeit den Anspruch trotz Ablauf der Verjährungsfrist durchzusetzen, nicht gegeben64 . Hinzu kommt, daß bei Ausgestaltung als Einrede der Behörde bei der Frage, ob eine Verjährungseinrede erhoben werden soll oder nicht, ein Ennessen65 zusteht, dann aber dieses Ermessen auch fehlerfrei auszuüben wäre 66 . Die herrschende Auffassung ist daher die, daß auch im öffentlichen Recht die Verjährung prinzipiell als Einrede ausgestaltet ist67 . Die Behörde hat allerdings anders als im bürgerlichen Recht eine Pflicht zum Hinweis auf die Möglichkeit, gegen den im Verwaltungsakt geltend gemachten Anspruch die Einrede der Verjährung zu erheben68 . Aus der Verletzung der Hinweispflicht soll sich aber nicht ergeben, daß dem Berechtigten ein Amtshaftungsanspruch gegen die pflichtwidrig handelnde Behörde zusteht. Begründet wird dies damit, daß der Berechtigte ja gegen den Verwaltungsakt hätte Widerspruch einlegen können.

63 Vgl. BSG, DVBI. 1969, 372 f.; NJW 1968, 1947; vgl. auch BVerwGE 23, 166, aber auch BVerwGE 66, 256, 266; BAGE 8, 279, 284; BVerwG, MDR 1963,162. 64 Dörr,DÖV 1984, 12, 17. 65 BVerwGE 66, 256, 257. 66 A.a.O., S. 260; allerdings kommt in diesem Bereich eine Ermessensreduzierung nur insoweit in Betracht, als daß es besonderer Begründung bedarf, die Verjährungseinrede nicht zu erheben. Besonderheiten des Kostenrechts stehen dem nicht entgegen. Dort ist zwar vorgesehen (§ 37 a KostVfg), daß bei der Frage, ob die Verjährungseinrede erhoben werden soll, der Gerichtspräsident einwilligen muß, doch ist dies nur eine interne Verfahrensregelung. In der Regel wird es denn so sein, daß der bearbeitende Behördenmitarbeiter entscheiden kann, ob die Verjährungseinrede erhoben wird oder nicht. 67 Vgl. etwa Stelkens-Stelkens, § 53 VwVfG, RdNr. 3; Kopp, § 53 VwVfG, RdNr. 27; Dörr, DÖV 1984, 12, 16 f.; Lange, S. 67 ff; BVerwGE 48, 279, 288; 66, 256, 259. 68 Dörr, DÖV 1984, 12, 17; Kopp, § 53 VwVfG, RdNr. 28; Lange (S. 77) sieht dagegen lediglich ein Hinweisrecht des Verwaltungsgerichtes vor (allerdings mit Blick auf die eher zivilprozessuale Kontroverse, ob ein Hinweis des Gerichts die Besorgnis der Befangenheit begründet).

IV. Wirkung der Verjährung im öffentlichen Recht

121

Deswegen soll ein Schadenersatzanspruch gern. § 839 III BGB ausgeschlossen sein69 . Alles in allem lassen sich nur ansatzweise eigenständige Grundgedanken zur Ausgestaltung der Verjährung im öffentlich-rechtlichen Sektor nachweisen. Dabei hat jedoch vor allem die Verjährung von Ansprüchen gegen Störer maßgebliche Bedeutung dafür, ob den Erfordernissen des Verursacherprinzips in ökologischer Absicht Rechnung getragen werden kann.

69 Ebenda.

E. Verursacherprinzip

I. Wirtschaftswissenschaftlicher Inhalt und Kritik Die Konkretisienmg des Begriffes des Verursacherprinzips und seine Aufnahme in die politische Diskussion gehen auf die volkswirtschaftliche Begründung des Prinzips zurück!. Daher ist es zunächst erforderlich, auf die ökonomische Diskussion zurückzugreifen. 1. Die volkswirtschaftliche Betrachtung von Umweltbeeinträchtigungen

Wirtschaftliche Prozesse werden nach wirtschaftswissenschaftlicher Ansicht grundSätzlich am besten durch die Selbstregulienmgskräfte des Marktes gesteuert, die vom eigennützigen gewinnmaximierenden Individuwn ausgehen2. Marktmäßige Prozesse führen damit strukturbedingt zu größtmöglicher Wohlfahrt 3. Staatlicher Eingriffe bedarf es danach dann, wenn ein Marktversagen vorliegt, ansonsten wird staatliche Intervention eher als schädlich angesehen, da sie nicht flexibel auf wirtschaftliche Erfordernisse reagiere4 . Da etwa die Nutzung vorhandener Ressourcen grundsätzlich durch den Preis optimiert werdes , fiihre eine staatliche Regulienmg der Ressourcennutzung eher zu einer unteroptimalen Allokation der Ressourcen.

Vgl. etwa Bullinger, S.69. 2 Vgl. etwa Hansmeyer/Schneider, S. 18; siehe auch Stobbe, S. 500; Rehbinder, 1973, S. 53; Gutachten zum Umweltbericht der Bundesregierung, BT-Drucksache V1I271O, S. 599. 3 Vgl. Schmitt, Energiewirtschaftliche Tagesfragen 1992, 16; Zur Wohlfahrtstheorie vgl. grundlegend A. Smith, Eine Untersuchung über das Wesen und die Ursache des Reichtums der Nationen, Berlin, 1984; zur Relativierung in der sozialen Marktwirtschaft, vgl. Rehbinder, 1973, S. 51. 4

Vgl. etwa Stobbe, S. 490 ff.

5

Schmitt, Energiewirtschaftliche Tagesfragen 1992, 16.

1. Wirtschaftswissenschaftlicher Inhalt und Kritik

123

Auch die Abgabe von Emissionen, ja Umweltbelastungen überhaupt, werden als NutZlUlg von Ressourcen, etwa des vorhandenen Wassers, verstanden6. Nun gibt es einige Fälle, in denen auch die herrschende volkswirtschaftliche Lehrmeinung davon ausgeht, daß ein Fall des Marktversagens vorliegt. Da dann eine akzeptable Regulierung durch den Markt nicht erfolgt, wird hier staatliches Handeln fiir geeignet gehalten, Marktversagen auszugleichen7 • Einen anerkannter Fall des Marktversagens bildet dabei das Phänomen der externen Effektes.

2. Externe Effekte Von einem externen Effekt wird gesprochen, wenn von der ökonomischen Aktivität eines Wirtschaftssubjekts Einflüsse auf mindestens ein Wirtschaftssubjekt ausgehen, über die zwischen beiden nicht abgerechnet wird, die also nicht Gegenstand von Markttransaktionen sind9. Dabei kann es nicht nur negative, sondern auch positive externe Effekte geben lO• Das wohlfahrtstheoretische Problem liegt darin, daß externe Effekte die Preise unberührt lassen und somit deren Eigenschaft verfälschen, Signale fiir Produktions- und Konsumentschei-

6 Vgl. etwa Stobbe, S. 474; Schrnitt, Energiewirtschaftliche Tagesfragen 1992, 17; Möller, WiSt 1986, 571; Peters, WiSt 1980,263; Hansmeyer, WISU 1977,371; GräberSeißinger, S.8. 7

Da nach der neoliberalen Schule der Markt ohnehin einer Rahmenordnung bedarf, wird teilweise nicht explizit von Marktversagen, sondern von Versagen der Wirtschaftspolitik gesprochen, die diesen Handlungsrahmen schafft. Danach wäre eine entsprechende Änderung der Rechtsordnung eine Voraussetzung für die Funktionsfähigkeit des Marktes; vgl. Gutachten zum Umweltprograrnm der Bundesregierung, BTDrucksache VIl2710, S. 599.

s

Vgl. etwa Ertel, S. 47; Stobbe, S. 474. Die erste ausdrückliche Beschreibung des Phänomens wird auf Alfred Marshall (Principle of econornics, London, 1890) zurückgeführt. Ohne ausdrückliche Benennung finden sich bereits bei Friedrich List (Erstausgabe 1841, Nachdruck 1959) Ansätze zu einer Behandlung des Problems, vgl. El-Shagi, WISU 1982,551; Schumann, 1987, S. 405; Hansmeyer, WISU 1977, 371. 9

Stobbe, S. 474.

10 Beispiele eines positiven externen Effektes ist z.B., daß ein Imker davon profitiert, daß sich in der Nähe eine Apfelplantage befindet; vgl. Stobbe, S. 476; Schumann, 1987, S. 406.

124

E. Verursacherprinzip

dungen zu geben 11. Werden externe Effekte in Marktaktionen wogewandelt, etwa indem bei negativen Effekten vom Absender Entschädigung gefordert wird, und kommen entsprechende Vereinbarungen zustande, ist der externe Effekt Bestandteil der Kostenrechnung geworden und damit durch Internalisierung aufgehoben l2 . Ein Grund, warwn diese Kosten nicht von vornherein berücksichtigt werden, sind die Transaktionskosten, wenn es sich also fiir den Absender eines positiven Externeffektes nicht lohnt, dafiir Preise zu erheben, oder wenn es sich fiir den Empfänger eines negativen Externeffektes nicht lohnt, Schadenersatz zu fordern 13, weil dadurch weitere Kosten entstehen. Insbesondere die Ungewißheit darüber, ob die Erhebung der Kosten gelingt, kann einen Marktteilnehmer davon abhalten, diese Kosten zu erheben. Internalisierung kann also nur insoweit Marktversagen kompensieren, als ihre erwarteten Erträge höher als die Kosten sind, die durch die Internalisierung entstehen. 3. Das Prinzip der sozialen Kosten

Das später als Verursacherprinzip l4 bezeichnete, von Pigou l5 entwickelte Prinzip der sozialen Kostenl 6, knüpft nun an die spezielle Problematik an, daß ein Marktteilnehmer öffentliche Güter nutzt, fiir die kein Entgelt gefordert wird, aber Kosten entstehen, wo die öffentlichen Güter zu regenerieren und die nicht regenerierbaren zu substituieren. Da diese Kosten, ohne notwendig Kosten bei einem anderen Marktteilnehmer zu sein, nicht in die Kostenrechnung des Nutzers eingehen, führt es zu einer unteroptimalen Ressourcenverteilung an diesen öffentlichen Gütern, wenn diese Kosten nicht auch dem Produktionsprozeß zugeordnet werden, von dem sie ausgehen. So werden bei einem Produktionsprozeß auf Herstellerseite etwa nur die Kosten fiir Rohstoffe, den Einsatz von Maschinen, Arbeitskraft und Energie sowie anteilige Verwaltungs- und interne Entsorgungskosten berücksichtigt, nicht aber solche Kosten, die durch den Geund Verbrauch entstehen, wie etwa die Kosten, die zur Vermeidung oder Be-

11 Aa.O., S. 475; Hansmeyer/Schneider, S. 16. 12 Vgl. etwa Schmitt, Energiewirtschaftliche Tagesfragen 1992, 17; Stobbe, S. 476. 13 Vgl. etwa Schumann, WiSt 1978,310. 14 Vgl. wegen der Rückführung aufPigou, Hansmeyer/Schneider, S. 19. 15 Z.B. Economics and Welfare, 4. Auflage, London 1952. 16 External diseconomics, volkswirtschaftliche Kosten oder soziale Zusatzkosten genannt, vgl. El-Shagi, WISU 1982, 551; vgl. auch Schmitt, S. 17.

I. Wirtschaftswissenschaftlicher Inhalt und Kritik

125

seitigung der von dem Produkt oder dem Produktionsprozeß ausgehenden Emissionen notwendig sind, oder die Kosten für die Entsorgung des Produktes nach Verbrauch. Unteroptimal wird die Ressourcenverteilung dann, wenn die öffentlichen Güter nur begrenzt verfiigbar sind, aber verschiedene Marlctteilnehmer die Ressource nachfragen. Durch die Verlagerung der Kosten auf die Beteiligten soll erreicht werden, daß über die Preise auch diese Ressourcenverwendung Einfluß auf den Produktionsprozeß nimmt. Idealerweise wird dabei angenommen, daß diese Ressourcen nur dann verwendet werden, wenn der dadurch erzielte Vorteil den Preisnachteil überwiegtl7. Die Ressource wird dann aber nur in Anspruch genommen, wenn sie den größten volkswirtschaftlichen Nutzen erbringt. Pigou hat angeregt, entsprechende Abgaben bei Inanspruchnahme dieses Gutes zu erheben (,'pigou-Steuern"18), setzt also auf administrativ-interventionistische Mittel, um die sozialen Kosten zu internalisieren.

4. Das Coase-Theorem Das Prinzip der sozialen Kosten ist, jedenfalls was die von Pigou für erforderlich gehaltene staatliche Intervention betrifft, in der wirtschaftswissenschaftlichen Diskussion nicht ohne Kritik geblieben. Herauszuheben ist eine Arbeit von Ronald H. Coase l9, der versucht hat nachzuweisen, daß das Marktversagen, auf das das von Pigou entwickelte Verursacherprinzip reagiert, nicht mit einer Abgabenlösung aufgehoben werden kann. Dabei werde nämlich der reziproken Natur der von Pigou geschilderten Phänomene nicht Genüge getan20 . Darunter versteht Coase, daß bei externen Effekten die wirtschaftliche Aktivität, von der der externe Effekt ausgeht, auch einen volkswirtschaftlichen Nutzen hat21 . Bei

17 Vgl. Hansmeyer/Schneider, S. 15. 18 Schmitt, Energiewirtschaftliche Tagesfragen 1992, 18; Möller, WiSt 1986,572. 19 The Problem ofSocial Cost, Journal ofLaw & Economics 3 (1960), S. 1-44; hier zitiert aus der deutschen Übersetzung in AssmannlKirchner/Schanze, 146 ff. 20 Coase, S. 148, 178. 21 Daraus wird heute vielfach geschlossen, daß es Coase um eine Symmetrie der Verursachung ginge, d.h. alle Beteiligten fiir den Eintritt eines Schadens verantwortlich sind (vgl. etwa Aschinger, WISU 1985,98; Adams, JZ 1989,787), was aus der Arbeit von Coase nicht hervorgeht, da er solche Verantwortlichkeiten gar nicht untersucht, sondern nur die Nutzenserträge verschiedener Verhaltensweisen und Kostenverteilungsmaximen. Coase versucht lediglich empirisch zu belegen, daß es für die Internalisierung externer Effekte unwesentlich ist, wer die Kosten dieses Effektes zu tragen hat,

126

E. Verursacherprinzip

einer Abgabenlösung, aber auch bei der Belegung des Aussenders eines Externeffektes mit Schadenersatzansprüchen, werde dies nicht berücksichtigt, schon gar nicht, wenn wie bei der Abgabenlösung vorgesehen, der Aussender eines Externeffektes zwar Kosten tragen, der Empfänger den Betrag aber nicht erhalten so1l22. Aus der reziproken Natur von externen Effekten folgert Coase sogar, daß die Haftung des Aussenders keinen Anreiz fiir den Empfänger setzt, sich dem Externeffekt zu entziehen, wenn dies zu einem insgesamt größeren Nutzen fUhren würde 23 . Eine auf größte Wohlfahrt ausgelegte wirtschaftliche Betrachtungsweise müßte daher jeweils berücksichtigen, welche Verhaltensweisen zum insgesamt größten volkswirtschaftlichen Nutzen fUhren würden. Dabei geht Coase davon aus, daß eine optimale Allokation nur dann zu erreichen ist, wenn die Beteiligten, also Aussender und Empfänger eines Externeffektes, frei über einen Preis verhandeln könnten. Als Beispiel fUhrt Coase dabei den Betreiber einer Eisenbahnanlage und den Nutzer der an die Anlage angrenzenden landwirtschaftlichen Flächen an. Wird durch die Emissionen der Eisenbahnen die Nutzbarkeit der Flächen beeinträchtigt müssen sich beide über eine Regelung verständigen, in der der Nutzwert von Eisenbahnanlage uns landwirtschaftlichen Flächen berücksichtigt wird. Coase versucht also, das diagnostizierte Marktversagen marktgängig zu machen. Der externe Effekt, der dadurch entsteht, daß in der Aussendung kein marktmäßiger Vorgang zu sehen ist, solange die Beteiligten (Aussender und Empfänger) nicht darüber abrechnen, wird durch diese Abrechnung zu einem Marktvorgang. Dabei ist es nach Co ase unerheblich, ob dies dadurch geschieht, daß der Aussender einen Preis dafiir zahlt, daß der Empfänger den Effekt hinnimmt, oder daß der Empfänger einen Preis dafiir zahlt, daß der Aussender die wirtschaftliche Aktivität unterläßt24 . Auch Coase geht in seinem Ansatz davon aus, daß eine unteroptimale Allokation zu erwarten ist, wenn der Externeffekt bei der Preisbildung überhaupt nicht berücksichtigt wird, also fiir die Aussendung oder Vermeidung der Aussendung kostenlos sein würde 25 .

wenn eine entsprechende Rechtsgüterzuweisung Verhandlungen zwischen den Beteiligten ermöglicht (vgl. auch Rehbinder, 1973, S. 25).

22 S.194. 23 Vgl. S. 153. Dabei übersieht Coase, daß dem Empfänger kaum daran gelegen sein kann, sich vorsätzlich der Externalität auszusetzen, um etwa einen Schadenersatzanspruch gegen den Aussender zu erlangen, da er ja bestenfalls seine durch die Externalität erlittenen Verluste ausgleichen kann. 24 S. 153; vgl. dazu Stobbe, S. 506.

I. Wirtschaftswissenschaftlicher Inhalt und Kritik

127

Die im Anschluß an Coase entwickelte Proberty-Rights-Theorie fUhrt Externeffekte ausschließlich auf unvollkommene Rechtszuweisung und zu hohe Transaktionskosten zurück26 . Diese könnten durch entsprechende ModifIkation der Rechtsordnung aufgehoben werden. Die zu hohen Transaktionskosten würden etwa durch die ModifIkation von Schadens- und Haftungsregeln vennindert werden können27 . Entgegen Coase28 halten die Vertreter dieser Theorie also Haftungsrecht für geeignet, in marktwirtschaftlicher Weise externe Effekte aufzuheben29. Die Beachtung der Coase'schen Annahmen würde darauf hinauslaufen, Verfiigungsrechte für die Umweltnutzung zu schaffen. Diese bestehen jetzt schon30 über den deliktischen Rechtsgüterschutz sowie die Regelungen in den neuen Umweltgesetzen, wenn sich eine Beeinträchtigung durch ein Wirtschaftssubjekt auf die Rechtssphären anderer Wirtschaftssubjekte (Eigentum, Gesundheit etc.) auswirkt 31 . Darüber hinaus gehen Coase und die ihm folgenden Theoretiker aber davon aus, daß es ebenso allokativ effizient sei, Verfiigungsrechte zu schaffen, die es dem Aussender von negativen Effekten ermöglichen, einen Preis für die Vermeidung von Externeffekten zu erzielen32 •

5. Geeignetheit der klassischen Schulen, Umweltschäden sachgerecht zu erfassen Das Phänomen der externen Effekte verwischt die politische Dimension, die schon bei der Charakterisierung von volkswirtschaftlichen Kosten als sozialen

25 Coase, S. 158. 26 Gräber-Seißinger S. 114. 27 Vgl. dazu Eisner, S. 329. 28 Der auch bei der Haftung berücksichtigt wissen will, ob das zur Haftung führende Verhalten einen insgesamt größeren Nutzen erzeugt, wenn die Haftung entfällt, S. 186. 29 Vgl. etwa Cansier, S. 192 ff.; Vgl. Hansmeyer/Schneider, S. 18 f. 30 Jedenfalls für die Vertreter der Proberty-Rights-Theorie, wenn auch teilweise in unvollkommener Ausgestaltung. 31 Etwa § 1 UmweltHG oder auch § 22 WHG. 32 Äquivalenz von Erlaubnis- (permissive law) gegenüber Verbotsrecht (prohibitive law), vgl. EI-Shagi, WISU 1982, 557.

128

E. Verursacherprinzip

Zusatzkosten zu beachten ist. Die Kostentragung der Allgemeinheit für Maßnahmen, die einzelnen Wirtschaftssubjekten zugute kommen, ist eine allgemeine Kategorie. Adam Smith hatte es bereits als eine der vier Staatsfunktionen beschrieben, daß die Schaffung etwa von Infrastrukturbedingungen, die privat nicht finanzierbar sind, vom Staat übernommen werden müssen33 . Versteht man Olm die Aufwendungen des Staates für die Erhaltung oder Wiederherstellung von Umweltressourcen als solch eine Staatsfunktion, als Funktion zur Schaffung oder Gewährleistung der allgemeinen Produktionsbedingungen, ist es eine politische Entscheidung, diese Kosten nunmehr auf denjenigen, zu dessen Vorteil sie aufgewendet werden bzw. der die Aufwendung erforderlich gemacht hat, zurückzuverlagern34 . Die politische Neutralität, die die wirtschaftswissenschaftliche Sichtweise so gern für sich in Anspruch nimmt, ist also bereits auf dieser Ebene nicht gegeben35 . Auch die Wirtschaftswissenschaft geht von der politischen Entscheidung über die individuelle Kostenzurechnung aus. In der volkswirtschaftlichen Literatur wurde die Unvollkommenheit der jeweiligen Schwen aufgezeigt. Die Pigou'sche Abgabenlösung wurde kritisiert, da, um vollständige Internalisierung zu erreichen, entsprechend vollständige Informationen über Wirkungsweise und Umfang externer Effekte erhoben werden müßten. Dazu wären eine flächendeckende Überwachung der Emissionslage und umfangreiche Forschungen über die tatsächlichen Auswirkungen von Luftverunreinigungen notwendig. Dies hat zu der Einsicht geführt36, daß es nicht um die optimale Festlegung von Abgabenhöhen gehen kann, sondern deren Höhe bestenfalls auf Schätzungen im politischen Entscheidungsprozeß beruht und zudem meist nur unter dem Internalisierungsniveau nach dem vorhandenen Informationsstand politisch durchzusetzen ist37 .

33 Smith, S. 63. 34 Inwieweit diese EntscheidWlg durch die Aufnahme des Verursacherprinzip in den Prinzipienkatalog der Umweltpolitik getroffen wurde, vgl. Wlten Seiten 141 ff. 35 Vgl. auch Bullinger, S. 77. 36 Wenn nicht gleich zur völligen Resignation hinsichtlich der Praktibilität des Pigou'schen Ansatzes, z.B. Schmitt, S. 18. 37 Vgl. für die Skepsis hinsichtlich der DurchsetzWlgsmöglichkeiten bei COr Emissionen Söllner, ZWS 1993,255,270,272; vgl. auch Spillmann, S. 76; Schmitt, S. 22. Damit wird de facto ein Umweltstandard gesetzt, der etwa in Zeiten der Rezession zu Wlterschiedlichen AnfordefWlgsmaßstäben führen kann, vgl. das Umweltgutachten 1978, BT-Drucksache 8/1938, S. 522, RdNr. 1696.

1. Wirtschaftswissenschaftlicher Inhalt und Kritik

129

Gegen die Coase'sche Fordenmg, Umweltbeeinträchtigungen durch bloße Ausgestaltung der Rechtsgüterzuordnung zu begegnen, wurde vorgebracht, daß gerade bei Umweltbeeinträchtigungen die in Anspruch genommenen öffentlichen Güter keiner Person zugeordnet werden können, die über Preise verhandeln könnten38 . Weiter sei es angesichts typischer Umweltschäden unrealistisch, daß Vereinbanmgen getroffen würden. Umweltschäden zeichnen sich dadurch aus, daß sie kaum bemerkt werden, Kausalitätsnachweise schwer zu führen sind39 und oftmals große Gruppen betroffen sind, die kaum homogene Vereinbanmgen treffen könnten40 . Daraus wird der Schluß gezogen, daß Verhandlungsrisiken schwer abschätzbar seien41 . Die Coase'sche Annahme, der Erlaß von Verboten sei der Erlaubnis äquivalent, wird damit kritisiert, daß sich bei den verschiedenen Vorgehensweisen jeweils eine unterschiedliche Wohlfahrtsverteilung und somit eine unterschiedliche Beurteilung der externen Effekte ergebe42 . Ein Erlaubnisrecht mache potentielle Verursacher zu Quasi-Eigentümern bezüglich der Umwelt, da sie ein Recht hätten, diese zu schädigen. Neben der dafür fehlenden gesellschaftlichen Akzeptanz4 3 hätten die Verursacher bei der Auswahl, ob eine umweltschädigende oder eine umweltschonende Produktionsmethode zu wählen sei, sogar einen Anreiz, die umweltschädigende zu wählen. Dies würde ihnen die Möglichkeit von Verhandlungen eröffnen, aus denen nach Coase ein Preis für die Unterlassung von Umweltschäden erwachsen könnte44 . Dadurch würde aber eine Steigenmg, jedenfalls der relativen Gewinne folgen45 . Nicht berucksichti-

38 Vgl. Hansmeyer/Schneider, S. 25; EI-Shagi, WISU 1982, 551, 555; Schumann, 1987, S. 411; aA etwa Prosi, WISU 1989,572. 39 EI-Shagi aaO; Stobbe, S. 508; Schumann aaO. 40 EI-Shagi aaO; Schumann aaO. 41 EI-Shagi, WISU 1982, 551, 555 fI.. Das Problem hoher Transaktionskosten wird auch von Coase (S. 164 ff.) angesprochen und nach eigenem Bekunden unbefriedigend gelöst (S. 168), indem er für Bereiche, in denen hohe Transaktionskosten zu erwarten sind, auf entsprechendes Regierungshandeln verweist (S. 166). 42 EI-Shagi, WISU 1982,551,557. 43 Hansmeyer/Schneider S. 18 f; WickelSchafhausen, WISU 1982,465. 44 Stobbe, S. 508. 45 EI-Shagi, WISU 1982,551,558. 9 Meyer

130

E. Verursacherprinzip

gen könne man zudem, daß kommende Generationen Empfanger von negativen externen Effekten sein könnten46 . Von ihrem Forschungsgegenstand her ist die Wirtschaftswissenschaft darauf konzentriert, Umweltbeeinträchtigungen einer Kosten-Nutzen-Analyse zu unterziehen, um festzustellen, ob die als Ressource betrachtete Umwelt effizient genutzt wird47 . Angesichts der existentiellen Bedrohung durch einzelne Umweltbelastungen kann heute eher davon ausgegangen werden, daß eine Umweltbelastung nur dann im gesellschaftlichen Interesse hingenommen werden kann, wenn ebenso existentielle Interessen von der Vermeidung der Umweltbeeinträchtigung bedroht sind48 . Es ist erforderlich, zwischen regenerativer Umweltnutzung49, bei der eine Optimalnutzung noch möglich erscheint, und endgültiger Umweitzerstörung50 zu unterscheiden, wo ohne Rücksicht auf einen lediglich kurzfristigen Nutzen weitere dahingehende wirtschaftliche Aktivitäten uneingeschränkt verhindert oder jedenfalls vermindert werden können 51 . Des weiteren werden in der volkswirtschaftlichen Betrachtung Folgen für nachkommende Generationen nur ansatzweise berücksichtigt52. Diese Aufgabe kann von marktwirtschaftlichen Instrumenten nicht übernommen werden. Es ist insofern auf politische und administrative Verbots- bzw. Genehmigungsmaßnahmen zu verweisen 53 .

46 Ebenda. Zum Stand der kritischen Betrachtungen der Coase'schen Annahmen, vgl. Blaschczok, S. 155 ff. 47 HansmeyerlSchneider, S. 14. 48 So auch die neuere wirtschaftswissenschaftliche Literatur, vgl. etwa GräberSeißinger, S. 116 ff. 49 Etwa landwirtschaftliche, aber auch industrielle Nutzung von Energieträgern, soweit diese regenerierbar sind, oder etwa Kühlwasser.

50 Etwa Freisetzung von FCKW etc., bei der eine Wiederherstellung der oberen Atmossphärenschichten jenseits der heute vorstellbaren technischen Möglichkeiten liegt. 51 So auch einige Stimmen in der volkswirtschaftlichen Literatur, vgl. nur Bräuer WiSt 1992,39. 52 Speziell fiir den Ansatz von Coase, El-Shagi, WiSt 1982, 558. Vgl. aber Peters, WiSt 1980,265; Schürmann, S. 351; Klaus, WISU 1987,265. 53 Wie auch bei Umweltbeeinträchtigungen, die eine ordnungsrechtliche Gefahr darstellen, ein Eingreifen der Ordnungs behörde notwendig ist und nicht auf marktwirtschaftliche Bewältigung gesetzt werden kann, vgl. Hansmeyerl Schneider, S. 27 ff.; Hansmeyer, WISU 1977,372.

I. Wirtschaftswissenschaftlicher Inhalt und Kritik

l31

Marktwirtschaftliehe Instrumente eignen sich also durchaus, bei der tatsächlichen UmweltnutZlUlg zu einer Optimierung des Ressourcengebrauchs beizutragen. Dabei sind die verschiedenen von den Wirtschaftswissenschaften vorgeschlagenen Methoden54 einander äquivalent 55 , soweit sie dazu dienen, UmweltnutZlUlg zu verteuern56, wenn sie auch dem ursprünglichen Anspruch, die Kosten für UmweltnutZlUlg vollständig zu internalisieren, nicht gerecht werden können 57 . Unterschiedlich sind die verschiedenen Instrumente hinsichtlich der Ausgangslage. Handelt es sich um Umweltbeeinträchtigungen an öffentlichen Gütern, sind Abgabenlösungen unumgänglich, um Verteuerungen der UmweltnutZlUlg und damit Verhaltens änderungen herbeizufiihren. Sind die von der Beeinträchtigung betroffenen Güter Personen zugeordnet, ermöglichen die zivilrechtlichen Institute eine Internalisierung von Kosten und vermeiden so externe Effekte. Auch hier verhindern aber bereits die Schwierigkeiten bei der Identifizierung des Verursachers, beim Nachweis der Kausalzusanunenhänge und die Summations- wie Synergieeffekte die Kostenverlagerung auf den Emittenten, so daß interventionistische Mittel unumgänglich sind, Verteuerungen der wirtschaftlichen Aktivitäten herbeizufiihren58 . Soweit die Zuordnung von Rechtspositionen aber die Erhebung der Kosten ermöglicht, besteht ein flexibles Instrument, um ohne beträchtliche Administrationskosten eine Verteuerung von UmweltnutZlUlg herbeizufiihren59 . Dieses gilt es neben den eher starren interventionistischen Maßnahmen zu nutzen. Die Einführung von Gefährdungshaftungstatbeständen nach dem Muster der §§ 1 UmwHG, 22 WHG erhöht dabei den Internalisierungsgrad und stellt gleichzeitig eine mögliche Privatisierung

54 Privatisierung von Umweltgütern, etwa durch Rechtszuweisung in Form von Zertifikatslösungen (vgl. dazu bereits das Gutachten zum Umweltprogramm der Bundesregierung, BT-Drucksache VII2710, S. 602, in dem allerdings lediglich eine Lizenzlösung in Betracht gezogen wird.) aber auch Abgabenlösungen. 55 Endres WiSt 1989,411. 56 Zu beachten ist dabei die fehlende bzw. eingeschränkte Funktionalität von Preisen auf eng oligopolistisch oder monopolistisch strukturierten Märkten, vgl. Rehbinder 1973, S. 80 f. 57 Vgl. BT-Drucksache 8/1938, S. 543 RdNr. 1784. 58 Gutachten VII2710, S. 603.

zum Umweltprogramm

der

Bundesregierung, BT-Drucksache

59 Vgl. Hager, NJW 1986, 1961, 1962; Kloepfer, 1989, S. 84, RdNr. 28; S. 227, RdNr.293.

132

E. Verursacherprinzip

von Umwelt dar60 . Auch die Möglichkeit fiir potentielle Verursacher, entsprechende Versicherungsverträge abzuschließen, steht dabei der Internalisierung nicht entgegen61 . Da in der Versicherungswirtschaft homogene Risikogruppen gebildet werden, wird damit die Kompensation der entstandenen Kosten auf diese Gruppe umgeleitet. Handelt es sich um Großrisiken, wird sich das in den Versicherungsprämien niederschlagen und so ein Preissignal fiir potentielle Verursacher setzen62 . Streng genommen bleiben nur dann externe Effekte, wenn die Rechtsordnung ein Internalisierungsinstrumentarium nicht zur Verfügung stellt. Für die Fragestellung der Arbeit ergibt sich damit aber vordergliindig, daß es sich bei den Fallgruppen, in denen eine Haftung besteht, diese aber durch den Ablauf der Verjährungsfrist nicht mehr durchsetzbar ist, zunächst nicht um solche externen Effekte handelt. Da aber der Ablauf der Verjährungsfrist eine an sich gegebene Möglichkeit beseitigt, den Verursacher eines solchen externen Effektes in Anspruch zu nehmen, die Kosten also nicht in dessen Kostenrechnung eingehen, kann auch hier von externen Effekten gesprochen werden. Allerdings handelt es sich hier nicht um den Normalfall der sozialen Kosten, da die Kosten nicht der Allgemeinheit oder unbeteiligten Dritten63 , sondern einem an einem wirtschaftlichen Vorgang Beteiligten zufallen. Zwischen den Beteiligten besteht zunächst eine Haftungsgrundlage, der, durch die im vertraglichen Bereich vorherrschenden kurzen Verjährungsfristen, die Durchsetzungsmöglichkeit genommen wird64 . Um soziale Kosten würde es sich handeln, wenn die Kosten fiir die Beseitigung einer Umweltbeeinträchtigung, fiir die ein polizeirechtlicher Störer aufzukommen hat, nicht bei diesem erhoben würden. Durch die Inanspruchnahme des Zustandsstörers wird allerdings ebenfalls ein externer Effekt erzeugt. Insoweit

60 Da hier kein Verfiigungsrecht in Form der Erlaubnis von Umweltbeeinträchtigungen gewährt wird. Vgl. Hansmeyer/Schneider, S. 61 ff.; Schürmann, S. 359 ff. 61 So aber Köck, KJ 1993, 143; Adams, 1985, S. 226 f.; vgl. auch Bräuer, WiSt 1987,349; Karl, WiSt 1987,222. 62 Hansmeyer/Schneider, S. 63; daß dies keine theoretische Möglichkeit ist, zeigt sich etwa bei Poschen, VersR 1993,653. 63 Schmitt, S. 16; Rehbinder, 1973, S. 9. 64 Zu der Frage, ob und inwieweit der Vertragspartner wie ein unbeteiligter Dritter anzusehen ist, also die wirtschaftspolitische Entscheidung, Kostenbelastungen aus abgewickelten Verträgen zeitlich eng zu limitieren, durch die umweltpolitische, einen bestimmten Verursacher in Anspruch zu nehmen, , vgl. unten S. 177 ff.

I. Wirtschaftswissenschaftlicher Inhalt und Kritik

133

kann man auch von sozialen Kosten reden, da ein unbeteiligter Dritter für die Kostenübernahme herangezogen wird, der am eigentlichen, den externen Effekt erzeugenden wirtschaftlichen Vorgang nicht beteiligt ist. Geht man von der Möglichkeit des Innenausgleichs zwischen verschiedenen polizeirechtlichen Störern aus 65 , ergibt sich ein Konflikt mit dem Verursacherprinzip, wenn im Innenausgleich aus dem Vorhandensein kurzer Verjährungsfristen ein Ausschluß dieses Innenausgleichs gefolgert wird66 , In den Fallgruppen, in denen aus volkswirtschaftlicher Sicht ein Konflikt zwischen Verjährungsregelungen und Verursacherprinzip bestehen könnte, sind die Kosten für Beeinträchtigungen häufig bereits entstanden, Dann haben die Haftung und Möglichkeit der Durchsetzung dieser Haftung keinen Einfluß auf die Entscheidung, Ressourcen in Anspruch nehmen zu wollen67 , Da der potentielle Verursacher bei Bestehen entsprechender Haftungsregelungen die voraussichtlichen Kompensationsleistungen aber in seine Kostenkalkulation aufnehmen muß, wird auch hier auf die Entscheidung, das entsprechende Risiko zu übernehmen, eingewirkt68 , Allerdings versagt ein solcher Ansatz dann völlig, wenn der spätere Verursacher bei Aufnahme der wirtschaftlichen Aktivität, nach seinen Informationen nicht mit dem Auftreten einer Umweltbeeinträchtigung rechnen mußte69 , Keine Antwort bietet die Wirtschaftswissenschaft bei wirtschaftlichen Aktivitäten, bei denen zweifelhaft ist, wer als Verursacher anzusehen ist 70 , Ergibt sich ein Externeffekt erst durch das Verhalten eines Konsumenten, ist er aber bereits durch das Produkt vorgegeben, folgt aus einer traditionellen volkswirtschaftlichen Sicht, daß dennoch der Konsument zur Kostentragung herangezogen werden muß 7!, Dieser hat ihr zufolge durch die Nachfrage nach dem Produkt die Ursache-Wirkungs-Kette, die zur Umweltbeeinträchtigung fUhrt, in

65 Dazu Seiten 223 ff. 66 Ebenda. 67 Hansmeyer/Schneider, S. 44. 68 Hansmeyer/Schneider, S, 60; vgl. auch Wagner, JZ 1991, 175, 176; Adams, 1985, S. 21 f., 42; Schmitt, S. 19; vgl. auch Holm WiSt 1987,349. 69 Zu dieser Ungewißheit; vgl. etwa Schmitt, S. 20; Köck KJ 1993, 131; vgl. auch Endres WiSt 1989,412, der auch insofern einen Anreiz sieht, jedenfalls die gegebenen Informationen besser auszunutzen. 70 Vgl. Rehbinder, 1973, S. 23. 7! Schürmann, S. 360 f.

134

E. Verursacherprinzip

Gang gesetzt, ist aber jedenfalls Beteiligter dieser Wirkungskette, weil er auch von dem seiner Nachfrage entsprechenden Produkt profitiert72 • Da aber dadurch eine unübersehbare Anzahl von Verursachern geschaffen würde, wurde aus Praktikabilitätsgründen vorgeschlagen, den Produzenten in Anspruch zu nehmen, da dies gesamtwirtschaftlich billiger einzufiihren und leichter zu kontrollieren sei 73 . Dieser wird über eine entsprechende Preisgestaltung die zu internalisierenden Kosten an die anderen an der Kausalkette Beteiligten weitergeben74 . Ein volkswirtschaftlicher Ansatz des Verursacherprinzips soll denjenigen in Anspruch nehmen, der durch eine Verhaltensänderung den externen Effekt vermeiden kann. Nur so kann überhaupt auf die Ressourcenverwendung eingewirkt werden. Das muß im Regelfall der Produzent sein, insbesondere da der Konsument etwa Abfallentsorgungskosten nicht auf das einzelne Produkt beziehen und damit nicht in seine Entscheidung einbeziehen kann75 . Aus der volkswirtschaftlichen Betrachtungsweise kann aber jedenfalls eine Einschränkung der Kostenbelastung von Marktbeteiligten - neben deren vorrangiger Inanspruchnahme gegenüber der Kostenbelastung der Allgemeinheit geschlossen werden. Denn eine Internalisierung von Kosten ist nach dem volkswirtschaftlichen Verursacherprinzip nur dann sinnvoll, wenn der in Anspruch zu nehmende Verursacher Handlungsalternativen hat 76. Dabei kann als Handlungsalternative nicht in jedem Fall das Unterlassen der Markthandlung gelten. So kann ein Hersteller von Autoreifen nur insoweit in Anspruch genommen werden, als seine Herstellungsform gegenüber alternativen Produktionsweisen höhere Kosten verursacht. Anders ausgedrückt: Dem volkswirt-

72

Schünnann, S. 361.

73 Vgl. Rehbinder, 1973, S. 38, der auf die Funktionsweise der Mineralölsteuer zur Finanzierung des Ausbaus des Straßennetzes hinweist, bei der Abgaben indirekt über den Hersteller bzw. Importeur weitergegeben werden. 74 Ebenda; vgl. auch Rehbinder 1973, S. 30, der Differenzierungen da für möglich hält, wo eine konsumbedingte Umweltschädigung durch am Markt angebotene Alternativen von der Entscheidung des Konsumenten für das umweltschädigendere Produkt abhängig ist. Das scheint aber eine Inanspruchnahme des Herstellers dann nicht auszuschließen, wenn ein ansonsten unbeteiligter Dritter geschädigt wird. Dann scheint eine gesamtschuldnerische Inanspruchnahme von Hersteller und Konsument möglich. 75 So auch Spillmann, S. 80 f.; vgl. auch Möller, WiSt 1986, 571; Hansmeyer, WISU 1977, 372; Rehbinder 1973, S. 30; Gutachten zum Umweltprograrnm der Bundesregierung, BT-Drucksache VI/2710, S. 602 f.

76 Vgl. Rehbinder 1973, S. 33.

II. Das Verursacherprinzip in der Umweltpolitik

135

schaftlichen Verursacherprinzip geht es nicht wn Venneidung, sondern wn Effizienzsteigenmg bei der Umweltnutzung 77 .

11. Das Verursacherprinzip in der Umweltpolitik I. Das Verursacherprinzip als zentrales Element einer sich konstituierenden Umweltpolitik

Mit dem Umweltprograrnrn 1971 78 wurde erstmals der Versuch unternommen, eine nationale Umweltpolitik zu konstituieren, nachdem bis dahin Maßnahmen gegen Umweltbeeinträchtigungen nur fiir einzelne Phänomene thematisiert worden waren79 . Auch in der sich in den Medien widerspiegelnden öffentlichen Diskussion standen einzelne Anlässe im Vordergrund. So war die Sauberkeit der Gewässer eingehend in den Medien behandelt worden, wobei etwa die Verschmutzung des Rheins und des Bodensees die überregionalen Medien in besonderer Weise beschäftigten80. Nach der im nordrheinwestfälischen Wahlkampf von 1961 thematisierten Luftverschmutzung wurde die bundesweite Verschmutzung durch Autoabgase Gegenstand der Medienberichterstattung. Auch die eng mit militärischen Fragen verwobene Diskussion wn die atomaren Gefahren richtete sich eher auf die unfallartigen Phänomene. Bei der kommerziellen Nutzung der Kernenergie standen daher auch Fragen der Reaktorsicherheit im Vordergrund, während die ungeklärte Entsorgung des beim Nonnalbetrleb anfallenden Atommülls bis dahin kawn bundesweite Be-

77 Umweltnutzung ist dabei kein Charakteristikum industrieller Produktionsweise, vgl. Frank KJ 1989, 36, wenngleich die industrielle - angesichts der teilweise weitergehenden Umweltzerstörung in den ehemals sozialistischen Ländern allerdings nicht notwendig kapitalistischen - Produktionsweise Umweltzerstörungen in existentiell gefährdendem Ausmaß hervorbringt. 78 BT-Drucksache VII2710. 79 Vgl. etwa die Aufnahme des Schlagwortes: ,,Blauer Himmel über der Ruhr" im nordrhein-westfälischen Wahlkampf 1961 durch die SPD. Die CDU hat bereits auf ihrem Parteitag 1960 eine umfassendere Fragestellung thematisiert: "Schutz für Gesundheit und Leben in der industrialisierten Welt", vgl. Umweltgutachten 1978, BTDrucksache 8/1938 (1978), S. 44l. 80 Vgl. Umweltgutachten 1978, BT-Drucksache 8/1938 (1978), aaO.

136

E. Verursacherprinzip

achtung fand 81 . Die umfassenden Zusammenhänge von Umweltbeeinträchtigungen wurden erst Anfang der siebziger Jahre, allerdings schnell zunehmend, unter dem neuen Begriff Umweltschutz zusammengefaßt82 . Das Umweltprogramm stellte das Verursacherprinzip in den Mittelpunkt seiner Neuorientierung. Inspiriert von der volkswirtschaftlichen Diskussion sah man darin die Möglichkeit, ohne Belastung der Allgemeinheit Umweltpolitik effektiv zu gestalten83 . Dem entsprechen die Äußerungen aller politischen Parteien, die sich in ihren Verlautbarungen, wenn auch mit unterschiedlichen Akzentuierungen, zum Verursacherprinzip bekannten. In ihrem Langzeitprogramm forderte die SPD, daß die Kosten fiir Umweltbelastungen dem fiir ihre Entstehung Verantwortlichen aufzuerlegen seien84 . Auch wenn eine Umweltbelastung erst durch den Gebrauch eines bestimmten Gutes hervorgerufen wird, sollte der Produzent als Verursacher mit entsprechender Kostentragungslast herangezogen werden 85 . Auch die FDP votierte fiir eine Kostenverteilung nach dem Verursacherprinzip 86. Die CDU setzte eine andere Akzentuierung, indem sie forderte,

81 Daß dieser Aspekt überhaupt Eingang in die Diskussion fand, ist auf das verstärkte Engagement einzelner Bürgerbewegungen zurückzufiihren, vgl. Umweltgutachten 1978, BT-Drucksache 8/1938 (1978), S. 444. 82 Vgl. Umweltgutachten 1978, BT-Drucksache 8/1938 (1978), aaO. 83 BT-Drucksache V1I2710, S. 10 f., 13 f. 84 Entwurf eines ökonomisch-politischen Orientierungsrahmens für die Jahre 19731985, Nr. 159; vgl. auch Nr. 158 und 162 (aus: Das Leben 9 (1972), 274 f.). 85 Ebenda; ebenso der Beschluß der Jugendorganisation auf der Arbeitskonferenz am 24.125. April 1971 in Mannheim (aus Rauball, Umweltschutz, Reihe Aktuelle Dokumente (1972), S. 239), die allerdings die Kostenverteilung auf den Verursacher ohnehin nur im industriellen Bereich erfassen wollten; vgl. Rehbinder 1973, S. 11. 86 Vgl. Rauball, Umweltschutz, Reihe Aktuelle Dokumente (1972), S. 237. Die Begrifflichkeit schien bei den Liberaldemokraten allerdings noch nicht weit entwickelt, was folgendes Zitat belegt: ,,Es gilt Gefahrdungshaftung. Die Kosten des Umweltschutzes sind Kosten der Produktion. Jede nach dem jeweiligen Stand der Technik noch nicht vermeidbare Umweltbelastung muß abgabenpflichtig werden."

II. Das Verursacherprinzip in der Umweltpolitik

137

"es ist sozial und gerecht, denjenigen die Kosten tragen zu lassen, der eine bestimmte Ware nutzen will, deren Produktion nur mit hohen sozialen Kosten möglich war.,,87

Demgegenüber forderte die regierende SPD, daß Verursacher der sei, der "durch die Produktion eines bestimmten Gutes später Umweltbelastung(en) hervorruft.,,88

In dem Umweltprogramm der Btmdesregierung89 wurde dann auch eher der sozialdemokratischen Einstelltmg gemäß formuliert: ,,Das bedeutet aber nicht, daß als Verursacher immer nur derjenige anzusehen ist, bei dem während oder am Ende eines Produktions- oder Konsumprozesses die Umweltbelastung offensichtlich wird. Unter Verursacher muß vielmehr auch verstanden werden, wer durch Anwendung90 eines bestimmten Produktes die Grundlage für die spätere Umweltbelastung legt."

Einigkeit bestand demnach aber in dem grtmdsätzlichen Vorrang der Kostentragtmg durch den Verursacher gegenüber der Kostentragtmg durch die Allgemeinheit. Wie sehr der im Umweltprogramm verwendete Begriff volkswirtschaftlich geprägt war, zeigte sich an dem Gutachten zur Gesamtbelasttmg der Wirtschaft91 . Lehrbuchmäßig wurden hier das Phänomen der sozialen Kosten tmd die Notwendigkeit skizziert, tmter neo liberalen Prämissen durch entsprechende Gestalttmg der wirtschaftlichen Rahmenordntmg die Funktionsfähigkeit des

87 Vgl. Rauball, Umweltschutz, Reihe Aktuelle Dokumente (1972), S. 233 f. 88 Aus Rehbinder, 1973, S. 11. 89 BT-Drucksache VI/2710, S. 11. 90 Mit dem weiten Begriff der Anwendung vermeidet die Bundesregierung offensichtlich, den Produzenten eines Gutes als alleinigen Verursacher im Sinne des Verursacherprinzips zu definieren, hält sich diese Option aber offen. 91 Zu BT-Drucksache VI/2710, S. 597 ff. Vgl. auch Umweltgutachten 1978, BTDrucksache 8/1938, S. 522 ff.

138

E. Verursacherprinzip

Marktes bezüglich der externen Effekte wiederherzustellen92 , auch wenn klargestellt wurde, daß es sich beim Verursacherprinzip nicht um ein Sanktionsinstrument handle 93 , das aus sich heraus konkretisiert werden könne 94 .

2. Euphorie und Besinnung Die anfängliche Euphorie, mit dem Verursacherprinzip ein marktgerechtes Instrumentarium für die Bewältigung von Umweltbeeinträchtigungen gefunden zu haben95, wich bereits einige Jahre später der Einsicht, daß die abstrakte volkswirtschaftliche Betrachtungsweise der Notwendigkeit der Internalisierung externer Effekte für die praktische Umweltpolitik erst nutzbar gemacht werden muß. Eine ,,reine" Umsetzung des Verursacherprinzips würde es beispielsweise nötig machen, die genauen sozialen Zusatzkosten einer wirtschaftlichen Tätigkeit zu ermitteln. Das setzt voraus, Daten über Art und Menge etwa von Emissionen zu erheben, was einen entsprechenden Kostenaufwand zur Ermittlung dieser Daten erforderlich macht. Weiter wird vorausgesetzt, daß es genaue Kenntnisse über die Schädlichkeit von Emissionen gibt und diese Schädlichkeit monetarisierbar ist96 . Da sich herausstellte, daß dies mit vernünftigem Aufwand nicht zu bewältigen ist, wurde darauf verwiesen, daß es nur darum gehen könne, politisch durchsetzbare Annäherungen an eine korrekte Bewertung von Um-

92 BT-Drucksache VIl271O, S. 598 f. 93 Die Annahme, daß es sich um ein solches handeln würde, war nach Meinungsumfragen offenbar weit verbreitet, da es bei der Bevölkerung die wohltuende Illusion nährte, daß nicht der einzelne rur Umweltbeeinträchtigungen aufkommen müsse (vgl. auch Umweltgutachten 1978, BT-Drucksache 8/1938, S. 522, RdNr. 1693), obwohl dem Konsumenten ja gerade durch die höheren Preise diese Kosten weitergegeben werden; vgl. BT-Drucksache 8/1938, S. 452f. 94 BT-Drucksache 8/1938, 453; bereits im Umweltbericht '76 (BT-Drucksache 7/5684) wurde darauf hingewiesen, daß sich aus dem Verursacherprinzip keine unmittelbaren Schadensersatz-, bzw. Haftungspflichten ergäben. Vgl. auch Rehbinder 1973, S.28. 95 Vgl. Umweltgutachten 1978, , S. 522 RdNr. 1691, 1692. 96 Diese Schwierigkeiten wurden bereits im Umweltprogramm 1971 (BIDrucksache V1I2710) gesehen. Allerdings wurde davon ausgegangen, daß dies mit fortschreitender wissenschaftlicher Erfassung von Umweltbeeinträchtigungen zu bewältigen sei (BT-Drucksache V1I2710, S.603).

II. Das Verursacherprinzip in der Umweltpolitik

139

weltbeeinträchtigungen, also einen politischen Umweltstandard festzusetzen 97 . Rehbinder98 betonte deshalb den instrumentellen Charakter des Verursacherprinzips. Es stelle nur ein Auswahlprinzip zwischen verschiedenen Maßnahmen zur Erreichung umweltpolitischer Ziele dar, sei aber nicht selbst umweltpolitisches Zie199 . Die Formulierung umweltpolitischer Ziele, die mit Maßnahmen nach dem Verursacherprinzip zu erreichen seien, ergebe sich nicht aus einem marktwirtschaftlichen Automatismus, sondern sei ein Prozeß politischer Willensbildung lOO • Dieser Differenzierung wurde die umweltpolitische Praxis dann nicht gerecht, wenn sich die Grenzen zwischen normativer und ökonomisch-rationaler Dimension des Verursacherprinzips verwischten 101. Durch die Tatsache, daß das Verursacherprinzip auf einen breiten politischen Konsens traf, wurden in der Vergangenheit die verschiedensten instrumentellen Lösungsansätze unter dem Etikett Verursacherprinzip in die politische Diskussion eingebracht l02 . Da das Verursacherprinzip kaum konkretisiert war, drohte es damit als inhaltsleerer Alibibegriffan Bedeutung zu verlieren I 03. Folgt man dem instrumentellen Konzept des Verursacherprinzips, kann die Setzung eines umweltpolitischen Ziels nicht mit dem Internalisierungsgedanken begründet werden. Dieser kann nur für die Auswahl unter verschiedenen möglichen Maßnahmen herangezogen werden, da mit einem dem Verursacherprinzip entsprechenden Instrument dezentral über den Markt ein dem Ziel entsprechendes Verhalten der Marktbeteiligten angeregt werden kann. Internalisierung der sozialen Zusatzkosten kann auch schon deshalb nicht allein Ziel von Umweltpolitik sein, weil sie lediglich aufEffizienzsteigerung der Umweltnutzung und nicht auf Vermeidung der Umweltbelastung zielt. Ziel kann aber nicht bloße ökonomische Effizienz sein, sondern muß, da es sich um die

97 Vgl. bereits Seite 128 f. 98 Politische und rechtliche Probleme des Verursacherprinzips, Berlin 1973. 99 Rehbinder 1973, S. 28; vgl. auch BT-Drucksache 8/1938, S. 534 RdNr. 1757. 100 Rehbinder 1973, S. 28; vgl. auch SchmidtIMüller, S. 6 RdNr. 11. 101 Vgl. etwa den Gesetzesentwurf für ein Abwasserabgabengesetz (BT-Drucksache 7/2272 (1974)), in dem neben der durch die Abgabe erreichten Kostenzuweisung an den Einleiter auf Gerechtigkeitskriterien verwiesen wurde (S. 2lf.). 102 BT-Drucksache 8/1938, S. 523 RdNr. 1703. 103 Ebenda.

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E. Verursacherprinzip

essentiellen Lebensgrundlagen einer Gesellschaft handelt, ökologische Optimierung sein 104. Deshalb ist politisch ein elementarer Umweltstandard mit Verboten und Auflagen festzusetzen. Erst über diesen Standard hinaus gilt es, die verbleibenden Umweltbelastungsmöglichkeiten effizient zu gestalten I 05. Wegen der Eigenart öffentlicher Güter ist eine marktwirtschaftliche Monetarisierung dieser Umweltbelastungen kaum möglich. Man bewegt sich deshalb außerhalb des ökonomisch-rationalen Nutzenkalküls, wenn versucht wird, nur über den Markt Umweltbelastungen zu verhindern, da nicht die sozialen Zusatzkosten in einem politischen Entscheidungsprozeß ermittelt werden, sondern die kollektiven, oftmals nicht monetarisierbaren Präferenzen einer Gesellschaft die Bildung entsprechender Umweltpreise bestimmen l06 . Unvermeidlich scheint dann aber, daß nicht das ganze Zusatzkostenvolumen einer wirtschaftlichen Tätigkeit erfaßt wird, sondern je nach der jeweiligen politischen und wirtschaftlichen Situation ein entsprechender Grad der Internalisierung durchsetzbar ist l07 , deren Wirkung selbst ständiger Nachkontrolle bedarflO8 . Darüber hinaus wäre zu überlegen, ob der normative Aspekt der Inanspruchnahme des Verursachers nicht stärker zu betonen ist. Gerade im Zusammenspiel mit den anderen umweltpolitischen Prinzipien wäre das Verursacherprinzip von der streng ökonomisch-rationalen Sichtweise zu lösen. Die Inanspruchnahme könnte stärker als bisher im Rahmen des Vorsorgeprinzips den potentiellen Verursacher einer Umweltbelastung zur Vermeidung dieser Handlung veranlassen. Ohne Rücksicht auf die reziproke Natur dieser Handlungen könnte die Inanspruchnahme als Maßnahme im Rahmen des Vorsorgeprinzips Umweltnutzung verteuern, die Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen hätte damit aber Priorität vor anderen Wohlstandserwartungen. Zu berücksichtigen sind zudem Diskrepanzen zwischen sozial- und umweltpolitischen Maßnahmen. Da die höhere Kostenbelastung des Verursachers im

104 Vgl. bereits Rehbinder, 1973,63 f.; Gräber-Seißinger, S. 116 tr. 105 Vgl. etwa BT-Drucksache 8/1938, S. 539, RdNr. 1770. 106 Vgl. Rehbinder 1973, S. 66; BT-Drucksache 8/1938, S. 540, RdNr. 1771.

107 Ist etwa das Abwasserabgabengesetz ursprünglich so konzipiert worden, daß die tatsächlichen entstehenden Kosten internalisiert werden sollten (Vgl. BT-Drucksache 7/2272 (1974», konnte dies mit der tatsächlich durchgesetzten Abgabenhöhe nicht erreicht werden (Vgl. BT-Drucksache 8/1938 (1978),443). Überdies sind die volkswirtschaftlichen Kosten nicht zu bestinunen, so daß auch insoweit nur eine politische Kostenschätzung erfolgen kann, BT-Drucksache 8/1938, S. 540, RdNr. 1771. 108 BT-Drucksache 8/1938, S. 541 RdNr. 1778.

11. Das Verursacherprinzip in der Umweltpolitik

141

Produktionsbereich über die Preise an den Verbraucher weitergegeben wird, entstehen Einkommenseffekte, die allgemeinen sozialpolitischen Zielen zuwiderlaufen können I 09. Auch wird bei Anwendung des reinen Verursacherprinzips die Leistungsfähigkeit des einzelnen Betriebes nicht berücksichtigt, was zu unzwnutbaren Härten führen kann 110. 3. Zivi/rechtliche Haftung als dem Verursacherprinzip entsprechende Maßnahme

Als Maßnalunen der Umweltpolitik werden traditionell Maßnalunen aus dem Bereich des öffentlichen Rechts hervorgehoben 111. Besondere Bedeutung hat, gemäß der Rückführung des Verursacherprinzips auf Pigou 1l2, die Erhebung von Abgaben. Weiteres Gewicht wurde auf Auflagenlösungen gelegt, die dem Verursacher die Kosten fiir die Erfiillung der Auflagen zuweisen 1l3 . Die Internalisierung von sozialen Kosten durch zivilrechtliche Haftung stand in den Anfangen der sich konstituierenden Umweltpolitik nicht im Blickpunkt der politischen Entscheidungsfindung. Noch im Umweltgutachten 1978 114 standen die Kosten fiir Vermeidung, Beseitigung, Planung und Überwachung von Umweltbeeinträchtigungen im Vordergrund. Umweltpolitik versuchte danach, lediglich auf diese Kosten Einfluß zu nehmen, um die Schadenskosten zu vermindern, die im weiteren wegen der schweren Identifizierbarkeit und Qualifizierung nicht Gegenstand der Umweltpolitik waren 115.

109 Rehbinder 1973, S. 82. In der gegenwärtigen Diskussion um die Verteuerung des Individualverkehrs wird ebenfalls auf die Sozialverträglichkeit einer solchen Maßnahme hingewiesen, die den Mobilitätsgrad von weniger Verdienenden einschränkt. 110 Vgl. Kloepfer 1989, S. 86, RdNr. 33; Vgl. auch BT-Drucksache 8/1938, S. 535 RdNr. 1758 und die Berücksichtigung auf S. 545 RdNr. 1795 ff. 111 Das Sofortprogranun der Bundesregierung vom 17.9.1970 (Vgl. BT-Drucksache VI/2710, S. 7) umfaßte lediglich öffentlich-rechtlichen Eingriffe (Benzin-Bleigesetz vom 8.8.1971; Vorlage eines Abfallbeseitigungsgesetzes; WHG-Novelle vom 29.7.1971; Entwurf eines Bundesimmissionsschutzgesetzes). 112 Siehe Seiten 124 ff. 113 BT-Drucksache 8/1938, S. 544 RdNr. 1791 ff. 114 BT-Drucksache 8/1938. 115 AaO., S. 524 RdNr. 1706.

142

E. Verursacherprinzip

Mit der Diskussion 116 um das Umwelthaftungsgesetz von 1991 117 scheint sich eine eigenständige Bedeutung zivilrechtlicher Haftung fiir Umweltschäden durchgesetzt zu haben 118. Zuvor bestanden umweltspezifische Haftungsregelungen lediglich fiir den wasser- und den atomrechtlichen Bereich119. Unter dem Einfluß der anläßlich des Brandes einer Lagerhalle der Firma Sandoz durch eingespülte Löschwasser ausgelöste Rheinkatastrophe von 1986 120 entwickelte sich eine neuartige Diskussion um die zivilrechtliche Inanspruchnahme von Umweltschädigem 121. Erstmals steht mit dem UmwHG die zivilrechtliche Haftung im Vordergrund, während sie bislang immer in ein öffentlichrechtliches Instrumentarium eingebettet war. In der Gesetzesbegrülldung wird nunmehr der zivilrechtlichen Haftung eine das Ordnungsrecht ergänzende Präventivwirkung zuerkannt l22 , zumal wenn diese, als Gefährdungshaftung konzipiert, den Verursacher ohne den nach dem bis dahin geltenden Recht erforderlichen Verschuldensnachweis dem Risiko der Haftung aussetzt. Dabei wird im Rahmen des bisherigen Begriffes des Verursacherprinzips argumentiert, daß die mögliche Belastung in die Kostenrechnung der potentiellen Verursacher einzu-

116 Einen Überblick über das Verhältnis der verschiedenen Interessengruppen zum UmwHG liefert Fess-DörrlPrätorius/Steger, S. 151 ff. 117 UmwHG, BGBI. I S. 2634. 118 Gegen den teilweise heftigen Widerspruch der Industrieverbände, die eine über die öffentlich-rechtlichen Maßnahmen hinausgehende Kostenbelastung für ineffizient halten, da die Einhaltung öffentlich-rechtlicher Betriebsauflagen in höchstem Maße Umweltgesichtspunkte berücksichtige. Darüber hinaus bestünden keine Handlungsalternativen, die einen positiven Effekt für die Umwelt bringen würden. Die Einführung einer Gefährdungshaftung, zusätzlich begleitet von Beweiserleichterungen, benachteilige die die Betreiber von Anlagen unangemessen und sei zudem innovationsfeindlich, vgl. Fess-DörrlPrätorius/Steger, S. 164, 166; vgl. auch Gerlach 1989, S. 162 ff. 119 § 22 WHG einerseits und §§ 25 ff. AtomG andererseits. 120 Vgl. Spiegel v. 17.11.1986, S. 9; FAZ v. 10.11.1986, S. 7/8; 11.11.1986; S. 15; 12.11.1986, S. 9. 121 Vgl. nur Ladeur, NJW 1987, 1236; Bereits der 56. Deutsche Juristentag hatte die individualrechtlichen Schutzmöglichkeiten vor Umweltbelastungen zum Thema (vgl. das Gutachten C für den 56. DIT von Marburger). Im Verlauf der Diskussionen war aber eine eher resignative Haltung gegenüber der Möglichkeit des zivilrechtlichen Schutzes zu verorten (vgl. Diederichsen DIT 1986 Bd. 11 L 76 fl). 122 BT-Drucksache 1116454, S. 13.

II. Das Verursacherprinzip in der Umweltpolitik

143

stellen sei und daher zu einer Verteuerung der entsprechenden Waren fiihre 123 , also die Marktmechanismen weiter ausgeschöpft würden. Das in der zivilrechtlichen Haftung für Umweltschäden angelegte Potential soll dadurch, weiter als dies bisher geschehen ist, ausgenutzt werden l24 . Auch das zivile Haftungsrecht kann demnach eine wertvolle Ergänzung zur Erreichung umweltpolitischer Ziele darstellen und entsprechend instrumentalisiert werden l25 . Trotz der Einschränkungen 126 und Unzulänglichkeiten 127 , die das UmwHG aufweist, hat es jedenfalls für die Möglichkeit, umweltpolitische Ziele mit dem dezentralen Instrument der zivilrechtlichen Haftung zu erreichen, wertvolle Anregungen gegeben. 4. Der Maßnahmenadressat nach dem politischen Verursacherprinzip Da es sich bei dem Verursacherprinzip demnach um einen eigenständigen politischen Begriff handelt, fragt es sich, wer nach diesem Begriff als Verursaeher in Frage kommt. Gemäß der wirtschaftswissenschaftlichen Ausgangslage kann Verursacher nur derjenige sein, von dessen wirtschaftlichen Aktivität ein externer Effekt ausgeht. Verursacher ist dann, wessen Kostenbelastung diesen Effekt internalisiert. Wie schon angesprochen l28 , ist dies nicht unbedingt der, von dem letztendlich der externe Effekt in einem naturwissenschaftlichen Sinne ausgeht. Vielmehr kann etwa bei externen Effekten durch den Konsum eines Gutes auch durch Maßnahmen gegenüber dem Produzenten des Konsumgutes

123 Ebenda. Vgl. auch die Beschlußempfehlung des Rechtsausschusses BTDrucksache 1117881, S. 27; Vgl. auch Fess-DörrlPrätorius/Steger, S. 151. 124 Vgl. Feldmann, UPR 1991,46. 125 Vgl. etwa Wagner, JZ 1991, 175. 126 Z.B. der enumerative Anlagenbegriff der Anlage I und der Wegfall der Beweiserleichterungen bei Normalbetrieb (§ 6 II UmwHG) sowie bei alternativer Kausalität (§ 7UmwHG). 127 Keine Erfassung von Summations- und Distanzschäden, vgl. BT-Drucksache 1117104, S. 29. 128 Siehe Seite 143 f.

144

E. Verursacherprinzip

die Internalisienmg bewirkt werden 129. Voraussetzung für eine Inanspruchnahme als Verursacher ist demnach nur, daß es sich wn einen Beteiligten des wirtschaftlichen Vorganges handelt, von dem die Umweltbeeinträchtigung ausgeht 130. Das kann allerdings zu Abgrenzungsschwierigkeiten führen, wenn es darum geht, den relevanten wirtschaftlichen Vorgang zu isolieren. Durch die verschiedenen spezialgesetzlichen Hafumgsnormen wurden jeweils Grundentscheidungen getroffen, wer als Verursacher in Anspruch zu nehmen ist.

111. Zivilrechtliche Haftung für Umweltschäden 1. Adaption des Verursacherprinzips in den Rechtswissenschaften Die Rezeption des durch das Umweltprogramm von 1971 konstituierten Verursacherprinzips durch die Rechtswissenschaft konzentrierte sich zunächst vornehmlich auf dessen öffentlich-rechtliche Ausrichtung 131 . Die insofern geführten Debatten über die Ausgestaltung öffentlich-rechtlicher Maßnahmen im Sinne des Verursacherprinzips sind hier nicht von Interesse 132. Bei der in der Literatur geäußerten grundsätzlichen Kritik am Verursacherprinzip kann zunächst zwischen Autoren unterschieden werden, die die Kostenverlagenmg auf den Verursacher an sich ablehnen, und zwischen solchen, die einer derartigen Kostenverteilung die Möglichkeit absprechen, die durch das Verursacherprinzip avisierten Ziele zu erreichen.

129 Auch bei Produktionsmitteln ist gern. § 2 I Nr. 2 BlmSchG der Produzent einer genehmigungsbedürftigen Anlage Adressat von Maßnahmen nach den §§ 32-37 BlmSchG. 130 Über die Bedeutung für die rechtliche Bewertung dieses Gesichtspunktes, vgl. unten. Für eine entsprechende Offenheit des Verursacherbegriffes vgl. schon die Formulierungen im Umweltprogramm der Regierung Brandt, BT-Drucksache VI/2710, S. 13; Rehbinder, 1973, S. 32. ff.; siehe oben, Seite 135. 131 Vgl. etwa Rehbinder, Politische und rechtliche Probleme des Verursacherprinzips, Berlin, 1973; BullingerlRincke/Oberhauser/Schmidt, Das Verursacherprinzip und seine Instrumente, Berlin, 1974; Kloepfer, Umweltschutz durch Abgaben, DÖV 1975, 593; Boehm, Verursacherprinzip und Abgaben, DÖV 1975,597. 132 Etwa die Frage, wie entsprechende Abgaben auszugestalten seien, aber auch die bis in die heutige Zeit diskutierten Modelle etwa von Zertifikatslösungen etc., vgl. dazu Gerlach 1989, S. 146 ff.

III. Zivil rechtliche Haftung für Umweltschäden

145

Zur ersteren Kategorie sind die Autoren zu zählen, die in der Umweltbelastung die Folge einer an sich gesamtgesellschaftlich gewünschten, technologisch-industriellen Entwicklung sehen l33 . Die ausschließliche Belastung der jeweiligen Verursacher verkenne, daß diese im Rahmen der allgemeinen Wohlstandssteigerung (auch) fiir die Allgemeinheit tätig werden und nicht (nur) aus Gewinnstreben. Deshalb sei es erforderlich, jedenfalls wenn die umweltbelastende Tätigkeit gesellschaftlich erwünscht und entsprechend gefordert sei, daß der Staat die negativen Kosten zu tragen habe, also nach dem Gemeinlastprinzip verfahren werde 134 . Damit wird letztlich nur darauf abgestellt, daß Maßnahmen nach dem Verursacherprinzip auch unter Berücksichtigung sozialer Umstände gefaßt werden müssen 135. Im übrigen besteht keine Notwendigkeit, eine vormals als forderlich eingestufte und nunmehr als schädlich erkannte Tätigkeit im Hinblick auf ihre seinerzeit positive Bewertung weiter zu fordern und vom Wandel der gesellschaftlichen Erfordernisse auszunehmen. Generelle Kritik an den Grundannahmen des Verursacherprinzips wurde von Jürgen Schmidt geübt l36 . Schmidt stellte zunächst in Frage, ob die Prämissen von denen das Verursacherprinzip ausgeht, nachvollziehbar seien, um die entsprechenden Folgerungen zu rechtfertigen. Als grundlegende Prämisse des Verursacherprinzips gilt dabei fiir Schmidt die Annahme, daß der Verursacher kein Recht habe, die sozialen Kosten zu erzeugen. Aus der Tatsache, daß dem Verursacherprinzip aber gerade zugrunde liege, daß der Verursacher bislang kostenlos eine bestimmte Tätigkeit ausfiihren konnte, folgert er aber eine bisher bestehende Aktionsberechtigung, die lediglich durch die Erkenntnis, daß sie bei irgendeinem Wirtschaftssubjekt Kosten entstehen, werthaltig werde 137. Hat bisher etwa ein Emittent ein freies Gut kostenlos in Anspruch genommen, fragt sich Schmidt, woraus die Berechtigung dafiir folgen soll, daß nunmehr der Emittent fiir die Inanspruchnahme zahlen soll, und er nicht, wie aus der bisher bestehenden Aktionsberechtigung folgen könnte, einen Preis dafiir verlangt, daß er die Emission unterläßt. Schmidt geht davon aus, daß insoweit bei nachträglicher Verknappung eines vorher freien Gutes ein entsprechendes Vermögensrecht dem Emittenten wegen seiner vorher bestehenden Handlungsfreiheit zugeordnet ist, daß also das Verursacherprinzip sogar rechtfertigen müßte, wanun

133 Vgl. etwa Steiger ZRP 1971, 133; Rabeneick DVBI. 1971,260,261. 134 Steiger ZRP 1971, 133, 136. 135 Vgl. bereits Seite 141 f. 136 Vgl. Verursacherprinzip und Sozialkosten, AcP 175 (1975),222. 137 Schmidt,AcP 175(1975),240. 10 Meyer

146

E. Verursacherprinzip

dem Emittenten das zugeordnete Recht entzogen werden Wld dem Rezeptor zugeordnet werden soll. Das umweltpolitische Verursacherprinzip begründet eine entsprechende ZuordnWlg mit allokationstheoretischen Überlegoogen, was Schmidt im Anschluß an Coase fiir verfehlt hält l38 , da es fiir die Allokation knapper Güter Wlerheblich sei, ob der Emittent einen Preis fiir die UnterlassWlg einer Emission verlangen könnte oder dem Rezeptor einen Preis fiir die Abgabe der Emission zahlen müsse. Ebenfalls generelle Kritik am Verursacherprinzip hat Michael Adams geübt l39 . Auch Adams bezieht sich auf Coase Wld schließt aus der ökonomischen Analyse des Haftungsrechts, daß es, um eine optimale Allokation von Ressourcen zu erreichen, wie sie das Verursacherprinzip zu erzielen vorgebe, notwendig sei, Haftungsfolgen so zu regeln, wie es eine verständige Person in der Rolle bei der Beteiligten geregelt hätte 140. Die Coase'schen Annahmen stehen Wld fallen mit der ReduzierWlg auf das Zwei-Personen-Verhältnis Emittent-Rezeptor. Das setzt voraus, daß die Kosten verursachenden Beeinträchtigoogen an Rechtspositionen entstehen, die individuellen Rechtsgüterträgem zuordenbar sind 141. Bei einem Konflikt zwischen den VerjährWlgsregelWlgen Wld dem Verursacherprinzip ist das Bestehen eines Anspruches VoraussetzWlg. Damit ist aber eine Rechtsposition bereits zugeordnet. Für die vorliegende Arbeit ist die auf Coase gegründete Kritik insoweit beachtlich, als daß, wenn die dem Verursacherprinzip zugrWldeliegenden Annahmen WlZUtreffend Wld insgesamt nicht geeignet wären, die verfolgten umweltpolitischen Ziele zu erreichen, es nicht erforderlich wäre, über eine EffektuierWlg der Haftungssituation hinsichtlich der VerjährWlgsregelWlgen nachzudenken. Aber auch inhaltlich vermögen die Coase'schen Adaptionen nicht zu überzeugen 142. Jeweils wurde zwar ein theoretisch schlüssiges Modell gebildet, doch steht Wld fällt dieses mit GrWldannahmen, die gerade bei Umweltbela-

138 Schmidt, AcP 175 (1975), 245 ff. 139 Das Verursacherprinzip als Leerfonnel, JZ 1989, 787.; vgl. auch die direkte Kritik auf den Artikel von Kirchgässner, JZ 1990, 1042. 140 Konzept der integrierten Person, Vgl. schon Adams ZZP 1986, 129, 141 ff.; vgl. auch Brüggemeier, KritV 1991,297,300. 141 Vgl. Gerlach 1989, S. 142; zu den insoweit bestehenden Unzulänglichkeiten der Rechtsgüterzuordnung, Seite 166. 142 Zur Kritik an Co ase, vgl. bereits Seite 127.

III. Zivilrechtliche Haftung für Umweltschäden

147

stungen nicht zu halten sind. ZlUlächst kann der Ansicht von Schmidt nicht gefolgt werden, daß die bisherige zu sozialen Kosten führende kostenlose Inanspruchnahme öffentlicher Güter qua Aktionsberechtigllllg zu einer Vennögensposition führen soll, die es dem Emittenten ennöglichen soll, auf dem Markt einen Preis fiir das Unterlassen der Inanspruchnahme zu erzielen. Schmidt kann dann nämlich nicht erklären, wie etwa bei der Neuaufnahme einer gewerblichen Tätigkeit zu verfahren ist. Sollen etwa Altanlagen kostenmäßig Neuanlagen gegenüber privilegiert werden? Die Annahme einer zur Rechtsposition erstarkten AktionsberechtiglUlg würde als Folge die Einfiihrung neuer Umweltstandards erschweren, da die Betreiber veralteter Anlagen jeweils auf ihre qua Tätigkeit erworbene Rechtsposition verweisen könnten. Überdies steht das Verursacherprinzip nicht als bloße Allokationsfonnel fiir ein umweltpolitisches Konzept, sondern muß im Zusammenhang mit den anderen Prämissen einer effektiven Umweltpolitik betrachtet werden l43 . Maßnahmen, die dem Verursacherprinzip entsprechen, sind aber nur dann systemkonfonn, wenn lUlter mehreren möglichen die Maßnahme getroffen wird, die weitestgehend auch den anderen Prinzipien entspricht. Gemäß dem Vorsorgeprinzip gilt dann aber die Faustregel: weniger UmweltnutZlUlg ist mehr Umweltqualität. Grundsätzlich soll UmweltnutZlUlg einfach teurer werden, etwa um zu erreichen, daß eine technisch aufwendigere, damit aber an sonstigen Kostenfaktoren intensivere Produktion, die die natürlichen Lebensgrundlagen weniger in Anspruch nimmt, allein deswegen auf dem Markt bestehen kann. Zugegebenennaßen handelt es sich dann nicht mehr um ein rein ökonomisch-rationales Verursacherprinzip, wenn über die tatsächlich anfallenden Kosten hinaus der Verursacher in Anspruch genommen wird, um die belastende Tätigkeit einzuschränken. Doch ist man in der gegenwärtigen Situation noch weit davon entfernt, Kosten in Höhe der tatsächlich anfallenden Kosten zu erheben. Auch wäre eine über die tatsächlichen Kosten hinausgehende Inanspruchnahme umweltpolitisch nicht per se als verfehlt anzusehen, jedenfalls wenn es sich um Belastungen nicht restituierbarer Umweltgüter handelt l44 . 2. Verhaltenssteuerung durch Haftungsrecht Die Frage, inwieweit mittels privatrechtlicher Haftung umweltpolitische Ziele verfolgt werden können, ist davon abhängig, inwieweit überhaupt mit

143 Vgl. bereits Seite 135. 144 Vgl. bereits Seite 130 f.

148

E. Verursacherprinzip

privaten Rechtsnonnen regulativ eingegriffen werden kann 145. Für wnweltpolitische Zwecke genutztes Privatrecht muß daher zunächst dazu geeignet sein, das Verhalten der Nonnadressaten in einer Weise zu verändern, daß ein Weniger an Umweltbelastungen und damit ein Mehr an Umweltqualität erzeugt wird. Nicht zu bezweifeln ist ein entsprechender Effekt bei Abwehransprüchen, soweit diese darauf gerichtet sind, ein wnweltschädigendes Verhalten des Anspruchsgegners zu verhindern l46 . Im Rahmen eines auf den individuellen Rechtsschutz ausgerichteten Privatrechts 147 verhindert ein solcher Abwehranspruch zwar allenfalls ein die Rechtssphäre des Anspruchsgläubigers verletzendes Verhalten. Doch sind die Ausweichmöglichkeiten in einer hochentwickelten Gesellschaft so begrenzt, daß der Anspruchsgegner sein Verhalten nicht nur verlegen kann, sondern ändern muß, da er sonst auf die Rechtssphäre eines anderen zugreift. Der Anspruchsgläubiger tritt in solchen Fällen praktisch als Repräsentant für die Allgemeinheit auf und hilft, nonngerichtetes Verhalten zu erzwingen. In dieser eingeschränkten Weise hat etwa die Zuweisung von Eigentwnsrechten und die Ausgestaltung derselben eine über die bloße Gewährung wirtschaftlicher Betätigungsfreiheit hinausweisende Funktion 148. In Frage stellen könnte man die wnweltpolitische Wirksamkeit solcher Normen, die den Adressaten nicht unmittelbar zu einem wnweltgerechten Verhalten anhalten, sondern ihm lediglich auferlegen, die Folgen eines wnweltschädigenden Verhalten zu tragen. Für den konkreten Fall hat dann die Kostenverteilung nicht mehr den Zweck, die konkrete Umweltbelastung zu verhindern. Zunächst

145 Auf die allgemeine, systemtheoretische Debatte der Steuerungsmöglichkeiten durch Recht soll hier nur verwiesen werden, vgl. etwa Görlitz, Zur Steuerbarkeit moderner Industriegesellschaften mit Recht, Jahresschrift für Rechtspolitologie Bd. I 1987, 17 ff. 146 Vgl. Deutsch, JZ 1971,244,246,248; Vgl. des weiteren für Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche, vgl. KettelerlKippels, S. 69 ff.; Westermann, Jahrbuch für Umwelt- und Technikrecht 1990, 103.

147 Vgl. dazu mehr unten, S. 166. 148 Vgl. auch Alsleben, S. 7 f.; Brüggemeier, KritV 1991,297,299. Die im übrigen beim ,,Konzept der integrieten Person" (vgl. bereits Seite 146) gänzlich unbeachtet bleibt, da dieses lediglich auf die distributive Verteilungsgerechtigkeit abzielt (vgl. Brüggemeier, aaO., S. 300), damit aber die überrelativen Haftungszwecke nicht beachtet.

ill. Zivilrechtliche Haftung für Umweltschäden

149

ohne Rücksicht auf den Anspruchsinhalt l49 ist zu fragen, ob mittels der Androhung der Haftung auf ein konkretes Verhalten des Schädigers oder potentieller Schädiger in der Zukunft Einfluß genommen werden kann, die zivilrechtliche Haftung mit ihrem grundsätzlichen Ex-post Ansatz l50 also dennoch präventiv wirkt. a) Präventivzweck des Haftungsrechts Die Beurteilung der präventiven Wirkung von Haftungsrecht steht immer unter dem Lichte der Differenzierung zwischen Strafe und Haftung l51 . Nachdem im deutschen Recht die strikte Trennung zwischen Straf- und Zivilrecht vollzogen wurde, wird dem Haftungsrecht weithin eine präventive Funktion abgesprochen, da dies einem Rückfall in die Zivilstrafe gleichgesetzt wird l52 . Demnach hat zivilrechtliche Haftung vornehmlich den Zweck, Schäden auszugleichen, nicht sie zu verhindern. Restitution und Kompensation werden dann auch allgemein als die Hauptfunktionen zivilrechtlicher (Ausgleichs-)Haftung angesehen 153. Im übrigen ist zu unterscheiden zwischen einer wie auch immer gearteten psychologischen Wirkung von Haftung, deren Art sich bislang der gesicherten Kenntnis entzieht l54 , und der präventiven Wirkung, auf die im Rahmen des umweltpolitisch-ökonomisch verstandenen Verursacherprinzips gezielt wird. Eine so verstandene präventive Wirkung des Haftungsrechts wird auch von sonst präventiven Funktionen ablehnenden Autoren anerkannt l55 , so daß von

149 Zur Naturalrestitution und der Möglichkeit des Geschädigten, sich, statt diese zu fordern, gern. § 249 Satz 2 BGB den erforderlichen Geldbetrag auszahlen zu lassen, siehe unten S. 151. 150 Vgl. Kirchgässner, ztU 1992, 15, 18. 151 Vgl. Dazu Sto1l1993, S. 57; ff. 152 Vgl. etwa Esser/Schmidt, S. 462f., vgl. auch Esser/Weyers, S. 440: ,,Am Anfang stand die Rache", der im übrigen annimmt, lediglich bei Ersatz von immateriellen Schäden ständen präventive Zwecke (die er in einem Atemzug mit den repressiven Zwecken nennt) im Vordergrund. 153 Vgl. etwa Sto1l1993, S. 184; MünchKomm-Mertens, vor § 823 BGB, RdNr. 41.

154 Vgl. Esser/Weyers, S. 443. 155 Vgl. Esser/Weyers, S. 443, Esser/Schmidt, S. 467 ff.; Medicus, JZ 1986,778.

150

E. Verursacherprinzip

einer insoweit allgemeinen Ansicht in der Rechtswissenschaft gesprochen werden kann 156. Zivilrechtliche Haftung dient demnach immer auch der Kosteninternalisierung 157 . Jeweils geht es darum, eine Handlung der Sphäre des Haften:den zuzuordnen und ihm die aus der Handlung entstehenden Kosten anzulasten. Anknüpfungspunkt ist dabei die Gefahrträchtigkeit der Handlung, sei es daß der Haftende seine Pflichten gegenüber der Allgemeinheit oder dem speziellen Vertragspartner verletzt und dadurch die Sphäre eines anderen gefährdet, sei es, daß auch dem pflichtgemäßen Handeln ein Gefährdungspotential innewohnt, das von der Rechtsordnung als konstitutiv fiir die Haftung ausreichend anerkannt wird l58 . Damit ist aber zivilrechtliche Haftung als Maßnahme im Sinne des politischen Verursacherprinzips prädestiniert, einen Beitrag im System des Umweltrechts zu liefern. Als solche geht sie zwar auch von einem Idealmodell des ökonomisch-rational handelnden Menschen aus und wirkt nur präventiv unter den Prämissen dieses Modells. Dennoch scheint jedenfalls bislang konzeptionell kein besseres Modell gefunden zu sein. Die Möglichkeit der Inanspruchnahme wird das ökonomisch-rational handelnde Individuum 159 veranlassen, die gebotenen Sorgfaltsstandards, seien sie deliktischer oder vertraglicher, Natur einzuhalten, um der Haftung zu entgehen l60. Die ökonomisch-rationale Erfassung von Handlungen auch von Privatpersonen mag wiederum Fiktion

156 Vgl. etwa Kloepfer, 1989, S. 230; Gerlach 1989, S. 38; Kirchgässner, ZfU 1992, 15, 19; Schmidt-Salzer, NJW 1994, 1305, 1311(der allerdings durch die Hinwendung zur reinen Unternehmenshaftung (vgl. dazu Seite 154) den Präventionszweck geflihrdet sieht, damit allerdings mehr auf die angesprochene psychologische Präventionswirkung zielt). 157 Vgl. Weyers 1971, S. 458. 158 Deutsch, JZ 1971,244,248, nimmt an, daß bei der Geflihrdungshaftung der Präventivzweck stärker in den Hintergrund gerate als bei der Verschuldenshaftung. Aber auch hier sieht Deutsch eine "betriebswirtschaftliche Prävention als gegeben an", da der der Geflihrdungshaftung unterliegende Unternehmer bestrebt sein müsse, diesen Teil der Betriebskosten möglichst gering zu halten. 159 Vgl. Esser/Schmidt, § 30 n 3 b), S. 164. 160 Hier sei im übrigen auf die insoweit wenig konsistente Rechtslage hinsichtlich der steuerrechtlichen Behandlung von Rückstellungen fiir Altlasten hingewiesen, die dazu führt, daß das planende Individuum die Haftung nicht in seine Bilanzierung einstellen darf, solange sie nur befürchtet werden, aber nicht konkret anstehen, vgl. Barteis, BB 1992, 1095; Schmidt, BB 1992,674.

ill. Zivilrechtliche Haftung für Umweltschäden

151

sein, doch ist sie jedenfalls bei Unternehmen vorauszusetzen und allenfalls ein Argument, bei Einführung neuer dem Verursacherprinzip entsprechender Maßnahmen wirtschaftlich planende Unternehmen vorrangig heranzuziehen. Gegen den Einsatz zivilrechtlicher Haftung fiir den Umweltschutz wurde vorgebracht, daß die Haftung nicht zu einer Verbesserung der Umweltsituation führe, da der in seiner Rechtsposition Geschädigte grundsätzlich frei sei, wie er mit der erhaltenen Entschädigung verfahre l61 . Da die nachträgliche zivilrechtliche Haftung aber auf den Präventiveffekt zivilrechtlicher Haftung setzt, kommt es fiir die umweltrechtliche Wirksamkeit nicht auf die konkrete Verwendung der erlangten Beträge an, sondern auf den Einfluß hinsichtlich des zukünftigen Verhaltens potentieller Schädiger. b) Die Versicherungsperspektive Wird die präventive Funktion zivilrechtlicher Haftung schon als Nebenzweck bezeichnet, wird oftmals angenommen, daß durch die Möglichkeit, die zu tragenden Schäden durch eine Versicherung regulieren zu lassen, jeglicher Anreiz schwinde, das Verhalten zu verändern 162. Insbesondere in Haftungssystemen mit Versicherungspflicht scheint dann von der drohende Inanspruchnahme kein präventiver Effekt auszugehen l63 . Der Ausgleichszweck wird in solchen kollektiven Schadenstragungssystemen ganz in den Vordergrund geschoben und um die soziale Variante bereichert, dem Geschädigten auch in den Fällen der Zahlungsunfähigkeit des Schädigers den Ausgleich erlittener Schäden zu garantieren 164. Als Folge der Versicherbarkeit ergibt sich, wenn diese Versicherung unabhängig von der Einhaltung von Sorgfaltsstandards eintritt, daß die Prämien zwar in die Kostenrechnung des Versicherten eingehen und damit die angebotene Leistung auf dem Markt verteuern, doch verliert der Versicherte einen Anreiz,

161 Rehbinder verwendet das ,,Horrorbeispiel" des Eigentümers, der Kosten für die Wiederherstellung eines Feuchtbiotops verlangt, den erlangten Betrag aber in eine Diskothek investiert, NuR 1988, 105, 107. 162 Vgl. etwa Esser/Schmidt, 6. Auflage, S.463. Adams, ZZP 1986, 135f.; Kloepfer, 1989, S. 227. 163 Vgl. für unfallartige Schadensfälle im Straßenverkehr die umfassende Arbeit von Weyers, 1971, S. 450.

164 Vgl. Kirchgässner, ZfU 1992, 15,26.

152

E. Verursacherprinzip

überhaupt noch Umweltbeeinträchtigungen zu vermeiden l65 . Ein entsprechendes Interesse besteht aber bei den Versicherungsgesellschaften, die ihre Dekkungspflicht (bzw. bei Pflichtversicherungen den Ausschluß der Rückforderung vom Versicherungsnehmer) von der Einhaltung bestimmter Standards abhängig machen können l66 . Auch insoweit kann die Inanspruchnahme also zusätzliche Anstrengungen, Umweltbelastungen zu vermeiden, bewirken. Zudem orientieren sich die Prämien einer so gebildeten Versichertengruppe an den fiir diese Gruppe prognostizierten Risiken. Neben den Effekten fiir die Informationsbeschaffimg 167 werden so homogene Risikogruppen gebildet, nach deren Zusammensetzung sich die Prämienhöhe richtet. Soweit Kosteninternalisierung erst mittelbar präventiv wirkt, schafft die Einführung einer Versicherungspflicht nach diesem Modell nicht einen gegenteiligen Effekt, da sogar unmittelbar präventiv Kosten internalisiert werden, also die Vorbehalte gegen die präventive Wirkung nachträglicher Kostenbelastung hier entfallen l68 .

3. Haftung als marktwirtschaftliches Instrument der Umweltpolitik? Hafiungsrecht als dezentrales Steuerungsinstrument ist gegenüber klassischen staatlichen Maßnahmen ein flexibleres Instrument, weil die Durchsetzung von den Interessen der einzelnen und deren Informationsstand abhängt und auf konkrete Situationen viel schneller reagieren kann, als oftmals bürokratische staatliche Strukturen dies zulassen l69 . Zudem kommen die Beträge demjenigen zugute, der einen konkreten Schaden erlitten hat, und belasten nicht "doppelt" den Verursacher einer Umweltbelastung mit den Kosten (etwa bei einer Abga-

165 Vgl. Kirchgässner, ZfU 1992, 15,27. 166 Ebenda; siehe auch Weyers 1971, S. 450. Daß die Versicherungsgesellschaften in dieser Art verfahren, zeigt sich etwa im Automobilbereich, wo die Versicherung gegen Diebstahl vom Vorhandensein bestimmter Sicherungsanlagen abhängig gemacht wird. 167 Vgl. Seite 165. 168 Vgl. Geisendörfer 1988, 225. Aus dem Effekt, der sich daraus ergibt, daß die Geschädigten gegen die eingetretenen Schäden versichert sind, etwa bei umweltbedingten Erkrankungen vornehmlich Kranken- und Rentenversicherungen filr Schäden eintreten (Vgl. DiederichsenlScholz, WiVerw 1984,23,24), folgt nichts Gegenteiliges, da nunmehr die Versicherungen gegen den Schädiger vorgehen könnten (Vgl. etwa §§ 67, 118, 158 f. VVG). 169 Vgl. etwa Frank, KJ 1989,36,42.

ill. Zivilrechtliche Haftung für Umweltschäden

153

benlösung) wie den Geschädigten, bei dem ein Schaden eingetreten ist l70. Ebenfalls zu berücksichtigen sind die Auswirkungen auf die Informationslage, wenn den Beteiligten durch die drohende Inanspruchnahme bzw. die Möglichkeit, eingetretene Schäden zu liquidieren, ein Anreiz gegeben wird, selbst Informationen über Umweltbeeinträchtigungen zu beschaffen 171. Trotz der Ausrichtung des umweltpolitischen Verursacherprinzips am wirtschaftswissenschaftlich geprägten Allokationsprinzip kann nicht ausgeschlossen werden, daß auch mit einer Kostenbelastung des Verursachers nicht das allokativ optimale Maß der Umweltnutzung gefunden wird. Daraus aber die Unzulässigkeit von Maßnahmen nach dem Verursacherprinzip zu schließen, wäre eine umweltpolitischer Rückschritt. Selbst eine Inanspruchnahme über das allokativ optimale Maß hinaus wäre aus einem auch am Vorsorgeprinzip ausgerichteten umweltpolitischen Steuerungsimperativ heraus begründbar, ohne das System zivilrechtlicher Haftung zu sprengen. Trotz des bei privatrechtlicher Haftung vorherrschenden Ausgleichsprinzips 172 gibt es auch im zivilen Haftungsrecht Beispiele, in denen die Präventivfunktion in den Vordergrund gerückt wird. Zu nennen sind etwa Schmerzensgeldansprüche, bei denen nicht monetarisierbare Beeinträchtigungen an herausragenden und schützenswerten Rechtsgütern entstehen 173. Eine solche Ersatzpflicht fiir eingetretene Schäden an zuordenbaren Rechtspositionen, ohne Rücksicht auf allokative Aspekte im Sinne einer effektiven Nutzung von Umweltgütern, wäre eine, im Hinblick auf die unbedingte Vermeidung der Nutzung jedenfalls der nicht restituierbaren Umweltgüter, ZlU11indest sehr erwägenswerte Neuorientierung der bislang einseitig auf allokative Gesichtspunkte ausgerichteten umweltpolitischen Instrumentalisierung zivilrechtlicher Haftung, die dennoch dezentral über den Preismechanismus marktwirtschaftliches Instrument bleibt.

4. Der Verursacher

Die Instrumentalisierung zivilrechtlicher Haftung fiir das Verursacherprinzip setzt voraus, daß zwischen dem Adressaten dieses Prinzips und dem Haftenden Deckungsgleichheit besteht. Adressat des Verursacherprinzips kann wegen dessen Anreizwirkung auf die ökonomisch-rationale Handlungsweise nur das

170 Zur entsprechenden Kritik der Abgabenlösung vgl. bereits Coase, S. 194. 171 Vgl. dazu auch Seite 165; siehe auch Bullinger, S. 78 f. 172 Dazu bereits, Seite 149. 173 Vgl. dazu schon Deutsch, JZ 1971, 244, 246.

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E. Verursacherprinzip

wirtschaftlich planende Wirtschaftssubjekt sein. Dabei ist es grundsätzlich unerheblich, ob es sich dabei etwa um eine juristische Person handelt. Auch bei dieser handelt es sich um ein Wirtschaftssubjekt, das sich am Markt betätigt. Die ,,Handlungsweise", die durch die Inanspruchnahme nach dem umweltpolitischen Verursacherprinzip beeinflußt werden soll, ist also nicht auf menschliche Handlungen bezogen, sondern auf Markttätigkeiten. Ohne Rücksicht auf arbeitsteilige, oft komplexe Organisationsstrukturen handelt es sich deshalb bei dem Adressaten um den Vermögensträger l74 . Danach ist also nicht aufpersönliche Verantwortung von Entscheidungsträgern innerhalb dieser Organisationsstrukturen abzustellen, sondern lediglich auf die kostenmäßige Wirkungsweise zivilrechtlicher Haftung. Tendenzen in der Rechtsprechung, Entscheidungsträger persönlich in Anspruch zu nehmen I 75, sind zur Durchsetzung des Verursacherprinzips demnach nicht erforderlich, sehr wohl aber ein Haftungssystem, das den Vermögensträger in seiner wirtschaftlichen Dimension erfaßt, ohne daß durch entsprechende Organisationsstruktur l76 Vermögen der Haftung entzogen werden kann 177. Im Verhältnis Hersteller-Konsument ergibt sich nach der wirtschaftswissenschaftlichen Lesart nicht unbedingt, wer als Verursacher in Anspruch zu nehmen ist. Lediglich aus Effizienzgesichtspunkten bot es sich hier an, nicht den Konsumenten, der durch den Gebrauch eines Gutes eine Umweltbelastung abgibt, sondern den Hersteller, der durch den Produktabsatz die Umweltbelastung veranlaßt hat, als Verursacher anzusehen, da nur insoweit eine Steuerung über

174 Für das UmwHG vgl. Schmidt-Salzer, NJW 1994, 1305, 1309. 175 Vgl. für die persönliche Haftung des Geschäftsführers wegen Verletzung von Organisationspflichten etwa BGH, NJW 1990, 976; sowie die dazu erschienen kritischen Anmerkungen von Briiggemeier, EWiR 1990, 357; MertenslMertens, JZ 1990, 486; Kort, DB 1990,921 und KrebslDylla-Krebs, DB 1990, 1271. Vgl. auch die strafrechtlichen Entscheidungen (etwa BGHZ 37, 106 (Lederspray II); Vgl. auch LG Mainz, Entscheidungssammlung Produkthaftung: StrafR, Nr. IV.3.22 (Lederspray I)), die jedenfalls eine Eigenhaftung der strafrechtlich Verantwortlichen nach sich ziehen könnte. 176 Etwa die Aufspaltung in eine Besitz- und eine Betriebs-GmbH, die - steuerlich motiviert - in der Regel dazu führt, daß als haftendes Unternehmen nur die besitzlose GmbH als ,,handelndes" Unternehmen in Betracht kommt. 177 Zum Konzernhaftungsrecht im allgemeinen vgl. Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht, S.204, 1012 ff.; zur Haftung im faktischen GmbH-Konzern im besonderen der Überblick von Gummert WiB 1994,217.

ill. Zivilrechtliche Haftung fiir Umweltschäden

155

den Preismechanismus zu erwarten ist l78 . Auch was die Präventivwirkung zivilrechtlicher Haftung angeht, empfiehlt sich eher eine Inanspruchnahme des Herstellers. Zum einen, weil dieser der vorausgesetzten Idealvorstellung des ökonomisch-rational Handelnden Haftungsadressaten näherkommt als der Konsument I 79, der bei seiner Handlungsweise weitgehend von anderen als ökonomischen Präferenzen beeinflußt wird l80. Auch ergibt sich aus den Grundsätzen zur Produzentenhaftung, daß die von einem Produkt ausgehenden Gefahren demjenigen zuzurechnen sind, der das Produkt in den Verkehr gebracht hat, solange der Konsument das Produkt bestimmungsgemäß gebraucht l81 . Zum anderen dürfte gerade im Konsumbereich eine zivilrechtliche Inanspruchnahme an der Vielzahl der Schädiger scheitern I 82. 5. Grundsätzliche Unzulänglichkeiten zivi/rechtlicher Haftung bei Umweltschäden

Grundlegend fiir die Frage, ob privates Haftungsrecht einen Beitrag fiir den Umweltschutz leisten kann, ist es, inwieweit privates Haftungsrecht überhaupt Umweltschäden erfaßt. a) Rechtsgüterproblem Dabei ist klarzustellen, daß privates Haftungsrecht nur insoweit zum Tragen kommen kann, als einem privatrechtlichen Subjekt die beeinträchtigten Güter überhaupt zuzuordnen sind 183. Die Unzulänglichkeit des Privatrechts fiir die Entfaltung von Umweltschutzwirkungen wird oftmals damit begründet, daß ökologische Schäden solche sind, die nicht individuell zurechenbar sind. Da Privatrecht aber notwendig nur individuell zurechenbare Schäden erfasse, kön-

178 Vgl. bereits Seite 143. 179 Vgl. Esser/Schmidt, SchR AT, Teilband 2, S. 164. 180 Was sich etwa an dem unveränderten Fahrverhalten trotz Erhöhung der Mineralölsteuer aufzeigen ließe. 181 Vgl. auch GantenlLemke, UPR 1989, 1,9. 182 Vgl. dazu unten Seite 164. 183 Sei dies im deliktischen oder im Bereich vertraglicher Haftung, da jeweils wenigstens ein Vermögensschaden Voraussetzung fiir die Inanspruchnahme ist.

156

E. Verursacherprinzip

ne es keinen Beitrag für den Umweltschutz liefern. So hat sich der BDI in seinen Stellungnahmen zur Einfiihrung des UmwHG darauf berufen, daß wegen der fehlenden individuellen Zurechenbarkeit die Bemühungen, mittels des Schadensrechts Ersatzmöglichkeiten für Schäden am Naturhaushalt zu schaffen, zum Scheitern verurteilt seien l84 . Die Resignation von Teilen der Rechtswissenschaft hinsichtlich der Möglichkeiten des Privatrechts beruht ebenfalls zu einem guten Teil auf dieser Entindividualiserung, die mittels des Privatrechts nicht zu bewältigen sei,ja deren Rahmen sprenge l85 . Dabei wird davon ausgegangen, daß es sich beim eigentlichen ökologischen Schaden um einen von den Vermögensschäden abschichtbaren Schaden handelt. So ist etwa bei der Zerstörung eines Baumes neben der Vermögenseinbuße l86, die darin besteht, daß ein Baum zerstört ist, der ökologische Schaden daran festzumachen, welche Einbuße der Lebensraum durch die Entfernung des Baumes erfährt. Das jeweils geschädigte Objekt wird also in seiner ökologischen Dimension erfaßt l87 • Die Behandlung von ökologischen Fallgestaltungen im zivilen Haftungsrecht läuft dabei Gefahr, daß sie zwar rein phänomenologisch Beeinträchtigungen der Umwelt ausspricht, jedoch nicht klarstellt, ob daraus besondere rechtliche Konsequenzen erwachsen l88 . Per Definition werden so Umweltschäden von den zivilrechtlich erfaßten ausgegrenzt, um die Ungeeignetheit zivilrechtlicher Haftung zu konstatieren l89 . Neuere Gesetzgebungsvorhaben im Vorfeld der

184 Aus Fess-DörrlPrätorius/Steger, S. 166 (Vgl. auch die Stellungnahme des DIHT, ebenda, S. 168 ff.); Vgl. Gerlach 1989, S. 38. 185 Vgl. etwa Diederichsen, DJT Bd. II, L 48, L 70; ders., UTR 1985, 117, 118; DiederichseniScholz, WiVerw 1984,23,45. 186 Vgl. etwa OLG Hamburg, VersR 1979, 962. 187 Vgl. Gassner, UPR 1987,371. 188 Rehbinder, NuR 1988, 105. 189 Als Beispiel mag der viel beachtete Aufsatz von Medicus (,,zivilrecht und Umweltschutz", ]Z 1986, 778) dienen, in dem zunächst zwischen Belastungen "aus der Umwelt", d.h. solchen, bei denen Schäden an einem absolut geschützten Rechtsgut über Umweltmedien Boden, Wasser, Luft oder etwa über die Nahrungskette vermittelt werden und solchen "der Umwelt" unterschieden wird, bei der Behandlung von Beeinträchtigungen der Umwelt etwa das Grundeigentum aber nicht mehr beachtet wird.

m. Zivilrechtliche Haftung für Umweltschäden

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Einfiihrung des UmwHG190 gingen jeweils von der Prämisse aus, daß es sich dabei um monetär nicht bewertbare Positionen handle l91 . Deshalb wurde versucht, eine eigene Anspruchsgrundlage fiir den Ersatz ökologischer Schäden zu schaffen. Allerdings ist mit der Charakterisierung eines Schadens als Umweltschaden nicht verbunden, daß es sich bei solchen Schäden notwendig um vom traditionellen Zivilrecht nicht erfaßte Nachteile handelt. Vielmehr bedeutet die Charakterisierung als Umweltschaden zunächst lediglich, daß der Schaden an einem Gut eingetreten ist, das dem Naturhaushalt zuzurechnen ist l92 . Inwieweit hier ein Umdenken bei der Bestimmung des Umfangs des Schadenersatzanspruches erforderlich ist, soll hier nicht vertieft werden 193. Festzustellen ist aber, daß die ökologische Dimension eines Rechtsgutes vom Zivilrecht nicht ohne weiteres erfaßt wird, sondern nur der ökologische Schaden in einem weiteren Sinne l94 . Dennoch hilft eine Verhaltenssteuerung über die Haftung wegen Vermögensschäden an zuordenbaren Rechtspositionen auch die vom Zivilrecht nicht erfaßten Schäden mit zu verhindern, so daß daraus nicht folgt, daß das zivile Haftungsrecht nicht fiir umweltpolitische Belange aktiviert werden kann. (1) Grenzen der Rechtsgüterzuordnung Die deliktische Haftung fiir Umweltschäden setzt die Beeinträchtigung eines Rechtsgutes i.S.d. § 823 I BGB oder etwa den Verstoß gegen ein Schutzgesetz i.S.d. § 823 11 BGB voraus. Die Schutzgesetzverstöße werden gerade fiir den Bereich der Umweltschäden keine relevante Größe darstellen, da die bestehenden öffentlich-rechtlichen Regelungen regelmäßig lediglich dem Allgemein-

190 Vgl. die von Hessen und Nordrhein-Westfalen ausgehenden Initiativen BR-Drs. 100/87 mit dem Entwurf eines Gesetzes über die Haftung für den Betrieb umweltgefährdender Anlagen und BR 217/87 mit dem Entwurf eines ersten Gesetzes zur Verbesserung des Umwelthaftungsrechts und des Umweltstraf- und -ordnungswidrigkeitenrechts. 191 Rehbinder, NuR 1988, 105. 192 Vgl. Gassner, UPR 1987, 370; vgl. auch Alsleben, S. 5 ff. 193 Vgl. dazu etwa Rehbinder, NuR 1988, 105; Gassner, UPR 1987,370; Ladeur, NJW 1987, 1236; sowie etwa die Vorstellung von Brüggemeier, für die so definierten ökologischen Schäden ein ökologisches Schmerzensgeld zu schaffen, das die nicht monetarisierbaren Beeinträchtigungen kompensiert, KJ 1989,209,225. 194 Also der Umweltschaden an einem dem Naturhaushalt zuzurechnenden Gut.

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E. Verursacherprinzip

wohl und nicht den Individualinteressen des Geschädigten dienen, wie dies für § 823 11 BGB erforderlich ist l95 . Als beeinträchtigte Rechtsgüter im Sinne des § 823 I BGB kommen in erster Linie Leben und Gesundheit sowie das Eigentum in Betracht. Was die Rechtsgüter Leben und Gesundheit betrifft, ist zwischen den Beeinträchtigungen zu unterscheiden, die sich über die Verschlechterung der natürlichen Rahmenbedingungen vermitteln, und solchen, die direkt etwa über Konswn einer Ware oder die Konfrontation mit Nebenfolgen des Konswns entstehen. Die zweite Fallgruppe kann hier vernachlässigt werden, weil bereits die Produktsicherheitsgesetze und die deliktische Produzentenhaftung einen ausreichenden Rechtsschutz gewähren, obwohl hier Ähnlichkeiten mit den sonstigen Umweltbeeinträchtigungen bestehen, weil sich die Beeinträchtigungen über die Emission der Produkte vermitteln. Die typischen mit Umweltbeeinträchtigungen verbundenen Probleme bei der Kausalität 196 ergeben sich aber gerade bei der ersten Fallgruppe, in der sich die Schädigungen über die Qualitätsverschlechterungen der natürlichen Rahmenbedingungen vermitteln 197. Für unseren Zusammenhang besonders interessant sind allerdings die Eigentumsbeeinträchtigungen, da bei ihnen das Eigentumsrecht an einem Gut besteht, das mit anderen die natürlichen Umweltbedingungen bildet. Im Vordergrund steht hier das Grundeigentum. Dieses erstreckt sich grundsätzlich auf alle Bestandteile des Grundstücks, also auch auf Pflanzen, Wasserflächen 198 etc .. Vom Grundeigentum grundsätzlich erfaßt ist dabei gern. § 905 BGB auch der Rawn unterhalb und oberhalb des Grundstückes, also auch die Luft 199. Dennoch besteht eine allgemeine Auffassung dahingehend, daß Luft an sich nicht eigentumsfahig ist200 . Für den Erdkörper unterhalb des Grundstücks ergibt sich aus der Naßauskiesungsentscheidung des BVerfG201, daß das Grundwasser nicht dem Eigentumsrecht des darüberliegenden Grundeigentums zuzuordnen ist. In der Folge der Naßauskiesungsentscheidung wird denn auch in der Literatur

195 Auch ein Verstoß gegen Verkehrspflichten. 196 Siehe dazu unten, S 161 ff. 197 Vgl. Medicus, JZ 1986,778. 198 Über die EigentümersteIlung des Bundes hinsichtlich der Wasserstraßen, vgl. Ladeur, NJW 1987, 1236, 1237. 199 Vg. dazu Rehbinder, NuR 1988, 105, 107; BTÜggemeier KJ 1989,209,224. 200 Vgl. etwa Ladeur, NJW 1987, 1236, 1238. 201 BVerfG, NJW 1982, 745.

III. Zivilrechtliche Haftung für Umweltschäden

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davon ausgegangen, daß das Grundwasser sich dem zivilrechtlichen Eigentum entzieht202 . Daraus folgt, daß auch das Eigentum am Boden als Naturgut sich lediglich auf diesen erstreckt und nicht auf das unmittelbare Umfeld des Bodens. Beeinträchtigungen dieses Umfelds sind nur dann von Bedeutung, wenn sie zu einer spürbaren Beeinträchtigung der Verwertbarkeit des Bodens fUhren. Die bloße ästhetische Beeinträchtigung kann etwa einen Anspruch nur begründen, wenn der Eigentümer ein nachvollziehbares Interesse an der Wiederherstellung der ästhetischen Integrität hat und damit eine Vermögenseinbuße verbunden ist203 . Die ökologische Dimension des Grundeigentums wird damit nur ausschnittartig erfaßt. (2) Neuorientierung der Rechtsgüterzuordnung ? Wegen der inhaltlichen Einschränkung des zivilrechtlichen Eigentums sind verschiedentlich Stimmen laut geworden, die zur Effektuierung des individualrechtlich gesicherten Umweltschutzes eine Neuorientierung bei den Rechtsgütern fordern. Die bereits bestehende zivilrechtliche Haftung von Umweltschädigern soll etwa durch die Zuordnung von klassischen Naturrechten über das allgemeine Persönlichkeitsrecht verstärkt werden204 . Dadurch soll erreicht werden, daß der individuelle Rechtsschutz die Ineffizienz kollektiver Steuerung auch in den Bereichen ausgleicht205 , die bislang wegen der fehlenden Möglichkeit der Zuordnung dem individuellen Rechtsschutz nicht zugänglich waren. Ebenfalls auf eine teilweise Neuorientierung der Rechtsgüterzuordnung zielen die auf Coase zurückgehenden Ansätze der Neuzuweisung von Umweltgü-

202 Vgl. etwa OLG Frankfurt, NJW-RR 1986, 819, 820; PalandtlBassenge, § 905 BGB, RdNr. 2; MünchKomm-Säcker, § 905 BGB, RdNr. 43; Dürig/HerzogScholz, Art. 14 GG, RdNr. 396,436; v. Münch, Art. 14 GG, RdNr. 15; kritisch Hildesheim, JuS 1985,96; Staudinger-Roth, § 905 BGB, RdNr. 6. 203 Streitig, vgl. speziell fiir Umweltschäden Olzen, JuS 1991,281,285. 204 Vgl. etwa Denninger, KJ 1989, 147; Frank, KJ 1989,36; Lendi, UPR 1994,41; andere Ansätze plädieren dafür, die Natur als solche als Rechtssubjekt anzuerkennen, vgl. Bosselmann KJ 1986, 1, 8 t1; Vgl. auch Hübner, ZfBR 1988, 199; Gassner, UPR 1987,370. 205 Vgl. etwa Frank, KJ 1989, 36, 53.

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E. Verursacherprinzip

tem206 . Hier wird eher auf die marktmäßigen Auswirkungen verwiesen, aber auch etwa auf Vorteile der individuellen Zuordnung zur Erfassung von Umwel tbeeinträchtigungen. Eine entsprechende Konstituierung von Individualrechtsgütern hinsichtlich bisher nicht zuordnenbarer Positionen würde aber deren Kollektivcharakter verkennen. Es besteht dabei jeweils die Gefahr, daß individuelle Präferenzen diesen Kollektivcharakter überdecken. Die Repräsentationsfunktion207 knüpft aber an die de lege lata gegebene Beeinträchtigung einer zugewiesenen Rechtsposition an und stellt so lediglich auf die allgemeine Normfunktion der Rechtsgüterzuweisung ab. Bei einer Ausweitung auf individuell nicht zurechenbare Positionen ist aber die Funktionsfähigkeit im systematischen Zusammenhang zu berücksichtigen. Denkbar wären hier allenfalls Verbandsklagemodelle im Stile des § 13 AGB02 08 . In größeren Zusammenhängen ist ohnehin zu beachten, daß hier der Staat als Sachwalter auftritt, um flächenübergreifend Umweltkonzepte durchzusetzen209. Über die schon jetzt gegebenen Möglichkeiten, öffentlichrechtlich individuellen Rechtsschutz zu gewähren, hinaus würde eine weitergehende Rechtsgüterzuweisung dem Einzelnen Gestaltungsmacht fiir solche Konzepte zuweisen. Das mag vordergründig gerade in wirtschaftlich schlechten Zeiten wünschenswert erscheinen, zumal dann der Staat diese Sachwalterfunktion nur unvollkommen wahrnimmt. Dennoch besteht fiir eine entsprechende Modifizierung noch weitergehender Diskussionsbedarf, um den angesprochenen Gefahren wirksam begegnen zu können. Gleichwohl besteht zwischen Schäden am Naturhaushalt und solchen an individuell zurechenbaren Rechtsgütern eine teilweise Koinzidenz, soweit neben der Zurechenbarkeit auch der zurechenbare Schaden monetarisiert werden kann. Um hier eine sich auf den ökologischen Schaden erstreckende Monetarisierung zu erreichen, wurde in der Literatur etwa vorgeschlagen, den auch sonst zum

206 Etwa Zertifaktsmodelle u.a., vgl. etwa Schmidtchen, WISU 1980, 335, 342; Volkswirtschaftliches Gutachten zum Umweltprogramm BT-Drucksache VI/2710 (1971), S. 597, 602. 207 Siehe Seite 148. 208 Vgl. Olzen, Jura 1991,281; im Gegensatz dazu ist aber in Niedersachsen vorgesehen, ein entsprechendes Klagerecht der Umweltverbände abzuschaffen, vgl. den Bericht in der HAZ vom 5.3.1994 (Aus NJW Heft 12, 1994, S. XXXIII). 209 Vgl. Rehbinder, NuR 1988, 105, 108.

III. Zivilrechtliche Haftung für Umweltschäden

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Ersatz des immateriellen Schadens führenden Frustrierungsgedanken nutzbar zu machen210. b) Kausalitätsprobleme (1) Probleme der Identifizierung des Schädigers wegen Latenz von Umweltbeeinträchtigungen und Distanzschäden Umweltbeeinträchtigungen sind nicht unbedingt ein neues Problem. In einer technisch-industriellen Gesellschaft wächst mit deren technischen und wissenschaftlichen Fertigkeiten auch die Möglichkeit, daß das Gefahrenpotential bisher als unbedenklich eingestufter Tätigkeiten und Emissionen nunmehr erkannt werden kann, und damit die Sensibilität gegenüber den Folgen industrieller Produktionsweisen. Dabei treten diese Belastungen oftmals nicht mit Abgabe der Emission ein, sondern der eingetretene Schaden entsteht erst nach teilweise erheblicher Zeitverzögerung211 . Prominentes Beispiel ist hier etwa die Gefährlichkeit von ,,Agent Orange" fiir die US-amerikanischen Soldaten, die während ihres Einsatzes im Vietnamkrieg mit dieser chemischen Waffe in Berührung gekommen waren212 , bei denen Gesundheitsbeeinträchtigungen aber erst teilweise 20 Jahre nach dem Kontakt auftraten. Auch werden Gesundheitsbeeinträchtigungen aufgrund verfeinerter Möglichkeiten wissenschaftlicher Analyse 213 oftmals erst im nachhinein mit Umweltbeeinträchtigungen in Verbindung

210 Vgl. Rehbinder, NuR 1988, 105, 110, der auch auf die Rechtslage in den USA verweist, nach der der Staat bei nicht zuordenbaren Rechtsgütern Schadenersatzansprüche als Treuhänder der Allgemeinheit geltend machen kann (Rehbinder, NuR 1988, 105, 111) und auf dort bestehende gesetzliche Möglichkeiten der Schadensumfangbewertung (CERCLA, vgl. Rehbinder, NuR 1988, 105, 112; vgl. auch Ladeur, NJW 1987, 1236, 1238 ff.) Bezug nimmt. Vgl. auch die Hinweise von Rehbinder auf die Rechtsprechung in der Schweiz sowie die gesetzlichen Möglichkeiten in Italien (Rehbinder, NuR 1988, 105, 113) und die internationalen Regelungen (Rehbinder, NuR 1988, 105, 114); für eine Monetarisierung über ein Schmerzensgeld bei Umweltbeeinträchtigungen spricht sich etwa Brüggemeier, KJ 1989,209,225, aus. Vgl. auch Ganten/Lemke, UPR 1989,1. 211 Vgl. Adams, ZZP 1986, 132. 212 Die Schäden bei den Bewohnern wurden erst thematisiert, nachdem Schäden bei den die Substanz aussetzenden Soldaten eingetreten waren. 213 Aber auch, weil sich eine entsprechend fachkundige wissenschaftliche Opposition erst infolge der gesellschaftlichen Sensibilisierung bilden konnte, vgl. etwa Wolf in Beck 1991,378,408. 11 Meyer

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E. Verursacherprinzip

gebracht214 . Die langen Zeitverzögerungen führen dazu, daß mit der Identifizierung der Schädiger erst nach mehreren Jahrzehnten überhaupt angefangen werden kann. Für den Bereich der kurzen Verjährungsfristen und damit in erster Linie fiir die vertraglichen215 ergibt sich dann aber, daß etwa bestehende Ansprüche nicht durchgesetzt werden können. Da Umweltbelastungen oftmals über große Strecken wirksam werden, insbesondere wenn emittierende Anlagen darauf ausgerichtet sind, die abgegebenen Emissionen über eine große Fläche zu verteilen216 , ergeben sich zusätzliche Erschwerungen bei der Identifizierung des Schädigers. Bei sich summierenden Emissionen verkleinert sich so evtl. der Anteil der lokalen Umweltbelastung, während sich die Fläche, die durch die Emission beeinträchtigt wird, vergrößert. (2) Die bloß statistische Risikoerhöhung Gerade im Umweltbereich läßt sich die Frage, ob eine Umweltbeeinträchtigung einen bestimmten Schaden hervorgebracht hat, nur insoweit klären, als in epidemologischen Untersuchungen nachgewiesen werden kann, daß sich die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts gegenüber einer Vergleichsregion, in der eine derartige Umweltbelastung nicht vorliegt, erhöht hat217 . Da es grundsätzlich dem Geschädigten obliegt nachzuweisen, daß eine Handlung218 den eingetretenen Schaden verursacht hat, wird die Inanspruchnahme des Schädigers daran scheitern, daß nicht nachzuweisen ist, ob das Verhalten des evtl. Schädigers oder sonstige Faktoren zum Schadenseintritt geführt haben. Insbesondere in Anlehnung an die amerikanische Rechtswissenschaft219 wird auch im deutschen Rechtskreis diskutiert, ob in solchen Fällen eine Haftung nach

214 Vgl. etwa die Asbestproblematik. 215 Für die deliktsspezifische Verjährungsproblematik vgl. Seiten 305 ff. 216 ,,Politik der hohen Schornsteine". 217 Medicus führt hier das Beispiel einer Erhöhung der Krebsrate um 1% an, vgl. JZ 1986, 778, 781. 218 Bzw. die Verletzung einer Verkehrs- oder Vertragspflicht. 219 Vgl. dazu Bodewig, AcP 185 (1985), 505.

III. Zivilrechtliche Hafhmg für Umweltschäden

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dem Risikoerhöhungspotential möglich ist220 . Nach geltendem Recht ist eine Inanspruchnahme jedoch nicht möglich221 . (3) Anteilsverursachung Ein der statistischen Wahrscheinlichkeitserhöhung ähnliches Problem ergibt sich, wenn zwar geklärt ist, daß der Schaden durch eine Emission verursacht wurde, allerdings ungeklärt bleibt, welcher von mehreren Emittenten den Schaden herbeigeführt hat. Gern. § 830 I BGB gilt dann, wenn jede der Handlungen geeignet war, den entsprechenden Schaden zu verursachen, daß der Geschädigte jeden der Handelnden als Gesamtschuldner in Anspruch nehmen kann. Entsprechende Ansätze in der Rechtsprechung222 , hier eine Schätzung des Kausalitätsanteils vorzunehmen, sind singulär geblieben223 und wegen des Widerspruches zu § 830 I BGB dogmatisch kaum haltbar224 , da dieser keine solche Anteilshaftung vorsieht, sondern voraussetzt, daß soweit jede Handlung der Beteiligten

220 Vgl. dazu Medicus, JZ 1986, 778, 781. Die japanische RechtsprechWlg hat hier wesentlich radikaler mittels richterrechtlicher Einführung einer UmweltgefährdWlgshaftWlg Wld umfassenden Beweiserleichterungen eine VollhaftWlg von Unternehmen eingeführt Wld im Zusanunenspiel mit öffentlich-rechtlichen Abgabenmodellen beachtenswerte Erfolge für die Reduzierung von Schadstoffemissionen erzielt (vgl. dazu Kirchgässner, ZfU 1992,33 ff.). 221 Auch im UmwHG ansonsten vorgesehene Beweiserleichterungen werden in solchen Fällen nicht gewährt. Vgl. § 7 I UmwHG: "Sind mehrere Anlagen geeignet, den Schaden zu verursachen, so gilt die VermutWlg nicht, wenn ein anderer Umstand nach den Gegebenheiten des Einzelfalls geeignet ist, den Schaden zu verursachen." 222 BGHZ 67,14,19. 223 Das OLG Celle hat dagegen in einem Fall, in dem ein Baumschulenbetreiber gegen einen Landwirt, der UnkrautvernichtWlgsmittel gesprüht hatte, angenommen, es spreche der Beweis des ersten Anscheins für eine Kausalität zwischen SprühWlg Wld Schaden, VersR 1981, 66; kritisch Diederichsen/Scholz, WiVerw 1984,23,29. 224 V gl. Diederichsen, VerhandlWlgen des sechsWldfünfzigsten Deutschen Juristentages, Band H, L 85; Kritisch auch Walter, NJW 1978, 1159.

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E. Verursacherprinzip

geeignet war, den eingetretenen Schaden zu verursachen22S , eine Haftung fiir den ganzen Schaden eintritt226 . (4) Summationsschäden Eine fiir Umweltschäden typische Konstellation ergibt sich, wenn zwar geklärt ist, daß mehrere Emittenten eine Umweltbeeinträchtigung herbeigeführt haben, aber der jeweilige Anteil nicht dazu ausgereicht hätte, die Belastung zu einem Schaden werden zu lassen. Da der Emittent mit seiner Handlung den Schaden nicht herbeifUhren konnte, ist sein Verhalten auch nicht kausal fiir den eingetretenen Schaden.. Eine entsprechende Haftung ist lediglich in § 22 I Satz 2 WHG vorgesehen, wurde in das UmwHG trotz entsprechenden Protestes der parlamentarischen Opposition227 und des Bundesrates228 aber nicht aufgenommen. Ein fiir Umweltschäden ebenso typische und ganz ähnliche Konstellation stellt sich, wenn die abgegebene Emission fiir sich nicht schädlich ist, aber im Zusammenwirken mit anderen Verunreinigungen eine schädliche Wirkung entsteht, etwa indem ein chemischer Prozeß einsetzt.

(5) Beweislastfragen und andere Lösungsversuche Die Frage der Effektivität zivilrechtlicher Haftung im Umweltbereich hängt maßgeblich auch davon ab, wer die maßgeblichen Informationen zu beschaffen hat229 . Nach allgemeinen Grundsätzen müßte derjenige, der aus bestimmten Tatsachen einen Vorteil ziehen will, das Vorliegen dieser Tatsachen beweisen. Gerade bei Umweltschäden fUhren aber die aufgezeigten Kausalitätsfragen dazu, daß der Geschädigte dann seinen Schaden nicht liquidieren könnte.

225 Vgl. Medicus, JZ 1986, 778, 782. 226 Auch ein Ausgleichsanspruch nach § 426 BGB dürfte am Alles-oder-NichtsPrinzip des deutschen Haftungsrechts scheitern, da der als Gesamtschuldner in Anspruch genonunene nachweisen müßte, welchen Anteil der andere Emittent am eingetretenen Schaden hatte.

227 Vgl. BT-Drucksache 1117881, S. 36. 228 Vgl. BT-Drucksache 1117104, S. 29. 229 Vgl. nur Marburger, Gutachten zum 46. DIT, Band I, C 123.

III. Zivilrechtliche Haftung für Umweltschäden

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Seit dem Kupolofen-Urteil 230 gilt fiir Umweltschäden eine Beweislastumkehr fiir die Unschädlichkeit von Emissionen, wenn der Emittent Emissionsgrenzwerte nicht einhält231 . Eine entsprechende Umkehr der Beweislast wird vom BGH auch angenommen, wenn gegen umweltsensible gesetzliche Verpflichtungen verstoßen wurde. Bestand z.B. eine gesetzliche Pflicht eines Vermieters zur Untersuchung von Trinkwasser, hat der Verpflichtete, wenn es zu einem Schaden kommt, der von nitratbelastetem Wasser ausgehen könnte, nachzuweisen, daß der Schaden nicht auf erhöhten Nitratwerten beruht232 . Auch hinsichtlich der Einhaltung der Grenzwerte trifft den Emittenten die Beweislast233 . Insoweit bestehen Ansätze in der Literatur234 , die Beweislastregeln fiir eine effektive Informationspolitik zu instrumentalisieren235 . Bei Umweltschäden wäre oftmals der Emittent selbst die bestmögliche Informationsquelle, wenn entsprechende Anreize fiir die Informationsbeschaffung gesetzt würden. Eine starre Beweislastverteilung, die daraufhinausläuft, daß der Emittent nachzuweisen hat, daß er keinen Anteil an der Schadensentstehung trägt, wäre dabei unteroptimal. Gäbe es die Möglichkeit der Anteilshaftung wie etwa in den USA236, hätte der Emittent den Anreiz, das Ausmaß seines Schadensanteils zu erforschen, da er nicht automatisch fiir den Gesamtschaden herangezogen werden kann237 . Eine derartige Ausgestaltung zivilrechtlicher Haftung würde das

230 BGHZ 92,143. 231 BGHZ 92,143,147. 232 BGH, VersR 1983,441. Es handelt sich hier aber nicht um eine Haftung nach dem Verursacherprinzip, da dem Vennieter nicht vorgeworfen wurde, die Nitratbelastung selbst herbeigeführt zu haben, so daß es sich zwar um eine umweltbezogene HaftWlg handelt, diese aber den mit dem Verursacher nicht identischen ÜberwachWlgspflichtigen traf. 233 BGHZ 92,143,147. 234 Panther in Schäfer/Ott, 1990, S. 267; vgl. allgemein für Auswirkungen auf die Informationslage, etwa Frank, KJ 1989,36,53. 235 Kirchgässner hält die Instrumentalisierwtg zivilrechtlicher Haftung für den Umweltschutz nur für eine ÜbergangslösWlg, bis die bestehende Informationsasymmetrie nicht mehr besteht, vgl. ZfU 1992, 15,38. 236 Vgl. Panther Schäfer/Ott, 1990, S. 272 f. 237 Panther in Schäfer/Ott, 1990, S. 286.

E. Verursacherprinzip

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eine Effektuierung öffentlich-rechtlicher Maßnahmen hemmende2 38 staatliche Infonnationsdefizit also besser auszugleichen helfen239 . Die bisher fehlende Möglichkeit, nach deutschem Recht eine anteilsmäßige Haftung bei mehreren Emittenten herbeizuführen, erweist sich damit als Hemmnis für die Instrumentalisierung zivilrechtlicher Haftung für umweltpolitische Zielsetzungen240 . Neben Fondslösungen241 , die als öffentlich-rechtliche Modelle hier nur erwähnt sein sollen, ergibt sich im Rahmen des geltenden Haftungssystems allenfalls die Möglichkeit über die Statuierung entsprechender Verkehrspflichten. Dabei zeigt sich, daß die grundsätzlich relative Ausrichtung des deutschen Haftungsrechts auf das Verhältnis zwischen Gläubiger und Schuldner der Leistungsfähigkeit zivilen Hafiungsrechts für umweltpolitische Zielsetzungen eine strukturelle Grenze setzt242 . Es verbleibt der Bereich der Umweltschädigungen, der sich nicht durch übennäßige Komplexität auszeichnet243 . In diesem Bereich ist zivilrechtliche Haftung durchaus geeignet, einen gewichtigen Beitrag für ökologische Problemlösungen zu leisten244 .

c) Verhältnis zum öffentlichen Recht (Rechtswidrigkeit)245 Zu Anfang der industriellen Revolution drohte das private Nachbarrecht zu einer Hemmnis der technischen Entwicklung zu werden. Die Rechtsprechung war seinerzeit bereit, den Nachbarn von industriellen Anlagen uneingeschränkt

238 Vgl. bereits Seite 153. 239 Vgl. auch Kirchgässner, ZfU 1992, 15, 19 f., 27 f. 240 So auch Medicus, JZ 1986, 778, 782; GantenlLemke (upR 1989, 1,9) spekulieren, daß es sich hier um den einzigen Bereich handelt, in dem erhebliche Haftungsdefizite bestehen. 241 Vgl. dazu GantenlLemke, UPR 1989, 1, 11; Ladeur, Vers 1993, 257; Schmidt, KritV 1991,344. 242 Vgl. Diederichsen, 46. DIT Band H, L 88 f.; Bodewig, AcP 185 (1985), 505. 243 So resümierend Medicus, JZ 1986,778,785. 244 Kloepfer 1989, S. 84, RdNr. 28; S. 227, RdNr. 293. 245 Vgl. dazu eingehend Gerlach, Privatrecht und Umweltschutz im System des Umweltrechts, Berlin, 1989, sowie ders. JZ 1988, 161.

III. Zivilrechtliche Haftung für Umweltschäden

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die actio negatoria zuzugestehen246 . Alsbald wurde unter dem Eindruck der Ausbreitung industrieller Produktionsstätten der Abwehranspruch zur Duldungspflicht mit Entschädigungsausgleich fiir Grundeigentümer modifiziert. Durch die Einführung des § 26 GewO im Jahre 1869 wurde diese zuvor ohne gesetzliche Grundlage entwickelte Rechtsprechung übernommen247 . Danach war es dem Grundstückseigentümer nicht mehr möglich, gegen die Beeinträchtigung durch Emissionen vorzugehen, soweit die Störung von genehmigten Betrieben ausging. Die Entwicklung der technisch-industriellen Entwicklung sollte so unterstützt, ja "entfesselt" werden248 . Die Verweisung auf einen Ausgleichsanspruch fiihrte zu einem bis in die heutige Zeit reichenden Funktionsverlust des privaten Rechts im vorsorgenden Umweltschutz249. Gleichzeitig wurde die Beeinträchtigung durch industrielle Produktionsstätten dem Ordnungsrecht zugeordnet. Mittels der auflagenbewehrten Genehmigung wurde diese Beeinträchtigung Teil des polizeirechtlichen Gefahrenschutzes. Die Beeinträchtigungen durch den genehmigten Normalbetrieb von Anlagen galten als notwendige Folge technischer Entwicklung, waren als Zufall vom Geschädigten oder von der Allgemeinheit zu tragen, wenn die Schäden an nicht zurechenbaren Gütern eintraten 250. Dieses Primat des öffentlichen Rechts fiir das Umweltrecht hat lange maßgeblich die Diskussion bestimmt. Im Zusammenhang mit dem zivilrechtlichen Nachbarrecht und der Rolle des öffentlichen Rechts bei der Dynamisierung der technischen Entwicklung ergab sich ein Spannungsverhältnis zwischen dem öffentlichen Planungsrecht und dem zivilen Nachbarrecht, das bis heute die Rechtswissenschaft beschäftigt. Zunächst ging es darum, ob die Duldungspflichten im Sinne des § 906 11 Satz 2 BGB durch öffentlich-rechtliche Planungsvorgaben beeinflußt werden. Im Bereich der genehmigungspflichtigen Tätigkeiten251 wurde mit

246 Gerlach 1989, S. 25; ders. JZ 1988, 161, 166. 247 Ebenda. 248 Vgl. dazu die Begründung des Gesetzesantrages auf Einfügung des § 26 GewO, Verhandlungen des Reichstages des Norddeutschen Bundes, Steno Ber. 1869 Bd. 1, S. 273f., 280 ff. (aus Gerlach 1989, S. 25). 249 Gerlach 1989, S. 26. 250 Vgl. zur entsprechend begründeten Kritik an der Kostenbelastung des Verursachers bereits S. 145. 251 Und soweit der Genehmigungspflichtige im Rahmen der Genehmigung handelt, vgl. Kloepfer, 1989, S. 232.

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E. Verursacherprinzip

Einführung des § 26 GewO und dessen Fortführung in § 14 BImmSchG das Primat des öffentlichen Rechts von jeher festgeschrieben. Danach ist im Bereich der genehmigungspflichtigen Anlagen, der Anspruchsinhalt von vornherein auf die ex ante wirkenden Schadenersatzansprüche beschränkt. Die unmittelbar präventiv wirkenden Abwehransprüche252 des § 906 I BGB kann der Grundstückseigentümer253 wegen dieser Sperrwirkung des öffentlichen Rechts nicht geltend machen. Eine entsprechende Wirkung anderer öffentlich-rechtlicher Entscheidungen254 wird seit geraumer Zeit dagegen abgelehnt255 . Auch bei Einhaltung öffentlich-rechtlicher Genehmigungen wird die Rechtmäßigkeit nunmehf2 56 nicht mehr von der Rechtsprechung zwingend postuliert257 . Die Einhaltung von Genehmigungen und Grenzwerten für den Schadstoffausstoß liefert dem potentiellen Schädiger nur Anhaltspunkte dafür, daß sein Verhalten keine schädlichen Folgen haben werde. Liegen die konkreten Verhältnisse anders, so daß der Schädiger die schadensstiftende Wirkung nicht ausschließen kann, treffen ihn über die öffentlich-rechtlichen Standards hinausgehende Gefahrabwendungspflichten258 . Allerdings setzen die vom BGH gewährten Beweiserleichterungen erst ein, wenn der Schädiger nicht nachweisen kann, daß er die öffentlich rechtlichen Standards eingehalten hat259 .

252 Vgl. bereits Seite 148. 253 Und wegen der analogen AnwendWlg seit der KupolofenentscheidWlg auch für bewegliche Sachen maßgebliche § 906 BGB. 254 Zur HarmonisierWlg des Verhältnisses zwischen öffentlichem Wld zivilen Recht wird dies allerdings oftmals gefordert. vgl. etwa Papier, UPR 1985, 73, 77. 255 Vgl. etwa BGHZ 67, 252; BGH, UPR 1984,93. 256 Anders noch die RechtsprechWlg des RG, vgl. RGZ 161, 203 (HaftWlg eines Bergwerkunternehmens wegen Senkungsschäden) Wld die frühe RechtsprechWlg des BGH, vgl. BGHZ 62, 265, 270. 257 Vgl. dazu BGHZ 92,143 - Kupolofen-Fall. 258 BGHZ 92,143,151 f. 259 Vgl. bereits Seite 165.

III. Zivilrechtliche Haftung für Umweltschäden

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d) Verschulden Wld VerkehrssicherWlgspflichten Insbesondere bei einem Verhalten, das sich erst im nachhinein als umweltschädigend erweist, wird man davon ausgehen müssen, daß die Inanspruchnahme des Handelnden an fehlendem Verschulden scheitert. Allerdings wird man nicht darauf abstellen können, daß bei genehmigoogsbediirftigen Tätigkeiten der Handelnde darauf vertrauen kann, sein Verhalten werde keine schädlichen Folgen haben260. Vielmehr verstößt der Handelnde gegen seine Verkehrspflichten wenn er erkennen kann, daß seine HandlWlg einen Schaden entstehen läßt. Das hat aber nur dann Folgen, wenn der Schädiger ein über das der GenehmigoogsentscheidWlg zugrWldeliegende hinausgehendes Wissen hat261 . Ist dieses Wissen vorhanden oder verschließt sich der potentielle Verursacher einer Wissensmöglichkeit, handelt er fahrlässig. In AnIehnWlg an die RechtsprechWlgsgrWldsätze zur ProduzentenhaftWlg könnten hier entsprechende Pflichten des Emittenten begründet werden. Dann hätte derjenige, der Stoffe an die Umwelt abgibt, zunächst Wlabhängig von der ErteilWlg einer entsprechenden Genehmigoog zu prüfen, ob die Abgabe schädliche WirkWlgen befürchten läßt262 . Auch wäre zu fordern, daß er den Betrieb so organisiert, daß ihm schädliche WirkWlgen seiner Emissionen nicht entgehen. Auch eine BeobachtWlgspflicht hinsichtlich der Schädlichkeit der Emissionen könnte schließlich eine HaftWlg des Emittenten begründen263 , wenn er es Wlterläßt, mögliche Gegenmaßnahmen zu ergreifen264 .

260 So aber Marburger, Die Regeln der Technik im Recht, 1979, S. 438 Fußnote 50.; Diederichsen, 56. DIT, L 65 ff. 261 Daß der potentielle Schädiger keinen Anreiz hat, sich entsprechendes Wissen zu verschaffen, sondem im Gegenteil dazu veraniaßt wird, sich solchen Erkenntnismöglichkeiten zu verschließen, wird denn auch teilweise in der Literatur kritisiert, vgl. bereits Seite 165. 262 Anerkannt ist eine entsprechende Pflicht des Emittenten bislang lediglich bei der Abfallentsorgung. Beauftragt derjenige, bei dem die Abfälle anfallen, andere mit der Entsorgung, stellt es, nach nunmehr entwickelter Rechtsprechung des BGH, einen Sorgfaltsverstoß dar, wenn er sich nicht genügend darüber informiert, ob der andere berechtigt und in der Lage ist, die Entsorgung durchzufiihren, vgl. zuletzt BGH, NJW 1994, 1745 und bereits BB 1975, 1503. Umweltspezifische Verkehrspflichten werden aber auch sonst in neuer Zeit einzelfallbezogen entwickelt. Vgl. für die besonderen Pflichten des ÖI- und Benzinanlieferers, BGH, NJW 1995, 1150.

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E. Verursacherprinzip

Sowohl hinsichtlich der Kausalitäts- wie hinsichtlich der Verschuldens- und Rechtfertigungsfragen hat sich durch die Einführung des UmwHG die Diskussion aber insoweit entschärft, weil diejenigen, die bisher aufgrund des behördlichen Genehmigungsverfahrens hinsichtlich ihres Verschuldens entlastet waren, nunmehr der Gefährdungshaftung des § 1 UmwHG unterliegen265 , obschon auch insoweit eine Privilegierung des Normalbetriebes aufgenommen wurde. Diese läßt aber lediglich die ansonsten vorliegende Kausalitätsvermutung (§ 6 I UmwHG) gern. § 6 11 UmwHG entfallen.

IV. Vorläufiges Zwischenergebnis Ursprünglich war nach römischen Modell die kurze Verjährungsfrist für Gewährleistungsansprüche Ausgleich für deren Verschuldensunabhängigkeit266 . Daneben bestanden die der regelmäßigen Verjährungsfrist unterliegenden verschuldensabhängigen Ansprüche267 . Die analoge Anwendung kurzer Verjährungsfristen begann mit der Anwendung der für die gewerblichen Erfiillungsansprüche geltenden Verjährungsfristen auf Ansprüche, die an deren Stelle treten268 . Auch bei der Anwendung der kurzen Verjährungsfristen für Gewähr-

263 Vgl. BGH, VersR 1983, 441, allerdings zur Haftung desjenigen, der für die ÜbeIWachung gesetzlich zuständig ist. 264 Vgl. auch Brüggemeier, KJ 1989,208,214 ff. 265 Darunter fallen aber nicht ausnahmslos alle genehmigungsbedürftigen umweltsensibien Tätigkeiten. Beispielsweise fällt der ebenfalls genehmigungsbedürftige Gefahrguttransport (§ 12 AbfG) nicht unter den Anlagenbegriff des Anhang I des UmwHG. Da insoweit aber ohnehin jedenfalls die Haftung nach § 7 I StVG greift, verbleibt eine Deckungslücke nur für unabwendbare Ereignisse. Die Inanspruchnahme der Pflichtversicherung führt auch insofern nicht zu überdimensionierten Haftungsverzerrungen, wenn von den Gefahrgutunternehmen spezielle Tarife verlangt werden, was nach Auskunft von Unternehmern der Fall ist. Zur europäischen Entwicklung, bei der nach Einschätzung von Schmidt-Salzer die Einschränkung auf den enumerativen Anlagenbegriff fallen wird, vgl. ders. NJW 1994, 1305, 1309. 266 Vgl. Seite 30. 267 Vgl. etwa RGZ 4,192 ff. 268 Zur entsprechenden Rechtsprechung des preußischen Obertribunals vgl. bereits Seite 50.

IV. Vorläufiges Zwischenergebnis

171

leistungsansprüche auf verschuldensabhängige Ansprüche, die mit der Mangelhaftigkeit des Kaufgegenstandes in Zusammenhang stehen, wurden jeweils ökonomische Erwägungen herangezogen269 , um den Warenverkehr zu dynamisieren. Diese Entwicklung hat die ädilizischen Rechtsbehelfe und das System kurzfristiger Gewährleistung radikalisiert. Die Erstreckung der kurzen Verjährungsfrist auch auf die verschuldensabhängigen Ansprüche des Käufers ist eine Erscheinung, die erst nach Inkrafttreten des BGB eingesetzt hat und mit dem Entstehen eines massenweisen Warenabsatzes zusammentrifft. In einer solchen Absatzstruktur wurde verhindert, daß die Entwicklung einer solchen Vertriebsstruktur durch die Notwendigkeit, entsprechende Haftungsrücklagen zu bilden, behindert wurde. Auch fiir den werkvertraglichen Bereich, in dem der Vertragspartner unmittelbarer als beim Kaufvertrag in die arbeitsteilige Produktion des Werkes einbezogen ist, war die Ausweitung des Anwendungsbereiches der werkvertraglichen Regelungen notwendig. Hier war wegen des immateriellen Charakters speziell der planenden Tätigkeiten die erweiternde Anwendung der werkvertraglichen Verjährungsfristen auch auf Mangelfolgeschäden notwendig, um etwa den beteiligten Architekten, dessen Werkmangel sich in dem herzustellenden Werk "fortsetzt", nicht hinsichtlich der Verjährungsfristen zu diskriminieren270. Allerdings war auch eine Differenzierung gegenüber dem Kaufvertrag notwendig, da gerade bei den Architektenverträgen der eingetretene Schaden lediglich in einem kausalen Zusammenhang mit dem späteren Mangel an anderen Rechtsgütern stand. Die Unterscheidung nach engen und weiten Mangelfolgeschäden versucht, diesen strukturellen Unterscheidungen zum Kaufrecht Rechnung zu tragen271 . Die Einbeziehung anderer als der in § 558 BGB ausdrücklich genannten Ansprüche trug der um die lahrhundertwende und wohl auch heute noch vorherrschenden Konstellation Rechnung, daß regelmäßig der Eigentümer einer Sache diese mittels Vermietung oder Verpachtung wirtschaftlich nutzt. Der scheinbare Systembruch, der darin gesehen werden könnte, daß von der kurzen Verjäh-

269 Vgl. für die Anwendung der Verjährung gern. § 477 BGB auf rnangelbezogene Pflichtverletzungen, Seite 68, sowie für die Einschränkung des Anwendungsbereichs der c.i.c., Seite 71. 270 Vgl. bereits Seite 90. 271 Zur Notwendigkeit, entsprechende Fallgruppen auch bei anderen Vertragstypen zu berücksichtigen, vgl. unten Seiten 235 fI., 266 fI.

172

E. Verursacherprinzip

rungsfrist des § 558 BGB gerade nicht die Gewährleistungsansprüche erfaßt werden272 , wird durch die Besonderheit des Mietvertrages als eines Dauerschuldverhältnisses gerechtfertigt273. Wie auch bei den anderen im BGB geregelten Vertragstypen verfolgte hier die kurze Verjährung den Zweck, einmal abgeschlossene Verträge nicht mehr bei der weiteren wirtschaftlichen Aktivität berücksichtigen zu müssen. Bei allen Vertragstypen standen in der Vergangenheit jeweils wirtschaftliche Überlegungen im Vordergrund, wenn es darum ging, die kurzen vertraglichen Verjährungsfristen auf andere als die ausdrücklich genannten Ansprüche zu erstrecken. Die Rechtsprechung unterstützte dadurch, wenn auch nicht bewußt, die Dynamisierung des Warenverkehrs274 . Als es daran ging, die dadurch beschrittenen Wege im Hinblick auf schutzwürdige Belange des Vertragspartners zu überprüfen, wurde jeweils für die verschiedenen Vertragstypen der Versuch unternommen, zu angemessenen Ergebnissen zu kommen. Jedenfalls bei Kauf- und Werkvertrag wurde dabei zwischen Äquivalenz- und Integritätsinteresse des geschädigten Vertragspartners im Zusammenhang mit einer geschuldeten (Sach-)Leistung unterschie-

272 Sieht man von dem als Ersatzanspruch für Verwendungen auf die Sache zu qualifizierenden Anspruch des Mieters aus § § 538 II BGB ab. 273 Insoweit scheint es gerechtfertigt, daß man bei Dauerschuldverhältnissen allgemein vor Vertragsdurchfiihrung nicht von Gewährleistungsansprüchen sprechen kann. Vielmehr handelt es sich bei den Regelungen jeweils um von den ädilizischen Rechtsbehelfen beeinflußte gesetzliche Modifizierungen des vertraglichen Erfüllungsanspruches als eines Primäranspruches(vgl. etwa fiir den Anspruch aus § 633 III BGB, BGH, NJW 1994, 942). Besonders deutlich wird dies gerade beim Werkvertrag, der bis zur Abnahme Elemente eines Dauerschuldverhältnisses aufweist. Erst durch die Abnahme wird der Werkvertrag zu einem Umsatzgeschäfl. Charakteristisch für die kurzen Verjährungsfristen im vertraglichen Bereich ist es danach, daß jeweils die ,,Nachwirkungen" des abgeschlossenen Geschäfts zeitlich limitiert werden sollen. Die kurze Verjährungsfrist für Gewährleistungsansprüche, die nach dem ädilizischen Modell ursprünglich als Ausgleich fiir die verschuldensunabhängigen Ansprüche gedacht war, hat durch die Erstreckung auf verschuldensabhängige Ansprüche auch insoweit eine andere Funktion erhalten. 274 Entsprechende Denkansätze finden sich aber bereits in den Materialien. So wird in den Motiven Bd. I, S. 180 das Erfordernis einer strengen Form bei der Bürgschaft mit dem Argument abgelehnt: ,,Der Verkehr erfordert gegenwärtig mehr denn je Bewegungsfreiheit. "

IV. Vorläufiges Zwischenergebnis

173

den275 . Durch die wnfassende Anwendung der kurzen Verjährungsfrist des § 477 BGB auf Ansprüche wegen Pflichtverletzungen, die zu Mangelfolgeschäden beim Käufer geführt haben, schien der Weg über eine im Werkvertrag mögliche Differenzierung hinsichtlich der eingetretenen Schäden verbaut276, so daß auf die konkurrierenden deliktischen Ansprüche zurückgegriffen werden mußte. Im Gegensatz dazu ermöglichte die Rechtsprechung im werkvertraglichen Bereich, die Integritätssphäre im Rahmen des vertraglichen Haftungsprogramms weitgehend zu schützen277 . Die damit im Zusammenhang stehenden Abgrenzungsschwierigkeiten scheinen damit mehr in der Sache zu liegen, als aus entsprechenden Fehlentwicklungen zu folgen 278 . Inwieweit trotz möglicher Ersatzansprüche für wnweltspezifische Schäden, in denen die zivilrechtliche Haftung ein Stück dezentraler Umweltpolitik realisiert, die kurzen Verjährungsfristen eine Inanspruchnahme des Verursachers vereiteln, wird noch zu untersuchen sein279 . Bei der mietvertraglichen Verjährungsfrist ist eine dem Kauf- und Werkvertrag entsprechende Problematisierung nicht festzustellen. Von der einen Seite ist dies schon deshalb nicht zu erwarten, weil auch die kurze mietvertragliche Verjährungsfrist dynamisierenden Charakter hat. Aber auch auf der anderen

275 Nur hier stellte sich die Notwendigkeit der Unterscheidung, da im Falle der Schädigung des Verkäufers bzw. Werkunternehmers keine Beschränkung durch gesetzliche Regelungen getroffen ist. Insoweit wurde durch die Unterscheidung von Äquivalenz- zu Integritätsinteresse erst ermöglicht, daß der "Verbraucher" bei vertraglichen Beziehungen hinsichtlich Schädigungen dem Unternehmer gleichgestellt ist. Allerdings hat der Unternehmer auch weitergehende Möglichkeiten als der Verbraucher, dessen Sphäre zu verletzen, da er dort eine wie auch immer geartete Leistung einbringt, während der Verbraucher lediglich eine Geldschuld zu leisten hat. 276 Vgl. Grunewald, Anm. zu LM Nr. 99 zu § 635 BGB. 277 Zur Notwendigkeit auch hier auf deliktische Ansprüche zurückzugreifen, vgl. DerlederlMeyer, AcP 195 (1995),137,151 f. 278 Die Kritiker der einen wie der anderen Rechtsprechung scheinen diesen Zusammenhang zu verkennen. Bei den Kritikern der Rechtsprechung zu den weiten Mangelfolgeschäden finden sich jeweils kaum Stimmen (vgl. aber Grunewald in Anm. zu LM Nr. 99 zu § 635 BGB), die statt dessen auf deliktische Ansprüche zurückgreifen wollen, während wenigstens für den kaufvertraglichen Bereich eine Aufweichung des Verjährungsbeginns nach § 477 BGB erwogen (vgl. etwa OLG Bremen, OLGZ 1979, 226 m.w.N.; gegen BGHZ 77,215,222 f.) wurde. 279 Vgl. Seiten 177 ff.

174

E. Verursacherprinzip

Seite wird das Thema nicht aufgegriffen, da die kurze Verjährung im wesentlichen mieterfreundlich ist und deshalb im Zeichen des Mieterschutzes kein Handlungsbedarf besteht. Gerade im mietvertraglichen Bereich sind wegen des ausufernden Anwendungsbereichs 280 des § 558 BGB aber Konflikte praktisch bedeutsam, in denen die kurze Verjährungsfrist die Inanspruchnahme gemäß dem Verursacherprinzip vereitelt281 . Der klassische zivilrechtliche Anspruch, der auch Umweltschäden erfaßt, ist der deliktische Anspruch, soweit die geschädigten Umweltgüter Privatpersonen zuzuordnen sind, und sich die Schädigung eines der in § 823 I BGB genannten Rechtsgüter oder eines durch § 823 11 BGB eingeräumten Schutzbereiches über eine Umweltschädigung vermittelt und ein adäquat kausaler Zusammenhang zwischen der umweltschädigenden Handlung und dem eingetretenen Schaden besteht. Die hier durch § 852 BGB normierte kurze Verjährung ist aber wegen des Kenntniselementes hinsichtlich des Schadens und der Person des Schädigers so ausgestaltet, daß ein Konflikt mit dem Verursacherprinzip nur insoweit in Betracht kommt, als der Verursacher mangels Tatbestandsverwirklichung nicht nach Deliktsrecht heranzuziehen ist. Insoweit besteht der Konflikt aber nicht zwischen der Ausgestaltung der Verjährungsregelungen und dem Verursacherprinzip, sondern ist Ausdruck der unvollkommenen Möglichkeiten, qua Deliktsrecht Umweltschäden zu erfassen. Ein Konflikt mit dem Verursacherprinzip könnte sich im Zusammenhang mit der Rechtsprechung zum Kenntniselement des § 852 BGB ergeben282 . Nach dieser Rechtsprechung beginnt die kurze Verjährungsfrist des § 852 BGB bereits zu laufen, wenn fiir den Geschädigten erkennbar ist, daß eine Handlung schädigende Folgen hat283 . Auch Schadenspositionen, die sich erst später zeigen, werden von der bereits laufenden Verjährungsfrist erfaßt, wenn sie fiir den Geschädigten voraussehbar waren284 . Gerade bei umweltsensiblen unerlaubten Handlungen dürfte diese Rechtsprechung die Inanspruchnahme des Handelnden

280 Zu den neuesten Entwicklungen der Rechtsprechung, insbes. BGH NJW 1994, 251 und dazu Seiten 268 ff. 281 Vgl. Seite 244 ff. 282 Vgl. dazu bereits Seiten 107 ff.. Die Rechtsprechung steht im übrigen im wesentlichen im Einklang mit der Rechtsprechung zum Fristbeginn bei von § 196 BGB erfaßten Schadenersatzansprüchen ("einheitlicher Schadensbegriff,,), vgl. dazu Seite 35. 283 Ständige Rechtsprechung, vgl. nur BGH, NJW 1991,973. 284 Vgl. BGH, WM 1978,331.

IV. Vorläufiges Zwischenergebnis

175

aber nicht verhindern, weil etwa bei Erkrankungen mit langer Latenzzeit die Inanspruchnalune des Handelnden nur dann hinreichende Erfolgsaussicht hat, wenn sicher ist, daß die Erkrankung auch eintritt. Bei bloßem Risiko, daß eine Erkrankung oder ein anderer Schaden aufgrund einer Umweltbelastung eintritt, liegt demnach noch keine Kenntnis gern. § 852 BGB vor2 85 . Übertragen auf umweltspezifische Fallgestaltungen bedeutet dies aber, daß der kenntnisabhängige Beginn der Verjährungsfrist des § 852 BGB für sich keine Behinderung der Inanspruchnalune des Verursachers darstellt, da eine für den Beginn des Laufes der Verjährungsfrist ausreichende Kenntnis regelmäßig dann nicht vorliegt, wenn der Geschädigte wegen der unklaren Kausalverläufe etc. nicht mit hinreichender Erfolgsaussicht gegen den Verursacher vorgehen kann. Die Probleme bei der zivilrechtlichen Erfassung von Umweltschäden haben

für einen Teilbereich der Umweltbelastung durch genehmigungsbedürftige Anlagen286 sowie für den Bereich der Wasserverschmutzung zur Einfiihrung

entsprechender Gefährdungshaftungstatbestände geführt. Für den übrigen Bereich der Umweltverschmutzung werden dem Geschädigten die Probleme, die sich aus der Komplexität von Umweltbelastungen ergeben, aufgeladen. Weder der Emittent, der wegen der Komplexität die Folgen seines Handeins nicht überblicken konnte, noch etwa der Staat, der nur unzureichende gesetzliche Regelungen treffen konnte287 , sondern der Geschädigte hat die Folgen dieser Unsicherheiten zu tragen288 . Ob hier eine Neuorientierung einsetzen muß, ist neben einer ethischen289 letztlich eine rechtspolitische Frage, die hier nur angedeutet sei.

285 Ist aber nach dem gegenwärtigen Stand von Wissenschaft und Technik für den Schädiger überhaupt nicht absehbar, daß seine Handlung überhaupt schädigende Folgen hat, dürfte jedenfalls jenseits der Gefährdungshaftungstatbestände die Inanspruchnahme des Verursachers an dem dann fehlenden Verschulden scheitern. 286 Distanz- und Summierungsschäden werden auch nach dem UmwHG nicht erfaßt, vgl. Fess-DörrlPrätorius/Steger, S. 142, 154, 159, 167, 183, mit Hinweisen auf Äußerungen in der parlamentarischen Debatte und von den betroffenen Interessengruppen. 287 Vgl. etwa die Waldschadensurteile, BGH, NJW 1988, 478; OLG Köln, NJW 1986,589; OLG München, NVwZ 1986,691; a.A. Eberbach, NuR 1985, 165, der eine Ausgleichspflicht allerdings lediglich aus dem Sozialstaatsprinzip ableitet, vgl. auch Murwiek, NVwZ 1986, 611, der einen Ausgleichsanspruch aus enteignungsgleichem Eingriffbefiirwortet, vgl. auch Schmidt, ZRP 1987,345. 288 Vgl. Frank, KJ 1989,36,48.

176

E. Verursacherprinzip

Nach geltendem Haftungsrecht stellt zivilrechtliche Haftung nur insoweit eine effiziente Maßnahme im Sinne eines umweltpolitisch geprägten Verursacherprinzips dar, als es sich um überschaubare weniger komplexe Sachverhalte handelt. Inwieweit sich auch dann, wenn zivilrechtliche Haftung Umweltschäden erfaßt, aus der Anwendung der kurzen Verjährungsfristen eine zusätzliche Haftungserschwernis ergibt und ob dies unter den gegenwärtigen Verhältnissen de lege lata geboten ist, soll in den folgenden Kapiteln untersucht werden.

289 Bekanntester Protagonist einer folgenorientierten, das Wohl zukünftiger Generationen berücksichtigenden Ethik ist Hans Jonas, der mit dem ,,Prinzip Verantwortung" den entsprechenden Diskurs maßgeblich beeinflußt hat, siehe Jonas, 1979.

F. Unzulänglichkeiten bei der kaufrechtlichen Haftung

Die durch die Anwendung der kurzen Verjährungsfrist des § 477 BGB auf verschuldensabhängige vertragliche Ansprüche entstehenden Schutzlücken wurden bislang unter dem Dogma der freien Anspruchskonkurrenz fiir den Bereich der Integritätssphäre des Vertragspartners durch das Deliktsrecht geschlossen. Soweit danach der Vertragspartner in seiner Integritätssphäre beeinträchtigt und das dabei beeinträchtigte Rechtsgut Teil der natürlichen Umwelt ist oder sich die Rechtsgutbeeinträchtigung über eine die Umweltbelastung hervorrufende Pflichtverletzung des Vertragspartners vermittelt, erfiillt auch die insoweit gegebene deliktische Haftung eine umweltbezogene Haftungsfunktion. Mittels deliktsrechtlicher Haftung kann allerdings Schutz nur gewährt werden, als im Rahmen des § 823 I BGB absolut geschützte Rechtspositionen beeinträchtigt worden sind und im Rahmen des § 823 11 BGB durch die Pflichtverletzung gegen ein Schutzgesetz verstoßen wurde. Eine Aktivierung vertraglicher Haftung fiir umweltpolitische Ziele könnte durch die kaufvertraglichen Verjährungsregelungen behindert werden, wenn der durch die deliktische Parallelhaftung erwirkte Schutz nicht deckungsgleich is(mit dem Schutzbereich vertraglicher Pflichten. Dazu könnte es kommen, wenn es im vertraglichen Pflichtenbereich solche gibt, deren Einhaltung eine Umweltbelastung vermindert, deren Verletzung aber nicht (auch) eine deliktische Haftung auslöst. Des weiteren könnte auch im Überschneidungsbereich vertragliche Haftung effektiver sein als der deliktische Schutz. Die Rigidität der vertraglichen Verjährungsregelungen könnte insoweit geeignet sein, den durch die Haftung bedingten umweltpolitischen Effekt zu vermindern. Um hier über die bloß theoretische Betrachtung hinauszukommen, scheint es erforderlich, zunächst eine Fallgruppe zu untersuchen, in der sich ein entsprechender Konflikt ergeben könnte.

12 Meyer

178

F. Unzulänglichkeiten bei der kaufrechtlichen Haftung

I. Die Altlastenrälle Die in der Praxis wohl augenfälligste Fallgruppe stellen dabei die Altlastenfälle) dar. Hier geht es gnmdsätzlich um die Konstellation, daß ein vom Käufer erworbenes Grundstück mit Kontaminationen belastet ist und der Käufer von den Ordnungsbehörden auf Sanierung der Altlast in Anspruch genommen wird. Die vom BGH auch so genannte2 Altlastenjudikatur3 beschäftigt sich dabei vornehmlich mit amtshaftungsrechtlichen Aspekten. Die vertragsrechtliche Haftung fiir Altlasten ist in der speziellen Literatur weitgehend aufgearbeitet". Danach ist zunächst darzustellen, inwieweit die kurze Frist des § 477 BGB die

Der Begriff Altlast wird dabei umfassend verwendet, obschon er ursprünglich darauf abstellte, ob die Kontamination vor oder nach Inkrafttreten des AbtU eingebracht wurde, vgl. Kloepfer, NuR 1987, 7; Leinemann, Städte und Altlastenhaftung, 1991, S. 19 f.; Raeschke-Kessler, NJW 1993, 2275 f.; Pape, NJW 1992,2661,2662. Die Unterscheidung ist für die zivil rechtliche Inanspruchnahme nicht maßgeblich, vgl. RaeschkeKessler, NJW 1993,2276, sondern ist nur für die öffentlich-rechtliche Behandlung von Interesse, vgl. etwa Kretz, UPR 1993,41; Paetow, NVwZ 1990,510,512. Dort hat sich der Begriff derart verfestigt, daß er in den speziellen landesrechtlichen Regelungen verwandt wird, vgl. Hessisches Abfallwirtschafts- und Altlastengesetz i. d. F. vom 26.2.1991 (GVBI. I S. 106); für Rheinland-Pfalz: Landesabfallwirtschafts- und Altlastengesetz i. d. F. vom 30.4.1991 (GVBI. S. 251); Gesetz zur Vermeidung, Verwertung und sonstigen Entsorgung von Abfällen und zur Erfassung und Überwachung von Altlasten in Bayern vom 27.2.1991 (GVBI. S. 64); Abfallwirtschafts- und Altlastengesetz für Mecklenburg-Vorpommern vom 4.8.1992 (GVOBI. S. 450); für Thüringen: Gesetz über die Vermeidung, Verminderung, Verwertung und Beseitigung von Abfällen und die Sanierung von Altlasten vom 31.7.1991 (GVBI. S. 273), um nur die Gesetze zu nennen, in denen der Begriff bereits im Gesetzesnamen Niederschlag gefunden hat. Andere Autoren leiten den Begriff aus der tatsächlichen Situation ab. Altlasten liegen danach vor, wenn in früheren Zeiten entstandene Kontaminationen zur Inanspruchnahme in der Gegenwart fiihren, vgl. etwa Schmidt-Salzer, VersR 1990, 12, 14; vgl. auch Schlemminger, BB 1991, 1433, 1437. 2

Vgl. etwa BGH, NJW 1994,253,254.

3 BGHZ 106,323; 108,224; 109,380; 113,367; 121,65; NJW 1992, 1953; 1993, 384; 1993,2615; 1994,253; BB 1993,752. 4

Vgl. etwa Leinemann, Die Haftung für Altlasten, 1991; Frey, 1992; Brandt, 1993, S. 349 ff.; für die Anwendbarkeit des Verursacherprinzip bei Altlasten im allgemeinen, Schrader, S. 90 ff.

1. Die Altlastenfälle

179

vertragsrechtliche Inanspruchnahme des Verursachers in solchen Fällen vereitelt. 1. Altlast als Rechtsmangel

Vor allem hinsichtlich der Verjährungsfrist wäre die Einordnung der Altlast eines Grundstücks als Rechtsmangel fiir den Käufer ein deutlicher Vorteil gegenüber der Einordnung als Sachmangel s . Während § 477 BGB fiir Ansprüche wegen Sachmängeln bei Grundstücksgeschäften eine einjährige Verjährungsfrist vorsieht, verjähren Ansprüche aus den §§ 440 1,434 ff. LV.m. 326 BGB gemäß § 195 BGB in dreißig Jahren. Hinsichtlich der öffentlich-rechtlichen Inanspruchnahme des Zustandsstörers ist daher auch die Einordnung als Rechtsmangel erwogen worden6. Die Einordnung als Rechtsmangelliegt zunächst nahe, da es der ständigen Rechtsprechung des BGH entspricht, daß auch öffentlich-rechtliche Beschränkungen des Eigentums, wie etwa Beschlagnahmerechte7 oder Baubeschränkungen8 Rechtsmängel darstellen können9. Auch die Sanierungsverfiigung der Ordnungsbehörde wäre dann aber als Rechtsmangel des Grundstückes in Betracht zu ziehen. Es ist jedoch Marburger zuzustimmen, daß die Sanierungsverfiigung keinen Rechtsmangel darstellt, da sie lediglich infolge der physischen Beschaffenheit des Grundstückes ergeht lO • Die Einordnung als Rechtsmangel scheitert bereits daran, daß die finanzielle Belastung aus der Sanierungsverfiigung nicht auf den

5

Soergel-Huber, § 434 BGB, RdNr. 10 a.E.

6 Marburger, UTR 1987,169,173; Leinemann, Städte und Altlastenhaftung, 1991, S. 43; Raeschke-Kessler, NJW 1993,2275,2280 spricht die Frage zwar kurz an, äußert sich im folgenden aber nicht dazu, ob ein Rechtsmangel vorliegt. 7

Vgl. etwaBGH, NJW 1991,915.

8

BGH, NJW 1986, 1605.

9

Vgl. etwa Soergel-Huber, § 434 BGB, RdNr. 5; Walter S. 118 fI.

10 Marburger, UTR 1987, 169, 173; vgl. auch Brandt, S. 352; MünchKommWestermann, § 434 BGB, RdNr. 3; Erman-Weitnauer, § 434 BGB, RdNr. 2; SoergelHuber, § 434 BGB, RdNr. 10; Frey, S. 124. Heck führt die Unterscheidung darauf zurück, daß bei einer Einordnung als Sachmangel sich die Möglichkeit der Kenntnis des Mangels aus der Besitznahme ergibt. Bei ''Fehlern'', die sich nicht aus der physischen Beschaffenheit, sondern aus der Vorgeschichte ergeben, sei deshalb ein Rechtsmangel anzunehmen, vgl. S. 270 (auch S. 267); siehe auch Walter, S. 120.

180

F. Unzulänglichkeiten bei der kaufrechtlichen Haftung

Käufer übergeht. Vielmehr verpflichtet die Sanierungsverfiigtmg den Verfiigtmgsadressaten persönlich. Zwar ist für die Inanspruchnahme des Zustandsstörers dessen Eigentwn an der Sache VoraussetZlUlg ll , doch kann sich der Eigentümer der Pflicht aus der Verfiigtmg nicht dadurch entziehen, daß er das Eigentwn an der Sache aufgibt l2 . Lediglich für den Fall, daß der Käufer die Sache im Rahmen der Wandlung an den Veräußerer zurückgibt, ist anerkannt l3 , daß der Käufer nicht mehr in Anspruch genommen werden kann l4 . Da die Verfiigtmg damit aber nicht dem Grundstück anhaftet, kommt eine daran anknüpfende Qualifizierung als Rechtsmangel nicht in Betracht l5 . Scheidet die Sanierungsverfiigtmg damit als Anknüpfungspunkt für einen Rechtsmangel aus, ist zu erwägen, ob vor der eigentlichen Sanierungsverfiigtmg eine entsprechende Polizeipflicht besteht. Diese könnte dann als Rechtsmangel einzuordnen sein. Im Zusammenhang mit der Frage, ob der von der Sanierungsverfiigtmg betroffene Zustandsstörer den Verhaltensstörer wegen der Kosten der Sanierung in Anspruch nehmen kann, wurde diese Frage vom BGH16 bejaht. Dies entspricht der herrschenden Meinung im öffentlich-rechtlichen Schrifttwn, die davon ausgeht, daß durch die ordnungsrechtliche Inanspruchnahme der

11 Zur Möglichkeit der Inanspruchnahme des Inhabers der tatsächlichen Sachherrschaft, vgl. BGH, NJW 1981,2457,2458. 12 Götz, RdNr. 213; VogellMartens, S. 328; Knopp, RdNr. 142; Brandt, S. 351, RdNr. 5. Zwar haftet er dann nicht mehr als Eigentümer, vgl. VGH Mannheim, NVwZRR 1991, 27, doch sehen die Landespolizeigesetze in Anlehnung an § 5 m ME PolG (Abdruck des Musterentwurfes eines einheitlichen Polizeigesetzes bei ErhardtIKunze, sowie bei HeiselRiegel) eine Haftung desjenigen vor, der, um der Zustandshaftung zu entgehen, sein Eigentum aufgibt, vgl. die Nachweise bei Brandt, S. 367; vgl. auch Oerder, NVwZ 1992, 1031, 1033. 13 Vgl. etwa Brandt, S. 365 f. 14 Was notwendig daraus folgt, daß der Erwerber dann nicht mehr Eigentümer ist, aber auch nicht das Eigentum bloß aufgegeben hat. Die Zwischensituation, in der der Käufer Kenntnis von dem Mangel erlangt, die Wandlung aber noch nicht durchgefiihrt wurde, in dieser Phase aber eine Sanierungsverfügung ergeht, wird in der Literatur bislang nicht berücksichtigt. Ob dann in noch stärkerem Maße als sonst bei der Zustandshaftung eine Einschränkung des Auswahlermessens der Ordnungsbehörden geboten ist (vgl. Seite 217), soll hier nicht vertieft werden. 15 So auch, allerdings ohne jede Begründung, WollburglSpieth, S. 345.

16 NJW 1981,2457,2458.

1. Die Altlastenf31le

181

abstrakt bestehende Pflichtenstatus lediglich konkretisiert wird l7 . Auch insoweit ergibt sich die in der Polizeipflicht bestehende Beeinträchtigung aber aus der Beschaffenheit der Sache l8 . Da die Polizeipflicht nur durch Beseitigung der Altlast, mithin durch eine Veränderung der Sache selbst abgewendet werden kann, ist kein Rechtsmangel anzunehmen l9.

2. Altlasten als Fehler im Sinne des § 459 I BGB Das Vorliegen einer Altlast wird nach einhelliger Meinung in der Literatur20 und in der Rechtsprechung21 als Fehler i.S.d. § 459 I BGB angesehen. Dabei wird für die Erheblichkeit i.S.d. § 459 I BGB teilweise davon ausgegangen, daß ein solcher Fehler nur dann zu bejahen sei, wenn eine Bodenverunreinigung

17 Vgl. OVG Koblenz, VerwRspr 19,851,852; OVG Münster, DVBI. 1989, 1009; WolflBachof, Verwaltungsrecht m, § 127, RdNr. 22; VogellMartens, S. 293; Götz, RdNr. 189; Giesberts, S. 207; Leinemann, Städte und Altlastenhaftung, 1991, S. 109; Spankowsky, DÖV 1988, 376, 381; a.A. Papier, DVBI. 1985, 873, 879; ders. NVwZ 1986,256,263, wobei allerdings nicht klar wird, ob Papier nicht vielmehr darauf abstellt, daß der abstrakte Ptlichtenstatus für die Begründung eines Gesamtschuldverhältnisses nicht ausreicht, vgl. Schwachheim, NVwZ 1988,225,226. 18 Vgl. bereits Seite 179 FN 10; gegen eine so gefaßte schematische Qualifizierung, vgl. Soergel-Huber, § 434 BGB, RdNr. 27; BGH, NJW 1991, 915. Auch bei Soerge1Huber wird in der Altlast kein Rechtsmangel gesehen, eben weil sie auf der Beschaffenheit der Sache beruht, vgl. RdNr. 68. 19 Vgl. MünchKomm-Westermann, §434BGB, RdNr. 3. Gegen das Vorliegen eines Rechtsmangels wurde in der Literatur vorgebracht, daß wegen der durch die Bodenkontamination vorliegenden Entwertung des Grundstücks schon nach dem Wortlaut des § 459 I BGB ein Sachmangel vorliegt, der einen Rechtsmangel ausschließe (vgl. Brandt, S. 353; Reuter, BB 1988, 497, 498). Das Erfordernis der Wertbeeinträchtigung in § 459 I BGB ist aber lediglich zusätzliche Voraussetzung für das Vorliegen eines Sachmangels, das sicherstellt, daß eine erhebliche Beeinträchtigung des Verwertungsinteresses des Käufers vorliegt, wie sie in § 459 I Satz 2 BGB verlangt wird. Damit ist sie aber nicht für die Abgrenzung zwischen Sach- und Rechtsmangel geeignet, zumal auch bei Vorliegen eines Rechtsmangels eine wirtschaftliche Entwertung vorliegt. 20 Vgl. etwa Knoche, NJW 1995, 1985, 1986; WollburglSpieth, S. 344; Brandt, S. 354; Kloos, S. 73, 77; Frey S. 122 f.; Knopp, RdNr. 141; Marburger, UTR 1987, 169, 172 f; Leinemann, Städte und Altlastenhaftung, S. 36. 21 BGHZ 108,224; OLG Karlsruhe, NJW 1991, 1836.

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F. Unzulänglichkeiten bei der kaufrechtlichen Haftung

vorliege, die über das öffentlich-rechtlich zulässige Maß hinausgehe22. Im Ergebnis wird hier wieder auf einen ansonsten weitgehend überwundenen23 rein objektiven Fehlennaßstab abgestellt. Wird dagegen der subjektiv-objektive Fehlerbegriff zugrunde gelegt, ergibt sich aus dem Vorliegen einer Bodenkontamination nicht automatisch, daß ein Fehler LS.d. § 459 I BGB vorliegt. Voraussetzung ist auch danach, daß die vertragliche vorausgesetzte Gebrauchstauglichkeit durch das Vorliegen der Kontamination beeinträchtigt ist, so etwa wenn die vorgesehene Nutzung beeinträchtigt24 oder das Grundstück wirtschaftlich entwertet ist, weil Sanierungsarbeiten durchzuführen sind oder eine Minderung des Wiederverkaufswertes vorliegt25. Das LG Bochum hat in einer Entscheidung des Jahres 1989 das Vorliegen eines Sachmangels abgelehnt, da die Belastung des Bodens erst in neuerer Zeit als bedenklich eingestuft werde 26. Der Wertverlust des Grundstückes ergebe sich dann nicht aus der Beschaffenheit des Bodens, sondern aus einem gewandelten Umweltbewußtsein. Deswegen sei der Fehler erst nach Gefahrübergang gern. § 446 BGB entstanden27 . In der Literatur28 wird diese Auffassung zu Recht abgelehnt, weil eine Beschaffenheitsveränderung auch als Fehler eingestuft wird, wenn der Fehler bei Gefahrübergang nur angelegt ist29 .

22 Vgl. Schrader, NuR 1989,288; WollburglSpieth, S. 344.

23 Vgl. nur Palandt-Putzo, § 459 BGB, RdNr. 58; RGRK-Mezger, § 459 BGB, RdNr. 5; Staudinger-Honsell, § 459 BGB RdNr. 10; MünchKomm-Westennann, § 459 BGB, RdNr. 8 ff.; Soergel-Huber, § 459 BGB, RdNr. 20 ff.; Leinemann, Städte und Altlastenhaftung, 1991, S. 37; umfassend Knöpfte, AcP 180 (1980), 462, 501 ff. 24 Vgl. Schlemminger, BB 1991, 1433, 1434. 25 Vgl. Brandt, S. 352; Reuter, BB 1988,497,498; Schlemminger, BB 1991, 1433, 1434; zur Fehlerhaftigkeit bei begründetem Verdacht des Vorliegens einer Altlast, vgl. LG Dortmund, VersR 1987,265,269; für das Mietrecht OLG Hamm, ZMR 1987,267; zust. Frey S. 123; vgl. auch Brandt, S. 353. 26 BB 1989,651. 27 A.a.O. S. 652. 28 Knoche, NJW 1995, 1985, 1988 f.; Brandt, S. 353; Leinemann, Städte und Altlastenhaftung, S. 40; vgl. auch die Anmerkung von Reuter, BB 1989,652.

29 Vgl. etwa Soergel-Huber, § 459 BGB, RdNr. 33.

§ 459 BGB,

RdNr.

87;

Staudinger-Honsell,

1. Die Altlastenfälle

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Stellt danach die Altlast einen Fehler i.S.d. § 459 I BGB dar, hat der Käufer zunächst Anspruch auf Wandlung oder Minderung gern. § 462 BGB30. Auf diese Ansprüche findet § 477 BGB uneingeschränkte Anwendung. Es gilt die einjährige Verjährungsfrist31 . Ein Konflikt mit dem Verursacherprinzip kann sich insofern nur dann ergeben, wenn der Verkäufer erst danach als Verantwortlicher erkennbar wird. Zu prüfen ist somit, ob mit den Gewährleistungsansprüchen32 ein umweltbezogener Effekt zu erzielen ist. a) Umweltsensible Gewährleistungsansprüche ? (1) Kaufpreishorizont

Die Haftung nach § 462 BGB trifft den Verkäufer verschuldensunabhängig. Grundlage ist nach der ratio legis der §§ 459 ff. BGB nicht ein irgendwie geartetes Unwerturteil über den Verkauf einer mangelhaften Sache, sondern die von den Parteien vorausgesetzte Äquivalenz zwischen Preis und Leistung. Die Gewährleistungsansprüche bieten einen Ausgleich für die durch den Mangel eingeschränkten Verwertungsmöglichkeiten33 . Im Kaufvertrag übernimmt daher der Verkäufer eine verschuldensunabhängige Garantie für diese Äquivalenz. Die darin liegende Einstandspflicht hinsichtlich der Verwertungserwartungen des Käufers wird durch die Beschränkung von Wandlung und Minderung auf das Kaufpreisniveau begrenzt34 . Damit wird auch sichergestellt, daß der Käufer seine Verwertungserwartung nur in Höhe des gezahlten Preises verwirklichen kann.

30 Anspruche aus § 480 BGB kommen hier nicht in Betracht, weil es sich beim Grundstückskauf notwendig um einen Spezieskauf handelt. Selbst bei standardisierten Reihenhäusern verbietet sich wegen der notwendigen (§ 94 BGB) Mitveräußerung des Grundstückes eine Ausgestaltung als Gattungskauf. 31 Zur Verlängerung der Frist beim Kauf neubebauter Grundstücke, vgl. bereits S.86.

32 D.h. die Anspruche aus Wandlung bzw. Minderung gern. § 346 LV.m. §§ 459, 462,465,467, bzw. § 472, 462 BGB (vgl. zur genauen Anspruchsgrundlage Lorenz JuS 1993,727,729). 33 Vgl. pointierend Knieper, KJ 1992, 1, insbes. 14 ff., 16; ansonsten wohl al1gemein vorausgesetzt, vgl. etwa Lorenz, JuS 1993,727,728. 34 So auch Staudinger-Honsel1, Vorbem. zu §§ 459 ffBGB, RdNr. 3.

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F. Unzulänglichkeiten bei der kaufrechtlichen Haftung

Für die Mindenmg ergibt sich dies naturgemäß aus der Beschränkung auf die Herabsetzung des Kaufpreises gern. § 472 BGB35. Nach dem Wortlaut dieser Vorschrift ist dabei auf den durch die Mangelhaftigkeit bedingten anteilsmäßigen Wertverlust der Sache abzustellen. Dieser kann im Extremfall lediglich 100 % des Sachwertes ausmachen, so daß der Kaufpreis um höchstens 100 % zu kürzen ist36. Auch hinsichtlich des Hauptanspruches aus der Wandlung gern. §§ 462, 467 i.V.m. 346 BGB ergibt sich zunächst eine Beschränkung auf den Kaufpreis, da lediglich dieser gern. § 346 BGB Zug um Zug gegen Rückgabe der Kaufsache herauszugeben ist. Diese Beschränkung macht deutlich, daß sich die Ansprüche aus Wandlung oder Mindenmg nur begrenzt für umweltbezogene Ziele aktivieren lassen. Die Begrenzung auf das Kaufpreisniveau begrenzt deren Funktionalität vielmehr auf die Wahrung des Äquivalenzverhältnisses zur Dynamisienmg des Warenverkehrs 37 .

b) Ansprüche aufVerwendungsersatz im Rahmen der Wandlung Während bei der Mindenmg sich die Rechtsstellung des Käufers in der Möglichkeit erschöpft, lediglich einen äquivalenzgerechten Kaufpreis zu zahlen, kommen bei der Wandlung neben der Rückerlangung des Kaufpreises gern. § 346 BGB weitere Ansprüche in Betracht. § 467 Satz 2 BGB regelt dabei nur den Fall der nutzlos aufgewandten Vertragskosten, zu denen die aufgewandten Sanienmgskosten sicher nicht zu zählen sind38 .

(1) Notwendige Verwendungen Wird die Wandlung gemäß § 465 BGB vollzogen, können Ansprüche aus §§ 347 Satz 2 i.V.m. 99411, 683 BGB bestehen. Danach sind die Aufwendungen des Käufers für die Sanienmg ersatzfähig, wenn sie als notwendige Ver-

35 Vgl. auch Knopp, RdNr. 143; Leinemann, Städte und Altlastenhaftung, S. 36. 36 Selbst wenn man also den Ansatz der Reparaturkosten zuläßt, vgl. RGRKMezger, § 472 BGB, RdNr. 2; kritisch Palandt-Putzo, § 472 BGB, RdNr. 8; SoergelHuber, § 472 BGB, RdNr. 13; Staudinger-Honsell, § 472 BGB, RdNr. 5. 37 Vgl. Knieper, KJ 1992, 1, 14 ff. 38 Zumal bereits die Gutachterkosten zur Feststellung eines Mangels nicht als Vertragskosten anerkannt sind, vgl. OLG Koblenz, NJW-RR 1989,337.

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wendungen auf die Sache zu qualifizieren sind. Notwendige Verwendungen sind dabei jedenfalls solche, die zur Verhütung des Untergangs oder der Verschlechterung erforderlich sind39 . Die Sanierung eines altlastenbelasteten Grundstücks erfolgt aber in unserem Ausgangsfall nicht zu dem Zweck, die Sache zu erhalten, sondern aufgrund öffentlich-rechtlicher Inanspruchnahme. Im Ergebnis könnte die Sache damit verbessert werden, weil die altlastenbedingte Wertminderung entfällt. Auch Verbesserungen können aber notwendige Verwendungen darstellen, soweit sie nicht lediglich fiir eigene Zwecke unter Änderung des bisherigen Zwecks des Grundstücks erfolgen40 . Schließlich ist in der Rechtsprechung anerkannt, daß der Aufwand fiir die Beseitigung von Beschädigungen als notwendige Verwendung zu qualifizieren ist, da damit die Verwendungsfähigkeit der Sache wiederhergestellt wird41 . Überhaupt ist es nach ihr fiir die Einordnung als notwendige Verwendung nicht erforderlich, daß die Herstellung der Nutzungsfähigkeit einziger Zweck der Verwendung ist. Auch etwa die Hebung eines Schiffes wird als ersatzflihig angesehen, weil sie von Nutzen fiir die Sache ist, auch wenn sie durchgeführt wird, um eine Fahrrinne wieder zu öffnen42 . Es wäre allerdings voreilig anzunehmen, daß mit der Beseitigung der öffentlichen Gefahr notwendig das altlastenbelastete Grundstück verbessert wird. Vielmehr wird im Rahmen der öffentlich-rechtlichen Inanspruchnahme lediglich die Gefahr fiir die Allgemeinheit abgewendet. Dies kann aber im Extremfall dazu fUhren, daß ein Gebäude abgetragen und Erdreich lediglich beseitigt wird, es aber zur Gefahrenabwehr nicht erforderlich ist, das Grundstück wieder mit unbelastetem Erdreich zu verfiilIen. Dann entfällt zwar die Altlast, das Grundstück ist aber eher weniger wert als zuvor4 3. In einem solchen Fall liegt in der grundstücksbezogenen Verwendung keine durch den wandelnden Erwerber dem Veräußerer gewährte "Wohltat" in der Sanierung des Grundstückes. Gleichwohl erfolgt die Verwendung auf das Grundstück bezogen und ist vom Erwerber

39 Vgl. Soergel-Mühl, § 994 BGB, RdNr. 3; Staudinger-Gursky, § 994 BGB, RdNr. 2. In Anlehnung an Dig 50, 16, 79 pr: "quae si factae non sint res aut peritura aut deteriora futura sit". 40 Soergel-Mühl, § 994 BGB, RdNr. 3; Staudinger-Gursky, § 994 BGB, RdNr. 2; RGRK-Pickart, § 994 BGB, RdNr. 28. 41 Staudinger-Gursky, § 994 BGB, RdNr. 3; MünchKornm-Medicus, § 994 BGB, RdNr.l1. 42 MünchKornm-Medicus, § 994 BGB, RdNr. 7. 43 Vgl. Seite 240.

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F. Unzulänglichkeiten bei der kaufrechtlichen Haftung

nicht abzuwenden. Das Erfordernis, daß eine notwendige VerwendWlg nur vorliegt, wenn Schaden von der Sache abgewendet wird, bezieht sich bisher weitgehend auf freiwillige VerwendWlgen, aber nur weil es bisher nur um solche ging44 . Für Wlfreiwillige VerwendWlgen muß § 994 BGB aber umsomehr gelten. Normalerweise sind notwendig nur SchadensabwendWlgsmaßnahmen, wie sie bei Altlasten auch weitgehend getätigt werden. Ob der Schaden damit beseitigt ist, ist aber Wlwesentlich. Es kann der unmittelbare SchadensabwendWlgscharakter Wld Sachbezug Wlter Umständen fehlen, wenn die Nutzung der Sache nicht eingeschränkt ist, sondern von ihr nur eine Umweltgefahr droht4 s . Dann reicht es fiir die Annahme einer notwendigen VerwendWlg aber aus, wenn die Maßnahme aufgrwtd der öffentlich-rechtlichen VerpflichtWlg getroffen werden muß Wld dadurch die Umweltverträglichkeit der Sache wiederhergestellt wird. Eine entsprechende Qualifikation als notwendige VerwendWlg könnte sich auch aus § 995 BGB ergeben, wenn es sich bei den AufwendWlgen um Lasten der Sache handelt. Neben staatlichen Abgaben Wld Steuern auf den Herausgabegegenstand werden darWlter auch "juristische Notwendigkeiten" gefaßt4 6• So wurde etwa der Einbau von SicherWlgsgurten nach der Einführung der Gurtpflicht Wlter § 995 BGB subsumiert47. Ob dies auch bei persönlich verpflich-

44 Betrachtet man die Materialien zum BGB, ergibt sich zwar kein eindeutiges, so aber doch in diese Richtung weisendes Bild. Der Verwendungsersatzanspruch wurde seinerzeit in Anlehnung an das französische Recht als ein der Bereicherung ähnlicher Anspruch gesehen, vgl. Mot. III, S. 412. Bei notwendigen Verwendungen liege immer eine entsprechende Bereicherung vor, weil "er (der Eigentümer) dadurch, daß der Besitzer sie an seiner Stelle vorgenommen, Auslagen erspart habe, also bereichert sei." (Vgl. Prot. III, S. 352). Auch wurde auf das Merkmal der Freiwilligkeit abgestellt, soweit die Beschränkung des unredlichen Besitzers auf Ersatz der notwendigen Verwendungen damit begründet wurde, daß sonst "der EigenthÜJner ... der Willkür des unredlichen Besitzers ausgesetzt sein" (prot. III, S. 352) würde. 45 So ging es in BGHZ 98, 235 um eine Grundwassergefahr, die von der Kontamination des Grundstückes ausging. 46 Vgl. Staudinger-Gursky, § 994 BGB, RdNr. 9. 47 Ebenda.

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tenden Rechtsakten gilt und nicht nur bei allgemein wirkenden Rechtspflichten, ist bisher nicht gekläft48. Einen Unterfall der öffentlich-rechtlichen Lasten stellen außerordentliche Lasten dar, wie sie in den §§ 1047, 2126, 2379 BGB genannt sind. Danach stellen auch einmalig erhobene öffentlich-rechtliche Verpflichtungen Lasten dar. Für die §§ 1047, 2126, 2379 BGB ist allerdings erforderlich, daß diese außerordentlichen Lasten auf den Starnmwert der Sache angelegt sind49 . Als solche auf den Starnmwert der Sache angelegten außerordentlichen Lasten sind etwa Erschließungs- und Flurbereinigungsbeiträge anerkannt 50. Die als außerordentliche Lasten anerkannten Beiträge haben dabei allerdings gemeinsam, daß sie das Grundstück oder dessen Einbindung in die Infrastruktur verbessern, im Effekt damit aber wieder dem Grundstück zugute kommen. Gerade dies folgt aber nicht notwendig aus der Sanierung. Dann ist die Last aber nicht auf den Starnmwert der Sache angelegt und eine Subsumierung unter § 995 BGB verbietet sich. Die Einordnung als notwendige Verwendung folgt damit nur aus sachgerechter Subsumtion der Sanierungskosten unter § 994 BGB. (2) Das objektiv-fremde Geschäft und der Geschäftsfiihrungswille Wegen der Verweisung des § 347 BGB auf die Regeln des EigentümerBesitzer-Verhältnisses nach Rechtshängigkeit kann der Käufer die notwendigen Verwendungen nur nach § 683 BGB ersetzt verlangen. Bei der Verweisung

48 Eine direkte Anwendung könnte sich aber aus einem Vergleich mit § 1047 BGB ergeben. Dort sind einmalige öffentlich-rechtliche Inanspruchnahmen als außerordentliche Lasten und damit als Unterfall der öffentlich-rechtlichen Lasten genannt, wenn sie auf den Stammwert der Sache angelegt sind, vgl. dazu BGH, NJW 1956, 1070. Die Rechtsprechung (OVG Lüneburg, RdL 1959, 332) faßt hierunter etwa Erschließungsund Flurbereinungsbeiträge. Auch die öffentlich-rechtliche Inanspruchnahme wegen Altlasten folgt aus der Substanz des Grundstücks. Eine andere Beurteilung könnte sich hier lediglich daraus ergeben, daß bei den genannten Fällen das Grundstück oder dessen Einbringung in die Infrastruktur verbessert wird, während eine Verbesserung des Grundstückes aus der Sanierung nicht folgen muß. Dann könnte es an dem Erfordernis fehlen, daß die außerordentliche Last auf dem Stammwert gelegt sein muß. 49 Vgl. dazu BGH, NJW 1956, 1070. 50 Vgl. etwa OVG Lüneburg, RdL 1959,332.

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handelt es sich allerdings lediglich um eine teilweise Rechtsgrundverweisung 51 . Insbesondere ist es nicht erforderlich, daß der Erwerber bei Durchfiihrung der Sanierungsmaßnahme einen Fremdgeschäftsfiihrungswillen gehabt hat 52 . Auf das Erfordernis des objektiv-fremden Geschäftes wird in der Rechtsprechung nicht besonders eingegangen. Die Notwendigkeit der Verwendung beinhaltet bereits, daß die Verwendung auf die Sache erfolgen muß, so daß in solchen Fällen immer ein objektiv-fremdes Geschäft vorliegt53. Die Aufwendung dient nicht den Interessen des Wandelnden, wenn er sie auf die Sache bezogen leistet. Auch die Tatsache, daß der Käufer die Sanierungsverpflichtung erfiillt, da ihn der entsprechende Verwaltungsakt persönlich verpflichtet, steht der Einordnung als objektiv fremdes Geschäft nicht entgegen. Im Rahmen des sogenannten "auch fremden Geschäfts,,54 ist anerkannt, daß Ansprüche aus Geschäftsfiihrung ohne Auftrag nicht dadurch ausgeschlossen werden, daß der GeschäftsfUhrer eine eigene Verpflichtung erfiillt. Ein Geschäftsfiihrungswille des Käufers ist dementsprechend ebenfalls anzunehmen, zumal er bei Vorliegen eines (auch) fremden Geschäfts vermutet wird55 . (3) Der Wille des Veräußerers, sein Interesse und das öffentliche Interesse

Für einen Anspruch gemäß § 683 BGB ist weiterhin erforderlich, daß die notwendigen Verwendungen dem mutmaßlichen oder ausdrücklich geäußerten Willen des Verkäufers entsprechen. Das wird nur dann der Fall sein, wenn der Aufwand fiir die Sanierung unter dem Wertzuwachs des nunmehr altlastenfreien Grundstückes liegt. Liegen die Kosten dagegen über dem Wertzuwachs oder übersteigen sie sogar den Wert des Grundstückes, kann beim Verkäufer aus ökonomischen Gründen jedenfalls kein mutmaßlicher Wille zur Sanierung angenommen werden.

51 Vgl. Staudinger-Gursky, § 994 BGB, RdNr. 17; Soergel-Mühl, § 994 BGB, RdNr. 6; MünchKonun-Medicus, § 994 BGB, RdNr. 19. 52 Vgl. Soergel-Mühl, § 994 BGB, RdNr. 6; Staudinger-Gursky, § 994 BGB, RdNr. 17.

53 Vgl. Walter, S. 193. 54 Vgl. MünchKonun-Seiler, § 677 BGB, RdNr. 9; Palandt-Thomas, § 677 BGB, RdNr. 6; Soergel-Mühl, § 677 BGB, RdNr. 4; BGHZ 40, 28, 31; 65, 354, 357; 70, 389, 396. 55 Vgl. nur Palandt-Thomas, § 677 BGB, RdNr. 6.

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Der so ennittelte mutmaßliche Wille ist nur dann unbeachtlich, wenn die Voraussetzungen des § 679 BGB vorliegen. Das ist der Fall, wenn die baldige Erfiillung durch den GeschäftsfUhrer im öffentlichen Interesse liegt56. Dabei soll § 679 BGB nach den Materialien57 gerade fiir den Fall gelten, in dem Polizeipflichten vom GeschäftsfUhrer erfillit werden, damit sich dieser an den eigentlich Verantwortlichen halten kann 58. Damit waren aber die Fälle gemeint, in denen der GeschäftsfUhrer keine entsprechende Polizeipflicht hatte59. In seiner Eigenschaft als Eigentümer und Inhaber der tatsächlichen Gewalt über das Grundstück wird der Käufer vor Abwicklung der Wandlung jedoch selbst als Zustandsstörer in Anspruch genommen60 . Hier besteht zudem die Besonderheit, daß die Inanspruchnahme des Zustandsstörers an den tatsächlichen Zustand der gefahrträchtigen Sache anknüpft. Eigentümer und damit Zustandsstörer ist zum Zeitpunkt der Verfiigung der Erwerber. Eine eigene Pflicht des Veräußerers, die Sanierung durchzufUhren, besteht nur fiir den Fall, daß der Veräußerer Verhaltensstörer und damit Verursacher der Kontamination ist. Abweichend von der in den Materialien vorausgesetzten Situation61 besteht wegen der Eigentümerstellung des Erwerbers und seiner tatsächlichen Sachherrschaft keine eigene Ordnungspflicht des Veräußerers, wenn dieser die Kontamination nicht verursacht hat. Auf die polizeirechtliche PflichtensteIlung zum Zeitpunkt der Verfiigung kann es aber nicht ankommen. Aus der ratio legis der Gewährleistungsrechte LV.m. § 351 BGB folgt, daß die Sachgefahr bis zum Ablauf der Verjährungsfrist des § 477 BGB nur insoweit auf den Erwerber übergeht, als er Ver56 Vgl. etwa BVerwG, NJW 1989,922. 57 Motive 11, S. 865. 58 Vgl. auch AK-Joerges, § 679 BGB, RdNr. 2; Ennan-Hauß, § 679 BGB, RdNr. 2; MÜDchKonun-Seiler, § 679 BGB, RdNr. 5 ff.; Staudinger-Wittmann, § 679 BGB, RdNr. 5. 59 Diese Frage ist nunmehr öffentlich-rechtlich geregelt. § 45 I ME PolG (insofern ist im Vorentwurf zur Änderung des ME PolG keine Änderung vorgesehen, vgl. KnieseINahle) und die dem folgenden landesgesetzlichen Regelungen, etwa § 56 I BremPolG (ein Nachweis der einzelnen landesgesetzlichen Regelungen findet sich bei Giesberts, S. 222 Fn. 25), sehen fiir den in Anspruch genonunenen Nichtstörer einen Ausgleichsanspruch gegen den Staat vor. 60 Vgl. § 5 I, 11 ME PolG und die entsprechenden landesgesetzlichen Regelungen, etwa § 6 BremPolG. 61 Motive 11, S. 865.

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schlechtenmgen der Sache verschuldet hat. Für den Fall, daß wegen der bisherigen Beschaffenheit des Kaufgegenstandes der Erwerber in Anspruch genommen wird, sind daher sämtliche Aufwendungen auf die Sache, jedenfalls soweit sie nicht auf einem Verschulden des Erwerbers beruhen, vom Verkäufer zu tragen. Letztlich folgt das daraus, daß die Inanspruchnahme des Käufers, der zur Wandlung berechtigt ist, nur zufällig vor der Durchfiihrung der Wandlung erfolgt. Ist die Wandlung bei Erlaß der Ordnungsverfiigung bereits vollzogen, besteht keine Ordnungspflicht des Käufers. Vielmehr kann nunmehr der Verkäufer als Zustandsstörer ordnungsrechtlich in Anspruch genommen werden. Die polizeirechtliche Ordnungspflicht des Käufers ist deshalb nur eine vorläufige bis zur Durchfiihrung der Wandlung. Im Verhältnis zum Verkäufer ist dieser endgültig zur Erfiillung der Ordnungspflicht heranzuziehen. Zusätzlich zum öffentlichen Interesse ist es fiir § 679 BGB erforderlich, daß dieses Interesse nicht ohne die Inanspruchnahme des GeschäftsfUhrenden erfiillt werden könnte 62 . Leinemann63 hält es fiir erforderlich, daß eine fällige Pflicht des Geschäftsherrn besteht, die öffentlich-rechtliche Pflicht zu erfiillen64 . In dem Fall, meint er, in dem neben dem Zustands- der Verhaltensstörer in Anspruch genommen werden könne, bestehe aber vor der Sanienmgsverfiigung lediglich eine abstrakte ordnungsrechtliche Pflicht des Verhaltensstörers, fiir deren Fälligkeit eine Konkretisienmg durch einen entsprechenden Verwaltungsakt erforderlich sei65 . Dabei wird aber nur der Fall beachtet, in dem der Veräußerer auch als Verhaltensstörer in Anspruch genommen werden könnte. Hat dieser die Kontamination aber nicht herbeigefiihrt besteht zunächst keinerlei ordnungsrechtliche Pflicht des Veräußerers. Das Fehlen einer solchen Pflicht spricht zwar fiir ein fehlendes Interesse des Verkäufers, nicht aber gegen ein öffentliches Interesse. Dieses ergibt sich daraus, daß ohne die Veräußenmg der Veräußerer als Störer haften würde und auch bei einer Wandlung des Veräußenmgsgeschäfts diese Haftung wieder begründet würde. Das Fehlen einer Ordnungspflicht des Veräußerers in der Zwischenzeit ist also unter dem Aspekt des öffentlichen Interesses eine zufällige Folge eines privaten Verkehrsgeschäfts. Das öffentliche Interesse an der Sanienmg kann daher nicht geleugnet werden.

62 Das wird nicht beachtet von Marburger. UTR 1987, 169, 193. 63 Leinemann, Städte und Altlastenhaftung, S. 97 ff. 64 Vgl. BGH, NJW 1978, 1258, 1259.

65 A.a.O., S. 98.

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§ 679 BGB berührt ferner nicht das Erfordernis eines Interesses des Geschäftsherrn i.S.d. § 683 BGB66. Insoweit ist gleichfalls zu berücksichtigen, daß der Verkäufer der Zustandsstörerhaftung nur deswegen entgeht, weil die Wandlung noch nicht vollzogen ist. Hätte der Käufer seinen Wandlungsanspruch schon realisiert, träfe die Kostenlast den Veräußerer. Die Befreiung davon liegt in seinem privaten Interesse. Er kann sich ebensowenig auf eine womöglich von ihm zu verantwortende - Verzögerung der Wandlung wie auf eine besonders schnelle Intervention der Ordnungsbehörde berufen, die ihren Anspruch bereits gegen den Käufer durchgesetzt hat. c) Das Vorhandensein des Fehlers bei Geltendmachung der Gewährleistungsrechte Der Umstand, daß nach der Sanierung der die Gewährleistungsansprüche auslösende Fehler nicht mehr vorhanden ist, führt auch nicht dazu, daß nunmehr die Gewährleistungsrechte nicht mehr in Anspruch genommen werden können. Dies wird in der Kommentarliteratur allerdings zum Teil vertreten67 . Weder in § 459 I BGB, der lediglich auf den Zeitpunkt des Gefahrübergangs abstellt, noch bei § 462 BGB ist aber das Erfordernis eines unveränderten Fortbestehens des Mangels ausdrücklich normiert. Eine entsprechende Auslegung verbietet sich. Die Aufwendung des Erwerbers kann dem Veräußerer nicht unverdient zugute kommen. Vielmehr ist auch dann gern. § 459 I BGB auf den Zeitpunkt des Gefahrübergangs abzustellen. Will der Erwerber die Sache weiter veräußern, kann er im Rahmen der Minderung allerdings nur die Wertdifferenz zwischen der ursprünglich mangelbehafteten und einer mangelfreien Sache verlangen. Der Normalfall der freiwilligen Mangelbeseitigung wird damit interessengerecht erfaßt. Aber auch wenn die Mangelbeseitigung nicht aus freien Stücken erfolgt (also in den Altlastenfällen, in denen der Erwerber die ordnungsrechtliche Inanspruchnahme nicht verhindern kann68 ), kann die nunmehrige Mangelfreiheit keinen Einfluß auf die Gewährleistungsrechte haben.

66 BGHZ 16, 12. 67 Palandt-Putzo, § 462 BGB, RdNr. 9. 68 Hier sind vergleichbare Fallgestaltungen denkbar. Muß der Erwerber eines mangelhaften Pkw eine Reparatur vornehmen lassen, um seinen Heimatort zu erreichen, hat dies ebenfalls keinen Einfluß auf die Gewährleistungsrechte.

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d) Der Verkäufer als Verursacher Wegen des Anspruchs aus §§ 459, 462, 465, 467, 347 S. 2, 99411, 683, 670 BGB sind Aufwendungen zu ersetzen, die zur Wahrung der Umweltintegrität erbracht worden sind. Nach Ablauf der kurzen Verjährungsfrist des § 477 BGB wäre die Inanspruchnahme des Veräußerers vereitelt. Zwar verjähren die Ansprüche aus der Wandlung nicht nach § 477 BGB, sondern eigenständig nach § 195 BGB in dreißig Jahren69 . Für diese Ansprüche ist die Geltendmachung des Anspruches auf Wandlung aber Voraussetzung. Nach Ablauf der Frist des § 477 BGB sind diese Ansprüche danach ohne die vorherige Geltendmachung der Wandlung nicht mit Unterbrechungswirkung nach § 209 BGB durchsetzbar. Ein Konflikt dieser Verjährungsregelung mit dem Verursacherprinzip ist möglich, wenn es sich beim Verkäufer eines kontaminierten Grundstückes um einen Verursacher handelt. Verursacher ist, wer durch eine wirtschaftliche Aktivität Kosten bei einem anderen Wirtschaftsteilnehmer erzeugt, ohne diese selbst tragen zu müssen. Ob es als weitere Voraussetzung darüber hinaus weiter erforderlich ist, daß dem Verursacher auch der Nutzen der Belastung zufließt, wird in der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur nicht weiter vertieft, da bereits die Kostenexternalisierung als betriebswirtschaftlicher Nutzen angesehen wird. Verursacher kann danach sowohl derjenige Veräußerer sein, der ein Grundstück selbst vorsätzlich oder fahrlässig verursacht hat, aber auch, wer nur ein belastetes Grundstück nutzt und in Verkehr bringt. Da die erstere Alternative die Ausnahme ist, soll hier zunächst die Verursachungshaftung aufgrund Wandlung geprüft werden, die den schuldlosen Veräußerer triffi70. Im Fall des bloßen Durchgangserwerbs kauft der Verkäufer seinerseits das Grundstück - ohne von der Belastung zu wissen - zum jeweiligen Marktwert eines nicht belasteten Grundstücks und veräußert das Grundstück später zu eben jenem Marktwert - evtl. plus einer Gewinnmarge - weiter. In einem so gelegenen Fall zieht der Verkäufer keinerlei altlastenbezogenen Nutzen aus dem Verkauf. Er spart aber die Belastung mit den Sanierungskosten. Diese Ersparnis beruht auch auf seiner wirtschaftlichen Aktivität, da der Verkäufer nach der Veräußerung nur deshalb nicht mehr belastet werden kann, weil er nunmehr nicht mehr Eigentümer des Grundstückes ist. Dies entspricht dem mit dem

69 Vgl. OLG Köln, NJW-RR 1995, 337; Palandt-Putzo. § 477 BGB, RrlNr. 8; Soergel-Huber, § 477 BGB, RdNr. 11; MünchKomm-Westennann, § 477 BGB, RdNr. 7; Staudinger-Honsell, § 477 BGB, RdNr. 17; Esser/Weyers, S. 53. 70 Zum Bestehen der verschuldensabhängigen Ansprüche, siehe Seiten 195 ff.

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Kaufvertrag angestrebten wirtschaftlichen Erfolg71. Da demnach eine dem Verursacherprinzip entsprechende Konstellation vorliegt, der Verursacher aber wegen der kurzen Verjährungsfrist nur bis zu deren Ablauf in Anspruch genommen werden kann, liegt ein Konflikt zwischen der kurzen vertraglichen Verjährungsfrist des § 477 BGB und dem umweltpolitischen Verursacherprinzip vor. Würde hier nun entgegen dem ausdrücklichen Wortlaut angestrebt werden, ohne Rücksicht auf das Verschulden des Vertragspartners die kurze Verjährungsfrist auszuschalten, liefe dies auf eine Behinderung des Geschäftsverkehrs hinaus. Eine solche ist aber nur in Kauf zu nehmen, wenn dies eine umweltbezogene wünschenswerte Verhaltensbeeinflussung zur Folge hätte. Das durch die Gewährleistungsregelungen zu beeinflussende Verhalten des Veräußerers stellt im Rahmen des Geschäftsverkehrs aber lediglich die Weitergabe des Verkaufsgegenstandes dar. Die zeitlich nicht limitierte Belastung des Veräußerers mit Ansprüchen im Rahmen der verschuldensunabhängigen Gewährleistung hätte aber lediglich ein größeres wirtschaftliches Risiko des Verkäufers zur Folge, dem keine Verbesserung der Umweltbedingungen durch Beeinflussung des Verkäuferverhaltens gegenübersteht. Würde der Verkäufer etwa durch eingehende Untersuchungen die Schadstoffbelastung des Grundstückes feststellen, müßte er entweder von der Weiterveräußerung absehen oder die Belastung offenbaren, obwohl er die Kontamination nicht selbst herbeigeführt hätte. Jedenfalls hätte er die Folgen dieser ihm nach dem Kaufrechtsmodell des BGB nicht aufgegebenen Untersuchung des Kaufgegenstandes zu tragen, obwohl sie nicht Folge seiner eigenen wirtschaftlichen Aktivität wäre. Allenfalls könnte er dann wiederum zeitlich nicht limitiert gegen seinen Verkäufer vorgehen. Gerade dieses unbegrenzte Zurückgehen in der Verkäuferkette zu verhindern, ist aber eine der Funktionen der zeitlichen Limitierung72 , die grundsätzlich ihren Sinn behält.

71 Auch wenn der Verkauf nicht diesen wirtschaftlichen Erfolg anstrebt, sondern etwa zu Sicherungszwecken erfolgt, konunt im übrigen eine Belastung des Sicherungsnehmers in Betracht, allerdings nur wenn dieser Volleigentümer der Sache wird, was bei Grundstücken eher die Ausnahme ist, vgl. SchneiderIEichholz, ZIP 1990, 18; vgl. auch Brandt, S. 399 ff. 72 Ohne den weiteren Ausführungen vorgreifen zu wollen, sei hier darauf hingewiesen, daß auch nach der hier vorgeschlagenen Lösung der Käufer die Möglichkeit hätte, in der Verkäuferkette bis zum schuldhaft Handelnden zurückzugehen, indem er sich die entsprechenden Ansprüche vom Verkäufer abtreten läßt, vgl. Seite 237. Damit trägt er aber das Risiko, daß sich der Anspruch gegen den schuldhaft Handelnden nicht realisieren läßt. 13 Meyer

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Die Gewähnmg von Aufwendungsersatzansprüchen auch im Rahmen der zeitlich limitierten Wandlung verfehlt allerdings weitergehende umweltbezogene Zielsetzungen. Ziel der Gewähnmg der Nebenansprüche im Rahmen der Wandlung ist vielmehr lediglich die nachteilslose Rückabwicklung vertraglicher Beziehungen. Die Gewähnmg der Sanierungskosten im Rahmen der Wandlung zielt damit aber nur auf die Wahrung des Äquivalenzverhältnisses. Nur soweit der Käufer berechtigt ist, wegen einer Äquivalenzstörung den Vertrag rückabzuwickeln, bezweckt die Regelung der Wandlung, daß diese ohne Nachteile fiir den Käufer zu geschehen hat. Insoweit ist aber nur seine Vertragserwartung geschützt73. Der umweltpolitische Verursacherbegriff stellt zwar auf ein Verschulden des Verursachers nicht ab, schafft aber keine eigenständige Haftungsgrundlage. Soweit eine verschuldensunabhängige Internalisierung externer Effekte angestrebt werden soll, muß legislatorisch vorgegangen werden. Dies ist in wichtigen Teilbereichen, wie etwa dem § 1 UmwHG oder dem § 22 WHG geschehen. Auch soweit der Verursacherbegriff fiir eine weitergehende Veräußererhaftung spräche, kann er keine Gesetzesauslegung contra legern konstituieren. Vielmehr muß man sich darauf beschränken, im Rahmen der bestehenden Rechtslage die Haftung im Sinne des umweltpolitischen Verursacherbegriffs zu effektivieren. Der durch Ablauf der kurzen vertraglichen Verjähnmgsfristen des § 477 BGB bestehende Konflikt dieser Regelung mit dem Verursacherprinzip ist also grundSätzlich hinzunehmen. 3. Ansprüche aus § 463 S. 1 BGB Ebenfalls um einen verschuldensunabhängigen Anspruch handelt es sich bei § 463 S. 1 BGB74. Auch hier kommen Ansprüche auf Ersatz der Sanierungskosten in Betracht, wenn der Verkäufer eine entsprechende Zusicherung abgibt: Sichert der Verkäufer etwa die Altlastenfreiheit zu, erstreckt sich diese Zusicherung auf die Schäden, die dem Erwerber dadurch entstehen, daß das Grundstück dennoch Altlasten aufweist. Die Kosten der Sanierung werden dann von der Zusicherung erfaßt, wie dies fiir den Schadenersatzanspruch aus § 463 BGB

73 Inwieweit auch diese Vertrags erwartung durch die vielfach als zu kurz empfundenen Fristen des § 477 BGB ungenügend geschützt wird, ist Gegenstand der legislatorischen Reformbemühungen der Schuldrechtskorrunission, die eine Verlängerung der Fristen auf drei Jahre anstrebt, vgl. § 195 I BGB-KE und die Begründung im Abschlußbericht, S. 47.

74 Vgl. bereits Seite 30.

I. Die Altlastenfälle

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erforderlich ist75 . Dennoch verstößt die kurze Verjährungsfrist nicht in weiterem Maße gegen das Verursacherprinzip als bei der Gewährleistungspflicht infolge Wandhmg, da die zusätzliche Einstandspflicht lediglich weitere verschuldensunabhängige Ansprüche schafft, die durch § 477 BGB zeitlich limitiert werden. Das bloße Versprechen, fiir die Folgen eines Umweltmangels aufkommen zu wollen, macht den Veräußerer nicht in stärkeren Maße zum Verursacher als den, der keine entsprechende Zusicherung abgibt. Den zusätzlichen Nutzen, den er aus dem Versprechen zieht76, zahlt er mit einem zusätzlichen verschuldensunabhängigen Haftungsrisiko. 4. Ansprüche gern. § 463 S. 2 BGB

Altlasten auf einem Grundstück sind teilweise nur mit erheblichem Aufwand zu entdecken. Das Gefahrenpotential von Kontaminationen wird zudem oftmals erst durch neuere wissenschaftliche Erkenntnisse greifbar. Wegen dieser Schwierigkeiten ist die kurze Frist des § 477 BGB oftmals vor Entdeckung der Altlast oder ihrer Gefährlichkeit abgelaufen. In § 477 BGB werden die Ansprüche wegen arglistigen Verhaltens explizit ausgenommen. Daher gilt die Frist des § 195 BGB77. In der Rechtsprechung spielen deshalb gerade im Altlastenbereich Ansprüche wegen arglistigen Verhaltens des Veräußerers eine bedeutende Rolle 78 .

75 Palandt-Putzo, § 463 BGB, RdNr. 15; Staudinger-Honsell, § 477 BGB, RdNr. 37; MünchKonun-Westerrnann, § 477 BGB, RdNr. 27; Soergel-Huber, § 477 BGB, RdNr. 60; Dabei wird allgemein davon ausgegangen, daß dieses Erfordernis nur für die Einbeziehung von Mangelfolgeschäden besteht, da der eigentliche Mangelschaden inuner von der Eigenschaftszusicherung erfaßt wird. Richtig ist daran, daß die Zusicherung generell so auszulegen ist, daß der Versprechende jedenfalls für den Ersatz des Mangelschadens einstehen will. Denkbar und zulässig sind aber auch Zusicherungen, die den Ersatz für bestinunte Mangelschäden ausschließen. Es handelt sich also lediglich um eine Auslegungsfrage bei Zusicherungen, ob und welche Schäden erfaßt sein sollen, und um eine typisierte Auslegung, daß jedenfalls der Mangelschaden abgedeckt ist. 76 Etwa ein höherer Preis oder ein Vorteil im Bedingungswettbewerb.

77 Vgl. etwa Raeschke-Kessler, NJW 1993, 2275, 2280; Marburger, UIR 1987, 169, 174. 78 Vgl. aus der neueren Rechtsprechung gerade zu Altlastenflillen, BGHZ 117,363; NJW 1994, 253, 254. KöcklMeier, JZ 1992, 548, 555, FN 111, sprechen von einer Umgehung der Frist des § 477 BGB durch die Rechtsprechung.

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F. Unzulänglichkeiten bei der kaufrechtlichen Haftung

a) Das Kenntniselement Arglistig handelt dabei der Verkäufer, der das Bestehen einer Altlast mindestens fiir möglich hält 79. Dabei reicht es fiir die Kenntnis von der Altlast noch nicht aus, daß der Veräußerer von einer vormaligen industriellen Nutzung des Grundstückes Kenntnis hat80. Dies begründet nach dem BGH81 nicht den Vorwurf arglistigen Verhaltens, da nicht jede - evtl. länger zurückliegende - industrielle Nutzung zu einer Schadstoffbelastung führen würde 82 . Tatsächlich kann arglistiges Verhalten des Veräußerers nur angenommen werden, wenn er Umstände kennt, deren Kenntnis fiir den Vertragspartner von Bedeutung ist. Die Kenntnis von einer vormaligen industriellen Nutzung des zu veräußernden Grundstücks ist aber nur dann fiir Vertragspartner von Bedeutung, wenn wegen der Art der industriellen Nutzung Auswirkungen fiir den Zustand des Grundstückes zu erwarten sind. Dabei ist nicht maßgeblich, ob die Nutzung zunächst fiir unbedenklich gehalten wurde. Vielmehr ist fiir die Beurteilung der Erkenntnisstand bei Übergabe des Grundstücks entscheidend. Hatte der Veräußerer danach Kenntnis von einer zurückliegenden industriellen Nutzung des Grundstücks und mußte er nach dem Erkenntnisstand bis zum Zeitpunkt der Übergabe davon ausgehen, daß diese zu einer Schadstoffbelastung geführt haben könnte, muß er dies dem Erwerber offenbaren83 . Etwas anderes gilt dann, wenn der Veräußerer mittlerweile Bodenuntersuchungen vorgenommen hat oder ein bestehender Anfangsverdacht fiir das V orliegen einer Altlast durch inzwischen vorgenommene umfangreiche Tiefbauarbeiten nicht bestätigt worden ist84 . Trotz der Kenntnis von der vormaligen industriellen Nutzung haben diese weiteren Umstände dann dazu geführt, daß der Verkäufer von der Schadstoffreiheit ausgehen durfte 85 . Nicht jede Untersu-

79 BGHZ 117,363,368.

80 Vgl. BGH, UPR 1992,438; allerdings für die Sorgfaltspflichten bei der Überplanung von ehemaligem lndustriegelände. 81 Vgl. auch BGH, NJW 1993,2615. 82 BGH, UPR 1992,438. 83 So auch Knoche, NJW 1995, 1985, 1991. 84 BGH NJW, 1994,253,254. 85 ln der Praxis wird der Verkäufer, der entsprechende Untersuchungen vornehmen ließ, dies als Argument bei Verkaufsgesprächen anführen können.

I. Die Alt1astenfälle

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chung führt allerdings zu einer entsprechenden Entlastung des Veräußerers. Vielmehr müssen die Untersuchungen von solcher Qualität sein, daß Altlasten, die bei einer entsprechenden industriellen Nutzung entstehen konnten, auch erkannt werden. Der ,,spatenstich", der die Befürchtung der Ölverseuchung des Grundes zerstreuen soll, genügt also nicht. Neben der Kenntnis von der vormaligen industriellen Nutzung sind auch andere dem Veräußerer bekannte Tatsachen geeignet, dessen Kenntnis vom Vorliegen einer Altlast oder von der nahe liegenden Möglichkeit, daß eine Altlast vorliegen könnte, zu begründen. Entschieden ist dies für die Frage, ob der Veräußerer vom Vorliegen von Sondermüll Kenntnis hatte, wenn er wußte, daß das Grundstück als wilde Müllkippe genutzt wurde86. Da der Veräußerer bei wilden Müllkippen keine Kenntnis von der Zusanunensetzung des deponierten Unrats hatte, muß er damit rechnen, daß auch als Sondermüll zu qualifizierende Abfälle verbracht worden sind87 . b) Umfang des Schadenersatzanspruches aus § 463 Satz 2 BGB Handelt der Veräußerer arglistig, kann der Erwerber Schadenersatz wegen Nichterfüllung verlangen. Dabei gibt es bekanntermaßen grundsätzlich zwei Möglichkeiten der Schadensberechnung, den "großen" und den "kleinen" Schadenersatzanspruch88 . Wählt der Erwerber den "kleinen" Schadenersatzanspruch, behält er also das Grundstück und macht die auf der arglistigen Vorspiegelung beruhenden Schäden geltend, ist es allgemeine Meinung, daß er die Kosten für die Mängelbeseitigung vom Veräußerer erlangen kann 89. Die Kommentarliteratur ist hier teilweise mißverständlich. Reich90 gibt Z.B. an, daß der Erwerber lediglich den Wertunterschied zwischen einer mangelfreien und einer

86 BGHZ 117,363. 87 BGHZ 117,363; der BGH stellte offenbar auf die Kenntnis von der Belastung mit Sondennüll ab, da von einfachen Müllablagerungen keine das ordnungsrechtliche Eingreifen erforderlich machende Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausgeht. 88 Vgl. Jauemig-Vollkommer, § 463 BGB, Anm. 4 C, aa und bb; Ennan-Grunewald, § 463 BGB, RdNr. 11 ff.; Soergel-Huber, § 463 BGB, RdNr. 38, 39; StaudingerHonsell, § 463 BGB, RdNr.42; MÜllchKomm-Westennann, § 463 BGB, RdNr. 19; RGRK-Mezger, § 463 BGB, RdNr. 13, 14; AK-Reich, § 463 RdNr. 5. 89

Vgl. nur BGHZ 108, 156, 160.

90 AK-Reich, § 463 BGB, RdNr. 5.

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mangelbehafteten Sache verlangen kann. Bei Westermann91 wird darauf abgestellt, daß es sich bei der Frage um ein Problem der Schadensberechnung handelt. Er folgt der h.M.92 darin, daß der Ersatz der Mangelbeseitigungskosten als Berechmlllg des Wertunterschieds zwischen mangelbehafteter und -freier Sache zu qualifizieren sei. Wegen des Ausschlusses der Nachbesserung in den §§ 459 ff. BGB kommt ein Anspruch auf Naturalrestitution nicht in Betracht93 . Aus dem Wortlaut des § 249 Satz 2 BGB ergibt sich aber gerade, daß jedenfalls bereits aufgewendete Leistungen fiir die Mängelbeseitigung zu ersetzen sind. Der Wertunterschied ist lediglich der nach § 472 BGB berechnete Mindestschaden94 , wenn der Erwerber nicht darlegen kann, in welcher Höhe Reparaturkosten angefallen sind. Das notwendige Zumutbarkeitskriterium95 , das es im Normalfall dem Erwerber versagt, wirtschaftlich unvernünftige Reparaturmaßnahmen zu tätigen, ergibt sich dann zwanglos aus der aus § 254 BGB abgeleiteten Schadensminderungspflicht96 . Bei Altlastenfallen, in denen der Sanierungsaufwand den Grundstückswert wesentlich übersteigt, fiihrt dies dennoch nicht dazu, daß der Erwerber diese nicht ersetzt verlangen kann97 . Vielmehr verstößt der Erwerber nicht gegen seine Schadensminderungspflicht, wenn er öffentlich-rechtlich zur Sanierung verpflichtet wird98 .

91 MünchKomm-Westerrnann, § 463 BGB, RdNr. 21. 92 Soergel-Huber, § 463 BGB, RdNr. 53; Staudinger-Honsell, § 459 BGB, RdNr. 42; RGRK-Mezger, § 463 BGB, RdNr. 13. 93 Soergel-Huber, § 463 BGB, RdNr. 54; Staudinger-Honsell, § 459 BGB, RdNr. 44; RGRK-Mezger, § 463 BGB, RdNr. 13. Ein solcher ergibt sich nach geltender Rechtslage allenfalls aus § 242 BGB. Im Entwurf der Schuldrechtskommission ist nunmehr vorgesehen, daß entgegen der geltenden Rechtslage ein Nachbesserungsanspruch des Käufers bestehen soll, vgl. § 438 BGB-KE, Abschlußbericht S. 209. 94 Soergel-Huber, § 463 BGB, RdNr. 53. 95 MünchKomm-Westerrnann § 463 BGB, RdNr. 21. 96 Soergel-Huber § 463 BGB, RdNr. 54.

97 Im übrigen wäre dies ein Argument gegen die Annahme, daß es sich bei diesen Aufwendungen um bloße Mangelschäden handelt, vgl. hinten Seite 204 ff. 98 In der Spezialliteratur werden die Sanierungskosten denn auch problemlos als von § 463 S. 2 BGB erfaßt angesehen, vgl. Raeschke-Kessler, NJW 1993,2275,2281; Wollburg/Spieth, S. 345; Brandt S. 355; Frey, S. 126; Marburger, UTR 1987,169,175.

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Wenn die Sanierung noch nicht durchgefiihrt wurde, ist zu fragen, ob der Erwerber vom Veräußerer die Erfüllung der Verpflichtung aus der öffentlichrechtlichen Inanspruchnahme verlangen kann. Das könnte - wie gesagt - auf einen Nachbesserungsanspruch des Erwerbers hinauslaufen, der in den §§ 459 ff. BGB nicht vorgesehen ist. Ein solches Nachbesserungsrecht wird in der Literatur nur im Einzelfall und dann aus § 242 BGB hergeleitet99. Während das Nachbesserungsrecht auf die Wiederherstellung des Kaufgegenstandes gerichtet ist, richtet sich die Sanierung bei den Altlastenfällen auf die Beseitigung einer ordnungsrechtlichen Gefahr. Die Wiederherstellung der Verwertungsmöglichkeit ist bloßer Annex dieser Gefahrbeseitigung. Der Schaden des Käufers besteht in der ordnungsrechtlichen Verbindlichkeit. Schadenersatz kann insoweit in Fonn einer Befreiung von der Verbindlichkeit verlangt werden. Damit wird aber bei den Altlastenfällen nicht das Recht des Käufers eröffnet, den Verkäufer auf Vornahme der Sanierung in Anspruch zu nehmen 100, sondern nur ein Schadenersatzanspruch auf Freistellung von der ordnungsrechtlichen Pflicht gewährt. Im Rahmen des "großen" Schadenersatzanspruches könnte in Frage zu stellen sein, ob der Erwerber auch dann, wenn er die Rückgabe des kontaminierten Grundstücks anstrebt, die Sanierungskosten ersetzt verlangen kann. Im Nonnalfall des Veräußerungsgeschäftes spielt dies praktisch keine Rolle, da der Käufer, der den "großen" Schadenersatzanspruch wählt, kawn Aufwendungen vorschießen wird, die er dann mühsam vom Verkäufer eintreiben muß. Allerdings stellt sich das Problem, wenn der Erwerber nach öffentlichem Recht herangezogen wurde. Die Spezialliteratur beläßt es hier, soweit überhaupt differenziert wird, bei der Empfehlung, den kleinen Schadenersatz zu wählen 101 . Auch beim "großen" Schadenersatz ist der Sanierungsaufwand aber zu ersetzen, da die Sanierung nicht zur Mängel- sondern zur Gefahrbeseitigung vorgenommen wird, dann aber keinerlei Einfluß auf die Berücksichtigungsfähigkeit beim Schadenersatzanspruch hat.

99 Vgl. AK-Reich § 462 BGB, RdNr. 17; eingehend Köhler JZ 1984,393. 100 Wobei er damit nicht aus seiner öffentlich-rechtlichen Pflicht entlassen wird, sondern allenfalls den Verkäufer zur Erfüllung dieser Pflicht heranziehen kann. 101 Vgl. Frey, S. 126; Marburger, UIR 1987, 169, 175.

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c) Der arglistig handelnde Verkäufer als Verursacher Wegen des Ausschlusses der Anspruche aus dem Anwendungsbereich des

§ 477 BGB und der daraus folgenden Anwendbarkeit der dreißigjährigen Verjährungsfrist des § 195 BGB können sich keine durch die kurzen vertraglichen

Verjährungsfristen bedingten Konflikte mit dem Verursacherprinzip ergeben. Gerade der arglistig handelnde Veräußerer ist aber als Verursacher anzusehen. Dabei stellt die Differenz zwischen dem Marktwert eines kontaminierten Grundstücks zu dem eines alt1astenfreien Grundstücks den Nutzen dar, den der Verkäufer auf Kosten des Erwerbers zieht. Selbst wenn der arglistig handelnde Veräußerer die Kontamination nicht selbst herbeigefiihrt hat, ist er dann aber als Verursacher im Sinne des Verursacherprinzips anzusehen, da seine wirtschaftliche Aktivität (der Verkauf) einen negativen Effekt (die Sanierungskosten) auf ein anderes Wirtschaftssubjekt (den Käufer) hat und er daraus einen Nutzen zieht (die Wertdifferenz und die ersparten Sanierungskosten)102. 5. Ansprüche aus verschuldeter Vertragsverletzung a) Die verletzte Pflicht Anspruche wegen der Verletzung vertraglicher Schutzpflichten kommen nur dann in Betracht, wenn im Rahmen einer vertraglichen Beziehung oder eines gesteigerten sozialen Kontakts schuldhaft gegen Pflichten, die gegenüber dem Vertragspartner bestehen, verstoßen wird 103. Anknüpfungspunkt ist daher zunächst das bestehende Vertragsverhältnis, in dessen Rahmen eine Pflichtverletzung zu einem Schaden beim Vertragspartner gefiihrt hat l04 . Hat der Verkäufer 102 Dabei kommt es für die Haftung aus § 463 S. 2 BGB nicht allein auf die handelnde Person an. Auch wenn nur ein Organ oder eine Hilfsperson entsprechendes Wissen hat, zieht die Gesellschaft oder juristische Person einen entsprechenden Nutzen aus der wirtschaftlichen Aktivität. Die Internalisierung setzt dann bei dieser an, in dem qua Haftungsrecht die Beseitigungskosten auf sie abgewälzt werden. Die Wissenszurechnung bei juristischen Personen (vgl. bereits für den Kaufvertrag oben Seite 79.) ermöglicht damit die nach dem Verursacherprinzip gebotene (vgl. bereits Seite 150 und 154.) Blindheit für die Eigenarten der Organisationsstruktur des Verursachers. Erlangt dieser ein Wissen, das er an den Erwerber weiterleiten müßte, braucht nicht wie im Deliktsrecht ein Organisationsverschulden herangezogen zu werden, sondern das Unternehmen haftet, soweit ihm dieses Wissen zuzurechnen ist. 103 Vgl. nur Palandt-Heinrichs, § 276 BGB, RdNr. 107; AK-Dubischar, vor § 275 BGB, RdNr. 33. 104 Vgl.- MünchKomm-Emmerich, vor § 275 BGB, RdNr. 228.

I. Die Altlastenfälle

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das später verkaufte Grundstück selbst kontaminiertlOS, ist dies bei den Altlastenfallen typischerweise geschehen, bevor ein Kaufvertrag mit dem späteren Erwerber auch nur in Betracht gezogen wurde. In der fahrlässigen Kontamination 106 des Grundstückes liegt daher zunächst keine Pflichtverletzung gegenüber dem Vertragspartner, da mit diesem typischerweise noch kein geeigneter sozialer Kontakt geknüpft ist. Die von der Kontamination ausgehende Gefahr der Belastung mit den Sanierungskosten trifft zunächst lediglich den Verkäufer als Verhaltens- und evtl. zusätzlich in seiner Eigenschaft als Eigentümer als Zustandsstörer. Fraglich ist aber, ob das einmal gegebene fahrlässige Handeln durch die Aufnahme der Vertragsverhandlungen und den späteren Vertragsschluß zu einer Pflichtverletzung gegenüber dem Vertragspartner fiihrt107. Die Frage, ob in der Herbeifiihrung eines Mangels eine Pflichtverletzung zu sehen ist, wird in Literatur und Rechtsprechung im Zusammenhang mit der Behandlung der Konkurrenz der Ansprüche aus p VV und solchen aus den §§ 459 ff. BGB behandelt. Bei der ganz herrschenden Auffassung, daß die §§ 459 ff. BGB eine Sonderregelung nur hinsichtlich des Mangelschadens, nicht aber hinsichtlich des Mangelfolgeschadens bilden l08 , wird bei den dann möglichen Ansprüchen hinsichtlich des Mangelfolgeschadens von einer Verletzung vertraglicher Pflichten durch die schuldhafte Lieferung einer mangelhaften Sache ausgegangen I 09. Anders ist es zum Beispiel nicht erklärbar, daß der

lOS Diese Fallgruppe wird in der Spezialliteratur aber praktisch nicht berücksichtigt, vgl. etwa Marburger, UTR 1987, 169, 176 ff. 106 Die Fälle des Vorsatzes kann man wegen der dann gegebenen Arglisthaftung hier vernachlässigen. 107 Problemlos ist vom Vorliegen einer Pflichtverletzung auszugehen, wenn nach Vertragsschluß schuldhaft ein Mangel an der Sache herbeigeführt wird, vgl. MÜIlchKonun-Enunerich, vor § 275 BGB, RelNr. 228; Staudinger-Honsell, Vorbem. zu § 459 BGB, RdNr. 44; Knöpfte, NJW 1990,2497,2505. 108 Ständige Rechtsprechung, vgl. etwa BGH, NJW 1980, 1950; BGHZ 77,215; dem folgend die Literatur, vgl. nur Reuter, BB 1988,499; vgl. Palandt-Putzo, Vorbem. v. § .459 RdNr. 6; Soergel-Wiedemann, vor § 275 BGB, RdNr. 415; weitergehend etwa RGRK-Mezger § 459 BGB, RelNr. 3, der eine Schadenersatzhaftung wegen Eigenschaften jenseits der Grenzen des § 463 BGB generell ausschließen will; kritisch MÜIlchKonun-Enunerich, vor § 275 BGB, RelNr. 234. 109 RGRK-Löwisch, Vorbem. zu §§ 275-283 BGB, RelNr. 23; Soergel-Wiedemann, vor § 275 BGB, RdNr. 415; MÜIlchKonun-Enunerich, vor § 275 BGB, RdNr. 229; Knöpfte, NJW 1990,2497,2505.

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Verkäufer aus positiver Vertragsverletzung haften soll, wenn er giftigen Futtermais 110, verunreinigtes Saatgut 111 oder ähnliches liefert. Jeweils ist lediglich erforderlich, daß er das Vorhandensein des Mangels zu vertreten hat und ihn bis zur Übergabe nicht beseitigt. Betrachtet man die Lage bei der Produzentenhaftung l12 , ergibt sich, daß der zunächst fehlende Bezug auf den späteren Vertrag nicht entscheidend sein kann. Stellt hier jemand eine Sache für eigene Zwecke her, die folglich auch nur ihn selbst gefährdet, haftet er, wenn er sie später weiterveräußert, aus § 823 I BGB. Anknüpfungspunkt ist hier zwar, daß der Produzent die Sache willentlich aus seinem Einflußbereich entläßt, da sich die zunächst auf seinen Wirkungskreis begrenzte Gefahr nwunehr auf andere erstreckt 113. Das Inverkehrbringen 114 ist aber insoweit nur einer der beiden Anknüpfungspunkte für die Haftung des Produzenten 115. Danach ist in der schuldhaften Herbeifiihrung eines Mangels in Verbindung mit dem Inverkehrbringen jeweils eine Pflichtverletzung in Form der Schutzpflichtverletzung gegeben. Die Gefahr öffentlich-rechtlicher Sanierungsverantwortlichkeiten, die zunächst nur den späteren Veräußerer selbst betrifft, trifft durch die Weitergabe nwunehr den Erwerber l16 .

110 RGZ 66, 289. 111 RGZ 53, 200. 112 Was sich angesichts der strukturellen Ähnlichkeiten der vertraglichen Schutzpflichten des Verkäufers zu den Verkehrssicherungspflichten des Produzenten anbietet; vgl. etwa die Überschrift bei AK-Dubischar, vor § 275 BGB, RdNr. 29: "Vertragliche Verkehrspflichten" oder die Formulierung "quasi-vertragliche Verkehrspflichten" von BfÜggemeier, DIT 1994, K 50. 113 Palandt-Thomas, § 1 ProdHaftG, RdNr. 14; Staudinger-Schäfer, § 831 BGB, RdNr. 180; RGRK-Steffen, § 823 BGB, RdNr. 269; MÜDchKomm-Mertens, § 823 BGB, RdNr. 286; Soergel-Zeuner, § 823 BGB, RdNr. 145; Erman-Schiemann, § 823 BGB, RdNr. 112; vgl. auch für die Verkehrspflichten des Grundstückeigentümers, z.B. RGRK-Steffen, § 823 BGB, RdNr. 215 ff.; MÜDchKomm-Mertens, § 823 BGB, RdNr.204. 114 Das bei der Inanspruchnahme des Verkäufers wegen der Weiterveräußerung notwendig vorliegt. 115 So zutreffend RGRK-Steffen § 823 BGB, RdNr. 269, obgleich auch Umstände des Inverkehrbringens die Inanspruchnahme begründen können, vgl. zu den Entsorgungspflichten bereits Seiten 169 ff. 116 Wenn auch in der abgeschwächten Form der Zustandsverantwortlichkeit.

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Eine Pflichtverletzung innerhalb bestehender vertraglicher Beziehungen kann nicht dadurch erreicht werden, daß auf eine Verletzung entsprechender Aufklärungspflichten abgestellt wird. Würde man etwa eine Haftung deshalb bejahen, weil der fahrlässig eine Kontamination verursachende Verkäufer es ebenso fahrlässig versäumt, den später avisierten Vertragspartner über eine entsprechende, dem Grundstück irinewohnende Gefahr aufzuklären, würde dies auf eine weitere Aufweichung der Haftung aus § 463 Satz 2 BGB hinauslaufen. Eine positive Vertragsverletzung ist aber im Überschneidungsbereich des § 463 Satz 2 BGB möglich, wenn der Veräußerer fahrlässig kontaminiert und in Verkehr bringt oder bei einem Grundstück fahrlässig eine Kontamination ermöglicht und in Verkehr bringt.

b) Einordnung der Pflichtverletzung unter die positive Vertragsverletzung bzw. die culpa in contrahendo Fraglich bleibt, ob es sich bei der so gegebenen Pflichtverletzung um eine handelt, die zur Haftung nach den Grundsätzen der culpa in contrahendo oder nach denen der positiven Vertragsverletzung fUhrt. Die Rechtsprechung verfährt hier nicht ganz eindeutig l17 . Insbesondere die Fälle der Schutzpflichtverletzungen werden überwiegend unter die positive Vertragsverletzung subsumiert 118, während es bei der Verletzung vorvertraglicher Aufklärungs- und Beratungspflichten bei der Einordnung unter die Grundsätze der culpa in contrahendo verbleibt l19 . Dies ist im Zusammenhang mit der Frage der Anspruchskonkurrenz zwischen Ansprüchen aus culpa in contrahendo und solchen aus den §§ 459 ff. BGB zu sehen. Hier wird eine Verdrängung der culpa in contrahendo durch die Gewährleistungsregelungen angenommen l20 . Das gilt allerdings nur fiir solche Vertragsverletzungen, die sich auf Eigenschaften der Kaufsache beziehen. Danach wird die culpa in contrahendo in erster Linie dann verdrängt, wenn der Verkäufer fahrlässig falsche Angaben über Eigenschaften der Kaufsache macht 121. Bei Schutzpflichtverletzungen wurde auch im Rahmen kaufvertraglicher Beziehungen jeweils eine Haftung nach den Grundsätzen der culpa in

117 Vgl. bereits Seite 68. 118 V gl. bereits Seite 69. 119 Jedenfalls in neuerer Zeit. In BGH, WM 1984, 1092; 1985, 1167; 1985, 463 wurden auch Fälle der Verletzung von Beratungspflichten unter die pVV subsumiert. 120 V gl. bereits Seite 68 ff. 121 Vgl. bereits Seite 75.

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contrahendo angenommen l22 . Diese Fälle zeichnen sich aber dadurch aus, daß die Schutzpflichtverletzungen nicht im Zusammenhang mit Eigenschaften der Kaufsache stehen. In unserem Fall führt die Schutzpflichtverletzung aber zur Mangelhaftigkeit der Sache, die zu einem weiteren Vermögensschaden beim Erwerber führt123. Handelt es sich dabei um eine vorvertragliehe Schutzpflicht, wäre nach der gängigen Abgrenzung zwischen culpa in contrahendo und den §§ 459 ff. BGB die culpa in contrahendo verdrängt 124. Die Frage, ob es nicht einen unnötigen Systembruch darstellt, daß nach den Grundsätzen der positiven Vertragsverletzung jedenfalls die Mangelfolgeschäden neben der Mangelgewährleistung nach den §§ 459 ff. BGB ersetzt werden können, dies aber bei Ansprüchen aus culpa in contrahendo verwehrt bleiben soll 125, soll hier dahingestellt bleiben. Die durch die schuldhafte Herbeiführung des Mangels gegebene Gefahrdung der Vermögenssphäre des Erwerbers konkretisiert sich nämlich erst durch die Weitergabe der gefährdenden Sache. Damit ist die Schutzpflichtverletzung aber erst abgeschlossen, wenn der Veräußerer im Rahmen des bestehenden Kaufvertrages die Sache als Erfiillung übergibt. Erst in dieser Kombination wird die Schutzpflicht gegenüber dem Vertragspartner verletzt. Es spricht demnach nichts dagegen, einen solchen Fall nach den Grundsätzen der positiven Vertragsverletzung zu beurteilen. c) Die Sanierungskosten als Mangelschaden? Der Sanierungsaufwand fiir Altlasten wird als reiner Mangelschaden qualifiziert l26 . Nach allgemeiner Auffassung besteht aber mit den §§ 459 ffBGB eine

122 Vgl. dazu die "klassischen" eie-Fälle BGH, NJW 1962, 31 - Linoleumrolle und BGHZ 66, 51 - Salatblatt. 123 Schutzpflichten bestehen nach al1gemeiner Auffassung nicht nur im Hinblick auf absolut geschützte Rechtsgüter, sondern auch in Bezug auf die hier tangierte al1gemeine Vennögenssphäre des Vertragspartners, vgl. nur Esser/Schmidt, SehR AT, Band 1 Teilband 2, S. 129 f. 124 So auch Marburger, UTR 1987, 169, 177, der al1erdings nur die Fal1gruppen untersucht, in denen der Veräußerer Aufklärungs- und Beratungspflichten verletzt, nicht die, in denen der Veräußerer die Altlast selbst herbeiführt. 125 Vgl. etwa Frey, S. 128. 126 Vgl. etwa Leinemann, Städte und Altlastenhaftung, S. 47; Wol1burglSpieth, S. 345; Brandt S. 356; Reuter, BB 1988,497,499.

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abschließende SonderregelWlg hinsichtlich des reinen Mangelschadens l27 . Eine entsprechende verschuldensabhängige Haftung aus positiver Vertragsverletzung kommt hinsichtlich des Sanierungsaufwandes dann aber nicht in Betracht. Es fragt sich aber, ob die in der Spezialliteratur vorgenommene EinordnWlg als Mangelschaden folgerichtig ist. Diese folgt ausnahmslos aus der EinordnWlg der Sanierungskosten als Kosten der Reparatur des Grundstücks l28. Die Kosten fiir die Fehlerbeseitigoog sind aber nach allgemeiner AuffassWlg reine Mangelschäden l29 Wld damit nach den §§ 459 ff. BGB abschließend geregelt. In solchen Fällen ist die EinordnWlg als Mangelschaden auch folgerichtig Wld stellt eine angemessene Regulierung der divergierenden Interessen dar. Mit der Übergabe geht die Sachgefahr auf den Käufer über, der wegen nach der Übergabe eintretenden Verschlechterung der "Sach"-lage den Verkäufer nicht in Anspruch nehmen kann. Auch insoweit solche Verschlechterungen bereits vor der Übergabe vorhanden oder jedenfalls angelegt130 waren, trägt der Käufer die Sachgefahr nach Ablauf der Verjährungsfrist des § 477 BGB endgültig. Das gesetzliche Gewährleistungsmodell geht mit der verschuldensWlabhängigen Gewährung von Minderung Wld WandlWlg davon aus, daß fiir den Käufer eine Mangelbeseitigoog nur dann von Interesse ist, wenn der dafiir zu erwartende Aufwand Wlter dem Wert der Sache bleibt. Liegt der Aufwand fiir die MangelbeseitigWlg über dem Wert der Sache, ist diese fiir den Warenverkehr ohne Interesse 131. Insofern dienen die Gewährleistungsrechte mit ihrer grundsätzli-

127 Vgl. bereits FN 108. 128 Vgl. Brandt, S. 356; Frey, S. 129; Marburger, UTR 1987, 169, 177; Leinemann, Städte und Altlastenhaftung, S. 47. 129 Staudinger-Honsell, § 463 BGB, RdNr. 42; RGRK-Mezger, § 463 BGB, RdNr. 13; AK-Reich, § 463 BGB, RdNr. 4; Soergel-Huber, § 463 BGB, RdNr. 28; MünchKomm-Westermann, § 463 BGB, RdNr. 21. Walter, S. 211; BGH, NJW 1983, 1424; OLG Karlsruhe, OLGZ 1979,431; Für das Mietrecht vgl. EsserlWeyers, S. 139.

130 Zur Mängelgewährleistung bei Fehlern, die bei Übergabe noch nicht vorhanden waren, aber bereits in der Sache angelegt waren, vgl. MünchKomm-Westermann, § 459 BGB, RdNr. 29; Soergel-Huber, § 459 BGB, RdNr. 59; Palandt-Putzo, § 459 BGB, RdNr. 6; Staudinger-Honsell, § 459 BGB, RdNr. 33; JauerningVollkommer, § 459 BGB, Anm. 5. 131 Vgl. insofern die Argumentation des BGH im Kondensatoren-Fall, BGHZ 117, 183, 189 f.

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F. Unzulänglichkeiten bei der kaufrechtlichen Haftung

chen Beschränkung auf das Verkehrsinteresse der Aktivierung der Werthaltigkeit des veräußerten Wirtschaftsgutes. Zur bloßen Wahrung des Äquivalenzinteresses wird es dem Käufer vor Ablauf der kurzen Verjährungsfrist ermöglicht, auf den Verkäufer zurückzugreifen. Das Dogma, daß für den Mangelbeseitigungsaufwand neben den verschuldensunabhängigen Gewährleistungsansprüchen Ansprüche aus p VV nicht in Betracht kommen, verhindert, unabhängig von der Anwendung der kurzen Verjährungsfrist, daß der Käufer einen gesamtwirtschaftlich sinnlosen Anspruch erlangtI32. Wäre es ihm möglich, die Mangelbeseitigungskosten (auch) aus pVV zu verlangen, bestände die Gefahr, daß für die Wiederherstellung eines Wirtschaftsgutes andere Güter eingesetzt werden, die den Wert des wiederhergestellten Gutes übersteigen. So vernünftig diese Lösung ist, wenn es darum geht, das beeinträchtigte Wirtschaftsgut für den Güterverkehr zu aktivieren, so folgt daraus nichts für den Fall, in dem die Wiederherstellung nicht dieser Aktivierung, sondern anderen Zwecken dient. Gerade bei den Altlastenfällen dient die Sanierung eines belasteten Grundstückes aber nicht (nur) der Wiederherstellung der Verkehrsfähigkeit des Grundstückes. Vielmehr setzt eine an den Grundstückseigentümer gerichtete Sanierungsverfügung gerade voraus, daß eine von dem Grundstück ausgehende Gefahr für andere Rechtsgüter besteht 133. Gerade in einem solchem Fall greifen die Gründe, die sonst für eine abschließende Regelung durch die §§ 459 ff. BGB gegenüber Ansprüchen aus pVV sprechen, also nicht.

132 Vor Ablauf der Verjährungsfrist kann der Käufer die Reparaturkosten ohne Heranziehung der positiven Vertragsverletzung im Rahmen der verschuldensunabhängigen Gewährleistung realisieren, entweder, in dem er sie gern. § 472 BGB als kaufpreismindernd - aber nur bis zur Höhe des Kaufpreises - berücksichtigt oder im Rahmen der Wandlung als Anspruch auf Ersatz der notwendigen Verwendungen geltend macht. 133 Jedenfalls soweit die Inanspruchnahme aufgrund der polizeilichen GeneralklauseI erfolgt. Die einzelnen Bundesländer versuchen mit Einführung spezieller Bodengesetze die Eingriffsschwelle auf den begründeten Gefahrenverdacht herunterzusetzen, vgl. Pape, NJW 1992, 2661, 2663; Paßliek, DVBI. 1992, 674, 675; vgl. aber Oerder der annimmt, daß sich aus den neuen Landesgesetzen keine Besonderheiten des speziellen Landes- gegenüber dem allgemeinen Ordnungsrecht ergibt, NVwZ 1992, lO31, 1033; vgl. auch Seibert, DVBI. 1992, 664, 666 ff.. Damit einher geht im übrigen eine beschränkte Zulässigkeit der Inanspruchnahme des Zustandsstörers. Für eine Begrenzung der Zustandsverantwortlichkeit in Höhe des Wertes des Grundstückes auch im Anwendungsbereich allgemeiner ordnungsrechtlicher Normen spricht sich Pape, NJW 1992, 2661,2666 aus; vgl. auch Kretz UPR, 1993,41,47; Oerder, NVwZ 1992, 1031, lO36. Die ökologische Perspektivlosigkeit solcher Vorschläge liegt auf der Hand.

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I. Die Altlastenfälle

Entgegen der bisherigen EinordnWlg der SanierWlgsaufwendWlgen als reiner Mangelschaden bietet sich vielmehr eine EinordnWlg als Mangelfolgeschaden an. Es entspricht dabei wohl herrschender AuffassWlg, daß Regreßansprüche, die aufgrWld eines Mangels gegen den Erwerber geltend gemacht werden, als Mangelfolgeschaden einzuordnen sind 134. Auch hier erfolgt die SanierWlg aufgrWld der Inanspruchnahme Dritter, namentlich der OrdnWlgsbehörden zur Abwehr einer öffentlich-rechtlichen Gefahr. Die BeseitigWlg der Altlast Wld damit des Mangels ist bloßer Annex dieser GefahrenbeseitigWlg. Die BelastWlg mit den SanierWlgskosten betrifft damit nicht das VerwertWlgsinteresse des Erwerbers, sondern seine weitere Integritätssphäre. Die Inanspruchnahme zur GefahrenbeseitigWlg erwächst nicht aus der bloßen wirtschaftlichen VerwertWlg des GrWldstückes. Entgegen der bisherigen allgemeinen EinordnWlg der SanierWlgskosten als Mangelschaden können diese danach als Mangelfolgeschaden qualifiziert werden. d) Kurze VerjährWlg der Ansprüche nach der bisherigen Rechtslage Werden die Kosten für die SanierWlg als Mangelfolgeschaden qualifiziert, fragt es sich, ob sich dann ein Konflikt zwischen umweltbezogenem Verursacherprinzip Wld den kurzen vertraglichen VerjährWlgsfristen ergibt. Auch der Anspruch aus positiver VertragsverletZWlg Wlterliegt nach der RechtsprechWlg der kurzen Frist des § 477 BGB, wenn die PflichtverletZWlg im Zusammenhang mit der Mangelhaftigkeit der Sache steht l35 . Da hier die PflichtverletZWlg neben der Weitergabe im Rahmen des Kaufvertrages darin besteht, daß der Veräußerer den Mangel verursacht, verjähren auch die Ansprüche auf Ersatz der SanierWlgsaufwendWlgen in der einjährigen Frist des § 477 BGB. Ein Konflikt mit dem dargestellten Verursacherprinzip könnte sich ergeben, wenn der schuldhaft eine UmweltbeeinträchtigWlg hervorrufende Veräußerer als profitierender Verursacher anzusehen ist. Dafür müßten den Kosten, die dem Erwerber durch die SanierWlg entstehen, ein entsprechender Nutzen des Veräußerers gegenüberstehen. Neben den Kosten, die der Veräußerer dadurch erspart, daß er nicht selbst zur SanierWlg herangezogen wird, spart er die Kosten, die er hätte aufbringen müssen, um sorgfaltsgemäß die BelastWlg zu vermeiden. Da der Veräußerer in solchen Fällen also als Verursacher anzusehen ist, ergibt sich durch die kurze VerjährWlg ein Konflikt mit dem umweltbezogenen Verursa-

134 Vgl. Soergel-Huber, § 463 BGB, RdNr. 45. 135 Vgl. bereits Seite 67 ff.

§ 463 BGB,

RdNr.

31;

MünchKomm-Westennann,

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F. Unzulänglichkeiten bei der kaufrechtlichen Haftung

cherprinzip. Entgegen der Lage bei den verschuldensunabhängigen Gewährleistungsanspruchen 136 entspricht dieser Konflikt aber nicht der gesetzlichen Wertung, sondern folgt aus der entsprechenden extensiven Interpretation des § 477 BGB. Insoweit ist zu untersuchen, ob es im Rahmen dieser Interpretation notwendig ist, dem Verursacherprinzip auch bei der vertragsrechtlichen Haftung stärkeres Gewicht zu verleihen. Das hängt von der Reichweite der deliktischen Haftung ab, die insoweit ebenfalls kurz vorab zu skizzieren ist.

6. Die deliktische Haftung des Veräußerers for Altlasten a) Ausgangslage Der Konflikt mit dem Verursacherprinzip wäre allerdings vermieden, wenn der Veräußerer dem Erwerber nach Deliktsrecht fiir die Sanierungskosten einstehen müßte. Die Sanierungskosten selbst sind zunächst eine bloße Vermögensbeeinträchtigung des Erwerbers und als solche nach deliktischen Maßstäben nicht ersetzbar. Eine Ersatzpflicht könnte sich nur ergeben, wenn die Vermögenseinbuße ihrerseits Folge etwa einer Eigentumsbeeinträchtigung wäre 137 . Danach könnte man erwägen, ob in der Verursachung der Altlast eine solche Eigentumsbeeinträchtigung zu sehen ist. Da dadurch zunächst lediglich die Kaufsache selbst beeinträchtigt wird, kommt eine Eigentumsbeeinträchtigung nur in den Fällen der weiterfressenden Mängel in Betracht 138. Bei den dort behandelten Fallgruppen ist es aber erforderlich, daß sich nach der Übergabe ein Mangel in das sonstige, bis dahin unbeeinträchtigte Eigentum des Erwerbers ausweitet. Die Altlastenfälle zeichnen sich aber gerade dadurch aus, daß die Altlast teilweise bereits über mehrere Jahrzehnte unverändert auf dem Grundstück besteht 139. Nur in Fällen, in denen nach der Vollziehung des Kaufvertrages sich Verunreinigungen im Boden ausweiten, kommt eine deliktische Haftung des Veräußerers in Betracht l40 . In den typischen Altlastenfällen schei-

136 Vgl. bereits Seite 192 und 194. 137 Vgl. RGRK-Steffen, § 823 BGB, RdNr. 5; Soergel-Zeuner, § 823 BGB, RdNr. 42; Ennan-Drees, § 823 BGB, RdNr. 44; Kötz, S. 30. 138 V gl. bereits Seite 82 ff. 139 Vgl. etwa BGH, BB 1986,2289,2291. Leinemann, Die Haftung für Altlasten, S. 116; Reuter, BB 1988, 497, 500; Rank, BayVBI. 1988, 390, 392; Brandt, S. 360. 140 Etwa der durchrostende Tank, aus dem später Kraftstoff in das Erdreich gelangt, vgl. AG Lemgo, NJW-RR 1990, 927.

I. Die Altlastenfälle

209

det eine deliktische Haftung des Veräußerers aus, Wld es bleibt beim Konflikt zwischen der kurzen VerjährWlgsfrist Wld dem Verursacherprinzip. Eine deliktische Haftung im Rahmen der RechtsprechWlg zu den weiterfressenden Mängeln könnte sich aber ergeben, wenn anläßlich der SanierWlg bisher Wlbeeinträchtigte Teile des GrWldstückes zerstört werden. Ist es etwa fiir die SanierWlg Wlumgänglich, ein Gebäude abzutragen, um das darilllterliegende Erdreich zu entsorgen, käme nach den in der Kondensator-EntscheidWlg l41 formulierten GrWldsätzen eine deliktische Haftung des Veräußerers in Betracht. In dieser EntscheidWlg sah der BGH eine Eigentumsverletzung darin, daß anläßlich der Mangelbeseitigmg ansonsten Wlbeeinträchtigte Sachen beschädigt wurden l42 . Ein Lieferant hatte einem Hersteller von ABS-Systemen mangelhafte Kondensatoren geliefert. Infolge der Mangelhaftigkeit waren die ABSSysteme nicht zu gebrauchen. Um seinerseits dem Abnehmer der Systeme nicht ersatzpflichtig zu werden, hatte der Hersteller die mangelhaften Kondensatoren durch mangel freie ersetzt l43 . Anläßlich der Reparaturarbeiten mußten weitere Teile der ABS-Systeme beschädigt werden. Der BGH entschied, daß in einem solchen Fall zwischen der schuldhaft mangelhaften LieferWlg einer Sache Wld der späteren ZerstörWlg ein adäquat-kausaler Zusammenhang besteht. Die Eigentumsbeeinträchtigmg geht in solchen Fällen über das durch den Vertrag abschließend geregelte Äquivalenzinteresse hinaus l44 . Die in der Literatur geäußerte Kritik an der Kondensator-EntscheidWlg stellt teilweise darauf ab, daß es an einer Eigentumsverletzung fehle, weil der Eigentümer die Sache selbst zerstöre l45 . Dies scheint fiir den Fall, daß die HandlWlg des Eigentümers nur dazu dient, die VerwendWlgsfahigkeit durch Mangelbeseitigmg wiederherzustellen, tatsächlich fragwürdig. Zumindest müßte berücksichtigt werden, ob der Eigentümer seinerseits nicht alles Mögliche versucht hat, den anläßlich der Reparatur eintretenden Schaden an der Restsache zu vermeiden. Das ist aber im Rahmen des § 254 BGB unschwer zu bewerkstelligen, so daß in der mangelhaften ErstellWlg eine adäquat kausale Ursache fiir die

141 BGHZ 117, 183. 142 BGHZ 117, 183, 189. 143 Was im zu entscheidenden Fall kostengünstiger war, als neue zu Systeme herzustellen, vgl. BGHZ 117, 183, 189. 144 BGHZ 117, 183, 188. 145 Vgl. Hinsch, VersR 1992, 1053, 1057. 14 Meyer

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F. Unzulänglichkeiten bei der kaufrechtlichen Haftung

anläßlich der Sanierung erfolgte Eigentumsbeeinträchtigung gesehen werden kann. Ungeachtet der teilweise harschen Kritik 146 würde nach der KondensatorEntscheidung ein deliktischer Anspruch aber auch hinsichtlich der Sanierungsaufwendungen in Betracht kommen, da dort auch die Aufwendungen fiir den Ausbau des mangelhaften Teils als ersatzfähig anerkannt worden sind 147. Dabei verkennt der BGH, daß die Kosten fiir die Reparatur als Vermögensschaden nur ersetzbar wären, wenn sie Folge einer Eigentumsverletzung sind. Die Eigentumsverletzung kann hier allerdings lediglich in der anläßlich der Reparatur notwendigen Beschädigung ansonsten fehlerfreier Teile gesehen werden. Lediglich die Aufwendungen fiir die Beseitigung dieser durch die Mangelhaftigkeit adäquat-kausal verursachten Eigentumsbeeinträchtigung sind wieder ein nach Deliktsrecht zu ersetzender Schadensposten, nicht aber die Aufwendungen fiir Handlungen, die erst zum Eigentumsschaden führen l48 . Die Grundsätze der Kondensator-Entscheidung helfen aber nur in einer besonderen Konstellation zum deliktischen Schadenersatz. Für die Masse der Altlastenfälle ist sie ohne Bedeutung. Handelt es sich demnach bei den Kosten fiir die Sanierung um eine bloße Vermögensposition, könnte eine deliktische Einstandspflicht nur aus § 823 11 BGB folgen. Dafiir müßte mit der Kontamination des Grundstückes ein Schutzgesetz verletzt worden sein, das den Käufer auch hinsichtlich der Belastung mit den Sanierungskosten schützt. Durch die Kontamination wird oftmals gegen § 326 StGB verstoßen, da die Verbringung von als Altlast einzustufenden Stoffen in den Boden eines Grundstückes eine Verbringung von Abfällen 149 außerhalb der dafiir vorgesehen Anlagen oder eine Behandlung dieser Abfälle

146 Vgl. etwa BrüggemeierlHerbst, JZ 1992,802; Hinsch, VersR 1992, 1053.

147 BGHZ 117, 183, 189. 148 Steffen, einer der maßgeblichen BGH-Richter, ging noch in VersR 1988, 977, 979 selbst davon aus, daß die Aufwendungen für Aus- und Einbau des mangelhaften Teils nicht nach Deliktsrecht ersetzbar sind. 149 Vor der Einbringung handelt es sich bei den Stoffen um bewegliche Sachen, da diese noch keine Verbindung mit dem Grundstück eingegangen sind. Nur bewegliche Sachen sind aber Abfälle i.S.d. § 1 AbfG, wie dies auch für § 326 maßgeblich ist, vgl. Lackner, § 326 StGB, RdNr. 2; Schönke/Schröder-StreelLenckner, § 326 StGB, RdNr. 2b; Dreher-Tröndle, § 326 StGB, RdNr. 2; LeipzigerKomm-Steindorff, § 326 StGB, RdNr. 3. Auch nach dem § 3 KrW-AbfG bleibt es bei dieser Einschränkung auf bewegliehe Sachen.

I. Die Altlastenfälle

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entgegen der vorgesehenen Verfahren sein kann I 50. Eine Hafumg des Verkäufers gern. § 823 11 BGB folgt daraus aber nur dann, wenn § 326 StGB vor der Belastung mit Sanierungskosten schützen will. Geschütztes Rechtsgut ist bei den §§ 324 ff. StGB die Umwelt als ganzes l51 . Die Umwelt als Rechtsgut der Allgemeinheit ist den Individualrechtsgütern zwar vorgelagert. Diese Vorverlagerung hat aber die Funktion, humane Lebensbedingungen zur Verwirklichung von individuellen Freiheiten zu gewährleisten. Gegen die allgemeine Qualifizierung der §§ 324 ff. StGB als individualschützende Normen spricht auch die Besonderheit in § 330 I Satz 1, 2. Halbsatz StGB. Der dort normierte Gefährdungstatbestand sieht eine u.a. härtere Bestrafung vor, wenn fremde Sachen gefährdet werden I 52. Der durch die §§ 324 ff. StGB vorgesehene Schutz betrifft also nicht allgemeine Individualrechtsgüter. Die öffentlich-rechtlichen Gesetze, gegen die anläßlich einer Kontamination verstoßen worden sein könnte, wie etwa § 2 AbfG oder § 22 WHG, sehen entweder eigene Hafumgsregelungen vor l53 oder sind zum Schutz öffentlicher

150 Davon werden wegen des verfassungsrechtlichen Rückwirkungsverbotes aber nur solche Kontaminationen erfaßt sein, die nach 1980 eingebracht wurden. Bereits vorher bestanden aber entsprechende Strafuonnen in den Spezialgesetzen, vgl. Kloepfer, 1989, S. 244 ff., RdNr. 334 ff. 151 Vgl. Dreher-Tröndle, vor. § 324 StGB RdNr. 3; Lackner, vor § 324 StGB, RdNr. 7; Schönke/Schröder-Cramer, Vorb. §§ 324 StGB, RdNr. 8; LeipzKomm-Steindorff, vor § 324 StGB, RdNr. 9. 152 Darauf, daß hier zum Zeitpunkt der Kontamination die Sache noch im Eigentum des Verkäufers war und daß die Qualifikation des § 330 I Satz 1, 2. Halbsatz StGB deshalb nicht vorliegt, sei hier nur verwiesen. 153 So § 22 WHG, vgl. dazu unten. Die in den einzelnen Landesgesetzen vorgesehenen Regelungen stellen allerdings keine eigenständigen Haftungsgrundlagen dar, da dort lediglich auf das bürgerliche Recht verwiesen wird, vgl. § 10 III des badenwürttembergischen Bodenschutzgesetzes vom 24. Juni 1991 (GBI. S. 434); § 10 V des Ersten Gesetzes zur Abfallwirtschaft und zum Bodenschutz im Freistaat Sachsen (EGAB) vom 12. August 1991 (GVBI. S. 306). Auch in den Gesetzen, in denen keine explizite Verweisung enthalten ist, sondern eine entsprechende Regelung, wird inhaltlich (mehr oder weniger geglückt) ein Gesamtschuldverhältnis begründet, vgl. etwa § 21 I Satz 3 und 4 Hessisches Abfallwirtschafts- und Altlastengesetz (HessAbfAG) in der Fassung vom 26. Februar 1991 (BVBI. I S 106): "Mehrere Sanierungsverantwortliche haben untereinander einen Ausgleichsanspruch. Dabei hängt die Verpflichtung zum Ersatz untereinander von den Umständen ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder anderen verursacht worden ist."; vgl. auch den inhaltsgleichen § 28 III

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F. Unzulänglichkeiten bei der kaufrechtlichen Haftung

Interessen erlassen 154. Soweit die Beeinträchtigtmg individueller Schutzgüter zusätzlich angefiilirt und deshalb ein Individualschutz durch die entsprechende Nonn gewährt wird l55 , geht der dann über § 823 II BGB gewährte Schutz der individuellen Vennögenssphäre über den des § 823 I BGB nicht hinaus. In sonstigen Fällen ergibt sich ein Individualschutz allenfalls für solche Personen, die ein besonderes Nutzungsrecht hinsichtlich des beeinträchtigten Umweltgutes haben, so z.B. nach dem WHGI56. b) Deliktischer Vennögensschutz ? Hinsichtlich der Aufwendungen für die Gefahrensanierung bleibt es damit in den Altlastenfällen bei einem Konflikt zwischen dem Verursacherprinzip und der durch die Rechtsprechung konstituierten Anwendung der kurzen vertraglichen Verjährungsfrist des § 477 BGB. Da nach hier vertretener Ansicht die Sanierungskosten nach den Grundsätzen der positiven Vertragsverletzung bei schuldhafter Herbeifiihrung der Altlasten und Inverkehrbringen des belasteten Grundstücks durch den Verkäufer ersetzbar sind, ist zu fragen, ob de lege lata Möglichkeiten bestehen, diesem Konflikt zu entgehen. Eine Möglichkeit dazu wäre die Ausweitung des Deliktsschutzes auch auf die Sanierungskosten bei Umweltschäden. des Landesabfallwirtschafts- und Altlastengesetzes von Rheinland-Pfalz (RhldPfLAbfWAG) in der Fassung vom 30. Apri11991 (GVBI. S. 251) sowie § 20 I Thüringer Abfallwirtschafts- und Altlastengesetz (THAbfAG) vom 31. Juli 1991 (GVBI. S 273). 154 Vgl. Brandt, S. 370; a.A. Sieg, SGb 1987,441. 155 Vgl. Knopp, BB 1990, 575, 582; Nauschütt S. 93; zum Schutzgesetzcharakter von § 2 I Satz 2 Nr. 2 AbfG hinsichtlich des Eigentums an geflihrdeten Nutztieren vgl. OLG Hamm, NJW-RR 1990,794; zu § 22 II WHG AG Lemgo, NJW-RR 1990, 927; zu landesrechtlichen Vorschriften des § 14 III, V Nr. 2 BayWaldG OLG München, MDR 1990,1012; zu § 90 NRWWassG OLG Düsseldorf, NVwZ-RR 1993, 339.

156 Vgl. Leinemann, Städte und Altlastenhaftung, S. 104. Eine andere Frage stellt sich, wenn der Grundstückseigentümer vom Nutzungsberechtigten auf Schadenersatz in Anspruch genommen wird, was aus dem bloßen Zustand des Grundstückes allerdings nur dann folgt, wenn sich auf dem Grundstück eine Anlage gern. § 22 II WHG befindet. Dann hat er einen von einer Nutzungsberechtigung unabhängigen Anspruch gegen Mitverursacher aus § 426 BGB i.V.m. § 22 II Satz 2 WHG. Das verkennt Leinemann (Städte und Altlastenhaftung, S. 104), der davon ausgeht, daß auch insofern eine Nutzungsberechtigung vorliegen muß.

1. Die AltiastenfaJle

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Das hieße aber, die grundsätzliche Beschränkwlg des Deliktsschutzes auf absolut geschützte Rechtspositionen in Richtung eines allgemeinen Vermögensschutzes aufzuweichen. Anfang der achtziger Jahre wurde etwa versucht, einen auf Handlungsunrecht bezogenen deliktischen Schutz einzuführen. Speziell für die Berufshaftung wurde erwogen, die Verletzung von Verkehrspflichten analog § 823 11 BGB als Verstoß gegen ein Handlungsgebot zu konstruieren l57 . Da dies verstärkt das Vermögen in den Deliktsschutz des § 823 BGB einbezogen hätte, wurde ein solches Konzept von Rechtsprechung und herrschender Meinung abgelehnt l58 . Eine Ausweitung des deliktsrechtlichen Vermögensschutzes wurde bislang nur vereinzelt im Rahmen der Anerkennung sonstiger Rechte gewagt. Neben der Konstituierung eines allgemeinen Persönlichkeitsschutzes kann als eine derartige Ausweitung insbesondere die Anerkennung des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb angesehen werden I59. Jeweils wurde eine derartige Erweiterung aber an die Konstituierung eines sonstigen Rechts angeknüpft. Eine Einbeziehung der Sanierungskosten in den Deliktsschutz hätte demnach zur Voraussetzung, daß die absolut geschützte Rechtssphäre des Käufers durch die Belastung mit den Sanierungskosten betroffen wäre. Eine entsprechende Heranziehung der Rechtsprechung zum eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb scheint hier aber nicht sinnvoll, da schadensersatzrechtlicher Umweltschutz nicht erst bei Beteiligung eines Gewerbebetriebes einsetzen kann. 7. Weitere Ansprüche

Neben vertraglichen und deliktischen Ansprüchen werden in der Literatur jeweils andere Lösungsmöglichkeiten gesucht, wo zu erreichen, daß der Grundstückserwerber nicht die endgültige Kostenlast für die ordnungsrechtliche Inanspruchnahme tragen muß l60 . Auch Ausgleichsansprüche gegenüber dem Staat

157 So von Brüggemeier, WM 1982, 1294, 1303; Deutsch, JuS 1980,318. 158 Siehe Steifen, VersR 1980,409; vgl. aber Soergel-Zeuner, § 823 BGB, RdNr. 4, der von einer deliktsrechtlich ähnlichen Bedeutung der Verkehrspflichten wie bei den Schutzgesetzen LS.v. § 823 II BGB spricht; vgl. auch Brüggemeier, WM 1982, 1294, 1303. 159 Kötz, S. 32. 160 Die Resignation hinsichtlich der Möglichkeit hier auf zivilrechtlichem Wege zu einer angemessenen Kostenverteilung zu kommen, ist weit verbreitet, vgl. etwa Leine-

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F. Unzulänglichkeiten bei der kaufrechtlichen Haftung

wurden dabei in Betracht gezogen. So wurde die AufIassWlg vertreten, der GfWldstückseigentümer sei entsprechend der in den §§ 45 ff. ME PolG vorgesehenen RegelWlg wie ein Nichtstörer zu entschädigen l61 . Das setzt allerdings eine Vergleichbarkeit des Nichtstörers mit dem für die SaniefWlg in Anspruch Genommenen voraus 162. Die Verantwortlichkeit des in Anspruch Genommenen ergibt sich aber aus seiner Eigenschaft als Zustandsstörer. Diese eigenständige PflichtenstellWlg bringt die damit im Zusammenhang stehende KostenbelastWlg notwendig mit sich l63 , so daß eine für die entsprechende HeranziehWlg erforderliche Ähnlichkeit nicht besteht l64 . Anknüpfungspunkt für einen internen Regreß zwischen ÜfWldstücksveräußerer Wld -erwerber ist dabei jeweils die Situation, daß der Veräußerer die Altlast mann, Städte und Altiastenhaftung, 102; Diederichsen, UTR 1985, 117, 118. Es gibt aber durchaus Stimmen, die davon ausgehen, daß sich aus dem Zivilrecht nur im Einzelfall keine befriedigende endgültige Lastenverteilung ergebe, vgl. etwa Schwabe, UPR 1984, 7, 10; Fleischer, S. 84 ff.. Daß im Ergebnis mit Ausgleichsansprüchen zu rechnen ist, ergibt sich aber bereits aus der Tatsache, daß die Behörde ohnehin grundsätzlich den Verhaltensstörer heranziehen müßte (vgl. Papier, S. 71; Pape, NJW 1992, 2661, 2667) und nur Gründe der effektiven Gefahrenabwehr die Inanspruchnahme des Zustandsstörers rechtfertigen, vgl. Oerder, NVwZ 1992, 1031, 1037; VogellMartens, S. 304; VG Schleswig, NJW 1976, 820; VGH München, BayVBI. 1978,340; a.A. VGH Mannheim, NVwZ-RR 1991,27,28; NVwZ 1990, 179, 180; Kretz, UPR 1993,41,46. 161 Giesberts, S. 261 ff. 162 Diese sieht Giesberts , S. 261 ff. als gegeben an; ähnlich auch Schwachheim, NVwZ 1988,225,227; Kormann, UPR 1983,281,287, letzterer mit verfassungsrechtlichem Bezug, da er von einem Sonderopfer des Zustandsverantwortlichen ausgeht. Zum analog der Nichtstörerentschädigung gegebenen Anspruch des Zustandsstörers, wenn sich nachträglich herausstellt, daß von der Sache objektiv keine Gefahr ausging und der in Anspruch Genommene die den Gefahrverdacht begründenden Umstände nicht zu vertreten hat, vgl. BGH, NJW 1994,2355; BGHZ 117,303 m.w.N.; vgl. auch das VGH Mannheim, NVwZ-RR 1991, 24, 26, das eine Kostenbelastung des Eigentümers auch dann befürwortet, wenn sich der Gefahrverdacht nicht bestätigt hat, ihm aber ebenfalls ein Nichtstörerentschädigung zugesteht. 163 Vgl. Seibert, DÖV 1983, 964, 970 f.; Seimer, Gedächtnisschrift für W. Martens, S. 492; Giesberts, S. 28 f.; VGH München, NVwZ-RR 1989,298,299; eingehend Götz, DVBI. 1984, 14; anderer Ansicht Griesbeck, S. 104 ff., 113 f., der mit beachtlichen Gründen zwischen der Gefahrabwendungs- und der Kostentragungspflicht trennen will. 164 Vgl. Leinemann, Städte und Altiastenhaftung, S. 103 Kloepferffhull, DVBI. 1989,1121,1122, Dienes u.a., RdE 1987,86,99.

I. Die Altlastenfälle

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selbst verursacht hat. In einem solchen Fall könnte der Veräußerer als Verhaltensverantwortlicher ebenfalls ordnungsrechtlich fiir die Sanierung herangezogen werden. Die öffentlich-rechtliche Inanspruchnahme legt den Gedanken nahe, den Ausgleich auch öffentlich-rechtlich zu bewältigen l65 . Entscheidend spricht aber dagegen, daß damit der interne Regreß der Verfiigungsbefugnis der in Anspruch genommenen Störer entzogen würde, so daß mit der Rechtsprechung des BGH166 von der zivilrechtlichen Einordnung des Regreßanspruches zwischen mehreren Störern auszugehen ist. Daran werden auch die Bestrebungen in der Gesetzgebung, in speziellen Boden- und Altlastengesetzen eine Regelung zu treffen, nichts ändern l67 . Jeweils ist dort vorgesehen, daß es sich jedenfalls in der Sache bei mehreren Störern um Gesamtschuldner handelt, also fiir das Innenverhältnis praktisch auf das bürgerliche Recht verwiesen wird.

165 Etwa nach dem Institut der öffentlich-rechtlichen Geschäftsführung olme Auftrag oder in Form eines öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruches, den die Behörde per Verwaltungsakt gegen den Verhaltensstörer festsetzt, vgl. dazu KloepferfThull, DVBl. 1989, 1121, 1122 f .. Einen anderen Ansatzpunkt sehen Dienes u.a., RdE 1987,86,99, die als Grundlage einen allgemeinen Rechtsgrundsatz als Ermächtigungsgrundlage heranziehen. Ob allerdings überhaupt "das Postulat der Gerechtigkeit" als öffentlichrechtlicher Rechtsgrundsatz besteht, scheint zweifelhaft, da jede gesetzliche Regelung ein solches Ziel anstrebt. Auch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit den Dienes u.a. anführen (RdE 1987, 86, 99), ist nur bei einer hoheitlichen Entscheidung zu berücksichtigen und taugt nicht als alleinige Ermächtigungsgrundlage; dazu kritisch Giesberts, S. 205, der zutreffend darauf hinweist, daß das verfolgte Ziel einer gerechten Lastenverteilung schwerlich als Entscheidungsgrundlage taugt, vgl. auch Leinemann, Städte und Altlastenhaftung, S. 104. Auf das Gebot der Gerechtigkeit berufen sich auch andere Autoren, olme daß jeweils direkt Rechtsfolgen abgeleitet werden, vgl. etwa Seibert, DÖV 1983,964,972. 166 Vgl. BGHZ 16, 12 ff.; NJW 1965, 1595 f.; 1981, 2457; BGHZ 98, 235, 240: ,,Das Polizeirecht hat die Regelung dieses Bereichs dem bürgerlichen Recht überlassen." 167 Zur einschlägigen Regelung des § 24 11 BodenschutzG (vom 17.3.1998, BGBl. I, S. 502), der pauschalisierend auf § 426 I Satz 2 BGB verweist, vgl. auch die insoweit inhaltsgleichen landesgesetzlichen Regelungen bereits in FN 153; vgl. zur Frage ob diese landesgesetzlichen Regelungen gegen Art. 74 Nr. 1 GG verstoßen, RaeschkeKessler, NJW 1992,2275,2281 f.; vgl. auch Oerder, NVwZ 1992, 1031, 1038.

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F. Unzulänglichkeiten bei der kaufrechtlichen Haftung

a) Ansprüche aus Geschäftsfiihnmg ohne Auftrag Ohne eine entsprechende Verweisung wurde in der Literatur diskutiert, ob dem Zustands- gegen den Verhaltensstörer zivilrechtliche Ansprüche aus Geschäftsfiihnmg ohne Auftrag gern. §§ 683, 670 BGB zustehen l68 . Dagegen wurde vorgebracht, daß ein Anspruch aus Geschäftsfiihnmg ohne Auftrag schon deshalb nicht in Betracht komme, weil ersatzfähige Aufwendungen nur solche sein könnten, die auf einer freiwilligen Aufopferung von Vermögenswerten beruhten l69 . Das Merkmal der Freiwilligkeit war aber in der Vergangenheit eher ein Indiz für das Vorliegen eines Fremdgeschäftsfiihnmgswillens und wurde für den Begriff der Aufwendungen kaum noch herangezogen. Gerade bei öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen wurde seit langem vom BGH170 lediglich darauf abgestellt, daß es sich wenigstens um ein "auch fremdes" Geschäft handeln müsse 171. Dennoch hat der BGH einen Aufwendungsersatzanspruch des Zustandsstörers abgelehnt, da die Erfüllung der Ordnungspflicht für diesen ein bloß eigenes Geschäft sei 172. Dies ändere sich nicht dadurch, daß eine entsprechende Ordnungspflicht des Verhaltensstörers bestehe, die durch die polizeiliche Verfügung nur aktualisiert werde. Die Verfügung gegen den Verhaltensstörer, der nicht Eigentümer des Grundstückes sei, habe nämlich einen anderen Inhalt als die gegen den Eigentümer. Im konkreten Fall hatte die Ordnungsbehörde den Eigentümer verpflichtet, mittels eines zu erstellenden Brunnens zu überwachen, ob Erdaushübe wassergefährdende Arsenreste enthielten. Diese wurden vom Verhaltensstörer mit Genehmigung des Eigentümers verfüllt, der auf einer ehemaligen Kiesgrube eine Deponie betrieb. Da dem Verhaltensstörer der Betrieb eines solchen Brunnens ohne entsprechende Genehmigung des Eigentümers verwehrt gewesen wäre, hätte eine entsprechende Verfügung gegen ihn nicht ergehen können 173. Der BGH stellte schließlich darauf ab, daß eine entsprechende Verfügung an den Verhaltensstörer auch sachgerecht war, da dieser

168 Vgl. etwa Marburger, UTR 1987,169,191; Rank, BayVBI. 1988,390,395. 169 Vgl. Rasch, 2. Aufl., RdNr. 22a.

170 BGHZ 16, 12; 40, 28; 98, 235. 171 Vgl. nur BGH, NJW 1981,2457. 172 BGH, NJW 1981,2457.

173 Obgleich der BGH einräumt, daß man dies im Ergebnis mit einer zusätzlichen Duldungsverfiigung an den Eigentümer hätte erreichen können, vgl. NJW 1981,2457, 2458.

1. Die AltlastenfaIle

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wegen der örtlichen Nähe und der gegenüber dem Verhaltensstörer gesicherteren Leistungsfähigkeit die Gefahrenabwehr besser gewährleisten konnte l74 . Daran änderte auch die spätere Rechtsprechung nichts l75 , da in späteren Entscheidungen lediglich darauf verwiesen wurde, daß der fiir den Anspruch aus § 683 BGB erforderliche Fremdgeschäftsfiihrungswille bei Vorliegen eines "auch fremden" Geschäfts vermutet werde l76 . Vielmehr stellt der zuständige 3. Senat nunmehr darauf ab, daß die öffentlich-rechtlichen Verhaltenspflichten generell keinen Einfluß auf den zivilrechtlichen Ausgleich zwischen den Störern haben können 177. Tatsächlich können die öffentlich-rechtlichen Maßstäbe, nach denen eine Qualifikation als ordnungsrechtlicher Störer vorgenommen wird, nicht den zivilrechtlichen Ausgleich zwischen diesen Störern präjudizieren. Bei der öffentlich-rechtlichen Inanspruchnahme können die einzelnen Verursachungsbeiträge nicht erschöpfend berücksichtigt werden, um das vorrangige Ziel der Gefahrenabwehr nicht zu gefährden. Dies würde voraussetzen, daß die Behörden weitere Ermittlungen anstellen müßten, um zu einer möglichst gerechten Lastenverteilung zu kommen l78 . Zwar ist dies ein Gesichtspunkt im Rahmen der zu treffenden Ermessensentscheidung, da nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit das mildeste Mittel zu wählen ist, den verfolgten Zweck zu erreichen l79. Doch ist dieser Zweck die effiziente, schnelle Gefahrenabwehr.

174 Inwieweit die Entscheidung aus anderen Gründen heute nicht mehr als tragfähig erscheint, da der Anspruch des Zustandsstörer nach heutiger Rechtsprechung des gleichen Senats aus §§ 683 LV.m. 1004 I BGB begründet wäre (BGHZ 110,313), kann hier nicht weiter vertieft werden, da die näheren Umstände der vertraglichen Verbindung zwischen Verhaltens- und Zustandsstörer nicht bekannt sind und hier nur thematisiert wird, inwieweit sich ein Anspruch auch § 683 BGB bereits aus der Eigenschaft als ordnungsrechtlicher Störer ergibt. 175 KloepferfThull, DVBI. 1989, 1121, 1124 gehen davon aus, daß der BGH nunmehr einem Anspruch aus Geschäftsfiihrung ohne Auftrag nicht mehr ablehnend gegenüber stehe, obgleich der BGH die Frage ausdrücklich offengelassen hat und nur zugesteht, daß ein fremdes Geschäft vorliegen könnte. 176 Vgl. BGHZ 98, 235, 240. 177 Vgl. BGHZ 98, 235, 240; BGHZ 110,313,318. 178 Vgl. KloepferfThull, DVBI. 1989,1121; Ossenbühl, DÖV 1976,463,471; Dienes u.a., RdE 1987, 99; Kormann, UPR 1983, 281, 285; VGH Kassel, NVwZ 1992, 1101,1102. 179 Vgl. Knemeyer, S. 141; VogellMartens, S. 304 ff.; Götz, RdNr. 234; Fleischer, S. 89 ff.; Dies wird in der Regel die vorrangige Inanspruchnahme des Handlungsstörers

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F. Unzulänglichkeiten bei der kaufrechtlichen Haftung

Schon dieser Entscheidungsdruck verhindert eine erschöpfende Berücksichtigung des intern interessegerechten Ausgleichs unter mehreren Störern l80 . Räumliche Nähe, Leistungsfähigkeit l81 und ähnliches sind zwar im Rahmen der unmittelbaren Gefahrenabwehr notwendig, um die Beseitigung zu forcieren, für den zivilrechtlichen Ausgleich aber letztlich unbedeutend I 82. Nach der unmittelbaren Gefahrenabwehr besteht ein entsprechender Entscheidungsdruck zwar nicht mehr l83 . Doch ist auch dann fraglich, ob die entscheidende Umweltbehörde die im Zivilrecht notwendigen Differenzierungen berücksichtigen kann 184. Nicht nur Verj ährungsfristen 185, auch andere vertragliche Risikodispositionen, sowie andere schuldrechtliche Besonderheiten müßvor dem Zustandsstörer sein, da dessen lediglich aus Art. 1411 GG folgt, vgl. BayVGH, DVBl. 1986, 1283; UPR 1989, 195; Götz, RdNr. 237; unklar VGH Bad.-Württ., UPR 1994,271,272; a.A. Ossenbühl, DÖV 1976,463,471; Papier, NVwZ 1986,256,262; ders. DVBI. 1985,873,879 differenzierend Gusy, RdNr. 289 f. 180 Vgl. etwa Schwabe, UPR 1984, 7, 8. 181 Vgl. etwa VGH Mannheim, NVwZ 1990, 179 f.; Gusy, RdNr. 291; Seibert, DVBl. 1992,664,673. 182 Berücksichtigung können solche Gesichtspunkte aber im Rahmen des § 679 BGB finden, da bei Bestehen eines entsprechenden zivilrechtlichen Anspruches auf Beseitigung gegen den Verhaltensstörer die Ausübung durch den Geschäftsführer (Zustandsstörer) im öffentlichen Interesse liegt, vgl. BGHZ 16, 12, 16. 183 Hier bestehen denn auch Ansätze, bei der nachträglichen Kostenverteilung entsprechend der Verursachungsbeiträge zu quoteln, vgl. etwa Schabe, UPR 1984, 7, 9. Der fehlende Entscheidungsdruck ist aber ein entscheidendes Argument für die von Griesbeck vertretene Ansicht, daß aus der Gefahrabwendungspflicht nicht notwendig die Kostentragungspflicht folgt, vgl. Griesbeck, S. 104 ff., 113 f. 184 Zumal eine Kostenbelastung von Personen, die vor der Beseitigung nicht per Verfügung zur Beseitigung herangezogen wurden, im öffentlichen Recht bislang nicht vorgesehen ist. Ohne vorangegangene Verfügung ist die nachträgliche Kostenbelastung gegen einen Störer nur möglich, wenn eine unmittelbare Gefahr zum Handeln zwingt. Dann besteht die Möglichkeit, eine konkretisierte Ordnungspflicht im nachhinein zu begründen, vgl. Seibert, DVBl. 1992, 664, 668. In der Literatur wird denn auch teilweise vorgeschlagen, einfach gegen alle in Betracht kommenden Störer Verfügungen ergehen zu lassen, um eine nachträgliche gerechte Lastenverteilung durchführen zu können, oder bereits bei der Verfügung eine anteilsmäßige Verpflichtung zu konkretisieren, vgl. Schwachheim, S. 168. 185 Vgl. BGHZ 98, 235 und dazu Seiten 225 ff.

1. Die Altlastenfälle

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ten in eine solche EntscheidWlg Eingang fmden. Hier verbindliche EntscheidWlgen zu treffen, ist aber Aufgabe der Parteien Wld der ordentlichen Gerichtsbarkeit. Entsprechendes kann von der OrdnWlgsbehörde schon wegen fehlender Sachkenntnis nicht geleistet werden l86 . Gegen einen Anspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag spricht schließlich, daß die Verfiigoog gegen den GfWldstückseigentümer auch einen anderen RegelWlgszweck haben kann. So bestehen nach allgemeiner MeinWlg DuldWlgspflichten des GfWldstückseigentümers hinsichtlich der SaniefWlgsmaßnahmen l87 . Auch daraus können aber KostenbelastWlgen folgen, etwa wegen einer EinschränkWlg der Nutzung des GfWldstückes l88 . Hier per se einen AufwendWlgsersatzanspruch zu konstituieren, wird den damit im Zusammenhang stehenden Problemen nicht gerecht. Im Verhältnis zum Verkäufer ist insoweit WlZWeifelhaft das bloße Verwertungsinteresse des Käufers hinsichtlich des Kaufgegenstandes betroffen. Hier kommen allenfalls verschuldensabhängige deliktische Ansprüche in Betracht l89 . Selbst die Autoren, die der bisherigen AuffassWlg des BGH entgegentreten, daß der ordnWlgsrechtliche Zustandsstörer durch ErfiillWlg der OrdnWlgspflicht nicht ein Geschäft fiir den Verhaltensstörer besorgtl90, lehnen eine Anspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag dann aber mit Hinweis auf § 679 BGB ab. Zwar sei das von § 679 BGB geforderte öffentliche Interesse gegeben, nicht aber das weitere Erfordernis, daß zur rechtzeitigen ErfiillWlg der Pflicht des Geschäftsherrn die Ausführung durch den Geschäftsfiihrer erforderlich sei. Dafiir sei nämlich Wlverzichtbare VoraussetZWlg, daß überhaupt eine Pflicht des

186 A.A. Fleischer, S. 92, der meint, die Polizei habe generell das zivilrechtliche Verhältnis zu berücksichtigen, zumal die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte wegen der Zuständigkeit der Ordnungsbehörden für die Beseitigung der Gefahr unbeachtlich sei, da diese das zivilrechtliche Verhältnis im Rahmen ihrer Ausgestaltung der Gefahrbeseitigung zu beachten habe. 187 Vgl. etwa Kränz, S. 238; VogellMartens, S. 342. 188 Entgangene Mieteinnahmen, Kosten wegen der Einstellung eines auf dem Grundstück ausgeübten Gewerbes etc. 189 Etwa wegen Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb, vgl. zur Möglichkeit, bei kaufrechtlichen Beziehungen zu solchen Ansprüchen zu kommen, BGH, VersR 1990, 1283; Foerste, NJW 1992,27; Kullmann, NJW 1991, 675; Lorenz, VersR 1990, 1284. 190 Vgl. etwa Kloepferffhull, DVBI. 1989, 1121, 1124.

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F. Unzulänglichkeiten bei der kaufrechtlichen Haftung

Geschäftsherrn bestehe und diese auch fällig sei 191. Mangels entsprechender Verfügung an den Verhaltensstörer konune dies aber nicht in Betracht. Vor dieser Verfügung bestehe lediglich eine abstrakte Ordnungspflicht des Verhaltensstörers, die gegenüber der Behörde erst mit Wirksamkeit einer gegen ihn ergangenen Verfügung fällig werde l92 . Selbst wenn die Möglichkeit anerkannt wird, einen Anspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag zwischen polizeirechtlichen Störern zu gewähren, kann damit die bestehende zivilrechtliche Rechtslage nicht als geklärt angesehen werden. Für das Verhältnis zwischen Veräußerer und Erwerber bedeutet dies aber, daß soweit das Risiko hinsichtlich der Belastung mit Sanierungskosten von dieser vertraglichen Abrede erfaßt wird 193, aus öffentlich-rechtlichen Erwägungen keine Korrektur dieser Risikoverteilung folgt. Mit dem BGH ist also nicht die rein ordnungsrechtliche Störerqualifikation, sondern die zivilrechtliche Ausgestaltung des Innenverhältnisses für den Regreß ausschlaggebend l94 . Danach können ebenfalls Ansprüche gegen den Verhaltensstörer bestehen, wenn diesen eine entsprechende zivilrechtliche 195 Pflicht trifft, die der Geschäftsführende erfüllt. Dabei ist es auch möglich, auf bestehende schuldrechtliche Beziehungen Rücksicht zu nehmen. Dies führt, entgegen der im öffentlichrechtlichen Schrifttum vorherrschenden Meinung, in den typischen Altlasten-

191 BGH, NJW 1978, 1258, 1259; Staudinger-Wittmann, § 679 BGB, RelNr. 3; Palandt-Thomas, § 679 BGB, RdNr. 5. 192 Leinemann, Städte und Altlastenhaftung, S. 98; Schneider, S. 113; Kloepferffhull, DVBI. 1989, 1121, 1124; Dienes u.a., RdE 1987, 86, 100. Dies scheint wenig konsequent, zumal diese Argumentation bei der Frage eines Gesamtschuldausgleichs nicht ernsthaft wieder aufgegriffen wird, vgl. etwa Leinemann, Die Haftung für Altlasten, S. 138. Öffentlich-rechtlich könnte hier mit der Möglichkeit der Ex-postKonkretisierung von Ordnungspflichten (vgl. bereits FN 184) bei Sofortvollzug gearbeitet werden, wenn und soweit der Zustandsstörer nur aus Gründen der effektiven Gefahrenabwehr anstelle des Verhaltenspflichtigen herangezogen wird. 193 Dabei sind solche vertraglichen Risikoübernahmen, soweit sie vom gesetzlichen Modell abweichen, allerdings stets eng auszulegen (vgl. Henssler, S. 7, 118 f.). Wie auch hinsichtlich der dispositiven Regelungen des bürgerlichen Rechts können gesetzliche Verteilungsmodelle nur dann zum Zuge kommen, wenn die vertragliche Abrede die konkretisierten Risiken nicht erfaßt (vgl. dazu ebenda, S. 23). 194 BGHZ 98, 235, 240; BGHZ 110,313,318; zust. etwa Boujong, UPR 1987, 81, 85. 195 Oder sonst für die Einordnung als auch-fremdes Geschäft taugliche.

I. Die Altlastenfälle

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konstellationen nicht zu unbilligen Ergebnissen. Für den Fall, bei dem der Zustandsstörer in seiner Eigenschaft als Eigentümer eines Grundstückes polizeirechtlich in Anspruch genommen wird, besteht gegen den Verhaltensstörer, der die Altlast begründet hat, ein Anspruch auf Ersatz seiner Aufwendungen aus §§ 683 LV.m. 1004 BGBI96. Selbst wenn der Eigentümer die Verbringung der Stoffe genehmigt hat, spricht § 1004 11 BGB nicht gegen die Möglichkeit der Inanspruchnahme. Exemplarisch sei dies an einer neueren Entscheidung des BGH aufgezeigtl97. Hier hatte der Eigentümer einer Industriehalle einen Teil der Halle weitervermietet. Der Mieter lagerte dort im Rahmen seines Mietvertrages Milchpulver fiir einen anderen ein. Durch einen Brand der Halle war das Milchpulver mit dem Löschwasser in das Erdreich gelangt. Der Eigentümer, der in folge des Brandes den Mietvertrag zu Recht kündigte, wurde von der Ordnungsbehörde auf die Beseitigung dieser Rückstände, die eine Gefahr fiir die öffentliche Sicherheit darstellten, in Anspruch genommen. Der Eigentümer der Lagerhalle verlangte nun von dem Eigentümer des Milchpulvers einen Teil der Kosten der Beseitigung. Der BGH hielt den Anspruch aus §§ 683, 1004 BGB fiir begründet. Zwar sei der Halleneigentümer ursprünglich durch den Mietvertrag verpflichtet gewesen, die Lagerung des Milchpulvers zu dulden, doch ende diese Verpflichtung mit der Kündigung des Mietvertrages l98 . Gleichwohl brauchte der Eigentümer des Milchpulvers nicht die gesamten Aufwendungen fiir die Beseitigung des Milchpulvers zu tragen. Obwohl es sich bei dem Aufwendungsersatzanspruch aus § 683 BGB nicht um einen Schadensersatzanspruch handelte, nahm der BGH eine Kostenverteilung nach dem Rechtsgedanken des § 254 BGB vor. Dabei komme es, da Ansprüche aus § 1004 BGB verschuldensunabhängig seien, nicht auf das schuldhafte Verhalten an, sondern es sei eine Abwägung nach Risikosphären zu treffen l99 . Im vorliegenden Fall hatten

196 Sofern die Beseitigung, da sie - wie dargelegt - regelmäßig nicht dem mutmaßlichen Willen des Störers entspricht, im öffentlichen Interesse geboten ist, vgl. SoergelMühl, § 1004 BGB, RdNr. 118; Staudinger-Gursky, § 1004 BGB, RdNr. 147; MünchKomm-Medicus, § 1004 BGB, RdNr. 75; RGRK-Pikart, § 1004 BGB, RdNr. 95; BGH, NJW 1995, 395. 197 BGHZ 110,313. 198 BGHZ 110,313,315. 199 BGHZ 110,313,317; Zur Anwendbarkeit des § 254 BGB bei Ansprüchen aus § 1004 BGB vgl. Palandt-Bassenge, § 1004 BGB, RdNr. 34; kritisch MünchKomm-

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F. Unzulänglichkeiten bei der kaufrechtlichen Haftung

weder der Halleneigentümer noch der des Milchpulvers den Brand verursacht. Der Brand nahm aber von dem Betrieb des Halleneigentümers seinen Ausgang. Damit setzte der Halleneigentümer aber die Ursache für die Weiterung der Eigentumsstörung, die dann im Rahmen des § 254 BGB Berücksichtigung fand 200 . Für Ansprüche des Käufers eines vom Verkäufer fahrlässig verseuchten Grundstückes müßte, damit Ansprüche aus §§ 683 i.V.m. 1004 BGB entstehen, aber eine Eigentumsstörung vorliegen. Außer in den Fällen, in denen sich die Altlast im Sinne der Rechtsprechung zu den weiterfressenden Mängeln in das bislang werthaltige Eigentum ausweitet, hat der Erwerber aber nie störungsfreies Eigentum erlangt, so daß ein Anspruch des Grundstückserwerbers gegen den Veräußerer aus §§ 683, 670, 1004 I BGB dann nicht in Betracht kommt.

Medicus, § 1004 BGB RdNr. 68; Staudinger-Gursky, § 1004 BGB, RdNr. 145; BGH, NJW 1995,395. 200 Entsprechende Überlegungen hätten auch im schon angesprochenen Fall aus dem Jahre 1981 (Vgl. FN 196.) angestellt werden können. Bei der vertraglich gestatteten und öffentlich-rechtlich genehmigten (§ 4 I AbfG.) Deponierung von Stoffen auf einem Grundstück besteht zwar ebenfalls eine Duldungspflicht nach § 1004 II BGB, da nach der vertraglichen Abrede sicherlich nicht vorgesehen war, daß die Verfüllungen nach Beendigung der vertraglichen Beziehungen wieder zu beseitigen gewesen wären. Diese Duldungspflicht bezog sich im konkreten Fall aber nur auf die Deponierung von unbelastetem Erdaushub. Unabhängig von einem Verschulden (das im entschiedenen Fall hinsichtlich einer vertraglichen Pflichtverletzung verneint wurde, vgl. BGH, NJW 1981, 2457) hatte der Eigentümer dann keine Duldungspflicht hinsichtlich verseuchten Erdaushubes und konnte den Transportunternehmer auf Beseitigung des Aushubes in Anspruch nehmen. Der zugrundeliegende Vertrag konnte wohl auch nicht als Mietvertrag oder Vertrag angesehen werden, auf den § 558 BGB analog anzuwenden ist. Vielmehr hatte der Vertrag geschäftsbesorgenden Charakter. Gern. § 3 I AbfG ist der Besitzer von Abfällen zunächst lediglich zur Überlassung an die entsorgungspflichtige Körperschaft verpflichtet. Doch wird gerade in den Fällen, in denen bei Privaten größere Mengen an Abfällen anfallen, der Ausnahmetatbestand des § 3 III AbfG greifen, so daß die Körperschaften diese Abfälle von der Entsorgung ausschließen können. Dann trifft gern. § 3 IV AbfG den Besitzer die Entsorgungspflicht. Dieser kommt der Besitzer nur durch die ordnungsgemäße Entsorgung in einer dafür zugelassenen Anlage nach (§ 4 I AbfG). Mit der Ablieferung in einer dafür konzessionierten Anlage entledigt sich der Abfallbesitzer damit seiner Entsorgungspflicht. Vgl. zur Qualifizierung solcher Verträge als Geschäftsbesorgungen, allerdings für Elektronikschrott, Bartseh, CR 1993, 616, 617.

I. Die Altlastenfälle

223

b) Ausgleichsanspruch analog § 426 BGB In der öffentlich-rechtlichen Literatur wird von einer im Vordringen befindlichen MeinWlg dagegen ein Ausgleich Wlter mehreren Störem analog § 426 BGB favorisiert 20I . Eine direkte AnwendWlg des § 426 BGB kommt dabei nicht in Betracht, da selbst dann, wenn man eine gleichartige, einmalige Leistungspflicht hinsichtlich der verschiedenen OrdnWlgspflichten bejaht, die Rechtsfolge des § 421 BGB im öffentlichen Recht inadäquat ist202 . Die beliebige Inanspruchnahme eines von mehreren Störem widerspricht dem Erfordernis, daß die Behörde bei der Auswahl des OrdnWlgs- Wld damit Kostenpflichtigen203 pflichtgemäß ihr Ermessen bei der Störerauswahl auszuüben hat. Sind also die §§ 421 ff. BGB nicht unmittelbar anwendbar, kommt eine entsprechende AnwendWlg in Betracht. Die dafür erforderliche ähnliche Situation wurde in der Vergangenheit von der überwiegenden MeinWlg im öffentlich-rechtlichen Schrifttum204 Wld in der RechtsprechWlg205 mit der Folge angenommen, daß die Auswahl eines von mehreren Störem in Betracht kam. Nachdem sich das Erfordernis des pflichtgemäßen Auswahlermessens durchgesetzt hat206, wurde der darin liegende Unterschied zur Gesamtschuld nach den §§ 421 ff. BGB für die AblehnWlg eines aus § 426 BGB erwachsenden Ausgleichsanspruches her-

201 Vgl. etwa Seibert, DÖV 1983, 964; Konnann, UPR 1983, 281, 284 ff.; Rank, BayVBl. 1988,390,393; Leinemann, Städte und Altlastenhaftung, S. 105 ff.; ders., Die Haftung rur Altlasten ... , S. 127 ff. 202 Wenn man in der Möglichkeit der beliebigen Inanspruchnahme denn eine Rechtsfolge des § 421 sehen will, vgl. sogleich FN 208. So aber die wohl allgemeine Meinung, vgl. Esser/Schmidt, § 39, S. 320; Soergel-Wolf, § 421 BGB, RdNr. 2, 47; MünchKomm-Selv, § 421 BGB, RdNr. 35; Staudinger-Kaduk, § 421 BGB, RdNr. 13. 203 Vgl. bereits FN 214. 204 Vgl. Seibert, DÖV 1983,964,969; Fleischer, S. 83 ff. 205 Vgl. etwa PrOVG, PrVBl., Band 17, S. 155, 156; OVGE 77 484, 486; 105,230, 231. 206 Vgl. BayVGH, DVBl. 1986, 1283; BayVBl. 1984, 16; OVG Koblenz, VerwRspr. 19, 849, 851; OVG Münster, DVBl. 1964, 683; DVBl. 1971, 828; OVG Hamburg, DVBl. 1953, 542; VogellMartens, § 19 6. c), S. 304; Götz, RdNr. 234; Knemeyer, S. 141; Kloepfer/Thull, DVBl. 1989, 1121: a.A. Ossenbühl, DÖV 1976,463,471.

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F. Unzulänglichkeiten bei der kaufrechtlichen Haftung

angezogen207 . Tatsächlich steht die Ennessensbindung nur der Annahme eines eigentlichen Gesamtschuldverhältnisses LS.d. § 421 BGB208 entgegen und sagt noch nichts über die entsprechende Anwendung der Gesamtschuldregelungen aus 209 . V or Vornahme der Sanierung bestehen abstrakte Polizeipflichten der Verhaltens- und Zustandsstörer hinsichtlich des gefahrträchtigen Zustandes210 . Werden diese auch erst durch eine entsprechende Verfiigung der Ordnungsbehörden in ihrem Inhalt konkretisiert, gehen sie doch ähnlich wie bei der Gesamtschuld auf dasselbe Leistungsinteresse, die Beseitigung der Gefahf2 11 .

207 In diesem Sinne auch BGH, NJW 1981,2457,2458. Giesberts sieht in der Gewährung eines zivilrechtlichen Ausgleichsanspruchs einen Verstoß gegen Art. 3 I GG, da bei der Ordnungsverfiigung bereits die Grundsätze einer gerechten Lastenverteilung zu berücksichtigen seien und eine solche Regelung zudem unter dem Gesetzesvorbehalt stehe, vgl. Giesberts, S. 216. Im Ergebnis stellt er aber auch darauf ab, daß die ermessensmäßige Bindung der Entscheidung ein Gesamtschuldverhältnis ausschließe. Dies vor dem Hintergrund, daß Giesberts einen Anspruch analog der Nichtstörerentschädigung befürwortet, vgl. bereits Seite 214 f.. In der Gewährung von Ansprüchen aus § 426 BGB sieht Giesberts kein Mittel, zu einer angemessenen Lastenverteilung zu kommen, da dem Zustandsstörer dann das Risiko trifft, die Ansprüche auch durchzusetzen, was wegen der bekannten Beweisrisken aber auch wegen der bestehenden Insolvenzrisiken allzuoft dennoch zur endgültigen Kostenbelastung des Grundstückseigentümers führen könnte, vgl. Giesberts, S. 211 ff.; vgl. auch Brandt, S. 359. 208 Dem Argument des BGH, eine Gesamtschuld fehle, weil die Ordnungsbehörde den Pflichtigen nicht beliebig auswählen dürfe, wird von einer verbreiteten Literaturmeinung entgegengehalten, daß die Beliebigkeit nicht Voraussetzung, sondern Rechtsfolge des § 421 BGB sei, vgl. Leinemann, Die Haftung für Altlasten, S. 134; Seibert, DÖV 1983, 964, 972; Rank, BayVBI. 1988, 390, 393; KloepferlThull, DVBI. 1989, 1121, 1126. Für die Altlastenkonstellation steht jedenfalls fest, daß es idealiter aufgrund der Ermessensbindung eine Reihenfolge gibt, nach der die einzelnen Ordnungspflichtigen in Anspruch zu nehmen sind, vgl. auch Leinemann; Die Haftung für Altlasten, S. 133; Dienes u.a., RdE 1987,86,100; Seibert, DÖV 1983, 964, 972. 209 Vgl. auch Seibert, DÖV 1983,964,969. 210 Vgl. bereits FN 17. 211 Vgl. Seibert, DÖV 1983, 964, 969 f .. Bei Seibert steht die Frage noch in dem Zusammenhang der Kostenpflichtigkeit einer Mehrheit von Störern, die Anfang der achtziger Jahre dazu führen sollte, etwa die Teilnehmer einer Demonstration für die Kosten des Polizeieinsatzes heranzuziehen, wenn diese eskaliert. Seibert weist zutreffend darauf

I. Die Altlastenflille

225

Erfüllt nur einer der Ordnungspflichtigen dieses Leistungsinteresse, entfällt dieses fiir die Ordnungsbehörden. Damit entspricht die Situation aber im wesentlichen der bei der Gesamtschuld212 . Weitere Erfordernisse wie etwa der "innere Zusammenhang" oder die ,,rechtliche Zweckgemeinschaft" zwischen den einzelnen Verpflichtungen213 oder die "Gleichrangigkeit" der Verpflichtungen haben darüber hinaus keinen eigenständigen Aussagewert214 . Der Annahme einer Gesamtschuld wird entgegengehalten, daß dies faktisch zu einer Gefährdungshaftung des Verhaltensverantwortlichen im Verhältnis zum Zustandsstörer fiihren würde, eine Ausweitung der Gefährdungshaftungstatbestände über die gesetzlich geregelten hinaus aber abzulehnen sei215 . Da die Kostenbelastung aber Folge der verschuldensunabhängigen Störerverantwortlichkeit ist, wird die der Gefährdungshaftung ähnliche Lage nicht dadurch geschaffen, daß man dem ordnungsrechtlich nachrangig in Anspruch zu nehmenden Zustandsstörer einen Ausgleichsanspruch gegen den vorrangig in Anspruch zu nehmenden Verhaltensverantwortlichen verschafft216. Entgegen der Rechtsprechung ist deshalb mit dem öffentlich-rechtlichen Schrifttwn davon auszugehen, daß bei der Inanspruchnahme mehrerer Störer Ausgleichsansprüehe analog § 426 BGB in Betracht kommen. (1) Berücksichtigung der kaufrechtlichen Beziehung Auch bei Annahme eines Ausgleichsanspruches analog § 426 BGB ist aber die schuldrechtliche Beziehung zwischen Veräußerer und Erwerber maßgeb-

hin, daß ein Gesamtschuldverhältnis nur besteht, wenn ,,mehrere Störer in bezug auf dieselbe Handlung oder denselben Zustand ordnungspflichtig sind", Seibert, DÖV 1983, 964, 970 (Hervorhebungen aus dem Original). Bei einer Demonstration kommt eine Gesamtschuld dann aber nicht in Frage, da jeder Beteiligte eine eigenständige Ordnungspflicht hat, etwa sich von einer unerlaubten oder aufgelösten Demonstration zu entfernen, vgl. auch etwa Schwachheim, NVwZ 1988,225. 212 A.A. etwa Papier, DVBI. 1985, 873, 879; der annimmt, daß die bloß abstrakte Polizeipflicht nicht rur die Annahme eines Gesamtschuldverhältnisses ausreicht. 213 Vgl. etwa BGHZ 43, 227, 229 f.; 51,275,278 f.; 52, 39,43 f.; 59,97, 103. 214 Vgl. auch Seibert, DÖV 1983,969,971; Kritisch auch Ehmann, S. 48 ff. 215 BGH, NJW 1981, 2457, 2458; Papier, S. 72 ff.; Götz, RdNr. 238; Schwachheim, NVwZ 1987,225. 216 Vgl. auch Brandt, S. 358; Koch, S. 69 f. 15 Meyer

226

F. Unzulänglichkeiten bei der kaufrechtlichen Haftung

lich217 . Dies gilt insbesondere, wenn die Parteien eine ausdrückliche Risikoabrede getroffen haben. Erwirbt der Käufer ein Grundstück, obwohl er mit einer Altlastenbelastung rechnen muß, etwa aufgrund entsprechender Informationen über eine ehemalige industrielle oder andere lastenträchtige Nutzungsart, kann das im Vertrag ausgehandelte Äquivalenzverhältnis nicht einer abstrakten Gerechtigkeitsbetrachtung weichen, die nur die Situation zwischen Verhaltens- und Zustandsstörer berücksichtigt, nicht aber die speziellen Eigenheiten der vertraglichen Beziehung würdigt. Daher stellt sich die Frage, ob der Ablauf der kurzen Verjährungsfrist fiir die Gewährleistungsansprüche Einfluß auf den Anspruch des Erwerbers gegen den Veräußerer, analog § 426 BGB hat, der durch ein Verhalten eine Altlast hervorgerufen hat. Grundsätzlich hat die Verjährung von Ansprüchen im Verhältnis zum Gläubiger keinen Einfluß auf den Ausgleichsanspruch gern. § 426 BGB218. Dieser verjährt vielmehr eigenständig nach § 195 BGB219. Dies gilt nach § 426 BGB aber nur dann, wenn sich aus dem Innenverhältnis zwischen den Parteien nicht "ein anderes" ergibt. Dies könnte die zeitliche Limitierung der Gewährleistungspflicht des Verkäufers sein. Die Frage stellt sich normalerweise bei Gesamtschuldverhältnissen nicht, da typischerweise die die Gesamtschuld begründende Zweckgemeinschaft nur darin besteht, daß der Gläubiger gegen jeden der Gesamtschuldner gleichartige Ansprüche hat. Ein Schuldverhältnis zwischen mehreren Gesamtschuldnern wird dann durch § 426 BGB erst konstituiert. Folgerichtig wurde das Innenverhältnis nur durch die Verursachungsbeiträge der Gesamtschuldner und damit nach einem Billigkeitskriterium bestimmt. Bestehen allerdings vertragliche Abreden zwischen den Gesamtschuldnern, sind diese auch fiir den Innenausgleich nach § 426 BGB maßgeblich, soweit durch die vertragliche Abrede das mit dem Ausgleichsanspruch erfaßte Leistungsinteresse erfaßt werden sollte.

217 Vgl. Seibert, DÖV 1983,969,974. Oerder hält die landesgesetzlich vorgesehen Gesamtschuldregelungen für verfassungswidrig, da die zivilrechtliche Beziehung vernachlässigt wurde, diese aber bundesrechtlich geregelt sei, vgl. ders., NVwZ 1992, 1031,1038 f. 218 Vgl. Staudinger-Katuk, § 426 BGB, RdNr. 13. 219 Allg. Meinung, vgl. Staudinger-Katuk, § 426 BGB, RdNr. 13; Soergel-Wolf, § 426 BGB, RdNr. 39. Nach § 426a BGB-KE soll sich die Verjährungsfrist nach der Verjährung des Anspruches des Gläubigers richten, der Ablauf aber für den Zeitraum von sechs Monaten nach Geltendmachung des Ausgleichsanspruches gehemmt sein, vgl. Abschlußbericht, S. 108 ff.

1. Die Altlastenfälle

227

Wie gezeigt, hat der Käufer gegen den Verkäufer vertragliche Ansprüche wegen der Kosten der Sanienmg220 . Hinsichtlich der Sanienmgskosten besteht also mit der Regelung des § 477 BGB zwischen den Gesamtschuldnern eine vertragliche Abrede, bis wann diese Kosten vom Käufer auf den Verkäufer verschuldensunabhängig abgewälzt werden können. Bei fahrlässiger Pflichtverletzung gegenüber dem Käufer wurde eine entsprechende zeitliche Limitienmg durch Literatur und Rechtsprechung bisher umfassend angenommen221 . Nur soweit der Verkäufer den Käufer arglistig über Merkmale des Kaufgegenstandes getäuscht hat, fehlt eine entsprechende zeitliche Limitienmg. Diese Ausgestaltung ist auch bei Annahme eines Gesamtschuldverhältnisses unter mehreren ordnungsrechtlichen Störern zu beachten222 . Daraus folgt aber, daß der durch die kurze Verjährungsfrist bedingte Konflikt mit dem Verursacherprinzip223 durch die Gewährung eines Ausgleichsanspruchs analog § 426 BGB nicht bewältigt werden kann, weil die kurze zeitliche Limitienmg auf diesen Anspruch durchschlagen kann224 . In der Literatur wird allerdings, soweit die Frage überhaupt thematisiert wird, die Auffassung vertreten, daß das zivilrechtliche Verhältnis zwischen den Parteien für den Ausgleichsanspruch analog § 426 BGB unerheblich sei. Dies wird damit begründet, daß die öffentlich-rechtliche Ordnungspflicht unverjährbar sei225 . Eine entsprechende Unverjährbarkeit von Leistungspflichten kenne das Zivilrecht nicht226 . Das Gesamtschuldverhältnis ergebe sich vielmehr aus der spezifisch öffentlich-rechtlichen Eigenart der Störergemeinschaft, dessen Ei-

220 Vgl. bereits Seiten 184 ff. und 24 ff. 221 Zu den Möglichkeiten, hier eine neue Sichtweise walten zu lassen, vgl. sogleich Seite 229. 222 § 24 II BodenschutzG stellt darauf ab, ob die Parteien etwas anderes vereinbart haben. Die Verjährung der Gewährleistungsansprüche ist aber Teil der Vereinbarung zwischen den Parteien, eben dem Kaufvertrag und dem dort geregelten Risikoverteilungsprograrnm, vgl. auch FN 167. 223 Vgl. bereits Seite 207. 224 Vgl. auch OLG Karlsruhe, BB 1988, 2l30, 2l32. 225 Vom Zeitpunkt der Verfügung an ist die damit konkretisierte Ordnungspflicht aber sehr wohl verjährbar. 226 Leinemann, Städte und Altlastenhaftung, S. 116. Auch das bürgerliche Recht kennt aber unverjährbare Ansprüche, wenn sie auch die extreme Ausnahme darstellen, vgl. bereits Seite 2.

228

F. Unzulänglichkeiten bei der kaufrechtlichen Haftung

genarten und damit auch dessen Unverjährbarkeit den Sachverhalt überlagerten227 . Diese behauptete "Überlagerung" der zivilrechtlichen Ausgestaltung entzieht damit das Innenverhältnis der Dispositionsbefugnis der Parteien und widerspricht dem ausdrücklichen Wortlaut des analog angewandten § 426 I Satz 1, 2. Halbsatz BGB. Selbst bei einem Kauf, bei dem der Erwerber in Kenntnis der möglichen Altlast das Grundstück erwirbt, würde der Käufer nach dieser Argumentation den Ausgleichsanspruch behalten, der ihm ansonsten wegen § 460 BGB verwehrt wäre. Eine "Überlagerung" der zivilrechtlichen Beziehungen zwischen den Parteien durch die Struktur der "Störergemeinschaft" kann also nicht angenommen werden. (2) Freistellung des Verkäufers bei Inanspruchnahme nach abgelaufener Gewährleistungsfrist? Es wird sogar zu überlegen sein, ob dem Verkäufer, der von der Ordnungsbehörde als Verhaltensstörer in Anspruch genommen wird, ein Anspruch gegen den Käufer zusteht. Dem könnte man allerdings entgegenhalten, daß der fehlende Anspruch im Verhältnis der Käufers zum Verkäufer nur auf dem Ablauf der kurzen Verjährungsfrist des § 477 BGB beruht. Die Verjährung betrifft den Anspruch aber nur insoweit, als dem Verkäufer eine Einrede gegen den Käufer zusteht. Nach Ablauf der Frist erbrachte Leistungen bleiben nach dem Rechtsgedanken der §§ 221 11, 813 I Satz 2 BGB dennoch solche auf eine an sich bestehende Forderung und begründen keine Rückforderungsmöglichkeit des Schuldners. Ungeachtet der "schwachen" Wirkung der Verjährung ergibt sich aber auch keine Rückforderungsmöglichkeit des als Verhaltensstörer in Anspruch genommenen Veraüßerers bei wirksamer Freizeichnung von der verschuldensabhängigen wie -unabhängigen Haftung. Die Freizeichnung bedeutet zunächst lediglich, daß der Käufer keine von der Freizeichnung erfaßten Ansprüche gegen den Verkäufer geltend machen kann. Damit ist aber zunächst nur dieses relative Verhältnis und nur in diese Richtung erfaßt. Dritte, die aus eigenständiger Anspruchsgrundlage gegen den Verkäufer vorgehen können, werden durch diese Freizeichnung nicht in ihrer Stellung gegenüber dem Verkäufer beschränkt. Eine vergleichbare Situation ergibt sich bei den Fällen des innerbe-

227 Leinemann, Städte und Altlastenhaftung, S. 116; ders., Die Haftung für Altlasten,

S.138.

11. Die kune Verjährung bei Sanierungsaufwendungen

229

trieblichen Schadensausgleichs228 . Hier ist der Arbeitneluner, der fahrlässig einen Schaden verursacht hat, in vollem Umfang dem geschädigten Dritten verpflichtet229 . Der Arbeitneluner hat aber einen Ausgleichsanspruch gegen den Arbeitgeber. Dieser Ausgleichsanspruch knüpft an das durch den Arbeitgeber geschaffene Betriebsrisiko an. Die dadurch geschaffene praktische Gefahrdungshaftung des Arbeitgebers wegen seiner Beteiligung am Wirtschaftsleben findet im Verhältnis von Käufer und Verkäufer kein Äquivalent. Der Käufer hat durch den Erwerb des Gutes, wegen dessen Beschaffenheit der Verkäufer später in Anspruch genommen wird, keine Ursache für die Inanspruchnalune des Verkäufers gesetzt. Dieser wird vielmehr aus eigenem, wenn auch evtl. schuldlosem Verhalten von der Behörde in Anspruch genommen. Die Inanspruchnalune des Verkäufers folgt danach nur aus dem Ordnungsrecht und begründet keinerlei Freistellungsansprüche gegenüber dem Käufer. Dies gilt nicht wegen der "schwachen" Wirkung der Verjährung, sondern selbst dann, wenn der Verkäufer im Verhältnis zum Käufer seine Gewährleistung wirksam ausgeschlossen hat230 .

11. Die kurze Verjährung bei Sanierungsaufwendungen Bleibt es also bei der von der Literatur befürworteten Anwendung des § 477 BGB auf verschuldensabhängige Ansprüche, soweit diese mit der Mangelhaftigkeit der Sache in Zusammenhang stehen, kommt es zu einem Konflikt mit dem Verursacherprinzip. Da die Kosten der Sanierung durch die Mangelhaftigkeit des Kaufgegenstandes bedingt sind, erfaßt § 477 BGB nach dieser Rechtsprechung auch die Ansprüche auf Ersatz der Sanierungskosten als Mangelfolgeschäden231 .

228 Das Kriterium der Gefahrgeneigtheit ist hier inzwischen aufgegeben, vgl. BGH, NJW 1994, 856; BAG, NZA 1993, 547; vgl. dazu auch HanauIRolfs, NJW 1994, 1439. 229 Siehe zuletzt BGH, NJW 1994, 852. 230 Dem Verkäufer ist es allerdings unbenommen, eine entsprechende Klausel in den Vertrag aufzunehmen, aus der ein entsprechender Anspruch folgt. Schließlich wäre es sogar möglich, seiner deliktischen Haftung gegenüber Dritten durch einen Freistellungsanspruch im Innenverhältnis zum Käufer zu entgehen. Beides dürfte allerdings zumindest im Formularbereich gegen § 9 11 Nr. 2 AGBG verstoßen. 231 Vgl. bereits Seite 204.

230

F. Unzulänglichkeiten bei der kaufrechtlichen Haftung

1. Die Strukturnotwendigkeit der kurzen Verjährungsfrist for die Ansprüche aus positiver Vertragsverletzung Die Einbeziehung der Ansprüche aus positiver Vertragsverletzung in den Anwendungsbereich des § 477 BGB wäre de lege lata nicht in Frage zu stellen, wenn sie notwendig aus den Gewährleistungsregelungen folgen würde. Die §§ 459 ff. BGB erfassen aber ausdrücklich verschuldensabhängige Ansprüche nur, soweit es sich wn solche aus arglistigem Verhalten des Veräußerers handelt 232 . Handelte es sich bei den §§ 459 ff. BGB wn abschließende Regelungen hinsichtlich der Haftung des Veräußerers bei mangelhafter Kaufsache, kämen Ansprüche aus positiver Vertragsverletzung aber überhaupt nicht in Betracht, und die Anwendung der kurzen gewährleistungsrechtlichen Verjährungsfrist wäre in jedem Fall gesichert. Tatsächlich bestand auch vor Erlaß des BGB eine verschuldensabhängige Haftung parallel zu den Gewährleistungsrechten233 . Die Aufuahme der römisch-rechtlichen ädilizischen Rechtsbehelfe ins Preußische Allgemeine Landrecht hatte nicht die Funktion, die Haftung für ein Abweichen der versprochenen von der tatsächlich erbrachten Leistung auf die Rechtsbehelfe der Wandlung und Minderung zu beschränken. Vielmehr sollte insofern eine verschuldensunabhängige Einstandspflicht statuiert werden, wn die Äquivalenzerwartung des Leistungsempfangers zu sichern. Auch bei Erlaß des BGB ging man noch ganz selbstverständlich von der Möglichkeit der parallelen verschuldensabhängigen Haftung neben der verschuldensunabhängigen Gewährleistungshaftung aus. So war § 276 BGB noch im ersten Entwurf als Grundsatz allgemeiner Verschuldenshaftung im Schuldrecht gefaßt234 . Daß dies nicht beibehalten wurde, beruht nicht auf einer strategischen Abwendung von der verschuldensabhängigen Haftung des Veräußerers. Dennoch ist der Ausschluß der verschuldensabhängigen Haftung für den bereits durch die Gewährleistungsrechte gewährten Mangelschaden notwendig.

232 Und entspricht damit dem allgemeinen Prinzip der verschärften Haftung des vorsätzlich Handelnden, vgl. etwa § 826 BGB. 233 Vgl. etwa RGZ 4, 192, wo die "verschuldete Nichterfüllung kontraktlicher Pflicht", RGZ 4, 192, 193, mit einem Schadenersatzanspruch bewehrt wird. Eingehend dazu Himmelschein, AcP 158 (1959/60), 273; ders. AcP 135 (1932), 255, 269 ff.; vgl. auch MünchKomm-Emmerich, vor § 275 BGB, RdNr. 220 ff; AK-Dubischar, § 275 BGB, RdNr. 35. 234 Vgl. MünchKomm-Emmerich vor § 275 BGB, RdNr. 222; Himmelschein, AcP 135 (1932), 255, 260 f.; ders. AcP 158 (1959/60), 273, 274.

11. Die kurze Verjährung bei Sanierungsaufwendungen

231

Würden neben den Gewährleistungsrechten verschuldensabhängige Ansprüche bei einem Verhalten gewährt, das zur Mangelhaftigkeit des Kaufgegenstandes fUhrt, könnte der Käufer Ansprüche realisieren, die über sein bloßes Verwertungsinteresse an der Sache hinausgehen235 . Folgerichtig können Ansprüche aus positiver Vertragsverletzung nur insoweit gewährt werden, als sie nicht nur das bloße Verwertungs-, sondern das darüber hinausgehende Integritätsinteresse betreffen236 . Die zeitliche Limitierung des so gewährten Schutzes der Integritätssphäre des Erwerbers war durch die vor Erlaß des BGB bestehenden Recht§.ordnungen nicht vorgegeben. Der auch vor Erlaß des BGB gewährte Schutz vor sorgfaltswidrigem Verhalten des Vertragspartners unterlag etwa nach dem ALR der regelmäßigen, also der dreißigjährigen Verjährungsfrist237 . Die durch die Rechtsprechung erfolgte Ausweitung des Anwendungsbereiches238 diente der Dynamisierung eines expandierenden Warenverkehrs239 und unterstützte damit die Entwicklung eines fiir eine industrielle Gesellschaft notwendigen Massenkonsums. Es bedeutet aber einen argumentativen Widerspruch, wenn einerseits die Gewährleistungsregelungen als nicht abschließend beurteilt werden und Ansprüche wegen sorgfaltswidrigen Verhaltens des Vertragspartners bejaht werden, andererseits aber hinsichtlich der zeitlichen Limitierung die Gewährleistungsregelung fiir vorrangig erachtet wird.

235 Vgl. bereits Seite 205. 236 Vgl. auch Henssler, S. 45. 237 FörsterlEccius, Bd. I, S. 316. 238 Vgl. RGZ 53, 200. Die Rechtsprechung war seinerzeit nicht unumstritten. Prominentester Kritiker dieser Rechtsprechung war der ,,Erfinder" der positiver Vertragsverletzung, Staub, DJZ 1903,388,389. 239 Die Vereinfachung des rechtsgeschäftlichen Verkehrs wurde bereits in den Motiven besonders betont. Im Zusammenhang mit der Formalisierung des Bürgschaftsvertrages heißt es etwa: ,,Der Verkehr erfordert gegenwärtig mehr denn je Bewegungsfreiheit." Motive I, S. 180. Auch das RG begründet die Einbeziehung der Ansprüche aus positiver Vertragsverletzung in den Anwendungsbereich des § 477 BGB damit, daß ,,für den Verkehr die Zulassung des Zurückgreifens auf solche Mängel nach längerer Zeit im höchsten Grade lästig und hemmend ist." RGZ 53, 200, 203.

232

F. Unzulänglichkeiten bei der kaufrechtlichen Haftung

2. DijJerenzierungsansatz hinsichtlich der betroffenen Interessen

Eine Differenzierung bietet sich an, indem man darauf abstellt, ob der grundsätzlich von der positiven Vertragsverletzung gedeckte Mangelfolgeschaden in der Integritätssphäre im Rahmen der bloßen Verwertung der Sache eintritt oder unabhängig von der durch den Mangel bedingten eingeschränkten Verwertungsmöglichkeit des Käufers entsteht. Damit wird berücksichtigt, daß bestimmte Schäden nur rein zufällig innerhalb der kurzen Verjährungsfrist auftreten. Tritt der Schaden infolge der bloßen Verwertung des Kaufgegenstandes auf, also etwa durch den Gebrauch der Sache, wird der Erwerber mit dem Eintritt des Schadens nur in dieser Verwertungserwartung enttäuscht. Bei solchen Schäden ist die Anwendung der kurzen240 Verjährungsfrist gerechtfertigt. Die Geltendmachung von Vermögensschäden, die infolge der insoweit eingeschränkten Verwertungsmöglichkeit entstehen, kann so in wirtschaftlich erträglicher Weise zeitlich limitiert werden. Wird dem Erwerber jenseits dieser eingeschränkten Verwertungsmöglichkeit ein Schaden zugefügt, erscheint die Anwendung der kurzen Frist des § 477 BGB dagegen unangemessen. Einen Schritt in diese Richtung ist die Rechtsprechung damit gegangen, daß sie auch das durch den Mangel wertverminderte Interesse des Käufers an der Kaufsache gegen den Widerstand in der Literatur unter den deliktsrechtlichen Schutz gestellt hat241 . Gleichwohl zeigen gerade die Altlastenfälle, daß der deliktsrechtlich und damit auf absolute Rechtsgüter begrenzte Schutz nicht in allen Fällen zu einer angemessenen Aufteilung der mit dem Erwerb zusammenhängenden Risiken führt. Bei den Altlastenfällen entsteht durch die behördliche Inanspruchnahme ein Vermögensschaden, der über das durch § 477 BGB zeitlich eng limitierte Verwertungsinteresse hinausgeht. Dieses bloße Verwertungsinteresse besteht etwa in der fehlenden Möglichkeit, das Grundstück in der vom Erwerber vorausgesetzten Form nutzen zu können. Wird dem Erwerber wegen des Mangels etwa die Bebauung versagt oder muß er den Betrieb eines

240 Ob es sich dabei um eine zu kurze Frist handelt, ist, wie gesagt (vgl. bereits FN 73) die Frage mit der sich die Schuldrechtskommission vornehmlich befaßt hat. 241 Obgleich festgestellt werden muß, daß im Rahmen der Rechtsprechung zu den weiterfressenden Mängeln teilweise über dieses Ziel hinausgeschossen wird. Neben dem Ersatz von Aufwendungen, die mit der angenommenen Eigentumsbeeinträchtigung nichts zu tun haben (vgl. bereits Seite 210), gibt es in der Rechtsprechung keine Entscheidung aus der hervorgeht, daß bei Gewährung eines Schadenersatzanspruches an der Kaufsache selbst die mangelbedingte Wertminderung zu berücksichtigen ist. Auch insoweit könnte dies aber, wie vorgeschlagen (vgl. Seite 239), im Rahmen der Berechnung des Schadenersatzanspruches Berücksichtigung finden.

ll. Die kurze Verjährung bei Sanierungsaufwendungen

233

aufgenommenen Gewerbes einschränken242 , ist lediglich seine Verwertungserwartung betroffen und die Chance, nach Ablauf der Frist des § 477 BGB den Veräußerer auch bei verschuldeter Mangelherbeiführung heranzuziehen, die Folge des insoweit nur zeitlich eingegrenzten Schutzes dieses Verwertungsinteresses. Soweit der Erwerber aufgrund der Altlast etwa einen Nutzungsausfall erleidet, hat er nach der Systematik der Gewährleistungsrechte - abgesehen von der Arglisthaftung - nur die zeitlich limitierten Rechte der Wandlung, Minderung und des Schadensersatzes. Das nur kurzfristig gewährleistete Äquivalenzinteresse ist bei Wandlung und Minderung durch den Kaufpreisbetrag begrenzt, beim Schadenersatz wegen Fehlens einer zugesicherten Eigenschaft durch die Zusicherungserwartung. Insofern handelt es sich für den Erwerber um ein überschaubares Risiko, das er auch bei umweltbezogenen Mängeln zu tragen hat. Führt die Altlast somit zu einer auch durch die Sanierung nicht mehr zu behebenden Nutzungsunmöglichkeit, dann muß sich der Erwerber mit dieser nach Ablauf der Verjährungsfrist abfinden, falls er die Voraussetzung einer Arglisthaftung nicht darlegen kann. Das ist die Pointe der Begrenzung des Verkäuferhaftungsrisikos durch den VerkehrsfOrderungszweck der kurzen Verjährungsfrist. Das bedeutet aber nicht notwendig, daß er über dieses Risiko hinaus die Folgen einer altlastbedingten Vermögens schädigung tragen muß. Insoweit steht eine verschuldensabhängige Haftung wegen positiver Vertragsverletzung zur Debatte, die dem Verursacherprinzip auch im Rahmen des Kaufvertragsrechts einen Mindesteffekt sichern würde. Schäden, die nicht mit der Verwertung des Grundstückes zusammenhängen, treffen den Käufer aber unverschuldet. Das bedeutet aber noch nicht die Notwendigkeit der Heranziehung des Veräußerers, soweit die dann konstituierte Haftung auch ihn nur zufällig treffen würde. Nur wenn er selbst durch eine schuldhafte Pflichtverletzung den eingetretenen Vermögensschaden zu verantworten hat, ist er nach der hier vertretenen Lösung ersatzpflichtig. Die Argumente, die ursprünglich zur Anwendung der kurzen Vetjährungsfrist herangezogen wurden, verfangen gerade bei Altlastenfällen nicht. Diese Argumente gehen jeweils davon aus, daß bei der Verwertung der Kaufsache der Mangel überschaubar ist und bis zum Fristablauf prinzipiell aufgedeckt werden kann243 . Gerade bei den Altlastenfällen ist aber das Vorhandensein des Mangels selbst oft nur unter großem sachlichen und zeitlichen Aufwand festzustellen. Damit der Käufer dem Risiko der Heranziehung wegen Altlasten entgeht, wird ihm

242 Etwa um vorzunehmende Sanierungsarbeiten zu dulden, vgl. Gusy, RdNr. 298. 243 Vgl. bereits Seiten 68 f.

234

F. Unzulänglichkeiten bei der kaufrechtlichen Haftung

eine aufwendige Untersuchung des Kaufgegenstandes zugemutet, die selbst, wenn er sie unmittelbar nach Übergabe des Grundstückes vornimmt, oftmals erst nach Ablauf der kurzen Verjährungsfristen zu verwertbaren Ergebnissen führt244. Selbst wenn man also dem Käufer eine dem Verkäufer nicht zugemutete Untersuchungslast aufbürdet, besteht regelmäßig die Gefahr, daß er nach der bisherigen Rechtslage der Einrede der Verjährung ausgesetzt ist. Für die Anwendung der kurzen Verjährungsfrist des § 477 BGB sprechen letztlich lediglich wirtschaftspolitische Interessen. Die Gefahr, daß die Ursachen einer vorhandenen Verschlechterung nach Ablauf der Frist des § 477 BGB nur schwer ermittelt werden können, trägt ohnehin der insofern darlegungspflichtige Käufer. Dieser muß nämlich auch bei einer Beweislastverteilung nach Gefahren- oder Verantwortungsbereichen245 jedenfalls nachweisen, daß die Schadensursache dem entsprechenden Bereich des Verkäufers entstammt. In den Altlastenfällen bedeutet dies aber, daß der Käufer zunächst nachweisen muß, daß die Kontamination vom Verkäufer hervorgerufen wurde. Hatte das Grundstück mehrere Vorbesitzer und ergibt sich anläßlich der Untersuchung der Kontamination nichts hinsichtlich deren Alters, kann man nicht ohne weiteres darauf schließen, daß die Kontamination vom Veräußerer des Grundstücks herbeigeführt wurde, also dessen Verantwortungsbereich entstammt246. Lediglich hinsichtlich der Frage des Verschuldens greift die von der Rechtsprechung angenommene Beweislastumkehr zugunsten des Käufers247 . Hier hat aber der Verkäufer die Möglichkeit einzuwenden, daß nach dem Erkenntnisstand zum Zeitpunkt der Vornahme der pflichtwidrigen Handlung eine spätere Kontami-

244 Diese Problematik besteht im übrigen speziell in umweltsensiblen Fallgestaltungen weit über den Altlastenbereich hinaus und hat in den USA zu Überlegungen geführt, in solchen Fallgruppen von der Verjährung überhaupt abzusehen, vgl. Green, California Law Review, 76 (1988), 965. 245 BGH, NJW 1987, 1938, wobei nicht ganz geklärt ist, ob die Rechtsprechung § 282 BGB analog anwendet oder pVV spezifisch eine Beweislastverteilung vornimmt, vgl. Palandt-Heinrichs, § 282 BGB RdNr. 8; MünchKomm-Emmerich, Vor § 275 BGB, RdNr. 343 ff.; Soergel-Wiedemann, Vor § 275 BGB, RdNr. 527 ff. 246 Was vom Gläubiger nachzuweisen ist, vgl. Palandt-Heinrichs, § 282 BGB RdNr. 13; Soergel-Wiedemann, Vor § 275 BGB, RdNr. 529, 538; Staudinger-Löwisch, § 282 BGB, RdNr. 3; MüochKomm-Emmerich, Vor § 275 BGB, RdNr. 350. 247 Vgl. Palandt-Heinrichs, § 282 BGB RdNr. 16; Soergel-Wiedemann, Vor § 275 BGB, RdNr. 539; Staudinger-Löwisch, § 282 BGB, RdNr. 12; MünchKommEmmerich, Vor § 275 BGB, RdNr. 344.

ll. Die kurze Verjähnmg bei Sanienmgsaufwendungen

235

nation nicht zu befiirchten war, er deshalb durch die Herbeifiihrung derselben nicht pflichtwidrig gehandelt hat. Eigentlicher Grund fiir die AnwendWlg der kurzen Verjährungsfrist auf Ansprüche aus positiver VertragsverletZWlg ist denn auch, die Dispositionsfreiheit des Schuldners auszuweiten248 . Angesichts der, wenn auch eingeschränkten249, Möglichkeit, mittels zivilrechtlicher Haftung auf umweltsensible Verhaltensweisen Einfluß zu nehmen, ist aber zu fragen, ob neben diesen auf Dynamisierung zielenden wirtschaftspolitischen auch umweltbezogenen Aspekte bei der Frage nach der AnwendWlg kurzer vertraglicher Verjährungsfristen BedeutWlg zukommen kann. 3. Weite Mangelfolgeschäden im kaufvertraglichen Bereich?

Für den werkvertraglichen Bereich kann mit der umstrittenen250 Qualifizierung als naher oder weiter Mangelfolgeschaden flexibel reagiert werden25 !. Allerdings beruhte diese RechtsprechWlg ZWlächst auf werkvertraglichen Besonderheiten. Im Rahmen der arbeitsteiligen ErstellWlg von Bauwerken war die AnwendWlg der kurzen Verjährung auf Ansprüche gegen den planenden Architekten notwendig, um zu vermeiden, daß dieser Ansprüchen fiir einen weitaus längeren Zeitraum ausgesetzt ist, als dies bei anderen an der BauwerkerstellWlg Beteiligten der Fall ist252 . Der BGH hat aber mit der UnterscheidWlg zwischen weiten Wld nahen Mangelfolgeschäden nach eigener Aussage ein Instrument geschaffen, um den Eigenheiten Wld den jeweils betroffenen Interessen angemessen gerecht werden zu können253 . Dieser generalklauselartige Charakter hat eine der WeiterfresserrechtsprechWlg äquivalente Diskussion fiir den werkver-

248 Zur Dispositionsfreiheit als Rechtfertigung der Verjähnmg allgemein vgl. bereits Seiten 22 ff. 249 Vgl. bereits Seiten 149 ff. 250 Vgl. etwa Grullewald, LM Nr. 99 zu § 635 BGB BI. 3; Ackmann, JZ 1992,670; Michalski, NJW 1988, 793; Schmitz, NJW 1973,2081; Littbarski, JZ 1979,552; zust. etwa Hehemann, NJW 1988, 800. 25! Zur entsprechenden Entwicklung in der Rechtsprechung vgl. bereits Seiten 87 ff. 252 Vgl. bereits Seite 90. 253 Vgl. BGHZ 58, 85, 92.

236

F. Unzulänglichkeiten bei der kaufrechtlichen Haftung

traglichen Bereich obsolet werden lassen254 , wenngleich die Abgrenzungsschwierigkeiten, die auch in der Weiterfresserrechtsprechung die Kritik nicht verstwnmen lassen, im werkvertraglichen Bereich bei der Qualifizierung als weite oder nahe Mangelfolgeschäden wieder auftauchen255 . Die Qualifizierung als nahe oder weite Mangelfolgeschäden stellt daher auch kein werkvertragliches Spezifikum dar. Auch bei anderen Vertragstypen können vergleichbare Konstellationen eine Einschränkung der bisher ausschließlich wirtschaftspolitisch orientierten Ausweitung des Anwendungsbereiches kurzer vertraglicher Verjährungsfristen notwendig machen. Der BGH hat nunmehr angedeutet, daß der der Differenzierung zwischen nahen und weiten Mangelfolgeschäden zugrundeliegende Gedanke auch bei anderen Vertragstypen fruchtbar gemacht werden kann. Für den mietvertraglichen Bereich hat er den durch die Rechtsprechung ausgeweiteten Bereich des § 558 BGB mit eben dieser Überlegung wieder einzugrenzen gesucht256. Spielen hier auch die mietvertraglichen Besonderheiten eine besondere Rolle, könnte die Unterscheidung zwischen nahen und weiten Mangelfolgeschaden auch fiir den kaufvertraglichen Bereich fruchtbar gemacht werden, um in der beschriebenen Weise einen weitergehenden angemessenen Vermögensschutz zu gewähren. Die Annahme eines kaufrechtlichen weiten Mangelfolgeschadens rechtfertigt sich letztlich durch die Erwägung, daß der Erwerber durch den Kauf einer Sache seine Vermögenssphäre dem Risiko aussetzt, daß die in die Sache gesetzten Erwartungen nicht erfüllt werden. Treten Vermögenseinbußen jenseits dieser Verwertungserwartung ein, kommt eine Anwendung der kurzen vertraglichen Verjährungsfristen auch nicht in Betracht, da diese vornehmlich auf die verschuldensunabhängigen Gewährleistungsrechte ausgerichtet sind und nur fiir einen Teilbereich der Mangelfolgeschäden angezeigt ist. Speziell fiir die Altlastenfälle liegt dann in der Inanspruchnahme durch Ordnungsbehörden ein weiter Mangelfolgeschaden, der nicht der kurzen Verjährung des § 477 BGB unterliegt, weil er jenseits der zu erwartenden Verwertungsrisiken des Erwerbers

254 Die deliktische Haftung des Werkunternehmers ist denn auch bis heute kaum behandelt, vgl. Grunewald, LM Nr. 99 zu § 635 BGB, BI. 3. Die Anwendung der Rechtsprechungsgrundsätze zu den weiterfressenden Mängeln ist aber mit spezifischen Modifikationen auch für den werkvertraglichen Bereich geboten, DerlederlMeyer, AcP 195 (1995),137,152 ff. 255 Womit die Vermutung genährt ist, daß die Schwierigkeiten eher in der Sache als in der dogmatischen Einordnung liegen. 256 BGH, NJW 1994, 251.

II. Die kurze Verjährung bei Sanierungsaufwendungen

237

liegt. Damit wird letztendlich auch die Inanspruchnahme des umweltbeeinträchtigenden Verursachers ennöglicht, die ansonsten an der kurzen Verjährung der Ansprüche scheitern würde. Realisiert sich fiir den Erwerber über sein Äquivalenzinteresse hinaus ein umweltbezogenes Risiko, dann bedarf es einer Entscheidung über die Risikoverteilung, die nicht nur auf die Traditionen des Kaufinängelgewährleistungsrechts seit der lahrhundertwende verweist. Entschließt man sich zu einer verschuldensabhängigen Haftung fiir umweltbezogene Mangelfolgeschäden, so sind damit zwar alle praktischen Abgrenzungsschwierigkeiten impliziert, die die literarische Diskussion im Werkvertragsrecht so nachhaltig beleben. Das rechtsdogmatische Bedürfnis nach einer trennscharfen einfachen Abgrenzung der Haftungsbereiche ist durchaus gewichtig, verdient gegenüber den Erfordernissen einer modemen und gesellschaftstheoretisch befriedigenden Risikoverteilung jedoch nicht die Prägorative. Im übrigen zeigt sich die Rechtsprechung im Werkvertragsrecht aufgrund ihrer differenzierten Kasuistik als durchaus nachvollziehbar. Ist der Dualismus zwischen engen und weiten Mangelfolgeschäden aber in anderen Bereichen des Schuldrechts durchaus hinnehmbar, dann ist auch im Kaufvertragsrecht die Wertung unabweisbar, ob es auch bei schwerwiegenden umweltbezogenen Beeinträchtigungen mit einer erheblich über das Äquivalenzinteresse hinausgehenden Vennögensschädigung des Erwerbers einfach bei der Verabsolutierung der verkehrswirtschaftlichen Zügigkeit mittels kurzer Verjährungsfrist bleiben kann oder ob insofern im Hinblick auf die ökologischen Risiken einer entwickelten industriellen Gesellschaft dem Verursacherprinzip wenigstens mittels einer verschuldensabhängigen Haftung fiir weite Mangelfolgeschäden ohne kurze Verjährungsfrist Rechnung zu tragen ist. Die hier nachgewiesene Unzulänglichkeit der sonstigen Versuche zur Begründung einer ökologisch ausgerichteten Verantwortung macht den Schritt zu dieser Haftungserweiterung zwingend. 4. Situation beim Kettenerwerb

Gleichwohl kann damit einem Konflikt zwischen dem Verursacherprinzip und den kurzen vertraglichen Verjährungsfristen nur insoweit begegnet werden, als es sich beim Veräußerer des Grundstücks um denjenigen handelt, der fahrlässig die Kontamination des Grundstücks verursacht hat. Hat einer der weiteren Voreigentümer entsprechend sorgfaltswidrig gehandelt, kommen vertragliche Ansprüche des jetzigen Eigentümers mangels vertraglicher Beziehungen nicht in Betracht. Man könnte aber erwägen, aus der vertraglichen Beziehung zwischen den Parteien abzuleiten, daß der Veräußerer einen gegen den Voreigentümer bestehenden Anspruch abtritt. Mangels entsprechender ausdrücklicher

238

F. Unzulänglichkeiten bei der kaufrechtlichen Haftung

Abrede im Kaufvertrag kann sich eine solche Abtretung durch Auslegung des Vertrages gern. § 133, 157 BGB ergeben257 . Der Veräußerer hat an den bestehenden Ansprüchen gegenüber demjenigen, von dem er das Grundstück erworben hat, kein eigenständiges Interesse mehr. Schon deshalb steht einer entsprechenden Vertragsauslegung nichts im Wege. Haben die Parteien dagegen die Befürchtung, daß entsprechende Altlasten bestehen könnten, ist das Risiko der behördlichen Inanspruchnahme ausdrücklich geregelt, und es bleibt für eine entsprechende Vertragsauslegung kein Raum. Hat auch der Voreigentümer nicht sorgfaltswidrig gehandelt, steht einer entsprechenden Abtretung seiner Ansprüche gegen den Voreigentümer nichts entgegen. Das kann, sofern sich der sorgfaltswidrig Handelnde überhaupt ermitteln läßt, theoretisch solange fortgesetzt werden, bis der jetzige Eigentümer Ansprüche aus abgetretenem Recht gegen den Verursacher hat. Er trägt aber insoweit das Beweis- und Insolvenzrisiko bei einem Prozeß gegen den eigentlichen Verursacher.

111. Übertragung auf andere Fallgruppen Es fragt sich, ob sich das für die Altlastenfälle gefundene Ergebnis eignet, auch in anderen umweltsensiblen Fallgruppen einen Konflikt der kurzen Verjährungsfrist des § 477 BGB mit dem Verursacherprinzip zu vermeiden. In der Rechtsprechung sind umweltspezifische Fragestellungen insbesondere zu der Frage vorgekommen, ob bei einer bestimmten vom Käufer geäußerten Vorstellung über Eigenschaften der Kaufsache oder bei einem bestimmten bekannten Verwendungszweck eine Zusicherungshaftung des Veräußerers in Betracht kommt. So hat das AG Kassel entschieden, daß die Freiheit von Lindan und PCB auch in niedrigen Konzentrationen als zugesichert gilt, wenn der Käufer ausdrücklich nach giftfreien, umweltfreundlichen Holzschutzmitteln verlangt258. Dagegen hat das LG Frankfurt keine Zusicherung hinsichtlich der gesundheitlichen Unbedenklichkeit bei dem Verkauf als Kindermöbel angenommen. Auch bei Formaldehyd-Ausgasungen ist keine Zusicherungshaftung angenommen worden259 . Hier wird jeweils im Einzelfall zu prüfen sein, ob der Verkäufer in der Vertragserklärung eine besondere Einstandspflicht hinsichtlich umweltspezifischer Eigenheiten des Kaufgegenstandes übernehmen wollte. Ein Konflikt mit dem Verursacherprinzip liegt aber aus den genannten Gründen

257 Vgl. dazu Wolter NJW 1975, 623; DerlederlMeyer, AcP 195 (1995),137,145 ff. 258 VuR 1987,39. 259 NJW-RR 1991,225.

IV. Vorteilsausgleich bei Verbessenmgen der Kaufsache

239

nicht vor, wenn die im Einzelfall gegebene Zusichenmgshaftung wegen des Ablaufs der Verjährungsfrist nicht realisiert werden kann260. Gehen von der Kaufsache Umweltgefahren aus, besteht aber die Möglichkeit, nach den Gnmdsätzen zur Produzentenhaftung und nach dem Produkthaftungsgesetz, den Verkäufer verschuldensunabhängig heranzuziehen, wenn auch mit den genannten Schwierigkeiten. Speziell für die Fälle, in denen der Käufer selbst keine Rechtsgutsverletzung i.S.d. § 823 I BGB erleidet, aber von Dritten wegen umweltgefahrdender Eigenschaften der Kaufsache in Anspruch genommen wird, besteht mit der hier beschriebenen lang verjährenden Haftung aus positiver Vertragsverletzung eine Möglichkeit, durch die bisherige Rechtsprechung nicht gedeckten Risiken gerecht zu werden. Allerdings ist diese Fallgruppe keine spezifisch auf die Umwelt zugeschnittene. Auch in anderen Fällen kann ein kaufrechtlicher weiter Mangelfolgeschaden vorliegen, wenn die Inanspruchnahme durch den Dritten außerhalb der Risikoerwartung des Käufers liegt. Hier ist zunächst an die verschuldensunabhängige Inanspruchnahme des Erwerbers zu denken. Wird dieser etwa auf Beseitigung einer von der Kaufsache ausgehenden Stönmg für andere absolut geschützte Rechtsgüter in Anspruch genommen, kann er wegen der Kosten dieser Inanspruchnahme Regreß bei dem die Stönmg letztlich schuldhaft Verursachenden nehmen261 . Für den Bereich der umweltspezifischen Stönmgen ergibt sich damit aber auch ein Effekt im Sinne des Verursacherprinzips.

IV. Vorteils ausgleich bei Verbesserungen der Kaufsache Die Sanienmg, die einen Schadenersatzanspruch rechtfertigt, kann aber zu ungerechtfertigten Vorteilen des Geschädigten fUhren. Dieses kann einen Vorteilsausgleich notwendig machen. Damit kann berücksichtigt werden, daß der Erwerber nach der Sanienmg u.U. eine höherwertige Sache hat als zuvor. Eine vergleichbare Konstellation ergibt sich bei anderen Fällen der Schadensberech-

260 Vgl. bereits Seite 194. 261 Die Anrechnung der beseitigungsbedingten Wertsteigenmg, vgl. Seiten 225 ff., kann auch in diesen Fällen erfolgen, wenn der Beseitigungsanspruch die Modifizienmg der Sache dahingehend zum Inhalt hat, daß von dieser nunmehr keine Stönmg mehr ausgeht. Kann dem Beseitigungsanspruch nur in der Art genügt werden, daß der weitere Gebrauch der Sache untersagt ist, liegt darin lediglich die Enttäuschung der Verwertungserwartung des Erwerbers.

240

F. Unzulänglichkeiten bei der kaufrechtlichen Haftung

nung, wenn alte durch neue Sachen ersetzt werden262 . Wird danach die Wertsteigerung infolge der Mangelbeseitigung bei den Sanierungskosten in Ansatz gebracht, kann berücksichtigt werden, ob durch die Mangelbeseitigung tatsächlich eine Wertsteigerung eintritt. Die zur Abwehr einer öffentlichen Gefahr durchzuführende Sanierung kann es nämlich erforderlich machen, daß etwa Gebäude abzureißen sind, um verseuchtes Erdreich abzutragen. Auch kann es sein, daß zur Abwehr der Gefahr lediglich der Aushub verseuchten Erdreichs erforderlich ist und nicht die Verfüllung mit unverseuchtem Boden263 . Ob das Grundstück in solchen Fällen tatsächlich eine Wertsteigerung erfährt, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab 264 . Nur soweit eine Wertsteigerung des Grundstückes vorliegt, werden durch die Gewährung eines Ersatzes der Sanierungskosten mittels der positiven Vertragsverletzung die Verwertungserwartungen des Erwerbers über das kaufrechtliche Gewährleistungsmodell hinaus erfüllt. Dies kann durch die Anrechnung dieser Wertsteigerung im Rahmen der Schadensberechnung berücksichtigt werden. Regelmäßig werden die Aufwendungen für die Altlastensanierung einen Betrag erfordern, der weit über der sanierungsbedingten Wertsteigerung liegt. Hat der Verkehrswert des Grundstücks unter Berücksichtigung der Altlast bei Abschluß des Kaufvertrags etwa 100.000 DM betragen, ist ein Sanierungskostenaufwand von 40.0000 DM erforderlich und beträgt der Verkehrswert nach der Sanierung 120.000 DM, dann ist die sanierungsbedingte Wertsteigerung im Wege des Vorteilsausgleichs von dem evtl. gegebenen Schadensersatzanspruch in Höhe des Sanierungskostenbetrags abzuziehen, so daß sich der Ersatzanspruch auf 20.000 DM beschränkt. Setzt sich der Sanierungskostenaufwand um ein pointiertes Beispiel zu wählen - ausnahmsweise in einer betragsmäßig gleichen Wertsteigerung um, kann der Schadenersatzanspruch wegen des weiten Mangelfolgeschadens sogar entfallen. Es kann aber auch vorkommen, daß trotz

262 Vgl. MünchKomm-Grunsky, § 249 BGB, RdNr. 9; Soergel-Mertens, § 249 BGB, RdNr. 78; Jaueming-Teichmann, § 249 BGB, Anm. VI 1 c) ee); Ennan-Kuckuk, vor § 249 BGB, RdNr. 114; Palandt-Heinrichs, Vorbem. z. § 249 BGB, RdNr. 146; AKRüßmann, vor § 249 BGB, RdNr. 77. 263 Vgl. Knopp, NJW 1992,2657,2658. 264 Die Frage ist bislang ohne Interesse, da nach der ganz h.M. die mangelbezogene pVV ebenfalls der kurzen vertraglichen Verjährungsfrist Wlterliegt. Selbst wenn, wie hier vorgeschlagen, der Mangelschaden aus dem Anspruch aus pVV herauszurechnen ist, kann der Käufer diesen Schaden im Rahmen der noch nicht verjährten GewährleistWlgsrechte liquidieren.

IV. Vorteilsausgleich bei Verbessenmgen der Kaufsache

241

beträchtlichen Sanienmgskostenaufwands am Ende der Gnmdstückswert gesunken ist, dann erhöht sich dadurch nicht der ersetzbare Mangelfolgeschaden. Eine entsprechende Regelung sollte zunächst mit § 37 Bodenschutzgesetz eingeführt werden und besteht bereits mit § 25 HessAbfA02 65 sowie dem inhaltsgleichen § 22 ThürAbfAG266. Dort ist allerdings vorgesehen, daß der nicht in Anspruch genommene Gnmdeigentümer einen anläßlich der Sanienmg erlangten Wertzuwachs auszugleichen hat. Dieser Ausgleich soll an denjenigen fließen, der die Sanienmg vorgenommen hat. Die Regelung des § 37 BodenschutzG-E stellte im Gegensatz zu den schon bestehenden landesgesetzlichen Vorschriften auf die Erlangung eines unbilligen Vorteils anläßlich der Sanienmg ab 267 . Damit sollte ausgeschlossen werden, daß der Verursacher einer Altlast einen Ausgleichsanspruch gegen den späteren Eigentümer erwirbt268 . Durch die Herbeifiihrung der Kontamination stört der Einbringende unabhängig von einem Verschulden das Gnmdstückseigentum. Der Gnmdstückseigentümer hat dann einen Anspruch gegen den Einbringenden gemäß § 1004 I BGB. Dann stellt der anläßlich der Sanienmg erfolgte Wertzuwachs aber keinen unbilligen Vorteil dar, da das Gnmdstück nur den Wert stönmgsfreien Eigentums wiedererlangt. Eine Unbilligkeit dürfte aber auch dann nicht vorliegen, wenn der Gnmdstückseigentümer bereits altlastenverseuchtes Eigentum erwirbt. Die Stönmg durch die Herbeifiihrung der Kontamination wirkt dann fort, und der neue Eigentümer hat einen eigenen Anspruch aus § 1004 BGB, der inhaltlich allerdings nicht weitergeht als der des Alteigentümers269 . Der Regelungsbereich der Wertzuwachsregelung reduziert sich damit

265 Hessisches Abfallwirtschafts- und Altlastengesetz in der Fassung vom 26. Februar 1991 (GVBI. I S 106). 266 Thüringisches Abfallwirtschafts- und Altlastengesetz vom 31.7.1991 (GVBI. S.

273).

267 Vgl. dazu Oerder, NJW 1994,2181,2185. 268 Vgl. die weitergehende Kritik von Bickel, § 25 HessAbfAG, S. 150. 269 BGHZ 98, 235, 241 f.; vgl. auch OLG Köln, DWW 1994, 184; jedenfalls hinsichtlich der Verjähnmgsfrist ist das unumstritten. Nach einer neueren Lehre sollen allerdings in der Vergangenheit abgeschlossene Beeinträchtigungen nicht unter § 1004 BGB zu fassen sein, vgl. Picker, 1972, insbes. S. 171 f.; zustimmend StaudingerGursky § 1004 BGB, RdNr. 3; Daraus folgt nach Gursky, daß bei den Altlastenfällen der Neueigentümer nicht in seinem Eigentum gestört werde, vielmehr das Vorhandensein der Altlasten nur zu den Konsequenzen gehöre, mit denen sich der Neueigentümer 16 Meyer

242

F. Unzulänglichkeiten bei der kaufrechtlichen Haftung

auf den Bereich, in dem ein nicht Störender fiir die Sanierung herangezogen wird. Das ist etwa der Fall, wenn der Inhaber der tatsächlichen Sachgewalt, z.B. der Mieter oder Pächter die Sanierung durchführt. Auch hier stehen dem Mieter und Pächter aber die Möglichkeiten des § 547 BGB zu. Danach kann der Mieter und Pächter den Ersatz notwendiger Verwendungen ohnehin vom Vermieter270 verlangen. Dieser Anspruch geht dann wenigstens 27 ! auf die Wertsteigerung. Auch kann der Mieter eigenständige Ansprüche gegen den Verhaltensstörer aus § 1004 BGB haben272 . In einem solchen Fall ist es wenig einsichtig, warum er zusätzlich vom Eigentümer die Werterhöhung des Grundstückes verlangen können soll. Es bleibt der Bereich in dem die Behörde ihrerseits die Sanierungsarbeiten vornimmt, ohne den Eigentümer in Anspruch zu nehmen. Hat sie gegen den Verhaltensstörer eine entsprechende Verfügung erlassen, hat sie einen Kostenerstattungsanspruch fiir die Ersatzvornahme 273 , und es leuchtet nicht ein, warum sie darüber hinaus den Wertzuwachs vom Eigentümer als zusätzliches Entgelt verlangen dürfen so1l274. Man hätte den zunächst in § 37 BodenschutzG-E vorgesehenen Ausgleichsanspruch deshalb weiter einschränkend nur dann erheben können, wenn ein Regreß beim Verhaltensverantwortlichen ausscheidet. In dem in Kraft getretenen § 25 BodenschutzQ275 ist die Regelung des § 37 BodenschutzG-E daher auch nicht mehr vorgesehen, so daß die dargestellte Kritik nur noch hinsichtlich der landes gesetzlichen Regelungen aufrechtzuerhalten ist, in denen zudem nicht einmal die Unbilligkeit des erlangten Wertzuwachses Anspruchsvoraussetzung ist.

infolge der abgeschlossenen Eigentumsstörung konfrontiert sehe, kritisch dazu MünchKomm-Medicus § 1004 BGB, RdNr. 23a. 270 Der, faUs er nicht selbst Eigentümer ist, wiederum einen solchen Anspruch gegen den Eigentümer hat. 27! Der Aufwand fiir die Sanierungen kann durchaus die Wertsteigerung übersteigen, vgl. bereits Seite 239. 272 Vgl. fiir Ansprüche des Mieters aus § 906 II BGB, LG Kempten, NJW 1995,970. 273 So etwa aus § 61 I BremPolG bei der Inanspruchnahme des Nichtstörers und Entschädigung desselben; mehrere Verantwortliche haften gern. § 61 II BremPolG allerdings wieder als Gesamtschuldner. 274 Vgl. dazu Bickel § 25 HessAbfAG Seite. 150, RdNr. 3. 275 BodenschutzG vom 17.3.1998, BGBI. I, S. 502. Nunmehr kann lediglich der öffentliche Kostenträger Ausgleich verlangen, von dem bei Vorliegen einer unbilligen Härte abgesehen werden kann.

IV. Vorteilsausgleich bei Verbesserungen der Kaufsache

243

Nach der hier vertretenen Lösung ist dann vordergründig der Verhaltensstörer, der Eigentümer war, gegenüber den anderell Verhaltensstörem privilegiert, da der Wertausgleich bereits bei der Schadensberechnung eines entsprechenden Anspruches aus positiver Vertragsverletzung erfolgt. Weil es sich dann auch wn einen unbilligen Vorteil handeln könnte, müßte diesem gar bei Inanspruchnahme der Anspruch aus den landesgesetzlichen Regelungen zustehen. Dies wäre aber Folge der speziellen Beziehung zwischen Veräußerer und Erwerber. Die ursprüngliche Kontamination stellte keine Eigentwnsstörung dar, da der Veräußerer selbst Eigentümer war. Die in den Altlasten liegende Belastung des Grundstückes "erstarkt" nicht zur Eigentwnsstörung, weil eine neue Störung nicht vorliegt, der eigenständige Anspruch aus § 1004 BGB aber nicht weitergeht als der des Alteigentümers 276 . Dies stellt keinen Widerspruch zur Annahme einer Pflichtverletzung dar277 . Die Einbringung der kontaminierenden Stoffe ist nur im Zusammenhang mit der Weitergabe des Grundstückes als Pflichtverletzung gegenüber den weitergehenden Vermögensinteressen des Vertragspartners zu werten und kausale Bedingung für den Eintritt des späteren Schadens in Form der Sanierungskosten278 • Dann aber ist ein Anspruch aus positiver Vertragsverletzung auf Ersatz des weiten Mangelfolgeschadens gerechtfertigt.

276 Vgl. bereits FN 269. 277 Vgl. bereits Seite 200. 278 Im Ergebnis hätte man dennoch nicht annehmen können, daß ein unbilliger Vorteil LS.d. § 37 BodenschutzG-E vorliegt. Bei Inanspruchnahme des Verkäufers hat dieser keine vertraglichen Ansprüche gegen den Käufer, vgl. dazu Seite 228. Da in den landesgesetzlichen Regelungen ein entsprechender Unbilligkeitsvorbehalt nicht getroffen wurde, muß auch insoweit der umfassenden ja vernichtenden Kritik von Bickel (§ 25 HessAbfAG, S. 150) beigepflichtet werden.

G. Die mietvertragliehe Verjährungsfrist

I. Die mietrechtliche Ausgangslage Die kurze mietrechtliche Verjährung hat eine Sonderstellung in der Systematik der kurzen vertraglichen Verjährungsfristen, weil sie nur in unbedeutendem Umfang Teil der Gewährleistungsregelung im Mietrecht ist. Nur der Anspruch auf Aufwendungsersatz fiir die Beseitigung eines Mangels bei Verzug des Vermieters gern. § 538 11 BGB unterliegt gern. § 558 I 2. Alt. BGB der sechsmonatigen Frist. Dies ist bedingt durch die Besonderheit, daß es sich beim Mietvertrag anders als beim Kaufvertrag) um ein Dauerschuldverhältnis handelt. Deshalb verbietet es sich, wie bei den Umsatzgeschäften den Beginn einer kurzen vertraglichen Verjährungsfrist an die Übergabe des Mietobjektes zu binden. Von der Aufnahme einer entsprechenden Regelung wurde daher auch abgesehen. Gleichwohl besteht auch im Mietvertragsrecht die Notwendigkeit, erkannte Mängel in kurzer Zeit geltend zu machen, da die trotz entsprechender Kenntnis vorbehaltlos gezahlte Miete die Geltendmachung der Minderung ausschließt2,

Beim Werkvertrag verbietet sich die pauschale Einordnung als reines Umsatzgeschäft. Typischerweise ergibt sich auch dort ein Zeitrnoment, weil jedenfalls die Werkerstellung eine andere zeitliche Dimension aufweist als beim Kaufvertrag. Dort erschöpft sich die vertragliche Beziehung in dem reinen Warenumsatz. Der Verkäufer erfüllt in einem Akt mit der Übergabe seine (Haupt-) Leistungspflicht. Die Erfüllungshandlung erstreckt sich aber beim Werkvertrag über den Zeitraum der Werkerstellung. Für diesen Zeitraum ergibt sich eine Reihe von besonderen Regelungen, die auch unter dem Aspekt des Werkvertrages als "unechtem" Dauerschuldverhältnis betrachtet werden könnten, vgI. unten Seiten 278 f. 2 BGH, LM Nr. 6 zu § 539 BGB; zum Bestehenbleiben der Gewährleistungsrechte, wenn der Vermieter bei Geltendmachung mit Sanktionen droht, vgl. BGH, NJW 1974, 2233; soweit er die Mangelbeseitigung hinausschiebt, s. bereits RGZ 90, 65; kritisch, soweit es sich um nachträgliche Mängel handelt, Riesenhuber, ZMR 1994, 393.

I. Die mietrechtliche Ausgangslage

245

was im Ergebnis auf eine kenntnisabhängige einmonatige Ausschlußfrist fiir die Geltendmachung hinausläuft 3. Die Beschränkung der kurzen Verjährungsfrist auf Abwicklungsansprüche hinsichtlich des Zustandes der Mietsache verfolgt wie auch bei den anderen im BGB geregelten Vertragstypen den Zweck, einmal abgeschlossene Verträge nicht mehr bei der weiteren wirtschaftlichen Aktivität berücksichtigen zu müssen, hatte also einen die wirtschaftliche Betätigung dynamisierenden Charakter4. Die Einbeziehung anderer als der in § 558 BGB ausdrücklich genannten Ansprüche trug der um die Jahrhundertwende und wohl auch heute noch vorherrschenden Konstellation Rechnung, daß regelmäßig der Eigentümer einer Sache diese mittels Vermietung oder Verpachtung wirtschaftlich nutzt. Aufgrund der Spezifik der mietvertraglichen Verjährungsfrist wurde eine dem Kauf- und dem Werkvertrag entsprechende Neuregelung der Anwendung der kurzen Verjährungsfrist nicht thematisiert. Dies liegt insbesondere daran, daß auch die kurze mietvertragliehe Verjährungsfrist wirtschaftlich dynamisierenden Charakter hat. Aber auch von anderer Seite wurde das Thema nicht aufgegriffen, da die kurze Verjährung im wesentlichen mieterfreundlich ist und schon deshalb im Rahmen des aufkommenden Verbraucherschutzgedankens kein Handlungsbedarf bestanden hat. Wie schon im Kaufrecht soll auch hier zunächst der Konflikt zwischen dem Verursacherprinzip und der kurzen Verjährungsfrist des § 558 BGB anhand einer in der Praxis relevanten Fallgruppe skizziert werden, um sodann zu untersuchen, ob de lege ferenda Möglichkeiten bestehen, diesen Konflikt zu lösen. Gerade im mietrechtlichen Bereich hat die Anwendung der kurzen Verjährungsfrist des § 558 BGB zur Beschneidung von Ansprüchen gefiihrt, die aus umweltrechtlichen Normen hergeleitet wurden. Namentlich Ansprüche aus

3

Inwieweit dadurch ein Konflikt mit dem Verursacherprinzip besteht, wird hier nicht thematisiert, weil es sich um kein Problem der gesetzlichen Verjährungsfristen handelt. 4

In der Literatur und Rechtsprechung wird demgegenüber mehr darauf abgestellt, daß die der kurzen Verjährung unterliegenden Ansprüche um so schwerer feststeHbar seien, um so mehr Zeit vergangen ist, Vgl. BGHZ 47,53; Oske, ZMR 1975, 193; Ernmerich/Sonnenschein-Emmerich, § 558 BGB, RdNr. 3 rekurriert allerdings eher auf den durch § 558 BGB gewährten Abwicklungsschutz, obgleich dessen Inhalt nach den Autoren, die diesen noch erwähnen, im Schutz vor der mit fortlaufenden Zeitaublauf immer schwierigeren werdenden Tatsachenermittlung sei, vgl. Gather, DWW 1987,282.

246

G. Die mietvertragliehe Verjährungsfrist

§ 22 I, 11 WHG sollen, wie dargelegt, nach inzwischen ständiger Rechtsprechung des BGH der kurzen Verjährungsfrist des § 558 BGB unterliegen, wenn dem Verhältnis zwischen Anspruchsberechtigtem und Anspruchsgegner ein Miet- oder Pachtvertrag zugrunde liegts. Zu untersuchen ist danach die Fallgruppe, in der der Mieter die Mietsache in einer umweltrelevanten Weise beeinträchtigt, insbesondere die Fallgruppe, in der der Vermieter von Dritten, etwa den Ordnungsbehörden, zur Beseitigung der Verschlechterung herangezogen wird. Der umgekehrte Fall, daß von der Mietsache Umweltgefahren ausgehen, braucht hier nicht weiter berücksichtigt zu werden6, da die entsprechenden Ansprüche (§§ 537 I, 538 I BGB) wie die gewährten Gestaltungsrechte (§ 544 BGB)7 nicht der kurzen Verjährungsfrist des § 558 BGB unterliegen. Als einzige der kurzen Verjährungsfrist unterliegende Ansprüche des Mieters stellen sich diejenigen wegen Verwendungen auf die Sache dar. Neben den

5

BGHZ 98, 235; OLG Karlsruhe, BB 1988,2130 m. zust. Anm. Knopp.

6 Siehe dazu die Rechtsprechungsübersichten von Schläger, ZMR 1988,407; ZMR 1990, 161; ZMR 1992, 85; zuletzt ZMR 1994, 189. 7 Schon wegen deren fehlender Anspruchsqualität, vgl. bereits oben, Seite 19 ff.. Die Möglichkeit der Kündigung wegen von der Sache ausgehenden Gesundheitsgefahren wird bei der Raummiete nach § 544 BGB nicht einmal beeinträchtigt, wenn der Mieter die Gefahr bei Miete gekannt hat. Diese Privilegierung der Raummiete scheint selbst dann kaum nachvollziehbar, wenn man, wie in namhaften Kommentaren angeführt, in zweifelhafter Terminologie darauf abstellt, daß § 544 BGB dem öffentlichen Interesse der "Volksgesundheit" diene (vgl. etwa Palandt-Putzo, § 544 BGB, RdNr. 1). Auch von beweglichen Sachen können namentlich Gesundheitsgefahren ausgehen. Ohne Rückgriff auf die fragwürdige "Volksgesundheit" dient § 544 BGB jedenfalls dem Schutz überragender Rechtsgüter. Warum diese weniger zu achten sind, wenn es um die VermietungIV erpachtung von beweglichen Sachen geht, kann zunächst nicht einleuchten. Gerade der Wortlaut des § 544 BGB verhindert aber in einem Umkehrschluß die Annahme eines wichtigen Grundes bei von einer (beweglichen) Mietsache ausgehenden Gesundheitsgefahren. Evtl. könnte man darauf rekurrieren, daß es dem Mieter unbenommen bleibt, die Mietsache nicht zu nutzen und damit der schon bei Vertragsschluß erkannten Gesundheitsgefahr zu entgehen. Eine Nutzungspflicht ergibt sich nämlich nur im Einzelfall und dann aus der vertraglichen Abrede. Eine Privilegierung der Wohnraummiete LS.d. § 544 BGB macht dann dennoch Sinn, da diese die zentralen Stellung des Wohnraums als Lebensmittelpunkt der Mietvertragspartei berücksichtigt und im Gleichklang mit der ansonsten bestehenden Zurückhaltung hinsichtlich der Möglichkeit steht, in eigene Gesundheitsgeflihrdungen einzuwilligen.

11. Der Maßstab für die Obhutspflichten des Mieters

247

Ansprüchen aus § 547 BGB konunen dabei Ansprüche aus § 538 11 BGB in Betracht. Die Anwendung der kurzen Verjährungsfrist auf diese Ansprüche scheint aber nicht zu übennäßigen Härten zu führen, wie die mangelnde Relevanz in der Literatur belegt und durch das Fehlen von neueren Präjudizien8 dokumentiert wird. Dies erklärt sich nicht zuletzt aus der notwendigen Kenntnis des Mieters von den gemachten Verwendungen, so daß diesem ohne großen Rechtfertigungsdruck auferlegt werden kann, diese Verwendungen innerhalb eines halben Jahres nach der Beendigung des Mietverhältnisses einzuklagen. Hat dagegen der Mieter die Sache in einer Weise beeinträchtigt, daß von dieser für weitere Nutzer oder die Allgemeinheit Umweltgefahren ausgehen, stellt sich die Frage, ob und woraus der Vermieter Ansprüche gegen den Mieter herleiten kann. In den §§ 535 ff. BGB findet sich hinsichtlich der Verschlechterung der Mietsache eine schadenersatzbewehrte Pflicht des Mieters lediglich in § 545 BGB. Dort wird allerdings nicht unterschieden zwischen Mängeln, die der Mieter verursacht hat, und solchen, die von einem Dritten herbeigeführt worden sind. Der Mieter ist vielmehr dann einem Schadenersatzanspruch des Vennieters ausgesetzt, wenn er es unterlassen hat, trotz entsprechender Kenntnis den Vennieter von einem Mangel oder der Notwendigkeit einer Schadensabwendungsmaßnahme in Kenntnis zu setzen9. Auch für den Fall, daß der Mieter den Vennieter von dem herbeigeführten Mangel in Kenntnis setzt, muß dieser aber die Möglichkeit haben, die zur Mangelbeseitigung notwendigen Kosten vom Mieter zu erlangen. Eine solche Schadensersatzpflicht folgt dann, wenn nicht vertraglich entsprechende Vereinbarungen getroffen worden sind, aus den allgemeinen Regeln, namentlich aus denen zur positiven Vertragsverletzung.

11. Der Maßstab für die Obhutspflichten des Mieters Neben den allgemeinen Schutzpflichten, die in jedem Vertragsverhältnis die Vertragspartner zur gegenseitigen Rücksichtnahme hinsichtlich der Rechtssphäre des anderen Vertragspartners verpflichten, könnte man zur Konkretisierung der für Ansprüche aus positiver Vertragsverletzung relevanten Pflichten auf die

8 Seit 1986 wurde in den größeren Zeitschriften kein einziger Fall veröffentlicht, in dem § 558 BGB für Ansprüche des Mieters aus den §§ 538, 547 BGB relevant gewesen wäre. Die Anwendung des § 558 BGB auf Ansprüche aus § 538 II BGB wurde klargestellt in BGH, NJW 1974,743. 9

Näher zu § 545 BGB unten, Seite 256.

G. Die mietvertragliche Verjährungsfrist

in den §§ 535 ff. BGB enthaltenen Regelungen hinsichtlich mietvertragsspezifischer Obhutspflichten für die gemietete Sache zwiickgreifen. In den §§ 536, 548, 550, 553 BGB wird der vertragsgemäße Gebrauch geregelt. Zunächst ist der Vermieter gern. § 536 BGB verpflichtet, den Mietgegenstand in einem Zustand zu überlassen und zu halten, der dem Mieter den vertragsgemäßen Gebrauch ermöglicht lO• Verschlechtert sich die Sache während der Mietzeit, stehen dem Vermieter keine Ansprüche gegen den Mieter zu, wenn die Verschlechterung auf dem vertraglich vorausgesetzten Gebrauch des Mieters beruht (§ 548 BGB). Auf der anderen Seite kann der Vermieter den Mieter auf Unterlassung in Anspruch nehmen (§ 550 BGB) und dem Mieter bei Zuwiderhandlung kündigen (§ 553 BGB), wenn dieser die Sache in einer Weise gebraucht, die dem Mietvertrag zuwiderläuft. Daraus folgt, daß gemäß den Grundsätzen der positiven Vertragsverletzung zum Schadenersatz verpflichtende Handlungen nur dann vorliegen können, wenn sie sich nicht mehr im Rahmen der vertraglich vorausgesetzten Nutzung des Mietobjekts bewegen, da sonst § 548 BGB leerlaufen würdelI. Entsprechend finden sich in der Rechtsprechung auch hinsichtlich der umweltrelevanten Beeinträchtigung der Mietsache Ansätze, eine Haftung des Mieters ungeachtet der kurzen Verjährungsfrist des § 558 BGB gänzlich auszuschließen, wenn die Beeinträchtigung auf einer vertragsgemäßen Nutzung der Mietsache beruht. Hervorzuheben ist hier eine Entscheidung des OLG Düsseldorfl2 . Hier war es infolge des Betriebes einer Tankstelle auf einem zu diesem Zweck verpachteten Grundstück zu Bodenverunreinigungen gekommen. Das OLG Düsseldorf schloß eine Haftung des Pächters für die von ihm verursachten Bodenverunreinigungen aus, weil diese auf den Betrieb des extra für diesen Zweck verpachteten und hergerichteten Grundstückes zwiickzufiihren seien, damit aber auf den vertragsgemäßen Gebrauch der Pachtsache. In der vertragsgemäßen Nutzungsart kann aber, auch wenn dadurch das entsprechende Risiko erhöht wird, nicht per se eine Enthaftung des Mieters für schuldhaft herbeigefiihrte Verschlechterungen der Miet- bzw. Pachtsache gesehen werden. Auch wenn dem Vermieter bewußt ist, daß die vertraglich vorgesehene Nutzung die Gefahr der Beein-

10 Unbeschadet der Möglichkeit, diese Verpflichtung, wie dies etwa rur Schönheitsreparaturen bei der Wohnraummiete üblich ist, wirksam auf den Mieter abzuwälzen, vgl. BGHZ 92, 363; 101,253. \I Vgl. Schlechtriem, Vertragliche und außervertragliche Haftung, S. 1647; ders. Vertragsordnung und außervertragliche Haftung, S. 392; Dietz, S. 112 f., 116 ff.

12 NJW-RR 1993,712.

ill. Vorsätzliche Beeinträchtigungen der Mietsache

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trächtigung der Mietsache in sich birgt, erhält der Mieter keinen Freibrief für solche Verschlechterungen. Vielmehr kann auch dann der Vermieter darauf vertrauen, daß der Mieter mit der Mietsache sorgfältig umgeht. Deswegen muß der Umstand, daß der Vermieter dieses Risiko bewußt in Kauf nimmt, nicht unberücksichtigt bleiben. Dem kann aber mit einer dem Einzelfall angemessenen Berücksichtigung im Rahmen des § 254 BGB Rechnung getragen werden. Damit stellt § 548 BGB keinen Freibrief für verschuldete Beeinträchtigungen durch den Mieter dar, sondern stellt lediglich klar, daß die im Rahmen der vertraglichen Sorgfaltspflichten erfolgte Abnutzung der Mietsache nicht zu einem Ersatzanspruch des Vermieters führen kann. Verstößt der Mieter gegen diese Sorgfaltspflichten, führt dies allerdings nicht automatisch zu einer vollen Überwälzung des entstandenen Schadens, wenn den Vermieter aufgrund der gewährten Nutzungsart ein Mitverschulden derart trifft, daß die Beeinträchtigung durch ein leicht fahrlässiges Verhalten des Mieters nahelag oder durch die Beschaffenheit des Mietgegenstandes begünstigt wurde.

III. Vorsätzliche Beeinträchtigungen der Mietsache Die Anwendung der kurzen vertraglichen Verjährungsfrist des § 558 BGB auch auf andere Ansprüche des Vermieters (etwa aus Eigentum) gehört heute zu den Allgemeinplätzen und wird ernsthaft nicht mehr in Frage gestellt. Lediglich in der Frühphase der Anwendung fand sich zwar eine weitverbreitete Kritik, die darauf abstellte, daß § 558 BGB dem Wortlaut nach lediglich auf die mietvertraglichen Ansprüche, nicht aber auf außervertragliche Ansprüche anwendbar sei 13. Eine aktuelle Diskussion zur Begrenzung des Anwendungsbereiches der Norm findet sich aber nur für einen, wenn auch wichtigen, Teilbereich l4 . Die weite Anwendung der kurzen Verjährungsvorschrift des § 558 BGB auch auf andere, mit den vertraglichen konkurrierende Ersatzansprüche des

13 Gegen die weite Anwendung sprachen sich in der Vergangenheit aus: StaudingerKiefersauer, 7./8. Aufl., H. Bd., § 558 BGB Anm. Ib; Mittelstein, S. 527; Lent, Gesetzeskonkurrenz, S. 289; Dietz, Anspruchskonkurrenz, S. 148; Planck-Greiff, 4. Aufl., Bd. II, 2, § 558 BGB Anm. la; während sich für die weite Anwendung aussprachen: Goldmann-Lilienthal, § 160 Nr. 38; Niendorff, § 35; Bruck, AcP 27, 133 N. 55; Neumann zu § 558, I; Oertmann zu § 558; in den sechziger Jahren wurde von Siebenhaar (IR 1963, 46) der Versuch unternommen, von neuem gegen die weite Anwendung zu opponieren. 14 Namentlich der Erstreckung des Anwendungsbereiches auf Ansprüche aus § 22 WHG, vgl. dazu unten, Seite 257.

250

G. Die mietvertragliehe Verjährungsfrist

Mieters führt zu der Frage, ob auch konkurrierende Ansprüche wegen vorsätzlich herbeigeführter Beeinträchtigung der kurzen Verjährungsfrist unterliegen. Das ist fiir den vorliegenden Zusammenhang von besonderem Interesse, weil die Haftung wegen vorsätzlichen Verhaltens de lege lata auch im Bereich der kurzen Verjährungsfristen jeweils besonders unbillige Ergebnisse vermeiden hilft. Durch entsprechende Konkretisierung etwa von umweltspezifischen Aufklärungspflichten im kaufrechtlichen Bereich haben die Arglistfälle bislang in der Praxis ein besonderes Gewicht l5 . Der Frage hat sich der BGH zunächst lediglich in obiter dicta angenommen l6 . Dabei hat der BGH ausdrücklich offengelassen, ob die weite Anwendung des § 558 BGB auch dann angezeigt ist, wenn der Mieter die Mietsache vorsätzlich verschlechtert. Dagegen hat das OLG Köln 17 die Erstreckung der kurzen Frist bei vorsätzlichem Verhalten ausdrücklich verneint l8, obgleich die Frage nach eigenem Bekunden nicht entscheidungserheblich war, da dem in den Schutzbereich des § 558 BGB einbezogenen Schädiger vorsätzliches Verhalten nicht vorgeworfen werden konnte l9 . Auch insoweit handelte es sich also lediglich um ein obiter dictum. In einer neueren Entscheidung20 hat der BGH die Frage ausfiihrlicher behandelt, und sich entgegen seinen ursprünglichen Bedenken dahin geäußert, daß auch Ansprüche aus unerlaubter Handlung bei vorsätzlichem Verhalten des Mieters der kurzen Verjährung des § 558 BGB unterliegen sollen21 . Der BGH 15 Vgl. bereits Seite 195 ff. 16 BGHZ 71, 175, 178; 98, 235, 239. 17 NJW-RR 1991, 1292. 18 NJW-RR 1991, 1292, 1294. 19 A.a.O., S. 1294.

20 BGH, WuM 1993,535.

21 Dabei beruft sich der BGH (WuM 1993, 535, 536) auf eine eigene EntscheidWlg (BGH, LM § 823 (L) BGB Nr. 25 = NJW-RR 1988, 1358), obgleich dort lediglich beiläufig bei der DarstellWlg die RechtsprechWlg zu § 558 BGB erwähnt ist. Entsprechend weist der BGH auch (mit Verweis auf die in FN 16 genannten EntscheidWlgen) darauf hin, daß die Frage bisher offengelassen wurde. Die Wlterinstanzliche RechtsprechWlg vermag das Ergebnis ebenfalls nicht zu tragen. Während das LG Konstanz (ZMR 1985, 339) die vorsätzlichen HandlWlgen zwar im (nicht amtlichen) Leitsatz erwähnt, auf die offene Rechtsfrage aber mit keiner Silbe eingeht, begründet das OLG Hamm (NJW-RR 1988, 784, 785) seine (nicht entscheidWlgserhebliche) AuffassWlg, die vor-

ill. Vorsätzliche Beeinträchtigungen der Mietsache

251

hat dabei darauf abgestellt, daß die Grenzen zwischen Fahrlässigkeit und Vorsatz fließend seien und der Geschädigte deshalb nicht sicher beurteilen könne, ob er vorsätzlich oder nur fahrlässig geschädigt worden sei. Deshalb sei es der Rechtssicherheit abträglich, wenn die Verjährung von der Art der Begehung abhänge22 . Schließlich sei das Risiko vorsätzlicher Schädigung für das Mietverhältnis nicht untypisch. Lediglich bei einem Anspruch aus § 826 BGB habe die Schädigung nichts mehr mit den typischen Vertragsrisiken zu tun23 , so daß dann § 558 BGB nicht zur Anwendung komme. Dabei verkennt der BGH, daß die Verjährung ihrer Struktur nach eine schuldnerschützende Wirkung hat, so daß das Abstellen auf die Unsicherheit für den Gläubiger sich zumindest merkwürdig ausnimmt, kann dieser doch selbst bei Ablauf der Verjährungsfrist nicht absehen, ob sich der Schuldner auf die Verjährung berufen wird. In anderen gesetzlich geregelten Verjährungsvorschriften, etwa §§ 477 I und 638 I BGB, wird zudem sehr wohl auf die Art der Begehung abgestellt, ohne daß es auf die Unsicherheit hinsichtlich der Abgrenzung zwischen vorsätzlichem und bloß fahrlässigem Verhalten ankäme. Daß es sich um ein typisches Vertragsrisiko handle, wenn der Mieter die Sache vorsätzlich verschlechtert, wirkt schon deshalb wenig überzeugend, da der BGH selbst für den Fall des § 826 BGB eine Ausnahme machen will. Es sind aber trotz der weiteren Voraussetzungen des § 826 BGB kaum Fallgruppen des § 823 I BGB vorstellbar, in denen bei vorsätzlicher Schädigung nicht auch ein Anspruch aus § 826 BGB besteht24 . sätzlichen Ansprüche seien erfaßt, lediglich mit einem nicht weiter erläuterten Hinweis auf die Rechtssicherheit. Die vom BGH angefiilirten Literaturstellen sind ebenfalls wenig ergiebig. Erman-Jendrek, § 558 BGB, RdNr. 4, zitiert lediglich die auch vom BGH aufgeführten Entscheidungen und verweist ansonsten wie der BGH aufEmmerichSonnenscheinlEmmerich, § 558 BGB, RdNr. 3, die ihrerseits ohne weitere Begründung auf die Entscheidung des LG Konstanz (ZMR 1985, 339) verweisen. 22 A.a.O., S. 537. 23 Mit Verweis auf Schlechtriern, Vertragsordnung und außervertragliche Haftung, S. 393; MünckKomm-Mertens, § 852 BGB, RdNr. 41. 24 Da vom Vorsatz auf das Vorliegen der Sittenwidrigkeit geschlossen werden kann, vgl. Soergel-Hönn, § 826 BGB, RdNr. 11; Staudinger-Schäfer, § 826 BGB, RdNr. 71; MünchKomm-Mertens, § 826 BGB, RdNr. 59; Palandt-Thomas, § 826 BGB, RdNr. 9. Ein Unterschied könnte allenfalls darin gesehen werden, daß es bei § 823 I BGB, anders als bei § 826 BGB (vgl. Erman-Schiemann, § 826 BGB, RdNr. 15; MünchKommMertens, § 826 BGB, RdNr. 59) der Vorsatz lediglich auf die Verletzung eines Rechtsgutes ankommt. Vorsatz braucht hinsichtlich der weiteren Schadensfolgen nicht zu bestehen (vgl. Soergel-Zeuner, § 823 BGB, RdNr. 231; Mudgan 11, S. 406; Prot. bei Mudgan 11, S. 1076; RGZ 142, 116, 122; BGH, NJW 1951, 596, 597.

252

G. Die mietvertragliche Verjährungsfrist

Auch in der Literatur wurde die Frage thematisiert, wenn auch nur in bescheidenem Umfang. Neben der Kommentarliteratur2S findet sich ein spezieller Aufsatz von Braun26 , der aber lediglich die Frage untersucht, ob § 558 BGB auch auf konkurrierende deliktische Ansprüche wegen der vorsätzlichen Herbeifiihrung eines Feuerschadens anzuwenden ist. Braun schließt sich Schlechtriem an27 , der die kurze Frist des § 558 nur anwenden will, wenn der deliktsrechtliche Anspruch mit den spezifischen Risiken des Mietverhältnisses zusammenhängt. Bei vorsätzlicher Schädigung sei dies nicht der Fall. 1. Anwendung auf konkurrierende außervertragliche Ansprüche bei vorsätzlicher Beeinträchtigung

Tatsächlich muß bei der Anwendung des § 558 BGB berücksichtigt werden, daß der Mieter nach Rückgabe der Sache nicht unbeschränkt wegen Risiken aus der Zeit seiner Nutzung in Anspruch genommen werden kann. Dies rechtfertigt die grundSätzliche Anwendung der Frist des § 558 BGB auch auf andere als vertragliche Ansprüche, um den gewährten Abwicklungsschutz des Mieters nicht leerlaufen zu lassen. Die Anwendung der kurzen Verjährung etwa auf deliktische Ansprüche ist deshalb folgerichtig und entspricht der Schutzfunktion der Norm28 • Eine andere Frage ist es aber, wieweit der Mieter schützenswert ist. Würde wegen der Schutzfunktion des § 558 BGB auch der Anspruch des Vermieters bei vorsätzlicher Schädigung durch den Mieter erfaßt, widerspräche dies dem an verschiedenen Stellen im BGB zum Ausdruck gekommenen Gedanken, daß der vorsätzlich Handelnde gegenüber dem einfach fahrlässig Handelnden weniger schutzwürdig ist.

2S Ohne jede Begründung sprechen sich gegen eine Erstreckung auf vorsätzlich herbeigefiihrte Verschlechterungen aus: Palandt-Putzo, § 558 BGB, RdNr. 7; SoergelKummer, § 558 BGB, RdNr. 2; Palandt-Thomas, § 852 BGB, RdNr. 1, spricht lediglich von einer Erstreckung bei fahrlässiger Begehungsweise; für eine Erstreckung, weil § 558 BGB lediglich auf die Art des Schadens und nicht auf die Verschuldensform abstelle, plädieren: Erman-Jendrek, § 558 BGB, RdNr. 4; Emmerich-Sonnenschein, § 558 BGB, RdNr. 3.

26 VersR 1985, 1119. 27 Vertragsordnung und außervertragliche Haftung, 392, 295. 28 Vgl. BGHZ 98, 235, 238, wo von der bedeutsamen Schutzwirkung des § 558 BGB zugunsten des Mieters die Rede ist.

ill. Vorsätzliche Beeinträchtigungen der Mietsache

253

So wird etwa in § 124 I und 11 BGB dem arglistig Getäuschten eine Frist von einem Jahr für die Anfechtungserklärung gelassen, die er ansonsten unverzüglich auszusprechen hat (§ 121 I BGB). In § 443 BGB ist bestimmt, daß ein Ausschluß für die Haftung wegen Mängeln im Rechte bei arglistigem Verschweigen unwirksam ist29 . Die grobfahrlässige Unkenntnis des Käufers von einem Sachmangel schließt gern. § 460 S. 2 BGB entgegen § 460 S. I BGB seine Gewährleistungsrechte nicht aus, wenn der Verkäufer den Fehler arglistig verschwiegen hat. Überhaupt haftet der Verkäufer auch ohne Abgabe einer entsprechenden Zusicherung gern. § 463 S. 2 BGB auf Schadenersatz wegen Nichterfüllung bei arglistigen Verschweigen eines Fehlers30. Ähnlich privilegiert wird der Käufer, der es unterlassen hat, eine Mangelanzeige zu machen. Bei arglistigem Verschweigen behält er entgegen der Anordnung des § 478 I BGB gern. § 478 11 BGB31 seine Einrede gegen die Kaufpreisforderung. Dies soll noch einmal bekräftigt werden durch die Anordnung in § 479 S. 2 BGB, daß dies auch gilt, wenn der Käufer gegenüber dem Kaufpreisanspruch mit seinem Schadenersatzanspruch wegen arglistigem Verschweigen eines Fehlers aufrechnen wi1l 32 . Auch in Schuldverhältnissen, bei denen nonnalerweise aufgrund ihrer Unentgeltlichkeit eine Haftungsminderung vorgesehen ist, begründet die Arglist eine Haftungsverschärfung. Ähnlich § 443 BGB ist etwa für die Schenkung in § 523 I BGB vorgesehen, daß der Schenker für arglistig verschwiegene Mängel im Rechte und gemäß § 524 BGB auch für Sachmängel auf Schadenersatz haftet33 . Eine Verschärfung der Vorsatzhaftung findet sich auch im Deliktsrecht. Der vorsätzlich Schädigende haftet gern. § 826 BGB für alle von ihm herbeigefiihr29 Vgl. für einen entsprechenden Ausschluß der Sachmängelgewährleistung § 476 BGB; für die Miete § 540 BGB; für den Werkvertrag § 637 BGB. 30 Vgl. beim Gattungskauf § 480 11 BGB; § 600 BGB für die Leihe und § 2183 BGB für das Vermächtnis. 31 Vgl. auch § 485 BGB für den Viehkauf. § 853 BGB, der eine strukturell älmliche Regelung enthält, stellt dagegen entgegen der Paragraphen überschrift nicht auf ein arglistiges Verhalten, sondern lediglich auf das Erlangen einer Forderung durch eine unerlaubte Handlung ab. 32 Obschon dann eine kurze Verjährung des Schadenersatzanspruches gern. § 477 I BGB gar nicht durchgreift, § 479 S. 2 BGB deshalb keinen Regelungsgehalt hat. 33 Ähnlich § 2385 11 BGB. Weitere Fälle der Aufhebung der Haftungserleichterung fmden sich in den §§ 300 I, 521, 599, 680, 912 und 968 BGB.

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G. Die mietvertragliche Verjährungsfrist

ten Vennögensschäden, also ohne die in § 823 I BGB vorgesehene Beschränkung auf die Beeinträchtigung absolut geschützter Rechtspositionen 34 , soweit seinem Verhalten zusätzlich der Makel der Sittenwidrigkeit anhaftet35 . Die Haftungsverschärfung wegen arglistigen Verhaltens ist auch kein Speziflkum des BGB. So ist etwa in § 377 V HGB die Geltendmachung von Gewährleistungsrechten auch bei Versäumung der Rügefrist möglich, wenn der Verkäufer den Fehler arglistig verschwiegen hat36. Gerade im Hinblick auf die kurze Verjährungsfrist unterliegen Ansprüche wegen arglistigen Verhaltens regelmäßig nicht der kurzen Verjährung, wie sich dies aus den §§ 477 I, 638 I BGB ergibt. Dies stellt keine gewährleistungsrechtliche Besonderheit dar, sondern entspricht dem Willen des historischen Gesetzgebers, den schuldhaft Handelnden nicht durch Gewährung einer dauernden Einrede zu privilegieren, wie sich dies bereits aus der Gesetzgebungsgeschichte des § 852 BGB ergibt37 . Die Dynamisierung des Warenverkehrs soll damit gegenüber der Sanktionierung wissentlicher Übervorteilung des Vertragspartners zurückstehen. Aus alledem folgt, daß die Einbeziehung konkurrierender Ansprüche aufgrund vorsätzlicher Schädigung in den Anwendungsbereich des § 558 BGB dem beschriebenen Grundgedanken der verschärften Haftung des arglistig Handelnden widersprechen würde und deshalb abzulehnen ist38 .

34 Weitere Fälle in denen das BGB besondere Folgen an die Arglist knüpft, finden sich in den § 1760 II c BGB sowie in § 2339 I 3. BGB. Dagegen kann nicht vorgebracht werden, daß die Ansprüche aus § 826 BGB der kurzen Verjährungsfrist des § 852 I BGB unterliegen. Wie bereits erwähnt, handelt es sich bei der Regelung des § 852 BGB um keine eigentliche Verjährungsregelung, sondern wegen der Kenntnisabhängigkeit vielmehr um eine Art Verwirkungstatbestand. 35 Vgl. bereits Seite 251, FN 24. 36 Vgl. auch § 11 Nr. 7 AGBG, der einen Gewährleistungsausschluß für Schäden aufgrund grobfahrlässigen oder vorsätzlichen Verhaltens für unwirksam erklärt und damit die bereits in den §§ 476, 540 und 637 BGB enthaltenen Gedanken auch auf grobfahrlässiges Verhalten ausweitet. 37 Vgl. bereits Seite 32 ff. 38 Zur fehlenden Möglichkeit, sich bei Arglist auf kurze Verjährungsfristen berufen zu können, vgl. auch OLG Köln, NJW-RR 1995, 337, wo allerdings nicht ganz klar wird, ob dies auf dem beschriebenen allgemeinen Rechtsgedanken oder auf § 242 BGB beruht.

III. Vorsätzliche Beeinträchtigungen der Mietsache

255

2. Anwendung des § 558 BGB au/vertragliche Ansprüche bei vorsätzlicher Beeinträchtigung der Mietsache

Greift aber bei konkurrierenden Ansprüchen die AnwendWlg des § 558 BGB nicht, weil dies einem allgemeinen Rechtsgedanken zuwiderlaufen würde, muß man die gleiche Frage fiir die aus dem Mietverhältnis entstammenden vertraglichen Ansprüche stellen. § 558 BGB selbst erfaßt nach seinem Wortlaut aber alle Ansprüche wegen der Verschlechteroog der Mietsache, stellt also auf die Art des Schadens Wld nicht auf die Form der Schadensherbeifiihrung ab. Damit Wlterscheidet er sich maßgeblich von den anderen RegelWlgen kurzer vertraglicher VerjähfWlgsfristen, die hinsichtlich vorsätzlichen Verhaltens nicht angewendet werden können. Zwar besteht zu diesen RegelWlgen jeweils der strukturelle Unterschied, daß sie Teil einer GewährleistWlgsregelWlg sind, doch verfolgt auch § 558 BGB den gleichen wirtschaftlichen Zweck der Dynamisieroog der wirtschaftlichen Betätigoog. Danach ist ZWlächst zu fragen, ob es sich bei der nach dem Wortlaut eindeutigen EinbeziehWlg der Ansprüche des Vermieters bei vorsätzlichem Verhalten um eine bewußte EntscheidWlg des Gesetzgebers handelt. Betrachtet man in den Materialien den Werdegang des § 558 BGB, fällt auf, daß im Ersten Entwurf entsprechend den Besonderheiten des Mietvertrages als eines Dauerschuldverhältnisses keine kurze VerjähfWlg der Ansprüche aus dem Mietverhältnis vorgesehen war39 . Erst während der BeratWlgen der 2. Kommission wurde eine VerjähfWlgsregelWlg fiir VerwendWlgsersatzansprüche des Mieters aufgenommen, die aus Billigkeitserwägoogen erst später auch auf die Ansprüche des Vermieters ausgedehnt wurde4o . Zwar wurde von der Kommission berücksichtigt, daß auch Ansprüche des Vermieters aus Eigentum Wld Wlerlaubter HandlWlg erfaßt sein müssen, um die RegelWlg nicht leerlaufen zu lassen, nicht aber die Art Wld Weise der Beschädigoog bedacht. Dies läßt es als plausibel erscheinen, daß die Frage angesichts der nachträglichen Einfügoog einfach nicht berücksichtigt wurde. Wegen der ansonsten weithin durchgängigen Beachtlichkeit der Verschuldensform fiir den AnwendWlgsbereich der kurzen VerjähfWlgsfristen muß deshalb schlicht von einem Redaktionsversehen bei Erlaß des BGB ausgegangen werden. § 558 BGB ist deshalb restriktiv in der Weise auszulegen, daß vertragliche Wld außervertragliche Ansprüche des Ver-

39 Vgl. MÜfichKomm-Voelskow, § 558 BGB, RdNr. 1; Janke-Weddige, BB 1991, 1805,1807. 40 Ebenda; Mudgan TI, S. 842.

256

G. Die mietvertragliche Verjährungsfrist

mieters wegen der Verschlechterung der Mietsache nicht der kurzen Verjähnmg unterliegen, soweit diese Verschlechterungen vorsätzlich herbeigeführt worden sind. 3. Vorsätzliche Beeinträchtigung durch Verletzung von Offenbarungspflichten ?

Geht man davon aus, daß Ansprüche wegen vorsätzlich herbeigeführter Verschlechterungen der Mietsache nicht der Verjähnmgsfrist des § 558 BGB unterliegen, muß berücksichtigt werden, ob dies auch fiir den Fall der vorsätzlichen Verletzung von Offenbarungspflichten zu gelten hat. Dafiir muß zunächst festgestellt werden, in welchem Umfang den Mieter Offenbarungspflichten hinsichtlich der Verschlechterung der Mietsache treffen. Eine entsprechende Offenbarungspflicht wird in § 545 I BGB konstituiert. Danach hat der Mieter dem Vermieter unverzüglich einen Mangel der Mietsache anzuzeigen oder ihn über die Erforderlichkeit einer Schadensabwendungsmaßnahme zu unterrichten. Verletzt der Mieter diese Pflicht, haftet er, neben dem Verlust seiner Mängelrechte aus den §§ 537, 538 und 542 I S. 3 BGB, gern. § 545 11 BGB auf Schadenersatz wegen des daraus entstandenen Schadens. Nun unterliegt der Anspruch des Vermieters aus § 545 11 BGB nach ganz allgemeiner Meinung der Verjähnmgsfrist des § 558 BGB41. Bei näherer Betrachtung stellt die kurze Verjähnmg des Anspruches aus § 545 11 BGB aber keinen Widerspruch zu der Geltung des dargestellten allgemeinen Rechtsgedankens dar. Die Offenbarungspflicht des Mieters hinsichtlich vorhandener Mängel oder sonstiger Gefahrdungen des Mietobjektes knüpft nämlich nicht an die verschuldete Herbeifiihrung einer Verschlechterung der Mietsache, sondern an die größere Sachnähe des Mieters während des laufenden Mietverhältnisses an. Während dem Mieter das Mietobjekt überlassen ist, hat der Vermieter nur beschränkte Zugriffsmöglichkeiten auf dieses Objekt. Diese beschränkte Zugriffsmöglichkeit wird durch die Offenbarungspflicht des Mieters fiir von ihm erkannte Mängel kompensiert4 2. Die Offenbarungspflicht knüpft damit aber gar 41 Vgl. nur Palandt-Putzo, § 545 BGB, RdNr. 5, 10; ders., § 558 BGB, RdNr. 6; MünchKomm-Voelskow § 558 BGB, RdNr. 11; Staudinger-Emmerich, § 558 BGB, RdNr. 8; Erman-Schopp, § 558 BGB, RdNr. 1. 42 Oder grob fahrlässige Unkenntnis hinsichtlich des Vorhandenseins eines Mangels oder der Notwendigkeit von Schadensabwendungsmaßnahmen, (str.), vgl. BGH NJW 1977, 1236, wo die grobfahrlässige Unkenntnis für ausreichend erachtet wurde, a.A. Soergel-Kummer, § 545 BGB, RdNr. 3.

IV. Anwendung bei konkurrierenden Ansprüchen aus Umweltgesetzen

257

nicht an die Verursachung der Verschlechterungsgefahr an, da sie auch durchgreift, wenn irgendein Dritter Urheber der Verschlechterungsgefahr ist, sondern an eben diese Sachnähe. Deswegen ist auch die Anwendung der kurzen Verjährungsfrist auf den Anspruch aus § 545 11 BGB folgerichtig, da mit Übergabe der Mietsache diese größere Sachnähe nicht mehr besteht'B. Über die in § 545 BGB konstituierten Pflichten hinaus bestehen dann aber nach der gesetzlichen Regelung keine weitergehenden Offenbarungspflichten des Mieters hinsichtlich offensichtlicher Mängel. Solche können auch nicht über die positive Vertragsverletzung entwickelt werden. Das ergibt sich bereits daraus, daß ansonsten die in § 545 BGB geregelte Einschränkung auf eine Haftung nach Abs. 1144 leerlaufen würde und der Mieter bereits bei leicht fahrlässiger Verletzung von Offenbarungspflichten auf Schadenersatz in Anspruch genommen werden könnte. Das ist aber durch die spezielle Regelung des § 545 11 BGB ausgeschlossen.

IV. Anwendung bei konkurrierenden Ansprüchen aus Umweltgesetzen Wie dargestellt4 5, wird § 558 BGB auch auf Ansprüche aus Gefährdungshaftungstatbeständen angewandt. Gerade fiir umweltrechtliche Haftungsnormen wird aber oftmals das Instrument der Gefährdungshaftung eingesetzt, um im umweltrelevanten Bereich die Nachteile der ansonsten geltenden Verschuldenshaftung zu vermeiden46 . Ein Konflikt der umweltrechtlichen Haftungsnormen mit der analogen Anwendung des § 558 BGB war demgemäß vorprogrammiert. Speziell bei der Anwendung der kurzen Frist des § 558 BGB auch auf Ansprü-

43 Es sind allenfalls im Randbereich Fallgruppen denkbar, in denen eine Offenbarungspflicht im Einzelfall besteht, so etwa der Fall, daß der Mieter eine von ihm oder anderen verursachte Verschlechterung, die er erkannt hat, vor dem Vermieter verbirgt. Dann knüpft der Anspruch aber an diese vorsätzliche positive Zuwiderhandlung an und nicht an die Unterlassung ordnungsgemäßer Offenbarung. 44 Bzw. einen Rechtsverlust nach Abs. II. 45 Vgl. bereits Seite 97 ff.

46 Vgl. etwa Sieder/ZettlerlDahme, § 22 WHG, RdNr. 1; GiesekelWiedemann ICzychowski, § 22 WHG, RdNr. 2; Kolb, S. 293 f. 17 Meyer

258

G. Die mietvertragliche Verjährungsfrist

che aus § 22 WHG hat hier die vergleichsweise ausgeprägte RechtsprechWlg47 zu literarischer ErörtefWlg gefiibrt4 8. Das WHG selbst enthält keine VerjährWlgsregelWlg für die gewährten Schadenersatzansprüche gegen den unmittelbar in ein Gewässer Einleitenden (§ 22 I WHG) Wld den Inhaber einer Anlage, aus der Stoffe in ein Gewässer gelangen (§ 2211 WHG). Im Rahmen der AusweitWlg des AnwendWlgsbereiches des § 852 BGB auf quasideliktische Ansprüche hatte der BGH diesen auf Ansprüche aus dem WHG angewendet4 9. Ohne auf die Besonderheiten des § 22 WHG zu rekurrieren, hat der BGH mit Verweis auf den Schutzzweck der mietrechtlichen VerjährWlg § 558 BGB auch auf die wasserrechtlichen Schadenersatzansprüche angewandt 50 . Daß damit im Ergebnis der gerade für eine

47 Ansprüche aus § 22 WHG wurden bei mietvertraglicher Beziehung zwischen Anspruchsinhaber und Anspruchsgegner in BGHZ 98, 235 der Frist des § 558 BGB unterworfen; bestätigend OLG Karlsruhe, BB 1988,2130 mit zust. Anm. Knopp und Verweis auf den nichtveröffentlichen Nichtannahmebeschluß des BGH v. 22.9.1988 (ill ZR 244/87); OLG Düsseldorf, NJW 1988,2389; a.A. noch das LG Köln, NJW 1975,1708. Bereits vorher hatte der BGH in einer Entscheidung aus dem Jahre 1980 (BGHZ 76, 312) Ansprüche aus § 22 WHG der einjährigen Verjährungsfrist des § 117 BinnSchG unterworfen. 48 Vgl. etwa die zustimmenden Anmerkungen zu OLG Karlsruhe, BB 1988, 2130 von Knopp und zu BGHZ 98, 235 = JZ 1987, 195 von Peters, JZ 1987, 198, sowie die die Entscheidung BGHZ 98, 235 ablehnenden Aufsätze von Janke-Weddige, BB 1991, 1805 und Gerauer, ZMR 1991,413. Bereits vor der BGH-Entscheidung findet sich eine zustimmende Bemerkung zu LG Köln, NJW 1975, 1708, wo die Anwendung des § 558 BGB abgelehnt wird bei Schröder, BB 1976, 63, 70. in der wasserrechtlichen Literatur fehlen dezidierte Auseinandersetzungen. Bei LersnerlRoth, § 22 WHG, RdNr. 24, findet sich lediglich ein Verweis auf die Verjährung nach § 852 BGB, die Anwendung kürzerer Verjährungsfristen wird nicht erwähnt. Breuer (RdNr. 807) verweist etwa lediglich auf die verkürzte Verjährung nach § 117 BinnSchG (vgl. bereits vorige Fußnote), erwähnt die kurze Verjährung nach § 558 BGB aber nicht. Bei Giesekke/Wiedemann/Czychowski, § 22 WHG, RdNr. 36, wird die Verjährung nach § 558 BGB lediglich kommentarlos angeführt. Bei Sieder/ZettlerlDahme, § 22 WHG, RdNr. 41, wird die Entscheidung im Rahmen der Konkretisierung des Kreises der Ersatzpflichtigen nach § 22 II WHG aufgeführt, aber nicht thematisiert, bei der Verjährung aber nicht erwähnt. 49 BGHZ 57, 171, vgl. bereits Seite 101 ff. 50 BGHZ 98, 235, 238.

IV. Anwendung bei konkurrierenden Ansprüchen aus Umweltgesetzen

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umweltbezogene Instrwnentalisierung wichtige Hafumgstatbestand51 des § 22 WHG in einem Teilbereich konterkariert wurde, scheint dem BGH entgangen zu sein. Dagegen haben der EntscheidWlg zustimmende Autoren wenigstens zu erkennen gegeben, daß das so erzielte Ergebnis kaum befriedigen kann, im Hinblick auf die einheitliche AnwendWlg der VerjährungsregelWlgen aber nicht zu vermeiden sei 52 . Dagegen hat das LG Köln bereits im Jahre 1975 die AnwendWlg des § 558 BGB auf Ansprüche aus § 22 WHG abgelehnt 53 . Das Gericht argumentierte, die entsprechende AnwendWlg des § 558 BGB auf deliktische Ansprüche folge daraus, daß sonst die kurze Verjährung typischerweise leerlaufen würde, weil bei einer Verschlechterung der Mietsache normalerweise auch eine EigentumsverletZWlg vorliege 54. Bei der gebotenen generalisierenden BetrachtWlgsweise 55 müsse aber berücksichtigt werden, daß § 22 WHG nicht notwendig eine EigentumsverletZWlg voraussetze, wie dies bei anderen vom BGH in den AnwendWlgsbereich einbezogenen gesetzlichen Tatbeständen der Fall sei56 . § 22 WHG gewähre auch bei bloßen Vermögensschäden Ersatz, etwa wenn der Vermieter als Eigentümer eines Grundstückes, von dem auf andere Grundstücke eingewirkt werde, aus § 906 BGB in Anspruch genommen werde. Wegen dieses strukturellen Unterschieds komme eine AnwendWlg des § 558 BGB nicht in Betracht. Auch die neuere spezielle Literatur lehnt die entsprechende AnwendWlg des § 558 BGB auf Ansprüche aus § 22 WHG ab. Neben dem Hinweis, daß mit § 22 WHG der Schutz des Eigentums gar nicht bezweckt wird 57 , argumentiert

51 Trotz der sonst bestehenden Unzulänglichkeiten privatrechtlicher Haftung gerade im Umweltbereich. 52 Vgl. Knopp, BB 1988,2133; Peters, JZ 1987, 198, 199. 53 NJW 1975,1708. 54 A.a.O., S. 1709. 55 Vgl. Schröder, BB 1976,70; Dietz, Anspruchskonkurrenz, S. 150f, 154. 56 Ebenda. Etwa aus §§ 7, 14 StVG, vgl. dazu bereits Seite 101 ff. 57 Mit dem zutreffenden Hinweis auf die Naßauskiesungsentscheidung des BVerfG, NJW 1982, 745, 748, vgl. Gerauer, ZMR 1991, 413, 414; Janke-Weddige, BB 1991, 1805,1806 geht davon aus, daß in dem vom BGH entschiedenen Fall gar kein Anspruch aus § 22 WHG bestand, so daß der BGH gar keinen Anlaß hatte, zu der Frage Stellung zu nehmen.

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G. Die mietvertragliche Verjährungsfrist

Janke-Weddige 58 , daß die jeweils hervorgehobene Schwierigkeit, nach längerer Zeit den Sachverhalt genau aufzuklären, keine Rolle spielen könne, da die Beweislast ohnehin beim Vermieter liegt59. Janke-Weddige stellt wesentlich darauf ab, daß § 22 WHG nicht (nur) das Eigentum des Vermieters schütze, sondern der Wasserschutz als solcher Zweck der Haftungsregelung im WHG sei60. Zunächst ist festzustellen, daß die durch die Verschuldensunabhängigkeit verschärfte Haftung des Gewässerverunreinigers bzw. (bei § 22 11 WHG) des Inhabers einer gewässerschädigenden Anlage bereits seit dem Inkraftreten im Jahre 1960 im WHG enthalten ist, mithin weit vor der Herausarbeitung des Verursacherprinzips im Rahmen der allgemeinen Konstituierung des Umweltschutzes, die erst Anfang der siebziger Jahre einsetzte61 . Bezeichnenderweise war diese frühe Form einer Umweltgefährdungshaftung im Wasserschutz angesiedelt, an dem sich auch später zunächst ein allgemeines Umweltbewußtsein62 und danach die Einführung des UmwHG63 ausrichtete64 . Im Vordergrund stand aber bereits in diesem frühen Stadium nicht der durch § 22 WHG gewährte individuelle Ausgleich für erlittene Schäden, sondern die Funktionalisierung privatrechtlicher Haftung für die Erreichung eines dem Allgemeinwohl dienenden Zwecks. Das ergibt sich aus der Entstehungsgeschichte der Norm. Bald nach dem Kriege wurde im Zuge der Reindustrialisierung die Gefahr deutlich, daß die gesteigerte Nutzung des Wassers dessen Qualität über alle Maße verschlechtern würde 65 . Um dem entgegenzuwirken, wurde bereits seit

58 BB 1991, 1805. 59 A.a.O., S. 1807, das gilt aber grundsätzlich für alle Verjährungsfristen, kann also nicht als spezielles Argument gegen die Anwendung des § 558 BGB herangezogen werden, vgl. bereits Seite 22. 60 Janke-Weddige, BB 1991, 1805, 1807. 61 Vgl. bereits Seite 138 ff. 62 Vgl. bereits Seite 138. 63 Infolge des Sandoz-Unfalls im Jahre 1986, vgl. bereits Seite 135. § 22 WHG stand schließlich auch Modell für das UmwHG, vgl. Feldmann, UPR, 1991, 45, 46; GieseckefWiedemannlCzychowski, § 22 WHG, RdNr. 2. 64 Vorläufemormen des § 22 WHG fanden sich bereits vor dessen Einführung in Art. 37 V BayWG sowie § 24 PrWG (vgl. GieseckefWiedemannlCzychowski, § 22 WHG, RdNr. 2; Sieder/ZettlerlDahme, § 22 WHG, RdNr. 4; Kolb, S. 293).

65 Vgl. Kolb, S. 293 f.; LersnerlRoth, Einführung zum WHG, RdNr. 1.

IV. Anwendung bei konkurrierenden Ansprüchen aus Umweltgesetzen

261

1952 versucht, durch ein entsprechendes Gesetz die Wasserqualität in der Bundesrepublik zu gewährleisten66 . Im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens wurde die zunächst auf die Haftung desjenigen, der Stoffe in ein Gewässer einleitet oder einbringt, beschränkte Regelung des § 22 WHG um die Haftungstatbestände der bloßen Einwirkung und des Hineingelangens aus einer Anlage erweitert67 . Dies geschah, um einen möglichst umfassenden Schutz des Wasserschatzes zu gewährleisten68 . Damit wurde mit der privatrechtlichen Haftung nach § 22 WHG jedenfalls mittelbar der Schutz von Allgemeininteressen bezweckt69. Durch die Erstreckung der privatrechtlichen Haftung auch auf bloße Vermögensschäden70 und die Ausgestaltung als Gefährdungshaftung sollte in stärkerem Maße als etwa bei der rein deliktsrechtlichen Haftung über den bloßen Reflex einer Beeinträchtigung absolut geschützter Rechtspositionen 71 hinaus, ganz im Sinne des Verursacherprinzips auf das Verhalten der potentiellen Wasserverschmutzer Einfluß genommen werden72 . Die Haftung nach § 22 WHG unterliegt trotz ihres das Allgemeinwohl fördernden Charakters der Disponibilität des Geschädigten. Deshalb bleibt es dem Ersatzpflichtigen unbenommen, mit dem Geschädigten einen Haftungsausschluß zu vereinbaren73 . Deshalb wäre die Anwendung des § 558 BGB auf Ansprüche aus § 22 WHG im Verhältnis zwischen Vermieter und Mieter unproblematisch, wenn es sich dabei um eine bewußte Risikozuweisung zwischen den Parteien handeln würde. Bei § 558 BGB handelt es sich aber um eine gesetzlich ange-

66 Vgl. zur Entstehungsgeschichte des WHG LersnerlRoth, Einführung zum WHG, RdNr. 1 ff. 67 Vgl. Sieder/ZettlerlDahme, § 22 WHG, RdNr. 5. 68 Janke-Weddige, BB 1991, 1805, 1807; Giesecke/Wiedemann/Czychowski, § 22 WHG, RdNr. 4. 69 Dies scheint in der speziellen Literatur allgemeine Meinung zu sein, vgl. LersnerlRoth, § 22 WHG, RdNr. 3; Sieder/ZettlerlDahme, § 22 WHG, RdNr. 5; Giesekke/Wiedemann/Czychowski, § 22 WHG, RdNr. 2; Kolb, S. 293 f.; Janke-Weddige, BB 1991,1805, 1807. 70 Kolb, S. 303 ff.; Eine Eingrenzung der Haftung erfolgt nur über den Schutzzweck des § 22 WHG, vgl. Giesecke/Wiedemann/Czychowski, § 22 WHG, RdNr. 22. 71 Vgl. bereits Seite 155 ff. 72 Giesecke/Wiedemann/Czychowski, § 22 WHG, RdNr. 4. 73 Giesecke/Wiedemann/Czychowski, § 22 WHG, RdNr. 26; in diesem Sinne auch Sieder/ZettlerlDahme, § 22 WHG, RdNr. 23.

262

G. Die mietvertragliehe Verjährungsfrist

ordnete zeitliche Limitierung der Ansprüche zwischen Vermieter und Mieter, die deren Disposition wegen § 225 BGB sogar weitgehend entzogen ist74 . Zwischen der Haftungsregelung des § 22 WHG und der Haftungslimitierung nach § 558 BGB besteht damit ein Spannungsverhältnis. Die Notwendigkeit, § 558 BGB auch auf konkurrierende Ansprüche anzuwenden, um der vertraglichen Risikozuweisung Geltung zu verschaffen, ist der durch § 22 WHG manifestierten am Verursacherprinzip orientierten zivilrechtlichen Haftung gegenüberzustellen. Der bloße Hinweis auf den Schutzzweck des § 558 BGB75 greift demgemäß zu kurz. Eine Möglichkeit diesem Spannungsverhältnis gerecht zu werden, besteht darin, die das Allgemeininteresse verwirklichende Gefährdungshaftung fiir alle Vermögensschäden aus § 22 WHG gegenüber den Interessen der Vertragspartner an zügiger Abwicklung des Mietverhältnisses mit Vorrang zu behandeln und damit dem Anwendungsbereich des § 558 BGB zu entziehen76, zumal bei dessen Erlaß derartige Haftungstatbestände überhaupt noch nicht abgesehen werden konnten 77. Jedenfalls muß die hier vertretene Einschränkung des Anwendungsbereiches auch im Bereich der deliktischen und vertraglichen Haftung78 auch und gerade bei Ansprüchen aus § 22 WHG zum Zuge kommen wie auch bei Ansprüchen aus sonstigen Umwelthaftungstatbeständen79.

74 Eine Ausweitung über den zeitlichen Rahmen des § 558 BGB hinaus könnten die Parteien nur erreichen, wenn die Haftung des Mieters für Verschlechterungen der Mietsache als Primärhaftung ausgestaltet ist. Wird etwa vereinbart, daß der Mieter gemachte Veränderungen nach Vertragsbeendigung zu beseitigen hat, beginnt die Verjährung dieses Beseitigungsanspruches mit der Fälligstellung im Rahmen der Mahnung. Die Verjährung für den Schadenersatzanspruch wegen Nichterfüllung dieses Anspruches gern. § 326 BGB, beginnt erst mit Ablauf einer für die Erfüllung gestellten Frist, BGHZ 107, 179; a.A. Peters JZ 1989,749. 75 BGHZ 98, 235, 238. 76 Gerauer, ZMR 1991,413; Janke-Weddige, BB 1991, 1805; Schröder, BB 1976, 63, 70; LG Köln, NJW 1975, 1708, 1709. 77 Janke-Weddige, BB 1991, 1805, 1807.

78 Vgl. dazu sogleich. 79 Bei § 1 UmwHG ergibt sich gegenüber § 22 WHG die Besonderheit, daß dieser die Haftung auf die Schädigung absolut geschützter Rechtsgüter beschränkt, namentlich nur für Körper- Gesundheits- und Eigentumsschäden einen Ersatzanspruch gewährt. Dafür gewährt das UmwHG in anderer Hinsicht Erleichterungen gegenüber der allgemeinen zivilrechtlichen Haftung, insbesondere durch die Ursachenvermutung des

V. Der Umfang des Anwendungsbereiches des § 558 BGB

263

v. Der Umfang des Anwendungsbereiches des § 558 BGB Die Anwendung der kurzen vertraglichen Verjährungsfrist des § 558 BGB sagt noch nichts darüber aus, inwieweit Ansprüche im Zusarmnenhang mit der Verschlechterung der Mietsache durch die Anwendung der Frist nicht mehr durchsetzbar sind. Den Umfang des Anwendungsbereiches gilt es im folgenden abzugrenzen. 1. Weiterfressende Schäden im Mietvertragsrecht ?

Zunächst gilt es zu untersuchen, in welchem Umfang deliktische Ansprüche des Vermieters der Verjährungsfrist des § 558 BGB unterliegen. Hier ist zunächst an die Fälle zu denken, in denen sich erst weit nach Beendigung eines Mietverhältnisses herausstellt, daß eine vom Mieter vorgenommene Veränderung eine Verschlechterung der Mietsache darstellt. Nimmt der Mieter etwa während der Mietzeit Renovierungen vor, verwendet er dafür aber Materialien, die sich später als umwelt- oder gesundheitsgefährdend herausstellen, ist für den Vermieter, selbst wenn er Kenntnis von der Veränderung hat, nicht ohne weiteres absehbar, welche Gefahren sich aus dieser Veränderung für das Eigentum und die Nutzung der Mietsache ergeben. War die Gefährlichkeit der Einbringung der sich später als gefährlich erweisenden Sache bei Vertragsbeendigung80 aber nach dem derzeitigen Stand von Wissenschaft und Technik nicht absehbar, fehlt es an deliktischen Ansprüchen gegen den Mieter, da diesen kein Verschulden trifft 81 .

§ 6 I UmwHG bei bestimmungswidrigem Gebrauch. Für die Anwendung des Gedankens aus § 6 UmwHG auch auf Ansprüche aus § 22 WHG, vgl. SalzwedellReinhardt, NVwZ 1991, 949; GieseckelWiedemann/Czychowski, § 22 WHG, RdNr. 27; Sieder/ ZettlerlDahme, § 22 WHG, RdNr. 22.

80 Stellt sich vor Beendigung des Mietverhältnisses heraus, daß die Veränderung eine Verschlechterung der Mietsache darstellt, besteht eine gern. § 545 11 BGB schadenersatzbewehrte Offenbarungspflicht des Mieters. Dann kann aber auch der Vermieter bei entsprechender Untersuchung der Sache die Verschlechterung erkennen, so daß die dann eingreifende kurze Frist des § 558 BGB zu keinen übennäßigen Härten führt. 81 Vgl. BGHZ 80, 193; Palandt-Thomas, § 823 BGB, RdNr. 209; PalandtHeinrichs, § 276 BGB, RdNr. 16; MünchKomm-Hanau, § 276 BGB, RdNr. 100; MünchKomm-Mertens, § 823 BGB, RdNr. 298; Soergel-Wolf, § 276 BGB, RdNr. 98; SoergeJ-Zeuner, § 823 BGB, RdNr. 146; Staudinger-Schäfer, § 823 BGB, RdNr. 179.

264

G. Die mietvertragliche Verjähnmgsfrist

Denkbar wäre zudem, daß die zur deliktischen Hafumg des Verkäufers führenden Gedanken im Rahmen der Rechtsprechung zu den weiterfressenden Mängeln82 auch für das Mietvertragsrecht nutzbar gemacht werden können. Es geht dabei um die Fallgruppe, in der der Mieter die Sache verschlechtert hat, sich diese Verschlechterung aber nach Beendigung des Mietverhältnisses auf weitere Teile der Mietsache ausweitet. Im Gegensatz zur kaufrechtlichen Fallgestaltung ist aber bei der Anwendung des § 558 BGB auf deliktische Ansprüche eine Eigentumsverletzung selbstverständlich. Demgegenüber ist bei der Fallgruppe der weiterfressenden Mängel gerade dies die entscheidende Frage, da anders als im Mietrecht die kurze Verjährungsfrist des § 477 BGB keinen Einfluß auf die Verjährung deliktischer Ansprüche haben soll. Im Unterschied zum Mietrecht erwirbt der Käufer Eigentum an der Kaufsache, die bereits einen Mangel aufweist und erst in der Folge durch die Ausweitung des Mangels weiter verschlechtert wird. In einer mietrechtlichen "Weiterfresserkonstellation" wird dagegen das im Eigentum des Vermieters stehende Mietobjekt während der Vertragszeit vom Mieter verändert. Diese Veränderung wirkt sich aber erst nach Ablauf der halbjährigen Frist des § 558 BGB auf das Eigentum des Vermieters aus. Der bereits bei Rückgabe bestehende Eigentumsschaden weitet sich also erst später zu einem noch größeren Eigentumsschaden aus. Das heißt aber nicht, daß eine Weiterfresserhafumg ausscheiden muß, wenn der Vermieter aufgrund einer Pflichtverletzung des Mieters längere Zeit nach der Rückgabe der Mietsache einen schwerwiegenden Eigentumsschaden erleidet. a) Keine kurze Verjährung bei nicht voraussehbaren Schadensfolgen ? Um hier eine Einschränkung der bisherigen Anwendung des § 558 BGB zu erreichen, ist der eingetretene Eigentumsschaden aber aufzuteilen, nämlich in den bereits bei Rückerhalt der Mietsache bestehenden und den sich erst nach der Rückgabe weiterfressenden Eigentumsschaden. Denkbar wären hier allenfalls an die Produktbeobachtungspflicht angelehnte Hinweispflichten des Mieters, wenn dieser Kenntnis davon erhält, daß von ihm vorgenommene Verändenmgen schadenstiftenden Charakter haben. Gleichwohl wird man nicht so weit gehen können, dem Mieter wie dem Produzenten Beobachtungspflichten aufzuerlegen (Vgl. dazu BGHZ 80, 199; 99, 167; NJW 1990, 906). Vielmehr ist nicht auf die Möglichkeit der Kenntnis, sondern auf deren tatsächliches Vorliegen abzustellen. Erfahrt der Mieter etwa, daß eine von ihm eingebrachte Substanz gefahrlich ist, muß er dies dem Vermieter, der dies noch nicht erkannt hat, mitteilen, damit dieser geeignete Schutzmaßnahmen ergreifen kann. 82 Vgl. bereits Seite 82 ff.

V. Der Umfang des Anwendungsbereiches des § 558 BGB

265

Nach der Lehre von der Schadenseinheit83 kann man fiir den Beginn der Verjähnmgsfrist aber bereits im rein deliktischen Bereich nicht auf die einzelnen eintretenden Folgen abstellen, soweit diese auf eine in sich abgeschlossene Handlung zurückgehen84 , sondern die Verjähnmg beginnt einheitlich mit dem Eintritt des ersten Schadens fiir alle voraussehbaren Folgen85 . Danach wäre im Unterschied zur kaufrechtlichen Rechtsprechung zu den weiterfressenden Mängeln, bei denen ein Eigentumsschaden des Käufers erst nach Übergabe erstmals entsteht, im Mietrecht allenfalls das Kriterium der Voraussehbarkeit geeignet, einen Teilbereich der deliktischen Anspruche des Vermieters aus der kurzen Verjähnmgsfrist des § 558 BGB auszunehmen. Nun beruht das Kriterium der Voraussehbarkeit zunächst auf dem Kenntniselement des § 852 I BGB86. Infolge der Erforderlichkeit eines einheitlichen Verjähnmgsbeginns fiir Schadenersatzanspruche, deren Verjähnmg nach § 198 BGB mit Eintritt der Fälligkeit beginnt, wurde das Kriterium der Voraussehbarkeit übernommen, nachdem die Kenntnis in objektivierter Form vorliegen muß 87 . Bei den kurzen vertraglichen Verjähnmgsfristen fiir Sekundäranspruche 88 knüpft deren Beginn aber nicht an das variable Element der Fälligkeit, sondern an objektive Kriterien an, bei der Miete an den Zeitpunkt der Rückgabe. Nur so ist es möglich, den bezweckten Dynamisierungseffekt fiir die Wirtschaft zu erlangen, da nur dann der potentielle Schuldner keine Mittel mehr fiir evtl. mögliche Anspruche zurückhalten

83 Vgl. bereits oben, Seite 35 ff. 84 Vgl. BGH, NJW 1973,2285; RGZ 106, 283, 286; 134,335,338; vgl. bereits RGZ 37, 269, 272; Soergel-Zeuner, § 852 BGB, RdNr. 14; MünchKomm-Mertens, § 852 BGB, RdNr. 21; Palandt-Thomas, § 852 BGB, RdNr. 9. 85 Vgl. Palandt-Thomas, § 852 BGB, RdNr. 9; Ermann-Schiemann, § 852 BGB, RdNr. 13; Soergel-Zeuner, § 852 BGB, RdNr. 13; Staudinger-Schäfer, § 852 BGB, RdNr. 47 f.; MünchKomm-Mertens, § 852 BGB, RdNr. 19 f. 86 Vgl. bereits für das ALR, RGZ 37, 269, 272; für § 852 BGB, RGZ 70, 150, 157; explizit in JW 1912, 751. 87 RGZ 83, 354, 360: " ... die Einheitlichkeit des Schadens so lange gewahrt bleibt, als die Schadensfolgen sich noch als eine nach den Anschauungen des Verkehrs möglicherweise zu erwartende Weiterentwicklung der zum Schadenersatz verbindenden Handlung ansehen lassen.". 88 Neben § 558 BGB also im BGB bei §§ 477, 638 BGB. Die Fristen der §§ 196, 197 BGB gelten vornehmlich für vertragliche Erfiillungsansprüche, für andere Ansprüche nur insoweit diese wirtschaftlich an die Stelle der Erfiillungsansprüche treten, vgl. bereits Seite 49 ff.

266

G. Die mietvertragliehe Verjährungsfrist

muß. Die Voraussehbarkeit kann als allgemeines Kriterium fiir die Verjährungsregelungen daher nicht überzeugen. b) Erstreckung auf Ansprüche, die erst nach Ende des Mietverhältnisses entstanden sind Die Rechtsprechung des BGH, daß es fiir die Verjährung der § 558 BGB unterliegenden Ansprüche nicht darauf ankomme, ob sie schon während des Mietverhältnisses oder erst nach dessen Beendigung entstanden sind89, sorgt fiir eine zügige Abwicklung. Für den Fall, daß sich Verschlechterungen der Mietsache erst nach Vertragsbeendigung und Rückgabe der Mietsache ergeben, kann von § 558 BGB nur der Anspruch erfaßt sein, der auf eine Veränderung der Sache während dieser Zeit zurückgeht. Natürlich kann es nicht sein, daß der Mieter, der die vormals gemietete Sache lange nach der Beendigung beschädigt, dem ehemaligen Vermieter den Ablauf der an das objektive Kriterium der Rückgabe anknüpfenden Verjährungsfrist des § 558 BGB entgegenhalten kann. § 558 BGB kann also nur auf Ansprüche angewendet werden, die auf einer Verschlechterung der Sache beruhen, die der Mieter während der Zeit herbeigeführt hat, während der er die Sache aufgrund des Mietverhältnisses in Besitz gehabt hat, ohne daß es darauf ankommt, daß das Mietverhältnis bis zum Besitzübergang an den Vermieter noch bestand. Ansonsten soll aber § 558 BGB bereits von der gesetzgeberischen, an die §§ 477,638 BGB angelehnte Konzeption auch Ansprüche erfassen, die zu Beginn des Ablaufes oder gar nach Ablauf der Verjährungsfrist entstehen. Kommt es aber auf das Entstehen des Anspruches fiir die kurzen vertraglichen Verjährungsfristen nicht an, kann auch nicht darauf abgestellt werden, ob bei Beginn des Laufes der Verjährungsfrist objektiv voraussehbar ist, daß die Nutzung des Mietobjektes durch den Mieter nach der Beendigung zu einem weiteren Eigentumsschaden beim Vermieter führt.

2. Weite Mangelfolgeschäden im Mietvertragsrecht ?

§ 558 BGB will das durch die Weitergabe und Nutzung der Mietsache durch den Mieter besonders gefährdete Interesse des Vermieters an der Werterhaltung seines Eigentums nach der Rückgabe einer beschleunigten Abwicklung unterwerfen. Nicht geklärt ist die Frage, ob auch Ansprüche auf Ersatz weitergehen-

89 BGHZ 54, 34; EmmerichiSonnenschein-Emmerich, § 558 BGB, RdNr. 4.

V. Der Umfang des Anwendungsbereiches des § 558 BGB

267

der Vennögensschäden des Vennieters notwendig der kurzen Verjährung unterliegen müssen. Hier ist besonders an den im kaufrechtlichen Bereich besonders intensiv untersuchten Fall zu denken, bei dem der Vennieter nach Beendigung des Mietvertrages von Dritten90 auf Beseitigung der durch den Mieter herbeigeführten Verschlechterung in Anspruch genommen wird. Stimmt man mit dem BGH und der ganz überwiegenden Meinung überein, daß § 558 BGB nicht nur die vertraglichen Ansprüche des Vennieters erfaßt, die ihm wegen der Verschlechterung der Mietsache gewährt werden, sondern auch die gesetzlichen, bedeutet dies noch nicht, daß dem Vennieter notwendig alle Kosten aufzuerlegen sind, die mit dem vom Mieter herbeigeführten Zustand der Mietsache zusammenhängen. Anders als im Kaufrecht besteht zwar für das Mietrecht die Besonderheit, daß mit § 558 BGB Ansprüche des Vennieters zeitlich limitiert werden sollen, die dessen Integritätsinteresse an der (nur im Rahmen des Mietvertrags abnutzbaren) Mietsache schützen wollen. Behält man diesen Nonnzweck im Auge, können Ansprüche des Vennieters wegen Veränderungen der Mietsache, die nicht sein Integritätsinteresse an der Mietsache, sondern sein Integritätsinteresse in seiner weiteren Vennögenssphäre betreffen, ebenfalls der kurzen Verjährung ausgesetzt sein. Die bisherige Dogmatik begründet die Anwendung mit der Unsicherheit hinsichtlich der Urheberschaft von Verschlechterungen, da die Mietsache typischerweise weitergenutzt werde. Dies läßt sich damit rechtfertigen, daß der Vennieter durch die Überlassung der Sache diese der besonderen Gefährdung aussetzt, sein Vertrauen auf die Möglichkeit die Sache weiter nutzen zu können deshalb nur eingeschränkt schützenswert ist. Die Verschlechterung der Sache ist damit eines der Risiken, die der Vennieter mit dem Abschluß des Mietvertrages bewußt eingeht91 . Damit ist aber auch das durch § 558 BGB abgesteckte Risiko begrenzt. Erfolgt eine Verschlechterung der Vennögenslage über das so umrissene Risiko hinaus, ist die Anwendung des § 558 BGB von seinem Zweck her nicht zwingend und hätte die zeitliche Limitierung eine weiterreichende Risikoverlagerung zur Folge, obgleich dies nicht unmittelbar aus der Gebrauchsüberlassung folgt. Das kann zu unbilligen Ergebnissen führen, die nicht vom Zweck des § 558 BGB gedeckt sind.

90 Neben den Ordnungsbehörden, die im Rahmen der Gefahrenabwehr tätig werden, ist hier vornehmlich an nachbarrechtliche und sonstige verschuldensunabhängige Ansprüche zu denken. 91 Vgl. Schlechtriem, Vertragsordnung und außervertragliche Haftung, S. 393.

268

G. Die mietvertragliche Verjährungsfrist

a) Neue Tendenz in der Rechtsprechung? Der BGH hat in einer neueren Entscheidung92 angedeutet, daß er den Anwendungsbereich von § 558 BGB einschränken will. Es ging dabei wn folgenden Sachverhalt: Der Eigentümer eines Grundstückes hatte dieses zur Nutzung als Altenwohnheim an Verwandte überlassen, die dafür lediglich die laufenden Kosten für Belastungen, Zins- und Tilgungsraten zu tragen hatten93 . Im Jahre 1985 erhielt er das Grundstück zurück und nutzte es in der Folge offenbar selbst. Bereits im Frühjahr 1984 war, nach Vorbringen des Eigentümers wegen sorgfaltswidrigen Verhaltens der ehemaligen Nutzer, aus einem Erdtank auf dem Grundstück Öl in das Erdreich eingedrungen. Von dort gelangte das Öl in die Ortskanalisation und schließlich über einen Bach in die Fischzuchtanlage eines Dritten. Dort richtete das Öl erhebliche Schäden an. Der Betreiber der Fischzuchtanlage nahm die Gemeinde als Betreiberin der Ortskanalisation gern. § 22 I WHG94, den Eigentümer des Grundstückes sowie die ehemaligen Nutzer aus § 2211 WHG95 als Gesamtschuldner96 erfolgreich in Anspruch. Ein Versi-

92 BGH, NJW 1994,251. 93 Jedenfalls hinsichtlich der Zins- und Tilgungsraten handelt es sich nicht um Kosten der Erhaltung, so daß trotz § 601 BGB der vorliegende Vertrag als entgeltliche Gebrauchsüberlassung, mithin als Miet-, jedenfalls als Pachtvertrag einzuordnen war. Der BGH machte in der Entscheidung keine Angaben zur Rechtsnatur, was wegen fehlender sachenrechtlicher Sondernormen auch ohne Bedeutung ist.

94 Zur Haftung der Gemeinde in solchen Fällen vgl. Breuer, 1992, RdNr. 788; Sieder/ZettlerlDahme, § 22 WHG, RdNr. 45 ff.; LersnerlRoth, § 22 WHG, RdNr. 10; GieseckelWiedemann/Czychowski, § 22 WHG, RdNr. 11 ff. 95 Nach § 22 II WHG kommt es nicht auf die Eigentumslage, sondern darauf an, wer Inhaber der Anlage ist bzw. war, vgl. Breuer, 1992, RdNr. 818; Kolb, S. 302; Sieder/ZettlerlDahme, § 22 WHG, RdNr. 41; GieseckelWiedemann/Czychowski, § 22 WHG, RdNr. 51; LersnerlRoth, § 22 WHG, RdNr. 31. Auch ein Heizöltank stellt eine Anlage i.S.d. § 22 II WHG dar, vgl. LersnerlRoth, § 22 WHG, RdNr. 28; Sieder/ZettlerlDahrne, § 22 WHG, RdNr. 31; GieseckelWiedemann/Czychowski, § 22 WHG, RdNr. 43; Breuer, 1992, RdNr. 810. Für die Haftung nach § 22 II WHG kommt es auch nicht darauf an, daß die verunreinigenden Stoffe direkt in das Gewässer gelangen, vielmehr tritt die Haftung auch ein, wenn sie erst, wie hier, über die Kanalisation in das Gewässer gelangen, vgl. LersnerlRoth, § 22 WHG, RdNr. 29; Breuer, 1992, RdNr. 813. Daß im vorliegenden Fall auch der Eigentümer herangezogen werden konnte, erklärt sich lediglich daraus, daß er in der Folge das Grundstück selbst genutzt hatte,

V. Der Umfang des AnwendWlgsbereiches des § 558 BOB

269

cherungsverband, der fiir die Gemeinde den Schaden des Betreibers der Fischzuchtanlage voll ausgeglichen hatte, verlangte nunmehr Gesamtschuldausgleich beim Eigentümer des Grundstückes und den ehemaligen Nutzern. Im Prozeß wurde der Schadensanteil der Gemeinde auf 20 %, der des Eigentümers auf 30 % und der der ehemaligen Nutzer auf 50 % festgelegt. Nunmehr verlangte der Eigentümer von den ehemaligen Nutzern den von ihm zu tragenden Schadensanteil aus § 426 I BGB zurück. Ohne auf die Frage der Sorgfaltswidrigkeit einzugehen, hatten die Vorinstanzen die Klage wegen Erhebung der Verjährungseinrede abgewiesen. Nach einem Hinweis darauf, daß eine vollständige Haftungsfreistellung im Rahmen des § 426 I BGB in Betracht kommt, wenn der Verursachungsbeitrag eines Gesamtschuldners derart überwiegt, daß nach dem Grundgedanken der §§ 426, 254 BGB eine Haftung des anderen Gesamtschuldners nicht in Betracht kommt97 , hält der BGH entgegen der Vorinstanz aber eine entsprechende Abwägung der Verursachungsbeiträge mit Hinweis auf die abgelaufene Verjährungsfrist des § 558 BGB nicht fiir entbehrlich, da § 558 BGB im vorliegenden Fall nicht anwendbar sei98 . Dabei verkennt der BGH nicht, daß § 558 BGB nach seiner eigenen bisherigen Rechtsprechung auch dann anwendbar ist, wenn nicht nur die Mietsache, sondern auch andere Sachen im Eigentum des Vermieters vom Mieter beschädigt wurden99 . Er meint aber, dies beruhe darauf, daß es sinnwidrig sei, die Verjährung fiir verschiedene Schadensposten hinsichtlich Beschädigungen an vermieteten und an nicht vermieteten Sachen aufzuspalten, wenn es sich um einen einheitlichen Schaden handelt und beruft sich dabei auf eine RG-Entscheidung aus dem Jahre 1911 100. In dieser hieß es:

dann aber Inhaber der Anlage war. Ansonsten kommt eine Haftung des Eigentümers, der nicht die WlmitteIbare Sachherrschaft ausübt, nicht in Betracht, vgl. Breuer, RdNr. 818. 96 Es geht zwar nicht Wlmittelbar aus dem Wortlaut, so aber doch aus dem Zweck des § 22 I Satz 2 WHO hervor, daß auch bei einem Zusammentreffen der Haftung aus §§ 22 I Wld 11 WHO eine Oesarntschuld zwischen den Ersatzpflichtigen besteht, vgl. Giesecke/Wiedemann/Czychowski, § 22 WHO, RdNr. 57; Sieder/ZettlerlDahme, § 22 WHO, RdNr. 25; Breuer, 1992, RdNr. 824. 97 Der BOH verweist hier auf seine ebenfalls zu einem wasserrechtIichen Fall ergangene EntscheidWlg in NJW 1993,2740.

98 NJW 1994,251. 99 BOHZ 61, 227,230. 100 ROZ 75,116.

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G. Die mietvertragliehe Verjährungsfrist

,,Für einen solchen Fall eines durch Verletzung der Mieterpflichten erwachsenden einheitlichen Schadens kann die Verjährung des Ersatzanspruchs des Vermieters und Hauseigentümers nur eine einheitliche sein und nicht, soweit es sich um die Beschädigung der vermieteten Räume handelt, in sechs Monaten, im übrigen in 30 Jahren eintreten. Sinn und Zweck der Vorschriften des § 558 erfordern ihre Anwendung auf die Ersatzansprüche des Vermieters wegen des ganzen Schadens." 10 I

Diese Rechtsprechung war vom BGH fortgeführt worden 102 . Der BGH verweist nunmehr auf die verschiedentlich in Entscheidungen geäußerten Bedenken, ob bei ausschließlicher Schädigung anderer als der Mietsache § 558 BGB überhaupt anwendbar sei 103 . Bei "einheitlichen Schäden" habe der Vermieter jeweils die Möglichkeit, Art und Ausmaß der Schäden sofort festzustellen, was die Anwendung des § 558 BGB auch hinsichtlich der Ansprüche wegen der beschädigten nicht vermieteten Gegenstände rechtfertige. Im vorliegenden Fall stellt der BGH darauf ab, daß der Schaden an einer räumlich weit entfernten Fischzuchtanlage eines Dritten entstanden sei. Der Vermieter habe in einem solchen Fall keinerlei Möglichkeit gehabt, bei Untersuchung der Mietsache nach Rückgabe zu erkennen, daß ein solcher Schaden eingetreten sei. Zwar hätte er erkennen können, daß die Tankanlage schadhaft sei und deshalb die Möglichkeit bestehe, daß das Mietgrundstück mit ausgetretenem Öl kontaminiert sei. Auf die Schäden an der Fischzuchtanlage hätte er aber nicht schließen können 104 . Für die Anwendung des § 558 BGB sei es aber erforderlich, daß der Vermieter die Möglichkeit gehabt habe, die Schäden durch eine alsbaldige Untersuchung festzustellen I 05. Da eine solche Untersuchungsmöglichkeit im vorliegenden Fall nicht bestand, konnte § 558 BGB folglich nicht zur Anwen-

101 RGZ 75, 116, 119. 102 NJW 1994,251,252 mit Verweis aufBGHZ 61, 227, 230. 103 BGHZ 61, 227, 231, wo die Frage aber wertungsfrei, weil nicht entscheidungserheblich, offengelassen wurde. Echte Bedenken äußerte der BGH lediglich in BGHZ 86, 71, 81. Auf die seit der Entscheidung BGHZ 61, 227 ergangene unterinstanzliehe Rechtsprechung (vgl. AG Schöneberg, MDR 1979, 847, 848; sowie ein obiter dictum des LG Köln, VersR 1979, 415), die § 558 BGB auch dann angewendet hatte, wenn ausschließlich andere als die vermietete Sachen beschädigt wurden, geht der BGH nicht ein. Ebensowenig auf entsprechende in der Literatur geäußerte Ansichten (vgl. etwa Roquette, Mietrecht, 5. Aufl., S. 336). 104 NJW 1994,251,252. 105 Unter Verweis aufBGHZ 98, 235, 239.

V. Der Umfang des Anwendungsbereiches des § 558 BGB

271

dlUlg kommen. Der BGH hat auch noch darauf verwiesen, daß dies nicht zu einem Systembruch fiihre, da auch im werkvertraglichen Bereich die kurze Verjährung des § 638 BGB nicht zur AnwendlUlg komme, wenn es sich um einen weiten Folgeschaden handle I 06. b) BewertlUlg der EntscheidlUlg (1) Unzulänglichkeit des Abstellens auf die Schadenseinheit Die EntscheidlUlg ist trotz ihrer grundsätzlichen BedeutlUlg im Schrifttum praktisch nicht beachtet worden. Trotz der mannigfachen VeröffentlichlUlg in den ressortübergreifenden I 07 wie in den spezialisierten Zeitschriften108 findet sich bislang keine Anmerktmg oder AufarbeitlUlg in Aufsätzen oder Monographien. Daß es sich um eine EntscheidlUlg handelt, deren BedeutlUlg weit über den entschiedenen Einzelfall hinausgeht, soll hier verdeutlicht werden. ZlUlächst muß festgestellt werden, daß das Abstellen auf die Einheitlichkeit des Schadens zu einer Begriffsverwirrung fUhrt, da der Grundsatz der Schadenseinheit in seiner allgemeinen AusgestaltlUlg einen anderen RegellUlgsgehalt hat. Der Grundsatz der Schadenseinheit dient im deliktischen Bereich dazu, daß Kenntniselement des § 852 BGB zu konkretisieren l09, hat darüber hinaus aber auch allgemein für Schadenersatzansprüche, bei denen sich der Beginn der jeweiligen Verjährungsfrist nach § 198 BGB richtet, BedeutlUlg erlangtllO. In bei den Bereichen ist es notwendig, auf die konkrete (für deliktische Ansprüche lll ) oder auf die objektivierte Voraussehbarkeit l12 (für sonstige Ansprüche) abzustellen, um zu erreichen, daß die Ansprüche einheitlich verjähren. Gerade für den Bereich des § 198 BGB ist das evident, da sonst jeweils mit Eintritt

106 Mit Verweis aufBGR, WM 1993,617 (Flugzeugnotlandung). 107 Neben der Veröffentlichung in der NJW findet sich die Entscheidung in ZIP 1994,37; MDR 1994,160; WM 1994, 356. 108 ZMR 1994,63; UPR 1994,100. 109 Vgl. bereits Seiten 265 und 35. 110 Vgl. bereits Seite 265. 111 Vgl. BGR, NJW 1991,973; 1973,2285; VersR 1963, 161; BGHZ 6, 195; vgl. bereits RGZ 70, 150, 157; 106,283,286; RG, JW 1912, 751; 1914,355; 1918,303. 112 RGZ 83, 354, 360.

272

G. Die mietvertragliche Verjährungsfrist

eines Folgeschadens eine neue Verjährungsfrist zu laufen begänne. Im deliktischen Bereich findet eine allerdings kawn befriedigende einheitliche Verjährung wenigstens durch die subsidiäre, von der Vomahme der verletzenden Handlung an laufende 30jährige Frist des § 852 I BGB statt. Der Begriff des einheitlichen Schadens, den der BGH auch in der neuen Entscheidung verwendet, weist zu dem Grundsatz der Schadenseinheit zwar strukturelle Ähnlichkeiten auf. Dennoch kann er nicht einfach übernommen werden. Vielmehr muß die vom BGH angestrebte Lösung dogmatisch anders eingeordnet werden. Ähnlichkeiten mit dem allgemeinen Grundsatz der Schadenseinheit bestehen in der Ausgangssituation, da der BGH maßgeblich darauf abstellt, daß bei einem Schaden, der nicht an der Mietsache selbst, sondern an örtlich weit entfernten Sachen eines Dritten entsteht, der Vermieter mit dem Auftreten eines Schadens nicht rechnen kann. Wie bei der Schadenseinheit kann der Vermieter auch hier den weiter entstandenen Schaden nicht voraussehen, so daß es vordergründig so anmutet, als käme es auch im Mietverhältnis fiir die Verjährung nach § 558 BGB auf die Voraussehbarkeit des Schadens an. Nun mag es sein, daß die kurze Verjährung des § 558 BGB im allgemeinen damit gerechtfertigt werden kann, daß es dem Vermieter in den allermeisten Fällen möglich ist, durch entsprechend sorgfältige Untersuchung der Mietsache den an dieser entstandenen Schaden zu erkennen, wn dann die Verjährung unterbrechende Maßnahmen einzuleiten l13 . Diese allgemeine Rechtfertigung verträgt sich aber nicht mit der tatsächlichen und im wesentlichen auch sachgerechten Ausgestaltung des § 558 BGB. Als Teil einer formalisierten Regelung der zeitlichen Limitierung von Ansprüchen stellt dieser nicht, wie die allgemeine Regelung des § 198 BGB, auf die Fälligkeit des Anspruches ab, sondern knüpft wie die gewährleistungsrechtlichen Verjährungsregelungen bei den anderen Vertragstypen auch an ein anderes objektives Kriteriwn an, namentlich das der Rückgabe. Mit dieser formalisierten Regelung wird gerade in Kauf genommen, daß im Einzelfall Ansprüche bereits vor ihrer Entstehung wegen der eingetretenden Verjährung nicht mehr durchsetzbar sind. Ist es aber, wie in ständiger Rechtsprechung angenommen, notwendig, § 558 BGB weit auszulegen, kann diese Argwnentation fiir eine Ausgrenzung aus dem § 558 BGB nicht herangezogen werden. Das verkennt der BGH, da er nicht auf die Inkongruenz zu seiner sonstigen Recht-

113 Palandt-Putzo, § 558 BGB, RdNr. 11; Stemei, Mietrecht aktuell, RdNr. 633; Ermann-Jendrek, § 558 BGB, RdNr. 9; AK-Derleder, § 558 BGB, RdNr. 4; MünchKommVoelskow, § 558 BGB, RdNr. 13; RGRK-Gelhaar, § 558 BGB, RdNr. 9; JauemigTeichmann, § 558 BGB, 3 a, aa; Emmerich-Sonnenschein, § 558 BGB, RdNr. 7, jeweils mit Nachweisen aus der Rechtsprechung.

V. Der Umfang des Anwendungsbereiches des § 558 BGB

273

sprechung, daß auch später entstehende Ansprüche § 558 BGB unterliegen 114, hinweist 115. Nach der bei den kurzen vertraglichen Verjähnmgsfristen üblichen Ausgestaltung kann es demnach auf die Voraussehbarkeit späterer Schadenserweiterungen nicht ankommen.

114 BGHZ 54, 34; vgl. bereits RG, RGZ 142, 258; EmmerichiSonnenscheinEmmerich, § 558 BGB, RdNr. 4; Ennan-Jendrek, § 558 BGB, RdNr. 4; AK-Derleder, § 558 BGB, RdNr. 4; RGRK-Gelhaar, § 558 BGB, RdNr. 7; für den Fall, daß die Ansprüche entstehen, wenn der Mietvertrag bereits beendet, die Mietsache aber noch nicht zurückgegeben wurde, vgl. BGH NJW 1970, 1182. 115 Das Abstellen auf die Voraussehbarkeit scheint eher ein Auswuchs einer Rechtsprechungsentwicklung zu sein, die sich bei der Konkretisierung des Erfordernisses der Rückgabe immer weiter von der ursprünglichen Gesetzeskonzeption entfernt hat. Nach dieser ursprünglichen Konzeption sollte durch das Kriterium der Rückgabe gesichert werden, daß die kurze Frist des § 558 BGB nicht zu laufen beginnt, bevor der Mieter nicht die Sache zurückgegeben hatte. Es sollte dem Mieter, der die Sache trotz Beendigung des Mietvertrages entgegen § 556 I BGB nicht zurückgegeben hat, nicht auch noch die Wohltat des Verjährungsbeginns nach der rechtlichen Beendigung gewährt werden. Entsprechend wird der Mieter auch noch damit sanktioniert, daß die Verjährung seiner § 558 BGB unterfallenden Ansprüche gern. Abs. 2, 2. Halbsatz mit der rechtlichen Beendigung bei verspäteter Rückgabe beginnt, also in kürzerer Frist als der des Vermieters. Die Rechtsprechung hat demgegenüber angenommen, daß es für den Verjährungsbeginn bei den Ansprüchen des Vermieters nicht darauf ankommt, daß der Mietvertrag auch beendet ist (st. Rechtsprechung., vgl. RGZ 128, 191, 194; BGH, NJW 1957, 1436; 1986,2103; OLG Hamm ZMR 1986, 200), sondern nur darauf, daß der Vermieter die Möglichkeit hatte, die Sache ungestört zu untersuchen (vgl. BGH NJW 1991, 2416). Dies trägt der in der Praxis häufigen Konstellation Rechnung, daß der Mieter ohne rechtliche Beendigung des Mietvertrages die Nutzung der Sache aufgibt und sie dem Vermieter zuruckgewährt. Ein Beginn der Verjährungsfrist ist in solchen Fällen ohne Rücksicht auf die Beendigung nur dann zu rechtfertigen, wenn der Mieter k1armacht, daß er die weitere Nutzung ernsthaft und endgültig aufgibt, nach der gesetzlichen Konzeption aber selbst dann nicht denknotwendig. Unter Besinnung auf den ursprünglich mit § 558 II BGB verfolgten Zweck scheint es einsichtiger, die Verjährung auch der Ansprüche des Vermieters mit der rechtlichen Beendigung des Mietvertrages, frühestens jedoch mit vollständiger Rückgabe der Mietsache beginnen zu lassen. Damit wären auch Fehlentscheidungen wie die des OLG Düsseldorf (MDR 1994, 57) vermieden, in der der Beginn der Verjährung von Ansprüchen des Vermieters bereits angenommen wird, wenn dieser während des laufenden Mietvertrages einen Teil der Mietsache, dort die Heizungsanlage, eingehend untersuchen kann und die notwendigen Reparaturen durchfUhrt. 18 Meyer

274

G. Die mietvertragliche Verjährungsfrist

Um dies zu umgehen, argumentiert der BGH genau anders herum und tut so, als würde es darum gehen zu priifen, ob der Anwendungsbereich des § 558 BGB auf den vorliegenden Fall ausgedehnt werden könnte I 16. Käme eine Anwendung des § 558 BGB aber nur in Betracht, wenn der Vermieter, wie der BGH formuliert, die Möglichkeit gehabt hätte, "etwaige Schäden alsbald durch eine Untersuchung festzustellen" 117,

müßte dieser Gesichtspunkt auch bei den anderen kurzen VeIjährungsfristen Beachtung finden. Es müßte überhaupt vor jeder Anwendung des § 558 BGB 118 gepriift werden, ob dem Vermieter diese Möglichkeit offenstand. Die Konsequenz wäre letztlich, § 558 BGB bei versteckten, bei einer Untersuchung der Mietsache nicht feststellbaren Mängeln überhaupt nicht anzuwenden. Eine solche Auffassung vom Anwendungsbereich der kurzen Verjährungsfristen würde dessen Funktionalität im Rahmen einer formalisierten Regelung aber konterkarieren. Der von den kurzen vertraglichen Verjährungsfristen bezweckte Abwicklungsschutz und dessen Bedeutung für die Dynamisierung des Warenverkehrs wären in Frage gestellt. (2) Die Einführung der weiten Mangelfolgeschäden in das Mietrecht Kann also nicht auf die Möglichkeit der Entdeckung des Schadens abgestellt werden, ist zu fragen, ob auf anderem Wege der weite Anwendungsbereich des § 558 BGB eingegrenzt werden kann. Der BGH selbst verweist auf die werkvertragliche Kategorie der Unterscheidung zwischen engen und weiten Mangelfolgeschäden 119. Die Ausführungen des BGH zu dem im konkreten Fall vorliegenden Umstand, daß der Schaden an einer örtlich weit entfernten Fischzuchtanlage aufgetreten ist, erscheinen dann in einem anderen Licht. Zunächst muß festgestellt werden, daß die vom BGH aufgeführte Rechtsprechung des RG, die auch vom BGH aufgenommen wurde, immer den Fall betraf, in dem Sachen des Vermieters, die nicht Gegenstand des Mietvertrages waren, vom Mieter beschädigt wurden. Im vorliegenden Fall wurden aber nicht Sachen

116 NJW 1994,251,252,1. Spalte, letzter Absatz. 117 Ebenda.

118 Und dann konsequenterweise auch bei §§ 477 und 638 BGB. 119 NJW 1994, 251, 252, 2. Spalte; vgl. dazu bereits Seite 87.

V. Der Umfang des Anwendungsbereiches des § 558 BGB

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des Vennieters, sondern die eines mit diesem in keinerlei Zusammenhang stehenden Dritten beschädigtl2o. Gegenüber diesem Dritten hätte der Mieter keine Möglichkeit, den Ablauf der Verjährungsfrist des § 558 BGB geltend zu machen. Der Vergleich mit der Rechtsprechung, die zur Beschädigung nicht vermieteter Sachen des Vermieters ergangen ist, ist also zumindest fraglich. Vielmehr geht es um den Regreßanspruch des Vermieters gegen den ehemaligen Mieter, wenn der Vermieter von einem Dritten wegen eines Schadens, der auf ein Verhalten des ehemaligen Mieters zurückgeht, in Anspruch genommen wird l21 . In der Regel wird es sich dann um ein Gesamtschuldverhältnis handeln. Auch wenn dies wie im vorliegenden Fall durch § 22 I Satz 2 WHG nicht ausdrücklich angeordnet ist, kommt dies auch bei anderen Fällen in Betracht, so etwa wenn der Vermieter aus § 906 BGB oder § 1004 BGB, der Mieter aus § 823 I BGB von dem Dritten in Anspruch genommen wird. Dies gilt aber auch bei Ansprüchen gegen den Vermieter aus § 823 I BGB, wenn diesen ein eigenes Verschulden trifft, was dann namentlich im Rahmen des Ausgleichsanspruches berücksichtigt werden muß 122 . Bei solchen Fallgruppen kann nicht davon gesprochen werden, daß die Anwendung des § 558 BGB auf den Ausgleichsanspruch aus § 426 11 BGB per se ausgeschlossen ist. Zwar handelt es sich um einen eigenständigen Anspruch, so daß etwa die inzwischen eingetretene Verjährung im Verhältnis zum Dritten fiir den Ausgleichsanspruch unbeachtlich ist l23 , doch muß im Innenverhältnis beachtet werden, daß sich aus der vertraglichen Abrede "ein anderes" LS.d. § 426 I BGB ergeben kann 124. Gerade fiir den Bereich des § 558 BGB muß wegen der erforderlichen weiten Anwendung des § 558 BGB deshalb aber jeweils festgestellt werden, ob es sich bei den Regreßansprüchen um solche handelt, die dem Vermieter wegen der Verschlechterung der Mietsache zugesprochen werden. Eine solche Anwendung des § 558 BGB ist jeweils dann geboten, wenn der gewährte Anspruch das Integritätsinteresse des Vermieters an der Nutzung der vormals vermieteten Sache schützen soll. Dies soll an einem einfachen Fall verdeutlicht werden.

120 § 558 BGB kann bei Beschädigung von Sachen, die nicht im Eigentum des Vermieters stehen, nur zur Anwendung kommen, wenn Vermieter und Eigentümer wirtschaftlich verflochten sind, vgl. BGH, BB 1992,945. 121 Vgl. dazu OLG Düsseldorf, ZMR 1988,256. 122 Ein Anspruch des Vermieters gegen den Mieter ist dann nur ausgeschlossen, wenn dessen Verschulden das des Mieters überwiegt, vgl. Seite 269, FN 97. 123 Vgl. bereits Seite 223. 124 Vgl. bereits für das Kaufrecht, Seite 223.

276

G. Die mietvertragliche Verjährungsfrist

Verschlechtert der ehemalige Mieter die Sache, so daß diese nunmehr mangelhaft i.S.d. § 537 BGB ist, und erleidet der neue Mieter der Sache einen Schaden an seinen absolut geschützten Rechtsgütern, besteht ein Anspruch des neuen gegen den ehemaligen Mieter aus § 823 I BGB, wenn dieser schuldhaft gehandelt hat. Gleichfalls besteht, da es sich um einen anflinglich bestehenden Mangel handelt, ein Schadenersatzanspruch des neuen Mieters gegen den Vermieter gern. § 538 I BGB. Nimmt der Mieter wegen der weniger strengen Anforderungen des § 538 I BGB oder deswegen, weil dieser einfacher greifbar ist, den Vermieter auf Schadenersatz in Anspruch, hat der Vermieter grundsätzlich einen Regreßanspruch gegen den alten Mieter. Dieser ergibt sich als direkter vertraglicher Anspruch aus pVV, in Anspruchskonlrurrenz dazu allerdings ebenfalls aus § 426 BGB. Daß der vertragliche Anspruch wie ebenfalls bestehende Anspruche aus § 823 I BGBI25 der kurzen Frist des § 558 BGB unterliegen, entspricht der dargestellten Rechtslage. Auch für den eigenständigen Anspruch aus § 426 BGB kann aber dann nichts anderes gelten. Auch auf diesen Anspruch muß deshalb § 558 BGB Anwendung finden 126. Anders kann es nur sein, wenn der beim Vermieter eingetretene Vermögensschaden in keinem Zusammenhang mit der Nutzung der Mietsache steht. Die Inanspruchnahme kann, wie im vom BGH entschiedenen Fall, lediglich aus dem Zustand der Mietsache folgen, ohne daß der Vermieter Vorteile aus der weiteren Nutzung ziehen würde. Selbst wenn der Vermieter die Sache in keiner Form weiter nutzen würde, bestünde die Gefahr, daß er von dem Dritten in Anspruch genommen würde. Ob der Dritte dies in Rahmen der kurzen Verjährung oder erst wesentlich später tut, liegt völlig außerhalb des Einflußbereiches des Vermieters. Eine Anwendung der kurzen Verjährungsfrist wird der dann gegebenen Interessenlage tatsächlich nicht gerecht. In den Fällen, in denen der BGH einen einheitlichen Schaden annehmen würde, besteht die Besonderheit, daß der Vermieter dann die drohende Inanspruchnahme durch den Dritten absehen kann. In solchen Fällen steht dem Vermieter die Möglichkeit offen, durch die klageweise Geltendmachung eines

125 Der Vennögensschaden des Vermieters vermittelt sich ja über eine Eigentumsverletzung an der vermieteten Sache, vgl. Seite 212. 126 Wie im Kaufrecht, vgl. Seite 228, besteht aber fiir den Fall, in dem der ehemalige Mieter in Anspruch genommen wird, obwohl die kurze Verjährungsfrist, die fiir den Regreßanspruch gelten würde, schon abgelaufen ist, kein Ausgleichsanspruch des ehemaligen Mieters gegenüber dem Vermieter.

V. Der Umfang des Anwendungsbereiches des § 558 BGB

277

Freistellungsanspruches die Verjährung gegenüber dem Mieter zu unterbrechen. Die Anwendung des § 558 BGB führt dann nicht zu unbilligen Härten l27 . Die Grenze der kurzen Verjährung muß aber - nach den zum Kaufrecht entwickelten Grundsätzen - dort liegen, wo der Vermieter aufgrund eines weiten Mangelfolgeschadens, insbesondere wegen einer umweltbezogenen Beeinträchtigung der Mietsache durch den Mieter, ein nicht mehr tragbares Risiko auferlegt erhielte. In der Inanspruchnahme durch einen Dritten liegt ein weiter Mangelfolgeschaden, wenn die Inanspruchnahme nicht im Zusammenhang mit der weiteren Nutzung der Mietsache steht und vom Vermieter nicht absehbar war. Regreßansprüche des Vermieters unterliegen wegen der Qualifizierung als weiter Mangelfolgeschaden dann nicht der kurzen Verjährung des § 558 BGB.

127 So auch OLG Düsseldorf, ZMR 1988,256.

H. Werkvertragliehe Besonderheiten der Bewältigung von Umweltschäden

I. Die Ausgangslage im Werkvertragsrecht Die werkvertragliche Verjährungsregelung weist gegenüber den kauf- und mietvertraglichen Regelungen diverse Eigenarten auf, die einerseits den strukturellen Unterschieden zu diesen Vertragsformen Rechnung tragen, andererseits aus der Rechtsprechungsentwicklung zu erklären sind. Wie im Kaufvertrag unterliegen die Gewährleistungsansprüche der kurzen Verjährungsfrist. Allerdings besteht ein struktureller Unterschied des Werkvertrags zum Kaufvertrag darin, daß sich die werkvertragliche Vertragsabwicklung nicht als reines Umsatzgeschäft qualifizieren läßt. Kann man die Phase der Werkplanung noch mit der auch beim Kaufrecht mehr oder minder ausgeprägt vorkommenden Festlegung des vertraglichen Leistungsprogramms vergleichen!, erlangt der Werkvertrag durch die Phase der Werkerstellung eine andere zeitliche Dimension als der Kaufvertrag. Während sich beim Kaufvertrag die Erfiillungsphase2 in der Übereignung und Überlassung der Ware erschöpft, geht das vertragliche Modell des reinen Werkvertrages nach §§ 631 ff. BGB von einer gewissen Zeitspanne zwischen Bestellung und Fertigstellung des Werkes aus. Während dieser Zeitspanne ist der Werkvertrag folgerichtig mit Elementen eines Dauerschuldverhältnisses ausgestattet3.

Die Planungsphase hat in der gesetzlichen Ausgestaltung eher wenig Beachtung gefunden. Die notwendigen Differenzierungen werden, wenn im Rahmen der Vertragsverhandlungen bestimmte Eigenschaften festgelegt werden müssen, deswegen wie im Kaufrecht weitgehend über den Fehlerbegriff getroffen, vgl. Soergel-Huber, § 459 BGB, RdNr. 25; MünchKomm-Westermann, § 459 BGB, RdNr. 11; MünchKomm-Soergel, § 633 BGB, RdNr. 16. 2

Dabei ist im vorliegenden Zusammenhang die Erfüllung der Zahlungspflichten durch den Käufer ohne Interesse. 3

Dem Besteller steht etwa gem. § 649 BGB ein Kündigungsrecht zu, mit der Besonderheit, daß dieses nicht an Fristen gebunden und jederzeit auszuüben ist. Dies wird

1. Die Ausgangslage im Werkvertragsrecht

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Für die Verjährungsregelung ist dies freilich scheinbar ohne direkten Einfluß geblieben. Während der Zeitspanne der Werkerstellung sind die Rechte des Bestellers als Erfiillungsanspruch ausgelegt, der sich mit der Abnahme in einen Nachbesserungsanspruch umwandelt und schließlich durch die Gewährleistungsrechte ersetzt wird4 • Durch die Abnahme wird ein bestimmtes zeitliches Ereignis gesetzt, ab dem die Verjährung der Sekundäransprüche beginnt5• Entgegen dem kaufrechtlichen Modell, bei dem die Übergabe ein tatsächlicher Akt ist, wird beim Werkvertrag der Austauschakt außerdem durch eine entsprechende Erklärungshandlung des Bestellers fixiert 6. Durch die Bestimmung dieses Zeitpunkts kann der Werkbesteller hinsichtlich der Verjährung einem Käufer weitgehend gleichgestellt werden. Ohne Rücksicht darauf, ob er einen Fehler erkennen konnte, beginnt mit der Abnahme eine der Verjährungsfristen des § 638 BGB zu laufen. Dies resultiert nicht zuletzt daraus, daß nach dem Modell des Preußischen Allgemeinen Landrechts der Kaufvertrag und sein Gewährleistungsmodell praktisch als Allgemeiner Teil des Schuldrechts den anderen kompensiert durch das Bestehenlassen des Erfüllungsanspruches gern. § 649 S. 2 BGB, welches wiederum dem Umstand Rechnung trägt, daß der Unternehmer bei auf die speziellen Anforderungen des Bestellers zugeschnittenen Eigenschaften die Sache nur eingeschränkt weiterverwerten kann. Vgl. zum Kündigungsrecht nach § 649 BGB und zum Werkvertrag als Dauerschuldverhältnis auch Schmidt, NJW 1995, 1313, 1314. 4 Naturgemäß gibt es keine annähernd so intensive Diskussion wie im Kaufrecht darüber, ob und wann Gewährleistungsrechte bereits vor der Abnahme geltend gemacht werden können, da bereits in der Phase vor der Abnahme ausdrücklich geregelte Rechtsbehelfe des Bestellers etwa in §§ 634 I Satz 2, 636 BGB bestehen. Nach allgemeiner Ansicht bestehen die allgemeinen Rechtsbehelfe neben den gewährleistungsrechtlichen mit Modifikationen hinsichtlich werkvertraglicher Besonderheiten, vgl. Soergel-Mühl, § 633 BGB, RdNr. 8 ff; MünchKomm-Soergel, § 633 BGB, RdNr. 6; Palandt-Thomas, § 633 BGB, RdNr. 3. 5 Beim Nachbesserungsanspruch gern. § 633 II BGB handelt es sich allerdings nicht um einen Sekundäranspruch. Auch die Einordnung als reiner Erfüllungsanspruch ist nicht zutreffend, da der Besteller durch seine in der Abnahme liegende Erklärung, daß das Werk im wesentlichen vertragsgemäß sei, die Leistung als Erfüllung geltend läßt, arg. aus § 364 I BGB, vgl. auch Staudinger-Peters, § 640 BGB, RdNr. 18, Prot. II, S. 318. Die Einschränkung auf die nur im wesentlichen vertragsgemäße Erfüllung wäre wegen § 365 BGB an sich überflüssig gewesen. Beim Nachbesserungsanspruch handelt es sich folgerichtig nach ganz herrschender und zutreffender Meinung um einen, eben durch die Abnahme, modifizierten Erfüllungsanspruch, vgl. BGH, NJW 1976, 143. 6

Sogen. zweigliedriger Abnahmebegriff, vgl. Staudinger-Peters, § 640 BGB, RdNr. 18 ff.

280

H. Werkvertragliche Besonderheiten der Bewältigung von Umweltschäden

Vertragstypen vorangestellt waren7 . Dies wurde vom BGB in der Art übernommen, daß der Werk- wie der Mietvertrag zwar jeweils eine eigene Gewährleistungsregelung erhalten haben, die aber stark dem kaufrechtlichen Modell nachgebildet und nur an die Besonderheiten des jeweiligen Vertragstyps angepaßt worden sind8. Ein wesentlicher Unterschied zu der kaufrechtlichen Verjährungsregelung besteht schließlich darin, daß bereits vom Wortlaut des § 638 BGB Ansprüche wegen schuldhaften Verhaltens des Werkuntemehmers erfaßt werden. Nach § 638 I BGB unterliegen auch diese Ansprüche auf Schadenersatz der kurzen Verjährung. Sie setzen gern. § 635 BGB das Vertretenmüssen des Werkunternehmers voraus 9. Durch das Anknüpfen des Beginns des Laufs der Verjährungsfrist an die Abnahmeerklärung sowie durch die Differenzierung der Länge der Frist nach dem Objekt der Werkleistung bot sich eine Anknüpfung an diese gegenüber dem Kaufrecht weniger formalen Regelungsaspekte zu Vermeidung unbilliger Ergebnisse an lO• Während diese Differenzierungen als Konkretisierung der Be-

7

Vgl. FörsterlEccius, Bd. I, S. 209 f.

8

Vgl. Mot. 11, S. 478; speziell zur Verjährung; Mot. 11, S. 486 ff., 488. Allerdings ging man davon aus, daß verschuldensabhängige Ansprüche wie im Kaufrecht mit Hinweis auf die dann gegebene Kontraktslage nicht der kurzen Verjährung Wlterliegen, vgl. Mudgan 11, S. 272. Dies ist ein Hinweis darauf, daß das Merkmal des Vertretenmüssens nicht auf das Verschulden bezogen gemeint war, sondern wie im Kaufrecht auf das Vorhandensein des Mangels bzw. das Fehlen zugesicherter Eigenschaften. 9 Mangels spezieller RegelWlgen im Werkvertragsrecht hat der Werkwttemehmer aber gern. § 276 BGB jedenfalls Fahrlässigkeit Wld Vorsatz zu vertreten. Dagegen ist ein Vetretenmüssen gern. § 279 BGB im reinen Werkvertragsrecht kaum vorstellbar, es sei denn, es handelt sich um einen Werklieferungsvertrag über eine vertretbare Sache, auf den dann aber gern. § 651 BGB Kaufrecht AnwendWlg findet. Schließlich kann sich aus der vertraglichen Abrede ergeben, daß der WerkWltemehmer fiir den Eintritt des versprochenen Erfolges eine verschuldensWlabhängige Garantie übernimmt; vgl. SoergelMühl, § 635 BGB, RdNr. 12; Schlechtriern, SchR BT, RdNr. 380. 10 Zur Konkretisierung des Abnahmebegriffs sind in den letzten Jahren etliche EntscheidWlgen ergangen. Hier eine Auswahl: BGH, NJW 1994, 1276; 1994, 942; 1993, 2436; 1993, 1063; 1985,731; NJW-RR 1993,1461; 1992, 1078 OLG Düsseldorf, NZV 1994,433; NJW-RR 1992, 1202; ZIP 1989,580; OLG Hamm, NJW 1990, 1609; NJWRR 1993,340; BauR 1993, 604; eR 1991,411; 1989,486; OLG München, NJW 1991, 2158; OLG Köln, NJW-RR 1992, 1327; 1992, 1173; BauR 1992, 514; OLG Kohlenz,

11. Haftung wegen arglistbegründender Kenntnis

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griffiichkeiten in der Literatur kaum Beachtung finden, gehört die Konkretisierung des Anwendungsbereiches des § 638 BGB zu den am kontroversesten diskutierten Problemen des Besonderen Schuldrechtsli.

11. Haftung wegen arglistbegründender Kenntnis Unabhängig von der Qualifikation als umweltsensible Fallgestaltung kommt ein Konflikt der werkvertraglichen Verjährungsregelung mit dem Verursacherprinzip nicht in Betracht, wenn dem Werkuntemehmer arglistiges Verhalten NJW-RR 1994, 786. Hierher gehören auch die EntscheidWlgen zu § 646 BGB, also dazu, wann das Werk so beschaffen ist, daß die Abnahme ausgeschlossen ist Wld durch die VollendWlg ersetzt wird, vgl. BGH NJW-RR 1989, 160 (allerdings zur Frage der Fälligkeit des Vergütwtgsanspruchs eines Frachtführers); LG Karlsruhe, eR 1991, 544; Mit der EinordnWlg als Arbeiten an einem Grundstück bzw. an einem Bauwerk LS.v. § 638 BGB beschäftigten sich seit 1986: BGH, NJW 1993, 723; 1993, 3195; 1992, 1445; 1991,2486; 1987,837; 1986, 1927; NJW-RR 1993, 592; 1992,849; 1991, 1367; 1990,787; 1990, 1108; OLG Köln, NJW-RR 1995, 337; 1994, 1209; 1993,593; 1992, 408; 1989, 1181; 1989,209; OLG Hamm, NJW-RR 1995,213; 1992, 1272; 1990,789; OLG München, BauR 1992, 631; NJW-RR 1990, 917; OLG Düsseldorf, NJW-RR 1991,219; 1987,563; OLG Frankfurt, NJW 1988,2546; OLG Koblenz, NJW-RR 1995, 655; OLG Hamburg, BauR 1995,242; LG Hannover, NJW-RR 1987,208; LG Düsseldorf, NJW-RR 1990, 916; LG Arnsberg, NJW-RR 1993, 341; kritisch dazu Gassner, BauR 1990, 312, 313. Für das Kaufrecht bietet sich eine entsprechende Anknüpfwtg nur bei der Veräußerwtg von Sachgesamtheiten an, bei denen die Verjährwtgsfrist erst mit Ablieferwtg des letzten Teils beginnt, vgl. BGH, NJW 1994, 1720; 1961, 730; MünchKomm-Westermann, § 477 BGB, RdNr. 9. Speziell fiir die Lieferwtg von EDVAnlagen hat sich eine BilIigkeitsrechtsprechWlg derart gebildet, daß auch bei rein kaufvertraglichen BeziehWlgen die Übergabe erst erfolgt sein soll, wenn die gelieferte Anlage einige Zeit problemlos fwtktioniert habe, vgl. OLG Düsseldorf, ZIP 1989, 580; OLG Köln, NJW-RR 1993, 1140; vgl. auch OLG Köln, NJW 1992, 1462. Das kann aber nur dann der Fall sein, wenn sich dies aus der vertraglichen Abrede ergibt. Erschöpft sich diese in der bloßen Beschaffung der Anlage, beginnt mit Lieferwtg der Anlage die Verjährwtgsfrist des § 477 BGB zu laufen. 11 Vgl. nur aus jüngerer Zeit: Ackmann, JZ 1992,670; Schmitz, NJW 1973, 2081; Michalski, NJW 1988, 793; Hehemann, NJW 1988, 800; Littbarski, Sigurd, JZ 1979, 552; Grwtewald, LM Nr. 99 zu § 635, BI. 3; Bruggner-Wolter, S. 114; Esser/Weyers, S. 268 fI., 270; Larenz, SchR lI/I, S, 354 fI., 357; Staudinger-Peters, § 638 BGB, RdNr. 15 fI.; Soergel-Mühl, § 635 BGB, RdNr. 13 fI.; Jauemig-Schlechtriem, § 638 BGB, Anm.4.

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H. Werkvertragliche Besonderheiten der Bewältigung von Umweltschäden

vorgeworfen werden kann. Dann unterliegen die Ansprüche aus § 635 BGB nach dem bereits dargestellten allgemeinen Rechtsgedanken, daß der arglistig Handelnde verschärft haftet und gewährte Haftungserleichterungen nicht für den arglistig Handelnden gelten l2 , gern. § 638 I Satz 1 zweite Alternative BGB nicht der kurzen vertraglichen, sondern der allgemeinen Verjährungsfrist gern. § 195 BGBI3. Insbesondere die Zurechnung des Wissens von Organen juristischer Personen und der Erfüllungsgehilfen hinsichtlich der Erfüllung von Offenbarungspflichten helfen, die nach dem Verursacherprinzip gebotene Unternehmenshaftung 14 durchzusetzen. Besondere Erwähnung soll hier die neuere Rechtsprechung des BGH zur Haftung bei Organisationsmängeln l5 finden. Wie dargestellt, wird dem Werkunternehmer nicht jedes Wissen von Erfüllungsgehilfen zugerechnet, sondern nur das Wissen der Erfüllungsgehilfen hinsichtlich der Offenbarungspflichten l6 . Diese Rechtsprechung ist verständlich, da zwar einerseits bei arbeitsteiliger Herstellung eine umfassende Wissenszurechnung notwendig ist, um der Gefahr der Abwälzung von Informationsdefiziten auf den Besteller zu begegnen, andererseits das Kenntniselement der Arglist nicht über Gebühr aufgeweicht werden so1l17. Das hat aber eine entsprechende Überdifferenzierung bei der Qualifikation der Erfüllungsgehilfen im Einzelfall zur Folge l8 . Statt die Beschränkung der Zurechnung auf Erfüllungsgehilfen hinsichtlich der Offenbarungspflichten

12 Vgl. bereits Seiten 256 ff. 13 Dies gilt auch für den Bereich, in dem die VOBIB vereinbart ist, obwohl eine dem § 638, Satz 1, 2. Alternative BGB vergleichbare Ausnahmeregel dort nicht vorgesehen ist, vgl. OLG Köln, BauR 1991,468; Palandt-Thomas, § 638 BGB, RdNr. 3; Gassner, BauR 1990, 312, 313 f.; IngenstauIKorbion, § 13 VOBIB, RdNr. 259, m.w.N; Kaiser. RdNr. 178 ff. 14 Vgl. bereits Seite 150. 15 NJW 1992, 1754; Vgl. auch OLG Köln, NJW-RR 1995, 180, ebenfalls für den werkvertraglichen Bereich, sowie OLG Karlsruhe, NJW-RR 1995, 177, zu den Anforderungen der Wissensorganisation einer Bank bei der Hereinnahme von Inhaberschecks. 16 Vgl. bereits Seiten 95 ff.. Der Begriff des Wissensvertreter findet im übrigen seinen Ursprung im Versicherungsvertragsrecht, vgl. Richardi, AcP 169 (1969), 385, 386; Aus neuerer Zeit dazu OLG Hamm VersR 1989,509. Die Zurechnung führt dort aber, ähnlich wie in §§ 852,460 BGB zu einem Anspruchsausschluß, vgl. dazu FN 27. 17 Vgl. etwa Bohrer, DNotZ 1991, 124, 130; ReinkinglKippels, ZIP 1988, 892, 894. 18 Vgl. die entsprechende Kritik von Derieder, JZ 1992, 1021.

11. Haftung wegen arglistbegründender Kenntnis

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aufzugeben, sieht der BGH in der fehlerhaften Organisation des Betriebes, deretwegen erhebliche Baumängel von den als Erfüllungsgehilfen hinsichtlich der Offenbarungspflichten zu qualifizierenden Personen gar nicht wahrgenommen werden können, einen weiteren, die Gleichstellung mit der Arglist rechtfertigenden Grund. Die in der Literatur geäußerte Kritik setzt dann auch maßgeblich daran an, daß damit praktisch der Unternehmer dem Arglistigen gleichgestellt werde, obwohl er nicht vorsätzlich falsch organisiert habe, die Rechtsprechung demgemäß eine Verschärfung der Haftung des Unternehmers darstelle 19. Zuvor war in der Literatur bereits kritisiert worden, daß durch die Zurechnung von Wissen von Personen, die nicht Vertreter i.S.d. § 166 I BGB sind, der Verkäufer wie ein arglistig Handelnder haften muß, obwohl es ein Wesenselement der arglistigen Täuschung darstelle, daß der Arglistige den Irrenden täuschen will, solch eine Motivation aber bei keinem der Beteiligten festzustellen sei20. Diese Kritik verkennt, daß mit dem Erfordernis eines voluntativen Elements eine Haftung des Werkunternehmers für die Nichtweitergabe von für den Besteller wesentlichen Informationen praktisch unmöglich gemacht wird. Auch bei der Werkerstellung durch einen einzelnen wurde das Arglistelement bei Vorliegen relevanter Informationen immer weiter in den Hintergrund gedrängt. Vielmehr geht die Rechtsprechung heute davon aus, daß es beim Vorhandensein für den Vertragspartner wesentlicher Informationen nicht zusätzlich der Feststellung bedarf, daß der die ordnungsgemäße Erklärung Unterlassende den Erklärungsempfanger täuschen wollte21 . Es reicht aus, daß die Information für den Besteller wesentlich war und dies vom Erklärenden erkannt werden konnte. Es wird also von der Wesentlichkeit auf die Verwerflichkeit der Nichtweitergabe geschlossen. Bei einer Einzelperson könnte man darauf abstellen, daß bei ihr, wenn sie trotz des Wissens um einen wesentlichen Umstand schweigt, die Absicht zu täuschen vermutet werden kann. Bei arbeitsteiliger Unternehmensorganisation kann dies nicht ohne weiteres unterstellt werden. Durch die organisati-

19 Vgl. etwa Rutkowsky, NJW 1993,1748. 20 Vgl. Waltennann, NJW 1993, 889, 893; Rutkowsky; NJW 1993, 1748 f.; Flume, Anmerkung zu BGH, BGHZ 109,327 = JZ 1990,548,551, allerdings zur Zurechnung des Wissens von Organen. S. auch etwa ReinkinglKippels, ZIP 1988,892,895, die eine Lösung über eine Haftung wegen Organisationsverschuldens generell für diese Fälle einsetzen wollen. 21 Soergel-Huber, § 463 BGB, RdNr. 25; MünchKomm-Westennann, § 463 BGB, RdNr. 8; MünchKomm-Soergel, § 638 BGB, RdNr. 32.

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H. Werkvertragliehe Besonderheiten der Bewältigung von Umweltschäden

onsbedingte Aufspaltung des relevanten Wissens, wie sie bei arbeitsteiliger Werkerstellung unvenneidlich ist, wäre dann aber der Besteller eines arbeitsteilig erstellten Werkes gegenüber dem Besteller eines Werkes eines einzelnen schlechtergestellt. Dies zu venneiden, ist aber erklärtes Ziel der Rechtsprechung22 und wird auch in der Literatur nicht in Frage gestellt23 . Ergibt sich die Notwendigkeit der Gleichstellung mit der Arglist damit aus dem Erfordernis, die Nachteile arbeitsteiliger Organisation auszugleichen, fragt es sich, inwieweit das Wissen der Beteiligten dem Werkunternehmer zuzurechnen ist. In Frage kommt zunächst eine Zurechnung des Wissens aller im Unternehmen Beschäftigten oder der mit der Vertragserfiillung vom Werkunternehmer beauftragten Personen. Dieser teilweise in der Literatur erhobenen Forderung24 ist der BGH bislang aber nicht gefolgt. Stellt man dagegen wie der BGH auf ein Organisationsverschulden des Werkunternehmers ab, setzt dieses ein in der Organisation vorhandenes Wissen über einen Umstand voraus, der geeignet ist, eine Offenbarungspflicht zu begründen. Dieses Wissen ist nur durch die Beschränkung der Zurechnung des Wissens von Erfiillungsgehilfen hinsichtlich der Offenbarungspflichten dem Vertragspartner nicht zurechenbar. Die Beschränkung auf lediglich einen Teil der Erfiillungsgehilfen wird im allgemeinen damit begründet, daß § 278 BGB die Bestellung eines Erfiillungsgehilfen fiir bestimmte Pflichten erfasse25 , nur die Erfiillungsgehilfen hinsichtlich der Offenbarungspflichten aber fiir die Infonnationswiedergabe bestellt sein26 .

22 Vgl. etwa BGHZ 109,327,332. 23 Vgl. Waltermann, AcP 192 (1992), 181,207; Canaris, Bankvertragsrecht, RdNr. 106,499,800, 800a; Schultz, NJW 1990,477,478,480; Schubert; JR 1974,282,284; Hoffinann, JR 1969,372,374, Staudinger-Peters, § 638 BGB, RdNr. 33. 24 Eine umfangreiche Zurechnung des Wissens aller an der Herstellung Beteiligten fordern etwa Hoffinann, JR 1969, 372, 374; Jagenburg, NJW 1971, 1425, 1427; AKDerleder, § 638 BGB, RdNr. 1; ders. ,Anm. zu BGH, JZ 1992, 1019, 1023. 25 Vgl. BGHZ 62, 63, 67 f.; Gassner, BauR 1990, 312, 316. 26 Obgleich die Wissenszurechnung von Personen, die nicht Stellvertreter sind, im allgemeinen aus einer analogen Anwendung des § 166 I BGB folgen soll, vgl. BGHZ 41,17,22; 55, 307, 311 f.; 83,293,295, f.; BGH, NJW 1985,2583; 1986,2315,2316; 1989, 2879, 2880; Erman-Brox, § 166 BGB, RdNr. 5; MünchKomm-Thiele, § 166 BGB, RdNr. 29; Waltermann, AcP 192 (1992),181,190 f.; kritisch Richardi, AcP 169 (1969), 385, 395 f., der in § 166 I BGB lediglich die Konkretisierung eines allgemeinen Rechtsgedankens sieht; ähnlich Hoffinann, JR 1969, 372; Reinking/K.ippels, ZIP

II. Haftung wegen arglistbegründender Kenntnis

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Bei der Wissenszurechnung ist aber ein anderer Umstand wesentlich bedeutsamer, der der teilweise in der Literatur erhobenen Forderung entgegensteht, das Wissen aller Erfiillungsgehilfen unterschiedslos zuzurechnen. § 278 BGB setzt das Bestehen einer entsprechenden Vertragspflicht voraus. Bei den Obhutspflichten besteht etwa die allgemeine Pflicht des Werkunternehmers, in besonderem Maße auf die Integritätsinteressen des Bestellers Rücksicht zu nehmen. Verstößt ein an der Werkherstellung Beteiligter gegen diese bereits bestehenden Obhutspflichten, ist dieses sorgfaltswidrige Verhalten dem Werkunternehmer problemlos über § 278 BGB zurechenbar. Offenbarungspflichten des Werkunternehmers entstehen aber erst, wenn der Werkunternehmer von bestimmten Umständen Kenntnis erlangt hat. Anders als bei der Zurechnung fremder ScWechterfiillung vertraglicher Pflichten über § 278 BGB geht es bei der Zurechnung fremden Wissens auf einer ersten Stufe um die Begründung entsprechender Offenbarungspflichten27 . Diese Zurechnungsebene ist eigenständiger Natur, so daß sich eine zwanglose Zurechnung des Wissens über § 278 BGB verbietet. Auch der in § 278 BGB enthaltene Rechtsgedanke hilft hier nicht weiter. Dieser beruht jeweils darauf, daß der Geschäftsherr sich hinsichtlich von ihm übernommener Pflichten nicht damit entlasten kann, daß er diese Pflichten auf andere verlagert hat. Deswegen bleibt nur eine Heranziehung der §§ 164 ff. BGB. Da die Stellvertretungsregeln auf die Begründung vertraglicher Primärpflichten zugeschnitten sind, es bei der Zurechnung fremden Wissens aber um die Begründung von Nebenpflichten geht, kommt hier nur eine

1988,892,894 f.; Bohrer, DNotZ 1991, 124, 126; Gassner, BauR 1990,312,315 stellt dagegen maßgeblich auf § 278 BGB ab. 27 In der Literatur wird gegen die Zurechnung über § 278 BGB vorgebracht, daß es dort nur um eine Verhaltenszurechnung geht, dies aber bei der Wissenszurechnung nicht die Frage sei, vgl. Waltermann, AcP 192 (1992), 181, 188 f. Dieser läßt eine Haftung wegen Organisationsverschuldens nur für die Fälle gelten, in denen es nicht auf die Kenntnis, sondern auf das Kennenmüssen ankomme, vgl. Waltermann, AcP 192 (1992), 181,209. Auch bei der Wissenszurechnung könnte man aber an ein Verhalten anknüpfen, eben die Nichtweitergabe der Information an den Geschäftsherrn oder dessen Stellvertreter. Wieder eine andere Akzentuierung muß in den Fällen getroffen werden, in denen das Wissen Ansprüche ausschließt. Insbesondere für den Bereich des § 852 BGB ist dabei dem BGH (NJW 1986,2315) zu folgen, der zutreffend feststellt, daß der Geschädigte keine Pflicht gegenüber dem Schädiger hat, sein Wissen richtig zu organisieren, vgl. auch Waltermann, AcP 192 (1992), 181, 192; ohne Differenzierung beispielsweise Schultz, NJW 1990,477.

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H. Werkvertragliche Besonderheiten der Bewältigung von Umweltschäden

analoge Anwendung in Betracht28 . Hier ist es erforderlich, daß der Geschäftsherr im Verkehr den Eindruck erweckt, daß eine Person für ihn auftritt29. Übertragen auf die Wissenszurechnung meint dies, daß die Wissensaufnahme durch eine Person erfolgt, die gerade dafür vom Unternehmer eingesetzt wurde30. Erst auf einer zweiten Stufe kommt eine Zurechnung von Pflichtverletzungen einzelner Erfiillungsgehilfen in Betracht, wenn das bereits zugerechnete Wissen sorgfaltswidrig oder gar nicht weitergegeben wird. Bereits vor Entstehung einer Offenbarungspflicht besteht aber die Pflicht des Werkunternehmers, seinen Betrieb so zu organisieren, daß Umstände an den Vertragspartner weitergegeben werden können, die eine Offenbarungspflicht begründen. Das betrifft nicht nur die Art und Weise der Weitergabe31 von Informationen, sondern auch die Frage der Informationsaufuahme im Unternehmen. Verstößt der Unternehmer schuldhaft gegen diese Pflicht der ordnungsgemäßen Informationsorganisation, ist es gerechtfertigt, ihn so zu behandeln, als wäre das im Unternehmen vorhandene Wissen korrekt weitergegeben worden. Er wird also nicht wegen etwa nur fahrlässiger Falschinformation einem Arglistigem gleichgestellt, sondern weil er es fahrlässig oder vorsätzlich versäumt hat, die Informationsweitergabe richtig zu organisieren32 . Er haftet also nicht wegen bloß fahrlässigen Verhaltens wie ein Arglistiger, sondern er wird bei fahrlässiger Verletzung seiner Pflicht zur ordnungsgemäßen Informationsorganisation wie ein Wissender behandelt. Bei einer zugerechneten Kenntnis der für den Vertragspartner relevanten Informationen kommt es aber auf ein weiteres voluntatives Element nicht mehr an 33 .

28 Vgl. Hoffinann, JR 1969, 372, 374; a.A. Waltermann, AcP 192 (1992), 180,215, der eine analoge Heranziehung nicht für ausreichend erachtet, die Rechtsfolgen der Wissenszurechnung zu rechtfertigen.

29 Vgl. § 164 I Satz 2 BGB, § 56 HGB.

30 Vgl. auch Richardi, AcP 169 (1969), 385,402. 31 Vgl. dazu die Entscheidungen, in denen eine Information falsch weitergegeben wird, weil etwa ein Umstand bagatellisiert wird, der für den Vertragspartner bedeutsam ist (BGH, NJW 1967, 1222; NJW-RR 1987,436) oder ein tatsächlicher Umstand sorgfaltswidrig als auf harmlose Ursachen zurückfiihrbar eingestuft wird (vgl. OLG Celle, NJW-RR 1987,744). 32 Wobei es nicht darauf ankommen kann, ob es sich um eine "echte" juristische Person handelt oder um eine Personengesellschaf\. So aber BGH; WM 1995, 1145.

33 Vgl. bereits FN 21.

ill. Die deliktische Haftung des Werkunternehmers für Umweltschäden

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Die vom BGH weiter vorgenommenen Differenzierungen hinsichtlich der Möglichkeit der Kenntnisnahme von einem vorhandenen Mangel34 , das Vorliegen eines gravierenden Mangels an einem besonders wichtigen Gewerk oder eines augenfälligen Mangels an einem weniger wichtigen Werkteil 35 sind dann lediglich Indizien dafiir, daß ein Organisationsverschulden vorliegt36. Die Voraussetzungen der Arglist sind nämlich grundsätzlich vom Besteller nachzuweisen37 . Liegen die beschriebenen Indizien vor, kann der Besteller bereits mit deren Vorbringen seiner Substantiierungslast nachkommen38 . Handelt es sich bei den angesprochenen Mängeln oder Folgen eines verschwiegenen Mangels um Umweltschäden, kommen die dargestellten Grundsätze ebenfalls zum Tragen. Hat der Unternehmer danach Kenntnis davon, daß anläßlich der Werkerstellung ein Umweltschaden entstanden ist oder BaumateriaHen umweltgefährHch sind, kann ein durch die kurze Verjährungsfrist des § 638 BGB bedingter Konflikt mit dem Verursacherprinzip nicht entstehen, da dann die dreißigjährige Frist des § 195 BGB gilt.

111. Die deliktische Haftung des Werkunternehmers für Umweltschäden Wegen der Kenntnisabhängigkeit des Beginns der kurzen Verjährungsfrist nach § 852 BGB kommt ein Konflikt mit dem Verursacherprinzip nicht in Betracht, wenn wegen mangelbedingten Umweltbeeinträchtigungen deliktische Ansprüche gewährt werden. Da die kurzen Verjährungsfristen des § 638 BGB nur im Verhältnis zwischen Werkbesteller und Werkunternehmer wirksam werden können, braucht die deliktische Haftung des Werkunternehmers gegenüber

34 Vgl. BGHZ 62, 63, 69 f. 35 Vgl. BGH NJW 1992, 1754, 1755; nunmehr bestätigend OLG Oldenburg, BauR 1995, 105; Zur Übertragung der neuen Rechtsprechung auf den bauaufsichtsfiihrenden Architekten, OLG Celle, NJW-RR 1995,1486. 36 Zu den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Organisation vgl. etwa OLG Köln, NJW-RR 1995, 180. 37 BGH NJW 1992, 1754, 1755; WM 1975,525; Palandt-Heinrichs, § 123 BGB, RdNr. 30 . Allg. zur Beweislast bei unterlassener Aufklärung: BGH, NJW 1987, 1322, 1323; 1988,200,202 f.; NJW-RR 1990,28,29; Palandt-Heinrichs, § 282 BGB, RdNr. 11. 38 Gassner, BauR 1990, 312, 318.

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H. Werkvertragliche Besonderheiten der Bewältigung von Umweltschäden

nicht am Vertrag beteiligten Dritten hier nicht betrachtet zu werden. Hier sei nur darauf hingewiesen, daß der Werkunternehmer Verkehrspflichten gegenüber der Allgemeinheit hat, bei deren Verletzung er den in ihren Rechtsgütern beeinträchtigten Dritten deliktisch haftet39. 1. Deliktische Haftung bei weiten Mangelfolgeschäden Auch im Verhältnis des Bestellers zum Werkunternehmer kommt aber neben der vertraglichen Haftung wegen Schlechtleistung eine konkurrierende deliktische Haftung des Werkunternehmers in Betrachrt°. In den Fällen in denen andere Rechtsgüter des Bestellers durch das sorgfaltswidrig hergestellte Werk in Mitleidenschaft gezogen werden, scheint die Frage, ob auch konkurrierend deliktsrechtliche Ansprüche bestehen, müßig, zumal dann ein entfernter Mangelfolgeschaden vorliegen soll. Ansprüche fiir entfernte Mangelfolgeschäden unterliegen aber, da sie aus positiver Vertragsverletzung und nicht aus § 635 BGB erwachsen, nicht der kurzen Verjährung nach § 638 BGB, sondern der regelmäßigen Verjährungsfrist des § 195 BGB41. Gleichwohl wird man auch fiir diesen Bereich annehmen müssen, daß neben den dann gegebenen vertraglichen Ansprüchen aus positiver Vertragsverletzung auch solche aus Delikt bestehen, wenn ein durch § 823 I BGB geschütztes Rechtsgut beeinträchtigt wurde42 .

39 Zur deliktischen Haftung des Architekten gegenüber Mietern eines von diesem geplanten Hauses und in dem Fall, daß der Architekt bei der von ihm übernommenen Bauaufsicht Gefahren fiIr Rechtsgüter anderer fahrlässig übersieht, vgl. BGH, BauR 1991,111; 1990,501; BGH, NJW 1987, 1013; zur Haftung des Werkunternehmers nach § 831 BGB, vgl. BGH, BauR 1990,501. 40 Vgl. etwa BGHZ 55, 392; BGH, NJW 1993,655.

41 BGHZ 96, 221, 228. 42 Vgl. DerlederlMeyer, AcP 195 (1995), 137, 152, 161 f.; Grunewald, JZ 1987, 1098; dies., Anm. zu LM Nr. 99 zu § 635 BGB; Westphalen, NJW 1979, 838; FreundIBarthelmess, NJW 1975,281; Schlechtriem, JZ 1971,449; ders. ZfBR 1992, 95, 100; kritisch Kniftka, ZfBR 1991, 1, insoweit auch ohne Modifikationen durch das werkvertragliche Nachbesserungsrecht, sofern der Schaden nicht von der Nachbesserung erfaßt wird, vgl. DerlederlMeyer, AcP 195 (1995), 137, 153. Diese wird aus einer sachgerechten restriktiven Interpretation des § 249 I, Satz 2 BGB entnommen; Grunewald, JZ 1987, 1098 geht dagegen von einer "Vorschaltung" des werkvertraglichen Nachbesserungsanspruchs aus.

m. Die deliktische Haftung des Werkunternehmers für Umweltschäden

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2. Deliktische Haftung bei engen Mangelfolgeschäden und Mangelschäden Anders ist es, wenn sich die Mangelhaftigkeit des Werkes nicht in der weiteren, sondern in der engeren Integritätssphäre des Bestellers realisiert. Anspruchsgrundlage des Bestellers ist dann in ständiger Rechtsprechung des BGH nicht die positive Vertragsverletzung, sondern § 635 BGB. Diese Ansprüche unterliegen dann aber der kurzen Verjährungsfrist des § 638 BGB43. Wird auch hier zusätzlicher Deliktsschutz gewährt, folgt dieser nach dem Modell der freien Anspruchskonlrurrenz seinen eigenen Regeln, insbesondere auch hinsichtlich der Verjährung. Deliktische Ansprüche, die nach einer werkvertraglichen Betrachtungsweise in der engeren Integritätssphäre liegen, könnten etwa in einer durch den Mangel verursachten Beschädigung vormals unbeschädigter Teile des Werksruckes zu sehen sein. a) Eigentumsverletzung (1) Sachenrechtliche Ausgangslage Damit überhaupt deliktische Ansprüche des Bestellers in Betracht kommen, muß zunächst ein durch § 823 I BGB geschütztes Rechtsgut beeinträchtigt sein. Beim Normaltypus des Werkvertrages erstellt der Werkunternehmer das Werk aus vom Besteller bereitzustellenden Stoffen44 . Der Besteller ist und bleibt dann Eigentümer der bereitgestellten Stoffe, sofern in der Werkerstellung keine originäres Eigentum erzeugende Verarbeitung gern. § 950 I BGB zu sehen ist. Auch in den Fällen der §§ 946-948 BGB entsteht aber originäres Eigentum an der neu erstellten Sache, auch wenn dies dem bisherigen Eigentümer der Einzelsachen zufällt45 . Sachenrechtlich besteht also zu den Fällen, in denen das Werk aus vom Werkunternehmer zu beschaffenden Stoffen erstellt wird, lediglich der Unterschied, daß der Besteller beim reinen Werkvertrag mit der Bearbeitung Eigentum behält, wohingegen der Werkunternehmer solches in den Fällen des § 651 I Satz 1 BGB erst zu übertragen verpflichtet ist.

43 Vgl. etwa BGHZ 98, 45; 72, 257; 58, 225; 58, 85; 54, 352; 37, 341; 35, 130; BGH NJW 1965, 106; 1983,2440; VersR 1962,480; JR 1988, 197 mitAnm. Schubert. 44 Argument aus § 651 I BGB, der ansonsten vorsieht, daß es sich um einen Werklieferungsvertrag handelt. 45 Vgl. auch Schlechtriem, SchR BT, RdNr. 364. 19 Meyer

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H. Werkvertragliche Besonderheiten der Bewältigung von Umweltschäden

(2) Das mangelbehaftete Eigentwn Diese sachenrechtliehe Wirkung der Bearbeitung im Rahmen eines Werkvertrages wurde in der Vergangenheit zwn Anlaß genommen, deliktische Ansprüche im Hinblick auf eine mangelbedingte Verschlechterung auszuschließen. Da das Werk bereits bei Erstellung mit dem Mangel belastet sei, habe der Besteller nie besseres Eigentwn erlangt46. Da die entsprechende Argumentation47 auch im kaufrechtlichen Bereich nicht verhindern konnte, daß die Rechtsprechung deliktische Ansprüche bei einer mangelbedingten Verschlechterung der Kaufsache fiir möglich hält4 8, kann sie auch im Werkvertragsrecht nicht dazu dienen, dem Besteller deliktische Ansprüche zu verwehren49 . b) Grundsätzliche Anwendbarkeit der Weiterfresserdoktrin im Werkvertragsrecht Kann also auch im werkvertraglichen Bereich von einer Eigentwnsbeeinträchtigung ausgegangen werden, wenn durch einen Mangel bislang unversehrte Teile des Werks beschädigt werden, spricht nichts dagegen, die zwn Kaufrecht entwickelte Weiterfresserrechtsprechung darauf zu übertragen 50. Voraussetzung

46 BGHZ 39, 366, 367; BGH NJW 1978, 1051; NJW 1981,2248; BauR 1981,491; OLG Karlsruhe NJW 1956, 913; OLG München NJW 1977,438; VersR 1977,380; OLG Oldenburg VersR 1986, 1003; OLG Bamberg VersR 1986,997; BauR 1987, 211; OLG Koblenz, NJW-RR 1995, 655; LG Koblenz NJW 1977, 812; LG Stade VersR 1977, 656; Gegen diese bis dato allgemeine Auffassung spricht sich bereits Löwe (BB 1978,1495) aus. 47 In der Vergangenheit Z.B. vertreten von Reinickerriedtke Kaufrecht 4. Aufl., S. 255; Schrnidt-Salzer BB 1979, 1. Aus neuerer Zeit vgl. BrüggemeierlHerbst, JZ 1992, 802,804. 48 Vgl. BGHZ 67, 359, 363 gegen die bis dahin st. Rspr. RG JW 1905, 367; BGHZ 39,366,367; vgl. auch BGHZ 86, 256, 258 ff.; BGH NJW 1978,2241,2242 und Steffen, VersR 1988, 977. 49 Vgl. DerlederlMeyer AcP 195 (1995),137,151 f. 50 Vgl. auch DerlederlMeyer, AcP 195 (1995),137,151 f., 161 ff.

III. Die deliktische Haftung des Werkunternehmers fiir Umweltschäden

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für die Beweiserleichterungen51 , die der BGH auch im Rahmen der Rechtsprechung zu den weiterfressenden Mängeln macht, ist aber, daß die Grundsätze der Produzentenhaftung auch gegenüber dem Werkunternehmer angewendet werden können, da diese von einer Verletzung deliktischer Berufspflichten52 abhängig gemacht werden. Für die Einordnung als Produzent ist aber nicht Voraussetzung, daß die zum Schaden fiihrende Herstellungsweise industriell organisiert ist53 . Deshalb ist es gerechtfertigt, auch etwa den Handwerker der Haftung als Produzent zu unterwerfen54 . Gleichwohl muß auch im werkvertraglichen Bereich beachtet werden, daß der Besteller deliktisch nicht in seinem Äquivalenzinteresse, sondern lediglich in seinem Integritätsinteresse geschützt wird. Das Integritätsinteresse am mangelbehafteten Werk besteht aber nur in der Realisierung des mangelbedingten Minderwerts. Das Interesse an der mangelfreien Werkerstellung kann der Besteller deliktsrechtlich nicht liquidieren. Wie im Kaufrecht ist der deliktische Anspruch wegen eines weiterfressenden Mangels des Werkes daher ausgeschlossen, wenn der Schaden an dem Werk mit dem Mangel "stoffgleich" ist55 . c) Werkvertragsspezifische Modifikationen konkurrierender deliktsrechtlicher Ansprüche Können also neben Ansprüchen aus § 635 BGB konkurrierend deliktische Ansprüche bestehen, darf dadurch das werkvertragliche Gewährleistungssystem nicht unterlaufen werden. Insbesondere darf die Gewährung deliktischer An-

51 Entgegen der normalen deliktischen Haftung muß der Produzent nachweisen, daß ihm kein objektiver Pflichtenverstoß anzulasten ist (BGHZ 80, 186), ihn an dem Fehler kein Verschulden trifft (vgl. BGHZ 51, 91), kein Organisationsmangel bestand (vgl. BGH NJW 1973, 1602) und ihm auch die Verhütung des Schadens durch eine entsprechende Warnung oder Hinweis nicht möglich war (BGHZ 80,186).

52 Vgl. dazu grundlegend von Bahr, Gutachten und Vorschläge zur Überarbeitung des Schuldrechts III, S. 1683 ff.; Erman-Schiemann, § 823 BGB, RdNr. 127. 53 Der Wortlaut des § 4 I ProdHaftG läßt etwa keine derartige Einschränkung zu. 54 Baumgärtel JA 1984,660,666; Schmidt-Salzer, BB 1979, 1, 10; Steindorff, AcP 170 (1970), 93,130. Der BGH hat die Frage, ob ein Handwerker als Produzent anzusehen ist, bislang offengelassen, vgl. BGHZ 96, 221, 229.

55 Zu diesem Kriterium vgl. BGHZ 86, 256, 261; BGH, NJW 1985, 2420, 2421; BGHZ 117, 183, 187f.

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H. Werkvertragliche Besonderheiten der Bewältigung von Umweltschäden

sprüche nicht dazu fUhren, daß der Werkunterneluner auf Schadenersatz in Anspruch genommen werden kann, obgleich ihm entgegen § 635 i.V.m. § 634 I BGB keine Frist für die Mangelbeseitigung bestimmt wurde 56. Eine entsprechende Wirkung kann dem deliktsrechtlichen Schutz aber genommen werden, wenn man in Anbetracht der werkvertraglichen Gewährleistungsregelung bei einem Zusammentreffen werkvertraglicher und deliktischer Ansprüche es dem Besteller mittels systematischer Interpretation verwehrt, gern. § 249 Satz 2 BGB statt der Naturalrestitution Geldersatz zu verlangen57 . Nur nach Ablauf einer nach § 250 BGB gesetzten Frist oder wenn der Werkunternehmer die Nachbesserung ernsthaft und endgültig verweigert 58, kann danach Geldersatz verlangt werden. d) Umweltschäden als weiterfressende Mängel Um zu einer deliktischen Einstandspflicht des Werkunternehmers wegen eines "weiterfressenden" Mangels in den Fällen zu kommen, in denen von der Werksache Umweltgefahren ausgehen, müßte jeweils ein Eigentumsschaden vorliegen. Bei den in der Praxis vorkommenden Fällen59 geht es aber in erster Linie um Emissionen, die von den für die Werkerstellung verwandten Materialien ausgehen. Dabei wird regelmäßig die Sache selbst nicht verschlechtert oder beschädigt. Deliktische Ansprüche kommen dann nicht in Betracht, da es an einer Eigentumsverletzung fehlt. Beruht die von der Werksache ausgehende Emission auf der Konstruktion des Werkes etwa in der Art, daß jeweils bei dem Betrieb konstruktionsbedingte unzulässige Emissionen abgegeben werden, kommen deiktische Ansprüche im Hinblick auf die Werksache auch nur dann in Betracht, wenn die Emission die Sache selbst schädigt.

56 Vgl. BGHZ 96, 221, 229; Grunewald, JZ 1987, 1098, 1104; DerlederlMeyer, AcP 195 (1995),137,152 ff. 57 Vgl. DerlederlMeyer, AcP 195 (1995), 137, 155 f .. Grunewald, JZ 1987, 1098, 1104, geht, wie gesagt allerdings davon aus, daß der vertragliche Nachbesserungsanspruch dem deliktischen Schadensausgleich "vorgeschaltet" ist.

58 Vgl. DerlederlMeyer, AcP 195 (1995),137,155 f. 59 Vgl. sogleich in den FN. 64, 63 und 64.

IV. Die gewährleistungsrechtliche Haftung wegen Umweltschäden

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Auch Nutzungseinschränkungen können als Eigentumsverletzungen qualifiziert werden60. Die Schäden, die dem Besteller dadurch entstehen, daß er die Sache infolge des Mangels nicht nutzen kann, decken sich aber jeweils mit dem Mangelunwert der Sache, sind also wegen der dann gegebenen "Stoffgleichheit"61 deliktisch nicht ersetzbar. Die bereits bei den anderen Vertragstypen besonders berücksichtigte Konstellation62 , daß der Besteller wegen umweltschädlicher Eigenschaften des Werkes von Dritten63 in Anspruch genommen wird, fUhrt ebenfalls nicht zu einer Eigentumsbeeinträchtigung, so daß deliktische Ansprüche nach § 823 I BGB ausscheiden. Für einen weiten und den in der Praxis wichtigsten Teil kann der Besteller also auch bei einer Anwendung der in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zu den "weiterfressenden" Mängeln auf das Werkvertragsrecht keine deliktischen Ansprüche gegen den Werkuntemehmer geltend machen.

IV. Die gewährleistungsrechtliche Haftung wegen Umweltschäden Im Bereich werkvertraglicher Vertragsabwicklung kann es zu einer Reihe von Fallgestaltungen kommen, in denen Umweltgefährdungen eine Rolle spielen. Hier ist zunächst an die - auch die Praxis bereits beschäftigenden - Fälle zu denken, in denen von der Werksache Schadstoffe ausgehen, die die Gesundheit des Werkbestellers oder anderer beeinträchtigen. Entscheidungen finden sich fiir die Fälle, in denen von Möbeln Formaldehydemissionen ausgehen64 oder

60 Vgl. etwa BGHZ 55, 153 für den Fall, daß ein Schiff durch Einsturz einer Ufermauer in einem Hafenbecken eingesperrt ist. Vgl. auch Palandt-Thomas, § 823 BGB, RdNr. 8; Staudinger-Schäfer, § 823 BGB, RdNr. 50, 55; MünchKomm-Mertens, § 823 BGB, RdNr. 90 ff. 61 Vgl. bereits FN 55. 62 Vgl. für das Kaufrecht, Seiten 178 ff., für das Mietrecht, Seiten 244 ff. 63 Seien dies die Ordnungsbehörden im Rahmen der Gefahrenabwehr, seien dies in ihren Rechtsgütern beeinträchtigte sonstige Dritte. 64 Vgl. OLG Nürnberg, NJW-RR 1993, 1300; OLG Köln, NJW-RR 1991, 1077; OLG Düsseldorf, NJW 1991, 1495; LG Nürnberg-Fürth, NJW-RR 1986, 1466. Vgl. auch für das Kaufrecht OLG Stuttgart, NJW-RR 1992, 187; OLG Frankfurt, NJW-RR 1988, 1455; LG Frankfurt, NJW-RR 1991,225; sowie für das Mietrecht LG München, NJW-RR 1991,975; AG Köln NJW-RR 1987,972.

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H. Werkvertragliche Besonderheiten der Bewältigung von Umweltschäden

etwa bei Verlegung von Kupfer- 65 bzw. Bleirohren66 fiir die Trinkwasserversorgung. Jenseits des skizzierten Arglistbereiches sowie der Möglichkeit eines angemessenen Schutzes über das Deliktsrecht ist zu untersuchen, ob es in solchen Fällen zu einem Konflikt der kurzen Verjährungsfrist des § 638 BGB mit dem Verursacherprinzip kommen kann. Für die Schädigung von Rechtsgütern Dritter oder des Werkbestellers an Körper und Gesundheit besteht aber keine Gefahr einer zu weitreichenden kurzen Verjährung, da fiir die hier unbezweifelbaren deliktischen Ersatzansprüche § 852 BGB gilt. Dagegen liegt bei einer Beeinträchtigung des Eigentums des Werkbestellers eine kurzfristige Verjährung nahe. Gemeinsam ist diesen Beeinträchtigungen jeweils, daß das Werk aus Materialien erstellt ist, die Schadstoffe emittieren. Unterscheiden könnte man zwischen solchen Fällen, in denen die Emissionen lediglich bei der Nutzung anfallen, und solchen, in denen unabhängig von der Nutzung Schadstoffe von der Werksache ausgehen. Während bei der nutzungsabhängigen Schadstoffabsonderung diese bereits mit der Nichtnutzung entfallt, muß der Besteller bei der nutzungsunabhängigen Schadstoffemission zusätzliche Maßnahmen ergreifen, um weitere Emissionen (etwa eines Grundstücks) zu verhindern. Neben dem Schaden, der dem Besteller entsteht, weil er die Sache nicht mehr nutzen kann, ist deshalb zu fragen, ob er die fiir Schadensabwendungsmaßnahmen aufgewendeten Kosten vom Werkunternehmer ersetzt verlangen kann und ob die kurze Verjährung auch diese Ansprüche ergreift. Neben den Kosten fiir die Abwendung zukünftiger Schädigungen kann der Besteller von Dritten auf Ersatz bereits eingetretener Schäden in Anspruch genommen werden. Dabei ist zu unterscheiden zwischen Ansprüchen im Rahmen vertraglicher Beziehungen, wie sie etwa in §§ 462, 463, 537, 538 I BGB verschuldensunabhängig gewährt werden, und solchen aus allgemeinen Regelungen, die regelmäßig ein Verschulden voraussetzen, wie etwa ebenfalls im Rahmen vertraglicher Beziehungen solche aus pVV und aus § 823 I BGB. Schließlich kann der Besteller u.U. verschuldensunabhängig aus den allgemei-

65 Bei denen allerdings nach dem OLG Hamm, BauR 1991, 343 kein Mangel des Werkes vorliegen soll. Kritisch Meier, VuR 1992, 30, 32 f. 66 Hier ist jedenfalls fiir das Mietrecht anerkannt, daß der Vermieter zur Neuverlegung verpflichtet ist, obgleich der Mieter nicht den Minderungseinwand erheben kann, vgl. AG Berlin-Schöneberg, NJW-RR 1991, 782; LG Hamburg, NJW 1991, 1898; a.A.: noch das AG Hamburg, NJW 1988,914, das annahm, daß der Mieter auch zur Minderung berechtigt sei.

IV. Die gewährleistungsrechtliche Haftung wegen Umweltschäden

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nen Umweltschutznonnen in Anspruch genommen werden, so etwa aus § 906 11 BGB, § 1 UmwHG67 oder wiederum aus § 22 WHG. 1. Die Ausgangslage beim werkvertraglichen Gewährleistungsmodell

Eine gewährleistungsrechtliche Haftung des Werkunternehmers gegenüber dem Besteller kommt namentlich nur dann in Betracht, wenn die anläßlich der Nutzung von der Sache ausgehende Emission einen Fehler der Sache i.S.d. § 633 BGB darstellt. Beruht die Emission darauf, daß die Sache die vom Besteller spezifizierten Eigenschaften aufweist, liegt keine negative Abweichung von der vertraglich vorausgesetzten Beschaffenheit, also kein Mangel vor68 . Gleichwohl kann der Unternehmer herangezogen werden, wenn er wegen seiner Sachkenntnis erkennen konnte, daß die Sache, bei der vom Besteller gewünschten Beschaffenheit, negative Eigenschaften aufweist. Dies gilt namentlich dann, wenn er über die Sachkenntnis verfügt zu erkennen, daß die vom Besteller gewünschte Ausführung die Gefahr solcher Emissionen birgt69. a) Der Werklohnhorizont bei Ansprüchen auf Wandlung und Minderung Der Verjährungsfrist des § 638 BGB unterliegen die Ansprüche des Bestellers auf Wandlung und Minderung. Diese rein werklohnbezogenen Rechtsbehel-

67 Sofern es sich bei dem Werk um eine in Anlage 1 zum UmwHG aufgeführte Anlage handelt, vgl. § 1 UmwHG. 68 Selbst an der Werkerstellung unbeteiligte Dritte haben gegen den planenden AIchitekten nur in eingeschränktem Maße DeliktsanspTÜche, wenn etwa vom späteren Eigentümer eine ,,Billigstbauweise" veranIaßt wurde. In solchen Fällen soll nur der Eigentümer selbst als Deliktsschuldner heranzuziehen sein, vgl. BGH, NJW 1987, 1013, 1014. 69 Vgl. BGH, ZfBR 1980, 290, zur Hinweispflicht des Tiefbauunternehmers, wenn der vom Besteller vorgeschriebene Füllstoff wasserentziehende Wirkung hat und deshalb die Gefahr bestand, daß wegen dieser Wirkung Schäden an umliegenden Häusern entstehen; vgl. aber OLG München, SIF Nr. 52 zu § 635 BGB, wo eine Hinweispflicht eines kleinen Handwerksbetriebes abgelehnt wird, wenn es sich bei dem vorgeschriebenen um einen neuen Baustoff handelt, dessen Eigenschaften noch nicht bekannt sind. Zu den entsprechenden Hinweispflichten, vgl. auch KnifIka, ZfBR 1991, 1, 5. Zur Hinweispflicht des Werkunternehmers, wenn das Grundstück rur das geplante Werk nicht geeignet ist, vgl. OLG Köln, NJW-RR 1995, 19.

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fe weisen starke strukturelle Ähnlichkeiten zu den kaufrechtlichen Rechtsbehelfen auf, so daß insoweit auf das zwn Kaufrecht Gesagte verwiesen werden kann. Danach handelt es sich bei dem Anspruch des Bestellers auf Minderung des Werklohnes gern. § 634 I Satz 2 BGB i.V.m. §§ 634 IV, 472 BGB sowie bei dem Anspruch auf Wandlung gern. § 634 I Satz 2 BGB i.V.m. §§ 634 IV, 467, 346 BGB um auf den Werklohnhorizont begrenzte Anspruche. Aus dieser Begrenzung folgt, daß sich diese Ansprüche kaum fiir umweltbezogene Ziele instrumentalisieren lassen. Ihre Funktionalität beschränkt sich wie im Kaufrecht auf die zeitlich limitierte Wahrung des Äquivalenzverhältnisses zwischen Werklohn und tatsächlich erbrachter Werkleistung70 . Wie beim Kaufrecht könnte in Frage zu stellen sein, ob Aufwendungen, die der Besteller tätigt, um andere Gefahren und Beeinträchtigungen, die von der Sache ausgehen, zu beseitigen, als notwendige Verwendungen im Rahmen der Wandlung, gern. §§ 634 I, IV, 467, 347 Satz 2 LV.m. §§ 99411, 683 BGB ersetzbar sind. Auch hier kann, da es sich um strukturell gleichartige Anspruche handelt, auf das Kaufrecht verwiesen werden. Anders als beim Kaufrecht besteht aber bei der Erbringung von Werkleistungen ein stärker akzentuiertes Erfolgsmoment. Gleichwohl kommen solche Ansprüche erst ab der Abnahme in Betracht, denn erst ab diesem Zeitpunkt kann der Besteller die Wandlung verlangen. Auch im Werkvertragsrecht dienen die Nebenansprüche der Wandlung gern. §§ 634 I, IV, 467, 347 Satz 2 i.V.m. §§ 99411, 683 BGB nur der beschleunigten und nachteilslosen Rückabwicklung der vertraglich ausgetauschten Leistungen. Damit dienen aber auch im Werkvertragsrecht die Nebenansprüche der Wandlung aber nur der Wahrung des Äquivalenzinteresses des Bestellers71. Dies kann nicht durch eine auf die Umweltgefährdung abstellende Argumentation ausgehebelt werden. Entgegen dem Kaufrecht kennt das werkvertragliche Gewährleistungsmodell keine strikte Haftung des Werkunternehmers auf Schadenersatz bei Fehlen einer zugesicherten Eigenschaft, sondern gern. § 635 BGB lediglich, wenn er das Fehlen der zugesicherten Eigenschaft zu vertreten hat, also im wesentlichen bei Verschulden. Anders als im Kaufrecht beschränkt sich die Funktion der Zusicherung im Werkvertragsrecht auf den Ausschluß des Einwandes der Unerheblichkeit gern. § 634 III BGB72. Für eine solche Zusicherung braucht der Werkunternehmer nicht wie im Kaufrecht fiir alle Folgen des Fehlens der

70 Vgl. bereits Seiten 183 ff. 71 V gl. für das Kaufrecht Seiten 192 ff.

72 Entsprechend § 477 I Satz 2 BGB im Kaufrecht.

IV. Die gewährleistungsrechtliche Haftung wegen Umweltschäden

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zugesicherten Eigenschaft einstehen zu wollen73. Ist eine entsprechende Abrede nicht getroffen, haftet der Werkunterneluner deswegen nur verschuldensabhängig und nicht garantieähnlich auf Schadenersatz. b) Die Doppelfunktion des Schadenersatzanspruches gern. § 635 BGB Ergibt sich aus der kurzen Verjährung der Ansprüche auf Minderung und Wandlung und bei den Nebenansprüchen der Wandlung kein Konflikt mit dem Verursacherprinzip, da diese nur auf den Werklohn beschränkt sind bzw. der nachteilslosen Rückabwicklung der gescheiterten Vertragsbeziehung dienen, bleibt zu fragen, ob ein solcher Konflikt bei den ebenfalls der kurzen Verjährung unterliegenden Schadenersatzansprüchen aus § 635 BGB festzustellen ist. (1) Der reine Mangelschaden Schäden, die dem Besteller durch die Mangelhaftigkeit des Werkes entstehen, können zunächst als reine Mangelschäden charakterisiert werden, wenn sich in ihnen lediglich die durch die Mangelhaftigkeit enttäuschte Vertragserwartung realisiert. Deshalb gehört zunächst zum reinen Mangelschaden der mangelbedingte Wertverlust der Sache im Vergleich zu einer mangelfreien74 . Ebenfalls um einen Mangelschaden handelt es sich etwa bei dem wegen der eingeschränkten Verwendungsfähigkeit eingetretenen entgangenen Gewinn7S, bei den entgangenen Nutzungen selbst, soweit diese schadensrechtlich geltend gemacht werden können76, sowie bei den Mangelbeseitigungskosten77 , soweit diese trotz der vorgeschalteten Nachbesserung ersetzbar sind78 •

73 Vgl. BGHZ 96, 111; zur entsprechenden Voraussetzung fiir das Kaufrecht vgl. bereits Seite 194 ff.. Es bleibt dem Werkuntemehmer naturgemäß die Möglichkeit, eine entsprechende Garantieerklärung abzugeben, Soergel-Mühl, § 635 BGB, RdNr. 12; Schlechtriem, SchR BT, RdNr. 380. 74 Vgl. bereits BGHZ 35, 130, 133; 46, 238, 239; 58, 305, 308; BGH, NJW 1965, 106,107; VersR 1966, 1154, 1155 f.; 1962,480.

7S BGHZ 72, 31; OLG Karlsruhe, BauR 1972, 126; OLG Köln, DB 1974, 185; VersR 1977,139. 76 Etwa BGHZ 96, 124; kritisch PaIandt-Thomas, § 635 BGB, RdNr. 8; zur allgemeinen Kritik an der Ersatzfähigkeit entgangener Nutzungen, vgl. etwa Esser/Schrnidt, S. 481 ff.

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Die UnterscheidWlg zwischen reinen Mangelschäden Wld Mangelfolgeschäden wird aber auch vom BGH nicht konsequent durchgehalten. Aufgrtmd der Annahme, daß Ansprüche wegen naher Mangelfolgeschäden ebenfalls der kurzen Verjährtmg nach § 638 BGB Wlterliegen, legte der BGH in der Vergangenheit weniger Wert auf eine korrekte UnterscheidWlg zwischen Mangel- Wld nahen Mangelfolgeschäden, als auf eine solche zwischen Ansprüchen, die der kurzen Verjährtmg des § 638 BGB Wlterliegen, Wld solchen wegen weiter Mangelfolgeschäden, deren Verjährtmg sich nach § 195 BGB richtet. Dies hat zu EntscheidWlgen geführt, die den Aufwand des Mieters für eine ErsatzwohnWlg 79 sowie die Kosten für ein Gutachten über Ausmaß Wld Umfang von Mängeln80 als Mangelfolge- Wld nicht - korrekterweise 81 - als reinen Mangelschaden qualifiziert haben 82 .

(2) Der nahe Wld der weite Mangelfolgeschaden Nach § 635 BGB ist nicht nur der reine Mangelschaden, sondern auch der enge oder nähere Mangelfolgeschaden zu ersetzen. Lediglich der Ersatz des weiten oder entfernteren Mangelfolgeschadens richtet sich nach den Regeln der positiven VertragsverletZWlg83 . Anders als bisher84 im Kaufrecht 85 richtet sich die Verjährtmg von Ansprüchen aus positiver VertragsverletZWlg, die mit einem Mangel im Zusammenhang stehen, allerdings nicht nach der kurzen vertragli-

77 BGHZ 54, 352; Soergel-Mühl, § 635 BGB, RdNr. 19; Palandt-Thomas, § 635 BGB, RdNr. 4. 78 Vg1. BGHZ 59, 365; Palandt-Thomas, § 633 BGB, RdNr. 7, § 635 BGB, RdNr.4. 79 BGHZ 46, 238, 240. 80 BGHZ 54, 352, 358. 81

Vg1. bereits Seite 92.

82 Vg1. auch OLG Bamberg, ZfS 1993, 195. 83 Vg1. bereits Seiten 87 ff. 84 Nach der hier vertretenen Auffassung ist die Unterscheidung zwischen engen und weiten Mangelfolgeschaden auch für das Kaufrecht maßgeblich, vg1. Seite 235 ff. 85 Vg1. Seiten 68 ff.

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chen, sondern nach der regelmäßigen Verjährungsfrist des § 195 BGB86. Da sich die Unterscheidung nicht nach einem kausalen, sondern einem lokalen Kriteriwn richtet87 , konnten im Werkvertragsrecht so schon bisher generalklauselartig die widerstreitenden Interessen angemessen berücksichtigt werden88 . Bislang steht bei der Unterscheidung zwischen weiten und engen Mangelfolgeschäden allerdings eher die Art der eingetretenen Schäden im Vordergrund. Ein weiter Mangelfolgeschaden soll insbesondere dann vorliegen, wenn die Integritätssphäre des Bestellers über das vertraglich vorgesehen Maß hinaus beeinträchtigt wird89 . Wie bereits bei den anderen Vertragstypen kann sich aber aus einer verjährungsspezifischen Betrachtungsweise eine interessengerechte Eingrenzung des Anwendungsbereiches der kurzen Fristen des § 638 BGB ergeben. Sieht man wie hier den Sinn der kurzen vertraglichen Verjährungsfristen darin, daß diese einen den Leistungsaustausch dynamisierenden Charakter haben, ist es auch nur erforderlich, die kurzen Verjährungsfristen auf solche Ansprüche anzuwenden, die dem Schutz dieses Leistungsinteresses dienen. Eine Anwendung auch auf andere Ansprüche, die keinen direkten Bezug zu diesem Leistungsinteresse haben, muß sich vergegenwärtigen, daß damit die Stellung des Gläubigers über das erforderliche Maß hinaus beeinträchtigt wird90. Unter Berücksichtigung der werkvertraglichen Risikoverteilung könnte über die Unterscheidung zwischen engen und weiten Mangelfolgeschäden auch die Ignorie-

86 Kritisch beispielsweise Michalski, NJW 1988, 793. 87 BGHZ 67, 1, 6, 8; Vgl. auch BGHZ 115, 32, 35; bereits differenzierend BGH, NJW 1965, 106; nach BGH, JZ 1963, 596 soll es nicht auf die das schadensstiftende Ereignis, sondern auf die Art des Schadens ankommen; in BGH, NJW 1979, 1651 wird ein weiter Mangelfolgeschaden angenommen, wenn die Folgen unverhältnismäßig schwer sind. 88 BGHZ 58, 85, 92. 89 BGHZ 61, 203, 205; 98,45,47; NJW 1982,2244; 1983,2440,2441 f.; Vgl. auch Schlechtriern, ZfBR 1992,95; ders. JZ 1971,449.

90 Dabei wird hier davon ausgegangen, daß die Festlegung von Verjährungsfristen nicht ein bloßer Willkürakt der Legislative ist, der durch eine formale Regelung etwa die Entlastung der Judikative bezweckt (vgl. ebenfalls kritisch Heinrichs, VersR 1992, Sonderheft, 3, 7). Auch bei einer Verjährungsregelung sind die betroffenen Interessen gegeneinander abzuwägen. Ferner ist eine Regelung zu wählen, die die Beteiligten möglichst wenig nur interessegerecht belastet, wenngleich hier auch öffentliche Interessen Berücksichtigung finden können, vgl. bereits Seiten 24 ff.

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rung des Umweltbezugs zivilrechtlicher Haftung durch die AnwendWlg der kurzen vertraglichen Verjährungsfrist aufgebrochen werden. 2. Die Qualifizierung der Ansprüche des Bestellers im werkvertraglichen Gewährleistungssystem

a) Generelle Unanwendbarkeit der kurzen Fristen des § 638 BGB auf Umweltschäden ? Ein Konflikt der kurzen vertraglichen Verjährungsfrist mit dem umweltpolitischen Verursacherprinzip würde de lege lata nicht bestehen, wenn Umweltschäden generell etwa als weite Mangelfolgeschäden zu qualifizieren wären Wld damit der kurzen Verjährungsfrist entzogen wären. Eine solche generelle BetrachtWlgsweise kann sich aber nicht aus der StellWlg des Verursacherprinzips als tragendem Element des Umweltrechts ergeben. Das Verursacherprinzip fiir sich stellt nur das Erfordernis der Internalisierung von externen Effekten bei den Wirtschaftsteilnehmern in den Vordergrund, die von der den Effekt erzeugenden Tätigkeit profitieren. Hier kann zivilrechtliche Haftung einen das Verursacherprinzip fördernden Effekt haben, doch kann die umweltpolitische Funktionalisierung nicht andere Haftungsstrukturelemente auflösen. Der umweltbezogene Aspekt zivilrechtlicher Haftung ist vielmehr nur ein allerdings bisher zu gering bewerteter - Aspekt der Haftung neben anderen. Als konkretisierungsbedfuftiger Aspekt erreicht das Verursacherprinzip aber nicht die Qualität eines beherrschenden Rechtsprinzips. Es ist also fiir die einzelnen Schäden wegen eines umweltgefährdenden Mangels zu prüfen, ob die entsprechenden Ansprüche der kurzen Verjährung des § 638 BGB Wlterliegen. Ein Konflikt mit dem Verursacherprinzip ist hiDZWlehmen, wenn die kurze Verjährung mit der gesetzlich vorgesehen RisikoverteilWlg konform geht Wld ein Herausnehmen aus dem AnwendWlgsbereich des § 638 BGB diese RisikoverteilWlg Wlterlaufen würde. b) Altlasten im werkvertraglichen Bereich Wegen der praktischen Relevanz soll, wie bereits bei Kauf- Wld Mietvertrag, ZWlächst die Fallgruppe besondere BeachtWlg finden, bei der Altlasten eine Rolle spielen. Während der Fall, in dem eine Kontamination des Erdreiches während der BauerstellWlg durch den WerkWlternehmer erfolgt, keine strukturelle Besonderheit zum nutZWlgsWlabhängigen Auftreten von Umweltschäden aufweist, stellt sich der Fall, in dem vor WerkerstellWlg bereits eine Bodenkontamination vorliegt, anders dar. Ausgehend vom klassischen Werkvertrag

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bearbeitet der Werkunternehmer der Erstellung eines Bauwerkes lediglich eine Sache des Bestellers, namentlich des Grundstückes 91 . Für die negativen Beschaffenheitsmerkmale dieser Sache kann der Werkunternehmer naturgemäß nicht herangezogen werden. Dies charakterisiert aber lediglich eine Variante der in der Praxis vorkommenden Vertragsgestaltungen, in der es ein Unternehmer übernimmt, fiir den Besteller, der bereits Eigentümer eines entsprechenden Grundstückes ist, ein Bauvorhaben auf diesem Grundstück auszufiihren92 . Übernimmt es der Bauunternehmer neben der BauersteIlung, dem Besteller auch das Eigentum an dem Grundstück zu übertragen, handelt es sich zwar noch immer um einen Werkvertrag93 , hinsichtlich der Eigentumsübertragung am Grundstück ist die Vertragsgestaltung aber kaufrechtlich zu beurteilen94 . Dann gilt aber das zum Kaufrecht und speziell zu den Altlastenfällen Gesagte 95 . c) Der Nutzungsentgang des Bestellers Muß der Besteller die Nutzung des Werkes einstellen, um weitere Schadstoffemissionen zu vermeiden, entsteht ihm ein Schaden in Form entgangener Nutzungen96. Da dieser Schaden infolge der mangelbedingt eingeschränkten Verwendungsfähigkeit der Sache eintritt, ist er als reiner Mangelschaden zu qualifizieren, der, aus § 635 BGB erwachsend, der kurzen Verjährungsfrist unterliegt97. Der dadurch eintretende Konflikt mit dem Verursacherprinzip ist hinzunehmen, da die Gewährung eines Ersatzes die enttäuschte Verwertungserwartung ausgleichen soll. Mit der Abnahme des Werkes geht der Besteller das Risiko ein, daß das Werk infolge Mangelhaftigkeit nicht im vorgesehenen Maße eingesetzt werden kann, wenn der Mangel nicht in der kurzen Frist des § 638 BGB geltend gemacht wird. Die dahingehende Haftung des Werkunter-

91 Vgl. nur OLG Köln, BauR 1986,441; BGH, NJW 1976, 1539; Palandt-Thomas, § 651 BGB, RdNr. 1. 92 Vgl. dazu etwa BGH NJW 1994,2825. 93 Selbst beim Kauf neugebauter Häuser finden ja die werkvertraglichen Verjährungsregelungen Anwendung, vgl. bereits Seite 86 f. 94 Vgl. Palandt-Thomas, § 675 BGB, RdNr. 21, 23; BGHZ 92, 123; Jagenburg; NJW 1987,3107; BGH DB 1968,305; Soergel-Mühl, § 675 BGB, RdNr. 52,56. 95 Vgl. bereits Seite 178 fI. 96 Vgl. etwa BGHZ 72, 31; BGH, BB 1991,375. 97 Vgl. bereits FN 89.

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nehmers ist nach dem Sinn und Zweck des § 638 BGB zeitlich limitiert. Diese Limitierung kann ohne gesetzgeberische Intervention nicht durch eine Ausgrenzung aufgrund umweltpolitischer Zielsetzungen der werkvertraglichen Haftung umgangen werden. d) Kosten für Schadenabwendungsmaßnahmen Anders stellt sich die Lage wegen Maßnahmen dar, die der Besteller ergreifen muß, um vom Werk ausgehende Schadstoffemissionen zu beseitigen. Kann dies allerdings nur dadurch geschehen, daß der Besteller den Mangel des Werkes beseitigt, könnten die dadurch entstehenden Kosten als reine Mangelschäden qualifiziert werden, deren Ersatz wiederum aus § 635 BGB folgt, dann aber auch der kurzen Verjährung des § 638 BGB unterliegt. Wie im Kaufrecht ist die Mangelbeseitigung dann allerdings bloßer Annex der Gefahrenabwehr98 . Der abschließende Charakter der zeitlich limitierten werkvertraglichen Gewährleistungsregelung kann dann aber wie dort99 über eine Anrechnung von sanierungsbedingten Vorteilen im Rahmen des gewährten Schadenersatzanspruches Berücksichtigung finden. Erhöht sich also der Wert der Sache gegenüber der mangelbehafteten, ist dies bei Ablauf der Verjährungsfrist des § 638 BGB schadensmindernd zu berücksichtigen. Der verbleibende Schaden des Bestellers stellt dann wie im Kaufrecht einen weiten Mangelfolgeschaden dar. Der Besteller handelt in solchen Fällen also nicht im Hinblick auf seine Verwertungserwartung, sondern aufgrund seiner Pflicht, Gefahren von anderen abzuwehren. Der Ersatz für den Einsatz entsprechender Mittel liegt also außerhalb des durch die werkvertragliehe Gewährleistungsregelung abschließend geregelten Äquivalenzverhältnisses und kann als weiter Mangelfolgeschaden eingeordnet werden. Da es sich insoweit um einen Schadenersatzanspruch aus positiver Vertragsverletzung handelt, ist es auch unbeachtlich, daß im Werkvertragsrecht dem Schadenersatzanspruch die Nachbesserung durch den Werkunternehmer vorgeschaltet ist. Diese Eigenart der werkvertraglichen Mängelhaftung ist nur beim Ersatz des Mangelschadens und des engen Mangelfolgeschadens von Bedeutung 100.

98 Vgl. Seite 232 ff. 99 Vgl. Seite 225 ff. 100 Vgl. DerlederlMeyer, AcP 195 (1995),137,154.

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e) Ansprüche aus Umweltschutznonnen Auch bei einer Hafumg aus umweltrechtlichen Nonnen lOl kommt es oftmals nicht auf ein Verschulden an. Deshalb läuft der Besteller Gefahr, für negative Eigenschaften, die vom WerkWlternehmer schuldhaft verursacht wurden, in Anspruch genommen zu werden, ohne daß ihm ein Verhaltensvorwurf zu machen ist. Gleichwohl kann hier nicht, wie bei den vertraglichen verschuldensWlabhängigen Schadenersatzansprüchen, davon ausgegangen werden, daß die Hafumg eng mit der VerwendWlg der Sache zusammenhängt Wld sich durch die Inanspruchnahme aus umwelthafumgsrechtlichen Nonnen nur die enttäuschte VerwertWlgserwartWlg des Bestellers realisiert. Vielmehr verfolgt gerade bei umwelthafumgsrechtlichen Nonnen die zivilrechtliche Hafumg überindividuelle Hafumgszwecke, wie etwa den Schutz der Reinheit der Gewässer 102. Zivilrechtliche Hafumg führt nach der Intention des Gesetzgebers dann zu KosteninternalisierWlg nach dem Verursacherprinzip. Dafür ist es wiederum Voraussetzung' daß der in Anspruch genommene Besteller als Verursacher anzusehen ist. Die EinordnWlg der Inanspruchnahme als weiter Mangelfolgeschaden hätte den weiteren Effekt, daß anders als etwa bei § 22 WHG nicht nur der Anlageninhaber oder der Einleitende für Gewässerschäden herangezogen werden kann, sondern darüber hinaus auch den Anlagenersteller, soweit diesem hinsichtlich des späteren Gewässerschadens ein Verschulden vorzuwerfen ist. Auch hier kann dann Wlter Berücksichtigoog des eigenen Verschuldens des Bestellers gern. § 254 BGB zu einer angemessenen KostenverteilWlg geftmden werden. 3. Innenausgleich bei Inanspruchnahme des Werkunternehmers ?

Wie im Kaufrecht kann es auch in der Folge werkvertraglicher BeziehWlgen dazu kommen, daß nicht der Besteller, sondern der WerkWlternehmer von dem Dritten in Anspruch genommen wird. Insbesondere hinsichtlich der Schäden, die auch nach hier vertretener Ansicht der kurzen VerjährWlg Wlterliegen, stellt sich dann auch hier die Frage, ob der WerkWlternehmer Rückgriff beim Besteller nehmen kann. Hier kann wegen der strukturellen Vergleichbarkeit auf das Kaufrecht verwiesen werden 103. Danach fehlt es an einem FreistellWlgsanspruch des WerkWlternehmers, weil die abgelaufene VerjährWlg den Anspruch

101 Dazu gehört auch § 906 II BGB, der traditionell für den Umweltschutz instrumentalisiert worden ist, vgl. Kloepfer, 1989, S. 296 ff. 102 Vgl. bereits Seite 260. 103 Vgl. bereits Seite 237 ff.

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H. Werkvertragliche Besonderheiten der Bewältigung von Umweltschäden

nicht untergehen läßt und der Besteller keine Ursache für die Inanspruchnahme des Werkunternehmers gesetzt hat. Selbst bei Ausschluß der Gewährleistung durch den Werkunternehmer l04 wird dieser keinen Rückgriff beim Besteller nehmen können lOS.

104 Was allerdings wegen der Erfolgsbezogenheit nicht ohne weiteres durch allgemeine Geschäftsbedingungen erreicht werden kann, da in der Regel entweder § 11 Nr. 10 a AGBG eingreift, wenn das Werk eine neue Sache darstellt, oder (etwa bei Reparaturen) der Gewährleistungsausschluß Kardinalpflichten betrifft und deswegen unwirksam sein kann, vgl. nur Palandt-Thomas, § 637 BGB, RdNr. 1; Staudinger-Peters, § 637 BGB, RdNr. 75. lOS Vgl. bereits Seite 228 f.

I. Die Anwendung der delikts rechtlichen Verj ährungsregel ung

Neben den nachbarrechtlichen Ansprüchen etwa aus § 906 11 BGB ist bislang dem Deliktsrecht ein Großteil der Bewältigung von Umweltgefährdungen zugewiesen worden, soweit dies durch zivilrechtliche Haftung erreicht werden sollte. Die Unzulänglichkeiten des deliktischen Haftungsmodells waren zudem Grund einer Reihe von haftungsrechtlichen Reformvorhaben, die nicht zuletzt im wnwelthaftungsrechtlichen Bereich durch die Schaffung von Gefährdungshaftungstatbeständen I das Verschuldenserfordernis entschärft haben. Da dennoch auf der Kausalitätsebene Haftungsdefizite deutlich wurden, hat der Gesetzgeber zuletzt durch die Kausalitätsvermutung des § 6 UmwHG jedenfalls für einen Teilbereich Haftungserleichterungen geschaffen, deren praktische Relevanz angesichts des geringen Entscheidungsaufkommens allerdings bezweifelt werden muß 2. Der Funktionalität des deliktischen Haftungsrechts sind strukturelle Grenzen gesetzt, die sich aus der Qualifizierung des deliktischen Haftungssystems als eines relativen und damit auf den Schutz einzelner Subjekte und ihrer Rechtsgüter gerichteten Ausgleichssystems ergeben3. Ungeachtet dieser Defizite erflillt auch die in dem so abgesteckten Teilbereich greifende deliktische Haftung

So § 1 UmwHG, § 22 WHG. 2

Bisher findet sich lediglich eine Entscheidung des OLG Düsseldorf (NJW-RR 1994, 1181) zur Konkretisierung des Anwendungsbereiches der Kausalitätsvermutung des § 6 I UmwHG, die zudem eine Einschränkung des Anwendungsbereiches vornimmt. Ob das geringe Entscheidungsautkommen nur die Bereitschaft der obligatorisch hinzuzuziehenden Haftpflichtversicherungen dokumentiert, potentielle Haftpflichtfälle problemlos abzuwickeln, die Beschränkung auf Anlagen nach Anlage I die Ursache oder auf die bereits befürchteten Defizite bei Distanzschäden zurückzuführen ist, ist bislang noch nicht untersucht. 3

Vgl. bereits Seite 155 ff.

20 Meyer

306

I. Die Anwendung der deliktsrechtlichen Verjährungsregelung

einen nicht zu lUlterschätzenden umweltbezogenen Beitrag4 . Gerade die deliktische VerjährllllgsregellUlg hat dabei eine übergreifende BedeUtlUlg, weil sie auch auf GefährdlUlgshaftungstatbestände angewandt wirdS• Von daher ist insoweit hier eine gesonderte BehandllUlg geboten.

I. Die Kenntnisabhängigkeit Die kurze Verjährllllg von deliktischen Ansprüchen war in den BeratlUlgen zum BGB ZlUlächst hart umkämpft. Damit der deliktische Schuldner nicht gegenüber anderen Schuldnern privilegiert werde, wurde ZlUlächst gefordert bei deliktischen Ansprüchen die regelmäßige Verjährllllgsfrist bestehen zu lassen, wie dies im gemeinen lUld im römischen Recht der Fall d. Da bei allen kurzen Verjährllllgsfristen hinsichtlich der betroffenen Ansprüche RealisierllllgslUlsicherheiten bestehen, beharrte man dennoch auf einer kurzen Verjährllllgsfrist für deliktische Ansprüche, zumal gerade bei plötzlichen Ereignissen wie Unfällen auch der Ablauf einer kurzen Zeit schon zu einer Unsicherheit hinsichtlich der AnspruchsbegründlUlg fUhren kann7 . Als Kompromiß wurde aber, insoweit dem ALR folgend 8, die Kenntnisabhängigkeit in die VerjährllllgsregellUlg aufgenommen. 4

Vgl. bereits Seite 166.

5 Teilweise aufgrund analoger Anwendung für quasideliktische Ansprüche, vgl. allgemein RGZ 67, 141; 70, 150; 122,320; BGHZ 9, 209; für die Anwendung auf An· sprüche aus § 82 KO, BGHZ 93, 278, 283; bei § 717 II ZPO, BGH, NJW 1957, 1926; Art. 5 V Menschenrechtskonvention, BGHZ 45,58; § 35 GWB, BGH, NJW 1966,975; WarenzeichenG, RG, JW 1938, 3306; BGH, MDR 1968, 381; § 945 ZPO, RGZ 74, 249; 106, 289; BGHZ 75, 1; § 22 I, II WHG, BGHZ 57, 171; bei Ansprüchen aus §§ 906, 1004 BGB nahm noch das RG an, daß auch diese § 852 BGB unterlägen (vgl. RG, JW 1912, 31; 1926, 1151; 1935, 1775, vgl. auch LG Regensburg, NJW 1986, 2768), während der BGH nunmehr die regelmäßige Verjährung für einschlägig hält, vgl. BGH, NJW 1990, 2555; OLG Hanun, NJW 1988, 1031; das LG Tübingen will die Ansprüche aus § 1004 BGB als Ansprüche aus eingetragenem Recht ganz der Verjährung entziehen, vgl. LG Tübingen, NJW·RR 1990, 338. 6

v. Kübel, S. 729; Savigny V, S. 353 f.; Peters/Zimmermann, S. 124. Die kurze Verjährung hatte allerdings bereits Einzug in einigen Rechtsordnungen gefunden, vgl. Mot. 11, 742. 7

Mot. 11, S. 414.

8

Vgl. FörsterlEccius, Band I, S. 315.

I. Die Kenntnisabhängigkeit

307

Durch die Aufuahme eines Kenntniselementes wurde dem ansonsten nicht im Vordergrund stehenden Aspekt, daß der Gläubiger, der zu lange mit der Anspruchsdurchsetzung zuwartet, nicht schutzwiirdig ist, zu neuer Bedeutung verholfen. Es ist deshalb nicht unangemessen, wenn man die Regelung des § 852 I BGB weniger als Verjährungs- denn als Verwirkungsregelung betrachtet9. Der Deliktsgläubiger, der von seinem Schaden und dessen Urheber Kenntnis hat und dennoch nichts für seine Rechtsverfolgung unternimmt, wurde als weniger schutzwürdig gegenüber dem Deliktsschuldner angesehen, der noch nichts unternommen hatte, weil er entweder nicht weiß, wer ihm Schaden zugefügt hat, oder den Schaden selbst noch nicht bemerkt hat. Entgegen den ansonsten sehr formalen Regelungen gerade für den Verjährungsbeginn hat damit ein subjektives Element Eingang gefunden. Auch dem allgemeinen Verjährungsrecht ist zwar ein Einfluß der persönlichen Lebensumstände nicht fremd. Doch beziehen sich die Regelungen jeweils aiir objektivierte Lebenssituationen wie das Bestehen familiärer Verbundenheit in § 204 BGB oder Gründe der Pietät in § 207 BGB. Die Verjährung wird in diesen Fällen erschwert, weil dem Gläubiger die Anspruchsdurchsetzung unzumutbar ist. Ansonsten haben lediglich tatsächliche Umstände wie in den §§ 203, 206 BGB, die Geltendmachung vor staatlichen Stellen wie in den §§ 209,210, 212a, 213, 214, 215, 219, 220 BGB oder das rechtliche Verhältnis zwischen Gläubiger und Schuldner wie in den §§ 202, 203, 208 BGB Einfluß auf den Lauf der Verjährungsfrist lO . Der von Peters/Zimmermann unternommene Versuch, den Gedanken des § 852 I BGB zu verallgemeinern 11, um den Grundsatz, daß der Gläubiger nicht eines Anspruches verlustig gehe, den er nicht durchzusetzen in der Lage war 12 , wurde gerade mit Hinweis auf den formalen Charakter der Verjährungsregelungen und die Begrenzung der Hemmungs- und Unterbrechungsgründe auf objektive Kriterien mit Rücksicht auf die dadurch entstehende Rechtsunsicherheit abgelehnt 13 •

9

Vgl. auch Zimmennann, JuS 1984,410.

10 Vgl. bereits Seiten 41 ff. 11 Vgl. § 199 des Gesetzesvorschlages von Peters/Zimmennann, S. 316, zur Begründung des Vorschlages vgl. ebenda, S. 305 f.; 247 ff. 12 "agere non valenti non currit praescriptio", vgl. bereits Seite 41. \3 Vgl. Abschlußbericht der SehR-Kommission, S. 35 f., 47 f. mit der Befürchtung, es komme dann fürderhin nicht mehr auf die Dauer der Verjährungsfrist an, sondern auf innere Tatsachen beim Gläubiger, so daß der Schuldner die Verjährungseinrede nur noch auf Verdacht erheben könne, vgl. ebenda Seite 36; vgl. auch Heinrichs, VersR

308

1. Die Anwendung der deliktsrechtlichen Verjährungsregelung

Gleichwohl sahen die Verfasser des BGB in der Aufnahme des Kenntniselementes keine Systemwidrigkeit. In den Fällen, in denen überhaupt eine kurze Verjährung angeordnet war, verbürgte, wie in den Fällen des § 196 BGB, die Art des Anspruchs die Kenntnis desselben. In den anderen Fällen forderten wirtschaftliche Gründe die Unbeachtlichkeit l4 . Beide Gründe liegen aber bei den deliktischen Ansprüchen per se nicht vor. Weder muß der Deliktsgläubiger die notwendige Kenntnis haben - ja er hat sogar typischerweise keine Kenntnis vom Schädiger - noch ist es (wie etwa bei den kurzen vertraglichen Verjährungsvorschriften) fiir die Dynamisierung des Warenverkehrs erforderlich, das deliktische Schuldverhältnis zügig nach Vollendung der unerlaubten Handlung abzuwickeln. Die Aufnahme des bereits in anderen Rechtsordnungen enthaltenen Kenntniselementes ist bei der dann einsetzenden kurzen Verjährung also systemverträglich.

11. Der fehlende Konflikt beim kenntnisabhängigen Verjährungsbeginn Genauer besehen besteht wegen der Kenntnisabhängigkeit des Beginns des Laufes der Verjährungsfrist zunächst kein Konflikt der deliktischen Verjährungsregelung mit dem Verursacherprinzip. Kennt der Geschädigte den Urheber seiner ihm ebenfalls bekannten Beeinträchtigung, setzt dies denklogisch zumindest eine Vorstellung von den zugrunde liegenden Kausalverläufen voraus 1S , da er sonst den Schädiger gar nicht als solchen qualifizieren könnte. Die fehlenden Erkenntnisse über die einer Umweltbelastung zugrunde liegenden Kausalverläufe stellen daher das eigentliche Problem der Funktionalität der deliktischen Haftung fiir den Umweltschutz dar l6 . Liegen demnach die Voraussetzungen des Beginns des Laufes der Verjährungsfrist nach § 852 I BGB vor, ergibt sich bei umweltsensiblen Fallgestaltungen kein Problem aus der Bemessung der Verjährungsfrist, sondern lediglich ein solches aus der Untätigkeit des Deliktsgläubigers. Weiß der Gläubiger trotz der gerade fiir Umweltschäden typischen Unklarheiten um die Person des Schädigers und um den Eintritt seines Schadens,

Sonderheft, S. 6, 8, dagegen noch weitgehend zustimmend, ders. NJW 1982, 2021, 2026. 14 Vgl. Mot. I S. 317. IS Vgl. Staudinger-Schäfer, § 852 BGB, RdNr. 69; im Ergebnis ebenso SoergelZeuner, § 852 BGB, RdNr. 15; MünchKomm-Mertens, § 852 BGB, RdNr. 28.

16 Vgl. bereits Seiten 161 ff.

m. Konkretisierung des Begriffes der Kenntnis und der Voraussehbarkeit

309

kann er sich nicht auf den Zweck der Haftung fiir Umweltschäden berufen, um seiner Nachlässigkeit Folgenlosigkeit zu sichern. Die Zweckrichtung der deliktischen Haftung in Bezug auf Umweltschäden kann also nicht dazu führen, daß um ihretwillen der Gläubiger gegen eigene Nachlässigkeiten geschützt wird. Eine zügige Geltendmachung ist auch im Sinne einer allgemeinen Minimierung von Umweltbeeinträchtigungen als produktiv anzusehen.

III. Konkretisierung des Begriffes der Kenntnis und der Voraussehbarkeit 1. Restriktive Auslegung des Kenntnisbegriffs

Der Begriff der Kenntnis Wird durch die Rechtsprechung dahingehend konkretisiert, daß Kenntnis vorliegt, wenn der Geschädigte von allen Umständen weiß, aus denen sich die Identifizierung des Schädigers und des Schadens ergeben 17. Es muß demgemäß fiir den Geschädigten nur möglich sein, aus den ihm bekannten Umständen auf Schädiger und Schaden zu schließen. Diese Auffassung geht dabei noch von der gesicherten Erkenntnis von Kausalverläufen aus, die notfalls durch Sachverständige aufklärbar sind. Solch ein Sachverständigenwissen wird aber bei den einzelnen Geschädigten nur im Ausnahmefall vorliegen und begründet keine Kenntnis des Geschädigten l8 . Diese restriktive Auslegung des Kenntnisbegriffs, die eine Kenntnis nur fiir den Fall ergibt, daß der Geschädigte es versäumt, "eine gleichsam auf der Hand liegende Erkenntnismöglichkeit wahrzunehmen I9", verhindert, daß gerade in umweltrelevanten Fällen die dort typischen Unklarheiten hinsichtlich der Kausalverläufe die Realisierung von Ansprüchen vereiteln wird, weil die kurze Frist des § 852 I BGB abgelaufen ist.

17 Vgl. nur MÜßchKomm-Mertens, § 852 BGB, RelNr. 9; OLG Düsseldorf, TranspR 1995, 169. 18 Nach BGH, NJW 1995, 776 braucht der Geschädigte nicht entsprechend sachkundige Informationen, etwa bei einem Rechtsanwalt einzuholen, vgl. auch BGH, NJW 1994, 3092. Überhaupt ist im Bereich der Haftung des Arztes für Behandlungsfehler nach § 823 I BGB erforderlich, daß der Behandlungsfehler von einem Laien erkannt werden kann, vgl. etwa BGH, NJW 1984, 661; 1985,2194; 1991,2350; unklar BGH, NJW 1991,973. 19 Vgl. BGH, NJW 1995,776,778; 1990,2808; 1989,2323; vgl. auch OLG Hamm, ZfS 1994,397 und bereits BGHZ 48,125.

310

I. Die Anwendung der deliktsrechtlichen Verjährungsregelung

Dabei ist zu berücksichtigen, daß in der ,,Risikogesellschaft" die Gewißheiten über zugnmde liegende Kausalverläufe rar geworden sind. In der heutigen Gesellschaft hat sich wegen der existentiellen Bedeutung der Umwelt neben der Politisierung der wissenschaftlichen Positionen bei der Bewertung wissenschaftlicher Ergebnisse eine "Gegenwissenschaft" gebildet20, die geeignet ist, bisheriges Standardwissen von Experten in Frage zu stellen. Dort wo ein wissenschaftlicher Diskurs über Kausalverläufe entbrannt ist, können die sich daraus ergebenden Unklarheiten nicht ohne weiteres zu Lasten des Deliktsgläubigers gehen. In solchen Fällen kann aber nicht schon eine Kenntnis i.S.d. § 852 I BGB geleugnet werden, bis ein entsprechender Konsens erzielt worden ist und keine ernsthaften Zweifel mehr an den entsprechenden Kausalverläufen bestehen. Vielmehr muß es genügen, daß der betroffene Diskurs dem Gläubiger geläufig ist. Dadurch wird der Deliktsgläubiger nicht mit einer Obliegenheit zur Partizipation an umweltbezogenen Kontroversen belastet. Auch bei anderen, typischerweise bei Umweltschäden auftretenden Defiziten der Deliktshaftung21 , können die Umstände, die zu diesen Mängeln gefUhrt haben, geeignet sein, wenigstens die Kenntnis des Deliktsgläubigers zu vereiteln und so zu verhindern, daß neben den bereits bestehenden Defiziten deliktsrechtlicher Haftung fiir Umweltschäden noch der Ablauf der kurzen Verjährungsfrist des § 852 BGB zu einer Verschärfung dieser Defizite fUhrt. So wird man etwa dann keine Kenntnis annehmen können, wenn der Geschädigte eine Gruppe von potentiellen Schädigern identifizieren kann, solange nicht klar ist, wer von dieser Gruppe den Schaden herbeigefUhrt hat und ob Voraussetzungen des § 830 I BGB vorliegen22 .

20 Vgl. Beck, 1986, S. 42.

21

Vgl. die Darstellungen der wichtigsten Mängel auf den Seiten 155 ff.

22 Dieser setzt bekanntermaßen in Satz 1 voraus, daß eine Gruppe von Personen gemeinschaftlich gehandelt hat, also ein gemeinsamer Handlungszweck bestand. Nach Satz 2 ist allerdings kein gemeinschaftliches Handeln Voraussetzung fiIr die Inanspruchnahme eines Beteiligten. Das früher von der Rechtsprechung geforderte Kriterium des zeitlichen und räumlichen Zusammenhangs wurde bis zur Inhaltslosigkeit aufgelokkert (vgl. die Darstellung bei Deutsch, Haftungsrecht, S. 352; zur Auflockerung dieser Kriterien BGHZ 33, 286, 292; 55, 86, 94; ebenfalls kritisch Soergel-Zeuner, § 830 BGB, RdNr. 16; MünchKomm-Mertens, § 830 BGB, RdNr. 32; vertreten wird die Erforderlichkeit noch von Erman-Drees, § 830 BGB, RdNr. 14; Staudinger-Schäfer, § 830 BGB, RdNr. 39, der aber fiIr eine flexible Auslegung eintritt). Kann der Geschädigte also eine Gruppe etwa von Schadstoffemittenten ermitteln, kann er ohne weiteres Prozeßrisiko gegen einen von diesen vorgehen, soweit jede Schadstoffemission fiIr sich

ill. Konkretisienmg des Begriffes der Kenntnis Wld der Voraussehbarkeit

311

2. Restriktive Auslegung des Kriteriums der Voraussehbarkeit

Neben der eingrenzenden Auslegung des Kenntnisbegriffs kann sich ein mittelbarer Konflikt der deliktischen Verjährung mit dem Verursacherprinzip aus dem Kriterium der Voraussehbarkeit des Schadens ergeben. Dieses Kriterium soll gewährleisten, daß nicht mit Eintritt jeder neu eintretenden Schadensfolge jeweils eine neue Verjährungsfrist zu laufen beginnt, sondern eine einheitliche Verjährungsfrist für alle Ansprüche gilt, die aus einer einheitlichen Handlung entstehen. Dafür werden die Schadensentwicklungen zu einem einheitlichen Schaden zusammengefaßt, für den ein einheitlicher Verjährungsbeginn ab dem Zeitpunkt eintritt, ab dem neben dem bereits eingetretenen Schaden weitere Schäden voraussehbar sind23 . Damit stellt das Kriterium der Voraussehbarkeit aber lediglich ein Kriterium zur Abgrenzung der Kenntnis hinsichtlich des Schadensumfangs dar24 . Gerade im umweltsensiblen Bereich muß daher auch hier gegenwärtigt werden, daß die weiteren Schadensfolgen wegen der Latenz und Ungewißheit eines Schadenseintritts weit weniger den klar überschaubaren Kausalverläufen entsprechen, die bei dem einheitlichen Schadensbegriff und dem Kriterium der Voraussehbarkeit vorausgesetzt sind. Gerade bei der Haftung für Umweltschäden ist eher die Unklarheit die Regel, ob ein bestimmtes Verhalten oder ein bestimmter Zustand neben schon erkannten Beeinträchtigungen weitere umweltschädliehe Auswirkungen haben wird25 . Auch wenn der Geschädigte deshalb Kenntnis von einer Beeinträchtigung durch einen bestimmten Schädiger hat, müssen deshalb Ansprüche wegen Umweltschäden durchsetzbar bleiben, wenn

geeignet war, den eingetretenen Schaden zu verursachen (vgl. MünchKornm-Mertens, § 830 BGB, RdNr. 21; Staudinger-Schäfer, § 830 BGB, RdNr. 30; Soergel-ZeWler, § 830 BGB, RdNr. 13; Deutsch, Haftungsrecht, S. 351). Versuche, eine dem amerikanischen Recht vergleichbare Anteilshaftung über § 830 I Satz 2 BGB zu etablieren, haben sich bislang nicht durchsetzen können (vgl. bereits Seite 163). 23 Vgl. Seiten 35 ff. Wld 265.

24 Vgl. BGH, NJW-RR 1990, 459; RG, JW 1907, 302; 1909,724; 1912,751; 1914, 355; WarnRspr 1914, Nr. 84. 25 Es stellt demnach auch keinen Zufall dar, daß das Kriterium der Voraussehbarkeit gerade bei Gesundheitsbeeinträchtigungen oftmals verneint wird, da wegen deren Komplexität oftmals Wlabsehbare Schadensfolgen eintreten können, vgl. etwa schon RG, JW 1918,303; BGH, VersR 1963, 161; NJW 1991, 973. Diese Komplexität ist aber auch Wld gerade bei Umweltschäden vorherrschend, so daß es verwundert, daß hier praktisch kein EntscheidWlgsaufkornmen festzustellen ist.

312

I. Die Anwendung der deliktsrechtlichen Verjährungsregelung

sich noch ein späterer Umweltschaden ergibt, fiir dessen Eintritt es keine gesicherten Erkenntnisse gegeben hat.

J. Schlußbetrachtungen und Ausblick

I. Zusammenfassung Soweit seit Konstituierung der Umweltdiskussion in den siebziger Jahren 1 ein umweltpolitischer Beitrag vom Recht erwartet wurde, erfolgte meist eine umfassende Zuweisung an das öffentliche Recht. Die Euphorie der siebziger Jahre, auch dezentrale Steuerungsmechanismen marktkonform zur Durchsetzung des Verursacherprinzips einzusetzen2, fiihrte zunächst auch lediglich zu öffentlich-rechtlichen Konzepten der Umweltpolitik3. Neben diesen öffentlichrechtlichen Maßnahmen, die auch heute noch weiter verfolgt werden4 , wurde unter dem Eindruck von einschneidenden Katastrophen auch verstärkt auf die zivilrechtliche Gefährdungshaftung gesetzt. Höhepunkt ist hier das UmwHG, daß seinerzeit unter dem Eindruck der Sandoz-Katastrophe entstand5, wegen seines eingeschränkten Anwendungsbereiches aber noch nicht zu spektakulären Entscheidungen, ja kaum zu Judikatur gefiihrt hat6. Der klassischen zivilrechtlichen Haftung wurde demgegenüber ein nennenswerter Beitrag für die Bewältigung von Umweltschäden abgesprochen. Das ist vor dem Hintergrund verständlich, daß insbesondere das nachbarschaftsrechtliche Haftungsmodell eher der Industriefcirderung gedient hat denn einer vernünftigen Begrenzung der von neuen Technologien und Produktionsweisen ausgehenden Umweltbeeinträchtigungen im Dienste einer ökologischen Wirt-

Vgl. bereits Seite 135 ff. 2

Vgl. bereits Seite 138 ff.

3 Dem entspricht, daß der Erlaß des Abwasserabgabengesetz in diesem Zeitraum fällt, vgl. bereits Seite 139. 4

Vgl. etwa zur Bildung von Umwelthaftungsfonds, Hübner, ZffiR 1988, 199; Ladeur, Vers 1993,257; Salje, KritV 1991,324; Hohloch, 1994. 5

Vgl. bereits Seite 142.

6 Dies wird dadurch dokumentiert, daß bislang lediglich eine Entscheidung zum UmwHG überhaupt zu finden ist, vgl. bereits Seite 305.

314

1. Schlußbetrachtungen und Ausblick

schaftsweise7. Wenn überhaupt, wurde der deliktischen Haftung eine umweltbezogene Funktion zugesprochen. Neben Versuchen, die Kausalitätsprobleme speziell bei Umweltschäden zu bewältigen8, ist hier die Konstituierung umweltspezifischer Verkehrspflichten zu nennen9. Die gesellschaftspolitische Diskussion zum Übergang der Industrie- zur Risikogesellschaft lO hat dabei aufgezeigt, daß die Bewältigung von Umweltgefahren eine gesamtgesellschaftliche Neuorientierung erforderlich macht. Diese Diskussion ist auf fruchtbaren Boden gefallen und hat nicht nur die rechtliche Diskussion zu diesem Themenkreis belebt I I. Neben dem Diskurs, ob die rechtliche Infrastruktur der Industriegesellschaft überhaupt geeignet ist, den sich aus den existentiellen Bedrohungen ergebenden Anforderungen gerecht zu werden l2 , ist es aber erforderlich, die bestehenden Haftungsinstitute im Hinblick auf durch die Umweltgefahren gestellten Anforderungen effektiver auszunutzen. Die Defizite deliktsrechtlicher Haftung, die weitgehend auf die Komplexität der Umwelteinwirkungen zurückzuführen sind l3 , sollten aber nicht dazu führen, die Chance ungenutzt zu lassen, mittels zivilrechtlicher Haftung eine vertretbare

7

Vgl. bereits Seite 166.

8

Vgl. bereits Seiten 161 ff.

9

Vgl. Seite 169 ff.

10 Fokussiert durch Beck, Risikogesellschaft - Auf dem Weg in eine andere Moderne, Frankfurt a.M., 1986. 11 Vgl. etwa die Aufsatzsammlung von Beck, 1991; für die rechtswissenschaftliche Diskussion etwa Brüggemeier, KJ 1989,209; Köck, KJ 1993, 125; Wolf, Leviathan 15 (1987), 357; Schmidt, KritV 1991, 344; sowie die interdisziplinäre Diskussion, etwa Schüz, 1990; Gottweis, Österreichische Zeitschrift für Politikwissenschaft 1988, 3; Koslowski, Aus Politik und Zeitgeschehen, Beilage zur Wochenzeitung das Parlament 36/89, 14; Meyer-Abich, Aus Politik und Zeitgeschehen, Beilage zur Wochenzeitung das Parlament 36/89, 31; Claußen, Aus Politik und Zeitgeschehen, Beilage zur Wochenzeitung das Parlament 36/89, 43; Bechmann (Hrsg.), Opladen, 1993; oder auch die zahlreichen Rezensionen zum Thema, Wagner, Leviathan 16 (1988), 288; Hitzler, Das Argument 172 (1988), 909, Wolf, Das Argument 172 (1988), 911; Brock, Zeitschrift für Soziologie, Jg. 20, Heft I, Februar 1991, S. 12-24; Baecker, Soziologische Revue, 15 Jg. 1992, 258; Roth, SLR (Sozialwissenschaftliche Literatur Rundschau) 1987, 19; Joas, Soziologische Revue 1988, 1.

12 Siehe nur Beck, 1986, S. 397. 13 Vgl. bereits Seiten 155 ff.

I.Zusanunenfassung

315

wnweltbezogene Gefahrensteuenmg einzurichten. Die Einengung des Interesses auf die deliktsrechtliche Haftung allein würde die Möglichkeiten negieren, auch im Rahmen vertraglicher Beziehungen die wnweltpolitischen Aspekte zivilrechtlicher Haftung zu berücksichtigen. 1. Unzulässige Instrumentalisierung vertraglicher Haftung fiir umweltpolitische Zwecke?

Dem kann nicht entgegengesetzt werden, daß vertragliche Haftung nicht der Platz ist, eine wnweltbezogene Haftung durchzusetzen. Wie die Möglichkeit deliktischer Inanspruchnahme Gegenstand vertraglicher Abreden sein kann l4, kann auch nicht verkannt werden, daß der im Rahmen vertraglicher Beziehungen gewährte Integritätsschutz seiner Struktur nach letztlich eine Unrechtshaftung ist, die auf die erweiterten Gefahren reagiert, im Rahmen vertraglicher Beziehungen die Integritätssphäre des Vertragspartners zu beeinträchtigen15. Daß diese Unrechtshaftung sich auch in Vertragspflichtverletzungen niederschlägt, entspricht dem Komplementärverhältnis von Delikts- und Vertragsrecht. Insoweit stellt es lediglich eine Besonderheit dar, daß das deutsche Deliktsrecht an die Verletzung absolut geschützter Rechtsgüter anknüpft 16, während andere Rechtsordnungen nicht in so starkem Maße zwischen deliktischer und vertraglicher Schadenshaftung unterscheiden 17 . Dadurch hat in

14 Genannt sei hier nur die weitverbreitete Praxis, deliktische Ansprüche mittels allgemeiner Geschäftsbedingungen auszuschließen. 15 Vgl. etwa Esser/Schmidt, SchR AT, Teilband 1, S. 67, 75; Brüggemeier, DJT 1994,K 50. 16 Im Rahmen des § 823 11 BGB werden schließlich auch generelle Handlungsgebote schadenersatzbewährt, was Anfang der achtziger Jahre dazu gefiihrt hat, den Verstoß gegen Berufspflichten § 823 11 BGB zuzuordnen, vgl. etwa Brüggemeier, WM 1982, 1294, 1303; Soergel-Zeuner, § 823 BGB, RdNr. 4. 17 So gibt es im englischen Recht grundsätzlich die verschuldensunabhängige Haftung aus "breach of contract" (vgl. Henrich, S. 61 f.), die umfassender ist, weil der Vertrag als Garantieversprechen aufgefaßt wird, den geschuldeten Erfolg zu bewirken, andernfalls außer in den Fällen der "specific performance" (vgl. Henrich, S. 70) Schadenersatz zu leisten (vgl. Henrich, S. 63). Den Bereich der im deutschen Recht durch die positive Vertragsverletzung abgedeckt wird, übernimmt im englischen Recht die Haftung wegen ,,Negligence" (vgl. Henrich, S. 77 ff.), die nicht auf Rechtsgutverietzungen beschränkt ist (eben da, S. 81), sondern notwendige Einschränkungen des Schadener-

316

J. Schlußbetrachtungen und Ausblick

Deutschland das Institut der positiven Vertragsverletzung eine Doppelfunktion erlangt. Zwn einen dient es der Kontrolle der Abweichungen vom vertraglichen Leistungsprogramm auf der Äquivalenzebene, zum anderen dem Ausgleich für eingetretene Schädigungen auf der Integritätsebene. Im Rahmen dieses Integritätsschutzes besteht kein wesentlicher Strukturunterschied zwischen vertraglicher und deliktischer Haftung, so daß die insoweit festgestellte wnweltbezogene Funktion von Unrechtshaftung überhaupt 18 im Rahmen vertraglicher Haftung eingelöst werden kann. Andererseits kann sich die vielfach anzutreffende Einschränkung des Deliktsrechts durch das Vertragsrecht als überholt erweisen, wo es wn wnweltbezogene Beeinträchtigungen geht. 2. Kurze Verjährungsfristen als Hemmschuh der umweltpolitischen Funktionalität vertraglicher Haftung Gerade im Rahmen vertraglicher Beziehungen scheinen aber die kurzen Verjährungsfristen die Verantwortung nach dem Verursacherprinzip zu behindern. Ein Ansatz, der die Funktionalität vertraglicher Haftung für das Verursacherprinzip weiter aktiviert, darf dabei allerdings die wirtschaftspolitischen Funktionen der vertraglichen Haftung nicht außer Acht lassen. Die vorliegende Untersuchung hat gezeigt, daß eine solche, im deutschen Recht angelegte Doppelfunktionalität der vertraglichen Haftung für schuldhaftes Verhalten diff'erenziert verwirklicht werden kann.

satzanspruches etwa über das Merkmal der Vorhersehbarkeit erreicht (vgl. ebenda). Schon traditionell verbunden geht das amerikanische Recht hier ganz ähnlich vor. Auch hier haftet der Vertragspartner bei "breach" (Nichterfüllung) in der Regel auf Schadenersatz (vgl. Hay, S. 76) außer in den Fällen der "specific perfonnance" (ebenda, S. 77). Ebenso wie im englischen Recht, gibt es keine vertragliche, sondern eine "tort"-Haftung bei ,,negligence" (ebenda, S. 89 f.). Wie im angloamerikanischem Rechtskreis verfahrt auch das kontinentaleuropäische Recht, obgleich es sich, europäischer Tradition gemäß, durch Großkodifikationen auszeichnet. Dem römischen Recht entlehnt, kennt das französische Recht keine Einschränkung auf absolut geschützte Rechtsgüter, sondern eine deliktsrechtliche Generalklausei, die die Funktionen etwa der culpa in contrahendo und der positiven Vertragsverletzung übernimmt (vgl. Hübner/Constantinesco, S. 142, 158), und bei der eine Einschränkung des Schadens jedenfalls bei Vorliegen vertraglicher Beziehungen über das Kriterium der Voraussehbarkeit erreicht wird (Art. 1150 cc; Hübner/Constantinesco, S. 163). 18 Vgl. Seiten 147 ff.

I. Zusammenfassung

317

Dabei war zunächst für den kaufrechtlichen Bereich festzustellen, daß nach bisheriger Rechtslage Ansprüche des Käufers gegen den Verkäufer wegen Umweltschäden zwar möglich sind, aber die kurze Verjähnmgsfrist deren Durchsetzung angesichts ihrer häufigen Latenz und schwierigen FesteIlbarkeit oftmals unmöglich machen kann l9. Eine durch die kurzen Verjähnmgsfristen nicht beeinträchtigte Inanspruchnahme ist nur für den - wenn auch praktisch wichtigen - Bereich der Haftung wegen Arglist zweifelsfrei20 . Speziell in den Fällen, in denen der Käufer wegen der Beschaffenheit der Kaufsache von anderen in Anspruch genommen wird (Altlastenfälle), führt die Anwendung der kurzen Verjähnmgsfristen zu untragbaren Ergebnissen, insbesondere wenn die Kosten dieser Inanspruchnahme den Nutzwert der Kaufsache übersteigen. Nach dem hier entwickelten Konzept erlangt der Käufer in den Fällen, in denen die Umweltbelastung auf ein schuldhaftes Verhalten des Verkäufers zurückzuführen ist, Ansprüche aus positiver Vertragsverletzung, die der kurzen Frist des § 477 BGB entzogen werden müssen. Im Mietrecht führt die bisherige weite Anwendung des § 558 BGB in den vergleichbaren Fallgruppen ebenfalls zu untragbaren Ergebnissen, wenn der Mieter während der Mietzeit die gemietete Sache kontaminiert. Zwar ist hier in besonderem Maße zu berücksichtigen, daß wegen des starken Sachbezugs die weite Anwendung der mietvertraglichen Verjähnmgsfrist des § 558 BGB sachgerecht ist. Doch auch hier ist in den Fällen, in denen der Vermieter nach Vertragsschluß von anderen wegen des vom Mieter verursachten Umweltschadens in Anspruch genommen wird, dem Verursacherprinzip mittels Zurückdrängung der kurzen Verjähnmg Raum zu schaffen. Demgegenüber besteht im Werkvertragsrecht mit der durch die Rechtsprechung getroffenen Unterscheidung zwischen engen und weiten Mangelfolgeschäden die Möglichkeit, den vertraglichen Integritätsschutz zu verwirklichen, ohne daß dieser über das im Rahmen des Äquivalenzinteresses Angemessene hinaus durch die kurzen Verj ähnmgsfristen abgeschnitten wird21 . Wie gezeigt, führt dies gerade bei umweltrelevanten Fallgestaltungen dazu, eine Haftung gemäß dem Verursacherprinzip zu realisieren.

19 Vgl. Seite 207. 20 Vgl. Seiten 195 ff., 256 ff. und 281 ff. 21 Demgegenüber wird die Unterscheidung in der Literatur in polemischer Ungenauigkeit als ,,zufällig" diffamiert, ohne auf diesen Aspekt einzugehen, vgl. Rolland, NJW 1992,2382.

318

J. Schlußbetrachtungen und Ausblick

Die Aktivierung der Rechtsprechung zu den weiten Mangelfolgeschäden auch für die anderen Hauptvertragstypen des BGB scheint deshalb ein erfolgversprechender Weg, einen effektiven Integritätsschutz und in dessen Rahmen eine dem Verursacherprinzip gemäße Haftung durchzusetzen. Anders als etwa bei dem die vertragliche Haftung begleitenden deliktischen Rechtsschutz, der auf die Verletzung absolut geschützter Rechtsgüter beschränkt ist, vermag mittels der vertraglichen Haftung auch der Bereich der in der Praxis besonders wichtigen Vermögensschäden abgedeckt zu werden. Um die Funktionalität vertraglicher Haftung dabei nicht zu gefährden, ist es allerdings erforderlich, stärker als bisher zu berücksichtigen, ob durch die ungeachtet des Ablaufs der kurzen vertraglichen Verjährungsfristen gewährten Ansprüche auch das bloße Äquivalenzinteresse an der im Synallagma stehenden Vertragsleistung wiederhergestellt wird. Um hier zu gewährleisten, daß die dann vorgegebene zeitliche Limitierung der dieses Interesse schützenden Ansprüche nicht unterlaufen wird, bietet es sich aber an, im Wege der Vorteilsausgleichung den gewährten Schadenersatzanspruch zu beschränken. So wird einerseits verhindert, daß der Vertragspartner unter Berufimg auf die umweltbezogene Funktion vertraglicher Haftung sich seines Sachrlsikos entledigt, andererseits aber erreicht, daß der Vertragspartner nicht über dieses Sachrlsiko hinaus für das umweltgefährdende Verhalten eines anderen einzustehen hat.

11. Die Vorschläge der Schuldrechtskommission Die dargestellten Möglichkeiten eines umweltpolitischen Beitrags vertraglicher Haftung relativieren sich angesichts der Vorschläge der Schuldrechtskommission22 . Dieses zunächst umfassend angelegte Reformvorhaben23 hat sich zu

22 Vgl. den Abschlußbericht der Schuldrechtskommission (BMJ, 1992) und spezie\1 die Seiten 42 ff. 23 Ursprünglich war beabsichtigt, der Rechtszersplitterung entgegenzutreten und die zahlreichen insbesondere verbraucherrechtlichen Sonderregelungen wieder in das BGB miteinzubeziehen, vgl. Vorwort des damaligen Bundesministers der Justiz, Jürgen Schmude, zu den Gutachten und Vorschlägen zur Überarbeitung des Schuldrechts, S. V. Die dort ebenfa\1s angekündigten weiteren Gutachten (eben da, S. VI) wurden im übrigen nie erstellt. Selbst der Deutsche Juristentag, der zu den Vorschlägen im Abschluß.. bericht der Schuldrechtskommission Ste\1ung genommen hat, hat entgegen der sonst üblichen Praxis kein weiteres Gutachten zum Abschlußbericht erstellt, sondern einen Auszug des Abschlußberichts (DJT 1994, Bd. I, A 1) zur Diskussionsgrundlage genommen, vgl. Ernst, NJW 1994,2177.

11. Die Vorschläge der Schuldrechtskonunission

319

einer pwtktuellen Refonn des allgemeinen Schuldrechts und insbesondere des Verjährungsrechtes entwickelt24 . Die verjährungsrechtlich motivierte Unterscheidung zwischen weiten und engen Mangelfolgeschäden wird nach dem Entwurf scheinbar obsolet, weil nach § 195 I BGB-KE eine einheitliche Verjährungsfrist von drei Jahren fiir vertragliche Ansprüche gilt. Lediglich, soweit es sich um Ansprüche aus einem Werkvertrag wegen eines Mangels des Bauwerks handelt, beträgt die Verjährungsfrist gemäß § 195 11 Satz 1 BGB-KE fünf Jahre. In Anlehnung an die entsprechende Rechtsprechung zum Kaufvertrag über Fertighäuser verjähren auch kaufrechtliche Ansprüche gemäß § 19511 Satz 2 BGB-KE nicht, bevor fünf Jahre nach der Fertigstellung des Hauses vergangen sind. Ebenfalls eine fiintjährige Verjährungsfrist gilt gern. § 195 III BGB-KE bei Lieferungsverträgen über Baustoffe, die eine Mangel an einem Bauwerk verursacht haben. Gemäß dem allgemeinen Rechtsprinizip der erschwerten Verjährung von Ansprüchen wegen arglistigen Verhaltens25 ist in § 195 IV BGB vorgesehen, daß dann eine zehnjährige Verjährungsfrist gilt. 1. Unzureichende Berücksichtigung der Doppelfunktion vertragsrechtlicher Unrechtshaftung durch die Schuldrechtskommission

Ungeachtet konstruktiver Ungereimtheiten26 würde die Einführung der Regelung zu einer Verkürzung der Verjährungsfrist fiir Ansprüche aus positiver

24 Eine entsprechend eingeschränkte AufgabensteIlung wurde der Schuldrechtskonunission vom Bundesminister der Justiz, Hans A. Engelhard (vgl. NJW 1984, 1201) zur Arbeitsgrundlage gemacht. 25 Vgl. bereits Seiten 256 ff. 26 Die Beschränkung der fiinfjährigen Verjährungsfrist in § 19511 Satz 1 BGB-KE auf Ansprüche wegen eines Mangels führt dazu, daß solche Ansprüche eine weit längere Verjährungsfrist aufweisen als etwa solche aus der gleichen vertraglichen Beziehung, die aber nicht mangelbezogen sind. Es ist damit zu rechnen, daß eine Art umgekehrte Rechtsprechung zu den weiten bzw. engen Mangelfolgeschäden ergehen wird. Es steht deswegen trotz aller Vereinfachungsabsicht eine Flut von Entscheidungen zu erwarten, die bei Unbilligkeit der ,,kurzen" dreijährigen Frist zu begründen versuchen, warum es sich bei Ansprüchen um solche "wegen eines Mangels" handelt. Diese Entwicklung ist schon deshalb zu befürchten, weil überhaupt nicht einzusehen ist, warum die mangelbezogene Pflichtverletzung einer längeren Verjährungsfrist unterliegen soll als etwa die schutzpflichtbezogene. Bislang war es ja gerade andersherum so, daß die schutzpflicht-

320

1. Schlußbetrachtungen und Ausblick

Vertragsverletzung von dreißig auf drei Jahre führen. Ob dies gerade im Hinblick auf Umweltschäden vernünftig ist27 , muß bezweifelt werden. Da der Lauf der Verjährungsfrist nicht von der Unkenntnis über das Vorliegen der Pflichtverletzung abhängen so1l28 und formularmäßig die Möglichkeit besteht, die Verjährungsfrist auf ein Jahr zu verkürzen29, ist davon auszugehen, daß der hier angestrebten Funktion vertragsrechtlicher Haftung fiir umweltbezogene Zwecke der Boden entzogen wird. Gerade bei Umweltschäden würden deren oft langfristige Latenz und die Schwierigkeit zur Ermittlung der Kausalverläufe zu einer weitgehenden Ausschaltung der vertraglichen Haftung fiir Umweltschäden führen. Das wird aber der beschriebenen Doppelfunktion verschuldensabhängiger vertraglicher Haftung, die über die Wahrung des Äquivalenzinteresses hinaus auch das Integritätsinteresse zu schützen bestimmt ist30, nicht gerecht. Durch die einheitliche Verjährung aller vertraglichen Ansprüchen nach drei Jahren wird zum einen zwar das Risiko verschuldensunabhängiger Inanspruchnahme jedenfalls beim Kauf oder der Erstellung beweglicher Sachen versechsfacht 31 , zum anderen aber die Möglichkeit, auf den schuldhaft handelnden Vertragspartner bei Integritätseinbußen zurückgreifen zu können, auf ein Zehntel reduziert, wenn man allein die Fristen zugrunde legt. Diese extreme Verkürzung wird von der Kommission sogar als Ausgleich fiir die zeitliche Verlängerung

bezogenen Ansprüche einer längeren Frist unterlagen. Eine Begründung für einen solch einschneidenden Wertungswandel sucht man im Abschlußbericht vergeblich. Eine ebenfalls ausufernde Kasuistik ist bei dem Kriterium der ,,Bestimmungsmäßigkeit" in § 195 III BGB-KE zu erwarten (vgl. dazu die Konkretisierungsversuche im Abschlußbericht, S. 52). Schließlich wird wie schon jetzt die Rechtsprechung dazu übergehen, die Kriterien für die Arglist herunterzuschrauben, um wenigstens zu der geräumigeren Frist des § 195 N BGB-KE zu kommen.

27 So die Begründung des Entwurfes im Abschlußbericht, S. 49. 28 Vgl. Abschlußbericht, S. 47 f.; vgl. bereits Seite 307. 29 Vgl. § 11 Nr. 10 f AGB-Gesetz-KE und dazu Abschlußbericht, S. 282 f, wo freilich in der Begründung übersehen wird, daß auch die werkvertragliche Fünf-Jahresfrist nach dem Wortlaut auf ein Jahr verkürzt werden kann. Allerdings soll hier eine Unangemessenheit nach § 9 I AGBG eingreifen können (ebenda, S. 281). 30 Vgl. bereits Seite 315. 31 Mit der Folge, daß sich diese Potenzierung des Risikos unverschuldeter inanspruchnahme in der Preispolitik der Unternehmen notwendig auswirken muß, zumal auch entsprechende Versicherungen in ihrer Prämiengestaltung das gesteigerte Risiko berücksichtigen werden, vgl. auch Joussen, DIT 1994, Bd. Wl, K 30.

II. Die Vorschläge der Schuldrechtskommission

321

der Gewährleistungsansprüche dargestellt32 . Auf die Tatsache, daß hier ein gänzlich verschiedenes Leistungsinteresse betroffen ist, wird in keiner Weise eingegangen. Während die Rechtsprechung insbesondere im werkvertraglichen Bereich versucht, hinsichtlich der eingetretenen Schäden sachgerecht zwischen den verschiedenen betroffenen Interessen zu differenzieren, wird dieser Versuch von der Kommission nicht aufgenommen, sondern über die pauschale dreijährige Frist fiir alle vertraglichen Ansprüche abgeschnitten. Während es also nach geltendem Recht möglich ist, auf Integritätseinbußen im Rahmen vertraglicher Beziehungen mit einem angemessenen Ausgleich zu reagieren, wäre dieser Schutz bei Übernahme der Vorschläge der Schuldrechtskommission durch die einschneidende undifferenzierte Verkürzung der Verjährungsfristen bei positiver Vertragsverletzung stark relativiert. Selbst einem Ausweichen auf den weniger weitreichenden deliktischen Schutz will aber der Entwurf der Schuldrechtskommission einen Riegel vorschieben. In § 200 BGB-KE sieht der Entwurf beim Zusammentreffen mehrerer konkurrierender Ansprüche aus Gesetz und Vertrag vor, daß sich die Verjährung einheitlich nach der vertraglichen Frist richtet. Begründet wird dies mit dem in der Literatur und den Vorentwürfen erhobenen Forderungen nach einer ausdrücklichen Regelung des Verhältnisses mehrerer auf dasselbe Interesse gerichteter Ansprüche33 . Wie beschrieben handelt es sich bei der Gewährung deliktischer Ansprüche aber nicht um Ansprüche, die das vertragliche Äquivalenzinteresse schützen, sondern um solche, die das Integritätsinteresse schützen. Vertragliche Ansprüche, die der kurzen Verjährung unterliegen, sind aber regelmäßig solche, die das Äquivalenzinteresse an der vertragsgerechten Leistung schützen sollen. Im Rahmen vertraglicher Beziehungen gewährte Ansprüche, die über den deliktischen Schutz hinaus das Integritätsinteresse des Vertragspartners schützen sollen, unterliegen regelmäßig nicht der kurzen Verjährung. Dies gilt zuallererst im Rahmen werkvertraglicher Beziehungen, bei denen die das Integritätsinteresse schützenden Ansprüche als weite Mangelfolgeschäden nicht der kurzen Verjährung unterliegen. Aber auch im Kaufvertrag unterliegen Ansprüche aus positiver Vertragsverletzung nicht der kurzen Verjährung, soweit sie nicht mit Mängeln der Kaufsache im Zusammenhang stehen, da insoweit nicht das Interesse des Käufers, eine mangelfreie Sache zu erwerben, betroffen ist, sondern sein Interesse, daß nicht in seine weitere Vermögenssphäre eingegriffen wird. Die

32 Vgl. Abschlußbericht, S. 48 f. 33 Vgl. Abschlußbericht, S. 73, mit VelWeis auf Peters/Zimmennann, S. 171 (korrekt wäre S. 170 f. gewesen). 21 Meyer

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J. Schlußbetrachtungen und Ausblick

längerfristige Verjährung der Ansprüche aus pVV wegen Integritätsverletzungen würde also ohne zureichende Begründung durch den Reformentwurf gestrichen. Etwas anders ist die Sachlage bei der mietvertraglichen Verjährungsregelung, die nach ständiger Rechtsprechung und in der Literatur fast unbestritten auch auf deliktische Ansprüche des Vermieters Anwendung fmdet. Im Ralunen mietvertraglicher Beziehungen wird das Integritätsinteresse zeitlich limitiert, weil speziell im Mietvertrag ein enger Sachbezug zu dem Integritätsinteresse des Vermieters an der vermieteten Sache besteht, so daß insoweit eine stärkere Beschränkung seines Interesses an der Mietsache gerechtfertigt ist, ohne daß aber ein deliktsrechtlicher Ausgleich für umweltbezogene Schäden nach Ablauf der kurzen Verjährungsfrist stets ausgeschlossen zu sein braucht. Der über den deliktsrechtlichen hinausgehende Schutz des Integritätsinteresses im deutschen Recht ist notwendig, da dieser regelmäßig auf die Beeinträchtigung absoluter Rechtsgüter beschränkt ist. Gerade im Ralunen vertraglicher Beziehungen hat aber der Vertragspartner verstärkte Möglichkeiten, in die bloßen Vermögensinteressen des anderen einzugreifen34 . Diese Besonderheit wird in den meisten anderen Rechtsordnungen geschützt, dort aber den dem Deliktsrecht entsprechenden Rechtsinstituten zugeordnet, die eine dem deutschen Recht entsprechende Einschränkung des deliktischen Schutzes nicht kennen, sondern über deliktische Generalklauseln35 oder eine entsprechende Rechtsprechungsentwicklung36 einen entsprechenden Schutz erreichen. Dabei ist nicht zu verkennen, daß die Abgrenzung zwischen den zeitlich limitierten Äquivalenz- und den zeitlich nicht so eng bemessenen Integritätsinteressen zu Abgrenzungsschwierigkeiten fUhrt. Die weitgehend voneinander unabhängig entstandenen Problemschwerpunkte bei der Abgrenzung zwischen weiten und engen Mangelfolgeschäden im Werkvertragsrecht, des deliktischen Schutzes hinsichtlich der Kaufsache im Rahmen der Rechtsprechung zu den weiterfressenden Mängeln und die neuere Rechtsprechung bei der Abgrenzung der dem § 558 BGB unterliegenden Ansprüche belegt aber, daß die Schwierigkeit, in diesem Bereich zu sachgerechten Ergebnissen zu kommen, mehr in der Sache als in der Erfindungsfreudigkeit deutscher Gerichte zu suchen ist.

34 VgI. bereits Seite 315. 35 So in Frankreich, vgI. Seite 315. 36 So im anglo-amerikanischen Rechtskreis über die Haftung für ,,negligence" im Rahmen des Tort Law, vgI. Seite 315.

II. Die Vorschläge der Schuldrechtskommission

323

Werden die Vorschläge der Schuldrechtskommission wie vorgeschlagen übernommen, bedeutet das eine dramatische Verkürzung des Integritätsschutzes im Rahmen vertraglicher Beziehungen und zudem durch die Neuregelung der Verjährung bei konkurrierenden Ansprüchen eine Abschneidung des deliktischen Integritätsschutzes im Rahmen vertraglicher Beziehungen. Eine so erhebliche Wertungs verschiebung wird durch die Ziele der Schuldrechtskommission, die Verjährungsregelungen zeitgerechter zu gestalten, zu vereinfachen37 und

37 Es muß sogar bezweifelt werden, ob die Vorschläge der Schuldrechtskommission ihr selbstgestecktes Ziel, die Verjährungsregelungen grundlegend zu vereinfachen, erreichen können (Das für sich auch keine Offenbarung einer materiellen Gerechtigkeit rechtfertigen würde, vgl. etwa Henssler, S. 26 f .. Man könnte überspitzt formulieren: ,,Recht sollte einfach, muß aber richtig sein.".). Zwar wird durch die - wie dargelegtzweifelhafte Einheitsverjährung bei vertraglichen Ansprüchen, bei denen nicht mehr zwischen Erfiillungs- oder Leistungsansprüchen und sekundären Gewährleistungs- und Schadenersatzansprüchen differenziert wird, erreicht, daß die gleichen kurzen Fristen für diese Ansprüche gelten (Sieht man von der teilweise nicht nachvollziehbaren Privilegierung im werkvertraglichen Bereich ab, vgl. bereits oben, Seite 319.). Gleichwohl muß man nunmehr hinsichtlich des beeinträchtigten Rechtsgutes differenzieren. Ansprüche wegen ein und derselben Handlung verjähren bei vertraglichen konkurrierenden Ansprüchen nach drei bzw. fiInf Jahren, es sei denn, es handelt sich um Personenschäden, bei denen eine kenntnisabhängige dreijährige Frist (Nicht klar wird, ob dies auch gilt, wenn die mangelhafte Werkleistung zu einem Personenschaden geführt hat, der Geschädigte bei Kenntnis also bei Personenschäden schlechter als bei sonstigen Schäden steht.) oder wie bislang eine subsidiäre dreißigjährige Frist gilt (§ 201 BGB-KE, vgl. Abschlußbericht, S. 75 ff.. ). Bestehen keine vertraglichen Ansprüche, verjähren deliktische Ansprüche kenntnisabhängig nach drei (Bei Kenntnis wie bisher nach § 852 I BGB.) oder ohne Rücksicht auf diese Kenntnis nach zehn Jahren (§ 199 I BGB-KE, vgl. Abschlußbericht, S. 69 ff.. ), es sei denn es handelt sich um Amtspflichtverletzungen, bei denen es bei der alten dreißigjährigen Frist verbleibt (§ 199 I S. 2 BGB-KE.). Herausgabeansprüche aus absoluten Rechten sowie familien- und erbrechtliche Ansprüche verjähren wiederum nach dreißig Jahren, ebenso bei rechtskräftig festgestellten Ansprüchen, es sei denn es handelt sich um wiederkehrende Leistungen, bei denen die dreijährige Frist gilt (Es verbleibt bis auf die Verkürzung auf drei Jahre also bei der bisherigen Rechtslage.). Von den Fristen des BGB (Die Änderung spezialgesetzlicher Verjährungsregelungen, die nicht zuletzt zum Befund der "barocken Formenvielfalt" von Verjährungsfristen geführt haben (vgl. Peters/Zimmermann, S. 187) ist von der Schuldrechtskommission nicht vorgesehen.) wurden damit de facto die Fristen des § 196 BGB und des § 197 BGB auf einen einheitliche dreijährige Frist zusammengefaßt. Bei den gewährleistungsrechtlichen Fristen wurden lediglich die halbjährige Frist der

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J. Schlußbetrachtungen und Ausblick

durchschaubarer ZU machen38, nicht gedeckt39. Überhaupt vertretbar wäre eine entsprechende Verjährungsregelung nur durch eine tiefgreifende Strukturveränderung im deutschen Recht. Würde wie in den meisten anderen Rechtsordnungen das im Rahmen vertraglicher Beziehungen beeinträchtigte Integritätsinteresse über das Deliktsrecht ausreichend geschützt, würden durch die Vorschläge der Schuldrechtskommission nicht so weitgehende Schutzlücken gerissen, wie das nach dem vorliegenden Entwurf der Fall ist. Eine entsprechende Modifizierung des Deliktsrechts ist aber von der Schuldrechtskommission nicht vorgesehen. Dafiir wäre aber noch eine kohärente Aufarbeitung des Umweltbezugs der Schadenshaftung erforderlich.

2. "Diskriminierung" vertraglicher Haftung hinsichtlich der Verjährung Die Eigenständigkeit der Behandlung konkurrierender Ansprüche gerade im Hinblick auf die Verjährungsfrist findet ihre Rechtfertigung darin, daß der vertraglich Gebundene nicht gegenüber demjenigen benachteiligt werden darf, der keine vertraglichen Beziehungen zu seinem Schädiger unterhält. Während das

§§ 477, 558 und 638 BGB sowie die einjährige Frist der §§ 477 und 638 BGB gestrichen. Neu hinzugekommen ist dagegen die zehnjährige, ,,regelmäßige" Frist für gesetzliche Ansprüche gern. § 198 BGB-KE sowie für Ansprüche aus unerlaubter Handlung gern. § 199 BGB-KE. Es fragt sich, ob der Eindruck, daß sich hinsichtlich des Fristengefüges (Es soll darauf hingewiesen werden, daß die Gesamtregelung hinsichtlich des Ablaufes der Verjährung auch verdienstvolle Klarstellungen und Vereinfachungen enthält. So etwa die Neuaufuahme des § 216 BGB-KE, der den in den §§ 63911, 852 II BGB enthaltenen Rechtsgedanken verallgemeinert, vgl. Abschlußbericht, S. 91 ff.; die Verlegung des § 390 Satz 2 BGB in das Verjährungsrecht (§ 222 BGB-KE, vgl. Abschlußbericht, S. 102) oder etwa die bloße Hemmungswirkung bei Klagerhebung gern. § 208 I BGB-KE (vgl. Abschlußbericht, S. 82 ff., um nur einige zu nennen.) keine wesentliche Vereinfachung ergibt, nur aus der fehlenden Gewöhnung an die Neuregelung ergibt. Die unterschiedlichen Verjährungsfristen bei dem einfachen Fall eines Verkehrsunfalles hinsichtlich der erlittenen Körperschäden (drei oder dreißig Jahre) einerseits und der Sachbeschädigung (drei oder zehn Jahre) andererseits, belegen aber daß sich die "barocke Formenvielfalt" (peters/Zimmermann, S. 187; Vgl. auch Heinrichs, VersR 1992, Sonderheft, S. 6.) nur auf andere, zudem nicht in langer Rechtsprechungsdiskussion gewachsene Problemgebiete verschieben wird. 38 Vgl. etwa Rabe, NJW 1992,2395. 39 Die fehlende Auseinandersetzung mit der Rechtsprechungsentwicklung zu den konkurrierenden Ansprüchen bemängelt auch Ernst, NJW 1994,2179.

ill. Fazit

325

deutsche Recht im Rahmen vertraglicher Haftung eher zu einer Erleichterung fiir den Gläubiger neigt4°, wird bei Umsetzung der Vorschläge der Schuldrechtskommission der mit dem Schädiger in vertraglichen Beziehungen stehende Geschädigte hinsichtlich der Verjährung schlechter behandelt. Diese eklatante Wertungsverschiebung wird auch von der Schuldrechtskommission gesehen41 . Allerdings meint die Kommission, es handle sich nur um eine scheinbare Benachteiligung, da es sei nicht einzusehen sei, warum die vertragliche Risikozuweisung durch die deliktische unterlaufen werden soll. Dem ist zu entgegnen, daß auch nach geltendem Recht, sogar mittels Allgemeiner Geschäftsbedingungen, die Möglichkeit besteht, deliktische Ansprüche auszuschließen, wenn die entsprechende Regelung eindeutig ist und sich ausdrücklich auch auf die deliktischen Ansprüche bezieht42. Durch eine entsprechende Umorientierung des dispositiven Rechts ist nunmehr der Vertragspartner gefordert, einer entsprechenden Verschlechterung seiner Position entgegenzuwirken. Dies wird in der Vertragspraxis kaum geschehen, zumal regelmäßig dem Verbraucher eine entsprechende Vertragsgestaltung auferlegt werden wird. Es entsteht damit der Eindruck, daß der Reformentwurf verbraucher- und umweltbezogen nicht völlig durchdacht ist. Dies wird auch durch den Hinweis auf die verlängerten Gewährleistungsfristen, die durch Allgemeine Geschäftsbedingungen erheblich verkürzt werden dürfen, nicht enkräftet.

III. Fazit Nach der vorliegenden Arbeit besteht die Möglichkeit, trotz der kurzen Verjährunsgfristen insbesondere die vertragsrechtliche Haftung zur Durchsetzung des umweltbezogenen Verursacherprinzips zu aktivieren, ohne dabei die wirtschaftliche Zwecksetzung der kurzen Fristen zu gefährden. Diese Aktivierung versteht sich als Teilantwort auf die Herausforderung an die Rechtsordnung, die sich durch die steigenden Umweltgefahren stellt, auch wenn die Möglichkeiten zivilrechtlicher Steuerung insoweit nicht überschätzt werden dürfen. Die Re-

40 Etwa durch eine Beweislasturnkehr hinsichtlich des Verschuldens bei positiver Vertragsverletzung oder etwa einer umfassenden Gehilfenhaftung gern. § 278 BGB. 41 Abschlußbericht, S. 74. 42 Vgl. BGH, DB 1979, 1078; vgl. auch OLG Frankfurt, MDR 1994, 447; MünchKomm-Basedow, § 11 Nr. 7 AGBG, RdNr. 98 aB; Palandt-Thornas, Einf. v. § 823 BGB, RdNr. 10; a.A. Soergel-Stein, § 11 AGBG, RdNr. 63, die bei einem umfassenden Ausschluß der verschuldensabhängigen Haftung im Zweifel auch die deliktische Haftung als ausgeschlossen ansehen.

326

J. Schlußbetrachtungen und Ausblick

fonnvorschläge der Schuldrechtskommission sind deswegen speziell im verjährungsrechtlichen Teil in dieser Hinsicht zu überdenken und in stärkerem Maße, als dies bisher geschehen ist, dem rechtswissenschaftlichen Diskurs zuzufiihren.

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Sachwortverzeichnis Abfallentsorgungskosten 136 Abgabenordnung 111 Abwasserabgabengesetz 141 f., 320 Abwicklungsbedürfnis 32 Abwicklungsinteresse 30 actio quanti minoris 29 actio redhibitoria 29 agere non valenti non currit praescriptio 41,44,314 Allgemeinwohl 160,266 f. Allokation 124, 128, 148 Allokationsprinzip 155 als "Ersatzwert des ursprünglich Bedungenen 28 Altlasten 153,181,184,189 f., 197 f, 200,208,211 f, 216, 224, 227 f, 232,237,242,246 f., 307 Anspruch 19 ff., 24 f, 30, 32 ff., 37, 39, 42, 44 ff., 53, 55, 57, 59 ff., 67 ff., 74 ff., 78, 84, 91, 93, 96, 104ff., 111, 115, 117ff., 121 f., 127, 130 f., 133 ff., 146, 148, 150, 157,161,166,174,176,181,183, 186,189,191 ff., 196 f., 201 f, 209,211,213,216,218 ff., 223 ff., 228 ff., 242 ff., 249, 253, 256 ff., 261 ff., 265, 271 f., 274, 280 ff., 298 f, 301 f., 309, 324 Anspruchsansammlung 28 anteilsmäßige Haftung 168 Arglist 29, 74, 79 ff., 259 f, 288, 290, 293,324,327

Arglisthaftung 79,98,204,237,342 auch fremden Geschäfts 191 Auflagenlösungen 144 Aufrechnung gegen verjährte Forderungen 45 Beweislast 30, 79, 167,265,293 Beweislastumkehr 24, 167,238,332 Beweisnot 22, 2S, 28 Coase 127 ff., 131 ff., 148 f., 155, 162 code civil 24, 28 Dispositionsfreiheit 22 f., 114,239 Doppelfunktion 303, 323, 326 Durchgangserwerbs 195 Dynamisierung eines expandierenden Warenverkehrs 235 Edikt der Aedilen 29 Effizienzsteigerung 137, 142 einheitlicher Schadensbegriff 36, 177 Ermessensentscheidung 221 Ersatzwert des ursprünglich Bedungenen 28 Ersitzung 21, 345 Faktische Hemmungsgründe 44 Festsetzungsverjährung 111 Fortlaufshemmung 41 Freistellung 105,202,232

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Sachwortverzeichnis

Gefllhrdungshaftung 104, 108 f., 139, 144 f., 152, 172,229,233,263, 266 f., 320 Gemeinlastprinzip 147 Gerichtsentlastung 27 Geschäfte des täglichen Verkehrs 28 Hemmung der Verjährung 41 Impedimenta facti 44 Informationslage 155, 168 Informationspolitik 168 Integritätsschutz 322, 324 f. Integritätssphäre 95, 175, 180,210, 235,236,295,305,322 Internalisierung 126, 128, 130, 133, 137, 141 f., 144, 146, 197,203, 306 Kenntniselement 40, 107, 109, 177, 199,271,277,288 Kontamination 181, 185, 189, 192, 193,196,203 f., 206, 214 f., 238, 241,245,247,307 Konzept der integrierten Person 148 Kreditierung 26 Longi temporis praescriptio 21 Luftverunreinigungen 130 Marktdynamisierung 30 Markttätigkeiten 156

Organisationsverschulden 203, 287, 290,293 Pigou 126 f., 130, 144 praescriptio actionum 21 Präventivwirkung 145, 157 Präventivzweck 151 f. Rechtfertigung der Verjährung 24,26, 239 Rechtsfrieden 17, 25 Rechtssicherheit 25 f., 48, 256 Repräsentant 151 Ressourcenverteilung 126 Sandoz 144,266,320 Sanierungskosten 187,190,195,197, 202 ff., 208, 210 f., 214, 216 f., 224,231,233,244 Schadenseinheit 39, 270, 276 f. Schadenstragungssystemen 154 Schuldnerschutz 26 Sicherheiten 46 Smith 124, 130 Stoffgleichheit 86, 87,299 Tilgungsvermutung 24, 28 toties praescribitur 35,43 toties praescribitur actioni nondum natae, quoties nativatas est in potestate creditoris 43

Non usus 21 notwendige Verwendung 188, 189, 190,302

Umweltbeeinträchtigung 132, 135 f., 146, 165 f., 211, 294 Unterbrechung der Verjährung 44, 112, 117 unzumutbaren Härten 143 usucapio 21

Ökologische Problemlösungen 169 ökologische Schäden 158 ökologischer Schaden 17

Verhaltenssteuerung 150, 160 Verjährungsbeginn 33,37 f., 279, 314,318

Sachwortverzeichnis

Verjährungswirkung 45, 121 f. Vermögensträger 156 Vertragsstrafen 59 Vertrauenstatbestand 25 Voraussehbarkeit 37,270,277 f., 316, 318,323 Vorsorgeprinzips 143 Vorteilsausgleichung 325 Wahrscheinlichkeitserhöhung 166 VVarenverkehr 173,209 VVasserschutz 265 VV eiterfressende Mängel 84

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weiterfressenden Mangel 84, 98, 298 VVertsteigerung 243,244,246 VVertzuwachs 191,245 VVissensvertreter 83, 288 VVissenszurechnung 79,81 f., 97, 203, 288,290 ff. VVohlstandssteigerung 147 Zertifikatslösungen 133, 147 Zivilstrafe 151 Zurechnung 81 f., 97 f., 288 ff. Zusicherung 29,74 f., 197 f., 242, 258,303