Untersuchungen über das Volkssparwesen: Erster Band. Hrsg. vom Verein für Sozialpolitik. (Schriften des Vereins für Sozialpolitik 136) [1 ed.] 9783428574209, 9783428174201


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German Pages 625 Year 1912

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Untersuchungen über das Volkssparwesen: Erster Band. Hrsg. vom Verein für Sozialpolitik. (Schriften des Vereins für Sozialpolitik 136) [1 ed.]
 9783428574209, 9783428174201

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Untersuchungen über das Volkssparwesen Erster Band

Herausgegeben vom

Verein für Sozialpolitik

Duncker & Humblot reprints

DOI https://doi.org/10.3790/978-3-428-57420-9 | Generated on 2023-09-23 09:31:29 OPEN ACCESS | Licensed under CC BY 4.0 | https://creativecommons.org/about/cclicenses/

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Schriften des

Vereins für Sozialpolitik. 136. Wanö.

Untersuchungen über das Volkssparwesen.

Erster Band.

München und Leipzig, Verlag von Duncker 6- Lu mb lot. 1912.

DOI https://doi.org/10.3790/978-3-428-57420-9 | Generated on 2023-09-23 09:31:29 OPEN ACCESS | Licensed under CC BY 4.0 | https://creativecommons.org/about/cclicenses/

Untersuchungen über das Volkssparwesen. Äerausgegeben vom

Verein sür Sozialpolitik.

Erster Band.

München und Leipzig, Verlag von Duncker 6- Äumblot.

1912.

DOI https://doi.org/10.3790/978-3-428-57420-9 | Generated on 2023-09-23 09:31:29 OPEN ACCESS | Licensed under CC BY 4.0 | https://creativecommons.org/about/cclicenses/

Alle Rechte vorbehalten.

Altenburg Pierersche Hofbuchdruckerei Stephan Geibel L Co.

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Vorwort. Der Ausschuß des Vereins sür Sozialpolitik hat in seiner Sitzung Vom 5. Januar 1907 eine Erhebung über das Volkssparwesen beschlossen.

Zur Vorbereitung der Erhebung wurde unter dem Vorsitz von Herrn I)r. Rathgen ein Unterausschuß eingesetzt, an dessen Beratungen teil­

genommen haben die Herren: Dr. von Hattenberg (Salzburg), Dr. Heiligenstadt (Berlin), Dr. Jaffe (München), Dr. Jastrow (Berlin), Stadtrat Lewin (Frankfurt a. M.), Dr. Lotz (München), Dr. Petersilie

(Berlin), Dr. von Schmöller (Berlin), Dr. Seidel (Berlin).

Herr Dr.

Rathgen hat für die Untersuchungen den folgenden Arbeitsplan aus­

gearbeitet, aus dem die Gesichtspunkte, die zur Enquete geführt haben,

zu ersehen sind:

Arbeitsplan. I. Das Sparen einer eingehenden Untersuchung gerade jetzt zu unter­ ziehen, erscheint aus verschiedenen Gründen wichtig. 1. Die Bedeutung des Sparens und der Kapitalbildung tritt bei der gegenwärtigen Lage des Geld- und Kapitalmarktes besonders her­ vor. Sie findet auch in solchen Kreisen mehr Anerkennung, welche bisher theoretisch auf einem anderen Standpunkte standen. (Sozia­ lismus, Landwirtschaft.) 2. Neben den Sparkassen sind andere Sparorganisationen entstanden, welche die übliche Betrachtung nur der eigentlichen Sparkassen ungenügend erscheinen lassen. Insbesondere treten mit diesen die Kreditgenossenschaften in Konkurrenz. 3. Außer diesen suchen aber auch andere Genossenschaften (z. B. Konsumund Bauvereine) ihr Kapital durch Annahme von Spargeldern zu vergrößern. 4. Auch die Banken suchen neben den eigentlichen Depositen Spar­ gelder an sich zu ziehen. Zwischen beiden besteht aber ein grund­ sätzlicher Unterschied. Jene haben den Zweck, dem Deponenten jederzeit für Produktion oder Verbrauch zur Verfügung zu sieben.

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VI

Vorwort.

Die Spargelder bedeuten dagegen für den Sparer eine dauernde Anlage. Eine Untersuchung über das Sparen kann zwar nicht das ganze Depositenwesen mit umfassen, aber sie müßte auf obige Punkte eingehen, sowohl im Hinblick auf eine mögliche gefetzliche Ordnung des Depositenwesens, wie bei Beurteilung der Sparkassen. 5. Offenbar bestehen erhebliche örtliche Unterschiede in der Art, wie die Bevölkerung spart, und wie sie die verschiedenen Sparorgani­ sationen benutzt. 6. Ferner drängen sich gewisse wirtschaftliche und soziale Probleme immer stärker auf, die neben den alten Fragen, z. B. nach der Liquidität der Anlagen, der Anlage in Staatspapieren usw., oder nach den Mitteln zur Förderung des Sparens Beachtung ver­ dienen. Insbesondere wird die Frage immer wichtiger: In welcher Weise und wie schnell werden die gesparten Gelder dem Geld­ märkte wieder zugeführt; welchen Gebieten und welchen Kreisen der Bevölkerung werden sie zugeführt (Zentralisation oder lokale Verwendung) ? Welche Zwecke stehen bei der Organisation des Sparens im Vordergründe: das Sparen an sich, ohne Rücksicht auf die Ver­ wendung der gesparten Gelder, oder die Verwendung der gesparten Gelder im Interesse der sparenden Kreise selbst, insbesondere im Interesse ihrer Produktion?

II. Es bestand im Unterausschuß Einigkeit darüber, daß es dem „Verein für Sozialpolitik" unmöglich ist, eine vollständige statistische Enquete über das Sparen zu veranstalten. Auf der anderen Seite besteht der Wunsch, in der oben bezeichneten Richtung zu einer möglichst erschöpfenden Untersuchung zu kommen. Das könnte in solgender Weise geschehen: 1. Durch Monographien sind alle Phänomene des Sparwesens, in erster Linie des organisierten, soweit möglich auch des Nichtorgani­ sierten Sparens, zu beschreiben fürtypischeOrteundGebiete. 2. Die Regierungen sind zu bitten (wie das zum Teil bereits an­ geregt ist), amtliche Erhebungen zu machen respektive zu vervollständigen. 3. Später sind auf Grund des Materials zu 1. und 2. äe leZe kerenäa Gutachten sachverständiger Personen einzuholen. 4. Als Untersuchungsgebiet sind zunächst Deutschland und Österreich in Aussicht genommen. Über eine Ausdehnung auf andere Länder sind bisher Beschlüsse nicht gefaßt.

III. Für die Monographien kommen folgende Gesichtspunkte vor allem in Betracht:

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Vorwort.

VII

1. Wer spart? Eine Beschränkung der Untersuchung auf das Sparen der unteren Klassen ist praktisch nicht durchführbar. Immerhin ist, wo es örtlich möglich ist, hierauf besonders zu achten. 2. Wer organisiert Spareinrichtungen? (Gemeinden, Kom­ munalverbände, gemeinnützige Vereine, Kreditgenossenschaften, sonstige Unternehmergenossenschaften, Konsum- und Bauvereine,. Banken, andere Privatunternehmer Mertheim, Brauereien usw.j, freie Ber­ einigungen der Sparer.) 3. Wie und wo sparen die verschiedenen Kreise und Klassen der Bevölkerung? Bevorzugen gewisse Kreise besondere Organisationsformen? Warum? Zusammenhang der örtlichen Unterschiede mit dem sozialen Aufbau der Bevölkerung. Klassen, die sparen, auch wenn sie nicht Einleger der Sparorganifationen sind. 4. Zu welchen Zwecken wird gespart? Was macht der Sparer mit den abgehobenen Spargeldern? 5. Wemkommt die Verwendung d er S p arg eld er z u gut e? Welchen Kreisen der Bevölkerung? Welchen Gebieten? Dem Unternehmer (Träger) der Sparorganisation? Werden die Spargelder dem wirtschaftlichen, insbesondere dem Produktionsinteresse der Bevölkerungsgruppe oder -gegend dienstbar gemacht, welcher sie entstammen? 6. Was wird aus den Überschüssen (Gewinnen an der Anlage

7. 8. 9.

der Spargelder)? Insbesondere: Welchen Teil der „gemeinnützigen" Ausgaben decken die Städte aus den Überschüssen der Sparkassen? Haben sich die Sparkassen als Kreditquelle für die Städte bewährt? Stabilität oder Beweglichkeit des Zinsfußes, den die Spar­ organisationen gewähren. Die Organisation des Verkehrs mit den Sparern bei An­ nahme wie bei Auszahlung der Spargelder (soweit Besonder­ heiten Vorkommen, die nicht aus der Sparkassenliteratur ge­ nügend bekannt sind).

Im Jahre 1909 hat der Unterzeichnete die Leitung der Enquete übernommen.

Auf seinen Vorschlag wurde jetzt beschlossen, die Unter­

suchungen in die folgenden drei Gruppen zu gliedern: 1. Arbeiten, die einzelne Bezirke, möglichst von typischer Bedeutung,

behandeln,

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Vorwort.

VIll

2.

Arbeiten über die Kernfragen

des Sparwesens unter fachlichen

Gesichtspunkten, 3. Übersichten über die Entwicklung des Bolkssparwesens in fremden Ländern. Angesichts der Fülle der in Betracht kommenden Fragen und ins­

besondere der großen örtlichen Verschiedenheit der Verhältnisse wurde von der weiteren Ausarbeitung eines

einheitlichen Arbeitsplanes

ab­

gesehen. Es war beabsichtigt, die Arbeiten der beiden ersten Gruppen ge­ meinsam vorzulegen.

die

Doch ist das nicht möglich, da eine Reihe der für

systematische Gruppe

übernommenen

Arbeiten

nicht

fertiggestellt

worden sind und auch infolge einer längeren Asienreise und anschließenden

Erkrankung des Leiters Verzögerungen nicht zu vermeiden waren.

Auch

die Arbeiten der geographischen Gruppe, die im vorliegenden Bande allein und auch nicht ohne beträchtliche Verspätung der Öffentlichkeit übergeben werden, entsprechen nicht ganz dem ursprünglichen Plane, da

die Schwierigkeiten der Erhebung sich vielfach so groß erwiesen haben, daß die Bearbeiter trotz mehrfach verlängerter Arbeitszeit sie nicht zu

überwinden vermochten.

Von den hiermit veröffentlichten sechs Arbeiten stammt die über den

Regierungsbezirk Aachen aus der Feder von Herrn Professor Dr. Kähler. Die Arbeit über das Sparwesen in Baden ist Herrn Professor Mom-

bert, die beiden Arbeiten über drei süddeutsche Kleinstädte sowie über Offenbach sind Herrn Professor Jaff6 und die über Mannheim ist Herrn Professor Rathgen zu danken.

Die Arbeit über den Landkreis Bonn ist

unter der Leitung von Herrn Professor Wygodzinski und mir angefertigt

worden. Bonn, im März 1912.

H. Schumacher.

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Inhaltsverzeichnis. Seite

1. Das Sparwesen im Landkreise Bonn.

Von Dr. Rich. Poppelreuter............................................................... 1

237

2. Das Sparwesen in Baden. burger

Von Dr. Viktor Hom­ ................................................................................. 239

350

3. Das Sparwesen in drei Kleinstädten mit ihrer wirt­ schaftlichen Umgebung. Von Dr. Fritz Hauck . 351 4. Das Sparwesen in der Stadt Offenbach a. M. Von

395

397

494

Dr. Carl Leonhardt....................................................

5. Das Sparwesen in der Stadt Mannheim.

Von Dr. Jacob Reichert........................................................495

549

6. Das Sparwesen im Regierungsbezirk Aachen.

Von Professor Dr. W. Kähler...................................................551

602

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Das Sparwesen im Landkreise Bonn. von

vr. Richard Poppelreuter.

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XIII

Inhaltsverzeichnis. Seite

Vorbemerkung..................................................................................................................... ......

Erster Abschnitt.

Einleitung. Erstes Kapitel. Tie wirtschaftlichen Verhältnisse des Landkreises Bonn.... Zweites Kapitel. Geschichte der Sparorganisationen im Landkreise Bonn...

1 4

Zweiter Abschnitt.

Die Berufe der Benutzer der Sparorganisationen. I. Einleitung.............................................................................................. ' ' ' ' 1. Tie Schwierigkeit einer endgültigen Bestimmung der ländlichen Berufe 2. Die Sparer, Kontokorrent- und Depositengläubiger................................... II. Die Benutzer der ländlichen Sparorganisationen................................................

Physische Personen............................................................................... 1. Dauernde und zeitweilige Sparer............................................................. 2. Tie Beteiligung der Berufe nach dem Einkommen.............................. a) mit konstantem, während des Jahres regelmäßigem Einkommen «) aus fortlaufendem Erwerbe..................................................

A aus Vermögen.............................................................- - d) mit schwankendem, über das Jahr unregelmäßig verteiltem Ein­

13 13 14 15 15 15 15 15 18 19

kommen .................................................................................................. e) mit zeitweiligen bzw. zufälligen Einnahmen................................... 3. Tie Sparer betrachtet unter dem Gesichtspunkt der beruflichen Ab­

20 21

hängigkeit ....................................................................... -..................... 4. Die Sparer unter dem Gesichtspunkt des Vermögensbesitzes.... 5. Die Sparer nach dem Geschlecht und der Lebensaltergliederung . .

22 22 23 24 24 24

L. Nichtphysische Personen...................................................................................... I. Regelmäßige Sparer....................................................................................... 2. Vorübergehende Sparer..............................................................................

Dritter Abschnitt.

Wo sparen die verschiedenen Kreise der Bevölkerung und wie suchen die Sparorganisationen die Sparer an sich zu ziehen? Erstes Kapitel. Tie Wahl des Sparortes..................................................................... I. Motive für die Wahl des Sparortes.............................................................

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XIV

Inhaltsverzeichnis. Seite

II.

III. IV.

V.

1. Rein psychologischer Art: Vertrauen auf die Sicherheit, gute Ver­ waltung, möglichste Geheimhaltung, auf die leitenden Persönlichkeiten; Steuerfurcht..................................................................................................25 2. Wirtschaftliche Erwägungen: Verzinsung usw.; jederzeitige Verfüg­ barkeit; Bequemlichkeit; Interesse der Vereinsmitglieder.................... 30 3. Unter Berücksichtigung der Sparzwecke und Dauer der Anlage. . . 32 I. Hemmungen: Schlechte Verkehrsverhältnisse, äußerer Zwang, Fehlen von geeigneten Kassen, Macht der Gewohnheit............................. 33 2. Förderungen: Gute Verkehrsmittel, Unabhängigkeit des Berufes, Be­ ziehungen zwischen Stadt und Land............................................33 Besonderheiten der einzelnen Berufsgruppen........................................34 Die Folgen für die Sparanstalten besonders bezüglich der auswärtigen Sparer...........................................................................................................38 Umgehung der Sparinstitute......................................................................41

Zweites Kapitel. Wie suchen die Sparanstalten die Sparer an sich zu ziehen? 42 I. Voraussetzungen, gegenwärtige Lage, Folgen desWettbewerbes unter den Kassen. . . .....................................................................................................42 II. Charakterisierung der in Frage kommenden Anstalten: Folgen.... 43 III. Die Mittel, den Sparer an sich zu ziehen............................................45 1. Möglichste Berücksichtigung der Wahlmotive................................................ 46 2. Mittel zur Intensivierung der Spartätigkeit............................................ 48 3. Direkte Bindung der Sparer..........................................................................50 4. Spezialisierung in bezug auf die Sparzwecke, Berufe und Gegenden 51 IV. Äußere Mittel, den Sparer mit III. bekannt zu machen: Reklame, Äußerlichkeiten, persönliche Überredung........................................................ 52

V. Im besonderen die Konkurrenz zwischen der Kreissparkasse und den Ge­ nossenschaften......................................................................................................... 53 VI. Folgen für den Sparer; Parallelen........................................................................54

Vierter Abschnitt.

Die Einzahlungen und Abhebungen von Spargeldern und Depositen. Erstes Kapitel. Die Einzahlungen und ihre Quellen........................................... 1—9. Untersuchung über die einzelnen Berufe unter dem Gesichtspunkt 1. der wirtschaftlichen Lage und Sparfühigkeit. 2. Wovon, wann und in welchen Summen wird gespart? Ein­ kommen und außerordentliche Einnahmen. 10. Zusammenfassung, betreffend die minderbemittelten Volksklassen. . 11. Die äußere Form der Einzahlungen.............................. 12. Vergleich mit der Postsparkasse................................................................. Zweites Kapitel. Die Abhebungen, die Verwendung der abgehobenen Gelder, das Verhältnis zwischen Einzahlungen und Abhebungen........................... 81 Für die einzelnen Berufe kommen in Frage: I. Abhebungen ordentlicher Art......................................................................... 1. Zur Erfüllung reiner Sparzwecke : produktiver und konsumtiver Art

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55

78 79 80

Inhaltsverzeichnis.

XV Seile

2. Depositen. . ............................................................................................. 3. Zeit und Höhe der Abhebungen................................................ - - II. Abhebungen außerordentlicher Art: Unterbrechung der Spartätigkeit,

Überweisung an andere........................................................................... III. Verhältnis zwischen Abhebungen und Einzahlungen.................. .. ' ' ' Drittes Kapitel. Der Gesamtabhebungs- und Einzahlungsverkehr. Entwicklung des Sparverkehrs an den einzelnen Kassen........................................................104 I. I. Vergleich zwischen den beteiligten Berufen............................................. 104 2. Ter normale Sparverkehr............................................................................... 105 3. Die Schwankungen und deren Folgen ......................................................106 4. Ausgleich des Geldbedarfs und -Überflusses an den Kassen ... 107 II. Entwicklung des gesamten Sparverkehrs seit der Gründung..................108

Fünfter Abschnitt.

Verwendung der Spargelder usw. durch die Spar­ organisationen. Erstes Kapitel. Allgemeines: Prinzipien für die Verwendung; Zweckmäßigkeit und Gerechtigkeit....................................................................................................... 113 Zweites Kapitel. Welche Gelder werden von den Sparorganisationen verwandt? 116 Drittes Kapitel. Die Aktivgeschüfte der untersuchten Genossenschaften und der Kreissparkasse......................................................................................................................110

Viertes Kapitel. Die Gebiete und Berufe, denen die Verwendung der Spar­ gelder usw. zugute kommt..........................................................................................135 Fünftes Kapitel. Tie Verwendung der Darlehen durch den Darlehnsnehmer. Die Natur des genossenschaftlichen Kredits...............................................................155

Sechster Abschnitt.

Der Protokollhandel. Erstes Kapitel. Entstehung und Wesen des Protokollhandels.................................... 185 1. Einleitung......................................................................................................................135

2. Zusammenhang mit dem Gleicherbrecht und historische Entwicklung . . 3. Definition, Organisation und Namen des Protokollhandels. Unter­ schiede vom Darlehnsgeschüft..............................................................................139 Zweites Kapitel. Der Protokollhandel als Aktivgeschüft........................................... 191 1. Wer betreibt ihn?.....................................................................................................101 2. Bei den Genossenschaften die Entwicklung und heutiger Umfang . . . 193 3. Innere Organisation: Sicherstellung, Tilgung, Aufgeld, Verzinsung und Rabatt..........................................................................................................................203 Drittes Kapitel. Tie Träger des Kaufgeldkredits..........................................................207 1. Keine Beschränkung auf die Vereinsmitglieder.................................................207 2. Beteiligung der Berufe...........................................................................................208 3. Die Erbbeteiligten.................................................................................................... 212 4. Örtliche Beschränkungen...........................................................................................213 5. Folgerungen.................................................................................................................215

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XVI

Inhaltsverzeichnis. Seite

Viertes Kapitel. Vorteile: I. II. Nachteile: 1. 2.

Vorteile und Nachteile des Protokollhandels............................... 216 Für die Genossenschaft..........................................................................216 Für die ländliche Bevölkerung......................................................... 219 Für die Genossenschaft.......................................................................... 221 Bedenken vom Standpunkt der Versteigerer und Käufer . . 226

Siebenter Abschnitt.

I. Verzinsung der Spargelder «nd Darlehen ... 230 II. Verwendung der Gewinne.............................. 235

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XVII

Vorbemerkung. Die vorliegende Untersuchung erstreckt sich nicht aus den ganzen Landkreis Bonn:

Der rechtsrheinische Teil, Godesberg und

auch

einige Ortschaften auf der linken Rheinseite, fielen aus: Hersel und Bornheim, weil die dortigen Rendanten sich nicht mit der vom Ver­

fasser angewandten Untersuchungsmethode befreunden konnten, Widdig,

Ödekoven, Wesseling, weil dort die Darlehnskassen erst seit kurzem

in Tätigkeit sind.

Das Material wurde beschafft auf dem Wege der

mündlichen Enquete unter ergänzender Verwertung der Statistik.

Auf die

persönliche Befragung konnte um so weniger verzichtet werden, als in erster

Linie aus die psychologischen Momente und die qualitative Beurteilung der für das Sparwesen entscheidenden wirtschaftlichen und sozialen Tat­

sachen Wert gelegt wurde.

Tas statistische Material wurde zum kleineren

Teil aus den jährlich von den Genosienschaftsverbänden und Sparkassen

veröffentlichten GeschäUsergebnissen geschöpft, zum größeren Teil diktierten

es die Vereinsrechner

persönlich aus den Geschäftsbüchern und -akten.

Da mir selbst ein Einblick in diese nicht gestattet werden durfte und

später, nachdem die Angaben in die Tabellenform gebracht worden waren, ein Vergleich an Ort und Stelle nicht mehr möglich war, auch Hör-

und Diktatfehler hier und da vorgekommen sein dürften, werden die

Tabellen in den Endzahlen in manchen Fällen von den Ergebnissen der

Bilanzen abweichen.

Aber auf dieses statistische Material konnte nicht

verzichtet werden, da die befragten Personen, die sich aus allen Kreisen

und Berufen rekrutierten, leicht zu tendenziös gefärbten Darstellungen neigten und manchen Fragen ein oft unüberwindliches Mißtrauen ent­

gegenbrachten.

Die Kleinheit der untersuchten Kassen und die geringe

Kompliziertheit der ländlichen Verhältnisse überhaupt erleichterten die

Beschaffung des statistischen Materials aus den Geschäftsbüchern, während die größeren Kassen, wie die zu Friesdorf und Mehlem, und die Kreis­

sparkasse Schriften

zu

manchen Fragen

keine

statistischen

Unterlagen

beisteuern II

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Borbemerkung.

XVIII

konnten, insbesondere weil keine Berufsangaben — wie übrigens bei allen Kassen — in die Bücher ausgenommen werden und der weite Kreis

der Kundschaft sich der persönlichen und näheren Bekanntschaft des Ren­

danten entzieht; gerade an den größeren Kassen kehren dieselben Vorund Familiennamen außerordentlich häufig wieder.

Mein Dank gebührt für die Auskunftserteilung und Beschaffung des

Materials den Herren Landrat Graf von Galen, Generalsekretär Kerp vom Verbände rheinischer Genossenschaften zu Köln, Verbandsdirektor

Schmidt vom Raiffeisenverband in Koblenz, sowie den Herren Gemeinde­ vorstehern und

nicht zuletzt

auch den

Herren Rendanten der

unter­

suchten Sparanstalten.

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Erster Abschnitt. Einleitung. Erstes Kapitel. Die wirtschaftlichen Verhältnisse des Landkreises Bonn. Der Landkreis Bonn bietet in vielen Beziehungen ein typisches Wirtschaftsgebiet der Rheinprovinz. Ein Moment ist es vor allen Dingen, das ihm das Gepräge eines solchen gibt: es ist die Lage zwischen den zwei Großstädten: Bonn und Köln. Aus dieser Lage ergeben sich für seine gesamten Erwerbs- und Bevölkerungsverhältnisse die wichtigsten

Folgen.

Durch die Nähe dieser beiden Städte werden Beziehungen ge­

schaffen, die für das gesamte Sparwesen von höchster Bedeutung sind und uns im Laufe der Untersuchung immer wieder begegnen werden. Zunächst ist es die Dichtigkeit der Bevölkerung und die Berufsgliederung, die be­

sondere Hervorhebung verdienen. Die Berufsgliederung ist äußerst mannig­

faltig; außer der rein ländlichen Bevölkerung sind alle Gewerbearten,

wie die Zählung von 1907 zeigt (s. Tabelle I und II) mehr oder minder stark vertreten, sowohl in Haupt- als auch in Nebenbetrieben.

Unter

ihnen ragen besonders hervor die Handwerker, Gärtner und ländlichen

Gewerbtreibenden im Handels-

Erwerbstätige.

und

Verkehrsgewerbe

als selbständige

Dazu kommen eine ganze Reihe von spezifisch städtischen

Gewerben, deren Beschäftigte der vielen Vorzüge halber und dank der

guten und mannigfaltigen Verkehrsverhältnisse (Staatsbahn nach drei Richtungen, elektrische Rheinuferbahn, Kleinbahn Bonn-Mehlem, Klein­

bahn des Vorgebirges) auf dem Lande wohnen. Unter den sehr zahlreich vertretenen Arbeitern fällt besonders die Zahl derer auf, die in der Industrie

der Steine und Erden, im Baugewerbe und in der Textilindustrie be­ schäftigt sind; ein großer Teil der Arbeiterschaft überhaupt ist nicht aus dem Lande selbst, sondern in den benachbarten Städten beschäftigt. guten Verkehrsmittel kommen auch sehr der Landwirtschaft zugute. Schriften 136.

Die

Diese

1

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2

Or. Richard Poppelreuter.

Tabelle I. Gewerbliche Betriebe des Landkreises Bonn nach der Berufs- und Gewerbezählung von 1907. (Statistik des Deutschen Reiches Bd. 218.)

Haupt­ betriebe

Gärtnerei................. L. Handwerk, Industrie, Bergbau........... 0. Handel und Verkehr Alle Gewerbearten. . .

Neben­ betriebe

Gewerbtätige Per­ sonen

Davon Ar­ beiter

92

9

268

184

1876 1220 3212

119 444 587

8 635 2 820 11830

6037 1052 7287

33

31

Darunter im be­ sonderen: Bergbau, Salinen . . . Industrie der Erden und Steine . . . Metallverarbeitung, Ma­ schinen usw.......... Chemische Industrie . . Textilindustrie . . Papierindustrie .... Leder, Holz, Schnitzstoffe Nahrungsmittel .... Bekleidungsgewerbe . . Reinigungsgewerbe. . . Baugewerbe .... Handelsgewerbe .... Verkehrsgewerbe.... Gast- und Schank­ wirtschaften. . .

1 73

5

1690

1544

183 12 29 7 212 342 489 229 270 771 103

21 — 5 — 9 22 21 20 11 345 18

688 338 669 263 862 946 746 601

458 262

335

42

1613 1463

600

(hauptsächl. rechtsrhein.)

202

594 432 225 281

379

1278 427 237

966

386

Tabelle II. Bevölkerung* nach Haupt- und Nebenberuf (Bd. 209).

Männer

Weiber

Männer

Weiber

An­ gehörige nebst Dienst­ boten

6 217 9 779 2 260

4 059 1743 943

3 833 274 643

2 482 216 445

9 049 18 310 5 062

Hauptberufe

Nebenberufe

Land- und Forstwirtschaft L. Bergbau und Industrie 0. Handel und Verkehr. . O. öffentlicher Dienst, freie Berufsarten...................... L. Ohne Beruf (Rentner)

698

673

1655

2 434

131 —



2 488

Im ganzen Erwerbstätige.

20 713

10 044

4 885

3169

36 526

8

1352

* Gesamtbevölkerung 1S05: 63807.

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Das Sparwesen im Landkreise Bonn.

3

Tabelle III. B e t r i e b s st a t i st i k. Landwirtschaftliche

Größenklassen

Betriebe

unter 0,5 Im 0 5— 2 2- 5 I

Fläche Im

089

5- 20 „ 20-100 „ 100 Im nnd darüber 200 „ und darüber

4192 2130 752 489 59 12 1

2 224 2 367 4120 2 595 1660 222

Zusammen:

7634

13 655

Landwirt­ schaftlich tätige Personen

2 4 2 2

777 352 384 302 647 393 51

12 855

hat so für die wertvollen Produkte der für den Landkreis typischen Bor­ gebirgskultur (Obst und Gemüse), die in Gothein (Agrarpolitische Wande­ rungen im Rheinland, Berlin 1896, in Festgabe für Knies, S. 304, 314 ff.)

Hollmann (Die Landwirtschaft im Kreis Bonn, Bonn 1903,

und

S. 48 ff.) begeisterte Darsteller gefunden hat, in den benachbarten Städten und weit darüber hinaus bis nach England und Böhmen, besonders aber im rheinisch-westfälischen Industriegebiet ein gutes Absatzgebiet gefunden.

Auch

die

landwirtschaftlichen

Mannigfaltigkeit.

Verhältnisse

erfreuen

sich

einer

großen

Außer vielen Großgrundbesitzern, die sich, ebenso wie

die Großbauern, mit intensiver Rübenkultur und infolge der Nähe guter Absatzgebiete mit starker Viehhaltung abgeben, herrscht ein kräftiger Mittel­ und Kleinbauernschlag vor, der noch in freier Fruchtfolge den Getreide-

und Futteranbau betreibt.

Typisch für den Kreis ist jedoch die an Zahl

am stärksten vertretene Gruppe der Klein- und Parzellenbauern, die die Obst- und Gemüsebaukultur auf der höchsten Stufe der Intensität betreibt, die infolge sehr starker Bodenmobilisierung, die durch diese Betriebsweise und die Gleicherbteilung veranlaßt wurde, auch sehr stark von anderen

Berufsangehörigen betrieben wird. Ergebnissen der Zählung von 1907:

Das kommt zum Ausdruck in den in der Landwirtschaft und Forst­

wirtschaft waren hauptberuflich tätig 10 276 Personen, nebenberuflich

6315 Personen.

Die deutlich erkennbare Tendenz der Entwicklung geht

dahin, immer mehr Anbauflächen zur Gemüse- und Obstkultur zu ver­

wenden, deren Rentabilität trotz der Kleinheit der Besitzverhältnisse bei Seit der Ver­

stetig steigender Nachfrage noch im Wachsen begriffen ist.

öffentlichung der Schriften von Gothein (1896) und Hollmann (1900)

sind viele Orte vom Getreide- und Futteranbau zur reinen oder ge1*

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Dr. Richard Poppelreuter.

mischten Spatenkultur übergegangen. Selbst Großbauern und Groß­ grundbesitzer fangen an Gemüse- und Obstkulturen im großen anzulegen. Ein anderer Grund für die weitere Ausdehnung der Obst- und Gemüse­

kultur liegt darin, daß einige Kulturen von den Stätten abwandern, wo sie seit sehr langer Zeit ihren Sitz gehabt haben, weil trotz aller indi­

viduellen Bodenbehandlung und raffinierten Kunstdunganwendung sich die alten Kulturen nicht mehr rentieren und noch gleichsam jungfräu­ licheren Boden aufsuchen müssen.

Wer in den letzten Jahren die alten

Stätten der Vorgebirgskulturen durchwandert hat, dem muß das kranke

Aussehen vieler Obstbäume ausgefallen sein (Kirsch-, Pfirsichbäume); alle

Mittel, eine Gesundung herbeizuführen, haben bis jetzt wenig Erfolg gehabt

und so wandern diese Spezialkulturen zum Teil nach benachbarten Orten ab, wo bisher in der Hauptsache Gemüse- und Körnerbau betrieben wurde

und wo noch Kräfte im Boden schlummern, die durch individuelle Be­ arbeitung für jene Obstkulturen noch ausgenutzt werden können.

Eine umfassende Darstellung der gesamten wirtschaftlichen und sozialen

Verhältnisse an sich soll hier nicht gegeben werden, um späteren Aus­ führungen nicht vorzugreifen. Ein Ziel der Arbeit ist es jedoch, die je­ weiligen Sparverhältnisse in ihren engen Beziehungen zu den wirtschaft­ lichen und sozialen Tatsachen darzustellen und zu begründen.

Zweites Kapitel. Geschichte der Sparorganisationen im Landkreise Bonn. In den ersten Jahrzehnten des vergangenen Jahrhunderts wies die Landbevölkerung, von dem grundbesitzenden Adel abgesehen, bei weitem

nicht den Wohlstand wie heute auf, so daß das Bedürfnis zu sparen noch nicht recht entwickelt war.

Der Bauer lebte damals in einer ver­

hältnismäßig beschränkten Lage; die Betriebsweise wies noch nicht den

heutigen Grad der Intensität auf, die Besitzverhältnisse waren klein und der Reinertrag der Kulturen war infolge der schlechten Preise nur gering. Mit der Zeit wurde das anders; neue Kulturarten kamen auf, die in­

folge des stetigen Wachstums der benachbarten größeren Städte, einen

immer mehr steigenden Ertrag abwarfen.

Hand in Hand damit ging

das Wachstum der Landbevölkerung, die Berufe auf dem Lande differen­

zierten sich mehr und mehr; an Stelle eines Mittelbauerntums trat ein vorwiegender Kleinbauernstand, so daß die Anreize zur Besserung der

sozialen Lage immer dringender wurden. der Betätigung des Spartriebs.

Die Möglichkeit dazu lag in

Die Anfänge des Sparens liegen weit

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Tas Sparwesen im Landkreise Bonn.

zurück; jedoch entzieht sich seine Verfolgung in der einzelnen Privat­ wirtschaft unserer vollständigen Kenntnis.

Ehe ländliche Sparanstalten

irgendeiner Art vorhanden waren, war der Landbewohner darauf an­

gewiesen, entweder zu thesaurieren oder seine Ersparnisse direkt in irgend­ einer Form anzulegen.

Er mußte auf die einstweilige Unterbringung

seiner Erübrigungen an einer Sparanstalt verzichten.

Soweit sie nicht

direkt angelegt werden konnten, trugen sie ihm keine Zinsen ein und gaben auch keine Gewähr für eine vollständig sichere Aufbewahrung, so daß der

etwa vorhandene Spartrieb stark in seiner Wirkung geschmälert wurde. Anderseits lieferten die damaligen Ersparnisse nicht, wie in der Gegen­

wart, die geldlichen Mittel für das ländliche Kreditwesen, wofür sie heute von so hervorragender Bedeutung geworden sind. Mit der steigenden sozialen Notwendigkeit durch nachhaltiges Sparen

die wirtschaftliche Lage zu verbessern und der steigenden Rentabilität der Obst- und Gemüsekulturen, die stärker stieg als die des reinen Getreidebaus, setzte allmählich eine immer eifrigere Spartätigkeit ein, für die es aber einstweilen noch keine geeigneten Organisationen gab, abgesehen von einigen altangesehenen Privatbankhäusern, die lediglich nur von den größeren Grundbesitzern in Anspruch genommen wurden.

Wenn wir die Geschichte

der ländlichen Spargelegenheiten in Perioden einteilen wollen, so ergeben sich

zwei: einmal eine Periode der Zentralisation und dann eine der Dezentrali­

sation, die in vielen Beziehungen typisch für Landkreise überhaupt sind. 1. Von jeher waren die Städte Bonn und Köln, die damals noch nicht auf so schnellen und bequemen Wegen wie heute erreicht werden konnten, der Mittelpunkt, wo die Landbevölkerung ihre Produkte absetzte,

ihre Einkäufe besorgte und wo sie allein alle ihre Rechtsgeschäfte abwickeln

konnte.

Das brachte mit sich, daß sie auch ihre Spar- und Kredit­

geschäfte am besten in der Stadt besorgte, wenn sie nicht schon vorher in

die Hände von ländlichen Wucherern gefallen war.

So wurden diese

beiden Städte, vorzugsweise aber Bonn, der Brennpunkt auch der er­

wachenden Spartätigkeit der Landbevölkerung.

Die erste Spargelegenheit,

die sich ihr bot, war, abgesehen von einer Privatbank, die städtische Spar­ kasse zu Bonn, die schon gleich nach ihrer Gründung 1844 mit einem

starken Prozentsatz ländlicher Sparer aus der ganzen Umgegend arbeitete, wie aus alten Geschäftsbüchern festgestellt werden konnte; 1848 wurde

eine Darlehnskasse mit ihr verbunden, die gleichfalls der ländlichen Be­

völkerung zugute kommen sollte; 1854 wurden Prämien für die kleinen

Sparer eingeführt.

Eine Pfennigsparkasse, die 1885 von der städtischen

Sparkaffe ins Leben gerufen wurde, wurde dagegen kaum von dewLand-

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Dr. Richard Poppelreuter.

bewohnern in Anspruch genommen; nur ganz vereinzelt findet sich unter den Markenklebern ein Kind, eine Magd oder ein Tagelöhner aus einem der am nächsten gelegenen Dörfer.

Diese Pfennigsparkasse fand später

eine anfänglich rasche Nachahmung in einigen Dörfern, noch lange bevor

man an die Errichtung anderer Kassen dachte; sie gingen aber nach und nach ein, oder verschmolzen sich mit größeren Kassen (so wurde die zu Endenich

in eine Nebenstelle der Kreissparkasse umgewandelt) oder sie fristen seit

Sie haben

langen Jahren wie die zu Hersel ein kümmerliches Dasein.

sich durchaus nicht als lebensfähig erwiesen.

Die städtischen Spargelegen­

heiten für die Landbewohner erfuhren in den fünfziger Jahren eine Bereicherung durch die Gründung eines Spar- und Kreditvereins nach SchulzeDelitzsch.

Um den Landbewohnern entgegenzukommen und das Betriebs­

kapital zu erhöhen, errichtete man in acht Landgemeinden Annahmestellen von Spargeldern.

Später sind diese Nebenstellen eingegangen. Das gleiche

Schicksal hat der Kreditverein auch gehabt, so daß Zahlenbeispiele über den Grad der Benutzung durch die Landbevölkerung nicht gegeben werden

können.

In den 1850 er Jahren setzte in der ganzen preußischen Mon­

archie aus ministerielle Aufforderung hin eine kräftige Entwicklung der Kreissparkassen

ein, um

namentlich

den Landwirten Gelegenheit zum

Sparen zu geben; auch an den Bonner Landrat kam die Verfügung, möglichst bald die Gründung einer Kreissparkasse in die Wege zu leiten. Der Kreisausschuß glaubte, daß neben der städtischen Sparkasse für eine

zweite öffentliche Sparanstalt kein Bedürfnis vorhanden sei, er verhielt sich ablehnend, traf aber bald darauf mit der städtischen Verwaltung ein

Abkommen dahin, daß den Kreisbewohnern die gleichen Vorteile wie den

Städtern

eingeräumt

werden sollten,

obwohl diese neuen

bestimmungen an dem bisherigen Zustand nichts änderten.

Vertrags­

Die wirklich

vorhandene Freizügigkeit des Sparers mußte noch vertraglich durch die beiden Behörden garantiert werden! Es fanden mehrjährige Verhand­ lungen statt.

Städtischerseits zeigte man sich entgegenkommend, da man

durch die Gründung einer neuen Sparkasse die Existenz und Weiter­

entwicklung der städtischen Sparkasse bedroht sah.

Die Bemühungen der

Kreisverwaltung, einen Anteil am Reingewinn zu erhalten, wurden von der Regierung unterstützt, jedoch darauf ließ sich die Stadt Bonn nicht ein.

Der Vertrag kam endlich im Oktober 1857 zustande; hiernach ist

rechtlich die städtische Sparkasse für Einleger aus dem Landkreis erweitert

worden unter den gleichen Bedingungen, wie sie für die Städter galten. Die Stadtgemeinde hat die alleinige Garantie für sämtliche Spareinlagen

aus dem Landkreise.

Der städtischen Sparkasse wurde das Recht ein­

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Tas Sparwesen im Landkreise Bonn.

geräumt in den einzelnen Landbürgermeistereien unter eigner Bürgschaft

Nebenstellen einzurichten.

Davon wurde jedoch Abstand genommen, weil

ein Bedürfnis tatsächlich nicht vorgelegen haben soll.

auf drei Jahre

geschlossen,

Der Vertrag wurde später erneuert, bis ihn das Statut der

städtischen Sparkasse von 1864 überflüssig machte. War es bisher vor­ gekommen, daß auswärtige Sparer abgewiesen werden mußten, weil die allzu reichlich einströmenden Mittel infolge der damaligen Anlagepolitik der Sparkassen nicht mehr zweckentsprechend genug angelegt werden konnten, so machte sich dieser Übelstand bei der städtischen Sparkasse fernerhin noch

öfters bemerkbar.

Gesuche von anderen Kreisverwaltungen, dieselben Be­

dingungen wie der Bonner Kreis zu erhalten, mußten abschlägig beschieden werden.

Ein Zeichen für die wachsende Entfaltung der ländlichen Spar­

tätigkeit in den 60—90 er Jahren lag darin, daß die städtische Spar­

kasse wiederholt den ländlichen Sparern kündigte, die über ein Guthaben

von über 200 Taler verfügten.

In diesen Jahren wurde die Kreis­

verwaltung wiederholt aufgesordert, an die Gründung einer eigenen Kasse

heranzugehen, aber immer noch mit negativem Erfolge.

Als inzwischen

einige Genossenschaften mit großem Erfolge gearbeitet hatten, ersuchte der

Landrat nochmals, aber vergeblich, die Stadt, Nebenstellen im Landkreise zu errichten.

Erst 1895 gab man dem Drängen des Oberpräsidenten

nach und plante endgültig die Errichtung einer eigenen Kreisspar- und

Darlehnskasse, obwohl sich die Mehrheit des Kreisausschusses bewußt war, daß damit keinem tief empfundenen Mangel abgeholfen wurde. Im Oktober 1895 öffnete sie ihre Schalter, nachdem sich einige reiche Gutsbesitzer aus dem Landkreise bereit erklärt hatten, durch eine Einlage von 200 000 Mk. (!) der Kasse das erste Betriebskapital zu sichern und die Unkosten zu decken.

Zugleich mit der Hauptstelle wurden 21 Nebenstellen im Landkreise er­ richtet. 1902 solgte die AnnahmesteÜe von Keldenich, nachdem die dortige

Genossenschaft liquidiert und selbst die Gründung der Nebenstelle be­

antragt hatte. Wie sehr der Kreisausschuß recht hatte, daß keine zwingende Notwendigkeit sür eine neue Spargelegenheit vorlag, zeigt die bis heute

reichende Entwicklung des Sparverkehrs an den Nebenstellen, die nur eine äußerst schwache Beteiligung aus dem platten Lande auszuweisen haben, während

der

rasche Aufschwung der Hauptstelle hauptsächlich auf die

städtischen und sonstigen auswärtigen Sparer zurückzusühren und nur zum kleinen Teile den Kreisangesessencn zu verdanken ist.

2. Die beiden besprochenen Bewegungen gingen davon aus, von außen her die Spartätigkeit durch die Errichtung von Sparkaffen zu be­

fördern und eine Zentralisation der ländlichen Spartätigkeit in der Stadt

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Dr. Richard Poppelreuter.

zu veranlassen.

Die dritte Bewegung süßt auf dem Gedanken der Selbst­

Es tritt eine Dezentralisation

hilfe der ländlichen Bevölkerung.

der

Anstalten ein, indem die Erwerbstätigen der einzelnen Orte selbst zu Sparvereinen

auf

Grundlage zusammentreten,

genossenschaftlicher

um

innerhalb eines kleinen Bezirks die Spargelder aufzunehmen und diesem wieder zugute kommen zu lassen.

Die hier und da ins Leben getretenen

Kleinsparanstalten konnten ein weitergehendes Bedürfnis im Geldverkehr nicht befriedigen, wie es die Landbevölkerung sowohl für die Einsamm­

lung als auch die Verwendung der überschüssigen Gelder für sich be­ ansprucht. Auf die Dauer konnten die städtischen Anstalten den Land­ bewohnern nicht von Vorteil sein; besonders die Kreditbeschaffung regte

zu eigenen Instituten selbständiger Art an. Die Ideen Raiffeisens faßten in den sechziger Jahren im Rheinland festen Fuß und gewannen

das Zutrauen der Landleute, das fast gar nicht von dem bald darauf­ folgenden Streit gegen Raiffeisen berührt wurde. in dieser Fehde eine bedeutende Rolle.

Die Stadt Bonn spielte

Gelehrte wie Nasse,

Held und

Kraus traten für Raiffeisen ein, während der Landwirtschaftliche Verein für Rheinpreußen (Bonn) sich praktisch durch zahlreiche Anregungen zu

Gründungen von Genossenschaften betätigte. die

Errichtung

von

Darlehnskassen im

Aber merkwürdigerweise an

Landkreise Bonn dachte man

damals noch nicht, obwohl sonst in den anderen Landkreisen eine ganze Reihe von Kassen eröffnet wurden.

Ob man tatsächlich bei der Nähe

zweier großer Städte keinen günstigen Boden für die gedeihliche Ent­

wicklung dieser jungen Institute erhoffte, oder ob man die Landbevölkerung sür noch nicht reif hielt, entzieht sich unserer Kenntnis, da sich Mit­ teilungen keinerlei Art darüber finden.

Erst Anfang der siebziger Jahre

entstand aus eigenem Antriebe der Bewohner des sogenannten „Ländchens"

in der Gegend um Oberbachem im äußersten Winkel des Landkreises ein Spar- und Darlehnskassenverein, dessen anfänglicher Vereinsbezirk sich bis gegen Pech und Holzem erstreckte.

Die Gründung war einem jungen

Lehrer zu verdanken, der bis zu seinem Tode die Seele des Vereins blieb. Die Geschäfte dieser Genossenschaft müssen einen nur recht bescheidenen Umfang gehabt haben, in keiner der Schriften von Held, Nasse, Kraus,

Raiffeisen und Schulze-Delitzsch, die ihre Ansichten damals durch reiches Zahlenmaterial zu unterstützen suchten, wird der Oberbachemer Verein erwähnt.

Am ehesten hätte man eine Mitteilung von Prof. Kraus er­

wartet, der im Auftrage des Ministeriums die meisten rheinischen Ver­ eine besuchte, um das gesammelte Material in einer umfassenden Schrift

zu verarbeiten. — Anfänglich setzte die Gründung anderer Genossenschaften,

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Das Sparwesen im Landkreise Bonn.

die zumeist einen großen Vereinsbezirk umfaßten, recht langsam ein; durch die Gründung neuer Kassen erfuhren nach und nach die Vereinsbezirke

eine Einschränkung.

Nicht zusällig ist es, daß die ersten Genossenschaften

in den an Verkehrsmitteln mit den benachbarten Städten armen Gegen­

den oder in größeren wohlhabenden Orten entstanden; für den ersteren Fall kommen in Betracht: Oberbachem, Pissenheim, Urfeld, Keldenich, Sechtem, Brenig und Waldorf; für den zweiten: Friesdorf und Kessenich. Bis 1892 (s. Tabelle IV) ging die Errichtung neuer Genossenschaften

Tabelle IV. Gründungen von Spar- und Tarlehnskassen im Landkreise Bonn*. Jahr der Gründung

1872 1880 1882 1885 1890 1892 1895 1896

1899

1902

1908

Zahl

Oberbachem.............................................................................. Friesdorf.................................................................................. Pissenheim .............................................................................. Keldenich, Urfeld..................................................................... Sechtem...................................................................................... Brenig, Waldorf..................................................................... Mehlem (Spar- und Kreditverein)................................... Küdinghoven, Pech................................................................. Duisdorf, Dottendorf, Roesberg....................................... Roisdorf, Mehlem, Kardorf, Walberberg, Lengsdorf . Bornheim.................................................................................. Alfter, Hersel......................................................................... Ippendorf................. -............................................................ Odekoven, Plittersdorf........................................................ Widdig, Wesseling................................................................. Summa:

1 1 1 2 1 2 1 2 3 5 1 2 1 2 2

I

27

Davon gehören heute zum Raiffeisenverband 8 und zum Verband Rhein. Genossenschaften 16.

nur recht langsam vor sich; namentlich in den Orten des Vorgebirges und der näheren Umgegend Bonns, die in ständigem, vielseitigem Ver-

kehr mit den Städten standen.

Von 1896 an fetzte ein lebhafteres Tempo

in der Errichtung neuer Kassen ein.

zwölf

Allein von 1896—1900 öffneten Vereine aus der Vorgebirgszone ihre Kassen und nahmen einen

raschen Aufschwung (näheres siehe später 4. Abschnitt III. Kapitel). Heute nennt dort fast jeder der rasch aufeinanderfolgenden Orte einen Sparund Darlehnskassenverein sein eigen. Die plötzliche Vermehrung der Genoss enschasten seit 1896 läuft parallel mit der Genossenschaftsbewegung

von Preußen überhaupt im Jahre 1896, in dem im ganzen 2155 neu­ gegründet wurden, eine Zahl, die bis heute unerreicht dasteht. Sie steht im ursächlichen Zusammenhang mit der Errichtung der Preußischen Zentral-

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Or. Richard Poppelreuter.

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genossenschaftskasse (s. Fink: Das Schulze-Delitzschsche Genossenschaftswesen 1909 S. 165 ff.). Bis 1896 erfolgten alle Gründungen mit Ausnahme

von zweien vom Neuwieder Raiffeisenverband.

In der Regel waren es

in den einzelnen Orten besonders tüchtige Landwirte, die die Leute von der Notwendigkeit einer Darlehnskasse zu überzeugen wußten.

Gewann

dieser persönliche Einfluß eine Schar von Anhängern, so wandte man sich an einen der verschiedenen Verbände, zu dem man besonderes Zu­ trauen hatte, der dann durch einen geschickten Redner nach einer all­

gemeinen Versammlung die sofortige Gründung einer neuen Kasse ver­

anlaßte.

In neuerer Zeit ging in manchen Orten die Gründung weniger

von der Gemeinde aus, als daß Wanderredner der verschiedenen Ver­

bände genossenschaftslose Dörfer aufsuchten und für die Errichtung agi­

tierten; diese Praxis war früher mehr als heute geboten, wo die ver­ schiedenen Verbände noch miteinander heftig konkurrierten. Andere Genossenschaften, wie die zu Friesdorf, verdanken ihre Entstehung der Propaganda des Professors Faßbender.

Seltener ist der Fall, daß eine schon

bestehende Genossenschaft eine Neugründung in der Nachbarschaft veranlaßte (so geht die von Ödekoven auf Duisdorf zurück). Viel zur Errichtung von

Genossenschaften haben die Kasinos des Landwirtschaftlichen Vereins für Rheinpreußen getan; so wurde die Darlehnskasse in Sechtem von dem

dortigen Kasino ins Leben gerufen.

in Wesseling.

Eigentümlich lagen die Verhältnisse

Dort bestand vor etwa 20 Jahren ein Kreditverein, der

sich infolge des Zusammenbruchs eines gleichen Bonner Instituts und infolge von Unstimmigkeiten in der Geschäftsverwaltung auflöste.

Ob­

wohl dieser Ort wegen seines starken gewerblichen Charakters ein leb­

haftes Bedürfnis nach einem neuen Geldinstitut empfand, unterblieb unter dem Eindruck des früheren Krachs eine Neugründung, bis vor etwa zwei

Jahren eine sogenannte „Soziale Kommission" dort ins Leben trat. Ihrer

Tätigkeit ist u. a. die Errichtung einer Schulsparkasse und Darlehnskasse

zu verdanken, da die dortigen gewerblichen Kreise die Kreissparkassen­ nebenstelle nicht mehr für ausreichend hielten.

Fragen wir nach den Motiven, die für die Gründung eines neuen

Vereins maßgebend waren, so tritt die Förderung der Spartätigkeit als

sekundäres Kausalmoment zurück.

Entscheidend war meistens die neu­

geschaffene Möglichkeit der Darlehnsbeschaffung und des gemeinschaftlichen

Konsumbezugs. deutend.

Erstere ist oft in den ersten Geschäftsjahren ganz be­

Aber gerade für die Bonner Gegend war auch die Aussicht,

künftig bester und billiger landwirtschaftliche Konsumartikel gemeinschaft­ lich zu beziehen von besonderer Bedeutung.

Dieser Konsumbezug war

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Tas Sparwesen im Landkreise Bonn.

oft dem Werte nach in den Jahren größer als der des Spar- und DarEr nimmt an den meisten Kassen

lehnsverkehrs zusammengenommen.

auch heute noch infolge der außerordentlich hohen agraren Intensität eine Höhe ein, die bisweilen die der Spareinlagen übertrifft.

Sehr be­

zeichnend dafür ist, daß sich in Keldenich die dortige Darlehnskasse neben

anderen Gründen auch darum auflöste, weil eine Bezugsgenossenschast

Man sagte, um den Spar- und Kredit­ verkehr zu besördern, dasür bedürse es keines „Spar- und Darlehns-

ins Leben gerufen worden war.

kassenvereins", den könne auch die Kreissparkasse übernehmen.

Blieben

in den ersten Jahren die Spareinlagen aus, die die Mittel zur Durch­ führung dieser Aufgaben (Darlehnsbeschaffung, Konsumbezug) liefern sollten, so wurden sie von den Zentralkassen vorgeschossen. Daher weisen sehr viele Kassen in den ersten Geschäftsjahren so zum Teil hohe Bank­

vorschüsse aus.

Nur in sehr wenigen Orten (z. B. in Mehlem) wurde

eine Genossenschaft ins Leben gerufen, mit der ausdrücklichen Bestimmung, den Wucherern das Handwerk zu legen. Nicht immer erfüllten sich die Hoffnungen, die man im Anfänge

hegte;

manche Orte haben schlechte Erfahrungen machen müssen.

Es

erfolgten oft Rückschläge, die der Genossenschast nahe legten, entweder den

Verein

auszulösen

herbeizuführen.

oder

durch

geeignete Maßnahmen eine Gesundung

Tas erstere Schicksal teilten im Landkreise drei Genossen­

schaften: die zu Wittcrschlick bestand nur ein Jahr, die zu Keldenich zehn Jahre. Der Gründungsversuch in Merten schlug gleich nach einigen Monaten

fehl, da dort die Leute Wohl in sehr reichlichem Maße Darlehen haben

wollten, jedoch keine Spareinlagen machten. Für die Kreditgenossenschaften gilt das gleiche, was Crüger (Erwerbs-und Wirtschaftsgenossenschaften, Jena 1892, S. 373) mit Bezug auf die Konsumvereine schrieb: „vor allem lehrt die Geschichte der Genossenschaften, daß diese sich von unten heraus,

aus dem Volke selbst emporarbeiten müssen, wenn sie lebensfähig sein

sollen, und daß es gesährlich ist, wenn in umgekehrter Reihensolge versahren und ohne genügende Vorbereitung an die Gründung von Genossen­ schaften gegangen wird; das gibt Treibhauspflanzen ab, die in den rauhen Stürmen des Verkehrslebens zugrunde gehen.

Wo sich eine Genossen­

schaft gründen soll, da muß ein Bedürfnis vorhanden sein." Eine der Hauptaufgaben der Genossenschaftsverbände beruht darin, ein scharfes

Auge auf die angeschlossenen Vereine zu haben und ihre Entwicklung genau zu verfolgen. Aber leider päppeln heute manche Verbände Genossen­ schaften auf, die es lang schon verdienten, von der Bildfläche zu ver­ schwinden. Di- Ursache liegt darin, daß heute im Rheinland vier große

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Dr. Richard Poppelreuter.

Verbände

von Genossenschaften miteinander um

Vorrang streiten

und jeder von ihnen eine möglichst große Gefolgschaft hinter sich haben

will. Noch zu Anfang dieses Jahrhunderts haben mit großer Leidenschaft geführte Kämpfe zwischen den beiden größten Verbänden stattgefunden (Raiffeisenverband und Verband rheinischer Genossenschaften zu Köln *),

die namentlich auch im Landkreise Bonn mit großer Heftigkeit geführt wurden.

Eine ausführliche Darstellung darüber würde weit über den

Rahmen der vorliegenden Arbeit hinausgehen.

Es sei nur folgendes

bemerkt, zumal wir in einem anderen Zusammenhang noch darauf zurück­

kommen werden. Das schnelle und von

großen Erfolgen begleitete Wachstum des

Neuwieder Raiffeisenverbandes

in

ganz

Deutschland

und

seine

straffe

Zentralisation, die ihren Mittelpunkt in der Landwirtschaftlichen Zentral­ kasse zu Neuwied fand, mußte notwendigerweise einen großen Konflikt

Schon anfangs der neunziger Jahre hatte es in dem

heraufbeschwören.

wohlhabenden Rheinlande lebhaften Unwillen erregt, daß die reichen Überschüsse der rheinischen Genossenschaften in für sie nicht günstiger

Weise verwandt wurden.

Infolgedessen traten viele Genossenschaften aus

und schlossen sich dem rheinischen Revisionsverband für Genossenschaften in Kempen an, der dem damaligen „Allgemeinen Verbände", heute Reichs­

verband, angefchlossen war (Prinzip provinzielle Dezentralisation). Gegen Ende des letzten Jahrhunderts kam der Streit mit erneuter Heftigkeit

unter Einwirkung noch einer ganzen Reihe von anderen Gründen zum

Wiederausbruch; eine erhebliche Zahl von Spar- und Darlehnskassen

erklärte ihren Austritt, darunter viele aus dem Landkreise Bonn, wie die zu Hersel,

Alfter, Roisdorf, Pissenheim u. a. m.

und wollten

unter Führung von Professor Faßbender einen eigenen Verband gründen.

Der Plan scheiterte, dafür gelang es Faßbender, dessen Persönlichkeit in

diesem Kampfe eine bedeutende Rolle spielte, die abgefallenen Vereine auf der wesentlichen Grundlage der Raiffeisenschen Organisation, jedoch mit reichen Zugeständnissen an die modernen Anforderungen des Genossen­

schaftswesens unter Verschmelzung mit dem Kempener Revisionsverbande

zu dem Verband

rheinischer Genossenschaften zusammenzuschließen, mit

eigener Zentralkasse (der rheinischen Bauerngenossenschaftskasse in Köln)

und Verwaltung in Köln, der sich heute zum weitaus stärksten Ver­

bände Rheinlands entwickelt hat. Eine eingehende Studie über die letzten * Beide auf den gleichen Grundprinzipien beruhend, jedoch letzterer mit starken

Abweichungen von den Ideen Raiffeisens.

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13

Tas Sparwesen im Landkreise Bonn.

inneren Konflikte im Raiffeifenverbande und deren Folgen besteht noch

nicht; sie

würde

bei dem reichen teils noch

ungedruckten

Material

interessante Resultate zeitigen. Neben diesen beiden Verbänden sucht der Verband rheinpreußischer

Genossenschaften mit dem Sitz und der Zentralkaffe in Bonn auch Kredit­ genossenschaften zu werben; er stand namentlich unter dem Einfluß des

Landwirtschaftlichen Vereins für Rheinpreußen.

Merkwürdigerweise hat

dieser Verband im Landkreise Bonn, sozusagen ante portas, keine Kaffen gegründet oder zu sich herüberzuziehen gewußt. Seit einigen Jahren hat die gegenseitige Konkurrenz der vier rheinischen

Verbände (zu den genannten kommt noch der Verband Trierscher Genossen­ schaften hinzu) einem friedlichen Zusammenarbeiten Platz gemacht; wrederholt haben gemeinsame Beratungen über Jntereffenfragen, namentlich auch des Sparwesens, stattgefunden. Die ersten drei Verbände sind seit einigen

Jahren

vereinigt

in dem Reichsverband

deutscher

landwirtschaftlicher

Genossenschaften, der bekanntlich heute nur noch Verbände als Mitglieder aufnimmt.

Zweiter Abschnitt. Die Berufe der Benutzer der Sparorganisationen. Eine begrifflich scharf getrennte Berufsgliederung für die Land­ bevölkerung ist schlechterdings nicht durchzuführen. Fast alle Berufe

treiben mehr oder weniger Landwirtschaft für den Eigen- und Markt­ bedarf, und es ist in vielen Fällen schwer zu entscheiden, ob diese Be­

tätigung Haupt- oder nebenberuflich ausgeübt wird. Besonders bei den Handwerkern, Gewerbtreibenden und Händlern machte sich diese Berufs­

kombination erschwerend bemerkbar. In allen zweifelhaften Fällen wurde die gewerbliche Tätigkeit als ausschlaggebend angenommen, mochte auch in diesem oder jenem Fall die Landwirtschaft stärker als die gelernte

Berufstätigkeit hervortreten. Ähnlich liegt es bei den ländlichen Tagetöhnern und Rentnern; es sind erstere in der hiesigen Gegend sehr ost kleine Parzellenbauern, die mehr oder minder ihre freie Arbeitszeit gegen Lohn an größere Bauern verdingen; soweit es möglich war, sind sie ge­

sondert ausgeführt. Die ländlichen Rentner, besonders die stark ver­ tretenen Rentnerinnen, sind meist frühere Landwirte; sie haben ihr Besitz­

tum schon erbgeteilt, verkauft oder verpachtet und leben von den Zrnfen

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Or. Richard Poppelreuter.

ihres Vermögens; auch sie sind in den Tabellen als besondere Gruppe

Milch-, Obst- und Gemüsehändler und Gärtner, besonders

aufgeführt.

in dem Vorgebirge, sind wegen des überwiegend händlerischen Charakters

zu den Gewerbtreibenden und Handwerkern gerechnet worden.

Unter die

Ackerer und Tagelöhner wurden auch diejenigen gezählt, die im Vorgebirge

im Winter in die Brikettfabriken und Zuckerfabrik zu Brühl und Um­

gegend gehen.

Bei der vorliegenden Berufsstatistik werden Abweichungen

von den amtlichen Berufsangaben hin und wieder Vorkommen, da sie auf Grund des mündlichen Diktats der Rendanten aufgestellt worden sind, was anderseits den Vorzug der größeren Richtigkeit hat, da die Genossen­

schaftsrechner ihre Kunden genau kennen. — Eine weitere Schwierigkeit

für die vorliegenden Untersuchungen lag darin, festzustellen: wer ist eigent­ licher Sparer, wer Depositen-

oder Kontokorrentgläubiger?

Für diesen

Abschnitt der Berufsgliederung konnten nur zwei Gruppen auseinander­ gehalten werden: Sparer und Kontokorrentgläubiger, da die fremden

Mittel der Vereine, von den Bankvorschüssen abgesehen, in den Geschäfts­ büchern nur getrennt werden in „Anlehen" d. h. Sparkassengelder und „Gelder der laufenden Rechnung", deren Kontoinhaber in einem besonderen Buche vermerkt sind; sie scheiden vorläufig für uns aus.

Was die Fest­

legung der zwei Typen Spargeld und Depositen angeht, so tritt ihr unterschiedlicher Charakter nur in der Art und Verwendung der Ab­ hebungen und Einzahlungen hervor; nach Möglichkeit ist ihr verschiedener

Charakter in dem späteren Abschnitt über die Sparweise im einzeln gekenn­ zeichnet.

Ob die Form der laufenden Rechnung oder des einfachen Spar­

kontos gewählt wird, ist auf dem Lande lediglich eine Frage der Bequem­ lichkeit und gewisser Vorteile (z. B. betr. Zins, Provision, laufender Kredit), aber nicht eine Wahl, die unter dem bestimmten Entschluß voll­ zogen wird: „jetzt spare ich, jetzt zahle ich als zeitweilige Überschüsse dauernd genutztes Betriebskapital ein."

Selbst den Rendanten ist ein

wesentlicher Unterschied, wie er Wohl theoretisch durchgesührt werden kann,

zwischen jenen drei Typen nicht geläufig und entzieht sich zum Teil ihrer Kenntnis.

In der Praxis laufen jene drei Arten durcheinander, und

das besonders auf dem Lande, wo ein prinzipieller Unterschied zwischen

Sparkasse, Bank und Kreditgenossenschaft den Leuten nicht bekannt ist

und nur vage Vorstellungen darüber bestehen. Anders in der Stadt, wo die verschiedenen Geldinstitute auf dem Wege der natürlichen Aus­

lese jene dreiteilige Scheidung mit Hilfe der oft auf sie besonders an­ gewiesenen Erwerbsstände durchführen können und die drei verschiedenen Arten der für die Kapitalbeschaffung bestimmten Gelder fast automatisch

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Tas Sparwesen im Landkreise Bonn.

in die dafür bestimmten Behälter fließen lassen; aber auch hier entsteht

oft eine große Mischung, da die Wahl des Geldinstituts von einer ganzen Reihe Motive abhängt. Im solgenden ist unter „wer spart?" verstanden: wer Hat bei den

in Frage kommenden Sparanstalten ein Spargeldkonto? Die Berufe sind geschieden nach den Einkommensverhältnisfen, der beruflichen Ab­ hängigkeit, dem Vermögensbesitz, dem Lebensalter und dem Geschlecht, da nur diese Gesichtspunkte für das Sparen von Bedeutung sind.

Physische Personen. 1. Dauernde und zeitweilige Sparer:

Dauernde Einleger

sind in der Regel diejenigen, welche ihren festen Wohnsitz und Vermögensbesik auf dem Lande haben. Das sind die Kleinbauern, Gewerbtreibenden,

Rentner, Tagelöhner, Dienstboten, kleine Beamte und Arbeiter, auch wenn die beiden letzteren ihrem Berus in benachbarten Städten nachgehen, die aber der großen Vorteile halber auf dem Lande wohnen.

Diese dauernd

örtlich seßhafte Bevölkerung stellt in ihrer Gesamtheit das Hauptkontingent

der Sparer.

Einen nur ganz

geringen Prozentsatz bilden diejenigen

Berussangehörigen, die nur vorübergehend aus dem Lande sich aushalten wie Reisende, Fremde (besonders in Mehlem, Godesberg usw.), Händler (im Vorgebirge), die Wanderarbeiter und Viehschweizer, die nur ein zeit­

weiliges Bedürfnis haben, ihre Ersparnisfe im Aufenthaltsort anzulegen. Ihnen schließt sich an der Teil der auswärtigen ländlichen und städtischen

Sparer, die aus besonderen Gründen (s. s. Abschn.) ihre Ersparnisse in mehr oder weniger weit entsernten ländlichen Sparkassen anlegen.

Diese können dauernde oder zeitweilige Benutzer sein; ebenso wie ein Teil der ländlichen Sparer in der Stadt oder der Nachbarschast spart.

2. Die Beteiligung der Beruse u) mit konstantem, regelmäßigem Einkommen: Beamte, Dienstboten,

gewerblich Angestellte und Arbeiter; alle hauptsächlich mit Arbeitsein­

kommen.

Die genauen Zahlenausweise für alle Berufe sind zusammen­

gestellt in der Tabelle und 2. Die Beteiligung dieser Gruppe ist eine grundverschiedene.

Die Be­

amten mit Pensionsaussichten sind nicht zu den eisrigsten Sparern zu rechnen; nur dort, wo sie in unmittelbarer Verbindung mit den Spar­ organisationen stehen, als Vorstandsmitglieder oder Rechner, ist z. B. bei den Lehrern eine stärkere Beteiligung festzustellen, während höhere

Beamte und Angehörige der liberalen Berufe zu den Ausnahmen gehören

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w erker ...................................

.

71

6

2 6

26464

9

!

287746

668181

261551 15



17864 117211

4

84 367

.

3 324

969

7 727

8 553

990



8 328

1,8

71,4

I

42

1 463384

1,5

29 891

* Pech, Oberbachem, Ptsf-nh-tm , Mehlem (Äreditverein), Mehlem dorf, W aldorf, Brenig, Kardorf, Noesberg, Walberberg, Urfeld, Sechtem. * * Darunter 5 Konten von Schulsparkafsen.

Zusammen: 1303 Prozentsatz: 55,6

Vereine, Sam m lungen usw.

Ja n u a r 1909).

II

14

91

97

659

AU

65 109 3,2

4170 —

52137

93

38 072

45 231

34945

488616

814652

297637

2347 2 050827 100 100

363

91

196

750

323

120806

65071

98546

100

3,9

15,5

3,9

8,4

32,1

13,8

11,0

6,0

3,5

Konten

100

1,9

2,2

1,8

23,4

39,9

14,6

5,9

3,2

4,8

52

Guthaben

Prozentsatz der

(S par- und Darlehnelassenverein!, Ippendorf, Langsdorf, Duisdorf, Alster, Rots-

162 6,9



5157

140

— 257

82

310

946 7 546

3

114

34

8



3

195731

86 607

19 987

1

47 207

5 541

332 361889 14,2 17,7

30

5

88

7

!

weibl.Selbständige Söhne u. Töchter Insgesamt A on- Betrag Kon-! Betrag Betrag ten in Mark ten in Mark len in M ar k

47251 2,2 2,3

Dr. Richard Poppelreuter.

schiedene ...............................................................................................

Unbekannt, ohne Gewerbe, V er ­

Schulsparkonten, Mündelgeld

Kinder (schulpflichtige)**, inkl.

...

100

R e n tn e r .......................................

Ländliche Tagelöhner

530

Ackerer...........................................

werbtreibcnde ......................

Selbständige Handwerker, Ge-

244

52

Dienstboten ...................................

238

68

Arbeiter, unselbständige Hand ­

!

1.

A n 17* Kreditgenossenschaften fielen auf

Männer Ehefrauen Kon-! Betrag Kon-! Betrag ten in Mark ten in Mark

Kleine B e a m te ..........................

Berufe

(S tand vom

Tabelle

B e r u fe d e r S p a r e r

16

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Nebenstelle der Kreissparkasse zu

Gruben- und Fabrikarbeiter u. a.

..

S tiftu n g e n ..............................

— —

L e h rju n g e n ............................................... G em einden ...............................................

Ohne S tand (w erbl.) ...............................

— —

— —

2 2 —

— — —

A lte rs re n te ................................................

Arbeitersparkasse .......................................

T a g e lö h n e r ................................................ W a n d e ra rb e ite r .......................................

Gewerbtreibende ....................................... Gutsbesitzer................................................

M ü n d e l ....................................................

Vereine,

K in d e r ........................................................

7

2

Weibliche und männliche Dienstboten

1

B auhandw erker .......................................

R e n tn e r ......................................................

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1

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2

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3

1



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3



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1

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6



6



— 5

— —

» Z ^ Z Z Z A -Z ^ Z K Z ^ Z Z < s — — —

Ackerer........................................................ Beamte ........................................................

>

r

Tabelle B e r u fe d e r S p a r e r a n den N e b e n s te lle n d e r K re is s p a rk a s s e w ä h re n d 1 9 0 7 /0 8 .

Tas Sparwesen im Landkreise Bonn.

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Dr. Richard Poppelreuter.

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(3 mit 8070 Mk. in Mehlem I); die weiblich selbständigen Beamten, wie Lehrerinnen, gehören, wenn es ihre Einkommensverhältnisse irgendwie

gestatten, zu den quantitativ besten Spargästen.

Ihre Zahl tritt in den

Tabellen wenig hervor, da sie auf dem Lande nicht örtlich konzentriert

auftreten.

Auch sparen im Verhältnis die kleinen Post- und Eisenbahn-

beamten (von den jüngeren Leuten abgesehen) in großer Zahl, wie sich

aus den Beteiligungsziffern aus den Orten ergibt, wo sie einen höheren

Prozentsatz der Bevölkerung ausmachen (Mehlem und im Vorgebirge). Eine relativ stärkere Beteiligung als die im öffentlichen Dienst stehenden

weisen die im Landkreis verhältnismäßig wenigen Beamten von Privat­

betrieben auf; ihre Spartätigkeit ließ sich an mehreren Kassen nachweisen: z. B. zu Oberbachem, Roisdorf, Wesseling.

Im ganzen entfiel auf die

Beamten nur 3,5 und 4,8 o/v der Konten und Guthaben.

Viel seltener

fanden sich sparende jüngere Angestellte in gewerblichen und Handels­ betrieben; z. B. in Mehlem und Walberberg. Etwas stärker ist unter ihnen die Beteiligung der Weiblichen (Mehlem). Eine bemerkenswerte Ausnahme

unter den jüngeren Leuten überhaupt machen die Dienstboten, Knechte, Diener und Haushälterinnen. In den Orten des Landkreises, wie Rois­

dorf, Sechtem, Oberbachem, Wesseling und Friesdorf u. a. O., wo die Gesindehaltung größer ist, kommt das deutlich in den Zahlen zum Aus­ druck; am stärksten treten sie in Mehlem hervor, wo Anklänge an städtische

Verhältnisse starke Gesindehaltung verlangen.

Die Zahl der Sparer ist in

Wirklichkeit größer, da viele ländliche Dienstboten nach Bonn und Godesberg

auf halbe Tage gehen und dort auch ihre Ersparnisse unterbringen.

Die

geringe Beteiligung in manchen Orten wird von den Rendanten mit

wachsender Putzsucht erklärt.

Im ganzen kommen auf das Gesinde 6 und

3,2 o/o. — Der im Vergleich zu ihrer absoluten Zahl geringste Spar­ anteil fällt aus die Arbeiter und unselbständigen Handwerker; jedoch ergaben sich mit Rücksicht auf die Arbeits- und Lebensverhältnisse große

Unterschiede.

Was zunächst die Eisenbahn-, Telegraphen- und Gemeinde­

arbeiter betrifft, d. h. Arbeitertypen, die in Lohn und künftigen Ver­ sorgungsverhältnissen ziemlich günstig gestellt sind, so bilden sie in einzelnen Orten, die günstige Verkehrsverbindungen mit den entfernter liegenden

Arbeitsstätten haben, den Hauptstamm der dort wohnenden Arbeiter über­ haupt, so besonders in Walberberg und Sechtem.

Von allen Arbeitern

sind sie diejenigen, die den ausgiebigsten Gebrauch von den Spargelegen­

heiten machen, zumal sie sehr oft kleine Land- und Hausbesitzer sind.

Auch jüngere und unverheiratete Leute befinden sich unter diesen Sparern. Bei weitem nicht so regsam ist der Spartrieb bei den anderen in Privat­

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Tas Sparwesen im Landkreise Bonn.

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betrieben beschäftigten Arbeitern. Unter den jüngeren Fabrik- und Gruben­ arbeitern fanden sich verhältnismäßig nur ganz wenige Sparer, dagegen bedeutend mehr ältere verheiratete Leute.

Sie finden sich an allen Kassen

mit Ausnahme der von Pissenheim, aber in ungleichen Beteiligungsver­

hältnissen.

Am zahlreichsten sind die Bauhandwerker in Friesdorf ver­

treten, am wenigsten dagegen in Ippendorf; dann folgen Mehlem, Alfter, Lengsdorf, Walberberg (Gruben).

Relativ zahlreich treten so die Arbeiter

dort als Sparer auf, wo sie mit guten Verkehrsmitteln die an der Peri­

pherie oder in der Stadt selbst liegenden Arbeitsstätten leicht und bequem erreichen können. Sie können mehr sparen als ihre städtischen Kollegen,

da sie sich die Vorzüge des ländlichen Wohnens teilhaftig machen können (im einzelnen siehe darüber im Abschnitt über die Sparweise).

Einige be­

sondere Fälle vom Arbeitersparen sollen jedoch hervorgehoben werden: Im südlichen Teil des Bonner Kreises sparte bis zur Stillegung der Grube „Laura"

1908 die Arbeiterschaft sehr wenig.

Infolge der verminderten Arbeits­

gelegenheit kehrte ein Teil der Arbeiter zur Landwirtschaft zurück, ein Teil wanderte ab; und gerade diese Abgewanderten sind es heute, die aus der Fremde ihre Ersparnisse in die Heimat schicken, wodurch sich seit 1908 die Zahl der sparenden Arbeiter an den Kassen zu Mehlem, Ober­ bachem und an der Kreissparkassennebenstelle in Berkum gehoben hat.

In

Friesdorf konnten viele Fälle ermittelt werden, wo Arbeiter mit geringem

Lohneinkommen und kopfreicher Familie ein Sparkonto besaßen.

Witter-

schlick (Tongruben, Porzellanfabriken) wies im Verhältnis die geringste

Zahl von Arbeitern aus, ähnlich einige Orte im Vorgebirge, wie Alfter.

Viel zahlreicher dagegen ist die Schar der Arbeiter, die durch Rückzahlung

von aufgenommenen Schulden zwangsweise spart.

Bei Arbeiterinnen,

die besonders in Friesdorf, Alfter und Duisdorf vertreten sind, konnte

keine Spartätigkeit festgestellt werden; sie wohnen fast alle bei den Eltern,

an die sie den ganzen Lohn abzugeben haben.

Von den Arbeitern fremder

Nationalität, die ziemlich zahlreich in den Ziegeleien von Lengsdorf und früher auf der Grube Laura beschäftigt waren resp, sind, sparte von den

ersteren keiner, von den letzteren sechs in Mehlem I.

Auch konnten einige

Sparer unter den ausländischen Wanderarbeitern, die zur Rübenkampagne herüberkommen, an verschiedenen Nebenstellen der Kreissparkasse und an einigen Genossenschaften ermittelt werden.

Auf sämtliche Arbeiter, un­

selbständige Handwerker usw. kamen 11 und 5,9 o/o. Die Überleitung zur folgenden Gruppe bilden die pensionierten kleinen

Staats- und Kommunalbeamten (Bahnwärter, Steuerempfänger a. D. usw.).

Sie treten hier und da als Sparer auf; in größerer Zahl konnten sie 2*

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Dr. Richard Poppelreuter.

nur in Mehlem an beiden Kassen festgestellt werden.

Rentner ist aus dem Lande hier stark vertreten.

Die Gruppe der

Als eigentliche Sparer

können sie nur in dem Sinne angesprochen werden, als sie ihr Haupt­

vermögen auf einem Sparkonto angelegt haben; es sind meist sogenannte „Pfennigsrentner".

Sie finden sich in jedem Ort und an allen Kassen

mit Ausnahme Ippendorfs, besonders zahlreich in Mehlem (typischer

Rentnerort mit städtischem Einschlag), wo sie beim Kreditverein die stärkste Sparergruppe mit beinahe 40 0/0 der Gesamtguthaben, bei der Darlehns­ kasse die drittstärkste Gruppe bilden, dann mehr als ausgesprochene Land­ rentner in Sechtem und Vorgebirge, wo sie ein Entwicktungsprodukt der

und

Spatenkultur

des Kleinbauerntums sind.

Dazu gesellen sich in

Mehlem noch einige dort wohnende größere Rentner, die aus städtischen

Verhältnissen emporgewachsen sind. Auf die gesamte Rentnergruppe fielen 8,40/0 der Konten, dagegen aber 23,4 0/0 der Guthaben. d) Am stärksten vertreten ist die folgende Einkommensgruppe mit schwankendem, über das Jahr unregelmäßig verteiltem fundierten Arbeits­

einkommen.

Sie stellt den Hauptteil der ländlichen Sparer, der im

rechten Verhältnis zu ihrer Bevölkerungszahl steht.

Sie umfaßt die

Landwirte, hier Ackerer genannt, Gutsbesitzer und Pächter (nur in Ober­

bachem und Walberberg an den Nebenstellen der Kreissparkasse zu Berkum und Wesseling, einer resp, zwei), die ländlichen Tagelöhner, dann die Handwerker und sonstigen selbständigen Kaufleute und Händler. Ganz ver­ einzelt kommen dazu einige größere Unternehmer und Fabrikanten (einer in Pech, fünf in Mehlem mit 26 832 Mk.). Wie diese Erwerbsstände den Kern

der ländlichen Bevölkerung überhaupt bilden, so auch unter den Sparern bei

allen Genofsenschasten mit Ausnahme von Mehlem I. An der Spitze stehen die

Ackerer bei

allen Kaffen.

Die Handwerker und Gewerbtreibenden

kommen in bezug auf die Konten zahl sehr oft an zweiter Stelle, aber

in bezug auf ihre Guthaben müssen sie oft hinter die Rentner, ja bis­ weilen hinter die Arbeiter zurücktreten.

Duisdorf und

In mehreren Kaffen, wie in

im Vorgebirge stehen die eigentlichen Handwerker den

Händlern und Kaufleuten an Zahl oft erheblich nach.

Ein großer Teil

dieser Berufsangehörigen gehört zu den Depositengläubigern, weniger zu den reinen Sparern. Als eigentliche Sparer treten wieder mehr in den Vordergrund die Tagelöhner, die im Vergleich zu ihrer Bevölkerungszahl nur recht schwach unter den Sparern vertreten sind — am stärksten noch in

Roisdorf, Sechtem (Großgrundbesitz!), Mehlem —, und die weiblichen Ge­

werbtreibenden, wie Näherinnen usw.

Ein Teil der Tagelöhner kommt

in der Tabelle nicht zur Geltung, da dieser wohl im Laufe des Jahres

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Tas Sparwesen im Landkreise Bonn.

spart, ebenso wie manche Arbeiter, jedoch alles noch vor Jahresende ab­ hebt, so daß er in der für den 1. Januar aufgestellten Statistik nicht

enthalten ist. Die Natur des

aus sundiertem Besitz

abgeleiteten, unregelmäßig

fließenden Einkommens bringt es mit sich, daß für diese Einkommensgruppe Geldinstitute vorhanden sein müssen, um das Einkommen gleich­

Dies ist auch der Hauptgrund für ihre so überaus

mäßig zu verteilen.

starke Beteiligung. Im ganzen entfielen auf diese Berufsgruppcn 49,8 resp. 56,3 "/o, davon

auf die Ackerer .... 32,1 °/o der Konten und 39,9 °/o der Guthaben „

13,8 °/o „

„ Gewerbtreibenden





14,6 o/»





«infolge Mehlem II: 5 Unternehmer mit 26 832 Mk.) Tagelöhner

.

.

3,9 °/« der Konten und

1,8 °/o der Guthaben.

e) Berufe und Berufslose mit gelegentlichen Einnahmen.

Berufslose

oder farblose Berufsangehörige, meist weiblichen Standes, die von der Unterstützung der Angehörigen oder sonstigen Zuwendungen leben, fanden

sich als Sparer nur ganz vereinzelt. Gruppe die Familienangehörigen:

Hauptsächlich gehören zu dieser

Ehesrauen, Haussöhne und -töchter

und Schulkinder. Ob diese überhaupt sparen, hängt von der Höhe der ihnen frei zur Verfügung stehenden Mittel und ihrer Sparsamkeit ab. Die Ehefrauen sind unter den selbständigen Sparern äußerst schwach der-

treten, nur mit 1,8 und 1,5 °/o; aber, wie durchweg von allen Rendanten versichert wurde, sind sie in der Familie die eigentlich treibenden sparen­ den Kräfte. Äußerlich tritt das sehr wenig hervor, da die Konten fast

alle auf den Namen des Ehemannes ausgestellt werden, die somit 55,6 und 71,4 °/o ausmachen; sparen sie unter eigenem Namen, so handelt es sich

um heimliche Ersparnisse oder um eigenes Vermögen; am stärksten sind die sparenden Ehefrauen begreiflicherweise

vertreten.

unter den Gewerbtreibenden

Eine etwas stärkere Beteiligung weisen die im Hause oder

im Gewerbe der Eltern tätigen Söhne und Töchter auf. In der Regel find es jüngere, unverheiratete Leute, die bis zur Selbständigmachung im Elternhause bleiben, in einigen Orten auch darüber hinaus, wie in Waldorf und Walberberg, wo sich heute noch Reste der früher stark aus­

gedehnten Hausgemeinschaft finden.

Die im Hause wohnenden erwachsenen

Kinder der Minderbemittelten, wie Tagelöhner, Arbeiter, fallen als Sparer fort, da sie ihren Lohn den Eltern abgeben. Im ganzen kamen auf die

schulentlassenen Haussöhne und -töchter 6,9 resp. 3,2 °/o.

Der weitaus

größte Teil von ihnen gehört zur Gruppe der Ackerer und Gewerb-

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Dr. Richard Poppelreuter.

22 treibenden,

wo

sie

besonders

stark

in

der

elterlichen Wirtschaft be­

schäftigt sind; in verschwindend geringer Zahl treten sie bei den anderen

Berufen auf. — Den weitaus größten Prozentsatz in dieser Gruppe nehmen die noch schulpflichtigen Kinder ein; mit 15,5 0/0 an der Gesamtkontenzahl

sie

stehen

an zweiter Stelle;

zuzurechnen.

ein Teil ihrer Konten

ist

den Eltern

Die vielen selbständigen Konten und Konten der Schul­

sparkasse zeigen ihre rege Spartätigkeit. In Mehlem I fallen sogar über 30, in Urfeld beinahe 50 0/0 der Kontenzahl auf die Kinder. Meist sind es Kinder des wohlhabenden ländlichen Mittelstandes, jedoch, wie Er­

kundigungen in Lengsdorf und Alfter ergaben, ist auch bisweilen die Be­

teiligung der Kinder von Arbeitern, Tagelöhnern usw. nicht gering. 3.

Betrachten wir die besprochenen Berufe unter dem Gesichtspunkte

der Abhängigkeit des Berufes, so sehen wir aus der Tabelle, daß die wirt­

schaftlich Selbständigen die weitaus besten Sparer sind, wie Rentner, Ackerer, Gewerbtreibende, sowohl was die Zahl als auch die Qualität

der Konten angeht, während von beruflich Abhängigen besonders alle weiblichen Sparer, dann Dienstboten und Kinder sich besonders hervortun.

4.

Naturgemäß sparen die besitzenden Klassen auf dem Lande mehr

als die Minderbemittelten; mit besonderer Deutlichkeit geht das aus dem

Vergleiche zwischen dem Prozentsatz der Kontenzahl und dem der Gut­

haben hervor: I. Reihenfolge nach den Konten-Prozenten. I. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8.

Ackerer .... Kinder .... Gewerbtreibende Arbeiter.... Rentner.... Dienstboten . . Tagelöhner. . . Kleine Beamte.

.

mit 32,10/0 15,50/0

*

,,

*

,,

. .

„ „

13,80/0 11,00/0 8,40/0 6,00/0 3,90/0 3,50/0

2.

Reihenfolge nach den Guthaben - Pr ozen ten.

1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8.

Ackerer . . . . . Rentner. . . . . Gewerbtreibende Arbeiter. . . . Beamte . . . . Dienstboten . . Kinder . . . . Tagelöhner . . .

mit 39,90/0 „ 23,40/0 14,60/0 5,90/0 4,80/0 3,20/0 ,, 2,20/0 1,80/0 „

Der Anteil an den Guthaben ist im Vergleich bedeutend größer bei den Ackerern, wo sich alle Vermögensklassen gemischt vorfinden, um 7,8 0/0, besonders stark bei den Rentnern um 15 0/0, nur um 0,8 0/0 bei

den Gewerbtreibenden (besonders infolge der 5 Unternehmerkonten mit 26 832 Mk. in Mehlem II), bei den Beamten um 1,3 0/0. Die drei ersteren Berufe stehen in bezug auf die Guthabenqualität weitaus an der Spitze mit 77,9 0/0, so daß für die anderen weniger bemittelten Be­

rufe nicht mehr viel übrigbleibt, bei denen die Kontenzahl relativ größer als der Anteil an den Gesamtguthaben ist: bei den Arbeitern um 5,10/0,

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Tas Sparwesen im Landkreise Bonn.

Dienstboten um 2,8 °/o, besonders stark bei den Kindern um 13,2 °/o, bei den Tagelöhnern um 2,1 °/o, die in beiden Reihen an letzter Stelle stehen. Als äußerste Gegensätze ergaben sich Rentner mit 8,4 resp. 23,4 o» und

Kinder mit 15,5 resp. 2,2 "/». 5. Bei der Gliederung der Sparer nach dem Geschlecht ergibt sich salzendes: wie wir schon oben bemerkten, sind die Weiblichen die sparenden Triebkräste in der Familie, was nach außen hin nicht mit den entsprechenden

Zahlen belegt werden kann; am deutlichsten tritt das noch dort hervor,

wo es sich um die weiblich Selbständigen handelt, in den Rentner-, Ackererund Gewerbtreibendenkreisen; bei den Dienstboten entfielen aus die Knechte, Diener usw. 52 Konten, aus Mägde usw. 88 Konten.

Die Zahl der

weiblichen Selbständigen bei den Ackerern, Gewerbtreibenden und Rentnern

tritt um so mehr hervor, als es sich hier um Berufe handelt, die leicht von den Weiblichen selbständig betrieben oder nach dem Tode des Mannes fortgesetzt werden können: aus sie entsallen im ganzen 14,2 o/o der Konten resp. 17,7 °/o der Guthaben, ein Zeichen sür die gute Qualität ihrer Spar­

guthaben.

Desgleichen ist unter den Hauskindern und Schulkindern die

Beteiligung der Weiblichen am Sparverkehr stärker als bei den Männlichen.

Was die Frage betrifft, in welchem Lebensalter gespart wird, so ist bei der Annahme einer gleichen Sparkrast und Sparsamkeit im all­

gemeinen folgender Verlaus der Spartätigkeit festzustellen: Die Kinder fangen zu sparen an, mit der Schulentlassung hört die

Spartätigkeit in der Regel aus, wenn nicht besondere Einrichtungen wie

z. B. in Berkum getroffen werden, wo der Pastor kleine Ersparnisse von

den schulentlassenen Kindern einsammelt. In einigen Fällen sängt das Sparen wieder kurz vor der Heirat oder der Dienstzeit an. Mit der Heirat hört dann

meist wieder das Sparen

auf.

Diese Lebensalter

machen zu dieser Zeit eine auch sür das Sparen kritische Periode durch. Entweder beginnt jetzt, namentlich wenn über die Vermögensverhältniffe

hinaus zu jung geheiratet wurde, das Sparen in der Zwangsform, wenn

Schulden kontrahiert werden mußten, und hält in dieser Form an, bis

die erwachsenen Kinder zum Verdienst kommen; oder aber die betreffende Familie weiß sich einzurichten und beginnt mit bescheidenen Ansängen Rücklagen zu machen, die bis in das hohe Alter hinein dauern, wenn

nicht besondere Umstände den Verlauf stören.

In diesen jungen Jahren

können wir nur ganz allgemein die Tendenz angeben, da sehr ost rühmens­ werte Ausnahmen bei allen Berusen Vorkommen. Daß so wenig in den 20—30er Jahren gespart wird, hängt zum Teil damit zusammen, daß

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Or. Richard Poppelreuter.

gerade diese Lebensalter den stärksten Zug zur Stadt aufweisen, sei es als Dienstboten, Lernende und Arbeiter.

Die Hauptmasse

der Sparer

entstammt den in der Mitte der dreißiger und in den höheren Jahren stehenden Sparern, besonders bei den Ackerern, Rentnern, Gewerbtreibenden, Arbeitern, Tagelöhnern und Beamten.

Die Spartätigkeit hält dann an

bis in das hohe Alter hinein und findet ihren Abschluß erst bei der Aufgabe der Berufstätigkeit, bei der Erbteilung zu Lebzeiten oder mit

dem Tode.

Nur in seltenen Fällen bleibt das Konto dann noch erhalten,

es sei denn, daß es einen Grundstock bildet, auf dem die Erben weiter

sparen.

Der geschilderte Verlauf geht aus dem Alter der Konten hervor;

beim weitaus größeren Teil liegt es zwischen 5—20 Jahren, nur in Ausnahmefällen wird ein höheres Alter erreicht. Lebensaltern finden sich selten aus den

Sparer aus den jüngeren

Kreisen der Minderbemittelten,

die Kinder und Dienstboten ausgenommen.

Die Beziehung

der Spartätigkeit zu

den Lebensverhältnissen der

Sparer kann nur in ganz allgemeinen Zügen dargestellt werden, da kaum ein anderer wirtschaftlicher Vorgang so von mannigfachen, schwankenden

äußeren und inneren Ursachen abhängig ist und so stark von der In­ dividualität bestimmt wird, wie gerade das Sparen.

Es ergibt sich jedenfalls aus unseren Betrachtungen, daß die soziale Struktur der gesamten Ortsbevölkerung sich auch in der Beteiligung der Sparer

an den Sparanstalten unter Berücksichtigung der schwächeren

Anteilnahme der Minderbemittelten widerspiegelt.

L. Nichtphhfische Personen. 1.

Als regelmäßige

Sparer treten auf dem Lande auf: Krieger­

vereine, die Feuerwehr, freiwillige Krankenkassen und besonders die Viehverficherungsvereine, die fast in jedem Ort bei der Genossenschaft ihr Geldvermögen hinterlegt haben. Dazu kommen bisweilen einige Gesellig­ keitsvereine, wie Gesangvereine, Junggesellenklubs, Kirchenchöre oder land­

wirtschaftliche Kasinos (Duisdorf).

An einigen Kassen gab es ein Konto,

das für die zeitweilige Aufnahme der kirchlichen Opfergelder diente, oder Konten für Gemeindegelder (Oberbachem, Ödekoven). Während die Ver­ ficherungsvereine usw. lediglich Depofitengläubiger sind, treten die Gesellig­

keitsvereine mehr als Sparer auf.

2.

Als

vorübergehende Sparer kommen

vor:

Sammlungen für

Kirchen- oder Kapellenbau, Ausschmückung der Kirchen, für Wallfahrten

(Kardorf) und ziemlich oft zur Errichtung von einem Kriegerdenkmal.

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Dazu gesellen sich manchmal kirchliche Stiftungsvermögen und Mündel­ gelder (in der Tabelle

3.

zu den Kindern gerechnet).

Eine besondere Stellung unter den Sparkonten nehmen die an den

Kassen zu Ippendorf, Duisdorf und Lengsdorf deponierten Wegebaukosten ein; es sind dieses gesperrte Konten, deren Quittungsbücher an amtlicher Stelle zu hinterlegen sind und als Vorschuß gelten, falls durch das Grund­

stück des Deponenten der Bau einer Straße geplant ist. Dann die vier ge­ sperrten zwangsweise angelegten Sparkonten bei der Roesberger Genossen­ schaft. Wie bekannt, wird ein Teil der Kaufgelder (s. Absch. Protokollhandel)

hypothekarisch eingetragen.

Landversteigerer haftbar.

Für die Löschung der Hypothek bleibt der

Der Roesberger Verein legt nun, falls er das

Protokoll erworben hat, dem Versteigerer ein gesperrtes Guthaben an, das am Löschungstermin mit Zins und Zinseszinsen die entstehenden Kosten decken soll. Etwaige Überschüsse erhält dann der Inhaber aus­ bezahlt.

Von den vier Geschwistergruppen in Roesberg gehören zwei

dem Arbeiter-, zwei dem Tagelöhnerstande an.

Dritter Abschnitt. Wo sparen -ie verschiedenen Kreise der Bevölkerung «nd wie suchen die Sparorganisationen die Sparer an sich zu ziehen ? Erstes Kapitel. Die Wahl des Sparortes. I.

Die Wahl des Ortes, wohin der Sparer seine Ersparnisse bringt,

ist seinem freien Ermessen überlassen.

Die Spargelegenheiten sind heute

so reichlich vorhanden, daß der Sparer seine Entscheidung ganz nach Maß­

gabe der in ihm wirkenden Motive treffen kann, die ihm für die Unter­ bringung seiner Ersparnisse wichtig erscheinen.

Diese Motive können wir

im wesentlichen in zwei große Gruppen einteilen; einmal in solche rein psychologischer Art, dann in solche, die von wirtschaftlichen Erwägungen

bestimmt werden (s. Tabelle L 1 und 2 S. 26). 1. In der ersten Gruppe steht voran das Vertrauen zu der Spar­

anstalt, das gerade bei der ländlichen Bevölkerung eine große Rolle spielt; besonders ist es das Vertrauen, daß die Ersparnisse in sichere Hände ge-

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Tabelle «i. Die Beteiligung von auswärtigen Sparern. (Auswärtig außerhalb des Vereinsbezirks.)

Insgesamt

Davon auswärtig

Prozentsatz der Auswärtigen

Kon­ ten

Kon­ ten

Gut­ haben

9,4 5,6 15,6 46,9 24,1 1,9 2,2 7,1 3,5 6,4 2,0 12,0 8,9 18,6 8,1 18,6 9,9 24,3

16,3 1,6 27,8 60,2 38,0 0,1 8,1 5,9 8,1 6,2 0,02 10,7 14,3 38,1 8,3 74,6 15,8 54,4

Genossenschaft Kon­ ten

1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18.

Guthaben

Pech.............................. Oberbachem................. Pissenheim...................... Mehlem I (Kreditvereini Mehlem II ..... Ippendorf...................... Lengsdorf ...................... Duisdorf...................... Alfter.............................. Roisdorf...................... Waldorf.......................... Brenig.......................... Kardorf.......................... Roesberg...................... Walberberg.................. Urfeld.............................. Sechtem.......................... Friesdorf......................

85 72 57 522 270 54 99 84 228 141 99 158 45 70 198 43 122 905

140 129 64168 51 111 420 225 303 335 13 571 83 776 52 491 171 532 82 586 218 931 123 686 23 200 58 615 109 687 33 635 100149 I 1 100 475

Summa:

3252

I 3 151 302

Guthaben

22 866 1046 14 224 255 618 115 397 7 6 788 3 080 13 839 5 144 55 13 283 3 310 22 570 9110 25 112 12 ! 15 784 219 ! 555 119 670 !> 1082 352 8 4 9 245 65 1 22 6 8 9 2 19 4 13 16

20,6 ! 34,3

Tabelle L 2. Beteiligung der auswärtigen Sparer nach der Berufsangehö rigkeit an den Gesamtkonten und Gesamtsparguthaben der in Tabelle Di aufgeführten Ge­ nossenschaften.

Zusammenfassung der Prozent­ zahlen der Größe nach

Konten

1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10.

Nichtphysische Personen. . . Kinder....................................... Arbeiter................................... Ackerer....................................... Gewerbtreibende.................. Tagelöhner.............................. Dienstboten.............................. Rentner................................... Beamte................................... Unbekannt usw........................

5,8 13,7 15,2 18,8 19,8* 22,0 22,8 26,0 32,2 44,2**

Guthaben

5,2 22,2 18,4 23,5 26,8 26,0 35,5 28,1 29,7 47,6

* In Mehlem II 5 größere auswärtige Unternehmer mit 26 832 Mk. Guthaben. ** In Oberbachem ein Gutsbesitzer mit 8151 Mk.

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langen, die sie im Interesse der Sparer verwalten und vor Verlusten bewahren.

Zugunsten der Genossenschaften spricht hier, daß im Falle des

Verlustes des Quittungsbuches der Rendant, der seine Spargäste persönlich

kennt, verhüten kann, daß das Guthaben au einen Unberufenen ausgezahlt

wird.

Von Bedeutung ist ferner für den Sparer, ob die Genossenschaft

unbeschränkte oder nur beschränkte Haftpflicht hat; nach dem Zusammen­

bruch der Bonner Bank 1908 hatte der Mehlemer Kreditverein m. b. H. einen starken Rückgang von Sparern aufzuweisen, während alle anderen

Genossenschaften m. u. H., mit ganz verschwindenden Ausnahmen, und die beiden öffentlichen Sparkassen Bonns keinen Sparer verloren, sondern

mehr neue als sonst gewannen. Wie tief das Streben nach möglichster Sicher­ heit bei dem Landbewohner eingewurzelt ist, zeigt ferner der überaus starke

Prozentsatz von ländlichen Sparern aus der ganzen Umgegend an den städtischen mündelsicheren Kassen. Es ist gar nicht so selten, daß Leute vom

Lande sich, ehe sie sich ein Sparbuch ausfertigen lassen, beim Rendanten über die Sicherheit des

Sparinstituts

erkundigen

oder sich Belehrung

Zeitungen auf dem Wege der Briefkastennotizen holen.

bei

Das Vertrauen

zu den Genossenschaften steigt bei dem ländlichen Sparer, da er so selbst

kontrollieren kann, in welcher Weise seine Ersparnisse Verwendung finden. Das Vertrauen wird ferner erhöht durch das Alter und den bisherigen

durch keine Zwischenfälle gestörten Geschäftsgang der Kassen, worin der Sparer von vornherein auch gewisse Garantien für die Zukunft erblickt. Man kann sehr oft die Beobachtung machen, daß die Ortseingesessenen,

ja selbst Vorstandsbeamte einer

neugegründeten Genossenschaft in den

ersten Jahren noch nicht ihre Ersparnisse bei der eigenen Kasse unter­ bringen, sondern erst abwarten, wie der Verein sich entwickelt.

In bezug

auf das Vertrauen ist der Landbewohner leicht beeinflußbar durch den

Rat von Freunden und Bekannten, namentlich der Geistlichkeit, wodurch

leicht die Wahl einer Sparkasse in bestimmte Richtungen gelenkt wird; es sei auf die starke ländliche Beteiligung an der Bonner Bank verwiesen, die nicht zum mindesten auf die Beeinflussung von Geistlichen usw. zurück­ geht. — In dem heutigen Landbewohner, der vielleicht sein Leben lang immer unter denselben Mitmenschen lebt, steckt noch ein gut Teil Miß­

trauen.

zuhalten.

Auch seine Ersparnisse sucht er möglichst vor anderen geheim­

Die Genossenschaften haben hier den Nachteil, der sich in einem

kleinen Ort um so fühlbarer machen muß, daß außer dem Rendanten noch

ein Vorstandsmitglied über Spareinzahlungen quittieren muß. Ferner stehen dem Vorstand und dem Aufsichtsrat, die beide sich aus mehreren Personen zusammensetzen, die weitgehendsten Kontroll- und Prüfungs-

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befugnisse zu, wozu ein genauer Einblick in die Bücher nötig ist. Manchem Sparer ist das nicht recht, weil er oft eine begreifliche Ursache hat, sein Guthabenkonto geheimzuhalten.

Solche Leute vermeiden die heimischen

Sparanstalten oft ganz oder unterhalten dort nur ein Konto bis zu einer

gewissen Höhe.

So erklärt sich hauptsächlich aus diesem Grunde die Tat­

sache, daß die ländlichen Sparguthaben nicht über eine gewisse Höhe in

der Regel hinausgehen, meist fast nur bis zu 5000 Mk.

Das Streben

nach möglichster Geheimhaltung veranlaßt oft den Sparer die Einzahlungen

von dritter Seite vornehmen, oder das Sparbuch auf einen fingierten Namen ausstellen zu lassen, besonders an auswärtigen oder größeren

Kassen.

Im Zusammenhang mit diesem Mißtrauen steht auch die Tat­

sache, daß eine am Wohnort eventuell bestehende Nebenstelle der Kreissparkasse übergangen wird und der Sparer seine Gelder sofort zur Hauptstelle bringt. Als weiterer Übelstand wird bei den Genossenschaften empfunden, daß der

Sparverkehr sich meist in der Wohnstube des Rendanten vollzieht.

Bei

dem zeitweilig oft recht starken Andrang am Sonntag oder in der Ernte­ zeit, stehen oder sitzen die Spargäste in einem meist kleinen Raum um

den Rendanten herum, so daß jedem Anwesenden ein Einblick in die

Konten ermöglicht wird. Dem Sparer ist diese Publizität unbequem und er

vermeidet Kassen, die er sonst vielleicht gern benutzen würde. — Das Vertrauen des ländlichen Sparers bezieht sich oft weniger auf die be­ treffende Sparanstalt selbst, als auf die leitenden Beamten der Kasse,

namentlich bei den Genossenschaften, so daß ein Beamtenwechsel oft für die Kasse von großer Bedeutung wird.

Die Darlehnskasse zu Mehlem

stellte so Mitte 1906 einen neuen Rechner aus dem Ort an, der all-

seitiges Vertrauen im Gegensatz zu seinem Vorgänger genoß. Der Erfolg war überraschend:

Von Januar bis Juni 1906 wurden eingezahlt:

15 000 Mk., abgehoben 72 582 Mk. (!), von Juni bis Dezember dagegen, nachdem der neue Rechner sein Amt angetreten hatte, wurden eingelegt 64133 Mk., abgehoben 19 633 Mk.: also beinahe das umgekehrte Ver­

hältnis stellte sich ein.

Ein großer Teil der zahlreichen auswärtigen

Sparer der Kasse zu Roesberg (s. Tabelle D 1 S. 26) setzt sich aus ehe­ maligen Schülern des dortigen Rendanten, eines Lehrers, zusammen. Besonders sür die Genossenschaften gilt der alte Erfahrungssatz: nicht

oder weniger die Institution als die Person garantiert den Erfolg.

Daher

einerseits große Erfolge oft, wenn Lehrer, Geistliche oder sonstige Ver­ trauensleute in die Sparorganisationen eintreten, und anderseits klägliche Mißerfolge, wenn ungeeignete Leute zu Rendanten gemacht werden, wie Steuerempfänger, Vollziehungsbeamte usw.

Gerade in der Wahl ihrer

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Das Sparwesen im Landkreise Bonn.

Nebenrendanten hat die Kreissparkasse zu Bonn große Fehler begangen, wodurch sich zum Teil deren Fiasko erklärt. Neben dem Vertrauen ist die Furcht vor einer Steuererhöhung bei der ländlichen Bevölkerung sür die Wahl des Sparorts von besonderer

Bedeutung. Auch hieraus ist die äußerst mangelhafte Benutzung der Kreissparkasse und ihrer Nebenstellen zurückzusühren. Im Vergleich zu srüheren Jahren haben sich heute die Verhältnisse etwas gebessert; aber in dem Landbewohner ist die Steuersurcht zu ties eingewurzelt, als daß

die aufklärende Arbeit des Landrats und der Kreissparkasse selbst hier gänzliche Abhilfe schaffen könnte.

Unter dem Einfluß dieser durchweg

unbegründeten Furcht vor einem strafferen Anziehen der Steuerschraube genießen die Genossenschaften und die städtische Sparkasse zu Bonn eine

besondere Bevorzugung.

Sind auch Vorstandsmitglieder von Genossen­

schasten oft in den Steuereinschätzungskommissionen, so haben sie doch ein begreifliches Interesse daran, über die Guthaben ihrer Sparer zu schweigen.

Trotzdem ist es beim Mehlemer Kreditverein vorgekommen, daß sich manche Sparer abwandten, als der Rendant Ortsvorsteher wurde.

Man nimmt

oft lieber das Risiko auf sich, eine weniger bekannte, entferntere Spar­ anstalt zu wählen, als in die vermeintliche Lage zu kommen, höhere Steuern

zahlen zu müssen. Unter solchen Verhältnissen ist es nicht richtig, wenn, wie es vorgekommen ist, von der Steuerbehörde an einen Vereinsvorsteher die Zumutung gestellt wurde, genauere Angaben über die Vermögens­ verhältnisse eines Steuerzahlers zu machen. — Außer dieser ost un­

begründeten Furcht kommt es ost vor, daß namentlich von auswärtigen Sparern entlegene Genossenschaftskassen oder größere Sparkassen gewählt

werden, um dort bewußt vor einer Steuererhöhung geschützt zu sein, worauf manche der außerordentlich hohen Guthaben auswärtiger Sparer

in Friesdorf (s. Tabelle L s S. 29) schließen lassen.

Tabelle L». Herkunft der Sparer des Spar- und Darlehnskassenvereins

zu Friesdorf (Stand vom 1. Januar 1909).

Aus Friesdorf felbst...................................... 686 Konten mit „ 10 Orten der näheren Umgegend . . 171 „ ,, „ 9 „ „ weiteren „ . . 20 „ „ „ 14 weit entfernten Orten und Städten 28 „ „

545356 Mk. 442238 „ * 30 963 „ 81918 „

905 Konten mit 1 100475 Mk.

Davon entfallen 686 Konten mit 545 356 Mk. auf Friesdorf 219 „ „ 555 119 „ „ auswärtige Sparer. i 1 Landwirt mit 6 Konten mit 47 768 Mk.

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Dr. Richard Poppelreuter.

Die Wirkung der Motive, die die Benutzung auswärtiger Kassen veranlassen, ist meist so groß, daß die damit verknüpften Nachteile, wie

größere Mühen und Kosten im Sparverkehr, keine Kontrolle über die Kasse usw., nicht beachtet werden.

Diese rein psychologischen Motive

geben auch dann den Ausschlag, wenn die wirtschaftlichen Vorteile bei

mehreren Kassen die gleichen sind. 2. Neben diesen rein psychologischen Motiven beginnen heute auch bei der ländlichen Bevölkerung die wirtschaftlichen Erwägungen bei der

Wahl des Sparortes mehr und mehr die entscheidende Rolle zu spielen, die Ersparnisse nämlich dort anzulegen, wo sie den höchsten Zins einbringen oder eine jederzeitige bequeme Verfügbarkeit darüber zulassen. Daraus

werden besonders die ländlichen Haupterwerbsstände, deren Sparen eng

mit ihrer Berufstätigkeit verknüpft ist, sehen; da heute fast alle Spar­ anstalten in gleicher Weise den psychologischen Motiven entgegenzukommen

suchen, so bewirken die wirtschaftlichen Erwägungen meist, daß im Ort selbst, zumal des höheren Zinses wegen bei der Genossenschaft gespart wird.

Gerade der Zins ist in hervorragender Weise dazu geeignet Sparer

anzulocken, wie oft das Zu- resp. Abströmen bei einer Zinserhöhung resp, -erniedrigung zeigt.

Momente, wie die der Sicherheit, der Geheim­

haltung usw. spielen dabei für viele Sparer gar keine Rolle, wenn nur die Ersparnisse an der betreffenden Kasse den besten Zins abwerfen. Seit

vielen Jahren war bis zum Zusammenbruch die Bonner Bank die beste

Zinszahlerin der ganzen Umgegend, wodurch viele ländliche Sparer an­ gelockt würden.

Anders meist bei Genossenschaften.

Wird hier der Zins­

satz auf das Maximum der ganzen Umgegend gebracht, so werden weniger

auswärtige Sparer herangezogen, als daß einheimische ihre auswärts angelegten Guthaben im Ort selbst nunmehr unterbringen.

Der Grund

liegt in dem beschränkten Wirkungskreis der ländlichen Genossenschaften. Gewähren viele Kassen einen gleichen Zins, so werden die Kassen bevor­

zugt, die die Einlagen täglich verzinsen (z. B. Friesdorf, die städtischen Sparkassen). Die meisten Genossenschaften haben hier den Nachteil, daß sie mit der Verzinsung erst vom 1. oder 15. des Monats ab beginnen. Auch die möglichst bequeme Verfügbarkeit über den Sparfonds spielt für viele Sparer eine große Rolle.

Die Verbandszugehörigkeit ermög­

licht allen Genossenschaften, jederzeit die höchsten Beträge auszuzahlen, ohne die allerdings in den Statuten vorgesehene Einhaltung der Kündigungs­

fristen von ihren Kunden zu verlangen; auch die städtischen Sparkassen haben sich, ohne eine Zinsherabsetzung eintreten zu lassen, von diesen

Bestimmungen in der Praxis freigemacht, während die meisten kleineren

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noch jungen Sparkassen der außerhalb des Landkreises liegenden Land­

städte vorherige Kündigung unter Staffelung der Zinssätze verlangen. Wie großen Wert auch der ländliche Sparer darauf legt, jederzeit ohne

besondere Umstände und Zinseinbußen über fein Guthaben verfügen zu können, zeigt folgender Fall: vor einiger Zeit wanderte eine Reihe von

Sparern von dem Kessenicher Verein nach Friesdorf ab, weil Kessenich bei größeren Abhebungen vorherige Kündigung verlangte oder nur gegen hohe Provisionen die Beträge sofort auszahlte.

Die örtlichen Genossen­

schaften genießen den weiteren Vorzug, daß sie in unmittelbarer Nähe

des Sparers liegen und den Landverhältnissen durchaus angepaßte Ge­ schäftszeiten haben (s. u. 2. Kapitel S. 47). Hiermit im Zusammenhang steht

die

Tatsache, daß im Verhältnis

die Konten der einheimischen

Sparer einen bedeutend lebhafteren Sparverkehr als die von auswärtigen

aufweisen. Die Mitglieder der Genossenschaften, die sich in

der Hauptsache

aus Ackerern, Gewerbtreibenden und Arbeitern zusammensetzen, haben noch

einen besonderen Anlaß bei ihrer Genossenschaft zu sparen; es ist das solidarische Gefühl der Gemeinsamkeit und die Überzeugung des genossen­

schaftlichen Geistes, die

eigene Genossenschaft in der Erreichung ihrer

hohen idealen und wirtschaftlichen Aufgabe durch Anvertrauen aller Er­ sparnisse zu unterstützen, die ja ihnen in erster Linie zugute kommen

sollen; der Anreiz der Genossen bei ihrer eigenen Kasse zu sparen ist

um so größer, als ihnen sehr oft ein höherer Zinssatz gewährt wird, meist 1/4—V2 0/0 mehr als den anderen Sparern; manchmal kommt diese Ver­ günstigung in Fortfall, weil, wie es in Walberberg vorgekommen ist, die

anderen Sparer dagegen protestierten.

Der Anteil, den die Mitglieder

an den Gesamtsparguthaben und Konten haben, weist große Schwankungen

auf, wie die Zahlen in Tabelle L 4 (S. 32) zeigen. Ter Anteil der Vereinsmitglieder schwankt zwischen 2,3 und 0,01 0/0 und: 48,5 und 84,5 0/0, während im ganzen bei allen 15 Genossenschaften

sich 24,4 und 34,6 0/0 ergibt.

Aus den Zahlen geht unleugbar hervor,

daß der Prozentsatz der Mitglieder an den Gesamtkonten niedriger ist,

als der Anteil an den Gesamtguthaben, daß also die Mitglieder höhere Guthaben aufweisen als die anderen Sparer. Nur bei sieben Genossen­

schaften ergaben sich kleinere Guthabenprozentsätze, jedoch ganz geringe Differenzen, die weit hinter den anderen Überschüssen zurücktreten, so daß insgesamt der Guthabenanteil der Genossen um rund als der der Konten.

Die Gründe dafür sind:

10 0/0 höher ist,

1. stammt die Mehrzahl

der Genossen aus den Kreisen der Ackerer und Gewerbtreibenden, es folgen

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Tabelle 84. Stand vom 1. Januar 1909. Mitglieder-

Genossenschaft Konten

1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15.

Pech........................................... Pissenheim.............................. Oberbachem.............................. Mehlem II............................... Ippendorf................................... Lengsdorf................................... Alfter....................................... Roisdorf................................... Waldorf................................... Brenig....................................... Kardorf....................................... Roesberg................................... Walberberg.............................. Urfeld....................................... Sechtem.......................................

30 10 25 32 3 33 32 28 48 58 14 20 37 1 54

Insgesamt:

425

dann erst die Arbeiter,

I

Prozentsatz von den

Guthaben

Gesamt­ konten

Gesamt­ guthaben

51 739 12 738 35 875 18 285 339 57 644 27 069 17 681 185 183 70 992 6 117 13 972 20 174 5 28 911

35,3 17,5 34,7 11,8 5,6 33,3 14,1 19,9 48,5 36,7 31,1 28,6 18,7 2,3 44,3

36,8 24,8 56,0 6,0 2,4 67,6 15,8 21,0 84,5 57,0 26,4 23,6 18,4 0,01 28,8

546 724

24,4

!

I

34,6

deren Mitgliederguthaben allerdings geringer

sind als die der Nichtmitgliedarbeiter (s. Abschn. über die Verwendung; viertes Kapitel: Wem kommen die Spargelder zugute S. 135 ff.). 2. Sind

unter den Mitgliedern die kleineren Sparer selten vertreten, wie Kinder 3. Dort, wo die Anteile der Mitglieder geringer sind,

und Dienstboten.

sind sehr viele Genoffen Arbeiter und sonstige Minderbemittelte, wie in

Ippendorf, Walberberg, Sechtem und Mehlem. Trotzdem kommt es bisweilen vor, daß, namentlich in den ersten Geschäftsjahren die Mitglieder auswärts sparen, auch dann, wenn an einer Genossenschaft (Urfeld) Unterschlagungen vorgekommen sind, die das

Vertrauen zum Verein untergraben haben.

Unter letzteren Umständen

gehört es nicht zu den Seltenheiten, daß einzelne Genoffen auswärts ein

Guthaben unterhalten,

um im Falle

eines Bankrotts beizeiten Ver­

mögensteile in Sicherheit gebracht zu haben.

3. Eine dritte Gruppe von Motiven wird bestimmt durch die Art der Sparzwecke, für die besondere Spezialsparkassen sich gebildet haben.

Im Zusammenhang hiermit steht die große wirtschaftliche Entwicklung,

daß sich immer mehr Institute bilden, wie Versicherungsanstalten aller Art, die auf dem Wege des Zwangssparens besondere Sparzwecke in besonders geeigneter Weise pflegen.

Leider hat das ländliche Versicherungs­

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Tas Sparwesen im Landkreise Bonn.

wesen noch nicht die Ausdehnung gewonnen, die es verdiente, da nament­ lich der Bauer den Versicherungsinstituten ein gewisses Mißtrauen ent­ gegenbringt, das infolge gewisser Manipulationen einzelner Gesellschaften noch

genährt worden

„Viktoria").

ist

(z. B.

die Kinderversicherung

der

Berliner

Havenstein führt drei Gründe dafür an (Schriften des

Vereins für Socialpolitik Bd. 76, S. 229): 1. weil die Landwirte sich

vor der prompten Prämienzahlung fürchten; 2. weil es an der nötigen Aufklärung und Empfehlung fehlt; und ,3. weil der Bauer die Versicherung bei der Bodenmobilisierung (und Spatenkultur) nicht für nötig hält.

Die Wirkung der besprochenen Motive ist stärker oder schwächer, je nachdem es sich bei dem Sparer um dauernde oder vorübergehende An­

lage von Ersparnissen oder um kleinere oder größere Beträge handelt.

Alle die rein psychologischen und wirtschaftlichen Beweggründe ent­ falten ihr freies Spiel und je nach dem überwiegenden Einfluß des einen

oder anderen Motivs wird die Wahl der in Betracht kommenden Spar­

kasse getroffen.

Bei Berücksichtigung dieser vielen Motive kann nicht

genug der Auffassung entgegengetreten werden, als ob der höchste Zins

das entscheidende wäre oder die Mitgliedschaft zur Genossenschaft, wie sie

neuerdings noch einer der besten Kenner des Sparkassenwesens, Schachner (Das französische Sparkassenwesen in Conrads Jahrbüchern f. Nationalök. u. Stat. 1910, Bd. 1, S. 35) geäußert hat: „An den Kreditgenossen­

schaften mögen sich jene beteiligen, denen die Vorzüge jener wieder in Der kleine Sparer schreit aber nach dem möglichst

den Schoß fallen.

höchsten Zins!"

Dafür ist heute aber die Stellung der Genossenschaften

als allgemeine ländliche Sparkassen zu sehr gefestigt und anerkannt.

Jener

Ansicht widerspricht ferner die Tatsache, daß in dem immerhin kleinen Gebiet des Bonner Landkreises es Sparkaffen gibt, die stark besucht werden, obwohl sie bis zu 3/4—1^/2 0/0 Zinsunterschiede aufweisen.

II. Der Einfluß aller besprochenen Motive unterliegt einer Reihe

von Förderungen und Hemmungen. Als Hemmungen wirken vornehm­ lich 1. schlechte Verkehrsverhältnisse, die Leicht eine Monopolstellung weniger Kassen veranlassen können. Über schlechte Verkehrsmittel kann der Bonner Kreis nicht klagen; er ist wie es seine zentrale Lage in einem

großen Verkehrsgebiet mit sich bringt, mit modernen Verkehrsmitteln reichlich versehen; nur der südwestliche Teil ist noch wenig aufgeschlossen,

trotzdem wurden Sparer aus jenen Orten in Mehlem, Godesberg und Bonn festgestellt, und umgekehrt; 2. ebensowenig herrscht ein Mangel an geeigneten Sparkassen, die in allen Spielarten im Laufe der letzten JahrL christen i36.

3

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Or. Richard Poppelreuter.

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zehnte allerorts gegründet wurden und dem Sparer eine reiche Auswahl darbieten.

3. Bedeutsamer ist, daß manchmal ein rechtlicher Zwang,

wie Mündelgelder, Stiftungen usw., oder sonst eine Autorität die freie Sparortswahl unterbindet (s. unten). 4. Die Macht der Gewohnheit läßt sehr oft die bisherige Sparkasse weiter benutzen, wenn auch infolge von Neugründungen andere näher gelegenere Kassen zur Benutzung be­

sonders

geeignet erscheinen, besonders wenn es Kassen gleicher Art sind.

So findet man z. B. an Genossenschaften oft eine Menge von Sparern

aus einem benachbarten Ort, obwohl in diesem mit der Zeit auch eine Genossenschaft ins Leben gerufen wurde. Besonders fördernd für die freie Auswahl unter den Sparkassen

kommen in Betracht gute Verkehrsverbindungen, die eine Emanzipation

von der örtlichen Sparkasse verursachen können (besonders zugunsten der Stadt), die Unabhängigkeit und Beweglichkeit des Berufes (so bei liberalen Berufen, Ackerern, Gewerbtreibenden, Rentnern, die so hauptsächlich zu

den auswärtigen Sparern gehören), der Sinn für wirtschaftliches Handeln,

schließlich die vielen vorhandenen Sparkassen und deren Konkurrenz und Konkurrenzmittel (s. folgendes Kapitel).

In besonders

hohem

Maße

wirkt fördernd für ein Abwandern von ländlichen Ersparnissen in die Städte der überaus lebhafte Verkehr zwischen Stadt und Land, veranlaßt durch die Stadt als Sitz der Behörden und Geschäftswelt und durch die

im Landkreise betriebene Gartenkultur.

An den Markttagen, namentlich

in den Haupterntemonaten Mai—August, weist die städtische Sparkasse

in Bonn einen so hohen Prozentsatz ländlicher Sparer vor ihren Schaltern

auf, daß man sich an eine ländliche Sparkasse versetzt fühlt, während die Kreissparkasse, die im Gegensatz zur städtischen nur auf Umwegen vom Markt und dem Geschäftszentrum zu erreichen ist, an solchen Tagen einen kaum stärkeren Verkehr als sonst zeigt.

III.

Für die einzelnen Berufsgruppen ergibt sich eine verschiedene

Bevorzugung der Sparanstalten.

Bei der Reichhaltigkeit der verschiedenen

Motive läßt jedoch sich kein bestimmtes Schema aufstellen, da die Wahl

des Sparorts dafür zu verschieden von der Individualität des Sparers

beeinflußt wird (s. Tabelle 62, S. 26). 1.

Besser Situierte, besonders Angehörige der höheren

liberalen Berufe sparen selten im ländlichen Wohnort bei den Neben­

stellen der Kreissparkassen oder den Genossenschaften. Sie betrachten diese Organisationen als nicht standesgemäß und wollen sich auch nicht gerne von

den „kleinen Leuten" in die Vermögensverhältnisse blicken lassen; höchstens

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Das Sparwesen im Landkreise Bonn.

lassen sie ihre Kinder bei ihnen sparen.

Sie ziehen durchweg auswärtige

größere Kassen oder Banken vor, was besonders durch ihre große Be­ wegungsfreiheit und unabhängige Stellung und ihr Vertrautsein mit

den modernen technischen Verkehrs- und Geldmitteln erleichtert wird. 2.

Anders dagegen gewerblich Angestellte, Arbeiter, Falls sie sparen, ziehen

Dienstboten, Tagelöhner und Kinder.

sie durchweg die örtlichen Spargelegenheiten vor, sei es aus Unbeholfenheit

im wirtschaftlichen Handeln oder in der Benutzung der modernen Verkehrs­ mittel, die für die Geldüberweisung in Frage kommen, sei es aus Mangel an

Zeit und geeigneten Gelegenheiten, von den auswärtigen Kassen, namentlich städtischen, ausgiebigen Gebrauch zu machen.

Außer dem eigenen Ort,

kommen für sie fast nur Kassen der nächsten Umgegend in Frage, wie Genossenschaften, die sich in ihren Kassestunden auch ihren Bedürfnissen

anzupassen wissen; auch sind sie besonderer äußerer Beeinflussung aus­ gesetzt. Gerade von diesen minderbemittelten Kreisen wird im Falle einer Tarlehnsgewährung verlangt, daß sie bei der darlehngebenden Kasse die Tilgungsquoten zusammenzusparen haben; oder es kommt, wie in Wesse­

ling vor, daß der Dienstherr, Rendant der Kreissparkassennebenstelle, den Lohn seiner Dienstboten sofort auf ein Sparkonto anlegt.

Ferner büßt

eine ganze Reihe von Motiven (wie besonderes Sicherheitsstreben, Steuer­

furcht, Geheimhaltung, hoher Zins usw.) bei diesen minderbemittelten Berufsgruppen an Wichtigkeit ein, da sie über relativ geringe Ersparnisse verfügen oder nur vorübergehend sparen. Wenn Spezialkassen vorhanden sind, wie Arbeitersparkassen, so werden diese gern benutzt (Wesseling und

Hersel), wenn die Wahl zwischen Nebenstelle oder Genossenschaft schwankt,

werden meist letztere bevorzugt, jedoch wurden verhältnismäßig viel Kinder und Dienstboten auch an den Kreissparkassennebenstellen festgestellt. Bei den Kindern geht am meisten noch die Wahl ohne eigene Überlegung vor sich; sie werden hauptsächlich von den Eltern in ihrer Wahl be­ stimmt; sie sparen durchweg im eigenen Ort und benutzen gern die aller­

dings heute noch spärlich vorhandenen Schulsparkassen (s. u. S. 49 u. 76);

eine Reihe von Konten geht direkt auf die Eltern zurück

namentlich wenn

es sich um auswärtige Guthaben handelt. Städtische Sparanstalten, fast nur jedoch die reinen Sparkassen, werden

von diesen Berufen nur sehr selten oder in folgenden Ausnahmefällen benutzt, wenn Familienangehörige Produkte auf dem Markt verkaufen oder sonstigem Nebenverdienst in der Stadt nachgehen.

Liegt von den

auf dem Lande wohnenden Arbeitern die Arbeitsstätte in der Stadt, so

verbietet das ungefähre Zusammenfallen von Arbeitszeit und Geschäfts3*

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Dr. Richard Poppelreuter.

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stunden eine ausgiebigere Benutzung städtischer Sparanstalten.

Ländliche Dienstboten, die in der Stadt in Stellung sind, übergeben in den meisten

Fällen ihre Ersparnisse den Eltern, die sie, vorausgesetzt, daß sie sie nicht selbst brauchen, in den ihnen geeignet scheinenden Kassen unterbringen.

Arbeiter, die getrennt von ihren Fannlien in anderen Städten (s. o. S. 19)

ihrem Verdienst nachgehen, schicken ihre Ersparnisse meist an die heimischen

Kassen, damit ihre Familien bequemer darüber verfügen können oder weil sie doch später wieder zurückzukommen gedenken. Nach der Tabelle 62 S. 26 entfielen auf auswärtige Konten und Guthaben der Dienstboten:

Arbeiter usw.:

22,8 und 35,5

15,2 und 18,4

Kinder:

13,7 und 22,2

Tagelöhner:

22 und 26 0/0.

Diese Auswärtigen stammen durchweg aus der näheren Umgegend der Vereinsbezirke.

Die Prozentzahlen bei den Arbeitern, Kindern und

Tagelöhnern sind so hoch, weil besonders der Kreditverein zu Mehlem II eine starke ländliche Benutzung aufzuweisen hat (s. Tabelle 82 S. 26)

und somit den Ausschlag gibt. 3. Die kleinen Beamten gehen ziemlich sorgfältig bei der Wahl

des Sparorts vor, sehr zustatten kommt ihnen ihre größere Beweglich­ keit (z. B. bei Eisenbahn-, Postbeamten, Wegeaufsehern, Lehrern usw.). Nach der Tabelle 6 2 weisen sie in bezug auf Auswärtige, abgesehen von

den Unbekannten usw., die an letzter Stelle stehen mit 44,2 resp. 47,6 0/0,

die höchsten Prozentzahten auf, nämlich 32,2 resp. 29,7 0/0.

Auch diese

stammen meist aus der näheren Kassenumgegend; neben der heimischen Spar­ gelegenheit benutzen sie ziemlich zahlreich die Kreis- und städtische Sparkasse.

4.

Bei den Handwerkern, Kauf-

und

Handelsleuten,

Landwirten und Rentnern wirken alle Motive, wie besonderes

Sicherheitsstreben, Geheimhaltung, Steuerfurcht, Vertrauen, in besonderem

Maße aber die wirtschaftlichen Erwägungen betreffend bequeme Verfügbar­ keit, hohe event, sofortige Verzinsung usw. in hervorragendem Maße bei der

In erster Linie werden entweder die städtischen oder heimischen Sparanstalten benutzt, während die Beteiligung an denen

Wahl des Sparorts mit.

der näheren Umgegend nur wenig stärker, meist aber geringer im Verhältnis ist, als bei den anderen Berufen (s. Tabelle IZ2 S. 26), sie benutzen so

mit Vorliebe die Genossenschaften, zu deren Hauptmitgliedern sie ja ge­ hören, und bilden bei den städtischen Kassen den weitaus größten Teil der ländlichen Sparer, während Kreissparkassennebenstellen nur ganz

wenig in Anspruch genommen werden, auch dann, wenn keine andere Spargelegenheit vorhanden ist; es liegt dies an dem mit Umständlich­

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Tas Sparwesen im Landkreise Bonn.

keiten, die der Kontrolle aber halber nötig sind, verknüpften Sparverkehr. Ihre beruflichen Interessen erfordern, daß die Sparkassen möglichst schnell

und bequem für sie erreichbar sind.

Außer den Genossenschaften sind

dieses die städtischen Kassen, da diese Berufsangehörigen ja sehr oft die Geschäftsviertel usw. der Stadt betreten in Bonn oder Köln, so daß es für sie weitaus bequemer ist,

die Ersparnisse bzw. Depositen in die

dortigen Kassen einzulegen, die ihnen auch sonst mannigfache Borteile

bieten, als sie erst mit ins Dorf zurückzubringen und dort anzulegen. Auch stammen aus ihren Kreisen diejenigen, welche mehrere Kassen be­

nutzen, besonders wiederum die Rentner.

Banken u. a. werden bedeutend

seltener benutzt, da der durchschnittliche Landbewohner eine bewußte oder

unbewußte Scheu vor ihnen hat; er fühlt, daß sie für ihn nicht ge­ schaffen sind; es sei denn, daß sie sich, wie die frühere Bonner Bank,

großer Popularität erfreuen, in ländlichen Kreisen gut eingeführt sind, oder besonders praktische Spareinrichtungen (s. f. Kap. S. 48 ff.) aufweisen, oder einst Genossenschaftskassen waren und erst später zu Bankfilialen wurden

(vgl. Niederdeutsche Bank!).

In neuerer Zeit bieten einige Spezial­

banken dem Landvolke besondere Vorteile, von denen vielfach Gebrauch gemacht wird:

wie die Bank des rheinischen Bauernvereins und

die

Handwerkerbank in Köln, die besonders die beruflichen Eigentümlichkeiten

zu berücksichtigen Pflegen.

Mit der weiteren Erstarkung und Ausbreitung

der Kreditgenossenschaften

geht zweifellos

einerseits

die Tendenz,

die

eigenen Ersparnisse auch möglichst wieder im Ort anzulegen, zumal durch

Einrichtung täglicher Märkte in den Dörfern selbst (Vorgebirge, Alfter!) die Berufsgeschäfte sich auf dem Lande abspielen und den Stadtbesuch

teilweise überflüssig machen, anderseits aber auch das Streben, die hohe

Sparkraft des Landes für städtische und großgewerbliche Institute aus­ zunutzen (s. f. Kap. S. 50).

Im einzelnen wurde beobachtet, daß größere Gewerbt reibende in Wesseling, Friesdorf und Mehlem bei Bonner, Kölner oder Godesberger Banken in laufender Rechnung stehen; es sind selbständige Fabri­

kanten oder Bauunternehmer, deren Haupttätigkeitsfeld auch in jenen Städten liegt und für die die Benutzung der örtlichen Kassen unbequem wäre.

Von den Gewerbtreibenden findet man besonders auffallend wenig Wirte u. dgl.

als Sparer an den Genossenschaften; es wurde allgemein vermutet, daß sie auswärts ihre Ersparnisse unterbringen oder an größeren Kassen, wie Mehlem und Friesdorf.

Von den Ackerern, die das Hauptkontingent der Genossenschafts­ mitglieder stellen, benutzen die kleinen und mittleren hauptsächlich die

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Or. Richard Poppelreuter.

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örtlichen Genossenschaften, dazu kommen einige Großbauern (in Oberbachem, Sechtem, Mehlem I u. II, Roesberg und Roisdorf, Waldorf), während im allgemeinen (außer Friesdorf) Gutsbesitzer und die meisten Großbauern (Sechtem!) nur seltener die Genossenschaften als Sparer oder Kontokorrent­ gläubiger (Brenig) aufsuchen.

Sie stehen besonders im nördlichen Teil

des Landkreises und darüber hinaus mit der Bezugs- und Absatzgenossen­

schaft und der Zuckerfabrik in Brühl in laufender Rechnung, deren Aktien

sich hauptsächlich in ihren Händen befinden, oder mit größeren Banken und Sparkassen in Bonn und Köln.

festgestellt

nur in Oberbachem

Gutsbesitzer als Sparer wurden

und Walberberg.

Ihre „Ersparnisse"

tragen in der Hauptsache den Charakter von reinen Depositen und sie finden darum die Beteiligung an obigen Organisationen bequemer und

vorteilhafter.

Dazu kommt, daß sie gegenüber den Genossenschaften und

Nebenstellen ein gewisses Odium an den Tag legen, die nach ihrer An­ sicht „ja nur für die kleinen Verhältnisse"

zugeschnitten seien.

In

früheren Jahren dagegen, als die genannten Brühler Unternehmungen

noch nicht bestanden, sparten eine Reihe von Großgrundbesitzern bei der

Sechtemer Genossenschaft.

Von den zahlreichen in Mehlem und Umgegend

ansässigen größeren Rentnern haben nur wenige vielleicht Bruch­ teile ihres Vermögens an den dortigen Genossenschaften deponiert, sie

bevorzugen vorwiegend Banken oder größere städtische Sparkassen, während die kleinen ländlichen Rentner aus besonderen Gründen (f. 4. Abschn.

betr. Verwendung der Abhebungen S. 100) mit Vorliebe die Genossen­ schaften des Orts oder der Umgegend benutzen, wo sie in bezug auf die Guthaben die reichsten Sparer sind.

5.

Vereinsguthaben, Sammlungen, Stiftungen usw.

werden durchweg, wenn es nicht anders durch die Statuten bestimmt wird, den örtlichen Sparkassen, besonders den Genossenschaften, überwiesen. In bezug auf den Anteil an den auswärtigen Konten machen sie den geringsten Prozentsatz 5,8 resp. 5,2 o/o aus, während Mündelgelder und Kirchen­

stiftungen meist den städtischen Sparkassen, besonders der Kreissparkasse

anvertraut werden. IV.

Für den Sparer bedeutet die Benutzung der nah gelegenen

Kassen meist die größten Vorteile, während das Sparen an auswärtigen Kassen mannigfaltige Nachteile mit sich bringt, wie mangelhafte Kontrolle,

Erschwerung des Sparverkehrs usw.; zudem weiß der Sparer nie, ob die auswärtigen Kassen ihre Versprechen halten werden, was manchem, der mit den örtlichen Verhältnissen vertraut ist, aus guten Gründen zweifel­

haft erscheint, ferner kann der in der Nähe wohnende Sparer sein Gut­

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Das Sparwesen im Landkreise Bonn.

haben mit größerer Leichtigkeit der betreffenden Kaffe wieder entziehen, wenn irgendeine Gefahr im Anzuge ist.

Ein Beispiel dafür: vor nahezu

einem Jahrzehnt geriet die Genossenschaft zu Urfeld infolge von Unter­ schlagungen in Schwierigkeiten. Die Folge war, daß die einheimischen Sparer sich von nun an dieser Kasse ziemlich fern hielten, während die Auswärtigen heute in Urfeld einen ganz beträchtlichen Prozentsatz aus­ machen, nämlich 74,6 °/o.

Tabelle L Herkunft der Sparer der Städtischen Sparkasse zu Bonn. (Stand vom 1. Januar 1890.) Gesamtkontenzahl der





Sparer des Landkreises Bonn......................... 4 739---- 35/o

„ „

aus sonstigen auswärtigen Orten . . 1094 „ „ der Stadt Bonn........................... 7 749 Gesamtzahl Ende 1889: 13 582

Bedeutsamer sind die Folgen für die Sparkassen selbst, die sich für sie aus dem Besuch von auswärtigen Sparern ergeben, zunächst wird ihnen dadurch ein erhöhter Zustrom von Mitteln zugeführt, die ihnen

die Durchführung ihrer Aufgaben und Ziele erleichtern, namentlich wenn die Sparkraft des eigenen Bezirks genügend ausgeschöpft ist.

Alle Spar­

anstalten verfügen über auswärtige Sparguthaben, jedoch in verschiedenem Grade.

Für

die Bonner Kreissparkaffe konnten entsprechende Zahlen

nicht ermittelt werden; für die städtische Sparkasse (s. Tabelle L s S. 39),

wo die Kontenzahl und die Herkunftsorte aus alten Geschäftsbüchern nur

für 1890, den 1. Januar, festgestellt sind, also für eine Zeit, wo erst wenige

Genossenschaften im Landkreise bestanden; aber die Orte, wo schon Genossenschäften bestanden, stellen unter den ländlichen Sparern trotzdem noch außer­

ordentlich viel in der Stadt sparende Landbewohner, wodurch die Tatsache begründet sein dürfte, daß sich heute der Anteil der Landbewohner kaum

verringert hat, wie auch vom Rendanten bestätigt wurde. Damals ent­ fielen nur auf den Landkreis Bonn über */s aller Konten (35 "/), auf die gesamte ländliche Umgegend etwa ^/s aller Sparkonten; je näher die

Orte liegen, eine um so größere Zahl Sparer stellen sie, was sich auch für die genossenschaftlichen Kassen ergibt.

Am bemerkenswertesten sind hierfür

die Kassen zu Mehlem und Friesdorf.

Für die Darlehnskasse und den

Kreditverein, beide in Mehlem, siehe Tabelle L i S. 26. Mehlem I (Kredit­

weist ähnlich wie die städtische Sparkasse einen sehr hohen Prozentsatz von Sparern aus der näheren und weiteren Umgegend auf: mit verein)

46,9 °» der Konten, 60,2 °/o der Guthaben.

Die Anteile an der Mehlemer

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Darlehnskasse sind niedriger (24,1 und 38 o/o), weil hier der Vereinsbezirk

mehrere Landorte

der Umgegend mit umfaßt.

Mehlem ist innerhalb

einer gewissen Grenze die Ausgangspforte für ein weites Hinterland und

im südlichen Teile des Landkreises der bedeutendste Ort, woraus sich die starke ländliche Beteiligung erklärt, zumal beide Kassen weit und breit

bekannt sind; der Kreditverein war seinerzeit die erste Spargelegenheit der ganzen weiteren Umgegend.

Die Genossenschaft zu Friesdorf ver­ fügte am 1. Januar 1909 über 219 auswärtige Konten mit 555 119 Mk., die 24,3 und 54,4 o/o von den Gesamtkonten und -guthaben ausmachten. Auch

hier entfielen die weitaus meisten Konten davon auf Orte der

näheren Umgegend (s. Tabelle O3 S. 29); begründet wird der hohe

Anteil Auswärtiger durch das Alter und die hervorragende Stellung,

die diese Genossenschaft, die die wohlhabendste Kasse dieser Art im ganzen Landkreis ist, von jeher eingenommen hat.

Gerade ihr sind eine ganze

Reihe von Sparern aus ziemlich weit entfernten Städten zugeströmt.

Sehr hoch ist auch der Prozentsatz der Auswärtigen in Roesberg, was auf

die früher erwähnte Tatsache zurückzuführen ist. Bei den anderen Genossen­ schaften (s. Tabelle Oi S. 26) ist der Prozentsatz, von Urfeld ab­

gesehen, bedeutend geringer, namentlich im Vorgebirge, wo jeder Ort seine eigene Darlehnskasse hat; hier rekrutieren sich die Auswärtigen nur aus der näheren Umgegend; im südlichen Teile des Landkreises, wo die Vereinsbezirke ausgedehnter sind und nicht so viele Vereine vorhanden

sind, ist die auswärtige Beteiligung naturgemäß etwas stärker. Für sämtliche 18 Genossenschaften ergibt sich eine Gesamtbeteiligung von 20,6 resp. 34,3 0/0 für die auswärtigen Sparer. Im allgemeinen hat

eine gute Mischung von Sparern aus verschiedenen Orten und Gegenden für eine Sparkasse nur Vorteile, da dadurch ein Ausgleich für ver­ schiedenen Geldbedarf und -Überfluß geschaffen wird und das besonders

auf dem Lande, wo der Sparverkehr (s. S. 104) zu sehr von den landwirt­ schaftlichen Anbauverhältnissen beeinflußt wird. Der Gefahr, daß ein allzu reichlicher Zustrom besonders auswärtiger Gelder, leicht zu einer ver­ schwenderischen und leichtsinnigen Anlagepolitik verleiten kann, kann durch eine Neuorganisation der betreffenden Kasse begegnet werden: so stellte z. B. die Friesdorfer Kasse vor einigen Jahren aus diesem Grunde einen

hauptamtlichen Rendanten an, errichtete ein eigenes zweckentsprechendes Haus und legte für die Verwendung der Gelder neue Richtlinien fest.

Der Grund, weshalb vornehmlich auswärtige Sparer bei den einzelnen

Sparanstalten so willkommen sind, liegt darin, daß die auswärtigen Konten im Vergleich zu den heimischen meist bedeutend höhere Guthaben

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Tas Sparwesen im Landkreise Bonn.

Ausweisen und somit die

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Geschäftsunkosten pro Konto

sich

bedeutend

mindern; unter den Auswärtigen trifft man nicht jene zahlreichen kleinen und kleinsten Sparer, die fast nur aus der nächsten Umgebung der Kasse

stammen.

Die Tabellen Li—3

prozentsatz

manchmal bei weitem größer ist als der der auswärtigen

zeigen

deutlich,

daß

der Guthaben-

Von den in der Tabelle Ui dargestellten Genossenschaften be­

Konten.

wegt sich bei 11 Kassen der höhere Guthabenprozentsatz zwischen 5,4—52; bei 7 Vereinen war der Guthabensatz kleiner, aber nur mit Differenzen zwischen 0,2—4 (die Ursache liegt besonders bei einzelnen Berufen), im ganzen war er 13,7 0/0 höher. Ähnliche Resultate ergibt Tabelle L2 in bezug auf die einzelnen Berufe; ja, nach der Tabelle L3 möchte man aus dem Beispiel Friesdorfs den Schluß ziehen, daß je weiter der Sparer

von der Sparkasse wohnt, desto höher die Guthaben sind. Woher diese Tatsache, die den harten Konkurrenzkampf um den Sparer erklärlich macht? Einmal liegt das in den Berufen der auswärtigen Sparer, die durchweg

den Mehrbemittelten angehören, wie Handwerker, Ackerer, Rentner usw.; 2. ist der Abhebungsverkehr infolge der Entfernungen nicht so rege als

bei

dem

in

der unmittelbaren Nähe

der

Kasse wohnenden

Sparer;

3. die Motive, die besonders die auswärtigen Kassen bevorzugen lassen,

wirken um so mehr stärker, je größer die Ersparnisse sind, wie das

Streben nach Geheimhaltung, besonderem Vertrauen, Steuerfurcht usw.;

4. ist das Guthaben auswärts untergebracht, so ist die Versuchung, die Ersparnisse vorzeitig anzugreifen, weit geringer. V.

Schließlich müssen noch die Fälle betrachtet werden, in denen

der Landbewohner aus besonderen Gründen keine Sparkasse aufsucht, sondern im weiteren Sinne des Wortes thesauriert. Das früher auf dem Lande stark vorhanden gewesene Mißtrauen gegen die Sparkassen über­ haupt, das zu einer Ansammlung der Ersparnisse in Strümpfen,

Kommoden usw. führte, hat heute einem allgemeinen Vertrauen Platz gemacht. Mag auch das Thesaurieren in dieser oder jener Form heute bisweilen noch Vorkommen, so ist doch im allgemeinen die Landbevölkerung heute wirtschaftlich zu gebildet, um die Ersparnisse in Verstecken nutzlos liegen zu

lassen, besonders

einrichtungen darbieten.

wo

sich

ihr die

mannigfaltigsten Spar­

Nur eine Form des Thesaurierens ist noch be­

liebt, die namentlich in Gegenden mit starker Bodenmobilisierung auftritt.

Held (in „Die ländlichen Darlehnskassenvereine in der Rheinprovinz und

ihre Beziehungen zur Arbeiterfrage", Jahrbücher f. Nationalök. u. Etat. 1869, II. Bd., S. 35) charakterisiert sie folgendermaßen: „immerhin aber

bleibt für den Ackerbauer der Grund und Boden die natürlichste Sparkasse."

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Dr. Richard Poppelreuter.

42

Diese Sparform ist heute auch noch eine HeimsparLüchse in des Wortes

wahrster Bedeutung geblieben, vielleicht mehr noch als früher. Die Vorteile

dafür leuchten ein: 1. sie hat den Vorzug äußerster Sicherheit; der Bauer

sagt sich:

„an einer Sparkasse kannst du doch einmal ganz oder teil­

weise dein Geld verlieren, so aber nie"; 2. fallen die Realisierung des Sparzwecks und das Ansammeln kleiner Sparteilchen zusammen und er­

sparen manche Unbequemlichkeiten; 3. die Zinsen nehmen eine greifbare Gestalt an, die dem Bauer jederzeit willkommen ist.

Buchenberger

würdigt diese Sparform in folgender gedankenreichen Weise: „Im weiteren kann schwerlich bestritten werden, daß der Schuldverpflichtungen erzeugende

Landerwerb der kleinen Leute gleich einer Zwangssparkafse wirkt, also wirtschaftlich erziehend, und ferner, daß die Anlage kleinerer Ersparnisse

in der Form des Grunderwerbs, also gewissermaßen als Jmmobiliarnotpfennig in vielen Fällen sich als richtiger erweisen wird als die sonstige

Nutzbarmachung, etwa in Gestalt einer Sparkassenanlage, und zwar des­ halb, weil die kleine Kapitalersparnis in der ersten erwähnten Form nicht bloß Zinsfuß, sondern auch darüber hinaus durch die Ermöglichung der Verwertung der Arbeitskraft auf dem erworbenen Grundstück auch

Arbeitslohnverdienst entspricht, auf den er sonst hätte verzichten müssen."

Zweites Kapitel. Wie suchen die Sparanftalten die Sparer an sich zu ziehen? I.

Die dichte Bevölkerung, der Reichtum und die starken wirtschaft­

lichen Triebkräfte, die zum Fortschritt drängen, und andere Momente, die

die Kapitalbildung befördern, haben im Rheinland eine außerordentlich große Nachfrage nach Geldkapitalien geschaffen, die durch Aufnahme von

Depositen, Kontokorrent- und Spargeldern in der Hauptsache befriedigt

werden soll.

Gerade der Born der Sparsamkeit muß durch Unterbringung

der Ersparnisse bei den Geldinstituten jene Nachfrage befriedigen, wodurch

ein heißer Wettbewerb unter den zahlreichen Sparanstalten entstanden ist. Dieser ist um so heftiger, als die ländliche Sparkraft, besonders

in den Gegenden mit intensivster Spatenkultur, deren Rentabilität immer

noch im Steigen begriffen ist, noch nicht voll ausgebeutet ist.

Die Kon­

kurrenz in der Gewinnung der Sparer macht sich hier um so fühlbarer,

als heute schon zu viele Sparanstalten für das Platte Land in Betracht kommen, die teils in jedem Ort selbst liegen oder in benachbarten Städten, wo sie jederzeit bequem zu erreichen sind; ganz im Gegensatz zum Osten

unserer Monarchie, wo die noch spärlich gesäten Sparanstalten in der

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Tas Sparwesen im Landkreise Bonn.

Hauptsache erst noch zum Sparen erziehen müssen, liegt im Westen eine Überfüllung von Sparanstalten jeder Art vor (die äußerlich in dem 1—1,50/0 höheren Zinssatz zum Ausdruck kommt), sei es an Voll- oder Nebenanstalten, eine Übersättigung, die heute weit über den Rahmen der Nachfrage von seiten der Sparer hinausgeht, wie z. B. die überaus schlechte Beteiligung an den in fast jedem Ort vorhandenen Kreissparkassen­

nebenstellen und der durchschnittliche, nur mittlere Bestand bei den in

fast jedem Ort vertretenen Genossenschaften beweist.

Bei der Errichtung

der vielen Spargelegenheiten hat man zweifellos den Einfluß der Motive

überschätzt, die den Sparort in die nächste Nähe des Sparers wünschen,

wie die starke Benutzung auswärtiger Kassen zeigt; der Sparer will mit Absicht auswärts sparen, was ihm unter den heutigen Verhältnissen sehr

leicht gemacht wird. — Das Werben um den Sparer spielt sich so auf

einem immerhin beschränkten Gebiete ab.

Die Sparanstalten begnügen

sich nicht damit, nur alle möglichen Ersparnisse ihres engeren Wirkungs­ kreises an sich zu ziehen, sondern sie suchen mit allen Mitteln in stärkerem

oder geringerem Grade die Ersparnisse auch der weiteren Umgegend auf-

zufaugen, da ja gerade die auswärtigen Kunden (s. oben S. 29) zu den fettesten Sparern zu gehören pflegen. II. Die im Wettbewerb tätigen Anstalten können wir in drei Gruppen einteilen, woraus sich ihre Stellungnahme im Konkurrenzkampf ergibt.

1. Kassen, die die Annahme von Spargeldern als ihre Haupt­

aufgabe betrachten und in der Hauptsache ihre nächste Umgegend zum Sparen erziehen und anspornen sollen; das sind die re in en Sparkassen

öffentlich-rechtlichen Charakters, wie sie von Städten, Gemeinden und Die Verwendung der anvertrauten Er­ sparnisse soll ohne ausgesprochenes Gewinnstreben nur zu dem Zwecke Kreisen errichtet worden sind.

dienen, dem Sparer eine Zinsvergütung zahlen zu können, also nur Mittel zum Zweck sein.

2.

Sie sollen Wohlfahrtseinrichtungen für das Volk bilden.

Andere Ziele verfolgen die Kreditgenossenschaften; teils sind sie

Erwerbsinstitute, teils Wohlfahrtseinrichtungen, indem auch sie nur inner­

halb eines begrenzten Vereinsbezirks tätig sein sollen; sie betrachten das Einsammeln von Spargeldern, Depositen usw. als Mittel zum Zweck, um das eigene Betriebskapital zu ergänzen, das der ersten Gruppe, vom

Reservefonds abgesehen, fehlt, und die Kreditversorgung ihres Bezirks durchzuführen.

3. kommen in Betracht die Banken usw.

Sie sind reine Erwerbs­

institute, ohne Begrenzung eines bestimmten Wirkungskreises. treiben

die

Einsammlung

von Ersparnissen,

hauptsächlich

Sie be­

aber

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von.

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Dr. Richard Poppelreuter.

Depositen und Kontokorrentgeldern, um

bei ihrer Verwendung einen

möglichst hohen Profit herauszuschlagen. Die Schwierigkeit der Kreditversorgung der kleinen Landstädte usw.

und das Streben nach einer Entlastung der Steuerzahler drängt dahin, einen Teil der gemeinnützigen Bedürfnisse durch eigene Sparkassen billig

Sehr bezeichnend dafür sind die Worte des Bürgermeisters von Euskirchen (Stadtverordnetensitzung v. 20. Okt. 1910):

und bequem zu befriedigen.

„daß die tägliche Verzinsung mit Rücksicht auf die Diskonterhöhung der Reichsbank eingeführt werde.

Er hoffe, daß die Sparkasse im Laufe der

Zeit, namentlich nach der Fertigstellung ihres Neubaues, sich bald soweit entwickeln werde, daß sie einen Überschuß für die Stadt abwerfe. Er sei bestrebt, alle städtischen Betriebe bis aufs äußerste auszunützen und aus ihnen herauszuholen, was nur zu erzielen sei, um die Steuerzahler vor

einer Erhöhung der Steuern zu behüten ...

Er hoffe, daß man im Laufe

der Zeit sogar eine Steuerermäßigung eintreten lassen könne."

So sind

auch in der weiteren Umgegend Bonns in neuester Zeit in den meisten

kleinen Landstädten Sparkassen ins Leben gerufen worden, die über ihren

engeren Wirkungskreis hinaus, indem sie über das ihnen gesteckte Ziel

als reine Wohlfahrtseinrichtungen hinausschießen, möglichst viel Sparer

anzulocken suchen.

Die Annahme von Ersparnissen, ja auch von Depo­

siten usw. ist bei ihnen Selbstzweck geworden, und sie sind damit in die Reihe der städtischen entwicklungsfähigsten Erwerbsinstitute getreten. Sie

und namentlich auch die Banken (Bonner Bank!) wissen die hohe Spar­

kraft des Landes zu würdigen und suchen die noch zum Teil brachliegenden Ersparnisse an sich zu bringen, die sie heute nicht mehr entbehren können.

Der Weg, den die Banken einzuschlagen suchen, ist folgender, entweder

suchen sie durch Angliederung altangesehene, in sich gekräftigte Genoffen­ schaften in sich aufzunehmen, wie z. B. die Aufsaugung des früheren

Godesberger Kreditvereins in die Niederdeutsche Bank zeigt: der Zweck ist, der Bankhauptstelle neue Betriebsmittel zu sichern, ohne sie dem alten

Bezirk wieder ganz zugute kommen zu lassen; oder die Banken suchen

durch Errichtung von Agenturen und andere Werbemittel usw. dem Platten

Lande die Ersparnisse zu entziehen (vgl. dafür die ungemein lehrreichen Aufsätze von Renger, Depositenhungrige Banken, Genossenschaftspreffe 1910 Nr. 12, Quabeck, Millionenverluste der Landbevölkerung usw.,

Genossenschaftspresse Nr. 15, 1910); auf dem Wege von eigenen Agenturen

zog in früheren Jahren der Bonner Kreditverein, eine Bank, ländliche Ersparnisse an sich.

Die Benachteiligten sind so unter allen Umständen

die Genossenschaften auf dem Lande selbst, deren eigentlicher Zweck es ist,

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Das Sparwesen im Landkreise Bonn.

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die Ersparnisse, Depositen usw. ihres Bezirks zu sammeln und diesem auch wieder zugute kommen zu lassen.

Da sie verhältnismäßig kleine

Institute sind mit noch zum Teil sehr primitiven Einrichtungen, haben sie im Werben um neue Kunden gegenüber obigen Anstalten einen schweren

Stand, dem sich hauptsächlich nur durch einen weiteren bankmäßigen Aus­ bau abhelfen läßt (s. die oben zit. Aufsätze). Besonders in geldknappen Zeiten

suchen Sparkassen und Banken den Genossenschaften die Sparer abspenstig zu machen; alle möglichen Geldinstitute strecken dann ihre Polypenarme über das Platte Land aus, wo die Konjunkturschwankungen im Geld­

bedarf bei weitem nicht so stark wie in den Städten, den Zentren von Handel und Gewerbe, sind, um überschüssige Geldkapitalien aufzusaugen und sie ihren Zwecken wieder zuzuführen; in solchen Zeiten geht regel­

mäßig den Genossenschaften von ihrer Zentralorganisation eine warnende Nachricht zu. Der Kern des gegenseitigen Wettbewerbes liegt darin, ob es einer­ seits den reinen Sparkassen gelingt, außer reinen Ersparnissen auch Depositen und Kontokorrentgelder zu gewinnen, und anderseits inwieweit

Banken außer letzteren auch reine Ersparnisse an sich zu ziehen vermögen, während die Genossenschaften beide Arten an sich zu bringen suchen. Bom Standpunkt der Allgemeinheit muß verurteilt werden, daß die meist schwer­ fällig und bureaukratisch geleiteten Sparkassen, besonders in bezug auf

die Verwendung der Gelder und den dadurch gestifteten volkswirtschaft­ lichen Nutzen, künftig sich in einem größeren Maßstabe der Depositen

bemächtigen.

Der Wettbewerb um die Gunst der Sparer hat bei der

Mannigfaltigkeit der tätigen Institute dazu geführt, daß nicht mehr das „Produzenteninteresse" entscheidend wirkt, sondern das Kundeninteresse, demgegenüber man sich gebunden fühlt und dem man durch allerhand

Mittel entgegenzukommen sucht.

Die Konkurrenz ist eine freie, der Sparer

kann sparen wo er will; reguliert ist sie nur, was die Unterbringung

von Stiftungen, Mündelgeldern usw. angeht, wenn auch nicht immer streng nach den Bestimmungen Verfahren wird, wie folgende Tatsache

beweist: öfters werden Mündelgelder aus Gründen der Bequemlichkeit bei den Genossenschaften untergebracht;

merkwürdigerweise wendet das

Vormundschaftsgericht in Zeiten des Geldüberflusses selten etwas dagegen

ein.

Tritt jedoch bei steigender Konjunktur Geldmangel ein, so ergeht

sehr oft an die betreffenden Rendanten die Verfügung, für die Deponierung

der Mündelgelder an den sogenannten mündelsicheren Sparkassen zu sorgen. III. Der Erfolg in dem Werben um den Sparer wird garantiert und ist abhängig von der Anpassungsfähigkeit der Sparorganisationen

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Or. Richard Poppelreuter.

an die Wünsche und Anforderungen des Sparers und von der Routine und Geschäftsgewandtheit durch neue Sparformen und -reize eine günstige

Reaktion auszulösen, um ihn dauernd oder, wenn beabsichtigt, vorüber­

gehend an sich zu fesseln. 1. Das geschieht einmal durch möglichste Sondierung und Berück­ sichtigung derjenigen Motive, die beim Sparer für die Wahl des Spar­ ortes bestimmend wirken, wie das Wecken des Vertrauens, Stärkung des Sicherheitsgefühls

und meist durch die Statuten besonders auierlegte

Verschwiegenheit und durch den Schutz vor einem Einblick der Steuer­

behörden (bei allen Organisationen); hiervon machen meist die öffent­ lichen Sparkassen und Genossenschaften besonderen Gebrauch.

Oder man

weist den Sparer besonders auf die großen wirtschaftlichen Vorteile hin, wenn er bei dieser oder jener Kasse spart.

die Zinspolitik benutzt.

In ganz besonderer Weise wird dazu

Die Genossenschaften sind stets bestrebt, durch­

schnittlich einen */?—1^/2 o/o höheren Zins zu gewähren als die städtischen

Sparkassen.

Sie können das für alle Spareinlagen durchführen, ohne den

Zinssatz von der jeweiligen Länge der vorhergegangenen Kündigungsfrist bei Abhebungen abhängig zu machen, weil sie einmal ehrenamtlich ver­

waltet werden und dann in bezug auf die jederzeitige Zahlungsbereit­ schaft infolge ihres Anschlusses an Zentralkassen besondere Vergünstigungen genießen.

Jedoch infolge der zum Teil noch primitiven nebenamtlichen

Verwaltung und dem Streben der Rechner, die Arbeitsmühen herab­ zusetzen, gewähren sie meist nur die terminierte Verzinsung vom 1. oder 15.

des laufenden Monats ab; tägliche Verzinsung aller Spareinlagen haben bis heute erst die größeren Genossenschaften durchgeführt, teils (wie Mehlem) nur für die Vereinsmilglieder. Dieser Nachteil bewirkt, daß ihnen eine Reihe von Geschäftsdepositen fern bleiben, während demgegen­

über die Sparkassen, die einen an sich geringeren Zins gewähren (3,5 0/0), die jedoch täglich verzinsen, im stärkeren Maße Geschäftsdepositen bekommen, zumal wenn sie von der Einhaltung der Kündigungsfristen absehen, wie

die beiden Bonner Sparkassen. Die auswärtigen, jungen kommunalen Sparkassen bieten fast alle den hohen Satz von 40/0, sind aber ander­ seits genötigt Kündigungsfristen zu verlangen und wie die Banken je

nach ihrer Länge

die Zinssätze zu staffeln.

Der hohe Satz wird ihnen

nur durch die langen Kündigungsfristen ermöglicht und durch eine VerIvendung zu höheren Darlehnszinsen, die zum Schaden der Sparer nicht wählerisch und vorsichtig genug ist; denn zu einem je höheren Zins ein

Darlehn gewährt wird, desto größer ist die darin enthaltene Risikoprämie

Äber den landesüblichen Darlehnszinssatz.

Gerade in der Zinspolitik

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Tas Sparwesen im Landkreise Bonn.

beruht die Konkurrenzfähigkeit der Banken.

So zahlten bis zu ihrem

Zusammenbruch die Niederdeutsche (bis 7 0/0) und die Bonner Bank die

besten Zinssätze der ganzen Umgegend.

Um der Bequemlichkeit des Spar­

verkehrs entgegenzukommen haben heute eine Reihe von Sparkassen die Geschäftsstunden den ländlichen Bedürfnissen angepaßt: so die städtischen

Kassen bis 1 Uhr mittags (Marktschluß), auswärtige Kassen am Sonn­ tag, die Genossenschaften Sonntags und nach dem Feierabend.

Im Laufe

der Zeit sind alle Provisionen und Gebühren, die den Sparverkehr er­

schwerten, in Fortfall gekommen. In besonderer Weise sucht man dem auswärtigen Sparer entgegenzukommen durch die Einrichtung eines Post­ schecks und Girokonto, das neben den Banken auch jene auswärtigen ein­

schließlich die Bonner Kassen dem Sparer und besonders dem Depositen­ gläubiger zur Benutzung anempfehlen, jedoch macht einstweilen die länd­

liche Bevölkerung keinen Gebrauch davon; er soll auch in der Haupt­ sache dazu dienen, auswärtige städtische Geschäftsleute heranzuziehen. Ter Scheckverkehr, der auch auf dem Lande fast gar nicht benutzt wird, ist von den Genossenschaften noch nicht zur Einführung gebracht worden,

weil die Rendanten die Arbeit scheuen und ein Bedürfnis danach nicht

bejahen. Trotzdem die Sparkassen viele Depositen beherbergen und den Sparverkehr durch die genannten Einrichtungen außerordentlich erleichtert haben, haben sie es verstanden, den jüngst eingeführten Scheckstempel von

sich abzuwenden und sich einen Vorteil vor den Banken zu sichern, von denen sich auch dank der obigen Vorteile viele Geschäftsdepositen ab­ wenden und den Genossenschaften, hauptsächlich aber den öffentlichen Spar­ kassen zufließen.

Die kleinen ländlichen Genossenschaften haben sich nicht Geldverkehrs­

oder nur in kaum nennenswerter Weise jener modernen

mittel zu bemächtigen gewußt.

Wie wiederholt von den Verbänden und

Zeitschriften (s. auch die beiden oben zitierten Aufsätze) betont wurde, erblickt man gerade in der Einführung dieser eine Stärkung der Genossen­

schaften im Konkurrenzkampf um die Zufuhr der Betriebskapitalien, be­ sonders in dem Scheck, der den Bauer mit den Banken in Berührung bringt (s. die oben zit. Nr. 12, der Gen. Pr ). Unter dem Drucke des Wett­

bewerbes

sind

mit

der Zeit bei Genossenschaften und Sparkassen die

Maximalbeträge der Einzahlungen und Guthaben immer höher bis zur Unbegrenztheit herausgesetzt worden.

Ein Mittel, das besonders dazu

geeignet ist, dem Sparer und namentlich dem Depositengläubiger große Vorteile in der Verfügbarkeit seines Guthabens zu gewähren, ist die

Einrichtung der laufenden Rechnung, die sich ohne Schwierigkeiten und ohne ein mehr an Arbeit und Kostenaufwand in kleinere und einfache

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Dr. Richard Poppelreuter.

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Betriebe, wie sie die Genossenschaften sind, eingliedern läßt. Jedoch wird

bei den Genossenschaften, wo sie heute allgemein eingeführt ist, aber nur von den Bereinsmitgliedern wegen der dadurch geschaffenen Kreditgewährung

benutzt werden darf, von der laufenden Rechnung wenig Gebrauch gemacht. Im Kontokorrentverkehr stehen meist nur wenig Gewerbtreibende, manch­

mal Gutsbesitzer, sehr selten dagegen Landwirte, meist mit dem Erfolg, daß die Benutzer dank der günstigen Darlehnsbeschaffung im Schuld­ An größeren Genossenschaften mit starker

verhältnis zur Kasse stehen.

Beteiligung aus gewerblichen Kreisen, wie in Mehlem und Friesdorf

konnte eine regere Inanspruchnahme der laufenden Rechnung festgestellt

werden.

Der Grund für diese schwache Beteiligung liegt einmal in der

Beschränkung auf Mitglieder und dann in der Schwerfälligkeit der länd­ lichen Haupterwerbsstände, städtischen Sparkassen haben

sich solchen Neuerungen anzupassen. Die es durch die Einführung der lausenden

Rechnung dagegen verstanden, in besonders starkem Maße Geschäftsdepositeu

den Banken fernzuhalten und sich zuzuführen, zumal sie den Kontokorrent­

gläubigern eine höhere Verzinsung gewähren als die Banken, die ihrer­

seits aber dafür die Vorteile des Scheck- und Wechselwesens bieten, die mit der laufenden Rechnung in Verbindung gebracht werden.

Die Konto­

korrenten der Kreissparkasse stammen in der überwiegenden Zahl aus den

Kreisen städtischer Gewerbtreibender. den Sparer an sich zu ziehen.

Dies sind die Hauptmittel, um

Dazu kommt bei den Genossenschaften und

der Kreissparkasse die Anrufung des Gemeinsinns, insofern die ihnen über­

gebenen Ersparnisse den Kreisen wieder zugute kommen sollen, denen sie entstammen. 2. Eine zweite Gruppe von Werbemitteln besteht darin, daß die Spar­ organisationen im weiteren Sinne durch besondere Spareinrichtungen die Grenze der Ersparnisse nach unten hin fallen lassen, um den kleinen und

kleinsten Sparer zu gewinnen, oder daß sie durch solche spezifischen Klein­ sparformen eine bis dahin nicht vorhandene Spartätigkeit Wecken, um gleichsam

durch eine Intensivierung und Aufsaugung der kleinsten, leicht verstreubaren Sparteilchen im ganzen ihre Betriebsmittel dauernd oder auch nur vor­

übergehend zu stärken.

An und für sich, losgetrennt von den anderen

Sparmitteln, ist die Betreibung solcher Geschäfte unrentabel, aber im Zusammenhang mit den anderen Mitteln und dem Gewinn aus den

größeren Guthaben und der längeren Dauer der kleinen Einlagen wird im ganzen doch eine Rentabilität dieser Kleinsparmittel erzielt.

Solche

sind die Pfennig- und Schulsparkassen und Heimsparbüchsen. Die Pfennig­ sparkassen auf Grund von Markenkleben, die der Raiffeisenverband in vieleu

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Tas Sparwesen im Landkreise Bonn.

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Gegenden mit teilweise recht gutem Erfolge auf dem Lande eingeführt hat,

die dagegen bei dem Verband rheinischer Genossenschaften ganz unbekannt

find, fanden bei den Darlehnskassen im Landkreise Bonn keine Aufnahme, weil entweder die Rendanten kein dringendes Bedürfnis hierfür vorliegen

sahen, oder sie die damit verbundene Mehrarbeit besonders in der Vor­

gebirgskulturzone scheuen, die an die bäuerliche Arbeit die größten An­

iorderungen stellt.

Früher bestanden einige Pfennigsparkassen, die jedoch

losgelöst von größeren Kassen, ein selbständiges und dasür auch kümmer­ liches Dasein fristeten. Die vor mehreren Jahrzehnten durch die Bonner städtische Sparkasse ins Leben gerufene Pfennigsparkassenabteilung ver­ mochte keinen ländlichen Sparer an sich zu ziehen.

Dagegen ist es den Genossenschaften vielfach geglückt, sich besondere Schulsparkassen anzugliedern, so in Alfter, Urfeld, Pissenheim und Ippen­ dorf.

Neuerdings ist auch die Kreissparkasse bemüht, Schulsparkassen auf

den Dörfern zu gründen.

Wo ihr das geglückt ist, wie in Hersel, findet

sie eine heftige Gegnerin in den Genossenschaften, die folgendermaßen

argumentieren: Die Ersparnisse der Kinder stammten in letzter Linie von den Eltern; ihre Wegnahme bedeutete weniger ein Verlust an Betriebs­ mitteln als eine Entfremdung der Kinder von der Genossenschaft, die nun dazu angelernt würden, schon früh die Kreissparkasse zu benutzen. Die Errichtung von Schulsparkassen durch die Kreissparkasse erfährt durch ihren behördenartigen Charakter und den direkten Einfluß des Landrats auf die Lehrpersonen eine nicht unbedeutende Förderung. Bilden Psennigund Schulsparkassen ein Werbemittel von fast nur lokaler Bedeutung, so kann die Heimsparkasse, das modernste der Kleinsparmittel, leicht eine allgemeine Verbreitung finden, besonders wenn das persönliche Abholungs-

system, wie es Wohl noch nicht besteht, damit verbunden wird.

Heute,

wenigstens in der Bonner Gegend, ist der Heimsparer immer noch ge­ nötigt, die betreffende Hauptsparkasse zwecks Entleerung der Dosen auf­ zusuchen.

Diese Heimsparkaffen, die aus

Amerika,

England

und der

Schweiz zu uns herübergekommen sind, haben sich erst in neuester Zeit allgemein einbürgern können. Jedoch eine irgendwie größere Bedeutung darf man ihnen hier im Westen mit seinem großen Reichtum an Spar­ anstalten aller Art nicht zumessen.

Ganz anders in Ostelbien, wo z. B.

die dem Reichsverband angehörigen Genossenschaftsverbände bis Mitte 1910 annähernd über 200 000 Stück abgesetzt haben. Der Grund dafür liegt, wie wir annehmen dürfen in der Tatsache, daß dort die Dichtigkeit der Sparkassen nur gering ist und die Heimsparkassen ganz besonders Schriften 136.

4

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I)r. Richard Poppelreuter.

dazu geeignet sind, die Sparkasienlücken auszufüllen. Jeder Landbewohner hat mit ihr seine eigne Sparkasse im Hause. Die Heimsparkassen, die hier zuerst von der Rheinisch-westfälischen

Diskontogesellschaft 1907 eingeführt wurden, fanden gerade unter der Landbevölkerung, unter die sie zuerst gebracht wurden, einen überraschend großen Anklang, wozu die lebhafte Reklame (s. unten) und der Reiz der

Neuheit nicht wenig beitrug. Heute hat die ländliche Beteiligung ganz erheblich nachgelassen; meist werden die mit Kupfer- und Nickelmünzen gefüllten Büchsen zur Kasse gebracht, um den Inhalt in Gold oder Silber wieder mit nach Hause zu nehmen!

1910 hat die Diskontogesellschaft

die Heimsparkassenabteilung geschlossen und die noch im Umlauf befind­ Bald darauf richtete auch

lichen Büchsen der Kreissparkasse überwiesen.

die Kreissparkasse eine Heimsparkassenabteilung ein; aber trotz lebhafter

Propaganda werden nur geringe Erfolge erzielt.

Einen etwas stärkeren

Anklang finden sie nur dort, wo Schulsparkassen fehlen; in der Haupt­ sache werden sie nur von oder für Kinder benutzt. Bis zum 1. Januar 1910 waren erst 636 Büchsen abgesetzt worden, wovon nur ein sehr

kleiner Teil auf den Landkreis selbst kommt.

Auch einige Genossenschaften

beabsichtigen dank der Anregung von feiten der Verbände ihre Einführung,

ob mit größerem Erfolge, dürfte zu bezweifeln sein.

Bedeutsamer ist die

Rolle der Heimsparkasse als Reizmittel, den Geldinstituten vorübergehend Geldmittel zu verschaffen, wie es zur Zeit der Hochkonjunktur 1907 durch die Rhein.-westfäl. Diskontogesellschaft geschah.

Der Reiz der Neuheit und

die augenscheinlichen Vorteile blenden zunächst und erzielen einen augen­ blicklichen großen Erfolg, von dem aber von vornherein anzunehmen ist, daß er nicht von großer Dauer ist. Der Zweck wird vollkommen erreicht, wenn in geldknappen Zeiten neue Betriebsmittel der Bank zugeführt

werden.

Sternschnuppenartig tritt die Begeisterung für solche Sparformen

im kleinen auf, aber ebenso rasch verschwindet sie wieder, besonders auf dem Lande, wenn die Entleerung der Büchsen nur in der Stadt vorgenommen

werden kann. die

Alle diese Kleinsparformen sind an sich reine Sparerziehungsmittel, ebenso wie der Übertragbarkeitsverkehr unter den Sparkassen zu

Konkurrenzmitteln werden; namentlich der letztere ruft Fluktuationen un­ liebsamer Art auf den Konten hervor, wodurch die Ersparnisse, ohne be­ sondere Mühen zu veranlassen, von einer Kasse zur anderen zu wandern

Pflegen. 3. Ihren Höhepunkt

erreicht die Werbetätigkeit um

den Sparer

darin, daß man dem Sparer schon vor der Ansammlung der nötigen

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Das Sparwesen im Landkreise Bonn.

Sparteilchen durch Darlehnsgewährung zur Erfüllung seines Sparzweckes verhilft.

Dadurch wird der Kunde direkt gebunden, da er nachträglich

in Form von Ersparnissen das Darlehn nach und nach tilgen muß. Sparen wird so gleichsam zu einem Abzahlungsgeschäft.

Das

Eine ähnliche

direkte Bindung des Sparers bezwecken die verschiedenen Abholungssysteme,

die auf dem Scherlschen Grundgedanken fußen. 4. Eine andere Richtung schlägt die Bewegung ein, durch möglichste

Spezifizierung die Sparer zu gewinnen, durch Spezifizierung nach der Seite gewisser Sparzwecke als auch nach typischen Gegenden und Berufen

hin.

Zu ersterer gehören z. B. Weihnachtssparkassen (Mehlem); auf dem

Lande sind solche Spezialkassen bei weitem nicht so häufig vertreten wie in der Stadt.

Wichtiger ist die örtliche und berufliche Anpassung vieler

Sparorganisationen, die meist in Verbindung mit den unter 1 genannten Mitteln steht. So finden wir Genossenschaften auf dem Lande, eine Arbeitersparkasse in dem Fabrikort Wesseling, die an die Genossenschaft angegliedert ist, ferner Bankfilialen mit vorwiegend Depositenkassen in

der Fremden- und Rentnerstadt Godesberg.

Die Anpassung an die Be­

rufe verdankt ihre Entstehung weniger außenstehenden Sparorganisationen als hauptsächlich den betreffenden Berufen selbst, die dadurch die Erspar­ nisse sich selbst wieder zugute kommen lassen wollen, was durch andere Organisationen nicht geschehen würde.

In neuester Zeit beginnt diese

Reaktionsbewegung auch auf das Land überzugreifen, wie die Bank des rheinischen Bauernvereins und die Handwerkerbank in Köln zeigen; ferner die Bezugs- und Absatzgenossenschaft in Brühl, mit der namentlich die hiesigen größeren Landwirte im Kontokorrent stehen.

die beruflichen Eigentümlichkeiten besonders zu pflegen.

Alle diese suchen Der besonderen

Fürsorge für einzelne Berufsstände entsprang auch die Einrichtung, wie

sie früher der Mehlemer Kreditverein und die beiden Bonner Sparkassen hatten, an die Minderbemittelten bis zu einer gewissen Höhe der Gut­ haben eine höhere Verzinsung zu gewähren, was vielfach zu einem Miß­

brauch ausgeartet ist, indem von der betreffenden Grenze ab sich auch die wohlhabenderen Sparer mehrere Sparbücher ausstellen ließen. In der besonders günstigen Verzinsung der Guthaben der Mitglieder der Ge­

noffenschaft, die diese besonders anziehen soll, kommt eine versteckte Divi­

dende zum Ausdruck, die bekanntlich bei den Raiffeisenvereinen nicht aus dem Gewinn verteilt wird. Die frühere Bonner Bank hatte eine eigentümliche Gepflogenheit,

um die Gunst der ländlichen Sparer zu werben, indem sie sich mit Geld­ beträgen sehr oft an gemeinnützigen und Wohltätigkeitszwecken dienenden

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Dr. Richard Poppelreuter.

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Sammlungen und Stiftungen beteiligte und so sich durch kleine Geschenke

die Freundschaft der Landbewohner zu erhalten suchte.

Gerade die Banken

usw. sind in solchen Mitteln sehr erfinderisch, wie noch jüngst die Nieder­

deutsche Bank bewies (s. o. Aufs. d. Gen. Pr. Nr. 15).

Um all die vielen Werbemittel dem Sparer recht eindringlich

IV.

vorzuhalten und ihn mit der betreffenden Sparanstalt bekannt zu machen,

werden verschiedene Wege eingeschlagen. 1.

Der Hauptweg ist die Reklame in all ihren Spielarten, nament­

lich durch Bekanntmachungen in den Zeitungen. In unserem Fall kommen

die Blätter in Frage, die mit besonderer Vorliebe aus dem Platten Lande gelesen werden (Bonner Generalanzeiger, Reichsanzeiger, Rhein. Volks­

stimme usw.).

Es pflegen hier zu annoncieren alle Banken außer der

Reichsbanknebenstelle, dagegen gar nicht die ländlichen Genossenschaften, weil sie ihren Kundenkreis vorwiegend in ihrem Vereinsbezirk suchen. Von den Sparkassen nicht: die städtische Sparkasse zu Bonn, die eine feste Stellung schon errungen hat, manchmal die Kreissparkaffe, um ihre

Heimsparkassenabteilung bekannt zu machen, sehr oft annoncieren aber jene noch jungen in der Umgegend des Landkreises gelegenen Sparkassen von kleinen Landstädten oder -kreisen. Ihre Hauptanziehungsmittel heben sie durch recht fetten Druck hervor: 40/0, Reichsbankgiro, Postscheckkonto, Telephonnummer, Mündelsicher, tägliche Verzinsung, Annahme in jeder

Höhe usw.

Brühler

usw.

Kasse,

Ganz die

besonders

infolgedessen

rührig

über

ist

ein

auf diesem Gebiete die Sparvermögen

von

über

8 Mill. Mk. verfügt, die nur zu einem ganz geringen Prozentsatz aus dem Ort selbst stammen können. Die Gewohnheit, in auf dem Lande viel gelesenen Zeitungen zu annoncieren, zeigt deutlich, daß sie aufgehört

haben, für ihren Bezirk reine Wohlfahrtseinrichtungen zu bilden, sondern daß sie erwerbsmäßige „Saugapparate" (Schäffle) für Ersparnisse aus der ganzen weiteren und näheren Umgegend geworden sind.

In früheren Jahren wurde noch häufiger auf diese Art die Werbe­ trommel gerührt, namentlich gesellten sich zu den genannten Kassen in

den hiesigen Zeitungen Sparkassen wie die zu Mörs, Duisburg und noch

weiter gelegene.

Mißbrauch

Durch eine Verfügung des Oberpräsidenten ist dieser

eingeschränkt

worden;

ganz

beseitigen

läßt

er

sich

bei

der heutigen Verbreitung mancher auch kleinerer Lokalzeitungen nicht.

In neuester Zeit (1910) hat die Bonner Handelskammer dagegen Stellung genommen und eine Eingabe an den Minister des Innern und den Handelstag des Inhalts beschlossen, daß die Sparkassen ohne Unterschied

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Das Sparwesen im Landkreise Bonn.

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Verpflichtet werden sollten, ihre Zinssätze nur in den eigenen Räumen

und den amtlichen Organen bekannt zu machen.

Die Brühler Kasse be­

gnügte sich nicht mit der Zeitungsreklame; sie ließ in Walberberg und

anderen Orten große Plakate in den Wirtschaften anbringen.

Um sich

die lästige Konkurrenz vom Halse zu schaffen, ging die dortige Genossen­ schaft geschlossen vor und drohte den Wirten mit Boykott, wenn nicht

die Schilder entfernt oder ähnliche Bekanntmachungen der Genossenschaft

angebracht würden.

2. Neben dieser Reklameart suchen einzelne Organisationen, be­ sonders Banken, durch Äußerlichkeiten, wie schöne Bauten und prunkvolle

Ausstattung auf den Sparer zu wirken.

Auf dem Lande spielt das

jedoch weniger eine Rolle, da die einfachen Genossenschaften solchen Luxus nicht mitzumachen vermögen und der schlichte Landbewohner sich solchen suggestiven Einflüssen gegenüber ablehnend verhält.

3.

Den Höhepunkt der Reklametätigkeit, um Sparer zu gewinnen,

bildet das persönliche Aufsuchen des Sparers,

der Grundgedanke der

Scherlschen Sparsysteme, indem man ihn von den einzigartigen Borzügen

dieser oder jener Kasse zu überzeugen sucht. Diskontogesellschaft

in

der

näheren und

So

weiteren

sandte die Bonner

Umgegend

Bonns

Agenten mit den Heimsparkassen herum, um sie der Landbevölkerung an-

zupreiscn.

So verbreitete ferner die Kreissparkasse vor einigen Jahren

ein geschickt abgefaßtes Programm unter die Kreiseinwohner.

In der

Provinz Hannover suchte eine Bank auf ähnliche Weise Kunden zu werben wie die Rheinische Volksstimme am 17. Nov. 1909 berichtete: „Von gewissen Banken wird der Plan verfolgt, durch Errichtung von

Spargelder-Annahmestellen an allen Orten der Provinz auch auf den Dörfern alle die sauer erworbenen Spargroschen der Bevölkerung auf­ Selbstverständlich verbindet man mit diesem Plane auch die

zusaugen.

Hoffnung, den Leuten Wertpapiere zu verkaufen; was das für Wert­ papiere find, die. . . durch Reisende dem Publikum aufgebunden werden, davon können leider schon viele ein Lied singen.

Dem Schreiber dieses

ist es z. B. bekannt, daß ... den Leuten gewisse Eisenbahnobligationen mit 90 o/o verkauft worden sind, ... die mit 68 o/o an der Londoner Börse gehandelt worden sind."

Das Höchste hierin hat sich bis jetzt die

Niederdeutsche Bank geleistet, wie in dem genannten Aufsatz der Genossen­ schaftspresse (1910 Nr. 15) berichtet wurde, die auf diese Weise auch in Godesberg Kunden angelockt hat.

V.

Was im besonderen die Konkurrenz zwischen der Kreissparkasse

und den Genoffenschaften angeht, so vollzieht sie sich hier meist in fried-

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Or. Richard Poppelreuter.

54

lichen Bahnen.

Teils stehen die Nebenrendanten im engsten Verhältnis

zur Genossenschaft als Vorstands- oder sonstige Mitglieder; daß infolge­

dessen ihre Tätigkeit als Nebenrendanten darunter erheblich leidet und auch leiden muß, ist begreiflich, und ist auch ein Grund für den gänzlich negativen Erfolg dieser betreffenden Nebenstellen der Kreissparkasse.

Die

Kreisbehörde glaubt ihre Schuldigkeit getan zu haben, wenn sie eine von der betreffenden Landbürgermeisterei vorgeschlagene Persönlichkeit zum

Nebenrendanten ernannt hat, ohne zu erforschen, ob diese Person auch besonders zu dem Amte befähigt ist.

Nur bisweilen findet zwischen beiden Organisationen eine schärfere

Konkurrenz um die Gewinnung der Sparer statt.

So verhinderte der

Nebenrendant zu Merten, die dortige Gründung einer Spar- und Darlehns­ kasse, indem es seinem persönlichen Einfluß gelang, die Leute zu über­ zeugen, daß ihnen die Kreissparkasse dieselben Vorteile gewähren könne

wie eine Genossenschaft.

Den starken Einfluß, den die Sparkasse einer

öffentlich-rechtlichen Korporation, des Kreises, kraft ihrer amtlichen Stellung

ausüben kann, weiß sie sich Wohl zunutze zu machen.

Alljährlich wird

in manchen Orten nach dem Hochamt am Sonntage, bei Gelegenheit der amtlichen Bekanntmachungen, auch eine Bekanntmachung der Kreis­ sparkasse verlesen, wo auf den hohen ethischen Wert des Sparens über­

haupt und insbesondere auf die Vorteile und günstigen Bedingungen

bei der Benutzung der Kreissparkasse hingewiesen wird. Manche Genossen­

schaften haben sich hiergegen vergeblich gewehrt; einige z. B. Walber­ berg, machen es so, daß sie am Sonntage darauf eine ähnliche Kund­

gebung veranstalten und besonders noch an den Heimatssinn der Leute appellieren mit der besonderen Begründung, sie vermöchten den wirtschaft­ lichen und sozialen Verhältnissen des Dorfes besser zu helfen als die Kreissparkasse,

da sie allein die Spargelder nur

in dem Ort wieder

anlegten und seinen bedürftigen Bewohnern zugute kommen lassen würden. Auch dadurch wirkt die Kreissparkasse ost den Genossenschaften entgegen,

daß sie Flugblätter verteilt und zur eifrigen Benutzung der Heimspar­ kaffen ausfordert.

Mag man auch über ein einmütiges Zusammenwirken

der beiden Organisationen

noch so viele allgemeine Leitgedanken auf­

stellen, wie es z. B. der Landrat Siegert in den Schriften der Zentral­ stelle für Arbeiterwohlfahrtseinrichtungen (Bd. 16, 1898, S. 23 ff.): über „Wohlfahrtspflege im Kreise" getan hat,

ein innerer Gegensatz wird

heute immer noch bestehen bleiben, wenn er auch nicht äußerlich in einem heftigen Konkurrenzkampf zum Ausdruck kommt.

VI.

Den größten Nutzen aus der gegenseitigen Konkurrenz um die

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Das Sparwesen im Landkreise Bonn.

55

Gunst des Sparers hat dieser selbst, vorausgesetzt, daß nicht mit unehr-

lichen Mitteln vorgegangen, wozu leicht die Möglichkeit gegeben wird. Die Sparer nehmen in ihrer Gesamtheit gleichsam als Lieferanten kost­ barer Betriebsmittel, eine Art Monopolstellung ein. Ihnen wird dadurch die Bedeutung des Sparens nicht nur für sich selbst, sondern auch sür

die Kapitalbildung in der Volkswirtschaft klar.

Gerade für das platte

Land, wo eine rationelle Disponierung über die überschüssigen Geldmittel bei hoher Sparkraft noch recht entwicklungsfähig ist, liegt in dem Wett­ bewerb um seine Gunst ein großer Ansporn für die Spartätigkeit über­ haupt und rückt ihm ihren Wert namentlich unter der Berücksichtigung

der Wiederverwendung Mag

auch

hin

seiner

Spargelder

erst recht noch vor Augen.

und wieder der Sparer seine Erwartungen bei einer

Sparkasse nicht erfüllt sehen, der Wettbewerb schützt ihn in Zukunft vor ähnlichen schlechten Erfahrungen.

Der Landkreis Bonn umfaßt mit der Stadt Bonn 45 Ortschaften, darunter viele mit weniger als 300 Einwohnern, mit etwa 55 selb­

ständigen und unselbständigen Sparanstalten, während nur etwa 40 Post­ anstalten und Postagenturen vorhanden sind.

Manche Orte mit bis zu

2000 Einwohnern haben mehrere Sparanstalten, aber nur eine Poststelle.

Stärker könnten also auch bei der Einführung der Postsparkasse, auch

sür das Platte Land die Spargelegenheiten nicht sein,

wie sie es heute

mit für den Sparer überaus günstigen Folgen im Rheinlande sind.

Vierter Abschnitt.

Anzahlungen und Abhebungen von Spargeldern. Erstes Kapitel. Die Spargeldeinzahlungen «nd ihre Quellen. Für die Freimachung von Ersparnissen sind entscheidend der Sinn sür Sparsamkeit und die äußeren Lebens- und Einnahmeverhältnisse.

Die Ausnutzung der Einnahmen zu Sparzwecken ist verschieden nach den einzelnen Berufsgruppen, und darin drückt sich die verschiedene Art und Weise zu sparen aus (s. Tabelle Di Beilage). 1. Kleine Beamte.

Der Charakter des festen Gehalts bringt es

bei ihnen mit sich, daß die Lebenshaltung diesem angepaßt ist.

Selten

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Or. Richard Poppelreuter.

56

sind

Lehrer usw.

dem

aus

Lande

unverheiratet;

die

große Familie,

Schulden aus der Studienzeit, die oft noch nötige Unterstützung von

unversorgten Verwandten, die auf dem Lande immerhin hohen Steuern (durchschnittlich 160 o/o Einkommensteuer) verzehren das Einkommen, so daß wenig zum Sparen übrig bleibt.

Dazu wirken die Pensionsaussichten

oft erschlaffend auf den Spartrieb ein, zumal noch oft die Kosten für die Ausbildung der Kinder

von anderer Seite getragen werden.

Neben­

erwerbsquellen werden nur vereinzelt durch landwirtschaftliche Tätigkeit

geschaffen, die meist für nicht standesgemäß gehalten wird.

Wird gespart,

so sparen die älteren von ihnen stärker als die jüngeren.

Bedeutend

mehr sparen die Privatbeamten, die besonders Nebenerwerbsquellen in der

Landwirtschaft aufzuschließen gewohnt sind, worauf die häufigeren Ein­ zahlungen in den Sommermonaten schließen lassen (besonders in Roisdorf,

Oberbachem).

Sparfördernd wirkt bei ihnen die Aussicht, im Falle der

Arbeitslosigkeit allein auf Ersparnisse angewiesen zu sein. Summen

sparen

die

kleinen

Staats-

und

In kleineren

Kommunalbeamten

selten.

Meist wird der größere Teil des Gehalts nach dem Quartals- oder

Monatsersten als Deposite eingelegt; als reine Ersparnisse sind meist die kleineren Einzahlungen anzusehen, und der Teil der Gelder, der von den Depositen nach Tilgung und der Ausgabe für den Lebensunterhalt übrig

bleibt.

Die Depositen dieser Art tragen einen anderen Charakter als bei

Ackerern und Gewerbtreibenden; es sind Einlagen, die von vornherein für die Konsumtion bestimmt sind, jedoch wegen ihres Eingangs in die Wirtschaft, um für eine längere Frist dem Lebensunterhalt zu dienen,

vorübergehend eingelegt werden und über eine Frist verteilt werden. Tie zahlenmäßigen Angaben siehe in der Sammeltabelle vi S. 54/55. — Die Mehrzahl der Beamtenkonten zeigt so nur eine geringe Bewegung, bisweilen

belebt durch größere Summen, die auf Erbschaften usw. zurückzuführen

find, die jedoch bei ihrer nur losen Verbindung mit der eingesessenen ländlichen Bevölkerung weit seltener sind.

Ein anderes Bild bieten die

Angestellten mit beamtenartigem Charakter, wie Küster, Aufseher, Flur­

hüter usw., und die kleinen Eisenbahnbeamten.

Wo sie zahlreicher ver­

treten sind, sieht man deutlich ihre rege Spartätigkeit das ganze Jahr hindurch, wenn auch meist in kleineren Beträgen gespart wird; auch bei

ihnen tritt der Nebenverdienst aus dem Erlös landwirtschaftlicher Pro­

dukte in den Einzahlungen während der Sommermonate stark hervor

(Vorgebirge!).

Sparfördernd wirkt bei ihnen die billige Lebenshaltung

aus dem Lande und eine gewisse Nüchternheit in der Konsumtion, die sie mit der bäuerlichen Bevölkerung gemeinsam haben; ihre näheren verwandt­

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Das Sparwesen im Landkreise Bonn.

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schaftlichen Beziehungen zu ihr bringen ihnen öfters Erbschaften wie Mit­ giften ein, die in der Regel zu den übrigen Ersparnissen getan werden (einige der größeren Einzahlungen).

2.

Eine

relativ

Dienstboten.

sehr

hohe

Sparfähigkeit besitzen

die ländlichen

Wenn auch nennenswerte Nebenverdienstquellen fehlen,

so können sie doch erhebliche Teile ihres Geldlohnes sparen.

Besonders

wenn nicht der Lohn ganz oder teilweise an die oft in armen Verhält­ nissen lebenden Eltern abgeführt werden muß — ziemlich viele Mägde usw. stammen aus der armen Eifel — oder wenn nicht zu starke Vergnügungs­ sucht eingerissen ist (Vorgebirge!), wird oft der ganze Lohn zu Spar­

zwecken verwandt, wie die Tatsache beweist, daß manche Einlagen dem Geldlohn entsprechen, oder daß verschiedene Dienstherren (Wesseling) den Lohn dem Gesinde nicht erst aushändigen, sondern sofort auf die Spar­

kasse tun.

Die verhältnismäßig geringere Spartätigkeit der städtischen

Dienstboten und ihre Viel kleineren Einzahlungen trotz höheren Lohnes

(Mehlem) zeigen, daß diese mehr sür die Lebensbedürfnisse ausgeben. Bei den Dienstboten ist der Anreiz zum Sparen besonders groß, da sie

die Ersparnisse als künftige Mitgiften oder in höherem Lebensalter als

Versorgungssonds verwenden.

Erbschaften, meist die in der Tabelle Di

größeren Summen, werden durchweg zu den anderen Ersparnissen ge­

bracht. — Im allgemeinen ist der Teil des Verdienstes, der von den männlichen Dienstboten — Knechten und Viehschweizern — für die Lebens­

haltung ausgegeben wird, größer und damit die Ersparnisse geringer, weil sie sehr oft verheiratet sind.

Im nördlichsten Teile des Landkreises

gehörten besonders einige ausländische Viehschweizer, falls sie ihren Lohn

nicht sofort in die Heimat schickten, mit zu den regelmäßigsten Sparern, wie ihre relativ sehr hohen Einzahlungen — 100, 150 Mk. — zeigen.

In vielen Orten, wo der Gesindelohn nur zweimal im Jahre ausbezahlt wird, zu Lichtmeß und im August, fanden größere Einzahlungen statt.

Durchweg stellen alle eingelegten Beträge runde Summen dar.

Einige

sich über den Durchschnitt erhebende Einzahlungen in Pech und Alfter

während der Erntezeit find auf Lohnprämien in der Hauptsaison zurück­ zuführen. 3. Beiden Arbeitern und unselbständigen Handwerkern wurden

große Unterschiede

in der Sparweise

festgestellt.

Soweit die

Jüngeren lediglich unter dem Druck häuslicher Verhältnisse dem Tagelohn nachgehen müssen, liefern sie den Lohn an ihre Eltern ab, wofür sie Lebens­ unterhalt und etwas Taschengeld erhalten, das nie gespart wird, so vielfach in Alfter, Witterschlick und Merten und um Oberbachem herum, wo die

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Dr. Richard Poppelreuter.

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Tagelöhnerfamilien auf diese Zuschüsse angewiesen sind.

Diese jüngeren

Elemente machen wie die folgenden einen erheblichen Teil aller im Land­ kreise wohnenden Arbeiter aus.

Ihnen stehen andere gegenüber, die ledig

sind und bei der freien Verfügung über ihr Einkommen sehr wohl sparen

könnten, wie durchweg von allen Rendanten bestätigt wurde.

Aber sie

sind es besonders, die Mitglieder der sogenannten „Freundschaftsbunde", Junggesellenvereine usw. sind und ihren Lohn zu Vergnügungen aller

Art ausgeben (im Orte selbst, in der Nachbarschaft oder in den Städten), woran im Landkreise ein großer Überfluß herrscht. Einzelne Orte mit

durchsetzter Arbeiterbevölkerung sind geradezu als „Saufnester" bekannt.

Es handelt sich in all diesen Fällen um sogenannten proletarischen Luxus,

der eine wirkliche Erhöhung des Lebensgenusses nicht bringt. Die Er­ sparnisse von ihnen sind nur ganz vereinzelter Art, obwohl die in letzter Zeit gestiegenen Löhne einen Anreiz zum Sparen geben könnten.

jungverheirateten und

älteren Arbeiter machen

Arbeiterbevölkerung aus.

Die

die andere Hälfte der

Entweder verbietet eine zahlreiche Familie oder

Schulden das Sparen an sich oder sie leben gut und verzehren ihr ganzes Einkommen.

Es ist bekannt, daß der Arbeiter auf dem Lande besonders

in bezug auf den Fleischkonsum besser lebt als die kleinbäuerliche Be­ völkerung.

Bezeichnend dafür ist, daß 1907 in Oberbachem ein Metzger

so von den Arbeitern in Anspruch genommen wurde, daß er oft bis zu 1000 Mk. in einem Monat an die Sparkasse abführen konnte.

Auch

Konsumvereine erhöhen sehr oft nicht den Spartrieb, wie oft angenommen wird: ein bis vor kurzem in Oberbachem bestehender Arbeiterkonsumverein

führte dazu, daß mehr und Besseres konsumiert und sogar weniger gespart wurde, denn 1907 machten die Arbeiter weniger Einlagen als 1908/09, nachdem der Konsumverein eingegangen war.

Reicht so der eigentliche Lohn zu Sparzwecken nicht oder nur in unbedeutendem Maße aus, ist aber trotzdem ein starker Sparwille vor­

handen, dann werden Nebenerwerbsquellen aufgetan, aus denen die meisten Einzahlungen stammen. Die Frau oder die erwachsenen Töchter gehen

als Waschfrauen oder Stundenmädchen in die Nachbarschaft oder in die Stadt, oder die Kinder suchen als Tagelöhner oder Fabrikarbeiter Ver­ dienst; sie führen den Lohn an die Eltern ab und machen in verhältnis­ mäßig jungen Jahren das wieder wett, was sie vorher an Ausgaben

Verursacht haben, so daß der Haushalt älterer Arbeiter oft eine bedeutende Sparkraft entwickeln kann, die auch besonders noch durch die billige

Lebenshaltung auf dem Lande gesteigert werden kann.

Der auf dem Lande

wohnende Arbeiter ist in der günstigen Lage, nebenher noch Landwirtschaft

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Das Sparwesen im Landkreise Bonn.

zu treiben, deren Produkte teils im eigenen Haushalt verwandt, teils, be­ sonders in der Umgegend Bonns und im Vorgebirge, von Familien­ angehörigen auf dem Markt verkauft werden.

Außer diesem Nebenverdienst

steht sich der ländliche, meist seßhafte Arbeiter besser als sein städtischer Arbeitskollege, insofern er in der Regel nicht organisiert ist und so die „Bei­

träge" zu Sparzwecken zu verwenden in der Lage ist, statt sie in der Gestalt

des Kollektivsparens an die Berufsvereine abzuführen. — Die Tabellen zeigen so einerseits ein regelmäßiges Sparen innerhalb gewisser Grenzen während des ganzen Jahres, das in kleinen bis zu mittleren Beträgen (100 Mk.) vom reinen Lohneinkommen ausgeht. Dies sind jedoch nur vereinzelte Fälle, wie sie in Duisdors, Pech, Mehlem und Oberbachem

beobachtet wurden, viel seltener an anderen Kassen.

In Mehlem II und

in Oberbachem gehören zu diesen Einlegern junge böhmische Gruben­ arbeiter, die mit ihren Angehörigen eine Art Hausgemeinschaft bilden

und oft Beträge bis zu 200 Mk. einlegen konnten.

Konjunkturschwankungen machen

sich

Die gewerblichen

besonders bei den Arbeitern be­

merkbar, die unter scharfer Berechnung, wie der Lohn verteilt wird, mit äußerster Anstrengung sparen.

Wegen der Gelegenheit zu reichlichem

Nebenerwerb auf dem Lande kommen solche Einflüsse jedoch weit seltener als in der Stadt vor, zumal die meisten auf dem Lande wohnenden Arbeiter zu dem festen, seßhaften Arbeiterstamm der betreffenden Fabriken und Gruben gehören.

Manchmal wirken jedoch Störungen in der Be­

schäftigung recht erzieherisch: so sparten 1907 die Arbeiter in Bachem viel weniger als 1908/09; trotzdem seit diesen Jahren die Arbeits­ gelegenheit stark vermindert ist.

Bemerkenswert für die noch mangelhafte

Ausbildung eines intensiven Spartriebs bei allen Arbeitern im ganzen ist,

daß das Kleinsparen von ihnen in Beträgen unter 1 Mk. und darüber bis zu 2 und 3 Mk. nicht der Mühe für wert gehalten wird; auch die kleinen Einlagen sind in der Regel viel größer, die mittleren reichen manchmal bis zu 200 Mk. heran, die, wie 1908 in Roesberg, vom Lohn eines auswärts beschäftigten Arbeiters erübrigt werden konnten.

Wenn

der Arbeiter nicht in relativ größeren, greifbaren Summen sparen kann, verzichtet er ganz darauf, es sei denn, daß, wie bei der Schuldenabtragung oder dem Kollektivsparen, regelmäßig kleine Beträge vom Lohneinkommen

abgezogen werden müssen.

Im ganzen treten die Rücklagen vom Lohn

allein zurück hinter die Ersparnisse, die den Nebenerwerbsquellen ent­ springen.

In solchen Fällen handelt es sich oft um ziemlich hohe Beträge,

die den unbefangenen Beobachter in Staunen setzen, daß es überhaupt möglich ist, solche Ersparnisse machen zu können.

Sie find der Ausfluß

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vr. Richard Poppelreuter.

einer aufs höchste gesteigerten Sparkraft, einer Intensität der Spartätigkeit nach der anderen Richtung hin, und zeigen deutlich, wie trotz erschwerender

Lebensverhältnisse von den Minderbemittelten gespart werden kann.

Der

Sommer und Herbst gehören so zu den stärksten Einzahlungsmonaten. Im August 1908 (s. Tabelle Dr) stammen fast alle Einlagen zwischen

5 und 80 Mk. aus dem Erlös von Marktprodukten, ebenso wie die Be­

träge von 100—200 Mk. im September und die 1000 Mk. im Juli in Alfter.

Gerade an den Vorgebirgskassen tritt dieser stärkere Verkehr

im Sommer besonders hervor.

Infolge der landwirtschaftlichen Neben-

beschäftigung sind April bis Mai, September bis Dezember schwächere Einzahlungsmonate, da einmal im Frühjahr die Felderbestellung Aus­

gaben verursacht und im Spätherbst die Ersparnisse an sich schwächer sind

oder direkt für die Tilgung von Darlehns-, Kauf- oder Pachtschulden

verwandt werden.

Ein weiterer Vorzug, den der ländliche Arbeiter vor

seinem städtischen Kollegen hat, liegt in der oft engen verwandtschaftlichen Beziehung mit der rein ländlichen Bevölkerung, so daß oft kleinere und

größere Erbschaften zu den anderen Ersparnissen geschlagen werden können, wie manche große Summen zeigen; so besonders 1908 in Roisdorf (Juli 250, März 200, Mai 1100, 1400 Mk.). Andere große Einlagen gehen bisweilen auf Landverkauf zurück (Alfter 1908, Juni 700 Mk.).

Die relativ sehr starken Einzahlungen in Roisdorf im Januar fußen

darauf, daß die dortige Brunnenverwaltung die im Laufe des Jahres gewährten Arbeitsprämien, Lohnabzüge usw. in dem Monat auszahlt;

ein Teil wird gespart, ein anderer zur Schuldentilgung usw. verwandt. Im allgemeinen lassen die Einzahlungen der Arbeiterklasse erkennen,

daß sie sich auf dem Lande in den Einkommens» und Lebensverhältnissen der kleinbäuerlichen Bevölkerung nähert und mehr von den ländlichen Kon­

junkturen als den städtischen gewerblichen abhängig wird (s. unten S. 72). Während der größte Teil der Lohnersparnisse und ein Teil der aus dem

Nebenerwerb stammenden Einlagen als reine Ersparnisse zu betrachten sind, wohnt bisweilen, namentlich letzteren ein gewisser Depositencharakter inne, insofern sie nur zeitweilig den Kassen zugeführt werden (s. unten 2. Kap.

die Abhebungen usw.), sonst kommen bei den Arbeitern und Tagelöhnern,

von Dienstboten und Kindern abgesehen, noch die wenigsten Depositen vor. Einerseits sind die Arbeiter noch nicht so weit wirtschaftlich geschult, um

augenblicklich nicht verwendbare Einkommensteile, wenn auch nur für

kurze Zeit in den Sparanstalten unterzubringen, anderseits liegt das an der Regelmäßigkeit und kurzen Zeitspanne, die zwischen den Zahltagen des Lohnes ist, dann in dessen geringer Höhe und in der Gewohnheit

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Das Sparwesen im Landkreise Bonn.

sofort über das Einkommen zu verfügen, um Schulden bei dem Kauf­ mann, Wirt und Handwerker zu bezahlen. Öfter kommt es vor, daß

aufgenommene Darlehen, die z. B. für den Bau eines Hauses nicht sofort ganz gebraucht werden, als reine Depositen eingelegt werden.

Solche

sind auch die Einlagen, die von den nach der Stillegung der Grube Laura abgewanderten Arbeitern allmonatlich in Bachem oder Berkum gemacht werden, damit die zu Hause gebliebene Familie besser darüber

verfügen kann (z. B. in Oberbachem fast jeden Monat 200 Mk., die von einem in Marokko beschäftigt gewesenen Arbeiter eingezahlt wurden). Auch hier stecken in den Depositen reine Ersparnisse. Das gleiche gilt auch bei den unselbständigen Bauhandwerkern; doch walten hier große örtliche Unterschiede vor.

So machen sie in Ippendorf

und Lengsdorf nur vereinzelte und unregelmäßige Einlagen, während sie in Friesdorf zu den eifrigsten und regelmäßigen Sparern gehören.

In

Friesdorf sind die Bedingungen für ihr Sparen besonders günstig, da hier die Genossenschaft, falls ein ernster Sparwille vorhanden ist, durch Darlehnsgewährung besonders den Minderbemittelten weiterhilft.

Da so

für sie günstige Besitzverhältnisse vorliegen, können sie das ganze Jahr

durchsparen, ohne im Winter Abhebungen machen zu müssen, da bei dem herrschenden milden Klima das Bauhandwerk viel von seinem Saison­

charakter verloren hat. Bei den Minderbemittelten, bei denen die außerordentlichen Ein­ nahmen für das Sparen eine so große Rolle spielen, werden oft mehrere

Jahre hindurch keine Einzahlungen gemacht, sondern im Gegenteil findet

noch ein allmähliches Abbröckeln der Guthaben statt, wie sich aus der im Verhältnis immerhin geringen Sparbewegung dieser Berufe im Ver­ gleich zu den Kontenzahlen ergibt. 4. Die selbständigen Handwerker befinden sich meist in be­

schränkten Verhältnissen, namentlich dort, wie in Witterschlick, Alfter, Pech, Ippendorf, wo die starke Arbeiterbevölkerung wenig aufs pünktliche Zahlen sieht oder wo decken.

die Landwirte

ihren Bedarf

in benachbarten Städten

In anderen Dörfern, wie in Waldorf, Friesdorf oder Sechtem

ist ihre Lage besser, weil hier eine kaufkräftige Bauernbevölkerung zu ihren Kunden zählt. Die Sparfähigkeit der Handwerker ist so keine große,

wird aber in zahlreichen Fällen stark angestrengt, um schließlich in landwirt­

schaftlichen Nebenerwerbsquellen einen Einkommensersatz zu schaffen.

Die

landwirtschaftlichen Produkte werden sowohl für den Haushalt als auch

besonders stark für den Marktbedarf gezogen.

Bei ihren meisten Ein­

lagen handelt es sich, es sind durchweg kleine bis mittlere Beträge, um

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Or. Richard Poppelreuter.

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reine Ersparnisse.

Ihre Spartätigkeit im ganzen tritt zurück hinter die

der anderen ländlichen Gewerbtreibenden wie Metzger, Gärtner, Händler und Kaufleute.

Ihr mehr kaufmännischer Charakter läßt ihre Spar­

fähigkeit voll ausnutzen,

meistens in der Form der Spargelder, viel

weniger in der der laufenden Rechnung.

Ihre Lage ist bedeutend besser

als die der reinen Handwerker, namentlich im Borgebirge, wo die Be­

völkerungszahl und die Kaufkraft hoch stehen.

Die Spartätigkeit wird

erschwert bei ihnen durch hohe Schulden (Wirte!) und Steuern, die hier durchschnittlich 160 o/o resp. 210 o/o betragen, wenn auch ihre bescheidene

Lebenshaltung der der Kleinbauern nahekommt.

Ihre engen Beziehungen

zu letzteren führen ihnen öfters Erbschaften usw. zu, die weniger direkt

gespart als sofort angelegt werden. Ein großer Teil der Gewerbtreibenden ist nicht mehr in den jungen

Jahren, sondern verheiratet und hat eine im Durchschnitt große Familie zu ernähren.

Daß etwa die Kinder als Arbeiter, oder die Frau als

Tagelöhnerin oder sonstwie Nebenverdienst sucht, kommt kaum vor.

So

bleibt als Quelle der Spareinlagen lediglich das aus gewerblichen oder

landwirtschaftlichen Erträgen abgeleitete Einkommen übrig, dazu kommen die außerordentlichen Vermögenszuwächfe. Ein Teil der weiblich selb­

ständigen Gewerbtreibenden, wie Näherinnen leitet die Ersparnisse ledig­ lich aus ihrem Arbeitseinkommen ab; es sind meist kleine Summen, die

reine Ersparnisse darstellen.

Manchmal wie in Pech z. B., wird der

ganze Nebenverdienst (Leitung der Strickschule) zu dem Sparguthaben

getan. Bei den Gewerbtreibenden der gekennzeichneten Art kann von einem regelmäßigen Einzahlungsverkehr nicht die Rede sein.

Einerseits werden

größere Ersparnisse sofort in werbende Anlagen hineingesteckt, so daß nur die später gestiegene Sparkraft einen solchen Rückschluß zuläßt.

In der

Regel gehen die Einzahlungen unregelmäßig während des ganzen Jahres

durch.

Bei ihnen und den reinen Landwirten ist es sehr schwer, die

reinen

Ersparnisse von den Depositen zu trennen und das

Spargelder gleichsam herauszukristallisieren. durchweg

die

größeren Summen

mit

Maß der

Bei den Einlagen überwiegen

starkem

Depositencharakter, die

einer Konsumeinschränkung ihre direkte Entstehung verdanken; die darin

immanent enthaltenen Ersparnisse können sich nach Ablauf fchaftsperiode oder noch später erst herausstellen.

der Wirt-

Diese größeren Posten

führen fast alle die meiner Meinung nach wesentlichen Depositenbestand-

teile mit sich: das Roh einkommen

-Verfügung gestützten Erwerbsstände.

der freien auf Kapitalbesitz- oder

Während die reinen Ersparnisse

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Das Sparwesen im Landkreise Bonn.

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Vom Reineinkommen gemacht werden d. h. von Geldbeträgen, die end­ gültig für die Konsumtion oder neue produktive Verwendung aus der betreffenden Wirtschaft losgelöst sind und zur weiteren Verwendung des Wirtes bereitstehen, enthalten die Depositen und Kontokorrentgelder Geldbeträge, die Teile des noch laufenden oder teilweise des zu Geld

realisierten Kapitals darstellen; es sind also Beträge, die wieder die alte Kapitalform annehmen, zum Roheinkommen gehören und ohne eine Kapitalminderung nicht von der betreffenden Wirtschaft losgelöst werden dürfen, da ja darin Summen enthalten sind, von denen die Erwerbs­ und Produktionskosten gedeckt werden müssen; sie sind aber einstweilen in

der Geldform frei verfügbar, da der Zeitpunkt des Eingangs und des Ausgangs aus der betreffenden Wirtschaft auseinanderfallen und sie vor­

läufig sicher untergebracht werden müssen.

Reine Ersparnisse dagegen

find Vermögen oder Kapitalneu bildend, Depositen nicht, wenigstens

im Rahmen der Wirtschaft, der sie entstammen.

Diese Merkmale der

Depositen treten bei den Gewerbtreibenden stärker als bei den Landwirten hervor, jedoch nicht in so hohem Maße wie bei den städtischen Gewerb­ treibenden, wo in den Depositen relativ viel weniger Ersparnisse vor­

handen sind.

Anderseits erklären sich bei den Gewerbtreibenden so hohe

Spareinlagen, weil ihr Einkommen teilweise seltener, dafür aber in desto

höheren Einzelbeträgen eingeht.

Monatliche oder mehrere Einzahlungen

in einen! Monat kommen fast nur bei den Kolonialwarenhändlern usw. vor, sonst wird in kürzeren oder längeren Pausen zwei- bis viermal im Jahre eingelegt. Der Einlageverkehr ist darum lange nicht so lebhaft wie bei den anderen Berufen, weist aber dafür auch höhere Einzelbeträge

auf; um die Quartalsmonate herum ist der Einlageverkehr etwas leb­ hafter; die oft sehr starke landwirtschaftliche Nebenbeschäftigung kommt

in den stärkeren Einzahlungen der Sommermonate besonders im Vor­ Einzelne der größeren Summen gehen auf

gebirge stark zum Ausdruck.

häufig vorkommende Erbschaften zurück. — Zu den Seltenheiten dürste es gehören, daß bei einer Kasse (Nebenstelle) in einem Jahre von Ge­ werbtreibenden nur Einzahlungen geleistet wurden.

Vereinzelt wurde

z. B. in Mehlem II festgestellt, daß außer dem Hauptkonto noch ein eigentliches Sparkonto

unterhalten wurde, auf das allerdings erheblich

kleinere Beträge eingezahlt wurden. Unter den Gewerbtreibenden kommen an

einigen Kassen besonders große Summen in rascher Aufeinanderfolge vor; sie gehen in Pech auf einen auswärtigen Architekten, in Alfter auf einige

Krautfabrikanten und zwei auswärtige Unternehmer zurück. — Die Spar­ tätigkeit der Gewerbtreibenden ist in hohem Maße von der Zeit der

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64

Dr. Richard Poppelreuter.

Einnahmen der rein bäuerlichen Bevölkerung abhängig, ein anderer Grund

für die Belebung der Einlagen in den Sommer- und Herbstmonaten.

Die Abhängigkeit von den Landwirten tritt ferner deutlich in den Ein­ lagen eines guten oder schlechten Jahres hervor. Dort wo kleine Bau­ unternehmer zahlreicher auftreten, z. B. in Friesdorf, zeigen sich nament­

lich in dem Frühjahre stärkere Einlagen, während überall der Oktober, wie bei den Landwirten der schwächste Einlegemonat ist.

Je städtischer der Charakter der Gewerbtreibenden ist wie in Fries­ dorf und Mehlem, desto mehr verteilen sich die Einzahlungen gleichartig

über das ganze Jahr.

An solchen Kassen macht sich auch viel mehr der

Einfluß der gewerblichen Krisen fühlbar.

So haben 1908 in Mehlem

und Friesdorf die Einlagen bedeutend an Häufigkeit und im Gesamt­ beträge im Vergleich zu besseren Jahren und zu dem Platten Lande nach­

gelassen. Die im Verhältnis wenigen im Gewerbe der Eltern beschäftigten

Haussöhne und -Töchter weisen nur vereinzelte Einzahlungen auf.

Er­

sparnisse vom Taschengeld kommen kaum vor, viel öfters dagegen größere Posten, besonders bei Töchtern, die Geschenke oder Erbschaften sind (so in

Pech 250; Duisdorf 500 Mk.).

5. Der weitaus größte Teil aller Einzahlungen entfällt auf die rein

bäuerliche Bevölkerung; die zum Teil ganz verschieden gestalteten landwirtschaftlichen Verhältnisse kommen in der Sparfähigkeit als auch in

der Art und Weise zu sparen zum Ausdruck. 1. Im südlichen und nordöstlichen Teil des Landkreises, zum Teil an der Rheinlinie entlang herrscht mittel- und kleinbäuerlicher Betrieb, teilweise auch um Duisdorf, das aber schon den Übergang zur folgenden Zone bildet. Hier herrscht Getreide- und Futterbau mit mittlerer Groß­ viehhaltung vor, während Obst- und Gemüsebau zum Eigenbedarf, weniger

aber für den Markt betrieben wird.

Im allgemeinen ist hier die Boden­

zersplitterung noch nicht so weit fortgeschritten und diese Landwirte leben durchweg in behäbigen, teils recht wohlhabenden Verhältnissen.

2. Das typische Gepräge gibt dem Landkreis die folgende Zone. Schon hinter Duisdorf hört die Getreidebauzone auf. In einem weiten

Bogen um die Stadt Bonn herum, mit seitlichen Abschweifungen bis Mehlem hinauf umfaßt die Spirale das sogenannte Vorgebirge bis Walberberg. In

dieser Gegend, der eine weite Ebene bis zum Rheine vorgelagert ist, die haupt­ sächlich sich im Besitz von Großgrundbesitzern befindet und vorwiegend dem

Zuckerrüben-, Getreide- und Futteranbau dient, herrscht die intensivste Garten­ kultur mit Obst- und Gemüseanbau aller Art vor (s. Gothein a. a. O. S. 314ff.

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Tas Sparwesen im Landkreise Bonn.

und Hollmann a. a. O. S. 29 u. 48).



Die Reinerträge, die diese Spaten­

kultur hervorbringt, sind enorm hoch und stellen im Verhältnis zur Besitz- und Betriebsgröße das Höchste dar, was die Landwirtschaft überhaupt einbringen

kann. Diese Teile des Landkreises gehören zu den höchsten in der Steuer

Es werden oft Preise sür diese Parzellen, nament­ lich im eigentlichen Vorgebirge gezahlt, die denen sür städtische Grund­

eingeschätzten Parzellen.

stücke gleichkommen und dabei ist der Preis bei steigender Nachfrage trotz

sinkender Grundrente noch im Steigen begriffen. Die Sparfähigkeit ist demnach eine sehr bedeutende, wie deutlich aus den Tabellen hervorgeht. Zuzugeben ist, daß die bäuerliche Verschuldung besonders im Vorgebirge

groß ist, da infolge äußerster Bodenmobilisierung die Aufnahme von Landkaufs- und Hausbauschulden notwendig wird, zumal gerade infolge der Mobilisierung die Seßhaftigkeit der Kleinbauern groß ist und andere

Berufsangehörige zu Kleinbauern werden.

Nach außen hin tritt das in

der starken ländlichen Bevölkerungszunahme und dem starken Vorkommen der­

selben Familiennamen hervor. Jedoch sind infolge der hohen Rentabilität

die Schulden meist werbender Art, wie sie treffend Herkner (Die Arbeiter­ frage, 2. Aust., Berlin 1897, S. 233) charakterisiert hat: „Aus den höheren

Verschuldungsprozenten darf indes nicht der Schluß gezogen werden, daß der kleinbäuerliche Betrieb weniger rentabel ist als der großbäuerliche. Die Ver­ schuldung ... hat darin vorzugsweise ihren Grund, daß sie durch Zukauf von Land über ihre baren Mittel hinaus ihren Betrieb so zu vergrößern

trachten, daß er ihnen eine bäuerliche Selbständigkeit gewährt. . .; die Verschuldung ist daher nur der Ausdruck des geringen Besitzes, ander­

seits aber des lebhaften Bestrebens, auf der sozialen Stufenleiter all­

mählich emporzusteigen."

Die Aufnahme solcher werbenden Schulden wird

ferner veranlaßt durch die Gleicherbteilung und die Selbständigmachung fast aller Kinder, sowie durch die Bodenmobilisierung überhaupt.

Die

Sparfähigkeit wird weiterhin gesteigert durch den Nebenverdienst als Tage­ löhner oder Arbeiter; so ist es eine bekannte Tatsache, daß manche Klein­ bauern des Vorgebirges als Arbeiter im Winter in den benachbarten

Zucker- und Brikettfabriken arbeiten. Das günstige Ergebnis der klein- und mittelbäuerlichen Verschuldung, zu dem Hollmann (a. a. O. S. 122 ff.)

kommt, dürfte der Wirklichkeit entsprechen, trotzdem Hollmann nicht berücksichtigt, daß neben den hypothekarisch eingetragenen Besitzschulden, sehr stark auch auf dem Wege gegen Bürgschaft Besitzschulden ausgenommen

werden (s. später den Protokollhandel, 6. Absch. S. 204). Die hohe Renta­ bilität der hiesigen Landwirtschaft kommt auch in den Berechnungen von Dr. Buer (Die gegenwärtige landwirtschaftliche Betriebsweise im Landkreise Lchriften 136.

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Dr. Richard Poppelreuter.

66

Bonn, Inaugural-Dissertation, Merseburg 1901, S. 78 u. 100) zutage,

jedoch konnten sie der vorliegenden Untersuchung nicht zugrunde gelegt werden, da er von ziemlich fiktiven Annahmen ausgeht, seine Unter­

suchungen örtlich zu sehr beschränkt sind und keinen Anspruch auf Allgemein­ gültigkeit machen können.

Die Sparfähigkeit wird anderseits gemindert

durch die im Vorgebirge geradezu sprichwörtlich gewordene große Kinder­

zahl, deren Hilfskräfte im Betrieb jedoch unentbehrlich sind.

Das Urteil

aller Befragten ging dahin, daß die Lebenshaltung der kleinbäuerlichen

Bevölkerung äußerst nüchtern ist und im allgemeinen nicht an die der kleinen Beamten und Arbeiter heranreicht.

Man erzählte von Fällen,

wo mit aller Kraft bei äußerstem Fleiße, den die Spatenkultur verlangt, gespart werde,

Anderseits

die Familie tatsächlich Hunger leiden

trotzdem

werden

selbst

größere

Ausgaben

sollte.

nicht gescheut, um

die

Produktivität des Betriebes zu erhöhen, wie die große Verbreitung der elektrischen Kleinmotors

Kunstdungmittel zeigt.

und

die äußerst ausgiebige Verwendung von

Wegen

der beschränkten

konsumtiven

Lebens­

ansprüche haben einige Sozialisten, wie Marx, Bebel und Kautsky den

Kleinbauern als kulturhemmenden Faktor bezeichnet; so sagt Kautsky: „Die Überarbeit und Unterkonsumtion bezeugen gerade die Rückständigkeit des Kleinbetriebes; beides sind Hemmnisse des ökonomischen Fortschritts, dank ihnen wird das kleine Grundeigentum ein Mittel, das eine halb außerhalb

der Gesellschaft stehende Klasse von Barbaren schafft, die alle Rohheit primi­ tiver Gesellschaftsformen mit allen Qualen und Miseren unserer zivilisierten

Länder verbindet." (Zit. bei Ser ing, Schmöllers Jahrb. 1899, Agrar­ frage und Sozialismus S. 1502/3.) Diese von Kautsky übertriebene Unter­ konsumtion wirkt jedoch zugunsten von Ersparnissen, die eine spätere höhere Einkommenssteigerung zur Folge haben, zumal die Bodenmobilisierung die

Spartätigkeit geradezu erzwingt. Das allmähliche Anhäufen von Ersparnissen durch Verzicht auf eine zersplitterte volle Ausnutzung der Konsumtions­ kraft, erhöht im letzten Grunde besonders unter der Berücksichtigung der

Verwendung durch die Sparorganisationen die ländliche Kaufkraft und

trägt zur Bildung neuen Kapitals bei. Oft nutzen auch die nüchternsten

Lebensansprüche nicht, trotz

„des goldenen Bodens", um

Ersparnisse

machen zu können, wenn, wie z. B. in Alfter Beschränkungen derart vor­ liegen, daß die kleinere Hälfte der gesamten Gemarkung in fester Hand

ist (Fideikommiß Fürst Salm) oder die Pacht von Jahr zu Jahr ge­ steigert wird (in Alfter durch Fürst Salm in den letzten Jahren um

20 —30 o/o).

In anderen Orten ist infolge großen Angebots von Klein­

pachtland, durch die Mobilisierung veranlaßt, die Pacht viel geringer.

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67

Das Sparwesen im Landkreise Bonn.

Das sparfähige

Einkommen wird anderseits erhöht, daß

die schulent­

lassenen Kinder als willkommene Arbeitskräfte verwandt werden, zumal hier der Tagelohn ziemlich hoch ist und infolge der Parzellenzersplitterung

Besonders im südlichen

nicht ausgiebig genug ausgenutzt werden kann.

Teile des Landkreises wird das bäuerliche Einkommen durch den Neben­ betrieb von Stein- und Tongruben oder durch das Umherziehen mit Schau­

buden auf Kirmessen und durch Erlöse aus Holzverkäufen teilweise be­ deutend erhöht.

Außerdenl liefert die oft große Verpachtung manchmal

ansehnliche Erträge, die infolge des Streubesitzes oft notwendigerweise vorgenommen wird.

Bei dem engen verwandtschaftlichen Zusammenhang

der spezifisch ländlichen Bevölkerung kommen zu dem regulären Einkommen

besonders häufig Erbschaften, die bekanntlich bei der Gleicherbteilung in Geld ausgezahlt werden (s. den 6. Abschn. Der Protokollhandel S. 185). Wenn sie nicht direkt zur Abstoßung von Schulden oder zum Landkauf usw.

verwandt werden, finden sie meist eine vorläufige Anlage in den Spar­ kassen.

Einnahmen aus Großviehverkäufen kommen in der Vorgeüirgs-

kulturzone selten vor, bedeutend häufiger in der Getreidebauzone. Alle geschilderten agrarischen und Einkommensverhältnisse kommen

in der Häufigkeit und in der Qualität d. h. der Beschaffenheit und Höhe der Einzahlungen zum Ausdruck, sei es in der Gestalt von reinem Spar­

geld oder von Depositen. 1. Betrachten wir zunächst die Verhältnisse in der Getreidebauzone: Zn

der Tabelle D1

sind

in

der Spalte

7,2

die Einzahlungen der

Ackerer an den für diese Zone in Betracht kommenden Kassen zu Pech, Pissenheim, Oberbachem, Duisdorf und Urfeld für 1908 zusammengefaßt worden.

Wie ein flüchtiger Blick zeigt, kann man hier nur von einem

bedingten Saisoncharakter reden.

Die stärksten und häufigsten Einlagen

erfolgen im Winter (November — Februar), wenn der Verkauf des nach

und nach gedroschenen Getreides, die Viehverkäufe und die Pachtzahlungen stattfinden, während die schwächsten Einzahlungsmonate im Frühjahre (April — Juni) naturgemäß liegen.

Relativ stark sind auch die Ein­

lagen im Juli — August (Sommergetreide!).

Im Herbste September

bis Oktober läßt der Sparverkehr nach, da nun von dem Einkommen alte Verpflichtungen gedeckt werden und die Spartätigkeit auf die folgen­ den Monate verschoben wird oder die Bestellung der Felder im Herbst

und Frühjahre größere Barmittel erfordert; besonders typisch sind dafür

die Kassen zu Oberbachem und Pissenheim.

Aber auch während der

anderen Monate kann gespart werden, wenn auf kleineren Parzellen Gemüse im Sommer für den Marktbedarf gezogen wird oder wenn der 5*

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68

Dr. Richard Poppelreuter.

Erlös (Abmelkwirtschaft) aus Milch und Butterverkauf ein während des ganzen Jahres annähernd gleiches Einkommen gewährt (kleinere Summen im Sommer!). Die größeren Besitzverhältnisse lassen in dieser Zone im

allgemeinen die kleineren Summen zurücktreten, mit Ausnahme von Pech,

einem wenig wohlhabenden Ort mit kleinen Betriebsverhältnissen.

Es

herrschen durchweg die mittleren und größeren Einlagen vor (von 100 Mk. an).

Der Nebenbetrieb von Ton- usw. Gruben und der Holzhandel er­

möglichen weiter unregelmäßig über das ganze Jahr verteilte Ersparnisse.

Ein Ackerer in Pech

konnte allein aus dem Betriebe einer Kirmesbude

im Februar eine Einlage von 3150 Mk. machen!

Die größten Einzel­

beträge stammen meist aus Erbschaften, Großvieh und Landverkäufen, z. B. Erbschaften in Duisdorf: Februar, September; Oberbachem: Januar,

Mai, Dezember; Pech: Januar.

Im allgemeinen zeigt die Einzahlungs­

kurve, die ost durch unerwartete Vermögenszuwächse gestört werden kann, die Tendenz, daß im November die Haupteinlagen beginnen und sich bis zum März mit Schwankungen auf der Höhe halten, wobei meist im

Januar der Höhepunkt erreicht wird, dann fällt die Kurve dauernd bis zum April (Minimum), hebt sich bisweilen in den Sommermonaten und erreicht im Oktober das zweite Jahresminimum. — Gerade in dieser

Zone kommt es sehr oft vor, daß Ersparnisse direkt irgendwie angelegt werden; zunächst weil hier größere Summen auf einmal eingehen und

eine langsame Konzentration von einzelnen kleinen Ersparnissen unnötig

wird, ferner weil das Haupteinkommen in eine Zeit fällt (November— März), wo in der Regel die Landverkäufe stattfinden, die Pacht gezahlt werden muß,

Verbesserungen im Betrieb

vorgenommen, Termingelder

bezahlt werden oder wie im Frühjahre neues Vieh gekauft wird oder die ländliche Bautätigkeit einsetzt.

Viele halten es dann nicht mehr für

zweckmäßig, die Ersparnisse für kurze Zeit einzulegen oder sie schätzen die Zinsgewinne nicht hoch ein, zumal bei der terminierten Verzinsung

durch die Genossenschaftskassen.

2.

Bedeutend größere Verschiedenheiten kommen in der Vorgebirgs­

kulturzone beim Sparverkehr vor. Um einen annähernd richtigen Ver­ gleich zu bekommen, wurden in der Spalte 7, I 4 Darlehnskassen berück­ sichtigt, die in der typischen Spatenkulturgegend liegen: dorf, Waldorf und Roesberg.

Alfter, Rois-

Zu beachten ist, daß die fünf Kassen der

Getreidebauzone 124 Ackererkonten haben, die vier Vorgebirgskassen da­ gegen 230 Ackererkonten. Das starke Überwiegen der Klein- und Zwerg­

bauern bei einer größeren und dichter wohnenden bäuerlichen Bevölkerung kommt stark in den Zahlen zum Ausdruck.

Ein verhältnismäßig starker

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Das Sparwesen im Landkreise Bonn.

69

Einlageverkehr hält das ganze Jahr hindurch an.

Die in einzelnen

Orten vorherrschenden Spezialkulturen kommen in den Zahlen der ent­

sprechenden Erntemonate zum Ausdruck; für Brenig: hauptsächlich Winter­ gemüse, Hersel: Spinat; Roisdorf, Alfter, Waldorf: Obst und Sommer­

gemüse.

Die Spatenkultur zwingt dem Boden Erträge ab, die sowohl

in bezug auf die rasche zeitliche Aufeinanderfolge als auch im Ertrag sehr hoch sind.

Der einzelne Kleinbauer ist in der Lage, mehrmals in

einem Jahre, ja oft mehrmals im Monat zu ernten und Ersparnisse zu

machen, trotzdem seine Parzellen ungewöhnlich klein sind.

Ein bestimmter

Saisoncharakter muß auch hier zurücktreten, wenn auch eine starke Häufung

des Einkommens in den Sommermonaten hervortritt, da in dieser Zeit jeder Kleinbauer erntet, aber nicht im Herbst und Winter.

Der direkte

städtische Marktverkehr und der Verkauf an die Händler geht das ganze Jahr hindurch.

Die Einzahlungskurve verläuft so anders als in der

Getreidebauzone; während des ganzen Jahres sinkt sie selten unter eine gewisse untere Grenze herab. Sie beginnt im Mai stark zu steigen, er­ reicht im August ihr Maximum, fällt dann plötzlich, um im Oktober,

dem Ruhemonat der Spatenkultur ein natürliches Minimum zu finden.

Vom November an steigt die Kurve wieder, da hier neue Ersparnisse gemacht werden können und die Pachtzahlungen stattfinden. Die steigende

Tendenz

hält

infolge

größerer

örtlicher

Spezialkulturen

mit

großen

Schwankungen bis in das Frühjahr hinein an, um endlich im April infolge der Neubestellung der Parzellen einen Tiefstand zu erreichen. —

Diese Zahlen legen ein glänzendes Zeugnis dafür ab, was aus einer auf der höchsten Stufe der Intensität stehenden Landwirtschaft heraus-

gewirtschaftet werden kann im Vergleich zu einem Klein- und Mittel­ bauerntum mit vorwiegendem Getreide- und Futterbau und Viehzucht. Stellt sich auch die Zahl der Ackererkonten an den Kassen beider Zonen

im Verhältnis wie 1:1,85 (Vorgebirge), die der Häufigkeit wie 1 : 2,03 und der gesamten eingezahlten Beträge wie 1:1,80 (also im Verhältnis ziemlich gleich!), so sprechen doch eine Reihe von zu berücksichtigenden

Faktoren für die größere Rentabilität der Spatenkultur, da, was vor allem entscheidend ist, das Areal der Getreidebauzone viel größer ist als das des Gebiets, worin die vier Vorgebirgskassen liegen, so daß bei

größerer Bodenzersplitterung viel mehr Wirtschaften sich in den Ertrag

dieser kleineren Fläche teilen müssen, und in der Vorgebirgszone mehr geschlossene Güter liegen als im Süden.

Dazu kommt ferner, daß infolge

des regen Marktverkehrs viel mehr Bauern in der Stadt sparen, daß ferner der Spatenbauer viel fleißiger als sein Kollege in der Getreidezone

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Di'- Richard Poppelreuter.

70

ist und im Handeln und Denken weit mehr wirtschaftlich geschult ist als dort, wo es sich immerhin um eine gleichförmige agrarische Betriebsweise handelt, und daß schließlich infolge der häufigen Erbteilung mehr gespart werden muß, um über das Existenzminimum hinaus Land zu kaufen.

Wie schon aus obigen Verhältniszahlen hervorgeht und die Tabelle zeigt, kommen in der Vorgebirgszone viel mehr kleinere Summen vor, weil

stark das Zwergbauerntum vertreten ist und öfters geerntet wird.

Im

ganzen jedoch überwiegen die größeren und mittleren Einzahlungen. Zum

Teil geht das auf die hohen Erträge an sich zurück und die Beteiligung einiger Großbauern in Roisdorf und Roesberg (teilweise mit Getreidebau

und Großviehhaltung).

Die starke Mobilisierung machte öftere Land­

verkäufe notwendig und die dichte Bevölkerung veranlaßt oft größere Erbteilungen, die beide hohe Summen zu den Ersparnissen liefern.

deutend zurück tritt dagegen der Erlös aus Großviehverkäufen.

Be­

Solche

außerordentliche Einnahmen treffen unregelmäßig ein, besonders häufig aber in Zeiten, wo der eigentliche Obst- und Gemüsebau weniger Erlöse abwersen und sind durchweg große Summen.

Erbschaften: Roesberg im März 1036 Mk.;

So wurden festgestellt:

Roisdorf im Januar

2 mal; November, Dezember je einmal; Alfter 1907: im Januar, März,

April, August 2 mal, Dezember 3 mal; 1908: im Februar 2 mal, Mai, August, November (8022 Mk.).

Landverkaufserlöse: Waldorf:

im August (2200 Mk.); Alfter: 1907 im Juni (1000 Mk.), im November

600 9 900 11 615 45 677 45 530 67 980 80 427 23 200 19 060 40 228 60 833 38 000 125 316

7 15 28 40 52 62 69 83 88 92 88 98 ?

145 758

107

! ! j ! ! 1 j 1 1 > 1 1 2 2

107 540 220 902 450 734 698 426 851 973 973 548 309 383 679 545 756 790 654 013 750 654 362 393 493 469

ohneBiirgsch.

1909

840^

-

/ 3 310» t 57 464/

'

!

2 624 279

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Or. Richard Poppelreuter.

128

Tabelle »2. 1907—1909 gestalteten sich die Verhältnisse aller Aktivgeschüfte folgendermaßen (Bilanzbetrag am Jahresschlüsse; die Stückzinsen bis Jahresschluß sind eingerechnet): Hauptfonds L. Reservefonds

31. Dez. 1907

Hypotheken *..........................

3 342 979 39,0

3 970 389 40,6

4 833 067 39,0

Wertpapiere..........................

2 337 829 28,0

2 616 097 27,0

3 640 998 32,0

1909

1908

Proz.

! Proz.

Pro,.

I

Darlehen gegen Bürgschaft.

57 654

0,7

51113

0,5

57 464

0,5

Darlehen ohne Bürgschaft









3 310



145 758

1,2

.

Darlehen gegen Wertpapier-

Verpfändung...................... Darlehen an Gemeinden usw.

38 256

0,5

2 382 284 28,0

125 316

1,3

2 493469 25,5

2 624 279 21,0

Guthaben im Kontokorrentverkehr...................................

0,6

41 331

0,4

67 856

0,6

3 075

0,04

93 602

1,0

86 306

0,7

1426

0,02

1241



1191



50 254

Guthaben bei der Reichsbank (Giro)...................................

Guthaben bei der Königl. See­

handlung ............................... Guthaben bei der

Zentral­

genossenschaftskasse ....

3 659

0,04

35 019

0,4

404285

3,3

Guthaben bei der Landesbank

1217

0,01

36 651

0,4

27172

0,2















Guthaben bei der Kreisspar­ —

kasse Eupen..........................

j

Guthaben auf dem Postscheck­ konto



...................................

Vorschüsse (durchlauf. Gelder)

4 814

0,06

11



941





1938



5 550



Inventarien..........................

3 587

Kassenbestand..........................

67 499

0,8

141 548

1,4

125 863

1,0

ö. Reservefonds..........................

199 202

2,3

161 236

1,7

248064



Gesamtsumme:

0,04

8493 734

3 261

9 770 283



I 12 274 042!

* Darunter Kaufgelder, z. B. 1908 : 44 696 Mk. 1909: 175101 „

1.

Hypotheken.

Auch die Bonner Kreissparkasse hat in diesem

Zweig der Aktivgeschäfte, der gerade von den öffentlich-rechtlichen Spar­ kassen so gerne bevorzugt wird, weit über ein Drittel der Gesamtaktiva angelegt, jedoch kann von einer einseitigen Anlagepolitik der Kreisspar­ kasse nach dieser Richtung hin nicht die Rede sein.

In den letzten Jahren

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Tas Sparwesen im Landkreise Bonn.

129

Hypothekenbeftand 1909 Zins in Prozenten

Anzahl der Konten

Betrag !

3 3'/-, 3^2 36/10 3^4 4 4V4 4^/8 46/8 4^/2 4'4 5 5^2 6 870

Zusammen:

16 666

40

530 147 747 996 77 250

48 32

2 986 707 179 705 245 814

01 08 65

§

4 784 286

j

schwankte der Anteil zwischen 38 und 40,6 °/o.

Genossenschaften hat die

schiedenen

Bedingungen

Kreissparkasse die

94

Im Gegensatz zu den

Hypotheken zu recht ver­

vergeben; sowohl was die Verzinsung

(siehe

obenstehende Tabelle) und was die Tilgung angeht: 155 Hypotheken auf städtische Grundstücke mit

1.

a)

sätzen ......................................... mit Tilgungspflicht in Teil­

d)

19

e)

26 mit Tilgungsberechtigung

beträgen...........................

64 672 Mk.

111903

.

.

a)



302 575 Mk.

715 Hypotheken auf ländliche Grundstücke mit 48 mit Tilgungs Pflicht in Pro­

zentsätzen k)



126 000

Also 53 Amortifationshypotheken:

2.

1 903825 Mk.

8 mit Tilgungspflicht in Prozent­

...................................

2 880 462 Mk.

347 266 Mk.

79 mit Tilgungs Pflicht in Teil.

beträgen . ........................ 253 907 o) 147 mit Tilgungsberechtigung 463018 ck) 170 Kaufgelder mit Abtragungs­

pflicht Summa

...........................

183 641

„ „



der Amortisationshypotheken: 1 247 832 Mk.

Wie man sieht, überragen die ländlichen Amortisationshypotheken. 2. Wertpapiere:

Die Wertpapieranlage ist sehr stark,

weil

einmal die Regierung auf einen möglichst hohen Wertpapierbestand sieht; Schriften 136. Q

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Dr. Richard Poppelreuter.

130

ein Drängen, dem eine Kreissparkasse, die der Regierung direkt unter­

stellt ist, sich nicht entziehen

kann und weil ferner, was von größerer

Bedeutung ist, die Kreissparkasse durch die im Bonner Kreis bestehenden

zahlreichen Konkurrenzverhältnisse genötigt ist die in der Regel weniger ertragreiche Anlage ihrer Mittel in Wertpapieren aufzusuchen. An sich könnte sie bei unvorsichtigen Geschäftsgebaren Wohl dem Übelstande ent­

gehen, da, wie alle Berichte zeigen, stets doppelt soviel Hypotheken, Dar­ Die Tatsache bleibt aber

lehen usw. nachgesucht als befriedigt werden.

bestehen, daß für die Kreissparkasse ein Mangel herrscht, erstklassige

Darlehnsgesuche im ausreichenden Maße befriedigen zu können.

Wie aus

der Tabelle H1 hervorgeht, hat der Wertpapierbestand erheblich zugenommen

im Laufe der Jahre, besonders stark war er im ersten Geschäftsjahre 1895; sprunghaft um stark 5 o/o auf 32 o/o ist er von 1908/9 gewachsen. Der

Grund liegt darin,

daß infolge des Bonner Bankkrachs ein abnorm

starker Zustrom von Spargeldern erfolgte, die notwendigerweise bei nicht ausreichender Nachfrage von Darlehen im papieren angelegt werden mußten.

erheblichen Maße in Wert­

Von allen Aktiven bringen sie den

geringsten Zinsertrag ein, so daß Abschreibungen vorgenommen werden müssen, da z. B. bei 12 Wertpapieren im Nennwerte (!) von 422 300 Mk. die Verzinsung um */2 o/o hinter dem den Spargeldern gewährten Zins­

sätze zurückbleibt.

s. Tabelle.

Wie die Verzinsung sich im einzelnen 1909 gestaltete,

Die Sicherheit und Liquidität müssen teuer erkauft werden. Wertpapiere (Nennwert)

Zins in Prozenten

Anzahl der Konten

Betrag

4 41/2

12 3 50 — 5 15 —

422 300 45 446 2 072 950 — 122 000 1 386 000 —

Zusammen:

85

4 048 696

3 3^3

3^2 2 3^/4

! , l

— 06 — — — — — 06

Ein Bild über die Zusammensetzung des Wertpapierfonds gibt die

sehr lehrreiche Tabelle Ü3 auf der nächsten Seite, besonders was die Spalten 2—5 angeht, durchweg ist der Bilanzwert niedriger als Ankaufs- und Nennwert.

Die Kursschwankungen der öffentlichen Papiere kommen auch

zum Ausdruck in dem zum Teil höheren Ankaufswert über dem Nenn­

wert, wobei aber später ersterer unter letzteren sank, so daß sich ein niedriger Bilanzwert ergibt.

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....

.. .. .. .

9*

. .. ..

....

3 "Ze ige Deutsche Reichsanleihe o 3 "Ze ige Preußische K onsols ......................

L . R e s e rv e fo n d s .

!

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66841

86

275 681 06

80 06

19 980

— — — —

30

3 820184

35 385

36 880

— — 20 —

52683 63763

246 991

446

41683

82 000 42 993

17 040

62829

3 628 493

35 175

51255 59292

38760

>

46 900



50 —

80565 69562 40162



§

>

j

51

20 06

— — —

25

05

— — — — — —

50 50

— —

50 100 400



917 100

80 75



1500 370

307500 235876 108693



43 425 49 600 39 900 40 595

82608 74437

100 250

60 —

— — — —

91 000 49 419 47 995 06________ 446

— — — — —



— 73700 — 20 000 3 °'» ige Bremische Staatsanleihe . — 100 000 3 "Ze ige Schlesische Psandbriese . — 51000 3"/eigePommerschelandschaftl. Pfandbriefe — 50 100 3'Z»°/eiges Sparbuch N r. 8796 . . . ._______ — ____________ 446 Zusammen: — 295 246

35 000

-

— — — — — — — —



252 018

117275 923450 1636 294

308500

— — —

am Jahresschlüsse 1909





950 000

51000 64800

40 000 40 000

82000 75000 45000 50000

900 000 1592 750 100 000

200 000 500 000



300000 250400 127500

K ursw ert

4.

B ilanzw ert

5.

s

246 991

446

42993 41683

62 829 17 040 82 000

3 627 550

51255 59292 35175

36 880

38635

46 900

80497 69562 40162

100 250

1500 370

916 900

235876 108693

307 100

20 06



__



25

55

^51

'

— — — — — —

50 50 50



50



__ 80 75

______________ !_ ^ _________________________

Ankanfswert

3.

s ^ u ld b u c h _______________

Nennwertes

des

3 753 450

Zusammen:

...

. .. .. ..

2.

^um m e

200 000 50 000

Reichs" bzw.

— 3"/« "Zeige Rheinprovinz-Anleihe. — 3'/2°/oige „ „ . . . . — 3>/^/aige „ „ . . . . — 3Vs°/oige Kölner Stadtanleihe — 3"Z«"Zeige Bonner S tadtanleihe. — 3 '/-°/» ige Landschaft!. Zentralpfandbriese — 4 "Zeige Westfälische Psandbriese. — Ms°Zeige „ „ . . . . — 4 "Ze ige Schlesische P fan dbriefe . . . ._______ — _________

...

4 «/o ige Deutsche Rcichsanleihe . 3'/2°/»ige „ „ 3°/°ige „ „ 4 °/o ige Preußische K onsols .................... 3'/s »/a ige „ „ ...................... 4 "Zeige „ Schatzanweisung . .

H a u p tfo n d s .

1-

^ g e tra g e n

d e r W e rtp a p ie re .

Tabelle

___________________B e rz e ic h n is

Bezeichnung des W ertpapiers

________________

Das Sparwesen im Landkreise Bonn.

iZi

Dr. Richard Poppelreuter.

132

Darlehen gegen Bürgschaft, ohne Bürgschaft und

3.

Diese Gruppe von Aktivgeschäften hat sich im

gegen Faustpfand.

Gegensatz zu den vorherbesprochenen zu einer nennenswerten Bedeutung nicht emporschwingen können. 1898 war der in Schuldscheinen gegen Bürgschaft angelegte Betrag am höchsten. Von da an, namentlich seit

1903 ist ein starker Rückgang festzustellen.

Ein Grund liegt darin, daß

die ländlichen Genossenschaften und Rentner, die ja sehr zahlreich nament­ lich im Vorgebirge und in der Stadt Bonn vertreten sind, soweit Nach­

frage nach Darlehen dieser Art vorhanden ist, sich dieses Geschäftes be­ mächtigt und der Kreissparkasse die Nachlese auf diesem Gebiete überlassen

haben, zumal das den ländlichen Bewohnern umständlich nicht

Verfahren

gerade fördernd

erscheinende

ist es wiederholt

Anderseits

wirkt.

vorgekommen, daß Genossenschaftsmitglieder Personalkredit bei der Kreis­ sparkasse nachgesucht und erhalten haben.

Der 1909 vorgekommene Fall

der Darlehnshingabe ohne Bürgschaft ist als eine selten eintretende Aus­

nahme zu betrachten. lehen

gegen

Wertpapieren

von

auszugeben,

usw.

an­

Hierfür kommen aber lediglich städtische Darlehnssucher in

genommen.

Betracht.

Eine wachsende Bedeutung hat das Geschäft Dar­

Verpfändung

Auch künftig wird

dieses Geschäft stark zunehmen, da nur

auf erstklassige verpfändbare Papiere gesehen und bei hohem Ertrage eine sichere Anlage geschaffen wird.

Die Faustpfänder bestanden Ende 1909

aus folgenden Wertpapieren:

3^2 «Vo Preußische Konsols ...

69 100 Mk.

3 o/o Kgl. Sächsische Rente .

.

.

40 000



3^2 o/o Kölner Stadtanleihe

.

.

2 000



Im Interesse eines hohen Ertrages ist es zu bedauern,

daß die

Kreissparkaffe die Anlage ihrer Mittel in diesen Darlehen so wenig pflegt und zum Teil auch so wenig Pflegen kann. Schuldscheine mit Bürgschaft

Zins in Prozenten Anzahl der Konten

4»/» 4Vs 43/4 5 51/2 6

Betrag

Wie die folgende Tabelle zeigt,

Schuldscheine ohne Bürgschaft (1909) Anzahl I Betrag

Schuldscheine . mit Faustpfand ______ (31. Dez.)

Konten!

Konten

Anzahl!

— — — 68 23 58





— — ! 29 891 5 650 ! 21354

! — — 43 14 51

— — 2 — —

--- 3 300 — —-

!



149

56 896

08

2

3 300

!

-







!

------—

j

1 7

— __ !

---

3 1 — 12

Betrag

75 000 ! 67 500 2 600 300 — j 145 400

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— —

— —

Das Sparwesen im Landkreise Bonn.

133

sichert die Anlage in diesen Darlehen der Kasse von allen sonstigen An­ lagen die höchste Verzinsung und auch hohe Liquidität.

4.

Vorschüsse an Gemeinden und sonstige Korpora­

tionen.

Diese Gruppe von Aktivgeschäften nimmt den dritten Haupt­

rang ein.

Von der Gründung bis heute hat die Kreissparkasse immer

einen erheblichen Teil ihrer Kapitalien hierin

investiert. Bon allen anderen Aktivgeschäften, abgesehen von den Wertpapieren, ist der hierauf

entfallende 245 000 Mk.

einzelne Kontenbetrag am höchsten: durchschnittlich über Nach 8 31,5 der Statuten kann ^/3 der gesamten Spareinlagen

den Gemeinden usw. gewährt werden.

Außer dem in der Bilanz von

1909 aufgesührten Betrag von 2 598 324 Mk. (o. Z.) sind 640 000 Mk.

Die Möglichkeit des § 31 ist nicht voll ausgenutzt; es hätten 1909 noch 685 778 Mk.

schon zugesagt, jedoch noch nicht zur Auszahlung gelangt.

auf diese Weise verwandt werden können.

Die Anlage dieser Gelder ist

eine sichere; jedoch bringt sie nach den Wertpapieren der Kasse die ge­ ringsten Zinserträge ein. Im Interesse der hohen sozialpolitischen Auf­

gabe der Kreissparkasse darf das nicht wundernehmen.

Gerade sie ist

in hervorragendem Maße dazu berufen, ländlichen Gemeinden, die auf keine

andere Weise sonst größere Darlehen zu einem billigen Zinsfuß bekommen

könnten, kurzfristige Vorschüsse und zum Teil recht langfristige Darlehen zu gewähren, die durchweg im allgemeinen Interesse wiederverwandt werden. Schuldverschreibungen an Gemeinden

Zins in Prozenten

3 3^3 3V2 30/10 3^4 4 4^4 4^/3 4»/8 41/2 5

Zusammen:

Betrag

Anzahl der Konten

47 180 265 240

1 1

15 75 12

!

799 049 1296 263 178 140



09 71

i

!

64 60 46



--

!

!

12 450

!

36

107

1

2 598 324

>

86

3

5. Wie aus Tabelle H2 hervorgeht, steht die Kreissparkasse mit sechs anderen Geldinstituten in Verbindung, an die sie ihre „zeitweiligen" Überschüsse abführen kann. In den letzten drei Jahren haben diese ganz erheblich zugenommen. Vom gesamten Aktivvermögen waren 1907: 0,11 0/0; 1908: 1,90/0; 1909 bereits 4,2 0/0 auf diese Weise untergebracht worden.

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Dr. Richard Poppelreuter.

134

Der Zuwachs 1909 ist abnorm, da infolge des Bonner Bankkrachs die

allzu reichlich einströmenden Spargelder zum Teil nicht anders verwertet Die Guthaben bei anderen Anstalten sind zwar durch­

werden konnten.

aus sicher, bringen aber fast gar keinen Gewinn. Erreichen sie, wie in unserem Fall eine ziemliche Höhe, so liegt eine Übersättigung von passiven Mitteln

der durch einer Änderung der Anlagepolitik abgeholfen

vor,

werden muß, salls wegen der Konkurrenzverhältnisse (Genossenschaften, Rentner)

Ausdehnung

eine

der

gewohnten

Anlagemöglichkeiten nicht

Unten eine Tabelle, die die Darstellung der Ver­

möglich erscheint.

zinsung aller Aktivkapitalien (Darlehen usw.) gibt, wie sie die Kreisspar­

kasse angelegt hat.

Leider sind darin von dem Rendanten die an anderen

Geldinstituten deponierten

Guthaben

nicht mitgerechnet

worden.

Die

niedrig verzinsten Bestände würden sonst eine erhebliche Verstärkung er­

fahren haben. Wie klar aus den Zahlen erhellt überwiegen stark die Kapitalien, die bis zu 41/20/0 angelegt sind und höchstens 1 0/0 Zins­ spannung zwischen dem Anlagezins und dem sür Spareinlagen gewährten

Zins gestatten. gleichen Zins

484 412 Mk. bringen Zinsverluste, 2 210130 Mk. den

ein.

Ein gewisser Ausgleich ist jedoch durch den ent­

sprechend niedrigeren Ankaufswert geschaffen.

Beachtenswert ist die große

Mannigfaltigkeit der Zinssätze, die bei den Genossenschaften nicht vor­ Hier spiegeln sich zum Teil die Konkurrenzverhältnisse wider, mit denen die Kreissparkasse zu kämpfen hat.

kommt.

- -

Zins in Prozenten

Anzahl der Konten

3 3'/3 3^2 36/10 36/4 4 41/4 4'/3 46/8 41/2

5 5V2 6

12 6 51 1 5 69 138 14 1 501 61 284 24 58

422 300 62112 2 120 130 265 240 122 000 2 715 197 2 044 259 255 390 75 000 3 066 657 179 705 281 606 5 950 21 354

__ 46 09 71 — 12 92 46 — 37 08 08 14 51

Zusammen:

1225

11 636 903

94

4^4

Betrag

Die Verschiedenheit in der Anlage der passiven Mittel hat unleug­ bar große Vorteile vor der einseitigen Bevorzugung dieses oder jenes Geschäftes. Einmal wird dadurch dem Prinzip der Gerechtigkeit mehr gedient und zweitens auch dem Grundsätze einer möglichst großen Zweckmäßigkeit.

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Tas Sparwesen im Landkreise Bonn.

1.

135

Durch eine bis zu einem gewissen Grade gehende mannigfaltige

Anlage wird die Sicherheit erhöht.

Zu vermeiden ist eine bis ins ein­

zelne gehende Zersplitterung in der Verwendung der Passiva, da hier­ durch die Kontrolle, die Übersichtlichkeit vermindert, dagegen die Ver­

waltungskosten bedeutend erhöht werden. 2. Durch die verschiedenartigen Anlagen wird eine hohe Liquidität und teilweise freie Verfügbarkeit über die Mittel erreicht, zumal wenn die einzelnen Aktivgeschäfte unter verschiedenen Bedingungen, Lauffristen,

Tilgung und Einlösbarkeit vollzogen werden. 3. Wird die Möglichkeit einer gewinnbringenden Anlage durch die Anpassung

an

die im Geschäftsbereiche vorliegenden Kreditverhältnisse

größer resp, können einige weniger ertragreiche Anlagen durch andere wieder wettgemacht werden. 4. Durch das Streben nach verschiedenen Anlagen wird der Kredit aller Art verbilligt und nicht vielleicht infolge einer einseitigen Bevor­

zugung der oder jener Art, die vielleicht die meisten Vorteile auf sich vereint, dieser oder der andere Kreditzweig verteuert.

Berücksichtigen wir diese Momente, so bewegen sich die besprochenen Aktiv­

geschäfte durchaus im Rahmen der Zweckmäßigkeit, abgesehen von Ausständen, die wir schon machten oder uns im folgenden noch beschäftigen werden.

Viertes Kapitel. Die Gebiete und Berufe, denen die Verwendung der Spargelder usw. zugute kommt. I.

1.

Welchen Gebieten?

Die Spar- und Darlehnskassen.

Zu dem Grundgesetz

der ländlichen Kreditgenossenschaften gehört, daß der Geschäftsbereich für

die Anlage der Kapitalien, aus wohlweislichen Gründen ein örtlich sehr beschränkter sein soll.

In der Regel umfaßt er ein Kirchspiel.

Im Vor­

gebirge, in der Umgegend Bonns und die Rheinlinie des Landkreises entlang, wo rasch aufeinanderfolgende stark bevölkerte Dörfer liegen, fällt

das Kirchspiel mit dem Orte selbst durchweg zusammen.

Im Süden und

Südwesten des Kreises umfaßt der Vereinsbezirk mehrere Ortschaften, da

hier der örtliche Wohlstand und die Dichtigkeit der Bevölkerung keine allzu große ist.

den Vereinsbezirk

Die Tendenz der Genossenschaftsentwicklung ging dahin,

mehr und mehr einzuschränken.

So

umfaßte noch

Ende der siebziger Jahre der Bezirk der Genossenschaft Oberbachem ein

Gebiet, in dem heute drei Genossenschaften tätig sind.

grenzung bezieht sich jedoch nur

Die örtliche Be­

auf den Darlehnsverkehr im engeren

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Dr. Richard Poppelreuter.

136

Sinne, die Hypotheken und Darlehen gegen Bürgschaft.

Bei dem Pro­

tokollhandel waltet eine andere, weitergreifende Geschäftspolitik vor, jedoch

wirkt

vielfach

regulierend und

die

gegenseitige Konkurrenz um die Kaufgelder wieder

beschränkend.

Alle die in den Tabellen verzeichneten

Darlehen im weiteren Sinne wurden im Vereinsbezirk angelegt.

Eine

Ausnahmestellung nehmen jedoch zwei rein ländliche Kassen ein: die zu Friesdorf und zu Mehlem.

Der Darlehnskassenverein zu Mehlem hat in

den letzten Jahren verschiedentlich Darlehen an Ortsfremde gegeben, jedoch nur im Ausnahmefall.

Im größeren Umfang geschah das bei dem Fries­

dorfer Verein. Er hat von den betreffenden gesetzlichen Bestimmungen Gebrauch gemacht, zahlt Steuern und hat in früheren Jahren in

ganz

bedeutenden Mengen Hypotheken

nach auswärts gegeben.

Ende

des vergangenen Jahrhunderts flossen ihm die Spargelder so reichlich zu, daß er, wollte er nicht bedeutende Zinsverluste durch Deponierung bei der

Zentralkasse erleiden, sie notgedrungen zu hohen Zinsen nach auswärts ver­ gab. Seit einigen Jahren hat die Genossenschaft ihre Anlagepolitik geändert. Auswärtige Hypotheken kündigt sie allmählich, um sie im engsten Kreise,

namentlich an Minderbemittelte, wieder zu vergeben.

Nur vereinzelt ist

es in den letzten Jahren vorgekommen, daß sie, allerdings oft mit nam­ haften Summen, in benachbarten Städten Hypotheken erworben hat und Darlehen gegen Bürgschaft und Faustpfand bei günstiger Gelegenheit (1907!)

in benachbarte Orte gegeben hat.

In der geldknappen Zeit von 1907

liefen zahlreiche Darlehnsgesuche ein, die eine sichere und nutzbringende

Anlage geboten hätten.

Fast alle wurden, obwohl Mittel zur Ver­

fügung gestanden hätten, abschlägig beschieden. des Vereinsbezirks vergeben an:

1908 wurden außerhalb

Ackerer 1 Darlehen mit 500 Mk.;

Gewerbtreibende 2 Hypotheken mit 38500 Mk. (!); an Rentner

1 Hypothek mit 50 000 Mk. (!). Eine freiere Verfügung über seine verwendbaren Mittel gestattet sich der Spar- und Kreditverein m. b. H. zu Mehlem. Er ist direkt keinem Verbände angeschlossen, sondern hat sein Geschäftsgebaren auf eigenen

Statuten aufgebaut. In seiner ganzen Organisation ähnelt er den Genossenschaften nach den Prinzipien von Schulze-Delitzsch. Nach 8 37 seiner Statuten darf er überall hin seine Gelder verleihen, soweit sie genügende Sicherheit usw. bieten.

Demgemäß finden sich in dem Wechsel­

portefeuille Wechsel auf nahe und ferner gelegene Städte. Sein Hypotheken­

geschäft dehnt sich bis in das rheinisch-westfälische Industriegebiet aus. Den Hauptanteil nimmt Godesberg, dann Mehlem selbst für sich in Anspruch. 2. Für die Kreissparkasse besteht ebensowenig, wie für die meisten

anderen öffentlichen Sparanstalten ein statutarischer Zwang, die Spar­

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Das Sparwesen im Landkreise Bonn.

gelber usw. im eigenen Geschäftsbezirk anzulegen.

137

In der Praxis ver­

folgt sie aber das Streben, möglichst den Landkreis zu berücksichtigen. Daß dies nicht immer geht, beweist der Bilanzbericht für 1909, wonach angelegt waren von den Hypotheken:

155 Hypotheken auf städtische Grundstücke mit 1 905 825 Mk. 755 Hypotheken auf ländliche Grundstücke mit 2 880 462



Also sind relativ viel mehr Gelder in der Stadt als auf dem Lande

Die Verteilung der Hypotheken auf die einzelnen Ortschaften

angelegt.

ist so verschieden, wie die Benutzung der Nebenstellen.

Manche Neben­

stellen wie die in Alfter, Hersel, Walberberg liefern nur sehr geringe Sparkapitalien an die Hauptstelle ab, während sie dagegen Darlehen im

weiteren Sinne in größerer Zahl vermitteln.

Bei anderen Nebenstellen

wie in Oberbachem, Sechtem, Berkum liegt das umgekehrte Verhältnis vor. Wieder andere Annahmestellen wie die in Wesseling, Merten unterhalten

einen größeren Spar- und Darlehnsverkehr. Was im ganzen die örtliche

Verteilung angeht, so fließen mehr Darlehen nach dem Vorgebirge und dem nördlichen Teil des Landkreises, wo eine stärkere Arbeiter- und Tage­ löhnerbevölkerung vorherrscht als im Süden des Landkreises.

Die Dar­

entfielen fast nur auf die Stadt.

Die über

lehen

gegen Faustpfand

2,5 Mill. Mk. betragenden Vorschüsse an Gemeinden entfielen alle auf

den Landkreis Bonn: fast alle Bürgermeistereien sind daran beteiligt. a) auf den Landkreis Bonn selbst. . 5) „ die Bürgermeisterei Godesberg dieselbe Vorschuß...................... c) „ die Bürgermeisterei Duisdorf. 6) „ „ „ Ödekoven.

6) t Z) ü) i) k 1

Ende 1908: 317 489,56 ML. 1 380 209,84 „ 49 294,— „ 63 706,19 „ 32 253,74 „

„ Sechtem . 131520,22 „ „ Waldorf. 39 631,20 „ „ „ „ Hersel. . 174174,50 „ „ „ „ Vilich . . dieselbe Vorschuß ...... 60000,— „ „ die Bürgermeisterei Villip . . 21364,87 „ ) „ „ Gemeinde Oberkassel... — ) „ Kirchengemeinden............ 202 242,26 „





)





Ende 1909: 412 420,80 Mk. 1 399 371,75 „ — 66 377,84 „ 32 362,62 „ 142 725,22 „ 35 238,05 „ 210 648,44 „ — 18 315,27 „ 70 000,— „ 210 864,87 „

2 471 886,38 Mk. 2 598 324,86 Mk. Zugesagt, aber noch nicht zur Auszahlung gelangt, sind (geschah 1910): an Landkreis Bonn (Rest)............................................................. 400000,— Mk. „ Gemeinde Godesberg................................................................. 150000,— „ „ „ Ippendorf................................................................... 10000,— „ „ „ Wesseling................................................................... 19000,— „ „ „ Hersel............................................................................ 12000,— , „ „ Urfeld........................................................................... 24000,— „ „ Katholische Kirchengemeinde Godesberg I . . . . . . 25000,— „ Zusammen: 3 238 324,86 Mk.

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Dr. Richard Poppelreuter.

138

Nächst der Stadt Godesberg entfiel der größte Betrag auf den Land­

kreis selbst (ca. 812 000 Mk.), woraus die Stellung der Kreissparkasse

als Kreditgeberin für den eigenen „Garantieverband" deutlich sich erhellt.

Wie wir aus anderem Zusammenhang wissen, sind bei der städtischen Sparkasse zu Bonn zahlreiche ländliche Spargelder untergebracht.

Heute

pflegt diese Kasse nur noch ausnahmsweise Gelder im Landkreise an­ zulegen, nachdem eine Verfügung der Regierung diese Anlagemöglichkeit

unterbunden hat. Von Hypotheken sind eine stattliche Zahl noch in Godesberg unter­

gebracht.

In der ersten Zeit ihres Bestehens, als der Landkreis nur

mit großen Schwierigkeiten oder als Opfer von Wucherern sein Kredit­

bedürfnis befriedigen konnte, ist die städtische Sparkasse wiederholt als

Nach meinen Feststellungen aus alten

ländliche Kreditgeberin aufgetreten.

Kontobüchern

(zwischen

wurden von

2000

und

1849—1851

6000 Taler).

27p

Hypotheken

ausgegeben

Davon entfielen auf den engeren

Landkreis (ohne die damals noch nicht eingemeindeten Vororte) 15 Hypo­ theken, auf Aachen, Köln, Kreuznach und Münstereifel je 1 Hypothek.

Viel stärker war die Bedeutung, die die städtische Sparkasse als Personal­ kreditgeberin damals ausübte, als überall Mangel an dafür geeigneten

Instituten herrschte.

Heute hat auch diese Kasse die Befriedigung des

Personalkredits ganz vernachlässigt.

Im Jahre 1866 z. B. wurden im

Landkreise gegen Bürgschaft und Schuldschein ausgegeben 31 Dar­ lehen, in der Stadt selbst 27 Darlehen.

Sie verteilten sich (in Talern)

folgendermaßen:

Z ! Z T - L Z N

Zahl.......................... Gesamtbetrag . . . Niedrigstes Darlehen Höchstes Darlehen .

14 1 2161 150 25 400

3 109 25 49

2 1 3 265 1500 200 65 500 II 200 600

2 140 io

2 124 49 75

1 25

1 100

1 55

Die Hypotheken wurden hauptsächlich in der Stadt gegeben und machten

aus.

schon

damals in

ihrem Gesamtbetrag das Hauptaktivgeschäft

Das Verhältnis zwischen Personalkredit und Hypotheken wechselte

in jenen Jahren außerordentlich, auch in bezug auf die Verteilung zwischen

Land und Stadt.

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Tas Sparwesen im Landkreise Bonn.

139

3. Betrachten wir diese räumliche Verteilung der Anlage der Spar­ gelder usw. vom Standpunkt der Gerechtigkeit und der Zweckmäßigkeit. Bei den Kreditgenossenschaften war die Beteiligung der auswärtigen,

d. h. der nicht zum Vereinsbezirk gehörigen Sparer folgende (Stand

1. Januar 1909):

Vgl. Tab. v. S. 26.

Genossenschaft

Insgesamt Sparer mit Guthaben

Gesamt­ zahl der Konten

Pech.................................. Pissenheim..................... Oberbachem...................... Mehlem.......................... Ippendorf..................... Lengsdorf..................... Tuisdorf.......................... Alfter.............................. Roisdorf.......................... Waldorf.......................... Brenig.............................. Kardorf.......................... Roesberg.......................... Walberberg...................... Urfeld.............................. Sechtem ..........................

85 57 72 270 54 99 84 227 141 99 149 45 70 199 43 122

Summa:

Davon auswärtig

Sparguthaben

Konten

140 129 51 111 64 168 303 335 13 571 83 776 52 191 169 481 82 586 218 931 123 686 23 200 59 315 109 687 33 935 100 149

8 9 4 65 1 22 6 8 9 2 19 4 13 16 8 12

22 866 14 224 1046 115 397 7 6 788 3 080 13 839 5 144 55 13 283 3 310 22 570 9110 25112 15 784

1816

1 629 251

206

271 615

17. Friesdorf.......................... 16. Mehlem (Kreditverein) .

905 522

545 356 420 225

219 245

,

545 356 255 618

Summa:

3243

2 594 832

670

I

1072 589

1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 6. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16.

k j ! j

I

Wie die Zahlen zeigen, haben manche Kassen eine außerordentlich große Zahl von auswärtigen Sparern aufzuweisen.

diesen stammt aus der nächsten Umgegend.

Der Hauptteil von

Da es nun im Wesen der

ländlichen Genossenschaft liegt, nur in ihrem Bezirke als Kreditgeberin

zu wirken, kann das Gerechtigkeitspostulat nur in etwa

werden.

durchgeführt

Sie sollen hauptsächlich die Sparer aus ihrem Wirkungskreise

an sich ziehen und im Gegensatz zu vielen Sparkassen im engeren Sinne suchen sie nicht durch irgendwelche Konkurrenzmittel fremde Sparer an

sich zu ziehen.

Kommen dennoch viele auswärtige Sparer, so haben

diese ihre besonderen Gründe dafür, aber keinem wird es dann einfallen zu verlangen, daß das Kreditgeschäft ihrethalben oft über Gebühr nach

fremden Gegenden ausgedehnt wird, wo selbst Genossenschaften wirken,

denen sie ja ihre Gelder hätten anvertrauen können.

Wie wir bei der

Betrachtung der Anlagemöglichkeiten sahen, unterhalten viele Genossen­

schaften ein oft ganz beträchtliches Guthaben an der Zentralkasse.

Dies

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Dr. Richard Poppelreuter.

140

ist zweckmäßig, wenn sonst keine anderen Anlagemöglichkeiten mehr zu Gebote stehen und in der Regel der Zins höher als der für Spareinlagen ist,

als auch gerecht,

wenn man die zu einem Verbände zusammen­

geschlossenen Genossenschaften als ein zur gegenseitigen Unterstützung zusammengeschlossenes Ganzes betrachtet und berücksichtigt, daß die heutigen über einen gewissen eng begrenzten Rahmen nicht hinaus­

Verbände

gehen.

Sind keine gesetzlichen Schranken vorhanden, so pflegt sich ganz

von selbst das Kreditgeschäft nach den Gegenden zu ziehen (nicht Orten, das ginge

zu

sehr

ins

einzelne!),

woher

die

Spargelder stammen,

da in diesen die betreffende Kasse bekannt ist und sie darum auch die meisten

Darlehnsgesuche

empfangen

wird.

Eine

Ausnahme

kommt

dagegen sehr oft vor, daß nämlich die ländlichen Gegenden wohl als Geldgeber gesucht, dagegen als Darlehnsempfänger vernachlässigt werden.

Schuld daran tragen einmal die eigenartigen ländlichen Kredit­

verhältnisse und anderseits die viel größere Möglichkeit in

der Stadt

nutzbringend und sicher Darlehen unterzubringen. Der Kreditverein in Mehlem, die verkrachte Bonner Bank, die beiden Sparkassen zu Bonn befinden sich in dieser Lage.

Um sich die Gunst des Landes zu erhalten,

werden den eigentlichen Hauptaktivgeschästen kleinere angegliedert, so z. B. kauft der Mehlemer Kreditverein bisweilen Protokolle an und gewährt die Kreissparkasse Personalkredit der ländlichen Bevölkerung und betreibt

den Protokollhandel.

Von den Hauptaktivgeschäften fällt meist nur ein

geringer Teil auf das Land (z. B. das Wechselgefchäft der Bonner Bank und des Mehlemer Kreditvereins).

Der Hauptteil der Sparkunden der

Kreissparkasse stammt aus der Stadt Bonn selbst: es darf darum auch

nicht wundernehmen, wenn auch nach dort die Hauptaktivgeschäfte ge­

legt werden. Daß die Kreissparkasse dennoch bestrebt ist, möglichst das ländliche Gebiet zu bevorzugen, zeigen die starken Vorschüsse an Ge­ meinden, die einen Hauptteil ihrer Aktivgeschäfte ausmachen.

Die ländlichen Genossenschaften überschreiten in einer Beziehung den

engen gesetzlich festgelegten Rahmen, ohne darum (mit Ausnahme Fries­ dorfs) zur Gewerbe- und Einkommensteuer herangezogen zu werden. Das ist

beim Protokollhandel der Fall. Bei diesem sür die Kreditgenossenschaften so

geeignetem Geschäft kommt es sehr oft vor, daß die Genossenschaft alle

möglichen Protokolle, die sie nur erlangen kann, aus der Umgegend auf­ kauft. Im größten Umfang besorgte das bis in die neunziger Jahre hinein der Friesdorfer Verein.

Werden auf diese Weise Spargelder über den Ver­

einsbezirk hinaus auch in der näheren Umgegend angelegt, so wird meist, bei einer mäßigen Ausdehnung das Gerechtigkeitspostulat gewahrt.

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Tas Sparwesen im Landkreise Bonn.

141

Sind so vom Gerechtigkeitspostulat gewisse Ausnahmen zuzulassen, so fordert die Zweckmäßigkeit eine möglichst enge lokale Begrenzung im Interesse der Sicherheit und der Kontrolle.

höchste Profit wirken.

Entscheidend darf nicht der Bon diesem Gesichtspunkt aus ist die bisherige

Praxis der Genossenschaften zu billigen.

Unter dem Einfluß des Profit­

strebens ist wiederholt eine große Beweglichkeit in der Vergebung von vorgekommen,

Darlehen

so

Orte gegeben.

beim

Mehlemer

Kreditverein

und

der

Beide haben Hypotheken in oft weit entfernte

Friesdorfer Genossenschaft.

Soweit die Sicherheit usw. nicht leidet, wird dagegen

nichts einzuwenden sein, zumal auch Sparkunden aus weiter gelegenen

Auch hier tritt wieder der Gegensatz zwischen Gerade für städtische Erwerbsgeldinstitute ist

Orten zu ihnen gehören. Stadt und Land hervor.

es oft sehr schwer in zweckmäßiger Weise gegen genügenden Nutzen, Sicher­

heit und namentlich Liquidität, die Spargelder dem Lande, dem sie ent­ stammen, wieder in irgendeiner Form zugute kommen zu lassen, zumal

wenn andere geeignete ländliche Kreditinstitute vorhanden find. Im Interesse der ländlichen Sparer liegt viel mehr dann eine Verwendung der Spargelder in der Stadt, wo sie den Kassen und damit auch den Sparern einen oft bedeutend höheren Zins und Sicherheit einbringen. Daß aber auch das Gegenteil vorkommt zeigt der Bonner Bankkrach,

dessen

Schuldner

durchweg

städtische

Gewerbtreibende

waren,

dessen

Gläubiger aber in hervorragendem Maße der ländlichen Bevölkerung ent­

stammten. II.

Welchen Berufen kommen die Spargelder usw.

wieder zugute?

1.

Kreissparkasse.

Die größere Hälfte der Aktiva (Wertpapiere,

Vorschüsse an Gemeinden usw., Bankguthaben) sind nicht einzelnen Be­ rufen, sondern einer Gesamtheit von Individuen zugute gekommen, d. h. sie sanden eine Verwendung, die im allgemeinen Interesse liegt.

Von

der anderen viel kleineren Hälfte hat die Landbevölkerung mehr als die

städtische profitiert.

Unter den Berufen, unter denen sich die Hypotheken

verteilen, sind alle vertreten.

Die Anlagepolitik der Kreissparkasse geht

aber vornehmlich darauf hinaus die minderbemittelten Berufe zu bevor­

zugen: wie Arbeiter, Tagelöhner und kleine Landwirte, an die vorzugs­ weise die stark vertretenen Amortisationshypotheken gegeben worden sind. Auf diese Weise wurde vielen zu eigenem Besitztum Verholfen und bis

jetzt hat die Kreissparkasse gute Erfolge damit erzielt, da vorher die Leistungsfähigkeit des Schuldners wohl sondiert wird.

Bei diesem sonst

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Dr. Richard Poppelreuter.

142

so anerkennenswerten Streben, besonders die minderbemittelten Berufs­

stände zu bevorzugen, kann nicht mit großer Vorsicht genug vorgegangen

werden.

Sonst sind namentlich bei den städtischen Hypotheken und Dar­

lehen gegen Schuldschein Gewerbtreibende, Kaufleute und ähnliche als

Schuldner

vertreten.

Landwirten ist man entgegengekommen, jedoch in

nicht allzu vielen Fällen, indem man ihnen, ähnlich wie die Genossen­ schaften es tun, langfristigen Personalkredit gewährt hat. Godesberg

entfallenden Hypotheken

der

städtischen

An den auf

Sparkasse nehmen

hauptsächlich Gewerbtreibende eines kräftigen Mittelstandes teil; kleinere

Landwirte und Angehörige der minderbemittelten Kreise sind nicht unter

den Schuldnern vertreten. 2.

Kreditverein zu Mehlem.

Die Hypotheken entfallen auf

Gewerbtreibende, Rentner, Kaufleute und größere Handwerker, ebenso der Hauptteil der Wechsel.

Unter den Wechselschuldnern

Landwirte der Umgegend vertreten.

sind auch einige

Ein nicht ganz geringer Prozentsatz

des übrigen Wechselmaterials fällt auf die sogenannten „kleinen Leute". Gegenüber dem Gesamttotale der Wechsel treten sie zurück, da der durch­

schnittliche Wechselbetrag viel geringer ist als bei dem auf die Gewerb< treibenden im weiteren Sinne entfallenden Teil.

Von den 333 719 Mk. auf Wechsel lautendem (Stand vom 31. De­

zember 1908) Betrag entfielen auf:

1. Kleine Beamte (Angestellte, l 16 Bahn- und Postbeamte)

1664 Mk.

2. Tagelöhner, Arbeiter. . . r 88

6189

Summa:

der Gesamtwechselschuld.

In welchen Einzel­ beträgen: s 6 ( 20— 52 Mk.)' i 6 ( 75-140 „ ) l 4 (160—250 „ )

Betrag:

Zahl:

/ 29 ( 20— 50 1 49 ( 57—100 I 10 (105—180



„ ) „ „ )

104 Wechsel mit 7853 Mk. ----- 2 o/y

Diese

kleinen

Wechselschuldner stammen

Mehlem und der näheren ländlichen Umgegend.

aus

Die große Zahl der

kleinen Leute, die so den Wechselkredit in Anspruch nehmen, muß über­ raschen. Ein Grund dafür ist, daß der Kreditverein (ein Erwerbsinstitut!) fast nur auf diese Weise Personalkredit gewährt.

Des Bankprofitstrebens

halber wird die äußere Form des Wechsels gewählt.

Der Wechsel trägt

feiner inneren Natur nach durchaus den Charakter des Schuldscheindar­ lehens, zumal neben dem Wechselformular noch ein besonderer „Kredit* Zum Teil so niedrig, weil es sich um prolongierte Wechsel handelt, auf die schon Abzahlungen geleistet worden sind.

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143

Das Sparwesen im Landkreise Bonn.

und Bürgschaftsschein" mit allen gebräuchlichen Formalitäten ausgefüllt und von dem Schuldner und dessen Ehefrau unterschrieben werden muß Der ß 36

(genau so wie bei den Schuldscheinen der Genossenschaften).

der Statuten bestimmt ausdrücklich, daß Darlehen „in der Regel gegen

Wechsel

gegeben"

werden

(bei laufender Rechnung

wird Depotwechsel

verlangt). Gerade bei diesen kleinen Leuten läuft sehr selten der Wechsel nach der üblichen Dreimonatsfrist ab. Die Schuldner sind angehalten vierteljährliche Abzahlungen zu leisten. der Wechsel unter

den

üblichen

Nach dem Fälligkeitstermin wird

Provisionsgebühren

prolongiert

auf

weitere drei Monate, und so fort bis die Schuld ganz abgetragen ist. Auf diese Weise

mehrere Jahre.

läuft gerade

bei den kleinen Leuten der Wechsel oft

Die Bank erhält sich auf diese Weise ihre Mittel äußerst

liquide, da jederzeit, namentlich nach der Fälligkeitsfrist, der Wechsel ganz fällig wird und die jederzeitige Einlösungsmöglichkeit gegeben ist.

Ein weiterer Vorteil besteht darin, daß der Kreditverein neben dem hohen

Diskont die beträchtlichen Provisionen einstreicht, die im ganzen eine hohe Dividende den Anteilscheineignern des

Vereins liefern.

Dank diesem

Gebaren sind viele Vereine nach dem System von Schulze-Delitzsch in

die Lage gekommen, Dividenden zu zahlen, die die vieler erstklassiger

Banken bei weitem übertreffen.

Für die kleinen Leute bedeutet eine solche

Kredithandhabung oft schwere Nachteile.

Der Schuldner kann jederzeit

in die unangenehme Lage versetzt werden, die gesamte Wechselschuld ein­

lösen zu müssen.

Ferner stellt dieses Kreditgeschäft den teuersten Personal­

kredit dar und liegt durchaus nicht im Interesse vieler kleinen Leute,

die oft nach Jahren erst den ganzen Wechsel einlösen können, der gleich

einem Damoklesschwert über ihrer Wirtschaft schwebt.

Namentlich kleine

Leute sind genötigt sich auf diese Weise Kredit zu verschaffen.

Die Aus­

gabe dieser Wechsel erfolgt meist im und vor dem Winter, wenn Ein­

käufe usw. besorgt werden müssen.

Da dieser Verein hauptsächlich mit

eigenen Mitteln arbeitet (Geschäftsanteile, und Spargelder) pflegt er in der Regel den Diskontsatz nicht über 6 o/o festzusetzen, auch wenn die Reichsbank einen höheren Satz festgesetzt hat.

Im Verhältnis zu den

Spareinlagen sind die minderbemittelten Berufe und die Ackerer bei der Anlage der Spargelder zu wenig berücksichtigt.

3.

Spar- und Darlehnskasse n.

Um ein genaues Bild dar­

über zu erhalten, wem die Spargelder wieder zugute kommen, wurden

vier Jahre gewählt und festgestellt, an welche Berufe in jedem Jahre die neuausgegebenen Darlehen gegeben wurden. Nach den Bestimmungen dürfen die ländlichen Genossenschaften den Darlehnsverkehr nur auf die eigenen

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Mitglieder beschränken.

Eine Ausnahme macht Friesdorf (f. o. S. 136),

das früher starken Darlehnsverkehr mit Nichtmitgliedern unterhalten hat,

ihn jedoch heute möglichst eingeschränkt hat.

An Nichtmitglieder wurden

1906 10 000 Mk. einem Rentner als Hypothek gegeben, einem Ackerer

Mk.

500

gegen

Schuldschein;

1908

an

Gewerbtreibende

zwei

je

35 000 Mk. gegen hypothekarische Sicherstellung. Sonst wurden, wie bei den anderen Genossenschaften alle Hypo­ theken und Darlehen (desgleichen Wechsel beim Mehlemer Darleh ns -

kassenverein mit einer Ausnahme) nur an Genossenschaftsmitglieder ge­ geben. Um ein Bild darüber zu erhalten, wie sich innerhalb der Genossen­

schaft die Darlehen verteilen und an wen sie gegeben werden können, seien zunächst die Berufe der Genossenschaftsmitglieder mitgeteilt, deren

Feststellung um so interessanter ist, als es bisher, von veralteten Dar­

legungen abgesehen, keine Untersuchung darüber gibt (Stand von Ende 1907):

Ackerer ................................... Rentner.............................. Kleine Beamte................. Dienstboten...................... Selbständige Handwerker und Gewerbtreibende . Unselbständige Handwerker Arbeiter.............................. Tagelöhner.......................... Verschiedene, ohne Beruf .

Summa:

11 2 5 10

91

99

87

19 2 6

60

72 102 37 14 6^ 166

45

1

45 1 8

8

16

1

70°

54 3 4 1

44 1 1

12

8

23

22 12 21* —

7

3 12

18 6

6 32 7 3

77

70

74

62

2

109 134

2

' 2 Heimarbeiter, 8 Steinbrucharbeiter. 2 g Maurer, 2 Eisenbahngärtner. 2 Kellner. * alles Eisenbahn- und ähnliche Arbeiter. Außer Roisdorf sind unter Tagelöhnern, Berufslosen, namentlich aber unter den Ackerern und Gewerbtreibenden weibliche Mitglieder stark vertreten, desgleichen unter den Darlehnsempfängern.

Am stärksten vertreten sind Ackerer und ländliche Gewerbtreibende, ihnen schließen sich

beiter und ähnliche.

sofort

an die minderbemittelten

Aus den

Tagelöhner, Ar­

angegebenen Zahlen geht deutlich die

Stellung hervor, die die verschiedenen ländlichen Berufe gegenüber den Kreditgenossenschaften einnehmen und welche Vorteile sie von ihnen er­

warten.

Die Beteiligung gerade der Minderbemittelten ist eine recht

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Tas Sparwesen im Landkreise Bonn.

145

große, da sie große Vorteile in bezug auf die Kreditgewährung erhoffen,

daneben spielt besonders auch bei den anderen Berufen der Konsumbezug eine große Rolle.

Im Vergleich zu den anderen Berufen, nehmen die

Gewerbtreibenden und die minderbemittelten Berufe einen im Verhältnis

größeren Anteil an den reinen Darlehnsgeschäften.

Besonders Ackerer und

ähnliche treten anderseits in viel stärkerem Maße bei den Kaufgeldern auf, durch die der ländliche Besitzkredit in der Hauptsache befriedigt wird.

Die vornehmste Aufgabe der Kreditgenossenschaften ist, dem landwirt-

s ch a f t l i ch e n Kreditbedürfnis zu dienen; in zweiter Linie sollen sie den eigentlich nichtländlichen Berufen helfen.

Tabelle Ii. 1907—1908 erhielten an 15 Genossenschaften *: Darlehen gegen Bürgschaft

die

An­ zahl

Ackerer .................................. Rentner.................................. Kleine Beamte..................... Handwerker und Gewerb­ treibende ...................... Unselbständige Handwerker und Arbeiter............. Tagelöhner.......................... Nichtphysische Personen . . Thue Beruf.......................... Summa:

Tabelle Ii

Betrag

152 114 429 1 1550 10 j 13 194

79!

46 20! 4 4

Hypotheken Anzahl

Betrag

31 ! 118 142

Insgesamt

Proz.

An­ Proz.! zahl

183 40,9 4 0,9 18 > 4,0

232 571 64550 60494

33,8 2,1 8,8

73 260

38 > 172 160 117 26,2 ! 245 420

30,1

15 155 9 695 2 807 1800

81 ! 18,1 ' 114 827

3! 63 000 8, 47 300

35 ' 99 672 15^ 41127 — i — 1> 2 500

316 231 890 131^543 901

35 4j 5

7,9 ü 50 8221 0,9 2 807 1,1" 4 300!

447! 100

16,7 7,5 0,4 0,6

775 791 . 100

gibt einen Überblick über die Beteiligung der Berufe

an den Darlehen und Hypotheken.

Über ein Drittel aller ausgegebenen

Darlehen fiel an Ackerer, also auf die rein ländliche Bevölkerung.

Der

bei dieser Berufsgruppe vorhandene starke Bedarf an Personalkredit ver­ anlaßte, daß über 2/5 per Zahl aller ausgegebenen Darlehen auf diese Berufsklasse fiel. Die zweite Stelle nehmen Handwerker und Ge­ werbtreibende ein mit 31,6 0/0 resp. 26,2 0/0. Die Darlehen gegen

Bürgschaft sind rund nur doppelt so stark als die Hypotheken im Gegen­ satz zu den Ackerern, wo die Darlehen gegen Bürgschaft an Zahl dreimal

so stark sind; da der durchschnittliche Hypothekenbetrag bei beiden BerufsPissenheim, Oberbachem, Pech, Urfeld, Friesdorf, Mehlem II, Ippendorf, Tuisdorf, Alster, Roesberg, Roisdorf, Brenig, Waldorf, Walberberg, Sechtem. Schriften 136. 10

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146

klassen annähernd gleich ist, überwiegen bei den Gewerbtreibenden die

Hypotheken mehr als doppelt so stark. Es folgen dann die Arbeiter, auf die 18,1 resp. 14,8 o/o der insgesamt ausgegebenen Darlehen entfallen. Da sie wie die Tagelöhner zu den Minderbemittelten gehören, ist bei ihnen im Vergleich zu den beiden obigen Berufen die Zahl der auf

Personalkredit beruhenden Darlehen relativ bedeutend geringer; was den

Gesamtbetrag angeht, so ist der auf Hypotheken entfallende Geldbetrag

groß

sechsmal so

über

Bürgschaft.

als die gesamte Summe der Darlehen gegen

Naturgemäß muß auch die Hypothekensumme viel größer

sein, da sie ja hauptsächlich eines Besitzkredites bedürfen, der zum Bau

Der

eines Hauses, zum Kauf eines Stück Landes usw., gebraucht wird.

auf die Darlehen gegen Bürgschaft und gegen hypothekarische Eintragung

bei ihnen entfallende durchschnittliche Einzelbetrag ist bedeutend geringer als bei den Gewerbtreibenden und Ackerern.

Quantitativ geringer ist die

auf die Tagelöhner entfallende Quote der Darlehen, bei denen das gleiche

wie von den Arbeitern gilt.

Von den Berufslosen abgesehen, ist der

Anteil der ländlichen Rentner an den Darlehen äußerst gering.

Nehmen

sie den Kredit der Genossenschaft in Anspruch, so handelt es sich in der Regel

Tabelle Verteilung der aus gegebenen Darlehen gegen Bürgschaft und

Darlehen gegen Bürgschaft

20!

Betrag

Hypo­ theken

Anzahl

Anzahl

Betrag

Urfeld 1905—1908

Pech 1905—1908

I

Betrag

Hypo­ theken

Anzahl

Betrag

Darlehen gegen Bürgschaft

Anzahl

Anzahl 1

I

Betrag

Hypo­ theken

1

Darlehen gegen Bürgschaft

Anzahl

Berufe

Oberbachem 1905-1908

Betrag

Darlehen § ! gegen § Bürgschaft

§

Hypotheken Betrag

>Betrag

-

1

Pissenheim 1907-1908

'

I

9 980 1 5 000 15 5539 !__ — Ackerer . . . 1 250 1 3500 10 6328! 2 6 400 —! — — — — — — 1 1550^ !--- — Rentner. . . — — — — ------1 1 6 550 — — — Ii 3 000 Kleine Beamte 1 2400 Handwerkeru. ! Gewerbtrei­ 50 1 1200 10 6 060 1 1 300 1 350 — __ bende . . . — — — — Unselbständige ! Handwerker 3 1400 Arbeiter. . . 3 2050 2 125 5 9 877 3 i 2 740 1 3 500 — — — — Tagelöhner . — — — — Nichtphysische Personen. . 2 647 Verschiedene, — ohne Beruf. —I 14 80531 3500 1 8 17 477 37^23 180 1 4^15 350 16j 5889! l- — Summa: 7 5347

! j

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um seltene Ausnahmen, da sie als rein Besitzende den Kredit nur in Relativ auch gering

Notfällen oder vorübergehend in Anspruch nehmen.

ist der Anteil der kleinen Beamten, bei denen die Hypotheken überwiegen, da das Personalkreditbedürfnis nur gering ist.

Da nach den Mitglieder­

listen nichtphysische Personen nicht als Genossenschaftsmitglieder auftreten, handelt es sich in den angegebenen Fällen um Ausnahmen, die eine Überschreitung des Genossenschaftsgesetzes darstellen. In Walberberg er­

hielt die Gemeinde und der Viehversicherungsverein je ein Darlehen;

erstere zur Durchführung einer elektrischen Anlage.

Die beiden Darlehen

Desgleichen hat der Spar< und

in Pissenheim fielen an zwei Vereine.

Darlehnskassenverein zu Friesdorf an die Gemeinde Darlehen gegeben:

1897 40 000 Mk. zum Bau einer Wasserleitung und 1905 8000 Mk. einer Vikarei (auf 40 resp. 35 Jahre). Diese Fälle sind

zum Bau

bemerkenswert und zeichnen deutlich die Stellung der Genossenschaften

als langfristige Kreditgeberin im allgemeinen Interesse. Die örtlichen Unterschiede sind zum Teil recht große (s. Tab. Is, S. 146/49). In bezug auf die Ackerer herrscht bei fast allen Kassen große Übereinstimmungen in der Art der Darlehnsgeschäfte, ebenso bei den

I2. der Hypotheken auf die einzelnen Berufe (ohne Kaufgelder) Mehlem II2 1906—1908

Friesdorf 1906—1908 i!

Hypo-

Bürgschaft ,

Theken

Darlehen

Betrag

N !

«

Sk i

§

Betrag

Hypoth-ten

! « ! Betrag

's ! Betrag

Betrag

545

2 2 000

1645

8 14 750

Darlehen gegen Bürgschaft

2

1

i

Betrag

!

600

4! 5600

1

l!

150



s— 1 1

— — — 500 j 1 4800 200 — —

4100

12 34560» ? 13 3 6 622, 6 8 600 2 1 — —

I

800 " —



37^207 750 64 38 900 E 26 65 539

* Bauhandwerker.

A

i

i

!

5

Hypo. the.en

!

Betrag

I

!

3 11657

7 5 600 ! 7 79 500 33 26 360 ! I — 6 4 250' 13 52 100 —! 4 1 550 3^ 12 500 14! 3 500 390 5 3 700 8 26 550 4

31 27 350

Darlehen Bürgschaft

!

-

7 7 950 t 3^ 30 100 8' 6 356 — — ! 2^ 60000 -! 3^ 4 800 1 4 35 500 4 1494

!

§mpo7. . theken

Darlehen gegen Bürgschaft

A! Betrag

Duisdo'cf 1904—1906,. 1908

Ippendorf 1905-1908

2!

260 240

3Oo!

23^ 2990

1 —

300 —

1

2 500

12 19 550

__

— 7^ 6450

2 5400

2 Einschließlich 9 Wechseln mit 1427 Mk.

10*

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148

Dr. Richard Poppelreuter.

Tabelle I2

Roesberg 1905—1908

Alfter 1905—1908 Darlehen gegen Bürgschaft

Berufe

G

! Betrag

Darlehen gegen Bürgschaft

Hypo­ theken

!

s'

!

Betrag

Hypo­ theken

Roisdorf 1905—1908 Darlehen gegen Bürgschaft

Betrag

Betrag

Betrag

Hypo­ theken Betrag

N

N

! 16 28 450 Ackerer ................. Rentner.................. Kleine Beamte. . Handwerker u. Ge­ werbtreibende. . 9 12 250 Arbeiter.................. Tagelöhner . . . Nichtphysische Per­ sonen .............. Ohne Beruf. . .

Summa

25 35 700

2

4 500

10

7040

2

2325

4

2600



1

5 000 6 500

3

2200 400

2 3

3000 2275

1 1

500 700

2

3

7

7600

6

3800

2

— — 5 16 000



1j

3500 500

s !>

9640

Gewerbtreibenden, Arbeitern und Tagelöhnern.

! 3 4000

Eine Ausnahme machen

die drei Kassen zu Friesdorf, Mehlem und Ippendorf, wo die Verteilung

der Darlehen an die einzelnen Berufe durch örtliche Verhältnisse in be­ Gemäß dem sozialen Aufbau der Be­

sonderer Weise beeinflußt werden.

völkerung in Friesdorf und Ippendorf (starke Arbeiter- und Bauhand­ werkerbevölkerung) treten die Ackerer zurück, und es sind an den aus­ gegebenen Darlehen in erster Linie die minderbemittelten Volkskreise be­

teiligt.

Gerade Friesdorf

gegangen. sucht

sie

ist

in

dieser Beziehung bahnbrechend vor­

Die reichen Mittel, die dieser Kasse zur Verfügung stehen, mit

besonderer Absicht

unter günstigen

Bedingungen

dem

Arbeiterstande wieder zuzuführen, so daß einer ganz erheblichen Zahl

von Bauhandwerkern und Arbeitern auf diese Weise zu einem Besitztume verholfen wurde, sobald durch die Persönlichkeit des Darlehnssuchers die

Garantie gegeben ist, daß er seinen Verpflichtungen gegenüber der Kasse nachkommt. Durch diese Anlagepolitik ist in Friesdorf der Boden für

eine dauernd seßhafte und leistungsfähige Arbeiterbevölkerung geschaffen worden, die besonders infolge der segensreichen Tätigkeit der Genossen­

schaft ganz von sozialdemokratischen Beeinflussungen verschont worden ist.

Weniger günstig liegen die Verhältnisse in Ippendorf.

Wenn hier auch

die Ackerer zurücktreten und Fabrikhandwerker und -Arbeiter überwiegen, so hängt dies lediglich mit der beruflichen Schichtung der dortigen Ein-

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Das Sparwesen im Kandtre^e Bonn.

Darlehen ! gegen Bürgschaft

Darlehen gegen j Bürgschaft

Hypo­ theken

Betrag

Betrag

Anzahl

Betrag

Anzahl

!

Hypo­ theken

s'

Betrag

!

Betrag

Anzahl

!

!

Betrag

A n za h l

Betrag! A

Darlehen gegen Bürgschaft

Hypo­ theken

A nzahl

Hypo-

rl-h-n !!

Zchast

Sechtem 1905—1908

Walberberg 1906—1908

Waldorf 1905—1908

Brenig 1905—1908

142

14 291

I ! 7260

1400 ! — - >!- !! 1 1200 —

!!-





11 12 250 j

3 5 600

1 500 !

1

! 4^

1I 4!

500! 900

15 691^ 2 8460

1

7 , 33 600

1 9 300

i



6 4 300

6 9 100 850 3 4 2 300

18^15 850

l Viehversicherungsverein und die Gemeinde.

wohnerschaft zusammen.

4 8 750 3^ 1020^

5 600 3 000

3 14 500 2 4 400 —!





15! 60 250









7 14 900 21 18710

3 1

1150

5 21 300 2 4 200

2 2160' — 700 —

16 7 950



23 17 720 ' ! 9^ 27 500

- Eisenbahner.

Trotz der Tätigkeit der Kasse nach der Richtung

hin, Arbeiter usw. bei der Anlage der passiven Mittel zu berücksichtigen, ist die Leistungsfähigkeit und wirtschaftliche Fundierung in diesem Vor­ ort Bonns bei der Arbeiterbevölkerung eine geringe.

eigenes Haus zu besitzen,

Der Wunsch, ein

steht im Mißverhältnis zu der Leistungs­

fähigkeit, den übernommenen Verpflichtungen nachzukommen. In Mehlem und Friesdorf überwiegen bedeutend die Handwerker und Gewerb­ treibenden ; die aus Ackerer entfallenen Darlehen beziehen sich hauptsächlich aus die Landwirte des zum Teil ländlichen Vereinsbezirks.

Auch hier

nehmen die Arbeiter eine nennenswertere Stellung unter den Schuldnern ein und ebenso wie der Friesdorfer Verein ist der Mehlemer Verein be­ sonders darauf bedacht, bei der Anlage von Darlehen die unteren Bevölkerungsschichten zu bevorzugen, zumal er Mitglied des rheinischen Vereins zur Förderung des Arbeiterwohnungswesens ist. An den Kassen im südlichen Teil des Landkreises, im Gebiete der mittel­

bäuerlichen Bevölkerung spielen die

ländlichen Tagelöhner eine größere

Rolle als die Arbeiter, die besonders in der typischen Gegend des Klein­

betriebes, im Vorgebirge, als Schuldner eine bedeutende Rolle spielen, was mit der schon in anderem Zusammenhang erwähnten Tatsache zu­ sammenhängt, daß bei ihnen die Form des Sparens durch Rückzahlungen

eines aufgenommenen Darlehens beliebter als die des Ansammelns von

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59

II

110

81 907

Sechtem

S um m a:

.

45253

305903

1



42674

«

25 297

64 783



1 1

4 211



9731 17718

2 —



1

— 2

43 232



45 338

12013

27 989

4 011

7784

106 311212 14

15

11

6

7

6

15



19

18887

5123«

23073 11293 9971



578«

1

4

28799 5

5

1

27 524

«191

»en

10

27

M itglieder

davon auf Gesamtsparguthaben

M itglieder

davon aus Gesamtsparguthaben

M itglieder

davon auf

und Gewerbtreibende

^ M n d ig -

4

75 974



11

57821

64

2

2 7

6

8

388« —

4

9

13

1

4

2

5

«14



- -

— 1 395

11479

768



75 140

700

3 472

1 342

6 075

4 004

1 487

11930

18262 —

162

18 768

1 929

6 809

I

!

!

4

17



2

1

2

2

1

2

22 797

3 670

9893

19332

!

25«

21«2 8814

1 228

7

1 530

4 17343 9 3148

12

I5 I5 7

1

3 4 10414

2 95«

350« ««31 — — 1« 1«16« — —

2

4

1

7 536

13 788



57 778

324

19 762

6 031

7576

t°n

223 182 8 2 2 ^ (^ 5 7 1 3 4

13

22

2878 —

9

23

12 17

36

129

5 250

71« 858

3 740

55

1

14

5124 —

4

7

1V51

3047

- - -

— 2

2

1

2

t-n

Betrag Kon- Betrag «on- Betrag Kon- Betrag K°n- Betrag Kon- Betrag Kon- Betrag

3« 109710 22 13434

41

18

11

29



7

600 655 054^ 233

35 26656

74

!

51 123443

78 468

72

.

j

!

24 25 009 45 28326^

W aldorf W alberberg.

.. .. .. .. .... ....

977

93753!

B re n ig ..................

Roisdors

Roesberg

A lf t e r ......

Ippendorf

56268 1

19

39163

19 781

7

15

17111

52

11

U r fe ld ..................

... ...

39

Pech ......................

Mehlem

28

___ 24

Kon-

M itglieder

Gesamtsparguthaben

Kleine Beamte

Rentner

Ackerer

davon aus

2

-

Gesamtsparguthaben

.

.

...

Oberbachem.

Pissenheim

Li.

-

Kon- Betrag ___________________ "n

Genossenschaft

Tabelle S tand vom 1. Ja n u a r 1909.

150 Dr. Richard Poppelreuter.

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Gesamtsparguthabcn

Pissenhcim

.

...

.

.

DOI https://doi.org/10.3790/978-3-428-57420-9 | Generated on 2023-09-23 09:31:29 OPEN ACCESS | Licensed under CC BY 4.0 | https://creativecommons.org/about/cclicenses/

S u m m a : 212

3917-

6

8

21

8

21

15

40

' Viele Eisenbahner.

Sechtem

W aldorf

.................

Roisdors

Roesberg

.... .... B re n ig .... W a lb e r b e r g ... ....

A lf t e r .....................

Ippendorf

II

3

U r fe ld .................

Mehlem

9

12

___ —

.

P ech ......................

.

...

Oberbachem.

!

I

12 4«4

" Nur Eisenbahner.

33

3

davon auf

M itglieder

053



097

483

874

1

28 847

1

— 2

3 — 2 —

1



18

— — 6 129! 8

3252

678

4 082 371

5527

1

1

1



3 301

1

ten

J^kl. Mündelgeld.

65

6 13

!

3 2

12

4147

97 760

8 7

224

4

3

4



4

3



t°»

5615



112

2 2

— 2

3

3



34« 58k — 32« 339

2 3 —

1

!

j

Gesamtsparguthaben

6.

r« « -.

9^.

« .-» ° ,-.

10^

°c h -> ,m °.,

GesamtGesamtGesamtGefamtsparguthaben sparguthaben sparguthaben sparguthaben '

L L 7^.u L ' " ° s 8«.s ? '

(Fortsehungi-



§

56

— —

4



I

4

,

j

10

I

25



4

1



!

I

j

,

-

!

20

— —

189

2

3.

4

2

7

4

25 847

1135

284 678

2399 3314

901

888

75

41

481 558

I

?

!

>

5 824

7121

6 300

1432

1700

3 643

2 025 416

103

54 943

9186

3 803

190

9

32

5

13

!

15



10

25

37

21

1

6 2

189 1

ton

5308

7 5 512

15!

6

II II

4

2

3

17

3

5

4 10

1066

t°n 9 222

6

2

1

I

6

9

ten

64 953 j 54

1



46

461

10852

127

44 805



5 553



Davon k e in e M itglieder.

8 «91

4347

— —

77

58«

— 117

«14 —

1«1 2 795 —

t-n

504 693

226

509

25 697

1

3174



433

673

15 465

40 433

215

1 400

Betrag Kon- Betrag Kon- Betrag Kon- Betrag Kon- Betrag Kon- Betrag Kon- Betrag



"N

Kon-

18« 7«3

!

j

!

davon aus

M itglieder

5 3 5 .3

9 306

17

2142

5 302 8 757

3 909 2 376

6 536

22 376

248

5 942

5 392



Kon-j Betrag __________________ -°"

Genossenschaft

5.

T a b e lle IL i

Tas Sparwesen im Landkreise Bonn.

151

Or. Richard Poppelreuter.

152

einzelnen Sparteilchen ist.

Zu dem gleichen Ergebnisse gelangen wir,

wenn wir vom Grundsätze der Gerechtigkeit ausgehend, die Verteilung der Darlehen an die einzelnen Berufe vergleichen mit den Sparguthaben

überhaupt und denen der Mitglieder.

Tabelle L2. Insgesamt (außer Duisdorf und Friesdorf) Davon auf Mitglieder

Gesamtsparguthaben !

Konten 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. II. 12. 13.

Pissenheim................. Oberbachem................. Pech.............................. Urfeld.......................... Mehlem II................. Ippendorf.................. Alfter.......................... Roesberg...................... Roisdorf...................... Brenig.......................... Waldorf...................... Walberberg................. Sechtem......................

57 72 85 43 270 54 228 70 141 158 99 198 122

Summa:

1673

! !

Betrag

! Konten !

Betrag

! Proz. der j Guthaben

51111 64168 140129 33 635 303 335 13 571 171 532 58 615 82 586 123 686 218 931 109 687 100 149

10 25 30 1

3 32 20 28 58 48 37 54

12 738 35 875 5173S 5 18 285 33S 27 069 13972 17 681 70992 185183 20174 28911

> !

24,8 56,0 36,8 0,01 6,0 2,4 15,9 23,6 21,0 57,0 84,5 18,4 28,8

1 522 275

378

482 963

!

! ! !

32

! !

Tabelle Ls. Insgesamt (außer Duisdorf und Friesdorf)

I. Sparguthaben aller Sparer

Berufe

II. Sparguthaben der Mitglieder

Prozentsatz der Mit­ glieder usw. von den

Konten

j Gesamtspar> guthaben

Kon­ i ten i

Betrag

Ackerer ................................... Selbständige Handwerker u. Gewerbtreibende .... Arbeiter und ähnliche. . . Tagelöhner.......................... Rentner................................... Kleine Beamte...................... Dienstboten.......................... Schulkinder.......................... Nichtphysische Personen . . Unbekannt, ohne Beruf, Ver­ schiedene..........................

577

638115

233

305 903

40,3

47,9

213 199 65 100 63 98 176 48

171 261 89 821 28 847 ! 304 781 74 940 i, ! 53 459 24 765 ! 21042

63 33 18 14 17

57 134 12 464 8(W1 75974 22 797

29,5 16,5 27,6 14,0 26,9

33,3 13,8 31,2 21,3 30,4

— — —

— — —

— —

50

63 053





Summa:

1589

1470 084

Kon­ l ten

Betrag

alle.c Sparer

378 1 482 SU3

— !

——

23,1 1

----

— —

32,8

In der Tabelle X1-3 sind die dementsprechenden Zahlen, nach dem

Stande vom 1. Jan. 1909, zusammengestellt; es sind dabei dieselben

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Tas Sparwesen im Landkreise Bonn.

153

Genossenschaften berücksichtigt worden, die wir oben bei der Verteilung

aus die verschiedenen Berufe

der Darlehen

ins Auge faßten.

Leider

mußten die Kassen zu Duisdorf und Friesdorf aus der Betrach­ tung ausscheiden, da bei ihnen entsprechende Zahlen nicht ermittelt werden konnten; durch eine Berücksichtigung Friesdorfs würden die ent­ sprechenden Zahlen für die Arbeiter und Gewerbtreibenden eine Erhöhung

Immerhin gestatten die zur Verfügung stehenden Zahlen

erfahren haben.

einige interessante, den Kern der Sache treffende Vergleiche.

Aus der

Tabelle Ls ergeben sich folgende Verhältnisziffern für die Sparguthaben der

Mitglieder in bezug auf die einzelnen Berufe. Vgl. dazu Tab. Ii auf S. 145.

Prozentsätze der Mitgliederberufe von den Gesamt mit gliedern in bezug auf 1. die Kontenzahl:

2. die Sparguthaben:

Ackerer......................................................... 61,6 0/0

63,4 «Vs

Handwerker und Gewerbtreibende

16,6 „

11,6 „

................................................ 8,7 „

2,6 „

Tagelöhner................................................ 4,7 „

1,8 „ 15,8 „

Arbeiter

.

.

Rentner...................................................... 3,7 „ Kleine Beamte.......................................... 4,4 „

4,8 „

100 °/v

100 °/v

Über b/5 der gesamten Mitgliederguthaben fällt auf die reinen Landwirte, erst in einem weiten Abstande folgen Rentner, Gewerbtreibende,

kleine Beamte, Arbeiter und ländliche Tagelöhner. Daraus geht hervor, daß die durchschnittlichen Mitgliedersparguthaben bei allen Berufen

größer sind als die Sparguthaben der entsprechenden Berufe Eine Ausnahme machen die Arbeiter, bei denen die Mit­

überhaupt.

gliederguthaben geringer sind als die der sparenden Nichtmitgtieder.

Die Gesamtmitgliederguthaben an den 13 Genossenschaften machen an aus.

Konten Also

23,1 o/o, rund

ein

an

den

gesamten

Drittel

der

den

Sparguthaben

aber

Mitgliedern

wieder

32,8 o/o

zugute

kommenden Sparguthaben überhaupt wird aus Mitgliederkreisen selbst

gestellt;

2/3

werden

von

Nichtmitgliedern

zur

Verfügung

gestellt.

Dies ist auch ein Beweis für die heutige allgemeine Benutzung der Darlehnskassen

durch

die ländlichen

Sparer

überhaupt,

während früher

lediglich die verwendbaren Mittel von den Mitgliedern allein beschafft werden sollten.

Die örtlichen Unterschiede, die den größten Schwankungen

unterliegen, gehen aus der Tabelle L2 hervor.

Es variieren dort die

Prozentsätze der Mitgliederguthaben von den gesamten Sparguthaben zwischen 0,01 0/0 in Urfeld und 84 0/0 in Waldorf. Der Prozent-

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Dr. Richard Poppelreuter.

154

satz der gesamten Mitgliederguthaben von den Sparguthaben insgesamt, mit 1/3, dürfte dem Durchschnitt sich nähern, wie er von allen auch sonstigen Kreditgenossenschaften erreicht wird. Ebenfalls groß,

wenn auch nicht in

demselben Maße, sind die

Unterschiede der Gesamtsparguthaben und der Mitgliederguthaben in den einzelnen Berufen, wie sie in der Tabelle L 8 verzeichnet sind.

An erster

Stelle stehen die Ackerer mit 40,3 0/0 der Konten und 47,9 0/0 der ge­

samten Ackererguthaben; es folgen die Handwerker und Gewerb­ treibende, die Tagelöhner, kleinen Beamten und Arbeiter.

Aus der Stellung der Rentner, die einerseits am wenigsten mit 14 0/0 der Kontenzahl und 21,3 0/0 der Rentnerguthaben auftreten, ander­

seits aber in bezug auf die verhältnismäßige Beteiligung an den Mit­ gliederkonten und -guthaben mit 3,7 0/0 resp. 15,8 0/0 an zweiter Stelle hinter den Ackerern stehen, folgt, daß sie, nur mit 2,1 0/0 an den aus­

gegebenen Darlehen beteiligt, die hervorragende Rolle eines reinen Gläubiger­

berufes spielen.

Sie überlassen den Genossenschasten ihre Mittel, um sie

anderen zugute kommen zu lassen.

Das Interesse, was sie als Genossen­

schafts Mitglieder haben, ist nur gering.

Zu den Gläubiger berufen

gehören ferner die Kinder, Dienstboten, nichtphysische Per­ sonen u. a. und alle anderen Berufsangehörigen, die im ganzen ^/s aller

Sparguthaben ausmachen und Nichtmitglieder sind (vgl. Tab. I1 S. 145, beachte, daß Duisdors und Friesdorf fehlen!).

Anderseits bilden Tagelöhner, Arbeiter und ähnliche die

Schuldner beruse.

Aus ihren Kreisen kommen bedeutend weniger Spar­

gelder, als sie ihnen wieder., in der Form der Darlehen zugeführt werden. An den meisten Kassen, selbst in Friesdorf, sind ihre Schuldenkonti bedeutend zahlreicher und größer als ihre Spargeld- oder Gläubigerkonten. Ebenfalls kommen den Gewerbtreibenden verhältnismäßig mehr Gelder wieder zugute, als sie ihnen wieder als Gläubiger zufallen müßten; dazu kommt

noch verschärfend, daß die Schuldenkonti der laufenden Rechnung größer

sind als die entsprechenden Guthaben, da ja zu den Kontokorrenten haupt­ sächlich Gewerbtreibende gehören. Gerade diese minderbemittelten Schuldnerberuse treten hauptsächlich

als Mitglieder in verhältnismäßig viel größerer Zahl auf als die anderen, um eben Kredit bewilligt zu erhalten, als Sparer treten sie oft ganz zurück. Sind Sparer im starken Maße unter ihnen vertreten, z. B. Gewerbtreibende in Mehlem, Alfter, Walberberg und sonst; Ar­

beiter in Mehlem, Alster, Roisdorf, Walberberg, Oberbachem (siehe Ta­ belle Li S. 150/51), so gehören relativ nur äußerst wenig der Genoffen­

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155

Tas Sparwesen im Landkreise Bonn.

schäft als Mitglieder an, da ja dann die Beweggründe, der Genossenschaft beizutreten, um eine Reihe von realen Motiven verringert sind.

Nicht in dem gleichen Maße, wie sie Spargelder zur Verfügung stellen, sind die Ackerer bei den Darlehnsausgaben berücksichtigt worden; wettgemacht wird das dadurch, daß ihnen der weitaus größte

Teil

der

Kaufgelder

Beamten

kleinen

als

wieder Sparer

zugute

und

Die

kommt.

Darlehnsnehmer

Beteiligung

der

gleicht

an­

sich

nähernd aus; für ein endgültiges Urteil stand ein zu geringes Material

zur Verfügung. Als bemerkenswerteste Tatsache aus den örtlichen Unterschieden ergibt sich, daß die oft örtlich am stärksten

vertretenen Berufe

oft nicht in

demselben Maße Spargelder aufbringen als ihnen wieder zur Verfügung

gestellt werden, namentlich dann, wenn ländliche Berufe stark vertreten sind, wie z. B. in Mehlem, die ihrerseits weniger bei der Darlehnsausgabe berücksichtigt werden. Auch vom Zweckmäßigkeitsstandpunkt aus ist die Bevorzugung der minderbemittelten Berufe zu begrüßen, vorausgesetzt, daß sie bis zu einem

Hierfür liegt die Garantie

gewissen Grade kreditfähig und -würdig sind.

in

der Organisation der

Genossenschaften

selbst.

Bisher haben

alle

Genossenschaften die besten Erfahrungen mit der dargelegten Anlagepolitik

gemacht.

Zwangseintreibungen sind bei den meisten noch gar nicht, bei

nur wenigen sehr selten vorgekommen.

kassen

auf

Der Segen, den die Darlehnsdiese Weise dem Lande gestiftet haben, ist groß und hat

wesentlich dazu beigetragen, daß Angehörige gerade der minderbemittelten Volkskreise sich

aus den untersten Anfängen

heraus

einen Weg zum

Besseren gebahnt haben.

Fünftes Kapitel. Die Verwendung der Darlehen durch die Darlehnsnehmer. Die Natur des genossenschaftlichen Kredits. Das Interesse der Genossenschaften an der Art der Verwendung des dem Kreditnehmer gewährten Darlehns bewegt sich innerhalb der Grenzen,

die durch die drei Momente gezogen sind: Liquidität, Sicherheit und Ver­ zinsung, worauf der Kreditgeber in erster Linie seine Aufmerksamkeit richtet.

Aber außerhalb dieses geschlossenen dreiseitigen Rahmens hat die Art der Darlehnsverwendung vornehmlich eine Bedeutung für den Wirtschafts­ wissenschaftler, da sie ihm die reale Grundlage dafür abgibt, ob überhaupt und dann in welchem Umfang der Kredit kapitalbildend in der oder jener

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I)r. Richard Poppelreuter.

156 Form auftritt.

Die meisten Ausführungen über dieses Thema beschränken

sich in der Regel unter kurzer Charakterisierung der Art des Kredits und

seiner möglichen oder durch die Umstände allein gebotenen Verwendungs-

sormen auf grundsätzliche Auseinandersetzungen.

Aber die Versuche, auf

dem Wege von Enqueten mit kombinierter Statistik — nur eine solche Methode kann hier Aufschluß geben — auf Grund der den Geschäfts­

büchern entnommenen Angaben unter Hervorhebung der verschiedenen Berufe festzustellen, in welcher Weise der Kredit verwandt wurde, sind selten.

Der Grund liegt darin, daß es bei diesem Problem unmöglich

ist, zur Beantwortung der Frage die gebräuchlichen „Geschäftsergebnisse" und „Bilanzen" zu benutzen, wie sie in die breite Öffentlichkeit gelangen. Was schließlich der Darlehnsnehmer mit den dort aufgeführten Darlehen angefangen hat, bleibt im allgemeinen verborgen, abgesehen erstens von wenigen stauäarä-Typen des Kredits bei Kreditinstituten, die ausschließlich

Kredit zu ganz bestimmten oder unter sich verwandten Zwecken gewähren; wie beispielsweise Bau-, Viehbanken usw., und zweitens von gewissen

Schuldnergruppen, bei denen sich die Verwendung der aufgenommenen Anleihen unter öffentlicher Kontrolle vollzieht (Staat, Kommunen usw.). Aber so bis ins einzelne ist die Arbeitsteilung unter den Kreditinstituten

noch nicht gediehen, wenn auch für die Zukunft weitere Spezialisierungen in dieser Richtung zu erwarten sind. Heute beschränken sich diese noch in

der Hauptsache auf die Pflege bestimmter Kredittypen, so steht z. B. bei den Landschaften, Provinzialhilfskassen, Sparkassen und Landesbanken der

langfristige Kredit, bei Unterstützungskassen, meist auf genossenschaftlicher Grundlage (Beamtenvereine!) der Konsumtivkredit, bei Leihanstalten der

Pfandkredit,

bei der Reichsbank der Wechsel- und Lombardkredit,

Hypothekenbanken

der Hypothekarkredit

bei

weitem

im

bei

Vordergründe.

Freilich läßt oft schon die Art des Instituts und seines Wirkungskreises einen Schluß darüber zu, in welcher Weise der Kredit der Kapitalbildung

zugute gekommen ist, und an dem Wachstum der verschiedenen Kapitalformen

kann man rückschauend die mutmaßliche Verwendung wenigstens in großen Zügen wie an einem Manometer symptomatisch ablesen; darüber hinaus ver­

mag aber nur eine Jndividualstatistik Auskunft zu geben. Da diese aber bisher in nennenswertem Umfang nicht betrieben wurde und die Kapitalbildung, soweit der Kredit an ihr beteiligt ist, kein ausreichendes Kriterium dafür ab­ gibt, darf es nicht wundernehmen, wenn heute die Wissenschaft (und auch

oft die Praxis!) nur allgemeine Vorstellungen sich über die Bedeutung und Mitwirkung der Kreditinstitute an der Kapitalbildung hat bilden können, sich

sogar darüber in Irrtümern befindet oder oft noch ganz im Dunklen tappt.

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So auch im ländlichen Genossenschaftswesen.

157

Die Ansichten über die

Art des Kredits, den sie gewähren sollen, gingen früher sehr weit aus­

einander ^, ja, die Autoren verwickeln sich in Widersprüche und sind sich vielfach nicht klar darüber, wie der zu gebende Kredit beschaffen sein soll;

weil sie unter Außerachtlassung der beruflichen und örtlichen Differenzie­ rungen nicht wissen, in welcher Weise er in der Wirtschaft des Darlehns­

nehmers verwandt wird.

Spürt man den tatsächlichen Verwendungszwecken

im einzelnen nach, so findet man sich überrascht, daß die aufgestellten Forde­ rungen

sich durchaus nicht mit der Praxis decken.

Der tiefere Grund

liegt darin, daß es aus praktischen Bedürfnissen heraus eine ganze Reihe von Kreditformen gibt, die aber fast alle in der Theorie fein säuberlich voneinander geschieden ohne den Kitt der ursächlichen, wesentlichen oder

nur graduellen Verschiedenheiten nebeneinander hergehen.

wird

unabhängig

von

der

andern

definiert

und

Die eine Art

wesensverschiedene

Arten werden unter gleichen Gesichtspunkten behandelt. Es fehlt oft die systematische nur auf empirischem Wege zu gewinnende Begriffsbestimmung und das ständige Festhalten an den einmal gemachten Prämissen, wie so

oft bei an die Spitze gestellten Definitionen oder es werden Prämissen

miteinander verkettet, die sich, vom logisch-empirischen Standpunkt aus betrachtet im Grunde genommen ausschließen oder sich nicht ganz decken.

Solche Begriffsbestimmungen

lassen sich

auch alsdann in den weiteren

Ausführungen nicht scharf durchführen, die verschiedenen Begriffe werden unter dem Einfluß weiterer Erkenntnisse verschwommen, bis sie sich ver­ wässern

und ineinander

überlaufen.

Das

ist

ein Mangel,

der

allen

Definitionsversuchen anhaftet, sobald es sich um einigermaßen komplizierte Gebilde handelt, deren Kreis von wesentlichen Merkmalen eine dehnbare

Peripherie hat, die sich bei der dauernd im Fluß befindlichen Entwicklungs­ kraft, die allen menschlichen Einrichtungen innewohnt, dauernd erweitert oder zusammenzieht, und das besonders in der Volkswirtschaft, die als

ein Glied der Kulturentwicklung sich

mit dem Denken, Handeln

und

Begehren der Menschen auswächst! So sind auch die heute erhobenen Forderungen der von den länd­ lichen Genossenschaften zu gewährenden Kredittypen nicht stichhaltig, wenn

man den Spuren der Darlehen bis in die Wirtschaft des Darlehnsnehmers

nachfolgt und seststellt, welchen Zwecken sie dienen und welche Wirkung sie auf die Förderung oder die bloße Belastung der Wirtschaft ausüben.

Man denke nur an den Streit zwischen Schulze-Delitzsch und Raiffeisen in den 70er Jahren!

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158

Man erkennt dann bald, was schon Hecht (Schriften des Vereins für Social­

politik, Bd. 76, Verhandlungen über den ländlichen Personalkredit, Leipzig 1897 S. 155) zugegeben hat, ohne für seine weiteren Ausführungen daraus die Konsequenzen zu ziehen „daß vielfach Bodenkredit in Anspruch genommen

wird, wo man Personalkredit beanspruchen sollte und umgekehrt."

Der

Personalkredit ist durchaus nicht identisch mit dem Betriebskredit, wie

man versucht ist, aus jener großen Enquete des Vereins für Socialpolitik

über den Personalkredit des ländlichen Kleingrundbesitzes in Deutschland (Schriftenbände 73—76, Leipzig 1896 und 1897) zu entnehmen; nur

an wenigen Stellen werden daran Zweifel laut, die man unterdrückt, ohne

daraus Folgerungen zu ziehen oder ihnen nun erst recht nachzuspüren So sagt weiter Hecht (a. a. O. Bd. 76 S. 165): „Die Frage über

die Form der Kreditgewährung ist nicht identisch, aber sie steht in einem gewissen, vielfach nicht genügend beachteten Zusammenhang mit der Sicher­

heit der Darlehen." Hätte er den ersteren richtigen Gedanken weiter verfolgt, so wäre er nicht zu der Identität von Personal- und Betriebskredit ge­

kommen.

Auch Havenstein trennt (a. a. O. Bd. 76 S. 228) nicht

genügend die wirtschaftliche Natur des Kredits von der Art der Sicher­ stellung, wenn er ausführt: „wir müssen deshalb von der alten Praxis, Real- und Personalkredit in einem ländlichen Darlehnskassenverein zu ver­

einigen, abgehen."

Den Kern der Sache trifft schon eher die Ansicht des

Berichterstatters für Ostpreußen (a. a. O. Bd. 74 S. 431): „Die allge­

mein übliche Scheidung des landwirtschaftlichen Kredits

in Real- und

Personalkredit wird nur da deutlich erkennbar sein, wo der Realkredit ein geregelter ist und wo das Grundstück als ganzes Faustpfand für die Sicherheit der ... Hypothek haftet. Überall da, wo dies nicht der Fall ist, wird es schwer sein, den Real- von dem Personalkredit zu scheiden, um die Aus­ dehnung sowie die Bedeutung jeder dieser Formen für sich zu übersehen."

Am scharfsinnigsten hat sich über das Dilemma in der Begriffs­ bestimmung

des Kleingrundbesitzkredits Dr.

I.

Schulte geäußert

in

* Diese Enquete hätte volle Klarheit über die wahre Natur des Kredits des ländlichen Kleingrundbesitzes schaffen müssen. Obwohl hier dafür der geeigneteste Ort gewesen wäre und der Fragebogen an die Berichterstatter ausdrücklich und aus­ führlich lauf die Verwendung der Darlehen einzugehen verlangt, erging man sich darüber meist nur in vagen, allgemeinen Ausführungen und in der 4 Bände starken Enquete werden nur ganz vereinzelt und dann auch noch nicht einmal immer detailliert, zahlenmäßige Angaben über die Darlehnsverwendungen gemacht: Bericht II, Bd. 74, S. 86 (Rheinland), Bd. 74, S. 109 (Kreissparkasse in Merzig), S. 187 (Oldenburg), Bd. 75> S. 37 (Steiermark). Eine Scheidung in Berufe oder nach Art der Sicherstellung der Darlehen wurde nicht gemacht.

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seinem Bericht über das Königreich Sachsen (a. a. O. Bd. 75 S. 211)

159 Der

Auffassung Schultes ist zuzustimmen; aber leider fand sie bei der Zusammen­ fassung der Ergebnisse und in der Verhandlung zu Köln wenig Beachtung. * «Das Urteil über den Kredit kann kein absolutes, sondern nur ein relatives und bedingtes sein ... Der Verein sür Socialpolitik unterscheidet in der Enquete Personal- und Real­ kredit, welch letzterer wiederum in Mobiliar- und Immobiliarkredit geteilt wird,

und wünscht nur über den Personal- und Mobiliarkredit der kleinen Grundbesitzer Auskunft. Es fragt sich nun, wo liegt die Grenze zwischen diesen verschiedenen Kreditformen. Man pflegt diese Einteilung nach rechtlichen Merkmalen durchzuführen, die mit der Sicherheit des Kredits in Verbindung gebracht werden oder mit der Deckung desselben zusammensallen. Der Kredit heißt Personalkredit, wenn der Gläubiger denselben lediglich auf Grund seines Vertrauens zur Person des Schuldners und ihrer allgemeinen Vermögenslage gewährt . . . Beim Realkredit dagegen wird dem Kreditgeber zu seiner Sicherheit ein Pfandrecht an einer dem Schuldner ge­ hörigen Sache eingeräumt, falls letzterer seine versprochenen Gegenleistungen nicht erfüllt.

Sehen wir uns nun diese Unterscheidung etwas näher an. Beim Personalkredit wird der Gläubiger offensichtlich direkt durch das Ver­ trauen bestimmt, das er in die Person des Kreditnehmers aus Grund ihrer sittlichen, Physischen und geistigen Eigenschaften und materiellen Lagen setzt. Dieselben Momente sind aber auch dem Realkreditgeschäfte eigentümlich . . . Das Vertrauensmoment liegt ... im Wesen eines jeglichen Kredits und zwar hat dieses Vertrauen, allgemein ausgefaßt, die Annahme zum Inhalte, daß das dem Kreditnehmer überlassene Kapital durch verständnisvollen Gebrauch nicht verloren gehe, und die in Aussicht gestellte spätere Gegenleistung auch wirklich erfolge. In der Tat wird auch niemand be­ zweifeln können, daß der vorsichtige Kreditgeber die obigen Erwägungen auch bei der Gewährung von Realkredit anstellen und gerade hiervon die Entscheidung abhängig

machen wird. Der Wert der zur Sicherung gestellten Objekte ist eben keine immanente Eigenschaft derselben, sondern abhängig von dem Besitzer der Vermögensobjckte . .. Wir können demnach resümieren: Dem vorsichtigen Kreditgeber ist jegliche Kreditform bis zu einem bestimmten Grade Personalkredit. Wenn sich dennoch herausstellt, daß viele Kassen sowohl wie Private weder vorher Ermittelungen über die Person des Kreditsuchenden anstellen noch nachher eine Kontrolle über die gewährten Darlehen ausüben, sondern sich mit der formellen Sicherheit begnügen, so werden wir auch regelmäßig die Beobachtung machen, daß Institute dieser Art unverhältnismäßig hohe Sicherheiten fordern, oder überhaupt keine Kreditinstitute im wahren Sinne des Wortes sind; vielmehr handelt es sich dann um Geldausgleichstellen, oder auf Gewinn berechnete Geldbanken, die im Kreditverkehr mit dem einzelnen auf ein gutes Geschäft spekulieren und das größere Risiko, verbunden mit häufigen Verlusten, durch höhere Zinsforderungen wieder wettmachen. Aber selbst bei diesen letzteren ist dennoch die Vertrauenswürdigkeit des Kreditsuchendcn ein mitentscheidendcs Moment für das Zustandekommen des Kredit­ geschäftes. Die Antworten in den vorliegenden Fragebogen bestätigen dies vollauf. Bei der Gewährung von Realkredit wird von den meisten Kassen eine bestimmte Sicherheitsgrenze vorgeschrieben, die nicht überschritten werden darf, und eventuell

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160

Außer dieser in ihrem Plan großzügig angelegten, in ihren Ergebnissen in dieser Hinsicht aber unbefriedigenden Enquete des Vereins für Socialpolitik,

gibt es noch eine Reihe von statistischen Erhebungen, die in ihren Resultaten weit zuverlässiger und erschöpfender sind, nämlich die „Statistik der Sparund Darlehnskassenvereine Raiffeisenscher Organisation,

Neuwied 1881,

1885, 1894 und vor allen Dingen 1897 (hier findet sich S. 206 eine hübsche Zusammenstellung der Darlehnsverwendungen). Auch enthalten die Ge­

schäftsberichte mancher Verbände über die Tätigkeit der unterstellten Genossen­

schaften bisweilen Material über die Verwendung der Darlehen, das, soviel ich sehe, in der genossenschaftlichen Literatur oder sonstwo noch nicht in eingehender Weise verarbeitet worden ist.

Zum Teil liegt das an dem

Grundübel, daß es mit der Publizität der Genossenschaftsstatistik, die die

Verbände führen (abgesehen von dem Jahr- und Adreßbuch Dtsch. Erw.u. Wirtsch.-Genossenschaften und den Mitteilungen zur Genosienschaftsstatistik herausgegeben von der preuß. Zentralgenossenschaftskasse, die übrigens über die Darlehnsverwendung nichts berichten), schlecht bestellt ist; und doch

enthalten diese eine Fülle von interessantem Material, das der Ausbeute

noch harrt kurze Kündigungsfristen vorgesehen, um ein gefährdetes Darlehen rasch einziehen zu können. Bei den gleichen Pfandobjekten ist aber die Höhe des Darlehens nicht immer dieselbe. Während man einer als vertrauenswürdig bekannten und gut­ situierten Person bis zur äußerst zulässigen Grenze Kredit gewährt, ist das Gegenteil bei Personen der Fall, denen nicht der gleiche Ruf vorausgeht. Wenn nun auch formell in beiden Fällen Realkredit gewährt ist, so leuchtet doch auch ein, daß dennoch eine Mischung von Personal- und Realkredit tatsächlich vorliegt. Anderseits gehen bei der Gewährung von Personalkredit sorgfältige Ermittelungen über die Vermögenslage des Kreditsuchenden stets voraus. Wo diese zweifelhaft erscheint, wird doppelte und dreifache Sicherheit durch Wechsel und Bürgschaft gefordert oder über­ haupt kein Kapital geliehen, mag der Kreditsuchende auch noch so sehr desselben bedürftig sein. Auch hier ist also die reale Sicherheit mit im Spiel, eine Mischung von Real- und Personalkredit unverkennbar. Aus alledem geht hervor, daß die Grenze zwischen den ver­ schiedenen Kreditformen nur sehr schwer festzustellen ist, und daß sich hierdurch der exakten Lösung der vom Verein für Socialpolitik gestellten Aufgabe nicht unbedeutende Schwierigkeiten entgegen­ stellen. Es ist nicht zu übersehen, von welchen Gesichtspunkten die einzelnen Kassen bei der Gewährung der Darlehen ausgegangen sind, inwieweit dasMoment des Vertrauens und die reale Sicherheit in Betracht gezogen worden sind." * Die allgemeine Interesselosigkeit gegenüber der Genossenschaftsstatistik war ja auch ein Grund für das Eingehen des Jahr- und Adreßbuches deutscher Erwerbund Wirtschaftsgenossenschaften 1909.

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161

'Aber die meisten dieser Statistiken über die Verwendung kranken an

folgenden Mängeln, soweit ich mir in sie einen Einblick verschaffen konnte *: 1. Es wird der Verwendungszweck aller unter den Aktiva ange­ gebenen Darlehen angegeben.

Das öffnet willkürlichen Angaben Tür und

Tor, da dadurch einmal hohe Anforderungen an das Gedächtnis des Ren­ danten gestellt werden — besonders bei schon älteren Vereinen —; zum anderen erscheinen dadurch die durchschnittlichen Darlehen zu klein, da die

ursprünglich ausgegebenen Darlehen nach so und so viel Jahren um die schon

geleisteten Tilgungsbeträge gekürzt erscheinen.

Viel zweckmäßiger ist es, wie

in vorliegender Untersuchung, den Verwendungszweck der jährlich aus­ gegebenen Darlehen (bei den Ausgaben statt den Aktiva) wiederzugeben.

2. Ein erheblicher Mangel ist die Unterlassung der Scheidung der Darlehnsnehmer nach Berufen, die sich wenigstens in großen typischen Gruppen hätte leicht machen lassen. Es ist z. B. nicht gleichgültig für die

Art des Kredits, ob Darlehen zur Schuldentilgung von einem Ackerer

zur Verstärkung des Betriebskapitals oder von einem Arbeiter zur Be­

zahlung von Konsumschulden beim Kaufmann ausgenommen wurden. 3. Eine gegebenen Falls ganz andere Bedeutung kommt dem Kredit

zu, auch wenn der Verwendungszweck bekannt ist, ob er gegen Schuld­ schein — Personalkredit — oder gegen hypothekarische Eintragung —

Immobiliarkredit — gewährt worden ist.

Auch diese Lücke findet sich in

der Neuwieder Statistik.

Erwähnt sei noch, daß die dort aufgeführten Verwendungszwecke in

ihrer Art sehr beschränkt sind: es werden als solche nur geschieden: Melio­ rationen, Viehankauf, Bauten, Schuldentilgung, Befreiung aus Wucher­

händen und Kaufgelder (letztere werden uns noch im besonderen beschäf­ tigen).

Es liegt auf der Hand, daß je nach den örtlichen und beruflichen

Eigenarten sich dabei große, ja prinzipielle Unterschiede ergeben müssen, die aus jener Statistik nicht hervorgehen.

Dann fehlt schließlich in der

am Schluß (a. a. O. S. 200) gemachten Zusammenstellung jede Angabe

über die Zahl der zu den einzelnen Zwecken verwandten Darlehen, was natürlich das Bild über die Bedeutung des in Anspruch genommenen Kredits verwischt und verundeutlicht. Alle diese Ausstände lassen sich am ehesten vermeiden und jede Erhebung

über die Darlehnsverwendungen am besten durchführen, durch die Auf­ stellung von genauen Detailstatistiken, wie sie vorliegende Untersuchung

zu geben versucht. * In erster Linie Statistik 1897. Schriften 136.

beziehen

sich folgende Bemerkungen auf

die Neuwieder

11

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Als hauptsächliches Ergebnis sei hier schon erwähnt, daß es völlig

verkehrt ist, wie es die oxinio communis heute annimmt, die Raiffeisen­

kassen nur als Träger des Personalkredits hinzustellen, und zwar aus

zwei Gründen: Einmal ist der Begriff Personalkredit zu eng gefaßt, weil ein beträchtlicher Teil der ausgeliehenen Darlehen auch hypothekarisch sicher­

gestellt wird.

Das dingliche Sicherheitsvermögen des Grund und Bodens

wird in Anspruch genommen, wo die persönliche Kreditfähigkeit hinreichende

Bürgschaft für die Zahlungskraft leisten sollte.

Die Verpfändung des

Grund und Bodens, die vornehmlich nach der herrschenden Auffassung für den Bodenkredit und langfristige Anlagen allein vorbehalten bleiben

soll, wird, man kann sagen vorzeitig, von dem Schuldner verlangt und hingegeben, wenn

lediglich

eine gute Bürgschaft

und

die Person

Schuldners die Sicherheit für das Darlehen bestellen sollte.

des

Insofern

entfernt sich die Kreditpraxis weit von der Theorie und dem Ideal, das für die Raiffeisenkassen von maßgebender Seite aufgestellt wurde und dieser Abweichung muß die Theorie Rechnung tragen, will sie nicht im

Widerspruch zu den

tatsächlichen Verhältnissen

auf

einseitig

doktrinär

vorgezeichneten Pfaden für sich allein wandeln. Daß dieses heute geschieht, davon legt zweitens Zeugnis ab, daß der

von den Darlehnskassen zu gewährende Kredit kurzerhand mit dem Be­ triebskredit identifiziert wird, der seiner inneren Natur nach ja allerdings

am zweckmäßigsten je nach

dem Umschlag

des Betriebskapitals in der

Wirtschaft meist kurzfristig, aber auch sehr oft mittel- und langfristig ist. Wie sich nachher aus den Verwendungszwecken ergeben dürfte, steckt aus noch zu erörternden Gründen in den Kreditgeschäften der Darlehnskassen

ein guter Teil echter Bodenkredit, den die kleinbäuerliche Wirtschaft sogar

dringend von den Genossenschaften befriedigt haben will. schaften

dieses Geschäftsgebaren

verbieten

zu wollen

Den Genossen­

oder sür sie als

unzweckmäßig oder gefährlich hinzustellen, wie es so oft geschieht (vgl. die oben zitierten Aussprüche in der Verhandlung des Vereins für Socialpolitik

S. 158), das heißt unter Verkennung der tatsächlichen Kreditbedürfnisse und deren bester Befriedigungsmöglichkeiten den Aufgabenkreis der Genossen­

schaften einschränken und einen Teil ihrer auch auf diesem Gebiete segens­

reichen Tätigkeit unterbinden zu wollen.

Schon Raiffeisen hatte sich

bemüht, jede Einseitigkeit von seinen Genossenschaften fernzuhalten, ohne aber in der Folgezeit seiner Ansicht nachdrücklich Geltung und Ansehen verschaffen zu können.

Er sagt (Raiffeisen, Die Darlehnskassenvereine

4. Aust. Neuwied 1883, S. 88, 89), nachdem er die möglichen Fälle für nachzusuchenden Kredit aufgeführt hat:

„Bei Bewilligungen von höheren

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163

Summen zum Kauf von Vieh, größeren Geräten, Grundstücken, Wohnungen, für Reparaturen und Verbesserungen an Gebäuden, Grundeigentum usw. . . . müssen notwendigerweise größere Teilzahlungen gestattet werden". An anderer Stelle sagt er ausdrücklich (Kurze Anleitung zur Gründung von Darlehnskassen, Neuwied, 8. Aufl. 1893 S. 9): „die Vereine, die schon

ein größeres Reservekapital angesammelt haben, können . . . gleichsam als

kleine Hypothekenbanken wirken".

Damit steht unzweifelhaft fest, daß er

den Genossenschaften nicht nur die Berechtigung zuerkennt, sondern es als zu ihren Aufgaben gehörig betrachtet, daß sie nicht nur den Betriebskredit, sondern auch den Bodenkredit reinsten Wassers gewähren sollen. Warum huldigte Raiffeisen diesen Anschauungen, obwohl für den Bodenkredit sich mit der Zeit besondere Institute entwickelt haben? Raiffeisen wollte eben mit seinen Kassen eine erschöpfende und restlose Organisation für alle Kreditbedürfnisse des Klein- und Mittelgrundbesitzes schaffen;

er wollte

den zu gebenden Kredit keineswegs nur auf den Betriebskredit festlegen. Nicht zuletzt hierauf geht der bekannte „Jdeenstreit" zwischen Raiffeisen und Schulze-Delitzsch zurück.

Freilich sollte der langfristige Kredit nicht

die Merkmale haben wie sie dem Immobiliarkredit der reinen Bodenkredit­ institute anhaften; das aber nur lediglich mit Rücksicht nicht auf die Art der Verwendung, sondern auf die relative Kurzfristigkeit der angeliehenen fremden Gelder. Darum haben die Darlehnskassen, auch wenn sie stark

sich in Hypothekengeschüften betätigen, nicht die wesentliche Bedeutung wie

die Landschaften, Hypothekenbanken und ähnliche Institute, obwohl schließlich der Verwendung der auf dem Wege des Jmmobiliar- und Bodenkredits aufgenommenen Darlehen die gleiche sein mag.

Anderseits ist der Kredit für Zwecke des laufenden Betriebskapitals

nicht so kurzfristig wie z. B. der von den Banken gegen Wechsel einge­ räumte Kredit, weil der Geldumschlag in der bäuerlichen Wirtschaft sich

in erheblich langsamerem Tempo als gewöhnlich in den Handels- und Industriebetrieben vollzieht.

Raiffeisen wollte — und das ergab sich not­

wendig aus der Organisation seiner Genossenschaften

und ihrer Geld­

beschaffung — den Betriebskredit auf längere, und den Boden- und Besitz­

kredit auf kürzere Ausleihfristen als gewöhnlich gewährt haben; beides

zum Vorteil des Kleingrundbesitzes: einmal bequemere Anpassung an den Umschlag des Betriebskapitals und anderseits raschere Tilgung des

die Wirtschaft belastenden Kredits, der für das stehende Kapital — fei

es zum Erwerb oder zur Vergrößerung desselben — nachgesucht wird. Raiffeisen tendiert dahin, eine mittlere Linie zu finden, die allen Kredit­ bedürfnissen gerecht wird.

Um diese mittlere Linie bewegt sich das ge-

11*

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Dr. Richard Poppelreuier.

noffenschaftliche Kreditgeschäft unter Anpassung an die jeweils unterschied­ lichen örtlichen und beruflichen Bedürfnisse.

Wie schon F. Müller (Die

geschichtliche Entwicklung des landw. Genossenschaftswesens in Deutsch­ land, Leipzig 1901, S. 63) hervorhob, unterschied Raiffeisen von vorn­

herein nicht scharf zwischen Real- und Personalkredit in seinen Vereinen;

er wollte dem Landmann in möglichst ausgiebiger Weise helfen, um dem Wucher nach allen Richtungen hin den Todesstoß zu versetzen, zumal auch die Organisation des Realkredits damals sehr im argen lag.

Er

setzte solches Vertrauen in die Leistungsfähigkeit seiner Kassen, daß er

ihnen auch diese Aufgabe zumutete, ohne prinzipielle Bedenken dagegen

aufkommen zu lassen. Ist der Real- und Bodenkredit auch nicht so lang­ fristig wie sonst der für Anlagezwecke aufgenommene Kredit und wird

er auch gegen personale Sicherheit gewährt, so gehört er doch zum regu­ lären Genossenschaftskredit und bildet keinen vorübergehenden Notbehelf, wie z. B. bei den Banken, die für Anlage- und Betriebserweiterungen

(also stehendes Kapital!) auch Wechsel- und Mobiliarkredit geben. Hier

aber läuft dieser an sich langfristige Kredit nur so lange in der Form des Betriebskredits, bis die Geldmarktverhältnisse die Überführung der

Schuld in Aktien, Obligationen usw. gestatten oder bis der Bankkredit

durch eigene Betriebsüberschüsse für jene Zwecke abgestoßen werden kann.

Das kommt aber auf dem Lande sehr selten vor (s. weiter unten S. 181).

Die Gewährung des Besitzkredits in der Form des Personalkredits ist eine dauernde Erscheinung bei den Darlehnskassen ^, besonders wenn man die starke Ausdehnung des Protokollhandels noch berücksichtigt. Die Erkenntnis über das Wesen des ländlichen Kredits kann nur gewonnen werden durch eine Feststellung der Verwendung der Darlehen; man wird dann erstaunt sein über die Mannigfaltigkeit in der Kredit­

gewährung durch die Genossenschaften. Das Material für dieses Kapital

konnte nicht bei allen Kassen gesammelt werdenimmerhin geben die zwölf Kassen ein ziemlich klares Bild von der heutigen Sachlage, zudem, soweit irgend angängigdie vier aufeinanderfolgenden Jahre 1905 bis

* Auch aus rein geschäftlichen Gründen haben die Genossenschaften die Pflege des Bodenkredits auf ihr Programm gesetzt, da sie infolge der stark entwickelten Sparkraft, die für Zwecke des Betriebskapitals verwendet wird, einen erheblichen Teil ihrer Mittel brach liegen lassen müßten, wenn sie sie nicht dem Bodenkredit zuführten; oder sie müßten sie zu niedrigen Zinssätzen an die Zentralkasse absühren, wodurch der sür Spargelder zu gewährende Zinsfuß ungünstig beeinflußt würde. 2 Siehe Anmerkung zur Tabelle K4.

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1908 herangezogen wurden.

165

Die Kenntnis der Verwendungsarten stützt

sich auf die mündlichen Aussagen der Rendanten, die sie aus den Ge­ schäftsbüchern, aus den Schuldscheinduplikaten und nach dem, was sie

sonst darüber gehört haben, nach bester Erinnerung angaben, da vielfach heute der Bestimmungszweck des Darlehens nicht angegeben zu werden

braucht, noch die Genossenschaft eine Kontrolle darüber ausübt, ob das Darlehen der vom Schuldner angegebenen Verwendung zugeführt wurde.

Bei dem relativ kleinen Umsatz an Darlehen und der engen örtlichen

Begrenzung der Kassen, wodurch eine unbeabsichtigte Kontrolle ermöglicht wird und wozu der „Dorfklatsch" noch sein Übriges tut, dürften die in der Tabelle L4 aufgeführten Verwendungszwecke auch wirklich den tat­

sächlichen Verhältnissen entsprechen.

Bisweilen handelt es sich bei den

einzelnen Berufsangehörigen um dieselben Personen, die in dem drei- bis

vierjährigen Zeitraum Darlehen zum gleichen Zweck, wie namentlich bei „Bauten", „Schuldentilgung" usw. oder aus verschiedenen Anlässen er­

hielten.

Für die Häufigkeit der aufgeführten Verwendungsarten spielt

das aber keine erhebliche Rolle. In der Tabelle L4 sind die angegebenen Verwendungszwecke soweit

wie möglich einzeln aufgeführt oder wie z. B. bei der Schuldentilgung zu einer typischen Gruppe zusammengesaßt worden. Leider konnte von 7 0/0 oder ausgegebenen Darlehen, die 18 0/0 der Gesamtsumme ausmachen, die Ver­ wendung nicht ermittelt werden; fast alle Berufe sind darunter vertreten,

einen starken Anteil nehmen daran die beiden größeren Kassen zu Mehlem bei letzterer sind es insbesondere drei Darlehen mit 58 500 Mk., die schwer ins Gewicht fallen. Um nun ein möglichst klares und Friesdorf;

Bild über die Natur des von den Darlehnskassen gewährten Kredits zu

erhalten, ist es am zweckmäßigsten, die landläufigen Kreditterminologien mit der tatsächlichen Verwendung der Darlehen in Vergleich und Be­ ziehungen zu setzen. I. Buchenberger (Agrarwesen und Agrarpolitik,

Leipzig 1893,

II. Bd. S. 4) scheidet den Grund- und Bodenkredit vom Betriebstredit.

Ersteren gliedert er wiederum in den Besitz- und Meliorations-

tredit. 1.

Nach der Tabelle L4 können wir zum Besitzkr edit alle die

Fälle rechnen, wo die Darlehen verwandt wurden zum Haus kauf (9,3 und 11,4 0/01), Landkauf (8,5 und 6,70/0), zur SelbständigDie einzelnen Prozentzahlen siehe in der Tabelle X°>: erstere Zahl gibt die Prozentzahl von der Gesamtzahl, die zweite die von der Gesamtsumme der insgesamt in Frage kommenden Darlehen an; sie sind errechnet aus Tabelle 1^4.

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166

Tabelle

Von den nachstehenden Berufsangehörigen

> Betrag inMk.

Hypothekenablösung Anzahl

Betrag in Mk.

Viehkauf Anzahl

Anzahl

Anzahl

Landkauf

Betrag inMk.

!

Anzahl

Berufe

Neubauten Darlehen u. anderen Hauskauf Bauzwecken gegen Bürgschaft Betrag Hypotheken Betrag in ML. in Mk.

1 Ackerer......................

Rentner..................

Kleine Beamte . . Selbständ. Handw., Gewerbtreibende Unselbständ. Hand­ werker, Arbeiter.

Tagelöhner....

Nichtphys. Personen, ohne Beruf. . .

Insgesamt:

Darlehen Hypotheken Darlehen Hypotheken Darlehen Hypotheken Darlehen Hypotheken Darlehen Hypotheken Darlehen Hypotheken Darlehen Hypotheken

20 9 — 5 6 13 10 8 25 3 7 1

2

3

5

4

1 1070 15 21 325 14 6 070 3 14 500 3 5 425 1 ! SOO !— I------— ! I 7 070 — ! — 1 2 400 — — 45 150 2 2150 17 750 1 500 6 11800 4 1230 52 600 9 25 050 4 7 300 1 2 500 6 200 5 1770 4 1300 3 600 — 79 522 10 19 700 1 725 — — 490 3 3190 1 900 — — ! — — 16 727 5 20 200 — — 700 —

1! 3 259 5 16 957 !

23 850 54 300

I ! Bürgschafts­ 50 58 760 8 4 240 26 36 825 24 ' 8 390 darlehen Hypotheken 57 248 299 29 81600 8 13 450 2 , 3 400 !

229

— — 2 11000 — — 800 1 — > — 1 900



i —

2 3 488 9 29 657 !

Anm.: Es wurden verwertet die ausgegebenen Darlehen der Genossenschaften zu Oberbachem (aus (1905—1908); Roesberg (1905 -1908); Roisdorf (1905 — 1908); Walberberg (1906 — 1908); Brenig

machung (1,0 und 0,6 o/o), Hypothekenablösung (2,8 und 4,2 o/o),

Erbauseinandersetzungen (5,8 und 7,3 o/o).

Insgesamt machen

diese zusammen die recht stattlichen Prozentsätze von 27,4 und 30,2 o/o

aus, die dem Besitzkredit zuzurechnen sind.

Die Schuldner der Darlehen

sür den Hauskauf stellen sich vorwiegend aus den Kreisen der selbständigen

Gewerbtreibenden, Arbeiter und Tagelöhner, wo der Besitzkredit infolge relativen Zurücktretens der Landwirtschaft sich vornehmlich auf den Erwerb eines eignen Hauses konzentriert, worauf auch die Bedeutung dieser Berufs­

gruppen bei den Neubauten usw. hinweist

kommen bei den Ackerern

Darlehen zu Haus kauf

seltener vor, da bei

erwachsenen Kinder diese sich meist

der Lostrennung

der

anbauen und so eine selbständige

Existenz gründen; wird ein Haus mal gekauft, so bietet der Protokoll­

handel dazu den bequemsten und raschesten Weg.

Ebenso läßt sich der

Einfluß des Protokollhandels in Anbetracht des hier zu Lande überaus lebhaften Parzellenumsatzes feststellen, wenn auch mehr als die Hälfte

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167

Tas Sparwesen im Landkreise Bonn.

wurden die Darlehen Verwandt zu:

X 4. Erbaus­ einander­ setzungen Mitgiften

-

Selbständigmachung

Betrag Betrag in Mk. - in Mk.

Betrag inMk.

7

6 16 23 690 3 2 10 100 —

_

__

__

1 1500 1 3 19 000 — 1 50 __ — __ _ _ __ — _ ' _ —

Betriebs­ erweite­ rungen





8

3 600 1 — —

__ 500 — __ — _ — —

— __

800 — — __

1 7 000 — — __ __ — — — — — — 1

1460

Bezahl, Ver­ Schulden­ einer über­ nommenen schiedenen tilgung Bürgschaft Zwecken

Un­ bekannt

Ins­ gesamt

T Betrag Betrag Betrag T Betrag « IN Mk. F inMk. § ! inMk. J inMk. I i inMk. S ! 12 13 11 10 9 5o!l4 74O

2

1 1500 3 — 6 000 — . — 1

1

25 _ !

35 13 563 2 1320 14! ZWO 2! 3 500 7 2175 1 1500 1 700

__



220 2 600 — — 2 — — — 1 — —

1 ! 1, — — — —!

—! !

2 055 —

1550 — 6 200 —

200 — 200 —

— -

2> 1600 127 103 559 2 5 900 27 114 082 1!50 000 2 51 550 2 13 000 2 13 000 1 3 000 9 12 724 8 47 300 4 11550 69 71813 4 43 390 36 162 760 5 1900 42 14 920 —. — 39 104 247 3! 2 300 18 9 255 1! 1000 15 40 327 3 1447 6 4 307

2! 1720

18 - 25 240 4 5 29 100 —

4100 3 — —

9 260 108 84 103 7 12 320 —

9 10 205 19 71 797 273 268128 9 63 290 127 481716 600 — 1 —

1;

den Jahren IMS—IMS); Pech MS-IMS); Pislenheim

z

-

145

6

1

7

5

6 42 —

3

30 2«

1

5 18

1

An-




1

— 5

4

1



96°

17

1



1

2

5 —



1

3

1



2

1



e

Einer

7 945

23



192

936



1 474



2013

882

— 2166

149

110



A n -i Betrag

Rentner

m it 39935 M k. !

29 309



2 496





7 490

3811

1023

577

2620 3010 — 8186



zahl

A n -! Betrag

Kleine Beamte

2 Konten

40 517

558



693

2 998

— —



6094

23 088 27



3 126

3933



zahl

Betrag

r Ein Gutsbesitzer m it

43



1

2

— —

126 ,118 338

)

1

— 16

11

8



A n-

2

5130»

12 661

5130



4 396

24721

6 489

14 658



1437



60

Betrag zahl

Tagelöhner

210 1

5

10

5

19 —

19

' 17

/





An-

Handwerker und Arbeiter

Unselbständige

Lib. Beruf.

189 748

8166

5 500 '

6 356

2 420

41084 —

3 970

1266

15 254

95 684°

651

4669

3 078

1650^

zahl

Betrag

Werbtreibende

Selbst. HandWerker u. Ge-

Eisenbahner.

48 174





983

206





715

609

— —



45 501^

160

zahl

Betrag

Gutsbesitzer

98 730

31056

9 995

7

B r e n ig ......................

66 63757

12539

165 108 134

19

58 655 36 225

R o is d o r f .................

.

099

24627

11

21

19 29 58

13 960

22

25 234

zahl

Betrag

A l f t e r ......................

Ip p e n d o rf .................

Mehlem

A n-

___ 50

F rie s d o rf ..................

U r fe ld ......................

P e c h ..........................

O b e r b a c h e m ....

Pisfenheim

______zahl

Genossenschaft

Ackerer

Tabelle Ni. D ie B e te ilig u n g d e r e in z e ln e n B e r u fe an den K a u fg e ld e r n , Ausgegeben von 1906— 1908 nach Tabelle N S . 197.

Tas Sparwesen im Landkreise Bonn.

209

210

Dr- Richard Poppelreuter.

Tabelle N2. Prozentsätze

Anzahl

Betrag

Ackerer................................... Gewerbtreibende.................. Unselbständige Handwerker und Arbeiter............. Tagelöhner.......................... Beamte................................... Rentner................................... Gutsbesitzer..........................

588 145

Insgesamt

Berufe

der Anzahl

des Be­ trages

557 696 189 748

61,5 15,2

56,2 19,2

126 43 26 17 11

118 338 40 517 29 309 7 945 48 174

13,2 4,5 2,7 1,7 1,2

11,9 4,1 2,9 0,9 4,8

956

991 727

100

100

nebenher ausüben, zur Entlastung Einkommensausgleich.

der Haushaltsausgaben oder zum

Unter ihnen

sind

nicht

wenige,

die

die

an-

gesteigerten Parzellen als Baugrundstücke verwandten. Ihre Beteiligung kommt im großen ganzen den Zahlen gleich, die wir bei den anderen in bezug

Berufsstatistiken aufstellten

Verteilung der Darlehen.

auf

die Spartätigkeit

und

die

Eine Ausnahmestellung nehmen die Rentner

und Gutsbesitzer ein.

Die verhältnismäßig geringe Beteiligung

der ersteren erklärt sich

ihrer bereits

keit.

aus

abgeschlossenen Berufstätig­

Soweit sie nicht ihren Landbesitz verkauft haben und

nur von

den Zinsen ihres Vermögens leben, verpachten sie ihre Parzellen.

Da

die Pacht nur einen geringen Ertrag abwirft, haben sie kein Interesse daran, durch vermehrten Landzukauf, zumal es meist alte Leute sind, die Unbequemlichkeiten der Verpachtung zu vergrößern. Bemerkenswert ist auch die geringe Beteiligung der Gutsbesitzer. Trotzdem sie im Landkreise zahl­ reich vorhanden sind (1907: 12 Betriebe über 100 Im mit 1660 Im

sGefamtareal des Landkreises 13 655 Im^), teils mit noch recht ausdehnungs­

fähigem Landbesitz und trotz der starken Bodenmobilisierung und der Er­ leichterung des Landerwerbs auf dem Wege des Kaufgeldkredits, treten

Es mag dahingestellt bleiben, ob sie den Landkauf lieber Zug um Zug vornehmen oder unter der Hand

sie als Kaufgeldschuldner nur wenig hervor.

ihren Besitz zu arrondieren streben. Das Bedenken, daß gerade in Gegenden des Gleicherbrechts und des Kleinbauerntums Gutsbesitzer ihr Verlangen nach möglichster Arrondierung und Aufsaugung der Klein­ betriebe leicht befriedigen könnten, scheint sich hier nicht zu bewahrheiten und hat auch seinen Grund dafür (s. u. S. 228).

1907 kam ein Fall in

Oberbachem vor, wo ein Großgrundbesitzer eine Erbschaft (!) von 39 935 Mk.

in Land anlegte und sich dabei der Organisation des Kaufgeldkredits be-

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Das Sparwesen im Landkreise Bonn.

211

dienen mußte; der ganze Betrag wurde jedoch noch in demselben Jahre von ihm an die dortige Genossenschaft zurückgezahlt.

Bezeichnend ist, daß

in Sechtem, einem Ort mit ausgesprochenem Großgrundbesitzertyp, nach

den Angaben des Rendanten kein einziger Gutsbesitzer in den letzten vier Jahren (1905—1908) in ein Kaufgeldschuldverhältnis zur Genossen­ schaft getreten ist. Fast parallel mit dem Zahlenverhältnis der Berufsbeteiligungen läuft der Anteil an der Gesamtsumme der kreditierten Kaufgelder; von

den kleinsten Einzelsummen bis weit in die Tausende hinein sind die einzelnen Kaufgeldfchuldner vertreten, wie einige typische Beispiele zeigen. Verhältnismäßig stark kommen die kleinen und mittleren Posten bei den

minderbemittelten Berufsangehörigen vor, wie sich schon aus dem Ver­ gleiche zwischen der Anzahl der einzelnen Kaufgelder und dem Gesamt-

betrage ergibt.

Alfter wies folgende Größenklassen für die verschiedenen Berufe auf: 1. Ackerer.

1906: 5 ( 56— 133 Mk.) 3 ( 313— 838 „ ) 9 (1026—2742 „ )

1907: 10 10 11 10 2

( 23— 99 Mk.) ( 132— 350 „ ) ( 396— 680 „ ) (1031—3630 „ ) (5969—7263 „ )

1908: 39 33 15 15 3

( 9— 93 Mk.) ( 126— 347 , ) ( 396— 858 „ ) ( 911-1980 „ ) (2211—3036 „ )

3 5 7 4 1

( 72— 88 Mk.) ( 630— 894 „ ) ( 125— 337 „ ) (1000—1568 „ ) (8030 Mk., Haus)

2. Gewerbtreibende.

1906.

1907:

2 ( 22— 23 Mk) 3 ( 165- 396 „ ) 1 ( 4161 . )

3 ( 40— 170 Mk.) 8 ( 375- 836 „ ) 4 (2223—5126 „ )

1908:

3. Arbeiter.

1907: 3 ( 17— 88 Mk.) 3 (135— 337 „ ) 2 (660—1694 „ )

Die Verhältnisse in den Größenklassen weisen einige Schwankungen

auf und werden durch die oben erörterten Momente beeinflußt.

Je mehr

Waldparzellen vorhanden sind und je weiter die Bodenzersplitterung ge­ diehen ist, desto größer ist die Zahl der kleinen Posten.

Wo diese Be­

dingungen nicht erfüllt sind, sind die mittleren und hohen Beträge zahl­

reicher, wie folgendes Beispiel aus Sechtem zeigt:

14*

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212

Or. Richard Poppelreuter.

3 (110—250 Mk.) 11 (360—935 „ )

11 (1045—1760 Mk.) 2 (2255—2525 „ )

1 (12 250 Mk.)

Relativ und absolut waren in Friesdorf die gestundeten Kaufpreise bei allen Berufen am höchsten.

3.

Da die meisten Zessionen infolge von Erbauseinandersetzungen

zum Verkaufe gelangen, ist die Beteiligung der Erbbeteiligten an den

Kaufgeldern oft ziemlich groß, weil sie entweder die elterliche Landwirt­ schaft weiter betreiben wollen oder sie doch so viel Parzellen, eventuell

das Haus usw., kaufen wollen, wie sie neben ihrer Berufstätigkeit noch be­

arbeiten können.

Gerade die Erbinteressenten sind so oft mit den höchsten

Beträgen bei den Kaufgeldern vertreten, da in der Regel auf jeden von ihnen mehrere Parzellen, und auch Haus mit Garten kommen.

Besonders

bei den minderbemittelten Berufen wird dadurch die oft so außerordent­ lich hohe Kaufgeldschuld erklärlich.

Auch finden wir unter den Erb­

beteiligten halberwachsene Söhne und Töchter, die sich bei der Versteigerung des väterlichen Gutes ihr Teil in natura zu sichern suchen. Ein Beispiel.

Erbbeteiligte waren unter:

1. den Ackerern:

in Walberberg 1907:

1 mit 15481 Mk.;

1908: 5 mit 27 197 Mk.; Mehlem II 1907: 5 mit 4916 Mk.; Rois­ dorf 1905: 1 mit 4103 Mk., 1 mit 2775 Mk.; 1906: 1 mit 8866 Mk.;

Ackererstochter mit 880 Mk. 2. Gewerbtreibende: in Alfter 1908: 2 Söhne mit 7931 Mk.;

1 mit 8030 Mk. (Haus); Mehlem 1907: 2 Erbbeteiligte. 3. Arbeiter: in Mehlem 1907: 1 Geselle mit 2120 Mk.; 3 mit 2500 Mk.; 1908: 2 mit 3231 Mk.; 1 mit 2727 Mk.; Oberbachem 1905: 1 mit 1557 Mk.; Friesdorf 1905: 1 mit 3415 Mk.; Ippen­ dorf 1906: 1 mit 3000 Mk. (Haus); Walberberg: 1 mit 7260 Mk.;

Roisdorf 1907: 1 mit 6710 Mk. (Haus mit Garten); 1 mit 709 Mk.; 1906: 1 mit 6116 Mk. 4. Tagelöhner: Pech 1905: 1 mit 5777 Mk.; Friesdorf 1906: 1 mit 4757 Mk.; Ippendorf 1907: 1 mit 5269 Mk.

Die Angaben über die Zahl der erbbeteiligten Tagelöhner und teil­ weise auch Arbeiter sind nicht genau, da es bei ihnen oft vorkommt, daß

sie sich vom Versteigerungstage ab als Kleinbauern bezeichnen. Die Zahl der Erbbeteiligten an den Versteigerungen ist in Wirklich­ keit sicher viel beträchtlicher; einerseits wurden entsprechende Angaben von den Rendanten nicht gemacht, anderseits ist es mit Schwierigkeiten ver­

knüpft, alle Erbbeteiligten herauszufinden.

Zur Veranschaulichung der

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Das Sparwesen im Landkreise Bonn.

213

Zahl der Parzellen, die oft auf die Erbbeteiligten unter einem Kauf­ geld fallen, diene folgende Angabe aus Mehlem: 1908 befanden sich

unter 28 Kaufgeldern

mit 25 351 Mk.

8 Erbbeteiligte mit folgenden

Steigpreisen: 5000, 2180, 1421, 1155, 937, 686, 217 und 88 Mk.

11684 Mk.

Auf die 8 Kaufpreise entfielen im ganzen 39 Parzellen:

davon 7 mit einem Wert unter 100 Mk., 9 bis 257 Mk., 15 lagen zwischen 332—937 Mk., 8 über 1000 Mk.

Auch sonst kommen ost auf

1 Kaufgeld der übrigen Ansteigerer mehrere Parzellen.

4.

Nicht nur in bezug auf die Schuldner, sondern auch auf die

örtliche Beschränkung handeln heute die Genossenschaften den gesetz­ lichen Bestimmungen zuwider. Zweierlei muß hierbei auseinander gehalten

werden.

1. Beschränkt sich der Ankauf der Protokolle auf den Vereinsbezirk?

2. Sind unter den Schuldnern Auswärtige vorhanden, denen die Steigpreise gestundet werden? Zum 1. Punkt: Bestimmte Vorschriften sind hierüber bei den Ge­

nossenschaften nicht vorhanden.

Die

meisten Kassen nehmen die Zession Neuerdings hat sich die

an; woher sie kommt, ist ihnen gleichgültig.

Ankaufspolitik meist auf den Vereinsbezirk oder die nächste Umgegend beschränkt, da ja fast jeder Ort eine Genossenschaft hat *und der Zessions­ erwerb von dem Zedenten abhängig ist, der das Protokoll zum Kaufe

anbietet.

Genossenschaften, die im allgemeinen guten Rufe stehen, er­

halten so öfters Zessionen aus der ganzen Umgegend angeboten: z. B.

Friesdorf.

Im

Diese Kasse erwarb davon 2 aus

der Umgegend

1905:

5Zessionen,

1907:

2



„1 „



1908:

9



„2 „



Gegensatz zu

früheren Jahren

hat

Friesdorf

den Zessions­

erwerb möglichst auf den Vereinsbezirk zu beschränken gesucht, ebenso wie Alfter, Roisdorf u. a.

Nur wenige Genossenschaften gehen bewußt

darauf hinaus, Zessionen zu kaufen, wo sie nur irgend zu haben sind,

z. B. Duisdorf. 2.

Läßt sich der Ankauf auswärtiger Protokolle vermeiden, so liegt

es anderseits im Wesen der

öffentlichen Versteigerung, daß gegen

entsprechende Bedingungen (s. u. S. 222) auswärtige Ansteigerer nicht aus­ geschlossen werden können.

Würden die Genossenschaften den Ankauf eines

Protokolls von einer diesbezüglichen Bedingung abhängig machen, so

würden sie wohl nur wenige Zessionen angeboten erhalten. Die herrschende

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Dr. Richard Poppelreuter.

214

starke Bodenmobilisierung bringt es mit sich, daß der Kleinbauer nicht über ein geschloffenes Wirtschaftsgut verfügt, sondern überall, in seiner Dorfgemarkung und in der näheren Umgegend zerstreuten Parzellenbesitz

liegen hat resp, zu erwerben trachtet.

Die starke Beteiligung der aus­

wärtigen Kaufgeldschuldner geht aus folgenden Beispielen hervor:

1. 1906:

Alfter.

17 Ackerer,

davon auswärtig

3

2 Beamte,

1907:

1

43 Ackerer,

4

,,

16 Gewerbtreibende, 1 Beamter,

1

1908: 105 Ackerer, 20 Gewerbtreibende,

5

1 1

204 Kaufgeldschuldner, davon auswärtig 16 Roesberg.

2. 1906: 5 Ackerer,

davon auswärtig

„ 2 Gewerbtreibende, 1907: 6 Ackerer,

1908: 1 Arbeiter, „ 2 Gewerbtreibende,



,,

,,

,,

3 (ausw. Protokoll) 2 3

1

1

16 Kaufgeldschuldner, davon auswärtig 10

3.

Die Zahlen

Ippendorf.

15 Ackerer, davon auswärtig 9.

1907:

weisen

demnach einige Schwankungen

auf; die Be­

teiligung richtet sich lediglich nach dem jedesmaligen Kaufinteresse.

Mit­

unter sind gerade die auswärtigen Ansteigerer mit ziemlich hohen Kaus­ schulden vertreten. So z. B. in Friesdorf: 1907: 1 auswärtiger Gewerbtreibender mit 16187 Mk. 1908: 1



Ackerer



8 932



Unter den Auswärtigen sind manchmal Städter vertreten, die sich auf diese Weise nach und nach auf dem Lande anzukaufen suchen und

denen ungerechterweise so die Organisation der Kaufgelder zugute kommt. Ein gutes Beispiel für die Zahl von auswärtigen Schuldnern bei einem Verein, der auch über seinen Vereinsbezirk hinaus Protokolle ankauft, gibt Duisdorf.

Diese Kasse kreditierte 1904 in 2 Zessionen folgende

Kaufpreise:

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Das Sparwesen im Landkreise Bonn.

Insgesamt Berufe

Ackerer.............................. Gewerbtreibende .... Rentner.............................. Arbeiter................. . '. Beamte.............................. Ohne Gewerbe................. Gutsbesitzer...................... Rechtsanwalt (Bonn) . . Unbekannt..........................

Summa:

215

Davon auswärtig

An­ zahl

Betrag

An­ zahl

Betrag

89 23 2 11 2 2 1 1 2

71 669 12180 1446 4 285 4 902 2 392 906 9 000 1220

19 5 — — — 1 — 1 1

14 679 1302 — — — 486 — 9 000 1200

108 001

26

17 667

133 !

Die rechtliche Konsequenz des Aktivgeschäfts Protokollhandel ist, daß

die Genossenschaften, wie schon Kraus (a. a. O. S. 53) betont, „dadurch

das Prinzip der genossenschaftlichen Selbsthilfe überschreiten und sich den Erwerbsgesellschaften nähern". Durch Betreibung des Zessionsgeschäfts „sinkt

einerseits die Darlehnskasse zum Wohltätigkeitsinstitut herab, während sie auf der anderen Seite erwerbend auftritt.

Sie macht nach außen hin Ge­

schäfte und muß Geschäfte machen, da sie auch den eventuellen Verlust zu tragen hat". Derselben Ansicht schließt sich Zeidler (Geschichte des deutschen Ge­

nossenschaftswesens der Neuzeit, Leipzig 1893, S. 127) an, während Müller (a. a.O. S. 68) dem widerspricht. Die Rechtslage nach den heute geltenden

Bestimmungen ist zweifellos die, daß die Genossenschaften durch den Protokoll­

handel, den sie heute nicht mehr entbehren können und in dessen Wesen die Beteiligung von Nichtmitgliedern im weiteren Sinne begründet ist, den

Bestimmungen zuwiderhandeln und sich alle, mit Ausnahme der Fries­ dorfer Genossenschaft, die Steuern zahlt, der Einkommen- resp. Gewerbe­

steuer zu unterwerfen haben und durch ihre bisherige Geschäftspraxis dem Staate und den Gemeinden zukommende Steuern nicht bezahlt haben. Eine rechtliche Klärung der Sachlage ist bis heute noch nicht erfolgt,

weil man über die tatsächliche Ausdehnung und das Wesen des Protokoll­ handels bisher noch nicht im klaren war und es noch nicht zu ent­

sprechenden Rechtsstreitigkeiten gekommen ist^

* Vgl. dazu meinen oben zitierten Aufsatz in der Zeitschr. f. d. g. Handels­ recht. Ob durch Erfüllung der Steuerpflicht der Protokollhandel mit Nichtmit­ gliedern gerechtfertigt wird, bedarf meines Erachtens noch einer Klärung. An einem anderen Orte werde ich mich darüber des näheren äußern.

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216

Dr. Richard Poppelreuter.

Viertes Kapitel. Vorteile und Nachteile. Um zu einer Würdigung des Protokollhandels zu gelangen, müssen

noch seine Licht- und Schattenseiten einer Betrachtung unterzogen werden. Eng verknüpft damit sind die Fragen des Erbrechts, des Kleinbetriebs und der Bodenmobilisierung, auf die nur andeutungsweise eingegangen

werden darf, weil es sich hierbei um eine Stellungnahme zu den Grund­

problemen der heutigen Agrarpolitik handelt, die weit über das Ziel dieser Arbeit hinausschießen würde. Zum Teil ergeben sich die Folgerungen von selbst aus den nachstehenden Ausführungen. Von vornherein sei

bemerkt, daß infolge des Protokollhandels eine Organisation geschaffen wurde, die den Vorwurf entkräftet, daß infolge des Gleicherbrechts durch

Teilung der Erbmasse die Bodenzersplitterung und Verkleinerung der Parzellen immer weiter getrieben würde, da dem Protokollhandel die Wertteilung zugrunde liegt und seine allen Seiten günstige Organisation

von der Naturalteilung zum großen Teil emanzipiert hat.

Nur ver­

einzelt kommt es vor, wenn zwei gleiche Interessenten mitsteigern und jeder nur die Hälfte der Parzelle haben will, daß dann auch trotz der Wertteilung

aus Zweckmäßigkeitsgründen noch eine Naturalteilung vorgenommen wird.

I.

Die Vorteile für die Genossenschaft.

Der Protokollhandel ist in hervorragendem Maße dazu geeignet,

den

drei Bankprinzipien,

der Sicherheit,

des

möglichst

hohen Ertrages und der Liquidität gerecht zu werden, und zwar in einem höheren Maße als das durchschnittliche Darlehnsgeschäst. 1.

Durch die Haftung des Versteigerers, der auch für die späteren

Hypothekenlöschungen zu sorgen hat, durch die verlangte Stellung eines zweiten, eventuell dritten Bürgen oder durch die hypothekarische Ein­ tragung liegt die Gewähr für eine befonders hohe Sicherstellung vor.

Infolgedessen sind etwa vorgekommene Zwangsbeitreibungen in der Regel nur bei den sonst gegen hypothekarische Eintragung

gegebenen Darlehen

vorgekommen. 2. Für die Genossenschaft bietet das Zessionsgeschäft heute die er­

tragreichste Anlage ihrer Mittel sowohl in bezug auf den Rabatt als auch auf die laufenden Zinseinkünfte, da er auf einem ^2—1,50/0 höheren Stand

als

die Darlehnsprovision

steht.

Die Mehrerträge

aus

dem

Protokollhandel sind um so höher, als hier ein viel rascherer Umschlag

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Das Sparwesen im Landkreise Bonn.

217

der Bereinsmittel stattfindet als bei den Darlehen (s. u. S. 217). Kraus

(a. a. O. S. 45) führt die Stelle eines Berichts des Kreditvereins zu Ludweiler für die hohen Gewinne aus dem Protokollhandel an: „Die Höhe des Reservefonds, sowie die Gewähr einer Dividende von 10 o/o sowie

eines Kopfanteils von 3 Thl. pro 1873 resultiert saft allein aus diesem Geschäft."

3.

Einer der bedeutsamsten Vorzüge des Protokollhandels beruht

in seiner sehr großen Liquidität, die weit über die der anderen Darlehnsgeschäfte geht.

Die hohe Verzinsung der Kaufgelder bewirkt, daß

der Schuldner möglichst bald die Kaufschulden abzustoßen sucht, zumal er sehr darauf bedacht ist, stets neues Land hinzuzukaufen. Die über­ raschende Tatsache, daß bei vielen Kassen ein Mißverhältnis zwischen der Summe der angekauften Protokolle und dem Bestand am Ende des Jahres

besteht, weist darauf hin, daß zahlreiche Tilgungen noch in demselben

Jahre vorgenommen werden, die namentlich von den auswärtigen An­ steigerern ausgehen. Die so zur Genossenschaft zurückströmenden Mittel

können dann eine anderweitige Anlage finden, sei es in neuen Protokollen oder als Guthaben bei der Zentralkasse, wodurch der Geldverkehr im

Laufe des Jahres sich mit der letzteren ost sehr lebhaft gestaltet.

Ebenso

bezahlen wohlhabendere Ansteigerer, wie Bauern, Rentner usw., die ja fast nur mittels des Protokollhandels Land kaufen können, noch möglichst im gleichen Jahre die von der Kasse vorgeschossenen Kaufgelder wieder

zurück.

Der hohe Kaufgeldbetrag von 39 935 Mk. wurde 1907 in Ober­

bachem noch im selben Jahr von dem Gutsbesitzer von seinem Spar­

guthaben abgehoben und auf sein Schuldenkonto zurückgezahlt.

Anders

bei den Darlehen, die ja vorzugsweise von Minderbemittelten nachgesucht

werden und eine längere Lauffrist haben.

Im Gegensatz zu den Dar­

lehen treten gerade bei den Rückzahlungen der Kaufgelder sehr oft größere Summen auf, die teilweise auch auf die Tilgung der ganzen Kaufschuld schließen lassen.

Die Liquidität befördert ferner die starke Beteiligung

der Erbbeteiligten, infofern ihnen einerseits von der Genossenschaft der

Versteigerungserlös in bar ausbezahlt wird, sie aber auch anderseits der Kasse als Schuldner gegenüberstehen.

Sie können auf diese Weise ihre

Schuld bald ganz oder teilweise abtragen und tun es

Fällen.

auch in vielen

Manche Vereine, z. B. der zu Walberberg, ziehen den Erb­

beteiligten

von der an sie zur Auszahlung gelangenden Summe ihre

Steigpreise ab.

Ebenso Verfahren viele Eltern, die zwecks Erbauseinander­

setzung ihr Besitztum versteigern lassen und den Kindern ein schulden­ freies Eigentum hinterlassen wollen.

Schließlich kommt die große An­

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Dr. Richard Poppelreuter.

218

zahl von kleinen Kaufgeldern der Liquidität zugute, da sie meist sofort

ganz abbezahlt werden. Die durch den rascheren Umsatz der Kaufgelder geschaffene freie Ver­ fügbarkeit über die Vereinsmittel

kann den Profit der Genossenschaft

mindern, wenn die Gelder nicht sofort wieder in Protokolle angelegt werden

können, sondern zur Zentrale wandern, wo sie geringer verzinst werden. 4. Der Protokollhandel gehört auch zu den Aktivgeschäften, die im Vergleich zu den umgefetzten Summen der Genossenschaft viel Mühe und

Unk osten ersparen. Er ist gleichsam ein konzentriertes Kredit- und Geld­

geschäft: dem Zedenten wird auf einmal eine größere Summe ausgezahlt; durch dieses Rechtsgeschäft verpflichtet der Verein sich eine Reihe von

Schuldnern.

Die Regelung der gerichtlichen Stempelgebühren, des nota­

riellen Akts, der Grundbucheintragungen usw. kann auf einmal für oft eine recht große Zahl von Schuldnern vorgenommen werden, wodurch die ehrenamtliche Geschäftsführung der Genossenschaft eine große Ent­

lastung erfährt, die erheblich mehr Arbeit und Kosten erfordert bei den

einzelnen, immerhin zerstreut und zeitlich auseinanderliegenden Darlehns-

geschäften. 5. Von nicht zu unterschätzender Bedeutung ist der Vorteil, daß das Kaufgeldergeschäft günstig auf die Spargeldeinsammlung

und die Ersparung an Zahlungsmitteln einwirkt. Bei der Betrachtung der ländlichen Sparweise sahen wir, daß zwecks

Zahlung der Termingelder

im November Massenabhebungen von Er­

sparnissen vorgenommen werden und dieser Monat die größten Barreserven

bei den genossenschaftlichen Kassen erfordert.

Bei vielen Kaffen würden

letztere bedeutend höher sein, wenn nicht infolge des Protokollhandels

durch Umschreibung vom Sparkonto auf das Kaufgelderkonto eine Ver­

einfachung erzielt würde.

Der Sparer zahlt im Laufe des Jahres Spar­

gelder ein, hebt sie im November nur formell ab, um sie als Termin­

gelder der Genossenschaft wieder zuzuführen.

So wird wenigstens in bezug

auf den Landkauf eine Art Girierung von der Kredit- auf die Debetseite

des Kunden vorgenommen.

Diese Vereinfachung eines Geldgeschäfts führt

naturgemäß der Kasse viele Sparkunden zu.

Einstweilen ist diese Ver­

einheitlichung und Zentralisation eines Kredit- und Debetgeschäfts auf dem Lande noch recht entwicklungs- und ausdehnungsfähig.

Bei mehreren

Stichproben, die in dieser Beziehung vorgenommen wurden, ergab sich, daß oie Mehrzahl der Spargeldabhebungen und der Termingeldeinzahlungen nicht durch Umschreibung vorgenommen wurden: einmal sind noch sehr

viele Spargelder bei städtischen resp, ortsfremden Kassen deponiert, dann

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Tas Sparwesen im Landkreise Bonn.

219

oder Privat­

sind viele Termingelder an benachbarte Genossenschaften

kapitalisten zu zahlen, wie auch Auswärtige an die heimische Kasse Termin­ geldzahlungen leisten müssen, so daß örtliche Verschiebungen vorkommen müssen. Eine Tendenz zu ihrer Verminderung ist zweifelsohne vorhanden. Auch erblicken die Leitungen der Genossenschaften und der anderen Spar­

anstalten in dem Protokollhandel ein Mittel, die Sparer an sich zu ziehen.

Je mehr die Genossenschaften den Protokollankauf auf den eigenen Vereins­ bezirk beschränken werden, um so eher wird jene Vereinfachung um sich

greifen, zumal sie im besonderen Interesse des Sparers liegt, für den sie

eine große Bequemlichkeit und Ersparung an Kosten bedeutet.

Der Grund,

daß in Waldorf, wo der Protokollhandel ganz in den Händen eines Privatmannes liegt, so wenig Sparabhebungen im November Vorkommen,

dürfte in der obigen Tatsache liegen und kein zufälliger sein.

6.

Schließlich hat der Protokollhandel noch für die Genossenschaften

den Vorzug, daß er ein ausgesprochen ländliches Aktivgeschäft ist, das eine Menge von Kenntnissen ländlicher Verhältnisse voraussetzt

und in dem sie einstweilen keine städtische Konkurrenz zu fürchten haben. Durch die starke Beteiligung der in der Landwirtschaft tätigen Erwerbskreise

wird erreicht, daß eine entsprechende Quote der Vereinsmittel auch diesen wieder zugute kommt, da ja bei dem reinen Darlehnsgeschäft ihnen nur ein verhältnismäßig geringerer Anteil zukam.

Das zeigt sich besonders stark

an den Kassen wie Mehlem und Friesdorf, wo bei starker Beteiligung ländlicher Sparer die Darlehen vorwiegend den kleingewerblichen Hand­ werker- und Arbeiterkreisen zugute kommen. II.

Vorteile für die ländliche Bevölkerung.

Die Vorteile, die die Organisation des Protokollhandels einerseits den Verkäufern, anderseits den Landkäufern bietet, sind mannigfacher Art.

Der Protokollhandel, wie er sich heute entwickelt hat, ist lediglich den Bedürfnissen

beider Jnteressentengruppen

entsprungen,

und

in

ihnen

wurzelt seine Hauptbedeutung.

1.

Der Verkäufer

erzielt für seine zum Verkauf gelangenden

Immobilien die best en Preise, da bei der öffentlich bekannt gemachten Versteigerung sich alle Interessenten einfinden und die Angebote nicht nur von der augenblicklich am zahlungsfähigsten Nachfrage, sondern über­

haupt von dem am meisten interessierten Wirt gemacht werden, der durch die bestmöglichste Bewirtschaftung den höchsten Ertrag Herauszuwirtschaften

gedenkt, der dem vielleicht am höchsten gebotenen Preise entspricht.

Der

Verkäufer wird davor bewahrt, sein Besitztum in einer Geldverlegenheit

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220

Or. Richard Poppelreuter.

zu einem Schleuderpreise abzugeben, wodurch dem allgemeinen Interesse zuwidergehandelt würde, da er infolge der Zedierung der Kaufpreise von der Genossenschaft sofort bares Geld

erhält.

In besonders deutlicher

Weise tritt dieser Vorzug in den Erbfällen zutage.

Die Erben als Ver­

käufer können nun alte Schulden abtragen, Hypotheken löschen und noch ausstehende Restkaufschillinge bezahlen, wodurch einer Überschuldung vor­

gebeugt wird und die Hypothekenbewegung einen schnelleren Umsatz er­ fährt.

Seltener kommt es vor, daß die alten, auf den Parzellen oder

dem Gebäude lastenden Hypotheken auf den Ansteigerer übergehen, der dann mit der Übernahme der Hypothek nur den Überschuß des Kauf­

preises zu zahlen hat.

sie

auch

noch

nach

Das bare Geld, das die Erben erhalten, können ihrem Gutdünken

verwenden.

Durch die Zession

machen die Erben sich ferner unabhängig von den Käufern und sie können die Erbauseinandersetzung durch eine einmalige Rechtshandlung erledigen.

2.

Anderseits genießen die Erben auch als Käufer manche Vor­

teile durch den Protokollhandel.

Durch die Versteigerung der Erbmasse

begeben sie sich des Eigentumsrechts an ihr. Aber da ihnen die Möglich­

keit offen steht, selbst mitzusteigern, können sie so viel Land, das Haus usw. erwerben, wie sie zur Fortführung des landwirtschaftlichen Gewerbes für nötig erachten; ja, sie können über den ihnen zukommenden Erbanteil

hinaus Parzellen kaufen, deren Kaufpreis ihnen in bequemer Weise ge­

stundet wird auf eine Frist, die sie selbst bestimmen können.

Der in Geld

bestehende Erbanteil wird sehr oft zur Tilgung der Kaufpreise verwandt,

so daß können.

sie

ein ganz

oder zum Teil schuldenfreies Besitztum antreten

Alle die Argumente, die man gegen das Gleicherbrecht anführt

und die die Benachteiligung der Erben hervorheben, werden somit ent­ kräftet.

Im Gegenteil, durch den Protokollhandel wird nicht die länd­

liche Abwanderung oder das Zweikindersystem begünstigt, sondern werden die Erben in der Heimat zurückgehalten, wodurch allerdings bei stetigem

Bevölkerungswachstum die Größe des auf jeden kommenden Flächenareals

verkleinert wird.

Für die Ansteigerer besteht der Hauptvorteil der Kaufgelderorgani­ sation einmal in der großen Erleichterung des Landkaufs auf dem Wege eines günstigenBesitzkredits und dann in der An­

passung der Zahlung der Kaufpreise an seine Ei nkommens-

verhältnisse. Der Landwirt ist nicht darauf angewiesen, erst einen Fonds anzusammeln, um Land im freien Verkehr Zug um Zug zu kaufen und manche günstige Gelegenheit, sein Besitztum zu vergrößern, vorüberstreichen zu lassen. Heute kann er bei jeder ihm günstig scheinenden Gelegenheit zu-

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Das Sparwesen im Landkreise Bonn.

221

greifen ohne Rücksicht aus die Höhe seiner augenblicklichen Ersparnisse. Er kann seinen Kauf lediglich abhängig machen von rein wirtschaftlichen Er­

wägungen: wie Lage der Parzelle, ihre Größe und Bodengüte usw., was

von besonderer Bedeutung wird in Gegenden mit starker Bodenmobilisierung und Kleinbetrieb, wo an und für sich schon die Parzellen oft weit auseinander­

liegen und infolge verschiedener Bodenqualitäten verschiedene Anbauarten vorgenommen werden müssen.

Nun ist die Möglichkeit, besonders wichtig

in der Spatenkulturzone, gegeben, zu arrondieren und eine zweckmäßige Vereinheitlichung des Betriebs durchzuführen.

Die Annäherung dieses

Besitzkredits an den Personalkredit genügt einem besonderen Bedürfnis des Kleinbetriebs und der Bodenmobilisierung, da dadurch die Gefahr einer Überschuldung wesentlich gemildert wird. Diese vorbeugende Wirkung

wird durch die Tatsache außerordentlich bestärkt, daß die Sicherstellung gegen bloße Bürgschaft dieselbe Bedeutung wie die gegen hypothekarische

Eintragung

erlangt hat.

Da ferner

kein Zwang besteht,

bestimmte

Amortisationsquoten jährlich zu zahlen, kann der Käufer die Kaufgeld­

tilgung ganz seinen individuellen Geldverhältnissen anpassen.

Die Organi­

sation der Kaufgelder macht den Landbewohner unabhängig von den ländlichen

Ernteausfällen und

junkturen.

Die Zahlung der Termingelder wird für den Landwirt

den gewerblichen

Kon­

in einer Jahreszeit fällig, wo er die für den Landkauf erübrigten Ein­

kommensteile angesammelt hat und nun entbehren kann; auch kann die

Termingeldzahlung innerhalb des Jahres ganz den Einkommensverhält­

nissen angepaßt werden. Die Spartätigkeit erfährt durch die Organisation der Kaufgelder eine besondere Förderung.

War sie früher eine conäitio sine yua non

des Landerwerbs, so kann sie nun mit ihm parallel laufen und sich auch

auf andere Zwecke richten.

Der Landwirt kauft Laud auf Stundung der

Kaufpreise und muß im Laufe des Jahres sparen, um die Termingelder

bezahlen zu können.

Anderseits wird dieses auch ermöglicht dadurch, daß

der Landwirt hohe Preise für das Land zahlen muß, daher die höchste

Produktivität erzielen muß, was notwendigerweise zur Entfaltung der äußersten Sparkraft drängt, zumal immer neuer Landzukauf für ihn zu einer wirtschaftlichen Notwendigkeit geworden ist. sation des Protokollhandels Zwangssparen und

So sind in der Organi­

leichte

und

geeignete

Kreditbeschaffung in glücklicher Weise miteinander vereint.

Nachteile und Gefahren des Protokollhandels. Wie bei fast allen wirtschaftlichen Erscheinungen sind auch beim Protokoll­

handel neben Lichtseiten auch manche Schattenseiten vorhanden.

In erster

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222

Dr. Richard Poppelreuter.

Linie interessieren uns hier nur die nachteiligen Erscheinungen, die sich auf den Protokollhandel selbst beziehen, ohne auch hier erschöpfend auf

die Folgen einzugehen, die sich auf das Gleicherbrecht und die Vodern Mobilisierung überhaupt beziehen.

Die Nachteile für die Genossenschaft als Käufer von Steigprotokollen lassen sich in zwei Gruppen zusammenfassen: einmal Nachteile, die

in der herrschenden Organisation beruhen, und dann solche,

die auf die Ankaufspolitik der Genossenschaften zurückgehen. Beide sind nicht prinzipieller Natur, sondern können zum größten Teil bei vorsichtigem Geschäftsgebaren vermieden werden.

1.

Die Genossenschaft geht durch den Protokollkauf einen Vertrag

mit unbestimmten Preisbedingungen ein. Sie weiß beim Geschäftsabschluß nicht, welche Kaufsummen erzielt werden, die namentlich bei Versteigerungen großen Überraschungen ausgesetzt sind. Sie kann in die unangenehme

Lage kommen, dem Versteigerer eine Summe auszubezahlen, die über ihre finanziellen Mittel, ja sogar über den noch verfügbaren Zentralbankkredit hinausgeht, in besonders starkem Maße liegt diese Gefahr bei Kassen mit

Z. B. hatten in den letzten Jahren die

kleinem Geschäftsumfang vor.

Vereine zu Hersel, Ippendorf und Walberberg mit dieser Möglichkeit bei Zessionsankäufen zu rechnen.

Die Wahrscheinlichkeit dieses Falles kann

in der Praxis die Genossenschaften Protokolle nur aus dem Vereins­

bezirk übernehmen lassen.

Die verantwortlichen Leitungen der einzelnen

Kassen, wie Aufsichtsrat und Vorstand, kennen im großen ganzen die Grundstückspreise, den Besitzumfang, die Bonität der Parzellen, die zum Verkaufe gelangen sollen, und können den Verein so vor allzu großen Überraschungen schützen. 2.

Bedeutsamer ist der Nachteil, der im Wesen der öffentlichen

Versteigerung liegt, daß bei dem freien Spiel zwischen Angebot und Nachfrage die Genossenschaft keinen Einfluß auf die Zahl, die Leistungs­

fähigkeit und Kreditwürdigkeit

der Ansteigerer ausüben kann.

Dem­

jenigen wird die Parzelle zugeschlagen, der den besten Preis zahlen will, ob er auch der zahlungsfähigste und kreditfähigste ist, läßt sich dabei

ohne weiteres nicht feststellen.

Daß sich manchmal unter den Ansteigerern

ein fauler Kunde findet, wird durch die Stundung des Kaufpreises noch

gefördert.

Die Genossenschaft kann ihnen gegenüber das Verlangen nach

erhöhter Sicherstellung ihrer Forderung schützen durch hypothekarische Ein­

tragung, zwei Bürgen usw.

Gemildert wird die Verlustgefahr durch die

Generalhaftung der Erben oder die sofortige Einziehbarkeit des Kauf­ geldes innerhalb einer Kündigungsfrist.

Bisweilen wird von unbekannten

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Das Sparwesen im Landkreise Bonn.

223

Ansteigerern ein Attest der Ortsbehörde über ihre Zahlungsfähigkeit ver­ Bei dem reinen Darlehnsgeschäft fällt dieser Mißstand fort.

langt. 3.

Eine Verschärfung erhält diese Gefahr, jeden Ansteigerer zum

Schuldverhältnis zur Genossenschaft zuzulassen, wenn es sich um Aus­ wärtige handelt, deren Leistungsfähigkeit sich gänzlich der Kontrolle durch die Genossenschaft entzieht.

Aber diese sind es sehr oft, die die Steigpreise

Die Genossenschaft könnte sich der Gefahr der Insolvenz

sofort bezahlen.

der auswärtigen Ansteigerer durch eine Bestimmung entziehen, die die

sofortige Kaufgeldtilgung oder bestimmte jährliche Termingelder den Aus­

wärtigen zur Pflicht machte. 4.

einer

Falls die Genossenschaft es nur für nötig hält, den Steigpreis

Parzelle

gegen

bekannte

Bürgschaft,

also

unter Personalkredit­

bedingungen, zu gewähren, kann folgender Fall leicht eintreten:

der

Käufer nimmt, nehmen wir an zwecks Hausbau, ein Darlehen auf, das er, da er seinen Realkredit noch nicht angestrengt hat, hypothekarisch an erster Stelle auf das Grundstück eintragen lassen kann, das er gegen

Bürgschaft gekauft hat!

Seine Verschuldung kann so leicht über das

gehörige Maß hinaus gesteigert werden. ehe der Steigpreis ganz getilgt ist, so

Wird er nun zahlungsunfähig,

ist im Zwangsverfahren der

Hypothekargläubiger bevorrechtet, während die Genossenschaft oder die Versteigerer das Nachsehen haben, wenn sich auch die Bürgschaft als

In der Praxis tritt diese Verlustmöglichkeit jedoch selten ein; ihr ist durch die besprochenen Sicherheitsmaßregeln die Spitze trügerisch erweist.

von vornherein

abgebrochen.

Meist handelt

es

sich zudem

um nur

einzelne Parzellen, so daß im Falle einer Zahlungsunfähigkeit des Kauf­ geldschuldners durch die Haftung seines ganzen Besitztums ein mehr als ausreichender Ausgleich geschaffen wird.

Die Möglichkeit eines Ver­

lustes ist daher nur wahrscheinlich bei minderbemittelten Personen oder solchen, die sich von unten herauf in höhere Besitzklassen heraufarbeiten. In solchen Fällen wird aber jede Genossenschaft auf genügende Sicher­ stellung besonders achten.

Eine weitere Minderung der Verlustgefahr

bedeutet, daß die Kaufpreise ja innerhalb einer gewissen Frist zu tilgen sind.

5. Kraus (a. a. O.) hält dem Protokollhandel einige seiner Ansicht

nach nicht unbedeutende Bedenken entgegen. Er führt aus (S. 49), daß die

Betreibung des Protokollhandels ein gehöriges Maß von Personen- und

Sachkenntnis sowie juristischer Kenntnisse bedürfe, die kaum bei den Ge­ nossenschaftsverwaltungen zu finden seien: die Gefahr läge nahe, daß Unberufene das Zessionsgeschäft übernähmen und daß ein unbestimmtes Humanitätsgefühl zu unüberlegten Handlungen verleite.

Dem ist ent­

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Dr. Richard Poppelreuter.

224

gegenzuhalten, daß die bisherige langjährige Praxis und Erfahrung im

Protokollhandel den meisten Genossenschaften das Maß von Kenntnissen

verschafft hat, wie es die heutigen Verhältnisse fordern.

Bedenklicher erscheint Kraus der Protokollhandel für die Darlehns­ kassen (S. 50), „wenn man erwägt, daß derselbe in das Darlehnsgeschäft

eingefügt und die Gelder dazu, wie zu allen Darlehen, in den Raiffeisen­ kassen auf kurze Fristen angeliehen werden.

Dadurch aber, daß die Vereine die auf kurze Fristen aufgenommenen Gelder zum Ankauf der Zessionen

benutzen, legen sie ihre Kapitalien kontraktlich aus lange Fristen fest. Sie gehen also noch weiter, als sie es bei Darlehen tun, wo sie sich doch immer formell das Recht der vierwöchentlichen Kündigung Vorbehalten,

bei den Zessionen müssen sie sich dieses Rechtes begeben (heute nicht mehr; f. o.S. 217). Wenn der äeditor 668sus die im Kaufakt stipulierten Zahlungs­ fristen einhält, so kann keine Macht der Welt ihn zu einer früheren

Gemildert wird zwar die hierdurch entstehende be­

Zahlung zwingen.

denkliche Lage . . . durch ihre große Vorsicht in der Aufnahme der Kapitalien, denn Gelder von Mitgliedern und Gönnern des Vereins sind Dauerkapitalien gleich zu achten . . .

Nun kann man allerdings ein­

wenden, daß die Darlehnskassen, nachdem die Ansteigerer . . . einige Termine abbezahlt haben, bei irgendeinem Unfall an einen Kapitalisten

übertragen können . . ."

Damit berührt

Kraus

den zu seiner Zeit

aktuellen Streit, ob die Genossenschaften dem Bankgrundsatz gemäß handelten (möglichste Übereinstimmung in der Frist der angeliehenen und

wieder verliehenen Kapitalien).

Die Genossenschaftsliteratur steht heute

auf dem Standpunkt, daß unbeschadet einer guten Liquidität die Fristen

der Darlehen länger sein dürfen, wie in der jahrzehntelangen Entwicklung die Praxis bewiesen hat.

Eine eventuelle Gefahr würde sowohl bei allen

Darlehen als auch Kaufgeldern bestehen, deren beide Verleihungsfristen kurz und auch von längerer Dauer sind. Schließlich befürchtet Kraus, daß infolge des großen Gewinnes, den der Protokollhandel abwirft, die

Spekulationssucht bei den Genossenschaften Eingang fände, d. h. „die

Mitglieder würden entweder Vermögensteilung beantragen oder auf Dividendenverteilung dringen. Dieser Fall ist schon praktisch geworden", mag aber nur ganz vereinzelt Vorkommen.

Auch diese Befürchtung ist

durch die weitere Praxis nicht bestätigt worden, nach welcher Richtung

auch die Konkurrenz der Kassen untereinander gewirkt hat.

Die zweite

Gruppe

von Nachteilen bezieht

sich

auf

die

An­

kaufspolitik, die die Genossenschaften bei dem Erwerb von Zessionen

einschlagen können.

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225

Das Sparwesen im Landkreise Bonn.

1. Wie wir oben (S. 200) sahen, schwankt der Erwerb von Zessionen ganz außerordentlich von Jahr zu Jahr, was für eine im voraus zu be­

rechnende Kalkulation der Genossenschaft über die Anlage ihrer Mittel

von sehr nachteiligen Folgen ist (vgl. Tabelle 6-2 S. 125 Duisdorf und

Tabelle und Text S. 200). Sie kann so leicht in die Lage kommen, den Protokollhandel nur als ein Gelegenheitsgeschäft zu betrachten, wie es tatsächlich in dem Sinne der oben mitgeteilten Statuten zu liegen

scheint.

Es wird dem Verein erschwert, planmäßig bei der Anlage der

Mittel und deren Verteilung auf die einzelnen Aktivgeschäfte vorzugehen,

da der Protokollhandel mehr Zufälligkeiten geschäft ausgesetzt ist.

Der Mangel einer

als

das

Darlehns­

reine

planmäßigen Anlagepolitik

wird sich um so fühlbarer machen, je größer der Umfang des Protokoll­ handels ist.

Jedoch durch die Einrichtung der Zentralkassen wird im

Prinzip dieser Gefahr vorgebeugt.

Auch aus diesem Grunde erklärt es

sich, daß bei den einzelnen Genossenschaften die Bankguthaben resp, die Vorschüsse von der Zentralkasse so außerordentlich variieren.

Die Be­

deutung der Zentralkassen kann nach dieser Richtung hin nicht hoch genug

angeschlagen werden. 2. Die Möglichkeit, jederzeit von der Zentrale Vorschüsse, bis zu einer gewissen Grenze allerdings, erhalten zu können und sie in ge­

anlegen

winnbringenden Protokollen

zu einer

ein­

einer spekulativen Ankaufspolitik

ver­

Ein solches Geschäftsgebaren ist unbedingt zu verurteilen.

Die

seitigen Bevorzugung

führen.

zu können, kann

und

zu

Folge ist einmal, daß der in Anspruch genommene Bankkredit in einem

Mißverhältnis zu den Spargeldern usw. steht.

So weisen auch im Land­

kreise Bonn manche Vereine solche Unstimmigkeiten auf, die zu inneren

Krisen einer Genossenschaft führen können.

auf den Protokollhandel zurückzuführen, Zentralbankvorschüsse haben und

sie

(Tabelle

Seite

Nicht zum wenigsten ist es daß in der letzten Zeit die

117)

den Verbänden nahe legten,

schäftsanteile zu fordern.

so

stark

zugenommen

eine Erhöhung der Ge­

Dann droht die Gefahr, daß das Darlehns­

geschäft, die Hauptaufgabe der

Raiffeisenvereine,

vernachlässigt

wird,

zumal der Protokollhandel oft auf einmal größere Summen verlangt, so daß weiteren Darlehnsgesuchen, auch falls nur ein Protokoll an­

gekauft wurde, einfach nicht entsprochen werden kann und sich mancher darum von der Genossenschaft abwendet.

Eine einseitige Bevorzugung

des Zessionsgeschäfts vor dem Darlehnsgeschäft ist um so eher zu ver­

urteilen, als beim Protokollhandel der Kredit vorwiegend Nichtmitgliedern zugeführt wird, so daß die Mitglieder leer ausgehen müssen. Schriften 136.

Helfen kann 15

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Dr. Richard Poppelreuter.

226

hier nur das Eingreifen der übergeordneten Zentralkassen oder der Re­ visionsverbände, die eventuell einen bestimmten Prozentsatz vorschreiben müssen, bis zu dem Vereinsmittel in Zessionen angelegt werden dürfen

oder mit Krediteinschränkung drohen müssen. 3.

Die vielen Vorzüge des Protokollhandels können dazu verleiten,

überall Protokolle anzukaufen, wo sie nur zu haben sind, ohne auf die örtliche Beschränkung des Erwerbs nur im Vereinsbezirk Rücksicht zu nehmen.

Damit ist zweifellos eine große Gefahr verknüpft, da die Ge­

nossenschaft in solchem Falle auf die Kontrollmöglichkeit der Schuldner

und ihrer Leistungsfähigkeit verzichten muß und sich eine Menge von Unbequemlichkeiten aufhalst. Je weiter der Protokollankauf ausgedehnt wird, um so größer wird die Gefahr, daß sich die Genossenschaft einer Erwerbsgesellschaft nähert.

Der beste Weg ist, daß der Ankauf von Protokollen, ebenso wie heute die Darlehnsausgabe, auf den Vereinsbezirk beschränkt wird, wo­ durch sowohl der Genossenschaft als auch den Kaufgeldschuldnern gedient

wird; die Genossenschaftsleitung vermag so am besten auch unter den

Nichtmitgliedern festzustellen, was leistet der Mann, wie hoch ist er ver­ schuldet usw., und sie kann je nach ihrem Befund ihre Maßnahmen danach treffen.

Da der Protokollhandel sich lediglich aus den praktischen Bedürf­ nissen der Landverkäufer und -käufer heraus entwickelt, ergeben

sich für sie nur wenige Nachteile.

Der Einwand vom Standpunkt

der Versteigerer, der früher scharf betont wurde, daß sich der Zedent

zu hohe Abzüge gefallen lassen müsse, ist heute wenig stichhaltig mehr, da bei der starken Nachfrage nach Protokollen sich der Versteigerer den

billigsten Zessionar aussuchen kann. Zudem ist der Rabatt heute ganz ge­

waltig gegen früher gesunken.

Dann ist es für den Versteigerer sehr lästig,

nach dem Verkaufe noch eine Reihe von Jahren für die Bezahlung der Kaufpreise haften zu müssen, besonders in Erbfällen, wenn die Erben

nach allen Richtungen sich zerstreuen und der im Ort gebliebene Erbe, der die väterliche Wirtschaft weiter betreibt, im gegebenen Fall allein

haftbar gemacht wird.

Bedeutsamer sind die Nachteile für die Landkäufer. Zunächst kann die herrschende Organisation zur Überschuldung führen, da die Versuchung groß ist, neben dem Personalkredit auch noch den Realkredit für dieselbe

Parzelle in Anspruch zu nehmen und der Käufer so leicht falsche Kalku­ lationen über seine Leistungsfähigkeit anstellen kann. Am schwerwiegendsten

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Das Sparwesen im Landkreise Bonn.

227

ist das Bedenken, daß durch den Protokollhandel die Preise für land­

wirtschaftliche Grundstücke in die Höhe getrieben werden, weil namentlich in den Gegenden mit Kleinbauerntum, Bodenmobilisierung und Garten­

kultur, besonders wenn sie vor den Toren größerer Städte liegen,

eine

starke Parzellennachfrage von Leuten ausging, die die Landwirtschaft nur-

nebenberuflich ausübten und auf jeden Fall, auch wenn das Angebot über den tatsächlichen Ertrag hinausgeht, woran sie nur geringes Inter­ esse haben, in Landbesitz hineinzukommen suchten.

Zu diesen gehörten

Gewerbtreibende, Rentner, Beamte und Arbeiter, die einen „wahren Land­ hunger besäßen", und die bei der Aufstellung einer Rentabilitätsberechnung

die eigene Arbeitskraft und andere Produktionskosten nicht berücksichtigten.

Dadurch würden die Preisangebote der in der Landwirtschaft hauptberuf­ lich Tätigen, die mit jenen Faktoren zu rechnen hätten, in die Höhe ge­ schraubt, so daß sie Preise zahlen müßten, die zu dem Reinertrag in keinem Verhältnis ständen.

Besonders der Protokollhandel mit den auf

Jahre hinaus verteilten Terminalzahlungen reizte zu hohen Preisangeboten

an.

„Die unnatürlich günstigen Zahlungsbedingungen führten notwendig

zu einer unnatürlichen Steigerung der Preise", wie Nöll (Ländliche Darlehnskassenvereine in der Rheinprovinz, Berlin 1873, S. 25) sich ausdrückte. Eine gewisse Berechtigung ist diesem Bedenken nicht abzusprechen,

es richtet sich in seinem Kern hauptsächlich gegen die Bodenmobilisierung überhaupt und gegen das Gleicherbrecht.

Die Nachfrage, die von jenen

preissteigernden Berufen ausgeht, ist jedoch immerhin eine beschränkte und erstreckt sich nicht auf das ganze zum Verkauf kommende Land (s. oben

S. 208). Vom Standpunkt der Allgemeinheit ist schließlich jene Verdrängung

von Kleinbauern nicht allzusehr zu bedauern, da dadurch soundsoviel anderen Existenzen, namentlich in der Nähe von größeren Städten, Vor­

teile geboten werden, die im allgemeinen nur zu begrüßen sind.

Nicht

zu vergessen bleibt dabei, daß durch diese Konkurrenz in der Nachfrage

nach Land die Sparkraft der bäuerlichen Bevölkerung, ihre Kalkulation und der Ansporn, den Betrieb möglichst rationell zu gestalten und die Produktionskosten zu

mindern,

eine segensreiche

Förderung

erfahren.

Zudem bietet die vor den Toren größerer Städte ausgedehnte Garten­

kultur ein Mittel, dank ihrer hohen Rentabilität, die steigernde Preis­ bewegung mitzumachen, statt den Mut zu verlieren, abzuwandern und in

den benachbarten Städten oder sonstwo unter Umständen unselbständige

Stellungen einzunehmen.

Außer den hohen Preisen hat der Käufer in sehr vielen Fällen den Nachteil, noch ein Aufgeld von 10 o/o zu bezahlen, was eine große Be15*

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Or. Richard Poppelreuter.

228

lastung des Jmmobilienumsatzes darstellt im Gegensatz zu dem beweg-

lichen Kapital.

Kauft er sich dadurch auch von allen Unbequemlichkeiten

und Unkosten los, so stellt es trotzdem eine große Belastung dar zu­

gunsten des Versteigerers, dem ein eventueller Rest noch zugute kommt. Dagegen gibt es ein Radikalmittel, die Selbsthilfe, der Zusammenschluß

aller Landkaufsinteressenten, der in manchen Orten (s. oben S. 206) die Beseitigung des Aufgeldes

erreicht hat und die sonst davon be­

zahlten Unkosten dem an und für sich so günstig gestellten Versteigerer auf­ gebürdet hat.

Die Erleichterung des Landkaufs durch die Kaufgelderorganisation kann zwei weitere Nachteile im Gefolge haben: 1.

In einigen Orten wurde berichtet, es sei wiederholt vorgekommen,

daß Parzellen nur aus Spekulationsmotiven heraus ersteigert wurden, um sie bei der nächsten günstigen Gelegenheit wieder zu höheren Preisen

im freihändigen Verkaufe wieder zu verkaufen.

Manchmal wurde das

betreffende ursprüngliche Kausgeld dann direkt abbezahlt, manchmal, je

nach den Geldbedürfnissen des Verkäufers, an den neuen Käufer zediert oder nicht.

Solche Spekulationskäufe von Einzelparzellen können fehr-

leicht mit falschen Hoffnungen verknüpft sein und können gleichfalls, wie oben, unangemessen hohe Preisangebote verursachen.

Ihre Gefährlichkeit

ist um so größer, als sie namentlich von Minderbemittelten vorgenommen werden können.

Eine erheblichere Bedeutung können sie nur haben in der

Nähe größerer Städte, wo günstige Spekulationsbedingungen gegeben sind, auf dem Platten Lande dürften sie seltener Vorkommen.

2.

Besonders groß ist schließlich, ebenfalls in der Nähe größerer

Städte, die Gefahr, daß das Kleinbauerntum durch größere Grundbesitzer, Rentner und Industrielle verdrängt wird. Auch dieses Argument richtet sich in seinem Kerne gegen das Gleicherbrecht und die Bodenmobilisierung

überhaupt.

Im südlichen Teil des Landkreises Bonn sind in den letzten

Jahren mehrere Fälle einer Bauernverdrängung vorgekommen.

Das Be­

denken verliert aber viel von seiner Wichtigkeit, wenn man erwägt, daß der Kleinbauer vorwiegend die Spatenkultur betreibt, die Parzellen deshalb

zu teuer sind, um einen dem Preis entsprechenden Ertrag für den Groß­

grundbesitzer abzuwersen, es sei denn, daß, wie in Bornheim (Gut des Frhrn. von Diergardt), die Parzellen wieder verpachtet werden.

Im

nördlichen Teil des Landkreises sind Aufsaugungen von Bauernstellen recht selten, während im südlichen Teile mit billigerem Land und Waldbestand in neuerer Zeit Stimmen laut wurden, die das Gespenst der Bauern­ vernichtung mit all ihren schweren Folgen an die Wand malen (s. „Volks-

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229

Das Sparwesen im Landkreise Bonn.

mund", in Bonn erscheinend, 1910, Nr. 28) *.

Tritt auch manchmal eine

Verdrängung ein, so gestatten doch die hohen gezahlten Preise und die Organisation der Kaufgelder dem Verdrängten, sich an anderer Stelle

wieder unter desto günstigeren Bedingungen anzukaufen. Alle Argumente, die man für das Gleicherbrecht ins Feld führt, erfahren bei einer Berücksichtigung des Protokollhandels eine Stärkung,

und alle Bedenken dagegen

richten

sich

naturgemäß auch

gegen

den

Protokollhandel, der die Kreditseite dieses Erbrechts darstellt; auch sie erhalten zum Teil dadurch eine gewisse Berechtigung, insoforn der Protokoll­

handel der Bodenmobilisierung die Krone aufsetzt und sie aufs äußerste befördert.

Eine ganze Reihe von Argumenten, die sich gegen das Gleich­

erbrecht richten, werden, wie aus vorstehenden Ausführungen sich ergibt,

teils

in ihrer Bedeutung geschwächt, teils ganz entkräftet unter den

* „Volksmund" 9. Juli 1910, Nr. 28. Mehlem: „Wer die Entwicklung, welche die heutigen Besitzverhältnisse auf dem Lande nehmen, mit aufmerksamen Augen betrachtet, der muß sich sagen, ehe ein halbes Jahrhundert verflossen ist, haben wir nichts als Edelmann und Bedelmann. Gleich wie in Mehlem, Godesberg, Muffendorf der Landbesitz . . . allmählich der Baufpekulation in die Hände fällt, so macht sich jetzt auch auf den reinen ländlichen Orten der Nachbarschaft eine Er­ scheinung geltend, welche zu ernsten Bedenken Anlaß gibt. Das Streben des Groß­ kapitals ist immer darauf gerichtet, sich Landgüter zu verschaffen oder schon.. . vor­ handene zu arrondieren. Es gibt in unserer Nachbarschaft im sog. Ländchen Orte, in welchen sich vor 10 Jahren fast der gesamte Grundbesitz noch in Händen von Kleinbauern befand. Heute ist das schon merklich anders. In der Gemeinde Berkum stehen die Sachen letzt so, daß vom gesamten Grundbesitz sich nur noch etwa 50 Morgen (? ?!) in den Händen von Kleinbauern befinden. Alles andere ist bei Gelegenheit von Landverkäufen von reichen Großgrundbesitzern aufgekauft worden zu Preisen, welche der kleine Mann unmöglich zahlen kann. Der Großgrundbesitzer, so wie wir ihn in unserer Umgegend heute vielfach haben, ist nämlich nicht eigentlich von Berus Landwirt, sondern er folgt als reicher Kapitalist dem Zug der Zeit, ein Landgut zu besitzen; das ist ja heute bei derlei Leuten Modesache, Sport. ... Er weist am Ende des Jahres der Gemeinde nach, daß er Geld um Geld gewirtschaftet, also nichts verloren, aber auch nichts herausgeschunden hat, folgerichtig auch keine Einkommensteuer zu zahlen braucht, wenigstens vom Ertrage seiner Landwirtschaft nicht; dadurch wird dann der übrige Teil der Einwohnerschaft entsprechend höher belastet. In manchen Orten geht man jetzt dazu über, durch möglichsten Ausbau der ländlichen Spar- und Darlehnskassen den Minderbemittelten das Rückgrat zu stärken, damit sie bei Landverkäufen besser mitbieten können. Wenn diese Bestrebungen des Genossenschaftswesens nicht ganz energisch unterstützt werden, bekommen wir in absehbarer Zeit wieder dieselben Zustände, wie sie vor der glorreichen französischen Revolution bestanden, nämlich Edelmann und Bettelmann." (Nach persönlichen Er­ kundigungen ist das durchaus übertrieben.)

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Or. Richard Poppelreuter.

230

Voraussetzungen und wirtschaftlichen Verhältnissen, wie sie im Bonner

Landkreis gegeben sind.

Der Protokollhandel hat die Schattenseiten der

Gleicherbteilung vor allem dadurch gemildert, daß der Ersatz der NaturaO teilung durch die Wertteilung zu seiner Grundvoraussetzung gehört und er in den ländlichen Genossenschaften ein Institut gefunden hat, das ihn zu dem gemacht hat, was er heute tatsächlich für das Land bedeutet: Über­

führung des Landkaufs zu einer Organisation des Zwangssparens.

In

der Wissenschaft erblickt man seit Jahrzehnten im Anerbenrecht das einzige Heilmittel für die schweren Folgen der Gleichteilung. gleichen ist es,

daß

im Protokollhandel

Ein Triumph ohne­

eine Organisation geschaffen

wurde, die im stillen in den Gegenden der Gleichteilung lediglich nur aus Bedürfnissen der Kleinbauern auf dem Wege der Selbsthilfe er­ wachsen ist, ohne daß die Wissenschaft vorher in ihm ein Heilmittel er­ kannte, ja sogar an dieser Erscheinung achtlos vorübergegangen ist, ohne ihr Wesen und ihre Bedeutung voll zu erfassen.

Siebenter Abschnitt.

Verzinsung der Spurgelder und Darlehen. Verwendung der Gewinne. I.

Über die Entwicklung und die heutigen Verhältnisse der Zins­

sätze gibt die Tabelle 0 Seite 232 Aufschluß.

In der Entwicklung bis

auf die Gegenwart können wir deutlich zwei Perioden unterscheiden, zwischen denen es natürlich an Übergängen nicht fehlt.

1. Zunächst die Zeit der autonomen Zinsfestsetzung bis gegen Anfang der neunziger Jahre.

Die Genossenschaften waren bis zu dieser

Zeit mit ihrem Geldverkehr noch nicht so straff als Unterglieder der Zentralkassen organisiert wie heute.

Um zu dieser Zeit der Anfänge des

landwirtschaftlichen Genossenschaftswesens möglichst viel Betriebsmittel sich

zu verschaffen, wurde sür die „Anlehen" ein ziemlich hoher Zins gewährt, 40/0, während der Darlehnszinsfuß 5—6 0/0 betrug und einseitig be­ stimmt wurde; diese Höhe erscheint uns heute ziemlich bedeutend, sie war

es aber für die damalige Zeit nicht, da der Landwirt gewohnt war, viel höhere Zinsen bei öffentlichen und privaten Geldgebern (Wucherern!) zu

zahlen.

Diese Periode kennzeichnet sich durch zwei Merkmale:

1. mög­

lichst lange Beibehaltung des einmal festgesetzten Zinssatzes; 2. große

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Das Sparwesen im Landkreise Bonn.

231

Zinsspannung zwischen dem für Darlehen und dem für Spargelder ge­ währten Zinsfuß.

2. Die Tendenz der Entwicklung bewegt sich von den neunziger Jahren ab (besonders seit 1896: Gründung der Preußenkasse und vieler Zentralkassen) in zwei Richtungen: Einmal die Zinsspannung zwischen

Darlehen und Spargeldzinsfuß möglichst zu verringern; sie beträgt heute (1908) 1/40/0 (Sechtem) bis 1^/4 0/0 (Brenig), meist aber 1/2 bis 10/0. Diese Verringerung ging hauptsächlich aus dem Streben hervor, möglichst

billige Darlehen zu gewähren, zumal durch öffentliche Geldinstitute (Landes­ bank, zum Teil Sparkassen usw.) und durch die allgemeine Verbilligung der Kapitalbeschaffung der allgemeine Darlehnszinsfuß gedrückt wurde.

Der Darlehnszinsfuß zeigt eine gewisse Tendenz zur Stabilität; seine Änderungen sind nur ganz gering. Die Genossenschaften können diesem

Zug zur Stabilität des Darlehnszinssatzes um so eher nachgeben, als bei ihnen die Erzielung von hohen Gewinnen nicht Hauptaufgabe ist:

sür seine Festsetzung wirkt allein entscheidend der Spargeldzinsfuß im Gegensatz zu den reinen Erwerbsinstituten (Reichsbankdiskont!). Die zweite Tendenz der heutigen Zinspolitik liegt begründet in der

straffen Organisation des Geldverkehrs mit den Zentralkassen und dieser

mit der Preußenkasse, so daß sich die Zinsschwankungen des allgemeinen Geldmarkts von der Preußenkasse aus durch die Zentralkassen bis zu den

kleinen Genossenschaften mit fortschreitender Abschwächung der Wirkung bemerkbar machen *.

Die Folge ist, daß bei den Genossenschaften die Fest­

setzung des Spargeldzinsfußes auf Benachrichtigung von feiten der Zentral­ kassen hin geschieht.

Die Genossenschaften müssen ihr Folge leisten, wenn

sie große Vorschüsse von der Zentrale erhalten haben, da sie sonst mit Verlusten arbeiten würden; sie brauchen es aber nicht immer, wenn sie größere Guthaben dort haben.

Die neuere Zinsentwicklung bei den Ge­

nossenschaften ist so durch die Beweglichkeit des Zinses im besonderen

charakterisiert, der sich je nach den Konjunkturen des allgemeinen Geld­ markts richtet (vgl. in der Tabelle 0 1901 und 1907 !), namentlich sind

es die größeren Kassen, wie Mehlem und Friesdorf, die Gläubiger haben, denen viel an der jeweiligen allgemeinen Geldlage gelegen ist, wo sich

diese Wirkung deutlich zeigt, jedoch nicht so stark bei den spezifisch länd­

lichen Kassen aus verschiedenen Gründen.

Da der Zinsfuß eins der

* So heißt es im Begleitbericht zur Bilanz des Rhein. Revisionsverb. 1894 (später Verb. Rhein. Gen.): kaum zu schätzen der wohltätige Einfluß, den die Kassen in Verbindung mit ihrer Zentralstelle auf die Regulierung des Zinsfußes nach­ drücklich ausüben.

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232

Dr. Richard Poppelreuter.

Tabelle

Anm.: — bedeutet, daß keine Angaben vorliegen. Pissen­ heim

Ober­ bachem

Fries­ dorf

Pech

Mehlem 11

Hersel

Ippen­ dorf

Lengs­ dorf

Jahr ZNZ-L

1880 1881 1882 1883 1884 1885 1886 1887 1888 1889 1890 1891 1892 1893 1894 1895 1896 1897 1898 1899 1900 1901 1902 1903 1904 1905 1906 1907 1908 1909

4 4 4 4 4 4 4 4 4 4 4 4

ZS-

61/2' 61/21 6V21 61/2 o

K-

4 5 4 4 4 4 4 4 4

51/2 51/2 5V4 51/4 51/4 51/4 51/4

8^Z.L 6-

K-:

5,1

31/2 4»/4 31/2 43/4

51/2

5

3> 41/2 3V3 41/2

31/2 31/2 31/2 31/2

4

o

3^/2 31/2 31/2 3^2 3^2 31/2 41/4 41/4

41/2

4

41/2 3^/4 5 4^/2 33/4 j41/2 41/4 31/2,41/2 41/4 3V2 !4i/2 4'/4 31/2141/2 4 15 4 j4'/2 5 4 141/2 41/2

31/2 31/2 31/2 3V2 31/2 3«/4

4

Ä-:

4 4

41/2 41/2 41/2 41/2 4-/4 4^2 41/2 41/2 41/2 41/2 41/2 4V2

31/2 41/4 3V2 41/2 3'/2 4r/4 31/2 41/2 31/2 4r/4 31/2 4^/2 33/4 4V4 4 4

3^/2 3»/4 33/4

33/4 4 4 41/4 4

41/2 41/2 41/2 41/2 4'/2 41/4 41/2 4'/2 41/2

41/2 4'/2 41/2 33/4 41/2 3V4 41/2 3^/4 41/2 4 4'/2 4 4'/2 4 41/2 4 4 4

3-/-! 4'/-

41/2 41/2 41/2 41/2 41/2 4 31/2 4 4 4'/2 4 4V2 31/2 31/2 31/2 31/2 31/2 31/2

32/4 31/2 31/2 31/2

41/2 41/2 41/2 4^/2

33/4 43/4 4-V4 4 4^/4 ! 4'/2

4 jo 3-/4! 41/2 3^41/2 31/2 41/4 33/4! 41/4 33/4^41/4 4 41'2 4 '41/2 4V2 >41 2

l Inkl. Provision.

Hauptmittel ist, Betriebskapital sich zu verschaffen, können je nach den örtlichen Verhältnissen Verschiedenheiten festgestellt werden, die von der Zunächst gibt es

Zinspolitik des allgemeinen Geldmarkts abweichen.

Kassen, die in wohlhabenden Gegenden liegen, für die die Errichtung dieser Spargelegenheit die Befriedigung eines dringenden Bedürfnisses bedeutete und die alle anvertrauten Gelder nicht in den gewohnten Aktiv­

geschäften anlegen können, so daß sie noch große Guthaben bei der Zentrale

haben (Roisdorf, Alfter).

mitzumachen, da

ihnen

Diese Kassen brauchen eine Zinserhöhung nicht

ohne weiteres Gelder zuströmen; eine Zins­

erniedrigung unterbleibt, weil sie wohlwollende Absichten dem Sparer

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233

Das Sparwesen im Landkreise Bonn.

0. Duis­ dorf

Rois­ dorf

Alfter

Brenig

Wal­ dorf

Kardorf

Walber­ Sechtem berg

Kelde­ nich

r-

N-

ZS

Zs

O

31/2 31/2 31/2 31/2 3'/2 31/2 31/2 31/2

41/2 4-/2 4-/2 41/2 5 31/2 4V2 3'/2 4 3-/2! 4 5 3-/2 4 5

4 4 4

5 5

8N- Zs

G

3 3 3 3 3 3 3 3-/2 4-/2 3

5 5 5 5 41/2 4-/2 31/4 4 31/4 4

41/2 31/2 4'/2 3-/2 41/2 31/2 41/2 3V2 4-/2 3-/2 4-/2 3-/2 41/21 4'/2 3-/2 41/2 3 3-/^4 31/2 4'/2 41/2 3-/2 4 3V2 4'/2 3 3V2 4 8-/2 4'/^ 3'/8 5 5 3-/4 4V4 4 3^/4 41/4 4 5

» Hypotheken 5 o/o.

3-/3

Zs O.:

3 3 3

62 6 6

3

5

3

4

31/2 31/2 3-/4 4-/2 3'/2 3-V4 4'/2 31/2 3-V4 41/2 3-/2 41/2 3'/2 4-/2 31/2 4-/2 31/2 41/2 4 4-/4 4S/4 4

2 Inkl. Provision.

4 4 4 4

3'/4 4 3^4 4 3-/4 4 3'/2 31/2 3-/2 31/2 3V2 3V2 31/2 3^/4 33/4

Zs

S-S

4-/4 41/4 4 4 4 4

3-/2 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3

4 4 3>/2 3'/2 3'/2 3'/2 41/4 3,9 41/4 41/4 41/4 4

6 6 5 5 5 5 5 5 4 4 4 4 4

31/2 31/2

5 5»

41/2 4-/2 4-/2 4-/2 41/4 41/4

4,3 4-/2 4-/2

o Später aufgelöst.

gegenüber zeigen und man auf dem Lande überhaupt nicht gern den

Solche Kassen Habensehr oft mittlere Zinsfüße; sie können heute noch eine autonome Zinspolitik treiben, wie Müller (a. a. O. Zins ändert.

S. 354) ausführte: „Je mehr die Einzelgenossenschaften" (und auch Zenträl-

kassen!) „mit Geld aus dem lokalen Kassenbezirk arbeiten, ... desto eher sind

sie imstande, gleichsam eine genossenschaftliche Welt für sich mit relativ selbständiger Zinspolitik zu bilden. Mit der Inanspruchnahme von Bank­ kredit (vgl. die Entwicklung der Kaufgelder!) kommen jedoch die Zentral­

kassen und rückwirkend auch die Einzelgenossenschaften unter den Einfluß

des allgemeinen Geldmarkts und müssen

auch dessen Wellenbewegung

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Dr. Richard Poppelreuter.

234

folgen, welche sich bis in die äußersten Dörfer erstreckt."

Die letzte

Wirkung bezieht sich aber mehr auf das Steigen der Darlehnszinssätze,

weniger auf den Spargeldzinsfuß, der in diesem Fall von ersterem be­ einflußt wird.

2. Anderseits ist die Zinsbewegung bei den Genossenschaften

nicht so flüssig, wie sie sein sollte. Es kommt sehr oft vor, daß ohne zwingen­ den Grund (s. o. S. 231), lediglich auf die Veranlassung der Zentralkasse hin,

der Zinssatz erhöht resp, erniedrigt wird (namentlich 1908/09). Die Folge ist dann oft, daß der neue Zins einen Zug zur Stabilität aufweist und

noch bestehen bleibt, obwohl eine neue, andere Konjunktur eine neue Zinsänderung auf dem Geldmärkte hervorgerufen hat (s. Tabelle 0 nach

Die Ursache liegt darin, daß z. B. bei sinkender Konjunktur

1900!).

nicht mehr Gelder wie sonst einströmen und, wie auch im umgekehrten

Fall, sowohl der Spar- als auch der Darlehnsverkehr in den bisher ge­ wohnten Bahnen verlaufen. Die Änderung geschah dann nur auf die

äußere Veranlassung der Zentrale hin, die selbstverständlich nicht die einzelnen örtlichen Verhältnisse näher kennt, sondern nur als obere In­

stanz ein Warnungssignal gibt.

Für

manche Kassen,

besonders im

Landkreise Bonn und Köln, ist noch wichtiger, statt der Zentralkaffe zu folgen, die Verzinsung so einzurichten, namentlich die der Spar­ gelder, daß sie stets etwas höher als die der städtischen Kassen bleibt,

die meist eine autonome Zinspolitik treiben (s. o. Abschn. 3 S. 42); besonders

spielt

das

eine bedeutsame Rolle.

in

den

ersten

Jahren

nach

der

Gründung

Viele Kassen lassen sich in ihrer Zinsbestimmung

von den Nachbargenossenschaften beeinflussen (so z. B. Oberbachem 1907

4^4 o/o gegenüber Mehlem!). Andere Abweichungen in dem Zins, nament­ lich durch Herunterdrücken des Spargeldzinses und Heraufsetzen des Darlehnszinsfußes, gehen auf das Streben zurück, möglichst viel eigene Mittel

zu beschaffen oder eventuell höhere als gewöhnlich Selbstkosten zu decken. Bei den Raiffeisenvereinen kommt dies bei weitem nicht so oft vor als bei den Genossenschaften nach Schulze-Delitzsch, die bekanntlich Dividenden verteilen.

3. Außer dem allgemeinen Zinsfuß haben manche Genossenschaften noch

„Spezialtarife" ; so genießen Mitglieder bisweilen eine höhere Verzinsung für ihre Guthaben als die anderen oder es wird bei Hypotheken eine höhere Verzinsung gefordert als bei Personaldarlehen (Brenig 1903/04);

die Kaufgelder werden durchweg zu 5 o/o gestundet.

Zu den Darlehen tritt

außer der üblichen Verzinsung noch die Provision, die sich durchweg zwischen V4—1 */2 o/o bewegt. Eine Untersuchung über die Zinssätze der Zentral­

kassen entfällt, so interessant sie ist, dem Rahmen der vorliegenden Arbeit. 4.

Die Zinsbewegung der Kreissparkasse, die erst 1895 gegründet

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Tas Sparwesen im Landkreise Bonn.

235

wurde, ist im ganzen bis heute ziemlich stabil verlaufen.

Vgl. für die

Tarlehnszinssätze die Seite 134 ausgeführte Tabelle; es kommen dem­ nach Zinsspannungen bis zu 30/0 vor. Es betrug der Zinsfuß der

Spargelder: 1895-1898 1899—1902 1903—1906 1907 1908 1909

3^/8 o/y für Einlagen 1—1000 Mk.; 3 0/0 bis 2000 Mk.; 3V20°/o über 2000 Mk. 3^0/0 „ „ 1—1000 „ 3^3 o/y über 1000 Mk. 3'/8 o/o „ „ 1—1000 „ 30/0 „ 1000 „ 3'/3 0/0 für alle Einlagen. 3Vs0/o „ „ „ und Einführung der täglichen Verzinsung. 3^3 0/0 „ „ „ „ tägliche Verzinsung.

Die Änderungen sind viel mehr differenziert als bei den Genossen­ schaften und bewegen sich nur um ein Geringes nach oben oder nach

unten.

Der Darlehnszinsfuß weist dagegen viel größere Differenzen auf,

wie wir früher bei der Anlage der Spargelder (S. 134) sahen. Die größere

Stabilität der Zinsfüße der öffentlichen Kaffen wird ermöglicht: durch

das weniger scharf ausgeprägte Gewinnstreben, wie es bei den reinen

Erwerbsinstituten hervortritt und durch die Inanspruchnahme von mit staatlichen Mitteln unterstützten oder sonstige Vorzüge genießenden größeren Geldinstituten. Infolge der garantierten Mündelsicherheit und hohen Ge­ schäftsunkosten werden die Spareinlagen im Verhältnis zu den Genossen­ schaften ungünstiger und unter Berücksichtigung der Kündigungsfristen

günstiger als bei den reinen Erwerbsinstituten verzinst.

Je mehr jedoch

gemäß der neueren Entwicklung den Sparkassen Geschäftsdepositen zu­

fließen, um so mehr wird künstigbin deren Zinspolitik im Gegensatz zu früher von der allgemeinen Geldmarktlage abhängig werden. I I.

Die Quelle der Überschüsse und Gewinne ist die Einnahme aus

Provisionen und der Differenz zwischen dem Spargeld- und dem Dar­ lehnszinsfuß; dazu kommt der Überschuß, der aus dem Konsumbezug er­ zielt wird.

Um letzteren nun ganz den Genossen zugute kommen zu

lassen, haben manche Genossenschaften die Einrichtung, daß der Konsum­ bezug einer sogenannten Untergenossenschast übertragen wird.

In Brenig

besteht eine solche; die erzielten Gewinne werden in Form von nützlichen Gegenständen unter den Mitgliedern verteilt.

Die Verwendung des Rein­

gewinnes, nachdem die Abschreibungen vorgenommen worden sind, ist

statutarisch sestgelegt und ist bei den einzelnen Verbänden die gleiche, so daß nicht näher darauf eingegangen zu werden braucht: bei den dem Raiffeisenverband angeschlossenen Vereinen fließen 2/3 in den Stiftungs-

sonds, 200/0 in den Reservefonds, der allein in Notfällen angegriffen werden darf; der Rest kann auf Beschluß der Generalversammlung zur

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Dr. Richard Poppelreuter.

236

verwandt werden.

Förderung der Wirtschaftsverhältnisse der Genossen

Bei dem Kölner Verband, dessen modernere Gestaltung wir wiederholt

seststellen konnten, ist der Stiftungsfonds, der seine Entstehung einer Lieblingsidee von Raiffeisen verdankte, in Fortfall gekommen. Ein Teil des Gewinnes darf zur Verzinsung der Geschäftsanteile, jedoch nur bis

zur Höhe des Spargeldzinsfußes, verwandt werden, jedoch wird hiervon

In der Hauptsache wird der ganze

nicht allzuoft Gebrauch gemacht.

Reingewinn dazu verwandt, um eine Stärkung der eigenen Mittel herbei­ zuführen. Einzelne Vereine weichen davon ab: so führt die Kasse zu Brenig 50 0/0 des Reingewinnes an eine Unterstützungskasse für die Mit­

glieder ab; in Mehlem werden jährlich

vom Gewinn den Kindern der

überreicht (1908: In besonders reichlichem Maße läßt der Verein zu Fries­

Vereinsmitglieder am Kommuniontage

127 Mk.).

Gebetbücher

dorf Teile des Reingewinnes seinen Mitgliedern gleichsam als versteckte

Dividenden und der Gemeinde zugute kommen.

1908 wurden gegeben:

für Mitglieder für Konsultationsgebühren beim Rechtsanwalt100 Mk.

als

Beitrag zur Kinderverwahrschule.................................

375



.

500 „

...

50 „







Sterbekasse (nur für Mitglieder) .







Unterstützung kranker Mitglieder

.

Dazu finden alle zwei Jahre Verlosungen von Haushaltsgegenständen Dieses Beispiel zeigt, wie segensreich eine Ge­ nossenschaft, die einen einigermaßen großen Umsatz hat, in ihrem Bezirk wirken kann und selbst zu den sogenannten gemeinnützigen Ausgaben ihr

statt: 1907 für 820 Mk.

Scherflein beiträgt.

winn

dazu

In Urfeld wird seit langen Jahren der ganze Ge­

verwandt,

um

die

infolge

kontrahierten Schulden abzutragen.

einer größeren Unterschlagung

Trotz der ehrenamtlichen Verwaltung

der Genoffenschaften sind die Gewinne, im ganzen genommen, nur minimal, was sich aus der geringen Zinsspannung zwischen Darlehns- und Spar­

geldzinsfuß ergibt.

Größer sind sie dort, wo der Protokollhandel mit

seinem relativ großen Nutzen abwerfenden Zins und Rabatt in erster Linie das Hauptaktivgeschäft bildet; bei diesen Kassen sind trotz ihres

jungen Alters die eigenen Mittel relativ stark. Die Gewinne sind außerordentlich verschieden von Kasse zu Kasse

und Jahr zu Jahr, wie folgende Beispiele zeigen: Bei der Genossenschaft zu Oberbachem kamen 1904 aus 1000 Mk. Spargeld: Gewinn 8,6 Mk.; 1907: 12,4 8,96 „ 4,6 Friesdorf 12,4 Pissenheim 9,7 „ 2,9 14,7 „ Sechtem 2,8 Pech 7,6 „

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ML. „ „ „ „

Tas Sparwesen im Landkreise Bonn.

237

kamen 1904 auf 1000 Mk. Spargeld: Gewinn 19,8 Mk.: 1907: 10,4 Mk. Roisdorf 3,7 „ 32 Lengsdorf 4,6 4,2 „ Mehlem II 19 10,2 „ Kardorf Walberberg „ „ „ „ „ „ „ 10,6 9 „ 49 Alfter 12 „ 10,6 „ „ „ „ „ „ „ „ 5,6 Hersel Ippendorf „ „ „ „ „ „ „ 29,4 9,1 „

Diese auffallenden Unterschiede werden bedingt durch die Art der die Bankguthaben und -Vorschüsse, die Verwaltungs­

Kreditgeschäfte,

kosten, die stark besonders hinsichtlich der Rendantenentschädigung vari­ ieren, die Höhe des Reservefonds und Konsumbezugs und auf der Passiv­

seite

durch den Bestand der Spareinlagen.

Eine Spezialuntersuchung

unter Berücksichtigung dieser Momente und der Zinsspannungen würde überraschende Aufschlüsse über die Rentabilität der Genossenschaften geben. Die Kreissparkasse erzielt im Gegensatz zu anderen Kassen des gleichen Charakters nur geringe Überschüsse. Der Grund liegt einmal

in dem hohen Wertpapierbesitz (s. o. S. 129 f.) und den hohen Verwaltungs­ kosten,

und auch durch die in keinem Verhältnis zu den Einnahmen

stehenden Vergütungen der Nebenrendanturen.

Anderseits ist der Gewinn

doch relativ hoch infolge der zum Teil ehrenamtlichen Verwaltung und großen Zinsspannungen zwischen Spargeldzinsfuß und dem einiger Aktiv­ Bei fast allen jungen Kommunalsparkassen

geschäfte (Personalkredit!).

der früher charakterisierten Art tritt deren Bedeutung als Kommunalbank weniger (einstweilen noch) als Erzeugerin von hohen Gewinnen

wie als Geldgeberin hervor.

1907 kamen auf die gesamten Spar­

einlagen (8162 634) 55191 Mk. Gewinn, das heißt etwas über 6,70 Mk.

auf 10 000 Mk. Spareinlagen.

Unter Berücksichtigung des Kontokorrent­

verkehrs würde dieser Betrag bedeutend sinken.

Der gesamte Reingewinn

wird einstweilen noch dem Reservefonds zugeschrieben, der

1907 1,9 o/o der gesamten Einlagen

ausmachte.

1908 2,65 o/o



1909 2,6 o/o



Nach ß 34 kann die Hälfte des Jahresüberschusses zur Be­

friedigung außerordentlicher kommunaler Bedürfnisse des Kreises verwendet werden, sobald der Reservefonds 5 o/o des Einlagekapitals einschließlich Zinsen beträgt.

Dieser Stand ist bis heute noch nicht erreicht.

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2.

Das Sparwesen in Baden. von

Nr. Viktor Homburger.

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Inhaltsverzeichnis. Einleitung.

Allgemeines.

S-u-

Erstes Kapitel. Die wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse Badens .... 241 Zweites Kapitel. Die verschiedenen Anlagemöglichkciten für Spargelder und die Beteiligung der verschiedenen Bevölkerungskreise an ihnen................................. 248

Hauptteil.

Ausführliche Darstellung der wichtigsten, vor allem für die breiten Volksmassen in Betracht kommenden Sparanstalte«. Erster Abschnitt. Drittes Kapitel.

Die geschichtliche Entwicklung........................................................... 259

Viertes Kapitel.

Die Sparkassen von Vereinen und die Fabriksparkassen . . . 263

Zweiter Abschnitt.

Dritter Abschnitt.

Die Sparkassen, Kredit- und Borschußvereine und ländlichen Kreditvereine (nach dem Stande von Ende 1907 resp. 1908). Fünftes Kapitel. Zahl und örtliche Verteilung........................................................... 267 Sechstes Kapitel. Die Passiva, soweit sie Spargelder sind......................................273 1. Einleger und Einlageguthaben............................................................................ 273 2. Der Zinsfuß für Einlageguthaben................................................................... 291 3. Anregung zum Sparen und seine Erleichterung.............................................. 294 Siebentes Kapitel. Die Aktiva......................................................................................... 300 Die Aktiva der Kreditgenossenschaften............................................................... 301 L. Die Anlage der Spargelder bei den Sparkassen.............................................. 302 1. Die gesetzlichen Bestimmungen........................................................................ 302 2. Wie legen die Sparkassen ihre Gelder an?.............................................. 305 3. Grundsätze der Sparkassen bei der Anlegung ihrer Bestände .... 321 4. Kritik der Kapitalanlagen der Sparkassen.................................................. 323 Achtes Kapitel. Überschüsse und Reservefonds bei den Sparkassen.........................339

Neuntes Kapitel.

Entwicklungstendenzen bei den kommunalen Sparkassen

. . 342

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Einleitung. Allgemeines. Erstes Kapitel. Die wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse Badens. Bei der Vergleichung des Sparkassenwesens der deutschen Einzel­

staaten untereinander oder der

ländischen Staaten

wird

oft

gesamten

der Fehler

deutschen Staaten

gemacht,

daß

die

mit aus­

in

den

einzelnen Ländern ermittelten Ziffern für Einlegerzahl, Höhe des Ein­ lageguthabens usw. nebeneinander gestellt und daraus Schlüffe auf die

Ausbreitung der Spartätigkeit in den einzelnen Ländern gezogen werden, ohne zu prüfen, ob die in den verschiedenen Ländern ermittelten Zahlen

auch als gleichwertig zu betrachten sind. Dies ist meistens nicht der Fall, und zwar rührt die Ungleichwertigkeit der gefundenen Ziffern einerseits von den verschiedenen sozialen und wirtschaftlichen Verhält­

nissen der untersuchten Länder, andererseits davon her, daß neben den Sparkassen noch andere Institute und Einrichtungen bestehen, die den­ selben Zwecken wie die Sparkassen, Spargelder anzulegen, dienen, und

die in dem einen Lande eine größere, in dem anderen eine geringere Rolle für das Sparwesen

spielen.

Will

man daher

das Sparwesen

eines Landes in einer mit dem Sparwesen anderer Länder vergleichbaren

Weise schildern, so

muß man

außer

den Sparkassen

auch

noch

die

anderen Sparorganisationen und Spargelegenheiten, soweit irgend möglich,

berücksichtigen und der eingehenderen Darstellung des Sparwesens kurze Bemerkungen über die sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse des zu untersuchenden Landes vorausschicken.

Voraussetzung für eine Vergleich­

barkeit verschiedener Länder ist dann aber natürlich noch, daß dies in gleicher oder ähnlicher Weise sür sämtliche zu vergleichende Länder geschieht *. * Vgl. auch Georg Everts Ausführungen auf der IX. Tagung des Inter­ nationalen Statistischen Instituts. Zeitschrift des Königl. Preuß. Stat. Bureaus, 43. Jahrg., 1903, S. 303 ff. Schriften 136. 16

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Dr. Viktor Homburger.

242

Bei der Betrachtung des Sparwesens in Baden müssen daher zunächst einige allgemeine Ausführungen über die sozialen und wirtschaft­

lichen Verhältnisse Badens gemacht werden.

Es kann sich natür­

lich hier nicht darum handeln, aus alle Besonderheiten und verschiedenen

Seiten der wirtschaftlichen Struktur Badens

einzugehen, sondern die

wirtschaftliche Lage Badens soll nur in kurzen, allgemeinen Zügen ge­

zeichnet werden, da diese Schilderung nur den Hintergrund abgeben soll für das Bild, das ich von dem Sparwesen Badens entwerfen möchte. ,.Es gibt kein zweites Land von ähnlicher Größe," führt Dr. Hecht

aus,

„welches so denkbar verschiedene orographische,

klimatische, geo­

gnostische, hydrographische und sonstige Verhältnisse aufweist, wie gerade

das Großherzogtum Baden.

Von der Gesamtfläche des Landes, welche

sich zu 15 081 gkm oder 273,89 geographischen Quadratmeilen berechnet, mithin den 36. Teil des Deutschen Reichs darstellt, entfallen auf die Rheinebene nur 16 o/o, etwa 44 o/o der Gesamtfläche sind gebirgig und 40 o/o hügelig.

Den Gegensatz zur blühenden Rheinebene mit dem tiefsten

Punkt des Großherzogtums (86,1 m über dem Meere: Rhein an der

hessischen Grenze) bildet der Schwarzwald, der etwa ^/4 des Landes umfaßt und die höchsten Punkte des Großherzogtums (Feldberg 1493 m, Belchen 1414 m) in sich schließt, sowie die Gebirgsregion des Odenwaldes, der einen Flächenraum von etwa 700 ykm bedeckt und somit V20 der Fläche einnimmt.

Die andere geringere Hälfte des Landes entfällt auf das

Hügelland und zwar einmal das südliche, welches, die Bodensee- und Donaugegend umfassend, etwa ^4 des Großherzogtums ausmacht, und dann auf das nördliche, das von der nördlichen Abdachung des Schwarz­ waldes bei Pforzheim nord- und ostwärts bis an den Main reicht (Pfinzund Kraichgau sowie Bauland)

Entsprechend Landesteile sind

dieser auch

geographischen Verschiedenheiten

große Unterschiede im Klima,

in

der einzelnen

der Boden­

beschaffenheit und vor allem in der Dichtigkeit der Bevölkerung

zu konstatieren. Auf der bewohnbaren Fläche des Großherzogtums von etwa 15 067 ykm wohnen über 2 Millionen Menschen (1. Dezember 1905

2 010 728). Personen,

Auf 1 ykm Gesamtfläche kommen im Durchschnitt 133,4

„eine Bevölkerungsdichte, welche nur von wenigen Ländern

im Deutschen Reich erreicht oder übertroffen wird"

Die Verteilung

1 vr. Moritz Hecht, Die badische Landwirtschaft am Anfang des 20. Jahr­ hunderts, Karlsruhe 1903, S. 1. 2 Dr. M. Hecht a. a. O. S. 7, durch neuere Zahlen nach dem Etat. Jahrb. f. Baden ergänzt.

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Das Sparwesen in Baden.

243

der Bevölkerung über das gesamte Land ist natürlich sehr verschieden.

„In Gebieten, in denen schon rein natürliche Wohnhindernisse bestehen, wie im hohen Schwarzwald oder im waldreichen Odenwald, ist eine geringe Bevölkerungszahl selbstverständlich, so wohnen z. B.

in

den

Amtsbezirken Wolfach auf 1 qkm nur 56,1, in Pfullendorf 49,1, in

Meßkirch 46,3, in Neustadt 47 und in St. Blasien sogar nur 38,2 Per­

sonen.

Im südlichen und nördlichen Hügelland steigt die Dichtigkeits­

ziffer auf 70 bis über 100, um in der Rheinebene einen Grad von

Bevölkerungsdichtigkeit zu erreichen, der — von Bezirken mit Groß­ städten abgesehen — im Deutschen Reich einzig dasteht.

Im Amtsbezirk

Weinheim kommen z. B. auf 1 ykm 233,2 Personen, in Baden 235,0, in Heidelberg 293,5, in Pforzheim 332,5, in Karlsruhe 588,8 und in

Mannheim 1022,4 „Aber auch dieSiedelungsweise innerhalb der einzelnen Gebiete

des Landes ist recht verschieden.

Das Zusammensein in Dörfern oder

wenigstens in größeren Komplexen ist im Schwarzwald sehr erschwert,

zum Teil ganz unmöglich; vorherrschend ist hier das Hofsystem und das

Zusammenwohnen in kleinen Ortsteilen (Zinken) ....

Während im

ganzen Schwarzwald und im Hügelland (außer Pforzheim) jede größere Stadt fehlt, weist die Rheinebene eine ganz stattliche Zahl städtischer Konsumtionszentren (für landwirtschaftliche Produkte) auf (Mannheim, Heidelberg,

Weinheim,

Schwetzingen, Bruchsal, Durlach, Karlsruhe,

Rastatt, Offenburg, Lahr, Freiburg und Lörrach) ....

Aber auch die

Landgemeinden der Rheinebene gewähren nicht allein durch die Höhe der

Bevölkerungszahl, sondern ebensosehr durch die innere Einrichtung der

Gemeinden oft einen ganz städtischen Charakter.

In der Tat macht ins­

besondere der nördliche Teil der Rheinebene von Karlsruhe bis Mann­ heim, von der Vogelperspektive aus gesehen, nahezu den Eindruck einer einzigen Stadt mit ausgedehntem Vorortsverkehr,

wenn man berück­

sichtigt, daß die beiden Städte Karlsruhe und Mannheim nicht allein durch den Rhein und die Eisenbahn verbunden sind, sondern daß von

beiden Städten aus strahlenförmig Schienenstränge (Schmalspurbahnen) auslaufen, um die ringsumliegenden Dörfer auf eine Entfernung von 20, 30 und mehr Kilometer in den Bann der Stadt einzuziehen.

Der

Vorzug Badens, mit zu den verkehrsdichtesten und fortgeschrittensten Ländern des Deutschen Reichs zu zählen (vgl. Statist. Jahrbuch für das Deutsche Reich, Jahrgang 1902), fällt in erster Linie der Rhein­ * vr. M. Hecht a. a. O. S. 8 ff., durch neuere Zahlen ergänzt. 16*

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Dr. Viktor Homburger.

244

ebene zu, die von einem dichten Netz von Schienensträngen (Staats- und

Privatbahnen, letztere meistens Sekundärbahnen) durchzogen wird, während

der Schwarzwald und auch der Odenwald, größtenteils aus natürlichen und technischen Gründen, dem Vordringen des Verkehrs bis auf die neueste Zeit Widerstand geleistet hat*."

Wie in ganz Deutschland, so hat sich auch in Baden in den letzten Dezennien in rascher Weise die Umwandlung vom überwiegenden Agrar st aat

überwiegenden Industriestaat

zum

vollzogen

und

zwar in Baden in stärkerem Maße als im Reiche (im Durchschnitt); 1882 hatte Baden noch 49,12 o/o, das Reich 42,52 o/o landwirtschaft­

liche Bevölkerung, Baden also ca. 6V20/0 mehr als das Reich; diese Spannung hat sich bis 1907 auf ca. 40/0 verringert. Baden

auch heute

völkerung

Immerhin hat

noch verhältnismäßig mehr landwirtschaftliche Be
Btv.

166 66 471 116

S t.

Pers.u.Ehefr.

Erw . männl. E rw . männl.

L a n d w ir te ..................

Berufe

!

!

!

!

)

2181



107 169

1627 278



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,

!

!

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212 ' 880

91

'

144 4

— 4





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258



141

42

^0

1

— 2

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26

— —



6 2!)^ 8

12



83 139

— —



S t. Sp.^ Bkv.

Personen

Erw . weibl

>

1265



41

86

977 161



36

— —

13

35

j

>

124 ) 224

91

343

111

227

71 13



— —

-



107

— — 4 —

3 —

11

16 19 6

30

4

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1

14 2

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>58

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6720



124 143

5630 823

— —

508





!

!

!

!

!

-



— —



363

— —

39

— —

68 ' 13 — —

^43 1 0 0 ')

1548 533 1713 319 51 297

386 88

19

S t. Sp.^ Bkv.

S t. Sp.^ Bkv.

3

Kinder

Ehefrauen

(Ende 1908.) Zusammen

3

804

— —

32

769

— 433 336

— —



— —

— — — — —

— —



!

123 59

7

4,59 1,22

0,32

' >

!

!

7,66 3,68

0,43

Bkv.

625 573 390

2 266

12 988

)

139

>



16842 1776



53 38

1610 75

-

— —



100

!

!

!

-

— —



100

4.

0 ,7 7 4 !) 8,67 2 ,6 5 !) 4,92

139 29 1,07 1,71 144 4 1,11 07 91 40 0,70 212 42 1,63 2,83 1562 225 12,01 14,03 4 3 3 !) -co 4,33 n 158 2,58

3 4 4 ',

1014 639

>

382 20,60 23,78 1340 i 214 10,31 13,34 3 450 156 26,64 ! 9,73 722! 46 5,55 ! 2,87 2 677

597 159

42

S t. Cp.

m

m Prozenten





_____________________

— —



-

158

— —

— — — —

— — — — — —







1 .^

l

,

!

,

!

S t. Sp.^ Bkv. S t. Sp.! Bkv.

Personen

Juristische

Tas Sparwesen in der Stadt Offenbach a. M.

411

Carl Leonhardt.

412

Heit in der Stadt, so daß der Gang zu den hier befindlichen Sparkassen

keinen großen Zeitverlust für den auswärts Wohnenden bedeutet.

Ein

weiterer Umstand, der vor allem die Anlage auswärtiger Gelder bei der

Städtischen Sparkasse fördert, ist das Fehlen mündelsicherer Sparorgani­ sationen in fast allen Orten des Kreises.

Im Kreise Offenbach können,

außer bei der Städtischen Sparkasse, nur noch bei den Bezirkssparkassen in Langen und Seligenstadt Mündelgelder angelegt werden. Etwa die Hälfte aller auf Grund von Z 1809 B.G. B. gesperrten Einlagebücher

bei der Städtischen Sparkasse gehören Sparern aus dem Kreise Offenbach. Viele Sparer aus den benachbarten Orten werden auch die Offenbacher

Sparanstalten auffuchen, weil sie hier weniger bekannt sind und sich un­ beobachtet fühlen.

Dieser Grund mag vor allem die Frankfurter Einleger

veranlassen, die vielfachen Spargelegenheiten in ihrer Stadt zu meiden

und ihre Sparsummen in Offenbach unterzubringen.

Bei der Sparkasse

des Bankvereins stehen die meisten auswärtigen Sparer mit diesem In­ auch

stitute

in sonstigem

Die weiter entfernt

geschäftlichen Verkehr.

wohnenden Einleger beider Institute haben ihr Sparkonto vielfach zu einer Zeit angelegt, in der sie in Offenbach ansässig waren und bei ihrem

Wegzuge den Betrag ganz oder teilweise stehen gelassen.

Die Konten

vieler Kinder aus „anderen Orten" sind von ihren in Offenbach lebenden Verwandten (Großeltern usw.) angelegt. Über Geschlecht und Familienstand der Offenbacher Sparer geben folgende Zahlen Auskunft: Von den Offenbacher Sparbüchern waren

St Sp.

Im Besitz von erwachsenen männlichenPersonen . „ gemeinsamen Besitz beider Ehegatten .... „

.

^

23,49

7,25

Bkver

36,17 8,78

Besitz von erwachsenen weiblichen Personen (aus­

15,90

schließlich Ehefrauen)......................................12,54

„ Besitz von Ehefrauen.......................................

7,52



„ Kindern......................................................











6,68 43,41

22,60

„ juristischen Personen...............................

5,79

9,87

„ unbekannten

2,31





Während bei der Städtischen Sparkasse nur wenig mehr als die

Hälfte aller Sparer erwachsene Personen sind, gehören denselben bei der

Sparkasse des Bankvereins nahezu zwei Drittel sämtlicher Konten.

Um­

gekehrt treten bei jener die Kinder viel häufiger als Einleger auf als bei dieser.

Das Verhältnis beträgt etwa 2 : 1.

Die Ehefrauen sind in un­

gefähr gleicher Stärke bei beiden Instituten vertreten.

Die im Besitz von

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413

Das Sparwesen in der Stadt Offenbach a. M.

juristischen Personen befindlichen Konten

gehören bei der Städtischen Sparkasse zum größeren Teile öffentlich-rechtlichen Korporationen, ins­

besondere der Stadt selbst, beim Bankverein dagegen meistens privaten Vereinen und Kassen (Weihnachtskassen).

Die Berufe konnten aus oben erwähnten Gründen nur für die in der Stadt Offenbach wohnenden Sparer festgestellt werden.

Der pro­

zentuelle Anteil der einzelnen Berufe an der Gesamtzahl der in Offenbach

ansässigen Einleger ergibt sich aus der folgenden Aufstellung. (In Prozenten.)

Bankverein

Städtische Sparkasse

Berufe

mit Ange­ hörigen

ohne An­ gehörige

davon weiblich

mit Ange­ hörigen

ohne An­ gehörige

davon weiblich

Landwirte..................... Fabrikanten und Bau­ unternehmer .... Leitende Angestellte . . Selbst. Gewerbetreibende Handlungsgehilfen. . . Gelernte Arbeiter . . . Ungelernte Arbeiter . . Beamte.......................... Freie Berufe................. Selbst, weibliche Berufe Dienstmädchen ....

0,32

0,29



0,43

0,61



4,59 1,22 20,60 10,31 26,64 5,55 8,34 1,07 1,80 1,63

1,86 0,88 14,84 10,25 26,96 6,44 8,44 0,89

— — 9,20 0/0 200/y — ea. 40/0 10,900/0 ca. 40/0

7,66 3,86 23,78 13,34 9,73 2,87 8,67 1,71 1,87 2,37

3,85 4,05 25,05 14,25 12,52 3,85 8,65 1,32 3,05 4,27

— — 10,570/o 5,710/0 — 5,260/0 9,410/0 7,700/0 1000/0 100 o/v

Ferner Rentner, Ww. (Berufslose)..................... Juristische Personen . .

12,01 5,91

20,00

14,08 9,86

18,53 —

77,47 0/0 —

9,15

!

! !

1000/0

86°/» —

Hieraus ergibt sich, daß der Anteil der einzelnen Berufe an der Gesamtzahl der Sparer bei beiden Kassen sehr verschieden ist. Der Unter­

schied tritt deutlich hervor, wenn man die Verhältniszahlen für die er­ wachsenen Personen nach ihrer Größe ordnet. Städtische Sparkasse. Bankverein. Arbeiter..................................... 33,40 Selbständige Gewerbetreibende . 25,05 Berufslose................................ 14,84 Berufslose...........................................18,53 Selbständige Gewerbetreibende . 14,84 Arbeiter................................................ 16,37 Handlungsgehilfen usw. . . . 10,25 Handlungsgehilfen usw........................14,25 Selbständige weiblicheBerufe . 9,15 Beamte..................................................8,65 Beamte....................................... 8,44 Weibliche Berufe.................................. 7,32 Fabrikanten.............................1,86 Leitende Angestellte............................ 4,05 Freie Berufe.............................0,89 Fabrikanten.............................................3,85 Leitende Angestellte.................. 0.88 Freie Berufe........................................1,32 Landwirte.................................. 0,29 i Landwirte.............................................0,61

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414

Carl Leonhardt.

Während unter den Sparern der Städtischen Sparkasse die Minder­

bemittelten in der Mehrzahl sind, wird die Sparkasse des Bankvereins

von den wirtschaftlich Selbständigen bevorzugt.

Dies findet seine Er­

klärung vor allem darin, daß das erstgenannte Institut eine reine Spar­

anstalt ist, das andere aber neben seiner Sparkasse einen regulären Bank­

betrieb auf genossenschaftlicher Basis unterhält und dadurch den pekuniär bessergestellten Sparern auch andere geschäftliche Vorteile bieten kann.

Fast alle beim Bankverein sparenden Fabrikanten, selbständige Gewerbe­

treibende und Rentner stehen mit ihm in dauernder oder gelegentlicher Geschäftsverbindung. 352 das sind 20 o/o aller Einleger sind Mitglieder des Bankvereins oder Angehörige von solchen.

335 dieser Sparer wohnen

in Offenbach und gehören folgenden Berufen an:

Selbständige Gewerbetreibende

Mit Ange­ hörigen

In Prozent der Konten­ zahl der ein­ zelnen Berufe

Ohne An­ gehörige

.

.

186

48,69

124

Fabrikanten....................................

.

80

65,04

28

.

.

41

18,22

36

. . Beamte......................................... Kaufmännische u. technische Angestellte

11

7,91

6

8

3,74

5

Berufslose...................................

Freie Berufe.............................

.

.

5

17,24

2

Leitende Angestellte ....

.

.

3

5,09

3

Landwirte...................................

.

1

14,29

335

1 205

Die verschiedenen Berufsarten sind im großen und ganzen bei

beiden Anstalten in gleicher Stärke vertreten.

Unter den gelernten Ar­

beitern sind, entsprechend den in Offenbach am häufigsten vorkommenden Gewerbezweigen, die Leder- und Metallarbeiter am meisten vertreten Die ungelernten Arbeiter (vorzugsweise Fabrikarbeiter) haben die ver­

schiedensten Beschäftigungsarten.

Auffallend wenig Arbeiterinnen befinden

sich unter den Sparern und zwar wohl deshalb, weil diese fast alle bei

ihrer Familie wohnen und den größten Teil ihres Lohnes zu Hause ab­

geben müssen.

Die Gewerbetreibenden sind in der Mehrzahl Metzger,

Bäcker, Wirte und Händler, dann aber auch sogenannte selbständige Porte­ seuiller, das sind kleine Hausindustrielle, die mit einigen Gehilfen für Fabriken oder Händler arbeiten.

Bauhandwerker.

Beim Bankverern sparen auch viele

Ein Zehntel der Gewerbetreibenden sind Frauen oder

Etwa 10 o/o sind Werkführer oder Vorarbeiter.

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Das Sparwesen in der Stadt Offenbach a. M.

Witwen (Händlerinnen).

415

Die Kontoristinnen sind unter den Einlegern

der Städtischen Sparkasse viel häufiger vertreten, als unter denen des

Bankvereins. Ihr Anteil an der Gesamtkontenzahl der kaufmännischen und technischen Angestellten beträgt dort 20, hier nur 5,71 o/o. Die den weiblichen Berufen angehörigen Sparer setzen sich zusammen aus Dienst­ mädchen (47,56 o/o bzw. 58,32 o/o), Schneiderinnen (32,07 bzw. 41,68 o/o seinschl. Ladnerinnen^) und Ladnerinnen (20,37 o/o).

Von den sparenden

Beamten sind 6,7 bzw. 25,9 o/o Oberbeamte, 52,38 bzw. 60,43 o/o mitt­

lere Beamte und 40,92 bzw. 13,67 o/o niedere Beamte. unter ihnen am häufigsten Lehrer und städtische Beamte.

Man findet Zehn Prozent

der Beamten sind weiblichen Geschlechts und zwar meistens Lehrerinnen und Telephonistinnen.

Fabrikanten, leitende Angestellte und Angehörige

der freien Berufe benutzen die Sparkassen vorzugsweise im Interesse ihrer Angehörigen.

Das eigne Vermögen dieser sozial am besten

gestellten

Bevölkerungskreise findet anderweitige Anlage in Fabrikunternehmungen, Die wenigen Landwirte sind durchweg sogenannte

Wertpapieren usw.

selbständige Gärtner.

Die Konten der Berufslosen gehören etwa zu vier

Fünfteln Witwen und ledigen Frauen. Ein gemeinsames Sparbuch für beide Ehegatten findet man häufiger bei den unteren Volksklassen, als bei den sozial Höherstehenden. 66,77 o/o

dieser Konten sind im Besitze von Arbeitern

und kleineren Beamten,

während der Anteil dieser Berufe an der Gesamtzahl der Offenbacher

Personenkonten nur 37,26 o/o beträgt.

dieser Erscheinung

angegeben,

Auf Befragen wurde als Ursache

das Vorherrschen falscher Anschauungen

über güter- und erbrechtliche Fragen in den niederen Kreisen der Be­ völkerung.

Sehr oft mag aber auch die unter Minderbemittelten häufig

vorkommende Erwerbstätigkeit der Frau neben dem Ehemanne, den Anlaß

zur Errichtung solcher Konten geben.

Die Ehefrauen verteilen sich pro­

zentual ungefähr gleichmäßig auf alle Berufe.

Nur bei den Berufslosen

sind sie wenig vertreten entsprechend der geringen Anzahl nichterwerbs­ tätiger männlicher Personen.

Interessant ist

eine

Eltern der in Offenbach

nähere

Betrachtung

wohnenden

der

sparenden

Kinderkonten.

Kinder

gehören

Die

fol­

genden Berufen an: In Prozenten

Arbeiter...............................................................

36,10

4,39

Selbständige Gewerbetreibende.......................

27,49

29,30

9,48

15,98

Kaufmännische und technische Angestellte

.

.

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Carl Leonhardt.

416

In Prozenten Städtische Bankverein Sparkasse

Berufslose...........................................................

9,02

11,01

................................................................

7,94

11,84

Fabrikanten..........................................................

6,86

19,55

Leitende Angestellte............................................... Freie Berufe..........................................................

1,56

4,40

Beamte

1,21

3,67 0,34 Landwirte................................................................ 0,27 Setzt man die betr. Gesamtkontenzahlen in Beziehung zur Anzahl der zugehörigen Kinderkonten, so ergibt sich eine wesentliche Änderung irr

Aus je 100 Konten der einzelnen Berufe

der Reihenfolge der Berufe.

kamen: St. Sp.

bei den Fabrikanten . . . selbständigen Gewerbetreibenden. ,,

leitenden Angestellten

,,

Oberbeamten freien Berufen

. .

. .

. .

gelernten Arbeitern mittleren Beamten . ,,

Landwirten

.

.

.

ungelernten Arbeitern

kaufmännischen Angestellten Berufslosen

-

Unterbeamten

und

65 58 55

Bkver.

58 Kinderkonten

28 27

51

31

49

45

49 47

9 31

45

14

44

4

technischen

.

.

40

27

.

.

32

-

-

29

17 ?

Da mangels sicherer Unterlagen eine Scheidung zwischen Verhei­ rateten und Ledigen nicht vorgenommen werden konnte, geben diese Zahlen

kein reines Bild.

Man kann jedoch annehmen, daß bei den meisten Be­

rufen der Anteil der Ledigen ungefähr gleich groß ist. Bei den Handlungs­

gehilfen, mittleren Beamten und Berufslosen sind die Unverheirateten

weiblichen Geschlechts in

größerer Anzahl vertreten, weshalb die zu­

gehörigen Verhältniszahlen etwas gering erscheinen. Die meisten Rentner

und Witwen stehen außerdem in höherem Lebensalter und haben er­

wachsene selbständige Kinder.

Aus den Zahlen geht hervor, daß die

erwachsenen Angehörigen der wohlhabenden Kreise verhältnismäßig selten als Selbstsparer auftreten, um so eifriger aber die Sparkassen für ihre Kinder benutzen.

Bei den Genannten kommen mehrere Sparbücher in

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Das Sparwesen in der Stadt Offenbach a. M.

417

einer Familie viel häufiger vor, als unter den Arbeitern, die meistens ihre Spargroschen auf ein auf den Namen des Familienvaters lautendes

Buch einlegen. Viele Kindersparbücher verdanken ihr Entstehen einem Vermächtnis

oder einer Erbschaft. Bei den mittleren und niederen Bolkskreisen ist die Sitte, von Kindern ererbte Geldsummen mündelsicher bei einer Spar­ kasse anzulegen häufiger verbreitet, als unter den Reichen. Von den Offenbacher Kinderkonten bei der Städtischen Sparkasse waren 551 10 0/0 gesperrt laut § 1809 B.G.B. Es waren mündelsicher angelegt von den Konten der

absolut Prozent

Fabrikantenkinder..........................................................

4 —

1,03

freien Berufekinder..........................................................

1 —

1,47

mittleren Beamtenkinder..............................................

2

1,80

Oberbeamtenkinder..........................................................

1

2,00

leitenden Angestelltenkinder......................................... 3 selbständigen Gewerbetreibendenkinder...............................81 —

3,41 5,23

kaufmännischen und technischen Angestelltenkinder

6,63

.

35

gelernten Arbeiterkinder................................................... 170 —

9,92

Unterbeamtenkinder................................................................. 11 — 11,00 ungelernten Arbeiterkinder........................................... ' 43 — 13,48 Berusslosenkinder..........................................................

39,37>

200

Spargesellschaft „Fortuna".

Die Spargesellschaft Fortuna zählte am 30. April 1908 1585 Mit
100

Berufe

Landwirte................. Fabrikanten .... Selbständ. Gewerbe­ treibende .... Kaufmännische und techn. Angestellte. Gelernte Arbeiter. . Ungelernte Arbeiter. Beamte...................... Schneiderinnen usw. Dienstmädchen . . . Berufslose................. Vereine......................

Er­ wachsene Er­ wachsene weibliche Ehe­ männliche Personen frauen Personen ohne Ehe­ frauen

Vereine und Kassen

zusammen

Bieber.

3 —

__ —

32 8

4,03 1,01

90

11,23

L

j i

Pro­ zent

I

!

23 7

4 —

2 1

70

5

6

9



7 253 168 8 — — 3 —

1 — 89 2 4 2 33 —

— 25 15 1 — — — —

— 4 2 4 — — 10 —

— — — — — — — 33

8 1,01 282 35,64 274 I 34,50 1,89 15 ! 4 0,50 2 0,25 46 ! o,79 4,15 33

539

140

50

32

33

794

100

Von den Konten der

9,18 o/o für Kinder angelegt

Landwirte waren.............................

3 —

Selbständ. Gewerbetreibenden waren

9 — 10,11o/o



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Tas Sparwesen in der Stadt Offenbach a. M.

423

Von den Konten der

1,08 o/o für Kinder angelegt

Arbeiter waren.....................................6 — „.................................... 4

26,67 o/o „

Berufslosen waren............................ 10

21,74 o/o „

Beamten

Ferner ist zu berücksichtigen, daß unter den Einlagen für Kinder

bei der Städtischen Sparkasse sich viele gesperrte Beträge befinden, den Genossenschaften aber nicht das Recht zusteht, Mündelgelder zu verwalten.

45,65 o/o bzw. 53,45 o/o der bei der Offenbacher Sparkasse angelegten Bürgeler bzw. Bieberer Kindersparbücher sind gesperrt laut H1809 B.G.B. Unter den Ehefrauen findet man solche von Arbeitern und selbstän­ digen Gewerbetreibenden am häufigsten.

Fast alle Arbeiter sind in der

Stadt beschäftigt; etwa die Hälfte sind Portefeuiller und Sattler, viele

unter ihnen Heimarbeiter, die allwöchentlich die angefertigten Ledertaschen gegen Empfang ihres Lohnes in den Offenbacher Fabriken abliefern.

Die

Metallarbeiter sind vorzugsweise Gürtler und Schriftgießer. Die meisten Bürgeler Fabrikarbeiter sind in Gerbereien und in der chemischen In­

dustrie, die Bieberer mehrfach in Schuhfabriken beschäftigt.

Die Arbeite­

jugendlichen Arbeiter der beiden Orte sind im Gegensatz zu den städtischen sehr eifrige Sparer. Die in der Umgebung Offenbachs

rinnen und

wohnende Arbeiterfamilie ist nicht so sehr auf den vollen Arbeitsverdienst ihrer Kinder angewiesen, als die in der Stadt lebende. Die Miet- und Lebensmittelpreise sind niedriger und vielfach besitzt der Arbeiter sein

eignes Häuschen oder ein Stück Ackerland, auf dem er Kartoffeln und

Gemüse für seinen eigenen Bedarf pflanzt.

Das Sparkartensystem ver


11



7

79

23

12



1

I

— —

4

!

.

' !

!

>

I

!

§

!

5! — -

24 3

1

5



10 132

12 17

24 13 42 14

218

52 31

— —

5

3

1

6

1

20 23 4

14 7 51



20000



0,21 0,16

33

8



1

3

1



-

1

27

7 11

I

j

,



— —

3579

172 167 375 137 104 196 81 1272

2307

193

400

13

29 14



40

— —

10 160 36 589 233 385 65 13 101 26



!

>

i

§

!

absolut

n

— —

21,25

I

s

,

29,45 31,08 31,02 41,14 35,62 34,21 20,77

17,76 33,01

!

j

!

i



17,39 11,16 9,00 12,88 15,81 7,56 28,78 20,00 15,38 6,13 25,61 25,10

26,80 22,64 22,00

23,81

in «/»

Mk. 1000

Zusammen

^r

— —

— — — — —

6



3



20000

Mk

10000

Mk.

^er

Mk.

1 0 0 0 - 5 0 0 0 - 10000

Prozenten 82,24 I 15,26 — 66,99 s 28,42

-

In

!

582!

188 377 309

412 306 834 196

2257 13 263

61

42 80 37 592 2

83 76 213

in

76,19 73,20 123 77,36 2 088 78,00 1 107 82,61 3 065 88,84 657 91,00 88 87,12 538 84,19 318 92,44 99 71,22 115 80,00 77 84,62 199 93,87 1 162 7439 576 74,90 32 437

absolut

Mk. 1000

Zusammen bis

1665 10 681

95

231

38

13

17 18

197 392 82 12 86 33

4 82 20 345

1000

12,82 15,36

!

,

>

,

I

!

1 0 0 -! 5 0 0 -

10,96 32,34 6,90 29,79

-

!

92 1424

60 35 21 10 10 26 143

15

428 80

63 14 289 134

4

100

Mk.

Verteilung der Konten nach Größenklassen. Ge-

"

100 100

584 473 1 209 333 292 573 390 3854 16842

12988

769

1562

139 144 91 212

639 344

101

722

3450

42 597 159 2 677 1 340

samtbetrag

430 Carl Leonhardt.

Das Sparwesen in der Stadt Offenbach a. M.

431 und

Die Angehörigen der sozial befsergestellten Kreise

aus­

die

wärtigen Einleger sind entsprechend ihrer höheren Durchschnittsguthaben

stärker an den Konten über 1000 Mk. beteiligt als die übrigen. Ein genaueres Bild über die Art des Sparens ergibt sich aus einer Betrachtung über das Alter der verschiedenen Kontengruppen.

Leider

konnte man bei dieser Untersuchung nur bis zum 1. Januar 1903 zurück­ greifen, da das bei der Städtischen Sparkasse seit 1908 bestehende System

der losen Konten nur bis zu jenem Zeitpunkt zurückreicht und ein zu­ verlässiges Ergebnis über die früheren Jahre nicht aus den alten Büchern

zu erhalten war.

Bon den untersuchten Konten waren:

bis 20 Mk.

20— 50 50— 100 100— 500 500— 1000 1000— 3 000 3 000— 5 000 5 000—10 000 10 000—20000 20 000—50 000 über 50 000

„ „ „ „ „ „ „ „ „

In Prozenten vor dem 1. 1. 03 nach dem 1. 1. 03 errichtet errichtet 34,48 65,52 29,42 70,58 32,44 67,56 33-45 66,55 44,91 55,09 54,81 45,19 66,30 33,70 68,57 31,43 71,19 28,81 69,23 30,77 71,43 28,57

zusammen: 39,91 6699 (39,91 o/o) Sparbücher waren vor und nach dem 1. Januar 1903 angelegt.

60,09 10 086 (60,09 o/o)

Weit mehr als die Hälfte aller

Konten bis zu 1000 Mk. wurden nach diesem Termin errichtet. größeren Beträge entfielen in der Mehrzahl auf ältere Bücher.

Die Drei

Zehntel aller Guthaben über 5000 Mk. weisen allerdings ein geringeres Alter als sechs Jahre auf und sind demnach wohl meistens durch Ein­

zahlung weniger großer Beträge entstanden. Nachstehende Tabellen enthalten Angaben über die Dauer der Konten

der einzelnen Personenklassen und Berufe. Die Sparbücher der weiblichen Personen und Kinder haben ein ge­ ringeres Durchschnittsalter, als die der anderen Personen.

Obwohl unter den wohlhabenden Einlegern die Kindersparbücher in größerer Anzahl Vorkommen (s. voriges Kapitel), besitzen ihre Konten

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Carl Leonhardt.

432

In Prozenten. Konten bis 1000 Mk.

Konten über 1000 Mk.

gesamt

nach nach vor vor vor nach 1. Jan. 03 !l-Jan.03 1.Jan.03>-1. Jan. 03 1. Jan. 03 1. Jan. 03 errichtet errichtet errichtet errichtet errichtet errichtet

Erwachsene männ­ liche Personen Erwachsene weib­ liche Personen Ehefrauen . . . Kinder................. zusammen:

!

35,57

64,43

57,61

30,99 34,84 36,20

69,01 65,16 63,80

63,33 59,38 61,38

64,96

59,13

i

35,04

! i

42,39

42,42

57,58

36,67 40,62 38,17

39,40 41,08 38,73

,

60,60 58,92 61,27

40,87

39,91

!

60,09

Offenbacher Konten in Prozenten vor dem 1. 1. 03 nach dem 1. 1. 03 errichtet errichtet

Landwirte.....................................................

50,00

50,00

51,09

Fabrikanten usw...............................................48,91

Leitende Angestellte...................................

27,80

72,20

Selbständige Gewerbetreibende

45,76

54,24

Kaufmännische und technische Angestellte .

33,06

66,94

Gelernte Arbeiter.........................................

34,33

65,67

Ungelernte Arbeiter...................................

35,73

64,27

Beamte..........................................................

33,12

66,88

....

Freie Berufe...............................................

46,02

53,98

Weibliche Berufe.........................................

33,09

66,91

Berufslose........................................

42,38

57,62

44,22

55,78

.

dennoch das höchste Durchschnittsalter.

.

Der wirtschaftlich Abhängige ist

vielfach durch Tod oder Krankheit in der Familie, Arbeitslosigkeit oder

Wegzug gezwungen, den Gesamtbetrag seines Sparguthabens abzuheben.

Der Wohlhabende hebt auch öfters große Beträge ab, Totalrückzahlungen kommen aber bei ihm viel seltener vor.

Die Einlagedauer wächst also Die folgenden Zahlen

mit der besseren sozialen Lage des Einlegers.

sprechen ebenfalls für diese Tatsache. Von den Ende 1908 bestehenden Konten aus den Jahren: 1903

vor gehörten den wirtschaftlich Selbständigen Angestellten und Beamten.

.

.

.

.

1903

1904

1905

1906

1907 1908

37 o/o 34 o/o 26 o/o 29 o/o 25 o/o 23 o/o 23 o/o 1?o/o 20o/o 22o/o 18o/o 20o/o 230/o 21 o/o

DOI https://doi.org/10.3790/978-3-428-57420-9 | Generated on 2023-09-23 09:31:29 OPEN ACCESS | Licensed under CC BY 4.0 | https://creativecommons.org/about/cclicenses/

Tas Sparwesen in der Stadt Offenbach a. M.

433

1903

1904

1905

'1906

1907

1908

gehörten den Arbeitern.......................................... 34 0/0 36 0/0 Berufslosen.......................................... 14 0/0 10 0/0

38 0/0 14 0/0

43 0/0 10 0/0

44^/0 11 o/y

440/0 10 0/0

430/0 13 0/0

vor

1903

Es folgen einige Einzelheiten über die Spartätigkeit verschiedener

Einlegergruppen und zwar zunächst über die im Jahre 1903 errichteten und am 1. Januar 1909 noch bestehenden Sparkonten der selbständigen

Für je 100 Konten

Gewerbetreibenden, gelernten Arbeiter und Beamten.

der Erwachsenen (ohne Ehefrauen) und der Kinder sind die Ersteinlagen dem Guthaben am 1. Januar 1909 gegenübergestellt. Kinder

Erwachsene

Betrag der ersten Einlage in Mark

Anzahl der Konten

bis 20 20—50 50—150 150-300 300—500 500—1000 über 1000

13 20 13 20 6 7 21

bis 20 20—50 -)0—1oO 150—300 300—500 500—1000 über 1000

10 16 31 20 7 11 >

Höhe des Guthabens am 1. 1. 1909 in Mark bis 50

100500

50— 100

über 1000

5001000

Anzahl der Konten

Höhe des Guthabens am 1. 1. 1909 in Mark

bis 50

Selbstäwdige G ewerbe treiben))e 5 65 3 ! 5 29 — 6 18 2 3 7 — . 4 — 2 12 6 — 5 6 8 * 1 3 — ! --2 — 1i 3 — 2i — 1 2 4 11 1 ! 16 — 2 2

4 1 3 1 — —

3

3 2 — 2 3 — — ! — — —

Gelernte Arbei ter 76 3 ! 1 — 9 8 ! 6 ! v ! n 10 4 2 2 8 7 j — ! --- ! 11 ! 3 ! 1 2> 3 , ! 2 1 — —

i

48 5

20 13 3 ! 11 — 6 — 1 — 1 — — — —

!



1 1 — — — 1 —



— — —

100— ! 500— 500 1000

50— 100

über 1000

2 2 6 — — 2 —

15 1 __ I 2 6 2 2 1 ! 2 — l — ! -

1 —

— — — — 1

1' 1 ! 1 ! — ! !

i-

Beamte

bis 20 20—50 50—150 150—300 300—500 500—1000 über 1000

20 15 40 20 2

10 5 2 — —

10 — 8 — —

10 2 8 —

— — 20 ! 8 4 ! — 2

61 20 12 6 1

35 3 2 1 —

10 — — 2 —

16 17 8 1 1

— 2 1 —

— — — —

3





















!

3

Zur richtigen Beurteilung dieser Zahlen bedarf es einiger allgemeiner Bemerkungen über die Anzahl und die Höhe der einzelnen Einzahlungen

und Abhebungen.

Große Einzahlungen und Abhebungen in unregel­

mäßigen Zeitabschnitten machen vorzugsweise die selbständigen Gewerbe­ *

Mündelgelder.

Schriften 136.

28

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Carl Leonhardt.

434

treibenden für sich selbst, für ihre Kinder dagegen sparen sie sehr eifrig

und regelmäßig.

Die meisten Arbeiter bringen ebenfalls für sich und für

ihre Kinder kleinere Geldbeträge von 2—10 Mk. in größerer Anzahl zur Kasse.

Größere einmalige Einlagen der Arbeiter rühren meistens von

einer Mitgift oder Erbschaft her und werden vielfach, soweit sie nicht Mündelgelder sind, nach und nach in kleinen Beträgen wieder abgehoben.

Der Beamte benutzt häufig die Sparkasse als Depositenbank, bringt sein Gehalt am Ende des Monats oder Quartals dorthin, um Teilbeträge

hiervon abzuheben, sobald er sie gebraucht.

Viele städtische Beamte,

insbesondere Lehrer, lassen zu diesem Zwecke den größten Teil ihres Ge­ halts direkt von der Stadtkasse an die Sparkasse überweisen. Seit dem Bestehen dieser Einrichtung (1. Januar 1908) sind von den ungefähr 20 000 Mk. betragenden monatlichen Überweisungsgeldern an die

Städtische Sparkasse etwa 15—18 000 Mk. wirklich erspart worden. Erwähnt sei hier auch

die Sparkasse des Kaufmännischen

Vereins. Die Mitglieder derselben führen allmonatlich bestimmte Beträge,

die zwischen 4 und 50 Mk. schwanken, an ihren Rechner ab, der jedesmal den Gesamtbetrag zur Städtischen Sparkasse bringt und ihn dort auf ein Sparbuch einlegt, das auf den Namen des Vereins lautet. Am Ende jedes Rechnungsjahres (31. März) wird der ersparte Jahresbetrag und

Zinsen pro rata der Einlage den einzelnen Mitgliedern auf ihre eben­ falls bei der Städtischen Sparkasse angelegten privaten Sparkonten gut­ geschrieben, auf die sie nach Belieben im Laufe des Jahres auch andere

Einzahlungen und Abhebungen machen können. auf diese Weise von

203 Mk. erspart.

Im Jahre 1909 wurden

38 Mitgliedern 7 720 Mk. d. h. pro Mitglied

Das auf 35 Sparbücher entfallende Guthaben bei der

Städtischen Sparkasse betrug Ende 1908

36 498 Mk. d. i. pro Buch

Vierundzwanzig dieser Konten waren im Besitze von er­ wachsenen männlichen Personen (Durchschnittsguthaben 1318 Mk.), zwei gehörten Ehefrauen (368 Mk.) und neun Kindern (460 Mk.). 1043 Mk.

Regelmäßige

vierteljährliche Einzahlungen

macht

der

sogenannte

Unteroffiziersparverein, dem alle aktiven Unteroffiziere des Offenbacher

Jnfanteriebataillons angehören müssen.

Jedes Mitglied besitzt bei der

Städtischen Sparkasse ein Sparbuch, das stets in Verwahrung des Zahl­ meisterbureaus bleibt. Die einzelnen Einlagen, die zwischen 6 und 27 Mk.

schwanken, sind Abzüge von der Löhnung und werden von der genannten Stelle direkt an die Kasse abgeführt.

Diese schreibt den einzelnen Mit­

gliedern die entsprechenden Beträge gut und

bücher dem Einlieferer zurück.

gibt die quittierten Spar­

Abhebungen erfolgen selten und meist

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Das Sparwesen in der Stadt Offenbach a. M.

435

nur in geringen Beträgen; sie dürfen nur mit schriftlicher Genehmigung

vorgenommen

-es Bataillonskommandeurs

werden.

Zu

Beginn

des

Jahres 1909 besaßen 77 Unteroffiziere ein Guthaben von 15 568 Mk.; auf den einzelnen kam demnach eine Ersparnis von rund 200 Mk.

Er­

wähnenswert ist auch das Verfahren der Expedition einer Offenbacher Zeitung, die monatlich für jede ihrer Trägerinnen von deren Lohn den

Betrag von 2 Mk. bei der Sparkasse anlegt.

Einem größeren Bau­

unternehmer, der seinerzeit ebenfalls für seine Lehrlinge monatlich einen Teil ihres Lohnes bei der Städtischen Sparkasse einzahlte, wurde dies auf Veranlassung eines Vaters der jungen Leute vom Gewerbegericht

untersagt.

Die Folge davon war, daß diese Konten entweder eingingen,

oder aber keine weiteren Einzahlungen seitens der Inhaber auf sie ge­ leistet wurden. Unter die regelmäßigen Einleger sind auch die sogenannten Weih­

nachtskassen zu zählen.

Es sind meistens Stammtischgesellschaften oder

auch freie Sparvereinigungen von Arbeitern einzelner Fabriken und von Mit­ gliedern geselliger Vereine.

Die Mitglieder der Weihnachtskassen — vor­

wiegend Arbeiter, kleine Beamte usw. — zahlen von Beginn des Jahres

an wöchentlich oder monatlich bestimmte Beträge an einen Kassierer (meistens den Wirt), der jedesmal den erhaltenen Gesamtbetrag bei der Sparkasse auf ein Einlagebuch einzahlt.

Kurz vor Weihnachten wird die

so angesammelte Summe in der Regel vollständig abgehoben und an die

einzelnen nach der Höhe ihrer Einlagen verteilt.

Der größte Teil des

Geldes wird ausgegeben für Weihnachtsgeschenke und oft sehr zwecklose Nur selten wandern kleine Beträge wieder zur Spar­

Vergnügungen.

kasse.

Auf diese Weise werden alljährlich bei der Städtischen Sparkasse

etwa 90 000 Mk. den einzelnen

„gespart".

Welcher Durchschnittsbetrag hiervon auf

entfällt, war wegen der sehr großen Zahl dieser Kassen

und der fortwährenden Veränderung ihres Mitgliederbestandes nicht fest­

zustellen.

In Zeiten schlechten Geschäftsganges und während der Dauer

sogenannter Bierstreiks geht der Betrag der von Weihnachtskassen ein­

gelegten Summen sehr erheblich zurück. Die großen Frankfurter Brauereien

unterstützen die Weihnachtskassen natürlich sehr eifrig, und zwar dadurch, daß sie entweder denselben auf ihre Einlagen bei den Sparanstalten Zins­ zuschüsse gewähren oder aber die Gelder zu einem höheren Zinssatz (4 o/o) selbst verwalten.

In den letzten fünf bis zehn Jahren wurden von sechs

Frankfurter Brauereien jährlich etwa 45—50 000 Mk. aus Offenbach

stammende Weihnachtskassengelder verwaltet.

Zur Förderung des Sparsinns besteht schon seit dem 19. Dezember 1881 28*

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Carl Leonhardt.

436

die Pfennigsparkasse des Hilfsvereins, deren Marken von der Städtischen Sparkasse eingelöst oder gutgeschrieben werden.

Diese bequeme

Gelegenheit zum Sparen kleiner Beträge wird verhältnismäßig wenig benutzt.

Seit Gründung des Instituts bis zum 31. März 1909 wurden im ganzen 233 405,80 Mk. in Marken u 10 Pfg. verkauft, d. h. durchschnittlich 8644 Mk. pro Jahr.

In den ersten Jahren des Bestehens der Pfennig­

sparkasse und in Zeiten wirtschaftlichen Aufschwungs wurde dieser Durch­ schnittsbetrag etwas überschritten, im allgemeinen aber ist der Verkauf von Marken zurückgegangen oder wenigstens nicht entsprechend der zu­ nehmenden Bevölkerung gestiegen.

Auch die Anzahl der Verkaufsstellen,

die anfangs 56 betrug, ist auf 20 im Jahre 1909 zurückgegangen.

Die

Inhaber der Verkaufsstellen (Kolonialwaren- und Schreibwarenhändler)

haben meistens kein Interesse an einem hohen Absatz von Sparmarken, empfinden sogar das Vorrätighalten einer größeren Anzahl als eine Last,

um so mehr da sie dieselben im Voraus bezahlen müssen und keinen materiellen Nutzen an ihrem Verkaufe haben.

Das geringe soziale Emp­

finden dieser Leute ist zum Teil schuld an der langsamen Entwicklung der Pfennigsparkasse; es ist zu beobachten, daß von den wenigen Ver­

käufern, die sich einigermaßen der Sache annehmen, eine ziemlich große

Anzahl Sparmarken abgesetzt wird.

Arbeiterkinder.

Die Käufer der Marken sind meist

In früheren Jahren bis zur Einführung von Hausspar­

kassen seitens der Städtischen Sparkasse und des Bankvereins sparten

auch viele Kinder von Wohlhabenden auf diese Weise.

Ein Kolonial­

warenhändler, dessen Laden sich in der Nähe großer Fabriken befindet, verkauft allwöchentlich am Zahltage für etwa 30 Mk. Sparmarken in einer Summe an die Arbeiterinnen einer Fabrik.

Viele Karten zu 2 Mark

(mit 20 Marken u, 10 Pfg. beklebt) werden bei der Städtischen Spar­

kasse in bar umgewechselt anstatt auf ein Sparbuch eingelegt.

Hierdurch

wird der ganze Zweck der Einrichtung, die Erziehung zum Sparen, nichtig. Es fei noch bemerkt, daß die Städtische Sparkaste aus ihrem Überschüsse der Pfennigsparkasse des Hilfsvereins eine jährliche Unterstützung im Be­

trage von 100 Mk. gewährt.

Wie schon erwähnt gibt die Städtische Sparkasse seit dem Jahre 1908 Haussparbüchsen aus.

Voraussetzung der Abgabe ist eine Mindest­

einlage von 3 Mk. und das Unterschreiben eines Reverses, wonach sich der

Entleiher verpflichtet, die Kassette in brauchbarem Zustande zu erhalten. Der Schlüssel bleibt in Verwahrung der Sparkasse.

Verausgabt wurden

bis Ende 1908 290, entleert 97 Stück mit 5272 Mk. Die Besitzer der Heimsparkassen waren zum größten Teile Beamte (vorzugsweise städtische

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437

Beamte) und Arbeiter; selbständige Gewerbetreibende, kaufmännische An­ gestellte und Dienstboten benutzten ebenfalls häufig Etwa ein Drittel der Sparbüchsen

diese Einrichtung.

war für Kinder entliehen.

Nähere

Angaben über das Sparguthaben waren nicht zu erhalten, da für die

Haussparkassen keine besondere Konten geführt werden.

Vantverein. Tabelle I. Die Ersparnisse (in 1000 Mk).

Jahr

1897 1898 1899 1900 1901 1902 1903 1904 1905 1906 1907 1908 1909

Guthaben der Ein­ leger -i- Zinsen

1559 1663 1584 1908 1850 1860 1963 1889 1934 1822 1875 2015 2527>

Mehr (u ) oder weniger (—) gegen das Vorjahr

Ein­ lagen

-t- 34 3- 104 — 79 324 — 58 4- 10 103 — 74 4- 45 — 112 53 -l- 140 -t- 512

551 565 574 849 733 675 674 549 620 530 658 779 1375

>

! j ! ! ' ! ! ! I !

Mehr Rück­ zahlungen eingelegt

! !

559 507 698 579 851 719 625 677 629 697 662 69S 949

!

! '

>

__ 58 --270 — — 49 — — — — 80 426

Mehr zurück­ gezahlt

Jährliche Zinsen­ gutschrift

8 — 124 — 118 44 — 128 s 167 4

42 46 45 54 60 54 54

! ! !

!

54 54 53 56 60 77

!



Tabelle II. Durchschnittsbetrag

Anzahl

Jahr

1897 1898 1899 1900 1901 1902 1903 1904 1905 1906 1907 1908 1909

der Konten

der neuen Bücher

1511 1560 1579 1615 1625 1626 1607 1667 1712 1667 1711 1776 1968

253 259 232 232 224 214 190 262 234 181 266 316 432

!

!

'

der zurück­ bezahlten Bücher

des Gut­ habens

einer Einlage

einer Rück­ zahlung

227 210 213 196 214 213 209 202 189 226 222 251 240

1031 1066 1003 1181 1138 1144 1222 1133 1129 1093 1096 1134 1284

221 221 226 347 309 282 294 223 246 223 232 277 347

402 390 502 466 858 539 442 483 435 508 494 485 491

I

'

j !

I !

' Mrt Haussparkasse.

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438

Das Guthaben der Sparer ist in den letzten dreizehn Jahren um 968 000 Mk. — 62,09 o/o gestiegen, d. h. in doppelt so starkem Maße als das Sparkapital bei der Städtischen Sparkasse. Über die Hälfte dieser Zunahme entfällt allerdings auf das Jahr 1909, so daß beide

Kassen im großen und ganzen die gleiche Entwicklung zeigen.

Auch beim

Bankverein ist in mehreren Jahren die Steigerung des Einlageguthabens auf Zinsengutschrift zurückzuführen. Der Einfluß der wirtschaftlichen Kon­

junktur auf die Spartätigkeit kommt hier viel weniger in regelmäßigen Schwankungen des Guthabens zum Ausdruck, wie bei der Städtischen Sparkasse, weil die größeren Einlagen meistens wirkliche Ersparnisse und zum geringeren Teile Depositen sind ^.

Gerade die wohlhabenden Ein­

leger besitzen beim Bankverein neben ihrem Sparkonto noch eine laufende Rechnung, auf die sie, trotz des niedrigen Zinssatzes, ihre vorübergehend

verfügbaren Gelder einzahlen, um bei Bedarf größerer Beträge nicht an lange Kündigungsfristen gebunden zu sein, sondern jederzeit rasch über ihr Guthaben verfügen zu können, mittels Scheck, Überweisung usw.

Andererseits nehmen gerade in Zeiten wirtschaftlichen Aufschwungs die

Einlagen der beim Bankverein in großer Anzahl sparenden Angehörigen

des Mittelstandes (Händler, Metzger, Bäcker, Wirte) und der besser­ bezahlten Arbeiter (Werkmeister, Vorarbeiter usw.) beträchtlich zu, so daß

der gleichzeitige Abfluß großer Summen viel weniger in einem

starken Rückgang des Einlageguthabens zum Ausdruck kommt. Der große Rückgang des Guthabens im Jahre 1906 hatte eine be­

sondere Ursache.

Im September dieses Jahres begann der Bankverein

langfristige Darlehen gegen Schuldscheine? aufzunehmen und für solche bei sechsmonatlicher Kündigung 8^/2 o/o, bei zwölfmonatlicher Kündigung 4 o/o Zinsen zu zahlen.

Das höhere Zinserträgnis dieser Anlage ver­

anlaßte viele Sparer, ihr Guthaben zu kündigen und Schuldscheine dafür zu kaufen.

Die Anzahl und die Beträge der in den einzelnen Jahren

ausgegebenen Schuldscheine sind aus folgender Tabelle ersichtlich.

Es ist sonderbar, wie gerade in den geldknappen Jahren 1907 und 1908 viele große Beträge über 2000 Mk. in Schuldscheinen angelegt wurden.

Es ist dies wohl ein Beweis dafür, daß auch diese Gelder vor­

wiegend tatsächliche Ersparnisse sind.

Die verhältnismäßig schlechte Ver­

wertbarkeit größerer Kapitalien in den Jahren 1909 und 1910 nötigte * Spargelder bis zu Mk. 10000.— werden jederzeit, größere Beträge nach vorausgegangener Vereinbarung angenommen. Rückzahlungen erfolgen in der Regel sofort, doch kann auch vierteljährliche Kündigung verlangt werden. - Mit Zinscoupons per 1. Mai und 1. November.

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M.

Tas Sparwesen in der Stadt Offenbach a.

439

die Bank, fast alle Darlehen auf Schuldscheine zu kündigen, wodurch

wieder große Summen

Auch von vielen

zur Sparkasse zurückflossen.

anderen Seiten strömten in diesen Jahren flüssigen Geldstandes enorme

Beträge zur Sparkasse des Bankvereins. !

Gesamt

Jahr

mit 1/2 jährt. Kündigung

mit lährl. Kündigung

! Betrag

Betrag

Z

Mk.

Mk.

1 1 2 1

10 000 2 000 3 000 2 000

! Betrag

Ende

1906 1907 1908 1909

Mk. 8 43 000 43 126 000 92 263 950 67 197 350

Dem Betrag nach waren ausgegeben

7 33 000 42 124 000 90 260 950 66 195 350

! 2000- 5000über 5000 10 000! 10 000

10002000

bis 1000

__

__

15 28 19

9 27 21

,

1 15 25 16

j !

7 4 11 10

_ — 1 1

i

Ende

1906 1907

Aus Darlehen gegen Schuldschein gezahlte Zinsen NE.

.............................

126,79 2 797,60

1908

9 411,41

1909

10 355,98

Die große Steigerung des Einlageguthabens im Jahre 1900 ist auf andere Ursachen zurückzuführen. Der Geschäftsbericht der Bank sagt

hierüber folgendes: „Die schon seit Frühjahr bestehende ungünstige Lage des Effektenmarktes bot dem Publikum wenig Anreiz zu Transaktionen.

Es bevorzugte dagegen mehr, seine verfügbaren Mittel bei soliden Bank­

häusern, wenn auch zu einem niedrigeren Zinssatz, zu hinterlegen, um sie später zu einer für Anlagen in Wertpapieren geeigneteren Zeit wieder

Eine nicht unerhebliche Vermehrung der Bardepositen

abzuheben.

ursächlich des Borgesagten auch bei uns erfolgt.

ist

Die Spareinlagen und

Guthaben auf Scheckkonto erreichten mitunter sehr beträchtliche Höhen

und noch am Jahresschluß überragt ihr Stand den

vorjährigen um

etwa 200 000 Mk.; die im laufenden Jahre (1901) auf dem Markt für Anlagewerte

eingetretene günstigere Konjunktur hat

aber bereits

den

Rückzug größerer Summen im Gefolge gehabt." Über die Entwicklung der einzelnen Konten gibt zunächst Tabelle II

(Seite 437) Auskunft. Die Sparerzahl ist zwar langsam aber mit geringen

Ausnahmen von Jahr zu Jahr gestiegen; eine größere Zunahme erfolgte nur 1909.

Das Durchschnittsguthaben dagegen war im Laufe der Jahre

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Carl Leonhardt.

440

ähnlichen Schwankungen unterworfen, wie das Gesamteinlagekapital. In

welcher Weise dieses Auf und Nieder durch Zu- oder Abnahme der großen bzw. kleineren Konten verursacht worden ist, zeigen folgende zwei Übersichten. Verteilung der Konten nach Größenklassen in den einzelnen Jahren.

Jahr

bis 50

50100

100500

5001000

Mk.

Mk.

Mk.

Mk.

zus. bis 1000 Mk.

10003000

30005000

50008000

Mk.

Mk.

Mk.

Mk.

zus. über 1000 Mk.

15 16 17 14 14 16 18 13 14 11 16 20 24

483 503 509 493 503 506 510 489 503 496 532 549 648

8000über 10 000 10 000 Mk. !

1897 1898 1899 1900 1901 1902 1903 1904 1905 1906 1907 1908 1909

228 235 238 240 236 247 214 257 267 248 250 264 275

121 124 126 140 120 117 119 126 137 150 142 159 154

453 468 474 503 511 493 516 532 548 527 544 542 596

226 230 232 239 255 263 248 263 257 246 243 262 295

1028 1057 1070 1122 1122 1 120 1097 1178 1209 1171 1 179 1 227. 1320

317 90 328 95 330 ! 96 89 331 338 93 86 340 332 85 333 76 85 331 321 98 - 82 368 369 99 113 430

45 47 48 42 37 48 51 49 53 52 58 50 67

!

16 17 18 17 21 16 24 18 20 14 8 11 14

I

j Zunahme der Kontenzahl (in Prozenten). Jahr

. Vemmr

1898 1899 1900 1901 1902 1903 1904 1905 1906 1907 1908 1909

3,24 1,21 2,28 0,61 0,06 — 0,17 3,73 2,70 — 2,63 2,64 4- 3,80 -s- 10,81

bis Mk. 1000

über Mk. 1000

(-l- oder — gegen 4- 2,82 4- 1,23 4- 4,86 4- 0,00 — 0,18 — 2,02 4- 7,36 4- 2,63 — 3,15 4- 0,69 -I- 3,89 4- 7,56

das Vorjahr) 4,14 1,18 — 3,24 -I- 2,03 0,60 0,80 — 4,12 -s- 2,86 — 1,39 7,10 3,19 4- 18,00

Im allgemeinen ist in den Jahren steigender wirtschaftlicher Kon­

junktur die Anzahl der kleinen und mittleren Konten stärker gewachsen als die der großen, in schlechten Zeiten dagegen ist eine entgegengesetzte

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Das Sparwesen in der Stadt Offenbach a. M.

441

Bewegung zu bemerken. Einige Abweichungen von dieser Regel sind durch

besondere Umstände verursacht worden.

Die im Jahre 1907, trotz des

außergewöhnlich hohen Standes der Geldleihsätze, erfolgte Zunahme der

großen Konten wurde hervorgerufen durch das Flüssigwerden bedeutender Geldsummen bei der Auflösung der zehnten Spargesellschaft Fortuna und die Erhöhung des Einlagezinsfußes von 3 auf 3^/4 o/o am 31. März

dieses Jahres.

Die Einzahlung größerer ersparter Beträge von Fortuna-

mitgliedern erfolgte zu jener Zeit in besonders hohem Umfange beim Bankverein, weil dieser höhere Zinsen gewährte als die Städtische Spar­

kasse, die erst am 1. Januar 1908 ihren Zinssatz heraufsetzte. lagen werden auch aus demselben Grunde von dem letzteren zum ersteren übergegangen sein.

Biele Ein­

Institute

Wenn im Jahre 1900 die Anzahl der

Sparbücher mit einem Guthaben über 1000 Mk. gegen das Vorjahr abgenommen hat, so ist die gleichzeitig erfolgte enorme Vermehrung des

Einlagekapitals doch nicht allein der Zunahme der kleineren Konten zu­ zuschreiben, sondern es ist anzunehmen, daß die damaligen großen Ein­ lagen hauptsächlich auf schon bestehende und nur in geringem Maße auf

neue Sparkonten gemacht wurden oder aber unter den letzteren sich einige

mit ganz hohen Beträgen befanden. Für diese Annahme sprechen auch die bereits oben erwähnten Ausführungen des Geschäftsberichts von 1900. Der Rückgang des Sparguthabens im Jahre 1904 wurde veranlaßt durch

die Kündigung vieler großer Guthaben.

Besondere Gründe hierfür konnten

nicht ermittelt werden. Zur Beurteilung der anderen Zahlen ist das bei der Tabelle I Gesagte nur zu wiederholen. Von den 1776 Sparbüchern Ende 1908 lauteten 1227 (69,09 o/o)

auf Beträge bis zu 1000 Mk., 549

(30,91 o/o) auf höhere Summen.

Das Einlagekapital betrug 2 020 961 Mk. und verteilte sich in folgender Weise auf die einzelnen Berufe bzw. Orte. (Siehe Tabelle auf S. 442.) Entsprechend der geringeren Anzahl auswärts wohnender Einleger ist auch deren prozentueller Anteil am Gesamtguthaben kleiner als bei der Städtischen Sparkasse.

Das hohe Durchschnittsguthaben dieser Sparer

zeigt jedoch, daß auch sie vorzugsweise den besseren sozialen Schichten der Bevölkerung angehören. Die verhältnismäßig niedrigen Beträge für Bürgel

und die übrigen Orte des Kreises ist einmal darauf zurückzuführen, daß der Bankverein am erstgenannten Platze eine Wechselstube besitzt und da­

durch den dortigen „kleinen Leuten" eine bequeme Spargelegenheit bietet, dann aber auch auf das Fehlen mündelsicherer Einlagen. 91,38 o/o des Sparguthabens entfallen auf die Offenbacher Einleger. Weit mehr als ein Viertel desselben gehört selbständigen Gewerbetreiben-

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LL >

° " ° l-

-perion n

S

-

^hne Ehefrauen)

liche^Personen

LL

i

-

Ehefrauen

-

LL

....

Sonstige

O r te ...................................

F echenheim ..............................................

F ra n k fu rt ..................................................

Übrige O rte des Kreises

B ü r g e l ................................................ B ie b e r ...................................................... —







— —







- - -

.

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691

1170 1147

2 020 961

1137

13071 1179 17338 722 53275 1066 5615 1871 57 244 1503

27 640

184 852

1846 778



— — — —

1371

675

1371

589

Sparer

186573 872 211410 1046 82 983 596 34279 1182 40 690 1356 33356 793 335566 1490

4123

168678 39 809 524 459

L Ä ,'

Zusammen

626

1025

-

624 —

165

474 365

20 985 820 515

Zusammen :

!

,

!

!

!

j

!

Kinder

Landw irte _____________________ 4103 684 — — — — 20 Fabrikanten usw ................................ 76324 1958 — 19407 1386 70497 Leitende Angestellte.......................... 22 329 573 — — 4 359 1089 13121 Selbständige Gewerbetreibende . . 386 782 1680 56 475 2172 26142 871 55 070 Kaufmännische und technische A ngestellte ....................................... 122780 944 3113 389 33161 2072 27519 A rbeiter ................................................ 183712 1155 1 288 644 20575 823 5 835 B e a m te ..................................................... 59719 776 3958 494 12379 1125 6927 Freie B e r u fe ................................... 23 893 1838 — — 2 266 755 8120 Selbständige weibliche Berufe . . — — 40 690 1356 — — — Dienstmädchen .......................................... — — 33356 794 — Rentner usw ....................................... 91058 2221 194520 1380 9955 2488 40033 Juristische P e rs o n e n ................................... — — _______ — ______ — ______ — — _______— S ta d t O ffenbach .............................. 972 6 9 0 ^ 1 3 4 3 333 400 1292 128 244 1198 227 592

____________________________________

Berufe bzw. W ohnort der

^liche^Personen"°

Bankverein. ( In Mark.)

442

Carl Leonhardt.

-----

Tas Sparwesen in der Stadt Offenbach a. M.

443

den, dann folgen nach der Größe ihres Sparguthabens geordnet Berufs­ lose, Arbeiter, kaufmännische und technische Angestellte, juristische Personen, Die größten Durchschnittsguthaben besitzen natürlicher­ weise die wirtschaftlich Selbständigen. Sehr groß ist aber auch der Kopf­

Fabrikanten usf.

teil für die Angehörigen der weiblichen Berufe und die Arbeiter.

Es ist

überhaupt zu beobachten, daß gerade die oberen Schichten der wirtschaftlich

unselbständigen Bevölkerung mit Vorliebe die Sparkasse des Bankvereins benutzen.

Während z. B. der weniger gut gelohnte, ungelernte Arbeiter

ein gewisses Vorurteil gegen den Bankverein als Privatinstitut empfindet und seine Spargroschen bei der Städtischen Sparkasse sicherer anzulegen glaubt, bringt die Elite der Arbeiterschaft ihre Ersparnisse zur Bank,

zum Teil vielleicht auch nur aus Furcht vor der Steuerbehörde.

Von

den untersuchten Arbeitersparbüchern

lauteten 33 auf Guthaben bis zu 100 Mk. 65





von

42







500—1000



47







1000—3000





„ „

„ 3000-5000 über 5000 Mk.



11 4



100— 500 Mk.

Über die Dauer der Konten, sowie über die Anzahl und Höhe der

einzelnen Einlagen war leider nichts Genaueres in Erfahrung zu bringen. Die kleineren Guthaben hatten auch hier im allgemeinen ein geringeres Alter als die großen und gehörten vorzugsweise Kindern und Minder­

bemittelten. Einige Angaben über den Anteil der Mitglieder des Bankvereins an dem Einlagekapital dürften von Interesse sein. Mehr als ein Viertel

des Gesamtguthabens befindet sich im Besitze von Mitgliedern oder An­ gehörigen derselben.

Sehr häufig kommen mehrere Sparbücher in einer

Familie vor. Das Durchschnittsguthaben beträgt 1518 Mk. und ist somit

höher als der Gesamtdurchschnitt, was aber weiter nicht zu verwundern ist, da die Mitglieder fast ausschließlich wirtschaftlich selbständige Per­

sonen sind.

Unter den Mitgliedern hatten: Durchschnitts­ guthaben Mk.

1 Landwirt ein Sparguthaben von Mk. . 80 Fabrikanten ein „ „ „ . 3 leitende Angestellte ein Sparguthaben von Mk................................................ ..... . 84 Mitglieder u. Angehörige

. .

.

Übertrag:

454,— 120 597,—

454,— 1 507,—

343,—___________ 114,121 394,—

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Carl Leonhardt.

444

Durchschnitts­ guthaben Mk. 84 Mitglieder u. Angehörige Übertrag: 121 394 — 186 selbständige Gewerbetreibende ein Spargut­ 295 922,haben von Mk............................................ 1 391,— 8 Handlungsgehilfen ein Sparguthaben von 5 628,— 704,— Mk..................................................................... 15 107,— 11 Beamte ein Sparguthaben von Mk. . . 1 373,— 5 Angehörige der freien Berufe ein Spargut16 192,— 3 238,— haben von Mk................................................ 41 Rentner oder Witwen ein Sparguthaben 70 174,— 1 712,von Mk.......................................................... 9 Mitglieder aus Bürgel ein Sparguthaben 5 019,558,— von Mk............................................................ 5 Mitglieder aus dem Kreise Offenbach ein 17 338,— 222,— Sparguthaben von Mk................................ 3 Mitglieder aus Frankfurt a. M. ein Spar3 694 — 1 231,— ______ guthaben von Mk................................... - .

352 Mitglieder u. Angehörige

534 239,—

zusammen Mk. :

1 518,—

Es folgen noch einige Bemerkungen über die Haussparkasse, die im April 1908 eingeführt wurde.

Anzahl

Durch­ Erspartes der aus­ Guthaben schnitts­ gegebenen guthaben (Mark) Kassetten

Verteilung nach Betragsklassen (in Mark) 100- > 200200 300

100

31. Dez. 1908

217

8 977,—

41,37

198

31. Dez. 1909

264

20 243,—

76,67

199

11 43

! 1

300500

5001000

4

2

2

11

7

4

Von dem Zeitpunkt der Einführung der Haussparkasse bis Ende 1908

wurden eingelegt in 410 Posten 12 481,78 Mk. zurückgezahlt



40



3 504,77



(Durchschnitt 30,44 Mk.) „ 87,60 „ )

(

Im Jahre 1909 ist der ersparte Betrag in stärkerem Maße gestiegen als die Anzahl der ausgegebenen Büchsen; das Durchschnittsguthaben ist dementsprechend ebenfalls gewachsen.

Obwohl diese Zunahme sehr zu be­

grüßen ist, entsprach sie doch nicht den Erwartungen. Gerade in Arbeiter­

kreisen wird noch sehr wenig Gebrauch gemacht von dieser Art des Sparens. Für diese Leute ist der durch das Abholen der Gelder ausgeübte moralische

Zwang immer noch das wirksamste Mittel, sie zu einer länger anhaltenden Spartätigkeit zu veranlassen.

Der verhältnismäßig hohe Durchschnitts­

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Tas Sparwesen in der Stadt Offenbach a. M.

445

betrag für Arbeiter kommt von wenigen größeren Einlagen einiger fleißigen

Sparer; die große Mehrzahl erspart nur kleine Summen. Die wohl­ habenden Kreise benutzen die Haussparkasse sehr eifrig, besonders im Inter­ esse ihrer Kinder. Nähere Einzelheiten sind aus folgenden Zahlen ersichtlich. 31. 12. 08 Erwachsene Personen

31. 12. 08 Ehefrauen

31. 12. 08 Kin der

31. 12. 08 Zusammen

31. 12. 09 Zusammen

­ Betrag Durch schnitt Mk. Mk.

Durch­ Betrag schnitt Mk. Mk.

Fabrikanten . . . Selbst. Gewerbe­ treibende . . . Kaufnn und techn. Angestellte. . . Arbeiter................. Beamte................. Freie Berufe. . . Weibliche Berufe . Berufslose.... Vereine................. AuswärtigeSparer

Mk.

Mk.

4

145

22

708

Mk.

1955

24 1041 29 1191

41

36

111

! 37 > 1863 65> 2682 >

41

84 5985 I

25 11 — — — — — —

22^ 12 3 1 — 2 — —

24 54 89 6 39 32 50 59

76 49 13 2 7 8 4 13

1 6

Betrag

Zahl

Betrag

Zahl

Betrag

Zahl

Zahl

1

Berufe der Sparer

5

33 828 2 20 1618 25 641 — — — — 234 — 6 159 — 3 (3 151) — 9 530 —

533 57 1386 283 34 1912 75 716 8 1 6 6 — 6 234 5 169 10 — 151 3 530 — 9

!

71

4723 ! 62 3525 72 1173 90 38 19 1182 171 378 47 118 29 1166 89

Spargesellschaft „Fortuna".

Nr. der Gesell­ schaft

6 7 8 9 10 11

Jahre ihres Bestehens

Mitglieder­ zahl

Anteilzahl ü, Mk. 25

1877/82 1882/87 1887/92 1892/97 1897/1902 1902/07 1907/12

779 1067 1579 1737 1621 1420 1595

19 0171 25 869 43 454 55 024 53 799 48 423 56 065 2

! ! ! ! !

Ersparte ! Ersparter Summen in > Betrag pro 5 Jahren ! Mitglied Mk. Mk.

!

! I 1

380 340 646 725 1 086 350 1 375 600 1 344 975 1 210 575 1401 6252

488 606 688 792 829 852 8782

Wie schon im Kapitel I erwähnt wurde, löst sich die Gesellschaft

nach jedesmaligem fünfjährigen Bestehen auf und verteilt die in diesem Zeitraum angesammelten Spargelder an die Mitglieder nach der Höhe ihrer Anteile.

Diese Beträge sind im Gegensatz zu den Einlageguthaben

der Sparkasse sämtlich wirkliche Ersparnisse, die in wöchentlichen — teils auch in monatlichen — Raten angesammelt werden.

Jedes Mitglied hat

einen Beitrag von mindestens 50 Pfg. pro Woche zu entrichten.

Dieser

1 Anteil u Mk. 20. - Auf Grund des Standes Ende 1907/08 berechnet.

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446

Carl Leonhardt.

Betrag wird jährlich 50 mal erhoben.

Die Weihnachtswoche und die

letzte Woche des Rechnungsjahres fallen aus. Das Mitglied erwirbt sich auf diese Weise jährlich einen Anteil im Betrage von 25 Mk., doch kann es auch durch entsprechend höhere wöchentliche Beiträge mehrere solcher

Anteile jährlich erwerben.

Die einmal begonnenen Wocheneinzahlungen

müssen für das laufende Rechnungsjahr, also bis zur Zahlung des vollen Anteiles, fortgesetzt werden und sind nur mit Einwilligung des Ver­

waltungsrates der Gesellschaft auf Dritte übertragbar.

Bei dem etwaigen

Ableben eines Mitgliedes treten dessen Erben ganz in seine Rechte ein

und können entweder die Beiträge zur Gesellschaftskasse fortzahlen oder die für das laufende Rechnungsjahr geleisteten Einzahlungen zurückver­ langen.

Wie die obige Tabelle zeigt, haben die in den einzelnen fünf­

jährigen RechnungsPerioden ersparten Summen entsprechend der schwan­ kenden Mitgliederzahl bald zu- und bald abgenommen. Das Durchschnitts­

guthaben pro Mitglied ist indessen andauernd gewachsen.

Da sich die

soziale Zusammensetzung der Mitglieder im Laufe der Jahre kaum ge­ ändert hat, ja fogar die Anzahl der ganz großen Einzeleinlagen abgenom­

men hat, ist diese anhaltende Steigerung vor allem hervorgerufen worden durch zahlreich erfolgte Beitragserhöhungen der mittleren und kleinen Sparer.

Es ist dies eine erfreuliche Folgeerscheinung der in den letzten

Jahrzehnten eingetretenen allgemeinen Erhöhung des Arbeitseinkommens, speziell der lohnarbeitenden Klassen.

Berufe

Erw. Personen gesparte Anteile ä Mk. 25

Zahl

Durch­ schnitt

Landwirte............................................... Fabrikanten........................................... Leitende Angestellte............................... Selbständige Gewerbetreibende . . . Kaufm. und techn. Angestellte. . . . „ „ „ weibl Angestellte. Werkmeister................................................ Sonstige gelernte Arbeiter................. Ungelernte Arbeiter.............................. Beamte.................................................... Freie Berufe........................................... Selbständige weibliche Berufe. . . . Berufslose................................................ Nicht feststellbar.......................................

62 1146 131 4003 990 115 341 1043 171 205 286 261 348 —

15,50 17,63 6,90 11,25 6,39 3,83 6,20 3,83 3,56 3,31 31,78 5,78 4,70 —

Zusammen................................................

9102 82,04 o/o

7,53 Z-

Ehefrauen gesparte Anteile n Mk. 25 Zahl

Durch­ schnitt

__ 289 — 556 88 —

__ 11,56 — 7,72 4,00 —

154

2 96

33 102 70 — 8 —

2,75 4,64 17,50 — 2,66 —

1300 11,72 o/o

6,22 4-

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Das Sparwesen in der Stadt Offenbach a. M.

447

Die Zahl der Mindestbeiträge von ^2 Mark pro Woche hat in den letzten 15—20 Jahren bedeutend abgenommen; Ende 1907/08 betrug sie

nur noch etwa fünfzig.

An jenem Zeitpunkte wurde von 1585 Mit­

gliedern wöchentlich bzw. monatlich 11094 Anteile ä 50 Pfg. erspart

Nachstehende Aufstellung zeigt die Verteilung

b. i. 3,50 Mk. pro Kopf.

dieser Anteilsumme auf die verschiedenen Berufe.

Mehr als vier Fünftel der Anteilsumme gehören den erwachsenen

Personen; der zugehörige Durchschnittsbetrag ist nicht sehr viel höher als derjenige für Ehefrauen, weil unter den letzteren die Angehörigen der

wohlhabenden Stände am stärksten vertreten sind.

Der weitaus größte

Teil des ersparten Geldes gehört den wirtschaftlich Selbständigen; aber auch die Arbeiter und die kaufmännischen und technischen Angestellten

Das Durchschnittsguthaben betrug am Ende

besitzen ansehnliche Beträge.

des untersuchten Geschäftsjahres 175 Mk. Größere Durchschnittsersparnisse erzielten die Angehörigen der freien Berufe (684,50), Landwirte (387,50),

Fabrikanten (379,75) und selbständigen Gewerbetreibenden (250,50).

Der

sehr hohe Betrag der ersteren kommt von einigen ganz großen Beiträgen Der an sich niedrige Durchschnittsbeitrag

bis zu 40 Mk. pro Woche.

der Arbeiter von 2 Mk. pro Woche gewinnt an Bedeutung, wenn man bedenkt, daß derselbe regelmäßig ununterbrochen fünf Jahre lang gezahlt

wird und so zu 500 Mk. anwächst.

Nur wenige Arbeiter erzielen den

gleichen Erfolg durch Einlagen bei einer Sparkasse. Kinder gesparte Anteile L Mk. 25

Zusammen gesparte Anteile a Mk. 25

Einen sehr wirk-

Zusammen in Prozenten

Durchschnitt­ liche Jahres­ ersparnis in Mark

Durch­ schnittliche Ersparnis nach 5 Jahren in Mark

Zahl

Durch­ schnitt

Zahl

Durch­ schnitt

__ 54 — 273 55

__ 6,75 — 5,06 3,23

62 1489 131 4 832

15,50 15,19 6,89 10,02

0,56 13,42 1,18 43,55

387,50 379,75 172,25 250,50

1937,50 1898,75 861,25 1252,50

1248

5,57

11,25

139,25

696,25

36 161 35 10 — — 23 —

3,60 3,04 3,18 3,33 — — 2,30 —

1735

3,93

15,64

98,25

491,25

239 317 356 261 379 45

!

3,16 3,64 27,38 5,78 4,36 3,75

2,15 2,86 3,48 2,08 3,42 0,41

79,00 91,00 684,50 144,50 109,00 93,75

395,00 455,00 3422,50 722,50 545,00 468,75

647 6,240/0

4,15 —

1

7,00

175,00 —

875,00 —

11094 100 »/»

! I



100 —

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Carl Leonhardt.

448

samen Schutz gegen willkürliche Austritte bietet die Bestimmung der Satzungen, wonach die aus der Gesellschaft Ausscheidenden einen Abzug von 6 o/o auf die geleisteten Einzahlungen erleiden. — Am Ende eines jeden Jahres werden sogenannte Hauptquittungen über die gezahlten Beiträge

erteilt. Gegen Hinterlegung dieser Quittungen gewährt die Gesellschaft ihren Mitgliedern Darlehen bis zu vier Fünftel des Betrags derselben zu dem Zinsfuß von 4 o/o. Nur auf diese Weise ist es vielen möglich auch in

schlechten Zeiten ihre Wochenbeiträge weiterzuzahlen und keinen Verlust erleiden zu müssen durch Ausscheiden aus der Gesellschaft.

Viele Leute

nehmen ein größeres Darlehen auf, als sie es gerade gebrauchen können,

um damit ihre einmal begonnenen Wocheneinzahlungen weiter vornehmen zu können, und nicht schon vor Ablauf des Geschäftsjahres gezwungen zu

sein, ihre Beiträge zu erniedrigen.

Beitragserhöhungen kommen natur­

gemäß häufiger unter den Wohlhabenden, als unter den Minderbemittelten

vor: aber auch sehr viele Arbeiter erhöhen von Jahr zu Jahr den Be­ trag ihrer wöchentlichen Einzahlungen. Die durchschnittliche jährliche Beteiligungserhöhung beträgt etwa 20—25 o/o des seitherigen Beitrages. Die Berufslosen besitzen nur einen sehr geringen Teil des Sparguthabens,

weil die meisten Mitglieder, die ihren Beruf aufgeben, mit dem Ende des

laufenden Geschäftsjahres ihre

regelmäßigen Zahlungen einstellen und

bei der folgenden Auflösung der Gesellschaft aus dieser ausscheiden. Zur Ergänzung des Gesagten folgt eine Übersicht über die Ergeb­

jahre

Rechnungs­

!

nisse der X. Gesellschaft „Fortuna" (1902—1907):

1. 2. 3. 4. 5. —

Wochen­ beiträge

Darlehen

Mk.

Mk.

Mk.

227 294,— 244 368,50 256 485,— 260 153,— 259 300 —

22 134 — 40 895,— 64490,— 69 147,—

6 906,— 14 315,— 19 329,20 011,-

1 247 600,50 37 025,50

196 666,— — 60 561,—

60 561,—

1 210 575,—

4-

Während der 5 Jahre von Darlehnsden Mitgliedern endgültig rückzahlungen zurückgekaufte

41 643,78

Mk. 1 252 218,78

zurückgezogene Wochenbeiträge Mk.

Hauptquittungen Mk.

1469,— 343,50 560,— 778,—

3150,50

8 950,— 13100,— 7 350,— 4475,— 33 875,— ! -l- 3150,50

136 105,— --- Darlehnsschuld der Mit­ glieder am Ende der 5 Jahre --- erzielter Überschuß

37 025,50

-- zur Verteilung gekommenes Vermögen.

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Tas Sparwesen in der Stadt Offenbach a. M.

449

Spar- und Kreditkasse der Offenbacher Lehrer.

Die Einrichtungen der Kasse sind denjenigen der Spargesellschaft „Fortuna" nachgebildet. Nach Z 2 seiner Satzungen hat der Verein den Zweck, seinen Mitgliedern Gelegenheit zu geben, sich durch monatliche

Beiträge ein kleines Kapital zu ersparen, sowie denselben in etwaiger

Geldverlegenheit schnell, leicht und billig bares Geld zu verschaffen durch Gewährung von Darlehen. trag von mindestens

Jedes Mitglied hat einen monatlichen Bei­

2 Mk. zu entrichten,

wodurch

es jährlich eine

„Aktie" im Betrage von 24 Mk. erwirbt; doch kann es auch durch ent­

sprechend höhere Einlagen mehrere solcher „Aktien" erwerben. Die Zahlung der Beiträge geschieht am Ende jeden Monats (am Tage der Gehalts­

zahlung) an den an jeder Schulgruppe ernannten Erheber.

Der Beitrag

wird dem Rechner abgeliefert und von diesem bei der Städtischen Spar­

kasse oder bei derjenigen des Bankvereins verzinslich angelegt.

An Ein­ trittsgeld wird von den Mitgliedern 10 Pfg. für jede „Aktie" erhoben;

im Laufe einer Rechnungsperiode neueintretende Mitglieder haben außer­ dem eine Nachzahlung von 18 Pfg. für jede Aktie und jeden abgelaufenen Monat zu bezahlen, womit sie bezüglich der vom Verein gemachten Zins­ gewinne in gleiche Rechte treten mit den übrigen Sparern.

Für zu spät

geleistete Einzahlungen ist ebenfalls pro Aktie und Woche eine Gebühr von

2 Pfg. zu entrichten.

Die folgende Tabelle zeigt sowohl die Entwicklung

der Sparerzahl als auch der eingelegten Spargelder seit Gründung der Gesellschaft.

Bei

zwei

untersuchten

Fabriksparkassen

werden

die

durch

wöchentliche Einlagen angesammelten Spargelder jedes Jahr zu Beginn

des Winters oder kurz vor Weihnachten wieder an die Mitglieder ver­

teilt.

Die durchschnittliche jährliche Gesamteinlage betrug 6000 Mk. bzw.

7000 Mk., d. h. pro Kopf des Mitgliedes

etwa

30—50 Mk.

Die

Wocheneinlagen der einzelnen Sparer sind in ihrer Höhe schwankend

und müssen mindestens 20 bzw. 50 Pfg. betragen; ihre durchschnittliche Höhe beträgt 1—2 Mk.

Abhebungen können im Laufe des Jahres in

beliebiger Höhe gemacht werden, erfolgen aber nur selten und in kleinen Beträgen. Bei der dritten Fabriksparkasse bestehen die Einlagen zum größten

Teil aus vereinbarten Standgeldern und Kautionen in bestimmter Höhe. Das Ansammeln dieser Beträge geschieht durch vereinbarte regelmäßige

wöchentliche Lohnabzüge vom vollen Wochenlohn und durch gelegentliche

Abzüge bei Auszahlung besonderer Vergütungen.

Rückzahlungen aus

den Standgeldern erfolgen nur auf vorheriges Ansuchen in Fällen unS christen 136. 29

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Carl Leonhardt.

450

Spar- und Kreditkasse der Offenbacher Lehrer. Jahr­ gang

der Anzahl der Rechnungs­ Anzahl „Aktien" Sparer periode (Zugang -!-) (— Abgang)

Gesamt­ einlagen Mk.

Zur Ver­ teilung gelangten Mk.

Pro Mit­ glied Mk.

1880 1881 1882

I. .

15 15—3 12—1

30 30—6 24—2

720 648 528

1883 1884 1885

II. .

24 24-l-2 26

70 70-^11 81—2

1680 1822 1896

1886 1887 1888

III. .

37-!-2—1 38 38

150-!-5—3 152-!-9 161-!-5

3 606 3 864 3 984

12 080,34

315

1889 1890 1891

IV. .

40-4 36-!-1—1 36-l-1—1

207—12 195-1-3—5 193-!-3—5

4 868 4 620 4 668

14 459,30

401

1892 1893 1894

62—1 61—1 60

303-!-32—5 330-1-4—13 321-1-3

7 640 7 662 7 770

^24 008,68

V. .

1895 1896 1897

62-2 60—2 58—1

388—8 380—15 365-!-1—10

9 228 8 790 8 544

^26 904,76

VI. .

1898 1899 1900

63—2 61—1 60-1-1-1

367—9 358-^17—5 370-1-1—15

8 706 8 754 8 604

^26 383,05

VII. .

1901 1902 1903

I r viii. . 1

80 80—2 78

506-!-4 510-!-5—11 504

12 224 12 274 12 096

^37 981,61

1904 1905 1906

80-^1 81—2 79

597-!-10 607—8 599

14428 14414 14 376

^45 056,62

IX. .

1907 1908 1909

107—2 105-!-3—4 104-!-1

738-1-10—20 728-!-27—7 748-1-2

17 492 17 814 17 996

^56114,50

X. .

s

l

vorhergesehener Notlage der betreffenden Arbeiter.

beträgt ca. 60 000 Mk.

1 772,74

161

5 617,21 ,

216

400

472

440

487

570

534

Das Gesamtkapital

Die meisten der 250—300 Sparer sind Arbeiter,

die nach der Art ihres Dienstverhältnisses für Standgeld und Kaution in Betracht kommen.

Die Zahl der freiwilligen Sparer ist nur sehr

gering und hat 15 noch nicht überschritten.

Rückzahlungen an dieselben

erfolgen jederzeit in gewünschter Höhe. Verein „Ceres". Die Einlagen

der Mitglieder des

Vereins

„Ceres"

stellen

keine

eigentlichen Ersparnisse dar, wie der größte Teil der bei Sparanstalten

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Das Sparwesen in der Stadt Offenbach a. M.

451

und -Vereinen angelegten Gelder, sondern sie sind Rücklagen zur Be­ streitung bestimmter notwendiger Ausgaben.

Nach ß 1 seiner Satzungen

bezweckt der Verein für seine Mitglieder billige Anschaffung von Winter­

bedürfnissen und Erleichterung bei Entrichtung der Hausmiete, Steuern und Schulgeld. In den letzten vier Jahren wurden eingelegt (in Mark): für Winter­

bedarf

für Steuern und Schulgeld

für Hausmiete

96 998

55 992

140 834

293 824

102 225 104 983

59 621 64 528

142 256

304102

139 634

309145

76 742

133 455

320 234

1905/06'

1906/07

1907/08 1908/09

110037

zusammen

Die Einlagen werden in den ersten Tagen jeder Woche von Er­

hebern in den Wohnungen der Mitglieder gegen Empfangsbescheinigung abgeholt und durch den Vereinsrechner alsbald bei der Städtischen Spar­

kasse verzinslich angelegt.

Vorausbezahlungen der Beiträge können auch

monatlich, vierteljährlich oder halbjährlich geleistet werden. Die

wöchentliche geringste Einzahlung

für

Winterbedarf beträgt

40 Pfg., jene für Winterbedarf einschließlich Steuer und Schulgeld den

sechsten Teil des Betrages aus je einem Ziel Staats-, Gemeindesteuern

und Schulgeld, sowie außerdem 40 Pfg. für Winterbedarf.

Die Höhe

der Einlage für Winterbedürfnisse ist nach oben hin unbeschränkt; im

Laufe eines Vierteljahres kann jedoch der einmal gezeichnete Beitrag nicht verändert werden.

Die Wochenbeiträge für Hausmiete müssen mindestens

1 Mk. betragen. Am Ende des Rechnungsjahres 1908/09 beliefen sich die wöchent­

lichen bzw. monatlichen Einnahmen aus Beiträgen für Winterbedarf, Steuern und Schulgeld auf 4029,60 Mk., für Hausmiete auf 2442,40 Mk. An der Zahlung dieser Einlagen waren die verschiedenen Berufe in

folgender Weise beteiligt:

(Siehe Tabelle auf S. 452.)

Der größte Teil der Einlagesummen wird von Arbeitern und selb­

ständigen Gewerbetreibenden aufgebracht, dann folgen die Berufslosen, Fabrikanten, kaufmännischen und technischen Angestellten, Beamten usf. Die

Durchschnittseinlage für Hausmiete ist wesentlich höher als diejenige für Winterbedarf usw., einmal, weil zur Befriedigung des Wohnungsbedürf­ nisses an sich schon größere Aufwendungen zu machen sind, dann aber

auch wegen der häufigeren Beteiligung bessergestellter Bevölkerungsklassen * Ende des Rechnungsjahres 30. Juni.

29*

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452

Carl Leonhardt.

Einlagen für Winterbedarf, Steuern und Schulgeld

Zu­ sammen Ge­ wöchentliche Einlagen monatliche Einlagen samt­ Durch­ Betrag An­ Durch­ betrag Betrag An­ schnitt schnitt zahl Mk. Mk. zahl Alk. Mk. Mk.

Berufe

Landwirte . . . Fabrikanten . . Selbst. Gewerbe­ treibende. . . Kaufm. u. techn. Angestellte. . Arbeiter.... Beamte .... Freie Berufe. . Selbst, weibliche Berufe . . . Berufslose, Ww.

Zusammen. . .

14,— 807,80

1284,60 185,80 1168,20 76,60 17,80

_ _ r. 5-

8 4,66 25 12,31

_ 10,—

2

5,—

86,80

9 i 9,64 1321,40

246

39 605 33 7

Wöchentl. Einlagen für Hausmiete ! AnDurcb> zahl ! schnitt ! Mk. Mk. ! 14 — ! 1 1 14 — 7 9,66 67,60

Betrag

14,— 317,80

740,80

3,48 141 — 12 11,75 276,80 88,20 1,93 84,— 11 7,63 1252,20 1093,20 2,32 137,— 16 8,56 213,60 78,— 2,54 — 17,80 — 28,60

85 ! i 12 ! 175 ! 10 3!

8,71

7,35 6,24 7,80 9,53

— -- . — 1 13,8,— 13,92,— ! 19! 4,84 608,— 319,— 50 6,38 >/4jährl. 1/4 j. 18,— 1! 18 — 3460,80 j 11691l 2,96 568,80 70! 8,12 4029,60 2442,4013441 7,10

8,498,—

an diesem Betrage.

3! 2,66 208- 2,40

Die Durchschnittsbeiträge der Angehörigen der ein­

zelnen Berufe entsprechen ungefähr ihrem Einkommen und ihrer sozialen Stellung.

Unter den Berufslosen befinden sich viele arme Invaliden und

Witwen.

Monatliche Einzahlungen leisten vorzugsweise Beamten und

kaufmännische

Angestellte;

Einlagm

für

Hausmiete

werden

nur

in

wöchentlichen Zahlungen angenommen.

Die Auszahlung der Hausmieteeinlagen

geschieht monatlich

oder

vierteljährlich gegen Rückgabe der in diesem Zeitraum bezahlten Einlage­ quittungen.

Werden mehr oder weniger Empfangsbescheinigungen um­

gewechselt, so wird von diesen ein dreiprozentiger Abzug in Anrechnung

gebracht.

Den gleichen Abzug erleiden in bar zurückerhobene Einlagen

für Winterbedarf.

Man will damit die Mitglieder zwingen, ihre Bei­

träge auch wirklich zu dem Zweck zu verwenden, für den sie eingelegt sind. Viele Leute, besonders Arbeiterfrauen, lassen sich aber trotzdem sehr ost

einen Teil ihrer eingezahlten Gelder wieder zurückzahlen.

Einige Mit­

glieder heben fast regelmäßig ihre kleinen Beiträge schon wenige Tage

nach ihrer Einzahlung wieder ab.

Ob diese Leute tatsächlich gar nichts

erübrigen können oder ob ihnen der Sinn für Sparsamkeit und Ordnung fehlt, soll hier nicht untersucht werden; jedenfalls würden sie besser tun,

die Zahlung ihrer Beiträge ganz einzustellen, anstatt durch ihre unkluge Handlungsweise nicht nur selbst Geldverluste zu erleiden, sondern auch die wohltätigen Einrichtungen des Vereins zu mißbrauchen.

Im allgemeinen werden jedoch die geleisteten Einzahlungen für ihre

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Das Sparwesen in der Stadt Offenbach a. M.

bestimmten Zwecke verbraucht.

453

Brennmaterialien erhalten die Mitglieder

aus dem Lager des Vereins und bezahlen dieselben durch Rückgabe einer entsprechenden Anzahl von Einlagequittungen oder auch durch bares Geld.

Die Steuer- und Schulgeldbeträge werden durch den Rechner des

Vereins direkt an die betreffenden öffentlichen Kassen abgeliefert.

Die am

Ende eines Rechnungsjahres etwa übriggebliebenen Guthaben einzelner

Mitglieder werden diesen nach Wunsch entweder in Brennmaterialien oder in bar zurückvergütet.

Im letzteren Falle erleidet der Empfänger

einen Verlust von 3 Pfg. pro Mark, weshalb Barauszahlungen von Restguthaben nur sehr selten Vorkommen.

Es wäre ja auch durchaus un­

vernünftig, durch Einlagen bei einer Kohlenkasse Ersparnisse anzusammeln, für die man nicht nur keine Zinsen erhält, sondern sogar ziemlich hohe

Verwaltungskosten zahlen muß. Über die enorme Bewegung innerhalb des Mitgliederbestandes und der Einlagebeträge im Laufe eines Jahres geben folgende Zahlen Auskunst: Im Rechnungsjahr 1908/09 erhöhten bzw. erniedrigten ihren Beitrag für Winterbedarf usw. wöchentlicher monatlicher für Hausmiete Beitrag Beitrag — — 1 Landwirte...................................................... — — Fabrikanten................................................ 6 1 5 Selbständige Gewerbetreibende .... 33 — — 4 Kaufmännische und technische Angestellte. 82 17 3 Arbeiter........................................................... — Beamte........................................................... 7 4 — 22 Berufslose..................................................... 3 zusammen:

155

25 Mitgl.

8

Es schieden während des Jahres aus: Einleger sür Winterbedarf usw.

wöchentliche Einleger

Zahl

Betrag

monatliche Einleger

zusammen:

.

. .

4

33,—

20

150,—

4

7,20 169,— 8,80 71,40 —

93

4 22 —

147' 439,40

Einleger für Hausmiete

Zahl

Betrag

8ahl

4

33,—

1

4,-

21

154,—

1 3 1

17,— 34,— 100,— 10,— 52,—

6 97 5 25 1

24,20 203 — 108,80 81,40 52 —

1 32 1 11 —

2,— 184,60 4,60 74,60 —

12

217,—

159

656,40

53

370,40

Zahl

Betrag !

Fabrikanten . . . Selbständige Ge­ werbetreibende . Kaufmännische und techn. Angestellte Arbeiter................. Beamte.................. Berufslose.... Freie Berufe. . .

Zusammen



1 !

2 4

Betrag

_ 7 i

3,— 101,60

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Carl Leonhardt.

454

Bei dem den gleichen Zwecken dienenden „Neuen Verein Ceres" waren eingelegt:

Im Jahre

1900/01 1901/02 1902/03 1903/04 1904/05 1905/06 1906/07 1907/08 1908/09

Für Winter­ bedarf

Für Steuern u. Schulgeld

Mk.

Mk.

96 405 103 256 110130 114 526 96 527 91 316 95 953 114 824 116 642

!

!

! I

19 941 22 669 29 012 34106 34 278 32 798 33 609 38117 42 593

Für Miete

Zusammen

Pro Mitglied

Mk.

Mk.

Mk.

219 705 228 326 250115 264 115 222 043 202 724 205 869 220 794 217 865

167 ? 182 191 167 151 144 143 147

'

103 359 102 401 110 973 115 483 91 238 78 610 76 307 67 853 58 630

j

!

! !

Die Einrichtungen dieses Vereins sind die gleichen wie bei dem sogenannten „alten Ceres", nur daß die Mitglieder gegen Zahlung ihrer Beiträge keine Empfangsscheine sondern Quittungsmarken erhalten, die wie Pfennigsparmarken auf eine Karte aufgeklebt werden.

Die Marken

lauten auf Beträge von 10, 5, 3, 2, 1 Mk. und 50 Pfg. und können

wöchentlich in beliebiger Anzahl entnommen werden. Im Jahre 1908/09 wurden verkauft

2 893 Marken ä

5 Mk.

6 500



u

3



21000



u

2



35 608



ü

1

9 232



„ ü 50 Pfg-

Die Mindesteinlagen betragen sür Brennmaterialien 50 Pfg-, für Hausmiete 1 Mk. Die Mitglieder, die ihre Brennmaterialien nicht durch den Verein beziehen und ihre Einlagen in bar zurückerheben, er­ halten auch hier pro Mark 3 Pfg. abgezogen; außerdem haben dieselben

eine jährliche Verwaltungsgebühr von 3 Mark zu bezahlen.

Sobald

ein Mitglied nach Ablauf des Rechnungsjahres für zwei Dritteile seiner

gekauften Quittungsmarken Brennmaterialien bezogen hat, erfolgt die Auszahlung des Überschusses ohne jeden Abzug. Die jährlichen Restguthaben der Mitglieder, die teils in bar aus­ bezahlt, teils auf das folgende Rechnungsjahr übertragen wurden, waren

Sie betrugen:

meistens sehr klein.

Ende 1904/05 . „

1905/06 .

. . 1858,— Mk. .

.

216,50



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Tas Sparwesen in der Stadt Offenbach a. M.

Ende 1906/07

„ „

1907/08 1908/09

. .

.

120,48 Mk.

. . . .

. .

89,10 403,50

455

„ „

Die landwirtschaftlichen Genossenschaften in Bürgel und Bieber.

Spar- und Darlehnskasse Bieber. Jahr Ende

Einlage­ guthaben

Einlagen

Rück­ zahlungen

Mk.

Mk.

Mk.

118 221 160 732 176 406 203 674 239 241 263 798 298171 340 048 371 066 381 319 400 544 446 648 456 621 473 153 497 921

56 607 77 511 71074 109 830 139 286 144 359 158 600 121022 143478 130 717 130 137 177 265 141737 138 414 155 465

Jährliche Zunahme

absolut Mk.

in Pro­ zenten

22 813 42 511 15 674 27 268 35 567 24 557 34 373 41 877 31018 10 253 19 225 46 104 9 973 16 532 24 768

23,91 35,92 9,74 15,45 17,46 10,26 13,03 14,05 9,12 2,76 5,04 11,51 2,23 3,62 5,23

Zahl der Einleger

Durch­ schnitts­ guthaben Mk.

!

1895 1896 1897 1898 1899 1900 1901 1902 1903 1904 1905 1906 1907 1908 1909

!

! ! 1 z

I

33 794 35 000 ! 55 400 ! 82 562 103 719 119 802 124 227 79 145 112 460 120 464 110 912 131161 131 764 121882 130 697

500 520 540 567 648 680 700 730 783 800 830 920 918 945 1000

236 309 327 359 369 388 426 466 474 476 482 485 497 501 498

Spar- und Hilfskasse Bürgel. Jahr Ende

! Einlage­ ! Einlagen Rück­ guthaben , zahlungen

Jährliche Zunahme !

Mk.

Mk.

Mk.

1902 1903 1904 1905 1906 1907 1908

298 787 312 127 338 594 375 385 401423 442 308 472 734

__ 116 260 137 002 142 270 153138 183 303 178 995

102 879 110 529 105 575 126 912 142 303 148 569

1894

152 606 !





DurchAnzahl ! schnittsder Einleger ! guthaben ! Mk.

absolut Mk.

in Pro­ zenten

__ 13 340 26 467 36 791 26 038 40 885 30 426

__ 4,46 8,48 10,86 6,93 10,18 6,88

1000 1050 1087 1116 1174 1249 1254

299 298 311 336 342 354 377









!

> ! '

i

Die Einlageguthaben beider Darlehnskassen sind von Jahr zu Jahr

angewachsen; im Verlauf der letzten 15 Jahre haben sie in Bürgel um 209,77 o/o, in Bieber sogar um 321,18 o/o zugenommen. Das Anwachsen des Sparkapitals erfolgte regelmäßiger und in viel stärkerem Maße, als

bei den großen Offenbacher Sparkassen.

Die Schwankungen der wirt­

schaftlichen Konjunktur fanden zwar ihren Ausdruck in einer größeren

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Carl Leonhardt.

456

oder geringeren Zunahme des Einlagebestandes, einen Rückgang desselben haben sie aber niemals veranlaßt.

Diese stetige Entwicklung hat ihre

Ursache hauptsächlich darin, daß die bei den Genossenschaften eingelegten

Gelder vorwiegend wirkliche Ersparnisse der mittleren und unteren Volks­

klassen sind.

Die großen Sparbeträge und vor allem die vorübergehend

verfügbaren Kapitalien wandern zu den städtischen Sparanstalten, die günstigere Zins- und Rückzahlungsbedingungen bieten.

Manche großen

Sparer glauben auch, ihre Gelder in Offenbach sicherer und besonders

aber diskreter anzulegen.

Ende 1908 lauteten auf Beträge dis zu Mk. 1000

von den Konten der Städtischen Sparkasse Offenbach........................................................... von den Bürgeler Konten der Städtischen Sparkasse........................................................... von den Biederer Konten der Städtischen Sparkasse........................................................... von den Konten der Bürgeler Genossenschaft „ „ „ „ Biederer „

auf Beträge über Mk. 1000

13 263

(78,750/0)

3 579

(21,250/0)

412

(70,55o/o)

172

(29,450/0)

306 908 659

(68,920/0) (88,840/0) (82,99/0)

167

(31,080/0) (11,160/0) (17,010/0)

Andererseits benutzt der kleine Sparer,

114 135

dem es weniger auf hohe

Zinserträge, als auf eine bequeme Sparmöglichkeit ankommt, die Ein­ richtungen der Darlehnskassen sehr gerne.

Als Beleg für eine besonders

rege Spartätigkeit in diesen Kreisen dient das gleichzeitige, stetige An­ wachsen der Einlegerzahl und des Durchschnittsguthabens. Für den in

der Stadt beschäftigten Sparer ist das Abholen der Sparbeträge von hohem Wert.

Die sogenannten „Kartengelder"

werden Sonntags vor­

mittags in den Wohnungen der Einleger erhoben; in Bürgel geschieht

dies durch Verkauf von Sparkarten (im Betrage von 50 Pfg., 1, 2, 3,

5 und 10 Mk.), in Bieber stellt der Erheber über das erhaltene Geld Quittungen aus.

Der Betrag einer Wocheneinlage ist nach oben hin

unbegrenzt; ihre Beischreibung auf die einzelnen Sparkonten

geschieht

vierteljährlich gegen Rückgabe der gekauften Karten bzw. Vorlegung der

Quittungsbücher.

Außerdem können jederzeit Spareinlagen im Mindest­

betrage von 5 Mk. direkt (d. h. nicht durch Karten) an die Kassen ab­

geführt werden. In welchem Maße beide Sparmethoden von den ver­ schiedenen Bevölkerungsklassen angewendet werden, zeigt folgende Übersicht

über die im Jahr 1908 in Bürgel gemachten Spareinlagen. Der größte Teil der Sparer macht seine Einlagen in wöchentlichen

Teilzahlungen.

Der Wohlhabende macht häufiger direkte Bareinlagen

als der Minderbemittelte.

Der kleine Sparer bringt sein Geld nur dann

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3 1330 5 950 21 26 070

457

Mk.

schnitt

absolut

E i. Durch-

Zusammen Betrag

7^

Zahl der Einleger

Mk.

7-

absolut

Durchschnitt

Betrag der direkten Ein­ lagen

s i.

Mk.

Zahl der Einleger

1236 154 361 ! 90 18 636 233

schnitt

8 4 80

absolut

i. Durch-

Betragderbei­ geschriebenen Kartengelder

7-

Berufe usw.

Zahl der Einleger

Das Sparwesen in der Stadt Offenbach a. M.

11 443 9 190 1241 101

2 566 1311 44 706

233 146 442

187 33 190 310 133 147 56 94 587 21 15 501 7 149 304 67 56 83 567 23

4 920 38 608 14 310 5 468 7 675 2 513 860 10 935 6 275 13 054

! 149 124 ! 96 ! 58 365 ; 167 I 123 163 112 567

72 710 1 680 80 491! 118 214 340 894

153 201

171

Landwirte.......................... Fabrikanten..................... Selbst. Gewerbetreibende Kaufm. und techn. An­ gestellte ...................... Gelernte Arbeiter. . . . Ungelernte Arbeiter. . . Fabrikarbeiterinnen. . . Beamte.............................. Selbst, weibliche Berufe. Dienstmädchen................. Rentner, Ww.................... Kinder.............................. Vereine..............................

18 2118 118 253 27 755 109 118 10 457 89 85 4 959 58 13 2 976 229 12 83 1009 5 563 113 51 6 070 118 4 351 132 33 — — —

Zusammen.....................

15 57 29 9 8 3 2 16 23 23

2 802 10 853 . 3 853^ 509 ! 4 699; 1504; 297! 4 865! 1924^ 13 054 !

direkt zur Kasse, wenn er durch Erbschaft oder durch den Verkauf eines

Häuschens, eines Ackers usw. in den Besitz eines größeren Geldbetrages gekommen ist.

Der Durchschnittsbetrag der direkten Einzahlungen ist

nicht nur bei den Gesamteinlagen, sondern auch bei fast allen Einleger­ gruppen höher als der Durchschnittsbetrag der gutgeschriebenen Karten­

gelder.

Eine Ausnahme machen nur die

entsprechenden Kopfteile

kleinsten Einleger, Fabrikarbeiterinnen und Kinder.

der

Bei den selbständigen

Gewerbetreibenden ist der absolute Betrag und die durchschnittliche Höhe

der Bareinlagen sehr groß, weil diese nicht nur eigentliche Erübrigungen, sondern auch die vorübergehend verfügbaren Geldkapitalien ihres Geschäfts­

betriebes auf ihr Sparkonto anlegen.

Die Beträge der in den einzelnen Jahren gutgeschriebenen Karten­ gelder und .ihr Anteil an den Gesamtspareinlagen sind in folgender Auf­ stellung enthalten.

Kartengelder. Bieber Betrag Mark

Jahr

In Prozent der gesamten Spareinlagen

1895 .

.

.

.

.

.

17 277

30,52

1896 .

.

.

.

.

.

21588

27,85

1897 .

.

.

.

.

.

24 462

34,41

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Carl Leonhardt.

458

. . . . . . . . . . . .

Bieber. Betrag Mark .................... 26 414 .................... 30 045 .................... 33400 .................... 33 973 .................... 34 749 .................... 36 639 ........................ 39119 .................... 42 037 ........................ 43124 .................... 46 596 .................... 44 774 .................... 50 050

In Prozent der gesamten Spareinlagen 24,05 21,57 23,14 21,42 28,71 25,53 29,92 32,30 24,33 32,87 32,35 32,19

. . . . . . .

Bürgel. Betrag Mark .................... 64660 .................... 64 969 .................... 67 817 .................... 74 208 .................... 80 346 .................... 82 381 .................... 84 880

In Prozent der gesamten Spareinlagen 55,63 47,62 47,66 48,46 44,55 46,02 —

Jahr

1898 1899 1900 1901 1902 1903 1904 1905 1906 1907 1908 1909

Jahr 1903 1904 1905 1906 1907 1908 1909

Die jährliche Zunahme des Betrages der gutgeschriebenen Karten^ gelder beweist eine eifrige Spartätigkeit unter der Arbeiterbevölkerung/, besonders in Zeiten aufsteigender Konjunktur.

Der Arbeiter der Vororte

kann infolge der günstigeren Existenzbedingungen größere Erübrigungen

machen, als der in der Stadt ansässige.

Während Ende 1908 bei der

Städtischen Sparkasse zu Offenbach nur 11,16 o/o der sparenden gelernten Arbeiter ein Guthaben von mehr als 1000 Mk. besaßen, betrugen die

entsprechenden Verhältniszahlen für Bürgel 12,05 o/o und für Bieber 19,01 o/o.

In dem nahegelegenen eingemeindeten Bürgel liegen dem­

nach die Verhältnisse nicht viel günstiger als in der Stadt. Nachstehende vier Tabellen enthalten nähere Angaben über die Ver­

teilung des Ende 1908 vorhandenen Sparguthabens beider Kassen auf die Angehörigen der verschiedenen Berufe. Der größte Teil des Sparkapitals gehört den Arbeitern (Bürgel

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.

.

18 028

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(74,90»/»)



353928

552

Z usam m en .......................................

-

63 596 8 919

161241

75 647 2 275

V e re in e ...........................................

B e ru fs lo s e .......................................

B e a m te ........................................... Weibliche B e ru fe ..........................

Gelernte A rb e ite r .......................... Ungelernte A rb e ite r ......................

.

25695 16103

L a n d w irte ....................................... F a b rik a n te n ...................................

.

321 108 (68,35 »/»)

Z usam m en .......................................

Selbständige Gewerbetreibende.



Kaufm . und techn. Angestellte .

15 366

Vereine usw .......................................



48 559 19 492 149 951 32 530 15 829

21353

B e ru fs lo s e .......................................

B e a m te ........................................... Weibliche B e ru fe ..........................

Gelernte A rb e ite r .......................... Ungelernte A rb e ite r ......................

Kaufm . und techn. Angestellte .

Selbständige Gewerbetreibende.

L a n d w irte ....................................... F a b rik a n te n ...................................

_______ .................................................... Mk.

absolut

i

!

im

absolut

488



-

'

!

!

!

!

!

(17,92 »/»)!

— 84189

1202______ — 2669 — 528 4 749 629 1 918 464 — 210 15903 879 10 9 462 1024 52147

schnitt Mk._____

Durch-

403 5 970 (1,27 »/») j

248

— — — !

— — —

599 534



299 534

1955

291 198 217

52



Mk.



52 2 037 793



Im Durchschnitt

159 10 473 644

1187 639

— —

im

Ehefrauen

Durch- absolut schnitt Mk. Mk.

Personen

E rw . weibliche

656



151



2300 1080 325 637 378 1115

1117

!

335

(12,08»/»)

1220 28630 — 57085 >





407



158 168 203 867

645 24

3 226 24 14 077



(5,03»/»)

23785







3 346 — 8 576 9 663 572

333

1295

2393

9573 —

.

— 476

— —

345 644 572



166 1295 557

Spar- und Darlehnskasse Bieber.

!

>

Personen

E rw . männliche

Spar- and Hilfstasse Biirgel.

im

6 542 (1,38»/»)



726 903 407 — 385 1



3 015



106

16 515 (3,51 »/»)

I

!

!

204



38



951 102

181



335



35

190

— ______ — — — — — — — — — — — — — — — 16515 190 — —

Durchschnitt Mk._____ Mk.

absolut

K indl r

472 560

1220 29467 31220

85 234 2 299 170 543 89 239 10 233

35707 17398

84028 42 050 469 832

49 032 16373 9 462

151906

55 345 22 203

21 405

18028

Mk.

absolut

s

!

!

>

s

j

!

1116 2175 947 287 640 326 682 203 641 946 595

818 473 459 955 460

191

1202 2378 537 584 457

Durchschnitt Mk.

im

,Gesamt « .r^

!

!

18,11 0,48

7,55 3,68

100

36,06 18,88 2,15 0,25 6,23 6,61 100

1

I

3M

enteil

j

4,55 11,79 4,73 32,35 10,43 3,48 2,00 17,89 8,95 s

!

Tas Sparwesen in der Stadt Offenbach a. M.

459

Carl Leonhardt.

460

Verteilung der Konten nach Größenklassen, a) Bürgel (in Mark).

Berufe usw.

bis 50

50 bis 100

2 2

2 2

5 2 !

2 1

23

12

37 !

11

Landwirte .... Fabrikanten . . . Selbständige Ge­ werbetreibende . Kaufm. und techn. Angestellte . . . Gelernte Arbeiter . Ungelernte Arbeiter Fabrikarbeiterinnen Beamte................. Selbst. weibl.Berufe Erw. Berufslose. . Kinder...................... Vereine.................

4 89 66 38 4 4 15 40 6

Zusammen ....

293

100 bis 500

500 bis 1000

Zu­

bis 1000

Zu­ 8060 5000 über sammen Ge­ samt­ bis über 10000 zahl 5000 10000 1000

1000 bis L000

11 7

4 —

__ 1

__ —

_

1

4 2

15 9

83

17

3

_

__

20

103

_ 4 — —



7 40 3 — 6 1 33 3 5

38 332 157 100 20 20 96 87 ___ 44

114

1021

5 46 14 2 4 3 9 8 7

31 292 154 100 14 19 73 84 39

7 33 3 — 6 1 20 3 4

— — —

— —

_ — — — — — — — 1

126 376 112

907

98

9

5

2

2 20 37 120 26 48 20 40 — 6 3 9 42 7 8 28 7 19

3 — — —



— 1

2

b) Bieber (in Mark). -

-----------

Zu­ Zu100 500 1000 3000 5000 Ge­ sammen samtbis bis bis sammen bis bis bis über zahl 100 500 1000 3000 5000 10000 1000 1000

! 50

Berufe usw.

Landwirte .... Fabrikanten . . . Selbständige Ge­ werbetreibende . Kaufm. und techn. Angestellte . . . Gelernte Arbeiter . Ungelernte Arbeiter Fabrikarbeiterinnen Beamte................. Weibliche Berufe . Berufslose .... Vereine.....................

Zusammen ....

bis ! bis

6 ! 1 11

2 44 47 41 4 1 7 5

4 1

10

6 ! —

34

4 2

20 4

13

68

12 4

32 8

2

22

90

— 1 47 ! 7 15 4

— —. —

1 54 19

"1! — ! — 14 ! — 4 ! 2 !

1 — — 1

2 — 14 7

8 282 185 89 15 6 46 33

106 ! 22 !

7

135

794

14 !

I

6

1

! !

i

1 3 21 118 62 35 36 8 2 4 2 2 12 9 9 8

1 45 22 4 3 1 4 4

7 228 166 89 13 6 32 26

286

103

659

169 101

8 ! 3 2 ! —



-

42,78 0/0, Bieber 54,94 0/0), dann folgen in weitem Abstand die selb­

ständigen Gewerbetreibenden, Berufslosen usw.

Bei einem Vergleich der

Zahlen beider Genossenschaften ist zu beachten, daß für den Bürgeler Einwohner, infolge der unmittelbaren Nachbarschaft Offenbachs, sowohl

die Lebensbedingungen, als auch die Sparmöglichkeiten fast die gleichen

sind, wie in der Stadt, in Bieber dagegen trotz seiner ebenfalls sehr

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461

Das Sparwesen in der Stadt Offenbach a. M.

großen Arbeiterbevölkerung mehr ländliche Verhältnisse vorherrschen.

Das

Durchschnittsguthaben der Arbeiter ist bei beiden Genossenschaften ver­ in Bieber

hältnismäßig groß;

ist das der

gelernten Arbeiter sogar

größer als das Gesamtdurchschnittsguthaben. Von den Konten mit einer Einlage über 1000 Mk. gehören in Bürgel 37,72 o/o, in Bieber 54,07o/o den Arbeitern oder deren Angehörigen.

Das niedrige Durch­

schnittsguthaben der ungelernten Arbeiter in Bürgel kommt daher, daß sich unter diesen Sparern viele erst vor einiger Zeit zugezogene jüngere,

unverheiratete Leute befinden, die in einer dortigen Gerberei beschäftigt sind. Das Guthaben der Arbeiterinnen besteht fast durchweg aus gutgeschriebenen „Kartengeldern". Über das Alter der Konten waren leider

keine Angaben zu erhalten;

es ist anzunehmen, daß — wenigstens in

Bieber — Totalrückzahlungen nach kurzem Bestehen der Konten seltener Vorkommen, als bei den städtischen Sparanstalten, weil die meisten Ein­

leger Ortseingesessene find und durch den Besitz einer eigenen Wohnung oder eines Ackers viel fester an die Scholle gebunden sind, als die Be­ wohner der Stadt.

Der Sparzweck. Für große Sparkassen

mit ausgedehntem Geschäftsbetrieb ist

es

unmöglich, genaue Angaben zu machen über den Zweck, den die einzelnen Einleger mit ihrer Spartätigkeit verfolgen.

Immerhin lassen sich aus

der verschiedenartigen Benutzung der Sparorganisationen durch die Ein­

leger allgemein gültige Schlüsse ziehen auf den vorherrschenden Spar­ zweck in den verschiedenen Bevölkerungskreisen. Während der Wohlhabende

die Sparkasse vielfach dazu benutzt, größere Summen vorübergehend bei

ihr anzulegen und sie in günstigen Zeiten zum Ankauf von Wertpapieren, zur Tilgung von Hypothekenschulden, zur Ausleihung gegen hypothe­ karische Sicherheit oder auch in seinem Geschäftsbetrieb verwendet, wird das Hauptziel des kleinen Sparers immer sein, seine Existenz unab­

hängiger zu gestalten.

Der letztere kann bei den hohen städtischen Boden­

preisen kaum eigne Wohnungen bauen und wird auch nur in den aller­ seltensten Fällen seine ersparten Gelder in Wertpapieren anlegen. Er­ bringt sein Geld zur Sparkasse im Vertrauen auf die Sicherheit und leichte Flüssigkeit dieser Anlage und sammelt sich meist durch Einlagen

in geringen Beträgen allmählich ein kleines Kapital an, um im Falle der Not,

bei Arbeitslosigkeit und auch in seinem Alter einen Zehr-

psennig zu haben.

Ob das Vorhandensein der staatlichen Sozialver­

sicherung und der Arbeitslosenversicherung der Gewerkschaften hemmend

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462

Carl Leonhardt.

auf die Spartätigkeit der Arbeiter einwirkt war nicht genau zu ermitteln.

Jedenfalls hält es ein großer Teil der städtischen Industriearbeiter, wohl

im Vertrauen auf diese Einrichtungen, für unnötig, irgendwelche Vor­ sorge für die Zukunft zu treffen, geleitet von dem Gedanken „ein armer

Teufel kann nicht sparen".

So werden z. B. viele bei der Städtischen

Sparkasse auf Arbeitersparbücher gemachte größere einmalige Einlagen (Erbschaft, Mitgift usw.) innerhalb eines oder weniger Jahre in kleinen Beträgen wieder ganz abgehoben, ohne daß inzwischen weitere Zuzahlungen

erfolgen.

Die auf diese Weise zurückgezahlten Gelder werden Wohl meistens

zu unnötigen Ausgaben

verwendet,

gerade wie ein

großer Teil

der

Weihnachtskassengelder, die allerdings auch vielfach zum Kauf von nütz­ lichen Festgeschenken für die Angehörigen benutzt werden.

Im allgemeinen

dienen aber die Abhebungen der Minderbemittelten zur Deckung dringender

Bedürfnisse oder als Zuschuß zur Miete,

Steuer usw.

Die meisten

kleinen Rückzahlungen erfolgen zu Beginn des Winters, vor Weihnachten

und Ostern. Häufig werden auch die Kosten eines Krankheits-, Geburts­ oder Sterbefalles in der Familie mit den abgehobenen Geldern bestritten. Am Quartalsschluß gemachte Rückzahlungen werden nicht selten zur Be­ von Umzugskosten verwendet. Die selbständigen Gewerbe­

zahlung

treibenden benutzen wohl größere Beträge ihrer Spareinlagen zur Neu­ gründung oder Erweiterung ihres Betriebes, besitzen aber meistens für

die

Erledigung

der laufenden

Geldgeschäfte neben ihrem

eigentlichen

Sparkonto noch ein Geschäftskonto bei einer Bank.

Die kaufmännischen

und technischen Angestellten sparen

um bei vorzeitiger

in der Regel,

Arbeitsunfähigkeit oder im Alter eine standesgemäße Lebensführung bei­

behalten zu können *;

manche, allerdings nur die pekuniär bessergestellten

unter ihnen heben ihr ganzes Guthaben ab und beteiligen sich mit dem Gelde an einem Geschäftsunternehmen. Die vielen Beamten, die wie

bereits oben erwähnt wurde, die Sparkassen als Depositenbank benutzen, bestreiten

mit dem

größten Teil ihrer Rücknahmen die Kosten ihres

Lebensunterhaltes; die wirklichen Ersparnisse dieser Berufsgruppe werden

vorzugsweise

im Interesse ihrer

ihrer Kinder Verwendung finden.

eigenen

Ausbildung

oder derjenigen

Eine größere Anzahl städtischer Be­

amten hat höhere Beträge bei der Städtischen Sparkasse als Dienstkaution hinterlegt.

Die Rentner heben alljährlich den Betrag der ausgelaufenen

Zinsen ab und verbrauchen diesen zur Deckung der Bedürfnisse des täg­ lichen Lebens. Die Ersparnisse von Angehörigen der weiblichen Berufe, * Größere Abhebungen werden sehr häufig zum Ankauf von Effekten verwendet.

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463

Das Sparwesen in der Stadt Offenbach a. M.

insbesondere von Dienstmädchen,

werden meistens

kurz vor der Ver­

heiratung der Inhaberin ganz oder teilweise abgehoben zur Beschaffung

einer Aussteuer.

Man findet dann regelmäßig auf solchen Sparbüchern

den Vermerk „jetzt Ehefrau von . . .". Der vorsorgende Familienvater macht Einlagen für seine Kinder, um später einen größeren Geldbetrag vorrätig zu haben für die Ausbildung

oder Ausstattung derselben. In den unteren Volksschichten wird sür das

Kind meist nur bis zu dessen 14. Lebensjahre gespart und der allmählich

angesammelte Betrag bei dessen Konfirmation ganz oder teilweise ver­ ausgabt. Nur in wenigen Fällen setzt der junge Mann im Hinblick auf seine spätere Militärzeit die Spartätigkeit fort. Bei der Spargesellschaft

„Fortuna"

ist zu beobachten,

daß

die

meisten kleinen Sparer nur im Falle der Not sogenannte „Darlehen"

ausnehmen und die bessergestellten Einleger dies in der Regel nur dann tun, wenn sich sür die eingezahlten Gelder vorübergehend eine besonders

günstige Verwendungsmöglichkeit bietet, oder dieselben z. B. im Geschäfts­

betrieb des Betreffenden notwendig gebraucht werden.

Die letztgenannten

zahlen auch meistens ihre Darlehen noch vor Ablauf der fünfjährigen RechnungsPeriode zurück, die Minderbemittelten dagegen äußerst selten. Der Betrag der Darlehnsschuld der Mitglieder am Ende der fünfjährigen Verwaltungsperiode beläuft sich durchschnittlich auf 10o/o der Einlagen*. >X. Gesellschaft „Fortuna" Die Darlehen aus dem zweiten Rechnungs­ jahr betragen........................................... Die Rückzahlungen aus dem zweiten Rechnungsjahr betragen.................

Die Darlehen aus dem dritten Rechnungs­ jahr betragen....................................... Die Rückzahlungen aus dem dritten Rechnungsjahr betragen...................... Die Darlehen aus dem vierten Rechnungs­ jahr betragen....................................... Die Rückzahlungen aus dem vierten Rechnungsjahr betragen...................... Die Darlehen aus dem fünften Rechnungs­ jahr betragen..................................... Die Rückzahlungen aus dem fünften Rechnungsjahr betragen......................

Stück

Mark

307

40 895 —

114

14 315,—

400

64490 —

187

19 329—

370

69147 —

168

20 011,—

Stück

Mark

221

22 134 —

72

6 906,-

149

15 228,—

193

26 580,—

213

45 161,—

202

49 136 —

757

136 105 —

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Carl Leonhardt.

464

hauptsächlich

Das Vermögen der Fortuna wird verteilt;

in barem Geld

nur wenige Mitglieder lassen sich ihr Anteil in Wertpapieren

zurückgeben.

Bei der letzten Auflösung der Gesellschaft im Jahre 1907

wurden, obwohl der Vorstand durch ein Rundschreiben auf die damaligen

billigen Preise der Staatspapiere aufmerksam machte, nur 122 740 Mk.

90/0 des Gesamtvermögens in Wertpapieren verteilt und zwar an: 38 selbständige Gewerbetreibende

18 kaufmännische und technische Angestellte 16 Fabrikanten 9 Rentner

6 Beamte 5 Arbeiter (meist Werkführer)

2 Angehörige selbständiger weiblicher Berufe

1 Angehörigen der freien Berufe zusammen:

95 Mitglieder (ca. 6 0/0 derselben).

Sehr bedeutende Beträge der verteilten Sparsumme wandern zu den Sparanstalten der Stadt und des Bankvereins.

Es ist zu beobachten, daß viele Mitglieder das erhaltene Geld sofort wieder bei einer Sparkasse

einlegen, was ihnen seither sogar sehr bequem gemacht wurde, indem die Auszahlung der Fortunagelder in dem Stadthause, in welchem auch die

Städtische Sparkasse ihr Geschäftslokal besitzt, vorgenommen wurde.

Bei

der Auflösung der neunten Gesellschaft Fortuna im Jahre 1902 hatte man zwischen dieser und der Städtischen Sparkasse eine Art Überweisungs­ verkehr eingerichtet

und

den

Mitgliedern

auf Wunsch

anstatt barem

Gelde Gutscheine auf die genannte Anstalt gegeben. Es wurden damals solche Gutscheine für einen Betrag von 172 963 Mk. (^ 16,60 0/0 des verteilten Vermögens) ausgestellt.

Da sicherlich auch ein großer

Betrag des verteilten Geldes zur Sparkasse des Bankvereins gebracht

wurde und manche Leute einen Teil ihres erhaltenen Bargeldes bei der

Städtischen Sparkasse in bar einzahlten, ist anzunehmen, daß durchVom Ende der X. Gesellschaft (1. 5. 07) bis zur Verteilung des Vermögens (20. 6. 07) gegebene............................ Stück Mark Darlehen...................................................... 76 29565,—

Rückzahlungen........................................... Darlehnsfchuld der Mitglieder bei der Verteilung.................................................

58

8 432,-

'

Stück 18 775

Mart 21 133157 238 —

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465

Das Sparwesen in der Stadt Offenbach a. M.

schnittlich eine viel höhere Summe den Sparkassen alle fünf Jahre auf diese Weise zufließen.

Hauptsächlich die mittleren,

weniger die ganz

großen und ganz kleinen Einleger der Fortuna belieben diese Anlage

und führen das Geld erst später seinem eigentlichen Zwecke zu, der je nach ihrer sozialen und pekuniären Stellung verschieden sein wird.

Die

großen Einleger, die mehrere 1000 Mk. bei der Verteilung des Gesell­ schaftsvermögens erhalten, verwenden diese Beträge zur Ausleihung gegen hypothekarische Sicherheit, Ankauf von Wertpapieren usw.

Die kleinsten

Sparer verausgaben das Geld meistens in ihrem Haushalte, indem sie vielleicht ein schon lange entbehrtes notwendiges Möbel« oder Kleidungs­

stück dafür kaufen. Welchen besonderen Zwecken vorzugsweise die Einlagen der Lehrer­ sparkasse dienen, konnte nicht ermittelt werden;

ein großer Teil des

Geldes wird schon vor Ablauf der dreijährigen Rechnungsperiode erhoben

und dürfte wohl meistens zur Bestreitung notwendiger Ausgaben ver­ wendet werden.

Ein größerer Betrag des alle drei Jahre zu verteilenden

Vermögens fließt auch,

wie ein großer Teil der Fortunagelder, den

Sparkassen zu.

Die Einleger

der Fabriksparkassen benutzen

ihre

Spargelder zur

Deckung dringender Bedürfnisse wie Kohlen, Holz, Kartoffeln, ferner für

den Kauf von Weihnachtsgeschenken oder auch zum Ausgleich des durch Feiertage entgangenen Arbeitsverdienstes.

In einer Fabrik gelangen die

Ersparnisse ausdrücklich nur in Fällen unvorhergesehener Notlage zur Auszahlung. Bereits im vorigen Kapitel wurde erwähnt, daß die wöchentlichen

bzw. monatlichen Beiträge

der Mitglieder

der

Kohlenkassen

bis auf

wenige Ausnahmen ihrer ursprünglichen Bestimmung zugeführt werden. Nur geringe Summen werden vorher abgehoben und zu anderen Zwecken verbraucht.

Für die am Ende des Jahres übrigbleibenden kleinen Gut­

haben beziehen die Mitglieder

ebenfalls

Brennmaterialien;

Baraus­

zahlungen erfolgen selten. Die bei den ländlichen Genossenschaften in Bürgel und Bieber ein­ gelegten Spargelder werden vornehmlich zum Hausbau, Landkauf

oder

auch zu Darlehnsrückzahlungen verwendet. Die meisten Sparer sind zugleich die Kreditnehmer dieser Kassen und lassen am Zinstermin einen Teil ihres Sparguthabens direkt auf ihr Schuldkonto überschreiben.

Die

Einrichtung der Kartengelder ermöglicht den Hypotheken- und Darlehnsschuldnern, die Beträge ihrer jährlichen Zinsen und Kapitalabtragungen in wöchentlichen Raten zu bezahlen. Lchriften 136.

30

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Carl Leonhardt.

466

Im Jahre 1908 bezahlten folgende Schuldner ihre Zinsen und eventuellen Abtragungen durch Spareinlagen (vorzugsweise Kartengelder): Bürgel. Darlehen gegen Schuldscheine.

Anzahl

Berufe der Schuldner

Betrag der Abzahlungen und Zinsen Mk.

12 1 10 2 2 3

Selbständige Gewerbetreibende. . . Handlungsgehilfe.............................. Gelernte Arbeiter.............................. Ungelernte Arbeiter.......................... Beamte.................................................... Rentner....................................................

1 106 160 538 60 138 103 2105 (49,85 o/o)

30 (76,93 o/o)

Bieber. Laufende Rechnung. Betrag der Abzahlungen

Berufe der Schuldner

Anzahl

Mk. 11 4 23 1 39 41 2 1 8

Landwirte................................................ 1049 Fabrikanten........................................... 547 Selbständige Gewerbetreibende. . . 4 348 Handlungsgehilfe.............................. 155 4 247 Gelernte Arbeiter.............................. Ungelernte Arbeiter.......................... 2 342 Beamte.................................................... 164 Näherin............................................... 34 894 Rentner....................................................

130 (83,87 o/o)

13 780 (56,22 o/o)

Die wenigen Schuldner, die den Betrag ihrer Zinsen und Ab­ tragungen in bar, d. h. nicht durch Spareinlagen entrichten, sind ent­

weder wohlhabende Leute oder solche, die kein Sparkonto bei den Kassen besitzen.

Der Zweck,

sür den Darlehen

oder Schulden in laufender

Rechnung ausgenommen werden, ist sehr verschieden.

Der kleine Land­

wirt kauft für das Geld entweder ein Pferd, Saatgut oder ein Acker­ gerät, die Fabrikanten und selbständigen Gewerbetreibenden verwenden es

in ihrem Geschäftsbetriebe

und die Arbeiter

benutzen es

häufig

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zur

Das Sparwesen in der Stadt Offenbach a. M.

467

Hypotheken. Bieber.

Bürgel.

Anzahl

7 10

Berufe der Hypotheken­ schuldner

Landwirte . . . Selbst. Gewerbe­ treibende . . . Handlungsgehilfe Gelernte Arbeiter Ungelernte „ Beamte .... Rentner ....

1 21 9 5 14

67 (80,72 o/o)

Betrag der Hypotheken­ Anzahl schuld Mk.

35 400 68 700 3 300 115 357 49 566 30 300 54 041 356 664 (78,24 o/o)

10 2 16

61 24 1 8

Berufe der Hypothekeuschuldner

Betrag der Hypotheken­ schuld Mk.

Landwirte . . . Fabrikanten usw. Selbst. Gewerbe­ treibende . . . Gelernte Arbeiter Ungelernte „ Beamter . . . Rentner ....

33 932 10 585

73 720 182 918 72 342 7 000 24 574

122 (95,31o/o)

405 071 (91,66 o/o)

Kaufschillinge. Bürgel.

Anzahl

1

Berufe der Schuldner

Selbst. Gewerbe­ treibender . . Fabrikarbeiter. .

1 2 (40 o/o)

Bieber.

Betrag der Ab­ zahlungen und Zinsen Mk.

180 140

320 (29,30 o/o)

Anzahl

19 1 11 7 7 4

Berufe der Schuldner

Betrag der Ab­ zahlungen und Zinsen Mk.

Landwirte . . . Bauunternehmer Selbst. Gewerbe­ treibende . . . Gelernte Arbeiter Ungelernte „ Rentner ....

1438 393

1162 942 478 65

49 (59,75O/o)

Bestreitung unvorhergesehener größerer Ausgaben

4478 (41,39 0/0)

oder auch,

bei

der

Herstellung ihres Hauses, zur Befriedigung von Geldforderungen der

Bauhandwerker.

Die letzterwähnten Darlehnsschulden werden meistens

bei der Beleihung der betreffenden Grundstücke in Hypothekenschulden

umgewandelt.

Die Anlage der Spargelder. Die Anlage der Vorhanvenen Kapitalien gehört zu den wichtigsten

Aufgaben aller Sparorganisationen, gilt es doch hierbei die Forderung

30*

DOI https://doi.org/10.3790/978-3-428-57420-9 | Generated on 2023-09-23 09:31:29 OPEN ACCESS | Licensed under CC BY 4.0 | https://creativecommons.org/about/cclicenses/

Carl Leonhardt.

468

der größtmöglichsten Sicherheit und die leichter und schneller Realisier­ barkeit gleichzeitig zu erfüllen.

Im folgenden wird nicht nur die Art

und die Liquidität der Anlagen untersucht,

welchen Gebieten und Kreisen

der

sondern vor allem auch, Bevölkerung die Verwendung der

Spargelder zugute kommt, insbesondere ob diese dem Interesse der Unter­ nehmer der Sparanstalten oder dem der Sparer selbst dienstbar gemacht

werden.

Sämtliche untersuchten Sparanstalten sind infolge ihres lokal

beschränkten Geschäftsbetriebes sehr gut mit den örtlichen Verhältnissen

betraut und können deshalb in vorzüglicher Weise dem lokalen Kredit­ bedürfnisse dienen und die eingehenden Gelder vornehmlich den Kreisen

wieder zuführen, aus denen sie stammen.

In welchem Maße dies bei

den einzelnen Organisationen geschieht, soll folgende Untersuchung zeigen. Für die Vermögensanlage

der

Städtischen Sparkasse find

zunächst die einschlägigen Vorschriften des hessischen Gesetzes über die

öffentlichen Sparkassen vom 8. August 1902 maßgebend.

Dieses Gesetz

schreibt in Art. 4 u. a. vor, daß die Satzungen einer jeden öffentlichen Sparanstalt Bestimmungen enthalten müssen, über „die Anlegung des zum

Sparkassenvermögen gehörenden Geldes, soweit dasselbe nicht zur Be­ streitung von Ausgaben bereitzuhalten ist", ferner in Art. 5, daß das Vermögen in hessischen Staatsschuldverschreibungen oder in Schuldver­ schreibungen der hessischen Landeshypothekenbank angelegt werden darf

und dies nicht durch die Satzung ausgeschlossen werden darf. nähere Vorschriften

über

die

einzelnen Arten

Da sonstige

der Vermögensanlagen

fehlen, ist den öffentlichen Sparkassen ein weiter Spielraum gelassen für

die Verwendung der ihnen

anvertrauten Gelder.

Einer willkürlichen

statutenmäßigen Festsetzung der Anlagearten seitens der Kassen kann nur

insofern begegnet werden, als das Ministerium die Satzungen zu ge­ nehmigen hat und jederzeit Einspruch gegen ihre Gültigkeit erheben kann. Die Satzungen der Städtischen Sparkasse enthalten folgende Be­

stimmungen

über

die Verwendung

des

zum

Sparkassenvermögen ge­

hörigen Geldes.

8 18. Bereithaltung verfügbarer Mittel. „Das zum Vermögen der Sparkasse gehörende Geld ist in barem Gelde oder in täglich kündbaren Guthaben bei der Reichsbank, einer

Staatsbank oder bei einer anderen Bank, bei der im Großherzogtum Mündelgeld angelegt werden kann, insoweit bereitzuhalten, als dies zur

Bestreitung der voraussichtlich regelmäßigen Ausgaben erforderlich erscheint.

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Das Sparwesen in der Stadt Offenbach a. M.

469

8 19.

Anlegung verfügbaren Geldes.

Soweit das zum Vermögen der Kasse gehörende Geld nicht nach dem ß 18 bereitzuhalten ist, ist es baldtunlichst verzinslich anzulegen. Die Anlegung soll nur erfolgen:

1.

In kündbaren Forderungen, für die eine Hypothek an einem in

der

Gemarkung

Offenbach

gelegenen

Grundstück

besteht.

Die

Hypothek soll 66 ^/s o/o des Taxationswertes des Grundstückes nicht

übersteigen, kann jedoch in besonderen Fällen, sofern es sich um ganz sichere Objekte und mit Wohngebäuden bebaute Grundstücke handelt, nach Ermessen des Vorstandes auch auf 75 o/o des Taxa­

tionswertes gewährt werden; 2.

in Kaufschillingen, für die eine dingliche Sicherheit an einem in der Gemarkung Offenbach gelegenen Grundstück besteht; soweit die

dingliche Sicherheit der unter Nr. 1 Satz 2 gestellten Anforderungen

nicht entspricht, muß der Kaufschilling durch Bürgschaft oder in

anderer Weise sichergestellt sein; 3.

in kündbaren Darlehen an Gemeinden und sonstige Kommunal­ verbände,

sowie an

Kirchengemeinden

gegen

einfachen Schuld­

schein ; der Schuldschein muß, soweit zur Aufnahme des Darlehens

die Genehmigung der Aufsichtsbehörde erforderlich ist, mit dem Genehmigungsvermerk versehen sein;

4.

in verbrieften Forderungen gegen das Reich oder einen Bundes­ staat, in verbrieften Forderungen, deren Verzinsung von dem Reich

oder einem Bundesstaat gewährleistet ist, in sonstigen Wertpapieren und verbrieften Forderungen, in denen im Großherzogtum Mündel­

geld angelegt werden kann in Höhe von 10 o/o des Aktivkapitals, sowie in unbeschränkter Höhe in hessischen Staatsschuldverschreibungen

und Pfandbriefen der hessischen Hypothekenbank. Bei hypothekarisch gesicherten, sowie bei Darlehen an Gemeinden,

sonstige Kommunalverbände und Kirchengemeinden kann, unbeschadet des Kündigungsrechtes, vereinbart werden, daß die Rückzahlung in Form

einer Tilgungsrente oder durch Abschlagszahlungen in Beträgen erfolgt,

die auf 10 Mk. abgerundet sind. Kann die Anlegung von Geld den Umständen nach nicht in der unter Nr. 1 bis 4 bezeichneten Weise erfolgen, so ist das Geld bei der

Reichsbank, bei einer Staatsbank oder bei einer anderen Bank, bei der

im Großherzogtum Mündelgeld angelegt werden kann,

vorübergehend

anzulegen."

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Carl Leonhardt.

470

In welcher Weise während der letzten 15 Jahre diese verschiedenen Anlagearten zur Verwendung gelangten, zeigt folgende Übersicht:

Anlage des Jahr Ende

Gesamtvermögen

Hypotheken einschließlich Kaufschillinge

Mk.

o/o

Mk.

1895 1896 1897 1898 1899 1900

13 777 341 14 468 181 15 462 213 15 623 837 16 497 213 16 228 381

9 668 690 10 577 770 11 992 050 13 648 390 14 547 400 14 251020

1901

16 576 988

1902

17 551 976

1903

18 060 672

1904

18 127 597

1905

18 659 780

16 140 800

1906 1907 1908 1909

19 141453 18 817 045 18 603401 18 865 304

17 17 16 16

Wertpapiere (Nennwert)

1

70,18

Mk.

>

o/o

I

21,59

73,11 77,55 87,35 88,18 87,81

2 975 243 2 768 457 1 886 486 1611729 1 606 129 1 598 529

19,13 12,20 10,31 9,73 9,85

14193 620

85,62

1 581 529

9,54

14822 580

84,45

1418 386

8,08

16 042 980

88,82

1413 243

7,82

15 744 650

86,85

1 407 300

7,76

86,49

1 523 200

8,16

89,66 91,16 90,49 89,87

1514400 1 285 600 1 279 600 1 269 900

7,91 6,83 6,88 6,73

163 100 153870 832 720 954044

> !

! . >

I

Der weitaus größte Teil des Vermögens ist immer gegen hypo­

thekarische Sicherheit ausgeliehen gewesen. Seit 1895 hat diese Anlage bedeutend zugenommen. Sie ist von 70,18 o/o auf rund 90 o/o der Ge­

samtanlage

gestiegen;

der Bestand an Wertpapieren

Zeit um 14,86 o/o zurückgegangen.

ist in

derselben

Wenn auch, trotz dieser geringen

Liquidität der Anlage, die Städtische Sparkasse seither allen Ansprüchen ihrer Gläubiger — selbst in kritischen Zeiten — genügen konnte, so er­ scheint es doch nötig, den Prozentsatz der leicht realisierbaren Werte im

Verhältnis zur Gesamteinlage zu erhöhen. Obwohl der Hypotheken­ zinsfuß in der Regel höher ist als derjenige liquiderer Anlagen, so wird

eine Verschiebung zugunsten der letzteren kaum einen Rückgang des Reingewinns oder gar eine Herabsetzung des Einlagezinsfußes zur Folge haben, wenn sie allmählich geschieht. Eine größere Flüssigkeit der An­ lage ist auch schon im Hinblick auf eine vielleicht später vorzunehmende modernere, mehr bankmäßige Ausgestaltung des Geschäftsbetriebes der Sparkasse geboten.

In jüngster Zeit ist denn auch die Verwaltung,

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Tas Sparwesen in der Stadt Offenbach a. M.

471

infolge einer entsprechenden Verfügung des Ministeriums, bestrebt den Bestand an Wertpapieren zu erhöhen.

Vermögens. Darlehen an a) Stadt­ kaffe d) Leihhaus

Darlehen auf Schuldscheine Mk.

_ —

— —

— —

— — __

249 500

51 000 66 000 68 000 62 900 54 800

o/o

__

Mk.

ch 484500 ch 719 500 ! a) 1 197 918 — — — — I — — / a) 260 000 — id) 44 000 sch 900 000 — id) 44000 ! _ 56 000 d) sch 100 000 1,37 id) 52 000 sch 550 000 0,27 id) 46 000 0,34 44 000 d) 0,36 b) 48 000 0,33 d) 58 000 0,29 40 000 b)



°/»

3,51 4,97 7,75 ! — — 1,57 0,26 5,12 0,25 0,31 0,55 0,28 2,94 0,24 0,23 0,26 0,31 0,21

Darlehen an die Bank o/o

Mk.

o/o

!

-

i

— —

1,71 0,23 0,35 0,27 0,11 0,20

Mk.

__ — — — — —

Barvorrat



235 724 33 070 54 158 41 700 17 873 32 464





139107

0,83





8 289

0,04

180 000

0,98

25 704

0,14

290 000

1,60

15 072

0,08





56 250

0,30

78 346 19 945 8 596 313 267

0,40 0,11 0,04 1,66

— — 70 000 —

_ — 0,37 —

Nach den oben erwähnten Bestimmungen beleiht die Sparkasse aus­ schließlich Offenbacher Grundstücke und dient somit in vorzüglicher Weise dem lokalen Kreditbedürfnis. Sie ist als Hypothekengläubigerin sehr beliebt, weil der ordentliche Schuldner weiß, daß ihm die Hypothek nicht leicht

gekündigt wird und ihm so die mit dem Wechsel des Gläubigers ver­ bundenen Kosten und Verluste erspart bleiben. Sehr oft mußten in geld­ knappen Zeiten (besonders in den Jahren 1907 und 1908) eine große Anzahl Beleihungsanträge zurückgewiesen werden.

Die Sparkasse hat

ihrerseits nur wenigen schlechten Zinszahlern die Hypothekendarlehen ge­

kündigt.

Die vorübergehenden Rückgänge im Hypothekenbestande beruhten

durchweg auf Kündigungen seitens der Schuldner und traten fast regel­

mäßig nach Zinsfußerhöhungen ein.

(Siehe Tabelle auf S. 472.)

Die Ausleihungsbedingungen der Sparkasse sind schon lange Zeit maßgebend für den Offenbacher Hypothekenmarkt.

Seit mehreren Jahren

treten als scharfe Konkurrenten neben den großen Frankfurter Geldgebern einige auswärtige Hypothekenbanken auf, die, unterstützt durch tüchtige

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Carl Leonhardt.

472

Hypotheken.

j Neu ausgeliehen

Jahr

Zurückbezahlt

Gegen da s Vorjahr mehr

1

weniger

__ —

1896 1897 1898

1 275 980 1 938 260 2 039 600

366 900 523 980 383 260

909 080 1 414 280 1 656 340

!

1899 1900 1901 1902 1903 1904 1905 1906 1907 1908 1909

1 179 160 1 125 700 311550 929 340 1 937 600 792 620 997 150 1 373 700 351 600 745 000 518 964

280 150 422 080 324 950 300 380 717 200 1 090 950 601 000 351 400 360 830 395 650 397 640

899 010 — — 628 960 1 220 400 — 396 150 1 022 300 — — 121 324

!

I

I

— 296 380 13 400 — — 298330 — — 9 230 321150 —

Zinsfüße Prozent

4, 3-V» 4, 3-V4 3-/4, 3V», 4, 4^2 4, 4' 2 4, 4 "2 4V2 ! 4^2 4 j 4 4 4 4 4, 4'/4 4V4

Agenten, der Städtischen Sparkasse schon manchen Kunden weggenommen haben.

Während die letztere an eine bestimmte Beleihungsgrenze und

einen einheitlichen Zinsfuß für alle Hypothekendarlehen gebunden ist,

gewähren jene Bankinstitute bei entsprechender Sicherheit des Objektes

und Kreditwürdigkeit des Schuldners in der Regel höhere und billigere Darlehen.

Dazu kommt noch, daß sich die Sparkasse bei der Beleihung

der Grundstücke streng an die ortsgerichtliche Taxe hält, die privaten

Schätzer der Banken dagegen meistens einen viel höheren Taxwert in Anrechnung bringen. Der Ende 1908 von der Städtischen Sparkasse gegen hypothekarische Sicherheit ausgeliehene Betrag von 16 832 720 Mk. war fast ganz auf bebaute Grundstücke eingetragen. Ein verschwindend kleiner Teil dieser Summe ist

in Kaufschillingshypotheken angelegt.

Regelmäßige

Kapitalabtragungen erfolgten nur seitens weniger Schuldner, denen seinerzeit ausnahmsweise ein höheres Darlehen als 66 2/3 o/o des Taxa­ tionswertes ihres Objektes gewährt worden ist und werden nur solange

geleistet, bis die satzungsgemäße Beleihungsgrenze erreicht ist. Tabelle gibt Auskunft über

die Berufe

ihren Anteil an der Darlehnssumme:

Folgende

der Hypothekenschuldner und

(Siehe Tabelle auf S. 473.)

Da wegen der teuren Bodenpreife nur wenige Arbeiter im Besitze

eigener Wohnungen sind, ist deren Anteil an der ausgeliehenen Hypo-

thekenfumme verhältnismäßig gering.

Zwei Drittel derselben sind an

selbständige Handwerker und Händler, Industrielle und Bauunternehmer

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Tas Sparwesen in der Stadt Offenbach a. M.

473

!

!

Betrag

Anzahl

Berufe

Mk.

11 9

6 898 050 2 940 670 2 633 400 1079 000 806 300 787 000 399 000 387 100 277 700 18 500 37 000 i 271 000 298 000 ;

698

16 832 720 -

310 145 64 38 65 8 20 18

Selbständige Gewerbetreibende .... Berufslose................................................... Fabrikanten............................................... Bauunternehmer...................................... Arbeiter........................................................ Landwirte................................................... Kaufmännische und technische Angestellte Beamte........................................................ Juristische Personen.................................. Freie Berufe............................................... Im Kreise Offenbach Wohnende.... In Frankfurt a. M. „ .... Sonstige Auswärtige..............................

6 1 3

In Prozenten des Gesamt­ betrages

40,98 17,47 15,64 6,41 4,79 4,68 2,37 2,30 1,65 0,11 0,22 1,61 1,77 100

ausgegeben und zum guten Teil auf Fabrikgebäude und sonstige Ge­

schäftshäuser eingetragen.

von 1 344 830 Mk. (etwa

26 Hypothekenschuldner mit einem Darlehen die Hälfte

liehenen Betrages) sind Firmen. wirte ruhen auf .Wiesengelände. älteren Datums.

des an

„Fabrikanten"

ausge­

Einige Hypotheken der wenigen Land­ Die Darlehen der Rentner sind meistens

Viele auswärtige Hypothekenschuldner haben früher in

Offenbach gewohnt, zum Teil sind sie Bauunternehmer aus benachbarten Unter den Frankfurtern befinden sich einige Großbrauereien, die auf den beliehenen Grundstücken Wirtslokale besitzen und diese an sog.

Orten.

Zapfwirte weiter vermieten. Es ist demnach der grüßte Teil der von der Städtischen Sparkasse

ausgegebenen Hypothekensumme dem Produktionsinteresse der wirtschaftlich

selbständigen Bevölkerungskreise Offenbachs dienstbar gemacht.

Bei dem

ausgedehnten und doch fast ausschließlich lokal begrenzten Geschäftsbetrieb

der Sparkasse ist anzunehmen, daß die meisten Hypothekenschuldner zu­ gleich Einleger der Kasse find.

Wie aus obiger Tabelle über die Anlage des Vermögens zu er­ sehen ist,

ist der Bestand an Wertpapieren seit 1895 nicht nur im

Verhältnis zur Gesamtanlage, sondern auch in seinem absoluten Betrage

zurückgegangen.

Nachdem man

im Jahre

1897

zwecks

Deckung

des

eigenen Geldbedarfes und Gewährung eines größeren Darlehens an die

Stadt für mehrere 1000 Mk. Effekten verkauft hatte, wurden, außer im Jahre 1904, keine weiteren Anschaffungen in diesen Anlagewerten ge­

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Carl Leonhardt.

474

macht. Die vorübergehende Erhöhung des Effektenbestandes 1904 erfolgte durch Übernahme eines größeren Betrages der per 1. Januar 1905-

emittierten Offenbacher Stadtanleihe. In den Jahren 1898 und 1907 mußten wegen erhöhtem Geldbedarf der Kaffe größere Posten Wertpapiere

verkauft werden, was beide Male mit bedeutenden Verlusten verbunden war.

Der

Mindererlös

aus

den

Effekten

verkauften

betrug

1898

17 082,40 Mk., 1907 13 396,90 Mk.Gerade in geldknappen Zeiten, in denen die Sparanstalten sehr große Rückzahlungen vornehmen müssen

und fast regelmäßig gezwungen sind, einen Teil ihrer Wertpapiere zu verkaufen, sinkt der Kurs der festverzinslichen Papiere, so daß Verluste bei solchen Verkäufen unvermeidlich sind.

Dies veranlaßte die Städtische Sparkasse nicht nur ihre 1897 begonnene Anlagepolitik beizubehalten,

sondern auch einem vorübergehenden größeren Geldbedarf in erster Linie

durch Aufnahme von Darlehen bei der Stadtkasse zu begegnen.

Der

Betrag der von der Stadtkasse entliehenen Gelder belief sich

Ende 1898 „

1899

.

1900

.

1903

. .

1906 1907



1908

Seit jüngster Zeit

ist

auf Mark

,,

"

50 000 894 000 514 000

500 000 „

,,

200 000 100 000

500 000 die

Sparkassenverwaltung

Bestände an Wertpapieren allmählich zu erhöhen.

bestrebt,

ihre

Den Anlaß zu diesem

Entschluß gab, wie schon erwähnt, eine ministerielle Verfügung, die ins­

besondere den Sparkassen empfiehlt, durch Kauf von hessischen Staats­ schuldverschreibungen und Schuldverschreibungen

der hessischen Landes­

hypothekenbank zur Verbesserung und Stabilisierung der Kurse dieser

Die Städtische Sparkasse hat auch diesem Wunsche

Papiere beizutragen.

entsprochen und ihre letzten Neuanlagen in Obligationen des hessischen Staates gemacht.

Bei dem

größeren Verkauf von Wertpapieren im

Jahre 1907 hat sie ihren Restbestand an Pfandbriefen abgestoßen und

besitzt seitdem nur noch Staatsschuldverschreibungen und Obligationen der Stadt Offenbach.

Ende 1909

setzte sich

der Effektenbestand aus

folgenden Werten zusammen: * Zur Deckung solcher Kursverluste schuf man Ende 1909 einen sog. Aus­ gleichsfonds, dem zuerst 10000 Mk. und im folgenden Jahre 30000 Mk. vom Reingewinn zugeführt wurden.

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Tas Sparwesen in der Stadt Offenbach a. M.

Mark

196 600,—

3^2 o/o Deutsche Reichsanleihe,



118 000,—

3^0/0 Preußische Staatsanleihe,



215 000,—



86 400,—

475

3^/2 0/0 Bayerische 3^20/0 Württembergische,,



215 000,—

3^o/o Hessische



406 000,—

3^o/o Offenbacher Stadtanleihe,

32 900,-

41/2 0/0

zus.: Mark 1269 900,—

Etwa ein Drittel dieser Summe war in Schuldverschreibungen der eigenen Gemeinde angelegt.

Wieweit die zum Vermögen der Städtischen

Sparkasse gehörenden Gelder während der letzten 15 Jahre im Interesse

der Stadtgemeinde verwendet wurden, zeigt folgende Aufstellung.

Jahr Ende

1895 1896 1897 1898 1899 1900 1901 1902 1903 1904 1905 1906 1907 1908 1909

Offenbacher Stadtanleihe

Darlehen an die Stadtkasfe

Zusammen

Mk.

Mk.

Mk.

484 500 719 500 1 197 918 — — — 260 000 900 000 .— 100 000 550 000 — — — 280 000

1 045 355 1 261 955 1 785 403 472 128 466 528 459 128 708 828 1341 885 280 742 635 499 1 076 899 469499 463499 445 400 718 900

560 855 542 455 587 485 472 128 466 528 459 128 448 828 441 885 280 742 535 499 526 899 469 499 463 499 445 400 438 900

Der Bestand an Schuldverschreibungen der eigenen Gemeinde ist nie

sehr bedeutend und auch keinen großen Schwankungen unterworfen ge­ wesen. Er belies sich durchschnittlich auf ca. 30/0 des Gesamtvermögens. Nur im Jahre 1903 wurde ein großer Teil dieser Papiere verkauft, aber schon im folgenden Jahre wurde der Bestand gelegentlich der Ausgabe

einer neuen Anleihe (1. Januar 1905) wieder ergänzt.

Andererseits be­

steht schon seit langer Zeit zwischen der Sparkasse und der Stadtkasse ein sehr reger Kontokorrentverkehr. Die seither von der Gemeinde­

verwaltung vorübergehend erhobenen Gelddarlehen wurden in erster Linie

zur Herstellung öffentlicher Bauten (Schulen usw.) verwendet und regel­ mäßig in mehreren Ratenzahlungen wieder zurückerstattet.

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476

Gegen diese Art der Verwendung der Sparkassengelder im Interesse

der

Stadt wird

sich

vom Standpunkte

einer liquiden

und

sicheren

Anlage nichts einwenden lassen, solange die Finanzlage der Stadt eine

gute ist und die Sparkasse — unter Vermeidung von eigenen Verlusten bei der Geldbeschaffung — nicht zu große und nur kurzfristige Darlehen

gegen

ratenweise Tilgungspflicht

und

angemessene Verzinsung an die

Stadtkaffe gewährt.

Außer den Darlehen an die Stadtkaffe gibt die Sparkasse schon seit ihrer Gründung kurzfristigen Betriebskredit an das städtische Leih-

Haus und erhält heute (Mitte 1910) für diese Anlehen 41/4 o/o (bis vor kurzer Zeit 4 o/o) Zinsen.

Seit dem Jahre 1904 erscheinen als eine neue Anlegeart die Dar­ lehen auf Schuldscheine an Kirchengemeinden. Ende 1909 waren 548 000 Mk. gegen 4'/4o/o Zinsen an Kirchengemeinden ausgeliehen gewesen.

Größere Bareinlagen

bei Banken

wurden immer nur für kurze

Dauer gemacht, vornehmlich in Zeiten großen Geldandranges. Das Einlageguthaben bei der Sparkasse des Bankvereins wird nicht getrennt verwaltet; es wird im Geschäftsbetrieb verwendet und ist wohl ganz in kurzfristigen Werten (insbesondere in Diskonten) an­

gelegt.

Die Spargelder

werden auf diese Weise zum Teil auch dem

Interesse derjenigen Sparer dienstbar gemacht, die mit dem Bankverein in dauernder oder gelegentlicher Geschäftsverbindung stehen, das sind in erster Linie die selbständigen Gewerbetreibenden.

Die

Spargesellschaft

„Fortuna"

verwendet

ihre

Spar-

kapitalien zum Ankauf von Staatspapieren und sonstigen im Deutschen

Reiche zugelaffenen Obligationen und zinstragenden Anlehenslosen sowie zur Gewährung von Darlehen an ihre Mitglieder; vorübergehend flüssige Gelder werden bei einer Bank untergebracht.

Am Ende der X. Gesell­

schaft „Fortuna" (30. April 1907) waren angelegt: In Wertpapieren

In Darlehen

In bar

Mark 889 500,— (Nennwert)

Mark 157 238,—

Mark 355,—

Der Effektenbestand setzte sich aus folgenden Titeln zusammen: 31/20/0 und 40/0 Frankfurter Hypothekenbank-Pfandbriefe,

4 0/0 „ „ 31/20/0 Hessische Landeshypothekenbank,

Kreditverein,

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Tas Sparwesen in der Stadt Offenbach a. M.

477

30/0, 3^o/o, 40/0 Hessische Staatsanleihe,

3^0/0 und 40/0 Badische Eisenbahnanleihe,

31/20/0 und 40/0 Bayerische Eisenbahnanleihe, 31/20/0 Pfälzische Eisenbahn-Prioritäten,

31/2 0/0 Deutsche Reichsschatzanweisungen,

3^20/0 Preußische Schatzanweisungen, 31/2 0/0 Frankfurter Stadtanleihe, 31/2 0/0 Offenbacher Stadtanleihe. Wie schon in Kapitel III erwähnt, werden den Mitgliedern der

Fortuna Darlehen gegeben bis zu vier Fünftel ihres eingezahlten Spar­

betrages gegen Hinterlegung ihrer Einlagequittungen und Entrichtung eines vierprozentigen Zinses.

Die dort erwähnte Darlebnssumme ver­

teilte sich auf 775 Mitglieder, die zum größten Teil den minder­ bemittelten Bevölkerungsklassen angehörten und die erhaltenen Gelder

hauptsächlich zur Deckung von Konsumschulden verwendeten.

Auch die Sparkasse derOffenbacherLehrer verwendet einen Teil ihrer Einlagen zur Ausleihung von Darlehen an ihre Mitglieder; zur Städtischen Sparkasse oder derjenigen des Am Schluß ihrer letzten Rechnungsperiode (1909) betrug

das übrige bringt sie

Bankvereins.

der Vermögensbestand 56144 Mk.;

er war angelegt in 45 982 Mk.

Sparkassenguthaben und 10132 Mk. Darlehen an Mitglieder.

Bezüglich

der Darlehensbedingungen unterscheidet sich die Lehrersparkasse von der

„Fortuna" hauptsächlich darin, daß sie ihren Mitgliedern auch Lombard­

darlehen, über den Betrag der eingelegten Summen hinaus, gewährt. Die Spargelder der Fabriksparkassen werden in der Fabrik­ unternehmung selbst oder aber bei Sparkassen und Bankinstituten ver­ zinslich angelegt.

Die

von

den

Kohlenkassen

vereinnahmten

Mitgliederbeiträge

werden bis zu ihrer eigentlichen Verwertung (für Kohlen, Holz, Miete und Steuer) bei einer Sparkasse eingezahlt.

Folgende 2 Tabellen geben Aufschluß über die Art der Verwendung der bei den landwirtschaftlichen Genossenschaften inBürgel und Bieber eingelegten Sparkapitalien. (Siehe Tabellen auf S. 478.) Die Anlage der Gelder in Hypothekendarlehen ist von beiden Kassen

(besonders von der Bürgeler Kasse) stets bevorzugt worden, weil sie wegen der Konkurrenz der nahen städtischen Sparanstalten und Bankinstituten

nicht nur einerseits einen hohen Sparzinsfuß geben müssen, sondern andererseits auch nur geringe Summen in Darlehen auf Schuldschein oder durch Kreditgewährung in laufender Rechnung unterbringen können,

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Carl Leonhardt.

478

Bürgel. Summe der ausgeliehenen Jahr Kapitalien

Mk. 1902 1903 1904 1905 1906 1907 1908 1909

305 027 303 618 355 139 352 736 389 480 440 258 461 702 492 028

Davon in Hypotheken absolut

Mk.

300 294 296 454 347 154 342 340 368 285 425 385 456 035 476 435 j

Prozent

98,13 97,65 97,76 97,07 94,57 96,64 96,64 96,64

Davon in Kaufschillingen

absolut

Prozent

Mk.

1049 1199 720 540 9 260 2 628 2 136 404

! !

0,34 0,39 0,20 0,15 2,37 0,58 0,46 0,08

Davon in Darlehen auf Schuldschein

absolut

Prozent

Mk. 4 684 5 965 7 265 9 856 11 935 12 245 13 331

16 189

i! ' !I

!

1,53 1,96 2,04 2,78 3,06 2,78 2,90 3,28

Bieber. Summe der ausgeliehenen Jahr Kapitalien Mk.

1895 1896 1897 1898 1899 1900 1901 1902 1903 1904 1905 1906 1907 1908 1909

131 065 178171 192 959 216 638 254 916 269 290 292 902 304 449 339 817 383499 423 063 472 166 487 086 481 677 507 111

Davon in Hypotheken

Mk. 63 660 112 760 122 574 140 713 177 708 194 000 > 224 240 259 020 283 631 328 291 354 401 ! 405 322 413 022 409 553 438 134

Davon in Kaufschillingen

Prozent

Mk.

48,56 63,28 63,52 64,95 69,71 72,04 76,55 85,07 83,46 85,60 83,77 85,84 84,79 85,02 86,39

42 619 40 381 41 744 46 014 44 679 42 668 32 588 4 408 10 938 9 767 24 625 22163 30 587 24 365 27 342

1 Prozent 32,54 22,67 21,64 21,25 17,53 15,85 11,14 1,46 3,23 2,56 5,83 4,70 6,29 5,07 5,40

Davon in Darlehen auf lauf. Rechnung Mk. 24 786 25 030 28 641 29 911 32 529 32 622 30 074 41 021 45 248 45 441 44 037 44 681 43 477 47 759 41 635

1 Prozent 18,90 ! 14,05 ! 14,84

13,80 12,76 12,11 12,31 13,47 13,31 11,84 10,40 9,46 8,92 9,91 E 8,21

letzteres um so weniger als die meisten ihrer Mitglieder und sonstigen Sparkunden wirtschaftlich unselbständig find*.

Außerdem gewährt die

Zusammensetzung der Mitglieder nach Berufen. * Bürgel (Ende 1908) Berufe: Bieber (Ende 1909) 4 Landwirte................................................ 19 4 Fabrikanten undBauunternehmer . . 10 13 Selbständige Gewerbetreibende ... 23 1 Handlungsgehilfe............................... 1 10 Arbeiter................................................ 147 7 Beamte..................................................... 5 — Freie Berufe.......................................... 25 3 Rentner................................................ 1

42

231

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Das Sparwesen in der Stadt Offenbach a. M.

Landwirtschaftliche Genossenschaftsbank zu Darmstadt,

an welche

479

etwa

überschüssige Gelder abgeführt werden sollen, den Kassen nur bis zu einem Guthaben von bestimmter Höhe^ (in Bürgel 20 000 Mk.) 4 o/o, darüber hinaus aber nur 3 o/o Zinsen. Über den Verkehr der beiden Kassen mit der Genossenschaftsbank mögen folgende Zahlen als Beispiel dienen:

Der Umsatz auf dem Bankkonto

betrug im Jahre 1908 in

72 034 Mk., das Guthaben bei der Bank am Ende der betr. Jahre in Bürgel 720 Mk., Bürgel 125 644 Mk., im Jahre 1909 in Bieber

in Bieber 34 883 Mk. Wenn auch infolge dieser schlechten Verwertbarkeit kurzfristiger An­ lagen die Genossenschaften zum Zweck ihrer Selbsterhaltung gezwungen

sind, einen großen Teil ihrer Aktiven in gut verzinslichen, langfristigen Darlehen anzulegen, so müssen sie für die Zukunft doch immer mehr

darauf bedacht sein, eine größere Flüssigkeit ihrer Bestände herbeizuführen. Dies muß insbesondere seitens der Kasse mit geringer Mitgliederzahl und

verhältnismäßig

großem

Bestände

an fremden Spargeldern ge­

schehen, da sonst ihre Existenz durch starke Abhebungen der Sparer sehr leicht gefährdet werden kann.

Die, trotz der festen und langfristigen

des Vermögens, bis jetzt ohne weitere Störung verlaufene günstige Entwicklung beider Kassen ist nicht zum wenigsten darauf zu­ Anlage

rückzuführen, daß

ihr Sparkapital zum größten Teil aus wirklichen

Ersparnissen kleiner und mittlerer Einleger besteht, die zugleich Hypo­

thekenschuldner der Kasse sind. Die Hypothekendarlehen werden provisionsfrei in der Regel bis zu 60 o/o des durch ortsgerichtliche Taxation festgestellten Wertes der zu

beleihenden Grundstücke gegeben.

Der Zinsfuß für diese Darlehen ist in

Bürgel — entsprechend dem stets gleich gebliebenen Zinssatz für Spar­ einlagen — schon seit mehreren Jahren 4^2 o/o gewesen, in Bieber betrug er abwechselnd 4 und 4^2 o/o; die Zinsspannung zwischen Ein­

lage- und Hypothekenzinsfuß betrug bei beiden Instituten jederzeit 1 o/o. Bei dem raschen Anwachsen der Bevölkerung beider Orte konnten die Hypothekendarlehen bis jetzt immer zu diesen Bedingungen in der

eigenen Gemeinde untergebracht werden.

Die wenigen Rückgänge im

Hypothekenbestande der Kassen traten meistens nach Zinsfußerhöhungen ein und kamen den Konkurrenten zugute.

Als solche kommen neben

einigen Offenbacher Geldgebern hauptsächlich die Bezirkssparkasse im be' Dieser Betrag richtet sich nach dem Kredit und dem Aktienanteil, den die Kaffe bei der Genossenschaftsbank besitzt.

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Carl Leonhardt.

480

nachbarten Seligenstadt und die hessische Landeshypothekenbank in Be­

tracht, die beide höhere Darlehen — teilweise mit Tilgungspflicht — gewähren.

Viele Leute scheuen indes die bei diesen Instituten üblichen

hohen Beschaffungskosten und bevorzugen die provisionsfreien Darlehen

der Genossenschaften. Die Bestände an ausgeliehenen Kaufschillingsdarlehen sind bei beiden

Genossenschaften noch nie besonders groß gewesen.

Die im Vergleich zu

denjenigen der Bürgeler Kasse immerhin sehr hohen Beträge an Kauf­ geldern in Bieber kommen wohl daher, daß es dem Arbeiter des letzteren Ortes,

infolge der billigeren Bodenpreise,

im allgemeinen

viel eher

möglich ist, Land zu erwerben und eigene Wohnungen zu bauen, als dem an der Peripherie der Stadt wohnenden Bürgeler, und gerade des­ wegen aber auch unter diesen minderbemittelten Bevölkerungsklassen ein

häufiger Besitzwechsel stattfindet. Die Darlehen auf Kaufbriefe sind, bei einem Zinsfuß von 50/0 innerhalb fünf Jahren zurückzuerstatten unb werden in der Regel in jährlichen Raten, sehr oft aber auch in nur

wenigen größeren Teilzahlungen abgetragen.

Neben Hypothekendarlehen

und Kaufgeldern gewährt die Bürgeler Kasse Darlehen auf Schuldscheine, die Bieberer solche in laufender Rechnung.

Die auf diese Weise aus­

geliehenen Beträge sind aus bereits erwähnten Gründen nie sehr be­ deutend gewesen.

Sie werden provisionsfrei gegeben und sind in jähr­

lichen oder halbjährlichen Ratenzahlungen, die mindestens ein Fünftel bezw. ein Zehntel der Schuldsumme betragen sollen, abzutragen.

Die

„Darlehen auf Schuldscheine" der Bürgeler Genossenschaft sind spätestens nach fünf Jahren zurückzuerstatten, können aber nach Ablauf dieser Zeit, mit Bewilligung der Bürgen, auf ein weiteres Jahr verlängert werden; die Zinsen betrugen bis Ende 1904 50/0 und sind seitdem auf 4^2 0/0 ermäßigt worden. Den „Konteninhabern" bei der Bieberer Kasse wird für guthabende Zinsen 40/0, für schuldige 50/0 gerechnet. An Wertpapieren besaßen beide Genossenschaften Ende 1909 je zwei

Aktien

der

landwirtschaftlichen

Genossenschaftsbank

zu Darmstadt

im

Nennwerte von 2000 Mk.

In welcher Weise die Verwendung der Spargelder den verschiedenen Bevölkerungskreisen zugute kommt zeigen folgende zwei Tabellen. (Siehe Tabellen auf S. 481).

Bei einem Vergleich dieser Zahlen mit den entsprechenden über die Einlageguthaben ist zu ersehen, daß die Spargelder von den Kassen voll­

kommen den Kreisen wieder zugesührt werden, aus denen sie stammen. Fast alle Darlehnsnehmer sind Einleger der Genossenschaften; die kleinen

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,

schuldner

Berufe der Darlehns-

cu

---------------------- ----------

L

. . .. .

......................



°/»

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A nm .:

In

.

.

(4) 11300 (24) 130 357 (9) 49 5 6 6 (5) 30 300 (16) 74811

99 500

61200 —

6,63 16,38

'1 0 ,8 4

2,47 28,52

— 21,78

13,38

1

I9 M



(8) 4216

(Ende

420

(1)

— —

36

— (1)



(1) 300 (1) 1380

absolut M k.

Klam m ern die A nzahl der Schuldner.

B e a m te .............................. R e n tn e r ..............................

Gelernte Arbeiter Ungelernte Arbeiter

......................

. .. ..

(15)

Selbst. Gewerbetreibende . Kaufm . und techn. A n ­

gestellte

(10)

L a n d w irte _____________ F a b rik a n te n ......................

«/»



(22) 3968 (11) 2400



(34) 8562 (2) 1421 (24) 6111

«/»



(2) (39) (43) (3) (4)

1299 —

6 758 527

10574

999

(15) 7 945 (4) 1926 (26) 11256

°/°

'

!

!



3,15

1,27

2,42 25,62 16,37

19,25 4,66 27,26

absolut M k.

6000

35 089

81500 17527

999 204 460

97 083

13932

53 339

«/»

0,19 40,19 15,92 3,43 6,87 1,17

10,46 2,73 19,04

— —

1,68 19,67





14,04 64,61

»/«

640 (15) 2216 (9) 1465 (3) 954 (6) 1339

(I)

270 — (20) 6415 (1)

absolut M k.

!

!

10,07

4,82 16,66 11,01 7,17

31254 76150

132 609 51 451

11940

105 915

1380 48,27

61 770



absolut M k.

.

13,09 0,29

«/»

10,90 6,62 16,12

2,53 28,09

22,36

Zusammen

2,00

Schuldscheine

Betrag der Darlehen ans

_________________________________________________________



15,80

14,88 8,99



32,09 5,33 22,91

absolut M k.

Betrag der ausgeliehenen Kaufschillinge

B ü rg e l

1,36

42,98 16,38 3,84 6,69



8,33 2,39 18,03

absolut M k.

Hypotheken

!

,

Betrag der ausgcliehenen

(24) 72 342 (2) 17 000 (9) 29 574 (1) 6 000

— (62) 189918

(11) 36 832 (2) 10585 (17) 79 720

M k.

B ie b e r (Ende 1909). ----------------- - — ---------------------------------------------------------------------------------------- ------Betrag der ausgeliehenen Betrag der ausgeliehenen Betrag der Darlehen in . Hypotheken Kaufschillinqe lausender Rechnung Zusammen ----------------------- — -------------------------------- ' --------------------------------------------------------------------------------------------

___________________________ absolut M k.

. . , B -ru se ^e r Darlehns-

.

.

V e re in ...................................

B e a m te .............................. R e n tn e r ..............................

Gelernte Arbeiter Ungelernte Arbeiter

gestellte

Kaufm .

Selbst. Gewerbetreibende . und techn. A u ­

L a n d w irte ........................... F a b rik a n te n .......................

Z _________________ absolut

-

L

K

Das Sparwesen in der Stadt Offenbach a. M.

481

482

Carl Leonhardt.

und mittleren unter ihnen verwenden gerade ihre angesammelten Er­ sparnisse zur Schuldentilgung.

(Siehe Kapitel IV.)

Die Überschüsse und ihre Verwendung. Der Reingewinn betrug für je 100 Mk. Spareinlagen:

Im Jahre

Bei der Städt. Sparkasse

Bei der Bieberer Genossenschaft

Bei der Bürgeler Genossenschaft

Pfg.

Pfg.

Pfg.

93 81 91 118 115 127 121 114 129 125 129 126 121 94 118

146 93 116 96 110 92 114 102 101 117 97 102 101 107 109

?

1895 1896 1897 1898 1899 1900 1901 1902 1903 1904 1905 1906 1907 1908 1909

-

? ? 64 61 57 58 50 44 49 ?

Bei der Beurteilung dieser Zahlen ist zu berücksichtigen, daß für die Höhe der Überschüsse nicht nur die Spannung zwischen Spar- und Anlagezinsfuß, sondern — hauptsächlich bei großen und älteren In­

stituten — neben der Größe der Verwaltungskosten vor allem auch die

Höhe der Eigenkapitalien (insbesondere des Reservefonds) und deren Ver­

anlagung maßgebend sind.

Es betrugen:

(Siehe Tabelle auf S. 483.)

Das Rückhaltsvermögen der Städtischen Sparkasse ist nach H 20 ihrer Satzungen mindestens bis zu 10 o/o seines Betrages in Wert­ papieren anzulegen. Über die Rentabilität seiner Anlage lassen sich

keine genauen Angaben machen, weil es nicht getrennt vom übrigen Vermögen der Kasse verwaltet wird. Nehmen wir aber z. B. an, daß im Jahre 1909 der Reservefonds der Städtischen Sparkasse ausschließlich

in Effekten angelegt war und ein durchschnittliches Zinserträgnis von 3^2 o/o — 62 668 Mk. erbrachte, so betrug sein Anteil an dem Ende dieses Jahres erzielten Reingewinne nicht weniger als 32,34o/o. Hierbei ist zu beachten, daß seit 1908 die Überschüße der

Städtischen Sparkasse nicht unerheblich zurückgegangen sind

durch Er-

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483

Das Sparwesen in der Stadt Offenbach a. M.

Im Jahre

Das Rückhaltsvermögen der Städtischen Sparkasse Mk.

1895 1896 1897 1898 1899 1900 1901 1902 1903 1904 1905 1906 1907 1908 1909

1 165 667 1 224 304 1312411 1 384 392 1 446 082 1 517 644 1 524 059 1 535 876 1 624 021 1 703 613 1 737 756 1 769 573 1 790 302 1 837 850

Der Reservefonds u. die Betriebsrücklagen der Bieberer Genossenschaft

Der Reservefonds u. die Betriebsrücklagen der Bürgeler Kasse

in Prozent

Mk.

in Prozent

Mk.

in Prozent

der Spareinl.

(abger. Betr.)

der Spareinl.

(abger. Betr.)

der Spareinl.

2

5 200 6 300 7 900 9 600 11600 13 500 16 200 18 900 21800 24 100 26 700 30 000 33 000 36 400 37 700

4,31

? ? ? -

?

! ! !

' ! ! >

8,68 8,75 9,20 9,70 10,13 10,17 9,51 9,58 9,84 10,04 10,10 10,64 10,89 10,79

!

> ! !

3,88 4,47 4,61 4,80 5,03 5,34 5,52 5,87 6,27 6,64 6,21 7,18 7,68 7,56

7 200 7 600 8 300 9 600 10 200 10 900 11 600 12 200 12 800 13 500

j !l !

!

? ? ? ? ? 2,76 3,06 2,97 2,89 2,87 2,75 2,70 ?

Mäßigung der Spannung zwischen Einlage- und Hypothekenzinsfuß von 1°/o auf S/40/0.

Die im Vergleich zu Bürgel höheren durchschnittlichen Reinerträgnisse in Bieber sind zum Teil ebenfalls dem Einfluß des größeren Eigen­ kapitals der letzteren Kasse zuzuschreiben, um so mehr als diese auch ein höheres und rascher anwachsendes „Geschäftsguthaben der Genossen" auf­ zuweisen hat, als das andere Institut.

Ende 1909 betrug letzteres in

Bieber 22 361 Mk., in Bürgel 5 040 Mk. In Anbetracht der teilweise sehr großen Beträge ihrer werbenden

Eigenkapitalien sind die Sparkassen denn auch berechtigt einen Teil ihrer Überschüsse im eigenen Interesse zu verausgaben. Andererseits müssen

sie aber bei jeder Verteilung des Reingewinns in erster Linie darauf Bedacht nehmen, ihren Reservefonds auf die gesetzlich festgesetzte Höhe zu bringen und

ihn

alsdann zum mindesten auf diesem Stande zu

erhalten. Das Rückhaltsvermögen der Städtischen Sparkasse muß (nach Art. 6 des Gesetzes über die öffentlichen Sparkassen vom 8. August 1902 und 8 20 der Satzungen) mindestens 10 0/0 des gesamten Einlageguthabens

betragen.

Solange die Rücklage diesen Betrag nicht erreicht hat, müssen

ihr mindestens 50 o/o des Reingewinns überwiesen werden. Ob und wieweit

die Städtische Sparkasse seither den gesetzlichen

Bestimmungen nachgekommen ist, zeigen folgende Zahlen.

Dem Rück­

haltsvermögen wurden vom jeweiligen Reingewinn überwiesen: 31*

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Carl Leonhardt.

484

In Prozenten.

1896 33,33

1895 33,30

1903 32,03

1898 33,31

1897 33,21

1904 12,78

1905' 36,51

1900' 34,03

1899 33,33

1906' 15,68

1907' 15,75

1902 32,65

1901' 0,00

1908' 13,52

1909' 24,38

Der nach erfolgter Dotierung des Reservefonds verbleibende Rest­ betrag wurde regelmäßig verteilt im Interesse der Förderung gemein­ samer wirtschaftlicher und wohltätiger Zwecke.

Die für „milde und gemeinnützige Zwecke"

verwendeten Summen

beliefen sich:

Im Jahre

Auf Mark

Darunter im ausschließlichen Gemeindeinteresse verwendet

in Prozent des Reingewinns

ML.

1895 1896 1897 1898 1899 1900 1901 1902 1903 1904 1905 1906 1907 1908 1909

85 154 83198 74163 75 515 89 597 116 606 108 624 171 889 183 987 116 123 135 936 175 125 161 849 117 956

91 696 89 911 79 190 80 491 92 574 119582 111601 174 866 186 693 119 149 138 692 183 478 170 185 133 832 146 484

Die in jedem Jahre für

die Zwecke

Gelder setzen sich zusammen aus

! > ! !

j ! ! I

71,91 70,21 53,82 44,79 54,43 64,31 59,28 94,81 88,75 56,09 62,15 80,49 80,12 76,30

der Gemeinde verwendeten

den Zuschüssen zu dem Städtischen

Krankenhause, den technischen Lehranstalten und dem Penfionsfonds der

städtischen Angestellten. Die bis Ende 1909 insgesamt verausgabte Summe 3 036 965 ML. dürfte zum weitaus größten Teile im Interesse der Stadt verwendet

worden sein. Die folgenden Tabellen enthalten Angaben über die Gewinne der beiden landwirtschaftlichen Genossenschaften und ihre Berteilung. (Siehe Tabellen auf S. 485.)

Diese Kassen sind nach ihren Statuten verpflichtet jährlich mindestens ' Reservefonds belief sich auf mehr als 10 o/o des Einlagekapitals.

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Tas Sparwesen in der Stadt Offenbach a. At.

485

Bieber.

Jahr

1895 1896 1897 1898 1899 1900 1901 1902 1903 1904 1905 1906 1907 1908 1909

Reingewinn abz. Tantieme an Vorstand u. Aufsichtsrat Mk.

1734 1506 2059 1954 2650 2442 3443 3472 3757 4515 3911 4556 4618 5069 5444

Davon zugewiesen dem Geschäftsgut haben der Genosse n Dividende 0/0 Mk.

dem Reserve­ > der Betriebs! rücklage fonds

Mk.

Mk.

1060 1000 1400 1200 1500 2000 2000 2322 2000 1000 1500 1500 1500 1500 —

:^42 136 253 310 558 303 764 437 995 2228 1058 1655 1605 2012 1328

! ! '

j !

532 369 401 404 592 638 678 712 762 1286 1353 1400 1513 1557 4115

!

! j

5 5 5 5 5 5 5 5 8 8 8 8 8 8 20

Bürgel. Davon zugewiesen ! den Genossen a)aufGeschäftsdem Reserve­ ! der Betriebs­ 1 guthaben gutgeschrieben fonds rücktage ! b) ausbezahlt ! Dividende ! 0/0 Mk. Mk. Mk.

Jahr

Reingewinn abz. Tantieme an Vorstand u. Aufsichtsrat Mk.

1901 1902 1903

1043 1926 1928

436 644 678

1904

1932

266

246

1905

2178

468

308

'

__ 650 618

607 632 632

__ — —

— — / a) sd)

9031 1-oc: 422/^0



1906

2015

360

330

1907

1933

350

250

1908

2306

300

300



1909

2380

350

350

40

d) 1333



10o/o des Reingewinns dem Reservefonds und ebensoviel der Betriebs­ rücklage zuzuschreiben und sind diesen Vorschriften stets nachgekommen.

Die an die Genossen verteilten Beträge sind — besonders in Bürgel — immer sehr hoch gewesen und wurden entweder insgesamt dem Geschäfts­

guthaben zugeschrieben oder aber (ganz oder teilweise) ausbezahlt.

Ende

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Carl Leonhardt.

486

1908 wurden in Bürgel 42 Mitgliedern mit einem eingezahlten Ge­ schäftsguthaben von 4 400 Mk. nicht weniger als 1 706,60 Mk. 40 o/o

eine Folge

Dividende gegeben,

der

überaus

großen Bestände an

fremden Spargeldern bei verschwindend kleinem Eigenkapital.

Mitunter

werden auch seitens dieser Kassen kleine Aufwendungen für gemeinnützige

Zwecke gemacht, so z. B. Ende 1908 von Bürgel 50 Mk. für die „barm­

herzigen Schwestern". Die Überschüsse der Sparkasse des Bankvereins, deren Ein­ lageguthaben nicht gesondert verwaltet werden, vergrößern den Rein­

gewinn dieses Instituts, der seinerseits wieder zu Rücklagen, Dividenden

an die Genossen und zum kleinen Teil auch sür gemeinnützige und Volks­ bildungszwecke verwendet wird.

Für letztere wurden bewilligt:

Ende 1907

Ende 1908

Ende 1909

1100 Mk.

1 300 Mk.

1 500 Mk.

Die Spargesellschaft „Fortuna" und die Sparkasse der Offenbacher Lehrer verwenden ihre Überschüsse ausschließlich zu­

gunsten ihrer Mitglieder.

Die Ansammlung eines Reservefonds unter­

bleibt, da beide Vereine sich nach jedesmaligem fünf bzw. dreijährigen

Bestehen wieder auflöfen und ihr gesamtes Vermögen unter die Mit­ glieder nach dem Verhältnis ihrer Einlage verteilen.

Da beide Kaffen

mehr auf die Sicherheit als auf die Rentabilität ihrer Anlagen bedacht sind, so sind ihre erzielten Überschüsse nicht sehr groß. Für je 100 Mk. eingelegte Spargelder wurden verteilt: Bei Auflösung der

V. Gesellschaft Fortuna im Jahre 1882 „ „ 1887 „ „ I8S2

VI. VII. VIII. IX.

„ „ -

X.

Lehrersparkasse ,,

V

,,

ee

/,

„ „ „ „ „ „ „ „

„ „ „

1897 1902 1907



1882

„ . . „ „ „

1885 1888 1891 1894 1897 1900 1903 1906 1909

„ „

112,25 Mk. 107,32 „ 106,44 „ 105,32 „ 107,- „ 103,44 „ 104,05 103,99 103,99 104,10 104,07 103,71 103,90 103,64 103,46 104,23

„ „ „ „ „ „ „ „ „ „

Das sehr geringe Erträgnis der X. Gesellschaft „Fortuna" ist auf 4,98 o/o des Anschaffungswertes

einen Kursverlust von 44 592 Mk.

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487

Tas Sparwesen in der Stadt Offenbach a. M.

der Effekten) zurückzuführen, der beim Verkauf der Wertpapierbestände Zur Vermeidung eines derartigen Ver­

im Jahre 1907 entstanden ist

lustes legt die Verwaltung der jetzigen (XI.) Gesellschaft einen großen Teil ihrer Einlagen in preußischen Schatzanweisungen und Reichsschatz­ anweisungen an, die zurzeit nur wenig über xari stehen und im Jahre 1912 zu derselben Zeit rückzahlbar sind, in der die Verteilung des Ge­ sellschaftsvermögens vorgenommen werden wird.

gegen solche verlustbringende Zwangsverkäuse

Ein wirksamer Schutz

von Wertpapieren kann

jedoch nur durch die Umwandlung der jeweils fünfjährigen Gesellschaften

in eine dauernde Gesellschaft erreicht werden, was um so mehr zu emp­ fehlen ist, als dann auch eine rentablere Anlage der Gelder und die Erzielung größerer Gewinne möglich wären. Etwaige jährliche Überschüsse der Kohlenkassen sind immer nur sehr gering und werden dem sog. Barvermögen zugeschrieben.

Beim „alten

Ceres" betrug das Barvermögen:

Ende 1904/05 ab: im Jahre 1905/06 eine Mehrausgabe

Ende 1905/06 „

/,

ff



5 888,63 Alk. 116,41

1906/07



Mehrausgabe

1907/08



Mehrausgabe

5 772,22 Mk. 322,85

1908/09



Ende 1907/08 Mehreinnahme

1 536,83

Ende 1906/07

zu:

7 753,94 Mk.

1 865,31

5 449,37 Mk.

6 986,20 Mk.

Die Zinspolitik. Da die Einlageguthaben der beiden Offenbacher Sparanstalten mehr

oder weniger aus vorübergehend flüssigen Vermögensmassen der Wohl­ habenden bestehen, sind diese Institute im Interesse einer ruhigen Ent­ wicklung ihres Geschäftsbetriebes genötigt, den Sparzinsfuß jederzeit den

Verhältnissen des allgemeinen Geldmarktes anzupassen. während der letzten

Die von ihnen

15 Jahre vorgenommenen Zinsfußänderungen er­

folgten denn auch viel rascher und häufiger,

als bei den ländlichen

* Verlust durch den Verkauf der Wertpapiere 44 592 Mk. -- 4,98 o/o Überschuß über die Einlagen.................. 41644 „ -- 3,44o/o 86 236 Mk. -- 8,42 o/o Wären unter normalen Verhältnissen zur Verteilung gekommen.

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Carl Leonhardt.

488

Darlehnskassen in Bürgel und Bieber, deren Einrichtungen vorwiegend von eigentlichen Sparern benutzt werden.

Eine Gegenüberstellung der

von den verschiedenen Sparorganisationen gegebenen Zinsfüße zeigt dies deutlich: In Prozenten.

Jahr

Städtische Sparkasse

1895 1896 1897 1898 1899 1900 1901 1902 1903 1904 1905 1906 1907 1908 1909

31/2, 3 3 3 3 3 3, 3'/2 3V2 31/2 3 3 3 3 3 31/2 31/2

Bankverein

3

3 3 8 3 3, 31/2 31/2 31/2, 3 3 3 3 3 3, 31/4 31/2 31/21

Spar- und Darlehnskasse Bieber

Spar- und Hilfskasse Bürgel

31/2 3V2 3 3 3 3 31/2 31/2 31/2 31/2 3 3 3 3>/2 31/2

3V2 3V2 3V2 31/2 31/2 31/2 31/2 31/2 31/2 31/2 31/2 31/2 3'/2 31/2 31/2

Ein Vergleich der Zahlen der beiden Offenbacher Sparkassen zeigt,

daß die Zinsfußänderungen seitens des Bankvereins noch rascher erfolgten,

als bei der Städtischen Sparkasse.

Der Bankverein, der stets eine enge

Fühlung mit dem Geldmärkte hat, kann bei der kaufmännischen Leitung seines Betriebes Zinsfußänderungen viel prompter durchführen, als dies bei

der Städtischen Sparkasse auf dem Verwaltungswege möglich ist.

Sowohl

die Zinsfußerniedrigung am 1. Januar 1903, als auch dessen Erhöhung am 1. Januar 1908 sind seitens der städtischen Sparkasse zu spät vor­ genommen worden.

Im Jahre 1902 flossen dieser Kasse wegen des relativ hohen Einlagezinsfußes von 3^/2 o/o, große Summen vorübergehend verfüg­ barer Geldkapitalien zu, so daß sie längere Zeit genötigt war, einen Bar­

vorrat von mehreren hunderttausend Mark nutzlos in ihrer Kasse liegen zu lassen.

Nach der am 1. Januar 1903

erfolgten Herabsetzung des

Zinsfußes auf 30/0 wurde der größte Teil dieser Einlagen wieder ge­ kündigt und ein erheblicher Rückgang des Einlageguthabens trat ein. * Seit 31. Januar 1910 beträgt „bis auf weiteres" der Zinsfuß der Spar­ kasse des Bankvereins für Beträge, die 10 000 Mk. übersteigen, 3 0/0: Beträge bis zu 10 000 Mk. werden mit 31/20/0 verzinst.

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Tas Sparwesen in der Stadt Offenbach a. M.

1903 Monat

Januar . Februar . März . . April r. . Mai. . . Juni . . Juli. . . August. . September Oktober . November Dezember. Ende 1903

. . . . . . . . . . . .

489

Einlagen

Rückzahlungen

Mehr Einlagen

Mk.

Mk.

Mk.

Mehr Rückzahlungen Mk.

1 341447 252 173 334 237 474 620 272 845 203 292 271 548 303 135 297 147 354 036 277 179 245 306

652 776 280 691 324 035 1 122 583 453 271 221 566 351 472 251 543 341 851 478 820 224 172 346 479

688 669 — 10 202 — — — — .',1 591 — — 53 077 —

__ 28 518 — 647 962 180426 18 273 79 923 — 44 704 124 783 — 131172

4 626 967

5 079 260

803 470

1 255 763

Am 30. Juni 1903 mußte bei

der Stadtkasse ein Anlehen von

600 000 Mk. ausgenommen werden. Im Jahre 1907 lehnte die damalige Stadtverordnetenmehrheit, im

Hinblick auf die bevorstehenden Wahlen, eine mehrmals vorgeschlagene

halbprozentige Zinsfußerhöhung ab, in der Befürchtung, daß nachher eine Heraufsetzung des Satzes für ausgeliehene Kapitalien (Hypotheken)

unvermeidlich sei und alsdann eine allgemeine Steigerung der Wohnungs­ mietpreise eintreten würde.

Erst nachdem sich die Totalrückzahlungen von

Spareinlagen immer mehr häuften und die Sparkasse nicht nur zur Auf­ nahme von Anlehen zu ziemlich hohen Zinssätzen, sondern auch zu ver­ lustbringenden Effektenverkäufen schreiten mußte, erhöhte man endlich am 1. Januar 1908 den Einlagezinsfuß von 3 auf 3^/2 o/o. Die verspätete

Zinsfußerhöhung vermochte aber den eingelaufenen Kapitalkündigungen keinen Einhalt mehr zu bieten, da sich diese Einleger bereits für Anlage­ werte mit höheren Zinserträgnissen entschieden hatten.

Nachstehende Zu­

sammenstellung zeigt die außerordentlich großen Mehrrückzahlungen in

ben einzelnen Monaten der Jahre 1907 und 1908. (Siehe Tabelle auf S. 490.)

Selbst bei Berücksichtigung der gutgeschriebenen Zinsen ging das

Sparguthaben in beiden Jahren ganz erheblich zurück. Wenn auch eine rechtzeitige Heraufsetzung des Zinsfußes von ^o/o in jener geldknappen Zeit das Abwandern vieler großer Beträge nicht verhindert hätte, so

wären doch dadurch der Städtischen Sparkasse eine bedeutende Anzahl kleinerer eigentlicher Spareinlagen erhalten geblieben.

Letztere gingen zu

' ^jährliche Kündigung.

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Carl Leonhardt.

490

1907

Januar . Februar . März . . April . . Mai. . . Juni . . Juli. . . August. . September Oktober . November Dezember.

. . . . . . . . . . . .

Zusammen:

1908

Januar . Februar . März . . April . . Mai. . . Juni . . Juli. . . August. . September Oktober . November Dezember.

Zusammen:

. . . . . . . . . . . .

Einlagen

Rückzahlungen

Mehr Einlagen

Mk.

Mk.

Mk.

Mehr Rückzahlungen Mk.

582 976,57 308 807,86 289 773,24 339 796,71 319 541,95 280 037,77 535 454,36 287 281,86 253 361,72 270 091,31 164 766,01 140 656,45

499 782,93 292 531,17 365 179,32 494 333,81 322 341,08 374 850,50 418 331,61 379 638,02 338 022,56 506 319,04 336 431,86 498 038,39

83 193,64 16 276,69 — — — — 117122,75' — — — — —

__ — 75 406,08 154 537,10 2 799,13 94 812,73 — 92 356,16 84 660,84 236 227,73 171 665,85 357 381,04

3 772 545,81

4 825 800,29

216 593,08

Einlagen

Rückzahlungen

Mehr Einlagen

Mk.

Mk.

Mk.

510 527,45 282 888,34 290 071,64 318 454,51 237 316,58 208 421,46 327 290,03 323 632,86 257 919,54 417 196,31 272 221,94 211222,64

700 263,23 535 082,48 601 186,25 464 478,75 245 258,63 238 133,21 422 833,41 350 938,05 214 614,41 279 215,78 158 674,05 295 098,34

_ — — — — — — — 43 305,13 137 980,53 113 547,89 —

3 657 163,30

4 505 776,59

294 833,55

1 269 847,56

Mehr Rückzahlungen Mk. 189 735,78 252 194,14 311114,61 146 024,24 7 942,05 29 711,75 95 543,38 27 305,19 — — — 83 875,702

1 143 446,84

anderen Sparinstituten, insbesondere zur Sparkasse des Bankvereins über, deren Einlagekapital damals trotz des hohen Standes der Geldsätze an­

gewachsen ist. Bei einer Würdigung der verschiedenen Zinspolitik beider Institute ist vor allem auch zu beachten, daß der Bankverein als Privatinstitut

über seine Spargelder frei verfügen und gerade in geldknappen Zeiten

diese zu hohen Sätzen unterbringen kann, die Städtische Sparkasse aber durch ihre Statuten an eine bestimmte Anlage gebunden ist.

Dieser

* Bei Auflösung der Gesellschaft Fortuna übergegangene Einlagen. 2 Die Rückzahlungen im Dezember übersteigen stets die Einlagen wegen der zur Abhebung gelangenden Weihnachtskassengelder.

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491

Tas Sparwesen in der Stadt Offenbach a. M.

Unterschied wird noch dadurch verschärft, daß die letztere den weitaus größten Teil ihres Vermögens in langfristigen Darlehen (Hypotheken)

angelegt hat.

Sie muß deshalb, schon wegen der Konkurrenz anderer

Geldgeber, bei Einlagezinsfußerhöhungen auf ihre Hypothekenschuldner

Rücksicht nehmen.

Da ihre Zinssätze, als die des größten Geldgebers,

für den Offenbacher Hypothekenmarkt maßgebend sind, muß sie, ins­ besondere als öffentliches Institut, bei Änderungen desselben auch das

Allgemeininteresse berücksichtigen.

Ob und. wieweit dieses seither wahr­

genommen worden ist, zeigen oben erwähnte Einzelfälle.

Den Anfang

zu einer vernünftigeren Zinspolitik glaubt man gemacht zu haben, indem man im Jahre 1908 die seither übliche Spannung zwischen Einlage- und

Hypothekenzinssuß von 1 o/o auf ^o/o verringerte, damit nicht sofort nach einer eventuellen später vorzunehmenden Herabsetzung des ersteren auch der andere ermäßigt werden muß. Eine größere Stabilität des Zinsfußes ist bei den genossenschaft­

lichen Kassen in Bürgel und Bieber zu konstatieren.

Das Bestreben der

Bürgeler Kasse ging von jeher dahin, den Zinsfuß der Spareinlagen (3^2 o/o) einerseits und den der Darlehen und Hypotheken andererseits

unabhängig von den Schwankungen des Geldmarktes auf gleicher Höhe

zu belassen.

So zahlte sie z. B. vor einigen Jahren, als, infolge großer

Geldflüssigkeit, alle Sparkassen der Umgegend nur 3 o/o für Spareinlagen

gewährten, ruhig 3^0/0 weiter. Ihre von Jahr zu Jahr gestiegenen Sparsummen hat sie immer in Hypotheken zu 4^/2 0/0 und in Darlehen auf Schuldscheine ebenfalls zu 4'/2o/o (bis Ende 1904 5 0/0) im eigenen

Orte unterzubringen gewußt.

Schlußwort. Das Vorhandensein einer Unmenge sogenannter „Spargesellschaften" unter der Arbeiterbevölkerung Offenbachs und die meist unnütze Ver­ wendung der durch sie angesammelten, teils sehr großen Geldbeträge zeigt, daß einerseits der Sparsinn dieser Kreise nur gering entwickelt ist und

andererseits aber auch zur Hebung und Förderung desselben bis jetzt

noch sehr wenig von den eigentlichen Sparinstituten getan worden ist. Nur einige Sparvereine, insbesondere die „Fortuna", haben ihre Ein­

richtungen den Bedürfnissen der unteren Klassen angepaßt, indem sie

diesen sowohl ein bequemes Ansammeln kleiner Sparbeträge, als auch eine sichere Anlage ihrer Ersparnisse ermöglichen.

Die großen Sparkassen

dagegen erblicken ihre Hauptaufgabe viel weniger in der Förderung des

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Carl Leonhardt.

492

Sparsinns der Bevölkerung, als in der Erzielung eines möglichst hohen Gewinnes. Gerade die Städtische Sparkasse, die nach 8 2 ihrer Satzungen den Zweck verfolgt, „vorzugsweise den weniger bemittelten Einwohnern Offenbachs Gelegenheit zu geben, ihre Ersparnisse verzinslich und sicher

anzulegen und zu einem Kapital anwachsen zu lassen", hat bis jetzt noch keine besondere Vorliebe für den kleinen Sparer gezeigt.

Die Annahme

der vom Hilfsverein ausgegebenen Pfennigsparkarten und sonstiger kleiner

2 Mk.,

Einlagen im Mindestbetrage von

sowie die Einführung von

Haussparkassen bieten der großen Masse der Industriearbeiter nur wenig

Anreiz zum Sparen. Die meisten unter ihnen müssen erst zum wirk­ lichen Sparen erzogen werden, weshalb die Kasse in erster Linie für

zahlreiche und bequeme Spargelegenheiten zu sorgen hat. geschehen

durch Errichtung

von Annahmestellen

in

Dies kann

der Nähe großer

Fabriken mit Dienststunden während der Mittags- und Abendzeit oder

auch durch das regelmäßige Abholen kleiner Beträge in den Wohnungen der Einleger.

Die beachtenswerten

Erfolge der

„Fortuna"

und

der

Darlehnskassen der benachbarten Orte beweisen, daß gerade durch die

letztere Einrichtung gute Resultate erreicht werden könnten.

Eine größere

Spartätigkeit unter den Minderbemittelten könnte ferner erzielt werden durch Gewährung eines Vorzugszinses auf kleine Einlageguthaben von Angehörigen bestimmter Berufsgruppen und durch die Bewilligung von

Prämien an besonders fleißige Sparer. Sehr empfehlenswert wäre auch die Errichtung einer Alterssparkasse, wie sie seit einigen Jahren bei der

Frankfurter Städtischen Sparkasse eingeführt ist.

Diese Einrichtung soll

den weniger Bemittelten ungefähr dasselbe leisten, was die Lebensver­ sicherung dem Bessergestellten ist.

Zu jener Alterssparkasse können bei­

treten: niedere Beamte, Handlungs- und Gewerbegehilfen, Lohnarbeiter,

Dienstboten usw., die in Frankfurt wohnen, deren Einkommen nicht mehr als 2000 Mk. beträgt und die nicht über 45 Jahre alt sind.

Während

über das gewöhnliche Sparguthaben dieser Leute jederzeit verfügt werden kann, wird das Altersguthaben dem Sparer oder feinem Erben erst bei

Erreichung des 60. Lebensjahres, Ableben, Wegzug, Erwerbsunfähigkeit

usw. in einer Summe ausbezahlt.

Außer den Zinsen, die stets gut­

geschrieben werden, wird auf das Guthaben der Alterskonten ein jähr­ licher Zuschuß gewährt. furter

Städtischen

Auch die sonstigen Einrichtungen der Frank­

Sparkasse

und

der

Sparkasse

der

polytechnischen

Gesellschaft zu Frankfurt sind durchaus mustergültig und können in jeder

Beziehung dem Offenbacher Institute zum Vorbild dienen.

(Dies wurde

denn auch von der Offenbacher Stadtverwaltung anerkannt, indem sie

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Tas Sparwesen in der Stadt Offenbach a. M.

493

vor kurzer Zeit zwei Beamte nach Frankfurt entsandt hat zum Studium des dort eingeführten Abholungssystems

und

dieses in

entsprechender

Weise auch bei ihrer Sparkasse einzuführen gedenkt.) Die Offenbacher Städtische Sparkasse hat neben der geringen Rück­

sichtnahme auf den kleinen Sparer seither auch nur wenig Wert gelegt Als besondere

auf eine moderne Ausgestaltung ihres Geschäftsbetriebes.

Neueinrichtungen sind nur zu erwähnen die tägliche Verzinsung der Spareinlagen (seit 1. Januar 1908) und die Überweisung der Beamtenund Lehrergehälter auf Sparkonten.

Erst seit jüngster Zeit denkt die

Verwaltung daran, die Sparkasse den Forderungen der Neuzeit ent­

sprechend weiter auszubauen. Eine Erweiterung des Geschäftsbetriebes ist zu begrüßen, sie darf aber keineswegs auf Kosten der eigentlichen Spar­

kundschaft vorgenommen werden. Wenn auch eine allgemeine Ausdehnung des Überweisungs-, Kontokorrent- und Scheckverkehrs im Interesse einer Vermehrung der bargeldlosen Zahlungen sehr erwünscht ist, so müssen

sich die Sparkassen ihrerseits doch stets bewußt bleiben, daß sie zur er­ folgreichen Durchführung dieser Geschäftszweige genötigt sind, einen viel

größeren Teil ihres Vermögens als seither in flüssigen Werten anzu­ legen.

Da aber kurzfristige sichere Anlagen immer nur verhältnismäßig

geringe Zinserträgnisse bringen, kann eine Sparkasse u. a. zum Zweck ihrer Selbsterhaltung dazu gezwungen sein, entweder für das einströmende Geld weniger sichere Werte anzuschaffen oder aber den Sparzinsfuß zu

ermäßigen.

Beides liegt jedoch keineswegs im Interesse der eigentlichen

Eine größere Betriebserweiterung der Sparkassen verlangt ferner ein kaufmännisch geschultes Beamtenpersonal und die Einführung kauf­ Sparer.

männischer Geschäfts- und Rechnungsformen. Diese Voraussetzungen

sind

bei

der

Sparkasse

des

Bank­

vereins gegeben ihre Kunden können jederzeit in der verschiedensten Weise über ihr Guthaben verfügen durch einfache Übertragung desselben am laufende Rechnung. Wie wenig aber andererseits auch dieses Institut auf die Förderung des Sparsinns der „kleinen Leute" bedacht ist, geht z. B. daraus hervor, daß es für Haussparkasseneinlagen eine geringere Verzinsung gibt, als für gewöhnliche Spareinlagen (zurzeit 3 o/o

bzw. 3^2 o/o). Die landwirtschaftlichen Genossenschaften

in Bürgel

und

Bieber

kommen den Wünschen der sparenden Arbeiter in sehr wirksamer Weise

entgegen durch das regelmäßige wöchentliche Abholen der sogenannten * Tägliche Verzinsung der Sparguthaben seit 1. Januar 1908.

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494

Earl Leonhardt.

Kartengelder in den Wohnungen ihrer Einleger.

dieser Einrichtung ziemlich

Da die Durchführung

hohe Verwaltungskosten

erfordert, werden

solche Spareinlagen immer erst am nächsten Quartalsschluß den einzelnen

gutgeschrieben und von da ab verzinst.

Teil infolge

Andererseits wandern aber, zum

der schlechten Zinsbedingungen,

große Geldsummen aus

diesen Orten nach den Offenbacher Sparanstalten, weshalb den genannten

Kaffen anzuraten ist, wenigstens für direkte Bareinlagen,

die bis jetzt

vom ersten des nächsten Monats an verzinst werden, die tägliche Ver­ zinsung einzuführen. Auf diese Weise würden ihnen sicher zahlreiche größere Sparbeträge aus den wohlhabenden Bevölkerungskreisen zuflreßen.

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5. Das Sparwesen in der Htadt Mannheim. Dargestellt von

vr. Jacob Reichert, Handelskammersyndikus in Duisburg-Ruhrort.

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Inhaltsverzeichnis. I. Die Mannheimer Spareinrichtungen.................................................................497 II. Die Spartätigen.................................................................................................500 III. Die Bevorzugungeinzelner Spareinrichtungen..............................................508 IV. Die Ersparnisse.......................................................................................................510 V. Die Verwendung der Ersparnisse................................................................... 521 VI. Die Anlagen der Spargelder...................................................................... 523 VII. Der Zinsfuß..........................................................................................................531 VIII. Der Reingewinn............................................... 536 IX. Besonderheiten im Sparverkehr..................................................................... 542 X. Die Städtische Sparkasse als Kreditquelle der Stadtgemeinde Mannheim 546 XI. Ergebnis................................................................................................................ 547

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I. Die Mannheimer Spareinrichtungen. Die älteste Sparanstalt in Mannheim wurde im Jahre 1822 von Geheimrat Philipp Anton von Jagemann, dem damaligen Direktor des

Stadtamts und späteren Hofgerichtspräsidenten, unter Mitwirkung des

Kreisdirektors und Staatsrats Siegel und des Oberbürgermeisters Valentin Möhl nach englischem Vorbild gegründet.

stehende Städtische Sparkasse.

Es ist die heute noch be­

Einlageberechtigt waren alle Ein­

wohner Mannheims ohne Unterschied des Standes.

Diese Eigentümlich­

keit teilte die Sparkasse mit nur wenigen Schwestereinrichtungen, da weitaus die meisten Sparkassen die Einlageberechtigung anfänglich auf

Dienstboten, Tagelöhner und kleine Handwerker beschränkten.

Der Kreis

der Einleger wurde 1855 gelegentlich einer Durchsicht der Satzungen dahin erweitert, daß auch Auswärtige Einlagen sollten machen dürfen.

Die Verwaltung der Sparkasse, deren Gelder lange Jahre im Leih­ hause Anlage fanden, lag in den Händen einer Kommission von sechs

Bürgern; Staat und Stadt blieben bis auf weiteres von der Verwaltung

ausgeschaltet.

Heute wird die Städtische Sparkasse durch eine nach 8 19a

der badischen Städteordnung bestellte Kommission verwaltet, welche den

Namen Städtische Sparkassenkommission führt.

Der Kommission gehören

außer dem Vorsitzenden 10 Mitglieder an, welche vom Stadtrat ernannt werden.

Der Machtbereich

dieser Kommission ist begrenzt und zwar

insoweit, als eine Reihe von Beschlüssen vor dem Vollzug der Bestätigung

des Stadtrates, manche außerdem der Zustimmung des Bürgerausschusses und schließlich einige auch der Staatsgenehmigung bedürfen.

Fünfundzwanzig Jahre kannte Mannheim die Sparkasse als einzige

Spareinrichtung, als die jetzige MannheimerDarleihkasseim Jahre 1847 unter dem Namen „Handwerkerbank" Ihr satzungsmäßiger Zweck war,

ins Leben gerufen wurde.

„Mannheimer Handwerkern zu ihrem

gewerblichen Betrieb verzinslich Gelddarleihen zu geben unter der Be­

dingung sukzessiver Rückzahlung in kleineren Beträgen."

Während die

Sparkasse das Schwergewicht ihrer Tätigkeit auf das Sammeln kleiner Ersparnisse zwecks sicherer verzinslicher Anlage legte, verfolgte die HandSchriiten 136.

32

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Jacob Reichert.

498

Werkerbank den Zweck, „durch Beschaffung des nötigen Betriebskapitals zu

billigstem Preise und unter den erleichtertsten Rückzahlungsbedingungen" den Handwerker zu unterstützen. Das erforderliche Geld wurde der Bank gegen Anteilscheine, heute Schuldscheine, zur Verfügung gestellt. Darlehns­

nehmer stellten sich bald aus allen Berufszweigen ein, und so vollzog sich

die Umwandlung der Handwerkerbank in die „Mannheimer Darleihkasse". Sie ist heute ein mit Körperschaftsrechten ausgestatteter Verein, dessen

Satzung in der Bestimmung, daß bei Auflösung der Kasse ihr Ver­ mögen der Stadtkasse zur „unbeschränkten Verfügung für Gemeindezwecke"

überwiesen werden soll, an ihre Gründung als Wohlfahrtsanstalt erinnert. Neuerdings, im Jahre 1901, ist die Mannheimer Gewerbe­ bank e. G. m. b. H. entstanden, die als Hauptgeschäftszweig das Wechsel-

diskontgeschäft pflegt, unter anderm aber auch sich die Heranziehung von

Spareinlagen angelegen sein läßt.

Ihre Tätigkeit gilt der Hebung des

gewerblichen Mittelstandes.

An ihre Seite treten in den mehr oder minder ländlichen Vor­ städten Käferthal und Neckarau die Dar Leihkasse Käferthal und

der Kreditverein Neckarau.

Beide bestehen, als Raiffeisenkassen ge­

gründet, seit dem Jahre 1883 bzw. 1884.

Zehn Jahre später entstand

der Spar- und Bauverein Mannheim. Dazu kam der Konsum-

Verein Mannheim, gegründet 1903, sowie die Spargesellschaft des Katholischen Arbeitervereins und

die Sparkasse des

Männervereins Zentrum, Genossenschaften mit beschränkter Haftung. In diesen beiden letzten Spareinrichtungen lernen wir zwei der zahl­

reichen, verschiedenartig gestalteten katholischen Spareinrichtungen kennen,

welche alle möglichen Erwerbsgruppen umfassen. Dazu gehören noch die Arbeitersparkasse Waldhof und Annahmestellen für die Spar­ gesellschaft, welche alle Berufsklassen, beide Geschlechter, Jung und Alt als

Einleger willkommen heißen. Andre Spareinrichtungen sind nur bestimmten Berufsgruppen, gewissen Altersklassen oder den Mitgliedern bestimmter

Vereine zugängig.

Hier ist zu nennen der Katholische Gesellen­

verein, als dessen wichtigste Aufgabe die Sorge für die persönliche und

berufliche Mitgliederausbildung gilt, ein Ziel, dem er durch Unterricht, Geselligkeit und Wohlfahrtseinrichtungen nachgeht.

Seine Sparkasse um­

faßt nur Handwerksgesellen. Schiffer sind die Einleger der Sparkasse des St. Nikolaus Schiffervereins.

Der Verein Columbus für

katholische Kaufleute hat in seinen beiden Abteilungen major und minor je eine Sparkaffe für die älteren und jüngeren Vereinsmitglieder ge­ schaffen.

Lehrlinge und Kinder sind Einleger des Katholischen Spar-

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499

Tas Sparwesen in der Stadt Mannheim.

Vereins Käferthal.

Die sparende Jugend will auch der Katholische

Jugendverein heranziehen.

Sparsamkeit wird ferner in dem Ge-

selligenVereinSt. Joseph geübt.

Die Spar- und Einkaufs-

Kasse des Katholischen Arbeitervereins läßt in bestimmten Zeitabständen

ihre Mitglieder aufsuchen und Spargelder sammeln, um die so zusammen­ gebrachten Beträge für Wintereinkäufe wieder zur Verfügung zu stellen.

Dem weiblichen Geschlecht sind Vorbehalten die Sparkassen des Jung­

frauenvereins und des Dienstbotenvereins. Neben diesen erfolgreichen Kassen findet man in Mannheim eine häufige Wucherpflanze in Gestalt der Sparvereine.

neueren Datums; zurück.

nur

Von den etwa

wenige

reichen

bis

in

die

Sie sind meist

achtziger Jahre

50 bestehenden Sparvereinen verfolgen einige

keinen bestimmten Sparzweck.

Andre, vielleicht zehn an Zahl, die Aristo­

kraten unter den sonst fast durchaus Proletarischen Charakter tragenden

Sparvereinen, legen ihre Spargelder in Staatslosen, wenige in Klassen­ lotterielosen an, Geschäfte, die meist nicht einträglich sind. Wieder andre

verwenden ihre Sparpfennige alljährlich zum Einkauf ihrer Wintervorräte

oder zur Weihnachtsfreude.

Die Ansammlung von Sparbeträgen zu dem

letztgenannten Zweck finden sich in den meisten Satzungen der Sparver­ eine. Allein der Zweck wird allzu häufig nicht eingehalten und Festlichkeiten

sowie andre Veranstaltungen, die dem Sparzweck zuwiderlaufen, verschlingen Vie Spargelder, bevor der Winter oder Weihnachten herangekommen ist.

Damit ist die Aufzählung noch

nicht erschöpft.

Die Formen der

Spareinrichtungen werden noch bereichert durch Kassen, die teils sich an schon bestehende Vereine anlehnen, wie die Sparkasse des Evangelischen Arbeitervereins und dessen Jugendsparkasse, die Zwangsspar­

kassen des starken KäferthalerTurnerbundes und des Vetera nenVer eins, teils als Sparvereine neu gegründet wurden wie der Postspar- und Darlehnsverein, der Spar- und Vorschußverein

der badischen Eisenbahnangestellten (beide mit dem Sitze in

Karlsruhe), der Lehrersparverein und der Sparverein der Depot­ angestellten der städtischen Straßenbahn.

Auswärts haben

auch der Verein der Hamburger Handlungskommis von 1858

und der Preußische Privatbeamten-Verein mit ihren Spar­

kassen ihren Sitz. An Spareinrichtungen seitens industrieller Unternehmungen sind die

Arbeitersparkasse der Firma Heinrich Lanz,

der Zellstoffabrik

Waldhof und die des Vereins Chemischer Fabriken Mann­

heim bekannt geworden. 32*

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Jacob Reichert.

500

Diesen Sparkassen, welche sich großenteils an die breiten Volks­

schichten wenden, stellten sich neuerdings die Banken gegenüber, welche Einlagen vornehmlich aus besser gestellten Kreisen an sich ziehen.

Schließlich ist noch der drei seit acht und zehn Jahren errichteten

Annahmestellen der Städtischen Sparkasse in den Vorstädten

Käserthal, Neckarau und Waldhof zu gedenken. erfreuliche Entwicklung genommen.

Sie haben bis jetzt keine

Dennoch sollen in nächster Zeit, aus

Rücksicht auf die räumliche Ausdehnung des Stadtgebiets, die rasche Be­ völkerungsvermehrung und die drohende Überlastung der Zentrale der

Städtischen Sparkasse mit Kassegeschäften, weitere Annahmestellen in den Stadtteilen Lindenhof, Schwetzingerstadt, Östliche Stadterweiterung, Neckar­ stadt und Jungbusch sowie in den in der Nähe der Stadt gelegenen Orten

Seckenheim, Rheinau, Sandhofen und Wallstatt geschaffen werden. Wie weit außer in diesen Einrichtungen in kleinem Kreise in Skat-

und Kegelklubs usw. „gespart" wird, läßt sich im einzelnen nicht verfolgen. So schließen wir die Liste der Mannheimer Spareinrichtungen und

wenden uns zur Musterung des Heeres der Sparer.

II. Die Spartätige«. Die Frage „Wer spart?" sollte nach des Verfassers Absicht ursprüng­

lich beantwortet werden nach den Gesichtspunkten des Wohnorts, des Geschlechts, des Familienstandes, der Berufsgliederung und der Sparer­

häufigkeit in der Familie.

Allein von einer Scheidung der Einleger hin­

sichtlich des Wohnorts in ortsansässige und auswärtige mußte abgesehen werden, da auch die sonst so reichlich fließende Quelle, die Städtische

Sparkasse, mangels genau durchgeführter Angaben betreffs des Wohnorts

des Rechnungsinhabers versagt.

Dieser Mangel ist um so mehr zu be­

dauern, als man ohne eine derartige Feststellung für den Zufluß aus­ wärtigen Sparkapitals nach Mannheim lediglich auf eine Schätzung an­

gewiesen ist. Dagegen gelang es festzustellen, welchem Geschlecht die einzelnen Sparer angehören. sämtlicher

37 825

Unter den beobachteten 3152, d. i. der zwölfte Teil

Konten

der

Städtischen

Sparkasse

Anfang 1907,

fanden sich neben 184 Vereinen, Gesellschaften, Stiftungen, Nachlässen,

Vormundschaften, Firmen usw. 2968 Personen, von denen 1590(^-53,6 o/o) * Bei der großen Kontenzahl mußte davon abgesehen werden, die Untersuchung aus alle Einleger auszudehnen. Indes darf angenommen werden, daß die beobachteten Konten ein einigermaßen richtiges Bild der Verhältnisse geben.

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Das Sparwesen in der Stadt Mannheim.

501

dem männlichen und 1378 (— 46,4 o/o) dem weiblichen Geschlecht an­

gehörten.

Ungünstiger stellt sich das Verhältnis für das weibliche Ge­

schlecht unter den Einlegern bei Banken, Kreditgenossenschaften und beson­

ders

bei

den

In letzteren

Sparvereinen.

verschwindet

das

weibliche

Geschlecht — abgesehen von den Katholischen Dienstboten- und Jung­

frauenvereinen — bis auf wenige Ausnahmen in fortschrittlich denkenden

Vereinen, welche die Frau ausdrücklich als „gleichberechtigtes Vereins­ mitglied" betrachten. Unter den 671 Rechnungsinhabern bei Banken, über welche Angaben vorliegen, sind 492 73,4 o/o) männlichen und 179

26,6 o/o) weiblichen Geschlechts.

Wie sich der Anteil der Ge­

schlechter innerhalb der Berufe verschiebt, soll unten bei der Darstellung der Sparer nach ihrer Berufsangehörigkeit geschildert werden.

Auch über den Familienstand konnten bei der Städtischen Spar­ kasse und einigen Banken Beobachtungen angestellt werden.

Es ergab

sich, daß unter 2968 Einlegern der Städtischen Sparkasse

671 Einlegern der Banken

Ehemänner.......................

781 — 26,3O/o

358 — 53,4O/o

Ehefrauen.......................

316 — 10,7 0/0

Kinder, nicht erwerbstätig

762

Ledige, männlich „

weiblich

.

.

.

. .

.

Witwen.............................

7,0O/o

47

25,7 0/0

68 — 10,io/o

449 — 15,io/o

101 — 15,10/o

555

18,7O/o

105 —

3,5O/o

47

-

50 —

7,0 O o

7,40/0 waren.

Diese Ergebnisse können nicht als unbedingt zuverlässig hingestellt werden. Denn die Grenzen zwischen den nichterwerbstätigen Kindern und

erwerbstätigen Ledigen sind flüssig, und eine Veränderung des Familien­ standes ist nicht selten. Soviel ist jedenfalls ersichtlich: In der Familie tritt als Inhaber des Sparbuchs der für die Beschaffung der zum Haushalt nötigen Mittel

sorgende Ehemann bzw. Vater hervor.

Ihm folgen die Kinder, deren

Sparbücher weniger die Sicherung eines Notpfennigs gewährleisten sollen als vielmehr — ein Moment, das besonders bei den besser gestellten Kreisen zum Ausdruck kommt — als Geschenk Freude bereiten sollen

und zum „guten Ton" gehören.

Vielfach wird der Besitz eines Spar­

buchs auch als Erziehungsmittel zur Sparsamkeit geschätzt.

stehen die Ehefrauen als Einleger.

Weiter zurück

Manche in bescheidenen Verhältnissen

lebende Frau macht den Gang zur Sparkasse bei mangelndem Spartrieb

ihres Ehemannes; die Wohlhabende trägt oft hinter dem Rücken ihres

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Jacob Reichert.

502 Ehemannes

Erübrigungen

zur Sparbank.

am Haushaltungsgeld,

Geschenke u. dergl.

Ein größeres Aufgebot stellen die unverehelichten Leute,

wobei das männliche Geschlecht schwächer vertreten ist als das weibliche.

Berlocken schließung.

doch nicht selten

die

Ersparnisse

der

Erwählten zur Ehe-

Entsprechend ihrer geringen Zahl erscheinen die Witwen als

seltene Einlegerinnen. Ähnliche, zum Teil die gleichen Gründe, welche die Ergebnisse der

Untersuchung über den Familienstand mit Vorsicht aufnehmen lassen, schränken die Richtigkeit der Ermittelungen über dieBerufsgliederung ein. Der Übergang eines nichterwerbstätigen Kindes zur Erwerbstätig­

keit, die Veränderung des Familienstandes hätte, wenn immer ausgezeichnet, vielleicht in einzelnen Zügen ein andres Bild gegeben.

Der Berufs­

wechsel — und wie leicht ist er vom Dienstmädchen zur Verkäuferin, Krankenschwester oder Kellnerin; von der Ausübung des gelernten Hand­

werks zur Tätigkeit eines Tagelöhners, vom Zivil- zum Militärstand usw.

— ließe Veränderungen erwarten.

Doch alle derartigen Bedenken ver­

lieren, wenn wir erfahren, daß die Rechnungsdauer der Sparbücher der

wirtschaftlich schlechter gestellten Klassen nur 2,

4 selten 5 Jahre und

mehr beträgt und wenn wir uns daran erinnern, daß die Untersuchung

in eine Zeit aufsteigender Konjunktur fällt, eine Zeit, wo der Schreiner seinen gewohnten Platz an der Hobelbank behalten kann und der Schlosser

nicht nötig hat, als Tagelöhner sein Brot zu verdienen.

Daß die Zeit des wirtschaftlichen Aufschwungs die Arbeiter zahl­

reicher als Sparer erscheinen läßt, ist nicht zu leugnen.

Doch ist zu­

zugeben, daß diese Wirkung der Konjunktur abgeschwächt wird dadurch, daß die vorliegende Untersuchung den Stand der Einleger im Winter (1. Januar 1907) beobachtet, also in einer Jahreszeit, für deren wirt­

schaftliche Versorgung gerade der Arbeiter häufig sein Sparbuch opfern

muß. Eine Untersuchung der Einleger nach dem Stande eines Sommer­ monats würde wohl ein andres Ergebnis zutage fördern. (Siehe Tabelle auf S. 503.)

Da von den etwa 47 300 Mannheimer Sparern 37 825, also rund 4/5 aller Einleger der Städtischen Sparkasse sind, dürfte es genügen, die Berufsgliederung der Einleger der Städtischen Sparkasse näher zu be­

trachten.

Im allgemeinen kann man sagen, daß die Klasse der wirtschaftlich Abhängigen nicht so häufig als Einleger erscheint, als man ihrer Zahl

nach erwarten könnte. Von 3152 untersuchten Sparbüchern gehören 1793

570/0, also

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Banken

K reditschäften

genossen-

städtische Svarkaüp

S par-

Katholische

einrichtungen

S p a r a n s ta lte n

s

Sparvereine

14 91

1

13,1

0,1 2,0 123 121 52

11

2,7

19

,

!

!

8,0 8,0 3,4

0,7

0,8

255 483 330

143

223

148

295 83

8,1

31

195

15,3 10,5

4,6

7,1

6,7

11,6 23,2

2,4

15,4

301 273 23

1

6

!

,

!

!

!

!

2,5

32,3 29,3

0,1

0,6

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!

100

0,3 0,1 2,8 3,5

18,6

600^ —

695

20 24

1

129 2

81

534

93

1534

1



59 3



37825

!

0,6 0,4 2,6 5,8

6,1



1001269

83 184

193 18 13

1003152

5,3 6,1



3,8 0,2

2

100

000^ —

>

8

2300

931

— —

— 3,5

— 45

— — !



1,2 0,1 1

16 —



100

— — — —

0,9

Die Zahlen der als „S p a re r" in Betracht kommenden Einleger bei Banken, katholischen Spareinrichtungen und Sparvereinen

sind geschätzt.

*

Zahl

Summe der beobachteten S p a r e r ....................................... der S parer überhaupt (Anfang 1907) ......................

11. Angehörige der sogenannten freien Berufe, deren Frauen und K inder ................................................................................... 12. M ilitärpersonen, deren Frauen und K in d e r ....................... 13... Krankenpflegepersonal ............................................................ 14. Personen ohne Angabe des B e ru fs ...................................... 15. Vereine, S tiftungen, Vormundschaften usw ........................

6. Die sonstigen männlichen Bediensteten, deren Frauen und K in d e r ............................................................................ 11 1,7 38 2,5 123 3,9 55 4,3 41 4,4 7... Niedere und m ittlere, staatliche und städtische Beamte, deren Frauen und K in d e r ................................ 24 3,5 68 4,4 236 7,5 - 164 12,9 103 11,1 8. P rivatleute, deren Frauen und K inder, W itw en und F r ä u le in s .................................................................... 89 12,8 238 15,5 287 9,1 75 5,9 13 1,4 9. Selbständige Gewerbetreibende, deren Frauen und Kinder 105 15,1 501 32,7 420 13,3 161 12,8 162 17,4 10... Selbständige Kaufleute, Fabrikanten und Bauunternehmer, deren Frauen und K inder ................................ 56 22,4 133 8,6 161 5,1 — — — —

3. Tagelöhner, ungelernte Fabrikarbeiter, deren Frauen und K in d e r ........................................................................................... 4. Gelernte gewerbliche Arbeiter, deren Frauen und Kinder 5. Handlungsgehilfen, deren Frauen und K in d e r ..........

13

1,3

9

____________________ Absolut Proz. Absolut j Proz. Absolut Proz. Absolut Proz. Absolut Proz.

1. Dienstmädchen und deren K inder _____________________ 2. Die übrigen weiblichen Berufsangehörigen und deren K in d e r ...........................................................................................

_____

B e ru fe

Zahlentafel I.

Tas Sparwesen in der Stadt Mannheim.

503

Jacob Reichert.

504

mehr als die Hälfte, der Klasse der wirtschaftlich Abhängigen

an.

Die wirtschaftlich Selbständigen zählen 1061 Sparbücher und

umfassen demnach ein Drittel sämtlicher Einleger.

Der Rest verteilt

sich auf Militärpersonen 18 — 0,6, Krankenpflegepersonal 13

0,4,

Personen ohne Angabe des Berufs 83 2,6 sowie Vereine usw. 184 5,8 o/o. Unter den weiblichen Berufsangehörigen als Einleger

treten die Dienstmädchen hervor; jedes vierzehnte Sparbuch ist auf den Namen eines Dienstmädchens eingetragen.

Es dürfte wenig Dienst­

mädchen geben, welche nicht spartätig sind. Die übrigen weiblichen Berufs­

angehörigen, die Näherinnen, Verkäuferinnen, Kontoristinnen, Kellnerinnen, Büglerinnen und die Angehörigen der unzähligen anderen Berufsarten umfassen zusammen nur ein Zwanzigstel aller Einleger. Die Tagelöhner,

Fabrikarbeiter und gelernten Arbeiter machen fast ein Viertel aller Sparer aus.

Unter den 483 untersuchten gelernten Arbeitern sind 132 Metall­

arbeiter, 75 Bauarbeiter, 44 Schreiner und 32 Drucker.

Die übrigen

verteilen sich auf Metzger, Bäcker, Küfer, Sattler, Wagner, Müller uff. Die Handlungsgehilfen — eine Scheidung in Kontoristen und Verkäufer war wegen des häufig wiederkehrenden Ausdrucks „Kaufmann" unmög­ lich — nehmen mit 330 Sparbüchern 10,5 o/o einen der ersten Plätze ein.

Der Begriff „sonstige männliche Bedienstete" vereinigt alle diejenigen

männlichen Unselbständigen in sich, die unter den ungelernten und den gelernten Arbeitern

sowie

den

Handlungsgehilfen

nicht

gezählt sind.

Meist sind es Kutscher und Schiffsknechte, Diener, Ausläufer, Bureau­

gehilfen, Wächter, Kellner und Portiers. Ihre Zahl beläuft sich auf 123 oder 3,9 o/o. Beinahe doppelt so groß ist die Einlegerzahl der niederen und mittleren Eisenbahn-, Post- und Telegraphen- und

Zollbeamten usw., welche in „Niedere und mittlere, staatliche und städtische Beamte" zusammengefaßt sind. Die höheren Beamten, Geistliche, Rechtsgelehrte, Ärzte, Lehrer, Redakteure, Chemiker, Ingenieure, Schau­ spieler und Musiker erscheinen unter den „Angehörigen der sog. freien Berufe" in einer Zahl von 193 6,1 o/o. Unter den 420 13,3 o/o) selbständigen Gewerbetreibenden finden sich 68 Spezerei-, Lebensmittel­ und sonstige Händler, 66 Wirte, 50 Schneider- und 25 Schuhmacher­

meister, 23 Gärtner und ebensoviele Landwirte ^. digen Gewerbetreibenden nehmen die 161

Neben diesen selbstän­

5,1 o/o) Kaufleute, Fabri­

kanten und Bauunternehmer, als eigentliche Bankkunden eine Sonderstellung * Letztere sind natürlich unter den Einlegern der Kreditgenossenschaften in Käferthal und Neckarau ungleich stärker vertreten.

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Tas Sparwesen in der Stadt Mannheim.

505

ein, insofern, als ihre Schulden ihre Guthaben bei der Städtischen Spar­

Unter die Gruppe „Privatleute" mit 287

kasse bedeutend übersteigen.

(^ 9,1 o/o) Einlegern fallen nicht nur die,

die sich ausdrücklich als

„privat", sondern auch diejenigen, die sich z. B. als „ohne Beruf" be­ zeichneten.

Die 83 „Personen ohne Angabe des Berufs" umfassen nur

diejenigen Einleger, deren Beruf auf dem Einlageblatt nicht vermerkt und

auf andre Weise nicht genau ausfindig zu machen war.

Die sichere Feststellung der Persönlichkeit des Sparers wurde da­ durch erleichtert, daß zur Beantwortung der Frage „Wer spart?" bei der Städtischen

Sparkasse

Sparbücher derjenigen

nur

Einleger untersucht

wurden, deren Familiennamen mit A, C, I, N, T, U beginnen, Buch­ staben, bei denen häufige Namen wie Meier, Müller, Schmitt, Fischer usw.

so gut wie ausgeschlossen sind. Nur so wurde es auch ermöglicht, mit Erfolg über die Häufigkeit

der Sparbücher in den Familien eine Untersuchung anzustellen. Es ergab sich, daß bei (Einlegern der Städtischen Sparkasse) verheirateten Tagelöhnern von .... Gelernten Arbeitern von . Niederen Beamten von . . Sonstigen Bediensteten von Handlungsgehilfen von . . Freien Berufsangehörig, von Selbständigen Gewerbetrei­ benden von...................... Selbständigen Kaufleuten von

255 Sparbüchern 483 236 123 330 193

33 also 12,9o/o 14 Familien gehörten 108 „ 22,30/0 44 73 „ 30,90/0 26 45 „ 36,60/0 17 122 „ 37,00/0 44 81 „ 42,00/0 26

420 161

190 97

„ 45,20/0 65 „ 60,20/0 36

Demnach herrscht in allen Kreisen, ausgenommen bei den Kaufleuten,

Fabrikanten und Bauunternehmern, das — sagen wir — Familien­ sparbuch vor.

Nur

-Iwa ein Achtel aller auf Tagelöhner lautenden

Sparbücher hatte in derselben Familie ein zweites oder drittes Sparbuch neben sich.

Die Häufigkeit mehrerer Sparbücher in einer Familie steigt

bei den gelernten Arbeitern auf beinahe ein Viertel, bei den niederen

Beamten auf fast ein Drittel und vereinigt bei den selbständigen Kaufleuten usw. beinahe zwei Drittel aller den betreffenden Berufen angehörigen

Sparbücher in Familien.

als

Mit anderen Worten:

Fünfmal so häufig

in Tagelöhnerfamilien finden sich in Kaufmannsfamilien mehrere

Sparbücher.

Daraus

läßt

sich

schließen:

Das

Vorhandensein

mehrerer Sparbücher in einer und derselben Familie wird häufiger mit der besseren wirtschaftlichen Stellung derFamilie. Da im ganzen 820 Sparbücher im Besitz von 303 Familien sind, so kommen durchschnittlich auf eine dieser Familien 2,7 Sparbücher.

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506

Jacob Reichert.

Wer innerhalb der Familie als Inhaber des Sparbuches hervortritt, zeigt die folgende Zahlentafel:

Zahlentafel II. Davon

Beobachtete Einleger der Städtischen Sparkasse

Tagelöhner.... Gelernte Arbeiter . Niedere Beamten . Sonstige Bedienstete Handlungsgehilfen Freie Berussangehörige............. Selbständige Ge­ werbetreibende . Selbständige Kauf­ leute usw. . . .

Weibliche Berufs angehörige . . . Privatleute....

Davon Ledige

2-55 483 236 123 330

Ehefrauen und Kinder

Ehemänner

1 — — — —

183 333 207 83 205

120--65,6 0/0 63 -- 34,4o/o 170--51,10/0 163--48,9 0/0 122-^ 58,90/0 85--41,10/0 38--45,8 0/0 45--54,2 0/0 63--30,7 0/0 142--69,3 0/0

193

47--24,7 o/o —

146

40--27,4 0/0 106--72,6 o/o

420

12--- 2,9o/o

161

2^ 1,20/o

143 287

71--27,8 o/o! 150--31,2 o/o! 29--12,3 o/o 40--32,5 o/o 125--37,9 o/o

8

151--37,7O'o 249--62,3 0/0

30--19,0 0/0 128-81,0o/o

133---93,8 0/0 5 101--35,2 0/0 89

Demnach lauten etwa zwei Drittel der Sparbücher der Tagelöhner­

familien auf den Namen des Ehemannes und nur wenig mehr denn ein Drittel auf den Namen der Ehefrau oder eines Kindes.

Die Spar­

bücher der Handlungsgehilfenfamilien sind noch zu etwa einem Drittel und diejenigen der Familien der selbständigen Kaufleute nur zu etwa einem Viertel auf den Namen des Ehemannes eingetragen.

Der Anteil

der Ehemänner am Besitz der Sparbücher sinkt und der Anteil derEhefrauen und der Kinder steigt mit derBesse-

rung der wirtschaftlichen Verhältnisse derFamilie.

Diese Erscheinung ist darin begründet, daß das Sparbuch der Sparkasse für den kleinen Mann ungleich wichtiger und bedeutsamer ist, als für den Wohlhabenden.

Das Sparbuch, eine Hauptsache

der Wirtschaft der

Arbeiterbevölkerung, wird zur Nebensache im Haushalte der in günstigen Ver­ hältnissen Lebenden. Diese kennen neben der Anlage von Geldern bei Spar­ kassen noch lohnendere Anlagearten.

Mit anderen Worten:

Die Be­

deutung des Sparbuches wächst mit der schlechteren wirt­ schaftlichen Lage der Familie.

Zugleich

ist aus Zahlentafel II die Häufigkeit der Wrtwen und

Ledigen als Einleger der Städtischen Sparkasse zu ersehen.

Nur in ganz

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Tas Sparwesen rn der Stadt Mannheim.

geringer Zahl haben einlegende Witwen

eine

507

wirtschaftliche Stellung

inne, meist erscheinen sie als „Private". Ledig sind fast alle sparenden weiblichen Berufsangehörigen. ledigen „Fräuleins" stellen ein Drittel sämtlicher Privaten.

Die Etwa ebenso

häufig erscheinen die Unverheirateten unter den sparenden gelernten Ar­ beitern, den Handlungsgehilfen und den sonstigen männlichen Bediensteten. In geringer Anzahl — zu rund einem Viertel — sind die einlegenden

freien Berufsangehörigen, Tagelöhner und niederen Beamten ledig.

Die

Ledigen unter den selbständigen Geschäftsleuten verschwinden beinahe. Schließlich ist der Häufigkeit des Sparbuches in der Be­ völkerung zu gedenken.

Zahlentafel III. Großherzogtum Baden

Be­ völkerung

Sparbücher der Städtischen Sparkasse

Sparbücher auf 100 Einwohner

1890 1895 1900 1901 1902 1903 1904 1905 1906 1907

79 058 91 119 140 689 146 500 145 181 150 425 157 265 164177 170462 175 858

15 800 21 689 , 29197 30 705 31 491 32 565 34 048 35 809 37 825 40 719

20,0 23,8 20,7 21,0 21,7 21,6 21,6 21,2 22,2 23,1

Am

Jahresende

Stadt Mannheim

Bevölkerung

Sparbücher der Sparkassen

Sparbücher auf 100 Einwohner

275 291 347 884 428 607 448 295 466 705 484 010 503444 525 525 — —

16,6 21,3 23,6 23,6 24,5 24,8 25,3 26,0

!

' ! >

1 1 1 1 1 1 1 2 2 2

657 867 725 644 867 944 895 494 923 450 951 818 980 604 010 728 027 854 057 747

!





Die Zahl der Sparbücher der Städtischen Sparkasse ist etwa ebenso rasch gestiegen, wie die der Einwohner der Stadt Mannheim, während die Vermehrung der Sparbücher im Großherzogtum Baden dem Wachsen der

Bevölkerung vorauseilt.

Im Jahre 1895 kamen auf 100 Einwohner

der Stadt Mannheim 23,8 und heute 23 Sparbücher der Städtischen

Sparkasse Mannheim. Mannheims

im

Besitz

Es ist also etwa jeder vierte bis fünfte Einwohner

eines

Sparbuches

der

Städtischen

Sparkasse.

Rechnen wir die Einlagen bei anderen Spareinrichtungen hinzu, so besitzt jeder vierte Einwohner Mannheims Ersparnisse.

Innerhalb der gleichen Zeit vermehrte sich die Zahl der Sparbücher

der mit Gemeindebürgschaft versehenen badischen

Sparkassen so,

daß,

nachdem im Jahre 1890 nur jeder sechste Badener im Besitze eines

Sparbuches, schon 1904 jeder vierte ein Sparkassenbuch sein Eigen nannte.

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508

Jacob Reichert.

III. Die Bevorzugung einzelner Spareinrichtungen. Mit dem Wachstum der Stadt Mannheim mehrten sich die Sparer. Den sich steigernden Ansprüchen suchte die Städtische Sparkasse durch

Erweiterung ihrer Tätigkeit, durch Vermehrung der Kassestunden und durch Allein die Geschäfte der

Errichtung von Annahmestellen nachzukommen.

Sparkasse blieben so einförmig, die Geldgeber aber suchten neue Anlagemög­ lichkeiten, so daß zur Befriedigung neuer Bedürfnisse neue Anstalten geschaffen wurden.

So entstanden die Banken,

die Kreditgenossenschaften, die

Sparkassen von Vereinen, Sparvereine und Spareinrichtungen großer Unternehmungen.

Die einzelnen Sparanstalten mußten auf bestimmte

Kreise eine gewisse Anziehungskraft ausüben.

Die Beweggründe, welche die Bevölkerung die verschiedenen Spar­ einrichtungen bevorzugen lassen, sind mannigfaltig.

Die Einlage bei

einer Bank setzt ein gewisses Vertrauen auf die Sicherheit der Bank, die Zuverlässigkeit ihrer Geschäftsführung, ein Maß von Kenntnissen der

Geldgeschäfte voraus.

Meist kommt es dem Bankkunden darauf an, seine

Geldgeschäfte durch die Bank regeln zu lassen und im Bedarfsfälle Kredit

gewährt zu erhalten.

Oft werden auch, besonders zu Zeiten der Hoch­

konjunktur, Bankeinlagen im Interesse der Ausnutzung des hohen Zinsen­

standes gemacht.

Daß diese Voraussetzungen nur sür einen verhältnis­

mäßig kleinen Teil der Bevölkerung zutreffen, ist zweifellos.

Es ist

der Gebildete, der Wohlhabende, der Privatier, der Großunternehmer, der selbständige Gewerbetreibende und — natürlich der Bankbeamte. Die andern Kreise treten als Einleger der Banken stark zurück. Die

Kreditgenossenschaften ziehen

in

der Hauptsache den

Mittelstand an, die selbständigen Gewerbetreibenden, Landwirte, Privat­ Hier ist es neben der örtlichen Lage

leute, Beamte und auch Arbeiter.

(ländliche Kreditvereine in den Vorstädten) die berufliche Organisation (Genossenschaften der Handwerker),

welche

auf

den Einlegerkreis

be­

stimmend wirkt.

Blindes Vertrauen auf unbedingte Sicherheit der Anlage verbunden mit annehmbarem Zinsengenuß, Möglichkeit jederzeitiger bezw. kurzfristiger Flüssigmachung der Einlage, Bequemlichkeit in der Anlage, voller Schutz

vor

jedem Kursverlust, Mißtrauen

auf

die

Sicherheit andrer

Spar­

einrichtungen und auf deren Geschäftsgebarung, Unkenntnis der Geld­

geschäfte

sind

wohl die hauptsächlichsten Gründe, welche das Volk —

nicht nur gewisse Kreise —

zur Gemeindesparkasse treibt.

Allein

es ist zu bemerken, daß gerade der Gemeindebeamte und -angestellte der Städtischen Sparkasse gerne fern

bleibt.

Der Gemeindeverwaltung soll

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Tas Sparwesen in der Stadt Mannheim.

509

auch nicht die geringste Möglichkeit gegeben werden, zu erfahren, welche Rücklagen ihre Beamten machen können.

So legt der kapitalstarke Lehrer­

sparverein die Ersparnisse seiner Mitglieder auf mehreren auswärtigen Sparkassen an, womit er zugleich einen höheren Zinsengenuß verbindet.

Die Armen, die Unterstützung beziehen, lassen ihr Geheimnis, daß sie im

Besitz weniger Spargroschen sind, von anderen Spareinrichtungen hüten. Wenn Rentner, Landwirte, Gewerbetreibende, Bahn- und Postbeamte, auswärtige Spareinlagen benutzen, so liegt der Grund hierfür meist in

dem Bezug höherer Zinsen. Auf Kosten der Abwanderung von Spargeldern in den letzten Jahren dürfte Wohl das überraschend schnelle Anwachsen der Einlegerzahl und des Einlagenbestandes der Sparkasse der Nachbargemeinde Schwetzingen

zurückzuführen fein. der Städtischen Sparkasse

Es betrug die Zahl der Einleger: 1907

Vermehrung innerhalb dieser Zeit

87 825 5 717

16136^ 74,3o/o 3 596 -- 169,50/0

^95

Mannheim..................... 21 689 Schwetzingen .... 2121

und es beliefen sich die Einlagen: Mannheim . Schwetzingen .

. .

16 210 565 Mk. 1 607 191 „

26 893186 Mk. 7 923 833 „

10 682 621 Mk. -- 65,9 o/y 6 316 642 „ -- 393,0 o/o

Demnach hat sich die Sparkasse der Nachbarstadt verhältnismäßig Die Einlagen der Sparkasse Schwetzingen haben

viel stärker entwickelt.

sich in den letzten zwölf Jahren beinahe verfünffacht, während sich

die der Mannheimer Sparkasse nur um rund zwei Drittel ihres 1895er Be­

standes vermehrt haben.

Ob eine Gemeinde wie Schwetzingen, dessen

Gemeindebesitz bei nur geringer industrieller Entwicklung im Wert wenig

gestiegen ist, für Sparkaffenschulden in der Höhe von nahezu 8 Mill. Mark ein wirksamer Bürge ist, ist zweifelhaft.

Die Sicherheit der Städtischen

Sparkasse Schwetzingen verschlechtert sich noch dadurch, daß dem Reserve­ fonds, der gesetzlich 50/0 des Einlegerguthabens von 7923 832,59 Mk.

also 396191,63 Mk. betragen soll, 94 870,91 Mk. noch zuzuführen waren.

Auch die Bahn- und Postbeamten haben ein Interesse daran, nach einer sogenannten Stammeinlage, die zur Kreditinanspruchnahme ihrer Spar- und Leihkassen berechtigt, etwaige Ersparnisse der Beobachtungs­

möglichkeit ihrer Behörde zu entziehen. Derselbe Grund hindert die bisherige Entwicklung der Lanzschen

Fabriksparkasse.

Trotz der stets höheren als sonst gewährten Zinsen

sind es neben den kaufmännischen und technischen Beamten eigentlich nur

die Arbeiterjubilare, welche gewissermaßen aus Achtung vor ihrem Arbeit­

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510

Jacob Reichert.

geber die ihnen infolge langer, treuer Dienste zugedachten Belohnungen als zinstragende Einlagen stehen lassen.

Vertrauensvoller stehen die Arbeiter den noch jungen Sparkassen der Zellstoffabrik Waldhof und des Vereins Chemischer Fabriken

Mannheim gegenüber.

Die Einleger katholischer Spareinrichtungen lassen sich teils als Mit­ glieder berufsmäßiger Zusammenschlüsse, teils aus religiösen Gründen zum

Beitritt zu diesen Anstalten bestimmen. Parteipolitik,

wenn

man

versucht,

Es ist ein Stück Sozial- und

durch Spareinrichtungen der ver­

schiedensten Art, verbunden mit Abendunterhaltungen oder Unterricht, berufsmäßiger Organisation oder Sterbekassen die Partei- und Glaubens­ Die Angehörigen dieser Einrichtungen sind

genossen an sich zu ketten.

meist Leute aus den unteren Schichten der Bevölkerung.

Mit der besseren

wirtschaftlichen Lage lichten sich die Reihen der Einleger.

Auf gleicher, ja vielleicht noch tieferer Stufe stehen die Sparvereine

Für das Sparen in diesen Sparvereinen ist ent­

proletarischen Charakters.

scheidend die Mitgliedschaft eines Vereins, dessen Vorstand es versteht, durch sestliche Veranstaltungen die Mitglieder zusammenzuhalten.

Der Erfolg

dieser Vereine hängt zum guten Teil vom Charakter des Vorstands, seiner Erziehung, seiner Anschauung und seiner Tatkraft ab. Leicht wird

aus einem Sparverein bei schlechter Leitung, nachdem er bald den Namen

„Spar- und Unterhaltungsverein" angenommen hat, eine Ver­ gnügungsgesellschaft oder Zechbrüderschaft, bei der nur noch die Satzung

daran erinnert, daß man es mit einem Sparverein zu tun hat. So ließe sich (vgl. Zahlentafel I) mit dem sozialen bezw. wirt­ schaftlichen Aufbau

der Bevölkerung

Spareinrichtungen feststellen.

eine entsprechende Benutzung der

Die Banken kennen in der Hauptsache nur

die oberen Schichten der Bevölkerung als Kunden, der Mittelstand wird

besonders von den Kreditgenossenschaften angezogen, die Sparvereine und

die katholischen Spareinrichtungen sind eigentlich auf die unteren Schichten

Eine Ausnahme in der Inanspruchnahme

der Bevölkerung angewiesen.

von seiten nur gewisser Bevölkerungskreise macht die Städtische Sparkasse. Sie steht in

jedermann

der Mitte

zugänglich.

der

Mannheimer Spareinrichtungen und

ist

Reich und Arm, Hoch und Niedrig strömt ihr

als Einleger zu.

IV. Die Ersparnisse. Der Sparsinn

einer Bevölkerung

Häufigkeit der Sparbücher.

zeigt

sich

zweifellos in der

Allein zur Beurteilung der Spartätigkeit

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Tas Sparwesen in der Stadt Mannheim.

511

der Sparkraft bedarf es der Berücksichtigung auch andrer Er­

und

scheinungen, nämlich der Höhe der Guthaben, der Häufigkeit der Einlagen,

der Länge der Einlagendauer und der Höhe der jährlichen Zulage bzw. des Überschusses der Ein- über die Rückzahlungen.

Betrachten wir die Höhe der Guthaben, so finden wir, daß die

betragen

Durchschnittseinlage der Städtischen Sparkasse 1881 921 Mk.

hat, nach und nach auf 659,7 Mk. (1899) gefallen und seitdem wieder auf 711 Mk. (Anfang 1907) gestiegen ist.

wir nicht

auf

Aus dieser Tatsache dürfen

eine Verschlechterung bzw. Verbesserung

der Erwerbs­

verhältnisse der Mannheimer Bevölkerung schließen, sondern eher auf eine

Verschiebung innerhalb der Einlegerkreise.

Leider kann diese Behauptung

nicht für die Zeit bis 1881 zurück mit Zahlen belegt werden.

Denn

frühere Untersuchungen über die Berufe bzw. über die wirtschaftlichen

Verhältnisse der Einleger stehen überhaupt nicht und Beobachtungen über die Bewegung der Einlagengrößenklassen erst seit dem Jahre 1895 zur Verfügung.

Bei der Städtischen Sparkasse gehörten den einzelnen Größen­

klassen, ihrer Zahl und ihrem Betrag nach an: Die Einlagen der Klasse

Jahr 1895 1900 1906

501—1000 Mk.

1—500 Mk.

Zahl

I

1

Betrag inMk.

13 352 ! 2 333 518 18 807 ! 3 072 550 23 832 ! 3 822 813

Betrag

3 641 i 2 606 315 4 642 ! 3 274 558 6 043 ! 4 316 705

1001—3000 M

3001—15000 Mk.

Zahl

Betrag inMk.

Zahl

3 675 4 609 6 205

5 985 219 7 547 228 10 091882

1021 1 139 1 745

!

Betrag

-

inMk. 5 285 313 5 536 964 8 661 786

! und ihrem Anteil nach in Prozent.

Klasse

1-500 Mk.

501—1000 Mk.

1001--3000 Mk.

Betrag

Zahl

Betrag

16,1 16,9 16,1

16,9 15,8 I 16,4 !

36,9 38,8 37,5

Jahr

Zahl

Betrag

Zahl!

1895 1900 1906

61,6 64,4 63,0

14,4 15,8 14,2

16,8 ' 15,9 ' 16,0

3001- 15 000 ML.

Zahlj 4,7 3,9 4,6

i

Betrag 32,6 28,7 32,2

Die Zahlentafel will sagen, daß die Einlagen in Beträgen bis 500 Mk. sowohl der Zahl als auch dem Betrag nach im Jahre 1900

stärker als in den Jahren 1895 und 1906 vor den Einlagen von 501

bis 15 000 Mk. hervortraten.

Zugleich weichen diese letzteren Größen­

klassen alle der Zahl und teilweise auch dem Betrage nach im Jahre 1900 zurück.

Ebenso ist eine, allerdings nicht so auffällige, Verschiebung

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Jacob Reichert.

512

des Anteils der einzelnen Größenklassen im Jahre 1906 gegenüber 189» zu bemerken.

Hand in Hand damit fällt der Kopfteil an den Gesamt­

einlagen von 747 Mk. (1895) auf 665 Mk. (1900) und steigt wieder­

Diese Erscheinung ist Wohl auf die wechselnde

auf 711 Mk. (1906).

Wirtschaftslage zurückzuführen.

In den Jahren des wirtschaftlichen Auf­

schwungs bezw. des Hochstands, 1900 und 1906, sind die kleinen Sparer mit Beträgen bis zu 500 Mk. häufiger als in einem Jahre wirtschaftlichen

Stillstands.

Gleichgeblieben ist folgende Erscheinung: die kleinen Einleger

bis 500 Mk. machen beinahe zwei Drittel aller aus, aber mehr als zwei Drittel aller Einlagen kommen auf Rechnung der großen Einleger mit

Einlagen über 1000 Mk.

Zugleich ist aus den Zahlenreihen ersichtlich, daß die auch Mannheim berührende

Behauptung

Schachners*,

die

großen

Einlagen

über

3000 Mk. wüchsen stärker als die kleinen Guthaben, für die Mannheimer Städtische Sparkasse nicht zutrifft.

Der Anteil der großen Einlagen über

3000 Mk. betrug nämlich:

1895 1900 1906 Damit

5 285 313 Mk. 5 536 964 „ 8 661 786 „ erscheint

bei einer Gesamteinlage von 16 210 565 Mk. 19 431300 „ 26 893186 „

also 32,6 o/o 28,7o/o 32,2o/o

die Folgerung Schachners, daß der Anteil (der

großen Einlagen der besitzenden Klassen) von Jahr zu Jahr wachse, für

Mannheim als irrig.

Die zahlenmäßigen Belege, mit denen

Schachner diese seine Be­

hauptung stützt, haben den Fehler, daß sie die Entwicklung eines nur

kurzen Zeitraums von wenigen Jahren umfassen, die zugleich in die Zeit wirtschaftlichen Niedergangs fallen.

In dieser Zeit aber verringert sich

der Anteil der kleinen Sparer. Demgegenüber wächst der Anteil der großen Einlagen, auch ohne daß hierzu Neueinlagen erforderlich wären, fchon durch die hinzutretenden Zinsen.

Was die Höhe

der durchschnittlichen Einlage der An­

gehörigen der Einzelberufe angeht, so konnten bei der Städtischen Spar­ kasse, bei den Kreditgenossenschaften und bei den Banken Beobachtungen

angestellt werden.

So zuverlässig nun die Ergebnisse bei der Städtischen

Sparkasse find, so wenig können die Angaben der Kreditgenoffenschaften

und der Banken über die Höhe der Berufseinlagen Anspruch auf Ge-

* Kritik des Sparkasfenwesens deutscher Selbstverwaltungskörper. Archiv sür Sozialwissenschast und Sozialpolitik 1906, S. 113.

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Das Sparwesen in der Stadt Mannheim.

nauigkeit machen.

513

Denn deren Mitteilungen waren auf ihre Richtigkeit

nicht zu prüfen, während die Städtische Sparkasse den Verfasser selbst

Untersuchungen anstellen ließ.

Abgesehen von der Feststellung der Tat­

sache, daß bei den Kreditgenossenschaften und Banken die Einzeleinlagen

in beinahe allen Berufen der Einleger einen viel höheren Betrag als bei der Städtifchen Sparkasse erreichen, soll auf weitere Erörterungen ver­

zichtet werden. Es belief sich das Durchschnittsguthaben der Sparbücher der Städtische Sparkasse

Kredit­ genossenschaften

aus 494 Mk.

Dienstboten................................... Weiblichen Berufsangehörigen

Banken

497 Mk. — „

440 Mk. — „

„ „

442



650



890



1796





657



1514



884



.



470



1361



1616



....



528



1234



763



Niederen und mittleren Beamten



617



1895



1209



Privatleuten............................. Selbständigen Gewerbetreibenden



780



2011



4 010





924



2 505



2 973

„ „

Tagelöhner ............................. Gewerblichen Arbeiter . . . Sonstigen Bediensteten .

Handlungsgehilfen

.

Selbständigen Kaufleuten

.

.



539



3 220



3 508

Freien Berufsangehörigen

.

.



604



2193



4329



.



790



603



5155



Personen ohne Berufsangabe

Den Kopfteil an den Gesamteinlagen der Städtischen Sparkasse mit

711 Mk. überschreiten demnach nur die Privatleute, die selbständigen Gewerbetreibenden und die Personen ohne Berufsangabe.

Gesamtdurchschnitt

bewegen

sich

alle

übrigen Berufe;

Unter dem

die weiblichen

Berussangehörigen, sowie die männlichen sonstigen Bediensteten und die Dienstboten erreichen noch nicht einmal 500 Mk. So läßt sich auch ohne Berücksichtigung der (allerdings schwer zu prüfenden) Tatsache, daß mit der besseren

wirtschaftlichen Stellung des Einlegers häufiger bei

mehreren Spareinrichtungen Einlagen gemacht werden — denn nur der kleine Mann legt „alle Eier in einen Korb" — der als selbstverständlich

erscheinende Satz begründen:

Die Sparkraft der Bevölkerung

steigt mit der wachsenden Besserung der wirtschaftlichen

Verhältnisse.

Die Sparkraft äußert sich auch in der Einlag end au er.

Es er­

hellt, daß nur derjenige, der wirtschaftlich kräftig genug ist, laufende

Ausgaben zu bestreiten und außergewöhnliche Bedürfnisse zu befriedigen, ohne seine Ersparnisse verringern zu müssen, längere Zeit Einleger einer Schriften 136.

33

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Jacob Reichert.

514 Spareinrichtung

Ebenso ist klar,

sein kann.

daß

der wirtschaftlich

Schwache, der außer seinem Sparkaffenguthaben so gut wie ohne flüssiges Vermögen dasteht, viel öfter als der Reiche infolge Umzugs, Anschaffung größerer Wintervorräte und der Kleidung, infolge notwendiger Reisen und Arbeitslosigkeit, infolge Eheschließung, Geburt und Todesfall gezwungen wird, zur Bestreitung

dieser Ausgaben seine Ersparnisse anzugreifen.

Sein Sparbuch wird der Befriedigung notwendiger Bedürfnisse geopfert. Er kann sich also nur verhältnismäßig kurze Zeit eines Sparkassengut­ habens erfreuen, er muß seine Spareinlage bald wieder zurückziehen und bald durch eine neue Einlage ein Sparbuch wieder erwerben.

Der Wohl­

habende dagegen wird

Denn ihm

lange Zeit Einleger sein

können.

fließen viele und reiche Quellen. Diese Annahme findet in der Wirklichkeit volle Bestätigung.

Bei

der Untersuchung von über 100 bis 400 Sparbüchern der einzelnen

ergab sich eine Einlagendauer von

Berufe Weibliche Berufe........................

.

.

2 Jahren

0 Monaten

Handlungsgehilfen.......................

.

.

2

2

,,

Dienstboten...................................

.

.

2

9

,,

Gewerbliche Arbeiter

....

.

.

2

9

,,

Sonstige Bedienstete

....

.

.

3

1

Tagelöhner................................... ......

2

Kleine und mittlere Beamte .

.

3

.

.

.

4

2

Privatleute...................................

.

.

4

2

Vereine............................................... Selbständige Gewerbetreibende .

. ..

.

4

4

.

4

,,

.

..

.

5

11 5

Selbständige Kaufleute ....

.

.

7

2

,,

Personen ohne Berussangabe .

.

.

10

Freie Berufsangehörige

.

.

.

f,

8

Da die durchschnittliche Einlagendauer 4 Jahre 9 Monate beträgt,

überschreiten dieselbe nur die Personen

ohne Berussangabe,

die selb­

ständigen Kaufleute, die freien Berufsangehörigen und die selbständigen

Gewerbetreibenden.

dem Durchschnitt.

Sogar die Vereine, Stiftungen usw. bleiben unter

Weiter zurück stehen die Dienstboten, die gewerblichen

Arbeiter, die Handlungsgehilfen und die weiblichen Berufsangehörigen; alle

mit weniger als

drei

Jahren

Einlagendauer.

Noch

größer ist

die — wenn dieser Ausdruck beliebt — Kurzlebigkeit der Sparbücher bei den spartätigen Verkäuferinnen mit einer mittleren Einlagendauer von

1 Jahr

8 Monaten

und

bei

den Kontoristinnen

mit

1 Jahr

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Das 1 Monat.

515

Sparwesen in der Stadt Mannheim.

In diesen Kreisen werden in der Hauptsache rasche Ersparnisse

gemacht, um sie ebenso rasch in irgendwelchen Anschaffungen aufgehen zu lassen.

Unter den männlichen Einlegern sind es die Gummiarbeiter, die

eine kürzeste mittlere Einlagendauer von 1 Jahr 7 Monate haben, eine Zeit, welche auf 8^/2 Monate verringert wird, wenn bei der Berechnung

die Hunderte von Sparbüchern berücksichtigt werden, welche die Firma Rheinische Gummi- und Zelluloidfabrik seit 1898 alljährlich als Geschenk

den verdienten Arbeitern überreicht.

zum kleineren Teil ein Jahr alt.

Diese Geschenksparbücher werden nur

Die überwiegende Mehrheit läßt sich

schon wenige Tage nach Ausgabe dieser Sparbücher den gesamten Betrag,

auf den das Sparbuch lautet, auszahlen. Mit

derselben

Einrichtung

machte

auch

Fabriken Mannheim gleich schlechte Erfahrungen.

der

Verein Chemischer

Seine daraufhin ein­

gerichtete Arbeiterfabriksparkasse zeigt dagegen eine günstige Entwicklung. Das Ergebnis der Untersuchung über die Einlagendauer der einzelnen Berufsangehörigen läßt sich in dem Satz ausdrücken: Die Einlagen­

dauer wächst mit der Besserung der wirtschaftlichen Ver­

hältnisse.

Wenn hingegen ein Sparkassenkritiker wie Schachner —

ohne

Unterlagen — diese Tatsache leugnet und oft betont ^, daß „die kleinen

Einleger das konservativste, die Kapitalisten dagegen ein viel unruhigeres Element" seien, ja gewissermaßen auf dieser unbegründeten Annahme eine

ganze Kritik aufbaut, so kann man sich darüber nicht genug wundern. Neben der Höhe und der Dauer der Einlage ist für die einzelnen Es ergab sich, daß die

Berufe die jährliche Zulage bedeutsam.

Einleger, deren Einlagen am 1. Januar 1907 noch bestanden, jährlich durchschnittlich der Ersteinlage zugelegt haben, nämlich: Handlungsgehilfen................................................ 44 Mk.

Dienstboten..................................................................82



Unselbständige Schlosser.......................................... 87



Eisenbahnarbeiter......................................................87



Tagelöhner............................................................... 107



Eisenarbeiter..........................................................107

Bauarbeiter............................................................... 135



Verkäuferinnen......................................................... 141



Schneiderinnen......................................................... 174



* Vgl. z. B. Kritik des Sparkaffenwesens deutscher Selbstverwaltungskörper S. 118.

33*

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516

Jacob Reichert.

Derlei Untersuchungen konnten auf die Rücklagen der wirtschaftlich Abhängigen beschränkt werden, da die Selbständigen auch andere Ein­ legearten kennen und benutzen.

Ausfällig ist, daß die Verkäuferinnen und Schneiderinnen bei der

bekannten kurzen Einlagendauer versuchen, durch angelegentliches Sparen in kurzer Zeit eine möglichst hohe Einlage zu erreichen.

Ebenso erfreulich

ist, daß die Bauarbeiter durch eine verhältnismäßig ansehnliche Rücklage für arbeitslose Zeiten zu sorgen trachten. Gering scheint dagegen die

Da bedarf es des Hinweises, daß die Er­

Rücklage der Dienstmädchen.

sparnisse viel größer erscheinen würden, könnte man die häufig zur Ernteund anderer Zeit nach Hause gesandten Beträge in Rechnung ziehen.

Wenn die Handlungsgehilfen keine größere Rücklage aufbringen können, so liegt dies großenteils an der Befriedigung erhöhter Lebensanfprüche,

vielleicht auch an häufigem Stellen-, verbunden mit Ortswechsel, womit

außerordentliche Ausgaben entstehen. Ob die Sparguthaben tatsächlich Ersparnisse, d. h. zu künftigen

Genuß erübrigte Einkommensteile sind, ist zweifelhaft.

Wahrscheinlich

ist, daß eine große Zahl von Einlagen aus sonstigen Vermögensanfällen hervorgehen. Erbfälle, Zinsen, Geschenke usw. spielen eine große Rolle und geben häufig den Anstoß zur ersten Einlage.

Im übrigen ist darauf hinzuweisen, daß für die Vermehrung des Einlegerguthabens die Zinsgutschrift meist von größerer Bedeutung ist als die Zulagen.

Es betrug in den Jahren

Das Gesamtguthaben der Einleger

Mk.

1895 1896 1897 1898 1899 1900 1901 1902 1903 1904 1905 1906 1907

16 210 565 16 539 606 17 219 381 17 863 739 18 481 567 19 431 300 21360 406 21 946 820 22 891 009 24 006 381 25 618 648 26 893186 27 925 401

Dessen Vermehrung gegenüber dem Vorjahr Mk.

Die Zinsgutschrift und deren Anteil an der Vermehrung des Gesamtguthabens Mk.

763488

465 248 --- 610/0

3M 041

452 623--137O/O

679 775 644 358 617 827 949 733 1 929 105

> > ,

^65 515-486 030 --516 698 -582 846--622 527 --

680/0 760/0 830/0 610/0 320/0

586 414

625 904-- 1060/0

944 189 1 115 372 1 612 267 1 274 538 1032 215

638 803-- 680/0 671511— 610/0 707 845 -- 440/0 751 587-- 570/0 880179 - 850/0

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Tas Sparwesen in der Stadt Mannheim.

517

Demnach vermehrten sich die Einlagen bei der Städtischen Spar­

kasse innerhalb des Zeitraums 1895—1907 durchschnittlich zu beinahe drei Viertel aus der Zinsgutschrift.

schaftsganges 1896 und 1902

In den Jahren schleppenden Wirt­

übersteigt sogar

die Zinsgutschrift die

In diesen Jahren waren also die Rückzahlungen größer

Vermehrung.

als die Einzahlungen.

Im allgemeinen kann man sagen, daß die Ver­

mehrung der Spareinlagen durch Zulagen sehr gering ist, ein ungünstiges Zeichen für das Wirtschaften der breiten Masse der Stadtbevölkerung. Die in der Städtischen Sparkasse eingelegten Spargelder sind auf

den Kopf der Mannheimer Einwohner berechnet, seit dem Jahre 1890 kaum größer geworden, trotz des bedeutend gestiegenen Einkommens. Die Kopfteile schwanken natürlicherweise, beeinflußt von der Wirtschaftslage.

Die Jahre wirtschaftlicher Blüte 1890 und 1900 zeigen geringere Kopf­ teile als die folgenden Jahre schleppenden Wirtschaftsganges: Der Hoch­

stand der Konjunktur zieht

große

Kapitalien zu

gewinnbringenderer Die Kopf­

Anlage aus der Sparkasse und läßt die Kopfteile sinken. teile steigen, wenn bei Schwächung des Wirtschaftslebens

große Kapi­

talien keine bessere Anlage als bei der Sparkasse finden können und ihr

zufließen. Großherzvgtum Baden

Stadt Mannheim Jahr

1890 1895 1900 1901 1902 1903 1904 1905 1906

! Be­ völkerung !

79 058 91119 140 689 146 500 145 181 150 425 157 265 164 177 170 462

! Einlagen, bei den ! Guthaben Guthaben i mit Gemeindebürg­ auf den aus den der Städtischen Be ­ Kopf der schaft r ersehenen . Kopf der Sparkasse Sparkassen ^Bevölkerung völkerung , Bevölkerung Mk. Mk. , Mk. ! Mk.

12 283 829 16 210 565 19 431300 21360 406 21946 820 22 891 009 24 006 381 25 618 648 26 893 186

! k ' ! !

155,5 178,1 138,8 146,3 151,3 152,6 152,9 150,1 158,2

1 657 867 1 725 464 1 867 944 1 895 494 1 923450 1 951 818 1 980 604 2 010 728 2 027 854

147,5 193,4 227,9 244,6 261,6 272,5 280,8 296,4

244 631 393 333 615 030 425 744 860 462 263 192 497 102 238 531369 869 555 960 558 592 972 155 —

l



Nach einer ähnlichen Einwirkung der Konjunktur sucht man in der

Bewegung

der

Baden vergebens.

Einlagen

sämtlicher

Sparkassen

des

Großherzogtums

Seit dem Jahre 1890 hat sich der Kopfteil der Be­

völkerung Badens an den gesamten Spareinlagen, fortgesetzt steigend, mehr als verdoppelt.

Zur Erkennung der Spartätigkeit dürfte auch die Häufigkeit der jährlichen Zulagen und die damit in Wechselwirkung stehende Höhe der durchschnittlichen Einzeleinlage geeignet sein.

Der Ge-

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Jacob Reichert.

518

samtdurchschnitt schwankt von 1895—1906 zwischen 1,6 und

1,8 der

Anzahl der jährlichen Einlagen und 127 und 141 Mk. der Höhe der jährlichen Einlage.

Die Anzahl der jährlichen Einlagen

Bei den einzelnen Berufen betrug: Schuhmacher

....

.

.

1,2

.

.

.

1,5

Dienstboten........................

.

.

1,7

Bauarbeiter........................

.

.

1,7

Eisenarbeiter.......................

.

.

1,9

Gärtner.............................

.

.

1,9

Private Witwen

.

.

Unselbständige Schlosser

.

.

.

2,1

.

.

.

.

2,1

Handlungsgehilfen .

Wirte..................................

.

.

3,1

Schneiderinnen ....

.

.

3,2

Verkäuferinnen ....

.

.

4,1

Diese Beispiele ließen sich vermehren.

Die durchschnitt­ liche Einlage 170 Mk. 158 ,, 67 „ 125 „ 84 „ 241 „ 90 „ 79 „ 122 „ 84 „ 48 „

Es geht aber auch schon

aus diesen Zahlen hervor, daß häufigere Einleger meist kleinere und

seltenere Einleger meist höhere Beträge zur Sparkasse bringen. Im übrigen kann festgestellt werden, daß der Gang zur Sparkasse viel zu selten gemacht wird.

gehören zu den Seltenheiten. sprechen die Haussparkassen.

Monatliche oder gar häufigere Einlagen

Eine Besserung in dieser Beziehung ver­ In Zukunft wird sich bei gehöriger Ver­

breitung dieser Heimsparbüchsen die Zahl der Einlagen und Zulagen

wohl erhöhen und zugleich sich die Höhe der Einzeleinlage erniedrigen, aber die Gesamteinlage wird voraussichtlich stärker als bisher zunehmen.

Weiterhin ist es interessant, die Verteilung der Einlagen aus die einzelnenMonate zu beobachten.

Die Bewegung der Ein­

lagen zeigt gleich den Rückzahlungen vier Höcker:

Die Sparkassengeschäfte

häufen sich in den Quartalsmonaten Januar, April, Juni und Oktober. Zugleich findet aber infolge größerer Belastung einzelner Monate durch Rückzahlungen eine Verschiebung der monatlichen Einlagenvermehrung (vgl. Schaubild I) statt, so daß die Linie sich wiederholt aber nicht

regelmäßig krümmt.

Im Frühjahr und im Herbst ist die Einlagen­

vermehrung sehr gering, während sie im Sommer und besonders im

Winter sehr beträchtlich ist.

Wie stark einzelne Berufe hiervon abweichen, zeigen die anderen Schaubilder II. monate.

Die besten Monate der Dienstboten sind die Quartals­

Die Handlungsgehilfen sind im Januar und Frühjahr in der

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Das Sparwesen in der Stadt Mannheim.

519

Schaubild I.

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