Unternehmensstrategien im Wettbewerb: Eine spieltheoretische Analyse (Springer-Lehrbuch) (German Edition) 3540645489, 9783540645481

Das Buch behandelt grundlegende Wettbewerbsstrategien von Unternehmen zur Kostenfuhrerschaft und zur Produktdifferenzier

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Unternehmensstrategien im Wettbewerb: Eine spieltheoretische Analyse (Springer-Lehrbuch) (German Edition)
 3540645489, 9783540645481

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Springer-Lehrbuch

Wilhelm Pfahler • Harald Wiese

Unternehmensstrategien im Wettbewerb Eine spieltheoretische Analyse Zweite, voUstandig uberarbeitete Auflage

Mit 143 Abbildungen

^ S

Professor Dr. Wilhelm Pfahler Universitat Hamburg Department Wirtschaftswissenschaften Von-Melle-Park 5 20146 Hamburg [email protected] Professor Dr. Harald Wiese Universitat Leipzig WirtschaftswissenschaftUcheFakuhat Marschnerstrafie 31 04109 Leipzig [email protected]

ISBN-10 3-540-28000-6 Springer Berlin Heidelberg New York ISBN-13 978-3-540-28000-2 Springer Berlin Heidelberg New York ISBN 3-540-64548-9 1. Auflage Springer Berlin Heidelberg New York

Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaiUierte bibhografische Daten sind im Internet uber abrufbar. Dieses Werk ist urheberrechthch geschutzt. Die dadurch begrundeten Rechte, insbesondere die der Ubersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfahigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehahen. Eine Vervielfahigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzhchen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der ieweils gehenden Fassung zulassig. Sie ist grundsatzhch vergutungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterhegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. Springer ist ein Unternehmen von Springer Science-hBusiness Media springer.de © Springer-Verlag Berhn Heidelberg 1998, 2006 Printed in Germany Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten waren und daher von jedermann benutzt werden durften. Umschlaggestahung: Design & Production, Heidelberg SPIN 11531722

42/3153-5 4 3 2 1 0 - Gedruckt auf saurefreiem Papier

Fiir Maren, Saskia, Felix, Britt und ftir Corinna, Ben, Jasper, Samuel

Inhaltsiibersicht

A n die Leser

XVII

Teil I. Grundlagen A. Einfuhrung und Uberblick B.

Spieltheorie

5 21

Teil II. Kostenfuhrerschaft und Wettbewerb im homogenen Oligopol C. Monopol: Preispolitik

45

D . Preiswettbewerb

63

E.

Monopol: Mengenpolitik

95

F.

Mengen- und Kostenwettbewerb

125

G. Innovationswettbewerb unter Risiko

185

H. Innovationswettbewerb bei Spillover

211

Teil III. Produktdifferenzierung und Wettbewerb im heterogenen Oligopol I.

Varieinten-, Standort- und Qualitatswettbewerb

235

J.

Werbewettbewerb

287

K. Kompatibilitatswettbewerb

311

Teil IV. ZusammenfEissung L.

Strategische Invest it ionen und Strategietaxonomie

353

Inhaltsverzeichnis

A n die Leser

XVII

Teil I. Grundlagen A. Einfuhrung und Uberblick A.l Strategisches Denken und Handeln A.2 Unternehmensziel Gewinnmaximierung A.3 Strategische Analyse A.3.1 SWOT-Analysen A.3.2 Das industrieokonomische Paradigma und die vier p . . A.3.3 Ftinf oder sechs Wettbewerbskrafte A.4 Aktionsparameter und strategische Interaktion A.4.1 Kostenfiihrerschaft versus Produktdifferenzierung als langfristige Aktionsparameter A.4.2 Markteintritt und Eintrittsabschreckung A.4.3 Fristigkeit und spieltheoretische Wettbewerbsstrukturen B.

5 5 6 7 7 7 9 11 11 13 16

Spieltheorie 21 B.l Mikrookonomik und Spieltheorie 21 B.2 Ein-Personen-Spiele 23 B.3 Mehr-Personen-Spiele in der Normalform 24 B.3.1 Ein einfaches Beispiel 25 B.3.2 Dominante Strategien 26 B.3.3 Reaktionsfunktionen und Nash-Gleichgewicht 28 B.3.4 Mehrfache Gleichgewichte im Markteintrittsspiel 30 B.4 Mehr-Personen-Spiele in extensiver Form 31 B.4.1 Die vereinfachte extensive Form 31 B.4.2 Teilspielperfektheit beim Markteintrittsspiel 32 B.4.3 Teilspielperfektheit und reduzierte Gewinnfunktionen . 34 B.5 Externe Effekte 36

X

Inhaltsverzeichnis

B.5.1 Definition B.5.2 Kartell und Coase-Theorem B.6 Literaturhinweise B.7 Losungen

36 37 39 40

Teil II. Kostenfiihrerschaft und Wettbewerb im homogenen Oligopol C. Monopol: Preispolitik C.l Grundidee: Ursachen und Dauer von Monopolstellungen C.2 Spieltheoretische Wettbewerbsstruktur C.3 Modellspezifikation C.3.1 Nachfragefunktion und Preiselastizitat C.3.2 Gewinn, Erlos und Kosten bei Preissetzung C.4 Optimaler Preis C.4.1 Gewinnmaximierung bei einheitlichem Preis C.4.2 Gewinnmaximierung bei Preisdifferenzierung C.4.3 Modifizierte Angebots- und Preisregel C.5 Zusammenfassung und unternehmenspolitische Schlussfolgerungen C.6 Literaturhinweise C.7 Losungen

45 46 46 47 47 48 52 52 53 54

D . Preiswettbewerb D.l Grundideen des Preiswettbewerbs D.2 Simultaner Preiswettbewerb D.2.1 Spieltheoretische Wettbewerbsstruktur D.2.2 Eintrittszulassung D.2.3 Blockade und Eintrittsabschreckung (Limit-Preisstrategie) D.2.4 Preiswettbewerb um Altkunden D.3 Preiskartell D.4 PreiskoUusion durch Niedrigstpreisgarantien D.4.1 Spieltheoretische Wettbewerbsstruktur D.4.2 Preis-Absatz- und Gewinnfunktionen D.4.3 Preiswettbewerb (zweite Stufe) D.4.4 Niedrigstpreisgarantien (erste Stufe) D.5 Zusammenfassung und unternehmenspolitische Schlussfolgerungen D.6 Literaturhinweise

63 63 67 68 68

56 58 58

72 75 79 80 81 81 82 88 89 91

Inhaltsverzeichnis

D.7 Losungen E.

F.

Monopol: Mengenpolitik E.l Modellspezifikation E.1.1 Die inverse Nachfragefunktion E.1.2 Gewinn, Erlos und Kosten bei Mengenfestsetzung . . . . E.2 Optimale Menge E.2.1 Gewinnmaximierung E.2.2 Gewinnmaximierung bei PreisdiflFerenzierung E.2.3 Gewinnmaximierung bei mehreren Betriebsstatten . . . . E.2.4 Vergleich mit vollstandiger Konkurrenz E.3 Doppelte Marginalisierung in vertikal verbundenen Markten . E.4 Wohlfahrtstheoretische Analyse des Monopols E.4.1 Bewertung wirtschaftspolitischer MaBnahmen E.4.2 Vollstandige Konkurrenz und Wohlfahrtsverlust E.4.3 Anwendungen im Monopol E.5 Zusammenfassung und unternehmenspolitische Schlussfolgerungen E.6 Literaturhinweise E.7 Losungen M e n g e n - und Kostenwettbewerb F.l Grundidee: Vom Preis- zum Mengenwettbewerb F.2 Simultaner Mengenwettbewerb F.2.1 Spieltheoretische Wettbewerbsstruktur F.2.2 Cournot-Modell F.2.3 Die RoUe der Kostenfiihrerschaft F.2.4 Blockierter Eintritt F.2.5 Zusammenfassung und unternehmenspolitische Schlussfolgerungen F.3 Sequentieller Mengenwettbewerb F.3.1 Spieltheoretische Wettbewerbsstruktur F.3.2 Stackelberg-Gleichgewicht und Zeitfiihrerschaft F.3.3 Blockade und Eintrittsabschreckung (Limit-Mengenstrategie) F.3.4 Strategische Handelspolitik F.3.5 Zusammenfassung und unternehmenspolitische Schlussfolgerungen F.4 Mengen-Kartell F.4.1 Die spieltheoretische Kartellstruktur F.4.2 KartelUosung

XI

91 95 95 95 96 98 98 102 106 107 108 110 110 113 116 119 120 120 125 125 127 127 127 132 135 138 140 140 141 147 157 161 162 162 163

XII

Inhaltsverzeichnis F.4.3 Zusammenfassung und unternehmenspolitische Schlussfolgerungen F.5 Wettbewerbsintensitat: Vergleich und Messung F.5.1 Vergleich der Marktergebnisse bei Mengenwettbewerb . F.5.2 Konzentration und Wettbewerbsintensitat F.6 Literaturhinweise F.7 Losungen

G. Innovationswettbewerb unter Risiko G.l Grundideen des Innovationswettbewerbs G.2 Vergleich der Innovationsanreize von Monopolisten und wohlwollenden Diktatoren G.2.1 Wohlwollender Diktator G.2.2 Monopolist G.2.3 Drastische und nicht-drastische Innovation G.2.4 Vollstandige Konkurrenz G.3 Symmetrischer Innovationswettbewerb G.3.1 Modellannahmen G.3.2 Spieltheoretische Wettbewerbsstruktur G.3.3 Gewinnfunktionen G.3.4 Reaktionsfunktionen (erste Stufe) G.3.5 Nash-Marktgleichgewicht(e) G.4 Asymmetrischer Innovationswettbewerb G.4.1 Gewinnfunktionen G.4.2 Preiswettbewerb (zweite Stufe) G.4.3 Innovationsanreize G.4.4 Reaktionsfunktionen (erste Stufe) G.4.5 Marktgleichgewicht G.5 Zusammenfassung und unternehmenspolitische Schlussfolgerungen G.6 Literaturhinweise G.7 Losungen H. Innovationswettbewerb bei Spillover H.l Grundideen der Wissensspillover-Effekte bei Forschung und Entwicklung H.2 Modellierung der Prozessinnovation H.3 Spieltheoretische Wettbewerbsstruktur H.4 Simultaner Mengenwettbewerb auf dem Produktmarkt (zweite Stufe) H.4.1 Gewinnfunktionen

168 170 170 172 176 176 185 185 189 189 191 192 192 194 194 195 195 196 196 198 199 200 201 204 206 207 208 208 211 211 213 213 214 214

Inhaltsverzeichnis

H.4.2 Mengen-Reaktionsfunktionen und Cournot-Gleichgewicht H.5 Simultaner F&E-Wettbewerb (erste Stufe) H.5.1 Explizite Losung H.5.2 Allgemeine Analyse: direkte und strategische Effekte . . H.6 F&E-Kooperation (erste Stufe) H.6.1 Explizite Losung H.6.2 Allgemeine Analyse: direkte und strategische Effekte . . H.7 F&E-Wettbewerb vs. F&E-Kooperation - Ein Vergleich H.7.1 Einzelwirtschaftliche Perspektive H.7.2 Gesamtwirtschaftliche Perspektive H.8 Zusammenfassung und unternehmenspolitische Schlussfolgerungen H.9 Literaturhinweise H.IO Losungen

XIII

215 216 217 217 220 221 221 223 223 224 225 227 227

Teil I I I . ProduktdifFerenzierung u n d W e t t b e w e r b im h e t e r o g e n e n Oligopol I.

Varianten-, S t a n d o r t - u n d Q u a l i t a t s w e t t b e w e r b 1.1 Grundideen der horizontalen und vertikalen Produktdifferenzierung 1.2 Preis- und Positionswettbewerb im Strafiendorf 1.2.1 Modellspezifikation: Hotellings Strafiendorf 1.2.2 Spieltheoretische Wettbewerbsstruktur 1.2.3 Preiswettbewerb (zweite Stufe) 1.2.4 Positionswettbewerb (erste Stufe) 1.2.5 Wohlfahrtstheoretische Analyse 1.3 Markteintritt und Eintrittsabschreckung im Ringdorf 1.3.1 Modellspezifikation: Schmalensees Ringdorf 1.3.2 Spieltheoretische Wettbewerbsstruktur 1.3.3 Simultaner Preiswettbewerb (zweite Stufe) 1.3.4 Markteintritt (erste Stufe) 1.3.5 Eintrittsabschreckung (Limit-Variantenstrategie) 1.3.6 Ubungsfall: Lineare Transportkosten 1.3.7 Wohlfahrtstheoretische Analyse 1.4 Preis- und Qualitatswettbewerb 1.4.1 Modellspezifikation: Quadratischer Produktraum 1.4.2 Eintrittszulassung (simultane Qualitatswahl) L4.3 Eintrittsabschreckung (Limit-Qualitatsstrategie)

235 235 241 242 246 247 252 258 258 259 260 261 263 264 266 267 268 268 271 274

XIV

Inhaltsverzeichnis

1.5 1.6 1.7 J.

Zusammenfassung und unternehmenspolitische Schlussfolgerungen Literaturhinweise Losungen

Werbewettbewerb J.l Grundideen des Werbewettbewerbs J.2 Modellspezifikation J.3 Werbe- und Preiswettbewerb ftir etablierte Produkte J.3.1 Spieltheoretische Wettbewerbsstruktur J.3.2 Simultaner Preis- und Werbewettbewerb J.4 Werbe- und Preiswettbewerb ftir Neuprodukte J.4.1 Spieltheoretische Wettbewerbsstruktur J.4.2 Simultaner Preiswettbewerb (zweite Stufe) J.4.3 Simultaner Werbewettbewerb (erste Stufe) J.5 Markteintritt und Eintrittsabschreckung J.5.1 Spieltheoretische Wettbewerbsstruktur J.5.2 Eintrittsabschreckung (Limit-Werbestrategie) J.6 Zusammenfassung und unternehmenspolitische Schlussfolgerungen J.7 Literaturhinweise J.8 Losungen

K. K o m p a t i b i l i t a t s w e t t b e w e r b K.l Grundideen des Kompatibilitatswettbewerbs K.2 Modellspezifikation K.3 Wettbewerb bei unterschiedlichen Kompatibilitatsgraden . . . . K.3.1 Spieltheoretische Wettbewerbsstruktur K.3.2 Simultaner Preiswettbewerb (zweite Stufe) K.3.3 Simultaner Kompatibilitatswettbewerb (erste Stufe) . . K.4 Wettbewerb bei einheitlicher Kompatibilitat K.4.1 Spieltheoretische Wettbewerbsstruktur K.4.2 Simultaner Preiswettbewerb (zweite Stufe) K.4.3 Kompatibilitatswettbewerb (erste Stufe) K.5 Eintrittsabschreckung (Limit-Kompatibilitatsstrategie) K.6 Wettbewerb bei Komplementen (Microsoft) K.6.1 Die Logik der Preissetzung bei Komplementen K.6.2 Microsoft und Wegelagerer am Rhein K.6.3 Und wie sieht es bei Substituten aus? K.7 Zusammenfassung und unternehmenspolitische Schlussfolgerungen

278 282 283 287 287 290 294 294 295 299 299 300 301 304 304 304 306 307 308 311 311 319 326 327 327 332 335 335 335 337 338 342 342 343 345 346

Inhaltsverzeichnis

K.8 Literaturhinweise K.9 Losungen

XV

347 347

Teil IV. Zusammenfassung L.

Strategische Investitionen und Strategietaxonomie L.l Einflihrung L.2 Theoretischer Analyserahmen und Herleitung der Taxonomie. L.2.1 AUgemeines Modell L.2.2 Investition bei Eintrittszulassung L.2.3 Investition zur Eintrittsabschreckung L.2.4 Strategische Substitute und strategische Komplemente L.2.5 Herleitung der Taxonomie von Fudenberg/Tirole L.3 Unternehmensstrategien mit Beispielen L.3.1 Bullterrier-Strategie L.3.2 Strategie des hungrigen Wolfs L.3.3 Schofihund-Strategie L.3.4 Strategie der fetten Katze L.4 Zusammenfassung und unternehmenspolitische Schlussfolgerungen L.5 Literaturhinweise

353 353 355 355 357 359 362 363 364 364 366 370 372 373 374

Literaturverzeichnis

375

Index

381

An die Leser

Was ist das T h e m a dieses Buches? Thema dieses Buches sind grundlegende Wettbewerbsstrategien von Unternehmen, namentlich Strategien zur Kostenfiihrerschaft {,,sei billiger als die Konkurrenz'') und zur Produktdifferenzierung („5ei anders, hekannter, kompatibler oder hesser als die Konkurrenz'^). Die Unternehmen wahlen solche Strategien, um sich eine moglichst gute Ausgangsposition ftir den Preis- oder Mengenwettbewerb zu schaffen. Wir untersuchen diese Strategien mit Hilfe spieltheoretischer Konzepte im Rahmen einfacher Modelle des oligopolistischen Wettbewerbs. Dieses Lehrbuch gliedert sich in vier Teile. Im ersten Teil findet sich neben einer Einftihrung ein Kapitel tiber die ftir dieses Buch notwendigen spieltheoretischen Konzepte. Die beiden Hauptteile orientieren sich an den beiden Hauptthemen: Teil II hat die Kostenfiihrerschaft zum Thema und Teil III behandelt die Produktdifferenzierung. In Teil IV findet sich eine Zusammenfassung in Gestalt einer Taxonomie von Unternehmensstrategien. Unser Interesse gilt den strategischen Interaktionen sowohl zwischen tatsachlichen Wettbewerbern im Markt als auch zwischen tatsachlichen und potentiellen Wettbewerbern. In der Untersuchung des potentiellen Wettbewerbs konzentrieren wir uns dabei auf die Frage der Eintrittsabschreckung durch strategische Markteintrittsbarrieren. Jede strategische Wettbewerbsanalyse mtindet in unternehmenspolitische Einsichten und Folgerungen. Nattirlich ist der Leser aufgefordert, diese Empfehlungen mit kritischer Distanz zu betrachten. An dieser Stelle mtissen wir uns erklaren: Wir verwenden „der Leser" sinngemafi auch ftir „die Leserin". Uns scheint, dass die weibliche Komponente bei der Analyse (weiblich!) der Strategien (weiblich!) der Unternehmensftihrung (weiblich!) von Unternehmungen (weiblich!) ohnehin eher tiberreprasentiert ist.

Welche Vorkenntnisse verlangt die Lektiire des Buches? Die ftir die Lekttire notwendigen Mathematikkenntnisse tiberschreiten nicht das Anforderungsniveau der Hochschulreife. Die benotigten mikrookonomi-

XVIII AndieLeser schen (Haushalts-, Produktions- und Kostentheorie spielen nur eine sehr geringe RoUe) und spieltheoretischen Kenntnisse werden in dem Buch bereitgestellt. Dem Leser konnen wir parallel zu diesem Buch empfehlen: • Lehrbiicher zur Industrieokonomik, z.B. BESTER (2004) , TiROLE (1988) Oder SHY (1995), • Lehrbiicher zur Spieltheorie, z.B. GiBBONS (1992) oder WiESE (2002), • Lehrbiicher zur Wettbewerbstheorie und -politik, z.B. NEUMANN (2000) Oder K N I E P S (2001), • Lehrbiicher zur Strategieanalyse, z.B. W E L G E / A L - L A H A M (2003), G R A N T (2005) Oder B E S A N K O / D R A N O V E / S H A N L E Y / S C H A E F E R (2004), • „Information rules" von SHAPIRO/VARIAN (1999) , • „Co-opetition" von BRANDENBURGER/NALEBUFF (1996) • und schliefilich die ersten drei Kapitel der Wettbewerbsstrategie (Competitive Strategy) von PORTER (1980).

A n d e r u n g e n im Vergleich zur ersten Auflage Gegeniiber der ersten Auflage ( P F A H L E R / W I E S E 1998) haben wir viele grofie und kleine Anderungen vorgenommen. Zunachst haben wir die Struktur des Buches geandert. Wir beginnen, entgegen der dogmenhistorischen Entwicklung, mit dem Preiswettbewerb, den wir fiir den Monopol- und den Dyopolfall behandeln. Erst anschliefiend wenden wir uns dann dem Mengen-Monopol und -Dyopol zu. Wir glauben, dass dies den Studenten aufgrund ihrer Alltagserfahrung den Zugang zum St off erleichtert. Zudem enthalt das Buch nun zwei weitere Kapitel, eines zum Innovationswettbewerb, bei dem Spillover-Externalitaten im Zentrum stehen, und ein zweites zur Taxonomie von Unternehmensstrategien. Die iibrigen Kapitel wurden iiberarbeitet und mit zusatzlichen Aufgaben zur LernkontroUe versehen. Im Gegensatz zur ersten Auflage haben wir nun einige Themen zusatzlich aufgegriffen, die am Rande des Hauptweges „strategische Interaktion zwischen Unternehmen" liegen. So werden wir wohlfahrtstheoretische Analysen durchfiihren und das Handeln des Staates in Form von Steuer- bzw. Subventionspolitik und strategischer Handelspolitik betrachten. Diese Erweiterungen sind leicht zu erntende Priichte, die das Hauptthema des Buches abwirft und die ohne groBen Zusatzaufwand erlauben, interessante Querverbindungen zur Finanz- und Wirtschaftspolitik aufzuzeigen. Um den Umfang (und den Preis!) des Buches dennoch zu beschranken, haben wir auf die Kapitel zum Kapazitatswettbewerb (Selbstverpflichtung, versunkene Kosten) und zum Qualitatswettbewerb verzichtet. Als Ersatz fiir Leser und Dozenten, die dies bedauern, bieten wir den kostenlo-

An die Leser

XIX

sen Download der beiden Kapitel unter der Webadresse http://www.unileipzig.de/^micro/buecher.html an. In gektirzter und verbesserter Form behandeln wir den Qualitatswettbewerb nun in Kap. I, das Thema der Selbstverpflichtung durch versunkene Kosten wird im Rahmen des StackelbergModells in Kap. F behandelt. Unter http://www.uni-leipzig.de/~micro/ind-mup.html finden sich Powerpoint-Folien, die auf die zweite Auflage des Buches zugeschnitten sind.

W i e kann/soll das Buch gelesen werden? Das Buch eignet sich sowohl zum Selbststudium als auch als Begleit- und Vertiefungsliteratur zu betriebs- oder volkswirtschaftlichen Hochschul- oder Weiterbildungsveranstaltungen liber Indiistrieokonomik, mikrookonomisch fundierte Wettbewerbsanalyse, (angewandte) Volkswirtschaftslehre oder Strategisches Management. Die einzelnen Kapitel dieses Buches konnen nacheinander oder - je nach Bedarf und Interesse - in (nahezu) beliebiger Reihenfolge getrennt voneinander gelesen werden. In die Kapitel eingestreut finden sich immer wieder Aufgaben, deren Bearbeitung dem Leser empfohlen wird. Losungshinweise werden ebenfalls kapitelweise geboten. Dabei sind Losungen zu Aufgaben mit Sternchen knapp gehalten. Diese Aufgaben eignen sich also auch fiir den Einsatz im Ubungsbetrieb. An Dozenten (e-mail: [email protected]) versenden wir gerne die voUstandigen Losungen. Will man das Buch nur teilweise studieren, bieten sich Kurse an iiber • • • •

Kostenfiihrerschaft (Kap. C bis Kap. H), Produktdifferenzierung (Kap. I bis Kap. K), Preispolitik (Kap. C, D und I bis K) oder Mengenpolitik (Kap. E, F und H).

Wenn man sich nur recht oberflachlich informieren will, ohne sich mit den Details der Modelle zu qualen, kann man auch nach Studium der Einftihrung direkt zum Schlusskapitel L tibergehen.

Die leidige Rechtschreibfrage ... Diese zweite Auflage wurde verfasst, wahrend an der Reform zur Rechtschreibreform gearbeitet wurde. Ein Lamentieren iiber das hier offenbar zutage (nach neuer Rechtschreibung ware auch „zu Tage" erlaubt) tretende Staatsversagen hilft nicht weiter und wir haben uns fiir folgenden Weg entschieden: Wir richten uns im Wesentlichen (grofi geschrieben!) nach der neuen Schreibung, aber Worter wie „sogenannt" oder „kennenlernen" schreiben wir zusammen. Wir hoffen, dass (mit ss anstelle von fi nach alter Schreibung) sich das letztlich auch durchsetzen wird.

XX

An die Leser

Danksagungen Auch fiir die Mitarbeit bei der Erstellung der zweiten Auflage haben wir herzlichen Dank abzustatten. So sind wir gerne den Hinweisen gefolgt, die unsere ProfessorenkoUegen Michael Kopel, Helge Lobler, Peter Welzel, Susanne Wied-Nebbeling und Peter Witt beztiglich der ersten Auflage gegeben haben. Wie bei der ersten Auflage hat Andre Casajus das Layout des Buches gestaltet; zudem hat er in mtihevoller Arbeit alle Graphiken tiberarbeitet. Schliefilich verdanken wir ihm die Berechnungen zum Qualitatswettbewerb (siehe auch die Webseite http://www.uni-leipzig.de/^micro/wopap.html). Einen sehr grofien Dank schulden wir auch Tobias Hiller, der die im Laufe der Jahre entstandenen Powerpoint-Folien sinnvoll in das Buch eingearbeitet hat und uns Autoren damit einen ersten wichtigen Arbeitsschritt abnehmen konnte. Lothar Troger hat einige Modelle konkret durchgerechnet und uns damit die Arbeit sehr erleichtert. Studentische Hilfkrafte und Mitarbeiter der Universitaten Hamburg und Leipzig haben die zweite Auflage mit Engagement gelesen und konstruktive Vorschlage eingebracht. Hier sind insbesondere Johannes Bruder, Tobias Hiller, Dirk Hofmann, Max Nitsche, Maik Pradel, Lothar Troger, Hilke Turke, Markus Wagner und Lars Wiethaus zu nennen. Kathleen Neidhardt hat durch eine Vielzahl von Hilfestellungen unsere Arbeit erleichtert und sich zusatzlich als Korrekturleserin verdient gemacht. Ihnen alien sei hier nochmals herzlich gedankt. Ftir alle verbleibenden Unzulanglichkeiten und Fehler beschuldigen die Autoren sich selbstverstandlich gegenseitig.

Teill

Grundlagen

In diesem Teil des Buches legen wir die Grundlagen ftir die spieltheoretische Analyse von Unternehmensstrategien im oligopolistischen Wettbewerb. Zu diesen Grundlagen gehort eine Einfiihrung in die Thematik und ein Uberblick liber die liblichen Verfahren der Branchenanalyse (Kap. A). Denn erst eine solche Analyse kann den Studenten und Forscher auf die zentralen Aspekte aufmerksam machen, die eine nahere Untersuchung lohnend machen. Ferner gehort zu den Grundlagen eine kurze Einfiihrung in die Spieltheorie (Kap. B). Dort wird das (wenige) spieltheoretische Handwerkszeug erlautert, das wir in den Teilen II bis IV unseres Buches benotigen.

A. Einfiihrung und Uberblick

A.l Strategisches Denken und Handeln Die in diesem Buch prasentierte Theorie der Unternehmensstrategie soil Betriebs- und Volkswirten in der Hochschulausbildung und Ftihrungskraften der Praxis in der Weiterbildung ein Exerzierfeld bieten, um das strategische Denken einzutiben. Die Aufmerksamkeit richtet sich in der Hauptsache auf das Verhaltnis eines Unternehmens zu seinen Wettbewerbern. Dabei geht es zum einen um die Anbieter, die sich bereits im Markt befinden und untereinander Wettbewerb betreiben. Diese heiBen auch tatsachliche Wettbewerber. Zum anderen sind ftir Unternehmen auch die sogenannten potentiellen Wettbewerber von Bedeutung, d.h. die Unternehmen, die noch nicht im Markt sind, den Markteintritt aber erwagen, wenn er Gewinne verspricht. Diese potentiellen Wettbewerber konnen durch die Drohung mit ihrem Markteintritt den Wettbewerb in ahnlicher Weise disziplinieren wie die Wettbewerber, die bereits im Markt sind. Das Hauptanalyseinstrument, das wir in diesem Buch verwenden, ist die Spieltheorie. Die Spieltheorie ist eine interaktive Entscheidungstheorie. Sie befasst sich im Wesentlichen mit Prinzipien des „richtigen" Verhaltens von Personen innerhalb von Mehr-Personen-Spielsituationen zum Zweck der Maximierung der eigenen ZielgroBe. Konkret spricht man im spieltheoretischen Sinne von einer strategischen Entscheidung, wenn eine Reaktionsverbundenheit in dem Sinne vorliegt, dass (so HOLLER/ILLING 2003, S. 1) 1. das Ergebnis von den Entscheidungen mehrerer Entscheidungstrager abhangt, sodass ein einzelner das Ergebnis nicht unabhangig von der Wahl der anderen bestimmen kann; 2. jeder Entscheidungstrager sich dieser Interdependenz bewusst ist; 3. jeder Entscheidungstrager davon ausgeht, dass alle anderen sich ebenfalls der Interdependenz bewusst sind; 4. jeder bei seinen Entscheidungen die Punkte 1, 2 und 3 berticksichtigt. Eine Voraussetzung fiir strategische Entscheidungen in diesem spieltheoretischen Sinne sind deshalb (Spiel-)Situationen, in denen die Teilnehmer sich ge-

6

A. Einfiihrung und Uberblick

genseitig beobachten und aufeinander reagieren konnen. Bezogen auf Marktund Wettbewerbssituationen werden strategische Entscheidungen deshalb typischerweise auf oligopolistischen Markten mit einer tiberschaubaren Zahl von Akteuren und einer hinreichend hohen Markttransparenz getroffen. Strategische Entscheidungen sind das Ergebnis strategischer tjberlegungen. Diese Uberlegungen umfassen in der Regel • die Festlegung der Unternehmensziele, die mit diesen Entscheidungen angestrebt werden soUen, • die Analyse der unternehmensinternen und -externen Situation, • die Analyse und Festlegung von Aktionsparametern im Lichte der strategischen Interaktionen, • die Strategieimplemetierung und • das strategische Controlling. Im einschlagigen betriebswirtschaftlichen Schrifttum zur strategischen Unternehmensplanung finden sich zu alien diesen Stufen des strategischen Prozesses detaillierte Erlauterungen. Was dort freilich in der Regel fehlt, ist die vertiefte theoretische Analyse der strategischen Interaktion zwischen Unternehmen bei der Wahl unterschiedlicher kurz- und langfristiger Aktionsparameter im Rahmen unterschiedlicher Markt- und Wettbewerbsstrukturen. Auf diese theoretische Analyse konzentrieren wir uns in unserem Buch; insofern ist unser Buch durchaus als Komplementarangebot zum betriebswirtschaftlichen Schrifttum zur Unternehmensstrategie zu sehen. Wahrend wir zu den letzten zwei Punkten (Implementierung und Controlling) nichts anzumerken haben, woUen wir nun die ersten drei Punkte ansprechen.

A.2 Unternehmensziel Gewinnmaximierung Was das Unternehmensziel anbelangt, konzentrieren wir uns in diesem Buch ausschliefilich auf den okonomischen Gewinn (der jeweils betrachteten Periode). Dieser ist definiert als der Umsatz abztiglich (okonomischer) Kosten bzw. - in betriebswirtschaftlicher Terminologie - als Betriebsergebnis abztiglich (Fremd- und Eigen-) Kapitalkosten oder als Economic Value Added (EVA). Zur Vereinfachung unterstellen wir immer Eigenttimerunternehmen, sodass Zielkonflikte und KontroUprobleme zwischen Top-Management und Kapitaleignern keine RoUe spielen. Aufierdem stellen wir keine mehrperiodigen oder dynamischen Uberlegungen an, sodass wir auch nicht zwischen kurzund langfristigen Gewinninteressen unterscheiden und keine Barwertermittlungen zuktinftig anfallender Gewinne vornehmen miissen.

A.3 Strategische Analyse

7

A. 3 Strategische Analyse A.3.1 SWOT-Analysen Die Analyse der unternehmensinternen Situation wird in diesem Buch ganzlich ausgeklammert. Sie wiirde sich mit den Ressourcen und Fahigkeiten von Unternehmen, insbesondere den relativen Starken (Strengths) und Schwachen (lyeaknesses) des betrachteten Unternehmens im Vergleich zu seinen relevanten Wettbewerbern, mit Fragen der Unternehmensorganisation und -kultur und mit verwandten Themen befassen. Zu einer tibersichtlichen Diskussion der unternehmensinternen Situation verweisen wir die Leser beispielhaft auf die sehr unterschiedlichen Lehrbticher von KRAKEL (2004) einerseits (Prinzipal-Agenten-Theorie, Teamproduktion, Delegation) und GRANT (2005, Kap. 5) andererseits (Ressourcen und Fahigkeiten von Unternehmen). Die Analyse der unternehmensexternen Situation bezieht sich auf die Moglichkeiten (Opportunities) und Risiken (Threats), die der Markt bzw. die Branche und das Wettbewerbs- sowie das Regulierungsumfeld der Branche bieten. In diesem Buch setzen wir einen bestimmten Markt mit einer gegebenen Marktnachfrage voraus. Fragen der sachlichen, raumlichen und zeitlichen Abgrenzung des „relevanten Marktes" interessieren uns so wenig wie die Abgrenzungsprobleme zwischen Markt, Branche (Wirtschaftszweig) oder Industrie. In der Regel verwenden wir den Begriff „Branche" synonym zu „Markt". Zur Analyse des Branchen- und Wettbewerbsumfelds werden in der betriebswirtschaftlichen und industrieokonomischen Literatur meist zwei sich erganzende Konzepte herangezogen: das industrieokonomische Paradigma und die ftinf Wettbewerbskrafte von Porter. Beide bestehen im Wesentlichen aus Aufzahlungen. Der praktische Zweck besteht darin, dass den Lesern Checklist en an die Hand gegeben werden, mit der en Hilfe sie die Branchen durchleuchten konnen, die ftir sie von Interesse sind. A.3.2 Das industrieokonomische P a r a d i g m a und die vier p Wir beginnen mit dem sogenannten industrieokonomischen Paradigma, das auf MASON (1939) und BAIN (1956) zuriickgeht. Dieses besteht zunachst einmal aus den drei groben Kategorien • Struktur (wie ist die Branche zusammengesetzt?), • Verhalten (wie setzen die Unternehmen die Aktionsparameter ein?) und • Ergebnis (was kommt ftir das einzelne Unternehmen und ftir die Volkswirtschaft als Ganze her aus?)

A. Einftihrung und Uberblick

Struktur Anzahl der Kaufer und Verkaufer Eintrittsbarrieren Produktdifferenzierung Vertikale Integration

Verhalten

Ergebnis

Preise Mengen Werbung Forschung und Entwicklung • Kollusion • Kompatibilitat Investition

• Gewinne • technischer Fortschritt • Effizienz • Produktqualitat • Arbeitslosigkeit

• • • •

• to sum up: 4 p Abbildung A . l . Das industrieokonomische Paradigma Der Hintergrund des Paradigmas (siehe Abb. A.l) ist eine kausale Idee: Die Struktur bestimmt das Verhalten, welches seinerseits das Ergebnis determiniert. Beispielsweise wird ein Monopolist (Struktur: ein Verkaufer) den fiir ihn besten Preis (Verhalten: Preis mit maximalem Gewinn) wahlen, was mit bestimmten Resultaten fiir ihn selbst und die Volkswirtschaft (Ergebnis: Monopolgewinn, Wohlfahrtsverlust) einhergeht. Neben dieser kausalen Richtung darf man allerdings nicht tibersehen, dass das Verhalten auch Rtickwirkungen auf die Struktur hat. Beispielsweise werden Preise niedrig gesetzt, um den Markteintritt potentieller Konkurrenten zu verhindern, oder fiihren Forschungs- und Entwicklungsbemtihungen zu neuen Produkten und erhohter Produktdifferenzierung. Auch von den Ergebnissen gehen Einfliisse auf Struktur und Verhalten aus. Ein zu niedriger Gewinn kann zum Marktaustritt fiihren, wahrend ein sehr hoher Gewinn Investitionen erleichtert. Die in Abb. A.l fett gesetzten Begriffe sind fiir dieses Buch von besonderer Wichtigkeit. Das wichtigste Strukturmerkmal ist die Anzahl der Wettbewerber. Die einfachste Industriestruktur ist das Monopol, das durch Eintrittsbarrieren vor potentieller Konkurrenz geschutzt ist. Hauptsachlich werden wir uns jedoch mit den Fallen zweier Unternehmen (Dyopol) und mehrerer Unternehmen (Oligopol) beschaftigen. Dabei stehen nicht nur der aktuelle Wettbewerb, sondern auch der drohende Eintritt potentieller Konkurrenz im Mittelpunkt unseres Buches. Daher werden wir haufig liber Eintrittsbarrieren (gegebene und von den Unternehmen gesetzte) sprechen.

A.3 Strategische Analyse

9

Zu den Strukturelementen gehort zudem die Produktdifferenzierung. Wir berticksichtigen sie erst in Teil III, wahrend Teil II Homogenitat der Produkte voraussetzt. Homogene Giiter und Dienstleistungen zeichnen sich dadurch aus, dass die Nachfrager keine sachlichen, zeitlichen, raumlichen oder personlichen Praferenzen gegeniiber den Angeboten verschiedener Unternehmen haben. Sie machen ihre Kaufentscheidung allein vom Preis abhangig. Man findet einen homogenen Wettbewerb heute vor allem auf Rohstoffmarkten (commodities) , auf Markten fiir landwirtschaftliche Erzeugnisse und auf Markten mit standardisierten industriellen Produkten und Vorprodukten. Beispiele sind 01, Erdgas, Kautschuk, Erze, Edelmetalle, Kaffee, Kakao, Diinger, Zement, Getreide, Baustahl, Waschsubstanzen, Holz oder Speichermedien. Unter der Rubrik „Verlialten" sind die unternehmerischen Aktionsparameter anzusprechen. Neben den offensichtlichen „Kandidaten", Preis und Menge, behandeln wir in diesem Buch u.a. KoUusion, Produktdifferenzierung, Werbung sowie Forschung und Entwicklung. In der Marketing-Literatur (zuerst bei M C C A R T H Y (I960)) spricht man hier haufig von den vier „p": • • • •

price (Preispolitik), product (Produktpolitik, Produktdifferenzierung), place (Distributionspolitik) und promotion (Werbung etc.).

Auch diese Kategorien sind nicht ganz „wasserfest". So werden wir mit dem Varianten- bzw. Standortwettbewerb ein Modell betrachten, das einerseits in den Bereich der Produktpolitik (mit welchen Eigenschaften werden die Produkte ausgestattet?) gehort und andererseits auch als Modell zur Distributionspolitik (wo wird das Produkt angeboten?) interpretiert werden kann. Die fiir uns in diesem Buch (und fiir die Unternehmen in der Praxis) wichtigste Ergebniskategorie ist der Gewinn. In den Kapiteln zum Innovationswettbewerb werden wir allerdings auch etwas liber den technischen Fortschritt sagen konnen. SchlieBlich ermitteln wir (besser noch: Sie) in einigen Ubungsaufgaben sogar die Steuereinnahmen des Staates. A.3.3 Fxinf oder sechs Wettbewerbskraffce Einen sehr einflussreichen und bekannten Rahmen fiir die Wettbewerbsanalyse bietet Michael PORTER (1980) im ersten Kapitel seines beriihmten Buches liber „Competitive Strategy". Seine ftinf Wettbewerbskrafte umfassen • die aktuellen Mitwettbewerber, • die potentiellen Konkurrenten, • die Bedrohung durch Substitute,

10

A. Einftihrung und Uberblick

potentielle Wettbewerber

Lieferanten

Bedrohung durch Markteintritt

Verhandlungsm acht der Lieferante

\ Bedrohung durch ^ JZ/X :>aiz,pi u u u M C

Rival itat unter tatsachlichen Wettbewerbern i

L

Ersatzprodukte

^^ Verhandlungsmacht der Abnehmer Abnehmer

Wertschaffung durch Komplementarprodukte

Kompleme ntarprodukte

Abbildung A . 2 . Die fiinf Wettbewerbskrslfte nach Porter und eine sechste

• die Abnehmer ftir vom Unternehmen angebotene Giiter und • die Zulieferer fiir vom Unternehmen verwendete Faktoren. In der heutigen Literatur wird regelmaBig eine sechste, positiv wirkende, Kraft hinzugefugt: • die Anbieter von Komplementarprodukten. Die fiinf Porter'schen Wettbewerbskrafte und die Komplementarprodukte sind in Abb. A.2 dargestellt. In unseren Analysen stellen wir in erster Linie auf den aktuellen Wettbewerb und in zweiter Linie auf den potentiellen Wettbewerb ab. Die Rivahtat unter den tatsachhchen Wettbewerbern stellt die erste Wettbewerbskraft dar. Wir werden im Detail analysieren, wovon die Wettbewerbsintensitat unter den tatsachhchen Wettbewerbern abhangt. Die zweite Wettbewerbskraft entsteht durch die potentieUen Wettbewerber, d.h. durch die Unternehmen, die bei hinreichenden Gewinnchancen den Eintritt in den Markt erwagen. Auch diese Wettbewerbskraft werden wir haufig und griindhch untersuchen. Neue Produkte oder Technologien, die alte ersetzen, sind als Drittes anzuftihren. So kann etwa Wasserkraft als Energiequelle statt Atomkraft oder 01 verwendet werden, Pillen konnen durch Salben substituiert werden, der Wasserstoffantrieb kann den Benzinantrieb, Webpelze konnen Tierpelze und

A.4 Aktionsparameter und strategische Interaktion

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Funk kann Festleitungen ersetzen. Mit den Wettbewerbsfolgen solcher Ersatzprodukte und -technologien werden wir uns hier (nur) im Rahmen von Produkt- und Prozessinnovationen beschaftigen. Die beiden tibrigen Porter'schen Wettbewerbskrafte resultieren aus der (Verhandlungs-)Macht der Abnehmer (z.B. Aldi als Abnehmer) und der Zulieferer (z.B. Bosch als Zulieferer ftir Mercedes oder eine Gewerkschaft als Tarifpartei). Wir werden in diesem Buch das Problem der Zulieferermacht im Beschaffungs- und der Kundenmacht im Absatzmarkt nicht thematisieren. Meistens modellieren wir die Nachfrage der potentiellen Kaufer auf einfache Weise durch die Definition einer Nachfragefunktion, wahrend die Zulieferseite hinter einer Kostenfunktion verborgen liegt. Die sechste Wettbewerbskraft besteht aus den Komplementargtitern. Diese sind fiir ein Unternehmen deshalb von groBer Bedeutung, weil ein gutes und billiges Angebot von Komplementargtitern die Nachfrage nach dem eigenen Gut erhoht. Beispielsweise sind die verschiedenen Geschafte in einem Einkaufszentrum komplementar zueinander, insbesondere wenn sie unterschiedliche Produkte anbieten. Hardware und Software (bei Computern oder Game Boy) stehen ebenfalls in einem Komplementarverhaltnis. B R A N DENBURGER/NALEBUFF (1996) haben in ihrer gut lesbaren Monographic die Bedeutung der Komplementargtiter ftir die Unternehmensstrategie ins allgemeine Bewusstsein geriickt. In Kap. K werden wir auch in diesem Buch auf die wichtige Rolle von Komplementargtitern zu sprechen kommen.

A.4 Aktionsparameter und strategische Interaktion Unser Buch kreist um drei Grundaspekte der strategischen Interaktion: • Mit welchem strategischen Ziel werden die Aktionsparameter eingesetzt (Kostenftihrerschaft oder Produktdifferenzierung)? • Strebt ein Unternehmen an, das andere vom Markt zu verdrangen (Eintrittsabschreckung oder -zulassung)? • Wie beeinflussen sich die Aktionsparamter aufgrund ihrer zeitlichen Abfolge (direkte und indirekte Effekte)? A.4.1 Kostenfiihrerschaft versus Produktdifferenzierung als langfristige Aktionsparameter Die Porter'sche Dichotomie. Es war wiederum Michael Porter, der weitere, ftir dieses Buch wichtige Konzepte entwickelte und popularisierte. So vertrat er die Auffassung, dass Unternehmen Wettbewerbsvorteile aufgrund von genau einer der zwei Strategien

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A. Einftihrung und Uberblick

• Kostenftihrerschaft („sei billiger als die Konkurrenz") und • Produktdifferenzierung („sei anders als die Konkurrenz") erzielen konnen. Man muss sich sicherlich nicht der Porter'schen Idee anschlieBen, dass sich die Unternehmen tatsachlich fiir nur eine dieser Strategien zu entscheiden haben; auch Billiganbieter wie IKEA haben ein differenziertes Markenimage. In der neueren Strategieliteratur wird entgegen der Porterschen Auffassung vertreten, man soUe beide Strategien verfolgen, entweder simultan oder sequentiell (sogenanntes outpacing). Dennoch sind die beiden Strategien von grundsatzlicher Bedeutung. Unser Buch basiert auf der Porter'schen Dichotomic. In Teil II steht die Kostenftihrerschaft im Vordergrund, in Teil III die Produktdifferenzierung. Kostenfiihrerschaft. Im Prinzip besteht nur eine beschrankte Zahl von Moglichkeiten, „billiger als die Konkurrenz" zu sein, also sich durch Kostenftihrerschaft von den Wettbewerbern abzuheben: 1. Ein Unternehmen hat bereits oder erobert sich Marktmachtvorteile auf den Beschaffungsmarkten. Es erlangt damit den Vorteil niedrigerer InputPreise. 2. Ein Unternehmen hat ein besseres F&E-, Beschaffungs-, Produktionsoder Absatzmanagement; es realisiert dann geringere Input-Preise und/ oder verftigt tiber hohere Produktivitaten und benotigt daher weniger Input-Mengen, sodass es ftir dieselbe Output-Menge geringere Kosten hat als die Konkurrenten. 3. Ein Unternehmen sichert sich Betriebsgrofienvorteile (economies of scale) in Form geringerer Sttickkosten aufgrund einer hoheren Absatzmenge. 4. Ein Unternehmen sichert sich unter Verzicht auf kurzfristige Gewinnmaximierung eine hohere kumulierte Absatzmenge und damit Erfahrungsvorteile (Lernkurven- bzw. Erfahrungskurveneffekte, dynamic economies of scale). 5. Ein Unternehmen realisiert Verbundvorteile (economies of scope), indem es zur Produktion eines bestimmten Outputs auf Ressourcen zugreift, die auch ftir die Produktion anderer Outputs Verwendung finden, wie Nutzung unausgelasteter Produktionskapazitaten und Distributionswege, sowie vorhandenes Forschungs- und Entwicklungs-Know-how; damit senkt es gleichfalls die Produktionskosten. 6. Ein Unternehmen realisiert vertikale Integrationsvorteile (economies of vertical integration), indem es sich niedrigere Input-Kosten, bessere Qualitaten oder eine gesicherte Inputversorgung durch Rtickwartsintegration oder kostengtinstigere Absatzwege durch Vorwartsintegration sichert. 7. Ein Unternehmen reahsiert Kostenvorteile durch schnellere oder bessere Prozessinnovationen.

A.4 Aktionsparameter und strategische Interaktion

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Wir werden im Teil II dieses Buches zunachst auf der Grundlage gegebener Kostenstrukturen den homogenen Preis- und Mengenwettbewerb untersuchen (siehe Kap. D und F). Diesen beiden Kapiteln ist jeweils ein Monopolkapitel vorgeschaltet, in denen das Monopol als Preis- bzw. Mengensetzer behandelt wird. Sodann analysieren wir die Moglichkeiten, durch Prozessinnovationen die Kosten zu senken (siehe Kap. G und H). Damit greifen wir die letzte der oben genannten Optionen zur Kostenfiihrerschaft auf. Produktdifferenzierung. Unternehmen haben eine Vielzahl von Moglichkeiten, sich von der Konkurrenz zu unterscheiden. Hierzu gehoren: 1. Die Unternehmen bieten unterschiedHche Varianten der Produkte an, indem sie im Produktraum einzelne oder eine Kombination von Produkteigenschaften anders wahlen. 2. Die Unternehmen bieten ihre Produkte an anderen Standorten bzw. tiber andere Vertriebskanale an. 3. Die Unternehmen betreiben Werbe- oder Imagedifferenzierung. 4. Die Produkte verschiedener Unternehmen miissen nicht kompatibel zueinander sein. Der gewahlte Standard ist ein weiteres Differenzierungsmerkmal, z.B. bei den modernen Systembranchen (Computer, Konsumelektronik, Telekommunikation etc.). 5. Schhefihch bieten die Unternehmen auch Produkte unterschiedhcher Quahtaten an. Wir werden im Teil III dieses Buches zunachst die Politik der Varianten-, Standort- und Qualitatsdifferenzierung untersuchen (Kap. I). Die Politik der Imagedifferenzierung (Kap. J) und der Kompatibilitatsdifferenzierung (Kap. K) sind Gegenstand der zwei weiteren Kapitel dieses Teils. A.4.2 Markteintritt und Eintrittsabschreckung In diesem Buch wird in alien Wettbewerbsanalysen auch der potentielle Wettbewerb, d.h. die Frage des Markteintritts und der Eintrittsabschreckung, analysiert. Die Gefahr, die von den potentiellen Wettbewerbern fiir die etablierten Unternehmen ausgeht, hangt von Art und Hohe der Markteintrittsbarrieren und den Moglichkeiten der Eintrittsabschreckung ab. Seit BAIN (1956) unterscheidet man drei Typen von Markteintrittsbarrieren: gesetzliche/administrative Barrieren, strukturelle Barrieren und strategische Markteintrittsbarrieren. In Abb. A.3 sind konkrete Arten und Erscheinungsformen ftir diese Typen in einer Ubersicht zusammengefasst. Unser Interesse gilt neben den strukturellen insbesondere den strategischen Markteintrittsbarrieren.

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A. Einftihrung und tJberblick Typ der Eintrittsbarrieren

gesetzliche/ administrative Markteintrittsbarrieren

Art/Erscheinungsform • Eigentumsrechte {z.B. Patente, Lizenzen, Copy-right) • staatliche Regulierungen (z.B. technische, Emissions-, Gesundheits-, Sicherheitsstandards) • Marktregulierungen (z.B. Mitbestimmungsrecht, nicht-tarifdre Handelsheschrdnkungen, offentliche Auftragsvergabe) angebotsseitig:

strukturelle Markteintrittsbarrieren

• • • • • •

hoher Kapitalbedarf (Fixkostenblock) Betriebsgrofienvorteile Lernkurveneffekte Synergie- und Integrationsvorteile Inkompatibilitat oder Umstellungskosten Zugang zu Vertriebskanalen

nachfrageseitig: • • •

Produktdifferenzierung Qualitatsreputation und Kundenloyalitat Netzeffekte

homogener Wettbewerb: z.B.

strategische Markteintrittsbarrieren

• • • •

Limit-Preisstrategie* Limit-Mengenstrategie* Limit-Kapazitatsstrategie Limit-F&E-Patentstrategie

heterogener Wettbewerb: z.B. • • • •

Limit-Variantenstrategie* Limit-Qualitatsstrategie* Limit-Werbestrategie* Limit-Kompatibilitatsstrategie*

Abbildung A.3. Typen und Erscheinungsformen von Markteintrittsbarrieren

Zusatzlich zu dieser Klassifikation von Markteintrittsbarrieren hat BAIN (1956) eine weitere wichtige Klassifikation eingefiihrt, die wir in diesem Buch aufgreifen. Diese ist in Abb. A.4 kurz dargestellt. Die strukturellen Eintrittsbarrieren ftihren immer zu einem blockierten Markteintritt (blockaded entry). Dies bedeutet, dass das eintrittswillige Unternehmen keine Chance auf einen Gewinn hat, selbst wenn das etabherte Unternehmen seinen Gewinn ohne Riicksicht auf die potentielle Konkurrenz maximiert, sich also wie ein unbedrohter Monopolist verhalt. Wir wer-

A.4 Aktionsparameter und strategische Interaktion

blockierter Markteintritt {blockaded entry)

Der Eintritt lohnt selbst dann nicht, wenn das etablierte Unternehmen keine Anstrengungen unternimmt, den Eintritt zu verhindern.

abgeschreckter Markteintritt {deterred entry)

Das etablierte Unternehmen kann den Markteintritt verhindern. Es muss dafiir jedoch GewinneinbuBen im Vergleich zum blockierten Markteintritt hinnehmen.

zugelassener Markteintritt {accomodated entry)

Es ist nicht profitabel fiir das etabherte Unternehmen, den Markteintritt zu verhindern.

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Abbildung A . 4 . Abschreckung oder Zulassung des Eintritts

den strukturellen Markteintrittsbarrieren im homogenen und im heterogenen Wettbewerb begegnen. Der Markteintritt potentieller Konkurrenten ist zum Beispiel im homogenen Preiswettbewerb blockiert, wenn ihre Sttickkosten liber dem maximalen Preis liegen, den irgendein Kaufer zu zahlen bereit ist (Prohibitivpreis); er ist aber auch blockiert, wenn die Sttickkosten liber dem Monopolpreis eines etablierten Unternehmens liegen. Das etablierte Unternehmen kann die Eintrittswilligen im Preis selbst dann unterbieten, wenn es den gewinnmaximalen Preis verlangt. Strategische Markteintrittsbarrieren werden von im Markt etablierten Unternehmen gesetzt, um den Markteintritt potentieller Konkurrenten, deren Markteintritt nicht blockiert ist, abzuschrecken. Man spricht hier von Eintrittsabschreckung {deterred entry). Die in Abb. A.3 mit einem * gekennzeichneten strategischen Markteintrittsbarrieren werden im Verlaufe dieses Buches beschrieben und analysiert. Liegen z.B. im homogenen Preiswettbewerb die Sttickkosten der potentiellen Konkurrenten unter dem Monopolpreis des etablierten Unternehmens, dann kann dieses den Markteintritt durch die Setzung eines Limit-Preises in Hohe der Sttickkosten der Eintrittswilligen verhindern. Denn bei einem Preis in Hohe der Sttickkosten konnte der potentielle Konkurrent keine Gewinne mehr machen. Aber nicht immer, wenn Eintrittsabschreckung moglich ware, lohnt sie sich ftir die Unternehmen. Ist sie zwar im Prinzip moglich,

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A. Einfiihrung und Uberblick

aber dabei nicht lohnend, spricht man von einem zugelassenen Markteintritt {accomodated entry). A.4.3 Pristigkeit und spieltheoretische Wettbewerbsstrukturen Zeitfuhrerschaft und first-mover-Vorteil. Bisweilen konnen Unternehmen einen Vorteil im Wettbewerb erzielen, wenn sie sich friiher als die Konkurrenz ftir eine Aktion entscheiden. Sie konnen zum Beispiel friiher als die Konkurrenz ihren Absatz auf den Markt werfen, ihren Preis bekannt geben, F&E-Ausgaben zum Zwecke der Kostensenkung tatigen, ihre Kapazitaten aufbauen, ihren Standort wahlen, ihre Produktvariante entwickeln, ein Quahtatssegment besetzen oder einen Kompatibihtatsgrad festlegen. AUerdings ist es zunachst einmal ofFen, ob ein Unternehmen heber Zeitftihrer oder heber Zeitfolger sein mochte. Wir behandeln die Zeitfuhrerschaft in unserem Buch als exogenes Phanomen. Wir werden die gewahlten Zeitpunkte also nicht endogen aus der Wettbewerbsanalyse erklaren, sondern vorgeben, welches Unternehmen „den ersten Zug macht". Neuere Beitrage in dieser Literatur sind HOPPE (2002) und H O P P E / L E H M A N N - G R U B E (2005).

Lang- und kurzfristige Aktionsparameter. Ftir dieses Lehrbuch (und auch ftir die Unternehmenspraxis) ist die Unterscheidung in lang- und kurzfristige Aktionsparameter wichtig. Welche Aktionsparameter als lang- und welche als kurzfristig gelten, hangt von den okonomischen Gegebenheiten ab. Haufig sind es die Kostenstrukturen, die Differenzierungsmerkmale und die Absprachen tiber Preise oder Mengen, die nicht in kurzer Prist geandert werden konnen. Diese Parameter gelten dann als langfristig. Auf ihrer Basis erfolgt der Einsatz der kurzfristigen Parameter. Als solche gelten haufig Preise und Mengen. In Abb. A. 5 sind diese kurz- und langfristigen Aktionsparameter dargestellt. Nattirlich ist die hier erfolgte Zuordnung nicht in jedem Fall richtig. Beispielsweise sind ftir Versandhauser, die auf Grundlage von Katalogen ihre Produkte und Preise bekanntmachen, Angebote und Preise keinesfalls kurzfristig variierbar. Preise zu verandern, bedeutet ftir diese Unternehmen in kostspieliger Weise neue Kataloge zu drucken. Auch die produzierte Menge muss nicht immer kurzfristig variierbar sein. So ist bei landwirtschaftlichen Produkten eine langere Reifungsphase abzuwarten. Neben dem Wettbewerb interessieren wir uns auch fur Wettbewerbsabsprachen, die hinter dem Leitspruch „If you can't beat them, join them" stehen. Die wichtigste Form, den Wettbewerb auszuhebeln, sind explizite Kartellabsprachen tiber Mengen (Mengenkartelle) oder Preise (Preiskartel-

A.4 Aktionsparameter und strategische Interaktion

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Langfristige Aktionsparameter

Kos tens tr u ktu r en • Beschaffungsvorteile Jnputpreise und -qualitaten) • Verbund- und Synergievorteile in Mehrproduktunternehmen (economies of scope) • BetriebsgroBenvorteile (economies of scale) • Kapazitatsvorteiie (Aufteilung fixe/variable Kosten) • (Prozess-)Innovationsvorteile

^

Kurzfristige Aktionsparameter

Preise Mengen

^ ^ ^ ^

1

Produkteigenschaften • • • •

Varianten und Standorte (horizontale Differenzierung) Qualitaten (vertikale Differenzierung) Bekanntheit, Image (Imagedifferenzierung) Kompatibilitat (Kompatibilitatsdifferenzierung)

Wettbewerbsabsprachen • Mengenkartell • Preiskartell • Niedrigstpreisgarantien

I

Langfristige Aktionsparameter Abbildung A.5. Lang- und kurzfristige Aktionsparameter im Wettbewerb

le). Durch explizite oder implizite Kartellabsprachen versuchen die Wettbewerber, sich gemeinsam den Monopolgewinn zu sichern, um ihn dann untereinander aufzuteilen. Eine Kartellabsprache ist freilich selbst ein langfristiger strategischer Aktionsparameter, liber den die Kartellmitglieder nach dem Gewinnkalkiil entscheiden. Wir werden in diesem Buch Absprachen beziiglich des Preises (Kap. D), der Produktionsmenge (Kap. F) und der Forschungsausgaben (Kap. H) analysieren.

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A. Einftihrung und Uberblick

^1

Pi Pi

Abbildung A.6. Die spieltheoretische Grundstruktur des Innovationswettbewerbs Spieltheoretische Wettbewerbsstrukturen. Die Pristigkeit der Parameter, die die Unternehmen im Wettbewerb einsetzen, kommt in sehr klarer und anschaulicher Weise in der spieltheoretischen Wettbewerbsstruktur zum Ausdruck. Dabei analysieren wir meistens nur zwei Anbieter. Haufig sieht die spieltheoretische Wettbewerbsstruktur dann folgendermafien aus: Der Festlegung der langfristigen Aktionsparameter (1. Stufe) folgt die Festlegung der kurzfristigen Aktionsparameter (2. Stufe), d.h. der Preise oder Mengen. Ein Beispiel (aus Kap. G) ist in Abb. A.6 dargestellt. Die beiden Unternehmen wahlen auf der ersten Stufe simultan die Ausgaben fiir Forschung und Entwicklung, die mit Fi (Forschungsausgaben ftir Unternehmen 1) und F2 (Forschungsausgaben fiir Unternehmen 2) gekennzeichnet sind. AnschlieCend bestimmen die Unternehmen, wiederum simultan, die Preise pi bzw. p2' In Abhangigkeit von den Forschungsausgaben und von den Preisen ergeben sich die Gewinne i l i bzw. 772- Die Forschungsausgaben konnen dabei Einfluss auf die Kosten (bei Prozessinnovationen) oder Einfluss auf die Produktdifferenzierung (bei Produktinnovationen) haben. Betrachtet man einen solchen zweistufigen Wettbewerbsprozess mit langfristigen Aktionsparametern (Fi bzw. F2) und kurzfristigen Aktionsparametern (pi bzw. ^2), dann ist intuitiv einleuchtend, dass die Unternehmen ihre langfristigen Parameter, d.h. die Kostenstrukturen, Produkteigenschaften oder Wettbewerbsabsprachen, so festlegen wollen, dass sie im anschliefienden Preis- oder Mengenwettbewerb den ftir sie hochstmoglichen Gewinn erzielen konnen. Sie miissen folglich wissen, in welcher Weise die langfristigen Aktionsparameter den Preis- oder Mengenwettbewerb beeinflussen. Mit diesem Wissen treffen sie dann die optimalen langfristigen Entscheidungen. Praktisch bedeutet das fur uns, dass wir mehrstufige Wettbewerbsprozesse „von hinten" losen miissen, beginnend mit der letzten Stufe (Preis- oder Mengenwettbewerb). Wir suchen - in der Sprache der Spieltheorie - teilspielperfekte Gleichgewichte mehrstufiger Wettbewerbsprozesse.

A.4 Aktionsparameter und strategische Interaktion

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Strategische Interaktion: Direkte und strategische Effekte. In mehrstufigen Wettbewerbsprozessen werden die Unternehmen vorausschauend planen. Sie mtissen damit rechnen, dass ihre Entscheidungen auf einer friihen Stufe die Wettbewerbssituationen in spateren Stufen beeinflussen. Ein Hauptzweck dieses Buches besteht darin, diese bisweilen nicht offensichtlichen Folgen von Wettbewerbshandlungen vorauszuberechnen. Man kann dies in zweistufigen Modellen (wie oben in Abb. A.6) auch so formulieren: Die Festlegung auf den langfristigen Parameter (Forschungsausgaben Fi im obigen Beispiel) hat ftir Unternehmen 1 direkte und strategische Effekte. Die Erhohung von Fi bewirkt bei Prozessinnovationen vielleicht eine Reduzierung der Produktionskosten, sodass der Gewinn von Unternehmen 1 moghcherweise (die F&E-Kosten sind dagegen zu rechnen) steigt. Dabei halten wir gedankhch die gewahlten Aktionsparameter der zweiten Stufe konstant. Dies ist der sogenannte direkte Effekt. Nattirhch ist die angenommene Konstanz der Preise auf der zweiten Stufe nicht reahstisch. Wenn Unternehmen 1 geringere Kosten hat, so hat dies Auswirkungen auf den von ihm gesetzten Preis in der zweiten Stufe; vermuthch wird dieser sinken. Diese Auswirkung fallt unter das Schlagwort „strategischer Effekt". Exakter werden wir all dies in Kap. B behandeln und in fast jedem Kapitel dieses Buches konkret anwenden.

B. Spieltheorie

Wir glauben, dass die Mikrookonomik, und insbesondere die Spieltheorie als Teil derselben, ein geeignetes Instrument fiir die Analyse der Unternehmensstrategien im Wettbewerb ist. In diesem Kapitel erlantern wir kurz jene maBgeblichen Grundpfeiler der Mikrookonomik und der Spieltheorie, auf die die nachfolgende Analyse in diesem Buch aufbaut (Abschnitt B.l). Sodann fiihren wir den Leser in die wenigen Grundbegriffe und -konzepte der Spieltheorie ein, die in diesem Buch auch tatsachlich verwendet werden. AUerdings hat der Leser neben dem Durcharbeiten dieses Kapitels durchaus die Alternative, sich die Spieltheorie direkt anhand der konkreten Modelle, die wir in den restlichen Kapiteln dieses Buchs prasentieren werden, anzueignen. Ausgangspunkt ist die Erlauterung von Ein-Personen-Entscheidungssituationen, wie sie fiir Monopolisten charakteristisch sind (Abschnitt B.2). Im Detail wird die Entscheidungssituation eines Monopolisten dann in den Kapiteln C und E analysiert. Die Spieltheorie befasst sich hingegen mit Mehr-Personen-Entscheidungssituationen. Diese sind Gegenstand aller tibrigen Kapitel dieses Buches. Eine haufig verwendete Darstellungsweise von Mehr-Personen-Entscheidungssituationen ist die sogenannte Normalform oder strategische Form, die simultane Entscheidungen unterstellt. Diese wird in Abschnitt B.3 erlautert. Im Gegensatz zur Normalform stellt die extensive Form die Reihenfolge der Aktionen explizit dar. Sie wird in verklirzter Form in Abschnitt B.4 erlautert. In Abschnitt B.5 analysieren wir externe Effekte, mit deren Hilfe wir spater Kartelle besser verstehen konnen. Literaturhinweise (Abschnitt B.6) und die Losungen zu den Aufgaben (Abschnitt B.7) beschlieBen das Kapitel.

B . l Mikrookonomik und Spieltheorie Die Mikrookonomik untersucht das Verhalten rationaler Individuen; das sind Individuen, die fiir sich das Beste herausholen mochten. Die Individuen entscheiden sich aufgrund der Moglichkeiten, die ihnen offenstehen, und aufgrund der Wiinsche, die sie hegen. So werden die Moglichkeiten der Haushalte

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B. Spieltheorie Maximierung

Gleichgewicht

Alle Spieler maximieren ihren Nutzen (Gewinn, Auszahlung).

Strategiekombinationen sind im Gleichgewicht, wenn jede Strategie eine beste Antwort auf die Strategien der anderen Spieler ist.

Abbildung B . l . Zwei methodische Grundpfeiler der Spieltheorie haufig allein durch das Budget (Einkommen), das ihnen zum Kauf von Gtitern und Dienstleistungen zur Verfiigung steht, modelliert. Die Wtinsche werden durch Rangfolgen von Gtiterbiindeln (Praferenzen) bzw. durch den Nutzen dieser Giiterbiindel dargestellt. Rationales Verhalten bedeutet ftir Haushalte, innerhalb ihres Budgets das nutzenmaximierende Gtiterbundel auszusuchen. Ftir Unternehmen nimmt man typischerweise an, dass ihre Handlungsmoglichkeiten durch technologische Sachverhalte, Marktbedingungen und staatliche Regulierung beschrankt sind. Wir woUen unterstellen, dass die Unternehmen diejenige Preis-, Produkt-, Innovations- oder Differenzierungspolitik betreiben, die den Gewinn zu maximieren verspricht. Maximierung des individuellen Nutzens beziehungsweise Maximierung des eigenen Gewinns ist also der erste Grundpfeiler der mikrookonomischen und auch der spieltheoretischen Analyse (siehe Abb. B.l). Der Erfolg der mikrookonomischen Theorie ware jedoch ohne den zweiten Grundpfeiler, das Gleichgewicht, nicht moglich gewesen. Das Gleichgewicht ist ein methodischer „Trick". Mit seiner Hilfe schrankt man die moglichen Situationen ein, die aus den Handlungen der Individuen (Haushalte und Unternehmen) resultieren. In der okonomischen Theorie sind diese ausgesonderten Situationen die „Losungen", d.h. die voraussagbaren Ergebnisse. Im gtinstigsten Fall gibt es nur eine „Gleichgewichtslosung". Allgemein gesprochen sind Gleichgewichte Situationen, in denen kein Individuum Anlass hat, sein Verhalten unter den gegebenen Rahmenbedingungen zu andern. Handelt es sich um Ein-Personen-Entscheidungen, sogenannte Robinson-Crusoe-Situationen, dann bedeutet ein Gleichgewicht lediglich die optimale Anpassung des Individuums an die Umweltzustande. Das Haushaltsoptimum in der Mikrookonomik ist ein Beispiel dafiir, das Gewinnmaximum eines Monopolunternehmens ein anderes. Bei Mehr-Personen-Entscheidungssituationen sind nicht nur die Umweltzustande, sondern zusatzlich die Interaktionen zwischen den Beteiligten zu beachten. In diesen interaktiven Entscheidungsproblemen hangen die soge-

B.2 Ein-Personen-Spiele

23

nannten Auszahlungen (Gewinn, Nutzen) fiir ein Individuum nicht nur von seinen eigenen Aktionen ab, sondern auch von denen der anderen beteiligten Individuen. In der Analyse solcher interaktiven Situationen hat man in den letzten Jahrzehnten grofie Fortschritte erzielt. Die interaktiven Entscheidungsprobleme nennt man Spiele und die interaktive Entscheidungstheorie, also die Theorie zur Beschreibung, Erklarung und Prognose interaktiver Entscheidungsprobleme, heifit Spieltheorie. Es geht ihr allerdings keinesfalls nur um „spielerische" Probleme: Anwendungen umfassen den Wettbewerb zwischen Oligopolist en, die atomare Abschreckung oder Prinzipal-AgentenBeziehungen in Unternehmen. Im Grundmodell der Spieltheorie wahlen die Individuen sogenannte Strategien. Diese geben an, welche Aktionen die Individuen in alien moglichen Situationen jeweils wahlen werden. Strategien verschiedener Individuen sind dann im Gleichgewicht, wenn kein Individuum allein Veranlassung hat, von dieser Strategiekombination abzuweichen, wenn es also keine einseitigen Verbesserungsmoglichkeiten gibt. Nach einem der mafigeblichen Spieltheoretiker, John Nash, wird dieses Gleichgewicht auch Nash-Gleichgewicht genannt. John Nash hat fiir seine Verdienste um die Spieltheorie im Jahre 1994 den Nobelpreis fiir Wirtschaftswissenschaften erhalten. Er teilte sich diesen Preis mit John Harsanyi und dem Deutschen Reinhard Selten. Es geht uns in diesem Buch darum, auf der Basis der zwei methodischen Pfeiler Gewinnmaximierung und Gleichgewichtsanalyse Unternehmensstrategien im Wettbewerb zu untersuchen. Die betrachteten Spieler sind hier daher immer Unternehmen.

B.2 Ein-Personen-Spiele Zur Einfiihrung betrachten wir zunachst Ein-Personen-Entscheidungssituationen, d.h. Situationen eines Unternehmens, das unabhangig von anderen seinen Gewinn maximiert. Man kann sich diese Situationen als triviale Spiele ohne Gegenspieler bzw. als Monopolsituationen vorstellen. Konkret betrachten wir ein Unternehmen, das durch eine Entscheidungsvariable x seinen Gewinn 11 (x) (engl.: profit) zu maximieren versucht. Die betrachtete Entscheidung ist z.B. preis- oder produktpolitischer Natur. Abb. B.2 zeigt die Struktur einer derartigen Ein - Personen - Entscheidungssituation. Die Entscheidungsvariable (hier: x) ist in einem Rechteck dargestellt, der Gewinn (hier: 11) in einer ovalen Umrandung. Derartige Abbildungen, oft auch etwas komplizierterer Art, werden dem Leser in diesem Buch sehr haufig begegnen. Der maximale Gewinn wird mit

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B. Spieltheorie

Abbildung B.2. Ein-Personen-Entscheidungssituation

max n (x)

(B.l)

bezeichnet. Die Menge derjenigen Entscheidungen x, die zum maximalen Gewinn fiihren, bezeichnet man mit argmax 77 (x), Es gilt also max n (x) = n (a;*) ftir alle x* aus argmax 77 (x). Falls es mehrere beste Entscheidungen gibt, enthalt die Menge argmax^, 11 (x) mehrere Elemente. Jedes dieser Elemente fiihrt zum gleichen Gewinn. Wir werden haufig einfache Situationen betrachten, in denen argmax^, i J (x) genau ein Element enthalt. Dann schreiben wir vereinfachend x* = argmax^, 11 (x). (Mathematisch exakt ware: {x*} = argmax^, 11 (x).) Die Ermittlung der Entscheidungen, die den Gewinn maximieren, erfolgt oft durch Verfahren der Differentialrechnung. In den Modellen, die wir betrachten werden, ist die Gewinnfunktion in der Regel quadratisch und ihre graphische Darstellung eine „glockenformige", nach unten geofFnete Parabel. Dann ergibt sich das eindeutig bestimmte Gewinnmaximum graphisch durch eine horizontale Linie, die diese Parabel von oben beriihrt (siehe Abb. B.3). Da quadratische Funktionen differenzierbar sind, erhalt man den gewinnmaximierenden Wert der Entscheidungsvariablen analytisch durch das NuUsetzen der ersten Ableitung der Gewinnfunktion. Man spricht auch von der Maximierungsbedingung erster Ordnung.

B.3 Mehr-Personen-Spiele in der Normalform AuBer im trivialen Fall der Ein-Personen-Entscheidungssituationen sind Spiele Mehr-Personen-Entscheidungssituationen. Uns interessieren v.a. Spiele mit

B.3 Mehr-Personen-Spiele in der Normalform

n

25

^

n(/)

JC*

\

-^

Abbildung B.3. Eine glockenformige Gewinnfunktion mehreren Unternehmen. Im Folgenden erlautern wir die Normalform eines Mehr-Personen-Spiels zunachst anhand eines einfachen Beispiels und stellen dann einige zentrale spieltheoretische Konzepte und Begriffe vor. B.3.1 Ein einfaches Beispiel Die Normalform gibt an, in welcher Weise die Strategien der Spieler die Auszahlungen (Nutzen oder Gewinne) beeinflussen. Wir betrachten zwei Unternehmen (oder Spieler), 1 und 2. Jedes Unternehmen trachtet nach der Maximierung seines Gewinns. Das Charakteristische eines Spiels besteht darin, dass die Strategien xi und X2 von Unternehmen 1 bzw. 2 nicht nur den eigenen Gewinn (ili bzw. 772), sondern auch den Gewinn des anderen Unternehmens beeinflussen. Wir haben also im Allgemeinen die Auszahlungsfunktionen Gewinn von Unternehmen 1 :

iJi (o^i, ^2),

Gewinn von Unternehmen 2 :

112 (a:i, 0:2) •

Abb. B.4 zeigt die Struktur dieses Spiels. Die Entscheidungsvariablen sind wiederum in einem Rechteck, die Gewinne in einem Oval dargestellt. Die vertikale Anordnung der Entscheidungsvariablen soil andeuten, dass die Unternehmen sich simultan fiir xi bzw. X2 zu entscheiden haben. Den Vektor (a: 1,^2) nennt man eine Strategiekombination. Wir betrachten ein einfaches Beispiel. Jeder Spieler, d.h. jedes Unternehmen ist genau einmal am Zug. Jedes Unternehmen hat dabei nur die beiden Moglichkeiten, wenig zu produzieren oder viel zu produzieren, und die beiden Unternehmen wahlen ihre Produktionsmengen zur gleichen Zeit. In diesem

26

B. Spieltheorie

JC 1

X2

W vny

Abbildung B.4. Die spieltheoretische Struktur des simultanen Wettbewerbs

Fall hat jedes Unternehmen genau zwei Strategien zur Auswahl. Je mehr insgesamt angeboten wird, desto niedriger ist der Preis. Der Gewinn beider Unternehmen hangt also von der konkreten Strategiekombination ab. In unserem Beispiel ist (xi = wenig produzieren, X2 = viel produzieren) eine Strategiekombination; Strategiekombinationen spezifizieren fiir jeden Spieler eine von ihm gewahlte Strategie. Da jedes Unternehmen zwei Strategien hat, gibt es insgesamt 2 - 2 = 4 Strategiekombinationen. Die Gewinnfunktionen konnen wir in einer Bimatrix, d.h. in einer Matrix mit zweifachen Eintragungen in jedem Feld, darstellen (siehe Abb. B.5). Die Zahlenpaare in den Feldern der Matrix geben die Gewinne der Unternehmen an. An erster Stelle steht der Gewinn von Unternehmen 1, und dahinter der von Unternehmen 2. Bei der Strategiekombination {xi = wenig produzieren, X2 = viel produzieren) ergeben sich also n^i (xi = wenig produzieren, X2 = viel produzieren) = 25 und 112 {xi = wenig produzieren, X2 = viel produzieren) = 150.

B.3.2 D o r a i n a n t e Strategien Es gibt Spiele mit dominanten Strategien, wie das Spiel in Abb. B.6. Eine Strategie xf fiir Spieler 1 heifit dominant, wenn 1. sie bei jeder Strategiewahl der Gegenspieler eine Auszahlung garantiert, die mindestens so hoch ist wie bei irgendeiner anderen eigenen Strategie, d.h.

ni{xf,x2) >ni{xi,x2) ftir alle xiund alle X2, und

B.3 Mehr-Personen-Spiele in der Normalform

27

Unternehmen 2

Unternehmen 1

wenig produzieren viel produzieren

wenig produzieren

viel produzieren

(100,100)

(25,150)

(150,25)

(0,0)

Abbildung B.5. Ein einfaches Unternehmensspiel in Normalform

Unternehmen 2

Unternehmen 1

wenig produzieren viel produzieren

wenig produzieren

viel produzieren

(100,100)

(25,150)

(150,25)

(30,30)

Abbildung B.6. Das Gefangenendilemma

2. es mindestens eine Strategiewahl X2 des Gegenspielers gibt, bei der die Auszahlung hoher ist, d.h. 77l(xf,X2) > ftir alle xi^

ni{xi,X2)

xf und mindestens ein X2-

Die Strategie xf ftir Spieler 1 heiBt streng dominant, falls sogar

ni{xi,x2) >ni{xi,x2) ftir alle xi ^ x^ und alle X2 erftillt ist. Die Strategien xi^ x^ heifien in diesen Fallen dominiert bzw. streng dominiert. Analog ist Dominanz fiir Spieler 2 definiert. Das Gefangenendilemma ist ein Spiel, bei dem beide Spieler liber eine streng dominante Strategie verftigen, die aber zu Pareto-inferioren Auszahlungen fiihren. Wenn beide Spieler ihre dominierten Strategien spielen, erhalten beide eine hohere Auszahlung. Im Beispiel von Abb. B.6 sind die Strategien, viel zu produzieren, streng dominant und die Strategien, wenig zu produzieren, streng dominiert. Konnten sich beide Unternehmen verlasslich

28

B. Spieltheorie

darauf einigen, wenig zu produzieren, wiirden beide einen hoheren Gewinn machen als bei den dominanten Strategien. Die Bezeichnung Gefangenendilemma rtihrt daher, dass die folgende Situation zu einem derartigen „Spier' ftihrt: Zwei Verbrecher wurden gefasst. Es konnen ihnen aber nur kleine Delikte nachgewiesen werden. Beide mtissen daher mit einer Strafe von je zwei Jahren Gefangnis rechnen. Weiter ist bekannt, dass ein grofies Delikt auf beider Konto geht. Dies kann aber nicht bewiesen werden. Leugnen beide, bleibt es also bei den zwei Jahren. Gesteht nur einer von beiden, kommt er als Kronzeuge frei, der andere wird zu zehn Jahren verurteilt. Reden beide, mtissen sie mit je acht Jahren Preiheitsstrafe rechnen. B.3.3 Reaktionsfunktionen und Nash-Gleichgewicht Nicht alle Spiele weisen dominante Strategien auf. Beispielsweise gibt es beim Spiel der Abb. B.5 keine dominante Strategic. Dann muss man ein anderes Losungskonzept verwenden. Am haufigsten verwendet man das NashGleichgewicht. Um es zu ermitteln, sucht man nach Strategiekombinationen, bei denen kein Spieler einseitig abweichen mochte. Ist (xi = wenig produzieren, ^2 = wenig produzieren) ein Gleichgewicht? Nein, denn fiir Unternehmen 1 lohnt sich ein einseitiges Abweichen von dieser Strategiekombination. Der Gewinn fiir Unternehmen 1 steigt dann von 100 = i l l {xi = wenig produzieren, X2 = wenig produzieren) auf 150 = i l l (^1 = viel produzieren, X2 = wenig produzieren). Wenn es keine einseitige Verbesserungsmoglichkeit fiir irgendeinen Spieler gibt, ist eine Strategiekombination gefunden, bei der jeder Spieler eine optimale Strategic bei gegebenen Strategien der anderen Spieler wahlt. Ubung B.3.1. Warum ist die Strategiekombination (xi = viel produzieren, X2 = wenig produzieren) ein Gleichgewicht? Gibt es noch weitere Gleichgewichte? Formal ist also eine Strategiekombination [Xi , X2 )

ein (Nash-)Gleichgewicht, falls

B.3 Mehr-Personen-Spiele in der Normalform

29

i l l (x]^,x^) > ill (^1,^2^) fur alle xi und i72 (^1^,3:2^) > i72 (^1^5 ^2) fur alle X2 gelten. Der Index (N) soil hier auf den oben erwahnten Spieltheoretiker John Nash hinweisen. Die Begriffe Gleichgewicht und Nash-Gleichgewicht werden in austauschbarer Weise verwendet. Ubung B.3.2. Hat das Spiel in Abb. B.6 auf S. 27 Gleichgewichte? Ubung B.3.3. Uberlegen Sie sich: Wenn xf eine streng dominante Strategie fiir Spieler 1 und X2 eine streng dominante Strategie ftir Spieler 2 ist, dann ist (xf, X2) das einzige Nash-Gleichgewicht. Es gibt nun eine in der Spieltheorie haufig verwendete Methode, Gleichgewichte zu bestimmen. Dazu geht man in zwei Schritten vor: 1. Zunachst bestimmt man ftir jeden Spieler die „besten Antworten" auf alle moglichen Strategiewahlen der anderen Spieler. 2. Dann werden die Strategiekombinationen gesucht, die mit den besten Antworten aller Spieler vereinbar sind. Diese Strategiekombinationen sind Nash-Gleichgewichte: Kein Spieler mochte einseitig abweichen, wenn er bereits eine beste Antwort auf die Strategien der anderen gibt. Diese besten Antworten heifien liblicherweise auch Reaktionskorrespondenz, auch wenn eine Reaktion im zeitlichen Sinne gar nicht vorliegen muss. Die Reaktionskorrespondenz xf ist ftir Unternehmen 1 im Falle von zwei Unternehmen durch xf- (X2) = argmax iJi {xi ,0:2) Xi

gegeben. Bei der Strategiewahl X2 durch Unternehmen 2 gibt xf (^2) die Menge derjenigen Strategien von Unternehmen 1 an, die den Gewinn dieses Unternehmens maximieren. Falls es ftir jede Entscheidung X2 jeweils genau eine beste Antwort gibt, liegt eine Reaktionsfunktion vor, die auch als X* = X^

{X2)

geschrieben wird. Ein Nash-Gleichgewicht ist somit eine Strategiekombination (^1

1^2

) •>

bei der xfGxf(x^)

und

x^ex^{x^)

30

B. Spieltheorie

simultan erftillt sind. Falls die besten Antworten eindeutig bestimmt sind, schreibt man stattdessen x^ = x^{x^)

und

x^ =

x^{x^).

Ubung B.3.4. Uberlegen Sie sich, warum man ein Gleichgewicht gefunden hat, wenn es eine Strategic x^ von Unternehmen 1 mit xl = X^ [X2 (^i)) gibt! B.3.4 Mehrfache Gleichgewichte im Markteintrittsspiel Um in die Probleme und die Losung mehrfacher Nash-Gleichgewichte einzuftihren, betrachten wir ein einfaches Markteintrittsspiel. Unternehmen 2 ist ein etabliertes Unternehmen, das bereits produziert, und Unternehmen 1 ist der potentielle Konkurrent, d.h. ein Unternehmen, das zwar noch nicht am Markt operiert, jedoch den Markteintritt erwagt. Die Strategien des potentiellen Konkurrenten lauten eintreten und nicht eintreten. Das etablierte Unternehmen kann sich nun aggressiv gegen den Eindringling verteidigen oder aber ein friedliches Verhalten an den Tag legen. Abb. B.7 stellt diese Situation in der Normalform dar. Der Monopolgewinn des etablierten Unternehmens betragt 5. Diesen Gewinn kann das etablierte Unternehmen realisieren, falls kein Markteintritt erfolgt. Tritt der potentielle Konkurrent in den Markt ein und reagiert der Etablierte mit Outputmengenerhohung auf diesen Eintritt, so erreichen beide ein sehr niedriges oder gar negatives Gewinnniveau (—1). Weiter ist angenommen, dass der potentielle Eindringling in dem Fall, dass er nicht mit AbwehrmaCnahmen des Etablierten konfrontiert wird, eine Auszahlung von 2 erhalt, wahrend der Gewinn des Etablierten durch den neuen Konkurrenten von 5 auf 1 sinkt. Das Spiel hat zwei Nash-Gleichgewichte, (eintreten, friedliches Verhalten) und (nicht eintreten, aggressive Verteidigung). Das zweite ist jedoch insofern problematisch, als es von Unternehmen 2 verlangt, eine dominierte Strategic zu spielen. Wir werden ab S. 32 dieses Spiel nochmals aufgreifen und aus Sicht der extensiven Form betrachten.

B.4 Mehr-Personen-Spiele in extensiver Form

31

Unternehmen 2

Unternehmen 1

emtreten nicht eintreten

aggressive Verteidigung

friedliches Verhalten

(-1,-1)

(2,1)

(0,5)

(0,5)

Abbildung B.7. Das Markteintrittsspiel in Normalform

B.4 Mehr-Personen-Spiele in extensiver Form Die extensive Form ist eine reichhaltigere Beschreibung eines Spieles als die Normalform. Die Reihenfolge der Ztige, die Auszahlungen fiir jede Zugfolge und die Informationsstande zu den jeweiligen Zeitpunkten sind nun festgelegt. Ftir die Zwecke dieses Buches ist es nicht notwendig, die extensive Form allgemein einzufiihren. Wir konnen uns mit einer vereinfachten Version begniigen. Dafiir konkretisieren wir nochmals das Markteintrittsspiel und erlautern das Konzept der Teilspielperfektheit. B.4.1 Die vereinfachte extensive Form Der Leser betrachte Abb. B.8. In dieser Abbildung ist ein dreistufiges Spiel dargestellt. Der nach rechts zeigende Pfeil gibt die Zugfolge an. Auf der ersten Stufe legt Spieler 1 den Wert der von ihm zu beeinflussenden Entscheidungsvariablen xi fest. Auf der zweiten Stufe zieht Spieler 2, er wahlt den Wert der Entscheidungsvariablen X2. Auf der dritten Stufe ziehen beide Spieler simultan und legen gleichzeitig und unabhangig voneinander die Werte der Variablen yi bzw. ?/2 fest. Sie entscheiden also in Unkenntnis der Wahl des anderen. Nach Abschluss aller Ziige erfolgen die Auszahlungen in Abhangigkeit von den Werten der Entscheidungsvariablen, dargestellt durch die oval umrandeten Werte der Auszahlungen bzw. Gewinne. Die Ztige vorangegangener Stufen sind den Spielern stets bekannt. Die einzige Unsicherheit besteht auf Stufe 3, in der die beiden Spieler sich simultan entscheiden. Schon in einem solchen Spiel sind die Strategien der Spieler recht komplexe Objekte. So muss eine Strategie von Spieler 1 angeben, welche Aktion xi er auf der ersten Stufe wahlen mochte und fiir welche Aktion yi er sich auf der dritten Stufe in Abhangigkeit von der Wahl X2 durch Spieler 2 entscheidet. Ftir Spieler 2 sind die Strategien ebenfalls recht kompliziert. Er sucht sein X2 und 2/2 in Abhangigkeit von xi aus.

32

B. Spieltheorie ^ _



Xi

^2

yi

i^^ \^i)

^ - ^ Abbildung B.8. Vereinfachte extensive Form eines dreistufigen Spieles B.4.2 Teilspielperfektheit beim Markteintrittsspiel Als Beispiel betrachten wir wiederum das Markteintrittsspiel der Abb. B.7, stellen es nun aber in extensiver Form (siehe Abb. B.9) dar. Geht der potentielle Konkurrent davon aus, dass der Etablierte sich nach erfolgtem Markteintritt aggressiv verhalten wird, so ist „nicht eintreten" eine beste Antwort auf die angedrohte Aktion des Etablierten (0 > —1). AUerdings liegt das Wahrmachen der Drohung des Etablierten, nach voUzogenem Eintritt zu kampfen, nicht im Interesse des Etablierten selbst. Denn nach voUzogenem Eintritt bekommt er entweder die Auszahlung —1 (bei aggressiver Verteidigung) oder die Auszahlung + 1 (bei friedlichem Verhalten). Man konnte also argumentieren, dass das Gleichgewicht (nicht eintreten, aggressive Verteidigung) insofern unplausibel ist, als es auf einer leeren Drohung beruht. Es gibt eine reichhaltige spieltheoretische Literatur liber die Selektion von unplausibel erscheinenden Gleichgewichten. Das am haufigsten verwendete Selektionskriterium ist die Teilspielperfektheit. Sie ftihrt dazu, dass .Gleichgewichte, die auf leeren Drohungen beruhen, ausgeschlossen werden. Jedes Spiel in extensiver Form hat sich selbst als Teilspiel und kann liber weitere Teilspiele verftigen. Das Markteintrittsspiel (Abb. B.9) hat zwei Teilspiele. Das erste Teilspiel ist das gesamte Spiel, das zweite Teilspiel beginnt mit der Entscheidung des Etablierten. Eine Strategiekombination ist ein teilspielperfektes Gleichgewicht, wenn sie ein Nash-Gleichgewicht ftir das gesamte Spiel darstellt und wenn zusatzlich die durch die Strategiekombinationen des gesamten Spiels induzierten Strategiekombinationen aller Teilspiele Nash-Gleichgewichte dieser jeweiligen Teilspiele sind. Im zweiten Teilspiel unseres Beispiels zieht nur noch Unternehmen 2; ein Gleichgewicht liegt vor, wenn Unternehmen 2 die dann gewinnmaximale Entscheidung trifft. Nach erfolgtem Eintritt durch Unternehmen 1

B.4 Mehr-Personen-Spiele in extensiver Form

33

potentieller Konkurrent tritt ein Oder nicht

nem Abbildung B.9. Das Markteintrittsspiel in vereinfachter extensiver Form

ist friedliches Verhalten fiir Unternehmen 2 optimal. Dies schliefit das Gleichgewicht (nicht eintreten, aggressive Verteidigung) aus und es bleibt nur das Gleichgewicht (eintreten, friedliches Verhalten) librig. Hat ein Spiel in extensiver Form ein Gleichgewicht, so kann man untersuchen, ob es teilspielperfekt ist, indem man die Methode des „Von-hintenLosens" {backward solving) anwendet. Dabei geht man entgegen dem Spielverlauf vor und beginnt mit der letzten Stufe. Im Markteintrittsspiel (siehe Abb. B.IO) betrachtet man also zunachst das Teilspiel, das nach erfolgtem Eintritt des potentiellen Konkurrenten beginnt. Das etablierte Unternehmen kann sich nun aggressiv oder friedlich verhalten, kampfen oder nicht kampfen. Nicht zu kampfen ist offenbar besser, well 1 grofier als -1 ist; der diese Aktion darstellende Strich ist dick gezeichnet. Der potentielle Konkurrent, der von der Rationalitat des etablierten Unternehmens ausgeht, kann nun getrost den Eintritt wagen: Er vergleicht die Auszahlung von 0 (bei nicht erfolgtem Eintritt) mit der Auszahlung von 2 (bei erfolgtem Eintritt und friedlichem Verhalten des Etablierten). Die nun beste Aktion (eintreten) haben wir wieder hervorgehoben. Damit bleibt nur das (teilspielperfekte) Gleichgewicht (eintreten, friedliches Verhalten) librig. In diesem Lehrbuch sind Teilspielperfektheit bzw. Von-hinten-Losen die immer wieder angewendeten Losungskonzepte. Mithilfe dieser Konzepte un-

34

B. Spieltheorie

2 (etabliertes Unternehmen) aggressiv tritt ein

1 (pot. Konkurrent)

friedlich

tritt nicht ein

Abbildung B.IO. Extensive Form und Rlickwartsinduktion tersuchen wir die direkten und strategischen Effekte unternehmerischen Handelns. B.4.3 Teilspielperfektheit und reduzierte Gewinnfunktionen Wir wollen nun das Konzept der Teilspielperfektheit allgemeiner und bei einem Teilspiel erlautern, in dem beide Unternehmen simultan Ziehen. Dazu betrachten wir zwei Unternehmen, die auf der ersten Stufe simultan iiber Kapazitaten oder Kapitaleinsatz {Ki bzw. K2) und auf der zweiten Stufe simultan liber die Produktionsmengen {xi bzw. X2) entscheiden (siehe Abb. B.ll). In konkreten Modellen werden wir spater ftir Ki Positionierungsentscheidungen, Werbeausgaben oder anderes mehr setzen. Die Gewinne der Unternehmen lauten dann (B.2)

ni{Ki,K2,Xi,X2)

und n2{Ki,K2,Xi,X2)



(B.3)

Gleichgewichte dieses Spiels konnen teilspielperfekt sein, miissen es jedoch nicht. Das zweistufige Spiel hat unendlich viele Teilspiele: das gesamte Spiel und die Mengenspiele nach erfolgter Festlegung der Kapazitaten (es gibt unendlich viele Kombinationen (i^i,i^2))- Eine Strategie von Unternehmen 1 ist ein Paar

B.4 Mehr-Personen-Spiele in extensiver Form

K

35

X X

Abbildung B . l l . Das zweistufige Kapazitatsspiel

U,(K„K,,x,(K,,K^lx2(K,,K^)) K^

Abbildung B . 1 2 . Das einstufige Kapazitatsspiel nach Reduktion

(^1,^1),

wobei xi eine Funktion ist, die jeder Kombination ( K i , i ^ 2 ) von Kapazitaten eine Ausbringungsmenge xi = xi{Ki,K2) zuordnet. Unternehmen 1 muss sich also einerseits fiir eine bestimmte Kapazitat entscheiden u n d andererseits eine Produktionsmenge in Abhangigkeit von den Kapazitaten beider Unternehmen wahlen. Analoges gilt fiir Unternehmen 2. Auch bei solchen Spielen wenden wir die Technik des „Von-hinten-Losens " an, sodass wir nicht direkt mit den komplizierten Strategien zu t u n haben. Zunachst bestimmen wir fiir jede Kombination {Ki,K2) ein Gleichgewicht des Mengenspiels. Die sich dabei ergebenden Ausbringungsmengen im Gleichgewicht bezeichnen wir mit x f (i^i,K2) u n d a ; ^ ( i ^ i , i ^ 2 ) . Durch Einsetzen in die Gewinnfunktionen der Gl. B.2 bzw. B.3 erhalt m a n die reduzierten Gewinnfunktionen n^

{KuK2) = ni{Ki,K2,xUKuK2) ,x^ {Ki,K2))

und il2^ (i^i ,K2) = n2 {Ki ,K2,X^

(Ki ,K2),X^

(Ki, K2))

(B.4)

36

B. Spieltheorie

H

\M

JC 1

X2

k^ r\&

Abbildung B.13. Darstellungsvariante des reduzierten Spieles

die nur die Kapazitaten Ki und K2 als Variablen aufweisen. Man transformiert so das zweistufige Spiel der Abb. B.ll in das einstufige Spiel der Abb. B.12. Abb. B.13 zeigt eine andere Darstellungsmoglichkeit ftir reduzierte Spiele, die wir bevorzugen werden, weil sie ktirzer und tibersichtlicher ist. Hier sind die Aktionsparameter der ersten Stufe, die Kapazitaten, fett markiert. Damit drticken wir aus, dass wir uns auf diese erste Stufe konzentrieren und die Auswirkungen auf die spateren Stufen bereits beriicksichtigt sind.

B.5 Ext erne Effekte B.5.1 Definition Von externen Effekten spricht man, wenn ein Individuum Einfluss auf den Nutzen eines anderen Individuums nimmt, ohne dass dieser Einfluss entgolten wird. Auch zwischen Unternehmen sind externe Eff'ekte haufig anzutreff'en. Beispielsweise tibt die Ausdehnung der Absatzmenge eines Unternehmens liber den dadurch sinkenden Preis einen negativen externen Effekt auf ein anderes Unternehmen aus. Dagegen wird sich ein Unternehmen typischerweise tiber eine Preisanhebung durch ein anderes freuen; diese bewirkt also einen positiven externen Eff'ekt. Eine Einfiihrung in die Theorie externer Eff'ekte, auch aus Sicht der Umweltokonomik, findet der Leser beispielsweise in Kap. R i n WiESE (2005). Zur formalen Behandlung externer Effekte verwenden wir eine ahnliche Notation wie im vorangehenden Abschnitt. Wir gehen erneut von Unternehmen 1 aus, das durch die Wahl eines Aktionsparameters Ki nicht nur seinen eigenen Gewinn i l i (Ki) beeinflusst, sondern zudem den Gewinn eines anderen Unternehmens 2, 772 (^1) • Die Aktionsparameterwahl von Unternehmen 1 (ibt einen positiven externen Effekt aus, falls mit der Erhohung von Ki der Gewinn von Unternehmen 2 zunimmt. Das Vorliegen eines positiven externen Effektes konnen wir also durch

B.5 Externe Effekte

37

n ,

i

n

2

^^^^'^'^

bei positivem extemen Effekt

bei negativem extemen Effekt

F^*

^^

Abbildung B.14. Privates Optimum und externe Effekte dU2{K^) >0 dKi ausdriicken. Umgekehrt bedeutet dn2{Ki) dKi

100) noch ftir Unternehmen 2 (25 > 0). Es gibt noch ein weiteres Gleichgewicht: (xi = wenig produzieren, X2 = viel produzieren). B.3.2. Das Spiel hat genau ein Gleichgewicht, in dem beide Unternehmen „viel produzieren". B.3.3. Die Behauptung kann in zwei Telle zerlegt werden: • (xf,a:2) ist ein Gleichgewicht. • Es gibt kein weiteres Gleichgewicht. Da xf einen hoheren Gewinn als irgendeine andere Strategie xi gegeniiber jeder Strategie X2 des Spielers 2 garantiert, garantiert sie insbesondere einen hoheren Gewinn gegeniiber der Strategie X2. Eine einseitige Abweichung ist also ftir Spieler 1 nicht lohnend. Analoges gilt ftir Spieler 2, sodass (a;f, X2) ein Nash-Gleichgewicht ist. Es ist zugleich das einzige Gleichgewicht: Bei jeder anderen Strategiekombination kann mindestens einer der beiden Spieler auf seine streng dominante Strategie profitabel abweichen. B.3.4. Falls x^ = x f (^f (^1)) gilt, lautet das Gleichgewicht (^1,^2^ (^1)). Unternehmen 1 gibt wegen x^ = xf- [x^ {^\)) ^ine beste Antwort auf x^^ (x^). Und Unternehmen 2 gibt offenbar eine beste Antwort auf x\.

Teil II

Kostenfiihrerschaft und Wettbewerb im homogenen Oligopol

43

In diesem Teil untersuchen wir Unternehmensstrategien auf oligopolistischen Markten fiir homogene (nicht-differenzierte) Gtiter und Dienstleistungen. Im Zentrum unseres Interesses steht dabei die strategische Rolle der Kosten- und Zeitfiihrerschaft auf solchen Markten. AUerdings raumen wir auch dem Monopol seinen gebiihrenden Platz ein. Wir analysieren als Erstes den Preis als Aktionsparameter, zunachst im Monopol (Kap. C), dann im Oligopol (Kap. D). Als Zweites betrachten wir die Wahl der Outputmenge, zunachst wieder im Monopol (Kap. E) und danach im Oligopol (Kap. F). Nachdem wir auf diese Weise die Wirkung unterschiedlicher Kosten dargestellt haben, lassen wir anschliefiend die Unternehmen in einen Innovationswettbewerb treten, der die Kostensenkung zum Ziel hat (Prozessinnovation). In Kap. G betrachten wir Forschung und Entwicklung aus dem Blickwinkel der damit verbundenen Unsicherheit, wahrend wir in Kap. H zeigen, wie und mit welchen Konsequenzen Unternehmen von den Forschungsbemiihungen anderer Unternehmen profitieren konnen. Wahrend in Kap. G auf der zweiten Stufe Preiswettbewerb herrscht, folgt in Kap. H der Mengenwettbewerb auf den F&E-Wettbewerb.

C. Monopol: Preispolitik

Monopole (im Absatzmarkt) sind Sonderfalle oligopolistischer Marktstrukturen. Sie entstehen durch strukturelle oder strategische Markteintrittsbarrieren. Der Monopolist, der sich (im Normalfall) einer negativ geneigten Nachfragekurve gegentibersieht, steht vor dem Problem, die fiir ihn gewinnmaximale Preis-Mengen-Kombination zu bestimmen. Vom Ergebnis her ist es unerheblich, ob der Monopolist den Preis festlegt (die Mengenentscheidungen treffen dann die Konsumenten) oder ob er die Ausbringungsmenge fixiert (der Preis stellt sich dann im Wettbewerb der Konsumenten untereinander ein). Wir haben dennoch das vorliegende Kapitel fiir den Monopolisten als Preissetzer reserviert und ein weiteres Kapitel fiir den Monopolisten als Mengensetzer (Kap. E) vorgesehen. Denn die Interpretation der Maximierungsbedingungen ist in beiden Fallen durchaus unterschiedlich. Zudem woUen wir die Oligopoltheorien fiir den Preis- bzw. den Mengenwettbewerb getrennt vorbereiten. Wir fiihren nun den Leser zunachst in die wichtigsten Grundideen des Monopols ein (Abschnitt C.l). In Anschluss an die Erlauterung der spieltheoretischen Wettbewerbsstruktur in Abschnitt C.2 spezifizieren wir das Modell in Abschnitt C.3, indem wir den Gewinn als Differenz von Erlos und Kosten analysieren. Nach all diesen Vorbereitungen konnen wir den optimalen Preis in Abschnitt C.4 herleiten. Dabei interessiert uns zunachst die Preispolitik im einfachsten Angebotsmonopolfall und anschlieBend dann die Preispolitik bei voUstandiger PreisdifFerenzierung. In der unternehmenspolitischen Praxis muss die einfache Preisregel des Monopolisten meist revidiert werden. Wir wollen einige Ursachen fiir diese Revisionen darstellen und dabei die Richtung aufzeigen, in der die Preise von der einfachen Preisregel abweichen miissen. Am Ende fassen wir unsere Ergebnisse in einer Reihe unternehmenspolitischer Schlussfolgerungen zusammen (Abschnitt C.5). Wir beschlieBen das Kapitel mit Literaturhinweisen (Abschnitt C.6) und den Losungen zu den Aufgaben des Kapitels (Abschnitt C.7).

46

C. Monopol: Preispolitik

Abbildung C.l. Spieltheoretische Grundstrukturen im Monopol

C.l Grundidee: Ursachen und Dauer von Monopolstellungen Monopole gibt es, sofern und solange keine Wettbewerber in den Markt eintreten. Fiir die Zwecke dieses Kapitels sind administrativ-gesetzliche und strukturelle Eintrittsbarrieren als Griinde zu nennen. Die jiingere Deregulierungspolitik hat den Abbau administrativ-gesetzlicher Markteintrittsschranken in einer Reihe von Markt en in Gang gesetzt. Dazu gehort insbesondere der Telekommunikationsmarkt, aber auch der Postmar kt, der Markt fiir schienengebundenen Gtiter- und Personenverkehr, der Markt ftir Luftverkehr und - in Anfangen - der Energiemarkt. Die ehemals offentlichen Monopolunternehmen versuchen, so gut es eben geht, trotz Deregulierung und Wettbewerb zumindest eine dominante Marktposition zu halten. Strukturelle Markteintrittsbarrieren haben ihre Ursachen in nicht wettbewerbsfahigen Kostenbedingungen potentieller Wettbewerber oder in fehlender Nachfrage in verbleibenden Marktliicken. Nattirhch miissen auch strukturelle Barrieren nicht von Dauer sein (technischer Fortschritt, neue Markte).

C.2 Spieltheoretische Wettbewerbsstruktur Der Monopolfall entspricht in der Spieltheorie dem Ein-Personen-Fall (siehe Kap. B). Die spieltheoretische Struktur der in diesem und in Kap. E behandelten Entscheidungssituationen wird in Abb. C.l veranschaulicht. Als Aktionsparameter wird der Preis (p) bzw. die Absatzmenge (X) zum Zwecke der Maximierung des Gewinns (77) eingesetzt.

C.3 Modellspezifikation

47

C.3 Modellspezifikation Zur Analyse der monopolistischen Preispolitik wird zunachst die Nachfragefunktion X (p) erlautert. AnschlieBend ist der Gewinn des Monopolisten als Funktion des Preises zu spezifizieren. C.3.1 Nachfragefunktion und Preiseleistizitat Die Nachfragefunktion X (p) gibt an, wie viele Einheiten des Gutes durch die Konsumenten in Abhangigkeit von dem Preis des Produktes nachgefragt werden. Andere Parameter der Nachfrage wie Qualitat oder Kompatibilitat spielen (noch) keine RoUe. Die Nachfragefunktion ist durch drei Sachverhalte zu charakterisieren: • Als Sattigungsmenge bezeichnet man die Menge, die auf dem Markt abgesetzt wird, wenn der Preis null betragt. • Der Prohibitivpreis ist derjenige Preis, ab dem die nachgefragte Menge auf dem Markt null betragt. • Weiterhin interessant ist der Anstieg der Nachfragekurve dX_ dp ' Er sagt aus, um wieviele Einheiten die Nachfrage zurtickgeht, wenn sich der Preis um eine Einheit erhoht. AUerdings ist dieser Ausdruck von der Wahl der Mafieinheiten (wird der Preis in DM oder in Euro gemessen?) abhangig. Die nun folgende Aufgabe ist die erste mit einem Sternchen. Die Losung finden Sie zwar hint en, sie ist aber wenig ausftihrlich. Ubung C.3.1 (*). Bestimmen Sie fiir die lineare Nachfragefunktion X (p) = d—ep die Sattigungsmenge, den Prohibitivpreis und den Anstieg der Nachfragekurve. Im Gegensatz zu ^ ist die Preiselastizitat der Nachfrage einheitenunabhangig. Sie ist durch ^

dX

p

^

p

definiert und sagt aus, um wieviel Prozent sich die Nachfrage verandert, wenn der Preis um ein Prozent erhoht wird. Die Nachfrage heifit unelastisch,

48

C. Monopol: Preispolitik X i L

^

k.l = 0

d

^x^C/')

KJ=i

d

2

p

e

Abbildung C.2. Preiselastizitat der Nachfrage entlang einer linearen Nachfragekurve wenn die Mengenreaktion gering ausfallt. Beispielsweise ist die Nachfrage bei ex,p = —\ bzw. \ex,p\ = \ unelastischer als bei ex,p = — 2 bzw. \ex,p\ = 2. Fiir die lineare Nachfragefunktion X (p) = d — ep erhalt man £x,i

—ep d — ep^

die Preiselastizitat der Nachfrage verandert sich somit entlang der Nachfragekurve. Abbildung C.2 verdeutlicht dies. Eine Elastizitat von null ergibt sich dabei beispielsweise, wenn der Preis bei null liegt. Eine kleine absolute Erhohung des Preises wiirde an dieser Stelle einer (unendlich) hohen relativen Preisanhebung entsprechen. Dividiert man nun die relative Nachfrageanderung durch diesen Wert, so erhalt man (die Elastizitat) null.

C.3.2 Gewinn, Erlos und Kosten bei Preissetzung

wd

Aus preispolitischer Perspektive ist der Gewinn des Monopolisten definiert als

n(p) = Rip) - dp) = px(p) - c [x{p)].

(c.i)

C.3 Modellspezifikation

49

Dabei steht R{p) fiir den Erlos (engl.: revenue) und C [X{p)] fiir die Kosten (engl.: cost). Diese Kosten hangen von der produzierten Menge ab und diese wiederum wird durch den vom Monopolisten gesetzten Preis beeinflusst. Neben der Uberschrift zu diesem Abschnitt sehen Sie librigens eines der vielen Logos, die das gesamte Buch pragen und schmiicken. An dem durch Fettschrift Hervorgehobenen sehen Sie, welche Stufe des Modells jeweils behandelt wird. Fiir das Weitere sind die Ableitungen von Erlos und Kosten nach dem Preis von groBer Bedeutung. Diese werden wir nun erlautern. Beim Preis in Hohe von null kann der Monopolist die Sattigungsmenge absetzen; dies ftihrt zum Erlos null und bei positiven Produktionskosten zu einem Verlust. Ausgehend von diesem Preis kann der Monopolist seinen Preis erhohen und damit seinen Erlos steigern und seine Kosten (geringere Ausbringungsmenge bei hoherem Preis!) senken. Der zusatzliche Erlos aufgrund der Preiserhohung um eine Einheit heiBt Grenzerlos beziiglich des Preises; die zusatzlichen Kosten aufgrund der Preiserhohung um eine Einheit nennt man Grenzkosten beziiglich des Preises. Wir werden im nachsten Abschnitt zeigen konnen: Derjenige Preis, bei dem der Grenzerlos beziiglich des Preises gerade den Grenzkosten beziiglich des Preises entspricht, ist gewinnmaximal. Wir leiten zunachst jedoch den Grenzerlos beziiglich des Preises und anschlieBend die Grenzkosten beziiglich des Preises analytisch her. Der Grenzerlos einer Preiserhohung, dRjp) ^d\pX{p)]^^^ dp dp

^^dX dp

besteht aus zwei Summanden: • Zum einen erhoht eine Preissteigerung (um einen Cent) den Erlos aus der bisher verkauften Menge um X (Cent), well fiir jede Mengeneinheit ein Cent zusatzlich eingenommen wird. • Zum anderen bewirkt die Preiserhohung eine Absatzreduzierung ( ^ ) , die aufgrund der monetaren Bewertung mit dem Preis zu einem Mindererlos von p^ (Cent) fiihrt. Unter Verwendung der Nachfrageelastizitat ist der Grenzerlos beziiglich des Preises gegeben durch:

P dXjp) X{p) dp

= - X ( p ) [\ex,p\ - 1] I

0 fur

\ex,p\ I 1.

50

C. Monopol: Preispolitik

X,R

. ^-V,;>=-1

d k ^^\

^^v^

R

N N.

^

"-. X

P

2e

\

e

P

Abbildung C.3. Zusammenhang von Erlos und Preiselastizitat der Nachfrage

Der Grenzerlos ist genau dann null (und damit der Erlos maximal), wenn die Preiselastizitat der Nachfrage —1 betragt. Eine einprozentige Erhohung des Preises bewirkt dann einen Rtickgang der abgesetzten Menge um ebenfalls ein Prozent, weshalb der Erlos konstant bleibt. In Abbildung C.3 wird dies graphisch verdeutlicht. Ubung C.3.2. Begrtinden Sie, dass ein Unternehmen seinen Gewinn erhohen kann, wenn es im unelastischen Bereich, also bei einer Nachfrageelastizitat 0 > ex,p > — 1, anbietet. Ubung C.3.3 (*). Was bedeutet p^ in Abb. C.4? Die Grenzkosten beziiglich des Preises, ^ , erhalt man unter Verwendung der Kettenregel als dC__dC_dX_ dp dX dp >o 1

A

p,

Abbildung D.2. Die Preis-Absatz-Funktion ftir Unternehmen 1 Graphisch ist sie in Abb. D.2 verdeutlicht. Man erkennt, dass die PreisAbsatz-Funktion bei identischen Preisen eine Unstetigkeits- bzw. Sprungstelle hat. Damit ist der Gewinn von Unternehmen 1 (und analog ftir Unternehmen 2) gegeben durch ni{pi,V2)

=Pi • xi{pi,P2) - Ci {xi{pi,p2)) = {pi - c i ) 'Xi{pi,p2)

(D.2)

und mithin eine Funktion des eigenen und des Konkurrenzpreises. Graphisch wird die Gewinnfunktion ftir Unternehmen 1 in Abb. D.3 (siehe S. 73) verdeuthcht. Wegen der Unstetigkeit der Preis-Absatz-Funktion ist auch die Gewinnfunktion nicht stetig.

Hi

Bertrand-Nash-Gleichgewicht: Bertrand-Psiradox.

\P2

Wir setzen zunachst voraus, dass die Grenz- und Sttickkosten der Unternehmen identisch sind und zudem unter dem Prohibitivpreis hegen: c:=

ci = C2
Pi^ (ci) = ^ + ^ - Genau diese Begrenzungslinie wird in der Abbildung durch die linke der beiden gestrichelten Geraden dargestellt. Jedes C2 oberhalb der Gerade ftihrt zur Blockade von Unternehmen 2. D.2.4 Preiswettbewerb u m Altkunden Nachfragefunktionen bei Wechselkosten. Man kann die vorherigen Abschnitte so interpretieren, dass hier lediglich ein Wettbewerb um Neukunden modelliert wurde. In diesem Abschnitt geht es dagegen um sogenannte Altkunden. Dabei gehen wir davon aus, dass alle Kunden in einer vorigen Periode bereits ein Produkt von Unternehmen 1 gekauft haben und in der jetzigen

76

D. Preiswettbewerb

wenn

1. kein Angebot

ci > ^ C2>

2. Unternehmen 2 ist blockiert

wenn

3. Unternehmen 2 ist abgeschreckt

wenn

4. Dyopol (Bertrand-Paradox)

wenn

5. Unternehmen 1 ist abgeschreckt

wenn

wenn

6. Unternehmen 1 ist blockiert

und

-

0 < ci < -^

und

0 < ci < f

und

^ ^ Cl !)• Das ist kein Zufall: Wiirde der Monopolist im unelastischen Bereich (|£^x,p| < 1) anbieten, konnte er durch eine Reduktion seiner Angebotsmenge • einerseits den Erlos steigern (dies erkennt man an Gl. E.l) und • andererseits die Kosten senken, und somit seinen Gewinn vergroBern. Diese Abbildung stellt den linearen Fall dar mit der linearen (inversen) Marktnachfrage p (X) = a — bX und einer linearen Kostenfunktion C {X) = cX mit konstanten Grenz- und Stiickkosten MC (X) = AC (X) = c. Nun beruht diese Abbildung auf der (impliziten) Annahme, dass der Prohibitivpreis a oberhalb der Stiickkosten c liegt. Nur in diesem Fall wird der Monopolist tatsachlich eine positive Ausbringungsmenge wahlen. Andernfalls (siehe Abb. E.3) sprechen wir von einem blockierten Markteintritt. Der Markteintritt ist blockiert, weil die Stiickkosten iiber dem Prohibitivpreis liegen (c > a), also iiber dem maximalen Preis, den irgendein Nachfrager zu zahlen gewillt ist. Folglich ware jedes Angebot mit Verlusten verbunden.

100

E. Monopol: Mengenpolitik

Abbildung E.3. Der Monopolist produziert gar nicht

Wir erhalten also die gewinnmaximale Menge des Monopolisten im linearen Fall als

{

1 (g—c)

0,

^

(E.2)

c>a

In Zukunft setzen wir c< a voraus. Der Monopolgewinn. Dem Monopolpreis und der Monopolmenge entspricht ein Monopolgewinn

n^

MwM =p{x^)x

cX M

Man kann den Monopolgewinn graphisch auf zweierlei Weise darstellen (siehe Abb. E.2). Entweder als (Dreiecks-) Flache zwischen der Grenzerlos- und der Grenzkostenkurve (Flache: ABD) oder - unter Verwendung der Durchschnittskostenkurve (wobei hier gilt AC = MC) - als die (Rechtecks-)Flache, die aus dem Produkt von Sttickgewinn {p^ — AC) und Absatzmenge gebildet wird (Flache: ABME). Im nicht-linearen Fall kommt man mithilfe der Gewinnfunktion auch zum Ziel: Ubung E.2.3 (*). Ermitteln Sie die gewinnmaximale Menge X^ und den Monopolgewinn IT^ ftir die inverse Nachfragefunktion p{X) = 40 — X^ und die Kostenfunktion C (X) = 13X + 19! Im linearen Fall sind a und b Nachfrageparameter und c Kostenparameter. Das wichtigste Ziel unserer Analyse besteht darin aufzuzeigen, wie die

E.2 Optimale Menge

101

endogenen Grofien unseres Modells, also die Absatzmenge, der Preis und der Gewinn, von den Parametern abhangen. Im linearen Fall ergeben sich diese Abhangigkeiten: X^{a,b,c)=\^,

wobeiM^0;^ 0 ; ^ > 0 ; ^ = 0 ,

n'^iaM

= \ i ^ ,

wobei a ^

< 0; ^

> 0; ^

(E.3)

< 0.

Hohere (niedrigere) Grenzkosten verringern (erhohen) die Gleichgewichtsmenge und erhohen (senken) damit den Marktpreis. Infolgedessen sinkt (steigt) der Gewinn. Eine Rechtsverschiebung oder -drehung der Nachfragekurve, d.h. ein hoheres a bzw. niedrigeres &, vergroBert die Monopolmenge und den Monopolpreis und damit auch den Monopolgewinn. Alternative Darstellungen der Gewinnmaximierungsbedingung. Die Gewinnmaximierungsregel fiir den Monopolisten lasst sich auf drei unterschiedliche Weisen formulieren:

MC=MR=p

(E.4) \^x . p i j

p = -MiPJ—MC \sx,p\ - 1

'-^^

= Al-

Oder

(E.5)

(E.6)

Nach Gl. E.4 dehnt der Monopolist seine Angebotsmenge solange aus, bis die Grenzkosten gleich dem Grenzerlos sind, der seinerseits mithilfe der AmorosoRobinson-Relation ausgedrtickt werden kann. Nach Gl. E.5 ist der gewinnmaximale Monopolpreis ein multiplikativer Aufschlag auf die Grenzkosten, wobei die Nachfrageelastizitat die Hohe des Aufschlags bestimmt: Je preisreagibler die Nachfrage, umso geringer ist der multiplikative Aufschlag. Die linke Seite von Gl. E.6 gibt das sogenannte Lerner-Mafi an. Es gibt an, um wie weit der Monopolist den Preis iiber die Grenzkosten heben kann. Da bei voUstandiger Konkurrenz (siehe unten S. 107) p = MC gilt, misst das Lerner-MaB insoweit die Distanz zur voUstandigen Konkurrenz. Da man dieses Modell mit Machtlosigkeit identifiziert, sagt man auch, das Lerner-Mafi messe die Monopolmacht. Offenbar liegt es zwischen 0 und 1 und fallt umso hoher aus, je unelastischer die Nachfrage ist. Ist die Nachfrage unendlich elastisch, wie z.B. bei der voUstandigen Konkurrenz, so gilt p = MC.

102

E. Monopol: Mengenpolitik

p

f

i

AC

^ %^

Cournot Punkt !

JSTM/?

'

MC

^ N . ~ ~~

\

V

P(^)

^ X

Abbildung E.4. Monopolmacht und Monopolgewinn

Monopolmacht, wie sie der Lerner-Index zum Ausdruck bringt, und Monopolgewinn hangen dabei nicht unbedingt zusammen, wie Abb. E.4 verdeutlicht. Der Monopolist besitzt zwar Monopolmacht {p > MC), allerdings sind seine Durchschnittskosten AC = ^ ^ im Optimum gleich dem Monopolpreis, sodass sein maximaler Gewinn null betragt. Riickblick: Preismonopol versus Mengenmonopol. Selbstverstandlich ftihrt die gewinnmaximale Mengenregel eines Monopolisten zu derselben Preis-Mengen-Kombination wie die gewinnmaximale Preisregel in Kap. C. Die Aquivalenz der gewinnmaximalen Mengen- und Preispolitik kommt auch in Abb. E.5 zum Ausdruck. Sie zeigt in einem Vier-Quadranten-Schema die zum Monopolmarkt (I. Quadrant) gehorende Gewinnglocke n^{p) des Monopolisten in Abhangigkeit vom Preis mit ihrem Maximum beim MonopoloM preis p''" (II. Quadrant) und die korrespondierende Gewinnglocke 11^ (X) in Abhangigkeit von der Menge mit ihrem Maximum bei der Monopolmenge X^ (IV. Quadrant). E.2.2 Gewinnmaximierung bei Preisdifferenzierung Gegeniiber der bisherigen Gewinnmaximierungsregel kann der Monopolist seinen Monopolgewinn noch vergroBern, wenn er nicht alle Einheiten zu einem einheitlichen Preis verkauft, sondern Preisdifferenzierung betreibt. Wir behandeln Preisdifferenzierung ersten und Preisdifferenzierung dritten Grades. PreisdifFerenzierung ersten Grades. Bei Preisdifferenzierung ersten Grades (oder voUstandiger Preisdifferenzierung) haben die Konsumenten gerade

E.2 Optimale Menge

103

Abbildung E.5. Optimale Angebots- und Preisregel im Monopol

soviel zu zahlen, wie sie maximal bereit sind. Dazu ist es hilfreich sich vorzustellen, die Konsumenten saBen mit jeweils unterschiedlichen Zahlungsbereitschaften auf der Nachfragekurve. Nun hat der Konsument, dessen Zahlungsbereitschaft nur ganz knapp unter dem Prohibitivpreis liegt, diesen hohen Preis zu berappen, wahrend die weiter rechts unten sitzenden Konsumenten entsprechend weniger zahlen miissen. Der Grenzerlos, den wir allgemein als MR = p +

X-^

angegeben hatten, ist dann gleich dem Preis. Zwar muss der Monopolist den Preis reduzieren, um eine zusatzliche Einheit absetzen zu konnen ( ^ < 0). Aber diese Preissenkung betrifft nur den letzten Konsumenten und nicht alle „vorherigen" (oder, mit eindrucksvoUerer Sprechweise, inframarginalen) Konsumenten. Insofern ist bei voUstandiger Preisdifferenzierung X = 0. Falls Sie diese Argumentation nicht tiberzeugt, betrachten Sie die Alternative in Abschnitt E.4.1. Der Monopolist wird auch bei voUstandiger Preisdifferenzierung solange die Menge ausdehnen, bis der Grenzerlos (hier gleich dem Preis) gleich den Grenzkosten ist. Mit Blick auf Abb. E.2 (S. 99) lautet die Gewinnmaximierungsregel in diesem Fall „Preis gleich Grenzkosten". Der Monopolgewinn ist dann gleich dem Dreieck AFD. Die Wohlfahrtswirkungen der vollstandigen Preisdifferenzierung betrachten wir in Abschnitt E.4.

104

E. Monopol: Mengenpolitik

Preisdifferenzierung dritten Grades und die inverse Elastizitatenregel. Bei Preisdifferenzierung dritten Grades gelingt es dem Monopolisten, die Konsumenten in unterschiedliche Gruppen zu teilen, die dann unterschiedliche Preise zu zahlen haben. Wir gehen von einem Monopolisten aus, der sein Produkt in einer Betriebsstatte produziert, aber in zwei Markten verkauft (ftir einen Markt und zwei Betriebsstatten siehe unten S. 106 f.). Die Absatzmengen in diesen Markten werden mit xi bzw. X2 bezeichnet, die Nachfragefunktionen mit pi bzw. p2Die Gewinnfunktion des Monopolisten lautet dann IT {xi, X2) = pi (xi) xi + p2 (X2) X2-C

{xi + X2).

Mochte er seinen Gewinn maximieren, so leitet er die Gewinnfunktion partiell nach xi und X2 ab und setzt die Resultate gleich null: dn

{xi,X2) MRi {xi) - MC {xi + X2) = 0, dxi dn {xi,X2) = MR2 {X2) - MC {xi + X2) = 0. dx2 Ein unmittelbares Resultat dieser Optimierungsbedingungen besteht darin, dass der Grenzerlos in beiden Markten identisch ist. Steilen Sie sich einmal vor, der Grenzerlos in Markt 2 sei hoher als der Grenzerlos in Markt 1. Dann konnte der Unternehmer eine Einheit mehr in Markt 2 und eine Einheit weniger in Markt 1 absetzen. Da die Gesamtmenge dadurch konstant bleibt, wtirden die Kosten durch diese Umschichtung nicht tangiert. Der Erlos und damit auch der Gewinn wtirden jedoch um MR2 — MR\ steigen. Abb. E.6 veranschaulicht zwei Markte und die Preise auf diesen Markten. Die hier dargestellte Situation erftillt MRi {x\) = MR2 {X2) und ist insofern optimal. AUerdings ist die Gleichheit mit den Grenzkosten (die Grenzkostenkurve ist nicht eingezeichnet) nicht unbedingt gegeben. Falls in dieser Situation MC {xl + x^) < MRi (x*) = MR2 {xD erftillt sein sollte, lohnt es sich ftir den Monopolisten, in beiden Markten mehr zu produzieren. Graphisch hat man dann die gepunktet eingezeichnete Gerade nach unten zu verschieben. Bei konstanten Grenzkosten in Hohe der gestrichelten Linie, hat man das Optimum unmittelbar vorliegen. Bei Preisdifferenzierung dritten Grades gilt die inverse Elastizitatenregel. Diese besagt, dass in Markten mit betragsmafiig hoher Preiselastizitat der Nachfrage ein geringerer Preis durch den Monopolisten gefordert wird als in Markten mit niedrigeren Preiselastizitaten der Nachfrage. Aus MRi{xi)

= MR2{x2)

E.2 Optimale Menge

105

A P

vs. \ \ \ \ \ X

Markt 2

\

Pi

/ •

/ ^2

Markt 1

/

/

/

/

/

/

/

\

/

\• \ \ .. \ \

\^

Pi

y

*

* \

^2

X,

\ \

/ gesamte Absatzmenge

\

Abbildung E.6. Grenzerlose mtissen gleich sein! folgt nun mithilfe der Amoroso-Robinson-Relation Pi (^i) 1

1

= P2{X2)

1

k2|

Einfache Umformungen, die Sie selbst durchflihren konnen, zeigen, dass sich aus dieser Gleichheit die inverse Elastizitatenregel ergibt: Aus \€i\ > \e2\ folgt Pl{xi) P^(ci) = ^ ( a + ci). Die Darstellung der Blockade des Markteintritts fiir das zweite Unternehmen zeigt Abb. F.6. Der Schnittpunkt der Reaktionskurven liegt in der Abbildung

F.2 Simultaner Mengenwettbewerb

137

Abbildung F.6. Cournot-Nash-Gleichgewicht bei blockiertem Markteintritt

auf dem horizontalen Sttick der Reaktionskurve von Unternehmen 2. Es gilt somit x^ > xf, d.h. wenn Unternehmen 1 die Monopolmenge setzt, liegt der sich einstellende Marktpreis noch unter den Stiickkosten des Unternehmens 2. Es liegt also die Situation eines blockierten Markteintritts von Unternehmen 2 und damit einer Monopolsituation von Unternehmen 1 vor. Ubung F.2.5. Versuchen Sie sich an der folgenden Aufgabe zum einperiodigen simultanen Mengenwettbewerb. Die Marktnachfrage sei durch p {X) = 100 — X gegeben. Die Grenz- und Stiickkosten von Unternehmen 1 seien ci = 20, die von Unternehmen 2 seien C2 = 45. Berechnen Sie den Preis, die Absatzmengen und die Gewinne im Gleichgewicht eines einperiodigen Mengenwettbewerbs. Welchen Output mtisste Unternehmen 1 mindestens erzeugen, damit der Marktpreis nicht grofier wird als die Stiickkosten von Unternehmen 2? Wird Unternehmen 2 dann noch einen Output erzeugen? Wie hoch sind die Gewinne in einer solchen Situation? Warum bilden die entsprechenden Outputmengen kein Gleichgewicht des betrachteten CournotModells? Zusammenfassung. Zusammenfassend konnen wir vier Falle unterscheiden, je nachdem, welche Werte die Stiickkosten ci und C2 annehmen: 1. der Markteintritt ist fiir beide Unternehmen blockiert (ci > a und C2 > a); 2. Unternehmen 1 ist Monopolist (0 < ci < a und C2 > p^ (ci) = ^ ( a + ci));

138

F. Mengen- und Kostenwettbewerb

kein Angebot Monopol 1

Monopol 2

Abbildung F.7. Markteintritt und Marktstruktur im Cournot-Wettbewerb

3. Unternehmen 2 ist Monopolist (0 < C2 < a und ^ (a + C2) = p^ (C2) < ci); 4. eine Dyopolsituation liegt vor (0 < ci < p^ {02) und 0 < C2 < p^ (^i)). Abb. F.7 illustriert diese Bedingungen. Jedem der vier Falle entspricht ein Bereich der ci-C2-Ebene. F.2.5 Zusammenfassung und unternehmenspolitische Schlussfolgerungen Aus der Analyse des simultanen Mengenwettbewerbs ergeben sich erste unternehmenspolitische Folgerungen zu den Wettbewerbskraften im homogenen Oligopol. Zum Teil richten sich diese Folgerungen auf gemeinsame Aktivitaten der Wettbewerber zur Sicherung des Branchengewinns, zum Teil zielen sie auf Wettbewerbsstrategien zur Sicherung eines Gewinnvorsprungs oder gar einer Monopolposition ab. 1. Die Marktstruktur eines Dyopols ist nur zu erwarten, falls der Marktzutritt ftir weitere Unternehmen blockiert ist. Andernfalls wiirde der Branchengewinn potentielle Konkurrenten anlocken. Der Marktzutritt ist ftir weitere Unternehmen blockiert, wenn sie nicht liber wettbewerbsfahige Kostenstrukturen verfiigen {p^ < C3 < C4 < ...). Oder der Markteintritt ist durch gesetzliche Bestimmungen und Auflagen blockiert. Beispiele

F.2 Simultaner Mengenwettbewerb

2.

3.

4.

5.

139

daftir sind Lizenzen (z.B. fiir Mobilfunk, Luftverkehr) oder Handelsbarrieren. AUe im Markt befindlichen Unternehmen haben sogar gemeinsam den Anreiz, die Kosten zu senken, denn das erhoht den Gewinn jedes einzelnen Unternehmens und den Branchengewinn (siehe Gl. F.8, F.9 und F.IO auf S. 130). Deshalb lohnen sich Verbandsaktivitaten, die darauf abzielen, die Kostenstrukturen der Branche zu verbessern. Das wichtigste Beispiel ist der Zusammenschluss der Unternehmen zu branchenbezogenen Arbeitgeberverbanden bei Tarifverhandlungen. Aber auch branchenbezogene Deregulierungsforderungen oder branchenbezogene staatliche Technologieforderung zahlen hierzu. AUe im Markt befindlichen Unternehmen haben schheChch gemeinsam auch den Anreiz, die Marktnachfrage durch geeignete MarketingmaBnahmen zu erhohen. Bei hnearem Verlauf wird eine hohere Marktnachfrage (zu jedem Preis) durch einen steigenden Prohibitivpreis (a), eine geringere Steigung (b) oder eine hohere Sattigungsmenge ( | ) reprasentiert. Sie vergrofiert den Gewinn jedes einzelnen Unternehmens und mithin auch den Branchengewinn (siehe Gl. F.8, F.9 und F.IO). Nattirlich haben die Wettbewerber auch widerstreitende Interessen. Es lohnt der „Kampf um Kostenftihrerschaft" vor dem simultanen Mengenwettbewerb. Das Unternehmen mit den niedrigeren Grenz- bzw. Sttickkosten hat im Marktgleichgewicht den hoheren Absatz und macht den grofieren Gewinn (siehe Gl. F.4, F.5, F.8 und F.9 auf S. 130). Die Kostenftihrerschaft ist sogar ein Weg zur Monopolisierung des Marktes (siehe Abb. F.6 und Abb. F.7 auf S. 137f.). Im Prinzip fiihren zwei Wege zum Wettbewerbsvorsprung durch Kostenftihrerschaft, ein direkter und ein indirekter. Der direkte Weg besteht in der Senkung der eigenen Kosten (wegen -^^ < 0); konnen die Grenzkosten erheblich gesenkt werden, dann kann das Unternehmen sogar die Monopolstellung erreichen. Der indirekte Weg zielt auf die Erhohung der Kosten des Konkurrenten (wegen -Q^ > 0) (vgl. Gl. F.8). Dies ist in der Literatur unter dem Schlagwort des „raising rivals' costs" bekannt. Solche Kostenerhohungen kann ein Unternehmen beispielsweise dadurch erreichen, dass es auf politischer Ebene die Durchsetzung bzw. Verscharfung von Umwelt- oder Arbeitsschutzmafinahmen fordert, die im eigenen Unternehmen bereits realisiert worden sind, beim Wettbewerber jedoch noch nicht. Vertikale Integration mit der Absicht, den anderen Unternehmen den Zugriff auf Beschaffungsmarkte zu erschweren, stellt eine weitere MaBnahme in dieser Richtung dar.

140

F. Mengen- und Kostenwettbewerb



JC 1

X2

Abbildung F.8. Die spieltheoretische Wettbewerbsstruktur des Stackelberg-Modells

F.3 Sequentieller Mengenwettbewerb Die Analyse des sequentiellen Mengenwettbewerbs geht zuriick auf STACKELBERG (1934), der sich kritisch mit dem Cournot-Wettbewerb auseinandersetzte. Wir behandeln den Stackelberg-Wettbewerb in vier Schritten. Im ersten Schritt spezifizieren wir die spieltheoretische Grundstruktur und rufen uns das Verfahren der Rtickwartsinduktion in Erinnerung. Im zweiten Schritt leiten wir das Marktgleichgewicht im Stackelberg-Wettbewerb ab und untersuchen dabei die Beziehung zwischen Stackelberg- und Kostenfiihrerschaft. Im dritten Schritt untersuchen wir die Frage des Markteintritts im sequentiellen Wettbewerb und zeigen auf, in welcher Weise der Markteintritt - und damit die Marktstruktur - von den relativen Sttick- bzw. Grenzkosten der Anbieter abhangt. Im vierten Schritt ziehen wir weitere unternehmenspolitische Schlussfolgerungen. F.3.1 Spieltheoretische Wettbewerbsstruktur Das Stackelberg-Modell (Index S) beschreibt einen zweistufigen oder sequentiellen Mengenwettbewerb, in dem die Unternehmen ihre Angebotsmengen nacheinander festlegen: Ein Unternehmen, der Mengen- bzw. StackelbergFiihrer, legt seine Outputmenge in Stufe 1 fest. Diese ist dem zweiten Unternehmen, dem Mengen- bzw. Stackelberg-Folger, bekannt. Abb. F.8 zeigt die spieltheoretische Struktur des Stackelberg-Mengenwettbewerbs. Wir berechnen das Stackelberg-Gleichgewicht durch Rtickwartsinduktion und gehen also in zwei Schritten vor: Der Folger bestimmt fiir die zweite Stufe in Abhangigkeit von der Ftihrer-Menge die ftir ihn gewinnmaximale Menge, berechnet also seine Reaktionsfunktion. Der Mengen-Fiihrer berticksichtigt die Reaktionsfunktion des Folgers und kann dadurch seinen Gewinn als Funktion lediglich seiner eigenen Ausbringungsmenge schreiben. Diesen Gewinn sucht er zu maximieren.

F.3 Sequentieller Mengenwettbewerb

141

F.3.2 Stackelberg-Gleichgewicht und Zeitfiihrerschaffc Den Stackelberg-Ftihrer bezeichnen wir audi als Zeitftihrer. Ganz unabhangig von der Zeitfiihrerschaft kann der Stackelberg-Ftihrer zugleich die Kostenftihrerschaft innehaben. Sind die Kostendifferenzen relativ gering, sind beide Unternehmen am Markt aktiv; dies ist der Fall der Eintrittszulassung. Den Fall groBer Kostendifferenzen betrachten wir ab S. 147.

EFEhD

Gewinnfunktionen.

Aufgrund der gleichen technischen Modellannahmen (lineare Nachfrage, lineare Kosten) berechnen sich die Gewinnfunktionen im Stackelberg-Mengenwettbewerb nach genau denselben Formeln wie beim Cournot-Mengenwettbewerb: i l l (xi,a;2) = {a — b{xi +a;2))xi - ciXi, il2 (xi,a:2) = {a- b{xi +X2))x2 - C2X2.

H ^1

Reaktionsfunktion des Folgers (zweite Stufe).

Der Gewinnmaximierungskalkiil ist fiir den Folger im Stackelberg-Mengenwettbewerb identisch mit dem Kalktil der Unternehmen im simultanen Cournot-Mengenwettbewerb. Wir nehmen an, dass Unternehmen 2 der Stackelberg-Folger ist. Demnach lautet die Reaktionsfunktion des Folgers (siehe Gl. F.3auf S. 129): x^{xi)

=argmaxi72 (0:1,2:2) =

^,

- 7;^!-

Optimale Outputmenge des Fiihrers (erste Stufe). Der Stackelberg-Ftihrer, Unternehmen 1, stellt bei seiner Gewinnmaximierung in Rechnung, dass sich der Folger optimal an die von ihm gewahlte

n, n,

142

F. Mengen- und Kostenwettbewerb

Menge anpasst. Graphisch wird dies in Abb. F.9 dargestellt. Der Stackelbergftihrer sucht sich auf der Reaktionsgerade des Folgers den fiir ihn optimalen Punkt heraus. Wahlt der Stackelberg-Fiihrer dabei eine Menge kleiner als xf, so ist der Markteintritt fiir den Folger zugelassen, im anderen Fall abgeschreckt oder sogar blockiert. Analytisch ausgedrtickt findet sich dies in seiner (reduzierten) Gewinnfunktion wieder: ill (^i) =p{xi+

x^ {xi)) xi -

cixi.

Die gewinnmaximale Angebotsmenge des Stackelberg-Fiihrers resultiert aus der Bedingung erster Ordnung ftir ein Gewinnmaximum bzw. - nach Umformung - aus der Angebotsregel „Grenzerlos = Grenzkosten". Es lohnt sich, den Grenzerlos im allgemeinen Fall genauer zu betrachten. Man kann ihn als

MRi{xi)

=p{X) /..x

+ -^—

xi (Kettenregel)

dp d (Xl ^ X^ (Xl))

" ^ ^ ^ ) + dJ( .,^,

dxl

dp dxi

V

diiekter Effekt

^^

dp dx?-

dX "

R,

^^^

''' ^^ ^ ^1 +^2'(^l))

dX '

V

dxi ^

axi ^

Folger-Effekt

schreiben. Erhoht Unternehmen 1 seinen Absatz um eine Einheit, so ergibt sich zum einen der Grenzerlos wie im Monopolfall: Die letzte verkaufte Einheit erhoht den Erlos um p, ftihrt jedoch andererseits zu einer Preisanderung J ^ < 0, die, auf alle Einheiten xi angewandt, einen Erlosrtickgang bewirkt. Zum anderen gibt es den (strategischen) Folger-Effekt: Die Erhohung der Absatzmenge von Unternehmen 1 ftihrt entsprechend der Reaktionsfunktion des Folger-Unternehmens zu einem Absatzriickgang ( ^dx ^ ^)' ^^^ ^^^^ Preiserhohung, wiederum auf alle Einheiten, bewirkt. Infolge des strategischen Effektes fallt der Grenzerlos des StackelbergFiihrers bei jeder Outputkombination der Unternehmen hoher aus als im Cournot-Wettbewerb. Deshalb ist der Grenzgewinn des Stackelberg-Fiihrers im Cournot-Dyopolpunkt (in dem der Grenzgewinn der Cournot-Dyopolisten null betragt) positiv, sodass der Fiihrer iiber seine Cournot-Menge hinaus anbietet. Dies werden wir fiir unser lineares Modell bestatigt finden. Im linearen Fall fiihrt die Angebotsregel des Stackelberg-Fiihrers zu

F.3 Sequentieller Mengenwettbewerb

143

Xj

Eintrittszulassung Blockade oder Abschreckung

.f

/

xf

X,

Abbildung F.9. Die Reaktionsgerade des Stackelberg-Folgers

MRi(xi)

=a-bxi-

^S°—^ Lc^= MCi{xi) 2b und dann zur gewinnmaximalen Angebotsmenge des Stackelberg-Fiihrers: 5 _ a — 2ci + C2

""^ ~

26



Durch Einsetzen in die Reaktionsfunktion des Folgers erhalt man die zugehorige Angebotsmenge des Folgers. Alternativ erhalt man das gewinnmaximale Angebot des StackelbergFiihrers, indem man mithilfe der Reaktionsfunktion des Folgers die Gewinnfunktion des Fiihrers reduziert auf ill (xi,x^(xi)) =

(a-blxi-i- a- C2 2b

:^i

= - (a - bxi + C2 - 2ci) xi.

Xi — CiXi

(F.ll)

i l l ist als Funktion von xi erne nach unten geofFnete Parabel. Ihr Maximum liegt bei der NuUstelle der ersten Ableitung. Stackelberg-Nash-Marktgleichgewicht. Das Stackelberg-Nash-Gleichgewicht ist im linearen Modell gleich dem Strategiepaar, bestehend aus der Stackelberg-Menge des Fiihrers und der Reaktionsfunktion des Folgers, yXi, ^2 j ,

wodurch sich die Angebotsmengen, der Marktpreis und die Gewinne ergeben als g - 2ci + C2 ^1 —

2b

''

(F.12)

144

F. Mengen- und Kostenwettbewerb

StackelbergAusbringungsmengen

Abbildung F.IO. Stackelberg-Nash-Gleichgewicht flir gleiche Sttickkosten

^ _ a + 2ci — 3c2 X

g

3a — 2ci — C2 Ah

p ( X ^ ) = - ( a + 2ci+C2), s_l(a_+C2j-2cir s _ 1 ( a - 3 c 2 + 2ci) ^2 - 1 6 6

(F.13) (F.14) (F.15) (F.16) (F.17)

Der Stackelberg-Fiihrer (Unternehmen 1) ergreift die Initiative (Zeitfiihrerschaft). Er sucht sich den ftir ihn gewinnmaximalen Punkt auf der Reaktionskurve des Folgers aus. Dieser Punkt liegt nicht auf der Reaktionskurve des Fiihrers. Denn aufgrund des strategischen Effektes, so haben wir auf S. 142 liberlegt, bietet der Stackelberg-Fiihrer mehr an als im Cournot-Dyopol. Der Folger offeriert dann aufgrund der negativen Neigung der Reaktionskurve weniger als im Cournot-Dyopol. Man erhalt einen Punkt S wie in Abb. F.IO. Im dargestellten Spezialfall gleicher Grenzkosten ci =: C2=: c ergeben sich die Ausbringungsmengen des Stackelberg-Gleichgewichts als xf = x^ = ^ ^ und xf = ^ ^ , d.h. der Stackelberg-Fiihrer bietet die Monopolmenge und der Folger zusatzlich die halbe Monopolmenge an. AUerdings ist xf = x^ nur ein Zufallsprodukt unseres symmetrischen linearen Modells, das keine tiefere okonomische Bedeutung hat.

F.3 Sequentieller Mengenwettbewerb

145

Die Ausbringungsmengen im Stackelberg-Gleichgewicht sind

Diese Mengenkombination ist jedoch nicht das Stackelberg-Gleichgewicht. Letzteres besteht einerseits aus xf und andererseits aus der Reaktionsfunktion X2'. Man muss hier ganz sauber Funktion (hier: die Reaktionsfunktion x^^ von Unternehmen 2) und Funktionswert (hier: (xf) als Outputmenge von Unternehmen 2, die, gegeben xf, dessen Gewinn maximiert) auseinander halten. Fiir Unternehmen 2 sind die Mengeneinheiten 5 oder xf oder X2 mogliche Strategien. Es handelt sich dabei um konstante Funktionen. Unternehmen 2 wtirde planen, bei jeder Strategie xi die Ausbringungsmenge 5, X2' (xf) bzw. X2 zu wahlen. Nur sehr selten ist eine solche konstante Strategie eine beste Antwort. Betrachten wir einmal die folgende Strategie ftir Unternehmen 2 :

r-.xr

\ X ;2

, ^1 > 0

Diese Strategie lasst sich so in Worten ausdriicken: Wenn Unternehmen 1 (als Ftihrer-Unternehmen!) die Menge null wahlt, produziert Unternehmen 2 die Monopolmenge. Wenn Unternehmen 1 eine echt positive Menge absetzt, tiberschwemmt Unternehmen 2 den Markt mit der Limitmenge X2 '•= ^^-^• Man kann diese Strategie von Unternehmen 2 als Drohung an Unternehmen 1 auffassen: Nur wenn Unternehmen 1 dem Markt fernbleibt, unterlasst es Unternehmen 2 den Preis auf die Durchschnittskosten von Unternehmen 1 zu senken. Die beste Antwort von Unternehmen 1 auf f^ besteht darin, xi = 0 zu wahlen. Dann wtirde Unternehmen 2 entsprechend dem vorgefassten Plan f^ seine Monopolmenge X2^ herstellen. Offenbar haben wir hier wechselseitig beste Antworten vorliegen und

(0,/^) ist tatsachlich ein Gleichgewicht der Spielstruktur bei Stackelberg. Es handelt sich hier allerdings nicht um das Gleichgewicht, das wir mit Rtickwartsinduktion erhalten. Ein solches Gleichgewicht schliefit namlich Strategien wie f^ aus. Denn diese verlangen von einem Spieler (hier: Spieler 2) Aktionen zu planen, die den Gewinn unter Umstanden nicht maximieren. Was wtirde Unternehmen 2 tun, wenn Unternehmen 1 seinerseits xf wahlt? Der Leser kann, wenn er mochte, nochmals Kap. B konsultieren.

146

F. Mengen- und Kostenwettbewerb

Ubung F.3.1. Welche der folgenden Strategiekombinationen sind NashGleichgewichte des Stackelberg-Modells?

1.

{xf,x§{xf))

2. ( x f , : r | )

Ubung F.3.2. In einem homogenen Markt mit der Nachfrage D (p) = 100 — p konkurrieren drei Unternehmen (i = 1,2,3) miteinander. Die Stiickkosten jedes Unternehmens sind c = 0. Zunachst setzt Unternehmen 1 als Stackelberg-Fiihrer seine Angebotsmenge xi fest. Die Unternehmen 2 und 3 wahlen danach als Stackelberg-Folger simultan ihre Angebotsmengen X2 und xs- Losen Sie das Modell und bestimmen Sie den sich einstellenden Marktpreis. Vielleicht konnen Sie dabei von folgendem Hinweis Gebrauch machen: Bei der inversen Nachfragefunktion p{X) = a — bX ergibt sich die Cournot-DyopolMenge fiir Unternehmen 1 als: xf = '^~^3J,"^'"'^ • Die RoUe der Zeit- und Kostenfuhrerschaffc. Der Stackelberg-Fiihrer stellt sich - bei gleichen Stiickkosten - im Stackelberg-Nash-Gleichgewicht immer besser als der Stackelberg-Folger (d.h. Uf > 112 f^^ ^i — ^2)- Dies ist der first-mover-Vorteil bzw. der Vorteil der Zeitftihrerschaft. Er ergibt sich einfach daraus, dass der Stackelberg-Fiihrer eine hohere Menge als der Folger anbietet. Zeitfiihrerschaft und Kostenfiihrerschaft sind unabhangig voneinander. Ubung F.3.3 (*). Die gesamte inverse Marktnachfrage ist p = 24 — X. Der Stackelberg-Folger (Unternehmen 2) hat Kosten in Hohe von C2 = 2. Berechnen Sie Outputmengen und Gewinne im Stackelberg-Gleichgewicht, wenn die Kosten des Stackelberg-Fiihrers (Unternehmen 1) ci = 3, ci == 5 Oder ci =7 betragen. Vergleichen Sie! Ubung F.3.4. Ist es moglich, dass der Gewinn des ersten Unternehmens im Stackelberg-Wettbewerb geringer ist als im Cournot-Wettbewerb? Machen Sie sich bitte den Unterschied der folgenden zwei Aussagen klar: • Der Gewinn des Fiihrers ist bei gleichen Kosten hoher als der Gewinn des Folger s. • Der Gewinn des Fiihrers ist hoher als der Gewinn eines Cournot-Unternehmens.

F.3 Sequentieller Mengenwettbewerb

147

F.3.3 Blockade und Eintrittsabschreckung (Limit-Mengenstrategie) Gerade im Rahmen des Stackelberg-Modells lasst sich die Prage, ob der Marktzutritt von Unternehmen 2 blockiert ist oder aber entweder zuzulassen oder abzuschrecken ist, sehr gut behandeln. Wir lassen in der Regel Kosten des Markteintritts und -austritts auBer Betracht; eine Ausnahme prasentieren wir ab S. 153. Markteintritt fur beide blockiert. Wie auch im Cournot-Dyopol verhindern Stiickkosten oberhalb des Prohibitivpreises, d.h. Q > a, (i = 1,2), dass das Gut hergestellt und angeboten wird. Der Markteintritt ist fiir beide Unternehmen blockiert. Markteintritt des Folgers blockiert. Wenn der Stackelberg-Folger Stiickkosten in Hohe des Monopolpreises des Stackelberg-Fiihrers oder dariiber hat, d.h. C2 > p^ (ci) = ^ (a + c i ) , dann ist der Markteintritt fiir den Folger blockiert, und der Fiihrer ist Monopolist. Denn der Ftihrer wird unter diesen Umstanden seine Monopolmenge ausbringen, sodass der Marktpreis hochstens noch p^ (ci) sein kann. Wiirde der Folger nun auch noch anbieten, dann sinkt der Marktpreis unter diesen Wert, und der Folger macht Verluste, sodass er besser auf ein Angebot verzichtet. Es gibt drei alternative graphische Darstellungen der Eintrittsblockade. Erstens ist in Abb. F . l l die Nachfragekurve mit C2 > p^ (ci) abgebildet. In dieser Abbildung findet sich auch die Limitmenge xf := ^^^^ < xf^] bei dieser Menge sinkt der Preis auf C2- Zweitens sind die zugehorigen Reaktionsfunktionen in Abb. P. 12 dargestellt. Die Monopolmenge xf^ ist dabei groi3er als die Limitmenge xf, d.h. die Monopolmenge ist so grofi, dass sie Unternehmen 2 vom Markt fernhalt. Und drittens haben wir in Abb. P. 13 die Gewinnkurve fur den StackelbergPiihrer. Bis zur Limitmenge xf (gestrichelte Linie) bietet der Folger eine positive Ausbringungsmenge an, ab der Limitmenge (durchgezogene Linie) ist die Konkurrenzmenge gleich null. Markteintritt des Folgers abgeschreckt: Limit-Mengenstrategie. Wenn der Markteintritt des Folgers nicht blockiert ist, kann gleichwohl der Stackelberg-Ptihrer den Folger vom Markteintritt abschrecken. Zu diesem Zweck mtisste er die Limitmenge xf = ^ ^ ^ ausbringen. Der Ftihrer wird eine solche strategische Marktabschreckungs- bzw. Verdrangungspolitik aber nur in Betracht ziehen, wenn sie ihm einen hoheren Gewinn verspricht als die Zulassung des Markteintritts des Folgers. Selbstverstandlich setzt eine Marktabschreckung voraus, dass der Stackelberg-Ptihrer auch Kostenftihrer ist, denn sonst wiirde er im Abschreckungsfall selbst Verluste machen; ein

148

F. Mengen- und Kostenwettbewerb

p a

pr

f

"^

^1

Abbildung F . l l . Marktnachfrage ftir den Fall des blockierten Markteintritts

Abbildung F.12. Reaktionsgeraden ftir den Fall des blockierten Markteintritts

F.3 Sequentieller Mengenwettbewerb

n, '

149

i

/

/

/

/

/

/

/

/

/

/

\ n,(x„o)

/ n,(-Ky,X2

\Xi))

-^1

^1

^1

Abbildung F.13. Gewinnfunktion flir den Fall des blockierten Markteintritts

p

a

PM

P\

/ / //

0 und damit ist der Markteintritt nicht blockiert. Fiir Unternehmen 1 stellt sich jetzt die Prage, ob sich die Abschreckung des Markteintritts lohnt. Bei Abwesenheit von quasifixen Kosten war die Antwort: nein. Wir wollen nun begrtinden, warum bei quasifixen Kosten in Hohe von 3 die Abschreckung lohnend ist. Zunachst haben wir die Limitmenge zu finden, bei der der maximale Gewinn von Unternehmen 2 null wird. Die gesuchte Limitmenge bei quasifixen Kosten in Hohe von 3, x-^*^ (g ftir quasifixe Kosten), liegt unter der Limitmenge r _ a-C2 1 ~ b

_ 4 - ^ _ 1 - -L^ 4

bei Abwesenheit von quasifixen Kosten. Ubung F.3.6. Wie hoch ist der maximale Gewinn des Folgers bei xf in Anwesenheit von quasifixen Kosten? Die Limitmenge xi = x-^^ muss die Gleichung n2{xi,x^{xi))

=0

erftillen. Wegen i72 ( x i , x f (^i)) = {p{X) -

l)x^{xi)-3

= U - i (a;i + x^ (xi)) - 1 j x^ (xi) - 3 und R(

\

2 ^ ^^ erhalt man

^-C2

26

1

4-1

1

1

2 ^

24

1

1

F.3 Sequentieller Mengenwettbewerb 4-1

1

\

155



Setzt man dies gleich null, erhalt man die zwei Losungskandidaten xi = 12 + 4\/3 und xi = 12 - 4\/3 und damit wegen x^^ < xf = 12 schliefilich xf ^ = 12 - 4\/3. Wir konnen somit

xf = 2 nf\ z == 1,2). Die Verteilung des dartiber hinaus aus dem Kartellgewinn verbleibenden Betrages ergibt sich aus dem Verhandlungsgeschick der Unternehmen. Dies ist Gegenstand der Verhandlungstheorie und wird hier nicht weiter betrachtet. 3. Produktion der Kartellmenge: Es muss geregelt werden, wer welchen Anteil der Kartellmenge produziert. In unserem linearen Modell mit konstanten Grenz- bzw. Stiickkosten wird - bei gemeinsamer Gewinnmaximierung - das Unternehmen mit den niedrigeren Kosten das gesamte gemeinsame Angebot produzieren. Sind die Stiickkosten gleich, so kann eines der Unternehmen eine beliebige Menge zwischen 0 und der Monopolmenge herstellen, das andere Unternehmen stellt dann den zur Monopolmenge noch fehlenden Rest her. 4. Kontroll- und Sanktionsmechanismen: Es sind die KontroU- und Sanktionsmechanismen festzulegen, die im Falle eines Bruchs der Kartellvereinbarung greifen soUen.

164

F. Mengen- und Kostenwettbewerb

Unter dieser Kartellvereinbarung wird - auch bei steigenden Grenzkosten jedes Unternehmen sein Angebot solange ausdehnen, wie der Grenzerlos des Kartells groBer ist als seine Grenzkosten. Gewinnfunktion und Angebotsregel des Kartells. Im allgemeinen Fall erhalt man aus der Maximierung von 11 (x 1^x2) die folgenden notwendigen Bedingungen ftir ein Gewinnmaximum bzw. die folgende Angebotsregel des Kartells: ^

^

^

^ ^ ^ ^

= PiX) + ^

• (-1 + .2) = MC,{x,),

(F.18)

= V{X) + ^

• (-1 + -2) = MC,{.,).

(F.19)

Jedes der verbundenen Unternehmen stellt in seiner Angebotspolitik nicht nur den preisdampfenden Effekt seiner Mengenausweitung auf den eigenen Erlos in Rechnung (d.h. ^.xi < 0), sondern auch auf den Erlos des „Kartellbruders" (d.h. ^^Xj < 0 mit i ^ j). Folglich wird der Kartellerlos durch eine Mengenerhohung von Unternehmen 1 genauso beeinflusst wie durch eine Mengenerhohung von Unternehmen 2. Im Gewinnmaximum des Kartells miissen die Grenzkosten der beiden Unternehmen gleich sein, falls beide Unternehmen positive Mengen produzieren; andernfalls lieBe sich der Gewinn durch Produktionsverlagerung zwischen den Kartellbetriebsstatten steigern. Dies hatten wir im Monopolkapitel E ab S. 106 genauer ausgefiihrt. Ubung F.4.1. Ein Kartell besteht aus Unternehmen, die identische konstante Grenz- und Stiickkosten haben. Die Mitglieder des Kartells woUen den Gesamtgewinn maximieren. Was sagt dies liber die Verteilung des Outputs zwischen den Unternehmen aus? Im Falle des einfachen linearen Modells lautet die Angebotsregel: d{Ri+R2) dxi d{Ri-{-R2) dx2

= a- 2bxi - 2bx2 = ci = M(7i(xi), = a- 26x2 - 26xi = C2 = MC2{x2).

(F.20) (F.21)

Einhaltung der Kartellabsprache. Die KartelUosung, die sich ergibt, wenn die Kartellmitglieder die Kartellabsprache einhalten, ist bei konstanten Stiickkosten identisch mit dem Monopol-Gleichgewicht des kostengtinstigsten Anbieters. Im Rahmen unseres einfachen linearen Modells erhalt man X^ = x^ = ^ P^ = ^

,

,

(F.22) (F.23)

F.4 Mengen-Kartell

165

Linie aller moglichen Kombinationen von Ausbringungsmengen im Kartell

Kartell mit gleichen Ausbringungsmengen

9 ^1

~

^•y

Abbildung F.24. Symmetrisches Kartell bei eingehaltener Kartellvereinbarung

wobei der Index n das Unternehmen mit den niedrigeren Kosten anzeigt. Im symmetrischen Kartell, d.h. bei identischen Kosten, liegen alle moglichen Aufteilungen der Kartellmenge auf der Geraden, die in Abb. F.24 die Monopol-Mengen x^ und x^ miteinander verbindet. Diese Abbildung erlaubt auch einen Vergleich des Kartells (K) mit dem Cournot-Gleichgewicht (C) bzw. den Ausbringungsmengen im Stackelberg-Gleichgewicht (S). Der Bruch der Kartellabsprache. Eine immanente Eigenschaft von Kartellen ist der Anreiz zum Bruch der Kartellabsprache bzw. die Instabilitat des Kartells. Graphisch spiegelt sich diese Instabilitat in Abb. F.24 darin wider, dass samtliche denkbaren KarteUlosungen (mit Ausnahme der Randpunkte) auf keiner Reaktionskurve liegen. Analytisch kann man sich den Anreiz zum Kartellbetrug anhand der Optimalitatsbedingungen (Gl. F.18 und Gl. F.19) verdeutlichen. Nach Umformung wird Gl. F.18 (und analog Gl. F.19) zu dn{xi^X2) dxi

_

. s

dp dxi

dp dxi

MC{xi)

= 0.

Folglich ist der Grenzgewinn einer einseitigen Mengenerhohung durch Unternehmen 1 in der Kartelllosung gegeben durch P-

dp xi - MCi dxi

Greiizgewiiiu bei eiuseitiger Meiigeuerliolmiig

dp X2>0 dxi

166

F. Mengen- und Kostenwettbewerb

und fallt positiv aus. Das bedeutet, dass die in einer Kartellvereinbarung festgelegten Outputmengen zwar den gemeinsamen Gewinn maximieren, jedes einzelne Unternehmen aber durch einseitige Outputerhohung seinen eigenen Gewinn noch steigern kann. Genau darin besteht der Anreiz zum Kartellbetrug. Wenn ein Kartellunternehmen also erwartet, dass es seinen Absatz erhohen kann, ohne dass das andere Kartellunternehmen nachzieht, wird es die Kartellvereinbarung brechen. Ein der Kartellvereinbarung gemafies Verhalten ist also kein Gleichgewicht des betrachteten Spieles. Die Instabilitat des Kartells (bzw. der Anreiz zum Kartellbetrug) und seine konkreten Auswirkungen lassen sich im linearen Modell sehr einfach veranschaulichen: Wir nehmen zur Vereinfachung an, die Unternehmen haben identische Sttick- bzw. Grenzkosten c. Dann gilt im Gleichgewicht des Cournot-Mengenwettbewerbs (siehe Gl. F.4, F.7 und F.8 auf S. 130): r^

^

(^

CL

C

a -\-2c

^^1 - ^^2 -

J,

9



Nehmen wir nun an, die Unternehmen hat ten eine Kartellvereinbarung geschlossen, nach der jeder die Halfte der Monopolmenge produziert und diese auf eigene Rechnung verkauft, sodass jeder die Halfte des Monopolgewinnes erzielt. Nehmen wir ferner an, jedes Unternehmen entscheide sich nur zwischen genau zwei moglichen Outputmengen: entweder es halt sich an die vereinbarte Quote (die Halfte der Monopolmenge), oder es wahlt genau die Menge, die den eigenen Gewinn maximiert, wenn sich das andere Unternehmen an die Vereinbarung halt. Wir konnen dann vier Falle unterscheiden: 1. Fall: Beide Unternehmen halten sich an die Kartellabsprache. Dann ergibt sich die obige Kartelllosung: x^ Xi =

X2

a-c

2

46 '

p = pj^ _ a + c 2

ill - i72 -

'

n^ _{a- cf

2 ~ 8b ' Der Preis und die Gewinne sind, wie leicht zu erkennen, hoher und die Mengen niedriger als im Cournot-Mengenwettbewerb.

F.4 Mengen-Kartell

167

2. Fall: Nur Unternehmen 2 halt sich an die Kartellabsprache. Es bietet folglich die Menge X2 = ^ ^ an. Fiir Unternehmen 1, das die Kartellabsprache durch einseitige Mengenausweitung bricht, ergibt sich die optimale Menge aus seiner Reaktionsfunktion (Gl. F.2, S. 129) als 4b J

S a —c

/ ^ ^ .N

S

(F.24)

b

Produziert Unternehmen 1 diese optimale Menge, dann stellt sich folgende Situation auf dem Markt ein: b 3

' 5

9 {a-cf 64 b ' 6 (a - cf 64 b Der Gewinn von Unternehmen 1 ist grofier als der halbe Monopolgewinn, sodass sich der einseitige Bruch der Kartellabsprache tatsachlich lohnt; der Gewinn von Unternehmen 2 fallt durch diesen Bruch der Kartellabsprache auf ein Niveau zuriick, das sogar noch unter dem Gleichgewichtsniveau im Cournot-Mengenwettbewerb liegt. 3. Fall: Nur Unternehmen 1 halt sich an die Kartellabsprache. Dann ergibt sich die gleiche Situation wie im vorigen Fall - nur mit vertauschten RoUen. 4. Fall: Beide Unternehmen unterlaufen die Kartellabsprache. Dabei hoffen sie annahmegemafi auf die Vertragstreue des Partners. Dann produziert jeder die Menge der Gl. F.24, und es ergibt sich folgende Situation auf dem Markt: ill-

X =

3a—c 4 b a + 3c

3 (g - cf ^^^^^"32—T— Nun ist der Gewinn beider Unternehmen sogar noch geringer als in einem Cournot- Gleichgewicht. Diese vier analysierten Falle lassen sich wie in der Normalform der Abb. F.25 zusammenfassen. Hier steht die jeweils erste Zahl ftir den Gewinn von Unternehmen 1 und die jeweils zweite Zahl ftir den Gewinn von Unternehmen 2.

168

F. Mengen- und Kostenwettbewerb

Unternehmen 2 kooperiert X2 = 2

Unternehmen 1

kooperiert xi = 2 betrtigt a^i = 3

betrtigt X2=2f

(8,8)

(6,9)

(9,6)

(6,6)

Abbildung F.25. Das Gefangenendilemma AUerdings arbeiten wir hier mit normierten Mengen. U m die urspriinglichen Mengen zu erhalten, sind die normierten mit ^ ^ zu multiplizieren; bei den Gewinnen b e t r a g t der Faktor ^^~^^ . Diese Normalform zeigt das Dilemma, in dem sich die Unternehmen nach Abschluss der Kartellvereinbarung befinden. Einerseits ist der Bruch der Kartellabsprache eine dominante Strategie. Die Auszahlungen dabei sind 9 > 8 u n d 6 > 6. Wenn allerdings beide Unternehmen entsprechend ihrer dominant e n Strategie betrtigen, ist der Gewinn fur beide Unternehmen geringer als bei beidseitiger Einhaltung der Quote (6 a n s t a t t 8). Die sich d a n n ergebende Gewinnsituation ist nicht Pareto-optimal: beide konnten besser gestellt werden. Diese Situation ist dem Gefangenendilemma (siehe S. 27) sehr ahnlich. AUerdings ist im Gefangenendilemma betriigerisches bzw. unkooperatives Verhalten eine streng dominante Strategie (zu den Definitionen siehe S. 26). U b u n g F . 4 . 2 . Wie viele Gleichgewichte weist das in Abb. F.25 dargestellte Spiel auf ? F.4.3 Zusamraenfassung und unternehmenspolitische Schlussfolgerungen Die Analyse des Kartells gibt Anlass zu folgenden zusatzlichen unternehmenspolitischen Einschatzungen u n d Empfehlungen zum Mengenwettbewerb: 1. Durch eine von alien Beteiligten eingehaltene Kartellvereinbarung konnen die Unternehmen ihre Gewinne im Vergleich zum Cournot-Wettbewerb vergrofiern. Dazu mtissen sie ihre Ausbringungsmengen reduzieren, well die Mengenerhohung durch ein Unternehmen fiir das andere einen negativen externen Effekt darstellt (siehe K a p . B a b S. 36). Bei konstanten Sttickkosten bieten die Unternehmen in der Summe die Monopolmenge an, die sich bei den niedrigsten Sttickkosten ergibt.

F.4 Mengen-Kartell

169

2. Kartelle sind jedoch in der Regel nicht stabil, denn es besteht ftir die beteiligten Unternehmen ein okonomischer Anreiz, das Kartell zu brechen, um den eigenen Gewinn noch weiter zu erhohen. Brechen alle Unternehmen die Kartellvereinbarung, stellen sie sich auf jeden Fall schlechter als in der KartelUosung, sie konnen sich durch den Kartellbruch sogar noch schlechter stellen als im Cournot-Wettbewerb. 3. Grundsatzlich kommt eine Kartellvereinbarung umso eher zustande bzw. ist ein Kartell umso stabiler, • • • • • • • •

je weniger Anbieter sich zum Kartell zusammenfinden, je groBer die Einigkeit liber die gemeinsame Zielsetzung ist, je homogener das Produkt ist, je unelastischer die Nachfrage und je hoher deshalb der Kartellgewinn ausfallt, je ahnlicher die Kostensitnation ist, je geringer die Kosten der Uberwachung und Durchsetzung der Kartellabsprache sind, je besser die horizontale Markttransparenz und die Moglichkeiten einer schnellen Abstrafung von Kartellbetrtigern sind und je hoher die Markteintritts- und -austrittsbarrieren sind.

4. Aufierdem lebt ein Kartell umso langer, • je besser die Investitionspolitik abgestimmt wird, • je weniger ausgepragt der „Wettbewerbsgeist" ist und • je mehr sich die Anbieter gegenseitig vertrauen bzw. je langer sie Gelegenheit hatten, zu lernen, dass ein Bruch der Kartellabsprache zu allseitigem Schaden fiihrt. 5. Selbst wenn die (polit-)okonomischen Bedingungen vorlagen, die die Einfiihrung und Stabilitat von Kartellen begtinstigen, ist zu bedenken, dass die Wettbewerbsgesetze (fast) aller westlichen Industrielander Kartelle grundsatzlich verbieten und sogar unter Strafe stellen. Preilich gibt es von dieser Regel - wie auch in Deutschland - viele Ausnahmen. So gestatten die Art. 2 bis 8 des deutschen Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschrankungen (GWB) zum Beispiel Konditionenkartelle, Strukturkrisenkartelle und Rat ionalisierungskar telle. 6. Kartelle werden auch nicht von Dauer sein, wenn der Markteintritt potentieller Konkurrenten, die vom Kartellgewinn angelockt werden, nicht blockiert ist. Infolgedessen mtissen Kartellmitglieder in der Lage und willens sein, den Markteintritt zu begrenzen oder ganzlich zu verhindern. Soweit es gesetzliche Eintrittsbarrieren gibt, erfordert dies Investitionen in die Aufrechterhaltung dieser Barrieren. Sind es strukturelle Barrieren,

170

F. Mengen- und Kostenwettbewerb

ist sicherzustellen, dass die Kartellmitglieder ihren Kosten- oder Technologievorsprung (z.B. durch gemeinsame Forschung und Entwicklung) bewahren, also die Kartellbildung vom Produktmarkt auch auf den vorgelagerten F&E-Markt libertragen. Am besten sind Kartelle durch nattirliche Barrieren geschiitzt (wie z.B. die geographische Verteilung und Grofie von Rohstoffvorkommen). 7. In der Praxis kann es geschehen, dass die Kartellmitglieder mit der Zeit lernen und sich nicht langer durch den Bruch der Kartellabsprache selbst schaden. In der Spieltheorie spricht man von der Losung des KartellDilemmas durch das dazugehorige „Superspier', d.h. durch die mehrmalige Wiederholung der gleichen Entscheidungssituation. Typischerweise stehen sich namlich dieselben Konkurrenten in einem Markt eine gewisse Zeit lang gegeniiber. Sie haben dann Anreiz, sich verlasslich zu verhalten, um das verbundene Oligopol, das ihnen langfristig hohere Gewinne garantiert, nicht zu gefahrden. Die Grundidee besteht darin, dass Kartellmitglieder sich zur Einhaltung der Kartellquoten dadurch gezwungen sehen, dass die anderen damit drohen, bei Zuwiderhandeln das Kartell platzen zu lassen. 8. Ftir die Wettbewerbspolitik ist die Instabilitat von Kartellen ein wiinschenswerter Zustand. Ihre eigenen Waffen, gegen die Kartelle vorzugehen, sind meist stumpfer als der okonomische Anreiz zum Betrug im Kartell. Gleichwohl muss sich die Wettbewerbspolitik der Tatsache stellen, dass das Kartell-Dilemma durch das „Superspiel" gelost werden kann.

F.5 Wettbewerbsintensitat: Vergleich und Messung Zum Abschluss dieses Kapitels woUen wir die Ergebnisse der unterschiedlichen Modelle gegentiberstellen und im Hinblick auf die Frage der Wettbewerbsintensitat beleuchten. In diesem Zusammenhang stellen wir auch die gebrauchlichsten Konzentrationsmafie fiir Branchen vor. F.5.1 Vergleich der M a r k t e r g e b n i s s e bei M e n g e n w e t t b e w e r b Man kann die in diesem Kapitel und die beim Mengen-Monopol (Kap. E) abgeleiteten Ergebnisse anhand von Abb. F.26 zusammenfassen. Zusatzlich ist es hilfreich, die gewonnenen Ergebnisse in einer Tabelle zusammenzuftihren. Ubung F.5.1. Stellen Sie die Marktergebnisse (Preis, Marktangebot, Branchengewinn, Preis-Kosten-Marge) fiir alle Marktstrukturen (Monopol/Kartell,

F.5 Wettbewerbsintensitat: Vergleich und Messung Preis

171

t a

\

Monopol (M) und Kartell (K) i\ 1

pS

Cournot (C) T"\

Stackelberg (S) \

vollkommene Konkurrenz (PC)

pPC = ^

XM x^

XS ^PC

Menge

Abbildung F.26. Marktstruktur und Marktangebot vollkommene Konkurrenz, Cournot- und Stackelberg-Dyopol) in der folgenden Tabelle zusammen! Driicken Sie dabei die einzutragenden Werte durch die Nachfrageparameter a und h und die Grenzkosten c aus. Marktstruktur

M/K

Marktangebot

X

Marktpreis

p

Preis-Kosten-Marge Branchengewinn

C

s

PC

^^^ 11

Wie man anhand der obigen Abbildung bzw. der ausgefiillten Tabelle sieht, nimmt die Wettbewerbsintensitat vom Monopol bzw. Kartell tiber den Cournot-, zum Stackelberg- und schliefilich zum vollstandigen Wettbewerb insofern zu, als die Profitabilitat der Branche bzw. die Preis-Kosten-Marge und der Marktpreis dabei standig fallen, wahrend die Marktnachfrage zunimmt. Zur gleichen Zeit sinkt der Wohlfahrtsverlust, der in Abb. F.26 jeweils als Dreieck zwischen Nachfragekurve, Grenzkostenhorizontalen und Absatzmengenvertikalen zu bestimmen ist (siehe S. 110 ff.).

172

F. Mengen- und Kostenwettbewerb

F.5.2 Konzentration und Wettbewerbsintensitat Tatsachlich ist die Preis-Kosten-Marge einer Branche, v-^^ ^ (j^s gebrauchlichste globale Mafi ftir die Wettbewerbsintensitat bzw. die Profitabilitat in einer Branche. Sie wird in der Literatur auch als Lerner'scher Monopolgrad oder als Lerner-Mafi bezeichnet. Ausgehend vom Referenzpunkt „vollstandige Konkurrenz", bei dem der Monopolgrad 0 betragt, beantwortet diese Kennzahl die Prage, wieweit die Unternehmen den Preis tiber die Grenzkosten hinaus anheben konnen. Wir werden zeigen, dass ein Zusammenhang zwischen dem Lerner'schen Monopolgrad und dem Herfindahl-Index besteht. Der Herfindahl-Index misst die Konzentration in einer Branche. Zunachst jedoch woUen wir uns aus wettbewerbstheoretischen und -politischen Griinden etwas allgemeiner mit KonzentrationsmaBen befassen. Wir beginnen mit den einfachen Konzentrationsraten und behandeln dann den etwas subtileren Herfindahl-Index. Konzentrationsraten. Die Konzentrationsrate, haufig mit Ck bezeichnet, addiert die Marktanteile der k grofiten Unternehmen. Unternehmen i mit der Absatzmenge xi hat dabei den Marktanteil x^ Si :=

^ ,

wobei X die Summe der Absatzmengen aller Unternehmen der Branche meint. Hat man die Marktanteile geordnet (51 > 52 > >..), ist Ck durch

Ck-J2^ definiert. Ubung F.5.2 (*). Bestimmen Sie die (72-Konzentrationsrate ftir die folgenden Markte: 1. Zwei Unternehmen mit gleichen Marktanteilen. 2. Drei Unternehmen mit den Marktanteilen si — 0,8, S2 = 0,1 und 53 = 0,1. 3. Drei Unternehmen mit den Marktanteilen 5i = 0,6, 52 = 0,2 und 53 = 0,2. Bei n gleich grofien Unternehmen auf dem Markt errechnet man die CkKonzentrationsrate {k < n) als n

F.5 Wettbewerbsintensitat: Vergleich und Messung

173

je mehr Unternehmen es gibt, desto geringer ist also der Konzentrationsgrad. In der Regel sind Konzentrationsmafie so konstruiert, dass der Monopolfall das Mafi 1 und die voUstandige Konkurrenz das Mafi 0 hat. Die CkKonzentrationsrate erftillt diese Anforderungen. Denn im Monopolfall haben wir k = n = 1 mit ^ = I und bei voUstandiger Konkurrenz linin-^oo n ~ ^^ Kritisch ist allerdings anzumerken, dass die Fusion zweier Unternehmen, die auch nach der Fusion nicht zu den k grofiten gehoren, den Konzentrationsgrad nicht erhoht. Herfindahl-Index. Der soeben erwahnte Kritikpunkt trifft den HerfindahlIndex H (der wohl richtiger Hirschman-Index hiefie, siehe HiRSCHMAN (1964)) nicht. Zu seiner Berechnung quadriert man die Marktanteile aller Unternehmen und summiert diese Quadrate: n

^=E© =E* Wir uberpriifen zunachst die Randfalle. Gibt es in einer Branche nur ein Unternehmen, so erhalt man i7 = 1^ = 1. Agieren in einer Branche hingegen n gleich grofie Unternehmen, so gilt

'^=E

-

=n

und bei voUstandiger Konkurrenz erhalt man limn-^cx) n ~ ^• Ubung F.5.3 (*). Bestimmen Sie den Herfindahl-Index ftir die folgenden Markte: 1. Zwei Unternehmen mit gleichen Marktanteilen. 2. Drei Unternehmen mit den Marktanteilen Si = 0,8, 52 = 0,1 und 53 = 0,1. 3. Drei Unternehmen mit den Marktanteilen si = 0,6, 52 = 0,2 und 53 = 0,2. Ubung F.5.4. Wie andert sich der Herfindahl-Index, wenn zwei Unternehmen fusionieren? Der Herfindahl-Index ist so konzipiert, dass er sowohl die Anzahl von Unternehmen in einer Branche berticksichtigt als auch die Disparitat der Marktanteile. Tatsachlich kann man zeigen, dass der Herfindahl-Index mithilfe der Anzahl der Unternehmen im Markt, n, und des Variationskoeffizienten, V, ausgedriickt werden kann:

174

F. Mengen- und Kostenwettbewerb i + y2 n

Dabei ist der Variationskoeffizient durch 2

_ Standardabweichung _ y n X]i=i (^^ ~ TT) "~ Mittelwert ~ ^ n

definiert. Nattirlich wird man erwarten, dass statistische Merkmale mit grofiem Mittelwert eine groBere Standardabweichung aufweisen als solche mit kleinem Mittelwert. Insofern stellt der Variationskoeffizient eine Normierung dar. U b u n g F.5.5. Beweisen Sie H = ^'^^ ! Gehen Sie dabei von V'^ aus und multiplizieren Sie zunachst mithilfe der binomischen Formel aus. KonzentrationsniEifie im d e u t s c h e n W e t t b e w e r b s r e c h t . Wir haben die Konzentrationsmafie so grtindlich eingeftihrt, weil sie im deutschen Wettbewerbsrecht eine grofie RoUe spielen. So wird etwa nach § 19 (3) GWB (Gesetz gegen Wettbewerbsbeschrankungen) vermutet, „dass ein Unternehmen marktbeherrschend ist, wenn es einen Marktanteil von mindestens einem Drittel hat [Ci > 33,33%, Pf/W]. Eine Gesamtheit von Unternehmen gilt als marktbeherrschend, wenn sie 1. aus drei oder weniger Unternehmen besteht, die zusammen einen Marktanteil von 50 vom Hundert erreichen [Ck = 50% fiir A: < 3, Pf/W] oder 2. aus fiinf oder weniger Unternehmen besteht, die zusammen einen Marktanteil von zwei Dritteln erreichen [Ck = 66,66% ftir fc < 5, Pf/W] " Ferner hat die Monopolkommission den gesetzlichen Auftrag, in regelmaBigen Abstanden liber den Stand und die Entwicklung der Konzentration in der deutschen Wirtschaft zu berichten. Diese Berichterstattung (Anlageband zum Hauptgutachten) bezieht sich immer auf die Grofien • • • •

Gesamtumsatz der Branche {pX), Anzahl der Unternehmen/Anbieter in der Branche (n), C3-, Ce-, C10-, C25-, C50- und Cioo-Konzentrationsraten, Herfindahl-Index (auch als absoluter Herfindahl-Hirschman-Index HHI bezeichnet) und • Variationskoeffizient (auch als relativer Herfindahl-Index VK bezeichnet).

F.5 Wettbewerbsintensitat: Vergleich und Messung

175

Herfindahl-Index und Lerner'scher Monopolgrad. Man kann die PreisKosten-Marge bzw. den Lerner-Index auch fiir Branchen definieren, in denen mehrere Unternehmen im Cournot-Wettbewerb stehen. Ftir Unternehmen z, als eines von n Unternehmen, lasst sich der Grenzerlos mithilfe der Preiselastizitat und des Marktanteils so darstellen (Amoroso-Robinson-Relation): dp ^P-^^i-Jx

MRi{xi)

1 H—- —— I (Ausklammern von p) p dX J Xi X dp \

1+ — -— X p dX J = p[l

— Si

.^

.

__.

(Erweitern um X)

) (Definitionen)

Damit erhalt man im Gewinnmaximum bei simultanem Mengenwettbewerb

p-MCi P

^P-v(}-\^)

^ P

s, \^x,p\'

Der Lerner-Index ftir die gesamte Branche wird dann als Summe der gewichteten Lerner-Indizes der Unternehmen der Branche gebildet. Als Gewichtungsfaktoren dienen dabei die Marktanteile der Unternehmen. Man erhalt somit ftir den Lerner-Index einer Branche

E

• 1

p-

MCj _ ^ P

Sj

^

_

\^X,p\

1

v^ 2_

\^X,p\ ^

H \^X,p\

Der Monopolgrad der gesamten Branche ist damit umso hoher, • je unelastischer die Marktnachfrage ist und • je konzentrierter der Markt (je kleiner n oder je grofier V) ist. Wenn man nun zusatzlich Md = Ad voraussetzen kann, ist der LernerIndex gleich der Umsatzrentabilitat der Branche. Denn n

^

Xip-

.=1 ^

Ar^

E

ACi _ i=i p

{p-ACi)xi p^

ist der Quotient von Branchengewinn und Branchenumsatz. Der Zusammenhang zwischen dem Cournot-Modell und dem Modell der voUstandigen Konkurrenz wird auch aus der folgenden Aufgabe deutlich, die wir BESTER (2004, S. 128) entnommen haben.

176

F. Mengen- und Kostenwettbewerb

Ubung F.5.6. In einem homogenen Markt mit m identischen Konsumenten sind n identische Unternehmen aktiv. Zum Preis p fragt jeder einzelne Konsument die Menge 1 — p nach. Die Produktionskosten des Unternehmens j sind C{xj) = 0,5a:|. 1. Leiten Sie die Marktnachfrage (in Abhangigkeit des Preises) und dann erst die inverse Marktnachfrage her. 2. Leiten Sie die Reaktionsfunktion des Unternehmens j her! Berechnen Sie den Gesamtoutput X^ = xf + ... + rr^ und den Marktpreis p^ im (symmetrischen!) Cournot-Gleichgewicht! 3. Welcher Marktpreis p^ ergibt sich, wenn sowohl die Anzahl der Konsumenten als auch die der Unternehmen mit dem Faktor A > 0 (A sei dabei eine natiirhche Zahl) multiphziert wird? Wie hoch sind die Grenzkosten MCj der Unternehmen im Cournot-Gleichgewicht mit Am Konsumenten und An Unternehmen? Zeigen Sie, dass fiir A —> oo die Differenz von Preis und Grenzkosten gegen null tendiert! Kommentieren Sie! Hinweis: Diese Aufgabe ist nicht sehr schwer, konnte Sie aber den grofiten Teil einer Stunde beschaftigen.

F.6 Literaturhinweise Lesern, die sich auch nach dem Studium von Kap. B liber die spieltheoretischen Grundstrukturen des Cournot- und des Stackelberg-Modells noch unsicher sind, konnen die spieltheoretischen Lehrbiicher von GiBBONS (1992) oder WiESE (2002) konsultieren. Eine lohnenswerte Herausforderung ftir den Leser, der das vorliegende Buch ein wenig zu leicht findet, ist K R E P S / S C H E I N K MAN (1983) liber einen zweistufigen Wettbewerb mit Kapazitatsentscheidungen auf der ersten und Preisentscheidungen auf der zweiten Stufe. Die wettbewerbspolitischen und wettbewerbsrechtlichen Aspekte von Kartellen werden in NEUMANN (2000) behandelt. Schliefilich sind die Hauptgutachten der Monopolkommission zu empfehlen.

F.7 Losungen F.2.1. Man erhalt x f = 6§, x§ = 7§. F.2.2. 1. Es ergeben sich folgende GroBen: xf = 3,4, x§ = 2,8 und p^ = 1,9.

F.7 Losungen

177

2. Fiir den Marktpreis ergibt sich p ^ = 1,9 + |^. Leitet man diesen nach t ab, so erhalt man ^ = §, d.h. eine Erhohung der Mengensteuer um 1 ftihrt zu einer Erhohung der Preise auf dem Markt um | . (Im linearen Fall des Monopols betrug sie ^ , siehe Aufg. E.4.4 auf S. 118). F.2.3. Der direkte Effekt ist ftir beide gleich. Ftir den Dyopolisten kommt jedoch der strategische Effekt hinzu, der zusatzlichen Anreiz zur Kostensenkung bietet. F.2.4. In unserem Dyopolmodell ergibt sich die erste Ableitung des Gewinns von Unternehmen 1 nach den Kosten C2 als ai7f(ci,C2,a,6) ^ 9 ( ^ ( a - 2 c i + C 2 ) ^ ) dc2 dc2 2

Dies ist als der Anreiz interpretierbar, die Kosten des Konkurrenten zu erhohen. Offenbar steigt er mit der eigenen Ausbringungsmenge. F.2.5. p^ = 55, x f = 35, x§ = 10, X^ = 45, H^ = 1225, n^ = 100. Wenn Unternehmen 1 einen Output von o^i = 55 erzeugt, dann ist das gesamte Marktangebot mindestens 55 und der Marktpreis ist hochstens 45. Erzeugt Unternehmen 2 dann noch einen Output, fallt der Marktpreis unter 45 und Unternehmen 2 macht Verluste. Folglich wird es nicht produzieren. Somit verkauft Unternehmen 1 die 55 Einheiten zum Preis von 45 und macht einen Gewinn von 1375. Diese Situation ist kein Gleichgewicht, weil xi = 55 keine optimale Antwort auf X2 = 0 ist. Unternehmen 1 kann X2 = 0 nur dann erzwingen, wenn es seinen Output vor Unternehmen 2 auf den Markt bringt. Das Cournot-Modell beruht aber auf einem simultanen, d.h. gleichzeitigen Angebot beider Unternehmen. Die Variante des Mengenwettbewerbs, in dem ein Unternehmen „zuerst zieht", wird im Stackelberg-Modell dargestellt. F.3.1. 1. Es handelt sich nicht um ein Gleichgewicht, denn ftir Unternehmen 1 ist xf keine beste Antwort auf die Menge (!) x^^ (^f )• Unternehmen 1 kann sich also verbessern, indem es die Menge x f (x^^ (^f)) wahlt (siehe Abb. F.27). 2. Es handelt sich um ein Gleichgewicht. Unternehmen 2 wahlt seine Reaktionsfunktion als Strategic. Diese beinhaltet ftir alle Mengen des Stackelberg-Ftihrers die beste Antwort. Gegeben diese Strategic von Unternehmen 2 ist xf die beste Strategic von Unternehmen 1. Dies ist das S t ackelberg- Gleichgewicht.

178

F. Mengen- und Kostenwettbewerb

^2

.

\

4i?^2)

Xf

^\>^

4 X,

^JC2 \X^

))

s

xf(x,)

JC|

*1

Abbildung F.27. Beste Antwort des Stackelbergftihrers auf X2^ (a;f)

3. Auch hierbei handelt es sich um ein Gleichgewicht. F.3.2. Die Losung des Modells erfolgt „von hinten". Dabei findet auf der 2. Stufe ein simultaner Mengenwettbewerb zwischen Unternehmen 2 und 3 statt. Unternehmen 1 als Stackelberg-Fiihrer kann die Reaktionen der beiden Folger auf seine gewahlte Menge in sein Gewinnmaximierungskalkiil aufnehmen. Die Gewinnfunktion des zweiten Unternehmens lautet: n2{xi,X2,Xs)

=p{X)x2

-C{X2)

= (100 - xi - a;2 - xs) X2-C

{x2).

Unternehmen 2 maximiert diese Gewinnfunktion bei gegebenen Mengen des erst en und des dritten Unternehmens, sodass sich folgende Reaktionsfunktion ergibt: ^ 100 - xi - X3 x^{xi,x^) = . Da Unternehmen 2 und 3 symmetrisch sind, ergibt sich ftir Unternehmen 3 analog die folgende Reaktionsfunktion ^ ^3 (^1,^2) =

100 - xi - X2 2



Da die Unternehmen 2 und 3 simultan auf der zweiten Stufe handeln, setzt man ihre Reaktionsfunktionen ineinander ein. Man erhalt dabei:

F.7 L5sungen ^2^ ( ^ l )

=

179

100 - xi 3 ' 100 - xi

Alternativ (und hier folgen wir nun dem gegebenen Hinweis) hatte man dieses Cournot-Gleichgewicht aufgrund von

p{X) =

im-X

= (100 — xi) - X2 — x^ mithilfe der Nachfrageparameter a = 100 — xi und 6 = 1 auch direkt durch Einsetzen in die Gleichgewichtsformel erhalten konnen. Unternehmen 1 kann das Cournot-Gleichgewicht der zweiten Stufe in sein Gewinnkalktil einfliefien lassen. Die Gewinnfunktion des ersten Unternehmens lautet i l l {xi,x§ {xi),x^

(xi)) = (100 -xi-x^

(xi) - x^ {xi)) XI - 0.

Man erhalt durch Differenzieren und NuUsetzen 50 xf = 50 und x^ (50) = x^ (50) = —. Der Marktpreis lautet dann ^ . F.3.3. C\ X\ X2

Ui

n2

3 5 7 10 8 6 6 7 8 50 32 18 36 49 64

Bei ci = 3 kompensiert der Stackelberg-Ftihrer seinen Kostennachteil durch den first-mover-Vorteil: Er erreicht einen hoheren Output und einen hoheren Gewinn als der Folger. Bei ci = 5 hat der Stackelberg-Fiihrer zwar noch einen hoheren Output als der Folger, sein Gewinn ist aber niedriger als der des Folgers: Durch den hoheren Output kann die geringere Gewinnspanne nicht mehr ausgeglichen werden. Bei ci = 7 erreicht der Stackelberg-Folger aufgrund seiner Kostenfiihrerschaft die marktbeherrschende Position trotz des first-mover-Vorteils des Ftihrers: Output und Gewinn des Folgers sind hoher als Output und Gewinn des Ftihrers.

180

F. Mengen- und Kostenwettbewerb

F.3.4. Der Fall IIi > iJf ist nicht moglich. Unternehmen 1 sucht sich auf der Reaktionsgerade des Folgers den optimalen Punkt. Es kann dabei insbesondere auch den Cournot-Punkt wahlen, sodass der Gewinn des StackelbergFiihrers immer mindestens so hoch ist, wie der Gewinn, der sich im CournotWettbewerb ergeben wiirde. F.3.5. 1. Die Monopolmenge betragt xf^ = 4. Daraus resultiert ein Monopolpreis von 3. Der Eintritt ftir den potentiellen Wettbewerber ist blockiert, da seine Sttickkosten tiber dem Monopolpreis liegen. 2. Der Eintritt ftir den potentiellen Wettbewerber ist nicht mehr blockiert, da seine Sttickkosten unter dem Monopolpreis des ersten Unternehmens liegen. 3. Ftir die Limit-Menge x^ muss gelten p (a:f) = C2. Es ergibt sich somit Xi = 12. Damit sich die Abschreckung ftir das etablierte Unternehmen lohnt, muss der Gewinn bei Abschreckung hoher sein als bei Zulassung des Stackelberg-Wettbewerbs, d.h. 11^ > Ilf. Als Losung im Stackelberg-Wettbewerb erhalt man: ^2^ (^i) = 6 — - x i (Reaktionsfunktion Unternehmen 2) und xf = 2 (Stackelberg-Ausbringungsmenge Unternehmen 1). Der sich einstellende Marktpreis betragt 2,25, sodass sich 11f = 0,5 ergibt. Bei Abschreckung ergibt sich ftir Unternehmen 1 ein Gewinn von III — ~12. Es ist ftir Unternehmen 1 somit besser, den Wettbewerb zuzulassen. (Alternativ konnte man auch xf < x^ feststellen und dann mit Blick auf Abb. F.16 (S. 151) dieselbe Schlussfolgerung ziehen.) F.3.6. Ohne quasifixe Kosten ist der (maximale!) Gewinn ftir den Folger null, wenn er die Menge null produziert. Die quasifixen (!) Kosten andern daran nichts: 772 (a^f, O) = C2 (0) = 0. F.3.7. Es ergibt sich ftir das heimische Unternehmen eine abgesetzte Menge in Hohe von ^~g+^^ und somit ein Gewinn von 11^ = ^"""gt^^^' (siehe Gl. F.4 und Gl. F.8 auf S. 130). Als optimale Subvention erhalt man schlieBlich: a—c s = —— > 0. 4 F.4.1. Nichts, nur die Summe muss gleich der Monopolmenge sein. F.4.2. Das Spiel hat drei Gleichgewichte, allerdings besteht nur eines davon aus dominanten Strategien.

F.7 LOsungen

181

F.5.1. Marktstruktur

M/K

C

S

PC

Marktangebot

\X^c

\n^

>0

jjM

j Branchengewinn

D8.heiistX''^

a+2c

>|7T^

= ^—^undn^--

""

46

'''

F.5.2.

1- 5 + 1 = 1 2. 0,8 + 0,1 = 0,9 3. 0,6 + 0,2 = 0,8 F.5.3. 1. if = 0,5 2. JJ = 0,66 3. i f = 0,44. F.5.4. Bei Fusion der Unternehmen 1 und 2 (die Benennung ist unerheblich) steigt der Herfindahl-Index um

(Sl + S2f - [sl + sl] = 2siS2 > 0. F.5.5. Man erhalt durch Umformungen zunftchst V^



x-^ X

^ ' n^ 77.

X2

^ ^

2=1

2=1

1 \

= nH + n I n

^ n

2=1

'^

5 -El 2=1

nH^l-2

=

nH-l

^

^

182

F. Mengen- und Kostenwettbewerb

und anschliefiend die gewiinschte Formel. F.5.6. 1. Ftir die gesamte Marktnachfrage ergibt sich zunachst X {p) = m(l — p). Die daraus abgeleitete inverse Marktnachfrage lautet dann:

2. Mit diesem Wissen lasst sich die Gewinnfunktion ftir Unternehmen j notieren. Sie lautet:

nj{x)=p{x)xj-cixj) m

= ( l - ^ ^m ^ ) - i - 0 . 5 4 wobei X-j die von den (aus der Sicht von Unternehmen j) librigen Unternehmen insgesamt angebotene Menge darstellt. Offenbar hangt die optimale Reaktion von Unternehmen j nicht im Detail davon ab, wie sich die Menge X-j auf die tibrigen Unternehmen verteilt. Man kann daher die Reaktionsfunktion ftir Unternehmen j so schreiben: R /,^

X

^ ^

m

^^



X-n

m+ 2

Wir suchen nun nach einem symmetrischen Gleichgewicht. Dieses erftillt X-j = {n — l)xj und man erhalt somit zunachst m — (n — 1) Xj

m+2 und schheBhch die Gleichgewichtsmenge im Cournot-Gleichgewicht

x? = ^

m + 1 + n'

Der Gesamtoutput auf dem Markt betragt dann X^ = nxr =

771 + 1 + n

Dabei stellt sich der Marktpreis

f = \ m+ ein.

1 +n

F.7 Losungen

183

3. Multipliziert man die Anzahl der Konsumenten und der Unternehmen mit dem Faktor A so ergibt sich fiir den Marktpreis: c _ i

P

-^^

Am + 1 + An'

Die Grenzkosten bei der gleichgewichtigen Menge betragen ^

dC{xj) dxj

c

=

r^ Xm = ^ Xm + 1 + An

X-

Bildet man jetzt die Differenz von Preis und Grenzkosten, so ergibt sich p^ - MCj = 1

Am + 1 + An Am + 1 + An Am + 1 + An — An — Am Am + 1 + An 1 Am + 1 + An 1 A (m + n) + 1

Lasst man A gegen unendlich gehen, ergibt sich Hm —7 r = 0. A^oo A (m + n) + 1 Dies ist das Resulat der voUstandigen Konkurrenz, bei der ebenfalls MC = p gilt.

G. Innovationswettbewerb unter Risiko

Das Hauptthema dieses Kapitels sind die Innovationsanreize bei Prozessinnovationen. Nach der Erlauterung der Grundidee des (Prozess-)Innovationswettbewerbs und der Innovationsanreize (Abschnitt G.l) analysieren wir im Detail die Innovationsanreize von Unternehmen bei verschiedenen Marktstrukturen. Dabei vergleichen wir zunachst die Anreize eines wohlwoUenden Diktators und eines Monopolisten (Abschnitt G.2). Anschliefiend folgt die Analyse der Innovationsanreize bei vollstandiger Konkurrenz (Abschnitt G.2.4). In den folgenden Abschnitten analysieren wir einen dyopolistischen F&E-Wettbewerb unter Unsicherheit mit anschlieBendem Preiswettbewerb. Dabei unterscheiden wir zwischen einem symmetrischen Wettbewerb zwischen zwei Unternehmen, die gleichzeitig mit neuen Prozessideen in den Markt drangen (Abschnitt G.3), und einem asymmetrischen Wettbewerb zwischen einem etablierten Monopolisten und einem potentiellen Konkurrenten, der den Markteintritt durch Innovation anstrebt und den Monopolisten ablosen will (Abschnitt G.4). Als Fazit stellen wir einige unternehmenspolitische Folgerungen zusammen (Abschnitt G.5).

G.l Grundideen des Innovationswettbewerbs Die Analyse des Preis- und Mengenwettbewerbs in den obigen Kapiteln D und F hat die zentrale RoUe der Kostenftihrerschaft deutlich gemacht: Ein Kostenftihrer hat im tatsachlichen Wettbewerb in der Kegel den hoheren Marktanteil und Gewinn und in Bezug auf den potentiellen Wettbewerb eventuell die Moglichkeit, durch Eintrittsblockade oder die Errichtung einer strategische Markteintrittsbarriere (in Gestalt einer Limit-Preis- oder Limit-Mengenstrategie) Konkurrenten vom Markt fernzuhalten. Selbst im Kooperations- bzw. Kartellfall stellt sich der Kostenftihrer besser, weil er die Moglichkeit bzw. das Drohpotential hat, die Kartellregeln mafigeblich zu bestimmen. Infolgedessen werden die Unternehmen hochstes Interesse an einer Kostenftihrerschaft haben. Zu diesem Zweck treten sie in einen Innovationswettbewerb um vorteilhaftere Kostenstrukturen. Strategische Aktionspara-

186

G. Innovationswettbewerb unter Risiko

meter sind dabei die Forschungs- und Entwicklungsbudgets zur Hervorbringung neuer, kostengtinstigerer Technologien und Prozesse. Innovationsprozesse lassen sich in drei Phasen aufteilen: 1. Invention: Forschung und Entwicklung (F&E), die bei erfolgreichem Abschluss eines Projekts zu einer Erfindung bzw. Invention ftihren. 2. Adoption {Innovation i.e.S.): Erstmalige Nutzung der Erfindung durch Markteinfiihrung von neuen Produkten (Produktinnovation) oder Anwendung neuer Technologien (Prozessinnovation). 3. Diffusion {Innovation i.w.S.): Verbreitung der Neuerung durch Einsatz in vielen Technologiefeldern, Marktsegmenten, Unternehmen und Wirtschaftszweigen. Wir betrachten in diesem und im nachsten Kapitel Unternehmen, die Aufwendungen fiir Inventionen tatigen, um dann durch Adoption Monopolgewinne reahsieren zu konnen. Der Schwerpunkt hegt dabei auf Prozessinnovationen, die durch ein Patent geschtitzt werden. Nattirhch treten Unternehmen auch in den (Produkt-)Innovationswettbewerb um neue oder verbesserte Produkte. Dieser Wettbewerb spielt eine zentrale RoUe im Teil III tiber Produktdifferenzierung. Risiko und Wissensspillover. Konstitutive Merkmale fiir den Innovationsprozess sind das Risiko, ob die Innovationsausgaben zu dem erhofften Erfolg ftihren, und die nur unvollstandige Internalisierbarkeit eines eventuellen Innovationserfolges aufgrund von Wissensspillover-EjBFekten. Das Risiko im Innovationsprozess umfasst das technologische Risiko, ob die F&E-Ausgaben auch zur erhofften technologischen Verbesserung (hier verbunden mit einer Kostensenkung) ftihrt, ferner das Marktrisiko, ob die Erfindung auf eine unternehmensinterne oder -externe Nachfrage stofit und auch tatsachhch Anwendung findet, und schhefihch das „strategische Risiko", dass ein Wettbewerber zu ahnhchen oder schnelleren Innovationsergebnisses kommt, sodass der Ertrag der getatigten F&E-Ausgaben gefahrdet ist. Wir thematisieren in diesem Kapitel das technologische Risiko in Gestalt einer (Miss-)Erfolgswahrscheinlichkeit von F&E-Ausgaben und das strategische Risiko in Gestalt der strategischen Interaktion im dyopolistischen F&EWettbewerb. Wissensspillover-Effekte konnen gleichfalls den wirtschaftlichen Erfolg von F&E-Aufwendungen gefahrden. Nur im Idealfalle sichert das Patent auf eine Innovation die alleinige okonomische Verwertung der Erfindung fiir einen gewissen Zeitraum. Die Verwertung kann dabei entweder durch den Verkauf im externen F&E-Markt oder durch interne Verwendung auf dem Produktmarkt erfolgen. Der finanzielle Innovationsanreiz ist in beiden Fallen der erzielbare Monopolgewinn im jeweiligen Markt. AUerdings sind die Ertrage

G.l Grundideen des Innovationswettbewerbs

187

der eigenen F&E-Tatigkeit nicht immer vollstandig internalisierbar. Durch Wissensspillover-Effekte konnen sie auch anderen Unternehmen zugute kommen. Mit der Patentierung selbst verofFentlicht das Unternehmen die Invention und gibt so Einblick in seine innovatorische Stofirichtung im Wettbewerb. Dies ladt zur Imitation und Adaption auf dem Weg der „Umweg-Erfindung" ein. 1st die Konkurrenz zu schneller Imitation und Adaption fahig, begrenzt ihr Erfolg den Zeitraum ftir die alleinige okonomische Verwertung des eigenen Patents. Damit stellt sich die Frage, wie man einerseits den Wissensabfluss vom eigenen Unternehmen bremst und andererseits durch F&E-Investitionen seine eigene Absorptionsfahigkeit ftir Wissensspillover-Effekte von Konkurrenzunternehmen erhohen kann; diese Frage wird in diesem Buch vollstandig ausgeklammert. Zum anderen stellt sich die Frage, wie die Wissensspillover-Effekte den F&E-Wettbewerb beeinfiussen und ob man zur Internalisierung der Ertrage besser eine F&E-Kooperation eingehen sollte; diese Frage wird in diesem Kapitel jedoch noch ausgeblendet und erst im nachsten Kapitel (Kap. H) im Detail untersucht. Bei kurzlebigen Technologie- oder Produktzyklen oder bei liberragenden F&E-Fahigkeiten der Konkurrenz kann es sich im Lichte der WissensspilloverEffekte durchaus als sinnvoU erweisen, keine Patentierung anzustreben und damit die Dauer der alleinigen Verwertung zu verlangern. Aus dieser Uberlegung folgt, dass auch die (Ja-Nein-)Entscheidung tiber die Patentierung ein strategischer F&E-Parameter im F&E-Wettbewerb sein kann. Anstatt das Patent zu verkaufen oder unternehmensintern zu vermarkten, kann man es auch ruhen lassen und den Markt mit der alten Technologie bzw. den alten Produkten weiter bedienen. Man spricht in diesem Fall von schlafenden Patenten {sleeping patent ). Ein schlafendes Patent kann ftir die Konkurrenz in gleicher Weise eine Markteintrittsbarriere wie ein verwertetes Patent darstellen. Zusatzlich erspart es dem Unternehmen noch die Mehrausgaben der Implementierung neuer Technologien oder der Vermarktung neuer Produkte. Folglich ist die Entscheidung, das Patent ruhen zu lassen oder anzuwenden, gleichfalls eine strategische Entscheidung. Wir lassen diese Aspekte in diesem Kapitel aufier Acht; ebensowenig gehen wir auf eine mogliche Limit-Patentstrategie ein. Ein solche strategische Markteintrittsbarriere stellt darauf ab, „technologische Lticken", die „Umweg-Erfindungen" ermoglichen, durch eigene patentgeschtitze F&E-Anstrengungen zu schliefien, so dass ein profitabler Markteintritt des F&E-Konkurrenten nicht langer moglich ist {preemptive patenting ).

188

G. Innovationswettbewerb unter Risiko

In den Abschnitten G.3 und G.4 wird der Innovationswettbewerb im Sinne eines einfachen dyopolistischen Wettbewerbs um das Auffinden neuer, kostensenkender Produktionsverfahren vorgestellt. Wir unterstellen, dass die F&Etreibenden Unternehmen ihre Erfindungen und Entwicklungen patentieren lassen und im eigenen Unternehmen zur Kosteneinsparung verwenden. Invention und Adoption fallen zusammen. Ferner klammern wir WissensspilloverEffekte und die Prage der Absorptionsfahigkeit von diesen Effekten aus der Betrachtung aus. Langfristiger strategischer Aktionsparameter sind deshalb allein die F&E-Ausgaben. Weitere Ausgaben der Implementierung der F&EErgebnisse und weitere strategische Uberlegungen zur Patentierung oder zum optimalen Zeitpunkt der Adoption der F&E-Ergebnisse fallen nicht an. Wir unterstellen ferner Unsicherheit im Innovationsprozess. Die Wahrscheinlichkeit fiir einen Innovationserfolg und damit ftir einen „Sieg" im Innovationswettbewerb steigt dabei mit der Hohe der F&E-Ausgaben. Innovationsanreize in verschiedenen Marktformen. Die Analyse des asymmetrischen Innovationswettbewerbs entwickelte sich historisch aus der Auseinandersetzung mit der Behauptung Schumpeters, Monopole hatten einen hoheren finanziellen Anreiz zur Innovation und innovierten deshalb mehr als Unternehmen, die im Wettbewerb stehen (siehe SCHUMPETER 1942). Freilich griindete sich diese Hypothese mehr auf Intuition und streitbare empirische Befunde als auf einen stringenten theoretischen Nachweis. ARROW (1962) stellte die Hypothese Schumpeters auf den Kopf, indem er theoretisch nachwies, dass Wettbewerb eher zu Innovation fiihrt als ein Monopol. Denn, so argumentiert Arrow, ein Monopolist kann durch Innovation allenfalls seinen Monopolgewinn sichern oder erhohen, wahrend ein Newcomer, der sich im Wettbewerb durchsetzt, den gesamten Markt gewinnen kann. Man nennt diesen Vergleich der Innovationsgewinne den Ersetzungseffekt (replacement effect). Wir analysieren neben den Anreizen des Monopolisten zur Innovation diejenigen des wohlwollenden Diktators und der Unternehmen bei voUstandiger Konkurrenz. Zudem untersuchen wir natiirlich auch die Anreize im Dyopol, wobei wir zwei Szenarien unterscheiden. In einem Szenario wird die Innovation von zunachst identischen Unternehmen angestrebt (symmetrischer Innovationswettbewerb). Man kann sich dabei vorstellen, dass sich noch kein Unternehmen im Markt befindet und nur der Innovationsgewinner das Angebot als Monopolist bestreitet. Die Innovation kann dabei eine Prozessinnovation sein, die die Stiickkosten unter den Prohibitivpreis driickt, oder aber eine Produktinnovation. Theoretische Analysen eines solchen symmetrischen F&E-Wettbewerbs haben ftir einen de-

G.2 Vergleich der Innovationsanreize

189

terministischen und stochastischen Innovationsprozess DASGUPTA/STIGLITZ (1980), LouRY (1979) und L E E / W I L D E (1980) angestellt. Beim asymmetrischen Innovationswettbewerb besteht dagegen in der Ausgangslage bereits ein Monopol (mit Sttickkosten unterhalb des Prohibitivpreises), das jedoch durch den Markteintritt innovierender potentieller Konkurrenten bedroht ist. Die relevante Literatur ist ftir den Fall eines deterministischen Innovationsprozesses GILBERT/NEWBERY (1982) und fiir den Fall eines stochastischen Innovationsprozesses REINGANUM (1983).

G.2 Vergleich der Innovationsanreize von Monopolist en u n d wohlwoUenden D i k t a t o r e n G.2.1 Wohlwollender D i k t a t o r Die Leitfrage dieses Kapitels lautet: Wie hoch sind die Anreize zur Innovation? Wir vergleichen zunachst den Monopolisten mit einem wohlwoUenden Diktator (Index BD wegen engl.: benevolent dictator). Das Ziel eines benevolenten Diktators ist definitionsgemafi die Maximierung der gesellschaftlichen Wohlfahrt (siehe dazu ab S. 110). Bei Vernachlassigung der Steuereinnahmen strebt der benevolente Diktator nach der Maximierung der Summe von Konsumentenrente und Produzentenrente. Er dehnt das Marktangebot daher bis zu der Menge aus, bei der die Regel der vollstandigen Konkurrenz, „Preis gleich Grenzkosten", gilt. Bei konstanten Durchschnittskosten betragt die Produzentenrente null. Der wohlwoUende Diktator maximiert somit die Konsumentenrente CS (engl.: consumer surplus). Graphisch (siehe Abb. G.l) lasst sie sich im linearen Fall als Dreiecksflache oberhalb der Preisgeraden p* und unterhalb der Nachfragekurve darstellen. Mithilfe der in dieser Abbildung dargestellten Schraffur kann man einsehen, dass die Konsumentenrente als das Integral

CS{p*)= j

X{p)dp

p*

ausgedriickt werden kann, wobei pP'^^^ ftir den Prohibitivpreis steht und X ftir die Nachfragefunktion. Eine graphische Gegentiberstellung der Innovationsanreize bietet nun die Abb. G.2. Entscheidet der wohlwoUende Diktator tiber die Absatzmengen, betragt bei Durchschnittskosten in Hohe von c die Konsumentenrente („Preis gleich Grenzkosten"!)

190

G. Innovationswettbewerb unter Risiko

p ^proh

X Abbildung G . l . Konsumentenrente aus Sicht der Nachfragefunktion

wohlwollender Diktator

p

Monopolist

1

p ^

\\ \ \ \ \ \ \

P^'ic)

\....A

P'^ic)

Y"! \ i

c

c L

^io3i - r

t—

c

-^—•

\

\ ^

\:

iiiiiiil, liAnJI

"'^'^^^^^^^^1'^'> — V \

X

V

MR

^ ^ ^ X

Abbildung G.2. Innovationsanreize eines wohlwoUeiiden Diktators und eiiies Monopolist en

G.2 Vergleich der Innovationsanreize

CS{c)= I

191

X{p)dp.

C

Wenn die Innovation erfolgreich durchgefiihrt wird und die Kosten von c auf c sinken, steigt die Konsumentenrente und damit die Wohlfahrt um pProh

pProh

-

An^''= J x{p)dp- J x{j>)dp=jx{p)dp, "c

c

c

graphisch gesprochen also um die auf der linken Seite schraffierte Flache. Wir haben also den Anreiz zur Innovation fiir den wohlwoUenden Diktator ermittelt. Fiir ihn lohnt eine Prozessinnovation, wenn die erwarteten Kosten geringer als AU^^ sind. G.2.2 Monopolist Fiir einen preissetzenden Monopolisten ist der Innovationsanreiz durch ^jjA

^ jjM (^) _ jjM (-)

definiert. Hier deutet das A auf Arrow und den von ihm gefundenen Ersetzungseffekt hin. Der Anreiz des Monopolisten zu innovieren, besteht danach darin, dass sein Monopolgewinn bei den niedrigeren Kosten c hoher ist als bei den hohen Kosten c. Wir werden gleich zeigen, dass die Innovationsanreize fiir den Monopolisten geringer sind als fiir den wohlwoUenden Diktator. Dies liegt daran, dass der Monopolist bei gegebenen Durchschnittskosten einen hoheren Preis als c setzt und deshalb eine geringere Absatzmenge erhalt. Die Kostensenkung wirkt sich deshalb auf eine geringere Absatzmenge aus. Graphisch kann man sich die unterschiedlichen Anreize mit Blick auf Abb. G.2 klarmachen. Betrachtet man den Gewinn in der Grenzbetrachtung (siehe Abschnitt E.2.1, S. 100), hat man die Differenzen von Grenzerlos und Grenzkosten zu ermitteln (genauer gesagt: das dazugehorige Integral). Bei niedrigen Kosten ergibt sich die Flache zwischen Grenzerloskurve und der c-Linie, bei hohen Kosten die Flache zwischen der Grenzerloskurve und der c-Linie. Die Differenz dieser Flachen ist das schraffierte Trapez. In jedem Fall erhalten wir Z\7J^ < An^^.

192

G. Innovationswettbewerb unter Risiko

'(c) nicht-drastische Innovation

\ 1

:v^

X'^ic)

X

X^(c)

X

Abbildung G.3. Nicht-drastische und drastische Innovation

G.2.3 Drastische und nicht-drastische Innovation Bevor ein Unternehmen, das sich in voUstandiger Konkurrenz (engl.: perfect competition) befindet, die Innovation tatigt, haben alle Unternehmen die gleichen Kosten c. Das Unternehmen, welches dann erfolgreich eine Innovation einftihrt, tragt nur noch Sttickkosten. in Hohe von c. Wir haben jetzt zwei Falle zu unterscheiden (siehe Abb. G.3). Eine Innovation heifit drastisch, wenn der Monopolpreis p^ (c) aufgrund der niedrigen Sttickkosten c nicht groCer als die Sttickkosten irgendeines der tibrigen Wettbewerber ist. Dann ist ftir diese das weitere Agieren auf dem Markt blockiert. Dies ist der auf der rechten Seite von Abb. G.3 dargestellte Fall. Nicht-drastisch heifit eine Innovation dagegen, falls (nattirlich) c c gelten. Wenn ein nicht-drastisch innovierendes Unternehmen allein agieren mochte, muss es einen Preis unterhalb von p^ (c) wahlen; dies hatten wir Eintrittsabschreckung genannt. Ubung G.2.1 (*). Auf einem Markt, der durch die inverse Nachfragefunktion p (X) = a — X charakterisiert ist, produzieren alle Unternehmen zu den Sttickkosten c, wobei gilt c < a < 2c, d.h. die Sttickkosten liegen unter dem Prohibitivpreis. Ein Unternehmen kann nun seine Kosten auf c = 2c — a senken. Handelt es sich dabei um eine drastische Innovation? G.2.4 Vollstandige Konkurrenz Bei voUstandiger Konkurrenz bestimmt sich der Innovationsanreiz ftir den Fall der drastischen Innovation als:

G.2 Vergleich der Innovationsanreize p

193

,

c /

c

/

A T-rPC,nicht-drastisch

/

:

^"^—

/ / / / / / / / /\

\ ^

X{c)

X

Abbildung G.4. Innovationsanreiz bei vollstandiger Konkurrenz und nichtdrastischer Innovation A TjPC, drastisch

TJ^ (r'\

f)

Vor der drastischen Innovation erzielte das Unternehmen einen Gewinn von null (voUstandige Konkurrenz), nach der drastischen Innovation kann es den Monopolgewinn realisieren. Aufgrund des Vergleiches mit Abb. G.2 sehen wir A TjPC, drastisch

^

A JJA

Im Fall einer nicht-drastischen Innovation bietet sich dem innovierenden Unternehmen die Moglichkeit, die anderen Unternehmen am Markt knapp zu unterbieten, d.h. einen Preis p = c — e z\i wahlen, wobei Sie sich e als eine sehr kleine Geldeinheit vorstellen miissen. Der Gewinn und zugleich der Innovationsanreiz ist dann ^JjPC,

nicht-drastisch

^ (^ _ ^ _ ^^ X {c - c) -

0.

Dies wird in Abb. G.4 wiederum durch die schraffierte Flache graphisch verdeutlicht. Anhand der Abb. G.2 (S. 190) und G.4 erkennt man zudem durch Flachenvergleich A JjBD

^

A rjPC, nicht—drastisch

-^ A jjA

d.h. der Innovationsanreiz ist beim benevolenten Diktator hoher als bei vollstandiger Konkurrenz im nicht-drastischen Fall und dort wiederum hoher als beim Monopol.

194

G. Innovations wet t be werb unter Risiko

G.3 Symmetrischer Innovationswettbewerb Ftir die Analyse der Innovationsanreize beider Unternehmen lassen wir die beiden Unternehmen in einen Innovationswettbewerb eintreten. Ftir die Losung dieses Innovationswettbewerbs bei zwei symmetrischen Unternehmen, d.h. beide Unternehmen agieren am Markt, und ftir die Analyse einer asymmetrischen Situation (in Abschnitt G.4), benotigen wir zunachst noch einige weitere Annahmen bzw. Festlegungen. G.3.1 Modellannahmen 1. Strategischer Aktionsparameter des (Prozess-)Innovationswettbewerbs sind F&E-Ausgaben, d.h. die Unternehmen z = 1,2 tatigen im Wettbewerb F&E-Ausgaben Fi. 2. Der eventuelle Innovationserfolg besteht in einem Patent, das dem Sieger die alleinige Nutzung der technologischen Neuerung zur Kostensenkung garantiert. Dabei setzen wir c < Prohibitivpreis < c voraus: Erst aufgrund der Innovation wird eine gewinnbringende Produktion moglich. Alternativ konnte man sich auch eine Produktinnovation vorstellen. 3. Der Innovationsprozess ist stochastischer Natur, d.h. die F&E-Ausgaben ftihren nicht mit vorhersehbarer Sicherheit zum Ziel. Die Wahrscheinlichkeit Wi, dass Unternehmen z (i = 1,2) mit seinen F&E-Ausgaben (Fi) ein Patent erzielt, sei Wi

Fi + F2 + Fo Die Wahrscheinlichkeit, dass keines der beiden Unternehmen zum Innovationserfolg gelangt, ist dann 1

1 — Wi — W2

^0

Fi -\- F2 -\- FQ

wobei FQ als Mafi ftir die Innovationsschwierigkeiten in dem jeweiligen Technologiefeld interpretiert werden kann. Je hoher FQ, umso geringer sind die technischen Innovationsmoglichkeiten, umso hoher ist die Wahrscheinlichkeit, dass kein Unternehmen zum Innovationserfolg gelangt (siehe dazu Aufg. G.3.1). Ist umgekehrt FQ = 0, bedeutet das, dass eines der beiden Unternehmen mit Sicherheit zum Innovationserfolg kommt.

G.3 Symmetrischer Innovationswettbewerb

195

Abbildung G.5. Die spieltheoretische Grundstruktur des einstufigen Innovationswettbewerbs

Ubung G.3.1 (*). Zeigen Sie anhand der folgenden Tabelle, wie die I n n o vationswahrscheinlichkeit wi von FQ, Fi und F2 abhangt! Fi

F2

^Fo

iFo

6F0

Fo

34Fo

Fo

lOOFo

Fo

Fo

0

Wi

G.3.2 Spieltheoretische Wettbewerbsstruktur Die spieltheoretische Wettbewerbsstruktur im symmetrischen Innovationswettbewerb ist sehr einfach: Beide Unternehmen bestimmen auf der ersten Stufe simultan ihre F&E-Ausgaben (siehe Abb. G.5). Nur das erfolgreich innovierende Unternehmen ist anschhefiend im Produktmarkt tatig. Die Ermittlung des Monopolgewinnes thematisieren wir jedoch nicht.

G.3.3 Gewinnfunktionen Im symmetrischen Innovationswettbewerb ist annahmegemaC noch keines der beiden Unternehmen am Markt etabliert. Sie wenden F&E-Ausgaben auf, um liberhaupt produzieren zu konnen. Der erwartete Gewinn von Unternehmen 1 (und analog von Unternehmen 2) ist durch

196

G. Innovationswettbewerb unter Risiko i l l {Fi,F2,pi,P2)

= w^n'^

- Fi = ^ ^ ^ — ^ — ^ i T ^ - Fi

(G.l)

gegeben. Dabei bezeichnet U^ = U^ (c) den Gewinn des „Siegers" im Innovationswettbewerb und Monopolisten im Markt.

G.3.4 Reaktionsfunktionen (erste Stufe) Durch Differenzierung der Gewinnfunktion von Unternehmen 1 nach Fi und NuUsetzen erhalt man die Reaktionsfunktion von Unternehmen 1 und durch Vertauschen der Indizes 1 und 2 diejenige von Unternehmen 2 : Fi" (F2) - - ( F 2 + Fo) + y^i7^(F2 + Fo), Fi" (F,) = - ( F i + Fo) + y ^ i 7 ^ ( F i + F o ) . Wir woUen U^ > Fi -{- FQ (i = 1,2) annehmen, um das ansonsten entstehende Problem negativer Forschungsausgaben zu vermeiden. Die Reaktionsfunktionen sind in Abb. G.6 dargestellt. Ihr zunachst ansteigender und dann abfallender Verlauf signahsiert, dass die F&E-Ausgaben der konkurrierenden Unternehmen - je nach Hohe - strategische Komplemente (zum Begriff S. 248) oder strategische Substitute (zum Begriff S. 129) sein konnen. Das ergibt sich analytisch aus der Berechnung der Steigung der Reaktionsfunktion. Sie betragt fiir Unternehmen 1 (und analog ftir Unternehmen 2)

G.3.5 Nash-Marktgleichgewicht(e) Das Nash-Gleichgewicht

(Ff.Ff) mit F f =. Fi" = - i ^ o + i ( i n ^ + i ^ i T M ( i 7 M + 8Fo))

(G.2)

erfiillt beide Reaktionsfunktionen. Wir empfehlen nicht, dieses Gleichgewicht mit Zettel und Bleistift (allenfalls mit einer Mathematik-Software) selbst zu ermitteln. Rein rechnerisch ergibt sich ein zweites Gleichgewicht, bei dem

G.3 Symmetrischer Innovationswettbewerb

F '

197

k

n^-7^0

^^X^^i^'C^z) Nash-Gleichgewicht

n

/4-Fo \^2"(^)

n^ lA-F^

n^-Fo

^

Abbildung G.6. Reaktionsfunktionen beim symmetrischen Innovationswettbewerb

jedoch die Ausgaben negativ sind. Bel dem genannten Gleichgewicht sind positive F&E-Ausgaben durch 11^ > FQ garantiert. Eine nahere Betrachtung des obigen Nash-Gleichgewichts zeigt zunachst, dass beide Unternehmen dieselbe Wahrscheinlichkeit haben, aus dem Innovationswettbewerb als Sieger hervorzugehen. Denn F/^ — ^2^ impliziert wi = W2. Ferner entnehmen wir aus

dFl_ >

0

und

dFf_

"^ < 0 dFo ~ dFo

zweierlei: • Die F&E-Ausgaben eines Unternehmens sind umso hoher, je hoher der mogliche Innovationsgewinn 11^ ausfallt. • Umgekehrt werden die Innovationsanstrengungen umso niedriger ausfallen, je grofier die Innovationsschwierigkeiten (Fo)? j ^ geringer also die technischen Innovationsmoglichkeiten sind. Ubung G.3.2. Nehmen Sie nun den Spezialfall FQ == 0 an, d.h. entweder Unternehmen 1 oder aber Unternehmen 2 innoviert erfolgreich (somit gilt wi-{- W2 = 1). Ermitteln Sie ftir diesen Fall das Gleichgewicht des sequentiellen Spiels, indem zunachst Unternehmen 1 die F&E-Ausgaben festlegt und anschlieBend, in Kenntnis von Fi, Unternehmen 2 tiber F2 bestimmt (siehe

198

G. Innovationswettbewerb unter Risiko

^1

Jni\1 1

Fi

Abbildung G.7. Spieltheoretische Wettbewerbsstruktur

F,

\l2\

P\ Pi

— \

^ \

^

Abbildung G.8. Die spieltheoretische Grundstruktur des Innovationswettbewerbs Abb. G.7). Hinweis: Vielleicht mochten Sie sich das Stackelberg-Modell (ab S. 140) nochmals in Erinnerung rufen.

G.4 Asymmetrischer Innovationswettbewerb Im asymmetrischen Innovationswettbewerb ist Unternehmen 1 das etablierte Unternehmen, das auch ohne zu innovieren produzieren kann. Sein Gewinn wird durch den Markteintritt eines potentiellen Konkurrenten bedroht, der nur in den Markt eintreten und Gewinne realisieren kann, wenn er zuvor innoviert. Der Herausforderer steht vor der Prage, ob er durch Innovation in den Markt eintreten soil. Das etablierte Unternehmen steht vor der Prage, ob es den Markteintritt durch eigene Innovationsanstrengungen abschrecken soil. Fiir die Analyse dieses asymmetrischen Innovationswettbewerbs und die Feststellung der Innovationsanreize der Unternehmen unterstellen wir die spieltheoretische Wettbewerbsstruktur der Abb. G.8. Gegeniiber dem symmetrischen Fall mtissen wir den Preiswettbewerb nun explizit thematisieren.

G.4 Asymmetrischer Innovationswettbewerb Fall 1

Kein Unternehmen innoviert

Etablierter

n^ (c)

Herausforderer

0

Fall 2

Etablierter innoviert mit Erfolg

Etablierter

n^ (c)

Herausforderer

0

Falls

Herausforderer innoviert mit Erfolg

Etablierter

III (= 0 bei anschlieCendem Preiswettbewerb)

Herausforderer

fi ^

199

( 172 bei nicht-drastischer Innovation [ 112 bei drastischer Innovation

Abbildung G.9. Bruttogewinne erfolgreicher und nicht erfolgreicher Unternehmen

G.4.1 Gewinnfunktionen Zur Ermittlung der Gewinnfunktionen der Unternehmen im asymmetrischen Fall muss man sich die denkbaren Gewinnkonstellationen vor Augen halten. Sie sind in Abb. G.9 im tjberblick aufgelistet. Von den angegebenen (Brutto)-Gewinnen sind jeweils die F&E-Ausgaben Fi bzw. F2 noch abzuziehen. Fiihren die Innovationsbemiihungen weder beim etablierten Monopolisten noch beim Herausforderer zum Erfolg, dann behalt der Etablierte weiterhin seinen Monopolgewinn U^ (c) bei hohen Stiickkosten (c), muss aber daraus jetzt noch die F&E-Kosten (Fi) tragen. Der Konkurrent schafft den Markteintritt nicht und hat einen negativen Gewinn in Hohe der F&E-Kosten (—F2). Die Wahrscheinlichkeit ftir diese beiderseitige Erfolglosigkeit betragt FQ/{FI + F2 + FQ). Innoviert der etablierte Monopolist mit Erfolg und reduziert damit seine Stiickkosten von c auf c, dann kann er seinen Monopolgewinn von n^ (c) auf n^ (c) verbessern. Daraus sind noch die F&E-Kosten zu bestreiten. Dem Konkurrenten entstehen wiederum nur F&E-Kosten. Die Wahrscheinlichkeit fiir dieses Innovationsszenario betragt Fi/{Fi -[- F2 + ^o)Innoviert hingegen der Herausforderer mit Erfolg und tritt in den Markt ein, dann verfallt der Monopolgewinn des etablierten Monopolisten auf den

200

G. Innovationswettbewerb unter Risiko

Dyopol-Gewinn iJf, wahrend der Herausforderer den Dyopol-Gewinn i l l erzielt. Davon sind jeweils noch die F&E-Ausgaben abzuziehen. Die Wahrscheinlichkeit ftir dieses Innovationsszenario betragt F2/{Fi + F2 + JPQ). Mit diesen Erlauterungen sind die erwarteten Gewinne des etablierten Monopolisten und seines Herausforderers gegeben durch:

Hi (Fi, f2) = j . ^ ^ p^ ^ j . ^

g j - f2^

(G.4)

Wie hoch genau die Dyopolgewinne 11f und iJ^ im anschliefienden Preiswettbewerb sein werden, hangt davon ab, wie hoch der kostensenkende Effekt der Innovation ausfallt. Wir unterscheiden wiederum zwischen einer drastischen und einer nicht-drastischen Innovation (siehe Abb. G.3 auf S. 192).

^1

G.4.2 Preiswettbewerb (zweite Stufe)

^2

Bei einer nicht-drastischen Innovation durch den Herausforderer lohnt es sich ftir ihn, p = c um einen Cent (e) zu unterbieten, um auf diese Weise selbst Monopohst zu werden. Bei einer Hnearen Nachfrage ist dieser Preis gewinnmaximal. Wie aus Kap. D bekannt ist, macht das Unternehmen mit den geringeren Kosten einen Gewinn und schreckt gleichzeitig den Markteintritt schlechterer Konkurrenten ab bzw. bewirkt gleichzeitig deren Marktaustritt. Der Bruttogewinn des innovierenden Herausforderers betragt bei Abschreckung (daher a in n^)

n^ =

n^^{c-c)-x{c).

Der Stiickgewinn ist namhch (fast) c—c und der Preis betragt (fast) c, sodass die Nachfrage ungefahr X (c) betragt. Im Falle einer drastischen Innovation fallt der Cournot-Monopolpreis nach Innovation unter die alten Sttickkosten, d.h. p^{c) < c (siehe Abb. G.3). Dies entspricht dem Fall des blockierten Eintritts. Gelingt dem Herausforderer die drastische Innovation, verdrangt er im Preiswettbewerb den alten Monopolisten und wird selbst zum neuen Monopolisten. Sein Gewinn bei blockiertem „Eintritt" (daher b in Til) des Etablierten betragt dann

iT| = iTt = iT^(c).

G.4 Asymmetrischer Innovationswettbewerb

Innovationsanreize aus dem Ersetzimgseffekt

/ A n f/ J /1 ^--/ / / ._. P A n y

201

fur den Etablierten ^'^ Herausforderer

Abbildung G.IO. Der Ersetzungseffekt bei nicht-drastischer und bei drastischer Innovation

G.4.3 Innovationsanreize Ersetzungseffekt. Bevor wir nun zur ersten Stufe (ibergehen, ist es hilfreich, die Anreize zur Innovation gedanklich aufzuspalten. Zwar streben die Unternehmen an, selbst die Innovation erfolgreich durchzuftihren. Die Prage ist jedoch, welche Situation sie dadurch zu verhindern suchen. Entweder verhindern sie dadurch, dass die Innovation iiberhaupt stattfindet, oder aber, dass der Konkurrent als erster innoviert. Den ersten Fall hatte Arrow mit seinem Ersetzungseffekt im Sinn; ein Unternehmen innoviert und erhoht dadurch seinen Gewinn aufgrund der niedrigeren Kosten. Den zweiten Fall betrachten wir im nachsten Unterabschnitt. Fiir den etablierten Monopolisten (Unternehmen 1) spiegelt sich der Arrow-Effekt (Index A) in der Differenz der Monopolgewinne bei niedrigeren und bei hohen Stiickkosten

An^ := n^ (c) - n^ (c)

(G.5)

wider. Dieser Effekt gibt an, wie grofi der Anreiz des Etablierten ist, sich selbst zu ersetzen. Er wird durch die schrag schraffierten Flachen in Abb. G.IO reprasentiert. Hier ist der Monopolgewinn wieder die Flache zwischen Grenzerlos- und der Grenzkostenkurve bis zur Monopolmenge. Der potentielle Konkurrent erhalt weiterhin seinen Gewinn von null, wenn kein Unternehmen innoviert. Innoviert er, so kann er, bei nicht-drastischer Innovation, den Dyopolgewinn (c—c)'X (c) realisieren indem er den Etablierten

202

G. Innovationswettbewerb unter Risiko

knapp unterbietet. Im Fall einer drastischen Innovation kann er nach erfolgter Innovation den Monopolgewinn 11^ (c) realisieren, d.h. /\ rrA ._ 7yd _ n _ / ^ 2 ^ (^ - c) • X (c) n.-dr. Innovation 2 - 'h u - I ^ 6 _ ^ M (^) ^ , Innovation Dies ist in Abbildung G.IO durch die horizontal schrafBerte Flache dargestellt. Offenbar sind die Anreize des potentiellen Konkurrenten hoher als diejenigen des etablierten Unternehmens, Ersetzungseffekt: An^>An^.

(G.6)

Effizienzeffekt. Die als Arrow-Effekt bezeichneten Gewinnerhohungen sind jedoch nicht der einzige Innovationsanreiz fiir das etablierte Unternehmen. Ein zweiter Anreiz besteht darin, dass das etablierte Unternehmen durch die Innovation sich nicht dem Wettbewerb des erfolgreich innovierenden Konkurrenten aussetzen muss. Dieser zweite Effekt ist von GILBERT/NEWBERY (1982) modelliert worden. Innoviert der Herausforderer vor dem etablierten Monopolisten mit Erfolg und erhalt das Patent, dann verbleibt dem Etablierten anstelle des Monopolgewinns 7 7 ^ (c) nur der Dyopolgewinn nf\ dieser ist bei Preiswettbewerb null. Um diesem Verfall seines Monopolgewinns vorzubeugen, wird der durch Konkurrenz bedrohte Monopolist erwagen, ob es sich lohnt, durch eigene Innovation den Markteintritt eines potentiellen Konkurrenten abzuschrecken. Man nennt dies die Strategic der markteintrittsverhindernden Patentierung {preemptive patenting). Innoviert der Monopolist mit Erfolg und schreckt er den Herausforderer dadurch ab, erhalt er den Monopolgewinn 11^ (c). Folglich ist der Innovationsgewinn des etablierten Monopolisten aus der Eintrittsabschreckung gegeben durch Z\i7f ^ := n^

(c) - nf.

(G.7)

Dieser sogenannte Gilbert-Newbery-Term (Index GN) gibt also neben dem Arrow-Effekt Auskunft liber einen weiteren Anreiz zu innovieren. Fiir den Herausforderer fallen Arrow- und Gilbert-Newbery-Terme zusammen. Das liegt daran, dass sein Gewinn null betragt, falls keiner innoviert (siehe den Arrow-Effekt), und dass sein Gewinn auch null betragt, falls der Etablierte innoviert (Gilbert-Newbery-Effekt). Fiir den Herausforderer erhalten wir also

An^^ :=ni-0=l 2

2

ll " tu 9: ^ ^^ ""f^.- ^^°^^*^°^ (G.8) \ iT| = 77^ (c)

dr. Innovation

^

'

G.4 Asymmetrischer Innovationswettbewerb

203

Kein Untemehmen innoviert

An^ /

\ Anf

Anf^

/ PoLeiiLieller Konkui- ^ rent innoviert

An^'^

^

Monopolist innoviert

Abbildung G . l l . Gegentiberstellung von Ersetzungs- und Effizienzeffekt

Wahrend der Arrow-Effekt besagt, dass der potentielle Konkurrent einen groBeren Innovationsanreiz als der Etablierte hat, verhalt es sich beziiglich der Gilbert-Newbery-Terme umgekehrt. Der etablierte Monopolist hat einen hoheren finanziellen Innovationsanreiz als der Herausforderer, falls der Monopolgewinn im Produktmarkt nicht kleiner ist als der Branchengewinn zweier Dyopolisten, die sich nicht kollusiv verhalten. Man nennt dies seit G I L B E R T / N E W B E R Y (1982) den Effizienzeffekt der Innovation {efficiency effect). Er ist definiert als ienzeffekt

/iilf^

= n^ (c) - iTf > i l | - 0 = An§^ •^ i l ^ (c) > i l f + iT|.

(G.9) (G.IO)

Nattirlich mtisste man die (hinreichende) Bedingung in jedem Einzelfall priifen. Im Regelfall darf man aber davon ausgehen, dass in einem (Dyopol-)Markt nicht mehr verdient werden kann als in einem effizienten Monopol. Andernfalls konnte sich der Monopolist in zwei nicht-koUusive Dyopolisten aufspalten, um seinen Gewinn zu erhohen. Im Falle einer nicht-drastischen Innovation {p^ (c) > c) gilt Ungleichung G.IO sogar strikt:

n'^ ^ ( c ) > 0 +

(c-c)-X(c).

Innovationsanreize: Ersetzungs- und Effizienzeffekt. Wir woUen in einem kleinen Rtickblick nochmals Arrow- und Gilbert-Newbery-Effekte gegeniiberstellen. Zum einen sind die Innovationsanreize als Gewinndifferenzen gegeben, die in Abb. G.12 nochmals aufgeftihrt sind. Wir haben begriindet,

204

G. Innovationswettbewerb unter Risiko Innovationsanreize aus dem Arrow-Term

Gilbert-Newbery-Term

Etabl.

Ant = n'^ (c) - n'^ (c) An^^ = n^ (c) - ni

Pot. K.

An^ = ni

An§^ = ni

Abbildung G.12. Investitionsanreize

• warum der Arrow-Term beim potentiellen Konkurrenten groBer ist als beim etablierten Unternehmen (der Etablierte ersetzt sich selbst) und • warum der Gilbert-Newbery-Term beim etablierten Unternehmen grofier ist als beim Herausforderer (der Monopolist hat einen grofieren Gewinn als zwei Dyopolisten). Der Leser mag auch Abb. G.ll als hilfreich empfinden. Hier sind die drei moglichen Ausgange des Innovationswettbewerbs dargestellt: Der Monopolist innoviert, sein potentieller Konkurrent innoviert oder keiner innoviert. Die Arrow-Terme stellen auf den Gewinn der beiden Unternehmen als erfolgreiche Innovateure im Vergleich zu derjenigen Situation ab, in der keiner innoviert. Die Gilbert-Newbery-Terme beziehen sich dagegen auf den Gewinn des Innovators im Vergleich damit, dass der jeweilige Konkurrent innoviert.

•EH

G.4.4 Reaktionsfunktionen (erste Stufe)

Pi

HI

Zur Bestimmimg der Reaktionsfunktionen der beiden Unternehmen im stochastischen, asymmetrischen Innovationswettbewerb leitet man - wie iiblich die Gewinnfunktionen (Gl. G.3 und G.4 auf S. 200) nach Fi bzw. F2 ab, setzt diese Ableitimgen gleich null und lOst sie nach Fi bzw. F2 auf. Man erhalt dann unter Beriicksichtigung der Innovationsanreize gemai3 Gl. G.7, G.5 und G.8 ftlr den etabherten Monopolisten die Reaktionsfunktion F^{F2) = -{F2 + Fo)

+^Fo {n^ (c) - n^ (c)) + F2 {n^ (c) - nf) = -{F2 + Fo) + ^JFOAH^

>0

FoAnf

+

+ F2AnY''

F2An^^

> {F2 + Fo)

(G.ll)

G.4 Asymmetrischer Innovationswettbewerb

205

Fiir den Herausforderer erhalt man entsprechend die Reaktionsfunktion F2^ (Fi) = - ( F i + Fo) + ^ ( F i + F o ) i 7 ; = -(Fi + Fo) + ^FoAn^-r > 0

4=4>

FiAn§^

(G.12)

An2 > Fi + Fo.

Man erkennt in den Reaktionsfunktionen die Arrow- und Gilbert-NewberyTerme wieder: Das etablierte Unternehmen 1 wird umso mehr Ausgaben fiir F&E tatigen, je hoher der Innovationsgewinn aus dem Arrow-Effekt AUi und je hoher der Innovationsgewinn aus dem Gilbert-Newbery-EflFekt AU^^ ist. Gleiches gilt fiir den Herausforderer. Sinnvollerweise tauchen dabei die Arrow-Terme in Zusammenhang mit FQ, der Schwierigkeit, eine Innovation durchzufiihren, auf. Denn die Arrow-Terme geben den Gewinn bei erfolgreicher Innovation im Vergleich zu derjenigen Situation an, in der kein Unternehmen innoviert. Analog haben wir vor den Gilbert-Newbery-Termen als Faktor die Forschungsausgaben des jeweiligen Konkurrenten. Fiir das etablierte Unternehmen gibt der Gilbert-NewberyTerm An^^ ja an, wie hoch sein Gewinn ist im Vergleich dazu, dass der potentielle Konkurrent bei Forschungsausgaben F2 innoviert. Anhand der Reaktionsfunktion G . l l sieht man, dass die Ableitung der optimalen Reaktion des etablierten Monopolisten nach seinem ursprtinglichen Monopolgewinn 11^ (c),

dn^{cy negativ ist. Je hoher sein Gewinn vor der Innovation, desto geringer ist die mogliche Gewinndifferenz, die er durch eine Innovation erzielen kann, desto geringer folglich seine Innovationsanstrengungen. Gerade dies ist der Gegenstand des Arrow'schen Ersetzungseffekts. Gilt auf der anderen Seite FQ = 0, dann ist der Arrow-Effekt irrelevant, denn eines der beiden Unternehmen innoviert mit Sicherheit. Es kommt dann ftir die Unternehmen darauf an, dem potentiellen Konkurrenten zuvor zu kommen. Dafiir relevant ist der Effizienzeffekt, nach dem der Etablierte hohere F&E-Ausgaben als der Herausforderer tatigen wird. Im Falle von iJf == 0 und An^^ = n^ (c) (Preiswettbewerb) nehmen die Reaktionsfunktionen der Unternehmen die einfache Form

F f (F2) = -F2 + ^F2nM (c),

Fi{F^) = -F^ + ^F^ni{c) an.

206

G. Innovationswettbewerb unter Risiko

G.4.5 Marktgleichgewicht Das Nash-Gleichgewicht des stochastischen, asymmetrischen Innovationswettbewerbs explizit zu bestimmen, ist selbst in diesem einfachen Modell mit erheblichen mathematischen Schwierigkeiten verbunden. Lediglich fiir den obigen Spezialfall mit FQ = 0, nf = 0 und Z\i7f ^ = Hf (c) (Preiswettbewerb) konnen wir das Nash-Gleichgewicht (i^i^,-F2^) konkret durch

(iTM(c)+i7|)' und

bestimmen. Rein rechnerisch erhalt man auch (0,0) als Gleichgewicht; dann sind jedoch nicht einmal die InnovationswahrscheinUchkeiten definiert. Wer gibt im Nash-Gleichgewicht dieses Spezialfalls mehr ftir F&E aus bzw. - was gleichbedeutend ist - wer innoviert mit grofierer Wahrscheinlichkeit? Ist die Innovation drastisch, sodass 112 — ^^ (^) Sil^? innovieren beide Unternehmen mit gleicher Wahrscheinlichkeit bzw. tatigen beide dieselben F&E-Ausgaben im Nash-Gleichgewicht, d.h. F(^ = F^ = ^ i 7 ^ ( c ) . Ist die Innovation dagegen nicht-drastisch, sodass 112 < ^^ (^) &^^^ dann innoviert der Etablierte mit grofierer Wahrscheinlichkeit, d.h. F/^ > ^2^, und sichert sich wahrscheinlich seine Monopolposition. Hier kommt nur der Effizienzeffekt bzw. die Strategic der markteintrittsverhindernden Patentierung {preemptive patenting) zum Tragen. Bei hinreichend grofiem Unterschied in den F&E-Ausgaben kann sich ein Monopol tiber einen langeren Zeitraum einstellen (persistence of monopoly). Ubung G.4.1. In einem Markt befinden sich 3 Unternehmen in einem Patentrennen. F sind dabei die Ausgaben fiir Forschung und Entwicklung durch ein Unternehmen. Die Wahrscheinlichkeit fur ein Unternehmen zu innovieren betragt w = ^. Dann ist die Wahrscheinlichkeit daftir, dass nur Unternehmen 2 innoviert 1 1 1 _1 2 ' 2 ' 2 ~8' Unternehmen 1 innoviert nicht

Unternehmen 2 innoviert

Unternehmen 3 innoviert nicht

Der Wert des Patents betragt V. Innoviert nur ein Unternehmen erfolgreich, so kann es den gesamten Wert des Patents fiir sich beanspruchen. Sind 2 Unternehmen erfolgreich, so erhalt jedes ^ ; sind alle 3 Unternehmen erfolgreich, so erhalt jedes ^ .

G.5 Zusammenfassung und unternehmenspolitische Schlussfolgerungen

207

. Bestimmen Sie den minimal erforderlichen Wert des Patents, der sicher stellt, dass die Unternehmen in Forschung und Entwicklung investieren werden! . Es existieren nun nur noch 2 Unternehmen am Markt, die einem Eigentiimer gehoren. Wie hoch muss V mindestens sein, damit der Eigentiimer die Unternehmen getrennt statt zusammen forschen lasst?

G.5 Zusammenfassung und unternehmenspolitische Schlussfolgerungen 1. Unternehmen bei voUstandiger Konkurrenz und auch der wohlwoUende Diktator weisen einen hoheren Innovationsanreiz als ein Monopolist auf. 2. Konkurrieren die Unternehmen unter gleichen Startbedingungen um einen F&E-Erfolg, der ihnen die monopolistische Verwertung dieses Erfolgs sichert, stehen sie also in einem symmetrischen Innovationswettbewerb, dann werden beide im Nash-Marktgleichgewicht umso hohere Ausgaben ftir F&E-Zwecke tatigen, je grofier der erzielbare Monopolgewinn ist. Dieses wenig tiberraschende Ergebnis gilt gleichermafien unter Sicherheit wie unter Unsicherheit des Innovationsprozesses. 3. Uberraschender ist das Ergebnis, dass die F&E-Ausgaben der Unternehmen bei einem stochastischen Innovationsprozess strategische Komplemente oder strategische Substitute sein konnen, je nachdem, wie hoch die Forschungsausgaben des Konkurrenten ausfallen. Aufgrund dieser Ambivalenz gibt es nicht immer eine in der Richtung gleichbleibende beste Reaktion auf die Aktionen des Konkurrenten. Ein solches Ergebnis konnte bislang bei keinem anderen strategischen Aktionsparameter beobachtet werden, weder beim Preis, noch bei der Menge. 4. Auch im symmetrischen Innovationswettbewerb gibt es direkte und strategische Effekte. Nimmt man zur Vereinfachung an, dass die Sttickkosten bei erhohten F&E-Ausgaben mit Sicherheit sinken, dann gibt es neben dem direkten Effekt der F&E-Ausgaben (bei gegebenem Output) auf den Gewinn einen indirekten oder strategischen Effekt auf den Gewinn infolge der Auswirkungen auf die Hohe des Outputs. Die hier festzustellenden Effekte sind jedoch ganz analog zu den direkten und strategischen Effekten bei sinkenden Grenzkosten, die wir bereits ausfiihrlich in Kap. F behandelt haben. 5. Je begrenzter die technologischen Innovationsmoglichkeiten sind und je unwahrscheinlicher deshalb ein Innovationserfolg selbst bei grofien F&EAusgaben ist, je hoher also FQ ausfallt, desto geringer sind die F&EAusgaben aller Unternehmen im Nash-Gleichgewicht eines symmetri-

208

G. Innovationswettbewerb unter Risiko

schen Innovationswettbewerbs. Auch dieses wichtige Ergebnis ist nicht sonderlich tiberraschend. 6. Ersetzungs- und Effizienzeffekt haben gegenlaufige Wirkungen auf die F&E-Anstrengungen der beiden Unternehmen: Der Ersetzungseffekt fiihrt zu relativ geringen Innovationsanstrengungen des Etablierten, weil dieser durch eine Innovation und den daraus resultierenden neuen Monopolgewinnen, die vor der Innovation bereits erwirtschafteten Monopolgewinne ersetzt. Der Effizienzeffekt starkt dagegen die Innovationsbemiihungen, um die Monopolposition gegen den innovierenden Herausforderer zu halten {preemptive patenting). In dieser Situation muss sich auch IBM befunden haben, als die Prage anstand, ob sie den Absatz ihrer profitablen Groficomputer {main frames) durch die Entwicklung von Kleincomputern {work stations) gefahrden soUten, um der Konkurrenz zuvorzukommen. Bekannthch dominierte in den strategischen Uberlegungen bei IBM der Ersetzungseffekt den Effizienzeffekt und IBM verlor seine uberragende Marktposition. 7. Gehngt es dem etabherten Monopohsten, glaubhaft zu signahsieren, dass er den Innovationswettbewerb mit dem potentiellen Konkurrenten durch entsprechende F&E-Aufwendungen gewinnen will und wird, kann er sogar selbst die F&E-Aufwendungen sparen. Er muss dann freilich Forschungskapazitaten vorhalten, die denselben abschreckenden Effekt auf den Markteintritt haben wie das Patent selbst.

G.6 Literaturhinweise In unserem Modell legen die Unternehmen einmal die F&E-Ausgaben fest. Es gibt auch eine dynamische Variante dieses Modells, in dem die Unternehmen so lange F&E-Ausgaben tatigen, bis eines der Unternehmen, ebenfalls zufallsgesteuert, das Patent erringt. Dieses Modell ist beispielsweise in P F A H L E R / W I E S E (1994) und in Kapitel 10 des Lehrbuchs von TiROLE (1988) dargestellt. Zum Adoptionswettbewerb weisen wir auf den Beitrag von P F A H L E R / H O P P E (1997) hin. Eine empfehlenswerte Monographic zum Thema Marktstruktur und Innovation bieten KAMIEN/SCHWARTZ (1982). Ftir Fortgeschrittene eignet sich der Uberblicksartikel von HOPPE (2002).

G.7 Losungen G.2.1. Ftir den Monopolpreis bei linearer Nachfragefunktion ergibt sich P^ (c) = c, d.h. es handelt sich um eine drastische Innovation.

G.7 Losungen

209

G.3.1. Fi

F2

Wi

^Fo

^Fo

1 4

6Fo

Fo

3 4

34Fo

Fo

17 18

lOOFo

Fo

50 51

Fo

0

1 2

G.3.2. Im symmetrischen Fall (zunachst ist kein Unternehmen auf dem Markt) und bei Fo = 0 lautet die Gewinnfunktion von Unternehmen 2 n2{Fi,F2)

=

F2 F1+F2

M

-n

F2.

Durch Differentiation erhalt man dn2{Fi,F2) dF2

Fi

{Fi + Fi)

ril^ - 1 = 0

und daher die Reaktionsfunktion Fi'{Fr) = -Fr +

VFJI^-

Unternehmen 1 kennt diese Reaktionsfunktion und sein Gewinn lasst sich daher so schreiben:

^^ {F„F-(F,),p„p2)

= ^ r q - ^ ( ^ ^ ^ -i^i =

VFinM-Fi,

woraus durch dFi

" 2 V ^ ~

die optimale Forschungsanstrengung 1 Fi = Ti7M folgt.

210

G. Innovationswettbewerb unter Risiko

G.4.1. 1. Ftir ein Unternehmen i ergibt sich ftir den erwarteten Gewinn: IV IV IV 1 8 8 2 ^ 8 2 ^ 8 3 Es wird nur in das Patentrennen eintreten, wenn Uf'^'^ > 0 gilt, d.h. es muss gelten y > ^ F . 2. Lasst der Eigentiimer die Unternehmen selbstandig forschen, so lautet die Gewinnfunktion eines Unternehmens nf^'""' ^"^"^ = l^-^ ^V - F. Der Eigentiimer besitzt 2 solcher Unternehmen, sodass der erwartete Gesamtgewinn bei separater Forschung Yjallein,

erw , jjallein,

^

^

erw

_T/_i__.T/

~ 4

OZ?

2

_T/

O JT'

~4

betragt. Lasst der Besitzer die Unternehmen gemeinsam forschen, so ergibt sich ftir den erwarteten Gesamtgewinn

n^^' = ^v-F. Getrennte Forschung wird der Eigentiimer durchftihren, wenn Jjallein,

erw , jjallein^

erw ^

jjzus

^V>4F gilt.

H. Innovationswettbewerb bei Spillover

Im vorigen Kapitel haben wir die Innovationsanreize der Unternehmen bei verschiedenen Marktstrukturen analysiert. Dabei haben wir jedoch nicht beriicksichtigt, dass ftir Forschung und Entwicklung Spillover-Effekte typisch sind. Dieses Kapitel stellt sie in den Mittelpunkt. Dazu fiihren wir in Abschnitt H.l zunachst die Grundidee der Wissensspillover-Effekte bei Innovationen ein. Es folgt die Darstellung der Modellannahmen in Abschnitt H.2. In den folgenden Abschnitten explizieren wir ein zweistufiges Modell zum F&E-Wettbewerb und zur F&E-Kooperation. Es folgt dann in Abschnitt H.7 eine Analyse, unter welchen Bedingungen sich die Unternehmen ftir F&EKooperation anstelle von F&E-Wettbewerb entscheiden werden. Auch die Implikationen fiir das F&E-Niveau in der Gesellschaft werden dargestellt.

H . l G r u n d i d e e n der Wissensspillover-EfFekte bei Forschung u n d Entwicklung Zwei Aspekte sind ftir den Innovationswettbewerb typisch: Zum einen herrscht Unsicherheit liber den Erfolg der Forschungsausgaben. Dieses Problem haben wir bereits in Kap. G behandelt. Zum anderen sind die Ertrage der eigenen F&E-Tatigkeit in der Kegel nicht voUstandig internalisierbar; sie kommen als Wissensspillover-Effekte unentgeltlich auch anderen Unternehmen zu Gute. Die RoUe dieser Spillover-Effekte ftir den Anreiz der Unternehmen, im Rahmen eines Wettbewerbs oder einer Kooperation in F&E zu investieren, steht im Mittelpunkt der Analyse des Kapitels. Wissensspillover. Ein voUstandiger Schutz neuen Wissens aufgrund von F&E-Tatigkeit und die alleinige okonomische (firmeninterne oder externe) Verwertung dieses Wissens sind nur in Ausnahmefallen moglich. Selbst Patente schtitzen wahrend ihrer Laufzeit nicht zuverlassig vor unentgeltlichen Wissensspillovern von forschungtreibenden Unternehmen zu anderen Unternehmen, die sich dieses Wissen ftir die eigene kommerzielle Verwertung zu Nutze machen konnen. Die wichtigsten Kanale von Wissensspillover-Effekten

212

H. Innovationswettbewerb bei Spillover

sind Mitarbeiterfluktuationen (in Bezug auf personengebundenes Wissen) und systematische Auswertungen von Patentschriften (in Bezug auf nichtpersonengebundenes Wissen). Strategien im U m g a n g mit Wissensspillover-Effekten. Aus unternehmensstrategischer Sicht sind die Unternehmen gut beraten, wenn sie die Wirkungen ihrer eigenen Forschungsanstrengungen auf die Wettbewerbsfahigkeit des Konkurrenten berticksichtigen. Konkret stellt sich ihnen im Lichte der Spillover-Effekte die Prage, ob eine aggressive F&E-Investitionspolitik tiberhaupt lohnenswert ist. Bei niedrigen Wissensspillover-Effekten, so werden wir zeigen konnen, werden die Wettbewerber sehr stark in Forschung und Entwicklung investieren, sowohl bei Eintrittszulassung als auch zum Zwecke der Eintrittsabschreckung. Dieses Verhalten nennt man auch die BuUterrierStrategie. Sind die Spillover-Effekte dagegen hoch, ist eine zuriickhaltende Forschungspolitik gtinstiger und somit die Strategie des hungrigen Wolfs angebracht. F&E-Kooperation. Die Alternative zum F&E-Wettbewerb ist aus unternehmensstrategischer Sicht eine F&E-Kooperation. Der Wettbewerb auf dem Produktmarkt kann und wird haufig dennoch bestehen. So kooperiert beispielsweise der PSA-Konzern (Peugeot und Citroen) mit BMW in der Entwicklung und Herstellung von Ottomotoren. Die Endprodukte (z.B. Peugeot 307, ler BMW und Citroen C4) konkurrieren dann auf dem Produktmarkt. Fiir die Dieselmotoren existiert eine Kooperation zwischen PSA und dem Ford-Konzern. Auch hier konkurrieren anschliefiend die mit den Motoren besttickten Automobile. Noch umfangreicher ist die Kooperationsbereitschaft von PSA in der Entwicklung und Herstellung von Kleinstwagen. In diesem Segment besteht eine Partnerschaft mit der Toyota Motor Corporation. Der Peugeot 107, der Citroen CI und der Toyota Ay go werden im gemeinsamen Werk im tschechischen Kolm hergestellt und verfiigen tiber eine Vielzahl identischer struktureller Komponenten, Telle und Baugruppen, die in gemeinsamer Entwicklungsarbeit entstanden sind. Die Investitionskosten einschliefilich F&E-Ausgaben sowie Produktionsanlaufkosten belaufen sich auf geschatzte 1,5 Milliarden Euro. Auf dem Markt der Kleinstwagen konkurrieren diese drei Automobile dann um die Kaufergunst. Aus Sicht der Unternehmen lohnen solche Kooperationen. Aus gesamtwirtschaftlicher Sicht bergen sie aber die Gefahr in sich, dass sie den Wettbewerb im nachgelagerten Produktmarkt und die gesamtwirtschaftliche F&ETatigkeit - im Vergleich zum F&E-Wettbewerb - reduzieren.

H.3 Spieltheoretische Wettbewerbsstruktur

213

H.2 Modellierung der Prozessinnovation Wie im vorangehenden Kapitel modellieren wir eine Prozessinnovation. Die F&E-Bemiihungen bezeichnen wir mit F^; die Kosten davon mit Ci {Fi). Wir setzen allerdings identische Kostenfunktionen voraus und konnen daher C {Fi) schreiben. Die Forschungsausgaben beider Unternehmen schlagen sich, so wird hier angenommen, mit Sicherheit in Prozessinnovationen nieder, die die laufenden Produktionskosten der Endprodukte senken. Konkret wird der F&E-Prozess mit Wissensspillover-Effekten wie folgt modelliert: Vor dem F&E-Einsatz seien die Stiickkosten der Produktion des Endprodukts fiir beide Unternehmen identisch, konstant und gleich den Grenzkosten, d.h. ci = C2 = c. Aufgrund der Forschungsbemiihungen werden diese Stiickkosten um den effektiven Betrag Aci=Fi+(3F2

(H.l)

Ac2 = F2+PFi

(H.2)

auf das Niveau c — Aci (z = 1,2) abgesenkt. Fiir Unternehmen 1 (und analog fiir Unternehmen 2) bestimmt sich die effektive Stiickkostensenkung Aci aus den eigenen Ausgaben fiir Forschung und aus den Ausgaben des Konkurrenten. Der Parameter /? misst also den Grad der Wissensspillover. Man kann Aci auch als „effektive" F&E-Tatigkeit bezeichnen.

H.3 Spieltheoretische Wettbewerbsstruktur Grundlage unseres Modells bildet ein einfaches, zweistufiges Dyopol-Modell mit Wissensspillover-Effekten nach D ' A S P R E M O N T / J A C Q U E M I N (1988). Hierbei legen zwei Unternehmen, 2 = 1,2, auf der ersten Stufe simultan ihre F&EEinsatze Fi fest und treten in der zweiten Stufe auf dem Produktmarkt in den simultanen Mengenwettbewerb (vgl. Abb. H.l). Im nachsten Abschnitt bestimmen wir das Gleichgewicht des simultanen Mengenwettbewerbs (Abschnitt H.4), um dann einerseits die Forschungsausgaben im Wettbewerb (Abschnitt H.5) und andererseits bei F&EKooperation (Abschnitt H.6) zu untersuchen.

214

H. Innovationswettbewerb bei Spillover

F,

JC

^2

X2

1

L/n^ —w KV

Abbildung H . l . Die spieltheoretische Grundstruktur des F&E-Prozesses

H.4 Simultaner Mengenwettbewerb auf dem Produktmarkt (zweite Stufe) H.4.1 Gewinnfunktionen Unterstellt man die libliche lineare inverse Nachfragefunktion p{X) = a — bX, so lauten die Gewinnfunktionen der Unternehmen im Mengenwettbewerb wie folgt: ni{Fi,F2,xi,X2)

=

{a-bX)xi~{c-Aci)xi-C{Fi)

i72 (Fl,F2,Xi,X2) = {a- hX) X2-{C-

AC2) X2

-C{F2)

Der erste Term auf der rechten Seite der jeweiligen Gewinnfunktion reprasentiert den Erlos. Der zweite Term enthalt die Kosten der Produktion unter Berticksichtigung der Kostenreduktion durch die F&E-Tatigkeit (inkl. Wissensspillover). Im dritten Term finden sich die Kosten der F&E-Tatigkeit. Zur weiteren Vereinfachung nehmen wir die folgenden vereinfachenden Normierungen vor: a — c=l und h^l. Diese Vereinfachungen erlauben uns die Konzentration auf die Spillover-Effekte. Damit vereinfachen sich die Gewinnfunktionen zu: i l l = (1 + Aci - x i - X2) xi-C

(Fi)

= (1 + [F^-\-f5F2] - XI - X2)xi i72 = (1 + AC2 - Xi -X2) X2-C - (1 + [F2 +/3Fi] -XI-

-C{Fi),

(H.3)

(F2)

X2)X2 -C{F2)

.

(H.4)

H.4 Simultaner Mengenwettbewerb auf dem Produktmarkt (zweite Stufe)

215

n, n.

H.4.2 Mengen-Reaktionsfunktionen und Cour not- Gleichge wicht Um zu dem Gleichgewicht des simultanen Mengenwettbewerbs zu gelangen, bildet man die Mengenreaktionsfunktionen. Sie lauten:

x^ {xi)

{l +

Ac2-xi)

Sie konnen diese Reaktionsfunktionen durch Ableiten der Gewinnfunktionen, NuUsetzen und Auflosen erhalten. Alternativ konnen Sie auch die Ergebnisse aus Kap. F (S. 130) nutzen. Im Schnittpunkt dieser Reaktionsfunktionen liegt das Nash-Gleichgewicht im Mengenwettbewerb mit folgenden Angebotsmengen ftir gegebene F&EEinsatze: x'{{FuF2)

x^{Fi,F2)

(1 + 2Aci - Acj) 3 l + (2-/?)Fi + (2/3-l)F2 3 (1 + 2Ac2 - Acx) = 3 l + (2-/3)F2 + (2/3-l)Fi

=

(H.5)

(H.6)

Ftir die reduzierten Gewinnfunktionen, die nur noch von den F&E-Einsatzen abhangen, erhalt man dann durch Einsetzen der gleichgewichtigen Mengen in die Gleichungen H.3 bzw. H.4: (1 + 2Aci - Ac2)

n§{Fi,F2)

=

{l +

2Ac2-Aci)

C{Fr)

(H.7)

C{F2)

(H.8)

Erste unternehmenspolitische Einsichten. Der geschulte Blick erkennt bei Betrachtung der Gleichungen H.5 und H.6 bereits die grundsatzhche Wirkungsweise von kostensenkenden F&E-Aktivitaten auf das Marktergebnis des Mengenwettbewerbs:

216

H. Innovationswettbewerb bei Spillover

1. Eine Kostenreduktion eines Unternehmens aufgrund einer hoheren „effektiven" F&E-Tatigkeit (Aci), d.h. aufgrund der eigenen F&E-Tatigkeit und der F&E-Tatigkeit des Wettbewerbers (iiber die WissensspilloverEffekte), erhoht die Gleichgewichtsmenge dieses Unternehmens und senkt diejenige des Wettbewerbers: —^ >Ofur z = l , 2 u n d dAci — ^ 0 f u r i oFi 3

dx'? _2f5-l dFi

= l,2und

f < 0, /? < ^ {Hll\ f^->i = 1.2mit^^i. (H.9)

Offensichtlich erhohen eigene F&E-Einsatze {Fi) den Marktanteil gegentiber dem Wettbewerber umso starker, je geringer die Wissensspillover sind. Diese Einsicht determiniert auch die strategischen F&E-Anreize im Rahmen eines F&E-Wettbewerbs oder einer F&E-Kooperation in der 1. Stufe. Dabei stellt P = \ eine kritische Grenze dar, wie spater zu zeigen sein wird. U b u n g H . 4 . 1 . Wie wirkt ein erhohter Wissensspillover-Grad (3 auf die reduzierten Gewinne des simultanen Mengenwettbewerbs (siehe Gl. H.7 und H.8)?

H.5 Simultaner F&E-Wettbewerb (erste Stufe)

H3

Auf der Grundlage der Ergebnisse im Mengenwettbewerb werden im Folgenden nacheinander die F&E-Investitionsanreize im Wettbewerb (in diesem Abschnitt) und bei Kooperation (siehe Abschnitt H.6) untersucht.

H.5 Simultaner F&E-Wettbewerb (erste Stufe)

217

H.5.1 Explizite Losung Jedes Unternehmen maximiert seine reduzierte Gewinnfunktion (siehe Gl. H.7 und H.8) in Bezug auf den eigenen F&E-Einsatz Fi bzw. F2. Aus der Bedingung erster Ordnung ftir das jeweilige Gewinnmaximum resultiert die F&E-Reaktionsfunktion F f (F2) bzw. F^ (Fi). Im Schnittpunkt der beiden Reaktionsfunktionen liegt das Nash-Gleichgewicht des F&EWettbewerbs der ersten Stufe mit den zugehorigen gleichgewichtigen F&EEinsatzen ( F / ^ , F 2 ^ ) und Gewinnen (iJf^, 772^). Die explizite Losung dieses Nash-Gleichgewichts sei dem Leser tiberlassen. Ubung H.5.1. Berechnen Sie das symmetrische Nash-Gleichgewicht des F&E-Wettbewerbs der ersten Stufe ftir das oben skizzierte einfache Modell. Unterstellen Sie dabei eine F&E-Kostenfunktion der Gestalt C {Fi) = \'yFf^ z = l,2. H.5.2 AUgemeine Analyse: direkte und strategische EfFekte Wir analysieren hier in allgemeiner Form die Entscheidung liber die F&ETatigkeit in Bezug auf direkte und strategische Effekte der F&E-Tatigkeit. Startpunkt dieser Analyse sind die reduzierten Gewinnfunktionen im NashGleichgewicht der zweiten Stufe, wobei wir den uns interessierenden F&EEinsatz von Unternehmen 1 hervorheben. Sie lassen sich in allgemeiner Form schreiben als iTf(Fi) = iTi(Fi,xf(Fi),a;^(Fi)),

Eintrittszul£issung. Jedes Unternehmen steht nun vor der Frage, ob sich sein Gewinn im Nash-Gleichgewicht (siehe Gl. H.7 und H.8 auf S. 215) durch eine verstarkte F&E-Tatigkeit nicht noch verbessern liefie. Um diese Frage und insbesondere die dabei auftretenden direkten und strategischen Effekte zu untersuchen, bedienen wir uns, wie schon in vorigen Kapiteln, der Ableitung der reduzierten Gewinnfunktionen. Die Ableitung von 77i nach Fi ergibt

dnl^ dih ,dihdxl dFi

dFi direkter Effekt

dxi dFi ^Q >O —^^—

mdxl dx2 dFi ' strategischer Effekt

^ ' ^

Der erste Term erfasst den Einfluss vermehrter F&E-Tatigkeit auf den Gewinn des Unternehmens unter der (ceteris-paribus) Voraussetzung, dass dadurch nur die Produktionskosten gesenkt (und im Gegenzug die F&E-Kosten

218

H. Innovationswettbewerb bei Spillover

erhoht) werden, die derzeit angebotenen Mengen x^ und x^ im NashGleichgewicht des Mengenwettbewerbs aber konstant bleiben. Wir bezeichnen ihn deshalb als direkten F&E-Effekt. Er ergibt sich durch Ableitung von Gl. H.3 (S. 214) nach Fi, wobei x\ durch die gleichgewichtige Ausbringungsmenge x f gegeben ist: dlh_ c dFi ~ ^1

9C{Fi) aFi •

Er ist positiv, solange der Grenzerlos vermehrter F&E-Tatigkeit (in Gestalt der Sttickkostensenkung von 1 Cent auf alle bislang angebotenen Giitereinheiten x f ) grofier ist als die Grenzkosten der vermehrten F&E-Tatigkeit. Waren keine weiteren Riickwirkungen zu bedenken, wiirde ein gewinnmaximierendes Unternehmen die F&E-Tatigkeit natiirlich solange ausdehnen, bis der Grenzgewinn und damit der direkte F&E-Effekt gleich null waren. Tatsachlich aber kommt es zu Riickwirkungen. Wie die Gl. H.5 und H.6 von S. 215 zeigen, passen sich die Unternehmen an die jeweiligen eigenen und fremden F&E-Einsatze im Gleichgewicht der zweiten Stufe an. Die Gewinnwirkung der eigenen gleichgewichtigen Mengenanpassung an den eigenen erhohten F&E-Einsatz ist im zweiten Term von Gl. H.IO erfasst. Sie wird im Maximierungskalktil der zweiten Stufe ( § ^ = 0 ] bereits beriicksichtigt und fallt deshalb in der Betrachtung der ersten Stufe weg (Enveloppen-Theorem). Es bleibt zu untersuchen, welche Wirkung von der gleichgewichtigen Anpassung des Wettbewerbers an den eigenen vermehrten F&E-Einsatz auf den eigenen Gewinn ausgeht. Diese strategische Interaktion ist im dritten Term in Gl. H.IO erfasst und wird als strategischer Effekt bezeichnet. Fiir den strategischen Effekt gilt:

a77i6b£ r > o , / 3 < i dx2 dFi\^.

^ ' ^

Da der eigene Gewinn durch die Angebotsausweitung eines Rivalen immer geschmalert wird f d.h. ^ ^ < 0 ) , hangt der strategische Effekt allein davon ab, wie sich der Konkurrent mit seiner Angebotsmenge im Produktmarkt auf die vermehrte eigene F&E-Tatigkeit im Produktmarkt-Gleichgewicht anpasst ("^") • ^^^ wiederum wird, wie die partielle Ableitung -^ = ^ 3 ^ in Gl. H.9 (S. 216) zeigt, unmittelbar vom Grad des Wissensspillover /? bestimmt. Fiir kleine /3-Werte verhalt sich Unternehmen 1 als BuUterrier, fiir grofie als hungriger Wolf. Eintrittsabschreckung. Zu Zwecken der Eintrittsabschreckung versucht ein Unternehmen, den Gewinn des Konkurrenten zu verringern. Zu diesem Zwecke betrachten wir

H.5 Simultaner F&E-Wettbewerb (erste Stufe)

dll§_^ dih

mdxl

dFi

dx2 dFi ^Q ? ^ ^—'

dFi direkter EfFekt

219

dihdxl dxi dFi ' strategischer Effekt

^ '

'

Wegen der Spillover ist der direkte EfFekt im AUgemeinen nicht null; bei Beibehaltung der Ausbringungsmengen wirkt sich eine Erhohung der Forschungsausgaben von Unternehmen 1 positiv auf den Gewinn von Unternehmen 2. Man erhalt den direkten EfFekt analytisch, indem man Gl. H.4 auF S. 214 nach Fi ableitet, wobei X2 gleich X2 ist: ^

= P-^>

0-

(H.13)

Der strategische EfFekt ist dagegen negativ. Denn zusatzliche kostensenkende F&E-Investitionen machen es Fiir das F&E-treibende Unternehmen 1 lohnend, die eigene Produktionsmenge im Wettbewerb auF dem Produktmarkt auszudehnen (-^- = ^ ^ > 0; siehe Gl. H.5, S. 215); aber diese Mengenausweitung reduziert natiirlich den Preis und damit den Gewinn von Unternehmen 2 ( ^ ^ = -x§ < 0; siehe Gl. H.4, S. 214). InFolgedessen ist der strategische EfFekt hoherer F&E-Einsatze auf den Gewinn des Konkurrenten negativ, d.h. ^ ^ = - . c ^ ^ < 0 .

(H.14)

Der GesamtefFekt ist dih Q772 dx^ dFi "^ dxi dFi direkter strategischer EfFekt EfFekt = (3X2 — X2

-

Bei hohen Spillover-Graden (3 erhoht eine vermehrte Forschungstatigkeit durch Unternehmen 1 den Gewinn des Konkurrenten. Eine zurtickhaltende Ausgabenpolitik schadet somit dem Konkurrenten; dies ist wieder die Strategie des hungrigen WolFs. Bei niedrigen /?-Werten kehrt sich dies um. Zu Zwecken der Eintrittsabschreckung ist die BuUterrier-Strategie angeraten.

220

H. Innovationswettbewerb bei Spillover

Unternehmenspolitische Schlussfolgerungen. Anhand der Analyse der Auswirkungen geanderter F&E-Tatigkeiten auf den Unternehmensgewinn lassen sich wiederum unternehmenspolitische Folgerungen ziehen. 1. Bei einem relativ geringen Spillover-Grad (/? < 0,5) ist der strategische Effekt bei Eintrittszulassung | ^ ^ positiv ( | ^ < 0 und ^ < 0). In diesem Fall werden die Unterriehmen aggressiv in F&E investieren liber das Mafi hinaus, das allein vom direkten Effekt geboten ware -, um sich einen Vorteil auf dem Produktmarkt zu verschaffen. Dies ist die BuUterrier-Strategie der Uberinvestition. Zudem erschwert die Forschungstatigkeit den Eintritt des Konkurrenten bei niedrigen /3-Werten. Auch zum Zwecke der Eintrittsabschreckung ist daher die BuUterrierStrategie geboten. 2. Im Fall eines vergleichsweise hohen Spillover-Grades (/? > 0,5) kehrt sich der strategische Effekt bei Eintrittszulassung um bzw. wird negativ. Die F&E-Externalitat macht das von den eigenen F&E-Aktivitaten profitierende Konkurrenzunternehmen (hier in Form einer Senkung seiner Produktionskosten) aggressiver. Um dies zu verhindern, lohnt es sich - im Vergleich allein zum direkten Effekt - weniger bzw. defensiv in F&E zu investieren. Diese Unterinvestitionsstrategie wird auch als „hungriger Wolf" bezeichnet. Auch zum Zwecke der Eintrittsabschreckung verhalt sich ein Unternehmen als hungriger Wolf. Denn bei hohen /3-Werten niitzt die Forschungstatigkeit eines Unternehmens seinem Konkurrenten. Zusammenfassend lasst sich festhalten, dass es von der Hohe des SpilloverGrades 13 abhangt, ob die Unternehmen im F&E-Wettbewerb liber- oder unterinvestieren. Hierbei gilt: je grofier die Wissensspillover sind, desto geringer sind die F&E-Investitionen insgesamt!

H.6 F&E-Kooperation (erste Stufe)

H3

Eine F&E-Kooperation ist - analog zu einem Kartell auf dem Produktmarkt - gleichbedeutend mit einer gemeinsamen Gewinnmaximierung; wir nutzen den Index K^ um Kooperation bzw. Kartell zu suggerieren. Man konnte die Aufteilung des Gewinns unabhangig von den F&E-Einsatzen und den produzierten Mengen gesondert diskutieren. Da wir jedoch ein symmetrisches Modell mit symmetrischen Losungen prasentieren, ist dies nicht notwendig.

H.6 F&E-Kooperation (erste Stufe)

221

H.6.1 Explizite Losung Startpunkt der Betrachtung einer F&E-Kooperation mit anschliefiendem simultanen Mengenwettbewerb im Produktmarkt ist die reduzierte Gesamtgewinnfunktion 77^ (Fi,F2) := n? (Fi,F2) + U^ (^1,^2),

(H.15)

wobei, zur Erinnerung der Index C fiir den Cournot-Mengenwettbewerb steht. Jedes der an der Kooperation beteiligten Unternehmen muss dabei die Wirkung der eigenen F&E-Tatigkeit nicht nur auf den eigenen Gewinn, sondern auch auf den Gewinn des Kooperationspartners in Betracht ziehen, um einen maximalen F&E-Kartellerfolg sicherzustellen. Formal wird dies durch die Bedingungen erster Ordnung, ^ r - = 0 (i = 1,2), erreicht. Die F&E-Einsatze in der Kooperations-Losung nennen wir {F^"^F2') und die dazugehorigen Gewinne (TJf', i72^). Die Ermittlung der expliziten Losung wird erneut dem Leser aufgebiirdet. Ubung H.6.1. Berechnen Sie die symmetrische Kooperationslosung. Gehen Sie dabei wieder von den reduzierten Gewinnfunktionen in Gl. H.7 und Gl. H.8 auf S. 215 aus. Unterstellen Sie erneut die F&E-Kostenfunktion: C (Fi) =

H.6.2 AUgemeine Analyse: direkte und strategische EfFekte Um die direkten und strategischen Effekte im Rahmen einer F&E-Kooperation zu analysieren, stellen wir zunachst die reduzierte Gesamtgewinnfunktion in ausfiihrlicher Schreibweise dar: i7^(Fi,F2)=i7i(Fi,F2,xf(Fi,F2),x^(Fi,F2)) +i72(Fi,F2,xf(Fi,F2),x^(Fi,F2)). Auf der rechten Seite erscheint Fi sechsmal und daher hat die Ableitung sechs Summanden: dll^_ dFi ~

dih dlhdxf^ '^~d^'dF\'^ 'dF\ 1. direkter ^Q Effekt "^

dUi dx§ ~d^~dF\ 1- strategischer Effekt

dlhd^ dn2 dx§ a/72 dFi "^ dxi dFi "^ dx2 dFi ' 2. direkter 2. strategischer =0 EflFekt Effekt Spillover-Effekt Kartell-Effekt

222

H. Innovationswettbewerb bei Spillover

Vier Effekte bestimmen im Kooperationsfall die F&E-Investitionsanreize. Die beiden ersten, der direkte Effekt und der strategische Effekt auf den eigenen Gewinn, sind aus Abschnitt H.5.2 bekannt (siehe Gl. H.IO und die Erlauterungen dazu auf S. 217 f.). Die zwei Effekte in der zweiten Zeile haben es mit den Auswirkungen auf den Gewinn des Konkurrenten bzw. hier des kooperierenden Unternehmens zu tun und sind daher bereits in Abschnitt H.5.2 behandelt worden. Zum einen handelt es sich dabei um einen direkten Wissensspillover-Effekt vom F&E-treibenden Unternehmen auf den Kooperationspartner. Auf S. 219 batten wir ihn als

ermittelt. Konkret driickt sich dieser Effekt in der Produktionskostenersparnis des Kooperationspartners fiir dessen gegebene Produktionsmenge x^ aus. Je grofier /?, umso starker ist der Kostenreduktionseffekt und umso hoher soUte der F&E-Einsatz F\ gewahlt werden. Zum anderen existiert jetzt noch ein weiterer Effekt strategischer Natur, den wir auf S. 219 als dU2dx^

c2-P

identifiziert haben. Die zusatzlichen Investitionen in Kostensenkung erhohen die Produktionsmenge auf dem Produktmarkt auf Kosten des Kooperationspartners. Aufgrund dieses Effekts wird Unternehmen 1 im Sinne der Kooperation also etwas weniger in F&E investieren woUen. Damit erreicht Unternehmen 1, dass es selbst eine geringere Outputmenge herstellt, die dann tiber c hohere Preise den Gewinn des Kooperationspartners erhoht. -^ > 0 kann als Selbstverpflichtung (Unternehmen 1 bindet sich selbst durch Wahl eines relativ niedrigen F&E-Einsatzes) interpretiert werden. Ubung H.6.2. Ist es Ihnen verstandlich, warum der strategische KartellEffekt mit steigendem Spillover-Grad abnimmt? Unternehmenspolitische Schlussfolgerungen. 1. Steigt bei F&E-Kooperation der Wissensspillover-Grad P, so schwacht sich, wie hoffentlich soeben von Ihnen bestatigt, der negative (!) strategische Kartelleffekt ab und der (positive!) Spillover-Effekt nimmt zu, d.h. die Unternehmen erhohen ihre F&E-Einsatze. Diese Wirkung ist genau gegenlaufig zum Wettbewerbsfall. Dort sorgte ein steigender Grad des Wissensspillovers fiir sinkende F&E-Tatigkeiten der Unternehmen (siehe Gl. H . l l auf S. 218).

H.7 F&E-Wettbewerb vs. F&E-Kooperation - Ein Vergleich

223

Abbildung H.2. Gewinn bei Wettbewerb und Kooperation 2. Auch ein F&E-Kartell ist von Instabilitat bedroht, wie wir dies im Preiskartell (Kap. D) und im Mengenkartell (Kap. F) kennengelernt haben. AUerdings besteht bei legalen Kartellen die Moglichkeit, die Einhaltung von Vertragen einzuklagen.

H.7 F & E - W e t t b e w e r b vs. F&E-Kooperation - Ein Vergleich H.7.1 Einzelwirtschaftliche Perspektive Bislang blieb die Prage offen, ob F&E-Kooperationen aus einzel- und gesamtwirtschaftlicher Perspektive lohnend sind. Das einzelwirtschaftliche Interesse liegt schnell auf der Hand. Ubung H.7.1. Wie kann man begriinden, dass F&E-Kooperation den Unternehmen nie schaden kann? Hinweis: Argumentieren Sie ganz allgemein, ohne Beachtung der speziellen linearen Funktionen. Abb. H.2 stellt die Gewinne der Unternehmen bei Wettbewerb und Kooperation gegeniiber. Man sieht, dass der Vorteil der Kooperation gegenliber dem Wettbewerb bei kleinen Spillover-Graden und bei grofien SpilloverGraden besonders ausgepragt ist. Bei kleinen Spillover-Graden ermoglicht die Kooperation eine Rticknahme der Forschungsbemtihungen, bei grofien die Erhohung.

224

H. Innovationswettbewerb bei Spillover

H.7.2 Gesamtwirtschaftliche Perspektive Aus gesamtwirtschaftlicher Sicht konnen wir uns ftir die Wohlfahrt interessieren. Dazu miissen wir, natiirlich unter Beachtung der F&E-Kosten, die Summe von Konsumenten- und Produzentenrenten maximieren (siehe bei Bedarf S. 110 ff.). Ftir das wohlfahrtsoptimale Niveau der F&E-Tatigkeiten mtissten wir detaillierte Rechnungen anstellen. Allgemein wird der benevo lente Diktator mehr Forschung verlangen, als die Unternehmen von allein tatigen wiirden. Dies liegt daran, dass die Unternehmen, ob nun bei Kooperation oder im Wettbewerb, die durch niedrigere Kosten und Preise mogliche Steigerung der Konsumentenrente nicht berticksichtigen. Wenn die Wettbewerbspolitik sich an der Wohlfahrt ausrichtet (das ist keinesfalls zwingend), miisste sie also prtifen, ob Kooperation oder Wettbewerb (auf der Forschungsebene) zu hoheren Forschungsleistungen fiihrt. Alternativ zur Wohlfahrtsberechnung konnte man argumentieren, dass die Forschung den technologischen Fortschritt und damit das Wachstum der Volkswirtschaft bestimmt. Ftir eine genaue modelltheoretische Analyse des Zusammenhangs zwischen privaten F&E-Einsatzen und technologischem Fortschritt sei der interessierte Leser auf AMIR (2000) verwiesen. Wir wissen bereits aus der vorangegangen Analyse, dass die F&E-Einsatze im Wettbewerbsfalle mit zunehmendem (3 sinken (Abschnitt H.5) und im Kooperationsfalle mit zunehmendem (3 steigen (Abschnitt H.6). Daher werden wir erwarten, dass bei relativ geringen Spillover-Graden beim Wettbewerb mehr F&E betrieben wird als bei Kooperation. Bei hohem (3 soUte es sich umgekehrt verhalten. Ftir die konkrete Berechnung verwenden wir die Losungen der Aufgabe H.5.1 und H.6.1. Demnach gilt

2(2-/3) 97-2(l+/3)(2-/3)

2(1+/?) >0. 9 7 - 2 ( 1 + /?)'

Mit einigem Umstellen kommt man schliefilich zu folgendem Ergebnis: /3 < 0,5 F f + F^ (Kooperation) /? > 0, 5 ^-^^'^{:iT ^ gilt. Wie wir aus Kap. B (S. 36 ff.) wissen, ist bei positiven externen Effekten ein Mehreinsatz des Aktionsparameters angezeigt, wenn wir zur Kartell- bzw. Kooperationslosung libergehen. Genau dies haben wir ja gezeigt. U b u n g H.7.2. Erklaren Sie, inwiefern der Ubergang vom Wettbewerb zur F&E-Kooperation die Unternehmen in beiden Fallen - hohe Wissenspillover und niedrige Wissensspillover - aus einem Gefangenendilemma befreit!

H.8 Zusammenfassung u n d unternehmenspolitische Schlussfolgerungen Als Gesamtfazit konnen die folgenden Analyseergebnisse festgehalten werden:

226

H. Innovationswettbewerb bei Spillover

1. Unternehmen erzielen bei jedem Spillover-Grad durch eine F&E-Kooperation hohere Gewinne als durch einen F&E-Wettbewerb. Sie werden daher stets eine F&E-Kooperation anstreben. 2. Wenn man aus gesamtwirtschaftlicher Sicht an hohen F&E-Investitionen interessiert ist, lohnen sich F&E-Kooperationen nur bei einem hohen Spillover-Gr ad. Bei einem niedrigen Spillover-Grad wiirde ein F&EWettbewerb zu hoheren gesamtwirtschaftlichen F&E-Investitionen ftihren. 3. Ob es ftir Unternehmen im F&E-Wettbewerb strategisch geboten ist, im Vergleich zum direkten Effekt aggressiv (BuUterrier-Strategie) oder defensiv (Hungriger-Wolf-Strategie) in Forschung zu investieren, hangt gleichfalls vom Spillover-Grad ab: Je grofier der Spillover-Grad, umso defensiver soUte die F&E-Strategie gewahlt werden und umso geringer fallen demzufolge auch die gesamtwirtschaftlichen F&E-Investitionen aus. 4. Im Kooperationsfall ist demnach der Effekt eines hoheren SpilloverGrades auf das gesamtwirtschaftliche F&E-Investitionsniveau genau gegenlaufig zu dem im Wettbewerbsfall: grofiere Wissensspillover induzieren mehr F&E-Investitionen im Kooperationsfall und weniger im Wettbewerbsfall. Die Ergebnisse der Modellanalyse sind auch ftir die Haltung der staatlichen Wettbewerbspolitik gegentiber F&E-Kooperationen von Bedeutung. Die Ergebnisse des Kapitels legen (unter den hier zugrunde gelegten Modellpramissen) folgende Einschatzungen nahe: 1. Da es zweifelhaft ist, ob nicht doch (entgegen unseren bisherigen Modellannahmen) die Kooperation im Forschungsbereich Absprachen in anderen Bereichen erleichtern, konnte man aus wettbewerbspolitischer Sicht auch Forschungskartelle grundsatzlich untersagen. 2. Aus Sicht unseres Modells besteht ein offentliches Interesse an F&EKooperationen nur bei hohen Wissensspillover-Effekten, weil nur dann durch Kooperation eine Erhohung der Forschungstatigkeit erhofft werden kann. AUerdings belegen empirische Analysen nicht eindeutig, dass Spillover die Anreize zur Forschung im Wettbewerb tatsachlich reduzieren. Neuere Modelle fahnden hier nach den moglicherweise relevanten Effekten. Beispielsweise unterstellen diese Modelle Wissensspillover nicht als rein exogene Grofie, sondern gehen von der realistischeren Annahme aus, dass die Nutzung externen Wissens spezifische Kosten der Absorption bzw. Imitation verursacht. Die Ergebnisse von WiETHAUS (2006) zeigen, dass in diesem Fall die nicht-kooperativen F&E-Anreize in der Tat wesentlich starker ausfallen, als im hier dargestellten einfachen Mo-

H.IO L5sungen

227

dell. Als weitere Quelle kann man den Beitrag von CECCAGNOLI (2005) heranziehen. 3. Die Wettbewerbspolitik reagierte auf diese Einsicht seit Mitte der achtziger Jahre durch die Erlaubnis und Forderung von Kooperationen im F&E-Bereich. Die vorliegende Analyse zeigt jedoch, dass es bei hohen Wissensspillover-Effekten geniigt, dass der Gesetzgeber F&E-Kooperationen erlaubt. Er muss sie nicht zusatzlich finanziell oder auf andere Weise fordern, denn die kooperativen F&E-Investitionsanreize (im Vergleich zum Wettbewerb) sind in der Regel ausreichend stark. (Freilich konnte eine staatliche F&E-Kooperationsforderung wegen anderer Marktstorungen noch geboten sein.) 4. Ohne profunde Kenntnis der Hohe und Struktur von WissensspilloverEffekten im Bereich von Forschung und Entwicklung gibt es keine differenzierte staatliche Wettbewerbs- und F&E-Politik. Wenn man diese ftir vorteilhaft halt, ist man auf empirisches Wissen liber F&E-Spillover angewiesen. Ftir Deutschland sind vor allem die empirisch-okonometrischen Analysen von B O N T E (1997), BONTE (2004) und HARHOFF (2000) zu nennen. Internationale Ergebnisse finden sich in GRILICHES (1992) und BRANSTETTER (2000).

H.9 Literaturhinweise Der theoretische Klassiker zur Rolle von Spillover im F&E-Prozess ist der Beitrag von D ' A S P R E M O N T / J A C Q U E M I N (1988), auf dem dieses Kapitel aufbaut.

H.IO Losungen H . 4 . 1 . Die Ableitung der reduzierten Gewinnfunktion von Unternehmen 1 nach (3 ergibt (ftir Unternehmen 2 entsprechend): dn^ - ^

1 2 = 92 (1 + 2Fi -F2 + P (2F2 - Fi)) (2F2 - Fi) = - x f (2f2 -

Ft).

Hieraus folgt ^ ^ > 0 0 (vorausgesetzt die Gleichgewichtsmenge x f ist positiv). Ein erhohter Spillover-Effekt wirkt also positiv auf den (eigenen) Gleichgewichtsgewinn des Mengenwettbewerbs, falls die eigenen F&E-Anstrengungen hochstens doppelt so hoch sind, wie diejenigen des Konkurrenten.

228

H. Innovationswettbewerb bei Spillover

H . 5 . 1 . Zunachst bildet man die Bedingung erster Ordnung (z.B. fiir Unternehmen 1): aFi -^""^

3

^^'-

Da nur symmetrische Gleichgewichte gesucht werden, vereinfacht sich das Auflosen der Bedingung erster Ordnung an der Stelle Fi — F2 und ergibt die folgenden F&E-Niveaus im Nash-Gleichgewicht: ^N^pN^ 2(2-/3) 1 2 9 ^ _ 2 ( i + /3)(2-/3)(Die Bedingungen zweiter Ordnung, .^ ^2 < 0 und T^TT^ < 0, sind erftillt, falls 1 ( 2 - / 3 ) 2 < 7 gilt.) H . 6 . 1 . Nach dem Einsetzen der reduzierten Gewinnfunktionen in die Gesamtgewinnfunktion und Ableitung nach Fi erhalt man die Bedingungen erster Ordnung ftir die F&E-Tatigkeiten

bzw. a ( i l f + i7f)

„ ^2-/3

„ r2/3-l

^

i„

Auch hier geht man wieder von einer symmetrischen Losung aus, sodass F^ = F2" zu gelten hat. Setzt man dies in eine der abgeleiteten Gewinnfunktionen ein und ersetzt x f und X2 durch die entsprechenden gleichgewichtigen Mengen der zweiten Stufe (siehe Gl. H.5 und Gl. H.6 von S. 215), dann erhalt man:

Lost man dies nach F auf, so erhalt man die gesuchten Gleichgewichte im Kooperationsfall: F^^F^^ 2(l+/3) (Die Bedingungen zweiter Ordnung verlangen | (1 + /3) < 7.) H.6.2. Grundsatzlich hangen im hnearen Cournot-Modell die Ausbringungsmengen eines Unternehmens negativ von den eigenen Kosten und positiv von den Kosten des Konkurrenten ab. Bei relativ niedrigem Spillover-Grad ftihrt eine Erhohung der F&E-Anstrengungen zu einer recht grofien Ausdehnung der eigenen Ausbringungsmenge. Steigt nun der Spillover-Grad an, so fiihrt

H.IO Losungen

229

dieselbe Erhohung der F&E-Anstrengungen zu einer Erh5hung der Ausbringungsmenge des Konkurrenten und zugleich zu einer nicht ganz so grofien Ausdehnung der eigenen Ausbringungsmenge. Diese etwas geringere Ausdehnung der eigenen Ausbringungsmenge fiihrt nun zu einer wiederum nur geringeren Preissenkung, die auch den Kooperationspartner trifft. H . 7 . 1 . Die Unternehmen haben die Option, die F&E-Anstrengungen bei Kooperation gerade gleich den gleichgewichtigen bei Wettbewerb zu wahlen. Dann machen sie den gleichen Gewinn bei Kooperation wie beim Wettbewerb. Schlechter als im Wettbewerb konnen die Unternehmen sich durch die Kooperation also nicht stellen. NattirUch gilt diese Argumentation nur unter Vernachlassigung der Transaktionskosten der Kooperationsvereinbarung. H.7.2. Hohe Wissensspillover (z.B. (3 = 1) haben bei gegebenen F&EEinsatzen einen positiven (direkten) Effekt auf die Unternehmensgewinne (vgl. Aufg. H.4.1) in Form einer (kostenlosen) Senkung der Grenzkosten. Bei unkoordiniertem Verhalten kalkuliert jedoch jedes Unternehmen wie folgt: behalt der Rivale relativ hohe F&E-Einsatze bei, so lohnt sich eine Trittbrettfahrer-Strategie; behalt der Rivale sie nicht bei und wahlt seinerseits die Trittbrettfahrer-Strategie, besteht die Gefahr durch die teuren F&E-Anstrengungen selbst einen Wettbewerbs- und Gewinnnachteil in Kauf nehmen zu mtissen. In jedem Fall ist also eine (einseitige) Reduktion der F&E-Einsatze ratsam mit der Folge, dass die an sich wtinschenswerten und teilweise kostenlosen Senkungen der Grenzkosten ausbleiben. Die Befreiung aus diesem Dilemma geschieht durch Internalisierung des Spillover-Effektes. Bei niedrigen Spillovern (z.B. /? = 0) driickt sich das Gefangenendilemma dadurch aus, dass jedes Unternehmen einen individuellen Anreiz zu aggressiven F&E Investitionen hat. Diese fiihren - vorausgesetzt der Rivale investiert selbst wenig - zu exklusiven Wettbewerbsvorteilen und damit zu hoheren Gewinnen. Investiert der Rivale hingegen seinerseits viel, so mtissen eigene Investitionen den dadurch entstehenden Wettbewerbsnachteil kompensieren. Im Ergebnis folgen mithin beide Unternehmen der BuUterrier-Strategie. Dies ftihrt zu hohen Angebotsmengen und einem sinkenden Marktpreis. Gleichzeitig belasten die exzessiv hohen F&E-Kosten die Gewinne beider Unternehmen. Hier erfolgt die Befreiung durch Internalisierung in Form des KartellEffektes.

Teil III

ProduktdifFerenzierung und Wettbewerb im heterogenen Oligopol

233

Im dritten Teil des Buches untersuchen wir Unternehmensstrategien im Wettbewerb auf oligopolistischen Markten fiir heterogene (differenzierte) Gtiter und Dienstleistungen. Wir beginnen mit der horizontalen und vertikalen Produktdifferenzierung (Kap. I). Vertikale Produktdifferenzierung ist Qualitatsdifferenzierung, wahrend horizontale Produktdifferenzierung mit „anders, aber nicht besser" charakterisiert werden kann. In den zwei folgenden Kapitel behandeln wir dann den Werbewettbewerb (Kap. J) und den Kompatibilitatswettbewerb (Kap. K). In alien drei Kapitel ist das Hotelling'sche Strafiendorf der zentrale Modellbaustein.

I. Varianten-, Standort- und Qualitatswettbewerb

Die horizontale Produktdifferenzierung durch das Angebot unterschiedlicher Varianten eines Produktes oder den Verkauf an verschiedenen Standorten bietet Unternehmen mit ahnlichen Kostenstrukturen die Moglichkeit, sich im Preiswettbewerb Gewinne zu sichern. Nach der Einfiihrung in die Grundidee der horizontalen und vertikalen Produktdifferenzierung (Abschnitt LI) nutzen wir das Hotelling-Modell (Abschnitt 1.2), um den Positions- und Preiswettbewerb von etablierten Unternehmen zu modeUieren. AnschUefiend widmen wir uns dann der Prage, ob und wie die etabUerten Unternehmen eine strategische Markteintrittsbarriere in Gestalt einer Limit-Variantenzahl (ProduktproHferationsstrategie) errichten konnen, um die potentiellen Wettbewerber vom Markteintritt abzuschrecken (Abschnitt L3). Zur ModeUierung der Eintrittsabschreckung durch Produktdifferenzierung nutzen wir das Schmalensee-Salop-ModeL Wahrend diese Modelle die horizontale Produktdifferenzierung zum Thema haben, widmet sich Abschnitt L4 der vertikalen Produktdifferenzierung.

I.l Grundideen der horizontalen und vertikalen Produktdifferenzierung Produktdifferenzierung und Bertrand-Paradox. Bei homogenen Praferenzen vergleichen die Konsumenten lediglich die Preise, um ihre Kaufentscheidung zu treffen. Daher resultiert bei Preiswettbewerb in homogenen Markten das Bertrand-Paradox, das wir in Kap. D behandelt haben. Um dieser gewinnlosen Situation zu entkommen, streben die Unternehmen danach, ihr Produkt in einer fiir die Kaufer wesentlichen und erkennbaren Eigenschaft zu differenzieren. Ftir die meisten Ge- und Verbrauchsgiiter finden wir eine vielfache Produktdifferenzierung. Die Unternehmen bieten ein Produkt • in unterschiedlichen Qualitaten, • in unterschiedlichen Varianten,

236

I. Varianten-, Standort- und Qualitatswettbewerb

• an unterschiedlichen Verkaufsstandorten, • in unterschiedlichen KompatibiHtatsgraden und • mit unterschiedHchen Bekanntheitsgraden oder unterschiedHchem Image an. Bei vertikaler Produktdifferenzierung (unterschiedHche Quahtat) sind sich die Kunden einig, welches das bessere Produkt ist. Bei gleichen Preisen wird das hoherwertige Produkt vorgezogen. Bei horizontaler Produktdifferenzierung besteht diese Einigkeit nicht. So praferieren einige Kunden ein siiCes Getrank, andere ein weniger siiBes (unterschiedliche Varianten). Hamburger kaufen in der Regel in Hamburg, Leipziger in Leipzig (unterschiedliche Standorte). Bisweilen ist auch der Standard wichtig, dem ein technisches Gerat geniigt (unterschiedliche Kompatibilitatsgrade). Wir kommen hierauf in Kap. K zuriick. Schliefilich kann man ein Produkt nur erstehen, wenn man hinreichend informiert ist (siehe Kap. J). Ein aktuelles Beispiel horizontaler Produktdifferenzierung bietet der Kaffee-Markt, auf dem seit kurzer Zeit sogenannte Kaffee-Pads angeboten werden. Das sind bunte Kapseln oder weiche Beutelchen mit klangvoUen Namen wie „Vienna" oder „Capriccio", in denen Rostkaffee in Dosen zu sieben bis zehn Gramm enthalten sind. In diesen Kleinverpackungen gelingt es den Rostereien, den Kaffeepreis zu verdrei- oder sogar zu vervierfachen. Zudem ist dies sogar ein Segment mit starken Wachstumsraten. Um aus diesen Pads oder Kapseln Kaffee zu brauen, benotigt der Kunde zu Hause ein Komplementargut in Gestalt einer speziellen Kaffeemaschine. tJber diesen spannenden Aspekt des Kaffeemarktes werden wir in Kap. K berichten. Der Kaffeemarkt zeigt, wie die Unternehmen mit horizontaler Differenzierung zum einen bisher nicht erschlossene Marktsegmente bedienen und zum anderen den Preiswettbewerb abschwachen, um sich Gewinne zu sichern. Das Angebot auf dem Automobilmarkt ist ein gutes Beispiel ftir die gleichzeitige horizontale und vertikale Differenzierung. Der Markt ist vertikal differenziert nach Qualitats- und Grofienklassen (siehe Abb. 1.1). Zusatzlich ist der Markt innerhalb einer Qualitatsklasse horizontal differenziert nach Varianten und nach Image. In der Oberklasse sind das zum Beispiel die Modelle der Mercedes S-Klasse, die Modelle der BMW-7er-Reihe und die Modelle der Audi-A8-Reihe. In der oberen Mitteklasse gibt es die Modelle der Mercedes E-Klasse, der BMW-5er-Reihe und der Audi-A6-Reihe im Angebot. Die Mittelklasse ist mit Modellen der Mercedes C-Klasse, der BMW-3er-Reihe und der Audi-A4-Reihe besetzt. Die Kompaktwagenklasse wird gegenwartig durch die Mercedes-A-Klasse, die BMW-ler-Reihe und die Audi-A3-Familie represent iert.

LI Grundideen der horizontalen und vertikalen Produktdifferenzierung

Preis

237

horizontale Produktdifferenzierung innerhalb einer Qualitatsklasse

•A

,

7 Audi A8

1 Wettbewerbs linie

—^

^ Mercedes S-Klasse

BMW 7er

/ Audi A6

Mercedes E-Klasse

BMW 5er

/ vertikale Produktdifferenzierung zwischen den Qualitatsklassen

/ Aud i A4

Mercedes C-Klasse

BMW 3er

/ Audi A3

Mercedes A-Klasse

BMW ler

•B

f

1/

Qualitat

Abbildung I . l . Horizontale versus vertikale Produktdifferenzierung auf der Wettbewerbslinie

In der Abb. LI ist entlang der Abszisse die Qualitat oder die Leistung bzw. der Produktnutzen (customer value) abgetragen und entlang der Ordinate die Kosten bzw. der Preis. AUe Anbieter mit demselben Preis-Leistungsverhaltnis sind gleich wettbewerbsfahig. Sie liegen in der Abbildung auf der Linie identischer Preis-Leistungsverhaltnisse. Diese wird auch Wettbewerbslinie genannt. Wer sich oberhalb der Wettbewerbslinie befindet (Punkt A), scheidet langfristig wegen eines zu schlechten Preis-Leistungsverhaltnisses aus dem Markt aus. Wer hohere Qualitat zum selben Preis bietet bzw. fiir gleiche Qualitat einen niedrigeren Preis verlangt (Punkt B), setzt sich mit seinem besseren Preis-Leistungsverhaltnis erfolgreich von seinen Mitbewerbern ab. Praferenzen und strategische Interaktion bei horizontaler Produktdifferenzierung. Im vorliegenden Kapitel steht zunachst die horizontale Produktdifferenzierung im Vordergrund. Die relevante Eigenschaft ist entweder der (Verkaufs-)Standort oder eine Produkteigenschaft. Eine wichtige Prage ist nun, wie die Praferenzen verteilt sind. Je nach Art des Ge- oder Verbrauchsgutes wird man Praferenzen vorfinden, die in Bezug auf die gewtinschten Produkteigenschaften relativ homogen, diffus oder geclustert sind. Nehmen wir als einfaches Beispiel das Produkt „Erfrischungsgetrank". Dieses Produkt lasst sich im Wesentlichen durch die Produkteigenschaften „kalorienhaltig" und „sufi" charakterisieren. Tragt man diese Eigenschaften mit ihren jeweiligen Auspragungen in einem zweidimensionalen Produktraum ab, wie in Abb. L2, dann kann jeder Nachfrager mit seinen Praferenzen durch einen Punkt in diesem Diagramm reprasentiert wer-

238

I. Varianten-, Standort- und Qualitatswettbewerb

homogene Praferenzen

d iffuse Praferenzen

1 SiiBe

i

^ SuBe

^

• •







• • •

Kaloriengjehalt

• •

• • •

Kaloriengehalt

ge(:lusterte P raferenze n i

^ SiiBe

• • • • Kaloriengehalt

Abbildung 1.2. Produkteigenschaften und Praferenzen

i

Sul3e

ii Cola -Light

Coca -Cola

\

• . •• • Mineralwasser

(alkoholfreies) Bier

j

Kaloriengehalt

Abbildung 1.3. Horizontale Produktdifferenzierung - Das Beispiel Erfrischungsgetr^nk

den. Es ist Aufgabe der Marktforschung herauszufinden, wie die Praferenzen tatsachlich verteilt sind. Abb. 1.2 zeigt die Moglichkeiten homogener, difFuser oder geclusterter Praferenzverteilungen. Bei homogener Praferenzverteilung bevorzugen alle Nachfrager gleiche oder sehr ahnliche Produkteigenschaften. Homogene Praferenzen lassen deshalb keine profitable Produktdifferenzierung zu. Bei geclusterter Praferenzverteilung bevorzugen hinreichend groBe Nachfragegruppen

1.1 Grundideen der horizontalen und vertikalen Produktdifferenzierung

239

Abbildung 1.4. Ein eindimensionaler Produktraum

jeweils unterschiedliche Produkteigenschaften. Bei diffuser Praferenzverteilung bevorzugt jeder Nachfrager dagegen andere Produkteigenschaften, s o dass es jedem Anbieter schwer fallen muss, eine Produktvariante mit hinreichend groBem Marktsegment zu finden. Bei Erfrischungsgetranken spricht viel daftir, dass die Praferenzen geclustert sind. Deshalb beobachten wir, dass die Anbieter nicht ein Einheitspro dukt „Erfrischungsgetrank" anbieten, sondern eine Vielzahl von Varianten auf den Markt bringen, die die Produkteigenschaften „kalorienhaltig" und „su6" in unterschiedlicher Weise so kombinieren, dass sie den geclusterten Praferenzen am besten entsprechen. Je naher die gewahlte Variante an den Praferenzen der Kunden (im jeweiligen Cluster) liegt, umso geringer ist die Nutzeneinbufie, die die Kunden dadurch erfahren, dass die angebotene Variante nicht genau ihren Praferenzen entspricht. Einige Varianten von Erfrischungsgetranken, die offensichtlich die Produkteigenschaften in der von den Konsumenten gewiinschten Weise kombinieren, finden wir in Abb. 1.3. Kalorienbewusste Liebhaber von Cola-Getranken mussten vor der Einftihrung von Cola-Light entweder auf Mineralwasser ausweichen oder zu Coca-Cola greifen. In beiden Fallen waren Nutzeneinbufien (wegen zu wenig Stifie oder zu hoher Kalorienzahl) die Folge. In diesem Kapitel werden wir einen nur eindimensionalen Produktraum, das sogenannte Hotelling'sche StraBendorf, verwenden. Er ist in Abb. 1.4 dargestellt. Eine mogliche Interpretation dieses Produktraums ist geographisch. Das StraBendorf hat eine Lange von 1 (ein Kilometer) und die Kunden wohnen in diesem Dorf. Sie wiirden am liebsten an ihrem Wohnsitz konsumieren. Der Konsument an der Stelle h praferiert also einen Verkaufsstandort genau an der Stelle h. Moglicherweise gibt es ein Unternehmen, das sich gerade an der Stelle h plaziert.. Sie konnen auch an einen Strand denken, an dem Eisverkaufer ihren Stand aufbauen. Alternativ kann man den Produktraum als Eigenschaftsraum interpretieren, beispielsweise im Sinne der StiBe oder Kalorienhaltigkeit des Speiseeises oder des Pruchtgetrankes.

240

I. Varianten-, Standort- und QualitSLtswettbewerb

Die Grundziige der oligopolistischen Interaktion bei der Produktdifferenzierung lassen sich wie folgt beschreiben: Wer mit seiner Produktvariante bzw. seinem Standort naher bei den tatsachlichen Kundenwiinschen liegt, gewinnt mehr Kaufer, kann hohere Preise verlangen und erzielt hohere Gewinne. Dies ist der direkte oder Nachfrageeffekt der Positionierung. Dabei mtissen die Unternehmen jedoch Obacht geben. Plazieren sie sich namlich am gleichen Standort, sind ihre Produkte homogen und ein heftiger Preiskampf droht. Dies ist der strategische Effekt der Positionierung. Die Unternehmen mtissen sich daher im Positionswettbewerb (auf der ersten Stufe) so positionieren, dass sie im Preiswettbewerb (auf der zweiten Stufe) maximale Gewinne erzielen. Vielfach wirken der strategische und der Nachfrageeffekt in entgegengesetzter Richtung, sodass keine allgemeine Empfehlung liber die gewinnmaximale Produktdifferenzierung getroffen werden kann. Moghcherweise lohnt es sich fiir ein Unternehmen, den Marktzutritt anderer Unternehmen abzuschrecken. Im heterogenen Wettbewerb mit Produktdifferenzierung erfolgt der Aufbau einer strategischen Eintrittsbarriere im Prinzip dadurch, dass „Lucken im Produktraum" geschlossen werden, durch die potentielle Konkurrenten profitabel in den Markt eintreten konnen. Im Varianten- oder Standortwettbewerb mtissten demnach die Unternehmen so viele Varianten bzw. an so vielen Standorten selbst anbieten, dass ein profitabler Markteintritt mit neuen Varianten oder an neuen Standorten nicht mehr mogUch ist. Man nennt diese Form der Eintrittsabschreckung ProduktproUferation. Wir nutzen zwei unterschiedUche Modelle. Das erste ist das Strafiendorf; hier gehen wir von einer vorgegebenen Anzahl der Unternehmen aus und behandeln fiir diese den Preis- und Positionswettbewerb. Die Pragen zum Markteintritt und zur Eintrittsabschreckung analysieren wir dagegen innerhalb des Schmalensee-Ringdorfes. Dieses geht auf SCHMALENSEE (1978) zurtick und wurde von SALOP (1979) im Detail ausformuhert. Praferenzen und strategische Interaktion bei vertikaler Produktdifferenzierung. Im Quahtatswettbewerb konkurrieren die Unternehmen durch Angebote in verschiedenen Quahtatssegmenten und nicht - wie im Positions- bzw. Variantenwettbewerb - durch verschiedene Angebote innerhalb eines Quahtatssegments. Im Beispiel des Automobilmarkts lage ein Quahtatswettbewerb in reiner Form vor, wenn jedes Automobilunternehmen in nur einem Qualitatssegment und in diesem mit nur einem Modell vertreten ware, wenn also z.B. Mercedes-Benz nur ein Modell der Oberklasse (SKlasse), BMW nur ein Modell der gehobenen Mittelklasse (5-er Klasse) und Audi nur ein Modell der Mittelklasse (A4-Klasse) anbote (siehe Abb. 1.1 auf S. 237). Tatsachlich bietet jedes Unternehmen in mehreren Qualitatssegmen-

1.2 Preis- und Positionswettbewerb im StraBendorf

241

ten gleichzeitig an. Selbst innerhalb jedes Qualitatssegmentes konkurrieren die Unternehmen mit Varianten. In der Regel haben Produkte und Dienstleistungen mit hoherer Qualitat auch einen hoheren Preis und Produkte mit niedrigerer Qualitat einen niedrigeren Preis. Beide konnen aber im Preis-Leistungsverhaltnis identisch sein. Bietet ein Anbieter eine hohere Qualitat als sein Konkurrent zum selben oder sogar zu einem niedrigeren Preis, wird er den Konkurrenten mit seinem besseren Preis-Leistungsverhaltnis Kaufer abspenstig machen. Er wird auch dann seinen Absatz auf Kosten der Konkurrenz erhohen konnen, wenn sein Qualitatsvorsprung grofier ist als sein Preisvorsprung, sodass sein PreisLeistungsverhaltnis besser ist. Uber die Nachfrage entscheidet also immer das bessere Preis-Leistungsverhaltnis. AUerdings differieren die Kunden darin, wie sie den Preis gegen die Qualitat abwagen. Einige Kunden haben ein hohes Qualitatsbewusstsein und damit eine hohe Zahlungsbereitschaft ftir Qualitat, wahrend andere Kunden eher preisbewusst sind und Abschlage in der Qualitat schon ftir geringe Preisunterschiede in Kauf nehmen. Im reinen Qualitatswettbewerb (vertikale Produktdifferenzierung ohne horizontale) wird wiederum das Bertrand-Paradox seine Wirkung entfalten: Bei gleicher Qualitat sind die Produkt homogen und die Kunden fiihren lediglich einen Preisvergleich durch. Dann machen die Unternehmen bei identischen Sttickkosten einen Gewinn von null. Daher beobachtet man in diesen Situationen, dass ein Unternehmen eine hohe Qualitat und ein anderes eine niedrigere Qualitat wahlt. Dies gilt sogar ftir den extremen Fall, in dem eine hohere Qualitat nicht mit hoheren Kosten als eine niedrige Qualitat verbunden ist. Nun ist es sicherlich schwer vorstellbar, dass Unternehmen zur Vermeidung des Bertrand-Pardoxes auf (kostenlose!) Qualitat verzichten, um sich zu differenzieren. Man wird stattdessen erwarten, dass neben der vertikalen Qualitatsdifferenzierung zusatzlich eine horizontale angestrebt wird. Gerade dies modellieren wir in Abschnitt 1.4.

1.2 Preis- und Positionswettbewerb im Strafiendorf Die Analyse des Preis- und Positionswettbewerbs bei horizontaler Produktdifferenzierung erfolgt in vier Schritten: Zunachst fiihren wir das zur Analyse verwendete Modell des Hotelling'schen Strafiendorfs ein. Daran anschliefiend spezifizieren wir die spieltheoretische Wettbewerbsstruktur im Sinne eines zweistufigen Wettbewerbs. Im dritten Schritt analysieren wir den Preiswett-

242

I. Varianten-, Standort- und Qualitatswettbewerb

0

a^

^2

t{h - a^y

t(a2

1

-hf

TransportkostenNutzeneinbufien Abbildung 1.5. Hotelling'sches Strafiendorf

bewerb der zweiten Stufe. Und im vierten Schritt untersuchen wir den Positionswettbewerb der ersten Stufe. 1.2.1 Modellspezifikation: Hotellings Strafiendorf Das Strafiendorf ist ein Produkt- oder ein geographischer „Raum", dessen Lange in der Regel auf 1 normiert ist. Die Randpunkte sind 0 und 1 (siehe Abb. 1.5). Fiir diese Strecke haben wir Annahmen beztiglich der Angebotsund der Nachfrageseite zu treffen. Angebotsseite. 1. Heterogenisierung des Angehots: Auf der Hotelling-Strecke nehmen die Unternehmen 1 und 2 die Standorte ein, die mit ai und a2 bezeichnet werden. Jedes Unternehmen bietet nur an einem Standort bzw. nur eine Produktvariante an. Wir nehmen an, dass Unternehmen 1 „nnks" von Unternehmen 2 hegt - das ist ledighch eine Prage der Bezeichnung und stellt keine Einschrankung dar. Es gilt also 0 < ai < a2 < 1. Haufig setzen wir sogar ai < a2 voraus. Den Fall homogener Gtiter [cLi = a2) haben wir bereits im homogenen Preiswettbewerb in Kapitel D behandelt. Kosten der Standortwahl ignorieren wir. 2. Kosten der laufenden Produktion: Die Grenz- bzw. Stiickkosten der laufenden Produktion werden in der folgenden Analyse als identisch und konstant ftir beide Unternehmen angenommen (ci = C2 = c).

1.2 Preis- und Positionswettbewerb im Strafiendorf

243

Konsumentendichte

1

Xlipvpl)'^^-^*

^ I ( P P P 2 ) = ^*

()

h*

\

h

Abbildung 1.6. Anteilige Nachfrage bei uniformer Verteilung Nachfrageseite. 1. Prdferenzen der Konsumenten: Der Standort eines konkreten Konsumenten wird durch eine Zahl 0 < h 0 , (1.14) cf = ^ ( 2 - a ) > 0 und (1.15) i l f = | t (2 - af Aa > 0. Offensichtlich ermoglicht der heterogene - im Gegensatz zum homogenen - Preiswettbewerb eine gewinnbringende Produktion {U^ > 0). Wegen der horizontalen Produktdifferenzierung (d.h. t > 0 und Aa > 0) fallen die Preise im Bertrand-Nash-Gleichgewicht nicht bis auf das Niveau der Stiickkosten {pf > c). Durch Differenzierung kann mithin die Wettbewerbsintensitat (definiert als 2tZa) ^^^- ^^^ Gewinnverfall.im Preiswettbewerb verringert werden.

250

I. Varianten-, Standort- und Qualitatswettbewerb

Aufierdem hangen die Preise und die Gewinne natiirlich von der Positionierung ab, sodass die Positionierungsentscheidung „richtig" zu treffen ist (siehe unten). Ubung 1.2.2 (*). Gehen Sie von maximaler Produktdifferenzierung (ai = 0, a2 = 1) und von linearen Transportkosten {h — 0)t bzw. (1 — h)t aus und bestimmen Sie das Preisgleichgewicht! Wie hoch ist der Gewinn der Unternehmen? Hinweis: In Gl. 1.2 (S. 244) mtissen Sie lineare Transportkosten einbauen. Als Anwendung zum simultanen Preiswettbewerb woUen wir die strategische Handelspolitik, die wir im Mengenwettbewerbskapitel F ab S. 157 eingeftihrt hatten, erneut betrachten. Bei Mengenwettbewerb, so konnten wir begriinden, gibt es Argumente daftir, den Export zu subventionieren. Bei Preiswettbewerb, so zeigt die folgende Aufgabe, verhalt es sich umgekehrt. Dies ist ein weiteres Argument gegen strategische Handelspolitik. Ubung 1.2.3 (*). Zwei Unternehmen, ein heimisches (Index d) und ein auslandisches (Index f), konkurrieren auf dem Markt eines dritten Landes im simultanen Preiswettbewerb. Sie besitzen identische Grenz- und Sttickkosten c := ci = C2. Die heimische Regierung mochte das einheimische Unternehmen mit einer Stticksubvention s untersttitzen; der Handelsminister hatte B R A N D E R / S P E N C E R (1981), aber leider noch nicht EATON/GROSSMAN (1986) studiert. Die Produkte der Unternehmen sind maximal difFerenziert, d.h. Aa = 1. Bestimmen Sie die Hohe der Subvention, welche die Wohlfahrt des Landes, die sich aus dem Unternehmensgewinn bei subventionierter Produktion abziiglich der entstandenen Kosten fiir die Subvention zusammensetzt,

W{s)=n^{c-s,c)-sx^{c-s,c), maximiert! Welche Empfehlung geben Sie dem Handelsminister? Hinweis: Sie mtissen das Modell auf Basis der Grenzkosten c — s bzw. c neu durchrechnen.

Sequentielles Preis-Gleichgewicht. Analog zum Stackelberg-Mengenwettbewerb kann man beim heterogenen Preiswettbewerb auch einen sequentiellen Preiswettbewerb betrachten. Da der Preisfolger auf eine Preiserhohung seinerseits mit einer Preiserhohung reagiert, ist der Grenzgewinn beziiglich des Preises ftir Unternehmen 1 bei

1.2 Preis- und Positionswettbewerb im StraBendorf

251

sequentieller Preissetzung hoher als bei simultaner. Daher wird der Preisftihrer einen Punkt auf der Reaktionskurve des Folgers wahlen, der einen hoheren Preis fur Unternehmen 1 beinhaltet als im simultanen Preiswettbewerb. Man erhalt dabei, ahnlich wie beim Stackelberg-Modell (S. 143), das Gleichgewicht bei dem Unternehmen 1 den Preis pf "^ setzt und Unternehmen 2 seine Preiswahl gewinnoptimal, also entsprechend seiner Reaktionsfunktion P2 trifft. Hierbei deutet der Index BS auf Bertrand und sequentiell (oder, wenn Sie woUen: Stackelberg) hin. Graphisch sind die Preise in diesem sequentiellen Gleichgewicht in Abb. 1.9 (S. 249) dargestellt. Man sieht, dass der Ftihrer im sequentiellen BertrandGleichgewicht den Preis im Vergleich zum simultanen Bertrand-Gleichgewicht anhebt und der Folger diese Preissteigerung zwar mitvoUzieht, allerdings nicht in voUem Umfang. A priori ist es unklar, ob es in unserem Modell einen first-mover- oder einen second-mover-Vorteil gibt; der Ftihrer hat den hoheren Preis, der Folger die hohere Menge. Es stellt sich jedoch heraus (siehe Aufg. 1.2.4), dass der Preis-Folger im Preiswettbewerb einen second-mover-Vorteil hat, im Gegensatz zum first-mover-Vorteil des Fiihrers im Mengenwettbewerb. Nattirlich ist der Gewinn des Preis-Ftihrers im sequentiellen Preiswettbewerb hoher als im simultanen. Ubung 1.2.4 (*). Gehen Sie von maximaler Differenzierung (ai = 0 und a2 = 1) aus. Losen Sie das sequentielle Preisspiel, in dem Unternehmen 1 zuerst den Preis setzt und Unternehmen 2 als Folger in Kenntnis dieser Preissetzung seinen eigenen Preis bestimmt. Zeigen Sie, dass ein second-mover-YoYteW. vorliegt. Bestatigen Sie dann, dass der Gewinn des Preis-Ftihrers (nattirlich!) hoher ist als im Marktgleichgewicht des simultanen Preiswettbewerbs. Eintrittsabschreckung. Im Rahmen unseres Modells ist es nicht moglich, dass ein Unternehmen das andere durch geschickte Preis- und Positionssetzungen aus dem Markt verdrangt. Das kann man sich intuitiv anhand von Abb. 1.10 klarmachen. Wenn Unternehmen 2 seinen Preis in Hohe von c setzt, mtisste Unternehmen 1 seinen Preis sehr niedrig setzen, um auch ftir den „letzten Kunden" im „Hinterland" von Unternehmen 2 (d.h. bei /i = 1) attraktiv zu sein. Damit machte Unternehmen 1 jedoch einen Verlust. Unter anderen Annahmen tiber die Kosten oder die Transportkosten ware eine Verdrangung im Preiskampf allerdings durchaus denkbar.

252

I. Varianten-, Standort- und Qualitatswettbewerb

Abbildung 1.10. Preise und effektive Preise, wenn Unternehmen 1 den Konkurrenten vom Markt verdrangt

1.2.4 P o s i t i o n s w e t t b e w e r b (erste Stufe) Im Preiswettbewerb werden die Marktanteile und Gewinne der Unternehmen durch ihre Positionen im geographischen bzw. Produktraum bestimmt. Die Unternehmen treffen also die Positionierungsentscheidungen mit Bhck auf den sich dadurch ergebenden Preiswettbewerb. Explizite Losung. In der expHziten Losung wird das Positionsgleichgewicht des simultanen Positionswettbewerbs als Schnittpunkt der Positions-Reaktionsfunktionen ermittelt, die selbst wiederum aus den reduzierten Gewinnfunktionen des Preis-Gleichgewichts resultieren. Gewinnfunktionen: Die reduzierten Gewinnfunktionen im Bertrand-NashGleichgewicht des simultanen Preiswettbewerbs haben wir oben ermittelt als (siehe Gl. 1.15 auf S. 249) i l f (ai,a2) = -t{l

+ afAa

n^{ai,a2) = -t{2-ay

> 0,

Aa>0

1.2 Preis- und Positionswettbewerb im StraBendorf

n, i

253

k

P •

a^ = 1,0

It . (^2 = 0,8 It

• ^^^^2=0,6

\

It .

0

0,2

0,4

0,6

0,8

1

a,

Abbildung 1.11. Reduzierte Gewinnfunktionen von Unternehmen 1 Sie hangen offenkundig nur noch von der Positionierung ai und a2 (sowie dem gegebenen Transportkostensatz t) ab. Positions-Reaktionsfunktionen: Die Positions -Reaktionsfunktion von Unternehmen 1 (und analog fiir Unternehmen 2) im Positionswettbewerb ist die Losung des Maximierungsproblems 2 ^1 (^2) = argmaxiJ]^ {0.1,0.2) = a r g m a x - t ( l -\-a) Aa = argmax -t{

) (a2 - ai)

1 2 = argmax—t (2 + ai + a2) ( a 2 - c t i ) . Abb. 1.11 zeigt beispielhaft, wie fiir einige feste Werte von a2 der Gewinn von Unternehmen 1 in Abhangigkeit von ai variiert. Da wir ai < a2 vorausgesetzt hatten, enden die jeweiligen Kurven in der Abbildung bei ai =02. Wir sehen, dass sich das Maximum immer bei ai = 0 befindet, weil die reduzierte Gewinnfunktion fiir alle 0 < ai < 1 fallt (negativ geneigt ist). Analytisch heiBt das, die Ableitung der Gewinnfunktion ist immer negativ. Davon konnen wir uns leicht liberzeugen: QjjB

-Q^

^

- - — (2 + ai + a2) (2 + 3ai - a2) < 0

fiir t > 0. Die Positions-Reaktionsfunktion von Unternehmen 1 lautet also

254

I. Varianten-, Standort- und Qualitatswettbewerb

af (a2)-0. Unabhangig davon, wo sich Unternehmen 2 positioniert, ist es fiir Unternehmen 1 somit immer optimal, moglichst weit weg bzw. nach links zu rticken bis zum Endpunkt ai = 0. Ganz analog zeigt man, dass die reduzierte Gewinnfunktion von Unternehmen 2 mit a2 wachst (positiv geneigt ist), die Positions-Reaktionsfunktion ist also a^{ai) = 1, und die optimale Position somit stets der andere Rand des Produktraumes (as = 1). Positions-Nash-Gleichgewicht: Unter der Voraussetzung ai < a2 haben die Unternehmen also dominante Strategien und somit hat man auch bereits das Nash-Gleichgewicht {a^,a^)= (0,1) gefunden. Aus den optimalen Positionen ergeben sich die folgenden Ergebnisse fiir den zweistufigen Positions- und Preiswettbewerb:

pf =•C + xf =' 12 ' nB- - i t

t,1 P 2 X2

--C +: 1 =" 2 '

ni- =

¥•

Die Unternehmen teilen sich den Markt und erzielen Gewinne, deren Hohe von den Transportkosten bestimmt wird. Allgemeine Analyse: Direkte und strategische Effekte. Eintrittszulassung: Fiir Situationen, in denen eine direkte explizite Losung des Wettbewerbs der ersten Stufe sehr aufwandig oder unmoglich ist, kann man mit Hilfe der Ableitung der reduzierten Gewinngleichung dennoch interessante Ergebnisse erhalten. Man konzentriert sich dabei auf die Prage, ob das Gleichgewicht der zweiten Stufe (hier: Preis-Gleichgewicht) bei gegebener Wahl des langfristigen Aktionsparameters (hier: Positionierung im Produkt- oder geographischen Raum) Anlass gibt, diesen langfristigen Aktionsparameter zu verandern. Durch das Enveloppen-Theorem vereinfacht sich die Ableitung. Ihre Terme lassen sich okonomisch als direkte und als strategische Effekte interpretieren. Die reduzierte Gewinnfunktion von Unternehmen 1 (und analog fiir Unternehmen 2) lautet in allgemeiner Form:

1.2 Preis- und Positionswettbewerb im StraBendorf i j f (ai,a2) =ni

255

(ai,a2,^f (ai,a2),pf (ai,a2)) .

Damit bestimmt man die partielle Ableitung der reduzierten Gewinnfunktion nach ai in allgemeiner Form:

ailf _

dUi

dih dpf_

dai

dai

dpi

?

=0

direkter oder Nachfrageeffekt

dUi dpi

da

=0 optimale Preise im Preiswettbewerb (Enveloppen-Theorem)

< 0 strategischer Effekt der Positionierung

Verwendet man konkreter i l i = {pi — c)xi, dann erhalt man: Tjf (ai,a2) = (pf (ai,a2) - c) - xi (ai,a2,pf (01,02) ,pf (ai,a2)) und dai

=

[Pi («i, «2) - c) ^— ^ ' ^ dai

? direkter oder Nachfrageeffekt

+

(pf (ai ,a2)-c) ^ ' ^ dp2 dai

0, ^42 = 0), ist dessen Nachfrage allein abhangig von dessen Bekanntheitsgrad.

294

J. Werbewettbewerb

3. Werbepolitik und Preispolitik Zwischen Werbe- und Preispolitik besteht ein interessanter Zusammenhang. Man erkennt ihn leichter, wenn man die Werbeanstrengungen beider Unternehmen gleichsetzt {Ai = A2 = A). Man erhalt dann die Nachfragefunktionen

und die Preiselastizitat der Nachfrage bei p:=pi

A'px 2t xi

Pl=P2

^P

{2-A)t

—pi

Pl=P2

>-f=e(p,l). t

(J.6)

Demnach ist die Preiselastizitat der Nachfrage bei unvoUstandiger Information betragsmafiig geringer als bei voUstandiger Information. Je informierter die Kunden sind, desto starker reagieren sie auf Preisanderungen ( % ^ > 0). Dieser Zusammenhang wird auch aus Gl. J.4 deutlich: Die Wettbewerbsintensitat, die durch ^^^^ wiedergegeben wird, hangt negativ von der Produktdifferenzierung und positiv von den Bekanntheitsgraden der Unternehmen ab.

J.3 Werbe- und Preiswettbewerb fur etablierte Produkte Der Werbewettbewerb fiir etablierte Produkte wird als simultaner Werbeund Preiswettbewerb modelliert und in zwei Schritten analysiert. Zunachst charakterisieren wir die spieltheoretische Grundstruktur, sodann das Marktgleichgewicht auf der Grundlage der Gewinn- und Reaktionsfunktionen. J.3.1 Spieltheoretische Wettbewerbsstruktur Im Markt etablierte und laufend verkaufte Produkte werden haufig regelmafiig beworben. Dieses Szenario entspricht der spieltheoretischen Wettbewerbsstruktur eines einstufigen, simultanen Werbe- und Preiswettbewerbs (Index sim), d.h. die Unternehmen entscheiden in einem Zug sowohl tiber ihre Werbeausgaben als auch tiber ihre Preise (Abb. J.2).

J.3 Werbe- und Preiswettbewerb fiir etablierte Produkte

A2 ,P2

295

f'] ^

Abbildung J.2. Die spieltheoretische Grundstruktur des simultanen Werbe- und Preiswettbewerbs

J.3.2 Siraultaner Preis- und Werbewettbewerb Gewinnfunktionen. Die Gewinne der beiden Unternehmen sind unter Berticksichtigung der Markennachfragen in Gl. J.5 wie folgt definiert: ni = (pi - c)xi{pi,p2) -

= (p,-c)U{l-A2) ^2 = {P2 - C)X2{P1,P2) -

C{Ai)

+ A^A2(l

+

^ ^ (J.7)

C{A2) P2-PI

2t

%Al

Jedem Unternehmen stehen zwei Aktionsparameter zur Verftigung, namlich Preis und Bekanntheitsgrad, wobei ein Bekanntheitsgrad in Hohe von Ai unter Aufwendung von Werbeausgaben C{Ai) erreicht werden kann. Ubung J.3.1 (*). Zwei Versicherungsunternehmen bieten ein Produkt an, dessen Preis vom Staat auf 5 festgelegt wurde. Die konstanten Stuck- und Grenzkosten betragen 3 und die Werbeausgaben von Unternehmen i in Abhangigkeit des gewtinschten Bekanntheitsgrades Ai betragt 2A^. 1. Bestimmen Sie die Bekanntheitsgrade Ai die sich bei simultanem Werbewettbewerb einstellen werden! 2. Unternehmen 1 ist nun Werbeftihrer, bestimmen Sie erneut die gleichgewichtigen Bekanntheitsgrade!

296

J. Werbewettbewerb

Bedingungen erster Ordnung.

n, n,

^lyPl

Zur Gewinnmaximierung hat man bei Unternehmen 1 (und analog Unternehmen 2) die partiellen Ableitungen in Bezug auf die Variablen pi und Ai zu bestimmen und gleich null zu setzen: dni{pi,p2,Ai,A2)_ dpi dni(pi,p2,Ai,A2) dAi

^Q = 0.

Bildet man diese Ableitungen und lost jeweils nach pi bzw. nach den Grenzausgaben fur Werbung ^^ ^^ = jAi auf, dann erhalt man P2-\-c-\-t

I-A2

.,Q.

P'^-^—^'-JT'

(J.8)

7^1 = {pi - c) ( 1 - ^2 + A2 ( ^ + ^ ^ ) )



(J-9)

Diese Formeln bilden im strengen Sinne noch keine Reaktionsfunktion, weil in der zweiten auf der rechten Seite noch pi enthalten ist. Jedoch sind sie gut interpretierbar (siehe TiROLE 1988, S. 293): nach der ersten Optimalbedingung hangt der Preis vom Konkurrenzpreis und von c und t so ab, wie wir es aus der Analyse der horizontalen Produktdifferenzierung bei voUstandiger Information kennen (siehe Kap. I). Zusatzlich gilt bei ungleicher Information: je schlechter die Konsumenten tiber das Konkurrenzgut informiert sind (je niedriger also A2), desto hoher ist der eigene Preis. Die zweite Optimalbedingung besagt, dass die Grenzausgaben fiir Werbung, 7A1, im Optimum gleich dem Grenzerlos der Werbung sein mtissen, der bei gegebenen Preisen als Produkt von Deckungsbeitrag pi — c und Absatzerhohung

^'''=1-A2 +

dAi

^'

A2(W'-'''

^\2

2t

geschrieben werden kann. Man konnte mit einigem Aufwand durchaus Reaktionsfunktionen erhalten, die fiir Unternehmen 1 fiir gegebene Aktionsparameter (^2,^2) die jeweils gewinnmaximalen Aktionsparameter (pi^Ai) liefern. AUerdings ist die sich so ergebende Reaktionsfunktion nicht eingangig interpretierbar.

J.3 Werbe- und Preiswettbewerb fiir etablierte Produkte

297

Gleichgewicht. Die im vorangehenden Abschnitt aufgestellten Bedingungen erster Ordnung stellen ein nicht-lineares Gleichungssystem aus vier Gleichungen (ftir ^1,^25^15^2) dar. Da die Situation der Unternehmen symmetrisch ist, d.h. beide an je einem Ende des Hotelling'schen Strafiendorfes der Einheitsstrecke 1 positioniert sind (ai = 0, a2 = 1) und beide die gleichen Kostensatze c und 7 haben, ist zu erwarten, dass es eine symmetrische Losung gibt. Wir suchen daher nur nach einer Losung, bei der P '=Pi — P2

und

A:= Ai = A2

gelten. Damit gelangt man aufgrund von Gl. J.8 zu P = c+ t ( ^ )

(J.IO)

und aufgrund von Gl. J.9 zu

2 "^ p-c

Ftir diesen symmetrischen Fall reduziert sich das nicht-lineare Gleichungssystem auf zwei Gleichungen (fiir p und A). (Ftir die Losung kann man so vorgehen: Gl. J.IO wird in Gl. J. 11 eingesetzt. Nach Umstellen findet man A'^ - jz^A + j ^ = 0, mit den zwei Losungen A^^^ = ri^/K^T ^^^ A(2) = V ^ . Aufgrund von 7 > tj2 gilt A^^) < 1, wahrend A^^^ okonomisch uninterpretierbare Werte annimmt.) Wir erhalten so folgende Gleichgewichtspreise und -bekanntheitsgrade:

(J.12) 22

1 + V^ Hieraus ergeben sich die folgenden Markennachfragen und Gewinne im Gleichgewicht des simultanen Preis- und Werbewettbewerbs:

(J.13)

An dieser Stelle bietet sich ein Vergleich mit den Ergebnissen bei voUstandiger Information an. Letztere wurden in Kap. I (siehe S. 249) ermittelt und lauten bei maximaler Produktdifferenzierung

298

J. Werbewettbewerb

c + t.

P^

4

=

1 2'

uF ¥• Der Fall der voUstandigen Information im simultanen Preis- und Werbewettbewerb ist gemafi Gl. J. 12 durch A|*"^ = 1 (bzw. ^ = ^) gekennzeichnet. In diesem Fall fiihren der reine Preiswettbewerb und der simultane Preis- und Werbewettbewerb zu denselben Preisen und Absatzen im Gleichgewicht. Der interessantere Fall der unvoUstandigen Information ist durch Af*"^ < 1 (bzw. 7 > ^t) gekennzeichnet. Fiir diesen Fall sind die Gleichgewichtspreise des simultanen Preis- und Werbewettbewerbs mit p^*^ =pi =p2 = c-\-yf2rfi hoher als die Gleichgewichtspreise pP = Pi = P2 = c-\-t des reinen Preiswettbewerbs bei voUstandiger Information. Der Grund hierfiir liegt in der bereits erwahnten geringeren Preiselastizitat der Nachfrage bei unvoUstandiger Information (siehe Gl. J.6). Fiir die gleichgewichtigen Werbebemiihungen A^'^'^ ist nicht der absolute Werbekostensatz 7 entscheidend, sondern das Verhaltnis von Werbekostensatz zu Transportkostensatz ^ (siehe Gl. J. 12). Je geringer dieses Verhaltnis, d.h. je geringer der Werbekostensatz 7 im Vergleich zu den Transportkosten t ist, desto mehr Kunden werden im Gleichgewicht informiert. Ubung J.3.2. Wie hangen die Bekanntheitsgrade A^'^^ im Gleichgewicht des simultanen Preis- und Werbewettbewerbs, 9 A Sim

i + J'-? vom Werbekostensatz 7 ab? Betrachtet man die Gewinnsituation im simultanen Preis- und Werbewettbewerb, dann macht man die folgende Entdeckung: Der Gleichgewichtsgewinn steigt mit dem Werbekostensatz (d.h. J > 0). Dies sieht man formal anhand von -^— ^7

= 2-.—T=TI-

(t+^/2^)

> 0.

Das ist zunachst kontraintuitiv, weil der Gewinn bei gegebenen Preisen und gegebener Bewerbung des Marktes negativ von dem Werbungskostensatz abhangt. Das ist aber nur der direkte Effekt. Zusatzlich tritt noch ein strategischer Effekt auf: Ein erhohter Werbungskostensatz (fiir jeden gewtinschten Informationsgrad) ftihrt im Gleichgewicht zu einer geringeren Information der Konsumenten (siehe Aufg. J.3.2). Das wiederum ermoglicht den Unternehmen, zu hoheren Preisen greifen zu konnen und damit hohere Gewinne

J.4 Werbe- und Preiswettbewerb ftir Neuprodukte

^1

p\

[All

Pi

— \

299

^ \

^

Abbildung J . 3 . Die spieltheoretische Grundstruktur des sequentiellen Werbe- und Preiswettbewerbs

einzustreichen. Uberkompensiert dieser strategische Effekt den direkten Effekt, dann steigen die Gewinne mit erhohtem Werbekostensatz. Obwohl dieses Ergebnis nicht robust ist gegen Variationen des Modells, zeigt es, dass es flir Unternehmen nicht von Nachteil sein muss, wenn sie nicht werben dtirfen bzw. wenn Werbung teuer ist.

J.4 Werbe- und Preiswettbewerb fur Neuprodukte Der Werbewettbewerb ftir Neuprodukte kann als sequentieller Werbe- und Preiswettbewerb modelhert werden und dabei alternative spieltheoretische Strukturen annehmen. Wir analysieren hier eine zweistufige Wettbewerbsstruktur unter etablierten Unternehmen und eine dreistufige Wettbewerbsstruktur fiir die Analyse des Markteintritts und der Eintrittsabschreckung. Erstmals verzichten wir hier auf eine explizite Losung und versuchen, die uns interessierenden Pragen anhand der Analyse direkter und strategischer Effekte zu beantworten. J.4.1 Spieltheoretische Wettbewerbsstruktur Wenn neue Produktvarianten in den Markt eingefiihrt werden, beobachtet man haufig, dass die Unternehmen das Produkt zuerst bewerben, bevor sie mit diesem Produkt in den Preiswettbewerb treten. In vielen Fallen sind die Unternehmen in der Forschung und Entwicklung neuer Produkte gleich weit und planen eine (fast) gleichzeitige Markteinfiihrung. Diese soil durch Werbung vorbereitet und unterstiitzt werden. Hier fande dann ein simultaner Werbewettbewerb statt, dem sich ein simultaner Preiswettbewerb anschliefit. Die spieltheoretische Struktur dieses sequentiellen Werbe- und Preiswettbewerbs (Index seq) ist in Abb. J.3 dargestellt.

300

J. Werbewettbewerb

J.4.2 Simulteiner Preiswettbewerb (zweite Stufe)

A,

Zur Ermittlung des Preis-Gleichgewichts des simultanen Preiswettbewerbs der zweiten Stufe konnen wir auf die Gl. J.8 von S. 296 zurtickgreifen. 1st der Bekanntheitsgrad A2 gegeben, dann stellt diese Gleichung die PreisReaktionsfunktion von Unternehmen 1 dar, d.h. 1-A 2 ^ -^t 2 A2 Da die Ausgangssituation symmetrisch ist, erhalt man die Preis-Reaktionsfunktion von Unternehmen 2 fiir einen gegebenen Bekanntheitsgrad Ai analog Pl{P2) =

Bei vollstandiger Bekanntheit beider Produkte (d.h. Ai = A2 = 1) entfielen die zweiten Terme auf den rechten Gleichungsseiten und man erhielte die bekannten Preis-Reaktionsfunktionen bei maximaler horizontaler Produktdifferenzierung (siehe Gl. 1.9 und 1.10 auf S. 248 sowie Gl. 1.12 auf S. 248). Im Schnittpunkt der Preis-Reaktionsfunktionen liegt das Bertrand-NashPreisgleichgewicht der zweiten Stufe des Werbewettbewerbs (Index B fiir „B6rtrand "-Preiswettbewerb) (pf ,i?f) mit o

/2A2-\-2Ai

\

,,,,,

Man sieht, dass dieses Preis-Gleichgewicht bei vollstandiger Bekanntheit {Ai = A2 — 1) nur noch von den Grenzkosten der Produktion und der horizontalen Produktdifferenzierung abhangt, die wiederum vom Wegekostensatz (t) determiniert wird, d.h. p f =P2 = c + 1 . UnvoUstandige Bekanntheit der Produkte (Ai, A2 < 1) sorgt daftir, dass die Gleichgewichtspreise hoher sind. Das folgt aus der negativen Reaktion der Gleichgewichtspreise auf eine Erhohung des Bekanntheitsgrades. So gilt beispielsweise ftir den Preis von Unternehmen 1 (und analog fiir Unternehmen 2)

J.4 Werbe- und Preiswettbewerb ftir Neuprodukte

J.4.3 Simultaner Werbewettbewerb (erste Stufe)

301

"TlJ \ii\ ^

Ftir den Werbewettbewerb der ersten Stufe suchen wir keine explizite Losung. Vielmehr konzentrieren wir uns auf die Analyse der Prage, ob hohere Werbeanstrengungen wahrend der ersten Stufe des simultanen Werbewettbewerbs zu Gewinnsteigerungen fiihren. Zu diesem Zweck analysieren wir die direkten und strategischen Effekte hoherer Werbeanstrengungen anhand einer reduzierten Gewinnfunktion. Da die Ausgangssituation symmetrisch ist, kOnnen wir diese Prage wahlweise ftir Unternehmen 1 oder ftir Unternehmen 2 untersuchen. Wir unterstellen zunachst, dass sich im Gleichgewicht eine Dyopolsituation ergibt und es keinem Unternehmen gelingt, durch Werbepolitik den Konkurrenten aus dem Markt zu drangen (siehe dazu Abschnitt J.5). In der ersten Stufe unseres sequentiellen Werbe- und Preiswettbewerbs legen die Unternehmen simultan ihre Werbeausgaben fest. Dabei berticksichtigen sie, wie sich diese Werbeanstrengungen auf den anschhefienden simultanen Preiswettbewerb auswirken. Unternehmen 1 (und analog Unternehmen 2) versucht in der ersten Stufe, die reduzierte Gewinnfunktion i l f (Ai, A2) = TTi {Ar,A2,pf

{A^A^) ,pf (^1,^2))

(J.18)

ZU maximieren, indem es durch seine Werbeausgaben einen optimalen Anteil Ai der potentiellen Kunden informiert. Der Gesamteffekt einer Anderung der Werbeanstrengungen zum Zwecke einer Erhohung des Bekanntheitsgrades Ai wird durch die folgende Ableitung

dAi

dAi

dp2 dAi

direkter Effekt

^ 2 < ^ strategischer Effekt < 0

?

dpi dAi'

^ '

'

^"^

Der dritte Term auf der rechten Gleichungsseite verschwindet aufgrund des Enveloppen-Theorems, sodass nur der direkte Effekt und ein strategischer Effekt zu analysieren bleiben. Der direkte Effekt einer geanderten Bewerbung (bei gleichbleibenden Preisen) folgt aus der Gewinngleichung J.7 (S. 295) und lautet unter Berticksichtigung von Gl. J.2 (S. 292):

302

J. Werbewettbewerb

dAi

HPI

- ci) ((1 - A2) + A2xf) - 7A1 . >o

(J.20)

>o

Er besteht aus einem Erlos- und einem Kosteneffekt. Eine Vergrofierung der Werbeanstrengungen hebt einerseits den Informationsgrad und damit steigen Nachfrage und Erlos, andererseits steigen auch die Werbeausgaben. Je nach Ausgangssituation kann sowohl die Erlos- als auch die Kostensteigerung tiberwiegen. Das Vorzeichen des direkten Effektes ist also nicht eindeutig bestimmt. Der strategische Effekt erfasst die Gewinnwirkung einer Erhohung der eigenen Werbeausgaben auf den Preis des Konkurrenten und damit auf den eigenen Gewinn. Er lautet in unserem Modell:

dp2

dA\

=(PX-CXMM4-(-^^) 0

Dabei ist | ^

(J.21)

< 0

aus Gl. J.7 (S. 295) und | ^

aus Gl. J.15 (S. 300) zu er-

Q B

mitteln. Im Gleichgewicht gilt ^ ^ < 0, denn wenn Unternehmen 1 seine Werbung verstarkt, dann vermindert sich der Marktanteil {1 — Ai), auf dem Unternehmen 2 konkurrenzlos anbietet, sodass die Anreize von Unternehmen 2 zur Preissenkung steigen. Ein verminderter Preis von Unternehmen 2 verschlechtert wiederum die Position von Unternehmen 1 im Preiswettbewerb, d.h. ^ ^ > 0. Der strategische Effekt ist das Produkt aus diesen beiden Faktoren und hat mithin ein negatives Vorzeichen: der Gewinn von Unternehmen 1 sinkt mit zunehmendem Bekanntheitsgrad von Unternehmen 1. Da der direkte Effekt unbestimmt und der strategische Effekt negativ ist, lasst sich die Richtung des Gesamteffektes im AUgemeinen nicht eindeutig bestimmen. Vergleicht man diese Situation mit dem simultanen Preis- und Werbewettbewerb von Abschnitt J.3, gewinnt man folgende Erkenntnis: Im Gleichgewicht des simultanen Werbe- und Preiswettbewerbs betreiben die Unternehmen - aufgrund der Maximierungsbedingung - eine optimale Werbung, sodass der direkte Effekt (der einzige Effekt im simultanen Preis- und Werbewettbewerb) verschwindet ( f ^ "= 0 )• Wtirde also im sequentiellen Preis- und Werbewettbewerb A^*"^ gewahlt, so ware der direkte Effekt null. Der indirekte ware allerdings weiterhin negativ und somit ist bei Ai = A^*^ auch der Gesamteffekt negativ. Der Gewinn lasst sich also durch Senkung der Werbeausgaben steigern. Im Vergleich der Gleichgewichtssituationen von simultanem und sequentiellem Wettbewerb gilt also: Aseq ^

Asim

J.4 Werbe- und Preiswettbewerb ftir Neuprodukte

303

Geringere Werbeausgaben sind mit geringeren Nachfragen verbunden, well der Anteil der Konsumenten, der liber kein Produkt informiert ist, ansteigt. Andererseits steigt der Preis mit sinkenden Bekanntheitsgraden. In unserem Modell ist dies ftir die Gewinne vorteilhaft. Zusammenfassend erhalten wir im Vergleich des simultanen mit dem sequentiellen Preis- und Werbewettbewerb die folgenden Ergebnisse: ^seq ^

^sim^

pseq ^

pSim^

Tjseq -^ TTsim

Man kann librigens anhand der Gl. J.20 und J.21 Qdnl dA2 feststellen. Beim direkten Effekt ergibt sich das entsprechende Vorzeichen aufgrund von xf^ < 1, beim strategischen EiBFekt ist das Minuszeichen direkt in der Formel enthalten. Die Werbeanstrengungen sind in unserem Modell also strategische Substitute (siehe S. 362 ff.). Dass dies bei Werbung nicht immer der Fall sein muss, zeigt die folgende Ubung. U b u n g J . 4 . 1 (*). Versuchen Sie sich an dem folgenden, SHY (1995, S. 303) entnommenen Modell: Zwei Unternehmen i = 1,2 stehen im Werbewettbewerb. Ihre Werbeausgaben betragen Ai. Der Preis ftir ihre Leistung ist durch Regulierung fest vorgegeben. Er betragt 10. Die Nachfragen hangen nur von den Werbeausgaben ab. Die Nachfragefunktion von Unternehmen 1 lautet 0:1(^1,^2) = 6 - 3 4 ^ , diejenige von Unternehmen 2 ganz analog ^2(^1,^2)-6-34^. Setzen Sie ftir Ai= A2 = ^ sowohl ^ = 1 als auch ^ = 1. Die Gewinnfunktion von (beispielsweise) Unternehmen 1 ist dann durch

gegeben. Analysieren Sie die Nachfragefunktionen. Konnten die Unternehmen davon profitieren, wenn Werbung verboten wtirde? Berechnen und interpretieren Sie die Werbe-Reaktionsfunktionen. Bestimmen Sie die (zwei) Werbegleichgewichte. Konnten Sie aufgrund von Stabilitatstiberlegungen eines der beiden ausschliefien? Wie hoch sind die Gewinne in den beiden Gleichgewichten?

304

J. Werbewettbewerb

^1

^2

Pi Pi

Abbildung J.4. Die spieltheoretische Grundstruktur des sequentiellen Werbe- und Preiswettbewerbs mit Werbeftihrer

J.5 Markteintritt und Eintrittsabschreckung 1st ein Unternehmen mit einem neuen Produkt bereits im Markt etabliert und wird es vom Markteintritt potentieller Konkurrenten bedroht, die gleichfalls mit neuen Produkten aufwarten, dann stellt sich die Prage, ob und wie die potentiellen Konkurrenten am Markteintritt gehindert oder vom Markteintritt abgeschreckt werden konnen. Dieser Prage wenden wir uns nun im Zusammenhang mit dem Preis- und Werbewettbewerb zu. Zu diesem Zweck ist zunachst die spieltheoretische Wettbewerbsstruktur im Sinne eines Markteintrittsspiels umzuformuheren. J.5.1 Spieltheoretische Wettbewerbsstruktur Piir die Analyse des Markteintritts eignet sich eine dreistufige spieltheoretische Wettbewerbsstruktur: In der ersten Stufe setzt der Werbeftihrer (Unternehmen 1) durch entsprechende Werbeausgaben seinen Bekanntheitsgrad {Ai). Der Werbefolger passt sich mittels Werbeausgaben mit seinem Bekanntheitsgrad (A2) an den Bekanntheitsgrad des Werbefuhrers optimal an. Diese Anpassung wird natiirlich vom Werbeftihrer antizipiert. Sodann legen beide simultan ihre Preise fest. Dieser sequentielle Werbewettbewerb, dem ein simultaner Preiswettbewerb folgt, ist in Abb. J.4 dargestellt.

J.5.2 Eintrittsabschreckung (Limit-Werbestrategie) Um die Moglichkeiten zur Eintrittsabschreckung zu analysieren, haben wir die Auswirkung der Bewerbung durch den Werbeftihrer (Unternehmen 1) auf

J.5 Markteintritt und Eintrittsabschreckung

305

den Gewinn des Werbefolgers (Unternehmen 2) zu analysieren. Der Werbefolger wird dann mit seinem neuen Produkt vom Markt fernbleiben, wenn ihm der Werbefiihrer die Moglichkeiten zu einem profitablen Markteintritt versperrt, indem er durch seine Werbeanstrengungen den moglichen Gewinn des Konkurrenten auf null driickt. Die reduzierte Gewinnfunktion des Werbefolgers (Unternehmen 2) lautet im sequentiellen Werbewettbewerb (zweite Stufe): ni(Ai)

= i72 {Ai,A2 (A,) ,pf (Ai,^2 (Ai)) ,pi {Ai,A2

(Ai))).

Der GesamtefFekt einer hoheren Werbung des Werbefiihrers (Unternehmen 1) auf den Gewinn des Werbefolgers (Unternehmen 2) ergibt sich aus der Ableitung:

dni dAi

dUi dAi

dUi dp^ dpi \dAi

dIhdM dA^dAi

dp2 \dAi

^dpldA^ dA^dAi

dAzdAi

= 0

dih dAi

+

dn2

dUidpp dA2

dA2

dpi

dA2

dAi

dll2dpf_ dpi dAi

= 0

dIh dAi

+

dn2 dpf dpi ^

direkter EfFekt < 0

dAi V

'

strategischer Effekt

Einerseits tauchen in Zeile 2 iind 3 jeweils die Null als Faktor auf. Unternehmen 2 wird auf der letzten Stufe den Preis so wahlen, dass der Grenzgewinn beziiglich des Praises null wird (Bertrand-Nash-Gleichgewicht). Avifierdem ist der Ausdruck in eckigen Klammern gleich null, well Unternehmen 2 auf der zweiten Stufe seine Werbeausgaben so setzt, dass der Grenzgewinn (wiederum als direkter und indirekter Effekt) null betragt. Ubrig bleiben dann nur ein direkter und ein strategischer Effekt. Der direkte Effekt ist - unter den konkreten Bedingungen unseres Modells (siehe Gl. J.7 auf S. 295) - negativ:

dn2 dAi

= (P2 - C2) {-A2 + A2X^)

< 0.

(J.22)

Erh5ht Unternehmen 1 den Informationsgrad uber sein Produkt durch starkere Bewerbung, so verringert sich der Marktanteil, den Unternehmen 2 ohne

306

J. Werbewettbewerb

Konkurrenz beliefert, wahrend sich der Marktanteil, auf dem beide in Konkurrenz stehen, erhoht. Da Unternehmen 2 auf dem Konkurrenzmarktanteil im AUgemeinen nicht alle Konsumenten fiir sich gewinnen kann, verringert sich die Nachfrage und der Gewinn geht proportional zum Deckungsbeitrag zurtick. Der strategische Effekt ist wiederum ein Produkt aus zwei Faktoren. In unserem Modell ist er negativ (siehe Gl. J.7, S. 295, und Gl. J.16, S. 300):

dn2

dpf _1 .

. . .

f

2 t

ap7 ai,=2t(^^-^^)^^^^-r3if >o

0). Insgesamt ist somit der GesamtefFekt einer hoheren Bewerbung von Unternehmen 1 auf den Gewinn von Unternehmen 2 negativ. Das aber bedeutet, dass Unternehmen 1 den Markteintritt von Unternehmen 2 behindern kann, indem es vermehrt Werbung treibt. Es existiert somit ein Limit-Werbebudget. Dies ist gerade so hoch, dass der Gewinn des Werbefolgers im Gleichgewicht auf null reduziert wird. Eine explizite Berechnung des Limit-Werbebudgets ist prinzipiell moglich, fiihrt im vorliegenden Modell jedoch zu sehr komplizierten Formeln.

J.6 Zusammenfassung u n d unternehmenspolitische Schlussfolgerungen 1. UnvoUstandige Information (iber die Produkte (d.h. Ai,A2 < 1) vergrofiert die Preiserhohungsspielraume. Denn die Preiselastizitat der Nachfrage ist bei unvoUstandiger Information geringer als bei voUstandiger Information. Je informierter die Kunden sind, desto starker reagieren sie auf Preisanderungen. Infolgedessen ist die unvoUstandige Information neben der tiblichen horizontalen Produktdifferenzierung ein geeignetes Instrument, im heterogenen Preiswettbewerb hohere Preise zu erzielen. 2. Eine teure Werbung oder gar ein Werbeverbot kann fiir die Unternehmen von Vorteil sein. Denn der (Gleichgewichts-) Gewinn der Unternehmen steigt - unter den Bedingungen unserer Modellierung - mit dem Werbekostensatz, der aufgewendet werden muss, um den Bekanntheitsgrad zu erhohen (d.h. ^^^ > 0).

3.7 Literaturhinweise

307

3. In der Markteinfiihrungsphase eines Produktes sind - im Vergleich zu etablierten Produkten - geringere Werbeausgaben optimal. Dabei lassen sich hohere Preise und Deckungsbeitrage/Gewinnspannen erzielen. 4. AUerdings lasst sich im sequentiellen Werbe- und Preiswettbewerb nicht eindeutig prognostizieren, wie hohere Werbeausgaben auf die Gewinne der Unternehmen im Gleichgewicht wirken. Selbst bei kostenloser Werbung (7 = 0) muss eine Erhohung der Werbeausgaben nicht vorteilhaft sein: der direkte Effekt steigert den Gewinn, der strategische Effekt senkt ihn. 5. Die Werbeanstrengungen fiir ein neu einzufiihrendes Produkt konnen als eine Investition in die Marktentwicklung, das Image und/oder die Kundenloyahtat gesehen werden, die durchaus vergleichbar ist mit der Investition in die Produktionskapazitaten fiir das neue Produkt. 6. Der Werbefiihrer hat die Moghchkeit, eine strategische Markteintrittsbarriere gegentiber dem Werbefolger aufzubauen. Zu diesem Zweck muss er seine Werbeausgaben bzw. seinen Bekanntheitsgrad so hoch setzen, dass der Gewinn des Werbefolgers auf null reduziert wird. Wir sprechen dann von Limit-Werbeausgaben oder dem Limit-Bekanntheitsgrad des Werbeftihrers.

J.7 Literaturhinweise Das hier vorgestellte Modell schreibt den Werbetreibenden lediglich das Motiv der Bekanntmachung zu. Formale Modelle mit anderen Zielsetzungen findet der Leser in Kapitel 11 des Lehrbuchs von SHY (1995). Aus MarketingSicht ist Werbung ein Teil der Kommunikationspolitik, die NiESCHLAG u.a. (2002) in Kapitel 10 ihres Lehrbuches behandeln. Auf der Grundlage moderner Informationsokonomik betrachtet KAAS (1991) die Informationsaktivitaten von Anbietern und Nachfragern gleichermafien. Die Monographie von SUTTON (1991) versucht auf der Basis von robusten theoretischen Ergebnissen, das Verhalten einer Vielzahl von werbetreibenden Unternehmen im Detail zu beleuchten. Die Imagedifferenzierung bzw. die RoUe der Werbung in der oligopolistischen Interaktion haben vor allem GROSSMAN/SHAPIRO (1984) untersucht.

308

J. Werbewettbewerb

J.8 Losungen J.3.1. 1. Die Gewinnfunktion des ersten Unternehmens lautet (siehe Gl. J. 7, S. 295) i l l (5,5,^1,^2) - 2Ai - A1A2 - 2Al Die gleichgewichtigen Bekanntheitsgrade sind 0

0

2. Bei einem sequentiellen Werbewettbewerb kann man schliefilich den Gewinn von Unternehmen 1 als Funktion von Ai finden: ITi (Ai, yl^^ (^1)) = | A i - | A ? . Man erhalt ^ ' - 7 > 5 und ^2 - 28-

J.3.2. Mit blofiem Auge sieht man: mit 7 steigt W ^ und damit der Nenner des Bruchs, sodass eine Erhohung des Werbekostensatzes 7 sich negativ auf die Bekanntheitsgrade auswirkt. Alternativ hatte man dasselbe Ergebnis durch Differenzieren erhalten konnen:

^

A^. Die Reaktion von Unternehmen 1 darauf ist ein Werbebudget A^* > A2 > Al. Die Unternehmen tendieren nach einer (exogenen) Abweichung vom Gleichgewicht (0,0) nicht wieder zum Gleichgewicht hin.

K. Kompatibilitatswettbewerb

Fiir viele Markte und Branchen sind Pragen der Kompatibilitat bzw. Standardisierung von grofier Bedeutung. Das gilt insbesondere fiir sogenannte Systembranchen, wie z.B. die Computer- und Telekommunikationsbranche, und die Konsumelektronik. Nach der Einfiihrung in die Grundideen des Kompatibilitatswettbewerbs (Abschnitt K.l) prasentieren wir in Abschnitt K.2 das Modell, das wiederum auf der Hotelling-Strecke (siehe Kap. I) basiert. Wir untersuchen dann einen zweistufigen Kompatibilitats- und Preiswettbewerb, in dem auf der ersten Stufe die Entscheidung tiber den zu wahlenden Standard bzw. den Grad der Kompatibilitat und in der zweiten Stufe liber den zu fordernden Preis getrojBFen wird. Wir unterscheiden zwischen dem Kompatibilitatswettbewerb mit unterschiedlichen Kompatibilitatsgraden der Unternehmen (Abschnitt K.3) und mit einheitlichem Kompatibilitatsgrad (Abschnitt K.4). Auch der Prage des Markteintritts und der Eintrittsabschreckung im Kompatibilitatswettbewerb werden wir nachgehen (Abschnitt K.5). Schliefilich behandeln wir in einem einfacheren Modell das Angebot von Komplementargtitern durch zwei Unternehmen (Abschnitt K.6). Unternehmenspolitische Schlussfolgerungen finden sich sowohl im laufenden Text als auch am Ende des Kapitels.

K.l Grundideen des Kompatibilitatswettbewerbs Horizontale und vertikale Kompatibilitat. Unter Kompatibilitat verstehen wir das (technische) „Zusammenpassen" verschiedener Produkte oder Dienstleistungen. Vertikale Kompatibilitat zwischen Komplementen begegnet uns bei Hardware (Produkt A) und Software (Produkt A^^^^^) oder bei Schrauben (A) und Muttern (^A^ompiy g-^ ^-^.^ -^^ ^^^ j ^ j schematisch angedeutet. Sogar der Kaffee-Markt bietet hier Illustratives. Erst seit kurzer Zeit werden neben dem traditionellen Tchibo-Kaffee und der Kronung von Jacobs die sogenannten Kaffee-Pads angeboten, bunte Kapseln oder weiche Beutelchen, in denen selten mehr als 10 Gramm enthalten sind. Komplementar zu diesen

312

K. Kompatibilitatswettbewerb

A

t

Akompl

Abbildung K . l . Vertikale Kompatibilitat

Pads Oder Kapseln {A) sind spezielle Kaffeemaschinen (yl^^mpZ^ Beispielsweise liefert das niederlandische Unternehmen Douwe Egberts Kaffee-Pads der Marke „Senseo"; die dazugehorige KafFeemaschine, die ebenfalls „Senseo" heifit, kommt von Philips. Gut verdienende Singles konnen sich alternativ ihre Pads von Dallmayr (KafFeemaschine von Bosch), von Kraft Foods bzw. Jacobs (eigene „Tassimo "-Maschine) oder von Tchibo (eigene „Cafissimo"Maschine) besorgen. Beunruhigend ist diese ganze Entwicklung natiirUch fiir das Famihenunternehmen Melitta, dessen Filtertiite sich seit Einfiihrung der Pads und Kapseln merklich schlechter verkauft. Melitta hat mit einem eigenen Gerat auf den neuen Trend reagiert, mit „MyCup". Bei horizontaler Kompatibilitat geht es dagegen um gleichartige Produkte. So werden Kiichenmobel in Deutschland in zwei verschiedenen Hohen geliefert; diejenigen gleicher Hohe nennen wir kompatibel. Typisch ist horizontale Kompatibilitat ftir Kommunikationsmittel (siehe Abb. K.2): Man kann mit einem Telefongerat von Siemens (Produkt A) einen Teilnehmer erreichen, der ein Sony-Gerat (Produkt B) benutzt. SchlieBlich gibt es den Fall der indirekt-horizontalen Kompatibilitat, den Abb. K.3 dargestellt. A heifit zu B (indirekt-horizontal) kompatibel, falls A vertikal kompatibel zu dem zu B gehorigen Komplement, B^^'^^^ ist. Beispielsweise ist My Cup von Melitta nicht kompatibel zu Senseo von Philips, weil My Cup nicht sehr gut geeignet ist, aus den Senseo-Pads eine Portion Kaffee zu briihen.

K.l Grundideen des Kompatibilitatswettbewerbs

J ^

^ —

313

J B

Abbildung K.2. Horizontale Kompatibilitat

B

A

!

L Akompl

!

1

nkompl

Abbildung K.3. Indirekt-horizontale Kompatibilitat Grundsatzlich kann die Kompatibilitat unabhangig von anderen produktpolitischen Differenzierungen gewahlt werden. Insbesondere ist (bei Personalcomputern) die Kombination homogen (in Bezug auf Design, Schnelligkeit Oder Stromverbrauch) und inkompatibel (in Bezug auf das Betriebssystem) durchaus moglich. Einseitige und teilweise Kompatibilitat. Weitere relevante Unterscheidungen betreffen die teilweise bzw. voUkommene Kompatibilitat oder die einseitige bzw. wechselseitige Kompatibilitat. VoUkommene Kompatibilitat ist beispielsweise bei den sogenannten IBM-kompatiblen Personalcomputern in der Kegel nicht erreichbar. (Kleinere oder grofiere) Unterschiede konnen dazu fiihren, dass beispielsweise die Software auf einem IBM-Kompatiblen gut und auf dem anderen nicht problemlos zu installieren ist oder dass nicht alle

314

K. Kompatibilitatswettbewerb

Daten, die die Festplatte des einen IBM-Kompatiblen erfassen kann, auf der Festplatte des anderen Platz finden. Teilweise Kompatibilitat ist von einseitiger zu unterscheiden. Beispielsweise produziert Apple einseitig kompatibel zum IBM-Industriestandard: Es gibt ein eigenes Macintosh-Betriebssystem, die Betriebssysteme MS-DOS u n d U N I X konnen jedoch emuliert, d.h. nachgestellt werden. Umgekehrt ist diese

Moglichkeit jedoch nicht gegeben. Ubertragen auf Abb. K.3 bedeutet dies, dass Apple-Computer (Produkt A), die das Komplementarprodukt B^'^'^^^ zu IBM-Rechnern (Produkt B) verarbeiten konnen, einseitig komplementar zu diesen Rechnern sind. Haufig sind die Kompatibilitatsgrade der Unternehmen identisch. Dies kann sich dadurch ereignen, dass die Unternehmen - z.B. auf dem Verhandlungswege in Standardisierungsgremien - sich auf einen gemeinsamen Standard einigen. Dieser Fall spielt regelmafiig in der Multimedia-, Hifi- und Telekommunikationsbranche eine grofie RoUe (Beispiele: d-box, HDTV, GSM). Alternativ ist auch denkbar, dass ein oder beide Unternehmen einen zweiseitig wirkenden Adapter konstruieren. Komplementaritat. In den bisherigen Kapiteln haben wir uns hauptsachhch mit Gtitern befasst, die in substitutionalem Zusammenhang stehen. Eine Ausnahme bildet die doppelte Marginahsierung (siehe Kap. E, S. 108 ff.), bei der es um die Analyse von vertikal verbundenen Markten geht. In diesem Abschnitt befassen wir uns mit Komplementen, die ebenfalls eine vertikale Beziehung bilden. Beispielsweise sind Autokaufe und deren Finanzierung Komplemente. Ist es ftir die potentiellen Kunden der Automobilhersteller schwierig, die Autos zu finanzieren, werden sie weniger Autos kaufen. Naturlich konnen Banken die Finanzierung von Automobilen libernehmen. Bisweilen werden Unternehmen, deren Hauptprodukt von einem Komplementarprodukt abhangt, selbst das Komplementarprodukt anbieten. So griindete General Motors 1919 die „General Motors Acceptance Corporation", eine Bank, die nicht nur an die Endkunden, sondern auch an die Handler Kredite vergibt. Auch Telekommunikationsdienstleister bieten haufig zu ihrem eigentlichen Kernangebot, dem Herstellen von Telefonverbindungen, uber die dann Bilder, Textnachrichten oder Telefongesprache abgewickelt werden konnen, die entsprechenden Mobiltelefone an, mit denen die Moglichkeiten der Telefonverbindung genutzt werden konnen (z.B. Mobiltelefone mit integrierter Kamera). Das unzureichende Angebot von Komplementen kann umgekehrt nattirlich den Misserfolg von Unternehmen begrunden. So sind die bisherigen Probleme bei der zum Automobilkonzern DaimlerChrysler gehGrenden Marke

K.l Grundideen des Kompatibilitatswettbewerbs

315

Smart u.a. auf ein zu diinnes Handler- und Servicenetz zuruckzufiihren, das von den Kunden als komplementares Gut betrachtet wird. Offenbar haben die Unternehmen im Kaffeemarkt die Bedeutung der sechsten Wettbewerbskraft (siehe S. 11) erkannt. Da bei Preisen deutlich unter 100 Euro die Hersteller mit den Geraten keine grofien Gewinne machen konnen, entschadigt Dougwe Egberts seinen Partner Philips mit einer Beteiligung am Verkauf der Pads. Netzeffekte. Ftir Unternehmen ist Kompatibilitat zwischen Produkten (z.B. Personalcomputern) oder auch komplementaren Produkten (z.B. PC und Software) wichtig, wenn sie ftir Konsumenten wichtig ist und diese daftir zu zahlen bereit sind. Dann ist Kompatibilitat ein DifFerenzierungsmerkmal. In diesem Kapitel interessieren wir uns vor allem ftir die sogenannten Netzeffekte, die von der Kompatibilitat abhangen. Man spricht auch von Nachfrageexternalitaten, von Netzwerkexternalitaten der Nachfrage oder von „Skaleneffekten" auf der Nachfrageseite: Die Kunden sind eher bereit, ein Gut zu kaufen, wenn es viele andere Wirtschaftssubjekte gibt, die das gleiche oder ein kompatibles Gut konsumieren. Dies ist nattirlich bei Kommunikationssystemen eher der Fall als bei Kiichenmobeln. Entsprechend der Kompatibilitat unterscheiden wir horizontale und vertikale Netzeffekte. Der Netzeffekt bei Kommunikationssystemen ist horizontal, weil das Interesse der Konsumenten sich darauf richtet, dass andere das gleiche, moglichst kompatible Kommunikationsmedium benutzen. Dagegen nennt man Netzeffekte vertikal, wenn ein komplementares Gut besser und/oder billiger wird in dem Ausmafi, in dem das Netzeffekt-Gut Verbreitung findet. Man spricht hier auch vom Hardware-Software-Paradigma. Denn bei Personalcomputern beeinflusst die Anzahl der Benutzer die Verftigbarkeit und den Preis der dazugehorigen Software. Der Begriff Netzeffekt rtihrt daher, dass der Nutzen, der durch den Konsum eines kompatiblen Gutes auch durch andere Konsumenten entsteht, bei Kommunikationsnetzen besonders deutlich ist. Netzeffekte und E r w a r t u n g e n . Bei NetzeJBFekten spielen die Erwartungen der Konsumenten eine zentrale RoUe. Sie sind bereit, mehr fiir ein NetzeffektGut zu zahlen, wenn sie erwarten, dass eine grofie Anzahl anderer Konsumenten dieses oder ein kompatibles Produkt kauft. Sicherlich werden die Unternehmen die Erwartungen zu beeinflussen suchen. AUerdings gibt es dabei nattirlich Grenzen, wie Abraham Lincoln wusste („you cannot fool all of the people all the time") und Bob Marley sang. Marktteilnehmer haben ja bisweilen einen recht guten Markttiberblick. Man kann die Wirkung der Erwartungen anhand von Abb. K.4 veranschaulichen (entnommen aus LEIBENSTEIN (1950, S. 195)). Ftir unterschied-

316

K. Kompatibilitatswettbewerb —



Nachfragefunktion bei gegebenen Erwartungen

p ik

••A)

N achfragefunktion

^ ^jc^"" = 10 ^ < . . , ^

'

lb

\

^ jc'"" - 30

c\ \

\

\

bei erfullten Erwartungen

\ x^'"" = 50 \ \

\ 30

50

• • •: PreisNetzeffekt effekt

Abbildung K.4. Nachfragekurve bei gegebenen und bei erfullten Erwartungen

liche (exogen) gegebene Erwartungen gelten verschiedene Nachfragekurven. Wird der Preis bei der tatsachlichen und erwarteten Absatzmenge x = 1Q von po auf pi reduziert, ergibt sich aufgrund dieser Preissenkung eine Nachfragesteigerung (Preiseffekt) - bei Beibehaltung der erwarteten Absatzmenge 10. Passen sich nun die Erwartungen den tatsachlichen Absatzen an, so ftihrt dies zu einer weiteren Nachfragesteigerung tiber die urspriinghche hinaus (Netzeffekt). Schhefihch, nach Abschluss aller Anpassungsvorgauge, ergibt sich dann die Absatzmenge 30; hier stimmt der erwartete und der tatsachhche Absatz wiederum iiberein. Verbindet man alle diejenigen Punkte mit identischem erwarteten und tatsachhchen Absatz, so erhalt man die durchgezogene Nachfragekurve der Abb. K.4, die als Nachfragekurve bei erfullten oder rationalen Erwartungen bezeichnet wird. Sie ist flacher als die Nachfragekurven bei gegebenen Erwartungen. OflPenbar kann man bei erfullten Erwartungen mit einer Preissenkung eine starkere Nachfrageerhohung erzielen als bei gegebenen Erwartungen. Dies wird spater auch in unserer Analyse eine sehr wichtige RoUe spielen. Unternehmenspolitik fur Netzeffekt-Giiter. Netzeffekte sind ftir die Unternehmenspolitik (speziell das Marketing) von grofier Bedeutung, denn 1. sie erschweren die Markt-Schaffung, 2. sie erschweren das Eindringen in Markte und

K.l Grundideen des Kompatibilitatswettbewerbs

317

3. sie erleichtern die Markt-Beherrschung. Die Unternehmenspolitik steht hier vor schwierigen Pragen: Soil man sein Produkt kompatibel oder inkompatibel zum Produkt des Wettbewerbers machen? Wie grofi kann oder soil gegebenenfalls die Inkompatibilitat sein? Soil man sich auf einen gemeinsamen Standard einigen oder versuchen, in einem Standardisierungswettbewerb dem Wettbewerber zuvorzukommen? Welche Auswirkungen werden diese Entscheidungen auf die Preise, die Marktanteile und die Gewinne der Unternehmen haben? Das Video-System „Betamax" von Sony ist vom Markt durch das inkompatible VHS-System verdrangt worden, obwohl es dem VHS-System in technischer Hinsicht liberlegen war. Dem Video-System „Video 2000" von Philips und Grundig, welches in technischer Hinsicht erhebliche Vor telle aufwies, erging es ahnlich. Das „Btx-System" der damaligen Deutschen Bundespost wies nicht die erhofften Zuwachszahlen auf. Warum? So tautologisch es zunachst auch klingt: „Betamax" wurde verdrangt, „Video 2000" und „Btx" konnten sich nicht entwickeln, well sie sich nicht im Markt etablieren konnten. In alien Fallen hat eine aggressive Politik der Markt-Schaffung und Markt-Durchdringung gefehlt. Im Gegensatz dazu hat sich das franzosische Btx (Minitel) schnell entwickelt, well der Anbieter die ersten 100.000 Gerate an sorgfaltig ausgesuchte (Referenz-)Kunden verschenkt hatte. Aus demselben Grunde hat sich auch das Mobilfunk-Geschaft in Deutschland relativ schnell entwickelt, nachdem die Unternehmen begonnen haben, die Handys, d.h. die Komplementarprodukte, praktisch zu verschenken. Denn Netzeffekte losen Kettenreaktionen aus: Steigt die Anzahl der Nutzer eines Netzeffekt-Produkts, so wird der Anreiz, ebenfalls Nutzer zu sein, immer weiter steigen. Die Umkehrung gilt auch: Netzeffekt-Produkte, die noch nicht weit verbreitet sind, haben einen schwierigen Start am Markt. Es gibt eine „kritische Schwelle", die tiberwunden werden muss. Bei Netzeffekt-Produkten hangen die Marktchancen der Unternehmen mithin wesentlich davon ab, ob sie in der Vergangenheit einen hohen Marktanteil erringen und die „kritische Schwelle" tiberwinden konnten. Der vergangene Absatz, der aufgrund der Netzeffekte zuktinftigen Absatz bewirkt, heiBt „installierte Basis". In sie zu investieren, bedeutet: kurzfristige Verluste gegen langfristigen Gewinn einzutauschen. Eine installierte Basis kann einem Unternehmen liber lange Zeit satte Profite bringen. Prominentes Beispiel ist die Verbreitung des Betriebssystems von Microsoft. In Kap. D haben wir ab S. 65 Wechselkosten thematisiert. Diese mogen ein anderer Grund sein, warum Investitionen in die installierte Basis lohnen. AUerdings muss man schnell und aggressiv handeln, wenn man den Markt beherrschen will. Je kleiner man die Konkurrenz halt, umso besser. Hat der

318

K. Kompatibilitatswettbewerb

Konkurrent eine gewisse Grofie erreicht, ist die Marktbeherrschung ein ftir allemal verloren. Aufierdem soUte man auf die self-fulfilling prophecy setzen: wenn viele Konsumenten erwarten, dass das Produkt ein Erfolg wird, dann wird es auch einer. Man kann diesen Erwartungen nachhelfen. Umgekehrt bedeutet die installierte Basis eine Eintrittsbarriere in einen Netzeffekt-Produkte-Markt. Denn die Konsumenten treffen ihre Entscheidungen aufgrund des Preises, des Marktsegments (Differenzierung, Qualitat) und der Netzeffekte. Das eingesessene Unternehmen kann sich hohere Preise oder eine schlechtere Qualitat leisten, wenn es nur in der Vergangenheit eine grofie „installierte Basis" aufgebaut hat, die hohe Netzeffekte garantiert. Eine Reihe technisch liberlegener und billigerer Software-Pakete ist bereits an der hohen installierten Basis von Microsoft gescheitert. Ob der Wettbewerb um Kaffee-Pads und -Beutelchen mit den dazugehorigen Kaffeemaschinen in milderer Form ablaufen wird, ist noch nicht entschieden. Immerhin geht Dougwe Egberts mit Patentklagen gegen Kraft Foods Deutschland vor, dessen Beutelchen „Jacobs Kronung" kompatibel zur Philips-Maschine Senseo sind. Zudem haben die Senseo-Produzenten der Bamberger Minges Kaffee GmbH & Co gerichtlich verboten, ihre Pads weiterhin mit „fur Senseo geeignet" zu bewerben. Strategische RoUe der Kompatibilitat. Die Hohe der Netzeffekte hangt wesentlich von der Kompatibilitat ab. In einigen Branchen ist Kompatibilitat sogar der zentrale Wettbewerbsparameter. Die Entwicklung der ComputerIndustrie ist im Wesentlichen ein Kampf darum, welches technische System sich als Standard durchsetzt. Dieser Kampf wurde bisher von den sogenannten IBM-Kompatiblen gewonnen. Die Netzeffekte waren dabei so bedeutsam, dass die nach allgemeinem Daftirhalten besseren Apple-Computer sich mit geringen Marktanteilen zufrieden geben mussten. Im Kaffee-Pad-Markt ist der Standardwettbewerb dagegen noch im voUen Gauge. Ein die Branche dominierendes Unternehmen mag Inkompatibilitat vorziehen, well die Netzeffekte aufgrund seiner Grofie ihm einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil verschaffen, der durch Kompatibilitat schwinden wiirde. Gleichzeitig darf ein Unternehmen, das den Markt beherrschen will, natiirlich nicht inkompatibel zu sich selbst produzieren, sonst zerstort es die eigene „installierte Basis". Ein gutes Beispiel ftir eine schlechte Politik war die Einfiihrung der IBM-Gerate der Serie PS/2, die in mancher Hinsicht zum (von IBM selbst gesetzten!) Industriestandard inkompatibel war und so die Nachfrager verunsicherte: Der 1987 mit der Personal-Computer-Generation PS/2 neu eingeftihrte MCA-Bus war nicht abwartskompatibel, sodass die weit verbreiteten ISA-Karten nicht verwendet werden konnten.

K.2 Modellspezifikation

319

Fiir Neulinge ist der beste Weg, die „installierte Basis" eingesessener Unternehmen zu tiberwinden, kompatibel zu produzieren. Ist zum Beispiel ein PC zu dem von IBM gesetzten Industriestandard kompatibel, dann lauft auf ihm auch die gangige Software, sodass die Konsumenten die durch Kompatibilitat geschaffenen Netzeffekte nutzen konnen. Diese Kompatibilitatsentscheidung erklart den grofien Markterfolg der billigeren IBM-Kompatiblen. Noch besser ist jedoch die einseitige Kompatibilitat. Die einseitige Kompatibilitat von Apple im Verhaltnis zu IBM erlaubt es den Nutzern von Apple, nicht nur vom Netznutzen der Apple-Nutzer, sondern auch vom Netznutzen der IBM-Nutzer zu profitieren. Zusatzlich sind die Software-Investitionen von Kunden, die von IBM auf Macintosh umsteigen woUen, gesichert.

K.2 Modellspezifikation Wir basieren auch den Kompatibihtatswettbewerb auf dem Hotelling'schen Strafiendorf. Im Einzelnen treffen wir folgende zusatzlichen Annahmen: Angebotsseite. 1. Maximale horizontale Produktdifferenzierung: Wir nehmen an, dass in Bezug auf horizontale Produktdifferenzierung die Unternehmen Produkte anbieten, die in den Randpunkten der HoteUing'schen Einheitsstrecke (Abb. 1.5, S. 242) liegen. 2. Kompatibilitdtsgrade: Als zusatzHche Differenzierung zwischen den Produkten wahlen die Unternehmen nun die Kompatibilitatsgrade oder Standardisierungsgrade Si (engl.: standardization), die Werte zwischen 0 und 1 annehmen. 5i = 1 bedeutet, dass Gut 1 vollstandig kompatibel zu Gut 2 ist, wahrend bei 5i = 0 Gut 1 vollstandig inkompatibel zu Gut 2 ist. 3. Kompatibilitdtsvorteil: Die Differenz der Kompatibilitatsgrade As = Si-

52

(K.l)

wird als Kompatibilitatsvorteil zugunsten von Unternehmen 1 definiert. 4. Differenzierungskosten: Kosten der horizontalen Differenzierung und der Kompatibilitatsdifferenzierung schliefien wir aus der weiteren Betrachtung aus. Nachfrageseite. 1. Netzgrofie: Die NetzgroBe hangt von den eigenen erwarteten und vergangenen Absatzen und, je nach Kompatibilitatsgrad, auch von den erwarteten und vergangen Absatzen des Konkurrenten ab. Fiir Gut 1 ist die Netzgrofie wie folgt definiert:

320

K. Kompatibilitatswettbewerb m = arf™ + x\ + si • {x^^"" + xi)

(K.2)

Dabei bezeichnet a;f^^ den erwarteten Absatz und x\ die vergangenen Absatze bzw. die installierte Basis von Unternehmen 1; X2''^ und x^ sind der erwartete Absatz bzw. die installierte Basis von Unternehmen 2. Die Netzgrofie ftir Gut 1 hangt folglich zum einen von der erwarteten Gesamtnetzgrofie von Unternehmen 1, xf^ -\-x\, und zum anderen, je nach Kompatibilitat, zusatzlich von der erwarteten Gesamtnetzgrofie von Unternehmen 2, X2^'^ + ^2, ab. 1st das Produkt 1 vollstandig kompatibel mit Produkt 2 (si = 1), dann besteht das Netz ftir einen Konsumenten von Gut 1 sowohl aus den Konsumenten von Gut 1 als auch aus den Konsumenten von Gut 2. Indem Unternehmen 1 - durch ein grofies si - sein Produkt kompatibel zu demjenigen von Unternehmen 2 macht, vergroCert es das Netz und damit die Netzeffekte ftir Konsumenten seines Gutes. 2. Netzeffekte: Die Netzeffekte sind ein Nutzenbestandteil der Verbraucher, fur den sie zu zahlen bereit sind. Die Hohe der Netzeffekte wird als Produkt von Netzeffektstarke e und Netzgrofie Ui modelliert. Die Netzeffektstarke e > 0 ist ein Mafi daftir, wie wichtig den Konsumenten die Netzeffekte sind. 3. Netzgrofien-, Basis- und Erwartungsvorteil: Der Netzgrofienvorteil zugunsten von Unternehmen 1, An, ist unter Verwendung von Gl. K.2 (analog ftir Unternehmen 2) definiert als An = ni-n2 = An' + Z\n^^^,

(K.3)

An' = {x\ + sixi) - ( 4 + 5 2 ^ ) und

(K.4)

Zin^^^ = ( x f ^ + 5ia;f ^) - (:r^^^ + 52^^^)

(K.5)

wobei

gelten. Dabei ist An' der Basisvorteil bzw. der Vorteil aus der in der Vergangenheit installierten Basis und An^'^'^ der Erwartungsvorteil bzw. der Vorteil der in Zukunft erwarteten Absatze. 4. Homogenitdt der Prdferenzen in bezug auf Netzeffekte: Die Konsumenten unterscheiden sich nicht in ihren Praferenzen beztiglich der Netzeffekte eni, die selbst wiederum vom Kompatibilitatsgrad abhangen. AUe Konsumenten haben also dieselbe Zahlungsbereitschaft ftir die jeweiligen Netzeffekte. 5. Effektive Preise: Die Konsumenten achten bei ihrer Kaufentscheidung auf die effektiven Preise, die als

K.2 Modellspezifikation Pi

(K.6)

= Pi + ^^^ ~ ^^1 u n d

P2ff

^p^+t{l-hf

321

(K.7)

en2

definiert sind. Somit kaufen alle diejenigen Konsumenten h G u t 1 anstelle von G u t 2, ftir die gilt p^*'' < ^2 P2-P1

+

Preisvorteil fiir Unternelimeu 1

^^^^

^((1-/1)^-/1^)

+

horizoiitaler Differenzieiuugsvorteil fiir Unteinelimen 1

e ^

>0.

(K.8)

Netzvorteil fiir Uiiternelimeii 1

W a h r e n d die Unternehmen auf die Preis- u n d horizontalen Differenzierungsvorteile direkten Einfluss nehmen konnen, haben sie auf den Netzvorteil nur indirekt Einfluss, insbesondere liber den in der Vergangenheit aufgebauten Basisvorteil, den Erwartungsvorteil u n d die Kompatibilitatsdifferenzierung. Mit diesen Erganzungen u n d Erlauterungen kann m a n nun die Markennachfragefunktionen der Unternehmen fiir horizontal (maximal) differenzierte Netzeff'ektgiiter aufstellen. Zu diesem Zweck ist allerdings noch eine A n n a h m e liber die erwarteten Absatze x^'^ u n d XQ^'^ ZU treffen. Wir unterscheiden zwei Falle, exogen gegebene Erwartungen u n d rationale (erfiillte) Erwartungen. 1. Markennachfrage bei gegebenen Erwartungen: Sind die Erwartungen liber die Absatze xf^'^ u n d a;!^^ der Unternehmen exogen gegeben, d a n n erhalt m a n die Markennachfrage von Unternehmen 1 durch Auflosen von Gl. K.8 nach h als xi = h* =

1 2

P2 -Pi

+

"iiatiirliclier Kiiudeiistamm"

Wettbewerbsiutensitat

+

Preisvorteil

eAn

(K.9)

Netzvorteil.

Der Absatzvorteil ergibt sich aus der Diff'erenz der Markennachfragen als

Ax -^s^ Absatzvorteil

= 2x1 - 1 = 2 •

TT 2t

P2-Pi

^"^'^^y^ Wettbewerbsinteiisitat

LPreisvorteil

+

eAn

(K.10)

Netzvorteil^

u n d ist gleich dem (zweifachen) P r o d u k t aus der Wettbewerbsintensitat u n d dem Preis-Netz-Vorteil. Die Gesamtnachfrage ist x i + a:2 = 1 u n d damit nicht nur unabhangig von den Preisen u n d der horizontalen P r o duktdifferenzierung, wie in K a p . I, sondern zusatzlich unabhangig vom G r a d der Kompatibilitat. Dies ist natiirlich eine gravierende Einschrankung der Geltungsbedingungen unseres Modells.

322

K. Kompatibilitatswettbewerb

2. Markennachfrage bei rationalen Erwartungen: Bei gutem Marktiiberblick der Konsumenten konnen wir mit rationalen Erwartungen arbeiten und ^erti; _ ^^ ^^^ rj^exw _ ^^ setzen. Durch Einsetzen in Gl. K.9 und Auflosen nach x\ erhalten wir die Markennachfragen bei rationalen Erwartungen als Xx 1

+

2 "natiirliclier Kundeiistamm" X2 —

A(5i,52) Wettbewerbsiiitensitat

V2-V\

+ -e(2Are ^ As) (K.11)

Preisvorteil

~ ^ ~ Netzvorteil

\-Xx

und den Absatzvorteil bei rationalen Erwartungen als Ax = 2 • A(5i,52) iP2-Pi) + ^e{2An' + As)

(K.12)

Besonders auffallig gegeniiber den gegebenen Erwartungen ist die neu zu definierende Wettbewerbsintensitat, A(5i,52) =

2t-e{2-si

-S2)'

(K.13)

Sie hangt sowohl von der horizontalen als auch der Kompatibilitatsdifferenzierung ab. Uberdies geht in den Netzvorteil bei rationalen Erwartungen die Summe aus dem Basis- und dem Kompatibilitatsvorteil ein. Ubung K.2.1. Versuchen Sie sich einmal an der folgenden, dem Lehrbuch von SHY (1995, S. 256 ff.) entnommenen Aufgabe. Die potentiellen Konsumenten eines Netzeffekt-Gutes sind auf einer Strecke zwischen 0 und 1 gleichverteilt. Konsument h mit 0 < h 0). Infolgedessen ist auch die Preisreagibilitat der Markennachfrage ( | ^ 1 bei rationalen Erwartungen grofier als bei exogen gegebenen Erwartungen. Das macht man sich so klar: Preissenkungen fuhren bei gegebenen Erwartungen zu bestimmten Mengenerhohungen ( ^ pro Einheit Preissenkung). Passen sich die Erwartungen an die neue hohere Menge an, so steigt aufgrund der Netzeffekte die Nachfrage tiber das zunachst ermittelte Niveau hinaus an, was wiederum zu einer Erwartungsanpassung fiihrt (siehe Abb. K.4 auf S. 316). Schliefilich fiihrt eine Einheit Preissenkung dann zu einer Nachfrageerhohung von ^ = 2t-e(2-s -S') ^ ^ - Dieser Effekt ist fiir den Monopolfall bereits von LEIBENSTEIN (1950) und ROHLFS (1974) nachgewiesen worden. 2. Steigende Preise konnen bei sehr starken Netzeffekten die Erwartung hoher Netzgrofien und damit Monopole erzeugen (Giffen-Guter-Fall). Bei sehr starken Netzeffekten, d.h. 2t < e{2 — si— 52), ergibt sich eine negative Wettbewerbsintensitat A und die Produkte 1 und 2 werden zu Giffengiitern: die Absatze steigen mit den eigenen Preisen. Das lasst sich folgendermafien interpretieren. Wenn Netzeffekte im Vergleich zur Produktdifferenzierung grofie Bedeutung haben, kann ein hoher Preis nur dadurch bestehen, dass die Konsumenten ein grofies Netz erwarten, das dann im Erwartungsgleichgewicht auch reahsiert wird. In ahnhcher Weise werden Preise mitunter als Signal ftir hohe Qualitat verstanden. In unserem - sehr einfachen - Modell fiihrt das allerdings so weit, dass die Produzenten sich abwechselnd und unbeschrankt iiberbieten und mit steigenden Preisforderungen jeweils den Markt monopolisieren. Ein solcher Markt ist aller dings nur schwer vorstellbar. Offensichtlich ist unser Modell zur Untersuchung des Falls sehr starker Netzeffekte ungeeignet. Ein wesentlicher Grund hierfiir ist, dass wir fiir die Konsumenten keine Zahlungsbereitschaft eingefiihrt, d.h. deren Budget nicht beschrankt haben. Wir werden uns deshalb auf die Untersuchung gewohnlicher Gtiter beschranken. Diese erfiillen die Bedingung 2t — e{2 — si — S2) > 0 bzw. A>0. 3. Hohere Kompatibilitdt hat bei rationalen Erwartungen keinen eindeutigen Effekt auf die Nachfrage. Bei rationalen Erwartungen ist - im Gegensatz zur Situation bei exogen gegebenen Erwartungen - die Frage, wie die Erhohung des Kompatibilitatsgrades auf die Nachfrage wirkt bzw. welches Vorzeichen | ^ hat, nicht eindeutig zu beantworten. Zum einen steigt in Gl. K . l l (siehe S. 322) die Grofie des Terms ^e(2An'^ + As) eindeutig mit dem Kompatibilitatsgrad; die Ableitung dieses Terms nach si ergibt namlich ^e (2a:2 + l ) . Dies ist der positive Nachfrageeffekt einer hoheren Kompatibilitat. Zum

326

K. Kompatibilitatswettbewerb

anderen sinkt die Wettbewerbsintensitat A mit steigendem Kompatibilitatsgrad si. Dies ist nur gut fiir die Nachfrage jener Unternehmen, die einen Preis-Netz-Nachteil haben; nur diese erfahren einen zusatzlichen positiven Nachfrageeffekt. Unternehmen mit einem Preis-Netz-Vorteil erfahren dagegen einen konterkarierenden negativen Nachfrageeffekt aus der sinkenden Wettbewerbsintensitat, sodass der gesamte Nachfrageffekt eines steigenden Kompatibihtatsgrades fiir diese Unternehmen a priori unbestimmt ist. 4. Je hoher der Kompatibilitdtsgrad, desto geringer ist der Nachfrageeffekt einer Preissenkung. Wahrend bei exogenen Erwartungen die Hohe des Kompatibihtatsgrades keinen Einfluss auf den Preiseffekt der Nachfrage hat, ist bei rationalen Erwartungen der Preiseffekt der Nachfrage umso geringer bzw. verlaufen die Nachfragekurven beider Unternehmen umso steiler, je hoher der Kompatibihtatsgrad ist. Das folgt aus

dxi

^ ^^^

dSi



dS2



—e\ < 0. Je kompatibler die Produkte sind, desto geringer schlagen sich Preissenkungen in Absatzmengenerhohungen nieder. Bei voUkommener Kompatibihtat spielten die Netzeffekte (relativ) gar keine Rolle. Bei identischer Kompatibilitdt (Standardisierung) entscheiden der Preisvorteil und die Differenz der installierten Basen iiber die Hohe der Nachfrage, Im Spezialfall identischer Kompatibihtat (5 = 5i = 52 bzw. As = 0) vereinfachen sich die Markennachfragen bei rationalen Erwartungen zu ^1 = ^ + A [(P2 - Pi) + e(l - s) {4 - 4 ) ] ,

(K.15)

^2 = l + X[(p2-Pi)-

(K.16)

e(l - s) {x{ - 4 ) ] .

Folghch ist neben dem Preisvorteil p2 — pi die Differenz der instaUierten Basen ausschlaggebend fiir die relative Hohe der Markennachfrage.

K.3 Wettbewerb bei unterschiedlichen Kompatibilitatsgraden Mit diesen einftihrenden Erlauterungen zur Grundidee und zum Modell des Kompatibilitatswettbewerbs analysieren wir nun diesen Wettbewerb in drei Schritten: Im ersten Schritt spezifizieren wir die spieltheoretische Wettbewerbsstruktur im Sinne eines zweistufigen Wettbewerbs. Im zweiten Schritt analysieren wir den Preiswettbewerb der zweiten Stufe. Und im dritten Schritt untersuchen wir den Kompatibilitatswettbewerb der ersten Stufe.

K.3 Wettbewerb bei unterschiedlichen Kompatibilitatsgraden

^1 ^2

Pi Pi



(

\

\

327

^ ^

Abbildung K.5. Die spieltheoretische Grundstruktur des Standardisierungswettbewerbs bei unterschiedlichen KompatibiHtaten

K.3.1 Spieltheoretische Wettbewerbsstruktur Wir verwenden eine zweistufige Wettbewerbsstruktur. Diese ist in Abb. K.5 dargestellt. K.3.2 Simultaner Preiswettbewerb (zweite Stufe) Man findet das Gleichgewicht des simultanen Preiswettbewerbs, indem man aus den Gewinnfunktionen die Preis-Reaktionsfunktionen bestimmt und diese dann zum Schnittpunkt bringt. Wir unterstellen im Folgenden immer rationale (erfiillte) Erwartungen.

pTl [771 fn\ Gewinnfunktionen. Die Unternehmen maximieren im simultanen Preiswettbewerb ihre Gewinne in bezug auf die Preise. Bei rationalen Erwartungen der Absatze ergeben sich die Gewinne aus Gl. K . l l (S. 322): III = (Pl

(K.17)

-c)xi{pi,P2,Si,S2)

= (Pi - c ) ( - + A(si,S2)

{P2 - Pl) + ^e {2An'+ As) ) •

n2 = (P2 - c) X2{pi,P2, Si,S2) = {P2-C)

(--A(S1,S2)

(K.18)

(P2 - Pl) + ^e {2An'+ As)

y

328

K. Kompatibilitatswettbewerb

Pl

4

Pfip^)/ P2M

PI

Pf

Pl

Abbildung K.6. Preis-Reaktionsfunktionen

IP 2

Preis-Reaktionsfunktionen.

Aus diesen Gewinnfunktionen gewinnt man durch NuUsetzen der ersten Ableitungen und Umformung die folgenden Preis-Reaktionsfunktionen (siehe Abb. K.6) bei rationalen Erwartungen: (K.19)

Pf fe) = argmaxili (^1,^2) Pl

^ ^P2 + c+^^^{2An'

2 V

2A

+ As)

P2 (Pi) = argmaxiT2 (^1,^2)

(K.20)

P2

= l(pr + 0 nach Gl. K.21). Dies ist ein altbekanntes Ergebnis (siehe Kap. I). Ob sich die mit hoherer Produktdifferenzierung einhergehende Reduzierung der Wettbewerbsintensitat A {dX/dt < 0) auch positiv auf die Absatzmenge und damit auf den Gewinn auswirkt, hangt wesentlich davon ab, ob das betreffende Unternehmen Basis- und Kompatibilitatsvorteile hat oder nicht. Ein Basisvorteil ergibt sich aufgrund einer relativ groBen installierten Basis und ein Kompatibihtatsvorteil aufgrund einer relativ hohen Kompatibilitat. Fur ein Unternehmen mit

K.3 Wettbewerb bei unterschiedlichen Kompatibilitatsgraden

331

Basis- und Kompatibilitatsnachteil ist die Lage eindeutig: Produktdifferenzierung bewirkt hohe Preise und Absatze. Fiir ein Unternehmen mit Basis- und Kompatibilitatsvorteilen ist die Lage dagegen nicht eindeutig: ProduktdifFerenzierung bewirkt zwar einerseits hohe Preise, andererseits verringert sie den Absatzvorsprung gegentiber dem Konkurrenten, verringert also den Absatz (siehe Gl. K.22). Konkret hangt in unserem Modell der Gewinn des Unternehmens mit Basis- und Kompatibihtatsvorteil positiv vom Heterogenitatsgrad t ab, falls

^e (2 - 51 - 52 + ^ {2An' +

As)j 0 nach einigen etwas miihsamen Umformungen durch Differenzierung des Gewinns 11f (^i, 52) in Gl. K.23 nach t.) Hohere Kompatibilitdtsgrade erhohen den Gewinn des Unternehmens mit Basis- und/oder Kompatibilitdtsnachteil. Ein Unternehmen mit Basis- und Kompatibilitatsnachteilen profitiert eindeutig von einer hoheren eigenen Kompatibilitat; aufgrund der erhohten eigenen Kompatibilitat sinkt die Wettbewerbsintensitat und der Basis- und Kompatibihtatsvorteil des Konkurrenten, was zu einem steigenden Preis und einer steigenden Ausbringungsmenge ftihrt (siehe Gl. K.21, S. 329 und K.22, S. 329). Es mag also ein gute Idee ftir spate Anbieter der Kaffee-Pads sein, diese kompatibel zu bereits existierenden Kaffeemaschinen anzulegen (siehe S. 318). Ftir das Unternehmen mit hohem Basis- und Kompatibihtatsvorteil ist die Lage wiederum nicht eindeutig. Zwar hangen auch dessen Preise im Gleichgewicht positiv vom eigenen Kompatibilitatsgrad ab. Andererseits reduziert eine hohere Kompatibilitat die Wettbewerbsintensitat, wodurch sich Nachfrageeinbufien ergeben konnten, wie man Gl. K.22 aufgrund der Ableitung von xi nach si entnehmen kann. Wir werden allerdings spater sehen, dass im konkreten Modell auch ftir das groBe Unternehmen die maximale Kompatibilitat optimal ist.

332

K. Kompatibilitatswettbewerb

K.3.3 Simultaner Kompatibilitatswettbewerb (erste Stufe)

"tij P2\\n2j y

Im Preiswettbewerb werden die Marktanteile und Gewinne der Unternehmen durch ihre horizontale Produktdifferenzierung und ihre Kompatibilitatsdifferenzierung bestimmt. Fiir die horizontale Produktdifferenzierung batten wir angenommen, dass die Positionierungsentscheidung exogen im Sinne einer maximalen Differenzierung bereits getroffen wurde, sodass jetzt nur noch die Entscheidung fiir die Kompatibilitatsdifferenzierung in der ersten Stufe des Wettbewerbs ansteht. Gewinnfunktionen. Ausgangspunkt des Kompatibilitatswettbewerbs der ersten Stufe sind die reduzierten Gewinnfunktionen im Nash-Gleichgewicht des Preiswettbewerbs der zweiten Stufe, d.h. rrBr,

^

,x

n§{si,S2)

1 {S + eX {2An^ + As))' 36 A =

1 {3-eX{2An'

+ As)) 2

36 A Kompatibilitats-Reaktionsfunktionen. Leitet man diese reduzierten Gewinngleichungen nach si bzw. 52 ab, setzt die Ableitungen gleich null und formt um, dann erhalt man die Kompatibilitats-Reaktionsfunktionen des simultanen Kompatibilitatswettbewerbs bei unterschiedlichen Kompatibilitatsgraden. Sie sind allgemein definiert als: sf (52) = argmax Uf {si, 52), s^ (si) = argmaxila^ (sj, S2) •

(K.24)

Eine exakte analytische Berechnung der Kompatibilitats-Reaktionsfunktionen erweist sich als extrem aufwendig und soil deshalb hier unterbleiben. Nash-GIeichgewicht, direkte und strategische EfFekte. Im Schnittpunkt dieser Kompatibilitats-Reaktionsfunktionen liegt das Nash-Gleichgewicht (si, S2) des simultanen Kompatibilitatswettbewerbs. Ohne eine explizite Form der Kompatibilitats-Reaktionsfunktionen lasst sich auch das NashGleichgewicht nicht in expliziter Form berechnen. Numerische Studien ftihren zu der plausiblen Vermutung, dass jedes Unternehmen unabhangig von der Kompatibilitat des Konkurrenzproduktes nach voUstandiger Kompatibilitat streben wird, d.h.

K.3 Wettbewerb bei unterschiedlichen Kompatibilitatsgraden

333

Unter diesen Umstanden werden sich im anschlieBenden Bertrand-Preiswettbewerb identische Preise herausbilden und damit die halftige Teilung des Marktes und des Branchengewinns, d.h. ^B _

B

_}:

iif = Hi = \t. Fiir die Unternehmen ist dann die Situation genauso, als ob sie es nicht mit NetzefFekt-Gtitern zu tun batten. Die Losung entspricht voUstandig dem P o sitionsgleichgewicht des Varianten- oder Standortwettbewerbs bei maximaler horizontaler Produktdifferenzierung (siehe Gl. 1.13, 1.14, 1.15 auf S. 249). Um eine Vorstellung von den strategischen Vorgangen im Kompatibilitatswettbewerb zu erhalten, betrachten wir die Ableitung des Gewinns Ilf (5i, 52) nach dem Kompatibilitatsgrad Si. Die reduzierte Gewinnfunktion von Unternehmen 1 (und analog fur Unternehmen 2) lautet in allgemeiner Form und ausfiihrhcher Schreibweise: ^ f (51,52) = i 7 l ( 5 i , 5 2 , p f ( 5 1 , 5 2 ) , p f (51,52)).

Damit bestimmt man die Ableitung nach 5i in allgemeiner Form:

dllf__ dsi

dih

dlhdpl_

dUi dpi

dsi

dpi dsi

dp2 dsi

?

=0

?

direkter oder Nachfrageeffekt

optimale Preise im Preiswettbewerb (Enveloppen-Theorem)

indirekter oder strategischer Effekt der Kompatibilitat

Wegen des Enveloppen - Theorems fallt der mittlere Term weg, d.h. die Unternehmen verhalten sich bei ihrer Preissetzung immer gewinnmaximierend ( ^ ^ = 0), gleichgtiltig welchen Kompatibilitatsgrad sie in der ersten Stufe des Wettbewerbs wahlen. Driickt man konkreter den Gewinn als Produkt aus Deckungsbeitrag pro Sttick und Stiickzahl aus, d.h. i l i = (pi — c) xi, dann erhalt man die folgende reduzierte Gewinnfunktion: •/7f (51,52) = ( p f (51,52) -c)

-Xi ( 5 i , 5 2 , p f (51,52), p f (51,52)) .

334

K. Kompatibilitatswettbewerb

Fiir diese wird die Ableitung zu dnP

, o.

,

X dxi

^ r.,

,

X dxi dpo

? strategischer Effekt der Kompatibilitat (Kompatibilitats-Preis-Effekt) (K.25) Offensichtlich wird die Gewinnwirkung der Kompatibilitatswahl im Gleichgewicht durch einen direkten oder Nachfrageeffekt und einen indirekten oder strategischen Effekt der Kompatibilitat bestimmt. Deren Vorzeichen und ggf. relative Grofie entscheiden dartiber, ob mit der Wahl eines hoheren Kompatibilitatsgrads eine Gewinnsteigerung erzielt werden kann. Eine nahere Analyse von Gl. K . l l zeigt, dass der Nachfrageeffekt eines hoheren Kompatibilitatsgrades bei rationalen Erwartungen ? direkter oder NachfrageefFekt

dxi dsi

1 di2An'-\-As)

(

A^e{24 + 1)

1 /o^ i

^ ^^ 5A

+...

Mit dem Kompatibilitatsgrad steigen Basis- und Kompatibilitat svorteil.

(p2-pi + -e(2zin^ + Zi5)j positiv?

Mit dem Kompatibilitatsgrad sinkt die Wettbewerbsintensitat.

betragt. Sein Vorzeichen ist nicht eindeutig. Zum einen steigt die Nachfrage aufgrund des hoheren Basis- und Kompatibilitatsvorteils. Der zweite Summand hat die negative Beeinflussung der Wettbewerbsintensitat durch den Kompatibilitatsgrad zum Inhalt. Er ist negativ fiir den Absatz desjenigen Unternehmens, das tiber Preis-Basis-Kompatibilitatsvorteile verfiigt, fiir das also P2 — Pi + |e(2Zin* + As) > 0 gilt. Damit ist der direkte Effekt eindeutig positiv fiir das Unternehmen mit Basis- und Kompatibilitatsnachteil, jedoch nicht eindeutig fiir das Unternehmen mit Basis- und Kompatibilitatsvorteil. Das Vorzeichen des indirekten oder strategischen Effektes ergibt sich bei positivem Deckungsbeitrag und | ^ > 0 aus Gl. K.21 als Vorzeichen von

K.4 Wettbewerb bei einheitlicher Kompatibilitat

Reduktion der Wettbewerbsintensitat

335

Mit dem Kompatibilitatsgrad von Ul steigen Basis- und Kompatibilitatsnachteil von U2.

Es ist wiederum nicht eindeutig. Einerseits reduziert ein hoherer Kompatibilitatsgrad 5i die Wettbewerbsintensitat und erhoht dadurch die Preissetzung von Unternehmen 2 im Gleichgewicht. Andererseits steigen der Basis- und Kompatibilitatsnachteil von Unternehmen 2 aufgrund eines hohen Kompatibilitatsgrades von Unternehmen 1 an, was sich negativ auf den Preis von Unternehmen 2 auswirkt. Zusammenfassend konnen wir feststellen, dass nur die Erfahrung lehren kann, welcher Kompatibihtatsgrad ftir die Unternehmen optimal ist. Selbst in unserem einfachen Modell sind die Nachfrage- und strategischen Effekte a priori unbestimmt.

K.4 Wettbewerb bei einheitlicher Kompatibilitat Von besonderem Interesse ist der Spezialfall, dass die Produkte eine identische Kompatibilitat haben, die Unternehmen also einen gemeinsamen Standard setzen. Dieser Fall spielt regelmaCig in der Telekommunikations-, Multimediaund Hifibranche eine grofie RoUe (Beispiele: d-box, HDTV, GSM). Wir analysieren diesen Fall freilich nur in sehr verkiirzter Form und sttitzen uns dabei auf die oben erzielten Ergebnisse. K.4.1 Spieltheoretische Wettbewerbsstruktur Bei einheitlichem Kompatibilitatsgrad ergibt sich die in Abb. K.7 dargestellte Wettbewerbsstruktur.

K.4.2 Simultaner Preis wettbewerb (zweite Stufe) Ftir den Fall eines einheitlichen Kompatibilitatsgrads s = si = S2 gelten ftir den Basisvorteil (Z\n*), den Kompatibilitatsvorteil {As) und die Wettbewerbsintensitat (A) die folgenden Gleichungen:

336

K. Kompatibilitatswettbewerb

Pi Pi

s

Abbildung K.7. Die spieltheoretische Grundstruktur des Standardisierungswettbewerbs bei einheitlicher Kompatibilitat An' = {x\ + 5 i 4 ) - ( 4 + S2x\) = {x\ - 4 ) (1 - 5), As = si — S2 = 0, 1 A= 2t-e{2-si-S2)

1 2 (t - e (1 - s))'

(K.26)

Damit erhalt man - nach Einsetzen in die Gl. K.21, K.22 und K.23 (auf S. 329) - im Falle eines einheitlichen Kompatibilitatsgrads das folgende NashGleichgewicht des Preiswettbewerbs der zweiten Stufe: 1 p f (5,.

e ^ .

lAn^

(K.27a) (K.27b)

Xi ( 5 , .

= l + leXAn\

(K.27c)

X2 ( 5 , .

= 2 - r'^"'

(K.27d)

iTf(s,.

niis,.

1 {3 + 2XeAn^f "36 A 1 (3-2AeZin^)^ ~ 36 A

(K.27e) (K.27f)

Natiirlich geht auch dieses Nash-Gleichgewicht wieder in das Nash-Gleichgewicht der maximalen horizontalen Produktdifferenzierung bei normalen Gutern aus Kap. I ilber, falls sich die Unternehmen auf voUstandige Kompatibilitat einigen (s = 1) oder die Konsumenten Netzeffekte nicht schatzen (e = 0).

K.4 Wettbewerb bei einheitlicher Kompatibilitat

K.4.3 Kompatibilitatswettbewerb (erste Stufe)

337

£HS

Ftir die Frage, wie hoch der einheitliche Kompatibilitatsgrad gesetzt werden soil, spielt die in der Vergangenheit installierte Basis und damit die Grofie der Unternehmen die entscheidende Rolle. Wir nehmen an, dass Unternehmen 1 einen Basisvorteil hat, d.h. wir nehmen Z\n* > 0 bzw. x\—X2 > 0 und 5 < 1 an. Das kleinere Unternehmen 2 wird sich dann auch bei einheitlicher Kompatibilitat - wie im Falle unterschiedlicher Kompatibilitat - ftir ein offenes System mit vollstandiger Kompatibilitat (5 = 1) einsetzen. Denn sowohl der Preis als auch die Menge des kleineren Unternehmens steigt mit s. Ftir das grofie Unternehmen sind die Anreize nicht eindeutig. 1st es nur wenig grofier als das andere Unternehmen, dann praferiert es ebenfalls voUkommene Kompatibilitat (5 = 1). Anderenfalls kann das groBe Unternehmen durch Inkompatibilitat gewinnen. Konkret, falls X-^ ^ X2 T" 0~

2t - e (1 - 5)

erftillt ist, profitiert das groi3e Unternehmen von Inkompatibilitat. Dies bestimmt man formal durch die Ableitung von IIi (s, s) nach s unter Beachtung von t > e(l — s). Unternehmenspolitisch gesehen, bedeuten diese Ergebnisse: 1. Kleine Unternehmen sollten moglichst Kompatibilitdt anstreben. Kleine Unternehmen, das heiBt solche mit kleiner installierter Basis, werden sich in Standardisierungsgremien fiir Kompatibilitat einsetzen. Sie haben dazu zwei Griinde: Erstens sinkt durch Kompatibilitat die Wettbewerbsintensitat, und zweitens schrumpft dadurch ihr Nachteil der installierten Basis. 2. Grofie Unternehmen sollten nur bei sehr grofiem Vorsprung Inkompatibilitat anstreben. Grofie Unternehmen stehen vor einem schwierigen Entscheidungsproblem. Haben sie einen sehr grofien Vorsprung in der installierten Basis, konnte es sich fiir sie rechnen, Kompatibilitat zu behindern.

338

K. Kompatibilitatswettbewerb

K.5 Eintrittsabschreckung (Limit-Kompatibilitatsstrategie) Soweit hatten wir in unserer Analyse des Kompatibilitatswettbewerbs angenommen, dass ein Dyopolgleichgewicht existiert, in dem zwei Unternehmen anbieten. Nun interessiert uns die Prage des Markteintritts und der Eintrittsabschreckung, insbesondere die Frage, ob es fiir das Unternehmen mit der grofieren installierten Basis moglich und eventuell zusatzlich lohnend ist, gegen ein anderes eine strategische Markteintrittsbarriere in Gestalt einer „Limit-Basis " zu errichten, um es vom Markteintritt abzuschrecken bzw. dessen Austritt zu erreichen. Im Lehrtext behandeln wir den Fall untersctiiedlicher Kompatibilitatsgrade, den etwas einfacheren Fall eines einheitlichen Kompatibilitatsgrads tiberlassen wir dem Leser zur eigenstandigen Bearbeitung (siehe Aufg. K.5.1 auf S. 342). Fiir den Fall unterschiedlicher Kompatibilitatsgrade wissen wir von S. 332, dass ein moglichst hoher Kompatibilitatsgrad ftir beide Unternehmen lohnend ist. Eine Abschreckung erfolgt dann jedoch nicht; beide Unternehmen teilen sich den Markt halftig. Wir werden im folgenden dennoch der Frage nachgehen, unter welchen Umstanden eine Eintrittsabschreckung bzw. Austrittserzwingung erfolgt. Denn die Bedingungen daftir sind von allgemeinem Interesse fiir ein Unternehmen, das aus Griinden, die unser Modell nicht eingefangen hat, eine Monopolstellung anstrebt. Eventuell geht es dabei um den Gewinn in spateren Perioden oder um den positiven Imagegewinn einer Monopolisierung. Aus Gl. K.22 (S. 329) entnimmt man, dass die rechnerisch ermittelte Dyopolmenge xf (si, 52) von Unternehmen 2 kleiner als 0 ist, falls e- {2An' + As)> ^ =3{2t - e{2-si

- 52))

(K.28)

Basis-Kompatibilitats-Vorteil bewerteter Basis-Kompatibilitats-Vorteil

gilt. Okonomisch bedeutet dies, dass Unternehmen 1 mit einem Absatz von 1 den Markt allein bedient. Man kann auch sagen, dass 3_ eX der Limit-Basis-Kompatibilitats-Vorteil ist: Erreicht oder ubersteigt der BasisKompatibilitats-Vorteil eines Unternehmens diesen Wert, so wird das andere

K.5 Eintrittsabschreckung (Limit-Kompatibilitatsstrategie)

339

20

Monopol 1 10 t i

0

Dyopol

-10 \

-20

Abbildung K.8. Wettbewerbsintensitat, Wettbewerbsvorteile und Marktstruktur aus dem Markt gedrangt. Die Bedingung aus Ungl. K.28 lasst sich aquivalent so umformen: 1-52

Ungl. K.28 und Abb. K.8 zeigen, dass der Markteintritt bei hoher Wettbewerbsintensitat abgeschreckt wird, wenn zudem ein Unternehmen einen geniigend grofien bewerteten Basis-Kompatibilitats-Vorteil hat. Umgekehrt kann ein kleiner Wettbewerbsvorteil zur Monopolisierung ausreichen, falls die Wettbewerbsintensitat hinreichend groB ist. Man muss sich hierbei klarmachen, dass der Monopolist den Eintritt abzuschrecken bzw. den Austritt zu erreichen hat und somit unter dem Druck der potentiellen Konkurrenz bleibt. Es lassen sich nun wiederum unternehmenspolitische Konsequenzen Ziehen: 1. Eintrittsabschreckung bzw. Austrittserzwingung sind bei hohen Basis- und Kompatibilitdtsvorteilen und bei hoher Wettbewerbsintensitat moglich. Man erkennt an Ungl. K.28, dass Eintrittsabschreckung moglich ist, wenn entweder die von den Konsumenten bewerteten Basis- und Kompatibilitatsvorteile oder die Wettbewerbsintensitat hinreichend hoch sind. Je wichtiger die Netzeffekte sind und/oder je geringer die Produktdifferenzierung ist, desto eher kommt es zu einer MonopoUosung. Dies bedeutet, dass bereits eine kleine Asymmetric genligen kann, um einem Unternehmen eine Monopolstellung zu sichern. Dies ist von grofier unterneh-

340

K. Kompatibilitatswettbewerb

menspolitischer Bedeutung: Netzeffektgiiter-Produzeiiten werden bei der Marktbearbeitung eher „klotzen" als „kleckern" mtissen. Insbesondere sind bei Netzeffekt-Giitern Pretests nur wenig aussagefahig. Ein qualitativ ahnliches Ergebnis findet sich in WiESE (1993), dort jedoch nur auf den Basisvorteil und nicht auf den Kompatibilitatsvorteil bezogen. Die Ungl. K.29 (zur Ungl. K.28 Equivalent) ermoglicht einen genaueren Blick auf die Wirkung der installierten Basen, der Homogenitat und der Kompatibilitatsgrade auf die Eintrittsabschreckung bzw. Austrittserzwingung. Danach ist Eintrittsabschreckung bzw. Austrittserzwingung umso eher moghch, je grofier die eigene Basis und je geringer die Basis des Konkurrenten ist, je homogener die Produkte und je grofier die Netzeffektstarke und je inkompatibler das Produkt des Konkurrenten ist. Ledighch die Wirkung des Kompatibihtatsgrades von Unternehmen 1 selbst auf die Eintritts- bzw. Austrittsentscheidung des Konkurrenten ist unklar. Einerseits wtirde Inkompatibihtat die Wettbewerbsintensitat erhohen und damit die Gewinne des Konkurrenten schmalern. Andererseits reduziert Inkompatibihtat den Vorteil der instalherten Basis, was dem Konkurrenten zugute kommt. 2. Die Eintrittsharriere kann ilherwunden werden bzw. der Austritt kann verhindert werden, indem das betreffende Unternehmen hinreichend kompatibel produziert. Die unternehmenspohtische Empfehlung zur Eintrittsabschreckung bzw. Austrittserzwingung kann umgekehrt dazu verwendet werden, Regeln ftir die Uberwindung von Eintrittsbarrieren aufzustehen. Dazu ist jeweils nur die Richtung umzudrehen. Insbesondere kann ein eintretendes Unternehmen die Eintrittsbarriere durch hinreichende Kompatibihtat tiberwinden. (Mathematisch sieht man dies daran, dass ftir 52 —> 1 der Nenner auf der rechte Seite in Ungl. K.29 gegen null geht.) Zur Abschatzung der Eignung des Kompatibilitatsgrads von Unternehmen 1 ftir die Eintrittsabschreckung von Unternehmen 2 betrachten wir nun zusatzlich die reduzierte Gewinngleichung ftir den Gewinn von Unternehmen 2: -/7f (51,52) =112 ( 5 l , 5 2 , p f (51,52), 2?f (51,52)) .

Durch Differentiation nach 5i erhalten wir

K.5 Eintrittsabschreckung (Limit-Kompatibilitatsstrategie)

dnj

dn^

dsi

dsi

dn2dpf

+

dn2dpi

+

dpi dsi

341

dp2 dsi ^

V

'

?

,...._

, ,. negativ?

-^

"^

_

^

Mit dem Kompatibihtatsgrad sinkt die Wettbe werbsintensitat.

Sein Vorzeichen ist nicht eindeutig. Zum einen sinkt die Nachfrage von Unternehmen 2 aufgrund des Anstiegs des Basis- und Kompatibilitatsnachteils, hervorgerufen durch einen hoheren Kompatibihtatsgrad von Unternehmen 1. Der

342

K. Kompatibilitatswettbewerb

zweite Summand hat die negative Beeinflussung der Wettbewerbsintensitat durch den Kompatibilitatsgrad zum Inhalt. Er ist positiv fiir den Absatz von Unternehmen 2, falls dieses insgesamt Preis-Basis-Kompatibilitatsnachteile hat, falls also P2 - Pi + \e {2An' + As) > 0 gilt. Das Vorzeichen des indirekten oder strategischen Effektes ergibt sich aus Gl. K.21 (S. 329) als

dpf _

1

dsi

2

:e

e

+

Reduktion der Wettbewerbsintensitat

- ( 2 4 + 1). 6

Mit dem Kompatibilitatsgrad von U l steigen Basis- und Kompatibilitatsvorteil.

Es ist eindeutig positiv. Der erhohte Kompatibilitatsgrad bewirkt einen hoheren Preis von Unternehmen 1 sowohl aufgrund der reduzierten Wettbewerbsintensitat als auch aufgrund der gestiegenen Basis- und Kompatibilitatsvorteile von Unternehmen 1. Da der direkte Effekt nicht eindeutig ist, wahrend der strategische eine Reduzierung des Kompatibilitatsgrad nahelegt, ist die Kompatibilitat insgesamt fiir die Eintrittsabschreckung ein zweischneidiges Schwert. Ubung K.5.1. Analysieren Sie Gl. K.27d (S. 336), um die Parameterkonstellationen herauszufinden, bei denen Unternehmen 1 eine Monopolstellung erreicht. Versuchen Sie, einen moglichst einfachen und interpretierbaren Ausdruck fiir die maximale Differenz der installierten Basen, finden, sodass Unternehmen 2 einen nichtpositiven Absatz hat. Die Wagemutigen unter den Lesern werden sich auf die Suche nach einer Limit-Kompatibilitat machen.

K.6 W e t t b e w e r b bei K o m p l e m e n t e n (Microsoft) K.6.1 Die Logik der Preissetzung bei Komplementen In der Einleitung haben wir etliche Beispiele fiir Komplemente prasentiert. Wir woUen nun die Preissetzung bei komplementaren Produktbeziehungen behandeln. Zu Beginn mochten wir den Leser bitten, eine Aufgabe zu losen: Ubung K.6.1 (*). Ein Monopolist verkauft zwei Gtiter xi und X2, die beide konstante Sttickkosten von 20 verursachen. Die Nachfragefunktionen fiir die beiden Gtiter lauten wie folgt: ^i(Pi,P2) = 1 0 0 - p i ^2(^1,^2) =

-p2

IOO-P2-P1.

K.6 Wettbewerb bei Komplementen (Microsoft)

343

1. Bestimmen Sie die Preise, die den Gewinn des Monopolisten maximieren! 2. Der Monopolist wird nun in zwei Unternehmen zerschlagen, die ihrerseits in jeweils einem Teilmarkt ein Monopol besitzen und ihre Preise unabhangig voneinander setzen. Bestimmen Sie die gleichgewichtigen Preise! Wiirden wir nicht, im Gegensatz zur obigen Aufgabe, erwarten, dass bei zwei Unternehmen die Preise geringer sind als bei einem einzigen? Nein, dass soUten wir nicht erwarten, weil die beiden Produkte Komplemente sind. Die Komplementaritat sehen wir so: Wird der Preis von Gut 2 gesenkt, steigt nicht nur der Absatz von Gut 2, sondern auch der Absatz von Gut 1. Gehen wir zunachst von der Situation zweier Unternehmen (zweiter Aufgabenteil) aus. Diese wahlen im Gleichgewicht die Preise pf und p f so, dass ^; dpi erftlU ist. Nun gilt jedoch

= 0 und

^; dp2

=0

aj72(pi,pf) dpi eine Preiserhohung bei Gut 1 ftihrt also zu negativen externen Effekten beim Unternehmen 2. Wenn die Unternehmen sich zusammenschliefien (erster Aufgabenteil), suchen sie, die negativen externen Effekte der Preiserhohungen zu vermeiden. Sie werden also ganz im Gegenteil Preissenkungen durchftihren. Anders herum ausgedrtickt: Nach einem Zusammenschluss legen die Unternehmen die Preise so fest, dass die Summe i l i + 772 maximiert wird. Bei P2 wiirde zwar pf den Gewinn iJi (pi,pf) maximieren; der Grenzgewinn —^^ ^' ^ ^ ist jedoch negativ. Mit einer (hinreichend) kleinen Preisreduzierung pi kann also der Gewinn iJi konstant gehalten werden, wahrend der Gewinn 112 steigt. K.6.2 Microsoft und Wegelagerer am Rhein Im inzwischen von einem Berufungsgericht aufgehobenen Urteil im Kartellprozess gegen Microsoft verkiindete Richter Thomas P. Jackson am 7. Juni 2000 als StrafmaC die Aufspaltung des Konzerns in zwei getrennte Unternehmen. Ein Unternehmen soUte sich allein mit dem Betriebssystem Windows beschaftigen und ein zweites die Produkte Office und Internetexplorer entwickeln und vermarkten. Sicherlich sind Betriebssystem und Anwendungssoftware als Komplemente aufzufassen? Dass die gewiinschte Wirkung der Aufspaltung (niedrigere Preise) moglicherweise nicht eintreten wiirde, hat der bekannte amerikanische Okonom

344

K. Kompatibilitatswettbewerb

Abbildung K.9. Zwei Burgen als Komplemente

Paul Krugman in der New York Times vom 26. April 2000 anhand einer Parabel so begriindet: Baron Wilhelm von Gates was the lord of two castles, each commanding a strategic bottleneck along the Rhine. Prom these castles he was able to demand money from all the travelers who passed by. This made him wealthy, but also much dishked. Eventually the Holy Roman Emperor was persuaded to curb the robber baron's power; he split up the Gates domain, giving one of the castles to the baron's nephew. Abb. K.9 stellt die Situation dar, so wie Krugman sie beschrieben hat. Um den Rhein auf dieser Strecke nutzen zu konnen, miissen die Reisenden an beiden Burgen vorbeifahren. Krugman fahrt fort: But the results of this breakup were not quite what the emperor's legal department had promised. In fact, travelers complained that things had gotten even worse. Not only did they now face the nuisance > of dealing with two different robber barons, but they said they were paying more for each trip than they had before. Warum steigt die Summe der Preise nach der Aufspaltung? Nun, das haben wir beispielhaft anhand von Aufgabe K.6.1 (S. 342) gesehen und ganz allgemein im vorangehenden Abschnitt gezeigt. In Krugmans Worten: Before the breakup, von Gates had an incentive to exercise restraint in his extortion: better to keep the tolls low enough that river commerce was not impeded. But once he had been forced to give up the

K.6 Wettbewerb bei Komplementen (Microsoft)

345

Abbildung K.IO. Zwei Burgen als Substitute

downstream castle, the baron knew that any restraint on his part would simply give his nephew an opportunity to raise his own demands - and his nephew made the same calculation. So their combined tolls became too high even for their own good ... K.6.3 U n d wie sieht es bei Substituten aus? Schliefilich woUen wir zur Abrundung noch klaren, wie sich die Krugman'sche Parabel auf Substitute libertragen lasst. Da miissen die Alternativen sein, wie in Abb. K.IO angedeutet. Zwei getrennte Unternehmen wahlen die Gleichgewichtspreise so, dassPi^ undp2^ dpi

dp2

erftillen. Sind die Produkte Substitute gilt jedoch

dpi wir haben hier also positive externe Effekte von Preiserhohungen festzustellen. Durch einen Zusammenschluss wtirden die Unternehmen versuchen, diese externen EfFekte zu berticksichtigen und daher die Preise anheben (siehe auch Kap. D, S. 79).

346

K. Kompatibilitatswettbewerb

K.7 Zusammenfassung u n d unternehmenspolitische Schlussfolgerungen Da die aus dem Modell direkt resultierenden Schlussfolgerungen bereits erlautert wurden, beschranken wir uns an dieser Stelle darauf, in etwas plakativer Weise Regeln fiir die Marktschaffung, fiir den Aufbau einer marktbeherrschenden Stellung und ftir den Eintritt aufzustellen. 1. Netzeffekt-Gtiter bereiten besondere Probleme ftir die Marktschaffung (das start-up'Fiohlem). • Netzeffekt-Giiter-Produzenten soUten die sich selbst erfiillende Prophezeiung nutzen und auf die Erwartungen der Konsumenten Einfluss nehmen. Mittel hierzu konnen die Dampfware {vapor ware) oder Voranktindigungen sein. • Es lohnt sich haufig, das Risiko der ersten Konsumenten zu verringern, indem man Preisdifferenzierung betreibt und gut ausgesuchten Konsumenten das Gut besonders billig zur Verftigung stellt. Dies birgt die Chance von Kettenreaktionen zum Kauf des Gutes. • Netzeffekt-Gtiter-Produzenten soUten im Falle indirekter Netzeffekte die Produktion von Komplementargiitern fordern. Dies kann sogar die Duldung von Konkurrenz beinhalten, wenn mit den zusatzlichen Wettbewerbern das Angebot an Komplementargiitern steigt. 2. Ftir den Aufbau einer marktbeherrschenden Stellung in einem NetzeffektGtiter-Markt legen die Modellergebnisse drei Regeln nahe: • Ein Netzeffekt-Gtiter-Produzent, der den Markt beherrschen will, soUte schnell und aggressiv agieren. • Ftir die Marktbeherrschung ist weitgehende Homogenitat (Gleichartigkeit der Gtiter mit Ausnahme der Kompatibilitat) vorteilhaft. • Netzeffekt-Gtiter-Produzenten soUten nicht inkompatibel zu sich selbst produzieren. • Man soUte sehr genau prtifen, ob Inkompatibilitat zu den potentiellen Wettbewerbern den Eintritt behindern kann. 3. Ftir den Eintritt in einen Netzeffekt-Gtiter-Markt gelten andere Regeln. Ein eintretender Netzeffekt-Gtiter-Produzent soUte • Produktdifferenzierung betreiben, • kompatibel produzieren und • nach Moglichkeit einseitig kompatibel produzieren. 4. Existieren komplementare Produkte zu den eigenen Produkten bzw. werden diese von den Kunden erwartet, so kann es sinnvoU sein, diese komplementaren Produkte selbst zu produzieren, oder sich mit den Herstellern solcher komplementaren Produkte zusammenzuschliefien, um eine

K.9 Losungen

347

gemeinsame Preisstrategie zu entwerfen, die die negativen externen Effekte berticksichtigt.

K.8 Literaturhinweise Ein spannende Geschichte komplementarer Giiter bietet KiNDLEBERGER (1983). Die Abbildungen K.l bis K.3 (S. 312 f.) sind dem Survey von WiESE (1997) entnommen. Kapitel 10 des industrieokonomischen Lehrbuchs von SHY (1995) enthalt zu unseren Ausftihrungen komplementares Material. In WiESE (2002) erfolgt auf der Basis von Netzeffekten und rationaler Erwartungen eine Analyse der strategischen Handelspolitik. Zum Microsoft-Fall siehe auch G I S S E R / A L L E N (2001).

K.9 Losungen K . 2 . 1 . Wenn ein Konsument h bei n und p das Netzeffekt-Gut kauft, gilt dies a fortiori ftir alle Konsumenten mit h < h . Es gilt also, den Konsumenten zu finden, der indifferent zwischen Kauf und Nicht-Kauf ist. Dieser Konsument h* ist durch :r^^^(l-/i*)-p = 0 bzw. ^erw _ ^

x(p,x^''n = h* = gegeben. Je hoher also der Preis oder je niedriger die Anzahl der erwarteten Nutzer sind, desto geringer ist die Anzahl der Konsumenten bei gegebenen Erwartungen. Bei erftillten Erwartungen gilt X — p

x^

, X

woraus die indirekte Nachfragefunktion p{x) = x{l — x) folgt. Diese hat einen aufsteigenden Ast, von x = 0 bis x = | und einen absteigenden Ast von a: = ^ bis x = 1. Der aufsteigende Ast ist nicht stabil (WiESE 1991). Uberlegen Sie sich, was passiert, wenn die Erwartungen beim Preis p(j) = JQ leicht iiber oder leicht unter | liegen. Werden dann eher

348

K. Kompatibilitatswettbewerb

mehr oder eher weniger Konsumenten das Netzeffekt-Gut erwerben? Der absteigende Ast ist dagegen stabil. Uberlegen Sie sich dies ebenfalls! Der Netzeffekt-Monopolist legt x fest, um

p(x)x = x{l — x)x zu maximieren. Die erste Ableitung erbringt d[x{l — x) x] = 2x-2>x^ ^x{2dx die zweite Ableitung

3x),

idx{l—x)x

^ dx

=2-Qx.

Die zwei Nullstellen der ersten Ableitung sind x = Q und x = | . Bei der ersten ist die zweite Ableitung positiv, bei der zweiten ist sie negativ. Das Maximum der Gewinnfunktion liegt also bei x = | . Der Monopolist verlangt demnach den Preis | . K . 5 . 1 . Setzt man x^ < 0 und formt um, erhalt man

Offenbar muss die Differenz der installierten Basen hinreichend grofi sein, um Unternehmen 1 zum Monopolisten werden zu lassen. Nach den bisherigen Ausftihrungen ist es wenig erstaunlich, dass die Erreichung einer Monopolposition bei Homogenitat der Gtiter, hohen Netzeffektstarken und geringer Kompatibilitat am ehesten moglich ist. Umgekehrt wird das Unternehmen mit der niedrigeren installierten Basis durch hinreichend hohe Kompatibilitat den Eintritt schaffen konnen. Formt man die obige Ungleichung nach s um, ist die obige Ungleichung ftir 3^ x\- X2> - 3 und 5 < 1

(3 + x l - 4 )

oder Xo < - 3

und

5> 1+

^(-3-H-4))

erftillt. Da der zweite Fall 5 > 1 impliziert, verbleibt nur der erste. Man erhalt so die Limit-Kompatibilitat .- = 1

^' e(3 + xi - X2)'

solange s unterhalb dieses Schwellenwertes bleibt und nattirlich wie bisher t>e{l — s) gilt, kann Unternehmen 1 die Monopolposition erringen.

K.9 Losungen

349

K.6.1. 1. Pi+P2 = 70. 2. pi = 40, P2 = 40 , d.h. die Summe der Preise liegt liber der Summe der Preise aus dem ersten Aufgabenteil.

Teil IV

Zusammenfassung

L. Strategische Invest it ionen und Strategietaxonomie

L . l Einfiihrung In alien Kapiteln dieses Buches zu zweistufigen Wettbewerbsprozessen haben wir gezeigt, dass die Wahl der langfristigen Parameter (in der ersten Stufe) den Wettbewerb mit den kurzfristigen Parametern (in der zweiten Stufe) bestimmt. Deshalb soUte man bei der Festlegung seiner langfristigen Parameter nicht nur im Blick haben, wie diese auf das eigene Unternehmen wirken, sondern man soUte auch zu antizipieren versuchen, wie die Festlegung (bzw. ein Verzicht auf die Festlegung) den spateren Wettbewerb beeinflusst. Zudem hangt es vielfach von der Art des Wettbewerbs mit kurzfristigen Parametern (in der zweiten Stufe) ab, ob ein Unternehmen gewillt ist, sich auf bestimmte langfristige Entscheidungen (in der ersten Stufe) festzulegen. So hat, um ein Beispiel zu nennen, eine Kostensenkung (in der ersten Stufe) einen negativen strategischen Effekt auf den eigenen Gewinn, wenn in der zweiten Stufe ein Preiswettbewerb stattfindet, aber einen positiven strategischen Effekt, wenn die Unternehmen in der zweiten Stufe in einen Mengenwettbewerb treten (siehe im Detail unten). Die wichtigsten langfristigen Parameter in der Unternehmensstrategie betreffen Kostenstrukturen und Produkteigenschaften. Die Anderung dieser langfristigen Parameter erfolgt durch Investitionen. Diese Investitionen sind strategischer Natur: Sie beeinflussen zum einen den Wettbewerb auf spateren Stufen. Zum anderen sind sie nicht nur geeignet, den eigenen Gewinn zu verbessern, sondern auch dafiir, den Gewinn tatsachlicher oder potentieller Konkurrenten zu schmalern. Schliefilich sind die Investitionsausgaben in der Regel „sunk costs", denn sie erfolgen in den Aufbau spezifischer Ressourcen, Fahigkeiten oder Anlagen und sind deshalb (zumindest teilsweise) irreversibel. Die Irreversibilitat macht strategische Investitionen dartiberhinaus zu einem geeigneten Instrument, um strategische Selbstverpflichtungen (strategic commitments) - sich selbst oder den Wettbewerbern gegeniiber zu einem bestimmten Wettbewerbsverhalten einzugehen. Denn strategische Selbstverpflichtungen sind umso erfolgreicher, je sichtbarer, verstehbarer und

354

L. Strategische Investitionen und Strategietaxonomie

glaubwtirdiger sie sind (siehe dazu im Detail D I X I T / N A L E B U F F (1995, S. 139-163)). Getatigte und irreversible Investitionsausgaben sind leicht von leeren Drohungen zu unterscheiden und tragen erheblich zur Sichtbarkeit und Glaubwiirdigkeit von strategischen Selbstverpflichtungen bei. Wir hatten in diesem Buch nur eine exemplarische Auswahl strategischer Investitionen und ihrer Wettbewerbsfolgen analysiert, namentlich F&EAusgaben zum Zwecke der Kostensenkung (Kap. G und H), Ausgaben zum Zwecke der (Re-) Positionierung eines Produkts (Kap. I) oder zur werbemaBigen Lancierung eines Produkts (Kap. J) und Ausgaben zur Anderung bzw. Vereinheitlichung von Kompatibilitatsstandards zwischen Produkten (Kap. K). Es gibt nattirlich noch eine Vielzahl weiterer strategischer Investitionen, die man nach demselben Schema untersuchen konnte. Dazu zahlen zum Beispiel Investitionen zur Preisetzung von Arbeitskraften (Sozialplane), zur Prozessoptimierung (business re-engineering), zum Aufbau neuer Vertriebskanale, zur ErschlieBung neuer Absatzgebiete und Markte, zur Verstarkung der Kundenbindung, zur Erweiterung von Produktionskapazitaten, zur Realisierung von Lerneffekten, zur Realisierung von Verbundvorteilen durch Produktbiindelung, zur Erhohung der Absorbtionsfahigkeit von Wissensspillover oder zur Verbesserung der Imitations- und Adaptionsfahigkeit von Innovationen der Konkurrenten. Nattirlich ist in einem Lehrbuch ftir die detaillierte Analyse einer solchen Vielzahl strategischer Optionen kein Platz. Dies ist aber auch nicht notwendig. Denn inzwischen hat der Leser die „okonomische Logik" der strategischen Analyse von (mindestens) zweistufigen Wettbewerbsprozessen erfasst. Es ist deshalb an der Zeit, die Ergebnisse in geeigneter Weise zusammenzufassen und dabei zu einer Verallgemeinerung vorzustofien, die das Gemeinsame der Analyse von Investitionsstrategien herausstellt und den Leser befahigt, mit dem Instrumentarium selbst zu neuen Einsichten zu gelangen. Fiir diesen Zweck scheint uns der geeignete Weg, im Schlusskapitel die Taxonomie von Unternehmensstrategien von FUDENBERG/TIROLE (1984) vorzustellen und zu erlautern. Denn diese Taxonomie stiitzt sich zum einen auf (spiel-) theoretische Konzepte, die wir (fast) alle schon kennen; zum anderen aber nimmt sie einen „unternehmerischen Blickwinkel" ein, indem sie fragt, was getan oder unterlassen werden soUte, um entweder den eigenen Gewinn zu verbessern oder jenen des Wettbewerbers zu reduzieren. Und zum dritten haben diese Taxonomie und die mit ihr einhergehenden Begriffe (wie BuUterrier oder hungriger Wolf) in der Strategieliteratur eine weite Verbreitung gefunden nattirlich auch deshalb, weil sie sich ftir das Verstandnis und die Entwicklung von Unternehmensstrategien als hilfreich erwiesen haben.

L.2 Theoretischer Analyserahmen und Herleitung der Taxonomie

355

Um zu einer Taxonomie strategischer Investitionen zu kommen, stellen wir im nachsten Abschnitt zunachst einen theoretischen Analyserahmen und ein Reihe strategischer Grundkonzepte vor (Abschnitt L.2). Daraus leiten wir dann die Fudenberg-Tirole-Taxonomie von Unternehmensstrategien ab und verdeuthchen schhefihch die verschiedenen Strategietypen anhand von Wettbewerbsprozessen, die wir aus den vorangegangenen Abschnitten bereits kennen (Abschnitt L.3). Das Kapitel ist so angelegt, dass es auch von Lesern verstanden werden kann, die nicht das ganze Buch vorher studiert haben.

L.2 Theoretischer Analyserahmen und Herleitung der Taxonomie L.2.1 Allgemeines Modell Fast alle in diesem Buch behandelten Wettbewerbsmodelle sind zweistufige, dyopohstische Wettbewerbsmodelle, in denen auf der ersten Stufe die Unternehmen ihre langfristigen und in der zweiten Stufe ihre kurzfristigen Aktionsparameter festlegen. Nun woUen wir einen „unternehmerischen Blickwinkel" ftir die Strategiewahl im Wettbewerb einzunehmen. Dazu versetzen wir uns die Lage von Unternehmen 1 und nehmen an, nur dieses Unternehmen erwage, in der ersten Wettbewerbsstufe eine Investition zum Zwecke der Anderung eines langfristigen Aktionsparameters Ki zu tatigen (oder auch zu unterlassen); diese Investition wird ganz allgemein mit / i = dKi bezeichnet. In der zweiten Stufe wahlen beide Unternehmen (in einem simultanen Spiel) einen kurzfristigen Aktionsparameter t^, z.B. eine Menge {ti = xi) oder einen Preis {U — Pi), in Abhangigkeit von dem von Unternehmen 1 gewahlten langfristigen Aktionsparameter Ki, d.h. ti{Ki) und t2{Ki) (siehe Abb. L.l). Man kann t als Kiirzel ftir „taktische Variable" auffassen, im Gegensatz zur „strategischen Variable" / i = dKi. Im Rahmen dieses allgemeinen Wettbewerbsmodells sind • die Gewinne der beiden Unternehmen, ni{Ki,tiM)

bzw. i72(i^i,ti,^2),

• das Nash-Gleichgewicht der zweiten Stufe

und die reduzierten Gewinne im Nash-Gleichgewicht i 7 f (ifi) = i l l ( i ^ i , i f {K^), t^ (K,)) n^ (Kr) = iT2 (iTi,if (ifi), t^

(K,)).

bzw.

356

L. Strategische Investitionen und Strategietaxonomie

^1

Abbildung L.l. Investitionen und taktische Variable im sequentiellen Modell Haufig kann man das Nash-Gleichgewicht als Schnittpunkt zweier Reaktionsfunktionen ermitteln. Dann erfiillt (t^ (iCi) ,^2^^ (^i)) also

Hier steht R fur Reaktion: t f (^2) ist gewinnmaximale Wahl des taktischen Parameters von Unternehmen 1 bei vorgegebener Wahl von t^ durch Unternehmen 2. Im Rahmen dieses allgemeinen Modell lassen sich zwei Zielsetzungen strategischer Investitionen (wahrend der ersten Wettbewerbsstufe) im tatsachlichen Oder potentiellen Wettbewerb analysieren: • Entweder das Unternehmen zielt darauf ab, den eigenen Gewinn zu maximieren und lasst dabei den Markteintritt von Konkurrenten zu bzw. erzwingt nicht deren Marktaustritt (Fall der Eintrittszulassung). Der Erfolg dieser Strategie ist anhand der Wirkung der Investitionen auf den eigenen Gewinn zu beurteilen. • Oder das Unternehmen zielt darauf ab, den Markteintritt von potentiellen Konkurrenten abzuschrecken bzw. den Marktaustritt tatsachlicher Konkurrenten zu erzwingen (Fall der Eintrittsabschreckung). Der Erfolg dieser Zielsetzung ist an der Wirkung der eigenen Investitionen auf die Gewinne der Konkurrenten zu messen. Natiirlich dient auch die zweite Zielsetzung schliefilich der eigenen Gewinnmaximierung. Die Reduktion des Gewinns des Konkurrenten (im Rahmen einer Eintrittsabschreckung) ist Mittel zum Zweck, den eigenen Gewinn zu steigern. Lediglich in der Marginalbetrachtung, die wir als Okonomen immer anstellen, ist mit der Erhohung des eigenen Gewinns nicht unbedingt eine Reduzierung des Gewinns der Konkurrenten verbunden. Welche der beiden Zielsetzungen global die richtige ist, wird in diesem Kapitel nicht untersucht. Das kann von vielen Faktoren abhangen, zum Beispiel auch von der Hohe der Eintrittskosten im Mengenwettbewerb (siehe S. 152 ff.), im

L.2 Theoretischer Analyserahmen und Herleitung der Taxonomie

357

Qualitatswettbewerb (siehe S..274 ff.) oder im Kapazitatswettbewerb (siehe P F A H L E R / W I E S E (1993)). Hier beschranken wir uns darauf, die strategischen Implikationen entweder unter Festlegung auf die eigene Gewinnmaximierung (Eintrittszulassung) oder unter der Pramisse, den Gewinn des Konkurrenten zu minimieren (Eintrittsabschreckung), aufzuzeigen. L.2.2 Invest it ion bei Eintrittszulassung Entscheidet sich nun Unternehmen 1 aus (welchen Griinden auch immer) ftir eine Investitionsstrategie zur Maximierung des eigenen Gewinns und lasst dabei zu, dass potentielle Konkurrenten in den Markt eintreten bzw. tatsachliche Konkurrenten im Markt verbleiben (Eintrittszulassung), hat es zu prtifen, ob eine Erhohung oder Absenkung seines langfristigen Aktionsparameters Ki, d.h. / i = dKi > 0 oder / i = dKi < 0, diesem Ziel dienlich ist. Man kann diese Prage formal untersuchen, indem man den in reduzierter Porm vorliegenden Gewinn von Unternehmen 1 nach dem langfristigen Aktionsparameter Ki von Unternehmen 1 ableitet. Man erhalt (unter Beachtung der Kettenregel)

dKi

dt2 dKi

dKi

"^

Gesamteffekt

direkter Effekt (keine strategische Bedeutung)

^

dUi dt^ dti dKi' "^ ^ '

V

'

erster strategischer Effekt: Investition verandert das Verhalten von Unternehmen 2 in Stufe 2

(L.1)

zweiter strategischer Effekt = 0,wegen Optimierung von Unternehmen 1 in Stufe 2 (d.h. ^ = 0 )

Der Gesamteffekt der Investition auf den Gewinn des investierenden Unternehmens setzt sich aus einem direkten Effekt und zwei strategischen Effekten zusammen, wie Gleichung L.l zeigt. Der Leser dieses Buches erkennt, dass diese Gleichung nur eine allgemeine Porm der Gleichung darstellt, die wir schon oft gesehen haben,

358

• • • • •

im im im im im

L. Strategische Investitionen und Strategietaxonomie

Mengen- und Kostenwettbewerb (Kap. F, S. 132 fF.), Innovationswettbewerb mit Wissensspillovern (Kap. H, S. 217 ff.), Varianten- bzw. Standortwettbewerb (Kap. I, S. 254 ff.), Werbewettbewerb (Kap. J, S. 301 ff.) und Kompatibliatswettbewerb (Kap. K, S. 332 ff.).

Der direkte (Bruttogewinn-)Effekt erfasst den Einfluss auf den eigenen (Brutto-)Gewinn unter der ceteris-paribus Annahme, dass die Investition keine weiteren Riickwirkungen im Wettbewerb zeitigt, sie also beispielsweise nur die Sttickkosten des investierenden Unternehmens senkt, wahrend der Marktpreis und der eigene Marktanteil und der Marktanteil des Konkurrenten unverandert bleiben. Je nachdem, wie hoch die direkten Investitionskosten zum Zwecke der Kostensenkung sind, kann der direkte (Nettogewinn-)Effekt p o sitiv Oder negativ ausfallen. Der erste strategische Effekt beruht auf dem Einfluss, den die Investitionsentscheidung von Unternehmen 1 auf die „taktische" Entscheidung (z.B. Preis oder Menge) des Konkurrenten in der zweiten Stufe hat. Beim zweiten geht es um den Einfluss der Investitionsentscheidung auf die eigene „taktische" Entscheidung in der zweiten Stufe. 1st die Investition sehr klein, kann man den zweiten strategischen Effekt vernachlassigen. Denn nach dem UmhiillendenTheorem gilt dann ^ ^ = 0 an der Stelle ti =t^. Bei grofieren Investitionen gilt dies nicht mehr, sodass beide strategischen Effekte zu beachten sind. Zur Vereinfachung werden wir jedoch in Zukunft - wie im Verlaufe des gesamten Buches - nur den ersten strategischen Effekt ins Kalkiil ziehen und den Zusatz „erster " weglassen. Die strategisch relevante Prage lautet nun: SoUte das Unternehmen 1 seine Investitionen lediglich aufgrund des direkten Effekts tatigen, so wie es die betriebswirtschaftliche Investitionsrechnung in der Kegel unterstellt? Oder soUte es die Investition auf der ersten Stufe auch dazu benutzen, eine ihm genehmere Entscheidung des fremden Aktionsparametereinsatzes auf der zweiten Stufe (Mengen- oder Preisentscheidung ^2) zu erreichen? Man vergleiche zu dieser Prage die in Abb. L.l (S. 356) und Abb. L.2 angedeuteten Wettbewerbsstrukturen (Spiele). Die zweite ist ein einstuflges Modell, in dem sowohl Ki als auch die ti und ^2 simultan festgelegt werden. In diesem einstufigen Spiel fuhrt eine Erhohung von Ki lediglich zum direkten Effekt | ^ . Die erste ist das von uns betrachtete zweistufige Modell: Unternehmen 1 wahlt den langfristigen Parameter Ki und beide Unternehmen wahlen anschlieBend in Kenntnis von Ki den Einsatz ihres kurzfristigen Parameters ti bzw. ^2- Nun hat eine Erhohung von Ki die in Gl. L.l angedeuteten Effekte auf den Gewinn von Unternehmen 1. Der strategische Effekt, der nur im zweistufigen Spiel zum Tragen kommt, kann eine Erhohung von

L.2 Theoretischer Analyserahmen und Herleitung der Taxonomie

359

f>\ \y Abbildung L.2. Investitionen und taktische Variable im simultanen Modell

Ki zusatzlich lohnend machen, und zwar dann, wenn er positiv ist. Er kann die Investition sogar auch dann noch lohnend machen, wenn der direkte Effekt negativ ist, aber von dem positiven strategischen Effekt liberkompensiert wird. Ist der strategische Effekt dagegen negativ, wird Unternehmen 1 gegenliber dem simultanen Spiel, in dem nur der direkte Effekt zum Tragen kommt, eher weniger investieren wollen, um eine GewinneinbuBe zu vermeiden bzw. zu reduzieren. Man kann diese strategische Prage auch so formulieren: SoUte das Unternehmen 1 bei Verfolgung der eigenen Gewinnmaximierung (Eintrittszulassung) liber- oder unterinvestieren? Uberinvestition ist gefordert, falls Unternehmen 1 den langfristigen Parameter Ki hoher wahlen sollte, als es dies lediglich unter Berticksichtigung des direkten Effekts tun mtisste. Dies ist der Fall, wenn der strategische Effekt positiv ist. Unterinvestition ist dagegen gefordert, wenn Unternehmen 1 seinen langfristigen Parameter - gegentiber der nur dem direkten Effekt geschuldeten Politik - reduzieren sollte. Das ist bei negativem strategischen Effekt der Fall. Man kann diese tjberlegung wie in Tabelle L.3 zusammenfassen. L.2.3 Investition zur Eintrittsabschreckung Entscheidet sich Unternehmen 1 jedoch ftir eine Investitionsstrategie zur Eintrittsabschreckung, hat es zu priifen, ob eine Erhohung oder aber eine Reduzierung seines langfristigen Parameters Ki, d.h. / i = dKi > 0 oder / i = dKi < 0, den Gewinn des potentiellen oder tatsachlichen Konkurrenten (auf null) reduziert. Zur Untersuchung dieser Frage muss man den in reduzierter Form vorliegenden Gewinn des Konkurrenten (Unternehmen 2) nach dem langfristigen Aktionsparameter Ki von Unternehmen 1 ableiten. Man erhalt (unter Beachtung der Kettenregel) die folgende Gleichung:

L. Strategische Investitionen und Strategietaxonomie

360

'

Investition zur Maximierung des eigenen Gewinns (Eintrittszulassung)

Der strategische Effekt ist positiv

Der strategische Effekt ist negativ

Uberinvestition

Unterinvestition

Abbildung L.3. Uber- oder Unterinvestition bei Eintrittszulassung

dn^

dn2

dKi

dKi

"^

dti "^

Gesamteffekt

direkter Effekt

+

dKi V

'

erster strategischer Effekt: Investition verandert das Verhalten von Unternehmen 1 in Periode 2

dn2 dt^ dt2 dKi '

(L.2)

zweiter strategischer Effekt = OjWegen Optimierung von Unternehmen 2 in Periode 2 (d.h.^=0) Der Gesamteffekt der eigenen Investition auf den Gewinn des Konkurrenten setzt sich wieder aus einem direkten Effekt, hier freilich dem direkten Effekt der Investition von Unternehmen 1 auf den Gewinn von Unternehmen 2, und aus zwei strategischen Effekten zusammen. Wir kennen konkrete Anwendungen dieser Gleichung aus der Analyse des potentiellen Wettbewerbs (Markteintritt und Eintrittsabschreckung) • • • •

im im im im

Mengen- und Kostenwettbewerb (Kap. F, S. 133 ff.), Innovationswettbewerb mit Wissensspillovern (Kap. H, S. 218 ff.), Varianten- bzw. Standortwettbewerb (Kap. I, S. 257 ff.) und Werbewettbewerb (Kap. J, S. 304 ff.).

L.2 Theoretischer Analyserahmen und Herleitung der Taxonomie

361

Einen direkten Effekt eigener Investitionsstrategien auf den Gewinn des Konkurrenten kann, aber muss es nicht geben (siehe Beispiele unten). Falls es keinen direkten Effekt gibt, hangt die beabsichtigte Eintrittsabschreckung allein von strategischen Effekten ab, wobei wir auch hier zur Vereinfachung nur den ersten Effekt ins Kalkiil ziehen und den Zusatz „erster" weglassen. Der Gesamteffekt kann positiv oder negativ sein. 1st er negativ {(1112 /dKi < 0), schadet also die Investition von Unternehmen 1 dem Konkurrenzunternehmen 2, dann nennt man die Investition von Unternehmen 1 ftir Unternehmen 2 eintrittserschwerend; ist er positiv {(1112 /dKi > 0)? niitzt also die Investition von Unternehmen 1 dem Konkurrenzunternehmen 2, dann wird die Investition eintrittserleichternd genannt. Aus strategischer Sicht lasst sich die relevante Prage so formulieren: SoUte Unternehmen 1 zum Zwecke der Eintrittsabschreckung (bzw. Erzwingung des Marktaustritts des Konkurrenten) (iber- oder unterinvestieren? Uberinvestition ware zum Zwecke der Eintrittsabschreckung gefordert, wenn die Investition eintrittserschwerend ist (siehe Abb. L.4). Bei eintrittserleichternden Investitionen ist es dagegen die Unterinvestition, die der Eintrittsabschreckung dient. Bisweilen wird in der Literatur, anders als hier, von Uberinvestition dann gesprochen, wenn der strategische Effekt ^ ^ -^^^ negativ ist (siehe auch TiROLE (1988, S. 323 ff.)). Wir betrachten dagegen die Summe von direktem Effekt und strategischem Effekt.

Investition zur Reduktion des Gewinns des Konkurrenten (Eintrittsabschreckung)

Investition erschwert den Eintritt {dn^ /dKi < 0) (harte Selbstverpflichtung)

Investition erleichtert den Eintritt (dni^/dKi > 0) (weiche Selbstverpflichtung)

Uberinvestition

Unterinvestition

Abbildung L.4. Uber- oder Unterinvestition bei Eintrittsabschreckung Im Zusammenhang mit Uberlegungen zur strategischen Selbstverpfiichtung findet man fiir das Begriffpaar „eintrittserschwerend" und „eintritts-

362

L. Strategische Investitionen und Strategietaxonomie

erleichternd" in der Strategieliteratur auch das Begriffspaar „harte Selbstverpflichtung" {tough commitment) und „weiche Selbstverpflichtung" {soft commitment). Dahinter steckt der Gedanke, dass die von einem Unternehmen gewahlte Investitionsstrategie oder eine andere Mafinahme (wie etwa eine Meistbegiinstigungsklausel) nur dann den eintrittserschwerenden Effekt auf den Konkurrenten hat, wenn sie fiir diesen Konkurrenten sichtbar, verstehbar und glaubwtirdig ist, mithin als strategische Selbstverpflichtung von Unternehmen 1 wahrgenommen wird - und nicht als leere Drohung, auf die zu reagieren es keinen Anlass gibt. Am sichtbarsten, verstandlichsten und glaubwtirdigsten sind Investitionen natiirlich dann, wenn erkennbar Ausgaben geflossen und diese irreversible {sunk costs) sind - wie etwa die Ausgaben ftir Werbekampagnen, die Aufrtistung von speziellen F&E-Laboren, der Kauf spezifischer Produktionsanlagen oder Softwaresysteme oder die Durchftihrung spezieller Personalentwicklungsprogramme. L.2.4 Strategische Substitute und strategische Komplemente Ob nun Unternehmen 1 zum Zwecke eigener Gewinnmaximierung (Eintrittszulassung) oder der Eintrittsabschreckung in seinen langfristigen Aktionsparameter Ki liber- oder unterinvestieren soil, hangt davon ab, ob der jeweilige strategische Effekt positiv oder negativ sein wird. Dies wiederum wird in zentraler Weise davon bestimmt, wie gleich zu zeigen sein wird, ob die Aktionsparameter in der zweiten Stufe des Wettbewerbs strategische Substitute oder strategische Komplemente sind. Man sagt (Definition nach BuL O W / G E A N A K O P L O S / K L E M P E R E R (1985)), die Aktionsparameter (der zweiten Wettbewerbsstufe) seien dt^ strategische Substitute, falls —^ < 0, at I

(L-3)

dt"^ strategische Komplemente, falls —^ > 0 dti

(L.4)

und

gegeben ist. Diese Namensgebung lasst sich aus der Haushaltstheorie motivieren. Giiter werden dort Substitute (bzw. Komplemente) genannt, wenn die Nachfrageerhohung des einen Gutes aufgrund einer Preissenkung zu einer Nachfragesenkung (bzw. Nachfrageerhohung) des anderen fiihrt. Ein Beispiel ftir Substitute sind Butter und Margarine, ein Beispiel fiir Komplemente DVD-Player und DVDs. In friiheren Kapiteln haben wir gezeigt, dass die Steigung der Reaktionskurven bei Mengenwettbewerb (siehe Kap. F) in der Regel negativ und

L.2 Theoretischer Analyserahmen und Herleitung der Taxonomie

363

bei (heterogenem) Preiswettbewerb (siehe Kap. I) positiv ist. Also sind Absatzmengen fast immer strategische Substitute, wahrend Preise in der Regel strategische Komplemente darstellen. L.2.5 Herleitung der Taxonomie von Fudenberg/Tirole Aus der Verbindung der Prage, ob eine Investition eintrittserschwerend oder eintrittserleichternd wirkt bzw. ob sie eine harte oder eine weiche Selbstverpflichtung darstellt, mit der Prage, ob liber- oder unterinvestiert wird, lasst sich nun die Strategietaxonomie von P U D E N B E R G / T I R O L E (1984) ableiten. Diese Taxonomie identifiziert vier grundlegende Investitionsstrategien. Wir haben uns um eine deutsche tJbertragung bemiiht und verwenden die BegrifFe BuUterrier (ftir top dog), satte Katze (fiir fat cat), Schofihund (ftir puppy dog) und hungriger Wolf (ftir lean and hungry). Abb. L.5 gibt die vier Strategien wieder.

Investition ist eintrittserschwerend

eintrittserleichternd

(^o)

harte Selbstverpflichtung

weiche Selbstverpflichtung

Uberinvestition

BuUterrier

Satte Katze

Unterinvestition

SchoBhund

Hungriger Wolf

Abbildung L.5. Die vier Strategietypen Erschwert die Investition dKi den Markteintritt des Konkurrenten dKi (^ < 0), soUte man zum Zwecke der Eintrittsabschreckung liberinvestieren, also durch vermehrte Investition die Gewinnaussichten des Konkurrenten zu schmalern suchen. Man spricht hier von der BuUterrier-Strategie. Wenn die Investition jedoch den Eintritt erleichtert ( | ^ > 0), ist es die Unterinvestition, die den Eintritt abschreckt. Man spricht hier von der Strategie des hungrigen Wolfes. Indem sich der Etablierte in einer Investition beschrankt bzw. diese unterlasst, die dem Eintritt des Konkurrenten bzw. dessen Verbleiben im Markt forderlich ware, erreicht er sein Ziel.

364

L. Strategische Investitionen und Strategietaxonomie

Die beiden genannten eintrittsabschreckenden Strategien konnen allerdings, wie oben ausgeftihrt, im Konflikt mit den eigenen Gewinnaussichten des investierenden Unternehmens stehen. Stellt das Unternehmen nun statt der Eintrittsabschreckung die Maximierung seines eigenen Gewinns in den Vordergrund, kommt statt der Strategie des hungrigen Wolfes freilich auch eine Uberinvestition in Betracht. Hierbei nimmt das Unternehmen in Kauf, zu einer satten Katze zu werden, die auf (potentielle) Wettbewerber nur zurtickhaltend reagieren kann. Analog mag das etablierte Unternehmen von einer eintrittsabschreckenden Investition Abstand nehmen (unterinvestieren), falls diese den eigenen Gewinn mindert. Nach dieser Strategie verhalt sich das Unternehmen also wie ein braver SchoBhund statt als BuUterrier. Im Folgenden wollen wir nun alle vier Strategietypen nach Fudenberg und Tirole anhand von Beispielen erlautern, die (mit einer Ausnahme) in den vorangegangenen Kapiteln dieses Buches ausfiihrlich erlautert worden sind, sodass die folgenden Ausftihrungen auch als Zusammenfassung unter neuem Blickwinkel gesehen werden konnen.

L.3 U n t e r n e h m e n s s t r a t e g i e n mit Beispielen L.3.1 Bullterrier-Strategie Ein Beispiel einer Bullterrier-Strategie ist die Kostenfiihrerschaft im Mengenwettbewerb (Kap. F, S. 132 ff.). Konkret kann man sich vorstellen, dass die Kostenfiihrerschaft durch eine Investition dKi in Periode 1 bewirkt wird, die die Grenzkosten der laufenden Produktion (in Periode 2) fiir Unternehmen 1 um dci senkt, wahrend die Konkurrenz unter alten, schlechteren Kostenbedingungen produziert. Man denke dabei an den Einsatz einer neuen oder zusatzlichen Maschine, die unter Hinnahme hoher Fixkosten zu niedrigeren Grenzkosten ftihrt. Diese Investition in eine Kostensenkung ermoglicht es, gleichzeitig den eigenen Gewinn zu erhohen und den Markteintritt eines Konkurrenten abzuschrecken bzw. seinen Marktaustritt zu erzwingen. Betrachten wir zunachst den Fall der eigenen Gewinnmaximierung (Eintrittszulassung). Fiir diesen Fall gilt:

dllf_

_

dUi

+

^ - - ^

—dci

—dci

Gesamteffekt

> 0 direkter Effekt

>Q

(ohne Kosten der Kostensenkung)

strategischer Effekt der Kostsenkung

>0.

(L.5)

L.3 Unternehmensstrategien mit Beispielen

365

Offensichtlich ist hier eine BuUterrier-Strategie (Uberinvestition) im Sinne einer Kostenftihrerschaft richtig. Denn der strategische Effekt der Kostensenkung erhoht den Gewinn des investierenden Unternehmens. Er ist deshalb positiv, well sich mit der aggressiven Politik der Kostensenkung die Absatzmenge des Konkurrenten verringert ( 3 ^ < 0) und diese Mengenreduktion zu einer Preiserhohung und damit zu einer Erhohung des Gewinns von Unternehmen 1 ( § ^ < 0) ftihrt. (Der Leser darf sich nicht dadurch irritieren lassen, dass der Preis insgesamt sinkt; hier geht es nur um den Preisanstieg, den Unternehmen 2 bewirkt). Das Unternehmen wird also Uberinvestition betreiben, d.h. mehr investieren als es allein unter Berticksichtigung des direkten Effekts investieren wiirde. Nun betrachten wir den Fall der Eintrittsabschreckung bzw. einer harten Selbstverpflichtung (Gewinnreduktion beim Konkurrenten). Ftir diesen Fall gilt analog:

'Jf —dci Gesamteffekt

=

^

—oci =0 kein direkter Effekt

+ fl.if ox I 0), was tiber den Preisverfall den Gewinn von Unternehmen 2 ( ^ ^ < 0) reduziert. Abb. L.6 zeigt die hier geschilderten Wirkungszusammenhange. Mit der Kostensenkung von Unternehmen 1 verschiebt sich dessen Mengenreaktionskurve nach rechts. Das Cournot-Nash-Gleichgewicht wandert von Ci in Richtung Stidost nach C2- Das impliziert eine hohere Menge fiir den Kostenfiihrer (wie in Gl. L.6) und eine geringere Menge fiir den Kostenfolger (wie in Gl. L.5, S. 364). Natiirlich konnte Unternehmen 2 nun erwagen, sich einem Kostenwettbewerb zu stellen und gleichfalls versuchen, seine Kosten zu senken, um seinen verlorenen Marktanteil wieder zu gewinnen und seine Gewinnposition wieder zu verbessern. Vermeidet er den Kampf und akzeptiert damit die FtihrungsroUe von Unternehmen 1, dann nimmt er in der Terminologie von BESANKO u.a. (2004), die die Taxonomie von Fudenberg und Tirole erganzt haben, die RoUe eines „geprugelten Hundes" {submissive underdog) ein.

366

L. Strategische Investitionen und Strategietaxonomie i i

X2

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Cj sinkt

4

"\\c,\ I

IV^AQ . • •

X,

Abbildung L.6. Kostenreduktion bei Unternehmen 1

L.3.2 Strategie des hungrigen Wolfs Hungriger Wolf - der eindeutige Fall. Investitionen miissen nicht unbedingt in Kostensenkungen resultieren. Als Beispiel einer Investition in einen Kostennachteil kann man sich folgenden Fall vorstellen (siehe BESANKO u.a. (2004, S. 242)): Fiir Unternehmen 1 ergibt sich die Moglichkeit, sein Produkt zusatzlich in einem zweiten, geographisch getrennten Markt als Monopolist anzubieten. AUerdings erhoht die Produktion der fiir diesen Zweitmarkt zusatzlich benotigten Menge - aufgrund von einsetzenden Betriebsgrofiennachteilen - die Grenz- bzw. Stiickkosten, sodass sich auch die Herstellung der im Cournot-Wettbewerb angebotenen Menge im Hauptmarkt verteuert. Damit verliert Unternehmen 1 aufgrund eines negativen strategischen Effekts Marktanteile im Dyopolmarkt an seinen Konkurrenten und verschlechtert dadurch seine Gewinnposition, wahrend sich die des Konkurrenten verbessert. Falls der Gewinn im monopolistischen Zweitmarkt die Gewinneinbufie im dyopolistischen Hauptmarkt nicht liberkompensiert, soUte Unternehmen 1 nicht in den Zweitmarkt eintreten. Formal lassen sich die Auswirkungen dieser Kostenerhohung auf den eigenen Gewinn im Dyopolmarkt durch

L.3 Unternehmensstrategien mit Beispielen

+

^r^ '—T-

-\-dci

-\-dci

Gesamteffekt

< 0, direkter Effekt