Umweltschutz durch Internationale Organisationen: Die Antwort des Völkerrechts auf die Krise der Umwelt? [1 ed.] 9783428461516, 9783428061518


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German Pages 480 Year 1987

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Umweltschutz durch Internationale Organisationen: Die Antwort des Völkerrechts auf die Krise der Umwelt? [1 ed.]
 9783428461516, 9783428061518

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Tübinger Schriften zum internationalen und europäischen Recht Band 13

Umweltschutz durch Internationale Organisationen Die Antwort des Völkerrechts auf die Krise der Umwelt?

Von

Michael Kilian

Duncker & Humblot · Berlin

MICHAEL

KILIAN

Umweltschutz durch Internationale Organisationen

Tübinger Schriften zum internationalen und europäischen Recht Herausgegeben von Thomas

Oppermann

i n Gemeinschaft m i l K l a u s J. H o p t , H a n s f .

Mangoldt

Wernhard Möechel, Wolfgang Graf sämtlich in Tübingen

Band 13

Vitzthum

Umweltschutz durch Internationale Organisationen Die Antwort des Völkerrechts auf die Krise der Umwelt?

Von Dr. Michael Kilian

DUNCKER

&

HUMBLOT

/

BERLIN

CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek Kilian, Michael: Umweltschutz durch Internationale Organisationen: d. Antwort d. Völkerrechts auf d. Krise d. Umwelt? / von Michael Kilian. — Berlin: Duncker und Humblot, 1987. (Tübinger Schriften zum internationalen und europäischen Recht; Bd. 13) I S B N 3-428-06151-9 NE: GT

D 21 Alle Rechte vorbehalten © 1987 Duncker & Humblot GmbH, Berlin 41 Gedruckt 1987 bei Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin 61 Printed in Germany ISBN 3-428-06151-9

Wenn du von deiner Schwelle Mit deinen Augen helle, Wie letzte Lebenswelle Zum Strom der Nacht mich treibst, Da weiß ich, daß sie Schmerzen Gebären meinem Herzen Und löschen alle Kerzen, Daß du mir leuchtend bleibst. Clemens Brentano

Vorwort Seit der Umweltkonferenz der Vereinten Nationen 1972 in Stockholm gehört die Bewahrung der Umwelt zu den großen Aufgaben der internationalen Politik. Als bedeutsame Gestalter dieser Politik gelten neben den Staaten zunehmend auch die Internationalen Organisationen. Sie haben sich der Umweltaufgaben in vielerlei Formen angenommen und üben einen wachsenden Einfluß auf die Gestaltung der zwei- und mehrseitigen Umweltbeziehungen unter den Staaten wie auf die Entwicklung eines nationalen und internationalen Umweltrechts aus. Die Völkerrechtswissenschaft sieht sich damit in die Pflicht genommen, die Arbeit der Internationalen Organisationen auf den Gebieten des internationalen Umweltschutzes und ihre Einflußmöglichkeiten auf die Bildung des noch jungen Umweltvölkerrechts zu beobachten und einzuschätzen. Eine erste Bestandsaufnahme zu leisten und diejenigen Entwicklungslinien aufzuzeigen, denen die Internationalen Organisationen im Umweltschutz zu folgen haben, soll Gegenstand dieser Untersuchung sein, die der Juristischen Fakultät der Universität Tübingen im März 1986 als Dissertation vorgelegen hat. Mein verehrter Lehrer, Herr Professor Dr. Dr. h. c. Thomas Oppermann, hat das gesamte Vorhaben betreut und mich in vielfaltiger Weise unterstützt. Ihm habe ich vor allem herzlich zu danken. Für wesentliche Anregungen danke ich Herrn Professor Dr. Wolfgang Graf Vitzthum, der mir ebenfalls wertvollen Rat und Hilfe gewährte. Ohne die Mithilfe zahlreicher weiterer Personen und Institutionen wäre die Bewältigung eines so umfassenden Themas nicht möglich gewesen. Besonders genannt seien hier Direktor und Professor Dr. Peter-Christoph Storm vom Umweltbundesamt Berlin und seine Mitarbeiter sowie Dr. Wolfgang E. Burhenne und die Mitarbeiter der Deutschen Stiftung für Umweltpolitik in Bonn. Freundschaftlichen Beistand fand ich schließlich bei meinen Kollegen Claus Eiselstein L L M . , Stuttgart, und Siegfried Wießner L L M . , Professor an der St. Thomas University School of Law, Miami, U.S.A. Den wissenschaftlichen Ertrag der Arbeit widme ich dem Nestor des polnischen Umweltrechts, Professor Dr. Léon Lustacz von der Universität Warschau. Das Auswärtige Amt hat die Drucklegung dieser Arbeit wesentlich gefördert. Ihm gilt an dieser Stelle mein besonderer Dank. Tübingen, im Mai 1986 M.K.

Inhaltsübersicht TEIL A

Grundlagen: Internationale Umweltorganisationen und Völkerrecht

19

1. Kapitel Völkerrechtliche Entwicklungslinien und Fragestellung der Arbeit

19

I. Die Umweltgefahrdung als Herausforderung des internationalen Systems . . .

19

II. Die Umweltgefahrdung vor dem Hintergrund allgemeiner Entwicklungen im Völkerrecht

21

1. Gefahrdungen der Umweltzusammenarbeit a) Aufspaltung des einheitlichen Weltbilds im Völkerrecht b) Krise der Internationalen Organisationen als Einrichtungen des Völkerrechts

21 21 23

2. Erleichterungen der Umweltzusammenarbeit a) Wandel des Völkerrechts von einem „Recht der Koordination" hin zu einem „Recht der Kooperation" b) „Only One Earth"-Gedanke und Idee des „Common Heritage of Mankind"

24

26

III. Die Internationalen Organisationen im Schnittpunkt der neueren völkerrechtlichen Tendenzen

27

IV. Zweck und Aufbau der Untersuchung

28

24

2. Kapitel Umweltthematik und Internationale Organisationen I. Die geistig-materielle Dimension der Umweltproblematik 1. Geistige Grundlagen: Von der Natur zur Umwelt

29 29 29

2. Der materielle Rahmen des Umweltthemas

31

3. Das Umweltthema als begriffliches Problem

32

4. Zusammenfassung

34

II. Die gesellschaftlich-politische Dimension der Umweltproblematik

35

1. Soziale Dimension

35

2. Umweltpolitik

37

Inhaltsübersicht

10

3. „Internationale" Umweltpolitik

41

4. Zusammenfassung

45

III. Die rechtliche Dimension der Umweltproblematik

46

1. Umriß des Internationalen Umweltrechts

46

2. Grundprobleme des Internationalen Umweltrechts

53

3. Internationale Organisationen und Normsetzung im Internationalen Umweltrecht

55

4. Zusammenfassung

56

IV. Die institutionelle Dimension der Umweltproblematik

56

3. Kapitel „Internationale U mWeltorganisationen" I. Internationale UmWeltorganisationen als Untersuchungsgegenstand und Begriff

61

61

1. Studienobjekt „Internationale Umweltorganisationen"

61

2. Begriff der „Internationalen Umweltorganisation"

62

II. Die Rezeption des Umweltthemas durch Internationale Organisationen

64

1. Phasen der Rezeption

64

2. Motive und Gründe der Rezeption des Umweltthemas durch Internationale Organisationen

69

III. Die Stellung der Internationalen Umweltorganisationen im internationalen System

71

1. Aufgaben Internationaler Umweltorganisationen

71

2. Rechtliche Kompetenzen Internationaler Umweltorganisationen zur Wahrnehmung von Umweltaufgaben

73

3. Gefährdungen der Arbeit Internationaler Umweltorganisationen

74

IV. Zusammenfassung

76

TEIL Β

Internationale Umweltorganisationen

78

Vorbemerkung

78

4. Kapitel Einzeldarstellungen außerhalb des UN-Systems — Asian-African Legal Consultative Committee (AALCC) — Arabische Liga — Association of South East Asian Nations (ASEAN)

81 81 82 84

Inhaltsübersicht — — — — — — — — —

Benelux-Union Council for Mutual Economic Assistance (COMECON) Europäische Gemeinschaft Europarat North Atlantic Treaty Organization (NATO) Nordischer Rat Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) Organisation der Afrikanischen Einheit (OAU) Organization for Economic Cooperation and Development (OECD)

85 87 92 97 101 105 108 111 114

5. Kapitel Die einzelnen Internationalen Umweltorganisationen innerhalb des Systems der Vereinten Nationen I. Zentralorganisation der Vereinten Nationen

122 122

II. Die wichtigsten un- bzw. teilselbständigen Einheiten innerhalb der U N Zentralorganisation im Umweltbereich 130 — — — — — — — — —

International Law Commission (ILC) Office of the United Nations Disaster Relief Co-Ordinator (UNDRO) . . United Nations Conference of the Law of the Sea (UNCLOS) United Nations Fund for Population Activities (UNFPA) United Nations-Habitat and Human Settlements Foundation United Nations Children's Fund (UNICEF) United Nations Industrial Development Organization (UNIDO) United Nations Institute for Training and Research (UNITAR) United Nations Scientific Committee on the Effects of Atomic Radiation (UNSCEAR) — World Food Council (WFC) und World Food Programme (WFP) III. Sonderorganisationen der Vereinten Nationen — — — — — — — —

130 130 131 131 131 133 133 135 135 136 136

Food and Agriculture Organization (FAO) General Agreement on Tariffs and Trade (GATT) International Atomic Energy Agency (IAEA) International Civil Aviation Organization (ICAO) International Labour Organization (ILO) International Maritime Organization (IMO) International Sea-Bed Authority United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization (UNESCO) World Bank Group (IBRD, I D A , IFC) International Development Agency (IDA) und die International Finance Corporation (IFC) World Health Organization (WHO) World Meteorological Organization (WMO)

192 197 202

IV. Der Wirtschafts- und Sozialrat und seine verselbständigten Einrichtungen ..

205

— — — —

— Economic and Social Council (ECOSOC) — Economic Commission for Africa (ECA)

136 143 145 150 151 156 182 183 191

205 209

12

Inhaltsübersicht — — — — — — —

Economic Commission for Europe (ECE) Economic Commission for Latin-America (ECLA) Economic Commission for Western Asia (ECWA) Economic and Social Commission for Asia and the Pacific (ESCAP) . . . United Nations Conference on Trade and Development (UNCTAD) United Nations Development Programme (UNDP) United Nations Environment Programme (UNEP)

212 215 216 216 218 222 225

6. Kapitel Sonstige Umweltorganisationen I. Sonderorganisationen der Vereinten Nationen — — — —

International Monetary Fund (IMF) International Telecommunication Union (ITU) World Intellectual Property Organization (WIPO) World Tourism Organization (WTO)

II. Regionale Wirtschaftsorganisationen und sonstige regionale Zusammenschlüsse — — — —

In In In In

Europa Afrika Lateinamerika und in der Karibik Asien und im Südpazifik

226 226 226 227 228 229

229 229 229 230 230

III. Internationale Umwelt-Fachkommissionen

230

IV. Non-Governmental-Organizations (NGO's)

231

TEIL C

Schwerpunkte der Internationalen Umweltorganisation

234

7. Kapitel Das Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP)

234

I. Die UN-Umweltkonferenz 1972 als Anstoß zur Gründung des Umweltprogramms UNEP 234 1. Die Ausgangslage

234

2. Die Vor-Konferenz 1971 in Founex

237

3. Die umweltpolitischen Strömungen der Stockholmer Konferenz a) Die Vorstellungen der westlichen Industrieländer b) Die Vorstellungen der Entwicklungsländer

239 239 241

4. Die organisatorischen Überlegungen und Alternativen für das Umweltprogramm der Vereinten Nationen 242 a) Der dezentralistische Ansatz des „laissez-faire" 242 b) Der Gegensatz einer starken Umweltbehörde 243

Inhaltsübersicht c) Vorschläge für eine neue intergouvernementale Organisation innerhalb des UN-Systems 244 d) Die endgültige organisatorische Form der neuen Umwelt-Organisation 245 5. Die Ergebnisse der Umweltkonferenz von Stockholm a) Der Grundkonsens b) Das Umweltprogramm c) Zum Inhalt der wichtigsten Abschnitte des Empfehlungskatalogs d) Die institutionellen Vorgaben der Konferenz

247 247 248 250 251

6. Zusammenfassung und Weichenstellungen der Konferenz von Stockholm

253

II. Die Organisation von UNEP

254

1. Grundsätzliches

254

2. Organisation und Entscheidungsfindung von UNEP a) Der Governing Council b) Das UNEP-Sekretariat c) Der UNEP-Umweltfonds d) Verwaltungsapparat, Hilfsorgane und Entscheidungsprozeß

259 259 262 263 268

III. Die Umweltarbeit von UNEP

271

1. Der grundsätzliche Rahmen aller U N EP-Aktivitäten

271

2. Die Umweltaktivitäten von UNEP im einzelnen 277 a) Vorbemerkung 277 b) Die Aktivitäten von UNEP auf dem Gebiet der „Katalyse" und der Koordination 277 c) Die Überwachung der Umwelt 279 d) Die praktischen Umweltmaßnahmen 280 e) Die sonstigen Hilfsmaßnahmen (supporting measures) 284 3. Umwelt-Entwicklungshilfe und Umweltrecht als Schwerpunkte der UNEPAktivitäten 285 a) Die praktische Arbeit im Bereich Umwelt und Entwicklung 285 b) Das Umweltrechtsprogramm von UNEP 288 4. Schlußfolgerung

291 8. Kapitel

Die Meeresbergbaubehörde der Vereinten Nationen

294

I. Die Struktur des Meeresumweltschutzes in der UN-Seerechtskonvention und der Tiefseebergbau 294 II. Die Meeresbodenbehörde als Umweltorganisation 1. Das Meeresbergbauregime

296 296

2. Die Organisation der Meeresbodenbehörde

297

3. Die Umweltzuständigkeiten der einzelnen Organe

299

III. Schlußfolgerungen

303

14

Inhaltsübersicht 9. Kapitel Die Internationalen Umweltorganisationen und die Seerechtskonvention

308

I. Zum allgemeinen umweltpolitischen Hintergrund des Meeresbergbauteils der Konvention 308 II. Die Position der Internationalen Umweltorganisationen in der Seerechtskonvention 310 1. Zum grundsätzlichen Status der Umweltorganisationen in der Seerechtskonvention 310 2. Die I M O und die Seerechtskonvention

313

3. UNEP und die Seerechtskonvention a) Der Umweltteil der Seerechtskonvention im Urteil von UNEP b) Die Meeresbodenbehörde im Urteil von UNEP

317 317 321

III. Schlußfolgerungen

323 TEILD

Die Internationalen Umweltorganisationen im Geflecht der Internationalen Staatenbeziehungen

328

10. Kapitel Das System der Internationalen Umweltorganisationen I. Die Umweltorganisationen im engeren Sinn II. Einteilung der Organisationen nach allgemeinen Kriterien

328 328 331

1. Einordnung nach Ursprungsaufgaben und regionaler Arbeitsverteilung ..

331

2. Einordnung nach den Kriterien der Völkerrechtsdogmatik

332

III. Ordnungskriterien nach materieller und formeller Aufgabenerfüllung

334

1. Die umweltrechtliche Literatur

334

2. Die materiellen Ordnungskriterien a) Die Betreuung eines ganzen Umweltmediums als Aufgabe b) Die Abwehr spezifischer Umweltgefahrdungen als Aufgabe c) Der Schutz bestimmter Umweltgüter als Aufgabe

335 335 336 338

3. Die Einordnung der Umweltorganisationen nach formalen Arbeitskriterien 339 a) Beispiele praktisch-technischer Handlungsformen 340 b) Beispiele politischer Handlungsformen 341 c) Beispiele rechtlicher Handlungsformen 341 4. Umweltorganisationsrecht a) Umweltkompetenzen b) Entscheidungsvorgänge c) Neue Formen der internationalen Zusammenarbeit im Umweltschutz. d) Koordinationsprobleme IV. Schlußfolgerungen

346 346 346 347 349 350

Inhaltsübersicht 11. Kapitel Das UN-Umweltprogramm im System der Internationalen Umweltorganisationen I. Zwischenbilanz: Der materielle Status von UNEP

355 355

1. Die Ausgangslage

355

2. Die Kritik am Umweltprogramm a) Die Grundsatzkritik b) Die Einschätzung der praktischen Arbeit von UNEP c) Die Kritik an der Arbeitsweise und Arbeitsorganisation d) Die Beurteilung der einzelnen UNEP-Organe

360 361 362 366 367

3. Die Arbeitserfolge des Umweltprogramms

374

II. Der organisatorische Standort von UNEP

379

1. Der Standort im System der Vereinten Nationen

379

2. Das Verhältnis gegenüber den Mitgliedstaaten

385

III. Schlußfolgerungen und Tendenzen

392

12. Kapitel Eine sektorale Umweltordnung durch Internationale Umweltorganisationen? I. Sektorale Weltordnungen und Internationale Umweltpolitik

396 396

1. Der Begriff der „sektoralen Weltordnung"

396

2. Eine „Neue Internationale Umweltordnung"?

400

3. Neue Weltwirtschaftsordnung und internationales Umweltsystem

402

II. Die Umweltpolitik der Vereinten Nationen und die Neue Weltwirtschaftsordnung 404 1. Die Stellung des Umweltprogramms in der Diskussion um eine Neue Weltwirtschaftsordnung a) Anbindung an das NWWO-Aktionsprogramm b) Die umweltpolitischen Inhalte der NIEO-Resolutionen und der „Charta der wirtschaftlichen Rechte und Pflichten der Staaten" c) Umweltvölkerrecht und Neue Weltwirtschaftsordnung d) Schlußfolgerungen

405 410 413

2. „Einstiege" in internationale Umweltregimes? a) „Common Heritage of Mankind" b) „Charter for Nature" und „Tropical Timber Agreement"

415 416 418

404 404

III. Das Umwelt-Entwicklungskonzept von UNEP und die Neue Weltwirtschaftsordnung 422

16

Inhaltsübersicht

IV. Die Internationalen Umweltorganisationen im Spannungsfeld zwischen Neuer Weltwirtschaftsordnung und materieller Umweltarbeit 428 1. Der Standort der Internationalen Umweltorganisationen

428

2. Schlußfolgerungen und Thesen

430 ANHANG

I. UNEP-Gründungsresolution der UN-Generalversammlung

435

II. Geschäftsordnung des UNEP-Verwaltungsrats

440

Literaturverzeichnis

458

Verzeichnis der Schaubilder und Schemata Schaubild I:

Stockholmer Umwelt-Aktionsformel

58

Schaubild II:

Phasen der Umweltentwicklung im Überblick

68

Schaubild III:

Das System der Vereinten Nationen

125

Schaubild IV:

Umwelteinrichtungen der I M C O / I M O

162

Schaubild V:

Aufbau des Wirtschafts- und Sozialrats der Vereinten Nationen

207

Schaubild VI:

Aufbau des UNEP-Sekretariats

264

Schaubild VII:

UNEP-Organisationsplan

272

Schaubild VIII:

Gesamtarbeitsumfang des Umweltprogramms

276

Schaubild IX:

Meeresregionalpläne

283

Schaubild X:

Umweltrechtsprogramm von Montevideo

292

Schaubild XI:

Zusammenarbeit der wichtigsten Umweltorganisationen im Rahmen der Seerechtskonvention 326

Schaubild X I I :

Maximal mögliche Kompetenzen der Internationalen Organisationen zum Erlaß von Umweltregeln 342

Schaubild X I I I : Zwischenbilanz von UNEP nach zehn Jahren

376

Schaubild XIV:

UNEP als Drehscheibe zwischen unterschiedlichen Gruppen Internationaler Organisationen 385

Schaubild XV:

Standort der Internationalen Umweltorganisationen innerhalb der NWWO-Bestrebungen 430

Verzeichnis der häufig verwandten Abkürzungen AFDI

= Annuaire Français de Droit International

AJIL

= American Journal of International Law

ARSP

= Archiv für Rechts- und Sozialpolitik (Zeitschrift)

ASIL

= American Society of International Law

AVR

= Archiv des Völkerrechts

Case W. Res. J. Int. L.

= Case Western Reserve Journal of International Law, Cleveland Ohio, USA

Denver J. Int'l L. a. Policy

= Denver Journal of International Law and Policy, Denver, Colorado, USA

DRiZ

= Deutsche Richterzeitung

DVB1.

= Deutsches Verwaltungsblatt

EA

= Europaarchiv

environment

= US-amerikanische Umweltzeitschrift

Ε+Ζ

= Entwicklung und Zusammenarbeit (Zeitschrift)

FAZ

= Frankfurter Allgemeine Zeitung

FS

= Festschrift

Georgia Journ. of Int. and Comp. Law

= Georgia Journal of International and Comparative Law, Athens, Georgia, USA

GYIL

= German Yearbook of International Law

Ind.J.I.L.

= Indian Journal of International Law

ItYblntLaw

= Italian Yearbook of International Law

JZ

= Juristenzeitung

Natur + Recht

= Natur und Recht (Zeitschrift)

NWWO

= Neue Weltwirtschaftsordnung

NYbIL

= Netherlands Yearbook of International Law

Ocean Dev. and Int.

= Ocean Development and International Law Journal, New

Law J. Rev. de Dr. Int. de Sc. Dipl.

York, N.Y., USA = Revue de Droit International de Sciences Diplomatiques et Politiques, Genf, Schweiz

RIW

= Recht der Internationalen Wirtschaft

st

= Suhrkamp Taschenbuch

stw

= Suhrkamp Taschenbuch Wissenschaft

TB

= Taschenbuch

Thesauros Acroa-

= griechische Völkerrechtszeitschrift

sium 2 Kilian

18 UNCHE

Verzeichnis der häufig verwandten Abkürzungen = United Nations Conference on the Human Environment (Stockholm 1972)

UNITAR

= United Nations Institute of Training and Research

UPR

= Umwelt- und Planungsrecht (Zeitschrift)

Virg. J. of Int. L.

= Virginia Journal of International Law

VN

= Vereinte Nationen (Zeitschrift)

VRÜ

= Verfassung und Recht in Übersee (Zeitschrift)

YbWA

= Yearbook of World Affairs, The, London

ZaöRV

= Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völker-

ZfP

= Zeitschrift für Politik

recht ZfRV

= Zeitschrift für Rechtsvergleichung

ZfU

= Zeitschrift für Umweltpolitik

Die Abkürzungen der Internationalen Organisationen werden jeweils am Ort ihrer ersten Erwähnung erläutert.

TEIL A

Grundlagen: Internationale Umweltorganisationen und Völkerrecht Erstes Kapitel

Völkerrechtliche Entwicklungslinien und Fragestellung der Arbeit I. Die Umweltgefahrdung als Herausforderung des internationalen Systems M i t der Umweltkonferenz der Vereinigten Nationen 1972 in Stockholm 1 ist der Umweltschutz zu einem der „großen Themen" der internationalen Politik und zu einem der bedeutsamsten Arbeitsfelder Internationaler Organisationen geworden. Die Bemühungen dieser Einrichtungen um eine unversehrte Natur und eine menschenwürdige Umwelt geschehen jedoch vor dem Hintergrund einer Welt, die von politischen Umwälzungen und Spannungen, ideologischen und wirtschaftlichen Gegensätzen sowie unterschiedlichen Rechtsanschauungen gekennzeichnet ist 2 . Es gehört zu den Paradoxien der Menschheit, daß die größte Bedrohung, der sie sich heute neben der latenten Kriegsgefahr gegenübersieht, nämlich die schleichende Erosion der gewohnten menschlichen Umgebung 3 , ihrem Wesen nach alle Ordnungssysteme der Welt ignoriert, ja sie negiert: „Ecology knows no boundaries" 4 . Die in ihren vielfältigen Erscheinungsformen doch einheitliche Herausforderung durch die Umweltkrise trifft auf eine ideologisch und territorial zersplitterte Staatenwelt5. Offenkundig grenzenlosen ökologischen Zusammenhängen 1 s. dazu Report of the United Nations Conference on the Human Environment held at Stockholm, 5-16 June 1972, A / C O N F . 48/14, 3 July 1972. 2 s. z.B. Grewe , Spiel der Kräfte in der Weltpolitik, 1. A. 1970, S. 11 ff. 3 „Umwelt" bedeutet nach der Definition von Meyers Universal Lexikon, Bd. 24,1979: „ I m weiteren kulturell-zivilisatorischen Sinn versteht man unter U. auch den vom Menschen existentiell an seine Lebensbedingungen angepaßten und vor allem durch Technik und wirtschaftliche Unternehmungen künstlich veränderten Lebensraum, wodurch eine Art künstliches Ökosystem geschaffen wurde (mit den heute zu einer Krisensituation angewachsenen lebensbedrohenden Gefahren)." 4 So der amerikanische Senator Charles Percy , Draft Treaty on International Environmental Assessments, Excerpts from the Hearing on Senate Resolution 49, 21. 7. 1978; abgedruckt in I L M X V I I (1978), S. 1082ff. (1083). 5 Bennett , International Organizations, 2. Ed., 1980, S. 2 und 5.

2*

20

1. Kapitel: Völkerrechtliche Entwicklungslinien

steht das Beharren auf diese Zusammenhänge mißachtender Souveränität der Staaten gegenüber 6. Die Menschheit sieht sich so gezwungen, der ökologischen Herausforderung mit unzulänglichen, durch territoriale Schranken gehemmten und verzettelten Kräften gegenüberzutreten 7. Der globalen Bedrohung steht keine entsprechend einheitliche globale Ordnung gegenüber, die in der Lage wäre, der Gefahr wirksam gerecht zu werden. Weder die Bildung einer gemeinsamen Weltregierung noch die bereits von Immanuel Kant vorgeschlagene Schaffung einer Weltföderation gleichberechtigter Staaten8 wird sich in absehbarer Zukunft verwirklichen lassen. Selbst unter dem Eindruck ökologischer Katastrophen würden sich die ideologisch eingefrorenen Blöcke und der Nord-Süd-Gegensatz kaum auflösen. Die bisherigen Versuche des (gescheiterten) Völkerbunds wie der (stagnierenden) Vereinigten Nationen — jeweils nach großen geschichtlichen Katastrophen errichtet — bestätigen nur diese Erwartung. Regionale Zusammenschlüsse auf den unterschiedlichsten Integrationsstufen scheiterten entweder ganz am nationalen Egoismus oder blieben — wie die europäische Einigung — auf halbem Wege stecken9. Durch sog. „sektorale Weltordnungen" 10 könnten zwar an die Stelle „horizontaler" Zusammenschlüsse der Staaten „vertikal" Ordnungssysteme für bestimmte zentrale Bereiche (Sektoren) des internationalen Zusammenlebens entwickelt werden. Dabei entstünde jedoch die Gefahr einseitiger politisch-ideologischer Einvernahme von Seiten einer Staatengruppe zu Lasten anderer Gruppen und die Möglichkeit eines dirigistischen „Zwangskorsetts" anstelle des bisher mehr oder weniger frei geregelten weltpolitischen „Spiels der Kräfte" (Wilhelm G. Grewe) 11. Eine verstärkte zwischenstaatliche Zusammenarbeit in bi- und multilateralen Formen geschieht zwar auch im Umweltbereich, sie entspricht wegen ihrer meist eng aufs Eigeninteresse bezogenen Ausrichtung jedoch allzu oft nicht den 6 „Der Widerspruch zwischen der Territorialität der Staaten, also der möglichen Aufteilbarkeit der Herrschaftsbereiche, und der Internationalisierung der wichtigsten Umweltmedien . . . enthält beträchtliches Konfliktpotential", Zehetner, in: Neuhold/Hummer/Schreuer, Österreichisches Handbuch des Völkerrechts, Bd. I, 1983, S. 334. 7 Bennett (Anm. 5), S. 2ff. und Steiger, Welt und Umwelt, in: Öffentliches Recht und Politik, FS für Scupin, 1973, S. 343. 8 Zum ewigen Frieden, 2. Definitionsartikel, 1795; für den Umweltbereich s.a. Steiger (Anm. 7), S. 389. 9 Zur Schädlichkeit des Souveränitätsbegriffs bei der Einigung Europas Hallstein, Die Europäische Gemeinschaft, 5. A. 1979, S. 20/50. 10 s. z. B. Graf Vitzthum, Neue Weltwirtschaftsordnung und neue Welt- Meeresordnung, Innere Widersprüche bei zwei Ansätzen zu sektoralen Weltordnungen, EA 1978, S. 455 ff. 11 Inwieweit sich der Umweltbereich für eine sektorale Weltordnung eignet und inwieweit sich bereits Ansätze zu einer solchen Ordnung zeigen, soll wesentlicher Inhalt der Teile C und D sein.

II. Allgemeine Entwicklung im Völkerrecht

21

Gesamtumweltbelangen der Staatengemeinschaft oder gar einer „natürlichen" Umweltregion 12 . Die umfassende Einbeziehung Internationaler Organisationen in die weltweiten Umweltbestrebungen schließlich ist eine weitere Form internationaler Zusammenarbeit. Diese verfügen zwar nicht über die territoriale Souveränität über ein Gebiet der Erde, können aber trotzdem mittelbar ihr Potential in eine internationale wie nationale Umweltkonzeption „vor Ort" einbringen 13 . Die weltweite Bedrohung der Umwelt ist auch eine Herausforderung des Rechts und seiner Institutionen. In seiner materiellen Ausprägung ist das Recht gefordert, ein transnationales öffentliches Umweltrecht (Umweltvölkerrecht) zu schaffen. In seinen formellen Gestaltungen hat es die Aufgabe, durch neue Verfahrensregeln die Zusammenarbeit der Staaten im Umweltbereich zu erleichtern und effektiver zu gestalten (etwa im Bereich des grenzüberschreitenden Umweltschutzes). Schließlich kommt ihm die Funktion zu, den institutionellen Rahmen für eine flexible und wirkungsvolle übernationale Zusammenarbeit zu schaffen: die Ausbildung Internationaler Umweltorganisationen. II. Die Uniweltgefährdung vor dem Hintergrund allgemeiner Entwicklungen im Völkerrecht Der komplexe weltpolitische Hintergrund, vor dem sich die internationalen Umweltbemühungen abzuspielen haben, kann für die Herausbildung des Umweltvölkerrechts und der Internationalen Umweltorganisationen nicht ohne prägenden Einfluß bleiben. Das Umweltrecht und seine Institutionen spielen sich nicht im luftleeren Raum ab, sondern sind den unterschiedlichsten Einflüssen „von außen" ausgesetzt, die den Erfolg ihrer Bemühungen sowohl gefährden als auch befruchten können 14 . 1. Gefährdungen der Umweltzusammenarbeit a) Aufspaltung des einheitlichen Weltbilds im Völkerrecht Das noch im 19. Jahrhundert unangefochtene und bis ins 20. Jahrhundert hinein vorherrschende eurozentrisch-abendländische Weltbild mit seinem ein12 Vereinbarungen kommen hier meist erst nach langwierigen Prozeduren zustande und beinhalten regelmäßig nur einen Minimalkonsens. Sie leiden zudem an Plan- und Konzeptionslosigkeit, so daß man nur selten von einem „System" solcher Abkommen sprechen kann. Die Regelungsmaterie kommt auf punktuell-zufallige Weise zustande, Überschneidungen und Unübersichtlichkeiten sind dabei zwangsläufig. Rüster / SimmaI Bock (Hrsg.), International Protection of the Environment, Treaties and Related Documents, Bde. 1-30,1975-1982, sprechen in S. V I I ihres Vorworts von den internationalen Umweltabkommen als einem Paradebeispiel für Parkinsons Gesetz. 13 14

Hierüber Näheres in Teil D. Dazu ausführlich in Teil C und D.

22

1. Kapitel: Völkerrechtliche Entwicklungslinien

heitlichen Kulturverständnis ist zerbrochen. An dessen Stelle ist ein Kreis gegensätzlicher Einschätzungen des internationalen Rechts getreten und hat einer zunehmenden „Regionalisierung" des Völkerrechts Platz gemacht 15 : so gibt es heute neben der westlichen oder „klassischen" Völkerrechtsdogmatik ein „sozialistisches Völkerrecht" 16 , eine chinesische Variante hierzu 17 , ein wiederentdecktes „islamisches Völkerrecht" 18 und Völkerrechtsauffassung der „Dritten Welt" 19. Das jeweilige Kulturverständnis prägt auch das Verhältnis eines Kulturkreises zu Natur und Umwelt 2 0 . Kann das junge, sich erst entwickelnde Umweltvölkerrecht nicht mehr auf einer einheitlichen Natursicht aufbauen, so läßt sich auch die Grundübereinstimmung über die praktische Behandlung der Umwelt nur noch schwer oder gar nicht mehr erzielen 21 . Die heutigen Schwierigkeiten der Umweltpolitik im Weltmaßstab finden ihren Grund auch darin, daß sich zwar die politisch-ideologischen Ausprägungen unter den Staatengruppen mehr und mehr voneinander entfernen, daß aber auf der anderen Seite das technisch-zivilisatorische Leitbild der westlichen Industriegesellschaft mit all seinen Auswirkungen für die Umwelt weiterhin sowohl in den sozialistischen Gesellschaftsordnungen wie in den Ländern der Dritten Welt Leitziel künftiger Entwicklung bleibt 2 2 . Die ideologischen Spaltungen bewirken so die Priorität von Rüstungsausgaben, das Ideal der Industriegesellschaft bedingt den Vorrang des Wirtschaftswachstums, beides aber zu Lasten der an sich dringlicheren Umweltprioritäten. 15 Z.B. Carl Schmitt, Der Nomos der Erde, 1950, S. 2; ausführlich Grewe, Vom europäischen zum universellen Völkerrecht, Zur Frage der Revision des „eurozentrischen" Bildes der Völkerrechtsgeschichte, ZaöRV 1982, S. 449 ff. Eine eindrucksvolle Gesamtschau der Entwicklung des abendländischen Kulturbewußtseins gibt Egon Friedeil, Kulturgeschichte der Neuzeit, 1927-31. 16

s. etwa Tunkin, Völkerrechtstheorie, 1972, S. 19-113; Uibopuu, in: Neuhold/Hummer/Schreuer (Anm. 6), S. 20ff.; Schweisfurth, Sozialistisches Völkerrecht?, 1979. 17 Dazu z.B. Jaschek, Die chinesische Völkerrechtsdoktrin im Lichte der „DreiWelten-Theorie", G Y I L 1978 (21), S. 363 fT. 18 Dazu Salem, Islam und Völkerrecht, Das Völkerrecht in der islamischen Weltanschauung, 1984. 19 Dazu Ginther, in: Neuhold/Hummer/Schreuer (Anm. 6), S. 29 ff. und Schroeder, Die Dritte Welt und das Völkerrecht, 1970. 20 Z. B. durch die Ausformung verschiedenartiger Umwelt-Theorien und Ideologien. 21 Etwa Vollbeschäftigung als Priorität gegenüber aufwendigen Umweltmaßnahmen in strukturschwachen Branchen; Vorrang der Industrialisierung vor dem Umweltschutz in Entwicklungsländern; Nahrungsmittelerzeugung durch Intensivdüngung an Stelle des biologischen Landbaus usw. Schon unter den westlichen Industrieländern selbst bestehen regionale Unterschiede in der Einschätzung von Umweltsachlagen; vgl. Steiger (Anm. 7), S. 361. 22 Steiger (Anm. 7), S. 349 umschreibt dies verkürzt in der Weise, daß in den Industrieländern die Umweltprobleme aus der Überentwicklung, in den Industrieländern aus der Unterentwicklung resultierten.

II. Allgemeine Entwicklung im Völkerrecht

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Die divergierenden Sichtweisen erschweren somit den notwendigen Konsens über die gemeinsame Inangriffnahme der weltumgreifenden Umweltaufgaben. Ohne einen Grundkonsens läßt sich weder Umweltvölkerrecht im nötigen Umfang bilden, noch können die Internationalen Organisationen ihrem Auftrag nachkommen. Zu den Einzelaspekten der gegenläufigen Entwicklungen zählen die zunehmende Zahl der Völkerrechts-Persönlichkeiten mit eigenen nationalen Interessen, darunter kaum lebensfähige Mikrostaaten, die aber in den großen Weltgremien der U N O über dasselbe Stimmengewicht verfügen wie die Supermächte, sowie ein wachsender, sich abkapselnder Regionalismus in manchen Gegenden der Welt 2 3 . Integrationsbemühungen zur Überwindung der Zersplitterung scheitern am nationalen Beharrungsvermögen, das bereits Erreichte wird wieder „zurückgespult" 2 4 . Ein wiedererstarkender Nationalismus greift auf Bereiche aus, die — wie etwa der Weltraum, Weltmeere- und Meeresboden, Satellitenumlaufbahnen — bislang „res nullius" waren und teilt so die eigentlich allen dienenden und von allen zu bewahrenden „Umweltressourcen" wieder auf 2 5 . b) Krise der Internationalen Organisationen als Einrichtungen des Völkerrechts M i t der Krise des übernationalen Integrationsgedankens ging zugleich die Krise der Internationalen Organisationen als den Trägern dieser Gedankenwelt einher. Neben der Dauerkrise des Systems der Vereinigten Nationen machen auch eine Reihe von Einzelorganisationen der V N und andere wichtige Internationale Organisationen, etwa die Europäische Gemeinschaft, Krisen durch. Eine der Ursachen dafür ist die allgemeine Politisierung der Arbeit vieler Internationaler Organisationen unter dem Druck sozialistischer Mitgliedsländer, vor allem aber zahlreicher Länder der Dritten Welt. Diese Politisierung äußert sich insbesondere in den immer wieder erhobenen Forderungen nach materieller Gleichheit aller Staaten („Partizipation") und nach verstärkter 23

Zu den Gefahren, aber auch zu den Möglichkeiten des Regiopalismus vgl. Berber, Lehrbuch des Völkerrechts, 2. A. 1975-77, Bd. I I I , §25, S. 193. Im Umweltbereich könnten je nach Lage der betreffenden Region angepaßte Umweltstrategien entwickelt werden, die sich zwar auf die Dauer nicht von der Entwicklung in den übrigen Weltgegenden abkoppeln ließen, aber doch regionale Sonderstandards „à divers vitesses" einstweilen zuließen, s. a. Constantinopoulos, The International Protection of the Environment on a Regional Level, 1982 (Sammelband). 24 Zur Lage in der Europäischen Gemeinschaft s. z. B. Lutz, Von der Wirtschaftsgemeinschaft zur Europäischen Union, 1977, S. 14/15 und Hallstein (Anm. 9), S. 42ff. sowie zum Mehrheitsprinzip als dem Kernstück jeder Integration S. 92 ff. 25 Dazu Charney (Ed.), The New Nationalism and the Use of Common Space, 1982 (Zur Meeresnutzung und zur Ausbeutung der Antarktis).

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1. Kapitel: Völkerrechtliche Entwicklungslinien

Berücksichtigung des numerischen Gewichts der vielen jungen Staaten, die in der Regel immer noch im Stadium eines Entwicklungslandes sind, in den Entscheidungsgremien Internationaler Organisationen („Demokratisierung"). Auch diese Tendenzen gehen zu Lasten der gerade im Umweltbereich nötigen sachlichen Erörterung wichtiger Entscheidungen, die so entweder gar nicht Zustandekommen oder von sachfremden Aspekten verfälscht zu werden drohen. Kollektivistisch verfaßte, institutionell verfestigte „sektorale Weltordnungen" für eine wachsende Zahl internationaler Regelungsmaterien (etwa Weltmeeresordnung, Informationsordnung, Nuklearordnung, vor allem aber eine Neue Internationale Wirtschaftsordnung) drohen die Internationalen Organisationen zu bloßen vollziehenden Bürokratien solcher geschlossener Systeme oder zu deren Propagandaforen zu verfremden. Hierdurch würden internationale Anstrengungen im Rahmen der Internationalen Organisationen stark beeinträchtigt: Die internationale Aufmerksamkeit wird von ihnen abgelenkt, Zielkonflikte treten auf, andere Interessenstränge (Ressourcen- und Technologietransfer, „Recht auf Entwicklung") verschränkten sich mit der Umweltthematik und beladen sie so mit umweltfremden Erwägungen. Weitere Erschwernisse internationaler Umweltkooperation ergeben sich aus dem gleichzeitigen Beharren der Dritten Welt sowohl auf der nationalen „Souveränität" über die eigenen natürlichen Ressourcen 26 als auch auf der Forderung nach verstärkter internationaler „Solidarität", d.h. Teilhabeansprüchen an den technischen und wirtschaftlichen Ressourcen der entwickelteren Staaten. Trotz alledem erzielte Einigungen ergehen fast immer im Konsensverfahren, was regelmäßig auf den niedrigsten gemeinsamen Nenner hinausläuft 27 . Wo eine gemeinsame Basis zustandekommt, äußert sie sich zumeist nur in den rechtlich unverbindlichen Formen des sog. „soft law" 2 8 . 2. Erleichterungen

der Umweltzusammenarbeit

a) Wandel des Völkerrechts von einem „Recht der Koordination" hin zu einem „Recht der Kooperation" Das Völkerrecht hat sich in den vergangenen drei Jahrzehnten von einem bloß koordinierenden, das reibungslose Zusammenleben der Völker gewährleisten26 Etwa durch die Resolution der Generalversammlung der Vereinigten Nationen über „Permanent Sovereignty over Natural Resorces" vom 14. Dezember 1962, Res. 1803 (XVII), abgedruckt z.B. in AJIL 1963 (Bd. 57), S. 712ff. 27 Oft sogar lediglich als „agreement to disagree" oder „consent to disagree" offen zugestanden, s. a. Ballreich, Wesen und Wirkung des Konsens im Völkerrecht, FS Mosler, 1983, S. Iff. 28 Dazu z.B. Seidl-Hohenveldern, International Economic „Soft Law", RdC 1979/11 (Bd. 163), S. 169 ff.

II. Allgemeine Entwicklung im Völkerrecht

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den, im übrigen aber „neutralen" Regelungsinstrument mehr und mehr zu einem kooperativen Rechtssystem gewandelt 29 . Eine der sichtbarsten Ausprägungen dieser Entwicklung ist die am 24. Oktober 1970 von der Generalversammlung der Vereinigten Nationen verabschiedete „Declaration on Principles of International Law concerning Friendly Relations and Co-Operation among States" 30 . An die Stelle eines eher statischen, gleichordnenden Völkerrechtsverständnisses ist der Gedanke eines dynamischen, die internationale Zusammenarbeit erleichternden und fördernden Rechts getreten. Diese gewandelte Anschauung im Völkerrecht kommt den Gegebenheiten des weltumgreifenden Umweltschutzes in besonderem Maße entgegen. Wie kaum eine andere Regelungsmaterie ist gerade die internationale Umweltdiskussion auf Austausch und Zusammenarbeit der verschiedensten Stellen angewiesen. Auf andere Weise ist den überaus komplexen und vielschichtigen ökologischen Zusammenhängen mit ihren komplizierten Rückkopplungen und Kreisläufen nicht beizukommen 31 . Der Gedanke der Zusammenarbeit (Kooperation) ist daher gerade im Umweltbereich auf gepflügten Boden gefallen: zu den rein ökologischen Problembereichen gesellen sich sogleich die damit verzahnten unterschiedlichsten wirtschaftlichen (etwa Wettbewerbsnachteile durch unterschiedliche Umweltstandarts) und sozialen (etwa Arbeitsplatzsicherung bei umweltgefährdenden Betrieben) Interessen von Staat, Wirtschaft und Gesellschaft. Diese Verzahnung setzt sich auf internationaler Ebene fort und bekommt dabei zusätzliche Dimensionen, so z. B. in Verbindung mit der Welternährungslage und dem Bevölkerungsproblem in der Dritten Welt. Wie diese Fragen kann auch das Umweltproblem nicht allein „technisch" gelöst werden, vielmehr ergeben sich daraus Folgerungen ethischer, und damit auch politisch-ideologisch anfalliger Natur. M i t der Problemerkenntnis ist es freilich nicht getan: Stößt die politische Durchsetzung kontrovers ausgehandelter Lösungsansätze schon im nationalen Bereich auf kaum überwindliche Interessenkonflikte (vgl. die Diskussion über Tempolimit und Einführung des Katalysators zur Bekämpfung des Waldsterbens in der Bundesrepublik Deutschland), so ist dies im internationalen Rahmen erst recht der Fall (vgl. die Debatte über die deutschen Maßnahmen innerhalb der Europäischen Gemeinschaft). Soll das Umweltrecht daher nicht den wirtschaftlichen und sozialen (Arbeitsplätze!) „Sachzwängen" erliegen, darf es nicht ein bloß koordinierendes Recht sein, sondern muß zu einem die gesamte staatliche wie überstaatliche Kooperation fördernden Instrument ausgestaltet werden. 29 s. z.B. Verdross ISimma, Universelles Völkerrecht, 1976, S. 59ff. und für den Umweltbereich Steiger (Anm. 7), S. 344. 30 Res. 2625 (XXV), U N Doc. A / L . 600, Annex S. 8 ff. 31 Dazu z.B. McHale, Der ökologische Kontext, 1974, Suhrkamp TB Nr. 90 und Global 2000, Der Bericht an den Präsidenten, 1980, S. 1263.

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1. Kapitel: Völkerrechtliche Entwicklungslinien

Anzeichen für eine solche „soziale" Tendenz im Völkerrecht sind z.B. die Erarbeitung von Regeln für materielle Belange der Staatengemeinschaft („Weltinnenpolitik") 32 , wie sie etwa die „Charter of Economic Rights and Duties of States" 33 beabsichtigt, und sogar für das Wohlbefinden des einzelnen Bürgers (Menschenrechte auf Arbeit, Gesundheit oder Entwicklung) 34 bis hin Zu einem umfassenden „Menschenrecht auf eine gesunde Umwelt" 3 5 . Konkret zeigt sich dies z.B. in den Maßnahmen Internationaler Organisationen zur Hebung des (Umwelt-)Lebensstandards der Bevölkerungen unterentwickelter Gebiete 36 . In der Umwelt-Rechtsordnung gelangen auch die bislang augenfälligsten Durchbrechungen des überkommenen Prinzips der „Mediatisierung" des Einzelnen im Völkerrecht 37 etwa bei der grenzüberschreitenden Verfahrensbeteiligung ausländischer Bürger an nationalen Genehmigungsverfahren 38. b) „Only One Earth"-Gedanke und Idee des „Common Heritage of Mankind" In den Gedanken des „One Earth", früher als „One World" auf die Friedenssicherung und die Wohlfahrt aller gemünzt, ist auch der Umgang des Menschen mit seiner Umwelt einbezogen worden 39 . Es gibt Bestrebungen, den ähnlich gefühlsbefrachteten Begriff des „Common Heritage of Mankind" auf Teile oder auf die Gesamtheit der Umweltressourcen zu beziehen, diese Sachzusammenhänge zu verrechtlichen und möglicherweise sogar rechtlich zu „personalisieren". Inwieweit sich allerdings die Idee des „Common Heritage" auch für den internationalen Umweltschutz fruchtbar machen läßt, bedarf erst eingehender Erörterung 40 .

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Dazu z.B. Schweder, UNO, Instrument der Weltinnenpolitik?, 1971. Res. 3281 (XXIX); abgedruckt u.a. in AJIL 1975 (Bd. 69), S. 484fT. s. dazu etwa Tomuschat, Die Charta der wirtschaftlichen Rechte und Pflichten der Staaten. Zur Gestaltungskraft von Deklarationen der UN-Generalversammlung, ZaöRV 1976, S. 444. 34 s. Jenks, The Common Law of Mankind, 1958, S. 17 und Hermann Weber, Die soziale Dimension des modernen Völkerrechts, Neue Normen internationalen Verhaltens, V N 1978, S. 145 ff. 35 Steiger (Anm. 7), S. 351. 36 Dazu Rauschning, Ein internationales Menschenrecht auf Schutz der Umwelt? in: FS Werner Weber, 1974, S. 719ff. 33

37 Oppermann / Kilian, Gleichstellung ausländischer Grenznachbarn in deutschen Umweltverfahren?, 1981, S. 141. 38 Dazu z. B. Zehetner, Verfahrenspflichten bei Zulassung umweltbelastender Anlagen, in: Bothe/Prieur/Ress (Hrsg.), Rechtsfragen grenzüberschreitender Umweltbelastungen, 1984, S. 43 ff. 39 Steiger (Anm. 7), S. 346. Der Begriff des „One World" hat seinen Ursprung im gleichnamigen Buch von Wendell L. Wilkie (dt. Stockholm 1943 „Unteilbare Welt") und wirkte politisch auf die verschiedenen Einigungsbewegungen etwa im Nachkriegseuropa. 40 Dazu die Teile C und D.

III. Neuere völkerrechtliche Tendenzen

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I I I . Die Internationalen Organisationen im Schnittpunkt der neueren völkerrechtlichen Tendenzen Den Internationalen Organisationen kommt im Bereich der weltweiten Umweltthematik angesichts des geschilderten allgemeinen Szenariums im Völkerrecht eine Schlüsselstellung zu. A u f der einen Seite sind diese Organisationen bereits intensiv in die Umweltdiskussion eingebunden und arbeiten in diesem Bereich in vielgestaltiger Form mit. Als Völkerrechtssubjekte sind sie jedoch auch den herrschenden Strömungen im Völkerrecht und in der internationalen Politik in mehr oder weniger großem Umfang ausgesetzt. Sie bewegen sich daher in ihren Umweltaktivitäten auf dem schmalen Grat, der zwischen dem Ausweichen in bloße Spezialisteneffizienz ohne Blick auf das Ganze, und dem bewußten Abgleiten oder der willenlosen Hinnahme einer lähmenden Politisierung des Umweltthemas um jeden Preis verläuft. Sind sie in erster Linie bloße Mittler, oder stellen sie darüber hinaus gleichgestellte Partner großer Staaten und Helfer der schwächeren Länder bei der Bewältigung von Umweltproblemen dar? Sie sind gar in der Lage, ein objektiv/neutrales, die Gemeininteressen der Umwelt gegenüber dem mehr oder weniger egoistischen Zugriff der Staatenwelt verkörperndes Gegengewicht zu bilden? Die Stellung der Internationalen Organisationen im internationalen Umweltspektrum muß daher anhand allgemein-völkerrechtsdogmatischer wie spezifisch umweltbezogener Kriterien umrissen und eingeschätzt werden. Eine besondere Bedeutung kommt dabei dem Kriterium zu, inwieweit eine Internationale Umweltorganisation ideologisch-politische Umweltaktivitäten entfaltet und sich dabei den Gefahrdungen (möglicherweise aber auch der Chancen) einer allgemeinen Politisierung aussetzt und so zum „Trendsetter" wird. Die Gegenposition wäre eine Beschränkung der Organisation auf rein sachlich-technische „Umwelt-Dienstleistungen". Ein zweites Kriterium bildet die Intensität der Umweltarbeit: von der bloß passiven Unterstützung der Arbeit anderer Organisationen bis zur Durchführung praktischer Umweltmaßnahmen und ganzer Umweltprogramme „vor Ort". Anhand des sich dadurch bildenden Rasters kann dann sowohl die Position der einzelnen Organisationen im Verhältnis zu den anderen Umweltorganisationen wie die generelle Ausrichtung und Einflußnahme der Internationalen Umweltorganisationen auf die Bildung des Umweltvölkerrechts, insbesondere aber auf die Herausforderung einer „sektoralen Umweltordnung"/„Common (Environmental) Heritage of Mankind" näher bestimmt werden.

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1. Kapitel: Völkerrechtliche Entwicklungslinien

IV. Zweck und Aufbau der Untersuchung Die Untersuchung verfolgt den Zweck, den völkerrechtlichen und politischen „Status" der Internationalen Organisationen innerhalb der weltweiten Bemühungen um die Bewahrung der Umwelt durch die Staatengemeinschaft festzustellen. Sie umfaßt sowohl die eigentlichen, „technischen" Umweltmaßnahmen der wichtigeren Internationalen Organisationen als auch die Einflußnahmen, denen ihre Umweltarbeit „von außen her" durch die herrschenden völkerrechtlichen und weltpolitischen Strömungen ausgesetzt ist. Endziel der Untersuchung wird es daher sein zu prüfen: Besteht bereits ein spezieller Typus der „Internationalen Umweltorganisation"? Und wenn ja: Versetzt der Umgang mit dem globalen Umweltthema die Internationalen Organisationen in die Lage, zugleich auch ihre generelle Aufwertung als Instrumente des Völkerrechts gegenüber den souveränen Staaten zu bewirken? Der Außau dieser Prüfung gliedert sich nach einer Einführung, die auf ideengeschichtlicher, historischer und umweltrechtlicher Grundlage den Hintergrund der internationalen Umweltarbeit verdeutlichen soll (Teil A), in die Teile Β und C mit einer eher „statisch-feststellenden" Darstellung der Umweltaktivitäten Internationaler Organisationen. Hierbei wird ein besonderer Schwerpunkt auf das Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) und auf den Umweltteil der Seerechtskonvention gelegt (Teil C). Dem schließt sich ein eher „dynamisch-wertender" Schlußteil D an, in dem eine Bilanz der bisherigen Erfolge und Mißerfolge in den Umweltbemühungen der Internationalen Organisationen gezogen werden soll. Die Untersuchung schließt mit dem Ausblick, ob und inwieweit heute bereits von einer „sektoralen Weltordnung" im Umweltbereich die Rede sein kann. Auf das materielle internationale Umweltrecht und das Umweltvölkerrecht sowie auf die praktischen Umweltmaßnahmen Internationaler Organisationen wird im Verlauf der Untersuchung nur in dem Umfang eingegangen werden, als dies zur Erörterung und Veranschaulichung der genannten Fragenkreise unerläßlich erscheint. Eine Darstellung aller internationalen Umweltmaßnahmen im Bereich der Internationalen Organisationen ginge weit über den Rahmen des hier Möglichen hinaus 41 .

41 Z.B. bei Füllenbach, Umweltschutz zwischen Ost und West, 1977; Bungarten, Umweltpolitik in Westeuropa, 1978; Bartlett, The Ocean Environment, 1977; TeclaffjUtton , International Environmental Law, 1974; Environmental Law, an InDepth Review, UNEP Report No. 2 (1981); Holdgate/ Kassas/ White, The World Environment, 1972-1982; Kay ! Jacobson, Environmental Protection, The International Dimension, 1983 u.a.

Zweites Kapitel

Umweltthematik und Internationale Organisationen I. Die geistig-materielle Dimension der Umweltproblematik 1. Geistige Grundlagen: Von der Natur zur Umwelt M i t dem Umweltthema sind neuartige Probemstellungen bisher unbekannter Komplexität mit Ausgriffen in alle denkbaren menschlichen Lebensbereiche offenbar und offensichtlich geworden. Dies bedeutet nicht, daß frühere Generationen das, was heute mit „Umwelt" bezeichnet wird, nicht wahrgenommen hätten. Neu ist vielmehr das Bewußtsein, mit dem der Mensch den schon immer wahrgenommenen Eingriffen und Störungen in seine natürliche Umgebung gegenübertritt. M i t dieser neuen Sichtweise ergab sich alsbald ein ebenso offensichtlicher wie dringlicher Ordnungsbedarf in bezug auf die Umwelt, und zwar für alle Schichten menschlichen Ordnungsdenkens. Aus der zu ordnenden riesigen „Umwelt-Materie" wird so zugleich eine Politikmaterie, die versucht, die erkannten diffizilen Problemfelder in den Griff zu bekommen — wozu unter Umständen neue politische Handlungsmuster erforderlich sind — und, wo nötig, in rechtliche Regeln umzugießen. Eine dieser „Ordnungsschichten" ist dabei den Internationalen Organisationen allein oder in Verbindung mit den Staaten zugewiesen. Von den geistigen Umweltanschauungen können sich auch die Internationalen Organisationen als deren „materielle" Ausprägungen nicht ablösen. Verfügte der „naive" Mensch des christlichen Mittelalters in Europa noch über die natürliche Einheit von Leben, Arbeit und Naturnutzung 42 , so begann mit dem Fortschritt der Naturwissenschaften seit der Renaissance im 16. Jahrhundert, mit der Emanzipation des Denkens von der kirchlichen Dogmatik durch die Aufklärung im 17. Jahrhundert und mit der ersten industriellen Revolution im 19. Jahrhundert seine Entfremdung zuerst von der Natur, dann von der Arbeit und auch von seinen Lebensbedingungen in der Natur 4 3 . Die „Protestantische Ethik" (Max Weber) gab ihm auf, sich die Erde Untertan zu machen, sie wurde Mittel zum Zweck, nicht mehr umgrenzender Lebensrahmen 44. 42 Zum Naturgefühl des mittelalterlichen Menschen etwa bei Borst, Lebensformen im Mittelalter, 1973, Ullstein-TB Nr. 34004, S. 212 ff. 43 Dazu allgemein Friedeil (Anm. 15), S. 620ff., speziell zu den Irrwegen des „Rousseauismus" als einem frühen Versuch „Zurück zur Natur" S. 723 ff.

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2. Kapitel: Umweltthematik und Internationale Organisationen

N u r wenigen Geistern blieb es schon i m 19. Jahrhundert vorbehalten, warnende Stimmen zu erheben 4 5 , bis sich dann i m frühen 20. Jahrhundert Zweifel an unserem westlichen Verhältnis zur N a t u r zur massiven Zivilisationsk r i t i k i n den Wissenschaften verdichteten 4 6 , ohne daß allerdings bereits die kompliziert verflochtene U m w e l t p r o b l e m a t i k der Gegenwart erkannt wurde. D i e Einsicht i n das überaus fragile System der natürlichen Kreisläufe ( „ Ö k o System") m i t dem Menschen nicht als M i t t e l p u n k t , sondern nur als Teil eines Ganzen, ist vielmehr erst jüngsten D a t u m s 4 7 . M i t der Ganzheitsbetrachtung der natürlichen Zusammenhänge verlief ein weiterer Schritt parallel, der als eigentlich „ p o l i t i s c h " zu kennzeichnen ist: Die Entdeckung, daß das ökologische U m f e l d des Menschen per se transnational zu begreifen ist. D a m i t vollzog sich zugleich eine Wendung auch zur politischen Ganzheitsbetrachtung der Welt als Einheit ( „ G l o b a l 2 0 0 0 " , „ O n l y One E a r t h " , „ R a u m s c h i f f Erde"). 44

Zum Zerbrechen dieser Einheit etwa Borst (Anm. 42), S. 228. Wie sich diese Entwicklung in der abendländischen bildenden Kunst widerspiegelt zeigen eindrucksvoll Makowski und Buderath, Die Natur — dem Menschen Untertan, 1983. 45 Die Einheit im Verhältnis der Lebewesen zu ihrer natürlichen Umgebung betonte insbesondere Goethe, etwa in seinem Aufsatzfragment „Die Natur". „Ganzheitsphilosophen" waren neben anderem Friedrich Schelling (1775-1854), Gustav Theodor Fechner (1801-1887, „Das unendliche Leben" u.a. Werke), Rudolf Hermann Lotze (1817-1881) und Ernst Haeckel (1834-1919, „Die Welträtsel"). Die deutsche Philosophie des 19. Jahrhunderts war also in dieser Erkenntnis führend. In besonderem Maße war aber der Dichtung, insbesondere der Lyrik, die Einheit allen belebten wie unbelebten Seins gegenwärtig, wie die Namen Eduard Mörike und Christian Wagner bezeugen. Geradezu prophetisch wirken die Verse Goethes in „Faust, Der Tragödie zweiter Teil, 5. Akt, Großer Vorhof des Palastes": „Faust: Wie das Geklirr der Spaten mich ergötzt! Es ist die Menge, die mir fröhnt, Die Erde mit sich selbst versöhnt, Den Wellen ihre Grenze setzt, Das Meer mit strengem Band umzieht. Mephisto:

D u bist doch nur für uns bemüht M i t deinen Dämmen, deinen Buhnen; Denn D u bereitest schon Neptunen, Dem Wasserteufel, großen Schmaus. In jeder Art seid ihr verloren; — Die Elemente sind mit uns verschworen, Und auf Vernichtung läufts hinaus." 46 Insbesondere im Werk von Rudolf Steiner und anderen Denkern ( Gebser, Teilhard de Chardin )> dazu den Überblick bei Hochkeppel, Modelle des gegenwärtigen Zeitalters, Thesen der Kulturphilosophie im Zwanzigsten Jahrhundert, 1973. Zum Bewußtseinswandel trugen auch Bücher wie Freuds Das Unbehagen in der Kultur (1929) und Fromms Haben oder Sein (dt. 1976) bei. Ein einflußreiches Werk neuesten Datums ist Fritjof Capras Zeitenwende, dt. 1983. 47 Beispiele sind C. F. v. Weizsäcker, Die Einheit der Natur, 1971 und Der Garten des Menschlichen, 1980; Hans A. Pestalozzi, Nach uns die Zukunft, 1974; im angelsächsischen Bereich die Bücher von Tofßer (Das Selbstmordprogramm, Der Zukunftsschock u. a.).

I. Geistig-materielle Dimension

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War es der Natur noch gemäß der Philosophie des 19. Jahrhunderts bestimmt, sich ihrem „Willen" gemäß zu entfalten 4®, so erniedrigten sie die Eingriffe unseres modernen technologischen Zeitalters zu einem ihm nahezu schutzlos ausgelieferten Objekt, zur menschenbezogenen „Umwelt". Damit ist sie aber auch der alleinigen Verantwortung des Menschen und der von ihm geschaffenen Institutionen überstellt: die Bewahrung von Natur und Umwelt ist zum gemeinschaftsbezogenen = politischen Auftrag geworden 49 . Aus dieser Übernahme der Verantwortung, in erster Linie veranlaßt durch die plötzliche Erkenntnis der Endlichkeit und Nichterneuerbarkeit der Lebensquellen50, folgte ein Zwang zum Handeln unter den folgenden Grundeinsichten: — Der Einsicht in die Verflochtenheit aller Umwelt- und Naturvorgänge (Einheit der Umwelt). — Der Einsicht, daß es den gesamten Erdball samt der ihn umgebenden atmosphärischen Schichten zu schützen gilt („Globalität" der Umwelt). — Die Einsicht in die Endlichkeit der Weltressourcen (Knappheit des „Gutes Umwelt") und — Die Einsicht in die Dringlichkeit umfassender Umweltmaßnahmen (Zeitknappheit).

Über diese Einsichten besteht über alle politischen Divergenzen hinweg Einigkeit sowohl unter den Regierungen der Welt wie unter den Bevölkerungen ihrer Staaten. Dieser Konsens bildet die unangefochtene Grundlage aller Umwelttätigkeit Internationaler Organisationen. Er prägt auch ihr Selbstverständnis, „Treuhänder" der Umwelt zu sein. 2. Der materielle Rahmen des Umweltthemas Es gehört zu den Eigenarten der Umweltthematik, daß sie wie wenige andere Themen eine unendliche Zahl von Schichtungen aufweist, und daß sich für nahezu jede Form menschlichen und gesellschaftlichen Lebens sogleich Bezüge aller Art herstellen lassen, sozusagen vom Einödhof bis zur MillionenAgglomeration,vom Wiesenbach bis zum Weltraum. Man versucht daher, diese Zusammenhänge und Verflechtungen wissenschaftlich in der „Ökologie" zu systematisieren, wobei eine Reihe anderer Natur- und Geisteswissenschaften, nicht zuletzt die Rechtswissenschaft, mit ihr in Verbund treten 51 . Politisch wird jedes örtliche Umweltproblem rasch zu einem überörtlichen der Region, des Staates, ja des Kontinents und damit zu einem „strukturellen" Problem mit 48

Insbesondere Schopenhauer, Die Welt als Wille und Vorstellung, 3. A. 1859,2. Buch, S. 208 ff. 49 Dazu unten bei II. 50 „Schlüsselwerk" ist hier Meadows / Meadows / Randers, The Limits to Growth, 1972. 51 Vorkämpfer dieser „ökologischen Sichtweise" der Wissenschaft, aber auch der Theologie sind z. B. Gregory Bateson, „Ökologie des Geistes" und „Geist und Natur, eine notwendige Einheit"; Hubertus Mynarek („Ökologische Religion") sowie viele Psychologen (etwa Schmidbauer) und Psychiater (etwa Dörner).

2. Kapitel: Umweltthematik und Internationale Organisationen

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sozialen, ökonomischen, psychologischen und medizinischen Folgerungen 52 . Der Staat oder die Internationale Organisation, die sich mit Umweltfragen befaßt, wird so unwillkürlich in ein ganzes Problemnetz einbezogen und hat sich dessen Gesetzmäßigkeiten zu stellen. Über die Frage, wie denn der ideale Umweltzustand auszusehen habe, geraten auch die zunächst praktisch-technischen Ansätze zur Behebung akuter Umwelt-Notstände sehr rasch in „ideologieanfallige", gestaltend-wertende Gefilde der Gesellschaftspolitik. Über die eigentlichen „Umweltmedien" hinaus umgreift die Umweltpolitik in immer umfassenderer Weise ständig neue — materielle wie geistige — Aufgabenfelder bis hin zu ästhetischen Schutzgütern und zwingt sich so ständig zur Neudefinition dessen, was ganz generell unter „Lebensqualität" zu verstehen ist. 3. Das Umweltthema als begriffliches

Problem

Der Begriff „Umwelt" ist eine Übersetzung des englischen Worts „environment" 53 , das erst um das Jahr 1970 in den deutschen Sprachgebrauch übernommen wurde 54 . Da der Begriff sehr schillernd ist, sind die Versuche, ihn zu definieren, stets sehr vage und weit gefaßt. Im Bericht „Global 2000" wird die Schwierigkeit, den Begriff der Umwelt zu umschreiben, deshalb auch offen eingestanden55. In einem deutschen Definitionsversuch ist „Umwelt": „die Gesamtheit des natürlichen wie kulturellen (u.a. technischen) veränderlichen Lebensraumes des Menschen. Umweltschutz bedeutet die Gesamtheit aller Maßnahmen, die dazu dienen, die Umwelt des Menschen zu sichern und sie in einen Zustand zu erhalten oder in einen zu bringen, der für ein menschenwürdiges Dasein erforderlich ist 5 6 ."

U m die Umweltarbeit Internationaler Organisationen einigermaßen überschaubar durchmustern und einschätzen zu können, müssen daher Eingrenzungen vorgenommen werden. Auszugehen ist daher in erster Linie von den „klassischen Umweltmedien" wie Wasser, Meeresumwelt, Luft, Boden, Klima, Pflanzen- und Tierwelt. Nur 52

Zur neuen „strukturalistischen" Form der Wissenschaft etwa Walter Schulz, Philosophie in der veränderten Welt, 1972, S. 17 f., Foucault , Die Ordnung der Dinge, Eine Archäologie der Humanwissenschaft, 1966, stw Nr. 96, S. 462. Überblicke über den Strukturalismus bietet z.B. Schiwy, Neue Aspekte des Strukturalismus, dtv-Wiss. Nr. 4135,19, 73 und ders., Der französische Strukturalismus, rde Nr. 405. — „Strukturalismus" bedeutet die Suche und Feststellung von Gemeinsamkeiten unterschiedlichster äußerer Sachverhalte („Strukturen"). 53 „Environment is to all the conditions, circumstances, and influences surrounding and attending the development of an organism or group of organisms." Websters New World Dictionary, 2. Coll. Ed. 1976. 54 Der Große Brockhaus , 18. Α. 1980, Stichwort „Umweltschutz". 55 Etwa: „Umwelt stellt die physikalische und biologische Umgebung jeweiliger Organismen dar.", Global 2000, S. 493 (s.a. Anm. 3). 56 Der Große Brockhaus (Anm. 54).

I. Geistig-materielle Dimension

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dort, wo es unumgänglich ist, sollen auch die „sozialen" Bezüge des Umweltthemas wie Wohnverhältnisse, Hygiene oder Gesundheit einbezogen werden. In diesen „sekundären" Umweltbereich gehört auch die Entwicklungsproblematik. Dazu gehören jedoch — obwohl viele Autoren hier großzügig sind — weder die kulturellen und ästhetischen Bezüge57 noch die Friedens- und Rüstungsthematik 5 8 . Dasselbe gilt für die allgemeine Menschenrechtsdebatte. Wegen dieser Ausuferungsgefahr und wegen des Problems, sowohl die Umweltgefahrdungen in Industriestaaten wie diejenigen in Entwicklungsländern auf eine Formel zu bringen, einigte man sich am Ende der Stockholmer Umweltkonferenz auf folgende Umschreibung des Umweltbegriffs: „Der Mensch ist sowohl Geschöpf als auch Gestalter seiner Umwelt, die ihm Lebensunterhalt gewährt und die Möglichkeit zu geistiger, moralischer, sozialer und seelischer Entwicklung gibt. . . . Beide Aspekte der Umwelt des Menschen — der natürlichen und der von ihm geschaffenen — sind wesentliche Voraussetzungen für sein Wohlergehen und die Ausübung menschlicher Grundrechte, ja selbst des Rechts auf Leben 59 ."

Von den traditionellen Anknüpfungspunkten im Naturschutz der „VorUmwelt-Epoche" 60 (etwa Gewässerschutz, Natur- und Tierschutz, Landschaftspflege, Waldhege) war allein der Gewässerschutz ein Bereich internationaler Aufmerksamkeit 61 . Die sich eher nebeneinanderher entwickelnden Umweltbereiche (Abfallbeseitigung, Immissionsschutz) wurden erst unter dem Eindruck eines wachsenden Umweltbewußtseins als umfassende „Umweltmedien" Wasser, Luft, Boden 62 usw. begriffen. M i t der Entwicklung der Technik nahm auch die Zahl der Umweltgefährdungsquellen und Umweltschutzgüter zu: ionisierende Strahlen (Strahlenschutz), Schallwellen (Lärmschutz), Konservierungsstoffe und Düngemittel (Schutz vor chemischen Umweltgiften) usw. Es entstanden umfassende „Umweltkomplexe" wie die Weltmeere, Meeresboden, Antarktis, Ozonschichten, Klima und schließlich der Weltraum. Akute Umweltnotlagen erforderten rasche Entscheidungen: Giftunfalle, Ölpestfalle, saurer Regen, Waldsterben in Europa, Rodungen am Amazonas, Wassernot in der Sahelzone. Langanhaltende Tendenzen machen langfristige Planungen erfor57

Etwa Kilian, Kriegsvölkerrecht und Kulturgut, NZWehrr 1983, S. 41 ff. s. etwa Steiger zur Einbeziehung militärischer Fragen in die Umweltdebatte (Anm. 7), S. 350. 59 s. die Deklaration der Konferenz A / C O N F . 48/14, (Anm. 1), u. I. Nr. 1. Zur Debatte über diese Umschreibung Römpczyk, Internationale Umweltpolitik und NordSüd-Beziehungen, 1979, S. 13 ff. Dazu im einzelnen bei Teil C. 60 Zu den historischen Abschnitten der Beschäftigung mit Natur und Umwelt s. unter II. dieses Kapitels und im 3. Kapitel. 58

61 s. ζ. Β. Οppermann / Kilian (Anm. 37), S. 13 ff. zu den Anfangen des internationalen Wasserrechts als Vorstufe zum Umweltvölkerrecht. 62 Der Begriff „Umweltmedien" wird ζ. B. von Fröhler / Zehetner, Rechtsschutzprobleme bei grenzüberschreitenden Umweltbeeinträchtigungen, 1979, Bd. I, S. 31 verwandt.

3 Kilian

34

2. Kapitel: Umweltthematik und Internationale Organisationen

derlich: Übervölkerung der Städte, Landflucht, Erosion des Bodens, Zersiedlung der Landschaft. Für die Internationalen Organisationen ergab sich so eine Fülle von Anknüpfungspunkten an ihre hergebrachten Aktivitäten, und zwar: — über die Umweltmedien (Wasser, Luft usw.) 63 — über die Umweltschutzobjekte (etwa Gesundheit, saubere Energie usw.) — über die schädlichen Umwelteingriffe (Schadstoffeinleitungen in Flüsse, Meere, Boden usw.) 64 — über die Umweltmaßnahmen (Verminderung der Luftverschmutzung, umweltfreundliche Werkstoffe, Umweltverträglichkeitsprüfung usw.) oder — über umweltbezogene Handlungsweisen (technischer Umweltschutz, Finanzierung von Umweltmaßnahmen, juristischer Umweltschutz usw.) 65

4. Zusammenfassung Als Ergebnis der Erörterung der „Umweltmaterie" mit ihren vielen Schichtungen und Bezügen ergibt sich für die Arbeit Internationaler Organisationen ein riesiges Arbeitsfeld und ein fast uneingrenzbarer Schauplatz ihrer Betätigung. Die Gemeingut gewordene Sichtweise des „Only one World" bzw. „Only one Earth" mit dem sich darin (auch) widerspiegelnden Internationalismus kommt den Internationalen Organisationen auch in den Augen der Weltöffentlichkeit in hohem Maße entgegen. Wie die Staaten, stehen auch die Internationalen Organisationen angesichts der Endlichkeit der Ressourcen und der sich daraus ergebenden Dringlichkeit von Problemlösungen unter einem wachsenden Zeitdruck, dem auch sie sich nicht entziehen können. Wie noch zu zeigen sein wird, verfügen die Internationalen Organisationen ihrer Struktur nach über ungleich geringere Möglichkeiten als die Staaten. Denn Umweltprobleme sind nach wie vor in erster Linie territoriale Probleme, und die Internationalen Organisationen verfügen über keinerlei Territorium 66 . Wegen der Vielschichtigkeit und dem mannigfachen Bezügen des Umweltthemas empfiehlt sich für eine nähere Untersuchung der Arbeit Internationaler 63

So bei Fröhler/Zehetner, Bd. I (Anm. 62). Etwa bei Kay ! Jacobson (Anm. 41). 65 Die Einteilung des Stoffs bei Global 2000 lautet: Bevölkerung/Bruttosozialprodukt / Klima / Technologie / Ernährung-Landwirtschaft / Meer / Wälder / Wasser / Energie / Mineralien/Pflanzen- und Tierarten. — Im UNEP-Bericht The World Environment (Anm. 41), gliedert sich die Darstellung wie folgt: Atmosphäre-Klima/Meeresumwelt / Süßwasser / Mineralien / Pflanzen / Land- und Forstwirtschaft / Bevölkerung / Siedlung/Gesundheit / Industrie / Energie / Verkehr / Tourismus / Erziehung-Öffentlichkeitsarbeit/Frieden. 64

66

Dazu Steiger (Anm. 7), S. 378.

II. Gesellschaftlich-politische Dimension

35

Organisationen die Konzentration auf die eigentlichen Umweltmedien. Nur dort, wo es nötig erscheint, werden auch die Bezüge zu den Umweltbereichen „im weiteren Sinne", wie etwa im Entwicklungsbereich, hergestellt. Bei der „Ideologieanfalligkeit" des Themas ist eine sachbezogene Sichtweise ohnehin unerläßlich. Bereits jetzt läßt sich sagen, daß die objektiv nicht zu leugnenden Zielkonflikte, Prioritätsstreitigkeiten und die Vielzahl der Zusammenhänge geradezu ein Zwang zur Kooperation auferlegen und das Umweltthema damit zu der politischen Aufgabe schlechthin machen. Hierbei kommt den Internatinalen Organisationen ein wichtiges Segment zu. II. Die gesellschaftlich-politische Dimension der Umweltproblematik 1. Soziale Dimension Umweltgefahrdung wie Umweltbewahrung sind in erster Linie soziale Phänomene, wie auch Internationale Organisationen nicht nur als juristische, sondern auch als soziale Gebilde verstanden werden können 67 . Damit sind sie — wie auf nationaler Ebene die Staaten — als soziale Einrichtungen von den gesellschaftlichen Strömungen nicht abzulösen, sondern werden von ihnen mitgeprägt. Das gesellschaftliche Umweltbewußtsein mit seinen positiven wie mit seinen bedenklichen Erscheinungsformen 68 schlägt sich daher mit einer gewissen Zeitverschiebung auch in den Umweltaktivitäten Internationaler Organisationen nieder. Man kann die Entwicklung der Umweltthematik in zwei große Abschnitte einteilen, und zwar in die Zeit der vor-umwelt-politischen „Unschuld" und die Zeit des allgemeinen „Umweltbewußtseins", wobei der Wendepunkt vielfach mit dem Jahr 1962 angesetzt wird 6 9 . In diesem Jahr erschien das Buch von Rachel Carson , „The silent spring", das zunächst in den Vereinigten Staaten eine ungeheure Resonanz erfuhr 70 . Dies war einer der Fälle, in denen eine private Publikation umwälzende gesellschaftliche, ja staatliche und sogar internationale Folgerungen gleichsam wie die wellenartigen Erschütterungen eines Erdbebens auslöste und so zu einem Synonym für eine politische Denkweise wurde 71 . Die 67 Dieses Phänomen ist auch Gegenstand der Organisationssoziologie und Organisationspsychologie. Im internationalen Bereich befaßt sich die Politische Wissenschaft zunehmend mit solchen Fragen bei der Beurteilung der Internationalen Organisationen. 68 Vgl. dazu Jan Schneider , World public order of the environment, 1979, S. 107: „ . . . neither the Doomsday prophets nor the world federalist cheermongers have an accurate understanding of ecological unities and their incorporation in the present world public order." 69 Z.B. Kay IJacobson (Anm. 41), S. 1. 70 R. Carson war eine amerikanische Biologin und Schriftstellerin; das Buch erschien bereits 1963 in deutscher Übersetzung mit dem Titel „Der stumme Frühling". 71 Als ähnliche Beispiele wären anzuführen die Bücher von Harriet Beecher-Stowe, „Uncle Toms Cabin"; Berta von Suttner, „Die Waffen nieder"; Gorch Fock, „Seefahrt ist

3*

2. Kapitel: Umweltthematik und Internationale Organisationen

36

weitere „kopernikanische Wende" hin zum übernationalen Umweltbewußtsein könnte man dann mit dem 1972 erschienenen Buch von Ward und Dubois „Only one Earth" markieren 72 . Folgende grobe Phasen der Umweltpolitik

73

lassen sich ausmachen:

(1) Bis Anfang der 60er Jahre die Zeit der „Vor-Umwelt-Epoche" mit unzusammenhängenden Natur- und Landschaftsschutzmaßnahmen 74. (2) Von 1962 bis Ende der 60er Jahre die Zeit der intellektuellen Diskussion über die Lage der Umwelt 7 5 . (3) Von 1970 bis Ende der 70er Jahre die Zeit der Organisationsphase im Umweltschutz: Zunächst die Umweltgesetzgebung der USA, die das Vorbild für die übrigen westlichen Staaten und die Entwicklungsländer lieferte 76 . Es folgte die Welle der Ämtergründungen 77 und der Umweltaufbruch der breiten Öffentlichkeit unter dem Eindruck spektakulärer Umweltkatastrophen mit der Bildung von Bürgerinitiativen und ökologischen („grünen") Parteien. (4) Seit Beginn der 80er Jahre schließlich kann man von einer internationalen Phase der Zusammenarbeit auf allen Ebenen, von den grenznahen Gemeinden bis zur praktischen Umweltkooperation der Staaten und Internationalen Organisationen sprechen 78 .

not" bis hin zu George Orwell , „1984" und Frantz Fanon, „Die Verdammten dieser Erde" (1961). 72 Vgl. Schneider (Anm. 68), S. 3 und Holdgate I KassasI White (Anm. 41), S. 3. 73 Zu den Phasen der internationalen Organisation des Umweltbereichs s. das 3. Kapitel. 74

Vgl. Global 2000 (Anm. 31), S. 1298 ff. Z.B. das Buch von Rachel Carson (Anm. 70) u.a. Die deutsche intellektuelle Reaktion auf die Umweltzerstörung folgte allerdings erst mit einiger Verzögerung mit H. Gruhls Buch Ein Planet wird geplündert, 1975. 76 1969 National Environment Protection Act (ΝΕΡΑ), 1970 Umweltgesetz von Michigan, 1971 von Minnesota; dazu Kay/ Jacobson (Anm. 41), S. 3 f. Es folgten 1969 Schweden, 1967/70 Japan, 1970 Victoria/Australien, 1971 Ontario/Kanada; dann auch Entwicklungsländer wie Mexiko 1971 und Kolumbien 1974. 1974 schließlich wurde auch das Bundes-Immissionsschutzgesetz als zentrales deutsches Umweltgesetz erlassen. 77 1970 US-Environment Protection Agency, 1974 Umweltbundesamt. Zwischen 1972 und 1979 stieg die Zahl nationaler Umweltämter- und Ministerien in Entwicklungsländern von 11 auf 87! Vgl. Bassow, The Third World: Changing Attitutes Toward Environmental Protection, in: The Annals of the American Academy of Political and Social Science, 1979, Vol. 444, S. 112 ff . (126) Zur Entwicklung der Umweltorganisation außerhalb der USA s.a. KayIJacobson (Anm. 41), S. 5ff. 75

78 Zur praktischen internationalen Umweltarbeit gehört sowohl das Auftreten internationaler „Umweltaktivisten" auf privater Initiative („Greenpeace", „Robin Wood"; dazu die Spiegel Titelgeschichte 36/1982, S. 112ff.), grenzüberschreitende Verwaltungszusammenarbeit („Commission Tripartite", ARGEALP), grenzüberschreitende Bürgerbeteiligung (Saarland, Niedersachsen) wie die Abhaltung gemeinsamer Umwelt-Verwaltungstagungen (etwa Saarbrücken 1982) und die Bildung von Expertenkommissionen (Gemeinsame Arbeitsgruppe zur Erarbeitung eines Entwurfs eines deutsch-französischen Vertrags zur Lösung der Probleme grenzüberschreitender Umweltbelastungen seit Mai 1982).

II. Gesellschaftlich-politische Dimension

37

2. Umweltpolitik Ebenso wie bei der Umschreibung der materiellen und gesellschaftlichen Bereiche des Umweltkomplexes weist auch die Umweltpolitik alle nur denkbaren Bezüge auf, so daß auch hier am Ende alles zur „Umweltpolitik" zu geraten droht. Auch im Bereich der Politik ist somit wie bei der Feststellung der Regelungsmaterie Umwelt und deren sozialen Auswirkungen eine Eingrenzung auf die Umweltfragen im engeren Sinne, also auf die Erhaltung der eigentlichen „Umweltmedien" unumgänglich 79 , wobei zuzugeben ist, daß ein „Umweltmedium" meist mit mehreren Politikbereichen verflochten ist 8 0 . In jedem Politikbereich und auf jeder politischen Ebene können widerstreitende Umweltinteressen auftreten. Wie jedes komplexe politische Thema befindet sich auch die Umweltproblematik ständig im Schnittpunkt gegenläufiger Interessen; so wenn z. B. verschärfte Umweltauflagen in einem Industriebereich dessen internationale Wettbewerbsfähigkeit und damit Arbeitsplätze gefährden oder wenn die Verwendung bestimmter Verpackungsformen eingeschränkt wird und so ein darauf spezialisierter Industriezweig in Bedrängnis kommt 8 1 . Auf der anderen Seite ist der Umweltbereich aber auch geeignet, durch die Forderung nach neuen umweltfreundlichen Werkstoffen und Technologien neue Arbeitsplätze zu schaffen und Investitionen zu fördern. Die nationalen Interessenlagen setzen sich im internationalen Raum notwendigerweise fort, so z. B. bei den Bemühungen um die Vereinbarung gemeinsamer Umweltstandards 82 , um bei den einzelnen nationalen Industrien Wettbewerbsnachteile zu vermeiden. Neue, spezifische internationale Interessen treten hinzu: so führen die unterschiedlichen Entwicklungsstufen und Gesellschaftssysteme der Staaten zu unterschiedlichen Umweltprioritäten je nachdem, ob es sich um ein westliches Industrieland, ein sozialistisches Land, um ein „Schwellenland" oder um ein Land der Dritten oder Vierten Welt handelt 83 . Wäre der Industrieländer79

s. dazu ausführlich oben bei I. des 2. Kapitels, und Steiger (Anm. 7), S. 350. s. als Beispiel Darimont, Trinkwasserqualität im Spannungsfeld von Gesundheits-, Umwelt- und Landwirtschaftspolitik; Aus Politik und Zeitgeschichte, Β 42/83, S. 35 ff. 81 s. dazu Joepen, Verpackt, verkauft, verschleudert, Die Zeit Nr. 8 v. 17. 2. 1984, S. 25ff. 82 Dazu ausführlich Skala, Internationale technische Regeln und Standards zum Umweltschutz, 1982; sowie Steinberger, Beachtung und Durchsetzung völkerrechtlicher Umweltschutznormen, und Zimmer, Handelshemmnisse durch Umweltschutzmaßnahmen — Regelungen im GATT und in der OECD, beide in: Götz/ Rauschning/ Zieger, Umweltschutz und Internationale Wirtschaft, 1975, S. 25ff. bzw. S. 85ff. 83 Sowohl in den sozialistischen Ländern wie in den Entwicklungsländern liegen die technischen und finanziellen Möglichkeiten, die für den Umweltschutz unerläßlich sind, noch weit hinter dem Potential der westlichen Industrieländer und Japans zurück. Zudem ist dort das allgemeine Umweltbewußtsein noch lange nicht so entwickelt. Teilweise 80

38

2. Kapitel: Umweltthematik und Internationale Organisationen

Standard überall erreicht, so wäre das globale Umweltgleichgewicht bereits umgekippt 84 . Je nach Entwicklungsstand und Priorität werden die nationalen Umweltressourcen in einem Land geschont, im anderen Land wird mit ihnen dagegen Raubbau betrieben, um die Industrialisierung rascher vorantreiben zu können. Jede Weltregion und jeder Staat ist in unterschiedlichem Ausmaß mit Umweltproblemen konfrontiert und ist ihnen gegenüber zur Konzeption einer spezifischen Umweltpolitik gezwungen85. Die jeweilige Bevölkerung erwartet je nach dem Stand ihres „Umweltbewußtseins" von ihrem Staat eine Bewahrung oder Verbesserung ihrer Umwelt-„Lebensqualität" 86 . Diesen Ansprüchen hat der Staat sowohl in seiner nationalen wie seiner internationalen Politik — wozu auch die Mitarbeit in Internationalen Organisationen gehört — nachzukommen 8 7 . Je nach den gesellschaftlichen Verhältnissen wird eine solche Umweltpolitik eher unter dem rein technischen, „unpolitischen" Blickwinkel oder aber mit verschieden starker ideologischer Einfärbung betrieben. Dies muß sich notwendigerweise auch auf die Aktivitäten eines Staates in den Gremien der Internationalen Organisationen auswirken 88 . Zu den bereits erwähnten Schlüsselbegriffen der internationalen Umweltpolitik gehört der Begriff der nationalen und der allen Staaten gemeinsamen „Umweltressourcen" 89 . Aus dem Besitz oder dem Anspruch auf solche Ressourcen ergeben sich eine Vielzahl von Konflikten und Forderungen bis hin zu einem Anspruch der Entwicklungsländer auf kostenlosen Transfer der jeweils neuesten Umwelttechnologie, da dies ja im Interesse der Gesamtheit aller Staaten liegen müsse. bestehen auch andere Prioritäten: die Ernährung der Bevölkerung und die Entwicklung der Industrie haben in diesen Ländern stets Vorrang gegenüber der Erhaltung der Umweltressourcen erhalten. Überblicke zu den sozialistischen Staaten etwa bei BuschLüty, Zur Umweltproblematik in sozialistischen Systemen, Ideologie und Realität, Aus Politik und Zeitgeschichte, Β 27/81, S. 18ff. s.a. den Geheimbericht „Öko-Bankrott im Ostblock", Die Zeit Nr. 23/1984, Dossier, S. 1 ff., sowie Stipsicz, Natur ohne Chance. In den sozialistischen Ländern wehren sich die Bürger bisher kaum gegen die Zerstörung ihrer Umwelt, Die Zeit Nr. 42/1984, S. 33. Zur Lage in der Dritten Welt z.B. Dierkes, Auch die Dritte Welt vergiftet sich, FAZ Nr. 154/1984, S. 9 und Günther, Katastrophale Fehlplanung. Ein ägyptischer Forscher empfiehlt, den Assuan-Damm wieder abzureißen, Die Zeit Nr. 39/1982, S. 56. 84

Zur Frage einer einheitlichen Umweltpolitik Steiger (Anm. 7), S. 360. Dazu beispielsweise Hartkopf I Bohne, Die Ausgangssitutation unserer Umweltpolitik, Aus Politik und Zeitgeschichte, Β 42/83, S. 3 ff. und Töpfer, Umweltschutz in der Staatspraxis, in: Bitburger Gespräche 1983, S. 25ff. 86 s. z. B. Gillwald, Psychische und soziale Auswirkungen mäßiger Lebensqualität, Aus Politik und Zeitgeschichte, Β 42/83, S. 25 ff. 87 Dazu Prittwitz, Umwelt und Außenpolitik, Aus Politik und Zeitgeschichte, Β 24/ 83, S. 13, insbes. S. 17f. 88 Dazu eingehend in Hauptteil C und D. 89 s. Zehetner, in: Neuhold/Hummer/Schreuer (Anm. 6), S. 334. 85

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II. Gesellschaftlich-politische Dimension

Umweltpolitik ist am ehesten von ihrer Aufgabenstellung her zu umschreiben: der Erkenntnis und Setzung von Prioritäten, die Ermittlung und der Ausgleich von gegenläufigen Interessen und schließlich die Durchsetzung der als notwendig erkannten Maßnahmen unter Berücksichtigung der nichtumweltbedingten Interessen 90. Diese Aufgaben stellen sich sowohl im nationalen wie im zwischenstaatlichen und übernationalen Bereich, es bestehen hier also im Grundsatz keine Unterschiede. Trotzdem kommen der internationalen Umweltpolitik und der „Umwelt-Außenpolitik" in mancherlei Hinsicht weitere Qualitäten zu. Sie ergeben sich aus dem Umstand, daß es im internationalen Bereich, anders als im innerstaatlichen Raum, kraft der Souveränität der hier handelnden Völkerrechtssubjekte keine strikten Über-Unterordnungsverhältnisse gibt, die eine Durchsetzung notwendiger Umweltmaßnahmen erleichtern oder gar erst ermöglichen könnten. A n die Stelle von Zwang hat hier Kooperation zu treten. Prittwitz umschreibt die wichtigsten Außenpolitik wie folgt 9 1 :

umweltpolitischen

Bezugspunkte der

(1) Die internationale Verteilung bzw. Konzentration von Umweltbelastungen. (2) Der Ausstoß und damit die Gesamtgröße von Umweltbelastungen, abhängig von der technischen Struktur von Produktions- und Konsumtionsabläufen einschließlich des Einsatzes emissionsmindernder Techniken. (3) Der Verbrauch natürlicher Ressourcen, z. B. Wasser, Raum oder Energie. (4) Der Umfang umweltbelastender Produktion und Konsumtion sowie umweltbelastenden Verkehrs.

Innerhalb dieses Rahmens ergeben sich als hauptsächliche Ziele der Außenpolitik 92: (1) Die Verhinderung der internationalen Verteilung bzw. des internationalen Transports von Umweltbelastungen zu ungunsten des eigenen Landes. (2) Die möglichst weitgehende Verminderung des gesamten Umfangs von Umweltbelastungen im Ausland, die das eigene Land betreffen können.

Rauschning umschreibt die internationalen Auswirkungen nationaler Umweltpolitik so 9 3 . (1) Vorgänge in einem Staat können schädigende oder gefährdende Immissionen außerhalb des eigenen Territoriums hervorrufen. (2) Nationale Umweltschutzmaßnahmen können die Situation zwischen den Staaten durch Handelshemmnisse beeinträchtigen. (3) Die Interessen der Staatsangehörigen oder ihrer Staaten können durch Eingriffe in die Umwelt oder in das Gemeingut aller Staaten oder durch Handelsschranken verletzt werden. 90

Dazu für den Bereich der Entwicklungsländer eingehend Steiger (Anm. 7), S. 350ff. Prittwitz (Anm. 87), S. 17. 92 Prittwitz (Anm. 87), S. 17. 93 Rauschning, Umweltschutz als Problem des Völkerrechts, Europaarchiv 1972, S. 567 f. 91

2. Kapitel: Umweltthematik und Internationale Organisationen

40

(4) Es besteht eine relative Gleichartigkeit der Aufgaben in jedem Staat in einem unübersehbaren Ausmaß.

M i t dieser staatenbezogenen Sichtweise ist der internationale Gehalt der Umweltpolitik noch keineswegs ausgeschöpft 94. Denn viele Umweltgefährdungen — nicht alle, wie das Beispiel der Weltmeere und der Weltraum zeigt! — haben zwar mancherlei Ursprünge in den einzelnen Staaten. Die Gründe für deren Internationalität liegen aber gerade darin, daß die Umweltmedien sich nicht auf abgeteilte Territorien festlegen lassen, sondern eine Einheit bilden 95 , in der die Luft, das Wasser usw. sich in einer ständigen Zirkulation befinden. Selbst der Boden und die Pflanzen- und Tierwelt werden von Entwicklungen beeinflußt („Saurer Regen" z.B.), die sich aus dem Gesamtgefüge der Erde ergeben und deren genaue Ursachen sich in den seltensten Fällen an konkreten örtlichen und territorialen Sachlagen zurückführen lassen96. Damit ist also der Bereich der eigentlichen „internationalen" Umweltpolitik nur unvollkommen umrissen; erst ein erweiterter Begriff der „Internationalen Umweltpolitik" kann ein geeignetes Feld für die Aktivitäten Internationaler Organisationen im Umweltbereich bieten 97 . Erachtete man bis vor kurzer Zeit sowohl im nationalen wie im internationalen Sektor allein die Bekämpfung bereits eingetretener Schäden als Aufgabe des Umweltschutzes, so hat sich heute eine umfassendere Sicht der Umweltpolitik durchgesetzt. Man kann so drei Stufen der Umweltpolitik unterscheiden: (1) Als erste Stufe den „repressiven" Umweltschutz (Reaktion auf bereits eingetretene Schäden und Restitution des früheren Zustands). (2) Als zweite Stufe die „präventive" Umweltbewahrung (Konservierung des Bestehenden; Erforschung drohender Gefahrdungen bereits im Vorfeld; generell „umweltgerechtes" Verhalten). (3) Als dritte, künftige Stufe wäre an eine Schaffung von Umwelt-Lebensqualität unter Einbeziehung der gesamten Lebensgestaltung des Menschen, sozusagen auf einer höheren Bewußtseinsstufe, als politische Aufgabe zu denken.

Während die ersten Stufen auch im internationalen Rahmen mehr und mehr an Boden gewinnen 98 , ist die dritte Stufe derzeit noch als Utopie einzuschätzen, die zudem ideologische Einfallstore aller Art in sich birgt. Generell kann man sagen, daß heute „Umweltpolitik" mehr bedeutet und weiter reicht als bloße „Umweltschutzpolitik" 99 . Sie bedeutet nicht passives Abwarten mit anschließendem Reagieren auf eine Gefahrenlage, sondern aktivgestaltendes Handeln 1 0 0 . 94 95 96 97 98 99

s. dazu ausführlicher im Folgenden bei 3. Vgl. eingehend dazu das 2. Kapitel unter I. und II. und das Einleitungskapitel. Steiger (Anm. 7), S. 345. s. dazu in den Hauptteilen B, C und D. Steiger (Anm. 7), S. 344. Zehetner in: Neuhold/Hummer/Schreuer (Anm. 6), S. 334.

II. Gesellschaftlich-politische Dimension

41

Die Erweiterung der Umweltpolitik um die zweite Stufe erfolgte allerdings erst unter dem Eindruck der bekannt gewordenen Gefahrdungen der Umwelt. Man kam erst spät zu der Erkenntnis, daß jede Beschränkung einer Umweltnutzung deren Schutz bedeutet. War früher nur die Erhaltung von Leben und Gesundheit des Menschen vom Begriff der Umweltpolitik umfaßt, so geht es heute um Erhaltung und Bewirtschaftung der gesamten natürlichen Ressourcen (Umweltmedien) und ihre sowohl ökonomische wie ökologisch-gerechte Nutzung 1 0 1 . 3. „Internationale"

Umweltpolitik

Umweltprobleme zeigen sich zwar zunächst meist als nationale Ereignisse, treten in bestimmten Territorien auf und sind so Objekte nationaler Umweltpolitik, bei grenzüberschreitenden Bezügen auch zwischenstaatlicher Umweltpolitik. Trotzdem umgreift die Internationale Umweltpolitik mehr als die bloße Summe der nationalen Umweltpolitik und auch mehr als die Zusammenfassung der nationalen Umwelt-Außenpolitiken 102 . Internationale Umweltpolitik bedeutet vielmehr eine neue, höhere Ebene der Umweltpolitik. Ihr kommt so angesichts ihrer übernationalen, auf die Gesamtheit der Umweltmedien in ihrem globalen Umfang bezogenen Struktur eine neue Qualität zu, die sich von der Ausrichtung der nationalen Politiken deutlich abhebt 103 . Ihre Perspektiven reichen also weiter und haben sehr viel umfassender zu sein, als es der engen und auf partikularen Interessen bezogenen nationalen Blickfeldern möglich ist. Dies kann aber gleichwohl keine fugenlose und völlig einheitliche „WeltUmweltpolitik" bedeuten; so etwas wird es auch in absehbarer Zeit nicht geben und ist wohl auch nicht erstrebenswert. Denn bei aller Verflochtenheit der Umweltprobleme zeigen ihre Auswirkungen kein homogenes, sondern ein je nach Lage und Eigenart einer Weltregion heterogenes Gesicht 104 . Eine Internationale Umweltpolitik hat so zwar mit ihrem Instrumentarium bei der Erkenntnis und Bewertung der Umweltprobleme im Interesse effektiver Arbeit einheitlich zu verfahren. Die dabei entwickelten Problemlösungen haben sich jedoch den jeweiligen Umständen und den besonderen Bedingungen der 100 Steiger (Anm. 7), S. 344. Bisweilen kann man sich allerdings des Eindrucks nicht erwehren, als ob im staatlichen wie im überstaatlichen Bereich Verstöße in der Umweltpolitik eher aus konkreten Vorfallen (Unglücken wie in Seveso) oder Anlässen (Zunahme des Waldsterbens) resultieren denn aus programmatischen Konzepten. Auch hier bestehen demnach Defizite, die von den Internationalen Organisationen auszufüllen wären. 101 Gleichwohl überwiegt im internationalen Bereich die erste Stufe in der Umweltpolitik noch immer bei weitem, so Zehetner, in: Neuhold/Hummer/Schreuer (Anm. 6), S. 334, Rd. 1792. 102 Richtig Steiger (Anm. 7), S. 346 u. S. 362/363. 103 s. oben bei II. 104 Steiger (Anm. 7), S. 363, FN. 54.

42

2. Kapitel: Umweltthematik und Internationale Organisationen

betroffenen Umweltmedien flexibel und differenzierend anzupassen105. Nicht Schematisierung, sondern Diversifizierung hat also das Ziel dieser Politik zu sein. Wie in den anderen Bereichen der Umweltproblematik 106 bestehen auch bei der Internationalen Umweltpolitik die Gefahren einer sachfremden „Bepackung" oder „Okkupation" dieses populären Themas mit anderen internationalen Problemkomplexen. Damit werden also Umweltfragen nur als Mittel zur Verfolgung fremder Zwecke mißbraucht, regelmäßig zum Nachteil der eigentlichen Umweltschutzgüter. Solche Einflußnahmen können in mehrfacher Form geschehen: — Die Umweltpolitik ist nur Vorwand für die Verfolgung anderer Ziele („Okkupation"). — Die Umweltpolitik wird so sehr mit abgeleiteten politischen Materien befrachtet, daß die eigentlichen Umweltbereiche darunter verschwinden („Bepackung"). — Schließlich kann die Umweltpolitik durch das Vorschieben anderer politischer Prioritäten, die die Mitbeteiligten dadurch zu einem Kurswechsel zwingt, behindert oder hintertrieben werden („Blockade").

Die bereits skizzierten Anfälligkeiten des Umweltthemas können also als Einfallstore für Politisierungen verschiedenster Art dienen 107 : — Für die Okkupation z. B. die internationale Friedens- und Menschenrechtspolitik. — Für die Bepackung die internationale Sozial- und Entwicklungspolitik. — Für die Blockade gewisse Aspekte der internationalen Wirtschaftspolitik.

Zwar ist Umweltpolitik letzten Endes auch Friedens- und Sicherheitspolitik, da sie auf einen Interessenausgleich hinsichtlich der umweltgerechten Verteilung nationaler und internationaler natürlicher Ressourcen hinzielt und — wie bereits festgestellt — mehr zum Inhalt haben muß als den bloßen Umweltschutz l0 S. Eine zu einseitige Betonung dieser Aspekte mit allen ideologischpolitischen Einfarbungen (Anti-Kolonialismus- und Imperialismus-Debatte; die Hervorhebung der Umweltgefahrdung durch Kriegshandlungen; der sicher nötige Kampf um die Ächtung von B- und C-Waffen; die Abrüstungsdebatte usw.) würde die zentralen „zivilen" und drängenden Seiten der Umweltfrage vernachlässigen und über die grundsätzlichen Fragen von Krieg und Frieden die nötige Alltagsarbeit der Umweltbewahrung in den Hintergrund drängen. Dem Umweltthema werden so Probleme aufgebürdet, deren Lösung von der Umweltpolitik allein unmöglich erwartet werden kann 1 0 9 .

105

Steiger (Anm. 7), S. 360. Dazu oben I. und II. des 2. Kapitels. 107 Zur institutionellen Politisierung der Internationalen Organisationen s. im folgenden 3. Kapitel und in Teil D. 108 s. oben 2. des II. Abschnitts. 109 So überzeugend Steiger (Anm. 7), S. 349/350. 106

II. Gesellschaftlich-politische Dimension

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Ähnliches gilt für die Menschenrechtsfrage, die eng mit den Fragen der internationalen Wirtschafts-, Sozial- und Entwicklungspolitik zusammenhängt. Zwar kann nur eine einigermaßen intakte Umwelt auch einen erhöhten (gesunden) Lebensstandard gewährleisten. Dies wäre aber nur eine mittelbare Folge der Umweltpolitik 1 1 0 . Würden vordringliche Umweltmaßnahmen schon im Ansatz mit sozialen Fragen befrachtet, so wären die meist schmal bemessenen materiellen, finanziellen (UNEP Environmental Fund 1983 55 Mio. Dollar) und personellen Kapazitäten der Umweltorganisationen rasch erschöpft. Würde die internationale Umweltpolitik daher zur Politik der „sozialen Umwelt" umgebogen, so stünde sie jeder Politisierung und Ideologisierung offen. Der zusätzlichen Bepackung der Internationalen Umweltpolitik mit wirtschaftspolitischen- und entwicklungspolitischen Fragen liegt die Ansicht der Entwicklungsländer zugrunde, ihre Umweltprobleme beruhten viel eher auf ihrer wirtschaftlichen und sozialen Unterentwicklung als auf der Gefahrdung oder Schädigung der jeweiligen nationalen Umwelt selbst 111 . Diese Länder befürchteten deshalb bereits auf der Stockholmer Konferenz 1972, daß eine verstärkte Umweltpolitik der Industrieländer ihre eigene wirtschaftliche Entwicklung in mehrfacher Weise erschweren könnte 1 1 2 . — Zum einen durch die Aufrichtung umweltschützender Hemmnisse zu Lasten ihres Handels und ihrer Industrie, die den geforderten Umweltstandards nicht entsprechen könne. — Zum anderen bestehe die Gefahr, daß durch die vergrößerten Umweltanstrengungen die Entwicklungshilfebudgets der Industrieländer geschmälert würden.

Damit treffen in der internationalen Diskussion Fragen der Umweltpolitik mit dem Themenkomplex der Forderungen der Entwicklungsländer nach Ausarbeitung einer „Neuen Internationalen Wirtschaftsordnung" zusammen 1 1 3 . Zur Beruhigung der Entwicklungsländer wurde in Stockholm daher die These vorgetragen, daß sowohl Umwelt- wie Entwicklungspolitik dasselbe Ziel verfolgten 114 . Letztlich sei also eine Synthese beider Politiken in Bezug auf die Entwicklungsländer anzustreben 115 .

110

Steiger plädiert deshalb für eine „integrierte Umweltpolitik" in bezug auf die sozialen Aspekte der Umweltfragen (Anm. 7), S. 352, da sich Umwelt und soziale Fragen letztlich nicht voneinander trennen ließen. Eine Vertiefung dieser Fragen kann angesichts der Themenstellung der Arbeit hier jedoch nicht geleistet werden. Bezüglich der Lage Internationaler Organisationen kann auf die Behandlung der Stockholmer Umweltkonferenz 1972 in den Teilen C und D verwiesen werden. 111 Steiger (Anm. 7), S. 351. 112 Vgl. im einzelnen Steiger (Anm. 7), S. 358. 113 Allgemein dazu Kemper, Nationale Verfügung über natürliche Ressourcen und die Neue Weltwirtschaftsordnung der Vereinigten Nationen, 1976.

44

2. Kapitel: Umweltthematik und Internationale Organisationen

Die Gefahr einer „Blockade" vieler international notwendiger Umweltmaßnahmen durch die internationale Wirtschafts- und Finanzpolitik droht ebenfalls in vielerlei Gestalt: Bevor man sich internationalen Beschränkungen unterwirft, sucht man die nationalen Ressourcen soweit wie möglich zu nutzen (Raubbau an Wäldern, Abbau von Bodenschätzen), um sich die kurzfristigen Vorteile niedriger Preise zu erhalten, ungeachtet der wesentlich kostspieligeren Spätfolgen einer beschädigten Umwelt. Es besteht deshalb die Gefahr, daß eine bereits bestehende Vorbelastung der Umwelt in einem Staat die anliegenden Staaten aus wirtschaftlichen Gründen veranlaßt, zunächst einmal „gleichzuziehen" 116 . Schließlich können mit dem Vorschieben wettbewerblicher Argumente Barrieren mit „schutzzollgleicher" Wirkung gegenüber der Übernahme internationaler Umweltstandards errichtet werden. Umweltauflagen können zudem zu „nichttarifaren Handelshemmnissen" aufgebaut werden 117 . Die vorstehend angerissenen Fragen sind nicht nur geeignet, die Internationale Umweltpolitik auszuweiten und zu verfälschen, sie üben auch vielfachen Einfluß „von außen her" auf diese Politik aus und bilden so den Unterbau, auf dem sich eine Umweltpolitik erst herausbilden kann. Zu diesem Unterbau gehört zum einen der Bestand und die Verfügungsgewalt der Staaten über ihre nationalen Hilfsquellen (Öl, Minerale, Kohle, Erdgas usw.). Darüber bestimmen also allein die Staaten selbst. Die unterschiedliche Verteilung dieser Reichtümer macht die Staaten voneinander abhängig 118 . Ohne die Berücksichtigung dieser Sachlagen ist eine Umweltpolitik schwerlich möglich. Dasselbe gilt für die Berücksichtigung der jeweiligen nationalen Interessen in der Wirtschafts-, Sozial- und Entwicklungspolitik, wie sie bereits wiederholt angeklungen sind 1 1 9 . Wie umfassend endlich der „Unterbau" einer internationalen Umweltpolitik eingeschätzt wird, zeigt der Katalog der Empfehlungen, den die Stockholmer Umweltkonferenz 1972 aufgestellt hat (z.B. die Erhaltung der genetischen Hilfsquellen der Erde, Empfehlung 43) 1 2 0 .

114

So Maurice Strong (Generalsekretär der Stockholmer Umweltkonferenz 1972), Prot. A / C . 2/SR 1466 v. 23.10.1972, S. 3. 115 Doc. A/Conf. 48/10, S. 3. Ob die Umweltpolitik aber „ M o t o r " der Entwicklungspolitik werden kann, ist zweifelhaft, wenngleich hier sicher Berührungspunkte bestehen. So kann die Verbesserung natürlicher Anbaumethoden dem Bodenertrag zugutekommen. Wiederaufforstungen können auch finanziell Vorteile für ein Entwicklungsland erbringen. 116 Dazu den Diskussionsbericht von Kilian, in: Bothe/Prieur/Ress, Rechtsfragen grenzüberschreitender Umweltbelastungen, 1984, S. 57 (60). 117 Vgl. Steiger (Anm. 7), S. 361. 118 Vgl. Steiger (Anm. 7), S. 354/355. 119 s.a. Steiger (Anm. 7), S. 357. 120 Doc. A/Conf. 48/14 vom 3. Juli 1972; abgedruckt z.B. in the Results from Stockholm, Beiträge zur Umweltgestaltung A 10, 1972, dt. S. 159ff.

II. Gesellschaftlich-politische Dimension

45

Umgekehrt bedingt die Internationale Umweltpolitik aber auch mancherlei Einflußnahmen auf die nationalen und regionalen Umweltpolitiken 121 : Mehr als die Summe nationaler Umweltpolitiken steht die Internationale Umweltpolitik in einem ständigen Wechselspiel, das auf Koordination der nationalen Politiken hinzielt 1 2 2 . Dies darf nicht zu dem Trugschluß führen, daß die nationalen Politiken im Umweltbereich angesichts der „über"-nationalen Umweltprobleme am Ende überflüssig würden 1 2 3 . Dies gilt jedenfalls nicht für die Kernbereiche der Politik (Innen, Außen, Wirtschaft, Verteidigung); zudem schafft die nationale Politik zumeist erst die materiellen, finanziellen und rechtlichen Voraussetzungen, damit sich solche transnationalen Interaktionsfelder bilden können 1 2 4 . Für den Umweltbereich gilt somit nichts anderes: Eine Weltgesellschaft wird noch lange ein Wunschtraum bleiben, so daß weiterhin mit den Nationalstaaten als Grundelementen und maßgeblichen Trägern der internationalen Politik zu rechnen ist 1 2 5 . Eine realistische Sichtweise muß sogar die erwähnte Re-Nationalisierung vieler internationaler Bereiche voraussetzen 1 2 6 . Trotz einer gewissen Relativierung des Staateneinflusses auf den Verlauf der internationalen Politik werden also transnationale Gebilde wie die Internationalen Organisationen auch im Umweltbereich die Staaten nicht verdrängen können. Da aber gerade die internationale Umweltproblematik zur Entwicklung von Lösungen vordringlich auf Zusammenarbeit angewiesen ist, kommt diesen Organisationen im Verhältnis zu den einzelnen staatlichen Umweltpolitiken eine zentrale „Mittlerfunktion" z u 1 2 7 . 4. Zusammenfassung Die Entwicklung der Umweltthematik kann von den gesellschaftlichen Strömungen nicht losgelöst werden. Zwar stehen die Internationalen Organisa121 Ein Beispiel dafür ist der Druck der OECD auf ihre Mitgliedstaaten, die Verfahrensbeteiligung und die Klagemöglichkeiten ausländischer Grenznachbarn im Umweltschutz zu verbessern; Oppermann/Kilian (Anm. 37), S. 30ff. und 116ff. 122

s.a. Steiger (Anm. 7), S. 363. Zwar ist es richtig, daß sich im internationalen System zunehmend sog. „Interaktionsfelder" in Wissenschaft, Technik und Kommunikation bilden, die durch ihre Eigengesetzlichkeiten mehr und mehr die räumlich-segmentären staatlichen Gebilde zu überwinden beginnen. Dies trifft aber eher für den privaten Bereich (multinationale Unternehmen, Wissenschaftsaustausch) zu, nicht aber für die „hoheitliche" Tätigkeit der Staaten, s. Steiger (Anm. 7), S. 369 unter Verweis auf Luhmann, Die Weltgesellschaft, ARSP Bd. 57 (1971), S. 1-35 und Rechtssoziologie 2, 1972, S. 333-343. 123

124 Vgl. dazu am Beispiel des internationalen Kulturaustausches Kilian, Auswärtige Kulturpolitik zwischen kultureller Autonomie und staatlicher Lenkung, in: Birk/Dittmann/Erhardt, Kulturverwaltungsrecht im Wandel, 1981, S. 111 (112f.). 125

126 v 127

Steiger (Anm. 7), S. 381 und 389. g L I i d e s Einleitungskapitels. Dazu eingehend in Teil D.

46

2. Kapitel: Umweltthematik und Internationale Organisationen

tionen diesen Strömungen ferner, als es bei den Regierungen und staatlichen Apparaten vielfach der Fall ist. Gerade dies könnte sie aber möglicherweise dazu ausersehen, zum Partner oder gar „Anwalt" der Gesellschaft gegenüber den oft starren und unflexiblen Haltungen vieler Staaten bzw. deren Bürokratien in Umweltbelangen zu werden 128 . Der allgemeinen Gefahr der Ideologisierung und Politisierung der internationalen Umweltpolitik unterliegen in hohem Maße auch die Internationalen Organisationen. Da aber die Zusammenarbeit im Umweltbereich oberste Maxime ist, müssen gerade sie bei ihrer Arbeit für alle (Sach-)Interessen offen sein. Neben der allgemeinen Politisierungsgefahr bestehen insbesondere Gefahrdungen durch eine Befrachtung der Umweltpolitik mit Themen, die ihr entweder zu fern stehen, oder die sie mit Lösungsforderungen für Probleme belasten, denen sie nicht gewachsen ist. Ein wesentliches „Einfallstor" für derartige Belastungen stellt vor allem die Internationale Entwicklungspolitik dar. Der Internationalen Umweltpolitik kommt gegenüber den nationalen grenzüberschreitenden Umweltpolitiken eine besondere Qualität zu, die sie zur Ergänzung der nationalen Politiken wie zu deren Koordination bestimmt. Eine wichtige Rolle haben dabei die Internationalen Organisationen zu spielen: Sie gehören zu den „Vermittlern" internationaler Umweltpolitik, die sich je nach den Gegebenheiten international-global (etwa Weltmeere) abspielen kann, aber auch regional (etwa in Europa), subregional (etwa Mittelmeer), in staatlichen Nachbarschaftsverhältnissen (etwa Rheinanlieger) oder vor Ort selbst (etwa in einem Entwicklungsland). Die „Internationale Umweltpolitik" kann sich somit in „horizontalen Schichten" — etwa geographisch bedingt — als auch „vertikal" in Umweltmedien (Wasser), Umweltgefahrdungen (Chlorid-Einleitungen in die Flüsse) oder aber in Schutzgütern (Trinkwasserversorgung) manifestieren.

I I I . Die rechtliche Dimension der Umweltproblematik Î. Umriß des Internationalen

Umweltrechts

Wie in anderen internationalen Materien, kommt dem Recht auch im nationalen wie internationalen Umweltbereich eine zentrale Rolle zu. M i t der Rechtssetzung sollen die ausgehandelten politischen Entscheidungen in eine für alle verbindliche Form übertragen werden. Sowohl das nationale 129 wie das internationale Umweltrecht 130 stellen ein verhältnismäßig junges Rechtsgebiet 128 129

Dazu ebenfalls in Teil D.

s. etwa Senig, Neue Literatur zu Umweltfragen und einige ergänzende Gedanken zur Neuerungs(un)fahigkeit der Rechtsprechung, Natur + Recht, 1982, S. 94ff. m.w.N. 130 Knappe Überblicke über das Internationale Umweltrecht finden sich erst in den jüngsten Gesamtdarstellungen des Völkerrechts, so z. B. bei Zehetner, in: Neuhold/Hum-

III. Rechtliche Dimension

47

dar, das sich weitgehend noch in der Entwicklung befindet 131 . Wie die Masse des bereits gesetzten Rechts zeigt, verläuft diese Entwicklung sehr dynamisch und ist noch lange nicht abgeschlossen. Die jahrzehntelange Vernachlässigung der Belange von Natur und Umwelt hatten einen riesigen Nachholbedarf erzeugt, ehe von einem nennenswerten „Schutz" — von einer „präventiven" Umweltgestaltung ganz abgesehen — durch das Recht überhaupt die Rede sein konnte. Wie in so vielen Situationen, hinkte auch in diesem Fall das Recht der geänderten Bewußtseinslage zunächst einmal nach. Die Erwartungen der Öffentlichkeit waren gleichwohl geweckt; als ihnen nicht sogleich nachgekommen werden konnte, wurden rasch „Regelungslücken" festgestellt. Da dieses Recht wegen der Neuheit und Unübersichtlichkeit der Materie nur schleppend angewandt wurde, entstand das Wort vom „ Vollzugsdefizit" des Umweltrechts. Diese Erscheinungsformen trafen sowohl auf das nationale wie auf das internationale Umweltrecht zu, wobei dem internationalen Recht Schwierigkeiten bei der Rechtsdurchsetzung und Vollstreckung allerdings immanent sind. Immerhin lassen sich hier deutliche Parallelen zwischen dem nationalen und dem internationalen Umweltrecht erkennen: dort trat an die Stelle des Vollzugsdefizits der Begriff des „gap" zwischen den internationalen Äußerungen und deren tatsächlichen Auswirkungen auf Staatenebene. Wie bei den Umweltmaterien und bei der Umweltpolitik bedarf auch die Feststellung dessen, was als Internationales Umweltrecht vernünftigerweise zu bezeichnen ist, einer Konzentration auf die Umweltmedien, die Umweltgefahrdungen und die Umweltschutzgüter. Was sich außerhalb dieser drei Ordnungsmaßnahmen befindet, ist kein Umweltrecht im eigentlichen Sinn. Internationales Umweltrecht ist demnach die Summe all dessen, was für die Völkerrechtssubjektive in den genannten Bereichen für Recht gilt. Als Beginn und Ursprung dieses Rechtsgebietes gilt das Internationale Wasserrecht, das maßgeblich von Max Huber in seinen 1907 aufgestellten Regeln über die Grenzgewässer beeinflußt wurde 1 3 2 . Eine weitere Quelle bildet das allgemeine völkerrechtliche Nachbarrecht 133 , später kam die Entwicklung mer/Schreuer (Anm. 6), S. 334ff.; bei Mössner, Einführung in das Völkerrecht, 1977, S. 230ff.; bei Weber jv. Wedel, Grundkurs Völkerrecht, 1977, S. 293 ff.; bei Kimminich, Einführung in das Völkerrecht, 2. A. 1983, S. 408 und bei Seidl-Hohenveldern, Völkerrecht, 5. A. 1984, Rd. 1146a-1153a. Auf den Schutz der Meeresumwelt wird bei NeuholdI Hummer ! Schreuer (Hafner, S. 323 f.) und bei Seidl-Hohenveldern (Rd. 927 e-g) gesondert eingegangen. Weitere Überblicke bei Castel, International Law, 3rd Ed., 1976, S. 723 ff. und bei Starke, Introduction to International Law, 9th Ed. 1984, S. 376ff. insbes. zum Verhältnis von Umweltrecht und Entwicklung. 131 s. dazu Lang, Die Verrechtlichung des internationalen Umweltschutzes, AVR 1984, S. 383 ff. 132 s. Ein Beitrag zur Lehre von der Gebietshoheit an Grenzflüssen, Zeitschrift für Völkerrecht und Bundesstaatsrecht, 1907, S. 163 f. 133 Dazu OppermannI Kilian (Anm. 37), S. 13 ff. und insbesondere Klein, Umweltschutz im völkerrechtlichen Nachbarrecht, 1976, S. 78 ff.

48

2. Kapitel: Umweltthematik und Internationale Organisationen

im Seerecht hinzu 1 3 4 . Als zusätzliche Einflüsse müssen gerade im Umweltrecht die nationalen Rechtsentwicklungen genannt werden, durch die über die Herausbildung „allgemeiner Rechtsgrundsätze" (Art. 38 Abs. 1 c) IGH-Statut) neue Regeln in das Völkerrecht einzufließen beginnen 135 . Das entstehende Völkergewohnheitsrecht kann sich im Umweltbereich nur auf sehr wenige international entschiedene Fälle stützen („Trail Smelter", „Lac Lanoux", „Korfu Kanal"), von denen der letzte Fall gar nichts mit Umweltfragen zu tun hatte. Hinzu kam die Arbeit internationaler juristischer Kommissionen (etwa I L C und I L A ) und Einrichtungen (etwa die IJC von Kanada und der USA, OECD, EG usw.). Auf allen Umweltsektoren wurden insbesondere unter dem Eindruck der Stockholmer Umweltkonferenz 1972 eine große Anzahl bi- und multinationaler Abkommen sowie Konventionen aller Art geschlossen, während die Herausbildung allgemeiner Regeln des Völkergewohnheitsrechts wesentlich langsamer verlief. Abgesehen von regionalen „Verdichtungen" des internationalen Umweltrechts gewann im Völkervertragsrecht vor allem das Meeres-Umweltrecht eine Schrittmacherfunktion 136 . Hier wurde 1954 mit dem „Abkommen zur Verhütung der Verschmutzung der See durch Ö l " 1 3 7 die älteste „echte" Umweltübereinkunft erzielt. Die jüngsten Umweltrechtsbestrebungen befassen sich z.B. mit der Umweltproblematik beim Meeresbergbau 138 , in der Antarktis 1 3 9 , im Weltraum 1 4 0 sowie im Verlauf von Kriegshandlungen 141 . Das internationale Umweltrecht 142 setzt sich in einem umfassenden Sinne demnach aus drei Schichtungen zusammen: (1) Aus dem bereits sehr umfassend gewordenen Völkervertragsrecht. Es ist von einer unterschiedlichen Verdichtung in bestimmten Umweltbereichen und von großer Unübersichtlichkeit gekennzeichnet143.

134 Dazu z. B. Kehden, Seeschiffahrt und Meeresumweltschutz, in: Graf Vitzthum (Hrsg.), Die Plünderung der Meere, 1981, S. 247 f. 135

Zu diesen Prinzipien s. weiter in diesem Abschnitt. Bemerkenswert ist in diesem Sektor die meist regionale Beschränkung (Ostsee 1974; Mittelmeer 1978) sowie die Vorgehensweise nach Verschmutzungsquellen: von Schiffen aus, vom Land aus; durch Ablagerungen, durch „Verklappung" usw., vgl. auch Hafner, in: Neuhold/Hummer/Schreuer (Anm. 6), S. 324, Rd. 1720. 137 BGBl. I I 1956, S. 379. 136

138 s. dazu Thiel, Verschmutzung und Vergiftung der Meere, in: Graf Vitzthum (Anm. 134), S. 131 ff. 139 Dazu Burhenne, Internationales Umweltrecht, in: Salzwedel (Hrsg.), Grundzüge des Umweltrechts, Beiträge zur Umweltgestaltung A 80, 1982, S. 659ff. (692ff.). 140 s. Burhenne (Anm. 139), S. 71 Iff. 141 s. Burhenne (Anm. 139), S. 720 ff. 142 Einen materialreichen Überblick über dieses Rechtsgebiet gibt Burhenne (Anm. 139).

III. Rechtliche Dimension

49

(2) Aus dem Völkergewohnheitsrecht und den darin einfließenden allgemeinen Rechtsgrundsätzen der Staaten. Der Bestand an Regeln des Völkergewohnheitsrechts ist im Umweltbereich nach wie vor außerordentlich klein 1 4 4 . (3) Schließlich der wie das Vertragsrecht ebenfalls fast unübersehbar gewordene Bereich von Äußerungen Internationaler Organisationen, die in den Formen einer Resolution, Entscheidung, Entschließung, Erklärung, Empfehlung, eines Beschlusses oder als Charta und Programm usw. gefaßt werden 145 . Die dogmatische Einordnung dieser Äußerungen als Rechtsquelle des Völkerrechts und das Problem, welchen Grad an Verbindlichkeit — wenn überhaupt — solcher Verlautbarung zukommt, ist eine der noch nicht endgültig entschiedenen Kontroversen 146 . Auch die Diskussion des Internationalen Umweltrechts kann sich also davon nicht freizeichnen 147 .

Aus diesen Quellen schöpfend, entwickelt das Internationale Umweltrecht eigene Denkelemente, die sich in einer speziellen Terminologie und in der Herausbildung von Prinzipien niederschlagen. Aus diesen Elementen formen sich die Umrisse einer allgemeinen Dogmatik des Umweltvölkerrechts. Zu dessen Terminologie gehören zum Beispiel Begriffe wie — „transfrontier pollution", — „equal treatment", — „ultra hazardous activity" oder — „shared natural resources".

Zu den sich herausbildenden Prinzipien gehören zum Beispiel das — „Verursacherprinzip", ( = polluter-pays principle) — „Vorsorgeprinzip" und das —

„Kooperationsprinzip". 148

143 s. dazu die Sammlungen von Rüster / Simma / Bock in nunmehr dreißig Bänden (Anm. 12) und von Burhenne, Internationales Umweltrecht — Multilaterale Verträge —, Beiträge zur Umweltgestaltung Β 7, 1974ff. in vier Quartbänden. 144 s. dazu die Zusammenstellung bei Oppermann /Kilian (Anm. 37), S. 16 m. w. N. und Oppermann, Gesetzte Normen des Völkerrechts zum Umweltschutz und die Grundlagen und Verfahren ihres Erlasses, in: Götz/Rauschning/Zieger, Umweltschutz und Internationale Wirtschaft, 1975, S. 5ff. (13). 145 Vieles davon ist ebenfalls in der Sammlung von Rüster/ Simma/ Bock (Anm. 12) zusammengetragen. 146 s.a. die knappgefaßten Äußerungen zu dieser Problematik von Ginther, S. 38, Rd. 196/7; Schreuer, S. 89; Karl, S. 100, Rd. 512 und Fischer, S. 346, Rd. 1846, in: Neuhold/Hummer/Schreuer (Anm. 6). 147 Lang (Anm. 131), S. 304 weist jenem Bereich wichtige Funktionen bei der Überwindung von „toten Punkten" bei „hard law"-Verhandlungen zu. S.i.ü. auch Teil C und D. 148 Diese Prinzipien sind aus nationalen Rechtskreisen hervorgegangen. Zum deutschen Recht vgl. dazu Storm , Umweltrecht, Einführung in ein neues Rechtsgebiet, 1980, S. 17. s.a. OECD, The Polluter Pays Principle, Definition, Analysis, Implementation, 1975.

4 Kilian

2. Kapitel: Umweltthematik und Internationale Organisationen

50

Das allgemeine Völkerrecht steuert Rechtsgedanken zum Beispiel für das spezielle Problem grenzüberschreitender Umweltbelastungen bei, aus denen dann konkrete Rechtspflichten erwachsen können. So werden aus dem völkerrechtlichen Kooperationsprinzip des Nachbarrechts zum Beispiel —

Informationspflichten



Stellungnahmepflichten



Konsultationspflichten 149

und bisweilen sogar Verhandlungs- und Konzertationspflichten abgeleitet. Den gesamten Komplex des Nachbarschaftsverhältnisses im Umweltbereich sucht man mit dem Prinzip der — „beschränkten territorialen Integrität und Souveränität der Staaten"

in den Griff zu bekommen 150 . Ohne eine umfassende Dogmatik dieses Rechtsgebiets bieten zu wollen 1 5 1 , können aus den aufgeführten Begriffen und Prinzipien folgende dogmatische Leitlinien entwickelt werden: Es ist offensichtlich, daß die zitierten zentralen Schlüsselbegriffe und Prinzipien in ihrem Kern Elemente des offenen Ausgleichs und der verantwortungsbewußten Zusammenarbeit in sich vereinigen. Dies wird auch an einigen „Topoi" deutlich, die in jüngster Zeit Gegenstand der umweltbezogenen völkerrechtlichen Diskussion waren bzw. weiter sind: (1) Ausprägungen des Koordinationsgedankens sind z.B. die Versuche, gemeinsame Umweltstandards zu entwickeln und generell eine Rechtsangleichung im Umweltrecht anzustreben 152 . In diesem Bereich gehören auch die Fragen der grenzüberschreitenden Verfahrensbeteiligung bei der Errichtung umweltrelevanter Anlagen samt den Debatten um die Staatenverantwortlichkeit und den Rechtsschutz des Bürgers gegenüber Staaten im Umweltschutz 153 . (2) Zum Topos der „ Verantwortlichkeif und „ Verantwortung" (responsibility) gehören etwa die Maßnahmen des Artenschutzes 154 , die Verantwortung gegenüber der

149

Vgl. Zehetner, Verfahrenspflichten bei der Zulassung umweltbelastender Anlagen, in: Bothe/Prieur/Ress (Anm. 116), S. 43 ff. 150 Kilian (Anm. 116), S. 57 und Zehetner (Anm. 149), S. 48. 151 Vgl. dazu Rauschning (Anm. 93) und Oppermann (Anm. 144). 152 Dazu Bothe, The trends in both national and international politics for achieving a unification of standards in pollution matters, Zeitschrift für Umweltpolitik 1979, S. 293 ff. sowie Seidl-Hohenveldern, Rechtsvergleichung und internationaler Umweltschutz, ZfRV 1976, S. 254ff. 153 Aus der neusten Literatur hierzu z.B. Kiss , The International Protection of the Environment, in: MacDonald / Johnston (Eds.), The Structure and Process of International Law, 1983, S. 1069ff. (1075f.).

III. Rechtliche Dimension

51

Luftverschmutzung über große Entfernung hinweg („long distance air-pollution") 1 5 5 , der Inhalt dessen, was in der „charter for nature" der UN-Vollversammlung zusammengefaßt worden ist 1 5 6 , vor allem aber die Haftung für „ultra hazardous activities" etwa bei atomgetriebenen Anlagen, Schiffen und bei der Lagerung atomarer Abfalle. (3) Zum Postulat (wohl noch kein Rechtsprinzip) der Zusammenarbeit (Kooperation) gehören z.B. Fragen der grenzüberschreitenden Raumplanung 157 , der grenzüberschreitenden kommunalen Zusammenarbeit 158 und der Nachbarschaftshilfe in (Umwelt-)Notfallen. 159 Dabei ist offenkundig, daß sich die hier aufgeführten Begriffskreise i n mancherlei Weise überschneiden u n d so ein Gefüge rechtlicher Pflichten u n d Rechtsgedanken schaffen, das dann für den konkreten F a l l zumindest als Richtschnur dienen kann. V o n den i n der Umweltdiskussion zentralen Gedanken der Partnerschaft u n d der Verantwortung führt ein direkter Weg zu den Begriffsbildungen der „,shared natural resources " u n d des „common heritage of mankind Während der Begriff der „shared natural resources" bereits i n den juristischen Sprachgebrauch des Umwelt-Völkerrechts übernommen wurde, w i r d der „common-heritage"Begriff nach wie vor eher unter politischen Aspekten gesehen, bisweilen sogar als „Leerformel" q u a l i f i z i e r t 1 6 0 . Dient der Begriff „(shared) natural resources" als Bestätigung der jeweiligen nationalen Souveränität über diese Ressourcen 1 6 1 , 154 Vgl. z. B. das Übereinkommen über den internationalen Handel mit gefährdeten Arten freilebender Tiere und Pflanzen vom 3.3.1973 (Washingtoner Artenschutzabkommen), BGBl. I I 1975, S. 773; dazu Burhenne (Anm. 139), S. 696ff. 155 s. das Genfer Übereinkommen über weiträumige grenzüberschreitende Luftverunreinigung vom 13.11.1979; abgedruckt z.B. bei NeuholdIHummerISchreuer (Anm. 6), Bd. 2, S. 393 (S. 295). 156 Dazu eingehend Burhenne j Irwin, The World Charter for Nature, Beiträge zur Umweltgestaltung A 90, 1983. Die Charta datiert vom 29.10.1982 und stellt kein verbindliches Recht dar. Ausführlich dazu im 12. Kapitel. 157 Dazu Bleicher, Staatsgrenzen überschreitende Raumordnung, 1981; sowie Froh1er ! Oberndorfer ! Zehetner, Rechtsprobleme grenzüberschreitender Raumplanung, 1977. 158 Etwa Oehm, Rechtsprobleme Staatsgrenzenüberschreitender interkommunaler Zusammenarbeit, 1982. s.a. das „Europäische Rahmenübereinkommen über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen Gebietskörperschaften" des Europarats vom 21. 5.1980, European Treaty Series No. 106. 159 s. dazu Bruha, Internationale Regelungen zum Schutz vor technisch-industriellen Umweltnotfallen, ZaöRV 1984, S. 1 ff. Allgemein zur Frage der Verantwortlichkeit etwa Kimminich, Völkerrechtliche Haftung für das Handeln Privater im Bereich des internationalen Umweltschutzes, AVR 1984, S. 241 ff. m.w.N. 160

So Bückling, Zur juristischen Substanzlosigkeit des Begriffs: Gemeinsames Erbe der Menschheit, DRiZ 1981, S. 288 f. s. a. Kewenig, Common heritage of mankind-politischer Slogan oder völkerrechtlicher Schlüsselbegriff? in: FS für Schlochauer, 1981, S. 385 ff. 161 Zehetner in: Bothe/Prieur/Ress, (Anm. 116), S. 47f., wobei diese Herrschaft allerdings verantwortungsbewußt auszuüben ist, damit die Rechtsgüter anderer Staaten nicht mehr als zumutbar belastet werden. 4*

52

2. Kapitel: Umweltthematik und Internationale Organisationen

betont der „common-heritage"-Begriff nicht die Souveränität über etwas (national resources), sondern die Verantwortlichkeit für ein solches Gut gegenüber der Gesamtheit aller Staaten 162 . „Common heritage" bedeutet aber nicht nur im nationalen Souveränitätsrahmen einen verantwortlichen Umgang mit den örtlichen Gütern stellvertretend für die Weltgesamtheit. Seinen eigentlichen Ursprung fand der Begriff des „common heritage" bei den staatsfreien Räumen der Weltmeere, des Meeresbodens, des Weltraums u. ä. Diese Güter sollten zum Gemeingut der gesamten Menschheit im Sinne einer „Allmende" erklärt werden. Während es hier aber um den gerechten Nutzungszugang aller Staaten zu diesem „Welterbe" ging, kann der Gedanke im Umweltbereich möglicherweise schärfer gefaßt und eher in rechtliche Folgerungen einbezogen werden 163 . Man sollte den „common-heritage"-Gedanken im Umweltrecht daher weniger unter den wirtschaftlich ausgerichteten Teilhabeaspekten als unter dem Gesichtspunkt einer jeden Einzelstaat treffenden Verantwortung für das Ganze bei der Ordnung seiner Umweltangelegenheiten betrachten. Hier wäre dieser Begriff über einen rein moralisch-psychologischen Appell hinaus auch rechtlich bei der Ausformung der Prinzipien der Staatenverantwortlichkeit (responsibility) und der Haftung (liability) im Umweltbereich von Nutzen 1 6 4 . Dazu wäre völkerrechtsdogmatisch nicht vom Begriff her (deduktiv) vorzugehen, vielmehr müßten induktiv die konkreten Umweltgefahrdungen festgestellt werden. Aus dem Bestehen von Fallgruppen könnte man dann nach der Methode des „case law" auf das Vorhandensein eines allgemeinen Rechtsprinzips des „common heritage" schließen. Nur so könnten auch dessen vage Konturen geschärft und eingegrenzt werden 165 . Von diesen Gedanken ist es nur ein kurzer Schritt zur Verantwortung nicht nur der Staaten, sondern auch der Internationalen Organisationen im Umweltbereich. Es wäre denkbar, sich diese Einrichtungen als neutrale und objektive „Hüter" des „common heritage" der Gesamtheit der Umweltgüter vorzustellen 1 6 6 . 162

Steiger verwendet in diesem Zusammenhang den Begriff des „Trust" (Anm. 153),

S. 355. 163 Kiss (Anm. 153), S. 1083 nennt derartige Sachverhalte im Umweltbereich allerdings „Common Concern of Mankind", er vermeidet so den „heritage"-Einschlag. 164 Solche Gesamtverantwortungsaspekte zeigen sich auch im Schlagwort des „Only One Earth", das sich in der Benennung des „Earth Watch"-Programms des UNEP niedergeschlagen hat. s. dazu unter Teil C (UNEP). 165 Ausführlich zum „Common Heritage"-Prinzip Fleischer, The International Concern for the Environment: THe Concept of Common Heritage, in: Bothe (Hrsg.), Trends in Environmental Policy and Law, Beiträge zur Umweltgestaltung A 69, 1980, S. 321 ff. sowie Kewenig (Anm. 160), S. 385 ff. 166 Es wäre hier allerdings zu bedenken, ob damit nicht ein erster Schritt in Richtung auf eine „sektorale Umweltordnung" mit allen ihren Begleiterscheinungen gemacht würde. Vgl. dazu Teil D.

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III. Rechtliche Dimension

Angesichts der nach wie vor wirksamen nationalen Souveränität über den größten Teil der Umweltmedien muß das Umweltvölkerrecht realistischerweise eher auf freiwillig übernommener Verantwortung denn auf erzwungenem Handeln der Staaten basieren 167 . Dem präziser zu fassenden, auf dem Prinzip der Freiwilligkeit (Vertragsfreiheit) beruhenden Völkervertragsrecht dürfte demnach größere Effizienz zukommen (pacta sunt servanda) als dem schwer feststellbaren und sich nur langsam durchsetzenden Völkergewohnheitsrecht 168 . Dessen Regeln können daher eher dazu dienen, generelle Ziele und Handlungsrahmen für einen wünschbaren Interessenausgleich bei der Behandlung der Umweltressourcen zu setzen 169 . Diese Skizze sollte also verdeutlichen, daß es sich beim Internationalen Umweltrecht nicht um ein geschlossenes, gar auf Zwang beruhendes System handeln kann. Vielmehr stellt sich seine Dogmatik — soweit sie überhaupt erst vorhanden ist — pragmatisch und offen, damit aber auch in hohem Maße ausfüllungsbedürftig dar. Vordringlicher schien es 1972 deshalb zu sein, zunächst grobe Verfahrensregeln (Grundsätze 21 bis 24 der StockholmResolution), vor allem aber Organisationsformen (Grundsatz 25, Gründung des UNEP) als „Erkenntnisinstrumente" zu entwickeln 170 . Erst danach folgten Ansätze für eine umfassendere Konzeption des materiellen Umweltvölkerrechts 171 . 2. Grundprobleme des Internationalen

Umweltrechts

Die unterschiedlichen nationalen Rechtsordnungen machen es zunächst notwendig, den äußeren Rahmen für künftige gemeinsame „Umweltstandards" zu setzen 172 . Es bedarf hier intensiver rechtstatsächlicher Forschungsarbeit der Internationalen Organisationen 173 und einer möglichst lückenlosen Informa167

s.a. Steiger (Anm. 7), S. 378. Zur Entwicklung des Umwelt-Völkergewohnheitsrechts s. z.B. OppermannIKilian (Anm. 37), S. 13 ff. 169 Sozusagen — frei nach Niklas Luhmann — als „Legitimation des Umweltvölkerrechts durch Verfahren". 170 Dazu aber die harsche Kritik an der Organisation des internationalen Umweltschutzes bei Koch, Seit zehn Jahren fünf vor Zwölf, das ökologische Krisenmanagement der Vereinigten Nationen ist gescheitert, Die Zeit Nr. 21 vom 21. 5.1982, S. 2. 168

171 Eine Bestandsaufnahme hierüber in Environmental Law, an In-Depth Review, UNEP Report No. 2 (1981) listet sämtliche Umweltrechtsaktivitäten Internationaler Organisationen auf. Sie soll in Teil Β und C ausgewertet werden. Die jüngste Basis bildet das UNEP-Umweltrechtsprogramm, das auf der Umweltrechtskonferenz 1982 in Montevideo erarbeitet wurde. Dazu Storm , Das UNEP-Umweltrechtsprogramm von Montevideo, ZfU 1982, S. 267 ff. 172

s. auch Buhne, die internationale Verflechtung der Umweltproblematik, 1976,

S. 96ff. 173

Dazu Seidl-Hohenveldern

(Anm. 152).

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2. Kapitel: Umweltthematik und Internationale Organisationen

t i o n sowohl über den Stand der Rechtssysteme wie über die Umwelt-Gegebenheiten der einzelnen S t a a t e n 1 7 4 . Das Internationale Umweltrecht hat sich besonders m i t den folgenden Grundschwierigkeiten auseinanderzusetzen: — Den unterschiedlichen Entwicklungsstufen der Staaten 175 . — Ihrer unterschiedlichen geographischen Lage („land-locked states", Wüstenstaaten, Inseln, waldreiche Staaten usw.). — Ihren unterschiedlichen ideologischen Rechtsverständnissen. — Nicht zuletzt ihren unterschiedlichen Rechtstraditionen (angelsächsischer, kontinentaler, sozialistischer Rechtskreis usw.). Z u den „traditionellen" rechtlichen Hindernissen für das Umwelt-Völkerrecht gehören: — Der Grundsatz der nationalen Souveränität (Art. 2 Nr. 1 der UN-Charta). — Das Gegenseitigkeitsprinzip. — Das nur unvollkommen ausgebildete „Internationale Verwaltungsrecht" als Kollisionsrecht und: — Die erst in der Diskussion befindlichen internationalen Kooperationsregeln im Umweltrecht 176 . I m Bereich außerhalb der eigentlichen Rechtssetzung, etwa i n deren Vorbereitung, k o m m e n den Internationalen Organisationen also zentrale Aufgaben bei der Rechtsvergleichung u n d Rechtsangleichung 1 7 7 , aber auch i n der wissenschaftlichen Aufbereitung der genannten Kooperationsregeln 1 7 8 sowie den Fragen der prozessualen Durchsetzung des Umweltrechts, seiner K o n t r o l l e u n d Überwachung zu.

174 Dazu im einzelnen Bothe, Umweltschutz als Aufgabe der Rechtswissenschaft, Völkerrecht und Rechtsvergleichung, ZaöRV 1972, S. 483 ff. (509 ff.) und die Studie von Bothe / Gündling, Tendenzen des Umweltrechts im internationalen Vergleich, 1978. 175 Wie schwierig es ist, schon in der relativ homogenen Europäischen Gemeinschaft ein gemeinsames Umweltrecht ansatzweise einzuführen, zeigt der Aufsatz von Weinstock, Nur eine europäische Umwelt? Europäische Umweltpolitik im Spannungsverhältnis von ökologischer Vielfalt und ökonomischer Einheit, ZfU 1983, S. Iff.; vgl. auch Steiger (Anm. 7), S. 361. Siehe auch den Überblick bei Rehbinder, Umweltschutz in der Rechtsordnung der Europäischen Gemeinschaft, Bitburger Gespräche 1983, S. 51 ff. 176 Zu den Bemühungen um eine Definition solcher Regeln s. Storm , Bericht der Arbeitsgruppe „Begriffe Information, Konsultation, Verhandlung, Kooperation, Abstimmung", in: Bothe/Prieur/Ress (Anm. 15), S. 279ff. 177 Vgl. Seidl-Hohenveldern (Anm. 152), S. 257 ff. Grundsätzlich zur Entwicklung eines Internationalen Umweltrechts auch Schneider (Anm. 68), S. llOff. 178 So hat sich z. B. vor allem die OECD um Regeln über den Ausgleich grenzüberschreitender Umweltschäden und über die Verfahrensbeteiligung ausländischer Grenznachbarn bemüht, s. dazu die Teile Β und D.

III. Rechtliche Dimension

55

3. Internationale Organisationen und Normsetzung im Internationalen Umweltrecht Das Recht hat für Internationale Organisationen eine zentrale Bedeutung, da nur mit seiner Hilfe verbindliche Gestaltungsmöglichkeiten mit einer gewissen Dauerwirkung über kurzfristige Tagesaktionen hinaus realisierbar sind. Solche Möglichkeiten verbindlicher Rechtssetzung bestehen für die Internationalen Organisationen aber nur begrenzt: — Im Völkergewohnheitsrecht und bei der Ausbildung allgemeiner Regeln des Völkerrechts können die Internationalen Organisationen nur im Vorfeld gewisse Einflüsse geltend machen, etwa durch die Abgabe von Stellungnahmen zu bestimmten Fragen. — Im Völkervertragsrecht können Internationale Organisationen Konventionen anregen und sich an Abkommen kraft ihrer Völkerrechtspersönlichkeit beteiligen 179 . — Eigene rechtsverbindliche Entscheidungen oder Kontrollen können Internationale Organisationen nur ausnahmsweise je nach ihren Gründungsverträgen und meist nur in marginalen Bereichen treffen. Solche Möglichkeiten bestehen in der Regel bei „technischen" Organisationen wie etwa IAEA, ICAO, ILO, ITU, OECD oder W H O 1 8 0 oder bei „supranationalen" Organisationen wie der Europäischen Gemeinschaft 181 , 1 8 2 . — Die relativ geringen Möglichkeiten in den aufgeführten Sparten der Rechtssetzung und verbindlichen Entscheidung 183 bedingen umso größere Aktivitäten der Internationalen Organisationen im vor-rechtliehen Bereich 184. Die Masse dieser vor- und außerrechtlichen Materie übertrifft die Zahl der verbindlichen Umweltabkommen um ein Vielfaches. An dieser Fülle von Äußerungen Internationaler Organisationen gerade im Umweltbereich 185 wird deutlich, mit welcher Dringlichkeit diese Einrichtung über die rein praktische Umweltbetätigung hinaus auch Einfluß auf die Bildung des Umweltrechts nehmen wollen. Angesichts des Mangels an zwingenden Eingriffsmöglichkeiten im Internationalen Umweltrecht wird die vielfaltige Aktivität im Rahmen des „soft law" verständlich und bildet so immerhin ein Mittel, „von außen her" auch gegenüber den dominierenden Staaten meinungsbildend zu wirken. — Unterhalb der „soft law"-Ebene bestehen sodann noch die bereits erwähnten Möglichkeiten, Pionierarbeit im Gebiet der Rechtsvergleichung und Rechtsanglei179 s. dazu Seidl-Hohenveldern, Das Recht der Internationalen Organisationen einschließlich der Supranationalen Gemeinschaften, 4. A. 1984, Rd. 1550 und 1551. 180 Oft im Wege eines „contracting out" der Mitgliedstaaten; s. Seidl-Hohenveldern (Anm. 179), Rd. 1554 und Rauschning (Anm. 93), S. 576. 181 Bei der Europäischen Gemeinschaft ist allerdings das Vorliegen einer vertraglichen Kompetenz im Umweltbereich nicht unumstritten, s. dazu Näheres bei der Behandlung der Europäischen Gemeinschaft im 4. Kapitel. 182 Zu den rechtlichen Befugnissen der Internationalen Organisationen im Umweltbereich vgl. im einzelnen Teil B. 183 Zu diesem ganzen Komplex s. Seidl-Hohenveldern (Anm. 179), Rd. 1501-1567. 184 Zum „soft law" im Umweltbereich s. z. B. Rauschning (Anm. 93), S. 577. 185 Ein beträchtlicher Teil der 30bändigen Sammlung von Rüster / Simma / Bock enthält „soft law" Internationaler Organisationen (Anm. 12), s.a. dort S. VII.

2. Kapitel: Umweltthematik und Internationale Organisationen

56

chung zu leisten. Dies kann insbesondere in Kontakten der Internationalen Organisationen mit der Wissenschaft geschehen186.

4. Zusammenfassung Das Internationale Umweltrecht ist ein noch junger und erst in der Entwicklung befindlicher Teil des Völkerrechts. Es zeigt einen wichtigen Aspekt des sozialen Gehalts des modernen Völkerrechts auf und stellt wegen der besonderen Bedingungen der Umweltproblematik eine bedeutsame Ausprägung des Kooperationsgedankens im internationalen Recht dar. Die Möglichkeiten und Aufgaben Internationaler Organisationen bewegen sich weniger im Bereich der Rechtssetzung als in den „weicheren" Formen der Vorbereitung und Beeinflussung künftigen Umweltrechts im Sinne ihrer Mittlerfunktion.

IV. Die institutionelle Dimension der Umweltproblematik Der Erwartungsdruck der Öffentlichkeit im Umweltbereich, besonders nach Katastrophen (Ölpest nach Tankerunfallen) oder bei besonders spektakulären Umwelt-Vorfällen (Transport der Seveso-Abfalle; Fisch- oder Waldsterben; Massierung von Kernkraftwerken in Grenzgebieten, Tschernobyl-Unfall) 187 trifft unmittelbar die zuständigen Einrichtungen der betroffenen Staaten, aber auch die Internationalen Organisationen. Die institutionelle Seite ist damit angesprochen: Die Öffentlichkeit orientiert sich zunächst an denen, die sie für die Regelung der Vorfalle und für die Verhinderung künftiger Umweltkatastrophen für zuständig und verantwortlich erachtet, erst danach sind die sachlichen und rechtlichen Umstände des Vorfalls von Interesse. Es besteht deshalb gerade im Umweltbereich die Gefahr eines bloßen Aktionismus der Institutionen und der unverbindlichen Rhetorik, nur um die aufgebrachte Öffentlichkeit vorübergehend — bis zum nächsten Vorfall — zu beruhigen. Damit hat sich aber der Sinn einer Organisation nicht erschöpft. Die „verfaßten" Handlungsformen der internationalen Umweltaktivitäten manifestieren sich nach außen in verschiedenerlei Gestalt. Sie äußern sich vor allem:

186

s.a. Bothe (Anm. 174), S. 509ff. Vgl. dazu z.B. Graf Hatzfeld, Ist der Wald noch zu retten? Die verfehlte Energiepolitik der Industrieländer droht das letzte noch intakte Ökosystem zu vernichten, Die Zeit Nr. 10/1984, S. 40; Bieber, Gescheitert am alten Trott — Die Umweltverträglichkeitsprüfung: ein Lehrbeispiel für versäumte Neuorientierung, Die Zeit Nr. 19/1982, S. 62; Stock, Kurs Totes Meer, Die Nordsee wird zur Mordsee, Zeit-Magazin Nr. 20/1984, S. 6ff.; BrunnerIStock, Blanker Hans, kranker Hans, Die Zeit Nr. 45/1984, Dossier, S. 17 jeweils mit massiver Kritik der Umweltpolitik. 187

IV. Institutionelle Dimension

57

— In der Staatenzusammenarbeit durch Abkommen und Verträge sowie durch formloses Regierungs- und Verwaltungshandeln. — In der Arbeit zwischenstaatlicher Kommissionen aller Art wie z. B. der „Internationalen Kommission zum Schutz des Rheins gegen Verunreinigung" oder der „International Joint Commission" (IJC) der USA und Kanadas zur Überwachung der Großen Seen bis hin zu der großen Zahl von Verwaltungskommissionen auf den niedrigeren staatlichen Ebenen wie etwa der „Commission Tripartite" Frankreichs, der Bundesrepublik und der Schweiz 188 . — In internationalen Konferenzen wie etwa der „1. Parlamentarierkonferenz für Umweltfragen" von 1971 bis zu den zahlreichen vom UNEP organisierten Umweltkonferenzen, etwa 1982 in Nairobi 1 8 9 . — In zahlreichen internationalen „Non-Governmental Organisations" (NGOs) wie z. B. der „International Union for the Conservation of Nature und Natural Resources" (IUCN) oder dem „European Council for Environmental Law" (ECEL) 1 9 0 . — Schließlich in den Internationalen Organisationen selbst, wobei es hier verschiedene Formen der Zusammenarbeit gibt: Die Zusammenarbeit der Staaten untereinander in Internationalen Organisationen, die Zusammenarbeit von Staaten mit Internationalen Organisationen und die Zusammenarbeit dieser Organisationen untereinander 191. Die Stockholmer Umweltkonferenz streifte die Internationalen Organisationen i n ihrer Grundsatzerklärung zunächst nur kurz. So sollen nach Grundsatz 25 „ . . . die Staaten dafür sorgen, daß internationale Organisationen eine koordinierte, wirksame und dynamische Rolle beim Schutz und bei der Verbesserung der Umwelt spielen" 192 . I n den „Empfehlungen" der Konferenz w i r d jedoch den Internationalen Organisationen eine Fülle v o n Aufgaben zugewiesen, worüber an anderer Stelle näher einzugehen i s t 1 9 3 . D i e G r ü n d u n g des U N E P beruht v o r allem auf der Empfehlung 419Ar. I m „ A c t i o n Plan für the H u m a n E n v i r o n m e n t " unternahm es die Konferenz, einen Rahmenplan für die internationalen Umweltmaßnahmen aufzustellen u n d so die materiellen, gesellschaftlich-politischen, sozialen u n d

188 Vgl. zu diesen vielfaltigen Formen die Nachweise bei Oppermann I Kilian (Anm. 37), F N 245 und S. 84ff. sowie Heil, Meyer, Wagner, Dague und Beyerlin S. 259ff., in Bothe/Prieur/Ress (Anm. 116). Zur IJC s. Müller, Das internationale Umweltschutzmanagement der nordamerikanischen Großen Seen, ZfU 1979, S. 199 ff. 189

Zu den Konferenzaktivitäten von UNEP s. Teil C. Zur Bedeutung solcher Einrichtungen als „pressure groups" im Bereich der Internationalen Organisationen, namentlich der U N O s. Beatus, Interessengruppen in Internationalen Organisationen, 1967 und Burke , Friends of Earth and the Conservation of Resources, in: Willetts, Pressure Groups in the Global System, 1982, S. 105ff. 190

191

Dazu Teil Β und D. A/Conf. 48/14 vom 3. Juli 1972 (Anm. 1). 193 Teile C und D. 194 Der Katalog der Empfehlungen ist in dem Band The Results from Stockholm (Anm. 120), S. 168 ff. (deutsche Übersetzung) abgedruckt. 192

2. Kapitel: Umweltthematik und Internationale Organisationen

58

rechtlichen Dimensionen der U m w e l t p r o b l e m a t i k a u f die folgende Aktionsformel zu b r i n g e n 1 9 5 :

Schaubild I: Stockholmer Umwelt-Aktionsformel Umwelt-Beurteilung

Umwelt-Management

Auswertung und Prüfling Forschung Überwachung Informationsaustausch

Zielsetzung und Planung Internationale Beratung und Vereinbarungen

Stützungsmaßnahmen Erziehung und Ausbildung Unterrichtung der Öffentlichkeit

Organisation Finanzierung

Technische Zusammenarbeit

D a m i t wurde zugleich auch das Aufgabenfeld der Internationalen Organisationen i m Umweltbereich abgesteckt 1 9 6 . Angesichts der vielen Krisenerscheinungen i n den internationalen Beziehungen: — Re-Nationalismus-Tendenzen, z. B. im Seerecht, — stockender Gang von Integrationsvorhaben wie z. B. bei der EG, — Krise des UN-Systems und mancher seiner Spezialorganisationen, — Scheitern der Gipfeldiplomatie und vieler internationaler Konferenzen sowie Befriedungsaktionen, etwa im Libanon oder — der Verschärfung des Nord-Süd-Gegensatzes mit der Überschuldung der Dritten Welt und dem teilweisen Scheitern der Entwicklungspolitik, w i r d öfters die Ansicht vorgebracht, das weltweite U m w e l t t h e m a böte die Chance einer Renaissance des „ I n t e r n a t i o n a l i s m u s " 1 9 7 ; ausgedrückt durch den (unübersetzbaren) angelsächsischen Begriff: „New ,Internationalism' through ,Environmentalism ' " 198. 195

Vgl. The Results from Stockholm (Anm. 120), S. 168. Zu den Einzelheiten s. z.B. Steiger (Anm. 7), Teil IV, S. 378ff. und S. 364f. sowie Teil D. Vgl. auch Kay/Jacobson (Anm. 41), S. 13ff., insbesondere die Aufgabenskala S. 17, auf die noch gesondert einzugehen sein wird. 197 Etwa von Steiger (Anm. 7), S. 357 „Motor zu mehr Internationalismus" und S. 390. 198 s. z. B. Costle , The Spread of an Idea, Environmentalism on the International Scene, in: The Annals of the American Academy of Political and Social Science (Anm. 77), S. 121 ff. 196

IV. Institutionelle Dimension

59

Daraus ergeben sich zwei Fragen im Rahmen des vorliegenden Themas: (1) Läge darin auch eine Chance fur die Internationalen Organisationen, mit Hilfe der Umwelt-Thematik mehr Einfluß als bisher zu erlangen?

Ohne schon jetzt einer endgültigen Antwort vorgreifen zu wollen, scheint hier einige Skepsis angebracht: Internationalen Organisationen ist auch im Bereich der Umwelt-Thematik letztlich nicht mehr möglich, als ihnen die Staaten direkt oder indirekt zugestehen199. Denn nach wie vor sind es die Staaten, die für ihr jeweiliges Territorium mehr oder weniger effektive Umweltpolitik betreiben. Internationalen Organisationen können daher allenfalls Zuarbeiterfunktionen und Unterstützungsfunktionen zukommen („Förderung der Kooperation") sowie die Verschaffung von Informationen und Überblicken in Umweltfragen („Förderung der Koordination"). Es ist kaum wahrscheinlich, daß Internationalen Organisationen für bestimmte, allen Staaten gemeinsam zur Nutzung überlassenen Räumen (Hohe See, Luftschichten, Weltraum) souveränitätsähnliche Rechte gerade in Umweltfragen eingeräumt werden 200 . Auch hier werden sich die Möglichkeiten Internationaler Organisationen in „technischen" Kompetenzen erschöpfen, wobei man allerdings solche Einflußnahmen bereits als Stufe zu mehr Internationalität werten kann 2 0 1 . (2) Ergäben sich daraus zugleich auch mehr Möglichkeiten fur die internationale Bewahrung der Umwelt?

M i t der Aufgabe, den gesamten Prozeß der „Internationalisierung" der politischen Beziehungen zu fördern, wäre das Umweltthema bei allen sich daraus ergebenden vielfaltigen Bezügen überfordert. Trotz seiner Bedeutung für die gesamte Menschheit steht die Umweltproblematik der Sicherheitspolitik und der internationalen Wirtschaftspolitik weiterhin im Range nach, woran sich auch — man mag dies bedauern — so schnell nichts ändern wird. Dies schließt jedoch nicht aus, daß bestimmten Umweltgefährdungen künftig durchaus Testcharakter und Pilotfunktion für ganz bestimmte Situationen der internationalen Politik zukommen kann. Dahinter verbirgt sich aber stets die Gefahr sachfremder Politisierung von Umweltthemen zu ganz anderen macht- und wirtschaftspolitischen Zwecken mit all ihren negativen Begleiterscheinungen. Allerdings haben die Umweltprobleme im Kern weder einen machtpolitischen, noch einen ideologischen Gehalt: 199

Vgl. etwa Schreuer, in: Neuhold /Hummer /Schreuer (Anm. 6), S. 183. Dazu näher in den Teilen C und D. 201 So hat etwa die I T U solche Kompetenzen bei der Verteilung von Funkfrequenzen als einem Gut, das zwar allen Staaten gemeinsam zusteht, das aber infolge seiner Begrenztheit eine neutrale Verteilung erforderlich macht. Ähnliches ließe sich auch bei „Umweltnutzungs-Kapazitäten" denken. 200

2. Kapitel: Umweltthematik und Internationale Organisationen

60

— Sie sind nicht machtpolitischer Natur, da die Umweltgefahrdung alle, Mächtige wie Nichtmächtige, gleichermaßen trifft. — Sie sind ebensowenig ideologischer Natur, da alle Systeme, kapitalistische wie sozialistische, in ähnlicher Weise unter Umweltproblemen leiden bzw. solche hervorbringen. Vielmehr bedrohen die Umweltgefahren die menschliche Existenz schlechthin, woraus i n der Tat ein sachbezogener, ideologiefreier, der S a c h l o g i k 2 0 2 folgender „Internationalismus" allmählich entstehen könnte. D u r c h „ E n v i r o n m e n t a l i s m " w i r d also schwerlich ein direkter Anstoß zu mehr „Internationalismus" folgen. W o h l k a n n aber eine immer breiter gefächerte Internationale U m w e l t p o l i t i k a u f indirektem Wege — quasi als Nebeneffekt — i n manchen eng-begrenzten Bereichen wie z u m Beispiel: — in der kommunalen grenzüberschreitenden Zusammenarbeit als Durchbrechung des Prinzips der Zentralisierung der Auswärtigen Gewalt, 203 — in der teilweisen Durchbrechung der Mediatisierung des Einzelnen im Völkerrecht 204 oder — bei Umweltprojekten, die sinnvollerweise nur von mehreren betroffenen Staaten gemeinsam in Gang gesetzt werden können, so z.B. bei der Bekämpfung des Waldsterbens durch Maßnahmen gegen die Luftverschmutzung über große Distanzen hinweg („long-range air-pollution"), eine Steigerung der allgemeinen Internationalität m i t sich bringen ( „ W i r sitzen alle i m selben B o o t " - M e n t a l i t ä t ) . Inwieweit dadurch auch die Internationalen Organisationen mehr an Bedeutung gewinnen u n d ihre partielle Stagnation überwinden können, w i r d erst zu prüfen sein.

202 v g L Einigung.

Hallstein (Anm. 9), S. 22 ff. für die Zwangsläufigkeit der europäischen

203 Dazu z. B. allgemein Fastenrath, Auswärtige Gewalt im offenen Verfassungsstaat, Beyerlin, Grenzüberschreitende Zusammenarbeit benachbarter Gemeinden und auswärtige Gewalt, sowie Bleicher, Die Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern auf dem Gebiet der Staatsgrenzen überschreitenden Raumordnung und Landesplanung, in: Dittmann/Kilian, Kompetenzprobleme der Auswärtigen Gewalt, 1982, S. 1 bzw. 109 und 61 ff. 204

Oppermann!Kilian (Anm. 37), S. 141

Drittes Kapitel

„Internationale Umweltorganisationen" I. Internationale Umweltorganisationen als Untersuchungsgegenstand und Begriff 1. Studienobjekt

„Internationale

Umweltorganisationen"

Die Arbeit Internationaler Organisationen im Umweltbereich ist in mehrfacher Weise als juristisch-völkerrechtlicher Untersuchungsgegenstand von Interesse: Das Umweltthema ist ein sehr modernes und sehr umfassendes Aufgabenfeld ohne nennenswerte historische Wurzeln und Vorbilder. Man konnte hier im internationalen Umfeld von einer Art „tabula rasa"-Situation sprechen, die einen völligen Neubeginn von Aktivitäten Internationaler Organisationen auf einer solch breiten Ebene mit sich brachte. Damit kann man sonst eher verschüttete oder unsichtbare Entwicklungen des internationalen Organisationsbereichs wie in einem Glashaus seit Beginn dieser Aktivitäten beobachten. Das Thema umfaßt alle Spielarten Internationaler Organisationen sowohl im regionalen wie im globalen Rahmen. Die Arbeit dieser Organisationen erstreckt sich bislang nur über einen Zeitraum von zwei, allenfalls drei Jahrzehnten, also über eine überschaubare Zeitspanne. Fast alle bedeutsamen Umweltorganisationen haben sich der Umwelt innerhalb von so kurzen zeitlichen Abständen angenommen, daß ihre Maßnahmen annähernd parallel nebeneinanderher liefen. Auch dadurch lassen sich Entwicklungen und Veränderungen in den allgemeinen „Trends" besser erkennen. Der Umweltbereich ist wie die anderen wichtigen Regelungsmaterien des Völkerrechts anfallig für eine Politisierung sowohl der sachlichen Arbeit wie der Organisations- und Entscheidungsstruktur Internationaler Organisationen. Damit können Parallelentwicklungen zu anderen internationalen Bereichen festgestellt und Unterschiede wie Gemeinsamkeiten im Grad solcher Politisierungstendenzen aufgezeigt werden. Bei den eher „technischen" Umweltaufgaben ist dies möglicherweise leichter der Fall als bei allgemeinpolitischen oder wirtschaftlichen Aktivitäten. Trotzdem ist der organisatorische Aspekt der internationalen Umweltaktivitäten bisher kaum behandelt worden, sieht man von der über 12 Jahre alten Studie von Quick 205 und von der amerikanischen Dissertation von Wilcher 206 sowie den

62

. Kapitel: Internationale

rganisationen

UN-207 UNEP-Reports 208 einmal ab, in denen aber sämtlich der Schwerpunkt auf die materielle Umweltarbeit und weniger auf Fragen ihrer Organisation gelegt wird. Die Arbeit einzelner internationaler Organisationen im Umweltbereich wird zum Beispiel bei Füllenbach 209 (RGW), Bungarten 210 (EG, OECD, NATO) oder bei Kay/Jacobson (Sielen/McManus) 211 ( I M C O / I M O ) näher beschrieben. Auch diese Einzelabhandlungen beschäftigen sich vorwiegend mit der materiellen Umwelttätigkeit und weniger mit völker-organisationsrechtlichen Fragen und Einordnungen. 2. Begriff

der „Internationalen

UmWeltorganisation"

Abgrenzungen und Eingrenzungen sind — wie bei der Umwelt-Thematik insgesamt 212 — auch bei der Bestimmung der „Internationalen Umweltorganisationen" angezeigt. Durch die vielen Bezüge und Verflechtungen der Umweltproblematik mit benachbarten Problemfeldern könnte sonst jede denkbare Internationale Organisation unschwer zur „Umweltorganisation" umgebildet werden. Von einem „Typus" der „Internationalen Umweltorganisation" im folgenden modifizierenden Sinne gesprochen werden:

kann daher nur

— Der Typus „Internationale Umweltorganisation" ist zum einen enger zu fassen, als es die denkbaren Bezüge zur Umweltthematik an sich zuließen: So gehören — wie bereits festgestellt 213 — kulturelle und soziale Anliegen regelmäßig nicht zum Umweltbereich. Wenn sich also z.B. die UNESCO mit dem Kulturgüterschutz befaßt 214 , so gehört sie damit noch nicht zuden Umweltorganisationen 215 . — Der Typus der Umweltorganisation ist aber auch weiter zu fassen: er bezieht nicht nur den „reagierenden" Umweltschütz, sondern auch die vorbeugende und gestaltende Bewahrung der Umwelt in sein Aufgabengebiet ein 2 1 6 . 205

Umweltaktivität zwischenstaatlicher Organisationen, Beiträge zur Umweltgestaltung A 14, 1973. 206 A Study of Environmental Cooperation in Four International Organizations, Morgantown, W. Va., USA, 1977. 207 The United Nations System and the human environment, A/Conf. 48/12 vom 17.12.1971 — GA —. 208 Environmental Law (Anm. 41). 209

s. (Anm. 41). s. (Anm. 41). 211 IMCO and the Politics of Ship Pollution (Anm. 41), S. 140ff. 212 2. Kapitel I. und II. 213 s. 2. Kapitel I. 214 s. dazu Kilian (Anm. 58), S. 50ff. 215 Sie könnte dazu aber dann gehören, wenn sie sich z. B. mit Fragen der UmweltErziehung oder Weiterbildung in Umweltfragen befaßt. 210

216

Vgl. oben Steiger (Anm. 7), S. 344 und Zehetner, in: Neuhold/Hummer/Schreuer (Anm. 6), S. 334; im 2. Kapitel I I (Anm. 99 und 100).

I. Untersuchungsgegenstand und Begriff

63

Die sog. „non-governmental organizations" (NGO's) sollen bei der Untersuchung allerdings ausgeklammert bleiben 217 . Zwar sind diese Einrichtungen gerade im internationalen Umweltbereich sehr aktiv 2 1 8 und spielen in mancherlei Weise eine Rolle als Verbindungsglieder und „Transmissionsriemen" (v. Weiss) 219 zwischen der Gesellschaft, den Staaten und der „eigentlichen" staatlichen Internationalen Organisationen 220 und stehen so als „pressure groups" im Dienste der Umwelt 2 2 1 . In den folgenden Erörterungen können sie jedoch allenfalls am Rand Berücksichtigung finden, da sich die Untersuchung auf die staatlichen, „öffentlich-rechtlichen" Internationalen Organisationen mit eigener Völkerrechtspersönlichkeit zu konzentrieren hat 2 2 2 . Der Begriff „Internationale Umweltorganisation" stellt noch keine eingeführte völkerrechtliche Bezeichnung dar in der Weise, daß den wissenschaftlichen Einteilungen der Internationalen Organisationen nach ihren Aufgabenbereichen, etwa in „friedenssichernde", „wirtschaftliche", „soziale" oder „kulturfördernde" Organisationen nun auch „Umweltorganisationen" beizugesellen wären 2 2 3 . Dies liegt aber in der Natur dieser internationalen Aufgabe begründet, die — wie gezeigt — nicht auf einen engen Bereich begrenzt werden kann, sondern Bezüge zu den Tätigkeiten fast aller Internationaler Organisationen aufweist. „Internationale Umweltorganisationen" können daher keine neue, „reine" Kategorie Internationaler Organisationen bilden. Die Ausnahme, die diese Regel bestätigt, liefert allein UNEP als „Umweltorganisation in Reinform". Bei dem hier verwandten Begriff der „Internationalen t/mwe/torganisation" kann es sich folglich nur um einen künstlichen Arbeitsbegriff handeln, der nur aus praktisch-systematischen Gründen in dieser Untersuchung verwandt werden soll. Eine Umschreibung einer Internationalen Organisation, die neben ihren sonstigen Aufgaben auch Umweltaufgaben wahrnimmt, als „Internationale Umweltorganisation" kann daher wie folgt lauten: 217

Dazu allgemein z. B. Benvenuti, The Nature and Features of International NonGovernmental Organisations, It. Yb. of Int. Law 1978/79, S. 84 ff. und v. Weiss, Die NonGovernmental Organizations und die Vereinigten Nationen, ZfP 1980, S. 387 ff. 218 s. z.B. Environmental Law (Anm. 41), S. 167 (IUCN), S. 177 (IJO) und S. 180 (IIED). 219 s. Anm. 217, S. 397. 220 Beispiele bei Burhenne (Anm. 139), S. 664, 693, 699 und 737 für die IUCN. Zur I U C N auch Ν avid, IUCN-activities in the field of law, 1976 review; Env Policy and Law 1977, S. 13 ff. 221 Dazu Beatus und Burke (Anm. 190). 222 Dasselbe gilt für die sog. „quasi governmental organizations" (Quago's), die sich als Zwischengruppe zwischen den beiden Hauptgruppen Internationaler Organisationen herausgebildet haben; als Beispiele dafür können Interpol und die IATA gelten. 223 s. z.B. die Einteilung bei Seidl-Hohenveldern (Anm. 179), §§21-40.

64

. Kapitel: Internationale

rganisationen

„Internationale Umweltorganisationen sind Internationale Organisationen, die sich mit der Umweltproblematik im eigentlichen Sinne: — den Umweltmedien, deren Gefahrdungen und den dadurch tangierten Umweltschutzgütern 2 2 4 — praktisch, politisch oder rechtlich 225 in nicht ganz unwesentlichem Umfang befassen."

II. Die Rezeption des Umweltthemas durch Internationale Organisationen i. Phasen der Rezeption Es soll hier zunächst nur ein allgemeiner Überblick gegeben werden. Einzelheiten der„Rezeption" des Umweltthemas durch die einzelnen Internationalen Organisationen sollen den Spezialuntersuchungen vorbehalten bleiben. Es ist bemerkenswert, wie viele, z.T. ganz unterschiedlich strukturierte Internationale Organisationen sich in kurzer Zeit auf das Umweltthema eingelassen haben und sich intensiv mit ihm auseinanderzusetzen begannen. Diese Tatsache ist aber wiederum weniger erstaunlich, wenn man die Bedeutung dieser Thematik für die Zukunft des gesamten Weltsystems, den Druck weiter Teile der Weltöffentlichkeit und die bereits geschilderten vielfaltigen Bezüge des Umweltbereichs zu allen nur denkbaren internationalen Betätigungsformen bedenkt. Die Internationalen Organisationen haben so das Problem der Umweltgefahrdung, nachdem es in den Öffentlichkeiten vieler Länder zum meistdiskutierten Thema geworden war, alsbald aufgenommen („rezipiert") und in vielerart Gestalt in ihre Betätigungen einbezogen, ja ganz neue Betätigungsformen entwickelt. Diese erstaunlich rasche Übernahme einer in den meisten Staaten zuvor allenfalls lückenhaft und marginal geregelten Materie hat zumindest bewiesen, daß auch die als schwerfallig geltenden internationalen Apparate sich eines Themas bemächtigen können, sobald es genügend politische Brisanz und Popularität und somit Profilierungsmöglichkeiten bietet 226 . Die Internationalen Organisationen haben sich so gründlich des Umweltthemas angenommen, daß die daraus sich ergebende Produktion von Beschlüssen und sonstigen Äußerungen aller Art mittlerweile unübersehbar geworden ist. Weder der Bestand des „materiellen" Umwelt-„soft law" noch eine Liste aller institutionellen Aktivitäten ließe sich heute mehr auf überschaubarem Raum zusammenstellen227. Dies dürfte sogar in der Geschichte der ohnehin „papier224

s. im 2. Kapitel I. s. im 2. Kapitel I., II. und III. 226 Vgl. z. B. die Äußerung von Kay/ Jacobson S. 9 (Anm. 41): „International officials who were interested in enhancing the importance and budgets of their organizations saw environmental programs as a means to this end." 227 Rüster I Simma I Bock haben in 30 Bänden den Versuch dazu gemacht (Anm. 12). 225

II. Rezeption des Umweltthemas

65

ausstoßfreudigen" Internationalen Organisationen ohne Beispiel sein 228 . Schlagwortartig ließe sich das Phänomen der „Umweltrezeption" durch Internationale Organisationen wie folgt zusammenfassen: — Die Rezeption erfolgte sehr rasch innerhalb eines Jahrzehnts, und zwar etwa zwischen 1965 und 1975. — Das Umweltthema wurde so zu einem quasi „instant-Betätigungsfeld" Internationaler Organisationen quer durch alle Kategorien ähnlich der Erscheinung des „instantcustomary law". — Es ist damit auf dem besten Wege, zu einer der „klassischen" Aufgaben Internationaler Organisationen neben der Friedensbewahrung sowie der Förderung der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Zusammenarbeit in der Welt zu werden. — Diese Aufgaben wurden von den Organisationen in ihrer vollen Tiefe (von den praktischen bis hin zu den juristischen Betätigungsfeldern) wie in ihrer gesamten Breite (nahezu alle Umweltmedien- und Gefahrdungen umfassend) in Angriff genommen.

Eine Gesamtdarstellung der „Rezeptionsgeschichte" des Umweltthemas durch internationale Einrichtungen steht noch aus. Wie bei der Behandlung der gesellschaftlichen Phänomene der Umweltproblematik und deren Umsetzung in staatliche Aktivitäten läßt sich aber auch für den internationalen Bereich feststellen, daß die Entwicklung in zwei Epochen mit einem jeweils ganz unterschiedlichen „Umweltbewußtsein" zerfallt: der Vor-Umweltepoche für die Zeit vor i960 und der eigentlichen internationalen Umwelt-Epoche seit etwa diesem Zeitpunkt. Zwar gab es bereits in der Vor-Umweltepoche gewisse punktuelle Umweltaktivitäten im internationalen Bereich, so etwa durch die I M C O in den 50er Jahren, diese Bestätigungen befanden sich jedoch noch in einem Zustand vorumweltbewußter „Unschuld", in der das globale Ausmaß aller Zusammenhänge in Natur und Umwelt („Ökologie") noch weitgehend unbekannt war 2 2 9 . Der Ablauf der Entwicklungsphasen bei den Internationalen Umweltorganisationen ähnelt in gewisser Weise den Entwicklungen innerhalb der nationalen Gesellschaften und der einzelnen Staaten, wenngleich der Ablauf dieser Phasen im internationalen Bereich einige wenige Jahre später einsetzte. (i)

Phase der „Vor-Umwelt-Epoche"

vor 1965:

In diesen Zeitabschnitt gehören die bereits erwähnten „punktuellen" Umweltaktivitäten einiger weniger Spezialorganisationen wie etwa der (damaligen) I M C O ab dem Jahre 1954 im Meeresbereich. Eine erste theoretische Befassung mit Umweltthemen im UNO-Bereich datiert vom Jahr 1949 mit der „Scientific 228 Rüster I Simma j Bock sprechen von einem „pilzartigen" Anwachsen des Materials, das unmöglich mehr überschaubar gemacht werden könne. (Anm. 12), S. VII. 229 Vgl. z.B. Kay ! Jacobson (Anm. 41), S. 10: „ . . . The sense of alarm and urgency so prevalent at Stockholm 1972 was almost totally absent in 1949."

5 Kilian

66

3. Kapitel: Internationale Umweltorganisationen

Conference on the Conservation and Utilization of Resources" (UNSCCUR). Ansonsten wurden die internationalen Umweltbemühungen vor 1965 vorwiegend von „privaten" non-governmental-organizations getragen. Dazu zählte vor allem die 1948 mit Unterstützung der UNESCO gegründete „International Union for the Conservation of Nature" (IUCN). 1961 folgte die Errichtung des ebenfalls privaten „World Wildlife Fund" (WWF), der eng mit der I U C N zusammenarbeitet. Mitte der 60er Jahre bemühten sich die Vereinten Nationen verstärkt um die Entwicklung der von der Natur benachteiligten Staaten; 1963 wurden im regionalen Sektor europäischer Flüsse die Internationalen Kommissionen zum Schutz der Mosel und des Rheins gegen Verschmutzung ins Leben gerufen. (2) Phase des „Environmentalism" als der „Gründerzeit-Epoche" des Internationalen 1965 bis Beginn der 70er Jahre

Umweltbereichs:

Die Jahre vor und nach der Stockholmer Umweltkonferenz 1972 können als die eigentlichen Gründerjahre der Internationalen Umweltinstitutionen gelten. Die „Gründungsserie" begann 1967 mit der Einrichtung der „World Weather Watch" (WWW) durch die World Meterological Organization (WMO); 1968 folgten die ersten Umweltaktivitäten des Europarats; 1970 rief die UNESCO ihr „ M a n and the Biosphere Program" ins Leben, das zwei Jahre zuvor auf einer Expertenkonferenz angeregt worden war; 1969 folgte die Gründung des „Committee on the Challenge of Modern Society" der NATO und des „Scientific Committee on Problems of the Environment" (SCOPE) des „International Council of Scientific Unions" (ICSU), ebenfalls eine NGO wie die IUCN. 1969/70 schließlich erweiterten die „Economic Commission für Europe" (ECE) der UNO, die „Organization for Economic Cooperation and Development (OECD) und die „International Joint Commission" (ICJ, zwischen Kanada und den USA) ihre Organisation um spezielle Umweltausschüsse oder -Behörden. Diese Gründungswelle fand mit der Errichtung des „United Nations Environmental Programme" (UNEP) als eines der Hauptergebnisse der „United Nations Conference on the Human Environment" (UNCHE) 1972 ihren vorläufigen Höhepunkt und auch Abschluß. In der Folgezeit befaßten sich allerdings weitere Spezialorganisationen der U N und die meisten der übrigen wichtigen Internationalen Organisationen, wie etwa die Europäische Gemeinschaft und das COMECON, mit der Umweltthematik und richteten dafür spezielle Abteilungen und Ausschüsse ein. Zur Gründung spezifischer „Umweltorganisationen" kam es dagegen nicht mehr.

II. Rezeption des Umweltthemas

67

(3) Phase der praktisch-politischen Arbeit Internationaler Organisationen im Umweltbereich Diese Phase kann man ungefähr seit 1973 bemessen. Sie dauert derzeit an, obwohl politisierende Eingriffe in die Umweltaktivitäten Internationaler Organisationen möglicherweise in eine eher unfruchtbare (vierte) „ideologische" Umweltphase einmünden könnten 2 3 0 . Die Zeit seit 1973 ist schwerpunktmäßig durch den Ausbau der UNEPAktivitäten gekennzeichnet, wobei der Ablauf der ersten zehn Jahre des Bestehens von UNEP vielerorts zum Anlaß einer ersten Bestandsaufnahme der internationalen Umweltarbeit und auch zu deren Kritik genommen wurde 2 3 1 . Neben der praktischen Arbeit von UNEP und vieler weiterer Internationaler Organisationen fallen in diesen Zeitraum auch die große Masse der bi- und multilateralen Abkommen, die Umweltkonventionen auf Anregung der Internationalen Organisationen und die zahlreichen großen internationalen Umweltkonferenzen. Hier gelangten insbesondere die von dem UNEP initiierten Konferenzen zu besonderer Bedeutung. Als „Folgekonferenzen" von Stockholm 1972 wären hier zu nennen: Bukarest 1974 (Weltbevölkerung) Rom 1974 (Welternährung) Vancouver 1976 (menschliche Siedlungen) Mar del Plata 1977 (Wasserversorgung) Nairobi 1977 (Wüstenbildung) Buenos Aires 1978 (Technische Zusammenarbeit zwischen Entwicklungsländern) Wien 1979 (Wissenschaft und Technologie) Nairobi 1981 (erneuerbare Energien) Montevideo 1982 (Umweltrecht) und Nairobi 1982 (Sondersitzung zehn Jahre Stockholm).

Eine gewisse Bedeutung für den internationalen Umweltbereich erlangte auch die „Konferenz für die Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa" (KSZE) von 1975 in Helsinki: Unter Hinweis auf die Umweltkapitel der Schlußakte dieser Konferenz 232 wurde vier Jahre später 1979 in Genf das „Übereinkommen über weiträumige grenzüberschreitende Luftverschmutzung" geschlossen233. Weitere internationale und regional bedeutsame Konferenzen, an denen meist auch Internationale Umweltorganisationen beteiligt waren, verdichteten nach und nach das internationale Organisationsgeflecht durch Bildung immer neuer Ausschüsse und Koordinationsgremien, auf die noch im einzelnen einzugehen sein wird. 230

s. dazu Teil D. s. z. B. Egger, Zehn Jahre nach Stockholm, Das Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) in seinem politischen Umfeld, V N 1982, S. 113 ff. und Biswas / Biswas, Stockholm und zehn Jahre danach, E + Z 8/9/1982, S. 4ff. 232 Dazu sehr eingehend Füllenbach (Anm. 41), S. 164 ff. 231

233

5*

s. Burhenne (Anm. 139), S. 731.

Phasen

*) Versuche, die Entwicklung der Umweltproblematik in Phasen einzuteilen, unternahmen z.B. Kay/Jakobsen (Anm.41), S. 9 ff. und Gardner, The Role of the UN in Environmental Problems, in: Kay/Skolnikoff, World Eco-Crisis: International Organisations in Response, 1972, S.69

2. Ölkrise 1979 praktische Phase Aktionen gegen Luftzwischenstaatliche Aktionen von (seit 1973) Harrisburg 1979 seit 1980 Verschmutzung, WaldKommissionen „Greenpeace" u. intensive praktische Arbeiten Golfkrieg seit 1980 sterben, Tieijagden usw. and. Organisationen und wiss. Studien Waldsterben seit 1981 Alternative Lebensformen UNCLOS III Anwachsen des soft law" Bhopal 1984 1982 beendet Einbeziehen des MeeresTschernobyl 1986 bodens, der Antarktis, des Mondes und des Weltraums in die Umweltüberlegungen

Ökoparteien

Meadows u. a. ΝΕΡΑ 1969 Founex 1971 1965-1973 „Limits for Growth" 1972 EPA 1970 Ward/Dubois 1972 1. Umweltprogramm der EG Bürgerinitiativbewegung UBA 1974 UNCHE 1972 ab 1973 BImSchG 1974 KSZE 1977 ff. seit 1974 ff. Folgekonferenzen Global 2000 1980 von Stockholm unter Leitung von UNEP

jurist.-organisator. Phase 1970-1980

IUCN (NGO) gegr. 1948 IMCO Maßnahmen seit 1954

Internationale

1. Ölschock 1973 Argo Merchant 1976 Sahelzone 1973/1984 Seveso 1976/1983 Amoco Cadiz 1978

Tail Smelter Arbitration 1940

Internationaler Organisationen

„normale" Naturschutzu. Gewerbegesetze

Nationaler Bereich

theoret.-ideol. Phase R. Carson 1962 Maßnahmengegen WWW 1967; UNESCO 1968/70; 1962-1969 und Folgepublikationen Rhein- u. MoselverEuroparat 1968; NATO 1970; in vielen Ländern unreinigung, NaturOECD 1970; ECE 1970; schutzparks UNEP-Gründung 1972

./.

Gesellschaftlicher Bereich Bereich

Torrey Canyon 1967

Minamata/Niigata 1953-1965 unpolitisch-techn. (Quecksilbervergiftungen) Phase bis 1961

Umweltereignisse

Schaubild II: Phasen der Umweltentwicklung im Überblick*

68 3. Kapitel: Internationale UmWeltorganisationen

II. Rezeption des Umweltthemas 2. Motive

69

und Gründe der Rezeption des Umweltthemas durch Internationale

Organisationen

M a n erhält bei der Durchmusterung der Rezeption des Umweltthemas durch Internationale Organisationen bisweilen den Eindruck einer „ K o n k u r r e n z " dieser Einrichtungen, j a sogar eines regelrechten „Wettlaufs", möglichst rasch das Thema zu besetzen u n d an der aktuellen E n t w i c k l u n g teilzunehmen, u m nicht umweltpolitisch oder allgemeinpolitisch ins Hintertreffen zu g e r a t e n 2 3 4 . Das Spektrum dieser M o t i v a t i o n e n ist sicher v o n unterschiedlichster A r t u n d soll hier nur grob i n drei Gruppen zusammengefaßt w e r d e n 2 3 5 : (1) ethisch-moralische Motive: Übernahme von Verantwortung angesichts einer immer bedrohlicheren Umweltlage in den verschiedensten Sektoren der Arbeit Internationaler Organisationen. (2) praktische Motive: Anwendung und Erweiterung des technischen und wissenschaftlichen „know how" dieser Organisationen um die Umweltthemen. (3) politisch-taktische Motive: Erlangung von mehr Einfluß gegenüber den Staaten zunächst im Umweltbereich, möglicherweise aber auch darüber hinaus. A l s die wichtigsten subjektiven

Motivationen

sind erkennbar:

— Die Schaffung neuer Aufgabenfelder für Internationale Organisationen: — Zum Beweis der Flexibilität solcher Institutionen in ihrer Reaktion auf besonders komplexe internationale Zusammenhänge. — Als Antwort auf ein Nachlassen der internationalen Aktivitäten und Integrationskraft vieler Internationaler Organisationen nach einer gewissen Euphorie des „Internationalismus" in den 50er und Anfang der 60er Jahre. — Somit zugleich als politische Chance, mit Hilfe des Umweltthemas aus dieser inneren Sinnkrise der Internationalen Organisationen herauszukommen. — Die Möglichkeit der Profilierung und der Gewinnung von mehr Prestige gerade in einem sehr öffentlichkeitswirksamen und populären Feld internationaler Betätigung. — Die Möglichkeit der Kompetenzausweitung gegenüber den Staaten als den Trägern der Internationalen Organisationen in einem noch sehr diffusen Bereich, dessen Konturen sich erst abzuzeichnen beginnen. — Die Möglichkeit der politischen Okkupation des Umweltthemas für allgemeinpolitische Zwecke, („Katalysatorfunktion" des Umweltthemas) 236 . — Schließlich die Chance, die eigene Stellung der internationalen Bürokratien gegenüber den nationalen — stärkeren — Bürokratien aufzuwerten 237 . Dazu bot das eminent „internationale" Umweltarbeitsfeld eine erhöhte Wahrscheinlichkeit. 234

Vgl. etwa die dichte Folge der Rezeption des Umweltthemas Ende der 70er Jahre in „Phase 2"; jede Organisation wollte möglichst schnell ein Stück vom internationalen „Umweltkuchen" ergattern. 235 Vgl. dazu auch Kay/ Jacobson (Anm. 41), S. 9 f. 236 s. dazu die Ausführungen oben II. des 2. Kapitels.

70

3. Kapitel: Internationale Umweltorganisationen

Auch bei den objektiv feststellbaren Gründen der Rezeption lassen sich drei Gruppen bilden: (1) praktische Gründe: Vorhandensein des technischen und wissensmäßigen Potentials Internationaler Organisationen für den Einsatz im Umweltbereich, insbesondere in den Ländern der Dritten Welt, die über solche Potentiale nicht verfügen. (2) politische Gründe: Arbeitsteilung zwischen den Internationalen Organisationen und den Staaten angesichts der Komplexität der Umweltbedrohungen. (3) juristische Gründe: Bereits bestehende oder ad hoc neu geschaffene Kompetenzen Internationaler Organisationen für Umweltfragen.

Unter den objektiven Gründen ragen hervor: — Der politische Druck der internationalen Öffentlichkeit, endlich etwas zu unternehmen. Dieser Druck verstärkte sich angesichts besonders spektakulärer Umweltunglücke und traf Staaten und Internationale Organisationen gleichermaßen, wenn auch in unterschiedlicher Stärke. Den Staaten bot sich dabei die Gelegenheit, einen Teil dieses Drucks auf die Internationalen Organisationen abzuleiten, zumindest um zu zeigen, „daß etwas getan wurde". — Die Notwendigkeit einer internationalen Zusammenarbeit unter Einschaltung der Internationalen Organisationen als wichtige „ M i t t l e r " 2 3 8 . — Eine schnellere Reaktionsfähigkeit der internationalen Institutionen angesichts neuer und noch ungeklärter Entwicklungen, als es Staaten oft möglich ist. Dies kann zum einen daran liegen, daß es den Staaten an der nötigen Gesamtübersicht fehlt. Zum anderen mag hier der Umstand eine Rolle spielen, daß Internationale Organisationen, anders als Regierungen der Staaten, keine „Gesamtverantwortung" für die Politik, sondern allenfalls bestimmte „SpezialVerantwortlichkeiten" treffen (dies gilt selbst für die Vereinten Nationen). — Die Internationalen Organisationen können zudem langfristiger planen, als es den meisten Staaten (zumindest den demokratisch verfaßten) angesichts der kurzen Wahlperioden, Regierungswechsel, Umstürze usw. möglich ist. Den Internationalen Organisationen kommt somit eine beträchtliche „Kontinuität" zu, die den eher „diskontinuierlichen" staatlichen Regierungen und Parlamenten (wenn auch nicht 237 Zur Motivation der nationalen Bürokratien z.B. Kay/Jacobson (Anm. 41) S. 9: „ A n d national officials sought to have problems treated in international organizations where they could expect a favourable result, even if the topic fell within the mandate of another organization to which their state may belong." 238 Dies wurde insbesondere in den Empfehlungen der Stockholmer Umweltkonferenz 1972 deutlich: s. The Results from Stockholm (Anm. 120), S. 168ff. und den Kommentar von Steiger (Anm. 7), S. 364ff. Diese Zusammenarbeit wurde in besonders hohem Maße durch die immer dringlicher werdende Notwendigkeit der Staaten gefördert, grenzüberschreitend zusammenzuarbeiten. Dieser Sachzwang führte in immer weiteren Umweltbereichen dazu, auch die regionalen Internationalen Organisationen einzuschalten, s. hierzu etwa Dupuy, La Coopération Régionale Transfrontalière et le Droit International, A F D I 1977, S. 837 ff.

III. Stellung im internationalen System

71

den nationalen Bürokratien) regelmäßig abgeht. In diesen langfristigen und über die nationalen Horizonte hinwegblickenden Planungsmöglichkeiten liegt eine der Chancen Internationaler Organisationen im Umweltbereich. Diese Chancen bezahlen diese Einrichtungen jedoch mit ihrer geringen — weil abgeleiteten — Legitimität und ihrer fehlenden territorialen Souveränität. Sie bedürfen also zur praktischen Durchführung ihrer Planung nach wie vor der Erlaubnis und Unterstützung der Nationalstaaten und sind so in hohem Maße von ihnen abhängig. „Internationalismus" allein ist daher auch im Umweltbereich kein Allheilmittel 2 3 9 .

Wie diese durchaus lückenhafte Aufzählung erkennen läßt, kann zwischen Gründen und Motiven der Rezeption des Umweltthemas durch Internationale Organisationen nicht immer sauber getrennt werden. Es bleibt aber doch der Eindruck, als ob dieser Fragenkomplex durch seine Faszination, gleich einer Toynbee'sdxtn „Herausforderung" (challenge) 240 , nicht nur Gesellschaftsschichten und Staaten, sondern auch fast alle wichtigen Internationalen Einrichtungen mit in seinen Sog gezogen hätte. I I I . Die Stellung der Internationalen Umweltorganisationen im internationalen System I. Aufgaben Internationaler

Umweltorganisationen

Die potentiellen Aufgaben Internationaler Umweltorganisationen sind außerordentlich vielfältiger Art, so daß es angezeigt ist, von wenigen Grundstrukturen dieser immensen Aufgabenfülle auszugehen. Anhand der drei Anknüpfungspunkte

241

— Umweltmedien (etwa „Luft" oder „Klima") — Umweltgefahrdungen (etwa „Luftverunreinigung") — Umweltschutzgüter (etwa Schutz der menschlichen Gesundheit, der Pflanzenwelt [Wald!] und der Tierwelt gegen Gefahren verunreinigter Luft)

und der drei Haupthandlungsformen — praktische Tätigkeit — politisches Handeln — rechtliche Maßnahmen

ergibt sich folgendes (grobes) Einordnungsschema für die verschiedenen Umweltbetätigungen einer Internationalen Umweltorganisation: 239

s. schon oben bei IV. des 2. Kapitels. s. Der Gang der Weltgeschichte, Erster Band: Aufstieg und Verfall der Kulturen, dtv Wiss. Nr. 4035, 1970, S. 141 f. 241 Die Unterschiede dieser drei Begriffe können anhand des folgenden Schemas verdeutlicht werden: = „wirkt auf" U-Gefahrdung U-Medium U-Schutzgut 240

72

3. Kapitel: Internationale Umweltorganisationen

Handlungsbereiche

Art

Betätigungsformen

praktisch

politisch

rechtlich

U-Medium U-Gefährdung U-Schutzgut

Die Skala der Betätigungsformen kann zudem jeweils von bloßen Vorbereitungshandlungen (Studien, Grundlagenforschung) bis zu konkreten Vollzugsund Überwachungshandlungen reichen. Anhand eines so verfeinerten Rasters könnte sodann in der Einzeluntersuchung der Aktivitäten einer Internationalen Umweltorganisation deren Schwerpunkte fixiert und mit der Arbeit anderer Internationaler Organisationen verglichen werden. Weitere Darstellungsschemata der Aufgaben Internationaler Umweltorganisationen finden sich z.B. im Aufgabensystem, das bei der Stockholmer Konferenz 1972 entwickelt wurde 2 4 2 sowie bei Johnson 243. Als Beispiel sei hier noch das Funktionenschema für Internationale Umweltorganisationen von Kay /Jacobson aufgeführt 244 : Diese Skala reicht von der — Problemerkenntnis und -feststellung

über die — Kontrolle und Bewertung eines Umweltproblems — Daten- und Informationssammlung —

Gefahreneinschätzung

— Informationsauswertung-, Austausch und Verbreitung — Erleichterung und Koordination nationaler und internationaler Umweltprogramme — Rechtlichen Maßnahmen — Normen- und Standardsetzung — Überwachung von Normen, Standards und Rechtsvorschriften

242

s. The Results from Stockholm (Anm. 120), S. 168 und bei IV. des 2. Kapitels. The United Nations International Response to Stockholm: A Case Study in the International Politics of Institutional Change, in: Kay / Skolnikoff, World Eco-Crisis: International Organizations in Response, 1972, S. 255 ff. 244 s. Anm. 41, S. 14/17, tables 1.1 und 1.2. 243

III. Stellung im internationalen System

73

bis hin zu — direkten Eingriffen und praktischen Betätigungen.

Aus diesen Aufgabenumschreibungen lassen sich also vorerst zwei Hauptfunktionen Internationaler Umweltorganisationen ableiten: (1) eine „politische Funktiondie Charakter hat;

in erster Linie vermittelnden und koordinierenden

(2) und eine „technische Funktion" mit unterstützendem und förderndem Charakter.

2. Rechtliche Kompetenzen Internationaler Umweltorganisationen zur Wahrnehmung von Umweltaufgaben Unter dem Aspekt der rechtlichen Kompetenzen Internationaler Organisationen im Umweltbereich lassen sich mehrere Kategorien von Aufgaben denken: — „Staatenergänzende Aufgaben" wie die oben erwähnten beiden Hauptfunktionen (1) und (2). — Partiell „staatenersetzende Aufgaben" durch Delegation gewisser staatlicher Umweltaufgaben an Internationale Umweltorganisationen. — „Supranationale Übernahme" von Umweltaufgaben durch Internationale Organisationen: diese Stufe entspräche der Bildung einer „sektoralen Umweltordnung" mit einer eigenen Welt-Umweltbehörde samt den entsprechenden Exekutivfunktionen.

Auf jeder dieser Stufen ergäben sich Spannungsverhältnisse zwischen den Kompetenzen der Staaten und derjenigen der Internationalen Umweltorganisationen gerade in den Schlüsselbereichen der vollziehenden Umweltpolitik. Die Gefahr von Abgrenzungsschwierigkeiten und Kompetenzkonflikten ist auch deshalb besonders groß, weil es sich bei den Umweltsachlagen um neue, aktuelle und sehr komplexe Bereiche der internationalen Regelungsmaterie handelt 245 . Aber nicht nur im Verhältnis der Umweltorganisationen zu den Staaten können sich Kompetenzkonflikte ergeben. Dies ist in besonders hohem Maße auch für das Verhältnis der Internationalen Organisationen untereinander der Fall. Kompetenzen einer Internationalen Organisation können sich im Umweltbereich — wie in anderen Bereichen auch — folgenden rechtlichen Überlegungen und Quellen ergeben: (1) Ausdrücklich

umschriebene Kompetenz im Umweltbereich

Dies ist der Fall, wenn eine „Umwelt-Kompetenz" — ausdrücklich in einer Satzung oder einem Gründungsvertrag enthalten ist; — durch ausdrückliche Änderung oder Erweiterung einer Satzung oder eines Gründungsvertrags derartige Kompetenzen geschaffen wurden bzw. wenn besondere Umweltorgane oder Ausschüsse errichtet wurden; sowie 245

Dazu ausführlich oben bei I. des 2. Kapitels.

74

3. Kapitel: Internationale Umweltorganisationen

— wenn eine Internationale Organisation speziell für den Umweltbereich ins Leben gerufen wurde.

(2) Umweltkompetenzen durch die Auslegung von Satzungen oder Gründungsverträgen Internationaler Organisationen Umweltkompetenzen können weiter geschaffen werden — durch erweiternde Auslegung allgemeiner Zielbestimmungen, Aufgabenumschreibungen oder Programmsätzen in Satzungen oder Gründungsverträgen; — durch die Annahme ungeschriebener Kompetenzen im Umweltbereich — kraft Sachzusammenhangs (Erweiterung der vorhandenen Kompetenzen in die Breite): Die Umweltarbeit wird von einem Umweltmedium auf andere Medien und deren Gefahrdungen ausgedehnt. — als Annexkompetenz (Erweiterung in die Tiefe): Die Umweltarbeit wird um weitere Maßnahmen und Instrumente erweitert. oder — kraft der „Natur der Sache" (nach dem Gesamtzusammenhang der Aufgabe der Internationalen Organisation): Aus benachbarten, bereits bestehenden Aufgaben bezieht die Organisation auch Umweltaufgaben mit ein.

(3) Umweltkompetenzen durch außervertragliche Erweiterung des Aufgabenfeldes Umweltkompetenzen können schließlich auch durch eine „konkludente" Zuerkennung seitens der Trägerstaaten einer Internationalen Organisation „am Vertrag vorbei" entstehen. Dies kann dann der Fall sein, wenn sich die Organisation bereits im Umweltbereich betätigt hat und diese Tätigkeit von den Mitgliedstaaten stillschweigend geduldet wurde. Man könnte sich auch den — unwahrscheinlichen — Fall denken, daß eine Internationale Organisation sich gegen den Willen der Mitgliedstaaten eigenmächtig des Umweltthemas annimmt. Die hier nötige abschließende Prüfung der rechtlichen Kompetenzen Internationaler Umweltorganisationen soll im Anschluß an die Bestandsaufnahme des Teils D erfolgen. 3. Gefährdungen der Arbeit Internationaler

Umweltorganisationen

Die im 2. Kapitel erörterten Dimensionen des Umweltthemas haben gezeigt, daß das Arbeitsfeld Internationaler Umweltorganisationen Unsicherheiten und Gefahrdungen in vielfacher Gestalt unterliegt. So wie das Völkerrecht insgesamt inmitten der Kontroversen um eine gerechtere Verteilung der Welt-, ja bereits der Weltraum-Ressourcen steht, kann sich auch die internationale Umweltdiskussion dieser Thematik nicht entziehen (siehe etwa das Stichwort „shared natural resources"). Da die Bewahrung von Natur und Umwelt also direkt mit den natürlichen Ressourcen der Erde zusammenhängt und jeder Eingriff (Veränderung oder Verminderung) dieser Ressourcen unmittelbar auch die

III. Stellung im internationalen System

75

U m w e l t verändert (meist schädigt), ist die internationale Umweltdebatte zugleich Teil der umfassenderen weltweiten Verteilungsdiskussion. Sie bildet so einen Schlüsselbereich der sich dabei formenden Zielkonflikte u n d Verteilungskämpfe. Neben der Diskussionen u m die Installierung eines kostenlosen „Technologietransfers" zugunsten der D r i t t e n Welt u n d eines „Rechts auf E n t w i c k l u n g " i m Rahmen einer „ N e u e n Weltwirtschaftsordnung" gerät so auch die zentrale U m w e l t t h e m a t i k der „natürlichen nationalen Ressourcen" unmittelbar i n das Geflecht der Nord-Süd-Fragestellungen. D e n Internationalen Umweltorganisationen drohen v o r allem auf zwei Hauptfeldern Gefahren für ihre Arbeit: (1) Durch eine Politisierung der Arbeit ihrer Organe, insbesondere im Bereich der Entscheidungsstrukturen. (2) Durch eine Politisierung der „materiellen" (praktischen, politischen und rechtlichen) Arbeit im Umweltbereich. Diese „Politisierungsströme" können sich des Umweltthemas entweder i n — umweltbezogener Gestalt als „Okkupation", „Bepackung" oder „Blockade" von Umweltfragen mit an sich umweltfremden Erwägungen 246 , oder in — allgemeinpolitischer Gestalt äußern, so, wenn die Umweltorganisationen nur deshalb „von außen" in den Strudel der Politisierung geraten, weil es sich eben um internationale Einrichtungen handelt, die sich (zufallig) mit Umweltfragen befassen, quasi als „Bauern im weltpolitischen Schachspiel". Gefährdungen

können auftreten:

(1) Im materiellen Bereich der Arbeit z. B. durch die Kontroversen über die Souveränität über natürliche Ressourcen, über den Technologietransfer im Umweltschutz, in der Förderung der Wirtschaft der Entwicklungsländer durch niedrigere Umweltstandards oder in der Entwicklungspolitik. (2) Im institutionellen Bereich z. B. durch die Forderungen der Länder der Dritten Welt nach Demokratisierung der Entscheidungsstrukturen und nach mehr Partizipation beim Einsatz der Mittel. (3) Im ideologischen Bereich z. B. durch die Forderungen dieser Länder nach „Equality" und „Equity" (Gerechtigkeit) sowie „Solidarity" in den internationalen Beziehungen. Weitere Gefahrdungen einer effektiven A r b e i t können sich ergeben: (4) Aus Kompetenzkonflikten zwischen der internationalen Ebene der Internationalen Organisationen und den nationalen Ebenen bis hin zu Prestigefragen der jeweiligen Bürokratien und Apparate. (5) Kompetenzstreitigkeiten und Aufgabenüberschneidungen unter den verschiedenen Umweltorganisationen selbst.

246

s. II. des 2. Kapitels.

3. Kapitel: Internationale Umweltorganisationen

76

(6) Aus internen Streitigkeiten einer Organisation um die Setzung von Prioritäten oder um den Einfluß der verschiedenen Mitgliedstaaten innerhalb dieser Organisation.

Als Schlußfolgerung

läßt sich festhalten:

Eine Politisierung der Arbeit Internationaler Umweltorganisationen um ihrer selbst willen bzw. um der Durchsetzung fremder Ziele willen, liefe gerade im Umweltbereich der Grundidee der Institution „Internationale Organisation" zuwider: Ausgehend von ihrem ursprünglichen historischen Zweck, der Erledigung rein sachlicher Aufgaben, die international besser als national geregelt werden können, ist diese Sachbezogenheit auch heute noch ein kennzeichnendes Element der Internationalen Organisationen 247 . Diese Sachbezogenheit muß gerade im Umweltbereich angesichts der besonderen Anfechtungen, denen sich diese internationale Aufgabe ausgesetzt sieht, und der Notwendigkeit, rasch wirksame Maßnahmen gegen die allgegenwärtigen Bedrohungen zu unternehmen, ein hoher Stellenwert zukommen. Reibungsverluste aller Art sind gerade hier besonders schädlich. Weist man also den Internationalen Umweltorganisationen die zentrale Aufgabe der „Koordination" aller Umweltanstrengungen zu, so würde eine sachfremde Politisierung besonders diese Schlüsselfunktion im Kern treffen. Die Skepsis gegenüber der „Effektivität" des Völkerrechts, ja dessen Sinn überhaupt, bekäme gerade in diesem öffentlichkeitsrelevanten Teil der internationalen Beziehungen neue Nahrung. Eine andere Frage ist es, ob eine bewußte Politisierung von geeigneten Einzelfragen der internationalen Umweltpolitik unter Umständen nicht auch eine Chance böte, im Wege einer solch „indirekten Strategie" auf Umwegen und „durch die Hintertür" ansonsten nicht erreichbare Fortschritte zu erzielen. IV. Zusammenfassung Das Umweltthema ist auf dem besten Weg, zu einem „klassischen Aufgabenfeld" Internationaler Organisationen wie etwa die Friedenssicherung und die Förderung des Handels und der Wirtschaft zu werden. Die „Rezeption" des Umweltthemas durch die verschiedensten Organisationen geschah überaus rasch. Dies hat zum einen in der naturbedingten Komplexität der Umweltfragestellungen seinen Grund, bei der nahezu jede Internationale Organisation in der Lage ist, Anknüpfungspunkte an ihre bereits bestehenden Tätigkeiten zu finden. Zum anderen drängt sich der Eindruck auf, als ob die Internationalen Organisationen als Erscheinungsform des Völkerrechts sich nur allzubereit dem neuen Thema gewidmet hätten, da der langsam welkende Gedanke internatio247

Was sich schon daraus ergibt, daß die heutigen Internationalen Organisationen aus den „Verwaltungsunionen" des ausgehenden 19. Jahrhunderts abzuleiten sind.

IV. Zusammenfassung

77

naler Integration 248 durch internationale Institutionen angesichts der vergangenen Enttäuschungen dringend einer Neubelebung bedurfte. Diese Chance, sich vor der Weltöffentlichkeit durch das Aufgreifen der aktuellen Umweltproblematik zu profilieren, dürfte bei aller sachlichen Notwendigkeit einer der Gründe für die erstaunliche Rezeption des Themas sein. War die Umweltproblematik zunächst eher als unpolitisch-pragmatische oder rein technisch-pragmatische Aufgaben verstanden worden, so treten jetzt angesichts der internationalen Entwicklungen zunehmend politisch-ideologische Betrachtungen auf. Es ist daher zu beobachten, ob und wie sich diese Tendenzen auf die praktische Arbeit und auf die Ausgestaltung des Umweltrechts durch die Internationalen Organisationen auswirken.

248 Man könnte hier in „Analogie" den Satz de Gaulles ergänzen, daß ebenso wie völkerrechtliche Verträge und junge Mädchen auch Internationale Organisationen und die Ideen, die dahinter stehen, dem zerstörerischen Faktor „Zeit" ausgesetzt sind und „welken".

TEIL Β

Internationale Umweltorganisationen Vorbemerkung V o n der großen Z a h l der bestehenden Internationalen Organisationen sollen i n einem ersten Durchgang zunächst die Organisationen gesichtet werden, die i n irgendeiner Weise m i t Umweltfragen tangiert sind u n d sich so i n einem gewissen, oft nur unwesentlichen U m f a n g m i t U m w e l t p r o b l e m e n beschäftigen 1 . Dabei handelt es sich u m folgende Organisationen: Außerhalb der Vereinten Nationen: A A L C C (Asian-African Legal Consultative Committee) Arabische Liga ASEAN (Association of South East Asian Nations) Benelux-Union COMECON (Council for Mutual Economic Assistance) Europäische Gemeinschaft Europarat NATO (North Atlantic Treaty Organization) Nordischer Rat OAS (Organization of American States) O A U (Organization of African Unity) OECD (Organization for Economic Co-operation and Development) Innerhalb des Systems der Vereinten N a t i o n e n 2 : Spezialeinrichtungen des Wirtschafts- und Sozialrats (ECOSOC) und die Regionalorganisationen der Vereinten Nationen (ECA/ESCAP/ECE/ECLA und ECWA), weiter die Spezialorganisationen: FAO (Food and Agriculture Organization of the United Nations) GATT (General Agreement on Tariffs and Trade) I A E A (International Atomic Energy Agency) ICAO (International Civil Aviation Organization)

1

Vgl. dazu die Umschreibung des Begriffs der „Internationalen Umweltorganisation" in Teil A 3. Kapitel 1.2. 2 Die Darstellung orientiert sich bezüglich der Einteilung und Zuordnung der einzelnen UN-Behörden, Spezialeinrichtungen und Sonderorganisationen am United Nations Handbook 1983, New Zealand Ministry of Foreign Affairs, bzw. am Handbook 1984.

Teil Β: Internationale Umweltorganisationen

79

ILO (International Labour Office) I M O (Intergovernmental Maritime Organization) I T U (International Telecommunications Union) UNESCO (United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization) U N C T A D (United Nations Conference on Trade and Development) WHO (World Health Organization) WIPO (World Intellectual Property Organization) W M O (World Meteorological Organization) sowie die World Bank Group ( I B R D / I D A / I F C ) und der Internationale Währungsfonds (IMF).

Aus dieser Liste geht hervor, daß hier nur sog. „governmental organizations" behandelt werden sollen, also „öffentlich-rechtliche" Organisationen mit eigener — bei den Vereinten Nationen oft unterschiedlich ausgestalteter — Völkerrechtspersönlichkeit. Dabei wurden nur solche im Weltmaßstab bedeutendere Organisationen ausgewählt, die in irgendeiner Form im Umweltbereich „aufgefallen" sind 3 . Nur als Ergänzung sollen als Anhang einige kleinere oder nur regional eng begrenzte Organisationen behandelt werden, soweit diese für den Umweltbereich von Bedeutung sind. Dazu gehören ζ. B. die Internationalen Flußkommissionen für die Donau und den Rhein. Dasselbe gilt für einige wichtigere „non governmental organizations" (NGOs), die vor allem in der Ausprägung der „quasi-governmental organization" gerade im Umweltbereich eine besonders wichtige Rolle spielen. Sie gehören zu den „pressure groups" 4 , die ihre jeweiligen Umweltanliegen den „zuständigen" Staaten und Internationalen Organisationen nahebringen wollen. Eine zentrale Rolle spielt dabei die International Union for the Conservation of Nature (IUCN) 5 . Aus diesem „ersten Durchgang" sollen dann diejenigen Internationalen Organisationen ermittelt werden, die mit einem deutlich erkennbaren Schwerpunkt ihrer Gesamtaktivität in den Bereich der „Umweltbetätigung im engeren Sinn" 6 einbezogen sind. Dieser „enge Kreis" der Internationalen Umweltorga3 Aus der Vielzahl der ausgewerteten Literatur sei als „Quelle" z. B. Environmental Law, an In-Depth Review, UNEP Report No. 2 (1981) sowie Kay / Jacobson, Environmental Protection; Hargrove (Ed.), Law, Institutions and the Global Environment, 1972; Lausche, UNEP Environmental Law, In-Depth Review 1981,1982 und Schneider, World public order, genannt. Hinzu kommt die umfangreiche Aufsatzliteratur. 4

Dazu Beatus, Interessengruppen, und Willetts, Pressure Groups in the Global System, 1982, darin Burke zu den „Friends of Earth", S. 105 ff. 5 Darstellung von Anbeginn bei Boardman, International Organization and the Conservation of Nature, 1981. s.a. Smith, The Role of Special Purpose and Nongovernmental Organizations in the Environmental Crisis, in: Kay/Skolnikoff, World Eco-Crisis, S. 302 ff. 6 Dazu Teil A 3. Kapitel.

80

el

Internationale Umweltorganisationen

nisationen bildet dann die Grundlage für eine Reihe von Querschnittuntersuchungen anhand besonders herauszuarbeitender Kriterien. Diese internationalen Umweltaktivitäten, seien sie politisch-ideologischer, praktisch-technischer oder juristischer Natur, sollen anschließend in völkerrechtlicher wie umweltrechtlicher Hinsicht bewertet werden.

Viertes Kapitel

Einzeldarstellungen außerhalb des UN-Systems Asian-African

Legal Consultative Committee (AALCC)

Diese internationale Einrichtung entstand 1956 anläßlich einer Konferenz der indischen Landesgruppe der I L A mit Unterstützung der indischen Regierung. Zunächst als Expertenvereinigung nur asiatischer Staaten gedacht, wurden 1958 auch Juristen aus afrikanischen Staaten einbezogen. Träger der Einrichtung sind die beteiligten Staaten, sie nominieren die einzelnen Komiteemitglieder. Das Komitee hat sich Statuten und eine Geschäftsordnung gegeben7; es erfüllt gem. Art. 3 dieser Statuten die Aufgabe, die Mitgliedsregierungen in Fragen des internationalen Rechts zu beraten, Empfehlungen auszusprechen, Rechtsgutachten zu erstellen und in Gremien der Vereinten Nationen (ILC), aber auch anderer Internationaler Organisationen (Arabische Liga, OAU) mitzuarbeiten. Das A A L C C wird von 39 Mitgliedstaaten beschickt, sein Sitz ist in New Delhi. Die Organisation besteht aus einem Expertenkomitee, das einmal pro Jahr tagt, aus einem ständigen Sekretariat und aus Verbindungsbeamten bei jeder Mitgliedsregierung. Das A A L C C beschäftigt sich bereits seit den 60er Jahren mit Umweltthemen, so zunächst mit Fragen der radioaktiven Verseuchung bei Atomtests. Seit Stockholm 1972 wurde man verstärkt auf Umweltfragen aufmerksam: 1973 folgte eine Studie über das künftige Recht der Nutzung internationaler Flüsse mit Vorschlägen zur Ausgestaltung des völkerrechtlichen Nachbarrechts 8. Seit der Tagung des Komitees 1976 in Teheran ist die Umweltproblematik der Region zu einem vorrangigen Arbeitsthema des Komitees geworden, was sich in einer Reihe von Umweltexpertentreffen innerhalb des A A L C C seit 1978 manifestierte 9. Neben akuten Themen wie der regionalen Meeresverschmutzung und Luftverschmutzung konzentrierte sich die Arbeit vor allem auf Vorschläge und Empfehlungen zur Angleichung der nationalen Umweltpolitiken- und Gesetzgebungen der Mitgliedsländer. Das Komitee arbeitet mit anderen Organisationen, vor allem mit UNEP und IMO, zusammen. Für die 7 Abgedruckt bei Peaslee, International Governmental Organizations, Part I, 1974, S. 82 (Statutes von 1956) und S. 84 (Statutory Rules vom 13. Oktober 1958). 8 s. Levin , Protecting the Human Environment, 1977, S. 5; der Text dieser Vorschläge ist in U N Doc. A / C N . 4/274 (Vol. II), S. 227-230 zu finden. Kritik an der Haltung des AALCC im Rahmen der ILA-Arbeit äußert Okidi, Regional Control of Ocean Pollution, 1978, S. 70. 9 Dazu Lausche (Anm. 3), S. 6, 71; UNEP Report No. 2, S. 164-167.

6 Kilian

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Fünf-Jahresperiode 1980-84 wurde ein Rahmenplan für die gesamten Umweltbelange aufgestellt 10 . Schwerpunkte waren dabei der Meeresumweltschutz in den Regionalmeeren Afrikas und Asiens und die grenzüberschreitende Gewässerverschmutzung. Nachdem die Entwicklungsländer dieser Weltregionen seit längerer Zeit mit der internationalen Rechts- und Normsetzung durch die entwickelten Staaten nicht mehr zufrieden waren, sollte das A A L C C hier ein Gegengewicht schaffen, das die Rechtsmeinungen der benachteiligten Länder auf internationaler Ebene artikulieren sollte. Hierfür bot sich ein regionaler Zusammenschluß gleichgesinnter Länder an 1 1 . M i t der wachsenden Bedeutung von Umweltfragen, etwa bei der Nutzung gemeinsamer Ressourcen, konnte man in den bereits bestehenden Gremien wie dem A A L C C die praktischen Umweltbedingungen benachteiligter Regionen verdeutlichen und alternative Konzepte gegenüber den anders gelagerten Umweltproblemen der westlichen Staaten und deren Lösungsvorschlägen entwickeln 12 . Obwohl das A A L C C nur beratenden Charakter hat und es über keinerlei Exekutivbefugnisse verfügt, kann es daher als wichtige „Clearingstelle" für die spezifischen Umweltbelange von Ländern der Dritten Welt gelten 13 . Arabische Liga Die Arabische Liga (League of Arab States) wurde 1945 auf ägyptische Initiative von den damals bereits unabhängigen arabischen Staaten gegründet. Zweck des Gründungsvertrags ist es, die Zusammenarbeit unter den Mitgliedsstaaten, namentlich auf den Gebieten der Wirtschaft, Finanzen, Kommunikation, Kultur, im Sozialwesen und in der Gesundheit zu fördern, sowie die gesamtarabischen Interessen international zu vertreten 14 . Dabei ist auch eine ständige Zusammenarbeit mit anderen Internationalen Organisationen, vor allem der V N (Generalversammlung, ECOSOC) und ihren Sonderorganisationen vorgesehen. Laut Vertrag müssen Streitigkeiten unter den Mitgliedstaaten gewaltfrei ausgetragen werden; sie können vor den Rat der Arabischen Liga gebracht werden, dessen Entscheidung dann verbindlich ist. Einstimmige Entscheidungen des Rats sind generell für alle Mitglieder bindend. 10

Lausche (Anm. 3), S. 17, 66; UNEP Report No. 2, S. 213-214. s.a. Nanda/Moore, Global Management of the Environment: Regional and Multilateral Initiatives, in: Nanda (Ed.), World Climate Change, The Role of International Law and Institutions, 1983, S. 112, 114/5. 11

Stein, The Potential of Regional Organizations in Managing Man's Environment, in: Hargrove (Anm. 3), S. 277 f. 12 Lausche (Anm. 3), S. 17. 13 Wie groß UNEP die Bedeutung des A A L C C erachtet, zeigt die für eine regionale Organisation ohne Exekutivbefugnisse breite Berücksichtigung der Tätigkeit des Komitees im UNEP Report No. 2, S. 164ff. und S. 213f. 14 Der Vertrag ist bei Peaslee, Parti, S. 1117 und bei Kapteyn, u.a., International Organization and Integration, Vol. II. B-J, 1983, II. G. 1. a abgedruckt.

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Der Liga gehören 21 Mitgliedstaaten an, derzeitiger Sitz der Organisation ist Tunis. Sie verfügt über einen Rat (Council), in dem jeder Staat eine Stimme hat und über derzeit 16 Sonderkomitees. Die laufenden Geschäfte werden von einem Generalsekretär geführt. Daneben bestehen weitere militärische Organe aufgrund des 1950 geschlossenen Vertrags über eine gemeinsame Verteidigung und wirtschafltiche Zusammenarbeit 15 . Nach dem Gründungsvertrag ist der Liga die Behandlung von Umweltfragen möglich, da der einschlägige Kompetenzartikel 2 in den Buchstaben Α, Ε und F eine solche Befassung bei vernünftiger Auslegung nicht ausschließt16. Ein spezielles „Umweltkomitee" existiert unter den 16 vorhandenen Sonderkomitees bislang jedoch nicht. Die Arabische Liga ist daher als Organisation bisher nicht in großem Umfang im Umweltschutz tätig geworden, wird aber zunehmend von UNEP in deren Programme einbezogen. So stimmte die Arabische Liga einem Anliegen von UNEP zu, alle arabischen Staaten darüber zu informieren, wie bei Entwicklungsvorhaben Umweltgesichtspunkte besser berücksichtigt werden können 17 . Zu diesem Zweck werden gemeinsame Symposien zwischen UNEP und der Arabischen Liga abgehalten. Die Liga verfügt für solche Zwecke seit 1965 über die Einrichtung der Arab League Educational, Cultural and Scientific Organization (ALECSO), die in zunehmendem Umfang Umweltmaßnahmen durchführt. Bei einer Regierungskonferenz 1976 in Dschidda beschlossen die Küstenstaaten des Roten Meeres einen Aktionsplan gegen die Verschmutzung dieses Gewässers und den Entwurf einer regionalen Umweltkonvention. Beide Vorhaben wurden der ALECSO zur Koordination—mit Unterstützung durch UNEP — übertragen 18 . Ebenfalls in Zusammenarbeit mit UNEP hat die ALECSO die Aufgabe übernommen, Schulungskurse in Umwelttechnologie der verschiedenen Bereiche durchzuführen 19 . Damit gehört die Arabische Liga in der Region des Nahen Ostens und Nordafrikas zumindest indirekt zu den Umweltorganisationen, wenngleich sich der Schwerpunkt ihrer Tätigkeit weiterhin auf die Belange der arabischen Außen-, Sicherheits- und Wirtschaftpolitik konzentrieren wird. M i t der ALECSO hat die Liga aber immerhin eine Einrichtung unter ihrer Kontrolle, die zwar nicht über Exekutivfunktionen, wohl aber über wichtige Hilfsfunktionen

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s. dazu Kapteyn (Anm. 14), G. Dir. II. G. 1, S. 4. Etwa E: „social welfare matters"; F: „health matters". 17 UNEP Annual Report of the Executive Director 1983, 1984, S. 18. Zu den Aktivitäten kleinerer arabischer Organisationen s. UNEP Annual Report 1983, S. 18 Nrn. 18., 19. und 20. 18 UNEP Report No. 2, S. 26 und UNEP Annual Report 1983, S. 18 und 80. 16

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Vgl. UNEP Annual Report 1983, S. 159/170 sowie Boxer, The Mediterranean Sea: Preparing and Implementing a Regional Action Plan, in: Kay/Jacobson, Environmental Protection, S. 305, sowie Nandaj Moore (Anm. 10). 6*

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für die Regierungen der Anrainerstaaten des Roten Meeres und des Golfs von Aden verfügt. Association of South East Asian Nations (ASEAN) Die ASEAN-Deklaration als dem Gründungsdokument dieser Organisation wurde 1967 von Indonesien, Malaysia, den Philippinen, Singapur und Thailand in Bangkok unterzeichnet 20 . Weitere Verträge und Deklarationen zwischen diesen Staaten folgten 21 . Es ist die Absicht der ASEAN-Deklaration, die Zusammenarbeit dieser und weiterer locker mit ihnen verbundenen südpazifischen Staaten auf breitester politischer, wirtschaftlicher und sozialer Ebene zu fördern. Über eigene Entscheidungskompetenzen verfügt ASEAN allerdings nicht. Es wird lediglich eine „Koordination" der unterschiedlichen nationalen Politiken und Maßnahmen angestrebt. Die Organisation umfaßt ein regelmäßiges Ministertreffen, ein ständiges Komitee, weitere Fachkomitees und nationale Sekretariate in jedem Mitgliedstaat 22 . ASEAN hatte beträchtliche Anfangsschwierigkeiten zu überwinden und erzielte nur sehr langsam Fortschritte 23 . Zunächst standen bei der Arbeit der Organisation sicherheitspolitische Probleme im Vordergrund (kommunistische Bedrohung, Streitschlichtung unter den Mitgliedstaaten), ehe die dringenden wirtschaftlichen und sozialen Fragen dieser Region sich in der Programmgestaltung von ASEAN bemerkbar machten. Dies gilt in besonderem Maße für die Umweltthematik. Die zentralen ASEAN-Deklarationen 24 , vor allem die 1976 verabschiedete „Deklaration über die Eintracht von ASEAN", enthalten keine ausdrücklichen Hinweise oder Aussagen zur Umweltproblematik. Lediglich das Übervölkerungsproblem wird in Nr. C 3. der Deklaration von 1976 angesprochen 25. Es bestand lange Zeit keine institutionelle Einbindung des Umweltthemas in die ASEAN-Organisation, etwa als Spezialkomitee26. Erst seit 1978 existiert ein „Unter-Komitee Umwelt". Die praktische Umweltarbeit der ASEAN umfaßt bisher einen ÖleinleitungsKontingentierungsplan, der von den Mitgliedstaaten angenommen wurde. Damit soll der Grad der Meeresverschmutzung nach und nach gesenkt werden 27 . Seit 1979 besteht eine enge Zusammenarbeit des Unterkomitees 20

Der Text ist abgedruckt bei Kapteyn (Anm. 14), F, II. F. 2. a. Texte bei Kapteyn (Anm. 14), F, II. F. 2. b., c., d. und e. 22 Ein Organisationsschema von ASEAN findet sich bei Kapteyn (Anm. 14), F, Dir. II. F. 2, S. 5. 23 Kapteyn (Anm. 14), F, Dir. II. F. 2, S. 6. 24 s. dazu den Nachweis bei Anm. 21. 25 Kapteyn (Anm. 14), F. Doc. II. F. 2. c, S. 5. 26 Liste der vorhandenen Komitees bei Kapteyn (Anm. 14), F, Dir. II. F. 2., S. 4. 21

4. Kapitel: Einzeldarstellungen außerhalb UN-System

Umwelt mit UNEP, die insbesondere die Installierung eines Umwelt-Aktionsplans zum Ziel hatte, was im Mai 1981 in Gestalt des „ A S E A N Environment Programme" auch in die Tat umgesetzt werden konnte 28 . Darüber hinaus bestehen Ausbaupläne für zehn Naturparks in den ASEAN-Ländern, ebenfalls in Zusammenarbeit mit U N E P 2 9 . Es werden laufend Umwelt-Expertentreffen abgehalten (bis 1983 gab es sechs Treffen), wobei der Entwurf einer ASEAN-Vereinbarung über den Schutz der Umwelt und der natürlichen Ressourcen vorbereitet wurde 30 . Insgesamt nehmen sich die bisherigen Umweltaktivitäten von ASEAN angesichts der immensen Umweltprobleme gerade der südostasiatischen Länder eher bescheiden aus. Es wurden hier erst Anfange gemacht, die noch mit mancherlei technischen und personellen Mängeln behaftet sind 31 . Auch die Zusammenarbeit mit anderen Internationalen Umweltorganisationen — von UNEP einmal abgesehen — scheint noch nicht richtig in Gang gekommen zu sein. Die Bedeutung gerade dieser Weltregion wurde jedoch von global tätigen Internationalen Organisationen, wie etwa der WMO, erkannt. Sie bezog die Regionalorganisationen ASEAN in das Kontrollnetz zur Überwachung der Luftverschmutzung durch Kohlendioxide ein, um Erkenntnisse über mögliche Klima Veränderungen in Asien zu gewinnen 32 . Die umweltpolitische Bedeutung der ASEAN liegt daher zur Zeit mehr in ihrem „ruhenden Potential" als „zuständiger Regionalorganisation" denn als praktisch tätiger und überregional ausstrahlender Einrichtung. Benelux-Union Nach einer Reihe von vorläufigen Integrationsansätzen wurde 1958 von Belgien, Luxemburg und den Niederlanden der Vertrag über die BeneluxWirtschaftsunion unterzeichnet 33 . Er trat 1960 in Kraft. Der Vertrag sieht eine Wirtschaftsunion mit freiem Niederlassungsrecht, freiem Waren- und Kapitalverkehr vor und enthält Bestimmungen über die Koordination der Wirtschafts-, 27

Fuse und Iwama, Regional Cooperation for the Protection of the Environment in the East Asian Seas and the Pacific, in: Kato/Kumato/Matthews (Eds.), Environmental Law and Policy in the Pacific Basin Area, S. 187. 28 Fuse/Iwama (Anm. 27), S. 187 und UNEP Annual Report 1983, S. 19. 29 UNEP Annual Report 1983, S. 19. 30 UNEP Annual Report 1983, S. 71; zur Bestandsaufnahme der ASEAN-Gesetzgebung zur Meeresverschmutzung vgl. UNEP Report No. 2, S. 48f. s.a. den Bericht über das Expertentreffen 1980 in Environmental Policy and Law 6 (1980), S. 135. 31 Whipple, Land-Based Sources of Marine Pollution and National Controls, in: Charney (Ed.), The New Nationalism and the Use of Common Spaces, 1982, S. 58/59. 32 Schwäre I Kellogg, International Strategies and Institutions for Coping with Climate Change, in: Nanda (Anm. 10), S. 83. 33 Kurze Zusammenfassung bei Kapteyn (Anm. 14), Dir. II. B. 5, S. 1 ff., ausführliche Darstellung bei Oberesch, Wirtschaftliche Integration der Benelux-Staaten, 1983, S. 13 ff.

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Finanz- und Sozialpolitik sowie eine gemeinsame Außenwirtschaftspolitik gegenüber Drittländern 34 . Die Union verfügt über eine große Zahl von Organen und Spezialeinrichtungen: das Ministerkomitee als zentrales Entscheidungsorgan, den Benelux-Rat als Verwaltungsorgan, eine Vielzahl von Komitees und Spezialkomitees mit Überwachungs- und Beratungsfunktionen, ein Generalsekretariat und gemeinsame Dienste der Mitgliedstaaten. Hinzu kommen Beratungskörperschaften und Streitschlichtungsorgane. Das Ministerkomitee beschließt einstimmig, jeder Staat hat eine Stimme. Im Benelux-Vertrag kann eine Umweltkompetenz aus Art. 1 Nr. 2 a „Koordination von Wirtschafts-, Finanz- und Sozialpolitik" hergeleitet werden. Eine ausdrückliche Umweltzuständigkeit besteht nicht 3 5 . Unter den Sonderkomitees, die nach Art. 29 und 31 des Vertrags errichtet werden können, besteht auch ein Sonderkomitee „Umwelt". Dieses Komitee wurde 1980 — also recht spät — in Ausführung eines Beschlusses der Regierungskonferenz von 1975 nach Verlauf von fünf Jahren geschaffen 36. Das Komitee hat die Aufgabe, Probleme bei der Koordination der Umweltpolitiken der drei Mitgliedsländer zu erörtern und Lösungsvorschläge zu machen. 1982 wurde mit der Unterzeichnung eines Abkommens über die Erhaltung der Natur und über den Landschaftsschutz ein erster Fortschritt in der BeneluxUmweltpolitik erzielt 37 . Allerdings enthält dieses Abkommen keine konkreten Maßnahmen, es stellt vielmehr nur ein Rahmenabkommen dar, das dem Ministerkomitee der Benelux-Union erlaubt, durch Einzelentscheidung gewisse Ziele des Abkommens — etwa die Erhaltung oder Schaffung grenzüberschreitender Naturparks — zu verwirklichen 38 . Der Benelux-Vertrag enthält keine supranationalen Elemente, entscheidendes Organ bleibt das Ministerkomitee als Organ der Mitgliedstaaten. Das Einstimmigkeitsprinzip sichert deren alleinigen Einfluß auf die Politik der Union. Dies bezeugt im Umweltbereich das oben erwähnte Rahmenabkommen. Trotzdem bestehen gerade bei den Umweltproblemen gegenüber den anderen, eher stagnierenden Politikbereichen die größten Chancen, die festgefahrenen Integrationsversuche innerhalb der Benelux-Union wieder in Gang zu bringen 39 . Der Umweltbereich könnte sich hier als das dynamische Element der Integration erweisen. Als Modellfall für die Möglichkeiten und Chancen, in einer aus wirtschaftlich homogenen Industrieländern bestehenden europäischen SubRegion Umweltpolitik zu betreiben, dürfte das Beispiel der Benelux-Union auch in globalem Rahmen von einigem Interesse bleiben. 34 35 36 37 38 39

Art. 1-14 und 55-92 des Vertrags. Der Text ist bei Kapteyn (Anm. 14), II. B. 5. b. abgedruckt. Oberesch (Anm. 33), S. 129 m.w.N. Oberesch (Anm. 33), S. 260 m.w.N. Oberesch (Anm. 33), S. 260. Oberesch (Anm. 33), S. 272.

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Council for Mutual Economic Assistance (COMECON) Der COMECON wurde von sechs sozialistischen Staaten 1949 in Moskau ins Leben gerufen, die Organisation gewann jedoch erst in den Jahren 1954 — als die erste Ratstagung stattfand — bis 1959 — dem Zeitpunkt der Abfassung der Statuten — ihre Gestalt. 1960 traten die Statuten in Kraft, Moskau wurde als Sitz der Organisation bestimmt 40 . Heute gehören dem COMECON zehn Staaten an, darunter die Mongolei, Kuba und Vietnam. Jugoslawien arbeitet im COMECON locker mit, Albaniens Mitgliedschaft ruht seit 1961. COMECON hat die Aufgabe, die Anstrengungen der Mitgliedsländer bei der Schaffung einer sozialistischen Wirtschaft zu koordinieren, ihren ökonomischen und technischen Fortschritt anzuregen und damit den Lebensstandard der Bevölkerungen zu heben. Die Organisation ermöglicht deshalb eine enge ökonomische, wissenschaftliche und technische Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedern und fördert deren Arbeitsteilung durch Koordinationspläne. Arbeitsstudien aller Art und Hilfsprojekte für einzelne Mitgliedsländer ergänzen diese Tätigkeit. COMECON ist befugt, Vereinbarungen mit den Mitgliedern, mit anderen Ländern und mit Internationalen Organisationen zu treffen. Es verfügt über einen Rat als Plenartreffen der Regierungschefs der Mitgliedsstaaten, eine Exekutivbehörde, Komitees und Ständige Kommissionen sowie Institute, Konferenzen und ein Sekretariat 41 . Der Rat (Session of the Council) ist das entscheidende Organ: er kontrolliert die ausführenden Organe, bestimmt die zu erörternden Fragen innerhalb der Zuständigkeit des COMECON, legt die künftigen Aufgaben fest und gibt Empfehlungen an die Regierungen. In Einzelfragen kann er auch verbindliche Entscheidungen treffen. Empfehlungen und Entscheidungen ergehen allerdings stets im Konsensverfahren. Erklärt sich ein Land an einer Frage für „nicht interessiert", so scheidet es aus dem Willensbildungsprozeß aus („Prinzip der Interessiertheit") 42 . Die verbleibenden „interessierten Länder" treffen dann eine Entscheidung nach dem Einstimmigkeitsprinzip. COMECON ist in den letzten Jahren im Umweltbereich sowohl im Rahmen der sozialistischen Mitgliedsländer wie auch auf internationaler Ebene zunehmend aktiv geworden 43 . Lange Zeit war die Befassung mit Fragen des Naturschutzes oder Gewässerschutzes nur verdeckt und unter anderen Bezeichnungen vor sich gegangen, da eine sozialistische Wirtschaft nach ihrem Selbstverständnis die Umwelt nicht nach kapitalistischer Manier „ausbeuten" 40

Das COMECON-Statut ist bei Kapteyn (Anm. 14), C II. C. 2. a abgedruckt. Schema der COMECON-Organisation bei Füllenbach, Umweltschutz, S. 70. 42 Vgl. Art. IV Nr. 3 des COMECON-Status. 43 Zu den sonstigen Aktivitäten des COMECON s. den Überblick bei Kapteyn (Anm. 14), Dir. II. C. 2, S. 9 f. 41

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konnte. Der „Aufbau des Sozialismus" hatte zudem stets Vorrang gegenüber den Bedürfnissen der Natur. Bald ließ sich auch im Bereich des COMECON nicht mehr übersehen, daß der hemmungslos forcierte Auf- und Ausbau der Schwerindustrie und anderer umweltgefährdender Industrien sowie die Ausbeutung immer neuer Rohstofflager auch die Gewässer, die Luft, Tier- und Pflanzenwelt der sozialistischen Länder ernsthaft in Mitleidenschaft zu ziehen begann 44 . Auch Länder mit einer sozialistischen Wirtschaftsform konnten so um wirksame Maßnahmen für die Umwelt nicht mehr herumkommen. Das COMECON-Statut enthält zwar keine ausdrücklichen Umweltbestimmungen, Art. 1 Nr. 1 faßt jedoch die Betätigungsfelder und Ziele der Organisation so weit, daß der Schutz von Natur und Umwelt ebenso wie die Arbeit an der Vereinheitlichung des Umweltrechts ohne Schwierigkeiten den Aufgabenzuweisungen des COMECON zugeordnet werden konnten 45 . Vor 1971 gab es innerhalb des COMECON keine systematische Behandlung von Umweltfragen, vielmehr wurden punktuell einzelne Probleme wie Wasserknappheit, Luftverunreinigung 46 , Abwasserbeseitigung, Reaktorsicherheit 47 u. a. von den jeweils zuständigen Komitees und Spezialkommissionen behandelt und zu koordinieren versucht. Erst im April 1973 erfolgte eine zusammenfassende institutionelle Einbindung des gesamten Umweltbereichs im „Rat für Umweltschutz", der als Arbeitsorgan dem „Komitee zur Koordinierung der wissenschaftlichen und technischen Forschung" zugeordnet wurde 48 . Dieser Umweltschutz-Rat setzt sich aus den stellvertretenden Umweltministern der Mitgliedstaaten zusammen und besitzt ein ständiges Sekretariat. Seine Hauptaufgabe besteht in der Koordinierung der Umweltaufgaben der COMECONOrgane und der Durchführung der verschiedenen Umweltprogramme der

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Zur Umweltlage in den sozialistischen Ländern s. z. B. Füllenbach, Umweltschutz, S. 90ff. 45 Text s. bei Kapteyn (Anm. 14). Art. 1 Nr. 1 lautet: „The purpose of the Council for Mutual Economic Assistance is to promote, by uniting and co-ordinating the efforts of the member countries of the Council, the further deepening and perfecting of cooperation and the development of socialist economic integration, the planned development of the national economies and the acceleration of the economic and technical progress of those countries, the raising of the level of industralization of the countries with a less-developed industry, a continual growth in the productivity, the gradual approximation and equilization of the levels of economic development, together with a steady increase in the well-being of the peoples of the member countries of the Council." 46 Boardman (Anm. 5), S. 120 und Kiss, La protection de l'environnement et les organisations européennes, A F D I 1973, S. 895ff. (906/7). 47 Scherr, Radioactive Waste Disposai, in: Kay/ Jacobson, Environmental Protection, S. 111. Zu den Umweltmaßnahmen des COMECON vor Stockholm Rysiak, The Member Countries of the Council of Mutual Economic Aid and the Question of Environment Protection, in: I Konferencja Naukowa W Sprawie Miedzynarodowej Ochrony Srodowiska, Krakow, 13-15 Grudnia 1971, S. 239ff. 48 Art. V I I I Nr. 3 c) des Statuts, s. Kapteyn (Anm. 14), II. C. 1. a, S. 6.

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Organisation 49 . Der Gründungszeitpunkt läßt auf den Einfluß der Stockholmer Umweltkonferenz 1972 und der sich daran anknüpfenden Errichtung des UNEP schließen, obwohl die sozialistischen Länder und der COMECON an der Konferenz nicht teilgenommen hatten 50 . Obwohl die Struktur des COMECON keinerlei supranationale Elemente aufweist und seine Möglichkeiten und Befugnisse allein vom Willen der Mitgliedsländer, vor allem der Sowjetunion, abhängen, ist die Umweltarbeit der Organisation nicht ohne praktische und auch politische Bedeutung. In den letzten zwölf Jahren ist diese Arbeit beträchtlich ausgebaut worden. Sie umfaßt heute eine breite Palette von Einzelprojekten, Umweltstudien aller A r t 5 1 , Aktionspläne, Kooperationsübereinkünfte 52 und Harmonisierungsbestrebungen auf allen Bereichen der Umweltgesetzgebung53. Die Abstimmung der zahlreichen Einzelmaßnahmen erfolgt wie bei anderen Internationalen Organisationen, etwa der Europäischen Gemeinschaft, in umfassenden Aktions- und Rahmenplänen, die über mehrere Jahre hinweg laufen. Als das erste breit angelegte Umweltabkommen war 1971 das „Abkommen über die wissenschaftlich-technische Zusammenarbeit der COMECONLänder bei der Ausarbeitung von Maßnahmen zum Schutz der Natur" in Gang gesetzt, dem 1973 auch Jugoslawien beitrat 54 . Für jeden der darin enthaltenen sechs Umwelt-Problembereichen wurde ein Koordinationszentrum errichtet. Von 1976-1980 folgte ein weiteres Aktionsprogramm mit nunmehr elf statt sechs Forschungsgebieten 55. Die größte Bedeutung des COMECON liegt wohl in seinem Bestreben, die Harmonisierung des Umweltrechts der einzelnen Mitgliedstaaten zu fördern 56 . 49 Füllenbach, Umweltschutz, S. 78, Organisationsschema auf S. 80, und in „Environmental Protection in CMEA Member Countries", Hrsg. COMECON-Committee for Scientific and Technical Co-Operation, Moskau 1979, S. 28/29. In dieser Publikation ist auch eine Liste der COMECON-Umweltaktivitäten von 1975 bis 1977 enthalten, S. 30 ff. 50

Der Grund hierfür lag nicht in um weltpolitischen Fragen, sondern an dem Umstand, daß die D D R als vollberechtigtes Mitglied an der Konferenz teilnehmen sollte, was am Willen der westlichen Seite scheiterte. Einzig Rumänien nahm an der Konferenz teil. Vgl. Skupnik, Konferenz der Vereinten Nationen über die menschliche Umwelt, Vereinte Nationen 1972, S. 111. 51

Nanda/Moore (Anm. 10), S. 114. Vgl. dazu das Schema in der CMEA-Studie (Anm. 49), S. 28/29. 53 Zur Umweltgesetzgebung einzelner COMECON-Mitgliedstaaten s. European Environmental Law, Legal and Economic Appraisal, 1977, Hrsg. Ercman, pass. 54 Füllenbach, Umweltschutz, S. 76 und Levin (Anm. 8), S. 64. 55 Füllenbach, Umweltschutz, S. 79. 56 Die UNEP mißt dieser Arbeit große Bedeutung bei, wie die ausführliche Kommentierung der COMECON-Umweltrechtsharmonisierung im UNEP-Report No. 2, S. 161 164 bezeugt. Ähnlich bei Lausche (Anm. 3), S. 70. Ausführlich dazu auch Somer, Legal Ways and Means of Environmental Protection in the Legal System of Industrial Investments in Socialist Countries, Earth Law Journal 1977, S. 7ff. 52

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D i e internationale Verflechtung des C O M E C O N ist größer, als es den Anschein h a t 5 7 . A l s Ergebnis der K S Z E - K o n f e r e n z 1975 arbeitete C O M E C O N i m europäischen Rahmen i n der Regionalorganisation der Vereinten N a t i o n e n für Europa — E C E — m i t 5 8 . A u c h m i t der Europäischen Gemeinschaft bestehen i m Umweltbereich trotz der hier latenten Berührungsängste einige K o n t a k t e 5 9 . Weltweit bestehen Beziehungen zu U N E P u n d anderen U N Sonderorganisationen, die i m Umweltschutz tätig sind, etwa m i t der Ν Ε Α der O E C D a u f dem Feld der Reaktorsicherheit 6 0 . Das Verhältnis zu U N E P beruht auf einem M e m o r a n d u m v o n 1981, i n dem die Kooperationsfelder zwischen U N E P u n d C O M E C O N umschrieben wurd e n 6 1 . Z u diesen Feldern gehören z.B. die beabsichtigte Einbeziehung der technischen Umweltüberwachungsanlagen innerhalb des C O M E C O N - B e r e i c h s i n das G l o b a l Environmental M o n i t o r i n g System ( G E M S ) v o n U N E P , die Zusammenarbeit bei der Registrierung potentiell umweltgiftiger Chemikalien ( I R P T C : International Register o f Potentially Toxic Chemicals) seit 1983 u n d bei der Beseitigung gefahrlicher Abfalle. C O M E C O N hat weiter die A u s b i l d u n g v o n Umwelttechnikern aus Entwicklungsländern ü b e r n o m m e n 6 2 .

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Dazu ζ. B. Kolbasov, Legal Protection of the Environment in the USSR, Earth Law Journal 1975, S. 51 ff. (64f.). 58 Füllenbach, Umweltschutz, S. 169 u. 204; Sum, Environmental Protection in Member Countries of the CMEA: A Survey, Environmental Policy and Law 2 (1976), S. 11 ff. In der KSZE Schlußakte ist die Zusammenarbeit im Umweltbereich in Korb 2 unter Nr. 4 „Wissenschaft und Technologie — Kooperation in der Umweltforschung" und unter Nr. 5 „Umwelt" aufgeführt. Text bei Kapteyn (Anm. 14), II. D. 1., S. 16 und 18 f. — Bislang hat sich die angestrebte Ost-West Zusammenarbeit im Umweltschutz eher mühsam entwickelt; Bothe, ZfU 1979, S. 293 ff., (307) und Dierkes, Umweltschutz als internationales Problem, Zeitschrift für Umweltpolitik 1981, S. 357, (367). Zu den bedeutendsten Zeichen der europaweiten Mitarbeit der COMECON-Länder im Umweltschutz gehört ihre Beteiligung an der Genfer Konferenz der ECE über „Grenzüberschreitende Luftverschmutzung über weite Entfernungen hinweg" (Long-Range Transboundary Air-Pollution) im Jahr 1979 und der Abschluß der gleichnamigen Konvention. Dazu Rosencranz, The ECE Convention of 1979 on Long Range Transboundary Air Pollution, Zeitschrift für Umweltpolitik 1981, S. 510 ff. Gerade die Luftverschmutzung gehört zu den dringendsten Ost-West Problemen im Umweltschutz: Vygen, Multilaterale Ost/West Kooperation zur Bekämpfung des Waldsterbens, UPR 1983, S. 294 f. Zu den Auswirkungen der KSZE-Vereinbarungen gehört deshalb auch die Beteiligung aller europäischen COMECON-Mitglieder an der von der ECE vom 24. bis 27. Juni 1984 in München durchgeführten Multilateralen Umweltkonferenz, s. dazu Umwelt-Informationen des B M I zur Umweltplanung und zum Umweltschutz Nr. 104, 1984, S. 43 ff. 59 Füllenbach, Umweltschutz, S. 204; COMECON beteiligt sich auch am „ M a n and the Biosphere"-Programm der UNESCO und anderen Maßnahmen, Konferenzen, Symposien, Seminaren usw., s. CMEA-Studie, (Anm. 49), S. 230 ff. 60 UNEP-Report No. 2, S. 115. 61 UNEP Annual Report 1983, S. 17 und 85 sowie die CMEA-Studie, (Anm. 49), S. 26 und 226 ff. 62 UNEP Annual Report 1983, S. 17.

4. Kapitel: Einzeldarstellungen außerhalb UN-System

Angesichts des gegenüber anderen Internationalen Organisationen geringen Informationsmaterials und der unveröffentlicht bleibenden Umweltstatistiken und Studien gehört COMECON zu den „Unbekannten" unter den Umweltorganisationen. Dies darf aber nicht dazu führen, die umweltpolitische und umweltvölkerrechtliche Bedeutung dieser Organisation zu unterschätzen. Da der geographische „Zuständigkeitsbereich" von COMECON mehr als ein Viertel der Landfläche der Erde ausmacht und die Mitgliedsländer an bedeutende Regionalmeere angrenzen (Ostsee, nördliches Eismeer, Schwarzes Meer, Kaspisches Meer, Japanische See usw.), ist die Organisation schon aus diesem Grund ein Faktor, der im globalen Umweltrahmen nicht vernachlässigt werden kann. Dasselbe gilt für das Umweltrechtsverständnis des sozialistischen Rechtskreises, der mit seinen über 300 Millionen Menschen ebenfalls international von Einfluß ist 6 3 . UNEP hat dieses Potential auch erkannt und versucht deshalb, COMECON so weit wie möglich in seine Gesamtplanung und in zahlreiche Einzelaktivitäten einzubinden 64 . Wegen der Devisenschwäche des sozialistischen Lagers sind gleichwohl einem technischen Engagement des COMECON im Umweltschutz der Dritten Welt Grenzen gesetzt. Hier finden sich Parallelen mit der relativen Schwäche der „zivilen" (wenn auch nicht militärischen) Entwicklungshilfe der sozialistischen Staaten. COMECON kann daher als eine der potentiell wichtigsten Regionalorganisationen im Umweltbereich überhaupt gelten 65 . In dem nach außen völlig abgeschlossenen Wirtschaftsbereich der sozialistischen Länder ist allein diese Organisation in der Lage, die Kooperation dieser in ihrer politischen und wirtschaftlichen Verfassung ähnlichen Staaten zu gewährleisten 66. Keine andere Internationale Organisation, auch nicht UNEP, kann auf diesen Bereich nennenswerten Einfluß „von außen" ausüben. Bi- und multilaterale Sondervereinbarungen mit einzelnen Mitgliedsländern des COMECON dürften ohne Einschaltung dieser Organisation kaum effektiv sein, solange die Bevormundung dieser Staaten durch die Sowjetunion anhält.

63 Zu den Fragen des Umweltvölkerrechts und die Einflußnahme Internationaler Organisationen darauf vgl. Teil D. 64 Kiss , Survey of Current Developments in Internationalal Environmental Law, 1976, S. 113; UNEP Annual Report 1983, S. 17, 85; Lausche (Anm. 3), S. 66. 65 Kiss (Anm. 64), S. 113. Nach dem Kernkraftswerksunfall in Tschernobyl in der Ukraine Ende April 1986 wurde jedoch nichts darüber bekannt, daß COMECON bei der Vermittlung von Informationen über das Ausmaß des Unglücks oder bei der Bekämpfung der Unfallfolgen eine nennenswerte Rolle gespielt hätte. 66 In der Literatur wird dieser Aspekt besonders hervorgehoben, so bei Stein, in: Hargrove (Anm. 11), S. 260, Nanda/Moore (Anm. 10), S. 114 und im UNEP-Report No. 2, S. 163. Zur Umweltkooperation zwischen COMECON Ländern und westlichen Ländern auch Amendola/ Sand, Transnational Environmental Cooperation between Different Legal Systems in Europe; Earth Law Journal 1975, S. 188 ff.

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4. Kapitel: Einzeldarstellungen außerhalb UN-System

Europäische Gemeinschaft Nach einer ersten teilweisen Integration der Wirtschaft von sechs westeuropäischen Ländern durch die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) im Jahre 1951 folgten 1957 die römischen Verträge, aufgrund deren zwei weitere supranationale Organisationen, die Europäische Atomgemeinschaft (EAG) und die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) errichtet wurden. Damit waren alle wichtigen Bereiche der Wirtschafts- und teilweise auch Sozialpolitik der Gründungsstaaten dieser Gemeinschaften auf eine supranationale Ebene gehoben und so bedeutende einzelstaatliche Kompetenzen diesen Internationalen Organisationen übertragen worden. Die Gemeinschaft wurde mehrfach um neue Mitglieder erweitert, eine Erweiterung nach Südeuropa wurde in Gang gesetzt. Mit zahlreichen Entwicklungsländern Afrikas, der Karibik und des Pazifik (AKP-Staaten) besteht ein besonderes handelspolitisches Verhältnis. Im „Fusionsvertrag" vom April 1965 wurden die zunächst getrennt bestehenden Organe der drei Gemeinschaften verschmolzen. Seither ist für alle Organisationen eine Kommission, ein Ministerrat, eine Versammlung („Europäisches Parlament") und ein Europäischer Gerichtshof zuständig. Während der Kommission das Initiativrecht für alle Maßnahmen der Gemeinschaft zukommt, ist der Ministerrat das Beschlußorgan, von dem alle für die Mitgliedstaaten verbindlichen Rechtsakte (Verordnungen, Richtlinien und Entscheidungen) erlassen werden. Die Ausführung dieser Beschlüsse wird von der Kommission durchgeführt und überwacht. Dem Parlament stehen gewisse Kontrollbefugnisse im Haushaltsbereich zu. Neben den vertraglichen Organen hat sich im „Europäischen Rat" eine Art politisches „Leitorgan" zur Koordinierung einer gemeinsamen europäischen Außenpolitik installiert. Kernpunkt der „Supranationalität" der Gemeinschaft ist das Mehrheitsprinzip (z. B. Art. 1481 EWGV) bei den Beschlüssen des Ministerrats. Im Falle „vitaler Interessen" eines Mitgliedsstaates kann von diesem Prinzip jedoch am Vertragstext vorbei abgewichen und zum Einstimmigkeitsprinzip übergegangen werden. Die rechtliche Zuständigkeit der Gemeinschaft für Umweltfragen war lange Zeit umstritten, da die Vertragstexte mit Ausnahme von Art. 30 EAGV (Gesundheitsschutz der Bevölkerung und der Arbeitskräfte gegen Gefahren ionisierender Strahlungen) und Art. 37 EAGV (Ableitung radioaktiver Stoffe) keine ausdrücklichen Aufgabenzuweisungen vorsahen 67 . Da die Umweltproblematik zum Zeitpunkt der Abfassung der Verträge noch weitgehend unerkannt war, konnte eine solche Kompetenzzuweisung auch nicht erwartet werden 68 . 67

s. Oppermann ! Kilian, Gleichstellung, S. 27 und Behrens, Rechtsgrundlagen der Umweltpolitik der Europäischen Gemeinschaften, 1976, Beiträge zur Umweltgestaltung A 55, S. 15 ff. s. a. Grieves , Regional Efforts at Environmental Protection, International Lawyer 1978, S. 309 (310ff.) 68 Oppermann ! Kilian, Gleichstellung, S. 27 f.

4. Kapitel: Einzeldarstellungen außerhalb UN-System

Man war daher auf eine erweiternde Auslegung der Vertragsziele des Art. 2 EWGV „Hebung des Lebensstandards" der Gemeinschaftsbevölkerung und anderer Vertragsbestimmungen angewiesen und leitete die Zuständigkeit der Gemeinschaft aus den Art. 100 und 235 EWGV ab 6 9 . Eine Vertragsergänzung um spezielle Umweltbestimmungen, die sich in der Folge angeboten hätte, ließ sich bisher nicht verwirklichen 70 . Trotzdem zog die Gemeinschaft in richtiger Einschätzung der Dringlichkeit von Umweltmaßnahmen die Zuständigkeit zur Regelung auch von Umweltsachlagen an sich 71 , sozusagen als „Annexkompetenz" ihrer bestehenden vertraglichen Einzelkompetenzen72. Bislang sind über 100 Texte, darunter über 50 Richtlinien zum Umweltschutz erlassen worden 73 . Erst im Februar 1986 unterzeichneten die Außenminister der EG-Mitgliedstaaten eine „Einheitliche Europäische Akte", wodurch der EWG-Vertrag um einen „Umwelt-Titel" (Titel VII) ergänzt werden soll. In den drei neuen Artikeln 130 r, 130 s und 130 t wird der Gemeinschaft nunmehr eine ausdrückliche Zuständigkeit für eine europäische „Umweltpolitik" zugewiesen73 a . Als Leitprinzipien dieser Politik gelten u. a. das Vorsorge- und das Verursacherprinzip (Art. 130 r Nr. 2). Gemäß Art. 130 s beschließt der Rat die Umweltmaßnahmen einstimmig. Nur ausnahmsweise können Beschlüsse, die die Umweltpolitik betreffen, auch mit bloßer qualifizierter Mehrheit gefaßt werden. Die verzweigte Umweltpolitik der Gemeinschaft wird in der Kommission von den verschiedensten Generaldirektionen als Fachabteilungen vollzogen und überwacht. Eine eigene Generaldirektion „Umweltschutz" gibt es bislang nicht. Anfang der 70er Jahre wurde jedoch mit Ingangsetzung des ersten großen Umwelt-Aktionsprogramms eine „Dienststelle Umwelt und Verbraucher69

Behrens (Anm. 67), S. 71 ff., 237ff., 265ff. s.a. Offermann-Clas, Die Kompetenzen der Europäischen Gemeinschaften im Umweltschutz, Zeitschrift für Umweltpolitik 1983, S. 47 ff. und Steiger, Europarechtliche Grundlagen, in: Grundzüge des Umweltrechts, hrsg. von Salzwedel, Beiträge zur Umweltgestaltung A 80, 1982, S. 65 ff. 70 Vorschläge hierzu finden sich bei Behrens (Anm. 67), S. 298 ff. und bei Grabitz I Sasse, Umweltkompetenz der Europäischen Gemeinschaften, 1977, Beiträge zur Umweltgestaltung A 59, S. 79ff. mit Einführung von fünf „Umweltartikeln" Art. 116a116e EWGV. 71 Hallstein, Europäische Gemeinschaft, S. 208 und 468. 72 OppermannjKilian, Gleichstellung, S. 27/28 m.w.N. 73 Überblick über die Umweltpolitik der EG im 17. Gesamtbericht über die Tätigkeit der Europäischen Gemeinschaften. Eine besondere Bedeutung wird hierbei die „Richtlinie über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten" erlangen (ENV 92 v. 14. Mai 1985), die der Rat am 27. Juni 1985 beschloß. Damit beteiligt sich auch die EG nach jahrelangen Vorarbeiten an den Bemühungen um die Schaffung einheitlicher Umweltverträglichkeitsprüfungen. Sie kann hier an die umfangreichen Untersuchungen der ECE und der OECD zu diesem Thema anknüpfen, s. Cupei, Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) — Die Richtlinie der Europäischen Gemeinschaften, DVB1. 1985, S. 813 ff. 73a

s. den Text der Akte in EA 1986, S. D 163ff. (174f.).

4. Kapitel: Einzeldarstellungen außerhalb UN-System

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schütz" als Koordinierungseinrichtung geschaffen. Schon die Bezeichnung deutet auf die Ursprünge der Gemeinschaft als reiner Wirtschaftorganisation („Gemeinsamer Markt" mit Erzeugern und Verbrauchern) hin. M i t der „globalen" Ausweitung der Gemeinschaftspolitiken auf fast alle Lebensbereiche drang auch die ganze Komplexität der Umweltthematik in die verschiedenen Politikfelder ein und verwandelte so fast jede einzelne Gemeinschaftspolitik (auch) in eine Umweltpolitik. Die Gemeinschaft trug diesem Umstand Rechnung und bildete die Dienststelle Umwelt und Verbraucherschutz in eine neue Generaldirektion X I „Umwelt, Verbraucherschutz und nukleare Sicherheit" um. M i t dieser Statuserhöhung sollte die Stellung der Umweltpolitik als koordinierender Politik gegenüber den fachegoistisch ausgerichteten anderen Politiken mehr Gewicht verschafft werden. Die Umsetzung der Umweltplanung in konkrete Maßnahmen erfolgt jedoch im Ministerrat, wo sich ananlog der anderen Fachministerräte auch ein „Rat der Umweltminister" der Gemeinschaft gebildet hat. Obwohl das Europäische Parlament nicht über legislative Befugnisse verfügt, hat es sich gerade in der Umweltpolitik als einer sehr öffentlichkeitswirksamen Materie lautstark zu Wort gemeldet. Das Umweltthema bildet für dieses Organ ein willkommenes Feld zur politischen Profilierung gegenüber den anderen Gemeinschaftsorganen wie gegenüber den Mitgliedsstaaten 74 . Das weltweite Problem der Wettbewerbsbehinderungen durch einseitig verordnete Umweltauflagen tritt innerhalb der Gemeinschaft verstärkt auf, die Diskussion um die Einführung des Abgaskatalysators in der Bundesrepublik Deutschland und die Reaktionen der anderen Mitgliedsländer daraufist nur ein Beispiel unter vielen. Hinzu kommen die unterschiedlichen ökologischen Interessen der Mitglieder (etwa Länder mit unterschiedlich fortgeschrittener Wasser- oder Luftverschmutzung, mit hoher oder niedriger Bevölkerungsdichte, mit unterschiedlichen Energiekonzepten, mit hohem oder geringem Waldanteil an der Gesamtfläche usw.), die mit den ökonomischen Gegebenheiten in Einklang gebracht werden müssen 75 . Dies hat vielfach zu einer Unzufriedenheit mit den Umweltmaßnahmen der Gemeinschaft geführt 76 . 74

Vgl. den Vorschlag von Steiger zur Umweltkompetenz des Europäischen Parlaments, Beitr. u. Umweltgestaltung A 63, 1977. 75 Dazu Weinstock, Nur eine europäische Umwelt? Europäische Umweltpolitik im Spannungsverhältnis von ökologischer Vielfalt und ökonomischer Einheit. Zeitschrift für Umweltpolitik 1983, S. 1 ff. 76

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Rehbinder zählt hierfür folgende Gründe auf: Zersplitterung und Unausgewogenheit bei der Setzung von Prioritäten, zu einseitig ökonomische anstatt umweltpolitische Orientierung der Regelungen, Uniformität der Regelung anstatt nationaler Freiräume, die Integration ist nicht tief genug, zu konservative Lösungen auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner.

4. Kapitel: Einzeldarstellungen außerhalb UN-System

Sowohl die technischen Einzelprojekte wie die Umweltforschung und die Rechtsangleichungsmaßnahmen77 der Gemeinschaft bieten eine derartige Fülle von Umweltaktivitäten, daß eine Gesamtübersicht auch nur über die wichtigsten Betätigungsfelder nicht mehr möglich ist. Dies ist nach einem guten Dutzend Jahren „EG-Umweltpolitik" sicher eindrucksvoll 78 . Die Gesamtheit aller Maßnahmen wurden in bisher drei Umwelt-Aktionsprogrammen seit 1973 koordiniert 79 . Das jüngste Aktionsprogramm weist als Schwerpunkte der EG-Umweltpolitik den Schutz der Binnengewässer und den Meeresumweltschutz, Luftverschmutzung, Chemikalienkontrolle, Lärmschutz, Abfallbeseitigung und die Entwicklung schadstoffarmer Technologien aus 80 . Diese Bestrebungen zielen auf eine rationellere Raumnutzung, die Erhaltung von Fauna und Flora, eine rationellere Wasserwirtschaft, Verbesserung der Abfallwirtschaft und den Aufbau ressourcensparender Techniken. Die gesamten Maßnahmen sollen einer „umfassenden Strategie" unterworfen werden, die Öffentlichkeitsarbeit und Umwelterziehung, Umweltforschung, Datensammlung und Auswertung sowie eine konsequentere Überwachung des Vollzugs von Umweltbestimmungen umfaßt. Besonderen Wert wird auf die Zusammenarbeit mit Drittländern und auf Aktionen im Rahmen der anderen Internationalen Organisationen gelegt, wobei die Gemeinschaft mit „einer Stimme" auftreten w i l l 8 1 . Zahlreiche Kooperationsabkommen der Gemeinschaft mit Entwicklungsländern sollen um Umweltschutzmaßnahmen erweitert werden. Vgl. Umweltschutz in der Rechtsordnung der Europäischen Gemeinschaft, Bitburger Gespräche, Jahrbuch 1983, S. 51 ff., 55. Eine Studie über den Interessenstreit in der europäischen Luftreinhaltepolitik bietet anhand von Fallbeispielen Prittwitz, Umweltaußenpolitik, Grenzüberschreitende Luftverschmutzung in Europa, 1984, S. 139 ff. 77

Übersicht in UNEP Report No. 2, S. 142-148. Zur Ausgestaltung der Umweltpolitik vor 1972 s. Quick, Umweltaktivität, S. 46 ff. Weitere Darstellung der EG-Umweltpolitik bei Wilcher, Study, S. 40 ff. und Behrens (Anm. 67), S. 25 ff. sowie Steindorff, Umweltschutz in Gemeinschaftshand?, RIW 1984, S. 767 ff. Zum dringlichen Problem des grenzüberschreitenden Umweltschutzes zwischen den Mitgliedsländern der EG s. insbesondere v. Moltke, Grenzüberschreitende Umweltbelastungen im Europäischen Gemeinschaftsrecht, in: v. Moltke /Schmölling/ Kloepfer/Köhler, Grenzüberschreitender Umweltschutz in Europa, Tagung Münster Oktober 1983, 1984, S. 11 ff. sowie Ress, Rechtsvergleichende, europarechtliche und völkerrechtliche Aspekte grenzüberschreitender Verfahrensbeteiligung im Umweltrecht, in: Ress (Hrsg.), Grenzüberschreitende Verfahrensbeteiligung im Umweltrecht der Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften, 1985, S. Iff. 78

79 1. Aktionsprogramm von 1973-1976, 2. Aktionsprogramm von 1977-1981, 3. Aktionsprogramm von 1982-1986. 80 Entschließung des Rats vom 7. Februar 1983, ABl. C 46 vom 17. 2.1983. 81 Die internationale Zusammenarbeit der EG mit anderen Internationalen Umweltorganisationen müßte eigentlich noch vertieft behandelt werden. Dasselbe gilt für die Frage, inwieweit die EG auf die Gestaltung eines internationalen Umweltrcchts Einfluß nimmt.

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4. Kapitel: Einzeldarstellungen außerhalb UN-System

Angesichts des Umfangs ihrer Maßnahmen und der Wirtschaftskraft ihrer Mitgliedstaaten kann die Gemeinschaft wohl noch vor UNEP als die bedeutendste Internationale Umweltorganisation angesehen werden 82 . Diese Einschätzung stützt sich auch auf den Umstand, daß die Gemeinschaft die einzige echte supranationale Organisation im Umweltbereich darstellt und somit auch über die effektivsten Rechtsdurchsetzungs- und Kontrollmöglichkeiten aller Umweltorganisationen verfügt. Die Tatsache, daß die Gemeinschaft auf die Region West- und Südeuropa beschränkt ist, mindert zwar ihre globale Wirkung gegenüber UNEP wieder ab. Über die zahlreichen Assoziierungsabkommen mit Staaten Afrikas und anderer Weltgegenden kann die Gemeinschaft aber gleichwohl sehr wirksam Umweltpolitik betreiben, die weit über den regionalen Rahmen Europas hinausgreift 83 . M i t ihrem politischen und wirtschaftlichen Gewicht kann sie in den Gremien der globalen Umweltorganisationen der Vereinten Nationen die Umweltanliegen Westeuropas dort wirkungsvoll geltend machen und so auch den „Weltstandard" des Umweltvölkerrechts mitbestimmen 8 4 . M i t ihrer sehr umweltbewußten Öffentlichkeit kann sie auch für andere Weltgegenden im Umweltbereich eine Vordenkerfunktion übernehmen. Allerdings steht sie hierin bezüglich der Umwelttechnologie und der erreichten Umweltstandards in Konkurrenz mit Japan und den Vereinigten Staaten, die auf diesen Gebieten weiter fortgeschritten sind. Ob die Gemeinschaft gegenüber den Forderungen der Entwicklungsländer nach Schaffung einer „Neuen Weltwirtschaftsordnung", die auch neue Bedingungen für den Umweltbereich mit sich bringen würde (Souveränität über alle natürlichen Ressourcen, (Umwelt-)Technologietransfer), ein Gegengewicht bilden könnte, kann Zweifel wecken. Die Gemeinschaft bildet insoweit keinen homogenen Block, sondern umschließt Mitglieder, die den Anliegen der Dritten Welt sehr offen gegenüberstehen (Niederlande) wie Länder, die lavierend ihre eigene Politik betreiben (Frankreich) oder eher die harten Positionen der westlichen Industriestaaten verteidigen (Bundesrepublik Deutschland, Großbritannien).

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Den neuesten Überblick bietet der 19. Gesamtbericht über die Tätigkeit der Europäischen Gemeinschaften 1985 der EG-Kommission, S. 219-229. 83 Vor allem im jüngsten Abkommen von Lomé über die wirtschaftliche Zusammenarbeit der EG mit den AKP-Staaten vom 8. Dezember 1984 (Lomé III) werden die dringendsten Umweltprobleme dieser Länder (Bekämpfung der Dürre und der Wüstenbildung) in Art. 11 des Abkommen als gemeinsame Aufgabe genannt. Die dafür nötigen Maßnahmen werden in Art. 38-43 näher präzisiert. Text s. BGBl. II, 1986, S. 17ff. 84

Da die EG am 7. Dezember 1984 als Vertragspartner der Seerechtskonvention der Vereinten Nationen beigetreten ist, kann sie auch auf dem Feld des Meeresumweltschutzes (insbesondere beim Schutz der lebenden Ressourcen des Meeres im Rahmen ihrer Fischereipolitik und beim Meeresbergbau und der Meerestechnologie) beträchtlichen Einfluß nehmen und das Potential wichtiger westlicher Industrieländer dort einbringen, s. etwa Graf Vitzthum, Die Europäische Gemeinschaft und das Internationale Seerecht, AöR 1986, S. 33 (39ff.).

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Europarat Der Europarat wurde auf dem „Europakongreß" im Mai 1948 in Den Haag gegründet, 1949 folgte in London die Unterzeichnung seiner Statuten durch die zunächst zehn Mitgliedsstaaten 85 . Sitz der Organisation wurde Straßburg. Dem Europarat gehören heute 21 Mitglieder an; die Mitgliedschaft ist auf europäische Länder beschränkt, wozu auch die Türkei, Malta und Zypern gezählt werden. M i t dem Europarat sollte dem von Kriegsfolgen erschütterten nichtkommunistischen Europa ein Rahmen gegeben werden, innerhalb dessen eine Neubesinnung auf die gemeinsam ererbten Werte stattfinden konnte. Zweck der Einrichtung ist deshalb gemäß Art. 1 a) des Statuts eine „engere Verbindung zwischen seinen Mitgliedern zum Schutz und zur Förderung der Ideale und Grundsätze, die ihr gemeinsames Erbe bilden, herzustellen und ihren wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt zu fördern." Die Organe des Europarats sind das Ministerkomitee mit den verschiedenen Fachkomitees und Unterkomitees, die Beratende Versammlung und das Generalsekretariat. Über supranationale Befugnisse verfügt die Organisation nicht. Die Organe können nach Art. 1 b) des Statuts Fragen von gemeinsamen Interesse beraten, wobei das Ministerkomitee gegenüber den Mitgliedsregierungen Empfehlungen aussprechen kann. Der Europarat kann auf wichtigen Gebieten wie z. B. der Wirtschaft, dem Sozialwesen und der Kultur Abkommen initiieren. Über wichtige Fragen, vor allem bei Empfehlungen an die Mitglieder, ist die Einstimmigkeit unter den abgegebenen Stimmen erforderlich, Art. 20 a) (1) des Statuts. Diese Empfehlungen sind für die Mitgliedsregierungen nicht bindend, der Europarat hat aber das Recht, die Regierungen zur Berichterstattung über die Durchführung der empfohlenen Maßnahmen aufzufordern. Die Konventionen sind, sowie sie von den Mitgliedsländern ratifiziert worden sind, völkerrechtlich bindende Verträge. Besondere Bedeutung haben hier die Europäische Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten von 1950 und die Europäische Sozialcharta von 1961 erlangt. Zu deren Bewahrung wurde eine Europäische Kommission für Menschenrechte sowie ein Gerichtshof für Menschenrechte eingerichtet. Die „Nähe" des Umwelt- und Naturschutzthemas zu den sozialen Aktivitäten des Europarats und seinen Bemühungen um den Schutz der Menschenrechte bewirkte wohl auch, daß diese Einrichtung als erste Internationale Organisation außerhalb des Systems der Vereinten Nationen den Umweltschutzgedanken aufgriff und sich aktiv im internationalen Umweltbereich betätigte 86 . Die weite 85

Abgedruckt bei Kapteyn (Anm. 14), II. B. 3.a. Boardman (Anm. 5), S. 45; lediglich der Nordische Rat hatte schon vor diesem Zeitpunkt intern über Naturschutzfragen debattiert. 86

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4. Kapitel: Einzeldarstellungen außerhalb UN-System

Fassung des Zuständigkeitsartikels 1 des Statuts erleichterte diese Aktivitäten natürlich sehr. Der Europarat wurde so, gemessen an der Zahl der von ihm initiierten Umwelt- und Naturschutzkonventionen, der Resolutionen und Empfehlungen, die neben der Europäischen Gemeinschaft und UNEP aktivste Internationale Umweltorganisation 87 . Schon 1962 richtete der Europarat ein intergouvernementales „Europäisches Komitee zum Schutz der Natur und der natürlichen Ressourcen" ein, 1967 folgte ein Informationszentrum für Naturschutzfragen 88 . Dieses Komitee verfügt über mehrere Unterkomitees (Ständiges Komitee, Planungskomitee, Komitee von Naturschutzexperten, Komitee für Umwelterziehung u.a.). I m Ministerkomitee besteht ein Sekretariat als ständiger Verwaltungsstelle mit einer Direktion „Umwelt und lokale Angelegenheiten", das dem Naturschutzkomitee zur Verfügung steht 89 Seit 1973 trifft sich im Rahmen eines dreijährigen Turnus überdies die Umweltministerkonferenz der Mitgliedstaaten. Die materielle Umweltarbeit des Europarats ist sehr vielgestaltig, so daß hier nur Beispiele der wichtigsten Aktionen und einige Schwerpunkte genannt werden können. Wegen der strukturellen Schwäche der Organisation ist die juristische Verbindlichkeit der meisten Aktivitäten — mit Ausnahme der zu völkerrechtlichen Verträgen gewordenen Konventionsentwürfen — allenfalls unter den Aspekt des „soft law" zu betrachten 90 . Zu den wichtigsten Aktionen des Europarats im Umwelt- und Naturschutzbereich gehören: — die Deklaration zur Kontrolle der Luftverschmutzung von 1968 91 , — die Europäische Wasser-Charta von 1968 92 , — die Europäische Bodencharta von 1972 93 , — die Resolution vom 26. 3.1971 über die Luftverschmutzung in Grenzregionen mit einer Empfehlung des Ministerrats 94 , — der Entwurf einer Europäischen Konvention über den Schutz internationaler Wasserwege von 1974 95 , 87 Dies bezeugt z. B. ein Blick in das Register der Sammlung von Rüster / Simma/ Bock, Int. Protection of the Environment. 88 Boardman (Anm. 5), S. 120. 89 Organisationsschema bei De Reeder, Environmental programmes of intergovernmental organisations, 1977 ff. (Losebl.), Council of Europe 5-2 bis 5-4. In der Beratenden Versammlung wird der Umweltschutz vom Ausschuß für Regionalplanung und Verwaltung wahrgenommen. 90 Dazu Näheres in Teil D. 91 Res. (68) 4 vom 8. 3.1968. 92 Vom 6. 5.1968. 93 Res. (72) 19 vom 30. 5.1972. 94 Res. (71) 5 vom 26. 3.1971, dazu Levin (Anm. 8), S. 63.

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— eine Resolution über den Schutz wilder Tiere, die in einen Konventionsentwurf einmündete, der im September 1979 den Mitgliedstaaten in Bern vorgelegt wurde 96 , — mehrere Resolutionen zur kulturgüterschädlichen Luftverschmutzung 97 ,

und viele andere Resolutionen und Empfehlungen mit den Schwerpunkten „Schutz wildlebender Tiere" und „Umwelterziehung" 98 . Hier kommt dem Europarat eine international führende Rolle zu. Eine ganz besonders umfassende Aktivität entfaltete der Europarat als bedeutende Regionalorganisation im Bereich der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit im Umweltschutz: hier bestehen Empfehlungen und Entwürfe zu ModellÜbereinkommen für die grenzüberschreitende Planung von umweltgefährdenden Standorten, Austausch von Umweltinformationen, Zusammenarbeit zwischen Gebietskörperschaften und den Schutz der Bürger in Grenzregionen mit Hilfe verstärkter Partizipation an Verwaltungsentscheidungen 99. Der Europarat setzte für diese Vorhaben eine Reihe von Ad-hoc-Expertengruppen ein. Ein weiterer Schwerpunkt liegt schließlich in der Umweltrechtsvergleichung 100 . A m Umwelt-Wachtprogramm verschiedener europäischer Regionalorganisationen für die Region des Nordatlantik ist der Europarat ebenso beteiligt wie an vielen weiteren Programmen Internationaler Umweltorganisationen 101 . Die Arbeit des Europarats soll schon von seinem Statut her offen ausgestaltet sein, die Zusammenarbeit der Mitglieder mit anderen Internationalen Organisationen nicht behindern und auf Kooperation mit diesen Organisationen hinzielen, (Art. 1 c) des Statuts). Dies drückt sich bereits institutionell darin aus, daß in der Beratenden Versammlung auch die Angelegenheiten solcher europäischer Organisationen diskutiert werden können, die nicht über ein quasiparlamentarisches Gremium verfügen. Dies ist z.B. bei der OECD, der Europäischen Zivilluftfahrtkonferenz und der Europäischen Kernforschungsorganisation (CERN) der Fall. Dasselbe gilt für die europäischen Aktivitäten der UNESCO, der FAO, der W H O oder der ILO. Die Umweltaktivitäten des Europarats stellen sich so stets kooperativ dar. Wegen der „Ferne" zu den nationalen politischen Strömungen ist die Arbeit sehr sachbezogen und viel weniger tagespolitisch beeinflußt, wie es z.B. bei der Europäischen Gemeinschaft oft der Fall ist. Allerdings setzt die sehr beschränkte Machtposition des Ministerrats gegenüber dem Mitgliedsregierungen der 95

CoE Doc. 3417, dazu Levin (Anm. 8), S. 56 und Schneider, World public order, S. 45. Res. (67) 25. s.a. UNEP Report No. 2, S. 244. 97 Res. (70) 591 ν. 26.1.1971, (76) 788 v. 16. 9.1976 und (79) 880 v. 8.10.1979. 98 Boardman (Anm. 5), S. 163 f. und 67. Zu den Aktivitäten des Europarats bis 1972 vgl. auch Quick, Umweltaktivität, S. 38-41. 99 Dazu ausführlich OppermannIKilian, Gleichstellung, S. 24ff. m.w.N. 100 Quick, Umweltaktivität, S. 39. 101 Schneider, World public order, S. 100 und Kiss (Anm. 46), A F D I 1973, S. 895 ff. 96

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Rolle des Europarats im Umweltbereich Grenzen 102 . Die Organisation verfügt zwar über eine wichtige Initiativfunktion bei der Festlegung neuer Ziele im Umweltschutz. Auf deren Verwirklichung hat sie aber kaum Einfluß. Das bereits genannte Berichterstattungsrecht des Art. 15 b) S. 2 ist hierfür ein zu stumpfes Schwert. Auf der anderen Seite kann der Europarat auch mit einer eher auf moralischen Appellen ausgerichteten denn erzwingbaren Konzeption manche Ideen entwickeln, die in einer supranational verfaßten Internationalen Organisation schon zu Beginn an politischen Sachzwängen scheitern würden 1 0 3 . Gerade im Umweltbereich sind aber „Versuchsballons" aller Art als Denkanstöße von Nöten und nirgendwo sind die Durchsetzungshemmnisse, die andere Politikbereiche dem entgegensetzen, größer. Die Diskussion um die Ursachen des Waldsterbens ist dafür ein Beispiel. Gegenüber anderen europäischen Regionalorganisationen hat der Europarat zudem den Vorteil, daß er nahezu sämtliche nichtkommunistischen Länder Europas in seiner Organisation vereinigt. Es kann so ein übergreifender Austausch zwischen Mitgliedsländern der Europäischen Gemeinschaft und den Nichtmitgliedsstaaten stattfinden, was einen nicht zu unterschätzenden Harmonisierungseffekt im Umweltbereich bewirken kann. Angesichts des mit Regionalorganisationen fast „überbesetzten" Europa, deren Zuständigkeitsbereiche sich oftmals überschneiden 104 , hat es eine nicht sehr fest strukturierte Organisation wie der Europarat nicht immer leicht, sich gegenüber den anderen Organisationen in diesem Konzept zu behaupten; dies gilt auch für die Umweltthematik. Hier kann allein seine Eigenschaft als ein für alle Aktionen offenes Forum helfen 105 . Im übrigen bleibt die Möglichkeit, sich gegenüber den anderen Umweltorganisationen durch Konzentration auf bestimmte Bereiche des Natur- und Umweltschutzes zu profilieren: So kümmert sich die Organisation vermehrt um den Schutz europäischer Kulturdenkmäler vor Umwelteinwirkungen. Es ist dem Europarat gelungen, Schwerpunkte zu setzen, wenngleich dabei die Gefahr des bloßen „Aktionismus" ohne große 102

Boardman (Anm. 5), S. 120. Ein Beispiel dafür, wie bei einer Umweltthematik „schwache" Organisationen (Europarat, OECD) „vorpreschen", während sich die „starken" Organisationen (EG) zurückhalten, bietet die Verfahrensbeteiligung und der Rechtsschutz ausländischer Grenznachbarn; vgl. dazu OppermannIKilian, Gleichstellung, S. 38. 104 So ist für Dänemark z.B. der Nordische Rat, die EG, ECE, die NATO, der Europarat und — zählt man die OECD hier zu den Regionalorganisationen — auch diese Institution im Umweltbereich „zuständig". Ähnliches ließe sich für die meisten anderen europäischen Länder sagen. 105 So etwa Bothe, The trends in both national and international politcs for achieving a unification of standards in pollution matters, Zeitschrift für Umweltpolitik 1979, S. 293 ff. (305) und Grieves (Anm. 67), S. 318 f. Der Europarat bemüht sich auch um eine umfassende Aufklärung der europäischen Öffentlichkeit über die drohenden Umweltgefahrdungen wie etwa das Beispiel der Fachbeilage „Verschmutzung der Umwelt" im Forum Europarat Heft 3/1985 bezeugt. 103

4. Kapitel: Einzeldarstellungen außerhalb UN-System

praktische Folgen immer im Hintergrund steht. Versuche, den Europarat von den wirtschaftlichen und technischen Fragen des Umweltschutzes weg in Richtung auf eine bloße Befassung mit Naturschutzangelegenheiten zu drängen, ließen sich schon 1973 nicht durchsetzen 106 . North Atlantic Treaty

Organization (NATO)

Urzelle der NATO war der Vertrag von Brüssel im März 1948 zwischen Belgien, Frankreich, Luxemburg, den Niederlanden und Großbritannien als ein Defensivbündnis gegen ein wiedererstarkendes Deutschland. Im April 1949 — noch während der Berliner Blockade — beschlossen zwölf Staaten, darunter die außereuropäischen Länder Kanada und die Vereinigten Staaten, ein kollektives Sicherheitssystem zur Abwehr der Bedrohung durch die Sowjetunion zu errichten. Dem daraufhin unterzeichneten NATO-Vertrag schlossen sich in der Folge weitere europäische Staaten, darunter 1955 auch die Bundesrepublik Deutschland an. Heute gehören der NATO sechzehn Staaten an, ihr Sitz befindet sich in Brüssel. Die institutionelle Struktur der NATO umfaßt sowohl zivile wie militärische Organe. Das oberste Organ ist der NATO-Rat als Treffen der Außen- und Verteidigungsminister. Die ständige Präsenz der Mitgliedstaaten wird durch deren Botschafter bei der NATO gewährleistet, die ihrerseits einen Ständigen Rat bilden. Der NATO-Rat schuf sich eine große Zahl von Hilfskomitees und Arbeitsgruppen für eine Reihe von militärischen- und Infrastrukturaufgaben. Daneben gibt es auch rein zivile Einrichtungen. Oberstes Verwaltungsorgan ist das Generalsekretariat, der Generalsekretär ist zugleich Vorsitzender des NATO-Rats. Wie viele andere Internationale Organisationen verfügt auch die NATO seit 1955 über eine — im Vertrag nicht vorgesehene — Versammlung von Parlamentariern der Mitgliedstaaten. Die militärischen Behörden sind im Zusammenhang mit der vorliegenden Untersuchung nicht weiter von Belang. Alle Entscheidungen in der NATO werden von den Mitgliedern einstimmig getroffen, ein supranationaler Charakter kommt der Organisation nicht zu. Die NATO ist seit 1969 auch im Umweltbereich tätig. In diesem Jahr wurde das „Committee on the Challenges of Modern Society" (CCMS) vom NATORat gegründet. Dieses Komitee sollte Studien über Probleme der Meeresver106

Grieves (Anm. 67), S. 320. Die technischen und wirtschaftichen Seiten des Umweltschutzes wollte man allein der OECD übertragen. Bungarten hält den Europarat für die europäische Organisation, der es am ehesten mit dem Umweltschutz ernst ist, also ihm den politischen Vorrang einräumt. Den Mangel sieht er allerdings darin, daß das zentrale Organ, nämlich das Ministerkomitee, aus den Außenministern besteht, denen Umweltprobleme eher fern liegen, S. 248 ff. Ein Organisationsschema der Umweltabteilungen des Europarats findet sich auf S. 246.

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4. Kapitel: Einzeldarstellungen außerhalb UN-System

schmutzung durch Öl, Hilfeleistung in Umweltkatastrophen, Umwelt- und Regionalplanung, Luft- und Küstenmeeresverschmutzung, öffentliche Gesundheit u.a.m. erarbeiten. Die Befassung einer Verteidigungsorganisation mit Umweltfragen mag zunächst befremdlich erscheinen. Tatsächlich enthält aber bereits der NATOVertrag von 1949 in Art. 2 die Verpflichtung der Mitglieder, „ . . . zur weiteren Entwicklung friedlicher und freundschaftlicher internationaler Beziehungen bei(zu)tragen, indem sie ihre freien Einrichtungen festigen, ein besseres Verständnis für die Grundsätze herbeiführen, auf denen diese Einrichtungen beruhen, und indem sie die Voraussetzungen für dje innere Festigkeit und das Wohlergehen fördern."

M i t dem CCMS-Programm sollte die lange Zeit vernachlässigte „soziale Seite" des NATO-Pakts 1 0 7 wieder mehr in den Vordergrund gerückt werden. Dies ist auch einleuchtend: es kann nur ein politischer Zustand verteidigt werden, wenn er für zu verteidigende Bevölkerung den Lebens- und Rechtsstandard bietet, der ihn erst verteidigungswert macht. Dazu gehört heute in besonderem Maße auch eine intakte Umwelt 1 0 8 . Nach der Vorstellung des NATO-Rats sollte das CCMS sich nicht selbst in Forschungsvorhaben engagieren, sondern diese nur anregen und dezentral durchführen lassen. Man fürchtete die Entstehung einer zusätzlichen „Umweltbürokratie" innerhalb des bestehenden Rahmens — wie andere Beispiele in Internationalen Organisationen zeigen, sicher zu recht. Ebensowenig sollten aus dem NATO-Haushalt besondere Umweltfonds abgezweigt werden 109 . Die Konstruktion der Umweltarbeit durch das CCMS ist daher recht ungewöhnlich für eine Internationale Organisation ausgefallen. Vier Konzepte sind für das CCMS verbindlich vorgeschrieben 110: — U m Überschneidungen mit der Umwelttätigkeit anderer Organisationen zu vermeiden, wird für die Durchführung jeder Leitstudie (pilot study) ein „federführendes Land" (pilot country) bestimmt. Dieses Mitgliedsland (aber auch andere interessierte Länder, die nicht NATO-Mitglied sind) finanziert, entwickelt und leitet das Projekt und sorgt auch für die Verbreitung der Resultate. Daneben können sich auch andere Länder an dem Projekt in unterschiedlichem Umfang beteiligen. Kein Mitgliedsland ist gezwungen, Aktionen zu übernehmen, die Wahl des Projekts ist für jedes Land frei. Die Ergebnisse werden für alle Länder zugänglich gemacht, einerlei, ob sie an dem Vorhaben beteiligt waren oder nicht.

107

s. Aspects of NATO, Serie 1 Nr. 8, S. 1. In diesem Sinne forderte das 1956 aus drei Außenministern gebildete „Komitee der Drei" bereits damals die Erweiterung der NATO-Aktivitäten um wissenschaftliche und technologische Programme. Die Folge war die Gründung eines „Wissenschaftskomitees", das derartige Programme entwickelte. Aspects of NATO, S. 1; Grieves (Anm. 67), S. 316 f. 108

109 110

Aspects of NATO, S. 1. Aspects of NATO, S. Iff.

4. Kapitel: Einzeldarstellungen außerhalb UN-System — Besonderen Wert wird auf Vorhaben gelegt, die eine rasche und effektive Umsetzung in politische Entschließungen erwarten lassen und nationale wie internationale Maßnahmen nach sich ziehen. Bloße „Schubladenstudien" sollen dadurch vermieden werden. Die Umweltstudien werden deshalb alsbald den politisch Verantwortlichen zugeleitet. — Das CCMS soll weiter eine nach außen gerichtete, offene Einrichtung sein und ähnelt insoweit der Konzeption des Europarats. Dort, wo auch andere Spezialorganisationen bereits tätig sind, möchte CCMS ergänzende Studien fördern 111 . Wo das CCMS selbst einen Vorsprung besitzt 112 , sollen ihre Studien ein Rahmen werk für die weitere bi- und multilaterale Zusammenarbeit setzen. — Schließlich hat das CCMS ein Folgeverfahren (follow-up) für beendete Projekte entwickelt: jedes pilot country übernimmt für sein Vorhaben die Verpflichtung, dafür zu sorgen, daß die abgeschlossene Leitstudie möglichst rasch in nationale und internationale Aktionen umgesetzt wird. In follow-up-Berichten gibt das „zuständige" Land daher eine Art Rechenschaft über die Auswirkungen seiner Leitstudie a b 1 1 3 . Bis 1981 wurden 17 CCMS-Leitstudien m i t einer beträchtlichen Spannweite abgeschlossen, darunter Projekte über — — — — — —

Sicherheit im Straßenverkehr Verschmutzung der Binnengewässer Innerstädtische Transportsysteme Sonnenenergie Geothemische Energie und Ernährung und Gesellschaft 114 .

16 noch laufende Projekte befassen sich z.B. m i t — Rauchgasentschwefelung — Trinkwasser 115 — Seismologie — Hydrologische Voraussagen und — Wiedergewinnung von Plastikabfallen 116 . Vorgeschlagen waren Studien über die Bewahrung v o n Kunstdenkmälern u n d über den menschlichen Einfluß a u f die Stratosphäre 1 1 7 . Seit 1971 besteht ein jährliches Plenartreffen ( A u t u m n Plenary Meeting, auch „ E n v i r o n m e n t R o u n d Tabel" genannt), bei dem über die nationalen U m w e l t 111

Z.B. Gesundheit, Metereologie, Meeresumweltschutz. Z. B. energiesparende Technologien, alternative Energiequellen. 113 Aspects of NATO, S. 2. 114 Aspects of NATO, S. 3 ff. 115 Die Drinking Water Pilot Study wurde inzwischen unter der Nr. CCMS 130 (Hrsg. Bellak u. Cotruvo) abgeschlossen; „Pilot country" waren die USA. 116 Sudarskis (Anm. 122), S. 71. 117 Über die Aktivitäten bis 1972 s. näheres bei Quick, Umweltaktivität, S. 34ff. 112

104

4. Kapitel: Einzeldarstellungen außerhalb UN-System

vorhaben debattiert und Informationen ausgetauscht werden 118 . Daneben veranstaltet das CCMS Städtekonferenzen (Innovation in the Cities), arbeitet mit der Drogenbehörde der Vereinten Nationen zusammen und vergibt Forschungsstipendien (Fellowships). Eine wichtige Kontaktstelle für das CCMS ist die NATO-Parlamentarierversammlung, die ihrerseits einen Wissenschafts- und Technologieausschuß gebildet hat, um die Arbeit des CCMS wirksam zu unterstützen 119 . Bei der Abstimmung ihrer Programme arbeitet die NATO eng mit Organisationen wie ECE, OECD und der Europäischen Gemeinschaft zusammen 120 . Die Arbeit der NATO im Umweltbereich wird überwiegend positiv bewertet 1 2 1 , man schätzt ihre kostensparende und doch effektive und politisch wirksame Verfahrensweise 122. Allerdings wird bemängel, die Studien seien zu technisch ausgerichtet und ließen deshalb die gerade im Umweltschutz wichtigen sozialen und kulturellen Gesichtspunkte vermissen 123 . Der Arbeit des CCMS kommen mehrere Vorteile zugute, die mit der Funktion der NATO als Verteidigungsorganisation zusammenhängen: generell werden Aktivitäten dieser Organisation in den Mitgliedsregierungen erhöhter Aufmerksamkeit zuteil, als dies bei anderen Organisationen meist der Fall ist. Hinzu kommt, daß die NATO bei ihren Bemühungen um eine Vereinheitlichung der Waffensysteme und Ausrüstungen bereits über eine beträchtliche Erfahrung auf dem Gebiet des Technologietransfers verfügt, was auch dem Transfer von Umwelttechnologie nützt 1 2 4 . Weiter kann auch das umfangreiche hochtechnisierte Potential der NATO für Zwecke des Umweltschutzes, etwa die Wetterbeobachtung oder das Aufspüren von Verschmutzungsquellen aus der Luft, eingesetzt werden 125 . Allerdings wird hier kritisiert, daß der Einfluß militärischer Aktivitäten auf die Umwelt gerade nicht zu den Forschungsobjekten des CCMS gehört 126 . 118

So diente dieses Treffen zugleich auch als Forum für die internationale Diskussion über Fluorkarbide (neben den OECD und UNEP-Gremien). Stoel, Fluorocarbons: Mobilizing Concern and Action, in: Kay/Jacobson, Environmental Protection, S. 64. Aspects of NATO, S. 14f. 120 s. etwa Wilson, International Environmental Activities, A Global Survey, 1971, S. 64. 121 Etwa von Bothe (Anm. 105), S. 306; eher skeptisch Grieves (Anm. 67), S. 316 ff., der das amerikanische Übergewicht, die zufallige geographische Zusammensetzung und die militärische Konfrontation mit dem Warschauer Pakt als Minuspunkte eines Umweltengagements wertet. Die Effizienz der Arbeit schätzt jedoch auch er hoch ein, S. 318. 122 Etwa Sudarskis , NATO and the Environment, A Challenge for a Challenger, Env. Policy and Law 2 (1976), S. 69, 70. 123 124 125 126

Sudarskis (Anm. 122), S. 71. Stein, in: Hargrove (Anm. 11), S. 259 bzw. 262. Sudarskis (Anm. 122), S. 71. Sudarskis (Anm. 122), S. 71.

4. Kapitel: Einzeldarstellungen außerhalb UN-System

Es wird jedoch anerkannt, daß die detaillierten Studien des CCMS schon mehrfach Früchte in der Arbeit anderer Organisationen getragen haben, so z. B. im Rahmen von IMCO-Resolutionen über die Verschmutzung der Meere durch das Ablassen von Öl, in den Verkehrssicherheits-Empfehlungen der OECD und in den EG-Richtlinien zur Luftverschmutzung 127 . Nach außen dient die Umweltarbeit des CCMS sicher auch der „Imageverbesserung" der NATO in der Öffentlichkeit und in den Medien, wenngleich dort diese Aktivitäten kaum bekannt sind. Das „CCMS-Verfahren" kann sicher dazu beitragen, die Umsetzung der reinen Umweltforschung in praktisch-politische Maßnahmen zu beschleunigen: es ist dadurch sehr flexibel, daß sich jedes Land nur das Projekt aussuchen kann, das es selbst interessiert. Ein Gießkannenprinzip des „Alles Unterstützens" wird so vermieden. Das Mitgliedsland, das die Patenschaft über ein Vorhaben übernimmt, steht damit zugleich in der Pflicht, dessen Erfolg zu fördern. Das CCMS gibt damit aber auch die Kontrolle weitgehend aus der Hand und ist bei ihrer Arbeit auf den Eifer und die Initiative des „Patenlandes" angewiesen. Das Prinzip „Einer löst ein ihn interessierendes Umweltproblem — alle anderen profitieren davon" ließe sich sicher auch für die Arbeit anderer Umweltorganisationen fruchtbar machen. Aufgaben dafür gibt es für die NATO genug 128 . Nordischer

Rat

Die Zusammenarbeit zwischen Dänemark, Norwegen und Schweden reicht bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts zurück, so z.B. in Gestalt einer 1869 gegründeten Postunion. Seit 1889 schloß sich eine Nordische ParlamentarierUnion an, die zum unmittelbaren Vorläufer für den Nordischen Rat wurde. Diese Einrichtung wurde 1952 als beratende Körperschaft der Parlamente und Regierungen Dänemarks, Islands, Norwegens und Schwedens geschaffen; 1955 schloß sich Finnland an. Der Nordische Rat setzt sich aus Mitgliedern der Parlamente dieser Länder zusammen, Regierungsvertreter können an den Beratungen aber teilnehmen. Die nordische Zusammenarbeit wurde 1962 durch einen Kooperationsvertrag beträchtlich verstärkt 129 . Das Sekretariat des Präsidiums des Nordischen Rats befindet sich in Stockholm, das Sekretariat des Ministerrats in Oslo. 127 Sudarskis (Anm. 122), S. 71. Ein Beispiel dafür gibt auch Stein (Anm. 11), S. 263/264 für die Vorarbeit von CCMS für spätere Maßnahmen gegen die Verschmutzung der Meere. Weitere Darstellungen über die Zusammenarbeit des CCMS mit anderen Organisationen bei Kiss , Legal Aspects of Air Pollution Control, Earth Law Journal 1975, S. 36 ff. Zum „Ausstoß" der NATO-Umweltarbeit vgl. auch die Studie von Wilcher, Environmental Cooperation, S. 93 ff., 124ff. und 207 ff. 128 Zur langfristigen Umweltplanung der N A T O / C C M S s. Hartkopf\ Forecasts of Long-Term Developments, Env. Policy and Law 8 (1982), S. 74f. 129 Vertrag vom 23. März 1962, abgedruckt bei Kapteyn (Anm. 14), II. B. 4. b; das Statut des Nordischen Rats vom 3. Dezember 1951 findet sich in Part II. B. 4. a.

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4. Kapitel: Einzeldarstellungen außerhalb UN-System

Die Zusammenarbeit der im Nordischen Rat zusammengeschlossenen Staaten soll nach Art. 1 dieses Vertrags die rechtlichen, kulturellen, sozialen und wirtschaftichen Bereiche möglichst tiefgreifend umfassen. Zu diesen Bereichen gehört seit der Vertragsänderung 1974 auch der Umweltschutz. Besonderen Wert wird gem. Art. 2 auf die juristische Gleichstellung aller Bürger der nordischen Länder gelegt. Diese Bestrebungen haben gerade für den grenzüberschreitenden Umweltschutz eine große Bedeutung erlangt. Zur Erfüllung dieser vielfältigen Aufgaben wurden eine Reihe von Organen geschaffen. Zentrales Organ ist der bereits erwähnte Nordische Rat, der der gesamten Organisation seinen Namen gegeben hat, und der Ministerrat. Jedes Organ besitzt eine Reihe von Ausschüssen und sonstigen Unterorganen. Der Nordische Rat kann Empfehlungen und Stellungnahmen gegenüber den Mitgliedsregierungen und dem Ministerrat abgeben. Die Abstimmungsquoten sind dabei so festgelegt, daß gegen den Willen der Mehrheit der jeweiligen Ländervertreter aus den nationalen Parlamenten kein Beschluß zustandekommt. Die Regierungsvertreter verfügen im Nordischen Rat dagegen über kein Stimmrecht. Dem Minister können Entscheidungen über Fragen, die in den Kooperationsabkommen enthalten sind, unterbreitet werden. Die Entscheidung hat stets einstimmig zu erfolgen. Diese Verfahrensweisen zeigen, daß auch die Integration der nordischen Staaten im Nordischen Rat — entgegen ihrem äußeren Erscheinungsbild — nicht supranational ist. Das Umwelt- und Naturschutzthema gehört zu den traditionellen Diskussionsfeldern schon seit den frühen 60er Jahren 130 . Seit 1976 bestehen beim Ministerrat zwei ständige Ausschüsse von Umweltpraktikern und Umweltplanern. Der Nordische Rat als Plenarorgan besitzt ebenfalls seit 1976 einen „Sozial- und Umweltausschuß 131 . Der Kooperationsvertrag von 1962 enthält in der Fassung von 1974 in den Art. 30-32 einen Abschnitt „Zusammenarbeit im Umweltschutz". Dies ist eines der wenigen Beispiele für eine ausdrückliche Aufgabenzuweisung an eine Internationale Organisation im Umweltschutz 132 . Art. 30 enthält ein generelles Rücksichtnahmegebot für die Umweltinteressen der Nachbarstaaten, Art. 31 bestimmt die Angleichung des Umweltrechts als Ziel, während Art. 32 die umfassende Koordination im Naturschutz vorsieht.

130

Boardman (Anm. 5), S. 45. Vgl. De Reeder (Anm. 89), Nordic Council 5-1, 2; Hermann, Die Tätigkeit des Nordischen Rats 1976, G Y I L 20 (1977), S. 501 (511). 132 s. Kapteyn (Anm. 14), II. B. 4. b, S. 6. 131

4. Kapitel: Einzeldarstellungen außerhalb UN-System

Der Nordische Rat hat im Umweltbereich eine beträchtliche Zahl von Empfehlungen verabschiedet 133 . Die bei weitem wichtigste Maßnahme ist die „Nordische Umweltschutzkonvention", die am 19. Februar 1974 in Stockholm unterzeichnet wurde 1 3 4 . Diese beispielgebende Konvention übte eine breite Wirkung weit über den engeren Bereich Nordeuropas aus und rückte den Nordischen Rat, jedenfalls was den Standard der Zusammenarbeit im Umweltschutz anbelangt, in die vorderste Linie der Internationalen Organisationen. Viele Elemente des Abkommens dienten als Modelle für die Konventionsentwürfe anderer Organisationen, etwa der OECD. Das Abkommen enthält in Art. 3 und 4 als erstes Vertragswerk überhaupt die präventive und gerichtlich einklagbare Einbeziehung von Umweltinteressen eines Staates und seiner Bürger in die Planungsverfahren eines anderen Staates 135 sowie die Bildung gemeinsamer Kommissionen für bestimmte umweltgefährdende Vorhaben und gemeinsamer Umweltüberwachungsbehörden in jedem Mitgliedstaat 136 . Die besondere Konzentration der Maßnahmen des Nordischen Rats im Bereich der Luftverschmutzung 137 kam nicht von ungefähr: durch ungünstig verlaufende Luftströme bekamen die schwedischen Länder den „sauren Regen" aus den Industriegebieten Mittel- und Nordenglands und aus den baltischen Gebieten als erste zu spüren, ehe diese Erscheinung auch im übrigen Europa auftrat 1 3 8 . Auch in den übrigen Bereichen wie der Meeresverschmutzung in der Ost- und Nordsee arbeitet der Nordische Rat eng mit anderen Organisationen zusammen 139 . Vorbildlich für das übrige Europa wurde auch der Ausbau der grenzüberschreitenden Umweltzusammenarbeit der Gemeinden 140 . Wegen des sehr homogenen Rechtskreises ist die Umweltrechtsvergleichung und Angleichung, 133 Unvollständige Liste bei De Reeder (Anm. 89), Nordic Council 6-1; vgl. auch Hermann, Die Tätigkeit des Nordischen Rats im Jahre 1981, G Y I L 25 (1982), S. 663f. (677). 134 Text in I L M X I I I (1974), S. 591 ff., dazu Kiss , La Convention Nordique sur l'Environnement, A F D I 1974, S. 808 ff. 135 Dierkes (Anm. 58), S. 357; OppermannIKilian, Gleichstellung, S. 33. 136 Levin (Anm. 8), S. 11/22; Kiss (Anm. 134), S. 808ff. 137 Levin (Anm. 8), S. 7, 11, 22, 36. 138 Levin (Anm. 8), S. 66ff.; Royal Ministry for Foreign Affairs, Royal Ministry of Agriculture, Air pollution across national boundaries. Sweden's case study for the U N Conference on the Human Environment (1971), S. 22. 139 Zu den Organisationen im Baltikum etwa Johnston/ Enomoto, Regional Approaches to the Protection and Conservation of the Marine Environment, in: Johnston, The Environmental Law of the Sea, Beiträge zur Umweltgestaltung A 79, 1981, S. 348 ff. 140 Berg, Zum Übereinkommen zwischen Dänemark, Finnland, Norwegen und Schweden über grenzüberschreitende Zusammenarbeit von Gemeinden, ZaöRV 1980, S. 600 ff.

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4. Kapitel: Einzeldarstellungen außerhalb UN-System

die zu den Aufgaben des Nordischen Rats gehört, sehr viel unproblematischer als in den anderen Regionalorganisationen 141 . Dies gilt auch für den hohen Stand der übrigen, sehr engen Zusammenarbeit im Umwelt- und Naturschutz. Obwohl der Nordische Rat keine Supranationalität besitzt, ist die Umweltkooperation unter den skandinavischen Staaten am weitesten fortgeschritten. Als Maßstab für die anderen Umweltorganisationen kann dieser Standard jedoch nur bedingt herhalten: die meisten anderen Regionalorganisationen, etwa die Europäische Gemeinschaft, verfügen nicht über diese soziale, wirtschaftliche und rechtliche Gleichartigkeit unter ihren Mitgliedsländern 142 . Hier muß sich die Angleichung der Umweltstandards notwendigerweise mühsamer und schleppender gestalten 143 . Organisation Amerikanischer

Staaten ( OAS)

Anfange eines regionalen Zuammenschlusses innerhalb der westlichen Hemisphäre gab es bereits Ende des 19. Jahrhunderts in Form der Ersten Internationalen Konferenz Amerikanischer Staaten, die 1889/90 in Washington abgehalten wurde. Ergebnis dieser Konferenz war die Gründung der Internationalen Union Amerikanischer Staaten mit einem Büro in Washington. In der folgenden Zeit reihten sich weitere Internationale Konferenzen aneinander zu dem Zweck, die Grundlagen für eine ständige Einrichtung zu schaffen. Auf der 9. Internationalen Konferenz im Jahre 1948 in Bogota konnte allerdings erst die Charta der Organisation Amerikanischer Staaten verabschiedet werden 144 . Sie trat 1951 in Kraft. Das Vertragswerk enthält Bestimmungen über ein System kollektiver Sicherheit, über friedliche Streitbeilegung und über die Wahrung der Menschenrechte ähnlich wie die Charta der Vereinten Nationen. Die OAS betrachtet sich in Art. 1 der Charta denn auch als „Regionaleinrichtung der Vereinten Nationen". Derzeit hat die OAS 31 Mitglieder; außer Kuba (1962 ausgeschlossen) und Kanada gehören ihr damit alle Staaten Nord- und Südamerikas an. Der Sitz der Organisation befindet sich in Washington. Für Ihre Aufgabe, den Frieden und die Sicherheit in Amerika zu bewahren, sowie die ökonomische, soziale und kulturelle Zusammenarbeit zu fördern, stehen der OAS eine Generalversammlung, eine Beratende Konferenz der Außenminister und drei Räte (Councils) zur Verfügung: der Interamerikanische Wirtschafts- und Sozialrat, der Rat für Erziehung, Wissenschaft und Kultur und 141 Oppermann I Kilian, Gleichstellung, S. 42; vgl. auch Seidl-Hohenveldern, Rechtsvergleichung und Internationaler Umweltschutz, Zeitschrift für Rechtsvergleichung 1976, S. 254, 255. 142

Oppermann ! Kilian, Gleichstellung, S. 33. So ist z. B. in der ähnlich homogenen Benelux-Union der Grad der Umweltzusammenarbeit beträchtlich geringer als dies im Nordischen Rat der Fall ist (s. o.). 144 Abgedruckt bei Kapteyn (Anm. 14), II. E. 1. d. 143

4. Kapitel: Einzeldarstellungen außerhalb UN-System

der Ständige Rat. Dazu kommen weitere Einrichtungen und eine Reihe selbständiger Spezialorganisationen wie z. B. die Interamerikanische Menschenrechtskommission und die Panamerikanische Gesundheitsorganisation. Für die Verwaltung ist ein Generalsekretariat zuständig. Die Generalversammlung als oberstes Organ entscheidet über die allgemeine politische Richtung der OAS und entwickelt die Konzepte und Programme, nach denen sich die Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten zu richten hat. Jedes Mitglied verfügt über eine Stimme; Entscheidungen und Resolutionen der Generalversammlung werden mit einfacher Stimmenmehrheit getroffen, es sei denn, die Charta sähe eine Zwei-Drittel-Mehrheit vor. Die Councils haben die Aufgabe, Programme und Aktionspläne zu erörtern und der Generalversammlung zur Annahme vorzuschlagen. Sie überwachen und koordinieren dann die beschlossenem Maßnahmen. Zu Beginn der 70er Jahre waren innerhalb der OAS umfangreiche Reformbestrebungen im Gange 145 , die auch in eine Reform der Charta mündeten. Nach einer jahrelangen Stagnation, hervorgerufen durch politische Spaltungen und Fraktionskämpfe unter den Mitgliedern, sollte die Arbeit der Organisation wieder versachlicht und auf eine neue Basis gestellt werden. Angesichts der ökonomischen und sozialen Lage Südamerikas war es daher nur zu offensichtlich, daß der künftige Schwerpunkt der OAS-Aktivitäten sich auf das Thema Entwicklungspolitik zu konzentrieren hatte 1 4 6 . Weitere Themen sollten der internationale Handel, Währungsfragen und der Technologietransfer sein. Zu diesem Zweck wurde eine „Special Assembly on Co-operation for Development" eingerichtet. M i t dieser Themenverlagerung von einem rein politischen Forum zu einer sozial-engagierten Arbeitsorganisation sollte auch der Umweltschutz und die Wahrung des amerikanischen kulturellen Erbes mehr Bedeutung gewinnen 147 . In der Umweltzusammenarbeit sah man also auch in dieser Internationalen Organisation eine Chance zur Erneuerung und Konsolidierung der gesamten Institution 1 4 8 . Zum Auftakt ihrer Umweltaktivitäten verabschiedete daher die Generalversammlung des OAS am 16. Juni 1976 drei Resolutionen zum Denkmalschutz, zur Errichtung eines seismologischen Netzes für das erdbebengefährdete Zentralamerika und zur Verabschiedung einer Konvention über Naturschutz und Schutz wilder Tiere im westlichen Erdteil 1 4 9 . 145

Dazu Brandt, Die Tätigkeit der Organisation der Amerikanischen Staaten (OAS) im Jahre 1976, G Y I L 20 (1977), S. 514f. (523 / 524) und Wood, The Organisation of American States, YbWA 1979 (33), S. 148 ff. 146

Kapteyn (Anm. 14), Dir. II. E. 1, S. 7; Wood (Anm. 145), S. 161 ff. Vgl. dazu Brandt (Anm. 145), S. 523 m.w.N. 148 s. dazu Teil A, 3. Kapitel „Motive Internationaler Organisationen" für die Übernahme von Umweltaktivitäten. Wood (Anm. 145), S. 148 bezeichnete die OAS als „nude descending a staircase", but „the stairs have moved". 147

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4. Kapitel: Einzeldarstellungen außerhalb UN-System

Die „Unterbringung" des Umweltressorts in die bereits laufenden Siedlungs-, Stadt- und Raumplanungsprogramme der OAS verlief zunächst nicht ohne Schwierigkeiten 150 . Nach und nach gelang es aber, Umweltaspekte z. B. bei den Planungen für das Rio Plata Becken einzubeziehen151. Umweltbetätigungsfelder der OAS sind u. a. die Verminderung und Kontrolle des Kohlendioxid-Gehalts der Luft und die Regulierung der dabei auftretenden grenzüberschreitenden Umweltschäden 152 . Die OAS betätigte sich im Umweltbereich als Streitschlichter bei Kontroversen zwischen Brasilien und Argentinien über die Küstenmeerverschmutzung 153 und als Initiator von Feldstudien zur Erhaltung der natürlichen Umwelt z.B. in Naturparks, Reservaten usw. 1 5 4 . International arbeitet die Organisation eng mit der Regionalkommission der Vereinten Nationen für Lateinamerika (ECLA) und mit dem Regionalbüro für Lateinamerika und die Karibik von UNEP zusammen 155 . Dies und die Abhaltung mehrerer bedeutender Umweltkonferenzen in Lateinamerika (Cocoyoc, Vancouver, Kingston, Caracas, Mar del Plata, Montevideo) zeigt, wie wichtig diese Region von den Vereinten Nationen wie von anderen Staaten und Organisationen in Umweltfragen genommen wird. Im Verhältnis zu der teilweise katastrophalen Umweltsituation in Latein- und Mittelamerika (Slums, Amazonas-Rodungen, Überbevölkerung der Millionenstädte, Erosion) nimmt sich jedoch die Bedeutung der OAS für die Erhaltung der Umwelt eher bescheiden aus. In Lateinamerika hat die wirtschaftliche Entwicklung immer noch eindeutigen Vorrang vor Natur und Umwelt. Eine übernationale Bedeutung, wie sie vielen Internationalen Umweltorganisationen in Europa zukommt, konnte die OAS bisher jedenfalls nicht erlangen. Solange die meisten wirtschaftlichen Integrationsversuche lateinamerikanischer Länder entweder scheitern oder allenfalls unbefriedigende Ergebnisse bringen, wird die OAS freilich die einzige einigermaßen funktionierende Regionalorganisation in Lateinamerika sein. Diese Funktionsfahigkeit wird allerdings dadurch erkauft, daß die Vereinigten Staaten als die größten Geldgeber der Organisation auch den größten Einfluß auf deren Politik ausüben können. Dadurch kommen der OAS aber auch das beträchtliche Umwelt-Know how und die materiellen Mittel der Vereinigten Staaten zugute, die aufzubringen das übrige Amerika bei weitem nicht in der Lage wäre 1 5 6 . 149 G A Res. 213/215/218 (VI-0/86) abgedruckt bei Rüster/Simma/Bock, International Protection, Bde. X X V I I I , S. 269; X X I , S. 38 und X X I I I , S. 184. 150 Stein, in: Hargrove (Anm. 11), S. 276. 151 Stein, in: Hargrove (Anm. 11), S. 280. 152 SchwäreIKellogg, in: Nanda (Anm. 11), S. 83. 153 McManus, Ocean Dumping: Standards in Action, in: Kay /Jacobson, Environmental Protection, S. 135. 154

Miller, The Earth's Living Terrestrial Resources: Managing their Conservation, in: Kay/Jacobson, Environmental Protection, S. 252. 155 UNEP Annual Report 1983, S. 18.

4. Kapitel: Einzeldarstellungen außerhalb UN-System

Organisation der Afrikanischen

Einheit (OAU)

Die Organisation der Afrikanischen Einheit führt ihren Ursprung auf die Pan-Afrikanismus-Bewegung zurück, die schon vor dem II. Weltkrieg sechs Kongresse außerhalb Afrikas abgehalten hatte. Die erste Gesamtafrikanische Konferenz fand im Dezember 1958 in Accra/Ghana statt, andere folgten, ohne daß es zunächst zu einer umfassenden gemeinsamen Organisation kam. Dagegen entstanden 1960 zwei Bünde: die Union Afrikanischer Staaten und Madagaskars von zwölf französisch sprachigen Ländern (der „BrazzavilleGruppe") und die „Casablanca-Gruppe" von Ghana, Guinea, Mali und den nordafrikanischen Staaten. Erst anläßlich der Konferenz von Addis Abeba 1963 kam die Vereinigung der beiden Gruppen in der O A U zustande. Das Grundziel der neuen Organisation sollte die Sicherung und Festigung der Unabhängigkeit, Souveränität und territorialen Integrität der jungen Staatsgebilde sein. Im September 1963 trat die Charta der O A U in K r a f t 1 5 7 . Derzeit gehören ihr 51 Staaten an, der Sitz der Organisation befindet sich in Addis Abeba. Die O A U verfügt über eine Versammlung der Staats- und Regierungschefs, einen Ministerrat, ein Generalsekretariat und eine Schiedskommission. Weitere — bislang drei — Spezialkommissionen wurden eingerichtet. Höchstes Organ ist die einmal jährlich tagende Versammlung der Staats- und Regierungschefs. Sie hat die Aufgabe, Diskussionsforum für die gemeinsamen Belange Afrikas zu sein und die allgemeine Politik der Organisation zu koordinieren und zu harmonisieren. Entscheidungen der Versammlung haben nur empfehlenden Charakter. Der Ministerrat hat gegenüber der Versammlung nur vorbereitende und unterstützende Funktion. Das Generalsekretariat ist ein reines Verwaltungsorgan mit drei Abteilungen, darunter eine Wirtschafts- und Sozialabteilung. Unter den Spezialkommissionen befindet sich eine Kommission für Erziehung, Wissenschaft, Kultur und Gesundheit sowie eine Wirtschafts- und Sozialkommission. Die O A U ist bisher vor allem als eine rein politische (Kampf-)Organisation gegen Neokolonialismus und Rassismus aufgetreten. Daneben bietet sie ein beliebtes Forum für die afrikanische „Innenpolitik". Gegenüber der übrigen Welt bildet sie eine gemeinsame Plattform für die Propagierung entwicklungspolitischer, weltwirtschaftlicher und sozialer Forderungen der afrikanischen Staaten gegenüber den Industrieländern 158 . Dies gilt insbesondere für das 156

Zum Einfluß der Vereinigten Staaten in der OAS s. ζ. B. W W (Anm. 145), S. 163f.

157

Text der Charta bei Kapteyn (Anm. 14), II. H. 1. a. Grundlegend zur OAU, insbesondere zu ihrer Geschichte und Organisation Jouve, L'Organisation de l'Unité Africaine, 1984, S. 55 sowie Moses Ngola Akwensioge, Die Organisation für Afrikanische Einheit, Entstehung, Geschichte und Entwicklung seit 1963, Tübinger Diss. 1974. 158

Tandon! Mathews, Die Organisation der Afrikanischen Einheit in der Phase der Konsolidierung, EA 1979, S. 113 ff.

112

4. Kapitel: Einzeldarstellungen außerhalb UN-System

Bestreben dieser Länder nach einer Reform des gegenwärtigen Weltwirtschaftssystems und der Schaffung einer „Neuen Internationalen Wirtschaftsordnung". Die Resolution der O A U zu den eher „technischen" innerafrikanischen Problemen, etwa in Entwicklungsfragen, haben noch keine praktische Auswirkungen vor Ort gezeigt. Die praktisch-technische Arbeit der O A U hinkt so beträchtlich hinter ihren allgemeinpolitischen Aktivitäten zurück 1 5 9 . Zu dieser geringen Effektivität in der Arbeit der O A U tragen nicht zuletzt die große Mitgliederzahl der Organisation und die tiefen ideologischen, wirtschaftlichen und kulturellen Unterschiede zwischen ihnen bei. Hinzu kommt die relative „Armut" der Organisation selbst: Gegenüber der — mit Einschränkungen — vergleichbaren OAS verfügt die O A U nur über einen sehr kleinen Mitarbeiterstab von wenigen Hundert Personen. Auch der jährliche Etat ist mit wenigen Millionen Dollar sehr schmal und beträgt nur ein Sechstel des OASEtats 1 6 0 . Der internationale Einfluß der O A U in Umweltfragen ist beträchtlich geringer als in den spezifischen politischen Fragen und Anliegen Afrikas, etwa im Bereich des Rassismus und der Entwicklungspolitik, wenngleich hier von afrikanischer Seite versucht wird, Entwicklungsfragen mit Umweltfragen zu verknüpfen 161 . Der Einfluß auf die Organisationsstruktur der Vereinten Nationen ist jedoch, bedingt schon durch die große Mitgliederzahl, die Afrika stellt, recht groß. Dies gilt auch für die großen Konferenzen wie etwa U N C T A D 1 6 2 . Über diese institutionelle Verstärkung des Gewichts afrikanischer Staaten wird mittelbar auch die Debatte um die Neue Weltwirtschaftsordnung beeinflußt, was wiederum als Folge davon auch die Umweltpolitik im Nord-Süd-Verhältnis tangiert. Die O A U griff bereits zu Beginn der 70er Jahre in die Verhandlungen um die UN-Seerechtskonvention mit ein und unterstützte die Bemühungen ihrer Mitgliedsstaaten um die Installierung der 200 sm-Wirtschaftszone. Damit fällt dem Küstenstaat auch die Kontrolle über die Verschmutzung dieses Meeresbereichs z u 1 6 3 . Als eigentlicher Beginn der Umweltarbeit der O A U kann die nach langen Bemühungen 164 im Jahre 1968 in Algier zustande gekommene Afrikanische Naturschutzkonvention gelten 165 . Diese „Konvention zum Schutz der Natur 159

Tandow / Mathews (Anm. 158), S. 120. TandowIMathews (Anm. 158), S. 115. 161 TandowI Mathews (Anm. 158), S. 120. 162 TandowI Mathews (Anm. 158), S. 120 f. 163 Dazu Okidi (Anm. 8), S. 99 m.w.N. 16φ Zur Vorgeschichte der Konvention s. etwa Boardman (Anm. 86), S. 150/151. 165 Abgedruckt bei Rüster/Simma/Bock, International Protection, Bd. V, S. 2037ff. — Zur Umweltaktivität der O A U auch Jouve (Anm. 157), S. 202-205. 160

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und natürlicher Ressourcen" wurde vom Ministerrat der O A U am 12. September 1968 verabschiedet und stellte das erste gesamtafrikanische Abkommen dieser Art dar 1 6 6 . Art. 2 verpflichtet die Vertragspartner, alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um den Schutz, den Gebrauch und die Entwicklung des Bodens, Wasser, Tierwelt und Natur in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Wissenschaft und mit Berücksichtigung der Bürgerinteressen zu gewährleisten. In den Art. 4 bis 15 folgen dann die dafür nötigen Instrumente. Alle darin angeregten Maßnahmen werden aber nur empfohlen und können nicht von der O A U vorgeschrieben oder gar erzwungen werden. Die zwischenstaatliche Zusammenarbeit als dem Zuständigkeitsbereich der O A U wird in Art. 16 geregelt: Danach sollen die Vertragsstaaten zusammenarbeiten, wenn immer dies zur Erreichung der Vertragsziele erforderlich erscheint und immer dann, wenn eine nationale Maßnahme die nationalen Umweltressourcen eines anderen Staates tangieren könnte. Die O A U ist als Sammelstelle für alle Umweltgesetze, Verordnungen und sonstigen Verwaltungshandlungen vorgesehen, die im Rahmen der Konvention von den Staaten erlassen werden. Sie soll über das Erreichte berichten und alle Informationen für eine vollständige Dokumentation des Stands der Umwelt sammeln. Daneben soll sie Tagungen und Expertentreffen veranstalten. Die „Anlaufzeit" der Konvention verlief schleppend; zehn Jahre nach der Unterzeichnung hatten von 50 Mitgliedstaaten der O A U erst 19 das Abkommen ratifiziert 167 . Für den in Afrika besonders wichtigen Artenschutz hat sie jedoch eine große Bedeutung erlangt 168 . Erst viele Jahre nach Unterzeichnung der Naturschutzkonvention richtete die O A U (wie auch die afrikanische Regionalorganisation der Vereinten Nationen ECA) 1979 Umweltbehörden ein 1 6 9 . Die allgemeine Zusammenarbeit zwischen O A U und ECA wurde institutionalisiert 170 und zunehmend auch auf den Umweltbereich ausgedehnt 171 . M i t UNEP und ECA hält die O A U ständige gemeinsame Expertentreffen ab. UNEP-Vertreter wohnen auch den Treffen der OAU-Staats- und Regierungschefs bei. Die jüngsten Kontakte sollen dazu 166

Ein Kommentar des Abkommens findet sich bei Boardman (Anm. 86), S. 152-154. Die Vorarbeit wurde bereits seit Anfang der 60er Jahre auf Initiative der UNESCO geleistet. 167 UNEP Report No. 2, S. 185. 168 UNEP Report No. 2, S. 244. 169 Dorm-Adzobu, Environmental Problems and Management Policies in Tropical Africa, ZfU 1981, S. 99, 115 (FN 19). 170 Text der Kooperationsvereinbarung bei Kapteyn (Anm. 14), II. H. 1. b. 171 UNEP Annual Report 1983, S. 17 Nr. 15 und Notiz in Env. Policy and Law 5 (1979), S. 81 sowie Dorm-Adzobu (Anm. 169), S. 110/115. 8 Kilian

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dienen, die geplante Einberufung einer „Afrikanischen Umweltkonferenz" zu fördern 172 . Die regionale Umweltzusammenarbeit in Afrika erreichte bisher trotz dieser Kooperation der „zuständigen" Umweltorganisationen nicht sonderlich viel, wie überhaupt die regionale wirtschaftliche Zusammenarbeit — ähnlich wie in Lateinamerika — bis jetzt nicht von Erfolg begleitet war. Etwas effektiver ist die Umweltarbeit auf der Ebene der einzelnen Mitgliedstaaten der O A U 1 7 3 . Die meisten afrikanischen Staaten haben Umweltministerien- und Behörden eingerichtet 174 , die praktische Umweltprogramme durchführen. Außerdem besteht eine rege Gesetzgebungstätigkeit175. Die Koordination dieser verzweigten und zersplitterten Bemühungen um Natur und Umwelt wird also zu den wichtigsten Aufgaben von O A U (und ECA) gehören 176 . M i t Unterstützung der Vereinten Nationen sind bereits einige konkrete überstaatliche Vorhaben angelaufen 177 . Ohne UN-Unterstützung wäre die O A U dafür zu schwach 178 . Der afrikanische Kontinent wird wie die übrigen Gegenden der Dritten Welt für den internationalen Umweltschutz noch an Bedeutung gewinnen. Die Vergabe des Sitzes von UNEP nach Nairobi in Kenya ist dafür ein Indiz. Organization for Economic Cooperation and Development (OECD) Die OECD ist Nachfolgerorganisation der im Jahre 1948 gegründeten Organisation for European Economic Development (OEEC). Die OEEC hatte die Aufgabe, Hilfsmittel im Rahmen des Marshallplans zu verwalten und so den wirtschaftlichen Wiederaufbau der westeuropäischen Staaten zu fördern. Als Wirtschaftsorganisation war bereits die OEEC bestrebt, Handelshemmnisse zu beseitigen. Als es sich aber zeigte, daß wegen der großen Mitgliederzahl der Organisation weitere praktische Handelserleichterungen nur noch schwer durchsetzbar waren, traten die subregionalen Einrichtungen EWG und EFTA an deren Stelle 179 . 172 173

UNEP Annual Report 1983, S. 17 Nr. 15.

Dorm-Adzobu (Anm. 169), S. 115. Dorm-Adzobu (Anm. 169), S. 103ff., 112 und UNEP Report No. 2, S. 189f. 175 Dorm-Adzobu (Anm. 169), S. 105 ff.; zur Rechtsharmonisierung im afrikanischen Umweltrecht UNEP Report No. 2, S. 189 ff. 176 Dorm-Adzobu (Anm. 169), S. 115. 177 Dorm-Adzobu (Anm. 169), S. 115. 178 Zur Umweltlage in Afrika z. B. das Dossier „Environnement et développement", in: Le Courrier 1984, S. 50 ff. sowie BMZ-aktuell, Umweltschutz in der Entwicklungspolitik vom 10. August 1981. 179 Zur Entstehungsgeschichte der OECD etwa Hahn j Weber, Die OECD, 1976, S. 27 ff. 174

4. Kapitel: Einzeldarstellungen außerhalb UN-System

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Die bereits erreichte enge wirtschaftliche Verflechtung der westlichen Industrieländer erforderte jedoch auch über diese subregionalen Zusammenschlüsse hinaus weiterhin ein Mindestmaß an geregelter wirtschaftlicher Zusammenarbeit. Immer größere Aufmerksamkeit gewannen dabei die Entwicklungsprobleme der unabhängig gewordenen ehemaligen Kolonien, deren Unterstützung nicht allein den USA überlassen bleiben konnte. 1959 wurde deshalb auf einem Treffen der Regierungschefs der wichtigsten westlichen Industrieländer, darunter der USA, die Grundlage für die Schaffung einer überregionalen Wirtschaftsorganisation gelegt. Die OECD-Konvention trat im September 1961 in Kraft, Sitz der Organisation blieb Paris 180 . Der OECD gehören heute 24 Mitglieder an, darunter fast alle nichtsozialistischen europäischen Länder einschließlich der neutralen Staaten, sowie Japan, Kanada, Australien und Neuseeland. Nichtmitgliedstaaten können sich an Vorhaben der OECD beteiligen, dies ist z.B. bei Jugoslawien der Fall. Die Organisation unterhält enge Beziehungen zur Europäischen Gemeinschaft, aber auch zur EFTA, ILO, FAO, GATT, U N C T A D , I M F und IBRD. Die OECD verfolgt u.a. das Ziel, wirtschaftliches Wachstum und Vollbeschäftigung zu fördern, um dadurch den Lebensstandard in den Mitgliedsländern zu heben. Weiter soll der Welthandel auf eine multilateral abgesicherte, nicht diskriminierende Basis gestellt werden (Art. 1 der Konvention). Zur Erreichung dieser Ziele sieht Art. 2 eine Reihe von Prinzipien und Maßnahmen vor, darunter die Förderung der wirkungsvollen Nutzung wirtschaftlicher Ressourcen, die Unterstützung von Wissenschaft und Technologie und den Abbau von Handelshindernissen aller Art. Die Mitglieder haben die Pflicht, sich gegenseitig zu informieren, Konsultationen vorzunehmen und generell eine enge Zusammenarbeit anzustreben. Das Entscheidungssystem geht über den Standard „normaler" Internationaler Organisationen hinaus und enthält gewisse, über klassische Internationale Organisationen hinausreichende Elemente: Die OECD kann zur Erreichung ihrer Ziele verbindliche Entscheidungen treffen, Empfehlungen aussprechen und mit Mitgliedern, Nichtmitgliedern und anderen Internationalen Organisationen Abkommen schließen (Art. 5 der Konvention). Entscheidungen und Empfehlungen sollen im gegenseitigen Einvernehmen unter den Mitgliedern getroffen werden, wobei jedes Mitglied über eine Stimme verfügt. Enthält sich ein Mitglied dieser Stimme, so sind diese Willensakte ihm gegenüber nicht bindend. Auf deren verbindliche Wirkung gegenüber den zustimmenden Mitgliedern hat diese Enthaltung jedoch keinen Einfluß, (Art. 6 der Konvention). Die OECD verfügt über folgende Organe und Spezialorganisationen: Oberstes Organ ist der Rat, der alle Entscheidungen trifft und in dem jedes Mitgliedsland vertreten ist. Ein Exekutivkomitee ohne Entscheidungsgewalt 180

*

s. Kapteyn (Anm. 14), II. B. 7. a.

4. Kapitel: Einzeldarstellungen außerhalb UN-System

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bereitet die Ratssitzungen vor und koordiniert die Arbeit der OECD. Dazu kommen ein Generalsekretariat und weitere Hilfsorgane wie Sonderkomitees, Arbeits- und Projektgruppen (derzeit über 100). Zu den wichtigsten ständigen Sonderkomitees gehören die Komitees für Wirtschaftspolitik, für Überwachung der wirtschaftlichen Entwicklung, für Entwicklungshilfe und für den Handel. Jedem Komitee sind weitere Arbeitsgruppen für bestimmte Fragen zugeordnet. Zu den Spezialorganisationen der OECD zählen vor allem die Internationale Energieagentur (IEA), die Kernenergieagentur (ΝΕΑ) und das Zentrum für Erziehung, Forschung und Innovation (CERI). Seit 1970 befindet sich unter den Spezialkomitees auch das Umweltkomitee. Es wurde zunächst für fünf Jahre, dann auf Dauer etabliert und 1975/76 neu gegliedert 181 . Selbständiges Spezialprogramm der OECD im Umweltbereich ist der „Club des Amis du Sahel". Die Tätigkeit der OECD im Umweltbereich ist außerordentlich vielgestaltig und verzweigt 182 . Sie bezieht sowohl praktisch-technische Vorhaben wie Studiengruppen, Forschungsaufträge, Fachkonferenzen 183 und rechtliche Untersuchungen mit ein 1 8 4 . Als Wirtschaftsorganisation lag es für die OECD nahe, sich mit den Auswirkungen des Umweltschutzes zu befassen, die direkt oder indirekt den Handel mit Waren berührten. Von da an war es nur ein Schritt in Richtung auf die grundsätzliche Befassung mit Umweltfragen über das Problem der Handelshemmnisse durch Umweltmaßnahmen hinaus. Da die Umweltproblematik zunehmend auch den Lebensstandard der Völker zu beeinflussen begann, setzte die sehr allgemein gehaltene Zuständigkeitsvorschrift des Art. 1 der Konvention hierbei keine Grenzen 185 . Das Umweltkomitee der OECD gliedert sich seit der Umbildung in folgende Hauptabteilungen: — — — —

Umwelt und Energie Städtischer Umweltschutz und Raumplanung Industrieumweltschutz und Intermediäre Projekte 186 .

181 182

Bungarten, Umweltpolitik, S. 252f. und De Reeder (Anm. 89), OECD 5-2. Darstellungen z.B. bei Bungarten, Umweltpolitik, S. 250ff. und Wilcher, Study,

S. 58 ff. 183

Wie z.B. die Lärmschutzkonferenz am 7.-9. Mai 1980 in Paris. Z.B. Transfrontier Pollution and the Role of the States, 1981 oder Environmental Protection in Frontier Regions, 1979. Zum wichtigen Verhältnis von Umweltmaßnahmen und Interessen der Wirtschaft s. die Studie Economic and Ecological Interdependence, 1982. Den neuesten Gesamtüberblick über die Lage der Umwelt vermittelt der Bericht The State of the Environment 1985, OECD June 1985, ergänzt durch das OECD Environmental Data Compendium 1985, OECD June 1985. 185 Vgl. zur allgemeinen „Umweltmotivation" der OECD ausführlich OECD and the Environment, OECD, 1979, S. 7 ff. 184

4. Kapitel: Einzeldarstellungen außerhalb UN-System

Jede dieser Abteilungen gliedert sich in weitere Spezialreferate und Projektgruppen, die entweder ständig tätig sind oder auf Zeit eingerichtet werden. Zu solchen Gruppen gehören beispielsweise die Unterabteilungen — — — — — — — —

Chemie Energie Abfallbeseitigung Luftverschmutzung Wilde Tiere/Artenschutz grenzüberschreitende Verschmutzung Lärmschutz Wasserwirtschaft u. v. a.

U m die präventive Umweltpolitik nach dem Vorsorgeprinzip 187 auszubauen, hat die OECD eine weitere Gruppe gebildet, die den jeweiligen Stand und die Umweltentwicklung in den Mitgliedsländern beobachten und messen soll. Damit soll eine Art „Frühwarnsystem" geschaffen werden 188 . Weitere, speziell von der OECD gepflegte Untersuchungsgebiete sind die Harmonisierung der Umweltstandards, umweltgefährdende Konsumprodukte und der Einfluß des Tourismus auf die Umwelt. Die OECD ist bestrebt, in ihrer Umweltpolitik jeweils wechselnde Schwerpunkte zu setzen. Dies war z. B. von 1974 bis 1978 bei der Propagierung des nichtdiskriminierten Zugangs ausländischer Bürger zu den Planungsverfahren und Gerichten anderer Staaten der Fall 1 8 9 . Andere Schwerpunkte waren die Kontrolle giftiger Chemikalien 190 , insbesondere PCB und Fluorcarbide 191 . Die allgemeine Richtung der OECD-Umweltpolitik hat sich gewandelt, seitdem sie Anfang der 70er Jahre in Gang gekommen war. Die Leitlinien dieser Politik legte die OECD in drei Texten nieder: (1) Den Leitprinzipien über umweltpolitische Gesichtspunkte in der Internationalen Wirtschaft vom 26. Mai 1972 mit der Propagierung des Verursacherprinzips, der Festsetzung von Umweltstandards und des gleichen Zugangs von Ausländern wie Inländern in Umweltverfahren 192 . (2) Der Deklaration zur Umweltpolitik vom 14. November 1974 193 mit einer Abkehr vom bloßen Wachstumsstreben in Richtung auf eine größere Berücksichtigung qualitativer Elemente bei der Verbesserung des Lebensstandards und 186

Schema bei De Reeder (Anm. 89), S. 5-2, zur Umweltorganisation der OECD s. auch die Schaubilder bei Bungarten, Umweltpolitik, S. 254 und 256. 187 Vgl. Storm, Umweltrecht, 1982, S. 19 (Nr. 9). 188 OECD and the Environment (Anm. 185), S. 11/12. 189 Ausführlich dazu Oppermann I Kilian, Gleichstellung, S. 30 ff. 190 Schweitzer, Toxic Chemicals: Steps toward their Evaluation and Control, in: Kay/Jacobson, Environmental Protection, S. 29 ff. 191 Stoel, in: Kay/Jacobson, Environmental Protection, S. 63 ff. 192 OECD and the Environment (Anm. 185), S. 25f.; Ree. C. (72) 128. 193 OECD and the Environment (Anm. 185), S. 21 f.

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4. Kapitel: Einzeldarstellungen außerhalb UN-System

(3) der Deklaration über vorbeugende Umweltpolitik vom 8. Mai 1979 194 in der die Notwendigkeit betont wurde, von der bloß reagierenden Umweltschutzpolitik zu einer vorausschauenden Sichtweise zu wechseln, die in jeder Phase wirtschafltichen Handelns die umweltspezifischen Konsequenzen mitberücksichtigt.

In der internationalen Öffentlichkeit hat sich diese Politik der OECD in einigen Dutzend Empfehlungen manifestiert, deren konkrete Auswirkungen in den nationalen Umweltpolitiken nur schwer auszumachen sind 1 9 5 . Eine enge internationale Zusammenarbeit der OECD findet mit UNEP statt. UNEP-Beobachter nehmen regelmäßig an den Tagungen des Entwicklungshilfe- und des Umweltkomitees der OECD teil 1 9 6 . Einige OECD-Untersuchungen, etwa im Bereich der Chemie und des Verkehrs (schädliche Chemikalien, Transport gefährlicher Güter), wurden auch für globale UNEP-Programme herangezogen 197. Beim internationalen Programm über chemische Sicherheit (IPS) arbeitet die OECD mit ILO, W H O und UNEP zusammen. Als Wirtschaftsorganisation verfügt die OECD auch über enge Kontakte zum GATT bei der Feststellung umweltbedingter Handelsschranken 198 . Insgesamt ist die OECD mit ihren Spezialorganisationen Ν Ε Α 1 9 9 und I E A 2 0 0 die Umweltorganisation mit den am meisten praxisorientierten und gezielt technikbezogenen Umweltvorhaben unter den nicht-supranationalen Organisationen. Von einer zunächst rein forschungsmäßig gestalteten Politik wandelte sich die Umweltbetätigung der OECD in den 70er Jahren rasch zu einer praktisch ausgerichteten Sichtweise 201 . Da aber bei der Gesamtpolitik der OECD trotz aller gegenteiligen Absichtserklärungen die Umweltpolitik weiter nur als ein eher peripherer Bereich der Wirtschaftspolitik betrachtet wird, kann die OECD nur als eine — allerdings sehr wichtige — Clearingstelle für die Mitgliedsländer dienen 202 . Die OECD strebt bei ihrer Arbeit nicht so sehr die Beeinflussung der Öffentlichkeit an. Vielmehr steht bei ihr effektive und rasche Expertenarbeit im Vordergrund. Der Gehalt der aufgrund hohen Sachverstands erarbeiteten

194

OECD and the Environment (Anm. 185), S. 23 f. Ein Abdruck der wichtigsten Empfehlungen findet sich bei OECD and the Environment (Anm. 185) und bei De Reeder (Anm. 89), OECD 6-2, 6-3. 196 UNEP Annual Report 1983, S. 16. 197 UNEP Annual Report 1983, S. 16. 198 Bungarten, Umweltpolitik, S. 266 u. Zimmer, Handelshemmnisse. 199 Sehen, Radioactive Waste Disposal: The Quest for a Solution, in: Kay/Jacobson, Environmental Protection, S. 107ff.; 113ff. (ΝΕΑ). 200 Da es der OECD nicht gelungen war, eine gemeinsame Energiepolitik ihrer Mitglieder gegenüber den Boykottmaßnahmen der OPEC zustandezubringen, wurde als Reaktion darauf 1974 in Brüssel die IEA gegründet. Dazu Grieves (Anm. 67), S. 322. 201 Stein, in: Hargrove (Anm. 3), S. 262. 202 Bungarten, Umweltpolitik, S. 265/266. 195

4. Kapitel: Einzeldarstellungen außerhalb UN-System

Lösungsvorschläge soll unmittelbar den Mitgliedsregierungen zugutekommen und es bedarf deshalb besonderer Diskretion, ehe diese Vorschläge in konkrete politische Maßnahmen und rechtliche Regeln umgesetzt werden können 2 0 3 . Dies hat auch zur Folge, daß nur ein sehr kleiner Teil der tatsächlich geleisteten Umweltarbeit in Gestalt der eher allgemein gehaltenen Empfehlungen sichtbar wird. Der Grad der Beeinflussung der nationalen Umweltpolitiken durch die OECD ist zwar feststellbar, etwa bei der Installierung gemeinsamer Umweltstandards 204 , aber schwer meßbar. Der unterschiedliche Schädigungszustand der Umwelt in den einzelnen Mitgliedstaaten bereitet der Durchführung gemeinsamer Aktionen Schwierigkeiten 205 . Die Lücke zwischen den Umweltideen der OECD und deren rechtlich verbindliche Umsetzung ist stets vorhanden und kann von der Organisation kaum geschlossen werden 206 . Im Vergleich zur supranationalen Europäischen Gemeinschaft hinkt der OECD deshalb bei Konkretisierung ihrer Vorschläge — nicht bei deren Zahl und Qualität! — deutlich nach 2 0 7 . Zwar kann die OECD nach ihrer Satzung, anders als die meisten Internationalen Organisationen, auch verbindliche Regeln festlegen. Da sich aber jedes Mitglied ohne Schwierigkeiten „ausklammern" und so die Verbindlichkeit für sich selbst vermeiden kann, mindert eine derartige Durchlöcherung den Geltungsbereich einer Regelung beträchtlich. Immerhin könnte auch für die abseitsgebliebenen Mitglieder dadurch ein gewisser politischer und wirtschaftlicher Druck entstehen, daß sie sich hiermit in eine internationale Außenseiterposition begeben und so früher oder später gezwungen sind, die Regeln doch zu übernehmen 208 . Die unabhängige Position der Mitglieder in der OECD führt jedoch dazu, daß die nationalen Bürokratien bei ihren Informationen gegenüber dieser Internationalen Organisation offener sind als etwa bei der E G 2 0 9 . Obwohl also die OECD Maßnahmen rechtsverbindlich in Gang setzen kann (sofern die einzelnen Mitglieder sich dieser Rechtssetzung unterwerfen), nimmt die Organisation diese Möglichkeit — in richtiger Erkenntnis ihrer Position — meist nicht in Anspruch, sondern bevorzugt die unverbindliche und freiwillige 203

Bungarten, Umweltpolitik, S. 266. Walter, International Economic Repercussions of Environmental Policy: A n Economists Perspective, in: Rubin /Graham, Environment and Trade, 1982, S. 25. 205 Jacobson / Kay , A Framework for Analysis, in: Kay/Jacobson, Environmental Protection, S. 6. 206 Stein, in: Hargrove (Anm. 3), S. 259. 207 Bungarten, Umweltpolitik, S. 288. 208 Walter (Anm. 204), S. 25; allgemein Oppermann ! Kilian Gleichstellung, S. 39 ff. zur Bildung von Völkergewohnheitsrecht durch Empfehlungen Internationaler Organisationen. 209 Bungarten, Umweltpolitik, S. 266. 204

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4. Kapitel: Einzeldarstellungen außerhalb UN-System

Durchsetzung von Umweltstandards. Ihre Empfehlungen beabsichtigen daher, Anstöße für nationale Handlungen zu sein, die ihrerseits mittelbar eine Harmonisierung dieser nationen Maßnahmen zur Folge haben können 2 1 0 . Sobald die Gefahr von Konflikten entsteht, werden die Meinungsverschiedenheiten auf die Verhandlungsebene gehoben, auf der dann ein Ausgleich angestrebt wird. Die OECD legt in ihrer Arbeit deshalb Wert auf „Solidarität" 2 1 1 bei der Austragung von grenzüberschreitenden Umweltkonflikten und sucht einen möglichst gerechten Ausgleich („equitable balance") der Umweltrechte- und Pflichten der Staaten zu erreichen. Dies hat zur Folge, daß die OECD der Herausarbeitung prozeduraler Pflichten große Bedeutung zumißt, was sich auch in den von ihr angebotenen Rechtsformeln ausdrückt: „early notification", „diligent consultation", „equal right of access" usw. 2 1 2 . In der Erkenntnis, daß angesichts der drängenden Umweltprobleme Lösungen immer dringlicher werden, und diese von den traditionellen Regeln der internationalen Rechtsetzung nur langsam, zu starr und zu reaktiv vollzogen werden können, hat sich die OECD bei ihrer Umweltpolitik einem „neuen Pragmatismus" (Springer) verschrieben 213 . Nur durch „sanften Druck" kann nach Ansicht der OECD der Umweltverschmutzung einigermaßen wirksam begegnet werden. Die OECD stellt keine „klassische" Regionalorganisation dar, sie umgreift aber trotzdem eine bestimmte, ziemlich homogene „Schicht" von Staaten, nämlich die fortgeschrittensten Industrieländer 214 . Dieses Potential bildet so zugleich ein Gegengewicht gegenüber den wirtschafts- und umweltpolitischen Bestrebungen der weniger entwickelten Länder. Damit kommt der OECD in der Nord-Süd Auseinandersetzung ein großes Gewicht z u 2 1 5 . Schließlich verkörpert die OECD eine wichtige Klammer sowohl zwischen EG- und NATO-Ländern wie zwischen den europäischen Ländern und den außereuropäischen Industriestaaten Kanada, USA und Japan. 210

Springer, The International Law of Protection, 1983, S. 108/109. Vgl. die OECD-Deklaration vom 14. November 1974 unter Nr. 7 (Anm. 193). 212 Springer (Anm. 210), S. 168/169. 213 Springer (Anm. 210), S. 169. 214 Stein, in: Hargrove (Anm. 3), S. 257. 215 Die Auswirkungen der OECD-Umweltpolitik gegenüber den Entwicklungsländern sind nicht ohne Kritik geblieben: so wird bemängelt, daß die Bemühungen der OECD um den Schutz vor gefahrlichen chemischen Substanzen in Konsumgütern nicht diejenigen Staaten in diesen Schutz einbezieht, in die solche Güter exportiert werden und die somit am meisten darunter zu leiden haben. Vgl. Azevedo, Trade in Hazardous Substances: An Examination of U.S. Regulation, in: Rubin/Graham (Anm. 204), S. 148. Dasselbe wird für die Propagierung des Verursacherprinzips durch die OECD vorgebracht und vorgeschlagen, die OECD solle ihre Aktivitäten besser im Rahmen der U N C T A D und UNEP-Programme durchführen. Vgl. Rubin / Graham, Summary and Conclusions, in: Rubin/Graham (Anm. 204), S. 164. 211

4. Kapitel: Einzeldarstellungen außerhalb UN-System

Will man die umweltvölkerrechtliche Stellung des OECD einschätzen, so beruht die Bedeutung dieser Internationalen Organisation weniger in ihrer vielschichtigen technischen Umweltarbeit 216 als in ihrer Pionierrolle für die Entwicklung allgemeiner Rechtssätze des Völkerrechts. Hier hat die OECD etwa in der Frage des gleichen Zugangs von Ausländern im Umweltverfahren und Umweltschutz („equal right of access") oder des Verursacherprinzips („polluter-pays-principle") Daten gesetzt, die bei der künftigen Verfestigung des Umweltvölkerrechts nicht mehr zu übergehen sind 2 1 7 .

216 217

Eine Beurteilung findet sich z.B. bei Bungarten, Umweltpolitik, S. 265ff. und 288.

s. Seidl-Hohenveldern, Rechtsvergleichung, S. 258ff. und Oppermann/Kilian, Gleichstellung, S. 41. Zur völkerrechtlichen Aktivität der OECD auch UNEP Report No. 2, S. 148-160 und 239-242. Die OECD propagiert mit dem Verursacherprinzip deutlicher als andere Internationale Organisationen die Notwendigkeit einer möglichst strikten Staatenverantwortlichkeit für Umweltbelastungen, die auf die Staatengemeinschaft ausstrahlen.

Fünftes Kapitel

Die einzelnen Internationalen Umweltorganisationen innerhalb des Systems der Vereinten Nationen I. Zentralorganisation der Vereinten Nationen A m 1. Januar 1942 unterzeichneten 26 Staaten, die sich im Kriegszustand mit den Achsenmächten befanden, die sog. „Deklaration der Vereinten Nationen" 2 1 8 . Sie bezog sich auf die „Atlantik Charta", die im August 1941 von US-Präsident Roosevelt und Winston Churchill abgefaßt worden war 2 1 9 . Bis März 1945 unterzeichneten weitere 21 Staaten die Deklaration. In der Zwischenzeit hatten die Vier Mächte USA, Großbritannien, Sowjetunion und China eine Erklärung über die allgemeine Sicherheit vereinbart, in der sie sich verpflichteten, so bald wie möglich eine internationale Einrichtung zur Aufrechterhaltung des Friedens und der Sicherheit in der Welt zu errichten. I m Februar 1945 wurde deshalb in Yalta vereinbart, für April 1945 eine „Konferenz der Vereinten Nationen" nach San Francisco einzuberufen, um dort die Charta der neuen Weltorganisation auszuarbeiten. A n dieser Konferenz nahmen 50 Staaten teil. A m 25. Juni 1945 wurde die UNO-Charta angenommen und am nächsten Tag unterzeichnet 220 . Sie trat am 24. Oktober 1945 in Kraft. Sitz der Organisation wurde 1947 New York, der europäische Ableger befindet sich in Genf, zahlreiche UN-Organisationen haben an anderen Orten — etwa in Wien — ihren Sitz genommen. 1984 zählten die Vereinten Nationen 158 Mitgliedstaaten 221 . Die Organisation der Vereinten Nationen hat gem. Art. 1 ihrer Charta die Aufgabe, die internationale Sicherheit zu gewährleisten und den Frieden zu bewahren. Darüber hinaus hat sie die freundschaftlichen Beziehungen unter den Nationen zu fördern, die internationale Zusammenarbeit bei der Lösung von wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen und humanitären Problemen zu gewährleisten und zur Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten aufzufordern. Die Vereinten Nationen sollen einen Mittelpunkt bilden, in dem die Bemühungen der Staaten zur Verwirklichung dieser Ziele aufeinander abgestimmt werden.

218 219 220 221

Abgedruckt z.B. bei Kapteyn (Anm. 14), I. A. 1. e. Abgedruckt z.B. bei Kapteyn (Anm. 14), I. A. 1. d. Z.B. bei Kapteyn (Anm. 14), I. A. 2. a. Vereinte Nationen 1984, S. 38 (Stand 1. 2.1984).

I. Zentralorganisation der U N

123

Um die Ziele der Organisation zu erreichen, enthält Art. 2 der Charta eine Reihe allgemeiner Prinzipien wie den Grundsatz der souveränen Gleichheit aller Mitglieder, die Notwendigkeit friedlicher Streitbeilegung, das Gewaltverbot und die Pflicht, sich gegenseitig beizustehen und die Tätigkeit der Organisation zu unterstützen. Die Vereinten Nationen verfügen über eine Fülle von Haupt-, Neben- und Hilfsorganen aller A r t 2 2 2 . Die wichtigsten sind die Generalversammlung, der Sicherheitsrat, der Wirtschafts- und Sozialrat, das Generalsekretariat und der Internationale Gerichtshof in Den Haag. Die Generalversammlung als dem zentralen UNO-Organ kann Untersuchungen veranlassen und Empfehlungen (Resolutionen) im Rahmen der Aufgaben der Vereinten Nationen abgeben. Sie genehmigt auch den Haushalt der Organisation. Jedes Mitglied verfügt über eine Stimme, Beschlüsse über wichtige Fragen (Art. 18 I I S. 2 der Charta) bedürfen einer 2/3-Mehrheit. Der Sicherheitsrat besteht aus fünf ständigen und 10 nichtständigen Mitgliedern mit je einer Stimme, wobei die ständigen Mitglieder ein Vetorecht besitzen. Der Wirtschafts und Sozialrat (ECOSOC) setzt sich aus 54 von der Generalversammlung gewählten Mitgliedern zusammen. Er kann über internationale Fragen der Wirtschaft, des Sozialwesens, der Kultur und Erziehung, der Gesundheit und verwandter Gebiete Untersuchungen durchführen und Berichte veranlassen sowie Empfehlungen an die Generalversammlung, die Mitglieder und die UN-Sonderorganisationen richten (Art. 62 der Charta). Der Wirtschafts- und Sozialrat kann weiter Übereinkommen entwerfen und anregen sowie internationale Konferenzen einberufen. M i t jeder UN-Sonderorganisation kann er — mit Genehmigung der Generalversammlung — Abkommen schließen, deren Tätigkeit koordinieren und Berichterstattung verlangen. Jedes Mitglied des Rats hat eine Stimme, es wird mit einfacher Stimmenmehrheit entschieden 223 . Der Wirtschafts- und Sozialrat kann im Rahmen seiner Zuständigkeiten besondere Kommissionen einsetzen und hat dies in größerer Zahl auch getan. Besondere Bedeutung haben dabei die fünf Regionalkommissionen für Lateinamerika, Europa, Afrika, Asien und die Pazifikregion sowie Westasien erlangt. Von diesen Hauptorganen der Vereinten Nationen „ i m engeren Sinn" abgesehen, gibt es eine Reihe von Spezialeinrichtungen, Behörden, Fonds, Institute usw., die sowohl der Generalversammlung wie dem Wirtschafts- und Sozialrat zugeordnet werden können und über eine unterschiedliche Eigenständigkeit verfügen 224 . Über einen sehr differenzierten Verwaltungsunterbau verfügt auch das Generalsekretariat der Vereinten Nationen 2 2 5 . 222 Gesamtübersicht am besten bei United Nations Handbook 1983 (Anm. 249). Zur Entstehung neuer Unterorganisationen bei der U N O s. Seidl-Hohenveldern, Internationale Organisationen, S. 96 ff. 223

Geschäftsordnung des ECOSOC bei Kapteyn (Anm. 14), I A. 3. 1. c.

124

5. Kapitel: System der Vereinten Nationen

Der größte Teil der praktisch-technischen Arbeit vor Ort wird jedoch in allen Erdteilen in den noch ausführlicher darzustellenden UN-Sonderorganisationen geleistet, die innerhalb der Vereinten Nationen jeweils über eine eigene Rechtspersönlichkeit verfügen. Einen Gesamtüberblick über das weitgefächerte und oft unübersichtliche „UNO-System" (die „UNO-Familie") solll das folgende Schaubild I I I vermitteln. Parallel zur allgemeinen Zunahme des Umweltbewußtseins in den westlichen Industrieländern, dann auch in der übrigen Welt, namentlich in den Entwicklungsländern 226 , gewannen auch die Vereinten Nationen als bedeutendste globale Organisation Kenntnis von den dringender werdenden Umweltfragen und suchte darauf politische wie organisatorische Antworten zu geben 227 . Kompetenzschwierigkeiten gab es hierbei nicht; rechtlich bot Art. 1 der UNCharta keinerlei Hindernisse für die Befassung mit Umweltfragen. Diese Vorschrift gab vielmehr eine hinreichende Rechtsgrundlage dafür ab. Insbesondere Art. 1 Nr. 3 der Charta mit der umfassenden Aufgabenzuweisung für wirtschaftliche, soziale, kulturelle und humanitäre Weltprobleme bot einen ausreichenden Rahmen, um die sehr komplexen Umweltzusammenhänge und ihre Lösungsversuche darin einzupassen. Anders als etwa bei der juristisch geführten Diskussion um die Umweltkompetenzen der Europäischen Gemeinschaft 228 stellten sich solche Fragen innerhalb der Vereinten Nationen jedenfalls bei der grundsätzlichen Umweltzuständigkeit nicht. Wenn es verhältnismäßig lange dauerte, ehe das Thema Umwelt auch bei den Vereinten Nationen den ihm zukommenden Stellenwert bekam, so lag dies nicht an rechtlichen Schwierigkeiten, sondern an den ohnehin schon bestehenden Gruppenspaltungen und Differenzen etwa aufgrund des Nord-Süd-Gegensatzes und an der natürlichen Trägheit einer solchen Riesenorganisation, wie sie das UN-System darstellt. Daß die Umweltthematik in das Gestrüpp der internen Kompetenzstreitigkeiten geriet, nimmt angesichts der wildwuchernden Bürokratien und Organisationen der U N O nicht Wunder und soll an anderer Stelle behandelt werden 229 . Trotz der gerade in den Gremien der Vereinten Nationen breit geführten Diskussion um ein „Menschenrecht auf eine gesunde U m w e l t " 2 3 0 wurde jedoch 224

Übersicht im United Nations Handbook 1983, S. 5 ff. und S. 48 ff. s. United Nations Handbook 1983, S. 115 ff. 226 s. dazu Teil A, 3. Kapitel. 227 The State of the Environment 1972-1982, UNEP 1983, S. 4, Nr. 6. 228 Vgl. oben Teil B, 1. Kapitel die Darstellung der Umweltaktivitäten der Europäischen Gemeinschaft. 225

229 Dazu Näheres in Teil D. Hier sei aber schon vermerkt, daß bis 1977 eine UmweltKoordinationsbehörde (Environment Coordination Board) bestand, die 1977 im allgemeinen Koordinationskomitee ACC (Administrative Committee on Co-Ordination) aufging, s. United Nations Handbook 1983, S. 102.

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United Nations Relief and Works Agency for

Falestine Refugees in the Near East UNRWA ·

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Ο Specialized agencies and other autonomous organizations within the system

* Aus Kapteyn (Anm. 14), Dir. I. Α., S. 41.

the Advancement of Women HAW φ UN Research Institute for Social Development UNRISO ·

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United Nations Conference ( on Trade and Development UNCTAO · United Nations Children's Fund UNICEF · Office of the United Nations High Commissioner for Refugees UNHCR · Joint UN/FAO World Food Programme WFP · United Nations Institute for Training and Research UNITAR φ United Nations Development Programme UNOP · Other U.N. Funds φ United Nations Environment Programme UNEP * United Nations University UNU · World Food Council WFC ·

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/INTERNATIONAL^ /s^ COURT OF / \ JUSTICE ///

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Principal organs of the United Nations

·-, φ— L \ ·—1

φ Other United Nations organs

V—y

Main Committees Standing and procedural committees Other subsidiary organs of the General Assembly

7

Schaubild III.: Das System der Vereinten Nationen* The United Nations System

I. Zentralorganisation der U N 125

126

5. Kapitel: System der Vereinten Nationen

die UN-Charta nicht um eine ausdrückliche Aufgabenzuweisung in Hinblick auf den internationalen Umwelt- und Naturschutz ergänzt. Wie in der allgemeinen Aufgabenzuweisung des Art. 1 der Charta schien auch die Kompetenznorm des Wirtschafts- und Sozialrats in Art. 62 I (Arbeit „auf den Gebieten der Wirtschaft, des Sozialwesens, der Kultur, der Erziehung, der Gesundheit und auf verwandten Gebieten") für die große Umweltaufgabe als ausreichend erachtet worden zu sein. M i t seinen vielen Bezügen konnte so der Umweltschutz ohne Schwierigkeiten unter die „verwandten Gebiete" der aufgelisteten Arbeitsmaterien subsumiert werden. Zu den Ursprüngen der Beschäftigung mit Problemen der Erde insgesamt zählt man die auch von den Vereinten Nationen mitgeförderten Veranstaltungen des Internationalen Geophysikalischen Jahrs 1957-1958 und des Internationalen Biologischen Programms 1964-1974 231 1966 folgte das „ M a n and the Biosphere"-Programm der UNESCO, also einer UN-Sonderorganisation 232 . Die Generalversammlung befaßte sich erstmals Ende der 60er-Jahre mit dem neuen Problem Umweltschutz: Auf Veranlassung der schwedischen Regierung und deren UNO-Delegation wurden globale Umweltfragen erstmals während der Sitzungsperiode des Jahres 1968 in der Generalversammlung behandelt. Zwar stieß der Aufruf zum Handeln zunächst nur auf geringen Widerhall, führte aber dann doch zur Resolution 2398 / X X I I I — der ersten „Umweltresolution" — und nach schwierigen politischen und technischen Vorarbeiten zur „United Nations Conference on the Human Environment" (UNCHE) 1972 in Stockholm 2 3 3 . Obwohl erst seit 1972 bzw., gerechnet von der Arbeitsaufnahme von UNEP, erst im Frühjahr 1973 eine gesondere UN-Umweltorganisation bestand, waren bereits vor diesem Zeitpunkt einzelne Komitees, Spezialbehörden und Abteilungen der Generalversammlung, des Wirtschaft- und Sozialrats und des Generalsekretariats mit Umweltfragen oder „umweltnahen" Aufgaben befaßt. Daneben befaßten sich auch eine Reihe von Sonderorganisationen schon vor 1972 innerhalb ihres Aufgabenbereichs mit Problemen der Umwelt 2 3 4 . 230 s. etwa Lücke, Das Recht des Einzelnen auf Umweltschutz als ein internationales Menschenrecht, AVR 1974/75, S. 386ff. m.w.N. und Le Droit à la Santé en tant que Droit de l'Homme, Colloque de l'Académie de Droit International de la Haye, Receuil de Cours 1979. 231 Egger, Zehn Jahre nach Stockholm, S. 113 und The State of the Environment 1972 1982 (Anm.227), S. 4, Nr. 6. Aber bereits 1949 hielten die Vereinten Nationen eine „Conference on the Conservation and Utilization of the World's Natural Resources" (UNSCCUR) ab, also eine frühe Vorläuferin der U N C H E 1972 in Stockholm. Vgl. Kay I Jacobson, Environmental Protection, S. 10. 232 Dazu Näheres bei der Darstellung der UNESCO in diesem Kapitel. 233 Jenny, Das Umweltschutzprogramm der Vereinten Nationen: Entstehung und entwicklungspolitische Bedeutung, in: Annuiaire Suisse de Science Politique 1981, S. 99ff., S. 100 Anm. 2. Die Stockholmer Konferenz wird in Teil C noch besonders behandelt werden.

I. Zentralorganisation der U N

127

Bereits i n den Jahren vor der Umweltkonferenz 1972 beschäftigten sich auch i n den Verwaltungseinheiten u n d Spezialeinrichtungen der U N O - H a u p t o r g a n e eine Reihe v o n Gliederungen m i t Umweltfragen oder zumindest Umweltfragen berührenden Sachverhalten. Sie sollen hier n u r kurz aufgelistet werden: — — — —

Office of UN-Disaster Relief Coordinator (UNDRO) UN-Commission for Regional Development UN-Commission on Transnational Cooperation UN-Research Institute for Social Development.

Innerhalb der Verwaltungsorganisation des Generalsekretariats waren (und sind) folgende Abteilungen i n Umweltbereichen a k t i v 2 3 5 : — Department of Technical Co-Operation for Development — Department of International Economic and Social Affairs mit den Unterabteilungen: — Office of Science and Technology — Social Development Division — Centre for Housing, Building and Planning — Resources and Transport Division — Public Administration Division — U N Scientific Committee on Effects of Atomic Radiation (UNSCEAR) sowie das U n i t e d Nations Development Programme ( U N D P ) . Derzeit können die folgenden Komitees der Generalversammlung

als „ u m w e l t -

nahe" Gremien angesehen w e r d e n 2 3 6 : — — — —

International Law Commission International Committee for Peaceful Use of Outer Space International Committee for Science and Technology for Development International Committee for Development and Utilization of New and Renewable Sources of Energy.

I m Bereich des Wirtschafts— — — —

und Sozialrats

k o m m e n hinzu:

Committee for Social Development Committee on Human Settlement Administrative Committee on Co-Ordination (ACC) Committee on Natural Resources

234 Dazu Näheres bei den nachfolgenden Einzeldarstellungen dieser UN-Sonderorganisationen. 235 Wilson (Anm. 120), S. 57 f. und The UN-system and the human environment, U N C H E GA / A / Conf. 48 /12 vom 17.12.1971, Nrn. 39., 40., 81. und Annex I, S. 1 ff. s. a. Quick, Umweltaktivität, S. 15. 236

Zusammenstellung entnommen aus dem United Nations Handbook 1983, pass. Die Rolle der Generalversammlung als Initiatorin neuer organisatorischer Strukturen, Anregerin von Umweltkonventionen und Forum für Umwelt-Resolutionen soll in Teil C näher beleuchtet werden. Eine Liste ihrer Äußerungen zur internationalen Umweltpolitik findet sich bei Environment — International, Beiträge zur Umweltgestaltung A 83,1982 S. 95 ff.

128

5. Kapitel: System der Vereinten Nationen

— Committee on Development Planning — Committee of Experts on Dangerous Goods.

Gegenwärtig sind die folgenden weiteren Verwaltungsabteilungen und Sondereinheiten mit Umweltfragen, insbesondere im Rahmen von Aktionen des UNEP, befaßt 237 : — — — — — —

Department of International Economic and Social Affairs Department of Technical Co-Operation for Development United Nations International School United Nations Center on Transnational Corporations United Nations Center for Regional Development United Nations Research Institute for Social Development.

M i t Umweltfragen befassen sich insbesondere die verschiedenen UN-Ausschüsse für Wissenschaft und Technologie; das gemeinsame Sekretariat dieser vier Ausschüsse ist das Office for Science and Technology (OST) innerhalb des Generalsekretariats. Besondere Bedeutung unter diesen Ausschüssen hat der „Beratungsausschuß für die Anwendung von Wissenschaft und Technologie für die Entwicklung" (Advisory Committee for the Application of Science and Technology, AC AST) erlangt 238 . Aber auch die in besonderen Notlagen von den Vereinten Nationen eingerichteten Sonderbüros können Umweltaktivitäten anregen oder selbst durchführen. Ein Beispiel dafür ist das UN-Sudano-Saheli-Office 239 . Nähere Betrachtung im Bereich der un- oder teilselbständigen UNO-Körperschaften von Generalversammlung, Generalsekretariat und Wirtschafts- und Sozialrat verdienen unter dem Umweltgesichtspunkt die folgenden Einrichtungen: — Regional Commissions (des ECOSOC) — United Nations Conference on the Law of the Sea (UNCLOS) — United Nations Conference on Trade and Development (UNCTAD) — United Nations Development Programme (UNDP) — United Nations Environment Programme (UNEP) — United Nations Fund for Population Activities (UNFPA) — United Nations Habitat and Human Settlements Foundation (UNHHSF) — United Nations Children's Fund (UNICEF) — United Nations Industrial Development Organization (UNIDO) — United Nations Institute for Training and Research (UNITAR) und — World Food Council (WFC) and World Food Programme (WFP). 237

s. UNEP Annual Report 1983, S. 8 und 15. s. dazu Standke, Wissenschaft und Technologie im System der Vereinten Nationen, V N 1976, S. 8 ff., insbes. S. 11. 239 UNEP Annual Report 1983, S. 57 ff. Hierfür steht auch ein eigens errichteter Fonds, der United Nations Trust Fund for Sudano-Sahelian Activities (UNTFSA) zur Verfügung. 238

I. Zentralorganisation der U N

129

Wegen ihrer besonderen Bedeutung im internationalen Umweltschutz müssen die Regionalorganisationen des Wirtschafts- und Sozialrats (economic commissions), U N C T A D , U N D P und besonders UNEP trotz ihrer formalen Zuordnung zur Generalversammlung oder zum ECOSOC 2 4 0 gesondert und ausführlich behandelt werden. Die übrigen aufgezählten Einrichtungen sollen nachfolgend kurz skizziert werden. Es zeigt sich aber schon anhand der bloßen Aufzählung, daß die Umweltarbeit der Vereinten Nationen sowohl von ihren Ursprüngen her als auch in der Gegenwart angesichts dieser weitgefächerten Aktivitäten, Zuständigkeiten und Zuordnungen nicht ohne Kompetenzprobleme und Überschneidungen aller Art ablaufen kann. Die Reibungsverluste waren (und sind) deshalb auch beträchtlich. Dabei sind hier die Sonderorganisationen noch gar nicht berücksichtigt. Die Vereinten Nationen unternahmen deshalb immer wieder Anstrengungen, um die Arbeit aller Organisationen im Umweltbereich wie auch in den anderen Arbeitsbereichen der Weltorganisation zu koordinieren 241 . „Koordination" ist so zu einer ständigen Begleitforderung aller UNO-Anstrengungen geworden 242 . Eine dieser Versuche, die vor allem im Umweltbereich Bedeutung gewann, bildet das Administrative Committee on Co-Ordination 243 . Bis zur Errichtung von UNEP bestand innerhalb der Generalversammlungsund ECOSOC-Organisation kein spezifisches „Environment-Committee" oder eine „Environment Commission". Vielmehr fungierten zunächst die zahlreichen Wissenschafts-, Planungs- und Entwicklungseinheiten mit als direkte oder indirekte Umweltarbeitseinheiten. Umweltaspekte wurden noch nicht „global", sondern eher „punktuell" an einzelnen besonders hervorstechenden Gefahren (etwa atomare Strahlung) angebunden 244 . Es fälllt weiter auf, daß bereits in diesem frühen Stadium der UNO-Umweltarbeit „Entwicklungs"-Komitees aller Art in die Umweltplanung einbezogen waren. Dies deutet schon hier auf eine gewisse formale Grundausrichtung gegenüber den Problemen der Dritten Welt h i n 2 4 5 .

240

Zu den genauen Zuordnungen vgl. das United Nations Handbook 1983. Darüber Genaueres an anderer Stelle in Teil Β sowie in Teil C und D. 242 s. z.B. Hill, Towards greater Order, coherence and coordination in the United Nations System, U N I T A R Research Reports No. 20,1976 und Pätzold, Kompetenzüberschneidungen zwischen UN-Organisationen, dargestellt am Beispiel der Industrialisierung von Entwicklungsländern, Diss. 1973. 241

243

Dazu UNEP Annual Report 1983, S. 14f. Zur „Ganzheitsbetrachtung" in der Umweltproblematik s. oben Teil A, 2. Kapitel unter I. und II. 245 Dazu genauer bei C. 244

9 Kilian

130

5. Kapitel: System der Vereinten Nationen

II. Die wichtigsten un- bzw. teilselbständigen Einheiten innerhalb der UN-Zentralorganisation im Umweltbereich International Law Commission (ILC) Die ILC der Vereinten Nationen ist ein Hilfsorgan der Generalversammlung. Sie wurde von dieser 1947 eingerichtet und setzt sich heute aus 34 von der Generalversammlung für fünf Jahre gewählten Mitgliedern zusammen, die keine Staatenvertreter sind 2 4 6 Die Kommission hat die Aufgabe, den Fortschritt in der Entwicklung des internationalen Rechts und dessen Kodifikation zu fördern 247 . Obwohl sich die I L C nicht schwerpunktmäßig mit dem internationalen Umweltrecht beschäftigt, wird sie in ihrer Arbeit öfters mit Umweltrechtsproblemen konfrontiert. In Zukunft werden sich die Einflüsse von Umweltsachlagen auf Fragen des internationalen Rechts verstärkt bemerkbar machen. Einige Arbeitsthemen der I L C haben daher Berührungspunkte zur Umweltrechtsdebatte bekommen 248 : — Das Recht der (nicht seefahrtsmäßigen) Nutzung von Internationalen Wasserwegen und — Die Frage der internationalen Verantwortlichkeit von Staaten für schädliche Folgen völkerrechtswidriger Handlungen auf ihrem Staatsgebiet.

Einen übergreifenden Beitrag zur Kodifizierung des Umwelt-Völkerrechts hat die ILC noch nicht geleistet. Ihr Standard liegt hier gegenüber den Aktivitäten der nicht-gouvernementalen International Law Association zurück 2 4 9 . Office

of the United Nations Disaster Relief Co-Ordinator

(UNDRO)

1971 veranlaßte die Generalversammlung die Einrichtung eines Ständigen Büros in Genf, um die zahlreichen Katastrophenhilfsaktionen der Vereinten Nationen zu beaufsichtigen. Das Büro hat dem Generalsekretär der U N über seine Maßnahmen zu berichten 250 . Naturkatastrophen und technische Unfälle können nicht mehr isoliert gesehen werden, sondern bringen stets auch negative Auswirkungen auf die Umwelt einer betroffenen Region mit sich. U N D R O arbeitet deshalb eng mit

246

United Nations Handbook 1983, S. 13. Art. 15 des ILC-Statuts, abgedruckt z.B. bei Kapteyn (Anm. 14), I. A. 5. a. i. 248 Dazu UNEP Report No. 2, S. 38 ff. 249 s. z.B. die ILA-Reports Manila 1978 (S. 383ff.); Belgrad 1980 (S. 529) und Montreal 1982 (S. 157 ff.). Eine Übersicht über die Themen der Umweltrechtstätigkeit der ILC gibt Lausche (Anm. 3), S. 21 und 52 und Ramcharan, The International Law Commission and International Environmental Law, Ocean Management 2 (1975), S. 315 ff. 247

250

s. a. United Nations Handbook 1983, S. 108.

II. Un- und teilselbständige Einheiten

131

UNEP zusammen 251 Das Büro koordiniert aber nicht nur die Hilfe in bereits eingetretenen Notfallen, sondern sucht auch vorbeugend den Auswirkungen künftiger Katastrophen zu begegnen. So wurde z. B. für denkbare Unfälle in Kernanlagen 1977 eine Vereinbarung zwischen U N D R O und der Internationalen Kernenergieagentur (IAEA) über die Hilfsmaßnahmen in solchen Fällen getroffen 252 . Weitere Planungen betreffen ein weltweites Frühwarnsystem für die Voraussage von Naturkatastrophen 253 . United Nations Conference of the Law of the Sea (UNCLOS) Der Einfluß dieser Konferenz auf den Meeresumweltschutz, insbesondere auf das Meeresumweltrecht soll in Teil C sowie im Rahmen der I M O und der U N Meeresbergbaubehörde eingehender geprüft werden. United Nations Fund for Population Activities

(UNFPA)

Da die Verwaltung dieses Fonds dem United Nations Development Programme (UNDP) unterstellt ist 2 5 4 , werden die Umweltmaßnahmen dieses Fonds später bei U N D P dargestellt. United Nations-Habitat and Human Settlements Foundation Auf Empfehlung des Verwaltungsrats von UNEP und des ECOSOC beschloß die Generalversammlung im Dezember 1974, eine internationale Institution mit der Bezeichnung „United Nations Habitat and Human Settlements Foundation" ins Leben zu rufen. Aufgabe der Stiftung sollte es sein, staatliche Vorhaben insbesondere in Entwicklungsländern, die sich mit menschlichen Siedlungen befassen, durch Vergabe von Krediten und durch Leistung technischer Hilfe zu unterstützen. Die „theoretische Basis" für diese neue Aufgabe der Vereinten Nationen lieferte die 1976 in Vancouver (Kanada) abgehaltene HabitatKonferenz 255 . Nachdem der Fonds zunächst allein aus dem UNEP-Fonds finanziert und auch vom UNEP-Verwaltungsrat geleitet worden war, verfügte die Generalversammlung 1977 die Bildung eines eigenen Habitat-Sekretariats und eines eigenen Habitat-Budgets. In diesem Sekretariat wurden verschiedene U N 251

UNEP Annual Report 1983, S. 15 und S. 84. UNEP Report No. 2, S. 112. 253 Twenty Years after Stockholm 1972 -1992, A Parliamentary View of the State of the Environment, Beiträge zur Umweltgestaltung A 83,1982, S. 51 sowie Proposed Programme Budget of UNEP for the First Biennium of the System-Wide Medium-Term Environment Programme, 1984-1985, Report of the Executive Director, UNEP/GC. 11/7 vom 1. März 1983, S. 38, 43, 102. 252

254

United Nations Handbook 1983, S. 98. Dazu Dehn, Menschliche Siedlungen — auch sie ein Problem, Zur ersten HabitatKonferenz der Vereinten Nationen, V N 1976, S. 46 ff. 255

9*

132

5. Kapitel: System der Vereinten Nationen

Komitees und Spezialbehörden, die sich bereits zuvor mit Siedlungsfragen befaßt hatten, verschmolzen und die neue Verwaltungseinrichtung der „Commission on Human Settlements" des ECOSOC unterstellt. Dieses Sekretariat, nunmehr mit der Bezeichnung „Habitat-Center for Human Settlements", bekam seinen Sitz in Nairobi, wo sich bereits der Sitz von UNEP befand 256 . Schon im Verlauf der Habitat-Konferenz 1976 (UNCHS) wurde die Nähe der Siedlungs- und Raumordnungsproblematik zur Umweltnutzung und Gefahrdung betont, so daß von Beginn der Habitat-Arbeit an Umweltgesichtspunkte in bedeutendem Maße einbezogen wurden 2 5 7 . Themen hierbei waren u.a. der Schutz von Ökosystemen bei der Siedlungsplanung, energie- und landsparende Wohnungsplanung, Abfallbeseitigungs- und Recycling in Wohngebieten usw. Stockholm hatte für dieses „integrierte" Denken vier Jahre zuvor den Boden bereitet. Die Habitat-Aktivitäten tendierten in der Praxis jedoch anfänglich eher in Richtung einer rein entwicklungspolitischen Sicht der Länder der Dritten Welt, weniger zur Berücksichtigung von Umweltaspekten des Siedlungswesens als Teil der allgemeinen Lebensqualität 258 . Angesichts der riesigen Slums in der Dritten Welt, hervorgerufen durch eine unkontrollierbar gewordene Verstädterung und Landflucht und den Planungsdefiziten der Entwicklungsländer, erwies sich dieser Ansatz aber als wenig durchschlagend: ohne ausreichend finanzielle und technische Mittel konnten die Bemühungen von Habitat quantitativ nicht zu Buche schlagen, während es an der qualitativen Konzeption, die mehr Wert auf Umweltlebensqualität zu legen hätte, mangelte 259 . Von 1976 bis 1981 verfügte der Fonds über ganze 5,3 Mio. Dollar, 1983 waren es 2,5 M i o . 2 6 0 . Es nimmt so nicht Wunder, daß Habitat nicht viel mehr tun konnte, als seit 1978 Schulungsprogramme für eine integrierte soziale und umweltbezogene Raumordnung durchzuführen 261 . Die Organisation bemüht sich um die Aufstellung globaler und regionaler Siedlungsprogramme, wobei sich viele Berührungspunkte mit UNEP-Maßnahmen ergeben 262 . Habitat arbeitet deshalb eng mit 256

United Nations Handbook 1983, S. 108/109. Dazu Munro , Habitat: Shaping the Global Village, Environmental Policy and Law 2 (1976), S. 114,115f. sowie Caldwell , International Environmental Policy, 1984, S. 203. 258 Caldwell (Anm. 257), S. 203. 259 Schneider , World Public Order, S. 103. 260 D 'Orville, Die operativen Aktivitäten im Dienste der Entwicklung, Ein Überblick über Fonds, Programme und andere Finanzierungsprogramme im wirtschaftlichen und sozialen Bereich der Vereinten Nationen, V N 1984, S. 54, 59. 257

261

Zu den Forschungsobjekten von Habitat gehören z.B. das Verhältnis von Baumaterialien zur Wohnungsumwelt (Medium-Term Environment Programme, S. 28) und die Bemühungen um eine einheitliche Terminologie bei der Abfallbeseitigung Medium-Term Environment Programme, S. 59). 262 Twenty Years after Stockholm (Anm. 253), S. 47/50 und Medium-Term Environment Programme (Anm. 253), S. 152-155.

II. Un- und teilselbständige Einheiten

133

UNEP zusammen 263 , beide Einrichtungen haben zu diesem Zweck ein gemeinsames Beratungskomitee gebildet 264 . United Nations Children's Fund (UNICEF) UNICEF wurde bereits 1946 von der Generalversammlung zur Linderung der Not von Kindern in kriegszerstörten Ländern gegründet. Seit 1953 liegt der Schwerpunkt der Fondstätigkeit vor allem in der Hilfe für Kinder in Entwicklungsländern. UNICEF ist der Wirtschafts- und Sozialrat unterstellt, sein Sitz ist New York. Das Budget ist mit 337 Mio. Dollar im Verhältnis zu anderen Fonds (etwa dem UNEP-Fonds mit ca. 30 Mio. Dollar 1983) beträchtlich 265 . UNICEF wurde schon früh in die „umweltnahe" Betätigung der Vereinten Nationen einbezogen. Die Bemühungen der Organisation um die Gesundheit, Ernährung und Trinkwasserversorgung von Kindern in der Dritten Welt machen diese Bezüge deutlich 266 . Aus diesem Grund bestehen auch zwischen UNICEF und UNEP sowie der Weltgesundheitsorganisation (WHO) enge Beziehungen 267 . United Nations Industrial Development Organization (UNIDO) Auf Empfehlung des Wirtschaft- und Sozialrats, dem Komitee für industrielle Entwicklung der Generalversammlung und U N C T A D rief die Generalversammlung im Dezember 1975 eine autonome Organisation mit der Bezeichnung „United Nations Industrial Development Organization" ins Leben. U N I D O wurde, ähnlich wie U N C T A D , 1985 zur selbständigen Spezialorganisation der Vereinten Nationen erhoben 268 . Sitz der Einrichtung ist Wien. U N I D O fördert die industrielle Entwicklung in den Ländern der Dritten Welt, die Organisation soll weiter alle ähnlich-gearteten UN-Maßnahmen koordinieren. Als Spezialorganisation bekommt U N I D O die Aufgabe zugewiesen, die industriellen Grundlagen einer „Neuen Weltwirtschaftsordnung" zu umreißen 269 . 263

Beispiele im UNEP Annual Report 1983, S. 6/15, 50. * UNEP Annual Report 1983, S. 115. 265 United Nations Handbook 1983, S. 84. 266 McJunkin , Water Supply and Sanitation: Improving Life for the Rural Majority, in: Kay/Jacobson, Environmental Protection, S. 184ff., 190f. sowie D'Orville (Anm. 260), S. 56 und The UN-system and the human environment Nr. 24 und Annex I, S. 3. 267 UNEP Annual Report 1983, S. 15 und 103 bzw. McJunkin , in: Kay/Jacobson (Anm. 266), S. 191. 268 United Nations Handbook 1983, S. 144/145 und Kapteyn (Anm. 14), Dir. I. A. 11. 3. b., S. 8/9. 269 United Nations Handbook 1983, S. 144 sowie grundsätzlich zur Industrieförderung der Vereinten Nationen Herrmann, Industrialisierung: Die Illusionen sind verflogen. Die U N I D O vor der Umwandlung in eine Sonderorganisation, V N 1984, S. 6ff. 2