Umsatzsteuer-Kongress-Bericht: Zukunft der Umsatzsteuer – Grundstücke und Grundstücksgeschäfte – Gesellschafter- und Gesellschaftsleistungen 9783504382575

Bill Zukunft des Europäischen Mehrwertsteuersystems Reiß Zukunft der Umsatzsteuer Deutschlands in Europa Birkenfeld

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German Pages 155 [156] Year 2007

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Umsatzsteuer-Kongress-Bericht: Zukunft der Umsatzsteuer – Grundstücke und Grundstücksgeschäfte – Gesellschafter- und Gesellschaftsleistungen
 9783504382575

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Nieskens (Hrsg.) · Umsatzsteuer-Kongress-Bericht

Schriften zum Umsatzsteuerrecht Band 22 Herausgegeben vom Umsatzsteuerforum -Vereinigung zur wissenschaftlichen Pflege des Umsatzsteuerrechts e.V.-

UmsatzsteuerKongress-Bericht Zukunft der Umsatzsteuer Grundstücke und Grundstücksgeschäfte Gesellschafter- und Gesellschaftsleistungen Herausgegeben vom UmsatzsteuerForum -Vereinigung zurwissenschaftlichen Pflege des Umsatzsteuerrechts e.V.anlasslieh der Bamberger Hochschultage 1iJr das Umsatzsteuerrecht ln der Praxis am 7. und 8. Oktober 2004 durch

Prof. Dr: Hans Nieskens Vorsitzender des Vorstandes, München

2007

Verlag

Dr.OftoSchmidt Köln

Zitiervorschlag:

Autor in Nieskens (Hrsg.), Umsatzsteuer-KongressBericht, Köln 2007, S.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Verlag Dr. Otto Schrnidt KG Gustav-Heinemann-Ufer 58, 50968 Köln Postfach 51 10 26, 50946 Köln TeL 0221 / 9 37 38-01, Fax 0221 / 9 37 38-943 [email protected] www .otto-schrnidt.de ISBN: 978-3-504-62222-0

© 2007 by Verlag Dr. Otto Schrnidt KG, Köln

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlages. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das verwendete Papier ist aus chlorfrei gebleichten Rohstoffen hergestellt, holz- und säurefrei, alterungsbeständig und umweltfreundlich. Umschlaggestaltung: Jan P. Lichtenford Druck: Grosch, Eppelheim Printed in Germany

Vorwort Der 9. Umsatzsteuer-Kongress der Vereinigung zur wissenschaftlichen Pflege des Umsatzsteuerrechts e.V. - jetzt UmsatzsteuerForum - fand am 7. und 8. Oktober 2004 in Bamberg statt. Der vorliegende Band dokumentiert die auf diesem Kongress gehaltenen Vorträge, die teilweise aus Gründen der Aktualität überarbeitet und mit Hinweisen auf Rechtsprechung, Literatur und Verwaltungsmeinungen erweitert worden sind. Im Mittelpunkt der "Bamberger Hochschultage für das Umsatzsteuerrecht in der Praxis" standen Themenkomplexe, die auch heute noch an Aktualität unübertroffen sind. Im Zentrum des ersten Tages stand die Frage nach der Zukunft der europäischen und der deutschen Umsatzsteuer. Auch im Jahre 2007 diskutiert die Europäische Kommission die Problembereiche des OneStop-Shop-Prinzips, eine Reform des Ortes der Dienstleistungen und die Frage nach der Dauer der Übergangsregelungen. Das deutsche Umsatzsteuerrecht hat nur eine gemeinsame Zukunft mit und in Europa, wenngleich die Ausgestaltung des nationalen Spielraums im Hinblick auf die Vorgaben aus Europa immer kleiner zu werden scheint. Eine kritische Analyse der europarechtlichen Vorgaben, ausgerichtet an den Vorgaben des EG-Vertrages, ist daher unverzichtbar. Das zweite Thema des ersten Tages befasste sich mit einem Dauerbrenner der Umsatzsteuer, nämlich der Frage nach der umsatzsteuerliehen Behandlung von Grundstücken und Grundstücksgeschäften. Auch hier dominiert nach wie vor der EuGH das Geschehen, wie zuletzt die Entscheidung in Sachen Wollny gezeigt hat. Eigennutzung, Entnahme, Vorsteuerabzugund Vorsteuerberichtigung sind die Themenkomplexe, die auch heute noch den Praktiker beschäftigen. Schwerpunkt des zweiten Tages war ein Thema, das jüngst durch zwei aktuelle BMF-Schreiben (BMF-Schreiben vom 4.10.2006 und 26.1.2007) erneut in den Focus des Umsatzsteuerpraktikers gerückt ist. Es geht um das Erwerben, Halten und Veräußern eigener und fremder Anteile, vor allem auch in Bezug auf einen möglichen Vorsteuerabzug aus Transaktionskosten. Sowohl die Sicht der Verwaltung als auch die der Praxis wurden für die Gesellschaft und für den Gesellschafter beleuchV

Vorwort tet. Aufgrund der großen Aktualität sind sämtliche Beiträge dem gegenwärtigen Rechtszustand angepasst worden. Es war für die Vereinigung eine besondere Ehre, unter den zahlreichen und hochrangigen Vertretern der Wissenschaft, der Wirtschaft, der steuerberatenden Berufe, der Gerichtsbarkeit und der Finanzverwaltung auch Gäste aus dem europäischen Ausland begrüßen zu dürfen. Der Dank des UmsatzsteuerForums gilt nicht nur der Universität Samberg, in deren Räumen der Kongress stattgefunden hat, sondern auch dem Lehrstuhl von Prof. Dr. Georg Crezelius, der den Kongress organisatorisch mit betreut hat. Die Sponsoren, allen voran der Verlag Dr. Otto Schmidt KG und die DATEV e.G., haben durch ihre großzügige Unterstützung den Umsatzsteuerkongress sowie diesen Tagungsband erst ermöglicht. Köln, im April 2007

VI

Prof. Dr. Hans Nieskens

Inhaltsverzeichnis Seite Vorwort

V

Prof. Dr. H ANS N IESKENS Vorsitzender des Vorstands des UmsatzsteuerForums -Vereinigung zur wissenschaftlichen Pflege des Umsatzsteuerrechts e.V., Nordkirchen

Begrüßung und Eröffnungsansprache ...................... ... ....... ... ... ... .

1

STEPHEN BILL Leiter des Referats "Mehrwertsteuer und sonstige Umsatzsteuern" Europäische Kommission, Brüssel

Zukunft des Europäischen Mehrwertsteuersystems I. Il. Ill. IV. V. VI. VII. VIII.

XL X.

Vorbemerkung ........ .... .... .. ............. ... ..... .... .... ................ ..... ....... Warum harmonisieren? .. ... ... .. ... .. ... ... ... .. ... ... .. ... ... .. ... .. ... .. ... .. ... . Ideales System ... .... ....... .. ................................................. ..... ...... Hindernisse für das Ursprungssystem .... .............. ............. ..... Aktuelle Regelung ............ ...... ... ... .............. .... ..... ... .. ............ ... .. Mehrwertsteuerstrategie .... ... ..... ... ..... .. ...... ..... ...... ........ ..... ... .... Bisheriger Fortschritt .. ..... ... .... .. .... .... ....... .. .... ......... .... ..... .......... Neue Mitteilung und Zukunftsaussichten .... .. ...... ... ............... 1. B2B-Warenlieferungen .................. ... ..... ..... .... .... .. .... ..... ... . 2. B2C-Warenlieferungen ............ .. ................ ...... ... .. ....... ...... 3. B2B-Dienstleistungen ..... ..... .... ... ..... ..... ... ...... ..... ... ...... .. .... 4. B2C-Dienstleistungen ... ............... ......... ... .... ......... ......... .... 5. Zusammenfassung .. ................................. ... ... .... .. .... ........ .

5 7 7 7 7 8 8 9 9 10 10 11 11

Zeitplan .. ......... .. ... ......... ................ ......... ..... .... ... ..... .... ...... ..... ..... 12 Andere Vorschläge in Vorbereitung .......... ....... ..... ...... ......... ... 12

VII

Inhaltsverzeichnis Seite

Prof. Dr. WOLFRAM REiß Friedrich-Alexander-U niversi tä t Er langen-N ürnberg

Zukunft der Umsatzsteuer Deutschlands in Europa I. li.

III.

IV.

V.

VI. VII.

VIII

Einleitung .... ... ... .............. .................. .... .. ..... ... .. ... ...... ..... ........... Vorgaben des EG-Vertrags 1. Harmonisierung der Rechtsvorschriften über die Umsatzsteuern nach Art. 93 EG ..... ... ............................ ....... ... 2. Finanzverfassung der Union ... ....... ....... .............. .......... ... 3. Steuersouveränität und Grundfreiheiten .... .. .................. 4. Subsidiaritätsprinzip des Art. 5 EG ......... ................ ........ Vom Harmonisierungsauftrag nicht gedeckte Einschränkungen durch das Richtlinienrecht 1. Neutralitätsprinzip und materielle Besteuerung nach dem Ursprungslandprinzip- die falsche Weichenstellung .......................... ........ ............ ........ ... ...... .......... .... .. 2. Vereinheitlichung derermäßigten Steuersätze, des allgemeinen Steuersatzes oder jedenfalls der Mindeststeuersätze .......... ............... ... .. .............. ... ..................... ...... 3. Vereinheitlichung der Befreiungen und Vorsteuerausschluss ..... ... ... .. ..... ... ... .... .......... ..................... ...... ........ .. 4. Behandlung des privaten Endverbrauches von Unternehmern ........ ................... ..... ....... ......................... ... .. ..... .. .. Sicherung des Umsatzsteueraufkommens im Lichte der europarechtlichen Vorgaben 1. Primäre Zuständigkeit des nationalen Gesetzgebers 2. Vereinbarkeit der Haftungsvorschriften der§§ 13c, 13d und 25d UStG mit den Richtlinienvorgaben - strafrechtliche Bekämpfung des Umsatzsteuerkarussellbetruges 3. Änderungen im System der Umsatzbesteuerung .. ..... ... 4. Kontrollverfahren .. ..... .. ........... .... .... ......... ... ........... ........ ... Faktische Beschränkungen der Grundfreiheiten im Binnenmarkt und ihre gebotene Beseitigung durch das Einortprinzip ..... ................ ........ .......... .......... ................ .... ... ........... .... . Rechtsanwendung durch die nationalen Gerichte ...... ... .. .... .. Schlussbemerkung ........ .. ... .......... ....... ....... .... ........... .......... .......

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41 42 44

Inhaltsverzeichnis Seite

Dr. WOLFRAM BIRKENFELD Rechtsanwalt, Richter am Bundesfinanzhof a.D. , München

Grundstücke und Grundstücksgeschäfte in der Umsatzsteuer I.

II.

III.

Einführung ............. .............. .......... ............. ..... .......................... Gemeinschaftsrecht 1. Einfluss des Gemeinschaftsrechts auf Grundstücksumsätze .. ....... ..... ....... ....... .... ....... ....... .. ....... ...... ... ... ... ... ... ... 2. Grundstückslieferungen nach Gemeinschaftsrecht ··· o··· 30 Grundstücksvermietung ........................ .. .... ....... ..... .. ...... . Umsatzsteuerprobleme im deutschen Recht im Zusammenhang mit Grundstücksumsätzen 1. Vorsteuerabzug bei Grundstücksgeschäften ..... ...... ....... 2. Rechnung als Ausübungsvoraussetzung für den Vorsteuerabzug ... 3. Gebäude mit selbst genutzten Wohnräumen wird für Umsatzzwecke verwendet .................. .. .. .. .................. ..... 4. Bagatellgrenze für die Zuordnung von Gegenständen zum Unternehmen .... ......... ... ....... ... ..... ..... .. 5. Übersicht über wichtige Entscheidungen des EuGH zur Umsatzsteuer im Zusammenhang mit Grundstücksumsätzen ab 1990 .. .. ........ .. ...... .. ...................... .... .. ............. o . . o • • • o • o o o o. ooo . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . o . . o . . . .

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45

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50 62 66 72

77

Dr. CHRISTOPH W ÄGER Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steu errecht, Frankfurt

Grundsätze des EuGH zur Gesellschaftsleistung und deren Auswirkungen auf das deutsche Recht I.

Allgemeine Rechtsgrundsätze .. ...... ............................ .. ........ ... 1. Trennungsprinzip 20 Rechtsformneutralität 30 Bedeutung beider Rechtsgrundsätze für Gesellschaftsleistungen ..... ..... ....... ...

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IX

Inhaltsverzeichnis Seite

li.

III. IV.

V.

Erwerb und Halten von Gesellschaftsanteilen durch Gesellschafter 1. Keine Leistung gegenüber der Gesellschaft .................. 2. Unmittelbare und mittelbare Unternehmenszuordnung .............................. ... ............... ... ............ ......... 3. Begründung der Unternehmerstellung aufgrund mittelbarer Unternehmenszuordnung ........ ... ........ ..... ........

91 92 93

Folgen für die Beurteilung der Gesellschaftsleistungen .... .. 98 Vorsteuerabzug bei Gesellschaftsleistungen ........................ 99 1. Erwerb von Gesellschaftsanteilen ..... .... ...... .... ...... ... .... .. 99 2. Veräußerung von Gesellschaftsanteilen .. ... .. ................. 103 3. Gewährung von Gesellschaftsanteilen .......................... 104 Zusammenfassung ... ....... .. ....... .......... .... ........ .. ... ...... .......... .. ... 106

BERND BURGMAlER Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht, München

Sacheinlagen des Gesellschafters - Eine Analyse aus umsatzsteuerrechtlicher Sicht nach der neuesten EuCH-RechtsprechungI. li. III.

IV. V. VI. VII.

X

Einleitung ................... ..... .. ............ ............ .. ..... .. .... ...... .... .. ...... Was sind Sacheinlagen? .... ......... .. ...... .. .......... ..... .................... Ist die Sacheinlage des Gesellschafters gegen Beteiligung steuerbar? .......................... .. ..................... .... ..... ... ...... ... ........ ... 1. Entscheidung des EuGH in der Rechtssache KapHag . 2. Auffassung in der Literatur .................. .. ................... ..... 3. Rechtsauffassung des BFH .. .... ...... .. .................. ... ........ ... 4. Stellungnahme .. ... ... ............ ............................ ........... .. ... .

109 110 110 111 111 112 113

Sacheinlage aus der Sicht der Gesellschaft ................ ........... Einbringung ......... ................... ... ................. ..... ....... ............. .... Vorsteuerabzug des Gesellschafters ................................ ... ... Vorsteuerabzug der Gesellschaft ........ ......... .. .......... ........... ...

117 117 118 118

Inhaltsverzeichnis Seite

VIII. IX.

Auswirkungen 119 Zusammenfassung ........ ....... .... ... .......... ... ....... ......... ........... ..... 119

HORST FRENTRUP Regierungsdirektor im Bundesministerium der Finanzen a. D., Berlin

Gesellschaftsleistungen aus der Sicht der Verwaltung I. II.

Aufnahme neuer Gesellschafter .. ...... ..... ......... ...... ... ... ...... .... . 121 Vorsteuerabzug bei der Gemeinschaft oder den Gemeinschaftern ... .. ... ... .. .. ... .. ... .. .. ... .. .. .. ... .. ... ... .. ... ... ... .. ... ... ... . 130

Stichwortverzeichnis .... ....... .. ........ .. .... ... ......... ..... ... ..... .... ...... ... ......... . 137

XI

Begrüßung und Eröffnungsansprache Prof. Dr. HANS NIESKENS Vorsitzender des Vorstands des UmsatzsteuerForums-Vereinigung zur wissenschaftlichen Pflege des Umsatzsteuerrechts e.V., Nordkirchen

Meine sehr verehrten Damen und Herren, zum neunten Hochschulkongress unserer Vereinigung darf ich Sie diesmal in Bamberg auf das herzlichste begrüßen. Mit Bamberg verbindet mich persönlich ein Wiedersehen mit meiner alten Wirkungsstätte: An der hiesigen Sozial- und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät konnte ich mich promovieren. Dem Rektor der Universität Bamberg, Herrn Prof. Dr. Ruppert, und meinem damaligen Prüfungsvorsitzenden, Herrn Prof. Dr. Kupsch, gilt daher auch mein ganz persönlicher Gruß. Ich danke beiden recht herzlich für ihr Kommen und ihre Bereitschaft, ein Grußwort an uns zu richten. Wir befinden uns, meine Damen und Herren, in den Räumlichkeiten einer ehemaligen Dominikanerkirche, und bekanntlich wurde der Dominikanerorden im Jahre 1215 n.Chr. zur Unterrichtung der Gläubigen und zur Bekehrung der Ungläubigen gegründet. Inwieweit Sie selbst unseren diesjährigen Kongress als Tribunal zur Bekehrung der Umsatzsteuer-Ungläubigen verstehen wollen, möchte ich Ihnen selbst überlassen. Aber in der Tat: die Umsatzsteuer scheint sich mehr und mehr zu einer Geheimwissenschaft für die wahren Umsatzsteuer-Eingeweihten zu entwickeln. Oder wer, meine Damen und Herren, möchte schon die Hand dafür ins Feuer legen, die letzte Entscheidung des EuGH und seine Auswirkungen auf das deutsche Recht zu kennen, zu wissen, welche nächste Gesetzesänderung uns beglücken wird und was die Europäische Kommission als nächstes vorhat? In letzter Konsequenz kann für den mittelständischen Unternehmer und auch seinen Steuerberater nur gelten: Glauben ersetzt Wissen.

1

N! ESKENS, Begrüßung und Eröffnungsansprache

Allein stellt sich für ihn die Frage, was soll er glauben? Kann er nun nach dem wegweisenden wie falschen Urteil des EuCH in Sachen Wolfgang Seeling die Herstellungskosten zur Erfassung der Bemessungsgrundlage für seinen steuerpflichtigen Eigenverbrauch auf 50 Jahre abschreiben? Oder gilt die Verwaltungsauffassung mit zehn Jahren? Ist eine spätere Entnahme steuerpflichtig - so die Verwaltung oder ist sie unter Hinweis auf die 6. EG-Richtlinie nicht doch steuerfrei? Kämpfen oder Glauben ist nicht selten eine Frage der Höhe der Haftpflichtversicherung. Und der Steuerpflichtige, der Mandant, der Unternehmer? Was will er? Will er wirklich alle Steuererklärungen jahrelang offen halten, um einem eventuell günstigen EuCH-Urteil vorbeugen zu können? Keine andere Frage, als die nach der Zukunft der deutschen, aber auch der europäischen Umsatzsteuer ist daher gegenwärtig so relevant wie diese. Ich freue mich daher ganz besonders, dass es uns gelungen ist, mit Stephen Bill einen der Hauptverantwortlichen für die Mehrwertsteuer in der Europäischen Kommission gewonnen zu haben, und sein Thema kann gar nicht anders lauten, als die Frage nach der Zukunft der Mehrwertsteuer in Europa zu stellen. Welcome Mr. Bill, we are very glad to have you here at Bamberg. Ob aber unbedingt die Zukunft der Mehrwertsteuer aus europäischer Sicht auch die Zukunft der deutschen Umsatzsteuer umschreibt, wird Prof. Dr. Wolfram Reiß beantworten, und ich freue mich schon auf seine Analyse und Schlussfolgerungen. Prof. Dr. Reiß war als Sachverständiger bei der Anhörung des Deutschen Bundestages zum EU-RichtlinienUmsetzungsgesetz auch für das UmsatzsteuerForum in Berlin. Wir erleben gerade jetzt nach Jahren des Stillstandes eine Flut gesetzlicher Änderungen, mit denen der Gesetzgeber den Anschluss an die Europäischen Vorgaben - gerade auch ausgelöst durch den EuCH - versucht herzustellen. Eine erste Analyse der angerlachten Änderungen vor allem im Bereich der Vorsteuerberichtigungsnorm, aber auch zur Änderung der Bemessungsgrundlage in§ 17 UStG lässt den Eindruck aufkommen, weniger wäre vielleicht mehr. Nach der großen Umsatzsteuer-Politik am Vormittag werden wir uns nachmittags dem Einmaleins des Umsatzsteuerrechts widmen. Aber auch hier wird uns Dr. Wolfram Birkenfeld, den wir als Referent zu dem Thema "Grundstücke und Grundstücksgeschäfte in der Umsatzsteuer"

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NIESKENS, Begrüßung und Eröffnungsansprache

gewinnen konnten, vermutlich die Grenzen unseres begrenzten Systems aufzeigen. Herr Dr. Birkenfeld, meine Damen und Herren, wird bei uns einen seiner letzten Vorträge als aktiver Gestalter der Umsatzsteuer-Rechtsprechung im V. Senat des BFH halten. Im November 2004 wird er in den verdienten, letztlich aber doch viel zu frühen Ruhestand treten. Er hat aber erkennen lassen, dass er uns noch weiterhin als unverzichtbarer Ansprechpartner für knifflige Umsatzsteuerfragen zur Verfügung stehen wird. Im Anschluss an den Vortrag von Dr. Birkenfeld soll anhand ausgewählter - von Dr. Birkenfeld bereits angesprochener - Fälle diskutiert werden. Das Diskussionsteam unter Moderation von Herrn Ralph Korf und unter Mitwirkung von Frau Claudia Hillek und den Herren Dr. Birkenfeld, Haydl und Prof. Dr. Tehler erwartet Ihre rege Diskussionsmitwirkung. Vielleicht gelingt es, die vom EuGH aufgeworfene Frage, was ein Grundstücksbestandteil ist, zu beantworten. Reicht bereits eine Demontierbarkeit und Versetzbarkeit von Gegenständen auf einem Grundstück von weniger als acht Personen, aber an mehr als zehn Tagen aus, um die Gegenstände als Grundstücksteile definieren und damit den Steuerbefreiungstatbestand des § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG auslösen zu können? Der zweite Tag steht ganz im Zeichen der Gesellschaftsleistungen und Gesellschafterleistungen. Verantwortlich für dieses Schwerpunktthema am zweiten Tag ist- wie kann es anders sein- wieder der EuGH mit seiner Rechtsprechung in Sachen KagHag Renditefonds. Was meinte der EuGH mit seiner lapidaren Feststellung: Daher erbringt die Gesellschaft mit der Aufnahme eines Gesellschafters keine Dienstleistung gegen Entgelt? Die Herren Dr. Christoph Wäger, Bernd Burgmaier und für den BMF Horst Frentrup beleuchten das Thema von allen Seiten und geben wieder in einer anschließenden Podiumsdiskussion Ihnen die Gelegenheit zur Teilnahme und Stellungnahme. Ich freue mich, meine Damen und Herren, dass unsere Tagung wieder einmal so starke Resonanz gefunden hat. Stellvertretend für die Angehörigen der steuerberatenden Berufe darf ich den Präsidenten der Bundessteuerberaterkammer, Herrn Dr. Heil-

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NIESKENS,

Begrüßung und Eröffnungsansprache

geist, und den Vizepräsidenten des Deutschen Steuerberaterverbandes, Herrn Dr. Küffner, begrüßen, die beide ein Grußwort sprechen werden und damit die besondere Bedeutung der Umsatzsteuer auch für die tägliche Beratungspraxis hervorheben.

Ganz herzlich begrüße ich die zahlreichen Vertreter der Finanzgerichtsbarkeit, an der Spitze die Vertreter des V. Senats des Bundesfinanzhofs, dem Fachsenat für Umsatzsteuer. Ich bitte um Verständnis, dass ich an dieser Stelle nicht alle Leistungsträger namentlich erwähnen kann. Den Gästen aus dem Ausland, den Vertretern der Wirtschaft, der Verbände und den Hochschullehrern gilt unser herzliches Willkommen. Persönlich Dank sagen möchte ich schließlich all denjenigen, die in der Vorbereitungsphase für diese Tagung tatkräftig mitgewirkt haben, insbesondere dem Lehrstuhl Professor Dr. Crezelius, genauso wie allen Sponsoren, allen voran der DATEV und den Fachverlagen Dr. Otto Schmidt, Stollfuß, C.H.Beck und der Verlagsgruppe Handelsblatt für ihre Unterstützung. Das Ziel des UmsatzsteuerForums ist es, auch mit Tagungen wie dieser, dafür Sorge zu tragen, dass die Umsatzsteuer nicht eine InsiderSteuer wird, die nur für einige wenige durchschaubar ist. Sie muss frei bleiben von Steuerlenkungseffekten und stets zwei Dinge im Auge behalten: sie muss weiterhin von allen Steuern das günstigste Kosten-Nutzen-Verhältnis aufweisen; nicht umsonst rangiert sie im Steueraufkommen mittlerweile vor der Lohnsteuer auf dem ersten Rang; sie muss andererseits aber die von den Unternehmen zu tragende Last der Verwaltungstätigkeit auf ein erträgliches Ausmaß reduzieren. Möge auch der diesjährige Kongress mit sachlicher Information zu einer systemgerechten und vor allem die Gleichmäßigkeit der Besteuerung wahrenden Anwendung des Umsatzsteuerrechts beitragen. Ich wünsche uns allen einen erfolgreichen Verlauf unseres Kongresses hier in Bamberg und darf jetzt das Wort an Herrn Präsidenten Dr. Heilgeist weitergeben.

4

Zukunft des Europäischen Mehrwertsteuersystems STEPHEN BILL

Leiter des Referats " Mehrwertsteuer und sonstige Umsatzsteuern" Europäische Kommission, Brüssel

Inhaltsübersicht I. Vorbemerkung ................... 5 II. Warum harmonisieren? ..... 7

111. Ideales System .................... 7 IV. Hindernisse für das Ursprungssystem ..... .... .. .... 7 V. Aktuelle Regelung ... ...... .... 7

VIII. Neue Mitteilung und Zukunftsaussichten ....... .. 1. B2B-Warenlieferungen 2. B2C-Warenlieferungen .. ... 3. B2B-Dienstleistungen 4. B2C-Dienstleistungen ....... 5. Zusammenfassung .......... ..

9 9 10 10 11 11

VI. Mehrwertsteuerstrategie ... 8

XI. Zeitplan ............... .............. 12

VII. Bisheriger Fortschritt ....... .. 8

X. Andere Vorschläge in Vorbereitung ......... ..... ...... 12

I.

Vorbemerkungl

Gastredner des Bamberger Hochschulkongresses am 7.10.2004 war Stephen Bill als Vertreter der Europäischen Kommission in Brüssel. Stephen Bill trat in seiner Eigenschaft als "Head of V AT and other turnover taxes" auf. Mittlerweile ist er ins Kabinett aufgerückt. Stephen Bill gab in seinem ca. 1-stündigen Vortrag einen Überblick über die anstehenden Arbeiten der Kommission und die neuen Strategien der Kommission.2

1 2

Vorbemerkung des Herausgebers, Prof Dr. Hans Nieskens. Auf den nachstehenden Seiten 7 ff. werden schlagwortartig die Leitgedanken des Vortrags wied ergegeben.

5

BILL, Zukunft des Europäischen Mehrwertsteuersystems

Seiner Auffassung nach verfolgt die Kommission zur Gewährleistung eines reibungslos funktionierenden Binnenmarktes nach wie vor die Besteuerung am Ursprung. Die Kommission sehe aber als Haupthindernis für die Umsetzung des Ursprungssystems die nicht harmonisierten Mehrwertsteuersätze und den mangelnden politischen Willen, die nationalstaatliche Steuersouveränität aufzugeben. Im Gegensatz zur bisherigen Lesart sehe die neue Strategie der Kommission aber vor, den Mitgliedstaaten bei der Umsetzung der zur Zeit gültigen Regelungen, orientiert am Bestimmungslandprinzip, behilflich sein zu wollen. Vereinfachung, Modernisierung und eine bessere Zusammenarbeit der Verwaltung ständen daher ganz oben auf der Agenda. Des Weiteren habe die Kommission dem Rat unter Beachtung des obigen Ziels Vorschläge zur Regelung des Steuerabzugs, der Reisebüros, der Besteuerung der Postdienstleistungen, für eine Neuordnung der ermäßigten Steuersätze und des Ortes der Dienstleistungen zw ischen Unternehmern (sog. B2B-Dienstleistungen) gemacht. Im Bereich der Leistungen gegenüber privaten Konsumenten (sog. B2C-Leistungen) setze die Kommission auf d as Prinzip der einzigen Anlaufstelle, dem sog. One-Stop-Shop-Prinzip. Während im Bereich der B2B-Dienstleistungen grundsätzlich der Ort der Leistung nicht mehr dort liegen soll, wo der leistende Unternehmer seinen Sitz hat, sondern dort, wo der Leistungsempfänger ansässig ist, soll dies im Bereich der B2C-Dienstleistungen nur in den Fällen eines " Fernabsatzes" gelten. Bei den B2B-Umsätzen könne ein ausgedehntes " ReverseCharge-Verfahren" den EU-ausländischen leistenden Unternehmern helfen, die Registrierung im anderen Mitgliedstaat zu vermeid en. In den Fällen der B2C-Umsätze könne nur das " One-Stop-Shop-Prinzip" eine Erleichterung für den EU-ausländisch Leistenden bew irken. Zusammengefasst hat die Kommission das Ursprungslandprinzip nicht aus den Augen verloren, konzentriert sich aber momentan verstärkt darauf, den EU-Unternehmern bei grenzüberschreitenden Leistungen mit Vereinfachungen in d er Registrierung und im Verfahren im gegenw ärtigen System zu helfen . Gleich zeitig werden Maßnahmen ins Auge gefasst, die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten effektiver auszugestalten, um für das gegenwärtige Binnenmarktsystem eine höchst mögliche Akzeptanz zu erreichen.

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BILL, Zukunft des Europäischen Mehrwertsteuersystems

II.

Warum harmonisieren?

Die Harmonisierung dient einer - Gewährleistung eines reibungslosen Funktionierens des Binnenmarktes, - Vermeidung von Doppel- und Nichtbesteuerung, - Vermeidung von Kontrollen etc. an Grenzen, - Vereinfachung des Systems für Unternehmer und einer - Gewährleistung der Zuteilung der Steuereinnahmen an den Verbrauchsstaat.

III. Ideales System Ein ideales System bietet - Besteuerung am Ursprung, - Regelungen und Steuersatz des Ursprungslandes sowie - Weiterleitung der Steuereinnahmen an den Verbrauchsstaat

IV. Hindernisse für das Ursprungssystem Das Ursprungssystem erfordert harmonisierte Sätze, Abzugsregelungen etc. Die Umsetzung hindert der politische Unwille, Souveränität über Steuerangelegenheiten aufzugeben.

V.

Aktuelle Regelung

Die aktuelle Regelung wird durch "vorläufige" Maßnahmen charakterisiert, die 1992 eingesetzt wurden. Danach ist die Beseitigung von Grenzkontrollen zulässig. Die aktuelle Regelung erfolgt nicht immer auf die einfachste Weise; sie führt nicht immer zur korrekten Verteilung des Steueraufkommens.

7

BILL, Zukunft des Europäischen Mehrwertsteuersystems

VI. Mehrwertsteuerstrategie Die Einführung erfolgte im Jahr 2000. Das langfristige Ziel bleibt die Besteuerung im Herkunftsland. Kurzfristig liegt die Konzentration auf Vereinfachung, Modernisierung, einheitlicher Anwendung und einer besseren Zusammenarbeit der Verwaltungen.

VII. Bisheriger Fortschritt Bisher sind zehn Vorschläge der Kommission angenommen worden, sechs Vorschläge liegen dem Rat vor. Die Annahme der zehn Vorschläge zur Mehrwertsteuer erfolgte in einem Zeitraum von drei Jahren. Die Beschlussfassung des Rates über die Annahme erfordert Einstimmigkeit. Im Ergebnis hat die Strategie ihr Hauptziel erreicht, nämlich der Arbeit im Rat einen neuen Anstoß zu geben. Die zehn angenommenen Vorschläge sind die folgenden: - Mehrwertsteuerschuldner, Richtlinie 2000/65 v. 17.10.2000, - Mindestnormalsatz, Richtlinie 2001/41 v. 19.1.2001, - gegenseitige Unterstützung bei der Seitreibung von Forderungen, Richtlinie 2001/ 44 v. 15.6.2001, - Rechnungsstellung, Richtlinie 2001 / 115 v. 20.12.2001, - elektronisch erbrachte Dienstleistungen, Richtlinie 2002/ 38 v . 7.5. 2002, - Fiscalis-Programm, Entscheidung 2235/2002 v . 3.12.2002, - Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden, Verordnung 1798/ 2003 V. 7.10.2003, - Ort der Lieferung von Gas und Elektrizität, Richtlinie 2003/ 92 v. 7.10.2003, - Ausnahmeregelungen und Durchführungsbefugnisse, Richtlinie 2004/7 V. 20.1.2004, - ermäßigter Steuersatz für arbeitsintensive Dienstleistungen (zweimal verlängert). Die sechs Vorschläge, die dem Rat vorliegen, betreffen folgende Regelungsgegenstände: - Steuerabzug, - Reisebüros,

8

BILL, Zukunft des Europäischen Mehrwertsteuersystems

Postdiens tleistungen, ermäßigte Steuersätze, B2B-Dienstleistungen sowie Neufassung der 6. Richtlinie3.

VIII.

Neue Mitteilung und Zukunftsaussichten

Eine neue Mitteilung wurde im Oktober 2003 vorgelegt. Sie gibt einen Überblick über die Fortschritte seit der Kommissionsmitteilung vom 7.6.2000 zur neuen Mehrwertsteuerstrategie. Sie stellt neue Initiativen und daraus resultierende Leitlinien für zukünftige Aktivitäten vor. Allgemeine Leitlinien für zukünftige Aktivitäten haben die Besteuerung am Ort des Verbrauchs und die Vereinfachung der steuerlichen Pflichten zum Gegenstand. Die allgemeinen Leitlinien finden Anwendung auf B2B-Warenlieferungen, B2C-W arenlieferungen, B2B-Dienstleistungen und B2C-Dienstleistungen.

1.

B2B-Warenlieferungen

In der aktuellen Rechtslage sind innergemeinschaftliche Lieferungen mehrwertsteuerbefreit, und der Erwerb ist steuerbar. Eine korrekte Verteilung des Steueraufkommens wird dadurch gesichert. Die Rechtsanwendung ist für Unternehmer einfach, aber sie ist anfällig für Betrug. Deshalb sind zukünftige Änderungen zu verfolgen, die keine drastischen Veränderungen darstellen und die Vereinfachungen bei der Umkehr der Steuerschuldnerschaft mit sich bringen, zum Beispiel bei einer Lieferung mit Installations- und Montageleistung. Die Verwaltungszusammenarbeit muss weiter verstärkt werden.

3

Die Neufassung der 6. EG-Richtlinie ist inzwischen erfolgt durch die Richtlinie 2006/112/EG des Rates v. 28.11 .2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem, ABI. EU Nr. L 347 v. 11.12.2006, 1.

9

BILL, Zukunft des Europäischen Mehrwertsteuersystems

2.

B2C-Warenlieferungen

Mit der aktuellen Rechtslage wird die Erwerbsfreiheit als Prinzip des Binnenmarktes gewährleistet. Die Regelungen beschränken sich auf hochwertige Güter (Autos) und Handelstätigkeiten (Fernabsatz). Sie sichern die korrekte Verteilung des Steueraufkommens, sind aber nicht unternehmerfreundlich. Lösungen zur Verringerung der Nachteile der aktuellen Rechtslage sollen die Besteuerung am Zielort (beim Fernabsatz etc.) beibehalten, aber auch die Möglichkeit bieten, die umsatzsteuerliehen Pflichten im Land der Niederlassung wahrzunehmen. Dem kann eine einzige Anlaufstelle (one-stop-shop) dienen. Dabei wird eine sichere, moderne Technologie eingesetzt werden müssen. Änderungen beim "Ort der Lieferung" sollen nicht erfolgen.

Formalitäten: Mitgliedstaaten des Unternehmens (Registrierung, Erklärung etc.)

~

Mitgliedstaat A Steuerregelungen: Steuersatz etc.

3.

------------

Mitgliedstaat A Steuerregelungen: Steuersatz etc.

Mitgliedstaat A Steuerregel ungen: Steuersatz etc.

B2B-Dienstleistungen

Die aktuelle Hauptregelung in Art. 9 Abs. 1 der 6. EG-Richtlinie Qetzt Art. 43 MwStSystRL) sieht eine Besteuerung am Ort des Geschäftssitzes des Leistungserbringers vor. Daneben besteht eine größer werdende Liste mit Ausnahmen (Art. 9 Abs. 2 Buchst. e der 6. EG-Richtlinie, jetzt Art. 56 MwStSystRL). Das Steueraufkommen (z.B. beim grenzüberschreitenden Leasing) wird verzerrt. Eine künftig verbesserte Regelung soll die Besteuerung am Ort des Unternehmens des Kunden vorsehen. Die Methode hierzu ist der Über-

10

BILL, Zukunft des Europäischen Mehrwertsteuersystems

gang der Steuerschuldnerschaft Ein Vorschlag liegt dem Rat seit 2003 vor.

4.

B2C-Dienstleistungen

Die aktuelle Hauptregelung in Art. 9 Abs. 1 der 6. EG-Richtlinie Qetzt Art. 43 MwStSystRL) sieht eine Besteuerung am Ort des Unternehmens des Leistungserbringers vor. Die Regelung ist für Unternehmer einfach in der Anwendung. Das Steueraufkommen wird verzerrt, wenn eine Erbringung von Dienstleistungen aus Drittstaaten möglich ist (z.B. bei der Telekommunikation, im elektronischen Geschäftsverkehr etc.). Eine künftig verbesserte Regelung soll - wo nötig - die Besteuerung am Wohnsitz des Verbrauchers vorsehen. Zur Vermeidung von Komplikationen soll für Unternehmer die Anwendung der einzigen Anlaufstelle (One-stop-shop-System) vorgesehen werden.

5.

Zusammenfassung Ort der Leistungserbringung

B2C-Waren

in der Regel am Sitz des Lieferungsempfängers

Mechanismus

einzige Anlaufstelle

Wechsel zum Sitz des B2C-Dienstleistungen Leistungsempfängers einzige Anlaufstelle beim "Fernabsatz" B2B-Dienstleistungen

Ort des Verbrauchs

B2B-Waren

Ort der Niederlassung des LieferungsempLieferung und Erwerb fängers

"reverse charge"

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BILL, Zukunft des Europäischen Mehrwertsteuersystems

IX. Zeitplan Vorgesehen war der folgende, mittlerweile abgelaufene Zeitplan: 2003: B2B-Dienstleistungen, 2004: Verinfachung der Mehrwertsteuerpflichten (einzige Anlaufstelle, "reverse charge" etc.), 2005: B2C-Dienstleistungen.

X.

Andere Vorschläge in Vorbereitung

Auf der Agenda stehen - die Einführung von Übergangsbestimmungen, - die Verkaufsförderung durch Gutscheine und Zahlkarten, - Straffung der geltenden Ausnahmeregelungen, - die Beseitigung von Doppelbesteuerungen, - die öffentlichen Einrichtungen und - Finanzdienstleistungen.

12

Zukunft der Umsatzsteuer Deutschlands in Europa Prof. Dr.

WOLFRAM REiß

Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

Inhaltsübersicht I. Einleitung ........................... 14 II. Vorgaben des EG-Vertrags .................. ................... 1. Harmonisierung der Rechtsvorschriften über die Umsatzsteuern nach Art. 93 EG 2. Finanzverfassung der Union ................................... 3. Steuersouveränität und Grundfreiheiten .................. 4. Subsidiaritätsprinzip des Art. 5 EG ..............................

19

19 24 26 27

III. Vom Harmonisierungsauftrag nicht gedeckte Einschränkungen durch das Richtlinienrecht 1. Neutralitätsprinzip und materielle Besteuerung nach dem Ursprungslandprinzip- die falsche Weichenstellung .................. ... .. . 29 2. Vereinheitlichung der ermäßigten Steuersätze, des allgemeinen Steuersatzes oder jedenfalls der Mindeststeuersätze ....... ... ..... .... .. ................ 31 3. Vereinheitlichung der Befreiungen und Vorsteuerausschluss .................... ........ 32

4. Behandlung des privaten Endverbrauches von Unternehmern ............................... 33 IV. Sicherung des Umsatzsteueraufkommens im Lichte der europarechtliehen Vorgaben 1. Primäre Zuständigkeit des nationalen Gesetzgebers 2. Vereinbarkeit der Haftungsvorschriften der §§ 13c, 13d und 25d UStG mit den Richtlinienvorgaben - strafrechtliche Bekämpfung des Umsatzsteuerkarussellbetruges 3. Änderungen im System der Umsatzbesteuerung ........... . 4. Kontrollverfahren .... ... ... ... ..

34

35 37 39

V. Faktische Beschränkungen der Grundfreiheiten im Binnenmarkt und ihre gebotene Beseitigung durch das Einortprinzip ............................ 41 VI. Rechtsanwendung durch die nationalen Gerichte .... 42 VII. Schlussbemerkung ........ .... 44

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REiß, Zukunft der Umsatzsteuer Deutschlands in Europa

I.

Einleitung

In Vielfalt geeint- eine falsche Devise für die Umsatzsteuer in den Mitgliedstaaten der Union?

Das mir aufgegebene Thema, über die Zukunft der Umsatzsteuer Deutschlands in Europa zu sprechen, enthält zumindest zwei Implikationen, die es zu hinterfragen gilt. Zum einen wird offenbar vorausgesetzt, dass es eine Umsatzsteuer Deutschlands gibt. Zum anderen wird wohl davon ausgegangen, dass die Umsatzsteuer Deutschlands, wenn überhaupt, nur eine Zukunft in Europa hat. Vielleicht vorab, weil unproblematisch zu beantworten, ein Wort zur Zukunft der Umsatzsteuer in den Mitgliedstaaten der Union und in der Union selbst: hier bedarf es keiner prophetischen Gaben, um vorauszusagen, dass die Umsatzsteuer jedenfalls in absehbarer Zukunft eine unverzichtbare Quelle für die Finanzierung der Haushalte der Mitgliedstaaten bleiben wird. Für Deutschland beläuft sich der Anteil des Umsatzsteueraufkommens am Gesamtsteueraufkommen in der Zeit von 1999 bis 2003 auf rund 30 % mit steigender Tendenz bei Rückgang des Steueraufkommens insgesamt einschließlich des Umsatzsteueraufkommens in den Jahren ab 2001.1 Der internationale Vergleich unter Einschluss der Sozialversicherungsbeiträge zeigt, dass in allen Mitgliedstaaten der Anteil der Umsatzsteuer und anderer indirekter Steuern auf den Verbrauch mindestens 25 % der Gesamteinnahmen beträgt. In den neuen Beitrittsländern Polen, Ungarn, Tschechien und Slowakei überwiegt der Anteil des Aufkommens aus der Umsatzsteuer und sonstigen Verbrauchsteuern den Anteil aus der Einkommensbesteuerung erheblich) Traditionell umgekehrt verhält es sich bei den skandinavischen Mitgliedstaaten, aber auch beim Vereinigten Königreich und bei Italien. In Deutschland deckt sich das Aufkommen aus den Steuern auf das Einkommen und Vermögen in etwa mit dem Steueraufkommen aus der Umsatzsteuer und den Verbrauchsteuern. Mit Ausnahme der Slowakei und Tschechiens weist kein Mitgliedstaat einen so hohen Anteil an So-

1

Vgl. BMF, Finanzbericht 2005, Tabelle 11 - kassenmäßige Einnahmen nach Steuerarten. 2 Vgl. BMF, Finanzbericht 2005, Übersicht 19 - Einnahmen nach Hauptsteuerarten und Sozialversicherungsbeiträgen.

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REiß, Zukunft der Umsatzsteuer Deutschlands in Europa

zialversicherungsbeiträgen wie Deutschland auf. In der Tendenz ergibt sich seit 2000 für Deutschland eine Umkehr des Verhältnisses mit nunmehr einem leichten Überwiegen des Aufkommens aus der Umsatzsteuer und den übrigen Verbrauchsteuern über die direkten Steuern.3 Ob und inwieweit die Umsatzsteuer auch in Zukunft über das System der Eigenmittel ein bedeutender Teil der Finanzierung des Haushaltes der Union bleibt, wird sich erweisen müssen. Bemerkenswerter als der jedenfalls nach gegenwärtigem Stand der Dinge unverzichtbare Beitrag des Umsatzsteueraufkommens für die Finanzierung der öffentlichen Haushalte der Mitgliedstaaten und der Union selbst ist der Wandel in der Beurteilung der Umsatzsteuer.

Popitz galt sie 1924 bekanntlich noch als "schlimme Seuche", aber zugleich als notwendige Krankheit, "damit der Wirtschaftskörper nicht des schützenden Mantels des Staates entbehrt und an schwerer innerer Erkrankung zugrunde geht"4. Heute wird von einigen ein steuertheoretischer Paradigmenwechsel weg von der kapitalorientierten Einkommensbesteuerung zu einer konsumorientierten Besteuerung konstatiert15, der den angeblichen oder tatsächlichen "Niedergang des Einkommensteuerrechtes" auffangen soll. In eine solche Konzeption der Besteuerung der Konsumaufwendungen unter Verschonung der investiven Ausgaben und des Sparens fügt sich die Umsatzbesteuerung jedenfalls nach dem europäischen Typ der Mehrwertsteuer zweifellos gut ein. Von einer gegenüber der Einkommensbesteuerung inferioren Besteuerung kann weder im Hinblick auf das Steueraufkommen noch im Hinblick auf die steuertheoretische Rechtfertigung mehr die Rede sein. Inzwischen wird uns aus volkswirtschaftlicher Sicht verkündet, dass Einkommensbesteuerung und Umsatzbesteuerung letztlich nur auf die Besteuerung der Konsumausgaben abzielen könnten oder jedenfalls sollten. Das Ideal wird in einer cash-flow-Einkommensbesteuerung oder in ihrer Umformung als zinsbereinigte Einkommensbesteuerung

3 Vgl. BMF, Finanzbericht 2005, S. 135- Zusammenstellung 2, unter 3.4, Entwicklung des Steueraufkommens von 1995 (53,9 direkte Steuern : 46,1 indirekte Steuern) auf 2003 (47,5 : 52,5). 4 Zitiert nach Grabower/Herting/Schwarz, Die Umsatzsteuer. Ihre Geschichte im In- und Ausland, 2. Auf!. Köln 1962, Einleitung, X. 5 Vgl. Lang in: Tipke/Lang, Steuerrecht, 17.Aufl., § 4 Rz. 94, 96, 110 f.

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REiß, Zukunft der Umsatzsteuer Deutschlands in Europa

gesehen. Die Funktion der Umsatzsteuer neben einer solchen cashflow-Einkommensbesteuerung wird schlicht in einer allerdings gleichwertigen Ergänzung erhebungstechnischer Art gesehen. Die konsumorientierte cash-flow-Einkommensbesteuerung soll den Zufluss konsumierbaren Einkommens beim Konsumenten erfassen. Die Umsatzbesteuerung vom Typ der Einzelhandels-Umsatzsteuer und die dieser im Endeffekt gleichwertige Mehrwertsteuer mit Vorsteuerabzug setze erhebungstechnisch hingegen schon auf der Unternehmensebene an. Der Fiskus kann für Zwecke der Steuererhebung die konsumierende Person gänzlich ignorieren, indem er den Unternehmer verpflichtet, den Konsumenten eine an den Versorgungsakt anknüpfende Steuer zu berechnen und diese an den Fiskus abzuführen. Der Vorteil dieser Kombination von zwei Steuerarten mit demselben Besteuerungsziel wird letztlich darin gesehen, dass es dem Zensiten erschwert wird, sich der Besteuerung zu entziehen. 6 Umstritten ist, inwieweit eine konsumorientierte cash-flow-Einkommensbesteuerung auch noch vermittels einer progressiven Besteuerung eine individuelle Umverteilung bewirken soll oder ob das Ideal inzwischen geradezu in der von der Umsatzsteuer schon ohnehin bewirkten proportionalen Besteuerung nach Maßgabe der getätigten Konsumaufwendungen besteht. Ob diesem angeblichen oder tatsächlichen steuertheoretischen Paradigmenwechsel hin zu einer ausschließlich konsumorientierten Besteuerung mit seinen angeblichen oder tatsächlichen Vorteilen hinsichtlich einer intertemporalen Neutralität und einer durch die Besteuerung weniger verzerrten Ressourcenallokation zu folgen ist oder nicht, muss hier dahinstehen. Immerhin sei für die gegenwärtige Situation vermerkt, dass wir in Deutschland, wenn ich es richtig sehe, nicht mangelnde Sparsamkeit der Bürger, sondern mangelnde Konsumfreude beklagen - oder wie es ein früherer Finanzminister einmal drastisch ausdrückte: "Die Pferde saufen nicht!" Festzustellen ist jedenfalls, dass die Umsatzbesteuerung als solche weder in Deutschland noch sonst in der Union von maßgeblicher Seite in Frage gestellt wird. Festzustellen ist auch, dass nicht nur, wie zu Popitz' Zeiten, "ein sehr großer Teil der Welt von der Umsatzsteuer ergriffen ist", sondern dass die Umsatzsteuer vom europäischen Typ der 6 Vgl. Schmidt, Konsumbesteuerung durch Mehrwertsteuer, Sielefeld 1999, Kapitel 3, namentlich 3.4.

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REiß, Zukunft der Umsatzsteuer Deutschlands in Europa

Mehrwertsteuer weltweit einen Siegeszug angetreten hat und wohl nirgends als schlimme Seuche betrachtet wird, wenn man davon absieht, dass Steuern isoliert betrachtet wohl immer als notwendiges Übel betrachtet werden. Auch die USA mit ihren sales and use taxes auf der Ebene der Einzelstaaten, der Kreise und sogar der Gemeinden kennen eine umfangreiche Umsatzbesteuerung. Freilich haben sie keine bundesweite Umsatzbesteuerung nach dem Muster der europäischen Mehrwertsteuer eingeführt. Nicht zuletzt darauf sind einige Schwierigkeiten hinsichtlich der internationalen Abgrenzung der Besteuerungsrechte der Staaten zurückzuführen. Vor diesem Hintergrund kann mithin nicht ernsthaft zweifelhaft sein, dass die Umsatzsteuer in Europa eine Zukunft hat. Jedenfalls zurzeit ist überhaupt nicht abzusehen, dass sie auch nur für einen der Mitgliedstaaten oder die Union insgesamt durch eine andere Steuerart oder andere Steuerarten umfassend ersetzt werden könnte. Nun soll ich allerdings nicht die Frage nach der Zukunft der Umsatzsteuer beantworten, sondern die nach der Zukunft der Umsatzsteuer Deutschlands. Ich muss gestehen, dass mir diese Frage nicht so ganz geheuer ist. Gibt oder gab es wirklich eine Umsatzsteuer Deutschlands oder verhält es sich damit wie mit der Deutschen Physik unseligen Andenkens? Auf der anderen Seite gibt es natürlich eine Geschichte der Umsatzbesteuerung in Deutschland mit sicher großer Tradition. Das Thema ließe sich daher vielleicht auch dahin verstehen, diese Geschichte anhand der deutschen Gesetzgebung etwa seit 1916 und den dazu ergangenen bahnbrechenden Urteilen des Reichfinanzhofes und des Bundesfinanzhofes nachzuzeichnen und den Einfluss aufzuzeigen, der von Deutschland aus auf die heutige Umsatzbesteuerung in den Mitgliedstaaten der Union ausgegangen ist. Das könnte eine reizvolle Aufgabe sein. Es ließe sich insoweit darauf verweisen, dass die Einführung einer allgemeinen Allphasenumsatzsteuer in Deutschland für die Zeit nach dem 1. Weltkrieg in vielen Ländern Europas als Vorbild für die Einführung einer ähnlich allgemeinen Umsatzbesteuerung diente. Ohne Frankreich den Ruhm streitig zu machen, dass seine bereits 1954 eingeführte Taxe sur la valeur ajoutee

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REiß, Zukunft der Umsatzsteuer Deutschlands in Europa (TV A) als Vorbild für die europäische Mehrwertsteuer diente?, ließe sich immerhin von deutscher Seite auf die Vorarbeiten von Wilhelm von Siemens schon aus dem Jahre 1919 zu einer "Veredelten Umsatzsteuer"8 mit Vorumsatzabzug verweisen. Ein später Widerhall dieser Pionierarbeit fand sich im so genannten Neumark Bericht, der ganz wesentlich die Vorarbeiten zur 1. und 2. EG-Richtlinie beeinflusste.9 Aber bekanntlich hat der Erfolg viele Väter, und so reklamieren mit Recht auch viele andere europäische Nationen, dass sie ganz wesentlich zur Entwicklung der Umsatzsteuer vom jetzigen europäischen Typ der Mehrwertsteuer beigetragen haben. Der zweifellos reizvollen Aufgabe, dem Einfluss Deutschlands auf die Ausgestaltung der harmonisierten europäischen Umsatzsteuer nachzuspüren oder umgekehrt zu untersuchen, inwieweit sich in Deutschland tradierte Auffassungen zur Umsatzbesteuerung gewandelt haben, möchte ich hier allerdings nicht weiter nachgehen. Stattdessen möchte ich mich mit der Frage befassen, ob und inwieweit für die Ausgestaltung der Umsatzsteuer noch Spielräume der Mitgliedstaaten bestehen. Dabei interessiert primär die Gesetzgebungskompetenz. Ein kritischer Blick ist dabei freilich auch auf die Rechtsprechung des EuGH zu werfen. Am Rande - und auf Widerspruch hoffend- möchte ich anhand der europäischen Gesetzgebung zur Umsatzsteuer auch ein wenig die Frage problematisieren, inwieweit europarechtliche Vorgaben den Richter und die Verwaltung von der Bindung an das nationale Gesetz unter Berufung auf entgegenstehendes europäisches Recht dispensieren. Ich werde verständlicherweise jeweils auf die deutsche Rechtsordnung einschließlich der verfassungsrechtlichen Vorgaben rekurrieren. Aber

7 Als maßgeblicher Motor zur Einführung der TV A gilt weitgehend Maurice Laure, La taxe sur la valeur ajoutee, Paris 1953; vgl. aber auch kritisch zur angeblichen Rolle als "father of VAT" Georges Egret, The value added tax in France, in Rybczynski (Hrsg.), The value added tax, Oxford 1969. 8 Carl Friedrich von Siemens, Veredelte Umsatzsteuer, Siemensstadt 1921. Bei der Schrift handelt es sich um eine zweite überarbeitete Fassung durch Carl Friedrich von Siemens, die dieser nach dem Tode von Willleim von Siemens veröffentlichte. 9 Vgl. statt vieler zur Entstehungsgeschichte der 1. und 2. EG-Richtlinie Terra/ Kajus, A Guide To The Sixth VAT Directive, Amsterdam ; P. Schnzidt, Konsumbesteuerung durch Mehrwertsteuer, 1999, Kapitel3.1 .

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REiß, Zukunft der Umsatzsteuer Deutschlands in Europa

dies dient nur als pars pro toto für die allgemeinere Frage nach dem Verhältnis von europäischen Vorgaben und nationalem Gestaltungsspielraum.

II.

Vorgaben des EG-Vertrags

Die Frage nach einem Gestaltungsspielraum der nationalen Gesetzgeber auf dem Gebiet der Umsatzsteuer erscheint freilich angesichts der bisherigen Entwicklung reichlich antiquiert und rückwärts gewendet. Etwas vereinfachend gesprochen verbleibt dem nationalen Gesetzgeber gegenwärtig nur noch die Bestimmung der Höhe der Steuersätze und auch dort ist er jedenfalls an Mindestsätze gebunden. Selbst dieses verbleibende Reservat nationaler Gesetzgebung wird regelmäßig kritisch gesehen und als eigentlich unvereinbar mit den Grundprinzipien eines Binnenmarktes betrachtet. Die materielle Umsatzbesteuerung soll überall in der Union gleich sein. Die Lieferung von Berlin nach München dürfe nicht anders behandelt werden als die Lieferung von Berlin nach Paris. Zu Ende gedacht bedeutet dies freilich auch, dass die Lieferung von Paris nach Nizza nicht anders als die von Berlin nach München behandelt werden darf. Jedenfalls für die Umsatzbesteuerung bliebe danach von der bereits in der Präambel zum Entwurf eines Vertrages für eine Verfassung in Europa erwähnten Devise der Union: "In Vielfalt geeinigt" nur die Vereinheitlichung übrig, die Vielfalt bliebe erkennbar auf der Strecke. Ob eine solche restlose Vereinheitlichung der Umsatzbesteuerung in der Gemeinschaft politisch erwünscht ist oder nicht, kann und will ich hier nicht beantworten. Hingegen ist der Frage nachzugehen, ob eine solche Vereinheitlichung durch den EG-Vertrag gedeckt ist oder sogar von ihm verlangt wird. Dabei soll zugleich ein Blick auf die Regelungen im Entwurf eines Vertrages einer Verfassung für Europa geworfen werden. Dabei lasse ich mich von der Annahme leiten, dass dieser Entwurf die zukünftige Entwicklung der Union bestimmen wird.

1.

Harmonisierung der Rechtsvorschriften über die Umsatzsteuern nach Art. 93 EG

Gern. Art. 93 EG erlässt der Rat einstimmig die Bestimmungen zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften über die Umsatzsteuern, so-

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REiß, Zukunft der Umsatzsteuer Deutschlands in Europa

weit diese Harmonisierung für die Errichtung und das Funktionieren des Binnenmarktes innerhalb der in Art. 14 EG gesetzten Frist notwendig ist. Art. III- 62 des Entwurfes eines Verfassungsvertrages sieht vor, dass durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz des Ministerrates Maßnahmen zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften über die Umsatzsteuern festgelegt werden, soweit diese Harmonisierung für das Funktionieren des Binnenmarktes und zur Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen notwendig ist. Wie schon im EG-Vertrag vorgesehen, bedarf es eines einstimmigen Beschlusses des Ministerrates nach Anhörung des Europäischen Parlamentes und des Wirtschaftsund Sozialausschusses. 1.1

Zielrichtung und Begrenzung der Harmonisierung: Binnenmarkt

Art. 93 EG wie auch Art. III - 62 des Entwurfes eines Verfassungsvertrages enthalten eine klare Zielvorgabe und zugleich eine Begrenzung des Harmonisierungsauftrages. Die Rechtsvorschriften über die Umsatzsteuern sind zu harmonisieren, aber nur, soweit dies für das Funktionieren des Binnenmarktes notwendig ist. Jedenfalls dem Wortlaut nach lässt sich aus diesen Bestimmungen keine Befugnis herleiten, die Umsatzsteuergesetze der Mitgliedstaaten durch eine einheitliche europäische Verordnung, zukünftig ein europäisches Gesetz, umfassend zu ersetzen oder aber durch Richtlinien - zukünftig Rahmengesetzgebung - die Mitgliedstaaten zu verpflichten, inhaltlich ihre nationalen Umsatzsteuergesetze vollständig zu vereinheitlichen. 1.2

Zur Vereinbarkeit national unterschiedlicher Umsatzbesteuerung in einem Raum ohne Binnengrenzen

Eine solche Befugnis ergäbe sich nur dann aus den genannten Vorschriften, wenn nur durch eine totale Vereinheitlichung der Umsatzbesteuerung der Mitgliedstaaten das Funktionieren des Binnenmarktes zu gewährleisten wäre. Vor dem Hintergrund der zwischenzeitliehen Erfahrungen mit der Umsatzbesteuerung im Binnenmarkt seit 1993 ist dann aber Art. III- 62 des Entwurfes eines Verfassungsvertrages nicht zu verstehen. Statt erneut zu betonen, dass eine Harmonisierung nur soweit zulässig ist, wie dies für das Funktionieren des Binnenmarktes

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notwendig ist, hätte sich dann angeboten, die Vereinheitlichung der Umsatzsteuern in der Union durch ein europäisches Gesetz vorzuschreiben. 1.2.1 Wettbewerbsneutralität nach materiellem Umsatzsteuerrecht unabhängig vom Standort Art. III - 62 des Entwurfes eines Verfassungsvertrages nennt neben dem Funktionieren des Binnenmarktes ausdrücklich die Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen als Ziel der Harmonisierung. Dies bedeutet richtigerweise gegenüber Art. 93 EG keine Erweiterung des Harmonisierungszieles. Vielmehr wird damit die ursprüngliche Stoßrichtung des Harmonisierungsauftrages des Art. 99 EGV erneut betont. Danach hatte die Kommission zu prüfen, wie die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten "im Interesse des Gemeinsamen Marktes harmonisiert werden können". Unabhängig davon, wie das Verhältnis von Binnenmarkt und Gemeinsamem Markt zu bestimmen sein mag, steht jedenfalls fest, dass mit dem Binnenmarktkonzept nicht das schon dem Gemeinsamen Markt zugrunde liegende Prinzip des Verbotes der Verfälschung des Wettbewerbs durch staatliche Maßnahmen einschließlich der Besteuerung aufgegeben werden sollte. Wie sich nicht zuletzt aus dem Kontext der Art. 90-93 EG ergibt, liegt dem EG-Vertrag jedenfalls für den Gemeinsamen Markt nicht die Vorstellung zugrunde, dass die Herstellung gleicher Wettbewerbsbedingungen die vollständige Vereinheitlichung der nationalen Umsatzbesteuerung in den Mitgliedstaaten verlange. Vielmehr wird als ausreichend angesehen, dass in Bezug auf den grenzüberschreitenden Warenverkehr keine höhere Belastung als für gleichartige inländische Waren erhoben wird und umgekehrt bei der Ausfuhr nicht mehr vergütet wird als an inländischen Abgaben auf den Waren lastet. Die damals auf Art. 99 EGV gestützte Harmonisierung der Umsatzsteuern der Mitgliedstaaten durch Einführung des Mehrwertsteuersystems sollte leisten und hat bekanntlich geleistet, dass auch für die Umsatzsteuer gewährleistet werden konnte, dass Gemeinschaftswaren weder bei der Einfuhr diskriminiert noch inländische Waren bei der Ausfuhr begünstigt wurden. Kurz gesagt, den Art. 90-93 EG lag und liegt bis heute nicht die Vorstellung zugrunde, dass nur durch totale Vereinheitlichung der Umsatzbesteuerung in Europa die Herstellung einheitlicher Wettbewerbsbedingungen im Gemeinsamen Markt möglich sei.

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REiß, Zukunft der Umsatzsteuer Deutschlands in Europa

Verlangt, aber auch als ausreichend wird insoweit angesehen, dass sub specie Umsatzbesteuerung die Unternehmer ihre Waren auf demselben Markt zu gleichen Bedingungen anbieten können. Der Markt ist dabei das jeweilige Mitgliedsland, nicht etwa das gesamte Gebiet der Gemeinschaft. Der Wettbewerbsneutralität ist nach diesem Konzept genügt, wenn der Unternehmer, unabhängig von seinem Standort, ungehindert und zu gleichen Bedingungen auf jedem Markt in der Gemeinschaft zu gleichen umsatzsteuerliehen Bedingungen wie sein Konkurrent seine Waren anbieten kann. 1.2.2 Wegfall von Grenzkontrollen Nun könnte dies alles der Schnee von gestern sein, weil sich die Lage grundlegend durch das Fortschreiten vom Gemeinsamen Markt zum Binnenmarkt verändert hat. Nimmt man Art. 14 EG wörtlich, so war der Binnenmarkt bis Ende 1992 schrittweise zu verwirklichen. Verfehlterweise nimmt Art. 93 EG diese Befristung auf. Man könnte ihn daher auch so lesen, dass die Befugnis zur Harmonisierung der Umsatzsteuern der Mitgliedstaaten nur bis zum Ablauf der Frist des Art. 14 EG bestand. Richtigerweise dauert aber natürlich die Befugnis zur Harmonisierung der Umsatzsteuern der Mitgliedstaaten an, soweit eine solche Harmonisierung für das Funktionieren des Binnenmarktes sich jetzt oder zukünftig weiterhin als notwendig erweist. Konsequenterweise findet sich in Art. III - 62 des Entwurfes eines Verfassungsvertrages auch keine zeitliche Begrenzung mehr für die notwendige Harmonisierung für das Funktionieren des Binnenmarktes. Diecrux besteht freilich darin zu bestimmen, welche Maßnahmen für das Funktionieren des Binnenmarktes im Hinblick auf die Ausgestaltung der Umsatzsteuern der Mitgliedstaaten notwendig sind. Die entscheidende inhaltliche Aussage zum Binnenmarkt enthält Art. 14 Abs. 2 EG und damit wörtlich übereinstimmend Art. III - 14 des Entwurfes eines Verfassungsvertrages. Danach umfasst der Binnenmarkt einen Raum ohne Binnengrenzen, in dem der freie Verkehr von Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital gemäß den Bestimmungen des Vertrages gewährleistet ist. Dem ist zutreffend entnommen worden, dass Grenzabfertigungen innerhalb der Gemeinschaft mit dem Binnenmarkt nicht mehr vereinbar sind. Soweit der grenzüberschreitende Warenverkehr mit dem System der Steuerbefreiung unter Erhalt des Vorsteuerabzugs bei der Ausfuhr

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R Eiß, Zukunft der Umsatzsteuer Deutschlands in Europa

innerhalb der Gemeinschaft und der Belastung mit Einfuhrumsatzsteuer auch bei Einfuhren innerhalb der Gemeinschaft auf Grenzkontrollen beruhten, sind diese als unvereinbar mit dem Binnenmarkt abgeschafft worden. Bekanntlich ist im Ergebnis lediglich das Grenzkontrollsystem durch interne Kontrollmechanismen abgelöst worden. Ansonsten ist, jedenfalls im kommerziellen Waren- und Dienstleistungsverkehr, alles beim Alten geblieben. Dies hat zu dem in Deutschland wohl weitgehend geteilten Aufschrei von der Mogelpackung geführt, durch die der Binnenmarkt nicht verwirklicht werde. Von einer Mogelpackung kann freilich nur reden, wer davon ausgeht, dass im Binnenmarkt keine Steuergrenzen mehr bestehen dürfen. Davon allerdings ist in Art. 14 Abs. 2 EG keine Rede. 1.2.3 Faktische Benachteiligungen - Behinderungsverbot Freilich rechtfertigt das Fortbestehen von Steuergrenzen nicht, dass dadurch der freie Verkehr von Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital im Binnenmarkt beeinträchtigt wird. Dabei geht es nicht nur darum, dass materiell keine nachteiligen Folgen an den grenzüberschreitenden Waren- und Dienstleistungsverkehr geknüpft werden dürfen. Wie wir inzwischen hinreichend aus der Rechtsprechung des EuGH über die Bedeutung der Grundfreiheiten auch für die direkten Steuern der Mitgliedstaaten erfahren haben, rechtfertigt das Steuererhebungsinteresse der Mitgliedstaaten weder diskriminierende noch auch nur faktisch behindernde Regelungen, seien sie materieller oder auch nur verfahrensrechtlicher Art. Daraus folgt allerdings nicht, dass der grenzüberschreitende Warenund Dienstleistungsverkehr in jeder Hinsicht wie rein innerstaatliche Transaktionen behandelt werden müsse. Den Unterschieden darf schon Rechnung getragen werden. Nur dürfen die Regelungen nicht belastender als bei rein innerstaatlichen Transaktionen sein, weder im Herkunftsstaat, noch im Bestimmungsland. Das unmittelbar aus Art. 14 Abs. 2 EG folgende Verbot von Grenzkontrollmaßnahmen ist nur die klar sichtbare Folgerung der Geltung der Grundfreiheiten auch im Hinblick auf steuerlich induzierte Kontrollmaßnahmen. Die Bezugnahme des Art. 93 EG über Art. 14 Abs. 2 EG auf die Gewährleistung der Grundfreiheiten im Binnenmarkt, die eine Harmonisierung notwendig macht, zeigt zweierlei. Der EG-Vertrag geht zutreffend davon aus, dass die Gewährleistung der Grundfreiheiten bei der Umsatzbesteuerung nicht allein von den Mitgliedstaaten bewirkt

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werden kann. Es bedarf dazu jedenfalls gewisser Harmonisierungsmaßnahmen auf Gemeinschaftsebene. Er erteilt der Gemeinschaft insoweit bereits explizit den Auftrag, durch Harmonisierung die Beachtung der Grundfreiheiten auch im Bereich der Umsatzsteuern der Mitgliedstaaten zu sichern. Darin erschöpft sich aber auch der Auftrag und die Befugnis. Von einer Beseitigung der Steuergrenzen durch Schaffung einer gemeinschaftsweiten einheitlichen Umsatzsteuer kann keine Rede sein.

2.

Finanzverfassung der Union

Die Finanzverfassung der Union ist deshalb hier anzusprechen, weil zu den Eigenmitteln der Gemeinschaft Einnahmen gehören, die sich aus der Anwendung eines einheitlichen Satzes auf eine einheitliche Mehrwertsteuer-Eigenbemessungsgrundlage ergeben. Auf die Einzelheiten ist hier nicht weiter einzugehen. Es genügt festzuhalten, dass die Berechnung der Mehrwertsteuer-Eigenmittel ganz wesentlich auf der durch die 6. EG-Richtlinie erfolgten Harmonisierung der einheitlichen steuerlichen Bemessungsgrundlage fußt. Ausweislich der Präambel erfolgte jedenfalls die Harmonisierung der Besteuerungsgrundlage durch die 6. EG-Richtlinie ausdrücklich in Durchführung des Eigenmittelbeschlusses vom 21.4.197010, "damit die Anwendung des gemeinschaftlichen Satzes auf die steuerbaren Umsätze zu vergleichbaren Ergebnissen führt"ll. 2.1

Eigenmittel der Gemeinschaft nach Art. 269 EG

Die Finanzverfassung der Gemeinschaft ist hinsichtlich der Einnahmenseite nur spärlich geregelt. Nach Art. 269 EG wird der Haushalt aus Eigenmitteln finanziert. Nach Art. 269 Abs. 2 EG legt der Rat auf Vorschlag der Kommission einstimmig die Bestimmungen über das System der Eigenmittel fest. Die Bestimmungen werden erst durch die Annahme in den Mitgliedstaaten gemäß deren verfassungsrechtlichen Bestimmungen wirksam. Art. I - 53 des Entwurfes eines Verfassungsvertrages enthält im Kern dieselbe Regelung.

10 11

24

ABI. EG Nr. L 94 v. 28.4.1970, 19. ABI. EG Nr. L 145 v. 13.6.1977, 1.

REiß, Zukunft der Umsatzsteuer Deutschlands in Europa

2.2

Umsatzsteuer als Gemeinschaftssteuer?

Die Bemessung der so genannten Mehrwertsteuer-Eigenmittel der Gemeinschaft könnte den Eindruck erwecken, als handele es sich bei den Umsatzsteuern der Mitgliedstaaten quasi um Gemeinschaftssteuern, bei denen das jeweilige Umsatzsteueraufkommen zwischen dem jeweiligen Mitgliedstaat und der Gemeinschaft aufzuteilen ist. Für die Bundesrepublik ergäbe sich dann quasi, dass neben Bund, Ländern und Gemeinden auch die EG am Umsatzsteueraufkommen beteiligt ist. So verhält es sich aber rechtlich nicht. Die Gemeinschaft ist in keiner Weise am Umsatzsteueraufkommen Deutschlands oder eines anderen Mitgliedstaates beteiligt. Die Mehrwertsteuerbemessungsgrundlage des jeweiligen Mitgliedstaates dient lediglich als Bemessungsgrundlage dafür, in welcher Höhe der jeweilige Mitgliedstaat Mittel an die Gemeinschaft abzuführen hat. Für die Bundesrepublik hat der Bund aus seinen Mitteln den auf die Bundesrepublik entfallenden Eigenmittelanteil abzuführen. Weder rechtlich noch tatsächlich erfolgt diese Abführung aus dem Umsatzsteueranteil des Bundes.12 Ungeachtet des Berechnungssystems der Eigenmittel ist fes tzuhalten, dass der Gemeinschaft weder ganz noch teilweise nach dem EG-Vertrag hinsichtlich der in den Mitgliedstaaten erhobenen Steuern eine Aufkommenshoheit zusteht. Eine echte Aufkommenshoheit besteht lediglich für die Zölle und Agrarabschöpfungen, die lediglich von den Behörden der Mitgliedstaaten für die Gemeinschaft vereinnahmt werd en.

2.3

Gemeinschaftsweiter Finanzausgleich bei der Umsatzsteuer?

Weder dem EG-Vertrag noch dem Entw urf für eine Verfassung ist an irgendeiner Stelle zu entnehmen, dass hinsichtlich der Steuereinnahmen der Mitgliedstaaten zwischen diesen untereinander oder im Verhältnis zur Gemeinschaft ein Finan zausgleich zu erfolgen h abe. Eine

12 Für 2004 werden einschließlich Zöllen und Agrarabgaben von der Bundesrepublik 20,4 Mrd. € abgeführt, davon 13,8 Mrd. € BruttonationaleinkommenEigenmitttel und 3,5 Mrd. € Mehrwertsteuer-Eigenmitttel. Die Eigenmittel der EG 2004 belaufen sich auf rund 100 Mrd. €, davon 14,5 Mrd. € Mehrwertsteuer- und 73,5 Mrd. € Bruttonationaleinkommen-Eigenmittel. Zum Vergleich : das geschätzte Umsatzsteueraufkomm en 2004 in d er Bundesrepublik beträgt 138 Mrd. €, vgl. BMF, Finan zbericht 2005, S. 81, 198, 284.

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REiß, Zukunft der Umsatzsteuer Deutschlands in Europa

gemeinschaftsweite europäische einheitliche Umsatzbesteuerung aufgrund europäischen Gesetzes mit anschließender Verteilung des Aufkommens unter den Mitgliedstaaten nach dem Vorbild eines föderalen Staates sieht weder der EG-Vertrag noch der Entwurf einer Verfassung für Europa vor. 2.4

Keine Erweiterung der Harmonisierungsbefugnisse aufgrund der Finanzverfassung

Dieser notwendigerweise kursorische Ausflug in die finanzverfassungsrechtlichen Grundlagen der Gemeinschaft zeigt jedenfalls deutlich, dass sich daraus keine Harmonisierungsbefugnisse für die Umsatzbesteuerung in der Gemeinschaft ableiten lassen. Auch die detaillierten Bestimmungen der 6. EG-Richtlinie, namentlich zur Harmonisierung der Bemessungsgrundlage, lassen sich - wenn überhaupt - nur auf den Harmonisierungsauftrag des Art. 93 EG stützen. 3.

Steuersouveränität und Grundfreiheiten

Unbeschadet der ausdrücklich der Gemeinschaft eingeräumten Harmonisierungskompetenz in Art. 93 EG liegt die Gesetzgebungskompetenz auch für die Umsatzsteuer grundsätzlich weiter bei den Mitgliedstaaten. Insoweit gilt für die Umsatzbesteuerung nichts anderes als für die übrigen Steuern, etwa die Einkommen- oder Körperschaftsteuer. Nach dem EG-Vertrag und auch nach dem Entwurf einer Verfassung bleibt die Steuersouveränität der Mitgliedstaaten erhalten und wird nicht durch eine Steuergesetzgebungskompetenz der Gemeinschaft ersetzt. 3.1

Bindung des nationalen Umsatzsteuergesetzgebers an die Grundfreiheiten

Für den Bereich der direkten Steuern, namentlich der Einkommenund Körperschaftsteuer, erfahren die Mitgliedstaaten allerdings inzwischen teilweise schmerzlich, dass- um mit den Worten des EuGH zu sprechen - "die direkten Steuern zwar in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fallen, dass diese ihre Befugnisse jedoch unter Wahrung

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des Gemeinschaftsrechts ausüben müssen"13. Dazu gehört namentlich die Beachtung der Grundfreiheiten im Binnenmarkt. Nicht anders verhält es sich aber bei den indirekten Steuern und auch bei der Umsatzsteuer. Hier nun scheint sich die Frage der Beachtung der Grundfreiheiten allerdings dann nicht zu stellen, wenn das nationale Umsatzsteuergesetz lediglich auf Art. 93 EGgestützte Richtlinienbestimmungen umsetzt. Aber dies ist ein Irrtum. Der nationale Umsatzsteuergesetzgeber ist auch bei der Umsetzung sekundären Gemeinschaftsrechtes an das primäre Gemeinschaftsrecht gebunden. Ein Verstoß des sekundären Gemeinschaftsrechtes gegen primäres Gemeinschaftsrecht lässt seine Verantwortlichkeit nicht entfallen. 3.2

Bindung des Gemeinschaftsgesetzgebers an die Grundfreiheiten

Die Bindung an die Grundfreiheiten besteht gleichermaßen für den Gemeinschaftsgesetzgeber, mag er nun im Wege der unmittelbar wirkenden Verordnung oder nur im Wege der an die Mitgliedstaaten gerichteten Richtlinie tätig werden. Bei der Richtliniengesetzgebung wird freilich - sofern nicht der Mitgliedstaat Klage erhebt, im Vorlageverfahren des Gerichtes- regelmäßig nicht die Frage im Vordergrund stehen, ob die Richtlinienbestimmung mit den Grundfreiheiten vereinbar ist, sondern ob das umsetzende nationale Gesetz den Grundfreiheiten widerspricht. Mittelbar wird dann aber die Richtlinienbestimmung zur Prüfung auf ihre Vereinbarkeit mit dem primären Vertragsrecht gestellt.

4.

Subsidiaritätsprinzip des Art. 5 EG

Nach Art. 5 Abs. 2 EG wird die Gemeinschaft in Bereichen, die nicht in ihre ausschließliche Zuständigkeit fallen, nach dem Subsidiaritätsprinzip nur tätig, sofern und soweit die Ziele auf der Ebene der Mit13 So zuletzt EuGH, Urt. v. 7.9.2004- Rs. C-319/ 02- Manninen, EuGHE 2004, I7477; vgl. auch EuGH, Urt. v. 11.8.1995 - Rs. C-80/94 - Wielockx, EuGHE 1995, I-2493; EuGH, Urt. v. 16.7.1998- Rs. C-264/ 96- ICI, EuGHE 1998, I-4695; EuGH, Urt. v. 29.4.1999- Rs. C-311/ 97 - Royal Bank of Scotland, EuGHE 1999, I-2651.

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gliedstaaten nicht ausreichend erreicht werden können. Das Subsidiaritätsprinzip ist in Art. I - 9 Abs. 3 des Entwurfes eines Verfassungsvertrages verankert. Das Protokoll zum Entwurf geht ausdrücklich davon aus, dass der EuCH auf Klage eines Mitgliedstaates zuständig ist, die Einhaltung der Subsidiaritätsklausel zu überwachen. Nichts anderes gilt aber auch bereits für den EG-Vertrag. Für die Umsatzsteuergesetzgebung besteht weder eine ausschließliche noch auch nur eine geteilte Zuständigkeit der Gemeinschaft. Die in Art. 93 EG eingeräumte Harmonisierungskompetenz besteht nur insoweit, als sie zur Gewährleistung der Funktion des Binnenmarktes notwendig ist. Wie sich aus Art. 14 Abs. 2 EG ergibt, besteht die Sinnenmarktkonzeption darin, dass innerhalb des räumlichen Bereiches des Binnenmarktes die Grundfreiheiten zu gewährleisten sind. Mehr lässt sich inhaltlich aus Art. 14 EG und aus Art. 93 EG nicht herleiten. Die Harmonisierungskompetenz bezüglich der Umsatzsteuer beschränkt sich mithin darauf, dass per Gemeinschaftsgesetzgebung zu gewährleisten ist, dass die Grundfreiheiten auch bei der Umsatzbesteuerung gewahrt werden. Materiell besteht mithin keinerlei Unterschied hinsichtlich der Kompetenzen der Gemeinschaft bezüglich einer Gesetzgebung auf dem Gebiet der Umsatzbesteuerung und der direkten Steuern der Mitgliedstaaten. In beiden Fällen darf und muss sie tätig werden, wenn durch eine Gesetzgebung auf der Ebene der Mitgliedstaaten die Gewährung der Grundfreiheiten nicht gesichert werden kann. Im Falle der Umsatzbesteuerung kann sie sich dabei auf Art. 93 EG stützen, im Falle der direkten Besteuerung auf Art. 94 EG. Die Verfahren sind gleich. Es bedarf einstimmiger Beschlüsse des Rates. Das Verfahren des Art. 95 EG gilt gerade nicht für Bestimmungen über die Steuern. Auch bei der Harmonisierung der Umsatzsteuern gilt uneingeschränkt das Subsidiaritätsprinzip. Dies wird in Art. 93 EG sogar besonders betont. Nur soweit die Harmonisierung zur Gewährleistung der Grundfreiheiten im Binnenmarkt notwendig ist, darf die Gemeinschaft tätig werden. Allerdings zeigt Art. 93 EG, dass schon der EG-Vertrag davon ausgeht, dass im Bereich der Umsatzbesteuerung durch die Mitgliedstaaten - anders als bei den direkten Steuern - von Anbeginn an klar ist, dass ohne ein gewisses Maß an Harmonisierung auf europäischer Ebene das Funktionieren des Binnenmarktes nicht zu gewährleisten ist. Das ändert aber nichts daran, dass es im Übrigen auch im Bereich der Umsatzbesteuerung dabei bleibt, dass es primär in die Zuständig-

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keit der Mitgliedstaaten fällt, ihr Umsatzsteuerrecht auch unter Beachtung der Grundfreiheiten des EG-Vertrages auszugestalten.

III. Vom Harmonisierungsauftrag nicht gedeckte Einschränkungen durch das Richtlinienrecht 1.

Neutralitätsprinzip und materielle Besteuerung nach dem Ursprungslandprinzip - die falsche Weichenstellung

Zweifellos vom Harmonisierungsauftrag gedeckt sind Regelungen, durch die die Besteuerungsrechte sowohl der Mitgliedstaaten untereinander als auch im Verhältnis zu Drittstaaten auf dem Gebiet der Umsatzbesteuerung einheitlich geregelt werden. Weder Doppelbesteuerungen noch eine Nichtbesteuerung sind in einem Binnenmarkt akzeptabel, in dem für Unternehmen gleiche Wettbewerbsbedingungen herrschen müssen. Eine gemeinschaftsweit einheitliche Regelung ist zwar eine notwendige Bedingung, aber sie ist nicht hinreichend. Die einheitliche Regelung muss auch inhaltlich so ausgestaltet sein, dass sie ihrerseits nicht zu Wettbewerbsverfälschungen führt. Bei einer Steuer, die inhaltlich den Erwerb von Gütern und Dienstleistungen nur durch Endverbraucher belasten soll, muss auch die Zuweisung der Besteuerungsrechte im Grundsatz so erfolgen, dass dem Mitgliedstaat, in dem der Verbrauch stattfindet, die endgültige Besteuerungskompetenz zugewiesen wird. Dies stößt, wie wir alle wissen, auf unüberbrückbare Hindernisse bei einer Besteuerung, die aus guten Gründen bereits an die Erbringung der Leistung durch den Unternehmer anknüpft. Dann muss aber eine Regelung über die Verteilung der Besteuerungskompetenz zwischen den Mitgliedstaaten jedenfalls so sein, dass sie dem präsumtiven Ort des Verbrauches möglichst nahe kommt. Der erkennbar am wenigsten geeignete Anknüpfungspunkt für eine Verteilung der Besteuerungskompetenz nach Maßgabe des präsumtiven Verbrauchsortes ist der Sitzort des die Leistung erbringenden Unternehmers. Eine Besteuerung nach dem Ursprungs- oder Herkunftsland ist daher international auch völlig inakzeptabel, wie nicht zuletzt die Gemeinschaft etwa im Rahmen der OECD betont.

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Sie ist auch in einem Binnenmarkt mit Fortbestehen der Steuersouveränität der Mitgliedstaaten unter Beachtung der Grundfreiheiten und des Gebotes einer wettbewerbsneutralen Besteuerung inakzeptabel. Alle Versuche der Kommission zur Einführung eines angeblich vom Binnenmarkt verlangten Überganges zu einer materiellen Besteuerung nach dem Herkunftslandprinzip14 sind nicht an der Halsstarrigkeit der Mitgliedstaaten gescheitert, sondern am unzutreffenden Ausgangspunkt der Kommission. Das grundsätzliche Festhalten der Binnenmarktrichtlinie an einer Besteuerung nach dem Bestimmungslandprinzip ist auch und gerade im Binnenmarkt richtig, solange die Union kein föderaler Bundesstaat ist. Freilich bedarf es dringend der Verbesserung der sogen annten Übergangslösung. Dies räumt inzwischen auch die Kommission ein. Im materiellen Recht sind die Lösungen nicht in einer Hinwendung zum Herkunftslandprinzip zu suchen, sondern im Gegenteil in einer konsequenten Anknüpfung an das Bestimmungslandprinzip. Damit völlig unvereinbar ist die allgemeine Ortsregelung für sonstige Leistungen nach Art. 9 Abs. 1 d er 6. EG-Richtlinie mit ihrer Anknüpfung an den Sitz des leistenden Unternehmers. Der nunmehrige Vorschlag der Kommission15, zumindest für Leistungen an Steuerpflichtige den Sitzort des Leistungsempfängers als maßgeblich zu erachten, geht daher in die richtige Richtung. Auch für Leistungen an Nichtsteuerpflichtige ist die Ortsregelung des Art. 9 Abs. 1 der 6. EG-Richtlinie nicht zu halten . Anders als bei Leistungen an Steuerpflichtige können hier freilich die administrativen Problem e der Steu ererhebung in d em für d en Steuerpflichtigen fremden Bestimmungsland nicht durch eine Umkehrung der Steuerschuldnerschaft gelöst werden. Diesen berechtigten Belangen der Leichtigkeit der Steuererhebung für den Steuerpflichtigen und der Verifikationsmöglichkeiten für d en Fiskus ist aber n icht durch eine verfehlte m aterielle Besteuerung nach d em Herkunftslandprinzip Rechnung zu tragen. Dem Binnenmarktkonzept angemessen ist vielmehr, dass jedem in der Gemeinschaft ansässigen Steuerpflichtigen ermöglicht w ird, seine

14 Vgl. dazu Mitteilungen d er Kommission v . 7.6.2000, KOM (2000) 348 endg. m it Nachweisen . 15 Vorschlag für eine Ortsregelun g v . 23.12.2003, KOM (2003) 822 endg.

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Deklarations-und Zahlungspflichten gegenüber jedem Mitgliedstaat in seinem Heimatland zu erfüllen. Das Binnenmarktkonzept verlangt und gestattet keine Besteuerung nach dem Herkunftslandprinzip. Es verlangt aber unter dem Aspekt faktischer Behinderung der Grundfreiheiten, dass jeder Mitgliedstaat dem in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Steuerpflichtigen ermöglicht, seinen steuerlichen Verpflichtungen gegenüber dem Bestimmungsland in seinem Herkunftsland und in seiner Sprache nachzukommen.

2.

Vereinheitlichung der ermäßigten Steuersätze, des allgemeinen Steuersatzes oder jedenfalls der Mindeststeuersätze

Nach gegenwärtigem Richtlinienrecht wird den Mitgliedstaaten vorgeschrieben, für welche Kategorien von Leistungen sie ermäßigte Steuersätze einführen können. Wegen vieler von den Mitgliedstaaten im Zusammenhang mit dem Beitritt ausgehandelter Ausnahmeregelungen ist allerdings bisher keine vollständige Harmonisierung gelungen. Die Kommission strebt aber eine vollständige Harmonisierung an. Bezüglich der Höhe des Steuersatzes sind die Bemühungen der Kommission auf Festlegung einheitlicher Steuersätze bisher am erbitterten Widerstand der Mitgliedstaaten gescheitert. Allerdings hat man sich auf die Festlegung von Mindeststeuersätzen geeinigt. Wer im Binnenmarkt nach dem Herkunftslandprinzip besteuern will, braucht freilich auch einheitliche Steuersätze. Denn andernfalls besteht für die Unternehmen gerade keine Wettbewerbsneutralität Das insoweit berechtigte Verlangen nach einheitlichen Steuersätzen zeigt im Übrigen, dass es gar nicht um eine Besteuerung nach dem Herkunftslandprinzip geht, sondern um eine gemeinschaftsweit materiell einheitliche Besteuerung. Eine konsequente Orientierung am Bestimmungslandprinzip gewährleistet Wettbewerbsneutralität auch bei unterschiedlichen Steuersätzen. Eine Einschränkung der Steuersouveränität der Mitgliedstaaten und damit der nationalen Parlamente ist weder erforderlich noch notwendig. Es bedarf auch keiner den Mitgliedstaaten vorgeschriebenen Mindeststeuersätze.

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3.

Vereinheitlichung der Befreiungen und Vorsteuerausschluss

3.1

Differenzierung nach der Art der Befreiung: Umsätze innerhalb der Unternehmerkette oder an Endverbraucher

Den Mitgliedstaaten wird durch die europäische Richtliniengesetzgebung detailliert vorgeschrieben, welche Leistungen sie ausnahmsweise befreien dürfen, dann aber auch müssen. Die Rechtsprechung des EuGH in diesem Bereich tendiert erkennbar dahin, etwaige nach dem Wortlaut der 6. EG-Richtlinie bestehende Ermessensspielräume sehr eng auszulegen, um es vorsichtig zu formulieren. Wegen der ohnehin mit einem Mehrwertsteuersystem unvereinbaren Verknüpfung von Steuerbefreiung und Vorsteuerausschluss ist diese Harmonisierung allerdings notwendig, soweit es sich um Umsätze innerhalb der Unternehmenskette handelt. Denn hier wird das alte Bruttoumsatzsteuersystem fortgeführt. Die Entlastung bei grenzüberschreitenden Umsätzen gelingt dann nicht hinsichtlich der auf den Vorstufenumsätzen wegen der Befreiung nicht abziehbaren Vorsteuer. Hier sollen nun wenigstens die Unternehmer aller Mitgliedstaaten gleich falsch behandelt werden und soll insoweit Wettbewerbsneutralität durch falsche Besteuerung hergestellt werden. Weder die Wettbewerbsneutralität für die Unternehmer im Binnenmarkt noch die Beachtung der Grundfreiheiten im Binnenmarkt verlangt jedoch, dem nationalen Gesetzgeber vorzuschreiben, ob und welche Umsätze an Endverbraucher er aus Gründen des Gemeinwohls befreien will oder nicht. Jedenfalls für Leistungen, die typischerweise nur an Endverbraucher erbracht werden, wie sie etwa im Katalog des Art. 13 Teil A der 6. EG-Richtlinie enthalten sind, bedarf es keiner europaweit einheitlichen Regelung. 3.2

Problematik des Vorsteuerabzugs bei grenzüberschreitenden Leistungen mit Vorsteuerausschluss

Sowohl nach nationalem Recht als auch nach Art. 17 der 6. EG-Richtlinie ist der Vorsteuerabzug ausgeschlossen, wenn der Unternehmer im Ausland eine Leistung erbringt, die im Inland steuerbefreit mit Vorsteuerausschluss wäre. Dies gilt auch im Verhältnis zu Mitgliedstaaten.

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Die Regelung ist jedenfalls im Binnenmarkt evident sachwidrig und verstößt gegen die aktive und passive Dienstleistungsfreiheit Wird dem Dienstleistungserbringer in seinem Herkunftsland der Vorsteuerabzug für eine Leistung verweigert, die im Bestimmungsland ausgeführt und dort auch besteuert wird, so wird er erkennbar gegenüber einem Dienstleistungserbringer aus dem Bestimmungsland benachteiligt, der dort seine Vorsteuern abziehen kann. Der BFH16 hat daher in der Sache zutreffend entschieden, dass in Deutschland nicht der Vorsteuerabzug aus einer Vorleistung versagt werden darf, die zur Ausführung einer in einem anderen Mitgliedstaat steuerpflichtigen Grundstücksvermietung dient. Die Ausführungen zur fiktiven Optionsmöglichkeit tragen die Entscheidung allerdings nicht. Weder erklären sie, weshalb der BFH richtigerweise verlangt, dass der Ausgangsumsatz im Bestimmungsland tatsächlich besteuert wird, noch hätte die Entscheidung anders ausfallen dürfen, wenn Deutschland keine Optionsmöglichkeit für Grundstücksvermietungen eingeräumt hätte. Hier hätte der BFH dem EuCH durch Vorlage Gelegenheit geben müssen, die Regelung des Art. 17 Abs. 2 i.V.m. Abs. 3 Buchst. a der 6. EG-Richtlinie auf ihre Vereinbarkeit mit der Dienstleistungsfreiheit zu untersuchen.l7

4.

Behandlung des privaten Endverbrauches von Unternehmern

Werden dem Unternehmen zugeordnete Grundstückteile privat genutzt, so schloss Deutschland bisher den Vorsteuerabzug für den privat genutzten Grundstücksteil aus. Diese Behandlung führte zu einer Gleichbehandlung aller Endverbraucher hinsichtlich einer Grundstücksnutzung. Der EuCH hat diese Behandlung gleichwohl für unvereinbar mit dem Gemeinschaftsrecht erklärt. Deutschland habe den Vorsteuerabzug zu gewähren und müsse zum Ausgleich dafür die private Nutzung als steuerpflichtig behandeln. Auf den Einwand, dies könne zu einem unbesteuerten Endverbrauch führen, hat der EuCH

16 BFH, Urt. v. 6.5.2004- V R 73/00, BStBl. II 2004, 856 =UR 2004, 628. 17 Vgl. nunmehr EuGH, Urt. v. 7.12.2006- Rs. C-240/05- Eurodentat UR 2007, 98 - mit der evident sachwidrigen und die Dienstleistungsfreiheit verletzenden Entscheidung des EuGH, wonach bei einer innergemeinschaftlich befreiten Lieferung der Vorsteuerabzug ausgeschossen ist, obwohl im Bestimmungsland ein steuerpflichtiger Erwerb vorliegt.

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geantwortet, dies sei notfalls hinzunehmen, weil der Gemeinschaftsgesetzgeber bewusst so entschieden habe.l8 Hier ist nicht der Ort, sich mit den Meriten dieser Entscheidung unter dem Gesichtspunkt einer zutreffenden Auslegung der 6. EG-Richtlinie auseinanderzusetzen. Aber zwei Fragen ergeben sich schon im Zusammenhang mit der Harmonisierungskompetenz des Art. 93 EG: 1. Welche Notwendigkeit besteht unter dem Aspekt des Funktionierens des Binnenmarktes dafür, einem Mitgliedstaat eine nach seinem Verfassungsrecht gebotene Gleichbehandlung von Steuerpflichtigen hinsichtlich einer nicht Unternehmerischen Endnutzung zu verwehren?

2. Ist der Gemeinschaftsgesetzgeber bei der Harmonisierung der Umsatzsteuer der Mitgliedstaaten nicht an den auch europarechtlich anerkannten Gleichheitsgrundsatz gebunden? Folgt man dem Entwurf für eine Verfassung, so bekennt sich die Union zu den nunmehr in der Charta festgelegten Grundrechten (Art. I - 7 des Entwurfes eines Verfassungsvertrages) . In Art. II - 20 des Entwurfes eines Verfassungsvertrages heißt es dazu schlicht: Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. Offenbar gilt dies nach Auffassung des EuGH nicht für die Steuerbelastung von Unternehmern und Nichtunternehmern, auch wenn sie gleichermaßen Aufwendungen als Endverbraucher tätigen.

IV. Sicherung des Umsatzsteueraufkommens im Lichte der europarechtlichen Vorgaben 1.

Primäre Zuständigkeit des nationalen Gesetzgebers

Ungeachtet der Harmonisierung handelt es sich bei den Umsatzsteuern der Mitgliedstaaten ausschließlich um deren nationale Steuern. Nach den EG-vertraglichen Grundlagen steht ihnen auch jeweils das Aufkommen daraus allein zu. Weder die Gemeinschaft noch die jeweils anderen Mitgliedstaaten partizipieren in irgendeiner Weise daran. Von daher versteht es sich von selbst, dass es ureigenste Aufgabe des jeweiligen Mitgliedstaates ist, die notwendigen Maßnahmen zur 18

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EuGH, Urt. v. 8.5 .2003- Rs. C-269/00- Seeling, EuGHE 2003, I-4101 = BStBl. II 2004, 378 =UR 2003, 288- Rz 54.

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Sicherung seines Umsatzsteueraufkommens zu treffen. Allerdings hat auch dies unter Beachtung der Grundfreiheiten im Binnenmarkt zu geschehen. Umgekehrt hat die Gemeinschaftsgesetzgebung auf dem Gebiet der Steuern, soweit sie für das Funktionieren des Binnenmarktes notwendig ist, auf die berechtigten Belange der Aufkommenssicherung Rücksicht zu nehmen.

2.

Vereinbarkeil der Haftungsvorschriften der§§ 13c, 13d und 25d UStG mit den Richtlinienvorgaben - strafrechtliche Bekämpfung des Umsatzsteuerkarussellbetruges

Auf erhebliche Umsatzsteuerausfälle durch den sogenannten Umsatzsteuerkarussellbetrug, aber auch durch Uneinbringlichkeit infolge von Insolvenzen, hat der deutsche Gesetzgeber in jüngerer Zeit sowohl durch neue Haftungsvorschriften als auch mit einer erheblichen Verschärfung von Strafvorschriften reagiert. Zu nennen sind namentlich die Haftung nach § 13c UStG des Zessionars bei Abtretung von Forderungen, die Haftung des Lieferers nach§ 13d UStG bei Uneinbringlichkeit des Vorsteuerrückforderungsanspruches aus§ 17 UStG und die Haftung nach§ 25d UStG des Leistungsempfängers für eine nicht entrichtete Umsatzsteuerschuld aus einem vorangegangenen Umsatz. Hier kann auf Einzelheiten nicht eingegangen werden. Auch wenn die Kommission die Einführung einer Haftung entsprechend § 25d UStG in ihrem Bericht zur Bekämpfung des Umsatzsteuerbetruges ausdrücklich lobt, soll aber doch die Frage jedenfalls angesprochen werden, ob die Haftungsvorschriften kompatibel sind mit dem harmonisierten Umsatzsteuersystem, wie es durch die Richtlinien festgelegt wurde. Dies ist sowohl für § 25d UStG als auch für § 13d UStG klar zu verneinen. Beide Vorschriften habenunstrittig zum Hintergrund, dass ein bewusstes Zusammenwirken zur Schädigung des Umsatzsteueraufkommens durch die Haftung des daran als Mittäter Mitwirkenden kompensiert werden soll. Daran ist an sich nichts auszusetzen. Die Haftung ergibt sich hier bereits aus der Haftung des Teilnehmers an einer Steuerhinterziehung. Diese Vorschrift wird jedoch wegen der erkennbaren Beweisschwierigkeiten nicht als ausreichend betrachtet. Daher verzichtet § 13d UStG schlicht auf jegliches Merkmal, das auch nur auf ein betrügerisches Zusammenwirken hindeuten könnte. Der

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REiß, Zukunft der Umsatzsteuer Deutschlands in Europa Leasinggeber als Lieferant wird schlicht dafür haftbar gemacht, dass sein Abnehmer sich als insolvent erweist, den Vorsteuerrückforderungsanspruch aus einer Vorsteuerberichtigung zu erfüllen. Dies torpediert das Mehrwertsteuersystem der Gemeinschaft im Kern. Der leistende Unternehmer darf nur Steuer schulden, wenn er für seine Leistung ein Entgelt erhält. Ist dies nicht der Fall, so ist ihm zwingend eine etwaige bereits entrichtete Steuer zu erstatten. Ob und inwieweit sein Abnehmer in der Lage und willens ist, eine ihm im Ergebnis nicht zustehende Vorsteuervergütung zurückzuzahlen, geht den Lieferanten nichts an. Dieses Risiko darf er auch nicht tragen.l9 § 13d UStG ist nichts anderes als ein Taschenspielertrick. Dem Lieferanten wird entgegen Art. 11 Teil C Abs.l der 6. EG-Richtlinie tatsächlich die Berichtigung seiner Steuer verweigert. Um diesen Verstoß nicht offenkundig zu machen, wird dies als Haftung für die Nichterfüllung des Vorsteuerrückforderungsanspruches maskiert. Umgekehrt verhält es sich bei § 25d UStG. Hier wird via Haftung für die uneinbringliche Ausgangsschuld dem Leistungsempfänger materiell der Vorsteuerabzug versagt. Der Weg der Haftung wird beschritten, weil man sich durch die Richtliniengesetzgebung daran gehindert sieht, den Vorsteuerabzug zu versagen.20 Für § 13d UStG und § 25d UStG gilt, was § 42 AO für Steuerpflichtige bei missbräuchlicher Gestaltung anordnet. Durch einen Missbrauch von gesetzgeberischen Gestaltungsmöglichkeiten kann die Bindung des deutschen Gesetzgebers an die europäischen Richtlinien nicht umgangen werden.

19 Vgl. insoweit EuGH, Urt. v. 12.1.2006 - Rs. C-354/03, 355/03 und 484/03 Optigen u.a., EuGHE 2006, I-483 = UR 2006, 157- zur Bedeutung der Kenntnis oder des Kennenmüssens von einem "Umsatzsteuerbetrug"; ebenso EuGH, Urt. v. 6.7.2006 - Rs. C-439/04 und C-440/04 - Kittel und Recolta, EuGHE 2006, I-6161 = UR 2006, 594 m. Anm. Wäger . 20 Vgl. aber EuGH, Urt. v. 11.5.2006- Rs. C-384/04- Federation of Technological Industries, EuGHE 2006, I-4191 =UR 2006, 410- zu einer dem§ 25d UStG vergleichbaren Haftungsvorschrift des britischen VA T Act 1994, die im Ergebnis vom EuGH nicht beanstandet wurde. Zu beachten ist freilich, dass diese Vorschrift hinsichtlich des Anwendungsbereichs enger als § 25d UStG ist - nur für bestimmte Sektoren geltend - und auch nicht lediglich einfache Fahrlässigkeit genügen lässt, sondern positive Kenntnis oder hinreichende Verdachtsgründe für eine Nichtzahlung der Umsatzsteuer für eine vorhergehende Lieferung verlangt.

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Die Haftung des Zessionars nach § 13c UStG verstößt jedenfalls nicht offenkundig gegen Richtlinienvorgaben. Auch unter diesem Gesichtspunkt fragwürdig ist freilich, weshalb die Haftung nur dann eingreift, wenn der Zessionar ein umsatzsteuerlicher Unternehmer ist. Die eigentlichen Probleme des § 13c UStG liegen woanders. In der Sache nutzt der Fiskus via Steuergesetzgebung das Absonderungsrecht des Zessionars gegenüber den nicht bevorrechtigten Insolvenzgläubigern aus und enteignet hinsichtlich des rechnerischen Umsatzsteueranteils den Sicherungsgläubiger, indem er ihn haftbar macht. Man kann nur hoffen, dass dies auch mit dem Justiz- und dem Wirtschaftsminister vorher beraten wurde. Die besorgniserregenden Umsatzsteuerausfälle durch betrügerische Manipulationen haben Anlass zur Einführung des Verbrechenstatbestandes des§ 370a AO und des Vergehenstatbestandes des§ 26c UStG gegeben. Unter dem Aspekt der Buropatauglichkeit ist gegen beide Strafbestimmungen nichts einzuwenden, desto mehr aber in verfassungsrechtlicher Sicht. § 370a AO wird zutreffend von einem Strafsenat des BGH wegen Verstoßes gegen das Bestimmtheitsgebot für verfassungswidrig gehalten.21 Nichts Anderes gilt im Ergebnis für § 26c UStG. Legt man den Begriff der gewerbsmäßigen oder bandenmäßigen Nichtentrichtung der Umsatzsteuer im Sinne der bisherigen Rechtsprechung zu§ 373 AO aus, so ist die Norm zwar bestimmt genug, verstößt dann aber gegen das Schuldprinzip. Eine insoweit verfassungskonforme teleologische Einschränkung der Begriffe "gewerbsmäßig" oder "bandenmäßig" führt zur Verfassungswidrigkeit wegen Unbestimmtheit.22

3.

Änderungen im System der Umsatzbesteuerung

3.1

Umkehrung der Steuerschuldnerschaft und Vorstufenbefreiung

Weder die Umsatzsteuerhinterziehung noch die Nichtbeitreibbarkeit von Umsatzsteuer sind neue Phänomene. Die Einführung des Mehrwertsteuersystems mit Vorsteuerabzug anstelle einer einstufigen Steuer auf der Einzelhandelsstufe oder einer vorgelagerten Stufe erfolgte geradezu deshalb, um schon vom System her durch die sogenannte 21 BGH, Beschl. v. 22.7.2004- 5 StR 85/04, DStR 2004, 1604 = wistra 2004, 22. 22 Reiß, Stbg 2004, 112.

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Fraktionierung den Ausfall durch Steuerhinterziehung zu begrenzen. Dieses Ziel wird cum grano salis auch erreicht. Freilich eröffnet nunmehr der Vorsteuerabzug andere Missbrauchsmöglichkeiten. Nicht nur, aber besonders auch in Deutschland, werden deshalb zutreffend Überlegungen angestellt, ob und wie durch eine Systemänderung diesen Missbrauchsmöglichkeiten begegnet werden kann. Es entbehrt allerdings nicht einer gewissen Pikanterie, dass als Allheilmittel Instrumente vorgeschlagen werden, die der grenzüberschreitenden Binnenmarktbesteuerung entnommen werden, die ansonsten eher für die Zunahme von Unterschleifen bei der Umsatzbesteuerung verantwortlich gemacht wird. Die beiden wesentlichen Vorschläge zur Systemänderung bestehen in der Einführung einer Umkehrung der Steuerschuldnerschaft einerseits oder einer Vorstufenbefreiung andererseits. Beide Vorschläge verlangen, dass generell zwischen Leistungen an Unternehmer und Leistungen an Endverbraucher unterschieden wird. Dies soll ermöglicht werden durch Rückgriff auf eine dem Unternehmerischen Abnehmer erteilte Identifikationsnummer. Als Vorbild dient erkennbar die im Zusammenhang mit dem Binnenmarktkonzept eingeführte Identifikationsnummer. Bei hier nicht weiter interessierenden Unterschieden im Detail ist beiden Vorschlägen zu bescheinigen, dass sie uneingeschränkt geeignet sind, sowohl Missbräuchen als auch Steuerausfällen wegen Zahlungsunfähigkeit im Zusammenhang mit dem Vorsteuerabzug zu begegnen. Im Kern wird nämlich der Vorsteuerabzug abgeschafft, weil entweder Leistungen zwischen Unternehmern schon befreit sind - Vorstufenbefreiung- oder weil der Vorsteuerabzug in derselben Person dadurch neutralisiert wird, dass diese auch die Steuer schuldet - Umkehrung der Steuerschuldnerschaft Zu den Vor- und Nachteilen ist hier nicht weiter Stellung zu nehmen. Zu fragen ist allerdings, ob eine solche Systemumstellung von einem Mitgliedstaat im Alleingang vorgenommen werden dürfte. Bezogen auf die Richtlinienregelung ist die Antwort klar verneinend. Dort ist weder eine allgemeine Umkehrung der Steuerschuldnerschaft vorgesehen noch sind allgemein Vorstufenbefreiungen für Leistungen zwischen Unternehmern erlaubt. Allerdings ist festzustellen, dass für bestimmte Sektoren den Mitgliedstaaten sowohl Ausnahmegenehmigungen für eine Umkehrung der Steuerschuldnerschaft - so etwa Deutsch-

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land in den Fällen des § 13b Nr. 2 bis 5 UStG - als auch für Vorstufenbefreiungenerteilt wurden. Da beide Konzepte weder die Wettbewerbsneutralität der Umsatzbesteuerung im Binnenmarkt noch die Grundfreiheiten beeinträchtigen, sollte den Mitgliedstaaten freistehen, ob und inwieweit sie solche Konzepte umsetzen wollen oder nicht. Sie haben dann freilich zu gewährleisten, dass dann auch keine Differenzierungen danach erfolgen, ob Leistender oder Leistungsempfänger im Inland ansässig sind oder nicht. 3.2

Besteuerung und Vorsteuerabzug nach Maßgabe der Entgeltsentrichtung

Eine allgemeine Umstellung bei der Besteuerung und beim Vorsteuerabzug vom Soll zum Ist wäre zweifellos geeignet, Zahlungsausfällen durch Uneinbringlichkeit von Vorsteuerrückforderungsansprüchen zu begegnen. Solch zweifelhafter Vorschriften wie§ 13d UStG bedürfte es dann schon systembedingt nicht mehr. Trotz der hier ausnahmsweise großzügigen Rechtsprechung des EuGH würde eine einseitige allgemeine Umstellung entgegen anders lautenden Äußerungen in der Literatur23 gegen Art. 10 und 17 der 6. EG-Richtlinie verstoßen. Auch hier verlangt allerdings das Binnenmarktkonzept keine einheitliche Regelung, so dass den Mitgliedstaaten freistehen sollte, welche Regelung sie vorsehen. 4.

Kontrollverfahren

Nicht anders als jede Steuererhebung bedarf die Umsatzbesteuerung der Kontrolle. Das System einer Allphasensteuer mit Entlastung durch Vorsteuerabzug ist geradezu auf Kontrolle angelegt. Das Verlangen einer Rechnung als Voraussetzung des Vorsteuerabzugs basiert darauf, auch kontrollieren zu können, ob der Entlastung durch den Vorsteuerabzug auch eine Belastung mit einer Umsatzsteuerschuld beim Leistenden entspricht. 4.1

National- Einführung eines sogenanntencrosscheck

Von daher gesehen ist überhaupt nichts dagegen einzuwenden, dass die Geltendmachung des Vorsteuerabzugs eine Kontrolle auslösen kann, ob 23

Stadie, UR 2004, 136; vgl. auch Widmann, UR 2004, 177.

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dem auch eine Besteuerung beim Rechnungsaussteller entspricht. Herkömmlicherweise erledigte man dies durch Kontrollmitteilungen. Neudeutsch kann man ein solches Verfahren auchcrosscheck nennen. In der Finanzverwaltung werden nun, inspiriert durch das Kontrollsystem des innergemeinschaftlichen Handels, Überlegungen zur Einführung eines cross check angestellt, der auf Datenübermittlung des Umsatzsteuerschuldners und des Vorsteuerabzugsberechtigten beruht.24 Der insoweit wohl hergestellte Zusammenhang mit einem Übergang zur Ist-Besteuerung ist mir nicht ganz verständlich. Das zu lösende Kontrollproblem besteht sowohl bei einer Ist- wie bei einer Soll-Besteuerung. Die Einführung eines cross-check-Verfahrens in Deutschland wirft keine Probleme eines binnenmarktkonformen Besteuerungsverfahrens auf. Die Kompetenz zu seiner Einführung liegt allein bei Deutschland. Auf einem anderen Blatt steht freilich, ob und inwieweit die Finanzverwaltung überhaupt in der Lage ist, die Datenmenge zu bewältigen, und ob der den Unternehmen abverlangte Aufwand im angemessenen Verhältnis zum angestrebten Erfolg steht. 4.2

Grenzüberschreitende Auskünfte und Amtshilfe in Europa

Für den innergemeinschaftlichen Warenverkehr hat spätestens der Wegfall der Grenzkontrollen seit 1993 deutlich gemacht, dass es einer gegenseitigen Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten bedarf, um das Steueraufkommen für die Mitgliedstaaten zu sichern. Allerdings scheint das Verfahren des Austausches von Informationen über innergemeinschaftliche Umsätze durch Datenabruf im anderen Mitgliedstaat nicht übermäßig erfolgreich gewesen zu sein. Die allseits beklagten Karussellbetrügereien wurden offenbar vornehmlich unter Ausnutzung von Kontrolldefiziten im innergemeinschaftlichen Handel begangen, obgleich das Schema ebenso im rein innerstaatlichen Handel anwendbar wäre. Aber dort waren offenbar die Kontrollen effizienter. Nur vor dem Hintergrund der verfehlten Vorstellung eines baldigen Überganges zur Besteuerung im Herkunftsland ist im Übrigen zu erklären, dass keinerlei Vorkehrungen getroffen wurden, um die Besteuerung bei Versendungskäufen im Bestimmungsland durch eine

24 Vgl. BMF, Sehr. v. 12.11.2003- IV B 2 - S 7050-107/03, UR 2004, 16.

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Auskunftspflicht des Herkunftsstaates zu sichern. Hier verpflichtet nun endlich die Zusammenarbeitsverordnung25 aus dem Jahre 2003 den Herkunftsmitgliedstaat zum Informationsaustausch ohne vorheriges Ersuchen. Ganz allgemein lässt sich formulieren, dass die Besteuerung im Binnenmarkt für die Mitgliedstaaten nur gesichert werden kann, wenn ein grenzüberschreitender Informationsaustausch wie im Inland zwischen den Finanzbehörden der Mitgliedstaaten stattfinden kann und auch stattfindet. Dies betrifft nicht nur den Warenverkehr, sondern insbesondere sonstige Leistungen gerade und auch, wenn die Umkehrung der Steuerschuldnerschaft in Betracht kommt. Der von Art. 14 EG verlangte freie Verkehr von Waren und Dienstleistungen im Binnenmarkt verlangt geradezu den Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten, wenn er nicht durch eine wettbewerbswidrige Nichtbesteuerung verzerrt werden soll. Insoweit besteht auch nach Art. 93 EG die Berechtigung und die Verpflichtung der Gemeinschaft zur Harmonisierung der Vorschriften über die Zusammenarbeit auf dem Gebiete der Umsatzbesteuerung.

V.

Faktische Beschränkungen der Grundfreiheiten im Binnenmarkt und ihre gebotene Beseitigung durch das Einortprinzip

Die Rechtsprechung des EuGH zu den Grundfreiheiten, namentlich auch des Waren- und Dienstleistungsverkehrs, lässt keinen Zweifel daran, dass selbst eine formale Gleichbehandlung mit Inländern zu unzulässigen Behinderungen der Grundfreiheiten führen kann, wenn sie rein faktisch Marktzutrittsschranken errichtet. In Bayern darf man insoweit an die Rechtsprechung des EuGH zum Reinheitsgebot für Bier erinnern. Solche Marktzutrittsschranken werden errichtet, wenn dem im Mitgliedstaat nicht ansässigen Steuerpflichtigen ohne zwingende Notwendigkeiten Erklärungspflichten in einer ihm fremden Sprache auferlegt werden und er gegebenenfalls genötigt ist, dort zu erscheinen. Die Mitgliedstaaten sind daher verpflichtet, dem Steuerpflichtigen zu ermöglichen, in seinem Herkunftsland und in seiner

25

Verordnung 1798/2003/EG v. 7.10.2003.

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Sprache seinen steuerlichen Pflichten gegenüber dem Mitgliedstaat nachzukommen. Überprüfungen vor Ort können im Wege der Amtshilfe von den Behörden des Herkunftsstaates vorgenommen werden. Die Zusammenarbeitsverordnung verpflichtet nunmehr zutreffend dazu . Sie sieht auch zutreffend die Möglichkeit gleichzeitiger Prüfungen vor. Dennoch kann es, namentlich für kleinere und mittlere Unternehmen, beschwerlich sein, den steuerlichen Pflichten namentlich bei nur gelegentlichen grenzüberschreitenden Dienstleistungen gegenüber möglicherweise einer Vielzahl von Mitgliedstaaten nachkommen zu müssen. Hier liegt der richtige Kern der Idee von der Besteuerung im Herkunftsmitgliedstaat. Im Binnenmarkt muss es den Unternehmern ermöglicht werden, ihre Erklärungs- und Zahlungspflichten gegenüber allen Mitgliedstaaten in ihrem Herkunftsstaat zu erfüllen. Es entbehrt nicht der Pikanterie, dass die Gemeinschaft für elektronische Dienstleistungen ein solches Verfahren der Besteuerung an einem Ort- neudeutsch single place - für Unternehmen aus Drittstaaten zutreffend vorschreibt. Den in ihr ansässigen Unternehmern aber wird ein solches Verfahren nach wie vor versagt.

VI. Rechtsanwendung durch die nationalen Gerichte Werfen wir zum Abschluss einen Blick auf die europarechtlichen Anforderungen einer Umsatzbesteuerung durch und in Deutschland an die dritte Gewalt. Hier ist mittlerweile geklärt, dass die Rechtssetzung der Gemeinschaft zwingend zu beachten ist. Gerade die Rechtsprechung zur Umsatzsteuer hat nicht unerheblich zu diesem Klärungsprozess beigetragen. Die bekannten Stichworte lauten hier "richtlinienkonforme Auslegung" und "Anwendungsvorrang der Richtlinie". In Art. I - 10 des Entwurfes eines Verfassungsvertrages heißt es lapidar, dass das von den Organen der Union in Ausübung der ihnen zugewiesenen Zuständigkeiten gesetzte Recht Vorrang vor dem Recht der Mitgliedstaaten hat. Was bedeutet dies nun konkret, wenn es zu einem tatsächlichen oder vermeintlichen Widerspruch zwischen dem nationalen Gesetz und den Richtlinienvorgaben kommt? Für die Rechtsanwendung des Richt-

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REi ß, Zukunft der Umsatzsteuer Deutschlands in Europa

linienrechtes durch die Verwaltung hat die OFD Hannover in einer bemerkenswerten Verfügung dazu Stellung genommen.26 Bemerkenswert ist diese deshalb, weil das zutreffende Ergebnis mit europarechtlich völlig unzutreffenden Aussagen begründet wird. Die OFD verkündet, dass Entscheidungen des EuGH für die Verwaltung nur bindend seien, wenn dazu ein BMF-Schreiben ergangen ist. Die Entscheidung, ob und in welchem Umfang der Anwendungsvorrang zu beachten ist, werde durch das BMF getroffen. Diese Aussagen sind natürlich abwegig. Weder die Beachtung des Anwendungsvorranges noch die Bindung an Entscheidungen des EuGH zur Auslegung des europäischen Rechtes hängen von einer Billigung des BMF ab. Das BMF ist weder der Zensor des Gemeinschaftsgesetzgebers noch des EuGH. Darum geht es aber auch gar nicht. Gesichert werden soll in Wahrheit die einheitliche Rechtsanwendung durch die Verwaltung unter Beachtung des internen Weisungsrechtes vorgesetzter Dienststellen. Für die Rechtsprechung stellt sich die Frage freilich anders. Aber auch hier besteht ein dringendes Bedürfnis nach einheitlicher Rechtsanwendung. Für den Fall eines möglichen Konfliktes nationalen Gesetzesrechtes mit der Verfassung sieht das Grundgesetz bekanntlich vor, dass die Beachtung der Verfassung den Vorrang genießt. Aber dem Richter wird aufgegeben, die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen. Dies kommt nun allerdings nicht in Betracht, wenn es um die Beachtung des Anwendungsvorranges geht. Hier ist die Entscheidung der Beachtung des Anwendungsvorranges und damit der Nichtanwendung des nationalen Gesetzes zwingend vom nationalen Richter selbst zu treffen. Dies ist die zwingende europarechtliehe Vorgabe. Zur Auslegung der europäischen Gesetze einschließlich der Richtlinie kann beziehungsweise muss der EuGH im Wege des Vorlageverfahrens nach Art. 234 EG angerufen werden. Keine europarechtliche, sondern eine verfassungsrechtliche Frage ist es hingegen, ob es der Richter für erforderlich halten muss, bei einem möglichen Widerspruch zwischen dem vom verfassungsmäßigen Gesetzgeber gesetzten Recht und dem von den Organen der Gemeinschaft gesetzten Recht eine Entscheidung des EuGH über die Auslegung des Gemeinschaftsrechtes einzuholen. Jedenfalls für den Mitgliedstaat Deutschland ist dies angesichts der in Art. 20 GG zum

26

OFD Hannover, Vfg. v. 28.7.2004- S 7056 b- 3- StO 351, DStR 2004, 1654.

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REiß, Zukunft der Umsatzsteuer Deutschlands in Europa

Ausdruck kommenden Bindung des Richters an das Gesetz und des in Art. 100 GG zum Ausdruck kommenden Rechtsgedankens zu bejahen. Sowohl die Wahrung der Rechtseinheit als auch der Respekt vor dem Gesetzgeber verlangen, dass der nationale Richter eine Entscheidung des EuGH für erforderlich hält, wenn der ebenfalls an das Gemeinschaftsrecht gebundene Gesetzgeber das Gesetz für vereinbar mit der europäischen Rechtssetzung hält. Was die europarechtliche Verpflichtung und Berechtigung zur Vorlage an den EuGH angeht, so kann weder dem BFH noch den Finanzgerichten der Vorwurf gemacht werden, dass sie davon nicht- besonders auf dem Gebiet der Umsatzsteuer - ausreichend Gebrauch machen. Allerdings wünschte man sich manchmal, dass dem EuGH deutlicher die Bedeutung der gestellten Rechtsfrage vor Augen geführt wird. Vor allem sollte das Gericht sich nicht scheuen darzulegen, welche Auslegung des europäischen Rechtes es selbst für zutreffend hält. Ungeachtet der Letztkompetenz des EuGH zur Auslegung europäischen Rechtes ist auch der nationale Richter zur Auslegung berufen. Was die Auslegung der Richtlinie betrifft, so ist sie freilich strikt und autonom auszulegen. Das Subsidiaritätsprinzip sollte allerdings auch vom EuGH bei der Auslegung von an die Mitgliedstaaten gerichteten Richtlinien beachtet werden. Dann ließen sich möglicherweise auch so überflüssige Bindungen an vermeintliche Richtlinienvorgaben für die Behandlung privaten Endverbrauches vermeiden, wie in der SeelingEntscheidung ausgesprochen.

VII. Schlussbemerkung Um die Zukunft der Umsatzsteuer braucht uns in Deutschland nicht bange zu sein. Wir teilen diese Zukunft mit den anderen Mitgliedstaaten in Europa. Insoweit ist es eine gemeinsame Zukunft mit und in Europa. Zur Weiterentwicklung sind alle Mitgliedstaaten und die Gemeinschaft aufgerufen. Gefordert ist ein größeres Maß an loyaler Zusammenarbeit der Verwaltungen der Mitgliedstaaten. Auch für die Umsatzsteuer gilt es, die Devise noch besser als bisher umzusetzen, dass Europa in Vielfalt geeint ist.

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Grundstücke und Grundstücksgeschäfte in der Umsatzsteuer Dr. WOLFRAM BIRKENFELD Rechtsanwalt, Richter am Bundesfinanzhof a.D., München

Inhaltsübersicht I. Einführung ......................... 45

II. Gemeinschaftsrecht 1. Einfluss des Gemeinschaftsrechts auf Grundstücksumsätze .. ..... ............ .......... ... 46 2. Grundstückslieferungen nach Gemeinschaftsrecht .. . 46 3. Grundstücksvermietung .... 48 111. Umsatzsteuerprobleme im deutschen Recht im Zusammenhang mit Grundstücksumsätzen 1. Vorsteuerabzug bei Grundstücksgeschäften ...... ... ....... . 50

I.

2. Rechnung als Ausübungsvoraussetzung für den Vorsteuerabzug ...... ... ................ 62 3. Gebäude mit selbst genutzten Wohnräumen wird für Umsatzzwecke verwendet . 66 4. Bagatellgrenze für die Zuordnung von Gegenständen zum Unternehmen ... ... ........ 72 5. Übersicht über wichtige Entscheidungen des EuGH zur Umsatzsteuer im Zusammenhang mit Grundstücksumsätzen ab 1990 ................ 77

Einführung

Das Umsatzsteuerrecht kann sich in Grundstücksumsätzen spiegeln. Viele Probleme der Umsatzsteuer können mit Grundstücksumsätzen abgebildet werden. Sie sind vielfach Gegenstand neuer Entwicklungen gewesen und geworden, denn es geht bei Grundstücksgeschäften meist um viel Geld.

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BIRKENFELD, Grundstücke und Grundstücksgeschäfte in der Umsatzsteuer

II.

Gemeinschaftsrecht

1.

Einfluss des Gemeinschaftsrechts auf Grundstücksumsätze

Das gemeinschaftsrechtliche Umsatzsteuerrecht der 6. EG-Richtlinie (ab 1.1.2007: Mehrwertsteuersystemrichtlinie) beeinflusst die Beurteilung von Umsätzen mit Grundstücken ebenso stark und nach denselben Grundsätzen wie die Beurteilung anderer Umsätze. Gemeinschaftsrecht hat Auslegungs- und Anwendungsvorrang vor ihm widersprechenden nationalen Auslegungs- oder Anwendungspraktiken. Das Gemeinschaftsrecht bindet alle Organe eines Mitgliedstaates (Art. 10 EG), somit jeden nationalen Gesetzgeber, alle innerstaatlichen Finanzbehörden und die einzelstaatlichen Finanzgerichte.l Deswegen sind die einschlägigen Bestimmungen der 6. EG-Richtlinie die maßgebenden Vorgaben, an denen das Umsatzsteuergesetz, seine Auslegung und Anwendung zu messen sind. Der Gerichtshof der Europäischem Gemeinschaften (EuGH) hat das Auslegungsmonopol für das Gemeinschaftsrecht und gibt vor, wie die Bestimmungen der 6. EG-Richtlinie zu Grundstücksgeschäften zu verstehen und zu handhaben sind. Im Folgenden werden nur einige wichtige gemeinschaftsrechtliche Bestimmungen vorgestellt.

2.

Grundstückslieferungen nach Gemeinschaftsrecht

Die 6. EG-Richtlinie unterscheidet zwischen unbebauten unerschlossenen Grundstücken, unbebauten erschlossenen Grundstücken und bebauten Grundstücken) Es werden besteuert die Lieferungen von

EuGH, Urt. v. 13.1.2004- Rs. C-453/00- Kühne & Heitz, EuGHE 2004, I-837 = EWS 2004, 86 - Rz. 22, 27. 2 EuGH, Urt. v. 8.6.2000- Rs. C-400/98 - Breitsohl, EuGHE 2000, I-4321 = BStBI. II 2003, 452 = UR 2000, 329 m. Anm. Widmann; vgl. die Schlussanträge des Generalanwalts Colomer, EuGH v . 16.12.1999 - Rs. C-400/98 - Breitsohl, EuGHE 2000, I-4321- Rz. 89. 1

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BIRKENFELD,

Grundstücke und Grundstücksgeschäfte in der Umsatzsteuer

-

unbebauten, unerschlossenen Grundstücken; die Lieferungen von unbebauten, unerschlossenen Grundstücken sind von der Mehrwertsteuer befreit, auch wenn die Mitgliedstaaten ihren Steuerpflichtigen das Recht einräumen können, für eine Bebauung zu optieren (Art. 13 Teil B Buchst. h und Art. 13 Teil C Buchst. b der 6. EG-Richtlinie);

-

unbebauten erschlossenen Grundstücken; die Lieferungen von unbebauten erschlossenen Grundstücken unterliegen der Mehrwertsteuer auch, wenn die Mitgliedstaaten sie während der Übergangszeit weiterhin befreien können, aber auch das Recht auf Option für eine Besteuerung einräumen können (Art. 28 Abs. 3 Buchst. b i.V.m . Art. 4 Abs . 4 Buchst. b und Anhang F Nr. 16 sowie Art. 28 Abs. 3 Buchst. c i.V.m. Anhang G Nr. 1 Buchst. b der 6. EG-Richtlinie);

-

bebauten Grundstücken; bei bebauten Grundstücken unterscheidet die 6. EG-Richtlinie zwischen der ersten Lieferung und späteren Lieferungen; -

die (erste) Lieferung von bebauten Grundstücken vor dem Erstbezug; die bezeichneten Lieferungen von Gebäuden und Gebäudeteilen und dem dazugehörigen Grund und Boden unterliegen der Mehrwertsteuer. Als Gebäude gilt jedes mit dem Grund und Boden fest verbundene Bauwerk. Unbeschadet dessen können die Mitgliedstaaten während der Übergangszeit (bis zu einer umfassenden Neuregelung in der 6. EG-Richtlinie) diese Lieferungen von der Steuer befreien wie auch das Recht der Option für eine Besteuerung einräumen (Art. 28 Abs. 3 Buchst. b i.V.m . Art. 4 Abs. 3 Buchst. a und Anhang F Nr. 16 sowie Art. 28 Abs. 3 Buchst. c i.V.m. Anhang G Nr. 1 Buchst. b der 6. EG-Richtlinie);

-

die späteren Lieferungen von bebauten Grundstücken mit Gebäuden oder mit Gebäudeteilen. Die späteren Lieferungen von Gebäuden oder Gebäudeteilen und dem dazugehörigen Grund und Boden sind von der Steuer befreit, obwohl auch in diesem Fall die Mitgliedstaaten ihren Steuerpflichtigen das Recht auf Option für eine Besteuerung einräumen können (Art. 13 Teil B Buchst. g und Art. 13 Teil C Buchst. b der 6. EG-Richtlinie) .

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BIRKENFELD, Grundstücke und Grundstücksgeschäfte in der Umsatzsteuer

Die 6. EG-Richtlinie regelt nur die Lieferung von Grundstücken gesondert, soweit diese nicht bebaut sind. Sind sie hingegen bebaut, gibt es keine besonderen Bestimmungen über die getrennte Besteuerung von Grund und Boden und Gebäuden. Deshalb ist davon auszugehen, dass für die Zwecke der Mehrwertsteuer der Wert des Grund und Bodens in die Bebauung einbezogen ist, so dass das Grundstück untrennbar den Grund und Boden und das darauf errichtete Gebäude umfasst.3 Von der Möglichkeit einer Beschränkung der Option nur auf das Gebäude hat Deutschland keinen Gebrauch gemacht.

3.

Grundstücksvermietung

Nach Art. 13 Teil B Buchst. b der 6. EG-Richtlinie befreien die Mitgliedstaaten die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken mit Ausnahme 1. der Gewährung von Unterkunft im Hotelgewerbe entsprechend den gesetzlichen Begriffsbestimmungen der Mitgliedstaaten oder in Sektoren mit ähnlicher Zielsetzung, einschließlich der Vermietung in Ferienlagern oder auf als Campingplätze erschlossenen Grundstücken, 2. der Vermietung von Plätzen für das Abstellen von Fahrzeugen, 3. der Vermietung von auf Dauer eingebauten Vorrichtungen und Maschinen, 4. der Vermietung von Schließfächern. Die Mitgliedstaaten können weitere Ausnahmen vom Geltungsbereich dieser Befreiung vorsehen. Art. 13 Teil B Buchst. b der 6. EG-Richtlinie definiert den Begriff" Vermietung" nicht. Die Vorschrift verweist auch nicht auf dessen jeweilige Definition in den Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten.4 Der EuGH hat den Begriff der Vermietung von Grundstücken nach dem Sachzusammenhang, den Zielsetzungen, der Systematik der 6. EG-Richtlinie und insbesondere nach dem Normzweck der Steuer3

EuGH, Urt. v. 8.6.2000- Rs. C-400/98- Breitsohl, EuGHE 2000, I-4321 = BStBL II 2003, 452 = UR 2000, 329 - Rz. 48 ff.; Widmann, UR 2000, 335. 4 Vgl. EuGH, Urt. v. 4.10.2001- Rs. C-326/99- Stichting "Goed Wonen", EuGHE 2001 , I-6831 = UR 2001, 484 - Rz. 44; EuGH, Urt. v . 12.6.2003 - Rs. C-275/01 Sindair Collins, EuGHE 2003, I-5965 = UR 2003, 348- Rz. 24.

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BIRKENFELD, Grundstücke und Grundstücksgeschäfte in der Umsatzsteuer

befreiung in Art. 13 Teil B Buchst. b der 6. EG-Richtlinie so bestimmt, dass die Vermietung im Wesentlichen darin besteht, dem Mieter auf bestimmte Zeit gegen eine VergütungS das Recht einzuräumen, ein Grundstück so in Besitz zu nehmen, als ob er dessen Eigentümer wäre, und jede andere Person von diesem Recht auszuschließen.6 Die Mietdauer unterscheidet die Grundstücksvermietung als normalerweise passive Tätigkeit auf Zeit ohne signifikante Wertschöpfung7 von anderen Tätigkeiten, die entweder gewerblichen Zwecken dienen, wie die in Art. 13 Teil B Buchst. b Nr. 1 bis 4 der 6. EG-Richtlinie vorgesehenen Ausnahmen, oder von Dienstleistungen, die mit Hilfe eines Grundstücks ermöglicht werden, wie etwa das Recht, einen Golfplatz8 zu benutzen, eine Brücke gegen Zahlung einer Maut zu überqueren9, oder das Recht, in Geschäftsräumen Zigarettenautomaten aufzustellenlO. Die Mietdauer ist aber nicht das allein entscheidende Kriterium, wenn sie so kurz ist, dass wegen dieses Umstands die Unterscheidung der Gewährung von Unterkunft in einem Hotel von der Grundstücksvermietung durch die Vermietung von Wohnräumen nicht eindeutig er5 EuGH, Urt. v. 18.11.2004 - Rs. C-284/03 - Temco Europe SA, EuGHE 2004, I-11237 =UR 2005, 24- Rz. 19; EuGH, Urt. v. 8.5.2003- Rs. C-269/00- Wolfgang Seeling, EuGHE 2003, I-4101 = BStBI. II 2004, 378 = UR 2003, 288 m. Anm. Burgmaier = DStR 2003, 873 - Rz. 49. 6 Vgl. in diesem Sinne EuGH, Urt. v . 18.11.2004- Rs. C-284/03- Temco Europe SA, EuGHE 2004, I-11237 =UR 2005, 24- Rz. 19, 20; EuGH, Urt. v. 4.10.2001Rs. C-326/99- Stichting "Goed Wonen", EuGHE 2001, I-6831 =UR 2001, 484Rz. 55; EuGH, Urt. v. 9.10.2001 - Rs. C-409/98- Mirror Group, EuGHE 2001, I-7175 = UR 2001, 490- Rz. 31; EuGH, Urt. v. 9.10.2001 - Rs. C-108/99- Cantor Fitzgerald International, EuGHE 2001, I-7257 = UR 2001, 494 - Rz. 21; EuGH, Urt. v. 8.5.2003- Rs. C-269/00- Seeling, EuGHE 2003, I-4101 = BStBI. II 2004, 378 = UR 2003, 288 - Rz. 49; EuGH, Urt. v. 12.6.2003- Rs. C-275/01 Sindair Collins, EuGHE 2003, I-5965 = UR 2003, 348- Rz. 25. 7 Vgl. in diesem Sinne EuGH, Urt. v. 18.11.2004- Rs. C-284/03- Temco Europe SA, EuGHE 2004, I-11237 = UR 2005, 24 - Rz. 21; EuGH, Urt. v. 4.10.2001 Rs. C-326/99- Stichting "Goed Wonen", EuGHE 2001, I-6831 =UR 2001,484Rz. 52. 8 EuGH, Urt. v. 18.1 .2001- Rs. C-150/99- Stockholm Lindöpark, EuGHE 2001, I-493 = UR 2001, 153- Rz. 24 bis 27. 9 EuGH, Urt. v . 12.9.2000 - Rs. C-358/97 - Kommission/Irland, EuGHE 2000, I-6301 = StRK 6. USt-RL Art. R. 25 = HFR 2000, 918. 10 EuGH, Urt. v. 12.6.2003- Rs. C-275/01 - Sindair Collins, EuGHE 2003, I-5965 = UR 2003, 348- Rz. 25.

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BIRKENFELD, Grundstücke und Grundstücksgeschäfte in der Umsatzsteuer kennbar ist.11 Trotz der zunächst maßgebenden tatsächlich bestehenden Vertragsbeziehungen kann die Mietdauer während der Durchführung des Vertrages einvernehmlich durch die Parteien verkürzt oder verlängert werden. Das ausschließliche Nutzungsrecht des Mieters kann (gegenüber dem Vermieter) beschränkt werden, und es kann sich nur auf bestimmte Teile einer Immobilie beziehen, die gemeinsam mit anderen Mietern zu nutzen sind.l2 Wenn andere Leistungen als die Dauer der Nutzung der Sache durch den Mieter vergütet werden oder wenn diese nur von untergeordneter Bedeutung sind, ist keine "Vermietung von Grundstücken" i.S.v. Art. 13 Teil B Buchst. b der 6. EG-Richtlinie anzunehmen. Das ist auch nicht der Fall, wenn der Unternehmer Wohnräume in seinem Unternehmensgebäude selbst bewohnt.13

111. Umsatzsteuerprobleme im deutschen Recht im Zusammenhang mit Grundstücksumsätzen 1.

Vorsteuerabzug bei Grundstücksgeschäften

1.1

Fehlmaßnahmen

Bei richtlinienkonformer Auslegung von § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG ist der Unternehmer zum Vorsteuerabzug berechtigt, wenn er Eingangsumsätze in der objektiv nachweisbaren Absicht bezieht, damit besteuerte Ausgangsumsätze auszuführen.14 Das Vorsteuerabzugsrecht entsteht (vgl. Art. 17 Abs. 1 der 6. EG-Richtlinie) unter diesen Umständen sofort und endgültig. Das Abzugsrecht bleibt auch dann bestehen, wenn

11 EuCH, Urt. v. 12.2.1998- Rs. C-346/95- Blasi, EuGHE 1998, I-481 =UR 1998, 189 - Rz. 23 und 24. 12 EuCH, Urt. v. 18.11.2004 - Rs. C-284/03 - Temco Europe SA, EuGHE 2004, 1-11237 =UR 2005, 24- Rz. 24. 13 EuCH, Urt. v. 8.5.2003 - Rs. C-269/00 - Wolfgang Seeling, EuGHE 2003, I-4101 = BStBI. II 2004, 378 =UR 2003, 288m. Anm. Burgmaier = DStR 2003, 873 - Rz. 49, 50. 14 Vgl. auch BFH, Urt. v. 25.4.2002- V R 58/00, BStBI. II 2003, 435 =UR 2002,472 - Leerstand; Lange, Das Recht auf Vorsteuerabzug, DStR 2004, 1773.

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BIRKENFELD, Grundstücke und Grundstücksgeschäfte in der Umsatzsteuer

es aus vom Steuerpflichtigen nicht zu vertretenden Gründen nicht zur Ausführung von Ausgangsumsätzen kommt.l5 Auch die Verwendung der Eingangsleistungen für besteuerte Ausgangsumsätze und der Umfang dieser Verwendung werden aufgrund der wirklichen nachweisbaren Absicht des Unternehmers beurteilt. Späteren Änderungen der Verwendung ist nicht durch rückwirkende Korrektur der Steuerfestsetzung des Jahres, in dem der Vorsteuerabzug vorgenommen werden musste, sondern durch Vorsteuerberichtigung Rechnung zu tragen.l6 Nach Art. 10 Abs. 2 der 6. EG-Richtlinie entsteht die Steuer für die Eingangsleistung, sobald sie als Lieferung des Gegenstands oder als Dienstleistung an den vorsteuerabzugsberechtigten Steuerpflichtigen bewirkt wird. Diese Auslegung von Art. 4 und Art. 17 der 6. EG-Richtlinie verwirklicht den Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer. Danach muss der Wirtschaftsteilnehmer, der mit Mehrwertsteuerkosten im Rahmen seiner wirtschaftlichen Tätigkeiten belastet wird, die Mehrwertsteuer nach Maßgabe von Art. 17 der 6. EG-Richtlinie abziehen können . Es darf nicht willkürlich zwischen Investitionsausgaben vor der tatsäch-

15 Skeptisch Lippross, DStR 2003, 1593. 16 Vgl. dazu Eu GH, Urt. v. 8.6.2000- Rs. C-396/98 - Schloßstraße, EuGHE 2000, I-4279 = BStBI. II 2003, 446 = UR 2000, 336 m . Anm. Widmann - Entstehung des Vorsteu erabzugsanspruchs; EuGH, Urt. v. 8.6.2000 - Rs. C-400/98- Breitsohl, EuGHE 2000, I-4321 = BStB!. II 2003, 452 = UR 2000, 329 m . Anm. W idmann Entstehung des Vorsteuerabzugsanspruchs bei Fehlmaßnahmen; BFH, Urt. v. 6.6.2002- V R 27/ 00, UR 2002, 603 - Vorsteu erabzug bei beabsichtigter steuerpflichtiger Vermietung; BFH, Urt. v . 22.2.2001 -V R 77/96, BFHE 194, 488 = BStBI. II 2003, 426 = UR 2001, 260 - objektive Anhaltspunkte für beabsichtigte Verwendung; BFH, Urt. v . 8.3.2001 - V R 24/ 98, BFH E 194, 522 = BStBI. II 2003, 430 = UR 2001, 214 - Sofortabzu g d er Umsatzsteu er als Vorsteuer nach Maßgabe d er beabsichtigten Verwendung; BFH, Urt. v . 22.3.2001 - V R 46/ 00, BFHE 194, 533 = BStBI. II 2003, 433 =UR 2001, 360- Belegbare Verwendungsabsicht auch für die fiktive Option maßgeben d ; BFH, Urt. v . 17.5.2001 -V R 38/00, BStBI. II 2003, 434 = UR 2001, 550 - Vorsteu erabzu g auf Anzahlungen auf beabsichtigte Au sgangsumsätze; BFH, Urt. v . 25.4.2002- V R 58/ 00, BStBI. II 2003, 435 = UR 2002, 472 - Leerstand; BFH, Urt. v. 16.5.2002 - V R 56/ 00, BStBI. II 2006, 725 =UR 2002, 470 - wechselnde Verwendungsab sich t und Vorsteuerberichtigung.

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BJRKENFELD, Grundstücke und Grundstücksgeschäfte in der Umsatzsteuer liehen Aufnahme des Betriebes eines Unternehmens und während des Betriebes unterschieden werden.17 Mit dem Empfang einer besteuerten Eingangsleistung in der Absicht, sie für besteuerte Ausgangsumsätze zu verwenden, wird der Leistungsempfänger Unternehmer, wenn er diese Eigenschaft vorher noch nicht erworben hatte . Bei richtlinienkonformer Auslegung von § 2 Abs. 1 UStG unter Auswertung der Erkenntnisse des EuGH zu Art. 4 Abs. 1 und 2 der 6. EG-Richtlinie beginnt der Leistungsempfänger damit eine wirtschaftliche Tätigkeit. Er braucht die Aufnahme des tatsächlichen Betriebes seines Unternehmens nicht abzuwarten.18 Die in Art. 4 Abs. 1, 2 der 6. EG-Richtlinie bezeichnete wirtschaftliche Tätigkeit als Voraussetzung für den Erwerb der Eigenschaft als Steuerpflichtiger (im deutschen Recht: Unternehmer) hat einen sehr weiten Anwendungsbereich. Sie umfasst nach Art. 4 Abs. 2 der 6. EG-Richtlinie sämtliche Stadien der Erzeugung, des Handels und der Erbringung von Dienstleistungen.19 Wer nach der Rechtsprechung des EuGH Gegenstände für Zwecke einer wirtschaftlichen Tätigkeit i.S.v. Art. 4 Abs. 2 der 6. EG-Richtlinie erwirbt, wird dadurch Steuerpflichtiger.20

17 EuGH, Urt. v. 21.3.2000 - Rs. C-110/98 - C-147 /98 - Gabalfrisa u.a., EuGHE 2000, I-1577 = UR 2000, 208 - Rz. 45; EuGH, Urt. v. 8.6.2000 - Rs. C-396/98 Schloßstraße, EuGHE 2000, I-4279 = BStBI. II 2003, 446 =UR 2000, 336- Rz. 39. 18 EuGH, Urt. v. 15.1.1998- Rs. C-37 /95- Ghent Coal Terminal, EuGHE 1998, I-1 =UR 1998, 149- Rz. 17; EuGH, Urt v. 21.3.2000- Rs. C-110/98- C-147 /98Gabalfrisa u.a., EuGHE 2000, I-1577 = UR 2000, 208; EuGH, Urt. v. 8.6.2000Rs. C-396/98 - Schloßstraße, EuGHE 2000, I-4279 = BStBI. II 2003, 446 = UR 2000, 336 - Rz. 36. 19 Vgl. EuGH, Urt. v. 26.3.1987- Rs. 235/85- Kommission/Niederlande, EuGHE 1987, 1471 = UR 1988, 164 - Rz. 7; EuGH, Urt. v. 15.6.1989 - Rs. 348/87 Stichting Uitvoering Financiele Acties, EuGHE 1989, 1737 = UR 1991, 28 - Rz. 10; EuGH, Urt. v. 4.12.1990- Rs. C-186/89- van Tiem, EuGHE 1990, I-4363 = UR 1992, 141 - Rz. 17; EuGH, Urt. v. 29.4.2004 - Rs. C-137 /02 - Faxworld Vorgründungsgesellschaft, EuGHE 2004, I-5547 =UR 2004, 362- Rz. 27. 20 EuGH, Urt. v. 11.7.1991 - Rs. C-97/90- Lennartz, EuGHE 1991, I-3795 = UR 1991, 291- Rz. 14; EuGH, Urt. v. 21.3.2000- Rs. C-110/98- C-147 /98- Gabalfrisa u.a., EuGHE 2000, I-1577 =UR 2000, 208- Rz. 47; EuGH, Urt. v. 8.6.2000Rs. C-400/98 - Breitsohl, EuGHE 2000, I-4321 = BStBI. II 2003, 452 = UR 2000, 329 - Rz. 34; EuGH, Urt. v. 29.4.2004 - Rs. C-137 /02 - Faxworld Vorgründungsgesellschaft, EuGHE 2004, I-5547 = UR 2004, 362- Rz. 28.

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BIRKENFELD, Grundstücke und Grundstücksgeschäfte in der Umsatzsteuer Falll Vorsteuerabzug für eine Bauplanung, die nicht verwirklicht wird

Studienrat Paul Mauke (M) empfängt von dem Architekten A aus Würzburg im Dezember 01 die Bauplanung für die Errichtung eines Geschäftshauses in Bamberg, das steuerpflichtig vermietet werden soll. Er will aus der Rechnung des A von 100000 € und 16000 € Umsatzsteuer den Vorsteuerabzug vornehmen. Die Baugenehmigung wird im August 02 bestandskräftig abgelehnt. Mauke gibt das Vorhaben in Bamberg auf.

.,_

Lösungshinweise

Mist durch den Empfang der Bauplanung in der Absicht, diese für die beabsichtigte steuerpflichtige Vermietung eines zu errichtenden Gebäudes zu verwenden, Unternehmer geworden (§ 2 Abs. 1 UStG). Als Unternehmer ist er nach§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG zum Vorsteuerabzug berechtigt, weil er die Bauplanung für sein Unternehmen und für (beabsichtigte) besteuerte Umsätze verwenden wollte. Der Vorsteuerabzugsanspruch entstand sofort, das heißt mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem für den leistenden Unternehmer, den Architekten A, der Anspruch auf Besteuerung seiner Bauplanungsleistung entstand. Der Anspruch auf Besteuerung der Eingangsleistung und der Anspruch auf Abzug dieser Steuer entstehen gern. Art. 17 Abs. 1 der 6. EG-Richtlinie gleichzeitig. Da über das Recht auf Vorsteuerabzug bereits im Zeitpunkt der Entstehung dieses Anspruchs (Art. 17 Abs. 1 der 6. EG-Richtlinie) zu entscheiden ist, werden alle Voraussetzungen, insbesondere die Verwendungsvoraussetzungen, auf Grund der durch objektive Beweisanzeichen nachweisbaren Absicht des Leistungsempfängers erschlossen.21 Die tatsächliche oder beabsichtigte Verwendung der Gegenstände oder Dienstleistungen bestimmt nur den Umfang des Vorsteuererstabzugs (nach Art. 17 Abs . 2 der 6. EG-Richtlinie)22 und den Umfang etwaiger 21 Vgl. auch BFH, Urt. v. 25.4.2002- V R 58/00, BStBI. II 2003, 435 =UR 2002,472 - Leerstand. 22 EuGH, Urt. v. 8.6.2000- Rs. C-400/98- Breitsohl, EuGHE 2000, I-4321 = BStBI. II 2003, 452 =UR 2000, 329- Rz. 35; BFH, Urt. v. 8.3.2001- V R 24/98, BStBI. II

53

BIRKENFELD, Grundstücke und Grundstücksgeschäfte in der Umsatzsteuer Berichtigungen während der darauf folgenden Zeiträume nach Art. 20 der 6. EG-Richtlinie23. Solange die tatsächliche Verwendung der empfangenen Eingangsleistung fehlt, ist darauf abzustellen, ob der Leistungsempfänger damit steuerfreie oder steuerpflichtige Verwendungsumsätze beabsichtigt. Bei der Verwendung von Eingangsleistungen für grundsätzlich steuerfreie Grundstücksumsätze (durch Grundstückslieferung oder Grundstücksvermietung) schließt dieser Gesetzesplan notwendig auch die Absicht ein, auf die Steuerfreiheit der geplanten Ausgangsumsätze zu verzichten.24 Daher kann auch ein Vermietungsunternehmer Vorsteuer aus Eingangsleistungen für seine beabsichtigten Bauten abziehen, die er unter Verzicht auf die Steuerbefreiung nach§ 4 Nr. 9 Buchst. a bzw. § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG veräußern oder vermieten will.25 Damit ist die früher herrschende Lehre überwunden, nach der der Vorsteuerabzugsanspruch endgültig erst entsteht, wenn die Eingangsleistungen erstmals für nicht abzugsschädliche Umsätze verwendet werden.26 Der entstandene Vorsteuerabzugsanspruch entfällt nicht rückwirkend, wenn die beabsichtigte Geschäftsentwicklung anders als beabsichtigt verläuft. Deswegen kommt es nicht zu einer rückwirkenden Änderung der Steuerfestsetzung mit dem Vorsteuerabzug für Eingangsleistungen, die anders als beabsichtigt oder die - wie im Beispielsfall - nicht für die geplanten Ausgangsumsätze verwendet werden.

23 24 25

26

54

2003, 430 =UR 2001, 214- für steuerpflichtige Vermietung errichtetes Bürogebäude wird steuerfrei veräußert; BFH, Urt. v. 25.4.2002 - V R 58/00, BStBI. II 2003, 435 = UR 2002, 472- Leerstand. EuGH, Urt. v. 11.7.1991 - Rs. C-97 /90 - Lennartz, EuGHE 1991, I-3795 = UR 1991, 291 - Rz. 15; EuGH, Urt. v. 8.6.2000 - Rs. C-396/98 - Schloßstraße, EuGHE 2000, I-4279 = BStBI. II 2003, 446 = UR 2000, 336- Rz. 37. So schon BFH, Beschl. v. 30.9.1999 - V B 41/99, Haufe-Index 425639 = JurisSTRE 995133760. BFH, Beschl v. 12.10.1999 - V B 17/99, UR 2000, 213 = BFH/NV 2000, 487. Missverständlich wird in dieser Entscheidung allerdings die Entstehung des Vorsteuerabzugsanspruchs mit dem Erhalt der Rechnung verknüpft. Der Besitz der Rechnung ist eine von der Entstehung unabhängige Ausübungsvoraussetzung und folgt der Entstehung des Vorsteuerabzugsanspruchs regelmäßig nach. So früher BFH, Urt. v. 25.1.1979- V R 53/72, BStB!. Il 1979, 394 = UR 1979, 123; BFH, Urt. v. 26.2.1987- V R 1/79, BStB!. II 1987, 521 =UR 1987, 209m. Anm. Weiß; BFH, Urt. v. 21.2.1991- V R 38/86, UR 1991, 287.

BIRKENFELD, Grundstücke und Grundstücksgeschäfte in der Umsatzsteuer

Die (durch objektive Anhaltspunkte belegte) Verwendungsabsicht bei Anschaffung eines Wirtschaftsguts ist für den Umfang bzw. die Berichtigung des Vorsteuerabzugs nicht nur maßgebend, wenn die erstmalige Verwendung des Wirtschaftsguts noch aussteht, sondern auch, wenn zunächst mit dem Wirtschaftsgut tatsächlich ausgeführte Umsätze nicht fortgeführt werden.27 Die frühere Beurteilung, die für den Vorsteuerabzug auf die künftige tatsächliche Verwendung abstellte28, ist mit der richtlinienkonformen Auslegung der Vorsteuerabzugsvorschrift des§ 15 UStG unvereinbar.29 Nur wenn die Erklärung, die beabsichtigten wirtschaftlichen Tätigkeiten aufnehmen zu wollen, vom Betroffenen nicht in gutem Glauben abgegeben wurde, somit in Fällen von Betrug oder Missbrauch, in denen der Betroffene die Absicht, eine bestimmte wirtschaftliche Tätigkeit aufzunehmen, nur vorgespiegelt, in Wirklichkeit jedoch versucht hat, Gegenstände, deren Erwerb zum Abzug berechtigen können, seinem Privatvermögen zuzuführen, kann das Finanzamt rückwirkend die Erstattung der abgezogenen Beträge verlangen, da diese Abzüge aufgrundfalscher Erklärungen gewährt wurden.30

1.2

Nachträgliche vorsteuerabzugsschädliche Verwendung

Wenn ein Unternehmer nachweisbar beabsichtigte, Bauleistungen für steuerpflichtige Vermietungsumsätze zu verwenden, entsteht das Recht auf sofortigen Abzug der ihm dafür gesondert berechneten Umsatzsteuer als Vorsteuer im Besteuerungszeitraum des Bezugs der Bauleistungen.31

27 Vgl. auch BFH, Urt. v. 25.4.2002- V R 58/00, BStB!. II 2003,435 =UR 2002,472 - Leerstand.

28 Vgl. BFH, Urt. v. 9.12.1993- V R 98/91, BFH/NV 1997,380. 29 Vgl. BFH, Urt. v. 22.2.2001- V R 77/96, BFHE 194, 498 = BStB!. II 2003, 426 = UR 2001, 260 = BFH/ NV 2001, 994. 30 EuGH, Urt. v. 14.2.1985 - Rs. 268/83 - Rompelman, EuGHE 1985, 655 = UR 1985, 199 - Rz. 24; EuGH, Urt. v. 29.2.1996 - Rs. C-110/94 - INZO, EuGHE 1996, 1-857 = BStB!. II 1996, 655 = UR 1996, 116- Rz. 23 und 24; EuGH, Urt. v. 21.3.2000 - Rs. C-110/98 - C-147 /98 - Gabalfrisa u.a., EuGHE 2000, I-1577 = UR 2000, 208 - Rz. 46; EuGH, Urt. v. 8.6.2000 - Rs. C-400/98 - Breitsohl, EuGHE 2000, 1-4321 = BStB!. II 2003, 452 = UR 2000, 329- Rz. 39. 31 Vgl. zur Rechtslage, wenn das Jahr des Vorsteuerabzugs und das Erstjahr der Verwendung auseinanderfallen: Klenk, UR 1998, 129. 55

BIRKENFELD, Grundstücke und Grundstücksgeschäfte in der Umsatzsteuer

Die Aufgabe der Absicht, die empfangenen Bauleistungen für steuerpflichtige Vermietungsumsätze zu verwenden, im folgenden Besteuerungszeitraum, führt nicht rückwirkend zum Wegfall des Vorsteuerabzugsanspruchs.32 Die Absichtsänderung wirkt nicht auf den Besteuerungszeitraum des Empfangs der Eingangsleistungen zurück. Es handelt sich um eine innere Tatsache. Tatsachen ereignen sich nicht mit Rückwirkung. Sie haben auch steuerrechtlich keine eine Steuerfestsetzung rückwirkend beeinflussende Wirkung nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO, denn nach dem Gesetzesplan kann eine Absichtsänderung grundsätzlich nur zu einer Vorsteuerberichtigung führen. Der entstandene Vorsteuerabzugsanspruch wird berichtigt, wenn die Eingangsleistungen durch andere Ausgangsumsätze verwendet worden sind, als dies beim ursprünglichen Vorsteuerabzug beabsichtigt war. Dies gilt für Eingangsleistungen, die der Unternehmer vor 2005 für Wirtschaftsgüter (des Anlagevermögens) empfangen hat, die nicht nur einmal verwendet werden (§ 15a Abs . 1 UStG in der vor 2005 geltenden Fassung) . Die Gründe für die Verwendungsänderung sind unerheblich, sofern nicht aufgedeckt wird, dass die ursprüngliche Verwendungsabsicht seinerzeit nicht bestanden hatte, sondern nur vorgetäuscht worden ist. Bei Aufdeckung von Betrug oder Missbrauch wird die Steuerfestsetzung mit dem Vorsteuerabzug rückwirkend geändert, selbst wenn sie bestandskräftig ist. Änderungsgrundlagen sind entweder § 164 Abs. 2 AO oder§ 173 Abs. 1 Nr. 1 AO. Allein durch die Beifügung des Vorbehalts der Nachprüfung (§ 164 Abs. 1 AO) kann die Finanzbehörde die Änderung der ursprünglichen Steuerfestsetzung für alle Fälle einer nicht absichtsgemäßen Verwendung der Eingangsleistungen nicht offen halten. Fall2

Zum Vorsteuerabzug berechtigende Eingangsleistungen werden nachträglich für steuerfreie Umsätze verwendet

Mauke (M) beginnt im Juni 02 in München mit dem Bau eines Gebäudes, für das ihm im Jahr 02 Bauleistungen von 1 Mio. € und 160000 € Umsatzsteuer berechnet werden. Das Gebäude soll nach-

32 BFH, Urt. v.l6.5.2002 - V R 56/00, BFHE 199, 37 2002,470.

56

=

BStBI. II 2006, 725

=

UR

BIRKENFELD, Grundstücke und Grundstücksgeschäfte in der Umsatzsteuer

weisbar steuerpflichtig vermietet werden. Mauke hat 160000 € als Vorsteuer abgezogen. Bei einer Umsatzsteuer-Nachschan stellt das Finanzamt fest, dass das Gebäude im September 03 beziehbar und nur steuerfrei vermietbar war und dass Mauke die Bauplanung (aus dem fehlgeschlagenen Objekt in Bamberg) verwendet hat. Ist mit einem Steueränderungsbescheid zu rechnen?

II>-

Lösungshinweise

Der Vorsteuerabzug von 160000 € für die im Jahr 02 empfangenen und berechneten Bauleistungen, die M nachweislich für besteuerte Ausgangsumsätzeverwenden wollte, war und bleibt berechtigt. Weil er die Eingangsleistungen jedoch für steuerfreie, den Vorsteuerabzug ausschließende Ausgangsumsätze verwendet hat, ist insoweit eine Vorsteuerberichtigung durchzuführen. Der Vorsteuerabzug für die im Jahr 01 (zutreffend) zum Vorsteuerabzug gestellte Bauplanungsleistung, die zunächst nicht verwendet wurde und erstmals im Jahr 02 in ein Wirtschaftsgut einging, das im Jahr 03 für den Vorsteuerabzug ausschließende Ausgangsumsätze verwendet wurde, muss spätestens ab September 03 berichtigt werden. 1.3

Nachträgliche vorsteuerabzugsschädliche Verwendung vor 2002

Die richtlinienkonforme Beurteilung des Vorsteuerabzugsrechts ist nicht etwa erst seit den richtungsweisenden Entscheidungen des EuGH aus dem Jahre 200033, sondern in allen noch möglichen Steuerfestsetzungen maßgebend. Die vom EuGH in seinen Entscheidungen dargelegten Auslegungsgrundsätze für Vorschriften des Gemeinschaftsrechts (Art. 234 EG), damit auch für die 6. EG-Richtlinie, erläutern und verdeutlichen, in welchem Sinne und mit welcher Tragweite die ausgelegte Vorschrift seit ihrem Inkrafttreten zu verstehen und anzuwenden

33

Vgl. dazu z.B. EuGH, Urt. v. 8.6.2000 - Rs. C-396/98 - Grundstücksgemeinschaft Schloßstraße, EuGHE 2000, I-4279 = BStBI. II 2003, 446 = UR 2000, 336 m. Anm. Widmann; EuGH, Urt. v. 8.6.2000- Rs. C-400/98- Breitsohl, EuGHE 2000, I-4321 = BStBI. II 2003, 452 = UR 2000, 329m. Anm. Widmann .

57

BIRKENFELD, Grundstücke und Grundstücksgeschäfte in der Umsatzsteuer

ist oder gewesen wäre. Die Gerichte und Behörden der Mitgliedstaaten müssen die Vorschriften in dieser Auslegung auch auf Rechtsverhältnisse anwenden, die vor Erlass einer Vorabentscheidung entstanden sind.34 § 15a UStG in der vor 2002 geltenden Fassung war teilweise nicht richtlinienkonform. Er setzte eine Verwendungsänderung in einem auf das Kalenderjahr der erstmaligen Verwendung folgenden Kalenderjahr voraus . Der Gesetzgeber hat diesen Mangel erkannt und teilweise durch die ab 1.1.2002 anwendbare Gesetzesfassung des § 15a Abs. 1 UStG behoben. Durch eine Anwendungsregelung in § 27 Abs. 8 UStG will er die neue Fassung des § 15a UStG rückwirkend auch auf Besteuerungszeiträume vor 2002 erstrecken. Fall3 Zum Vorsteuerabzug berechtigende Eingangsleistungen werden vor 2002 für steuerfreie Umsätze verwendet

Mauke (M) beginnt im Juni 2000 in München mit dem Bau eines Gebäudes, für das ihm im Jahr 2000 Bauleistungen von (umgerechnet) 1 Mio. € und 160000 € Umsatzsteuer berechnet werden. Das Gebäude soll nachweisbar steuerpflichtig vermietet werden. Mauke hat 160000 € als Vorsteuer abgezogen. Bei einer Umsatzsteuer-Nachschau stellt das Finanzamt fest, dass das Gebäude im September 2001 beziehbar und nur steuerfrei vermietbar war und dass Mauke die Bauplanung (aus dem fehlgeschlagenen Objekt in Bamberg) verwendet hat. Ist mit einem Steueränderungsbescheid zu rechnen?

1\1-

Lösungshinweise

M hat im Jahr 2000 Vorsteuerbeträge aus Rechnungen über Bauleistungen zur Errichtung eines Gebäudes abgezogen, weil er nachweisbar beabsichtigte, es steuerpflichtig zu vermieten. Der Vorsteuerabzug war und bleibt im Jahr 2000 berechtigt.

34

58

Vgl. dazu u.a. EuGH, Urt. v. 11.8.1995- Rs. C-367/93 bis C-370/93- Roders u .a., EuGHE 1995, I-2229 - Rz. 42; EuGH, Urt. v. 3.10.2002 - Rs. C-347/00 Barreira Perez, EuGHE 2002, I-8191- Rz. 44.

BIRKENFELD, Grundstücke und Grundstücksgeschäfte in der Umsatzsteuer

Im Jahr 2001 ist die Vermietung aus von M nicht verschuldeten Gründen nur steuerfrei und damit vorsteuerabzugsschädlich möglich. Eine Vorsteuerberichtigung ist nach dem im Jahr 2001 geltenden Text des § 15a Abs. 1 UStG 2001 nicht berechtigt. Die Vorschrift regelte: Ändern sich bei einem Wirtschaftsgut die Verhältnisse, die im Kalenderjahr der erstmaligen Verwendung für den Vorsteuerabzug maßgebend waren, innerhalb von fünf Jahren seit dem Beginn der Verwendung, so ist für jedes Kalenderjahr der Änderung ein Ausgleich durch eine Berichtigung des Abzugs der auf die Anschaffungs- oder Herstellungskosten entfallenden Vorsteuerbeträge vorzunehmen. Die Vorschrift setzt 2001 voraus, dass sich die Verhältnisse seit dem Beginn der tatsächlichen Verwendung geändert haben. Das ist nicht der Falt weil M das Gebäude seit seiner Nutzbarkeit steuerfrei vermietet hat.35 Dieser Mangel des Gesetzes ist erst in der Fassung des § 15a UStG ab 200236 behoben worden. Nunmehr wurde bestimmt: Ändern sich bei einem Wirtschaftsgut innerhalb von fünf Jahren ab dem Zeitpunkt der erstmaligen Verwendung die für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnisse, ist für jedes Kalenderjahr der Änderung ein Ausgleich durch eine Berichtigung des Abzugs der auf die Anschaffungsoder Herstellungskosten entfallenden Vorsteuerbeträge vorzunehmen. Jetzt wird vorausgesetzt, dass sich die Verhältnisse, die für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgebend waren, ab dem Zeitpunkt der erstmaligen Verwendung geändert haben. M muss somit den Vorsteuerabzugaus dem Jahr 2000 erst ab 2002 berichtigen. Allerdings hat der Gesetzgeber nachträglich durch die Übergangsvorschrift in § 27 Abs. 8 UStG angeordnet, dass die geänderte Fassung des § 15a UStG ab 2002 auch schon für Zeiträume vor 2002 anwendbar sein soll. Die Vorschrift ordnete an: § 15a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 Satz 1 UStG in der Fassung des Gesetzes vom 20.12.200137 ist auch für Zeiträume vor dem 1.1.2002 anzuwenden, wenn der Unternehmer den Vorsteuerabzug auf Grund der von ihm erklärten Verwendungsabsicht in Anspruch genommen hat und die Nutzung ab dem Zeitpunkt der erstmaligen Verwendung mit den für den Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnissen nicht übereinstimmt.

35 BFH, Beseht. v. 27.2.2003- VB 166/02, BFHE 201,561 =UR 2003, 454. 36 Fassung des Gesetzes v . 20.12.2001, BGB!. I 2001, 3794. 37 Fassung des Gesetzes v. 20.12.2001, BGB!. I 2001, 3794.

59

BIRKENFELD, Grundstücke und Grundstücksgeschäfte in der Umsatzsteuer

Es bestehen dagegen gemeinschaftsrechtliche Zweifei38, ob der Gesetzgeber berechtigt war, auf diese Weise eine rückwirkende Steuerbelastung einzuführen. Außerdem ist nach nationalem Verfassungsrecht zu prüfen, ob dadurch eine unzulässige Rückwirkung eingeführt wurde und ob die Voraussetzungen hierfür vorlagen.39 Daraus folgt, dass M nicht mit einem Steueränderungsbescheid für 2000 zu rechnen braucht. Eine Vorsteuerberichtigung bei der Festsetzung der Umsatzsteuer für 2001 ist rechtswidrig. Ab 2002 muss M Vorsteuern berichtigen; denn nunmehr ist die ab 2002 geltende Vorsteuerberichtigungsvorschritt auch auf ihn anwendbar (vgl. § 27 Abs. 1 UStG). 1.4

Nachträgliche Verwendung, die zum Vorsteuerabzug berechtigt

Wenn die Entstehungsvoraussetzungen für den Vorsteuerabzug zwar dem Grunde nach (Art. 17 Abs. 1 der 6. EG-Richtlinie), aber nicht der Höhe nach (Art. 17 Abs. 2 der 6. EG-Richtlinie) im Besteuerungszeitraum der Eingangsleistungen gegeben sind, ist eine Vorsteuerberichtigung zugelassen, wenn sich die Verwendung der Eingangsleistungen während des Berichtigungszeitraums gegenüber dem ursprünglich nicht zugelassenen Vorsteuerabzug ändert. § 15a UStG wirkt zweischneidig, das heißt, die Vorschrift ist zu Gunsten und zu Lasten des Unternehmers anwendbar. Die Finanzbehörde ist nicht berechtigt, die Vorsteuerberichtigung deswegen zu versagen, weil der Steuerpflichtige keine Zuordnungserklärung abgegeben hat, wenn keine Zweifel daran bestehen, dass er die Eingangsleistungen für sein Unternehmen empfangen hat. Die mit einem Gegenstand des notwendigen Unternehmensvermögens beabsichtigten steuerfreien Ausgangsumsätze verpflichten den Unternehmer nicht, sich über eine Zuordnung zu erklären. Da er bei Eingangsleistungen, die nur unternehmerisch empfangen worden sind, keine Zuordnungswahl hat, braucht er sich auch nicht zu erklären.

38 39

60

Vgl. dazu EuGH, Urt. v. 29.4.2004 - Rs. C-487 /01 und C-7 /02 - Gerneente Leusden und Holin Groep BV, EuGHE 2004, I-5337 = UR 2004, 302. Vgl. dazu FG Köln, Urt. v . 19.1.2005-4 K 5815/03, StED 2005, 215- Leitsatz.

BIRKENFELD,

Grundstücke und Grundstücksgeschäfte in der Umsatzsteuer

Fall4 Nicht zum Vorsteuerabzug gestellte Bauplanung wird nachträglich für steuerpflichtige Vermietung verwendet

Mauke (M) hat von dem Architekten A aus Würzburg im Dezember 01 die Bauplanung für die Errichtung eines Geschäftshauses in Bamberg erhalten. Er hat aus der Rechnung des A über 100 000 € und 16000 € Umsatzsteuer keine Vorsteuer abgezogen, weil er das Gebäude steuerfrei vermieten wollte. Nach bestandskräftiger Ablehnung der Baugenehmigung verwendet er die Bauplanung im Mai 03 für ein Bauvorhaben in München, bei dem ein Geschäftshaus errichtet wird, das ab Dezember 03 steuerpflichtig vermietet wird. Kann noch Vorsteuer aus der Rechnung über die Bauplanung abgezogen werden?

P.

Lösungshinweise

Im Jahr 01 war der Vorsteuerabzugsanspruch für die berechnete Umsatzsteuer wegen der Bauplanung dem Grunde nach entstanden, der Höhe nach aber nicht gegeben. Der Vorsteuerabzugsanspruch entstand auch nicht nachträglich mit der erstmaligen Verwendung der Bauplanung im Jahr 03. Der Entstehungszeitpunkt des Vorsteuerabzugsanspruchs ist durch die Entstehung der Steuer für die empfangene Eingangsleistung festgelegt. Vielmehr berechtigt die Verwendung dieser Eingangsleistung nur zu einer Vorsteuerberichtigung. Die Vorsteuerberichtigung ist von der erstmaligen Verwendung der Eingangsleistung an (bis zum Ende des Vorsteuerberichtigungszeitraums) möglich, sofern diese vorsteuerabzugserheblich anders gegenüber dem ursprünglichen Vorsteuerabzug erfolgt. M kann im Jahr 03 somit Vorsteuer nur im Wege der Berichtigung (l/120 von 160000 € wegen der Verwendungsänderung ab Dezember 03) geltend machen.

61

BIRKENFELD, Grundstücke und Grundstücksgeschäfte in der Umsatzsteuer

2.

Rechnung als Ausübungsvoraussetzung für den Vorsteuerabzug

2.1

Entstehung und Ausübung

Bei richtlinienkonformer Beurteilung des Vorsteuerabzugs (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG) ist zwischen Entstehung des Rechts auf Vorsteuerabzug (Art. 17 Abs. 1 und 2 der 6. EG-Richtlinie) und der Ausübung dieses Rechts (Art. 18 der 6. EG-Richtlinie) zu unterscheiden. Aus Art. 18 Abs. 1 Buchst. a der 6. EG-Richtlinie i.V.m. Art. 22 Abs. 3 der 6. EG-Richtlinie folgt, dass die Ausübung des Rechts auf Vorsteuerabzug i.S.d. Art. 17 Abs. 2 Buchst. a der 6. EG-Richtlinie in der Regel an den Besitz der Originalrechnung oder des Dokuments geknüpft ist, das nach den vom jeweiligen Mitgliedstaat festgelegten Kriterien als Rechnung betrachtet werden kann.40 Der Vorsteuerabzug nach Art. 17 Abs. 2 der 6. EG-Richtlinie kann gern. Art. 18 Abs. 2 Unterabs. 1 der 6. EG-Richtlinie erst ausgeübt werden, wenn der Unternehmer eine ordnungsgemäße Rechnung besitzt. Die Ausübungsvoraussetzungen wirken nicht auf einen früheren Entstehungszeitpunkt zurück. Vielmehr müssen die Ausübungsvoraussetzungen zu den Entstehungsvoraussetzungen hinzutreten.41 Erst wenn die Voraussetzungen für die Entstehung und die Ausübung des Vorsteuerabzugsanspruchs vorliegen, ist der Vorsteuerabzug möglich. Die Lieferung von Gegenständen oder die Dienstleistung muss also bewirkt worden sein, und der Steuerpflichtige muss im Besitz einer Rechnung oder eines Dokuments sein, das nach den von den Mitgliedstaaten festgelegten Kriterien als an die Stelle der Rechnung tretend betrachtet werden kann.42 Der Gesetzgeber geht von der Annahme aus, dass ein Steuerpflichtiger grundsätzlich keine Zahlungen vornimmt und daher keine Vorsteuer abführt, bevor er eine Rechnung oder ein anderes, als Rechnung zu betrachtendes Dokument erhalten hat.

40 EuGH, Urt. v. 5.12.1996- Rs. C-85/95- Reisdorf, EuGH 1996, 1-6257 =UR 1997, 144- Rz. 22; EuGH, Urt. v. 29.4.2004- Rs. C-152/02- Terra Baubedarf-Handel GmbH, EuGHE 2004, 1-5583 = UR 2004, 323 - Rz. 32. 41 BFH, Urt. v. 1.7.2004 - V R 33/01, BStBI. I! 2004, 861 = UR 2004, 542 - Nachfolgeentscheidungzum EuGH-Urteil Terra Baubedarf.

42 EuGH, Urt. v. 29.4.2004 - Rs. C-152/02 - Terra Baubedarf-Handel GmbH, EuGHE 2004, 1-5583 = UR 2004, 323 - Rz. 34.

62

BIRKENFELD, Grundstücke und Grundstücksgeschäfte in der Umsatzsteuer

FallS Rechnung kommt verspätet (I)

Mauke (M) beginnt im Juni 02 in München mit dem Bau eines Gebäudes und empfängt Bauleistungen, für die Entgelte von 1 Mio. € vereinbart worden sind. Das Gebäude soll nachweisbar steuerpflichtig vermietet werden. Die Rechnung für diese Bauleistungen (1 Mio. € und 160000 € Umsatzsteuer) erhält er erst im September 03. Mauke hat 160000 € als Vorsteuer schon im Jahr 02 abgezogen.

111>-

Lösungshinweise

Der Vorsteuerabzug ist erst im September 03 möglich. Erst in diesem Besteuerungszeitraum sind sowohl die Entstehungs- als auch die Ausübungsvoraussetzungenfür den Vorsteuerabzug vorhanden. Die Steuerfestsetzung für 02 ist fehlerhaft. Der Unternehmer kann Vorsteuerbeträge erst in dem Besteuerungszeitraum abziehen, in dem die materiell-rechtlichen Anspruchsvoraussetzungen i.S.d. § 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG insgesamt vorliegen. Zu diesen Voraussetzungen gehört eine Rechnung mit gesondertem Umsatzsteuerausweis.43 Die Steuerfestsetzung muss geändert werden. Die Änderung ist auch möglich, wenn die Steuerfestsetzung schon unanfechtbar ist. Änderungsgrundlage ist dann§ 164 Abs . 2 AO oder§ 173 Abs. 1 Nr. 1 AO. 2.2

Entstehung, Ausübung und Verwendung

Die Ausübungsvoraussetzung folgt regelmäßig der Entstehung des Vorsteuerabzugsanspruchs nach. Deswegen ändern sich die Vorsteuerabzugsvoraussetzungen nicht, wenn zwischen Entstehung und Ausübung Verwendungsänderungen eintreten. Für die Entstehung des Vorsteuerabzugsanspruchs sind die sachlichen Voraussetzungen im Entstehungszeitpunkt maßgebend.44 Sie ändern sich nicht, wenn die Ausübung des entstandenen Anspruchs erst nach

43 44

BFH, Urt. v . 1.7.2004 - V R 33/01, BStBI. II 2004, 861 = UR 2004, 542 - Nachfolgeentscheidungzum EuGH-Urteil Terra Baubedarf. Vgl. auch BFH, Urt. v.22.2.2001- V R 77/96, BStBI. II 2003,426 =UR 2001, 260.

63

BIRKENFELD,

Grundstücke und Grundstücksgeschäfte in der Umsatzsteuer

einer gegenüber dem ursprünglichen Vorsteuerabzug geänderten Verwendung möglich ist, weil die Rechnung verspätet ausgegeben wird. Der geänderten Verwendung muss durch Vorsteuerberichtigung Rechnung getragen werden. Das kann in demselben Besteuerungszeitraum geschehen, in dem sich der verspätet ausübbare Vorsteuerabzug auswirkt. Fall 6 Rechnung kommt verspätet (II)

Mauke (M) beginnt im Juni 02 in München mit dem Bau eines Gebäudes und empfängt Bauleistungen, für die Entgelte von 1 Mio. € vereinbart worden sind. Das Gebäude soll nachweisbar steuerpflichtig vermietet werden. Die Rechnung für diese Bauleistungen (1 Mio. € und 160000 € Umsatzsteuer) erhält er erst im September 03. Ab August 03 ist das Gebäude beziehbar und wird steuerfrei vermietet, weil eine steuerpflichtige Vermietung nicht durchführbar war.

"._

Lösungshinweise

Der Vorsteuerabzugsanspruch für die im Juni 02 empfangenen Bauleistungen ist im Juni 02 entstanden, weil sie nachweisbar für besteuerte Umsätze durch Vermietung verwendet werden sollen. Der Vorsteuerabzug kann im Juni 02 aber noch nicht ausgeübt werden, weil M noch nicht im Besitz einer ordnungsgemäßen Rechnung ist. Die Rechnung über die im Juni 02 empfangenen Eingangsleistungen besitzt M erst im September 03. M ist nunmehr berechtigt, 160 000 € wegen der im Juni 02 an ihn ausgeführten Bauleistungen abzuziehen. Da er sie aber gegenüber diesem ursprünglichen Vorsteuerabzug abzugsschädlich verwendet, ist er zur Vorsteuerberichtigung (§ 15a Abs. 1 UStG) verpflichtet. Die tatsächliche Verwendung ab August 03 durch steuerfreie Vermietung (§ 4 Nr. 12 Buchst. a UStG) schließt den Vorsteuerabzugaus (§ 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG). Der Vorsteuerabzug kann aber nicht eher berichtigt werden, als Vorsteuer abgezogen worden ist. Die Berichtigung durch Rückforderung von Vorsteuerbeträgen ist somit nicht schon ab August 03, sondern erst ab September 03 durchzuführen.

64

BIRKENFELD,

Grundstücke und Grundstücksgeschäfte in der Umsatzsteuer

Gegen den vollständigen Abzug der Vorsteuerbeträge (von 160000 €) wegen der im Juni 02 empfangenen Bauleistungen im Voranmeldungszeitraum September 03 wird mit dem Anspruch auf Berichtigung der auf diesen Voranmeldungszeitraum entfallenden Vorsteuer (1/120 von 160000 €) saldiert. Fall 7

Rechnung kommt verspätet (111) Mauke beginnt im Juni 02 in München mit dem Bau eines Gebäudes und empfängt Bauleistungen, für die Entgelte von 1 Mio. € vereinbart worden sind. Das Gebäude soll nachweisbar steuerfrei vermietet werden. Die Rechnung für diese Bauleistungen (1 Mio. € und 160000 € Umsatzsteuer) erhält er erst im September 03. Das Gebäude wird im August 03 beziehbar. Es wird ab August 03 steuerpflichtig vermietet.

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Lösungshinweise

Entsteht der Vorsteuerabzugsanspruch nur in Höhe von 0 €, weil der Vorsteuerabzug der Höhe nach durch abzugsschädliche Verwendung ausgeschlossen ist, führen spätere vorsteuerabzugserhebliche Änderungen der Verwendung der Eingangsleistungen zu einer Vorsteuerberichtigung. Die Vorsteuerberichtigung kann der Unternehmer aber nicht eher beanspruchen, als er eine ordnungsgemäße Rechnung besitzt. Der Vorsteuerabzugsanspruch für die im Juni 02 empfangenen Bauleistungen ist dem Grunde, aber nicht der Höhe nach im Juni 02 entstanden, weil sie nachweisbar für steuerfreie Umsätze durch Vermietung verwendet werden sollten. Gegenüber diesem ursprünglich nicht zugelassenen Vorsteuerabzug hat sich die Rechtslage zu Gunstendes M durch die Verwendung der Bauleistungen ab August 03 durch steuerpflichtige Ausgangsumsätze (Vermietung) geändert. Mist zur Vorsteuerberichtigung berechtigt. Er kann eine Vorsteuerberichtigung durch Abzug von Vorsteuerberichtigungsbeträgen aber erst ausüben, wenn er eine ordnungsgemäße Rechnung besitzt.

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BIRKENFELD, Grundstücke und Grundstücksgeschäfte in der Umsatzsteuer

Die Ausübungsvoraussetzung für den Vorsteuerberichtigungsanspruch ist erst im September 03 vorhanden. Ab September 03 kann M monatlich 1f1 20 der Vorsteuer von 160000 € abziehen.

3.

Gebäude mit selbst genutzten Wohnräumen wird für Umsatzzwecke verwendet

Nach der Rechtsprechung des EuGH hat ein Steuerpflichtiger (= Unternehmer) die Wahl, ob der privat genutzte Teil eines gemischt genutzten einheitlichen Gegenstands für die Anwendung der 6. EGRichtlinie (insgesamt oder teilweise) zu seinem Unternehmen gehören soll oder nicht.45 Der Gegenstand wird gemischt genutzt, wenn er sowohl für Zwecke des Unternehmens als auch für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, verwendet wird . Ein einheitlicher Gegenstand, der sowohl für steuerpflichtige als auch für steuerfreie entgeltliche Umsätze verwendet wird, wird insgesamt als Gegenstand des Unternehmens verwendet. Nach der Rechtsprechung des EuGH kann sich der Steuerpflichtige dafür entscheiden, dass Investitionsgüter (das heißt z.B. Gebäude, Gebäudeteile), die sowohl für Unternehmerische als auch für private Zwecke verwendet werden, als Gegenstände des Unternehmens behandelt werden. Unter dieser Voraussetzung ist die beim Erwerb dieser Gegenstände geschuldete Umsatzsteuer grundsätzlich als Vorsteuer vollständig und sofort abziehbar.46 Die Verwendung der auf diese Weise dem Unternehmen zugeordneten Gegenstände (z.B. Gebäudeteile) ist nach § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG steuerbar, denn der Gegenstand hat insoweit auf Grund der Zuordnungsentscheidung des Unternehmers zum Vorsteuerabzug berechtigt. Als Bemessungsgrundlage für die steuerbare Verwendung des Gegenstands nach§ 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG sind die dabei entstehenden Ausgaben heranzuziehen(§ 10 Abs. 4 Nr. 2 Satz 1 UStG) . Dazu zählen auch die Anschaffungs- und 45

46

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EuGH, Urt. v . 4.10.1995 - Rs. C-291/92 - Armbrecht, EuGHE 1995, I-2775 = BStBI. II 1996, 392 = UR 1995, 485 - Rz. 20; EuGH, Urt. v. 8.3.2001 - Rs. C415/98- Bakcsi, EuGHE 2001, I-1831 =UR 2001, 149- Rz. 25. Vgl. EuGH, Urt. v.11.7.1991 - Rs. C-97 /90- Lennartz, EuGHE 1991, I-3795 = UR 1991, 291- Rz. 26; EuGH, Urt. v. 8.3.2001- Rs. C-415/98- Bakcsi, EuGHE 2001, I-1831 =UR 2001, 149- Rz. 25; EuGH, Urt. v. 8.5.2003- Rs. C-269/00Wolfgang Seeling, EuGHE 2003, I-4101 = BStBI. II 2004, 378 = UR 2003, 288m. Anm. Burgmaier = DStR 2003, 873.

BIRKENFELD,

Grundstücke und Grundstücksgeschäfte in der Umsatzsteuer

Herstellungskosten für den dem Unternehmen zugeordneten Gegenstand, den der Unternehmer nicht unternehmerisch verwendet (§ 10 Abs. 4 Nr. 2 Satz 2 UStG). Sie sind, wenn sie mehr als 500 E betragen, gleichmäßig auf einen Zeitraum zu verteilen47, der dem für Wirtschaftsgüter maßgeblichen Berichtigungszeitraum nach § 15a UStG entspricht(§ 10 Abs. 4 Nr. 2 Satz 3 UStG) . FallS

Gebäude mit steuerpflichtig vermieteten und selbst genutzten Wohnräumen

Mauke (M) errichtet ab Oktober 02 ein Gebäude, das er steuerpflichtig vermieten will. In dem Gebäude will er eine von zwei Etagen für eigene Wohnzwecke nutzen. Ihm sind im Dezember 02 Bauleistungen vom 500000 E und 80000 E Umsatzsteuer berechnet worden. Diese Umsatzsteuer meldet er insgesamt als Vorsteuer an. Mit Recht?

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Lösungshinweise

M kann die in einem Betriebsgebäude selbst bewohnten Wohnräume seinem Unternehmen zuordnen. Das Gebäude ist ein einheitlicher Gegenstand, das auch für eine entgeltliche besteuerte Umsatztätigkeit verwendet wird. Das eröffnet dem Unternehmer das Recht, die für Zwecke außerhalb des Unternehmens verwendeten Gebäudeteile dem Unternehmen zuzuordnen. Eine der Folgen einer positiv getroffenen Zuordnung besteht darin, dass das Wohnen in diesen dem Unternehmen zugeordneten Räumen den in § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG bezeichneten Steuertatbestand ausfüllt: Die Verwendung eines dem Unternehmen auf diese Weise zugeordneten Gegenstands für den privaten Bedarf des Steuerpflichtigen wird nach § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG (Art. 6 Abs. 2 Unterabs. 1 Buchst. a der 6. EG-Richtlinie) einer sonstigen Leistung (Dienstleistung) gegen Entgelt gleichgestellt. Besteuerungsgrundlage für diese Dienstleistung sind die Ausgaben für ihre Erbringung (§ 10 Abs . 4 Nr. 2 UStG; Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. c der 6. EG-Richtlinie), wenn der Gegenstand 47 Vgl. dazu auch Küffner/Zugmaier, DStR 2004, 2181.

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BIRKENFELD, Grundstücke und Grundstücksgeschäfte in der Umsatzsteuer zum vollen oder teilweisen Abzug der entrichteten Mehrwertsteuer berechtigt hat.48 M kann somit die Bauleistungen, die auf den selbst bewohnten, zugeordneten Gebäudeteil entfallen, für sein Unternehmen empfangen (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG). Die Voraussetzungen für die Entstehung des Vorsteuerabzugs sind nicht nur dem Grunde nach (Art. 17 Abs. 1 der 6. EG-Richtlinie), sondern auch der Höhe nach (Art. 17 Abs. 2 der 6. EG-Richtlinie) gegeben; denn ein Vorsteuerausschlussgrund (§ 15 Abs. 2 UStG) ist nicht vorhanden.49 Eine den Vorsteuerabzug ausschließende steuerfreie Verwendung (§ 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG) ist nicht gegeben. Bei richtlinienkonformer enger Auslegung der Steuerbefreiungsvorschriften darf die Verwendung von zugeordneten Unternehmensteilen, die der Unternehmer selbst bewohnt, nicht wie ein steuerfreier Umsatz durch Vermietung von Grundstücken (§ 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG; Art. 13 Teil B Buchst. b der 6. EG-Richtlinie) beurteilt werden. SO Begriffe in Steuerbefreiungsvorschriften (nach § 4 UStG; Art. 13 der 6. EG-Richtlinie) sind eng auszulegen. Sie sind Ausnahmen von dem allgemeinen Grundsatz, dass jede Dienstleistung, die ein Steuerpflich-

48 Vgl. EuGH, Urt. v.11.7.1991 - Rs. C-97 /90- Lennartz, EuGHE 1991, I-3795 = UR 1991, 291 - Rz. 26; EuGH, Urt. v. 8.3.2001 - Rs. C-415/98- Bakcsi, EuGHE 2001, I-1831 =UR 2001, 149; EuGH, Urt. v. 8.5.2003- Rs. C-269/00- Wolfgang Seeling, EuGHE 2003, I-4101 = BStBI. II 2004, 378 = UR 2003, 288 m. Anm. Burgmaier = DStR 2003, 873; BFH, Urt. v. 24.7.2003- V R 39/99, BStBI. II 2004, 371 = UR 2003, 539. 49 Vgl. dazu aus der Literatur: Zugmaier, DStR 2003, 876; Burgmaier, UR 2003, 293; Lohse, BB 2003, 1483; Pernegger, SWK Steuern, 428 - 15/2003; Serafini, GStB 2003, 317; kk, KÖSDI 2003, 13754; Vellen, UStB 2003, 191; Büchter-Hole, EFG 2003, 1131; Haunold, SWI 2003, 296; Gurtner, ÖStZ 2003, 334; Sikorski, NWB Fach 7, 6075 - 29/2003; Martin , BFH-PR 2003, 276; Wagner, UVR 2003, 236; Huschens, UVR 2003, 237; KFR Fach 7, UStG § 1, 3/03, 5 309-310- 9/2003; Hundt-Eßwein, KFR Fach 7, UStG § 1, 3/03, 5 309-310- 9/2003; Grune, AktStR 2003, 455; Dohrmann, StBp 2003, 274; Burgmaier, UStB 2003, 243; Reiß, UR 2003, 428; Hoffmann, GmbH-StB 2003, 271; Nieskens, UStB 2003, 311; Birkenfeld, NWB Fach 7, 6125 - 51/2003; Bathe, BC 2003, 259; Wagner, UVR 2003, 232; Küffner, DStR 2004, 119; Klenk, UR 2004, 145; Beiser, UVR 2004, 113; Dziadkowski, IStR 2004, 339; König, DStR 2004, 1072; HoffmannjRüsch, DStR 2004, 1075; Doege, DStZ 2004, 554; Dziadkowski, IStR 2004, 602. 50 BFH, Urt. v. 24.7.2003- V R 39/99, BStBI. II 2004, 371 =UR 2003,539.

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BIRKENFELD, Grundstücke und Grundstücksgeschäfte in der Umsatzsteuer tiger gegen Entgelt erbringt, der Umsatzsteuer unterliegt.51 Steuerbefreiungsvoraussetzungen sind mit ihrem Inhalt als autonome gemeinschaftsrechtliche Begriffe im nationalen Recht anzuwenden, um eine von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat unterschiedliche Anwendung des Mehrwertsteuersystems zu verhindern.52 Eine "Vermietung von Grundstücken" (Art. 13 Teil B Buchst. b der 6. EG-Richtlinie) ist nur vorhanden, wenn der Vermieter eines Grundstücks dem Mieter gegen Zahlung des Mietzinses für eine vereinbarte Dauer das Recht überträgt, seine Sache in Besitz zu nehmen und andere von ihr auszuschließen.53 Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt, wenn der Unternehmer ohne Mietzahlung und ohne Mietvertrag sein Unternehmensgebäude selbst bewohnt. Die Steuerbefreiung d er Grundstücksvermietung (§ 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG; Art. 13 Teil B Buchst. b der 6. EG-Richtlinie) darf nicht entsprechend auf eine In-sich-Vermietung, das heißt auf eine fiktive Vermietung des Steuerpflichtigen an sich selbst, erweitert werden. 54 Der Vorsteuerabzug ist damit auch für die Bauleistungen gerechtfertigt, die die als Wohnung verwendeten Teile des Betriebsgebäudes betreffen(§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG; Art. 17 Abs. 1, 2 der 6. EG-Richtlinie55). Der steuerpflichtige Umsa tz durch das Wohnen in Teilen des Betriebsgebäudes wird mit den dadurch entstehenden Ausgaben bemessen (Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. c i.V.m. Art. 6 Abs. 2 Buchst. a

51 Vgl. u.a. EuGH, Urt. v. 15.6.1989 - Rs. C-348/87 - Stichting Uitvoering Financiele Acties, EuGHE 1989, 1737 =UR 1991, 28 - Rz. 13; EuGH, Urt. v. 20.6.2002 - Rs. C-287/ 00 - Kommission/Deutschland, EuGHE 2002, I-5811 = UR 2002, 316- Rz. 43. 52 Vgl. u.a. EuGH, Urt. v. 25.2.1999 - Rs. C-349/ 96 - CPP, EuGHE 1999, I-973 = UR 1999, 254 - Rz. 15; EuGH, Urt. v. 20.6.2002 - Rs. C-287 / 00- Kommission/ Deutschland, EuGHE 2002, I-5811 = UR 2002, 316 - Rz. 44. 53 EuGH, Urt. v. 9.10.2001 - Rs. C-409/98 - Mirror Group, EuGHE 2001, I-7175 = UR 2001, 490 - Rz. 31; EuGH, Urt. v. 9.10.2001 - Rs. C-108/ 99 - Cantor Fitzgeraid International, EuGHE 2001, I-7257 = UR 2001, 494 - Rz. 21; EuGH, Urt. v. 8.5.2003 - Rs. C-269/ 00- Wolfgang Seeling, EuGHE 2003, I-4101 = BStBI. II 2004, 378 =UR 2003, 288 m. Anm. Burgmaier = DStR 2003, 873 - Rz. 49. 54 EuGH, Urt. v. 8.5.2003 - Rs. C-269/00- Wolfgang Seeling, EuGHE 2003, I-4101 = BStBI. II 2004, 378 = UR 2003, 288 m. Anm. Burgmaier = DStR 2003, 873. 55 BFH, Urt. v. 24.7.2003 - V R 39/99, BStBL II 2004, 371 = UR 2003, 539; BFH, Beschl. v. 8.1.2004- VB 191/ 03, BFH/NV 2004, 543.

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BIRKENFELD, Grundstücke und Grundstücksgeschäfte in der Umsatzsteuer

der 6. EG-Richtlinie), wenn der Gegenstand zum vollen oder teilweisen Abzug der entrichteten Mehrwertsteuer berechtigt hat. 56 Fall9 Gebäude mit steuerpflichtig vermieteten und selbst genutzten Wohnräumen

Das zuvor im Fall 8 geschilderte Gebäude ist im Dezember 03 beziehbar. Mauke (M) kann es gegen Entgelt nur steuerfrei vermieten. Im Übrigen bewohnt er es selbst. Was ist mit dem Vorsteuerabzug aus dem Vorjahr?

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Lösungshinweise

In allen Fällen, in denen ein Vorsteuerabzugsanspruch zu beurteilen ist, sind dafür die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse im Zeitpunkt seiner Entstehung (Art. 17 Abs. 1 i.V.m. Art. 10 Abs. 2 der 6. EGRichtlinie) maßgebend.57 Der Unternehmer ist deswegen zum Sofortabzug der Umsatzsteuer als Vorsteuer berechtigt, wenn er auch die Ausübungsvoraussetzungen (Art. 18 der 6. EG-Richtlinie) erfüllt. Dazu muss er eine Sofortentscheidung treffen, ob und in welchem Umfang er die Eingangsleistungen für sein Unternehmen und für besteuerte Umsätze empfängt. Das bedeutet, dass er eine Entscheidung über die Zuordnung von Eingangsleistungen treffen muss, wenn sie sich zu einem einheitlichen gemischt genutzten Gegenstand verbinden. Dies muss für jeden Leistungsbezug geschehen. Außerdem muss er im Besteuerungszeitpunkt des Leistungsbezugs entscheiden, ob er die Eingangsleistungen steuerpflichtig (nach Verzicht auf eine Steuerbefreiung) oder ob er sie steuerfrei verwenden will. Dazu muss er seine entsprechende Absicht durch objektive Beweisanzeichen verdeutlichen. Die Verwendungsabsicht ist eine innere Tatsache, die bei Zweifeln von demjenigen bewiesen werden muss, der

56 57

70

Vgl. dazu die Verwaltungsansicht des BMF, Sehr. v. 13.4.2004- IV B 7- S 7300 - 26/04, BStBI. I 2004, 469 =UR 2004, 329. BFH, Urt. v. 16.5.2002 - V R 56/00, BStBI. II 2006, 725 = UR 2002, 470 - Absichtsänderung; Klenk, UR 1998, 129.

BIRKENFELD, Grundstücke und Grundstücksgeschäfte in der Umsatzsteuer

sich auf sie beruft.58 Erkennbar werden die geschilderten Entscheidungen durch das Begehren auf Vorsteuerabzug. Die Absicht oder die Änderung der Absicht kann sich nicht rückwirkend auswirken. Ihre Aufgabe berechtigt auch nicht rückwirkend zur Änderung von Steuerfestsetzungen nach§ 164 Abs. 2 AO, § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 A0.59 Wenn der Unternehmer seine nachgewiesene Absicht, die Eingangsleistungen für besteuerte Umsätze zu verwenden, nicht verwirklichen kann, ist er zur Vorsteuerberichtigung verpflichtet.60 M ist berechtigt, die ihm im Dezember 02 für Bauleistungen berechnete Umsatzsteuer als Vorsteuer abzuziehen, wenn er nachweisen kann, dass er das mit den Bauleistungen errichtete Gebäude - wenigstens teilweise - für besteuerte Umsätze verwenden wollte. Er kann zu diesem Zweck für die beabsichtigte (teilweise) steuerpflichtige Vermietung des Gebäudes optieren. Die Option ist möglich, obwohl das Gebäude noch nicht vermietet wird.61 Anderenfalls könnte die Entscheidung über die Entstehung des Vorsteuerabzugsanspruchs nicht sofort, das heißt im Zeitpunkt der Entstehung der Steuer für die Bauleistungen, getroffen werden. M kann wegen der beabsichtigten teilweisen steuerpflichtigen Vermietung des geplanten Gebäudes die Gebäudeteile, die er für eigene Wohnzwecke nutzen will, seinem Unternehmen zuordnen. Er ist unter diesen Umständen berechtigt, auch die Umsatzsteuer, die auf diese Gebäudeteile entfallen, als Vorsteuer abzuziehen. Weil es nicht zu der beabsichtigten Verwendung durch steuerpflichtige Vermietung kommt, muss M die dafür abgezogenen Vorsteuerheträge nach § 15a Abs. 1 UStG ab Dezember 03 berichtigen. 58 BFH, Urt. v. 16.5.2002 - V R 56/00, BStBI. II 2006, 725 = UR 2002, 470 - Absichtsänderung.

59 BFH, Urt. v . 16.5.2002 - V R 56/00, BStBI. II 2006, 725 = UR 2002, 470 - Absich tsänderung.

60 Vgl. auch BFH, Urt. v. 16.5.2002- V R 56/00, BStBI. II 2006, 725 =UR 2002,470 - Absichtsänderung.

61 BFH, Urt. v. 8.3.2001 - V R 24/98, BStBI. II 2003, 430 = UR 2001, 214 - für steuerpflichtige Vermietung errichtetes Bürogebäude wird steuerfrei veräußert; BFH, Urt. v. 6.6.2002- V R 27/00, UR 2002, 603- Vorsteuerabzug bei beabsichtigter steu erpflichtiger Vermietung. Nur für die Änderung des Verzichts auf die Steuerbefreiung nach § 9 Abs. 1, 2 UStG müssen Umsätze wirklich ausgeführt werden, vgl. BFH, Urt. v . 16.5.2002- V R 56/00, BStBI. II 2006, 725 = UR 2002, 470 - Absichtsänderung.

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BlRKENFELD, Grundstücke und Grundstücksgeschäfte in der Umsatzsteuer

Die Verhältnisse wegen der selbst bewohnten Gebäudeteile haben sich nicht geändert. Es ist weder eine Entnahme dieser Gebäudeteile gegeben noch werden die Gebäudeteile anders als beabsichtigt verwendet. Die beim Vorsteuerabzug vorgenommene Zuordnung dieser Gebäudeteile zum Unternehmen ist ebenso wenig geändert worden, wie die Verwendung für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen(§ 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG). Diese steuerpflichtige Verwendung des Wohngebäudeteils dauert an. Weil sie plangemäß nach § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG mit der Bemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 4 Nr. 2 UStG besteuert wird, ist eine Vorsteuerberichtigung weder nach § 15a Abs. 1 UStG noch nach § 15a Abs. 4 UStG (vor 2005) zugelassen.

4.

Bagatellgrenze für die Zuordnung von Gegenständen zum Unternehmen

§ 15 Abs. 1 Satz 2 UStG bestimmt, dass nicht als für das Unternehmen ausgeführt die Lieferung, die Einfuhr oder der innergemeinschaftliche Erwerb eines Gegenstandes gilt, den der Unternehmer zu weniger als 10 v.H. für sein Unternehmen nutzt. Die Vorschrift ist zum 1.4.1999 in Kraft getreten. Eine solche Einschränkung ist in dem gemeinschaftsrechtlichen Konzept des Vorsteuerabzugs nicht vorgesehen - weder in Art. 17 der 6. EG-Richtlinie noch an anderer Stelle. Die Vorschrift schreibt keine Mindestnutzung eines Gegenstands für das Unternehmen vor.62 Deswegen bedarf die Vorsteuereinschränkung in§ 15 Abs. 1 Satz 2 UStG einer besonderen Ermächtigung nach Art. 27 der 6. EG-Richtlinie.63 Die Ermächtigung ist Deutschland durch die Entscheidung 2000/186/EG des Rates v. 28.2.200064 mit Rückwirkung auf den 1.4.1999 und befristet bis 31 .12.2002 (Art. 3 Abs. 1 und 2 Entscheidung 2000/186/EG des Rates) erteilt worden. Deutschland ist nach Art. 1 Entscheidung 2000/186/EG des Rates abweichend von Art. 17 Abs. 2 der 6. EGRichtlinie berechtigt, die Mehrwertsteuer auf Ausgaben für solche Gegenstände und Dienstleistungen vom Abzug auszuschließen, die zu

62 EuGH, Urt. v . 11.7.1991 - Rs. C-97 / 90- Lennartz, EuGHE 1991, I-3795 = UR 1991,291 m. Anm. Widmann . 63 Zur Einführung von Sondermaßnahmen nach Art. 27 der 6. EG-Richtlinie v gl. Widmann , UR 2005, 607. 64 ABl. EG Nr. L 59 v . 4.3.2000, 12 =UR 2000, 204. 72

BIRKENFELD, Grundstücke und Grundstücksgeschäfte in der Umsatzsteuer mehr als 90 v.H. für private Zwecke des Steuerpflichtigen oder seines Personals oder allgemein für unternehmensfremde Zwecke genutzt werden. Die Ermächtigung konnte aber nicht wirksam mit Rückwirkung erteilt werden. Der EuGH hat dies für die ebenfalls erteilte Ermächtigung (Art. 2 Entscheidung 2000/186/EG des Rates) zur Einschränkung des Vorsteuerabzugs auf 50 v.H. für Fahrzeuge, die nicht ausschließlich für betriebliche Zwecke genutzt werden (vgl. § 15 Abs. 1b UStG ab 1.4.199965), als nicht richtlinienkonform beurteilt.66 Die Gründe, die der EuGH für die Rechtswidrigkeit der Rückwirkung von Art. 2 Entscheidung 2000/186/EG des Rates dargelegt hat67, gelten gleichermaßen auch für Art. 1 Entscheidung 2000/186/EG des Rates. Die Entscheidung 2000/186/EG des Rates ist vor dem Ablauf ihrer Befristung bis 31.12.2002 (Art. 3 Abs. 1 und 2 Entscheidung 2000/186/EG des Rates) nicht verlängert worden. Erst durch die Entscheidung 2003/354/EG des Rates v. 13.5.200368 ist diese Ermächtigung für die Einschränkung des Vorsteuerabzugs auf Gegenstände, die der Unternehmer zu mindestens 10 v.H. für sein Unternehmen nutzt, bis zum 30.6.2004 verlängert worden. Eine Rückwirkung der Verlängerung ist der Entscheidung nicht zu entnehmen. Die Geltungsdauer der Ermächtigung endete somit mit Ablauf des 30.6.2004.69 Auch diese Ermächtigung ist abgelaufen, ohne dass sie vor ihrem Ablauf durch eine weitere Ermächtigung bestätigt worden ist.70 Erst durch die Entscheidung 2004/817 /EG des Rates vom 19.11.200471 ist die Ermächtigung für die Ausnahmeregelung bis zum 31.12.2009 verlängert worden. Der Rat rechtfertigt sie (Art. 27 Abs. 1 der 6. EG-

65 Vgl. dazu BMF, Sehr. v. 27.8.2004- IV B 7- S 7300- 70/04, BStBI. I 2004, 864 = UR 2004, 551. 66 EuGH, Urt. v. 29.4.2004- Rs. C-17 /01- Walter Sudholz, EuGHE 2004, I-4243 = BStBI. II 2004, 806 = UR 2004, 315; Anm. Burgmaier, UR 2004, 320. 67 BFH, Urt. v. 15.7.2004 - V R 30/00, BStBI. II 2004, 1025 = UR 2004, 535 Folgeentscheidung Sudholz. 68 ABI. EU Nr. L 123 v. 17.5.2003, 47. 69 So ausdrücklich Erwägungsgrund 4 Entscheidung 2004/817/EU des Rates v. 19.11.2004, ABI. EU Nr. L 357 v. 21.12.2004, 233. 70 Vgl. auch Küffner/Zugmaier, DStR 2005, 280. 71 ABI. EU Nr. L 357 v. 2.12.2004, 33 =UR 2005, 19.

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BIRKENFELD, Grundstücke und Grundstücksgeschäfte in der Umsatzsteuer

Richtlinie) durch die Notwendigkeit einer Vereinfachung der Erhebung der Mehrwertsteuer. § 15 Abs. 1 Satz 2 UStG schließt somit eine wirksame Zuordnung von Eingangsleistungen durch die Lieferung, die Einfuhr oder durch einen innergemeinschaftlichen Erwerb eines Gegenstands aus, den der Unternehmer zu weniger als 10 v.H. für sein Unternehmen nutzt.72 Die Zuordnungssperre wirkt aber nicht, wenn und solange die Vorschrift des § 15 Abs. 1 Satz 2 UStG nicht gemeinschaftsrechtlich durch Art. 27 Abs. 1 der 6. EG-Richtlinie gerechtfertigt war.73 Die Ermächtigung wirkt nicht schon mit dem Tag der Entscheidung des Rates, sondern erst mit dem Tag ihrer Bekanntmachung im Amtsblatt der Gemeinschaft.

FalllO Arbeitszimmer ist zu klein

Mauke (M) erwirbt im Juli 2004 ein Gebäude. Er will die Räume für eigene Wohnzwecke nutzen und im Umfang von 9 v.H. als Arbeitszimmer für selbständige schriftstellerische Tätigkeit verwenden. Das Finanzamt versagt den Vorsteuerabzug aus der Rechnung über den steuerpflichtigen Grundstückserwerb unter Hinweis auf § 15 Abs. 1 Satz 2 UStG.

...

Lösungshinweise

M kann das Gebäude seinem Unternehmen zuordnen. Er hat einen Gebäudeteil im Umfang seines Arbeitszimmers für sein Unternehmen mit steuerpflichtigen Umsätzen durch schriftstellerische entgeltliche Tätigkeit empfangen. Er hat dadurch das Wahlrecht erlangt, das übrige für eigene Wohnzwecke genutzte Gebäude seinem Unternehmen zuordnen. Dies hat er durch sein Vorsteuerabzugsbegehren ausgeübt. § 15 Abs. 1 Satz 2 UStG steht nicht entgegen, weil die Vorschrift im Zeitpunkt der Entstehung des Vorsteuerabzugsrechts gemeinschafts72 73

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Zur Zuordnung eines Gegenstandes zum Unternehmen vgl. BMF, Sehr. v. 30.3.2004- IV B 7- S 7300- 24/04, 451, BStBI. I 2004, 451 =UR 2004, 260. Vgl. die Erörterung in der Literatur: Grett, OB 2000, 639; Dziadkowski, BB 2000, 647; Vellen, UR 2000, 155; Lohse, IStR 2000, 232; Grett, UR 2000, 181; Leonhard/ Szczekalla, UR 2000, 195; Birkenfeld, NWB Fach 7, 5211 - 20/2000; Grett, DStR 2000, 863; Lohse, Die Zuordnung im Mehrwertsteuerrecht (Schriften zum Umsatzsteuerrecht Band 13), Köln 1999, S. 244.

BIRKENFELD, Grundstücke und Grundstücksgeschäfte in der Umsatzsteuer

rechtlich nicht gerechtfertigt war. Die Ermächtigung für § 15 Abs. 1 Satz 2 UStG durch die Entscheidung 2003/354/EG des Rates v. 13.5.2003 war mit Ablauf des 30.6.2004 außer Kraft getreten. Die Entscheidung 2004/817 /EG des Rates vom 19.11.2004 war noch nicht wirksam. M konnte sich im Juli 2004 auf Art. 17 Abs. 1 und 2 der 6. EG-Richtlinie in der Auslegung durch den EuGH74 berufen. Danach gibt es keine Vorschrift, nach der das Recht auf Vorsteuerabzug davon abhängt, dass die Verwendung eines Gegenstands für Zwecke wirtschaftlicher Tätigkeiten ein bestimmtes Mindestmaß erreicht. Daraus folgt, dass M die Vorsteuer aus der Rechnung über den Erwerb des Grundstücks mit seinem Arbeitszimmer insgesamt abziehen kann. Die Verwendung des Gebäudes für Wohnzwecke unterliegt der Besteuerung nach§ 3 Abs. 9a Nr. 1 i.V.m. § 10 Abs. 4 Nr. 2 UStG. Ungeklärt ist, ob M zur Vorsteuerberichtigung verpflichtet ist, weil ab November 2004 eine gesetzliche Einschränkung des Zuordnungsrechts gern. § 15 Abs. 1 Satz 2 UStG vorhanden war. Die gemeinschaftsrechtlich gebotene Ermächtigung für die Wirksamkeit dieser Vorsteuereinschränkung war durch die Entscheidung 2004/817 /EG des Rates vom 19.11.2004 vorhanden. Grundsätzlich kann eine Vorsteuerberichtigung auch wegen einer Gesetzesänderung geboten sein.75 Die Gesetzesänderung und die Gründe für eine Vorsteuerberichtigung nach§ 15a Abs. 1 und Abs. 4 UStG (vor 2005) bezogen sich bisher auf die Verwendung der Eingangsleistungen für besteuerte Umsätze (vgl. § 15 Abs. 2 UStG), nicht auf die Vorsteuerabzugsvoraussetzungen dem Grunde nach (§ 15 Abs. 1 UStG76). Derartige Änderungen (Änderung der Unternehmereigenschaft) sind unter besonderen Voraussetzungen (vg. § 15a Abs. 7 UStG ab 2005), sonst nach Vorschriften der Abgabenordnung zu beurteilen. Zuordnungsänderungen durch Entnahme von Gegenständen aus dem Unter74 75 76

EuGH, Urt. v . 11 .7.1991 - Rs. C-97 /90- Lennartz, EuGHE 1991, I-3795 = UR 1991, 291- Rz. 27 ff.; Anm. Widmann , UR 1991, 294. EuGH, Urt. v. 29.4.2004- Rs. C-487 /01 und C-7 /02- Gerneente Leusden und Holin Groep, EuGHE 2004, I-5337 = UR 2004, 302- Rz. 51 ff. BFH, Urt. v. 16.12.1993 - V R 65/92, BStBl. II 1994, 437 = UR 1994, 227 m. Anm. Nieskens - fehlerhafte Beurteilung der Verwendung; BFH, Urt. v. 27.6.1991 -V R 106/86, BStBL II 1991, 860 = UR 1991, 317- Fehlbeurteilung des Leistungsbezugs; vgl. dazu Birkenfeld, Umsatzsteuer-Handbuch, § 198 Rz. 825- Lfg. 13, Nov. 1996.

75

BIRKENFELD, Grundstücke und Grundstücksgeschäfte in der Umsatzsteuer

nehmen führen nur zu einer Vorsteuerberichtigung, wenn der Entnahmesteuertatbestand - eine Form der Verwendung der Eingangsleistungen - anders als beim ursprünglichen Vorsteuerabzug zu beurteilen ist. Zuordnungsänderungen durch Einlagen von Gegenständen berechtigen nicht nachträglich zur Vorsteuerberichtigung. Selbst wenn Art. 20 Abs. 1 Buchst. a und b der 6. EG-Richtlinie keine abschließende Regelung über die Tatbestände der Vorsteuerberichtigung trifft und Art. 20 Abs. 2 der 6. EG-Richtlinie sie bei jeder Änderung der Faktoren, die bei der Festsetzung des Vorsteuerabzugsbetrages berücksichtigt worden ist, zulässt, stellt§ 15a Abs. 1 bis 3 UStG (ab 2005; vorher § 15a Abs. 1 UStG) auf die Änderung der Verwendung der Eingangsleistungen durch Ausgangsumsätze ab. Der Unternehmer kann sich auf das ihm günstigere nationale Recht berufen, wenn dies eine Regelung zu seinem Nachteil nicht übernommen hat.77 Eine Änderung der Ausgangsumsätze ist im Beispielsfall nicht vorhanden. Deswegen unterbleibt ab November 2004 eine Vorsteuerberichtigung. Kurzüberblick: Mindestgrenze für die Unternehmerische Nutzung Zeitraum

Besteuerungsnorm

Vorsteuerabzug

Vor dem 1.4.1999

§ 15 Abs. 1-4 UStG

Keine Begrenzung.

1.4.1999- 4.3.2000

Art. 17 Abs. 1-5 der 6. EG-Richtlinie; § 15 Abs. 1-4 UStG

§ 15 Abs . 1 Satz 2 UStG ist richtlinienwidrig.

5.3.2000- 31.12.2002

§ 15 Abs. 1 Satz 2 UStG

Mindestnutzung von 10 % ist wirksam.

1.1.2003- 15.5.2003

§ 15 Abs. 1-4 UStG; Art. 17 Abs. 1-5 der 6. EG-Richtlinie

§ 15 Abs. 1 Satz 2 UStG ist richtlinienwidrig, weil die Abweichung nicht genehmigt ist.

77 Das schließt nicht aus, dass sich der Unternehmer bei einer Fehlbeurteilung seiner Unternehmereigenschaft oder des Leistungsbezugs auf eine Vorsteuerberichtigung zu seinen Gunsten nach Art. 20 der 6. EG-Richtlinie berufen kann. Der EuGH muss dann auslegen, ob die Änderung der Faktoren, die bei der Festsetzung des Vorsteuerabzugsbetrages (nicht) berücksichtigt werden, sämtliche Voraussetzungen nach Art. 17 Abs. 2 der 6. EG-Richtlinie umfassen.

76

BIRKENFELD,

Grundstücke und Grundstücksgeschäfte in der Umsatzsteuer

Zeitraum

16.5.2003 - 30.6.2004

Besteuerungsnorm

Vorsteuerabzug

§ 15 Abs. 1 Satz 2 UStG;

Mindestnutzung von 10 % ist wirksam.

Art. 27 der 6. EG-Richtlinie

1.7.2004- 1.12.2004

§ 15 Abs. 1-4 UStG;

Art. 17 Abs. 1-5 der 6. EG-Richtlinie

2.12.2004- 31.12.2009 § 15 Abs. 1-4 UStG; Art. 17 Abs. 1-5 der 6. EG-Richtlinie

5.

Mindestnutzung von 10 % ist richtlinienwidrig, weil sie nicht mehr genehmigt worden ist. Mindestnutzung von 10% ist wirksam.

Übersicht über wichtige Entscheidungen des EuGH zur Umsatzsteuer im Zusammenhang mit Grundstücksumsätzen ab 1990 EuCH-Entscheidung

Rechtsgrundlage

Entscheidungsergebnis

EuGH, Urt. v. 20.6.1991 - Rs. C-60/90- Polysar, EuGHE 1991, 1-3111 = UR 1993,119 m . Anm. Weiß

Art. 4 Abs. 1, 2 und 4, Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 5, Art. 17 Abs. 3 Buchst. c der 6. EG-Richtlinie

Eine Holdinggesellschaft ohne geschäftsleitende Tätigkeit ist nicht Steuerpflichtige und nicht zum Vorsteuerabzug befugt.

EuGH, Urt. v. 11.7.1991 - Rs. C-97 /90- Lennartz, EuGHE 1991, 1-3795 =UR 1991, 291 m. Anm. Widmann

Art. 4 Abs. 2, Art. 6 Abs. 2, Art. 11 Teil A Abs. 1, Art. 17 Abs. 1, 2 und 5, Art. 20 Abs. 2, Art. 27 Abs. 1 und 5 der 6. EGRichtlinie

Beurteilung der wirtschaftliehen Tätigkeit; Sofortabzug der Vorsteuer hängt nicht von einer Mindestnutzung eines Gegenstands für das Unternehmen ab; kein nachträglicher Vorsteuerabzug für Sacheinlagen aus dem Privatvermögen; eine sofortige Verwendung von Gegenständen für besteuerte Umsätze ist nicht Voraussetzung für eine Vorsteuerberichtigung.

77

BIRKENFELD,

Grundstücke und Grundstücksgeschäfte in der Umsatzsteuer

EuCH-Entscheidung

Rechtsgrundlage

Entscheidungsergebnis

EuGH, Urt. v. 6.5.1992Rs. C-20/91- de Jong, EuGHE 1992, I-2847 = UR 1994,309

Art. 5 Abs. 6, Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. b der 6. EG-Richtlinie

Gegenstand des Entnahmeeigenverbrauchs, wenn Bauunternehmer auf privatem Grundstück für sich ein Wohnhaus mit Unternehmensmitteln herstellt.

EuGH, Urt. v. 12.11.1992 Art. 26 der 6. EGRichtlinie - Rs. C-163/91- van Ginkel, EuGHE 1992, I-5723 =UR 1995, 302

Art. 26 der 6. EG-Richtlinie ist auch anwendbar, wenn dem Reisenden nur eine Ferienwohnung überlassen wird.

EuGH, Urt. v. 16.12.1992 Art. 33 der 6. EG- Rs. C-208/91 -Beau- Richtlinie lande, EuGHE 1992, I-6709 = UR 1993, 118

Grunderwerbsteuer ist keine umsatzsteuergleiche Steuer.

EuGH, Urt. v. 25.5.1993 Art. 6 Abs. 2 - Rs. C-193/91Buchst. a der Mohsche, EuGHE 1993, 6. EG-Richtlinie 1-2615 = BStBl. II 1993, 812 =UR 1993,309 m. Anm. Widmann

Steuerbarkeit des Verwendungseigenverbrauchs, Berufbarkeit.

EuGH, Urt. v. 15.12.1993 Art. 13 Teil B - Rs. C-63/92- LubBuchst. b der bock Fine, EuGHE 1993, 6. EG-Richtlinie I-6665 = BStBl. II 1995, 480 = UR 1996, 90

Unternehmer-Mieter verzichtet gegen Entgelt auf Ausübung von Rechten aus einem Grundstücksmietvertrag.

EuGH, Urt. v . 11.8.1995 - Rs. C-453/93- Bulthuis-Griffioen, EuGHE 1995, I-2341 =UR 1995, 476 m . Anm. Lohse

Art. 4 Abs . 5, Art. 13 Teil B Buchst. b der 6. EG-Richtlinie

Steuerbarkeit der Vermietung von Parkplätzen durch öffentliche Einrichtungen.

EuGH, Urt. v. 4.10.1995 - Rs. C-291/92- Armbrecht, EuGHE 1995, 1-2775 = BStBl. II 1996, 392 =UR 1995, 485

Art. 4, Art. 5 Abs . 1, Art. 17 Abs. 2, Art. 20 Abs. 2 der 6. EGRichtlinie

Zuordnung von Gegenständen zum Unternehmen.

78

BIRKENFELD, Grundstücke und Grundstücksgeschäfte in der Umsatzsteuer EuCH-Entscheidung

Rechtsgrundlage

Entscheidungsergebnis

EuGH, Urt. v. 14.12.1995 - Rs. C-16/95- Kornmission/ Spanien, EuGHE 1995, 1-4883 = StRK 8. USt-RL EWG R. 1 = HFR 1996, 223

Art. 4 Abs. 5, Art. 13 Teil B Buchst. b der 6. EG-Richtlinie

Steuerbarkeit der Vermietung von Parkplätzen durch öffentliche Einrichtungen.

EuGH, Urt. v. 29.2.1996 - Rs. C-110/94- INZO, EuGHE 1996, 1-857 = BStBI. II 1996, 655 =UR 1996, 116m. Anm. Widmann

Art. 4 Abs. 1 und 2, Art. 17 Abs. 2, Art. 18 Abs. 4, Art. 22 der 6. EGRichtlinie

Vorsteuerabzug einer Gesellschaftmit Leistungsbezügen, aber keinen Umsätzen.

EuGH, Urt. v . 28.3.1996 - Rs. C-468/93Gerneente Emmen, EuGHE 1996, 1-1721 = UR 1996,297

Art. 4 Abs. 3 Erschließungsgrad von Buchst. b, Art. 13 Baugrundstücken. Teil B Buchst. h der 6. EG-Richtlinie

EuGH, Urt. v. 11.7.1996 - Rs. C-306/94- Regie dauphinoise, EuGHE 1996, 1-3695 =UR 1996, 304

Art. 2 Nr. 1, Art. 4 Abs. 1, Art. 13 Teil B, Art. 16, Art. 19 Abs. 2 der 6. EG-Richtlinie

Fremdgeldanlage eines Immobilienmaklers.

EuGH, Urt. v. 26.9.1996 - Rs. C-230/94- Renate Enkler, EuGHE 1996, 1-4517 =UR 1996, 418 m. Anm. Widmann

Art. 4 Abs. 1 und 2, Art. 6 Abs. 1 der 6. EGRichtlinie

Verlustvermietung als Unternehmertätigkeit

EuGH, Urt. v . 6.2.1997Rs. C-247 /95- Marktgemeinde Weiden, EuGHE 1997, 1-779 = BStBl. II 1999, 426 = UR 1997,261 m. Anm. Stadie

Art. 4 Abs. 1, 2 und 5, Art. 13 Teil B Buchst. b, Art. 13 Teil C Abs. 2, Art. 17 der 6. EG-Richtlinie

Steuerbarkeit von Vermietungsleistungen durch eine juristische Person des öffentliehen Rechts.

EuGH, Urt. v. 3.7.1997- Art. 2 Nr. 1, Art 13 Ausdehnung der SteuerRs. C-60/96Teil B Buchst. b befreiungfür die GrundKommission/Frankder 6. EG-Richtlinie stücksvermietung. reich, EuGHE 1997, 1-3827 =UR 1997, 443

79

BIRKENFELD,

Grundstücke und Grundstücksgeschäfte in der Umsatzsteuer

EuGH-Entscheidung

Rechtsgrundlage

Entscheidungsergebnis

EuGH, Urt. v. 15.1.1998 Art. 17 Abs. 2, - Rs. C-37 /95- Ghent Art. 20 Abs. 3 der Coal, EuGHE 1998, I-1 = 6. EG-Richtlinie UR 1998,149

Vorsteuerabzug trotz Nichtverwendung der bezogenen Leistungen; Vorsteuerberichtigung.

EuGH, Urt. v. 12.2.1998 Art. 13 Teil B - Rs. C-346/95- Elisa- Buchst. b der beth Blasi, EuGHE 1998, 6. EG-Richtlinie I-481 = UR 1998, 189

Abgrenzung von steuerfreier und steuerpflichtiger Vermietung bei vorübergehender Unterbringung von Aussiedlern.

EuGH, Urt. v. 3.12.1998 - Rs. C-381/97Belgocodex SA, EuGHE 1998, I-8153 =UR 1999, 203

Art. 13 Teil C der 6. EG-Richtlinie; Art. 2 Richtlinie 227/67

Aufhebung des Rechts, für Grundstücksvermietungen zu optieren.

EuGH, Urt. v. 29.4.1999 - Rs. C-136/97- Norbury Developments Ltd, EuGHE 1999, I-2491 =UR 1999, 326

Art. 28 Abs. 3 Buchst. b, Anhang F Nr. 16 der 6. EG-Richtlinie

Vorsteuerabzug bei der Lieferung von Baugrundstücken; Änderung der Steuerpflichtfür Grundstückslieferungen.

EuGH, Urt. v. 27.1.2000 Art. 4 Abs. 1 der - Rs. C-23/98- Heerma, 6. EG-Richtlinie EuGHE 2000, I-419 = UR 2000,121

Steuerbarkeit der Verpachtung eines Grundstücks durch einen Gesellschafter an die Gesellschaft.

EuGH, Urt. v. 3.2.2000- Art. 13 Teil B Rs. C-12/98- AmenBuchst. b der gual Far, EuGHE 2000, 6. EG-Richtlinie I-538 = UR 2000, 123

Steuerbefreiung der Grundstücksvermietung.

EuGH, Urt. v. 21 .3.2000 - Rs. C-110/98 bis C-147 /98- Gabalfrisa SL u.a., EuGHE 2000, I-1577 =UR 2000, 208

Art. 4 Abs. 1 und 2, Art. 17, Art. 22 Abs. 1 und 8 der 6. EG-Richtlinie; Art. 177 EGV

Voraussetzungen für die Ausübung des Rechts auf Vorsteuerabzug in der Gründungsphase.

EuGH, Urt. v. 8.6.2000Rs. C-98/98- Midland Bank, EuGHE 2000, I-4177 =UR 2000, 342

Art. 13 Teil B Buchst. d, Art. 17 Abs. 2, 3 und 5 der 6. EG-Richtlinie

Zusammenhang für die Zurechnungbezogener DienstIeistungen zu steuerpflichtigenund steuerfreien Ausgangsumsätzeneiner Bank.

80

BIRKENFELD, Grundstücke und Grundstücksgeschäfte in der Umsatzsteuer

EuGH-Entscheidung

Rechtsgrundlage

Entscheidungsergebnis

EuGH, Urt. v. 8.6.2000Rs. C-396/98- GrundStücksgemeinschaft Schloßstraße, EuGHE 2000, 1-4279 = BStBl. II 2003, 446 =UR 2000, 336 m . Anm. Widmann

Art. 13 Teil B Buchst. b, Teil C, Art. 17 der 6. EGRichtlinie

Bestand des Vorsteuerabzugsanspruchs nach Verschärfungder Voraussetzungen für die Option wegen Grundstücksumsätzen.

EuGH, Urt. v. 8.6.2000Rs. C-400/98- Brigitte Breitsohl, EuGHE 2000, 1-4352 = BStBI. II 2003, 452 = UR 2000, 329 m . Anm. Widmann

Art. 4 Abs. 1, Art. 17 Abs. 1 und 2, Art. 28 der 6. EG-Richtlinie

Vorsteuerabzug eines erfolglosen Unternehmers; Option umfasst die Lieferung von Grund und Boden mit Gebäude.

EuGH, Urt. v. 12.9.2000 - Rs. C-276/97- Kornmission/ Frankreich, EuGHE 2000, 1-6251 = StRK 6. USt-RL Art. 4 R. 24 EuGH, Urt. v. 12.9.2000 - Rs. C-358/97- Kornmissionjlrland, EuGHE 2000, I-6301 = StRK 6. USt-RL Art. 4 R. 25 EuGH, Urt. v. 12.9.2000 - Rs. C-359/97- Kornmission/Vereinigtes Königreich, EuGHE 2000, 1-6301 =UR 2000, 518 m . Anm. Huschens EuGH, Urt. v . 12.9.2000 - Rs. C-408/97- Kornmission/ Niederlande, EuGHE 2000, 1-6417 = UR 2000,527 EuGH, Urt. v . 12.9.2000 - Rs. C-260/98- Kornmission/ Griechenland, EuGHE 2000, I-6537; Wohlfart, UStB 2000, 297

Art. 4 Abs. 5, Art. 13 Teil B Buchst. b der 6. EG-Richtlinie

Steuerbarkeit der Zulassung zur Straßenbenutzung gegen Gebühr durch öffentliche Einrichtungen und Gesellschaften des privaten Rechts. Begriff der Dienstleistung und der "Vermietung und Verpachtung von Grundstücken". Mehrwertsteuereigenmittel. Rechtssicherheit vor Berichtigung von Nachforderungen nach vier Jahren.

81

BIRKENFELD,

Grundstücke und Grundstücksgeschäfte in der Umsatzsteuer

EuCH-Entscheidung

Rechtsgrundlage

Entscheidungsergebnis

EuGH, Urt. v. 19.9.2000 Art. 21 Nr. 1 Buchst. c der - Rs. C-454/986. EG-Richtlinie Schmeink & Cofreth und Manfred Strobel, EuGHE 2000, I-6973 = UR 2000,470

Voraussetzungen, Umfang und Verfahren von Rechnungsberichtigungen.

EuGH, Urt. v. 19.9.2000 Art. 17 Abs. 6, - Rs. C-177 /99 und Art. 27 der 6. EGC-181/99- Ampafrance Richtlinie und Sanofi Synthelabo, EuGHE 2000, I-7013 = UR 2000, 474 m . Anm. Wäger

Verhältnismäßigkeit bei Sondermaßnahmenzum Ausschlussvom Vorsteuerabzug.

EuGH, Urt. v. 14.11.2000 Art. 17 Abs. 5, Art. 19 der 6. EG- Rs. C-142/99- Floridienne SA und BergRichtlinie invest SA, EuGHE 2000, I-9567 =UR 2000, 530

Berechnung des anteiligen abziehbaren Vorsteuerbetrages bei einer teilweise steuerpflichtigen Holdinggesellschaft.

EuGH, Urt. v. 14.12.2000 - Rs. C-446/98- Cämara Municipal do Porto, Fazenda Ptiblica, EuGHE 2000, I-11435 = UR 2001, 108 m . Anm. Widmann

Art. 4 Abs. 5, Art. 13 Teil B Buchst. b der 6. EG-Richtlinie

Steuerbarkeit der Vermietung von Parkplätzen durch öffentliche Einrichtungen.

EuGH, Urt. v . 18.1 .2001 - Rs. C-83/99- Kornmission/ Spanien, EuGHE 2001, I-445 = UR 2001,210

Art. 12 Abs. 3 Buchst. a der 6. EG-Richtlinie

Ermäßigter Steuersatz für Straßenbenutzung nicht richtlinienkonform.

EuGH, Urt. v. 18.1 .2001 - Rs. C-150/99- Stockholm Lindöpark AB, EuGHE 2001, I-493 = UR 2001,153

Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m, Teil B Buchst. b der 6. EG-Richtlinie

Vermietung von Sportanlagen, Umsätze durch Ausübung von Sport und Körperertüchtigung, Berufbarkeit, Schadensersatz.

82

BIRKENFELD,

Grundstücke und Grundstücksgeschäfte in der Umsatzsteuer

EuGH-Entscheidung

Rechtsgrundlage

Entscheidungsergebnis

EuGH, Urt. v . 22.2.2001 - Rs. C-408/98- Abbey National plc, EuGHE 2001, I-1361 =UR 2001, 1361 =UR 2001,164 m . Anm. Wäger

Art. 5 Abs. 8, Art. 17 Abs. 2 Buchst. a der 6. EG-Richtlinie

Vorsteuerabzug aus Rechnungenüber Dienstleistungen zur Übertragung eines Gesamt- oder Teilvermögens (Geschäftsveräußerung).

EuGH, Urt. v. 27.9.2001 - Rs. C-16/00 - Cibo Participations, EuGHE 2001, I-6663 = UR 2001, 500 m. Anm. Wäger

Art. 4 Abs. 1 und 2, Art. 13 Teil B Buchst. d, Art. 17 Abs. 2 Buchst. a, Abs. 5 der 6. EG-RichtIinie

Unternehmereigenschaft einer geschäftsleitenden Holding; Vorsteuerabzug für Leistungen, die die Holding beim Erwerb einer Beteiligung an einer Tochtergesellschaftbezogen hat; Dividendenbezug der Holding.

EuGH, Urt. v . 4.10.2001 - Rs. C-326/99- Stichting Goed Wonen, EuGHE 2001, I-6831 = UR 2001,484

Art. 5 Abs. 3, Art. 13 Teil B Buchst. b, Teil C Buchst. a der 6. EG-Richtlinie

Befugnis eines Mitgliedstaates, dingliche Rechte an einem Grundstück als Lieferung zu beurteilen, wenn der dafür gezahlte Bruttobetrag mindestens dem wirtschaftIichen Wert des Grundstücks entspricht; Steuerbefreiung für Grundstücksvermietung auch für Nießbrauchsbestellung zulässig.

EuGH, Urt. v. 9.10.2001 Art. 13 Teil B - Rs. C-409/98- Mirror Buchst. b der Group plc, EuGHE 6. EG-Richtlinie 2001, I-7175 =UR 2001, 490

Eingehen einer MietvertragsVerpflichtung durch Abschluss eines Mietvertrags, Ausübung einer dafür vereinharten Option und Annahme eines Mietangebots durch den Mieter gegen Entgelt sind keine steuerbaren Dienstleistungen an den Vermieter.

EuGH, Urt. v. 9.10.2001 Art. 13 Teil B - Rs. C-108/99- Cantor Buchst. b der Fitzgerald, EuGHE 6. EG-Richtlinie 2002, I-7257 = UR 2001, 494

Übernahme eines Mietvertrages vom Mieter gegen Entgelt durch einen Dritten ist nicht steuerfrei.

83

BIRKENFELD, Grundstücke und Grundstücksgeschäfte in der Umsatzsteuer

EuCH-Entscheidung

Rechtsgrundlage

Entscheidungsergebnis

EuGH, Urt. v . 16.1 .2003 Art. 13 Teil B - Rs. C-315/00- Maier- Buchst. b der 6. hofer, EuGHE 2003, EG-Richtlinie I-563 =UR 2003, 86; Anm. Gründwald/Pogodda, UR 2003, 189

Vermietung von in Fertigbauweise errichtetem Gebäude ohne den Grund und Boden ist steuerfreie GrundStücksvermietung im Sinne der 6. EG-Richtlinie; Grundstücksbegriff.

EuGH, Urt. v. 8.5.2003Rs. C-269/00 -Wolfgang Seeling, EuGHE 2003, I-4101 = BStBI. II 2004, 378 =UR 2003, 288 m. Anm. Burgmaier

Die dem Unternehmensvermögen zugeordneten Gebäudeteile, die der Unternehmer für private Wohnzwecke nutzt, verwendet er durch einen steuerpflichtigen Umsatz, wenn er in dem Gebäude eine steuerpflichtige Tätigkeit ausführt; er ist auch insoweit zum Vorsteuerabzug berechtigt.

Art. 6 Abs. 2 Unterabs. 1 Buchst. a, Art. 13 Teil B Buchst. b der 6. EG-Richtlinie

EuGH, Urt. v. 12.6.2003 Art. 13 Teil B - Rs. C-275/01 - Sindair Buchst. b der Collins, EuGHE 2003, I- 6. EG-Richtlinie 5965 =UR 2003, 348

Aufstellen von Zigarettenautomaten in Geschäftsräumen ist keine steuerfreie Grundstücksvermietung.

EuGH, Urt. v. 29.4.2004 - Rs. C-487 I 01 und C-7 /02- Gerneente Leusden und Holin Group, EuGHE 2004, I-5337 =UR 2004, 302

Vorsteuerberichtigung ist auch im Fall der Gesetzesänderung zugelassen.

Art. 5 Abs. 7 Buchst. a, Art. 13 Teil B Buchst. b, Art. 17, Art. 20 Abs. 2 der 6. EGRichtlinie

EuGH, Urt. v. 9.9.2004- Art. 13 Teil B Rs. C-269/03- Vermie- Buchst. b und c der tungsgesellschaft Ob6. EG-Richtlinie jekt Kirchberg, EuGHE 2004, I-8067 =UR 2004, 533

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Nach Art. 13 Teil C Abs. 1 und 2 der 6. EG-Richtlinie kann ein Mitgliedstaat den Verzicht auf die Steuerbefreiung der Grundstücksvermietung von einer nicht rückwirkenden vorherigen Zustimmung der Finanzbehörde und von der vollständigen Vorsteuerabzugsbefugnis abhängig machen.

BIRKENFELD,

Grundstücke und Grundstücksgeschäfte in der Umsatzsteuer

EuCH-Entscheidung

Rechtsgrundlage

EuGH, Urt. v. 18.11.2004 Art. 13 Teil B - Rs. C-284/03- Temco Buchst. b der Europe SA, EuGHE 6. EG-Richtlinie 2004, 1-11237 =UR 2005, 24

Entscheidungsergebnis Die Einräumung eines widerrufliehen Nutzungsrechts an einem Gebäude gegen eine nach der genutzten Fläche bemessene Vergütung stellt eine Vermietung von Grundstücken dar. Bei der Durchführung der Vereinbarung muss dabei die Übertragung des passiven Nutzungsrechts an dem Gebäude gegen eine nach Zeitablauf bemessene Vergütung im Vordergrund stehen.

85

Grundsätze des EuGH zur Gesellschaftsleistung und deren Auswirkungen auf das deutsche Recht Dr.

CHRISTOPH

W ÄGER

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht, Frankfurt

Inhaltsübersicht I. Allgemeine Rechtsgrund-

sätze .......................... ........... 1. Trennungsprinzip ............... 2. Rechtsformneutralität ........ 3. Bedeutung beider Rechtsgrundsätze für Gesellschaftsleistungen ......... .......

87 88 89

3. Begründung der Unternehmerstellung aufgrund mittelbarer Unternehmenszuordnung .... .. ........ .. ....... ..

93

91

111. Folgen für die Beurteilung der Gesellschaftsleistungen ..................................... 98

II. Erwerb und Halten von Gesellschaftsanteilen durch Gesellschafter 1. Keine Leistung gegenüber der Gesellschaft ..... ...... ....... 91 2. Unmittelbare und mittelbare Unternehmenszuordnung ...... ......... ................ ...... 92

IV. Vorsteuerabzug bei Gesellschaftsleistungen ....... 99 1. Erwerb von Gesellschaftsanteilen .......................... ..... 99 2. Veräußerung von Gesellschaftsanteilen .................. 103 3. Gewährung von Gesellschaftsanteilen .... .............. 104 V. Zusammenfassung ........... 106

I.

Allgemeine Rechtsgrundsätze

Der EuGH orientiert sich bei der Auslegung des gemeinschaftlichen Mehrwertsteuerrechts an einer Reihe allgemeiner Rechtsgrundsätze. Von diesen Grundsätzen sind im vorliegenden Zusammenhang das sog. Trennungsprinzip und der Grundsatz der Rechtsformneutralität von besonderer Bedeutung.

87

WÄGER,

1.

Grundsätze des EuGH zur Gesellschaftsleistung

Trennungsprinzip

Nach dem Trennungsprinzip müssen Gesellschaft und Gesellschafter ihre Unternehmereigenschaft jeweils eigenständig begründen.! Ist die Gesellschaft Unternehmer, ergibt sich hieraus nicht die Unternehmerstellung ihres Gesellschafters. Umgekehrt kann auch eine Gesellschaft ihre Unternehmereigenschaft nicht aus dem Handeln ihrer Gesellschafter ableiten. Dementsprechend entschied der EuGH bereits 1991 in der Rechtssache Polysar, dass sich die Unternehmereigenschaft einer Holdinggesellschaft weder aus der Zugehörigkeit zu einem Weltkonzern noch aus der Unternehmereigenschaft der Muttergesellschaft oder der Unternehmereigenschaft ihrer Tochtergesellschaften ergibt. Nach Maßgabe des Trennungsprinzips ist der Gesellschafter daher nur aufgrund einer eigenständigen Umsatztätigkeit Unternehmer. Dies entspricht der Beurteilung im nationalen Recht. Auch nach der Rechtsprechung des BFH ist der Gesellschafter nicht aufgrund der Umsatztätigkeit seiner Gesellschaft Unternehmer.2 Die Bedeutung des Trennungsprinzips zeigt sich an folgenden Beispielen: -

Steuerbare Leistungen können auch im Verhältnis zwischen Gesellschaft und Gesellschafter vorliegen. Allgemeinen Grundsätzen entsprechend kommt es dabei nach dem EuGH-Urteil Heerma darauf an, ob eine Leistung durch ein gesondertes Entgelt vergütet wird. Die bloße Beteiligung am Gewinn und Verlust einer Gesellschaft stellt insoweit kein Entgelt i.S.v. Art. 2 MwStSystRL dar. Ob Gesellschaft oder Gesellschafter auch gegenüber Dritten tätig sind, ist im Übrigen unerheblich)

-

Aus dem Trennungsprinzip ergibt sich darüber hinaus, dass Gesellschafter im Hinblick auf Leistungsbezüge ihrer Gesellschaft nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sind. Anders ist es allerdings, wenn eine Personengemeinschaft nicht selbst unternehmerisch tätig ist, sondern zum Beispiel nur ihren Gemeinschaftern die gemeinsame Anschaffung einer Maschine zur jeweils eigenständigen Nutzung ermöglicht. Ob hieran festzuhalten ist, hat der EuGH in der Rechts-

1

EuGH, Urt. v . 20.6.1991 - Rs. C-60/90 - Polysar, EuGHE 1991, 1-3111 = UR 1993, 119- Rz. 15-16; Anm. Weiß, UR 1993, 121; EuGH, Urt. v. 27.1.2000- Rs. C23/98- Heerma, EuGHE 2000, 1-419 =UR 2000, 121- Rz. 18-20. 2 BFH, Beschl. v. 9.3.1989- VB 48/88, BStBI. 111989, 580 =UR 1989, 280. 3 V gl. § 2 Abs. 1 Satz 3 UStG für Gesellschaftsleistungen.

88

W ÄGER, Grundsätze des EuGH zur Gesellschaftsleistung

sache HE entschieden. Hier geht es um den Vorsteuerabzug aus der Anschaffung einer Bruchteilsgemeinschaft, die nicht selbst unternehmerisch tätig war. Nur ein Mitglied der Bruchteilsgemeinschaft war Unternehmer. Zu entscheiden war, ob der unternehmerisch tätige Gemeinschafter den Vorsteuerabzug aus der durch die Gemeinschaft bezogenen Leistung überhaupt nicht, entsprechend seiner Beteiligungsquote oder in vollem Umfang in Anspruch nehmen kann.4

2.

Rechtsformneutralität

Der Grundsatz der Rechtsformneutralität leitet sich aus dem allgemeinen Neutralitätsgebot ab.5 Wirtschaftsteilnehmer, die gleiche Umsätze bewirken, dürfen nicht unterschiedlich behandelt werden. So ist zum Beispiel die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung für Krankenhausbehandlungen und ärztliche Heilbehandlungen nicht von der Rechtsform abhängig, in der der Steuerpflichtige sein Unternehmen betreibt. Der EuGH hat den Grundsatz der Rechtsformneutralität stillschweigend auch auf die Besteuerung von Gesellschafts- und Gesellschafterleistungen angewendet. So differenziert er beim Erwerb und der Veräußerung von Beteiligungen nicht nach der Rechtsform der Gesellschaft, deren Anteile übertragen werden. Dementsprechend hatte der EuGH in der Rechtssache KapHag keine Bedenken, seine Rechtsprechung zu Erwerb und Veräußerung von Beteiligungen an Kapitalgesellschaften auf Anteile an Personengesellschaften zu übertragen. Auch im nationalen Recht wurde bisher bei steuerfreien Umsätzen mit Gesellschaftsanteilen nach § 4 Nr. 8 Buchst. f UStG nicht nach der Der EuGH entschied, dass dem Gemeinschafter der volle Vorsteuerabzug zusteht, vgl. EuGH, Urt. v. 21.4.2005 - Rs. C-25/03 - HE, EuGHE 2005, I-3123 = BStBI. II 2007, 24 = UR 2005, 324 m . Anm. Widmann. Nutzt ein Gemeinschafter den gemeinschaftlich angeschafften Gegenstand zum Beispiel zu 12 v.H. für Unternehmerische Zwecke, kann er den Vorsteuerabzug aus der Anschaffung des Gegenstandes in dieser Höhe in Anspruch nehmen. Voraussetzung ist allerdings, dass er zumindest in Höhe der unternehmerischen Nutzungsquote auch am Gemeinschaftsgegenstand beteiligt ist. 5 EuGH, Urt. v. 7.9.1999- Rs. C-216/97- Gregg, EuGHE 1999, I-4947 =UR 1999, 419- Rz. 20; EuGH, Urt. v . 10.9.2002- Rs. C-141/00- Ambulanter Pflegedienst Kügler GmbH, EuGHE 2002, I-6833 = UR 2002, 513 - Rz. 30; EuGH, Urt. v. 26.6.2003 - Rs. C-442/01 - KapHag Renditefonds, EuGHE 2003, I-6851 = UR 2003, 443- Rz. 38-41. 4

89

W ÄGER,

Grundsätze des EuGH zur Gesellschaftsleistung

Rechtsform der Gesellschaft differenziert. Darüber hinaus ist auf Folgendes hinzuweisen: Nach der sog. Sphärentheorie kann auch eine Kapitalgesellschaft nichtunternehmerisch tätig sein. Aus der Rechtsform einer Gesellschaft ist nicht zwingend auf ihre Unternehmereigenschaft zu schließen. Darüber hinaus folgt aus einer Unternehmerischen Tätigkeit in einem Bereich nicht, dass die Kapitalgesellschaft auch im Übrigen als Unternehmer anzusehen ist. Bei rechtsformneutraler Besteuerung ist vielmehr auch bei Kapitalgesellschaften zwischen unternehmerischer und nichtunternehmerischer Sphäre zu differenzieren. Eine Privilegierung von Kapitalgesellschaften gegenüber Einzelunternehmen oder Personengesellschaften durch Gewährung eines allgemeinen Vorsteuerabzugs aufgrund einer Unternehmerischen Tätigkeit in einem Teilbereich ist meines Erachtens mit dem Grundsatz der Rechtsformneutralität nicht zu vereinbaren. Der Grundsatz der Rechtsformneutralität könnte bei der Organschaft zu einer Änderung der gegenwärtigen Beurteilung führen. Nach Art. 11 MwStSystRL sind die Mitgliedstaaten berechtigt, wenn auch nicht verpflichtet, im Inland ansässige Personen, die rechtlich unabhängig, aber unter bestimmten Voraussetzungen miteinander verbunden sind, als einen Steuerpflichtigen zu behandeln. Im nationalen Recht kommt es nach § 2 Abs . 2 Nr. 2 UStG auf die Rechtsform des herrschenden Unternehmens, des sog. Organträgers, nicht an. Als abhängige Organgesellschaft kann nach dem ausdrücklichen Gesetzeswortlaut aber nur eine juristische Person in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert werden. Im Hinblick auf den Wortlaut der Ermächtigung der Mehrwertsteuersystemrichtlinie überrascht dies. Denn das Gemeinschaftsrecht erlaubt allgemein, mehrere Personen unabhängig von ihrer Rechtsform als einen Steuerpflichtigen zu behandeln. Darüber hinaus entspricht die Beschränkung der Organschaft auf abhängige juristische Personen nicht dem Grundsatz der Rechtsformneutralität Dies könnte zu einer Wiederbelebung des durch die BFH-Rechtsprechung aufgegebenen organschaftsähnlichen Verhältnisses6 führen.

6

90

BFH, Urt. v . 7.12.1978 - V R 22/74, BStBI. II 1979, 356 = StRK UStG 1951 § 2 Abs. 2 Ziff. 1 R. 60; Stadie in Rau/Dürrwächter, UStG, § 2 UStG Anm. 159.

WÄGER, Grundsätze des EuGH zur Gesellschaftsleistung

3.

Bedeutung beider Rechtsgrundsätze für Gesellschaftsleistungen

Steuerbare Gesellschaftsleistungen setzen ein Handeln der Gesellschaft als Unternehmer voraus. Aus dem Trennungsprinzip ergibt sich dabei, dass die Gesellschaft nur aufgrund eigener Leistungen unternehmerisch tätig ist; Tätigkeiten ihrer Gesellschafter sind nicht von Bedeutung. Nach dem Grundsatz der Rechtsformneutralität führen darüber hinaus nicht alle Umsatztätigkeiten einer Gesellschaft zu "Gesellschaftsleistungen". Denn umsatzsteuerrechtlich ist nicht zwischen Einzelunternehmen und Gesellschaften zu differenzieren. Bei der Gesellschaftsleistung kann es sich daher nur um eine Leistung handeln, deren Erbringung Gesellschaften vorbehalten ist. Dies trifft insbesondere auf die originäre Schaffung von Gesellschaftsanteilen zu. Gesellschaftsleistungen liegen daher insbesondere bei Gesellschaftsgründungen oder beim Beitritt zusätzlicher Gesellschafter im Rahmen von Kapitalerhöhungen vor. Die derivative Übertragung bereits bestehender Gesellschaftsanteile, die durch jeden Gesellschafter erfolgen kann, stellt demgegenüber keine Gesellschaftsleistung dar. Der EuGH orientiert sich bei der steuerlichen Würdigung der Gesellschaftsleistung an seiner Rechtsprechung zum Erwerb und Halten von Gesellschaftsanteilen durch Gesellschafter. Daher ist es sinnvoll, zunächst auf das Vorliegen unternehmerischer Leistungen auf der Ebene des Gesellschafters einzugehen.

II.

Erwerb und Halten von Gesellschaftsanteilen durch Gesellschafter

1.

Keine Leistung gegenüber der Gesellschaft

Ein Gesellschafter erbringt mit dem Halten von Anteilen keine Leistung gegenüber der Gesellschaft; dementsprechend stellen Dividenden auch kein Leistungsentgelt dar7. Der bloße Erwerb und das passive Halten von Gesellschaftsanteilen begründet somit weder die Unternehmereigenschaft des Gesellschafters noch die Zuordnung zu einem be7 EuGH, Urt. v. 27.9.2001 - Rs. C-16/ 00 - Cibo Participations, EuGHE 2001, I6663 = UR 2001, 500 - Rz. 41- 43; Anm. Wäger , UR 2001, 505.

91

WÄGER, Grundsätze des EuGH zur Gesellschaftsleistung reits anderweitig bestehenden Unternehmen des Gesellschafters.S Auf dem Verhältnis zur Gesellschaft kann daher ein unternehmerisches Handeln des Gesellschafters nicht beruhen.

2.

Unmittelbare und mittelbare Unternehmenszuordnung

Obwohl der Gesellschafter mit dem Halten von Gesellschaftsanteilen im Verhältnis zur Gesellschaft keine Leistung erbringt, können die Gesellschaftsanteile einem Unternehmen des Gesellschafters zuzuordnen sein. Entscheidend sind hierfür die mit dem Erwerb der Gesellschaftsanteile verfolgten Zwecke. So sind zum Beispiel gewerbsmäßige Wertpapierhändler nach dem EuCH-Urteil Harnas & Helm unternehmerisch tätig9, da sie Gesellschaftsanteile wie zum Beispiel Aktien bereits in Veräußerungsabsicht erwerben. Auch der BFH10 sieht den geschäftsmäßigen Handel mit Gesellschaftsbeteiligungen als Unternehmerische Tätigkeit an. Für die Unternehmenszuordnung von Gesellschaftsanteilen ist es nicht erforderlich, dass Anteile zum Beispiel aufgrund einer beabsichtigten Veräußerung unmittelbar Gegenstand einer Unternehmerischen Tätigkeit sind. Nach dem EuCH-Urteil Harnas & Helm reicht es für eine Unternehmenszuordnung vielmehr aus, wenn der Erwerb von Gesellschaftsanteilen eine andere entgeltliche Leistungstätigkeit unmittelbar,

8 EuGH, Urt. v. 20.6.1991 - Rs. C-60/90 - Polysar, EuGHE 1991, I-3111 = UR 1993, 119 - Rz. 13; Anm. Weiß, UR 1993, 121; EuGH, Urt. v. 22.6.1993 - Rs. C-333/91- Sofitam, EuGHE 1993, I-3513 = StRK 6. USt-RL EWG Art. 19 R. 1Rz. 12; EuGH, Urt. v. 6.2.1997- Rs. C-80/95- Harnas & Helm, EuGHE 1997, I-745 = UR 1997, 141 - Rz. 15; EuGH, Urt. v.14.11.2000- Rs. C-142/99 - Floridienne und Berginvest, EuGHE 2000, I-9567 = UR 2000, 530- Rz. 17; EuGH, Beschl. v. 12.7.2001 - Rs. C-102/00 - Welthgrove, EuGHE 2001, I-5679 = UR 2001, 533- Rz. 13-14; EuGH, Urt. v. 27.9.2001 - Rs. C-16/00 - Cibo Participations, EuGHE 2001, I-6663 = UR 2001, 500 - Rz. 18-19; Anm. Wäger, UR 2001, 505; EuGH, Urt. v. 29.4.2004 - Rs. C-77 /01 - EDM, EuGHE 2004, I-4295 = UR 2004, 292- Rz. 57; Anm. Wäger, UR 2004, 301; EuGH, Urt. v. 26.6.2003- Rs. C-442/01 - KapHag Renditefonds, EuGHE 2003, I-6851 = UR 2003, 443 Rz. 38. 9 EuGH, Urt. v. 6.2.1997- Rs. C-80/95- Harnas & Helm, EuGHE 1997, I-745 = UR 1997, 141- Rz. 16. 10 BFH, Urt. v. 15.1.1987- V R 3/77, BStBI. II 1987, 512 =UR 1987, 261.

92

WÄGER, Grundsätze des EuGH zur Gesellschaftsleistung

dauerhaft und notwendig erweitert.11 Die Gesellschaftsanteile sind dann nicht selbst Gegenstand einer Unternehmerischen Tätigkeit, sondern dienen nur mittelbar dem Unternehmen des Gesellschafters. Dementsprechend ergab sich ein unternehmerischer Anteilserwerb bereits nach bisheriger BFH-Rechtsprechung zum Beispiel daraus, dass der Erwerb der Beteiligung dazu dient, sich Einfluss auf potenzielle Konkurrenten zu verschaffen oder Lieferanten oder Kunden zu stützen.l2 Die Beteiligung dient dann dazu, die Erbringung anderer entgeltlicher Leistungen zu fördern. Hieran ist auch nach dem EuCH-Urteil Harnas & Helm weiterhin festzuhalten .

3.

Begründung der Unternehmerstellung aufgrund mittelbarer Unternehmenszuordnung

Fraglich war in der Vergangenheit, ob sich die Unternehmereigenschaft eines Gesellschafters auch aus der nur mittelbaren Unternehmenszuordnung von Gesellschaftsanteilen ergeben kann. 3.1

Geschäftsleitende Holding

Die Unternehmereigenschaft einer geschäftsleitenden Holdinggesellschaft, die sich als Gesellschafter nicht auf das passive Halten von Beteiligungen beschränkt, sondern unmittelbar oder mittelbar in die Verwaltung ihrer Tochtergesellschaft eingreift, war lange Zeit strittig. Nach den EuCH-Urteilen in den Rechtssachen Polysar und Sofitam ist eine derartige Holding als Unternehmer anzusehen.l3 Hieraus wurde im Schrifttum14 vielfach eine Durchbrechung des eingangs erwähnten Trennungsprinzips abgeleitet. Eine Holding sollte durch Eingriffe in

EuGH, Urt. v. 6.2.1997- Rs. C-80/95- Harnas & Helm, EuGHE 1997, I-745 = UR 1997, 141- Rz. 16. 12 BFH, Urt. v. 20.1.1988- X R 48/81, BStBl. II 1988,557 =UR 1988, 309. 13 EuGH, Urt. v. 20.6.1991 - Rs. C-60/90 - Polysar, EuGHE 1991, l-3111 = UR 1993, 119 - Rz. 14; Anm. Weiß, UR 1993, 121; EuGH, Urt. v. 22.6.1993 - Rs. C-333/91- Sofitam, EuGHE 1993, I-3513 = StRK 6. USt-RL EWG Art. 19 R. 1Rz. 12; EuGH, Urt. v. 6.2.1997- Rs. C-80/95- Harnas & Helm, EuGHE 1997, l-745 =UR 1997, 141 - Rz. 16. 14 Vgl. z.B. von Wallis in Strobl-Haarmann/Müller/Breuninger (Hrsg.), Steuerrecht und Europäische Integration, Festschrift für Albert J. Rädler zum 65. Geburtstag, München 1999, S. 639 ff. 11

93

WÄGER, Grundsätze des EuGH zur Gesellschaftsleistung die Verwaltung ihrer Tochtergesellschaften auch bei vollständigem Fehlen einer eigenen Umsatztätigkeit mittelbar dadurch Unternehmer werden, dass ihr die unternehmerische Tätigkeit ihrer Tochtergesellschaft zugerechnet wird. Das Halten der Anteile an den Tochtergesellschaften hätte sich dann als unmittelbare, dauerhafte und notwendige Erweiterung der Umsatztätigkeit der Tochtergesellschaften dargestellt. Demgegenüber entschied der EuGH in der Rechtssache Floridienne und Berginvest, dass Eingriffe in die Verwaltung einer Tochtergesellschaft die Unternehmereigenschaft der Holding nur dann begründen, wenn es hierdurch zu entgeltlichen Leistungen i.S.v. Art. 2 Abs. 1 Buchst. a und c MwStSystRL (= Art. 2 Nr. 1 der 6. EG-Richtlinie a.F.) und damit zu steuerbaren Umsätzen i.S.v. § 1 Abs . 1 Nr. 1 UStG kommt.15 Eine weitere Befassung mit der Rechtsfigur des mittelbaren Unternehmers lehnte der EuGH in der Rechtssache Welthgrove sogar ausdrücklich ab. Diese Rechtsprechung beruht meines Erachtens auf dem Trennungsprinzip. Eine mittelbare Unternehmenszuordnung setzt danach einen Zusammenhang mit einer eigenen entgeltlichen Leistungstätigkeitdes Gesellschafters voraus. Dieser Zusammenhang kann sich nach dem EuGH-Urteil in der Rechtssache Floridienne und Berginvest zum Beispiel aus entgeltlichen Leistungen des Gesellschafters gegenüber seiner Gesellschaft ergeben. Überraschenderweise wurde die Rechtsfigur des mittelbaren Unternehmers im Anschluss an das EuGH-Urteil Floridienne und Berginvest durch die deutsche Finanzverwaltung wiederbelebt. Zwar geht auch die Finanzverwaltung davon aus, dass nach Maßgabe des EuGH-Urteils Floridienne und Berginvest Dividendenausschüttungen regelmäßig kein Entgelt darstellen. Anders ist es aber nach einer Verfügung der OFD Frankfurt16 aus dem Jahr 2002, wenn die Holding von einer Tochterkapitalgesellschaft eine höhere Dividende als andere Gesellschafter bezieht. Die erhöhte Dividende soll umsatzsteuerrechtlich zu 15 EuGH, Urt. v.14.11.2000- Rs. C-142/99- Floridienne und Berginvest, EuGHE 2000, I-9567 = UR 2000, 530 - Rz. 18-19; EuGH, Beschl. v. 12.7.2001 - Rs. C-102/00 - Welthgrove, EuGHE 2001, I-5679 = UR 2001, 533 - Rz. 16-18; EuGH, Urt. v. 27.9.2001 - Rs. C-16/00 - Cibo Participations, EuGHE 2001, I-6663 = UR 2001, 500 - Rz. 20-21; EuGH, Urt. v. 26.6.2003 - Rs. C-305/01 MKG-Kraftfahrzeuge-Factoring, EuGHE 2003, I-6729 = BStBl. II 2004, 688 = UR 2003, 399- Rz. 46. 16 OFD Frankfurt a.M., Vfg. v. 8.4.2002 - S 7105 A 10 - St I 10, NWB DokiD: AAAAA-86419.

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W ÄGER,

Grundsätze des EuCH zur Gesellschaftsleistung

einem Entgelt führen, wenn der erhöhte Gewinnanteil für die Einflussnahme auf die operative Geschäftstätigkeit des Tochterunternehmens gewährt wird, so dass der für einen Leistungsaustausch erforderliche unmittelbare Zusammenhang zwischen Leistung und Entgelt besteht. Möglicherweise standen hier ertragsteuerliche Erwägungen zur inkongruenten oder disquotalen Gewinnausschüttung Pate. Derartige von den Beteiligungsverhältnissen abweichende Gewinnausschüttungen erkennt die Finanzverwaltung ertragsteuerlich nur dann an, wenn sie auf einer besonderen Leistung des Gesellschafters beruhen. Die Leistung muss dabei durch den von der inkongruenten Gewinnausschüttung begünstigten Gesellschafter erbracht werden. Es kann sich hierbei zum Beispiel um die Übernahme der Geschäftsführung der Kapitalgesellschaft handeln, die im Sinne des Ertragsteuerrechts "unentgeltlich" erfolgt.17 Ob inkongruente Gewinnausschüttungen tatsächlich eine Unternehmereigenschaft der Holding begründen, erscheint aber zweifelhaft: -

Zwar hat der EuGH den fehlenden Entgeltcharakter von Dividenden auch damit begründet, dass Dividenden aufgrund der bloßen Innehabung der Beteiligung und damit unabhängig von der Erbringung weiterer Leistungen bezogen werden. Entscheidend für den fehlenden Entgeltscharakter von Dividenden ist für den EuGH jedoch die Gewinnabhängigkeit der Dividende. Gewinnabhängige Vergütungen setzen eine Gewinnentstehung voraus, mit der der Leistende nicht zwingend rechnen kann, so dass zwischen Leistung und Entgelt kein unmittelbarer Zusammenhang besteht. Unabhängig von der möglichen Beurteilung durch den EuGH widerspricht die Annahme eines Leistungsentgelts der Beurteilung von Geschäftsführungsleistungen bei Personengesellschaften. Die Finanzverwaltung geht hier davon aus, dass der Gesellschafter selbst bei Vereinbarung eines Gewinnvorabs keine entgeltliche Geschäftsführungsleistung erbringt.18 Eine umsatzsteuerrechtliche Differenzierung zwischen dem Gewinnvorab bei Personengesellschaften und disquotalen Gewinnausschüttungen bei Kapitalgesellschaften verbietet sich meines Erachtens im Hinblick auf den Grundsatz der Rechtsformneutralität

17

BMF, Sehr. v. 7.12.2000- IV A 2- S 2810-4/00, BStBI. I 2001, 47.

18 BMF, Sehr. v. 23.12.2003 - IV B 7 - S 7100 - 246/03, BStBI. I 2004, 240

= UR

2004,97.

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W ÄGER, Grundsätze des EuGH zur Gesellschaftsleistung

Hält man diese Bedenken für unbegründet, ergeben sich für die Beratungspraxis erfreuliche Gestaltungsspielräume. Wird das Eingreifen in die Geschäftsführung der Tochtergesellschaften durch eine Holding in Form eines erhöhten Gewinnanteils vergütet, ergibt sich hieraus auf der Grundlage der Verfügung der OFD Frankfurt die Unternehmereigenschaft der Holding. Liegen darüber hinaus die Voraussetzungen einer Organschaft vor, entfällt sogar die Besteuerung des Gewinnanteils als Leistungsentgelt, da es sich bei der Leistung der Holding dann um einen organschaftliehen Innenumsatz handelt. Die Holding erlangt so den Vorsteuerabzug, ohne weitere Leistungen als die, die die Tochtergesellschaft erbringt, versteuern zu müssen. 3.2

Darlehensgewährung

Kommt es für die Unternehmenszuordnung von Gesellschaftsanteilen auf einen zumindest mittelbaren Zusammenhang mit eigenen entgeltlichen Leistungen des Gesellschafters an, kann sich die Unternehmerstellung des Gesellschafters auch aus der Vergabe von Darlehen an Tochtergesellschaften ergeben, wenn die Holding bei der Darlehensgewährung als Unternehmer handelt. Insoweit ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Verwaltung von Kapitalanlagen durch private Anleger nach übereinstimmender Rechtsprechung des EuGH19 und des BFH20 keine Unternehmerische Tätigkeit darstellt. Aufgrund der Rechtsformneutralität der Umsatzsteuer gilt dies auch für die Darlehensvergabe durch Kapitalgesellschaften. Darlehen werden nach der EuCH-Rechtsprechung aber in drei Fällen aus unternehmerischen Gründen gewährt: Nach dem EuGH-Urteil Regie dauphinoise ist der Darlehensgeber unternehmerisch tätig, wenn es sich bei der Geldanlage um eine unmittelbare, dauerhafte und notwendige Erweiterung einer ander-

19 EuGH, Urt. v. 20.6.1996- Rs. C-155/94- Wellcome Trust, EuGHE 1996, I-3013 =UR 1996, 423- Rz. 36. 20 BFH, Urt. v. 1.2.1973 - V R 2/70, BStBI. I! 1973, 172 = StRK UStG 1951 § 2 Abs. 1 R. 272.

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WÄGER,

Grundsätze des EuGH zur Gesellschaftsleistung

weitigen steuerbaren Tätigkeit handelt. Dies trifft zum Beispiel auf die Anlage von Kautionen durch einen Immobilienverwalter zu.21 Der Unternehmenscharakter einer Darlehensvergabe kann sich auch daraus ergeben, dass es sich um die Anlage von Geldmitteln handelt, die aus einer Unternehmerischen Tätigkeit stammen. Holdinggesellschaften, die als sog. gemischter Steuerpflichtiger steuerpflichtige und steuerfreie Leistungen erbringen, sind daher nach dem EuGH-Urteil EDM bei der Darlehensvergabe an Tochtergesellschaften unternehmerisch tätig. Dabei ist es unerheblich, ob Darlehen zur wirtschaftlichen Unterstützung der Tochtergesellschaft, als Anlage von Finanzüberschüssen oder aus anderen Gründen gewährt werden.22 Demgegenüber stellt die Darlehensvergabe durch eine Holding, die zwar geschäftsleitend tätig ist, neben der Darlehensgewährung aber keine weiteren entgeltlichen Leistungen erbringt, nach dem EuGH-Urteil Floridienne und Berginvest keine Unternehmerische Tätigkeit dar. Dementsprechend ist eine Holding, die sich neben dem Halten von Gesellschaftsanteilen auf die Vergabe von Darlehen nach Art eines Privatanlegers beschränkt, nicht Unternehmer. Eine Unternehmerische Darlehensvergabe liegt nach den EuGH-Urteilen in den Rechtssachen Floridienne und Berginvest sowie EDM darüber hinaus auch vor, wenn es sich um eine Kapitalanlage handelt, die im Rahmen eines Unternehmensziels oder zu einem geschäftlichen Zweck erfolgt, der durch das Interesse an der Rentabilisierung des investierten Kapitals geprägt ist und sich dementsprechend nicht nach Art eines Privatanlegers auf die Verwaltung von Geldanlagen beschränkt.23 Holdinggesellschaften werden häufig insoweit nicht unternehmerisch tätig sein. Denn die Vergabe von Darlehen durch eine Holding erfolgt zum Beispiel eher selten bankähnlich im Rahmen eines kaufmännischen Geschäftsbetriebs. 21 EuGH, Urt. v. 11.7.1996 - Rs. C-306/94 - Regie dauphinoise, EuGHE 1996, l-3695 = UR 1996, 304- Rz. 17-19; EuGH, Urt. v.14.11.2000- Rs. C-142/99Floridienne und Berginvest, EuGHE 2000, I-9567 = UR 2000, 530 - Rz. 26-30; EuGH, Urt. v. 29.4.2004- Rs. C-77 /01 - EDM, EuGHE 2004, I-4295 = UR 2004, 292- Rz. 65-71; Anm. Wäger, UR 2004, 301. 22 EuGH, Urt. v. 29.4.2004- Rs. C-77 /01 - EDM, EuGHE 2004, I-4295 = UR 2004, 292- Rz. 68; Anm. Wäger, UR 2004, 301. 23 EuGH, Urt. v.14.11.2000- Rs. C-142/99- Floridienne und Berginvest, EuGHE 2000, I-9567 = UR 2000, 530- Rz. 28.

97

WÄGER, Grundsätze des EuGH zur Gesellschaftsleistung

111. Folgen für die Beurteilung der Gesellschaftsleistungen In der Rechtssache KapHag entschied der EuGH, dass die Gewährung von Gesellschaftsanteilen entgegen der bisherigen Beurteilung im nationalen Recht nicht zu einer entgeltlichen Leistung der Gesellschaft gegenüber dem Gesellschafter führt. Eine Gesellschaftsleistung existiert also umsatzsteuerrechtlich nicht. Der EuGH stützt das Fehlen einer steuerbaren Leistung der Gesellschaft bei der Aufnahme eines neuen Gesellschafters auf seine bereits dargestellte Rechtsprechung zum bloßen Erwerb und Halten von Gesellschaftsanteilen. Aus der Nichtsteuerbarkeit des Erwerbs und Haltens von Gesellschaftsanteilen schließt der EuGH auf die Nichtsteuerbarkeit der Veräußerung von Gesellschaftsanteilen.24 Nimmt man dies wörtlich, fällt es schwer, sich der Argumentation des EuGH anzuschließen. Die Konsumgüterindustrie wäre sicherlich sehr erfreut, wenn sich aus der Nichtsteuerbarkeit des Erwerbs von Nutzungsgegenständen des täglichen Lebens durch Privatpersonen ergäbe, dass auch der Verkauf derartiger Konsumgüter nicht der Umsatzsteuer unterliegt. Eine derartige Würdigung wird allerdings dem EuGH nicht gerecht. Zum einen betrifft das EuGH-Urteil KapRap unmittelbar nicht die Steuerbarkeit der derivativen Übertragung bereits bestehender Gesellschaftsanteile und damit nicht die Besteuerung im Verhältnis zwischen Alt- und Neugesellschafter, sondern die originäre Schaffung von Gesellschaftsanteilen im Verhältnis zwischen Gesellschaft und Gesellschafter. Zum anderen ist wiederum das Trennungsprinzip zu berücksichtigen. Danach erbringt der Gesellschafter gegenüber der Gesellschaft selbst dann keine Leistung, wenn er die Beteiligung aus unternehmerischen Gründen hält.25 Daher führt zum Beispiel ein Wertpapierhändler, der Gesellschaftsanteile aus unternehmerischen Gründen erwirbt und veräußert, gegenüber der Gesellschaft, deren Anteile er handelt, keine Leistung aus. Sind die Gründe, die eine Unternehmenszuordnung von Gesellschaftsanteilen beim Gesellschafter rechtfertigen, aufgrund des Trennungsprinzips somit schlechthin nicht geeignet, eine Leistung des Gesellschafters gegenüber der Gesellschaft zu

24

25

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EuGH, Urt. v. 26.6.2003- Rs. C-442/01- KapHag Renditefonds, EuGHE 2003, I-6851 = UR 2003, 443- Rz. 39-43. Siehe oben II 1.

WÄGER, Grundsätze des EuGH zur Gesellschaftsleistung

begründen, gilt dies spiegelbildlich auch für die Gesellschaft. Selbst wenn eine Gesellschaft Anteile aus Unternehmerischen Gründen ausgibt, liegt daher keine Leistung gegenüber dem künftigen Gesellschafter vor. Das Fehlen eines steuerbaren Vorgangs beruht aber meines Erachtens nicht auf dem fehlenden Unternehmensbezug der Ausgabe von Gesellschaftsanteilen, sondern darauf, dass bereits keine Leistung vorliegt. Die Bedeutung dieser Differenzierung zeigt sich bei der Inanspruchnahme des Vorsteuerabzugs.

IV. Vorsteuerabzug bei Gesellschaftsleistungen Ist die Gesellschaftsleistung nichtsteuerbar, stellt sich die Frage, welche Folgen sich hieraus für den Vorsteuerabzug der Gesellschaft ergeben. Auch hier empfiehlt es sich, zunächst auf die für Erwerber und Veräußerer bei der Übertragung von Gesellschaftsanteilen bestehenden Rechtslage einzugehen.

1.

Erwerb von Gesellschaftsanteilen

1.1

Ausgangslage

In welchem Umfang ein Gesellschafter, der wie zum Beispiel eine Holdinggesellschaft Dividenden bezieht und darüber hinaus entgeltliche Leistungen erbringt, zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, war lange Zeit ungeklärt. Sind die Kosten der Holding ausschließlich der von ihr ausgeübten entgeltlichen Leistungstätigkeit zuzuordnen, ist ihr der Vorsteuerabzug insoweit zwar ohne Einschränkung zu gewähren. Strittig war jedoch die Frage, wie über den Vorsteuerabzug aus sog. Allgemeinkosten zu entscheiden ist. Betriebsprüfungen vertraten häufig die Auffassung, dass zum Beispiel bei Leistungsentgelten i.H.v . 100000 € und Dividendenbezügen i.H.v. 900000 € nur eine anteilige Berechtigung zum Vorsteuerabzug aus den Allgemeinkosten von 10 v.H. bestehen soll.

1.2

EuGH-Urteil Cibo Participations

Über den Vorsteuerabzug aus Allgemeinkosten hatte der EuGH in der Rechtssache Cibo Participations zu entscheiden. Strittig war die Frage,

99

WÄGER,

Grundsätze des EuGH zur Gesellschaftsleistung

ob Holdinggesellschaften aus Transaktionskosten für den Erwerb von Beteiligungen zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt sind, wenn die Holding gegenüber den Beteiligungsgesellschaften entgeltliche Leistungen erbringt.26 Entsprechend der bereits erwähnten deutschen Praxis gewährte auch die beklagte französische Finanzbehörde den Vorsteuerabzug nur anteilig, da die Holding gegenüber ihren Tochtergesellschaften neben steuerpflichtigen Beratungsentgelten auch "steuerfreie" Dividenden aus den Beteiligungen erzielt hatte. In seinem Urteil weist der EuGH zunächst darauf hin, dass es für den Vorsteuerabzug aus Eingangsleistungen darauf ankommt, ob Eingangskosten direkt und unmittelbar mit zum Vorsteuerabzug berechtigenden Ausgangsumsätzen zusammenhängen. Die für Eingangsleistungen getätigten Aufwendungen müssen grundsätzlich zu den Kostenelementen der zum Vorsteuerabzug berechtigenden Ausgangsumsätze gehören.27 Hiervon ausgehend bejaht der EuGH den uneingeschränkten Vorsteuerabzug der Holding aus den Transaktionskosten für den Erwerb der Beteiligung. Den unmittelbaren und direkten Zusammenhang zwischen Transaktionskosten und zum Vorsteuerabzug berechtigenden Ausgangsleistungen der Holding begründet der EuGH wie folgt: Zwischen den Transaktionskosten, die eine Holding für den Erwerb der Beteiligungen aufwendet, und den entgeltlichen Beratungsleistungen der Holding besteht nach übereinstimmender Auffassung der Generalanwältin Stix-Hackl und des EuGH kein direkter und unmittelbarer Zusammenhang, so dass sich hieraus keine Berechtigung zum Vorsteuerabzug ergibt. Im Gegensatz zu den Schlussanträgen der Generalanwältin steht dies aber nach dem Urteil des EuGH dem Vorsteuerabzug nicht entgegen. Fehlt ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang zu bestimmten Ausgangsumsätzen, kommt es vielmehr darauf an, ob es sich um allgemeine Kosten der Unternehmenstätigkeit, also um Allgemeinkosten des Unternehmens handeit.28 Über den Vorsteuer-

26 EuGH, Urt. v. 27.9.2001 - Rs. C-16/00 - Cibo Participations, EuGHE 2001, 1-6663 =UR 2001, 500- Rz. 31-35. 27 EuGH, Urt. v. 27.9.2001 - Rs. C-16/00 - Cibo Participations, EuGHE 2001, I-6663 = UR 2001, 500- Rz. 31. 28 EuGH, Urt. v. 27.9.2001 - Rs. C-16/00 - Cibo Participations, EuGHE 2001, I-6663 = UR 2001, 500 - Rz. 33.

100

WÄGER,

Grundsätze des EuGH zur Gesellschaftsleistung

abzug aus diesen Kosten ist nach Maßgabe der gesamten Unternehmenstätigkeit der Holding zu entscheiden. Erbringt die Holding entgeltliche Leistungen als Berater oder Geschäftsführer der Tochtergesellschaft, ist die Holding daher im Allgemeinen zum Vorsteuerabzug berechtigt. Den für einen Vorsteuerabzug erforderlichen Unternehmensbezug der Transaktionskosten bejaht der EuGH, da der Erwerb der Beteiligungen die Erbringung entgeltlicher Leistungen gegenüber den Beteiligungsunternehmen ermöglicht. Auch wenn die Dividenden aus einer unternehmerisch gehaltenen Beteiligung stammen, rechtfertigt der Dividendenbezug keine Einschränkung des Vorsteuerabzugs. Dies beruht meines Erachtens darauf, dass auch der unternehmerisch tätige Gesellschafter mit dem Halten der Beteiligung keine Leistung gegenüber seiner Gesellschaft erbringt. Nach Maßgabe ihrer Unternehmerischen Gesamttätigkeit ist die Holding daher zum uneingeschränkten Vorsteuerabzug berechtigt, da sie nur Beratungsvergütungen, nicht aber auch Dividenden als unternehmerisches Leistungsentgelt vereinnahmt. 1.3

Bedeutung des Urteils

Eine Holdinggesellschaft ist nach dem EuGH-Urteil Cibo Participations aus Transaktionskosten für den Erwerb einer Beteiligung zum Vorsteuerabzug berechtigt, wenn sie gegenüber den Tochtergesellschaften, deren Anteile sie erworben hat, entgeltliche Leistungen erbringt. Dies erscheint zunächst überraschend. Denn die Transaktionskosten dienen nicht nur der steuerpflichtigen Leistungstätigkeit des Erwerbers, sondern führen auch zum nichtsteuerbaren Bezug von Dividenden. Ähnlich wie bei einer Verwendung von Eingangsleistungen für steuerpflichtige Umsätze und steuerfreie Umsätze, die nicht zum Vorsteuerabzug berechtigen, käme hier eine Vorsteueraufteilung in Betracht. Dass nach der Rechtsprechung des EuGH gleichwohl der Vorsteuerabzug uneingeschränkt zu gewähren ist, beruht auf dem sog. Neutralitätsgrundsatz. Danach ist die Unternehmerische Tätigkeit in vollem Umfang von der Steuer zu entlasten. Dies gilt auch bei einer doppelt kausalen Verursachung von Eingangskosten durch den unternehmerischenund den nichtunternehmerischen Bereich. Auch in diesem Fall besteht keine Beschränkung für den Vorsteuerabzug. Im Übrigen kommt es für den Vorsteuerabzug aus Erwerbskosten auf die

101

WÄGER,

Grundsätze des EuGH zur Gesellschaftsleistung

Steuerfreiheit oder Steuerpflicht einer gegebenenfalls später erfolgenden Veräußerung der Gesellschaftsanteile nicht an. Maßgeblich ist für den Vorsteuerabzug allein die beabsichtigte Unternehmenstätigkeit im Zeitpunkt des Anteilserwerbs. Werden neben steuerpflichtigen Beratungs- oder Geschäftsführungsleistungen auch Darlehen vergeben, erfolgt die Kreditgewährung grundsätzlich nichtunternehmerisch, so dass die hierfür vereinnahmten Zinsen ähnlich wie der Bezug von Dividenden für den Vorsteuerabzug aus Allgemeinkosten unerheblich sind. Handelt es sich demgegenüber um eine Unternehmerische Darlehensvergabe29, führt diese grundsätzlich zu einer anteiligen Beschränkung des Vorsteuerabzugs aus den Allgemeinkosten. Anders ist es, wenn ein Hilfsumsatz nach Art. 174 MwStSystRL vorliegt. Finanzgeschäfte und damit auch die Gewährung von Darlehen sind dann bei der Inanspruchnahme des Vorsteuerabzugs aus Gemeinkosten nicht zu berücksichtigen. Für die Inanspruchnahme dieser Vorschrift kommt es auf die Gründe der Unternehmenszuordnung an. Handelt es sich um die unmittelbare, dauerhafte und notwendige Erweiterung einer anderen Unternehmerischen Tätigkeit, wie die Anlage von Kautionen durch einen Immobilienverwalter, liegt nach dem EuGH-Urteil Regie dauphinoise kein Hilfsgeschäft vor. Beruht die Unternehmenszuordnung der Darlehensgewährung demgegenüber darauf, dass Geldmittel des Unternehmens angelegt werden, kann nach dem EuGH-Urteil EDM auch dann von einem Hilfsumsatz auszugehen sein, wenn die Darlehenszinsen die übrigen Entgelte des Unternehmers betragsmäßig übersteigen. Aus dem Urteil des EuGH in der Rechtssache Cibo Participations ist im Übrigen meines Erachtens nicht auf das Ende der sog. Sphärentheorie zu schließen. Auch Kapitalgesellschaften haben im Hinblick auf den Grundsatz der Rechtsformneutralität weiterhin eine nichtunternehmerische Sphäre. Der Vorsteuerabzug kann daher nur für Leistungen in Anspruch genommen werden, die im weitesten Sinne als Gemeinkosten einer entgeltlichen Leistungstätigkeit anzusehen sind. Ist eine Holding daher an mehreren Tochtergesellschaften beteiligt, erbringt sie aber nur gegenüber der Tochtergesellschaft A, nicht aber

29 EuGH, Urt. v. 11.7.1996 - Rs. C-306/94 - Regie dauphinoise, EuGHE 1996, I-3695 = UR 1996, 304 - Rz. 20-23; EuGH, Urt. v. 29.4.2004 - Rs. C-77/01 EDM, EuGHE 2004, I-4295 =UR 2004, 292- Rz. 72-79; Anm. Wäger, UR 2004, 301.

102

WÄGER, Grundsätze des EuGH zur Gesellschaftsleistung auch gegenüber Tochtergesellschaft B entgeltliche Leistungen, so berechtigen nach der Sphärentheorie Transaktionskosten, die für den Erwerb der Beteiligung an der Gesellschaft B aufgewendet werden, nicht zum Vorsteuerabzug.30 Anders ist es beim Bestehen einer Organschaft. Ist die Holding aufgrund ihrer entgeltlichen Leistungstätigkeit gegenüber Tochtergesellschaft A Organträger, kann Tochtergesellschaft B auch dann in den Organkreis einzubeziehen sein, wenn die Holding gegenüber B keine entgeltlichen Leistungen erbringt. Liegen die Voraussetzungen für eine Eingliederung derTochtergesellschaftBin den Organkreis vor, ist die Holding auch aus den Transaktionskosten für den Erwerb der Beteiligung B zum Vorsteuerabzug berechtigt, da sich hierdurch nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG die Unternehmenstätigkeit der Holding erweitert.

2.

Veräußerung von Gesellschaftsanteilen

Sind Beteiligungen im Rahmen eines gewerblichen Wertpapierhandels oder aus sonstigen Gründen dem Unternehmen zuzuordnen, erfolgt auch die Veräußerung der Gesellschaftsanteile im Rahmen des Unternehmens des Verkäufers, da es sich um die Veräußerung von Unternehmensgegenständen handelt.31 Die Übertragung der Gesellschaftsanteile ist dabei grundsätzlich nach Art. 135 Abs. 1 Buchst. f MwStSystRL umsatzsteuerfrei, so dass im Regelfall keine Berechtigung zum Vorsteuerabzug für die bei der Veräußerung anfallenden Transaktionskosten besteht.32 Anders ist es aber dann, wenn auch der Erwerber die übertragenen Anteile aus Unternehmerischen Gründen hält. Hierfür gelten die bereits beschriebenen Grundsätze.33 Es besteht dann für den Veräußerer die Möglichkeit, zur Steuerpflicht nach Art. 137 MwSt30 Auch der BFH scheint an der Sphärentheorie weiterhin festzuhalten, vgl. BFH, Urt. v. 18.11.2004 -V R 16/03, BStBI. II 2005, 503 =UR 2005, 340m. Anm. Eggers . 31 EuGH, Urt. v. 6.4.1995- Rs. C-4/94- BLP, EuGHE 1995, I-983 =UR 1996, 427Rz. 28; EuGH, Urt. v. 20.6.1996- Rs. C-155/94- Wellcome Trust, EuGHE 1996, I-3013 = UR 1996, 423 - Rz. 31-38; EuGH, Urt. v. 29.4.2004 - Rs. C-77 /01 EDM, EuGHE 2004, 1-4295 =UR 2004, 292- Rz. 57-64; Anm. Wäger, UR 2004, 301; EuGH, Urt. v. 26.6.2003- Rs. C-442/01- KapHag Renditefonds, EuGHE 2003, I-6851 =UR 2003, 443- Rz. 40. 32 EuGH, Urt. v. 6.4.1995- Rs. C-4/94- BLP, EuGHE 1995, I-983 =UR 1996, 427Rz. 24-28; EuGH, Urt. v. 20.6.1996- Rs. C-155/94- Wellcome Trust, EuGHE 1996, I-3013 =UR 1996,423- Rz. 39. 33 Siehe oben II 2.

103

W ÄGER, Grundsätze des EuGH zur Gesellschaftsleistung

SystRL und§ 9 Abs. 1 UStG zu optieren und den Vorsteuerabzug aus Transaktionskosten in Anspruch zu nehmen.

3.

Gewährung von Gesellschaftsanteilen

3.1

Personengesellschaften

Die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung des Vorsteuerabzugs bei der Gewährung von Gesellschaftsanteilen durch Personengesellschaften orientierte sich bisher an der BFH-Rechtsprechung zu sog. Publikumsgesellschaften. Nach dem Grundsatzurteil vom 18.12.197534 bewirken derartige Gesellschaften mit der Gewährung von Kommanditanteilen gegenüber inländischen Gesellschaftern gern. § 4 Nr. 8 UStG steuerfreie Umsätze und sind daher nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt. Die bisherige Beurteilung führte zu dem unbefriedigenden Ergebnis, dass Personengesellschaften aus Konzeptions- und Vertriebskosten selbst dann nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt waren, wenn der Vorsteuerabzug im Hinblick auf den eigentlichen Unternehmensgegenstand der Gesellschaft in Anspruch genommen werden konnte. Hieran ist unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des EuGH nicht festzuhalten. Denn nach dem EuGH-Urteil KapHag erbringt die Gesellschaft umsatzsteuerrechtlich weder bei ihrer Gründung noch bei einer späteren Kapitalerhöhung mit der Gewährung von Gesellschaftsanteilen eine Leistung gegenüber ihren Gesellschaftern. Somit weisen die Eingangsleistungen, die die Gesellschaft bei der Gewährung von Gesellschaftsanteilen in Anspruch nimmt, keinen unmittelbaren und direkten Zusammenhang zu bestimmten Ausgangsleistungen auf. Hieraus ergibt sich aber nicht, dass der Vorsteuerabzug aus Gründungsoder Konzeptionskosten zu versagen ist. Nach dem EuGH-Urteil Cibo Participations kommt es dann vielmehr darauf an, ob es sich um Allgemeinkosten des Unternehmens handelt, die die Gesellschaft nach Maßgabe ihrer allgemeinen Unternehmenstätigkeit zum Vorsteuerabzug berechtigen. Dementsprechend entschied der BFH mit Urteil vom 1.7.2004 im Anschluss an das EuGH-Urteil KapHag, dass ein Immobilienfonds, der aufgrund umsatzsteuerpflichtiger Vermietungsleistungen zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, den Vorsteuerabzug auch aus

34

104

BFH, Urt. v . 18.12.1975 - V R 131/ 73, BStBI. 11 1976, 265 Anm. Weiß.

=

UR 1976, 52 m .

WÄG ER, Grundsätze des EuGH zur Gesellschaftsleistung

Gründungs- und Konzeptionskosten in Anspruch nehmen kann, die für den Beitritt eines Gesellschafters entstehen.35 3.2

Kapitalgesellschaften

Nach dem Grundsatz der Rechtsformneutralität gilt dies auch für Kapitalgesellschaften. Die deutsche Finanzverwaltung differenzierte hier bislang wie folgt36: Für die bis zum Abschluss des notariell zu beurkundenden GmbH-Gesellschaftsvertrages bestehende Vorgründungsgesellschaft wurde eine Berechtigung zum Vorsteuerabzug nur anerkannt, wenn sie selbst entgeltliche Leistungen erbrachte. Fehlte es hieran, wurde der Vorsteuerabzug selbst bei einer späteren Unternehmerischen Tätigkeit der Kapitalgesellschaft versagt. Im Zeitraum zwischen Abschluss des Gesellschaftsvertrages und der Eintragung in das Handelsregister war die sog. Vorgesellschaft nach Maßgabe der späteren Unternehmenstätigkeit der Kapitalgesellschaft zum Vorsteuerabzug berechtigt. Bei Kapitalerhöhungen konnte der Vorsteuerabzug demgegenüber nicht in Anspruch genommen werden. Die Finanzverwaltung sah hierin steuerfreie Umsätze mit der Folge des Vorsteuerabzugsverbots nach § 15 Abs . 2 Nr. 1 UStG.37 Im Hinblick auf die Rechtsformneutralität ist an dieser Differenzierung nicht mehr festzuhalten. Ist die Kapitalgesellschaft nach ihrem Unternehmensgegenstand zum Vorsteuerabzug berechtigt, kann sie daher den Vorsteuerabzug aus Gründungs- oder Kapitalerhöhungskosten in allen vorstehend aufgeführten Fällen in Anspruch nehmen. Für die bei einer Vorgründungsgesellschaft anfallenden Kosten ergibt sich dies ausdrücklich aus dem EuCH-Urteil vom 29.4.200438. Der Vorgesellschaft versagte die Finanzverwaltung bereits in der Vergangenheit den Vorsteuerabzug nicht. Bei Kapitalerhöhungen ist der Vorsteuerabzug meines Erachtens nunmehr nach den Grundsätzen des BFH-Urteils vom 1.7.2004 zu gewähren. Kommt es daher zum Beispiel im Rahmen 35 BFH, Urt.

v . 1.7.2004- V R 32/00, BStBI. II 2004, 1022 =UR 2004, 537 m. Anm. Wäger; EuGH, Urt. v. 26.5.2005- Rs. C-465/03 - Kretztechnik, EuGHE 2005, I-

4357 = UR 2005, 382. 36 Vgl. z.B. OFD Saarbrücken, Vfg. v. 20.4.1995- S 7104-39- St 241, UR 1996, 27. 37 Ebenso FG Hess., Urt. v. 16.10.1995 - 6 K 5990/91, EFG 1996, 396 - rechtskräftig.

38 EuGH, Urt. v. 29.4.2004- Rs. C-137 /02- Faxworld GbR, EuGHE 2004, I-5547 = UR 2004, 362.

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W ÄGER, Grundsätze des EuGH zur Gesellschaftsleistung

eines Börsengangs zu einer Kapitalerhöhung, ist die Gesellschaft im Hinblick auf die mit dem Börsengang verbundenen Eingangskosten nach Maßgabe ihrer allgemeinen Unternehmenstätigkeit zum Vorsteuerabzug berechtigt. Im Revisionsverfahren V R 84/01 hatte der BFH keine Gelegenheit, sich dem anzuschließen.39 Eine endgültige Entscheidung der Streitfrage ist aber durch den EuGH in der Rechtssache Kretztechnik AG erfolgt.40

V.

Zusammenfassung

Bei der umsatzsteuerrechtlichen Beurteilung von Leistungen, die Gesellschaften erbringen, sind die allgemeinen Rechtsgrundsätze des gemeinschaftlichen Mehrwertsteuerrechts zu beachten. Nach dem Trennungsprinzip erwerben Gesellschaften die Unternehmereigenschaft nur aufgrund einer eigenen Leistungstätigkeit Ob derartige entgeltliche Leistungen vorliegen, bestimmt sich im Hinblick auf die Rechtsformneutralität der Umsatzsteuer für Einzelunternehmer, Personenoder Kapitalgesellschaften nach einheitlichen Grundsätzen. Als originäre Gesellschaftsleistung kann daher nur die Gewährung von Gesellschaftsanteilen bei der Gründung oder Kapitalerhöhung von Gesellschaften angesehen werden. Da nach der Rechtsprechung des EuGH die Gewährung von Gesellschaftsanteilen für die Gesellschaft aber kei-

39

Das Revisionsverfahren V R 84/01 wurde am 13.7.2005 wegen Insolvenz gelöscht. Die Vorinstanz hatte den Vorsteuerabzug aus Börseneinführungskosten vor Ergehen des EuGH-Urteils KapHag im Hinblick auf die steuerfreie Anteilsgewährung verneint. 40 EuGH, Urt. v. 26.5.2005 - Rs. C-465/03 - Kretztechnik, EuGHE 2005, I-4357 = UR 2005, 382: Mit diesem Urteil hat der EuGH den Vorsteuerabzug aus Börseneinführungskosten bejaht. Danach sind Aktien und damit Wertpapiere als nichtkörperlicher Gegenstand nicht lieferfähig, sondern allenfalls Gegenstand einer sonstigen Leistung. Bei der Ausgabe von Aktien liegt aber ebenso wie bei der Aufnahme eines Gesellschafters in eine Personengesellschaft auch keine sonstige Leistung vor. Denn die Gesellschaft will durch die Ausgabe von Aktien ihr Vermögen vergrößern, so dass es sich aus Sicht der Gesellschaft um den Erwerb von Kapital, nicht aber um die Erbringung einer Dienstleistung handelt. Die Berechtigung zum Vorsteuerabzug ergibt sich schließlich daraus, dass die Börseneinführungskosten Teil der allgemeinen Kosten sind und über den Vorsteuerabzug daher nach Maßgabe der Gesamttätigkeit des Steuerpflichtigen zu entscheiden ist.

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W ÄGER,

Grundsätze des EuGH zur Gesellschaftsleistung

nen steuerbaren Vorgang darstellt, existiert umsatzsteuerrechtlich keine sog. "Gesellschaftsleistung". Gleichwohl sind Gesellschaften für die bei der Gewährung von Gesellschaftsanteilen bezogenen Eingangsleistungen nach Maßgabe ihres Unternehmensgegenstandes zum Vorsteuerabzug berechtigt. Dient die Gewährung von Gesellschaftsanteilen zum Beispiel als Kapitalbeschaffungsmaßnahme mittelbar einer steuerpflichtigen Vermietungstätigkeit der Gesellschaft, steht die Nichtsteuerbarkeit der Anteilsgewährung der Inanspruchnahme des Vorsteuerabzugs nicht entgegen.

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Sacheinlagen des Gesellschafters - Eine Analyse aus umsatzsteuerrechtlicher Sicht nach der neuesten EuGH-Rechtsprechung -

BERND BURGMAlER Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht, München

Inhaltsübersicht I. Einleitung II. Was sind Sacheinlagen? III. Ist die Sacheinlage des Gesellschafters gegen Beteiligung steuerbar? 1. Entscheidung des EuGH in der Rechtssache KapHag 2. Auffassung in der Literatur ....................................... 3. Rechtsauffassung des BFH 4. Stellungnahme ..................

I.

109 110

IV. Sacheinlage aus der Sicht der Gesellschaft

117

V. Einbringung .... ................ 117 110

VI. Vorsteuerabzug des Gesellschafters .. ..... .... ... . 118

111

VII. Vorsteuerabzug der Gesellschaft ....... ..... ... ... .. 118

111 112 113

VIII. Auswirkungen ... ...... ... .... 119 IX. Zusammenfassung ......... 119

Einleitung

Die Problematik der Sacheinlagen des Gesellschafters aus umsatzsteuerrechtlicher Sicht war in letzter Zeit vielfach Diskussionsgegenstand in der Literatur. Die Darstellungen setzen sich insbesondere mit der Frage auseinander, ob nach der Rechtsprechung des EuGH in der Rechtsache KapHag1 die Sacheinlagen des Gesellschafters umsatzsteuerrechtlich noch als Lieferung bzw. sonstige Leistung anzusehen

1 EuGH, Urt. v . 26.6.2003 - Rs. C-442/01 - KapHag Renditefonds, EuGHE 2003, I-6851 = UR 2003, 443.

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BURGMAIER, Sacheinlagen des Gesellschafters- EuCH-Rechtsprechung

sind. Aber auch der Bundesfinanzhof hat zu dieser Problematik bereits Stellung genommen. Der nachfolgende Beitrag gibt einen Überblick über die Ansichten in der Literatur und stellt einen eigenen Lösungsansatz vor. Ferner werden auch die Auswirkungen auf den Vorsteuerabzug des Gesellschafters und der Gesellschaft und die weiteren Folgewirkungen erläutert.

II.

Was sind Sacheinlagen?

Zunächst ist zu erläutern, was man unter dem Begriff der Sacheinlagen versteht. Nach der zivilrechtliehen Definition sind Sacheinlagen alle Einlagen, die nicht in Geld bestehen und einlagefähig sind. Gegenstand der Sacheinlagen können alle beweglichen und unbeweglichen Güter, Sachen und Rechte sein, soweit sie einen im Wirtschaftsverkehr anerkannten und in die Verfügungsgewalt der Gesellschaft gelangenden Vermögenswert darstellen) Als Beispiel für Sacheinlagen können insbesondere genannt werden: Grundstücke, bewegliche Sachen, Patente, Gebrauchsmuster, Lizenzen, Wertpapiere, GmbH-Geschäftsanteile und Forderungen. Aus umsatzsteuerrechtlicher Sicht können Sacheinlagen daher grundsätzlich nicht nur Lieferungen, sondern auch Dienstleistungen sein.

111. Ist die Sacheinlage des Gesellschafters gegen Beteiligung steuerbar? Nach der bisherigen (herrschenden) Meinung erbringt der Gesellschafter bei der Sacheinlage gegen Gewährung von Gesellschaftsanteilen gegenüber der Gesellschaft eine Leistung gegen Entgelt im Rahmen eines sog. tauschähnlichen Umsatzes (§ 3 Abs. 12 UStG) .3

2 BGH, Urt. v. 2.5.1966 - li ZR 219/ 63, BGHZ 45, 338 (343). 3 BFH, Urt. v . 8.11.1995 - XI R 63/ 94, BStBI. II 1996, 114 =UR 1996, 384; Husmann in Rau / Dürrwächter, UStG, § 1 UStG Anm. 243 m.w.N . - Lfg. 118.

110

BURGMAIER, Sacheinlagen des Gesellschafters- EuCH-Rechtsprechung

1.

Entscheidung des EuGH in der Rechtssache KapHag

Auf Vorlage des BFH hat der EuGH mit Urteil vom 26.6.20034 für den Fall der Aufnahme eines Gesellschafters gegen Zahlung einer Bareinlage aus der Sicht des Gesellschafters allerdings folgendes entschieden: "Der Betritt eines neuen Gesellschafters zu einer Personengesellschaft gegen Zahlung einer Bareinlage stellt unter den Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens keine wirtschaftliche Tätigkeit des Gesellschafters im Sinne der 6. EG-Richtlinie dar."5 Und weiter heißt es aus Sicht der Gesellschaft: "Die Aufnahme eines neuen Gesellschafters in eine Personengesellschaft stellt daher keine Erbringung einer Dienstleistung an diesen dar."6 Aufgrund dieser Ausführungen des EuGH entzündete sich in der Literatur die Diskussion, ob die Aussagen des EuGH zur Nichtsteuerbarkeit der Aufnahme des Gesellschafters auch für den Fall der Sacheinlagen durch den Gesellschafter gilt.? Dies hätte zur Folge, dass der Sacheinlage keine Gegenleistung im Rahmen eines tauschähnlichen Umsatzes mehr gegenüberstehen würde.

2.

Auffassung in der Literatur

Nach einer Ansicht in der Literatur steht nach der Rechtsprechung des EuGH der Leistung des Gesellschafters keine Gegenleistung der Gesellschaft mehr gegenüber, so dass kein tauschähnlicher Umsatz mehr vorliege.S Es wird dann aber geprüft, ob die Tatbestandsvoraussetzungen der unentgeltlichen Wertabgabe erfüllt sind.

4 EuGH, Urt. v. 26.6.2003 - Rs. C-442/01 - KapHag Renditefonds, EuGHE 2003, 1-6851 = UR 2003, 443; vgl. hierzu Reiß, UR 2003, 428. 5 EuGH, Urt. v. 26.6.2003- Rs. C-442/01 - KapHag Renditefonds, EuGHE 2003, 1- 6851 =UR 2003, 443- Rz. 39. 6 EuGH, Urt. v. 26.6.2003 - Rs. C-442/01 - KapHag Renditefonds, EuGHE 2003, I- 6851 = UR 2003, 443- Rz. 41. 7 Vgl. insbesondere Korf DB 2003, 1705; Reiß, UR 2003, 428; Lohse, BB 2003, 1713; Heinrichslwfen, UStB 2003, 316; Nieskens, EuGH-Urnsatzsteuer-Report 2004, 12; Huschens, INF 2003, 700; Becker/Robisch, UVR 2003, 395; Jorde/Grünwald, BB 2004, 743; Vellen, UStB 2003, 224. 8 Vgl. Korf DB 2003, 1705; Huschens, INF 2003, 700.

111

BURGMAIER, Sacheinlagen des Gesellschafters- EuGH-Rechtsprechung

Ein Vertreter dieser Auffassung kommt zu dem Ergebnis, dass auch der Tatbestand der unentgeltlichen Wertabgabe nicht einschlägig ist.9 Eine andere Ansicht in der Literatur geht davon aus, dass das Urteil des EuGH so zu interpretieren sei, dass die Leistung der Gesellschaft nur mangels Nachhaltigkeit verneint werde und daher nicht in die unternehmerische Sphäre der Gesellschaft falle.lO Bei dieser Interpretation bleibt aus der Sicht des Gesellschafters die Gewährung der Gesellschaftsrechte eine (Gegen-) Leistung, so dass weiterhin von einem tauschähnlichen Umsatz auszugehen wäre. Eine weitere Auffassung in der Literatur vertritt hingegen die Meinung, durch die Aussage des EuGH, die Gesellschaft erbringe mit der Ausgabe der Gesellschaftsanteile keine Dienstleistung, sei noch keine Aussage darüber getroffen, ob die Ausgabe nicht zumindest das Merkmal einer Gegenleistung darstelle (sei es durch die Gesellschaft oder durch die Mitgesellschafter).ll

3.

Rechtsauffassung des BFH

In seinem Urteil vom 13.11.200312 stellt der Bundesfinanzhof klar, dass nach seiner Auffassung aus der Rechtsprechung des EuGH (in der Rechtssache KapHag) nicht gefolgert werden könne, dass im Fall der Sacheinlage der Gesellschafter keine Leistung gegen Entgelt erbringe. Im konkreten Falllag dem Bundesfinanzhof die Beurteilung einer Einbringung von Wirtschaftsgütern in eine Gesellschaft gegen Gewährung von Gesellschaftsanteilen vor. Da die Einbringung jedoch im Jahre 1988 erfolgte, war die Regelung des § 1 Abs. 1a UStG (Einbringung als Geschäftsveräußerung) noch nicht anzuwenden. Diese Norm wurde erst mit Wirkung zum 1.1.1994 in das Umsatzsteuergesetz aufgenommen. Der BFH führt daher in seinen Gründen aus, dass sich die KapHagEntscheidung nur auf den Leistungsaustausch aus Sicht der Gesellschaft beziehe. Im Übrigen verstehe er den EuGH nur dahingehend, 9 Vgl. hierzu Korf DB 2003, 1705 (1708 f.). 10 Vgl. Nieskens, EuGH-Umsatzsteuer-Report, 2004, 12 (15); mit Verweis auf Lohse, BB 2003, 1713; Nieskens, UR 2004, 450. 11 So Heinrichshofen, UStB 2003, 316 (319); so im Ergebnis wohl auch Reiß, UR 2003,428. 12 BFH, Urt. v. 13.11.2003- V R 79/01, BStBl. II 2004,375 =UR 2004, 312.

112

BURGMAIER, Sacheinlagen des Gesellschafters - EuGH-Rechtsprechung dass allein der Erwerb einer Beteilung gegen Bareinlage den Gesellschafter nicht zum Steuerpflichtigen mache.

4.

Stellungnahme

Für die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs sprechen folgende Gründe: -

Der EuCH bezieht die fehlende Eigenschaft als Steuerpflichtiger (Unternehmer) des Gesellschafters beim Erwerb einer Beteiligung ausdrücklich nur auf die Bareinlage, nicht auch auf die Sacheinlage. Im Vorlagebeschluss hat der BFH aber sowohl die Bareinlage als auch die Sacheinlage angesprochen.l3 Der EuCH hat gleichwohl nur den Einzelfall der Bareinlage entschieden14; andernfalls hätte der EuCH ausdrücklich auf die Einbeziehung der Sacheinlage in seine Entscheidung hingewiesen15.

-

Der EuCH nimmt in der Rechtssache KapHag für die umsatzsteuerrechtliche Qualifikation der Bareinlage gegen eine Beteiligung an einer Gesellschaft zudem Bezug auf seine Holding-Rechtsprechung.l6 In dem Urteil Polysar geht es aber nur um den "bloßen Erwerb" von Beteiligungen. Im vorliegenden Fall der Sacheinlage liegt hingegen kein bloßer Erwerb von einer Beteilung durch den Gesellschafter vor; es steht vielmehr die Einlage eines Gegenstands im Vordergrund.

Aus diesen Gründen ist der Entscheidung des BFH zuzustimmen, dass sich aus dem Urteil des EuCH in der Rechtsache KapHag nicht folgern lässt, dass eine Sacheinlage keine Leistung gegen Entgelt darstelle. Fraglich ist aber, warum in der Literatur die Auswirkungen dieser Rechtsprechung des EuCH auf die Sacheinlage derart kontrovers dis13 Vgl. BFH, Beschl. v. 27.9.2001- V R 32/00, UR 2002, 81. 14 Vgl. hierzu auch Nieskens, UR 2004, 441 (449) . 15 So wie der EuGH dies in Bezug auf das unechte Factoring ausdrücklich getan hat: EuGH, Urt. v. 26.6.2003 - Rs. C-305/01 - MKG-Kraftfahrzeuge-Factoring GmbH, EuGHE 2003, I-6729 = BStBI. II 2004, 688 = UR 2003, 399 - Rz. 54 und 76; Anm. Wäger, UR 2003, 406. 16 Vgl. EuGH, Urt. v. 26.6.2003 - Rs. C-442/01 - KapHag Renditefonds, EuGHE 2003, I-6851 = UR 2003, 443 - Rz. 37; mit Hinweis auf die Entscheidung des EuGH, Urt. v. 20.6.1991 - Rs. C-60/90 - Polysar Investment Netherlands, EuGHE 1991, I-3111 =UR 1993, 119m. Anm. Weiß.

113

BURGMAIER,

Sacheinlagen des Gesellschafters- EuCH-Rechtsprechung

kutiert wurden. Der Hauptgrund findet sich meines Erachtens in der Regelung des§ 3 Abs. 12 UStG (sog. tauschähnlicher Umsatz). Voraussetzung für einen tauschähnlichen Umsatz ist nach dieser Vorschrift, dass die Gegenleistung in einer Lieferung oder sonstigen Leistung besteht, so dass ein tauschähnlicher Umsatz nach dem Wortlaut nicht vorliegt, wenn die Gegenleistung (Gewährung der Gesellschaftsanteile) nicht als sonstige Leistung zu beurteilen wäre. Mit anderen Worten: ohne die Gegenleistung in Form einer Dienstleistung (Gewährung der Gesellschaftsanteile) liegt bei der Sacheinlage kein Umsatz vor. Diese Auslegung ist nach meiner Ansicht aber aus folgenden Erwägungen nicht zutreffend: -

Die Mehrwertsteuersystemrichtlinie kennt den Tatbestand des tauschähnlichen Umsatzes nicht. Die Beurteilung von Tausch oder tauschähnlichen Umsätzen ergibt sich demnach aus der grundlegenden Vorschrift des Umsatzsteuergesetzes (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG) sowie der Mehrwertsteuersystemrichtlinie (Art. 2 Abs. 1 Buchst. a und c, Art. 14 Abs. 1, Art. 24 Abs. 1, Art. 25 und Art. 73 MwStSystRL).17

-

Betrachtet man die allgemeinen Regeln der Mehrwertsteuersystemrichtlinie näher, ist zunächst der Wortlaut des Art. 2 Abs. 1 Buchst. a und c MwStSystRL zu untersuchen. Danach unterliegen der Mehrwertsteuer: "a)

Lieferungen von Gegenständen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Gebiet eines Mitgliedstaats gegen Entgelt tätigt;

c)

Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Gebiet eines Mitgliedstaats gegen Entgelt erbringt."

-

Die englische Version der Mehrwertsteuersystemrichtlinie verwendet für den Begriff "Entgelt" den Begriff "consideration". Die Definition der Besteuerungsgrundlage ergibt sich hingegen aus Art. 73 MwStSystRL.

-

Gern. Art. 73 MwStSystRL ist die Steuerbemessungsgrundlage zur Lieferung von Gegenständen und Dienstleistungen alles, was den Wert der Gegenleistung bildet, die der Lieferer oder Dienstleistende für diese Umsätze vom Erwerber oder vom Dienstleistungsempfänger oder von einem Dritten erhält oder erhalten soll.

17 Vgl. Martin in Sölch/Ringleb, UStG, § 3 UStG Rz. 741 und 742; Birkenfeld in Hartmann/Metzenmacher, UStG, § 3 Abs. 12 UStG Rz. 9 und 10.

114

BURGMAIER, Sacheinlagen des Gesellschafters- EuCH-Rechtsprechung Die englische Fassung der Mehrwertsteuersystemrichtlinie verwendet für den Begriff "Gegenleistung" in Art. 73 MwStSystRL wiederum das Wort "consideration", wie bereits in Art. 2 Abs. 1 Buchst. a und c MwStSystRL. Es ist daher davon auszugehen, dass die Begriffe "Entgelt" und "Gegenleistung" synonyme Begriffe sind. Nach der Rechtsprechung des EuGH ist die Besteuerungsgrundlage gern. Art. 73 MwStSystRL alles, was der Leistende als Gegenleistung erhält. Zudem müssen über den reinen Wortlaut der Mehrwertsteuersystemrichtlinie hinaus die drei folgenden Voraussetzungen erfüllt sein: Der Leistende muss darüber selbst verfügen können.l8 Zwischen der erbrachten Leistung und dem erhaltenen Gegenwert muss ein unmittelbarer Zusammenhang bestehen.l9 Die Gegenleistung oder der Gegenwert muss in Geld ausdrückbar sein und subjektiv einen Wert darstellen.20 Der EuGH verwendet also neben dem Begriff "Gegenleistung" auch den Begriff "Gegenwert"21. Dies ist bereits Indiz dafür, dass die Gegenleistung keine Leistung i.S.d. Art. 2 Abs. 1 Buchst. a und c MwStSystRL sein muss. Das Ergebnis lässt sich am folgenden Beispiel vertiefen:

18 EuGH, Urt. v. 14.7.1998 - Rs. C-172/96 - First National Bank of Chicago, EuGHE 1998, 1-4387 =UR 1998,456 m. Anm. Philipowski. 19 EuGH, Urt. v. 5.2.1981 - Rs. 155/80- Coöperatieve Aardappelenbewaarplaats, EuGHE 1981, 445 = UR 1981, 100- Rz. 12; Anm. Weiß, UR 1981, 103; EuGH, Urt. v. 23.11.1988 - Rs. 230/87 - Naturally Yours Cosmetics, EuGHE 1988, 6365 =UR 1990,307- Rz. 11; Anm. Weiß, UR 1990,308. 20 EuGH, Urt. v. 5.2.1981 - Rs. 155/80- Coöperatieve Aardappelenbewaarplaats, EuGHE 1981, 445 = UR 1981, 100- Rz. 13; Anm. Weiß, UR 1981, 103; EuGH, Urt. v. 23.11.1988 - Rs. 230/87 - Naturally Yours Cosmetics, EuGHE 1988, 6365 =UR 1990, 307- Rz. 16; Anm. Weiß, UR 1990,308. 21 So ausdrücklich EuGH, Urt. v. 23.11.1988- Rs. 230/87- Naturally Yours Cosmetics, EuGHE 1988, 6365 =UR 1990, 307- Rz. 11; Anm. Weiß, UR 1990, 308; EuGH, Urt. v. 5.2.1981 - Rs. 155/80- Coöperatieve Aardappelenbewaarplaats, EuGHE 1981, 445 =UR 1981, 100- Rz. 12; Anm. Weiß, UR 1981, 103.

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BURGMAIER,

Sacheinlagen des Gesellschafters- EuGH-Rechtsprechung

Beispiel Unternehmer U tritt in die A-GmbH ein und vereinbart im Gesellschaftsvertrag, dass seine Stammeinlage in Höhe von 50 000 € in Form eines Pkw geleistet werden kann, der Wert des Betriebs-Pkw wird auf 50000 € (netto) festgesetzt. Wendet man die vorgenannten Grundsätze an, so ergibt sich für dieses Beispiel folgende Lösung: Die Einlage des Pkw in die Gesellschaft ist eine Lieferung des Gesellschafters, soweit der Gesellschafter als Steuerpflichtiger handelt. Dies ist dann der Fall, wenn der Pkw aus dem Unternehmensvermögen des U stammt, der U also als Unternehmer handelt. Die Gegenleistung (der Gegenwert) für diese Lieferung sind die im Zusammenhang mit der Sacheinlage gewährten Gesellschaftsanteile. Diese Gegenleistung (dieser Gegenwert) kann in Geld ausgedrückt werden und stellt einen subjektiven Wert dar (im vorliegenden Fall 50 000 €) . Aus diesem Grund sind alle Voraussetzungen der vorgenannten EuCHRechtsprechung erfüllt, so dass eine Lieferung gegen Entgelt vorliegt. Der Sacheinlage (im vorliegenden Fall der Einlage des Pkw) steht die bestimmte (subjektive) Gegenleistung (der Gegenwert) in Form der Gesellschaftsanteile gegenüber. Die Sacheinlage gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten (Gegenwert) führt bei richtlinienkonformer Auslegung meines Erachtens zu einer steuerbaren Lieferung oder Dienstleistung, sofern kein Fall des § 1 Abs. 1a UStG vorliegt. Dabei ist unerheblich, ob der Gegenwert selbst eine Dienstleistung im umsatzsteuerrechtlichen Sinne darstellt. Der EuGH hat bereits entschieden, dass eine Gegenleistung auch dann vorliegt, wenn diese als solche nicht steuerbar ist.22 Der EuGH betont zudem noch weiter, dass ein Steuerpflichtiger, der nur die Gegenleistung in Geld zahlt, keine Dienstleistung i.S.d. Art. 2 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL erbringe.23

22 Vgl. EuGH, Urt. v. 9.10.2001- Rs. C-108/99- Cantor Fitzgerald International, EuGHE 2001, I-7257 = UR 2001, 494 - Rz. 23; EuGH, Urt. v. 9.10.2001 - Rs. C-409/98- Mirrar Group, EuGHE 2001, I-7175 =UR 2001,490- Rz. 26, 27. 23 Vgl. EuGH, Urt. v. 9.10.2001 - Rs. C-409/98 - Mirror Group, EuGHE 2001, I-7175 =UR 2001, 490- Rz. 26.

116

BURGMAIER, Sacheinlagen des Gesellschafters - EuCH-Rechtsprechung

Die Aussage des EuGH, die Aufnahme des Gesellschafters stelle keine Erbringung einer Dienstleistung an den Gesellschafter dar, steht daher der Aussage nicht entgegen, dass die Sacheinlage eine steuerbare Leistung ist, der die Gewährung von Gesellschaftsanteilen als Gegenleistung gegenüber steht. Denn die Gegenleistung (bzw. der Gegenwert) muss gerade keine Dienstleistung i.S.d. Art. 2 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL sein. Bei dieser Lösung ist es zudem unerheblich, ob der einbringende Gesellschafter die Gesellschaftsanteile von der Gesellschaft oder den Mitgesellschaftern erhält. Denn bei der Gegenleistung wird bei richtlinienkonformer Auslegung nur darauf abgestellt, was der Leistende erhält oder erhalten soll24 und nicht, von wem er es erhalten soll.

IV. Sacheinlage aus der Sicht der Gesellschaft Wie bereits ausgeführt, stellt die Aufnahme des Gesellschafters gegen eine Sacheinlage aus der Sicht der Gesellschaft keine Erbringung einer Dienstleistung bzw. keine Erbringung einer Dienstleistung gegen Entgelt an diesen dar.25 Allein die Form der Gegenleistung in Geld oder als Lieferung bzw. Dienstleistung rechtfertigt keine Differenzierung zwischen der Bar- und Sacheinlage.26 Die Gesellschaft erbringt in beiden Fällen den Gegenwert in Form der Gesellschaftsanteile.

V.

Einbringung

Die Einbringung von Wirtschaftsgütern als Sacheinlage ist nicht steuerbar, wenn die Wirtschaftsgüter im Rahmen einer Geschäftsveräußerung im Ganzen gern. § 1 Abs. 1a UStG eingebracht werden. Die Möglichkeit, dass die Einbringung im Rahmen einer Geschäftsveräußerung im Ganzen nicht steuerbar ist, sieht die Richtlinie in Art. 19 bzw. 29 MwStSystRL ausdrücklich vor.

24 Vgl. auch Wagner in Sölch/Ringleb, UStG, § 10 UStG Rz. 31. 25 Vgl. hierzu bereits die Ausführungen zur Bareinlage und EuGH, Urt. v. 26.6.2003 - Rs. C-442/01 - KapHag Renditefonds, EuGHE 2003, I-6851 = UR 2003,443. 26 So bereits Reiß, UR 2003, 428.

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BURGMAIER, Sacheinlagen des Gesellschafters- EuCH-Rechtsprechung Die Regelung, dass die Einbringung so behandelt werden könne, als ob keine Lieferung oder Dienstleistung vorliege, ist ein weiteres Indiz für die Annahme, dass der Sacheinlage ein Gegenwert gegen übersteht.

VI. Vorsteuerabzug des Gesellschafters Soweit die Sacheinlage steuerbar ist, kann der Gesellschafter (als Unternehmer) grundsätzlich die Vorsteuerbeträge, die direkt und unmittelbar mit der Sacheinlage zusammenhängen, abziehen. Ist die Sacheinlage hingegen nicht steuerbar, da eine Geschäftsveräußerung im Ganzen i.S.d . § 1 Abs. la UStG vorliegt, bleibt der Vorsteuerabzug aber dennoch erhalten, soweit der Gesellschafter bisher steuerpflichtige Umsätze ausgeführt hat.27

VII. Vorsteuerabzug der Gesellschaft Im Fall der Sacheinlage liegt - wie bei der Bareinlage - keine Dienstleistung der Gesellschaft gegen Entgelt vor. Die Aufnahme eines neuen Gesellschafters stellt nach der Rechtsprechung des EuGH keine Dienstleistung dar.28 Der Gesellschaft bleibt gleichwohl der Vorsteuerabzug aus Dienstleistungen, die im Zusammenhang mit der Aufnahme des Gesellschafters stehen, erhalten, soweit die Gesellschaft im Übrigen besteuerte Umsätze erzielt. Die Kosten zählen in diesem Fall zu den allgemeinen Kosten des Unternehmens und hängen deshalb direkt und unmittelbar mit der wirtschaftlichen Tätigkeit zusammen.29

27 Vgl. hierzu EuGH, Urt. v. 22.2.2001- Rs. C-408/98- Abbey National, EuGHE 1-1361 =UR 2001, 164m. Anm. Wäger. 28 EuGH, Urt. v. 26.6.2003- Rs. C-442/01 - KapHag Renditefonds, EuGHE 2003, I-6851 = UR 2003, 443. 29 Vgl. hierzu BFH, Urt. v. 1.7.2004- V R 32/00, BStBI. II 2004, 1022 =UR 2004, 537 m. Anm. Wäger- Nachfolgeentscheidung KapHag.

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BURGMAIER,

Sacheinlagen des Gesellschafters - EuCH-Rechtsprechung

Im Fall der Einbringung (§ 1 Abs. la, § 15a Abs. 6a UStG a.F.) tritt die Gesellschaft an die Stelle des einbringenden Gesellschafters und hat gegebenenfalls eine Vorsteuerberichtigung durchzuführen.

VIII.

Auswirkungen

Obwohl die Entscheidung des EuGH30 in Bezug auf eine Personengesellschaft erging, gelten die hier getroffenen Aussagen in Bezug auf die Sacheinlage auch für Kapitalgesellschaften31 Hierfür spricht vor allem der Grundsatz der Rechtsformneutralität, den der EuGH bereits in mehreren Entscheidungen hervorgehoben hat.32 In Bezug auf den Börsengang einer Kapitalgesellschaft ist der EuGH angesichts seines Grundsatzes der Rechtsformneutralität zu keinem anderen Ergebnis gekommen.33 Als weitere Konsequenz ergibt sich, dass insoweit eine Differenzierung zwischen der Sacheinlage bei Gründung der Gesellschaft und der Kapitalerhöhung nicht mehr angezeigt ist. Aus der Sicht des Gesellschafters liegt in beiden Fällen, wie dargelegt, eine steuerbare Leistung an die Gesellschaft vor. Die Gesellschaft hingegen erbringt in beiden Fällen keine Dienstleistung an den neuen Gesellschafter.

IX. Zusammenfassung Aus der Sicht des Gesellschafters stellt die Sacheinlage eine steuerbare Lieferung oder sonstige Leistung dar, soweit der Gesellschafter als Unternehmer handelt. Bei richtlinienkonformer Auslegung stehen der Sacheinlage die gewährten Gesellschaftsrechte als Gegenwert gegen30 EuGH, Urt. v. 26.6.2003- Rs. C-442/01- KapHag Renditefonds, EuGHE 2003, I-6851 = UR 2003, 443. 31 Insoweit bereits die Auffassung der Kommission, vgl. EuGH, Urt. v. 26.6.2003 - Rs. C-442/01 - KapHag Renditefonds, EuGHE 2003, l-6851 =UR 2003, 443Rz. 31. 32 Vgl. hierzu EuGH, Urt. v. 4.12.1990- Rs. C-186/89- Van Tiem, EuGHE 1990, I-4363 = UR 1992, 141; EuGH, Urt. v. 29.4.2004 - Rs. C-77 /01 - EDM, EuGHE 2004, I-4295 = UR 2004, 292m. Anm. Wäger. 33 Vgl. hierzu EuGH, Urt. v. 26.5.2005 - Rs. C-465/03 - Kretztechnik, EuGHE 2005, I-4357 =UR 2005, 382.

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BURGMAIER,

Sacheinlagen des Gesellschafters- EuCH-Rechtsprechung

über, unabhängig davon, ob er diese nun von der Gesellschaft oder von den übrigen Gesellschaftern erhält. Dem Unternehmer bleibt daher der Vorsteuerabzug grundsätzlich erhalten. Etwas anderes gilt dann, wenn die Sacheinlage in einer steuerbaren, aber steuerfreien Leistung besteht. Im Fall der Einbringung bleibt der Vorsteuerabzug ebenfalls bestehen, soweit der Gesellschafter im Übrigen steuerpflichtige Ausgangsumsätze erzielt. Aus der Sicht der Gesellschaft ist die Aufnahme eines Gesellschafters gegen eine Sacheinlage nicht steuerbar. Gleichwohl besteht für die Gesellschaft das Recht auf Vorsteuerabzug aus Kosten Dritter im Zusammenhang mit der Sacheinlage, soweit sie im Übrigen steuerpflichtige Ausgangsumsätze erzielt. Im Fall der Einbringung kommt eventuell eine Vorsteuerberichtigung in Betracht.

120

Gesellschaftsleistungen aus der Sicht der Verwaltung HORST FRENTRUP Regierungsdirektor im Bundesministerium der Finanzen a.D., Berlin

Inhaltsübersicht I. Aufnahme neuer Gesell-

schafter .... ... .... ... ... .... .... .. ... 121

I.

II. Vorsteuerabzug bei der Gemeinschaft oder den Gemeinschaftern .............. 130

Aufnahme neuer Gesellschafter

"Wer Coupons schneidet, arbeitet nicht." Seit Popitz diesen Satz in seinen Kommentarenl niedergeschrieben hat, wissen wir, dass es Einnahmen gibt, denen keine wirtschaftliche Tätigkeit zu Grunde liegt. Diese Einnahmen können folglich nicht das Entgelt für eine wirtschaftliche Tätigkeit sein. Aber nur wer Einnahmen aus einer wirtschaftlichen Tätigkeit erzielt, ist Unternehmer (Steuerpflichtiger2). Die Frage, welche Tätigkeiten wirtschaftlich sind und welche nicht, lässt sich aber offenbar nicht zweifelsfrei für alle Zeiten beantworten. Im Urteil vom 21.11.19913 hat der BFH noch die Auffassung vertreten, dass eine Publikumsgesellschaft den Anlegern gegenüber durch die Beteiligung steuerbare (aber steuerfreie) Umsätze bewirkt. Diese Ansicht hat sich die Verwaltung zu Eigen gemacht.4

1

Popitz, Kommentar zum Umsatzsteuergesetz vom 24.Dezember 1919, 2. Auf!.,

Berlin 1921, Neudruck 1925, S. 163- IV 1. 2 Art. 9 Abs. 1 Unterabs. 1 MwStSystRL. 3 BFH, Urt. v. 21.11.1991- V R 99/87, BStBl. II 1992, 637 = UR 1992, 329. 4 Abschn. 66 Abs. 4 UStR 2005.

121

FRENTRUP, Gesellschaftsleistungen aus der Sicht der Verwaltung Im Urteil vom 1.7.20045 hat der BFH entschieden, dass eine Personengesellschaft bei der Aufnahme eines Gesellschafters gegen Bareinlage an diesen keinen steuerbaren Umsatz und damit auch keinen nach § 4 Nr. 8 Buchst. f UStG steuerfreien Umsatz tätigt. Mit diesem Urteil folgt der BFH der KapHag-Entscheidung des EuGH vom 26.6.20036, in der der EuGH zu dem Ergebnis kommt, dass eine Personengesellschaft bei der Aufnahme eines Gesellschafters gegen Zahlung einer Bareinlage an diesen keine Dienstleistung gegen Entgelt i.S.d. Art. 2 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL erbringt. Der EuGH bezieht sich dabei auf seine frühere Rechtsprechung7, nach der der bloße Erwerb und das bloße Halten von Geschäftsanteilen keine Nutzung eines Gegenstands zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen darstellt, weil eine etwaige Dividende als Ergebnis dieser Beteiligung Ausfluss der bloßen Innehabung des Gegenstands ist. Damit wären wir wieder bei Popitz. Er schreibt: "Innerhalb des Eigenlebens bleibt auch derjenige, der nur sein Eigen nutzt, nur Betätigungen vornimmt, die im Einsammeln seiner Nutzungen, in der Erhaltung des Eigentums bestehen."8 Auch die Verwaltung vertritt die Auffassung, dass das bloße Erwerben und Halten von Beteiligungen an Kapitalgesellschaften keine nachhaltige gewerbliche oder berufliche Tätigkeit i.S.d. § 2 Abs. 1 UStG darstellt. 9 Der EuGH baut dann aber in seiner KapHag-Entscheidung eine etwas holprige Logik auf: -

Der bloße Erwerb und das bloße Halten von Gesellschaftsanteilen ist keine wirtschaftliche Tätigkeit.

-

Wenn der Erwerb von Beteiligungen als solcher keine wirtschaftliche Tätigkeit darstellt, so muss dasselbe auch für die Veräußerung solcher Beteiligungen gelten.

5 BFH, Urt. v. 1.7.2004 -V R 32/00, BStBI. II 2004, 1022 = UR 2004, 537 m. Anm. Wäger.

6 EuGH, Urt. v. 26.6.2003 - Rs C-442/01 - KapHag Renditefonds, EuGHE 2003, I-6851 = UR 2003, 443. 7 EuGH, Urt. v. 20.6.1991 - Rs C-60/90 - Polysar Investments, EuGHE 1991, I-3111 =UR 1993, 119m. Anm. Weiß. 8 Popitz, Kommentar zum Umsatzsteuergesetz vom 24.Dezember 1919, 2. Aufl., Berlin 1921, Neudruck 1925, S. 160- III 2. 9 Abschn. 18 Abs. 1 Satz 6 UStR 2005.

122

FRENTRUP, Gesellschaftsleistungen aus der Sicht der Verwaltung

Also: wenn der Erwerb und das Halten eines Hundes keine wirtschaftliche Tätigkeit ist, dann ist auch der Verkauf eines Hundes keine wirtschaftliche Tätigkeit. Dabei stellt sich natürlich sofort die Frage nach der Unternehmereigenschaft von Hundezüchtern und Hundehändlern. Die Entscheidung des EuCH wird nur in etwa verständlich vor der von ihm selbst zitierten Wellcome-Trust-EntscheidunglO. Dort kommt er nämlich zu dem Ergebnis, dass die wirtschaftlichen Tätigkeiten den Kauf und Verkauf von Aktien und anderen Wertpapieren im Rahmen der Verwaltung des Vermögens eines gemeinnützigen Trusts nicht einschließen. Der Umstand, dass ein solcher Trust nicht die Eigenschaft eines gewerbsmäßigen Wertpapierhändlers besitzt, schließt nach Ansicht des EuCH nicht notwendig aus, dass eine Tätigkeit der fraglichen Art als wirtschaftliche Tätigkeit angesehen werden kann, da Art. 9 ff. MwStSystRL einen sehr weiten Anwendungsbereich für die Mehrwertsteuer festlegen, jedoch stellt eine bloße Ausübung des Eigentums wie der Erwerb und die Veräußerung von finanziellen Beteiligungen an anderen Gesellschaften- keine solche Tätigkeit dar. Der EuCH behandelt den Trust hinsichtlich des An- und Verkaufs von Wertpapieren mithin wie einen privaten Anleger. Dass bei einem privaten Anleger der An- und Verkauf von Wertpapieren keine wirtschaftliche Tätigkeit darstellt, ist durchaus nachvollziehbar. Diese Betrachtungsweise dann aber ohne jede weitere Begründung auf die Aufnahme eines neuen Gesellschafters in eine Personengesellschaft zu übertragen und zu dem Schluss zu kommen, dass dies keine Erbringung einer Dienstleistung an den Gesellschafter darstellt, war nicht zwingend vorhersehbar. Der BFH hat diese Entscheidung in seinem Urteil vom 1.7.200411 jedenfalls nachvollzogen. Die Verwaltung hat auf die Entscheidungen des EuGH12 und des BFH13 zunächst nicht reagiert. Sie führt nur ihre Aussage fort, dass es

10 11

EuGH, Urt. v . 20.6.1996- Rs C-155/94- Wellcome Trust, EuGHE 1996, l-3013 =UR 1996, 423. BFH, Urt. v. 1.7.2004- V R 32/00, BStBl. II 2004, 1022 =UR 2004, 537 m . Anm. Wäger.

12 13

EuGH, Urt. v. 26.6.2003- Rs C-442/01- KapHag Renditefonds, EuGHE 2003, I-6851 = UR 2003, 443. BFH, Urt. v . 1.7.2004- V R 32/00, BStBl. li 2004, 1022 =UR 2004, 537 m. Anm. Wäger.

123

FRENTRUP, Gesellschaftsleistungen aus der Sicht der Verwaltung

in der Regel an einem Leistungsaustausch fehlt, wenn eine Gesellschaft Geldmittel nur erhält, damit sie in die Lage versetzt wird, sich in Erfüllung ihres Gesellschaftszwecks zu betätigen.l4 Auch wenn die Verwaltung bemüht ist, höchstrichterliche Rechtsprechung schon im eigenen Interesse so schnell wie möglich umzusetzen, um den Finanzämtern unnötige Fehlentscheidungen und Rechtsbehelfsverfahren zu ersparen, ist es doch sinnvoll, die endgültige Entscheidung des BFH abzuwarten. Zum einen transformiert der BFH die EuCH-Entscheidungen in die deutsche Rechtssprache, zum anderen ist auch nicht auszuschließen, dass der BFH weitergehende unvorhergesehene Folgerungen zieht. In diesem Zusammenhang sei auf die Rechtsprechung zum Factoring15 und den Fortfall des Forderungsverkaufes als Umsatz verwiesen. Zudem sind in einem Bundesstaat, bei dem die Verwaltung der Steuern in den Händen der Länder liegt, zunächst deren Stellungnahmen einzuholen. Jedenfalls kam die BFH-Entscheidung16 zu spät, um noch in die Umsatzsteuer-Richtlinien 2005 Eingang zu finden. Zwangsläufig sind die Umsatzsteuer-Richtlinien 2005 also bereits beim Erscheinen punktuell überholt. Die Verwaltung hat beschlossen, das BFH-Urteil vom 1.7.2004 im Bundessteuerblatt zu veröffentlichen und somit für die Verwaltung als allgemein anwendbar zu erklären. Ergänzende Hinweise und Widersprüche zu den Umsatzsteuer-Richtlinien 2005 werden in einem BMF-Schreiben geklärt.17 Dabei stehen insbesondere Abschn. 18 und 66 UStR 2005 auf dem Prüfstand. Die Verwaltung weist aber darauf hin, dass eine Unternehmerische Betätigung dann vorliegen kann, wenn jemand durch geschäftsmäßigen An- und Verkauf von Kapital- oder Gesellschaftsbeteiligungen aller Art wie ein Händler auftritt und damit eine nachhaltige, auf Einnahmeerzielung gerichtete Tätigkeit entfaltet.18

14 Abschn. 1 Abs. 1 Satz 9 UStR 2005; Abschn. 6 Abs. 1 Satz 3 ff. UStR 2005. 15 BFH, Urt. v. 4.9.2003- V R 34/99, BStBl. II 2004, 667 =UR 2004, 32. 16 BFH, Urt. v. 1.7.2004- V R 32/00, BStBl. II 2004, 1022 =UR 2004, 537 m. Anm. Wäger .

17 BMF, Sehr. v. 4.10.2006- IV A 5- S 7300- 69/06, BStBI. I 2006, 614 =UR 2006, 667. 18 Abschn. 18 Abs. 1 Satz 7 UStR 2005.

124

FRENTRUP, Gesellschaftsleistungen aus der Sicht der Verwaltung Der BFH hat in seinem Urteil vom 1.7.200419 noch weitere Fragen entschieden. Zum einen hat er entschieden, dass die Personengesellschaft die Beratungsleistung im Zusammenhang mit ihrer Gründung und der Aufnahme von Gesellschaftern für ihr Unternehmen bezogen hat. Dabei drängt sich gleich die Frage nach der Sphärentheorie20 auf. Unstreitig - und hoffentlich auch weiterhin - gehört die Beteiligung einer Personengesellschaft an anderen Gesellschaften nicht zu ihrem Unternehmen.21 Diese Auffassung vertritt jedenfalls die Verwaltung.22 Nach langjähriger Rechtsprechung des BFH liegt ein nichtsteuerbarer Gesellschafterbeitrag vor, wenn der Gesellschafter eine Leistung erbringt, die durch die Beteiligung am Gewinn und Verlust abgegolten wird . Die Verwaltung hat sich dieser Auffassung angeschlossen.23 Werden dagegen Lieferungen oder sonstige Leistungen gegen Entgelt bewirkt, liegt Unternehmereigenschaft vor. Der Vorsteuerabzug als negative Besteuerungsgrundlage setzt nach § 15 Abs. 1 UStG eine unternehmerische Tätigkeit voraus. Vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen sind daher Steuern auf Vorbezüge, die zur Ausführung mangels Unternehmereigenschaft nichtsteuerbarer Tätigkeiten verwendet werden und daher keinen Bezug zum Steuergegenstand des Umsatzsteuergesetzes haben. Die Verwaltung fordert entsprechend, dass die (mit Steuer belastete) Leistung in die unternehmerische Sphäre des Unternehmers eingehen muss .24 Im KapHag-Nachfolgeurteil25 hat der BFH entschieden, dass eine Personengesellschaft, deren alleiniger Zweck es ist, ein Gebäude zu errichten und zu vermieten, und die im Zusammenhang mit ihrer Gründung und der Aufnahme von Gesellschaftern rechtlich beraten wird, 19 BFH, Urt. v. 1.7.2004- V R 32/00, BStBI. li 2004, 1022 =UR 2004, 537 rn. Anrn. Wäger.

20 Vgl. BFH, Urt. v. 20.12.1984- V R 25/76, BStBI. li 1985, 175 =UR 1985, 57 rn. Anrn. Weiß. Popitz, Kommentar zum Umsatzsteuergesetz vorn 24.Dezernber 1919, 2. Auf!., Berlin 1921, Neudruck 1925, S. 160- III 2, S. 206- V 1. 21 BFH, Urt. v. 20.1.1988- X R 48/81, BStBI. li 1988, 557 =UR 1988, 309. 22 Abschn. 18 Abs. 7 Satz 4 UStR 2005. 23 Abschn. 6 Abs. 3 Satz 2 UStR 2005. 24 Abschn. 192 Abs. 17 UStR 2005. 25 BFH, Urt. v. 1.7.2004- V R 32/00, BStBI. li 2004, 1022 =UR 2004, 537 rn. Anrn. Wäger .

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FRENTRUP, Gesellschaftsleistungen aus der Sicht der Verwaltung

die Beratungsleistungen für ihr Unternehmen bezieht. Die Klägerin hat die rechtliche Beratung ausschließlich zur Ausführung steuerpflichtiger Vermietungsumsätze und nicht (auch) zur Ausführung steuerfreier Umsätze verwendet. Für mich stellt sich die Frage, wie der der BFH-Entscheidung vom 20.1.198826 zugrunde liegende Sachverhalt heute im Lichte der EuGHEntscheidung KapHag27 entschieden würde. Zur Erinnerung: eine Personenhandelsgesellschaft hielt zu 99 % eine Beteiligung an einer kanadischen Explorationsgesellschaft in Höhe von 8 240 000 kan. $ (das entsprach ca. 16480000 DM). Daneben bestanden Umsätze im Heizölhandel in Höhe von 66559 DM. Der Vorsteuerüberschuss aus Beratungskosten betrug 334167 DM. Meines Erachtens kann man die KapHag-Entscheidung des EuGH und die Nachfolgeentscheidung des BFH keinesfalls unkritisch auf alle Fälle der Aufnahme von Gesellschaftern gegen Bareinlage übertragen und stets zum Ergebnis kommen, die Beratungskosten seien für das Unternehmen bezogen worden. Da man die Beratungskosten nicht unmittelbar der Ausgabe der Gesellschaftsanteile zurechnen kann, wird man wohl unterscheiden müssen, ob die eingesammelten Bareinlagen einem Bereich zukommen, der wirtschaftliche Tätigkeiten (unternehmerische Sphäre) ausübt, oder einem Bereich zufließen, der sich auf die Anlage des Kapitals bei einer anderen Gesellschaft beschränkt (nichtunternehmerische Sphäre). Die Verwaltung wird sich hier um eine Regelung bemühen müssen, die den unterschiedlichsten denkbaren Fallgestaltungen gerecht wird und in einem Fall, wie ihn der BFH sie am 20.1.1988 getroffen hat, ebenfalls zur Versagung des Vorsteuerabzugs kommt.28 Denkt man sich in dem oben dargestellten Fall der Beteiligung einer Personenhandelsgesellschaft an einer Explorationsgesellschaft die geringfügigen Heizölumsätze in Höhe von 66 559 DM hinweg, so fehlt es der Personengesellschaft an jeder wirtschaftlichen Tätigkeit. Sie ist kein Unternehmer. Von daher fehlt jede Berechtigung zum Vorsteuerabzug.

26 BFH, Urt. v. 20.1.1988- X R 48/81, BStBI. II 1988, 557 =UR 1988, 309. 27 EuGH, Urt. v. 26.6.2003 - Rs C-442/01 - KapHag Rentitefonds, EuGHE 2003, 1-6851 = UR 2003, 443. 28 Vgl. nunmehr BMF, Sehr. v. 26.1.2007- IV A 5- S 7300- 10/07, BStBI. 1 2007, 211 = UR 2007, 150.

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FRENTRUP, Gesellschaftsleistungen aus der Sicht der Verwaltung Zum anderen hat der BFH entschieden, dass die Personengesellschaft keinen nach § 4 Nr. 8 Buchst. f UStG steuerfreien Umsatz tätigt. Der BFH zieht damit die logische Folgerung aus der Feststellung des EuGH, die Aufnahme eines Gesellschafters gegen Zahlung einer Bareinlage sei keine Dienstleistung gegen Entgelt. Damit hat der BFH zugleich jedem Denkansatz, den Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 2 UStG auszuschließen, eine Absage erteilt. Folglich kann die entgegenstehende Aussage der Verwaltung in Abschn. 66 Abs. 4 UStR 2005 keinen Bestand haben. Auch das BMF-Schreiben an die Länder vom 10.8.199829 ist nicht mehr zutreffend. Beim Börsengang einer Aktiengesellschaft, also der Ausgabe von Aktien an neue Aktionäre, stellen sich vergleichsweise dieselben Fragen wie bei Ausgabe von Gesellschaftsanteilen bei einer Personengesellschaft Ob es hier auch zu den gleichen Lösungen kommt, bleibt abzuwarten. Beim BFH ist hierzu ein Verfahren unter dem V R 84/0130 anhängig, bei es um folgende Fragen geht: 1. Ist die Ausgabe von Gesellschaftsanteilen im Wege der Kapitalerhöhung eine steuerbare, aber nicht nach § 4 Nr. 8 Buchst. e oder f UStG steuerfreie Leistung?

2. Kann die in den Aufwendungen für den Börsengang enthaltene Vorsteuer gern.§ 15 Abs. 1 UStG abgezogen werden? Das FG Nürnberg31 hatte zuvor entschieden: "Die im Rahmen eines Börsengangs erfolgende Übertragung von Aktien an Konsortialbanken ist gern. § 4 Nr. 8 Buchst. e und f UStG steuerfrei. Der Übertragung von Aktien zuzuordnende Kosten können beim Vorsteuerabzug nicht berücksichtigt werden." Diese Auffassung wird bisher auch weiterhin von der Verwaltung vertreten.32

29 BMF, Sehr. v. 10.8.1998- IV C 3- S 7300-34/98, UR 1998,400 = BB 1998, 1933. 30 Das Revisionsverfahren V R 84/01 wurde am 13.7.2005 wegen Insolvenz gelöscht. Die Vorinstanz hatte den Vorsteuerabzug aus Börseneinführungskosten vor Ergehen des EuGH-Urteils KapHag im Hinblick auf die steuerfreie Anteilsgewährung verneint. 31 FG Nürnberg, Urt. v. 30.1.2001- II 453/2000, EFG 2001, 1572. 32 Abschn. 64 Abs. 2 UStR 2005.

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FRENTRUP, Gesellschaftsleistungen aus der Sicht der Verwaltung Außerdem war beim EuCH hierzu ein Vorabentscheidungsersuchen des Unabhängigen Finanzsenats der Außenstelle Linz unter dem Aktenzeichen C-465/03 anhängig. Das Gericht stellte folgende Fragen: "1 . Erbringt eine Aktiengesellschaft bei Durchführung eines Börsengangs und der damit zusammenhängenden Ausgabe von Aktien an neue Aktionäre gegen Zahlung eines Ausgabepreises eine Leistung gegen Entgelt i.S.d. Art. 2 Nr. 1 der 6. EG-Richtlinie? 2. Falls Frage 1 zu bejahen ist: Sind Art. 2 Nr. 1 und Art. 17 der 6. EG-Richtlinie so auszulegen, dass im Zusammenhang mit einem Börsengang bezogene Dienstleistungen zur Gänze einem steuerbefreiten Umsatz zuzurechnen sind und aus diesem Grund ein Vorsteuerabzug nicht zusteht? 3. Falls Frage 1 zu verneinen ist: Steht nach Art. 17 Abs. 1 und 2 der 6. EGRichtlinie ein Recht auf Vorsteuerabzug zu, weil die sonstigen Leistungen (Werbung, Anwaltskosten, rechtliche und technische Beratung), die den Vorsteuerabzug begründen sollen, für Zwecke der besteuerten Umsätze des Unternehmens verwendet werden?" In diesem Vorabentscheidungsersuchen hat der EuCH wie folgt entschieden33: "1. Die Ausgabe neuer Aktien stellt keinen Umsatz dar, der in den Anwen-

dungsbereich von Art. 2 Nr. 1 der 6. EG-Richtlinie 77 /388/EWG in der durch die Richtlinie 95/7 /EG des Rates vom 10.4.1995 geänderten Fassung fällt. 2. Nach Art. 17 Abs. 1 und 2 der 6. EG-Richtlinie in der durch die Richtlinie 95/7 /EG geänderten Fassung besteht ein Recht auf Abzug der gesamten Vorsteuer, die die Aufwendungen eines Steuerpflichtigen für die verschiedenen Leistungen belastet, die er im Rahmen einer Ausgabe von Aktien bezogen hat, sofern es sich bei sämtlichen Umsätzen, die dieser Steuerpflichtige im Rahmen seiner wirtschaftlichen Tätigkeit vornimmt, um besteuerte Umsätze handelt." Als Weiteres tut sich die Frage auf, ob die Ausgabe von Gesellschaftsanteilen - obwohl ihr der Charakter einer wirtschaftlichen Tätigkeit fehlt - die Gegenleistung für eine Sacheirrlage darstellen kann. Hierzu hat der BFH bereits im Urteil vom 13.11.200334 unter Hinweis auf die KapHag-Entscheidung des EuCH Stellung genommen und ausgeführt, dass diese Rechtsprechung lediglich die Frage eines Leis-

33 EuGH, Urt. v. 26.5.2005 - Rs. C-465/03 - Kretztechnik AG, EuGHE 2005, I-4357 = UR 2005, 382. 34 BFH, Urt. v. 13.11.2003- V R 79/01, BStBl. II 2004, 375 =UR 2004, 312.

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FRENTRUP,

Gesellschaftsleistungen aus der Sicht der Verwaltung

tungsaustausches aus der Sicht der Gesellschaft betrifft. Ihr könne nicht entnommen werden, dass ein Einzelunternehmer, der Wirtschaftsgüter seines Unternehmens in eine Gesellschaft gegen Gewährung von Gesellschaftsanteilen einbringt, seinerseits keine Leistung gegen Entgelt erbringe. Soweit der Kläger das vorher für sein Unternehmen genutzte Inventar in die GmbH eingebracht habe, sei dieser (steuerbare) Umsatz steuerpflichtig. Der BFH hält somit an seiner gefestigten Rechtsprechung fest, und auch die Verwaltung kann an ihrer Auffassung35 festhalten, dass Sacheinlagen eines Gesellschafters umsatzsteuerbar sind, wenn es sich um Lieferungen und sonstige Leistungen im Rahmen seines Unternehmens handelt und keine Geschäftsveräußerung i.S.d. § 1 Abs. 1a UStG vorliegt. In diesem Zusammenhang weist die Verwaltung darauf hin, dass jemand, der ein Einzelunternehmen zu dem Zweck erwirbt, es unmittelbar in eine Personengesellschaft einzubringen, keine unternehmerische Tätigkeit begründet, weil damit keine auf gewisse Dauer angelegte geschäftliche Tätigkeit entfaltet wird.36 Die KapHag-Entscheidung des EuGH und das nachfolgende BFH-Urteil hatten auch eine gesetzgeberische Maßnahme als Folge. Die Vorschrift des § 4 Nr. 8 Buchst. j UStG wurde durch Art. 5 Nr. 5 EURLUmsG37 aufgehoben. Die Umsatzsteuerbefreiung für die Beteiligung als stiller Gesellschafter an dem Unternehmen oder an dem Gesellschaftsanteil eines anderen wurde mit Wirkung zum 1.1.1987 durch § 30 Nr. 1 UBGG38 in das Umsatzsteuergesetz eingefügt. Dadurch sollte die Kapitalbeschaffung durch die Einräumung stiller Beteiligungen ebenso wie die Kapitalbeschaffung durch Kreditaufnahme oder durch die Ausgabe von Gesellschaftsanteilen (damalige Rechtsansicht) ebenfalls von der Umsatzsteuer befreit werden. In Anbetracht der Tatsache, dass Geldeinlagen keine steuerbaren Vorgänge darstellen, ging die Vorschrift in aller Regel ins Leere und wurde aufgehoben.

35 36 37 38

Abschn. 6 Abs. 2 UStR 2005. Abschn. 18 Abs. 3 Satz 2 UStR 2005. Richtlinien-Urnsetzungsgesetz, BGBI. I 2004, 3310. Gesetz über Unternehmensbeteiligungsgesellschaften vorn 17.12. 1986, BGBI. I,

2488.

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FRENTRUP, Gesellschaftsleistungen aus der Sicht der Verwaltung

II.

Vorsteuerabzug bei der Gemeinschaft oder den Gemeinschaftern

In seinem Urteil vom 18.12.198039 hatte der BFH u.a. ausgeführt, dass beschränkt rechtsfähige Personenvereinigungen (im Urteilsfall eine KG), befähigt sind, Träger von Umsätzen und damit Unternehmer i.S.d . § 2 Abs. 1 UStG zu sein. Folgerichtig führt er in seinem Beschluss vom 9.3.198940 aus, dass eine Personenvereinigung, die unter ihrem Namen nach außen auftritt und als solche durch Lieferungen und (oder) sonstige Leistungen am Wirtschaftleben teilnimmt, aufgrund der von ihr ausgeführten Umsätze Unternehmerin ist. In Übereinstimmung mit dieser Rechtsprechung vertritt die Verwaltung die Auffassung, dass Personenzusammenschlüsse Unternehmer sein können und es weder auf die Rechtsform noch auf die Rechtsfähigkeit des Leistenden ankommt.41 Daraus folgert die Verwaltung weiter, dass ein solcher Personenzusammenschluss, wenn er nicht wirtschaftlich tätig ist, auch Nichtunternehmer sein kann und dass, wenn ein solcher nicht als Unternehmer tätiger Personenzusammenschluss Leistungsempfänger ist, der Endverbrauchsfall eintritt und weder beim Personenzusammenschluss noch bei seinen Mitgliedern ein Vorsteuerabzug möglich ist. Diese Auffassung hat der BFH noch mit Urteil vom 19.12.199142 bestätigt und ausgeführt, dem einzelnen Gemeinschafter stehe der Vorsteuerabzug auch dann nicht zu, wenn die Gemeinschaft selbst Nichtunternehmerin sei. Mit seinem Urteil vom 1.10.199843 hat der BFH diese Auffassung aufgegeben und entschieden, dass für den Fall, dass mehrere Landwirte gemeinsam als Bruchteilsberechtigte einen Mähdrescher erwerben, um diesen in ihren landwirtschaftlichen Betrieben einzusetzen, die einzelnen Landwirte umsatzsteuerrechtlich Leistungsempfänger sind, wenn die Bruchteilsgemeinschaft selbst keine Umsätze ausführt. 39 BFH, Urt. v. 18.12.1980 - V R 142/73, BStBL II 1981, 408 = UR 1981, 122 rn. 40 41 42 43

130

Anrn. Weiß . BFH, Beschl. v. 9.3.1989- VB 48/88, BStBL II 1989,580 =UR 1989, 280. Abschn. 16 Abs. 1 UStR 2005. BFH, Urt. v. 9.12.1991- V R 35/87, BFH/NV 1992,569 BFH, Urt. v. 1.10.1998- V R 31/98, UR 1999, 36 = BFH/NV 1999, 575- Mähdrescher III.

FRENTRUP,

Gesellschaftsleistungen aus der Sicht der Verwaltung

Der BFH begründet dies wie folgt: Wenn sowohl die Gemeinschaft als auch die Gemeinschafter Unternehmer sind, hat die Gemeinschaft den Vorsteuerabzug, wenn sie Leistungsempfängerin ist. Leistungsempfänger ist nach der ständigen Rechtsprechung des BFH grundsätzlich derjenige, der aus dem der Leistung zugrunde liegenden Schuldverhältnis als Auftraggeber berechtigt und verpflichtet ist. Sind nur die Bruchteilsgemeinschafter unternehmerisch tätig (weil die Bruchteilsgemeinschaft den Gegenstand den Gemeinschaftern unentgeltlich überlässt), seien sie - entsprechend der zivilrechtliehen Rechtslage- die Leistungsempfänger i.S.d . § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG. Zivilrechtlieh würden nämlich, wenn mehrere Personen als Mitglieder einer Bruchteilsgemeinschaft Auftraggeber einer Leistung seien, mangels Rechtsfähigkeit der Gemeinschaft die einzelnen Gemeinschafter Gläubiger der zu erbringenden Leistung. Als Unternehmer seien sie berechtigt, den Vorsteuerabzug aus dem gemeinschaftlichen Bezug einer Leistung geltend zu machen. Da selbstverständlich nicht jeder Gemeinschafter den vollen Vorsteuerabzug beanspruchen könne, sei die für den Gegenstand in Rechnung gestellte Umsatzsteuer für Zwecke des Vorsteuerabzugs auf die Gemeinschafter entsprechend ihrem Anteil an der Bruchteilsgemeinschaft aufzuteilen, indem die auf die einzelnen Gemeinschafter (= Unternehmer) entfallenden Vorsteuerbeträge gesondert und einheitlich festgestellt werden müssten. Gegen diese Rechtsauffassung bestehen in der Verwaltung Bedenken. Die Verwaltung hat zwar nicht mit einem Nichtanwendungserlass reagiert, aber sie hat dieses Urteil bisher nicht im Bundessteuerblatt veröffentlicht. Damit ist es für die Verwaltung nicht über den entschiedenen Einzelfall hinaus anwendbar. Die OFD Berlin hat in ihrer Niederschrift vom 17.4 .200044 über die Umsatzsteuer-Dienstbesprechung am 5.4.2000 auf diese Bedenken hingewiesen. Dabei werden die Bedenken wie folgt begründet: "Wie der BFH selbst bestätigt, können Bruchteilsgemeinschaften trotz ihrer fehlenden zivilrechtliehen Rechtsfähigkeit umsatzsteuerrechtlich Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuergesetzes sein und dann den Vorsteuerabzug aus ihren Bezügen geltend machen. Der BFH räumt damit den Gemeinschaften eine eigene Steuerrechtsfähigkeit ein. Wenn aber eine Gemeinschaft als vorsteuerabzugsberechtigter Unternehmer in Betracht kommt, muss sie auch Nichtunternehmer und in dieser Eigenschaft Leistungsempfänger sein kön-

44 OFD Berlin, Vfg. v. 17.4.2000- St 13-5 7300- 2/2000, UR 2001, 129.

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FRE NTRUP,

Gesellschaftsleistungen aus der Sicht der Verwaltung

nen mit der Folge, dass ihr kein Vorsteuerabzug aus ihren Leistungsbezügen zusteht." Die Verwaltung wollte zunächst abwarten, ob weitere Entscheidungen des BFH in dieser Richtung ergehen. Für sie blieb es damit bei der bisherigen Auffassung zur umsatzsteuerliehen Behandlung der Leistungsbezüge von Bruchteilsgemeinschaften. Aber bereits am 7.11.200045 hat der BFH seine Beurteilung auf eine sonstige Leistung als Leistungsbezug ausgedehnt und entschieden: 1. Pachten Eheleute Räume zum Betrieb einer vom Ehemann allein geführten Gaststätte, so sind die Eheleute die Leistungsempfänger, wenn sie nicht gemeinsam (zum Beispiel als Gesellschaft bürgerlichen Rechts) unternehmerisch tätig sind.

2. In diesem Fall kann dem Ehemann als alleinigem Unternehmer der Vorsteuerabzug zur Hälfte zustehen. Dem folgte am 16.5.200246 ein weiteres Urteil, in dem der BFH seine Rechtsprechung fortführte : 1. Errichten Eheleute gemeinschaftlich auf einem in ihrem Miteigentum zu je 1/z stehenden Grundstück ein Gebäude, das von der Ehegattengemeinschaft als solcher nicht verwendet wird, sind beide Eheleute Leistungsempfänger. 2. Ist das Gebäude in zwei Einheiten nach dem Wohnungseigentumsgesetz aufgeteilt, kann der Ehegatte, der die ihm zustehende Einheit als Gewerberäume seinem Ehegatten steuerpflichtig vermietet, anteilig den Vorsteuerabzug aus den Baurechnungen geltend machen. 3. Für den Vorsteuerabzug des Ehegatten reichen die an die beiden Eheleute ausgestellten Rechnungen mit gesondertem Steuerausweis - auch ohne betragsmäßige Aufteilung je Ehegatten - aus. Eine Aufteilung der abziehbaren Vorsteuerbeträge nach der Verordnung zu§ 180 Abs. 2 AO ist in solchen Fällen nicht erforderlich. Trotz dieser Vielzahl von Urteilen hat die Verwaltung an ihrer Auffassung festgehalten, dass bei gemeinschaftlichem Leistungsbezug überhaupt nur die Gemeinschaft (unter den Voraussetzungen des§ 15 Abs. 1 UStG) vorsteuerabzugsberechtigt sein kann und dass die Gemeinschaf45 46

132

BFH, Urt. v. 7.11.2000- V R 49/99, UR 2001, 118 = BFH/NV 2001,402. BFH, Urt. v. 16.5.2002- V R 15/00, BFH/NV 2002, 1346.

FRENTRUP, Gesellschaftsleistungen aus der Sicht der Verwaltung ter keinen Vorsteuerabzug geltend machen können, auch wenn die Gemeinschaft selbst kein Unternehmer ist. Der BFH hat am 29.8.200247 dem EuGH in diesem Zusammenhang vier Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt.48 Dieses Vorabentscheidungsersuchen (insbesondere nachstehende Frage 2) war natürlich für die Verwaltung Anlass genug, nun nochmals zuzuwarten und den Ausgang dieses Verfahrens abzuwarten. Der Gerichtshof hat auf die Vorlagefragen des BFH geantwortet49; im Folgenden sind die Fragen des BFH und die Antworten des EuGH gegenübergestellt: Fragen des BFH 1. Handelt jemand, der für eigene

Wohnzwecke ein Wohnhaus erwirbt oder errichtet, bei Erwerb oder Errichtung des Wohnhauses als Steuerpflichtiger, wenn er einen Raum des Gebäudes als sog. häusliches Arbeitszimmer für eine selbständige nebenberufliehe Tätigkeit verwenden will?

Antworten des EuGH Nach alledem ist auf die erste Vorlagefrage zu antworten, dass jemand, der ein Wohnhaus erwirbt oder errichtet, um es mit seiner Familie zu bewohnen, als Steuerpflichtiger handelt und damit gern. Art. 17 der 6. EG-Richtlinie zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, wenn er einen Raum des Gebäudes als Arbeitszimmer für eine sei es auch nur nebenberuflich ausgeübte wirtschaftliche Tätigkeit i.S.d. Art. 2 und 4 der 6. EGRichtlinie verwendet und soweit er diesen Teil des Gebäudes dem Unternehmensvermögen zuordnet. 50

47 BFH, Beschl. v. 29.8.2002- V R 40/01, UR 2003, 148 = BFH/NV 2003,432. 48 Hierzu ausführlich Klenk, UR 2004, 145. 49 EuGH, Urt. v. 21.4.2005- Rs. C-25/03- HE, EuGHE 2005, 1-3123 = BStBI. 2007, 24 = UR 2005, 324m. Anm. Wäger. 50 EuGH, Urt. v. 21.4.2005- Rs. C-25/03- HE, EuGHE 2005, 1-3123 = BStBI. 2007, 24 = UR 2005, 324- Rz. 52.

133

FRENTRUP,

Gesellschaftsleistungen aus der Sicht der Verwaltung

Fragen des BFH Falls Frage 1 bejaht wird: 2. Ist bei gemeinsamer Bestellung eines Investitionsgegenstands durch eine Bruchteils- oder Ehegattengemeinschaft, die selbst nicht unternehmerisch tätig ist, von einem Erwerb durch einen Nichtsteuerpflichtigen, der nicht zum Vorsteuerabzug der auf den Erwerb fallenden Mehrwertsteuerberechtigt ist, auszugehen, oder sind die Gemeinschafter Leistungsempfänger?

51

134

Antworten des EuGH Daher ist auf die zweite Vorlagefrage zu antworten, dass im Fall der Bestellung eines Investitionsguts durch eine Ehegattengemeinschaft, die keine Rechtspersönlichkeit besitzt und ~elb~t keine wirtschaftliche Tätigkeit 1m Smne der 6. EG-Richtlinie ausübt, die Miteigentümer, die diese Gemeinschaft bilden, für die Zwecke der Anwendung dieser Richtlinie als Leistungsempfänger anzusehen sind.51

EuGH, Urt. v. 21.4.2005- Rs. C-25/03- HE, EuGHE 2005, 1-3123 24 = UR 2005, 324- Rz. 58.

=

BStBI. 2007 '

FRENTRUP,

Gesellschaftsleistungen aus der Sicht der Verwaltung

Fragen des BFH Sofern Frage 2 bejaht wird: 3. Steht das Recht auf Vorsteuerabzugbei Erwerb eines Investitionsguts durch Ehegatten in Bruchteilsgemeinschaft, wenn der Gegenstand nur von einem der Gemeinschafter für seine unternehmerischen Zwecke verwendet wird, a) diesem einen Gemeinschafter nur für den proportional auf seinen Anteil als Erwerber entfallenden Vorsteuerbetrag zu oder b) steht dem Gemeinschafter gern. Art. 17 Abs. 2 Buchst. a der 6. EG-Richtlinie 77 /388/EWG der Vorsteuerbetrag zu, der auf den Anteil seiner Unternehmerischen Verwendung des gesamten Gegenstands entfällt (vorbehaltlieh der Rechnungsvoraussetzungen gemäß Frage 4)?

Antworten des EuGH Nach alledem ist auf die dritte Vorlagefrage zu antworten, dass bei Erwerb eines Investitionsguts durch zwei eine Gemeinschaft bildende Ehegatten, von denen einer einen Teil des Gegenstands ausschließlich für Unternehmerische Zwecke verwendet, diesem Ehegatten und Miteigentümerdas Recht auf Vorsteuerabzugfür die gesamte MehrwertSteuerbelastung des von ihm für unternehmerische Zwecke verwendeten Teils des Gegenstands zusteht, sofern der Abzugsbetrag nicht über den Miteigentumsanteil des Steuerpflichtigen an dem Gegenstand hinausgeht.52

52 EuGH, Urt. v. 21.4.2005- Rs. C-25/03- HE, EuGHE 2005, 1-3123 = BStBI. 2007, 24 = UR 2005, 324- Rz. 74.

135

FRENTRUP, Gesellschaftsleistungen aus der Sicht der Verwaltung Fragen des BFH

Antworten des EuGH

4. Bedarf es zur Ausübung des Rechts auf Vorsteuerabzug gern. Art. 18 der 6. EG-Richtlinie einer Rechnung i.S.v. Art. 22 Abs. 3 der 6. EG-Richtlinie, die auf diesen Ehegatten/ Gemeinschafter allein -und mit den auf ihn proportional entfallenden Entgelts- und Steuerbeträgen - ausgestellt ist oder reicht die an die Gemeinschafter /Ehegatten ohne solche Aufteilung ausgestellte Rechnung aus?

Daher ist auf die vierte Vorlagefrage zu antworten, dass der Steuerpflichtige nach den Art. 18 Abs. 1 Buchst. a i.V.m. Art. 22 Abs. 3 der 6. EG-RichtIinie zur Ausübung des Rechts auf Vorsteuerabzug unter Umständen wie den im Ausgangsverfahren gegebenen nicht über eine auf seinen Namen ausgestellte Rechnung verfügen muss, in der die auf seinen Miteigentumsanteil entfallenden Teilbeträge des Preises und der Mehrwertsteuer ausgewiesen sind. Eine Rechnung, die ohne Unterscheidung an die Ehegatten, die die Gemeinschaft bilden, ausgestellt ist und in der keine solchen Teilbeträge ausgewiesen sind, reicht zu diesem Zweck aus. 53

Das Urteil des EuCH und die Folgeentscheidung des BFH54 haben die Verwaltung veranlasst, ihre Auffassung zu überdenken und diese in einem BMF-Schreiben für die Verwaltung verbindlich niederzulegen.55 Damit ist in einer Vielzahl von Einzelfällen Rechtssicherheit auch dadurch geschaffen worden, dass die Grundsätze dieses Schreibens vom 1.12.2006 in allen noch nicht bestandskräftigen Fällen gelten.

53 EuGH, Urt. v. 21.4.2005- Rs. C-25/03- HE, EuGHE 2005, 1-3123 = BStBI. 2007, 24 = UR 2005, 324- Rz. 83. 54 BFH, Urt. v. 6.10.2005- V R 40/01, BStBI. II 2007, 13 =UR 2006, 481 . 55 BMF, Sehr. v. 1.12.2006- IV A 5- S 7300- 90/06, BStBI. II 2007, 90 =UR 2007, 38.

136

Stichwortverzeichnis

Absichtsänderung - Vorsteuerabzugsrecht 56 Aktie - Ausgabe 126 ff. Aktiengesellschaft - Börsengang 119, 127 ff. Amtshilfe - innergemeinschaftliche 40 f. Anleger 121 ff. Anteil - unternehmerische Verwendung 135 Anwendungsvorrang 42 f. Arbeitszimmer - Vorsteuerabzug aus der Errichtung 133 ff. Aufkommenshoheit 34 Aufnahme - Gesellschafter 122 ff. Ausgabe - Aktie 126 ff. - Gesellschaftsanteil 126 ff. Auskunft - grenzüberschreitende 40 Auslegung - richtlinienkonforme 42, 68 - Steuerbefreiungsvorschrift 69 f. Auslegungskompetenz - nationales Gericht 44 Ausübung - Vorsteuerabzugsrecht 60, 63 f. Bagatellgrenze - Gemeinschaftsrecht 72, 75

- Vorsteuerberichtigung 75 - Zuordnung 72 Bareinlage 111, 113, 122 ff. Behinderungsverbot - Grundfreiheiten 23 f. Bemessungsgrundlage - Definition 114 - einheitliche 24 Besteuerungsrecht - Abgrenzung 29 f. Bestimmungslandprinzip 30 Beteiligung - Erwerb 113, 122 ff. - Gewinn und Verlust 88 - Halten 122 ff. Binnenmarkt 22 f. Börsengang - Aktiengesellschaft 119, 127 ff. Bruchteilsgemeinschaft 89, 130 ff. Business to business - Dienstleistung 6, 10 ff. - Warenlieferung 9, 11 Business to consumer - Dienstleistung 11 f. - Leistung 6, 9 ff. - Warenlieferung 10 f. Cash flow Besteuerung 15 Consideration - Entgelt 114 - Gegenleistung 115 Cross-Check-Verfahren 39 Darlehensgewährung 96 137

Stichwortverzeichnis

Dienstleistung - Aufnahme eines Gesellschafters in eine Personengesellschaft 111 f. - Bemessungsgrundlage 114 - Sacheinlage 110, 116 - Umsatzsteuerbarkeit 114 Dienstleistungsfreiheit - Vorsteuerausschluss 33 Dividende - Entgelt 95

Erwerb - Beteiligung 122 ff. - Gesellschaftsanteil 103, 122 ff. - Gesellschaftsanteil durch Gesellschafter 91 Europa - Verfassungsvertrag 19 f. Europäischer Gerichtshof - Entscheidungen zu Grundstücksumsätzen 77 - Entscheidung KapHag 111

EG-Vertrag - Harmonisierungsauftrag 19 f. Ehegatten - Rechnungsempfänger 132 ff. Ehegattengemeinschaft 134 ff. Eigenmittel 24 f. Einbringung - Geschäftsveräußerung 112 - Wirtschaftsgut 112, 117 f. Einlage - Fahrzeug 116 - Vorsteuerberichtigung 76 Einnahmeerzielung 124 ff. Einortprinzip - verfahrensrechtlich 42 Entgelt - Dividende 95 - Gegenleistung 115 Entgeltentrichtung - Vorsteuerabzug 38 Entstehung - Vorsteuerabzugsrecht 50,55 Errichtung - Wohnhaus, Vorsteuerabzug 133 ff. Erstbezug - Grundstück 47

Factoring 124 ff. Fahrzeug - Stammeinlage 116 Fehlmaßnahme 50, 53 Finanzausgleich 25 Finanzverfassung 24 Forderungsabtretung - Haftung 35

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Gebäude 47 - Grund und Boden 47 f. - Nutzung für eigene Wohnzwecke 68 Gegenleistung - Entgelt 115 - für eine Sacheinlage 111 f., 128 ff. - tauschähnlicher Umsatz 110 f., 114 Gemeinschaft - Rechtsfähigkeit 131 ff. Gemeinschafter - Vorsteuerabzug 130 ff. Gemeinschaftsrecht - Bagatellgrenze 72, 75 Gericht - Auslegungskompetenz eines nationalen 44

Stichwortverzeichnis

Geschäftsführung - Personengesellschaft 95 Geschäftsveräußerung - Einbringung 112, 117 Gesellschaft 123 ff. - Sacheinlage 117 - Vorsteuerabzug 118 Gesellschafter 123 ff. - Aufnahme 117, 122 ff. - Erwerb einer Beteiligung 113 - Leistungserbringung gegenüber Gesellschaft 91 - Sacheinlage 109 ff. - Vorsteuerabzug 118 Gesellschaftsan teil - Ausgabe 112, 126 ff. - Erwerb durch Gesellschafter 91 - Erwerb einer Beteiligung 122 ff. - Gegenleistung 112, 117 - Halten durch Gesellschafter 91, 122 ff. - mittelbare Unternehmenszuordnung 92 - unmittelbare Unternehmenszuordnung 92 - Unternehmerstellung aufgrund Unternehmenszuordnung 93 - Vorsteuerabzug bei Erwerb 99 - Vorsteuerabzug bei Gewährung 104 - Vorsteuerabzug bei Veräußerung 103 Gesellschaftsleistung 98 Gesellschaftszweck 124 ff. Gesetzesänderung - Vorsteuerberichtigung 75 Gewinn - Beteiligung 88 - Vorab 95

Gewinnausschüttung - inkongruente 94 Gleichheitsgrundsatz 34 Grenzkontrolle 22 Grund und Boden - Gebäude 47 f. Grundfreiheit 26 f. - Behinderungsverbot 23 f. Grundstück - bebautes 47 - Erstbezug 47 - unbebautes erschlossenes 47 - unbebautes unerschlossenes 47 Grundstückslieferung - Gemeinschaftsrecht 46 Grundstücksnutzung - private 33 Grundstücksumsatz - Entscheidungen des EuGH 77 Grundstücksvermietung 48 ff. - Gemeinschaftsrecht 49, 69 - Hotelzimmer 49 - richtlinienkonforme Auslegung 68 Haftung - Forderungsabtretung (§ 13c UStG) 35 - Leasingvertrag (§ 13d UStG) 35 - nicht entrichtete Umsatzsteuer (§ 25d UStG) 35 - Vorsteuerrückforderungsanspruch 35 Halten - einer Beteiligung 122 ff. - Gesellschaftsanteil durch Gesellschafter 91 Harmonisierung 7 139

Stichwortverzeichnis

Harmonisierungsauftrag - EG-Vertrag 19 f. Herkunftslandprinzip 30 Holding - geschäftsleitende 93 Hotelzimmer - Vermietung 49 Informationsaustausch 40 f. In-sich-Vermietung 69 Ist-Besteuerung 38 KapHag-Entscheidung 111, 122 ff. Kapitalerhöhung 119, 127 ff. Kapitalgesellschaft - Sacheinlage 119 Karussellbetrug 35 Kommissionsvorschlag 8 f. Kontrollmitteilung 39 Kosten - allgemeine 118 Leasingvertrag - Haftung 35 Leistung - Erbringung des Gesellschafters gegenüber Gesellschaft 91 - grenzüberschreitende 32 f. Leistungsaustausch - Aufnahme eines Gesellschafters 112 Leistungsempfänger 131 ff. Lieferung - Bemessungsgrundlage 114 - Sacheinlage 110, 116 - Umsatzsteuerbarkeit 114 Mehrwertsteuer-Eigenmittel 25 140

Mindestgrenze - Unternehmerische Nutzung 76 Miteigentümer 134 ff. Neutralität - intertemporale 16 - Rechtsform 119 Nichtsteuerbarkeit - Aufnahme eines Gesellschafters 111 Nutzung - Gebäude für eigene Wohnzwecke 68 - gemischte 66 - Mindestgrenze unternehmerischer 76 Option - fiktive und Vorsteuerausschluss 33 - Steuerpflicht der Vermietung 71 Organschaft 90 Personengesellschaft - Geschäftsführung 95 - Gesellschafterbeitritt 111 - Sacheinlage 119 Personenhandelsgesellschaft 126 ff. Personenzusammenschluss - Unternehmer 130 ff. Publikumsgesellschaft 121 ff. Rechnung 62 - Besitz 65 - Eheleute als Empfänger 132 ff. - verspätete 65 Rechtsanwendung - einheitliche 43

Stichwortverzeichnis

Rechtsfähigkeit - Gemeinschaft 131 ff. Rechtsformneutralität 89, 119 Rechtsgrundsätze - allgemeine 87 Reverse Charge Verfahren 37 f.

Tätigkeit - wirtschaftliche 52, 111, 121 ff. Tausch - umsatzsteuerliche Beurteilung 114 Trennungsprinzip 88

Sacheinlage - Begriff 110 - Gegenleistung 111, 113, 116, 128 ff. - Gesellschafter 109 ff., 113 - Kapitalgesellschaft 119 - Personengesellschaft 119 - Sicht der Gesellschaft 117 - Vorsteuerabzug 118 Schädigung - gewerbsmäßige des Umsatzsteueraufkommens 36 Single Place Prinzip 42 Sitzortprinzip 30 f. Sofortentscheidung 70 Sphärentheorie 90, 102, 125 ff. Spontanauskunft 40 Stammeinlage - Fahrzeug 116 Steuerbefreiung - Auslegung 69 f. - § 4 Nr. 8 Buchst. j UStG 129 ff. - Vereinheitlichung 32 Steuerhinterziehung - gewerbsmäßige(§ 370 AO) 36 Steuerpflicht - Option bei Vermietung 71 Steuersätze - Vereinheitlichung 31 Steuerschuldnerschaft - Umkehrung 37 f. Steuersouveränität 26 f. Subsidiaritätsprinzip 27 f.

Umsatz - steuerfreier (§ 4 Nr. 8 Buchst. f UStG) 126 ff. - tauschähnlicher 110 f., 114 Umsatzsteuer - Haftung für nicht entrichtete 35 - veredelte 18 Umsatzsteueraufkommen 14 - gewerbsmäßige Schädigung 36 Unternehmen - mittelbare Zuordnung eines Gesellschaftsanteils 92 - unmittelbare Zuordnung eines Gesellschaftsanteils 92 - Zuordnung 67, 70 Unternehmensvermögen 133 ff. Unternehmer - Personenzusammenschluss 130 ff. Unternehmereigenschaft - Gesellschafter beim Erwerb einer Beteiligung 113 Unternehmerstellung - aufgrund Unternehmenszuordnung eines Gesellschaftsanteils 93 Ursprungslandprinzip 29 f. Ursprungslandsystem 6 f. Veräußerung - Gesellschaftsanteil 103

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Stichwortverzeichnis

Verfassungsvertrag - Europa 19 f. Verlust - Beteiligung 88 Vermietung - Option zur Steuerpflicht 71 Versendungskauf - innergemeinschaftlicher 40 Verwendung - Anteil der Unternehmerischen 135 - nachträgliche 60 Verwendungsabsicht 54 f., 71 Verwendungsänderung - Vorsteuerabzugsrecht 64 - Vorsteuerberichtigung 65 Vorgesellschaft 105 Vorgründungsgesellschaft 105 Vorlageverpflichtung - an den EuGH 43 Vorsteuerabzug 125 ff. - Arbeitszimmer 133 ff. - Errichtung eines Wohnhauses 133 ff. - Erwerb eines Gesellschaftsanteils 99 - Gemeinschafter 130 ff. - Gesellschafter 118 - Gewährung eines Gesellschaftsanteils 104 - grenzüberschreitende Leistung 32 f. - nach Ist und Entgeltentrichtung 38 - Veräußerung eines Gesellschaftsanteils 103 - Sofortentscheidung 70 Vorsteuera bzugsrecht - Absichtsänderung 56

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- Änderung der Voraussetzungen 75 - Ausübung 60, 63 - Entstehung 50, 55 - nachträgliche Verwendung 60 - Umfang 53 - Verwendungsabsicht 54 f., 71 - Verwendungsänderung 64 Vorsteuerausschluss - Dienstleistungsfreiheit 33 - fiktive Option 33 Vorsteuerberichtigung 57 - Änderung der Verwendung 65 - Änderung der Voraussetzungen 58 f. - Änderung der Vorsteuerabzugsvoraussetzungen 75 - Bagatellgrenze 75 - Besitz einer Rechnung 65 - Einlage 76 - Gesetzesänderung 75 Vorsteuerrückforderungsanspruch - Haftung 35 Vorstufenbefreiung 37 f. Warenverkehr - grenzüberschreitender 21 Welcome-Trust-Entscheidung 123 ff. Wertabgabe - unentgeltliche 111 f. Wertpapierhändler 92, 123 ff. Wettbewerbsneutralität 21 Wirtschaftsgut - Einbringung 112, 117 f. Wohnhaus - Vorsteuerabzug aus der Errichtung 133 ff.

Stichwortverzeichnis

Wohnzweck - Gebäudenutzung für eigenen

68 Zuordnung - Bagatellgrenze 72 - mittelbare eines Gesellschaftsanteils 92

- unmittelbare eines Gesellschaftsanteils 92 - Unternehmerstellung aufgrund Unternehmenszuordnung eines Gesellschaftsanteils 93 - zum Unternehmen 67,70 Zusammenarbeitsverordnung 41

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