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German Pages 1202 [1203] Year 2020
Peter Bußjäger Anna Gamper Christian Ranacher (Hg)
Tiroler Landesverfassungsrecht Stand 1. 1. 2020 Kommentar
Univ.-Prof. Mag. Dr. Peter Bußjäger
Institut für Öffentliches Recht, Staats- und Verwaltungslehre, Universität Innsbruck; Institut für Föderalismus
Univ.-Prof. Mag. Dr. Anna Gamper
Institut für Öffentliches Recht, Staats- und Verwaltungslehre, Universität Innsbruck
HR Mag. Dr. Christian Ranacher, MAS
Amt der Tiroler Landesregierung, Verfassungsdienst Zitiervorschlag: Autor, Art xy, in: Bußjäger/Gamper/Ranacher (Hg), Tiroler Landesverfassungsrecht (2020) Rz xy. Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdruckes, der Entnahme von Abbildungen, der Funksendung, der Wiedergabe auf photomechanischem oder ähnlichem Wege und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw in diesem Buch berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürfen. Produkthaftung: Sämtliche Angaben in diesem Fachbuch/wissenschaftlichen Werk erfolgen trotz sorgfältiger Bearbeitung und Kontrolle ohne Gewähr. Eine Haftung der Herausgeberinnen und Herausgeber, Autorinnen und Autoren oder des Verlages aus dem Inhalt dieses Werkes ist ausgeschlossen. © 2020 Verlag Österreich GmbH, Wien www.verlagoesterreich.at Gedruckt in Deutschland
Satz: Grafik & Design, Claudia Gruber-Feigelmüller, 3580 Horn
Druck und Bindung: Kösel GmbH & Co. KG, 87452 Altusried-Krugzell, Deutschland Gedruckt auf säurefreiem, chlorfrei gebleichtem Papier https://doi.org/10.33196/9783704686091 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
ISBN 978-3-7046-8478-3 Verlag Österreich
Redaktionsteam Univ.-Ass. Mag. Sarah Bartl Univ.-Ass. Mag. Angela Dengg Mag. Dr. Jakob A. Egger MMag. Dr. Mathias Eller Univ.-Ass. Mag. Florian Klebelsberg, LL.B. Stud. Mitarbeiterin Miriam Klema Univ.-Ass. Mag. Julia Oberdanner Stud. Mitarbeiterin Sophie Raab Stud. Mitarbeiter David Schneebauer Univ.-Ass. Mag. David Starchl Mag. Dr. Daniel Wachter
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Vorwort Die Existenz von Landesverfassungen gilt als wichtiges Klassifikationskriterium eines Bundesstaats. Dass die Befugnis eines Gliedstaats, sich selbst eine eigene Verfassung zu geben, die lediglich an die Vorgaben der Bundesverfassung gebunden ist, mit dem bundesstaatlichen Grundprinzip zwingend verbunden ist, wurde auch vom österreichischen Verfassungsgerichtshof anerkannt (VfSlg 16.241/2001). Die Landesverfassung schafft innerhalb des mitunter engen Rahmens, der ihr durch die Bundesverfassung gezogen ist, die Grundlagen staatlichen Handelns des selbstständigen Landes Tirol im österreichischen Bundesstaat. Sie bestimmt unter anderem die Strukturen und Prozesse in Gesetzgebung und Vollziehung. Darüber hinaus werden etwa auch Grundsätze staatlichen Handelns formuliert und Kontrollrechte des Landtages geregelt. In Tirol wurde im Zuge des Zusammenbruchs der Habsburgermonarchie und der Gründung des deutsch-österreichischen Staates erst nach dem Inkrafttreten des B-VG, und zwar im Jahr 1921, eine neue Landesverfassung erlassen, traditionell als Landesordnung bezeichnet. Die Tiroler Landesordnung wurde in weiterer Folge zweimal, nämlich 1946, anlässlich ihrer Wiederinkraftsetzung nach dem Zweiten Weltkrieg, und 1953 wiederverlautbart. Als Tiroler Landesordnung 1953 stand sie – vielfach novelliert – bis zu ihrer gänzlichen Neuerlassung als Tiroler Landesordnung 1989 in Geltung. Zur mit 1. Jänner 1989 in Kraft getretenen und damit seit nunmehr über 30 Jahren geltenden Tiroler Landesordnung 1989 liegt bis dato keine vertiefende Kommentierung auf aktuellem Stand vor. Der vorliegende Kommentar möchte diese Lücke schließen. Er geht in seiner Bearbeitungsdichte über den damaligen „Pionier“-Kurzkommentar der Tiroler Landesordnung 1989 samt Nebengesetzen von Morscher aus dem Jahr 1991 sowie über den in mehreren Auflagen erschienenen Kurzkommentar von Schwamberger/Ranacher hinaus und beabsichtigt eine umfassende Darstellung des Tiroler Landesverfassungsrechts mit Stand 1. Jänner 2020, namentlich der Tiroler Landesordnung 1989 als seiner Stammurkunde sowie des einzigen außerhalb davon geltenVII
Vorwort
den Landesverfassungsgesetzes über die Mitwirkung des Landes Tirol in Angelegenheiten der europäischen Integration. Dem vorangestellt ist ein historischer Abriss zur Geschichte der Tiroler Landesordnung. Die Kommentierungen erschließen Inhalt und Bedeutung der einzelnen Bestimmungen jeweils unter Berücksichtigung ihrer Entstehungsgeschichte (hier werden vielfach auch Zusammenhänge und Entwicklungslinien zu Vorgängerbestimmungen in den Landesordnungen von 1921, 1946 und 1953 sowie Anklänge zu anderen Landesverfassungen sichtbar) sowie der maßgeblichen unions-, völker- und bundesverfassungsrechtlichen Vorgaben. So es der Kontext nahelegt, werden auch Handhabung und Auslegung in der Staatspraxis beleuchtet sowie Bezüge zu wichtigen Ausführungsbestimmungen auf unterverfassungsrechtlicher Ebene hergestellt. Hinweise auf weiterführende Literatur und Judikatur runden die einzelnen Kommentierungen ab. In der Folge wäre es erfreulich, wenn der vorliegende Kommentar nicht nur einen Beitrag zur wissenschaftlichen Aufbereitung und Durchdringung des Tiroler Landesverfassungsrechts leisten, sondern sich auch in der täglichen Praxis als nützliche Grundlage für dessen Anwendung erweisen würde. Die Verbindung von Wissenschaft und Praxis wird auch dadurch besonders unterstrichen, dass am Kommentar neben Angehörigen der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck (vorwiegend des Instituts für Öffentliches Recht, Staats- und Verwaltungslehre) auch Mitarbeiter des Instituts für Föderalismus sowie Bedienstete des Amtes der Tiroler Landesregierung mitgewirkt haben. Wir danken allen Autorinnen und Autoren für die verlässliche und termingerechte Fertigstellung ihrer Beiträge. Besonderen Dank schulden wir der hervorragenden Redaktionsassistenz, die durch ein ganzes Team an Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unter der Koordination von MMag. Dr. Mathias Eller und Mag. Julia Oberdanner vorgenommen wurde: Für die umsichtige und trotzdem rasche redaktionelle Bearbeitung der einzelnen Beiträge sei im Einzelnen neben den bereits erwähnten Personen Mag. Sarah Bartl, Mag. Angela Dengg, Mag. Dr. Jakob A. Egger, Univ.-Ass. Mag. Florian Klebelsberg, LL.B., Miriam Klema, Sophie Raab, David Schneebauer, Mag. David Starchl und Mag. Dr. Daniel Wachter herzlich gedankt. Dank ergeht auch an Angelika Schmutzer und Renate Stemeseder-Wackerle für die Durchsicht des Stichwortverzeichnisses. Dem Verlag Österreich, namentlich Frau MMag. Barbara Raimann, danken wir für die Aufnahme des Kommentars in dessen Reihe über die Landesverfassungen, die professionelle VIII
Vorwort
Begleitung des Publikationsprojekts in allen Phasen seiner Verwirklichung und die stets unkomplizierte und angenehme Zusammenarbeit. Zudem hat das Land Tirol das Erscheinen des vorliegenden Kommentars durch die Zusicherung der Abnahme einer signifikanten Anzahl an Exemplaren in besonderer Weise unterstützt. Innsbruck, im Mai 2020
Peter Bußjäger Anna Gamper Christian Ranacher
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Inhaltsverzeichnis Redaktionsteam................................................................................. V Vorwort.............................................................................................. VII Inhaltsverzeichnis.............................................................................. XI Verzeichnis der Autorinnen und Autoren...................................... XVII Verzeichnis der Fundstellen durchgängig abgekürzter Rechts- vorschriften........................................................................................ XIX Abkürzungsverzeichnis.................................................................... XXV Zur Geschichte der Tiroler Landesordnung (Martin P. Schennach)........................................................................... 1 Präambel (Anna Gamper)..................................................................... 29 I. Teil: Allgemeine Bestimmungen Artikel 1 Staatsform, Staatsgewalt (Anna Gamper)....................... 45 Artikel 2 Landesgebiet (Christian Ranacher)................................. 52 Artikel 3 Landesvolk, Landesbürger (Anna Gamper)................... 79 Artikel 4 Landessprache (Jakob A. Egger)...................................... 85 Artikel 5 Landeshauptstadt (Mathias Eller).................................... 94 Artikel 6 Landessymbole (Mathias Eller)....................................... 101 Artikel 7 Ziele und Grundsätze des staatlichen Handelns (Anna Gamper)................................................................. 110 Artikel 8 Politische Parteien (Christian Ranacher)........................ 133 Artikel 9 Schutz der Kinder und Jugendlichen, Erziehungsrecht der Eltern (Lamiss Khakzadeh-Leiler)............................ 146 Artikel 10 Kultur und Bildung (Lamiss Khakzadeh-Leiler)........... 152 Artikel 11 Schutz des Eigentums (Andreas Wimmer)...................... 163 Artikel 12 Petitionsrecht (Anna Gamper)......................................... 182 Artikel 13 Unterstützung von Personen in einer Notlage und von Menschen mit Behinderungen (Lamiss KhakzadehLeiler)................................................................................. 193 Artikel 14 Hilfeleistungspflicht (Lamiss Khakzadeh-Leiler).......... 198 XI
Inhaltsverzeichnis
II. Teil: Gesetzgebung des Landes Tirol 1. Abschnitt: Landtag Artikel 15 Organ der Gesetzgebung (Peter Bußjäger)..................... 205 Artikel 16 Zusammensetzung, Sitz (Peter Bußjäger)....................... 218 Artikel 17 Wahl (Peter Bußjäger)....................................................... 228 Artikel 18 Gesetzgebungsperiode (Peter Bußjäger)......................... 245 Artikel 19 Erste Sitzung (Peter Bußjäger)......................................... 251 Artikel 20 Landtagspräsident und Vizepräsidenten (Peter Bußjäger)................................................................. 258 Artikel 21 Amtsdauer des Landtagspräsidenten und der Vizepräsidenten (Peter Bußjäger).................................... 268 Artikel 22 Vertretung des Landtagspräsidenten, Neuwahl (Peter Bußjäger)................................................................. 273 Artikel 23 Ausschüsse, Klubs (Maria Bertel)................................... 278 Artikel 24 Sitzungen (Maria Bertel).................................................. 314 Artikel 25 Öffentlichkeit der Sitzungen, sachliche Immunität (Maria Bertel).................................................................... 321 Artikel 26 Geschäftsordnung des Landtages, Landtagsdirektion (Christoph Schramek)....................................................... 331 Artikel 27 Beschlüsse, Wahlen (Christoph Schramek) .................... 347 Artikel 28 Auflösung (Christoph Schramek).................................... 355 2. Abschnitt: Rechtliche Stellung der Abgeordneten Artikel 29 Bewerbung um ein Mandat, Beginn und Ausübung des Mandates (Irmgard Rath-Kathrein)......................... 363 Artikel 30 Gelöbnis der Abgeordneten (Irmgard Rath-Kathrein). 391 Artikel 31 Unabhängigkeit der Abgeordneten (Irmgard Rath Kathrein)............................................................................ 400 Artikel 32 Immunität der Abgeordneten (Irmgard Rath-Kathrein). 406 Artikel 33 Bezüge der Abgeordneten (Irmgard Rath-Kathrein).... 425 Artikel 34 Erlöschen des Mandates, Verzicht auf die Ausübung des Mandates (Irmgard Rath-Kathrein)......................... 428 3. Abschnitt: Gesetzgebungsverfahren Artikel 35 Artikel 36 Artikel 37 Artikel 38 XII
Gesetzesvorschläge (Mathias Eller)................................. 442 Begutachtung von Gesetzentwürfen (Jakob A. Egger).. 456 Volksbegehren (Anna Gamper)....................................... 479 Gesetzesbeschlüsse (Klaus Wallnöfer)............................. 499
Inhaltsverzeichnis
Artikel 39 Volksabstimmung (Anna Gamper).................................. 519 Artikel 40 Geltungsbeginn und räumlicher Geltungsbereich der Landesgesetze (Klaus Wallnöfer)..................................... 550 Artikel 41 Wiederverlautbarung von Landesgesetzen (Klaus Wallnöfer)............................................................... 558 Artikel 41a Landesgesetzblatt (Klaus Wallnöfer)............................... 569 Artikel 42 Anfechtung von Landesgesetzen durch Abgeordnete (Klaus Wallnöfer)............................................................... 577 4. Abschnitt: Mitwirkung des Landtages an der Bildung des Bundesrates Artikel 43 Wahl von Mitgliedern und Ersatzmitgliedern (Irmgard Rath-Kathrein)................................................. 587 III. Teil: Verwaltung des Landes Tirol 1. Abschnitt: Landesverwaltung Artikel 44 Landesregierung (Sebastian Schmid)............................... 599 Artikel 45 Wahl (Sebastian Schmid)................................................... 610 Artikel 46 Unvereinbarkeit (Sebastian Schmid)............................... 616 Artikel 47 Gelöbnis der Mitglieder der Landesregierung (Sebastian Schmid)............................................................ 623 Artikel 48 Amtsdauer, Amtsverzicht (Sebastian Schmid)................ 628 Artikel 49 Neuwahl, Nachwahl, Ergänzungswahl (Sebastian Schmid)............................................................ 636 Artikel 50 Vertretung der Mitglieder der Landesregierung (Sebastian Schmid)............................................................ 642 Artikel 51 Geschäftsordnung (Julia Oberdanner)............................ 647 Artikel 52 Beschlüsse (Christoph Schramek).................................... 662 Artikel 53 Notverordnungsrecht (Julia Oberdanner)...................... 669 Artikel 54 Amtsverschwiegenheit der Mitglieder der Landes regierung (Maria Bertel)................................................... 686 Artikel 55 Bezüge der Mitglieder der Landesregierung (Julia Oberdanner)............................................................ 694 Artikel 56 Landeshauptmann (Christoph Schramek)....................... 713 Artikel 57 Behörden (Peter Bußjäger)............................................... 724 Artikel 58 Amt der Landesregierung (Peter Bußjäger).................... 730 Artikel 59 Landesvolksanwalt (Anna Gamper)................................ 741 Artikel 60 Volksbefragung (Anna Gamper)...................................... 774 Artikel 60a Information der Bevölkerung (Jakob A. Egger)............. 799 XIII
Inhaltsverzeichnis
2. Abschnitt: Haushalt des Landes Artikel 61 Landeshaushalt, Finanzjahr (Thomas Müller)................ 809 Artikel 62 Landesvoranschlag (Thomas Müller).............................. 831 Artikel 62a Genehmigungspflicht (Thomas Müller).......................... 839 Artikel 62b Finanzplanung, Haftungsobergrenzen (Thomas Müller)................................................................ 845 Artikel 63 Landesrechnungsabschluss (Thomas Müller)................. 854 3. Abschnitt: Kontrolle der Landesverwaltung durch den Landtag Artikel 64 Verantwortlichkeit der Mitglieder der Landesregierung (Klaus Wallnöfer)............................................. 860 Artikel 65 Fragerecht des Landtages und der Abgeordneten (Niklas Sonntag)................................................................ 871 Artikel 65a Informationsrechte (Niklas Sonntag).............................. 884 Artikel 66 Entschließungsrecht (Niklas Sonntag)............................ 890 Artikel 67 Gebarungskontrolle, Landesrechnungshof (Arno Kahl). 893 Artikel 68 Ziele der Gebarungsprüfung, Prüfungsaufträge (Arno Kahl)........................................................................ 925 Artikel 69 Berichte (Arno Kahl)......................................................... 937 Artikel 70 Organisation des Landesrechnungshofes (Arno Kahl).. 949 Artikel 70a Aufträge an den Rechnungshof (Arno Kahl).................. 959 IV. Teil: Verwaltungsgerichtsbarkeit des Landes Tirol Vorbemerkungen (Christian Ranacher).............................................. 964 Artikel 70b Landesverwaltungsgericht (Christian Ranacher)........... 974 Artikel 70c Stellung der Landesverwaltungsrichter (Christian Ranacher)......................................................... 980 Artikel 70d Aufgaben, Geschäftsgang (Christian Ranacher)............ 984 Artikel 70e Organisation (Christian Ranacher)................................. 994 V. Teil: Staatsrechtliche Vereinbarungen und Staatsverträge Artikel 71 Staatsrechtliche Vereinbarungen (Andreas Wimmer)..... 997 Artikel 71a Staatsverträge (Andreas Wimmer)................................... 1012 VI. Teil: Gemeinden Artikel 72 Bestand (Karl Weber)........................................................ 1021 Artikel 73 Rechtliche Stellung (Karl Weber)..................................... 1032 Artikel 74 Wirkungsbereich (Karl Weber)........................................ 1042 XIV
Inhaltsverzeichnis
Artikel 75 Wahlrecht und Wählbarkeit zum Gemeinderat (Peter Bußjäger)................................................................. 1059 Artikel 76 Bürgermitbestimmung (Anna Gamper).......................... 1064 Artikel 77 Gemeindeverbände (Andreas Wimmer).......................... 1078 Artikel 77a Vereinbarungen zwischen Gemeinden (Andreas Wimmer)............................................................ 1095 Artikel 78 Organisation (Karl Weber)............................................... 1102 VII. Teil: Schluß- und Übergangsbestimmungen Artikel 79 Inkrafttreten, Außerkrafttreten früherer Rechts vorschriften (Niklas Sonntag).......................................... 1113 Artikel 80 Übergangsbestimmungen (Niklas Sonntag)................... 1115 Artikel 81 Geschlechtsspezifische Bezeichnungen (Niklas Sonntag)................................................................ 1116 Landesverfassungsgesetz vom 18. November 1992 über die Mitwirkung des Landes Tirol in Angelegenheiten der europäischen Integration Vorbemerkungen (Christian Ranacher).............................................. 1120 § 1 Integrationskonferenz der Länder (Christian Ranacher/ Niklas Sonntag).............................................................................. 1133 § 2 Ausschuß für Föderalismus und europäische Integration (Maria Bertel)................................................................................. 1137 § 3 Information des Landtages (Christian Ranacher)....................... 1141 § 4 Entschließungen des Landtages (Christian Ranacher)............... 1145 § 5 Inkrafttreten (Christian Ranacher)............................................... 1154 Stichwortverzeichnis............................................................................. 1155
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Verzeichnis der Autorinnen und Autoren Mag. Dr. Maria Bertel Institut für Öffentliches Recht, Staats- und Verwaltungslehre, Universität Innsbruck Univ.-Prof. Mag. Dr. Peter Bußjäger Institut für Öffentliches Recht, Staats- und Verwaltungslehre, Universität Innsbruck; Institut für Föderalismus Mag. Dr. Jakob A. Egger Institut für Öffentliches Recht, Staats- und Verwaltungslehre, Universität Innsbruck MMag. Dr. Mathias Eller Institut für Föderalismus Univ.-Prof. Mag. Dr. Anna Gamper Institut für Öffentliches Recht, Staats- und Verwaltungslehre, Universität Innsbruck Univ.-Prof. Mag. Dr. Arno Kahl Institut für Öffentliches Recht, Staats- und Verwaltungslehre, Universität Innsbruck ao. Univ.-Prof. Mag. Dr. Lamiss Khakzadeh-Leiler Institut für Öffentliches Recht, Staats- und Verwaltungslehre, Universität Innsbruck Univ.-Prof. Mag. Dr. Thomas Müller, LL.M. Institut für Öffentliches Recht, Staats- und Verwaltungslehre, Universität Innsbruck Univ.-Ass. Mag. Julia Oberdanner Institut für Öffentliches Recht, Staats- und Verwaltungslehre, Universität Innsbruck HR Mag. Dr. Christian Ranacher, MAS Amt der Tiroler Landesregierung, Verfassungsdienst XVII
Verzeichnis der Autorinnen und Autoren
Ass.-Prof. Mag. Dr. Irmgard Rath-Kathrein Institut für Öffentliches Recht, Staats- und Verwaltungslehre, Universität Innsbruck Univ.-Prof. MMag. DDr. Martin P. Schennach, MAS Institut für Römisches Recht und Rechtsgeschichte, Universität Innsbruck Univ.-Prof. Mag. Dr. Sebastian Schmid, LL.M. Fachbereich Öffentliches Recht, Völker- und Europarecht, Universität Salzburg Mag. Dr. Christoph Schramek Amt der Tiroler Landesregierung, Umweltschutz Mag. Dr. Niklas Sonntag Amt der Tiroler Landesregierung, Verfassungsdienst Mag. Dr. Klaus Wallnöfer, LL.M. Amt der Tiroler Landesregierung, Landwirtschaftliches Schulwesen und Landwirtschaftsrecht em. o. Univ.-Prof. Mag. Dr. Karl Weber Institut für Öffentliches Recht, Staats- und Verwaltungslehre, Universität Innsbruck assoz. Prof. MMag. Dr. Andreas Wimmer Institut für Öffentliches Recht, Staats- und Verwaltungslehre, Universität Innsbruck
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Verzeichnis der Fundstellen durchgängig abgekürzter Rechtsvorschriften ABGB AEMR AEUV AHG AVG B-VG Bgld GO LReg
Bgld GO LT Bgld L-VG BH-OrgG BVG ÄmterLReg
Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch, JGS 1811/970 idF BGBl I 2020/16 Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, Resolution 217 A (III) der UNO-Generalversammlung vom 10. Dezember 1948 Vertrag über die Arbeitsweise der Europä ischen Union, BGBl III 1999/86 idF BGBl III 2013/314 Amtshaftungsgesetz, BGBl 1949/20 idF BGBl I 2013/122 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl 1999/51 (WV) idF BGBl I 2018/58 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl 1930/1 idF BGBl I 2020/24 Verordnung der Burgenländischen Landes regierung vom 14. Juli 2015, mit der die Geschäftsordnung der Burgenländischen Landesregierung erlassen wird, LGBl 2015/35 idF LGBl 2020/37 Gesetz vom 14. September 1981 über die Geschäftsordnung des Burgenländischen Landtages, LGBl 1981/47 idF LGBl 2015/5 Landes-Verfassungsgesetz vom 14. September 1981 über die Verfassung des Burgenlandes, LGBl 1981/42 idF LGBl 2014/64 Tiroler Gesetz vom 14. Februar 1977 über die Organisation der Bezirkshauptmannschaften, LGBl 1977/11 idF LGBl 2019/77 Bundesverfassungsgesetz betreffend Grundsätze für die Einrichtung und Geschäftsführung der Ämter der Landesregierungen außer Wien, BGBl 1925/289 idF BGBl I 2019/14 XIX
Verzeichnis der Fundstellen durchgängig abgekürzter Rechtsvorschriften
BVG Nachhaltigkeit Bundesverfassungsgesetz über die Nachhaltigkeit, den Tierschutz, den umfassenden Umweltschutz, die Sicherstellung der Wasser- und Lebensmittelversorgung und die Forschung, BGBl I 2013/111 idF BGBl I 2019/82 BVG Rassen- Bundesverfassungsgesetz vom 3. Juli 1973 zur diskriminierung Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl 1973/390 BVG Umwelt Bundesverfassungsgesetz vom 27. November 1984 über den umfassenden Umweltschutz, BGBl 1984/491 DSG Bundesgesetz zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten (Datenschutzgesetz), BGBl I 1999/165 idF BGBl I 2019/14 EMRK Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention), BGBl 1958/210 idF BGBl III 2018/139 EUInt-LVG Landesverfassungsgesetz über die Mitwirkung des Landes Tirol in Angelegenheiten der europäischen Integration, LGBl 1993/17 EUV Vertrag über die Europäische Union, BGBl III 1999/85 idF BGBl III 2013/171 FAG Finanzausgleichsgesetz 2017, BGBl I 2016/16 idF BGBl I 2019/103 F-VG Finanz-Verfassungsgesetz 1948, BGBl 1948/45 idF BGBl I 2012/51 GEint Amt Geschäftseinteilung des Amtes der Tiroler Landesregierung, LGBl 2019/78 idF LGBl 2020/23 GG Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, BGBl S 1 idF BGBl I S 1546 GO Amt Geschäftsordnung des Amtes der Tiroler Landesregierung, LGBl 2013/123 idF LGBl 2016/103 GOG-NR Bundesgesetz vom 4. Juli 1975 über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975), BGBl 1975/410 idF BGBl I 2020/45 XX
Verzeichnis der Fundstellen durchgängig abgekürzter Rechtsvorschriften
GRC
Charta der Grundrechte der Europäischen Union, Abl 2000 C 364/1 idF Abl 2012 C 326/2 Tiroler Grundverkehrsgesetz 1996, LGBl 1999/61 idF LGBl 2020/51 Innsbrucker Stadtrecht 1975, LGBl 1975/53 idF LGBl 2020/51 Innsbrucker Wahlordnung 2011, LGBl 2011/120 idF LGBl 2020/68 Landesverfassungsgesetz vom 11. Juli 1996, mit dem die Verfassung für das Land Kärnten erlassen wird, LGBl 1996/85 idF LGBl 2020/29 Tiroler Katastrophenmanagementgesetz, LGBl 2006/33 idF LGBl 2019/138 Verordnung der Landesregierung vom 15. Dezember 1998, mit der die Geschäftsordnung der Kärntner Landesregierung erlassen wird, LGBl 1999/8 idF LGBl 2020/34 Gesetz vom 11. Juli 1996 über die Geschäftsordnung des Kärntner Landtages, LGBl 1996/87 idF LGBl 2018/23 Tiroler Landes-Bezügegesetz 1998, LGBl 1998/23 idF LGBl 2020/9 Tiroler Landesrechnungshofgesetz, LGBl 2003/18 idF LGBl 2018/144 Landes-Verlautbarungsgesetz 2013, LGBl 2013/125 idF LGBl 2018/144 Tiroler Landesvolksanwaltsgesetz, LGBl 2014/66 idF LGBl 2018/144 Tiroler Landeswappengesetz, LGBl 2006/61 idF LGBl 2018/144 Verordnung über die Geschäftsordnung der NÖ Landesregierung, LGBl 0001/1-0 idF LGBl 2020/24 Geschäftsordnung des Niederösterreichischen Landtags, LGBl 0010-1 idF LGBl 2019/75 Niederösterreichische Landesverfassung 1979, LGBl 0001-0 idF LGBl 2019/45 Tiroler Notifikationsgesetz, LGBl 1999/43 idF LGBl 2019/21
GVG IbkStadtR IWO 2011 K-LVG
KatManaG Ktn GO LReg
Ktn GO LT
L-BezügeG LRechnungshofG LVerlautG LVolksanwaltG LWappG NÖ GO LReg
NÖ GO LT NÖ LV 1979 NotifG
XXI
Verzeichnis der Fundstellen durchgängig abgekürzter Rechtsvorschriften
NRWO OÖ GO LReg
OÖ GO LT OÖ L-VG ParteienFG PartG 2012 RHG Sbg GO LReg
Sbg GO LT Sbg L-VG StGB StGG
Stmk GO LReg
Stmk GO LT
XXII
Nationalrats-Wahlordnung 1992, BGBl 1992/471 idF BGBl I 2018/32 Verordnung der Oö Landesregierung vom 9. Mai 1977, mit der die Geschäftsordnung der Oö Landesregierung erlassen wird, LGBl 1977/24 idF LGBl 2020/19 Landesgesetz über die Geschäftsordnung des Oö Landtags, LGBl 2009/70 idF LGBl 2018/5 Oberösterreichisches Landes-Verfassungsgesetz, LGBl 1991/122 (WV) idF LGBl 2019/39 Tiroler Parteienfinanzierungs- und Klubförderungsgesetz 2012, LGBl 2012/151 idF LGBl 2019/138 Bundesgesetz über die Finanzierung politischer Parteien (Parteiengesetz 2012), BGBl I 2012/56 idF BGBl I 2020/24 Rechnungshofgesetz, BGBl 1948/144 idF BGBl I 2015/143 Verordnung der Salzburger Landesregierung vom 28. April 2004, mit der die Geschäftsordnung der Salzburger Landesregierung neu erlassen wird, LGBl 2004/43 idF LGBl 2019/74 Gesetz vom 10. Dezember 1998 über die Geschäftsordnung des Salzburger Landtages, LGBl 1999/26 idF LGBl 2019/46 Salzburger Landes-Verfassungsgesetz 1999, LGBl 1999/25 (WV) idF LGBl 2019/41 Strafgesetzbuch, BGBl 1974/60 idF BGBl I 2019/111 Staatsgrundgesetz vom 21. December 1867, über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger für die im Reichsrathe vertretenen Königreiche und Länder, RGBl 1867/142 idF BGBl 1988/684 Verordnung der Steiermärkischen Landesregierung vom 18. Juni 2015, mit der die Geschäftsordnung der Steiermärkischen Landesregierung erlassen wird, LGBl 2015/45 idF LGBl 2020/14 Gesetz vom 24. Mai 2005, mit dem die Geschäftsordnung des Landtages Steiermark erlassen wird, LGBl 2005/82 idF LGBl 2018/13
Verzeichnis der Fundstellen durchgängig abgekürzter Rechtsvorschriften
Stmk L-VG
Steiermärkisches Landes-Verfassungsgesetz 2010, LGBl 2010/77 idF LGBl 2017/115 StV von St. Germain Staatsvertrag von Saint-Germain-en-Laye vom 10. September 1919, StGBl 1920/303 idF BGBl II 1934/154 StV von Wien Staatsvertrag betreffend die Wiederherstellung eines unabhängigen und demokratischen Österreich, BGBl 1955/152 idF BGBl I 2008/2 TBO 2018 Tiroler Bauordnung 2018, LGBl 2018/28 idF LGBl 2020/65 TGO Tiroler Gemeindeordnung 2001, LGBl 2001/36 idF LGBl 2020/51 TGWO 1994 Tiroler Gemeindewahlordnung 1994, LGBl 1994/88 idF LGBl 2020/68 Tir GO LReg Geschäftsordnung der Tiroler Landesregierung, LGBl 1999/14 idF LGBl 2020/47 Tir GO LT Geschäftsordnung des Tiroler Landtages 2015, LGBl 2015/63 idF LGBl 2020/68 TKJHG Tiroler Kinder- und Jugendhilfegesetz, LGBl 2013/150 idF LGBl 2020/51 TLO 1921 Tiroler Landesordnung 1921, LGBl 1921/145 TLO 1946 Tiroler Landesordnung 1946, LGBl 1946/2 (WV) TLO 1953 Tiroler Landesordnung 1953, LGBl 1953/24 TLO 1989 Landesverfassungsgesetz vom 21. September 1988 über die Verfassung des Landes Tirol (Tiroler Landesordnung 1989), LGBl 1988/61 idF LGBl 2019/133 TLVwGG Tiroler Landesverwaltungsgerichtsgesetz, LGBl 2012/148 idF LGBl 2020/51 TLWO 2017 Tiroler Landtagswahlordnung 2017, LGBl 2017/74 idF LGBl 2020/68 TMSG Tiroler Mindestsicherungsgesetz, LGBl 2010/99 idF LGBl 2019/138 TNSchG 2005 Tiroler Naturschutzgesetz 2005, LGBl 2005/26 idF LGBl 2019/163 TROG 2016 Tiroler Raumordnungsgesetz 2016, LGBl 2016/101 idF LGBl 2020/51 TTHG Tiroler Teilhabegesetz, LGBl 2018/32 idF LGBl 2020/51 XXIII
Verzeichnis der Fundstellen durchgängig abgekürzter Rechtsvorschriften
ÜG 1920 UN-KRK UntersAusG Vbg GO LReg Vbg GO LT Vbg LV VerbotsG VfGG VoGrG VolksG VStG Wr GO LReg Wr GO LT
WStV WVK
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Übergangsgesetz 1920, BGBl 1925/368 (WV) idF BGBl I 2019/14 UN-Kinderrechtskonvention, BGBl 1993/7 idF BGBl III 2020/22 Tiroler Gesetz über Untersuchungsausschüsse, LGBl 1998/105 idF LGBl 2012/150 Verordnung der Landesregierung über die Geschäftsordnung der Landesregierung, LGBl 1985/3 idF LGBl 2020/21 Landtagsbeschluss über eine Geschäftsordnung für den Vorarlberger Landtag, LGBl 1973/11 idF LGBl 2016/45 Verfassungsgesetz über die Verfassung des Landes Vorarlberg, LGBl 1999/9 idF LGBl 2019/14 Verbotsgesetz 1947, StGBl 1945/13 idF BGBl 1992/148 Verfassungsgerichtshofgesetz 1953, BGBl 1953/85 (WV) idF BGBl I 2020/24 Bundesgesetz über die Rechtsstellung der Volksgruppen in Österreich, BGBl 1976/396 idF BGBl I 2013/84 Tiroler Volksrechtegesetz, LGBl 1990/56 idF LGBl 2020/68 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl 1991/52 (WV) idF BGBl I 2018/58 Geschäftsordnung für die Wiener Landesregierung, Abl 1960/86 idF LGBl 2020/27 Kundmachung betreffend den Beschluss des Wiener Landtages, mit dem die Geschäftsordnung des Landtages für Wien erlassen wird, LGBl 2001/58 idF LGBl 2019/40 Verfassung der Bundeshauptstadt Wien, LGBl 1968/28 idF LGBl 2019/47 Wiener Übereinkommen über das Recht der Verträge, BGBl 1980/40 idF BGBl III 2017/194
Abkürzungsverzeichnis aA anderer Ansicht AA Ausschussantrag AB Ausschussbericht Abg Abgeordneter Abl Amtsblatt der Europäischen Union Abs Absatz aF alte Fassung Anm Anmerkung AnwBl Österreichisches Anwaltsblatt arg argumentum Art Artikel AVR Archiv des Völkerrechts betr betreffend BFG Bundesfinanzgericht BG Bundesgesetz BGBl Bundesgesetzblatt Bgld Burgenland, burgenländisch Bgm Bürgermeister BH Bezirkshauptmann(schaft) BK Bundeskanzler BKA Bundeskanzleramt BlgNR Beilage(n) zu den Stenographischen Protokol len des Nationalrats BM Bundesminister(ium) BPräs Bundespräsident BR Bundesrat BReg Bundesregierung Bsp Beispiel bspw beispielsweise BVB Bezirksverwaltungsbehörde BVG Bundes-Verfassungsgesetz B-VG-Nov Bundes-Verfassungsgesetz-Novelle BVwG Bundesverwaltungsgericht XXV
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bzw beziehungsweise ders derselbe DFB Druckfehlerberichtigung dgl dergleichen dh das heißt dies dieselbe(n) ds das sind EB Erläuternde Bemerkungen EBRV Erläuternde Bemerkungen zur Regierungsvorlage EGMR Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte Entschl Entschließung Erk Erkenntnis et al et alii etc et cetera EU Europäische Union EuGH Europäischer Gerichtshof EuGRZ Europäische Grundrechte-Zeitschrift EuR Zeitschrift Europarecht f, ff (fort-)folgend FN Fußnote FÖDOK Föderalismus-Dokumente FS Festschrift gem gemäß GemO Gemeindeordnung ggf gegebenenfalls GK Große Kammer GO Geschäftsordnung GP Gesetzgebungsperiode GR Gemeinderat grds grundsätzlich GS Gedenkschrift GZ Geschäftszahl Hg Herausgeber hL herrschende Lehre hM herrschende Meinung IA Initiativantrag Ibk Innsbruck(er) ICON International Journal of Constitutional Law idF in der Fassung XXVI
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idgF in der geltenden Fassung idR in der Regel idS in diesem Sinn(e) ieS im engeren Sinne insb insbesondere iS im Sinne iSd im Sinne des/der iSe im Sinne einer/eines iSv im Sinne von iVm in Verbindung mit iwS im weiteren Sinn iZm in Zusammenhang mit JBl Juristische Blätter JGS Justizgesetzsammlung JRP Journal für Rechtspolitik juridikum Zeitschrift für Kritik | Recht | Gesellschaft Ktn Kärnten, Kärntner LAD Landesamtsdirektor leg cit legis citate LG Landesgesetz LGBl Landesgesetzblatt LH Landeshauptmann LHStv Landeshauptmannstellvertreter lit litera Lit Literatur LReg Landesregierung LRH Landesrechnungshof LT Landtag LTAbg Landtagsabgeordnete LTPräs Landtagspräsident LVG Landesverfassungsgesetz L-VG Landes-Verfassungsgesetz LVwG Landesverwaltungsgericht Mat (Gesetzes-)Materialien mE meines Erachtens MS Mitgliedstaat mwH mit weiteren Hinweisen mwN mit weiteren Nachweisen NÖ Niederösterreich, niederösterreichisch Nov Novelle XXVII
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Nr Nummer NR Nationalrat NRAbg Nationalratsabgeordneter NRPräs Nationalratspräsident oa oben angeführt oÄ oder Ähnliche(s) öarr Österreichisches Archiv für Recht & Religion ÖBl Österreichische Blätter für Gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht ÖGZ Österreichische Gemeinde-Zeitung ÖHW Das öffentliche Haushaltswesen in Österreich ÖJK Österreichische Juristenkommission ÖJZ Österreichische Juristen-Zeitung österr österreichisch OGH Oberster Gerichtshof OÖ Oberösterreich, oberösterreichisch Präs Präsident prov provisorisch RFG Recht & Finanzen für Gemeinden RGBl Reichsgesetzblatt RH Rechnungshof RL Richtlinie Rsp Rechtsprechung RV Regierungsvorlage Rz Randziffer RZ Österreichische Richterzeitung s siehe Sbg Salzburg(er) Slg Sammlung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes und des Europäischen Gerichts Erster Instanz sog sogenannte StenProt Stenographisches Protokoll StF Stammfassung StGBl Staatsgesetzblatt Stmk Steiermark, steiermärkisch stRsp ständige Rechtsprechung stv stellvertretend StV Staatsvertrag SWK Steuer- und WirtschaftsKartei XXVIII
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Tir Tiroler tw teilweise ua unter anderem uam und andere(s) mehr uva und viele(s) andere uvm und viele(s) mehr UVP Umweltverträglichkeitsprüfung va vor allem VA Volksanwalt(schaft) Vbg Vorarlberg(er) VfGH Verfassungsgerichtshof VfSlg Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse des Verfassungsgerichtshofes VGI Österreichische Zeitschrift für Vermessung und Geoinformation vgl vergleiche vH von Hundert VO Verordnung Vorbem Vorbemerkung VVDStRL Veröffentlichungen der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer VwG Verwaltungsgericht VwGH Verwaltungsgerichtshof VwSlg Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse des Verwaltungsgerichtshofes VWT Vereinigung österreichischer Wirtschaftstreuhänder wbl Wirtschaftsrechtliche Blätter Wr Wiener wv wiederverlautbart WV Wiederverlautbarung Z Ziffer ZAS Zeitschrift für Arbeits- und Sozialrecht zB zum Beispiel ZfV Zeitschrift für Verwaltung zit zitiert Zl Zahl ZÖR Zeitschrift für öffentliches Recht ZParl Zeitschrift für Parlamentsfragen ZPEMRK Zusatzprotokoll zur EMRK XXIX
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zT ZUV
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zum Teil Zeitschrift der Unabhängigen Verwaltungssenate
Zur Geschichte der Tiroler Landesordnung Inhaltsübersicht I. Landesordnung und Landesverfassung in der Frühen Neuzeit............................................................................................. 1 A. Der Begriff „Tiroler Landesordnung“................................... 1 B. Die frühneuzeitlichen Tiroler „leges fundamentales“ und die Verfassung Tirols................................................................. 3 C. „Landesordnung“ und Landesverfassung in der Frühen Neuzeit........................................................................................ 6 II. Vom 19. Jahrhundert bis zum Untergang der Monarchie 1918 ................................................................................................. 7 A. Die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts..................................... 7 B. Von der (Re-)Konstitutionalisierung bis zum Ende der Monarchie................................................................................... 10 III. Vom Ende der Monarchie bis zum Erlass des BundesVerfassungsgesetzes....................................................................... 16 IV. Zustandekommen und Partikularitäten der Tiroler Landesordnung 1921.................................................................................. 21 V. Die Zeit der Diktaturen................................................................. 30 VI. Die Nachkriegszeit bis zur Landesordnung 1989..................... 34
I. Landesordnung und Landesverfassung in der Frühen Neuzeit A. Der Begriff „Tiroler Landesordnung“ Der erste Quellenbeleg für die Verwendung des Terminus „Landesord- 1 nung“ stammt in Tirol aus dem Jahr 1481, und ab den neunziger Jahren des 15. Jahrhunderts häufte sich die Verwendung des Begriffs, ohne dass dieser in diesem Zeitraum bereits einen ausgeprägten Konnex mit der Tir Landesverfassung gehabt hätte.1 Vielmehr bezeichnete „Lan1
Vgl ausführlich hierzu Schennach, Gesetz und Herrschaft. Die Entstehung des Gesetzgebungsstaates am Beispiel Tirols (2010) 489 ff; Pauser/Schennach
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desordnung“ damals einen für (im Wesentlichen) das ganze Land geltenden, unter Einbeziehung der Landstände zustande gekommenen und für eine längere Geltungsdauer konzipierten Gesetzgebungsakt, der zudem inhaltlich umfassend angelegt war: Er enthielt somit nicht nur Zivil- und Zivilprozessrecht sowie Straf- und Strafprozessrecht, sondern ebenso Policeyrecht. Er regelte somit eine Vielzahl unterschiedlicher Materien, wenn auch regelmäßig nur punktuell und ohne Anspruch auf Vollständigkeit.2 Ab der Zeitenwende um 1500 fand der Begriff „Landesordnung“ nochmals in verdichteter Weise in den Landtagsverhandlungen und im administrativen Schriftgut seinen Niederschlag, da die Tir Landstände nunmehr verstärkt auf den Erlass einer Landesordnung drängten und bereits Vorarbeiten leisteten. Diese stießen dabei jedoch auf den Widerstand Maximilians I.3 Erst der Bauernkrieg der Jahre 1525/1526 ließ das Ziel in greifbare Nähe rücken. 1526 wurde schließlich eine umfangreiche, gleichermaßen formelles wie materielles Straf- und Zivilrecht enthaltende, durch zahlreiche policeyrechtliche Bestimmungen und eine sog Empörungsordnung ergänzte Landesordnung kundgemacht. Diese wurde schon bald überarbeitet und 1532 in novellierter Form neu erlassen. 1573 wurde neuerlich eine „reformierte“ Landesordnung publiziert, die nunmehr von einer eigenen Policeyordnung flankiert wurde.4 2 Wenn daher vom 16. bis in das beginnende 19. Jahrhundert von der „Tiroler Landesordnung“ die Rede ist, dann nimmt dies noch keinen Bezug auf die punktuell in den „leges fundamentales“ schriftlich fixierte Landesverfassung, sondern verweist ausschließlich auf dieses umfassende Gesetzgebungswerk, dem in den Jahrzehnten nach seinem Erlass vielfältig durch Einzelgesetzgebungsakte derogiert wurde. Dieser Prozess der allmählichen Derogation der Landesordnung beschleunigte sich in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts mit dem Inkrafttreten der österr Kodifikationen, wobei das in Tirol ab 1814/1815 geltende ABGB einen Schlusspunkt markiert:5 Die Landesordnung verlor nun(Hg), Die Tiroler Landesordnungen von 1526, 1532 und 1583. Historische Einführung und Edition (2018) 18. 2 Vgl Schennach, Gesetz 491; Pauser/Schennach (Hg), Landesordnungen 18. 3 Vgl Schennach, Gesetz 497 ff; Pauser/Schennach (Hg), Landesordnungen 19. 4 Ausführlich hierzu Schennach, Gesetz 508 ff; überblicksmäßig Pauser/ Schennach (Hg), Landesordnungen 19 ff. 5 Vgl Schennach, „Kein Volk österreichischer Staaten kömmt einer ähnlichen Mannigfaltigkeit einheimischer Rechte und Gewohnheiten gleich.“ Von der
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Zur Geschichte der Tiroler Landesordnung
mehr ihre rechtliche Bedeutung fast gänzlich. Nur soweit das grundherrschaftliche Verhältnis betroffen war, waren einzelne Regelungen der Landesordnung noch bis 1848 von Relevanz. Das Gesetzbuch war mithin nur mehr von (rechts-)historischem Interesse.
B. Die frühneuzeitlichen Tiroler „leges fundamen tales“ und die Verfassung Tirols Mit der Verfassung des Landes hatte die „Tiroler Landesordnung“ so- 3 mit bis zum beginnenden 19. Jahrhundert nur am Rande zu tun. Was die rechtliche Grundordnung des damaligen Herrschaftsraums „Tirol“ betraf, die vom Mit- und Gegeneinander von Landständen und habsburgischen Landesfürsten geprägt war, so wurde diese zumindest partiell in den sog „leges fundamentales“, den Grund- oder Fundamentalgesetzen, schriftlich fixiert.6 Diese „leges fundamentales“ – der lateinische Erstbeleg aus der rechtswissenschaftlichen Lit stammt aus dem Jahr 15767 – waren eine gesamteuropäische Erscheinung und sind auf mehreren Ebenen nachzuweisen: So gab es im Heiligen Römischen Reich Rechtsvielfalt zur Rechtseinheit. Der lange Weg Tirols zum ABGB, Tiroler Heimat 2008, 249 ff. 6 Zum Begriff der „leges fundamentales“ vgl insb Mohnhaupt, Von den „leges fundamentales“ zur modernen Verfassung in Europa. Zum begriffs- und dogmengeschichtlichen Befund (16.–18. Jahrhundert), Ius Commune 1998, 35 ff; ders/Grimm, Verfassung. Zur Geschichte des Begriffs von der Antike bis zur Gegenwart. Zwei Studien2 (2002) 62 ff; Mohnhaupt, Potestas legislatoria und Gesetzesbegriff im Ancien Régime, Ius Commune 1972, 118 (195 f); Wyduckel, Ius Publicum. Grundlagen und Entwicklung des öffentlichen Rechts und der deutschen Staatsrechtswissenschaft (1984) 164 ff; Behme, Samuel Pufendorf: Naturrecht und Staat. Eine Analyse und Interpretation seiner Theorie, ihrer Grundlagen und Probleme (1995) 147 ff; Näf, Herrschaftsverträge und Lehre vom Herrschaftsvertrag, Schweizer Beiträge zur Allgemeinen Geschichte 1949, 26 ff; Dilcher, Vom ständischen Herrschaftsvertrag zum Verfassungsgesetz, Der Staat 1988/2, 161 ff; Oestreich, Vom Herrschaftsvertrag zur Verfassungsurkunde. Die „Regierungsformen“ des 17. Jahrhunderts als konstitutionelle Elemente, in Vierhaus (Hg), Herrschaftsverträge, Wahlkapitulationen, Fundamentalgesetze (1977) 45 (46 f); Mohnhaupt, The Object of Interpretation: Legislation and Competing Normative Sources of Law in Europe during the 16th to 18th Centuries, in Morigawa et al (Hg), Interpretation of Law in the Age of Enlightenment. From the Rule of the King to the Rule of Law (2011) 61 (78). 7 Vgl Mohnhaupt, Ius Commune 1972, 195 f; ders/Grimm, Verfassung 62 ff; Mohnhaupt, Ius Commune 1998, 35 ff.
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„leges fundamentales“ nicht nur auf Reichsebene, sondern auch die einzelnen Territorien des Reichs verfügten über ihre jeweils spezifischen Grundgesetze.8 „Leges fundamentales“ konnten dabei eine unterschiedliche rechtliche Qualität aufweisen; auch Friedensverträge, dynastische Hausordnungen oder Erbteilungsverträge konnten zu den „Grundgesetzen“ zählen, während Gesetzgebungsakte selbst ungeachtet der Bezeichnung als „leges“ nur sehr selten in den Kreis der „leges fundamentales“ Eingang fanden.9 4 Bei den „leges fundamentales“ auf Ebene der Länder handelt es sich am häufigsten um vom Landesfürsten den Ständen erteilte Privilegien, in denen ständische Bewilligungs-, Zustimmungs- oder wenigstens Konsultationspflichten sowie sonstige Rechte festgeschrieben waren. Diese ständischen „iura et libertates“ wurden auch als „Landesfreiheiten“ angesprochen (der Erstbeleg in Tirol stammt hier wohl aus dem Jahr 1474).10 Welche landesfürstlichen Privilegien in concreto zu den Landesfreiheiten zählten, war in Tirol nicht abschließend und verbindlich festgelegt. Zwar sind seit etwa 1500 handschriftliche Zusammenstellungen und Abschriften der bis zu einhundert Urkunden umfassenden Landesfreiheiten überliefert, doch kam es in Tirol im Unterschied zu anderen österr Ländern nie zur Konfirmation einer exhaustiven Aufzählung der Landesfreiheiten. Unstreitig zählten ua die Urkunde Ludwigs des Brandenburgers von 1342, die Freiheitsbriefe Herzog Friedrichs IV. von 1404 und 1406, das sog „Landlibell“ von 1511 und die auf dem 1518 in Augsburg abgehaltenen Ausschusslandtag der österr Länder ausgestellten Urkunden zu den Landesfreiheiten. Hierin finden sich ua die (im Vergleich mit anderen Ländern keineswegs spektakulären) Zusicherungen, landesfürstliche Ämter vornehmlich mit Einhei8 Vgl Schmidt-Aßmann, Der Verfassungsbegriff in der deutschen Staatslehre der Aufklärung und des Historismus. Untersuchungen zu den Vorstufen eines hermeneutischen Verfassungsdenkens (1967) 38. Noch 1824 unterscheidet Pölitz, Staatenkunde und positives öffentliches Staatsrecht (Constitutionsrecht) (1824) 363 f zwischen den „allgemeinen Grundgesetze[n] der gesammten östreichischen Monarchie“ und den „besondern Grundgesetzen der einzelnen Staaten der östreichischen Monarchie“ (beide Zitate 363). 9 Vgl zB J. J. Moser, Von der Landeshoheit derer Teutschen Reichsstände überhaupt. Nach denen Reichs-Gesezen und dem Reichs-Herkommen, wie auch aus denen Teutschen Staats-Rechts-Lehrern, und eigener Erfahrung […] (1773) (Nachdruck 1968) 45 ff. 10 Hierzu und zum Folgenden Schennach, Gesetz 638 ff (zur Erstnennung 1474 insb 638, Anm 6).
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mischen zu besetzen, adelige Lehensleute höchstens einen Monat Kriegsdienst leisten zu lassen oder die Aufgebote der Untertanen nur zur Verteidigung des Landes und innerhalb von dessen Grenzen zu verwenden. Aus Sicht der Landstände handelte es sich bei den Landesfreiheiten – in 5 Übereinstimmung mit der Einschätzung der proständisch ausgerichteten frühneuzeitlichen Staatsrechtslehre – nicht um jederzeit durch den Fürsten revozierbare Privilegien, sondern um zwischen Landständen und Fürsten geschlossene Verträge, die nur mit der Zustimmung aller am Zustandekommen Beteiligten wieder aufgehoben werden könnten.11
C. „Landesordnung“ und Landesverfassung in der Frühen Neuzeit Die „Tiroler Landesordnung“ bezeichnet somit in der Frühen Neuzeit 6 nicht die Landesverfassung, was jedoch nicht bedeutet, dass die Landesordnung gar keinen Konnex zu den Landesfreiheiten aufweisen würde: nicht nur, dass ihre Normen nach ausdrücklichem Ausweis der Landesordnung dem Inhalt der Landesfreiheiten unschädlich und unpräjudizierlich sein sollten (eine in der Frühneuzeit durchaus übliche Schadlosklausel);12 darüber hinaus geben einige wenige Titel der Landesordnung (üblicherweise mit Anführung eines ausdrücklichen Verweises auf die zugrunde liegende Landesfreiheit) inhaltlich eins zu eins Bestimmungen einer Landesfreiheit wieder. So ist dem Titel 63 des zweiten Buchs der Landesordnung von 1532 jeweils ein Auszug aus der Landesfreiheit von 1404 und aus jener von 1352 über die Pfändung von grundherrschaftlich gebundenen Gütern inseriert;13 das fünfte Buch über die Rechtsbeziehungen von Grundherr und Grundholde verweist mehrfach auf die Landesfreiheiten,14 und das Kornexportverbot und die Abstellung von Missständen bei den zünftigen Handwerkern des 11 Vgl J. J. Moser in Krüger, Die Landständische Verfassung (2003) 16 f; s auch Mohnhaupt, Ius Commune 1972, 198; Wyduckel, Ius Publicum 164 und 166; Schennach, Das Landlibell von 1511. Zur Geschichte einer Urkunde (2011) 95 ff. 12 S zB TLO 1532, Buch 9, Titel 31. 13 Vgl mit der Edition der Landesfreiheit bei Schober, Die Urkunden des Landschaftlichen Archivs zu Innsbruck (1342–1600) (1990) 6 und 14. 14 Vgl zB TLO 1532, Buch 5, Titel 3–4, 6–7, 16, 24–25 und 36.
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sechsten Buchs15 beziehen sich gleichermaßen auf die Landesfreiheiten, um nur einige Bsp anzuführen.16 Schließlich enthält die Landesordnung von 1526 sogar eine Vorschrift, wie die Originalurkunden der Landesfreiheiten aufbewahrt werden sollten.17 Als Zwischenbefund bleibt festzuhalten, dass die „Tiroler Landesordnung“ bis in das 19. Jahrhundert keine Bezeichnung der Landesverfassung darstellt, sondern vielmehr das für Jahrhunderte zentrale, inhaltlich sehr viele Materien behandelnde Gesetzgebungswerk benennt.
II. Vom 19. Jahrhundert bis zum Untergang der Monarchie 1918 A. Die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts 7 Die landständische Verfassung war während der Zeit der Zugehörigkeit Tirols zum Königreich Bayern im Gefolge des Erlasses der bayerischen Konstitution von 1808 beseitigt worden.18 Letztere enthielt sowohl für den Raum des heutigen Bundeslandes Tirol als auch überhaupt für das Gebiet der Republik Österreich den ersten Grundrechtskatalog, der ua die Glaubensfreiheit und die Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz festschrieb, jedoch gleichzeitig „[a]lle besondern [!] Verfassungen, Privilegien, Erbämter und Landschaftlichen Korporationen der einzelnen Provinzen“19, natürlich einschließlich jener Tirols, aufhob. 8 Als 1816 die landständische Verfassung – wenn auch primär symbolisch, da den Landständen nahezu keine Befugnisse mehr zukamen – durch Franz I. „wiederhergestellt“ wurde,20 war von einer „Landesordnung“ noch keine Rede.21 15 16 17 18
TLO 1532, Buch 6, Titel 16 und 27. Vgl ferner das Verkupplungsverbot in TLO 1532, Buch 7, Titel 13. TLO 1526, Buch 1, Teil 5, Titel 24. Zuletzt hierzu Schennach, Revolte in der Region. Zur Tiroler Erhebung von 1809 (2009) 211 ff mwH. 19 Zit nach dem Königlich-bairischen Regierungsblatt 1808, Sp 987. 20 Kurz hierzu Brauneder, Österreichische Verfassungsgeschichte11 (2009) 101; ausführlicher Schober, Geschichte des Tiroler Landtages im 19. und 20. Jahrhundert (1984) 22 ff; zuletzt F. Huber, Grenzkatholizismen. Religion, Raum und Nation in Tirol (2016) 64 ff. 21 Das entsprechende Dokument ist überschrieben mit „Herstellung der ständischen Verfassung in Tyrol“, vgl Provinzial-Gesetzsammlung von Tyrol und Vorarlberg 1816, Nr XXXXVI, 399; Ph. A. G. v. Meyer (Hg), Corpus
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Die kurze Phase einer erstmaligen Konstitutionalisierung des Kaiser- 9 tums Österreich in den Jahren 1848 bis 1851 war auf Ebene des Landesverfassungsrechts noch recht unergiebig. Die sog Pillersdorf’sche Verfassung vom April 184822 hatte zwar „Provinzial-Stände zur Wahrnehmung der Provinzial-Interessen“23 vorgesehen, doch waren diese wie im Vormärz im Wesentlichen noch ständisch gegliedert, wenngleich die Wahlen zum „tirolisch-konstituierenden Provinzial-Landtag“ im Mai zu einem Abgehen von der bisherigen paritätischen Vertretung von Geistlichkeit, Adel, Bürger- und Bauernstand und zu einer Erhöhung der Abgeordnetenzahl der unteren Stände geführt hatten.24 Der von diesem LT erarbeitete, weiterhin ständisch konzipierte Entwurf einer neuen Landesverfassung blieb praktisch ohne Belang, da er angesichts der turbulenten Entwicklungen dieser Monate nie die kaiserliche Sanktion erhielt.25 Die am 30.12.1849 schließlich – gleichermaßen wie die Märzverfassung desselben Jahres26 – oktroyierte Landesverfassung trat hingegen in Geltung, wurde aber gleichwohl nicht umgesetzt, da die vorgesehenen Landtagswahlen nie durchgeführt wurden.27 In ihr wurde der ständische Aspekt deutlich abgeschwächt, der Repräsentativcharakter hingegen verstärkt,28 zumal § 77 der Märzverfassung die Abschaffung der landständischen Verfassungen statuiert hatte.29 Der Kurie der nunmehr konsequenterweise nicht mehr explizit ständisch zusammengesetzten „Höchstbesteuerten“ kamen 24, den Stadt- und Marktgemeinden acht sowie den Landgemeinden 40 Landtagsmandate zu constitutionum Germaniae oder die sämmtlichen Verfassungen der Staaten Deutschlands, mit den beiden Grundverträgen des Deutschen Bundes und deren wesentlichen Ergänzungen (1845). 22 Hierzu mit weiteren Literaturhinweisen va Brauneder, Die Verfassungsentwicklung in Österreich von 1848 bis 1918, in Rumpler/Urbanitsch (Hg), Die Habsburgermonarchie 1848–1918 VII/1 (2000) 69 ff. 23 PGS 1848/49, § 54 zweiter Satz. 24 Vgl Bacher, Der Tiroler Provinziallandtag von 1848 im Rahmen der allgemeinen österreichischen Verfassungsentwicklung (1991) 50 ff; Schober, Geschichte 104 ff; Hugelmann, Die österreichischen Landtage im Jahre 1848, II. Teil (1938) 89 ff; Granichstaedten-Czerva, Die Entstehung der Tiroler Landesverfassung (1790–1861) (1922) 19 f. 25 Vgl Bacher, Provinziallandtag 79 ff; Schober, Geschichte 107 ff. 26 Vgl Brauneder, Verfassungsentwicklung 120 ff. 27 Vgl Bacher, Provinziallandtag 227 ff; Schober, Geschichte 127 ff. 28 Hierzu und zum Folgenden Schober, Geschichte 128 f. 29 S idS auch allgemein Schmitz, Die Anfänge des Parlamentarismus in Niederösterreich (1985) 12.
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(hinzu kamen die Vbg Abg, hatte sich doch die Hoffnung Vbg auf einen eigenen LT damals noch nicht erfüllt).30
B. Von der (Re-)Konstitutionalisierung bis zum Ende der Monarchie 10 Nach der Episode des Neoabsolutismus wurden schließlich im Gefolge des sog „Oktoberdiploms“ am selben Tag die ersten „Statute über die Landesvertretung“ erlassen, wenngleich zunächst neben Tirol nur für Sbg, Ktn und die Stmk.31 Hier stand freilich viel deutlicher als zuvor nicht der demokratische, sondern der neoständische Aspekt im Vordergrund.32 Leo Graf Thun-Hohenstein hatte bereits bei Beratung des Tir „Landesstatuts“ – diese etwas verkürzende Bezeichnung bürgerte sich anstatt der umständlicheren Formulierung „Statut über die Landesvertretung für die gefürstete [sic] Grafschaft Tirol“ ein – hervorgehoben, dass es sich „hier um eine althergebrachte Vertretung der vier Stände des Landes, nicht aber um eine Volksvertretung“33 handle. Tatsächlich knüpft auch die Arenga des Tir Statuts ausdrücklich an die dort beschworene fünfhundertjährige ständische Tradition an und stellt das Landesstatut als Weiterentwicklung der Verfassung von 1816 dar.34 Vorgesehen ist im Unterschied zu 1848/1849 wiederum eine paritätische Vertretung von Bürger-, Bauern-, Adels- und Prälatenstand, die jeweils vierzehn Abg stellen sollten.35 Die Befugnisse des LT waren ebenfalls noch sehr restringiert:36 Er konnte „über die allgemeinen gesetzlichen Anordnungen und Einrichtungen […] Anträge“ an den Kaiser stellen; ferner stand ihm die Befugnis zu, „bei, in Absicht auf die besonderen Verhältnisse dieses Landes zu erlassenden Gesetzen mitzu30 Hierzu auch Bußjäger, Landesverfassung und Landespolitik in Vorarlberg. Die Verfassungsgeschichte Vorarlbergs und ihre Auswirkungen auf die Landespolitik 1848–2002 (2004) 13. 31 Vgl RGBl 1860/227, 232, 238 sowie 254; zu diesen Landesstatuten Brauneder, Verfassungsgeschichte 147 f. 32 So expressis verbis auch Schmitz, Anfänge 21, der allerdings den Terminus „neolandständisch“ verwendet; ähnlich Strasak, Die staatsrechtliche Stellung des Landes Tirol im österreichischen Verfassungsstaat. Föderalismusund Verfassungsgeschichte in Tirol und Österreich zwischen 1848 und 2014 (2015) 47. 33 Zit nach Schmitz, Anfänge 20. 34 RGBl 1860/254; s auch den Hinweis bei Schmitz, Anfänge 21. 35 RGBl 1860/254, § 3. 36 Die folgenden Zitate nach RGBl 1860/254, § 16.
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wirken“, was auf ein reines Anhörungsrecht in jenen Angelegenheiten hinauslief, deren Regelung nicht unter der „Mitwirkung“ bzw in Ausnahmefällen (in manchen staatsfinanziellen Belangen) mit der „Zustimmung“ des Reichsrats zustande kam.37 Schließlich konnte der LT über demonstrativ angeführte „besondere Landesangelegenheiten“ wie die Gemeindeaufsicht „berathen und Beschlüsse […] fassen“. Das Februarpatent des Jahres 1861 umfasste als Reichsverfassung einen 11 „Inbegriff von Grundgesetzen“ (Art IV), darunter unter anderem das Oktoberdiplom, das neu erlassene „Grundgesetz über die Reichsvertretung“ und eben auch die hier besonders interessierenden neuen „Landesordnungen“. Während die ältere historische wie rechtshistorische Lit die angeblich föderalistischere Grundtendenz des Oktoberdiploms mit dem vermeintlich zentralistischen Charakter des Februarpatents kontrastierte, sieht die neuere Forschung das Februarpatent als Fortentwicklung der sich in den Monaten zuvor angebahnten Verfassungsentwicklungen.38 Dies zeigt sich in etwas abgeschwächterer Form auch bei einer näheren Analyse der „Landesordnungen“, die einen Bestandteil der Reichsverfassung bildeten. Zwar wird die Bedeutung der LT insofern aufgewertet, als ihnen nunmehr statt des auf ein bloßes Anhörungsrecht hinauslaufenden „Mitwirkungsrechts“ beim Erlass von LG ein Zustimmungsrecht zukommt.39 Allerdings betont (im Unterschied bspw zu Schober) Schmitz die sich auch bei der Komposition
37 Schennach, Zur historischen Entwicklung der Kompetenzverteilung in Österreich, in Gamper et al (Hg), Föderale Kompetenzverteilung in Europa (2016) 489 (504); Brauneder, Verfassungsentwicklung 158; vgl auch Osterkamp, Föderale Schwebelage – Die Habsburgermonarchie als politisches Mehrebenensystem, in Ambrosius/Henrich-Franke/Neutsch (Hg), Föderalismus in historisch vergleichender Perspektive II: Föderale Systeme: Kaiserreich – Donaumonarchie – Europäische Union (2015) 197 (206 f). 38 Vgl Brauneder, Verfassungsgeschichte 139; Simon, Die Föderalisierung des Kaisertums Österreich nach 1860 und der Gedanke der Selbstverwaltung, in Neuhaus (Hg), Selbstverwaltung in der Geschichte Europas in Mittelalter und Neuzeit (2010) 257 (270 f); Stourzh, Länderautonomie und Gesamtstaat in Österreich 1848–1918, in ders (oHg), Der Umfang der österreichischen Geschichte. Ausgewählte Studien 1990–2010 (2011) 37 (50 f); Marschall von Bieberstein, Freiheit in der Unfreiheit. Die nationale Autonomie der Polen in Galizien nach dem österreichisch-ungarischen Ausgleich von 1867. Ein konservativer Aufbruch im mitteleuropäischen Vergleich (1993) 206 f. 39 Ausführlich hierzu Schennach, Entwicklung 504 ff; s im Übrigen auch Strasak, Stellung 60 f.
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des LT manifestierenden „Elemente der Kontinuität“40. Schober hob noch hervor, dass die „Tiroler Landesordnung“ – erst ab 1861 führte die Tir Landesverfassung somit die noch heute gängige Bezeichnung – „mit dem alten Ständeprinzip nun endgültig brach und an dessen Stelle das Prinzip der Interessensvertretung setzte.“41 Dies ist insofern nicht unzutreffend, als das passive Wahlrecht in den Stadt-, Markt- und Landgemeinden nach den (einen Bestandteil der Landesordnungen bildenden) Landtagswahlordnungen nicht mehr an die Zugehörigkeit zur jeweiligen Gemeindevertretung gebunden war.42 Im Übrigen betont Schmitz das Anknüpfen an die neoständischen Vorstellungen des Jahres 1860, wenn auch in etwas dissimulierter Weise: Zwar treten an die Stelle der „Stände“ nun die Wählerkurien bzw -klassen, aber Schmitz arbeitet die Anlehnung an die Konzeption einer ständischen Zusammensetzung der LT heraus, indem er hervorhebt, dass die Bischöfe des Landes regelmäßig über Virilstimmen im LT verfügten und in der Kurie des „Großgrundbesitzes“ (selbst wenn die Zugehörigkeit zur Wählerklasse nicht ständisch gebunden war) vornehmlich adelige und geistliche Großgrundbesitzer vertreten waren.43 12 Von einem entschiedenen Überbordwerfen neoständischer Konzeptionen kann tatsächlich keine Rede sein,44 was namentlich ein Blick in die Tir Landesordnung zeigt:45 Neben den Virilstimmen der drei Landesbischöfe (Trient, Brixen, Erzbischof von Sbg) und des Rektors der Universität Ibk stellten nämlich die Klöster und Stifte des Landes weiterhin vier Abg, zehn Abg entfielen auf den „adeligen großen Grundbesitz[]“, 16 auf die Städte und Märkte sowie die Handels- und Gewerbekammern, 24 auf die Landgemeinden. Die Gliederung knüpfte ganz bewusst an neuständische Vorstellungen an. Dies zeigt sich auch daran, dass an der Formulierung vom „adeligen“ Großgrundbesitz festgehalten wurde (im Unterschied übrigens zu anderen österr Ländern wie Österreich unter der Enns oder der Stmk, wo nur vom „großen Grund40 Schmitz, Anfänge 32. 41 Schober, Tiroler Demokratie und Parlamentarismus. Von den Anfängen bis zur ersten Republik, in ders/Kathrein/Kienberger (Hg), Parlamentarismus in Tirol. Historische Einführung und die Landesgesetzgebung (1988) 11 (25); zurückhaltend in diesem Punkt Strasak, Stellung 57. 42 Schmitz, Anfänge 33. 43 Schmitz, Anfänge 32. 44 IdS auch Simon, Föderalisierung 269 ff. 45 RGBl 1861/20, Beilage IId. Das folgende Zitat vom „adeligen großen Großgrundbesitz[]“ gem § 3 lit d Z II.
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besitz“ die Rede war). Aber so wie in Österreich unter der Enns nicht die ständische Zugehörigkeit, sondern das Eigentum an einem in die Landtafel eingetragenen Gut ausschlaggebend war, war in Tirol ebenfalls nur das Eigentum an einem Gut mit einer Steuerleistung von über 50 Gulden maßgebend, ungeachtet der ständischen Qualität des Eigentümers. Die Wendung vom „adeligen“ Großgrundbesitz möchte somit nur die Kontinuitätslinien unterstreichen. Inhaltlich waren die Landesordnungen weitestgehend identisch ausgestaltet. Bernatzik brachte diese weitreichende Homogenität der Landesordnungen treffend zum Ausdruck, wenn er davon sprach, dass sie „nach einer Schablone abgefaßt“46 seien. Die Variationen halten sich in engen Grenzen. So wurde bereits erwähnt, dass in Tirol ausnahmsweise vom „adeligen großen Grundbesitz“ die Rede ist. Auch die Zahl der LTAbg unterschied sich selbstverständlich je nach Größe des Landes, gleichermaßen die Zusammensetzung der „Virilisten“. In Österreich unter der Enns wurde, an frühneuzeitliche Usancen anknüpfend, der mit der Leitung des LT beauftragte „Landeshauptmann“ als „Landmarschall“ bezeichnet. Generell weisen sämtliche Landesordnungen, die auch nach der defini- 13 tiven Konstitutionalisierung im Zuge der sog „Dezemberverfassung“ 1867 weiter galten, eine einheitliche Dreiteilung auf: Im ersten Hauptstück („Von der Landesvertretung überhaupt“) werden dabei vornehmlich die Zusammensetzung und die Funktionsweise des LT, die Stellung der Abg sowie die Aufgaben des Landesausschusses „als verwaltendes und ausführendes Organ der Landesvertretung“ geregelt. Das zweite Hauptstück („Wirkungskreis der Landesvertretung“) behandelt einerseits in Komplementarität zum „Grundgesetz über die Reichsvertretung“ die Zuständigkeiten des LT, andererseits jene des Landesausschusses als Vollzugsorgan des LT. Das dritte Hauptstück („Von der Geschäftsbehandlung“) statuiert unter anderem die Öffentlichkeit der Landtagssitzungen, regelt die Arten der Einbringung von Beratungsgegenständen und deren Behandlung sowie die Beschlussfassung sowohl im LT als auch im Landesausschuss.
46 Bernatzik, Die österreichischen Verfassungsgesetze mit Erläuterungen2 (1911) 264 f; den entsprechenden Hinweis bringt auch Novak, Bundes-Verfassungsgesetz und Landesverfassungsrecht, in Schambeck (Hg), Das österreichische Bundes-Verfassungsgesetz und seine Entwicklung (1980) 111 (113).
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14 Die Homogenität der Landesordnungen blieb bis zum Untergang der Monarchie weitgehend erhalten.47 Zu Weiterentwicklungen und in der Folge auch zu Divergenzen kam es in diesen Jahrzehnten vornehmlich bei den (den Landesordnungen angehängten) Landeswahlordnungen. In den meisten Ländern schritt man – allerdings im Vergleich zu den Wahlrechtsreformen auf Reichsebene deutlich verzögert – durch die Schaffung einer allgemeinen Wählerklasse zu einer Erweiterung des Kreises der Wahlberechtigten. Tirol stellte allerdings eine Ausnahme dar: Hier blieb es bis zum Ersten Weltkrieg bei einem Vier-Klassen-Wahlrecht.48 15 Wenn zuvor ausgeführt wurde, dass die Tir Landesverfassung seit 1861 als „Landesordnung“ bezeichnet wurde, so muss dies relativiert werden: So wie die hL in der Monarchie LG als Reichsgesetze mit einem auf das Land beschränkten räumlichen Geltungsbereich klassifizierte, so galten gleichermaßen die Landesordnungen als Teil der Reichsverfassung.49 Dies resultierte auch aus dem von der österr (deutschsprachigen) Staatsrechtslehre betonten Charakter der Länder, die eben keine „Gliedstaaten“, sondern nur „Kommunalverbände höchster Ordnung“ seien. Aus der Einheit der Staatsgewalt resultiere die Einheit der gesetzgebenden Gewalt. Lingg brachte dies folgendermaßen zum Ausdruck: „Die Landesordnungen sind als Beilagen des Februar-Patentes publicirt [sic] worden. Sie sind zweifellos nur Theile der einen und einzigen, aus noch so vielen Theilurkunden bestehenden Reichsverfassung“50. „Demzufolge konnten die Länder“, wie Simon jüngst herausarbeitete, „auch keine eigene Binnenverfassungsordnung aus eigener, originärer Gesetzgebungsgewalt hervorbringen“51. 47 Zu Änderungen der Landesordnungen durch die LT vgl allgemein den Hinweis bei Lingg, Die staatsrechtliche Stellung der im Reichsrate vertretenen Königreiche und Länder der österreichisch-ungarischen Monarchie, Juristische Vierteljahresschrift 1892, 67 (123); konkret Neschwara, Zum Verhältnis Landtage – Gesamtstaat: Ein Überblick der Entwicklung seit 1861, in Rosner/Motz-Linhart (Red), 1861 und die Folgen. Region und Parlamentarismus (2013) 114 (119, Anm 21). 48 Vgl Brauneder, Verfassungsgeschichte 176; ausführlich zuletzt Strasak, Stellung 80 ff. 49 Das Folgende findet sich ausführlich dargestellt bei Simon, Zur Stellung der Länder in der österreichischen und deutschen Staatsrechtslehre von 1867/71 bis 1918, in Schennach (Hg), Rechtshistorische Aspekte des österreichischen Föderalismus (2015) 63 (72 ff). 50 Lingg, Juristische Vierteljahresschrift 1892, 123. 51 Simon, Stellung 74.
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III. Vom Ende der Monarchie bis zum Erlass des Bundes-Verfassungsgesetzes Im Umfeld der mit dem „Beschluss über die grundlegenden Einrichtun- 16 gen der Staatsgewalt“ der prov Nationalversammlung vom 30.10.1918 erfolgten Gründung des deutschösterreichischen Staates wurde ausdrücklich die Diskontinuität zur österr Monarchie betont. Allerdings ordnete § 16 des Beschlusses die Überleitung der Rechtsordnung der Monarchie in den neuen Staat an, sofern diese der neuen Verfassungsordnung nicht widerspreche.52 Auch in den Ländern konstituierten sich zwischen dem 26.10.1918 und dem 11.11.1918 prov Landesversammlungen.53 In Tirol geschah dies am 26.10.1918, wobei die Versammlung hier in Abweichung von den übrigen Ländern bewusst als „Tiroler Nationalversammlung“ bezeichnet wurde.54 Der von dieser eingesetzte Vollzugsausschuss („Tiroler Nationalrat“) konstituierte sich am 30.10.1918.55 Noch am selben Tag übernahm der Tir NR zusätzlich zur bisher vom Landesausschuss wahrgenommenen autonomen Landesverwaltung die bislang der Statthalterei zukommende Führung der Geschäfte der allgemeinen staatlichen Verwaltung. Dies war eine in allen Ländern zu beobachtende Entwicklung, die ex post am 14.11.1918 durch das Gesetz „be52 Zum „Staatsgründungsbeschluss“ vgl für andere Brauneder, Verfassungsgeschichte 188; ders, Die Verfassungssituation 1918: ein Staat entsteht, ein Staat geht unter, in Karner/Mikoletzky (Hg), Österreich. 90 Jahre Republik (2008) 15 (17); Brauneder, Staatsgründungsakte um 1918: Österreich im Vergleich, in ders/Leser (Hg), Staatsgründungen 1918 (1999) 135 (154); Schefbeck, Verfassungsentwicklung 1918–1920, in Österreichische Parlamentarische Gesellschaft (Hg), FS 75 Jahre Bundesverfassung (1995) 53 (59); Schefbeck, Staatsgründung durch ein Parlamentsprovisorium, in Brauneder/Leser (Hg), Staatsgründungen 1918 (1999) 41 (52); Neschwara, Zur Entwicklung des Verfassungsrechts nach 1918, in Schambeck (Hg), Parlamentarismus und öffentliches Recht in Österreich. Entwicklung und Gegenwartsprobleme, Teilband 1 (1993) 83 (83 f); Owerdieck, Parteien und Verfassungsfrage in Österreich. Die Entstehung des Verfassungsprovisoriums der Ersten Republik 1918–1920 (1987) 65 ff. 53 Vgl Brauneder, Deutsch-Österreich 1918. Die Republik entsteht (2000) 70 f. 54 Schober, Geschichte 358; Strasak, Stellung 96 f; Brauneder, Deutsch-Österreich 70; Riedmann, Verfassungsentwicklung und Demokratisierung vor dem Hintergrund des vergeblichen Kampfes um die Landeseinheit, in Österreichische Forschungsgemeinschaft (Hg), Studien zur Zeitgeschichte der österreichischen Länder I: Demokratisierung und Verfassung in den Ländern 1918–1920 (1983) 76. 55 Vgl Schober, Demokratie 42; ders, Geschichte 360; Strasak, Stellung 97 f.
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treffend die Übernahme der Staatsgewalt in den Ländern“ auch seitens des Gesamtstaats sanktioniert wurde.56 17 Obwohl sich die Länder der Republik Deutschösterreich nach hL so wie der Gesamtstaat revolutionär und in Diskontinuität zu den ehemaligen Kronländern konstituierten, wurde der erwähnte § 16 des Beschlusses „über die grundlegenden Einrichtungen der Staatsgewalt“ bereits zeitgenössisch als eine Rezeption der Landesordnungen von 1861 gedeutet.57 Mit diesem Befund stimmt § 12 des Gesetzes vom 14.11.1918 „betreffend die Übernahme der Staatsgewalt in den Ländern“ überein,58 der (nur) zwei „Vorschriften der geltenden [!] Landesordnungen“ expressis verbis aufhob; implizit wurde somit ungeachtet des neuen verfassungsrechtlichen Rahmens von deren grundsätzlicher Weitergeltung ausgegangen. Abgeschafft wurde nunmehr ua die Bestimmung der Landesordnungen, die Kontaktaufnahmen zwischen den Landesvertretungen untersagte. 18 In den Monaten vom November 1918 bis Frühsommer 1919 lassen sich in den österr Ländern im Bereich der Verfassungsentwicklung drei unterschiedliche Strömungen ausmachen. Eine erste Gruppe von Ländern (Stmk, Sbg und Ktn) begann schon im November 1918 mit dem Erlass neuer, sich ausdrücklich als prov deklarierender Verfassungen,59 die er56 StGBl 1918/24; vgl auch ua Schennach, Die Staatsgründung 1918 und die Länder, in Bußjäger (Hg), 3. November 1918 – Die Länder und der neue Staat. Beiträge zur Festveranstaltung und zum Symposium „100 Jahre selbständiges Land Vorarlberg“ (2019) 39 (54 f); Brauneder, Verfassungsgeschichte 208; Berchtold, Verfassungsgeschichte der Republik Österreich I: 1918–1933. Fünfzehn Jahre Verfassungskampf (1998) 46 und 77; Schmitz, Verfassungsrechtliche Entwicklung in Rosner (Hg), Niederösterreich 1918 bis 1922 (2007) 59 (62 f); Strasak, Stellung 97 und 99. 57 So schon Mokre, Das Verfassungsrecht der österreichischen Länder (1929) 14 f; vielfältige Literaturhinweise bei Schennach, Vom k.k. Ärar zum Bundesschatz? Das Staatsvermögen der Habsburgermonarchie und die Entstehung des österreichischen Bundesstaates (2015) 65; zuletzt auch Strasak, Stellung 97. 58 StGBl 1918/24. 59 Zum Folgenden ausführlich Schennach, Konstanz in der Transformation? Das Verfassungsrecht der österreichischen Länder in den ersten Jahren nach 1918, in Gehringer/Hecker/Hermann (Hg), Demokratie in Bayern. Die Bamberger Verfassung von 1919 (Neustadt an der Aisch 2019) 113 ff; Schennach, Die Entwicklungslinien der Landesverfassungen nach 1918, in Bußjäger/Schennach (Hg), 1919 – Länderkonferenzen und Landesverfassungen (2020) 1 ff. Die prov Landesverfassungen sind zusammengestellt und damit
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sichtlich aufeinander abgestimmt sind und einhellig das Land jeweils als „gesonderte, eigenberechtigte Provinz des Staates Deutschösterreich“ deklarieren. Das Land Vbg folgte im März 1919 mit einer besonders markanten, stark an eidgenössischen Vorbildern kantonaler Verfassungen orientierten Landesverfassung. Andere Länder wie OÖ integrierten einzelne „verfassungsrechtliche Bestimmungen“ in „Gesetze[] zur Einberufung des Landtags oder in Einführungs- und Mantelgesetze[] für Landtagswahlordnungen“60, wie dies Georg Froehlich vom Verfassungsgesetzgebungsdienst der Staatskanzlei formulierte. Er führte in diesem Kontext Tirol zwar nicht an, doch ist tatsächlich auch Tirol dieser Kategorie zuzuordnen. Im Gesetz vom 14.04.1919 „wirksam für das Land Tirol, mit Ausnahme des geschlossenen italienischen Siedlungsgebietes, über die Einberufung des verfassungsgebenden Landtages“61 wurden ua die Zahl der nunmehr in Abkehr von dem in der Monarchie noch geltenden Kurienwahlrecht in allgemeiner und gleicher Wahl zu bestimmenden Abg auf 56 festgelegt, die Legislaturperiode des konstituierenden LT auf zwei Jahre fixiert, ferner die Wahl der LReg und des Landesrats – zur Ausübung der staatlichen respektive der autonomen Verwaltung im Land – normiert, Unvereinbarkeits-, Immunitäts- und Geschäftsordnungsfragen behandelt.62 Im Gesetz wurde schon auf die neu zu erlassende „Landesordnung“ (§ 4) hingewiesen, deren Ausarbeitung naturgemäß die Hauptaufgabe des verfassungsgebenden LT sein sollte. leicht zugänglich in Kelsen, Werke, hg von Matthias Jestaedt, Band V: Veröffentlichte Schriften 1919–1920 (2011) 405 ff; vgl im Übrigen Stmk LGBl 1918/78, Kap 2, Z 1; s auch Stmk LGBl 1919/50, § 14 (1) und § 15 (1); der erst 1922 gedruckte Ktn „Beschluss der provisorischen Landesversammlung des Landes Kärnten“ vom 11.11.1918 wird hier benützt nach der Edition bei Kelsen, Werke 416 ff (hier II. Hauptstück, Z 1); Sbg LGBl 1918/59. Die Stmk gab sich schon am 06.12.1919 eine neue prov Verfassung, vgl Stmk LGBl 1919/50; nur ganz kursorisch hierzu Hinteregger, Demokratisierung und Landesverfassungen in Österreich 1918–1920, in Österreichische Forschungsgemeinschaft (Hg), Studien zur Zeitgeschichte der österreichischen Länder I: Demokratisierung und Verfassung in den Ländern 1918–1920 (1983) 128 (136); ferner Novak, Bundes-Verfassungsgesetz 121 und Pernthaler, Entwicklungen der Landesverfassungen, in Weinzierl et al (Hg), Justiz und Zeitgeschichte II (1995) 789 (792). 60 ÖStA, AdR, StK, Zl 990 ex 1920, 1920 März 31; Edition aufgrund einer anderen, freilich wortgleichen Überlieferung bei Ermacora, Die Entstehung der Bundesverfassung 1920 II: Dokumente der Staatskanzlei über allgemeine Fragen der Verfassungsreform (1989) 34 ff. 61 LGBl 1919/25. 62 Das Gesetz wird nur relativ kurz behandelt bei Schober, Geschichte 366 f.
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19 Im Zeitraum bis zum Beschluss des B-VG durch die Konstituierende Nationalversammlung am 01.10.1920 gehörte Tirol neben NÖ und (eingeschränkter) der Stmk zu jenen Ländern, in denen sich der Gedanke einer Selbstbestimmung und Selbstständigkeit des Landes gegenüber dem Gesamtstaat nicht in entsprechenden landesverfassungsgesetzlichen Regelungen niederschlug. Allerdings wäre es hier sehr verkürzend, nur die normative Ebene in den Blick zu nehmen. Ein ganz anderes Bild vermitteln nämlich Entschl der Tir Parteien sowie der Tir National- bzw später Landesversammlung, ferner Erklärungen von Tir Abg zur Konstituierenden Nationalversammlung.63 Gerade Tir Repräsentanten postulierten wiederholt, dass Tirol nach Wegfall der Dezemberverfassung und somit auch des einigenden Bandes der Pragmatischen Sanktion befugt sei, selbstständig über sein weiteres staatsrechtliches Schicksal zu entscheiden. Bereits die Beitrittserklärung Tirols zur Republik am 25.11.1918 war dementsprechend unter dem Vorbehalt ergangen, dass eine endgültige Entscheidung über die zukünftige Stellung des Landes erst in Zukunft durch eine gewählte Landesvertretung erfolgen könne.64 Die zentrifugalen Tendenzen verstärkten sich im April und Mai 1919, als mit dem Ziel des Erhalts der Landeseinheit mit dem von Italien beanspruchten, südlichen, deutschsprachigen Teil Tirols der Plan eines unabhängigen Tir Freistaats ventiliert wurde.65 20 Nach Zusammentritt des verfassungsgebenden LT am 01.07.1919 stand zunächst die Beteiligung des Landes bei der Ausarbeitung der Bundesverfassung im Vordergrund, auf die hier – zumal bereits eingehend in der Lit dargestellt66 – nicht näher einzugehen ist. Obwohl dem LT 63 Schennach, Konstanz 128 f; Schennach Entwicklungslinien 14 f; Granich staedten-Czerva, Tirol und die Revolution. Eine historische Entwicklung und staatsrechtliche Erläuterung der Umsturzbewegung in Tirol seit 1918 (1920) 28 f, 43 ff, 49 f und 53 f; Schober, Die Tiroler Frage auf der Friedenskonferenz von Saint Germain (1982) 315 f; Riedmann, Verfassungsentwicklung 78 f; besonders prägnant bspw die StenProt des verfassungsgebenden Tir LT, 84. Sitzung (08.03.1921) 199 f. 64 Schober, Geschichte 361; ders, Frage 314. 65 Von Ach, Das Nachwirken des Tiroler Unabhängigkeitsgedankens in der neutralen Republik Tirol von 1919 bis zur „Europäischen Region Tirol“ (2004) 83 ff; Schober, Frage 261 ff; Riedmann, Verfassungsentwicklung 78 f; nur kurz Strasak, Stellung 124. 66 Schmitz, Tirol und die österreichische Verfassungsfrage 1919/20, in Schennach (Hg), Rechtshistorische Aspekte des österreichischen Föderalismus (2015) 87.
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schon 1919 ein Gesetzesentwurf vorlag, der den durch den Vertrag von Saint-Germain bewirkten Änderungen in der Zusammensetzung des LT Rechnung trug,67 wurde dieser ganz bewusst erst nach der Ratifikation des StV durch Österreich am 10.11.1920 beschlossen. Am 18.11.1920 wurde dementsprechend das Gesetz über die Einberufung des verfassungsgebenden LT dahingehend geändert, dass die Abgeordnetenzahl auf 31 reduziert wurde.68
IV. Zustandekommen und Partikularitäten der Tiroler Landesordnung 1921 Die folgenden Monate waren der Ausarbeitung der neuen, den Vorga- 21 ben des B-VG angepassten Landesverfassung gewidmet, für die im Unterschied zu den anderen Ländern die bisherige Bezeichnung „Landesordnung“ beibehalten wurde. Peter Pernthaler erklärte die Namenswahl zunächst damit, dass der Landesverfassungsgesetzgeber auf diese Weise „provokativ“ seine „Mißachtung gegenüber den neuen bundesstaatlichen Verfassungsstrukturen zum Ausdruck“69 bringen wollte. Viel eher wird man freilich in diesem bewussten Anknüpfen an die Tir Landesordnungen des 16. Jahrhunderts eine Betonung der historischen Kontinuitätslinien der vermeintlich geschichtlich gewachsenen „Freiheit“ und „Selbstständigkeit“ Tirols sehen können, die beide insb in der Zwischenkriegszeit immer wieder im politischen ebenso wie im geschichtswissenschaftlichen Diskurs beschworen wurden.70 Gerade in der seit dem 19. Jahrhundert so etikettierten „Bauernlandesordnung“ von 1526 schien sich diese „Selbstbestimmung“ der diskursiv konstruierten Idealfigur des „freien Tiroler Bauern“ besonders deutlich niederzuschlagen.71 Im Rahmen des Einspruchs der BReg gegen den ersten Beschluss der Tir Landesordnung war zwar auch die Formulierung „Landesordnung“ als nicht dem bundesstaatlichen Aufbau und dem B-VG entsprechend kritisiert worden – zu sehr gemahne die Bezeich67 Vgl Schober, Geschichte 374. 68 LGBl 1920/130. 69 Pernthaler, Entwicklungen 794 f. 70 Vgl hierzu und zum Folgenden Pauser/Schennach (Hg), Landesordnungen 14 f. 71 Dies erkennt auch Pernthaler, Die Präambel zur Tiroler Landesordnung. Ein Beitrag zur verfassungsrechtlichen Grundwerte-Formulierung, in Kaluza et al (Hg), Pax et Iustitia – FS Kostelecky (1990) 143, der allerdings von der „Landesordnung 1524“ schreibt.
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nung „Landesordnung“ an die Monarchie –,72 doch war diesem Einwand seitens des Landesverfassungsgesetzgebers nicht Rechnung getragen worden. 22 In der Übergangszeit nach Erlass des B-VG und dem Inkraftsetzen der den Vorgaben des B‑VG entsprechenden neuen Landesverfassungen (den Schlusspunkt bildete hier OÖ, das erst 1930 eine entsprechende Landesverfassung verabschiedete) galten gem der Übergangsbestimmung des Bundesverfassungsgesetzes „betreffend den Übergang zu einer bundesstaatlichen Verfassung“ die „in Wirksamkeit stehenden Landesverfassungen (Landesordnungen) […], soweit sie nicht durch das Bundes-Verfassungsgesetz als abgeändert anzusehen sind, vorläufig als die dort vorgesehenen Landesverfassungen“ weiter.73 Das B-VG engte freilich in seinem vierten Hauptstück („Gesetzgebung und Vollziehung der Länder“) durch engmaschige bundesverfassungsrechtliche Vorgaben die Gestaltungsspielräume der Landesverfassungsgesetzgeber sehr stark ein,74 die gesamte Landesverfassungsgesetzgebung beruhe, so hoben Kelsen, Froehlich und Merkl in ihrem B-VG-Kommentar hervor, demnach „nur auf bundesverfassungsrechtlicher Delegation“75. 23 Übersieht man die Einschätzungen in der Lit, so könnte man zum Schluss gelangen, dass sich ein näheres Eingehen auf die Inhalte der TLO 1921 aufgrund der von Pernthaler in Übereinstimmung mit Mokre diag72 Vgl Strasak, Stellung 145. 73 BGBl 1920/2, § 31; Schennach, Konstanz 133 ff; Schennach, Entwicklungslinien 18 f; s auch den Hinweis bei Pernthaler, Die Staatsgründungsakte der österreichischen Bundesländer (1979) 33. 74 S auch schon die Äußerung im Verfassungsausschuss am 28.08.1920 bei Ermacora, Quellen zum Österreichischen Verfassungsrecht (1920). Die Protokolle des Unterausschusses des Verfassungsausschusses samt Verfassungsentwürfen. Mit einem Vorwort, einer Einleitung und Anmerkungen (1967) 319; s auch die Hinweise hierauf bei Novak, Bundes-Verfassungsgesetz 112; mit Anführungszeichen bei Neschwara, Determinierung oder relative Autonomie? Zum Verhältnis von Landesverfassung und Reichs- bzw Bundesverfassung, in Schennach (Hg), Rechtshistorische Aspekte des österreichischen Föderalismus (2015) 101 (112); vgl ferner die Äußerungen von Frisch, Lehrbuch des österreichischen Verfassungsrechtes (1932) 134: „Die österreichische Bundesverfassung geht in der Beschränkung der einzelstaatlichen Freiheit verhältnismäßig weit; das vierte Hauptstück der Bundesverfassung […] zieht der Staatsgewalt der Länder enge Grenzen“. 75 Kelsen/Froehlich/Merkl, Die Bundesverfassung vom 1. Oktober 1920 (1922) 195.
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nostizierten „Uniformität der Landesverfassungen“76 nach 1920 erübrige. Novak wiederum verwendete sogar den überschießenden Terminus „Gleichschaltung“77, während Froehlich, Merkl und Kelsen 1922 – als wie erwähnt noch längst nicht alle Landesverfassungen vorlagen – zurückhaltender konstatierten, dass diese „im allgemeinen ziemlich gleichartig gearbeitet“78 seien. Abgesehen von kleineren Abweichungen bei den programmatischen Aussagen zur Selbstständigkeit der Länder und weitergehenden bei der Ausgestaltung der direkten Demokratie glichen sich die Landesverfassungen, so Pernthaler, „wie ein Ei dem anderen“79. Bei einer näheren Analyse ist dies nur bedingt zutreffend. Tatsächlich 24 sind die Unterschiede speziell im Vergleich zur Monarchie deutlich ausgeprägter: Während sich Tirol zunächst (wie die meisten anderen Länder auch) für eine Legislaturperiode von vier Jahren entschied – wobei der LT aus 40 Abg bestand –, dauerte diese in OÖ sechs Jahre.80 War in anderen Ländern wie Sbg schon in zeitlicher Nähe zur TLO 1921 ein eigener LTPräs vorgesehen, nahm dessen Aufgaben in Tirol (wie in der Monarchie) der LH wahr.81 Was direktdemokratische Elemente betrifft, so kannten Tirol wie Vbg und Sbg die Volksabstimmung und das Volksbegehren, wobei eine Volksabstimmung bei einer Änderung der ersten sieben Paragraphen des ersten Hauptstücks der Landesordnung („Allgemeine Grundsätze“) obligatorisch war (§ 25 TLO 1921). Ein Volksbegehren bedurfte in Tirol der Unterstützung von 10.000 Stimmberechtigten (zum Vergleich: in Vbg von 15.000, in Sbg von 20.000). Auf die Besonderheit, dass Tirol gem der Landesordnung ein „selbständiges Land“ sei, „das jetzt einen Teil der demokratischen Republik Oesterreich“ bilde, ist schon hinlänglich aufmerksam gemacht worden.82 Hier76 Pernthaler, Entwicklungen 792; vgl auch schon Ermacora, Vorstellungen und Wirklichkeit im österreichischen Föderalismus 1848–1970, in ders et al (Hg), Föderalismus in Österreich (1970) 9 (61), der von einer „beschämende[n] Uniformität“ der nach 1920 erlassenen Landesverfassungen spricht. 77 Novak, Bundes-Verfassungsgesetz 124. 78 Kelsen/Froehlich/Merkl, Bundesverfassung 204. 79 Pernthaler, Entwicklungen 795. 80 Vgl Kelsen, Österreichisches Staatsrecht (1923) 229 ff. 81 LGBl 1921/145, § 12 Abs 5; zu den diesbezüglichen Diskussionen Berchtold, Aus der Entstehungsgeschichte der Tiroler Landesordnung von 1921, in Haller et al (Hg), Staat und Recht – FS Winkler (1997) 45 (51 f); Strasak, Stellung 146. 82 Schober, Geschichte 377; Riedmann, Verfassungsentwicklung und Demokratisierung in Tirol 1918–1920. Beiträge zur inneren Geschichte des Landes in den ersten Jahren nach dem Ende des Ersten Weltkrieges, Tiroler Heimat
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mit wurde auf normativer Ebene das wie erwähnt seit 1918 wiederholt im politischen Diskurs betonte Selbstbestimmungsrecht des Landes hinsichtlich seiner staatsrechtlichen Stellung – namentlich mit dem Ziel der Vereinigung des nunmehrigen Bundeslandes mit dem Italien zugesprochenen südlichen Tirol – zum Ausdruck gebracht.83 Diese Formulierung ließ einerseits die Option eines Freistaates offen, zielte aber wohl vor allem auf den Anschluss an das Deutsche Reich ab: Insb im Tir Landtagswahlkampf 1921 war das Projekt eines länderweisen Anschlusses an Deutschland ventiliert worden;84 im April 1921 hatte schließlich bereits eine einschlägige Volksabstimmung stattgefunden, die mit 98,8 % zugunsten des Anschlusses ausgegangen war.85 25 Damit korreliert eine weitere, ausschließlich in der Landesordnung auszumachende Partikularität, wonach jede nicht aufgrund von „Friedensverträgen“ erfolgende „Aenderung der Grenzen des Landesgebietes der Zustimmung des Landtages durch ein Gesetz“ bedürfe (§ 2 Abs 2), während alle anderen Landesverfassungen wie das B-VG hierzu übereinstimmende Gesetzesbeschlüsse von Bund und Land vorsahen. Dies ist nur konsequent, indem Tirol sich auf diese Weise die Möglichkeit offenhielt, die Vereinigung mit Südtirol – nach einer allfälligen anderen Entscheidung über die staatsrechtliche Stellung des Landes – eigenständig herbeiführen zu können. Während jedoch die Einschränkung, wonach Tirol „jetzt“ einen Bestandteil der Republik Österreich bilde, nach den traumatischen Erfahrungen der nationalsozialistischen Herrschaft und nach der nachhaltigen Verankerung eines ÖsterreichBewusstseins in der Tir Bevölkerung 1953 ausgeschieden wurde,86 blieb die Bestimmung über die Änderung des Landesgebietes (allein) durch ein LG bis 1989 erhalten. 26 Im Übrigen war schon das Zustandekommen der TLO 1921 von sich über Monate hinziehenden Spannungen zwischen dem Tir Verfassungsgesetzgeber und den (jeweils christlich-sozialen) BReg gezeichnet
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1981, 77 (85); Stepanek/Lukasser, „Aber daß es leider auch Tiroler gibt, die sozialdemokratisch wählen konnten, [...] ist für einen wirklichen Tiroler glattweg eine Unbegreiflichkeit“, in Dachs/Dippelreiter/Schausberger (Hg), Radikale Phrase, Wahlbündnisse und Kontinuitäten. Landtagswahlkämpfe in Österreichs Bundesländern 1919 bis 1932 (2017) 429 (439). So auch Berchtold in FS Winkler 48 f. Schober, Geschichte 379. Schober, Geschichte 400 ff; Strasak, Stellung 144. S auch den Hinweis bei Schober, Geschichte 377; Riedmann, Das Bundesland Tirol (1918 bis 1970) (1988) 1259; Strasak, Stellung 188 sowie LGBl 1953/23.
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gewesen.87 Der Erstentwurf, dessen Ausarbeitung im November 1920 aufgenommen wurde, geht auf Stefan Falser zurück88 (der auch mit einem Entwurf einer Bundesverfassung in Erscheinung trat89). Die im Laufe der Landtagsdebatten vorgenommenen Änderungen hielten sich in Grenzen.90 Auf eine Besonderheit sei allerdings hingewiesen: Der erste Entwurf der Landesordnung hatte noch bei einer Gesamtänderung der Landesordnung eine verpflichtende Volksabstimmung vorgesehen, während die schließlich in Kraft getretene Fassung präziser ist und eine solche bei einer Modifikation der Paragraphen eins bis sieben vorsah. Allerdings zogen sich die Differenzen mit dem Bund so lange hin, dass der verfassungsgebende Tir LT seiner zentralen Aufgabe nicht nachkommen konnte und die Landesordnung erst am 08.11.1921 vom im Mai 1921 neu gewählten LT erlassen werden konnte.91 Zwar hatte der verfassungsgebende LT die Landesordnung bereits im 27 März 1921 beschlossen, doch hatte die BReg hierauf mit einem Einspruch wegen Gefährdung von Bundesinteressen reagiert. Konkret wurden drei Punkte moniert:92 die Regelung des Besteuerungsrechts des LT (§ 40 Abs 3 und 4), die Stellung des LAD (§ 36)93 und die Formulierung des § 7 Abs 1 TLO 1921: „Die Verwaltung wird durch die Landesregierung ausgeübt.“ Hier fehlte aus Sicht der BReg die Präzisierung, dass dies nur für die Landes-, nicht jedoch für die mittelbare Bundesverwaltung gelte.94 Sie stieß sich überdies an der Festlegung, 87 Hierzu Schober, Geschichte 375 ff; Strasak, Die Verfassungsdiskussion in Tirol 1918–1921, in Bußjäger/Schennach (Hg), 1919 – Länderkonferenzen und Landesverfassungen (2020) 55 (64 ff). 88 Vgl Schober, Geschichte 372. 89 Vgl Schmitz, Tirol 87 ff. 90 StenProt des verfassungsgebenden Tir LT, 70.–76. Sitzung (15.–24.02.1921) 174 ff; StenProt des verfassungsgebenden Tir LT, 93.–94. Sitzung (04.05.1921) 219 ff; der im LT erörterte Entwurf des Verfassungsausschusses findet sich als Beilage 140 zu den StenProt des verfassungsgebenden Tir LT. Zum Zustandekommen im Übrigen Berchtold in FS Winkler 47 f. 91 Ausführlich Berchtold in FS Winkler 55 ff. 92 S auch die ausführliche Zusammenfassung der Diskussion bei Schoepf, Soll der „verfassungsgebende“ Landtag die Landesverfassung sicherstellen?, in Allgemeiner Tiroler Anzeiger, Nr 102/1921 (06.05.1921), 1 f; kürzer Schober, Geschichte 376; Strasak, Stellung 145; auf Schober aufbauend Stepanek/ Lukasser, Aber daß es leider auch Tiroler gibt 439. 93 Vgl Berchtold in FS Winkler 64. 94 Zum Hintergrund Berchtold in FS Winkler 55 f; zum Einspruch des Bundes ebenso ders in FS Winkler 58 f.
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wonach der LAD „für seine Amtsführung der Landesregierung verantwortlich“ sei. Besonders umstritten war ferner die Festlegung, wonach für die Einführung von Landesabgaben und von Zuschlägen zu direkten Bundessteuern (bei Letzteren nur, wenn „diese das Ausmaß von 100 % der Berechnungsgrundlage nicht übersteigen“) nur ein Beschluss des LT, aber kein LG erforderlich sei.95 Dies war nicht nur bewusste Strategie zur Umgehung der Vorlagepflicht an die BReg, der ansonsten ein Einspruchsrecht zukam, sondern knüpfte hinsichtlich des „Beschlusses“ und der Konstruktion durchaus an die Landesordnungen der Monarchie an. Hier bedurfte es ebenfalls bei Kreierung neuer oder Erhöhung bestehender Landesabgaben und von Zuschlägen zu „landesfürstlichen“ Steuern (allerdings bloß bis zu einer Höchstgrenze von 10 %) nur eines Landtagsbeschlusses, und hier war gleichermaßen – im Unterschied zu einem LG – keine kaiserliche Sanktion des Beschlusses erforderlich.96 28 Trotz der aus den Differenzen mit dem Bund resultierenden Verzögerungen wurde die TLO 1921 am 08.11.1921 vom LT mittels Beharrungsbeschlusses erlassen, ohne den Einwänden seitens der BReg Rechnung zu tragen.97 Dessen ungeachtet sah der Bund von einem möglichen Gang zum VfGH ab. 29 Die 1927 und 1930 beschlossenen, nicht sehr weittragenden Nov zur TLO 192198 dienten nur partiell der Umsetzung der bundesverfassungsrechtlichen Vorgaben durch die B-VG-Nov 1925 und 1929, bspw bei der Senkung der Zahl der LTAbg von 40 auf 36 im Jahr 1930.99 Ferner wurden gewisse Präzisierungen vorgenommen, so ua die Frage der Vorsitzführung im LT und die Zusammensetzung der LReg genauer gefasst (beides im Jahr 1927). Ungeachtet des 1922 erlassenen F-VG und des darauf Bezug nehmenden, 1925 eingefügten und „Gesetzesbe95 Vgl auch den Hinweis bei Berchtold in FS Winkler 59. 96 RGBl 1861/20, Beilage IId, § 22. 97 Ein Blick auf den kundgemachten Text der Landesordnung zeigt, dass die Einschätzung von Schober, Geschichte 376 f („Erst am 8. November gab der Tiroler Landtag dem Wiener Druck nach.“) unzutreffend ist; dasselbe gilt für den an Schober anknüpfenden Beitrag von Stepanek/Lukasser, Aber daß es leider auch Tiroler gibt 437; zutreffend hingegen einzig Berchtold in FS Winkler 64 f. 98 Zu den bis 1925 geführten Diskussionen im Tir LT über mögliche Änderungen der Landesordnung s Schober, Geschichte 382. 99 LGBl 1927/52 und LGBl 1930/29.
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schlüsse der Landtage, die Abgaben zum Gegenstand haben“ betr Art 98 Abs 4 B-VG blieb der der Landesverfassungsgesetzgeber bezeichnenderweise jedoch vorerst bei der schon 1921 von der BReg kritisierten Formulierung, die erst 1930 ersatzlos gestrichen wurde. Eine weitere kleinere Nov im Jahr 1933 fügte einen neuen, den Mandatsverlust eines Abg weiter fassenden § 19a ein.100
V. Die Zeit der Diktaturen Die Zeit des autoritären Ständestaates kann an dieser Stelle kurz behan- 30 delt werden, da es hier keine eigene Landesverfassung (wenngleich eine solche in der Bundesverfassung vom 01.05.1934 vorgesehen gewesen wäre101) gab. Nach dem Verbot der Sozialdemokratischen Partei und dem dadurch bedingten Ausscheiden der sozialdemokratischen Abg aus dem LT beschloss der verbleibende Rumpflandtag nach durchaus kritischen Wortmeldungen während der Debatte und mit drei Gegenstimmen das Tir Ermächtigungsgesetz,102 das zwar den Abschnitt der Landesordnung über die „Verwaltung des Landes“ ausdrücklich in Kraft beließ, jedoch dem LH und LHStv „gemeinschaftlich“ zu im Verordnungswege zu treffenden „Maßnahmen“ ermächtigte, „die verfassungsgemäß der Beschlussfassung des Landtags bedürfen“ (Art I Abs 1).103 Einem nur beratend tätig werdenden Ausschuss, dessen ehrenamtliche Mitglieder vom LH und LHStv ernannt wurden, mussten „alle zum Ersatze von Landesgesetzen bestimmten Verordnungen“ ebenso wie dem zuständigen BM zur Begutachtung vorgelegt werden (Art III und IV). Die Geltungsdauer dieses Ermächtigungsgesetzes lief gem § 29 Abs 4 31 des Verfassungsgesetzes „betreffend den Übergang zur ständischen Verfassung“ von 1934104 mit 31.10.1934 ab. Nur wenige Tage vor Frist ablauf, am 23.10.1934, erließen schließlich LH und LHStv die „Verfas 100 LGBl 1933/12. 101 Vgl BGBl 1934/239 und BGBl für den Bundesstaat Österreich 1934/1, hier besonders Art 112. 102 Zum Zustandekommen Schober, Geschichte 434 f. 103 Gesetz vom 27. Februar 1934, womit dem Landeshauptmann und dem Landeshauptmannstellvertreter bis zur Neuregelung der verfassungsrechtlichen Verhältnisse in Bund und Land auf berufsständischer Grundlage außerordentliche Befugnisse übertragen werden, LGBl 1934/7. 104 BGBl für den Bundesstaat Österreich 1934/75.
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sungsübergangsverordnung“105, ein die TLO 1921 ausdrücklich (§ 38) aufhebendes Verfassungsprovisorium, bei dem es bis zum „Anschluss“ an das Deutsche Reich 1938 verblieb. Aber wenngleich am 20.11.1934 tatsächlich ein aus ernannten Mitgliedern bestehender „ständischer verfassungsgebender Tiroler Landtag“ zusammentrat,106 ist wohl diskutabel, ob die Verfassungsübergangsverordnung nicht a priori als Dauerlösung konzipiert war, zumal die verba legalia sie auch als „Landesverfassung 1934“ (§ 9 Abs 1), als „Landesordnung“ (§ 13) bzw als „Landesordnung 1934“ (§ 9 Abs 1) respektive als „Landesverfassungsgesetz“ (§ 38) ansprechen. 32 Es seien an dieser Stelle nur einige wichtige Punkte herausgegriffen:107 Die Mitglieder des ersten LT wurden vom LH ernannt, nicht von den Berufsständen gewählt (§ 13), womit auch auf Landesebene das Charakteristikum des Ständestaates zum Ausdruck kommt, zwar das autoritäre Prinzip konsequent umzusetzen, nicht jedoch das ständische. Die Ermächtigung zu gesetzesvertretenden VO war restriktiver als auf Bundesebene, indem der LH nur solche gesetzesvertretenden VO erlassen konnte, zu deren ihnen zugrunde liegenden RV der LT nicht in der von der LReg vorgegebenen Frist einen (allenfalls auch ablehnenden) Beschluss gefasst hatte (§ 22 Abs 2). Beschlüsse von LG erfordern die Zustimmung des BK (§ 26 Abs 2).108 Abgesehen von der Episode der Jahre 1848/1849 sieht die Landesverfassungsordnung nunmehr erstmals einen LTPräs vor (§ 15 Abs 2).109 Zwei Bestimmungen sind ebenfalls bemerkenswert: In der Verfassungsübergangsverordnung wird im programmatischen ersten Art das „Land Tirol [als] ein Bestandteil des Bundesstaates Oesterreich“ bezeichnet; das einschränkende Temporaladverb „jetzt“ ist bereits weggelassen, da selbstverständlich der Anschluss an das nunmehr nationalsozialistische Deutsche Reich von der Führung auf Bundes- und Landesebene nicht mehr in Betracht gezogen wurde und sich angesichts des autoritären Regimes auch sämtliche Freistaats- oder sonstigen Pläne 105 Verordnung des Landeshauptmannes und des Landeshauptmannstellvertreters vom 23. Oktober 1934, womit verfassungsrechtliche Uebergangsbestimmungen für das Land Tirol erlassen werden, LGBl 1934/45. 106 Vgl Schober, Geschichte 457; Strasak, Stellung 156. 107 Vgl die Darstellung bei Merkl, Die ständisch-autoritäre Verfassung Österreichs (1935) 92 ff. 108 Die vornehmlich dadurch bewirkte „Steigerung des Bundeseinflusses“ betont auch Merkl, Verfassung 96 (Hervorhebung des Originals weggelassen). 109 Dies betont auch Schober, Geschichte 458.
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eines Ausscheidens aus dem Staatsverband erledigt haben mussten. Und nunmehr wird auch statuiert, dass zur Änderung der Landesgrenzen „übereinstimmende Verfassungsgesetze des Bundes, Tirols“ und ggf der anderen betroffenen (Bundes)Länder erforderlich sind (§ 3). Die Epoche der nationalsozialistischen Herrschaft kann mit Blick auf 33 die Landesverfassungsentwicklung außer Betracht bleiben: Der Gau Tirol-Vbg war im Rahmen des einheitsstaatlichen Deutschen Reichs nur ein Selbstverwaltungskörper und Verwaltungssprengel sowie eine Gliederungs- und Organisationsebene der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei.
VI. Die Nachkriegszeit bis zur Landesordnung 1989 Nachdem nach dem Ende der Schrecken der nationalsozialistischen 34 Herrschaft zeitgleich mit dem NR am 25.11.1945 ein neuer LT gewählt worden war, beschäftigte sich dieser als erstes mit dem Wiederinkraftsetzen der TLO 1921,110 die aus diesem Anlass in einigen Bestimmungen geändert und wiederverlautbart wurde. Hervorgehoben sei, dass die vorgesehene obligatorische Volksabstim- 35 mung bei einer Änderung der Paragraphen eins bis sieben der Landesordnung (§ 25) ersatzlos gestrichen wurde. Dies ist insofern konsequent, als 1946 erstmals in die „Allgemeinen Grundsätze“ eingegriffen wurde: Die Bestimmung über die Landesbürgerschaft (§ 3 alt) wurde getilgt, der zweite Paragraph geändert: Bei der Umschreibung des Landesgebietes (§ 2 Abs 1) brachte man die Hoffnung auf eine Wiedervereinigung mit Südtirol zum Ausdruck (schließlich wurde das Gruber-De-Gasperi-Abkommen erst im September 1946, der Friedensvertrag zwischen den Alliierten und Italien erst 1947 geschlossen).111 Eine Änderung der Grenze 110 S den Hinweis bei Lang, Der Landtag in der Zweiten Republik (1945–1982), in Schober (oHg), Geschichte des Tiroler Landtages im 19. und 20. Jahrhundert (1984) 473 (474); Strasak, Stellung 184. 111 LGBl 1946/1, Art II, § 2 Abs 1: „Das Land Tirol umfaßt – vorbehaltlich der endgültigen Festlegung seiner Grenzen durch Staatsvertrag – derzeit die politischen Bezirke […].“ Unzutreffend hier Pernthaler, Die Identität Tirols in Europa (2007) 71, der versehentlich annimmt, dass diese Formulierung auf die TLO 1921 zurückgeht. Dort heißt es freilich, dass das Landesgebiet nach dem StV von Saint-Germain die im Anschluss genannten Bezirke umfasse (LGBl 1921/145, § 2 Abs 1); s auch Strasak, Stellung 184.
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erforderte laut Landesordnung (im Unterschied zu 1934) nur die „Zustimmung des Landtags durch Gesetz“. Die Einrichtung des 1934 in Tirol eingeführten LTPräs wurde beibehalten, nichtständige Landesräte sind nunmehr nicht mehr vorgesehen. Außerdem wurde die Landesverfassung als „Tiroler Landesordnung 1946“ wiederverlautbart.112 36 Schon 1953 kam es wiederum zu einigen Eingriffen in den Textbestand der Landesordnung sowie zu einer neuerlichen Wiederverlautbarung als „Tiroler Landesordnung 1953“.113 Auf die damals erfolgte, hochsymbolische Weglassung des einschränkenden „jetzt“ im ersten Abs des ersten Paragraphen wurde bereits hingewiesen. Zudem wurde ua statuiert, dass eine qualifizierte Mehrheit für die vorzeitige Auflösung des LT erforderlich sei.114 37 In den folgenden drei Jahrzehnten hielten sich die Nov zahlenmäßig und inhaltlich trotz der in den siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts abzeichnenden, verhaltenen „Renaissance des Föderalismus“ in Grenzen.115 Angeführt sei an dieser Stelle bspw die 1965 erfolgte Verlängerung der Legislaturperiode von vier auf fünf Jahre. Von hoher symbolischer Bedeutung war das Einfügen einer Präambel zur TLO 1953 im Jahr 1980, die in der Lit speziell von Pernthaler thematisiert wurde.116 Einstimmig beschlossen wurde der Text im Wesentlichen schon 1960, verbunden mit dem Wunsch, dass dieser bei „der in Aussicht genommenen Neufassung der Tiroler Landesordnung“117 in diese Eingang finden möge. Anlass für diesen Landtagsbeschluss, der dann 1980 tatsächlich in die Landesordnung übernommen wurde, war der feierliche Abschluss des groß inszenierten Gedenkens an die Tir Erhebung von 1809 im Jahr zuvor. Nunmehr wurden als die „geistigen, sozialen und politischen Grundlagen Tirols“ die „Treue zu Gott und zum Erbe der 112 LGBl 1946/2. 113 LGBl 1953/23 und LGBl 1953/24. 114 Vgl auch die Ausführungen bei Lang, Landtag 478; Strasak, Stellung 188. 115 Dabei wurden zT bundesverfassungsrechtliche Vorgaben umgesetzt bzw bundesverfassungsrechtlich eingeräumte Möglichkeiten ausgenutzt, so zB mit der TLO-Nov LGBl 1976/89, in dem einem Drittel der LTAbg die Möglichkeit zur Anfechtung eines LG wegen Verfassungswidrigkeit vor dem VfGH eingeräumt wurde; oder mit der TLO-Nov LGBl 1985/9, die die Rechte eines ein Landtagsmandat bekleidenden Landesbediensteten präziser fasst; s hierzu im Einzelnen Strasak, Stellung 192 ff. 116 Pernthaler in FS Kostelecky; ders, Identität 63 ff; daran anknüpfend Strasak, Stellung 194; Pernthaler, Gott in der Verfassung, öarr 2000, 177 (181 ff). 117 StenProt des Tir LT, IV. GP, 25. Tagung, 2. Sitzung (09.02.1960) 14.
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Väter, die geistige und kulturelle Einheit des Landes, die Freiheit und Würde des Menschen, die geordnete Familie als Grundzelle von Volk und Staat“ beschworen. Dabei handelte es sich vornehmlich um eine normativ fixierte, historische Identitätskonstruktion,118 die, wie die vergleichsweise wenigen, jedoch ausführlichen Wortmeldungen in der Landtagsdebatte zeigen,119 in nahezu allen angesprochenen Aspekten die Rückbindung an „anno neun“ beschwor, an die „Heldentaten unserer Vorväter“120 und die „Heldenkraft unseres Volkes“ 121, die aus der vermeintlich in den angesprochenen Prinzipien wurzelnden „Tiroler Wesensart“122 erwachse. Insb „Freiheit und Würde“ wurden als jene Werte beschworen, für deren Bewahrung bzw Wiedererlangung angeblich der Aufstand von 1809 geführt wurde – was nichts anderes als eine anachronistische Rückprojektion war. Das „Erbe der Väter“ verwies vornehmlich auf die „Heldentaten unserer Vorväter“123 in der Erhebung von 1809. Die „Treue zu Gott“ fügt sich in dieses Schema: Seit der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts und verdichtet im 19. Jahrhundert124 waren mit ebenso politischer wie identitätsstiftender Zielsetzung Katholizität und Frömmigkeit als zentrale Wesensmerkmale der Tir konstruiert worden, was bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts nachwirkte und speziell im Gedenkjahr 1959 noch vielfach beschworen wurde, schienen doch auch die Aufständischen 1809 – so die um 1960 dominierende öffentliche und historiographische Wahrnehmung des „Freiheitskampfes“ – für den Erhalt der katholischen Religion gestritten zu haben. Interessant ist, dass der damalige LTPräs in seinem Bericht selbst die „geordnete Familie“ mit 1809 in Verbindung setzt, hätten doch die damaligen „bewundernswerten Taten ursprünglicher Volkskraft ihre soziologische Wurzel in der natürlich-gesunden Familienstruktur jener Zeit gehabt“125. 118 Anders (auch aufgrund einer anderen methodischen Herangehensweise) Pernthaler in FS Kostelecky 146 ff und ders, Identität 64 ff, der die Inhalte der Präambel weitgehend losgelöst vom politisch-historischen Diskurs analysiert, der das Ferment ihrer Entstehung darstellt. 119 StenProt des Tir LT, IV. GP, 25. Tagung, 2. Sitzung (09.02.1960) 13 ff. 120 StenProt des Tir LT, IV. GP, 25. Tagung, 2. Sitzung (09.02.1960) 15. 121 StenProt des Tir LT, IV. GP, 25. Tagung, 2. Sitzung (09.02.1960) 14. 122 StenProt des Tir LT, IV. GP, 25. Tagung, 2. Sitzung (09.02.1960) 14. 123 StenProt des Tir LT, IV. GP, 25. Tagung, 2. Sitzung (09.02.1960) 14. 124 Vgl auch Schima, Die „Tiroler Glaubenseinheit“ vor dem Hintergrund der österreichischen Rechts- und Verfassungsentwicklung im 19. Jahrhundert, Jahrbuch für die Geschichte des Protestantismus in Österreich 2007, 65. 125 StenProt des Tir LT, IV. GP, 25. Tagung, 2. Sitzung (09.02.1960) 14.
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38 Die 1960 angekündigte „Neufassung der Tiroler Landesordnung“ ließ zunächst auf sich warten; erst 20 Jahre später wurde die Präambel daher aus Anlass einer Nov der Landesordnung in diese eingefügt, wobei es nicht nur zu geringfügigen Umformulierungen kam, sondern ihr überdies eine föderalistische Komponente beigefügt wurde.126 Die Präambel werde vom LT „in Anerkennung des Beitritts des selbständigen Landes Tirol zum Bundesstaat Österreich“ sowie „in Anerkennung der Bundesverfassung“ beschlossen, wodurch wiederum (wie schon pointiert 1918/1920) die Ansicht zum Ausdruck gebracht wird, dass Tirol nach dem Untergang der Monarchie frei über seine weitere staatsrechtliche Landesordnung hätte entscheiden können und Österreich erst durch die Beitritte der Länder konstituiert worden sei.127 39 Als 1989 schließlich die Neufassung der Landesordnung zustande kam, wurde die Präambel übernommen. Die TLO 1989 ist im Kontext der Neubewertung des Landesverfassungsrechts zu sehen, die mit dem Werk von Koja 1967 eingesetzt hatte:128 Er hatte das Diktum der „relativen Verfassungsautonomie der Länder“ geprägt,129 das zu einem Perspektivenwechsel führte, indem Landesverfassungen nicht mehr einseitig und unter Betonung der Bindung an die engmaschigen Vorgaben des B-VG primär als „Ausführungsgesetze“ zum B-VG etikettiert wurden, sondern fokusverschiebend die dessen ungeachtet bestehenden Gestaltungsfreiräume der Landesverfassungsgesetzgeber betont wurden. In den letzten Jahrzehnten wurden daher nicht nur in Tirol, sondern in vielen Ländern neue, idS Gestaltungsmöglichkeiten stärker ausnutzende und stärker divergierende Landesverfassungen erlassen.130 126 Vgl hierzu Pernthaler in FS Kostelecky 146 f. 127 Vgl auch Pernthaler, Staatsgründungsakte. 128 Koja, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer2 (1988) (Erstauflage 1967). 129 Dieser Begriff hat sich heute durchgesetzt (vgl auch Koja, Verfassungsrecht 23; Novak, Bundes-Verfassungsgesetz 129; Fallend, 70 Jahre Salzburger Landesverfassung. Genese – Reformen [1991] 58; Novak, Die relative Verfassungsautonomie der Länder, in Rack [Hg], Landesverfassungsreform [1982] 35). Koja bevorzugte noch die Formulierung „relative Verfassungshoheit“ und verstand darunter eine „nur durch die BV [Bundesverfassung, Anm] begrenzte Verfassungsautonomie“ (ders, Verfassungsrecht 17). 130 Hierzu ausführlich Funk, Die Bedeutung gliedstaatlichen Verfassungsrechts in der Gegenwart, VVDStRL 46 (1988), 58 (71 ff); Pernthaler, Entwicklungen 796 ff; Bußjäger, Landesverfassung 96 ff, hier insb 97; s auch schon Rack (Hg), Landesverfassungsreform (1982).
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Präambel* Der Landtag hat in Anerkennung des Beitrittes des selbständigen Landes Tirol zum Bundesstaat Österreich, in Anerkennung der Bundesverfassung, im Bewußtsein, daß die Treue zu Gott und zum geschichtlichen Erbe, die geistige und kulturelle Einheit des ganzen Landes, die Freiheit und Würde des Menschen, die geordnete Familie als Grundzelle von Volk und Staat die geistigen, politischen und sozialen Grundlagen des Landes Tirol sind, die zu wahren und zu schützen oberste Verpflichtung der Gesetzgebung und der Verwaltung des Landes Tirol sein muß, beschlossen: LGBl samt Erläuterungen: LGBl 1988/61 (X. GP AA 141/88 AB 141/88) Literatur: Morscher, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer. 7. Tirol (1991) 28 ff; Pernthaler, Die Präambel zur Tiroler Landesordnung. Ein Beitrag zur verfassungsrechtlichen Grundwerte-Formulierung, in Kaluza et al (Hg), Pax et Iustitia – FS Kostelecky (1990) 143 ff; Pernthaler, Gott in der Verfassung, öarr 2000, 177 ff; Pernthaler, Österreichisches Bundesstaatsrecht (2004) 474 f; Schwamberger/Ranacher, Tiroler Landesordnung 19896: Kommentar (2017) 23
Inhaltsübersicht I. Entstehungsgeschichte.................................................................. 1 II. Theoretische Bedeutung............................................................... 4 III. Normative Wirkung...................................................................... 10 IV. Einzelne Elemente.......................................................................... 14 A. Allgemeines................................................................................. 14 B. Föderalistische Bezüge.............................................................. 16 C. Grundrechtliche Bezüge........................................................... 18 D. „Treue zu Gott“......................................................................... 19 E. „Treue zum geschichtlichen Erbe“ und „geistige und kulturelle Einheit des ganzen Landes“................................... 20 F. „Geordnete Familie als Grundzelle von Volk und Staat“... 22 *
Herzlicher Dank ergeht an Herrn Mag. Dr. Jakob A. Egger für die Unterstützung bei der redaktionellen Bearbeitung.
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I. Entstehungsgeschichte 1 In der österr Verfassungslandschaft – der Bundesverfassung und den neun Landesverfassungen (die zT über Promulgationsklauseln iSv „Der Landtag hat beschlossen …“ verfügen) – ist die TLO 1989 die einzige Verfassung, die über eine Präambel verfügt. Die Präambel war jedoch keine Innovation der TLO 1989. Bereits durch die Nov LGBl 1980/48 war der damals geltenden TLO 1953 eine Präambel vorangestellt worden, die ihrerseits auf einem Landtagsbeschluss aus dem Jahr 19601 beruhte, bis dahin allerdings verfassungsgesetzlich nicht verankert worden war.2 Zwischen der ersten – nicht in Kraft getretenen – Fassung der Präambel von 1960, der 1980 in Kraft getretenen Präambel der TLO 1953 und der Präambel der TLO 1989 finden sich allerdings Unterschiede, nicht nur, was das Arrangement der Textzeilen, sondern auch, was die Inhalte anbelangt: In der ersten Fassung der Präambel waren im Wesentlichen diejenigen Werte, die sich in der geltenden Präambel ab der Textzeile „im Bewußtsein, daß“ finden, als geistige, soziale und politische Grundlagen des Landes angeführt, während die „Anerkennung des Beitrittes des selbständigen Landes Tirol zum Bundesstaat Österreich“ und die „Anerkennung der Bundesverfassung“ als Textelemente noch fehlten. Aber auch innerhalb der aufgezählten geistigen, sozialen und politischen Grundlagen finden sich gewisse Abweichungen: So war nicht vom „geschichtlichen Erbe“, sondern vom „Erbe der Väter“, von der geistigen und kulturellen Einheit „des Landes“ (statt des „ganzen Landes“) und von der Verpflichtung der Gesetzgebung „und Vollziehung“ statt „der Verwaltung“ die Rede. 2 Anlass für die Überlegungen zu einer Präambel im Jahre 1960 war der Abschluss des Gedenkjahres 1959–1809.3 Die Begriffe „Treue zu Gott“, „Erbe der Väter“ sowie „geistige und kulturelle Einheit des Landes“ haben sicherlich eine historische Konnotation zum Jahr 1809, sind aber wohl nicht darauf beschränkt.4 Die begrifflichen Abweichungen zu heute erklären sich einerseits aus einer neutraleren Sprachverwendung („geschichtlich“ statt „Väter“), andererseits aus der Betonung des Lan-
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Sitzung des Tir LT vom 09.02.1960, zit nach EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 39. Vgl dazu EBRV zur Nov der TLO 1953 LGBl 1980/48, Tir LT IX. GP, 1. EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 39. Vgl dazu noch unten Rz 20 f.
Präambel
des in seiner Gesamtheit, was die noch zu erörternde5 Frage nach dem territorialen Umfang des „ganzen Landes“ berührt. Was die Ersetzung von „Vollziehung“ durch „Verwaltung“ anbelangt, stellt dies aus heutiger Sicht insofern eine Einschränkung dar, als das Land seit 20146 über eine Landesverwaltungsgerichtsbarkeit verfügt, die organisatorisch zwar vom Begriff der „Vollziehung“, nicht aber demjenigen der „Verwaltung“ umfasst ist. Die 1960 im LT beschlossene Formulierung wurde allerdings lange Zeit nicht in Form einer Landesverfassungsnovelle umgesetzt, weil die Präambel mit einer Neufassung der TLO einhergehen sollte, die jedoch vorerst nicht zustandekam.7 Die im Jahre 19808 der TLO 1953 schließlich vorangestellte Präambel 3 ähnelte derjenigen der TLO 1989 schon viel stärker als die erste Fassung aus 1960. Im Vergleich zur Formulierung von 1960 sollte das „föderalistische Prinzip“ betont, aber auch die sprachliche Fassung verändert werden, da die Präambel im Wesentlichen „eine bloße Aussage, eine Feststellung von Tatsachen enthält, ohne daß damit eine ausreichende Verbindung zum folgenden Verfassungstext gegeben wäre“.9 Die Präambel der TLO von 1989 weicht, von einer geringfügigen sprachlichen Änderung (Ersetzung von „und“ durch einen Beistrich vor „in Anerkennung der Bundesverfassung“) abgesehen, lediglich in zwei Elementen von der Fassung der 1980 in Kraft getretenen Präambel ab: Einerseits betrifft dies den Entfall der in der ersten Textzeile der Präambel von 1980 gewählten Formulierung „kraft seiner verfassungsgebenden Gewalt“, andererseits den Begriff „Vollziehung des Landes“ am Ende der Präambel, der 1989 durch „Verwaltung des Landes“ ersetzt wurde. Der Entfall der Berufung auf die verfassunggebende Gewalt des LT wird von den EB zur TLO 198910 mit dem zutreffenden Hinweis begründet, dass als Träger der verfassunggebenden Gewalt des Landes vielmehr das Landesvolk anzusehen sei, auch wenn der LT zur Erlassung von Landesverfassungsgesetzen berufen sei. Der gewählte LT ist zwar ein reprä5 6 7 8 9 10
Vgl dazu noch unten Rz 20 f. Vgl die Verwaltungsgerichtsbarkeits-Nov BGBl I 2012/51. EBRV zur Nov der TLO 1953 LGBl 1980/48, Tir LT IX. GP, 1. LGBl 1980/48. EBRV zur Nov der TLO 1953 LGBl 1980/48, Tir LT IX. GP, 1. EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 40 mit Hinweis auf Pernthaler, Land, Volk und Heimat als Kategorien des österreichischen Verfassungsrechts (1982) 27 bei FN 65.
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sentativ-demokratisch bestelltes Organ des Landesvolks, aber nicht unmittelbarer Träger der verfassunggebenden Gewalt. Darüber hinaus beschließt der LT zwar ua Landesverfassungsgesetze, stellt aber nicht das einzige (Teil‑)Gesetzgebungsorgan des Landesverfassungsgesetzgebungsverfahrens dar. Gleichzeitig wurde durch Art 1 Abs 3 TLO 198911 klargestellt, dass das Landesvolk Träger der Staatsgewalt des Landes sei. Die in den EB nicht näher begründete Ersetzung des Begriffs „Vollziehung des Landes“ durch „Verwaltung des Landes“ kann möglicherweise mit der damaligen Rechtslage, wonach die Länder noch keinen Anteil an der Gerichtsbarkeit hatten, erklärt werden. Seit ihrer Erlassung 1989 wurde die Präambel der TLO keinen weiteren Änderungen unterzogen.
II. Theoretische Bedeutung 4 Im Vergleich zur präambellosen Bundesverfassung, aber auch den anderen Landesverfassungen, stellt die Präambel der TLO 1989 einen einzigartigen Textteil dar.12 Sie steht damit in einem gewissen Gegensatz zur insgesamt nüchternen und wenig feierlichen österr Verfassungssprache.13 Zwar haben sich sowohl das B-VG als auch die anderen Landesverfassungen vom Typus einer reinen Spielregelverfassung wegbewegt und mittlerweile gerade durch die Aufnahme von Staatszielbestimmungen14 materialisiert, doch bislang auf eine Präambel verzichtet. Die Gründe dafür liegen zum einen darin, dass die rechtliche Verbindlichkeit von Präambeln häufig strittig und ihr juristischer Wert daher fragwürdig ist.15 Zum anderen enthalten Präambeln typischerweise Wertvorstellungen, die umstritten sein können. Dies gilt bspw für 11 Vgl dazu Gamper, Art 1 (in diesem Band) Rz 1 und 8. 12 Vgl schon Pernthaler in FS Kostelecky 143 f; Gamper, Allgemeine Bestimmungen des Landesverfassungsrechts, in Pürgy (Hg), Das Recht der Länder I (2012) 61 (64). 13 Pernthaler in FS Kostelecky 143 f. 14 Ein an Präambeln erinnerndes sprachliches Pathos findet sich etwa in der in Art 14 Abs 5a B-VG verankerten Staatszielbestimmung. 15 Der VfGH hat die normative Kraft von Präambeln immer wieder anerkannt (beginnend mit VfSlg 1946/1950), dies allerdings immer nur iZm einfachen Gesetzen und vergleichsweise sehr konkret formulierten Präambeln mit Bezügen zum öffentlichen Wirtschaftsrecht. Darüber hinaus stellen die EB der Präambel der TLO 1989 klar, dass eine normative Verbindlichkeit der Präambel nicht intendiert war.
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Transzendenzbezüge in Verfassungen,16 wie sie gerade auch die Präambel der TLO 1989 in ihrer Formulierung „Treue zu Gott“ enthält. Dessen ungeachtet enthalten viele Verfassungen weltweit Präambeln, 5 deren rechtliche Verbindlichkeit in manchen Fällen gerade dadurch außer Streit gestellt wird, dass diese ausdrücklich von einer Bestimmung der Verfassung angeordnet wird.17 Häufig ergibt sich aber schon daraus ein Unterschied, dass Präambeltexte weniger konkret und auch von ihrem Inhalt her weniger als normative denn erzählende Texte angelegt sind. Wenn, wie es häufig der Fall ist, Präambeln die Geschichte eines Staats nacherzählen, ist das an sich keine Art von Inhalt, dem eine normative Wirkung iSv Anwendbarkeit und Durchsetzbarkeit immanent ist. Anderes gilt etwa für bestimmte Verfassungswerte, die in Präambeln verankert werden und für die Interpretation der Bestimmungen der Verfassung Maßstabsfunktion haben können. Im weltweiten Vergleich von Präambeln erweist sich die Präambel der 6 TLO 1989 als relativ kurz. In ihrer Struktur wie auch manchen ihrer inhaltlichen Elemente ähnelt sie der Präambel der Schweizerischen Bundesverfassung. Sie enthält Transzendenzbezüge ebenso wie historische Bezüge, aber auch ganz konkrete verfassungsrechtliche und staatstheoretische Aussagen: Dazu gehört vor allem die Hervorhebung von Freiheit und Würde des Menschen als grundrechtlicher Rahmen, aber auch die Anerkennung der Bundesverfassung bei gleichzeitiger Betonung des Beitritts des „selbständigen“ Landes Tirol zum Bundesstaat. Sie verzichtet aber auf weitschweifige historische Ausführungen und feierliche Proklamationen sämtlicher Werte des westlichen Verfassungsstaats, wie dies vor allem Präambeln jüngerer Verfassungen tun. Außerdem weist die Präambel der TLO 1989 gleichzeitig Züge einer 7 Promulgationsklausel („Der Landtag hat … beschlossen:“) auf. Sie spricht daher, anders als viele Präambeln weltweit, nicht in der „Wir“Form des Verfassungsvolks, sondern nennt den LT als Beschlussfassungsorgan der TLO 1989. Diese Beschlussfassung bezieht sich an sich 16 Dazu Pernthaler, öarr 2000, 179 f. 17 Zu verschiedenen Vergleichsbeispielen von Präambeln und deren Funktionen Orgad, The preamble in constitutional interpretation, ICON 2010, 714 ff; Voermans/Stremler/Cliteur, Constitutional Preambles. A Comparative Analysis (2017); Häberle, Präambeln im Text und Kontext von Verfassungen, in Listl/Schambeck (Hg), Demokratie in Anfechtung und Bewährung – FS Broermann (1982) 211 ff.
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auf die nachfolgenden Art der TLO 1989, doch hat der LT auch die Präambel selbst mit der TLO 1989 mitbeschlossen. Die in der Präambel als Beweggründe des LT für die Beschlussfassung der TLO 1989 angeführten Elemente sind gleichsam das Narrativ, auf dem die TLO 1989 gegründet ist: „In Anerkennung“ und „im Bewußtsein“ des LT werden diese gewissermaßen als Deutungsmuster der Bestimmungen der TLO 1989 angeführt. 8 Nach den EB18 wurde die Erlassung einer Präambel ursprünglich nach dem Gedenkjahr 1959, 150 Jahre nach dem Tiroler „Schicksalsjahr“ 1809, ins Auge gefasst, was einen besonders geschichtsträchtigen Anlass darstellte. Gleichzeitig sind vor allem die Bundesstaatsbezüge der Präambel Ausdruck des in Westösterreich stärker als im restlichen Österreich ausgeprägten föderalistischen Bewusstseins.19 9 Die Präambel manifestiert in besonderer Weise, dass die Verfassungsautonomie der Länder sehr individuell genützt werden kann, sodass die Landesverfassungen eben nicht, wie in ihrer Frühphase, als im Wesentlichen nach derselben Vorlage formulierte Texte20 zu verstehen sind.21 Sie symbolisiert mit ihren fundamentalen Aussagen zur (bundes-)staatlichen Ordnung den Verfassungscharakter der TLO 1989 in besonderer Weise und indiziert deren leitende Grundsätze und Wertvorstellungen. Schließlich kann sie auch als ein Stück Kulturverfassungsrecht22 verstanden werden, in dem sich Historisches, Religiöses und Weltanschauliches als Verfassungswerte widerspiegeln.
III. Normative Wirkung 10 Die normative Wirkung der Präambel ist ungleich bescheidener als ihre theoretische Bedeutung. Zwar enthält die TLO 1989 selbst keine 18 EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 39. Näher Pernthaler in FS Kostelecky 144 f. 19 Dazu näher Bußjäger/Karlhofer/Pallaver, Föderalistisches Bewusstsein in Österreich. Regionale Identitätsbildung und Einstellung der Bevölkerung zum Föderalismus (2010). 20 Dazu näher etwa Novak, Bundes-Verfassungsgesetz und Landesverfassungsrecht, in Schambeck (Hg), Das österreichische Bundes-Verfassungsgesetz und seine Entwicklung (1980) 111. 21 Ähnlich Pernthaler in FS Kostelecky 144. 22 Grundlegend Häberle/Kotzur, Europäische Verfassungslehre8 (2016) 821 ff mwN.
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ausdrückliche Bestimmung darüber, welche normative Wirkung der Präambel zukommen soll, doch geben die EB darüber Aufschluss: Die Präambel sei, „rechtlich betrachtet, eine kurz gefaßte, auf das Wesentliche beschränkte Darlegung der wichtigsten Gesichtspunkte und Absichten, von denen sich der Landesverfassungsgesetzgeber bei der Erlassung der Landesverfassung und bei ihrer inhaltlichen Gestaltung hat leiten lassen.“23 Normative Bedeutung käme der Präambel nicht zu.24 Sie gehe dem eigentlichen Gesetzestext voraus, ohne selbst ein Teil des Gesetzes und damit einer Norm zu sein.25 Sie binde weder den einfachen Landesgesetzgeber noch die Organe der Vollziehung noch unmittelbar den Einzelnen.26 Rechte und Pflichten könnten aus ihr nicht abgeleitet werden, ebenso wenig wie sie mittelbar oder unmittelbar Eingriffe in subjektive Rechte zu bewirken vermöchte.27 „In der Praxis“ könne ihr jedoch eine „gewisse Bedeutung bei der Auslegung landesrechtlicher Vorschriften, insbesondere solcher der Landesordnung, zukommen“.28 Diese Vorstellung des Landesverfassungsgesetzgebers wird auch durch 11 den Wortlaut der Präambel selbst gestützt, die ja im Kleid einer Promulgationsklausel auftritt: Der LT hat demzufolge die TLO beschlossen und die – die Präambel ausmachenden – genannten Elemente dabei „anerkannt“ oder sich diese „bewusst gemacht“. Es sind also nicht die in der Präambel angeführten Elemente selbst, die als Landesverfassung beschlossen wurden, sondern diese sind der TLO 1989 gewissermaßen ideologisch vorausgesetzt. Betrachtet man die einzelnen Elemente, erhellt, dass es sich bei den meisten davon auch gar nicht um anwendbares und justiziables Landesverfassungsrecht, sondern lediglich in dessen Deutung einfließende Ansätze handelt, freilich nur, soweit dies mit der Bundesverfassung vereinbar ist. Dafür spricht schon eine bundesverfassungskonforme Auslegung der gesamten Landesverfassung, wonach im Zweifel keine Auslegung der Präambel vorzunehmen ist, die einen Widerspruch zur Bundesverfassung bewirken würde. Man könnte die Formulierung am Ende der Präambel, wonach die 12 Wahrung und der Schutz der genannten Grundlagen „oberste Ver23 24 25 26 27 28
EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 41. EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 41. EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 41. EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 41. EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 41. EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 41 f.
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pflichtung der Gesetzgebung und der Verwaltung des Landes Tirol“ seien – genauer: dass der LT darüber ein „Bewußstein“ habe –, zwar als eine Art von übergeordneter, Handlungsaufträge an die Landesorgane erteilende Staatszielbestimmung verstehen, doch widersprechen einer solchen Auslegung eindeutig die EB: Ihnen zufolge bindet die Präambel weder den Landesgesetzgeber noch die Landesvollziehung.29 Das stellt auch etwa einen entscheidenden Unterschied zu den Staatszielbestimmungen des Art 7 TLO 198930 dar und ist wohl auch ein Grund dafür, die Präambel und Art 7 TLO 1989 getrennt verankert zu haben. 13 Die Ansicht der EB, wonach die Präambel keine normative Bedeutung habe, wird allerdings durch die Aussage relativiert, dass ihr eine gewisse Bedeutung bei der Auslegung landesrechtlicher Vorschriften, insb solcher der TLO 1989 selbst, zukomme.31 Die normative Verbindlichkeit der Präambel beschränkt sich dann eben auf die Wirkung als Interpretationsmaßstab der Landesverfassung oder anderer landesrechtlicher Vorschriften. Im Verhältnis zu den übrigen Bestimmungen der TLO 1989 entspricht dies einer systematisch-teleologischen Auslegung, welche die Grundsätze und Werte, die in der Präambel zum Ausdruck kommen, einbezieht. Bei der Auslegung anderer landesrechtlicher Vorschriften stellt die Präambel – als Vorspann zur Landesverfassung – einen normhierarchisch übergeordneten Maßstab der, der in Form der rechtskonformen – hier: landesverfassungskonformen – Auslegung eine Rolle spielen kann. Dessen ungeachtet bildet die Präambel weder den einzigen Auslegungsmaßstab innerhalb noch außerhalb der Landesverfassung. Abgesehen davon, dass die Landesverfassung selbst, die ja eine wesentlich stärkere normative Kraft aufweist, hinreichend Prinzipien enthält, die für eine prinzipienorientierte Auslegung herangezogen werden können, ist sie selbst im Zweifelsfall bundesverfassungskonform auszulegen. Eine Auslegung am Maßstab der Präambel kommt daher lediglich dort in Frage, wo dies nicht der (eigentlichen) Landesverfassung oder Bundesverfassung widerspricht und wo andere Auslegungsmethoden keine abweichende Deutung nahelegen. Allerdings unterstützt die Präambel selbst eine bundesverfassungskonforme Auslegung, wenn sie die „Anerkennung der Bundesverfassung“ ausdrückt. Sie unterstützt unter den genannten Bedingungen außerdem eine föde29 EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 41. 30 Vgl dazu Gamper, Art 7 (in diesem Band). 31 EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 41 f.
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ralistische, grundrechtskonforme und familienfreundliche Auslegung. Für die Praxis weniger aussagekräftige Interpretationsmaßstäbe dürften die „Treue zu Gott und zum geschichtlichen Erbe“ bzw die „geistige und kulturelle Einheit des ganzen Landes“ darstellen.
IV. Einzelne Elemente A. Allgemeines Die Präambel enthält verschiedene inhaltliche Elemente, hinsichtlich 14 derer der LT eine „Anerkennung“ oder ein „Bewußtsein“ äußert; diejenigen Elemente, derer sich der LT bewusst ist, sind die geistigen, politischen und sozialen Grundlagen des Landes Tirol, die zu wahren und zu schützen oberste Verpflichtung der Gesetzgebung und der Verwaltung des Landes Tirol sein muss. Einzelne dieser im „Bewußtsein“ des LT stehenden Elemente hängen eng miteinander zusammen, bei anderen ist dies weniger stark der Fall. Eine Verbindung erfahren sie dadurch, gemeinsam zu den „geistigen, politischen und sozialen Grundlagen des Landes Tirol“32 zu zählen. Die „Treue zu Gott“ und zur „geistigen und kulturellen Einheit des ganzen Landes“ zählen zu den geistigen Grundlagen; geistige und politische Grundlagen stellen wohl das „geschichtliche Erbe“, politische und soziale Grundlagen die „Freiheit und Würde des Menschen“ sowie die „geordnete Familie als Grundzelle von Volk und Staat“ dar. Die beiden föderalistischen Anerkennungen zu Beginn der Präambel zählen, streng genommen, nicht zu diesen Grundlagen, weil sich der Textteil am Ende nur auf diejenigen Elemente bezieht, hinsichtlich derer der LT ein „Bewußtsein“ äußert. Auch wenn die Formulierung, dass die Wahrung und der Schutz dieser 15 Grundlagen „oberste Verpflichtung“ der Landesgesetzgebung und -verwaltung sein müssen, wie ein Handlungsauftrag an die jeweiligen Landesorgane zu verstehen ist, was die Präambel zumindest als eine übergeordnete Staatszielbestimmung erscheinen ließe,33 ist dieser Eindruck zu relativieren: Die Präambel verpflichtet selbst nicht zu diesen Elementen, weil sie sich nur auf das „Bewußtsein“ des LT bezieht, dass diese Grundlagen vorhanden sind. Dieses „Bewußtsein“ kann – iSd eingeschränkten Normativität der Präambel – als Wertmaßstab für die 32 Pernthaler in FS Kostelecky 147. 33 So Pernthaler in FS Kostelecky 154.
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Auslegung der TLO 1989 oder anderer Teile des Landesrechts herangezogen werden, es ist aber nicht mit der „obersten Verpflichtung“ selbst zu verwechseln, die sich immanent letztlich nur aus der TLO 1989 oder auch aus der Bundesverfassung – die im Übrigen der landesrechtlichen Verwirklichung der genannten Grundlagen enge kompetenz- und grundrechtliche Schranken34 setzt, was iSe bundesverfassungskonformen Auslegung der Präambel auch einzubeziehen ist – ergeben kann. Dies stellen auch die EB klar, wonach die Präambel weder Organe der Landesgesetzgebung noch Landesvollziehung bindet.35
B. Föderalistische Bezüge 16 Die föderalistischen Bezüge der Präambel finden sich hervorgehoben an erster Stelle. Es handelt sich dabei einerseits um die „Anerkennung des Beitritts des selbständigen Landes Tirol zum Bundesstaat Österreich“, andererseits um die „Anerkennung der Bundesverfassung“. Erstere Formulierung betont den EB zufolge „das föderalistische Element der österreichischen Verfassung“ und nimmt Bezug auf die „tatsächliche Mitwirkung des Landes Tirol an der Entstehung der Republik Österreich [ohne Abgabe einer formellen Beitrittserklärung] und auf die Resolution des Verfassunggebenden Landtages vom 8. März 1921.“36 Es werde damit auf die Art und Weise der Entstehung des österr Bundesstaates hingewiesen.37 17 Die „Anerkennung“ ist freilich keine konstitutive, sondern deklarative, wie schon aus den Ausführungen der EB38 zur mangelnden normativen Bedeutung der Präambel hervorgeht. Im Wesentlichen rezipiert die Präambel durch die Erwähnung des „Bundesstaats“, des „selbständigen Landes“ und der „Bundesverfassung“ normative Vorgaben der Bundesverfassung insoweit, als letztere den in Art 2 Abs 1 B-VG explizit erwähnten Bundesstaat als Bauprinzip verankert und in Art 2 Abs 2 B-VG von „selbständigen“ Ländern spricht. Allerdings verbietet es Art 99 Abs 1 B-VG den Landesverfassungen, die Bundesverfassung zu 34 35 36 37
Pernthaler in FS Kostelecky 155. EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 41. EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 41. EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 41. Vgl näher zu dieser Mitwirkung auch Pernthaler in FS Kostelecky 146; ders, Die Staatsgründungsakte der österreichischen Bundesländer (1979) 19 ff und Morscher, Verfassungsrecht 30. 38 EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 41.
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berühren. Schon daraus ergibt sich, dass der Begriff des „selbständigen“ Landes – den ja auch Art 1 Abs 1 TLO 198939 aufgreift – nicht iSe Rechts auf äußere Selbstbestimmung, sondern als innere Selbstbestimmung im Rahmen eines Bundesstaats zu verstehen ist.40 Über das bundesverfassungsrechtlich Vorgegebene geht im Grunde nur der Begriff des „Beitritts“ hinaus, den das B-VG selbst nicht verwendet.41 Den EB zufolge geht es dabei um einen Hinweis auf die tatsächliche Mitwirkung des Landes an der Entstehung der Republik Österreich.42 Dass der Beitrittsbegriff letztlich als bundesstaatstheoretisches43 Argument dafür gebraucht werden könnte, aus dem Bundesstaat wieder austreten zu dürfen, ist jedoch selbst dann, wenn man die Präambel als normativ verbindlich betrachten würde, schon deshalb nicht anzunehmen, weil ein solches einseitiges Austrittsrecht eines Landes der Bundesverfassung widerspräche, die Präambel gleichzeitig aber die Bundesverfassung „anerkennt“. Die Präambel ist ja im Landesverfassungsgesetzgebungsverfahren gem Art 99 B-VG erlassen worden und nicht Teil eines vor Erlassung des B-VG vorgenommenen Beitrittsakts. Wie immer sie historische Vorgänge beschreiben mag, ist sie selbst jedenfalls an die Bundesverfassung gebunden.
C. Grundrechtliche Bezüge Die Präambel spricht außerdem vom „Bewußtsein“ des LT, dass die 18 „Freiheit und Würde des Menschen“ zu den genannten Grundlagen des Landes Tirol zählen. Auch dies stellt eine Rezeption der bundesverfassungsrechtlichen Grundrechtsordnung dar, die Freiheit und Würde des Menschen in vielfältiger Weise schützt, ohne dies freilich in derart allgemeiner und grundsätzlicher Form ausdrücklich zu verankern.44 39 Gamper, Art 1 Rz 2 (in diesem Band). 40 Zur präkonstitutionellen Bedeutung des „selbständigen“ Landes Pernthaler in FS Kostelecky 146. 41 Allerdings enthält das Wort „verbleibt“ in Art 15 Abs 1 B-VG eine historische Konnotation. Vgl näher zur umstrittenen Frage der Bundesstaatsgründung zuletzt Gamper, Entstehung und Constitutional Engineering des Bundesstaats, in Bußjäger (Hg), 3. November 1918 – Die Länder und der neue Staat (2019) 17 (32 ff) mwN. 42 EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 41. 43 Dazu näher Gamper, Sezessionismus und Verfassungstreue, JRP 2018, 119 ff. 44 Zur Menschenwürde in der Bundesverfassung Gamper, Human Dignity in Austria, in Becchi/Mathis (Hg), Handbook of Human Dignity in Europe (2019) 71 ff.
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Die Formulierung korreliert aber auch mit Bestimmungen der TLO 1989 selbst, die der Freiheit und Würde des Menschen dienen, wie dies insb in Art 7 TLO 198945 sowie Art 9-13 TLO 198946 zum Ausdruck kommt. Was die einzelnen Begriffe bedeuten, inwiefern etwa die Freiheit eines Menschen einem Eingriffsvorbehalt unterliegt, geht weder aus der Präambel noch aus den EB hervor. Wiederum ist es aber nicht die Präambel, welche die Freiheit und Würde des Menschen selbst verankert, sondern sie gibt lediglich einen Hinweis darauf, dass sich der LT dieser Werte bewusst ist und sich insofern auch zu einem liberalen Staat sowie einem individualistischen Menschenbild bekennt. Nähere Details dazu sind aus der Präambel nicht ableitbar.
D. „Treue zu Gott“ 19 Der Begriff der „Treue zu Gott“ enthält einen in Präambeln immer wieder verwendeten Transzendenzbezug, der im österr Verfassungsrecht jedoch einzigartig ist.47 Welcher Gott bzw welche Religion damit angesprochen wird, sagt die Präambel nicht eindeutig,48 doch ergibt sich wohl aus der in derselben Textzeile angesprochenen „Treue zum geschichtlichen Erbe“ das Bekenntnis zum Christentum und aus dem im Singular stehenden Begriff „Gott“ jedenfalls eine monotheistische Religion. Wiederum verlangt die Präambel nicht selbst „Treue zu Gott“, sondern drückt nur aus, dass diese, vor allem vor dem Hintergrund politisch-religiöser Gelöbnisse (zB Herz-Jesu-Gelöbnis, Gelöbnis anlässlich des „Bayerischen Rummels“),49 im „Bewußtsein“ des LT ist. Weder stellt die „Treue zu Gott“ eine invocatio dei zu Beginn der Präambel dar noch begründet sie irgendeine Form von Gottesgnadentum.50 Vor allem bewirkt die „Treue zu Gott“ auch keinen unzulässigen Eingriff in die positive oder negative Religionsfreiheit des Einzelnen – etwa von Angehörigen polytheistischer oder nicht-christlicher Religionen oder von Atheisten – und keine Diskriminierung polytheistischer oder nicht-christlicher Religionsgemeinschaften. Dies ergibt sich nicht nur aus der mangelnden normativen Kraft der Präambel, sondern auch 45 Gamper, Art 7 (in diesem Band). 46 Vgl Khakzadeh-Leiler, Art 9, 10 und 13 (in diesem Band); A. Wimmer, Art 11 (in diesem Band) und Gamper, Art 12 (in diesem Band). 47 Allgemein dazu Pernthaler, öarr 2000, 177 ff. 48 Morscher, Verfassungsrecht 30 f. 49 Näher Pernthaler in FS Kostelecky 148; ders, öarr 2000, 181. 50 Pernthaler, öarr 2000, 181 und 183.
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aus ihrer Systematik, in der gleichzeitig die „Freiheit und Würde des Menschen“ als Werte genannt und die Bundesverfassung mit ihrer auch die Religionsfreiheit schützenden Grundrechtsordnung „anerkannt“ werden. Darüber hinaus könnte eine „Treue zu Gott“ iSe inneren, spirituellen Religiosität (forum internum) ohnehin nicht rechtlich angeordnet oder überprüft werden. Die EB stellen zudem klar, dass die Präambel keinerlei Eingriff in subjektive Rechte bewirkt.51
E. „Treue zum geschichtlichen Erbe“ und „geistige und kulturelle Einheit des ganzen Landes“ Die Präambel erwähnt auch das Bewusstsein um die Treue zum „ge- 20 schichtlichen Erbe“ sowie um „die geistige und kulturelle Einheit des ganzen Landes“. Beide Elemente stehen, auch wenn nicht in derselben Textzeile, in engem Bezug zueinander. Dasselbe gilt aber auch für die „Anerkennung des Beitrittes des selbständigen Landes Tirol zum Bundesstaat Österreich“, was einen realen historischen Akt anspricht, der zum geschichtlichen Erbe Tirols gehört. Das geschichtliche Erbe Tirols setzt freilich nicht am Jahr 1918 an, sondern reicht zumindest in die Zeit der mittelalterlichen Landwerdung Tirols als politische Einheit zurück.52 Welche Auswirkungen das Treuebekenntnis haben soll, ist weder dem Wortlaut noch den EB zu entnehmen. Daraus bspw abzuleiten, dass das Land Tirol ein Austrittsrecht aus dem Bundesstaat Österreich hätte, weil es etwa 1363 als Grafschaft in habsburgischen Besitz gekommen war oder 1918 an der Staatsgründung der Republik (Deutsch-)Österreich mitwirkte, ist, abgesehen von der mangelnden normativen Kraft der Präambel, schon aus systematischen Gründen nicht anzunehmen, weil dieselbe Präambel die Bundesverfassung, die ein solches Austrittsrecht nicht vorsieht, „anerkennt“. Das „Bewußtsein“ um das „geschichtliche Erbe“ hängt eng mit demje- 21 nigen über die „geistige und kulturelle Einheit“ des ganzen Landes zusammen, weil die geistige und kulturelle Dimension eben geschichtlich geprägt ist. Der Begriff „geistig“ wird darüber hinaus ein zweites Mal in der Präambel angesprochen, wenn es dort heißt, dass die genannten Elemente die „geistigen, politischen und sozialen Grundlagen des Landes Tirol“ sind. Bezogen auf den Begriff der „Einheit“ ist damit 51 EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 41. 52 Für Pernthaler in FS Kostelecky 149 f umfasst das „geschichtliche Erbe“ auch Tirol als Naturraum.
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offenbar gemeint, dass das Land (richtigerweise wohl: das Volk) über eine gemeinsame, verbindende Identität etwa in Bezug auf innere Werthaltungen, Sprache, Religion oder Volksbrauchtum verfügt. Wiederum jedoch spricht die Präambel von einem „Bewußtsein“ über diese Elemente, ohne deren normative Verbindlichkeit selbst anzuordnen. Bemerkenswert ist außerdem der Begriff des „ganzen“ Landes, da man gerade angesichts der Tiroler Geschichte versucht sein könnte, diesen in jener territorialen Dimension zu verstehen, die Tirol etwa vor 1918 hatte.53 Die „geistige und kulturelle Einheit“ könnte nach dieser Auslegung als eine Identität verstanden werden, die Tirol mit Südtirol (das „historische“ Tirol reichte freilich in das heutige Trentino) nach wie vor verbindet, auch wenn eine politisch-rechtliche Identität damit nicht mehr verbunden ist.54 Eine systematische Auslegung stützt diese Auslegung an sich nicht, weil das „Land“ Tirol in der Präambel öfter angesprochen wird und es sich dabei schon im Hinblick auf den Beitritt zum Bundesstaat Österreich und auf die Anerkennung der Bundesverfassung nur um das heutige Bundesland Tirol und nicht das historische Tirol handeln kann. Die EB zur Präambel55 äußern sich dazu nicht, wohl aber die EB zu Art 2 TLO 198956, der das Landesgebiet als das Gebiet der politischen Bezirke Imst, Innsbruck-Land, InnsbruckStadt, Kitzbühel, Kufstein, Landeck, Lienz, Reutte und Schwaz umfassend festlegt: „Auf den ehemaligen südlichen Landesteil, der im Gefolge des Ersten Weltkrieges der Italienischen Republik zugeschlagen wurde, wird in der Präambel Bezug genommen (‚geistige und kulturelle Einheit des ganzen Landes‘).“57 Eine institutionelle Neubelebung der „geistigen und kulturellen Einheit des ganzen Landes“ erfuhr das „historische“ Tirol durch die Gründung des EVTZ „Europaregion TirolSüdtirol-Trentino“ im Jahre 2011.58 Der Begriff des „ganzen Landes“ 53 Dafür, dass „offenkundig“ auch Südtirol vom Gedanken der Landeseinheit umfasst sei, Morscher, Verfassungsrecht 31. 54 Pernthaler in FS Kostelecky 152. 55 Während die Überlegungen zur ersten Fassung der Präambel im Jahre 1960 (vgl die Nachweise bei Pernthaler in FS Kostelecky 152) tatsächlich einen Südtirolbezug aufwiesen, findet sich die Formulierung des „ganzen“ Landes erstmals in der Präambel von 1980. 56 Vgl Ranacher, Art 2 (in diesem Band). 57 EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 45. 58 Dazu näher Bußjäger et al (Hg), Der Europäische Verbund territorialer Zusammenarbeit (EVTZ): Neue Chancen für die Europaregion Tirol-SüdtirolTrentino (2011).
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bleibt dennoch heikel, ist er doch vornehmlich politisch-territorial konnotiert und bezieht sich die TLO 1989 sonst auch nicht auf das Bundesland Tirol als ein „geteiltes“ Land.
F. „Geordnete Familie als Grundzelle von Volk und Staat“ Schließlich äußert der LT ein Bewusstsein hinsichtlich der „geordnete[n] 22 Familie als Grundzelle von Volk und Staat“. Die EB äußern sich nicht näher dazu, Bezüge zu Volk und Familie ergeben sich allerdings aus Art 359 und 9 TLO 198960, mittelbar auch aus Art 7 Abs 1 TLO 198961 mit seinem Bekenntnis zum Subsidiaritätsprinzip. Die „geordnete Familie als Grundzelle von Volk und Staat“ wirft aus heutiger Sicht einige Fragen auf. Eine „geordnete Familie“ war aus Sicht des Landesverfassungsgesetzgebers von 198962 wohl eine traditionelle Familie, die in einer Verbindung von Mann und Frau besteht, da nur durch diese Kinder gezeugt werden können, um eine „Grundzelle von Volk und Staat“ zu bilden. Bezieht man die Judikatur des EGMR zum Grundrecht auf Familienleben (Art 8 EMRK)63 sowie die Judikatur des VfGH zur Zulässigkeit der Adoption von Kindern durch homosexuelle Paare,64 zur Zulässigkeit der Samenspende für lesbische Paare65 sowie zur Zulässigkeit der Ehe für homosexuelle Paare66 ein, so entspricht die damalige Vorstellung einer „geordneten Familie“ wohl nicht mehr – ausschließlich – dem aus den Grundrechten der Bundesverfassung abgeleiteten Familienbegriff.67 Dies bedeutet freilich nicht, dass die erwähnte Formulierung bundesverfassungswidrig wäre, zumal die EB68 betonen, dass die Präambel keinerlei Eingriff in subjektive 59 Vgl Gamper, Art 3 (in diesem Band). 60 Vgl Khakzadeh-Leiler, Art 9 (in diesem Band). 61 Vgl Gamper, Art 7 (in diesem Band) sowie Pernthaler in FS Kostelecky 151. 62 Jedenfalls in diese Richtung gingen die Überlegungen anlässlich der ersten Fassung der Präambel im Jahre 1960; vgl dazu näher Pernthaler in FS Kostelecky 151. 63 Dazu Grabenwarter/Pabel, Europäische Menschenrechtskonvention6 (2016) 288 ff. 64 VfSlg 19.942/2014. 65 VfSlg 19.824/2013. 66 VfSlg 20.225/2017. 67 Für eine „zeitgemäß[e]“ Auslegung des Begriffs schon Pernthaler in FS Kostelecky 151. 68 EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 39.
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Rechte darstelle: Weder die Präambel noch die TLO 1989 selbst verhindern andere Formen des Familienlebens. Wenn allerdings die „Familie“ in ihrer Funktion als „Grundzelle von Volk und Staat“ angesprochen wird, ist – schon angesichts der biologischen Tatsache, dass menschliches Leben nur durch die Verbindung männlicher und weiblicher Keimzellen entstehen kann – wohl tatsächlich primär eine Familie gemeint, die aus Eltern und Kindern besteht, welche in einem prokreativen und nicht nur sozialen Zusammenhang zueinander stehen, weil im Sinnzusammenhang der Präambel offenbar die Aufrechterhaltung von „Volk und Staat“ im Vordergrund steht. Wesentlich ist aber auch, dass die „geordnete“ Familie eine solche Keimzelle darstellt. Darunter ist wohl auch zu verstehen, dass die Familie als eine durch die Rechtsordnung geregelte Einheit geschützt wird.
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I. Teil Allgemeine Bestimmungen Artikel 1* Staatsform, Staatsgewalt (1) Das Land Tirol ist ein selbständiges Land der Republik Österreich. (2) Das Land Tirol nimmt alle staatlichen Aufgaben wahr, die nicht ausdrücklich dem Bund übertragen sind. (3) Träger der Staatsgewalt des Landes Tirol ist das Landesvolk. LGBl samt Erläuterungen: LGBl 1988/61 (X. GP AA 141/88 AB 141/88) Literatur: Morscher, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer. 7. Tirol (1991) 32 ff; Schwamberger/Ranacher, Tiroler Landesordnung 19896: Kommentar (2017) 24
Inhaltsübersicht I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben..................................... 1 II. Entstehungsgeschichte.................................................................. 5 III. Bedeutung....................................................................................... 6 A. Staatlichkeit des Landes Tirol.................................................. 6 B. Staatsform.................................................................................. 7 C. Staatsgewalt................................................................................ 8 D. Staatliche Aufgaben.................................................................. 9
I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben Art 1 TLO 1989 lehnt sich in allen drei Abs an Bestimmungen des 1 B-VG an, variiert diese jedoch etwas in der Formulierung, ohne dass damit freilich eine substanzielle Änderung verbunden wäre. *
Herzlicher Dank ergeht an Herrn MMag. Dr. Mathias Eller für die Unterstützung bei der redaktionellen Bearbeitung.
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Art 1
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Art 1 Abs 1 TLO 1989 nimmt Anleihe bei Art 1 und Art 2 Abs 2 B-VG, indem Tirol als selbständiges Land der Republik Österreich bezeichnet wird. Ausdrücklich unerwähnt bleibt in Art 1 Abs 1 TLO 1989 dagegen die in Art 1 B-VG getroffene Spezifizierung Österreichs als „demokratische“ Republik sowie die Bestimmung, dass das Recht der Republik Österreich vom Volk ausgeht. Bezüge zu Demokratie und Volkssouveränität finden sich allerdings in Art 1 Abs 3 TLO 1989, der Tirol – im Einklang mit der Bundesverfassung – als Demokratie, in der die Staatsgewalt vom Volk ausgeht, einrichtet. Die Terminologie unterscheidet sich von der unter dem Einfluss Kelsens und der Reinen Rechtslehre stehenden Formulierung des Art 1 B‑VG, wonach das Recht vom Volk ausgehe,1 indem von der „Staatsgewalt“ des Landesvolks gesprochen wird. Für die Praxis ist diese eher stilistische2 Unterscheidung allerdings unerheblich, weil die Staatsgewalt eben auch die unmittelbar oder mittelbar geübte Befugnis zur Erzeugung von Recht umfasst. 2 In Art 1 TLO 1989 wird, anders als in Art 2 Abs 1 B-VG, der Bundesstaat nicht ausdrücklich erwähnt, doch findet sich dieser in der Präambel3 der TLO 1989 verankert; darüber hinaus ergibt sich der Bundesstaatsbezug schon aus dem Begriff des „selbständigen Landes“. Von Tirol als „selbständigem Land“ ist nicht nur in Art 2 Abs 2 B-VG, sondern auch in der Präambel der TLO 1989 die Rede. Wie schon dort ist dieser Begriff auch in Art 1 Abs 1 TLO 1989 so zu verstehen, dass es sich dabei nicht um das Recht auf äußere Selbstbestimmung handelt, sondern die Selbständigkeit vielmehr eine innerhalb des bundesstaatlichen Verbands gewährleistete ist.4 Gleichzeitig betont der Begriff der „Selbständigkeit“ die historische Unabgeleitetheit der Länder, die als territoriale Entitäten bereits bei der Errichtung der Republik im Jahre 1918 vorhanden waren und diese auch mitbegründeten.5 Die „Selbständigkeit“ der Länder zeigt sich verfassungsrechtlich vor allem in ihrem 1 2 3 4 5
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Dazu näher Kelsen/Froehlich/Merkl, Die Bundesverfassung vom 1. Oktober 1920 (1922) 65. Pernthaler/Lukasser, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer. 8. Vorarlberg (1995) 36. Vgl dazu Gamper, Präambel (in diesem Band) Rz 16 f. Vgl dazu Gamper, Präambel (in diesem Band) Rz 17. Dazu näher Pernthaler, Die Staatsgründungsakte der österreichischen Bundesländer (1979); ders/Lukasser, Verfassungsrecht 30; Gamper, Entstehung und Constitutional Engineering des Bundesstaats, in Bußjäger (Hg), 3. November 1918 – Die Länder und der neue Staat (2019) 17 (32 ff) (mwN zur umstrittenen Frage der rechtlichen Bundesstaatsgründung).
Staatsform, Staatsgewalt
Art 1
in Art 15 Abs 1 B-VG so bezeichneten „selbständigen“ Wirkungsbereich, der ihre Verfassungsautonomie miteinschließt, an der grundsätzlichen Parität von Bund und Ländern und ihrer unmittelbaren oder mittelbaren Mitbestimmung, sowohl was ihren Bestand (Art 2 Abs 3 B-VG) als auch ihren bundesverfassungsrechtlichen Status insgesamt (va Art 42, Art 44 Abs 2 B-VG) anbelangt.6 Art 1 Abs 2 TLO 1989 ähnelt Art 15 Abs 1 B-VG, wonach eine Ange- 3 legenheit, die nicht ausdrücklich durch die Bundesverfassung der Gesetzgebung oder auch der Vollziehung des Bundes übertragen ist, im selbständigen Wirkungsbereich der Länder verbleibt. Gleichwohl findet sich der in Art 1 Abs 2 TLO 1989 verwendete Begriff der „Aufgaben“ in Art 15 Abs 1 B-VG nicht wieder, da die bundesstaatliche Kompetenzverteilung als eine Verteilung von Zuständigkeiten und nicht von Aufgaben konzipiert ist.7 Art 1 Abs 2 TLO 1989 trägt damit einen stärker staatszielartigen Charakter, indem zwar die bundesstaatliche Kompetenzverteilung8 mit dem Enumerationsprinzip zu Gunsten des Bundes und der Residualkompetenz der Länder mitumfasst, es darüber hinaus aber auch als Ziel des Landes verankert wird, diese Zuständigkeiten aktiv wahrzunehmen, um seine Aufgaben zu erfüllen. Bemerkenswert ist auch im Vergleich zu den anderen Landesverfassun- 4 gen (ausgenommen die WStV), dass mit der Bezugnahme auf die „Republik Österreich“ die kürzeste derartige Formulierung gewählt wurde; weder ist explizit von der „demokratischen Republik Österreich“9 noch vom „Bundesstaat Österreich“10 die Rede.11 Diese Formulierungen sind allerdings insofern unerheblich, als die in den genannten Begriffen angesprochenen, die Republik in ihrer Gesamtheit prägenden Bauprinzipien ohnehin nicht durch die Landesverfassungen, sondern durch die Bundesverfassung konstituiert werden. Dass sie durch die 6 Ähnlich Grabenwarter, Art 1 Stmk L-VG, in ders (Hg), Steiermärkische Landesverfassung (2013) Rz 5 f. 7 Zum Stand der Lehre, jedoch von ihr abweichend, Pernthaler, Österreichisches Bundesstaatsrecht (2004) 314. 8 Ausführlich jüngst Bußjäger, Die bundesstaatliche Kompetenzverteilung in Österreich, in Gamper et al (Hg), Föderale Kompetenzverteilung in Europa (2016) 523 ff. 9 Vgl Art 1 OÖ L-VG, Art 1 NÖ LV 1979, Art 1 Abs 3 Bgld L-VG, Art 1 Abs 1 K-LVG, Art 1 Stmk L-VG. 10 Vgl Art 1 Abs 1 Vbg LV, Art 1 Abs 1 Sbg L-VG. 11 Vgl auch Gamper, Allgemeine Bestimmungen des Landesverfassungsrechts, in Pürgy (Hg), Das Recht der Länder I (2012) 61 (65 f); Grabenwarter, Art 1 Rz 4.
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Art 1
Anna Gamper
Landesverfassungen mitverwirklicht und bestätigt werden, zeigt sich überdies in deren gesamtem Inhalt und nicht bloß in einer Programmbestimmung am Beginn. Insofern kann, auch wenn die genannten Begriffe nicht ausdrücklich in Art 1 TLO 1989 genannt werden, immanent sowohl aus diesem als auch aus anderen Art der TLO 1989 das Bekenntnis zu den genannten Prinzipien abgeleitet werden. Eine Erklärung für die eher knappen Formulierungen des Art 1 TLO 1989 ist auch darin zu finden, dass die TLO 1989, anders als die übrigen Landesverfassungen, über eine Präambel mit breiter Programmatik verfügt, in der gerade auch die „Anerkennung der Bundesverfassung“ erwähnt wird.12
II. Entstehungsgeschichte 5 Art 1 Abs 1 und 2 TLO 1989 entspricht im Wesentlichen der Vorgängerbestimmung des § 1 TLO 195313. Die EB betonen, dass die „Beibehaltung des Wortes ‚demokratischen‘ in Verbindung mit dem Begriff ‚Republik Österreich‘ […] entbehrlich“ sei, weil es im gegebenen Zusammenhang nicht erforderlich sei, „die ‚Republik Österreich‘ näher zu qualifizieren“.14 Wie ausgeführt, wird die demokratische Republik Österreich schon in Art 1 B-VG ausdrücklich proklamiert und durch viele Bestimmungen der Bundesverfassung konkret ausgestaltet. Auch die TLO 1989 bekennt sich zur Demokratie, wie schon aus dem – in § 1 TLO 1953 noch nicht vorgesehenen – Art 1 Abs 3 TLO 1989, aber vor allem auch aus etlichen konkreten Bestimmungen der TLO 1989, insb über politische Parteien,15 Wahlen,16 Petitionsrecht,17 Plebiszite18 und Bürgermitbestimmung19, hervorgeht. Darüber hinaus weisen die EB darauf hin, dass der in Art 1 Abs 2 TLO 1989 verwendete Begriff der „staatlichen Aufgaben“ weiter als der in § 1 Abs 2 TLO 1953 verwendete Begriff „Hoheitsrechte“ sei.20 In § 1 Abs 2 TLO 1953 fand sich überdies noch eine geringfügig andere Formulierung („übertragen sind oder übertragen werden“). 12 Vgl Gamper, Präambel (in diesem Band) Rz 16 f. 13 LGBl 1953/24. 14 EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 44. 15 Art 8 TLO 1989. 16 Vgl insb Art 17 und 45 TLO 1989. 17 Art 12 TLO 1989. 18 Art 37, 39 und 60 TLO 1989. 19 Art 76 TLO 1989. 20 EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 44.
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Staatsform, Staatsgewalt
Art 1
Art 1 TLO 1989 wurde seit seinem Inkrafttreten 1989 nicht verändert.
III. Bedeutung A. Staatlichkeit des Landes Tirol Art 1 TLO 1989 nimmt mehrfach auf die Staatlichkeit des Landes Tirol 6 Bezug: Dies zeigt sich schon in der Überschrift des Art „Staatsform, Staatsgewalt“. Zudem wird Tirol als „selbständiges Land“ bezeichnet, das „staatliche“ Aufgaben wahrnimmt und dessen Landesvolk Träger der „Staatsgewalt“ sei. Die nach der Drei-Elemente-Lehre von Georg Jellinek21 wesentlichen Elemente von Staatsgebiet, Staatsvolk und Staatsgewalt finden sich in den Begriffen „Land“22, „Landesvolk“ und „Staatsgewalt“ wieder. In bundesstaatstheoretischer Hinsicht steht diese Terminologie im Einklang mit der historischen Identität der Länder und ihrer Mitwirkung an der Gründung des österr Bundesstaats, worauf schon die Präambel der TLO 1989 hinweist.23 Das Land Tirol ist selbständiger Gliedstaat eines Bundesstaats, selbst also Träger von Staatlichkeit und nicht bloß ein autonomer Sprengel eines Regionalstaats.24 Wesentlich ist freilich auch, dass die mit dieser Terminologie verbundene Klassifikation mit der Bundesverfassung in Einklang steht, welche die österr Bundesländer ebenfalls als „selbständige Länder“ bezeichnet und ihnen die verschiedenen Attribute der Staatlichkeit („Gebiete der Bundesländer“, „Landesbürger“, „selbständiger Wirkungsbereich“) zuweist.25
B. Staatsform Der nur in der Überschrift von Art 1 TLO 1989 verwendete Begriff der 7 Staatsform klassifiziert in der Allgemeinen Staatslehre entweder den 21 Vgl Jellinek, Allgemeine Staatslehre3 (1929) 394 ff. 22 Zum „Landesgebiet“ näher Art 2 TLO 1989 und dazu Ranacher, Art 2 (in diesem Band). 23 Vgl Gamper, Praämbel (in diesem Band) Rz 16 f. 24 Vgl zum Selbständigkeitsbegriff auch Grabenwarter, Art 1 Rz 5 f sowie Pernthaler/Lukasser, Verfassungsrecht 28 f und 34 f. 25 Vgl etwa Art 2 Abs 2, Art 3 Abs 1, Art 6 Abs 2, Art 15 Abs 1 und Art 95 Abs 1 B-VG.
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Art 1
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Staat nach der Art seines Staatsoberhaupts (Republik – Monarchie) oder nach seiner inneren Gliederung (Bundesstaat – Einheitsstaat).26 Ausdrücklich bezieht sich Art 1 TLO 1989 auf Österreich als Republik, implizit auch auf den Bundesstaat. Auch die Gliedstaatsqualität Tirols wird festgelegt. Dass Tirol selbst eine Republik ist, ergibt sich unmittelbar aus Art 1 TLO 1989 hingegen nicht, wohl aber aus Art 45 TLO 1989, wonach der gem Art 56 Abs 1 TLO 1989 das Land vertretende LH wie alle Mitglieder der LReg in periodischen Abständen vom LT gewählt wird, wie bereits Art 101 B-VG vorgibt; darüber hinaus ist der LH politisch (zB Art 49 Abs 3 lit a, Art 65, 65a und 66 TLO 1989) und rechtlich (Art 142 Abs 2 lit e B-VG) verantwortlich. Es stünde den Ländern bundesverfassungsrechtlich auch nicht frei, sich als gliedstaatliche Monarchien einzurichten, wie dies vereinzelt in anderen Bundesstaaten vorgesehen ist.27 Aus Art 1 TLO 1989 ist nicht ableitbar, dass die Stellung Tirols als gliedstaatliche Republik innerhalb des republikanischen Bundesstaats ein Bauprinzip der Landesverfassung darstellen würde. Anders als Art 44 Abs 3 B-VG, aus dem ein erhöhter formaler Rang für bestimmte Verfassungsprinzipien der Bundesverfassung – darunter auch die Republik und den Bundesstaat – ableitbar ist, findet sich in der TLO 1989 nämlich keine Bestimmung, die bestimmte Prinzipien der Landesverfassung – etwa in Bezug auf Art 1 TLO 1989 – unter einen erhöhten Bestandsschutz stellen würde.28 Dadurch, dass sowohl Österreich als republikanischer Bundesstaat als auch Tirol als gliedstaatliche Republik durch die Bundesverfassung eingerichtet werden und erhöhten Bestandsschutz genießen, steht die Staatsform Tirols jedoch ohnehin nicht zur Disposition des Landesverfassungsgesetzgebers.
C. Staatsgewalt 8 Anders als der Begriff der Staatsform findet sich der Begriff der Staatsgewalt nicht nur in der Überschrift, sondern auch in Art 1 Abs 3 TLO 1989 verankert. Träger der Staatsgewalt ist demzufolge das in Art 3 Abs 1 TLO 198929 als Gesamtheit der Landesbürger
26 Gamper, Staat und Verfassung4 (2018) 137. 27 Gamper, Staat 141. 28 Vgl zu Änderungen der Landesverfassung Art 38 Abs 2 TLO 1989. 29 Vgl Gamper, Art 3 (in diesem Band).
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Staatsform, Staatsgewalt
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definierte30 Landesvolk, was sich freilich schon – wenn auch nicht ausdrücklich so formuliert – aus Art 1 iVm Art 95 ff B-VG ergibt. Daraus ist die demokratische Regierungsform Tirols ableitbar.31
D. Staatliche Aufgaben Anders als § 1 Abs 2 TLO 1953 spricht Art 1 Abs 2 TLO 1989 nicht 9 mehr von „Hoheitsrechten“,32 sondern von „staatlichen Aufgaben“ des Landes. Beide Formulierungen weichen von dem in Art 15 Abs 1 B-VG verwendeten Begriff „Angelegenheiten“ ab. Die bundesstaatliche Kompetenzverteilung betrifft gem Art 17 B-VG jedoch nicht die Stellung von Bund und Ländern als Träger von Privatrechten. Im Unterschied zum bundesverfassungsrechtlichen Verständnis der Kompetenzverteilung als einer Zuständigkeitsverteilung betont der Begriff „Aufgaben“ eine aktive Rolle des Landes bei Wahrnehmung seiner Zuständigkeiten. Art 1 Abs 2 TLO 1989 korrespondiert in besonderer Weise mit den Zielen und Grundsätzen des staatlichen Handelns, die in Art 7 TLO 198933 verankert sind. Die Zuständigkeiten des Landes sind insofern als Staatsaufgaben zu verstehen, die das Land erfüllen soll, ohne dass freilich unmittelbar aus Art 1 Abs 2 TLO 1989 rechtliche Konsequenzen im Fall der Nichtwahrnehmung staatlicher Aufgaben ableitbar wären. Die Wahrnehmung dieser Aufgaben erstreckt sich auf das Landesgebiet oder Teile davon34, wie schon aus der in Art 2 TLO 198935 näher vorgenommenen territorialen Begrenzung des Landes hervorgeht; sie kann mit allen Handlungsformen36 erfolgen, die dem Land zur Verfügung stehen.
30 Ein „vorverfassungsrechtlicher“ Begriff eines „‚Landesvolkes‘ im (sub-)ethnischen Sinne“ (dazu näher Pernthaler/Lukasser, Verfassungsrecht 36 f) ist angesichts dieser Legaldefinition daher auszuschließen. 31 Vgl auch EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 44. 32 Dazu EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 44. 33 Vgl Gamper, Art 7 (in diesem Band). 34 Vgl auch Art 40 Abs 2 TLO 1989 und Schwamberger/Ranacher, Landesordnung 24. 35 Vgl Ranacher, Art 2 (in diesem Band). 36 Vgl Pernthaler, Bundesstaatsrecht 314.
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Artikel 2 Landesgebiet (1) Das Landesgebiet umfaßt derzeit das Gebiet der politischen Bezirke Imst, Innsbruck-Land, Innsbruck-Stadt, Kitzbühel, Kufstein, Landeck, Lienz, Reutte und Schwaz. (2) Der Abschluss von Staatsverträgen, mit denen Bundesgrenzen geändert werden, die zugleich Landesgrenzen sind, bedarf der Zustimmung des Landes Tirol. Die Erteilung dieser Zustimmung obliegt der Landesregierung mit Genehmigung des Landtages. (3) Änderungen der Landesgrenzen zu einem anderen Land bedürfen eines Landesgesetzes und damit übereinstimmender Gesetze des anderen betroffenen Landes und des Bundes. Für Grenzbereinigungen genügen jedoch ein Landesgesetz und ein damit übereinstimmendes Gesetz des anderen betroffenen Landes. (4) Beschlüsse des Landtages nach Abs. 2 zweiter Satz und Abs. 3 bedürfen der Anwesenheit von wenigstens zwei Dritteln der Abgeordneten und einer Mehrheit von wenigstens zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen. LGBl samt Erläuterungen: LGBl 1988/61 (X. GP AA 141/88 AB 141/88); LGBl 2011/59 (XV. GP RV 235/11 AB 235/11) Literatur: Bernhard, Die österreichischen Staatsgrenzen, in Messner (Hg), 150 Jahre österreichischer Grundkataster (1967) 17; Bußjäger, Grenzänderung im Bundesstaat, ZÖR 64 (2009), 115; Koja, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer2 (1988) 54 ff; Pernthaler, Raumordnung und Verfassung 1 (1975) 56 ff; Pernthaler, Die Identität Tirols in Europa (2007) 63 ff; Twaroch, Staatsgrenzen, ihre Bedeutung für Österreich als Nationalstaat und als Mitgliedsland der EU, ZfV 2006, 9; Walter, Das österreichische Staatsgebiet, in Imboden et al (Hg), FS Merkl (1970) 453; Weiler, Zur rechtlichen Problematik der Ländergrenzen, JBl 1957, 493
Inhaltsübersicht I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben..................................... 1 II. Völkerrechtliche Vorgaben........................................................... 7 A. Allgemeines................................................................................. 7 52
Landesgebiet
Art 2
B. Die Staats- und Landesgrenze zu Italien............................... 10 C. Die Staats- und Landesgrenze zu Deutschland.................... 11 D. Die Staats- und Landesgrenze zur Schweiz.......................... 12 III. Entstehungsgeschichte.................................................................. 13 IV. Das Landesgebiet (Abs 1).............................................................. 15 A. Festlegung................................................................................... 15 B. Bedeutung................................................................................... 17 C. Verlauf der Landesgrenzen, insbesondere zu Vorarlberg, Salzburg und Kärnten.............................................................. 20 V. Änderungen des Landesgebietes (Abs 2, 3 und 4)..................... 22
I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben Die unmittelbare bundesverfassungsgesetzliche Bezugsnorm des Art 2 1 TLO 1989, der einerseits das Landesgebiet festlegt (Abs 1) und andererseits Änderungen der Landesgrenzen regelt (Abs 2, 3 und 4), ist Art 3 B-VG. Dieser legt seinerseits das Bundesgebiet als die Summe der Gebiete der Bundesländer fest (Abs 1) und enthält in weiterer Folge die notwendigen Regelungen für die Änderung der Bundesgrenzen durch StV sowie für Grenzänderungen und -bereinigungen innerhalb des Bundesgebiets (Abs 2, 3 und 4).1 Art 2 TLO 1989 enthält die insofern erforderlichen landesverfassungsgesetzlichen Begleitregelungen zu Art 3 B-VG, hat aber als die das Landesgebiet und dessen Änderungen regelnde Bestimmung der Landesverfassung zugleich eine wichtige eigenständige normative Bedeutung.2 Während Art 3 Abs 1 B-VG seit der StF des B-VG unverändert blieb, erhielten dessen Abs 2, 3 und 4 ihre heutige Fassung durch die – in den hier wesentlichen Teilen – mit 01.01.2008 in Kraft getretene B-VG-Nov BGBl I 2008/2, mit der die bundesverfassungsgesetzlichen Regelungen über Änderungen des Bundesgebietes und der Gebiete der Länder zur Gänze neu gestaltet wurden.3 Mit dieser B-VG-Nov wurde insb auch in Art 2 Abs 3 B-VG eine neue Regelung über Änderungen im Bestand der Länder aufgenommen. Diese Neuregelungen verfolg1 2 3
Vgl dazu mwN nur Weber, Art 3 B-VG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (2009). S dazu Rz 17 f und 22 f. Dazu etwa Bußjäger, ZÖR 64 (2009), 115, und Wiederin, Verfassungsbereinigung, in Lienbacher/Wielinger (Hg), Öffentliches Recht. Jahrbuch 2008 (2008) 45 (49 ff).
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Art 2
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ten – ausweislich der Erläuterungen4 – insb das Ziel der Verfassungsbereinigung durch Beseitigung der Notwendigkeit verfassungsgesetzlicher Regelungen bzw verfassungsrangiger Bestimmungen in StV iZm der Änderung von Bundes- und Landesgrenzen und nahmen dies auch zum Anlass, die Mitwirkung des NR wie der Länder an der Änderung von Bundes- und Landesgrenzen neu zu gestalten. Dabei orientierte sich der Bundesverfassungsgesetzgeber – ein interessanter verfassungsvergleichender Aspekt – explizit an Art 53 der Bundesverfassung der schweizerischen Eidgenossenschaft betr Bestand und Gebiet der Kantone.5 Bei der Auslegung der neuen Regelungen kann daher rechtsvergleichend auch auf das dazu in der Schweiz herausgebildete Verständnis Bezug genommen werden.6 2 Interessant ist, dass die Bundesverfassung den Umfang des Bundesgebiets nur mittelbar über die Gebiete der Bundesländer definiert und Letztere selbst nicht regelt, sondern auf ihren historischen Bestand abstellt.7 Für die Landesverfassungen gilt Ähnliches, wobei die TLO hier – durch Abstellen auf das Gebiet im Einzelnen aufgezählter politischer Bezirke8 – seit jeher eine der genauesten Regelungen enthalten dürfte.9 Die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des B-VG bzw der auf seiner Grundlage erlassenen Landesverfassungen bestehenden Grenzvorschriften wurden so zum mittelbaren Inhalt der Bundesverfassung bzw der Landesverfassungen;10 ganz idS führen etwa Kelsen/Fröhlich/Merkl aus, dass „[d]ie Grenzen der Bundesländer mit den Grenzen der österreichischen Kronländer, die das Gebiet der österreichischen Republik bilden, soweit überein[stimmen], als nicht durch den Vertrag 4 5
EBRV 314 BlgNR XXIII. GP, 2 f. S wiederum die EBRV 314 BlgNR XXIII. GP, 5 und zu den vorbereitenden Beratungen im Österreich-Konvent die Hinweise bei Öhlinger, Das Völkerrecht und das Europarecht im Österreich-Konvent, in Akyürek et al (Hg), Staat und Recht in europäischer Perspektive – FS Schäffer (2006) 555 (567). 6 Vgl im Kontext der Auslegung des Begriffs „Änderungen im Bestand der Länder” etwa Bußjäger, ZÖR 64 (2009), 122 f, sowie hinsichtlich der Auslegung der Begriffs „Grenzbereinigungen” mwN Ranacher, Mitwirkung des Nationalrates und Bundesrates am Abschluss von Staatsverträgen, in A. Th. Müller/Schroeder (Hg), Demokratische Kontrolle völkerrechtlicher Verträge (2017) 9 (21). 7 Dazu nur Koja, Verfassungsrecht 55, und Weber, Art 3 Rz 8 f mwN. 8 Näher dazu unten Rz 15. 9 Vgl Weber, Art 3 Rz 9; s auch Bußjäger, ZÖR 64 (2009), 127 f. 10 Eingehend dazu Koja, Verfassungsrecht 57 ff und Weiler, JBl 1957, 495 f; vgl auch Pernthaler, Raumordnung 56 ff; Weber, Art 3 Rz 8 f.
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Landesgebiet
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von St. Germain Änderungen eingetreten sind.“11 Gleiches galt im Zeitpunkt der Wiederinkraftsetzung des B-VG durch das V-ÜG 1945 im Hinblick auf die am 13.03.1938 bestandenen Grenzvorschriften.12 Die Außengrenzen Österreichs wurden und werden durchgängig 3 durch StV geregelt, grundlegend durch den StV von St. Germain,13 das Venediger Protokoll 192114 und den die Grenzen Österreichs nach dem Stand 01.01.1938 bestätigenden StV von Wien15 sowie mittlerweile – daran anknüpfend – durch bilaterale StV mit Österreichs Nachbar staaten;16 lediglich in Bezug auf den Grenzverlauf im Bodensee gibt es keine staatsvertragliche Regelung.17 Die gemeinsamen Binnengrenzen der Bundesländer wären, sofern nicht (seinerzeit rezipierte bzw danach geschaffene) landes(verfassungs)gesetzliche Regelungen bestehen,18 im Zweifel nach dem Grundsatz „uti possedetis“19 zu bestimmen.20 Im Er11 Kelsen/Froehlich/Merkl, Die Bundesverfassung vom 1. Oktober 1920 (1922) 68 f. Zur (mittelbaren) Erschließung der Gebiete der im Anhang II des Februar-Patents, RGBl 1861/20, aufgezählten Kronländer vgl näher Koja, Verfassungsrecht 58 f und Weiler, JBl 1957, 494. 12 Eingehend dazu Walter in FS Merkl 463 ff; vgl auch Mayer/Kucsko-Stadlmayer/Stöger, Grundriss des österreichischen Bundesverfassungsrechts11 (2015) 99 ff. 13 S insb dessen Art 27. 14 Venediger Protokoll, betreffend die Regelung der westungarischen Frage, BGBl 1922/138. 15 S dessen Art 5. 16 Vgl dazu die aktuelle Übersicht bei Burtscher et al, Das österreichische Vermessungsrecht5 (2019) 314 ff; s weiters nur Weber, Art 3 Rz 8 iVm der Übersicht in Rz 16; Twaroch, ZfV 2006, 9 (14 f iVm der Übersicht auf 21 f). Für Tirol s gleich im Folgenden Rz 9 ff. 17 Zu dieser zwischen den Anrainerstaaten nicht geklärten Frage vgl nur Weber, Art 3 Rz 15 und Twaroch, ZfV 2006, 15 sowie die Hinweise in FN 57 (zum Staatsgrenzvertrag Österreich/Deutschland) und FN 68 (zum Staatsgrenzvertrag Österreich/Schweiz). 18 Dazu etwa Pernthaler, Raumordnung 60. Dies dürfte praktisch flächendeckend der Fall sein; für Tirol s Rz 21. Zudem sind die gemeinsamen Landesgrenzen auf der Grundlage des Grenzkatasters mittelbar aus den jeweiligen Gemeindegrenzen erschließbar; s dazu Rz 15. 19 Also der unbestrittenen Ausübung der Hoheit auf einem bestimmten Gebiet. Zur Bedeutung dieses Prinzips im Völkerrecht vgl nur Brunner, „Drawing Lines upon Maps“, in Kettemann (Hg), Grenzen im Völkerrecht (2013) 21 (26 ff). 20 Vgl wiederum Walter in FS Merkl 466; Mayer/Kucsko-Stadlmayer/Stöger, Bundesverfassungsrecht 100.
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gebnis sind daher die Grenzregelungen der Bundesverfassung und der Landesverfassungen nach wie vor dadurch charakterisiert, dass sie, indem sie die bestehenden Grenzen zu den rechtlichen erheben, unmittelbar auf einen faktischen Zustand bezogen sind.21 4 Bedurfte bis zur B-VG-Nov BGBl I 2008/2 jede Änderung des Bundesgebietes, die zugleich eine Änderung eines Landesgebietes darstellte, sowie jede Änderung einer Landesgrenze innerhalb des Bundesgebietes übereinstimmender Verfassungsgesetze des Bundes und der betroffenen Länder,22 so werden seitdem bundesverfassungsgesetzlich folgende Konstellationen unterschieden:23 − Änderungen im Bestand der Länder (Art 2 Abs 3 B-VG) – dies wäre etwa eine Zusammenlegung mehrerer Länder, die Aufteilung eines Landes oder auch eine allfällige Neuaufnahme eines Landes – bedürfen neben der ohnehin erforderlichen Änderung des B-VG verfassungsgesetzlicher Regelungen aller Länder. Es muss sich bei diesen Verfassungsgesetzen zwar nicht um übereinstimmende Gesetze handeln, allerdings müssen diese Gesetze inhaltlich aufeinander bezogen sein.24 − Änderungen der Bundesgrenzen (Art 3 Abs 2 B-VG) bedürfen eines StV, der nur mit Zustimmung der von der Grenzänderung betroffenen Länder abgeschlossen werden darf.25 Es obliegt der jeweiligen Landesverfassung, festzulegen, an welche Voraussetzungen die Erteilung einer derartigen Zustimmung geknüpft ist. Als betroffene Länder iSd Bestimmung sind diejenigen Länder anzusehen, deren Landesgrenzen durch die Änderung der Bundesgrenze eine Änderung erfahren. − Änderungen von Landesgrenzen innerhalb des Bundesgebietes (Art 3 Abs 3 B-VG) bedürfen übereinstimmender Gesetze des Bundes und der betroffenen Länder, wobei es den Ländern unbenommen ist, für derartige Gesetze qualifizierte Erzeugungsbedin21 Zu diesem typischen Element der Grenzregelungen des B-VG Pernthaler, Raumordnung 81. 22 Vgl Art 3 Abs 2 B-VG in seiner bis zum 31.12.2007 geltenden Fassung. 23 Die folgende Kategorisierung samt näherer inhaltlicher Ausführungen folgt den EBRV 314 BlgNR XXIII. GP, 5 f. 24 Näher zu alldem etwa Bußjäger, ZÖR 64 (2009), 122 f und Weber, Art 2 B-VG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (2009) Rz 15/1 ff. 25 Es handelt sich dabei um eine Voraussetzung für die innerstaatliche Gültigkeit des StV (vgl nur Weber, Art 3 Rz 10).
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gungen vorzusehen. Erschöpfen sich solche Grenzänderungen jedoch in bloßen Grenzbereinigungen, dann genügen übereinstimmende Gesetze der betroffenen Länder (sog paktierte Gesetzgebung26). Unter Grenzbereinigungen sind solche Grenzänderungen27 zu verstehen, die – wenn überhaupt – nur marginale Auswirkungen auf die Fläche der betroffenen Länder haben, weil sie eine bloß kleinräumige Korrektur des Grenzverlaufs bewirken und somit als (vermessungs-)technischer Vorgang ohne politische Relevanz qualifiziert werden können.28 Während es sich bei Art 2 Abs 3 B-VG über Änderungen im Bestand der Länder um eine abschließende bundesverfassungsgesetzliche Regelung handelt, die keiner weiteren Ergänzung auf der Ebene der Landesverfassung bedarf, sind für Grenzänderungen landesverfassungsrechtliche Begleitregelungen erforderlich, die für Tirol eben Art 2 Abs 2, 3 und 4 TLO 1989 enthält. Zur Kompetenzverteilung in Bezug auf gesetzliche Regelungen betr 5 die Staats- und Landesgrenzen und deren Vollziehung ist festzuhalten: In die Kompetenz des Bundes fallen die Festlegung der Bundesgrenzen und ihres Verlaufs („Bundesverfassung“; Art 10 Abs 1 BVG) sowie ihre Vermarkung („Grenzvermarkung“; Art 10 Abs 1 Z 2 B-VG29), während die Festlegung der Landesgrenzen innerhalb des Bundesgebiets30 und ihres Verlaufs sowie ihre Vermarkung in die Kompetenz der Länder fallen (Art 15 B-VG).31 Die Vermarkung und Vermessung der 26 Zu dieser intensivsten Form der Koordinierung von Rechtssetzung im Bundesstaat vgl nur Lienbacher/Pürgy, Kooperativer Bundesstaat, in Pürgy (Hg), Das Recht der Länder I (2012) 561 (568) mwN. 27 Es handelt sich bei Grenzbereinigungen also um einen Unterfall der Grenzänderung. 28 Zum Verständnis des Begriffs der Grenzbereinigung und zur Unschärfe bei seiner Abgrenzung gegenüber Grenzänderungen vgl etwa Bußjäger, ZÖR 64 (2009), 124; Ranacher, Mitwirkung 21; Weber, Art 3 Rz 10/1. 29 Dieser Kompetenztatbestand umfasst auch die Regelung der Freihaltung von Grenzflächen und ermächtigt zu Beschränkungen der Bodennutzung einschließlich der baulichen Nutzung in Grenzgebieten; vgl mwN Twaroch, ZfV 2006, 13. 30 Beachte hier aber – wie zuvor dargestellt – das Erfordernis einer paktierten Bundes- und Landesgesetzgebung für Änderungen der Landesgrenzen innerhalb des Bundesgebiets (Art 3 Abs 3 B-VG). 31 Zur Kompetenzlage vgl mwN Jakob/Kirchmair, Art 10 Abs 1 Z 2 B-VG, in Kneihs/Lienbacher (Hg), Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungs-
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Staatsgrenzen ist zudem ausdrücklich eine Aufgabe der Landvermessung32 und weist daher Bezüge zum in die Kompetenz des Bundes fallenden „Vermessungswesen“ (Art 10 Abs 1 Z 10 B-VG) auf.33 6 Auf die staatstheoretische und juristische Bedeutung des Staatsgebiets als ein grundlegendes Staatselement soll an dieser Stelle nur hingewiesen werden, zumal diese Thematik nachfolgend noch näher aufgegriffen werden wird.34
II. Völkerrechtliche Vorgaben A. Allgemeines 7 Wie bereits dargelegt, werden die Außengrenzen Österreichs durchgängig durch StV geregelt.35 Diese Staatsgrenzverträge enthalten regelmäßig eine detaillierte Festlegung des Grenzverlaufes durch Grenzkarte und Grenzbeschreibung, die ausdrückliche Bestätigung des völkerrechtlichen Grundsatzes, dass die jeweiligen Hoheitsgebiete sowohl auf der Erdoberfläche als auch in lotrechter Richtung im Luftraum und unter der Erdoberfläche voneinander abgegrenzt werden,36 sowie die erforderlichen begleitenden rechtlichen Regelungen, wie insb zur (Un-) Beweglichkeit der festgelegten Grenze,37 zur Sicherung des Grenz-
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recht (2019) Rz 12; weiters Mayer/Kucsko-Stadlmayer/Stöger, Bundesverfassungsrecht 186; s auch schon Weiler, JBl 1957, 494 f und 496 f. Zur verbindlichen landesgesetzlichen Festlegung des Grenzverlaufs mit Vbg auf der Grundlage einer Vereinbarung gem Art 15a B-VG s Rz 21. § 1 Z 10 Vermessungsgesetz (Bundesgesetz vom 3. Juli 1968 über die Landesvermessung und den Grenzkataster, BGBl 1968/306 idF BGBl I 2016/51). Nähere Vorschriften enthält das Staatsgrenzgesetz; s Rz 8. S Rz 17. Die einzige Ausnahme stellt der Grenzverlauf im Bodensee dar. S Rz 3 und die Hinweise in FN 16 und 17. Dieser Grundsatz gilt insb auch für ober- und unterirdische Bauten jeder Art, wie insb Brücken oder Tunnel. Als beweglich gelten – vorbehaltlich anderslautender Vereinbarung (wie zB im Staatsgrenzvertrag Österreich/Italien, im Staatsgrenzvertrag Österreich/ Deutschland und im Staatsgrenzvertrag Österreich/Schweiz; s Rz 10, 11 und 12) – gem Völkergewohnheitsrecht vor allem Grenzen in Wasserläufen, entlang der Wasserscheide oder von Kammlinien (vgl dazu näher zum Staatsgrenzvertrag Österreich/Italien Rz 10); s mwN nur Twaroch, ZfV 2006, 13; vgl im gegebenen Kontext auch Reinisch (Hg), Österreichisches Handbuch des Völkerrechts5 (2013) 115 ff.
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verlaufs und seiner Sichtbarkeit und über die Einrichtung von Vertragsanwendungsorganen, namentlich von dauernd tätigen, in regelmäßigen Abständen zusammentretenden Grenzkommissionen und von ad-hoc-Schiedsgerichten zur Entscheidung von Streitigkeiten bei ihrer Auslegung und Anwendung.38 Die Sicherung des Grenzverlaufs erfolgt durch die Vermarkung der Staatsgrenze, also ihrer Kenntlichmachung in der Natur durch Grenzzeichen, ihre Vermessung und ihre Dokumentation im Grenzurkundenwerk.39 Wichtige Durchführungsbestimmungen zu den von Österreich abge- 8 schlossenen Staatsgrenzverträgen enthält das Staatsgrenzgesetz.40 Dieses regelt insb die Gewährleistung der Sichtbarkeit des Verlaufs der Staatsgrenze im Gelände (namentlich durch ihre Vermessung und Vermarkung und durch die Freihaltung der Grenzflächen) und den Schutz der Grenzzeichen. Es sieht auch die in diesem Zusammenhang erforderlichen Eigentumsbeschränkungen vor. Wesentliche behördliche Zuständigkeiten kommen dabei der Bezirksverwaltungsbehörde zu, wie etwa – nach Maßgabe der Bestimmungen im jeweiligen Staatsgrenzvertrag – die Erteilung von Ausnahmebewilligungen für die Errichtung von Baulichkeiten innerhalb des festgelegten Freihaltebereichs an der Staatsgrenze;41 korrespondierend damit besteht in Tirol für solche Bauvorhaben baurechtlich eine Zuständigkeit der Bezirksverwaltungsbehörde.42 Die Vermessung und Vermarkung der Staatsgrenze einschließlich der Durchführung der regelmäßigen Revisionsarbeiten obliegt dem Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen (BEV).43 Wie der folgende Überblick zeigt, ist für die Bestimmung der Außen- 9 grenzen Tirols vor allem der StV von St. Germain,44 auf den die konkrete Grenzziehung zu Italien und damit die definitive Abtrennung 38 Dazu auch gleich im Folgenden Rz 10, 11 und 12 zu den Staatsgrenzverträgen mit Italien, Deutschland und der Schweiz. 39 Näher zu alldem etwa Twaroch, ZfV 2006, 13 ff. 40 Bundesgesetz vom 30. November 1973 zur Durchführung zwischenstaatlicher Vereinbarungen über die Vermessung und Vermarkung der Staatsgrenze und zur Regelung bestimmter Angelegenheiten der Staatsgrenze (Staatsgrenzgesetz), BGBl 1974/9 idF BGBl I 2013/161. 41 § 7 Staatsgrenzgesetz. 42 § 62 Abs 3 TBO 2018. 43 Näher dazu etwa Twaroch, ZfV 2006, 16 f; s auch König, Die Staatsgrenzen Österreichs, VGI 1997, 142 (147 f). 44 S schon Rz 3.
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der südlichen Landesteile nach dem Ersten Weltkrieg zurückgeht,45 von besonderer Bedeutung; dieser wurde im Jahr 2000 durch einen bilateralen Staatsgrenzvertrag mit Italien ergänzt. Die Außengrenzen zu Deutschland und zur Schweiz sind jeweils durch bilaterale Staatsgrenzverträge aus den 70er-Jahren des vorigen Jahrhunderts geregelt, die damals an die Stelle historischer Übereinkommen getreten sind.
B. Die Staats- und Landesgrenze zu Italien 10 Die Präzisierung und genaue Festlegung des in Art 27 Z 2 StV von St. Germain nur grob umschriebenen neuen Grenzverlaufs zu Italien entlang der Wasserscheide zwischen den Becken der Flüsse Etsch, Piave, Tagliamento im Süden und jenen des Inn und der Drau im Norden46 sowie dessen Vermarkung im Gelände einschließlich der entsprechenden Dokumentation oblag dem gem Art 29 StV von St. Germain eingesetzten internationalen Grenzregelungsausschuss, der in den Jahren 1920 bis 1924 tätig und aus je einem Vertreter Österreichs und Italiens sowie drei Vertretern der alliierten und assoziierten Hauptmächte47 zusammengesetzt war.48 Nachdem in den Jahren 1971 bis 1981 eine einvernehmliche Neuvermessung und Ergänzung der Vermarkung der Staatsgrenze erfolgt war, konnte im Jahr 2000 schließlich ein neuer Staatsgrenzvertrag mit Italien abgeschlossen werden, der nach beid45 Diese sich aktuell zum hundertsten Mal jährenden historischen Ereignisse sind umfassend nachgezeichnet bei Dotter/Wedrac, Der hohe Preis des Friedens – Die Geschichte der Teilung Tirols² (2019); vgl etwa auch Steininger, 1918/1919: Die Teilung Tirols. Wie das Südtirolproblem entstand, in Konrad/Maderthaner (Hg), Das Werden der Ersten Republik …der Rest ist Österreich (2008) 103. Zum Verlauf der Friedenskonferenz aus spezifisch Tir Perspektive vgl nur Schober, Die Tiroler Frage auf der Friedenskonferenz von Saint Germain (1982) und (zusammenfassend) ders, Die Friedenskonferenz von St. Germain und die Teilung Tirols, in Eisterer/Steininger (Hg), Die Option – Südtirol zwischen Faschismus und Nationalsozialismus (1989) 33. 46 Beachte allerdings die Abweichungen des Grenzverlaufs von der Wasserscheide am Reschenpass, am Toblacherfeld und bei Thörl Maglern. 47 Konkret: Frankreich, Großbritannien, Japan; den Vorsitz führte der Vertreter Frankreichs. 48 Für eine Darstellung von dessen Tätigkeit vgl mwN nur Dotter/Wedrac, Preis 161 ff, sowie aus organisatorischer und fachlicher Sicht Bernhard, Staatsgrenzen 21 f und König, Die Festlegung der Österreichisch-Italienischen Staatsgrenze auf der Grundlage des Friedensvertrags von St. Germainen-Laye vom 10. September 1919, VGI 2014, 24 (25 ff).
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seitiger Ratifikation mit 01.09.2006 in Kraft trat.49 Dieser bestimmt in seinem Art 1, dass die Staatsgrenze zwischen Österreich und Italien so verläuft, wie sie vom internationalen Grenzregelungsausschuss aufgrund des StV von St. Germain festgelegt, vermarkt und dokumentiert ist.50 Soweit sie durch die Wasserscheide- oder Kammlinie bestimmt ist, folgt die Staatsgrenze zu Italien den allmählichen natürlichen Veränderungen dieser Linie, ist also beweglich; im Übrigen ist sie auch dort, wo sie in Gewässern verläuft, unbeweglich.51 Der tatsächliche Grenzverlauf im Gelände sowie seine Vermarkung und Dokumentation sind regelmäßig zu überprüfen.52 Die Organisation und Koordination der dafür erforderlichen Arbeiten obliegt einer durch den Staatsgrenzvertrag eingerichteten Ständigen Gemischten Kommission,53 der auf österreichischer Seite auch zwei Vertreter des Landes Tirol als Mitglied bzw Ersatzmitglied angehören.54 Die Ständige Gemischte 49 Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Italienischen Republik über die Instandhaltung der Grenzzeichen sowie die Vermessung und Vermarkung der gemeinsamen Staatsgrenze samt Schlussprotokoll, Notenwechsel und Anlagen (Staatsgrenzvertrag Österreich/Italien), BGBl III 2006/150. Dieser Vertrag ersetzte auch das im Jahr 1929 abgeschlossene Abkommen für die Instandhaltung der Grenzzeichen an der österreichischitalienischen Grenze, BGBl 1929/159. 50 Folgerichtig bestimmt Art 1 Abs 4 des Staatsgrenzvertrags Österreich/Italien, dass die von diesem Ausschuss erstellten Grenzdokumente sowie die im Zuge der erfolgten Neuvermessung erstellten Dokumente in ihrer Gesamtheit das Grenzurkundenwerk darstellen. 51 Art 3 Abs 1 und 2 Staatsgrenzvertrag Österreich/Italien. Unter allmählichen natürlichen Veränderungen der Wasserscheide- oder Kammlinie sind gem Art 3 Abs 4 leg cit die Verlagerung der Kammlinie infolge von Erosionen sowie die Verlagerung der Wasserscheidelinie infolge von Veränderungen von Gletschern oder dauernden Schneefeldern zu verstehen. Bei Schwinden eines Gletschers oder dauernden Schneefeldes kommt die Grenzlinie auf die Wasserscheidelinie des hervortretenden felsigen Bodens zu liegen. 52 Vgl Art 5 Staatsgrenzvertrag Österreich/Italien, wonach sich die Vertragsstaaten verpflichten, durch Instandhaltungs-, Vermessungs- und Vermarkungsarbeiten den Verlauf der Staatsgrenze stets in zweifelsfreier Weise bestimmbar und in der Natur eindeutig erkennbar zu erhalten. 53 Vgl Art 19 ff Staatsgrenzvertrag Österreich/Italien. In der Praxis ist die Bezeichnung Grenzkommission Österreich-Italien gebräuchlich. 54 Da die Zuständigkeit für „Grenzangelegenheiten“ nach der GEint Amt bei der Abteilung Verfassungsdienst, jene für „fachliche Angelegenheiten des Vermessungswesens“ bei der Abteilung Geoinformation liegt, werden die Funktionen in der Staatsgrenzkommission gegenwärtig von den Vorständen dieser beiden Abteilungen wahrgenommen.
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Kommission tritt auf der Grundlage der laufenden Arbeiten der von ihr eingerichteten Technischen Gruppen jährlich zu einer Tagung zusammen. Ihr sind darüber hinaus spezifische Befugnisse im Zusammenhang mit der Anwendung des Staatsgrenzvertrags Österreich/Italien übertragen, wie zB die Beratung und Entscheidung bei Vorhaben, die geeignet sind, die Erkennbarkeit und Sichtbarkeit der Staatsgrenze, insb wegen Verletzung des unmittelbar an der Grenzlinie liegenden Freihalte bereichs,55 zu beeinträchtigen. Meinungsverschiedenheiten bei der Auslegung und Anwendung des Staatsgrenzvertrags, die durch die Regierungen der Vertragsstaaten nicht beigelegt werden können, können von jedem Vertragsstaat einem ad hoc zu bildenden Schiedsgericht unterbreitet werden.56
C. Die Staats- und Landesgrenze zu Deutschland 11 Den Grenzverlauf zu Deutschland bestimmt grundlegend ein im Jahr 1972 mit der Bundesrepublik Deutschland abgeschlossener Staatsgrenzvertrag, der nach beidseitiger Ratifikation mit 01.10.1975 in Kraft trat.57 Dieser ersetzte eine Reihe älterer österreichisch-bayerischer Grenzverträge,58 die auch für den durch Art 27 Z 7 StV von St. Germain als verbindlich festgelegten Grenzverlauf mit Stand 03.08.1914 maßgeblich waren. In diesem den damals geltenden Grenzverlauf zu Tirol59 55 Vgl Art 17 Staatsgrenzvertrag Österreich/Italien, wonach auf einem Streifen von 5m Breite beiderseits der Grenzlinie Anlagen nicht errichtet werden dürfen, es sei denn, es liegt ein staatsvertraglicher Ausnahmetatbestand (wie insb für öffentliche Verkehrswege und Infrastrukturanlagen) vor, oder es wird einvernehmlich von der Staatsgrenzkommission eine Ausnahme zugelassen. 56 Vgl Art 31 Staatsgrenzvertrag Österreich/Italien. 57 Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über die gemeinsame Staatsgrenze (Staatsgrenzvertrag Österreich/Deutschland), BGBl 1975/490 idF BGBl I 2008/2. Der Staatsgrenzvertrag Österreich/Deutschland regelt gem seinem Art 1 Abs 2 ausdrücklich nicht den Grenzverlauf im Bodensee (vgl zu dieser offenen Frage neben den EBRV 458 BlgNR XIII. GP, 16 auch die Hinweise in FN 17). 58 Zur vormaligen Rechtslage vlg nur Bernhard, Staatsgrenzen 17 ff. 59 Dieser war durch den österreichisch-baierischen Grenzberichtigungsvertrag vom 30.01.1844 über die Landesgrenze der gefürsteten Grafschaft Tirol mit Vorarlberg einerseits und des Königreiches Baiern andererseits, vom Scheibelberge an der Salzburger Grenze bis an den Bodensee, samt Ergänzungsvertrag vom 16.12.1950 betreffend die Landesgrenze im Wetterstein- und Karwendelgebirge, geregelt; vgl deren Kundmachung durch den Erlaß des
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authentisch bestätigenden Staatsgrenzvertrag60 war bereits vorgesehen, in drei Grenzabschnitten den Verlauf der Staatsgrenze gemeinsam zu überprüfen und das Grenzurkundenwerk zu erneuern, was durch drei weitere StV erfolgte,61 die entsprechend der damals geltenden Verfassungsrechtslage62 auch hinsichtlich der betroffenen Tir Teile der Staatsgrenze innerstaatlich mittels übereinstimmender Verfassungsgesetze des Bundes und des Landes durchgeführt wurden.63 Auch der Staatsgrenz-
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Ministers des Innern, giltig für den ganzen Umfang des Reiches, womit der Abschluß des Gränzberichtigungs-Vertrages vom 30. Jänner 1844 zwischen Oesterreich und Baiern über die Landesgränze der gefürsteten Grafschaft Tirol und Vorarlberg einerseits und des Königreiches Baiern anderseits, dann des dazu gehörigen Ergänzungs-Vertrages vom 16. December 1850 allgemein kundgemacht wird, RGBl 1852/116. Im Bereich der nassen Grenzen zu Sbg und OÖ sah dieser allerdings eine Grenzänderung insoweit vor, als diese zum Teil für unbeweglich erklärt wurden, was entsprechend der damals geltenden Verfassungsrechtslage (s Rz 4) innerstaatlich mittels übereinstimmender Verfassungsgesetze des Bundes und der betroffenen Länder durchgeführt wurde (Nachweise bei Weber, Art 3 Rz 16). Es handelt sich um folgende StV: − Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über den Verlauf der gemeinsamen Staatsgrenze im Grenzabschnitt „Dreieckmark-Dandlbachmündung“ und in einem Teil des Grenzabschnittes „Scheibelberg-Bodensee“ sowie über Befugnisse der Grenzkommission, BGBl 1979/388 idF BGBl I 2008/2; − Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über den Verlauf der gemeinsamen Staatsgrenze in der Sektion III des Grenzabschnittes „Scheibelberg-Bodensee" sowie in einem Teil des Grenzabschnittes „Dreieckmark-Dandlbachmündung“ und des Grenzabschnittes „Saalach-Scheibelberg“, BGBl 1993/633; − Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über den Verlauf der gemeinsamen Staatsgrenze im Grenzabschnitt „Salzach“ und in den Sektionen I und II des Grenzabschnitts „Scheibelberg-Bodensee“ sowie in Teilen des Grenzabschnitts „Innwinkel“ samt Anlagen, BGBl III 2004/126 idF BGBl I 2008/2. S Rz 4. Es handelt sich um folgende (zwischenzeitlich jeweils ihres Verfassungsranges entkleidete) Bundes- bzw Tir LG (Nachweise zu den LVG anderer betroffener Länder bei Weber, Art 3 Rz 16): − Bundesgesetz vom 15. März 1978 über Änderungen des Verlaufes der Staatsgrenze zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland, BGBl 1979/389 idF BGBl I 2008/2; Gesetz vom 3. Juli 1978 über den Verlauf der Staatsgrenze (Landesgrenzen) zwischen der Republik Österreich (Land Tirol) und der Bundesre-
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vertrag mit Deutschland legt zur Gewährleistung der Erkennbarkeit und Sichtbarkeit der Staatsgrenze zusätzlich einen Freihaltebereich fest,64 enthält Regelungen über die regelmäßige Überprüfung des tatsächlichen Grenzverlaufs im Gelände sowie über seine Vermarkung und Dokumentation und überträgt die Organisation und Koordination der dafür erforderlichen Arbeiten sowie weitere Entscheidungen über die Anwendung des Vertrags einer Ständigen Gemischten Grenzkommission.65 Zur Mitwirkung Tirols in dieser Grenzkommission und ihrem allgemeinen Aufgabenbereich kann sinngemäß auf die vorstehenden Ausführungen zu Italien verwiesen werden.66 Meinungsverschiedenheiten bei der Auslegung und Anwendung des Staatsgrenzvertrags, die durch die Regierungen der Vertragsstaaten nicht beigelegt werden können, können von jedem Vertragsstaat einem ad hoc zu bildenden Schiedsgericht unterbreitet werden.67
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publik Deutschland im Inn, LGBl 1978/52 idF BGBl I 2008/2 und LGBl 2017/53. − Bundesgesetz über den Verlauf der Staatsgrenze zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland in der Sektion III des Grenzabschnittes „Scheibelberg-Bodensee“ sowie in einem Teil des Grenzabschnittes „Dreieckmark-Dandlbachmündung“ und des Grenzabschnittes „Saalach-Scheibelberg“, BGBl 1993/634 idF BGBl I 2008/2; Gesetz vom 21. März 1990 über den Verlauf der Staatsgrenze (Landesgrenze) zwischen der Republik Österreich (Land Tirol) und der Bundesrepublik Deutschland in der Sektion III des Grenzabschnittes „Scheibelberg-Bodensee“, LGBl 1990/25 idF BGBl I 2008/2 und LGBl 2017/53. − Bundesgesetz über den Verlauf der Staatsgrenze zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland im Grenzabschnitt „Salzach“, in den Sektionen I und II des Grenzabschnitts „Scheibelberg-Bodensee“ sowie in Teilen des Grenzabschnitts „Innwinkel“, BGBl I 2004/120 idF BGBl I 2008/2; Gesetz vom 15. Mai 2002 über den Verlauf der Staatsgrenze bzw. Landesgrenze zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland in den Sektionen I und II des Grenzabschnittes „Scheibelberg-Bodensee“, LGBl 2002/71 idF BGBl I 2008/2 und LGBl 2017/53. Und zwar 1m beidseits beiderseits des trockenen Teils der Staatsgrenze; s Art 16 Abs 1 Staatsgrenzvertrag Österreich/Deutschland. Art 19 ff Staatsgrenzvertrag Österreich/Deutschland. In der Praxis ist die Bezeichnung Grenzkommission Österreich-Deutschland gebräuchlich. S Rz 10. Vgl Art 32 Staatsgrenzvertrag Österreich/Deutschland.
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D. Die Staats- und Landesgrenze zur Schweiz Den Grenzverlauf zur Schweiz bestimmt ein im Jahr 1970 mit der 12 Schweizerischen Eidgenossenschaft abgeschlossener Staatsgrenzvertrag, der nach beidseitiger Ratifikation mit 16.09.1972 in Kraft trat68 und, weil er den Verlauf der Staatsgrenze nicht nur authentisch feststellte, sondern punktuell auch Grenzänderungen vorsah,69 entsprechend der damals geltenden Verfassungsrechtslage70 innerstaatlich auch in Bezug auf den Tir Teil der Staatsgrenze mittels übereinstimmender Verfassungsgesetze des Bundes und des Landes durchzuführen war.71 Die Vermarkung des Grenzverlaufs im Gelände sowie dessen regelmäßige Überprüfung und Dokumentation sind ergänzend in einem eigenen StV geregelt,72 der zur Gewährleistung der Sichtbarkeit und Erkennbarkeit der Staatsgrenze zusätzlich einen Freihaltebereich festlegt.73 Die Organisation und Koordination der erforderlichen Arbeiten an der 68 Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über den Verlauf der gemeinsamen Staatsgrenze (Staatsgrenzvertrag Österreich/Schweiz), BGBl 1972/331 idF BGBl I 2008/2, der alle früheren Vereinbarungen zwischen den Vertragsstaaten über den Verlauf der österreichisch-schweizerischen Grenze ersetzte (zur vormaligen Rechtslage vlg wiederum nur Bernhard, Staatsgrenzen 20 f), die (sofern nicht jüngeren Datums) auch für den nach Art 27 Z 1 StV von St. Germain als verbindlich festgelegten gegenwärtigen Grenzverlauf maßgeblich waren. Auch der Staatsgrenzvertrag Österreich/Schweiz regelt gem seinem Art 1 Abs 3 ausdrücklich nicht den Grenzverlauf im Bodensee (zu dieser offenen Frage vgl neben den EBRV 146 BlgNR XIII. GP, 20, auch die Hinweise in FN 17). 69 S dazu die EBRV 146 BlgNR XIII. GP, 12. 70 S Rz 4. 71 Es handelt sich um folgendes (zwischenzeitlich jeweils seines Verfassungsranges entkleidetes) Bundes- bzw Tir LG (für Vbg s das LVG LGBl 1972/40): − Bundesgesetz vom 26. April 1972 über Änderungen der Staatsgrenze zwischen der Republik Österreich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft und über die österreichische Delegation in der ÖsterreichischSchweizerischen Grenzkommission, BGBl 1972/332 idF BGBl I 2008/2; − Gesetz vom 23. Mai 1972 über Änderungen der Staatsgrenze zwischen der Republik Österreich (Land Tirol) und der Schweizerischen Eidgenossenschaft, LGBl 1972/53 idF BGBl I 2008/2 und LGBl 2017/53. 72 Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Vermarkung der gemeinsamen Staatsgrenze und die Erhaltung der Grenzzeichen, BGBl 1972/331. 73 Dieser umfasst einen Streifen von 1m beiderseits der Grenzlinie; vgl Art 12 StV Österreich/Schweiz über die Vermarkung der gemeinsamen Staats grenze.
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Staatsgrenze sowie weitere Entscheidungen werden einer Österreichisch-Schweizerischen Grenzkommission übertragen. Zur Mitwirkung Tirols in dieser Grenzkommission und ihrem allgemeinen Aufgabenbereich kann wiederum sinngemäß auf die vorstehenden Ausführungen zu Italien verwiesen werden.74 Meinungsverschiedenheiten bei der Auslegung und Anwendung der beiden StV die durch die zuständigen Behörden der Vertragsstaaten nicht beigelegt werden können, können von jedem Vertragsstaat einem ad hoc zu bildenden Schiedsgericht unterbreitet werden.75
III. Entstehungsgeschichte 13 In der Genesis des Art 2 TLO 1989 spiegelt sich naturgemäß die wesentlich durch die Abtrennung der südlichen Landesteile nach dem Ersten Weltkrieg76 geprägte Geschichte Tirols im 20. Jahrhundert wider. Dies wird nicht nur in den Vorgängerbestimmungen des das Landesgebiet festlegenden Abs 1, sondern auch in den Vorläufern der Bestimmungen über die Änderung des Landesgebiets (nunmehr Abs 2, 3 und 4) sichtbar: − Die TLO 192177 bestimmte unter direkter Bezugnahme auf das Ergebnis der Pariser Friedenskonferenz, dass das Land Tirol „nach dem [StV von St. Germain] die politischen Bezirke Imst, Innsbruck, Kitzbühel, Kufstein, Landeck, Lienz, Reutte, Schwaz und den Stadtbezirk Innsbruck“ umfasst (§ 2 Abs 1). Weiters war festgelegt, dass abgesehen von Friedensverträgen jede Änderung der Grenzen des Landesgebiets der Zustimmung des Landes durch ein Gesetz bedürfe (§ 2 Abs 2). Wie Schennach einleitend dargelegt hat, sollte mit dieser von der korrespondierenden Bestimmung des B-VG78 abweichenden Formulierung der politische Anspruch aufrechterhalten werden, die Vereinigung mit Südtirol – nach einer allfälligen 74 S Rz 10. 75 Vgl Art 5 Staatsgrenzvertrag Österreich/Schweiz und Art 23 StV Österreich/Schweiz über die Vermarkung der gemeinsamen Staatsgrenze. 76 S dazu Rz 9 f. 77 LGBl 1921/145. 78 Vgl Art 3 Abs 2 B-VG (in seiner StF), der – abgesehen von Friedensverträgen – für Grenzänderungen zwischen Bund und Land übereinstimmende Verfassungsgesetze vorsah (s Kelsen/Froehlich/Merkl, Bundesverfassung 1 f und 69).
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anderen Entscheidung über die staatsrechtliche Stellung des Landes – ggf eigenständig herbeizuführen.79 − Mit dem die TLO 1921 – vor ihrer WV als TLO 1946 – wieder in Kraft setzenden LVG LGBl 1946/1 wurde dies dahingehend modifiziert, dass das Land Tirol „– vorbehaltlich der endgültigen Festsetzung seiner Grenzen durch StV – derzeit die politischen Bezirke Imst, Innsbruck, Kitzbühel, Kufstein, Landeck, Lienz, Reutte, Schwaz und den Stadtbezirk Innsbruck“ umfasst (§ 2 Abs 1), und abgesehen von Friedens- und anderen StV jede Änderung der Grenzen des Landesgebiets der Zustimmung des LT durch Gesetz bedürfe (§ 2 Abs 2).80 Auch hier wird qua ausdrücklicher Vorläufigkeit der Festlegung des Landesgebiets die – bald danach durch den Abschluss des Pariser Vertrags81 endgültig enttäuschte – Hoffnung auf eine Wiedervereinigung mit Südtirol deutlich.82 − In der eine WV der TLO 1946 darstellenden TLO 1953 bliebt der Wortlaut des § 2 ungeachtet des Pariser Vertrags auch nach dem Abschlusses des – die Brennergrenze definitiv bestätigenden – StV von Wien83 unverändert. Erst mit Erlassung der TLO 1989 erfolgte eine gänzliche Neufassung 14 der Bestimmung als Art 2: Dabei erhielt der Abs 1 seinen bis heute geltenden, nach wie vor die „derzeit“ das Landesgebiet bildenden politischen Bezirke aufzählenden Wortlaut, der auch im Zusammenhalt mit der die geistige und kulturelle Einheit des ganzen Landes proklamierenden Präambel zu sehen ist.84 Die Regelung über die Änderung der 79 S den Beitrag von Schennach, Zur Geschichte der Tiroler Landesordnung (in diesem Band) Rz 25 mwN; zur Südtirolfrage in der verfassungspolitischen Debatte vgl Strasak, Die Verfassungsdiskussion in Tirol 1918–1921, in Bußjäger/Schennach (Hg), 1919 – Länderkonferenzen und Landesverfassungen (2020) 55 (57 ff). 80 Art II LVG LGBl 1946/1. Mit der nunmehrigen Bezugnahme auf „Staatsverträge“ sollte darauf Bedacht genommen werden, dass die Alliierten mit Österreich nicht einen „Friedensvertrag“, sondern einen „Staatsvertrag“ abzuschließen gedachten (so die Begründung dieser Abänderung in den Plenarberatungen; vgl TirLT StenProt I. GP, 2. Tagung vom 31. Jänner 1946, 21). 81 Auch: „Gruber-De Gasperi-Abkommen“. Zu dessen historischer und rechtlicher Einordnung als Grundlage der Südtirol-Autonomie vgl nur Obwexer/ Pfanzelter (Hg), 70 Jahre Pariser Vertrag (2017). 82 Vgl wiederum Schennach, Zur Geschichte der Tiroler Landesordnung (in diesem Band) Rz 35 mwN. 83 S Rz 3. 84 Näher dazu gleich im Folgenden Rz 16.
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Landesgrenzen im Abs 2 wurde endlich an die (seit dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des B-VG) geltende Bundesverfassungsrechtslage, wonach eine Änderung des Landesgebietes eines LVG und eines damit übereinstimmenden Bundesverfassungsgesetzes bedarf, angepasst. Mit der TLO-Nov LGBl 2011/59 sind dann – als Reaktion auf die umfassenden Neuregelungen der Bestimmungen über Änderungen des Bundes- und der Landesgebiete durch die B-VG-Nov BGBl I 2008/285 – an die Stelle des bisherigen Abs 2 die bis heute geltenden Abs 2, 3 und 4 getreten.
IV. Das Landesgebiet (Abs 1) A. Festlegung 15 Art 2 Abs 1 TLO 1989 legt das Landesgebiet mittelbar als Summe des Gebiets der zum Land gehörenden und im Einzelnen aufgezählten politischen Bezirke fest. Deren Gebiet wird wiederum aus den gem Sprengeleinteilung bezirksangehörigen Gemeinden gebildet.86 Damit ist auch eine Brücke zu Art 72 TLO 1989 geschlagen, der – in Übereinstimmung mit Art 116 Abs 1 B-VG – die territoriale Gliederung des Landes in Gemeinden normiert.87 Da danach weiters jedes Grundstück zu einer Gemeinde gehören muss,88 erschließt sich so der Umfang des Landesgebietes im Ergebnis als Summe der Gebiete der dem Land zugehörigen Gemeinden.89 Zum verbindlichen Nachweis der Grenzen der Grundstücke ist der nach Katastralgemeinden angelegte Grenzkataster bestimmt,90 wobei das Gebiet der – seinerzeit aus den Katastral85 S Rz 1. 86 S die auf der Grundlage von Art 15 Abs 11 B-VG erlassene Verordnung der Landesregierung vom 5. März 2019, mit der die Sprengel der politischen Bezirke in Tirol festgelegt werden, LGBl 2019/25. 87 Näher dazu die Kommentierung von Weber, Art 72 (in diesem Band). 88 Art 116 Abs 1 dritter Satz B-VG; vgl auch § 3 TGO. Diese Anordnung besteht seit dem Reichsgemeindegesetz 1862. 89 Genauso wie sich ausgehend von Art 116 Abs 1 B-VG das Bundesgebiet als Summe der Gebiete aller Gemeinden Österreichs darstellt (vgl nur Stolzlechner, Art 116 B-VG, in Kneihs/Lienbacher [Hg], Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht [2018] Rz 3). Zu den Bezirks-, Gemeinde- und Grundstücksgrenzen vgl näher Pernthaler, Raumordnung 66 ff und 76 ff. 90 S §§ 8 ff Vermessungsgesetz; beachte allerdings § 52 Vermessungsgesetz zur Weiterführung des Grundsteuerkatasters für die durchaus große Zl der noch nicht im Grenzkataster enthaltenen Grundstücke, wobei aus dem Grundsteuerkataster keine verbindlichen Grenzen abgeleitet werden können. Vgl
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gemeinden gebildeten – Gemeinden eine oder mehrere Katastralgemeinden91 umfassen kann.92 Wesentlich ist, dass die Grenzen der Gemeinde immer zugleich auch Grenzen der Katastralgemeinden und Grundstücksgrenzen sind.93 Auf dieser Grundlage führt das Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen (BEV) auch eine Verwaltungsgrenzdatenbank, aus der ua die Landesgrenzen ersichtlich sind.94 Dass das Landesgebiet nach dem Wortlaut des Art 2 Abs 1 TLO 1989 16 nach wie vor explizit „derzeit“ das Gebiet der aufgezählten politischen Bezirke umfasst, ist normativ schon deshalb ohne besonderen Wert, weil jede normative Festlegung eines staatlichen Territoriums in ihren rechtlichen Wirkungen per se auf das gegenwärtige Territorium bezogen ist.95 Programmatisch mag man darin – vor dem Hintergrund der zuvor dargestellten Genese des Art 2 TLO 198996 und der historischen Entwicklungen und Zusammenhänge in Bezug auf die politische und völkerrechtliche Festlegung des Grenzverlaufs zu Italien97 – weiterhin eine prononcierte Offenheit gegenüber einer möglichen Wiedervereinigung mit dem ehemaligen südlichen Landesteil erblicken; dies insb auch in Zusammenhalt mit der „die geistige und kulturelle Einheit des ganzen Landes“ betonenden Präambel, auf die auch die Erläuterungen zur StF des Art 2 TLO 1989 ausdrücklich hinweisen.98 Gleichwohl ist die Brennergrenze zu Italien nunmehr seit einem Jahrhundert völkerrechtlich verbindlich festgelegt und durch StV wiederholt bestätigt worden, woran auch der Tir Landes(verfassungs)gesetzgeber gebunden
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zu alldem mwN auf die Judikatur zur Verbindlichkeit der Grundstücksgrenzen im Grenzkataster Burtscher et al, Vermessungsrecht 31 f und 159. Zu den Katastralgemeinden vgl § 7 Vermessungsgesetz. Der aktuelle Stand ergibt sich jeweils aus dem vom BEV geführten Katastralgemeindenverzeichnis, abrufbar unter: bev.gv.at (23.01.2020). Vgl nur Abart/Ernst/Twaroch, Der Grenzkataster² (2017) 121 f. S wiederum Abart/Ernst/Twaroch, Grenzkataster 124. Auch die Verwaltungsgrenzen sind abrufbar unter: bev.gv.at (23.01.2020). Zum auch darin zum Ausdruck kommenden Prinzip „Die bestehenden Grenzen sind die rechtlichen“ s wiederum Pernthaler, Raumordnung 81 (zu diesem den Grenzregelungen der Bundesverfassung und der Landesverfassungen zugrunde liegenden Grundsatz vgl auch schon Rz 3). S Rz 13. S Rz 9 f. Die EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 45, führen aus: „Auf den ehemaligen südlichen Landesteil, der im Gefolge des Ersten Weltkrieges der Italienischen Republik zugeschlagen wurde, wird in der Präambel Bezug genommen (,geistige und kulturelle Einheit des ganzen Landes‘).“
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ist.99 Es verbietet sich daher vor diesem Hintergrund, Art 2 Abs 1 TLO 1989 weiterhin als bloß „vorläufige“ Festlegung des Landesgebiets100 anzusehen sowie daraus iVm der Präambel gar eine Art Wiedervereinigungsgebot oder Auftrag zur Herstellung der politischen Einheit mit Südtirol oder zu irgendeiner Form der Grenzrevision abzuleiten.101 Vielmehr ist mit der Festlegung des Landesgebiets im Art 2 Abs 1 TLO 1989 völker- und bundesverfassungsrechtskonform auch die nunmehrige Staats- und Landesgrenze zu Italien landesverfassungsgesetzlich nachvollzogen und (zwangsläufig) akzeptiert.102 Die in der Präambel betonte geistige und kulturelle Landeseinheit bringt daher keinesfalls territoriale Ansprüche zum Ausdruck,103 sondern versteht sich heute vor allem als Auftrag zur Erhaltung der gemeinsamen, geschichtlich grundgelegten Landesidentität, insb durch Förderung und Verwirklichung einer grenzüberschreitenden Zusammenarbeit104 der drei historischen Landesteile im Rahmen der „Europaregion Tirol“,105 wie sie im Rahmen des EVTZ „Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino“ in den vergangenen Jahren deutlich an Dynamik gewonnen hat.106 99 Art 16 Abs 4 und 5 B-VG. 100 Wie noch nach der TLO 1921 und der TLO 1946, s Rz 13. 101 Zutreffend Pernthaler, Identität 68. 102 Dass bis heute kein Akt des Landesverfassungsgesetzgebers die „Brennergrenze“ als endgültige Grenze des Landes Tirol anerkannt habe (so Pernthaler, Identität 72), scheint daher vor diesem Hintergrund überzeichnet, auch wenn es Akte einer aktiven Zustimmung naturgemäß nie gegeben hat; gleichwohl musste sich (auch) der Landesverfassungsgesetzgeber angesichts seiner Bindungen an höherrangiges Recht dem Unvermeidlichen fügen. 103 S dazu auch die Kommentierung zur Präambel von Gamper (in diesem Band) Rz 21. 104 Dazu auch gleich im Folgenden Rz 19. 105 Zur Entwicklung dieser Zusammenarbeit ab den 80er Jahren s etwa Pernthaler, Identität 83 ff. Zur intensiven und aufgrund der (rechtlichen) Schwierigkeiten letztlich ergebnislosen Diskussion ihrer Institutionalisierung durch ein „Statut der Europaregion“ auf der Grundlage des Rahmenabkommens zwischen der Republik Österreich und der Italienischen Republik über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit von Gebietskörperschaften, BGBl 1995/421, s ders/Ortino (Hg), Europaregion Tirol/Euregio Tirolo. Rechtliche Voraussetzungen und Schranken der Institutionalisierung (1997). 106 Vgl Bußjäger et al (Hg), Der Europäische Verbund territorialer Zusammenarbeit (EVTZ): neue Chancen für die Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino (2011); Fink, EGTC „European Region Tyrol – South Tyrol – Trentino“ as the Legal Basis and Driving Force of Territorial Cooperation, in Grabher/ Mathis-Moser (Hg), Regionalism(s) (2014) 129.
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B. Bedeutung Die Erläuterungen zu Art 2 TLO 1989 betonen zutreffend das Landes- 17 gebiet als – neben dem Staatsvolk und der Staatsgewalt107 – eines der grundlegenden Elemente der Staatlichkeit.108 Das Landesgebiet stellt jenes Territorium dar, auf dem das Land als Gliedstaat des Bundestaats Republik Österreich seine Gebietshoheit (territoriale Souveränität109) ausübt.110 Es ist das Gebiet, auf dem das Landesvolk lebt und auf das sich die Landesstaatsgewalt bezieht.111 Insofern entfalten die Festlegung des Landesgebiets und mit ihm der Landesgrenzen eine wichtige Ordnungsfunktion, nicht nur in territorialer und (völker-)rechtlicher, sondern auch in demokratischer und gesellschaftlicher Hinsicht,112 verklammert doch „der moderne Staat als territoriale Macht und Entscheidungseinheit […] ein personales Substrat (Staatsvolk) auf einem stabilen Herrschaftsraum (Staatsgebiet) durch wirksame Herrschaft (Staatsgewalt)“.113 Das Landesgebiet begrenzt daher grundsätzlich auch den örtlichen Geltungsbereich der Landesrechtsordnung;114 es ist – wie es Pernthaler ausdrückt – Grundlage regionaler Rechtseinheit.115 Für LG ordnet Art 40 Abs 2 TLO 1989 explizit an, dass diese, wenn nicht ausdrücklich 107 Dazu und zur Staatlichkeit des Landes Tirol vgl die Kommentierungen von Gamper, Art 1 (in diesem Band) Rz 6 und dies, Art 3 (in diesem Band) Rz 3. 108 EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 45. Zu den drei grundlegenden Elementen der Staatlichkeit vgl nur Gamper, Staat und Verfassung4 (2018) 46 ff mwN. 109 Dazu nur Reinisch (Hg), Handbuch 161 f. 110 In einem Bundesstaat gibt es daher verschiedene Staatsgebiete, nämlich das des Bundes und jenes der Gliedeinheiten (Gamper, Staat 47). Zur geteilten Staatlichkeit im Bundesstaat vgl nur Gamper, Staat 87 ff und Pernthaler, Österreichisches Bundesstaatsrecht (2004) 296 f und 300 f. 111 So Gamper, Staat 46. 112 Eingehend dazu Gärdiz, Die Ordnungsfunktion der Staatsgrenze: Demokratizität, Liberalität und Territorialität im Kontext, in Depenheuer/Grabenwarter (Hg), Der Staat in der Flüchtlingskrise. Zwischen gutem Willen und geltendem Recht (2016) 105 (107 ff). 113 So treffend Gärdiz, Ordnungsfunktion 105, zur Interdependenz der drei grundlegenden Staatselemente. 114 Eingehend dazu Rein, Der räumliche Geltungsbereich einer Landesrechtsordnung, JBl 1988, 157. Vgl – aus Sicht der Reinen Rechtslehre – auch Kelsen, Allgemeine Staatslehre (1925) 335 ff (Studienausgabe 2019). S auch Winkler, Raum und Recht (1999) 55 ff. 115 Pernthaler, Raumordnung 82.
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etwas anderes bestimmt ist, für das gesamte Landesgebiet gelten;116 sie begrenzen damit naturgemäß auch den örtlichen Geltungsbereich der auf ihrer Grundlage erlassenen VO. 18 Zudem wird auch die örtliche Zuständigkeit der Behörden, deren Wirkungsbereich sich auf das Land Tirol erstreckt, durch das Landesgebiet abgegrenzt:117 Das betrifft neben der LReg als oberstem Organ der Landesverwaltung und dem LH als zentralem Organ der mittelbaren Bundesverwaltung auch sonstige Landesbehörden118 oder besondere Verwaltungsorgane119 mit landesweiter Zuständigkeit, weiters das LVwG120 und den LT samt seiner Einrichtungen, namentlich die Landesvolksanwältin121 und den LRH.122 Darüber hinaus ist das Landesgebiet schon von Verfassung wegen für den örtlichen Wirkungsbereich der Landespolizeidirektionen123 und der Bildungsdirektionen124 sowie auf einfachgesetzlicher Grundlage für zahlreiche andere Bundesbehörden125 maßgebliche Bezugsgröße. Und schließlich bildet es – wiederum von Verfassung wegen – die Grundlage für die territoriale Untergliederung der Länder in politische Bezirke126
116 Näher dazu Wallnöfer, Art 40 (in diesem Band) Rz 10 f. 117 Allgemein zur Bezogenheit von Amtssprengeln auf die territoriale Untergliederung des Staates vgl Winkler, Raum 60. 118 Wie etwa die nach der TLWO 2017 eingerichtete Landeswahlbehörde. 119 ZB Landesumweltanwalt, Heimanwältin, Kinder- und Jugendanwältin, Patientenvertretung, Antidiskriminierungsbeauftragte. 120 Dieses ist gem Art 70b Abs 1 TLO 1989 „für das Land Tirol“ eingerichtet, wodurch die Beschränkung des Wirkungskreises auf das Landesgebiet ebenfalls mittelbar zum Ausdruck kommt. Vgl auch Art 129 B-VG, wonach „für jedes Land“ ein LVwG besteht. 121 Art 59 TLO 1989. 122 Art 67 ff TLO 1989. 123 Art 78b Abs 1 B-VG. 124 Art 113 Abs 3 B-VG. 125 Etwa in der Sozialverwaltung (Landesstellen des Sozialministeriumservice), in der Arbeitsmarktverwaltung (Landesgeschäftsstellen des Arbeitsmarktservice), bei bundesweiten Wahlen (Landeswahlbehörden), in der Wehrverwaltung einschließlich Koordinierung militärischer Assistenzleistungen (Militärkommanden) oder auch in der Organisation der Sozialversicherung (zB Landesstellen der ÖGK). 126 Art 15 Abs 11 B-VG, wonach die Sprengel der politischen Bezirke durch VO der LReg festzulegen sind, was die Errichtung Landesgrenzen überschreitender politischer Bezirke von vornherein ausschließt.
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und Gemeinden127 oder für die Gliederung des Bundesgebietes in Wahlkreise.128, 129 Grenzüberschreitendes hoheitliches Handeln des Landes ist – auf der 19 Grundlage der diesbezüglichen Ermächtigungen der Art 71 und 71a TLO 1989 – durch den Abschluss von StV mit an Österreich angrenzenden Staaten oder deren Teilstaaten oder durch den Abschluss von staatsrechtlichen Vereinbarungen mit anderen Ländern möglich.130 Zudem bestehen im nicht-hoheitlichen Bereich große Handlungsspielräume für eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit auf regionaler Ebene einschließlich des Abschlusses privatrechtlicher Vereinbarungen mit anderen Staaten oder deren Teilstaaten sowie für eigene außenpolitische Aktivitäten und Initiativen,131 wie sie von Tirol etwa im Rahmen der ARGE ALP,132 durch Etablierung eines Dreier-LT mit Südtirol und dem Trentino133 oder nunmehr in institutionalisierter 127 Art 116 Abs 1 B-VG, wonach sich jedes Land in Gemeinden gliedert, was die Zugehörigkeit einer Gemeinde zu zwei Ländern von vornherein ausschließt. 128 Art 26 Abs 2 B-VG, wonach das Bundesgebiet in räumlich geschlossene Wahlkreise geteilt wird, deren Grenzen die Landesgrenzen nicht schneiden dürfen. 129 Zur rechtlichen Bedeutung der Landesgrenzen vor diesem Hintergrund vgl auch Pernthaler, Raumordnung 60 ff. 130 Vgl dazu jeweils die Kommentierungen von A. Wimmer zu Art 71 und Art 71a (in diesem Band), jeweils mwN. 131 S dazu etwa Pernthaler, Die Zuständigkeit der Länder zum Verkehr mit ausländischen Staaten und anderen Völkerrechtssubjekten und deren Vertretungsbehörden in Österreich, in Köchler (Hg), Transnationale Zusammenarbeit in der Alpenregion (1973) 31; vgl auch Bittner, Verfassungsrechtlicher Handlungsspielraum für eine eigene Außenpolitik der Länder, in Hammer/ Bußjäger (Hg), Außenbeziehungen im Bundesstaat (2007) 3. 132 Nähere Informationen abrufbar unter: www.argealp.org (23.01.2020). 133 Als Dreier-LT bezeichnet man die gemeinsame Sitzung des Südtiroler LT, des Tir LT sowie des LT der Autonomen Provinz Trient. Er befasst sich regelmäßig mit grenzüberschreitenden Themen und anderen Anliegen und fasst dazu ggf gemeinsame Entschl. Nähere Informationen abrufbar unter: www.landtag-bz.org/de/dreier-landtag/dreier-landtag.asp (23.01.2020). Vgl dazu auch Bußjäger, Grenzüberschreitender Parlamentarismus im Alpenraum, in ders/Gsodam (Hg), Multi-Level-Governance im Alpenraum (2013) 177 (179 ff); Siegele, Grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Landtage, insbesondere durch die Gemeinsamen Landtage Tirol-Südtirol-Trentino, in Bußjäger (Hg), Beiträge zum Länderparlamentarismus (2007) 127; Siegele, Die Entwicklung und Zukunft der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit
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Form im Rahmen des EVTZ Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino134 sowie im Rahmen der EU-Alpenraumstrategie (EUSALP)135 genutzt werden.136
C. Verlauf der Landesgrenzen, insbesondere zu Vorarlberg, Salzburg und Kärnten 20 An der Staatsgrenze ist der genaue Verlauf der Landesgrenze – wie bereits dargelegt – durch StV mit Italien, Deutschland und der Schweiz geregelt.137 21 Für den Verlauf der Landesgrenzen zu den Nachbarbundesländern gilt Folgendes: − Der Verlauf der Landesgrenze zu Vbg wird seit dem Jahr 1967 durch eine staatsrechtliche Vereinbarung zwischen den Ländern Tirol und Vbg über die Feststellung des – vermessenen und im Gelände vermarkten – Verlaufs der gemeinsamen Landesgrenze und die Instandhaltung der Grenzzeichen,138 die in Tirol als Gesetz gilt,139 verbindlich festgelegt; die „nasse Grenze“ ist bewegzwischen Tirol-Südtirol-Trentino, insbesondere der Gemeinsamen Landtage Tirol-Südtirol-Trentino, in Matscher/Pernthaler/Raffeiner (Hg), Ein Leben für Recht und Gerechtigkeit – FS Klecatsky (2010) 689. 134 Dazu schon Rz 16. 135 Dazu etwa Plangger, Ein Europa der Makro-Regionen? EU Alpenraumstrategie und Emanzipation der Alpenregionen, in Karlhofer/Pallaver (Hg), Politik in Tirol. Jahrbuch 2019 (2018) 131. 136 Für einen aktuellen, zusammenfassenden Überblick vgl etwa Plangger, Die Europaregion und andere regionale Kooperationsformen wie ARGE ALP und EUSALP, in Bußjäger/Happacher/Obwexer (Hg), Verwaltungskooperation in der Europaregion: Potenziale ohne Grenzen? (2019) 105, sowie in breiterer Perspektive Staudigl, Wie europafähig ist Tirol? Die europapolitischen Strategien eines Landes, in Eppler/Maurer (Hg), Europapolitische Koordination in Österreich. Inter- und intrainstitutionelle Regelwerke, Funktionen und Dynamiken (2019) 307. 137 S Rz 9 ff. 138 Kundgemacht zu LGBl 1968/7 als Anlage zum Gesetz vom 20. November 1967 über die Feststellung des Verlaufes der Landesgrenze zwischen den Ländern Tirol und Vorarlberg und die Instandhaltung der Grenzzeichen, LGBl 1968/7 idF LGBl 1987/6. 139 § 1 des Gesetzes vom 30. September 2009 über die Feststellung des Verlaufes der gemeinsamen Landesgrenze zwischen den Ländern Tirol und Vorarlberg und die Instandhaltung der Grenzzeichen, LGBl 2009/91 idF LGBl 2017/32. Dieses ist an die Stelle des in FN 138 genannten Gesetzes getreten.
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lich.140 Die Vereinbarung enthält zudem Bestimmungen über die Instandhaltung der Grenzzeichen und die Durchführung der in regelmäßigen Abständen erforderlichen Revisionsarbeiten,141 die landesgesetzlich durch eine Bestimmung über den Schutz der Grenzzeichen ergänzt werden.142 Für den Fall von Streitigkeiten über die Auslegung oder Anwendung der Vereinbarung, zu deren Entscheidung nicht eine Behörde zuständig ist, ist die Einrichtung einer ad hoc zu bildenden Schiedskommission vorgesehen.143 − Der Verlauf der Landesgrenze zu Sbg ist weder durch eine staatsrechtliche Vereinbarung noch explizit landes(verfassungs)gesetzlich festgelegt.144 Es ist daher vom im Zeitpunkt des Inkrafttretens der TLO 1921 geltenden historischen Grenzverlauf auszugehen,145 zumal seither auch nie eine landes(verfassungs)gesetzliche Änderung der Landesgrenze erfolgt ist. Aus den 50er Jahren des vorigen Jahrhunderts liegt als Ergebnis einer kommissionellen Feststellung des Grenzverlaufs eine Grenzbeschreibung samt Grenzurkundenwerk vor; damals wurde die Landesgrenze zu Sbg auch vermessen und im Gelände vermarkt.146 Mittelbar ergibt sich der konkrete Verlauf der Landesgrenze zudem aus den Sbg zugewandten Außengrenzen der politischen Bezirke Schwaz, Kitzbühel und Lienz und damit aus den Sbg zugewandten Außengrenzen der an der Landesgrenze liegenden Tir Gemeinden, wobei hier auf die Gren-
140 Vgl Art 1 Abs 2 der Vereinbarung, wonach die Landesgrenze, soweit sie in der Mitte von Bächen verläuft, bei allmählichen natürlichen Änderungen des Wasserlaufes der jeweiligen Mittellinie folgt. 141 Art 3 ff der Vereinbarung. 142 § 2 des genannten Gesetzes. 143 Art 8 der Vereinbarung. 144 Für das Sbg Landesrecht gilt das naturgemäß vice versa. Art 3 Sbg L-VG bestimmt, dass die Landesteile in ihrem gegenwärtigen Bestand das Landesgebiet bilden. 145 S Rz 2 mwH in FN 10. 146 Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen, Landesgrenze Salzburg – Tirol. Grenzurkundenwerk I und II (1956). Konkret erfolgte im Rahmen der topographischen Landesaufnahme zur Herausgabe der „Österreichischen Karte 1:50.000“ unter Federführung des BEV und unter Mitwirkung von Vertretern der beiden Ämter der LReg sowie jeweils örtlicher Vertreter und der betroffenen Grundstückseigentümer eine kommissionelle Begehung, Vermarkung und Vermessung der Landesgrenze zu Sbg.
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zen der an der Landesgrenze liegenden Grundstücke laut Grenzkataster zurückgegriffen werden kann.147 − Auch der Verlauf der Landesgrenze zu Ktn ist weder durch eine bilaterale staatsrechtliche Vereinbarung noch explizit landes(verfassungs) gesetzlich festgelegt,148 sodass auch hier der im Zeitpunkt des Inkrafttretens der TLO 1921 geltende historische Grenzverlauf maßgeblich ist;149 eine landes(verfassungs)gesetzliche Änderung der Landesgrenze ist seither nicht erfolgt. Mittelbar ergibt sich der Verlauf der Landesgrenze zu Ktn aus den Ktn zugewandten Außengrenzen des politischen Bezirks Lienz bzw der betr Tir Gemeinden.150
V. Änderungen des Landesgebietes (Abs 2, 3 und 4) 22 Die Abs 2, 3 und 4 des Art 2 TLO 1989 enthalten die landesverfassungsgesetzlichen Begleitregelungen zu Art 3 Abs 2 und 3 B-VG.151 − Der Abs 2 betrifft Änderungen von Bundesgrenzen, die zugleich Landesgrenzen des Landes Tirol sind, durch StV; diese dürfen nur mit Zustimmung des Landes abgeschlossen werden.152 Die Erteilung dieser Zustimmung obliegt der LReg,153 die jedoch zu ihrer Wirksamkeit einer Genehmigung des LT bedarf. Ungeachtet der Aufgabe der Rechtsform des LVG für solche Grenzänderungen154 147 S dazu Rz 15. 148 Für das Ktn Landesrecht gilt das naturgemäß vice versa. Art 2 Abs 1 K-LVG bestimmt, dass das Land Ktn das Gebiet umfasst, welches umschlossen ist durch die in StV und in näher aufgezählten Gesetzen festgelegten Staatsgrenzen sowie „durch die gemeinsamen Landesgrenzen mit den Ländern Salzburg, Steiermark und Tirol“. 149 S wiederum Rz 2. 150 S wiederum Rz 15. Anders als in Bezug auf die Landesgrenzen zu Vbg und Sbg scheint es hier in neuerer Zeit aber nie zu einer Vermarkung und Vermessung der Landesgrenze gekommen zu sein. 151 S dazu Rz 4. 152 Abs 2 erster Satz, der inhaltlich Art 3 Abs 2 B-VG entspricht und insofern nur deklarative Bedeutung hat. 153 Abs 2 zweiter Satz. Die EBRV zur Nov TLO 1989 LGBl 2011/59, Tir LT XV. GP, GZ 235/11, 4, begründen das damit, dass auch hinsichtlich der Kundmachung von Gesetzen und VO des Bundes zur Erteilung der Zustimmung des Landes die LReg berufen ist (s Art 44 Abs 3 TLO 1989). 154 Zum diesbezüglichen Regelungsspielraum des Landesverfassungsgesetzgebers s Rz 4.
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ist daher weiterhin eine Einbeziehung des LT in diesen für das Land elementaren Angelegenheiten gewährleistet. Ausgehend davon sieht Abs 4 für einen Genehmigungsbeschluss des LT dieselbe qualifizierte Mehrheit wie für LVG155 vor. − Der Änderungen der Landesgrenzen zu einem anderen Land regelnde Abs 3 entspricht inhaltlich Art 3 Abs 3 B-VG; er hat lediglich deklarative Bedeutung.156 Vorgesehen ist eine paktierte Gesetzgebung des Bundes und der betroffenen Länder, für Grenzbereinigungen157 lediglich der betroffenen Länder. Gefordert ist eine inhaltliche Übereinstimmung der betr Gesetze, nicht ihre sprachliche, systematische oder formale158 Identität, wobei die Wirksamkeit der Gebietsänderung das Inkrafttreten aller entsprechenden Gesetze voraussetzt.159 Bemerkenswert ist, dass gem Abs 4 derartige Gesetzesbeschlüsse des LT einer qualifizierten Mehrheit bedürfen. Sie werden dadurch aber nicht automatisch zu LVG, es sei denn, sie würden ausdrücklich als solche bezeichnet.160 Die neuen Regelungen für Änderungen der Landesgrenzen wurden – mangels eines Anwendungsfalls – seit ihrem Inkrafttreten noch nicht angewandt. Im Ergebnis hat der Landesverfassungsgesetzgeber sowohl für die Ge- 23 nehmigung der Zustimmung zu Staatsgrenzverträgen als auch für den Beschluss von die Landesgrenze zu anderen Bundesländern ändernden bzw bereinigenden Gesetzen bewusst161 an der nach der alten Verfassungsrechtslage zwingend vorgegebenen qualifizierten Mehrheit im LT festgehalten. Dadurch wird sichergestellt, dass Entscheidungen betr den Umfang des Landesgebiets als einer der Grundlagen des Staatswesens des Landes stets von einer breiten parlamentarischen Mehrheit getragen sein müssen. Ungeachtet dessen könnte in rechtspolitischer
155 Vgl Art 38 Abs 2 iVm § 61 Abs 2 Tir GO LT; näher dazu Wallnöfer, Art 38 (in diesem Band) Rz 8. 156 Die Aufnahme erfolgte aus Gründen der Regelungsvollständigkeit (so die EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 2011/59, Tir LT XV. GP, GZ 235/11, 4). 157 Zum Begriff und seiner Abgrenzung zu Grenzänderungen s Rz 4 mwH. 158 Rechtsform eines einfachen Gesetzes oder Verfassungsgesetzes. 159 Näher dazu Bußjäger, ZÖR 64 (2009), 124 f und Weber, Art 3 Rz 10/1. 160 S wiederum Art 38 Abs 2 TLO 1989. 161 S die EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 2011/59, Tir LT XV. GP, GZ 235/11, 5.
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Hinsicht allenfalls überlegt werden, wie auf Bundesebene162 für bloße Grenzbereinigungen eine einfache Mehrheit genügen zu lassen. Die derzeitige undifferenzierte Regelung hat freilich den Vorteil, dass damit – mitunter schwierige – Abgrenzungsfragen zwischen Grenzänderungen und Grenzbereinigungen163 für das ordnungsgemäße Zustandekommen der betr Beschlüsse des LT keine Rolle spielen. 24 Änderungen der Landesgrenzen bewirken aufgrund von Art 116 Abs 1 B-VG immer auch die Änderung der Grenzen der betroffenen Gemeinden. Daraus kann sich – bei einem Gebietsgewinn – das Erfordernis ergeben, die gewonnenen Gebietsteile landesgesetzlich einer Gemeinde zuzuweisen (bei entsprechend großen Gebietsgewinnen wäre ggf eine Gemeinde neu zu bilden).164 Da die TGO – im Unterschied zu anderen Gemeindeordnungen165 – diesbezüglich keine allgemeine Regelung enthält, wäre dies im Anlassfall gesetzlich zu regeln.166 Die bislang erfolgten Änderungen der Staatsgrenze zu Deutschland167 bzw zur Schweiz168 haben derartige Zuweisungen nicht erforderlich gemacht. Im Übrigen erfordern Änderungen der Landesgrenze ggf auch entsprechende (vermessungs-)technische Anpassungen in Grenzkataster und Grundbuch.169
162 Art 3 Abs 4 B-VG. 163 S wiederum Rz 4. 164 Diese Notwendigkeit besteht freilich nicht, wenn dem Landesgebiet keine neuen Grundstücke zufallen, sondern sich die Grenzänderung in der (kleinräumigen) Änderung von bestehenden Grundstücksgrenzen erschöpft. 165 Vgl zB § 6 Abs 4 Bgld GemO 2003 und dazu Fasching/Weikovics, Burgenländische Gemeindeordnung 2003² (2018) § 6 Rz 10 f. 166 Vgl dazu mwN nur Neuhofer, 2. Teil. Gemeindegebiet und Gemeindebewohner, in Pabel (Hg), Das österreichische Gemeinderecht (2014) Rz 76 f und Stolzlechner, Art 116 Rz 3. 167 S Rz 11. 168 S Rz 12. 169 Für die Durchführung von Staatsgrenzverträgen vgl Twaroch, ZfV 2006, 18.
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Artikel 3* Landesvolk, Landesbürger (1) Das Landesvolk ist die Gesamtheit der Landesbürger. (2) Landesbürger sind jene österreichischen Staatsbürger, die in einer Gemeinde des Landes den Hauptwohnsitz haben. LGBl samt Erläuterungen: LGBl 1988/61 (X. GP AA 141/88 AB 141/88); LGBl 1995/36 (XII. GP RV 27/95 AB 27/95) Literatur: Hacksteiner/Ranacher, Wahlrechtliche Homogenität und Landesbürgerschaft, in Gamper (Hg), Entwicklungen des Wahlrechts am europäischen Fallbeispiel (2010) 417 ff; Morscher, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer. 7. Tirol (1991) 37 f; Schwamberger/Ranacher, Tiroler Landesordnung 19896: Kommentar (2017) 27 f
Inhaltsübersicht I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben..................................... 1 II. Entstehungsgeschichte.................................................................. 2 III. Begriffe............................................................................................. 3 IV. Anknüpfende Bestimmungen...................................................... 5
I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben Anders als den Begriff „Bundesvolk“ (Art 26 Abs 1, Art 60 Abs 1 1 B-VG) verwendet die Bundesverfassung den Begriff „Landesvolk“ nicht ausdrücklich. Wohl aber erwähnen Art 6 Abs 2 und Art 95 Abs 1 B-VG den Begriff „Landesbürger“. Gem Art 6 Abs 2 B-VG sind jene Staatsbürger, die in einem Land den Hauptwohnsitz haben, dessen Landesbürger; die LG können jedoch vorsehen, dass auch Staatsbürger, die in einem Land einen Wohnsitz, nicht aber den Hauptwohnsitz haben, dessen Landesbürger sind.1 * 1
Herzlicher Dank ergeht an Herrn MMag. Dr. Mathias Eller für die Unterstützung bei der redaktionellen Bearbeitung. Dazu ausführlich Thienel, Art 6 B-VG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (1999) Rz 68 ff; Schick/Wiederin,
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Gem Art 95 Abs 1 B-VG werden die LT auf Grund des gleichen, unmittelbaren, persönlichen, freien und geheimen Wahlrechtes der nach den Landtagswahlordnungen wahlberechtigten männlichen und weiblichen Landesbürger nach den Grundsätzen der Verhältniswahl gewählt. Die Landesverfassung kann vorsehen, dass auch Staatsbürger, die vor Verlegung ihres Hauptwohnsitzes in das Ausland einen Wohnsitz im Land hatten, für die Dauer ihres Auslandsaufenthalts, längstens jedoch für einen Zeitraum von zehn Jahren, zum LT wahlberechtigt sind.2 Art 34 Abs 2 und 3 B-VG sprechen überdies von der „Bürgerzahl“ in den Ländern, die Grundlage für die Berechnung der Bundesratsmitglieder ist.3 Die Wiedereinführung4 der Landesbürgerschaft – deren im Wege staatsbürgerschaftsrechtlicher Überleitung vorgenommene „Ausschal tung“5 durch Abschnitt III III. Hauptstück Nationalsozialistengesetz6 „bis zu einer anders lautenden bundesverfassungsgesetzlichen Regelung“ im Verfassungsrang legitimiert worden war –7 in Art 6 Abs 2 und Art 95 Abs 1 B‑VG erfolgte unter Beibehaltung der einheitlichen österr Staatsbürgerschaft (Art 6 Abs 1 B‑VG).8 Art 6 Abs 2 B-VG wird vom Bundesverfassungsgesetzgeber allerdings nur deklarative Bedeutung zugemessen: Die Landesbürgerschaft sei zwar ein zulässiges Differenzierungsmerkmal im Hinblick auf die Ausübung politischer Landesbürgerschaft, Gemeindemitgliedschaft und Bundesverfassung – Überlegungen zum Wohnsitzbegriff des B-VG, ÖJZ 1998, 6 ff. 2 Vgl Art 17 Abs 2 lit b TLO 1989 und dazu Bußjäger, Art 17 (in diesem Band) Rz 4; vgl auch Hacksteiner/Ranacher, Homogenität 450 f. 3 Dazu Gamper, Art 34 B-VG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (2017) Rz 14 ff. 4 BGBl 1988/685. 5 VfSlg 2455/1952. 6 Bundesverfassungsgesetz vom 6. Februar 1947 über die Behandlung der Nationalsozialisten, BGBl 1947/25. 7 Im Erk VfSlg 2455/1952 hielt der VfGH das Vorhandensein einer eigenständigen Landesbürgerschaft für kein Wesenselement des bundesstaatlichen Bauprinzips; seine Abschaffung stellte daher keine Gesamtänderung der Bundesverfassung dar; kritisch Pernthaler/Weber, Landesbürgerschaft und Bundesstaat (1983) 26 ff. 8 Zur Entwicklungsgeschichte des Art 6 B-VG Thienel, Art 6 Rz 68 ff; näher dazu ders, Art 6 Rz 73 f sowie Schick/Wiederin, ÖJZ 1998, 6 f; Grabenwarter, Art 3 Stmk L-VG, in ders (Hg), Steiermärkische Landesverfassung (2013) Rz 3.
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Rechte im Land, darüber hinausgehende Differenzierungen zwischen Landesbürgern eines Landes und anderen österr Staatsbürgern seien hingegen nur bei sachlicher Rechtfertigung zulässig.9
II. Entstehungsgeschichte In den EB10 zu Art 3 TLO 1989 wird auf Art 6 Abs 2 und Art 95 Abs 1 2 B-VG nicht Bezug genommen, da die B-VG-Nov BGBl 1988/685, mit der die Landesbürgerschaft wiedereingeführt wurde, zum Zeitpunkt der Kundmachung der TLO 1989 noch nicht in Kraft getreten war. Die 1994 erfolgte Ersetzung des Begriffs „ordentlicher Wohnsitz“ durch „Hauptwohnsitz“ in Art 6 Abs 2 und 3 B-VG11 gab Anlass, die Wortfolge „ordentlichen Wohnsitz“ in Art 3 TLO 1989 ebenfalls durch „Hauptwohnsitz“ durch die TLO-Nov LGBl 1995/36 zu ersetzen. Von der erst durch die B-VG-Nov BGBl 1994/504 geschaffenen Möglichkeit, gem Art 6 Abs 2 zweiter Satz B-VG auch jene österr Staatsbürger zu Landesbürgern zu erklären, die im jeweiligen Land nur einen Wohnsitz haben, wurde bislang nicht Gebrauch gemacht.12
III. Begriffe Mit dem in der Überschrift zu Art 3 sowie in Art 3 Abs 1 TLO 1989 3 verwendeten Begriff „Landesvolk“ betont der Landesverfassungsgesetzgeber wie schon in der Präambel und Art 1 und 2 TLO 1989 die (Glied-)Staatlichkeit des Landes Tirol.13 Entsprechend der Drei-Elemente-Lehre von Georg Jellinek14 wird mit dem „Landesvolk“ eine Konstituante des (Glied-)Staats angesprochen, die gem Art 1 Abs 3 TLO 1989 Träger der Staatsgewalt ist.15 Dass damit kein „Einfluß auf 9 10 11 12
RV 607 BlgNR XVII. GP, 6. EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 46. BGBl 1994/504. Mit der Ersetzung des Begriffs durch „Hauptwohnsitz“ erübrigte sich auch die Inanspruchnahme der in Art 151 Abs 9 B-VG enthaltenen Option, bis zu einer Änderung der LG weiterhin den Begriff „ordentlicher Wohnsitz“ für das Wahlrecht zum LT oder GR zu verwenden (näher dazu Thienel, Art 6 Rz 73 f sowie Schick/Wiederin, ÖJZ 1998, 9 f). 13 EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 45. 14 Vgl Jellinek, Allgemeine Staatslehre3 (1929) 394 ff. 15 Gamper, Allgemeine Bestimmungen des Landesverfassungsrechts, in Pürgy (Hg), Das Recht der Länder I (2012) 61 (77). Vgl zur theoretischen Bedeu-
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die Staatsbürgerschaft“ iSe eigenständigen Landesstaatsbürgerschaft genommen werden soll, stellen die EB16 allerdings – in Übereinstimmung mit den Vorstellungen des Bundesverfassungsgesetzgebers bei Erlassung des Art 6 Abs 2 B-VG durch die B-VG-Nov BGBl 1988/685 –17 klar. Darüber hinaus enthält Art 3 Abs 1 TLO 1989 eine Legaldefinition, wonach das Landesvolk die Gesamtheit der Landesbürger ist. Damit wird klargestellt, dass das in der Bundesverfassung nicht ausdrücklich erwähnte „Landesvolk“ keine von den Landesbürgern separierte Kategorie darstellt, sondern eben als Kollektiv aller Landesbürger zu verstehen ist. Unter den Begriff „Landesbürger“ fallen unzweifelhaft auch Landesbürgerinnen. Dies ergibt sich schon aus dem der Auslegung von Art 3 TLO 1989 zugrunde zu legenden bundesverfassungsrechtlichen Verständnis18 des Begriffs „Landesbürger“ in Art 6 Abs 2 B-VG sowie der „männlichen und weiblichen Landesbürger“ in Art 95 Abs 2 B-VG, dem Gleichheitssatz des Art 2 StGG, Art 7 Abs 1 und 2 B-VG sowie Art 14 EMRK, aber auch aus dem umfassenden Begriff „Landesvolk“ in Art 3 Abs 1 TLO 1989. Schließlich legt auch Art 81 letzter Satz TLO 198919 ein solches Verständnis nahe. Der VfGH hielt in VfSlg 20.258/2018 fest, dass das Personenstandsgesetz 201320 einer Person gestatte, auch kein Geschlecht anzugeben oder eine einmal erfolgte Geschlechtsangabe ersatzlos zu löschen. Es ermögliche auch, „dem allfälligen weiblichen oder männlichen Geschlechtszugehörigkeitsempfinden von Personen mit einer Variante der Geschlechtsentwicklung gegenüber männlich oder weiblich im Einzelfall bei der Registrierung des Geschlechts hinreichend Rechnung zu tragen“.21 Die Auswirkungen dieser auf eine im Lichte des Art 8 EMRK durchgeführte verfassungs-
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tung des Begriffs „Landesvolk“ auch Pernthaler, Land, Volk und Heimat als Kategorien des österreichischen Verfassungsrechts (1982) 25 ff; ders/Weber, Landesbürgerschaft 65 ff; Pernthaler/Lukasser, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer. 8. Vorarlberg (1995) 36 f und 43 f. EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 45. RV 607 BlgNR XVII. GP, 5. Zur Geschlechtskonnotation des B-VG Gamper, Art 7 Abs 2 B-VG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (2016) Rz 26 f; Gamper, Zukunft der Geschlechter: von der verfassungsrechtlichen zur „tatsächlichen“ Gleichstellung?, RZ 2014, 55 (61). Vgl Sonntag, Art 81 (in diesem Band). Bundesgesetz über die Regelung des Personenstandswesens, BGBl I 2013/16 idF BGBl I 2014/80 (aF). VfSlg 20.258/2018.
Landesvolk, Landesbürger
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konforme Interpretation gestützten Ansicht auf die im B-VG mehrfach verwendeten dualen Geschlechtsbezeichnungen – auf die der VfGH nicht näher einging – sind unklar. Letztlich kann in einer historischsystematischen, teleologischen wie auch völkerrechtskonformen Auslegung aber wohl nicht anders als bisher gelten, dass zum Bundes- und Landesvolk jedenfalls auch Personen mit österr Staatsbürgerschaft gehören, die sich nicht als weiblich oder männlich empfinden und zwar auch dann, wenn sie dies ggf personenstandsrechtlich geltend machen. Art 3 Abs 2 TLO 1989 definiert die Landesbürger als jene österr Staatsbürger, die in einer Gemeinde22 des Landes den Hauptwohnsitz haben. Diese Bestimmung entspricht substanziell Art 6 Abs 2 erster Satz B-VG. Art 6 Abs 2 zweiter Satz B-VG stellt es dem Landesgesetzgeber frei, auch jene österr Staatsbürger, die im Land nur einen Wohnsitz haben, zu Landesbürgern zu erklären,23 doch hat sich der Tir Landesverfassungsgesetzgeber zu keiner derartigen Erweiterung entschlossen. Der Hauptwohnsitz einer Person ist gem Art 6 Abs 3 B-VG dort be- 4 gründet, wo sie sich in der erweislichen oder aus den Umständen hervorgehenden Absicht niedergelassen hat, hier den Mittelpunkt ihrer Lebensbeziehungen zu schaffen; trifft diese sachliche Voraussetzung bei einer Gesamtbetrachtung der beruflichen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebensbeziehungen einer Person auf mehrere Wohnsitze zu, so hat sie jenen als Hauptwohnsitz zu bezeichnen, zu dem sie das überwiegende Naheverhältnis hat. Dem Begriff „Hauptwohnsitz“ in Art 3 Abs 2 TLO 1989 ist diese Legaldefinition zugrunde zu legen.24
IV. Anknüpfende Bestimmungen Der Begriff „Landesvolk“ findet sich mehrfach in der TLO 1989: Gem 5 Art 1 Abs 3 TLO 198925 ist das Landesvolk Träger der Staatsgewalt des Landes Tirol. Gem Art 8 TLO 198926 sind die politischen Parteien berufen, an der Ausübung der Staatsgewalt durch das Landesvolk mitzuwirken, was mittelbar einen Bezug zur repräsentativen Demokratie 22 Die Erwähnung der Gemeinde wird von Pernthaler/Lukasser, Verfassungsrecht 44 mit dem Subsidiaritätsprinzip konnotiert. 23 Dazu näher Thienel, Art 6 Rz 70. 24 Schick/Wiederin, ÖJZ 1998, 10. 25 Vgl Gamper, Art 1 (in diesem Band) Rz 8. 26 Vgl Ranacher, Art 8 (in diesem Band).
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enthält. Art 31 Abs 2 TLO 198927 sieht vor, dass die Abg zum LT Vertreter des gesamten Landesvolks sind. Die in Art 59 TLO 198928 verankerte Einrichtung des Landesvolksanwalts beschränkt sich dagegen nicht auf das Landesvolk, sondern vielmehr ist „jedermann“ gem Art 59 Abs 2 TLO 1989 auf Verlangen Rat zu erteilen und sind Beschwerden entgegenzunehmen. Art 17 Abs 2 lit a und Abs 6 TLO 198929 verwendet den Begriff „Landesbürger“ iZm der Wahlberechtigung zum LT – über die allerdings unter bestimmten Voraussetzungen auch andere österr Staatsbürger verfügen –30 sowie mit der Verteilung der Mandate auf die Wahlkreise. An die Wahlberechtigung zum LT knüpfen außerdem Art 3731, 3932 und 6033 TLO 1989 hinsichtlich der zu Landesvolksbegehren, -abstimmungen und -befragungen Berechtigten an. Wie schon die EB betonen,34 hat die Landesbürgerschaft damit lediglich für die Ausübung politischer Rechte Bedeutung.
27 Vgl Rath-Kathrein, Art 31 (in diesem Band) Rz 5. 28 Vgl Gamper, Art 59 (in diesem Band) Rz 17. 29 Vgl Bußjäger, Art 17 (in diesem Band) Rz 4. 30 Art 17 Abs 2 lit b TLO 1989. 31 Vgl Gamper, Art 37 (in diesem Band) Rz 9. 32 Vgl Gamper, Art 39 (in diesem Band) Rz 10. 33 Vgl Gamper, Art 60 (in diesem Band) Rz 8. 34 EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 46.
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Artikel 4 Landessprache Die Landessprache ist die deutsche Sprache. LGBl samt Erläuterungen: LGBl 1988/61 (X. GP AA 141/88 AB 141/88) Literatur: Morscher, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer. 7. Tirol (1991) 39; Schwamberger/Ranacher, Tiroler Landesordnung 19896: Kommentar (2017) 28
Inhaltsübersicht I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben..................................... 1 II. Entstehungsgeschichte.................................................................. 2 III. Allgemeines..................................................................................... 3 IV. Begriffsdefinitionen....................................................................... 7 A. Landessprache............................................................................ 7 B. Deutsche Sprache...................................................................... 8
I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben Art 8 Abs 1 B-VG bestimmt, dass die deutsche Sprache, unbeschadet 1 der den sprachlichen Minderheiten bundesgesetzlich eingeräumten Rechte, die Staatssprache der Republik ist. Die Bestimmung enthält damit neben der prinzipiellen Anordnung der deutschen Sprache als Staatssprache zusätzlich eine verfassungsgesetzliche Ermächtigung an den Bundesgesetzgeber, Ausnahmen zugunsten sprachlicher Minderheiten vorzusehen.1 Die Durchbrechung des Grundsatzes der deutschen Staatssprache durch diesen Verfassungsvorbehalt ist dabei im besonderen historischen Kontext mit dem StV von St. Germain zu se-
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Marko, Art 8 B-VG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (2000) Rz 29; Sturm, Minderheiten- und Volksgruppenschutz: Art. 19 StGG; Art. 66 bis 68 StV Saint-Germain; Art. 8 B‑VG; Art. 7 StV 1955, in Machacek/Pahr/Stadler (Hg), 40 Jahre EMRK. Grund- und Menschenrechte in Österreich II (1992) 77 (97).
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hen.2 Aufgrund der im Verfassungsrang stehenden Art 66 Abs 4 StV von St. Germain3 und Art 7 Z 2 und 3 StV von Wien ist Österreich allerdings in bestimmtem Umfang dazu verpflichtet, derartige Ausnahmeregelungen für sprachliche Minderheiten zu schaffen.4 So sieht etwa Art 7 Z 2 StV von Wien vor, dass österr Staatsangehörige der slowenischen und kroatischen Minderheiten in Ktn, Bgld und der Stmk Anspruch auf Schulunterricht in slowenischer oder kroatischer Sprache haben. Art 7 Z 3 StV von Wien wiederum legt fest, dass die slowenische oder kroatische Sprache in den Verwaltungs- und Gerichtsbezirken von Ktn, Bgld und der Stmk mit slowenischer, kroatischer oder gemischter Bevölkerung zusätzlich zum Deutschen als Amtssprache zugelassen wird und Bezeichnungen und Aufschriften topographischer Natur sowohl in Deutsch als auch slowenischer oder kroatischer Sprache zu verfassen sind.5 Diesen Verpflichtungen ist der Bundesgesetzgeber durch mehrere entsprechende Ausführungsgesetze sowie aufgrund dieser ergangenen Durchführungsverordnungen nachgekommen.6 Entsprechende Ausführungsbestimmungen wurden für das Land Tirol mangels verfassungsgesetzlich besonders geschützter sprachlicher Minderheiten nicht erlassen.
II. Entstehungsgeschichte 2 Eine Art 4 TLO 1989 entsprechende Bestimmung bestand bereits in der StF der TLO 1921, kundgemacht durch LGBl 1921/145. Der damalige 2
S nur Kelsen/Froehlich/Merkl, Die Bundesverfassung vom 1. Oktober 1920 (1922) 75; ferner Kolonovits, Sprachenrecht in Österreich (1999) 25; Marko, Art 8 Rz 29; Vašek, Art 66 StV von St. Germain, in Kneihs/Lienbacher (Hg), Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht (2018) Rz 20. 3 Vgl auch Art 149 B-VG. Näher zum Inhalt Art 66 Abs 4 StV von St. Germain bei Vašek, Art 66 Rz 19 ff. 4 Statt vieler Ringhofer (Hg), Die österreichische Bundesverfassung (1977) 25; Öhlinger/Eberhard, Verfassungsrecht12 (2019) 117; Grabenwarter, Art 5 Stmk L-VG, in ders (Hg), Steiermärkische Landesverfassung (2013) Rz 6. 5 Ausführlich zu alledem Kolonovits, Art 7 Z 2–4 StV Wien, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (2016) Rz 21 ff. 6 S bspw das Bundesgesetz über besondere Bestimmungen betreffend das Minderheitenschulwesen im Burgenland, BGBl 1994/641 idF BGBl I 2018/101; das Bundesgesetz vom 19. März 1959, womit für das Bundesland Kärnten Vorschriften zur Durchführung der Minderheiten-Schulbestimmungen des Österreichischen Staatsvertrages getroffen werden, BGBl 1959/101 idF BGBl I 2017/138 sowie das VoGrG.
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§ 5 TLO 1921 statuierte Folgendes: „Die deutsche Sprache ist die Landessprache“. Diese Bestimmung wurde im Rahmen der in LGBl 1946/2 kundgemachten WV der TLO 1921 unverändert übernommen, wobei im genannten LGBl keine dezidierte Nummerierung der betr Bestimmung aufzufinden ist. Aus den sie umschließenden Bestimmungen (§§ 4 und 6, welche explizit als solche bezeichnet werden) ergibt sich jedoch zweifelsfrei, dass es sich bei der gegenständlichen Bestimmung nach wie vor um „§ 5“ der TLO 1946 gehandelt hat. Auch im Zuge der (erneuten) WV der TLO 1946 durch LGBl 1953/23 und 1953/24 wurde die Bestimmung gleichbleibend als § 4 TLO 1953 übernommen. Erst im Rahmen der Erlassung der aktuellen TLO im Jahre 1989 wurde der nunmehrige Art 4 TLO 1989 geringfügig sprachlich verändert. Diese sprachliche Adaptierung führte allerdings zu keiner inhaltlichen Änderung der Bestimmung, wie sich aus dem ausdrücklichen Verweis in den EB ergibt, wonach „[d]iese Vorschrift […] dem § 4 TLO 1953 [entspricht]“.7 Seit seinem Inkrafttreten wurde Art 4 TLO 1989 keiner Änderung mehr unterzogen.
III. Allgemeines Die Normierung einer eigenen „Landessprache“ für Tirol stellt iZm 3 dem bundesstaatlichen Prinzip ein Zeichen der (Glied-)Staatsqualität des Landes dar (vgl dazu auch Art 1 Abs 1 TLO 19898).9 Darauf weisen auch die EB explizit hin, welche ausführen, dass am Beginn der TLO 1989 Bestimmungen stehen, durch welche die (Glied-)Staatsqualität des Landes Tirol und seine Stellung innerhalb des österr Bundesstaats zum Ausdruck kommen sollen. Die Festlegung einer Landessprache stellt in diesem Zusammenhang ua neben Bestimmungen über Staatsgewalt, Staatsgebiet und Staatsvolk ein (weiteres) „grundsätzliches Merkmal“ dar.10 Im Vergleich mit den übrigen Landesverfassungen zeigt sich, dass bis 4 auf jene von Wien jede Landesverfassung Bestimmungen über die Lan7 EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 46. 8 Dazu Gamper, Art 1 (in diesem Band) Rz 6 f. 9 S Gamper, Allgemeine Bestimmungen des Landesverfassungsrechts, in Pürgy (Hg), Das Recht der Länder I (2012) 61 (80); Pernthaler/Lukasser, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer. 8. Vorarlberg (1995) 46. 10 EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 42.
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dessprache enthält. Lediglich Art 5 Stmk L-VG verwendet nicht den Begriff der „Landessprache“, sondern spricht von der „Geschäftssprache der Behörden und Ämter des Landes“.11 Auch die systematische Anordnung von Art 4 TLO 1989 am Beginn der Landesverfassung deckt sich mit den Sprachbestimmungen in allen anderen Landesverfassungen.12 Die Bestimmung über die Landessprache der Landesverfassung von Vbg beinhaltet über die Festlegung der Landessprache hinaus als einzige Regelung außerdem eine eigenständige Staatszielbestimmung, wonach sich das Land „zur Pflege der in Vorarlberg beheimateten Mundarten“ bekennt.13 5 Inhaltlich orientiert sich Art 4 TLO 1989 – ebenso wie die übrigen Bestimmungen über die Landessprache in den sonstigen Verfassungen – stark an der bundesverfassungsrechtlichen Bestimmung des Art 8 Abs 1 B-VG, allerdings mit dem Unterschied, dass Art 4 TLO 1989 keine entsprechende Ausnahmebestimmung zugunsten sprachlicher Minderheitenrechte vorsieht. Gleiches gilt im Übrigen für die Bestimmungen in den Landesverfassungen von OÖ14 und Sbg15. Dieser Umstand bedeutet jedoch keinen Widerspruch zur Bundesverfassung, vielmehr ist Art 4 TLO 1989 (ebenso wie die Bestimmungen in den Verfassungen von OÖ und Sbg) bundesverfassungskonform so zu verstehen, dass es zu keiner Einschränkung sprachlicher Minderheitenrechte in Tirol kommt.16 Dafür sprechen auch die EB zu Art 4 TLO 1989, welche ausdrücklich auf 11 Dazu Grabenwarter, Art 5 Rz 1. 12 Koja, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer2 (1988) 93. Vgl Art 6 Bgld L-VG, Art 5 Abs 1 K-LVG, Art 6 NÖ LV 1979, Art 5 OÖ L-VG, Art 7 Abs 1 Sbg L-VG, Art 5 Stmk L-VG und Art 5 Vbg LV. 13 Art 5 Vbg LV, näher zu dieser Staatszielbestimmung Pernthaler/Lukasser, Verfassungsrecht 46 f. 14 Art 5 OÖ L-VG. 15 Art 7 Abs 1 Sbg L-VG. 16 S Kolonovits, Sprachenrecht 29 bei FN 106; Grabenwarter, Art 5 Rz 2. Koja, Verfassungsrecht 93 zufolge nehmen va die Länder, in denen sprachliche Minderheiten vorhanden sind, ausdrücklich auf die bundesgesetzlich eingeräumten Rechte dieser Minderheiten Bedacht. Anders gewendet lässt das Fehlen solcher Minderheiten in Tirol vermuten, dass mangels tatsächlicher Relevanz davon abgesehen wurde, eine Ausnahmebestimmung ausdrücklich zu erlassen. Wie gezeigt ist aber deshalb nicht der Schluss zu ziehen, dass Art 4 TLO 1989 nicht mit Art 8 B-VG vereinbar wäre. Dessen ungeachtet würde die Verankerung einer solchen Ausnahmebestimmung mangels kompetenzrechtlicher Befugnis ohnedies keine eigenständige Minderheitenschutzbestimmung darstellen, wie Gamper, Bestimmungen 80 hervorhebt.
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Art 8 B-VG und den dort normierten Vorbehalt zugunsten sprachlicher Minderheitenrechte hinweisen.17 Dementsprechend kommt Art 4 TLO 1989 inhaltlich lediglich deklarativer Charakter zu.18 Staatsangehörigen anderer EU-Mitgliedstaaten (Unionsbürger) ist es 6 möglich, sich auf nationale Ausnahmebestimmungen von der Pflicht zur Verwendung der deutschen Sprache zu berufen. Dies ergibt sich aus dem unionsrechtlichen Diskriminierungsverbot gem Art 18 AEUV.19 Relevanz kann dieser Tatsache insb iZm Staatsangehörigen aus Ungarn, Slowenien und Kroatien zukommen.20
IV. Begriffsdefinitionen A. Landessprache Art 4 TLO 1989 bestimmt die deutsche Sprache als „Landessprache“. 7 Eine Legaldefinition des Begriffs findet sich ebenso wenig wie eine nähere Begriffsbestimmung in den Mat. Der Ausdruck „Landessprache“ ist allerdings jenem der „Staatssprache“ in Art 8 Abs 1 B-VG eindeutig angenähert.21 Unter „Staatssprache“ iSd Art 8 B-VG ist die offizielle Sprache zu verstehen, in der die Anordnungen der Staatsorgane zu ergehen haben und derer sich alle Staatsorgane im Verkehr zwischen einander und im amtlichen Verkehr mit den Parteien zu bedienen haben.22 Vom weiten Begriff der Staatssprache sind alle Staatsorgane (sowohl im organisatorischen als auch im funktionellen Sinn) umfasst, sie ist damit offizielle Sprache der Gesetzgebung, der Gerichtsbarkeit und der Verwaltung.23 Strittig ist hingegen, ob die Staatssprache auch im Bereich der Privatwirtschaftsverwaltung anzuwenden ist.24 17 EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 46. 18 So zB Marko, Art 8 Rz 6; Grabenwarter, Art 5 Rz 1; Kolonovits, Staatssprache und Rechtschreibreform, JRP 1997, 6 (14). Vgl Koja, Verfassungsrecht 38 ff zum Verständnis von „deklarativ“ und „konstitutiv“ im vorliegenden Zusammenhang. 19 Vgl dazu EuGH 24.11.1998, C-274/96, Bickel und Franz; ferner Grabenwarter, Art 5 Rz 7; Marko, Art 8 Rz 34. 20 So auch Grabenwarter, Art 5 Rz 7; Marko, Art 8 Rz 34. 21 Gamper, Bestimmungen 80. 22 S zB VfSlg 9233/1981, 9744/1983, 9801/1983, 13.998/1994. 23 Kolonovits, Sprachenrecht 27 f; Marko, Art 8 Rz 5. 24 Vgl nur Öhlinger/Eberhard, Verfassungsrecht 117; s ferner insb die Ausführungen bei Kolonovits, Sprachenrecht 34 ff.
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IdS ist unter „Landessprache“ die offizielle Sprache aller Landesorgane jeglicher Staatsfunktionen zu verstehen, in der die Anordnungen der Organe zu ergehen haben und in welcher diese untereinander sowie mit Parteien (amtlich) zu verkehren haben.25 Vom Anwendungsbereich des Art 4 TLO 1989 sind naturgemäß nur die Organe des Landes Tirol (im organisatorischen und funktionellen Sinn) sowie die mit diesen amtlich korrespondierenden Personen erfasst. Der Begriff Landessprache stellt sohin einen Oberbegriff dar, unter den ua die Amtssprache, die Verhandlungssprache, die Gerichtssprache oder die Unterrichtssprache fallen.26 Die Anordnung bezieht sich demgegenüber nicht auf private, gesellschaftliche, wirtschaftliche und religiöse Kommunikation jeglicher Art.27
B. Deutsche Sprache 8 Art 4 TLO 1989 legt als Landessprache – ebenso wie Art 8 Abs 1 B-VG – die „deutsche Sprache“ fest. Eine nähere Bestimmung dieses Begriffs findet sich weder in der TLO 1989 noch in der Bundesverfassung. Allerdings ist die Bestimmung in bundesverfassungskonformer Weise so zu verstehen, dass der Begriff der „deutschen Sprache“ in Art 4 TLO 1989 mit jenem in Art 8 Abs 1 B-VG inhaltlich deckungsgleich ist. Art 4 TLO 1989 umfasst mangels Einschränkung sowohl die „gesprochene“ als auch die „geschriebene“ Sprache.28 Ein spezifischer „statischer“29 Standard der deutschen Sprache zu einem bestimmten Zeitpunkt wird durch Art 4 TLO 1989 nicht normiert, was auch im Hinblick auf das Wesen einer lebendigen Sprache und ihrer steten Weiterentwicklung nicht sinnvoll wäre.30 Der Begriff „deutsche Sprache“ ist vielmehr im Gleichklang mit Art 8 Abs 1 B-VG so zu verstehen, dass davon auch Änderungen durch den Sprachgebrauch und die Modernisierung der Sprache erfasst sind.31 Normativer 25 Grabenwarter, Art 5 Rz 3; Marko, Art 8 Rz 5. Vgl idS auch Art 5 Abs 1 KLVG, der die „Landessprache“ als „die Sprache der Gesetzgebung und […] die Sprache der Vollziehung des Landes Kärnten“ definiert. 26 Vgl Marko, Art 8 Rz 5. 27 Vgl Pernthaler/Lukasser, Verfassungsrecht 46. 28 Vgl Kolonovits, JRP 1997, 11 bei FN 45; Marko, Art 8 Rz 7. 29 Kolonovits, JRP 1997, 12 verwendet in diesem Zusammenhang den Begriff der „Versteinerung“. 30 Ebenso Marko, Art 8 Rz 8. 31 Kolonovits, JRP 1997, 12; Marko, Art 8 Rz 8.
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Ausgangspunkt für den Begriff „deutsche Sprache“ wird somit der zum Zeitpunkt der Erlassung von Art 4 TLO 1989 vorgefundene (mündliche wie schriftliche) deutsche Sprachgebrauch gewesen sein, welcher sich allerdings durch die in Art 4 TLO 1989 implizit verankerte dynamische Komponente weiterentwickelt hat. Für ein derartiges dynamisches Verständnis des Begriffs spricht schließlich auch die Wiederverlautbarungsbestimmung des Art 41 TLO 198932, wonach ua „überholte sprachliche Wendungen richtiggestellt und veraltete Schreibweisen der neuen Schreibweise angepaßt werden“. IdS ist Art 4 TLO 1989 im Gesamtzusammenhang mit der ständigen 9 und dynamischen Fortentwicklung der deutschen Sprache zu betrachten und zu verstehen.33 Dementsprechend steht Art 4 TLO 1989 auch nicht der Verwendung von branchenüblichen fremdsprachigen Fachausdrücken entgegen.34 In gleicher Weise ist es zulässig, fremdsprachige technische Begriffe zu verwenden, wenn diese im gegebenen Kontext typischerweise herangezogen werden. Zu denken wäre etwa an die inzwischen weitgehend etablierte Computerfachsprache.35 Dessen ungeachtet sehen die legistischen RL von Tirol hinsichtlich der inhaltlichen Gestaltung von Rechtsvorschriften vor, dass Fremdwörter, für welche ein treffender deutscher Ausdruck zur Verfügung steht, zu vermeiden sind.36 Auch steht Art 4 TLO 1989 ebenso wie Art 8 B-VG der Verwendung anderer – bspw grafischer – Mittel wie etwa Verkehrszeichen, mit denen der (normative) Inhalt zum Ausdruck gebracht wird, grds nicht entgegen.37 32 33 34 35
S dazu Wallnöfer, Art 41 (in diesem Band) Rz 1 ff. So auch Grabenwarter, Art 5 Rz 5 zu Art 5 Stmk L-VG. Vgl VfSlg 4092/1961. Gleiches gilt wiederum für Art 8 B-VG. S auch Klingenbrunner, Fremdsprachen im Gemeindeamt, RFG 2009, 4; zustimmend Grabenwarter, Verfassungsrechtliche Fragen eines Beitritts Österreichs zum Londoner Übereinkommen, ÖBl 2010, 209 (210); ders, Verfassungs- und völkerrechtliche Aspekte des Verzichts auf Übersetzungserfordernisse im europäischen Patentrecht, in Schenk et al (Hg), FS Griss (2011) 205 (213). 36 Amt der Tiroler Landesregierung (Hg), Tiroler Legistische Richtlinien 1980 (1980) 1. So wird in den LG von Tirol bspw der Begriff „Internetseite“ anstatt „Homepage“ verwendet, s etwa § 7 Abs 2 LRechnungshofG; § 8 Abs 4 LVerlautG; §§ 46 Abs 5 und 108 Abs 6 TGO uvm. 37 Vgl VwSlg 12.949 A/1989; VwGH 21.06.1989, 87/03/0273; 29.09.1989, 88/18/0308.
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Die Grenze der Zulässigkeit im Licht von Art 4 TLO 1989 ist allerdings dann überschritten, wenn die Änderungen derart weitreichend sind, dass es sich nicht mehr um die „deutsche Sprache“, sondern vielmehr um eine „Fremdsprache“ handelt.38 Wann noch die „deutsche Sprache“ oder schon eine „Fremdsprache“ vorliegt, muss im Einzelfall beurteilt werden, die Grenzziehung wird dabei freilich nicht immer einfach sein.39 10 Die Pflicht zur Verwendung der deutschen Sprache trifft im Anwendungsbereich von Art 4 TLO 1989 sowohl die Landesorgane als auch die mit diesen amtlich verkehrenden Parteien gleichermaßen.40 Bedienen sich die Landesorgane entgegen Art 4 TLO 1989 nicht der Landessprache und bestehen keine entsprechenden Ausnahmen, welche die Verwendung einer anderen als der deutschen Sprache erlauben, so kommt einem solchen Akt keine normative Bedeutung zu.41 Dessen ungeachtet wird es hier aber zulässig sein, zusätzlich zur Erlassung des (glied-)staatlichen Aktes in deutscher Sprache denselben auch in einer Fremdsprache zu erlassen.42 Rechtlich maßgeblich wäre in einem solchen Fall aber jedenfalls ausschließlich der deutschsprachige Akt. Demgegenüber sind schriftliche Anbringen von Parteien, welche in einer anderen Sprache als Deutsch verfasst wurden, bei Fehlen einer entsprechenden Ausnahmeregelung mit einem Formgebrechen belastet und deshalb mangelhaft. Derartige Anbringen sind allerdings einer Verbesserung zugänglich.43 11 Art 4 TLO 1989 gewährleistet kein subjektives Recht auf Verwendung der deutschen Sprache als Landessprache. Zwar wäre die Einräumung eines solchen (landes-)verfassungsrechtlich gewährleisteten Rechts prinzipiell zulässig, allerdings finden sich weder im Wortlaut noch in 38 Kolonovits, JRP 1997, 12; so auch Grabenwarter, Art 5 Rz 5; ders, ÖBl 2010, 210. 39 IdS auch Marko, Art 8 Rz 11. 40 Vgl Marko, Art 8 Rz 12; Grabenwarter in FS Griss 217. 41 Vgl VwSlg 11.081 A/1983; VfSlg 13.850/1994. Marko, Art 8 Rz 16 bezeichnet derartige Erledigungen als „rechtliches Nichts“. 42 Vašek, Unverständliche Staatssprache? Eine Marginalie zu Art 8 B-VG, juridikum 2017, 235 (238). Es würde sich dabei mangels gesetzlicher Anordnung freilich um eine bloße „Serviceleistung“ handeln, auf die kein Rechtsanspruch besteht. 43 Vgl VwSlg 11.556 A/1984. S etwa § 13 AVG.
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den EB der Bestimmung dahingehend Indizien. Auch spricht die systematische Einordnung der Bestimmung gegen das Vorliegen eines subjektiven Rechts. Insgesamt überwiegen daher die Gründe, ein solches Recht aufgrund von Art 4 TLO 1989 abzulehnen.44
44 Für ein sich aus Art 8 B-VG ergebendes subjektives Recht auf Bundesebene Kolonovits, Sprachenrecht 30 ff; aA Grabenwarter, Art 5 Rz 8; dagegen wohl auch Marko, Art 8 Rz 23 f.
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Artikel 5 Landeshauptstadt Die Landeshauptstadt ist die Stadt Innsbruck. LGBl samt Erläuterungen: LGBl 1988/61 (X. GP AA 141/88 AB 141/88) Literatur: Morscher, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer. 7. Tirol (1991) 37 f; Schwamberger/Ranacher, Tiroler Landesordnung 19896: Kommentar (2017) 27 f
Inhaltsübersicht I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben..................................... 1 II. Entstehungsgeschichte.................................................................. 2 III. Die Landeshauptstadt Innsbruck................................................ 3 IV. Sonderstatus der Landeshauptstadt........................................... 4 A. Innsbruck als Gemeinde........................................................... 4 B. Innsbruck als Statutarstadt..................................................... 5 V. Privilegierungen – Besonderheiten.............................................. 7
I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben 1 Soweit ersichtlich enthält die Bundesverfassung keine ausdrücklichen Vorschriften über die Auswahl und Bezeichnung einer Stadt oder Gemeinde als Hauptstadt eines Landes. Ausgenommen davon ist freilich die Stadt Wien, die gem Art 5 Abs 1 B-VG Bundeshauptstadt und Sitz der obersten Organe des Bundes ist. Auch implizit ist aus der Bundesverfassung kein Verbot dergestalt abzuleiten, dass es einem Bundesland verwehrt wäre, eine Stadt oder Gemeinde als Hauptstadt zu bezeichnen. Bestimmungen dieser Art unterliegen daher der relativen Verfassungsautonomie der Länder. Im Ländervergleich zeigt sich, dass – wiederum Wien ausgenommen1 – jedes einzelne Land, nicht zuletzt aus staats1
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Weder im B-VG noch in der WStV wird Wien explizit als „Landeshauptstadt“ bezeichnet. Dies lässt sich anhand der besonderen Konstellation – Wien ist Stadt und Land zugleich – erklären, weil es keinen Sinn machen
Landeshauptstadt
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rechtlichen und politischen Gründen, eine Stadt als Landeshauptstadt bezeichnet.2 Denn die Bezeichnung einer Stadt als Landeshauptstadt eines Landes ist als Ausdruck seiner Eigenständigkeit und Gliedstaatlichkeit in der bundesstaatlichen Organisationsstruktur zu werten.3 Eine beliebige, womöglich auch kleinere Gemeinde als Landeshauptstadt zu bezeichnen, wäre dem Landesverfassungsgesetzgeber ebenso keineswegs verwehrt, wenngleich als Landeshauptstadt doch wesensgemäß eine für das jeweilige Land bedeutende Gemeinde in Frage kommen wird. Obwohl die Wahl einer (Landes-)Hauptstadt daher regelmäßig auf die größte und politisch, wirtschaftlich oder auch kulturell bedeutendste Stadt eines Landes fallen wird, muss dem nicht so sein – ein Blick in das benachbarte Vbg genügt.4 Ein bestimmter Grad an landesweiter Bedeutung ist demnach zwar keine unabdingbare Voraussetzung für die Benennung als Landeshauptstadt, wird in den allermeisten Fällen aber regelmäßig ein Kriterium bei deren Auswahl bilden.
II. Entstehungsgeschichte Als die Stadt Ibk im Jahr 1849 offiziell Meran als Landeshauptstadt des 2 damaligen Landes Tirol5 beerbte, konnte diese bereits auf eine bewegte und ereignisreiche Geschichte zurückblicken. Schon 1420 wurde Ibk von Herzog Friedrich IV. als Residenzstadt auserkoren, weshalb die Stadt schon sehr früh einen besonderen Status genoss. Unter der Herrschaft Kaiser Maximilians I. wurde Ibk gar zum Mittelpunkt des damaligen Europas. Von 1806–1814 gehörte Tirol zu Bayern und war Ibk in diesem Zusammenhang der zentrale Schauplatz mehrerer erbitterter Widerstandskämpfe unter Anführung des Freiheitskämpfers Andreas Hofer. Auch in der Zwischenkriegszeit änderte sich am Status von Ibk als Landeshauptstadt von Tirol nichts.6 Von 1938–1945 fungierte Ibk würde, hier zwischen einer Landeshauptstadt und einem restlichen Land zu unterscheiden. 2 Neben Ibk sind dies folgende Städte: Bregenz (Art 4 Vbg LV), Sbg (Art 12 Abs 1 Sbg L-VG), Klagenfurt (Art 7 K-LVG), Graz (Art 4 Stmk L-VG), St. Pölten (Art 5 Abs 1 NÖ LV 1979), Linz (Art 4 OÖ L-VG) und Eisenstadt (Art 7 Abs 1 Bgld L-VG). 3 S auch die EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 42. 4 Dessen Landeshauptstadt Bregenz ist gemessen an ihrer Einwohnerzahl nach Dornbirn und Feldkirch lediglich die drittgrößte Stadt in Vbg. 5 Kaiserliches Patent vom 30.12.1849, RGBl 1850/22. 6 S dazu sogleich unten.
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als Hauptstadt im Reichsgau Tirol-Vbg, der nach dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich gebildet worden war. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges war die TLO 1921 per LVG erneut in Kraft gesetzt7 und mit LGBl 1946/2 als TLO 1946 wv worden, sodass ab diesem Zeitpunkt Ibk wieder als Landeshauptstadt von Tirol festgelegt wurde.
III. Die Landeshauptstadt Innsbruck 3 Die heutige Formulierung des Art 5 entspricht weitgehend jener des § 3 TLO 1953,8 welche formell wiederum auf die TLO 1921 und dessen § 4, wonach „Landeshauptstadt [...] die Stadt Innsbruck“ ist, zurückgeht. Sie steht zudem in engem systematischen Zusammenhang mit den Bestimmungen über den Sitz des LT,9 der LReg,10 des Landesvolksan walts,11 des LRH12 und des LVwG Tirol.13 Für alle genannten Organe wird Ibk als deren Sitz festgelegt. Offensichtlich soll damit bezweckt werden, die rechtliche und politische Entscheidungsmacht räumlich in Ibk zu konzentrieren.14 Sowohl der LT als auch die LReg können für die Dauer außerordentlicher Verhältnisse15 sowie dann, wenn das jeweilige Organ dies für besondere Ausnahmefälle16 beschließt, aber 7 8 9 10 11 12 13 14
LGBl 1946/1. LGBl 1953/24. Art 16 Abs 2 erster Satz TLO 1989. Art 44 Abs 5 erster Satz TLO 1989. Art 59 Abs 4 erster Satz TLO 1989. Art 67 Abs 3 TLO 1989. Art 70b zweiter Satz TLO 1989. Vgl dazu auch Grabenwarter, Art 4 Stmk L-VG, in ders (Hg), Steiermärkische Landesverfassung (2013) Rz 4 f in Bezug auf die Stmk. Nichtsdestotrotz ist die Tir Landesverwaltung dem Grunde nach relativ stark dezentralisiert, wie sich anhand des hohen Anteils außerhalb von Ibk situierten Dienststellen (BH, Baubezirksämter, verschiedene Außenstellen, Bezirksforstinspektionen usw) klar erkennen lässt. Vgl dazu Bußjäger/Keuschnigg/ Schramek (Hg), Kriterien und Möglichkeiten der Dezentralisierung in Tirol. FÖDOK 41 (2018) 1 und 43 f. 15 In Anlehnung an Art 53 Abs 1 TLO 1989 sind darunter Fälle zu verstehen, in denen aufgrund höherer Gewalt (zB Naturkatastrophen wie Hochwasser oÄ) oder sonstiger Bedrohungslagen eine Einberufung des LT oder der LReg in Ibk nicht möglich ist. Vgl dazu näher Bußjäger, Art 16 (in diesem Band) Rz 8. 16 Das Vorliegen außerordentlicher Verhältnisse bildet gerade keine kumulative Voraussetzung für eine Sitzverlegung. Beschränkt ist der LT bzw die LReg allerdings dadurch, dass eine solche explizit nur in besonderen Fällen
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auch an einem Ort außerhalb der Landeshauptstadt einberufen werden. Die landesverfassungsrechtliche Verankerung von Ibk als Landeshauptstadt des Landes Tirol und Sitz der soeben erwähnten Organe bzw Institutionen ist sohin kein Hindernis, sowohl einzelne Sitzungen als auch Auftritte repräsentativer Art der LReg oder des LT außerhalb von Ibk stattfinden zu lassen.17 Augenscheinlich nehmen diese Bestimmungen Anleihe an jener in Art 5 Abs 2 B-VG, wonach der BPräs auf Antrag der BReg für die Dauer außerordentlicher Verhältnisse den Sitz oberster Organe des Bundes in einen anderen Ort des Bundesgebietes verlegen kann. Nicht erlaubt wäre es hingegen, neben Ibk einen zweiten, ständigen Amtssitz der LReg zu etablieren. Ähnliches gilt bspw auch für den Landesvolksanwalt, der – soweit dies zur Besorgung seiner Aufgaben zweckmäßig ist – außerhalb der Landeshauptstadt Sprechtage abhalten kann.18
IV. Sonderstatus der Landeshauptstadt A. Innsbruck als Gemeinde Neben ihrer Stellung als Landeshauptstadt ist Ibk zugleich die bevölke- 4 rungsreichste und flächenmäßig größte der insgesamt 279 Gemeinden Tirols. Während einige Bestimmungen in der TLO 1989 explizit zwischen den Gemeinden und der Stadt Ibk unterscheiden,19 ist bei einer undifferenzierten Bezugnahme auf „Gemeinden“ regelmäßig auch die Stadt Ibk mitumfasst.20 Damit gelten für die Stadt Ibk wie für jede andere Gemeinde auch die in Art 115–120 B-VG statuierten Regelungen zur Organisation und den Funktionen der Gemeinde sowie der Grund-
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und nur ausnahmsweise erfolgen darf. Jedenfalls mitumfasst von dieser Bestimmung sind etwa die zwei Mal pro Jahr stattfindenden Regierungsklausuren der LReg außerhalb von Ibk. Vgl dazu wiederum Schmid, Art 44 (in diesem Band) Rz 17. S dazu insb Schwamberger/Ranacher, Landesordnung 41 in Bezug auf Art 16 TLO 1989: „Damit soll der Übung, gemeinsame Sitzungen der Landtage von Tirol und Südtirol auch außerhalb Innsbrucks abzuhalten, eine Grundlage in der Landesordnung gegeben werden.“ Art 59 Abs 4 zweiter Satz TLO 1989. Vgl dazu auch hinsichtlich des LVwG Tirol Ranacher, Art 70b (in diesem Band) Rz 1 mit der Möglichkeit, Amtshandlungen (zB Zeugenvernehmungen und Augenschein) an Ort und Stelle durchzuführen. Art 36 Abs 2 lit a und Art 37 Abs 1 TLO 1989. Statt vieler vgl etwa Art 3 Abs 2 TLO 1989.
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satz der abstrakten Einheitsgemeinde,21 welcher mit dem besonderen Status der Landeshauptstadt jedenfalls in Einklang zu bringen ist,22 das Recht auf Selbstverwaltung und die Möglichkeit, als selbständiger Wirtschaftskörper privatwirtschaftlich zu agieren. Nicht vereinbar wäre es allerdings, würde der Landesverfassungsgesetzgeber zwischen neu erfundenen Gemeindetypen rechtlich differenzieren.
B. Innsbruck als Statutarstadt 5 Eine weitere Besonderheit von Ibk ist, dass sie neben 14 anderen österr Städten über ein eigenes Stadtrecht verfügt.23 Seit der Gemeindeverfassungsnov 196224 werden für die künftige Verleihung eines Stadtrechts gem Art 116 Abs 3 B-VG ein Antrag einer Gemeinde mit mindestens 20.000 Einwohnern und die Nichtgefährdung von Landesinteressen als Voraussetzungen normiert.25 Für bereits zuvor bestandene Statutarstädte – dazu zählt auch Ibk – ist jedoch § 4 der erwähnten Nov ausschlaggebend, welcher bestimmt, dass „die bisherigen Städte mit eigenem Statut […] als solche bestehen“ bleiben. Das Stadtrecht von Ibk genießt daher einen besonderen bundesverfassungsrechtlichen Bestandsschutz. Verfassungswidrig wäre es daher, wenn durch ein einfaches LG Ibk das Stadtrecht entzogen werden würde. Nichtsdestotrotz soll nicht unerwähnt bleiben, dass Ibk auch bei Fehlen einer entsprechenden Bestandsanordnung in der Gemeindeverfassungsnov 1962 die dort normierten Voraussetzungen für die Verleihung eines eigenen Stadtrechts zweifellos erfüllt hätte, sodass lediglich die Stellung eines 21 S dazu ua Weber, Art 115 B-VG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (2016) Rz 9; Weber, Gemeindeaufgaben, in Österreichischer Gemeindebund/Österreichischer Städtebund (Hg), 40 Jahre Gemeindeverfassungsnovelle 1962 (2002) 31 (36); Stolzlechner, Art 115 B-VG, in Kneihs/Lienbacher (Hg), Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht (2013) Rz 6 f; Stolzlechner, Art 118 B-VG, in Kneihs/Lienbacher (Hg), Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht (2013) Rz 4. 22 Paradigmatisch sind in diesem Zusammenhang Art 116 Abs 3 sowie Art 117 Abs 1 lit b und 7 B-VG zu nennen, welche Statutarstädten sowohl funktionell weitreichendere Befugnisse im Vergleich zu den klassischen Gemeinden einräumen als auch organisationsrechtlich Differenzierungen zulassen. 23 S das IbkStadtR. 24 BGBl 1962/205 idF BGBl I 1999/194 (DFB) idF BGBl I 2008/2. 25 Zu diesen Voraussetzungen vgl insb Stolzlechner, Art 116 B-VG, in Kneihs/ Lienbacher (Hg), Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht (2018) Rz 48 ff.
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entsprechenden Antrags für die Zuerkennung notwendig gewesen wäre. Darüber hinaus ist zu erwähnen, dass die Stellung von Ibk als Landeshaupt- und zugleich Statutarstadt keine direkten wechselseitigen Implikationen hat.26 Allerdings wird – wie bereits oben dargelegt – für die Auswahl als Landeshauptstadt ein bestimmter Grad an landesweiter Bedeutung vorauszusetzen sein, welcher sich ua in der Einwohnerstärke manifestiert, während für den Erhalt eines eigenen Stadtrechts sogar zwingend auf eine Gemeinde mit mindestens 20.000 Einwohnern abgestellt wird. Insofern kann in Bezug auf dieses Kriterium doch eine Gemeinsamkeit zwischen Landeshaupt- und Statutarstadt erblickt werden. Mit der Zuerkennung eines Stadtrechts geht allerdings einher, neben 6 den Aufgaben der Gemeindeverwaltung auch jene der Bezirksverwaltung zu besorgen. Zudem erhalten die Gemeindeorgane andere Bezeichnungen. So ist der Gemeindevorstand in Städten mit eigenem Statut – daher auch in Ibk – als Stadtsenat sowie das Gemeindeamt als Magistrat zu benennen. Hinsichtlich der Stellung als Statutarstadt und der damit verbundenen Besorgung der Agenden einer BH bestehen in Hinblick auf den Grundsatz der abstrakten Einheitsgemeinde jedenfalls keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Erwähnenswert ist überdies, dass gem § 37 Abs 2 lit a IbkStadtR der Stadtmagistrat und nicht der Bgm Organ des eigenen Wirkungsbereichs ist. Organ des übertragenen Wirkungsbereichs und der Bezirksverwaltung ist demgegenüber der Bgm.27
V. Privilegierungen – Besonderheiten Gegenüber allen anderen Tir Gemeinden wird der Stadt Ibk durch die 7 TLO 1989 in Bezug auf zwei Themenkomplexe eine privilegierte Stellung eingeräumt. Dies trifft einerseits auf den Bereich der Begutachtung von Gesetzesentwürfen28, andererseits auf die Initiative zur Durchführung einer Volksbefragung29 zu. Es bedarf für die Stadt Ibk jeweils keiner Abstimmung und Koordination mit anderen Gemein26 So existieren – zwar nicht in Tirol – in anderen Bundesländern mehrere Statutarstädte, wovon viele eben nicht Landeshauptstadt ihres jeweiligen Bundeslandes sind. 27 § 31 Abs 4 und 5 IbkStadtR. 28 S dazu Egger, Art 36 (in diesem Band) Rz 3 ff. 29 S dazu Gamper, Art 37 (in diesem Band) Rz 14.
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den, um Stellungnahmen zu Gesetzesentwürfen abzugeben oder Anträge auf Erlassung, Änderung oder Aufhebung von LG zu stellen. Diese Unterscheidung lässt sich insb auf die Stellung von Ibk als Statutarstadt zurückführen, die durch das IbkStadtR näher geregelt wird. Die Privilegierung der Stadt Ibk ist auch aus demokratiepolitischer Sicht sachlich zu rechtfertigen, zumal sie im Vergleich zu anderen Tir Gemeinden in den genannten Bereichen eine ungleich höhere Anzahl an Einwohnern bzw Landesbürgern aufweist.30 Abweichende organisationsrechtliche Regelungen zwischen Statutarstädten und anderen Gemeinden sind auch im Lichte des Gleichheitsgrundsatzes und durch die in Art 116 Abs 3 B-VG vorgesehene Sonderstellung von Statutarstädten gedeckt.31 8 Eine Besonderheit der Stadt Ibk ist auch darin zu erblicken, dass vorwiegend im Dienstrecht nach wie vor separate Landesrechtsvorschriften für Ibk bestehen.32 Darüber hinaus verfügt Ibk über eine eigene Wahlordnung33 und beziehen sich mehrere Ausgliederungsgesetze34 ausschließlich auf die Landeshauptstadt Tirols.
30 In Begutachtungsverfahren nach Art 36 TLO 1989 wird dagegen auf die „Interessenvertretungen der Gemeinden des Landes, denen wenigstens 25 v.H. dieser Gemeinden angehören“ (ds knapp 70 Gemeinden) abgestellt, während Art 37 Abs 1 TLO 1989 als eine mögliche Variante das Zusammenwirken „von wenigstens 40 Gemeinden“ normiert. 31 Vgl dazu VfGH 12.06.2019, G 95/2019 und VfSlg 8901/1980. 32 Gesetz vom 26. März 2003 über das Dienstrecht der Vertragsbediensteten der Stadt Innsbruck (Innsbrucker Vertragsbedienstetengesetz – I-VBG), LGBl 2003/35 idF LGBl 2020/51; Innsbrucker Gemeidebeamtengesetz 1970, LGBl 1970/44 idF LGBl 2020/51. 33 IWO 2011. 34 Gesetz vom 06. November 2002 über die Zuweisung von Bediensteten der Stadt Innsbruck und die Übertragung von Aufgaben an die Innsbrucker Immobilien GmbH & Co KEG, LGBl 2003/6; Gesetz vom 06. November 2002 über die Zuweisung von Bediensteten der Stadt Innsbruck und die Übertragung von Aufgaben an die Innsbrucker Soziale Dienste GmbH, LGBl 2003/7; Gesetz vom 12. Mai 2005 über die Zuweisung von Bediensteten der Stadt Innsbruck und die Übertragung von Aufgaben an die Tiroler Landestheater und Orchester GmbH Innsbruck, LGBl 2005/57.
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Artikel 6 Landessymbole (1) Das Landeswappen ist im silbernen Schild der golden gekrönte und bewehrte rote Adler mit goldenen Flügelspangen mit Kleeblattenden und einem grünen Kranz hinter dem Kopf. (2) Die Landesfarben sind Weiß-Rot. (3) Das Landessiegel weist die Schildfigur des Landeswappens mit der Umschrift „Land Tirol“ auf. (4) Die Landeshymne wird durch Landesgesetz bestimmt. LGBl samt Erläuterungen: LGBl 1988/61 (X. GP AA 141/88 AB 141/88) Literatur: Aichhorn/Seglitsch, Österreichische Hymnen im Spiegel der Zeit (2010) 219 ff; Hye, Das Tiroler Landeswappen2 (1985) 16 ff; Morscher, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer. 7. Tirol (1991) 37 f; Schwamberger/Ranacher, Tiroler Landesordnung 19896: Kommentar (2017) 27 f
Inhaltsübersicht I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben..................................... 1 II. Die Bedeutung von Landessymbolen......................................... 3 III. Die einzelnen Landessymbole...................................................... 4 A. Vorgaben der TLO 1989........................................................... 4 B. Landeswappen............................................................................ 5 C. Landesfarben und Landessiegel............................................... 6 D. Landeshymne............................................................................. 8 IV. Vergleich mit anderen Bundesländern........................................ 9 V. Schutz der Landessymbole........................................................... 10 A. Verwaltungsstrafrechtlicher Schutz...................................... 11 1. Schutz des Landeswappens................................................. 11 2. Schutz der Landeshymne.................................................... 13 B. Strafgerichtlicher Schutz......................................................... 14 VI. Spannungsverhältnis zur Kunst- und Meinungsäußerungsfreiheit.............................................................................................. 15
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I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben 1 Art 8a B-VG, welcher mit der B-VG-Nov BGBl 1981/350 eingeführt wurde, legt für die Bundesrepublik Österreich das Aussehen von Farbe und Flagge fest. Die Regelung der Landessymbole fällt kraft Verfassungsautonomie der Länder in deren Zuständigkeitsbereich. Im Gegensatz zur bundesverfassungsrechtlichen Bestimmung, die keine vergleichbare Bestimmung über die Bundeshymne enthält, ist in Tirol in Art 6 Abs 4 TLO 1989 zudem vorgesehen, dass die Landeshymne durch LG bestimmt wird.1 Art 6 TLO 1989 enthält darüber hinaus nähere Bestimmungen hinsichtlich des Landeswappens, der Landesfarben und des Landessiegels. Auf einfachgesetzlicher Ebene treten ergänzend zu den Bestimmungen über die Landessymbole in Art 6 TLO 1989 das Gesetz vom 17. November 2004 über die Tiroler Landeshymne2 und das LWappG hinzu. 2 Aus kompetenzrechtlicher Sicht ist iZm Landessymbolen Art VIII der B-VG-Nov 1974, BGBl 1974/444, ins Treffen zu führen. Aufgrund dieser Bestimmung sind Maßnahmen gegen die unbefugte Führung der von Ländern und Gemeinden geschaffenen öffentlichen Wappen und Siegel sowohl in Gesetzgebung als auch Vollziehung nun ausdrücklich Landessache. Damit ergibt sich im Grunde eine Doppelkompetenz der Länder, nämlich einerseits zur Schaffung der angesprochenen Symbole, andererseits zur Erlassung von Maßnahmen im Fall der unbefugten Führung. Dieser Forderung der Länder wurde deshalb entsprochen, weil der VfGH in seiner früheren Judikatur3 die Ahndung von Zuwiderhandlungen der allgemeinen Sicherheitspolizei zugeordnet hatte und daher von einer Bundeskompetenz auszugehen war. Die angesprochene Nov war daher Anlass für die Erlassung zahlreicher LG zum Schutz gegen die unbefugte Führung von Landeswappen. Da zu diesem Zeitpunkt in einigen Ländern derartige Gesetze bereits in Geltung waren, die B-VG-Nov 1974 jedoch keine ausdrückliche Bestimmung über die Sanierung von bereits zuvor erlassenen Landeswappengesetzen enthielt, wurden diesbezüglich verfassungsrechtliche Beden-
1 Die Bundeshymne basiert hingegen auf zwei Ministerratsbeschlüssen aus den Jahren 1946 und 1947. Vgl dazu Wieser, Das Rechtsphänomen Bundeshymne, JBl 1989, 496 (497 f). 2 LGBl 2005/3 idF LGBl 2017/32. 3 VfSlg 1478/1932, 6055/1969.
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ken geäußert.4 Hinsichtlich Tirol ist darauf hinzuweisen, dass das im Jahr 2006 in Kraft getretene LWappG dem zu diesem Zeitpunkt in Geltung befindlichen Gesetz über die Führung und Verwendung des Tiroler Landeswappens, LGBl 1948/20, formell derogierte, folglich jedenfalls eine Bereinigung der Rechtslage bewerkstelligt wurde.
II. Die Bedeutung von Landessymbolen Landessymbole wie die Farben, die Flagge, das Wappen, das Siegel 3 oder die Hymne sind äußerlich sinnfällige Zeichen eines Staatsver bandes,5 in Bundesstaaten darüber hinaus Ausdruck einer Selbständigkeit der Gliedstaaten gegenüber dem Bund.6 Sie erfüllen eine integrations- und identifikationsstiftende Wirkung insofern, als sie zur Stärkung des Staatsbewusstseins und des Staatsgefühls erheblich beitragen können.7 Somit spielen emotionale Komponenten, wie etwa das Zugehörigkeitsgefühl und die Verbundenheit zu einem Bundesland, eine besondere Rolle und ist den Staatssymbolen nicht zuletzt auch deshalb eine wertvolle gesellschaftliche Funktion zuzumessen. Neben offiziellen Anlässen wie landesüblichen Empfängen, Ehrungen oder sonstigen Feierlichkeiten treten die angesprochenen Landessymbole in verschiedenster Weise im täglichen Leben zu Tage: auf Kennzeichentafeln von Kraftfahrzeugen, im geschäftlichen Schriftverkehr mit Behörden, in Souvenir- und Trachtenläden, in Druckschriften, Verlautbarungen, bei Sport- und Kulturveranstaltungen uvm.
III. Die einzelnen Landessymbole A. Vorgaben der TLO 1989 Nimmt man Art 6 TLO 1989 näher in den Blick, so erkennt man, dass 4 lediglich in Bezug auf die Landeshymne ein LG zu erlassen ist. Für die übrigen Landessymbole gilt, dass sie bereits in der TLO 1989 selbst näher determiniert werden. Offenbar setzt Art 6 TLO 1989 daher ei4 Ausführlich dazu Holzinger, Kompetenzfragen des Wappenschutzes, ÖJZ 1977, 141 ff. 5 S dazu Adamovich et al, Österreichisches Staatsrecht 12 (2011) Rz 18.021; Wieser, Art 8a B-VG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (1999) Rz 2. 6 Vgl dazu die EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 42. 7 Wieser, JBl 1989, 502.
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nerseits voraus, dass es alle darin aufgezählten Landessymbole geben muss, andererseits werden aber nur drei davon näher inhaltlich bestimmt. Freilich ist es dem Landesgesetzgeber aber nicht verwehrt, hinsichtlich des Landeswappens, der Landesfarben und des Landessiegels innerhalb der von Art 6 TLO 1989 vorgegebenen inhaltlichen Grenzen einfache LG zu erlassen. Von dieser Befugnis wurde – wie eingangs bereits erwähnt – tw auch Gebrauch gemacht.
B. Landeswappen 5 Bereits im § 6 der TLO 1921, mit welcher das Bundesland Tirol erstmals eine Verfassung erhielt, wurde das Wappen des Landes Tirol beschrieben. Die ursprüngliche Formulierung wurde mit geringfügigen Änderungen („der golden gekrönte und bewehrte rote Adler“ statt „der golden gekrönte rote Adler“; „Kopf“ statt „Kopfe“) im Wesentlichen beibehalten. Das Landeswappen ist im silbernen Schild der golden gekrönte und bewehrte rote Adler mit goldenen Flügelspangen mit Kleeblattenden und einem grünen Kranz hinter dem Kopf. Es geht ursprünglich auf die Grafen von Tirol zurück, deren Dynastiewappen ein (vermutlich roter) Adler war. Mit der Übernahme des Wappens durch die Habsburger wandelte sich das einstige Dynastie- zu einem Territorial- oder Landeswappen. Nach und nach wurde der rote Adler mit weiteren Beizeichen – die Flügelspangen samt Kleeblattenden und die goldene Krone gehen bspw auf das Ende des 13. Jahrhunderts bzw den Beginn des 15. Jahrhunderts zurück – versehen.8 Die nun in Geltung befindliche zeichnerische Darstellung des Tir Landeswappens ergibt sich aus der Anlage zum LWappG.
C. Landesfarben und Landessiegel 6 Gem Art 6 Abs 2 TLO 1989 sind die Landesfarben Weiß-Rot. Diese Bestimmung fand Eingang in die StF der TLO 1989 und wurde bisher unverändert beibehalten. Vor deren Einführung wurde jedoch kontroversiell darüber diskutiert und mitunter auch die Meinung vertreten, die Landesfarben müssten Rot-Weiß sein, weil die Farbe der Figur des Wappens, das Rot des Adlers also, das eigentlich Bezeichnende sei und
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Zur Geschichte und Ausgestaltung des Tir Landeswappens s Hye, Landeswappen 16 ff.
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nicht die Farbe des weißen Schildes.9 Eine Änderung der bisherigen Reihung der Farben wurde allerdings nicht durchgeführt. Das Landessiegel Tirols setzt sich aus der Schildfigur des Wappens 7 und der Umschrift „Land Tirol“ zusammen. Erwähnenswert ist, dass der TLO 1953 noch keine Bestimmung über das Landessiegel zu entnehmen war, diese wurde erst mit der TLO-Nov LGBl 1988/61 in die TLO 1989 aufgenommen. Während im LWappG in der Anlage das Landeswappen bildlich dargestellt wird, fehlt es an einer solchen Illustration in Bezug auf das Landessiegel. Im Vergleich mit anderen Landesverfassungen verzichten Vbg, Sbg, OÖ, NÖ, Ktn und das Bgld ebenso auf eine bildliche Darstellung des Landessiegels, nicht aber die Stmk und Wien.10
D. Landeshymne Mit dem Gesetz über die Tiroler Landeshymne wurde der Bestimmung 8 des Art 6 Abs 4 TLO 1989 inhaltlich entsprochen. Die Landeshymne ist das Andreas-Hofer-Lied („Zu Mantua in Banden“) nach den Worten von Julius Mosen und der Weise von Leopold Knebelsberg. Im Vergleich zum gleichnamigen Gesetz aus dem Jahr 1948, LGBl 1948/23, sind nunmehr im § 2 die Verwaltungsstrafbestimmungen zum Schutz der Tir Landeshymne zeitgemäß ausgestaltet worden. Aus den EB zur StF11 geht offensichtlich hervor, dass man in Hinblick darauf Anleihe an den zu diesem Zeitpunkt schon in Kraft befindlichen Gesetzen anderer Länder (Bgld, OÖ, Vbg) zum Schutz ihrer jeweiligen Landeshymne genommen hat.
IV. Vergleich mit anderen Bundesländern Mit Ausnahme der WStV enthalten alle anderen Landesverfassungen 9 Regelungen über Landessymbole.12 Dabei zeigt sich, dass die einschlä9 Hye, Landeswappen 67 f. 10 § 2 Gesetz vom 7. Juni 2016 über die steirischen Landessymbole (Steiermärkisches LandessymboleG), LGBl 2016/104 idF LGBl 2019/103, § 2 Gesetz über die Symbole der Bundeshauptstadt Wien, LGBl 1998/10 idF LGBl 2000/29. 11 S die EBRV zur StF des Gesetzes über die Tiroler Landeshymne LGBl 2005/3, Tir LT XIV. GP, GZ 272/04, 1 ff. 12 Art 6 Vbg L-VG, Art 6 K-LVG, Art 6 Stmk L-VG, Art 8 Sbg L-VG, Art 8a OÖ L-VG, Art 7 NÖ LV 1979, Art 8 Bgld L-VG.
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gigen Bestimmungen weitestgehend homogen ausgestaltet sind. Partikuläre Unterschiede sind im Vergleich zwischen der TLO 1989 und den restlichen Landesverfassungen jedoch trotzdem ersichtlich. So wird im Bgld (Art 8 Abs 4 Bgld L-VG) und in OÖ (Art 8a Abs 5 OÖ L-VG) – anders als in Tirol – die Landeshymne bereits landesverfassungsgesetzlich genauer geregelt, überdies mangelt es Tirol sowohl an einer landesverfassungs- wie einfachgesetzlichen Regelung hinsichtlich eines Landespatrons oder eines Landesfeiertags.13 Während in einigen Landesverfassungen auf das Recht zur Führung und Verwendung des Landeswappens ausdrücklich Bezug genommen und auf die weitere Konkretisierung in den dazu zu erlassenden LG verwiesen wird,14 verzichtet die TLO 1989 auf einen derartigen Verweis völlig.
V. Schutz der Landessymbole 10 IZm der Führung bzw der Verwendung von Landessymbolen sind Bestimmungen über deren Schutz unabdingbar. Dabei zeigt sich insgesamt ein hohes Schutzniveau insofern, als bestimmte Handlungen sogar eine Strafbarkeit nach dem StGB begründen können. Die einschlägigen landesgesetzlichen Bestimmungen über den Schutz der Landessymbole treten dabei neben jene des § 248 StGB und unterscheiden sich zentral durch ihren unterschiedlichen Schuld- und Unrechtsgehalt. Wird das Tatbild des § 248 StGB verwirklicht, ist eine zusätzliche Strafbarkeit nach den landesgesetzlichen Regelungen jedoch auszuschließen. So normiert bereits § 22 VStG, dass eine Tat, soweit die Verwaltungsvorschriften nichts bestimmen,15 als Verwaltungsübertretung nur dann strafbar ist, sofern sie nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet. Bedenken hinsichtlich einer Verletzung des in Art 4 7. ZP EMRK normierten Doppelbestrafungsverbotes können daher von vornherein zerstreut werden. 13 In Niederösterreich (Art 7 Abs 6 NÖ LV 1979) findet sich demgegenüber eine entsprechende Bestimmung. Hinzuweisen ist diesbezüglich aber einerseits auf die Entschl des Tir LT vom 30.05.2005, den Hl Georg zum zweiten Patron des Landes zu bestimmen (GZ 186/05), andererseits auf den jährlich am 19. März stattfindenden Landesfeiertag zu Ehren des Hl Josef. 14 Art 8a Abs 3 OÖ L-VG, Art 6 Abs 3 K-LVG, Art 6 Abs 3 Stmk L-VG. 15 Weder im LWappG noch im Gesetz über die Tiroler Landeshymne finden sich diesbezügliche Bestimmungen.
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A. Verwaltungsstrafrechtlicher Schutz 1. Schutz des Landeswappens Das LWappG enthält nähere Bestimmungen zur Führung und Ver- 11 wendung des Tir Landeswappens. Nach § 2 Abs 1 LWappG ist unter der Führung des Landeswappens iS dieses Gesetzes jeder Gebrauch des Landeswappens oder seiner Schildfigur in einer Weise zu verstehen, die geeignet ist, den Eindruck einer öffentlichen Stellung, Berechtigung oder Auszeichnung zu erwecken. Als Führung gilt insb der Gebrauch des Landeswappens oder seiner Schildfigur auf Brief- und Geschäftspapier, in Siegeln und Stempeln, auf Schildern und äußeren Geschäftsbezeichnungen sowie in Ankündigungen und Schriften.16 Demgegenüber gilt jeder nicht unter Abs 1 fallende Gebrauch des Landeswappens oder seiner Schildfigur als Verwendung des Landeswappens iS dieses Gesetzes.17 Darunter wird etwa – in Anlehnung an die Ktn Regelung18 – der Gebrauch des Landeswappens oder von Teilen desselben auf Gegenständen aller Art, insb auf gewerblichen Produkten, wie Fremdenverkehrsartikeln oder Ansichtskarten, oder auf Abzeichen zu verstehen sein. Da mit dem Führen des Wappens regelmäßig eine öffentliche Funktion 12 oder eine Berechtigung nach außen hin sichtbar gemacht wird, ist davon auszugehen, dass eine natürliche Person nur im Rahmen der jeweiligen Organkompetenz zur Wappenführung berechtigt ist.19 Allerdings kann sowohl natürlichen als auch juristischen Personen auf Antrag durch die LReg ausdrücklich das Recht zur Führung des Lan16 Freilich ist eine Abgrenzung zwischen bewilligungspflichtigem Führen und der jedermann gestatteten Verwendung des Tir Landeswappens mitunter schwierig und muss eine Beurteilung daher einzelfallbezogen erfolgen. In einem rezenten Anlassfall ist man unter Zugrundelegung der vom Tir Landesgesetzgeber gewählten Begriffsbestimmung wohl richtigerweise davon ausgegangen, dass die Abbildung des Tir Landeswappens auf der FacebookSeite neben der Bezeichnung „Pegida Tirol“ eine Führung iSd LWappG dargestellt hat und diese mangels Berechtigung zur Führung von der örtlich zuständigen BVB zu untersagen war. 17 § 2 Abs 2 LWappG. 18 § 3 Abs 2 Gesetz vom 19. Dezember 2002, mit dem ein Kärntner Landessymbolegesetz erlassen und das Kärntner Wappengesetz und das Gesetz über die Kärntner Landeshymne aufgehoben werden (Kärntner Landessymbolegesetz), LGBl 2003/12 idF LGBl 2013/85. 19 Vgl dazu Gartner, Der verwaltungsrechtliche und strafgerichtliche Schutz von Wappen, ZUV 2010, 159 (165).
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deswappens verliehen werden, wenn diese sich besondere Verdienste um das Land Tirol erworben haben.20 Während das Recht zur Führung des Landeswappens jedenfalls der Bewilligungspflicht der LReg unterliegt, ist die würdige Verwendung des Landeswappens unter Wahrung des Ansehens des Landes Tirol jedermann gestattet.21 Die für den verwaltungsstrafrechtlichen Schutz des Landeswappens zuständigen BVB haben das Recht, im Einzelfall bei Abweichen von einer erteilten Bewilligung diese mittels Bescheid zu untersagen und – wird diesem nicht entsprochen – eine Verwaltungsstrafe von bis zu 2.000,Euro zu verhängen.22 Zudem kann der Verfall von Gegenständen als Nebenstrafe ausgesprochen werden.
2. Schutz der Landeshymne 13 Verwaltungsstrafrechtlichen Schutz genießt neben dem Landeswappen nunmehr ebenso die Tir Landeshymne. Insb die zeitgemäße Ausgestaltung der Strafbestimmungen war dem Landesgesetzgeber ein besonderes Anliegen und fand mit der Nov des Gesetzes über die Tiroler Landeshymne LGBl 2005/3 seine Verwirklichung. Wer die Landeshymne unter entstellender Veränderung ihres Wortlautes oder ihrer Melodie verwendet oder diese unter Begleitumständen spielt oder singt, die nach allgemeinen Empfinden die ihr gebührende Achtung verletzen, ist von der BVB mit einer Geldstrafe von bis zu 2.000,- Euro zu bestrafen. Mit der Bestimmung des § 248 Abs 2 StGB, welche den strafgerichtlichen Schutz der Landessymbole vor Augen hat, soll ein umfassender Schutz der Tir Landeshymne vor verunglimpfenden Verwendungsweisen gewährleistet werden.
B. Strafgerichtlicher Schutz 14 Die Tir Landessymbole werden neben dem Verwaltungsstrafrecht – wie soeben erwähnt – auch durch § 248 StGB („Herabwürdigung des 20 § 4 Abs 1 LWappG. 21 Vgl zur angestrebten Liberalisierung bezüglich dieses Aspektes die EBRV zur StF des LWappG LGBl 2006/61, Tir LT XIV. GP, GZ 150/06, 6. S dazu auch VwSlg 16.008 A/2003, wonach die Verwendung des Sbg Landeswappens auf einem Werbefalter im Wahlkampf auch ohne Bewilligung möglich ist, solange damit nicht der Eindruck einer öffentlichen Berechtigung, Stellung, Auszeichnung oder dgl entsteht. 22 Im Rahmen der mittelbaren Bundesverwaltung sind die BVB zudem für den verwaltungsstrafrechtlichen Schutz des Bundeswappens zuständig.
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Staates und seiner Symbole“) geschützt. Nach dieser Bestimmung wird jede in gehässiger Weise vorgenommene Beschimpfung, Verächtlichmachung oder sonstige Herabwürdigung einer aus einem öffentlichen Anlass oder bei einer allgemein zugänglichen Veranstaltung gezeigten Fahne des Landes Tirol, eines von einer Landesbehörde angebrachten Hoheitszeichens oder der Landeshymne unter Strafe gestellt. Die genannten Verhaltensweisen sind nur dann gerichtlich strafbar, wenn sie einer breiten Öffentlichkeit gegenüber publik gemacht werden.23 Während auf Basis dieser Strafbestimmung auch die Bundessymbole geschützt sind, gilt diese – stellt man auf den Wortlaut der Bestimmung ab – aber bspw nicht für Gemeindewappen.24
VI. Spannungsverhältnis zur Kunst- und Meinungsäußerungsfreiheit Der Schutz vor einer unbefugten Verwendung oder einer Herabwürdi- 15 gung von Landessymbolen birgt Konfliktpotential in Hinblick auf die Grundrechte der Meinungs- und Kunstfreiheit. In verwaltungsbehördlichen Verfahren zum Schutz des Landeswappens oder der Landeshymne ist vor dem Hintergrund höchstgerichtlicher Rsp im Einzelfall daher stets eine Interessenabwägung danach vorzunehmen, ob eine bestimmte Art und Weise des Führens oder der Verwendung von Landessymbolen tatsächlich unzulässig ist oder aber im Rahmen der Meinungsäußerungsfreiheit (Art 10 StGG und Art 13 EMRK) bzw der Kunstfreiheit (Art 17 StGG) Deckung findet. In seinem „BundesadlerErkenntnis“25 hat der VfGH dazu etwa ausgesprochen, dass zwischen einer Polemik und einer Beschimpfung oder böswilligen Verächtlichmachung streng zu unterscheiden ist. Damit bringt er implizit zum Ausdruck, dass der Symbolschutz nicht zu einer Immunisierung des Staates gegen jedwede Kritik oder Ablehnung führen darf.26
23 S zu den weiteren Tatbestandselementen Bachner-Foregger, § 248 StGB, in Höpfel/Ratz (Hg), Wiener Kommentar StGB2 (2018) Rz 3. 24 Bachner-Foregger, § 248 Rz 2; Gartner, Der Schutz von Gemeindewappen, RFG 2010, 73 (75); dies, ZUV 2010, 162. 25 VfSlg 18.893/2009. Vgl zu diesem Fall näher Bezemek, Das Bundeswappen – Symbol und Schutzobjekt, in Lienbacher/Wielinger (Hg), Öffentliches Recht. Jahrbuch 2010 (2010) 11 ff. 26 Vgl dazu Gartner, ZUV 2010, 168 mwH.
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Artikel 7* Ziele und Grundsätze des staatlichen Handelns (1) Das Land Tirol hat unter Wahrung des Gemeinwohles die freie Entfaltung der Persönlichkeit des Einzelnen zu sichern, die Selbsthilfe der Landesbewohner, die Tätigkeit von Freiwilligen im Dienst der Allgemeinheit und den Zusammenhalt aller gesellschaftlichen Gruppen zu fördern und den kleineren Gemeinschaften jene Angelegenheiten zur Besorgung zu überlassen, die in ihrem ausschließlichen oder überwiegenden Interesse gelegen und geeignet sind, von ihnen mit eigenen Kräften besorgt zu werden. (2) Das Land Tirol hat für die geordnete, den sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Bedürfnissen der Landesbewohner entsprechende Gesamtentwicklung des Landes zu sorgen, wobei der Schaffung und Erhaltung von ausreichenden Arbeits- und leistbaren Wohnmöglichkeiten ein besonderer Stellenwert zukommt. (3) Das Land Tirol hat für den Schutz und die Pflege der Umwelt, besonders die Bewahrung der Natur und der Landschaft vor nachteiligen Veränderungen, zu sorgen und bekennt sich zu einem nachhaltigen und effektiven Klimaschutz als eine Voraussetzung zum Erhalt unseres Lebensraumes für künftige Generationen. (4) Das Land Tirol hat die freie Entfaltung der Wirtschaft unter Wahrung der Grundsätze der Sozialen Marktwirtschaft zu fördern und bekennt sich zu einem nachhaltigen und wettbewerbsfähigen Wirtschaftsraum als eine Voraussetzung für Wohlstand und Beschäftigung. (5) Das Land Tirol hat seine erwerbswirtschaftlichen Tätigkeiten grundsätzlich auf solche Unternehmen zu beschränken, die einem Gemeinschaftsbedarf entsprechen und deren Ausübung durch andere nicht zweckmäßiger ist. (6) Bei der Besorgung der Aufgaben des Landes Tirol ist nach den Grundsätzen der Gesetzmäßigkeit, der Sparsamkeit, der Wirt*
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Herzlicher Dank ergeht an Herrn Mag. Dr. Jakob A. Egger für die Unterstützung bei der redaktionellen Bearbeitung.
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schaftlichkeit und der Zweckmäßigkeit vorzugehen sowie eine nachhaltige Entwicklung im Sinn einer ausgewogenen Berücksichtigung ökonomischer, ökologischer und sozialer Interessen anzustreben. Die angewandten Mittel müssen den Zielen angemessen sein. LGBl samt Erläuterungen: LGBl 1988/61 (X. GP AA 141/88 AB 141/88); LGBl 2011/59 (XV. GP RV 235/11 AB 235/11); LGBl 2012/147 (XV. GP RV 562/12 AB 562/12); LGBl 2019/133 (XVII. GP RV 401/19 AB 401/19) Literatur: Gamper, Allgemeine Bestimmungen des Landesverfassungsrechts, in Pürgy (Hg), Das Recht der Länder I (2012) 61 (69 ff); Morscher, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer. 7. Tirol (1991) 40 ff; Schwamberger/Ranacher, Tiroler Landesordnung 19896: Kommentar (2017) 30 ff
Inhaltsübersicht I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben..................................... 1 II. Entstehungsgeschichte.................................................................. 3 III. Ziele und Grundsätze.................................................................... 4 A. Ziele.............................................................................................. 8 1. Individualität, Solidarität und Subsidiarität.................... 8 2. Schutz und Pflege der Umwelt, Klimaschutz und Generationenvertrag............................................................ 11 3. Wirtschaft und Soziales....................................................... 13 B. Grundsätze................................................................................. 16 IV. Rechtswirkungen........................................................................... 19
I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben Die Bundesverfassung enthält keine dem Art 7 TLO 1989 insgesamt 1 vergleichbare Bestimmung, jedoch gibt es Ähnlichkeiten, was einzelne seiner Elemente anbelangt. Auch wenn ursprünglich als „Spielregel verfassung“1 konzipiert, enthält die Bundesverfassung heute verschiedenste Staatszielbestimmungen2, die strukturell und tw auch inhaltlich mit denen des Art 7 TLO 1989 korrespondieren. Darüber hinaus sind gewisse Handlungsgrundsätze sowohl in der Bundesverfassung als auch in Art 7 TLO 1989 verankert. 1 2
Pernthaler, Österreichisches Bundesstaatsrecht (2004) 47 f. Vgl zB Öhlinger/Eberhard, Verfassungsrecht12 (2019) 69 ff; Adamovich et al, Österreichisches Staatsrecht 12 (2011) 139 ff.
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Eine weitgehende inhaltliche Übereinstimmung mit ökologisch orientierten Staatszielbestimmungen der Bundesverfassung findet sich insb in Art 7 Abs 3 TLO 1989, der zu § 1 und 3 BVG Nachhaltigkeit3 Ähnlichkeiten aufweist. Die in Art 7 Abs 6 erster Satz TLO 1989 erwähnte „nachhaltige Entwicklung im Sinn einer ausgewogenen Berücksichtigung ökonomischer, ökologischer und sozialer Interessen“ weist Überschneidungen zu § 1 BVG Nachhaltigkeit, aber auch zu der in Art 13 Abs 2 B-VG verankerten Staatszielbestimmung über ein gesamtwirtschaftliches Gleichgewicht und nachhaltig geordnete Haushalte4 auf. Ähnlichkeiten gibt es auch hinsichtlich des in Art 7 Abs 1 TLO 1989 verankerten Subsidiaritätsprinzips, wonach „den kleineren Gemeinschaften jene Angelegenheiten zur Besorgung zu überlassen [sind], die in ihrem ausschließlichen oder überwiegenden Interesse gelegen und geeignet sind, von ihnen mit eigenen Kräften besorgt zu werden“. Die Formulierung entspricht fast wörtlich der in Art 118 Abs 2 erster Satz B-VG5 verankerten Definition der Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereichs der Gemeinde, freilich mit dem Unterschied, dass in Art 7 Abs 1 TLO 1989 nicht von der „örtlichen Gemeinschaft“ oder der „Gemeinde“, sondern von den „kleineren Gemeinschaften“ im Allgemeinen die Rede ist. Weitere Gemeinsamkeiten finden sich bei den in Art 7 Abs 6 TLO 1989 verankerten Handlungsgrundsätzen: Gem Art 7 Abs 6 erster Satz TLO 1989 hat das Land Tirol bei Besorgung seiner Aufgaben nach den Grundsätzen der Gesetzmäßigkeit, Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit vorzugehen. Diese Grundsätze entsprechen im Wesentlichen den im Art 127 Abs 1 B-VG6 aufgestellten Grundsätzen der Kontrolle der Länder durch den RH, wobei 3
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Bundesverfassungsgesetz über die Nachhaltigkeit, den Tierschutz, den umfassenden Umweltschutz, die Sicherstellung der Wasser- und Lebensmittelversorgung und die Forschung, BGBl I 2013/111 idF BGBl I 2019/82; vgl dazu noch im Folgenden. Dazu Th. Müller, Art 13/2, 3 B-VG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (2016) Rz 8 ff; Kofler, Art 13 B-VG, in Kneihs/Lienbacher (Hg), Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht (2013) Rz 14 ff. Dazu Weber, Art 118/1–7 B-VG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (2017) Rz 4 ff; Stolzlechner, Art 118 B-VG, in Kneihs/Lienbacher (Hg), Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht (2013) Rz 2 ff. Dazu Baumgartner, Art 127 B-VG, in Kneihs/Lienbacher (Hg), Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht (2004) Rz 1 ff; Kroneder-Partisch,
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die dort erwähnte „ziffernmäßige Richtigkeit“ in Art 7 Abs 6 erster Satz TLO 1989 nicht explizit erwähnt ist;7 weiters ist in Art 127 Abs 1 B-VG von „Übereinstimmung mit den bestehenden Vorschriften“, in Art 7 Abs 6 erster Satz TLO 1989 hingegen von „Gesetzmäßigkeit“ die Rede. Das Erfordernis der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung ist freilich schon aus Art 18 Abs 1 und 2 B-VG ableitbar. Schließlich sieht Art 7 Abs 6 zweiter Satz TLO 1989 vor, dass die angewandten Mittel den Zielen angemessen sein müssen. Mit diesem Angemessenheitskriterium bzw der Mittel-Zweck-Relation ist ein Element des Verhältnismäßigkeitsprinzips angesprochen, das in der Bundesverfassung verschiedentlich, va iZm Grundrechten,8 zum Ausdruck kommt. Dass Art 7 TLO 1989 darüber hinaus einige Ziele und Grundsätze ver- 2 ankert, die in der Bundesverfassung nicht ausdrücklich erwähnt sind, macht diese nicht unzulässig. Art 99 Abs 1 B-VG gewährt den Ländern Verfassungsautonomie, soweit die Bundesverfassung dadurch nicht berührt wird. Die Landesverfassungen dürfen daher die Bundesverfassung bloß ergänzende, ihr aber nicht widersprechende Staatsziele und Grundsätze enthalten.9 Alle in Art 7 TLO 1989 verankerten Ziele und Grundsätze sind mit der Bundesverfassung kompatibel, beschränken sich allerdings immanent10 auf den selbständigen Wirkungsbereich des Landes.
Art 127 B-VG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (2001) Rz 1 ff. 7 Vgl aber Art 68 Abs 1 TLO 1989 zur Gebarungsprüfung des LRH und dazu Kahl, Art 68 (in diesem Band). 8 Vgl allgemein etwa Berka/Binder/Kneihs, Die Grundrechte2 (2019) 193 ff; Berka, Verfassungsrecht7 (2018) 451 ff; Pernthaler, Bundesstaatsrecht 678; ders/Lukasser, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer. 8. Vorarlberg (1995) 63 f; Öhlinger/Eberhard, Verfassungsrecht 314 ff; Adamovich et al, Österreichisches Staatsrecht 33 (2019) 18 und 34. 9 Näher Pernthaler, Bundesstaatsrecht 459 ff mwN; Pürgy, Bundesverfassungsrecht und Landesrecht, in ders (Hg), Das Recht der Länder I (2012) 1 (17 ff mwN). 10 Vgl jedoch ausdrücklich Art 7 Abs 6 TLO 1989 („bei der Besorgung der Aufgaben des Landes Tirol“), weiters die EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 47 sowie die systematische Auslegung von Art 7 TLO 1989 im Einklang mit der übrigen Landesverfassung sowie der Bundesverfassung. Vgl auch Pernthaler/Lukasser, Verfassungsrecht 54.
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II. Entstehungsgeschichte 3 Art 7 TLO 1989 wurde erlassen, weil es „[a]ngesichts der kontinuierlichen Ausdehnung der staatlichen Tätigkeit in immer weitere Bereiche und ihrer zunehmenden Intensivierung […] wünschenswert [erscheint], oberste Ziele anzugeben, von denen sich die Organe des Landes bei der Ausübung ihrer Befugnisse leiten zu lassen haben und oberste Grundsätze festzulegen, die für die Organe des Landes dabei maßgebend sein sollen“.11 Die 1989 in Kraft getretene Bestimmung wurde seither dreimal einer Nov unterzogen: Die erste Novellierung, vorgenommen durch die TLO-Nov LGBl 2011/59, veränderte Art 7 Abs 1 und Abs 2 TLO 1989. Art 7 Abs 1 TLO 1989 wurde geringfügig sprachlich verändert; darüber hinaus wurde dort die Wortfolge „die Tätigkeit von Freiwilligen im Dienst der Allgemeinheit“ eingefügt, um die „besondere Bedeutung des Engagements von Freiwilligen im Dienst der Allgemeinheit in der darauf implizit schon jetzt Bezug nehmenden Bestimmung“12 des Art 7 Abs 1 TLO 1989 künftig ausdrücklich zu betonen. Genauer dazu heißt es: „Für die Verwirklichung des in der Staatszielbestimmung des Art. 7 Abs. 1 […] verankerten Solidaritätsprinzips (Förderung der Selbsthilfe der Landesbewohner und des Zusammenhalts aller gesellschaftlicher Gruppen) ist das ehrenamtliche Engagement von Freiwilligen im Dienst der Allgemeinheit eine unverzichtbare Voraussetzung. Dies soll aufgrund der großen Bedeutung der Tätigkeit von Freiwilligen durch die vorgeschlagene Ergänzung künftig schon im Text dieser Bestimmung sichtbar werden“.13 Durch dieselbe Nov wurde in Art 7 Abs 2 TLO 1989 im ersten Satz vor dem Wort „Wohnmöglichkeiten“ das Wort „leistbaren“ eingefügt. Damit sollte dem „Regierungsprogramm [Programm für Tirol 2008 bis 2013] Rechnung getragen werden, wonach die Schaffung und Erhaltung leistbarer Wohnmöglichkeiten als konkretes Staatsziel im Sinn eines Auftrags an die Organe des Landes betont“ wurde.14 Die zweite Novellierung des Art 7 TLO 1989 wurde durch die TLO-Nov LGBl 2012/147 vorgenommen. Die Änderung betraf den heutigen Art 7 Abs 6 TLO 1989, dessen zweiter Satz um einen zweiten Tatbestand „sowie eine nachhaltige Entwicklung im Sinn einer ausge11 12 13 14
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EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 47. EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 2011/59, Tir LT XV. GP, GZ 235/11, 1. EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 2011/59, Tir LT XV. GP, GZ 235/11, 5. EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 2011/59, Tir LT XV. GP, GZ 235/11, 5.
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wogenen Berücksichtigung ökonomischer, ökologischer und sozialer Interessen anzustreben“ ergänzt wurde. Damit sollte die „Nachhaltigkeit als Staatsgrundsatz“15 bzw als „politische Leitlinie staatlichen Handelns“16 verankert werden.17 Die dritte Novellierung des Art 7 TLO 1989 wurde durch die TLO-Nov LGBl 2019/133 vorgenommen. Zum einen wurde darin der bisherige Art 7 Abs 2 letzter Satz TLO 1989 als neuer Art 7 Abs 3 TLO 1989 um die Wortfolge „und bekennt sich zu einem nachhaltigen und effektiven Klimaschutz als eine Voraussetzung zum Erhalt unseres Lebensraumes für künftige Generationen“ ergänzt. Zum anderen wurde der bisherige Art 7 Abs 3 TLO 1989 als neuer Art 7 Abs 4 TLO 1989 um die Wortfolge „und bekennt sich zu einem nachhaltigen und wettbewerbsfähigen Wirtschaftsraum als eine Voraussetzung für Wohlstand und Beschäftigung“ ergänzt. Der bisherige Art 7 Abs 5 TLO 1989 erhielt die Absatzbezeichnung „Abs 6“.
III. Ziele und Grundsätze Art 7 TLO 1989 trägt die Überschrift „Ziele und Grundsätze des 4 staatlichen Handelns“. Nach den EB18 haben sich die Organe des Landes bei der Ausübung ihrer Befugnisse von „obersten Zielen“ leiten zu lassen, wobei „oberste Grundsätze“ für sie maßgebend sein sollen. Unter obersten Zielen sind also Staatszielbestimmungen zu verstehen, die zwar keine subjektiven Rechte verankern, jedoch die Organe des Landes verpflichten und als Auslegungsmaßstab in die Auslegung von Landesrecht einbezogen werden müssen. Als oberste Grundsätze sind allgemeine Handlungsanleitungen zu verstehen, auf welche Weise diesen verschiedenen Zielen entsprochen werden soll.19 Als Staatsziele können dabei im Einzelnen identifiziert werden: das 5 Gemeinwohl (Art 7 Abs 1 TLO 1989), die freie Entfaltung der Persönlichkeit des Einzelnen (Art 7 Abs 1 TLO 1989), die Selbsthilfe der Landesbewohner (Art 7 Abs 1 TLO 1989), die Tätigkeit von Freiwilligen 15 EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 2012/147, Tir LT XV. GP, GZ 562/12, 10. 16 EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 2012/147, Tir LT XV. GP, GZ 562/12, 11. 17 Näher dazu unten Rz 6. 18 EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 47. 19 Ähnlich Pernthaler/Lukasser, Verfassungsrecht 55.
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im Dienst der Allgemeinheit (Art 7 Abs 1 TLO 1989), der Zusammenhalt aller gesellschaftlichen Gruppen (Art 7 Abs 1 TLO 1989), die Subsidiarität (Art 7 Abs 1 TLO 1989), die geordnete, sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Bedürfnissen der Landesbewohner entsprechende Gesamtentwicklung des Landes (Art 7 Abs 2 TLO 1989), die Schaffung und Erhaltung von ausreichenden Arbeits- und leistbaren Wohnmöglichkeiten (Art 7 Abs 2 TLO 1989), der Schutz und die Pflege der Umwelt (Art 7 Abs 3 TLO 1989), die Bewahrung der Natur und der Landschaft vor nachteiligen Veränderungen (Art 7 Abs 3 TLO 1989), ein nachhaltiger und effektiver Klimaschutz (Art 7 Abs 3 TLO 1989), die freie Entfaltung der Wirtschaft unter Wahrung der Grundsätze der sozialen Marktwirtschaft (Art 7 Abs 5 TLO 1989), ein nachhaltiger und wettbewerbsfähiger Wirtschaftsraum (Art 7 Abs 4 TLO 1989) sowie die grds Beschränkung erwerbswirtschaftlicher Tätigkeiten des Landes auf einem Gemeinschaftsbedarf entsprechende Unternehmen, deren Ausübung durch andere nicht zweckmäßiger ist (Art 7 Abs 5 TLO 1989). 6 Ausdrücklich als „Grundsätze“ werden in Art 7 Abs 6 TLO 1989 die Gesetzmäßigkeit, Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit bezeichnet. Aber auch bei der in derselben Bestimmung erwähnten nachhaltigen Entwicklung iSe ausgewogenen Berücksichtigung ökonomischer, ökologischer und sozialer Interessen sowie der Angemessenheit der zur Erreichung der Ziele angewandten Mittel handelt es sich um allgemeine Handlungsgrundsätze, die bei der Erreichung der spezifischen Ziele anzuwenden sind. Von „Grundsätzen der Sozialen Marktwirtschaft“ spricht schließlich Art 7 Abs 4 TLO 1989, wobei hier jedoch kein allgemeines Handlungsprinzip, sondern ein Ziel festgelegt wird, das diese Grundsätze wahren soll. 7 Ähnliche Staatsziele und Grundsätze – insb was das Subsidiaritätsprinzip, Ökologie, Soziales und Wirtschaft anbelangt – finden sich in den Landesverfassungen von Ktn,20 NÖ,21 OÖ,22 Sbg23 und Vbg24.25 Darü20 21 22 23 24 25
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Art 7a und 7b K-LVG. Art 4 NÖ LV 1979. Art 9 OÖ L-VG. Art 9 Sbg L-VG. Art 7 Vbg LV. Ansatzweise auch in Art 1 Abs 1 und 2 Bgld L-VG. Vgl zu den Staatszielbestimmungen der Landesverfassungen im Überblick Gamper, Bestimmungen 69 ff.
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ber hinaus finden sich in Art 9-11 TLO 198926 weitere Staatsziele, die spezifischen Materien (Schutz der Kinder und Jugendlichen, Erziehungsrecht der Eltern; Kultur und Bildung; Schutz des Eigentums) gewidmet sind.
A. Ziele 1. Individualität, Solidarität und Subsidiarität Art 7 Abs 1 TLO 1989 verankert eine Reihe von miteinander zusam- 8 menhängenden Staatszielen, die letztlich den notwendigen Ausgleich zwischen Individuum und Kollektiv (Gruppen) bezwecken. Einen stärker individualistischen Einschlag haben die Ziele der Sicherung der freien Entfaltung der Persönlichkeit des Einzelnen, der Förderung der Selbsthilfe der Landesbewohner sowie des (von den EB27 auch so bezeichneten) Subsidiaritätsprinzips, wonach den kleineren Gemeinschaften jene Angelegenheiten zur Besorgung zu überlassen sind, die in ihrem ausschließlichen oder überwiegenden Interesse gelegen und geeignet sind, von ihnen mit eigenen Kräften besorgt zu werden.28 Einen stärker kollektivistischen Einschlag haben das Ziel der Wahrung des Gemeinwohls, der Förderung der Tätigkeit von Freiwilligen im Dienst der Allgemeinheit und des Zusammenhalts aller gesellschaftlichen Gruppen – von den EB29 als „Solidaritätsprinzip“30 bezeichnet – sowie letztlich wiederum das Subsidiaritätsprinzip insofern, als dieses von verschiedenen Arten von Gemeinschaften ausgeht und eine Optimierung ihrer Aufgabenverteilung anstrebt. Die EB31 führen dazu aus: 26 Vgl dazu Khakzadeh-Leiler, Art 9 und 10 (in diesem Band) und A. Wimmer, Art 11 (in diesem Band). 27 EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 48. 28 Zur Verankerung des Subsidiaritätsprinzips, insb in der Katholischen Soziallehre, schon Pernthaler/Lukasser, Verfassungsrecht 56 f; vgl auch Isensee, Subsidiaritätsprinzip und Verfassungsrecht. Eine Studie über das Regulativ des Verhältnisses von Staat und Gesellschaft2 (2001); ders, Subsidiarität – das Prinzip und seine Prämissen, in Blickle/Hüglin/Wyduckel (Hg), Subsidiarität als rechtliches und politisches Ordnungsprinzip in Kirche, Staat und Gesellschaft (2002) 129 ff; Bußjäger/Gamper (Hg), Subsidiarität anwenden: Regionen, Staaten, Europäische Union/La Sussidiarietà Applicata: Regioni, Stati, Unione Europea (2006). 29 EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 48. 30 Dazu näher Pernthaler/Lukasser, Verfassungsrecht 57 f. 31 EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 48.
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„Mit der Förderung einer auf dem Subsidiaritätsprinzip aufgebauten Gesellschaft soll das Entstehen von Gruppengegensätzen vermieden werden. Die Freiheit des einzelnen kann angesichts der Notwendigkeit, die Freiheit aller zu sichern, keine schrankenlose sein. Es ist dem Land aufgetragen, bei ihrer Sicherung auf die Wahrung des Gemeinwohles Bedacht zu nehmen“. 9 Das Spannungsfeld zwischen Einzelwohl und Gemeinwohl findet sich aber auch in den übrigen Abs des Art 7 TLO 1989, wenn es um den sozialen Interessenausgleich geht. Konkrete Kriterien für die Interessenabwägung finden sich in Art 7 Abs 1 TLO 1989 nicht, doch können die in Art 7 Abs 6 TLO 1989 genannten Handlungsgrundsätze dafür relevant sein. Gleichzeitig sind der Auslegung des Art 7 Abs 1 TLO 1989 auch bundesverfassungsrechtliche Schranken gesetzt: Bspw stehen die meisten Grundrechte der Bundesverfassung – die gerade die „freie Entfaltung der Persönlichkeit des Einzelnen“ sichern –32 unter Eingriffsvorbehalten, welche eine Abwägung zwischen dem vom Grundrecht geschützten Interesse und öffentlichen Interessen bzw Rechten dritter Personen erforderlich machen. Das Land Tirol darf im hoheitlichen Bereich sowohl das Gemeinwohl als auch die freie Entfaltung der Persönlichkeit der Einzelnen darüber hinaus nur insoweit „sichern“, als es dafür kompetenzrechtlich zuständig ist; anders verhält es sich im Bereich der Privatwirtschaftsverwaltung, in der das Land nicht an kompetenzrechtliche Schranken gebunden ist (Art 17 B-VG). In Bezug auf das Subsidiaritätsprinzip, das auf „kleinere Gemeinschaften“ angewendet werden soll, kommt den EB33 zufolge „insbesondere die Besorgung von Aufgaben der in die Kompetenz der Länder fallenden öffentlichen Verwaltung durch Selbstverwaltungskörper in Betracht“. Während Art 118 Abs 2 B-VG das Subsidiaritätsprinzip für den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinden ohnehin verankert, unterliegt die Einrichtung sonstiger Selbstverwaltungskörper gem Art 120a Abs 1 B-VG in Übereinstimmung mit der Kompetenzverteilung dem Bundes- oder Landesgesetzgeber. Eine Parteistellung von Tir Gemeinden in bestimmten Verfahren lässt sich aus Art 7 Abs 1 TLO 1989 nicht ableiten.34 Art 7 Abs 1 TLO 1989 bezieht sich nicht ausdrücklich auf Landesbürger,35 sondern spricht in einem sehr umfassenden, inklusiven Sinn von der „Persönlichkeit des 32 33 34 35
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Vgl auch Pernthaler/Lukasser, Verfassungsrecht 55 f. EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 48. VwGH 26.05.1998, 98/04/0044. Vgl dazu Gamper, Art 3 (in diesem Band).
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Einzelnen“, von „Landesbewohnern“, „allen gesellschaftlichen Gruppen“ und „kleineren Gemeinschaften“. Art 7 Abs 1 TLO 1989 enthält keine Legaldefinitionen, und auch in den 10 EB finden sich wenig Hinweise, was im Einzelnen unter den zahlreichen unbestimmten Gesetzesbegriffen zu verstehen ist, die in dieser Bestimmung verankert sind. Die Auslegung dieser Begriffe muss daher insb im Lichte von Systematik und Teleologie vorgenommen werden. Unter „Sichern“36 sind die Unterstützung und der Schutz des jeweiligen Ziels durch welche dem Land auch immer zur Verfügung stehende Handlungsform zu verstehen, unter „Fördern“37 verschiedene Formen der Unterstützung, die sich nicht auf die klassische Förderungsverwaltung beschränken; ein originäres, unmittelbares „Herstellen“ der jeweiligen, letztlich eine freie Gesellschaft voraussetzenden Ziele wird dem Land damit nicht auferlegt. Mit Ausdrücken wie „Gemeinwohl“ oder „Selbsthilfe“ fanden sozialwissenschaftliche Begriffe Eingang in das Landesverfassungsrecht. Unter „Gemeinwohl“ können öffentliche Interessen bzw die Interessen der im Art 7 Abs 1 TLO 1989 ja auch erwähnten Allgemeinheit verstanden werden. Auch in den anderen Abs des Art 7 TLO 1989 finden sich immer wieder Anklänge an das Gemeinwohl, wenn etwa von einem „Gemeinschaftsbedarf“ (Abs 5) oder einer „nachhaltigen Entwicklung“ (Abs 6) die Rede ist. Unter „Selbsthilfe“ verstehen Pernthaler/Lukasser „jede Form der Hilfe, die von Einzelmenschen, Gruppen [wie Nachbarschaften, Betroffene ua], Organisationen, Verbänden, kirchlichen Einrichtungen uä zur Abhilfe von Not und Bedrängnis aller Art geleistet wird. Wesentlich ist die Spontaneität und Staatsferne der Hilfe, die sie von staatlichen und parastaatlichen Leistungssystemen wie Sozialversicherung, Sozialhilfe, Fürsorge, Versorgung in öffentliche Krankenanstalten uä abheben.“38 Ein wesentliches Organisationsmerkmal dafür ist die „Selbstorganisation“, dh Eigeninitiative und Staatsfreiheit, durch Individuen.39 Dass der Staat Selbsthilfe fördert, zB finanziell unterstützt, ist damit vereinbar.40 Ein Selbsthilfeansatz ist aber auch dem erst 201141 in Art 7 Abs 1 TLO 1989 eingefügten Staats36 37 38 39 40 41
Vgl auch Pernthaler/Lukasser, Verfassungsrecht 58 f. Pernthaler/Lukasser, Verfassungsrecht 61 f. Pernthaler/Lukasser, Verfassungsrecht 60. Pernthaler/Lukasser, Verfassungsrecht 61. Pernthaler/Lukasser, Verfassungsrecht 61. LGBl 2011/59.
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ziel der Förderung der Tätigkeit von Freiwilligen im Dienst der Allgemeinheit zu entnehmen, wie auch die EB42 dieser Nov betonen. Auch das in Art 7 Abs 1 TLO 1989 verankerte Subsidiaritätsprinzip verlangt die Autonomie der kleineren Gemeinschaften in jenen Angelegenheiten, die in ihrem ausschließlichen oder überwiegenden Interesse gelegen und geeignet sind, von ihnen mit eigenen Kräften besorgt zu werden. Gleichzeitig liegt der Förderung der Selbsthilfe, der Tätigkeit von Freiwilligen im Dienst der Allgemeinheit sowie des Zusammenhalts aller gesellschaftlichen Gruppen ein Solidaritätsansatz zugrunde: Zwar soll das Land Tirol diese Zwecke entsprechend fördern, doch handelt es sich dabei an sich um Erscheinungen, die in einem staatsfreien Raum – im Zusammenspiel der Landesbewohner und gesellschaftlichen Gruppen untereinander – geschehen. Dabei sind freilich immanente rechtliche Schranken zu beachten, wie sie zB der „Selbsthilfe“ oder der Überlassung von Angelegenheiten an „kleinere Gemeinschaften“ gesetzt sind, weil der Staat nicht ohne Weiteres hoheitliche Aufgaben an „Landesbewohner“ oder (irgendwelche) „kleinere Gemeinschaften“ delegieren bzw privatisieren darf.43 Allerdings variieren die in Art 7 Abs 1 TLO 1989 verankerten Staatsziele dahingehend, dass das Land Tirol nur tw verpflichtet wird, unmittelbar ein bestimmtes Ziel zu verwirklichen, während tw – so im Bereich der drei Solidaritätsziele – nur von „fördern“ gesprochen wird.
2. Schutz und Pflege der Umwelt, Klimaschutz und Genera tionenvertrag 11 Art 7 Abs 3 TLO 1989 zufolge hat das Land Tirol für den Schutz und die Pflege der Umwelt, besonders die Bewahrung der Natur und der Landschaft vor nachteiligen Veränderungen, zu sorgen, diese also selbst zu verwirklichen. Seit der TLO-Nov LGBl 2019/133 bekennt sich das Land Tirol zudem in dieser Bestimmung zu einem nachhaltigen und effektiven Klimaschutz als eine Voraussetzung zum Erhalt „unseres“ Lebensraumes für künftige Generationen, was offensichtlich als eigenes, aus dem allgemeinen Umweltschutz herausgehobenes Staatsziel zu verstehen ist. Aus dessen Formulierung geht ein direkt das Verfassungsvolk adressierender „Wir“-Bezug (arg „unseres“) hervor, der für andere Verfassungen, bislang nicht jedoch für die TLO 1989 typisch ist. 42 EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 2011/59, Tir LT XV. GP, GZ 235/11, 1. 43 Vgl dazu noch unten Rz 15.
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Der Hinweis auf „künftige Generationen“ trägt generationenvertraglichen Charakter und findet sich ähnlich in § 1 BVG Nachhaltigkeit, wonach sich die Republik Österreich (Bund, Länder und Gemeinden) zum Prinzip der Nachhaltigkeit bei der Nutzung der natürlichen Ressourcen bekennt, um auch zukünftigen Generationen bestmögliche Lebensqualität zu gewährleisten; die EB dazu führen aus, dass der Nachhaltigkeitsbegriff iSe anerkannten Drei-Säulen-Modells von Ökologie, Ökonomie und Sozialem zu verstehen sei.44 In bundesverfassungskonformer Auslegung ist auch der Nachhaltigkeitsbegriff in Art 7 Abs 3, 4 und 6 TLO 1989 so zu verstehen. Während das Erfordernis der Bewahrung der Natur und der Landschaft vor nachteiligen Veränderungen ein Verschlechterungsverbot enthält, soll der nachhaltige und effektive Klimaschutz den Lebensraum „erhalten“, damit also auf Dauer und in einer wirksamen Art und Weise, ohne dass dies freilich konkretisiert würde. Demgegenüber normiert § 3 BVG Nachhaltigkeit45, dass sich die Republik Österreich (Bund, Länder und Gemeinden) zum umfassenden Umweltschutz bekennt (Abs 1), worunter die Bewahrung der natürlichen Umwelt als Lebensgrundlage des Menschen vor schädlichen Einwirkungen zu verstehen ist; er besteht demzufolge insb in Maßnahmen zur Reinhaltung der Luft, des Wassers und des Bodens sowie zur Vermeidung von Störungen durch Lärm (Abs 2). Gem § 2 leg cit bekennt sich die Republik Österreich außerdem zum Tierschutz. Die Staatsziele des Art 7 Abs 3 TLO 1989 stehen mit dem BVG Nachhaltigkeit im Einklang, sind allerdings weniger umfassend formuliert, was kompetenzrechtliche Gründe hat. Das Land Tirol kann die Staatsziele des Art 7 Abs 3 TLO 1989 hoheitlich nur im Rahmen der ihm zustehenden umweltbezogenen Kompetenzen verwirklichen, wozu insb der in die Residualkompetenz der Länder gem Art 15 Abs 1 B-VG fallende Naturschutz gehört. Die Wortfolge „besonders die Bewahrung der Natur und der Landschaft vor nachteiligen Veränderungen“ trägt dem Begriffsinhalt der Naturschutzkompetenz46 Rechnung. Die nur demonstrative Erwähnung der Bewahrung der Natur und der 44 IA BlgNR 2316/A, XXIV. GP, 3. 45 Die EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 49 nehmen ausdrücklich auf das dem erwähnten BVG vorausgehende Bundesverfassungsgesetz vom 27. November 1984 über den umfassenden Umweltschutz, BGBl 1984/491, Bezug. 46 Vgl dazu grundlegend Bußjäger, Die Naturschutzkompetenzen der Länder (1995).
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Landschaft vor nachteiligen Veränderungen in Art 7 Abs 3 TLO 1989 hängt damit zusammen, dass das Land darüber hinaus noch weitere Zuständigkeiten hat, die mit dem Schutz und der Pflege der Umwelt zusammenhängen: Bspw können auch unter der Abfallwirtschaft hinsichtlich nicht-gefährlicher Abfälle, soweit kein Bedürfnis nach Erlassung einheitlicher Vorschriften vorhanden ist (Art 10 Abs 1 Z 12 iVm Art 15 Abs 1 B‑VG), der UVP (samt Genehmigung bestimmter Vorhaben) gem Art 11 Abs 1 Z 7 B-VG, dem Tierschutz gem Art 11 Abs 1 Z 8 B-VG oder der in die Residualkompetenz der Länder gem Art 15 Abs 1 B-VG fallenden Jagd und Fischerei, sei es auf Gesetzes- und/oder Vollzugsebene, Aspekte des Schutzes der Natur (Fauna und Flora) bzw der Landschaft geregelt werden. Hingegen ist etwa die in § 3 Abs 2 BVG Nachhaltigkeit erwähnte Luftreinhaltung (unbeschadet der Zuständigkeit der Länder für Heizungsanlagen) eine ausschließliche Kompetenz des Bundes gem Art 10 Abs 1 Z 12 B-VG. 12 Die Verankerung dieser Staatsziele hat freilich nicht zur Folge, dass dem Schutz und der Pflege der Umwelt oder dem Klimaschutz absoluter Vorrang zukäme, sodass nachteilige Veränderungen der Natur und Landschaft oder des Klimas unter allen Umständen ausgeschlossen wären. Vielmehr finden sich in anderen Abs des Art 7 TLO 1989 Staatsziele, die in Spannung zu Schutz und Pflege der Umwelt oder Klimaschutz stehen: Dazu gehören va das in Art 7 Abs 2 TLO 1989 verankerte Ziel der sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Bedürfnissen der Landesbewohner entsprechenden Gesamtentwicklung des Landes, der Schaffung und Erhaltung ausreichender Arbeits- und leistbarer Wohnmöglichkeiten sowie die freie Entfaltung der Wirtschaft in Art 7 Abs 4 TLO 1989. Von Bedeutung ist allerdings auch, dass Art 7 Abs 6 TLO 1989 seit der TLO-Nov LGBl 2012/147 eine nachhaltige Entwicklung iSe ausgewogenen Berücksichtigung ökonomischer, ökologischer und sozialer Interessen sowie eine Mittel-Zweck-Relation normiert, was keines dieser Staatsziele priorisiert, aber eine Abwägung zwischen ihnen erfordert. Ziel der anzustrebenden nachhaltigen Entwicklung sei es, „die Regenerationsfähigkeit der wirtschaftlichen, sozialen und natürlichen Systeme zu erhalten und zu unterstützen sowie die Balance zwischen Einzel- und Gesamtinteressen herzustellen“.47 Im Ergebnis solle dadurch gewährleistet werden, dass die „Bedürfnisse der Gegenwart so ressourcenschonend befriedigt werden, dass künftige Generati47 EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 2012/147, Tir LT XV. GP, GZ 562/12, 11.
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onen ihre Bedürfnisse ebenfalls zu befriedigen vermögen“48. Auch das durch die TLO-Nov LGBl 2019/133 eingefügte Staatsziel eines „nachhaltigen“ Wirtschaftsraums in Art 7 Abs 4 TLO 1989 korrespondiert in Bezug auf den Nachhaltigkeitsbegriff mit Art 7 Abs 3 und 6 TLO 1989.
3. Wirtschaft und Soziales Art 7 Abs 2, Abs 4 und Abs 5 TLO 1989 enthalten verschiedene wirt- 13 schaftliche und soziale Staatsziele: Gem Art 7 Abs 2 TLO 1989 hat das Land Tirol für die geordnete, den sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Bedürfnissen der Landesbewohner entsprechende Gesamtentwicklung des Landes zu sorgen, wobei der Schaffung und Erhaltung von ausreichenden Arbeits- und leistbaren Wohnmöglichkeiten ein besonderer Stellenwert zukommt.49 Gem Art 7 Abs 4 TLO 1989 hat das Land Tirol die freie Entfaltung der Wirtschaft unter Wahrung der Grundsätze der Sozialen Marktwirtschaft zu fördern. Die EB50 führen dazu aus, dass der diesbezüglichen Verpflichtung des Landes keine subjektiven Rechte Einzelner gegenüberstehen. Durch die TLO-Nov LGBl 2019/133 wurde Art 7 Abs 4 TLO 1989 außerdem um das Bekenntnis zu einem nachhaltigen und wettbewerbsfähigen Wirtschaftsraum als eine Voraussetzung für Wohlstand und Beschäftigung – die wiederum mit den in Art 7 Abs 2 TLO 1989 erwähnten Arbeitsmöglichkeiten korrespondiert – erweitert. Gem Art 7 Abs 5 TLO 1989 hat das Land Tirol seine erwerbswirtschaftlichen Tätigkeiten grds auf solche Unternehmen zu beschränken, die einem Gemeinschaftsbedarf entsprechen und deren Ausübung durch andere nicht zweckmäßiger ist. Damit soll den EB51 zufolge das Subsidiaritätsprinzip für den Bereich der erwerbswirtschaftlichen Tätigkeit des Landes zur Geltung gebracht werden, wobei darauf hingewiesen wird, dass ein ähnlicher Grundsatz bereits für die Tir Gemeinden galt52.
48 EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 2012/147, Tir LT XV. GP, GZ 562/12, 11 f. 49 Die EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 48 betonen, dass damit „eine dem Land bereits im wesentlichen durch § 1 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 1984, LGBl. Nr. 4, auferlegte Aufgabe verfassungsrechtlich festgelegt“ wird; vgl nunmehr § 1 TROG 2016. 50 EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 49. 51 EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 49. 52 EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 49.
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14 Auch die auf Wirtschaft und Soziales gerichteten Staatsziele stehen in einem Spannungsfeld zueinander sowie zu den in Art 7 Abs 3 TLO 1989 verankerten ökologischen Staatszielen: Dies tritt besonders deutlich aus dem Ziel der freien Entfaltung der Wirtschaft bei gleichzeitiger Wahrung der Grundsätze der Sozialen Marktwirtschaft zutage, während der „nachhaltige“ Wirtschaftsraum auch eine ökologische Komponente aufweist. Die Schaffung und Erhaltung von ausreichenden Arbeits- und leistbaren Wohnmöglichkeiten sowie das Bekenntnis zu Wohlstand und Beschäftigung haben sowohl eine soziale als auch wirtschaftliche Komponente und sind vor dem Hintergrund der Knappheit von (bewohnbarem) Grund und Boden sowie damit verbundenen hohen Wohnkosten in Tirol zu verstehen. Unbestimmte Gesetzesbegriffe wie „ausreichend“, „wettbewerbsfähig“ oder „leistbar“ haben höchst relativen Charakter und können daher nicht konkret quantifiziert werden. Die Auflösung dieses Spannungsfelds ist (va) dem einfachen Landesgesetzgeber überlassen, der dabei die allgemeinen Handlungsgrundsätze gem Art 7 Abs 6 TLO 1989 heranzuziehen hat. Die EB53 betonen allerdings, dass sich „[s]ubjektive Rechte, insbesondere auf bestimmte Förderungen und dergleichen, […] aus dieser Bestimmung – wie schon bisher – nicht“ ergeben. Ein gewisser Unterschied kann zwischen Art 7 Abs 2 und Art 7 Abs 4 TLO 1989 dahingehend ausgemacht werden, dass das Land Tirol einerseits für eine geordnete Gesamtentwicklung im erwähnten Sinn zu „sorgen“ (also selbst herzustellen), andererseits die freie Entfaltung der Wirtschaft unter der genannten Bedingung zu „fördern“ hat. Für eine derart geordnete Gesamtentwicklung ist daher unmittelbar durch das Land Sorge zu tragen, was die Erlassung umfangreicher und inhaltlich komplexer rechtlicher Planungen erfordert. Der freien Entfaltung der Wirtschaft ist dagegen gerade keine zentrale staatliche Steuerung immanent, sondern sie erfolgt im Wesentlichen nach ökonomischen Wirkprinzipien. Das Land hat sie lediglich zu unterstützen („fördern“), dabei aber immer auch die Balance zu den zur freien Entfaltung der Wirtschaft möglicherweise in Widerspruch stehenden Staatszielen zu wahren. Was im Einzelnen unter „Grundsätzen der Sozialen Marktwirtschaft“ zu verstehen ist, wird auch in den EB nicht näher erläutert. Der Begriff stammt vielmehr aus der Ökonomie und bezeichnet ein Konzept, in dem eine an sich auf dem freien Spiel der Kräfte aufbauende Wirtschaft mit sozialem Fortschritt und Ausgleich 53 EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 2011/59, Tir LT XV. GP, GZ 235/11, 5.
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verknüpft wird.54 Der soziale Aspekt, der die freie Wirtschaft letztlich mitsteuern soll, tritt auch aus Art 7 Abs 4 TLO 1989 zutage, da die Förderung der freien Entfaltung der Wirtschaft eben eingeschränkt, nämlich unter Wahrung der Grundsätze der Sozialen Marktwirtschaft, erfolgen soll. Der VfGH hielt zwar fest, dass die „freie“ Marktwirtschaft kein Grundsatz der österr Verfassungsordnung sei,55 erkannte aber den Sinn des Grundrechts auf Erwerbsfreiheit (Art 6 StGG) grds darin, Unternehmen die Erwerbsausübung im Rahmen eines geordneten Wettbewerbs zu ermöglichen.56 Die in Art 7 Abs 5 TLO 1989 angeführten erwerbswirtschaftlichen Tä- 15 tigkeiten des Landes Tirol stellen auf dessen Befugnis zur Privatwirtschaftsverwaltung gem Art 17 B-VG ab. Dass diese „grundsätzlich“ auf solche Unternehmen zu beschränken seien, die einem Gemeinschaftsbedarf entsprechen und deren Ausübung durch andere nicht zweckmäßiger ist, steht einerseits in engem Zusammenhang zu dem in Art 7 Abs 1 TLO 1989 erwähnten Gemeinwohl, andererseits zum in Art 7 Abs 6 TLO 1989 verankerten Zweckmäßigkeitsgrundsatz. Nach den EB57 bringt Art 7 Abs 5 TLO 1989 überdies das in Art 7 Abs 1 TLO 1989 verankerte Subsidiaritätsprinzip für den Bereich der erwerbswirtschaftlichen Tätigkeiten des Landes zur Geltung. Zwar werden etwa die in Art 7 Abs 6 TLO 1989 ebenfalls angeführten Grundsätze der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit in diesem Zusammenhang nicht eigens erwähnt, doch sind sämtliche der in Art 7 Abs 6 TLO 1989 verankerten Handlungsgrundsätze auch für Tätigkeiten iSd Art 7 Abs 5 TLO 1989 anwendbar.58 Der in den EB angeführte Verweis auf den damaligen § 61 Abs 3 TGO 1966 ist allerdings insofern veraltet, als sowohl § 75 TGO wie auch § 39 IbkStadtR mittlerweile etwas andere Formulierungen für die Führung wirtschaftlicher Unternehmen durch die Gemeinden Ti54 Vgl Müller-Armack, Soziale Marktwirtschaft, in von Beckerath et al (Hg), Handwörterbuch der Sozialwissenschaften – zugleich Neuauflage des Handwörterbuch der Staatswissenschaften IX (1956) 390; Müller-Armack, Wirtschaftsordnung und Wirtschaftspolitik – Studien und Konzepte zur sozialen Marktwirtschaft und zur europäischen Integration (1966) 245; Erhard/Müller-Armack, Soziale Marktwirtschaft, Manifest ’72 (1972) 43. 55 VfSlg 5831/1968 und 5966/1969 (vgl Morscher, Verfassungsrecht 42). 56 VfSlg 11.558/1987, 12.094/1989. 57 EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 49. 58 Dies wird auch durch die EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 48 klargestellt, wonach die genannten Grundsätze auch für den Bereich der Privatwirtschaftsverwaltung des Landes gelten.
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rols bzw die Stadt Ibk im Besonderen verwenden, die zwar die Zweckmäßigkeit59, nicht aber den Gemeinschaftsbedarf (oder jedenfalls nicht ausschließlich)60 als Kriterien heranziehen. Bei dem Land Tirol zurechenbaren Tätigkeiten wirtschaftlicher Unternehmen ist zu beachten, dass diese sowohl der Kontrolle des RH61 als auch des Tir LRH62 unterliegen. Im Fall ausgegliederter hoheitlicher Tätigkeiten, die durch Unternehmen des Landes besorgt werden, ist ferner die Judikatur des VfGH63 zu den Schranken der Ausgliederung zu beachten: Staatsaufgaben dürfen demzufolge nur vereinzelt und nicht im Kernbereich staatlicher Tätigkeit, in Übereinstimmung mit Sachlichkeit und Effizienz sowie unter Vorbehalt entsprechender Ingerenzrechte des Staates ausgegliedert werden.64
B. Grundsätze 16
Art 7 Abs 6 TLO 1989 verankert zunächst vier Grundsätze, nämlich Gesetzmäßigkeit, Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit, nach denen bei der Besorgung der Aufgaben des Landes Tirol vorzugehen ist. Sämtliche dieser Grundsätze sind bereits aus dem B-VG65 ableitbar und sind in Übereinstimmung mit der Bundesverfassung auszulegen. Die EB betonen aber, dass die Grundsätze der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit iZm der Rechnungshofkontrolle der Länder gem Art 127 Abs 1 B-VG nur für die Prüfung ihrer Gebarung gelten würden.66 Art 127 Abs 1 letzter Satz B-VG zufolge umfasst die Überprüfung durch den RH jedoch nicht die für die Gebarung maßgebenden Beschlüsse der verfassungsmäßig zuständigen Vertretungskörper. Die Verankerung dieser Grundsätze in 59 Vgl § 75 Abs 1 und 3 TGO und § 39 Abs 2 IbkStadtR. 60 Gem § 75 Abs 1 TGO darf der Haushalt der Gemeinde dadurch nicht wesentlich belastet werden. Gem § 39 Abs 2 IbkStadtR ist bei der Führung von Unternehmungen auf die öffentlichen Interessen und auf soziale Gesichtspunkte Bedacht zu nehmen. 61 Art 127 Abs 3 B-VG. 62 Art 67 Abs 4 lit e–g TLO 1989. 63 Vgl grundlegend VfSlg 14.473/1996; s weiters VfSlg 14.500/1996, 16.400/2001, 16.995/2003, 17.421/2004. 64 Näher etwa Pabel, Verfassungsrechtliche Grenzen der Ausgliederung, JRP 2005, 221 ff. 65 Vgl dazu oben Rz 1. 66 EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 49. Vgl aber Morscher, Verfassungsrecht 43 mit Nachweisen auf die Judikatur.
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der Landesverfassung solle deren Beachtung den Organen bei der Besorgung aller Aufgaben des Landes Tirol zur Pflicht machen.67 201268 wurde Art 7 Abs 6 zweiter Satz TLO 1989 um die Wortfolge 17 „sowie eine nachhaltige Entwicklung im Sinn einer ausgewogenen Berücksichtigung ökonomischer, ökologischer und sozialer Interessen anzustreben“ ergänzt. Damit sollte die „Nachhaltigkeit als Staatsgrund satz“69 bzw als „politische Leitlinie staatlichen Handelns“70 verankert werden. In den EB wird klargestellt, dass subjektive öffentliche Rechte dadurch nicht begründet würden.71 Der mit dem neuen Staatsgrundsatz „verbundene, an die Gesetzgebung und Vollziehung des Landes gerichtete Auftrag“ sei „im Sinn einer ausgewogenen und integrierten Berücksichtigung ökonomischer, ökologischer und sozialer Interessen zu verstehen“.72 Ziel der anzustrebenden nachhaltigen Entwicklung sei es, „die Regenerationsfähigkeit der wirtschaftlichen, sozialen und natürlichen Systeme zu erhalten und zu unterstützen sowie die Balance zwischen Einzel- und Gesamtinteressen herzustellen“.73 Im Ergebnis solle dadurch gewährleistet werden, dass die „Bedürfnisse der Gegenwart so ressourcenschonend befriedigt werden, dass künftige Generationen ihre Bedürfnisse ebenfalls zu befriedigen vermögen“74. Damit wurde der Begriff des „Generationenvertrags“75 zwar nicht ausdrücklich, aber doch sinngemäß in die TLO 1989 eingeführt. Nachhaltigkeit und Ausgewogenheit sind freilich Kriterien, die schon aus anderen Staatszielbestimmungen des Art 7 TLO 1989 hervorkommen, wenn es etwa um eine geordnete Gesamtentwicklung, die Bewahrung der Natur und
67 EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 49. 68 LGBl 2012/147. 69 EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 2012/147, Tir LT XV. GP, GZ 562/12, 10. 70 EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 2012/147, Tir LT XV. GP, GZ 562/12, 11. 71 EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 2012/147, Tir LT XV. GP, GZ 562/12, 11. 72 EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 2012/147, Tir LT XV. GP, GZ 562/12, 11. 73 EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 2012/147, Tir LT XV. GP, GZ 562/12, 11. 74 EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 2012/147, Tir LT XV. GP, GZ 562/12, 11 f. 75 Gamper, Staat und Verfassung4 (2018) 57 und 128.
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Landschaft, den Klimaschutz oder den Ausgleich zwischen verschiedenen Interessen bzw zwischen Individuen und Kollektiv geht. 18 Die Angemessenheit, welche die angewandten Mittel gem Art 7 Abs 6 letzter Satz TLO 1989 gegenüber den Zielen aufweisen müssen, stellt ein Element des Verhältnismäßigkeitsprinzips dar, das im grundrechtlichen Zusammenhang76 üblicherweise ein vierstufiges Schema bestehend aus öffentlichem Interesse, Geeignetheit, Erforderlichkeit und Angemessenheit (Verhältnismäßigkeit ieS, Adäquanz) beinhaltet. Zwar handelt es sich beim Grundsatz der Angemessenheit gem Art 7 Abs 6 letzter Satz TLO 1989 nicht um die Verankerung eines grundrechtlichen Eingriffsvorbehalts, doch verlangt Angemessenheit auch in Bezug auf die ZweckMittel-Relation die Herstellung einer ausgewogenen Balance.
IV. Rechtswirkungen 19 Die Staatsziele und Handlungsgrundsätze, die Art 7 TLO 1989 verankert, stellen, wie auch die EB77 mehrfach betonen, Verpflichtungen für alle Organe des Landes „bei der Ausübung ihrer Befugnisse“78 dar; diese Befugnisse können sich auf Landesgesetzgebung, Landesverwaltung und Landesverwaltungsgerichtsbarkeit79 beziehen, während die mittelbare Bundesverwaltung nach der Rsp des VfGH80 davon nicht umfasst ist. Die EB stellen klar, dass diese Bindung sowohl für den hoheitlichen als auch nicht-hoheitlichen Bereich gilt, damit also auch die Privatwirtschaftsverwaltung des Landes an die Staatsziele und Handlungsgrundsätze gebunden ist.81 Diese stehen im Landesverfassungsrang und binden somit auch den einfachen Landesgesetzgeber.82 Gerade die Vielfalt 76 Vgl dazu schon oben Rz 1. 77 EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 47 ff; EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 2011/59, Tir LT XV. GP, GZ 235/11, 5; EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 2012/147, Tir LT XV. GP, GZ 562/12, 11; EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 2019/133, Tir LT XVII. GP, GZ 401/19, 1. 78 EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 47. 79 Seit Inkrafttreten der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Nov BGBl I 2012/51 mit 01.01.2014. 80 Landesverfassungsrechtliche Staatsziele können demnach nur im selbständigen Wirkungsbereich der Länder Wirkung entfalten (VfSlg 20.185/2017); vgl auch noch unten Rz 20. 81 EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 48. EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 2019/133, Tir LT XVII. GP, GZ 401/19, 1. 82 EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 2019/133, Tir LT XVII. GP, GZ 401/19, 1.
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der verschiedenen, nur tw mit denjenigen der Bundesverfassung deckungsgleichen Staatsziele, die durch die Erlassung im Verfassungsrang „qualifizierte“ bzw „erhebliche“ öffentliche Interessen abbilden,83 zeugt von einem nicht unbeträchtlichen Gestaltungsspielraum, der sich dem Landesverfassungsgesetzgeber bietet. Gleichzeitig ist allerdings zu konstatieren, dass es sich um Staatsziele und Handlungsgrundsätze handelt, die zwar eine Bindung der Landesorgane,84 aber keine subjektiven Rechte, damit also auch keine landesverfassungsgesetzlich gewährleisteten Grundrechte, verankern.85 Dies wird in Bezug auf Art 7 Abs 2 (und nunmehr auch Abs 3),86 Art 7 Abs 487 sowie Art 7 Abs 6 erster Satz TLO 198988 in den jeweiligen EB ausdrücklich hervorgehoben, ergibt sich aber auch aus den anderen Bestimmungen des Art 7 TLO 1989. Hinzu kommt, dass sämtliche Staatsziele in einem inhaltlichen Spannungsfeld zueinander stehen.89 Art 7 TLO 1989 lässt offen, welches Staatsziel in einem konkreten Fall zu priorisieren ist; dies ist unter Heranziehung der – allerdings auch höchst allgemeinen – Grundsätze gem Art 7 Abs 6 TLO 1989 insb durch den einfachen Landesgesetzgeber zu entscheiden. Insgesamt ist aus Art 7 TLO 1989 dabei abzuleiten, dass ein Interessenausgleich vorzunehmen ist und kein einzelnes Staatsziel in extremer Weise – unter völliger Außerachtlassung eines anderen Staatsziels – zu verfolgen ist. Massive Widersprüche zu einzelnen Staatszielen, die sich etwa in Gesetzen oder VO des Landes fänden, könnten zur Prüfung und Aufhebung der betr Norm durch den VfGH führen.90 Angesichts des hohen Grades an Unbestimmtheit der in Art 7 TLO 1989 verankerten Staatsziele kann der Umstand, sie im Landesrecht bloß mehr oder weniger stark zu berücksichtigen, jedoch kaum zu einem solchen (justiziablen) Ergebnis führen, weil der Gestaltungsspielraum des Landesgesetzgebers immer noch groß ist.91 Auch 83 84 85 86 87 88 89
VfSlg 13.102/1992, 20.185/2017. Pernthaler/Lukasser, Verfassungsrecht 54. Vgl auch Gamper, Bestimmungen 71. EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 2011/59, Tir LT XV. GP, GZ 235/11, 5. EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 49. EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 2012/147, Tir LT XV. GP, GZ 562/12, 11. Vgl auch Morscher, Verfassungsrecht 41 sowie Koja, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer2 (1988) 92. 90 Ähnlich für das BVG Umweltschutz Weber, Grundrecht auf Umweltschutz, in Heißl (Hg), Handbuch Menschenrechte (2009) 496 (499). Vgl zu einer Vbg Staatszielbestimmung etwa VfSlg 11.990/1989. 91 Ähnlich für das BVG Umweltschutz Weber, Grundrecht 499. Vgl auch Gamper, Bestimmungen 71.
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bloße Unterlassungen können vom VfGH nicht aufgehoben werden, es sei denn, es handelte sich um eine partielle Rechtslücke, bei deren Prüfung der VfGH unter Umständen die Komplementärnorm aufheben könnte.92 Eine weitere Wirkung der Staatsziele und Handlungsgrundsätze liegt in ihrer Funktion als Maßstab der systematischen, insb der landesverfassungskonformen Interpretation93:94 Sie sind damit nicht nur ein intrasystematischer Maßstab für die Auslegung der Landesverfassung selbst, sondern va auch Maßstab für die Auslegung niederrangigen Landesrechts, das nach der Judikatur des VfGH im Zweifel so ausgelegt werden muss, dass es mit der Landesverfassung (deren Staatsziele ihrerseits bundesverfassungskonform sind) übereinstimmt.95 Dies gilt allerdings nicht im Falle, dass Gerichte (einschließlich des Tir LVwG) Bedenken gegenüber einem Gesetz oder einer VO des Landes haben, da die betr Norm diesfalls nicht landesverfassungskonform zu interpretieren, sondern dem VfGH gem Art 89 Abs 2 iVm Art 135 Abs 4 B-VG zur Prüfung vorzulegen ist.96 20 Der VfGH wendete das BVG Umweltschutz97, nunmehr § 3 BVG Nachhaltigkeit98 – der mit dem in Art 7 Abs 3 TLO 1989 verankerten Staatsziel tw übereinstimmt –, zur Prüfung von Gesetzen auf ihre Verfassungsmäßigkeit und von VO auf ihre Gesetzmäßigkeit an.99 Eine 92 Für das BVG Umweltschutz Weber, Grundrecht 499 bei FN 18. Allgemein Gamper, Verfassungsgerichtsbarkeit und Gewaltenverbindung (2016) 105 ff mwN. 93 Gamper, Regeln der Verfassungsinterpretation (2012) 148 ff und 217 ff. 94 Vgl auch Gamper, Bestimmungen 71; Pernthaler/Lukasser, Verfassungsrecht 54. 95 Gamper, Regeln 204 bei FN 663. Vgl zu einer oö Staatszielbestimmung etwa VfSlg 13.210/1992. 96 Dazu schon Kneihs, Wider die verfassungskonforme Interpretation, ZfV 2009, 354 ff; Gamper, Regeln 217 ff; dies, Verfassungsgerichtsbarkeit 150 ff. 97 Vgl auch Gutknecht, BVG Umweltschutz, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (1999) Rz 22, 28 ff; Kerschner (Hg), Staatsziel Umweltschutz. Der Einfluß des österreichischen BVG über den umfassenden Umweltschutz auf Gesetzgebung, Verwaltung und Gerichtsbarkeit (1996); Weber, Grundrecht 497 ff. 98 Vgl auch Sander/Schlatter, Das Bundesverfassungsgesetz über die Nachhaltigkeit, den Tierschutz, den umfassenden Umweltschutz, die Sicherstellung der Wasser- und Lebensmittelversorgung und die Forschung, in Baumgartner (Hg), Öffentliches Recht. Jahrbuch 2014 (2014) 235 (238); Weber, Grundrecht 499 f. 99 Vgl VfSlg 11.990/1989, 12.009/1989, 12.485/1990, 12.486/1990, 13.102/1992, 13.718/1994, 14.551/1996, 19.584/2011, 20.185/2017.
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Ziele und Grundsätze des staatlichen Handelns
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Auslegung im Lichte des Staatsziels sei geboten.100 Der umfassende Umweltschutz sei sowohl bei der Interpretation der näher in Betracht kommenden abwägungsrelevanten Interessen, die nach der einfachgesetzlichen Rechtslage wahrzunehmen sind, als auch bei der nachfolgenden Gewichtung dieser Interessen miteinzubeziehen, wenn die als maßgeblich festgestellten Interessen einen Bezug zum Umweltschutz aufweisen.101 Der VfGH vertritt jedoch die Ansicht, dass daraus ein absoluter Vorrang von Umweltschutzinteressen gegenüber anderen, der Verwaltung obliegenden Entscheidungsdeterminanten nicht ableitbar sei.102 Ähnliches dürfte auch auf Art 7 Abs 3, aber auch die anderen in Art 7 TLO 1989 verankerten Staatsziele zutreffen, weil sie in einem immanenten, sich gegenseitig relativierenden Spannungsfeld verankert sind. Der VfGH hielt zudem fest, dass ökologische Staatszielbestimmungen in Landesverfassungen nach der bundesstaatlichen Kompetenzverteilung nur im Bereich des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder gem Art 15 B-VG Wirkung entfalten können; für die Auslegung eines BG könnte ein landesverfassungsrechtliches Staatsziel somit nicht herangezogen werden.103 Diese Ansicht ist wohl dahingehend zu ergänzen, dass alle, auch außerhalb des Art 15 Abs 1 B-VG verankerten Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereichs der Länder grds im Lichte des Staatsziels einer Landesverfassung auszulegen sind. Sofern es sich um Gegenstände der Vollziehung, die von BG geregelt werden, oder Ausführungsgesetze der Länder handelt, ist diese Auslegung jedoch nur subsidiär vorzunehmen, sofern sie dem jeweiligen Bundes(grundsatz)gesetz nicht widerspricht. Darüber hinaus schiene es im Rahmen des Berücksichtigungsprinzips104 zulässig, dass auch der 100 VfSlg 20.185/2017. 101 VfSlg 20.185/2017. 102 VfSlg 16.242/2001, 20.185/2017. 103 VfSlg 20.185/2017. 104 Dazu zB VfSlg 10.292/1984, 12.465/1990, 19.954/2015, 20.116/2016; 20.191/2017, 20.229/2017; vgl auch Gamper, Regeln 187 ff; dies, Kompetenzgerichtsbarkeit und Kompetenzinterpretation in Österreich, in dies et al (Hg), Föderale Kompetenzverteilung in Europa (2016) 575 (596 ff); dies, Koordination im Bundesstaat – ein „ungeschriebenes“ Verfassungsprinzip?, in Rosner/Bußjäger (Hg), Im Dienste der Länder – im Interesse des Gesamtstaates – FS Verbindungsstelle der Bundesländer (2011) 257 (263 ff); Gamper, Koordination vs. Durchgriff: Aktuelle Herausforderungen des österreichischen Bundesstaats, in Eppler/Maurer (Hg), Europapolitische Koordination in Österreich (2019) 77; Funk, Das System der bundesstaatlichen Kompetenzverteilung im Lichte der Verfassungsrechtsprechung (1980)
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Bund Staatsziele der Landesverfassungen in seiner Gesetzgebung und Vollziehung mitberücksichtigt, sofern dies im Einklang mit den sonst von ihm zu beachtenden bundesverfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen steht und insb nicht zur unzulässigen Übernahme einer Landeskompetenz führt.
51 ff. Die Judikatur reflektierend: Schäffer, Kompetenzverteilung und Rücksichtnahmepflicht im Bundesstaat, ZfV 1985, 357 ff; Davy, Zur Bedeutung des bundesstaatlichen Rücksichtnahmegebotes für Normenkonflikte (Teil 1), ÖJZ 1986, 225 ff; Pernthaler, Bundesstaatsrecht 343 ff; Novak, Bundesstaatliche Rücksichtnahme, in Schäffer et al (Hg), Staat – Verfassung – Verwaltung – FS Koja (1998) 357 ff; Lebitsch-Buchsteiner, Die bundesstaatliche Rücksichtnahmepflicht (2001); Mayer, Neue Wege der Kompetenzinterpretation?, ÖJZ 1986, 513 ff.
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Artikel 8 Politische Parteien Die politischen Parteien sind berufen, an der Ausübung der Staatsgewalt durch das Landesvolk mitzuwirken. LGBl samt Erläuterungen: LGBl 1988/61 (X. GP AA 141/88 AB 141/88) Judikatur: VfSlg 11.944/1989 (Korrelation zwischen wahlwerbender Partei und politischer Partei; Beschränkung der Parteienförderung auf im NR vertretene politische Parteien verfassungskonform); VfSlg 14.803/1997 (Korrelation zwischen wahlwerbender Partei und politischer Partei; kein verfassungsrechtliches Gebot der Parteienförderung; Parteienfinanzierung und Gebot der Chancengleichheit); VfSlg 18.603/2008 (Parteienfinanzierung und Gebot der Chancengleichheit); VfSlg 19.844/2014 (Verpflichtung aller Vollzugsbehörden zur Incidenter-Kontrolle der bundesverfassungsgesetzlichen Voraussetzungen für die Erlangung der Rechtspersönlichkeit durch eine politische Partei; keine Befugnis des BM für Inneres zur Verweigerung der Satzungshinterlegung); VfSlg 19.860/2014 (Kompetenz des Landesgesetzgebers zur Regelung der Parteienförderung auf Landesebene; Parteienfinanzierung und Gebot der Chancengleichheit); VfSlg 20.091/2016 (Korrelation zwischen wahlwerbender Partei und politischer Partei); VfSlg 20.128/2016 (Wahlwerbungskosten: zwischen Bund und Ländern geteilte Regelungskompetenz; Beschränkung verfassungskonform); VfSlg 20.168/2017 (Parteienförderung betrifft allgemeine politische Tätigkeit und außerparlamentarische Aktivitäten; Parteienfinanzierung und Gebot der Chancengleichheit; Verbot von Änderungen während einer laufenden GP, die zu einer unsachlichen Benachteiligung von im LT vertretenen Parteien führen) OGH 28.06.2017, 1 Ob 57/17i (Tir Parteienförderung; Kontinuität der Vertretung der politischen Partei im LT durch die der betr Wählergruppe angehörenden Abg ohne Rücksicht auf deren veränderte persönliche Haltung zur politischen Partei [hier: Austritt und Gründung einer neuen politischen Partei]) Literatur: Eisner/Kogler/Ulrich, Recht der politischen Parteien2 (2019); Gamper, Staat und Verfassung4 (2018) 129 ff; Mayrhofer, Öffentliche Förderung von Landesparteien und Landtagsklubs, in Pürgy (Hg), Das Recht der Länder I (2012) 213 ff; Morscher, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer. 7. Tirol (1991) 43 f; Schwamberger/Ranacher, Tiroler Landesordnung 19896: Kommentar (2017) 33 f; Sickinger, Politisches Geld – Parteienfinanzierung und öffentliche Kontrolle in Österreich (2013); Wieser, §§ 1, 3 ParteienG 2012, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Bundesverfassungsrecht Kommentar (2019)
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Inhaltsübersicht I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben..................................... 1 II. Entstehungsgeschichte.................................................................. 7 III. Mitwirkung an der Ausübung der Staatsgewalt durch das Landesvolk...................................................................................... 8 IV. Exkurs: Partei- und Klubfinanzierung in Tirol......................... 11
I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben 1 Art 8 TLO 1989 knüpft – ausweislich der EB zur StF1 – an die seinerzeit im PartG2 enthaltenen „grundlegenden Bestimmungen über die politischen Parteien“ an und beschränkt sich ausgehend davon auf die grds programmatische Aussage, dass die politischen Parteien berufen sind, an der Ausübung der Staatsgewalt durch das Landesvolk mitzuwirken. Die Erläuterungen zu Art 8 TLO 1989 weisen in weiterer Folge ausdrücklich auf die zentralen Inhalte dieser bundesverfassungsgesetzlichen Garantienormen für die demokratische Funktion, die Gründung und die Betätigung politischer Parteien hin; im Einzelnen wird dazu ausgeführt: „Durch die Verfassungsbestimmung des Art I des Parteiengesetzes3 werden die Existenz und Vielfalt politischer Parteien als wesentliche Bestandteile der demokratischen Ordnung der Republik Österreich erklärt und deren Mitwirkung an der politischen Willensbildung garantiert. Weiters legt diese Verfassungsbestimmung fest, dass die Gründung politischer Parteien frei ist, sofern bundesverfassungsgesetzlich nichts anderes bestimmt ist, und dass ihre Tätigkeit keiner Beschränkung durch besondere Rechtsvorschriften unterworfen werden darf.“4 Das PartG 2012 hat diese grundlegenden bundesverfassungsgesetzlichen Garantien im Wesentlichen unverändert übernommen. Vor diesem Hintergrund wird man davon ausgehen können, dass Art 8 TLO 1989 nunmehr inhaltlich an § 1 Abs 1, 2 und 3 PartG 2012 anknüpft,5 einschließlich der nunmehrigen bundesverfassungsgesetzlichen Legaldefinition des Begriffs der politischen Partei.6 1 2 3 4 5 6
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EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 50. Bundesgesetz über die Aufgaben, Finanzierung und Wahlwerbung politischer Parteien (Parteiengesetz), BGBl 1975/404. Konkret in deren § 1 Abs 1, 2 und 3. EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 50. Näher dazu Rz 5. Näher dazu auch Rz 9.
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Diesen bundesverfassungsgesetzlichen parteienrechtlichen Garanti- 2 enormen liegt die Einsicht zugrunde, dass das Funktionieren einer repräsentativ-parlamentarischen Demokratie Existenz und Vielfalt politischer Parteien voraussetzt,7 einerseits, weil diese als eine der intermediären Gewalten im modernen demokratischen Verfassungsstaat8 bestimmte – weltanschaulich präformierte – Interessen und Vorstellungen in einem Programm bündeln und so die Vielfalt politischer Probleme auf für den einzelnen Bürger überschaubare Alternativen reduzieren, andererseits, weil erst der Zusammenschluss von Personen in Parteien eine effektive Teilnahme am politischen Diskurs, insb auch im Parlament, ermöglicht.9 Insofern enthält § 1 PartG 2012 nicht nur eine institutionelle Garantie des Systems der Mehrparteiendemokratie (des Pluralismus der politischen Parteien), das von der hL als wesentlicher Bestandteil des demokratischen Baugesetzes der Bundesverfassung und damit der verfassungsrechtlichen Grundordnung angesehen wird,10 sondern auch ein verfassungsgesetzlich gewährleistetes Grundrecht der Parteienfreiheit (Gründungsfreiheit, Organisationsfreiheit, Programmfreiheit Bestandsfreiheit, Betätigungsfreiheit und – iVm Art 7 B-VG – Chancengleichheit politischer Parteien).11 Dieses Grundrecht gewährleistet den Parteien einen verfassungsrechtlichen Status, durch den sie sich von anderen privatrechtlichen Organisationen unterscheiden.12 Ungeachtet dessen besteht kein verfassungsrechtliches Gebot zur staatlichen Parteienfinanzierung;13 diese darf zudem immer nur eine Teilfinanzierung sein und muss dem – verfassungsgesetzlich verbürgten – Gebot der Chancengleichheit politischer Parteien
7
Besonders prägnant Rill/Schäffer, Art 1 B-VG, in Kneihs/Lienbacher (Hg), Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht (2001) Rz 15: „Parteien sind nicht nur eine mögliche Gestaltung, sondern eine notwendige Erscheinung der Demokratie.“ 8 Dazu Gamper, Staat 130. 9 Vgl dazu mwN nur Oberndorfer, Art 1 B-VG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (2000) Rz 20; Öhlinger/ Eberhard, Verfassungsrecht12 (2019) 160; Wieser, §§ 1, 3 Rz 15. 10 MwN Wieser, §§ 1, 3 Rz 31 f; s auch Eisner/Kogler/Ulrich, § 1 PartG 2012 Rz 1 f. Näher dazu gleich im Folgenden Rz 3. 11 MwN wiederum Wieser, §§ 1, 3 Rz 46 ff et passim; s auch Eisner/Kogler/ Ulrich, § 1 PartG 2012 Rz 4. 12 So zutreffend Berka, Verfassungsrecht7 (2018) 72. 13 VfSlg 14.803/1997.
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adäquat Rechnung tragen.14 Einschränkungen der Parteienfreiheit bestehen – dem Konzept einer wehrhaften Demokratie folgend15 – hinsichtlich der jeweils bundesverfassungsgesetzlich grundgelegten Verbote der nationalsozialistischen Wiederbetätigung, nationalsozialistischer oder faschistischer Organisationen und des Anschlusses an Deutschland.16 Zusätzliche landesverfassungsgesetzliche Einschränkungen der Freiheit der Parteigründung wären bundesverfassungsrechtswidrig.17 3 § 1 Abs 1 PartG 2012 erklärt die politischen Parteien zu Bestandteilen der demokratischen Ordnung der Republik Österreich und zit dabei unmittelbar Art 1 B-VG. Dadurch wird eine Verbindung zwischen der Vielfalt und Existenz politischer Parteien und dem Demokratieprinzip des B-VG hergestellt.18 Die Garantienormen des § 1 PartG 2012 ergänzen insofern den Art 1 B-VG, der gleichwohl selbst einen Pluralismus politischer Parteien als Grundlage für das repräsentativ-demokratische System des B-VG voraussetzt. § 1 Abs 1 PartG hat daher nach hL keinen konstitutiven Charakter, sondern macht (lediglich) einen seit 1920 im Art 1 B-VG gelegenen Norminhalt explizit.19 Die wichtige Rolle politischer Parteien in der parlamentarischen Demokratie ist also bereits direkt in Art 1 B-VG angelegt. 4 Insb im Hinblick auf die selbstständigen (im Vergleich zum Vereinsrecht großzügigeren, weil insb durch das Fehlen von Möglichkeiten zur behördlichen Untersagung der Parteigründung20 und zur behördlichen 14 Zu all dem vgl mwN nur Wieser, §§ 1, 3 Rz 124 ff und 139 ff; aus der stRsp vgl zB VfSlg 14.803/1997, 18.603/2008, 19.860/2014, 20.168/2017. 15 Dazu Gamper, Staat 131. 16 S das VerbotsG sowie die im Verfassungsrang stehenden Art 4, 9 und 10 StV von Wien; dazu mwN Rill/Schäffer, Art 1 Rz 34 ff; Wieser, §§ 1, 3 insb Rz 89 ff; vgl auch Öhlinger/Eberhard, Verfassungsrecht 162. In der Lehre wird zudem vertreten, dass auch die Gründung einer Partei mit dem Ziel der rassischen Diskriminierung wegen Verstoßes gegen Art I BVG Rassendiskriminierung verboten wäre (so etwa Berka/Binder/Kneihs, Die Grundrechte² [2019] 746). 17 MwN Wieser, §§ 1, 3 Rz 79. 18 Rill/Schäffer, Art 1 Rz 32. 19 So die hL zusammenfassend Wieser, §§ 1, 3 Rz 31. Diesem Verständnis folgend etwa Eisner/Kogler/Ulrich, § 1 PartG 2012 Rz 2. 20 Eine Folge davon ist, dass es auch keine behördliche Zuständigkeit zur Feststellung der Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen der Parteigründung und damit zur Erlangung der Rechtspersönlichkeit durch eine politische
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Überwachung von Parteien gekennzeichneten) bundesverfassungsgesetzlichen Regelungen des PartG 2012 für die Gründung und Betätigung politischer Parteien21 spielt die an sich alle freiwilligen Vereinigungen ohne Rücksicht auf ihren Zweck schützende Vereinsfreiheit des Art 12 StGG bzw des Art 11 EMRK für diese – anders als vor der Erlassung des PartG22 – eine eher untergeordnete Rolle. Das schließt es freilich nicht aus, dass sich eine politische Partei als Verein iSd VereinsG konstituiert.23 Zudem dürfte der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers zur Ausgestaltung der Regelungen über die Parteienbildung in den Freiheitsverbürgungen der Vereinsfreiheit eine gewisse Grenze finden.24 Gem § 1 Abs 2 PartG 2012 ist eine politische Partei eine dauernd orga- 5 nisierte Verbindung, die durch gemeinsame Tätigkeit auf eine umfassende Beeinflussung der staatlichen Willensbildung, insb durch die Teilnahme an Wahlen zu allgemeinen Vertretungskörpern und dem Europäischen Parlament, abzielt und deren Satzung beim BM für Inneres hinterlegt ist.25 Davon zu unterscheiden sind wahlwerbende Parteien26 bzw Wählergruppen, die durch Einbringung eines Wahlvorschlags an Wahlen zu allgemeinen Vertretungskörpern teilnehmen27 und im ErPartei, die ihre Satzung beim BM für Inneres hinterlegt hat gibt, sodass dies von jeder Behörde incidenter zu prüfen ist (s dazu unten bei FN 75). 21 S dazu auch Rz 5 bei FN 24. 22 Zur Rechtsstellung politischer Parteien vor der Erlassung des PartG, als diese im Wesentlichen als Vereine iSd VereinsG angesehen wurden (auf das Sonderproblem der Rechtsstellung der nach dem Zweiten Weltkrieg nicht auf vereinsrechtlicher Grundlage gebildeten historischen Parteien ÖVP, SPÖ und KPÖ sei an dieser Stelle nur hingewiesen), vgl Wieser, §§ 1, 3 Rz 8 f mwN. 23 Zu den Bezügen zwischen Vereinsfreiheit und Freiheit der politischen Parteien vgl etwa Berka/Binder/Kneihs, Grundrechte 744 ff, sowie Lenzhofer, Vereinsfreiheit und Freiheit der politischen Parteien, in Heißl (Hg), Handbuch Menschenrechte (2009) 321 (331 ff). 24 So Rill/Schäffer, Art 1 Rz 32. 25 Näher zum Begriff, zu den Voraussetzungen für die Gründung und zur Rechtspersönlichkeit einer politischen Partei vgl wiederum nur Wieser, §§ 1, 3 Rz 19 ff, 56 ff und 98 ff; s auch Eisner/Kogler/Ulrich, § 1 PartG 2012 Rz 4 ff. 26 Diese werden im B-VG im Zusammenhang mit der Regelung der Wahlbehörden im Art 26a Abs 1 B-VG genannt. 27 Vgl auch die Legaldefinition in § 2 Z 2 PartG 2012, wonach eine „wahlwerbende Partei“ eine Wählergruppe ist, die sich unter Führung einer unterscheidenden Parteibezeichnung und Aufstellung einer Parteiliste an der Wahlwerbung zu einem allgemeinen Vertretungskörper oder dem Europäi-
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folgsfall dann auch Mandate erringen. Hinter einer wahlwerbenden Partei steht meist eine politische Partei. Soweit daher gesetzliche Bestimmungen die Gewährung von Parteienförderung (in einer bestimmten Höhe) davon abhängig machen, dass eine (politische) Partei in einem allgemeinen Vertretungskörper „vertreten“ ist,28 wird genau diese – auch vom VfGH schon vielfach herausgearbeitete29 – Korrelation zwischen politischer Partei und wahlwerbender Partei angesprochen;30 die Gewährung von Parteienförderung setzt damit freilich voraus, dass die politische Partei durch Teilnahme an der Wahl als wahlwerbende Partei Mandate errungen hat.31 Es ist dann auch während der gesamten Wahlperiode die wahlwerbende Partei, die die hinter ihr stehende politische Partei im allgemeinen Vertretungskörper repräsentiert.32 Folgerichtig berufen daher etwa die Bestimmungen des Art 45 TLO 1989 über die Wahl der LReg die im LT vertretenen Wählergruppen zu Verhandlungen über die Bildung einer neuen LReg und zur Einbringung von Vorschlägen für die Wahl der LReg.33 Gleiches gilt für die Bestimmungen der Tir GO LT über die Bildung der Klubs34 und der Ausschüsse35 sowie über Verhältniswahlen.36 6 Die Kompetenzverteilung stellt sich im Hinblick auf politische Parteien wie folgt dar:37 Während Regelungen für das Parteienrecht ieS, also
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schen Parlament beteiligt. Zur wahlwerbenden Partei vgl mwN auch G. Holzinger/K. Holzinger, Art 26a B-VG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (2017) Rz 3. Vgl § 3 PartG 2012 und daran anknüpfend § 1 Abs 2 Bundesgesetz über Förderungen des Bundes für politische Parteien (Parteien-Förderungsgesetz 2012), BGBl I 2012/57 idF BGBl I 2019/31. Zur Tir Rechtslage s unten Rz 12. Vgl nur VfSlg 11.944/1989, 14.803/1997, 20.091/2016. Dazu etwa auch Mayrhofer, Förderung 216 f mwN. Ganz idS etwa OGH 28.06.2017, 1 Ob 57/17i, zur Tir Rechtslage. Näher dazu Rz 12. Gleiches gilt für Art 49 TLO 1989 betr Neuwahlen, Nachwahlen und für Art 68 TLO 1989, der das Recht, eine Sonderprüfung durch den LRH zu verlangen, einem Viertel der Abg des LT, die nicht den in der LReg vertretenen Wählergruppen angehören dürfen, einräumt. § 10 Tir GO LT; zu den Klubs s auch Art 23 Abs 6 und 7 TLO 1989 und die Kommentierung von Bertel, Art 23 (in diesem Band) Rz 44 ff. § 62 Tir GO LT, dazu Bertel Art 23 (in diesem Band) Rz 7. § 38 Tir GO LT. Für einen Überblick vgl etwa Bußjäger, Rechtsfragen zum neuen Parteirecht, ÖJZ 2013, 643 (644 ff); Eisner/Kogler/Ulrich, Vorbemerkungen zur
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die äußere und innere Organisation der Parteien, ausschließlich in die Gesetzgebungskompetenz des Bundes fallen38 (die entsprechenden Vorschriften enthält folglich das PartG 201239), folgt die Regelungskompetenz für die Beteiligung von politischen Parteien an Wahlen – qua Konstituierung einer wahlwerbenden Partei durch Einreichung eines Wahlvorschlags – einschließlich der allfälligen Begrenzung von Wahlwerbungskosten der Kompetenzverteilung für Wahlen zu den allgemeinen Vertretungskörpern; zuständig ist also der Gesetzgeber der jeweiligen staatlichen Ebene, für gesamtstaatliche Wahlen der Bundesgesetzgeber, für Wahlen im Land und auf Gemeindeebene der Landesgesetzgeber.40 Ähnliches gilt für die Kompetenz zur Regelung der Transparenz und Finanzierung von politischen Parteien einschließlich der Förderung ihrer parlamentarischen Tätigkeit (Klubförderung). Hier sind – wiederum jeweils für die entsprechende Ebene – Bundesbzw Landesgesetzgeber zuständig,41 wobei die aus ihrer Verfassungsautonomie erfließende Regelungskompetenz der Länder in wesentlichen Aspekten bundesverfassungsgesetzlich eingeschränkt wird, namentlich durch Höchstgrenzen für die finanzielle Förderung politischer Parteien42 sowie in Bezug auf Spenden, Inserate und Sponsoring.43
II. Entstehungsgeschichte Vor der TLO 1989 verzichteten die Tir Landesverfassungen auf Bezug- 7 nahmen zur Funktion politischer Parteien in dem durch sie konstituierten demokratischen System. Die Aufnahme des Art 8 in den Verfas-
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Kompetenzgrundlage insb Rz 14 und 16 ff; Lenzhofer, Die Parteienfinanzierung in Österreich (2010) 51 ff. Und zwar im Hinblick auf das Versteinerungsmaterial nach der wohl hL als Ausfluss der Kompetenz zur Regelung des Vereinswesens (Art 10 Abs 1 Z 7 B-VG); zusätzlich wird auch Art 10 Abs 1 Z 1 B-VG („Bundesverfassung“) als Kompetenzgrundlage genannt. S insb § 1 Abs 3, 4 und 5 PartG 2012. VfSlg 20.128/2016. Die Kompetenz des Landesgesetzgebers zur Regelung der Parteienförderung auf Landesebene bestätigend VfSlg 19.860/2014. Vgl die Verfassungsbestimmung des § 3 PartG 2012. Diesbezüglich gelten grds die entsprechenden bundesgesetzlichen Regelungen unmittelbar und dürfen auf Landesebene nur mehr im Vergleich dazu „strengere Vorschriften“ erlassen werden; vgl die Verfassungsbestimmungen in §§ 6 Abs 10 und 7 Abs 4 PartG 2012.
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sungstext begründen die EB der StF der TLO 1989 dementsprechend damit, dass die politischen Parteien auch in der Tir Landesordnung verankert werden sollten.44 Die Bestimmung steht seit ihrer Erlassung unverändert in Geltung.
III. Mitwirkung an der Ausübung der Staats gewalt durch das Landesvolk 8 Art 8 TLO 1989 knüpft seinem Wortlaut nach an die grundlegenden Bestimmungen der TLO 1989 über die Staatsgewalt45 und das Landesvolk46 an und betont so die – vorhin bereits beschriebene47 – wichtige (mediatisierende) Rolle der politischen Parteien für das effektive Funktionieren eines parlamentarisch-demokratischen Systems durch Bündelung politischer Interessen sowie Teilnahme am politischen Diskurs und an der politischen Willensbildung, sei es außerparlamentarisch oder – im Weg der Teilnahme an Landtagswahlen (im Erfolgsfall) – auch im Landesparlament. Bemerkenswert scheint die an dieser Stelle der TLO 1989 erneut48 zutage tretende ausdrückliche Verknüpfung von (Ausübung der) Staatsgewalt und Landesvolk, die sich so in Art 1 B-VG nicht findet, aber in gleicher Weise die Volkssouveränität (hier: des Landesvolkes) als Grundlage des demokratischen Systems und Quelle demokratischer Legitimität49 anspricht.50 9 Indem Art 8 TLO 1989 die Parteien ausdrücklich zur Mitwirkung an der Ausübung der Staatsgewalt durch das Landesvolk beruft, rezipiert er – wie sich auch iZm den Erläuterungen und der Entstehungsgeschichte ergibt51 – im Wesentlichen die in § 1 PartG 2012 grundgelegten 44 EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 50. 45 Art 1 Abs 3 TLO 1989, wonach Träger der Staatsgewalt des Landes Tirol das Landesvolk ist. S dazu die Kommentierung von Gamper, Art 1 (in diesem Band) Rz 8. 46 Art 3 TLO 1989, wonach das Landesvolk die Gesamtheit der Landesbürger ist. Landesbürger sind jene österr Staatsbürger, die in einer Gemeinde des Landes den Hauptwohnsitz haben. S dazu die Kommentierung von Gamper, Art 3 (in diesem Band) Rz 1 ff. 47 S Rz 2. 48 S Art 1 Abs 3 TLO 1989. 49 Dazu etwa Pernthaler, Österreichisches Bundesstaatsrecht (2004) 57 f. 50 Vgl dazu auch Gamper, Art 1 (in diesem Band) Rz 1. 51 S dazu vorstehend Rz 1 und Rz 7.
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bundesverfassungsgesetzlichen Garantien für den Bereich der gesamten Landesrechtsordnung.52 Gleichwohl dürfte der normative Gehalt der Bestimmung – angesichts der unmittelbaren Verbindlichkeit der korrespondierenden bundesverfassungsgesetzlichen Gebote – kaum über eine diese Gebote bekräftigende landesverfassungsrechtliche Programmnorm hinausreichen. Allenfalls könnte darin eine explizite Institutionengarantie politischer Parteien auch für das durch die Landesverfassung konstituierte repräsentativ-demokratische System auf Landesebene gesehen werden.53 Mit der Betonung der wichtigen Rolle der politischen Parteien für das Funktionieren dieses Systems durch den Landesverfassungsgesetzgeber ist schließlich die Einordnung ihrer politischen Aktivitäten als Erfüllung einer Aufgabe im öffentlichen Interesse verbunden.54 Art 8 TLO 1989 ist vor diesem Hintergrund landesverfassungsrechtli- 10 cher Anknüpfungspunkt für die – im Folgenden im Überblick darzustellenden – landesgesetzlich geregelte Parteienförderung und insofern auch Ausgangspunkt für die Begründung eines öffentlichen Interesses an diesbezüglichen landesgesetzlichen Regelungen und für die sachliche Rechtfertigung der Verwendung signifikanter öffentlicher Mittel für diesen Zweck. Eine landesverfassungsgesetzliche Garantie der Parteienfinanzierung durch das Land ist daraus freilich nicht abzuleiten, sodass es – unter Berücksichtigung der diesbezüglichen bundesverfassungsrechtlichen Vorgaben – allein dem Landesgesetzgeber überlassen bleibt, ob, in welcher Form und in welcher Höhe er eine Parteienförderung aus öffentlichen Mitteln vorsieht (oder auch nicht).
IV. Exkurs: Partei- und Klubfinanzierung in Tirol Nach § 3 PartG 2012 können Bund, Länder und Gemeinden politi- 11 schen Parteien für ihre Tätigkeit bei der Mitwirkung an der politischen Willensbildung in Bund, Ländern und Gemeinden jährlich Fördermit52 So Gamper, Allgemeine Bestimmungen des Landesverfassungsrechts, in Pürgy (Hg), Das Recht der Länder I (2012) 61 (67). 53 In diese Richtung wohl auch Gamper, Bestimmungen 67. 54 Berka, Verfassungsrecht 72, weist im Hinblick auf die § 1 PartG 2012 zutreffend darauf hin, dass die mit der Beeinflussung der staatlichen Willensbildung umschriebenen Aufgaben der politischen Parteien öffentliche Aufgaben darstellen, worauf der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung der Rechte und Pflichten politischer Parteien entsprechend Rücksicht zu nehmen habe.
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tel zuwenden, wobei bestimmte Höchstgrenzen zu beachten sind.55 Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass sich weder aus dieser Verfassungsbestimmung noch aus Art 8 TLO 1989 ein Rechtsanspruch von politischen Parteien auf öffentliche Zuwendungen in dem Sinn ergibt, dass die Gebietskörperschaften verpflichtet wären, Parteienförderung vorzusehen.56 Die Parteien- und Klubförderung ist in Tirol unter Bedachtnahme auf die diesbezüglichen Vorgaben des PartG 2012 im – im Jahr 2012 neu erlassenen – ParteienFG geregelt.57 Dieses macht zudem auch von der Ermächtigung des § 6 Abs 10 PartG 2012 Gebrauch und enthält für Spenden an politische Parteien und wahlwerbende Parteien strengere Vorschriften.58 12 Für die im LT vertretenen politischen Parteien59 sieht das ParteienFG für die Mitwirkung an der politischen Willensbildung auf der Ebene des Landes, einschließlich der Tätigkeit allfälliger Bezirksorganisationen, und auf der Ebene der Gemeinden Tirols60 eine jährliche Förderung 55 Für die Parteienförderung der Länder liegt der durch § 3 PartG 2012 iVm der Valorisierungsregel des § 14 Abs 1 PartG 2012 bundesverfassungsgesetzlich festgelegte Korridor für die Höhe der Parteienförderung derzeit zwischen 6,70 Euro und höchstens 23,72 Euro je Wahlberechtigtem zum LT (vgl Eisner/Kogler/Ulrich, § 3 PartG 2012 Rz 4, wonach die valorisierten Rahmenbeträge des § 3 PartG 2012 derzeit bei 3,35 Euro bzw 11,86 Euro liegen; für die Länder gelten die doppelten Rahmenbeträge, um auch die Mitwirkung an der politischen Willensbildung auf Bezirks- und Gemeindeebene zu berücksichtigen). 56 S dazu vorstehend Rz 2 und Rz 10. 57 Für einen Überblick vgl etwa Sickinger, Geld 194 ff. 58 § 4 ParteienFG. Im Übrigen gilt § 6 PartG 2012 unmittelbar. Im Licht der jüngsten Nov zum PartG 2012, BGBl I 2019/55, stellen die im § 4 Par teienFG geregelten Wertgrenzen zT keine strengeren Vorschriften mehr dar. Insofern wird diese Bestimmung anzupassen sein. 59 Parteienförderung gebührt – wie § 1 Abs 1 zweiter Satz ParteienFG klarstellt – nur jenen politischen Parteien, die spätestens seit dem letzten Tag der Frist für die Einbringung von Kreiswahlvorschlägen für die letzte Landtagswahl Rechtspersönlichkeit besitzen; das bedeutet, dass zu diesem Zeitpunkt bereits eine Satzung beschlossen und beim BM für Inneres hinterlegt sein muss (vgl § 1 Abs 4 PartG 2012). Damit wird sichergestellt, dass die politische Partei vor der Teilnahme an der Landtagswahl existiert haben muss; nur dann hat sie Anspruch auf Parteienförderung; s dazu auch VwGH 24.4.2020, Ra 2019/03/0003 (zur insoweit vergleichbaren Rechtslage in Ktn). 60 Es geht hier also um die Förderung der politischen Tätigkeit insgesamt, insb auch der außerparlamentarischen Aktivitäten der politischen Parteien, und nicht um die – von der Klubförderung spezifisch umfasste – Förderung ihrer
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vor; der Gesamtbetrag der auf die politischen Parteien im Verhältnis der auf sie bei der letzten Landtagswahl entfallenen gültigen Stimmen jährlich aufzuteilenden Fördermittel errechnet sich aus der Multiplikation der Zahl der bei dieser Landtagswahl Wahlberechtigten mit dem gesetzlich festgelegten Betrag von 12,67 Euro.61 Die Förderung knüpft also an den Wahlerfolg bei der letzten Landtagswahl an und bleibt – die weitere Existenz der politischen Partei vorausgesetzt – für die gesamte Förderungsperiode (diese ist im Wesentlichen deckungsgleich mit der GP des LT62) konstant.63 Änderungen der gesetzlichen Anspruchsvoraussetzungen bzw Modifikationen in der Abwicklung mit Wirkung für die laufende GP sind unzulässig, wenn sie zu einer unsachlichen Benachteiligung einer der im LT vertretenen Parteien führen.64 Wie zudem der OGH65 hinsichtlich der Rechtslage in Tirol in wünschenswerter Klarheit festgehalten hat, ist die Wendung „im Landtag vertretene politische Parteien“ in § 2 ParteienFG unter Heranziehung aller anerkannten Methoden der Gesetzesauslegung dahin zu verstehen, dass eine Partei dann im LT vertreten ist, wenn die ihr zuzurechnende Wählergruppe aufgrund ihres Wahlerfolgs zumindest einen Landtagssitz errungen hat. Die Zugehörigkeit von LTAbg zu dieser Wählergruppe bleibt ebenso wie die dadurch erreichte Vertretung der politischen Partei im LT während der gesamten GP aufrecht und ist insb davon unabhängig, ob die betr Abg im Zeitpunkt ihrer Wahl Mitglied der hinter der Wählergruppe stehenden politischen Partei waren bzw ob sie dies während der GP (weiter) bleiben oder sich von der politischen Partei gar abwenden, etwa durch Gründung einer neuen politischen Partei.66
61
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parlamentarischen Arbeit (VfSlg 20.168/2017 zur Rechtslage in Sbg; OGH 28.06.2017, 1 Ob 57/17i zur Rechtslage in Tirol; vgl dazu auch Eisner/Kogler/Ulrich, § 3 PartG 2012 Rz 5). § 2 ParteienFG. Unter Berücksichtigung der Valorisierungsbestimmungen des § 10 steht für das Jahr 2020 auf der Grundlage des valorisierten Ausgangsbetrags von 14,27 Euro und der Zahl von 537.273 Wahlberechtigten bei der Landtagswahl 2018 ein Betrag von insgesamt rund 7,67 Millionen Euro zur Verfügung (Quelle: Amt der Tir LReg, Sachgebiet Budgetwesen). § 2 Abs 3 ParteienFG. Vgl EBRV zur StF des ParteienFG LGBl 2012/151, Tir LT XV. GP, GZ 561/12, 6 f. VfSlg 20.168/2017 zu gesetzlichen Änderungen während der laufenden GP in Sbg. OGH 28.06.2017, 1 Ob 57/17i. Näher dazu – wiederum in wünschenswerter Klarheit – OGH 28.06.2017, 1 Ob 57/17i.
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Christian Ranacher
13 Politische Parteien, die im LT nicht vertreten sind, aber bei der letzten Landtagswahl mindestens 2,5 % der gültigen Stimmen erhalten haben, werden durch eine einmalige Zuwendung gefördert.67 Ein gesonderter Beitrag zu den Kosten der Wahlwerbung („Wahlkampfkostenrückerstattung“) wird hingegen (insb auch aufgrund des diesbezüglichen Verbots nach § 3 PartG 2012) nicht mehr gewährt. 14 Den nach § 10 Tir GO LT gebildeten Klubs steht zur Unterstützung der parlamentarischen Tätigkeit Klubförderung zu, wobei jährlich ein von der Klubgröße abhängiger Sockelbetrag und ein nach der Anzahl der klubzugehörigen Abg verhältnismäßig zu berechnender Steigerungsbetrag vorgesehen sind.68 Keinem Klub angehörige Abg haben jährlich Anspruch auf einen Arbeitsbeitrag.69 Ändert sich die Klubzugehörigkeit von Abg während der GP, so wirkt sich dies bei der Aufteilung der Fördermittel ab dem jeweils nächstfolgenden Kalenderjahr aus.70 Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang, dass die Klubs bereits aufgrund von Art 26 Abs 5 TLO 1989 als Teil des LT Anspruch auf Bereitstellung notwendiger Sachmittel für ihre parlamentarische Tätigkeit (insb Klubräume sowie Büro- und IT-Ausstattung) haben.71 15 Über die Gewährung von Partei- und Klubförderung entscheidet die LReg im Rahmen der Hoheitsverwaltung mit Bescheid.72 Gegen Bescheide der LReg steht der Rechtszug an das LVwG und an die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts offen. § 9 ParteienFG enthält neben detaillierten Regelungen über die Auszahlungsmodalitäten insb auch begleitende Vorschriften zu den Antragsfristen und zur Antragslegitimation. Anträge der im LT vertretenen politischen Parteien auf Parteienförderung sind etwa von einer durch die Mehrheit der diesen je67 § 3 ParteienFG. Sie würden im Jahr 2020 unter Berücksichtigung der Valorisierungsbestimmung des § 10 ParteienFG den Betrag von rund 4,50 Euro je Stimme erhalten (Quelle: Amt der Tir LReg, Sachgebiet Budgetwesen). 68 §§ 5 ff ParteienFG. Für die Klubförderung stehen im Jahr 2020 unter Berücksichtigung der Valorisierungsbestimmung des § 10 ParteienFG insgesamt Mittel in Höhe von rund 2 Millionen Euro zur Verfügung (Quelle: Amt der Tir LReg, Sachgebiet Budgetwesen). Die widmungsgemäße Verwendung der Klubförderung ist von einem Wirtschaftsprüfer zu überprüfen und von jedem Klub der LReg nachzuweisen. 69 § 6 Abs 4 ParteienFG. Dieser beträgt jährlich 10.000,- Euro. 70 § 7 Abs 2 ParteienFG. 71 Vgl dazu Schramek, Art 26 (in diesem Band) Rz 23. 72 § 9 Abs 9 ParteienFG.
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weils zuzuordnenden LTAbg73 schriftlich ermächtigten Person einzubringen.74 Im Hinblick auf die schon mehrfach erwähnte Korrelation zwischen politischer Partei und Wählergruppe erweist sich dies als sachgerecht. Zudem wird damit die Antragslegitimation anhand eines von der Behörde leicht überprüfbaren Kriteriums geregelt, welches (etwa im Fall von Parteispaltungen bzw innerparteilichen Streitigkeiten auftretende) Rechtsunsicherheiten iZm der parteirechtlichen Außenvertretungsbefugnis der ihr gegenüber für die politische Partei auftretenden Personen von vornherein vermeidet75 und so auch einen verwaltungsökonomischen Vollzug gewährleistet.
73 Dabei handelt es sich um jene LTAbg, die jener Wählergruppe angehören, mit der die politische Partei an der letzten Landtagswahl teilgenommen hat; vgl in diesem Zusammenhang wiederum OGH 28.06.2017, 1 Ob 57/17i. 74 § 2 Abs 3 ParteienFG. 75 Dass hier äußerst komplexe Rechtsfragen auftreten können, hat sich in Tirol in der XV. GP des Tir LT gezeigt; insb kann die Frage der rechtmäßigen Außenvertretung einer politischen Partei von der Behörde nicht mit Hilfe konstitutiver öffentlicher Register oder behördlicher Entscheidungen beurteilt werden. So ist Zweck des vom BM für Inneres geführten Parteienregister ausschließlich die (öffentlich einsehbare) Dokumentation der erfolgten Satzungshinterlegung, sodass auch die Frage, ob eine Partei durch Satzungshinterlegung überhaupt Rechtspersönlichkeit erlangt hat, von jeder Behörde im Rahmen ihres Wirkungskreises incidenter zu prüfen ist (vgl dazu nur Wieser, §§ 1, 3 Rz 69 ff mwN, insb auch zur sog „Incidenter-Rsp“ des VfGH; aus dieser s zB VfSlg 19.844/2014).
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Artikel 9 Schutz der Kinder und Jugendlichen, Erziehungs recht der Eltern (1) Das Land Tirol anerkennt die Ziele des Übereinkommens über die Rechte des Kindes, BGBl. Nr. 7/1993, in der Fassung der Änderung BGBl. III Nr. 16/2003. Es hat die für das Wohl von Kindern und Jugendlichen erforderliche Fürsorge einschließlich ihres Schutzes vor sittlicher und körperlicher Gefährdung zu gewährleisten. (2) Das Land Tirol hat das Recht der Eltern zur Erziehung ihrer Kinder zu achten und diese bei der Erfüllung ihrer Obsorgepflichten zu unterstützen. LGBl samt Erläuterungen: LGBl 1988/61 (X. GP AA 141/88 AB 141/88); LGBl 2011/59 (XV. GP RV 235/11 AB 235/11) Literatur: Fuchs, Kinderrechte in der Verfassung: Das BVG über die Rechte von Kindern, in Lienbacher/Wielinger (Hg), Öffentliches Recht. Jahrbuch 2011 (2011) 91 ff; Fuchs, Art 24 GRC, in Holoubek/Lienbacher (Hg), GRC-Kommentar (2014); Hanschmann, Art 2 1. ZPEMRK, in Meyer-Ladewig/Nettesheim/von Raumer (Hg), EMRK4 (2017); Hölscheidt, Art 24 GRC, in Meyer (Hg), Charta der Grundrechte der Europäischen Union4 (2014); Krauskopf, Jugendwohlfahrt, in Pürgy (Hg), Das Recht der Länder II/1 (2012) 433 ff; Kröll, Jugendschutz, in Pürgy (Hg), Das Recht der Länder II/1 (2012) 453 ff; Schwamberger/Ranacher, Tiroler Landesordnung 19896: Kommentar (2017) 34 ff
Inhaltsübersicht I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben..................................... 1 II. Völker- und unionsrechtliche Vorgaben.................................... 2 III. Entstehungsgeschichte.................................................................. 4 IV. Kinder- und Jugendschutz (Abs 1).............................................. 5 A. Anerkennung der Ziele der Kinderrechtskonvention......... 5 B. Gewährleistung der erforderlichen Fürsorge....................... 8 V. Elterliches Erziehungsrecht (Abs 2)............................................ 14 A. Achtung des elterlichen Erziehungsrechts............................ 14 B. Unterstützung bei der Erfüllung der elterlichen Obsorgepflichten....................................................................... 16 146
Schutz der Kinder und Jugendlichen, Erziehungsrecht der Eltern
Art 9
I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben Das Bundesverfassungsrecht enthält keine Vorgaben, die die Länder 1 verpflichten, Bestimmungen zum Kinder- und Jugendschutz sowie dem elterlichen Erziehungsrecht landesverfassungsrechtlich zu normieren. Freilich können gegebenenfalls den Grundrechten entsprechende Garantien entnommen werden, in concreto dem Recht auf Familienleben gem Art 8 EMRK sowie Art 2 1. ZPEMRK1. Entsprechende verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechte vermittelt außerdem das BVG über die Rechte von Kindern.2
II. Völker- und unionsrechtliche Vorgaben Als völkerrechtliche Vorgabe ist zunächst die UN-Kinderrechtskon- 2 vention (UN-KRK) zu nennen.3 Sie ist für Österreich am 05.09.1992 in Kraft getreten und steht unter Erfüllungsvorbehalt. Das Unionsrecht enthält zentrale Vorgaben auf der Ebene der GRC: 3 Art 24 GRC vermittelt Rechte des Kindes, Art 8 GRC räumt das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens ein. Die Chartarechte gelten freilich nur im Anwendungsbereich des Unionsrechts.
III. Entstehungsgeschichte Die StF der TLO 1989 enthielt – ebenfalls bereits in Art 9 – eine Be- 4 stimmung zum „Erziehungsrecht der Eltern“ sowie zum Jugendschutz. Mit der Nov zur TLO 1989 LGBl 2011/59 wurde diese Bestimmung neu gefasst: Die inhaltliche Neuerung besteht darin, dass – entsprechend einer Entschl des Tir LT4 − nunmehr ausdrücklich auf die Ziele der Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen Bezug genommen wird. Davon abgesehen wurden die bisherigen Bestimmungen inhaltlich im Wesentlichen beibehalten, jedoch sprachlich neu gefasst und strukturiert. So entspricht der nunmehrige Abs 2 im Wesentlichen dem vormaligen Abs 1. 1 2 3 4
S dazu Rz 13. Bundesverfassungsgesetz über die Rechte von Kindern (BVG Kinderrechte), BGBl I 2011/4. Allgemein dazu etwa Verschraegen, Die Kinderrechtekonvention (1996). Entschl des Tir LT vom 06.05.2011, GZ 235/11.
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IV. Kinder- und Jugendschutz (Abs 1) A. Anerkennung der Ziele der Kinderrechtskonvention 5 Die UN-KRK normiert zahlreiche Rechte, die im Wesentlichen drei Zielsetzungen verfolgen, die als „drei P“ bezeichnet werden : Es sollen der Schutz von Kindern (protection), ihre Versorgung (provision) sowie ihre Beteiligung und Mitbestimmung (participation) gewährleistet werden.5 Dabei ist zentrales Leitmotiv das Kindeswohl: Dieses ist bei allen Maßnahmen, die Kinder betreffen, ein vorrangig zu berücksichtigender Gesichtspunkt (Art 3 UN-KRK). In Österreich ist die UN-KRK nicht unmittelbar anwendbar: Der NR hat, wie bereits erwähnt, anlässlich ihrer Genehmigung einen Erfüllungsvorbehalt beschlossen. Die Umsetzung erfolgte durch das BVG über die Rechte von Kindern, mit dem die Zielsetzungen der UNKRK bereits auf bundesverfassungsrechtlicher Ebene verbindlich wurden. Diese Gewährleistungen gehen im Übrigen über die bloßen Zielbestimmungen der UN-KRK hinaus, denn es werden Kinderrechte als verfassungsgesetzlich gewährleistete subjektive Rechte eingeräumt. 6 Vor dem Hintergrund dieser bundesverfassungsrechtlichen Rechtslage stellt sich damit die Frage, welche normative Bedeutung Art 9 Abs 1 erster Satz TLO 1989 zukommen kann. Tatsächlich handelt es sich dabei um eine Staatszielbestimmung: Über die durch das BVG Kinderrechte eingeräumten subjektiven Rechte hinaus werden die staatlichen Organe zur Berücksichtigung der Ziele der UN-KRK verpflichtet. 7 Für das Land hat eine derartige Bestimmung naturgemäß dort Bedeutung, wo auch entsprechende Zuständigkeiten in Gesetzgebung oder Vollziehung auszumachen sind. Dies betrifft die Mutterschafts-, Säuglings- und Jugendfürsorge6 sowie den Jugendschutz: Sie fallen gem Art 15 Abs 1 B-VG in Gesetzgebung und Vollziehung in die Kompetenz der Länder. Entsprechendes gilt für das Kindergarten- und Hortwesen gem Art 14 Abs 4 lit b B-VG.
B. Gewährleistung der erforderlichen Fürsorge 8 Bereits in der StF des Art 9 TLO 1989 bekannte sich das Land zum Schutz von Kindern gegen sittliche und körperliche Gefährdung. Seit 5 6
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S dazu etwa Fuchs, Kinderrechte, 103; dies, Art 24 Rz 6. Dies gilt seit BGBl I 2019/14; s dazu auch Art 151 Abs 63 Z 5 B-VG.
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LGBl 2011/59 hat das Land allgemein die für das Wohl von Kindern erforderliche Fürsorge zu gewährleisten, womit der Schutz vor sittlicher und körperlicher Gefährdung mitumfasst ist. Der Anspruch eines Kindes auf „Schutz und Fürsorge, die für sein 9 Wohlergehen notwendig ist“, ist – in Umsetzung von Art 3 Z 2 UNKRK – bereits bundesverfassungsrechtlich verankert: Art 1 BVG Kinderrechte räumt ein entsprechendes verfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht ein. Eine weitere normative Verankerung als subjektives Recht findet sich auf unionsrechtlicher Ebene in Art 24 GRC. Damit wird mit Art 9 Abs 1 zweiter Satz TLO 1989 nun zunächst das 10 bereits bundesverfassungsrechtlich gewährleistete Grundrecht landesverfassungsrechtlich wiederholt. Außerdem wird einmal mehr – und über den grundrechtlichen Gehalt hinausgehend – den staatlichen Organen die Verpflichtung auferlegt, objektivrechtlich dieser Gewährleistung Rechnung zu tragen. Was unter dem „Wohl“ von Kindern und Jugendlichen zu verstehen ist, 11 lässt sich naturgemäß nur schwer abschließend beschreiben. Zweifellos können jene Rechte, die im BVG Kinderrechte normiert sind, als Elemente qualifiziert werden, die in ihrer Gesamtheit das Kindeswohl ausmachen. Kriterien zur Beurteilung des Kindeswohls finden sich außerdem in § 138 ABGB, wonach bspw auf eine angemessene Versorgung, die Fürsorge und Geborgenheit des Kindes oder die Berücksichtigung seiner Meinung abzustellen ist. Art 9 Abs 1 TLO 1989 macht explizit deutlich, dass der Schutz vor 12 sittlicher und körperlicher Gefährdung – er war bereits in der StF des Art 9 vorgesehen – von der Fürsorge mitumfasst ist. Hier sind etwa die Maßnahmen nach dem TKJHG zu nennen. Ein weiteres praktisches Anwendungsbeispiel sind etwa die Altersfreigaben von Filmen, wie sie derzeit gem §§ 21 ff TVG7 vorgesehen sind.8 Bei derartigen Bestimmungen ist freilich auch das in Z 1 des Beschlusses der Prov Nationalversammlung9 normierte Zensurverbot zu beachten.10 Dieses Zensur7
Gesetz vom 02. Juli 2003, mit dem das Veranstaltungswesen in Tirol geregelt wird (Tiroler Veranstaltungsgesetz 2003 — TVG), LGBl 2003/86 idF LGBl 2020/51. 8 Zum Jugendschutz s auch Kröll, Jugendschutz 453 ff. 9 Beschluss der Prov Nationalversammlung über die Aufhebung der Zensur, StGBl 1918/3 idF BGBl 1920/1. 10 S auch Schwamberger/Ranacher, Landesordnung 36.
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verbot besteht nämlich unabhängig vom Zweck der Zensur, also etwa unabhängig davon, ob damit Interessen des Kinder- und Jugendschutzes verfolgt werden sollen.11 13 Wenn Art 9 Abs 1 TLO 1989 auf die erforderliche Fürsorge abstellt, so wird damit auf einen einzelfallbezogenen Maßstab abgestellt: Was notwendig ist, ist aus der Perspektive des Kindes zu beurteilen.12
V. Elterliches Erziehungsrecht (Abs 2) A. Achtung des elterlichen Erziehungsrechts 14 Dass das Erziehungsrecht der Eltern13 zu achten ist, ist bereits bundesverfassungsrechtlich garantiert: Gem Art 2 1. ZPEMRK hat der Staat bei der Gestaltung des Erziehungswesens das elterliche Erziehungsrecht zu achten.14 Weiters ist das Elternrecht ein Aspekt des Rechts auf Achtung des Familienlebens gem Art 8 EMRK.15 15 Vor diesem grundrechtlichen Hintergrund zeigt sich einmal mehr, dass die landesverfassungsrechtliche Bezugnahme zunächst eine Wiederholung bereits bundesverfassungsrechtlich normierter Vorgaben darstellt. Über den Gehalt der subjektiven Rechte hinaus sind sie aber außerdem als Staatszielbestimmungen zu qualifizieren. Dies hat besondere praktische Relevanz bei Angelegenheiten der Kinderbetreuung, wie etwa derzeit im Rahmen des Tir Kinderbildungs- und Kinderbetreuungsgesetz16, aber auch bei Maßnahmen nach dem TKJHG17.
11 S etwa – zu einer Zensur zu Zwecken des Jugendschutzes – VfSlg 8461/1978. 12 Hölscheidt, Art 24 Rz 22. 13 S dazu auch die Präambel, die auf die „geordnete Familie als Grundzelle von Volk und Staat“ Bezug nimmt und die Kommentierung von Gamper, Präambel (in diesem Band) Rz 22. 14 S dazu Grabenwarter/Pabel, Europäische Menschenrechtskonvention6 (2016) 355. 15 Dazu und zum Verhältnis zwischen Art 2 1. ZPEMRK und Art 8 EMRK Hanschmann, Art 2 Rz 27. 16 Gesetz vom 30. Juni 2010 über die Kinderbetreuung in Tirol (Tiroler Kinderbildungs- und Kinderbetreuungsgesetz), LGBl 2010/48 idF LGBl 2020/51. 17 S etwa § 44 TKJHG zu gerichtlich angeordneten Erziehungshilfen.
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B. Unterstützung bei der Erfüllung der elterlichen Obsorgepflichten Was zu den Obsorgepflichten eines Elternteils gehört, ergibt sich aus 16 § 158 Abs 1 ABGB: Dazu zählen die Pflege, die Erziehung, die Vermögensverwaltung und die gesetzliche Vertretung. Praktische Relevanz hat die Unterstützung der Eltern va im Rahmen der Säuglings- und Jugendfürsorge sowie bei Maßnahmen der Erziehungshilfe nach dem TKJHG18.
18 S §§ 40 ff; s zur Erziehungshilfe auch Krauskopf, Jugendwohlfahrt 443 ff.
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Artikel 10 Kultur und Bildung (1) Das Land Tirol hat Wissenschaft, Kunst und Heimatpflege sowie das Erwerben von Bildung zu fördern. (2) Das Land Tirol hat die Freiheit des kulturellen Lebens zu achten und dessen Vielfalt zu fördern. LGBl samt Erläuterungen: LGBl 1988/61 (X. GP AA 141/88 AB 141/88) Literatur: Berka, Kunst im Konflikt mit dem Recht, in Nowak/Steurer/Tretter (Hg), FS Ermacora (1988) 361; Cede, Kulturförderung, in Pürgy (Hg), Das Recht der Länder II/1 (2012) 887 ff; Evers, Kulturverfassungsrecht und Kulturverwaltungsrecht in Österreich, in Häberle (Hg) Jahrbuch des Öffentlichen Rechts der Gegenwart 33 (1984) 189; Kulturverfassungsrecht im Bundesstaat (1980); Häberle, Vom Kulturstaat zum Kulturverfassungsrecht, in ders (Hg), Kulturstaatlichkeit und Kulturverfassungsrecht (1982) 1; Hammer, Art 17/1 StGG, in Korinek/ Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (2016); Kröll, Art 17 Abs 1, 5 StGG, in Kneihs/Lienbacher (Hg), Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht (2014); Kröll, Art 17a StGG, in Kneihs/Lienbacher (Hg), Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht (2013); Mensching, Art 10 EMRK, in Karpenstein/Mayer (Hg), EMRK2 (2015); Nettesheim, Das Kulturverfassungsrecht der Europäischen Union, JZ 2002, 157; Pernthaler, Kulturpolitik in Österreich, in ders (Hg), Föderalistische Kulturpolitik (1988) 9; Pernthaler, Raumordnung und Verfassung 3 (1990); Pernthaler/Lukasser, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer. 8. Vorarlberg (1995); Rebhahn, Beihilfen- und Subventionsrecht, in B. Raschauer (Hg), Grundriss des österreichischen Wirtschaftsrechts3 (2010) 449
Inhaltsübersicht I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben..................................... 1 II. Völker- und unionsrechtliche Vorgaben.................................... 3 A. Unionsrecht................................................................................ 3 B. Völkerrecht................................................................................. 6 III. Entstehungsgeschichte.................................................................. 8 IV. Der Auftrag zur Kulturförderung.............................................. 9 A. Förderung von Kultur (Abs 1)................................................ 9 B. Förderung von kultureller „Vielfalt“ (Abs 2)........................ 13 C. Die einzelnen Kultursegmente des Abs 1............................... 15 152
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1. Wissenschaft........................................................................... 16 2. Kunst...................................................................................... 17 3. Heimatpflege......................................................................... 18 4. Erwerben von Bildung......................................................... 19 D. Maßnahmen der Förderung.................................................... 20 V. Achtung der Freiheit des kulturellen Lebens............................. 23
I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben Zur in Art 10 Abs 1 TLO 1989 normierten Kulturförderung enthält 1 das B-VG keine expliziten Vorgaben: Weder gibt es eine spezifische Verpflichtung der Länder, eine entsprechende Bestimmung landesverfassungsrechtlich vorzusehen, noch besteht ein an den Bund gerichtetes Fördergebot. Im Besonderen lassen sich auch den Grundrechten keine Pflichten zur Kulturförderung entnehmen.1 Ebensowenig macht das BVG über die Nachhaltigkeit, den Tierschutz, den umfassenden Umweltschutz, die Sicherstellung der Wasserund Lebensmittelversorgung und die Forschung entsprechende Vorgaben. In § 6 bekennt sich die „Republik Österreich (Bund, Länder, Gemeinden)“ zur Bedeutung der Grundlagenforschung und der angewandten Forschung. Beides sind zweifellos Aspekte, die der Wissenschaft zuzuzählen sind, in ihrem konkreten Gehalt ist diese Staatszielbestimmung freilich sehr vage geblieben.2 Im Ergebnis liegt die Entscheidung, sich zur Kulturförderung zu bekennen, damit innerhalb des rechtspolitischen Gestaltungsspielraumes des (Landesverfassungs-)Gesetzgebers. Zur in Art 10 Abs 2 TLO 1989 normierten Verpflichtung, die Freiheit 2 des kulturellen Lebens zu achten, finden sich zahlreiche bundesverfassungsrechtliche Vorgaben: Teilbereiche kultureller Betätigung werden nämlich durch verschiedene Bestimmungen grundrechtlich abgesichert. So gewährleistet Art 17 StGG die Freiheit der Wissenschaft und ihrer Lehre, das Recht der Privatschulfreiheit sowie ein Recht auf Privatunterricht. Art 17a StGG garantiert die Freiheit des künstlerischen Schaffens, der Vermittlung von Kunst und ihrer Lehre. 1 2
Cede, Kulturförderung 896; s zur Kunstförderung Kröll, Art 17a Rz 64. S auch Sander/Schlatter, Das Bundesverfassungsgesetz über die Nachhaltigkeit, den Tierschutz, den umfassenden Umweltschutz, die Sicherstellung der Wasser- und Lebensmittelversorgung und der Forschung, in Baumgartner (Hg) Öffentliches Recht, Jahrbuch 2014 (2014) 235.
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Die EMRK enthält demgegenüber keine explizite kulturelle Garantie, entsprechende Aspekte sind aber von der Meinungsäußerungsfreiheit von Art 10 EMRK mitumfasst: Sie schützt nämlich auch die Freiheit des künstlerischen Ausdrucks sowie der wissenschaftlichen Äußerung.3 Spezifische Bestimmungen zum Schutz der kulturellen Freiheit finden sich weiters im Minderheitenschutz: Während der StV von SaintGermain in den Art 66 ff Angehörigen von Minderheiten unter einen besonderen Diskriminierungsschutz stellt4, enthält der StV von Wien besondere Bestimmungen für die slowenischen und kroatischen Minderheiten: So wird ihnen etwa in Art 7 Abs 4 ua die gleichberechtigte Teilnahme an kulturellen Einrichtungen eingeräumt.
II. Völker- und unionsrechtliche Vorgaben A. Unionsrecht 3 Im Zusammenhang mit Kulturförderung ist aus unionsrechtlicher Sicht zunächst das Beihilfenrecht zu berücksichtigen: Staatliche Beihilfen im Kulturbereich können nämlich in den Anwendungsbereich des Art 107 Abs 1 AEUV fallen. Art 107 Abs 3 lit d AEUV normiert freilich eine entsprechende Ermessensausnahme: Die Kommission kann Beihilfen zur Förderung der Kultur und des kulturellen Erbes als mit dem Binnenmarkt vereinbar erklären. 4 Seit dem Vertrag von Maastricht ist Kultur überdies ein Politikbereich der EU5: Gem Art 167 Abs 1 AEUV leistet die EU einen Beitrag zur Entfaltung der Kulturen der MS unter Wahrung ihrer nationalen und regionalen Vielfalt sowie der Hervorhebung des gemeinsamen kulturellen Erbes. Die in Art 167 AEUV grundgelegte Kulturkompetenz besteht freilich subsidiär zu jener der MS und unterliegt überdies einem Harmonisierungsverbot. Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang freilich auf eine Besonderheit des unionsrechtlichen Kulturbegriffs: Da für die Bildung und Wissenschaft eigene Reglungen bestehen, ist Kultur iSd Art 167 AEUV enger zu verstehen als nach nationalem Recht6. 3 4 5 6
154
Mensching, Art 10 Rz 22 ff. Dazu auch Pernthaler, Kulturpolitik 13. S dazu Staudigl, Kultur, in Ranacher/Staudigl/Frischhut (Hg), Einführung in das EU-Recht3 (2015) 260 ff. Budischowsky, Art 167 AEUV, in Jaeger/Stöger (Hg), EUV/AEUV (2017) Rz 15; zum nationalen Kulturbegriff Rz 10.
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Auch in grundrechtlicher Hinsicht finden sich im Unionsrecht ent- 5 sprechende Anknüpfungspunkte: Anders als die EMRK enthält die GRC explizit kulturelle Garantien: Art 13 GRC gewährleistet die Kunst- und Forschungsfreiheit und verpflichtet zur Achtung der akademischen Freiheit. Weiters gewährleistet Art 14 GRC ein Recht auf Bildung. Schließlich achtet die Union gem Art 22 GRC die Vielfalt der Kulturen, Religionen und Sprachen. Diese Chartarechte gelten freilich nur im Anwendungsbereich des Unionsrechts.
B. Völkerrecht In völkerrechtlichen Dokumenten finden sich verschiedene Regelungs- 6 gehalte, die Kulturförderung in einem weiten Sinne berühren. Dabei geht es häufig um die Förderung zur internationalen Zusammenarbeit auf kulturellen Gebieten, wie sie etwa in den Dokumenten der UNESCO oder des Europarats zum Ausdruck kommen.7 Weiters enthalten internationale Menschenrechtsdokumente typischer- 7 weise kulturelle Garantien: So gewährleistet etwa die AEMR das Recht auf Bildung8 sowie auf Teilnahme am kulturellen Leben9.
III. Entstehungsgeschichte Art 10 TLO 1989 steht seit Inkrafttreten der TLO 1989 unverändert in 8 Geltung. In der TLO 1953 fehlte eine entsprechende „Kulturklausel“: Kulturförderung wurde allein auf einfachgesetzlicher Ebene verwirklicht. Dass nunmehr eine entsprechende Bestimmung landesverfassungsrechtlich vorgesehen ist, kann als Ausdruck eines neuen Stils der Landesverfassungen betrachtet werden: Die Länder haben ihre Verfassungskompetenz immer selbstbewusster in Anspruch genommen und Wertentscheidungen in Form von Staatszielbestimmungen verfassungsrechtlich verankert.10
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S dazu Evers, Kulturverfassungsrecht 196 f. S Art 26 AEMR. S Art 27 AEMR. Dazu – im Besonderen mit einem Fokus auf die Grundrechte – und mwN Kienberger, Grundrechtsverbürgungen in den österreichischen Landesverfassungen, in Machacek/Pahr/Stadler (Hg), Grund- und Menschenrechte in
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IV. Der Auftrag zur Kulturförderung A. Förderung von Kultur (Abs 1) 9 Art 10 Abs 1 TLO 1989 ist als Staatszielbestimmung zu qualifizieren, aus der keine subjektiven Rechte abgeleitet werden können11: Das Land Tirol verpflichtet sich, Wissenschaft, Kunst, Heimatpflege sowie das Erwerben von Wissenschaft zu fördern. In ihrer Gesamtheit können diese Bereiche – dies legt auch die Überschrift nahe − unter der allgemeinen Bezeichnung Kultur zusammengefasst werden.12 Dass die Bildung hier gesondert genannt wird, schadet nicht, denn zweifellos ist auch das Erwerben von Bildung ein Teil der Kultur.13 10 Wann immer im rechtlichen Kontext von Kultur gesprochen wird, sieht man sich der Problematik der Begriffsbildung gegenüber. Mittlerweile steht außer Streit, dass der Kultur ein offenes Verständnis zugrunde zu legen und eine abschließende Definition nicht möglich ist. Kultur ist mithin ein unbestimmter Begriff, der aus dem konkreten Sachzusammenhang heraus zu begreifen und abzugrenzen ist. Gewisse Anhaltspunkte für die Konturen des Kulturbegriffs lassen sich aus der Definition der UNESCO-Weltkonferenz 1982 gewinnen, auf die etwa auch die Mat zum Tir Kulturförderungsgesetz14 Bezug nehmen.15 Dementsprechend sind kulturelle Tätigkeiten „geistige und schöpferische, produzierende und reproduzierende Leistungen sowie die Auseinandersetzung mit ihnen.“16 11 Dass sich eine Definition des Kulturbegriffs derartigen Schwierigkeiten gegenüber sieht, hat strukturelle, in der Eigengesetzlichkeit von Kultur liegende Gründe.17 Ein Wesensmerkmal kultureller Tätigkeit besteht
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Österreich II (1992) 2 (35 f); s dazu auch Khakzadeh-Leiler, Art 14 (in diesem Band) Rz 6. S etwa Pernthaler, Raumordnung 443. S mwN Budischowsky, Art 167 Rz 15; s außerdem EBRV zur StF des Tir Kulturförderungsgesetzes LGBl 2010/31, Tir LT XV. GP, GZ 154/10, 5. S dazu auch EBRV zur StF des Tir Kulturförderungsgesetzes LGBl 2010/31, Tir LT XV. GP, GZ 154/10, 5. Gesetz vom 5. Mai 2010 über die Förderung der Kultur in Tirol (Tiroler Kulturförderungsgesetz 2010), LGBl 2010/31 idF LGBl 2019/41. EBRV zur StF des Tir Kulturförderungsgesetzes LGBl 2010/31, Tir LT XV. GP, GZ 154/10, 5. EBRV zur StF des Tir Kulturförderungsgesetzes LGBl 2010/31, Tir LT XV. GP, GZ 154/10, 5. S auch Evers, Kulturverfassungsrecht, 190 f.
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nämlich gerade in der konstanten Weiterentwicklung und Erprobung von Neuem und bisher Unbekanntem. Schon dies macht deutlich, dass sich Kultur einer abschließenden Definition entzieht und einen offenen Kulturbegriff erfordert. In engem Zusammenhang damit steht der Pluralismus der Kultur: Kultur hat keine einheitliche Erscheinungs- und Ausdrucksform.18 Schließlich gilt es zu berücksichtigen, dass sich die Kultur selbst entwi- 12 ckelt und entfaltet: Da der Staat selbst nicht in der Lage ist, Kultur zu erbringen19, besteht seine Aufgabe letztlich darin, einen Rahmen zu bieten, der kulturelle Tätigkeiten und Leistungen ermöglicht.20 Erkennt man nun, dass kulturelle Tätigkeiten in ganz besonderem Maße auf entsprechende (grundrechtliche) Freiheitsbereiche und Rahmenbedingungen angewiesen sind21, dann wird ein weiterer Grund ersichtlich, weswegen Kultur eine offene Begriffsbildung erfordert: Überlässt man nämlich die Deutungshoheit über den Kulturbegriff dem Staat, so negiert man die Eigengesetzlichkeit und den Pluralismus der Kultur. Dies würde den Staat in die Lage versetzen, die Entwicklung und Ausgestaltung der Kultur zu steuern und zu prägen.
B. Förderung von kultureller „Vielfalt“ (Abs 2) Art 10 TLO 1989 beschränkt sich nicht auf die Verpflichtung zur För- 13 derung des kulturellen Lebens, sondern verlangt vielmehr auch die Förderung seiner Vielfalt. Dies steht in engem Konnex mit dem offenen Kulturbegriff: Nur wenn die Kultur in ihren vielfältigen Erscheinungsformen gefördert wird22, wird dem gesamten kulturellen Spektrum jener Freiraum gegeben, den Kultur zu ihrer Entfaltung benötigt. Auf diese Weise ist dem Bekenntnis zur Förderung kultureller Vielfalt letztlich auch ein Bekenntnis zu einem offenen Kulturverständnis immanent.23 Außerdem illustriert dies einmal mehr die Rolle des Staates im Zusam- 14 menhang mit Kultur24: Er soll entsprechende Rahmenbedingungen bie18 19 20 21 22 23
S dazu auch Häberle, Kulturstaat 31. S auch Nettesheim, JZ 2002, 163. Häberle, Kulturverfassungsrecht 14. S auch Nettesheim, JZ 2002, 163; Pernthaler, Kulturpolitik 9. S dazu auch Evers, Kulturverfassungsrecht, 196. So auch EBRV zur StF des Tir Kulturförderungsgesetzes LGBl 2010/31, Tir LT XV. GP, GZ 154/10, 4. 24 S dazu auch Häberle, Kulturstaat 24.
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ten und durch die Förderung des kulturellen Pluralismus der kulturellen Entfaltung in ihrem gesamten Spektrum entsprechende Entwicklungsmöglichkeiten bieten.25
C. Die einzelnen Kultursegmente des Abs 1 15 Art 10 Abs 1 TLO 1989 nennt nun explizit jene Bereiche kultureller Tätigkeit, die vom Land Tirol zu fördern sind. Die Schwierigkeiten der Begriffsbildung, die für den Kulturbegriff im Allgemeinen bestehen26, gelten freilich im Besonderen auch für deren Teilbereiche.
1. Wissenschaft 16 Die Mat befassen sich mit dem Wissenschaftsbegriff nicht näher, freilich wurde dieser bereits bei der Auslegung des Art 17 StGG ausgiebig diskutiert. Dabei wird häufig auf einen formellen Wissenschaftsbegriff abgestellt: Demnach kann von Wissenschaft immer dann gesprochen werden, wenn es eine Suche nach neuen Erkenntnissen unter Heranziehung wissenschaftlicher Methoden gibt.27 Welche Methoden wissenschaftlich sind, wird dabei va durch die scientific community geprägt.28 Dieser Zugang ist freilich nicht unumstritten: Stellt man nämlich auf die Anerkennung durch die scientific community ab, so könnte die wissenschaftliche Mehrheit eine Minderheit aus dem Kreis der Wissenschaftlichkeit ausschließen.29 Überzeugend ist darum jener Zugang, der Wissenschaft konturiert, indem sie von anderen gesellschaftlichen Bereichen abgegrenzt wird. Dabei wird etwa auf die Aufmachung, eine Ausdrucksform oder den Leserkreis abgestellt30, um zu ermitteln, was zur Wissenschaft zu zählen ist.
2. Kunst 17 Wie bereits zur Wissenschaft, so machen die Mat auch zum Kulturbegriff keine näheren Ausführungen. Freilich kann auch hier die breite 25 S auch etwa § 1 Abs 2 lit b Tir Kulturförderungsgesetz, wo als Ziel der Kulturförderung ua die „Aufgeschlossenheit gegenüber neuen kulturellen und künstlerischen Entwicklungen“ genannt wird. 26 S dazu Rz 10. 27 Mit zahlreichen Nachweisen Kröll, Art 17 Abs 1, 5 Rz 22; s auch Storr, Der digitalisierte Forscher, ALJ 2017, 85 (89). 28 Storr, ALJ 2017, 89. 29 So und mwN Hammer, Art 17/1 Rz 22. 30 S dazu mwN Hammer, Art 17/1 Rz 23.
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Diskussion zum grundrechtlichen Kunstbegriff in Art 17a StGG nutzbar gemacht werden. Dazu wird zu Recht von einem offenen und dynamischen Kunstbegriff ausgegangen, der verschiedenste Ausdrucksformen der Kunst beinhaltet, ohne sie im Einzelnen zu werten.31 Nur auf diese Weise lässt sich nämlich staatliches Kunstrichtertum32 vermeiden. Diese Überlegungen lassen sich ohne weiteres auf den Kunstbegriff der TLO 1989 übertragen. Dafür spricht im Übrigen auch das in Art 10 Abs 2 TLO 1989 normierte Bekenntnis zur Förderung der Vielfalt der Kultur. Dies zeigt bereits deutlich das Grundverständnis, wonach Kunst – als Teilbereich der Kultur – unterschiedliche Facetten hat, deren gesamtes Spektrum in die Förderungen mit einzubeziehen ist.33
3. Heimatpflege Der Begriff der Heimatpflege wird zwar in den Mat nicht näher erläu- 18 tert, dennoch können aus den in den Mat demonstrativ aufgezählten Fördergesetzen Rückschlüsse auf den Gehalt dieses Begriffs gezogen werden.34 So zählen zur Heimatpflege zweifellos Brauchtum und Volkskultur.35 Darüber hinaus kann dazu aber auch die Pflege der gesamten Lebensumwelt des Menschen – etwa durch Maßnahmen der Stadt- und Ortsbildpflege – gezählt werden.
4. Erwerben von Bildung Bildung iSd Art 10 Abs 1 TLO 1989 ist umfassend zu verstehen. Dieser 19 Ausdruck meint zunächst zweifellos das Schul- und Erziehungswesen. Aufgrund kompetenzrechtlicher Rahmenbedingungen − s Art 14 und 14a B-VG − bleibt hier freilich den Ländern kaum Raum für hoheitliche Fördermaßnahmen. Außerdem zählt zur Bildung die sog Erwachsenenbildung. Auch dieser Begriff lässt sich freilich nur sehr schwer 31 S dazu Berka in FS Ermacora 370. 32 Berka/Binder/Kneihs, Die Grundrechte2 (2019) 715; Berka in FS Ermacora 369. 33 S dazu Rz 11. 34 Die Mat zur TLO 1989 (EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 51) nennen etwa die Förderbestimmungen des Stadtkern- und Ortsbildschutzgesetzes (mittlerweile Gesetz über den Schutz des Stadt- und Ortsbildes [Tiroler Stadt- und Ortsbildschutzgesetz 2003 – SOG 2003], LGBl 2003/89 idF LGBl 2019/138); s zur Vbg LV auch Pernthaler/Lukasser, Verfassungsrecht 76. 35 S auch die Präambel, die auf die „geistige und kulturelle Einheit des ganzen Landes“ Bezug nimmt. Vgl näher Gamper, Präambel (in diesem Band) Rz 20 f.
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abschließend definieren.36 Es geht dabei letztlich um die ständige Weiterbildung und Weiterentwicklung des Menschen („lebenslanges Lernen“) auf verschiedensten Gebieten, wie etwa – um nur einzelne Bsp zu nennen – in beruflichen, musischen oder politischen Bereichen.37 Die Kompetenzlage auf dem Bereich dieser Erwachsenenbildung ist einigermaßen komplex38, weswegen sich die Fördermaßnahmen hier in der Praxis meist auf privatwirtschaftliche Maßnahmen beschränken. Durchgeführt werden Maßnahmen der Erwachsenenbildung häufig von Vereinen, kirchlichen Organisationen oder Bildungseinrichtungen der Kammern.39 Dass die Bildung in der Überschrift des Art 10 TLO 1989 neben der Kultur gesondert genannt ist, hat keine weitere Bedeutung. Auch die Bildung ist nämlich vom hier zugrunde gelegten weiten Kulturbegriff erfasst.40
D. Maßnahmen der Förderung 20 In Art 10 Abs 1 TLO 1989 bekennt sich das Land Tirol zur Förderung von Kultur, es bleibt indes offen, wie entsprechende Förderungen auszugestalten und zu gewähren sind. In dieser Frage besteht zunächst ein rechtspolitischer Gestaltungsspielraum, der freilich von den kompetenzrechtlichen Rahmenbedingungen begrenzt wird: Soll eine Förderung im Rahmen der Hoheitsverwaltung gewährt werden, so liegt die Zuständigkeit dafür bei jener Gebietskörperschaft, die für die Gesetz36 S bereits die RV zum Bundesgesetz über die Förderung der Erwachsenenbildung und des Volksbüchereiwesens aus Bundesmitteln, RV 607 BlgNR XIII. GP, 5. 37 S etwa § 1 Abs 2 des Bundesgesetzes vom 21. März 1973 über die Förderung der Erwachsenenbildung und des Volksbüchereiwesens aus Bundesmitteln, BGBl 1973/171 idF BGBl I 2003/71: „Gegenstand der Förderung nach diesem Bundesgesetz sind Einrichtungen und Tätigkeiten, die im Sinne einer ständigen Weiterbildung die Aneignung von Kenntnissen und Fertigkeiten sowie der Fähigkeit und Bereitschaft zu verantwortungsbewußtem Urteilen und Handeln und die Entfaltung der persönlichen Anlagen zum Ziele haben.“ Anhaltspunkte für eine Begriffsbildung lassen sich weiters § 2 entnehmen, der einen Positiv- und Negativkatalog förderungswürdiger Aufgaben enthält. 38 S zur Vbg LV Pernthaler/Lukasser, Verfassungsrecht 75. 39 S zur Vbg LV auch bereits Pernthaler/Lukasser, Verfassungsrecht 75. 40 S etwa auch EBRV zur StF des Tir Kulturförderungsgesetzes LGBl 2010/31, Tir LT XV. GP, GZ 154/10, 5.
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gebung jener Angelegenheit zuständig ist, die gefördert werden soll.41 Kompetenzrechtlich neutral ist die Förderverwaltung hingegen, wenn sie – wie dies typischerweise der Fall ist – im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung erfolgen soll. Innerhalb dieser kompetenzrechtlichen Vorgaben, verfügt der Gesetz- 21 geber dann bei der Entscheidung, ob und welche Förderungen er gewähren will, über einen weiten Gestaltungsspielraum,42 der es ihm auch ermöglicht, Schwerpunkte in der Förderung zu setzen.43 Bei der konkreten Anwendung der Förderbestimmungen gilt dann freilich ein strenger Maßstab: Der Gleichheitssatz verbietet es nämlich, Förderungswerber aus unsachlichen Gründen von einer Förderung, die anderen unter vergleichbaren Umständen gewährt wurde, auszuschließen.44 Dies gilt nicht nur für jene Förderungen, die im Rahmen der Hoheitsverwaltung gewährt werden, sondern – im Wege der Fiskalgeltung – auch für privatwirtschaftliche Förderungen. Tatsächlich sind die Fördermöglichkeiten außerordentlich vielfältig. 22 Zum Ersten erfolgt die Förderung geradezu typischerweise in Form von – direkten oder indirekten – Subventionen45. Die Förderung des kulturellen Lebens geht freilich noch weit über die Gewährung vermögenswerter Leistungen hinaus. Eine Förderung ist auch die Vergabe von Auszeichnungen, die Durchführung kultureller Vorhaben46 oder die künstlerische Gestaltung von öffentlichen Bauwerken47. Umgesetzt wird dieses landesverfassungsrechtliche Bekenntnis zur Kulturförderung derzeit mit dem – als Selbstbindungsgesetz zu qualifizierenden – Tir Kulturförderungsgesetz. S außerdem das Tir Landesgedächtnisstiftungsgesetz48, die bereits erwähnten Förderbestimmungen des SOG 2003 sowie im Hinblick auf die Erwachsenenbildung auch
41 Rebhahn, Beihilfen- und Subventionsrecht 487. 42 S etwa VfSlg 19.261/2010. 43 Dazu Cede, Kulturförderung 897; s aber Rz 11 f. 44 S dazu Cede, Kulturförderung 897. 45 Zum Subventionsbegriff s etwa Kahl/Weber, Allgemeines Verwaltungsrecht7 (2019) 276; Rebhahn, Beihilfen- und Subventionsrecht 449. 46 S auch die demonstrative Aufzählung von Förderungsmaßnahmen in § 5 Tir Kulturförderungsgesetz. 47 S § 6 Tir Kulturförderungsgesetz. 48 Tir Landesgedächtnisstiftungsgesetz, LGBl 2019/37.
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jene des Tir Arbeitnehmerförderungsgesetzes49. Hinzuweisen ist weiters auf die Wissenschaftsförderung, die ohne gesetzliche Grundlage im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung erfolgt.
V. Achtung der Freiheit des kulturellen Lebens 23 Anders als die übrigen in Art 10 TLO 1989 normierten Inhalte betr die Kulturförderung, ist der erste Teilsatz des Art 10 Abs 2 TLO 1989 nicht als Staatszielbestimmung zu qualifizieren: Vielmehr wird damit ein grundrechtlicher Schutz vermittelt. Die normative Bedeutung dieser Bestimmung darf freilich nicht überschätzt werden, denn die Freiheit kultureller Tätigkeit wird bereits bundesverfassungsrechtlich geschützt.50 Sind diese Tätigkeiten frei, dann folgt daraus naturgemäß auch, dass die Gebietskörperschaften diese Freiheit zu achten haben, mithin unzulässige Eingriffe in den Freiheitsbereich zu unterlassen haben. Zwar ließe sich überlegen, ob die Freiheit des kulturellen Lebens eine weiter gefasste Garantie vermittelt als im Bundesverfassungsrecht, dafür gibt es aber keine Anhaltspunkte.
49 Gesetz vom 20. November 1991 über die Förderung der Arbeitnehmer in Tirol (Tiroler Arbeitnehmerförderungsgesetz), LGBl 1992/3 idF LGBl 2019/138. 50 S dazu näher Rz 2.
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Artikel 11 Schutz des Eigentums (1) Das Land Tirol hat den Schutz des Eigentums zu gewährleisten und die Eigentumsbildung zu fördern. (2) Ein Eingriff in das Eigentum ist nur zulässig, wenn er im öffentlichen Interesse durch Gesetz vorgesehen ist. (3) Bei Enteignung durch Landesgesetz oder auf Grund eines Landesgesetzes besteht Anspruch auf angemessene Vergütung. (4) Eine durch Landesgesetz bewirkte oder auf Grund eines Landesgesetzes verfügte Enteignung ist auf Antrag des Enteigneten aufzuheben, wenn der Grund für die Enteignung nicht eingetreten oder nachträglich weggefallen ist. Bei Aufhebung der Enteignung besteht Anspruch auf Rückzahlung der Vergütung. LGBl samt Erläuterungen: LGBl 1988/61 (X. GP AA 141/88 AB 141/88) Judikatur: VfSlg 12.472/1990 (zur vergleichbaren Bestimmung des Art 11 Vbg LV: Bodenreform; Enteignung von Grundstücken in Umlegungsverfahren grds zulässig); VfSlg 14.043/1995 (zur vergleichbaren Bestimmung des Art 11 Vbg LV: Sozialpflichtigkeit des Eigentums; Widmung von Grundstücken als Vorbehaltsflächen grds zulässig) Literatur: Bußjäger, Aktuelle Fragen der Entschädigungspflicht bei Rückwidmungen, in Feik/Winkler (Hg), FS Berka (2013) 21 ff; Bußjäger, Schutz des Eigentums, in Heißl (Hg), Handbuch Menschenrechte (2009) 382 ff; Gamper, Allgemeine Bestimmungen des Landesverfassungsrechts, in Pürgy (Hg), Das Recht der Länder I (2012) 61 ff; Kienberger, Grundrechtsverbürgungen in den österreichischen Landesverfassungen, in Machacek/Pahr/Stadler (Hg), 40 Jahre EMRK. Grund- und Menschenrechte in Österreich II (1992) 27 ff; Koja, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer2 (1988); Korinek/Pauger/Rummel, Handbuch des Enteignungsrechts (1994); Morscher, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer. 7. Tirol (1991) 95 f; Morscher, Neuere Aspekte zum verfassungsrechtlichen Eigentumsschutz, ÖZW 2012, 92; Th. Müller, Verfassungsvergleichung auf Ebene der Landesgesetzgebung, JRP 2013, 20; Novak, Das Verhältnis der Bundesverfassung zu den Landesverfassungen im Hinblick auf die Grundrechte, in ders/Sutter/Hasiba (Hg), Der Föderalismus und die Zukunft der Grundrechte (1982) 63; Pernthaler, Die Verfassungsautonomie der österreichischen Bundesländer, JBl 1986, 477; Ranacher, Die Bindung der Mitgliedstaaten an die Gemeinschaftsgrundrechte, ZÖR 58 (2003), 21; Ranacher,
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Verfassungsvergleichung und Landesgesetzgebung: ein Blick in die Praxis, JRP 2013, 31; Rummel/Schlager, Enteignungsentschädigung (1981); Schreiner, Grundrechte und Landesverfassungen, ZÖR 54 (1999), 89 ff; Schwamberger/ Ranacher, Tiroler Landesordnung 19896: Kommentar (2017) 37; A. Wimmer, BT/EER. Enteignungs- und Entschädigungsrecht, in Bergthaler/Grabenwarter (Hg), Musterhandbuch Öffentliches Recht (2020); A. Wimmer, Die Entschädigung im öffentlichen Recht (2009); A. Wimmer, Landesverfassungs- und unionsrechtliche Eigentumsverbürgungen als Vermögenswertgarantien, in Gierlinger et al (Hg), Subsidiarität, Föderalismus, Selbstverwaltung (2011) 29 ff
Inhaltsübersicht I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben..................................... 1 II. Völker- und unionsrechtliche Vorgaben.................................... 5 III. Entstehungsgeschichte.................................................................. 7 IV. Förderung der Eigentumsbildung als Staatsziel....................... 9 V. Schutz des Eigentums als Grundrecht....................................... 10 A. Der Schutzbereich der Eigentumsgarantie........................... 10 B. Grundrechtseingriffe................................................................ 13 C. Grundrechtlicher Schutz vor Enteignungen....................... 16 D. Grundrechtlicher Schutz vor sonstigen Eigentumseingriffen..................................................................................... 19 E. Die Entschädigungsgarantie................................................... 24 F. Der Rückübereignungsanspruch............................................ 30
I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben 1 In den 1980er und 1990er Jahren wurde die Frage, ob die Verfassungsgesetzgeber der Länder zur Schaffung grundrechtlicher Bestimmungen kompetent seien, kontrovers diskutiert.1 Inzwischen herrscht indes Klarheit über das Bestehen und den Umfang dieser Kompetenz, die aus der relativen Verfassungsautonomie der Länder hervorgeht: Die Länder sind zur Schaffung verfassungsgesetzlich gewährleisteter subjektiver Rechte zuständig, allerdings unter der Voraussetzung, dass die Bundesverfassung dadurch „nicht berührt“ wird (Art 99 Abs 1 B-VG). Demgemäß sind bloße (das bestehende Grundrechtsschutzniveau nicht 1
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S insb Koja, Verfassungsrecht 71 ff; Pernthaler, JBl 1986, 483 ff; Kienberger, Grundrechtsverbürgungen 32 ff; Schreiner, ZÖR 54 (1999), 89 ff; Bußjäger, Schutz 386 (dort Rz 21/18).
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verändernde) Wiederholungen grundrechtlicher Bestimmungen sowie Erweiterungen des Grundrechtsschutzniveaus zulässig.2 Die Rsp des VfGH zur Zulässigkeit von grundrechtlichen Bestimmun- 2 gen in Landesverfassungen hat sich, vom wissenschaftlichen Diskurs beeinflusst, in den 1990er Jahren (stillschweigend) gewandelt. In einer älteren Entscheidung aus 19583 sprach der Gerichtshof noch aus, dass die Grundrechte zum Kompetenztatbestand „Bundesverfassung“ (Art 10 Abs 1 Z 1 B-VG) gehörten und der Gesetzgebungskompetenz der Länder entzogen seien. In zwei Entscheidungen aus 1990 und 1995 prüfte er indes landesgesetzliche Vorschriften am Maßstab des Art 11 Vbg LV (eine Art 11 TLO 1989 in weiten Teilen entsprechende Vorschrift), ohne Bedenken an der Zulässigkeit dieser landesverfassungsrechtlichen Eigentumsverbürgung zu äußern.4 Die Kompetenz der Länder zur Schaffung landesverfassungsgesetzlich gewährleisteter subjektiver Rechte („Landes-Grundrechte“) ist sonach vom VfGH stillschweigend anerkannt worden. Art 11 TLO 1989 geht hinsichtlich des Grundrechtsschutzniveaus über 3 die Eigentumsgarantien des Bundesverfassungsrechts hinaus. Abs 3 enthält eine explizite Entschädigungsgarantie, Abs 4 einen expliziten Rückübereignungsanspruch sowohl bei (ursprünglichem) Nichterreichen als auch bei (nachträglichem) Wegfall des Enteignungszwecks.5 Diese Garantien sind in Art 5 StGG und Art 1 1. ZPEMRK nicht ausdrücklich vorgesehen, außerdem erachten VfGH und EGMR eine entschädigungslose Enteignung nicht unter allen Umständen für unzulässig.6 Demgegenüber zieht eine Enteignung aufgrund eines Tir LG jedenfalls einen Anspruch auf Entschädigung nach sich. Den Anspruch auf Rückübereignung wiederum entnimmt der VfGH zwar unmittelbar Art 5 StGG, doch ist in der expliziten Nennung dieses Anspruchs bereits im Text des Art 11 Abs 4 TLO 1989 ein vergleichsweise höheres Grundrechtsschutzniveau zu erblicken.
2
Zur relativen Verfassungsautonomie der Länder Gamper, Art 7 (in diesem Band) Rz 2 mwH. 3 VfSlg 3314/1958. 4 VfSlg 12.472/1990, 14.043/1995. 5 Zur Entschädigungsgarantie unten Rz 24 ff; zum Rückübereignungsanspruch unten Rz 30 ff. 6 Näher A. Wimmer, Entschädigung 67 ff mwH.
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4 Der zweite Halbsatz des Art 11 Abs 1 TLO 1989 („und die Eigentumsbildung zu fördern“) normiert eine (Selbst-)Verpflichtung des Landes Tirol, mithin einen Verfassungsauftrag bzw eine Staatszielbestimmung. Im Rahmen der relativen Verfassungsautonomie der Länder ist die Festschreibung von Staatszielbestimmungen in der Landesverfassung zulässig, insoweit die Bundesverfassung dadurch „nicht berührt wird“ (Art 99 Abs 1 B-VG). Demgemäß sind „bloße“ Wiederholungen und Ergänzungen von Staatszielbestimmungen des Bundes zulässig.7 Mit der Bundesverfassung nicht vereinbar wären hingegen Staatsziele der Länder, die denjenigen des Bundes zuwiderlaufen.
II. Völker- und unionsrechtliche Vorgaben 5 Die Eigentumsgarantie stellt eine der zentralen wirtschaftlichen Grundrechtsverbürgungen dar und ist sowohl durch Völkerrecht als auch Unionsrecht prädeterminiert. Die bedeutendste völkerrechtliche Vorschrift stellt Art 1 1. ZPEMRK dar. Da die EMRK und das 1. ZPEMRK gemäß Art II Z 7 B-VG-Nov 19648 im Rang von Bundesverfassungsrecht stehen, hat der Bundesverfassungsgesetzgeber diese völkerrechtliche Vorgabe vollständig erfüllt. Auf Ebene des Unions(primär)rechts ist die Eigentumsfreiheit in Art 17 GRC verbürgt. Diese unionsrechtliche Eigentumsgarantie gilt primär für die EU und ihre Organe. Für die MS ist sie „ausschließlich bei der Durchführung des Rechts der Union“ maßgeblich (Art 51 Abs 1 GRC). Diese Voraussetzung ist nach der grundlegenden Entscheidung des EuGH in der Rs Åkerberg Fransson immer dann erfüllt, „wenn eine nationale Rechtsvorschrift in den Geltungsbereich des Unionsrechts fällt“. Es seien „keine Fallgestaltungen denkbar, die vom Unionsrecht erfasst würden, ohne dass diese Grundrechte anwendbar wären“.9 Diese an sich klare Festlegung hielt der EuGH in der Folge nicht vollständig durch. In den Entscheidungen Siragusa10 und Hernandez11 wurde der Anwendungsbereich der GRC enger gezogen. Insgesamt erweist sich die Rsp des EuGH zur Frage der Anwendbarkeit des Unionsrechts sowie der Unionsgrundrechte nach wie vor als kasuistisch, 7 8 9 10 11
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S oben Gamper, Art 7 (in diesem Band) Rz 2 mwH. BGBl 1964/59. EuGH (GK) 26.02.2013, C-617/10, Åkerberg Fransson, Rz 21. EuGH 06.03.2014, C-206/13, Siragusa. EuGH 10.07.2014, C-198/13, Hernandez.
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die Suche nach einer klaren Grenze stellt weiterhin eine der großen Herausforderungen für Rsp und Rechtswissenschaft dar.12 Der VfGH hat den Anwendungsbereich der GRC zunächst auf die Fälle des unmittelbaren Vollzugs von Unionsrecht und des mittelbaren Vollzugs von Unionsrecht im engeren Sinn13 eingeschränkt.14 In einer Entscheidung aus 2015 zog er den Anwendungsbereich allerdings wieder etwas weiter (und wendete Bestimmungen der GRC auf innerstaatliche Rechtsvorschriften an, die dem mittelbaren Vollzug von Unionsrecht im weiteren Sinn15 zuzuordnen sind).16 In jüngster Zeit bezog der VfGH den Anwendungsbereich der GRC wiederum auf innerstaatliche Vorschriften, die dem mittelbaren Vollzug von Unionsrecht im engeren Sinn zugehören.17 Alles in allem erweist sich auch die Rsp des VfGH zum Anwendungsbereich der Unionsgrundrechte als nicht eindeutig. Die Unklarheit bezieht sich allerdings nur auf den dritten Anwendungsfall (mittelbarer Vollzug von Unionsrecht im weiteren Sinn), die Anwendbarkeit der Unionsgrundrechte auf die ersten beiden Anwendungsfälle ist hingegen unstrittig. Zusammenfassend ist die GRC für alle innerstaatlichen Gesetzge- 6 bungs-, Verwaltungs- und Rechtsprechungsorgane in drei Fällen verbindlich, wobei die Rsp von EuGH und VfGH hinsichtlich des dritten Falles wie gesagt nicht eindeutig ist: 1. beim unmittelbaren Vollzug von Unionsrecht, insb bei der Anwendung einer EU-VO oder einer (aufgrund nicht rechtzeitiger Umsetzung) direkt wirksamen (unmittelbar anwendbaren) EU-RL; 2. beim mittelbaren Vollzug von Unionsrecht im engeren Sinn, also bei der Anwendung von innerstaatlichen Rechtsvorschriften, die in Umsetzung von unionsrechtlichen Vorgaben (insb EU-RL) erlassen worden sind; 3. beim mittelbaren Vollzug von Unionsrecht im weiteren Sinn, also bei der Anwendung von innerstaatlichen Rechtsvorschriften, die nicht in Umsetzung unionsrechtlicher Vorgaben erlassen worden 12 Zum Problem statt vieler Öhlinger/Potacs, EU-Recht und staatliches Recht6 (2017) 109 ff. 13 Zum Begriff sogleich Rz 6. 14 VfSlg 19.865/2014. 15 Zum Begriff sogleich Rz 6. 16 VfSlg 19.955/2015. 17 VfGH 10.10.2018, G 144/2018.
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sind, aber einen Eingriff in die Grundfreiheiten des Unionsrechts (Warenverkehrsfreiheit, Freizügigkeit der Person, Dienstleistungsfreiheit, Kapital- und Zahlungsverkehrsfreiheit) bewirken. Vor diesem Hintergrund erweist sich der Anwendungsbereich der Unionsgrundrechte potenziell als außerordentlich weit; mit Sicherheit ausgenommen sind lediglich sogenannte „reine Inlandssachverhalte“, die sich dadurch auszeichnen, dass kein „grenzüberschreitender Bezug“18 vorliegt und die Behörde bzw das Gericht weder unmittelbar anwendbares Unionsrecht noch eine innerstaatliche Rechtsvorschrift anzuwenden hat, die in Umsetzung unionsrechtlicher Vorgaben ergangen ist. Ein reiner Inlandssachverhalt vor dem Hintergrund des Anwendungsbereichs des Art 11 TLO 1989 läge etwa vor, wenn anlässlich eines Straßenbauprojekts das in Tirol gelegene Grundstück eines österr Staatsbürgers gemäß §§ 61 ff Tir Straßengesetz19 mit Bescheid enteignet würde.
III. Entstehungsgeschichte 7 Mit Art 11 TLO 1989 wurde erstmals ein Grundrecht auf Schutz des Eigentums im Verfassungsrecht des Landes Tirol festgeschrieben. Die Bestimmung steht seit der StF (LGBl 1988/61) unverändert in Geltung. Aus den EB20 geht hervor, dass der Landesverfassungsgesetzgeber das Eigentumsschutzniveau des Bundesverfassungsrechts (Art 5 StGG, Art 1 1. ZPEMRK) zum einen vollständig zu übernehmen und andererseits punktuell zu erweitern beabsichtigte, namentlich „durch Gewährung eines Anspruches auf angemessene Entschädigung in jenen Fällen, in denen eine Enteignung durch Landesgesetz oder durch einen Akt der Vollziehung auf Grund eines Landesgesetzes vorgenommen wurde.“ Dass der VfGH seit 1980 in stRsp einen unmittelbar auf Art 5 StGG beruhenden Anspruch des Enteigneten auf Rückübereignung bei „zweckverfehlter Enteignung“ anerkennt, war dem Tir Verfassungsge18 ZB VfSlg 19.608/2011; VwSlg 17.876 A/2010. 19 Gesetz vom 16. November 1988 über die öffentlichen Straßen und Wege, LGBl 1989/13 idF LGBl 2019/138. 20 EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 52: „Durch Abs. 1 wird es dem Land unter anderem zur Pflicht gemacht, die Eigentumsbildung zu fördern. Dieser Verpflichtung steht kein Rechtsanspruch auf Förderung gegenüber.“
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setzgeber bewusst, weswegen die Bestimmung des Abs 4 bloß „deklarativer Natur“ sein und „lediglich der Klarstellung“ dienen sollte.21 Neben der grundrechtlichen Eigentumsgarantie sollte die Förderung 8 der Eigentumsbildung als Staatsziel in die Landesverfassung aufgenommen werden (Art 11 Abs 1 zweiter Halbsatz TLO 1989).
IV. Förderung der Eigentumsbildung als Staatsziel Gem dem zweiten Satzteil des Abs 1 hat das Land Tirol „die Eigen- 9 tumsbildung zu fördern“. Sowohl aus dem Normtext als auch aus den EB22 geht hervor, dass es sich hierbei um eine (bloße) Staatszielbestimmung handelt, mithin eine nicht justiziable Selbstverpflichtung des Landes Tirol, aus der niemandem ein Rechtsanspruch auf bestimmte Förderungen erwächst. In Umsetzung dieser Vorgaben leistet das Land Tirol eine Reihe finanzieller Förderungen, unter denen die Wohnbauförderung die bedeutendste Position einnimmt. Die Wohnbauförderung ist im TWFG 199123 detailliert geregelt, als Förderungswerber kommen insb österr Staatsbürger und Unionsbürger in Betracht.24 Im Einklang mit Art 11 Abs 1 TLO 1989 besteht kein Rechtsanspruch auf die Gewährung finanzieller Leistungen aus dem Titel der Wohnbauförderung.25 Weitere Förderungen des Landes Tirol, die ua der Eigentumsbildung dienen, sind zB die sog Agrarinvestitionskredite des Landeskulturfonds (LKF), zinsgünstige Darlehen des Tir Wirtschaftsförderungsfonds, die Kleinunternehmensförderung sowie die Nahversorgungsförderung. Mit dem Tir Bodenfonds (§ 98 ff TROG 2016) wurde ferner ein Fonds mit eigener Rechtspersönlichkeit geschaffen, der die Gemeinden bei der Verwirklichung der Ziele der örtlichen Raumordnung unterstützt. In dieser Funktion erwirbt der Bodenfonds etwa Grundstücke und veräußert diese zu Zwecken des geförderten Wohnbaus und der Ansiedlung 21 EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 52. 22 EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 52. 23 Gesetz vom 15. Mai 1991 über die Förderung des Wohnbaus und der Wohnhaussanierung (Tiroler Wohnbauförderungsgesetz 1991), LGBl 1991/55 idF LGBl 2019/138. 24 §§ 17 und 17a TWFG 1991. 25 § 1 Abs 4 TWFG 1991.
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von Gewerbe- und Industriebetrieben.26 Weiters gewährt er projektbezogene Zuschüsse an Gemeinden, insb zur Unterstützung des geförderten Wohnbaus.27
V. Schutz des Eigentums als Grundrecht A. Der Schutzbereich der Eigentumsgarantie 10 Hinsichtlich des persönlichen Schutzbereichs stimmt die Eigentumsgarantie des Art 11 TLO 1989 mit derjenigen des Bundesverfassungsrechts (Art 5 StGG, Art 1 1. ZPEMRK) überein. Als Berechtigte kommen sowohl natürliche als auch juristische Personen in Betracht. Da im Normtext nicht auf die Staatsbürgerschaft Bezug genommen wird, handelt es sich darüber hinaus um ein „Jedermannsrecht“; Grundrechtsträger sind österr Staatsbürger, Unionsbürger sowie Drittstaatsangehörige. 11 Hinsichtlich des sachlichen Schutzbereichs stimmt Art 11 TLO 1989 in weiten Teilen mit Art 5 StGG und Art 1 1. ZPEMRK überein. Der wesentliche Unterschied liegt in der expliziten Vermögenswertgarantie des Art 11 Abs 3 TLO 1989.28 Dadurch und auch durch die explizite Verankerung des Rückübereignungsanspruchs in Abs 4 reicht das in Art 11 TLO 1989 verbürgte Grundrechtsschutzniveau über dasjenige des Bundesverfassungsrechts hinaus. Der Eigentumsbegriff des Art 11 TLO 1989 umfasst alle vermögenswerten Privatrechte. Dazu gehören das Eigentum als formelles Sachherrschaftsrecht iSd § 354 ABGB, aber auch privatrechtliche Nutzungsrechte wie Miet- und Pachtrechte, ferner Jagd- und Fischereirechte oder Immaterialgüterrechte.29 Schließlich wird die Privatautonomie schlechthin, insb das Recht zum Abschluss privatrechtlicher Verträge, von Art 11 TLO 1989 geschützt. Vor diesem Hintergrund stellen insb grundverkehrsrechtliche Genehmigungsvorbehalte30 Grundrechtseingriffe dar. 26 § 98 Abs 4 lit a iVm Abs 5 lit a TROG 2016. 27 § 98 Abs 4 lit c und d TROG 2016 iVm § 14 Abs 2 TWFG 1991. 28 Bemerkenswerterweise entspricht die Eigentumsverbürgung nach Art 11 TLO 1989 insoweit der unionsrechtlichen Eigentumsverbürgung nach Art 17 GRC; zu diesen „teleologischen Gemeinsamkeiten und normstrukturellen Unterschieden“ s A. Wimmer, Eigentumsverbürgungen 36 ff. 29 S A. Wimmer, Eigentumsverbürgungen 32 ff mwH. 30 ZB §§ 4, 12 GVG; dazu Gamper, Grundverkehrsrecht, in Rath-Kathrein/ Weber (Hg), Besonderes Verwaltungsrecht11 (2018) 81 (87 ff).
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Ob der Schutzbereich des Art 11 TLO 1989 auch öffentlichrechtliche Ansprüche mitumfasst, wurde von der Rsp bislang noch nicht entschieden. Nach meinem Dafürhalten ist mit der stRsp des VfGH zu Art 5 StGG davon auszugehen, dass nur solche Ansprüche geschützt sind, denen Leistungen des Anspruchsberechtigten gegenüberstehen.31 Dieses Interpretationsergebnis stimmt mit der aus den EB32 erschließbaren Vorstellung des Landesverfassungsgesetzgebers Ende der 1980er Jahre überein, denn diese Frage wurde zu damaliger Zeit bereits diskutiert. Wenn er öffentlichrechtliche Ansprüche vom Schutzbereich des Art 11 TLO 1989 hätte ausnehmen wollen, dann hätte er mit großer Wahrscheinlichkeit eine entsprechende Klarstellung getroffen. Der örtliche Schutzbereich des Art 11 TLO 1989 bezieht sich auf das 12 Land Tirol, gebunden ist sonach die Landesgesetzgebung, nicht aber die Bundesgesetzgebung. Verwaltungsbehörden sowie ordentliche Gerichte und Verwaltungsgerichte sind an Art 11 TLO 1989 gebunden, wenn sie Tir Landesrecht vollziehen. Die Geltung der bundesverfassungsrechtlichen und ggf auch der unionsrechtlichen Eigentumsverbürgungen bleibt davon unberührt.33
B. Grundrechtseingriffe Das Eigentumsrecht, verstanden als Sachherrschaftsrecht, ist kein abso- 13 lutes Recht, vielmehr wohnt ihm eine soziale Funktion inne (Grundsatz der Sozialpflichtigkeit des Eigentums). Darüber war sich bereits der Schöpfer des ABGB im Jahr 1811 im Klaren, ebenso derjenige des StGG 1867 und nicht zuletzt der Landesverfassungsgesetzgeber sowie 31 Die 2010 entstandene Judikaturlinie des VfGH (zB VfSlg 19.016/2010, 19.802/2013), nach der alle erworbenen Rechte mit Vermögenswert unter Art 1 1. ZPEMRK fallen, ist nicht auf Art 11 TLO 1989 übertragbar, da sie exklusiv zur konventionalen Eigentumsverbürgung ergangen ist. 32 EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 52. 33 Das hat zur Folge, dass Verwaltungsbehörden und Gerichte bei der Vollziehung von Tir Landesrecht an bis zu vier Eigentumsverbürgungen (namentlich Art 11 TLO 1989, Art 5 StGG, Art 1 1. ZPEMRK sowie bei Anwendbarkeit der Unionsgrundrechte [s Rz 5 f] Art 17 GRC) gebunden sein können, die sich zwar in weiten Teilen überschneiden, aber dennoch zahlreiche Unterschiede im Detail aufweisen; vgl dazu A. Wimmer, Eigentumsverbürgungen 30.
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der VfGH.34 Im öffentlichen Interesse gelegene Beschränkungen der Eigentumsnutzung sind in einer sozialen Gesellschaft, die auf der Sozialpflichtigkeit des Eigentums beruht, grds zulässig und auch in großer Zahl vorhanden. Hierzu zählen bspw baurechtliche Beschränkungen, die Verhängung von Geldstrafen oder die Einschränkung der Privatautonomie durch grundverkehrsrechtliche Genehmigungen.35 Im Hinblick auf die verschiedenen Kategorien von Grundrechtseingriffen ergeben sich keine Besonderheiten im Vergleich zur Grundrechtsdogmatik des Bundesverfassungsrechts. Aus den EB geht unmissverständlich hervor, dass „sowohl Enteignungen als auch bloße Eigentumsbeschränkungen“ als Eigentumseingriffe anzusehen sind.36 Der Verfassungsgesetzgeber bediente sich damit – offenbar ganz bewusst – derjenigen Begrifflichkeiten, die der VfGH in den 1980er Jahren bereits in stRsp verwendet hat. 14 Der Enteignungsbegriff des Art 11 TLO 1989 ist deshalb formell und zudem im Sinne der „Übertragungstheorie“ zu verstehen. Eine Enteignung liegt vor, wenn eine Sache durch Verwaltungsakt oder unmittelbar kraft Gesetzes dem Eigentümer zwangsweise entzogen und auf den Staat, eine andere Körperschaft oder gemeinnützige Unternehmung übertragen wird oder daran auf gleiche Weise fremde Rechte begründet werden.37 Keine Enteignungen sind hingegen bloße Eigentumsentziehungen (Konfiskationen), die zu keiner Eigentumsübertragung führen (zB Beschlagnahme, Verfall von Sachen). Ebenso wenig 34 Vgl nur § 364 Abs 1 Satz 1 ABGB („Ueberhaupt findet die Ausübung des Eigenthumsrechtes nur in so fern Statt, als dadurch weder in die Rechte eines Dritten ein Eingriff geschieht, noch die in den Gesetzen zur Erhaltung und Beförderung des allgemeinen Wohles vorgeschriebenen Einschränkungen übertreten werden.“) und § 365 ABGB („Wenn es das allgemeine Beste erheischt, muß ein Mitglied des Staates gegen eine angemessene Schadloshaltung selbst das vollständige Eigenthum einer Sache abtreten.“). Aus der Lit insb Zeiller, Commentar über das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch II (1812) 126 ff; Rill, Eigentumsschutz, Sozialbindung und Enteignung bei der Nutzung von Boden und Umwelt, VVDStRL 51 (1992), 177 (189 ff); Bußjäger, Schutz 382 ff; aus der Rsp insb VfSlg 14.043/1995, 19.074/2010, 20.226/2017. 35 Stellungnahme des Verfassungsdienstes des Amtes der Tir LReg vom 27.05.2019, VD-512/416-2019. 36 EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 52. 37 ZB VfSlg 9911/1983, 17.071/2003, 18.320/2007; aus der Lit insb Korinek, Art 5 StGG, in ders/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (2002) Rz 29.
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sind sog „materielle Enteignungen“38 unter den Enteignungsbegriff des Art 11 TLO 1989 zu subsumieren. Sonstige Eigentumseingriffe (auch: bloße Eigentumsbeschränkungen) 15 sind alle Arten von Eigentumseingriffen, die keine formelle Enteignung darstellen. Zu dieser Gruppe gehören die soeben genannten Eigentumsentziehungen (Konfiskationen) und „materiellen Enteignungen“, darüber hinaus jede Form von Beschränkungen der aus dem Eigentumsrecht erwachsenden Befugnisse. Die Zahl der einschlägigen Bsp ist Legion. So hat der VfGH in folgenden (für das Landesrecht relevanten) Fällen eine Eigentumsbeschränkung erkannt: – Öffentlicherklärung eines privaten Wegs,39 – Widerruf einer Baubewilligung,40 – Reservierung von Flächen für den Gemeinbedarf,41 – Verbot der Errichtung von Zweitwohnsitzen,42 – Versagung einer grundverkehrsbehördlichen Bewilligung,43 – Vorschreibung von Geldstrafen.44
C. Grundrechtlicher Schutz vor Enteignungen Nach der stRsp des VfGH sind formelle Enteignungen (iSd Übertra- 16 gungstheorie; s oben Rz 14) nur dann zulässig, „wenn die Enteignung durch das öffentliche Interesse geboten ist; dies ist nur dann der Fall, wenn ein konkreter Bedarf vorliegt, dessen Deckung im öffentlichen Interesse liegt, das Objekt der Enteignung überhaupt geeignet ist, den Bedarf unmittelbar zu decken, und es unmöglich ist, den Bedarf anders als durch Enteignung zu decken“.45 Mit dieser Formel wird der Grundsatz der Subsidiarität der Enteignung umschrieben, der aus drei Elementen besteht: 38 Bei einer „materiellen Enteignung“ wird das Sachherrschaftsrecht zwar nicht formell entzogen, aber durch Nutzungsregelungen so stark eingeschränkt, dass dem Eigentümer nur noch ein ius nudum verbleibt; zum Begriff statt aller Berka, Verfassungsrecht7 (2018) 546. 39 VfSlg 10.754/1986; vgl für Tirol § 34 Tir Straßengesetz. 40 VfSlg 9306/1981. 41 VfSlg 14.043/1995. 42 VfSlg 14.679/1996. 43 VfSlg 9014/1981. 44 VfSlg 12.105/1989. 45 VfSlg 20.186/2017; zuvor etwa VfSlg 3666/1959, 9911/1983, 15.044/1997, 18.890/2009.
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– es muss ein im öffentlichen Interesse gelegener und konkreter Bedarf an der Enteignung bestehen; – das Enteignungsobjekt muss zur unmittelbaren Bedarfsdeckung geeignet sein; – eine anderweitige Bedarfsdeckung muss unmöglich sein. 17 Der Grundsatz der Subsidiarität der Enteignung bindet sowohl die Gesetzgebung als auch die Vollziehung. Eine gesetzliche Vorschrift, die Verwaltungsbehörden zu einer Enteignung ermächtigt oder eine Enteignung unmittelbar anordnet („Legalenteignung“), muss diesen Voraussetzungen genügen, ansonsten ist sie verfassungswidrig. Verwaltungsbehörden und -gerichte haben den Grundsatz der Subsidiarität der Enteignung bei der Auslegung einschlägiger gesetzlicher Bestimmungen zu beachten, ansonsten nimmt der VfGH eine „denkunmögliche Gesetzesanwendung“ an.46 Dem dritten Erfordernis (Unmöglichkeit anderweitiger Bedarfsdeckung) entnimmt der VfGH eine Verhandlungspflicht des Enteignungswerbers: Einer Enteignung muss das ernsthafte Bemühen vorangehen, die erforderliche Sache auf andere Weise, namentlich in Form einer privatrechtlichen Übereinkunft (zB Kaufvertrag, Servitutsbestellungsvertrag), zu erwerben. Die Verhandlungspflicht gründet unmittelbar auf Art 11 Abs 2 TLO 1989 und bedarf keiner ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung.47 Es ist davon auszugehen, dass die einschlägige, zu Art 5 StGG ergangene Rsp von VfGH und VwGH auf Art 11 Abs 2 TLO 1989 anzuwenden ist, da der Tir Verfassungsgesetzgeber den bundesrechtlichen Grundrechtsschutzstandard zu übernehmen beabsichtigte.48 18 Ist eine der genannten Voraussetzungen nicht erfüllt, liegt eine Art 11 Abs 2 TLO 1989 verletzende „denkunmögliche Gesetzesanwendung“ vor. Der Rsp zu Art 5 StGG lassen sich zahlreiche Bsp entnehmen. Eine Grundrechtsverletzung erkannte der VfGH etwa in folgenden Fällen: – Enteignung zu sachfremden Zwecken (zB Heranziehung straßenrechtlicher Enteignungsbestimmungen49 für die Enteignung von Grundstücken zu Zwecken des Natur- und Landschaftsschutzes);50 46 47 48 49 50
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S Rz 18. VfSlg 13.579/1993; VwSlg 19.045 A/2015. Vgl EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 52. Insb §§ 61 ff Tir Straßengesetz. VfSlg 13.369/1993.
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– Enteignung „auf Vorrat“ (ein im öffentlichen Interesse liegender Enteignungsbedarf ist erst künftig zu erwarten);51 – Unterbleiben von Versuchen, eine privatrechtliche Übereinkunft zu angemessenen Bedingungen zu erzielen;52 – Nichtberücksichtigung von Alternativen (zB Enteignung eines privaten Grundstücks, obwohl das der Enteignung zugrundeliegende Projekt [Gasleitung] auch auf öffentlichem Grund und Boden hätte verwirklicht werden können);53 – schwerwiegende Verfahrensfehler (zB keine Auseinandersetzung mit dem Vorbringen, es bestünde die Möglichkeit einer für den Enteigneten weniger nachteiligen Projektausführung).54
D. Grundrechtlicher Schutz vor sonstigen Eigentums eingriffen Gesetzliche Regelungen, die sonstige Eigentumseingriffe55 vorsehen, 19 sind am Maßstab des allgemeinen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu messen. Insbesondere muss das öffentliche Interesse an der Regelung schwerer wiegen als das Interesse des Betroffenen an der Vermeidung des Eigentumseingriffs, es darf der zur Verwirklichung einer im überwiegenden öffentlichen Interesse getroffenen Regelung vorgenommene Eigentumseingriff nicht weiter gehen, als dies zur Erreichung der Regelungsziele notwendig ist.56 Der VfGH-Rsp lassen sich folgende Bsp für unverhältnismäßige Ei- 20 gentumseingriffe mit Relevanz für die Landesgesetzgebung entnehmen: – Verletzung im Eigentumsrecht durch die Unverhältnismäßigkeit des Verbotes der Schaffung und Vergrößerung von Freizeitwohnsitzen iVm der Anmeldungsverpflichtung und Verwendungsbeschränkungen für bestehende Freizeitwohnsitze ohne Rücksichtnahme auf regionale Erfordernisse gemäß dem TROG 199457;58 51 52 53 54 55 56 57 58
ZB VfSlg 8981/1980, 19.541/2011. VfSlg 13.579/1993. VfSlg 16.753/2002. VfSlg 18.239/2007. Zum Begriff Rz 15. Öhlinger/Eberhard, Verfassungsrecht12 (2019) 405. LGBl 1993/81 idF LGBl 1995/6. VfSlg 14.679/1996.
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– keine sachliche Begründung und kein öffentliches Interesse an einem ausnahmslosen Verbot von Baubewilligungen während einer befristeten Bausperre;59 – unverhältnismäßiger Eigentumseingriff angesichts einer möglichen Rückwidmung eines Grundstücks in Grünland bei Weigerung des Grundeigentümers zum Abschluss einer Übertragungsvereinbarung (Verfassungswidrigkeit der sog „Vertragsraumordnung“ nach Sbg ROG 199260).61 21 Demgegenüber hat der VfGH etwa in folgenden Fällen keine Grundrechtsverletzung erkannt: – Eingriff in das Eigentumsrecht eines die Jagd aus ethischen Gründen ablehnenden Grundeigentümers durch die Verpflichtung zur Duldung der Jagdausübung ist verhältnismäßig; das Erfordernis der Umzäunung eines Grundstücks für ein „Ruhen der Jagd“ ist ebenfalls verhältnismäßig;62 – keine Gesetzwidrigkeit der in einer VO (Bebauungsplan) normierten Verpflichtung zur Eindeckung der Dächer in einem bestimmten Gebiet mit Holzschindeln;63 – landesgesetzliche Bestimmungen über die verpflichtende Unterbringung von Leichen in der Leichenkammer einer Bestattungsanlage sind grundrechtskonform, das Verfügungsrecht über den eigenen Leichnam ist kein vermögenswertes Privatrecht;64 – kein unverhältnismäßiger Eigentumseingriff durch die Regelung über die Bestellung von Dienstbarkeiten an unbeweglichen Sachen im Wege der Enteignung im OÖ Starkstromwegegesetz 197065.66 22 Nach der traditionellen Grundrechtsformel verletzen individuelle Rechtsakte (Bescheide von Verwaltungsbehörden, Erk und Beschlüsse von Verwaltungsgerichten) Art 11 Abs 1 und 2 TLO 1989, wenn: – sie einer gesetzlichen Grundlage entbehren; 59 VfSlg 15.577/1999. 60 Gesetz vom 21. Oktober 1992 über die Raumordnung im Land Salzburg (Salzburger Raumordnungsgesetz 1992), LGBl 1992/98 idF LGBl 1998/44. 61 VfSlg 15.625/1999. 62 VfSlg 20.103/2016; idS auch VfSlg 20.205/2017. 63 VfSlg 20.052/2016. 64 VfSlg 19.904/2014. 65 Gesetz vom 9. November 1970 über elektrische Leitungsanlagen, LGBl 1971/1. 66 VfSlg 15.044/1997.
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– die Verwaltungsbehörde bzw das Verwaltungsgericht ein Gesetz denkunmöglich angewendet oder sich nur zum Schein auf eine gesetzliche Grundlage gestützt hat; – sie auf einem verfassungswidrigen Gesetz oder auf einer gesetzwidrigen VO beruhen. Der Rsp des VfGH lassen sich einmal mehr Bsp für grundrechtswidri- 23 ge individuelle Rechtsakte entnehmen: – Die baubehördliche Annahme, nach der Aufhebung eines Flächenwidmungsplans durch den VfGH stehe die Widmungsfreiheit eines Grundstücks der Erteilung einer Baubewilligung entgegen, verkennt die aus dem Eigentumsrecht hervorgehende Baufreiheit in einer der Gesetzlosigkeit gleichkommenden Weise;67 – Denkunmöglichkeit eines auf eine ortspolizeiliche Reinhalteverordnung gestützten Strafbescheids, wenn die Tat nicht die Qualität eines Missstands iSd Art 118 Abs 6 B‑VG erreicht;68 – Verletzung im Eigentumsrecht durch Versagung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung eines Ausländergrunderwerbs mangels Berücksichtigung offenkundiger privater Interessen der Antragsteller;69 – Verletzung im Eigentumsrecht durch verfassungswidrige Auslegung gesetzlicher Bestimmungen über land- und forstwirtschaftliche Zusammenlegungsverfahren;70 – generell stellt eine unterbliebene verfassungskonforme Interpretation gesetzlicher Bestimmungen eine denkunmögliche Gesetzesanwendung dar.
E. Die Entschädigungsgarantie Die Entschädigungsgarantie bei Enteignungen nach Art 11 Abs 3 24 TLO 1989 ist das Herzstück der Tir Eigentumsverbürgung und kommt sowohl bei unmittelbar durch Gesetz erfolgenden Enteignungen (sog Legalenteignungen) als auch bei Enteignungen durch verwaltungsbehördlichen Bescheid bzw verwaltungsgerichtliches Erk zur Anwendung. Der Verfassungsgesetzgeber bringt dies durch die For67 VfSlg 16.113/2001. 68 VfSlg 15.364/1998 (hier: Aufkleben von „Zettelgedichten“ an allgemein zugänglichen, stark frequentierten Orten). 69 VfSlg 16.937/2003. 70 VfSlg 19.150/2010.
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mulierung „durch Landesgesetz oder auf Grund eines Landesgesetzes“ zum Ausdruck. Der Verfassungsgesetzgeber spricht in Art 11 Abs 3 TLO 1989 nicht von „Entschädigung“, sondern von „Vergütung“. Die beiden Begriffe haben im Rechtssinn übereinstimmende Bedeutung, weswegen hier der sowohl als Rechtsbegriff als auch als rechtswissenschaftlicher Begriff geläufigere Entschädigungsbegriff verwendet wird. 25 Nach Art 11 Abs 3 TLO 1989 gebührt Entschädigung nur bei formellen Enteignungen (iSd der Übertragungstheorie), nicht aber bei sonstigen Eigentumseingriffen (insb „materiellen Enteignungen“).71 Mithin ist aus Art 11 Abs 3 TLO 1989 insb keine Entschädigungsgarantie bei raumordnungsrechtlichen Grundstücksrückwidmungen abzuleiten. Nichtsdestoweniger kann der dem Gleichheitssatz (Art 7 B-VG) inhärente Grundsatz der angemessenen Lastenverteilung eine Rückwidmungsentschädigung erfordern: Das Allgemeinwohl darf nicht auf Kosten von Einzelpersonen realisiert werden. Wenn eine Einzelperson schwerwiegende Belastungen zugunsten der Allgemeinheit auf sich nehmen muss, dann hat sich Letztere an den dadurch entstehenden Vermögensnachteilen angemessen zu beteiligen („Sonderopfertheorie“). In Umsetzung dieser grundrechtlichen Erfordernisse gewährt § 75 TROG 2016 dem Eigentümer einen Entschädigungsanspruch bei bestimmten Rückwidmungen.72 26 Nach meinem Dafürhalten ist der in Art 11 Abs 3 TLO 1989 festgeschriebene Entschädigungsanspruch verfassungsunmittelbar wirksam.73 Der Normtext spricht eine klare Sprache, die Mat74 deuten in diese Richtung, wenn dort von „Gewährung eines Anspruches“ die Rede ist, und auch aus teleologischer Sicht spricht nichts gegen dieses Interpretationsergebnis, vielmehr wird dadurch eine schon lange bestehende Forderung aus der Wissenschaft75 umgesetzt. Schließlich bleibt 71 Zu den Begriffen Rz 14 f. 72 Näher A. Wimmer, Grenzen der verfassungskonformen Interpretation und bewegliche Systeme im Entschädigungsrecht am Beispiel der Raumordnung, ZfV 2011, 561 (568 f); Kreuzmair, Die neue Rechtslage im Tiroler Raumordnungsrecht aufgrund der TROG-Novelle 2011, bbl 2012, 1 (7). 73 S bereits A. Wimmer, Entschädigung 141 f; ders, Eigentumsverbürgungen 41 f; eine (höchst‑)gerichtliche Klärung dieser Frage ist bislang nicht erfolgt. 74 EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 52. 75 Aicher, Verfassungsrechtlicher Eigentumsschutz und Enteignung, 9. ÖJT 1985 I/1, 66; Rummel in ders/Schlager, Enteignungsentschädigung 35 f; Korinek, Art 5 Rz 47.
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in systematischer Hinsicht darauf hinzuweisen, dass der OGH Art 5 Abs 5 EMRK, einer vergleichsweise weniger präzise formulierten Entschädigungsbestimmung,76 verfassungsunmittelbare Wirkung zuerkennt.77 Diese verfassungsunmittelbare Wirksamkeit des Entschädigungsanspruchs hindert den einfachen (Landes-)Gesetzgeber freilich nicht daran, gesonderte materienspezifische Entschädigungsbestimmungen vorzusehen und die „angemessene Entschädigung“ im jeweiligen Kontext sachgerecht auszugestalten. Nur bei Fehlen materiengesetzlicher Entschädigungsbestimmungen kann der Anspruch unmittelbar auf Art 11 Abs 3 TLO 1989 gestützt werden. In diesem Fall muss die Entschädigung aufgrund der zivilrechtlichen Natur der Enteignungsentschädigung78 gemäß § 1 JN vor den ordentlichen Gerichten beantragt werden, und zwar im Verfahren außer Streitsachen.79 Der Entschädigungsanspruch entsteht mit Eintritt der Rechtskraft der 27 Entscheidung über die Enteignung, die entweder als Bescheid oder als verwaltungsgerichtliches Erk ergehen kann. Der Enteignungsbescheid wird nach Ablauf der vierwöchigen Beschwerdefrist nach § 7 Abs 4 VwGVG rechtskräftig. Im Falle einer Beschwerdeerhebung tritt das verwaltungsgerichtliche Erk an die Stelle des Bescheids und wird mit dem Tag der Zustellung rechtskräftig.80 Art 11 Abs 3 TLO 1989 legt nicht fest, ob die Entschädigung in natura 28 oder in pecunia zu leisten ist. Dementsprechend ist sowohl Naturalentschädigung (zB in Form eines gleichwertigen Ersatzgrundstücks) als auch Geldentschädigung von Verfassungs wegen zulässig. Zweck der Enteignungsentschädigung ist der Ausgleich der Vermö- 29 genseinbußen des Enteigneten. Dieser soll nach der Enteignung weder reicher noch ärmer sein als zuvor. Eine Entschädigung, die diesem Zweck genügt, ist „angemessen“ iSd Art 11 Abs 3 TLO 1989. 76 In Art 5 Abs 5 EMRK ist von „Anspruch auf Schadenersatz“ (und nicht von „Anspruch auf angemessenen Schadenersatz“) bei rechtswidriger Freiheitsentziehung die Rede. 77 StRsp seit OGH 18.06.1975, 1 Ob 226/74; zuletzt OGH 22.10.2015, 1 Ob 190/15w. 78 VfSlg 11.760/1988. 79 Zuletzt OGH 20.03.2019, 3 Ob 1/19x; näher A. Wimmer, Eigentumsverbürgungen 41 ff. 80 ZB VwGH 26.11.2015, Ro 2015/07/0018; 24.05.2016, Ra 2016/03/0050.
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Die Bemessung der Entschädigung erfolgt nach der von Peter Rummel entwickelten objektiv-konkreten Bemessungsmethode.81 Die angemessene Entschädigung setzt sich aus dem objektiv berechneten Substanzverlust und dem konkret berechneten Vermögensfolgeschaden zusammen. Der Substanzverlust entspricht dem Verkehrswert der enteigneten Sache, der Vermögensfolgeschaden umfasst alle Vermögens einbußen des Enteigneten, die über den Verkehrswert der enteigneten Sache hinausgehen und durch die Enteignung unmittelbar verursacht werden (zB Wertminderung von verbliebenen Restgrundstücken, Wiederbeschaffungskosten beim Erwerb von Ersatzgrundstücken, Über siedlungskosten).82
F. Der Rückübereignungsanspruch 30 Art 11 Abs 4 TLO 1989 verschafft dem Enteigneten einen verfassungsunmittelbar wirksamen Anspruch auf Rückübereignung des Enteignungsgegenstandes sowohl bei (ursprünglicher) Nichterreichung als auch bei (nachträglichem) Wegfall des Enteignungszwecks. Ein den Rückübereignungsanspruch ausschließendes Gesetz ist verfassungswidrig; gesetzliche Vorschriften, die Rückübereignungsansprüche nur in bestimmten Sachverhaltskonstellationen vorsehen, sind verfassungskonform so zu interpretieren, dass sie nicht abschließend sind.83 Zuständig zur Durchführung des Rückübereignungsverfahrens ist mangels anderweitiger einfachgesetzlicher Regelung diejenige Behörde, die nach aktueller Rechtslage zur Durchführung des Enteignungsverfahrens zuständig wäre, das Verfahren ist mit denselben Parteien des seinerzeitigen Enteignungsverfahrens bzw deren Rechtsnachfolgern zu führen.84 31 Verschiedene landesgesetzliche Vorschriften regeln den Rückübereignungsanspruch näher. Eine zentrale Position nimmt hierbei § 73 Tir Straßengesetz ein, auf den zahlreiche andere materiengesetzliche Bestimmungen85 verweisen. Dort sind eine relative Verjährungsfrist von 81 Grundlegend Rummel in ders/Schlager, Enteignungsentschädigung 83 ff; zur OGH-Rsp s RIS-Justiz RS0053657. 82 Näher zur Bemessung der Entschädigung A. Wimmer, Enteignungs- und Entschädigungsrecht Rz 47 ff. 83 VfSlg 15.768/2000; VwSlg 16.462 A/2004. 84 VwGH 30.09.1992, 90/03/0003. 85 ZB § 21 Abs 6 TEG 2012 (Gesetz vom 16. November 2011 über die Regelung des Elektrizitätswesens in Tirol [Tiroler Elektrizitätsgesetz 2012],
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zwei Jahren (ab Fertigstellung des Projekts bzw der im Bescheid festgesetzten Ausführungsfrist) und eine absolute Verjährungsfrist von zehn Jahren (ab Rechtskraft der Enteignung) vorgesehen.86 Wurde aufgrund der rückgängig zu machenden Enteignung eine Ent- 32 schädigung geleistet, so ist diese ebenfalls rückabzuwickeln. § 73 Abs 3 Tir Straßengesetz enthält nähere Regelungen. Bei der Bemessung sind zwischenzeitlich eingetretene Werterhöhungen oder Wertminderungen des Enteignungsgegenstandes zu berücksichtigen, sofern sie nicht auf einer Änderung der Flächenwidmung beruhen. Die Behörde hat den Rückerstattungsbetrag im Rückübereignungsbescheid festzusetzen. Es steht den Parteien des Rückabwicklungsverfahrens frei, ein privatrechtliches Übereinkommen über den Rückabwicklungsbetrag abzuschließen. Bei diesem Übereinkommen handelt es sich um einen privatrechtlichen Vertrag, der von der Behörde in einer Niederschrift zu beurkunden ist.
LGBl 2011/134 idF LGBl 2020/51), § 38 Tir Gemeindesanitätsdienstgesetz (Gesetz vom 8. Oktober 1952 über die Regelung des Gemeindesanitätsdienstes und des Leichen- und Bestattungswesens, LGBl 1952/33 idF LGBl 2020/51), § 23 Abs 3 Tir Heilvorkommen- und Kurortegesetz 2004 (Gesetz vom 4. Februar 2004 über natürliche Heilvorkommen und Kurorte, LGBl 2004/24 idF LGBl 2019/138), § 13 Abs 3 TiKG 2000 (Gesetz vom 8. November 2000 über öffentliche Kanalisationen [Tiroler Kanalisationsgesetz 2000], LGBl 2001/1 idF LGBl 2018/144), § 42 Abs 4 Tir Tourismusgesetz 2006 (Gesetz vom 15. Dezember 2005 zur Förderung des Tourismus in Tirol, LGBl 2006/19 idF LGBl 2019/134). 86 § 73 Abs 1 Satz 2 Tir Straßengesetz.
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Artikel 12* Petitionsrecht Das Petitionsrecht steht jedermann zu. Aus Petitionen darf niemandem ein Nachteil erwachsen. LGBl samt Erläuterungen: LGBl 1988/61 (X. GP AA 141/88 AB 141/88) Literatur: Gamper, Bürgerbeteiligung und demokratische Innovation in Tirol – Voraussetzungen, Instrumente, Schranken, in Bußjäger/Gamper (Hg), Demokratische Innovation und Partizipation in der Europaregion (2015) 23 (32 f); Morscher, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer. 7. Tirol (1991) 48; Schwamberger/Ranacher, Tiroler Landesordnung 19896: Kommentar (2017) 38
Inhaltsübersicht I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben..................................... 1 II. Völker- und unionsrechtliche Vorgaben.................................... 2 III. Entstehungsgeschichte.................................................................. 3 IV. Grundrechtliche Verbürgung...................................................... 4 A. Allgemeines................................................................................. 4 B. Schutzbereich............................................................................. 5 C. Grundrechtsträger und -verpflichtete................................... 6 D. Eingriffsvorbehalt..................................................................... 8 V. Einfachgesetzliche Ausgestaltung............................................... 9
I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben 1 Auf bundesverfassungsrechtlicher Ebene findet sich das Petitionsrecht in Art 11 StGG verankert.1 Art 11 Abs 1 StGG mit seiner Formulierung „Das Petitionsrecht steht Jedermann zu“ ist sogar wortidentisch * 1
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Herzlicher Dank ergeht an Frau Univ.-Ass. Mag. Angela Dengg für die Unterstützung bei der redaktionellen Bearbeitung. Vgl dazu Korinek, Das Petitionsrecht im demokratischen Rechtsstaat (1977) 11; Nowak, Politische Grundrechte (1988) 529 ff; Schäffer, Grundrechtliche Organisations- und Verfahrensgarantien, in Merten/Papier (Hg), Handbuch der Grundrechte VII/1 (2009) 525 (526).
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mit Art 12 erster Satz TLO 1989. Die EB2 zu Art 12 TLO 1989 halten ausdrücklich fest, dass das Petitionsrecht gem Art 12 TLO 1989 nicht über das im Art 11 StGG festgelegte Petitionsrecht hinausgehen soll. Der VfGH stellte zu Art 11 StGG fest, dass das Petitionsrecht in der Freiheit bestehe, „Anträge und Anregungen allgemeiner Art an die Organe der Gesetzgebung oder Vollziehung zu stellen und die Erlassung bestimmter genereller Anordnungen oder die Abstellung bestimmter rechtlicher Zustände zu begehren“.3 Die Erlassung einer landesverfassungsrechtlichen Bestimmung über ein Petitionsrecht auf Landesebene fällt in die Verfassungsautonomie der Länder gem Art 99 Abs 1 B-VG.4 Kleinere Unterschiede zwischen Art 11 StGG und Art 12 TLO 1989 bestehen hinsichtlich des Fehlens einer Art 12 zweiter Satz TLO 1989 entsprechenden Formulierung in Art 11 StGG und umgekehrt im Fehlen einer Art 11 Abs 2 StGG entsprechenden Erweiterung in Art 12 TLO 1989. Begriff und Inhalt des Petitionsrechts nach beiden Bestimmungen decken sich aber im Wesentlichen,5 sodass kein Widerspruch zur Bundesverfassung festzustellen ist.
II. Völker- und unionsrechtliche Vorgaben Art 20 Abs 2 lit d, Art 24, Art 227 AEUV sowie Art 44 GRC sehen ein 2 unionsverfassungsrechtliches Recht auf Petition an das Europäische Parlament vor, das durch Unionsbürger, aber auch jede natürliche oder juristische Person mit Wohnort oder satzungsmäßigem Sitz in einem MS ausgeübt werden kann. Für die Ausübung des Petitionsrechts gem Art 12 TLO 1989 hat diese Vorgabe jedoch keine Bedeutung. Das Petitionsrecht kann allerdings auch als spezielle Variante der Kommunikationsfreiheit verstanden werden, wie sie etwa in Art 10 EMRK und Art 11 GRC verankert ist, wobei hinzukommt, dass die Adressaten der Petition zu ihrer Entgegennahme verpflichtet sind.
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EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 53. VfSlg 4065/1961, 4295/1962, 6441/1971, 18.807/2009. So für das Petitionsrecht gem Art 10 Vbg LV auch Pernthaler/Lukasser, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer. 8. Vorarlberg (1995) 78. So für das Petitionsrecht gem Art 10 Vbg LV auch Pernthaler/Lukasser, Verfassungsrecht 78.
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III. Entstehungsgeschichte 3 Art 12 TLO 1989 wurde seit der StF TLO 19896 nicht verändert. In den EB7 wurde darauf hingewiesen, dass das Petitionsrecht bislang „durch die Rechtsordnung des Landes nicht ausdrücklich gewährleistet“ worden sei, in die TLO 1989 nun aber aufgenommen werden solle.
IV. Grundrechtliche Verbürgung A. Allgemeines 4 Art 12 TLO 1989 befindet sich im I. Teil „Allgemeine Bestimmungen“ der Landesverfassung, in dem auch Staatszielbestimmungen und Grundrechte verankert sind.8 Das in Art 12 TLO 1989 verankerte Petitionsrecht stellt ein politisches Grundrecht dar,9 das als landesverfassungsgesetzlich gewährleistetes, subjektives Recht ausgestaltet und auch justiziabel iSv Verfahren gem Art 139 Abs 1 Z 3 und 4, Art 140 Abs 1 Z 1 lit c und d sowie Art 144 Abs 1 B-VG ist. Dies ergibt sich nicht nur aus der Formulierung als „Petitionsrecht“, das jedermann gewährleistet wird, sondern auch aus den EB10, denen zufolge das Petitionsrecht nicht über das im Art 11 StGG festgelegte Petitionsrecht hinausgeht; dies bedeutet im Umkehrschluss aber, dass es sich beim Petitionsrecht gem Art 12 TLO 1989 ebenso um ein Grundrecht handelt wie im Falle des Art 11 StGG. Eine gewisse Nähe besteht zwischen dem Petitionsrecht und dem in Art 37 TLO 198911 gewährleisteten Recht auf Teilnahme12 an einem Volksbegehren einerseits und der Möglichkeit, sich gem Art 59 Abs 2 TLO 198913 an den Landesvolksanwalt zu wenden,14 andererseits. Ge6 7 8
LGBl 1988/61. EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 53. Dazu allgemein auch Gamper, Allgemeine Bestimmungen des Landesverfassungsrechts, in Pürgy (Hg), Das Recht der Länder I (2012) 61 ff. 9 Gamper, Bestimmungen 72. 10 EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 53. 11 Gamper, Art 37 (in diesem Band) Rz 1 ff. 12 Näher Gamper, Art 37 (in diesem Band) Rz 3. 13 Gamper, Art 59 (in diesem Band) Rz 16 ff. 14 Vgl auch die Verknüpfung zwischen beiden Möglichkeiten gem § 65 Abs 5 lit c Tir GO LT (dazu unten Rz 10): Sollte eine weitere Behandlung der Petition durch den Landesvolksanwalt zielführend erscheinen, so beschließt der Ausschuss für Petitionen des LT, den Landesvolksanwalt oder das Mitglied der LReg im Weg des LTPräs darum zu ersuchen.
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meinsam ist der Petition und dem Volksbegehren, dass es sich um ein Anliegen handelt, das bestimmten repräsentativen Organen vorgelegt wird. Im Ergebnis sind sowohl die Petition als auch das Volksbegehren insofern unverbindlich, als dem jeweils darin formulierten Anliegen nicht inhaltlich Rechnung getragen werden muss. Die Petition ist jedoch insofern weiter als das Volksbegehren, als sich die Petition nicht auf Angelegenheiten der Landesgesetzgebung oder den LT als Adressaten beschränkt sowie „jedermann“ und nicht bloß eine gewisse Anzahl von zum LT Wahlberechtigten petitionsberechtigt ist. Während die Petition ein nahezu formloses Instrument darstellt15, ist das Volksbegehren an zahlreiche Formvorschriften gebunden16. Das Volksbegehren wiederum ist – freilich nur, wenn die in Art 37 Abs 1 und 2 TLO 1989 erwähnten Voraussetzungen17 erfüllt sind – jedenfalls dem LT vorzulegen, was im Falle einer Petition nur unter den in § 65 Abs 5 lit e und f Tir GO LT genannten Voraussetzungen der Fall ist. Das Recht, sich gem Art 59 Abs 2 TLO 1989 an den Landesvolksanwalt zu wenden,18 enthält einerseits die Verpflichtung des Landesvolksanwalts, in den Angelegenheiten der Landesverwaltung, der mittelbaren Bundesverwaltung und der dem LH übertragenen Verwaltung von Bundesvermögen jedermann auf Verlangen Rat zu erteilen; andererseits die Verpflichtung, Beschwerden entgegenzunehmen, sie unverzüglich zu prüfen, sofern er sie nicht selbst durch Aufklärung des Beschwerdeführers erledigen kann, bei der zuständigen Stelle auf Aufklärung oder Abhilfe hinzuwirken und das Ergebnis seiner Maßnahmen dem Beschwerdeführer ehestmöglich mitzuteilen. Die Erteilung von Ratschlägen geht über den Schutzbereich des Petitionsrechts hinaus, das auf Seiten der Grundrechtsverpflichteten nur die Kenntnisnahme einer Petition beinhaltet.19 Auch die Behandlung einer Beschwerde durch den Landesvolksanwalt kann mit weitergehenden Konsequenzen verbunden sein.20 Dagegen ist das Petitionsrecht insofern weiter als das in Art 59 Abs 2 TLO 1989 verankerte Recht, als die Petition nicht nur an ein bestimmtes Organ, sondern an „alle in den selbständigen Wirkungsbereich des Landes fallenden Stellen“21 gerichtet werden kann. 15 16 17 18 19 20 21
Vgl dazu auch unten Rz 10. Vgl dazu näher Gamper, Art 37 (in diesem Band) Rz 17. Vgl dazu näher Gamper, Art 37 (in diesem Band) Rz 9 ff. Vgl auch Gamper, Bürgerbeteiligung 33; dies, Art 59 (in diesem Band). Gamper, Art 59 (in diesem Band) Rz 17. Gamper, Art 59 (in diesem Band) Rz 22 ff. EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 53.
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B. Schutzbereich 5 Der Schutzbereich des Art 12 TLO 1989 ist zu differenzieren: Art 12 erster Satz TLO 1989 verankert das Petitionsrecht als solches, Art 12 zweiter Satz das – in Art 11 StGG nicht ausdrücklich normierte – Recht, dass niemandem aus Petitionen ein Nachteil erwachsen dürfe. Unter dem „Petitionsrecht“ ist nach der – schon auf Grund des identen Begriffs „Petitionsrecht“ anwendbaren – Rsp des VfGH22 das Recht zu verstehen, Anträge allgemeiner Art an die Organe der Gesetzgebung oder Vollziehung zu stellen und die Erlassung bestimmter genereller Anordnungen oder die Abstellung bestimmter rechtlicher Zustände zu begehren. Einen darüber hinausgehenden Rechtsanspruch auf Erlassung der gewünschten Anordnung oder auf besondere Verfahren zur Durchführung beinhalte das Petitionsrecht hingegen nicht.23 Im Wesentlichen schützt das Petitionsrecht daher das Recht auf eine bestimmte Form der Kommunikation eines Anliegens, von der repräsentative Organe Kenntnis erlangen sollten; außer der Einbringung bzw Kenntnisnahme umfasst das Petitionsrecht gem Art 12 erster Satz TLO 1989 keine weiteren Ansprüche.24 Auch die EB25 zu Art 12 TLO 1989, denen zufolge eine Verpflichtung, zum Inhalt von Petitionen Stellung zu nehmen oder sie zu beantworten, nicht besteht,26 bestätigen dies. Art 12 zweiter Satz TLO 1989 präzisiert, dass niemandem aus Petitionen ein Nachteil erwachsen darf. Das Petitionsrecht im eigentlichen Sinn wird dadurch insofern erweitert, als es nicht nur um die formale Möglichkeit der Einbringung und Kenntnisnahme der Petition, sondern auch um die Gewährleistung dessen geht, wegen einer Petition keine Nachteile davonzutragen. Auch ohne ausdrückliche Verankerung dieses Zusatzes kann aus Art 11 Abs 1 StGG dasselbe abgeleitet werden, da das Petitionsrecht als solches sonst sinnentleert wäre. Die Einbringung einer Petition soll nicht zu Repressalien von staatlicher Seite führen und mögliche Petenten davon abschrecken, überhaupt von ihrem Petitionsrecht Gebrauch zu machen.
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Vgl dazu oben Rz 1. VfSlg 18.807/2009. Gamper, Bürgerbeteiligung 33. EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 53. Verschiedene andere Landesverfassungen (vgl Art 64 Abs 2 OÖ L-VG, Art 76 Stmk L-VG, Art 10 Abs 2 Vbg LV) sehen dagegen eine Antwortpflicht vor.
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C. Grundrechtsträger und -verpflichtete Grundrechtsträger nach Art 12 TLO 1989 ist „jedermann“. Dies be- 6 deutet zunächst, dass nicht nur Tir Landesbürger, österr Staatsbürger oder Unionsbürger Petenten sein können.27 Vielmehr ist das Petitionsrecht jedem Menschen, gleich welcher Staatsbürgerschaft, einschließlich staatenloser Personen, gewährleistet. Eine bestimmte Altersgrenze ist nicht vorgesehen, auch wenn in praktischer Hinsicht anzunehmen ist, dass Petenten über ein Mindestmaß an kognitiven Fähigkeiten verfügen müssen, die sie eine Petition überhaupt verfassen lassen; dies kann freilich weder eine Einschränkung des Grundrechts auf eine fixe Altersgruppe noch den Ausschluss geistig behinderter oder psychisch kranker Personen vom Petitionsrecht bedeuten. Ob Petitionen durch einen Einzelnen oder ein Kollektiv von Menschen unterstützt werden, macht dabei keinen Unterschied.28 Fraglich ist, ob auch juristische Personen Grundrechtsträger des Petitionsrechts sein könnten.29 Dies ist allerdings mit Hinweis auf den anthropozentrisch formulierten Wortlaut („jedermann“) zu verneinen. Im Vergleich dazu ist das unionsrechtlich geschützte Petitionsrecht hingegen auch juristischen Personen mit Wohnort oder satzungsmäßigem Sitz in einem MS gewährleistet. Die in Art 11 Abs 2 StGG zusätzlich verankerte Möglichkeit, dass Petitionen von gesetzlich anerkannten Körperschaften oder Vereinen, also (bestimmten) juristischen Personen, ausgehen, findet sich in Art 12 TLO 1989 nicht, weil dort, wie in Art 11 Abs 1 StGG,30 nur von „jedermann“ die Rede ist. Art 12 TLO 1989 bestimmt nicht ausdrücklich, wer Grundrechtsver- 7 pflichteter ist. Die EB31 führen dazu aus, dass sich aus der „allgemeinen Formulierung des Petitionsrechtes ergibt […], daß Petitionen nicht nur 27 Gamper, Bürgerbeteiligung 32. 28 Immer wieder wird eine durch ein Kollektiv unterstützte Petition als Bürgerinitiative bezeichnet; vgl dazu unten Rz 10. 29 Vgl zur divergenten Formulierung in Art 76 Stmk L-VG und § 110 Abs 1 Gesetz vom 9. Juli 1986 über die Rechte der Bürger in Gesetzgebung und Vollziehung des Landes und über die Rechte der Bürger in der Gemeinde (Steiermärkisches Volksrechtegesetz), LGBl 1986/87 idF LGBl 2018/63, sowie der Annahme, natürliche und juristische Personen seien petitionsberechtigt, Ebner-Vogl, Art 76 Stmk L-VG, in Grabenwarter (Hg), Steiermärkische Landesverfassung (2013) Rz 5. 30 So wohl auch Ebner-Vogl, Art 76 Rz 5. 31 EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 53.
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an den Landtag, sondern an alle in den selbständigen Wirkungsbereich des Landes fallenden Stellen gerichtet werden können.“ In historischer Auslegung können andere als Tir Landes- oder Gemeindeorgane daher keine Grundrechtsverpflichteten nach Art 12 TLO 1989 sein, wofür auch eine bundesverfassungskonforme Auslegung spricht. Petitionen können sich daher an Organe der Landesgesetzgebung wie auch an diejenigen der Landesvollziehung richten, sofern der selbständige Wirkungsbereich des Landes betroffen ist, wozu etwa die durch ein Landesorgan durchgeführte mittelbare Bundesverwaltung nicht zählt. Allerdings sind Anträge oder Anregungen allgemeiner Art an die Organe der Gesetzgebung oder Vollziehung auf die Erlassung bestimmter genereller Anordnungen gerichtet, die durch generelle Normen zu regeln sind; „die Abstellung bestimmter rechtlicher Zustände“ könnte zwar auch durch eine individualrechtliche Norm erfolgen, doch stellt die Judikatur des VfGH32 überwiegend auf einen allgemeinen Charakter des in der Petition Geforderten ab. Da auch Gemeindeorgane „in den selbständigen Wirkungsbereich des Landes fallende Stellen“ sind, da ihre Funktion ua Angelegenheiten betrifft, die in Vollziehung Landessache sind, handelt es sich auch bei Petitionen an Organe von Tir Gemeinden33 um Petitionen sowohl iSd Art 11 StGG34 als auch des Art 12 TLO 1989.
D. Eingriffsvorbehalt 8 Das Petitionsrecht gem Art 12 TLO 1989 steht unter keinem ausdrücklichen Eingriffsvorbehalt. Differenziert man zwischen den beiden Sätzen des Art 12 TLO 1989, steht das Recht, eine Petition einzubringen und sie einem repräsentativen Organ des Landes oder einer Tir Gemeinde zur Kenntnis zu bringen, jedermann uneingeschränkt zu.35 Dass aus einer Petition niemandem ein Nachteil erwachsen dürfe, dürfte dagegen einer Verhältnismäßigkeitsprüfung unterliegen, während intentionale Eingriffe überhaupt ausgeschlossen erscheinen. Daraus re32 33 34 35
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Vgl dazu oben Rz 1. Vgl dazu noch unten Rz 9. VfSlg 18.807/2009. Vgl auch VwSlg 13.461 A/1991: „Mangels eines dem Art 11 StGG entnehmbaren Anhaltspunktes darf die Geltendmachung dieses Grundrechtes nicht eingeschränkt werden: dies bedeutet nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes […], daß der Zugang zu jenem Organ, das nach dem Willen des Petenten angerufen werden soll, unmittelbar offenzustehen hat.“
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sultiert, dass rechtswidrige Inhalte von Petitionen unter Umständen auch strafrechtliche Anzeigen oder zivilrechtliche Klagen gegenüber dem Petenten zur Folge haben dürfen.36 Mit Pernthaler/Lukasser37 ist allerdings davon auszugehen, dass bei der Verhängung verwaltungsrechtlicher Ordnungsstrafen gegenüber Petitionen „außerordentliche Zurückhaltung geboten“ ist.
V. Einfachgesetzliche Ausgestaltung Da sich Petitionen gem Art 12 TLO 1989 nicht notwendigerweise nur 9 an den LT richten müssen, findet sich eine einfachgesetzliche Ausgestaltung einerseits zwar in der Tir GO LT, andererseits aber auch in der TGO und im IbkStadtR: Die beiden letztgenannten Gesetze regeln im Wesentlichen übereinstimmend das Recht von Gemeindebewohnern, in Anliegen des eigenen Wirkungsbereichs der Gemeinde Petitionen, worunter Anliegen, Wünsche oder Beschwerden verstanden werden, an den GR (§ 49 Abs 1 IbkStadtR) oder an die Gemeindeorgane (§ 67 TGO) heranzutragen.38 Sie sind schriftlich einzubringen, haben allerdings keine andere Wirkung als die Möglichkeit der Einsicht- bzw Kenntnisnahme durch die Mitglieder des GR oder die jeweiligen Gemeindeorgane. Beide Bestimmungen können nicht nur auf Art 12, sondern auch auf Art 76 TLO 198939 gestützt werden, der es der Landesgesetzgebung überträgt, die Mitbestimmung der zum GR Wahlberechtigten in den Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereichs der Gemeinde vorzusehen. Aus der Verbindung mit Art 11 StGG und Art 12 TLO 1989 ist jedoch ableitbar, dass das Petitionsrecht allen Gemeindebewohnern und nicht nur den zum GR Wahlberechtigten eingeräumt ist. Im Effekt gewährt es freilich keine echte Mitbestimmung, sondern nur eine Möglichkeit, dass repräsentative Organe mit einer Angelegenheit konfrontiert werden. 36 So für das Petitionsrecht gem Art 10 Vbg LV Pernthaler/Lukasser, Verfassungsrecht 78. 37 So für das Petitionsrecht gem Art 10 Vbg LV Pernthaler/Lukasser, Verfassungsrecht 78 f. 38 Dem VfGH (VfSlg 18.807/2009) zufolge gestalten diese beiden einfachgesetzlich gewährleisteten Rechte Art 11 StGG näher aus; dasselbe lässt sich aber auch für Art 12 TLO 1989 sagen, dessen Schutzbereich im Wesentlichen mit Art 11 StGG übereinstimmt. 39 Dazu Gamper, Art 76 (in diesem Band) Rz 1 ff.
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10 Ausführlichere Regelungen zu (nur jenen) Petitionen, die sich an den LT richten, enthält die Tir GO LT:40 § 23 Abs 1 lit o Tir GO LT zählt die an den LT gerichteten Petitionen gem Art 12 TLO 1989 zu den Verhandlungsgegenständen des LT. Als Petitionen gelten demnach auch Bürgerinitiativen und sonstige Geschäftsgegenstände, die nicht als Petition bezeichnet sind, jedoch ihrem Inhalt nach einer Petition oder Bürgerinitiative entsprechen; nicht als Petitionen gelten anonyme Eingaben und solche Eingaben, die ein Begehren nicht erkennen lassen. Was eine „Bürgerinitiative“ ist, definiert die Tir GO LT allerdings nicht.41 In keinem Fall handelt es sich um ein Volksbegehren gem Art 37 TLO 1989, das in § 23 Abs 1 lit d Tir GO LT als eigener Verhandlungsgegenstand des LT aufgezählt wird. Auch die Bürgerinitiative gem §§ 44–46 sowie § 48 IbkStadtR fällt schon deshalb nicht darunter, da sie an den GR und nicht an den LT gerichtet ist. § 100 Abs 1 Z 2 GOG-NR definiert Bürgerinitiativen als Anliegen, die von mindestens 500 österr Staatsbürgern, die im Zeitpunkt der Unterstützung das 16. Lebensjahr vollendet haben, unterstützt worden sind. Für die Bürgerinitiativen iSv § 23 Abs 1 lit o Tir GO LT, die dort ohnehin als Petitionen klassifiziert werden, lässt sich daraus wohl nur ableiten, dass es sich dabei offenkundig um Anliegen handelt, die von einem Kollektiv an Personen unterstützt werden, was mit dem Petitionsbegriff gem Art 12 TLO 1989 vereinbar ist.42 Besondere Formvorschriften für Petitionen an den LT bestehen – ausgenommen das Erfordernis der Schriftlichkeit und das Erfordernis, einen Einbringer und ein Begehren erkennen zu lassen –43 nicht; sie sind auch gebührenfrei. Geschäftsstücke iSd § 23 Abs 1 lit o Tir GO LT hat der LTPräs gem § 19 Abs 5 leg cit ohne vorherige Bekanntgabe im Einlauf unverzüglich dem Ausschuss für Petitionen zuzuweisen. Gem § 62 Abs 2 leg cit hat der LT – ua – jedenfalls 40 Vgl auch schon Gamper, Bürgerbeteiligung 32 f. 41 Zur Mehrdeutigkeit des Begriffs auch Bußjäger, Demokratische Innovation und Verfassungsreform, in ders/Gamper (Hg), Demokratische Innovation und Partizipation in der Europaregion (2015) 1 (14). Unterschiedliche Definitionen von „Bürgerinitiativen“ finden sich dagegen in § 100 Abs 1 Z 2 GOG-NR oder in § 19 Abs 4 Bundesgesetz über die Prüfung der Umweltverträglichkeit (Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000), BGBl 1993/697 idF BGBl I 2018/80. 42 Vgl dazu oben Rz 6. 43 Vgl auch Gamper, Bürgerbeteiligung 32 f. Eine ähnliche Formlosigkeit der Petition auf Gemeindeebene ergibt sich aus § 49 Abs 1 IbkStadtR und § 67 TGO.
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einen Ausschuss für Petitionen einzurichten, an dessen Sitzungen auch der Landesvolksanwalt teilnehmen darf und zu denen er einzuladen ist (§ 67 Abs 11 leg cit). § 65 leg cit regelt die Tätigkeit des Ausschusses für Petitionen näher: Gem § 65 Abs 1 leg cit obliegt ihm die Behandlung von an den LT gerichteten Petitionen, die an den LT gerichtet sind. Auf die Tagesordnung dürfen nur Petitionen gesetzt werden, die spätestens zwei Wochen vor dem Tag der nächsten Ausschusssitzung in der Landtagsdirektion eingelangt sind. Bei der erstmaligen Behandlung einer Petition hat der Ausschuss gem § 65 Abs 2 leg cit zu prüfen, ob ihr Inhalt Angelegenheiten des Wirkungsbereiches des Landes betrifft, und, sofern dies der Fall ist, zu beschließen, ob der Einbringer und ggf weitere Auskunftspersonen angehört werden sollen. Beschließt der Ausschuss eine Anhörung, so ist die Behandlung der Petition gem § 65 Abs 3 leg cit in der darauffolgenden Ausschusssitzung fortzusetzen. Der Einbringer – bei mehreren Einbringern bis zu drei Personen – und allfällige weitere Auskunftspersonen sind zu dieser Sitzung einzuladen. Sie haben das Recht, bei den Beratungen gehört zu werden. Beschließt der Ausschuss hingegen, dass keine Anhörung stattfinden soll, so ist die Petition gem § 65 Abs 4 leg cit noch in derselben Sitzung zu behandeln. § 65 Abs 5 leg cit sieht verschiedene Möglichkeiten des Ausschusses vor, auf eine Petition zu reagieren, was jeweils eines Beschlusses des Ausschusses bedarf: Kommt der Ausschuss zum Ergebnis, dass die Petition keine Angelegenheiten des Wirkungsbereiches des Landes betrifft, so beschließt er, dies dem Einbringer mitzuteilen (lit a). Sofern keine weiteren Maßnahmen erforderlich sind, beschließt er lediglich, die Petition zur Kenntnis zu nehmen (lit b). Sollte eine weitere Behandlung der Petition durch den Landesvolksanwalt (lit c) oder ein Mitglied der LReg (lit d) zielführend erscheinen, so beschließt er, den Landesvolksanwalt oder das Mitglied der LReg im Weg des LTPräs darum zu ersuchen. Möglich ist aber auch ein Antrag gem § 26 Tir GO LT an den LT, sofern ein den Inhalten der Petition entsprechender Antrag an den LT gestellt werden soll (lit e), oder die Vorlage der Petition mit Bericht und Antrag an den LT, sofern das Begehren der Petition ohne Weiteres vom LT beschlossen werden soll (lit f). Die Landtagsdirektion hat den Einbringer über die Art der Erledigung der Petition nach § 65 Abs 5 leg cit schriftlich zu informieren, wobei die bei der Beschlussfassung anwesenden Ausschussmitglieder namentlich anzuführen sind (§ 65 Abs 6 leg cit). Der Ausschuss hat dem LT gem § 65 Abs 7 leg cit jährlich einen Bericht über seine Tätigkeit im 191
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jeweils abgelaufenen Kalenderjahr zu erstatten. Der Bericht ist vom Ausschuss so rechtzeitig zu beschließen, dass er vom LT in der zweiten planmäßigen Sitzung des nächsten Kalenderjahres behandelt werden kann. An den LT gerichtete Petitionen sind gem § 79 leg cit auf der Internetseite des Landes Tirol in geeigneter Weise zu veröffentlichen. Ab diesem Zeitpunkt können sie von jeder Person durch eine entsprechende Erklärung im Internet unterstützt werden (elektronische Unterstützungserklärung). Die Abgabe einer elektronischen Unterstützungserklärung ist längstens bis zum Ende der Behandlung der Petition im Ausschuss für Petitionen zulässig.
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Artikel 13 Unterstützung von Personen in einer Notlage und von Menschen mit Behinderungen (1) Das Land Tirol hat nach Maßgabe der Landesgesetze Personen, die sich in einer Notlage befinden, zu unterstützen. (2) Das Land Tirol hat nach Maßgabe der Landesgesetze Menschen mit Behinderungen zu unterstützen und ihre Teilnahme am gesellschaftlichen Leben zu fördern. LGBl samt Erläuterungen: LGBl 1988/61 (X. GP AA 141/88 AB 141/88); LGBl 2011/59 (XV. GP RV 235/11 AB 235/11) Literatur: Berka, Art 7 B-VG, in Kneihs/Lienbacher (Hg), Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht (2001); Blauensteiner/Tobisch/Wutzl, Art 34 GRC, in Holoubek/Lienbacher (Hg), Charta der Grundrechte der Europäischen Union (2014); Kneihs, Mindestsicherung im Mehrebenensystem, JRP 2008, 58; Orator, Verfassungs- und unionsrechtliche Strukturvorgaben für die Mindestsicherung, ZAS 2017, 236; Pernthaler, Raumordnung und Verfassung (1990) 443 f; Thienel, Überlegungen zur Ausgestaltung sozialer Grundrechte, in Akyürek et al (Hg), Staat und Recht in europäischer Perspektive – FS Schäffer (2006) 859 (860)
Inhaltsübersicht I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben..................................... 1 II. Völker- und unionsrechtliche Vorgaben.................................... 4 A. Völkerrecht................................................................................. 4 B. Unionsrecht................................................................................ 5 III. Entstehungsgeschichte.................................................................. 7 IV. Gehalt der Norm............................................................................ 9 A. Charakter................................................................................... 9 B. Maßgabe der Gesetze................................................................ 10
I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben Zur Unterstützung von Personen in einer Notlage normiert das B-VG 1 keine expliziten Vorgaben, im Besonderen enthält es keine Sozialstaats193
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klausel. Zwar könnte aus Art 3 EMRK ein dahingehender Leistungsanspruch abgeleitet werden, dass ein menschenwürdiger Mindeststandard sichergestellt werden muss1, ein solcher Anspruch könnte freilich erst bei Unterschreitung eines sehr niedrig anzusetzenden Mindestniveaus angenommen werden.2 2 Auch für das in Abs 2 normierte Bekenntnis, Menschen mit Behinderung zu unterstützen, macht das B-VG zunächst keine expliziten Vorgaben. Ob die Länder entsprechende Bekenntnisse landesverfassungsrechtlich vorsehen wollen, liegt damit im Rahmen ihrer Verfassungsautonomie. 3 Besonderes gilt freilich für das in Art 13 Abs 2 TLO 1989 gleichermaßen vorgesehene Bekenntnis, die Teilnahme von Menschen mit Behinderungen am gesellschaftlichen Leben zu fördern. Bereits in Art 7 Abs 1 vierter Satz B-VG bekennt sich die Republik dazu, „die Gleichbehandlung von behinderten und nichtbehinderten Menschen in allen Bereichen des täglichen Lebens zu gewährleisten.“ Diese Staatszielbestimmung bezweckt die Herstellung tatsächlicher Chancengleichheit behinderter Menschen.3 Insoweit kann Art 13 Abs 2 TLO 1989 auch als Bekräftigung dieser bereits bundesverfassungsrechtlich normierten Zielbestimmung gesehen werden.
II. Völker- und unionsrechtliche Vorgaben A. Völkerrecht 4 Auf völkerrechtlicher Ebene finden sich mehrere Dokumente, die sozialrechtliche Aspekte iwS beinhalten. Zuerst zu nennen sind die Über1 2
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Cargnelli-Weichselbaum, Bedeutung der Menschenwürde in der Rechtsprechung des VfGH zur Mindestsicherung – FS Nowak/Tretter (2019) 525 (530); Orator, ZAS 2017, 236 (dort FN 63). S auch VfSlg 20.177/2017 zum Landesgesetz, mit dem das Gesetz über die bedarfsorientierte Mindestsicherung in Oberösterreich erlassen wird (OÖ BMSG), LGBl 2011/74 idF LGBl 2019/107: „Denn die Leistungen […] decken jedenfalls die zu einem menschenwürdigen Leben erforderlichen Grundbedürfnisse ab.“ Es bestehe kein Zweifel daran, dass im Falle eines entsprechenden Bedarfs jene Maßnahmen gewährt werden, die erforderlich sind, „um für die Betroffenen eine nach Art 3 EMRK verpönte Situation nicht eintreten zu lassen“. Berka, Art 7 Rz 94.
Unterstützung von Personen in einer Notlage und Behinderungen
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einkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen4 sowie die Europäische Sozialcharta5. Beide wurden unter Erfüllungsvorbehalt ratifiziert, womit die in Art 13 TLO 1989 normierten Zielsetzungen auch als Bekenntnis gesehen werden können, die völkerrechtliche Verpflichtung einfachgesetzlich umzusetzen.
B. Unionsrecht An unionsrechtlichen Vorgaben ist zunächst die GRC zu nennen, die in 5 Art 34 Abs 1 und 3 das Recht auf soziale Sicherheit und Unterstützung festlegt. Freilich werden damit keine subjektiven Rechte eingeräumt, sondern Grundsätze normiert. Auf sekundärrechtlicher Ebene finden sich verschiedene Bestimmungen, die Diskriminierungsverbote beinhalten, originäre Leistungsansprüche sind daraus freilich nicht ableitbar.6 Vielmehr determinieren sie die konkrete Ausgestaltung eines Leistungsanspruchs. Schließlich wird mit Art 26 GRC der Anspruch von Menschen mit Be- 6 hinderung auf Integration in die Gesellschaft normiert, auch dabei handelt es sich um einen Grundsatz und kein verfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht. Die Chartarechte gelten freilich nur im Anwendungsbereich des Unionsrechts.
III. Entstehungsgeschichte Art 13 TLO 1989 wurde mit der TLO-Nov LGBl 2011/59 neu gefasst. 7 In dieser Nov ging es freilich vorrangig nicht um inhaltliche Änderungen, sondern vielmehr um terminologische Adaptierungen: Die bis dahin verwendeten Ausdrücke „Sozialhilfe“ und „Rehabilitationsmaßnahmen“ schienen nämlich nicht mehr zeitgemäß.7 Neu aufgenommen wurde indes die Verpflichtung, die Teilhabe von 8 Menschen mit Behinderung am gesellschaftlichen Leben zu fördern. Dies ist vor dem Hintergrund der Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention zu sehen, deren zentrale Forderung in der Teilhabe 4 5 6 7
BGBl III 2008/155 idF BGBl III 2019/101. BGBl 1969/460 idF BGBl 1970/284. S dazu Blauensteiner/Tobisch/Wutzl, Art 34 Rz 15 f; Orator, ZAS 2017, 240. EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 2011/59, Tir LT XV. GP, GZ 235/11, 6.
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von Menschen mit Behinderung am gesellschaftlichen Leben besteht.8 Zugleich manifestiert sich darin eine bedeutende Weiterentwicklung der bisherigen Zielsetzungen: Zurecht wird anerkannt, dass die bloße Unterstützung von Menschen mit Behinderung nicht ausreichend ist, sondern vielmehr ihre möglichst gleichberechtigte Teilhabe an der Gesellschaft erreicht werden soll.9
IV. Gehalt der Norm A. Charakter 9 Uneinigkeit besteht darüber, ob Art 13 TLO 1989 als Staatszielbestimmung10 oder als Grundrecht11 zu qualifizieren ist.12 Der Landesverfassungsgesetzgeber geht von einem Grundrecht aus, das eine Institutionengarantie vermittelt.13 Dementsprechend ergibt sich daraus eine Verpflichtung, hilfsbedürftige Menschen sowie Menschen mit Behinderung zu unterstützen, die konkrete Ausgestaltung bleibt freilich dem Gesetzgeber vorbehalten.
B. Maßgabe der Gesetze 10 Das Bekenntnis zur Unterstützung bestimmter Personengruppen – wie dies in Art 13 TLO 1989 zum Ausdruck kommt – wird erst einfachgesetzlich näher ausgestaltet und umgesetzt. Insoweit diese Unterstützung im Rahmen der Hoheitsverwaltung gewährt wird, gilt es freilich den kompetenzrechtlichen Rahmen zu berücksichtigen: 11 Die Unterstützung von Personen in einer Notlage ist kompetenzrechtlich vom Armenwesen gem Art 12 Abs 1 Z 1 B-VG erfasst und damit 8 9 10 11 12 13
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S zum TTHG auch EBRV zur Nov des TTHG LGBl 2018/32, Tir LT XVI. GP, GZ 480/17, 1. S auch Mayer/Pfeil, Behindertenhilfe, in Pürgy (Hg), Das Recht der Länder II/1 (2012) 385. Kneihs, JRP 2008, 61 f; Thienel in FS Schäffer 860. Pernthaler, Raumordnung 443 f. Zur Grenzziehung s Kienberger, Grundrechtsverbürgungen in den österreichischen Landesverfassungen, in Machacek/Pahr/Stadler (Hg), Grund- und Menschenrechte in Österreich II (1992) 27 ff. EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 2011/59, Tir LT XV. GP, GZ 235/11, 7. S dazu auch Gamper, Allgemeine Bestimmungen des Landesverfassungsrechts, in Pürgy (Hg), Das Recht der Länder I (2012) 63.
Unterstützung von Personen in einer Notlage und Behinderungen
Art 13
eine Angelegenheit, die in der Grundsatzgesetzgebung dem Bund, in der Ausführungsgesetzgebung und Vollziehung den Ländern zukommt. Zur einfachgesetzlichen Umsetzung s das TMSG und das Tir Grundversorgungsgesetz14. Die Unterstützung von Menschen mit Behinderung ist nicht als expli- 12 ziter Kompetenztatbestand genannt, vielmehr handelt es sich um eine Querschnittsmaterie. Die Zuständigkeit ergibt sich – so der VfGH – als „Ausfluß der Kompetenz zur Regelung der einzelnen Sachgebiete, die mit der Hilfe und Unterstützung für Behinderte zusammenhängen“.15 Wo eine derartige Zuständigkeit des Bundes nicht besteht, fällt die Unterstützung von Menschen mit Behinderung gem Art 15 Abs 1 B-VG in die Gesetzgebungs- und Vollziehungskompetenz der Länder.16 S zur einfachgesetzlichen Umsetzung insb das TTHG. Freilich gilt es bei der Ausgestaltung nicht nur den kompetenzrechtli- 13 chen Rahmen zu beachten: Wird eine Unterstützung vorgesehen, so sind auch grundrechtliche, und hier va gleichheitsrechtliche Vorgaben zu beachten. Werden nämlich Leistungsansprüche eingeräumt, so müssen sie auch diskriminierungsfrei gewährt werden.17
14 Gesetz vom 15. Dezember 2005, mit dem das Tiroler Grundversorgungsgesetz erlassen wird, LGBl 2006/21 idF LGBl 2019/138. 15 VfSlg 8831/1980. S dazu auch Mayer/Pfeil, Behindertenrecht 394 ff. 16 Mayer/Pfeil, Behindertenrecht 394. 17 S auch Orator, ZAS 2017, 237.
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Artikel 14 Hilfeleistungspflicht Jedermann ist verpflichtet, nach Maßgabe der Landesgesetze bei Katastrophen und in anderen Notfällen Hilfe zu leisten. LGBl samt Erläuterungen: LGBl 1988/61 (X. GP AA 141/88 AB 141/88) Judikatur: VfSlg 6055/1969 (zur kompetenzrechtlichen Beurteilung notstandsrechtlicher Befugnisse im Klagenfurter Stadtrecht); VfSlg 13.185/1992 (VO über Hand- und Zugdienste) Literatur: Badura, Grundpflichten als verfassungsrechtliche Dimension, DVBl 1982, 861 ff; Bußjäger, Katastrophenprävention und Katastrophenbekämpfung im Bundesstaat (2003); Gamper, Allgemeine Bestimmungen des Landesverfassungsrechts, in Pürgy (Hg), Das Recht der Länder I (2012) 61 ff; Hörtenhuber, Katastrophenschutz als Problem der bundesstaatlichen Kompetenzverteilung, ZfV 2007, 154 f; Pernthaler, Raumordnung und Verfassung 1 (1995); Pernthaler, Raumordnung und Verfassung 3 (1990); Pernthaler/Lukasser, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer. 8. Vorarlberg (1995) 87
Inhaltsübersicht I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben..................................... 1 II. Völker- und unionsrechtliche Vorgaben.................................... 3 III. Entstehungsgeschichte.................................................................. 6 IV. Gehalt der Norm............................................................................ 7 A. Charakter der Norm................................................................. 7 B. Maßgabe der Gesetze................................................................ 9 C. Katastrophen und Notfälle...................................................... 12 D. Hilfeleistung............................................................................... 16 E. Einfachgesetzliche Ausgestaltung.......................................... 19
I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben 1 Die Frage, ob die Länder bundesverfassungsrechtlich eine Hilfeleistungspflicht bei Katastrophen und Notfällen normieren wollen, liegt im Rahmen ihrer Verfassungsautonomie: Das B-VG macht dazu keine Vorgaben. 198
Hilfeleistungspflicht
Art 14
Normieren die Länder entsprechende Pflichten, so gilt es dabei Art 4 2 Abs 2 EMRK zu berücksichtigen, der Zwangs- oder Pflichtarbeit verbietet. Nicht als Zwangs- oder Pflichtarbeit gelten freilich gem Abs 3 lit c leg cit Dienstleistungen im Falle von Notständen und Katastrophen, die das Wohl der Gemeinschaft bedrohen.
II. Völker- und unionsrechtliche Vorgaben Unions- und völkerrechtlich betrachtet ist die Rechtslage vergleichbar 3 mit dem unter I. Gesagten: Weder unions- noch völkerrechtliche Normen machen zwingende Vorgaben für entsprechende Hilfeleistungspflichten, sie beinhalten freilich ein Verbot der Zwangs- oder Pflichtarbeit. Unionsrechtlich ergibt sich dies aus Art 5 Abs 2 GRC. Zwar sind die 4 Ausnahmetatbestände des Art 4 Abs 3 EMRK hier nicht explizit normiert, nach den Erläuterungen hat das Recht aber die gleiche Bedeutung und Tragweite wie Art 4 EMRK: Zwangs- und Pflichtarbeit iSd GRC umfasst also nicht jene Bereiche, die Art 4 Abs 2 EMRK definitorisch ausschließt. Die Chartarechte gelten freilich nur im Anwendungsbereich des Unionsrechts. Auf völkerrechtlicher Ebene ergibt sich das Verbot der Zwangs- oder 5 Pflichtarbeit aus Art 8 IPbpR1.
III. Entstehungsgeschichte Art 14 TLO steht seit der Erlassung der TLO 1989 unverändert in Gel- 6 tung. In der TLO 1953 fehlte eine vergleichbare Bestimmung, wobei freilich verschiedene Pflichten einfachgesetzlich verankert waren. Dass nunmehr eine entsprechende Bestimmung landesverfassungsrechtlich vorgesehen ist, kann als Ausdruck eines neuen Stils der Landesverfassungen betrachtet werden, da die Länder insgesamt ihre Verfassungskompetenz immer selbstbewusster in Anspruch genommen haben.2
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Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte, BGBl 1978/591 idF BGBl III 2019/217. Dazu – im Besonderen mit einem Fokus auf die Grundrechte − und mwN Kienberger, Grundrechtsverbürgungen in den österreichischen Landesver-
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IV. Gehalt der Norm A. Charakter der Norm 7 Art 14 TLO 1989 normiert eine verfassungsrechtliche Grundpflicht, also eine Pflicht des Einzelnen, an einer im öffentlichen Interesse der Gemeinschaft gelegenen Aufgabe mitzuwirken.3 Nun ist es zunächst nicht ungewöhnlich, dass die Rechtsordnung dem Einzelnen nicht nur Rechte verleiht, sondern auch Pflichten auferlegt. Typischerweise sind derartige Pflichten freilich einfachgesetzlich normiert, auf verfassungsrechtlicher Ebene finden sie sich hingegen weitaus seltener. Als bundesverfassungsrechtliches Bsp ist die Pflicht zur Leistung des Präsenz- oder Zivildienstes zu nennen (Art 9a Abs 3 und 4 B-VG). Abgeschafft wurde dagegen die bundesverfassungsrechtliche Ermächtigung für den Landesgesetzgeber, eine Wahlpflicht für die Wahlen zu NR, BPräs, LT und GR vorzusehen.4 8 Werden nun Pflichten des Einzelnen verfassungsrechtlich verankert, so kann dies Unterschiedliches zum Ausdruck bringen. So werden Grundpflichten sehr häufig in einen engen Bezug zu den Grundrechten gesetzt5: Sie machen deutlich, dass Freiheiten mit der Pflicht verknüpft sein können, am Gemeinwesen auch mitzuwirken. In der Verankerung einer verfassungsrechtlichen Grundpflicht kann sich freilich auch eine verfassungspolitische Grundsatzentscheidung manifestieren, wie dies in Art 14 TLO 1989 der Fall ist: Die Hilfeleistungspflicht bringt nämlich zum Ausdruck, dass eine gewisse Eigenverantwortung und Selbsthilfe der Bevölkerung6 gefördert werden soll. Damit werden letztlich jene Grundsätze näher ausgestaltet, die bereits
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fassungen, in Machacek/Pahr/Stadler (Hg), Grund- und Menschenrechte in Österreich II (1992) 27 (35 f). S auch Gamper, Bestimmungen 75; Pernthaler/Lukasser, Verfassungsrecht 87. BGBl 1992 /470; BGBl I 2007/27. Pernthaler/Lukasser, Verfassungsrecht 87. Zu scharf scheint es freilich, die Grundpflichten als „Gegensatz“ zu den Grundrechten zu sehen. Zutreffender ist es, die beiden im Verhältnis der Akzessorietät oder der Ergänzung zu sehen. S dazu auch Bethge, Grundpflichten als verfassungsrechtliche Dimension, NJW 1982, 2145 ff. Freilich bezieht sich Art 14 TLO 1989 nicht nur auf Landesbürgerinnen und -bürger, sondern auf jedermann.
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in Art 7 Abs 1 TLO 1989 grundgelegt sind.7 Schließlich hat eine solche Pflicht auch einen demokratischen Aspekt8, weil die Mitbestimmung des Einzelnen mit einer Verpflichtung zur Teilhabe gepaart wird9.
B. Maßgabe der Gesetze Die in Art 14 TLO 1989 normierte Pflicht steht unter Gesetzesvorbe- 9 halt: Sie besteht nur in dem Ausmaß, das einfachgesetzlich vorgesehen ist. Das bedeutet zweierlei: Zum Ersten obliegt es dem Gesetzgeber, den Anwendungsbereich der Hilfeleistungspflicht festzulegen, also zu normieren, für welche Arten von Katastrophen und Notfällen diese Pflicht besteht. Dies hat auch eine kompetenzrechtliche Dimension: Abhängig vom Sachzusammenhang, in dem eine Katastrophe auftritt, ergibt sich nämlich auch die kompetenzrechtliche Zuordnung (s Rz 12 ff). Zum Zweiten sind Art und Ausmaß der Hilfeleistungspflichten zu 10 determinieren. Art 14 TLO 1989 nimmt Bezug auf LG, auch in BG können indes Hil- 11 feleistungspflichten normiert sein.10
C. Katastrophen und Notfälle Wenn der einfache Gesetzgeber festlegt, bei welchen Notfällen und Ka- 12 tastrophen eine Hilfeleistungspflicht besteht, so hat er dabei naturgemäß den kompetenzrechtlichen Rahmen zu berücksichtigen. Dieser Rahmen erweist sich als einigermaßen komplex, da das B-VG keinen entsprechenden expliziten Kompetenztatbestand kennt.11 Damit ist eine Kompetenz der Länder gem Art 15 Abs 1 B-VG dort anzunehmen, wo die Angelegenheit nicht von einem Kompetenztatbestand des Bundes mitumfasst ist. 7
S die Kommentierung Gamper, Art 7 (in diesem Band) Rz 8 ff. S zur Vbg LV Pernthaler/Lukasser, Verfassungsrecht 88. 8 S dazu Pernthaler, Raumordnung 3 448. 9 Badura, DVBl 1982, 868 spricht in diesem Zusammenhang von „pflichtgebundene[r] Mitbestimmung“. 10 S etwa § 4 Abs 4 Bundesgesetz vom 6. Juli 1960, mit dem Vorschriften über die Straßenpolizei erlassen werden (Straßenverkehrsordnung 1960 – StVO 1960), BGBl 1960/159 idF BGBl I 2020/24, wiewohl es sich hierbei nicht um den Anwendungsbereich einer Katastrophe handelt. 11 S dazu Bußjäger, Katastrophenprävention; Hörtenhuber, ZfV 2007, 154 ff.
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13 Versucht man nun, eine kompetenzrechtliche Zuordnung vorzunehmen, so gilt es vorab zwei Fragen zu klären: Zum Ersten ist zu überlegen, was unter einer Katastrophe zu verstehen ist. Nach hM wird damit ein Ereignis beschrieben, das sich durch ein außergewöhnliches Ausmaß auszeichnet, das eine besondere Gefährdungs- oder Schadenslage bewirkt.12 In diese Richtung geht auch das Tir KatManaG: Gem § 2 Abs 1 sind Kata strophen „durch elementare oder technische Vorgänge oder von Menschen ausgelöste Ereignisse, die im großen Umfang das Leben oder die Gesundheit von Menschen, die Umwelt, das Eigentum oder die lebensnotwendige Versorgung der Bevölkerung gefährden oder schädigen.“ 14 Zum Zweiten gilt es zwischen der Katastrophenprävention einerseits und der Katastrophenbekämpfung andererseits zu unterscheiden, die kompetenzrechtlich jeweils unterschiedlich zu behandeln sind. Hilfeleistungspflichten zählen zweifellos zur Katastrophenbekämpfung. Auf diesem Gebiet liegt das Gros der Zuständigkeiten in Gesetzgebung und Vollziehung bei den Ländern.13 In diesen Bereichen besteht auch die Kompetenz des Landesgesetzgebers, Hilfeleistungspflichten Privater vorzusehen.14 15 Art 14 TLO 1989 spricht freilich nicht nur von Katastrophen, sondern auch von Notfällen. Für den VfGH kann Notstand ein „Ereignis im Zusammenhang mit einer allgemeinen Gefahr für Leben, Gesundheit, Sicherheit, öffentliche Ruhe und Ordnung sein oder ein der örtlichen Sicherheitspolizei zuzuordnendes Ereignis oder auch eine Gefahr auf Gebieten der übrigen Verwaltung betreffen, also zur Verwaltungspolizei zählen.“15 Damit sind auch Notfälle nicht einem einheitlichen Kompetenztatbestand zuordenbar. Eine Regelungskompetenz der Länder besteht jedenfalls im Bereich der örtlichen Sicherheitspolizei gem Art 15 Abs 2 B-VG iVm Art 118 Abs 3 Z 3 B-VG.16
D. Hilfeleistung 16 Der Landesgesetzgeber hat nicht nur den Anwendungsbereich der Hilfeleistungspflicht festzulegen, sondern auch Art und Ausmaß der zu leistenden Hilfe. 12 Ausführlich dazu Bußjäger, Katastrophenprävention 1. 13 Umgesetzt in Form der KatManaG. Zur Kompetenzlage s Bußjäger, Kata strophenprävention 8 ff. 14 Bußjäger, Katastrophenprävention 75. 15 VfSlg 6055/1969. 16 S dazu Hauer, Ruhe, Ordnung, Sicherheit (2000) 215 ff.
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In Frage kommen dafür grundsätzlich persönliche Dienstleistungen 17 und Sachleistungen.17 Die Hilfeleistungspflicht eines Privaten bewirkt typischerweise einen Grundrechtseingriff. Relevant sind hier im Besonderen das Grundrecht auf Eigentum, die Erwerbsfreiheit oder der Gleichheitssatz (zum Verbot der Pflichtarbeit s Rz 2 ff). Freilich ist ein derartiger Eingriff idR rechtfertigbar: Die Heranziehung Privater zur Bekämpfung von Katastrophen und Notfällen verfolgt zweifellos ein öffentliches Interesse, Fragen können sich freilich im Zusammenhang mit der Verhältnismäßigkeitsprüfung und der Dimensionierung der Verpflichtung stellen: Insb dürfen keine verfassungswidrigen Sonderopfer verlangt werden. Außerdem müssen die Pflichten derart ausgestaltet werden, dass sie auch tatsächlich erfüllbar sind.18 Adressaten der Verpflichtung sind nicht nur Landesbürger, sondern je- 18 dermann. Damit kommt in Art 14 TLO 1989 letztlich auch die Gebietshoheit des Landes zum Ausdruck.19
E. Einfachgesetzliche Ausgestaltung Einfachgesetzlich ausgestaltet wird diese Pflicht derzeit in §§ 15 Abs 3 19 und 22 Tir KatManaG20, § 54 Abs 2 TGO21, § 29 Tir Feuerpolizeiordnung 199822 sowie §§ 47 Abs 2 und 49 Abs 2 Tir WaldO 200523.
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S zu dieser Unterscheidung Pernthaler, Raumordnung 1 327. S zu VO, die Hand- und Zugdienste vorsahen und mwN VfSlg 13.185/1992. S zur Vbg LV Pernthaler/Lukasser, Verfassungsrecht 88. Normiert werden Hilfeleistungspflichten bei der Abwehr und Bekämpfung von Katastrophen, Melde- und Auskunftspflichten sowie die Verpflichtung zur Vorratshaltung lebenswichtiger Bedarfsgüter. 21 Normiert wird die Pflicht zur Hilfeleistung bei außerordentlicher Gefahr und die Duldungspflicht bei Eingriffen ins Eigentum. 22 Gesetz vom 8. Oktober 1998, mit dem eine Feuerpolizeiordnung für Tirol erlassen wird (Tiroler Feuerpolizeiordnung 1998), LGBl 1998/111 idF LGBl 2019/138. Normiert werden Duldungspflichten von Liegenschaftseigentümern bei der Brandbekämpfung. 23 Gesetz vom 11. Mai 2005 über die Regelung bestimmter Angelegenheiten des Forstwesens in Tirol (Tiroler Waldordnung 2005), LGBl 2005/55 idF LGBl 2020/51. Normiert werden Duldungspflichten von Grundeigentümern bei der Brandbekämpfung.
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II. Teil Gesetzgebung des Landes Tirol 1. Abschnitt Landtag Artikel 15* Organ der Gesetzgebung Die Gesetzgebung des Landes Tirol übt der Landtag aus. LGBl samt Erläuterungen: LGBl 1988/61 (X. GP AA 141/88 AB 141/88) Judikatur: VfSlg 14.605/1996 (Kundmachung von LG durch die LReg in Abweichung vom ursprünglichen Gesetzesbeschluss) Literatur: Abbrederis/Pürgy, Gesetzgebung der Länder, in Pürgy (Hg), Das Recht der Länder I (2012) 231 ff; Aigner, Die Landtage, in Dachs et al (Hg), Politik in Österreich. Ein Handbuch (2006) 943 ff; Bußjäger, Föderalismus im 21. Jahrhundert, in Kriechbaumer/Bußjäger (Hg), Das Februarpatent 1861. Zur Geschichte und Zukunft der österreichischen Landtage (2011) 25 ff; Gamper, Staat und Verfassung4 (2018) 90 ff und 173 ff; Gamper, Von der Bedeutung des Legislativföderalismus in Österreich und Europa, in Kriechbaumer/Bußjäger (Hg), Das Februarpatent 1861. Zur Geschichte und Zukunft der österreichischen Landtage (2011) 179 ff; Grabenwarter/Pabel, Europäische Menschenrechtskonvention6 (2016) 460; Koja, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer2 (1988) 97 ff; Morscher, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer. 7. Tirol (1991) 52; Pernthaler, Österreichisches Bundesstaatsrecht (2004); Pesendorfer, Art 95 B-VG, in Kneihs/Lienbacher (Hg), Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht (2002); Pfeifhofer, Der Landtag, in Karlhofer/Pelinka (Hg), Politik in Tirol (2004) 49 (63); Steiner, Der Oberösterreichische Landtag (2019) 82 ff; Vedder, Art 288 AEUV, in ders/Heintschel von Heinegg (Hg), Europäisches Unionsrecht. EUV. AEUV. GRCh. EAGV3 (2018) Rz 39 und 69; Wolfgruber, Politische Repräsentation auf Länderebene. Die Landtage und ihre *
Der Autor bedankt sich bei Frau Univ.-Ass. Mag. Julia Oberdanner für die Unterstützung in der redaktionellen Bearbeitung.
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Peter Bußjäger
Abgeordneten, in Dachs et al (Hg), Länderpolitik. Politische Strukturen und Entscheidungsprozesse in den österreichischen Bundesländern (1997) 73 ff
Inhaltsübersicht I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben..................................... 1 II. Völker- und unionsrechtliche Vorgaben.................................... 4 III. Entstehungsgeschichte.................................................................. 5 IV. Die Gesetzgebung des Landes Tirol............................................ 6 A. Allgemeines................................................................................. 6 B. Zum Begriff der Gesetzgebung............................................... 7 C. Gesetzgebung als Element der Staatlichkeit des Landes..... 9 D. Gesetzgebung als Aufgabe und Verantwortung.................. 10 V. Das Verfahren der Landesgesetzgebung.................................... 12
I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben 1 Art 95 Abs 1 erster Satz B-VG bestimmt, dass die Gesetzgebung der Länder durch die LT ausgeübt wird. Daraus ergibt sich nach hM ein Einkammersystem auf Landesebene.1 Allerdings ist die Bestimmung nicht nur in organisationsrechtlicher Hinsicht relevant. Sie monopolisiert die Gesetzgebung des Landes beim LT.2 Eine Gesetzgebung durch Exekutivorgane wie auch eine Volksgesetzgebung ohne Beteiligung des LT3 ist dadurch ausgeschlossen, nicht aber eine Mitwirkung des Volkes an der Gesetzgebung des LT.4 Art 15 TLO 1989 trägt dieser Vorgabe Rechnung, indem die Bestimmung inhaltsgleich übernommen wird. Bundesverfassungsrechtlich wäre diese ausdrückliche Postulation nicht erforderlich gewesen, was sich auch daran zeigt, dass die Verfassungen der anderen Bundesländer die Gesetzgebungsaufgabe des LT nicht explizit in einem gesonderten Art hervorheben.5 Im Übrigen blendet die Formulierung aus, dass die Bundesverfassung (Art 97 Abs 2 und Art 98 B-VG) sowie die TLO 1989 (etwa Art 35 und 38 Abs 4) diverse Mitwirkungen von Exe1 2 3 4 5
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Morscher, Verfassungsrecht 52; Abbrederis/Pürgy, Gesetzgebung 257; Koja, Verfassungsrecht 99. Pesendorfer, Art 95 Rz 6; Abbrederis/Pürgy, Gesetzgebung 257; Koja, Verfassungsrecht 99. Vgl VfSlg 16.241/2001. Dazu näher Gamper, Art 39 (in diesem Band) Rz 2; s auch Pesendorfer, Art 95 Rz 6; Abbrederis/Pürgy, Gesetzgebung 260. So etwa auch Grabenwarter, Art 7 Stmk L-VG, in ders (Hg), Steiermärkische Landesverfassung (2013) Rz 2; Koja, Verfassungsrecht 35.
Organ der Gesetzgebung
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kutivorganen des Bundes und der Länder vorsehen.6 Darüber hinaus gibt es auch gewisse direktdemokratische Elemente, die es dem Volk ermöglichen, auf den Gesetzgebungsprozess Einfluss zu nehmen (etwa durch Volksbegehren gem Art 37 TLO 1989 oder Volksabstimmung gem Art 39 TLO 1989). Darunter versteht man die Abhaltung einer Volksabstimmung in Folge eines Volksbegehrens, wenn das jeweilige Parlament dem Begehren nicht Rechnung getragen hat. Das Ergebnis einer solchen Volksabstimmung wäre dann „entweder einem Gesetzesbeschluss gleichzuhalten“ oder verpflichtend durch das Parlament mittels Gesetzesbeschluss umzusetzen.7 Indem Art 15 TLO 1989 in Einklang mit Art 95 Abs 1 erster Satz B-VG 2 die Gesetzgebung dem LT vorbehält, wird auch dem Rechtsstaatsprinzip entsprochen: Die Gesetzgebung des LT bindet die Vollziehung des Landes und muss dem in einer den Anforderungen des Art 18 Abs 1 B-VG entsprechenden Weise nachkommen.8 Zudem steht Art 15 TLO 1989 in einem engen Zusammenhang mit dem 3 demokratischen Prinzip, das verlangt, dass die Gesetzgebung durch ein demokratisch legitimiertes Repräsentativorgan ausgeübt wird. Dies wird jedoch in Art 16 TLO 1989 näher konkretisiert, sodass auf die dortige Kommentierung von Bußjäger zu verweisen ist.9
II. Völker- und unionsrechtliche Vorgaben In einem modernen Rechtsstaat ist die Gesetzgebung einem frei ge- 4 wählten Parlament vorbehalten.10 Dieser Grundsatz ist im Unionsrecht und Völkerrecht mehrfach abgesichert. Bereits Art 8 StV von Wien bestimmt, dass Österreich eine demokratische, auf geheime Wahlen gegründete Regierung haben muss. Dies gilt, sofern ein bundesstaatliches System besteht, ebenso für die Länder. 6 7
Gamper, Bedeutung 181. Gamper, Parlamentarische Rechtsetzung und direkte Demokratie: Verfassungsrechtliche Grenzen, in Lienbacher/Pürgy (Hg), Parlamentarische Rechtsetzung in der Krise (2015) 101 (114 ff). 8 IdS auch Pesendorfer, Art 95 Rz 7. 9 Bußjäger, Art 16 (in diesem Band) Rz 1. 10 Vgl dazu Oberndorfer, Art 1 B-VG, in Korinek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (2000) Rz 5 und 11; Rill/Schäffer, Art 1 B-VG, in Kneihs/Lienbacher (Hg), Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht (2001) Rz 6 ff; Mayer/Muzak, B-VG5 (2015) 4.
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IdS verpflichten sich die Vertragspartner gem Art 3 1. ZPEMRK, in angemessenen Zeitabständen freie und geheime Wahlen unter Bedingungen abzuhalten, die die freie Äußerung der Meinung des Volkes bei der Wahl der gesetzgebenden Organe gewährleisten. Diese Garantie betrifft auch gesetzgebende Organe in Bundesstaaten.11 Gem Art 2 EUV zählen zu den Werten, auf die sich die Union gründet, auch Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Sie sind durch das Verfahren gem Art 7 EUV geschützt, das zu einer Aussetzung der Rechte eines MS der Union führen kann, wenn eine eindeutige Gefahr einer schwerwiegenden Verletzung dieser Werte durch den MS besteht. Abgesehen von den bundesverfassungsrechtlichen Vorgaben würde also eine Beseitigung der Gesetzgebungskompetenz des demokratisch gewählten LT hin zu einer Gesetzgebung durch Exekutivorgane diese Grundsätze zweifellos verletzen. Demgegenüber ist die Bundesstaatlichkeit als solche nicht durch Völker- oder Unionsrecht geschützt. Die Beseitigung der Gesetzgebungskompetenz des Landes Tirol wäre ausschließlich nach dem nationalen Verfassungsrecht zu beurteilen und würde eine Gesamtänderung der Bundesverfassung iSd Art 44 Abs 3 B-VG darstellen. Im Hinblick auf die Zuständigkeit des LT zur Gesetzgebung ist darauf hinzuweisen, dass diese auch durch das Unionsrecht insoweit eingeschränkt ist, als das Land Tirol den Vorrang des Unionsrechts12 zu beachten hat und unmittelbar anwendbares Unionsrecht13 die Landesgesetzgebung verdrängt bzw umzusetzendes Unionsrecht14 den Landesgesetzgeber zur Anpassung seiner Rechtsordnung zwingt.15 11 Grabenwarter/Pabel, Menschenrechtskonvention 460. 12 Dabei handelt es sich um eine ungeschriebene Regel des primären Unionsrechts, die durch den EuGH in Costa v ENEL festgestellt wurde. Der Vorrang greift gegenüber jedem mitgliedstaatlichen Recht (vgl Vedder, Art 288 Rz 69). 13 VO gem Art 288 Abs 2 AEUV sowie nicht fristgemäß oder nicht ordnungsgemäß umgesetzte RL (Art 288 Abs 3 AEUV), die nach der Rsp des EuGH dann unmittelbare Wirkung entfalten können, wenn sie inhaltlich unbedingt und hinreichend genau sind (vgl Vedder, Art 288 Rz 39). 14 RL gem Art 288 Abs 3 AEUV. 15 Ranacher, Bezüge zur Europäischen Union, in Pürgy (Hg), Das Recht der Länder I (2012) 87 ff, insb 138 ff; vgl dazu zB auch Bußjäger/Larch, Landesgesetzgebung und Europäisierungsgrad (2004); Bußjäger, Die Auswirkungen des Verfassungsvertrages auf die Länder – Protokoll zur Subsidiarität und Länderkompetenzen, in Floimair (Hg), Der Vertrag über eine Verfassung für Europa. Schriftenreihe des Landespressebüros Salzburg (2005)
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III. Entstehungsgeschichte Art 15 TLO 1989 enthielt keine Vorgängerregelung. Zwar beinhaltete 5 schon die TLO 192116 wie auch die TLO 195317 einen II. Abschnitt „Gesetzgebung des Landes“, aus dem sich ergab, dass die Gesetzgebung des Landes vom LT ausgeübt wird. Die Gesetzgebungsfunktion des LT wurde jedoch in dieser Form erstmals in Art 15 TLO 1989 explizit positiviert. Die Bestimmung ist seither unverändert geblieben. Abseits dieser Formulierungsfrage ist jedoch festzuhalten, dass bereits das Februarpatent 1861 und die auf ihm beruhende und von Kaiser Franz Josef I verliehene Landes-Ordnung 186118 einen LT mit Gesetzgebungsfunktion konstituierte. Darin wurde in § 16 ausdrücklich angeführt: „Der Landtag ist berufen, bei der Ausübung der gesetzgebenden Gewalt nach Maßgabe der Bestimmungen des kaiserlichen Diplomes vom 20. October 1860, Nr. 226 R.G.B. mitzuwirken [...].“ Zu den historischen Vorläufern des damals eingerichteten LT und deren Kompetenzen ist auf die historische Einleitung von Schennach zu verweisen. Allerdings handelte es sich im Falle des österr Teils der Monarchie um keinen Bundesstaat, vielmehr schuf das Februarpatent 1861 einen dezentralisierten Einheitsstaat. Die Länder wurden als Selbstverwaltungskörper höherer Ordnung betrachtet.19 Die Gesetzgebungs-, aber auch die Vollzugskompetenzen der Länder waren entsprechend schwach ausgeprägt.20
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39 ff; Bußjäger, Die österreichischen Länder und die EU – eine Bilanz, in ders/Rosner (Hg), Mitwirken und Mitgestalten – Europa und die österreichischen Länder (2005) 1 ff; Bußjäger, Autonomie zwischen Umsetzungszwang, Harmonisierungsdruck und Beteiligungsföderalismus: Landesparlamentarismus in Österreich, in Zimmermann-Steinhart (Hg), Regionale Wege in Europa (2006) 10 ff; Bußjäger, Innovativer Föderalismus? – Das österreichische Naturschutzrecht zwischen Deregulierungsdruck und Europäisierung, Natur und Recht 2007, 85 ff. LGBl 1921/145. LGBl 1946/1 und LGBl 1946/2. RGBl 1861/20. Neschwara, Länder und Gesamtstaat – Landtage und Gesamtparlament. Ein Überblick über die Entwicklung seit 1861, in Kriechbaumer/Bußjäger (Hg), Das Februarpatent 1861. Zur Geschichte und Zukunft der österreichischen Landtage (2011) 145 (160). Näher dazu Schennach, Zur Geschichte der Tiroler Landesordnung (in diesem Band) Rz 13 ff.
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Die staatsrechtliche Stellung Tirols änderte sich mit der Begründung des Bundesstaates nach 1918. Näheres s in der Kommentierung von Gamper, Art 1 (in diesem Band).21 Die Betonung der Gesetzgebungsfunktion des LT war jedoch erst dem Verfassungsgesetzgeber der TLO 1989 ein Anliegen.
IV. Die Gesetzgebung des Landes Tirol A. Allgemeines 6 Art 15 TLO 1989 eröffnet den zweiten Teil der Landesverfassung mit dem Titel „Gesetzgebung des Landes Tirol“. Diese Bestimmung steht in enger Beziehung zu Art 2 Abs 1 und 2 B-VG, der Österreich zu einem Bundesstaat und das Land Tirol zu einem Gliedstaat dieses Bundesstaates erklärt. Der Bundesstaat teilt die Staatsgewalt, und damit va auch die Gesetzgebung, zwischen dem Bund und den Ländern nach Maßgabe einer Kompetenzverteilung auf.22 Die selbständige Landesgesetzgebung ist eines der wesentlichen Kriterien des Bundesstaates,23 ihre Beseitigung wäre nur durch ein gesamtänderndes BVG möglich (Art 44 Abs 3 B-VG).24 Unter Gesetzgebung versteht das B-VG die Erlassung allgemeiner, verbindlicher Normen im jeweiligen Kompetenzbereich des Gesetzgebungsorgans (dazu näher unter IV. B).25 Dies bedeutet, dass die Gesetzgebung des Landes Tirol durch die gem Art 15 Abs 1 B-VG im selbständigen Wirkungsbereich der Länder verbliebenen Kompetenzen abgesteckt ist bzw sich auf jene Zuständigkeiten erstreckt, in welchen das B-VG den Ländern solche belässt, wie in der Ausführungsgesetzgebung zu Grundsatzgesetzen (Art 12 Abs 1, Art 14 Abs 3, Art 14a Abs 4 und Art 20 Abs 4 B-VG) oder in der delegierten Gesetzgebung (Art 10 Abs 2 B-VG). Die Gesetzgebung des LT ist nach dem Stufenbau der Rechtsordnung entweder ein LVG oder ein (einfaches) LG. Die entsprechenden Beschlussfassungserfordernisse finden sich für einfache LG in Art 38 21 22 23 24 25
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Gamper, Art 1 (in diesem Band) Rz 2. Gamper, Staat 93. Gamper, Staat 94. Gamper, Bedeutung 188. Gamper, Staat 172 f; Koja, Allgemeine Staatslehre (1993) 189; zur Staatsfunktion Gesetzgebung vgl auch Adamovich et al, Österreichisches Staatsrecht II Staatliche Organisation3 (2014) 93.
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Abs 1 iVm Art 27 TLO 1989, für LVG in Art 38 Abs 2 TLO 1989 (Konsensquorum 2/3) iVm § 61 Abs 2 Tir GO LT (Präsenzquorum 2/3). S dazu näher die Kommentierung von Schramek und Wallnöfer.26
B. Zum Begriff der Gesetzgebung27 Gesetzgebung bedeutet im demokratischen Rechtsstaat die Erlassung 7 der allgemeinen, verbindlichen Normen durch ein parlamentarisches Organ.28 Wenn Art 15 TLO 1989 den LT als Gesetzgeber beruft, werden als Gesetz solche Rechtsnormen verstanden, die gem Art 18 Abs 1 B-VG Grundlage der staatlichen Vollziehung sein können. Dies bedeutet, dass der Gesetzesbegriff des Art 15 TLO 1989 insoweit mit jenem des Art 18 Abs 1 B-VG identisch ist, als er sich auf die Erlassung formeller Gesetze, also solcher, die in einem verfassungsrechtlich geregelten Gesetzgebungsverfahren zustande gekommen sind und als Gesetze bezeichnet werden, bezieht.29 Insofern Art 18 Abs 1 B-VG auch materielle Gesetze iSv Rechtsverordnungen, allgemein verbindlichen Regeln des Völkerrechts (Art 9 Abs 1 B-VG) oder StV30 erfasst,31 geht der Gesetzesbegriff über jenen des Art 15 TLO 1989 hinaus. Grundlage der Vollziehung des Landes können aber auch unmittelbar anwendbares Unionsrecht, insb VO (Art 288 AEUV), sein. Aus der Monopolstellung des LT zur Gesetzgebung ergibt sich im Weiteren, dass Gewohnheitsrecht keinen rechtserzeugenden Tatbestand bildet.32 Dies schließt nicht aus, dass zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des B-VG vorgefundenes und im Kompetenzbereich des Landes liegendes Gewohnheitsrecht existiert. Die Erzeugung von neuem Gewohnheitsrecht, auch wenn der Landesgesetzgeber dazu delegieren würde, ist jedoch bundesverfassungsrechtlich ausgeschlossen.33 Auch 26 Schramek, Art 27 (in diesem Band) Rz 8; Wallnöfer, Art 38 (in diesem Band) Rz 7 f. 27 Zu den Formen der Gesetzgebung allgemein Gamper, Staat 173 f. 28 Vgl Gamper, Staat 172; Bußjäger, Föderalismus 27. 29 Vgl Rill, Art 18 B-VG, in Kneihs/Lienbacher (Hg), Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht (2001) Rz 9. 30 Hinsichtlich der StV des Landes gem Art 16 B-VG sieht Art 71a TLO 1989 ein gesondertes Verfahren vor. 31 Rill, Art 18 Rz 12. 32 Vgl Bußjäger, Art 41 B-VG, in Kneihs/Lienbacher (Hg), Rill-SchäfferKommentar Bundesverfassungsrecht (2004) Rz 4; Tiefenthaler, Gewohnheit und Verfassung (2012) 142 ff insb 165. 33 Bußjäger, Art 41 Rz 4.
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jeglicher gesetzgebende Akt der LReg ist, wie der VfGH in VfSlg 14.605/1996 festgehalten hat, unzulässig.34 Das Verfahren der Gesetzgebung ist im dritten Abschnitt der TLO 1989 (Art 35 bis 42) geregelt. 8 Die Gesetzgebung ist eine von mehreren Parlamentsfunktionen. Aus verfassungsrechtlicher Perspektive ist die Gesetzgebung sogar die primäre Funktion, denn in ihr manifestiert sich die Überordnung des demokratisch gewählten Repräsentativkörpers über die Vollziehung.35 Dies darf freilich nicht den Blick darauf verstellen, dass in der parlamentarischen Realität – va auf Landesebene wegen der schmalen Gesetzgebungszuständigkeiten der LT – die öffentliche Aufmerksamkeit weitaus stärker der parlamentarischen Kontrolle als der Gesetzgebung gilt.36 Zu den weiteren Parlamentsfunktionen37 zählen, nicht immer ganz einheitlich, die erwähnte Kontrollfunktion des LT (vgl III. Teil 3. Abschnitt „Kontrolle der Landesverwaltung durch den Landtag“), seine Budgethoheit (III. Teil 2. Abschnitt „Haushalt des Landes“), die Öffentlichkeitsfunktion (vgl Art 25 TLO 1989) sowie die Kreationsfunktion (vgl ua Art 45 TLO 1989 betr die Wahl der LReg). Weiters treten die Kompetenzen des LT zur Genehmigung von StV (Art 71a TLO 1989) und staatsrechtlichen Vereinbarungen (Art 70 TLO 1989) hinzu.38 Es darf auch nicht übersehen werden, dass im modernen Parlamentarismus die Gesetzgebungstätigkeit des Parlaments mangels eigener Ressourcen und auf Grund der Konzentration des Expertenwissens in den Geschäftsapparaten der Regierungen von den Vorlagen der Regierung dominiert wird bzw auch von Regierungsparteien eingebrachte parlamentarische Initiativen in aller Regel in diesen Geschäftsapparaten 34 Diesem Erk lag zugrunde, dass die Tir LReg bei der Kundmachung von LG, bei denen die BReg die Zustimmung zur Mitwirkung von Bundesorganen gem Art 97 Abs 2 B-VG verweigert hatte, auf eine neuerliche Befassung des LT verzichtet hatte und das betr LG ohne die Regelung, für welche eine Zustimmung der BReg nicht erreicht werden konnte, kundgemacht hatte. Diese Elimination einer vom LT beschlossenen gesetzlichen Regelung in der kundgemachten Fassung verstieß gegen das Gesetzgebungsmonopol des LT. 35 Pernthaler, Bundesstaatsrecht 122; s auch Steiner, Landtag 82 ff. 36 Abbrederis/Pürgy, Gesetzgebung 258; Jabloner, Grundfragen der Landesgesetzgebung, in Rebhahn (Hg), Beiträge zum Kärntner Landesrecht (1995) 1 (15) mwN; Aigner, Landtage 964 ff. 37 Dazu etwa Steiner, Landtag 82 ff. 38 Zu den Parlamentsfunktionen allgemein s Gamper, Staat 223 ff; Aigner, Landtage 962 ff.
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ausgearbeitet wurden.39 Dies gilt auf Grund der besonders bescheidenen Ressourcenausstattung erst recht für die Landesparlamente in Österreich, so auch für den Tir LT.40 Selbst wenn die Gesetzgebungsfunktion des LT dadurch nach außen hin auf eine die Initiativen der LReg formal legitimierende Rolle reduziert wird, muss davor gewarnt werden, dies ausschließlich als eine Entmachtung des LT zu sehen. Die Erfolgsquote der RV beruht auf der Identität von Regierung und LTMehrheit. Letztere wirkt bereits im Vorfeld der Gesetzgebung über mannigfaltige informelle Kanäle auf die Inhalte der Rechtsetzung ein, darüber hinaus beschließt der LT immer wieder in Form von Entschl Forderungen an die Regierung zur Ausarbeitung bestimmter Regelungen.41 Faktisch erfolgt etwa im Vorfeld von Begutachtungen und der Beschlussfassung von RV bereits eine Akkordierung mit den LT-Klubs der Regierungsparteien durch entsprechende Einbindung der Ausschüsse für koalitionäre Zusammenarbeit.42
C. Gesetzgebung als Ausdruck der Staatlichkeit des Landes Für den Bundesstaat ist die Gesetzgebungshoheit der Gliedstaaten ein 9 Kriterium von hervorragender Bedeutung. Sie ist (neben anderen Kriterien, die jedoch in der Praxis zuweilen von untergeordneter Bedeutung sein können) entscheidend, ob überhaupt von einem Bundesstaat gesprochen werden kann.43 Art 15 TLO 1989 steht daher, wie oben dargestellt, in einer engen Beziehung zur Postulation der Bundesstaatlichkeit in Art 2 Abs 1 und 2 B-VG. Die Gesetzgebungsfunktion des LT macht Tirol somit ua zu einem Gliedstaat des Bundesstaates Österreich. Dem Land Tirol kommt dadurch ein Anteil an der hoheitlichen Staatstätigkeit und damit partielle Souveränität zu. Ob es sich dabei um eine originäre,44 also nicht von der 39 40 41 42
Pfeifhofer, Landtag 63. Vgl Pfeifhofer, Landtag 63; Wolfgruber, Repräsentation 139. Pfeifhofer, Landtag 63. Vgl dazu das Regierungsübereinkommen der aktuellen Koalition zwischen ÖVP und Grünen, Entschlossen regieren. Tirols Zukunft sichern. Regierungsprogramm für Tirol 2018 – 2023 (2018) 73 ff, https://www.tirol.gv.at/ fileadmin/buergerservice/Bilder_Div/Landesregierung_NEU_2018-2023/ Regierungsprogramm_2018-2023.pdf (21.10.2019). 43 Gamper, Staat 93 ff; Weber, Kriterien des Bundesstaates (1980) 87 ff. 44 Pürgy, Bundesverfassung und Landesrecht, in ders (Hg), Das Recht der Länder I Landesverfassungsrecht und Organisationsrecht (2012) 1 (6 f); vgl
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Bundesverfassung abgeleitete, oder eine dezentralisierte Souveränität,45 die von der Bundesverfassung ihren Ausgang nimmt, handelt, ist Gegenstand der einander gegenüberstehenden Souveränitätsteilungstheorie einerseits und der Dezentralisierungstheorie andererseits. Letztere wird insb von Anhängern des Rechtspositivismus vertreten.46 Die TLO 1989 steht, wie aus ihrer Präambel hervorgeht, eindeutig auf dem Standpunkt der Souveränitätsteilungstheorie, spricht sie doch vom Beitritt des selbständigen Landes Tirol zum Bundesstaat Österreich.47
D. Gesetzgebung als Aufgabe und Verantwortung 10 Art 15 TLO 1989 stellt klar, dass die Gesetzgebung des Landes vom LT ausgeübt wird. Es ist also nicht nur eine Gesetzgebung durch Exekutiv organe ausgeschlossen, sondern auch eine Gesetzgebung durch Organe, die nicht der LT sind, etwa ein Ausschuss des LT oder das Volk.48 Die Zuständigkeiten des LT zur Gesetzgebung ergeben sich aus der Bundesverfassung, die von einer prinzipiell länderfreundlichen Generalklausel geprägt ist: Gem Art 15 Abs 1 B-VG verbleibt eine Angelegenheit in der Gesetzgebung (wie auch in der Vollziehung) im selbständigen Wirkungsbereich der Länder, soweit sie nicht von der Bundesverfassung in der Gesetzgebung (oder auch der Vollziehung) dem Bund übertragen ist. In der verfassungsrechtlichen Realität ist der Kompetenzbereich des Landes jedoch im Vergleich zu jenem des Bundes schmal,49 weil in den Art 10 bis 14b B-VG ein großer Teil der Staatsaufgaben in der Gesetzgebung dem Bund übertragen ist, ganz abgesehen davon, dass diese Kompetenzverteilung nicht abschließend ist, sondern das B-VG noch zahlreiche weitere Kompetenzbestimmungen (zB Art 21 B-VG) enthält.50 Au-
45 46 47 48 49 50
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dazu auch Gamper, Staat 90 f; Weber, Kriterien 78 ff; Pernthaler, Der österreichische Bundesstaat im Spannungsverhältnis von Föderalismus und formalem Rechtspositivismus, ZÖR 19 (1969), 361 ff; ders, Bundesstaatsrecht 296 ff. Vgl dazu auch Pürgy, Bundesverfassung 6; Gamper, Staat 90; Weber, Kriterien 70 ff und 78 ff; Pernthaler, Bundesstaatsrecht 294 f mwN. Vgl dazu auch Pürgy, Bundesverfassung 6; Gamper, Staat 90; Weber, Kriterien 70 ff; Pernthaler, Bundesstaatsrecht 294 f mwN. Dazu näher die Ausführungen von Gamper, Präambel (in diesem Band). Abbrederis/Pürgy, Gesetzgebung 257 mwN. Pfeifhofer, Landtag 64. Bußjäger, Die bundesstaatliche Kompetenzverteilung in Österreich, in Gamper et al (Hg), Föderale Kompetenzverteilung in Europa (2016) 523 ff.
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ßerdem gibt es verschiedene andere BVG51 sowie Verfassungsbestimmungen in einfachen BG,52 die Beschränkungen der Landesgesetzgebung enthalten. Immerhin verfügt der Tir LT materiell über die Gesetzgebungshoheit etwa in folgenden Bereichen:53 – Landesverfassung (eingeschränkt durch die Grenzen der Verfassungsautonomie des Landes nach Maßgabe von Art 99 B-VG), einschließlich LT-Wahlrecht – Verwaltungsorganisation des Landes, einschließlich Dienstrecht der Landesbediensteten (vgl Art 21 B-VG) – Gemeindeorganisation (vgl Art 115 Abs 2 B-VG), einschließlich Dienstrecht der Gemeindebediensteten (vgl Art 21 B-VG) und Gemeindewahlrecht – Landes- und Gemeindeabgaben – Baurecht – Raumordnung – Grundverkehr – Straßenrecht – Naturschutz – Tourismus, einschließlich Sport, Bergführer und Schischulen – Bodenreform (vormals Art 12 B-VG, nunmehr Art 15 Abs 1 B-VG) – Katastrophenschutz, Rettungswesen und Feuerwehren - Kinder- und Jugendhilfe (eingeschränkt durch die Vereinbarung gem Art 15a B-VG über die Kinder- und Jugendhilfe54) – Hilfe für Menschen mit Behinderung sowie für sozial Schwache (hinsichtlich der sog Mindestsicherung eingeschränkt durch die 51 Etwa das BVG ÄmterLReg, BGBl 1925/289 idF BGBl I 2019/14. 52 Zu erwähnen sind hier insb die sog Kompetenzdeckungsklauseln in einfachen BG, die dem Bundesgesetzgeber die Kompetenz zur Erlassung eben dieser BG verschaffen, vgl etwa § 49 Abs 1 Betriebliches Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetz (BMSVG), BGBl I 2002/100 idF BGBl I 2019/62; § 62 Abs 5 BMSVG; Art I Abs 1 Bundesgesetz über die Transparenz von Preisen für Erdöl, Mineralölerzeugnisse, Gas, Strom und Arzneimittel sowie der Preisauszeichnungsvorschriften (Preistransparenzgesetz), BGBl 1992/761 idF BGBl I 2011/107; s dazu auch Pernthaler, Bundesstaatsrecht 322; Neudorfer, Kompetenzdeckungsklauseln außerhalb des B-VG Österreichische Provisorienkultur oder sinnvoller Pragmatismus?, in Schmid et al (Hg), Auf dem Weg zum hypermodernen Rechtsstaat? Tagung der Österreichischen Assistentinnen und Assistenten Öffentliches Recht (2011) 111 (112 ff). 53 Vgl dazu auch Bußjäger, Kompetenzverteilung 523 ff, insb 547 ff. 54 RV 573 BlgNR XXVI. GP.
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Grundsatzgesetzgebungskompetenz des Bundes gem Art 12 Abs 1 Z 1 B-VG) – Jugendschutz – Veranstaltungsrecht – Kinderbetreuung – Krankenanstalten (Ausführungsgesetzgebung zum Tatbestand der „Heil- und Pflegeanstalten“ gem Art 12 Abs 1 Z 1 B-VG) – Pflichtschulzeit und Pflichtschulorganisation sowie -erhaltung (Ausführungsgesetzgebung gem Art 14 Abs 3 B-VG). 11 Darüber hinaus verfügt der LT auch über die Gesetzgebungshoheit in der sog Privatwirtschaftsverwaltung, also soweit das Land Tirol als Träger von Privatrechten tätig wird (Art 17 B-VG). Wenn das Land Tirol dadurch allerdings in einem Bereich tätig wird, der hoheitlich vom Bund zu regeln ist, darf der LT nur sog Selbstbindungsgesetze erlassen, also solche, die keine subjektiven Rechte einräumen.55 Der Privatwirtschaftsverwaltung des Landes kommt im modernen Wohlfahrts- und Dienstleistungsstaat eine eminent große Bedeutung zu,56 bspw in den Bereichen der Förderung von Menschen mit Behinderungen57 oder der Mindestsicherung und Pflegeheime58. Ihre rechtliche Durchdringung und die Rechtsschutzmöglichkeiten sind allerdings auf Grund des Umstandes, dass nach der Judikatur des VfGH das Determinierungsgebot des Art 18 Abs 1 B-VG lediglich dahingehend anzuwenden ist, dass die Privatwirtschaftsverwaltung zwar an die bestehenden 55 VfSlg 15.430/1999; Kahl/Weber, Allgemeines Verwaltungsrecht7 (2019) 236 f; Mayer/Muzak, B-VG 126 f; Kahl, Art 17 B-VG, in Kneihs/Lienbacher (Hg), Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht (2013) Rz 5. 56 Ranacher/Wolf, Rechtsbereinigung und Deregulierung in Tirol, JRP 2018, 172 (189) mwN; Kahl/Weber, Verwaltungsrecht 271. 57 Vgl dazu zB Richtlinie des Landes Tirol nach § 18 Tiroler Teilhabegesetz über die Zuschüsse für Lohnkosten der Schulassistenz; Richtlinie des Landes Tirol nach § 24 TTHG über den Kostenbeitrag für mobile Unterstützungsleistungen; Richtlinie des Landes Tirol über Leistungen für Menschen mit Suchterkrankungen. 58 So zB durch die Richtlinie des Landes Tirol für die Gewährung von Zuschüssen zu Hilfsmitteln und Maßnahmen für die häusliche Betreuung und Pflege sowie für die Erhaltung der Selbstständigkeit bei altersbedingten Beeinträchtigungen; Richtlinie des Landes Tirol zur Förderung der Kurzzeitpflege für pflegebedürftige Personen; Richtlinie des Landes Tirol zur Förderung des Ausbaues, des Aufbaues und der Sicherung von Pflege- und Betreuungseinrichtungen in Tirol.
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Gesetze gebunden ist, aber kein Gesetz benötigt,59 das sie zu einer bestimmten Aktivität ermächtigt, deutlich eingeschränkt.60 Immerhin garantiert die Rsp des OGH zur sog Fiskalgeltung der Grundrechte ein Mindestmaß an Rechtsschutz.61 Die Landesgesetzgebung ist nicht nur an die Kompetenzverteilung gebunden, sondern auch an andere Bestimmungen des Bundesverfassungsrechts, welche die Ausübung von Gesetzgebungskompetenzen auf Bundes- und Landesebene regeln. Neben dem gerade angesprochenen Determinierungsgebot (Art 18 Abs 1 B-VG) sind dies insb auch die Grundrechte. Der Bereich der Landesgesetzgebung umfasst (nach derzeitigem Stand) 191 einfache LG sowie 2 LVG.62
V. Das Verfahren der Landesgesetzgebung Art 15 TLO 1989 kann nicht isoliert von anderen Bestimmungen, die 12 das Verfahren der Landesgesetzgebung (insb Art 35 bis 42a TLO 1989) regeln, gesehen werden. Relevant sind va die Bestimmungen der TLO 1989 über die Beschlussfassung (Art 38 iVm Art 27 TLO 1989), die Mitwirkungsrechte des Volkes (Art 39 TLO 1989), die Beurkundung des verfassungsmäßigen Zustandekommens der Gesetzesbeschlüsse durch den LTPräs und Gegenzeichnung durch den LH (Art 38 Abs 3 und 4 TLO 1989) sowie die Kundmachung (Art 39 bis 41a TLO 1989). Ggf bedürfen Gesetzesbeschlüsse des LT der Zustimmung der BReg (vgl Art 97 Abs 2 B-VG iVm Art 38 Abs 4 TLO 1989), unterliegen einem Einspruchsrecht (vgl § 9 Abs 2 F-VG) oder sind ihr zur Kenntnis zu bringen (vgl Art 38 Abs 4 lit a TLO 1989). Auf die dortigen Kommentierungen in diesem Band wird verwiesen.63 In den Einzelheiten wird das Verfahren von der Tir GO LT geregelt. 59 Vgl dazu zB VfSlg 7716/1975, 7717/1975; Kahl/Weber, Verwaltungsrecht 236; Korinek/Holoubek, Privatwirtschaftsverwaltung – der gebändigte Leviathan?, in Schuhmacher (Hg), FS Aicher (2012) 307 (317); Kahl, Art 17 Rz 4; Rill, Art 18 Rz 34 ff. 60 Kahl/Weber, Verwaltungsrecht 236 f; Korinek/Holoubek in FS Aicher 317 ff; Rill, Art 18 Rz 34 ff. 61 Kahl/Weber, Verwaltungsrecht 239 f; Korinek/Holoubek in FS Aicher 325 ff mwN. 62 Abgefragt unter https://www.ris.bka.gv.at/Lr-Tirol/ (1.1.2020). 63 Wallnöfer, Art 38 (in diesem Band); Gamper, Art 39 (in diesem Band); Wallnöfer, Art 40 (in diesem Band); ders, Art 41 (in diesem Band); ders, Art 41a (in diesem Band).
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Artikel 16* Zusammensetzung, Sitz (1) Der Landtag besteht aus 36 Abgeordneten. (2) Sitz des Landtages ist die Landeshauptstadt. Der Landtag kann für die Dauer außerordentlicher Verhältnisse sowie dann, wenn er dies für besondere Ausnahmefälle beschließt, an einen Ort außerhalb der Landeshauptstadt einberufen werden. LGBl samt Erläuterungen: LGBl 1988/61 (X. GP AA 141/88 AB 141/88) Literatur: Abbrederis/Pürgy, Gesetzgebung der Länder, in Pürgy (Hg), Das Recht der Länder I (2012) 231 ff; Bachmann, Art 36 B-VG, in Kneihs/Lienbacher (Hg), Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht (2016); Bußjäger, Freistellung von Abgeordneten für Betreuungszwecke, ZParl 2010, 42 ff; Ebner-Vogl, Art 11 Stmk L-VG, in Grabenwarter (Hg), Steiermärkische Landesverfassung (2013); Felder, Die historische Identität der österreichischen Bundesländer (2002) 70 ff; Gamper, Allgemeine Bestimmungen des Landesverfassungsrechts, in Pürgy (Hg), Das Recht der Länder I (2012) 61 ff ; Grabenwarter, Art 4 Stmk L-VG, in ders (Hg), Steiermärkische Landesverfassung (2013); Koja, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer2 (1988) 99 ff; Morscher, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer. 7. Tirol (1991) 52 f; Schwamberger/Ranacher, Tiroler Landesordnung 19896: Kommentar (2017) 41; Wieser, Art 5 B-VG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (1999)
Inhaltsübersicht I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben..................................... 1 II. Entstehungsgeschichte.................................................................. 2 III. Der Landtag als Repräsentativorgan......................................... 3 IV. Sitz des Landtages.......................................................................... 6 A. Landeshauptstadt Innsbruck.................................................. 6 B. Einberufung an einen anderen Ort........................................ 7 1. Allgemeines............................................................................ 7 2. Außerordentliche Verhältnisse........................................... 8 3. Besondere Ausnahmefälle.................................................... 9 *
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Der Autor bedankt sich bei Univ.-Ass. Mag. Julia Oberdanner für die Unterstützung.
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I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben Wie bereits zu Art 15 TLO 1989 erwähnt, bestimmt Art 95 Abs 1 1 B-VG, dass die Gesetzgebung der Länder von den LT ausgeübt wird. Der daraus resultierenden Vorgabe eines Einkammersystems hat die Landesverfassung Rechnung zu tragen.1 Art 16 Abs 1 B-VG normiert idS, dass der LT aus 36 Abg besteht. Hinsichtlich der Zahl der Abg macht die Bundesverfassung keine Vorgaben (s dazu näher die Ausführungen unter II.).2 Aus dem Umstand, dass die Mitglieder der LT gem Art 95 Abs 1 B-VG nach den Grundsätzen der Verhältniswahl gewählt werden und der LT einen allgemeinen Vertretungskörper darstellt, ist allerdings abzuleiten, dass der LT eine angemessene Repräsentation der Bevölkerung gewährleisten muss. Dies setzt einer Reduktion der Zahl der Mitglieder (freilich sehr unscharfe) Grenzen (s dazu die Ausführungen unter III.). Hinsichtlich des in Abs 2 geregelten Sitzes des LT bestehen keine bundesverfassungsrechtlichen Vorgaben, die Regelung fällt in die Verfassungsautonomie des Landes.3 Das B-VG bestimmt jedoch in seinem Art 25 Abs 1 Wien als den Sitz des NR und gem Art 36 Abs 2 iVm Art 25 Abs 1 B-VG auch des BR.
II. Entstehungsgeschichte Die Regelung der Zahl der Mitglieder des Tir LT ist eine wechselvolle, 2 weshalb historisch etwas weiter zurückgegriffen werden soll: Die Landesordnung für die Gefürstete Grafschaft Tirol 1861 sah 68 Mitglieder des LT vor, der zu dieser Zeit freilich auch das heutige Südtirol und das Trentino mitumfasste.4 Der Tir NR, der sich nach dem Ersten Weltkrieg konstituierte, wies 21 Mitglieder auf, die am 21.12.1918 konstituierte, noch nicht aus demokratischen Wahlen hervorgegangene prov Landesversammlung 39 Mitglieder. Der am 15.06.1919 gewählte Tir LT verfügte schließlich über 56 Mitglieder. 1 2 3 4
Abbrederis/Pürgy, 257. Koja, Verfassungsrecht 99. Koja, Verfassungsrecht 107; Ebner-Vogl, Art 11 Rz 4. Felder, Identität 70.
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Das B-VG 1920 enthielt keine Festlegung der Zahl der Mitglieder der LT. § 9 Abs 1 TLO 1921 sah schließlich eine Zahl von 40 Mitgliedern vor. Mit der B-VG-Nov BGBl 1929/392 in das B-VG aufgenommene Beschränkungen der Höchstzahl der Abg (Art 95 Abs 4 B-VG)5 legten ua fest, dass die Zahl der Mitglieder der LT bei Ländern mit einer Bürgerzahl zwischen 250.000 und 500.000 36 nicht überschreiten durfte. Dementsprechend verfügte die TLO-Nov LGBl 1930/29, dass der LT nunmehr 36 Mitglieder aufweisen sollte. Diese Regelung war jedoch nicht von langer Dauer, denn der ständische LT zwischen 1934 und 1938 wies lediglich 26 Mitglieder auf.6 Nach Kriegsende 1945 trat wieder die bis 1934 geltende Bestimmung in Kraft. § 8 Abs 1 TLO 1953 normierte, dass der auf vier Jahre gewählte LT 36 Mitglieder zu umfassen hatte. § 8 Abs 2 TLO 1953 enthielt die Regelung über den Sitz des LT in Ibk und eine allfällige Einberufung an einen anderen Ort für die Dauer außerordentlicher Verhältnisse. Die Bestimmung des Art 95 Abs 4 B-VG wurde mit B-VG-Nov BGBl 1959/37 dahingehend abgeändert, dass die Einschränkung für die Länder mit einer Bürgerzahl bis zu 250.000 Einwohnern entfiel. Im Übrigen blieb sie gleich, wodurch sich an den bundesverfassungsrechtlichen Vorgaben für Tirol nichts änderte. Die Beschränkungen in Art 95 Abs 4 B-VG wurden mit Wirkung 01.01.1978 endgültig aufgehoben.7 Die TLO 1953 nahm jedoch keine Änderung in der Zahl der Abg vor. Mit der TLO-Nov LGBl 1975/5 wurde die GP des LT mit fünf Jahren festgelegt, die Zahl der Abg wurde nunmehr in Abs 2 geregelt, und zwar so formuliert wie heute in Art 16 Abs 1 TLO 1989. § 8 Abs 2 wurde zu § 8 Abs 4. Die TLO 1989 übernahm in Art 16 Abs 1 den bisherigen § 8 Abs 2 sowie den wesentlichen Inhalt von § 8 Abs 4 in Art 16 Abs 2. Neu kam mit der TLO 1989 die Regelung im zweiten Satz des Art 16 Abs 2 hin-
5 6 7
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Die Zahl der Mitglieder der LT war gem BGBl 1929/392 demnach wie folgt zu bemessen, dass sie höchstens betrug: bei Ländern mit einer Bürgerzahl bis zu 250.000: sechsundzwanzig. bei Ländern mit einer Bürgerzahl bis zu 500.000: sechsunddreißig, bei Ländern mit einer Bürgerzahl bis zu 1,000.000: achtundvierzig und bei Ländern mit einer Bürgerzahl bis zu 1,500.000: sechsundfünfzig. Felder, Identität 74. BGBl 1977/539.
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zu, wonach der LT auch durch Beschluss an einen anderen Ort einberufen werden darf. Seither ist die Bestimmung unverändert geblieben.
III. Der Landtag als Repräsentativorgan Art 16 Abs 1 TLO 1989 normiert die Zahl der Abg des LT. Die Landes- 3 verfassung ist in der Festlegung der Zahl der Abg frei. Dennoch blieb die Zahl gegenüber der Verfassungsrechtslage vor 1978 bisher unverändert. Im Vergleich mit den anderen Bundesländern weisen Bgld,8 Ktn,9 10 Sbg und Vbg11 dies Zahl an Abg auf, die Stmk12 verfügt über 48 Abg, NÖ13 und OÖ14 über 56, Wien15 über 100.16 Rechtspolitisch wird gelegentlich die Frage einer Reduktion der Zahl der LTAbg (kaum je eine Ausweitung) diskutiert. Dazu ist festzuhalten: Der TLO 1989 verbleibt zwar ein weiter Ermessensspielraum bei der Festlegung der Zahl der Abg, ein Parlament von nur wenigen Abg würde aber wohl keine angemessene Repräsentation gewährleisten, weil eine Berücksichtigung von kleineren Parteien und – bei der Erstellung der Parteilisten – verschiedener Landesteile sowie verschiedener Bevölkerungsschichten kaum mehr möglich wäre.17 Außerdem gilt es zu beachten, dass die Zahl der Abg auch eine Funktionsfähigkeit des Landesparlaments gewährleisten muss. Angesichts der Komplexität sowohl der Landesgesetzgebung als auch der Kontrollaufgaben muss daher eine entsprechende Ausstattung an Mandatsträgern vorhanden sein. 8 9 10 11 12 13 14 15 16
Art 10 Abs 1 Bgld L-VG. Art 8 K-LVG. Art 13 Abs 1 Sbg L-VG. Art 15 Abs 2 Vbg LV. Art 10 Abs 1 Stmk L-VG. Art 8 Abs 1 NÖ LV 1979. Art 16 Abs 1 OÖ L-VG. § 113 Abs 1 iVm § 10 Abs 2 WStV. S auch Koja, Verfassungsrecht 99 (hinsichtlich Stmk auf Basis veralteter Rechtslage). 17 IdS spricht der VfGH davon, dass die Zahl der Repräsentanten nicht so extrem gering sein darf, dass von einem Verhältniswahlsystem nicht mehr die Rede sein kann. Auch auf den Schutz der Minderheiten sei Bedacht zu nehmen (VfSlg 9224/1981; vgl Koja, Verfassungsrecht 102).
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Diese Überlegungen gelten – in freilich eingeschränkter Weise – ebenso im Falle einer Ausweitung der Zahl der Abg, die unter Repräsentationsgesichtspunkten zwar stets begrüßenswert ist, aber organisatorisch die Handhabung des Parlamentarismus auf Landesebene erschweren kann. Auch diesbezüglich besteht ein erheblicher rechtspolitischer Gestaltungsspielraum. Der normative Gehalt des Art 16 Abs 1 TLO 1989 ist im Übrigen bescheiden, da die wesentlichen Regelungen betr die LTAbg in anderen landesverfassungsrechtlichen Bestimmungen getroffen werden oder sich unmittelbar aus bundesverfassungsrechtlichen Vorschriften ergeben: Die Wahl der Abg, die Wahlrechtsgrundsätze und die Gliederung in Wahlkreise sind in Art 17 TLO 1989 geregelt. Die Rechtsstellung der Abg ergibt sich aus den Art 31 (freies Mandat), Art 32 (Immunität) und Art 33 TLO 1989 (Bezüge). Bewerbung, Beginn und Ausübung des Mandats sind in Art 30 geregelt, das Ausscheiden aus der Funktion in Art 34 TLO 1989. Auf die einschlägigen Kommentierungen wird verwiesen. 4 In der Praxis wird im LT auch die Vertretung von Abg zugelassen, eine Besonderheit in Tirol, soweit man von den Karenzierungsregelungen in Sbg18 und Vbg19 absieht. Die TLO 1989 enthält dazu keine Regelung, wohl aber § 15 Tir GO LT, wo die Beurlaubung von Abg normiert ist, sowie § 13 Abs 4 lit b Tir GO LT, in welchem die Einberufung der Ersatzmitglieder geregelt ist. Beide Regelungen wurden durch LGBl 2019/76 dahingehend geändert, dass eine Beurlaubung nunmehr auch für einzelne Sitzungstage möglich ist.20 Die Verfassungskonformität eines „Mandats auf Zeit“ wurde mit Hinweis darauf, dass Art 96 Abs 3 B-VG solche Fälle abschließend regle, bezweifelt,21 dennoch wird man der Tir Regelung Verfassungskonformität attestieren können, da sich Art 96 Abs 3 B-VG iVm Art 56 Abs 2 bis 5 B-VG auf völlig andere Fallkonstellationen bezieht.22
18 19 20 21
Art 38b Sbg L-VG. Art 15 Abs 5 Vbg LV. Dazu näher Bußjäger, ZParl 2010, 45. Wieser, Art 96 B-VG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (1999) Rz 2. 22 Bußjäger, ZParl 2010, 48; s auch, wenngleich auf Basis veralteter verfassungs- und einfachgesetzlicher Rechtslage Koja, Verfassungsrecht 118.
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Aus Art 16 Abs 1 TLO 1989 ergibt sich immerhin, dass der LT aus 36 5 Abg zu bestehen hat, dahingehend „unteilbar“ ist, dass ein kleineres Gremium vorbehaltlich verfassungsrechtlicher Ausnahmen (s dazu nachstehend) nicht an seine Stelle treten darf, und insofern nicht ersetzbar ist, als er von keinem anderen Gremium ersetzt werden darf. Abgesehen davon, dass eine Zweite Kammer, wie schon zu Art 15 TLO 198923 dargelegt, auf Grund von Art 95 Abs 1 B‑VG unzulässig wäre, kann der LT seine Aufgaben grds nur im Plenum mit seinen 36 Abg ausüben. Dies schließt nicht aus, dass es Organe des LT, wie die Ausschüsse24 gibt, denen ebenfalls bestimmte Agenden zukommen können. Bundesverfassungskonform ist es auch, wenn dem Ausschuss für Föderalismus und europäische Integration gem § 4 Abs 2 EUInt-LVG das Recht eingeräumt wird, eine Entschl an Stelle des LT zu fassen.25 Dies deshalb, da es sich nicht um eine von der Bundesverfassung dem LT vorbehaltene Aufgabe (wie die Gesetzgebung iSd Art 95 Abs 1 B-VG) handelt.
IV. Sitz des Landtages A. Landeshauptstadt Innsbruck Art 16 Abs 2 erster Satz TLO 1989 legt die Landeshauptstadt Ibk26 als 6 Sitz des LT fest. Dies entspricht inhaltlich auch den Regelungen aller anderen Landesverfassungen, die ebenfalls die jeweilige Landeshauptstadt als Sitz des LT bestimmen,27 jedoch mit Ausnahme Wiens, für welches dies auf Grund der Identität des Territoriums von Land und Stadt Wien irrelevant ist. Die normative Bedeutung dieser Anordnung besteht darin, dass der LT seine hoheitliche Tätigkeit an diesem Ort entfaltet. Dadurch wird bspw verhindert, dass durch Einberufungen an verschiedene Orte die Willensbildung des LT gestört werden kann. 23 24 25 26 27
Bußjäger, Art 15 (in diesem Band) Rz 1. Vgl dazu Art 23 TLO 1989. Vgl dazu auch Ranacher, § 4 EUInt-LVG (in diesem Band). Art 5 TLO 1989. Ebner-Vogl, Art 11 Rz 2; vgl Art 7 Bgld L-VG, Art 13 K-LVG, Art 5 NÖ LV 1979, Art 17 OÖ L-VG, Art 12 Sbg L-VG, Art 11 Stmk L-VG sowie Art 4 und 14 Abs 1 Vbg LV. S auch, wenngleich auf Basis veralteter Verfassungsrechtslage Koja, Verfassungsrecht 106 f.
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Vom Fall der Verlegung des Landtagssitzes abgesehen28 können Beschlüsse des LT nur in Ibk gefasst werden. Ein konkreter Sitz in Ibk (derzeit im Landhaus 1, Trakt Altes Landhaus) ist allerdings nicht vorgegeben. So steht die TLO 1989 nach der hier vertretenen Auffassung einer temporären oder dauerhaften Sitzverlegung des LT im Gemeindegebiet der Landeshauptstadt Ibk nicht entgegen.29 Die Anordnung des Art 16 Abs 2 erster Satz TLO 1989 ist so zu verstehen, dass sie sich nicht nur auf den LT als Plenum, sondern auch auf seine Ausschüsse und anderen Organe (Präsidium, Obleuterat) bezieht.30 IdS wäre eine Dekonzentration von Teilen des LT außerhalb von Ibk unzulässig.31 Andererseits steht es Art 16 Abs 2 erster Satz TLO 1989 nicht entgegen, dass der LT oder seine Ausschüsse Exkursionen unternehmen, sofern dort keine Beschlüsse gefasst werden.32 Ebenso kann der LTPräs im Rahmen der Landtagspräsidentenkonferenz an einem Ort außerhalb des Sitzes des LT tätig werden.33 28 S sogleich im Folgenden. 29 Wieser, Art 5 Rz 2, vertritt demgegenüber hinsichtlich der Regelung betr den NR die Auffassung, dass dieser auch ständig an einem einmal so bestimmten Ort in Wien zu tagen hätte. Dies ist als zu weitgehend zu betrachten. Die Sitzregelung soll verhindern, dass der LT aus unsachlichen Erwägungen an einen anderen Ort des Landes einberufen wird und es womöglich Abg erschwert würde, an der Sitzung teilzunehmen, was innerhalb von Ibk kein ernsthaftes Problem darstellen kann. 30 IdS zur vergleichbaren Regelung des Art 11 Stmk L-VG Ebner-Vogl, Art 11 Rz 5; Wieser, Art 5 Rz 2. 31 Vgl Ebner-Vogl, Art 11 Rz 5. 32 Insoweit gleicher Meinung Ebner-Vogl, Art 11 Rz 6. Diese Autorin ist allerdings sogar der Meinung, dass Gesetzesbeschlüsse (im Falle des Stmk LT) im Rahmen eines „gelegentlichen Zusammentritts“ außerhalb von Graz gefasst werden können. Dem kann hier nicht gefolgt werden. Vgl etwa Bachmann, Art 36 Rz 15. Wieser, Art 5 Rz 2, vertritt demgegenüber die Auffassung, dass etwa Untersuchungsausschüsse des NR fallweise außerhalb Wiens tagen könnten, etwa zur Abhaltung eines Lokalaugenscheins. Insgesamt erscheint die Frage, inwieweit Parlamentsorgane in Österreich außerhalb ihres Sitzes förmliche Tätigkeit entfalten können, als sehr umstritten. 33 In der Landtagspräsidentenkonferenz werden grds nur informale, nicht bindende Beschlüsse gefasst. Dies gilt allerdings nicht in der – praktisch allerdings völlig bedeutungslosen – Ständigen Integrationskonferenz der Länder, in der die LTPräs gemeinsam mit den LH vertreten sind und in der grds (aber nicht in der Praxis) die einheitlichen Stellungnahmen der Länder gem Art 23d B-VG abgestimmt werden sollten. Soweit ersichtlich ist die Frage,
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Aus Art 16 Abs 2 erster Satz TLO 1989 resultiert weiters keine Bindung des LTPräs, wie auch der Vizepräsidenten, iSe Residenzpflicht wie sie früher für Staatsorgane gelegentlich vorgesehen war. Fasst der LT an einem anderen Ort Beschlüsse, ohne dass die Voraussetzungen des Abs 2 vorliegen, so sind allfällige LG auf verfassungswidrige Weise zustande gekommen,34 während sonstige Beschlüsse des LT mangels Fehlerkalküls als absolut nichtig zu behandeln wären.
B. Einberufung an einen anderen Ort 1. Allgemeines Art 16 Abs 2 zweiter Satz TLO 1989 regelt die ausnahmsweise Einbe- 7 rufung an einen anderen Ort. Dies bedeutet, dass der LT an diesem anderen Ort tagen und dort Beschlüsse fassen darf. Der Sitz wird dadurch aber nicht verlegt. Dieser verbleibt gem der Anordnung des Art 16 Abs 2 erster Satz TLO 1989 in Ibk.
2. Außerordentliche Verhältnisse Die erste Alternative in Art 16 Abs 2 TLO 1989 ist ein Element landes- 8 verfassungsrechtlichen Notstandsrechts (s auch Art 44 Abs 5 TLO 1989 betr die Sitzverlegung der LReg, Art 53 TLO 1989 betr die Notverordnungen).35 Sie erlaubt die Einberufung des LT für die Dauer außerordentlicher Verhältnisse an einen anderen Ort. Die Einberufung ist im Gegensatz zu den besonderen Ausnahmefällen nicht an einen vorgängigen Beschluss des LT gebunden. Dies deshalb, weil die außerordentlichen Verhältnisse es mitunter gar nicht ermöglichen, einen solchen Beschluss in Ibk zu fassen. Die Beurteilung, ob außerordentliche Verhältnisse vorliegen, trifft daher das einberufende Organ, idR der LTPräs.36 Liegt dass die LTPräs dabei außerhalb des Sitzes der jeweiligen LT tätig würden, niemals diskutiert worden. 34 So Laurer, Qualifizierte Mehrheitserfordernisse und Bezeichnungsgebot in der Bundesgesetzgebung, in Jabloner et al (Hg), Vom praktischen Wert der Methode – FS Mayer (2011) 295 (316) zu Beschlüssen von BG, die der NR, obwohl die Voraussetzungen des Art 25 Abs 2 B-VG nicht vorgelegen haben, an einem anderen Ort als Wien gefasst hat. 35 Dazu auch Gamper, Bestimmungen 80 ff; Koja, Verfassungsrecht 107. 36 Vgl demgegenüber etwa die Rechtslage in der Stmk, wo gem Art 11 Stmk L-VG die Sitzverlegung an einen Antrag der LReg gebunden ist.
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ein Stellvertretungsfall vor, so kann auch ein Vizepräsident den LT einberufen. Mit dem Begriff der außerordentlichen Verhältnisse wird an Art 5 Abs 2 B-VG angeknüpft, wonach der BPräs für „die Dauer außerordentlicher Verhältnisse“ auf Antrag der BReg den Sitz oberster Organe des Bundes in einen anderen Ort des Bundesgebietes verlegen kann.37 Darunter ist ein elementarer, atypisch auftretender Krisenfall zu verstehen.38 Außerordentliche Verhältnisse müssen also solche sein, die ein Zusammentreten in Ibk verunmöglichen (Naturkatastrophen, aber auch politische Unruhen) oder ein solches als in höchstem Maße bedenklich erscheinen lassen (zB akute Terrordrohung gegenüber dem LT).39 Ergibt sich im Nachhinein, dass ein Zusammentreten in Ibk durchaus möglich und ungefährlich gewesen wäre, so stellt dies allein die Verfassungskonformität der Einberufung an einen anderen Ort noch nicht in Frage. Entscheidend ist vielmehr eine ex-ante-Betrachtung. Sind die Verhältnisse so gestaltet, dass eine Einberufung auch an einen anderen Ort nicht oder nicht rechtzeitig erfolgen kann, greift das Notverordnungsrecht der LReg gem Art 53 TLO 1989.40 Die Einberufung an einen anderen Ort für die Dauer außerordentlicher Verhältnisse ändert nichts daran, dass Ibk weiterhin der Sitz des LT bleibt. Sind die außerordentlichen Verhältnisse nicht mehr gegeben, ist der LT wieder an seinen Sitz in Ibk einzuberufen, eines Beschlusses des LT oder einer anderen Maßnahme bedarf es nicht.41
3. Besondere Ausnahmefälle 9 Art 16 Abs 2 zweiter Satz TLO 1989 erlaubt es dem LT außerdem, für besondere Ausnahmefälle den LT an einen anderen Ort einzuberufen. Welcher Art diese besonderen Ausnahmefälle sein können, sagt die 37 Vgl Gamper, Bestimmungen 81; Wieser, Art 5 Rz 3 f. 38 Gamper, Bestimmungen 81; Wieser Art 5 Rz 4. S auch die Kommentierung von Schmid, Art 44 (in diesem Band). 39 Vgl Grabenwarter, Art 4 Rz 6. 40 Vgl auch Ebner-Vogl, Art 11 Rz 7. 41 S demgegenüber die Rechtslage in der Stmk Ebner-Vogl, Art 11 Rz 8 f. Offenbar aM Wieser, Art 25 Rz 5, der hinsichtlich des NR der Auffassung ist, dass der Wegfall der Voraussetzungen mittels contrarius actus zur ursprünglichen Sitzverlegung (durch den BPräs auf Vorschlag der BReg) festgestellt werden muss.
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Landesverfassung nicht. Klargestellt ist immerhin, dass es sich nicht um außerordentliche Verhältnisse handeln muss. Art 16 Abs 2 zweiter Satz TLO 1989 ist jedoch insoweit klar, als die Sitzverlegung tatsächlich nur in exzeptionellen Fällen, die „außerordentlichen Verhältnissen“ iSd zweiten Alternative gleichkommen, stattfinden darf. Zu fordern ist eine sachliche Begründung. Die Bestimmung ermöglicht insb auch, dass sich der LT etwa im Rahmen des sog 3er-LT an einem anderen Ort gemeinsam mit den LT von Südtirol und Trentino einfindet.42 Die Einberufung an einen anderen Ort setzt einen entsprechenden Beschluss des LT (Art 27 TLO 1989) voraus. Er ist somit nicht erst dann zu fassen, wenn der Ausnahmefall eingetreten ist, sondern bereits vorher.43 Ein Landtagsbeschluss, der eine Einberufung an einen anderen Ort anordnen würde, ohne dass ein Ausnahmefall gegeben ist, wäre mangels eines Fehlerkalküls wohl als absolut nichtig zu betrachten.44
42 Dies war den Mat zufolge auch die Motivation der Einfügung der Regelung über die Einberufung an einen anderen Ort nach Beschluss des LT mit der TLO 1989 (EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 55). S auch Morscher, Verfassungsrecht 52 f. 43 Schwamberger/Ranacher, Landesordnung 41. 44 Vgl demgegenüber Schmid, Art 44 (in diesem Band) Rz 18, der im Falle einer rechtswidrigen Sitzverlegung auf das Instrument des Misstrauensvotums des LT verweist.
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Artikel 17* Wahl (1) Die Abgeordneten werden von den nach Abs. 2 Wahlberechtigten aufgrund des gleichen, unmittelbaren, persönlichen, freien und geheimen Wahlrechtes nach den Grundsätzen der Verhältniswahl gewählt. (2) Zum Landtag wahlberechtigt sind: a) alle Landesbürger, die spätestens am Tag der Wahl das 16. Lebensjahr vollendet haben und vom Wahlrecht nicht ausgeschlossen sind, und b) österreichische Staatsbürger, die vor der Verlegung ihres Hauptwohnsitzes in das Ausland diesen in Tirol hatten, spätestens am Tag der Wahl das 16. Lebensjahr vollendet haben und vom Wahlrecht nicht ausgeschlossen sind, für die Dauer ihres Aufenthaltes im Ausland, längstens für zehn Jahre. (3) Zum Landtag wählbar ist jeder nach Abs. 2 lit. a zum Landtag Wahlberechtigte, der spätestens am Tag der Wahl das 18. Lebensjahr vollendet hat. (4) Ein Ausschluss vom Wahlrecht oder von der Wählbarkeit kann, auch in jeweils unterschiedlichem Umfang, nur durch Landesgesetz als Folge rechtskräftiger gerichtlicher Verurteilung vorgesehen werden. (5) Der Wahltag muß ein Sonntag oder ein gesetzlicher Feiertag sein. (6) Das Landesgebiet ist für die Wahl in räumlich geschlossene Wahlkreise zu teilen. Ihre Grenzen dürfen die Grenzen der politischen Bezirke nicht schneiden. Die Anzahl der Abgeordneten, die in den einzelnen Wahlkreisen zu wählen sind, richtet sich nach dem Verhältnis der Anzahl der Landesbürger, die nach dem endgültigen Ergebnis der letzten Volkszählung in den Wahlkreisen den Hauptwohnsitz hatten. *
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Der Autor bedankt sich bei Univ.-Ass. Mag. Daniel Wachter für die Unterstützung.
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(7) Die Bildung der Wahlkreise, die Festlegung der auf die einzelnen Wahlkreise entfallenden Anzahl von Abgeordneten, die Wahlbehörden und das Wahlverfahren werden durch Landesgesetz geregelt. (8) Bei der Regelung des Wahlverfahrens ist sicherzustellen, dass den Wahlberechtigten die Ausübung des Wahlrechtes möglichst erleichtert wird. Wahlberechtigten, die voraussichtlich am Wahltag verhindert sein werden, ihre Stimme vor der Wahlbehörde abzugeben, können ihr Wahlrecht auf Antrag durch Briefwahl ausüben. Die Identität des Antragstellers ist glaubhaft zu machen. Der Wahlberechtigte hat durch Unterschrift an Eides statt zu erklären, dass die Stimmabgabe persönlich und geheim erfolgt ist. LGBl samt Erläuterungen: LGBl 1988/61 (X. GP AA 141/88 AB 141/88); LGBl 2003/31 (XIII. GP RV 64/03 AB 64/03); LGBl 2008/7 (XIV. GP RV 480/07 AB 480/07); LGBl 2012/147 (XV. GP RV 562/12 AB 562/12) Judikatur: VfSlg 8852/1980 (Unbedenklichkeit der Voraussetzungen eines Grundmandates und einer 5 % Sperrklausel im Lichte des Verhältniswahlrechts); VfSlg 8853/1980 (Zurückziehung von Unterstützungserklärungen); VfSlg 15.645/1999, 16.146/2001 (Prüfung von Stimmzetteln) Literatur: Ebner-Vogl, Art 10 Stmk L-VG, in Grabenwarter (Hg), Steiermärkische Landesverfassung (2013); Gamper, Staat und Verfassung4 (2018) 216 ff und 220 f; Hacksteiner/Ranacher, Wahlrechtliche Homogenität und Landesbürgerschaft, in Gamper (Hg), Entwicklungen des Wahlrechts am europäischen Fallbeispiel (2010) 417 ff; Koja, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer2 (1988) 100 ff; Mayrhofer, Landtagswahlen und Direkte Demokratie, in Pürgy (Hg), Das Recht der Länder I (2012) 153 ff; Morscher, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer. 7. Tirol (1991) 53 ff; Schwamberger/Ranacher, Tiroler Landesordnung 19896: Kommentar (2017) 41 ff
Inhaltsübersicht I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben................................. 1 II. Völker- und unionsrechtliche Vorgaben................................ 6 III. Entstehungsgeschichte.............................................................. 8 IV. Wahlrechtsgrundsätze............................................................... 9 A. Verhältniswahl...................................................................... 9 B. Gleiches Wahlrecht............................................................... 12 C. Unmittelbares Wahlrecht.................................................... 13 D. Freies Wahlrecht.................................................................... 14 E. Persönliches Wahlrecht........................................................ 15 F. Geheimes Wahlrecht............................................................. 16 229
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V. Wahlberechtigung...................................................................... 17 VI. Wahltag........................................................................................ 21 VII. Wahlkreise................................................................................... 22 VIII. Wahlverfahren............................................................................ 24
I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben 1 Gem Art 95 Abs 1 zweiter Satz B-VG werden die LT auf Grund des gleichen, unmittelbaren, persönlichen, freien und geheimen Wahlrechtes der nach den Landtagswahlordnungen wahlberechtigten männlichen und weiblichen Landesbürger nach den Grundsätzen der Verhältniswahl gewählt. Art 17 Abs 1 TLO 1989 gibt diese Grundsätze ohne Abweichung wieder. Das B-VG beschränkt den Gestaltungsspielraum der Landesverfassungen allerdings auch hinsichtlich der weiteren Festlegungen, was sich in den folgenden Abs des Art 17 TLO 1989 widerspiegelt.1 Art 95 Abs 2 B-VG bestimmt nämlich, dass die Landtagswahlordnungen die Bedingungen des Wahlrechtes und der Wählbarkeit nicht enger ziehen dürfen als die Bundesverfassung für Wahlen zum NR und die Bedingungen der Wählbarkeit nicht weiter ziehen dürfen als die bundesgesetzlichen Bestimmungen für Wahlen zum NR. Die Länder können in den Landtagswahlordnungen für die Bedingungen des aktiven Wahlrechts daher lediglich günstigere Regelungen vorsehen als das B-VG für die Wahlen zum NR.2 Hinsichtlich des passiven Wahlrechts sind sie fast vollständig dem Bundesrecht verpflichtet, nur wenn sie Voraussetzungen enger ziehen wollen, sind sie „lediglich“ an die Bundesverfassung gebunden. 2 Die Landesverfassung darf daher das aktive Wahlalter nicht höher als bei der Vollendung des 16. Lebensjahres am Wahltag (Art 26 Abs 1 B-VG) und die Wählbarkeit, das passive Wahlrecht, nicht höher als bei der Vollendung des 18. Lebensjahres am Wahltag (Art 26 Abs 4 B-VG), aber auch nicht niedriger ansetzen (s dazu Art 17 Abs 2 und 3 TLO 1989). Der Landesverfassungsgesetzgeber muss auch die bundesverfassungsrechtlichen Vorgaben hinsichtlich des Ausschlusses vom aktiven Wahlrecht (Art 26 Abs 5 B-VG iVm Art 17 Abs 4 TLO 1989) dahingehend beachten, dass er nur günstigere Regelungen vorsehen darf. 1 2
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Lediglich Detailregelungen, etwa hinsichtlich der Art der Stimmabgabe, fallen in die Zuständigkeit der Länder (vgl VfSlg 9547/1982, 10.217/1984). Koja, Verfassungsrecht 100; Ebner-Vogl, Art 10 Rz 7 f.
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Weiters besteht eine Bindung des Landesverfassungsgesetzgebers im 3 Hinblick auf die Ausübung der Briefwahl an die Vorgaben des Art 26 Abs 6 B-VG. Wahlberechtigte, die am Wahltag voraussichtlich verhindert sein werden, ihre Stimme vor der Wahlbehörde abzugeben, etwa wegen Ortsabwesenheit, aus gesundheitlichen Gründen oder wegen Aufenthalts im Ausland, können ihr Wahlrecht auf Antrag unter Angabe des Grundes im Wege der Briefwahl ausüben. Die Identität des Antragstellers ist glaubhaft zu machen. Der Wahlberechtigte hat durch Unterschrift an Eides statt zu erklären, dass die Stimmabgabe persönlich und geheim erfolgt ist (vgl Art 17 Abs 8 TLO 1989). Man spricht idS vom Grundsatz der Homogenität im Wahlrecht, dem Art 17 TLO 1989 verpflichtet ist.3 Vorgegeben wird schließlich auch, dass in Wahlkreisen gewählt wird 4 (Art 95 Abs 3 B-VG). Aus Art 1 B-VG, wonach das Recht der Republik vom Volk ausgeht, leitet der VfGH ab, dass Ausländern (ausgenommen auf Grund unionsrechtlicher Vorgaben, s unter II.) kein Wahlrecht bei der Landtagswahl eingeräumt werden darf.4 Was die Zuerkennung des Wahlrechts für Personen betrifft, die österr Staatsbürger sind, aber ihren Wohnsitz im Ausland haben, ist die Landesverfassung ermächtigt, solchen Personen, die vor Verlegung ihres Hauptwohnsitzes in das Ausland einen Wohnsitz im Land hatten, für die Dauer ihres Auslandsaufenthalts, längstens jedoch für einen Zeitraum von zehn Jahren, das aktive und passive Wahlrecht zuzuerkennen (Art 95 Abs 1 dritter Satz B-VG). Die TLO 1989 trifft im Vergleich zu dieser Vorgabe auf den ersten Blick scheinbar eine engere Regelung: Die betr Personen müssen nämlich vor Verlegung des Hauptwohnsitzes ins Ausland nicht nur ihren Wohnsitz, sondern ihren Hauptwohnsitz im Land haben. Die bundesverfassungsrechtliche Ermächtigung des Art 95 Abs 1 dritter Satz B-VG dürfte diesbezüglich allerdings dahingehend auszulegen sein, dass der dortige Begriff „Wohnsitz“ als „Hauptwohnsitz“ zu verstehen ist, wenn die Landesbürgerschaft im betr Land an den Hauptwohnsitz geknüpft ist.5 Art 17 Abs 2 lit b TLO 1989 steht daher bei diesem Begriffsverständnis im Einklang mit der bundesverfassungsrechtlichen Vorgabe. 3 4 5
Koja, Verfassungsrecht 101; Schwamberger/Ranacher, Landesordnung 44; Ebner-Vogl, Art 10 Rz 7 f; Hacksteiner/Ranacher, Homogenität 417 ff. VfSlg 17.264/2004. So auch Hacksteiner/Ranacher, Homogenität 450 f.
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5 Gem Art 95 Abs 4 B-VG haben die Länder Landtagswahlordnungen zur Regelung des Wahlverfahrens zu erlassen. Diese werden zum materiellen Verfassungsrecht gezählt.6 Vermöge der Vorgaben des Art 95 B-VG unterliegen die Landtagswahlordnungen einer intensiveren Bindung als sonstige einfache Gesetze im Allgemeinen. Sie haben die Aufgabe, die Prinzipien des Wahlrechts in deren Gesamtkonzeption zu verwirklichen.7 Der VfGH spricht davon, dass ein (lediglich) in den Grundzügen einheitliches Wahlrecht geschaffen werden soll.8
II. Völker- und unionsrechtliche Vorgaben 6 Wie schon zu Art 15 TLO 19899 dargestellt, verlangt Art 3 1. ZPEMRK freie Wahlen.10 Aus Art 39 GRC ergeben sich im Hinblick auf den Regelungsbereich des Art 17 TLO 1989 keine weiteren Vorgaben. Art 8 StV von Wien fordert ebenfalls ein demokratisches System. Relevant ist mit Blick auf die in Abs 1 normierte Verhältniswahl, dass der EGMR eine zu hohe Sperrklausel als mit Art 3 1. ZPEMRK unvereinbar betrachtet.11 Konkret wurden 10 % als zu hoch erachtet. Der VfGH betrachtet das Prinzip der Verhältniswahl bei einer Sperrklausel von 5 %12 bzw 4 %13 als jedenfalls gewahrt (dazu näher unter IV. A). 7 Die europäische Kommunalwahl-RL14 sieht vor, dass jeder EU-Bürger, der in einem anderen EU-Land als seinem Herkunftsland wohnhaft ist, unter den gleichen Bedingungen wie Staatsangehörige des betr Landes grds ein aktives und passives Wahlrecht bei den Kommunal6 7 8 9 10
Mayrhofer, Landtagswahlen 161. Mayrhofer, Landtagswahlen 162. VfSlg 3426/1958, 3560/1959, 6106/1969; vgl Ebner-Vogl, Art 10 Rz 8. Bußjäger, Art 15 (in diesem Band) Rz 4. Grabenwarter/Krauskopf, Entwicklungsstufen der Distanzwahl im Spannungsfeld des freien, geheimen und persönlichen Wahlrechts, in Gamper (Hg), Entwicklungen des Wahlrechts am europäischen Fallbeispiel (2010) 145 (162). 11 EGMR U 08.07.2008 (GK), 10.226/03 (Yumak und Sadak gegen Türkei); vgl auch Grabenwarter/Pabel, Europäische Menschenrechtskonvention6 (2016) 465. 12 VfSlg 8852/1980. 13 VfSlg 18.036/2006. 14 RL 1994/80/EG, Abl 1994 L 368/38 idF RL 2013/19/EU, Abl 2013 L 158/231.
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wahlen dieses Landes besitzt. Als Gliedstaat ist Tirol nur insoweit Adressat der RL, als das Land diese Vorgaben im Wahlrecht für die Gemeinden umsetzen muss, nicht aber für die Landtagswahlen.
III. Entstehungsgeschichte § 9 Abs 1 TLO 1921 delegierte die Regelung des aktiven und passiven 8 Wahlrechtes sowie des Wahlverfahrens vollständig an den einfachen Gesetzgeber. § 8 Abs 1 TLO 1953 traf hinsichtlich des Wahlrechtes zum LT praktisch keine Regelung, sondern übertrug die Erlassung der näheren Bestimmungen über die Bildung der Wahlbezirke, die Aufteilung der Abg auf diese, die Wahlberechtigung und Wählbarkeit sowie das Wahlverfahren an die Landtagswahlordnung. Angesichts der dargestellten engen Bindung des Landesgesetzgebers an die Vorgaben der Bundesverfassung (s oben I.) war es auch nicht erforderlich, auf Landesverfassungsebene Regelungen zu treffen, insb dann nicht, wenn er von seinem bescheidenen Spielraum keinen Gebrauch machen wollte. Mit der TLO-Nov LGBl 1974/5 wurde § 8 TLO 1953 neu gefasst. In einem neuen Abs 3 wurde die Regelung über die Wahlkreise präzisiert, das aktive und passive Wahlrecht wurden aber nach wie vor nicht in der TLO 1953 geregelt. Die TLO 1989 orientierte sich in der Gestaltung des Art 17 im Wesentlichen am damaligen Art 26 B-VG. Art 17 Abs 7 und 8 TLO 1989 wurden inhaltlich aus § 8 Abs 3 TLO 1953 übernommen. Mit der TLO-Nov LGBl 2003/31 wurden das aktive und passive Wahlrecht neu geregelt und eine Erweiterung des Kreises der Wahlberechtigten dahingehend vorgenommen, dass auch jene Personen wahlberechtigt waren, die erst zum Stichtag der Wahl das 18. Lebensjahr vollendet hatten.15 Nachdem die B-VG-Nov BGBl I 2007/27 Änderungen im Wahlrecht auf Bundesebene mit sich brachte (Einführung der Briefwahl, Herabsetzung des Wahlalters, Wahlrecht für Auslandsösterreicher) und auf Grund der oben unter I. dargestellten Bindung des Landesverfassungsgesetzgebers Änderungen im Bereich des aktiven und passiven Wahlrechts erforderlich waren, wurden in Art 17 TLO 1989 die Abs 1 15 S auch EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 2003/31, Tir LT XIII. GP, GZ 64/03, 5.
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bis 3 neu gefasst.16 Weiters erhielt Abs 7 seine heute gültige Fassung und es wurde Abs 8 angefügt. Mit der TLO-Nov LGBl 2012/147 erhielten Abs 4 und 5 ihre heute gültige Fassung, womit eine Anpassung an den mit der Wahlrechtsnovelle BGBl I 2011/43 neu gefassten Art 26 Abs 5 B-VG erfolgte.17
IV. Wahlrechtsgrundsätze A. Verhältniswahl 9 Der Wahlrechtsgrundsatz der Verhältniswahl18 steht im Gegensatz zur Mehrheitswahl, die damit ausgeschlossen ist.19 Die Verhältniswahl impliziert, dass sich die Zusammensetzung des LT am Anteil der Parteien an den abgegebenen gültigen Wählerstimmen orientieren muss.20 Wahlarithmetisch bedingte Abweichungen sind zulässig. Welches Wahlverfahren21 zur Anwendung gelangt, wird weder von der Bundesverfassung noch von der TLO 1989 vorgegeben.22 Die TLWO 2017 sieht dazu zwei Ermittlungsverfahren vor. In einem ersten Ermittlungsverfahren (§ 65 TLWO 2017) werden die im Wahlkreis zu vergebenden Mandate auf die Wählergruppen mittels der sog Wahlzahl verteilt. Letztere wird nach einer Variante des sog Hagenbach-Bischoff’schen Verfahrens23 dadurch errechnet, dass die Gesamtsumme der im Wahlkreis für die Wählergruppen abgegebenen gültigen Stimmen durch die um 0,5 vermehrte Zl der Mandate geteilt wird. Die so errechnete und ggf auf die nächstfolgende ganze Zl zu erhöhende Zl ist die Wahlzahl. Jede Wählergruppe erhält so viele Mandate, wie die Wahlzahl in ihrer Parteisumme enthalten ist. Restmandate und Reststimmen werden der Landeswahlbehörde zur Verteilung der 16 LGBl 2008/7. Vgl hiezu auch Schwamberger/Ranacher, Landesordnung 42 f. 17 S die EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 2012/147, Tir LT XV. GP, GZ 562/12, 12. 18 Auch Proporzwahlrecht genannt, s Morscher, Verfassungsrecht 55. Zur Verhältniswahl allgemein Gamper, Staat 220 f. 19 Vgl Ebner-Vogl, Art 10 Rz 29. 20 Vgl Ebner-Vogl, Art 10 Rz 30. 21 Zu den Wahlverfahren allgemein s Gamper, Staat 221. 22 Vgl VfSlg 8694/1979, 8852/1980, 10.217/1984; s auch Morscher, Verfassungsrecht 55 f. S auch Ebner-Vogl, Art 10 Rz 29 f. 23 Vgl zu diesem Verfahren Öhlinger/Eberhard, Verfassungsrecht12 (2019) 171.
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Mandate im sog zweiten Ermittlungsverfahren überwiesen (§ 68 TLWO 2017). Das zweite Ermittlungsverfahren ist nach dem d’Hondt’schen Wahlverfahren ausgestaltet. Dieses führt zu einer vollständigen Verteilung der Mandate. Am zweiten Ermittlungsverfahren nehmen jedoch nur jene Wählergruppen teil, die entweder im ersten Ermittlungsverfahren mindestens ein Mandat (Grundmandat) erlangt haben oder in allen Wahlkreisen zusammen mindestens 5 % der insgesamt abgegebenen gültigen Stimmen erhalten haben (§ 68 Abs 3 TLWO 2017).24 Diese vorgegebene Sperrklausel von 5 % ist vor dem Hintergrund der Judikatur des VfGH zum Verhältniswahlsystem jedenfalls verfassungskonform.25 Der VfGH begründet seine Rsp einerseits damit, dass nicht das Individuum, sondern die jeweilige politische Partei Träger des Rechts auf verhältnismäßige Vertretung ist und andererseits der Idee und dem Wesen der Proportionalität selbst dann entsprochen wird, wenn kleinere Parteien in Ermangelung des Erreichens der Wahlzahl nicht in das Parlament einziehen können.26 Nach der Judikatur des VfGH muss das Wahlsystem der Verhältnis- 10 wahl „Wahlvorschläge und damit eine Beteiligung wahlwerbender Parteien“ vorsehen.27 Das Prinzip der Verhältniswahl wird nicht gefährdet, wenn die Wähler die Möglichkeit haben, ihre persönlichen Präferenzen betr einzelne Wahlwerber besonders zum Ausdruck zu bringen. Die Länder sind diesbezüglich auch nicht an die einfachgesetzlichen Regelungen des Bundes gebunden.28 Das System der Vorzugsstimmen (§§ 53, 54 TLWO 2017), welches da 11 rin besteht, dass die Wähler höchstens an einen Wahlwerber eine Vorzugsstimme auf dem Kreiswahlvorschlag bzw dem Landeswahlvorschlag vergeben können, ist daher verfassungskonform und könnte durchaus weiterentwickelt werden, ohne mit dem Verhältniswahl24 Vgl zum Wahlverfahren nach Art 10 Stmk L-VG Ebner-Vogl, Art 10 Rz 36. 25 VfSlg 1381/1931, 1382/1931, 3653/1959, 8700/1979; vgl Ebner-Vogl, Art 10 Rz 30. 26 VfSlg 19.820/2013. Kritisch Öhlinger/Eberhard, Verfassungsrecht 172 (dort FN 5). Vgl hiezu auch Kössler, Die Gerechtigkeit der Verhältniswahl zwischen Anspruch, Wirklichkeit und verfassungsgerichtlicher Beurteilung, in Gamper (Hg), Entwicklungen des Wahlrechts am europäischen Fallbeispiel (2010) 257 (277 f). 27 VfSlg 9912/1984; Koja, Verfassungsrecht 102. 28 Koja, Verfassungsrecht 103.
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grundsatz in Konflikt zu geraten. Die Mandate sind gem § 66 Abs 1 TLWO 201729 der Reihe nach jenen Wahlwerbern zuzuordnen, deren Zl an Vorzugsstimmen mindestens 30 vH der Wahlzahl im betr Wahlkreis beträgt. Das ist eine in der Praxis recht hohe Schwelle, die selten überwunden werden kann.30
B. Gleiches Wahlrecht 12 Gleiches Wahlrecht bedeutet die Anwendung des gleichen Zählwerts, nicht aber den gleichen Erfolgswert jeder Stimme.31 Es ist im Lichte dieses Wahlrechtsgrundsatzes allerdings nicht problematisch, wenn Stimmen deshalb keine Berücksichtigung finden, weil die wahlwerbende Partei zu wenige Stimmen für einen Einzug in den LT erhalten hat oder auf Grund der Wahlarithmetik Stimmen in einem Wahlkreis ein anderes Gewicht als in einem anderen Wahlkreis haben. Ein derartiges Ergebnis ist allerdings nur gerechtfertigt, wenn sachliche Gründe für diese Wahlarithmetik sprechen.32 Das gleiche Wahlrecht schließt auch nicht aus, dass Menschen, die weder aktiv noch passiv wahlberechtigt sind, sich an einer Wahl nicht beteiligen können und dadurch in weiterer Folge nicht repräsentiert sind. Dies ergibt sich schon aus dem Umstand, dass die Regelungen über das Wahlalter ebenfalls im Verfassungsrang stehen. Es handelt sich hierbei um sachlich gerechtfertigte Einschränkungen des gleichen Wahlrechts. Dies gilt ebenso für den Ausschluss des Wahlrechtes auf Grund gerichtlicher Entscheidungen.33 Ein alternatives rechtspolitisches Modell, das eine Repräsentation nicht wahlberechtigter junger Menschen ermöglichen würde, wäre die Einführung eines Familienwahlrechtes, in welchem Eltern gleichsam auch für ihre Kinder eine Wahlentscheidung treffen könnten. Dieses Modell bedürfte allerdings einer bundesverfassungsrechtlichen Veran29 Vgl hiezu EBRV zur Nov der TLWO 2017 LGBl 2017/74, Tir LT XVI. GP, GZ 229/17, 21. 30 Verfassungswidrig war daher eine LT-Wahlordnung, welche in einem Wahlkreis ca 50 % der abgegebenen Stimmen zur Voraussetzung für ein Grundmandat machte (vgl VfSlg 14.035/1995). 31 Morscher, Verfassungsrecht 54 und 57. S auch VfSlg 1381/1931, 1382/1931, 3653/1959, 6207/1970. S auch Gamper, Staat 216; Ebner-Vogl, Art 10 Rz 22. 32 ZB wenn ein Wahlkreis auf Grund seines „Kinderreichtums“ gegenüber einem „kinderarmen“ Wahlkreis bevorzugt wird. Vgl hiezu Gamper, Staat 216. 33 S § 4 TLWO 2017.
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kerung, gerade weil es dem Konzept des gleichen Zählwerts widerspricht. Aus dem Grundsatz des gleichen Wahlrechts wird auch abgeleitet, dass keine Hürden errichtet werden dürfen, die eine Teilnahme an der Wahl faktisch zunichtemachen.34 Dies kann allerdings ebenso aus dem freien Wahlrecht hergeleitet werden.
C. Unmittelbares Wahlrecht Der Grundsatz des unmittelbaren Wahlrechts verlangt, dass die Mit- 13 glieder der LT von keinem Wahlkörper entsendet werden dürfen, sondern direkt aus den Landtagswahlen hervorgehen müssen. Dies ist durch Art 17 TLO 1989 iVm § 3 TLWO 2017 verwirklicht. So ist etwa ein Dazwischentreten von „Wahlmännern“ ausgeschlossen.35 Das Wahlrecht der TLWO 2017 ist als Listenwahlrecht ausgestaltet. Die Bewerber müssen dabei auf Grund der eingereichten Listen feststehen und dem Wähler bei der Wahl bekannt sein.36
D. Freies Wahlrecht Dieser Wahlrechtsgrundsatz bedeutet, dass die Wahlen in einer Atmo- 14 sphäre stattzufinden haben, die frei ist von Übergriffen und Einschüchterungen durch bestimmte Gruppen. Er gewährleistet dadurch die Entscheidungsfreiheit des Wählers.37 Zur Freiheit der Wahl gehört auch die faire Chance aller wahlwerbenden Parteien, in den LT einzuziehen. Kein Verstoß gegen die Freiheit der Wahl liegt vor, wenn neu antretende Listen in aller Regel über geringere finanzielle Mittel für die Wahlwerbung verfügen. Weiters beinhaltet der Grundsatz des freien Wahlrechts das Recht, Wahlwerbung zu betreiben, sowie das Prinzip der Reinheit der Wahl.38 Darunter wird verstanden, dass die wahlwerbenden Parteien voneinander unterscheidbar sein müssen.39 Außerdem besteht eine Verpflichtung 34 VfSlg 1932/1950, 3969/1961; Ebner-Vogl, Art 10 Rz 22 f. 35 Morscher, Verfassungsrecht 54; s auch Gamper, Staat 218; Ebner-Vogl, Art 10 Rz 24. 36 Vgl Ebner-Vogl, Art 10 Rz 24. 37 Ebner-Vogl, Art 10 Rz 27. 38 Ebner-Vogl, Art 10 Rz 27. 39 Vgl dazu die Verpflichtung zur unterscheidenden Parteienbezeichnung gem § 29 Abs 2 lit a TLWO 2017; s hiezu auch Bußjäger, Zur Unterscheidbarkeit der Bezeichnung wahlwerbender Gruppen, JRP 2004, 199 (202 f).
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zur neutralen Information über die Wahlen durch staatliche Organe. Dazu gehören etwa leicht zugängliche Informationen über das Ausfüllen des Stimmzettels, insb über die Vergabe der Vorzugsstimmen. Diesem Erfordernis wird durch den in § 39 Abs 1 TLWO 2017 vorgesehenen Anschlag der Wahlvorschläge im Wahllokal bzw deren Ausfolgung mit der Wahlkarte gem § 26 Abs 4 TLWO 2017 sowie die Informationen zur Vergabe von Vorzugsstimmen am Stimmzettel entsprochen.40 Im Hinblick auf das passive Wahlrecht ist vor dem Hintergrund des freien Wahlrechts zu beachten, dass niemand gegen seinen Willen in einen Wahlvorschlag aufgenommen werden darf.41
E. Persönliches Wahlrecht 15 Persönliches Wahlrecht bedeutet, dass die Wähler ihr Wahlrecht einerseits selbst ausüben dürfen und andererseits – wenn sie dieses Recht wahrnehmen – auch selbst ausüben müssen, also keine Vertretung des Wählers durch andere Personen erlaubt ist.42 Dies schließt allerdings nicht die Erlassung von Bestimmungen aus, die es bspw seh-, körper- und geistesbehinderten Personen erleichtern, ihr Wahlrecht wahrzunehmen.43 Die Grenze zur Verfassungswidrigkeit ist allerdings überschritten, wenn eine unterstützende Person für die wahlberechtigte Person die Wahlhandlung vornimmt.
F. Geheimes Wahlrecht 16 Das geheime Wahlrecht beinhaltet, dass der Wahlvorgang geheim zu bleiben hat, da nur so ein freier Wettbewerb der Wahlparteien und eine 40 Eine darüber hinausgehende Informationsverpflichtung im Vorfeld der Wahl, etwa über das Internet, die Landeszeitung oder durch Informationsvideos, dürfte wohl nicht verfassungsgesetzlich verlangt sein, sondern unter die allgemeine Informationsverpflichtung der LReg fallen (Art 60a TLO 1989). Vgl zur allgemeinen Informationsverpflichtung der LReg auch Egger, Art 60a (in diesem Band) Rz 6. 41 VfSlg 13.966/1994; Ebner-Vogl, Art 10 Rz 27. 42 Vgl hiezu auch § 42 Abs 1 TLWO 2017; vgl zum Grundsatz des persönlichen Wahlrechts auch VfSlg 5166/1965, 10.412/1985; Morscher, Verfassungsrecht 59; s auch Gamper, Staat 216; Ebner-Vogl, Art 10 Rz 25 f. 43 S § 42 Abs 1 TLWO 2017. Nach § 42 Abs 2 TLWO 2017 gelten als Wähler mit einer Mobilitätseinschränkung oder Wähler mit einer Sinnesbehinderung Personen, denen ein Ausfüllen des Stimmzettels ohne fremde Hilfe gerade nicht zugemutet werden kann; vgl auch Ebner-Vogl, Art 10 Rz 25 f.
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von außen unbeeinflusste Stimmabgabe möglich sind.44 Der Staat ist verpflichtet, wirksame Vorkehrungen zur Einhaltung dieses Grundsatzes zu treffen.45 Dem entsprechen die §§ 38 ff TLWO 2017, welche ua die Ausstattung der Wahlzelle46 sowie die Auszählung der Stimmen47 detailreich regeln. Der VfGH hat nämlich ausgesprochen, dass der Grundsatz des geheimen Wahlrechts wirksame Vorkehrungen zur Geheimhaltung des Wahlvorgangs verlangt. Von einer freien und geheimen Wahl könne nur gesprochen werden, wenn der Wähler die unbedingte Sicherheit empfinde, dass eine Feststellung oder Beobachtung, welche Partei er wähle oder ob er einen leeren Stimmzettel abgebe, unmöglich sei.48 Das geheime Wahlrecht erfährt eine bundesverfassungsrechtlich zugelassene Durchbrechung durch die Briefwahl. Zwar müssen die Wahlberechtigten durch eidesstattliche Erklärung bestätigen, den Stimmzettel unbeobachtet ausgefüllt zu haben, doch gewährleistet dies keineswegs die tatsächliche Einhaltung des Grundsatzes. Diese Einschränkung des geheimen Wahlrechts wird von der Bundesverfassung im Interesse der Ermöglichung einer stärkeren Beteiligung am Wahlakt in einer immer mobileren Gesellschaft hingenommen. Auf das Wahlgeheimnis können die Wähler dann nicht verzichten, wenn Gefahr besteht, dass dadurch andere Wähler in ihrem Recht auf eine geheime Wahl beschränkt werden.49 Kein Aspekt des geheimen Wahlrechts wird berührt, wenn die Echtheit der Unterschriften von Unterstützungserklärungen auf einem Wahlvorschlag durch die Wahlbehörde geprüft wird und diese dadurch von der Identität der Unterstützer Kenntnis erlangt. Das geheime Wahlrecht schützt nämlich nur den Vorgang der Stimmabgabe selbst.50
V. Wahlberechtigung Art 17 Abs 2 und 3 TLO 1989 unterscheidet zwischen dem aktiven und 17 passiven Wahlrecht der Landesbürger bzw einer bestimmten Gruppe 44 45 46 47 48 49 50
Vgl Gamper, Staat 218; Ebner-Vogl, Art 10 Rz 27 f. VfSlg 10.412/1985; Ebner-Vogl, Art 10 Rz 28 f. § 39 TLWO 2017. §§ 57 ff TLWO 2017. VfSlg 3843/1960; Morscher, Verfassungsrecht 58. VwSlg 11.492 A/1984; vgl Morscher, Verfassungsrecht 58 f. VfSlg 8694/1979; Morscher, Verfassungsrecht 58.
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österr Staatsbürger. Landesbürger sind gem Art 3 TLO 1989 jene österr Staatsbürger, die in einer Gemeinde des Landes ihren Hauptwohnsitz haben.51 Das aktive Wahlrecht steht diesen Bürgern mit der Vollendung des 16. Lebensjahres zu, das passive mit der Vollendung des 18. Lebensjahres. Der Spielraum für die Landesverfassung ist in diesem Punkt gering: Sie kann den Kreis der aktiv Wahlberechtigten lediglich ausdehnen, nicht aber einschränken (Art 95 Abs 2 B-VG). Die TLWO 2017 ist ihrerseits wiederum an die landesverfassungsrechtlich festgelegten Grenzen gebunden. Eine schrankenlose Herabsetzung des aktiven Wahlalters wäre jedenfalls unzulässig, da Wählen ausreichende Selbstbestimmung und Eigenverantwortung voraussetzt.52 Ein größerer Spielraum kommt der Landesverfassung in der Frage zu, ob „Auslandstirolern“ ein Wahlrecht eingeräumt werden soll. Die TLO 1989 entscheidet sich, diesen ein Wahlrecht zu gewähren, sofern die betr Person nicht schon seit über zehn Jahren nicht mehr in Tirol lebt, womit keine inhaltlich andere Regelung getroffen wird, als für Wahlen auf Bundesebene (NR- und BPräs-Wahlen).53 Personen, die in Tirol lediglich einen Zweitwohnsitz haben, sind weder aktiv noch passiv wahlberechtigt.54 18 Art 17 Abs 4 TLO 1989 bezieht sich (indirekt) auf § 4 Abs 1 TLWO 2017 iVm § 22 Abs 1 NRWO und ermöglicht den Ausschluss vom aktiven und passiven Wahlrecht als Folge einer gerichtlichen Verurteilung. § 4 Abs 1 und 2 TLWO 2017 treffen dabei Reglungen über den Ausschluss vom (aktiven) Wahlrecht, § 4 Abs 3 und 4 TLWO 2017 über den Ausschluss von der Wählbarkeit. § 4 Abs 4 TLWO 2017 51 Schwamberger/Ranacher, Landesordnung 43; vgl dazu auch Gamper, Art 3 (in diesem Band) Rz 3. 52 Man wird Ebner-Vogl, Art 10 Rz 10 f, folgen können, wonach eine Herabsetzung des aktiven Wahlalters auf das vollendete 14. Lebensjahr noch zulässig sein dürfte. Eine Senkung des passiven Wahlalters unter das 18. Lebensjahr dürfte wegen mangelnder voller Geschäftsfähigkeit in diesem Alter hingegen unzulässig sein. 53 Zur Problematik dieser Regelung im Lichte des Art 95 Abs 2 B-VG durch die Anknüpfung an das Erfordernis des „Hauptwohnsitzes“ in Tirol vor Verlegung desselben in das Ausland im Vergleich zu Art 95 Abs 1 dritter Satz B-VG, der diesbezüglich vom Erfordernis des „Wohnsitzes“ spricht; vgl schon I. sowie Hacksteiner/Ranacher, Homogenität 450 f. 54 § 2 Abs 1 TLWO 2017. Auch zum LT wählbar sind nach § 3 TLWO 2017 nur jene Personen, welche in Tirol ihren Hauptwohnsitz haben.
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legt etwa fest, dass der Ausschluss von der Wählbarkeit nach sechs Monaten endet, wobei die Frist zu laufen beginnt, sobald die Strafe vollstreckt ist und die mit Freiheitsentziehung verbundenen vorbeugenden Maßnahmen vollzogen oder weggefallen sind. Soweit die Strafe nur durch Anrechnung einer Vorhaft verbüßt oder gänzlich bedingt nachgesehen wurde, beginnt der Fristlauf mit der Rechtskraft des Urteils. Im Fall des Widerrufs einer bedingten Strafnachsicht tritt mit dem Tag der Rechtskraft dieses Beschlusses der Ausschluss von der Wählbarkeit ein. Art 17 Abs 8 erster Satz TLO 1989 trägt dem Gesetzgeber darüber hi- 19 naus allgemein auf, dafür Sorge zu tragen, dass möglichst viele Menschen das Wahlrecht wahrnehmen können, und verweist im folgenden Satz auf die Briefwahl.55 Gem § 10 TLWO 2017 ist die Einrichtung von zumindest einer Sonderwahlbehörde pro Gemeinde vorgesehen, welche in Form von sog „fliegenden Wahlkommissionen“ (nach entsprechender vorheriger Antragstellung)56 all jene Personen an ihrem im Gemeindegebiet gelegenen Aufenthaltsort aufsucht, denen es infolge Alter, Krankheit oder sonstiger Gebrechen nicht möglich ist, am Wahltag im Wahllokal zu erscheinen.57 Darüber hinaus kommt Art 17 Abs 8 erster Satz TLO 1989 kein norma- 20 tiver Gehalt dahingehend zu, dass der Landesgesetzgeber zu einem aktiven Handeln verpflichtet wäre. Das passive Wahlrecht umfasst auch das subjektive öffentliche Recht des Gewählten auf Beibehaltung und Ausübung des durch die Wahl übertragenen Amtes.58 Der VfGH betrachtet es generell mit der Bundesverfassung, und zwar mit dem Grundsatz der Repräsentation wie auch dem Prinzip des freien Mandats (Art 56 B-VG, Art 31 Abs 1 TLO 198959), als unvereinbar, dass ein Abg sein Amt verliert, wenn er aus der Partei, in deren Wahlvorschlag er aufgenommen war, ausscheidet.60 Art 17 TLO 1989 sieht keine Wahlpflicht vor. Eine solche würde zwar gegen keine expliziten bundesverfassungsrechtlichen Vorschriften 55 56 57 58 59 60
Schwamberger/Ranacher, Landesordnung 42 f. S § 28 Abs 2 TLWO 2017. Vgl § 28 Abs 1 TLWO 2017. VfSlg 3169/1957, 6106/1969; vgl Morscher, Verfassungsrecht 57. S hiezu näher Rath-Kathrein, Art 31 (in diesem Band) Rz 1 ff. VfSlg 3426/1958, 3560/1959; vgl Morscher, Verfassungsrecht 56 f.
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das aktive Wahlrecht betr verstoßen, wäre aber im Hinblick auf einen (möglichen) Verstoß gegen den Wahlrechtsgrundsatz der Freiheit der Wahl kritisch zu sehen, weil dieser Grundsatz eben auch die „negative Wahlfreiheit“, nicht zur Wahl zu gehen, beinhaltet.
VI. Wahltag 21 Der Wahltag hat ein Sonntag oder ein gesetzlicher Feiertag61 zu sein. Art 26 Abs 2 B-VG trifft eine inhaltlich gleiche Regelung für die Bundesebene. Die TLO 1989 wäre allerdings befugt, davon abzuweichen, weil es sich um keine Frage des aktiven oder passiven Wahlrechts handelt, hinsichtlich welcher die Landesverfassungen keine einschränkenden Regelungen gegenüber den bundesverfassungsrechtlichen Vorgaben erlassen können. Die Festlegung auf einen Sonntag bzw gesetzlichen Feiertag hat praktische Gründe, da an einem solchen Tag die Aussicht besteht, dass möglichst viele Wahlberechtigte von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen können und nicht durch berufliche Verpflichtungen anderweitig gebunden sind. Rechtspolitisch könnte sich dieser Zweck verflüchtigen, wenn es Instrumente wie e-voting ermöglichen, das Wahlrecht flexibel in Anspruch zu nehmen. E-voting ist allerdings nach aufrechter Judikatur des VfGH unzulässig.62 Die Einführung von e-voting würde daher zunächst einer bundesverfassungsgesetzlichen Ermächtigung bedürfen.
VII. Wahlkreise 22 In Einklang mit Art 26 Abs 3 B-VG sieht Art 17 Abs 6 TLO 1989 eine Gliederung des Landesgebietes in Wahlkreise vor. Eine bestimmte Zl von Wahlkreisen (vgl § 1 Abs 2 TLWO 2017) gibt weder die Bundesver61 Nach § 1 Abs 1 Feiertagsruhegesetz 1957, BGBl 1957/153 idF BGBl I 2019/22 gelten folgende Tage als bundesweite gesetzliche Feiertage: 1. Jänner (Neujahr), 6. Jänner (Heilige Drei Könige), Ostermontag, 1. Mai (Staatsfeiertag), Christi Himmelfahrt, Pfingstmontag, Fronleichnam, 15. August (Mariä Himmelfahrt), 26. Oktober (Nationalfeiertag), 1. November (Allerheiligen), 8. Dezember (Mariä Empfängnis), 25. Dezember (Weihnachten) und 26. Dezember (Stephanstag). 62 VfSlg 19.592/2011 zu den Bestimmungen der Hochschülerinnen- und Hochschülerschaftswahlordnung 2005 über das e-voting.
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fassung noch die TLO 1989 dem Gesetzgeber vor.63 Es muss sich aber um eine Mehrzahl von Wahlkreisen handeln.64 Wahlkreise sind räumliche Einheiten, „die nicht das ganze Gebiet, für das der zu wählende Vertretungskörper bestimmt ist […] umfassen, sondern in die dieses Gebiet gegliedert wird“.65 Es muss sich um räumlich geschlossene Gebiete von Exklaven und Enklaven handeln. Damit soll einem sog „Gerrymandering“66 entgegengewirkt werden, nämlich einer Anordnung der Wahlkreise, die sich an den parteipolitischen Präferenzen der dort lebenden Bevölkerung orientiert. Derart missbräuchliche Einteilungen können nämlich zu einer Verzerrung des Wahlergebnisses führen, wobei die Gefahr freilich beim Mehrheitswahlrecht deutlich größer als beim Verhältniswahlrecht ist. Weiters ist auf die Proportionalität zu achten: Die in den Wahlkreisen zu wählenden Abg müssen der Bürgerzahl des Wahlkreises entsprechen. Die Wahlkreise dürfen allerdings nicht so klein sein, dass dadurch ein Systemwechsel von einem Verhältniswahlsystem zu einem Mehrheitswahlsystem oÄ bewirkt würde.67 § 1 Abs 2 TLWO 2017 teilt das Land in folgende Wahlkreise ein: 23 1. Wahlkreis Innsbruck-Stadt, bestehend aus dem Gebiet des politischen Bezirkes Innsbruck-Stadt; 2. Wahlkreis Innsbruck-Land, bestehend aus dem Gebiet des politischen Bezirkes Innsbruck-Land; 3. Wahlkreis Imst, bestehend aus dem Gebiet des politischen Bezirkes Imst; 4. Wahlkreis Kitzbühel, bestehend aus dem Gebiet des politischen Bezirkes Kitzbühel; 5. Wahlkreis Landeck, bestehend aus dem Gebiet des politischen Bezirkes Landeck; 6. Wahlkreis Lienz, bestehend aus dem Gebiet des politischen Bezirkes Lienz; 7. Wahlkreis Reutte, bestehend aus dem Gebiet des politischen Bezirkes Reutte; 63 64 65 66 67
Vgl zur Rechtslage in der Stmk Ebner-Vogl, Art 10 Rz 29 f. Koja, Verfassungsrecht 105; VfSlg 8321/1978, 8852/1980. Koja, Verfassungsrecht 105; VfSlg 8321/1978, 8852/1980. Vgl zum Begriff „Gerrymandering“ im Detail Kössler, Gerechtigkeit 269. Koja, Verfassungsrecht 105; VfSlg 8700/1979.
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8. Wahlkreis Schwaz, bestehend aus dem Gebiet des politischen Bezirkes Schwaz.
VIII. Wahlverfahren 24 Art 17 Abs 7 TLO 1989 delegiert die Festlegung der Details über die Einteilung in Wahlkreise und das Wahlverfahren an den einfachen Gesetzgeber, der dies in der TLWO 2017 vorgenommen hat. Die TLWO 2017 wird – wie bereits oben unter I. darauf hingewiesen – zum materiellen Verfassungsrecht gezählt,68 weil sie die Organe und Verfahren der Gesetzgebung regelt und es sich somit um eine Ausführungsbestimmung zur Verfassung handelt. Die Zl der in jedem Wahlkreis zu wählenden Abg ist gem § 1 Abs 3 TLWO 2017 zu ermitteln. Die Aufteilung der Mandate erfolgt nach der Bürgerzahl, wobei dazu auf die Ausführungen unter IV.A. zu verweisen ist.
68 Mayrhofer, Landtagswahlen 161.
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Artikel 18 Gesetzgebungsperiode (1) Die Abgeordneten werden auf fünf Jahre gewählt. Die Gesetzgebungsperiode beginnt mit dem Tag, an dem der Landtag zur ersten Sitzung zusammentritt. Sie dauert bis zu dem Tag, an dem der neue Landtag zur ersten Sitzung zusammentritt. (2) Die Landesregierung hat die Wahl so rechtzeitig auszuschreiben, dass der neue Landtag frühestens fünf Wochen vor, spätestens jedoch fünf Wochen nach dem Ablauf des fünften Jahres der Gesetzgebungsperiode zur ersten Sitzung zusammentreten kann. LGBl samt Erläuterungen: LGBl 1988/61 (X. GP AA 141/88 AB 141/88); LGBl 2019/71 (XVII. RV 168/19 AB 168/19) Literatur: Ebner-Vogl, Art 12 Stmk LV-G, in Grabenwarter (Hg), Steiermärkische Landesverfassung (2013); Lienbacher, Art 27 B-VG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (2016); Mayerhofer, Landtagswahlen und direkte Demokratie, in Pürgy (Hg), Das Recht der Länder I (2012) 153 ff; Schwamberger/Ranacher, Tiroler Landesordnung 19896: Kommentar (2017) 45
Inhaltsübersicht I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben..................................... 1 II. Entstehungsgeschichte.................................................................. 2 III. Legislaturperiode........................................................................... 3 A. Dauer........................................................................................... 3 B. Beginn und Ende....................................................................... 4 C. Vorzeitige Auflösung................................................................ 5 IV. Rechtswirkungen der Legislaturperiode.................................... 6 V. Ausschreibung der Wahl............................................................... 7
I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben Die Bundesverfassung enthält zur Dauer der Landtagsperiode der LT 1 keine expliziten Vorgaben, sodass die Länder in der Gestaltung grds frei sind. Allerdings ergibt sich aus dem demokratischen Prinzip der Bun245
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desverfassung wie auch aus Art 3 1. ZPEMRK, dass eine zu lange Legislaturperiode unzulässig sein kann.1 Es gibt dazu zwar keine einschlägige Judikatur, man kann jedoch davon ausgehen, dass dem Gestaltungsspielraum des Landesverfassungsgesetzgebers, was eine Verlängerung der Legislaturperiode des LT betrifft, enge Grenzen gesetzt sind. Der Code of Good Practice in Electoral Matters der Venedig-Kommission des Europarats2 gibt hier Anhaltspunkte, auch wenn es sich nur um soft law handelt. Was eine Verkürzung der Legislaturperiode betrifft, so sprechen eher praktische Gründe (Zeit der Regierungsbildung und des „Vorwahlkampfes“ gehen für die Regierungsarbeit verloren) gegen eine GP von unter vier Jahren. Art 18 TLO 1989 lässt, neben der Selbstauflösung gem Art 28 TLO 1989, im Übrigen unerwähnt, dass die Legislaturperiode des LT aus bundesverfassungsrechtlichen Gründen verkürzt sein kann, wenn nämlich der BPräs auf der Grundlage von Art 100 Abs 1 B-VG auf Grund des Antrags der BReg und mit Zustimmung des BR den LT auflöst.3
II. Entstehungsgeschichte 2 Art 18 Abs 1 TLO 1989 entsprach im Wesentlichen § 8 Abs 1 TLO 1953. Allerdings war in der Zwischenzeit mit der TLO-Nov 19654 die Legislaturperiode des LT von vier auf fünf Jahre verlängert worden. Art 18 Abs 2 TLO kam hingegen 1989 neu hinzu. Mit der TLONov 20195 wurde jedoch die darin vorgesehene Frist von ursprünglich zwei Wochen auf nunmehr fünf Wochen verlängert.6
III. Legislaturperiode A. Dauer 3 Art 18 Abs 1 TLO 1989 legt die Dauer einer Legislaturperiode mit fünf Jahren fest. Tirol bewegt sich damit im Einklang mit den meisten ande1 2 3 4 5 6
246
Vgl Ebner-Vogl, Art 12 Rz 5. CDL-AD(2002)023, abrufbar unter: https://www.venice.coe.int/webforms/ documents/default.aspx?pdffile=CDL-AD(2002)023rev2-cor-e (21.10.2019). Vgl Ebner-Vogl, Art 12 Rz 20; Mayrhofer, Landtagswahlen 160. LGBl 1965/29. LGBl 2019/71. S EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 2019/71, Tir LT XVII. GP, GZ 168/19, 2.
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ren Ländern Österreichs, die über eine gleich lange Legislaturperiode verfügen. Lediglich in OÖ sind sechs Jahre festgelegt.7 Die Dauer von fünf Jahren wird in der Praxis selten genau eingehalten.8 Es ist denkbar (s die Ausführungen unter B.), dass die Landtagsperiode länger dauert (weil es aus welchen Gründen auch immer noch nicht zu einem Zusammentreten des neuen LT gekommen ist), die Periode kann aber auch kürzer sein (etwa wegen vorzeitiger Auflösung des LT), wobei die betr GP zumindest so lange fortdauert, bis der neue LT zu seiner konstituierenden Sitzung zusammenkommt.9
B. Beginn und Ende Die Legislaturperiode beginnt gem Art 18 Abs 1 zweiter Satz TLO 4 1989 mit dem Tag des Zusammentretens des LT zu seiner ersten Sitzung. Den spätest möglichen Zeitpunkt für die konstituierende Sitzung legt Art 19 Abs 1 erster Satz TLO 1989 fest, welcher bestimmt, dass der LT spätestens am 35. Tag nach der Wahl zu seiner ersten Sitzung zusammentreten muss.10 Die Periode des neuen LT beginnt nicht etwa mit dem Zeitpunkt des Beginns der ersten Sitzung (konstituierende Sitzung), sondern bereits um 0 Uhr des Tages, an dem das Zusammentreten vorgesehen ist. Sie endet dementsprechend auch nicht mit dem Zeitpunkt, an dem ein neuer LT zusammentritt, sondern bereits um 24:00 Uhr des vorangegangenen Tages. Dies bedeutet, dass die Legislaturperioden rechtlich nahtlos anschließen, aber für wenige Stunden kein funktionsfähiger LT existiert (nämlich von 0 Uhr bis zum Zusammentreten des neugewählten LT). Sollte der Fall eintreten, dass die konstituierende Sitzung, obgleich für einen bestimmten Zeitpunkt angesetzt, aus welchen Gründen auch immer, nicht stattfindet, wird eine ex-post-Betrachtung erfolgen müssen: Die konstituierende Sitzung hat nicht stattgefunden, folglich 7 8
Vgl Art 18 OÖ L-VG. S hiezu auch Mayrhofer, Landtagswahlen 160. So wurden bspw die letzten vier GP vor Ablauf der fünf Jahre beendet. S hiezu auch Schramek, Art 28 (in diesem Band) Rz 7 mwN zu den betr LTBeschlüssen. 9 S Art 28 TLO 1989, oder auch § 81 Tir GO LT. Zur genauen zeitlichen Abfolge s Rz 4. 10 Vgl hiezu auch die EB zur Nov der TLO 1989 LGBl 2014/65, Tir LT XVI. GP, GZ 177/14, 5; oder auch die Nachweise bei Schwamberger/Ranacher, Landesordnung 46.
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verlängert sich die Amtsperiode des noch amtierenden LT. Damit ist sichergestellt, dass es zu keiner nennenswerten Zeitspanne kommt, in welcher das Land über kein Parlament verfügt (auf der Ebene der Regierung treffen die Art 48 und 49 TLO 1989 eine Regelung).
C. Vorzeitige Auflösung 5 Art 18 TLO 1989 erwähnt die Möglichkeit der vorzeitigen Auflösung des LT nicht. Eine solche ist wie dargestellt nach Art 100 Abs 1 B-VG durch den BPräs denkbar,11 aber auch durch Selbstauflösung des LT nach Art 28 TLO 1989.12
IV. Rechtswirkungen der Legislaturperiode 6 Mit dem Beginn einer neuen Legislaturperiode des LT sind folgende Rechtswirkungen verbunden: Die Mitglieder des LT genießen die Rechte als Mitglieder des LT, wie insb das Recht (bzw die Pflicht) auf Teilnahme an den Sitzungen des LT13 und seinen Ausschüssen gem Art 23 Abs 2 TLO 1989, das Recht auf Immunität gem Art 32 TLO 1989 und auf Bezüge nach Art 33 TLO 1989.14 Es gilt das Prinzip der Diskontinuität, welches in § 23 Abs 3 Tir GO LT seinen Ausdruck findet. Anders als auf der Ebene des NR, wo der Grundsatz der sachlichen Diskontinuität nach Art 28 Abs 4 B-VG und § 21 Abs 1a GOG-NR im Hinblick auf nicht erledigte Volksbegehren oder Bürgerinitiativen15, Berichte des RH, der VA oder Bundesrechnungsbeschlüsse16 durchbrochen wird, ist weder nach der Tir Lan11 Vgl hiezu im Detail Pesendorfer, Art 100 B-VG, in Kneihs/Lienbacher (Hg), Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht (2002) Rz 7. 12 Anders als die Auflösung durch den BPräs ändert die Selbstauflösung jedoch nichts an der normativen Geltung des Art 18 TLO 1989; s dazu die Kommentierung von Schramek, Art 28 (in diesem Band) Rz 11 f; s auch Schwamberger/Ranacher, Landesordnung 60 f. 13 Vgl § 14 Abs 1 Tir GO LT. 14 Die Art und Höhe der Bezüge der LTAbg wird durch das L-BezügeG geregelt. 15 Lienbacher, Art 27 Rz 15. 16 Konrath, Art 28 B-VG, in Kneihs/Lienbacher (Hg), Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht (2017) Rz 44.
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Gesetzgebungsperiode
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desverfassung noch nach der Tir GO LT eine Durchbrechung des Diskontinuitätsprinzips vorgesehen.17 Das Prinzip der Diskontinuität ist ein parlamentarischer Grundsatz, der sich aus dem Umstand ergibt, dass das neugewählte Parlament keine rechtliche Kontinuität mit dem vorangegangenen Parlament aufweist.18 Wie dieses Prinzip ausgeformt ist, ist allerdings Sache des Landesgesetzgebers. Die Bundesverfassung enthält diesbezüglich keine Vorgaben, sodass die auf der Ebene der GO des LT getroffenen Regelungen innerhalb der Verfassungsautonomie des Landes gelegen sind. Sämtliche Rechte und Pflichten der ausgeschiedenen Mitglieder des LT erlöschen mit dem Ende der Legislaturperiode. Immunität besteht nicht mehr,19 auch nicht hinsichtlich von Vorgängen, die sich während noch aufrechter Immunität ereignet haben. Lediglich die in Ausübung des Mandats gemachten mündlichen oder schriftlichen Äußerungen bleiben weiterhin von jeder Verantwortung frei.20
V. Ausschreibung der Wahl Die TLO 1989 sieht in Art 18 Abs 2 eine Regelung für die Ausschrei- 7 bung (und Ansetzung) der Landtagswahl vor. Demnach ist die Wahl so auszuschreiben, dass der LT frühestens fünf Wochen vor und spätestens fünf Wochen nach Ablauf der fünfjährigen GP zusammentreten kann. Zu beachten ist weiter die Regelung des Art 19 Abs 1 TLO 1989, wonach der LT spätestens am 35. Tag nach dem Wahltag zur ersten Sitzung zusammenzutreten hat.21 Die Ausschreibung hat durch die LReg zu erfolgen, es wäre landesverfassungswidrig, wenn der Landesgesetzgeber diese Aufgabe an eine andere Behörde delegieren würde. Sollte der LT im Übrigen entgegen der landesverfassungsrechtlichen Vorschrift nicht spätestens am 35. Tag nach erfolgter Wahl zusammentreten, würde Abs 1 zur Anwendung gelangen, wonach die Landtagsperiode bis zum tatsächlichen Zusammentreten des neu gewählten LT dauert. 17 S hiezu auch Schramek, Art 26 (in diesem Band) Rz 15. 18 Vgl zum Grundsatz der Diskontinuität auf der Ebene der Bundesverfassung Konrath, Art 28 Rz 41 ff; oder auch Lienbacher, Art 27 Rz 15. 19 S Art 32 Abs 6 TLO 1989. 20 Vgl Art 32 Abs 1 TLO 1989. 21 Schwamberger/Ranacher, Landesordnung 46.
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Löst sich der LT vor dem Ablauf der GP auf, dann ist die Ausschreibung gem Art 28 Abs 3 TLO 1989 binnen drei Wochen ab dem Zeitpunkt der Auflösung des LT von der LReg vorzunehmen. Der LT könnte ein allfälliges Unterlassen der Ausschreibung der neuen Wahl nicht kompensieren, die LReg würde jedoch verfassungswidrig handeln22 und es wäre die Aufgabe des LT, daraus die verfassungsrechtlichen Konsequenzen zu ziehen, ggf durch ein Misstrauensvotum oder die Anklage von Mitgliedern der LReg beim VfGH gem Art 142 Abs 2 lit d B-VG.
22 IdS auch die die EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 59.
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Artikel 19 Erste Sitzung (1) Der neue Landtag hat spätestens am 35. Tag nach dem Wahltag zur ersten Sitzung zusammenzutreten. Er ist vom Präsidenten des bisherigen Landtages, bei dessen Verhinderung vom ersten Vizepräsidenten und bei dessen Verhinderung vom zweiten Vizepräsidenten des bisherigen Landtages einzuberufen. Ist auch dieser verhindert, so ist der neue Landtag von dem an Jahren ältesten Abgeordneten, bei dessen Verhinderung vom jeweils nächstältesten Abgeordneten des bisherigen Landtages einzuberufen. (2) In der ersten Sitzung hat der Präsident des bisherigen Landtages bis zur Angelobung des Präsidenten des neuen Landtages den Vorsitz zu führen. Ist der Präsident des bisherigen Landtages verhindert oder weigert er sich, den Vorsitz zu führen, so hat der an Jahren älteste anwesende Abgeordnete, im Fall seiner Weigerung der jeweils nächstälteste, bis zur Angelobung des Präsidenten des neuen Landtages den Vorsitz zu führen (Altersvorsitzender). (3) Der Altersvorsitzende hat vor dem Landtag die gewissenhafte Erfüllung seiner Pflichten zu geloben. Die Beifügung einer religiösen Beteuerung ist zulässig. LGBl samt Erläuterungen: LGBl 1988/61 (X. GP AA 141/88 AB 141/88); LGBl 2011/59 (XV. GP RV 235/11 AB 235/11); LGBl 2014/65 (XVI. GP IA 177/14) Literatur: Koja, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer2 (1988) 141; Schwamberger/Ranacher, Tiroler Landesordnung 19896: Kommentar (2017) 46 f
Inhaltsübersicht I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben..................................... 1 II. Entstehungsgeschichte.................................................................. 2 III. Zusammentritt des neugewählten Landtages........................... 3 A. Einberufung............................................................................... 3 B. Tagesordnung............................................................................. 5 IV. Vorsitzführung und Gelöbnis...................................................... 6 251
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I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben 1 Die Bundesverfassung macht den Ländern keine expliziten Vorgaben für die Einberufung des neugewählten LT zu seiner ersten Sitzung.1 Insb gibt es auch keine konkreten Vorschriften, das Gelöbnis von Funktionsträgern betr (Abs 3). Aus der in Art 9 EMRK und Art 14 StGG verankerten Religionsfreiheit ergeben sich allerdings Vorgaben zu religiösen Inhalten von Gelöbnissen. Eine Verpflichtung zu einer religiösen Beteuerung würde gegen das Recht auf (negative) Religionsfreiheit verstoßen.2
II. Entstehungsgeschichte 2 Art 19 Abs 1 TLO 1989 regelte erstmals die Frage, wer den LT zu seiner ersten Sitzung einzuberufen hatte. Abs 2 und 3 entsprachen, soweit es den Altersvorsitzenden betraf, dagegen im Wesentlichen § 11 Abs 1 und 2 TLO 1953. Mit TLO-Nov 20113 wurde Abs 1 sprachlich dahingehend geändert, dass anstelle vom „vierten Dienstag nach dem Wahltag“ nunmehr von „am 30. Tag nach dem Wahltag“ die Rede ist. Mit der TLO-Nov 20144 wurde die in Art 19 Abs 1 TLO 1989 vorgesehene Frist für das Zusammentreten des LT zu seiner ersten Sitzung von 30 Tagen auf 35 Tage verlängert. Dies war zweckmäßig geworden, weil verschiedene Verfahrensschritte (Entscheidung von Wahlwerbern, die Mandate in unterschiedlichen Wahlkreisen sowie auf einem Landeswahlvorschlag errungen hatten, welches Mandat sie annehmen, sowie diverse Fristenläufe) unter Umständen ein Zusammentreten des LT innerhalb der 30 Tage Frist verunmöglichen hätten können.5
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Koja, Verfassungsrecht 141. EGMR U 18.02.1999 (GK), 24.645/94 (Buscarini ua gegen San Marino); in dem diesem Urteil zugrunde gelegenen Fall mussten die Abg des Parlaments von San Marino einen Eid auf die Evangelien schwören. Vgl Grabenwarter/ Pabel, Europäische Menschenrechtskonvention6 (2016) 369. LGBl 2011/59. LGBl 2014/65. Eingehende Darlegung in der Begründung des IA zur Nov der TLO 1989 LGBl 2014/65, Tir LT XVI. GP, GZ 177/14, 4; s auch Schwamberger/Ranacher, Landesordnung 46.
Erste Sitzung
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III. Zusammentritt des neugewählten Landtages A. Einberufung Art 19 Abs 1 regelt die Einberufung des neugewählten LT. Dieser hat 3 spätestens am 35. Tag nach dem Wahltag zur ersten Sitzung (in der Praxis als „Konstituierende Sitzung“6 bezeichnet) zusammenzutreten. Dass die TLO 1989 die Konstituierung des LT unter der Bezeichnung „Erste Sitzung“ in einer eigenen Bestimmung regelt, hat ihre Bedeutung darin, dass der LT erst mit seiner Konstituierung rechtlich existent wird.7 Auf die damit zusammenhängende Regelung des Art 18 Abs 2 TLO 1989 ist hinzuweisen.8 Die Frist soll eine rechtzeitige Ausschreibung der Wahl und damit ein rechtzeitiges Zusammentreten des neuen LT garantieren.9 Die Frist des Art 19 Abs 1 ist eine lex imperfecta und an keine Sanktion gebunden.10 Würde man nämlich die Akte eines später zusammengetretenen LT und der von ihm gewählten LReg als (landes)verfassungswidrig oder gar nichtig betrachten, hätte dies zur Konsequenz, dass es keine funktionsfähigen Staatsorgane in Tirol geben würde. Dass dies nicht iSd Verfassung sein kann, ist offensichtlich. Dessen ungeachtet liegt es im staats- und demokratiepolitischen Interesse, die konstituierende Sitzung jedenfalls innerhalb dieser Frist abzuhalten – was in der Praxis auch stets erfolgt ist –, um den neugewählten LT möglichst rasch arbeitsfähig zu machen.11 6
Vgl dazu zB StenProt zur 1. Sitzung der 1. Tagung am 05.04.1994, Tir LT XII. GP, 19; Sitzungsbericht zur 1. (Konstituierenden) Sitzung am 21.10.2003, Tir LT XIV. GP, 1 ff; Sitzungsbericht zur 1. (Konstituierenden) Sitzung am 28.03.2018, Tir LT XVII. GP, 1 ff. 7 Ebner-Vogl, Art 13 Stmk L-VG, in Grabenwarter (Hg), Steiermärkische Landesverfassung (2013) Rz 12. 8 S hiezu Bußjäger, Art 18 (in diesem Band) Rz 7. 9 Schwamberger/Ranacher, Landesordnung 46. 10 Vgl zur Regelung über das Zusammentreten des NR etwa Lienbacher, Art 27 B-VG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (1999) Rz 20 ff und 24; Konrath, Art 27 B-VG, in Kneihs/ Lienbacher (Hg), Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht (2017) Rz 35 und 37. 11 Die Verlängerung der Frist von 30 auf 35 Tage durch die TLO-Nov LGBl 2014/65 wurde mit Erfahrungen bei der Durchführung der letzten Landtagswahl begründet, wonach sich die Einhaltung der 30 Tage Frist „aufgrund der gesetzlich nach dem Wahltag bis zum Abschluss des Wahlverfahrens er-
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4 Die Einberufung hat durch eines der Mitglieder des bisherigen Landtagspräsidiums zu erfolgen. Die Einberufung ist dabei grds vom LTPräs vorzunehmen und nur bei seiner Verhinderung von einem der beiden Vizepräsidenten.12 Ob eine dieser Personen dem neugewählten LT angehört oder nicht, ist gleichgültig. Der Begriff der „Verhinderung“ ist wie in Art 22 TLO 198913 zu verstehen,14 wo die Vertretung des LTPräs geregelt ist. Eine bestimmte Frist für die Einberufung innerhalb des Zeitraumes der 35 Tage nach dem Wahltag sieht Art 19 Abs 1 TLO 1989 nicht vor. Gem § 41 Abs 5 Tir GO LT hat der LTPräs den LTAbg den Beginn des ersten Sitzungstages und die vorläufige Tagesordnung der Sitzung mindestens eine Woche vor der Sitzung schriftlich mitzuteilen. Darüber hinaus hat er die Sitzungstage und die Tagesordnung der Presse und dem Rundfunk bekannt zu geben sowie an der Amtstafel anzuschlagen. Damit soll eine Transparenz hergestellt und eine zu kurzfristige Einberufung, die dazu führen könnte, dass an der Sitzung möglicherweise nicht alle Mitglieder des LT teilnehmen können, vermieden werden. Sind sämtliche Mitglieder des bisherigen Präsidiums verhindert, so hat die Einberufung der an Lebensjahren älteste Abg des bisherigen LT vorzunehmen, bzw in dessen Verhinderung der nächstälteste. Die Einberufung wird den Mitgliedern des bisherigen LT deshalb anvertraut, weil die Mitglieder des neugewählten LT ja erst mit der Angelobung zu Abg werden. forderlichen Schritte als schwierig erwiesen“ habe (vgl dazu bereits die Ausführungen in Rz 2; weiters Schwamberger/Ranacher, Landesordnung 46 f sowie IA zur Nov der TLO 1989 LGBl 2014/65, Tir LT XVI. GP, GZ 177/14, 5). Die 30 Tage Frist wurde – wie bereits erwähnt – bis zu diesem Zeitpunkt in der Praxis allerdings immer eingehalten. 12 Gleichlautend § 4 Abs 1 Tir GO LT. Eine vergleichbare Regelung erfolgt auch in den anderen Bundesländern (vgl Koja, Verfassungsrecht 141). 13 Dazu Bußjäger, Art 22 (in diesem Band) Rz 4. 14 Der Begriff der Verhinderung wird allerdings auch in Art 17 Abs 8 TLO 1989 angesprochen und dort iZm der Verhinderung des Wahlberechtigten, an der Urnenwahl teilzunehmen, gebraucht. Dass dieses Begriffsverständnis nicht dasselbe sein kann, ist evident. Demgegenüber verwendet auch Art 24 Abs 4 TLO 1989 den Begriff der Verhinderung iZm der Vertretung eines Mitgliedes der LReg in einem Ausschuss des LT durch einen Landesbediensteten, Art 50 Abs 1 und 3 TLO 1989 hinsichtlich der Vertretung des LH oder eines Mitglieds der LReg im Falle der Verhinderung (s dazu Schmid, Art 50 [in diesem Band] Rz 1 ff) sowie Art 70d Abs 4 TLO 1989 iZm der Vertretung eines Mitglieds des LVwG.
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B. Tagesordnung Über den näheren Inhalt der Einberufung äußert sich die TLO 1989 5 nicht. Es ergibt sich aber aus § 45 Tir GO LT, dass die Einberufung eine Tagesordnung enthalten muss, die vom LTPräs bzw jener Person, welche die Einberufung an Stelle des LTPräs vornimmt, erstellt wird. Da es sich um die konstituierende Sitzung handelt, muss die Einberufung zwingend die Wahl und Angelobung des Landtagspräsidiums sowie die Angelobung der einzelnen LTAbg enthalten. Ob auch die Wahl der LReg vorgesehen werden kann, hängt davon ab, ob die Parteienverhandlungen über die Bildung einer neuen LReg bereits abgeschlossen sind. Darüber hinaus ist auch die Wahl der Tir Mitglieder des BR vorzusehen.15 Was die Chronologie der Wahl betrifft, ist es in der Praxis so, dass zuerst die Angelobung der LTAbg erfolgt, dann die Wahl und die Angelobung des LTPräs stattfinden und schließlich die Wahl und Angelobung der Mitglieder der LReg durchgeführt wird. In weiterer Folge werden die Vizepräsidenten des LT gewählt und angelobt sowie die Wahl der Bundesratsmitglieder und deren Ersatzmitglieder vorgenommen.16
IV. Vorsitzführung und Gelöbnis Die konstituierende Sitzung des LT wird vom LTPräs des bisherigen 6 LT eröffnet. Wie schon bei der Einberufung kommt es nicht darauf an, ob dieser auch dem neuen LT angehört. Im Gegensatz zur Einberufung kommt es im Falle seiner Verhinderung allerdings nicht zu einer Vertretung durch die bisherigen Vizepräsidenten.17 Art 19 Abs 2 TLO 1989 sieht vielmehr vor, dass sich der bisherige LTPräs auch weigern kann, den Vorsitz zu führen. In diesem Fall (und ebenso, wenn er verhindert ist), geht die Vorsitzführung auf den sog Altersvorsitzenden über. 15 Vgl dazu auch Art 43 TLO 1989 sowie Art 35 Abs 1 B-VG. S dazu im Übrigen Gamper, Art 35 B-VG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (2017) Rz 30. 16 Vgl hiezu die Tagesordnung für die 1. (Konstituierende) Sitzung der XVII. Gesetzgebungsperiode des Tiroler Landtages am 28. März 2018, abrufbar unter: https://www.tirol.gv.at/fileadmin/landtag/downloads/2018/LT-Tages ordnung_280318-Endfassung.pdf (20.01.2020). 17 Gleichlautend § 4 Abs 2 Tir GO LT.
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Dabei handelt es sich um den ältesten anwesenden Abg, der aus dem Kreis jener Abg zu bestimmen ist, die neu gewählt sind. Das wird auch daraus deutlich, dass die Verfassung in Abs 3 die Angelobung dieser Abg vorsieht. Dies ist bei einem Mitglied des bisherigen LT, wie eben dem bisherigen LTPräs, nicht erforderlich, da er ja schon beim Amtsantritt angelobt wurde. Altersvorsitzender ist der an Jahren älteste Abg. Sind mehrere Abg an Lebensjahren gleich alt, dann zählt das Geburtsdatum. Im extrem unwahrscheinlichen Fall eines auch gleichen Geburtsdatums müsste wohl das Los entscheiden. 7 Die Vorsitzführung, sei es jene des bisherigen LTPräs oder jene des Altersvorsitzenden, endet mit der Angelobung des neuen LTPräs. Es stehen ihm bis zu diesem Zeitpunkt und in dieser Funktion jene Rechte zu, die dem Vorsitzenden im LT, also dem LTPräs, üblicherweise zukommen (so § 4 Abs 4 Tir GO LT). Dies wird in Art 19 TLO 1989 zwar nicht explizit genannt, ergibt sich jedoch aus dem Wesen der Vorsitzführung. § 4 Abs 4 Tir GO LT steht daher mit der Verfassung im Einklang. Mit dem Zeitpunkt seiner Wahl übernimmt der neue LTPräs sein Amt und den Vorsitz in der konstituierenden Sitzung des LT. Dies ergibt sich aus Art 19 Abs 2 Satz TLO 1989 (ebenso § 4 Abs 2 Tir GO LT), wonach der bisherige LTPräs oder der Altersvorsitzende bis zur Angelobung des neuen LTPräs den Vorsitz zu führen hat. 8 Der Altersvorsitzende hat die gewissenhafte Erfüllung seiner Pflichten zu geloben. Die Beifügung einer religiösen Beteuerung ist zulässig, aber nicht geboten,18 was nach dem in Rz 1. Gesagten auch verfassungskonform ist. Das Gelöbnis unterscheidet sich von jenem des Präs und der Abg. Dies deshalb, weil der Altersvorsitzende nur die Aufgabe hat, die Sitzung bis zur Wahl des LTPräs zu führen. Der Altersvorsitzende selbst hat im Anschluss – wie die anderen Abg auch – sein Gelöbnis als Abg oder, wenn er selbst Präs oder Vizepräsident des LT wird, dieses Gelöbnis zu leisten. Es gibt – im Gegensatz zur Angelobung des LTPräs und der Vizepräsidenten gem Art 20 Abs 2 TLO 1989 – keine konkrete Person, in deren Hand der Altersvorsitzende die gewissenhafte Erfüllung seiner
18 Gleichlautend § 4 Abs 3 Tir GO LT.
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Pflichten gelobt. Dies bedeutet, dass er das Gelöbnis vor dem versammelten LT ausspricht.19 Eröffnet der bisherige LTPräs die Sitzung, so hat er nach dem klaren Wortlaut des Art 19 Abs 3 iVm Abs 2 kein Gelöbnis zu leisten. Die TLO 1989 geht offenbar davon aus, dass ihn das bei seinem letzten Amtsantritt geleistete Gelöbnis auch in der konstituierenden Sitzung bindet.
19 Vgl zB StenProt zur 1. Sitzung der 1. Tagung am 23.10.1979, Tir LT IX. GP, 2; StenProt zur 1. Sitzung der 1. Tagung am 10.07.1984, Tir LT X. GP, 2.
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Artikel 20* Landtagspräsident und Vizepräsidenten (1) Der neue Landtag hat in der ersten Sitzung aus seiner Mitte den Präsidenten sowie den ersten und den zweiten Vizepräsidenten zu wählen. (2) Der Landtagspräsident und die Vizepräsidenten haben vor dem Landtag in die Hand desjenigen, der nach Art. 19 Abs. 2 in der ersten Sitzung den Vorsitz führt, die Beachtung der Bundesverfassung und der Landesverfassung, der sonstigen Bundes- und Landesgesetze sowie die gewissenhafte Erfüllung ihrer Pflichten zu geloben. Die Beifügung einer religiösen Beteuerung ist zulässig. (3) Der Landtagspräsident hat von seiner Angelobung an den Vorsitz zu führen. (4) Der Landtagspräsident vertritt den Landtag nach außen. Er übt in den Räumen des Landtages das Hausrecht aus. Bei der Vollziehung der ihm gesetzlich zugewiesenen Verwaltungsangelegenheiten im Bereich des Landtages ist der Landtagspräsident oberstes Verwaltungsorgan. LGBl samt Erläuterungen: LGBl 1988/61 (X. GP AA 141/88 AB 141/88); LGBl 2014/65 (XVI. GP IA 177/14) Literatur: Aigner, Die Landtage, in Dachs et al (Hg), Politik in Österreich. Das Handbuch (2006) 959 (962); Ebner-Vogl, Art 13 Stmk L-VG, in Grabenwarter (Hg), Steiermärkische Landesverfassung (2013) 71 ff; Edtstadler, Die Landtagspräsidentenkonferenz – Versuch einer Auswertung, in Rosner/Bußjäger (Hg), Im Dienste der Länder – im Interesse des Gesamtstaates – FS 60 Jahre Verbindungsstelle der Bundesländer (2011) 163 ff; Koja, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer2 (1988) 145; Pfeifhofer, Der Landtag, in Karlhofer/ Pelinka (Hg), Politik in Tirol (2004) 49 ff; Rosner, Koordinationsinstrumente der österreichischen Länder (2000) 80 ff; Schwamberger/Ranacher, Tiroler Landesordnung 19896: Kommentar (2017) 47 f
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Der Autor dankt Frau Univ.-Ass. Mag. Julia Oberdanner für die Unterstützung.
Landtagspräsident und Vizepräsidenten
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Inhaltsübersicht I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben................................... 1 II. Entstehungsgeschichte................................................................ 2 III. Wahl des Landtagspräsidenten und der Vizepräsidenten...... 3 IV. Angelobung und Antrittsrede................................................... 5 V. Vorsitzführung............................................................................. 7 VI. Aufgaben des Landtagspräsidenten.......................................... 8 A. Allgemeines.............................................................................. 8 B. Sitzungsleitung....................................................................... 9 C. Vertretung nach außen.......................................................... 10 D. Repräsentativfunktionen...................................................... 11 E. Ausübung des Hausrechts..................................................... 12 F. Vollziehung von Verwaltungsangelegenheiten des Landtages................................................................................. 13 VII. Die Rolle der Vizepräsidenten.................................................... 15
I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben Die Bundesverfassung enthält keine konkreten Vorgaben für die Vor- 1 sitzführung im LT bzw die Rolle des LTPräs als oberstes Organ in spezifischen Verwaltungsangelegenheiten. Für den NR sieht Art 30 Abs 1 B-VG vor, dass der NR aus seiner Mitte einen Präs sowie einen zweiten und dritten Präs wählen muss. Der NRPräs ist ua auch zur Ernennung der Bediensteten der Parlamentsdirektion und Wahrnehmung aller Befugnisse in Personalangelegenheiten derselben berufen (Art 30 Abs 4 leg cit), kann den parlamentarischen Klubs zur Aufgabenerfüllung Bedienstete der Parlamentsdirektion zuweisen (Art 30 Abs 5 leg cit) und ist allgemein bei Vollziehung der ihm zustehenden Verwaltungsangelegenheiten oberstes Verwaltungsorgan, das seine Befugnisse allein ausübt. Er darf in den in Art 30 B-VG normierten Verwaltungsangelegenheiten auch VO erlassen (Art 30 Abs 6 leg cit). Unterstützt wird er bei der Wahrnehmung dieser Aufgaben durch die Parlamentsdirektion, der er vorsteht (Art 30 Abs 3 leg cit). In Art 28 Abs 5 B-VG wird zudem die Zuständigkeit des NRPräs zur Einberufung von Sitzungen normiert. In weiteren Bestimmungen des B-VG sind ebenfalls noch Aufgaben des NRPräs verankert, wie zB die unverzügliche Übermittlung von Gesetzesbeschlüssen des NR an den BR (Art 42 Abs 1 B-VG) oder die Vertretung des BPräs bei längerer Verhinderung gemeinsam mit den Vizepräsidenten des NR (Art 64 B-VG). 259
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Wie bereits in der Kommentierung von Bußjäger zu Art 19 TLO 1989 zum Ausdruck gebracht, verpflichten Art 9 EMRK und Art 14 StGG zu einer Gelöbnisformel ohne zwingenden religiösen Inhalt.1
II. Entstehungsgeschichte 2 Art 20 Abs 1 TLO 1989 entsprach im Wesentlichen § 12 Abs 1 TLO 1953. Das bis zur TLO 1989 bestehende Vorschlagsrecht für den LTPräs und die Vizepräsidenten entfiel. Neu erfolgte die Regelung des Abs 4 erster und zweiter Satz, womit nach den EB „eine Lücke“ geschlossen werden sollte.2 Mit der TLO-Nov LGBl 2014/65 wurde in Abs 4 dritter Satz eine Klarstellung über die Rolle des LTPräs als oberstes Organ der Vollziehung in Verwaltungsangelegenheiten vorgenommen.3
III. Wahl des Landtagspräsidenten und der Vizepräsidenten 3 Art 20 Abs 1 TLO 1989 ordnet die Wahl des LTPräs sowie des ersten und zweiten Vizepräsidenten an.4 Die drei Personen müssen dem LT angehören („aus seiner Mitte“). Die Wahl hat in der ersten (konstituierenden) Sitzung des LT zu erfolgen. Im Unterschied zu anderen Landesverfassungen vermeidet die TLO 1989 für das Kollegium von LTPräs und Vizepräsidenten den Begriff „Landtagspräsidium“.5 Für die Wahl gelten keine besonderen Beschlussfassungs- und Anwesenheitserfordernisse, es gelangt somit Art 27 TLO 1989 zur Anwendung. Das bedeutet, es genügt die einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen bei Anwesenheit mindestens der Hälfte der Abg.6 Der VfGH judiziert, dass ungültige Stimmen (also zB ein leerer Stimmzettel) ebenfalls als abgegebene Stimmen zu qualifizieren sind.7 Auch 1 2 3 4 5 6 7
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Bußjäger, Art 19 (in diesem Band) Rz 1. EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 58. IA zur Nov der TLO 1989 LGBl 2014/65, Tir LT XVI. GP, GZ 177/14, 4. S auch Pfeifhofer, Landtag 57. Vgl demgegenüber Art 13 Stmk L-VG (s dazu auch Ebner-Vogl, Art 13 Rz 10) oder Art 14 Abs 2, Art 17, Art 18 Abs 1 und Art 66 Abs 6 Vbg LV. Schwamberger/Ranacher, Landesordnung 47. Vgl demgegenüber noch Koja, Verfassungsrecht 145 zur früheren Rechtslage. VfSlg 15.686/1999 unter Verweis auf VfSlg 634/1926.
Landtagspräsident und Vizepräsidenten
Art 20
wenn sich VfSlg 15.686/1999 auf einen Gesetzesbeschluss bezogen hat, wird man diesen Grundsatz wohl in gleicher Weise auf Wahlen anwenden müssen, für welche ebenfalls Art 27 TLO 1989 heranzuziehen ist. Die TLO 1989 sieht keine Vorschlagsrechte oder eine Berücksichtigung 4 des Parteienproporzes bei der Bestellung des Landtagspräsidiums vor.8 Die Wahl des LTPräs sowie des ersten und zweiten Vizepräsidenten ist daher verfassungsrechtlich eine Mehrheitswahl,9 wobei in der politischen Praxis, abhängig von den Vereinbarungen, die Parteien im Zuge einer Regierungsbildung getroffen haben, eine Verteilung auf mehrere Parteien erfolgt. Aus den in Art 19 TLO 1989 geregelten Abläufen ergibt sich, dass die Wahl des LTPräs die erste inhaltliche Entscheidung ist, die der LT in seiner konstituierenden Sitzung zu treffen hat. Art 20 Abs 1 TLO 1989 trifft keine darüber hinausgehenden Festlegungen, wohl aber § 6 Abs 1 Tir GO LT, wonach der LT nach § 37 leg cit aus seiner Mitte den LTPräs sowie jedenfalls vor der Wahl der Mitglieder und Ersatzmitglieder des BR den ersten und zweiten Vizepräsidenten zu wählen hat. In der Tagesordnung ist die Wahl der beiden Vizepräsidenten daher jedenfalls vor der Wahl der Mitglieder und Ersatzmitglieder des BR durchzuführen. Der Sinn besteht darin, dafür Sorge zu tragen, dass dem LT sofort Stellvertreter für den Fall der Verhinderung des LTPräs zur Verfügung stehen. Mit der Wahl des LTPräs ist nämlich der Altersvorsitzende aus seinem Amt geschieden, und somit kommt keine andere Stellvertretung mehr zum Tragen.10 Für die Abhaltung der Wahlen sind die Regelungen des § 37 Tir GO LT anzuwenden. Neben den sich schon aus Art 27 TLO 1989 ergebenden Beschlussfassungserfordernissen, die in § 37 Abs 1 Tir GO LT wiederholt werden, ist § 37 Abs 2 Tir GO LT maßgeblich, wonach Wahlen im LT mit Stimmzetteln durchzuführen sind, sofern nicht der LT mit einer Mehrheit von mindestens zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen etwas anderes beschließt. Für die geheime Wahl hat der Altersvorsitzende bei der Wahl des LTPräs bzw der Vizepräsidenten zu sorgen. Ergibt sich im Zuge der Stimmenauszählung, dass bspw Stimm8 Schwamberger/Ranacher, Landesordnung 47. 9 Vgl auch Ebner-Vogl, Art 13 Rz 10. 10 Dass die Sorge vor einer möglichen Handlungsunfähigkeit des LT nicht völlig überzogen ist, beweist der Fall des ehemaligen LTPräs von Sbg, Helmut Schreiner, der während einer laufenden Sitzung im LT zusammenbrach und anschließend verstarb.
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zettel in irgendeiner Form markiert waren, stellt dies einen Verstoß gegen den Grundsatz des geheimen Wahlrechts dar. In diesem Fall ist die Wahl zu wiederholen. Für die Wahl des LTPräs bzw der Vizepräsidenten sind Wahlvorschläge einzubringen. Prinzipiell darf jeder Abg einen Wahlvorschlag erstatten, auch der Altersvorsitzende als Leiter des Wahlaktes könnte dies. In der Praxis erfolgen die Wahlvorschläge allerdings durch mehrere Abg der Landtagsfraktionen. Für den Fall, dass keine Mehrheit zustande kommt, trifft § 37 Abs 3 Tir GO LT entsprechende Regelungen. Es ist demnach ein zweiter Wahlgang durchzuführen, in welchen nur jene Kandidaten gelangen, die im ersten Wahlgang die meisten Stimmen erhalten haben, und zwar in der doppelten Anzahl der zu Wählenden. Es gelangen also jeweils die beiden Kandidaten mit der höchsten Stimmenzahl in die engere Wahl. Bei Stimmengleichheit entscheidet das Los, und zwar nicht nur darüber, welche Personen in die engere Wahl gelangen, sondern auch dann, wenn sich in der engeren Wahl Stimmengleichheit ergibt.
IV. Angelobung und Antrittsrede 5 Art 20 Abs 2 TLO 1989 sieht die Regeln für die Angelobung vor. Diese hat vor Amtsantritt zu erfolgen. Die Angelobung hat der bisherige LTPräs oder, wenn der Altersvorsitzende den Vorsitz führt, dieser vorzunehmen. Das Gelöbnis ist vor dem versammelten LT in die Hand entweder des bisherigen LTPräs oder des Altersvorsitzenden zu leisten. Damit wird nicht nur Publizität hergestellt, sondern zum Ausdruck gebracht, dass der LTPräs und die Vizepräsidenten für den LT zu agieren haben. Darüber hinaus ordnet Art 21 Abs 4 TLO 1989 die Möglichkeit der Abberufung an, wodurch die Verantwortlichkeit dieser Funktionsträger dem LT gegenüber sichergestellt wird. In der Praxis wird die Gelöbnisformel vorgelesen, auf welche der Funktionsträger mit „Ich gelobe“ antwortet. Eine allfällige religiöse Beteuerung, die optional ist, muss selbstverständlich keine christliche Beteuerung sein, sie hat sich jedoch darauf zu beziehen, dass die betr Person die Hilfe einer Gottheit oder eines sonstigen übernatürlichen Wesens für die pflichtgemäße Ausübung ihrer Amtstätigkeit erbittet. 6 Die Angelobung ist in der Amtssprache Deutsch (Art 8 Abs 1 B-VG) zu leisten. In der parlamentarischen Praxis kommt es gelegentlich vor, dass Funktionsträger das Gelöbnis in einer anderen Sprache wiederho262
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len, insb, wenn Deutsch nicht ihre Muttersprache ist. Dies wird zugelassen, auch wenn es rechtlich nicht unproblematisch ist: Schließlich kann der Vorsitzende mitunter mangels Sprachkenntnis nicht wissen, was gesagt wurde. Keine Erwähnung in der TLO 1989 findet die dem LTPräs in § 39 Tir GO LT anheimgestellte Antrittsrede. Eine solche findet üblicherweise statt. Über die Antrittsrede kann erst in der folgenden Sitzung des LT eine Debatte stattfinden, sofern dies von mindestens einem Drittel der Abg beantragt wird (§ 39 zweiter Satz Tir GO LT). In der Praxis findet dies offenbar keine Anwendung. Das Gelöbnis wird wohl als Voraussetzung für den Antritt des Amtes interpretiert werden müssen, bestimmt doch Art 20 Abs 3 TLO 1989, dass der Präs von der Angelobung an den Vorsitz zu führen hat. Wenn kein Gelöbnis erfolgt, kann auch der Vorsitz nicht ausgeübt werden. Im Übrigen hätte die Verweigerung des Gelöbnisses als Abg den Mandatsverlust, den der LT beim VfGH zu beantragen hat (Art 34 Abs 3 lit b TLO 1989), zur Folge.11
V. Vorsitzführung Von seiner Angelobung an hat der LTPräs den Vorsitz zu führen 7 (Art 20 Abs 3 TLO 1989). Er übernimmt daher den Vorsitz unmittelbar nach dieser.12 Nach diesem Zeitpunkt ist in der Tagesordnung der konstituierenden Sitzung des LT voranzuschreiten, wobei üblicherweise die Wahl der Vizepräsidenten und im Anschluss die Wahl der LReg folgt.
VI. Aufgaben des Landtagspräsidenten13 A. Allgemeines Art 20 Abs 3 und 4 TLO 1989 nennen vier wichtige Aufgaben des LT- 8 Präs, nämlich die Vorsitzführung (Abs 3), die Vertretung nach außen, 11 Vgl Ebner-Vogl, Art 13 Rz 14; Rath-Kathrein, Art 30 (in diesem Band) Rz 16. 12 IdS auch die EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 58, die von einer Klarstellung sprechen. S auch Schwamberger/Ranacher, Landesordnung 47. 13 Vgl auch Ebner-Vogl, Art 13 Rz 10.
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die Ausübung des Hausrechts und die Vollziehung von Verwaltungsangelegenheiten (jeweils Abs 4). Zu seinen Agenden zählen zudem verschiedene weitere, in der Rechtsordnung positivierte Funktionen, auf die nachfolgend noch eingegangen wird. Dazu kommen bestimmte Repräsentativfunktionen, die nicht ausdrücklich gesetzlich verankert und auch nicht unbedingt als Vertretung des LT nach außen zu qualifizieren sind. In der politischen Praxis wird von einem Parlamentspräsidenten erwartet, nicht parteiisch zu agieren und – trotz einer zwangsläufig bestehenden Loyalität gegenüber der eigenen Partei – die Interessen des gesamten LT insb gegenüber der LReg zu wahren. Auch der Schutz der parlamentarischen Minderheit und ihrer Rechte ist ihm besonders anvertraut. Dies alles geht aus den Buchstaben der Verfassung weniger hervor als aus ihrem Geist.14
B. Sitzungsleitung 9 Der LTPräs führt, wie aus § 18 Abs 1 Tir GO LT hervorgeht, in den Sitzungen des LT generell den Vorsitz. Unter welchen Voraussetzungen eine Stellvertretung durch die Vizepräsidenten stattfindet, wird in der TLO 1989 nicht näher bestimmt. Gem § 18 Abs 1 zweiter Satz Tir GO LT kann sich der Präs allerdings bei der Vorsitzführung „jederzeit“ durch die Vizepräsidenten vertreten lassen. Es ist daher ins alleinige Ermessen des Präs gestellt, inwieweit er die Vorsitzführung in einer Landtagssitzung tatsächlich wahrnimmt. Inhaltlich gehört zu seinen Aufgaben (auch) in der Vorsitzführung, darüber zu wachen, dass die Würde und Rechte des LT gewahrt, die dem LT obliegenden Aufgaben erfüllt und die Verhandlungen ohne un14 Vgl dazu zB auch § 19 Abs 1 Tir GO LT, wonach der LTPräs über die Wahrung der Würde und Rechte des LT, die Aufgabenerfüllung und die Durchführung von Verhandlungen ohne unnötigen Aufschub zu wachen hat. § 19 Abs 3 Tir GO LT ordnet bspw an, dass sich der LTPräs bei der Beurteilung der Gültigkeit von Stimmzetteln bei Abstimmungen am erkennbaren Willen des Abstimmenden bzw Wählenden zu orientieren hat. Zudem werden durch die Landtagsdirektion als administrativem Hilfsapparat des LTPräs Unterlagen für Landtagssitzungen vorbereitet und an alle Fraktionen/ Abg/Regierungsmitglieder zur Information weitergeleitet (vgl dazu auch Aigner, Landtage 962). Aus all diesen Aufgaben geht implizit die Funktion des LTPräs als Interessenswahrer bzw Schützer der parlamentarischen Minderheit hervor.
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nötigen Aufschub durchgeführt werden (§ 19 Abs 2 Tir GO LT). Zu den weiteren Pflichten des Präs als Vorsitzender des LT gehört die Handhabung der GO, wobei er auf deren Einhaltung zu achten hat. Er legt die Tagesordnung des LT nach Anhörung des Obleuterates fest, eröffnet und schließt die Sitzungen, leitet die Verhandlungen, erteilt das Wort, leitet die Abstimmungen und Wahlen und verkündet das Ergebnis. Er entscheidet über die Gültigkeit von Stimmzetteln und hat sich dabei am erkennbaren Willen der Abstimmenden bzw Wählenden zu orientieren (§ 19 Abs 3 Tir GO LT).
C. Vertretung nach außen Die Vertretung des LT, die Art 20 Abs 4 TLO 1989 anspricht, meint 10 eine Vertretung des LT gegenüber der LReg sowie gegenüber anderen Parlamenten. Gegenüber der LReg hat der LTPräs die Aufgabe, die Rechte des LT zu vertreten und auf ihrer Einhaltung zu beharren. Im Kontakt mit anderen LT in Österreich, dem NR, dem BR sowie ausländischen Parlamenten ist es ebenfalls der LTPräs, der den LT vertritt. Diese Vertretungsfunktion ist in erster Linie eine Repräsentationsfunktion. Der LTPräs kann bspw in der Landtagspräsidentenkonferenz keine für den LT rechtlich bindenden Festlegungen treffen, es handelt sich vielmehr um eine Form der Kooperation, die auf Freiwilligkeit und Informalität beruht.15
D. Repräsentativfunktionen Andere Repräsentativfunktionen des LTPräs bestehen etwa darin, in 11 Vertretung des LH das Land bei verschiedenen Anlässen zu repräsentieren. Dabei tritt der LTPräs nicht als Vertreter des LT, sondern als hoher Repräsentant des Landes Tirol auf. Diese Aufgabe ist von der Vertretung des Landes in rechtlicher Hinsicht (gem Art 105 Abs 1 B-VG wird das Land vom LH vertreten, oberstes Organ der Vollziehung sowohl in der Hoheits- und Privatwirtschaftsverwaltung ist die LReg [Art 44 Abs 1 und 2 TLO 1989]) zu unterscheiden. In protokollarischer Hinsicht ist der LTPräs der zweithöchste Repräsentant des Landes nach dem LH, der gem Art 105 B-VG das Land vertritt. 15 Rosner, Koordinationsinstrumente 86 f; Edtstadler in FS 60 Jahre Verbindungsstelle der Bundesländer 177.
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E. Ausübung des Hausrechts 12 Der LTPräs übt in den Räumen des LT das Hausrecht aus (Art 20 Abs 3 TLO 1989, § 19 Abs 2 Tir GO LT). Unter „Hausrecht“ versteht man die Erlassung allgemeiner und individueller Anordnungen über das Verhalten in den Räumen des LT und die Zugänglichkeit dieser Räume. Auf der Grundlage des Hausrechts kann der LTPräs auch Personen aus den Räumen des LT verweisen. Zu diesem Zweck verfügt er über Hoheitsgewalt, die er mit Hilfe von Organen des Landes oder Bundes durchsetzen kann (s dazu auch § 19 Abs 2 Tir GO LT). Die Räume des LT sind der Landtagssaal selbst und die Räume, in welchen die Ausschüsse tagen, sowie die Klubräumlichkeiten der Landtagsfraktionen. Es gibt auch eine Hausordnung für die Sitzungen der Tir LReg, die vom LTPräs bzw in Vertretung von den Vizepräsidenten mit Hilfe des Österreichischen Wachdienstes exekutiert wird.16
F. Vollziehung von Verwaltungsangelegenheiten des Landtages 13 Zum Vergleich ist auf die Bestimmung des Art 30 Abs 6 B-VG hinsichtlich des Präs des NR hinzuweisen. In anderen Landesverfassungen erfolgen ebenfalls entsprechende Klarstellungen.17 14 Die Verwaltungsangelegenheiten des LT, welche vom LTPräs vollzogen werden, sind verschiedener Art: Zum einen übt er die Diensthoheit über die in der Landtagsdirektion sowie beim LRH und der Landesvolksanwaltschaft tätigen Bediensteten aus,18 zum anderen ist er auch bei der Ausübung des Hausrechts als Verwaltungsorgan tätig.19
16 Die derzeit geltende Hausordnung ist vom Mai 2018 datiert und trägt den Namen der LTPräs, eine nähere Aktenbezeichnung oder Fundstelle gibt es nicht. 17 Art 18 Abs 3 Vbg LV. 18 Vgl näher dazu auch Schramek, Art 26 (in diesem Band) Rz 21; Gamper, Art 59 (in diesem Band) Rz 6; Kahl, Art 70 (in diesem Band) Rz 9. 19 Schwamberger/Ranacher, Landesordnung 48.
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§ 9 Abs 4 BezBegrBVG20 verpflichtet den LTPräs, eine Liste zu führen, in welcher bestimmte Angaben über allfällige Nebeneinkünfte von LTAbg enthalten sein müssen.21 Weiters obliegt dem LTPräs die Zuweisung von Klubräumlichkeiten an die einzelnen Fraktionen. Der VfGH hat im Falle des NÖ LTPräs dessen Rolle als oberstes Organ der Vollziehung bei der Öffnung und Räumung eines Zimmers, das einem bestimmten Abg zugewiesen war, unter sinngemäßer Anwendung des Art 30 Abs 3 B-VG klargestellt.22 In Tirol würde sich diese Rolle unmittelbar aus Art 20 Abs 4 TLO 1989 ergeben. In all diesen Angelegenheiten ist der LTPräs oberstes Verwaltungsorgan und gegenüber den Bediensteten der Landtagsdirektion weisungsberechtigt.
VII. Die Rolle der Vizepräsidenten Die Vizepräsidenten haben den LTPräs zu vertreten. Die Stellvertre- 15 tung kann sich auf sämtliche (bspw im Falle einer längeren Erkrankung) wie auch nur einzelne Agenden erstrecken (etwa in einer repräsentativen Angelegenheit).
20 Bundesverfassungsgesetz über die Begrenzung von Bezügen öffentlicher Funktionäre, BGBl I 1997/64 idF BGBl I 2017/166. 21 Vgl § 9 Abs 1 und 3 BezBegrBVG. 22 VfSlg 18.366/2008; vgl dazu auch N. Raschauer, Subjektives Recht von Landtagsabgeordneten auf (ungestörte) Benutzung bestimmter Büroräumlichkeiten? Überlegungen am Beispiel des niederösterreichischen Landesrechts, JRP 2009, 46 ff.
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Artikel 21 Amtsdauer des Landtagspräsidenten und der Vizepräsidenten (1) Der Landtagspräsident und die Vizepräsidenten bleiben bis zu dem Tag im Amt, an dem der neue Landtag zur ersten Sitzung zusammentritt. (2) Der Landtagspräsident und die Vizepräsidenten scheiden vorzeitig aus dem Amt durch a) Amtsverzicht, b) Angelobung als Mitglied der Landesregierung, c) Abberufung durch den Landtag, d) Erlöschen des Mandates. (3) Der Amtsverzicht des Landtagspräsidenten ist gegenüber seinem Stellvertreter, der Amtsverzicht eines Vizepräsidenten ist gegenüber dem Landtagspräsidenten schriftlich zu erklären. Er wird mit dem Einlangen der Verzichtserklärung bei der Landtagsdirektion wirksam und mit der Bekanntgabe des Amtsverzichtes in der nächsten Sitzung des Landtages unwiderruflich. (4) Der Landtag kann den Landtagspräsidenten und die Vizepräsidenten auf Antrag von mehr als der Hälfte der Abgeordneten durch Beschluss abberufen. Zu einem solchen Beschluss ist die Mehrheit von wenigstens zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen erforderlich. LGBl samt Erläuterungen: LGBl 1988/61 (X. GP AA 141/88 AB 141/88) Literatur: Abbrederis/Pürgy, Gesetzgebung der Länder, in Pürgy (Hg), Das Recht der Länder I (2012) 231 (253); Koja, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer2 (1988); Rosner, Koordinationsinstrumente der österreichischen Länder (2000) 80 ff; Schwamberger/Ranacher, Tiroler Landesordnung 19896: Kommentar (2017) 48 f
Inhaltsübersicht I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben..................................... 1 II. Entstehungsgeschichte.................................................................. 2 III. Amtsdauer des Landtagspräsidenten und der Vizepräsidenten. 3 268
Amtsdauer des Landtagspräsidenten und der Vizepräsidenten
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IV. Vorzeitiges Ausscheiden aus dem Amt....................................... 4 A. Amtsverzicht.............................................................................. 5 B. Angelobung als Mitglied der Landesregierung.................... 6 C. Abberufung durch den Landtag............................................. 6 D. Erlöschen des Mandats............................................................. 7 V. Erklärung des Verzichts................................................................ 8 VI. Abberufung..................................................................................... 9
I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben Die Bundesverfassung trifft keine Vorgaben hinsichtlich der in Art 21 1 TLO 1989 geregelten Inhalte, sie trifft auch für den NR keine vergleichbaren Regelungen. Es fällt daher insb in die Verfassungsautonomie des Landes, eine Abberufung des LTPräs bzw der Vizepräsidenten vorzusehen, weil dies auf Bundesebene nicht geregelt ist.
II. Entstehungsgeschichte Die Bestimmung des Art 21 Abs 1 TLO wurde inhaltlich erstmals 1989 2 aufgenommen und sollte der Klarstellung dienen.1 Der Abs 2 sollte eine Lücke schließen. Abs 3 und 4 waren im Wesentlichen neu, wobei Abs 3 lediglich klarstellte, dass ein Verzicht auf das Amt möglich war, während Abs 4 (Abberufungsmöglichkeit des LTPräs und der Vizepräsidenten) überhaupt keine Vorläuferregelung kannte. Die Bestimmung ist seither unverändert.
III. Amtsdauer des Landtagspräsidenten und der Vizepräsidenten In Einklang mit Art 18 Abs 1 TLO 1989 bleibt das neu gewählte Land- 3 tagspräsidium grds bis zu dem Tag im Amt, an dem der neue LT zur ersten Sitzung zusammentritt. Wie zu Art 19 TLO 1989 dargestellt, kann dem bisherigen LTPräs jedoch noch die Funktion zukommen, die konstituierende Sitzung des LT zu leiten.2 1 2
EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 60. S hiezu Bußjäger, Art 19 (in diesem Band) Rz 6 f.
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Von diesem Grundsatz unberührt bleibt allerdings die Möglichkeit eines vorzeitigen Ausscheidens einer dieser Personen aus dem Amt, die in den Abs 2 bis 4 des Art 21 TLO 1989 geregelt wird.
IV. Vorzeitiges Ausscheiden aus dem Amt 4 Art 21 Abs 2 TLO 1989 nennt verschiedene Gründe für ein vorzeitiges Ausscheiden aus dem Amt.
A. Amtsverzicht 5 Zunächst kann der LTPräs wie auch die Vizepräsidenten auf das Amt verzichten. Es besteht kein Amtszwang. Zur Verzichtserklärung s die Ausführungen in Rz 3.
B. Angelobung als Mitglied der Landesregierung 6 Mit der Angelobung als Mitglied der LReg scheidet der LTPräs, wenn er nicht zuvor seinen Amtsverzicht erklärt, aus dem Amt. Die Regelung steht in der Autonomie der Landesverfassung. Das Bundesverfassungsrecht würde es grds nicht ausschließen, dass Mitglieder des LT (und damit auch der LTPräs) der LReg angehören (vgl Art 101 B-VG, wonach die Mitglieder der LReg zum LT wählbar sein müssen, ihm aber nicht anzugehören brauchen).
C. Abberufung durch den Landtag S dazu näher die Ausführungen in Rz 9.
D. Erlöschen des Mandats 7 Zum Erlöschen des Mandats kann es unter den in Art 34 Abs 1 TLO 19893 angeführten Gründen kommen, nämlich durch – Tod, – Verzicht auf das Mandat (vom Verzicht auf das Amt zu unterscheiden, s Abs 3), 3
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Vgl zu dieser Bestimmung auch im Detail Rath-Kathrein, Art 34 (in diesem Band) Rz 1 ff.
Amtsdauer des Landtagspräsidenten und der Vizepräsidenten
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– Erk des VfGH, mit dem die Wahl des Abg aufgehoben oder für nichtig erklärt oder der Verlust seines Mandats ausgesprochen wird, – Ablauf der GP (sei es, weil der LT durch Beschluss vorzeitig aufgelöst wird oder durch den BPräs gem Art 100 Abs 4 B-VG;4 in jedem Fall aber gilt es, Abs 1 zu beachten).
V. Erklärung des Verzichts Der Verzicht ist schriftlich zu erklären. Er ist an den Stellvertreter des 8 LTPräs zu richten, damit grds an den ersten Vizepräsidenten. Die Vizepräsidenten haben ihre Verzichtserklärung an den LTPräs zu adressieren. Wirksam wird die Verzichtserklärung allerdings bereits mit dem Zeitpunkt ihres Einlangens in der Landtagsdirektion. Dies bedeutet, dass keine förmliche Entgegennahme oder gar Annahme der Verzichtserklärung erforderlich ist. Mangels einer ausdrücklichen Regelung in der Landesordnung oder der Tir GO LT, welche das E-Mail als schriftliche Einbringung zulässt, wird man davon auszugehen haben, dass die Verzichtserklärung nicht in einem E-Mail mitgeteilt werden kann. Hingegen wird man – wohl in Einklang mit der Staatspraxis – eine Übermittlung in Form eines mit einer Unterschrift versehenen, gescannten Dokuments als zulässig erachten können. Der Verzicht führt lediglich zum Ausscheiden aus der Funktion des LTPräs oder des Vizepräsidenten. Sofern die Person nicht gleichzeitig auch auf das Mandat als Abg verzichtet, verbleibt sie Mandatar im LT.
VI. Abberufung Die Möglichkeit der Abberufung des LTPräs bzw der Vizepräsidenten 9 durch den LT ist im Vergleich der österr Länder eher ungewöhnlich.5 Damit wird eine Art politischer Verantwortlichkeit des LTPräs und der Vizepräsidenten gegenüber dem LT begründet.6 Der Beschluss des LT erfordert eine qualifizierte Mehrheit von mindestens zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen. Bereits der An4 5 6
Vgl hiezu Bußjäger, Art 18 (in diesem Band) Rz 5. Dies ist möglich in Bgld und OÖ; s zur früheren Rechtslage Koja, Verfassungsrecht 148 f. So auch die EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 61.
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trag muss jedoch von einer Mehrheit der Abg, also von zumindest 19 Abg, unterstützt werden. Im Übrigen sind auf einen solchen Antrag die Bestimmungen der Tir GO LT anzuwenden. Dies bedeutet, dass die Unterstützung auch durch Handzeichen im LT selbst erfolgen kann (§ 24 Abs 1 Tir GO LT) wie auch, dass im Falle des Scheiterns des Antrags ein solcher erst wieder nach einem Jahr eingebracht werden kann (§ 29 Tir GO LT). Die Funktion des LTPräs endet mit der Beschlussfassung über die Abberufung, desgleichen jene der Vizepräsidenten. In diesen Fällen ist eine Ersatzwahl nach Art 22 Abs 2 TLO 1989 vorzunehmen. Hat der LT das gesamte Landtagspräsidium abberufen, findet Art 22 Abs 1 TLO 1989 Anwendung, wonach der an Jahren älteste Abg den Vorsitz im LT übernimmt. Wäre dies eine der abberufenen Personen (der betr Funktionsträger wird ja nur seines Amtes, nicht seines Mandats im LT verlustig), so kann nach der ratio legis nichts Anderes gelten, als dass die Funktion auf den nächstältesten Abg, der nicht zu den Abberufenen gehört, übergeht.
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Artikel 22 Vertretung des Landtagspräsidenten, Neuwahl (1) Ist der Landtagspräsident verhindert oder vorzeitig aus dem Amt geschieden, so wird er durch den ersten Vizepräsidenten vertreten, wenn jedoch auch dieser verhindert oder vorzeitig aus dem Amt geschieden ist, durch den zweiten Vizepräsidenten. Sind der erste und der zweite Vizepräsident verhindert oder vorzeitig aus dem Amt geschieden, so wird der Landtagspräsident durch den an Jahren ältesten Abgeordneten, wenn jedoch auch dieser verhindert ist, durch den jeweils nächstältesten Abgeordneten vertreten. (2) Ist der Landtagspräsident oder ein Vizepräsident vorzeitig aus dem Amt geschieden, so hat der Landtag binnen vier Wochen die Neuwahl durchzuführen. LGBl samt Erläuterungen: LGBl 1988/61 (X. GP AA 141/88 AB 141/88) Literatur: Koja, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer2 (1988); Schwamberger/Ranacher, Tiroler Landesordnung 19896: Kommentar (2017) 49 f
Inhaltsübersicht I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben..................................... 1 II. Entstehungsgeschichte.................................................................. 2 III. Vertretung des Landtagspräsidenten und der Vizepräsidenten.............................................................................. 3 A. Vertretungsfall........................................................................... 3 1. Verhinderung des Funktionsträgers.................................. 4 2. Ausscheiden des Funktionsträgers..................................... 5 B. Vertretungsregelung................................................................. 6 C. Beginn und Dauer der Vertretung......................................... 7 IV. Neuwahl des Landtagspräsidenten oder eines Vizepräsidenten.............................................................................. 8
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I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben 1 Es gibt keine bundesverfassungsrechtlichen Vorgaben über die Rechtsgrundlagen für das Organ des LTPräs. Das B-VG regelt lediglich, dass aus der Mitte des NR ein erster, zweiter und dritter NRPräs zu wählen ist (Art 30 Abs 1 B-VG). Die Regelung der Stellvertretung des LTPräs sowie eine allfällige Neuwahl des LTPräs bzw eines Vizepräsidenten fallen in die Verfassungsautonomie der Länder.1
II. Entstehungsgeschichte 2 Die Regelungen des Art 22 Abs 1 TLO 1989, soweit sie über die Vertretung durch die Vizepräsidenten hinausgehen, waren erstmals in der TLO 1989 enthalten. Das Gleiche galt für die Bestimmung über die Neuwahl gem Art 22 Abs 2 TLO 1989. Die Bestimmung ist seither unverändert.
III. Vertretung des Landtagspräsidenten und der Vizepräsidenten A. Vertretungsfall 3 Art 22 Abs 1 TLO 1989 regelt die Vertretung des LTPräs bzw der Vizepräsidenten.2 Ein Vertretungsfall liegt vor, wenn einer der folgenden Tatbestände verwirklicht ist: 1. Verhinderung des Funktionsträgers 2. Ausscheiden des Funktionsträgers
1. Verhinderung des Funktionsträgers 4 Der Begriff der Verhinderung ist weit zu verstehen. Er erstreckt sich von terminlichen Schwierigkeiten bis hin zu gesundheitlichen Gründen. Die Verhinderung ist dadurch geprägt, dass der Funktionsträger eine bestimmte Aufgabe zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht aus1 2
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Koja, Verfassungsrecht 21; Novak, Die relative Verfassungsautonomie der Länder, in Rack (Hg), Landesverfassungsreform (1982) 35 (41 f). Allgemein zur Vertretung des LTPräs Koja, Verfassungsrecht 143 f.
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üben kann.3 Es kann sich um Aufgaben in der Sitzungsführung des LT wie auch Aufgaben lediglich repräsentativer Natur handeln. Allerdings ist das Abwechseln zwischen LTPräs und Vizepräsidenten in der Vorsitzführung im LT keine Frage der Verhinderung, sondern eine Regelung der Tir GO LT,4 die es dem LTPräs ermöglicht, die Vorsitzführung auch dann abzugeben, wenn gerade kein Verhinderungsfall vorliegt.5 Über die Frage der Verhinderung hat zunächst der jeweilige Funktionsträger selbst zu entscheiden. Grds bestimmt er selbst, ob ein Vertretungsfall vorliegt und ob – etwa bei einer repräsentativen Aufgabe – ein Vizepräsident an seiner Stelle diese Aufgabe wahrnimmt. Es ist also keineswegs von der Verfassung so vorgesehen, dass im Falle der Verhinderung zwingend ein Vizepräsident an die Stelle des Präs treten muss. In der Landtagspräsidentenkonferenz6 sind zwar Vertretungen in der Praxis vorgekommen,7 es entscheidet jedoch der LTPräs, ob überhaupt eine Vertretung stattfindet. Die Sachlage ist dort eine andere, wo es sich um (nicht nur schlicht) hoheitliche Aufgaben des LTPräs handelt, die, wenn sie nicht erfüllt werden, die Funktionsfähigkeit des LT gefährden: Die Vorsitzführung im LT geht im Verhinderungsfall zwingend auf einen Vizepräsidenten über, in gleicher Weise die Aufgabe des LTPräs, eine Tagesordnung zu erstellen, Auskunftspersonen einzuladen oder das verfassungsmäßige Zustandekommen eines LG zu beurkunden. 3 4 5 6
7
S betr die Vertretung von Mitgliedern der LReg im Falle ihrer Verhinderung auch Steiner, Landesregierung, in Pürgy (Hg), Recht der Länder I (2012) 299 (317 f). Vgl § 18 Tir GO LT. S zum Gesagten auch Art 50 Abs 3 TLO 1989, welcher die Vertretung eines Mitglieds der LReg regelt. Hiezu im Detail auch die Kommentierung von Schmid, Art 50 (in diesem Band) Rz 1 ff. Vgl im Detail zur Entwicklung der Landtagspräsidentenkonferenz Edtstadler, Die Landtagspräsidentenkonferenz – Versuch und Auswertung, in Rosner/Bußjäger (Hg), Im Dienste der Länder – im Interesse des Gesamtstaates – FS 60 Verbindungsstelle der Bundesländer (2011) 163 (163 ff); oder auch Lienbacher/Pürgy, Kooperativer Bundesstaat, in Pürgy (Hg), Das Recht der Länder I (2012) 561 (589 f); grundlegend auch Rosner, Koordinationsinstrumente der österreichischen Länder (2000) 80 ff. S Rosner, Koordinationsinstrumente 80 f, welcher unter Hinweis auf die Praxis festhält, dass sich die LTPräs wahlweise von einem Mitglied des Landtagspräsidiums oder durch den ihnen weisungsgebunden Leiter der Landtagskanzlei vertreten lassen.
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Im Übrigen hängt es jedoch vom Einvernehmen zwischen den Mitgliedern des Landtagspäsidiums ab, inwieweit die Vizepräsidenten Stellvertretungen bei Repräsentationsaufgaben wahrnehmen. Ein schwieriger zu beurteilendes Problem ist, wenn der LTPräs etwa wegen einer gesundheitlichen Beeinträchtigung sein Amt nicht mehr ordnungsgemäß wahrnehmen kann, dies aber nicht erkennt. Er kann nicht gezwungen werden, sich als verhindert zu erklären, damit ein Vizepräsident die Stellvertretung übernimmt. Dem LT stünde lediglich die Möglichkeit der Abberufung (Art 21 Abs 4 TLO 1989) zur Verfügung.
2. Ausscheiden des Funktionsträgers 5 Zu den Voraussetzungen dieses Tatbestandes ist auf die Ausführungen zu Art 21 Abs 2 TLO 1989 zu verweisen.8 Die gemachten Ausführungen gelten in gleicher Weise für den LTPräs wie auch die beiden Vizepräsidenten sowie allenfalls weitere in Art 22 Abs 1 TLO 1989 genannte Personen (dazu näher unter B.).
B. Vertretungsregelung 6 Die in Art 22 Abs 1 TLO 1989 formulierte Vertretungsregelung sieht für den Verhinderungsfall eine abgestufte Vertretung vor. Dh, der LTPräs wird durch den ersten Vizepräsidenten vertreten. Ist auch der Vizepräsident verhindert, ist die Aufgabe vom zweiten Vizepräsidenten wahrzunehmen. Ist auch dieser verhindert, geht die Vertretung auf den an Jahren (gemeint: Lebensjahren) ältesten Abg, danach auf den zweitältesten Abg über. Damit ist sichergestellt, dass der LT auch unter besonderen Umständen funktionsfähig ist.9 Bei ausschließlich repräsentativen Aufgaben gelangt die Vertretung durch Abg in der Praxis nicht zur Anwendung.
C. Beginn und Dauer der Vertretung 7 Die TLO 1989 macht grds keine Vorgaben, was die Dauer der Vertretung betrifft. Ist der LTPräs aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage, seine Funktion auszuüben, kann die Vertretung im Extremfall 8 9
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Vgl hiezu Bußjäger, Art 21 (in diesem Band) Rz 5 ff. S auch Schwamberger/Ranacher, Landesordnung 49.
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auch für den Rest der Legislaturperiode andauern. Wiederum hätte der LT lediglich die Möglichkeit einer Abberufung gem Art 21 Abs 4 TLO 1989, wenn der LTPräs nicht selbst die Konsequenzen zieht und auf sein Amt verzichtet. Was den Zeitraum der Vertretung betrifft, wird man wiederum zwischen hoheitlichen und bloßen Repräsentativfunktionen unterscheiden müssen: Im Falle einer Vorsitzführung im LT kann die Vertretung auch auf einen sehr kurzen Zeitraum beschränkt sein. Sie beginnt mit der Übernahme des Vorsitzes durch den ersten oder zweiten Vizepräsidenten und endet mit der Abgabe des Vorsitzes. Es ist wiederum der LTPräs, der entscheidet, wann die Vertretung endet, und der Vizepräsident ist verpflichtet, den Vorsitz wieder an ihn zu übergeben. Bei bloßen Repräsentativaufgaben beginnt und endet die Vertretung mit dem Zeitpunkt, da der Vizepräsident in der Veranstaltung erscheint und sie wieder verlässt.
IV. Neuwahl des Landtagspräsidenten oder eines Vizepräsidenten Art 22 Abs 2 TLO 1989 regelt die Ersatzwahl der Mitglieder des Land- 8 tagspräsidiums. Sie findet lediglich statt, wenn eines der Mitglieder vorzeitig aus dem Amt geschieden ist (zu den Voraussetzungen s Art 21 Abs 2 TLO 198910). Die Neuwahl hat innerhalb von vier Wochen stattzufinden.11 Damit soll sichergestellt werden, dass die Neuwahl „ehestmöglich“ abgehalten wird.12 Wenn in dieser Zeit im Sitzungsplan des LT keine Sitzung vorgesehen ist, ist eine solche gem § 41 Abs 2 Tir GO LT anzuberaumen, da es sich hiebei um einen „dringenden Anlass“ iSd Gesetzes handelt. Den Vorsitz führt in der Landtagssitzung, wenn die Neuwahl den LT- 9 Präs betrifft, der erste Vizepräsident, ansonsten der LTPräs selbst. Für die Beschlussfassungserfordernisse gilt Art 27 TLO 1989, was bedeutet, dass auch die Neuwahl mit denselben Beschlussfassungs- und Abstimmungsquoren zu erfolgen hat wie die ursprüngliche Wahl.13 10 11 12 13
Vgl hiezu Bußjäger, Art 21 (in diesem Band) Rz 9. Vgl auch § 6 Abs 3 Tir GO LT. So die EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 62. S auch Schwamberger/Ranacher, Landesordnung 49 f.
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Artikel 23 Ausschüsse, Klubs (1) Der Landtag hat den Immunitäts- und Unvereinbarkeitsausschuß, den Notstandsausschuß und den Finanzkontrollausschuß sowie die zur Vorberatung der Verhandlungsgegenstände des Landtages erforderlichen Fachausschüsse einzurichten. (2) Die Mitglieder der Ausschüsse werden, soweit im folgenden oder durch die Geschäftsordnung des Landtages nichts anderes bestimmt ist, vom Landtag aus seiner Mitte für die Dauer der Gesetzgebungsperiode nach dem Verhältniswahlrecht gewählt. Dabei ist die Anzahl der Abgeordneten, bei gleicher Anzahl von Abgeordneten die bei der Wahl zum Landtag erreichte Anzahl der Stimmen maßgebend. (3) Ein Mitglied eines Ausschusses scheidet vorzeitig aus dem Amt durch a) Abberufung durch den Landtag, b) Erlöschen des Mandates. (4) Der Landtag hat ein Mitglied eines Ausschusses abzuberufen, wenn es drei aufeinander folgenden Sitzungen des Ausschusses unentschuldigt ferngeblieben ist oder wenn es seine Abberufung aus wichtigen Gründen verlangt. (5) Der Immunitäts- und Unvereinbarkeitsausschuß besteht aus sieben Mitgliedern. (6) Dem Notstandsausschuss gehören der Landtagspräsident und die Vizepräsidenten sowie die Obleute der Klubs an. Klubs mit mehr als sechs Mitgliedern können für je angefangene sechs weitere Mitglieder unter Einrechnung des Vizepräsidenten einen weiteren Abgeordneten in den Notstandsausschuss entsenden. (7) Das Nähere über die Ausschüsse und die Klubs wird durch die Geschäftsordnung des Landtages geregelt. (8) Der Landtag kann in Angelegenheiten der Verwaltung des Landes fallweise durch Beschluß Untersuchungsausschüsse einsetzen. Ein solcher Beschluß bedarf der Zustimmung von mindestens zehn Abgeordneten. Der Beschluß über die Einsetzung eines Unter278
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suchungsausschusses hat den Gegenstand der Untersuchung und den Untersuchungsauftrag genau zu bezeichnen. Solange ein Untersuchungsausschuß seine Tätigkeit nicht abgeschlossen hat, darf kein weiterer Untersuchungsausschuß eingesetzt werden. (9) Ein Untersuchungsausschuß besteht aus zehn Mitgliedern, soweit sich aus dem vierten Satz nichts anderes ergibt. Sie werden vom Landtag auf Vorschlag der Klubs aus seiner Mitte gewählt. Das Vorschlagsrecht der Klubs richtet sich nach ihrer verhältnismäßigen Stärke. Klubs, die auf Grund dieser Aufteilung der im ersten Satz festgelegten Anzahl der Mitglieder nicht im Untersuchungsausschuß vertreten wären, dürfen jeweils ein weiteres Mitglied vorschlagen. Macht ein Klub nicht innerhalb der hiefür festgesetzten Frist von seinem Vorschlagsrecht Gebrauch, so geht das Vorschlagsrecht auf die Antragsteller über. Die Abs. 3 und 4 gelten sinngemäß. (10) Das Nähere über die Untersuchungsausschüsse wird durch Landesgesetz geregelt. LGBl samt Erläuterungen: LGBl 1988/61 (X. GP AA 141/88 AB 141/88); LGBl 1998/104 (XII. GP RV 230/98 AB 230/98); LGBl 2012/147 (XV. GP RV 562/12 AB 562/12); LGBl 2015/61 (XVI. GP RV 128/15 AB 128/15) Judikatur: VfSlg 13.450/1993 (Maßnahmen im Rahmen der Sitzungspolizei sind der Staatsgewalt Gesetzgebung zuzurechnen); VfSlg 13.577/1993 (Gleichheitswidrigkeit der Beschränkung der Öffentlichkeit von Untersuchungsausschüssen auf Medienvertreter); VfSlg 19.973/2015 (Schwärzung von im Rahmen von Untersuchungsausschüssen vorzulegenden Akten) Literatur: Bußjäger, Untersuchungsausschüsse im Bund und bei den Ländern, ÖJZ 2016, 348 ff; Gamper, Untersuchungsausschüsse der Landtage – Rechtslage, Problemstellungen und Perspektiven, in ÖJT (Hg), Parlamentarische Untersuchungsausschüsse: Erfahrungen und Perspektiven (2017) 20 ff; Morscher, Die politischen Kontrollbefugnisse des Vorarlberger Landtages (1979); Morscher, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer. 7. Tirol (1991); Öhlinger, Die Bedeutung von Untersuchungsausschüssen als besonderes Instrument parlamentarischer Kontrolle, in Bußjäger (Hg), Die Zukunft der parlamentarischen Kontrolle (2008) 107 ff; Pabel, Kontrolle der Vollziehung, in Pürgy (Hg), Das Recht der Länder I (2012) 529 ff; Wieser, Zur Prüfungskompetenz von parlamentarischen Untersuchungsausschüssen, ZfV 2002, 618 ff
Inhaltsübersicht I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben................................. 1 II. Entstehungsgeschichte.............................................................. 4 III. Aufbau......................................................................................... 5 IV. Verschiedene Arten von Ausschüssen..................................... 8 279
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V. Gemeinsame Bestimmungen ................................................... 9 VI. Einrichtung von Ausschüssen................................................. 10 VII. Zahl der Mitglieder ................................................................... 11 VIII. Wahl der Mitglieder................................................................... 12 IX. Teilnahmerechte und Anhörungsrechte................................ 14 X. Generelle weitere Ausgestaltung der Ausschüsse.................. 15 XI. Ausschüsse im Detail................................................................. 16 A. Immunitäts- und Unvereinbarkeitsausschuss.................. 16 B. Notstandsausschuss.............................................................. 17 C. Finanzkontrollausschuss...................................................... 20 D. Petitionsausschuss................................................................. 20 E. Ausschuss für Föderalismus und europäische Integration 20 F. Fachausschüsse....................................................................... 21 G. Untersuchungsausschüsse................................................... 22 1. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben...................... 22 2. Entstehungsgeschichte................................................... 23 3. Überblick........................................................................... 24 4. Gegenstand....................................................................... 27 5. Einsetzung........................................................................ 30 6. Zusammensetzung.......................................................... 32 7. Leitung.............................................................................. 34 8. Verfahren.......................................................................... 35 9. Öffentlichkeit................................................................... 39 10. Informationsbeschaffung............................................... 40 11. Ergebnis eines Untersuchungsausschusses................. 43 XII. Praktische Bedeutung................................................................ 45 XIII. Klubs ............................................................................................ 46
I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben 1 Bei den bundesverfassungsrechtlichen Vorgaben für Ausschüsse und Klubs sind die Ausschüsse und Klubs getrennt zu betrachten. Bei den Ausschüssen kann sodann nach der Funktion der Ausschüsse (kon trollierende Funktion, vorbereitende Funktion, spezifische Funktion) unterschieden werden. 2 Für die kontrollierenden Ausschüsse (die der „politische[n] Kon trolle“1 zugeordnet werden) trifft die Bundesverfassung keine Bestim1 Der Begriff der politischen Kontrolle scheint auf Kelsen/Froehlich/Merkl zurückzugehen, s Kelsen/Froehlich/Merkl, Die Bundesverfassung vom
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mungen darüber, wie die LReg durch den LT zu kontrollieren ist. Es fällt „[d]ie Einrichtung von Instrumenten der politischen Kontrolle […] in die relative Verfassungsautonomie der Länder“.2 Auch für die Länder gilt der „Grundsatz der Beschränktheit der Kontrollmittel“.3 Dies bedeutet, dass „die Kontrolle der LReg durch die LT ausschließlich in den durch die Landesverfassungen (konkretisiert durch die GO) vorgesehenen Formen und Verfahren erfolgen kann.4 Ein allgemeines Kontrollrecht der LT gegenüber der LReg, das sich in darüber hinaus gehenden Kontrollmaßnahmen zeigen könnte, ist verfassungsgesetzlich nicht zulässig“.5 Umgekehrt sind aber die Landesverfassungsgesetzgeber – bis auf einen Mindeststandard – nicht dazu gezwungen, Möglichkeiten der politischen Kontrolle vorzusehen.6 Dass ein Mindestmaß an politischer Kontrolle vorzusehen ist, „ergibt sich […] aus der Entscheidung für eine parlamentarische Demokratie“.7 Dahinter steht das demokratische Bauprinzip, welches wesentlich davon gekennzeichnet ist, dass die „Regierung in ihrem Bestand vom Vertrauen des Parlaments“8 abhängt.9 Eine Abschaffung aller politischer Kontrollmöglichkeiten ginge mit einer Abschaffung der Abhängigkeit der Regierung vom NR bzw der LReg vom LT einher und wäre mit einer parlamentarischen Demokratie wohl nicht mehr zu vereinbaren. Auch für jene Ausschüsse, die nicht Kontrollzwecken, sondern der Vorbereitung der Gesetzgebung dienen (Fachausschüsse), ergeben sich keine bundesverfassungsrechtlichen Vorgaben. Art 96 Abs 2 B-VG verweist lediglich darauf, dass „[d]ie Bestimmungen der Art. 32 und 33 […] auch für die Sitzungen der Landtage und ihrer Ausschüsse“ gelten, sodass davon auszugehen ist, dass das B-VG von (vorbereitenden) Aus-
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1. Oktober 1920 (1922) 137 und Koja, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer (1967) 187 (dort in FN 312). Pabel, Kontrolle 533. Pabel, Kontrolle 534 mit Verweis auf VfSlg 1454/1932; Koja, Verfassungsrecht 187, s auch Morscher, Kontrollbefugnisse 19 f. Vgl den 3. Abschnitt der TLO 1989 „Kontrolle der Landesverwaltung durch den Landtag“ und die Kommentierungen hierzu. Pabel, Kontrolle 534. Anders noch Koja, Verfassungsrecht 188. Pabel, Kontrolle 533. Öhlinger/Eberhard, Verfassungsrecht12 (2019) 155. S auch Berka, Verfassungsrecht7 (2018) 184 ff.
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schüssen auch auf Landesebene ausgeht.10 Daraus lässt sich auch keine Vorgabe dahingehend ableiten, dass Fachausschüsse zwingend einzurichten sind. Anderes gilt für jene Ausschüsse mit besonderen Funktionen. So ist etwa in Art 97 Abs 3 B-VG vorgesehen, dass, „[w]enn die sofortige Erlassung von Maßnahmen, die verfassungsgemäß einer Beschlussfassung des Landtages bedürfen, zur Abwehr eines offenkundigen, nicht wieder gutzumachenden Schadens für die Allgemeinheit zu einer Zeit notwendig wird, in der der Landtag nicht rechtzeitig zusammentreten kann oder in seiner Tätigkeit durch höhere Gewalt behindert ist, […] die Landesregierung im Einvernehmen mit einem nach dem Grundsatz der Verhältniswahl bestellten Ausschuss des Landtages diese Maßnahmen durch vorläufige gesetzändernde Verordnungen treffen [kann].“ Art 97 Abs 3 B-VG gibt dem LT die Vorgabe, einen „nach dem Grundsatz der Verhältniswahl bestellten Ausschuss“ einzurichten. Tirol hat in Ausführung des Art 97 Abs 3 B-VG den Notstandsausschuss landesverfassungsgesetzlich vorgesehen.11 Auch in Bezug auf den Unvereinbarkeits- und Immunitätsausschuss ergeben sich bundesverfassungsrechtliche Bezugnahmen, woraus sich Vorgaben für den Landesgesetzgeber ableiten lassen. Die Bundesverfassung geht demnach von der Existenz von Ausschüssen, die für die spezifischen Aufgaben in diesem Bereich zuständig sind, aus. Die Verfassungsbestimmung des § 2 Abs 2 Unv-Transparenz-G12 bestimmt, dass „[u]nverzüglich nach Amtsantritt […], die Mitglieder der Landesregierungen dem nach der Landesgesetzgebung zuständigen Ausschuß des Landtages die Ausübung eines Berufes (Abs. 1) anzuzeigen“ haben. Auch § 3 leg cit (Anzeigeverpflichtung über das Eigentum an einem Unternehmen, an Anteilsrechten einer Gesellschaft oder sonstigen Anteilsrechten) und § 6 leg cit (Anzeigeverpflichtung über ein Dienstverhältnis zu einer Gebietskörperschaft) nehmen Bezug auf einen entsprechenden Ausschuss in den LT. Auch dadurch ergibt sich die Notwen-
10 Weil Art 32 B-VG nur die Plenarsitzungen des NR umfasst, gilt Art 32 B-VG nur für Sitzungen des LT, nicht aber für die der Ausschüsse, s dazu noch unten. 11 Vgl Oberdanner, Art 53 (in diesem Band) Rz 2 f. 12 Bundesgesetz über die Transparenz und Unvereinbarkeiten für oberste Organe und sonstige öffentliche Funktionäre (Unvereinbarkeits- und Transparenz-Gesetz [Unv-Transparenz-G], BGBl 1983/330 idF BGBl I 2017/138.
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digkeit, einen Ausschuss auf Landesebene vorzusehen, der diese Aufgaben wahrnimmt. Für die Klubs bestehen keine bundesverfassungsrechtlichen Vorgaben.
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II. Entstehungsgeschichte Bestimmungen über Ausschüsse enthielten schon die Vorgängerverfas- 4 sungen der TLO 1989. Die TLO 1921 sah einen Immunitätsausschuss (§ 19 Z 7) und einen Finanz- und Überwachungsausschuss (§ 43) vor.13 Daneben verwies die TLO 1921 in § 18 Z 3 auf die „permanent erklärte[n] Ausschüsse“, was davon zeugt, dass die TLO 1921 von weiteren Ausschüssen im LT ausging. Anders als die TLO 1921 enthielt die TLO 1946 nur mehr eine Bezugnahme auf den Immunitätsausschuss (§ 19 Abs 7). Landesverfassungsgesetzlich war damit der Finanz- und Überwachungsausschuss nicht mehr vorgesehen. Weitere Änderungen erfolgten erst mit der TLO 1989 und der Einführung einer allgemeinen Bestimmung über Ausschüsse und Klubs in Art 23. Mit der TLO-Nov LGBl 1998/104 wurden grundlegende Bestimmungen über die Untersuchungsausschüsse (Art 23 Abs 8, 9 und 10; Änderung durch LGBl 2012/147) in die TLO 1989 aufgenommen. Mit der TLO-Nov LGBl 2015/61 erfolgte eine Änderung der Bestimmung über den Notstandsausschuss (Art 23 Abs 6 TLO 1989). Die Klubs finden erstmals in der TLO 1989 landesverfassungsrechtliche Erwähnung.
III. Aufbau Art 23 trägt den Titel „Ausschüsse, Klubs“, wobei der Schwerpunkt 5 der Bestimmung auf den Ausschüssen liegt. Tirol weicht damit von anderen Bundesländern, die jeweils eigene Bestimmungen für die Landtagsklubs vorsehen14, ab. Die Klubs finden in Art 23 Abs 7 TLO 1989 lediglich dahingehend Erwähnung, dass das „Nähere […] durch die Geschäftsordnung des Landtages geregelt“ werden soll. Art 23 ist Teil des II. Teils („Gesetzgebung des Landes Tirol“), 1. Ab- 6 schnitt („Landtag“) der TLO 1989. Anders als in anderen Landesver13 Kelsen/Froehlich/Merkl, Bundesverfassung 212. 14 S etwa Art 14 Bgld L-VG, Art 29 K-LVG und Art 12 NÖ LV 1979.
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fassungen vorgesehen15 sind damit die Ausschüsse und insb die Untersuchungsausschüsse systematisch nicht unter die „Kontrolle der Landesverwaltung durch den Landtag“16 oder die „Mitwirkung an der Vollziehung“17 eingeordnet. Auch die EB, die iZm der Neuformulierung von Art 23 durch die TLO 1989 die Untersuchungsausschüsse unter dem Titel „Ausweitung der Kontrollrechte des Landtages gegenüber der Vollziehung“ behandeln, suggerieren, dass eine Einordnung der Untersuchungsausschüsse unter die Kontrollrechte korrekt ist.18 Die Zuordnung zum Abschnitt „Landtag“ ist jedoch insofern ebenso plausibel, als dort die Fachausschüsse eingeordnet sind und damit alle vorgesehenen Ausschüsse (mit Ausnahme des durch EUInt-LVG eingerichteten Ausschusses für Föderalismus und Europäische Integration19 sowie des durch die Tir GO LT vorgesehenen Petitionsausschusses20) am selben Ort verankert sind. Die Einordnung insb der Untersuchungsausschüsse an dieser Stelle ist auch durch die Historie der Bestimmung erklärbar. So wurden die Abs 8, 9 und 10 erst mit LGBl 1998/104 eingefügt. 7 Art 23 TLO 1989 zählt zunächst die vorzusehenden Ausschüsse auf (Abs 1), trifft sodann grundlegende organisatorische Bestimmungen über Ausschüsse im Allgemeinen (Abs 2, 3 und 4), um dann spezifische Regelungen zu den verschiedenen Ausschüssen zu treffen (Abs 5 bis 10).
IV. Verschiedene Arten von Ausschüssen 8 Bei den von Art 23 TLO 1989 aufgezählten Ausschüssen handelt es sich um verschiedene Arten von Ausschüssen. Diese können nach der Konkretisierung in konkret und abstrakt genannte, nach der Zeitlichkeit, in dauerhafte und anlassbezogene (temporäre), sowie nach der Funktion in kontrollierende, vorbereitende21 und für spezifische Umstände (Krisensituationen) vorgesehene Ausschüsse eingeteilt werden. 15 Etwa in Art 42 Bgld L-VG. 16 S etwa Art 69 K-LVG, die die Untersuchungsausschüsse im Abschnitt „Parlamentarische Mitwirkungs- und Kontrollrechte“ einordnet. 17 S etwa Art 42 Bgld L-VG, Art 33 NÖ LV 1979, Art 28 Abs 5 Sbg L-VG. 18 EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 12. 19 Vgl Bertel, Art 23 (in diesem Band) Rz 2. 20 Vgl Gamper, Art 12 (in diesem Band) Rz 10. 21 Darin kann die Idee der Arbeitsteilung gesehen werden, vgl hiezu Beyme, Die parlamentarische Demokratie (2014) 172.
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Konkret aufgezählte Ausschüsse des LT finden sich zunächst in Art 23 Abs 1 TLO 1989. Genannt sind der Immunitäts- und Unvereinbarkeitsausschuß, der Notstandsausschuß sowie der Finanzkontrollausschuß. Weiters nennt Abs 1 – nicht konkret, sondern abstrakt bzw allgemein – die zur Vorberatung der Verhandlungsgegenstände des LT erforderlichen Fachausschüsse. Hinzu kommen die nach Art 23 Abs 8 TLO 1989 vorgesehenen Untersuchungsausschüsse sowie der nach EuInt-LVG eingerichtete Ausschuss für Föderalismus und Europäische Integration. Anders als die Fachausschüsse, die in Art 23 Abs 1 TLO 1989 konkret genannten Ausschüsse und der Ausschuss für Föderalismus und europäische Integration, die ständig, dh über die gesamte Legislaturperiode, eingerichtet sind, können die in Abs 8 genannten Untersuchungsausschüsse nur temporär und fallweise eingesetzt werden. Eine funktionale Einteilung der Ausschüsse kann grob nach drei Gruppen erfolgen: Die Fachausschüsse dienen nach Art 23 Abs 1 TLO 1989 und § 62 Abs 1 Tir GO LT der „Vorberatung der Verhandlungsgegenstände“. Dass die Fachausschüsse sich vom Immunitäts- und Unvereinbarkeitsausschuss, dem Notstandausschuss und dem Finanzkontrollausschuss in ihrer Funktion abheben, kommt insb in Art 23 Abs 1 TLO 1989 zum Ausdruck, weil dieser die „Vorberatung der Verhandlungsgegenstände“ lediglich auf die Fachausschüsse bezieht. Als Fachausschüsse eingerichtet sind auf der Grundlage von Art 23 Abs 1 TLO 1989 und § 62 Abs 2 Tir GO LT durch Festlegung des LT (mittels Landtagsbeschlusses22) der Ausschuss für Wohnen und Verkehr, der Ausschuss für Rechts-, Gemeinde- und Raumordnungsangelegenheiten23, der Finanzausschuss, der Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Nachhaltigkeit, der Ausschuss für Wirtschaft, Tourismus, Energie und Technologie, der Ausschuss für Arbeit, Gesundheit, Pflege und Soziales sowie der Ausschuss für Gesellschaft, Bildung, Kultur und Sport. Die weiteren konkret in Art 23 TLO 1989, dem EUInt-LVG sowie in § 62 Tir GO LT genannten Ausschüsse haben spezifische Aufgaben, die in Art 23 TLO 1989 nicht gesondert genannt sind und in § 62 Abs 1 Tir GO LT mit der „Besorgung von sonstigen gesetzlich zugewiesenen Aufgaben“ umschrieben sind. Diese Aufgaben ergeben sich insb aus der GO selbst.24 22 S dazu Tir LT, XXXII. GP, Landtagsbeschluss GZ 19/18. 23 Diesen Ausschuss passieren alle RV, die Gesetze zum Inhalt haben. 24 S § 63 Tir GO LT und das UntersAusG, § 64 Tir GO LT und § 65 Tir GO LT.
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Während die Fachausschüsse zur Vorbereitung von Gesetzesvorhaben im LT dienen, ist der Notstandsausschuss ein Ausschuss, dem insb in Krisensituationen eine wichtige Rolle zukommt. Untersuchungsausschüssen und dem Finanzkontrollausschuss wiederum kommen Kontrollfunktionen zu. Der Petitionsausschuss schließlich hat spezifisch die Funktion, Petitionen, denen fallweise eine Kontrollfunktion25 zukommen kann, zu behandeln.26 Der Immunitäts- und Unvereinbarkeitsausschuss dient spezifischen Funktionen betr die Abg und deren finanziellen Hintergrund sowie Fragen der Aufhebung der Immunität. Eine Art Mittelstellung zwischen Fachausschuss und Ausschuss mit spezifischen Funktionen nimmt schließlich der Ausschuss für Föderalismus und Europäische Integration ein, weil dieser sowohl vorberatend tätig ist als auch spezifische Funktionen gem § 4 EUInt-LVG27 inne hat.
V. Gemeinsame Bestimmungen 9 Grds haben die Ausschüsse einige organisatorische Bestimmungen gemeinsam. Abweichungen von diesen Bestimmungen durch die TLO 1989 oder die Tir GO LT sind jedoch möglich.28 Allgemeine Regelungen gibt es etwa über die Art der Wahl der Mitglieder der Ausschüsse (Art 23 Abs 2 TLO 1989), das vorzeitige Ausscheiden der Mitglieder der Ausschüsse (Art 23 Abs 3 TLO 1989) sowie die Abberufung der Mitglieder des Ausschusses durch den LT (Art 23 Abs 4 TLO 1989). Aus dem Wortlaut der Bestimmung ergibt sich dabei, dass Abweichungen nur in Bezug auf die Wahl der Mitglieder (Art 23 Abs 2 TLO 1989), nicht aber in Bezug auf das vorzeitige Ausscheiden eines Mitglieds (Art 23 Abs 3 TLO 1989) und auch nicht in Bezug auf die Abberufung von Mitgliedern eines Ausschusses (Art 23 Abs 4 TLO 1989) möglich sind.
25 Vgl schon Bornhak, Das Petitionsrecht, Archiv des Öffentlichen Rechts 16 (1901), 403 (411), der darauf hinweist, dass die „politische Natur des Petitionsrechtes“ darin liegt, dass es ein „Machtmittel […] der öffentlichen Meinung“ ist. 26 Vgl Gamper, Art 12 (in diesem Band) Rz 10. 27 Vgl Ranacher, § 4 (in diesem Band) Rz 1 ff. 28 Art 23 Abs 2 TLO 1989.
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Die Mitgliedschaft in einem Ausschuss ist an ein aufrechtes Landtagsmandat29 geknüpft.
VI. Einrichtung von Ausschüssen Als Einrichtungszeitpunkt für die Ausschüsse kann vom Beginn der 10 Legislaturperiode ausgegangen werden, weil Art 23 Abs 2 TLO 1989 als Regelfall bestimmt, dass die Mitglieder der Ausschüsse „für die Dauer der Gesetzgebungsperiode“ zu wählen sind. Zumindest die in Art 23 Abs 1 TLO 1989 explizit genannten Ausschüsse (ds der Immunitäts- und Unvereinbarkeitsausschuss, der Notstandsausschuss und der Finanzkontrollausschuss) sind deshalb wohl zwingend zu Beginn der Legislaturperiode einzurichten. Dasselbe gilt für die in § 62 Abs 2 Tir GO LT bzw dem EUInt-LVG zusätzlich genannten Ausschüsse, ds der Ausschuss für Föderalismus und Europäische Integration und der Ausschuss für Petitionen. Während für die in Art 23 Abs 1 TLO 1989 und § 62 Abs 2 Tir GO LT eingerichteten Ausschüsse eine Einrichtung zu Beginn der Legislaturperiode zwingend ist, könnte für Fachausschüsse Anderes argumentiert werden. Ergibt sich ein Bedarf während der Legislaturperiode, so ist davon auszugehen, dass ein neuer Fachausschuss auch während der Legislaturperiode eingerichtet werden kann. Dies war etwa beim Ausschuss für Föderalismus und Europäische Integration der Fall, welcher, bevor er mit § 2 EUInt-LVG vorgesehen wurde, mitten in der Legislaturperiode eingerichtet wurde.30 Anderes gilt für die Untersuchungsausschüsse, die nach Art 23 Abs 8 TLO 1989 „fallweise“ einzusetzen sind.
VII. Zahl der Mitglieder Die Zahl der Mitglieder ist teils landesverfassungsrechtlich, teils in der 11 GO LT, teils überhaupt nicht festgelegt und variiert daher abhängig vom Ausschuss. Während die Zahl der Mitglieder für Untersuchungs29 Zu Beginn und Ende des Mandats, s Art 29 TLO 1989 und Art 34 TLO 1989 sowie dazu Rath-Kathrein, Art 29 (in diesem Band) Rz 9 ff und dies, Art 34 (in diesem Band) Rz 1 ff. Vgl auch Rz 11. 30 Antrag vom 29.11.1991, Bildung eines Ausschusses für Föderalismus und Europäische Integration, Tir LT XI. GP, GZ 351/91.
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ausschüsse31 (mindestens zehn Mitglieder), den Notstandsausschuss32 (bestehend aus Präs und Vizepräsident des LT sowie den Klubobleuten; bei mehr als sechs Klubmitgliedern weitere Mitglieder), den Immunitäts- und Unvereinbarkeitsausschuss33 (sieben Mitglieder) gesetzlich festgelegt ist, ist die Zahl der Mitglieder der anderen Ausschüsse variabel. Diese werden vom LT mittels Beschluss bestimmt. Der Ausschuss für Petitionen und der Finanzkontrollausschuss bestehen aus zehn Mitgliedern, der Ausschuss für Föderalismus und Europäische Integration aus acht Mitgliedern, die Zahl der Mitglieder der Fachausschüsse liegt bei acht (Ausschuss für Arbeit, Gesundheit, Pflege und Soziales; Ausschuss für Gesellschaft, Bildung, Kultur und Sport), zehn (Ausschuss für Rechts-, Gemeinde- und Raumordnungsangelegenheiten, Finanzausschuss, Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Nachhaltigkeit, Ausschuss für Wirtschaft, Tourismus, Energie und Technologie) oder 17 (Ausschuss für Wohnen und Verkehr) Mitgliedern.
VIII. Wahl der Mitglieder 12 Grds gilt, dass die Mitglieder der Ausschüsse nach dem Verhältniswahlrecht zu wählen sind. Dadurch spiegeln die Ausschüsse die Kräfteverhältnisse im LT wider. Nähere Regelungen zur Wahl, insb auch zur Verhältniswahl ergeben sich aus der Tir GO LT (§ 62 iVm § 37 iVm § 38 Tir GO LT). Eine spezielle Form der Verhältniswahl ist nach Art 23 Abs 6 TLO 1989 für den Notstandsausschuss vorgesehen. Die Wahl der Mitglieder der Untersuchungsausschüsse erfolgt nach den Vorgaben des Art 23 Abs 9 TLO 1989. 13 Die Mitgliedschaft im Ausschuss ist an das Landtagsmandat gekoppelt, sodass das Erlöschen des Mandats, das Ausscheiden aus dem Ausschuss zur Folge hat (Art 23 Abs 3 lit b TLO 1989); der LT kann aber auch ein Mitglied abberufen (Art 23 Abs 3 lit a TLO 1989) und zwar bei dreimaligem (konsekutivem) unentschuldigten Fernbleiben von Sitzungen oder aus wichtigen Gründen (Art 23 Abs 4 TLO 1989). Das Mandat erlischt, wenn einer der Fälle des Art 34 Abs 1 TLO 1989 eintritt (Tod, 31 Art 23 Abs 9 TLO 1989. 32 Art 23 Abs 6 TLO 1989 iVm § 62 Abs 6 Tir GO LT. 33 Art 23 Abs 5 TLO 1989 iVm § 62 Abs 5 Tir GO LT.
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Verzicht auf das Mandat, Erk des VfGH, mit dem die Wahl des Abg aufgehoben oder für nichtig erklärt oder der Verlust seines Mandates ausgesprochen wird, oder mit dem Ablauf der Gesetzgebungsperiode).34 Dass gemeinsam mit den Ausschuss-Mitgliedern auch Ersatzmitglieder nach denselben Regeln zu wählen sind, ergibt sich aus § 62 Abs 3 Tir GO LT. § 62 Abs 4 Tir GO LT zufolge ist ein Austausch der Abg nach dem in § 62 Abs 4 Tir GO LT festgelegten Prozedere möglich.
IX. Teilnahmerechte und Anhörungsrechte Grds Bestimmungen darüber, wer an den Sitzungen der Ausschüsse 14 teilnehmen kann oder von diesen herangezogen werden kann bzw wer ggf Anhörungsrechte hat, enthält Art 23 TLO 1989 nicht. Aus Art 24 TLO 1989 ergibt sich jedoch ein Teilnahmerecht der Mitglieder der LReg an Ausschusssitzungen.35 Darüber hinaus enthält § 67 Tir GO LT in den Abs 7 bis 12 Bestimmungen über Teilnahmerechte. So dürfen Abg, die nicht Mitglieder des Ausschusses sind, und Mitglieder des BR an den Sitzungen ohne Rederecht teilnehmen (Abs 7), weiters ist der LAD berechtigt, an den Sitzungen aller Ausschüsse teilzunehmen (Abs 8), der Direktor des LRH ist zur Teilnahme an den Sitzungen des Finanzausschusses berechtigt (Abs 9), der Präs des RH darf an den Sitzungen des Finanzkontrollausschusses, in denen die Berichte des RH behandelt werden, teilnehmen (Abs 10), der Landesvolksanwalt ist berechtigt, an den Sitzungen der Ausschüsse, in denen seine Berichte behandelt werden, sowie an den Sitzungen des Ausschusses für Petitionen teilzunehmen, wobei er zu den Sitzungen des Ausschusses für Petitionen einzuladen ist (Abs 11), und schließlich kommt den Mitgliedern der VA ein Teilnahmerecht an den Sitzungen der Ausschüsse, in denen die Berichte nach Art 59 Abs 10 TLO 1989 behandelt werden, zu (Abs 12). Den in Abs 7 bis 12 genannten Abg kann gem § 67 Abs 13 Tir GO LT durch den Obmann oder die Obfrau des Ausschusses das Wort erteilt werden; wenn ein Ausschussmitglied dies verlangt, ist dem Abg das Wort zu erteilen. Auch die Klubdirektoren (oder von ihnen namhaft gemachte Vertreter) können an den Sitzungen teilnehmen (§ 67 Abs 14 Tir GO LT). Punktuell nimmt die Tir GO LT auch an anderer Stelle Bezug auf besondere Teilnahme- und Anhörungsrechte, so etwa in § 64 Abs 3 Tir 34 S Rath-Kathrein, Art 34 (in diesem Band) Rz 1 ff. 35 S Bertel, Art 24 (in diesem Band) Rz 10.
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GO LT, wonach der Direktor des LRH an Verhandlungen des Finanzkontrollausschusses über die Berichte des LRH teilzunehmen hat, was auch eine kurze inhaltliche Darstellung umfasst. Im Gegenzug hat der Direktor des LRH ein Anhörungsrecht bei den Beratungen dieser Berichte. Teilnahme- und Anhörungsrechte variieren nach der Funktion des Ausschusses. Während für die kontrollierenden Ausschüsse aus ihrer Funktion heraus (Stichwort Informationsbeschaffung)36 Regelungen hierüber (zB bei den Untersuchungsausschüssen die Ladung von Auskunftspersonen37) notwendig sind, geht es bei den Fachausschüssen darum, dass Experten beigezogen werden können.38
X. Generelle weitere Ausgestaltung der Ausschüsse 15 Art 23 Abs 7 TLO 1989 verweist für die nähere Ausgestaltung der Klubs wie auch der Ausschüsse auf die Tir GO LT, die diese Ausgestaltung in den §§ 62 ff vornimmt.
XI. Ausschüsse im Detail A. Immunitäts- und Unvereinbarkeitsausschuss 16 Der Immunitäts- und Unvereinbarkeitsausschuss ist in Art 23 Abs 1 TLO 1989 lediglich erwähnt, aber wie eingangs dargelegt, bundesverfassungsrechtlich vorausgesetzt. Daraus ergibt sich eine landesverfassungsrechtliche Pflicht des LT zur Einrichtung des Ausschusses. Art 23 Abs 5 TLO 1989 legt zudem die Anzahl der Mitglieder des Immunitäts- und Unvereinbarkeitsausschusses mit sieben Mitgliedern fest. Die Aufgaben des Immunitäts- und Unvereinbarkeitsausschusses ergeben sich insb aus Art 29 Abs 6 TLO 198939 und Art 32 Abs 3 und 4 TLO 1989.40 Hinzu kommen §§ 19 Abs 5 und 62 Abs 2 und 5 Tir GO LT, die auf den Immunitäts- und Unvereinbarkeitsausschuss verweisen.
36 Pabel, Kontrolle 544. 37 S Rz 40. 38 § 72 Tir GO LT. 39 Vgl Rath-Kathrein, Art 29 (in diesem Band) Rz 28 f. 40 Vgl Rath-Kathrein, Art 32 (in diesem Band) Rz 18 ff.
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In Bezug auf die Aufgaben, ist auch das Gesetz vom 30. Juni 1999 über das Verfahren in Fällen der Unvereinbarkeit41 von Relevanz, weil dieses die Aufgaben des Immunitäts- und Unvereinbarkeitsausschusses in Ergänzung zu den landesverfassungsgesetzlich festgelegten Bestimmungen explizit nennt.
B. Notstandsausschuss Der Notstandsausschuss ist vom LT nach Art 23 Abs 1 TLO 1989 ein- 17 zurichten. Ihm gehören nach Abs 6 der LTPräs und die Vizepräsidenten sowie die Obleute der Klubs an. Übersteigt der Klub die Zahl von sechs Mitgliedern, so kann dieser für je sechs angefangene weitere Klubmitglieder ein weiteres Mitglied für die Wahl in den Ausschuss nominieren. Je nach Größe der Klubs können also auch Ausschussmitglieder hinzukommen. Aus Art 53 TLO 198942 ergibt sich, dass es sich beim Notstandsausschuss, wie es schon der Name vermuten lässt, um einen Ausschuss handelt, der in besonders krisenanfälligen Situationen eine Rolle spielt.43 Nach Art 53 Abs 1 TLO 1989 kann die LReg in besonderen Situationen „zur Abwehr eines offenkundigen, nicht wieder gutzumachenden Schadens für die Allgemeinheit“ gesetzändernde VO erlassen. Dies hat jedoch im Einvernehmen mit dem Notstandsausschuss zu erfolgen. Alle weiteren Bestimmungen sind der Tir GO LT zu entnehmen. Beim in Art 53 Abs 1 TLO 1989 geregelten Verordnungsrecht, handelt es sich um das in Art 97 Abs 3 B-VG grundgelegte Notverordnungsrecht der LReg,44 sodass die bundesverfassungsrechtlichen Vorgaben einzuhalten sind. Die Funktion des Notstandsausschusses spiegelt sich auch in seiner Be- 18 setzung wider. Der Notstandsausschuss ist nach Art 97 Abs 3 B-VG nach dem Grundsatz der Verhältniswahl zu wählen. Anders jedoch als für den Regelfall der Ausschussbesetzung, für den nach Art 23 Abs 2 TLO 1989 (und § 38 Tir GO LT) gilt, dass das Verhältniswahlrecht (iSd 41 LGBl 1999/44 idF LGBl 2019/138. 42 Oberdanner, Art 53 (in diesem Band) Rz 1 ff. 43 Vgl auf Bundesebene den Hauptausschuss bzw den ständigen Unterausschuss als „‚Krisenorgan‘“, Kahl, Art 55 B-VG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (2016) Rz 3. 44 Gamper, Allgemeine Bestimmungen des Landesverfassungsrechts, in Pürgy (Hg), Das Recht der Länder I (2012) 61 (82).
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§ 38 Tir GO LT) maßgeblich ist, gilt für den Notstandsausschuss Art 23 Abs 6 TLO 1989. Damit unterscheidet sich das Verfahren zur Besetzung des Notstandsausschusses von dem der anderen Ausschüsse. Landesverfassungsrechtlich ist dies unproblematisch, weil sowohl der Regelfall als auch die Ausnahme gleichrangig – landesverfassungsrechtlich – verankert sind. Aus Art 97 Abs 3 B-VG lässt sich keine besondere Vorgabe für die Ausgestaltung der Verhältniswahl ableiten. Auch vom VfGH wird der Grundsatz der Verhältniswahl45 eher großzügig ausgelegt. In VfSlg 1381/1931 führte der VfGH etwa aus, dass „das Verhältniswahlrecht darin [besteht], daß allen politischen Parteien von zahlenmäßig erheblicher Bedeutung eine Vertretung im Parlament nach Maßgabe ihrer Stärke gesichert wird.“ Die starke Verknüpfung des Grundsatzes der Verhältniswahl mit den Wahlkreisen fällt für die Wahl des Ausschusses weg. Übertragen lässt sich jedoch wohl, dass die wahlwerbenden Parteien nach Maßgabe ihrer Stärke im Ausschuss vertreten sein sollen.46 Der Tir Landesverfassungsgesetzgeber gestaltet die Vorgabe „Grundsatz der Verhältniswahl“ unterschiedlich aus. So gibt Art 35 Abs 1 B-VG für die Bestellung der Mitglieder des BR ebenso den Grundsatz der Verhältniswahl vor. Art 43 Abs 1 TLO 1989 bestimmt in dessen Ausführung, dass die Mitglieder des BR „nach dem Verhältniswahlrecht zu wählen sind“. Näheres zur Verhältniswahl ist auch hier wiederum der GO des LT vorbehalten (Art 43 Abs 1 letzter Satz TLO 1989), sodass – wie bei den Ausschüssen generell – § 38 Tir GO LT zur Anwendung gelangt. 19 Zu hinterfragen ist schließlich noch, ob mit der Vorherbestimmung der Mitglieder tatsächlich von einer „Wahl“ ausgegangen werden kann. Lediglich die – bei entsprechender Klubgröße – zusätzlich zu nominierenden Mitglieder können gewählt werden. Insofern verwendet Art 23 Abs 6 TLO 1989 zutreffend auch nicht den Begriff der „Wahl“, sondern verweist darauf, dass der „Notstandsausschuss […] einzurichten“ ist (Art 23 Abs 1 TLO 1989) und dass ihm „der Landtagspräsident und die Vizepräsidenten sowie die Obleute der Klubs an[gehören]“. Die
45 G. Holzinger/K. Holzinger, Art 26 B-VG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (2017) Rz 67 ff. 46 S dazu die Zusammensetzung des Hauptausschusses des NR nach Art 55 B-VG, Neisser, Art 55 B-VG, in Kneihs/Lienbacher (Hg), Rill-SchäfferKommentar Bundesverfassungsrecht (2001) Rz 10.
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weiteren Mitglieder, die bei entsprechender Klubgröße hinzukommen, sind von den Klubs zu „entsenden“. Anders als die nach dem Verhältniswahlrecht gem Art 23 Abs 2 TLO 1989 iVm § 38 Tir GO LT zu wählenden Ausschüsse ist die Zusammensetzung des Notstandsausschusses daher eher paritätisch orientiert und knüpft an der besonderen Funktion des Notstandsausschusses an: Der Grund für das Abweichen von der regulären Verhältniswahl könnte in der gewaltenverbindenden47 Funktion des Notstandsausschusses48 liegen. Eine eher paritätische Ausrichtung, die sich jedoch noch immer im Rahmen des Art 97 Abs 3 B-VG befindet, kann dazu führen, dass es schwieriger ist, eine Mehrheit zu erzielen und umgekehrt ggf größere Bestrebungen, einen Kompromiss zu erzielen, unternommen werden müssen. Angesichts der Krisensituationen in denen der Notstandsausschuss relevant wird, könnte dies durchaus erwünscht sein.
C. Finanzkontrollausschuss Die Notwendigkeit der Einrichtung eines Finanzkontrollausschusses 20 ergibt sich aus Art 23 Abs 1 TLO 1989. Bezugnahmen auf Aufgaben und Kompetenzen des Finanzkontrollausschusses ergeben sich aus Art 68 TLO 198949 sowie Art 69 TLO 198950. Zentrale Norm in der Tir GO LT in Bezug auf den Finanzkontrollausschuss ist § 64, der spezifische Regelungen über den Ausschuss trifft. Weitere Bezugnahmen ergeben sich auch aus anderen Bestimmungen der Tir GO LT (§§ 19, 23, 42 und 67) sowie aus dem LRechnungshofG (§§ 3, 6 und 7).51 Die kontrollierende Funktion des Finanzkontrollausschusses ergibt sich dabei insb aus dessen Kompetenz, eine Gebarungsprüfung zu fordern.
47 Zum Begriff der Gewaltenverbindung s Gamper, Verfassungsgerichtsbarkeit und Gewaltenverbindung (2016) 4 f. 48 Stärker ausgeprägt ist die Gewaltenverbindung beim Hauptausschuss des NR, s Kahl, Art 55 Rz 2. 49 Gebarungsprüfung auf Beschluss des Finanzkontrollausschusses, s Art 68 Abs 3 lit c TLO 1989 bzw auf Verlangen der LReg mit Zustimmung des Finanzkontrollausschusses Art 68 Abs 3 lit e TLO 1989. 50 Vorberatung der dem LT vorzulegenden Berichte des LRH. 51 S Kahl, Art 68 und 69 (in diesem Band).
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D. Petitionsausschuss52 E. Ausschuss für Föderalismus und europäische Integration53 F. Fachausschüsse 21 Die Fachausschüsse haben nach Art 23 Abs 1 TLO 1989 vorbereitende Funktion. Das bedeutet, dass sie der Vorberatung von Verhandlungsgegenständen des LT dienen.54 Damit verwirklichen sie eine Art Arbeitsteilung, wie sie für Parlamente üblich ist.55 Was die Vorberatung von Verhandlungsgegenständen umfasst, hängt naturgemäß davon ab, was unter die Verhandlungsgegenstände fällt. Dies ergibt sich aus § 23 Abs 1 Tir GO LT.56 Neben der vorbereitenden Funktion sind die Fachausschüsse selbst befugt, Anträge auf die Erlassung von Gesetzen oder auf die Fassung von sonstigen Beschlüssen zu stellen (§ 26 Tir GO LT).
G. Untersuchungsausschüsse 1. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben 22 Wie ausgeführt gibt die Bundesverfassung keine Regelungen über die politischen Kontrollrechte der LT vor. Es ergibt sich aus der Verfassungsautonomie der Länder, dass diese auch Untersuchungsausschüsse einrichten dürfen.57 Art 53 B-VG ist dabei als „Maßstab im Hinblick auf die Einsetzung und den Untersuchungsgegenstand“58 anzusehen. Damit ist der Gegenstand eines Untersuchungsausschusses auf die Geschäftsführung der LReg bzw einzelner Mitglieder der LReg beschränkt.59 52 53 54 55 56
Vgl hiezu Gamper, Art 12 (in diesem Band) Rz 10. Vgl hiezu Bertel, § 2 (in diesem Band) Rz 1 ff. S hiezu oben Rz 7. Beyme, Demokratie 172. Zur Abgrenzung von Geschäftsgegenständen und Verhandlungsgegenständen s § 22 Tir GO LT. 57 Koja, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer2 (1988) 227. 58 Bauer, Art 24 Stmk L-VG, in Grabenwarter (Hg), Steiermärkische Landesverfassung (2013) Rz 1. S zu diesem Thema insgesamt umfassend Wieser, Zur Prüfungskompetenz von parlamentarischen Untersuchungsausschüssen, ZfV 2002, 618 ff. 59 Bauer, Art 24 Rz 7.
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Die bundesverfassungsrechtlichen Vorgaben, insb Art 53 B-VG, wurden im Rahmen einer umfangreichen Reform im Jahr 2014 neu gefasst.60 Wichtige Novellierungen erfuhr ua die Regelung, wer einen Untersuchungsausschuss einsetzen kann. Nunmehr kann die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses auch von einer Minderheit der Abg verlangt werden. Auch die Möglichkeit, bei Konflikten iZm Untersuchungsausschüssen den VfGH anzurufen, wurde neu eingeführt (Art 138b B-VG).61
2. Entstehungsgeschichte In ihrer StF sah die TLO 1989 keine spezifischen Bestimmungen über 23 die Untersuchungsausschüsse vor, sondern erwähnte diese lediglich in Art 23 Abs 1 TLO 1989. In Ausführung dessen wurde mit LGBl 1992/15 ein LVG über Untersuchungsausschüsse erlassen. Die Notwendigkeit, die Untersuchungsausschüsse durch LVG einzurichten, wurde mit zwei Argumenten begründet. Die Tir GO LT, die damals nicht in Form eines LG, sondern in Form eines Landtagsbeschlusses erlassen worden war, konnte Regelungen über Untersuchungsausschüsse, die „eine Wirksamkeit für Personen und Vollziehungsorgane außerhalb des Landtages entfalten sollen“62, nicht aufnehmen, weil die GO aufgrund ihrer Form keine Außenwirkung entfalten konnte. Als zweiter Grund wurde genannt, dass „die Tätigkeit eines Untersuchungsausschusses […] eine Durchbrechung des Prinzips der Gewaltentrennung“63 darstellt. Schließlich wurde damit auch eine Angleichung an bestehende Vorschriften zu Ausschüssen, die landesverfassungsrechtlich geregelt waren, erzielt.64 Seit der TLO-Nov LGBl 1998/105 finden die Untersuchungsausschüsse ihre Grundlage in den Art 23 Abs 8, 9 und 10 TLO 1989. Abs 10 verweist für die nähere Ausgestaltung auf ein LG. Hintergrund der Eingliederung der Untersuchungsausschüsse in die TLO 1989 war 60 BGBl I 2014/101. S dazu Konrath/Neugebauer, Das neue Untersuchungsausschussverfahren im Nationalrat, JRP 2015, 216 ff. 61 Konrath/Neugebauer, JRP 2015, 216 ff. 62 Mat des IA zum LVG über Untersuchungsausschüsse LGBl 1992/15, Tir LT XI. GP, GZ 26/92, 2. 63 Mat des IA zum LVG über Untersuchungsausschüsse LGBl 1992/15, Tir LT XI. GP, GZ 26/92, 2. 64 Mat des IA zum LVG über Untersuchungsausschüsse LGBl 1992/15, Tir LT XI. GP, GZ 26/92, 2.
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eine Demokratiereform.65 Diese hatte im Wesentlichen „die Änderung des Systems für die Bildung der Landesregierung vom Proporzsystem zum Mehrheitssystem“ zum Inhalt, „wobei im Gegenzug dazu eine Stärkung der Rechte von Minderheiten und der einzelnen Abgeordneten im Landtag sowie eine Erleichterung des Zuganges zu den direktdemokratischen Einrichtungen erfolgen soll[te]“.66 Die Neuregelung der Untersuchungsausschüsse sollte eine Stärkung der Rechte der Opposition bewirken.67 Die Aufnahme der grundlegenden Bestimmungen über die Untersuchungsausschüsse in die TLO 1989 hatte nicht nur den Effekt, der Zersplitterung des Landesverfassungsrechts entgegenzuwirken, sondern führte auch dazu, dass nicht mehr wie zuvor „alle gesetzlichen Bestimmungen über Untersuchungsausschüsse in Verfassungsrang [… stehen], obwohl bei einer materiellen Betrachtungsweise nur ein Teil davon als materielles Landesverfassungsrecht anzusehen“68 ist. Dadurch erfolgte auch eine „rechtssystematische“ Verfassungsbereinigung.69
3. Überblick 24 Untersuchungsausschüsse sind den kontrollierenden Ausschüssen zuzuordnen.70 Weil Untersuchungsausschüsse ganz spezifische Aufgaben haben, treffen Art 23 Abs 8, 9 und 10 TLO 1989 von den für Ausschüssen geltenden Regeln abweichende Bestimmungen. 25 Zunächst sind Untersuchungsausschüsse keine ständigen, sondern temporäre Ausschüsse, wie sich aus Art 23 Abs 8 TLO 1989 („fallweise“ Einsetzung71) ergibt. Zusätzlich sind Untersuchungsausschüsse zur Untersuchung eines bestimmten Gegenstands, der gem Art 23 Abs 8 TLO 1989 deshalb auch genau zu bezeichnen und mit einem Untersuchungsauftrag zu verbinden ist, eingerichtet. Für verschiedene Gegenstände sind also verschiedene Untersuchungsausschüsse einzurichten. 65 66 67 68 69 70
EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 1998/104, Tir LT XII. GP, GZ 270/98, 1. EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 1998/104, Tir LT XII. GP, GZ 270/98, 1. EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 1998/104, Tir LT XII. GP, GZ 270/98, 2. EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 1998/104, Tir LT XII. GP, GZ 270/98, 1. EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 1998/104, Tir LT XII. GP, GZ 270/98, 2. Vgl schon Morscher, Verfassungsrecht 66, demzufolge „[d]er Untersuchungsausschuß […] das schärfste Mittel politischer Kontrolle“ bildet. 71 Dies hat zur Folge, „dass es keinen Vorratsbeschluss geben darf, der einen Generaluntersuchungsausschuss zu allen möglichen unterschiedlichen Untersuchungsgegenständen einsetzt“, so Gamper, Untersuchungsausschüsse 26.
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Weil dies mit Zeit- und Arbeitsaufwand verbunden ist, sieht Art 23 Abs 8 TLO 1989 vor, dass immer nur ein Untersuchungsausschuss eingerichtet sein kann. Erst wenn ein Untersuchungsausschuss seine Tätigkeit beendet hat, besteht die Möglichkeit der Einsetzung eines neuen Untersuchungsausschusses. Dies verfolgt den Zweck, dass der LT durch eine übermäßige Belastung mit verschiedenen Untersuchungsausschüssen nicht durch die Opposition „ausgeschaltet“ werden kann. Zu beachten gilt es jedoch, dass dadurch „Untersuchungsausschüsse auch bei Wichtigkeit und Dringlichkeit der Kontrolle deshalb nicht eingesetzt werden [können], weil ein anderer Untersuchungsausschuss bereits eingesetzt wurde.“72 Art 23 Abs 8 TLO 1989 konzipiert die Untersuchungsausschüsse als Minderheitenrecht73: Zehn Abg sind für die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses notwendig. Insb im Vergleich mit der Bundesebene war Tirol somit wegweisend, was die Einführung von Untersuchungsausschüssen als Minderheitenrecht betrifft.74 Die gem Art 23 Abs 9 TLO 1989 idR zehn Mitglieder eines Untersuchungsausschusses sind vom LT auf Vorschlag der Klubs, die ein Vorschlagsrecht gem ihrer verhältnismäßigen Stärke haben, zu wählen. Falls ein Klub nach dieser Verteilung nicht im Untersuchungsausschuss vertreten ist, darf dieser ein weiteres Mitglied für den Untersuchungsausschuss vorschlagen. Damit sind auch Untersuchungsausschüsse verhältnismäßig zusammengesetzt, weichen von der generell für die Ausschüsse festgelegten Verhältniswahl jedoch insofern ab, als sie ähnlich wie der Notstandsausschuss ein paritätisches Element enthalten. Art 23 Abs 10 TLO 1989 verweist für die weitere Ausgestaltung der 26 Untersuchungsausschüsse auf ein LG (als UntersAusG erlassen mit LGBl 1998/105).
4. Gegenstand Gegenstand und Untersuchungsauftrag sind im Antrag auf Einsetzung 27 eines Untersuchungsausschusses genau zu bezeichnen (§ 1 Abs 1 Un72 Gamper, Untersuchungsausschüsse 26. 73 Das LVG über Untersuchungsausschüsse hatte im Gegensatz dazu in § 1 Abs 1 leg cit lediglich auf einen „Landtagsbeschluss“ verwiesen, sodass davon ausgegangen werden muss, dass es sich dabei noch um ein Mehrheitsrecht gehandelt hatte. 74 Auf Bundesebene kann erst seit der Nov BGBl I 2014/101 ein Untersuchungsausschuss des NR auf Verlangen eines Viertels der Abg eingesetzt werden.
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tersAusG). Als Untersuchungsgegenstand kommt eine Angelegenheit der Verwaltung des Landes75 in Frage. Die Adaptierung der ursprünglich verwendeten Formulierung („Angelegenheiten des selbstständigen Wirkungsbereiches des Landes“) war im Zuge der Einführung der Landesverwaltungsgerichtsbarkeit notwendig geworden, da klarzustellen war, dass lediglich Angelegenheiten der Verwaltung (und nicht die Rsp des LVwG) Gegenstand eines Untersuchungsausschusses sein konnten.76 Ausweislich der EB war es nicht das Ziel, den Untersuchungsgegenstand zu ändern. Die nunmehr verwendete Formulierung muss so verstanden werden, dass dazu sowohl hoheitliches als auch nicht-hoheitliches Handeln77 zählt.78 Somit können neben Angelegenheiten der Hoheitsverwaltung auch Angelegenheiten der Privatwirtschaftsverwaltung Gegenstand eines Untersuchungsausschusses bilden.79 Nicht mehr vom Begriff der Verwaltung erfasst ist – in Anlehnung an Art 53 B-VG – die privatwirtschaftliche Tätigkeit ausgegliederter Rechtsträger.80 Entscheidend ist dabei die Ingerenzmöglichkeit.81 So verweist etwa Pabel für „das Handeln privatrechtlich organisierter Wirtschaftsunternehmen“ darauf, dass, soweit „die LReg durch Beteiligungsrechte maßgeblichen Einfluss auf das Handeln solcher Unternehmen hat, […] parlamentarische Untersuchungsverfahren [sich] auf die Ausübung 75 Für den Bundesländervergleich und die unterschiedlichen Formulierungen s Gamper, Untersuchungsausschüsse 27 f. 76 EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 2012/147, Tir LT XV. GP, GZ 562/12, 12 f. 77 Auch die Privatwirtschaftsverwaltung ist vom Verwaltungsbegriff des B-VG umfasst, s Kahl/Weber, Allgemeines Verwaltungsrecht7 (2019) 234. 78 Vgl hierzu Gamper, Untersuchungsausschüsse 29. Für die Untersuchungsausschüsse des NR s Zögernitz, Der parlamentarische Untersuchungsausschuss als Kontroll- und Minderheitsrecht, in Baumgartner (Hg), Öffentliches Recht. Jahrbuch 2015 (2015) 53 (60). 79 Zur Abgrenzung des Gegenstandes der politischen Kontrolle im Allgemeinen s schon Morscher, Kontrollbefugnisse 41 ff. 80 IA 718/A BlgNR XXV. GP, 15. Vgl dazu auch VfSlg 19.992/2015: „Die Übertragung der privatwirtschaftlichen Angelegenheiten einer Gebietskörperschaft auf einen öffentlich-rechtlich Ausgegliederten, der seine Aufgaben in den Formen des Privatrechts wahrnimmt, hat aber zur Konsequenz, dass es sich bei dessen Aufgabenerfüllung nicht mehr um staatliche Verwaltung handelt.“ (mwN) und VfSlg 19.993/2015: „Die Informationspflicht erfasst jedenfalls auch Organe von Rechtsträgern, die aus der staatlichen Verwaltungsorganisation ausgegliedert sind, wenn diese hoheitliche Aufgaben wahrnehmen.“ 81 Morscher, Kontrollbefugnisse 42.
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dieser Ingerenzrechte beziehen [können …, wobei] einerseits auf wirtschaftliche Beteiligungen (Kapitalanteile), andererseits auch auf durch den Gesellschaftsvertrag vorgesehene Einflussmöglichkeiten“ abzustellen ist.82 Außerhalb der Verwaltung des Landes83 (und damit nicht Gegenstand eines Untersuchungsausschusses) liegt eine „Angelegenheit der unmittelbaren Bundesverwaltung oder der mittelbaren Bundesverwaltung (sofern es nicht um Fragen der in die Verantwortung von Landesorganen fallenden Organisation der mittelbaren Bundesverwaltung geht) oder des eigenen Wirkungsbereiches von Gemeinden (sofern es sich nicht um Fragen der Gemeindeaufsicht handelt)“.84 Die Abgrenzung des Untersuchungsgegenstands ist damit mit der hL zu den Untersuchungsausschüssen des NR85 als eher restriktiv zu bezeichnen.86 Anders als für Untersuchungsausschüsse des NR ist nicht nur der Un- 28 tersuchungsgegenstand, sondern auch der Untersuchungsauftrag beim Antrag auf Einsetzung schon genau anzugeben. Die Unterscheidung zwischen Untersuchungsgegenstand und Untersuchungsauftrag ist nicht ganz einfach. Der Untersuchungsauftrag umfasst jedoch, wie die Praxis zeigt, jene Vorgänge, die näher untersucht werden sollen.87 Mit der Kombination von Untersuchungsgegenstand und Untersuchungsauftrag bzw -aufträgen, kann jedenfalls eine sehr präzise Eingrenzung dessen, was zu untersuchen ist, getroffen werden. Vor dem Hintergrund des Untersuchungsausschusses als einem Min- 29 derheitenrecht, ist der Verweis in den Erläuterungen, dass die Abgrenzung „deshalb so wichtig [ist], weil damit der Rahmen für die Tätigkeit des Untersuchungsausschusses, insb für die Beweisaufnahmen, genau abgesteckt wird“88, verständlich. Dadurch kann die Informationsbeschaffung durch Beweisaufnahmen schon von Beginn an abgesichert 82 Pabel, Kontrolle 545. 83 Zu dieser Abgrenzung s im Detail Sonntag, Art 65 (in diesem Band) Rz 4 ff. 84 EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 1998/104, Tir LT XII. GP, GZ 270/98, 1. S auch Morscher, Kontrollbefugnisse 43. 85 Noch zur alten Rechtslage, s Kahl, Art 53 B-VG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (2016) Rz 10. 86 Kritisch dazu Öhlinger, Bedeutung 113 ff. 87 Vgl zuletzt die Einsetzung des Untersuchungsausschusses betr „Mehr Transparenz & Kontrolle: Untersuchungsausschuss zur Tiroler Soziale Dienste GmbH (TSD)!“, Tir LT XVII. GP, GZ 86/2019. 88 EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 1998/104, Tir LT XII. GP, GZ 270/98, 7.
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werden. So soll sichergestellt werden, dass „[d]er von den Antragstellern vorgegebene Gegenstand der Untersuchung und der von ihnen festgelegte Untersuchungsauftrag […] bei der Behandlung im Landtag keine Änderung mehr erfahren [… darf], damit nicht etwa von einer Mehrheit im Landtag gegen den Willen der antragstellenden Minderheit der Untersuchungsgegenstand oder der Untersuchungsauftrag verändert [… wird].“89 Auch Änderungen oder Erweiterungen des Untersuchungsgegenstandes und des Untersuchungsauftrages sind nach diesem Prozedere vorzunehmen (§ 1 Abs 4 UntersAusG).90 Schließlich sprechen die Gewaltenteilung, Kompetenzschranken und auch rechtsstaatliche Gründe, „weil durch den Untersuchungsauftrag auch die Pflichten jener Personen bestimmt werden, die als Auskunftspersonen vor dem Ausschuss zu erscheinen und unter Wahrheitspflicht auszusagen haben“, für die genaue Abgrenzung.91 Einwenden kann man jedoch, dass eine genaue Abgrenzung auch Probleme mit sich bringen kann, weil diese ggf in langwierige Diskussionen münden kann, wie präzise ein solcher Antrag sein muss.
5. Einsetzung 30 Ein Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses muss von mindestens zehn Abg mit deren Unterschrift unterstützt werden (§ 1 Abs 1 UntersAusG). Der Antrag auf Einsetzung ist auf seine Zulässigkeit zu prüfen, was durch den LTPräs nach Anhörung des Obleuterates geschieht. § 1 Abs 2 UntersAusG nennt die Gründe für die Zurückweisung92. Ist der Antrag auf Einsetzung zulässig, so wird er – unverän89 EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 1998/104, Tir LT XII. GP, GZ 277/98 7. 90 Vgl den Beschluss „Erweiterung des Gegenstandes der Untersuchung und des Untersuchungsauftrags des Untersuchungsausschusses zur Tiroler Soziale Dienste GmbH (TSD) (86/19) gem. § 1 Abs. 4 des Gesetzes über Untersuchungsausschüsse i.V.m § 1 Abs. 1 bis 3 des Gesetzes über Untersuchungsausschüsse sowie Art. 23 Abs. 8 bis 10 der Tiroler Landesordnung“, Tir LT XVII. GP, GZ 159/19. 91 Berka, Der Untersuchungsauftrag parlamentarischer Untersuchungsausschüsse, in Brünner et al (Hg), Mensch – Gruppe – Gesellschaft – FS Prisching (2010) 19 (23). 92 § 1 Abs 2 UntersAusG zufolge ist ein Antrag zurückzuweisen, wenn es sich nicht um eine Angelegenheit der Verwaltung des Landes handelt, wenn der Antrag den Erfordernissen nach Abs 1 (genaue Bezeichnung des Gegenstands der Untersuchung und des Untersuchungsauftrags, von mindestens zehn Abg unterfertigt) nicht entspricht oder wenn er eingebracht wird, so-
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dert, dh der Untersuchungsgegenstand kann in diesem Schritt nicht geändert werden – zur Abstimmung im LT gebracht. Für die Einsetzung des Untersuchungsausschusses ist die Zustimmung von mindestens zehn Abg notwendig. Damit weicht die TLO 1989 von Art 53 B-VG ab, wonach ein Untersuchungsausschuss durch Nationalratsbeschluss (Mehrheitsbeschluss) oder auf Verlangen eines Viertels der Mitglieder (Minderheitenrecht) einzusetzen ist. Im Bundesländervergleich ist Tirol jedoch kein Einzelfall, sehen doch mittlerweile fast alle Bundesländer das Recht der Einsetzung von Untersuchungsausschüssen als Minderheitenrecht vor.93 Weder die TLO 1989 noch das UntersAusG sehen ein Rechtsmittel 31 gegen den Einsetzungsbeschluss vor. Sollte der Untersuchungsgegenstand überschießend sein, so ist nach Möglichkeit (teleologisch) reduzierend und damit verfassungskonform auszulegen bzw, wenn dies gar nicht möglich erscheint, dieser als absolut nichtig anzusehen.94
6. Zusammensetzung Ein Untersuchungsausschuss besteht idR aus zehn Mitgliedern (Art 23 32 Abs 9 TLO 1989). Dabei hat jeder Klub ein Vorschlagsrecht für die zur Wahl stehenden Abg. Weil Art 23 Abs 9 TLO 1989 darauf verweist, dass die Mitglieder des Untersuchungsausschusses aus der Mitte des LT lange ein bestehender Untersuchungsausschuss seine Tätigkeit nicht abgeschlossen hat. 93 S Art 46 Abs 1a Bgld L-VG, Art 69 Abs 1 K-LVG, Art 33 Abs 1 NÖ LV 1979, unter bestimmten Umständen auch Art 35a OÖ L-VG, Art 28 Abs 5 Sbg L-VG, Art 24 Stmk L-VG, Art 66 Abs 2 Vbg LV, § 129 Abs 2 WStV. S auch Bußjäger, ÖJZ 2016, 352 f. Zur besonderen Situation in Wien s Sedlak, Untersuchungsausschüsse/Untersuchungskommissionen in Wien, in ÖJK (Hg), Untersuchungsausschüsse des Nationalrates und der Landtage (2011) 49 ff. 94 Kahl, Untersuchungsausschüsse, in Lienbacher/Wielinger (Hg), Öffentliches Recht. Jahrbuch 2008 (2008) 121 (123). S auch Bußjäger, ÖJZ 2016, 354, der darauf verweist, dass „die landesverfassungsrechtlichen Regelungen keine Befassung des VfGH im Falle von Streitigkeiten rund um die Einsetzung und das Verfahren von UA auf Landesebene vor[sieht]“. Jene Fälle, in denen eine reduzierende Auslegung nicht möglich scheint, müssten jedoch an sich Fälle sein, die den Anforderungen des § 1 Abs 1 UntersAusG nicht genügen, weil der Gegenstand der Untersuchung so weit gefasst ist, dass nicht mehr von der geforderten genauen Bezeichnung ausgegangen werden kann. Diese müssten dann gem § 1 Abs 2 UntersAusG zurückgewiesen werden.
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zu wählen sind, ist davon auszugehen, dass nur jene Mitglieder des Klubs vorgeschlagen werden können, die auch Mitglied des LT sind. Würden Klubmitglieder, die nicht Mitglied des LT sind, Mitglied eines Untersuchungsausschusses werden, so wäre der Ausschuss – wegen eines Verstoßes gegen den Wortlaut der Bestimmung – nicht korrekt zusammengesetzt.95 Das Vorschlagsrecht richtet sich nach der Klubstärke. Sollte ein Klub nach dieser Regelung nicht durch ein Mitglied im Untersuchungsausschuss vertreten sein, dann kann sich die grds festgelegte Zahl gem Art 23 Abs 9 TLO 1989 auch erhöhen. In diesem Fall nämlich kommt dem nicht vertretenen Klub ein Vorschlagsrecht für ein weiteres Mitglied zu. 33 Durch das nach Kräfteverhältnissen ausgestaltete Vorschlagsrecht der Klubs ist idR gesichert, dass „[d]ie Anzahl [der Mitglieder …] auf die im Landtag vertretenen Parteien nach ihrer verhältnismäßigen Stärke“ verteilt sind. Die EB verweisen dazu auf das d´Hondtsche System.96 Die Möglichkeit für Klubs, die nach diesem Verfahren kein Mitglied stellen, auf Nominierung eines weiteren Mitglieds bedeutet eine Aufwertung kleiner Klubs und damit eine gewisse Abflachung der Verhältnismäßigkeit. Dies liegt aber iS der Kontrollfunktion.
7. Leitung 34 Der Untersuchungsausschuss hat aus seiner Mitte in der konstituierenden Sitzung, die der LTPräs innerhalb von zwei Wochen nach der Wahl einzuberufen hat, einen Vorsitzenden und einen Stellvertreter mit einfacher Mehrheit zu wählen (§ 2 Abs 2 UntersAusG). Davon zu unterscheiden ist der nach § 2 Abs 3 UntersAusG zu bestellende Verfahrensleiter (sowie dessen Stellvertreter), der „für die Einhaltung der Verfahrensvorschriften und für den Schutz der Grund- und Persönlichkeitsrechte Sorge [zu] tragen“ hat. Die Voraussetzung für die Tätigkeit 95 Mittlerweile sieht nur mehr OÖ hierbei sog Untersuchungskommissionen vor, denen nicht nur Mitglieder des LT angehören können; vgl Art 35a Abs 3 OÖ L-VG: „Mindestens die Hälfte der Mitglieder einer Untersuchungskommission muß dem Landtag angehören; die übrigen Mitglieder müssen zum Landtag wählbar sein.“ Eine ähnliche Bestimmung in der Vbg LV wurde mit der Nov LGBl 2014/39 abgeschafft. Der neue Art 66 Vbg LV sieht nicht mehr vor, dass Personen, die nicht Landtagsmitglieder sind, Mitglieder eines Untersuchungsausschusses (bis zur Nov: Untersuchungskommission) sein können. 96 EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 1998/104, Tir LT XII. GP, GZ 270/98, 6.
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als Verfahrensleiter ist eine langjährige Tätigkeit als Richter. In der Vergangenheit waren als Verfahrensleiter Richter aus dem Zivil- und Strafrecht bestellt.97 Es ist davon auszugehen, dass hier auf Richter iSd Art 87 B-VG abgestellt wird, sodass auch Verwaltungsrichter als Verfahrensleiter in Frage kommen.
8. Verfahren Ziel eines Untersuchungsausschusses ist die Informationsbeschaffung 35 über einen bestimmten Vorgang.98 Demgemäß ist auch das Verfahren ausgestaltet. Tirol hat (so wie Sbg99) mit dem UntersAusG eine eigene Verfahrensordnung. Knt hat mittlerweile ein eigenes UntersAusG100. Damit entfällt auch der Verweis auf andere Verfahrensordnungen, wie das AVG (s zB die LVG von Bgld101 oder Vbg102). § 18 UntersAusG bestimmt, dass, soweit nicht Anderes bestimmt ist, die Tir GO LT Anwendung findet. Beschlüsse sind gem § 3 UntersAusG idR als Mehrheitsbeschlüsse zu 36 treffen, wobei mindestens die Hälfte der Mitglieder anwesend sein und sich entweder der Vorsitzende oder der Stellvertreter des Untersuchungsausschusses unter den Anwesenden befinden muss.103 97 S zB die Verfahrensleiter des TSD Untersuchungsausschuss, https://www. tirol.gv.at/meldungen/meldung/artikel/u-ausschuss-tsd-zeitplan-steht/ (09.09.2019). Die Bestimmung lässt offen, ob auch eine andere richterliche Tätigkeit als Voraussetzung für die Tätigkeit genügt. 98 Pabel, Kontrolle 544. 99 Landtagsuntersuchungsausschüsse-Verfahrensordnung (Anhang zum Landtags-Geschäftsordnungsgesetz), LGBl 1999/26 idF LGBl 2012/62. 100 Gesetz über Untersuchungsausschüsse des Kärntner Landtages, LGBl 2016/17 idF LGBl 2017/25, welches nur mit Zwei-Drittel Mehrheit abgeändert werden kann (Art 69 Abs 7 Ktn LV). 101 § 53 Abs 4 Bgld GO LT. 102 Vbg hat mit LGBl 2014/39 einen Art 66a in die LV eingefügt, der die wesentlichen Grundzüge des Verfahrens festlegt und ergänzend auf das AVG, das Zustellgesetz sowie das Verwaltungsvollstreckungsgesetz verweist (Art 66a Abs 5) verweist. 103 Hoffmann, Kontrollrechte des Nationalrates, der Untersuchungsausschuss zur Klärung von Korruptionsvorwüfen (910/GO XXIV. GP), in Fitz et al (Hg), FS Torggler (2013) 511 (525) plädierte iZm den Untersuchungsausschüssen des NR dafür, dass auch für die Beschlüsse der Untersuchungsausschüsse „ein Viertel der im Plenum abstimmenden abgeordneten oder eine Mehrheit der Abgeordneten der Opposition genügen“ sollte.
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37 Ist iZm dem Untersuchungsgegenstand eine Strafsache bei Gericht oder der Staatsanwaltschaft anhängig, so ist der Untersuchungsausschuss zu unterbrechen, bis die Strafsache erledigt ist (§ 4 UntersAusG). Damit kann unmittelbar nach Einsetzung des Untersuchungsausschusses eine Unterbrechung aufgrund einer anhängigen Strafsache notwendig sein. Hintergrund ist die unterschiedliche Funktion eines Verfahrens vor dem Untersuchungsausschuss und eines gerichtlichen Strafverfahrens: Anders als die Tätigkeit von Gerichten ist die „Tätigkeit [von Untersuchungsausschüssen …] nicht auf Wahrheitsfindung und Ermittlung persönlicher Verantwortung ausgerichtet“.104 Das jeweilige Verfahrensziel ist also ein anderes, auch wenn sich die Tätigkeitsbereiche überschneiden mögen.105 Eine gleichzeitige Verfahrensführung könnte zu einer „Beeinflussung des Gerichtsverfahrens durch ein parallel laufendes Unter suchungsverfahren“106 führen, was durch die Unterbrechung hintangehalten werden kann. 38 Beim Untersuchungsausschuss handelt es sich um einen Ausschuss, der der Staatsfunktion Gesetzgebung zuzurechnen ist. Dies hat Auswirkungen zB auf die Handhabung der Sitzungspolizei.107
9. Öffentlichkeit 39 Auch für Untersuchungsausschüsse gilt, dass die „Öffentlichkeit […] die Politik und insbesondere das Parlament [leben]“108 lässt.109 Grds sind Ausschusssitzungen nicht öffentlich. Für die Anhörung von Auskunftspersonen und Sachverständigen im Rahmen der Untersuchungsausschüsse jedoch ist die Teilnahme der Öffentlichkeit möglich (§ 5 Abs 1 1. Satz UntersAusG). Nicht zulässig sind Aufnahmen und Über104 Fuchs, Untersuchungsausschüsse und Strafrecht, in ÖJK (Hg), Untersuchungsausschüsse des Nationalrates und der Landtage (2011) 15. 105 Fuchs, Untersuchungsausschüsse 15. 106 Fuchs, Untersuchungsausschüsse 20. 107 Vgl VfSlg 13.450/1993: „Die Handhabung der Sitzungspolizei während der Sitzung eines Untersuchungsausschusses – ebenso unmittelbar davor zur Vorbereitung dieser Sitzung – ressortiert ebenso wie ihre Ausübung während der Beratungen des Plenums selbst zur Staatsfunktion Gesetzgebung.“ Ähnlich auch VfSlg 18.406/2008. 108 Morscher, Kontrollbefugnisse 54. 109 Kahl, Art 53 Rz 5 verweist auf die „erhebliche Publizitätswirkung“, die Untersuchungsausschüsse entfalten können.
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tragungen für die Medien. Damit ist die Öffentlichkeit auf die Saalöffentlichkeit beschränkt (§ 5 Abs 1 2. Satz UntersAusG). Zur Frage, ob Medienvertretern privilegierter Zugang in den Saal gewährt werden darf, hat der VfGH ausgesprochen, dass dies nicht zu einem völligen Ausschluss anderer Personen führen darf.110 Es gibt jedoch Gründe, aus denen der Verfahrensleiter die Öffentlichkeit ausschließen kann. Dies ist dann der Fall, wenn es überwiegende öffentliche Interessen oder überwiegende schutzwürdige private Interessen gebieten, aber auch dann, wenn die Erlangung einer wahrheitsgemäßen Aussage dadurch wahrscheinlicher scheint (§ 5 Abs 2 UntersAusG). Für jene Sitzungen, die nicht öffentlich sind gilt, dass deren Inhalte und insb auch die in solchen Sitzungen getätigten Aussagen von Auskunftspersonen nicht öffentlich sind (§ 15 Abs 1 UntersAusG). Dies bedeutet auch, dass Protokolle über solche Inhalte nur an Ausschussmitglieder übermittelt werden dürfen (§ 15 Abs 3 UntersAusG). Zur Wahrung der Vertraulichkeit von übermittelten Akten ist der LTPräs berufen. Hier greift ebenso § 15 Abs 3 und 4 Gesetz UntersAusG, der auf die Vertraulichkeit von Sitzungen abstellt. Gegebenenfalls sind also „heikle“ Akten entsprechend vom LTPräs gem § 15 Abs 3 und 4 UntersAusG unter Verschluss zu halten bzw kenntlich zu machen. Andere Beweismittel (zB Unterlagen), die geheim gehalten werden sollen, müssten als Teil einer vertraulichen Sitzung des Untersuchungsausschusses gem § 15 Abs 3 UntersAusG eingestuft werden. Anders als auf Bundesebene, gibt es keine dem InfOG111 entsprechende gesetzliche Regelung der Klassifizierung von Informationen in Tirol. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die bestehenden Bestimmungen über die Vertraulichkeit ausreichend sind. Es obliegt insb dem LTPräs von seinem Recht gem § 15 Abs 3 und 4 UntersAusG Gebrauch zu machen, wenn dies notwendig ist.112 Dies wird in der Praxis auch so gehandhabt.
110 VfSlg 13.577/1993. S auch Bertel, Art 25 (in diesem Band) Rz 10. 111 Bundesgesetz über die Informationsordnung des Nationalrates und des Bundesrates (Informationsordnungsgesetz – InfOG), BGBl I 2014/102. Die Zielsetzung ist die Schaffung eines „möglichst einheitliche[n] und klare[n] Regelwerk[s] über den Umgang mit (verschiedenen Arten von) dem Parlament zugeleiteten und im Parlament entstandenen klassifizierten und nichtöffentlichen Informationen“, IA 720/A BlgNR XXV. GP, 7. 112 S Rz 42.
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10. Informationsbeschaffung 40 Zur Informationsermittlung dienen dem Untersuchungsausschuss Beweise, die aufgrund von Beweisbeschlüssen aufgenommen werden. Beweismittel ist alles, „was zur Feststellung des für die Erfüllung des Untersuchungsauftrages maßgebenden Sachverhaltes“ geeignet ist (§ 6 Abs 3 UntersAusG). Für die Beweisbeschlüsse gelten herabgesetzte Beschlusserfordernisse (nur ein Drittel der abgegebenen Stimmen ist erforderlich, § 6 Abs 4 UntersAusG). Eine Kernfunktion bei der Informationsbeschaffung nehmen Auskunftspersonen und Sachverständige ein, die aufgrund der Beweisbeschlüsse durch den Verfahrensleiter (Ausfertigung durch den LTPräs) zu laden sind (§ 7 UntersAusG). Dabei gelten gem § 8 UntersAusG Beschränkungen für die Befragung und gem § 9 UntersAusG Aussageverweigerungsgründe. § 10 UntersAusG legt das Prozedere der Befragung von Auskunftspersonen fest, § 12 UntersAusG regelt die Bestellung und Beweisaufnahme von Sachverständigen. 41 Neben der Befragung von Auskunftspersonen und der Beiziehung von Sachverständigen können Untersuchungsausschüsse sich auch im Wege der Rechtshilfe Informationen beschaffen. Die Grundlage hierfür bildet § 16 UntersAusG. § 16 Abs 2 UntersAusG zufolge sind „[d]ie Behörden, Ämter und sonstigen Dienststellen des Landes [… verpflichtet,] dem Untersuchungsausschuss auf dessen Verlangen ihre Akten vorzulegen.“ Während Art 53 B-VG „Akten und Unterlagen“ erwähnt, beschränkt sich § 16 Abs 2 UntersAusG auf die Verwendung des Begriffs „Akten“. Die Formulierung „Akten und Unterlagen“ ist so zu verstehen, dass darunter „nicht nur Akten im formellen Sinn[,] sondern auch sämtliche mit dem Beweisthema und den jeweiligen Akten im Zusammenhang stehende schriftliche oder automationsunterstützt gespeicherte Dokumente, ‘Handakten’, Berichte, Korrespondenzen aller Art inkl. E-Mails, Entwürfe und sonstige Aufzeichnungen einschließlich Deckblätter, Einsichtsbemerkungen, Tagebücher, Terminkalender, Antrags- und Verfügungsbögen, Weisungen, Erlässe, Aktenvermerke, Sprechzettel, Entscheidungen, schriftliche Bitten, Berichte, Protokolle von Besprechungen und Sitzungen aller Art, Inhalte elektronischer Aktenführung u. dgl., die bei der vorlagepflichtigen Stelle vorhanden sind“113, erfasst sind. 113 AB 484 BlgNR XXV. GP, Anlage 2- Grundsätzlicher Beweisbeschluss, 1.
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Das UntersAusG geht wohl (noch) von einem formellen Aktenbegriff aus, dh, dass lediglich Akten ieS und nicht jegliche mit dem Beweisthema in Verbindung stehende Unterlagen erfasst sind. Dies ergibt sich daraus, dass das UntersAusG sich wohl noch an Art 53 B-VG und § 25 Verfahrensordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse (Anlage 1 zum GOG-NR) vor der Nov BGBl I 2014/101 orientierte. § 25 Abs 2 Verfahrensordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse stellte lediglich auf „Akten“ und nicht auf „Akten und Unterlagen“ ab. Diesem Verständnis folgt auch die Praxis auf der Landesebene, wie sich zuletzt beim TSD-Untersuchungsausschuss zeigte. ISd bestmöglichen Kontrolle scheint ein weiterer Begriff, wie er bundesverfassungsgesetzlich nunmehr seit der Nov BGBl I 2014/101 in Art 53 Abs 3 B-VG durch die Formulierung „Akten und Unterlagen“ zum Ausdruck kommt, jedoch wünschenswert. Dafür wäre jedoch eine entsprechende gesetzliche Änderung notwendig. Schließlich ist auch der Frage nachzugehen, wer unter „Behörden, Ämter und sonstige Dienststellen des Landes“ fällt. IVm dem Prüfumfang bzw dem Untersuchungsgegenstand (der auch das hoheitliche Handeln ausgegliederter Rechtsträger umfasst114) ist davon auszugehen, dass ausgegliederte Rechtsträger nur so weit zur Vorlage von Akten verpflichtet werden können, als sie hoheitlich handeln.115 Neben der Vorlage von Akten sind nach § 16 Abs 1 UntersAusG „[d]ie Gerichte und alle anderen Behörden […] verpflichtet, den Ersuchen von Untersuchungsausschüssen um Beweiserhebungen im Rahmen der Befugnisse des Untersuchungsausschusses zu entsprechen“. In Folge der Entscheidung VfSlg 19.973/2015 (zum Untersuchungsaus- 42 schuss zur Hypo Group Alpe-Adria116) stellte sich auch für die Unter114 Gamper, Untersuchungsausschüsse 31. 115 Damit steht die Auffassung in Einklang, dass unter „Behörden“ auch Beliehene, ds „Private […] mit behördlichen Funktionen“ verstanden werden können, sofern sie „hoheitliche Befugnisse im eigenen Namen und nicht für ein anderes Organ“ ausüben (s Kahl/Weber, Verwaltungsrecht 155; s auch Wiederin, Die Beleihung, in Fuchs et al [Hg], Staatliche Aufgaben, private Akteure [2017] 31 [55], der als Beliehene „Private bezeichnet […], die Behörden sind“). Dies entspricht der Rechtslage für Untersuchungsausschüsse des NR, vgl AB 484 BlgNR XXV. GP, Anlage 2, 4 sowie Art 53 Abs 3 B-VG. 116 Vgl den Bericht des Hypo-Untersuchungsausschusses gem § 51 Verfahrensordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse (VO-UA) eingesetzt zur Untersuchung der politischen Verantwortung für die Vorgänge rund um die Hypo Group Alpe-Adria (1/US), 1291 BlgNR XXV. GP.
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suchungsausschüsse der Länder die Frage, in welchem Umfang Akten vorzulegen sind. Es geht dabei darum, ob Akten geschwärzt werden dürfen. Nach dem VfGH bemisst sich der Umfang der Verpflichtung zur Aktenvorlage an den Aufgaben des U-Ausschusses. Grds stehen, so der VfGH, einer Übermittlung von (ungeschwärzten) Informationen weder § 1 DSG 2000 noch Art 8 EMRK entgegen. Damit geht jedoch nicht eine Veröffentlichungserlaubnis (auch nicht im [schriftlichen] Endbericht des U-Ausschusses) einher. Eine Übertragbarkeit der VfGH-Rsp auf die Landesebene ist mE gegeben: Auch ohne die eindeutige Festlegung der Zielsetzung von UAusschüssen im Landesverfassungsrecht ist davon auszugehen, dass auch auf Landesebene die Zielsetzung der politischen Kontrolle für die Einräumung der Möglichkeit, U-Ausschüsse einzurichten, entscheidend ist.117 Die grds Feststellung des VfGH, dass zur Erfüllung des Kontrollauftrages alle Akten vollständig zur Verfügung gestellt werden müssen, scheint daher übertragbar. Unterstützt wird diese Ansicht durch das Argument, dass Art 20 Abs 3 B-VG (und in dessen Wiederholung auch Art 54 TLO 1989) Einschränkungen der Verschwiegenheitspflichten (die gesetzlich vorgesehen sind) grds erlaubt. Weder Art 20 Abs 3 B-VG noch Art 54 TLO 1989 verlangen eine verfassungsgesetzliche, sondern lediglich eine (einfach)gesetzliche andere Bestimmung. Weil die Vorlage von Akten gesetzlich angeordnet ist, steht die Amtsverschwiegenheit dieser nicht entgegen. Alternativ wäre auch eine Entbindung (Art 54 Abs 3 TLO 1989) von der Verschwiegenheitspflicht denkbar: Eine Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht der Mitglieder der LReg kann nur die LReg vornehmen; für Landesbedienstete obliegt dies dem zuständigen Dienstgeber.118 Es muss dabei davon ausgegangen werden, dass die 117 Vgl Schwamberger/Ranacher, Tiroler Landesordnung 19895 (2014) 43 und Tir LT XV. GP, RV 562/12. 118 Für Landesbeamte nach § 1 Abs 1 Landesbeamtengesetz 1998 LGBl 1998/65 idF LGBl 2020/51; ist dies nach § 2 iVm § 128 Abs 2 Landesbeamtengesetz 1998 die LReg bzw gem § 2 iVm § 128 Abs 4 Landesbeamtengesetz 1998 die BH. Dies trifft gem § 13 Abs 5 Gesetz über das Dienstrecht der Bediensteten des Landes Tirol (Landesbedienstetengesetz – LBedG), LGBl 2001/1 idF LGBl 2020/51 auch auf Vertragsbedienstete zu, weil die entsprechenden gesetzlichen Bestimmungen über die Zuständigkeit zur Entbindung von der Amtsverschwiegenheit für Landesbeamte sinngemäß gelten.
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LReg bzw der Dienstgeber verpflichtet ist, ggf von der Verschwiegenheitsverpflichtung zu entbinden,119 wenn ein U-Ausschuss entsprechende Informationen verlangt. Erzwingen kann dies der LT jedoch nicht. Geht man davon aus, dass die Verschwiegenheitspflicht jedoch schon aufgrund der einfachgesetzlichen „anderen“ Anordnung durchbrochen ist, kommt diese Überlegung nicht zum Tragen. Sofern bestimmte Akten von der Vorlagepflicht ausgenommen sein sollten, müsste eine entsprechende Änderung im UntersAusG erfolgen. Andere bundesgesetzlich festgelegte Verschwiegenheitspflichten (zB nach dem BankwesenG) können durch die landesgesetzlich verankerte Vorlageverpflichtung wohl nicht durchbrochen werden. Eine bundesverfassungskonforme Interpretation (wie sie im Verhältnis zu Art 53 B-VG nach der VfGH-Rsp durchzuführen ist) kommt nicht in Frage, da sich Art 53 B-VG nur auf die Untersuchungsausschüsse des NR bezieht. In Bezug auf landesgesetzlich verankerte Verschwiegenheitspflichten hingegen kann eine landesverfassungskonforme Interpretation dahingehend durchgeführt werden, dass solche Verschwiegenheitsverpflichten (zB nach dem Tir Heimgesetz 2005120, dem Tir Rettungsdienstgesetz 2009121, dem Tir Heilvorkommen- und Kurortegesetz 2004122 oder dem TKJHG) so interpretiert werden müssen, dass die Kontrollaufgaben der Untersuchungsausschüsse möglichst reibungsfrei ausgeführt werden können und daher eine Aktenvorlage zu erfolgen hat.
11. Ergebnis eines Untersuchungsausschusses Die Ergebnisse eines Untersuchungsausschusses werden in einem Be- 43 richt zusammengefasst, der der Berichterstattung an den LT (über einen Berichterstatter) dient. Dabei fasst der Verfahrensleiter die Beweisauf119 Vgl zur bundes(verfassungs)rechtlichen Situation Kahl, Art 53 Rz 16. 120 Gesetz vom 01. Februar 2005 über Heime für hilfs-, betreuungs- oder pflegebedürftige, insbesondere ältere, Menschen (Tiroler Heimgesetz 2005), LGBl 2005/23 idF LGBl 2019/138. 121 Gesetz vom 01. Juli 2009, mit dem der öffentliche Rettungsdienst in Tirol geregelt wird (Tiroler Rettungsdienstgesetz 2009), LGBl 2009/69 idF LGBl 2019/138. 122 Gesetz vom 04. Februar 2004 über natürliche Heilvorkommen und Kurorte (Tiroler Heilvorkommen- und Kurortegesetz 2004), LGBl 2004/24 idF LGBl 2019/138.
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nahmeergebnisse zusammen, die dann von den Mitgliedern des Untersuchungsausschusses bewertet werden (§ 17 Abs 1 UntersAusG). Der Bericht kann auch Empfehlungen umfassen (§ 17 Abs 2 UntersAusG), und jedes Mitglied des Untersuchungsausschusses kann dem Bericht seine eigenen Bewertungen und Anträge beifügen lassen (§ 17 Abs 3 UntersAusG). 44 Zu beachten gilt es, dass bei Veröffentlichungen durch den Untersuchungsausschuss eine Interessenabwägung zwischen privaten und öffentlichen Interessen vorzunehmen ist.123 Anders als bei der Vorlage der Akten, wo private Interessen an der Geheimhaltung (zB aufgrund des DSG oder Art 8 EMRK) keine Rolle spielen, sind diese privaten Interessen im Falle einer Veröffentlichung ausreichend zu berücksichtigen. Dies gilt nicht nur für schriftliche, sondern auch für mündliche Berichterstattungen. Nach § 17 Gesetz über Untersuchungsausschüsse ist dem LT über das Ergebnis der Tätigkeit des Untersuchungsausschusses Bericht zu erstatten, wobei offen bleibt, ob dies schriftlich oder mündlich geschehen muss. § 17 spezifiziert nicht, welche konkreten Informationen im Bericht enthalten sein müssen, sondern normiert lediglich, dass die Zusammenfassung der Ergebnisse der Beweisaufnahme die Grundlage für die Berichterstattung bilden soll. Insofern erlaubt § 17 die vom VfGH geforderte Abwägung vorzunehmen.
XII. Praktische Bedeutung 45 Bislang wurden insgesamt drei Untersuchungsausschüsse eingerichtet: der Untersuchungsausschuss Kurhaus Royal124, der Untersuchungsausschuss zur Klinikküche125 und der Tir Soziale Dienste GmBH Untersuchungsausschuss126, wobei der jüngste Untersuchungsausschuss seine Arbeit noch nicht abgeschlossen hat. Auffällig ist, dass zwischen dem jüngsten Untersuchungsausschuss und den beiden älteren ca 123 VfSlg 19.773/2015. 124 Untersuchungsausschuss betr „Kurhaus Royal“, Antrag auf Einsetzung des Untersuchungsausschusses, Tir LT XI. GP, GZ 357/91. 125 Untersuchungsausschuss betr „Überprüfung der Kostenexplosion beim Bau der Klinikküche“, Bericht und Antrag des Untersuchungsausschusses, Tir LT XI. GP, GZ 102/93. 126 Untersuchungsausschuss betr „Mehr Transparenz & Kontrolle: Untersuchungsausschuss zur Tiroler Soziale Dienste GmbH (TSD)!“, Tir LT XVII. GP, GZ 86/2019.
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26 Jahre liegen, in denen gar kein Untersuchungsausschuss eingerichtet wurde. Vor dem Hintergrund, dass die Einrichtung von Untersuchungsausschüssen seit der Nov LGBl 1998/105 ein Minderheitenrecht ist und damit keine Mehrheit im LT für die Einrichtung eines Untersuchungsausschusses notwendig ist, ist dies jedenfalls bemerkenswert.
XIII. Klubs Die Klubs finden – ausgenommen im Titel – in Art 23 Abs 6 und in 46 Abs 7 TLO 1989 Erwähnung. Die Überschrift „Klub“ könnte vermuten lassen, dass irgendeine inhaltliche Regelung zu den Klubs in Art 23 TLO 1989 getroffen wird. Ziel war aber nach den EB nicht, eine (erschöpfende) Regelung der Klubs zu treffen. Absicht des Landesverfassungsgesetzgebers war es vielmehr, „nur jene Bestimmungen über die Ausschüsse des Landtages und die Klubs, auf die mit Rücksicht auf den Inhalt anderer Bestimmungen des vorliegenden Entwurfes nicht verzichtet werden kann“127, aufzunehmen. Dass die Bildung von Klubs durch die Landesordnung vorausgesetzt ist, ergibt sich schließlich auch aus Art 23 Abs 9 TLO 1989. Die Klubs spielen nämlich eine entscheidende Rolle, wenn es um die Besetzung von Untersuchungsausschüssen geht. Inhaltliche Regelungen über Klubs sind gem Art 23 Abs 7 TLO 1989 in 47 der Tir GO LT zu treffen, was durch § 10 Tir GO LT erfolgt ist. Dass die Klubs in der TLO 1989 dennoch Erwähnung finden, ist ausweislich der EB dem Umstand geschuldet, dass „[d]ie Bildung von Klubs […] durch die Landesordnung […] vorausgesetzt“ 128 wird und „weil […] dem Notstandsausschuß unter anderem auch di [sic] Obmänner der Klubs angehören sollen“129. Darin erschöpft sich jedoch der Gehalt des Art 23 TLO 1989 in Bezug auf die Klubs. Näheres zu den Klubs ergibt sich somit einfachgesetzlich aus der Tir GO LT. Gem § 10 Abs 1 Tir GO LT können sich Abg derselben Wählergruppe zu einem Klub zusammenschließen. Die Bildung eines Klubs kann jedoch auch von Abg, die nicht derselben Wählergruppe angehören, erfolgen, vorausgesetzt der Landtag stimmt der Klubbildung zu. Mindestens zwei Abg sind zur Bildung eines Klubs notwen127 EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 24. 128 EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 24. 129 EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 60.
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dig. Aus § 10 Abs 4 Tir GO LT ergibt sich, dass neben den Abg auch die Mitglieder der LReg sowie die Mitglieder des BR sich einem Klub anschließen dürfen, wobei sie dabei an den Klub jener Wählergruppe gebunden sind, auf deren Vorschlag sie gewählt wurden. Mitglieder der LReg sowie des BR dürfen jedoch keine Funktion für den Klub ausüben (§ 10 Abs 4 Tir GO LT). Der Zeitpunkt der Einrichtung eines Klubs ist idR der Beginn der Legislaturperiode. § 10 Abs 2 Tir GO LT legt dazu das Prozedere fest. Die Bildung eines Klubs nach diesem Zeitpunkt ist nicht ausgeschlossen, bedarf gem § 10 Abs 3 Tir GO LT jedoch der Zustimmung des LT (und ist dadurch von einer Mehrheit im LT abhängig). Damit weicht die Tir Regelung von der für die Klubs des NR geltenden Rechtslage ab, wonach ein Zusammenschluss zu einem Klub „bis spätestens einen Monat vom Tag des ersten Zusammentrittes des Nationalrates an gerechnet“ zu erfolgen hat.130 Eine solche zeitliche Einschränkung ist jedoch in Hinblick auf das freie Mandat (Art 56 B-VG) sowie den Gleichheitsgrundsatz (Art 7 B-VG iVm Art 2 StGG) und das passive Wahlrecht kritisch zu sehen.131 Zweck eines Klubs ist die Förderung der parlamentarischen Tätigkeit, die sich insb in finanzieller Hinsicht ausdrücken kann.132 Auch wenn in Tirol „die Klubgründung nach Konstituierung des Landtags grds verboten, mit der Zustimmung des Landtags dann aber doch erlaubt“133 wird und damit „die Möglichkeit der Klubgründung dadurch in die Hände der Parlamentsmehrheit gelegt“ wird, „ist damit zumindest eine Debatte im Plenum garantiert“.134 Auch ist eine Klubbildung nach Beginn der Legislaturperiode nicht komplett ausgeschlossen wie nach § 7 GOG-NR.135 Die Tir GO LT schweigt zum Recht darauf, den Klub zu wechseln. Dass dies möglich ist, ergibt sich jedoch schon aus Art 56 B-VG (freies Mandat).136 Der Klubwechsel ist dabei nicht als ein neuer Zusammenschluss zu werten.137 130 § 7 GOG-NR. 131 S A. Th. Müller, Recht auf (nachträglichen) Klubzusammenschluss und freies Mandat, JRP 2018, 49 (63 ff). 132 A. Th. Müller, JRP 2018, 57 mwN. 133 A. Th. Müller, JRP 2018, 64. 134 A. Th. Müller, JRP 2018, 65. 135 A. Th. Müller, JRP 2018, 65. 136 A. Th. Müller, JRP 2018, 64. 137 S dazu Öhlinger, Der Klubwechsel einzelner Abgeordneter – ein Anlass zu gesetzlichen Änderungen?, JRP 2017, 118.
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Nicht verfassungsrechtlich, sondern von der GO vorgesehen ist der sog 48 Obleuterat, der nach § 11 Tir GO LT vom Präs, den Vizepräsidenten und den Klubobleuten zu bilden ist. Dem Obleuterat kommen dabei bestimmte wichtige Präsidialfunktionen iZm der Führung der Geschäfte durch den LTPräs zu (§ 11 Tir GO LT).
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Artikel 24 Sitzungen (1) Der Landtagspräsident beruft den Landtag zu den Sitzungen ein und erklärt diese für geschlossen. Vor Erledigung der Tagesordnung kann eine Sitzung nur durch Beschluß des Landtages für geschlossen erklärt werden. (2) In der Zeit zwischen dem 10. Juli und dem 10. September sowie zwischen dem 23. Dezember und dem 8. Jänner finden keine Sitzungen statt (sitzungsfreie Zeit). Aus dringendem Anlaß kann jedoch der Landtagspräsident auch während dieser Zeit den Landtag zu einer Sitzung einberufen. (3) Der Landtagspräsident hat den Landtag binnen einer Woche zu einer Sitzung einzuberufen, wenn wenigstens zehn Abgeordnete oder die Landesregierung unter Angabe der Tagesordnung einen darauf gerichteten Antrag stellen. Der Beginn der Sitzung ist auf einen Tag innerhalb von zwei Wochen nach dem Einlangen des Antrages bei der Landtagsdirektion festzulegen. Eine solche Sitzung ist auch in der sitzungsfreien Zeit einzuberufen. (4) Die Mitglieder der Landesregierung sind berechtigt, an den Sitzungen des Landtages und seiner Ausschüsse mit beratender Stimme teilzunehmen. Auf Verlangen des Landtages bzw. seiner Ausschüsse sind sie hiezu verpflichtet. Ist ein Mitglied der Landesregierung an der Teilnahme an einer Sitzung eines Ausschusses verhindert, so kann es sich durch einen Landesbediensteten vertreten lassen. Die Mitglieder der Landesregierung sind berechtigt, zu ihrer Beratung bei den Sitzungen der Ausschüsse Landesbedienstete beizuziehen. (5) Die vom Land Tirol entsandten Mitglieder des Bundesrates sind berechtigt, an den Sitzungen des Landtages mit beratender Stimme teilzunehmen. Das Nähere wird durch die Geschäftsordnung des Landtages geregelt. LGBl samt Erläuterungen: LGBl 1988/61 (X. GP AA 141/88 AB 141/88); LGBl 1998/104 (XII. GP RV 230/98 AB 230/98) Literatur: Abbrederis/Pürgy, Gesetzgebung der Länder, in Pürgy (Hg), Das Recht der Länder I (2012) 231 ff
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Inhaltsübersicht I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben.................................... 1 II. Entstehungsgeschichte................................................................ 2 III. Einteilung der Legislaturperiode in Sitzungen........................ 5 IV. Sitzungsfreie Zeit.......................................................................... 8 V. Ordentliche und außerordentliche Sitzungen......................... 10 VI. Teilnahme- und Rederecht an den Landtags- und Ausschusssitzungen...................................................................... 11 VII. Weitere Ausgestaltung................................................................. 14
I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben Die Frage der Einberufung von Sitzungen des LT sowie nach der Glie- 1 derung der Legislaturperiode liegt in der Verfassungsautonomie der Länder.1 Bundesverfassungsgesetzliche Vorgaben hierüber gibt es keine. Aus den bundesverfassungsgesetzlichen Vorgaben (Art 96 Abs 2, Art 99 Abs 2) ist wohl abzuleiten, dass Sitzungen in Präsenzform abzuhalten sind. Dies ergibt sich mE auch aus Art 16 Abs 2 TLO 1989. Demnach ist der Sitz des Landtages die Landeshauptstadt. In besonderen Fällen (außergewöhnliche Verhältnisse, besondere Ausnahmefälle) kann der Lantag an Orte außerhalb der Landeshauptstadt einberufen werden. Daraus ergibt sich, dass ein physischer Ort gemeint ist. Die Einberufung zu virtuellen Sitzungen ist von diesem Wortlaut nicht gedeckt.
II. Entstehungsgeschichte Bestimmungen über die Tagungen und Sitzungen des LT enthielten 2 schon die TLO 1921, 1946 und 1953. Ursprünglich waren zwei Tagungen des LT vorgesehen und zwar am zweiten Dienstag in den Monaten Mai und November (§ 10 TLO 1921). Außerhalb der regulären Tagungen versammelte sich der LT „über Einberufung durch den Landeshauptmann“ (§ 13 TLO 1921). Schon damals konnten zehn Mitglieder des LT die Einberufung des LT beim LH unter Angabe der Tagesordnung verlangen (§ 13 TLO 1921). Auffällig ist, dass damals der LH (und nicht wie heute der LTPräs) für die Einberufung zuständig war. Dass die Einberufung nicht durch den LH, sondern den LTPräs erfolgen 1
Abbrederis/Pürgy, Gesetzgebung 253.
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sollte, änderte sich erst mit der TLO-Nov LGBl 1946/1. Diese Änderung ergab sich iZm der Einführung des LTPräs,2 welcher bis dahin nicht vorgesehen war.3 3 Mit der TLO-Nov LGBl 1953/23 änderte sich der damalige § 13 TLO 1946 dahingehend, dass erstmals der Begriff der „außerordentlichen“ Tagung in die Bestimmung aufgenommen wurde. 4 Durchgehend aufrechterhalten wurde die Einteilung in Sitzungen und Tagungen. Erst mit der TLO-Nov LGBl 1998/104, mit der die Gliederung der Legislaturperiode wesentlich verändert wurde, erfolgte eine grundlegende Veränderung der Bestimmung.
III. Einteilung der Legislaturperiode in Sitzungen 5 Nach Art 24 Abs 1 StF der TLO 1989 gliederte sich die Legislaturperiode in Tagungen und Sitzungen. Die Tagungen wurden dabei wiederum in eine Frühjahrs- und eine Herbsttagung unterteilt. Weil „[d]iese Gliederung der Legislaturperiode des Landtages in Tagungen und Sitzungen […] lediglich der bisherigen Tradition [folgte], sie […] rechtlich aber nicht von besonderer Relevanz“4 war, wurde Art 24 Abs 1 StF TLO 1989 mit der Nov LGBl 1998/1998 ersatzlos gestrichen. Damit gliedert sich die Legislaturperiode nunmehr nur noch in Sitzungen. 6 Die Einberufung und Schließung von Sitzungen des Tir LT nimmt der LTPräs vor (seit der Nov LGBl 1998/104 nach Art 24 Abs 1 TLO 1989; davor Art 24 Abs 2 StF TLO 1989), wobei eine Schließung vor Erledigung der Tagesordnung nur durch Landtagsbeschluss möglich ist. Diese Bestimmung wurde mit der TLO 1989 neu eingeführt; praktisch wurde dies in der Vergangenheit jedoch schon so gehandhabt. Insofern bedeutet die Aufnahme in die TLO 1989 die Schaffung einer landesverfassungsrechtlichen Grundlage dieser Praxis.5 7 Die Festsetzung der Sitzungstage wird für das folgende Kalenderjahr bis zum 15. Oktober, nach Anhören des Obleuterates, vom LTPräs festgelegt und den Abg, den Klubs und den Mitgliedern der LReg mitgeteilt. § 41 Abs 4 Tir GO LT verweist darauf, dass davon das Recht des LTPräs, außerplanmäßige Sitzungen des LT einzuberufen, nicht be2 3 4 5
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S dazu den Bericht und Antrag des Rechtsausschusses des Tir LT zu Beilage 2 zu LGBl 1946/1. Vgl zum Landtagspräsidium Bußjäger, Art 20 (in diesem Band) Rz 1 ff. EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 1998/104, Tir LT XII. GP, GZ 270/98, 8. EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 61.
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rührt ist. Beginnzeit des ersten Sitzungstages und vorläufige Tagesordnung einer Sitzung sind gem § 41 Abs 5 Tir GO LT den Abg mindestens eine Woche im Voraus schriftlich mitzuteilen. Darüber hinaus sind auch die Presse und der Rundfunk zu informieren und es hat ein Anschlag an der Amtstafel zu erfolgen.
IV. Sitzungsfreie Zeit Im Vergleich zu den anderen Bundesländern stellt die verfassungsrecht- 8 liche Festlegung einer konkreten sitzungsfreien Zeit eine Besonderheit dar. In den Sommermonaten (10. Juli bis 10. September) und in der Weihnachtszeit (zwischen 23. Dezember und 8. Jänner) ist sitzungsfreie Zeit. Die sitzungsfreie Zeit über den Sommer beträgt somit zwei Monate. Damit bewirkte die TLO-Nov LGBl 1998/104 eine Verkürzung der Sommerpause. Auch außerhalb der sitzungsfreien Zeit sind Sitzungen möglich. Durch 9 den LTPräs kann in der sitzungsfreien Zeit nur aus dringendem Anlass eine Sitzung einberufen werden (Art 24 Abs 2 TLO 1989). Was unter einem dringenden Anlass zu verstehen ist, lässt Art 24 Abs 2 TLO 1989 offen. Auch die Tir GO LT (§ 41 Abs 2) erwähnt lediglich den dringenden Anlass, ohne weiter auf die Auslegung einzugehen. Die Praxis lässt vermuten, dass ein dringender Anlass nicht nur eine akute Krisensituation sein muss, sondern auch andere, für die Bevölkerung als dringlich empfundene Inhalte einen „dringenden Anlass“ darstellen können.6 Unabhängig davon, ob sitzungsfreie Zeit ist oder nicht, und unabhängig davon, ob ein dringender Anlass gegeben ist, können zehn Abg oder die LReg unter Angabe einer Tagesordnung beim LTPräs einen Antrag auf Abhaltung einer Sitzung stellen (Art 24 Abs 3 TLO 1989). In diesem Fall hat der LTPräs den LT binnen einer Woche einzuberufen, wobei der Sitzungsbeginn auf einen Tag innerhalb von zwei Wochen nach dem Einlangen des Antrags bei der Landtagsdirektion festzulegen ist. Dadurch, dass zehn Abg ausreichen, um einen Antrag auf eine Sitzung zu stellen, ist der Antrag auf Einberufung einer außerordentlichen Sitzung als ein Minderheitenrecht zu werten. Auch andere Bundesländer sehen ähnliche Vorschriften über die Möglichkeiten der Einberufung außerordentlicher Sitzungen vor.7 6 7
So zB die Einstellung des Direktzuges zwischen Ibk und Lienz, vgl die 3. (außerplanmäßige) Sitzung des Tir LT, XVI. GP, 27.08.2013. Abbrederis/Pürgy, Gesetzgebung 253 mwN.
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V. Ordentliche und außerordentliche Sitzungen 10 Art 24 TLO 1989 verwendet den Begriff der „ordentlichen“ bzw „außerordentlichen“ Sitzung nicht mehr. Den Erläuterungen zufolge ist eine Sitzung in der an sich sitzungsfreien Zeit eine „außerordentliche“.8 Ordentliche Sitzungen sind damit also während der Sitzungszeit einberufene Sitzungen. Die Tir GO LT (§ 41) verwendet darüber hinaus die Bezeichnung „außerplanmäßige“ Sitzung für Sitzungen, die nicht schon im Sitzungskalender vorgesehen waren.
VI. Teilnahme- und Rederecht an den Landtagsund Ausschusssitzungen 11 An den Sitzungen des LT können sowohl die Mitglieder der LReg (§ 16 Abs 1 Tir GO LT) als auch die Mitglieder des BR (§ 17 Tir GO LT) mit beratender Stimme teilnehmen.9 Anders als die Mitglieder des BR können Mitglieder der LReg zu einer Teilnahme an Landtagssitzungen (und Sitzungen der Ausschüsse) durch den LT bzw seine Ausschüsse verpflichtet werden (Art 24 Abs 4 TLO 1989). Die Mitglieder der LReg sind darüber hinaus (anders als die Mitglieder des BR) befugt, an den Sitzungen der Ausschüsse mit beratender Stimme teilzunehmen (§ 16 Abs 1 Tir GO LT). Sie können sich bei Verhinderung auch durch einen Landesbediensteten vertreten lassen (sowohl in Landtags- als auch in Ausschusssitzungen). Darüber hinaus können Mitglieder der LReg in den Ausschüssen Landesbedienstete beiziehen. „Beratend“ bedeutet, dass den Mitgliedern der LReg bzw des BR das Recht zusteht, „das Wort zu ergreifen“.10 Während das Recht, das Wort zu ergreifen, den Mitgliedern der LReg „jederzeit und zu wiederholtem Male“ (§ 16 Abs 1 Tir GO LT) zukommt, ist dies für die Mitglieder des BR „im Rahmen von Debatten insgesamt höchstens zweimal in einer Sitzung des Landtages“ und für jeweils maximal zehn Minuten möglich (§ 17 Abs 2 Tir GO LT). Hintergrund der Bestimmung ist wohl, dass mit der Beschränkung des Rederechts für Mitglieder des BR eine Beeinflussung des LT, iSe Störung seiner Willensbildung, hintangehalten werden soll. Noch weiter rei8 EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 1998/104, Tir LT XII. GP, GZ 270/98, 8. 9 EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 61. 10 EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 61.
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chende Befugnisse der Mitglieder des BR, wie etwa Stimm- oder Vetorechte, sind demnach jedenfalls ausgeschlossen. Der Hintergrund des Teilnahme- und Rederechts ist vielmehr in der Möglichkeit, Informationen auszutauschen, zu sehen. Weil sich der BR gem Art 34 B-VG aus Vertretern der Länder zusammensetzt und dieser im Gesetzgebungsprozess als zweite Kammer mitwirkt (Art 42 B-VG), ist die Möglichkeit, an Landtagsitzungen teilzunehmen, ein Weg für das jeweilige Bundesratsmitglied, für die Landesebene aktuelle Themen mitzuverfolgen. Umgekehrt kann ein Mitglied des BR durch sein (wenn auch beschränktes) Rederecht Perspektiven aus dem BR in den LT einbringen. Dadurch kann eine gewisse Koordinierung geschehen. Das Teilnahme- und Rederecht der LReg hat ebenso eine koordinierende Funktion. In diesem Fall geht es jedoch um die Verbindung von Exekutive und Legislative auf Landesebene. Damit kommt auch ein kontrollierendes Element zum Tragen, das in der Möglichkeit des LT, die Teilnahme der Mitglieder der LReg zu erzwingen, gesehen werden kann. Dies wird umgekehrt dadurch ein Stück weit aufgewogen, dass Mitglieder der LReg jederzeit und unbeschränkt das Wort ergreifen und sich dadurch weitgehender als etwa die Mitglieder des BR einbringen können. In dieselbe Richtung geht auch, dass sowohl für Mitglieder der LReg als auch für die des BR die Mitgliedschaft im Landtagsklub möglich ist (§ 10 Abs 4 Tir GO LT).11 Abweichend davon ist die Beiziehung von sachkundigen Auskunfts- 12 personen (§ 72 Abs 2 Tir GO LT) sowie Landesbediensteten (§ 72 Abs 3 Tir GO LT) in den Ausschüssen zu sehen. Die Beiziehung der Landesbediensteten dient dazu, Fragen zu RV möglichst rasch klären zu können.12 Aus der Systematik von § 72 Tir GO LT ist ersichtlich, dass es in beiden Fällen darum geht, inhaltliche Fragen zu klären. Nach § 72 Abs 1 Tir GO LT können Ausschüsse nämlich die Behandlung von 11 S Bertel, Art 23 (in diesem Band) Rz 47. 12 Vgl hiezu auch § 36 Abs 7 Ktn GO LT, wonach „[i]nsoweit sich im Rahmen der Beratung von Gesetzentwürfen in Ausschüssen die Notwendigkeit der Erstellung von Abänderungs- oder Alternativvorschlägen ergibt, […] der Präsident auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses die Landesregierung zu ersuchen [hat], Landesbedienstete, die in der für die Landesgesetzgebung zuständigen Abteilung des Amtes der Landesregierung verwendet werden, als Sachkundige zur Unterstützung des jeweiligen Ausschusses zur Verfügung zu stellen.“
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Geschäftsgegenständen aussetzen und durch den Präs die LReg um die Einleitung von Erhebungen ersuchen. 13 Während Art 24 TLO 1989 die Mitglieder des BR ermächtigt, an Landtagssitzungen teilzunehmen, gibt es in Tirol, anders als in anderen Bundesländern, keine entsprechende Ermächtigung von Mitgliedern des Europäischen Parlamentes. Weil bundesverfassungsrechtlich keine Bestimmungen über ein Rederecht von Abg, die nicht Mitglieder des LT (sondern eines anderen Vertretungskörpers) sind, vorgesehen sind, kann davon ausgegangen werden, dass eine solche Regelung grds in der Verfassungsautonomie der Länder liegt. In beschränktem Umfang ist ein solches Rederecht etwa in der Stmk (§ 14 Abs 8 Stmk GO LT) und in Wien (§ 12b Wr GO LT) verwirklicht. Materiell betrachtet handelt es sich in beiden Fällen um (Landes-)Verfassungsrecht.13 Bedenken könnten sich dann ergeben, wenn mit einem Rederecht ein Eingriff in die Willensbildung des LT geschehen würde oder zumindest die Gefahr eines solchen Eingriffs bestünde. Dies wäre zB dann der Fall, wenn den teilnehmenden Abg des Europäischen Parlaments ein Stimm- oder Vetorecht bei Beschlussfassungen eingeräumt würde (da damit die Natur des Vertretungskörpers LT fundamental und gegen die bundesverfassungsgesetzlichen Vorgaben geändert würde).
VII. Weitere Ausgestaltung 14 Nähere Regelungen zu den Sitzungen treffen §§ 41 ff Tir GO LT. Geregelt sind – neben grundlegenden Vorgaben (§ 41 Tir GO LT) – ua die Öffentlichkeit, Nichtöffentlichkeit und Vertraulichkeit von Sitzungen (§ 42 Tir GO LT), die Anwesenheit der Abg in Bezug auf Beschlüsse des LT und Abstimmungen bzw Wahlen (§ 43 Tir GO LT), die Eröffnung der Sitzung und die Mitteilung des Einlaufes (§ 44 Tir GO LT), die Tagesordnung (§ 45 Tir GO LT), die Unterbrechung von Sitzungen (§ 46 Tir GO LT) sowie über das Kurzprotokoll (§ 47 Tir GO LT) und Sitzungsberichte, die von der Landtagsdirektion über die öffentlichen Sitzungen des LT zu verfassen und in weiterer Folge zu veröffentlichen sind (§ 48 Tir GO LT).
13 Krenn-Mayer, Art 25 Stmk L-VG, in Grabenwarter (Hg), Steiermärkische Landesverfassung (2013) Rz 5.
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Artikel 25 Öffentlichkeit der Sitzungen, sachliche Immunität (1) Die Sitzungen des Landtages sind öffentlich. (2) Die Öffentlichkeit ist von einer Sitzung für die Dauer der Beratung und Beschlußfassung über einen Verhandlungsgegenstand auszuschließen, wenn es der Landtagspräsident oder wenigstens ein Fünftel der anwesenden Abgeordneten verlangt und der Landtag in nicht öffentlicher Sitzung beschließt. (3) Für die Dauer der Beratung und Beschlußfassung über den Landesvoranschlag und den Landesrechnungsabschluß, über die durch Landesgesetz zu regelnden Abgaben und über Angelegenheiten der Bezüge der Abgeordneten und der Mitglieder der Landesregierung darf die Öffentlichkeit nicht von einer Sitzung ausgeschlossen werden. (4) Eine Sitzung des Landtages kann vom Landtag, eine Sitzung eines Ausschusses von diesem selbst als vertraulich erklärt werden, eine Sitzung des Landtages jedoch nur insoweit, als die Öffentlichkeit davon ausgeschlossen wurde. Die Teilnehmer an einer als vertraulich erklärten Sitzung sind zur Verschwiegenheit über den Inhalt der Beratung und der Beschlüsse verpflichtet. (5) Wahrheitsgetreue Berichte über die Verhandlungen in den öffentlichen Sitzungen des Landtages und in den nicht als vertraulich erklärten Sitzungen seiner Ausschüsse bleiben von jeder Verantwortung frei. LGBl samt Erläuterungen: LGBl 1988/61 (X. GP AA 141/88 AB 141/88); LGBl 1998/104 (XII. GP RV 230/98 AB 230/98) Judikatur: VfSlg 13.577/1993 (Öffentlichkeit von Ausschusssitzungen) Literatur: Abbrederis/Pürgy, Gesetzgebung der Länder, in Pürgy (Hg), Das Recht der Länder I (2012) 231 ff; Siess-Scherz, Die Öffentlichkeit von Ausschußverhandlungen, ÖJZ 1998, 441 ff; Uebe, (Nicht-)öffentlichkeit und Vertraulichkeit im parlamentarischen Prozess, in Land Oberösterreich (Hg), Linzer Legistik-Gespräche 2016 (2017) 59 ff
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Inhaltsübersicht I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben..................................... 1 II. Entstehungsgeschichte.................................................................. 4 III. Ziel der Regelung........................................................................... 7 IV. Öffentlichkeit.................................................................................. 8 V. Nichtöffentlichkeit und Vertraulichkeit.................................... 13 VI. Sachliche Immunität..................................................................... 16
I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben 1 Art 96 Abs 2 B-VG zufolge sind Art 32 und 33 B-VG auch auf die Sitzungen der LT und ihrer Ausschüsse anzuwenden. Das bedeutet, dass die Sitzungen der LT – so wie die Sitzungen des NR – öffentlich sind. 2 Ausschusssitzungen hingegen sind – weil Art 32 Abs 1 lediglich auf die Sitzungen des Plenums des NR verweist – nicht zwingend öffentlich.1 Für die Ausschüsse des NR gibt es nämlich „weder ein verfassungsrechtliches Gebot noch ein Verbot von öff Ausschußsitzungen“2, sodass dies „der Regelung durch den zuständigen Gesetzgeber überlassen“3 bleibt. Mit Siess-Scherz ist auch die Vorgabe des Art 96 Abs 2 B-VG so zu verstehen, „daß es der Regelung des nach der Landesverfassung zuständigen Normsetzers überlassen bleibt, ob Ausschüsse der LT ihre Sitzungen öff abzuhalten haben“.4 3 Art 33 B-VG regelt die sachliche Immunität (ohne diesen Begriff zu verwenden) für den NR, wobei sich hier ein eindeutiger Bezug auf die öffentlichen Sitzungen des NR und seiner Ausschüsse ergibt. Aufgrund des Art 96 Abs 2 B-VG muss diese Bestimmung auch auf die LT übertragen werden.5
II. Entstehungsgeschichte 4 Landtagssitzungen waren schon nach Art 20 TLO 1921 grds öffentlich. Ein Ausschluss der Öffentlichkeit war dann vorgesehen, wenn es der 1 2 3 4 5
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Siess-Scherz, ÖJZ 1998, 446. Siess-Scherz, ÖJZ 1998, 445. Siess-Scherz, ÖJZ 1998, 445. Siess-Scherz, ÖJZ 1998, 446. VfSlg 13.577/1993.
Öffentlichkeit der Sitzungen, sachliche Immunität
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Vorsitzende oder mindestens ein Fünftel der anwesenden Mitglieder verlangte und vom LT nach Entfernung der Zuhörer beschlossen wurde. Kein Ausschluss war für Beratungen des Landesvoranschlages und des Rechnungsabschlusses sowie für die Festsetzung von Landesabgaben möglich. Eine Änderung erfuhr die Bestimmung mit der TLO-Nov LGBl 1953/23. Zu den Beratungen des Landesvoranschlages wurde auch die Beschlussfassung über den Landesvoranschlag aufgenommen, sodass auch diese zwingend öffentlich war. Die TLO 1989 erweiterte „die Gegenstände, bei deren Beratung und Abstimmung die Öffentlichkeit nicht ausgeschlossen werden darf“ nochmals und zwar „um die Angelegenheiten der Bezüge der Abgeordneten […] und der Mitglieder der Landesregierung“.6 Die Gegenstände, die zwingend öffentlich zu debattieren bzw zu beschließen waren, wurden im Laufe der Zeit also sukzessive ausgeweitet. Zusätzlich wurde mit der TLO 1989 die Möglichkeit eingeführt, „Sit- 5 zungen des Landtages und eines Ausschusses als vertraulich zu er klären.“7 Die TLO 1989 übernahm darüber hinaus die zuvor in Art 22 TLO 1953 6 sowie Art 22 TLO 1946 und Art 21 TLO 1921 (jeweils beinahe wortgleich) geregelte sachliche Immunität in Art 25 Abs 5 TLO 1989. Die Ursprünge der sachlichen Immunität für die LT sind jedoch schon früher zu verorten. In § 28 Abs 4 PreßG 18628 war diese auch für die LT vorgesehen.
III. Ziel der Regelung Ziel der Regelung ist es, die Öffentlichkeit von Landtagssitzungen (und 7 damit die Öffentlichkeit des parlamentarischen Prozesses auf Landesebene) sicherzustellen. In Kombination mit der sachlichen Immunität geht es letztlich darum, „die Kommunikation zwischen den Bürgern und ihren gewählten Repräsentanten und damit den öffentlichen Diskurs über das parlamentarische Geschehen insgesamt“9 zu gewährleis6 7 8 9
EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 62. EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 62. Preßgesetz vom 17. Dezember 1862, RGBl 1863/6. Kopetzki, Art 33 B-VG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (2016) Rz 7.
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ten. Der sachlichen Immunität kommt dabei eine Schutzfunktion in Bezug auf die Gewährleistung der Öffentlichkeit zu. Sie ist als Ergänzung zur Öffentlichkeitsgarantie zu sehen.
IV. Öffentlichkeit 8 Kelsen/Froehlich/Merkl zufolge ist eine Sitzung (des NR) dann als öffentlich anzusehen, „wenn es jedermann nach Maßgabe des zur Verfügung stehenden Raumes gestattet ist, den Verhandlungen des Nationalrates in einem vom Verhandlungsraum deutlich abgeschiedenen Raume zuzuhören“10. Dies ist auch auf die Landtagssitzungen zu übertragen. Öffentlichkeit meint also die Saalöffentlichkeit.11 Keine Öffentlichkeit idS ist die „Medienöffentlichkeit“, wie sie etwa in § 17 der Verfahrensordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse12 vorgesehen ist.13 9 Damit eine Sitzung öffentlich ist, muss gleicher Zugang für jedermann gewährleistet sein.14 Dies impliziert umgekehrt aber nicht, dass jedermann Zugang zu gewährleisten ist. So können etwa beschränkte räumliche Möglichkeiten Einschränkungen notwendig machen.15 Zugangskontrollen können auch aus Sicherheitsgründen erfolgen.16 10 Der VfGH hatte sich im Zusammenhang mit der Gewährleistung des Zugangs mit der Frage zu beschäftigen, ob Medienvertretern, die durch ihre berichtende Tätigkeit Inhalte aus Sitzungen einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich machen können, privilegierter Zugang zu Sitzungen eingeräumt werden darf. Der Gerichtshof führte hierzu aus, dass, „[w]enn der Landesverfassungsgesetzgeber einen parlamentarischen Vorgang […] grundsätzlich der Öffentlichkeit zugänglich macht, […] er […] Medienvertretern bei Beschränktheit der räumlichen Möglichkeiten zwar einen Vorrang beim Zutritt zu den Sitzungen einräu10 Kelsen/Froehlich/Merkl, Die Bundesverfassung vom 1. Oktober 1920 (1922) 99. 11 Uebe, (Nicht-)öffentlichkeit 64. 12 S auch unten Rz 12. 13 Uebe, (Nicht-)öffentlichkeit 71, der auch auf die Spannung zu VfSlg 13.577/1993 hinweist. 14 Kopetzki, Art 33 Rz 25. 15 Uebe, (Nicht-)öffentlichkeit 65. 16 Dazu werden in der Praxis private Sicherheitsdienstleister (konkret: ÖWD) herangezogen, die ggf Taschenkontrollen durchführen.
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Öffentlichkeit der Sitzungen, sachliche Immunität
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men kann, er aber nicht berechtigt [ist], andere Personen hievon völlig auszuschließen.“17 Für Landtagssitzungen ist diese Rsp freilich mittlerweile wenig relevant, weil Landtagssitzungen nach § 42 Abs 1 und 2 Tir GO LT generell über einen live stream auf der Homepage des LT verfolgt werden können und darüber hinaus auch im Nachhinein auf der Homepage abrufbar sind.18 So wie die Bundesverfassung, trifft auch die TLO 1989 keine Vorgaben, 11 was den Ausschluss der Öffentlichkeit betrifft, sondern unterwirft diesen einem bestimmten Prozedere. Dieses Verfahren ist in Art 25 Abs 2 TLO 1989 festgeschrieben und entspricht im Wesentlichen Art 32 Abs 2 B-VG. Gem Art 25 Abs 2 TLO 1989 kann der LTPräs oder mindestens ein Fünftel der anwesenden Abg einen Ausschluss der Öffentlichkeit von einer Sitzung über einen Verhandlungsgegenstand (Beratung und Beschlussfassung) verlangen. Der Ausschluss der Öffentlichkeit hat nach einem Beschluss des LT in nicht öffentlicher Sitzung zu erfolgen. Auch aus § 42 Abs 2 Tir GO LT ergibt sich, dass trotz des Wortes „verlangen“, zusätzlich ein Beschluss des LT notwendig ist. § 42 Abs 2 Tir GO LT zufolge ist „[d]ie Öffentlichkeit von einer Sitzung für die Dauer der Beratung und Beschlussfassung über einen Verhandlungsgegenstand auszuschließen, wenn es die Präsidentin/der Präsident oder mindestens ein Fünftel der anwesenden Abgeordneten verlangt und der Landtag in nichtöffentlicher Sitzung beschließt.“ Dies bedeutet, dass der Ausschluss der Öffentlichkeit zwar vom LTPräs bzw einem Fünftel der Mitglieder des LT verlangt werden kann. Zusätzlich ist ein Beschluss des LT, mit dem die Öffentlichkeit ausgeschlossen wird, notwendig. Weil keine abweichende Regelung getroffen wurde, ist das erforderliche Quorum eine einfache Mehrheit im LT (§ 61 Tir GO LT). Abweichend von der Bundesverfassung nennt Art 25 Abs 3 TLO 1989 gewisse Bereiche, für die jedenfalls eine öffentliche Sitzung abzuhalten ist. Damit ergibt sich aus Art 25 Abs 3 TLO 1989 eine unbedingte Öffentlichkeitsgarantie für bestimmte Gegenstände.
17 VfSlg 13.577/1993. 18 https://www.tirol.gv.at/landtag/live/ (02.09.2019). Landtagssitzungen, derzeit ab dem Jahr 2012 (vgl hiezu § 42 Abs 1 Tir GO LT), sind auf der Homepage archiviert und dort jederzeit abrufbar, vgl https://www.tirol.gv.at/ landtag/live/archiv/ (02.09.2019).
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Fraglich könnte sein, ob die in § 25 Abs 3 TLO 1989 vorgesehene Einschränkung des Ausschlusses der Öffentlichkeit für bestimmte Fälle mit Art 96 Abs 2 B-VG zu vereinen ist. Koja verneint dies mit Verweis darauf, dass „Art. 32 B-VG. […] keine Unterscheidung nach den in den Sitzungen des Nationalrates behandelten Materien [kennt] und […] hinsichtlich aller Materien grundsätzlich die Möglichkeit vor[sieht], bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen durch Beschluß des Vertretungskörpers die Öffentlichkeit auszuschließen.“19 Für Koja handelt es sich um eine „Einengung dieser inhaltlich unbeschränkten Befugnis des Vertretungskörpers“20, wenngleich der „Zweck totale Publizität im Bereich des Landeshaushalts und der Abgabengesetzgebung“21 verfassungspolitisch positiv bewertet werden könne. Im Lichte der Bestimmungen des B-VG zur Öffentlichkeit bzw Transparenz insgesamt, also nicht nur zur Gewährleistung von Öffentlichkeit in der Staatsgewalt Gesetzgebung, sondern auch zum Zugang zu Informationen in der Verwaltung (Art 20 Abs 4 B-VG iVm Art 20 Abs 3 B-VG), ist die Bestimmung mE auch bundesverfassungsgesetzlich unproblematisch. Es zeigt sich, dass das B-VG mittlerweile nicht nur in der Staatsgewalt Gesetzgebung, sondern auch in der Verwaltung weitgehend von einem Grundsatz der Öffentlichkeit getragen ist.22 Eine Ausweitung von Öffentlichkeit durch die Festlegung von bestimmten Materien, über die im LT zwingend öffentlich zu debattieren und abzustimmen ist, liegt deshalb mE in der Verfassungsautonomie der Bundesländer. Weder widerspricht die Ausweitung „dem Grundkonzept des B-VG für das parlamentarische System [… noch der] Gewaltenteilung in den Ländern“ 23. Auch das demokratische Bauprinzip der Verfassung ist von einer solchen Öffentlichkeitsgarantie nicht berührt, weil der Ausschluss der Möglichkeit, die Öffentlichkeit auszuschließen, die Öffentlichkeit für diese Bereiche garantieren kann. 12 Aus Art 25 TLO 1989 kann geschlossen werden, dass keine Öffentlichkeit von Ausschusssitzungen besteht. § 68 Tir GO LT konkretisiert, dass die Sitzungen der Ausschüsse grds nicht öffentlich sind, sodass 19 20 21 22
Koja, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer (1967) 122 f. Koja, Verfassungsrecht 123. Koja, Verfassungsrecht 122. S dazu die Beiträge zu Österreich in Bertel/Happacher/Simonati (Hg), Die transparente Verwaltung in Österreich und Italien (2019). 23 Pernthaler, Die Verfassungsautonomie der österreichischen Bundesländer, JBl 1986, 477 (486).
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sich die Frage des Ausschlusses der Öffentlichkeit idR nicht stellt. Anderes gilt gem § 5 UntersAusG für die Anhörung von Auskunftspersonen und Sachverständigen im Rahmen von Untersuchungsausschüssen. Für die Ausschusssitzungen der Untersuchungsausschüsse gilt nämlich der Grundsatz der Öffentlichkeit.24
V. Nichtöffentlichkeit und Vertraulichkeit Unterscheiden kann man nach Art 25 TLO 1989 die Öffentlichkeit, die 13 Nichtöffentlichkeit und die Vertraulichkeit einer Sitzung. Nicht öffentlich meint, dass die Öffentlichkeit von der Teilnahme an einer (LT-) Sitzung ausgeschlossen ist. Nur nicht öffentliche Sitzungen des LT können zu vertraulichen Sitzungen erklärt werden (Art 25 Abs 4 TLO 1989). Die Vertraulichkeit impliziert nämlich die Verschwiegenheitspflicht der an der Sitzung Anwesenden. Dies bedeutet, dass die „Weitergabe von Informationen [...] untersagt oder [...] eingeschränkt wird.“25 Die Nichtöffentlichkeit und die Vertraulichkeit müssen also nicht Hand in Hand gehen.26 Sofern „für konkrete nicht-öffentliche Sitzungen keine spezifischen Vertraulichkeitsbestimmungen [… normiert sind …], steht es den Teilnehmerinnen und Teilnehmern an der Sitzung grundsätzlich frei, über den Verhandlungsverlauf nachträglich in der Öffentlichkeit zu berichten. Zu beachten sind dabei aber jedenfalls verfassungsrechtlich unmittelbar geltende Verschwiegenheitspflichten, wie insbesondere das Grundrecht auf den Schutz personenbezogener Daten“.27 Dass eine öffentliche Sitzung nicht vertraulich sein kann, ergibt sich schon daraus, dass die Öffentlichkeit impliziert, dass grds jedermann Zugang zu einer solchen Sitzung hat. Weil sich aus Art 25 Abs 2 TLO 1989 ergibt, dass die Öffentlichkeit auch von einem bestimmten Verhandlungsgegenstand (und nicht zwingend für die gesamte Sitzung) ausgeschlossen werden kann, und die Nichtöffentlichkeit einer Sitzung die Voraussetzung dafür ist, dass die Vertraulichkeit beschlossen werden kann, ist Art 25 Abs 4 TLO 1989 dahingehend zu verstehen, dass die Vertraulichkeit ebenso (nur) für bestimmte Verhandlungsgegenstände angeordnet werden kann. Dies ergibt sich auch aus § 42 Abs 4 Tir GO LT. 24 25 26 27
Vgl für die Untersuchungsausschüsse Bertel, Art 23 (in diesem Band) Rz 37. Uebe, (Nicht-)öffentlichkeit 62. Uebe, (Nicht-)öffentlichkeit 89. Uebe, (Nicht-)öffentlichkeit 90.
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Sitzungen des LT sind vom LT für vertraulich zu erklären. Dies ist wohl dahingehend zu verstehen, dass dazu ein Landtagsbeschluss notwendig ist. Inhaltlich bestimmt § 42 Abs 5 Tir GO LT, dass persönliche Angelegenheiten in vertraulicher Sitzung zu behandeln sind.28 Der Ausschluss der Öffentlichkeit und die Vertraulichkeit der Sitzungen werden etwa dann angeordnet, wenn über die Aufhebung der Immunität von Abgeordneten entschieden wird.29 Wird eine Sitzung für nicht öffentlich erklärt, ist auch die Übertragung der Sitzung mittels live streams zu unterbrechen.30 14 Ausschusssitzungen sind vom Ausschuss selbst für vertraulich zu erklären (Art 25 Abs 4 TLO 1989 und § 68 Tir GO LT). Ein solcher Beschluss ist nach der generellen Regel für Beschlüsse der Ausschüsse gem § 71 Abs 6 Tir GO LT mit Stimmenmehrheit zu fassen. Für die Ausschüsse ergibt sich aus § 68 Tir GO LT, dass entweder eine gesamte Sitzung oder die Beratung über einzelne Verhandlungsgegenstände als vertraulich erklärt werden kann. Soweit eine Sitzung für vertraulich erklärt ist, sind die Teilnehmer der Sitzung zur Verschwiegenheit über Inhalt der Beratung, Unterlagen und Beschlüsse verpflichtet. 15 Mit der Möglichkeit, dass eine Sitzung nicht öffentlich, aber nicht vertraulich ist, steht im Übrigen Art 25 Abs 5 TLO 1989 in Einklang, weil dieser die sachliche Immunität auf nicht vertraulich erklärte Sitzungen der Ausschüsse erstreckt. Art 25 Abs 5 TLO 1989 bestimmt, dass „nicht als vertraulich erklärte[] Sitzungen [… der] Ausschüsse […] von jeder Verantwortung frei[bleiben]“. Daraus lässt sich schließen, dass auch der Tir Landesverfassungsgesetzgeber davon ausgeht, dass nicht öffentliche Sitzungen nicht unbedingt vertraulich sind, sondern Berichte über die Inhalte einer nicht öffentlichen Sitzung möglich sind.
28 S dazu Sitzungsbericht des Tir LT, XVI. GP, 20. Sitzung, 12.11.2015, 141 f, wo der Abg Federspiel die Öffentlichkeit wünschte. 29 S dazu zuletzt Sitzungsbericht des Tir LT, XVII. GP, 7. Sitzung, 07.02.2019, 88; s außerdem zB Sitzungsbericht des Tir LT, XVI. GP, 29. Sitzung, 02.02.2017, 145. Seit 2011 wurden elf Ersuchen um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung eines Abg gestellt (GZ 10/2011, GZ 662/2012, GZ 364/2013, GZ 84/2014, GZ 246/2014, GZ 247/2014, GZ 334/2015, GZ 337/2015, GZ 454/2015, GZ 3/2017, GZ 8/2019). Während der LT in zehn Fällen seine Zustimmung gab, wurde das Ersuchen mit der GZ 8/2019 abgelehnt. 30 Sitzungsbericht des Tir LT, XVII. GP, 7. Sitzung, 07.02.2019, 88.
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Öffentlichkeit der Sitzungen, sachliche Immunität
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VI. Sachliche Immunität Aus der grds Öffentlichkeit sowie der persönlichen Immunität leiten 16 Kelsen/Froehlich/Merkl die „sachliche Immunität [… als] eine politische Konsequenz“31 ab. „Wenn [nämlich] der Abgeordnete selbst wegen seiner Ausführungen nicht zur Verantwortung gezogen werden darf, kann man um so [sic] weniger den Bericht in der Presse oder eine sonstige Wiedergabe verantwortlich machen.“32 Umgekehrt weisen schon Kelsen/Froehlich/Merkl darauf hin, dass „erst durch die Berichterstattung über die Parlamentssitzungen, insbesondere in der Presse, die Öffentlichkeit dieser Sitzungen ganz gewährleistet [werden kann].“33 Damit zeigt sich die Zielsetzung der sachlichen Immunität: Es geht um den Schutz der Öffentlichkeit des parlamentarischen Prozesses.34 Anders als das B-VG verwendet Art 25 TLO 1989 den Begriff der sach- 17 lichen Immunität schon in der Überschrift des Art. Parallel zu Art 33 B-VG (und konform mit Art 96 Abs 2 B-VG) bezieht sich Art 25 Abs 5 TLO 1989 auf wahrheitsgemäße Berichte über die Verhandlungen in den öffentlichen Sitzungen. Gemeint sind damit „Berichte über die Inhalte der in den (öffentlichen) Sitzungen getätigten Äußerungen und sonstige Verhandlungsgegenstände.“35 Insoweit Art 25 Abs 5 TLO 1989 vorgibt, dass auch wahrheitsgemäße 18 Berichte über Verhandlungsgegenstände in nicht als vertraulich erklärten Sitzungen der Landtagsausschüsse von der sachlichen Immunität umfasst sind, geht dies über Art 33 B-VG hinaus. Die sachliche Immunität des Art 33 B-VG erfasst Berichte dann nicht, wenn diese nichtöffentliche Sitzungen (des NR oder seiner Ausschüsse) zum Gegenstand haben.36 Im Hinblick auf die Stoßrichtung der sachlichen Immunität (nämlich der Absicherung der Öffentlichkeit des parlamentarischen Prozesses) ist die Erweiterung im Bereich der Ausschusssitzungen als positiv zu bewerten. 31 32 33 34
Kelsen/Froehlich/Merkl, Bundesverfassung 99. Kelsen/Froehlich/Merkl, Bundesverfassung 99. Kelsen/Froehlich/Merkl, Bundesverfassung 99. So ist die Wiederholung von Äußerungen, die ein Abg im Plenum getätigt hat, außerhalb des NR nicht mehr von der sachlichen Immunität erfasst (OGH 29.03.2000, 6 Ob 79/00m). S hiezu auch Epp, Indemnität und Immunität – Grenzen und aktuelle Entwicklungen, JRP 2013, 375 (382). 35 Kopetzki, Art 33 Rz 18. 36 Kopetzki, Art 33 Rz 25.
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19 Für die sachliche Immunität in Bezug auf die LT kann auf die Lit zu Art 33 B-VG verweisen werden.37 So ist die sachliche Immunität etwa zeitlich nicht beschränkt38 und schließt „eine strafrechtliche, verwaltungsstrafrechtliche oder disziplinarrechtliche Sanktionierung der Berichterstattung […] sowie jede zivilrechtliche Verantwortung“39 aus. Auch vor „Klagen auf Widerruf der Tatsachenbehauptung oder Veröffentlichung derselben, Unterlassungsklagen sowie die Geltendmachung von Entschädigungsansprüchen nach dem MedienG“40 besteht Schutz.
37 38 39 40
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Vgl insb Kopetzki, Art 33. Kopetzki, Art 33 Rz 17. Kopetzki, Art 33 Rz 33. Bundesgesetz vom 12. Juni 1981 über die Presse und andere publizistische Medien (Mediengesetz – MedienG), BGBl 1981/314 idF BGBl 2018/32; Kopetzki, Art 33 Rz 33.
Artikel 26 Geschäftsordnung des Landtages, Landtags direktion (1) Die Geschäftsordnung des Landtages ist durch Landesgesetz zu erlassen. (2) Die Geschäfte des Landtages sind unter der Leitung des Landtagspräsidenten nach der Geschäftsordnung zu besorgen. (3) Verhandlungsgegenstände können nur bis zum Ablauf jener Gesetzgebungsperiode, in der sie beim Landtag anhängig gemacht wurden, behandelt werden. (4) Der Landtag, seine Ausschüsse und der Landtagspräsident bedienen sich bei der Besorgung ihrer Aufgaben der Landtagsdirektion. Sie wird vom Landtagsdirektor geleitet. Der Landtagsdirektor wird vom Landtagspräsidenten bestellt und abberufen und untersteht diesem. Der Landtagsdirektor ist der Vorgesetzte der bei der Landtagsdirektion verwendeten Bediensteten. Er ist befugt, diesen Weisungen zu erteilen. (5) Die Landesregierung hat die für die Besorgung der Geschäfte des Landtages erforderlichen Sach- und Geldmittel sowie die aus dem Stellenplan sich ergebende Anzahl von Landesbediensteten für die Landtagsdirektion nach Anhören des Landtagspräsidenten zur Verfügung zu stellen. Dem Landtagspräsidenten obliegt die Ausübung der sonst der Landesregierung zustehenden Diensthoheit über den Landtagsdirektor und die bei der Landtagsdirektion verwendeten Landesbediensteten, mit Ausnahme der Erlassung von Verordnungen. LGBl samt Erläuterungen: LGBl 1988/61 (X. GP AA 141/88 AB 141/88); LGBl 1998/104 (XII. GP RV 230/98 AB 230/98); LGBl 2014/65 (XVI. GP IA 177/14) Literatur: Abbrederis/Pürgy, Gesetzgebung der Länder, in Pürgy (Hg), Das Recht der Länder I (2012) 231 ff; Adamovich/Funk, Österreichisches Verfassungsrecht3 (1985); Cargnelli-Weichselbaum, Art 21 B-VG, in Kneihs/Lienbacher (Hg), Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht (2017); Ebner- Vogl, Art 17 Stmk L-VG, in Grabenwarter (Hg), Steiermärkische Landesverfas-
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sung (2013); Koja, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer2 (1988); Konrath, Art 27 B-VG, in Kneihs/Lienbacher (Hg), Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht (2017); Krenn-Mayer, Art 25 Stmk L-VG, in Grabenwarter (Hg), Steiermärkische Landesverfassung (2013); Kucsko-Stadlmayer/Oswald, Art 21 B-VG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (2018); Lienbacher, Art 27 B-VG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (2016); Th. Müller, Art 95/1-4 B-VG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (2016); Schober, Geschichte des Tiroler Landtages im 19. und 20. Jahrhundert (1984); Schwamberger/Ranacher, Tiroler Landesordnung 19896: Kommentar (2017) 48 f
Inhaltsübersicht I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben..................................... 1 A. Geschäftsordnungen der Landtage........................................ 2 B. Grundsatz der (sachlichen) Diskontinuität.......................... 5 C. Landtagsdirektion..................................................................... 7 II. Entstehungsgeschichte.................................................................. 9 III. Geschäfte und Geschäftsführung des Landtages (Abs 1 und 2)................................................................................... 13 IV. Der Grundsatz der sachlichen Diskontinuität (Abs 3)............ 15 V. Die Landtagsdirektion (Abs 4 und 5).......................................... 20 VI. Anhang: Auflistung der bisherigen Geschäftsordnungen des Landtages (seit 1946)...................................................................... 29
I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben 1 Art 26 TLO 1989 umfasst mehrere Themenbereiche: Geregelt werden die GO des LT (Abs 1 und 2), der Grundsatz der Diskontinuität (Abs 3) sowie die Landtagsdirektion (Abs 4 und 5). In der Folge werden die bundesverfassungsrechtlichen Vorgaben zu diesen drei Bereichen kurz umrissen.
A. Geschäftsordnungen der Landtage 2 Hinsichtlich des Zustandekommens und der Rechtsform der GO der LT enthält die Bundesverfassung keine Regelungen. Die GO eines LT muss somit nicht zwingend in Gesetzesform erlassen werden.1 Viel1
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Zur Zulässigkeit einer GO in Form eines Landtagsbeschlusses ausführlich Koja, Verfassungsrecht 157 ff.
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mehr wird aus der historisch und bundesverfassungsrechtlich unbeanstandeten Existenz von nicht in Gesetzesform erlassenen GO der LT geschlossen, dass sich die Regelung interner Angelegenheiten der LT in Form von Beschlüssen grds als zulässig erweist, soweit ihr keine besonderen Bestimmungen der Bundesverfassung oder sonstige Gesetze entgegenstehen.2 Nach außen wirkende Regelungen, die nicht nur interne Angelegenheiten betreffen bzw Rechte und Pflichten anderer Personen als der Mitglieder des LT regeln, können somit nicht Gegenstand eines bloßen Beschlusses des LT sein, sondern müssen auf der Grundlage von Art 18 Abs 1 B-VG in ein formelles LG gegossen werden, das im LGBl kundzumachen ist.3 Andernfalls sind derartige Bestimmungen absolut nichtig.4 Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben betr die Geschäftsführung 3 der LT finden sich in Bezug auf die Öffentlichkeit der Sitzungen des LT bzw seiner Ausschüsse und die sachliche Immunität (Art 96 Abs 2 B-VG), Abstimmungs- und Anwesenheitserfordernisse für Beschlüsse des LT (Art 99 Abs 2, Art 105 Abs 3 B-VG) sowie die Einberufung eines neugewählten LT nach einer Auflösung (Art 100 Abs 2 B-VG). Generell sind für die Geschäftsführung der LT die sich aus der Bundesverfassung – insb den Art 95 bis 100 B-VG zur Gesetzgebung der Länder –5 ergebenden Grundzüge des parlamentarischen Systems maßgeblich. Vor diesem Hintergrund verfügen die Landes(verfassungs)gesetzgeber grds über einen weiten Spielraum zur Gestaltung der GO der LT.6 Die entsprechende Bestimmung betr die GO des NR ist in Art 30 4 Abs 2 B-VG verankert. Manche Landesverfassungen haben sich bei der Ausgestaltung ihrer Bestimmungen zur GO der LT am Wortlaut und Aufbau des Pendants in der Bundesverfassung orientiert (s etwa Art 21 Abs 1 Bgld L-VG und Art 25 Stmk L-VG).7
2
VfSlg 6277/1970; in weiterer Folge VfSlg 7607/1975; Adamovich/Funk, Verfassungsrecht 221. 3 Koja, Verfassungsrecht 158; Abbrederis/Pürgy, Gesetzgebung 255; Th. Müller, Art 95/1-4 Rz 16. 4 VfSlg 6277/1970. 5 Vgl etwa auch § 9 F-VG. 6 Abbrederis/Pürgy, Gesetzgebung 251. Vgl auch Koja, Verfassungsrecht 134 f sowie 154. 7 Vgl Krenn-Mayer, Art 25 Rz 2.
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B. Grundsatz der (sachlichen) Diskontinuität 5 Der Grundsatz der Diskontinuität besagt,8 dass mit Beendigung einer GP „die parlamentarische Arbeit unterbrochen wird und das neugewählte Parlament unbeeinträchtigt von den organisatorischen und inhaltlichen Festlegungen der vorangegangenen Funktionsperiode tätig werden kann.“9 Unterschieden werden drei Arten von Diskontinuität: Neben der personalen, die das Ende des Mandats eines Abg betrifft, und der institutionellen Diskontinuität, welche die Auflösung aller für eine GP errichteten Gremien meint, gibt es noch die sachliche Diskontinuität, die im gegebenen Zusammenhang des Art 26 TLO 1989 von Interesse ist. Diese bezieht sich darauf, dass alle Anträge/Vorlagen, die innerhalb einer Periode nicht abschließend behandelt werden, als „erledigt“ gelten.10 6 Auf bundesverfassungsrechtlicher Ebene wurde die sachliche Diskontinuität lange Zeit aus historischen und systematischen Gründen als gegeben angenommen. Begründet wurde dies zunächst damit, dass schon in der Monarchie Diskontinuität herrschte und der Bundesverfassungsgesetzgeber im Anschluss diesbezüglich keine abweichende Anordnung getroffen hat. Darüber hinaus kann auch aus Art 28 Abs 4 erster Satz B-VG, wonach zwischen den Tagungen innerhalb einer GP Kontinuität besteht,11 im Umkehrschluss abgeleitet werden, dass dies zwischen mehreren Perioden nicht gilt und somit Diskontinuität herrscht. Weitere Klarheit brachte schließlich die Ergänzung von Art 28 Abs 4 B-VG mit der B-VG-Nov BGBl I 2009/31 in Form von zwei neuen Sätzen (dritter und vierter Satz), indem verschiedene Ausnahmen festgelegt wurden, vom Kontinuitätsgrundsatz innerhalb einer GP etwa in Bezug auf noch nicht erledigte Volksbegehren und an den NR gerichtete Bürgerinitiativen.12 Daraus kann wiederum – aufgrund der neu geschaffenen Ausnahmen noch deutlicher als bisher – im Umkehrschluss der nach wie vor nicht ausdrücklich normierte Grundsatz der sachlichen Diskontinuität zwischen mehreren GP als Regel abgeleitet werden.13 8 9 10 11 12 13
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S auch Bußjäger, Art 18 (in diesem Band). Konrath, Art 27 Rz 6. Konrath, Art 27 Rz 6. Vgl auch § 46 Abs 4 GOG-NR. Vgl außerdem die Ausnahmen in § 21 Abs 1a GOG-NR. Ausführlich hierzu Lienbacher, Art 27 Rz 15.
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Vor dem Hintergrund, dass staatliche Entscheidungsfindung zunehmend an räumlich übergreifende und längerfristige Entwicklungen gebunden ist, wird die sachliche Diskontinuität in der Lit mitunter zur Diskussion gestellt.14
C. Landtagsdirektion Ebenfalls in Art 30 B-VG, nämlich in Abs 3, wird die Parlamentsdirek- 7 tion geregelt, die dem NRPräs untersteht und zur Unterstützung der gesetzgebenden Organe des Bundes sowie der österr Abg zum Europäischen Parlament berufen ist. Im Wesentlichen handelt es sich bei der Parlamentsdirektion um das Pendant der Landtagsdirektionen15 auf Bundesebene. Gem Art 30 Abs 6 B-VG ist der NRPräs bei der Vollziehung der ihm 8 nach Art 30 B-VG zugewiesenen Angelegenheiten oberstes Organ. Dies gilt somit auch hinsichtlich der ihm gem Art 30 Abs 4 B-VG eingeräumten Diensthoheit über die Bediensteten der Parlamentsdirektion. Vor diesem Hintergrund kann iVm Art 21 Abs 3 zweiter Satz B-VG, der in Bezug auf die – auf Landesebene grds16 durch die LReg wahrgenommene – Diensthoheit Ausnahmen im B-VG auch für gleichartige Organe auf Landesebene ermöglicht, durch LVG dem LTPräs als ein dem NRPräs gleichartiges Organ die Diensthoheit über die Bediensteten der Landtagsdirektion übertragen werden.17 Da diese Ermächtigung zur Durchbrechung der Diensthoheit der LReg nur „soweit“18 reicht, als Ausnahmen im Bundesbereich bestehen, hat sich der Landesverfassungsgesetzgeber bei der Ausgestaltung am Umfang der dem NRPräs eingeräumten diensthoheitlichen Befugnisse zu orientieren.19 14 MwN Konrath, Art 27 Rz 6. 15 In Ktn als „Landtagsamt“ (§ 13 Ktn GO LT) bezeichnet. In Wien wird der Magistrat als Geschäftsstelle des GR und des LT tätig. 16 Teilbereiche der Diensthoheit werden im Rahmen der Leitung des „inneren Dienstes“ vom LAD unter der unmittelbaren Aufsicht des LH ausgeübt (Art 106 B-VG und § 1 Abs 3 BVG ÄmterLReg; VfSlg 14.896/1997). 17 Ebner-Vogl, Art 17 Rz 4. 18 Vgl auch AB 1562 BlgNR XX. GP, 3: „soweit – und nicht wenn – das B-VG entsprechende Ausnahmen hinsichtlich der Bediensteten des Bundes vorsieht“. 19 Kucsko-Stadlmayer/Oswald, Art 21 Rz 35; Cargnelli-Weichselbaum, Art 21 Rz 80.
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II. Entstehungsgeschichte 9 Sowohl in der TLO 1946 als auch in der TLO 1953 wurde die GO des LT in § 15 geregelt, der jeweils lediglich festhielt, dass sich der LT eine solche durch Beschluss gibt.20 Die GO hatte somit nicht die Qualität eines LG, sondern die eines Landtagsbeschlusses.21 Für das wirksame Entstehen waren zunächst die allgemeinen Beschlusserfordernisse im nachfolgenden § 16 Abs 1 TLO 1953 (vgl auch mit leichten Abweichungen § 16 Abs 1 TLO 1946) maßgeblich, der lediglich die Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Abg und die unbedingte Mehrheit der abgegebenen Stimmen forderte. Zu einer Änderung des Konsensquorums kam es mit der TLO-Nov 197522 insofern, als abweichend vom allgemeinen Beschlusserfordernis der unbedingten Mehrheit in § 16 unmittelbar in § 15 TLO 1953 in einem zweiten Satz eine Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen für das gültige Zustandekommen der GO vorgesehen wurde. Diese Änderung trat erst mit 01.01.1977 in Kraft (Art II der Nov).23 10 Die StF der TLO 1989 ging wiederum „einen Schritt zurück“ und stellte in Art 26 Abs 1 erneut, wie schon § 15 in den StF der TLO 1946 und 1953, hinsichtlich der Beschlussfassung auf die allgemeinen Beschlusserfordernisse ab. Letztere waren nunmehr im nachfolgenden Art 27 verortet und setzen für einen gültigen Beschluss die Anwesenheit von wenigstens der Hälfte der Abg sowie eine einfache Mehrheit voraus. Darüber hinaus wurden in Art 26 TLO 1989 vier weitere neue Abs eingefügt: Abs 2 zur Leitung des LTPräs entsprach inhaltlich dem bisherigen § 12 Abs 3 TLO 1953. Abs 3 diente der Klarstellung und verankerte den bis dahin in der Praxis ausgeübten Grundsatz der Diskontinuität in der TLO 1989.24 Zu den neuen Abs 4 und 5 gab es ebenfalls keine Entsprechung in der TLO 1953.25 Mit ersterem fand eine Bestimmung über die Landtagsdirektion, die bislang lediglich in der 20 21 22 23
S auch schon § 15 Abs 1 TLO 1921. S die EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 62. LGBl 1975/5. EB (Beilage II–VII. GP, 27. Tagung am 28.11.1974, 2) zur Nov der TLO 1953 LGBl 1975/5. 24 S hierzu Rz 15 f. 25 S auch die EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 25, wo die Abs 3 und 4 des Art 26 als Ergänzungen bzw Präzisierungen gegenüber der TLO 1953 hervorgehoben werden.
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GO des LT erwähnt und dort als „Landtagsamt“ bezeichnet wurde,26 Eingang in die TLO 1989. Mit der neuen Bezeichnung als „Landtagsdirektion“ sollte, so die EB, dem Umstand Rechnung getragen werden, dass gem § 3 Abs 3 Landesbeamtengesetz 198227 für den Leiter der Landtagskanzlei die Verwendungsbezeichnung „Landtagsdirektor“ vorgesehen war. Art 26 Abs 5 wurde § 5 Abs 2 Landes-Kontrollamtsgesetz 198228 nachgebildet, der wiederum zunächst in Gestalt von Art 70 Abs 2 in die TLO 1989 übernommen wurde,29 sich allerdings nur auf die von der LReg zur Verfügung zu stellenden Landesbediensteten bezog. Die personelle und sachliche Ausstattung war Gegenstand von § 5 Abs 1 des Landes-Kontrollamtsgesetzes 1982.30 Zum ersten Mal novelliert wurde Art 26 TLO 1989 mit LGBl 11 1998/104. Diese Nov brachte insofern eine entscheidende Änderung, als festgelegt wurde, dass die GO des LT künftig nicht mehr als bloßer Landtagsbeschluss, sondern – nach dem Vorbild der GO des NR und anderer LT –31 in der Rechtsqualität eines einfachen LG erlassen wird. Eine entsprechende GO wurde am Tag der Novellierung der TLO 1989 beschlossen und trat mit Beginn der XIII. GP am 30.03.1999 in Kraft.32 Die zweite Novellierung von Art 26 TLO 1989 durch LGBl 2014/65, 12 mit welcher dem Abs 5 ein zweiter Satz angehängt wurde, erfolgte im Interesse einer kohärenten Regelung der Diensthoheit über die beim Tir LT und seinen Einrichtungen verwendeten Landesbediensteten, die dem LTPräs zugewiesen wurde.33
26 27 28 29 30 31 32 33
§ 17 Tir GO LT vom 17.12.1982. Landesbeamtengesetzes 1982, LGBl 1982/69. Gesetz vom 16. November 1982 über das Landes-Kontrollamt, LGBl 1983/4. Vgl heute Art 70 Abs 4 TLO 1989 für den LRH. Zum gesamten Abs: EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 63. S hierzu noch Rz 23. EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 1998/104, Tir LT XII. GP, GZ 270/98, 5. Vgl zu den bisherigen GO des LT den Anhang am Ende dieser Kommentierung. IA zur Nov der TLO 1989 LGBl 2014/65, Tir LT XVI. GP, GZ 177/14, 4 (Begründung).
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III. Geschäfte und Geschäftsführung des Land tages (Abs 1 und 2) 13 Die Tir GO LT enthält nähere Bestimmungen über die Geschäftsführung des LT, dazu zählen insb Rechte und Pflichten der Abg, Geschäftsgegenstände, der Ablauf von Sitzungen, die Geschäftsbehandlung in den Sitzungen, die Bildung von Ausschüssen und weitere interne Angelegenheiten. Sie ist gem Art 26 Abs 1 TLO 1989 in der Rechtsqualität eines LG nach den allgemeinen Beschlusserfordernissen des Art 27 TLO 1989 – Anwesenheit von wenigstens der Hälfte der Abg und einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen – zu erlassen bzw zu ändern. Ein Vergleich mit den anderen Bundesländern ergibt, dass lediglich Vbg (Art 19 Abs 1 Vbg LV) und Wien (§ 129 Abs 1 WStV) die GO ihres LT nicht in Form eines LG, sondern in jener eines Landtagsbeschlusses erlassen – wie es in Tirol bis zum Jahr 1999 der Fall war –, was grds, wie oben dargestellt,34 in Bezug auf interne Angelegenheiten zulässig ist, soweit bundesverfassungs- oder einfachgesetzlich nichts entgegensteht. Ein erhöhtes Konsensquorum für die Erlassung und Änderung der GO der LT sehen folgende Landesverfassungen vor: Art 21 Abs 1 Bgld L-VG, Art 28 Abs 3 K-LVG, Art 25 Abs 1 OÖ L-VG, Art 25 Stmk L-VG (jeweils qualifizierte Mehrheit von zwei Dritteln). 14 Art 26 Abs 2 TLO 1989 bringt zum Ausdruck, dass der LTPräs insb die GO des LT zu vollziehen und auf ihre Einhaltung zu achten hat.35 Nach der Judikatur des VfGH36 ist er im Verhältnis zu den übrigen Mitgliedern des LT als Organ der gesetzgebenden Körperschaft keine Verwaltungsbehörde. Insofern stellen seine Entscheidungen im Bereich der Gesetzgebung keine Bescheide dar.37 Hinsichtlich der ihm übertragenen Diensthoheit38 über den Landtagsdirektor und die bei der Landtagsdirektion verwendeten Landesbediensteten ist der LTPräs allerdings oberstes Verwaltungsorgan (vgl Art 20 Abs 4 TLO 1989).39 34 35 36 37 38 39
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S Rz 2. Koja, Verfassungsrecht 149. VfSlg 4864/1964. Abbrederis/Pürgy, Gesetzgebung 254. S hierzu unten Rz 24. Vgl hierzu Bußjäger, Art 20 (in diesem Band).
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Des Weiteren ergibt sich aus Art 26 Abs 2 TLO 1989, dass die Geschäftsführung des LT an den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit gebunden ist. Die Geschäftsführung muss auf Basis der Bestimmungen der Tir GO LT erfolgen und darf diesen nicht widersprechen.40
IV. Der Grundsatz der sachlichen Diskontinuität (Abs 3) Wie bereits dargestellt,41 fand der Grundsatz der sachlichen Diskonti- 15 nuität mit der StF Eingang in die TLO 1989. Die Mat führen diesbezüglich aus, dass „die Regelung bedeutet, daß etwa Landesgesetze betreffende Regierungsvorlagen, deren Behandlung vor dem Ablauf einer Gesetzgebungsperiode nicht durch Fassung eines Gesetzesbeschlusses abgeschlossen wurde, in der folgenden Gesetzgebungsperiode nicht mehr behandelt werden können. Die Landesregierung muss in einem solchen Fall gegebenenfalls eine neue Regierungsvorlage einbringen.“42 In den EB wird somit als ein Bsp für einen Verhandlungsgegenstand die RV herangezogen. Unter den in Art 26 Abs 3 TLO 1989 verwendeten Begriff „Verhandlungsgegenstände“ fällt allerdings einiges mehr. Eine entsprechende Auflistung ist in § 23 Abs 1 Tir GO LT zu finden. Der anschließende § 23 Abs 3 Tir GO LT wiederholt Art 26 Abs 3 TLO 1989 nahezu – vgl die unterschiedlichen Prädikate „dürfen“ und „können“ – wortgleich. Die TLO 1989 ist die einzige Landesverfassung und generell auch die 16 einzige Verfassung in Österreich, die den Grundsatz der sachlichen Diskontinuität normiert, indem ausdrücklich auf den Ablauf einer GP abgestellt wird. Lediglich das Stmk L-VG enthält in Art 15 Abs 4 eine dem Art 28 Abs 4 erster Satz B-VG nahezu idente Bestimmung, in der somit jedoch (nur) wie in der Bundesverfassung die (sachliche) Kontinuität zwischen den Tagungen innerhalb der gleichen GP festgelegt wird. Die sachliche Diskontinuität findet sich in den übrigen Ländern – mit 17 Ausnahme von Wien – ausdrücklich als solche in den GO der LT, teils mit unterschiedlichen Formulierungen, jedoch mit dem gleichen Inhalt: Verhandlungsgegenstände, die vor Beendigung der GP nicht abschließend behandelt werden, „gelten als erledigt“ (§ 20 Abs 2 Bgld GO LT, 40 Hierzu Krenn-Mayer, Art 25 Rz 6. 41 S Rz 10. 42 EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 63.
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§ 16 Abs 5 Stmk GO LT 2005, § 31 Abs 2 NÖ GO LT), „verlieren […] ihre Eigenschaft als Gegenstände der Verhandlungen des Landtages“ (§ 26 Abs 2 Sbg GO LT, § 14 Abs 2 Ktn GO LT), sind „nicht weiterzubehandeln“ (§ 10 Abs 4 Vbg GO LT) oder „als nicht eingebracht anzusehen“ (§ 6 Abs 2 OÖ GO LT). Einzig in Wien enthält weder die WStV noch die Wr GO LT entsprechende Bestimmungen. 18 In manchen Ländern werden zudem – ähnlich wie in Art 28 Abs 4 B-VG 1975 (hier allerdings als Ausnahmen vom dort normierten Grundsatz der Kontinuität innerhalb einer GP) bzw § 21 Abs 1a GOGNR –43 ebenfalls in den GO der LT bestimmte Gegenstände von der sachlichen Diskontinuität ausgenommen, so in Ktn (§ 14 Abs 2 Ktn GO LT), Sbg (§ 26 Abs 2 Sbg GO LT) und – hier im Umkehrschluss aus den aufgezählten Beratungsgegenständen, die der sachlichen Diskontinuität unterliegen – in Vbg (§ 10 Abs 4 Vbg GO LT). Auffallend ist, dass in den Ländern Ausnahmen bereits längere Zeit vor der entsprechenden Nov44 auf Bundesebene bestanden haben45 und dass sich die ausgenommenen Gegenstände im Vergleich zwischen den Ländern, aber auch zwischen Bund und Ländern – von einzelnen Abweichungen abgesehen –46 durchaus ähneln. In Tirol sehen weder die TLO 1989 noch die Tir GO LT Ausnahmen vom Grundsatz der sachlichen Diskontinuität vor, was bedeutet, dass etwa Volksbegehren, Bürgerinitiativen oder Berichte von Untersuchungsausschüssen (vgl demgegenüber § 10 Abs 4 Vbg GO LT iVm § 10 Abs 1 lit d Vbg GO LT) ebenso diesem Grundsatz unterliegen. 19 Festzuhalten ist abschließend, dass alle angeführten Bestimmungen zwar die Wirkung haben, dass anhängige Anträge, Anfragen, Vorlagen etc mit Ende der GP als erledigt anzusehen sind. Dies schließt allerdings nicht aus, dass nach Beginn der folgenden GP gleichartige Anträge, Anfragen, Vorlagen etc neuerlich gestellt bzw eingebracht werden. Ferner ist auch möglich, dass sich etwa ein Ausschuss bei Behandlung eines neuerlich eingebrachten gleichartigen Antrags usw die
43 Vgl bereits Rz 6. 44 BGBl I 2009/31. 45 S § 14 Abs 2 der StF der Ktn GO LT, LGBl 1996/87, § 10 Abs 3 der StF der Vbg GO LT, LGBl 1973/11, oder § 26 Abs 2 der StF der Sbg GO LT, LGBl 1999/26. 46 ZB Vereinbarungen des Landes mit dem Bund oder mit anderen Ländern in § 14 Abs 1 Z 5 Ktn GO LT.
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Erfahrungen und Beratungen der vorhergehenden GP zunutze macht.47
V. Die Landtagsdirektion (Abs 4 und 5) Die Landtagsdirektion fungiert als Geschäftsstelle des LT, seiner Aus- 20 schüsse und des LTPräs. Sie unterstützt diese Organe bei der administrativen Abwicklung ihrer Geschäfte. Ihre Aufgaben sind je nach verrichteter Tätigkeit, die dem jeweils handelnden Organ zugerechnet wird, der Staatsfunktion Gesetzgebung oder Verwaltung zuzuordnen. Nach der Judikatur des VfGH zählen zur Staatsfunktion Gesetzgebung alle Verhaltensweisen von gesetzgebenden Organen oder von Abg bei Ausübung ihres Berufes sowie darüber hinaus Handlungen parlamentarischer Hilfsorgane.48 Akte, die der LTPräs bspw im Rahmen der ihm übertragenen Diensthoheit setzt, fallen demgegenüber unter die Staatsfunktion Verwaltung.49 Die Landtagsdirektion wird gem Art 26 Abs 4 TLO 1989 vom Land- 21 tagsdirektor geleitet. Dieser untersteht dem LTPräs und ist seinerseits weisungsbefugt gegenüber den Bediensteten der Landtagsdirektion. Insoweit der LTPräs ihm gesetzlich zugewiesene Verwaltungsangelegenheiten besorgt (neben der Diensthoheit etwa auch die Ausübung des Hausrechts),50 wird er als oberstes Verwaltungsorgan tätig.51 Der Landtagsdirektor wird vom LTPräs bestellt und abberufen. Ersteres bedeutet allerdings nicht, wie etwa in der Stmk,52 dass er selbst ein Dienstverhältnis mit dem Landtagsdirektor begründet. Dies erfolgt vielmehr durch die LReg.53 Hinsichtlich der Person des Landtagsdirektors, die bestellt wird, gibt es 22 soweit keine Vorgaben, wie etwa in anderen Bundesländern, worauf in 47 Subbeilage zum AB 1851/2009 zur StF der OÖ GO LT LGBl 2009/70, OÖ LT XXVI. GP, 9 f. 48 VfSlg 19.112/2010. 49 Ebner-Vogl, Art 17 Rz 10. 50 Vgl auch § 19 Tir GO LT. 51 S Art 20 Abs 4 TLO 1989 bzw Bußjäger, Art 20 (in diesem Band) sowie außerdem Schwamberger/Ranacher, Landesordnung 47 f. 52 Ebner-Vogl, Art 17 Rz 12. 53 Vgl auch die Ausführungen zu den beim Landesvolksanwalt verwendeten Landesbediensteten im IA zur Nov der TLO 1989 LGBl 2014/65, Tir LT XVI. GP, GZ 177/14, 4 (Begründung).
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der Folge noch einzugehen ist. Es wird in der TLO 1989 somit auch nicht ausdrücklich festgelegt, dass der Landtagsdirektor aus dem Stand der Landesbediensteten zu bestellen ist.54 Letzteres lässt sich dennoch, zwar nicht unmittelbar aus dem Wortlaut von Art 26 TLO 1989, allerdings aus einer systematischen Interpretation schließen: Da der LTPräs selbst keine Dienstverhältnisse begründen kann und auch keine Regelung existiert, welche die LReg zur Begründung eines Dienstverhältnisses mit einer nicht im Landesdienst stehenden Person verpflichtet,55 ist der LTPräs letztendlich (indirekt) dazu verpflichtet, eine bereits im Landesdienst stehende Person zum Landtagsdirektor zu bestellen, was – im Unterschied zur Stmk – iSv „eine im Landesdienst stehende Person auswählen“ zu verstehen ist.56 Der Landtagsdirektor wird in der Folge von der LReg, wie die (weiteren) bei der Landtagsdirektion verwendeten Landesbediensteten, der Landtagsdirektion zur Verfügung gestellt. Gänzliche Klarheit würde diesbezüglich wohl dann herrschen, wenn man in Art 26 Abs 4 TLO 1989 eine Wortfolge dahingehend ergänzen würde, dass der Landtagsdirektor aus dem Stand der Landesbediensteten zu bestellen ist. Der derzeitige Wortlaut schließt jedoch nicht aus, eine (zunächst) externe Person auszuwählen, sofern sie vorangehend – zum Zweck der nachfolgenden Bestellung – in ein Dienstverhältnis zum Land Tirol aufgenommen wird. Allerdings besteht wohl keine Pflicht der LReg, ein Dienstverhältnis mit dieser Person zu begründen. 23 Für die Besorgung der Geschäfte des LT hat die LReg dem LT die erforderlichen Sach- und Geldmittel sowie der Landtagsdirektion die sich aus dem Stellenplan ergebende Anzahl von Landesbediensteten zur Verfügung zu stellen (Art 26 Abs 5 erster Satz TLO 1989). In diesem ersten Satz des fünften Abs ist zwischen dem ersten Teil, der sich auf „die Besorgung der Geschäfte des Landtages“ bezieht und somit vor dem Hintergrund von Art 23 TLO 1989 sowie § 10 Tir GO LT 54 S zum Bundesländervergleich Rz 27. 55 Vgl etwa zur Wahl des Direktors des LRH § 9 Abs 4 LRechnungshofG: „Der Direktor des Landesrechnungshofes ist, sofern er im Zeitpunkt seiner Wahl nicht schon Landesbediensteter ist, in ein privatrechtliches Dienstverhältnis zum Land Tirol aufzunehmen.“ 56 In VfSlg 2929/1955 hat der VfGH judiziert, dass aus dem Wort „bestellen“ nicht abgeleitet werden kann, ob ein öffentlich-rechtliches oder privatrechtliches Dienstverhältnis begründet wird und ist insofern davon ausgegangen, dass „bestellen“ – zumindest im vorliegenden Fall – auf die Begründung eines Dienstverhältnisses abzielt.
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auch die Erfüllung der Aufgaben der Klubs mitumfasst,57 und dem zweiten Teil, der auf die Bediensteten der Landtagsdirektion abzielt, zu differenzieren. Zu den Sachmitteln zählen etwa die erforderlichen Räume, IT-Ausstattungen, Bücher und Telefone. Die den Klubs zur Verfügung zu stellenden Geldmittel richten sich nach dem III. Abschnitt des ParteienFG.58 Zu untersuchen ist außerdem, was unter „erforderlich“ verstanden werden kann: In den EB zu Art 26 Abs 5 der StF der TLO 1989 wird, wie bereits dargelegt,59 auf § 5 Abs 2 Landes-Kontrollamtsgesetz 1982 als Vorbildbestimmung verwiesen. Die EB zum gesamten, dem heutigen Art 26 Abs 5 erster Satz TLO 1989 vergleichbaren § 5 (Abs 160 und 2) Landes-Kontrollamtsgesetz 1982 hoben hervor, dass die Bestimmung zunächst an die LReg iSe Auftrags, dem Landes-Kontrollamt eine entsprechende personelle und sachliche Ausstattung zur Verfügung zu stellen, gerichtet war. Dies sei, so die EB, für die Erfüllung der dem Landes-Kontrollamt übertragenen Aufgaben unerlässlich.61 Insofern zielte schon § 5 Landes-Kontrollamtsgesetz 1982 darauf ab, dass eine dem Aufgabenbereich des Landes-Kontrollamtes adäquate Ausstattung zur Verfügung gestellt wird. Nichts anderes kann somit für Art 26 Abs 5 erster Satz TLO 1989 und die „erforderliche“ Ausstattung des LT gelten, allerdings nur bezogen auf die „Sach- und Geldmittel“, wobei hinsichtlich der Sachmittel „wohl vom üblichen Landesstan dard“62 auszugehen ist. Des Weiteren ist es Pflicht der LReg, der Landtagsdirektion die sich aus dem Stellenplan ergebende Anzahl von Landesbediensteten – 57 S die Äußerung der Tir LReg vom 30.10.2018 zum vorläufigen Ergebnis der Überprüfung der „Landesmittelbereitstellung auf Basis des Tiroler Parteienfinanzierungs- und Klubförderungsgesetzes 2012“ durch den LRH, LR0940/156, 03.09.2018 (abrufbar im Prüfbericht „Landesmittelbereitstellung auf Basis des Tiroler Parteienfinanzierungs- und Klubförderungsgesetzes 2012“, LR-0940/156, 09.11.2018), worin die Ansicht des LRH, wonach die „Sachaufwendungen gemäß den Bestimmungen des Tiroler Parteienfinanzierungs- und Klubförderungsgesetzes 2012 aus den Klubfördermitteln zu tragen“ wären, im Ergebnis nicht geteilt wird. 58 S die vorangehend in FN 57 zit Äußerung der Tir LReg vom 30.10.2018. 59 S Rz 10. 60 „Das Landes-Kontrollamt ist personell und sachlich so auszustatten, daß es die ihm nach diesem Gesetz obliegenden Aufgaben besorgen kann.“ 61 EB (Beilage II–IX. GP, 1. Sitzung der 20. Tagung am 16.11.1982, 9) zum Entwurf eines Gesetzes über das Landes-Kontrollamt LGBl 1983/4. 62 Äußerung der Tir LReg vom 30.10.2018 (FN 57).
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nach Anhörung des LPräs – zur Verfügung zu stellen. Da der Stellenplan einen Bestandteil des Landesvoranschlages bildet, der wiederum vom LT beschlossen wird (Art 62 Abs 1 TLO 1989), hat der LT diesen letzten Endes allerdings selbst in der Hand. Die im Prinzip wortgleiche, bereits genannte Bestimmung zur personellen Ausstattung des Landes-Kon trollamtes (§ 5 Abs 2 Landes-Kontrollamtsgesetz 1982) wurde im Jahr 1982 geschaffen, um diese bis dahin gelebte, auf das Landes-Kontrollamt bezogene Praxis ausdrücklich als Pflicht der LReg zu normieren.63 24 Mit der TLO-Nov 201464 wurde dem LTPräs die Diensthoheit über die bei der Landtagsdirektion verwendeten Landesbediensteten, somit auch über den Landtagsdirektor, eingeräumt. Hierbei handelt es sich um eine auf der Grundlage von Art 21 Abs 3 B-VG (iVm Art 30 Abs 6 und 4 B-VG) erfolgte Durchbrechung der grds der LReg zugewiesenen Diensthoheit.65 Ausdrücklich davon ausgenommen ist die Erlassung von VO sowie die Begründung von Dienstverhältnissen zum Land Tirol, da sich die Diensthoheit lediglich auf die bei der Landtagsdirektion verwendeten (Art 26 Abs 5 zweiter Satz TLO 1989) bzw auf die der Landtagsdirektion zur Verfügung gestellten Bediensteten (Art 26 Abs 5 erster Satz TLO 1989) bezieht, wovon eben auch der Landtagsdirektor umfasst ist.66 Die Begründung der Dienstverhältnisse obliegt somit der LReg anhand der Vorgaben des Stellenplans, die in der Folge der Landtagsdirektion die Bediensteten zur Verfügung stellt.67 25 Von Relevanz ist in diesem Zusammenhang § 21 Abs 4 Tir GO LT, der vorsieht, dass der LTPräs die Besorgung der dienst- und besoldungsrechtlichen Angelegenheiten der Bediensteten der Landtagsdirektion dem Amt der LReg übertragen kann, wenn dies im Interesse der Zweckmäßigkeit, Einfachheit und Raschheit gelegen ist. Wird von dieser Ermächtigung Gebrauch gemacht, untersteht das Amt der LReg in diesen Angelegenheiten den Weisungen des LTPräs. 26 Aus einem bundesländerweiten Vergleich ergibt sich, dass die Landtagsdirektionen teils unmittelbar in den Landesverfassungen (und pa rallel dazu in der jeweiligen GO des LT) geregelt sind, teils aber nur auf 63 64 65 66
Äußerung der Tir LReg vom 30.10.2018 (FN 57). LGBl 2014/65. S hierzu oben unter I.C. Rz 8. Schwamberger/Ranacher, Landesordnung 59; IA zur Nov der TLO 1989 LGBl 2014/65, Tir LT XVI. GP, GZ 177/14, 4 (Begründung). 67 Vgl auch Art 59 Abs 7 TLO 1989 zum Landesvolksanwalt.
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einfachgesetzlicher Ebene, ausschließlich in den jeweiligen GO der LT: Ersteres ist neben Tirol im Bgld (Art 19 Bgld L-VG), in der Stmk (Art 17 Stmk L-VG) und in Vbg (Art 19 Vbg LV) der Fall. Regelungen ausschließlich in den GO der LT sind in Ktn (§ 13 Ktn GO LT), NÖ (§ 16 NÖ GO LT 2001), OÖ (§ 7 OÖ GO LT 2009) und Sbg (§ 18 Sbg GO LT) zu finden. Aus verschiedenen Bestimmungen der Wr GO LT (Beschluss des Wr LT) wird ersichtlich, dass die Magistratsdirektion ebenfalls als administrativer Hilfsapparat für die Geschäfte des Wr LT tätig wird. So hat sie etwa nach § 6 Abs 1 Wr GO LT über jede Sitzung des LT ein amtliches Protokoll zu führen.68 Hinsichtlich der Bestellung bzw Ernennung des Landtagsdirektors 27 und zT auch der Bediensteten der Landtagsdirektion sind im bundesländerweiten Vergleich sehr unterschiedliche Vorgaben zu finden: Meist wird der Landtagsdirektor vom LTPräs bestellt.69 Ausnahmen gibt es in Ktn, wo der Direktor des Landtagsamtes vom LT bestellt wird (§ 13 Abs 3 Ktn GO LT), sowie in OÖ (§ 7 Abs 2 OÖ GO LT, hier nach Anhörung des ersten Präs) und Sbg (§ 18 Abs 2 Sbg GO LT, hier mit öffentlicher Ausschreibung gem Abs 2a), die jeweils eine Ernennung/Bestellung durch die LReg vorsehen. Während in Sbg ua mit einem Universitäts- oder Hochschulabschluss (§ 18 Abs 2 Sbg GO LT) und im Bgld sowie in der Stmk, wo vorausgesetzt wird, dass der Landtagsdirektor rechtskundiger Verwaltungsbeamter (Art 19 Abs 3 Bgld L-VG) bzw rechtskundig70 ist (Art 17 Abs 2 Stmk L-VG), weitere Voraussetzungen für die Position des Landtagsdirektors festgelegt werden, gibt es in den übrigen Bundesländern diesbezüglich keine Vorgaben. Auch die Frage, ob der Landtagsdirektor aus dem Personalstand des 28 Landes stammen muss, wird in den Ländern unterschiedlich gehandhabt: Manche Bundesländer setzen voraus, dass der Landtagsdirektor aus dem Stand der Landesbediensteten zu bestellen ist,71 während an68 Ebner-Vogl, Art 17 Rz 6. 69 Art 19 Bgld L-VG (gem § 14 Bgld GO LT im Einvernehmen mit der LReg); Art 17 Abs 2 Stmk L-VG (nach Beratung in der Präsidialkonferenz); Art 19 Abs 2 Vbg LV; § 16 Abs 2 NÖ GO LT (Ernennung durch den Präs aufgrund eines Beschlusses der drei Präs; hierbei handelt es sich um eine Bestimmung im Verfassungsrang). 70 Vgl zum Begriff „rechtskundig“ Art 106 B-VG. 71 § 13 Abs 3 Ktn GO LT, vgl auch Art 19 Abs 2 Vbg LV (sowie § 15 Abs 3 Vbg GO LT) sowie den vorangehend genannten Art 19 Abs 3 Bgld L-VG.
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dere in diesem Zusammenhang keine (ausdrücklichen) Vorgaben treffen. So ist der LTPräs in der Stmk generell bei der Auswahl der zu bestellenden Bediensteten, auch des Landtagsdirektors, an keinen bestimmten Personenkreis gebunden.72 IdR werden jedoch die (weiteren) Bediensteten der Landtagsdirektion vom Land zur Verfügung gestellt73 bzw in NÖ ist das Personal der Landtagsdirektion „nach Möglichkeit“ aus dem Personalstand des Landes zu entnehmen.74
VI. Anhang: Auflistung der bisherigen Geschäfts ordnungen des Landtages (seit 1946) 29 – Beschluss des Tir LT vom 31.01.1946 (Beilage III–I. GP, 1. Sitzung der 2. Tagung am 31.01.1946)75 – Beschluss des Tir LT vom 17.12.1982 (Beilage II–IX. GP, 1. Sitzung der 22. Tagung am 17.12.1982) – Beschluss des Tir LT vom 07.07.1994 (Beilage XV–XII. GP, 4. Sitzung der 1. Tagung am 06. und 07.07.1994) – Gesetz vom 7. Oktober 1998 über die Geschäftsordnung des Tiroler Landtages, LGBl 1998/110; in Kraft getreten mit 30.03.1999 – Gesetz vom 6. Mai 2015 über die Geschäftsordnung des Tiroler Landtages 2015, LGBl 63/2015; in Kraft getreten mit 01.09.2015
72 Art 17 Abs 3 Stmk L-VG; Ebner-Vogl, Art 17 Rz 13. 73 So etwa § 13 Abs 4 Ktn GO LT, § 7 Abs 2 OÖ GO LT, § 18 Abs 3 Sbg GO LT, Art 19 Abs 2 Vbg LV (sowie § 15 Abs 3 Vbg GO LT). Vgl auch § 14 Abs 5 Bgld GO LT. 74 § 16 Abs 2 NÖ GO LT. 75 Die GO aus dem Jahr 1946 basierte in ihren Grundzügen auf jener aus dem Jahr 1933 (vgl Bericht und Antrag des Rechts- und Gemeindeausschusses [Beilage II–IX. GP, 1. Sitzung der 22. Tagung am 17.12.1982] betreffend die Erlassung einer neuen GO des LT sowie Schober, Geschichte 495). Letztere beruhte wiederum auf der mit Landtagsbeschluss vom 17.2.1898 eingeführten GO (ausführlich hierzu Bericht und Antrag des Rechtsausschusses [Beilage III–I. GP, 1. Sitzung der 2. Tagung am 31.1.1946] über den Entwurf einer neuen Geschäftsordnung). Geändert wurde die GO aus dem Jahr 1946 lediglich ein Mal. Dies war in der ersten Sitzung des LT am 01.07.1979 (Beginn der VIII. GP) der Fall. Ansonsten wurde in den konstituierenden Sitzungen regelmäßig die (unveränderte) Weitergeltung beschlossen (s die oben zitierte Beilage der 22. Tagung am 17.12.1982).
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Artikel 27 Beschlüsse, Wahlen Zu einem gültigen Beschluß des Landtages und zu einer gültigen Wahl durch den Landtag sind, soweit verfassungsgesetzlich nichts anderes bestimmt ist und durch die Geschäftsordnung des Landtages keine strengeren Voraussetzungen festgelegt sind, die Anwesenheit von wenigstens der Hälfte der Abgeordneten und die einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen erforderlich. LGBl samt Erläuterungen: LGBl 1988/61 (X. GP AA 141/88 AB 141/88) Judikatur: VfSlg 6783/1972, 7011/1973 (Regelung der Beschlusserfordernisse für den Gesetzesbeschluss eines LT ist Sache des Landesverfassungsgesetzgebers); VfSlg 15.686/1999 (abgegebener leerer Stimmzettel bei geheimer Abstimmung ist als abgegebene Stimme anzusehen) Literatur: Koja, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer2 (1988); Krenn-Mayer, Art 27 Stmk L-VG, in Grabenwarter (Hg), Steiermärkische Landesverfassung (2013); Morscher, Zum Stimmrecht des Vorsitzenden parlamentarischer Körperschaften, JBl 1975, 240 ff; Muzak, Art 97/1 B-VG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (2017) Rz 7; Novak, Art 99 B-VG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (2005); Pernthaler/Lukasser, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer. 8. Vorarlberg (1995); Pesendorfer, Art 97 B-VG, in Kneihs/Lienbacher (Hg), Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht (2002); Schwamberger/Ranacher, Tiroler Landesordnung 19896: Kommentar (2017) 59; Weber, Landesgesetzgebung und Landesregierung, in Schambeck (Hg), Föderalismus und Parlamentarismus in Österreich (1992) 97 ff
Inhaltsübersicht I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben..................................... 1 II. Entstehungsgeschichte.................................................................. 7 III. Beschlussvoraussetzungen und abweichende Quoren............. 8 IV. Vergleich der Landesverfassungen.............................................. 14
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I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben 1 Auf bundesverfassungsrechtlicher Ebene finden Beschlüsse des LT insb in Art 97 Abs 1 B‑VG, der die Erfordernisse für das Zustandekommen eines LG festlegt, Erwähnung. Zu diesen zählen neben dem Beschluss des LT die Beurkundung und Gegenzeichnung nach den Bestimmungen der Landesverfassung sowie die Kundmachung durch den LH.1 Diese Bestimmung des B-VG ist somit nur für jene Beschlüsse des LT von Interesse, die ein LG zum Gegenstand haben. Sie enthält ansonsten aber keinerlei besondere Beschlusserfordernisse. 2 Generell trifft die Bundesverfassung – mit Ausnahme des Beharrungsbeschlusses gem § 9 Abs 4 F-VG2 – hinsichtlich der Beschlusserfordernisse für ein einfaches LG keine ausdrücklichen Vorgaben, weder im Hinblick auf das Präsenz- noch das Konsensquorum (Anwesenheitsund Zustimmungserfordernis für das gültige Zustandekommen eines Beschlusses), weshalb deren Festlegung grds im Gestaltungsspielraum der Länder liegt.3 Allerdings ist dieser Spielraum nicht schrankenlos, sondern wird in der Lit vielmehr ein gewisser Rahmen aus der Bundesverfassung abgeleitet:4 Eine Obergrenze ergibt sich etwa aus Art 99 Abs 2 B-VG und den dort verankerten Quoren für LVG. Nach hA wird durch diese Bestimmung ausgeschlossen, dass für einfache LG dieselben oder gar strengere Erzeugungsbedingungen als für LVG vorgesehen werden können, da ansonsten „die im B-VG angelegte Differenzierung des Rechtsquellentypus ins Leere laufen würde“.5 Ebenso stehe die Grundidee, materielles Verfassungsrecht nur durch Verfassungsrecht im formellen Sinn zu regeln, derartig erhöhten Quoren für einfache LG entgegen.6 Nach Ansicht von Pesendorfer gilt diese Schranke „nach oben“ jedoch nur für das Konsensquorum und nicht für das Präsenzquorum. Letzteres dürfe zwar jenes in Art 99 Abs 2 B-VG nicht überschreiten, könne aber auch mit demselben Wert, somit zwei Drittel, für einfache LG festgelegt werden.7 Als ebenso zulässig werden erhöhte Konsensquoren für „spezifische Kategorien von Ge1 2 3 4 5 6 7
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Vgl dazu auch Wallnöfer, Art 38 (in diesem Band). S hierzu noch Rz 5. Muzak, Art 97/1 Rz 7. Vgl hierzu auch Weber, Landesgesetzgebung 102. Pesendorfer, Art 97 Rz 3, mit Verweis auf Muzak, Art 97/1 Rz 7. Pesendorfer, Art 97 Rz 3. Pesendorfer, Art 97 Rz 4.
Beschlüsse, Wahlen
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setzen“ erachtet, wie zB im Fall einer eigens angeordneten Zwei-Drittel-Mehrheit für den Beschluss über die GO eines LT.8 Neben den Grenzen „nach oben“ gibt es auch Grenzen „nach unten“: So wird in der Lit jedenfalls das Mehrheitsprinzip als „Angelpunkt“ für das Konsensquorum betrachtet. Daher bildet insofern die einfache bzw unbedingte Mehrheit9 das Mindestquorum in allen Landesverfassungen. Hinsichtlich des Präsenzquorums wird die Untergrenze bei jener des NR, nämlich einem Drittel, festgemacht.10 Zu beachten ist außerdem die Auffassung von Rsp und Teilen der Leh- 3 re, wonach aus dem Wortlaut von Art 97 Abs 1 B-VG geschlossen wird, dass es sich bei den Beschlusserfordernissen für Gesetzesbeschlüsse des LT um materielles Verfassungsrecht handelt und diese somit jedenfalls durch LVG zu regeln sind.11 Dementsprechend wurde vom VfGH auch eine Regelung im Stmk L-VG als verfassungswidrig aufgehoben, gem der das Anwesenheitsquorum für einen Gesetzesbeschluss des LT in der GO des LT festzulegen war.12 Gleiches gilt für den Ausschluss des Vorsitzenden von der Teilnahme an Abstimmungen. Eine derartige Regelung erachtete der VfGH aufgrund historischer Erwägungen zwar als zulässig, allerdings darf sie ebenfalls nur durch LVG getroffen werden.13 Das Pendant zu Art 27 TLO 1989 auf bundesverfassungsrechtlicher 4 Ebene ist in Art 31 B‑VG zu finden, der für einen Beschluss des NR die Anwesenheit von mindestens einem Drittel der Mitglieder sowie die unbedingte Mehrheit der abgegebenen Stimmen normiert. Vor dem Hintergrund, dass die Länder bei der Gestaltung der Quoren für das Zustandekommen eines LG in ihren Landesverfassungen, wie oben beschrieben, grds keinen (zumindest ausdrücklichen) bundesverfassungsrechtlichen Vorgaben unterliegen, ist auch keine Verpflichtung anzunehmen, dass sich die Länder an den Quoren des Art 31 B-VG zu orientieren hätten.14 8 9 10 11
Muzak, Art 97/1 Rz 7. S zu diesen Begriffen Rz 7 und 8. Pesendorfer, Art 97 Rz 5. Koja, Verfassungsrecht 154 f; Krenn-Mayer, Art 27 Rz 3; aA Novak, Art 99 Rz 12. 12 VfSlg 6783/1972. 13 VfSlg 7011/1973; Koja, Verfassungsrecht 144. Kritisch zu diesem Erk Morscher, JBl 1975, 240 ff. 14 Muzak, Art 97/1 Rz 7.
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5 Eine weitere bundesverfassungsrechtliche Vorgabe in Bezug auf Gesetzesbeschlüsse des LT, nämlich solche, die sich auf Landes- oder Gemeindeabgaben beziehen, beinhaltet § 9 Abs 4 F‑VG, indem für einen Beharrungsbeschluss eines LT, dessen Gesetzesbeschluss von der BReg beeinsprucht wurde, die Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder festgelegt wird.15 6 Hinsichtlich sonstiger Beschlüsse des LT, die nicht auf LG bezogen sind, enthält das B-VG nur für einen einzigen Fall eine Vorgabe: Gem Art 105 Abs 3 B-VG wird bei Beschlüssen über Anklagen von Mitgliedern der LReg iSv Art 142 B-VG (vgl Art 64 Abs 4 TLO 1989)16 ebenfalls die Anwesenheit der Hälfte der Mitglieder des LT vorausgesetzt.
II. Entstehungsgeschichte 7 In der TLO 1953 bildete § 16 Abs 1 die Vorgängerbestimmung von Art 27 TLO 1989, die ihrerseits wiederum auf § 16 Abs 1 TLO 1946 zurückzuführen war. Letztere sah noch eine Mehrheit bei Anwesenheit von 19 (von 36)17 Mitgliedern für die Beschlussfähigkeit des LT vor sowie zudem in Abs 2, dass bei Stimmengleichheit ein Antrag als abgelehnt galt. Die Folgeversion in der TLO 1953 entsprach inhaltlich dem nunmehrigen Art 27 TLO 1989,18 indem die Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Abg19 und – soweit in der TLO 1953 nichts anderes festgelegt war – die unbedingte Mehrheit der abgegebenen Stimmen als Voraussetzungen für einen gültigen Beschluss angeordnet wurden. Der in der TLO 1953 verwendete Begriff der „unbedingten Mehrheit“, der nach wie vor in der Mehrzahl der Landesverfassungen zu finden ist,20 hat dieselbe Bedeutung wie jener der „einfachen Mehrheit“.21
15 S auch Art 38 Abs 6 lit a TLO 1989, wo das in § 9 Abs 4 F-VG grundgelegte Anwesenheitsquorum wiederholt wird. 16 S dazu auch Wallnöfer, Art 64 (in diesem Band). 17 § 9 TLO 1946. 18 EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 63. 19 § 16 Abs 1 TLO 1946 hatte noch die Anwesenheit von 19 (von insgesamt 36) Abg verlangt. 20 Art 31 Abs 1 OÖ L-VG, Art 19 Abs 1 Sbg L-VG, Art 27 Abs 1 Stmk L-VG, Art 23 Abs 1 Vbg LV, § 124a WStV. 21 Krenn-Mayer, Art 27 Rz 10; s hierzu nachfolgend Rz 8.
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III. Beschlussvoraussetzungen und abweichende Quoren Art 27 TLO 1989 regelt allgemein die Voraussetzungen für Beschlüs- 8 se des Tir LT und für die vom LT vorzunehmenden Wahlen. Diese gelten hinsichtlich ersterer sowohl für Gesetzesbeschlüsse als auch für solche Beschlüsse, die keine Gesetzesbeschlüsse sind, wie etwa die Abberufung des LTPräs (Art 21 Abs 4 TLO 1989).22 Grds sind für einen gültigen Beschluss bzw für eine gültige Wahl die Anwesenheit von wenigstens der Hälfte der Abg und die einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen erforderlich (vgl auch § 61 Abs 1 Tir GO LT). Unter einfacher Mehrheit versteht man, dass mehr als die Hälfte der abgegebenen Stimmen erreicht werden muss. Ist die Zahl der abgegebenen Stimmen eine gerade, benötigt es somit für eine einfache Mehrheit die Hälfte plus eine Stimme.23 Bei Stimmengleichheit gilt ein Antrag als abgelehnt (§ 61 Abs 3 Tir GO LT).24 Eine Stimmenthaltung ist – mit Ausnahme des LTPräs (§ 58 Abs 2 Tir GO LT) oder bei Vorliegen von persönlichen Angelegenheiten, was dem LTPräs mitgeteilt werden muss (§ 58 Abs 3 Tir GO LT) – grds nicht vorgesehen; leere Stimmzettel oder leere Kuverts zählen ausdrücklich nicht als abgegebene Stimme (§ 58 Abs 4 Tir GO LT).25 Ein LG, das auf einem ungültigen Beschluss des LT beruht, ist verfassungswidrig.26 Vor dem Hintergrund der Unzulässigkeit von Sitzungen des LT mittels Videokonferenz (s hiezu Bertel, Art 24 [in diesem Band] Rz 1) ist auch die Beschlussfassung im Wege einer Videokonferenz ausgeschlossen.
22 Vgl Koja, Verfassungsrecht 154 ff. 23 Krenn-Mayer, Art 27 Rz 10; s hierzu nachfolgend Rz 9; vgl VfSlg 15.686/1999. 24 Schwamberger/Ranacher, Landesordnung 59. 25 S hierzu das Erkenntnis VfSlg 15.686/1999, in welchem der VfGH in Anlehnung an seine frühere Rsp einen leeren Stimmzettel als abgegebene Stimme gewertet hat. § 58 Abs 4 Tir GO LT fand mit LGBl 1998/110 Eingang in die GO (vgl hierzu die EBRV zum Gesetz über die Geschäftsordnung des Tiroler Landtages LGBl 1998/110, Tir LT XII. GP, GZ 278/98, 10: „Im Abs. 4 wird die bisherige Interpretation des Landtagspräsidenten, daß leere Stimmzettel oder leere Kuverts nicht als abgegebene Stimme gelten, ausdrücklich normiert.“). 26 Vgl Pesendorfer, Art 97 Rz 5 mit Verweis ua auf VfSlg 15.686/1999.
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9 Die dargestellten Voraussetzungen zur Fassung eines gültigen Beschlusses des LT gelten allerdings nur insoweit, als einerseits verfassungsgesetzlich nichts Abweichendes festgelegt wird und andererseits die Tir GO LT keine strengeren Beschlusserfordernisse vorsieht. Folgende Bestimmungen der TLO 1989 enthalten abweichende Quoren: – Art 2 Abs 2 (Änderung von Bundesgrenzen, die zugleich Landesgrenzen sind) und Abs 3 TLO 1989 (Änderung von Landesgrenzen zu einem anderen Land) jeweils iVm Art 2 Abs 4 TLO 1989: Anwesenheit von wenigstens zwei Dritteln der Abg und Mehrheit von wenigstens zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen; – Art 21 Abs 4 TLO 1989 (Abberufung LTPräs und Vizepräsidenten): Mehrheit von wenigstens zwei Dritteln (Anwesenheit von zwei Dritteln ergibt sich aus § 61 Abs 2 Tir GO LT [s nachfolgend Rz 10]); – Art 28 Abs 1 TLO 1989 (Selbstauflösung LT): Mehrheit von wenigstens zwei Dritteln (Anwesenheit von zwei Dritteln – § 61 Abs 2 Tir GO LT); – Art 38 Abs 2 TLO 1989 (LVG und Verfassungsbestimmung in einem LG): Mehrheit von wenigstens zwei Dritteln (Anwesenheit von zwei Dritteln – § 61 Abs 2 Tir GO LT); – Art 70 Abs 2 TLO 1989 (Wahl des Direktors des LRH): Anwesenheit von mindestens der Hälfte27 und Mehrheit von wenigstens zwei Dritteln; – Art 71 Abs 5 TLO 1989 (Genehmigung einer staatsrechtlichen Vereinbarung, zu deren Erfüllung es eines LVG bedarf): Mehrheit von wenigstens zwei Dritteln (Anwesenheit von zwei Dritteln – § 61 Abs 2 Tir GO LT); – Art 71a Abs 5 TLO 1989 (Genehmigung eines StV, zu dessen Erfüllung es eines LVG bedarf): Mehrheit von wenigstens zwei Dritteln (Anwesenheit von zwei Dritteln – § 61 Abs 2 Tir GO LT). 10 Folgende Bestimmungen der Tir GO LT enthalten strengere Voraussetzungen (jeweils Mehrheit von mindestens zwei Dritteln sowie im Falle von § 61 Abs 2 Tir GO LT Anwesenheit von mindestens zwei Dritteln): – § 27 Abs 3 Tir GO LT (Zuerkennung der Dringlichkeit); – § 30 Tir GO LT (Behandlung eines Volksbegehrens ohne Vorberatung in einem Ausschuss); 27 Dasselbe Anwesenheitsquorum würde sich auch ohne ausdrückliche Anordnung in Art 70 Abs 2 TLO 1989 bereits unmittelbar aus Art 27 TLO 1989 ergeben.
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Beschlüsse, Wahlen
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§ 37 Abs 2 Tir GO LT (Wahl in anderer Form als mit Stimmzetteln); § 45 Abs 3 Tir GO LT (Tagesordnung); § 57 Abs 4 Tir GO LT (Redezeit); § 61 Abs 2 Tir GO LT (in Bezug auf Art 21 Abs 4, Art 28 Abs 1, Art 38 Abs 2, Art 71 Abs 5 und Art 71a Abs 5 TLO 1989).
Folgende Wahlen durch den LT sind in der TLO 1989 vorgesehen: 11 – Art 20 Abs 1 TLO 1989 (LTPräs sowie erster und zweiter Vizepräsident; vgl auch Art 22 Abs 2 TLO 1989 [Neuwahl]); – Art 23 Abs 2 TLO 1989 (Mitglieder der Ausschüsse; vgl auch Abs 9 zu den Mitgliedern der Untersuchungsausschüsse); – Art 43 Abs 1 TLO 1989 (Mitglieder und Ersatzmitglieder des BR); – Art 45 Abs 1 TLO 1989 (gesamte LReg) bzw Art 49 TLO 1989 (Neu-, Nach- und Ergänzungswahl der gesamten LReg oder einzelner ihrer Mitglieder); – Art 59 Abs 5 TLO 1989 (Landesvolksanwalt); – Art 70 Abs 2 TLO 1989 (Direktor des LRH, mit Mehrheit von zwei Dritteln). Während sich Art 27 TLO 1989 ausschließlich auf Beschlüsse des Ple- 12 nums und Wahlen bezieht, wird das Zustandekommen von Ausschussbeschlüssen separat in § 71 Tir GO LT geregelt. Beschlussfähig ist ein Ausschuss bei Anwesenheit jedenfalls des Obmannes oder seines Stellvertreters sowie mehr als der Hälfte der Mitglieder (Abs 1). Hinsichtlich des Konsensquorums ist grds Stimmenmehrheit vorgesehen (Abs 6). Mangels einer abweichenden landesverfassungsrechtlichen Regelung 13 nimmt der Vorsitzende des Tir LT an den Abstimmungen teil. Ein Ausschluss des Vorsitzenden wäre zwar, wie oben dargestellt,28 grds zulässig und liegt damit im freien Gestaltungsspielraum des Landesverfas sungsgesetzgebers,29 müsste allerdings ausdrücklich angeordnet werden, was in Tirol eben nicht der Fall ist.30
IV. Vergleich der Landesverfassungen Dem Art 27 TLO 1989 vergleichbare Bestimmungen sind in allen Lan- 14 desverfassungen zu finden. Die Unterschiede sind nicht zuletzt auf28 Vgl Rz 3. 29 Pesendorfer, Art 97 Rz 6. 30 Krenn-Mayer, Art 27 Rz 4.
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grund der oben dargestellten bundesverfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen nicht besonders groß. Alle Landesverfassungen enthalten darüber hinaus Normen mit von den allgemeinen Vorgaben abweichenden Beschlusserfordernisse für bestimmte Angelegenheiten, wie etwa die GO der LT.31 Die Vbg LV hält zudem ausdrücklich fest, dass die Vbg GO LT für Gesetzesbeschlüsse keine Abweichungen von den Beschlusserfordernissen gem der Vbg LV festlegen darf (Art 23 Abs 1 Vbg LV), womit der oben genannten VfGH-Judikatur32 Rechnung getragen werden sollte.33 Die einzelnen Landesverfassungen legen hinsichtlich des Konsensquorums durchgehend – wie in der TLO 1989 – die einfache Mehrheit fest, dies allerdings mit verschiedenen Bezeichnungen: „Mehrheit“ (Art 31 Abs 1 Bgld L-VG), „mehr als die Hälfte der abgegebenen Stimmen“ (Art 27 Abs 1 K-LVG), „einfache Mehrheit“ (Art 18 Abs 1 NÖ LV 1979) und „unbedingte (Stimmen-)Mehrheit“ (s hierzu oben FN 20). Beim Präsenzquorum ergeben sich etwas größere Unterschiede: Die Anwesenheit von einem Drittel der Abg verlangen die Landesverfassungen im Bgld, in NÖ und Wien (§ 124 Abs 1 WStV). Die übrigen Bundesländer setzen die Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder des LT voraus. Das Stmk L-VG hatte bis zur Nov in LGBl 2012/8 noch ein Präsenzquorum von drei Siebenteln der Mitglieder vorgesehen.34 Als einzige Landesverfassung enthält jene in NÖ noch den (ausdrücklichen) Zusatz, dass bei Stimmengleichheit ein Antrag als abgelehnt gilt (Art 18 Abs 1 NÖ LV 1979).35 Die Landesverfassungen von NÖ (Art 18 Abs 2 NÖ LV 1979), OÖ (Art 23 Abs 3 OÖ L-VG) und Vbg (Art 23 Abs 1 Vbg LV) betonen zudem explizit, dass der Vorsitzende das Stimmrecht wie jeder andere LTAbg ausübt, was auch für die übrigen Länder bzw Landesverfassungen, die keine entsprechende Regelung enthalten, zutrifft.36 Die gegenteilige Anordnung, nämlich der Ausschluss des Vorsitzenden vom Stimmrecht, wäre grds zulässig, müsste allerdings auf landesverfassungsrechtlicher Ebene geregelt werden.37 31 S hierzu Schramek, Art 26 (in diesem Band) Rz 12. 32 VfSlg 6783/1972 und 7011/1973 (s FN 12 und 13). 33 MwN Pernthaler/Lukasser, Verfassungsrecht 115. 34 Vgl hierzu Krenn-Mayer, Art 27 Rz 1; vgl auch Koja, Verfassungsrecht 144. 35 Zu Tirol s Rz 8. 36 Krenn-Mayer, Art 27 Rz 4. 37 S mwN FN 13 sowie vorangehend Rz 13.
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Artikel 28 Auflösung (1) Der Landtag kann vor dem Ablauf der fünfjährigen Gesetzgebungsperiode seine Auflösung beschließen. Zu einem solchen Beschluß ist die Mehrheit von wenigstens zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen erforderlich. Er darf frühestens am siebenten Tag nach dem Einlangen eines darauf gerichteten Antrages gefaßt werden. (2) Die Gesetzgebungsperiode dauert auch dann, wenn der Landtag seine Auflösung beschlossen hat, bis zu dem Tag, an dem der neue Landtag zur ersten Sitzung zusammentritt. (3) Die Landesregierung hat binnen drei Wochen nach der Auflösung des Landtages die Wahl zum Landtag auszuschreiben. LGBl samt Erläuterungen: LGBl 1988/61 (X. GP AA 141/88 AB 141/88); LGBl 2012/147 (XV. GP RV 562/12 AB 562/12); LGBl 2014/65 (XVI. GP IA 177/14) Literatur: Ebner-Vogl, Art 12 Stmk L-VG, in Grabenwarter (Hg), Steiermärkische Landesverfassung (2013); Kelsen/Froehlich/Merkel, Die Bundesverfassung vom 1. Oktober 1920 (1922); Koja, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer2 (1988); Konrath, Art 29 B-VG, in Kneihs/Lienbacher (Hg), RillSchäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht (2017); Liehr, Art 100 B-VG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (2001); Lienbacher, Art 29/2-3 B-VG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (2000); Th. Müller, Art 97/3, 4 B-VG, in Korinek/ Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (2018); Pesendorfer, Art 100 B-VG, in Kneihs/Lienbacher (Hg), Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht (2002)
Inhaltsübersicht I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben..................................... 1 II. Entstehungsgeschichte.................................................................. 5 III. Selbstauflösung des Landtages (Abs 1)....................................... 7 IV. Dauer der Gesetzgebungsperiode bei Selbstauflösung (Abs 2).............................................................................................. 10 V. Ausschreibung von Neuwahlen (Abs 3)..................................... 12 355
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I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben 1 Die einzige Bestimmung der Bundesverfassung, die ausdrücklich1 die Auflösung eines LT behandelt, ist Art 100 Abs 1 B-VG, wonach jeder LT auf Antrag der BReg mit Zustimmung des BR vom BPräs aufgelöst werden kann.2 Weitere Formen einer Auflösung der LT sind in der Bundesverfassung nicht vorgesehen, was bedeutet, dass sie den Landesgesetzgebern Spielraum für autonome landesverfassungsrechtliche Regelungen eröffnet.3 Davon wurde in allen Landesverfassungen unter Bindung an das parlamentarisch-demokratische Prinzip der Bundesverfassung in Gestalt des Selbstauflösungsrechts Gebrauch gemacht.4 2 Auch in Bezug auf die Form der Selbstauflösung gibt es in der Bundesverfassung dementsprechend keine Vorgaben. Dies ist insb deshalb von Interesse, da zwar für die Auflösung des NR die Gesetzesform festgelegt ist (Art 29 Abs 2 B-VG), für die LT allerdings kein Gebot der Gesetzesform aus der Bundesverfassung abgeleitet und insofern in den Landesverfassungen bereits ein bloßer Landtagsbeschluss für die Auflösung vorgesehen werden kann, was in der Mehrzahl der Länder der Fall ist.5 Koja begründet dies damit, dass es sich bei der Auflösung um keine generell-abstrakte, nach außen wirkende Normierung handelt, sondern vielmehr um eine Geschäftsordnungsvorschrift (iwS).6 3 Das Pendant zu Art 28 TLO 1989 auf bundesverfassungsrechtlicher Ebene ist in Art 29 B‑VG zu finden. Gem Art 29 Abs 2 B-VG kann der NR durch einfaches BG seine Auflösung beschließen. Die GP dauert gem dem nachfolgenden Abs 3 bis zu dem Tag, an dem der neugewählte NR zusammentritt, weiterhin an, wodurch das Prinzip der ständigen Existenz des NR gewahrt bleibt (vgl auch Art 27 Abs 1 B-VG).7 In Anlehnung daran legen manche Landesverfassungen, so auch die TLO 1 2 3 4 5 6 7
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Zu einer Verkürzung der Legislaturperiode könnte es auch aufgrund einer Wahlanfechtung gem Art 141 Abs 1 lit a B-VG kommen. Diese Bestimmung wird lediglich in der Landesverfassung von Ktn (Art 14 Abs 3 K-LVG) wiederholt. Die TLO 1989 hat darauf, wie nachfolgend noch dargestellt wird, bewusst verzichtet. Koja, Verfassungsrecht 136. Art 13 Bgld L-VG, Art 14 Abs 2 und 4 K-LVG, Art 10 NÖ LV 1979, Art 20 OÖ L-VG, Art 16 Sbg L-VG, Art 12 Abs 2 und 4 Stmk L-VG, Art 27 Vbg LV, § 113 Abs 1 iVm § 13 Abs 2 WStV. S auch nachfolgend unter Rz 9. Koja, Verfassungsrecht 136. Konrath, Art 29 Rz 33 sowie Lienbacher, Art 29/2-3 Rz 1.
Auflösung
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1989 in Art 28 Abs 2, ausdrücklich fest, dass die GP des LT bis zum Zusammentritt des neugewählten LT dauert.8 Kelsen/Froehlich/Merkl verweisen iZm Art 29 B-VG – der damalige 4 Art 29 B-VG entspricht im Wesentlichen den nunmehrigen Art 29 Abs 2 und 3 B-VG – vor dem Hintergrund, dass die Auflösung des Parlaments nicht durch einen Akt des obersten Vollzugsorgans erfolgen kann, darauf, dass bei der Selbstauflösung nicht von einer Auflösung im technischen Sinne gesprochen werden könne, „sondern nur von einer Verkürzung der verfassungsmäßigen Legislaturperiode für den einzelnen Fall durch eine lex specialis.“9
II. Entstehungsgeschichte Art 28 TLO 1989 entspricht inhaltlich § 14 Abs 1 TLO 1953, der wie- 5 derum auf § 14 Abs 1 TLO 1946 zurückzuführen war. Die beiden letzteren Bestimmungen enthielten ebenfalls ein Selbstauflösungsrecht des LT, allerdings mit einem wesentlichen Unterschied: Während in der StF der TLO 1946 für den Selbstauflösungsbeschluss noch die allgemeinen Beschlusserfordernisse des LT in § 16 TLO 1946 – Mehrheit bei Anwesenheit von 19 (von 36) Mitgliedern –10 maßgeblich waren, kam es im Zuge der TLO-Nov 195311 zu einer Änderung. Mit dieser wurde in § 16 Abs 2 TLO 1946, somit nach wie vor in der Bestimmung über die allgemeinen Beschlusserfordernisse, die Selbstauflösung an eine qualifizierte, nämlich Zwei-Drittel-Mehrheit gebunden,12 was in der Folge in die TLO 1953 so übernommen wurde. Die TLO 1989 legte schließlich die heute noch vorgesehene Zwei-Drittel-Mehrheit für die Selbstauflösung des LT unmittelbar in Art 28 Abs 1 fest.13 Zu beachten ist auch das Anwesenheitsquorum, das in der Tir GO LT geregelt wird. Eine verpflichtende Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Abg für einen Selbstauflösungsbeschluss war erstmals in der 8 9 10 11 12
13
Art 13 Abs 1 Bgld L-VG, Art 14 Abs 2 K-LVG, Art 16 Abs 1 Sbg L-VG, Art 12 Abs 2 Stmk L-VG, Art 27 Abs 1 Vbg LV. Kelsen/Froehlich/Merkel, Bundesverfassung 97. Schramek, Art 27 (in diesem Band) Rz 7. LGBl 23/1953. S auch Bericht und Antrag des Rechts- und Gemeindeausschusses (Beilage I–II. GP, 30. Tagung am 07.04.1953, 1) betreffend ein Landesverfassungsgesetz, womit die Landesordnung von Tirol in der Fassung der Wiederverlautbarung LGBl Nr 2 von 1964 abgeändert wird, LGBl 1953/23. Vgl auch § 81 Tir GO LT.
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Tir GO LT aus dem Jahr 1982 enthalten (§ 77 Abs 2).14 Die heute noch erforderliche Anwesenheit von mindestens zwei Dritteln der Abg fand Eingang in die Tir GO LT aus dem Jahr 1994 (§ 60 Abs 2)15 und wanderte schließlich mit der Tir GO LT 199816 in den heute noch maßgeblichen § 61 Abs 2. § 14 Abs 1 TLO 1953 sah zudem vor, dass die Beschlussfassung über die Selbstauflösung erst am siebten Tag nach Einbringung des entsprechenden Antrags erfolgen konnte. Mit der TLO‑Nov LGBl 1975/5 wurde § 14 Abs 1 TLO 1953 insofern neu gefasst, als zunächst der bisher verwendete Begriff „Wahlperiode“ durch „Gesetzgebungsperiode“ ersetzt wurde – es kam somit zu einer Anpassung der Terminologie an die Bundesverfassung (Art 29 Abs 2 und 3 B‑VG). Des Weiteren fand im Zuge dieser TLO-Nov der Inhalt des nunmehrigen Art 26 Abs 2 TLO 1989 zur Dauer der GP Eingang in die TLO 1953 in Form eines neuen dritten Satzes in § 14 Abs 1, der zum damaligen Zeitpunkt als erforderlich erachtet wurde, um sicherzustellen, dass die einzelnen GP lückenlos aneinandergrenzen.17 Auch hier orientierte man sich an der Bundesverfassung (Art 29 Abs 3 B-VG).18 Als interessant erweist sich zudem § 14 Abs 2 TLO 1953 (praktisch ident mit § 14 Abs 2 TLO 1946), der iZm der Neuausschreibung der Landtagswahl binnen drei Wochen (heute Art 28 Abs 3 TLO 1989) nicht nur auf die Selbstauflösung durch den LT, sondern auch auf die Auflösung durch den BPräs gem Art 100 B-VG Bezug genommen hatte. Letzteres wurde in die TLO 1989 nicht mehr übernommen, mit dem Hinweis in den EB, dass die dafür maßgeblichen Regelungen in der Bundesverfassung zu finden sind.19 6 Art 28 TLO 1989 wurde in Summe zwei Mal novelliert; beide Nov betrafen Abs 3 der Bestimmung: Im Zuge der TLO-Nov 201220 wurde zunächst die Verpflichtung zur Neuausschreibung der Wahl binnen 14 Beschluss des Tir LT vom 17.12.1982 (Beilage II–IX. GP, 4. Sitzung der 21. Tagung am 17.12.1982). 15 Beschluss des Tir LT vom 07.07.1994, GZ 176/94. 16 LGBl 1998/110. 17 Vgl auch die mit derselben Nov erfolgte Neufassung des § 8 Abs 1 TLO 1953 zur Dauer der GP (Vorgängerbestimmung von Art 18 Abs 1 TLO 1989). 18 EB (Beilage II–VII. GP, 27. Tagung am 28.11.1974, 1 f) zur Nov der TLO 1953 LGBl 1975/5. 19 EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 64 f. 20 LGBl 2012/147.
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drei Wochen nach dem Auflösungsbeschluss gestrichen. Dies erfolgte mit dem Hinweis, dass der dreiwöchigen Frist aufgrund der mit der (damaligen) TLWO 201121 verbundenen Streckung des Wahlkalenders auf mindestens 83 Tage keine praktische Bedeutung zukomme.22 Mit der darauffolgenden TLO-Nov 201423 wurde die vorher beseitigte dreiwöchige Frist zur Ausschreibung wieder eingeführt, allerdings die Anordnung, dass die Neuwahl innerhalb von drei Monaten stattfinden muss, beseitigt, um nicht zuletzt aufgrund des Wahlkalenders gem den einschlägigen Bestimmungen der TLWO 2011 mehr Flexibilität bei der Festsetzung des Wahltages zu erzielen.24
III. Selbstauflösung des Landtages (Abs 1) Art 28 Abs 1 TLO 1989 enthält die Möglichkeit zur Verkürzung der 7 fünfjährigen GP (Art 18 Abs 1 TLO 1989). Dieser kommt in der Praxis erhebliche Bedeutung zu: So endeten in Tirol die letzten vier GP durchgehend per Selbstauflösungsbeschluss, jeweils im Hinblick auf den beabsichtigten Wahltermin bzw den Fristenlauf in der jeweils geltenden TLWO.25 In allen vier Fällen wurden die jeweilige GP also nur geringfügig verkürzt. Für eine Selbstauflösung sind mehrere Voraussetzungen zu beachten: 8 Zunächst ist sie nur vor Ablauf einer GP möglich. Da die TLO 1989 im Zusammenhang mit der Ausschreibung einer Landtagswahl ein Zeitfenster insofern vorgibt, als die Wahl so auszuschreiben ist, dass der neue LT frühestens fünf Wochen vor, spätestens jedoch fünf Wochen nach dem Ablauf der fünfjährigen GP zur ersten Sitzung zusammentreten kann (Art 18 Abs 2 TLO 1989), bedarf es keiner Selbstauflösung, 21 22 23 24
LGBl 2012/5. EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 2012/147, Tir LT XV. GP, GZ 562/12, 12. LGBl 2014/65. IA zur Nov der TLO 1989 LGBl 2014/65, Tir LT XVI. GP, GZ 177/14, 4 (Begründung). 25 XVI. GP: IA vom 05.10.2017 (Beschluss des Tir LT vom 09.11.2017), GZ 408/17; XV. GP: IA vom 18.01.2013 (Beschluss des Tir LT vom 31.01.2013), GZ 3/13; XIV. GP: IA vom 13.03.2008 (Beschluss des Tir LT vom 20.03.2008), GZ 132/8; XIII. GP: IA vom 24.06.2003 (Beschluss des Tir LT vom 03.07.2003), GZ 266/3. S außerdem den IA der freiheitlichen Abg auf Auflösung vom 05.10.1992, GZ 301/92, der allerdings abgelehnt wurde. Zur – ebenso hohen – praktischen Bedeutung in der Stmk vgl Ebner-Vogl, Art 12 Rz 14.
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wenn unter Berücksichtigung des mindestens 90 Tage umfassenden Wahlkalenders die Konstituierende Sitzung des neugewählten LT in diesem Zeitraum stattfinden kann. Als erforderlich erweist sich die Selbstauflösung somit dann, wenn eine Neuwahl so ausgeschrieben werden soll, dass der neugewählte LT vor den fünf Wochen vor Ablauf der GP zusammentritt. Des Weiteren muss der Auflösungsbeschluss mit einer Mehrheit von wenigstens zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen bei Anwesenheit von mindestens zwei Dritteln der Abg, letzteres gem § 61 Abs 2 Tir GO LT, gefasst werden. Die Beschlussfassung kann frühestens am siebenten Tag nach dem Einlangen eines auf die Auflösung gerichteten Antrages stattfinden. Somit ist eine Wartezeit für die Beschlussfassung vorgesehen, inhaltliche Schranken für die Selbstauflösung des LT gibt es jedoch nicht. Es bedarf somit keiner Angabe eines bestimmten Grundes. Die Voraussetzungen für einen auf Auflösung gerichteten Antrag sind in § 24 Tir GO LT geregelt. Einen entsprechenden Antrag kann somit jeder Abg einbringen, sofern er von mindestens drei weiteren Abg unterstützt wird.26 Ebenso ist jeder Klub berechtigt, einen Antrag auf Selbstauflösung, der von mehr als der Hälfte der dem Klub angehörenden Abg unterstützt werden muss, im LT einzubringen.27 9 In den anderen Bundesländern sind durchaus unterschiedliche Voraussetzungen für eine Selbstauflösung des LT zu finden: Während es im Bgld ein einfaches LG (Art 13 Abs 1 Bgld L‑VG, bei Anwesenheit von mindestens der Hälfte der LTAbg) und in OÖ ein LVG benötigt (Art 20 OÖ L-VG), sehen die restlichen Bundesländer die Auflösung mittels eines Beschlusses vor.28 Unter letzteren ist Tirol das einzige Bundesland, das eine Zwei-Drittel-Mehrheit für den Selbstauflösungsbeschluss voraussetzt. Eine Frist für die Fassung des Beschlusses ist neben Tirol auch im Bgld und in NÖ (jeweils am zweiten [Werk-]Tag nach Einbringung des Antrages) sowie in Vbg (am dritten Tag nach der Einbringung) vorgesehen. In Ktn muss der Antrag verpflichtend in einem Ausschuss vorberaten werden (vgl auch § 65 Z 1 Sbg GO LT). In Summe 26 § 24 Abs 1 Tir GO LT. 27 § 24 Abs 2 Tir GO LT. Vgl auch die weiteren Voraussetzungen in § 24 Abs 3 und 4 Tir GO LT. 28 Art 14 Abs 2 K-LVG, Art 10 Abs 1 NÖ LV 1979, Art 12 Abs 2 Stmk L-VG, Art 16 Abs 1 Sbg L-VG, Art 27 Abs 1 Vbg LV, § 113 Abs 1 iVm § 13 Abs 2 WStV.
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enthält somit im bundesländerweiten Vergleich die TLO 1989 mit einer Mehrheit von zwei Dritteln sowie einer Anwesenheit von zwei Dritteln der Abg (§ 61 Abs 2 Tir GO LT) und der siebentägigen Frist die strengsten Voraussetzungen für eine Selbstauflösung des LT.29
IV. Dauer der Gesetzgebungsperiode bei Selbst auflösung (Abs 2) Durch Art 28 Abs 2 TLO 1989 wird festgelegt, dass die GP auch im 10 Falle der Selbstauflösung bis zu dem Tag, an dem der neue LT zur ersten Sitzung zusammentritt, andauert. Es handelt sich hierbei um eine Klarstellung dahingehend, dass Art 18 Abs 1 TLO 1989 im Hinblick auf die Dauer einer GP ebenfalls im Falle der Selbstauflösung gilt.30 Daraus folgt, dass auch nach dem Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Auflösung der LT und seine Organe weiterhin ihre Geschäfte besorgen bzw insb der LT und seine Ausschüsse bis zum erstmaligen Zusammentritt des neugewählten LT zu Sitzungen zusammentreten können.31 Diese Regelung entspricht grds jener auf Bundesebene zum NR in Art 29 Abs 3 B-VG. Im Falle einer Auflösung des LT durch den BPräs findet Art 28 Abs 2 11 TLO 1989 allerdings keine Anwendung.32 Ebenso wie auf Bundesebene, wo sich Art 29 Abs 3 B-VG nur auf die Selbstauflösung des NR und den Zeitablauf bezieht,33 bildet die Auflösung durch den BPräs einen Fall, wo die „ständige Existenz“ des Gesetzgebungsorgans durchbrochen wird.34 Die Kontinuität des Tir LT besteht somit nur nach Ablauf der fünfjährigen GP (Art 18 Abs 1 TLO 1989) oder eben bei Selbstauflösung des Tir LT vor Ablauf der GP (Art 28 Abs 2 TLO 1989).35 Im Falle von Art 100 B-VG tritt die Auflösung demgegenüber unmittelbar 29 30 31 32 33
S auch Ebner-Vogl, Art 12 Rz 2. EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 65. Ebner-Vogl, Art 12 Rz 18. EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 65. Konrath, Art 29 Rz 22; Lienbacher, Art 29/2-3 Rz 4. Anders Liehr, Art 100 Rz 9. 34 MwN (ua Berchtold, Ringhofer) Liehr, Art 100 Rz 9 sowie Pesendorfer, Art 100 Rz 7. Zum Grundsatz der ständigen Existenz des NR vgl Konrath, Art 27 B-VG, in Kneihs/Lienbacher (Hg), Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht (2007) Rz 12. 35 Vgl Liehr, Art 100 Rz 9.
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mit der Übermittlung der Entschl des BPräs an den LTPräs ein,36 was auch durch Landesverfassungsrecht nicht abweichend geregelt werden kann, da die Bundesverfassung hier eine abschließende Vorgabe trifft. Mit der Zustellung der Entschl hört der LT somit auf, rechtlich zu existieren. Insofern handelt es sich um einen klassischen Anwendungsfall für das Notverordnungsrecht der LReg gem Art 53 TLO 1989.37
V. Ausschreibung von Neuwahlen (Abs 3) 12 Die Auflösung des LT erfordert die Ausschreibung und Durchführung von Neuwahlen. Die LReg muss gem Art 28 Abs 3 TLO 1989 binnen drei Wochen nach der Auflösung die Wahl zum LT ausschreiben, womit sich die TLO 1989 an anderen Landesverfassungen38 orientiert hat. Die Frist beginnt mit dem Tag des Beschlusses des LT über die Selbstauflösung zu laufen.39 Bei einer Auflösung durch den BPräs sind gem Art 100 Abs 2 B-VG nach den Bestimmungen der Landesverfassung binnen drei Wochen Neuwahlen auszuschreiben. Dies erfolgt gem Art 28 Abs 3 TLO 1989 durch die LReg.40 Die Einberufung des neugewählten LT richtet sich dann nach der allgemeinen Bestimmung in Art 19 Abs 1 TLO 1989.41
36 Vgl auch Ebner-Vogl, Art 12 Rz 23. 37 Pesendorfer, Art 100 Rz 7; Th. Müller, Art 97/3, 4 Rz 7. Vgl zum Notverordnungsrecht der LReg auch Oberdanner, Art 53 (in diesem Band). 38 S IA zur Nov der TLO 1989 LGBl 2014/65, Tir LT XVI. GP, GZ 177/14, 4 (Begründung). 39 Ebner-Vogl, Art 12 Rz 24. 40 Vgl EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 64 f. 41 Liehr, Art 100 Rz 11. Vgl dazu auch Bußjäger, Art 19 (in diesem Band).
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2. Abschnitt Rechtliche Stellung der Abgeordneten Artikel 29 Bewerbung um ein Mandat, Beginn und Aus übung des Mandates (1) Dem öffentlich Bediensteten ist, wenn er sich um ein Mandat im Landtag bewirbt, die für die Bewerbung um das Mandat erforderliche freie Zeit zu gewähren. (2) Das Mandat beginnt mit dem Tag, an dem der Landtag zur ersten Sitzung zusammentritt. Das Mandat eines Abgeordneten, der nach dem Erlöschen des Mandates eines Abgeordneten als Ersatzmitglied berufen wird, beginnt, sofern er die Berufung nicht ablehnt, mit der Zustellung seiner Berufung. (3) Der öffentlich Bedienstete, der Mitglied des Landtages ist, ist auf seinen Antrag in dem zur Ausübung seines Mandates erforderlichen Ausmaß dienstfrei oder außer Dienst zu stellen. Während der Dienstfreistellung gebühren die Dienstbezüge in dem Ausmaß, das der im Dienstverhältnis tatsächlich erbrachten Arbeitsleistung entspricht, höchstens aber 75 v.H. der Dienstbezüge; diese Grenze gilt auch, wenn weder die Dienstfreistellung noch die Außerdienststellung in Anspruch genommen wird. Die Außerdienststellung bewirkt den Entfall der Dienstbezüge. (4) Kann ein öffentlich Bediensteter wegen der Ausübung seines Mandates im Landtag an seinem bisherigen Arbeitsplatz nicht eingesetzt werden, so hat er Anspruch darauf, daß ihm eine zumutbare gleichwertige, mit seiner Zustimmung auch eine nicht gleichwertige, Tätigkeit zugewiesen wird. Die Dienstbezüge richten sich nach der vom Bediensteten tatsächlich ausgeübten Tätigkeit. (5) Die Kontrolle der Bezüge von öffentlich Bediensteten, die zu Mitgliedern des Landtages gewählt wurden, obliegt dem Immunitäts- und Unvereinbarkeitsausschuß. (6) Der Immunitäts- und Unvereinbarkeitsausschuß gibt auf Antrag eines öffentlich Bediensteten, der Mitglied des Landtages ist, 363
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Irmgard Rath-Kathrein
oder auf Antrag seiner Dienstbehörde eine Stellungnahme zu Meinungsverschiedenheiten ab, die in Vollziehung der Abs. 1, 3 und 4 oder der diesbezüglichen gesetzlichen Vorschriften zwischen dem öffentlich Bediensteten und seiner Dienstbehörde entstehen. (7) Das Mitglied des Landtages, das öffentlich Bediensteter ist, hat dem Immunitäts- und Unvereinbarkeitsausschuß jährlich mitzuteilen, welche Regelung es bezüglich seiner Dienstfreistellung oder Außerdienststellung nach Abs. 3 getroffen hat und auf welche Weise die von ihm zu erbringende Arbeitsleistung überprüft wird. Für diesbezügliche Erhebungen des Immunitäts- und Unvereinbarkeitsausschusses gilt Art. 53 Abs. 3 des Bundes-Verfassungsgesetzes sinngemäß. Der Immunitäts- und Unvereinbarkeitsausschuß hat jährlich dem Landtag einen Bericht zu erstatten, der zu veröffentlichen ist. LGBl samt Erläuterungen: LGBl 1988/61 (X. GP AA 141/88 AB 141/88); LGBl 1998/104 (XII. GP RV 230/98 AB 230/98); LGBl 2017/53 (XVI. GP RV 69/17 AB 69/17) Literatur: Cargnelli-Weichselbaum, Art 59a B-VG, in Kneihs/Lienbacher (Hg), Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht (2019); Kucsko-Stadlmayer, Art 59a B-VG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (1999); Kucsko-Stadlmayer, Art 59b B-VG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (1999); Kucsko-Stadlmayer, Art 95 Abs 5 B-VG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (1999); Morscher, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer. 7. Tirol (1991) 74 f ; Pesendorfer, Art 95 B-VG, in Kneihs/Lienbacher (Hg), Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht (2002) Rz 22 f; Schwamberger/Ranacher, Tiroler Landesordnung 19896: Kommentar (2017) 61 ff
Inhaltsübersicht I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben..................................... 1 II. Entstehungsgeschichte.................................................................. 5 III. Regelungsziele und Rechtscharakter der Bestimmungen betreffend öffentlich Bedienstete................................................. 7 IV. Mandatsbeginn............................................................................... 9 V. Regelungen betreffend öffentlich Bedienstete........................... 13 A. Begriff öffentlich Bedienstete................................................... 13 B. Bewerbung um ein Mandat...................................................... 15 C. Ausübung eines Mandates....................................................... 18 D. Kontrolleinrichtung und ihre Kompetenzen........................ 24 E. Vorgaben des Unvereinbarkeits- und Transparenz-Gesetzes 28 364
Bewerbung um ein Mandat, Beginn und Ausübung des Mandates
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I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben Für die in Abs 2 des Art 29 TLO 1989 getroffene Regelung zum Man- 1 datsbeginn gibt es keine bundesverfassungsrechtlichen Vorgaben. Art 29 TLO 1989 beschäftigt sich jedoch überwiegend mit dem Thema 2 der Mandatsbewerbung und -ausübung durch öffentlich Bedienstete und damit zusammenhängender Kontrollbefugnisse, wofür mehrere B-VG-Bestimmungen relevant sind: Für den NR und den BR trifft Art 59a B-VG Regelungen über die Mandatsbewerbung und -ausübung durch öffentlich Bedienstete, die laut Art 95 Abs 5 B-VG zwingend auch für öffentlich Bedienstete gelten, die sich um ein Mandat im LT bewerben oder die zu Abg eines LT gewählt werden. Art 95 Abs 5 B-VG eröffnet dabei den Ländern die Möglichkeit, auch strengere Regelungen zu erlassen; davon macht die TLO 1989 jedoch nicht Gebrauch. Vielmehr übernehmen die Abs 1, 3 und 4 des Art 29 TLO 1989 wortgleich die Regelungen des Art 59a B-VG, lediglich „National rat(es)“ bzw „Bundesrat(es)“ wird durch „Landtag(es)“ ersetzt. Diese Technik – dass die Landesverfassung die materiellen Punkte des Art 59a B-VG wiederholend nochmals ausformuliert und in Bezug zu LTAbg stellt – haben auch die meisten anderen Landesverfassungen gewählt; die Landesverfassung der Stmk jedoch verweist lediglich auf Art 59a B-VG,1 und die Landesverfassungen von Ktn und Wien enthalten weder eine Ausformulierung noch einen Verweis. Art 59b B-VG richtet eine Kontrollinstanz zur Kontrolle der Bezüge von öffentlich Bediensteten, die im NR oder BR Mitglieder sind, ein; es handelt sich um eine bei der Parlamentsdirektion des NR angesiedelte Kommission, der in Art 59b B-VG Kompetenzen der Stellungnahme und der Entgegennahme von Meldungen sowie eine Berichtspflicht zugewiesen werden. Hiezu bestimmt Art 95 Abs 5 B-VG, dass durch Landesverfassungsrecht „eine Einrichtung mit den gleichen Befugnissen und der gleichen Pflicht zur Veröffentlichung eines Berichtes wie die Kommission gemäß Art. 59b“ geschaffen werden kann; anders als die materiellen Regelungen des Art 59a B-VG ist die Einrichtung einer Kontrollinstanz für die Länder also fakultativ – wenn sie jedoch wahrgenommen wird, müssen die Kompetenzen und Pflichten der Einrichtung nach dem Vorbild des B-VG ausgestaltet werden. Die TLO 1
Art 35 Stmk L-VG; dazu und zu den anderen Landesverfassungen s Lais, Art 35 Stmk L-VG, in Grabenwarter (Hg), Steiermärkische Landesverfassung (2013) Rz 6.
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1989 hat die Möglichkeit realisiert und in Art 29 Abs 5 den (laut Art 23 Abs 1 TLO 1989 verpflichtend einzurichtenden) Unvereinbarkeitsund Immunitätsausschuss des Tir LT als Kontrollinstanz iSd Art 59b B-VG eingesetzt und ihm in Art 29 Abs 6 und 7 die bundesverfassungsrechtlich vorgezeichneten Befugnisse und Pflichten zugewiesen. Von den anderen Bundesländern sehen nur Ktn und Wien in ihren Landesverfassungen Kontrolleinrichtungen entsprechend der bundesverfassungsrechtlichen Ermächtigung vor.2 3 Zu den genannten B-VG-Bestimmungen tritt zum einen die Verfassungsbestimmung des § 6a Abs 2 des Unv-Transparenz-G3 hinzu. Sie statuiert einerseits ein „Berufsverbot“ für bestimmte öffentlich Bedienstete, die Mitglieder des NR, des BR oder eines LT sind – es handelt sich um Richter, Staatsanwälte, Beamte im öffentlichen Sicherheitsdienst, Beamte im militärischen Dienst und Bedienstete im Finanz- und Bodenschätzungsdienst: Ihnen ist die weitere Ausübung ihrer Tätigkeit kraft Gesetzes untersagt und kann nur im Einzelfall und dann für zulässig erklärt werden, wenn „auf Grund der im Einzelfall obliegenden Aufgaben eine objektive und unbeeinflußte Amtsführung gewährleistet ist“. Anderen öffentlich Bediensteten ist gem Art 6a Abs 2 Unv-Transparenz-G ihre Diensttätigkeit erlaubt und nur dann zu untersagen, wenn eine objektive und unbeeinflusste Amtstätigkeit nicht gewährleistet ist. Zuständig für die Untersagung sowie für die ausnahmsweise Erlaubnis ist laut Art 6a Abs 2 Unv-Transparenz-G bei Mitgliedern des NR und des BR der Unvereinbarkeitsausschuss4 und im Fall der Landtagsmitglieder „der zuständige Ausschuss der Landtage“. Dies ist in Tirol der laut Art 23 Abs 1 TLO 1989 verpflichtend einzurichtende Immunitäts- und Unvereinbarkeitsausschuss des LT. Anders als die B-VG-Bestimmungen wiederholt die TLO 1989 die bundesverfassungsgesetzlichen Vorgaben des § 6a Unv-Transparenz-G 2
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Art 24a K-LVG sieht dafür eine beim Landtagsamt eingerichtete Kommission vor, deren Mitglieder von der LReg auf Vorschlag der drei stärksten Landtagsparteien sowie der Ktn Untergliederungen des Gemeinde- und Städtebunds bestellt werden; § 129b Abs 4 WStV betraut den Unvereinbarkeitsausschuss des LT mit der Kontrolle der Bezüge. Bundesgesetz über die Transparenz und Unvereinbarkeiten für oberste Organe und sonstige öffentliche Funktionäre (Unv-Transparenz-G), BGBl 1983/330 idF BGBl I 2017/138. Dazu Wieser, Art 6a UnvG, in Korinek/ Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (1999). Gem der Verfassungsbestimmung des § 6 Abs 1 Unv-Transparenz-G ist vom NR und vom BR aus ihrer Mitte je ein eigener Unvereinbarkeitsausschuss zu wählen.
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nicht; es erfolgt auch kein Verweis auf sie. Demgegenüber beziehen sich die Landesverfassungen von Bgld, Sbg, Stmk und Wien – wenn auch in unterschiedlicher Weise – auf die Geltung der bundesgesetzlichen Unvereinbarkeitsvorschriften für LTAbg.5 Spezielle Unvereinbarkeitsbestimmungen trifft das B-VG schließlich 4 noch in Art 92 Abs 2 für Richter des OGH, in Art 134 Abs 5 für Richter des VwGH und der VwG sowie in Art 147 Abs 4 für Mitglieder des VfGH:6 Ua wird darin absolut ausgeschlossen, dass Mitglieder eines LT den genannten Gerichten angehören können.
II. Entstehungsgeschichte Die Regelung des Mandatsbeginns findet sich erstmals in der StF der 5 TLO 1989.7 Sie dient ausweislich der EB der Klarstellung, „mit welchem Zeitpunkt das Mandat beginnt.“8 Art 29 Abs 2 TLO 1989 erfuhr seitdem lediglich zwei kleinere Abänderungen: Mit der TLO-Nov LGBl 1998/104 wurde präzisiert, dass die Zustellung der (Ein-)Berufung der maßgebliche Zeitpunkt für den Mandatsbeginn ist (und nicht wie vorher: die Einberufung). Die TLO-Nov LGBl 2017/53 nahm eine terminologische Angleichung dergestalt vor, dass statt von der „Einberufung“ des Ersatzmitgliedes nunmehr von seiner „Berufung“ gesprochen wird – so wie es bereits ab 1994 die Geschäftsordnungsregelungen des LT und ab 1988 die Landtagswahlordnungen formulierten.9 Ebenso 5
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Das Bgld L-VG ordnet in Art 25 Abs 3 an, dass für die Landtagsmitglieder die in bundesgesetzlichen Vorschriften geregelten Unvereinbarkeiten gelten; ähnlich generell normiert Art 31 Abs 1 Stmk L-VG, dass die Landtagsmitglieder den Bestimmungen des Unv-Transparenz-G unterliegen. Explizit auf § 6a Unv-Transparenz-G beziehen sich 2 Landesverfassungen: Laut Art 33 Abs 2 Sbg L-VG richtet sich die Zulässigkeit der weiteren Ausübung der dienstlichen Tätigkeit von Landtagsmitgliedern in einem Dienstverhältnis zu einer Gebietskörperschaft nach § 6a Unv-Transparenz-G und laut 129b Abs 3 WStV richtet sich die Tätigkeit des Unvereinbarkeitsausschusses bezüglich der Dienstverhältnisse von LTAbg zu Gebietskörperschaften nach § 6a Unv-Transparenz-G. Sie werden in der Lehre als Überlagerung des Art 59a B-VG bezeichnet; s dazu Cargnelli-Weichselbaum, Art 59a Rz 32. LGBl 1988/61. EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 65 f. § 13 Tir GO LT 1994 (Geschäftsordnung des Tiroler Landtages 1994, Beschluss des Tir LT vom 07.07.1994, GZ 176/1994) und § 68 LTWO 1988 (Landtagswahlordnung 1988, LGBl 1988/54), nunmehr § 13 Tir GO LT und
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der „klarstellenden Harmonisierung“ mit Tir GO LT und LTWO10 diente die mit derselben Nov eingefügte Passage, dass der Mandatsbeginn eines Abg als Ersatzmitglied nur in Frage kommt, „sofern er die Berufung nicht ablehnt.“ Auch die Ablehnung einer Berufung als Ersatzmitglied war nämlich geschäftsordnungsmäßig und wahlrechtlich schon seit langem geregelt gewesen.11 6 Generell folgte die TLO 1989 mit ihren Regelungen betr Mandatsbewerbung und -ausübung durch öffentlich Bedienstete stets den B-VG-Vorgaben und wiederholte sie im Gesetzestext. Dies geschah bemerkenswerter Weise auch in Phasen, in denen das B-VG den Ländern die Erlassung einschlägiger Regelungen für Landtagsmandatare freigestellt hatte. Als die B-VG-Regelungen zunehmend detaillierter12 und tw für die Länder verpflichtend wurden, passte sich dem die TLO 1989 – jeweils mit einer gewissen Zeitverzögerung – an und griff dabei neuerlich einen bundesverfassungsrechtlich eingeräumten Regelungsspielraum auf. Die Entwicklungsschritte stellen sich dabei wie folgt dar: Bereits die TLO 1953 formulierte für „öffentliche Angestellte“ den Anspruch auf Gewährung der „erforderlichen freien Zeit“ für die Bewerbung und Ausübung eines Landtagsmandates13 und wiederholte damit die entsprechende Garantie des B-VG.14 Als 1983 im B-VG
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§ 72 TLWO 2017. § 13 Tir GO LT spricht – so wie auch die Tir GO LT 1994 – in Abs 1, 2 und 5 von „berufen„/„Berufung“, in Abs 6 jedoch von „einberufen“/„Einberufung“. So EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 2017/53, Tir LT XVI. GP, GZ 69/17, 2. Mit dieser Wortwahl seit 1994 in der Tir GO LT 1994 (§ 13) und seit 1988 in der LTWO 1988 (§ 65). Vorher sprachen die GO des Tir LT und die Landtagswahlordnung vom „Verzicht auf die Einberufung als Ersatzmänner“ (§ 10 Geschäftsordnung des Tiroler Landtages 1982, abgedruckt bei Morscher, Verfassungsrecht 289 ff [296]; § 68 LTWO 1957 (Landtagswahlordnung 1957, LGBl 1957/26) und alle nachfolgenden Landtagswahlordnungen bis 1988). Nunmehr ist die Ablehnung der Berufung als Ersatzmitglied in § 13 Abs 5 der Tir GO LT und in § 72 Abs 5 TLWO 2017 angesprochen. S zur diesbezüglichen Entwicklung Kucsko-Stadlmayer, Art 59a Rz 1 ff; dies, Art 59b Rz 1 f; Cargnelli-Weichselbaum, Art 59a Rz 3 ff. § 7 Abs 2 TLO 1953. Sie befand sich damals in Art 95 Abs 4 B-VG aF und lautete: „Öffentlichen Angestellten, einschließlich der Angehörigen des Bundesheeres, ist, im Falle sie sich um ein Mandat in einem Landtag bewerben oder zu Abgeordneten eines Landtages gewählt werden, die für die Bewerbung um ein Landtagsmandat oder die Ausübung eines solchen erforderliche freie Zeit zu gewäh-
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durch Schaffung des Art 59a15 neue zusätzliche Regelungen für Mitglieder des NR und BR eingefügt wurden – namentlich eine verpflichtende Bezugskürzung, die grds Weiterbeschäftigung im öffentlichen Dienst und nur eine eingeschränkte Außerdienststellungsmöglichkeit16 – wurde Art 59a B-VG durch die TLO-Nov LGBl 1985/9 spiegelbildlich in die TLO 1953 übernommen, obwohl nach damaliger Verfassungslage dies den Ländern freigestellt war.17 Das änderte sich mit dem Bezügereformgesetz 199618, dessen Art 1 alle genannten B-VG-Bestimmungen abänderte: Zum einen wurde Art 59a B-VG durch die Schaffung einer Wahlmöglichkeit der öffentlich Bediensteten zwischen Dienstfreistellung und Außerdienststellung, durch die Herstellung einer „Konkordanz von Arbeitsleistung und Bezugshöhe“19 unter Deckelung der maximalen Bezugshöhe sowie durch die Gewährung eines Anspruchs auf einen zumutbaren gleichwertigen Ersatzarbeitsplatz reformiert; weiters wurde mit Art 59b B-VG eine Kontrollkommission betr Bezüge der öffentlich Bediensteten, die Mitglieder des National- und BR sind, geschaffen und schließlich auch Art 95 Abs 4 (seit BGBl I 2007/27 Abs 5) B-VG abgeändert: Nunmehr wird angeordnet, dass Art 59a B-VG auch für öffentlich Bedienstete gilt, die sich um ein Landtagsren. Das Nähere bestimmen die Dienstvorschriften.“ Für Bewerbungen um Nationalratsmandate garantierte Art 59 Abs 2 B-VG aF öffentlichen Angestellten die erforderliche freie Zeit und ordnete für die Ausübung eines Mandates im NR oder im BR an, dass öffentliche Angestellte dafür keines Urlaubes bedurften. S dazu Kucsko-Stadlmayer, Art 95/5 Rz 1. 15 BGBl 1983/611. 16 Dazu Kucsko-Stadlmayer, Art 59a Rz 2; Cargnelli-Weichselbaum, Art 59a Rz 8. 17 Art 95 Abs 4 B-VG aF lautete damals (BGBl 1983/611): „Öffentlich Bediensteten, die sich um ein Mandat im Landtag bewerben oder die zu Abgeordneten eines Landtages gewählt werden, ist die für die Bewerbung um das Mandat oder für die Ausübung des Mandates erforderliche freie Zeit zu gewähren. Durch Landesverfassungsgesetz kann für solche öffentlich Bedienstete auch im übrigen eine dem Art. 59a entsprechende Regelung getroffen werden.“ 18 Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, das Bezügegesetz, das Parlamentsmitarbeitergesetz, das Verfassungsgerichtshofgesetz 1953, das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Richterdienstgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1985, die Bundesforste-Dienstordnung 1986, das Pensionsgesetz 1965 und das Bundestheaterpensionsgesetzgeändert werden (Bezügereformgesetz) BGBl 1996/392. 19 Kucsko-Stadlmayer, Art 59a Rz 3.
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mandat bewerben und die zu LTAbg gewählt werden; die Länder können strengere Regelungen erlassen und sie können durch LVG BezügeKontrolleinrichtungen nach Art des Art 59b B-VG schaffen. Dieser 1996 geschaffenen Verfassungslage – die der heutigen (bis auf die Absatzzählung in Art 95 B-VG20) entspricht – passte sich die TLO 1989 mit der TLO-Nov LGBl 1998/105 an, übernahm Art 59a B-VG ohne Verschärfungen und setzte den Immunitäts- und Unvereinbarkeitsausschuss des LT als Bezüge-Kontrollinstanz gegenüber LTAbg, die öffentlich Bedienstete sind, ein. Die TLO-Nov LGBl 2017/53 änderte in Art 29 Abs 7 TLO 1989 das Zitat von „Art 53 Abs. 3 B-VG“ in „Art 53 Abs. 3 Bundes-Verfassungsgesetz“.
III. Regelungsziele und Rechtscharakter der Bestimmungen betreffend öffentlich Bedienstete 7 Die Entwicklung der bundesverfassungsgesetzlichen und der sie nachzeichnenden landesverfassungsgesetzlichen Bestimmungen über die Stellung öffentlich Bediensteter bei Bewerbung und Ausübung eines Parlamentsmandates zeigt einen Wandel der Regelungsziele auf. Stand zunächst mit den ersten Regelungen – der Garantie einer freien Zeit für Bewerbung und Ausübung eines Mandates – der Gedanke im Vordergrund, Beamten die politische Tätigkeit (auch) als Parlamentsabgeordnete zu ermöglichen und sie nicht vom Ermessen des Dienstherrn abhängig zu machen,21 dominierten später andere Anliegen wie der Abbau und Ausschluss von Privilegien der öffentlich Bediensteten insb im Blick auf die Bezüge.22 Nach wie vor ist aber die Charakterisierung, dass die Regelungen vom Gedanken der Vereinbarkeit von Parlamentsmandat und öffentlichem Amt getragen sind,23 zutreffend. Eine andere Stoßrichtung liegt der bundesverfassungsrechtlichen Bestimmung des § 6a Abs 2 Unv-Transparenz-G zugrunde: Sie zielt auf die Sicherung einer objektiven und unbeeinflussten Amtsführung des 20 Mit der B-VG-Nov BGBl I 2007/27 wurde der Abs 4 des Art 95 B-VG zum Abs 5. 21 Cargnelli-Weichselbaum, Art 59a Rz 7. 22 Kucsko-Stadlmayer, Art 59a Rz 5. 23 Kucsko-Stadlmayer, Art 59a Rz 5; Cargnelli-Weichselbaum, Art 59a Rz 1 und Rz 10.
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im öffentlichen Dienst Tätigen ab, steht also im Dienste der Wahrung der Neutralität der Amtsführung und geht von der grds Unvereinbarkeit bestimmter Tätigkeiten im öffentlichen Dienst mit einem Parlamentsmandat aus. Diese Überlegung dürfte auch den für Verwaltungsrichter, OGH-Richter und Mitglieder des VfGH geltenden Unvereinbarkeitsregelungen zugrunde liegen. Die in Art 59b B-VG und in Art 29 Abs 5 TLO 1989 iVm Art 95 Abs 5 B-VG vorgesehenen Kontrolleinrichtungen betr Bezüge von öffentlich Bediensteten mit Abgeordnetenmandat bezwecken einerseits die Herstellung von Transparenz24 der von den Abg im Gefolge der verfassungsgesetzlichen Vorgaben getroffenen dienstrechtlichen Entscheidungen, die sowohl gegenüber der Kontrolleinrichtung als auch gegenüber dem Parlament und damit gegenüber der Öffentlichkeit herzustellen ist. Die der Kontrolleinrichtung zugewiesene StellungnahmeKompetenz zu dienstrechtlichen Meinungsverschiedenheiten zwischen Abg und Dienstbehörde hat wohl eine Schlichtungsfunktion, wird aber auch als Kompetenz zur Erstattung eines Sachverständigen-Gutachtens gedeutet.25 Der nach Art 95 Abs 5 B-VG für LTAbg geltende Art 59a B-VG ge- 8 währt iVm Art 7 Abs 4 B-VG öffentlich Bediensteten nach einhelliger Auffassung verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechte: Zum einen hat ein öffentlich Bediensteter demnach das Recht auf ungehinderte Ausübung seines Landtagsmandates, zum anderen hat der Bedienstete ein Recht auf Fortsetzung seiner Diensttätigkeit während der Mandatsausübung.26 Dies präzisiert Art 59a B-VG im Weiteren, indem Rechte auf Dienstfreistellung oder Außerdienststellung, auf Dienstbezüge und Ersatzarbeitsplätze normiert werden. Neben den Rechten sind bundesverfassungsgesetzlich aber auch – aus der Sicht des öffentlich Bediensteten – Beschränkungen in Gestalt der Bezügedeckelung sowie Berufsausübungsverbote im Unv-Transparenz-G, Art 92 Abs 2, Art 135 Abs 5 und Art 147 Abs 4 B-VG vorgesehen. Auf begrifflicher Ebene ist charakteristisch, dass die Verfassungsbestimmungen betr Mandatsbewerbung und -ausübung zentrale Termini
24 Kucsko-Stadlmayer, Art 59b Rz 3. 25 Kucsko-Stadlmayer, Art 59b Rz 6. 26 VfSlg 13.976/1994 (noch zur Vorgängerregelung des heutigen Art 59a B-VG); Kucsko-Stadlmayer, Art 59a Rz 8; Cargnelli-Weichselbaum, Art 59a Rz 10; zum Stmk L-VG Lais, Art 35 Rz 4 und 8.
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des einfachgesetzlichen Dienst- und Besoldungsrechts verwenden,27 was ein gewisses „dienstrechtliches Vorverständnis“ voraussetzt.28 So gesehen handelt es sich um dienst- und besoldungsrechtliche Regelungen auf Verfassungsebene für die Bewerbung um bzw die Ausübung von Parlamentsmandaten durch öffentlich Bedienstete.
IV. Mandatsbeginn 9 Die Regelung des Art 29 TLO 1989 zum Mandatsbeginn ist – systematisch wenig geglückt – als Abs 2 inmitten der weiteren Abs des Art 29, die sich mit den öffentlich Bediensteten beschäftigen, platziert. Sie gilt jedoch für alle Abg des LT. Diese Inkongruenz zeigt sich auch in der Überschrift des Art 29: In ihr kommt der unterschiedliche Adressatenkreis nicht zum Ausdruck. Ein Bedarf nach Klarstellung – was laut EB das Motiv der Regelung des Art 29 Abs 2 ist29 – ergibt sich daraus, dass für den Mandatsbeginn nach einer Neuwahl des LT grds auch andere Zeitpunkte als der des ersten Zusammentritts des Parlaments in Frage kämen – so bspw die Zuweisung des Mandates an die Wahlwerber durch die Wahlbehörde oder die Ausfertigung des Wahlscheines an die gewählten Abg30 oder die Ablegung des Gelöbnisses.31 Auch beim Eintritt eines Ersatzmitgliedes in der laufenden GP könnte außer dem Zeitpunkt der Berufung auch die Ablegung des Gelöbnisses den Mandatsbeginn markieren.32 Die explizite Festlegung des Mandatsbeginns (noch dazu in der Landesverfassung) ist der Ausnahmefall: Sie findet sich nur noch in Ktn;33 ansonsten haben der Bund in der Nationalrats-Geschäftsordnung und einige Länder in den Landtags-Geschäftsordnungen Regelungen über die Dauer von Sitz und Stimme der Abg im Vertretungs27 28 29 30 31
Cargnelli-Weichselbaum, Art 59a Rz 11. Cargnelli-Weichselbaum, Art 59a Rz 15. S Rz 5. Dazu § 69 und § 71 TLWO 2017. Das Gelöbnis haben Abg laut Art 30 TLO 1989 in der ersten Sitzung, an der sie teilnehmen, abzulegen. 32 In der Praxis werden in Tirol Ersatzmitglieder nur im Fall ihrer erstmaligen Berufung angelobt und bei einer neuerlichen Berufung nicht mehr, womit ein Abstellen auf die Gelöbnisablegung nicht zielführend sein würde. 33 Art 25 Abs 1 K-LVG – demnach ist der Mandatsbeginn ebenfalls der Tag des Zusammentritts des neugewählten LT.
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körper getroffen.34 Die Lehre vertritt zu solchen Bestimmungen schon länger die Auffassung, dass Sitz und Stimme die Mitgliedschaft im NR bzw LT voraussetzen und diese erst ab dem Zeitpunkt des Zusammentritts des neugewählten NR bzw LT einsetzen können.35 Auch von daher hat die TLO 1989 daher mit der Regelung des Art 29 Abs 2 eine Klarstellung vorgenommen. Der erste mögliche Zeitpunkt des Mandatsbeginns bezieht sich auf den 10 Fall der Neuwahl des LT: Hier ist der Tag des Zusammentrittes des neu gewählten LT zur ersten Sitzung maßgeblich. Diese erste Sitzung des LT wiederum hat laut Art 19 Abs 1 TLO 198936 spätestens am 35. Tag nach dem Wahltag stattzufinden.37 Kommt es zur Berufung eines Ersatzmitgliedes, tritt der Mandatsbe- 11 ginn laut Art 29 Abs 2 TLO 1989 mit der Zustellung der Berufung an das Ersatzmitglied ein. Die Wahl dieses – im Vergleich zur Neuwahl gesehen früheren – Zeitpunktes bewirkt, dass Mandate nur kurz unbesetzt sind und die vollständige Zusammensetzung des LT schnell wiederhergestellt wird.38 Art 29 Abs 2 TLO 1989 spricht vom Mandatsbeginn eines Abg, „der nach dem Erlöschen des Mandates eines Abgeordneten als Ersatzmitglied berufen wird“. Die Tatbestände des Erlöschens eines Mandates sind in Art 34 Abs 1 TLO 198939 taxativ aufgezählt und treten durch Tod des Abg, durch Verzicht auf das Mandat, durch Aufhebung oder Nichtigerklärung der Wahl durch den VfGH und durch Ausspruch des 34 § 9 GOG-NR; § 3 (Verfassungsbestimmung) NÖ LGO 2001; § 2 Sbg GO LT; § 3 Vbg GO LT. Als Voraussetzung von Sitz und Stimme werden (außer in Vbg) die Hinterlegung oder der Erhalt des Wahlscheines festgelegt; Sitz und Stimme stehen dann bis zur Mandatserlöschung zu. 35 Czerny/Fischer, Kommentar zur Geschäftsordnung des Nationalrates2 (1982) 1 f; Zögernitz, Nationalrats-Geschäftsordnung4 (2020) 77 unter Berufung auf Widder, Mitgliedschaft und Mitgliederzahl im österreichischen Nationalrat, in FS Merkl (1970) 501 (506); Reimelt, § 7, in Dumpelnik (Hg), Geschäftsordnung des Landes Steiermark (2012) 37. Abweichend davon lässt § 9 OÖ LGO 2009 die Mitgliedschaft im LT mit Erhalt des Wahlscheines beginnen. 36 Dazu Bußjäger, Art 19 (in diesem Band). 37 Der zur Einberufung der ersten Sitzung zuständige Präs des bisherigen LT hat laut § 71 TLWO 2017 vom Landeswahlleiter eine Liste der gewählten Abg sowie der Ersatzmitglieder übermittelt erhalten. 38 Reimelt, § 7, 37 unter Berufung auf Czerny/Fischer, Kommentar 3. 39 Dazu Rath-Kathrein, Art 34 (in diesem Band).
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Mandatsverlustes durch den VfGH sowie durch den Ablauf der GP ein; der zuletzt genannte Erlöschenstatbestand führt naturgemäß nicht zur Berufung eines Ersatzmitgliedes, denn maßgeblich für die Frage, wann ein Ersatzmitglied zu berufen ist, sind § 13 Tir GO LT und § 72 Abs 2 TLWO 2017: Demnach hat der Präs des LT die Berufung eines Ersatzmitgliedes vorzunehmen, wenn ein „Mandat frei wird“. Dies ist laut § 13 Abs 3 Tir GO LT der Fall, wenn die Aufhebung oder Nichtigerklärung der Wahl oder der Ausspruch des Mandatsverlustes erfolgt, ferner beim Tod des Abg und beim Mandatsverzicht. Nach § 13 Abs 4 Tir GO LT wird ein Mandat schließlich auch noch frei, wenn ein Abg für einzelne Sitzungstage oder für die gesamte Dauer einer Sitzung beurlaubt wird oder wenn er für die Dauer der Zugehörigkeit zur LReg auf die Ausübung seines Mandates verzichtet40 – in diesen beiden Fällen wird das Mandat nur für die Dauer der Beurlaubung bzw für die Dauer der Regierungszugehörigkeit frei. Die in § 13 Tir GO LT normierten Tatbestände des Freiwerdens nennt – in sprachlich etwas anderer Form – auch § 72 Abs 2 TLWO 2017, es fehlt dort aber die Nichtigerklärung der Wahl. Nach § 13 Abs 6 Tir GO LT beginnt das Mandat des Ersatzmitgliedes, das nach „Erlöschen bzw. Freiwerden“41 des Mandates „einberufen“ wird, mit der Zustellung der „Einberufung“.42 Im Ergebnis ist daher die Formulierung des Art 29 Abs 2 TLO 1989 (Berufung als Ersatzmitglied „nach dem Erlöschen des Mandates“) zu eng, weil es zur Berufung eines Ersatzmitgliedes und zum Mandatsbeginn mit dem Zeitpunkt der Berufungszustellung nicht nur nach Mandatserlöschung kommt, und andererseits zu weit, weil nicht alle Erlöschenstatbestände zur Berufung eines Ersatzmitgliedes führen. Es wäre hier eine Harmonisierung von TLO 1989 und Tir GO LT wünschenswert. Der LTPräs hat laut § 13 Abs 1 Tir GO LT und § 72 Abs 2 TLWO 2017 „das jeweils nächste Ersatzmitglied auf demselben Wahlvorschlag zu berufen.“ Die Reihenfolge der Ersatzmitglieder ist einer Liste zu entnehmen, die gem § 69 Abs 3 TLWO 2017 nach einer Landtagswahl von der Landeswahlbehörde zu erstellen ist und auf der getrennt nach Wählergruppen die gewählten Abg (ds die Wahlwerber, denen ein Man40 Vgl Rath-Kathrein, Art 34 (in diesem Band) Rz 27 ff. 41 Diese Differenzierung ist inkonsequent, weil § 13 zunächst als Oberbegriff „Freiwerden eines Mandates“ verwendet und dazu die Mandatsverlustfälle (ohne den Fall des Ablaufes der GP) und die Urlaubsfälle zählt. 42 Hier hat das Gesetz nicht konsequent den früheren Ausdruck „Einberufung“ durch „Berufung“ ersetzt – s dazu FN 9.
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dat zugewiesen wurde) und die Ersatzmitglieder (ds die nicht gewählten Wahlwerber eines Wahlvorschlages) angeführt werden. Seit der TLO-Nov LGBl 2017/53 ordnet Art 29 Abs 2 TLO 1989 explizit an, dass ein Mandatsbeginn eines Abg als Ersatzmitglied nur stattfinden kann, „sofern er die Berufung nicht ablehnt“. Diese Ablehnungsmöglichkeit der Berufung als Ersatzmitglied ist in § 13 Abs 5 Tir GO LT und in § 72 Abs 5 TLWO 2017 angesprochen43 und war es auch in den Vorgängerregelungen, weshalb der Gesetzgeber darauf auch in der TLO 1989 Bezug nehmen wollte. Ab dem Zeitpunkt des Mandatsbeginns – also entweder mit der ersten 12 Sitzung nach einer Neuwahl des LT oder mit der Zustellung der Berufung als Ersatzmitglied – beginnt nach einhelliger Auffassung44 die Mitgliedschaft zum Vertretungskörper, und es setzen damit die verfassungsgesetzlichen Garantien des freien Mandats, der Immunität45 und die Schranken der Unvereinbarkeitsregelungen46 sowie die geschäftsordnungsmäßig verankerten Rechte und Pflichten ein.47 Bezüge dagegen fallen ab dem Tag der Angelobung an:48 Sie erfolgt laut Art 30 TLO 1989 in der ersten Sitzung, an der Abg teilnehmen; das wird bei der Neuwahl des LT im Regelfall die konstituierende Sitzung sein, sodass hier Mandatsbeginn und Bezügeanfall auf denselben Tag fallen. Bei Ersatzmitgliedern gebühren Bezüge pro Tag der Sitzungsteilnahme, ohne dass es auf Mandatsbeginn oder Angelobung ankommt.49
43 Die Hautptanordnung dieser Gesetzesstellen ist, dass im Fall der Ablehnung der Berufung das Ersatzmitglied dennoch auf derselben Stelle der Wahlwerberliste bleibt; daher ist das Ersatzmitglied bei einem weiteren Freiwerden eines Mandats seiner Wählergruppe wieder zu berufen, was es aber neuerlich ablehnen kann. Erst die auf ausdrückliches Verlangen durchgeführte Streichung aus der Liste der Ersatzmitglieder beendet gem § 72 Abs 1 TLWO 2017 die Ersatzmitgliedschaft. 44 S Rz 9. 45 Dazu Rath-Kathrein, Art 31 (in diesem Band) und Art 32 (in diesem Band). 46 Mayer/Kucsko-Stadlmayer/Stöger, Grundriss des österreichischen Bundesverfassungsrechts11 (2015) 392. 47 Schneider et al, Landesverfassung – Geschäftsordnung für den Vorarlberger Landtag (2014) 87. 48 So § 4 Abs 1 L-BezügeG. 49 § 3 Abs 4 L-BezügeG.
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V. Regelungen betreffend öffentlich Bedienstete A. Begriff öffentlich Bedienstete 13 Unter diesen – im gegebenen Zusammenhang – aus Art 59a und 59b B-VG50 übernommenen Begriff fallen nach Rsp und Lehre alle Personen, die in einem öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen Dienstverhältnis zu einer Gebietskörperschaft – also zu Bund, Land oder Gemeinde – oder zu einem Gemeindeverband stehen.51 Öffentlich Bedienstete idS sind also etwa Beamte und Vertragsbedienstete von Bund, Land, Gemeinde oder Gemeindeverband im Bereich der Verwaltung sowie Richter und Staatsanwälte, nicht aber (mangels Dienstverhältnis oder mangels Gebietskörpereigenschaft) Angestellte ausgegliederter Rechtsträger, Werkvertragsnehmer, Personen in einem Leiharbeitsverhältnis, Grundwehrdiener, Zivildienstleistende oder Verwaltungspraktikanten52 – mögen sie auch einfachgesetzlich dienstrechtlichen Regelungen unterliegen.53 14 Die bundes- und landesverfassungsgesetzlichen Vorgaben betr Mandatsbewerbung und -ausübung durch öffentlich Bedienstete werden durch einfachgesetzliche dienstrechtliche Regelungen des Bundes und der Länder näher ausgeführt. Im Folgenden wird vom Landesdienstrecht paradigmatisch die Tir Rechtslage behandelt, weil in der Praxis wohl va in Tirol tätige öffentlich Bedienstete sich um ein Landtagsmandat bewerben dürften.
50 Das B-VG verwendet den Begriff der öffentlich Bediensteten ua auch noch in Art 7 Abs 4 B-VG, Art 21 Abs 4, Art 23b und Art 95 Abs 4. 51 Kucsko-Stadlmayer, Art 59a Rz 6; Cargnelli-Weichselbaum, Art 59a Rz 13. Ein Gemeindeverband ist keine Gebietskörperschaft – so VfSlg 13.705/1994; Bedienstete eines Gemeindeverbandes sind aber – wie sich aus Art 21 B-VG ergibt – öffentlich Bedienstete iSd B-VG; dazu Cargnelli-Weichselbaum, Art 21, in Kneihs/Lienbacher (Hg), Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht (2019) Rz 25. 52 Cargnelli-Weichselbaum, Art 59a Rz 13f. 53 Cargnelli-Weichselbaum, Art 59a Rz 14; dies, Art 21 Rz 25. Es sind also die von Beamtendienstrecht und Vertragsbedienstetenrecht erfassten Personenkreise („Anwendungsbereich“ laut den einfachgesetzlichen Regelungen) nicht voll deckungsgleich mit den unter den verfassungsgesetzlichen Begriff der öffentlich Bediensteten fallenden Personen.
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B. Bewerbung um ein Mandat Die verfassungsgesetzlichen Regelungen des B-VG und der TLO 1989 15 enthalten keine Festlegung, wann die Phase der Mandatsbewerbung beginnt und wann sie endet. Einfachgesetzlich haben sich die dienstrechtlichen Regelungen des Bundes und des Landes Tirol dafür entschieden, den Anspruch auf Gewährung der erforderlichen freien Zeit ab Einbringung des Wahlvorschlages bei der zuständigen Wahlbehörde bis zur Bekanntgabe des amtlichen Wahlergebnisses einzuräumen.54 Nach der TLWO 2017 gibt es – differenziert nach Kreis- und Landeswahlvorschlägen – zwei spätestmögliche Zeitpunkte der Einbringung von Wahlvorschlägen;55 maßgeblich für den Start der Wahlwerbungs54 § 18 Bundesgesetz vom 27. Juni 1979 über das Dienstrecht der Beamten (Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 – BDG 1979), BGBl 1979/333 idF BGBl I 2020/24; § 29i Bundesgesetz vom 17. März 1948 über das Dienst- und Besoldungsrecht der Vertragsbediensteten des Bundes (Vertragsbedienstetengesetz 1948 – VBG), BGBl 1948/86 idF BGBl I 2020/24; § 79 Bundesgesetz über das Dienstverhältnis der Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte und Richteramtsanwärterinnen und Richteramtsanwärter (Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz – RStDG), BGBl 1961/305 idF BGBl I 2019/112; § 15 Abs 7 Bundesgesetz vom 27. Juni 1984 über das Dienstrecht der Landeslehrer (Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz – LDG 1984), BGBl 1984/302 idF BGBl I 2020/24; § 4 Kundmachung der Landesregierung vom 26. Mai 1998 über die Wiederverlautbarung des Landesbeamtengesetzes 1994 (Tir LandesbeamtenG), LGBl 1998/65 idF LGBl 2020/51; § 71 Gesetz über das Dienstrecht der Bediensteten des Landes Tirol (Landesbedienstetengesetz – LBedG), LGBl 2001/2 idF LGBl 2020/51; § 37 Abs 1 Kundmachung der Landesregierung vom 13. Jänner 1970 über die Wiederverlautbarung des Gemeindebeamtengesetzes 1961 (GemeindebeamtenG), LGBl 1970/9 idF LGBl 2020/51; § 91 Gesetz vom 5. Oktober 2011 über das Dienstrecht der Vertragsbediensteten der Gemeinden, mit Ausnahme der Stadt Innsbruck, und der Gemeindeverbände (Gemeinde-Vertragsbedienstetengesetz 2012 – G-VBG 2012), LGBl 2011/119 idF LGBl 2020/51; § 36 Kundmachung der Landesregierung vom 26. Mai 1970 über die Wiederverlautbarung des Innsbrucker Gemeindebeamtengesetzes (Ibk GemeindebeamtenG), LGBl 1970/44 idF LGBl 2020/51; § 71 Gesetz vom 26. März 2003 über das Dienstrecht der Vertragsbediensteten der Stadt Innsbruck (Innsbrucker Vertragsbedienstetengesetz – I-VBG), LGBl 2003/35 idF LGBl 2020/51; § 74 Gesetz vom 29. Juni 2016 über das Dienstrecht der Lehrpersonen an den Landesmusikschulen und am Tiroler Landeskonservatorium (Musiklehrpersonen-Dienstrechtsgesetz – MDG), LGBl 2016/86 idF LGBl 2020/16. 55 Kreiswahlvorschläge sind laut § 29 Abs 1 TLWO 2017 spätestens am 52. Tag vor dem Wahltag einzubringen, Landeswahlvorschläge laut § 37 Abs 1 TLWO 2017 spätestes am 38.Tag vor dem Wahltag.
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phase des öffentlich Bediensteten ist naturgemäß der tatsächliche Einbringungstag, wobei – im Fall des Aufscheinens eines Wahlwerbers auf mehreren Wahlvorschlägen derselben wahlwerbenden Partei (was zulässig ist) – wohl der frühere Einbringungstag als Beginn der Wahlwerbungsphase des öffentlich Bediensteten anzusehen ist. Den Terminus „Bekanntgabe des amtlichen Wahlergebnisses“, der das Ende der Wahlwerbungsphase des öffentlich Bediensteten markiert, kennt das Wahlrecht nicht; gemeint sein dürfte die laut § 69 Abs 3 TLWO 2017 vom Landeswahlleiter im Boten für Tirol vorzunehmende Kundmachung der Ergebnisse des ersten und zweiten Ermittlungsverfahrens. Ein früheres Ende der Wahlwerbungsphase des öffentlich Bediensteten ergibt sich dann, wenn im Zuge der Überprüfung der Wahlvorschläge durch die Wahlbehörden der gesamte Wahlvorschlag zurückgewiesen oder der Wahlwerber gestrichen wird.56 Die Anknüpfung an den Zeitpunkt der Einbringung des Wahlvorschlags wird in der Lit als zu spät bzw wenig realitätsnah kritisiert. Zur Überlegung gestellt wird die Idee, dass bereits mit Aufstellung als Kandidat einer wahlwerbenden Partei (noch vor Wahlvorschlagseinbringung) und dem öffentlichen Auftreten als solcher der Anspruch auf freie Zeit einsetzen könnte;57 dem wird zutreffend die Schwierigkeit entgegengehalten, dass sich ein solcher Zeitpunkt „schwieriger exakt festmachen lässt“.58Andererseits wird die Regelung zum Ende der Wahlwerbungsphase als zu großzügig gesehen und vorgeschlagen, den Wahltag als „deadline“ festzulegen.59 Das dürfte tatsächlich ausreichend sein und entspräche auch besser dem Begriffsverständnis von 56 § 35 TLWO 2017 für Kreiswahlvorschläge, § 37 Abs 9-11 TLWO 2017 für Landeswahlvorschläge. 57 Kucsko-Stadlmayer, Art 59a Rz 9; Cargnelli-Weichselbaum, Art 59a Rz 12. 58 Lais, Art 35 Stmk L-VG Rz 12; mE liegt (wahl-)rechtlich gesehen eine Bewerbung um ein Mandat tatsächlich erst mit Einbringung eines Wahlvorschlages vor; vorherige „Aufstellungen als Kandidat“ mag es informell geben, fixiert sind sie gleichwohl erst mit Einbringung des Wahlvorschlages. Vollends untauglich ist das Abstellen auf das „öffentliche Auftreten“ eines Kandidaten. 59 Cargnelli-Weichselbaum, Art 59a Rz 12 unter Verweis auf die Nationalratswahl 2017, als der Wahltag am 15.10.2017 war, das Wahlergebnis aber „erst am 31.10.2017 festgestellt wurde.“ Dies war bei der Nationalratswahl 2019 ähnlich lange: Wahltag war der 29.09.2019, die Verlautbarung der Bundeswahlbehörde gem § 108 Abs 6 NRWO als „amtliches Endergebnis“ (so die Homepage des BMI unter https://wahl19.bmi.gv.at/ [03.12.2019]) am 16.10.2019.
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Wahlwerbung – sie ist mit der Stimmabgabe eindeutig beendet. Wie sich in der Praxis zeigt, liegen zwischen Wahltag und Bekanntgabe des Wahlergebnisses im Schnitt zwei bis drei Wochen,60 in denen begrifflich keine Notwendigkeit für die Gewährung einer freien Zeit für die Bewerbung um ein Mandat möglich ist; wer laut Endergebnis gewählt ist oder noch nachrückt, unterliegt ab der Angelobung61 dann dem Schutz durch die Ausübungsregelung. Der verfassungsgesetzlich eingeräumte Anspruch auf die „erforderli- 16 che freie Zeit“ für die Wahlwerbung ist einfachgesetzlich nicht präzisiert, sondern die dienstrechtlichen Regelungen62 wiederholen diese Wendung nur. Jedenfalls bedeutet das Abstellen auf die Erforderlichkeit, dass das konkrete Ausmaß der gewährten freien Zeit von den Umständen des Einzelfalles abhängt, die letztlich die Dienstbehörde bzw der Dienstgeber beurteilen muss;63 es kann dabei grds auch eine Außerdienststellung in Frage kommen, die aber wohl nicht die von der Bundesverfassung präferierte – wenngleich nicht ausgeschlossene – Variante darstellt.64 Allerdings scheint der Tir Dienstrechtsgesetzgeber sich umgekehrt für die Außerdienststellung als einzige Variante der Freizeitgewährung für die Wahlwerbungsphase entschieden zu haben.65 Eine Kürzung der Bezüge ist mit einer Freizeitgewährung – egal in welchem Ausmaß sie erfolgt – nicht verbunden.66 Die Freizeitgewährung für die Wahlwerbung ist vom öffentlich Be- 17 diensteten zu beantragen und erfolgt nicht ex lege.67 Zuständig für die Entscheidung ist bei Verwaltungsbeamten bzw Richtern und Staatsan60 Zu den beiden letzten NR-Wahlen s die vorige FN. Das Ergebnis der am 25.02.2018 durchgeführten Wahl zum Tir LT wurde im Bote für Tirol vom 12. März 2018, Stück 10a, kundgemacht. 61 Dazu Rz 21. 62 Dazu FN 54. 63 Kucsko-Stadlmayer, Art 59a Rz 9; Cargnelli-Weichselbaum, Art 59a Rz 21 spricht vom „situationsadäquaten bzw -spezifischen Ausmaß“. 64 IdS Cargnelli-Weichselbaum, Art 59a Rz 21, wonach der Verfassungsgesetzgeber mit der Formulierung der erforderlichen freien Zeit zum Ausdruck bringt, „nicht gleich auch die Option einer Außerdienststellung vorzusehen.“ 65 Alle einschlägigen landesrechtlichen Bestimmungen (dazu oben FN 54) sind mit „Außerdienststellung für die Wahlwerbung“ überschrieben. 66 Kucsko-Stadlmayer, Art 59a Rz 9; Cargnelli-Weichselbaum, Art 59a Rz 22. 67 VfSlg 944/1928; Kucsko-Stadlmayer, Art 59a Rz 9; Cargnelli-Weichselbaum, Art 59a Rz 23.
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wälten die Dienstbehörde, bei Vertragsbediensteten der Dienstgeber bzw seine zuständige Stelle.68 Rechtsschutzmäßig gilt, dass der Bescheid der Dienstbehörde mit Bescheidbeschwerde an das Bundesbzw LVwG bekämpfbar ist, gegen Entscheidungen gegenüber Vertragsbediensteten ist der ordentliche Rechtsweg zu beschreiten.69
C. Ausübung eines Mandates 18 Für die Ausübung eines Mandats als LTAbg durch öffentlich Bedienstete sehen bereits die verfassungsgesetzlichen Bestimmungen des B-VG und ihnen folgend die TLO 1989 relativ detaillierte dienstrechtliche Garantien und bezügerechtliche Anordnungen vor, wiewohl auch hier einfachgesetzliche Präzisierungen erfolgen. Die Verfassung räumt dem öffentlich Bediensteten zunächst das Recht ein, für die Mandatsausübung eine Dienstfreistellung – also eine Befreiung von Dienstpflichten in einem bestimmten Ausmaß – oder eine Außerdienststellung – also eine gänzliche Befreiung von Dienstpflichten – zu erhalten,70 wobei der öffentlich Bedienstete die Wahl hat, welche der beiden Möglichkeiten er in Anspruch nimmt: Er kann das eine oder das andere beantragen.71 Einem Antrag auf Außerdienststellung ist von der Dienstbehörde bzw der Personalstelle72 zu entsprechen, sie führt nach ausdrücklicher Verfassungsanordnung zum Entfall 68 Cargnelli-Weichselbaum, Art 59a Rz 23. Zur Zuständigkeit der Dienstbehörde s § 2 Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren in Dienstrechtsangelegenheiten (Dienstrechtsverfahrensgesetz 1984 – DVG), BGBl 1984/29 idF BGBl I 2018/61; das VBG des Bundes spricht in § 2e von „Personalstellen“, die die Dienstgeberzuständigkeiten wahrnehmen; § 10 des Tir LBedG und § 11 des Tir G-VBG 2012 von der „zuständigen Stelle“, an die Ansuchen betr Dienstverhältnis oder dienstliche Aufgaben im Dienstweg weiterzuleiten sind. Die konkreten Zuständigkeiten von Dienstbehörden bzw Personalstellen ergeben sich (auch) aus Durchführungsverordnungen zum DVG, namentlich der Verordnung der Bundesregierung vom 17. März 1981 über die Regelung der Zuständigkeiten in Dienstrechtsangelegenheiten (Dienstrechtsverfahrensverordnung 1981 – DVV 1981), BGBl 1982/162 idF BGBl I 2016/64 sowie diversen ministeriellen Dienstrechtsverfahrens- und Personalstellenverordnungen. 69 Cargnelli-Weichselbaum, Art 59a Rz 23. 70 Zu diesem Grundverständnis der Begriffe Dienstfreistellung und Außerdienststellung s Cargnelli-Weichselbaum, Art 59a Rz 15. 71 Kucsko-Stadlmayer, Art 59a Rz 10; Cargnelli-Weichselbaum, Art 59a Rz 25. 72 Dazu bei Rz 17.
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der Bezüge.73 Dem Antrag auf Dienstfreistellung ist dergestalt Rechnung zu tragen, dass sie laut B-VG und TLO 1989 (sowie auch laut einfachgesetzlichem Dienstrecht) im erforderlichen Ausmaß zu gewähren ist. Das einfachgesetzliche Dienstrecht verpflichtet den öffentlich Bediensteten, schon im Antrag anzuführen, in welchem prozentuellen Ausmaß der regelmäßigen Wochendienstzeit die Dienstfreistellung begehrt wird; sie ist in weiterer Folge für jedes Kalenderjahr – bei Lehrern für jedes Schuljahr – im Vorhinein festzulegen.74 Die Verfassungsvorgabe, dass während der Dienstfreistellung Dienstbezüge im Ausmaß der tatsächlich erbrachten Arbeitsleistung, maximal jedoch 75 % der Bezüge gebühren, findet sich im einfachgesetzlichen Dienst- bzw Bezügerecht dergestalt wieder, dass die anteilige Bezügekürzung entsprechend dem prozentuellen Ausmaß der entfallenden Dienststunden zu erfolgen hat, mindestens jedoch im Ausmaß von 25%.75 Die Dienstfreistellung hat in dem Ausmaß zu erfolgen, das für die Ausübung des Mandates erforderlich ist. Dabei wird es va auf die zeitliche Vereinbarkeit von Dienstpflichten und Abgeordnetentätigkeit ankommen,76 wobei das Dienstrecht eigens anordnet, dass Dienstplan erleichterungen in größtmöglichem Ausmaß einzuräumen sind.77 Zur Ausübung des Mandates zählt die Rsp Sitzungen des Plenums und der 73 Die korrespondierenden dienstrechtlichen Regelungen des Bundes finden sich in § 17 Abs 3 BDG 1979, der (so wie überhaupt die §§ 17–19 BDG 1979) laut 29i VBG und § 79 RStDG auch auf die dort erfassten Bediensteten anzuwenden ist sowie in § 15 Abs 3 LDG. Für das Tir Landesdienstrecht ist es § 5 Abs 3 Tir LandesbeamtenG, der (so wie der gesamte § 5) laut § 71 LBedG, § 37a GemeindebeamtenG und § 35 Ibk GemeindebeamtenG sinngemäß auch für die dort erfassten Bediensteten gilt – die gemeindebeamtlichen Regelungen wiederum gelten laut § 91 G-VBG 2012 und § 71 I-VBG sinngemäß; s ferner auch § 102 Abs 5 MDG. 74 § 17 Abs 1 und 2 BDG 1979, die durch die Verweistechnik (s FN 73) auch im VBG und RStDG gelten, sowie in § 15 Abs 1 und 2 LDG; § 5 Abs 1 und 2 Tir LandesbeamtenG (FN 54), der wiederum durch Verweisbestimmungen (s FN 73) auch im Landesvertragsbedienstetenrecht und im Dienstrecht für Gemeindebeamte und -vertragsbedienstete gilt. 75 So zB § 12d Bundesgesetz vom 29. Feber 1956 über die Bezüge der Bundesbeamten (Gehaltsgesetz 1956 – GehG), BGBl 1956/54 idF BGBl I 2020/24 und § 7 Tir LandesbeamtenG; letzterer gilt kraft Verweisungen (s FN 73) auch im übrigen Tir Dienstrecht. 76 Kucsko-Stadlmayer, Art 59a Rz 11. 77 So § 17 Abs 1 BDG 1979 und § 5 Abs 1 Tir LandesbeamtenG, die kraft Verweisungen (s FN 73) auch im übrigen Bundes- und Landesdienstrecht gelten.
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Ausschüsse und die dazu nötige Vorbereitungszeit, Beratungen innerhalb des Klubs und Parteienverhandlungen über parlamentarische Vorgänge, nicht jedoch bloße Tätigkeiten im Rahmen parteipolitischer Funktionen.78 19 Der Anspruch auf Erlangung einer Dienstfreistellung am bisherigen Arbeitsplatz wird durch die bereits auf Verfassungsebene getroffene Regelung der Zuweisung eines Ersatzarbeitsplatzes durchbrochen: Kann der Bedienstete wegen der Mandatsausübung auf seinem bisherigen Arbeitsplatz nicht eingesetzt werden, hat er einen Anspruch auf Zuweisung einer zumutbaren gleichwertigen Tätigkeit; der Zuweisung einer nicht gleichwertigen Tätigkeit muss er zustimmen. Dies präzisieren die einfachgesetzlichen dienstrechtlichen Vorschriften dahingehend, dass dem öffentlich Bediensteten ein „mindestens gleichwertiger zumutbarer Arbeitsplatz zuzuweisen ist“ – diesen muss er annehmen; mit seiner Zustimmung ist ihm laut Dienstrecht ein „möglichst gleichwertiger Arbeitsplatz zuzuweisen“.79 Das Dienstrecht unterscheidet dabei, ob die Weiterbeschäftigung am bisherigen Arbeitsplatz aus Gründen des geordneten Dienstbetriebs nicht möglich ist80 oder ob die Unmöglichkeit der Weiterbeschäftigung vom Unv-Transparenz-G herrührt – also aus Gründen der objektiven und unbeinflussten Amtsführung nicht zulässig ist:81 Nur im letzteren Fall erfolgt bei Verweigerung der Zustimmung zum möglichst gleichwertigen Arbeitsplatz die Au-
78 So die bei Wanke/Perl/Sachs (Hg), RStDG – Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz (2014) 419 zit Entscheidung des OGH 26.11.1984, Dg 5/84. Kucsko-Stadlmayer, Art 59a Rz 11 FN 20 dagegen zählt auch „die Verpflichtungen gegenüber Partei und Wählerschaft“ zu Umständen, die beim Umfang der zu erwartenden Tätigkeit als Abg zu berücksichtigen sind. 79 So § 17 Abs 4 BDG 1979 und § 5 Abs 4 Tir LandesbeamtenG, die kraft Verweisungen (s FN 73) auch im übrigen Bundes- und Landesdienstrecht gelten. 80 Dies kann etwa von einer zu großen räumlichen Entfernung zum Dienstort oder der Notwendigkeit einer erheblich verringerten Arbeitszeit herrühren; so Kucsko-Stadlmayer, Art 59a Rz 13 und Cargnelli-Weichselbaum, Art 59a Rz 28. Das Dienstrecht spricht davon, dass die Tätigkeit auf dem bisherigen Arbeitsplatz „auf Grund der besonderen Gegebenheiten neben der Ausübung des Mandates nur unter erheblicher Beeinträchtigung des Dienstbetriebes möglich wäre“ – s § 17 Abs 4 Z 2 BDG 1979 und § 5 Abs 4 lit b Tir LandesbeamtenG, die kraft Verweisungen (s FN 73) auch im übrigen Bundes- und Landesdienstrecht gelten. 81 Vgl dazu näher Rz 28.
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ßerdienststellung gegen Entfall der Bezüge,82 für die erstgenannten Fälle ist diese Rechtsfolge für die Nichtzustimmung nicht vorgesehen.83 Wenn der öffentlich Bedienstete weder eine Außerdienststellung noch 20 eine Dienstfreistellung beantragt, gilt nach dem Verfassungswortlaut die „Grenze“, dass höchstens 75% der Dienstbezüge gebühren. Dienstrechtlich ist dazu angeordnet, dass die Bezüge eines Bediensteten, der Mitglied eines LT ist und weder dienstfrei noch außer Dienst gestellt ist, um 25 % zu kürzen sind.84 Dies wird in der Lit unterschiedlich bewertet: Einerseits wird in der Nicht-Antragstellung die dritte Option des öffentlich Bediensteten gesehen, die auf eine Dienstfreistellung um 25% hinauslaufe,85 bei der es aber auch zur Zuweisung eines Ersatzarbeitsplatzes kommen kann;86 andererseits wird darin eine Regelungslücke, jedenfalls ein Regelungsdefizit gesehen, wenn jemand gar keine Dienstleistung mehr erbringt und dennoch 75 % der Bezüge erhält.87 Ab wann Dienstfreistellung bzw Außerdienststellung einsetzen und 21 wann sie enden, ist bundes- und landesverfassungsgesetzlich nur dergestalt angesprochen, dass sie „zur Ausübung des Mandates“ erfolgen. Aus den einfachgesetzlichen dienstrechtlichen Regelungen ergibt sich, dass die Dienstfreistellung „vom Tag der Angelobung bis zum Aus82 S § 17 Abs 4 letzter Satz BDG 1979 und § 5 Abs 4 letzter Satz Tir LandesbeamtenG, die kraft Verweisungen (s FN 73) auch im übrigen Bundes- und Landesdienstrecht gelten; weiters § 15 Abs 4 letzter Satz LDG und § 76 Abs 5 letzter Satz MDG. Zur Regelung im RStDG s unten FN 116. 83 Kommt über die Zuweisung eines Ersatzarbeitsplatzes kein „Einvernehmen“ mit dem Bediensteten zustande, hat laut § 17 Abs 5 BDG 1979 bzw § 5 Abs 5 Tir Landesbeamtengesetz, die kraft Verweisungen (s FN 73) auch im sonstigen Dienstrecht gelten, die Dienstbehörde mit Bescheid zu entscheiden – dies bezieht sich laut Kucsko-Stadlmayer, Art 59a Rz 14 aber nur auf die Frage, ob der Ersatzarbeitsplatz eine Teilbeschäftigung in dem vom Bediensteten gewünschten Umfang bietet; auch Cargnelli-Weichselbaum, Art 59a Rz 28 FN 150 interpretiert die einfachgesetzliche Kompetenz des § 17 Abs 5 BDG 1979 einschränkend dahingehend, dass sie weder eine Zuweisung des nichtgleichwertigen Arbeitsplatzes ermöglicht noch eine Außerdienststellung. 84 § 12d Abs 1 letzter Satz GehG und § 7 Abs 1 letzter Satz Tir LandesbeamtenG, die jeweils durch Verweisungen (s FN 73) auch andernorts dienstrechtlich gültig sind. 85 Kucsko-Stadlmayer, Art 59a Rz 10. 86 Kucsko-Stadlmayer, Art 59a Rz 13. 87 Cargnelli-Weichselbaum, Art 59a Rz 26.
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scheiden aus der Funktion für jedes Kalenderjahr im vorhinein festzulegen“ ist,88 die Außerdienststellung erfolgt „für die Dauer der Mandatsausübung“89. Das dürfte – trotz der unterschiedlichen Wortwahl – deckungsgleich sein.90 Der Zeitpunkt des Ausscheidens aus der Funktion kann variieren: Er kann durch den Ablauf der GP und den Zusammentritt des neugewählten LT eintreten,91 aber auch durch Tod des Abg, Mandatsverzicht, Mandatsverlust oder nach einer Wahlanfechtung.92 Eine zeitliche Komponente ist auch im Fall der Zuweisung eines Ersatzarbeitsplatzes beachtlich: Sie hat nach den maßgeblichen Bestimmungen „innerhalb von zwei Monaten nach dem Beginn der Funktion“ (was wohl den Zeitpunkt der Angelobung meint) zu erfolgen.93 22 Für die Zuständigkeiten und den Rechtsschutz bezüglich Entscheidungen über Anträge auf Dienstfreistellung, Außerdienststellung oder der Zuweisung von Ersatzarbeitsplätzen gilt grds das oben94 Dargestellte: Es ist die Dienstbehörde bzw die Dienstgeber-Stelle zuständig, und es steht die Bescheidbeschwerde bzw der ordentliche Rechtsweg zur Verfügung. Als Besonderheit ist allerdings zu erwähnen, dass – nachgebildet dem Art 59b Abs 2 B-VG – landesverfassungsgesetzlich bei Meinungsverschiedenheiten zwischen Dienstbehörde und öffentlich Bedienstetem in Sachen Mandatsausübung und dienstrechtliche Folgen eine Art Schlichtungsmöglichkeit in Art 29 Abs 6 TLO 1989 vorgesehen ist.95 23 Für Richter, Staatsanwälte, Beamte im Exekutivdienst und im übrigen öffentlichen Sicherheitsdienst, Beamte im militärischen Dienst und für 88 § 17 Abs 2 erster Satz BDG 1979 und § 5 Abs 2 erster Satz Tir LandesbeamtenG, die kraft Verweisungen (s FN 73) auch sonst im Bundes- und Landesdienstrecht gelten. 89 § 17 Abs 3 BDG 1979 und § 5 Abs 3 Tir LandesbeamtenG, die kraft Verweisungen (s FN 73) auch im übrigen Bundes- und Landesdienstrecht gelten. 90 Der demnach maßgebliche Beginnzeitpunkt der Angelobung ist bei Eintritt eines Ersatzmitgliedes in den LT nicht deckungsgleich mit der Festlegung des Mandatsbeginnes in Art 29 Abs 2 TLO 1989; s oben Rz 11. 91 Laut Art 18 Abs 1 TLO 1989 beginnt die GP des LT mit dem Tag des ersten Zusammentrittes und endet an dem Tag, an dem der neue LT zur ersten Sitzung zusammentritt; vgl Bußjäger, Art 18 (in diesem Band). 92 Dazu Art 34 TLO 1989 und Rath-Kathrein, Art 34 (in diesem Band). 93 17 Abs 4 BDG 1979 und § 5 Abs 4 Tir LandesbeamtenG. 94 Rz 17. 95 Dazu Rz 25.
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Bedienstete im Finanz- und Bodenschätzungsdienst gelten laut der Verfassungsbestimmung des Art 6a Unv-Transparenz-G strengere Sonderregelungen der Diensttätigkeit während der Mandatsausübung.96 Kraft der Verfassungsbestimmungen des Art 92 Abs 2, des Art 134 Abs 5 und des Art 147 Abs 4 B-VG können schließlich Richter des OGH, Richter des VwGH, Richter der VwG und Mitglieder des VfGH nicht gleichzeitig Mitglied eines LT sein.
D. Kontrolleinrichtung und ihre Kompetenzen Art 29 Abs 5 TLO 1989 realisiert die bundesverfassungsgesetzliche Er- 24 mächtigung des Art 95 Abs 5 B-VG97 und beruft zur Kontrolle der Bezüge der öffentlichen Bediensteten mit Landtagsmandat den Immunitäts- und Unvereinbarkeitsausschuss des LT. Damit hat die Landesverfassung zwar keine eigene Einrichtung geschaffen, sondern hat den laut Art 23 Abs 1 TLO 1989 verpflichtend einzurichtenden Immunitäts- und Unvereinbarkeitsausschuss „verwendet“; dies dürfte aber durchaus im Rahmen der Ermächtigungsnorm des B-VG liegen. Die Abs 6 und 7 des Art 29 TLO 1989 statten den Ausschuss entsprechend der Vorgabe des Art 95 Abs 5 B-VG mit den gleichen Befugnissen und Pflichten aus, wie sie die Kontrollkommission des Art 59b B-VG in Bezug auf Mitglieder von NR und BR hat. Es sind dies Stellungnahmerechte der Kontrolleinrichtung bei bestimmten Meinungsverschiedenheiten, Mitteilungspflichten des Bediensteten gegenüber der Kontrolleinrichtung und eine Berichtspflicht der Kontrolleinrichtung gegenüber dem Parlament. Laut Art 29 Abs 6 TLO 1989 hat der Ausschuss eine Stellungnahme 25 zu Meinungsverschiedenheiten abzugeben, die zwischen dem öffentlich Bediensteten und seiner Dienstbehörde „in der Vollziehung der Abs 1, 3 und 4 oder der diesbezüglichen gesetzlichen Vorschriften“ entstehen.98 Voraussetzung dafür ist, dass entweder der Bedienstete oder die Dienstbehörde einen Antrag auf Abgabe der Stellungnahme stellen. Da nach dem Wortlaut des Art 29 Abs 6 TLO 1989 das Antrags96 Dazu Rz 28 f. 97 Dazu Rz 2. 98 Der Wortlaut des Art 29 Abs 6 TLO 1989, der so wie Art 59b B-VG auf die „Dienstbehörde“ als Kontrahent abstellt, passt bei Vertragsbediensteten nicht; s dazu die berechtigte Kritik von Cargnelli-Weichselbaum, Art 59a Rz 23 FN 126.
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recht nur einem öffentlich Bediensteten zukommt, der Mitglied des LT ist, kann es sich nach Auffassung der Lehre nur um Meinungsverschiedenheiten betr Dienstfreistellung oder Ersatzarbeitsplatz iZm der Mandatsausübung handeln, nicht aber um Meinungsverschiedenheiten im Zuge der Freizeitgewährung für die Wahlwerbung.99 Andererseits spricht der Wortlaut aber von einer Meinungsverschiedenheit (auch) in der Vollziehung des Art 26 Abs 1 TLO 1989, wo es eben um die Phase der Mandatsbewerbung geht; es wäre nun nicht einzusehen, dass hier nur die Dienstbehörde einen Antrag auf Stellungnahme beim Ausschuss stellen könnte. Erwähnt sind Meinungsverschiedenheiten in Vollziehung des Abs 1 (Mandatsbewerbung und freie Zeit), Abs 3 (Dienstfreistellung und Bezügekürzung) und Abs 4 (Ersatzarbeitsplatz) sowie Meinungsverschiedenheiten, die in Vollziehung „der diesbezüglichen gesetzlichen Vorschriften“ entstehen. Das rekurriert offensichtlich auf die dienstrechtlichen Regelungen zu den genannten Themen. In ihnen finden sich als explizite, wiederum nur auf Antrag des Bediensteten oder der Dienstbehörde ausgelöste, Stellungnahmefälle der zuständigen Kontrolleinrichtung – hier also des Immunitäts- und Unvereinbarkeitsausschusses des Tir LT – solche zu Meinungsverschiedenheiten über das Ausmaß der zulässigen Über- oder Unterschreitung des festgelegten prozentuellen Freistellungsausmaßes100 und das Nichtzustandekommen des Einvernehmens über die Zuweisung eines Ersatzarbeitsplatzes.101 99 So Cargnelli-Weichselbaum, Art 59a Rz 24 zur Vorbildbestimmung des Art 59b Abs 2 B-VG. S auch Kucsko-Stadlmayer, Art 59b Rz 13. 100 Das Dienstrecht verpflichtet öffentlich Bedienstete, in ihren Anträgen auf Dienstfreistellung wegen Mandatsausübung das prozentuelle Ausmaß der Freistellung festzulegen und erlaubt dabei Über- und Unterschreitungen des Prozentsatzes im Durchrechnungszeitraum. Bei Meinungsverschiedenheiten über das Ausmaß von Über- oder Unterschreitungen eines öffentlich Bundesbediensteten, der Landtagsmitglied ist, gibt die nach Landesverfassungsrecht zuständige Kontrolleinrichtung die Stellungnahme ab – so § 17 Abs 6 iVm § 17 Abs 2 BDG 1979, die kraft Verweisungen (s FN 73) auch im übrigen Bundesdienstrecht gelten – sowie § 15 Abs 6 iVm § 15 Abs 2 LDG. Für das Tir Landesdienstrecht s § 5 Abs 2 LandesbeamtenG, der kraft Verweisungen (s FN 73) auch im Landesvertragsbedienstetenrecht und im Dienstrecht für Gemeindebeamte und -vertragsbedienstete gilt sowie § 76 Abs 4 MDG. 101 Dazu § 17 Abs 6 iVm § 17 Abs 5 BDG 1979, die kraft Verweisungen (s FN 73) auch im übrigen Bundesdienstrecht gelten sowie § 15 Abs 6 iVm § 15 Abs 5 LDG. Weiters § 5 Abs 5 Tir LandesbeamtenG, der kraft Verweisungen
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Eine Stellungnahme des Immunitäts- und Unvereinbarkeitssausschusses hat keinen normativen Charakter, sondern wird als Gutachten gedeutet, das in einem entsprechenden dienstrechtlichen Verfahren verwertet werden könne.102 Da die Meinungsverschiedenheit „in Vollziehung“ der genannten Vorschriften entstehen muss, ist der Antrag des Bediensteten oder der Dienstbehörde beim Immunitäts- und Unvereinbarkeitsausschuss wohl erst möglich, wenn ein Verfahren bereits im Laufen ist – erst da wird sich im aller Regel die Meinungsverschiedenheit überhaupt manifestieren. Eine eigentliche Kontrollfunktion kommt der Stellungnahmekompetenz des Ausschusses nicht zu, sie hat vielmehr streitschlichtende Funktion.103 Laut Art 29 Abs 7 TLO 1989 trifft den öffentlich Bediensteten, der 26 Mitglied des LT ist, eine Mitteilungspflicht gegenüber dem Immunitäts- und Unvereinbarkeitsausschuss: Er hat dem Ausschuss jährlich Mitteilung darüber zu machen, welche Regelung der Bedienstete bezüglich seiner Dienstfreistellung oder Außerdienststellung getroffen hat; die zu meldende „Regelung“ beinhaltet also die Bekanntgabe, ob Außerdienststellung oder Dienstfreistellung gewählt wurde; im Fall der Dienstfreistellung ist weiters mittzuteilen, in welchem Ausmaß sie erfolgte104 und auf welche Weise die zu erbringende Arbeitsleistung überprüft wird.105 Der Immunitäts- und Unvereinbarkeitsausschuss hat in Bezug auf die Inhalte der Mitteilungen Erhebungsmöglichkeiten, weil Art 29 (s FN 73) auch im Landesvertragsbedienstetenrecht und im Dienstrecht für Gemeindebeamte und -vertragsbedienstete gilt sowie § 76 Abs 6 MDG. 102 Kucsko-Stadlmayer, Art 59b Rz 6 zur Regelung in der Vorbildbestimmung des Art 59b B-VG. 103 Kucsko-Stadlmayer, Art 59b Rz 13 zur Regelung in der Vorbildbestimmung des Art 59b B-VG. 104 So explizit die einfachgesetzliche dienstrechtliche Regelung des § 5 Abs 2 vierter Satz lit b Tir LandesbeamtenG, der kraft Verweisungen (s FN 73) auch im Landesvertragsbedienstetenrecht und im Dienstrecht für Gemeindebeamte und -vertragsbedienstete gilt sowie § 76 Abs 4 lit b MDG: Es ist dem Ausschuss das Ausmaß der festgelegten Dienstfreistellung mitzuteilen. Für Bundesbeamte, die Mitglied eines LT sind, fehlt eine einfachgesetzliche Mitteilungsregelung. 105 Dieser Inhalt der Mitteilung hat keine einfachgesetzliche dienstrechtliche Entsprechung. Die Modalitäten der Überprüfung wird der Bedienstete mit dem Vorgesetzten bzw der zuständigen Stelle klären müssen – s KucskoStadlmayer, Art 59a Rz 21.
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Abs 7 TLO 1989 von „diesbezüglichen Erhebungen“ spricht, für die Art 53 Abs 3 B-VG sinngemäß gilt. Diese dem Art 59b B-VG nachgebildete Befugniszuweisung musste die TLO 1989 vornehmen, weil sie laut Art 95 Abs 5 B-VG die Kontrolleinrichtung mit den gleichen Befugnissen ausstatten musste wie die Kommission nach Art 59b B-VG. Demgemäß kann der Ausschuss die Vorlage von Akten und Unterlagen verlangen und um Beweiserhebungen ersuchen.106 Dies könnte in Frage kommen, wenn eine Mitteilung des Bediensteten fehlt, unvollständig ist oder auf ihren Wahrheitsgehalt geprüft werden soll. Sanktionsmöglichkeiten bei Verletzungen der Mitteilungspflicht hat der Ausschuss jedoch nicht, solche sind allenfalls dienstrechtlich möglich.107 Die Mitteilungspflichten stehen im Dienste eines Transparenzgedankens, weshalb die Lehre davon ausgeht, dass die Mitteilungen im jährlichen Bericht der Kontrolleinrichtung (dazu gleich) aufzuscheinen haben. 108 27 Art 29 Abs 7 letzter Satz TLO 1989 verpflichtet in Befolgung der expliziten Vorgabe des Art 95 Abs 5 B-VG den Immunitäts- und Unvereinbarkeitsausschuss zur Erstattung eines jährlichen Berichts an den LT, der zu veröffentlichen ist. Inhalt des Berichts soll wohl die Tätigkeit des Ausschusses in seiner Funktion als Kontrolleinrichtung der Bezüge der öffentlich Bediensteten, die Mitglieder des LT sind, sein.109 Der Immunitäts- und Unvereinbarkeitsausschuss erstattete bislang keinen diesbezüglichen Bericht an den Tir LT – jedenfalls ist in den parlamentarischen Mat dazu nichts aufzufinden. Öffentlich zugänglich auf der Homepage des Tir LT war bislang lediglich mehrmals eine „Liste der öffentlich Bediensteten, die Mitglieder des Tiroler Landtages sind“, in der die Namen, der Dienstgeber und das Ausmaß der Dienstfreistellung angeführt sind.110 Demgegenüber umfasst der dem NR erstattete Bericht der nach Art 59b B-VG eingesetzten Kontrollkommis106 Dazu näher Kucsko-Stadlmayer, Art 59b Rz 16 zur Regelung in der Vorbildbestimmung des Art 59b B-VG. 107 Kucsko-Stadlmayer, Art 59b Rz 14 zur Regelung in der Vorbildbestimmung des Art 59b B-VG. 108 Kucsko-Stadlmayer, Art 59b Rz 16 zur Regelung in der Vorbildbestimmung des Art 59b B-VG. 109 Kucsko-Stadlmayer, Art 59b Rz 15 zur Regelung in der Vorbildbestimmung des Art 59b B-VG. 110 Zuletzt für die XVII.GP mit Stand 30.06.2019. Demnach waren fünf der 36 Abg öffentlich Bedienstete, einer mit 25% Dienstfreistellung, einer mit 50%, drei mit 100%.
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sion Angaben über abgegebene Stellungnahmen, eingelangte Mitteilungen über Außerdienststellungen und Dienstfreistellungen und deren Ausmaß sowie gemeldete Überprüfungsmittel.111
E. Vorgaben des Unvereinbarkeits- und TransparenzGesetzes Öffentlich Bedienstete, die Mitglieder des LT sind, unterliegen auch der 28 bundesverfassungsgesetzlichen Bestimmung des Art 6a Abs 2 UnvTransparenz-G, welche dem Immunitäts- und Unvereinbarkeitsausschuss des Tir LT weitergehende Kompetenzen als die oben genannten zuweist. Zunächst müssen laut dem (einfachgesetzlichen) Abs 1 des Art 6a Unv-Transparenz-G alle Landtagsmitglieder mit einem Dienstverhältnis zu einer Gebietskörperschaft dies dem LTPräs unter Angabe des Tätigkeitsbereiches melden. Der „zuständige Ausschuß der Landtage“ – hier also der Immunitäts- und Unvereinbarkeitsausschuss des Tir LT – entscheidet mit einfacher Stimmenmehrheit über die Zulässigkeit der weiteren Ausübung der dienstlichen Tätigkeit. Dabei unterscheidet § 6a Abs 2 Unv-Transparenz-G zwei Gruppen von öffentlich Bediensteten: Richtern, Staatsanwälten, Beamten im Exekutivdienst (Wachebeamten) und im übrigen öffentlichen Sicherheitsdienst, Beamten im militärischen Dienst und Bediensteten im Finanzoder Bodenschätzungsdienst112 ist die weitere Ausübung ihrer dienstlichen Tätigkeit kraft Gesetzes untersagt, es sei denn, der Immunitätsund Unvereinbarkeitsausschuss beschließt die Zulässigkeit im Einzelfall. Diese Zulässigkeitsentscheidung ist nur möglich, wenn „ungeachtet der Mitgliedschaft im Vertretungskörper auf Grund der im Einzelfall obliegenden Aufgaben eine objektive und unbeinflußte Amtsführung gewährleistet ist.“ Es wird also ersichtlich ein Bewilligungssystem113 eingerichtet, das nur ausnahmsweise die Fortsetzung der bisherigen dienstlichen Tätigkeit dieser Gruppe von öffentlich Bediensteten vor Augen hat.114 Alle anderen öffentlich Bediensteten dürfen ihre 111 Auffindbar sind die Berichte unter https://www.parlament.gv.at/WWER/ NR/OEFFBED/ (03.12.2019). Der Bericht für das Jahr 2018 weist 41 der 183 Nationalratsmitglieder als öffentlich Bedienstete aus. 112 Zur Fragwürdigkeit dieser Auswahl s Cargnelli-Weichselbaum, Art 59a Rz 36. 113 So die Charakterisierung von Wieser, § 6a UnvG Rz 4. 114 Laut Wieser, § 6a UnvG Rz 4 vermutet das Gesetz bei diesen öffentlich Bediensteten eine Unverträglichkeit von Dienstverhältnis und Mandat, wes-
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dienstliche Tätigkeit weiter fortsetzen, es sei denn, der Ausschuss untersagt die Ausübung der Tätigkeit – dies ist nur mit der Begründung möglich, dass eine objektive und unbeinflusste Amtsführung nicht gewährleistet ist. Für beide Beschlüsse – sowohl die ausnahmsweise Erlaubnis der weiteren Ausübung der Berufstätigkeit als auch die Untersagung der weiteren Berufsausübung – werden Rechtsschutzdefizite konstatiert, weil es sich um der Gesetzgebung zuzurechnende nicht bekämpfbare Entscheidungen handle.115 29 Die einfachgesetzlichen dienstrechtlichen Regelungen sehen für die Unzulässigkeitsfälle des Unv-Transparenz-G – egal, ob sie mangels Ausnahmebewilligung oder durch eine Untersagungsentscheidung des Ausschusses entstehen – die Zuweisung eines Ersatzarbeitsplatzes vor. Wird dabei die für die Zuweisung eines möglichst gleichwertigen Arbeitsplatzes notwendige Zustimmung verweigert, erfolgt die Außerdienststellung gegen Entfall der Bezüge.116 Für Mitglieder des NR und des BR ist diese Regelung bereits in Art 6a Abs 2 im Unv-Transparenz-G vorgesehen. Das einfachgesetzliche Dienstrecht beschränkt sich aber darauf nicht und bezieht somit auch Landtagsmitglieder in das geschilderte Regelungsregime ein.117
halb „besondere Gründe für die Verträglichkeit im Einzelfall vorliegen“ müssten. 115 Bußjäger/Kopf, Bezügebegrenzung, Bundesstaat und Grundfreiheiten, JRP 1998, 369 (376). 116 S Rz 19. Beschließt der Ausschuss die Zulässigkeit der weiteren Ausübung des Richterdienstes in der ordentlichen Gerichtsbarkeit gelten laut § 79 RStDG die §§ 17-19 BDG sinngemäß. Im Fall der Nicht-Erlaubnis der Fortführung der bisherigen Richtertätigkeit ist in § 82 RStDG die unfreiwillige Versetzung auf eine andere Planstelle vorgesehen und bei Verweigerung der Zustimmung die Außerdienststellung. 117 Wieser, § 6a UnvG Rz 8 hält in Bezug auf Landtagsmitglieder auch ein anderes Regelungsmodell für möglich; Bußjäger/Kopf, JRP 1998, 377, halten die die Länder für befugt, landesverfassungsgesetzlich oder einfachgesetzlich für Landtagsmitglieder ähnliche Regelungen wie das (damals noch) Bundesgesetz über Unvereinbarkeiten für oberste Organe und sonstige öffentliche Funktionäre (Unvereinbarkeitsgesetz 1983), BGBl 1980/330, zu treffen. Tatsächlich hat das einfachgesetzliche Dienstrecht (s FN 82) auch für Landtagsmitglieder die Außerdienststellung gegen Entfall der Bezüge vorgesehen.
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Artikel 30 Gelöbnis der Abgeordneten Die Abgeordneten haben in der ersten Sitzung, an der sie teilnehmen, in die Hand des Vorsitzenden die Beachtung der Bundesverfassung und der Landesverfassung, der sonstigen Bundes- und Landesgesetze sowie die gewissenhafte Erfüllung ihrer Pflichten zu geloben. Die Beifügung einer religiösen Beteuerung ist zulässig. LGBl samt Erläuterungen: LGBl 1988/61 (X. GP AA 141/88 AB 141/88); LGBl 1998/104 (XII. GP RV 230/98 AB 230/98) Literatur: Morscher, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer. 7. Tirol (1991) 75; Schwamberger/Ranacher, Tiroler Landesordnung 19896: Kommentar (2017) 64 f
Inhaltsübersicht I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben..................................... 1 II. Entstehungsgeschichte.................................................................. 3 III. Funktion und Rechtswirkung des Gelöbnisses......................... 5 IV. Inhalt der Gelöbnisformel............................................................ 8 V. Modalitäten der Gelöbnisablegung............................................. 11 VI. Gelöbnisverweigerung oder -abweichung als Mandats verlusttatbestand........................................................................... 16
I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben Für die Ablegung eines Gelöbnisses von LTAbg gibt es keine bundes- 1 verfassungsrechtlichen Vorgaben, sodass entsprechende Regelungen in der Verfassungsautonomie der Länder liegen. Es finden sich in allen Landesverfassungen und GO der LT – in Sbg nur in der Sbg GO LT, in Wien nur in der WStV – Gelöbnis- bzw Angelobungsbestimmungen1 für LTAbg. 1
Tirol, Vbg und Wien verwenden durchgehend den Begriff „Gelöbnis“, während Bgld und Stmk nur von „Angelobung“ sprechen – so auch das GOGNR und die GO des BR (Kundmachung des Bundeskanzlers vom 5. Juli
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2 Das B-VG kennt Angelobungs- und Gelöbnisregelungen nur in Bezug auf die Bundesorgane BPräs (Art 62 B-VG), BReg (Art 72 B-VG) und Präs des RH (Art 122 Abs 4 B-VG) sowie für den LH und die Mitglieder der LReg (Art 101 Abs 4 B-VG). Für Mitglieder des NR und BR finden sich einschlägige Regelungen nicht im B-VG, sondern lediglich in den GO der beiden Kammern in Form von Angelobungsbestimmungen.2 Es dürften die diversen bundesrechtlichen Regelungen – insb wohl die der GO – eine gewisse Orientierungs- und Vorbildwirkung für landesrechtliche Bestimmungen gehabt haben, Verbindlichkeitscharakter kommt ihnen aber nicht zu.
II. Entstehungsgeschichte 3 Die Gelöbnisregelung findet sich in der StF der TLO 19893 in einer Ausformulierung, die auch der heutigen entspricht. Es fand sich lediglich in der StF als zu beachtende Rechtsvorschrift zusätzlich noch die GO des LT aufgezählt; dies machte deswegen Sinn, weil die GO damals nicht in Form eines LG, sondern als Beschluss des LT ausgestaltet war.4 Die EB behaupten, es sei in der TLO 1953 die Angelobung der Abg nicht geregelt (gewesen), sondern nur in § 5 der Tir GO LT 1982;5 dies stimmt nicht, denn § 11 Abs 2 der TLO 1953 normierte sehr wohl eine – wenn auch knapp formulierte – Gelöbnisablegung der Abg,6 die der § 5 der Tir GO LT 1982 ergänzte und präzisierte.7 1988 betreffend die Geschäftsordnung des Bundesrates, BGBl 1988/361 idF BGBl I 2015/53). Beide Begriffe verwenden – ebenso wie das B-VG – Ktn, NÖ, OÖ und Sbg. Dabei ist jeweils mit Gelöbnis die Formel, die zu sprechen ist, angesprochen und mit Angelobung der Gesamtvorgang, in dessen Verlauf die Formel geleistet wird. 2 S § 4 GOG-NR und § 2 GO des BR. 3 LGBl 1988/61. 4 So Art 26 Abs 1 TLO 1989 idF LGBl 1988/61: „Der Landtag gibt sich durch Beschluß eine Geschäftsordnung.“ 5 EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 66. 6 Sie lautete: „Die Abgeordneten legen das Gelöbnis auf Beobachtung der Landesverfassung und Erfüllung ihrer Pflichten in die Hand des Altersvorsitzenden ab.“ 7 Laut § 5 Abs 1 der Tir GO LT 1982 (diese abgedruckt bei Morscher, Verfassungsrecht 289 [294]) lautete das Gelöbnis der Abg auf Beachtung der Gesetze – also nicht nur auf Beachtung der Landesverfassung wie § 11 Abs 2 TLO 1953 formulierte – und Erfüllung ihrer Pflichten; laut § 5 Abs 2 Tir GO LT 1982 hatte jeder Abg mit den Worten „ich gelobe“ „unverbrüchliche
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Mit der TLO-Nov LGBl 1998/104 wurde die GO als Bezugspunkt des Gelöbnisses gestrichen, weil mit derselben TLO-Nov die Erlassung der GO als einfaches LG vorgesehen wurde; daher fiel – so die EB zutreffend – die GO nunmehr unter die sonstigen LG und musste nicht mehr eigens erwähnt werden.8 Beginnend mit der Tir GO LT 1982 finden sich in allen GO des LT 4 ebenfalls Gelöbnisregelungen; seit der Tir GO LT 19949 wurde dabei einerseits der Text des Art 30 wiederholt, allerdings mit der kleinen Abweichung, dass das Gelöbnis in der ersten Sitzung (ohne den Zusatz: an der sie teilnehmen) abzulegen ist – die GO meint(e) mit „erster Sitzung“ nämlich die konstituierende Sitzung des LT nach einer Wahl. Daher hieß bzw heißt es in den GO ergänzend, dass später eintretende Abg das Gelöbnis in der ersten Sitzung, an der sie teilnehmen, abzulegen haben.10 1998 wurde in die GO des Tir LT eine weitere Ergänzung aufgenommen, nämlich dass die Ablegung des Gelöbnisses für die gesamte GP gilt.11 Dies erfolgte ausweislich der EB aus – nicht näher spezifizierten – Gründen der Klarstellung.12
III. Funktion und Rechtswirkung des Gelöbnisses Das Gelöbnis stellt ein feierlich-zeremonielles Versprechen dar, die mit 5 dem Amt verbundenen Pflichten und die für die Amtsführung maßgeblichen Rechtsvorschriften zu beachten.13 Die Verbindlichkeit der
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Treue dem Land Tirol sowie stete und volle Beachtung der Gesetze und gewissenhafte Erfüllung seiner Pflichten zu geloben“. EBRV zur TLO-Nov LGBl 1998/110, Tir LT XII. GP, GZ 270/98, 5. Geschäftsordnung des Tiroler Landtages 1994, Beschluss des Tir LT vom 07.07.1994, GZ 176/1994. Heute § 5 Abs 1 und 2 Tir GO LT. § 5 Abs 3 Tir GO LT 1998 (Gesetz vom 7. Oktober 1998 über die Geschäftsordnung des Tiroler Landtages, LGBl 1998/110); heute § 5 Abs 3 Tir GO LT. EB AA zur Tir GO LT 1998 LGBl 1998/110, Tir LT XII. GP, GZ 278/983; vgl zum möglichen Hintergrund dieser Regelung Rz 15. So zu den insoweit vergleichbaren Gelöbnis- und Angelobungsregelungen des B-VG in Bezug auf BPräs und BReg: B. Raschauer, Art 62 B-VG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (1999) Rz 2; Frank, Art 62 B-VG, in Kneihs/Lienbacher (Hg), Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht (2011) Rz 2; B. Raschauer, Art 72 B-VG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (1999) Rz 3.
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Rechtsvorschriften besteht unabhängig vom Gelöbnis,14 dieses bekräftigt sie lediglich in Gestalt einer „profanen Versicherungs- und Versprechensformel“.15 Daraus resultiert wohl auch, dass der Bruch des abgelegten Gelöbnisses nicht eigenständig sanktioniert ist. 6 Die Ablegung des Gelöbnisses ist nicht Voraussetzung für die Erlangung des Mandates als LTAbg – dieses beginnt laut Art 29 Abs 2 TLO 1989 mit dem Zusammentritt des LT zur ersten Sitzung oder mit der Zustellung einer Berufung als Ersatzmitglied.16 Dass die Ablegung des Gelöbnisses nicht konstitutiv für den Mandatserwerb ist, erhellt auch daraus, dass die Gelöbnisverweigerung oder die nicht formentsprechende Ablegung des vorgeschriebenen Gelöbnisses17 zum Mandatsverlust führt;18 daher ist das Mandat bereits vor der Gelöbnisablegung erlangt worden.19 7 Aus der Rechtsfolge des Mandatsverlustes für den Fall der Gelöbnisverweigerung oder der nicht gehörigen Form der Gelöbnisablegung folgt aber im weiteren, dass die (gehörige) Ablegung Voraussetzung für die Beibehaltung des erlangten Mandates ist. Die vorgeschriebene Gelöbnisablegung ist ferner Voraussetzung für die Ausbezahlung der Abgeordnetenbezüge nach dem L-BezügeG: Es beginnt nämlich der Anspruch eines LTAbg auf Bezüge nach diesen Gesetz mit dem Tag der Angelobung,20 worunter die Ablegung des Gelöbnisses entsprechend Art 30 TLO 1989 zu verstehen ist.
IV. Inhalt der Gelöbnisformel 8 Die sog Gelöbnisformel, also der Wortlaut des abzulegenden Versprechens, beinhaltet zum einen die Beachtung der aufgezählten Rechtsvorschriften Bundes- und Landesverfassung sowie der „sonstigen 14 B. Raschauer, Art 62 Rz 2; Widder, Form und Funktion politischer Treuegelöbnisse, in Fischer et al (Hg), Dimensionen des Rechts – GS René Marcic (1974) 701 (704, 713). 15 So die bei Widder in GS Marcic 704 FN 10 zit Formulierung aus Friesenhahn, Der politische Eid (1928). 16 S dazu Rath-Kathrein, Art 29 (in diesem Band) Rz 9 ff. 17 Dazu näher Rz 16. 18 Dazu Rath-Kathrein, Art 34 (in diesem Band) Rz 17. 19 Zur insoweit vergleichbaren Lage bei Abg des NR Novak, Über den Amtsantritt des Bundespräsidenten, ZÖR 15 (1965), 274 (287); Zögernitz, Nationalrat-Geschäftsordnung4 (2020) 47 und 57. 20 § 4 Abs 1 L-BezügeG.
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Gelöbnis der Abgeordneten
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Bundes- und Landesgesetze“. Unter „Beachtung“ ist die Befolgung oder Einhaltung der bestehenden Rechtsvorschriften zu verstehen, und es sind mE alle Rechtsvorschriften gemeint.21 Es wurde zwar bezweifelt, ob ein derartiges Gelöbnis für Parlamentarier sinnvoll sei, weil ihre Aufgabe nicht in der Rechtsanwendung, sondern in der Änderung der Rechtsordnung liege;22 gleichwohl bleiben auch für Gesetzesänderungen bspw die Vorgaben betr das Gesetzgebungsverfahren und die grundrechtlichen Schranken als zu beachtende Rechtsvorschriften maßgeblich. Versteht man überdies das Gelöbnis als Versprechen der generellen Rechtstreue,23 ist es unerheblich, ob ein rechtsanwendendes oder ein rechtsänderndes Staatsorgan das Gelöbnis ablegt. Der zweite Bezugspunkt des Gelöbnisses der Abg ist die gewissenhafte 9 Erfüllung ihrer Pflichten. Abgeordnetenpflichten sind – mit der Bezeichnung als Pflicht – in der Tir GO LT in Gestalt der Teilnahmepflicht des § 14 Tir GO LT normiert, wonach die Abg an Sitzungen des LT und der Ausschüsse24 teilzunehmen haben, Verhinderungen unverzüglich mitzuteilen haben und ohne Waffen und Uniformkleidung erscheinen müssen, sowie in Form von Verschwiegenheitspflichten über Inhalt, Unterlagen und Beschlüsse von vertraulichen Sitzungen.25 Es ergeben sich aber auch aus sehr vielen weiteren Bestimmungen der Tir GO LT Pflichten für Abg: Wenn Frist- und Formvorschriften verschie21 Zu dem vom BPräs laut Art 62 B-VG abzulegenden Gelöbnisteil, „die Verfassung und alle Gesetze“ getreulich zu beobachten, gibt es eine Kontroverse, ob dies die Einhaltung sämtlicher Gesetze beinhaltet oder nur die den amtlichen Wirkungsbereich des BPräs betr Gesetze. Das von B. Raschauer, Art 62 Rz 3 vertretene einschränkende Verständnis stützt sich auf die Anklagebestimmung des Art 142 B-VG und auf die Einschätzung, dass das B-VG nicht das Verhalten von Amtsinhabern als Privatpersonen regle; auch Frank, Art 62 Rz 2 sieht das Gelöbnis des BPräs auf die ihn aufgrund seines Amtes treffenden Rechtspflichten beschränkt. ME ist es aber möglich, das die Rechtsvorschriften betr Versprechen als solches der generellen Rechtstreue zu verstehen, weil die Frage, welcher Gesetzesverstoß zB zur Anklage gem Art 142 B-VG führt, ein anderes Thema ist. Auch ist die Erfüllung der (Amts)Pflicht(en) in den Gelöbnisformeln gesondert erwähnt. 22 Kelsen, Die Verfassungsgesetze der Republik Deutschösterreich, 3.Teil (1919) 111, zit bei Widder in GS Marcic 719. 23 Dazu s FN 21. 24 Auch § 70 Abs 1 Tir GO LT ordnet an, dass jedes Ausschussmitglied verpflichtet ist, an den Sitzungen des Ausschusses teilzunehmen. 25 § 42 Abs 4 Tir GO LT für als vertraulich erklärte Landtagssitzungen und § 68 Abs 3 Tir GO LT für als vertraulich erklärte Ausschusssitzungen.
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denster Art aufgestellt werden,26 die Ausübung des Stimmrechts27 geregelt wird, Redezeitbeschränkungen28 und Ordnungsbestimmungen29 normiert sind, dann impliziert dies immer auch die Pflicht, diese Vorgaben zu beachten und einzuhalten. Die Einhaltung der in der Tir GO LT normierten Abgeordnetenpflichten ist an sich bereits durch das Gelöbnis, alle LG beachten zu wollen, abgedeckt. Dennoch ist die ausdrückliche Erwähnung der gewissenhaften Pflichterfüllung ein ganz traditioneller30 und gebräuchlicher31 Teil von Gelöbnisformeln. Das dürfte daher rühren, dass GO nicht immer als formelle Gesetze in Geltung standen32 und daher der Hinweis auf die Pflichten der Abg eigenständige Bedeutung hatte. Zum anderen soll damit wohl die Wichtigkeit der Einhaltung der „Berufspflichten“ besonders betont werden. 10 Die Möglichkeit der Beifügung einer religiösen Beteuerung ist erst mit der StF der TLO 1989 eröffnet worden. Tirol ist das einzige Bundesland, das diese Option bei der Angelobung von LTAbg einräumt. Üblicherweise werden die Worte „So wahr mir Gott helfe“ verwen26 ZB § 24 Abs 1 und 3 Tir GO LT: Formvorschriften für die Unterstützung und Gestaltung von selbständigen Anträgen; § 27 Abs 5 Tir GO LT: Fristbestimmungen für die Einbringung dringlicher Anträge. 27 § 58 Tir GO LT: Persönliche Ausübung, Abgabe auf dem zugewiesenen Sitzplatz. 28 ZB § 54 Abs 3 Tir GO LT – eine tatsächliche Berichtigung darf nicht länger als 5 Minuten dauern. 29 § 74 ff Tir GO LT – Unterbrechung der Rede, wenn der Präs das Wort ergreift; Ruf zur Sache bei Abweichungen von der Sache; Ruf zur Ordnung bei Äußerungen, die den Anstand oder die Sitte verletzen. 30 Bereits die GO des Reichsrats von 1873 (Gesetz vom 12. Mai 1873, in Betreff der Geschäftsordnung des Reichsrathes, RGBl 1873/94) formulierte in § 1 Abs 6, dass die Mitglieder des Herren- und des Abgeordnetenhauses „dem Kaiser Treue und Gehorsam, unverbrüchliche Beobachtung der Staatsgrundgesetze, sowie aller anderen Gesetze und gewissenhafte Erfüllung ihrer Pflichten“ zu geloben hatten. 31 Sowohl das GOG-NR (§ 4 Abs 1) und die GO des BR (§ 2 Abs 1) als auch alle Landesverfassungen bzw LT GO sehen die gewissenhafte Pflichtenerfüllung der Abg als Bestandteil der Gelöbnisformeln vor. Überwiegend haben die Abg die „gewissenhafte Erfüllung ihrer Pflichten“ zu geloben; in Ktn gelobt der Abg „meine Pflichten nach bestem Wissen und Gewissen zu erfüllen“ (Art 23 K-LVG); in Sbg ist die „gewissenhafte Erfüllung ihrer Pflichten als Mitglieder“ zu geloben (§ 7 Abs 1 Sbg GO LT) und in Vbg, dass der Abg „die Pflichten eines Abg gewissenhaft erfüllen werde“ (Art 20 Abs 1 Vbg LV). 32 So auch in Tirol, s Rz 3.
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det.33 Eine rechtliche Relevanz hat die Abgabe einer religiösen Beteuerung nicht,34 sie ist aber möglicherweise nur deswegen zulässig, weil die TLO 1989 sie ausdrücklich erlaubt.35
V. Modalitäten der Gelöbnisablegung Als Zeitpunkt der Gelöbnisablegung bestimmt die TLO 1989 die erste 11 Sitzung, an der Abg teilnehmen. Das ist nach einer Neuwahl die kon stituierende Sitzung des LT – sie hat nach § 4 Tir GO LT als „Erste Sitzung“ spätestens 35 Tage nach dem Wahltag stattzufinden; für einen später eintretenden Abg ist es jene Sitzung, an der er erstmals teilnimmt. Aus diesen Festlegungen resultiert auch, dass das Gelöbnis vor dem Plenum des LT abzulegen ist.36 Das Gelöbnis ist in die Hand des Vorsitzenden abzugeben. Damit ist 12 angeordnet, dass ein Handschlag zwischen Abg und Vorsitzendem zu erfolgen hat; Vorsitzender ist in der konstituierenden Sitzung nach § 4 Abs 2 Tir GO LT der Präs des bisherigen LT oder ersatzweise der an Lebensjahren älteste anwesende Abg. In späteren Sitzungen ist es der gewählte Präs oder Vizepräsident, in dessen Hand zu geloben ist. Die Praxis in Tirol zeigte zuletzt37 folgenden Ablauf: Über namentlichen 13 Aufruf des Landtagsdirektors trat jeder Abg vor den Vorsitzenden; dieser sprach die Formel: „Sie geloben die Beachtung der Bundesverfassung und der Landesverfassung, der sonstigen Bundes- und Landesgesetze sowie die gewissenhafte Erfüllung Ihrer Pflichten.“ Der Abg antwortete „Ich gelobe“38 und gab dabei dem Vorsitzenden die Hand.39 33 So B. Raschauer, Art 62 Rz 7 und Frank, Art 62 Rz 7 zur Praxis bei der Gelöbnisablegung des BPräs. 34 B. Raschauer, Art 62 Rz 6. 35 Reimelt, § 7 in Dumpelnik (Hg), Geschäftsordnung des Landtages Steiermark (2012) 38 (dort Anm 10). AA offenbar Zögernitz, Nationalrat-Geschäftsordnung 56, wonach die Beifügung einer religiösen Beteuerung in § 4 GOG-NR nicht verboten sei. 36 Zur insoweit vergleichbaren Lage bei der Angelobung im NR s Zögernitz, Nationalrat-Geschäftsordnung 57. 37 S die Konstituierende Sitzung des Tir LT am 28.3.2018, XVII. GP, Sitzungsbericht 3 ff. 38 Ein Abg sprach „Ich gelobe, so wahr mir Gott helfe.“ 39 In der Konstituierenden Sitzung der vorherigen GP sprach der Vorsitzende die Formel nur zwei Mal vor, verzichtete dann aber auf die Wiederholung, so-
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Das Gelöbnis ist mündlich abzulegen; die Lehre vertritt in Bezug auf den BPräs die Meinung, dass eine andere Art der Erklärung zulässig sei, wenn eine Behinderung dies erfordere.40 Die Tir GO LT normiert in § 5 Abs 3, dass die Ablegung des Ge15 löbnisses für die gesamte GP gilt. Diese erstmals in der Tir GO LT 1998 aufscheinende Regelung wurde laut den damaligen EB „zur Klarstellung“ getroffen – welche Zweifelsfälle den Anlass bildeten, bleibt allerdings unerwähnt. Vermutlich geht es um Fälle, in denen Abg das Gelöbnis bereits abgelegt haben und sich die Frage stellt, ob sie es in derselben GP nochmals ablegen müssen. Das kann Abg betreffen, die nach einer Beurlaubung wieder in den LT zurückkehren,41 oder Abg, die nach einer Wiederholungswahl weiterhin im LT bleiben,42 oder auch Abg, die als Ersatzmitglied angelobt wurden, dann ausscheiden und später neuerlich als Ersatzmitglied berufen werden: In allen diesen Fällen stellt die Bestimmung der Tir GO LT klar, dass es keine Notwendigkeit der Wiederholung des Gelöbnisses gibt. 14
VI. Gelöbnisverweigerung oder -abweichung als Mandatsverlusttatbestand 16 Art 34 Abs 3 lit b der TLO 1989 normiert als einen der Mandatsverlusttatbestände den Fall, dass der Abg das Gelöbnis nicht oder nicht in der in Art 30 vorgeschriebenen Weise leistet.43 Demnach realisiert zum einen die gänzliche Verweigerung der Gelöbnisablegung den Mandats-
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dass die Abg nur mehr in seine Hand jeweils „ich gelobe“ sprachen; s die Konstituierende Sitzung des Tir LT am 24.5.2013, XVI. GP, Sitzungsbericht 1 f. B. Raschauer, Art 62 Rz 5 und ihm folgend Frank, Art 62 Rz 6. Seit der Tir GO LT 1982 kann der Präs bis zu 3 Monate Urlaub gewähren, längere Urlaube kann nur der LT gewähren. Zögernitz, Nationalrat-Geschäftsordnung 56 nennt das Bsp der teilw Wiederholung der Nationalratswahl 1995, wo ausweislich der StenProt des NR die Abg, denen (wiederum) Mandate zugewiesen worden waren, aber schon bisher dem NR angehörten, nicht neuerlich angelobt wurden; weiters führt Zögernitz am angeführten Ort Fälle an, in denen nach Änderungen der Mandatszuteilung nur die neu eintretenden Abg angelobt wurden. Parallel dazu normiert auch § 12 Abs 2 lit b Tir GO LT diesen Tatbestand; es wird in der GO LT lediglich „die/der Abgeordnete“ formuliert sowie daran angeknüpft, dass das Gelöbnis nicht in der in § 5 Abs 1 Tir GO LT Weise abgelegt – dort wird die Gelöbnisformel des Art 30 TLO 1989 samt der Möglichkeit des religiösen Zusatzes wiederholt.
Gelöbnis der Abgeordneten
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verlusttatbestand; zum anderen ist auch jede Abweichung von der Gelöbnisformel, die Beifügung eines anderen Zusatzes als den der religiösen Beteuerung oder die Verweigerung des Handschlages tatbestandsmäßig.44 Neben gänzlicher Verweigerung und Abweichung von der vorgeschrie- 17 benen Weise ist in einigen anderen Bundesländern sowie in den GO des NR und des BR eine dritte Fallkonstellation der mangelhaften Gelöbnisablegung formuliert – danach bildet auch eine Gelöbnisabgabe „unter Beschränkungen und Vorbehalten“ einen Grund für den Mandatsverlust eines Abg.45 Obwohl die TLO 1989 diese Konkretisierung nicht enthält, stellt auch in Tirol die Abgabe des Gelöbnisses unter Bedingungen oder Vorbehalten einen Mandatsverlusttatbestand dar, weil diesfalls die vorgeschriebene Weise der Gelöbnisablegung nicht vorliegt: Es ist eben keinerlei Abweichung vom vorgeschriebenen Wortlaut und Ablauf möglich; vielmehr ist nur die Zufügung einer religiösen Beteuerung – aber eben keiner anderen – erlaubt.46
44 VfSlg 3441/1958 (Verweigerung der Ablegung in die Hand des Vorsitzenden), 19.983/2015 (Hinzufügen der Worte „wenn es dem Sinn des Lebens und der Sittlichkeit nicht widerspricht“); VfGH 11.10.2017, WII 1/2017 („Ich gelobe kann ich wohl sagen“). 45 § 2 Abs 1 Z 1 GOG-NR, § 3 Abs 2 GO des BR, § 3 Abs 1 lit c Sbg GO LT: Will der Abg bzw das Mitglied die Angelobung „unter Beschränkungen oder Vorbehalten leisten“; Art 21 NÖ LV 1979, Art 38 Abs 1 Z 4 OÖ L-VG: Wenn der Abgeordnete bzw das Mitglied die Angelobung „unter Bedingungen oder Vorbehalten leisten will“; § 19 Abs 3 WStV: „Ein Gelöbnis unter Bedingungen oder mit Zusätzen gilt als verweigert.“ 46 S auch B. Raschauer, Art 62 Rz 6 und Frank, Art 62 Rz 6 zur Bedeutung der Möglichkeit der Beifügung einer religiösen Beteuerung beim Gelöbnis des BPräs. Die Rechtsfolge eines Abweichens von der Gelöbnisformel oder der Beifügung nicht religiöser Zusätze ist beim BPräs, dass das Gelöbnis unwirksam ist und somit die Voraussetzung des Amtsantrittes nicht gegeben ist. Ähnlich auch Wieser, Art 72 BVG, in Kneihs/Lienbacher (Hg), RillSchäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht (2012) Rz 8 zur religiösen Beteuerungs-Möglichkeit bei der Angelobung der Mitglieder der BReg.
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Artikel 31 Unabhängigkeit der Abgeordneten (1) Die Abgeordneten sind bei der Ausübung ihres Mandates an keinen Auftrag gebunden. (2) Die Abgeordneten sind Vertreter des gesamten Landesvolkes. Sie können ihre Rechte nur persönlich ausüben. LGBl samt Erläuterungen: LGBl 1988/61 (X. GP AA 141/88 AB 141/88) Literatur: Morscher, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer. 7. Tirol (1991) 75 f; Schwamberger/Ranacher, Tiroler Landesordnung 19896: Kommentar (2017) 65
Inhaltsübersicht I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben..................................... 1 II. Entstehungsgeschichte.................................................................. 3 III. Auftragsungebundenheit – freies Mandat ................................ 5 IV. Persönliche Rechtsausübung ....................................................... 11
I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben 1 Abs 1 des Art 31 TLO 1989 statuiert mit der Auftragsungebundenheit den Grundsatz des freien Mandats der Abg. Das B-VG kennt keine explizite Vorgabe dieses Grundsatzes für Landtagsmitglieder, lediglich für Mitglieder des NR und des BR findet sich eine diesbezügliche Anordnung in Art 56 B-VG. Dennoch ist laut Rsp und Lehre das Prinzip des freien Mandats auch für LTAbg „von Bundesverfassungs wegen garantiert.“1 Dies wird vom VfGH nicht näher begründet;2 die Lehre entnimmt die bundesverfassungsgesetzliche Gewährleistung des freien Mandats für die LTAbg dem Prinzip der parlamentarischen Demokra1 So Wieser, Art 56/1 B-VG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (2000) Rz 13. 2 So zutreffend Wieser, Art 56/1 Rz 13 zu VfSlg 3560/1959 und 10.178/1984; Mayer/Muzak, B-VG5 (2015) 361 interpretieren VfSlg 10.178 so, dass der VfGH die Geltung des Prinzips offenbar als vorausgesetzt annehme.
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tie und auch dem erkennbaren Willen des Verfassungsgesetzgebers, die Rechtsstellung aller Mitglieder von Volksvertretungen homogen regeln zu wollen.3 Abs 2 des Art 31 TLO 1989 ist ohne bundesverfassungsrechtliches Vor- 2 bild und findet sich auch in keiner anderen Landesverfassung. Der erste Satz ist als Teil des Prinzips des freien Mandats anzusehen, indem er den mit dem Prinzip verfolgten Gedanken der Gesamtrepräsentation4 verdeutlicht. Die im 2. Satz angesprochene Verpflichtung der persönlichen Rechtsausübung findet sich ansonsten nur in GO von Parlamenten und dort regelmäßig als Gebot der persönlichen Stimmabgabe.5
II. Entstehungsgeschichte Die heutige Regelung blieb seit der StF der TLO 19896 unverändert. Sie 3 knüpfte an § 7 Abs 1 der TLO 1953 an, welcher lautete: „Die Landtagsabgeordneten dürfen keinerlei bindende Aufträge ihrer Wähler entgegennehmen; sie sind Vertreter des gesamten Volkes. Sie können ihre Rechte als Landtagsabgeordnete nur persönlich ausüben”. Die TLO 1989 teilte zum einen diese Regelung – nicht ganz glücklich – in 2 Absätze auf: Es hätte nämlich die Passage betr die Funktion als Vertreter des gesamten Landesvolkes besser in den Abs 1 gepasst, wie auch aus der Interpunktion des § 7 TLO 1953 zu ersehen ist. Zum anderen nahm die TLO 1989 sprachliche Veränderungen vor: Statt dem Verbot der Entgegennahme von Aufträgen („dürfen keinerlei…entgegennehmen“) wurde nun die Auftragsungebundenheit konstatiert („sind an keinen Auftrag gebunden“); es wurde der Bezug auf Wähleraufträge gestrichen, was die Bedeutung der Regelung erweiterte, weil nunmehr keinerlei Aufträge – von wem auch immer stammend – gemeint sind. Weiters wurde die Vertretung nicht mehr auf das gesamte Volk, sondern auf das gesamte Landesvolk bezogen, worin wohl eine Präzisierungsabsicht zu sehen ist und eine einheitliche Begrifflichkeit hergestellt wer3
4 5 6
Koja, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer2 (1988) 110 ff; Wieser, Art 56/1 Rz 13; Adamovich et al, Österreichisches Staatsrecht 23 (2014) 70; Mayer/Kucsko-Stadlmayer/Stöger, Grundriss des österreichischen Bundesverfassungsrechts11 (2015) 392; Berka, Verfassungsrecht7 (2018) 192; Öhlinger/Eberhard, Verfassungsrecht12 (2019) 182 f. Dazu Rz 5. S dazu die Nachweise in FN 21. Zur Bedeutung des Gebots s Rz 11. LGBl 1988/61.
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den sollte: Die TLO 1989 hatte ja in Art 3 den Begriff des Landesvolkes neu eingeführt. 4 Die Verknüpfung der Auftragsungebundenheit und der persönlichen Stimmrechtsausübung in ein- und derselben Bestimmung war in allen Landesordnungen der Monarchie üblich; es hieß jeweils im § 7: „Die in den Landtag gewählten Abgeordneten dürfen keine Instructionen annehmen und ihr Stimmrecht nur persönlich ausüben.“7 Dies behielt nur die TLO 1989 bis heute bei, während die anderen Bundesländer und der Bund das regelungstechnisch in der Weise trennten, dass nur mehr das freie Mandat in den Landesverfassungen bzw dem B-VG aufscheint und die persönliche Stimmrechtsausübung nur mehr in den jeweiligen GO der Parlamente.
III. Auftragsungebundenheit – freies Mandat 5 Das freie Mandat der Abg beruht auf dem Gedanken der Gesamtrepräsentation; demnach soll ein Abg frei nach seinem politischen Gewissen im Interesse des gesamten Volkes entscheiden und nicht als spezieller Repräsentant seiner Wähler, seiner Partei oder einer bestimmten Interessengruppe agieren.8 Diesen Aspekt sprach die TLO 1953 bereits an,9 und nunmehr auch Art 31 TLO 1989, indem im ersten Satz des Abs 2 die Abg als Vertreter des gesamten Landesvolkes bezeichnet werden. 6 Dem Ziel der Gesamtrepräsentation dient die Normierung der Auftragsungebundenheit – sie meint die rechtliche Unabhängigkeit der Abg von Aufträgen, egal von welcher Seite sie kommen: Es können den Abg von keiner Person, Personengruppe oder Institution rechtlich bindende Vorgaben erteilt werden, wie sie ihr Mandat auszuüben ha7 So bereits die Landes-Ordnungen in der Beilage II des Februarpatentes, RGBl 1861/20. Auch das als Beilage I zum Februarpatent erlassene Grundgesetz über die Reichsvertretung ordnete in § 15 an: „Die Mitglieder des Hauses der Abgeordneten haben von ihren Wählern keine Instructionen anzunehmen“ und schloss mit § 16 an: „Alle Mitglieder des Reichsrathes haben ihr Stimmrecht persönlich auszuüben.“ 8 Koja, Verfassungsrecht 112 f; Wieser, Art 56/1 Rz 15; Adamovich et al, Staatsrecht 70; Berka, Verfassungsrecht 170. 9 S Rz 3; Koja, Verfassungsrecht 110 f erblickt in der Formulierung der TLO 1953 einen Anklang an den ideengeschichtlichen und demokratietheoretischen Hintergrund des freien Mandats.
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ben; darüber können auch keine rechtsgültigen Vereinbarungen geschlossen werden.10 „Bei der Ausübung ihres Mandates“ inkludiert alle parlamentarischen 7 Tätigkeiten der Abg, also ihre Redebeiträge, Anfragen, Anträge ebenso wie ihre Abstimmungen bzw Wahlen, und dies sowohl im Plenum als auch in den Ausschüssen und in sonstigen geschäftsordnungsmäßig vorgesehenen Gremien wie zB Präsidialkonferenzen. Unvereinbar mit dem Prinzip des freien Mandats sind laut Rsp gesetz- 8 liche Regelungen, die an den Parteiausschluss oder den Parteiaustritt eines Abg die Rechtsfolge des Mandatsverlustes knüpfen.11 Gleiches gilt für den Ausschluss oder den Austritt aus einem parlamentarischen Klub: Auch ein solcher Vorgang darf nicht zum Mandatsverlust des betroffenen Abg führen.12 Umgehungsversuche in Form von Blankoverzichtserklärungen von Abg, Vereinbarungen zwischen Partei und Abg über eine Mandatsaufgabe oder Konventionalstrafen werden von der Lehre als nichtig gem § 879 ABGB und damit rechtsunwirksam erachtet.13 Übereinstimmend wird heute konstatiert, dass das Prinzip des freien 9 Mandats gegenüber der unbestreitbaren Abhängigkeit der Abg vom Wohlwollen ihrer Partei ins Leere läuft, wenn und soweit es sich namentlich bei der Klubdisziplin nicht um rechtliche, sondern „nur“ um faktische Bindungen handelt.14 Da aber das freie Mandat Abg jedenfalls vor einem Mandatsverlust als Sanktion für Abweichungen von der Partei- oder Klublinie schützt, wird es als nach wie vor bedeutsam zur Verhinderung einer totalen Parteiabhängigkeit und der Ermöglichung der Freiwilligkeit der Klubdisziplin erachtet.15
10 Koja, Das freie Mandat (1971) 15 ff; Wieser, Art 56/1 Rz 15 und 17; Berka, Verfassungsrecht 170 f. 11 VfSlg 3426/1958, 3560/1959. Dazu näher Wieser, Art 56/1 Rz 20 ff. 12 VfSlg 13.640/1984; Wieser, Art 56/1 Rz 30; Öhlinger/Eberhard, Verfassungsrecht 191. 13 Koja, Mandat 21 f; Wieser, Art 56/1 Rz 23 ff; Adamovich et al, Staatsrecht 71; Berka, Verfassungsrecht 170 f; Öhlinger/Eberhard, Verfassungsrecht 183. 14 Koja, Mandat 24 f; ders, Verfassungsrecht 113; Wieser, Art 56/1 Rz 18 und 28; Adamovich et al, Staatsrecht 71; Berka, Verfassungsrecht 171; Öhlinger/ Eberhard, Verfassungsrecht 183. 15 Koja, Mandat 23; Wieser, Art 56/1 Rz 19; Adamovich et al, Staatsrecht 71; Berka, Verfassungsrecht, 171; Öhlinger/Eberhard, Verfassungsrecht 183.
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10 Kritisch gesehen werden allerdings gesetzliche Regelungen, die im Fall des Klubausschlusses oder -austrittes den automatischen Verlust der Mitgliedschaft in Parlamentsausschüssen ohne „kompensatorische Ausschussbetätigungsmöglichkeiten“ für den nunmehr „wilden“ Abg vorsehen:16 Sie werden wegen Widerspruchs zum Prinzip des freien Mandats als verfassungswidrig erachtet. Die GO LT kennt diese Automatik nicht: Sie beruft die Wählergruppen zur Nominierung der auf sie entfallenden Ausschussmitglieder für die Wahl durch den LT (§ 62 Abs 3 Tir GO LT) und ermächtigt wiederum die Wählergruppen, an die Stelle eines derart gewählten Mitglieds einen anderen Abg ihrer Wählergruppe für eine Nachwahl zu nominieren. Dass ein Klub – und damit wohl auch eine Wählergruppe – seine bzw ihre Abg aus Ausschüssen abberufen kann, wird in der Lehre für mit dem freien Mandat vereinbar gehalten.17
IV. Persönliche Rechtsausübung 11 Das im zweiten Satz des Abs 2 formulierte Gebot, die Abgeordnetenrechte persönlich auszuüben, bedeutet eine Absage an Übertragungsoder Vollmachtmöglichkeiten;18 vielmehr muss jeder Abg seine Rechte höchstpersönlich ausüben. Inwiefern dies im Dienste der in der Überschrift angesprochenen Unabhängigkeit der Abg steht, ist nicht leicht zu sehen; es könnte die Platzierung der Regelung durch die Entstehungsgeschichte erklärbar sein, in der Auftragsungebundenheit und persönliche (Stimm)Rechtsausübung traditionell in derselben Bestimmung angesiedelt waren.19 Eine Sicherung der Unabhängigkeit könnte die Regelung insofern bewirken, als mangels Vertretungsmöglichkeit auch kein Druck in diese Richtung auf einen Abg ausgeübt werden kann. Primär aber ist die Stoßrichtung der Bestimmung wohl, die Abg zur Anwesenheit in Sitzungen zu verpflichten, weil sie nur so ihre Rechte, insb das Stimmrecht, ausüben können. 16 Wieser, Art 56/1 Rz 31 FN 89 zur GO NR, die die Beschickung der Ausschüsse den Klubs überlässt (§ 32 Abs 1 GOG-NR) und das Erlöschen des Ausschussmandats anordnet, wenn das Mitglied dem Klub nicht mehr angehört oder der Klub ein anderes Mitglied an seiner Stelle namhaft gemacht hat (§ 36 Abs 2 GOG-NR). S bereits Koja, Mandat 19 f zur früheren NR GO. 17 Wieser, Art 56/1 Rz 32; fraglich sei allerdings, ob es für den Ausschussrückzug nicht gesetzliche Bindungen geben müsse. 18 Pircher, § 59 in Dumpelnik (Hg), Geschäftsordnung des Landtages Steiermark (2012) 312 zur Anordnung der persönlichen Stimmabgabe. 19 S Rz 4.
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Anders als früher20 ist es heute einzigartig, dass das Gebot der persön- 12 lichen Rechtsausübung in der Landesverfassung verankert ist; üblich sind inzwischen Regelungen in den GO der LT sowie ein den GO des NR und des BR, die die Abg bzw Mitglieder verpflichten, ihr Stimmrecht persönlich auszuüben;21 dies oft in Kombination mit einer Anwesenheitspflicht im Sitzungssaal während der offenen Abstimmung22 und einem Verbot, bei einer Stimmzettelabstimmung die Stimme nachträglich abzugeben.23 Das Gebot der persönlichen (Stimm)Rechtsausübung schließt nicht 13 aus, dass sich Abg zeitweise durch gewählte Ersatzmitglieder vertreten lassen können. Es kennt etwa die Tir GO LT die Möglichkeit der Beurlaubung eines Abg für einzelne Sitzungstage oder die gesamte Dauer einer Sitzung24 und sieht für diesen Fall vor, dass der LTPräs das Ersatzmitglied beruft;25 Ktn, Sbg und Vbg sehen die Möglichkeit eines Eltern- oder Pflege-Karenzurlaubs für Abg vor und ordnen deren Vertretung durch das gewählte Ersatzmitglied an.26 Die Vertretung im Fall der Beurlaubung oder Karenzierung ist nur für längere Zeiträume bzw ganze Sitzungen (mindestens 1 Sitzungstag in Tirol) vorgesehen; die Pflicht zur persönlichen Rechtsausübung gilt dann für das eintretende Ersatzmitglied.
20 S Rz 4. 21 § 64 Abs 1 GOG-NR; § 53 Abs 1 Kundmachung des Bundeskanzlers vom 5. Juli 1988 betreffend die Geschäftsordnung des Bundesrates, BGBl 1988/361 idF BGBl I 2015/53; § 72 Abs 1 Bgld GO LT; § 65 Abs 1 (Verfassungsbestimmung) NÖ LGO 2001; § 38 Abs 1 Sbg GO LT; § 46 Abs 1 Vbg GO LT. In Wien ist laut § 28 Abs 1 Wr GO LT die Anwesenheit in den Bankreihen bzw im Sitzungssaal bei der Abstimmung nötig, woraus ebenfalls die persönliche Ausübung resultiert; ähnlich § 65 Abs 1 (Abgabe der Stimme vom Sitzplatz aus) und § 68 Abs 2 (Stimmabgabe bei geheimer Abstimmung erfordert Anwesenheit beim Namensaufruf) Ktn GO LT. 22 So muss laut § 58 Abs 1 Tir GO LT die Stimmabgabe vom zugewiesenen Sitzplatz aus erfolgen und erfolgt laut § 60 Abs 1 durch Erheben der Hand. 23 S zB § 60 Abs 4 Tir GO LT: „Abgeordnete, die bei der Abstimmung nicht anwesend sind, dürfen ihre Stimme nicht nachträglich abgeben.“ 24 Die Sitzungen des Tir LT werden idR auf 2 Tage anberaumt; s auch § 41 Abs 5 und 6 Tir GO LT, die vom „ersten Sitzungstag“ sprechen. 25 § 13 Abs 1 iVm § 13 Abs 4 lit b Tir GO LT. 26 § 5 Abs 3 und § 6a Ktn GO LT; § 5 Abs 3 Sbg GO LT; § 66 Vbg Gesetz über das Verfahren bei Wahlen zum Landtag (Landtagswahlgesetz – LWG), LGBl 1988/60 idF LGBl 2019/25 und § 5a Vbg GO LT.
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Artikel 32 Immunität der Abgeordneten (1) Ein Abgeordneter darf wegen der Abstimmungen in Ausübung seines Mandates niemals, wegen der mündlichen oder schriftlichen Äußerungen in Ausübung seines Mandates nur vom Landtag verantwortlich gemacht werden. (2) Die Verhaftung eines Abgeordneten wegen einer strafbaren Handlung und die Vornahme einer Hausdurchsuchung bei einem Abgeordneten ist nur mit Zustimmung des Landtages zulässig. Dies gilt nicht für die Verhaftung im Fall der Ergreifung auf frischer Tat bei der Begehung eines Verbrechens. (3) Sonst darf ein Abgeordneter ohne Zustimmung des Landtages wegen einer strafbaren Handlung nur dann behördlich verfolgt werden, wenn diese offensichtlich in keinem Zusammenhang mit der Ausübung seines Mandates steht. Die Behörde hat hierüber die Entscheidung des Landtages einzuholen, wenn der Abgeordnete oder wenigstens drei Mitglieder des Immunitäts- und Unvereinbarkeitsausschusses dies verlangen. Wird ein solches Verlangen gestellt, so ist jede behördliche Verfolgungshandlung sofort zu unterlassen oder abzubrechen. (4) Die Zustimmung des Landtages gilt in den Fällen der Abs. 2 und 3 als erteilt, wenn der Landtag über ein Ersuchen der zur Verfolgung berufenen Behörde nicht binnen acht Wochen entschieden hat. Der Landtagspräsident hat ein solches Ersuchen spätestens am vorletzten Tag dieser Frist zur Abstimmung zu bringen. Die sitzungsfreie Zeit wird in diese Frist nicht eingerechnet. (5) Wird ein Abgeordneter im Fall der Ergreifung auf frischer Tat bei der Begehung eines Verbrechens verhaftet, so hat die Behörde dies dem Landtagspräsidenten sofort bekanntzugeben. Wenn es der Landtag oder in der sitzungsfreien Zeit der Immunitäts- und Unvereinbarkeitsausschuß verlangt, ist die Haft aufzuheben oder die Verfolgung überhaupt zu unterlassen. (6) Die Immunität eines Abgeordneten endet mit dem Erlöschen des Mandates. 406
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(7) Für die Ersatzmitglieder gelten die Abs. 1 bis 6 nur während des Zeitraumes, für den sie zur Teilnahme an der Tätigkeit des Landtages einberufen werden. LGBl samt Erläuterungen: LGBl 1988/61 (X. GP AA 141/88 AB 141/88); LGBl 1998/104 (XII. GP RV 230/98 AB 230/98) Literatur: Kopetzki, Art 57 B-VG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (1999); Kopetzki, Art 96/1–2 B-VG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (2000); Morscher, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer. 7. Tirol (1991) 76 ff; Pesendorfer, Art 96 B-VG, in Kneihs/Lienbacher (Hg), Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht (2002); Schwamberger/Ranacher, Tiroler Landesordnung 19896: Kommentar (2017) 65 ff
Inhaltsübersicht I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben..................................... 1 II. Entstehungsgeschichte.................................................................. 6 III. Berufliche Immunität ................................................................... 8 IV. Außerberufliche Immunität......................................................... 14 V. Dauer des Immunitätsschutzes.................................................... 24
I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben Gem Art 96 Abs 1 B-VG genießen die Mitglieder des LT die gleiche 1 Immunität wie die Mitglieder des NR, und es sind die Bestimmungen des Art 57 B-VG sinngemäß anzuwenden. Damit werden die in Art 57 B-VG zur Immunität der Nationalratsmitglieder getroffenen inhaltlichen und verfahrensmäßigen Anordnungen auf die Landtagsmitglieder „transportiert“1 und das Prinzip eines einheitlichen, homogenen Immunitätsrechts für Mitglieder gesetzgebender Organe realisiert.2 Mitglieder des NR und der LT genießen demnach eine sog berufliche Immunität – diese schützt das Abstimmungsverhalten im Parlament und die in der parlamentarischen Tätigkeit getätigten Äußerungen vor 1 So Kopetzki, Art 96/1-2 Rz 1. 2 Funk, Die parlamentarische Immunität als Einrichtung des Verfassungsrechts, in Ortner/Wielinger (Hg), Die Immunität von Abgeordneten – Wohltat oder Plage? (1990) 13 (16); Lienbacher, Immunität von Landtagsabgeordneten – Regelungsspielraum der Länder, in Aichlreiter (Hg), Recht (v) ermessen – FS Hofer-Zeni (1998) 187 (188); Kopetzki, Art 96/1–2 Rz 2; Pesendorfer, Art 96 Rz 1; Adamovich et al, Österreichisches Staatsrecht 23 (2014) 72.
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rechtlicher Verfolgung; weiters vermittelt die Bundesverfassung den Abg eine außerberufliche Immunität – das ist der Schutz vor Verhaftung, Hausdurchsuchung und sonstiger strafrechtlicher Verfolgung der Abg wegen Verhaltensweisen außerhalb der Parlaments: Sie ist erschwert, weil grds nur mit Zustimmung des Parlaments möglich. 2 Die in Art 96 Abs 1 B-VG getroffene Vorgabe der sinngemäßen Anwendung der Bestimmungen des Art 57 B-VG bedeutet zum einen, dass an die Stelle der dort genannten Bundesorgane NR, NRPräs und mit Immunitätsangelegenheiten betrauter ständiger Ausschuss des NR die entsprechenden Landesorgane treten, also LT, LTPräs und ein für Immunitätsangelegenheiten eingerichteter Landtagsausschuss.3 Im Verein mit der weiteren Anordnung des Art 96 B-VG, dass die Landtagsmitglieder die gleiche Immunität wie die NRAbg genießen, zog der VfGH den Schluss, dass die Immunität der LTAbg in abschließender und keiner Ausführung bedürfender Weise bundesverfassungsrechtlich geregelt sei und die Landesverfassungen keine von Art 96 und Art 57 B-VG abweichenden Regelungen erlassen dürften.4 Die Lehre hat zutreffend herausgearbeitet, dass Art 57 B-VG auch Gestaltungs- und Konkretisierungsspielräume aufweist, die dem Landes(ver fassungs)gesetzgeber offen stehen;5 bspw ist durch Art 57 B-VG nicht bindend vorgegeben, welche Sanktionen für Äußerungen von Abg im Rahmen der parlamentarischen Tätigkeit vorzusehen sind, und es sind auch Verfahrensregelungen betr Auslieferungsbegehren möglich.6 Es ist also eine „Abweichung“ iSe Ausführung von Art 57 B-VG dann und insofern erlaubt, als die Bestimmung keine bindende Festlegung trifft. Ob im Übrigen eine Landesregelung lediglich sinngemäße Wiederholungen von bindenden Festlegungen des Art 57 B-VG vornimmt oder unzulässig abweicht, ist nicht immer leicht zu beantworten;7 hier wirft die TLO 1989 einige Fragen auf, auf die nachstehend eingegangen wird.8 3 4 5 6 7 8
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Kopetzki, Art 96/1–2 Rz 8; Pesendorfer, Art 96 Rz 1 bei FN 4. VfSlg 2047/1950; Koja, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer2 (1988) 114; Kopetzki, Art 96/1–2 Rz 4; Pesendorfer, Art 96 Rz 1. Lienbacher, Immunität 193 ff; Kopetzki, Art 96/1–2 Rz 11 ff; Pesendorfer, Art 96 Rz 1. Lienbacher, Immunität 193 ff und 198 ff; Kopetzki, Art 96/1–2 Rz 12 f. Kopetzki, Art 96/1–2 Rz 5, spricht vom „schmalen Grenzbereich zwischen sinngemäßer Wiederholung und phantasievoller Abweichung“. S unten Rz 8, 13, 16, 17, 19, 27 und 28.
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Die B-VG-Bestimmungen zwingen die Landesverfassungen grds nicht 3 zur Ausformulierung von Immunitätsregelungen für LTAbg: Sie müssen weder eine ausführliche noch eine kurz gehaltene Wiederholung des Art 57 und/oder Art 96 B-VG vornehmen. Die Mehrzahl der Länder entschied sich aber für eine sinngemäße Wiederholung des Art 57 B-VG in Landesverfassungsrang,9 OÖ und Ktn wählten eine Kurzvariante.10 Es besteht von der Bundesverfassung her auch keine Pflicht, in den GO der LT (nähere) Immunitätsregelungen vorzusehen;11 Tirol hat – so wie auch Stmk und Vbg – daher zulässigerweise keine speziellen und ausgedehnten Geschäftsordnungsregelungen betr Immunitätsangelegenheiten erlassen. Lediglich die Pflicht des Präs, Ersuchen gem Art 32 Abs 2 und Abs 3 TLO 1989 sowie Mitteilungen gem Art 32 Abs 5 TLO 1989 dem Immunitäts- und Unvereinbarkeitssausschuss zuzuleiten, ist normiert.12 Unterschiedliche Auffassungen vertritt die Lehre zu den Folgen eines 4 Widerspruchs landesrechtlicher Bestimmungen zu bindenden Vorgaben des Art 57 B-VG: Kopetzki meint, es trete keine ipso iure-Derogation durch die vorrangige bundesverfassungsrechtliche Bestimmung ein, sondern sie müsse vom Landesgesetzgeber oder dem VfGH aufgehoben werden;13 Pesendorfer dagegen beruft sich auf VfSlg 2047/1950 und konstatiert eine Derogation von Art 57 B-VG entgegenstehendem Landesrecht.14 ME hat die erste Auffassung bessere Argumente für sich, weil das österr Verfassungsrecht den Satz „Bundesrecht bricht Landesrecht“ nicht kennt. Auch nahm der VfGH in VfSlg 2047/1950 streng genommen keine Derogation von Landesrecht an; vielmehr hat9 10
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Art 24 Bgld L-VG; Art 24 K-LVG; § 5 NÖ GO LReg; Art 31 Sbg L-VG; Art 29 Vbg LV; § 130 WStV. Art 39 OÖ L-VG: „Die Mitglieder des Landtages genießen die gleiche Immunität wie die Mitglieder des Nationalrates. Die Bestimmungen des Art. 57 des Bundes-Verfassungsgestzes sind sinngemäß anzuwenden.“ Art 34 Stmk L-VG: „Die Mitglieder des Landtages genießen die gleiche Immunität wie die Mitglieder des Nationalrates nach den Bestimmungen des Bundes-Verfassungsgesetzes“. Pesendorfer, Art 96 Rz 1 bei FN 4 leitet aus der in Art 96 Abs 1 B-VG getroffenen Anordnung der sinngemäßen Geltung des Art 57 B-VG ab, dass die Länder in Entsprechung des Art 57 Abs 7 B-VG nähere Anordnungen zur Immunität in ihren LT GO treffen müssen; das wird mE zutreffend von Kopetzki, Art 96/1–2 Rz 10 nicht so gesehen. § 19 Abs 5 iVm § 23 Abs 1 lit e Tir GO LT. Kopetzki, Art 96/1–2 Rz 5 unter Berufung auf Koja, Verfassungsrecht 39 f. Pesendorfer, Art 96 Rz 1 bei FN 3.
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te für den VfGH die Nov des Art 57 B-VG – nämlich die Einführung einer Äußerungsfrist des NR – kraft Art 96 B-VG unmittelbar auch für die Landtagsmitglieder Geltung erlangt, ohne dass es einer Anpassung der Landesrechtslage – die keine Frist vorsah – bedurft hatte. 5 Ausgehend von VfSlg 2047/1950 ist mE danach zu differenzieren, ob ein (echter) Widerspruch einer landesgesetzlichen Regelung zu bindenden Vorgaben des Art 57 B-VG besteht oder „bloß“ eine mangelnde Übernahme dort getroffener Anordnungen, welche aber auch ohne Übernahme anwendbar sind, weil sie unmittelbar gelten. Sieht etwa eine landesrechtliche Regelung eine kürzere oder längere Entscheidungsfrist als Art 57 B-VG vor oder werden andere Organe zuständig gemacht, als sie in Art 57 B-VG vorgegeben sind, liegt ein Widerspruch vor, der die Regelung bundesverfassungswidrig macht. Schweigt dagegen das Landesrecht zu einem spezifischen Punkt – wie seinerzeit zur Entscheidungsfrist –, gilt laut Art 96 Abs 1 B-VG die entsprechende Regelung des Art 57 B-VG sinngemäß – es bedarf gar keiner Übernahme in das Landesrecht für ihre unmittelbare Geltung betr die Immunität der Landtagsmitglieder. Von der unmittelbaren Geltung des gesamten Art 57 B-VG gehen im Übrigen jene Länder aus, die im Landesrecht nur kurz auf Art 57 bzw Art 96 B-VG verweisen und keine weitergehenden Wiederholungen des Art 57 B-VG vornahmen.15
II. Entstehungsgeschichte 6 Die heutige Regelung entspricht bis auf eine marginale Änderung jener der StF der TLO 1989;16 es wurde mit der Nov LGBl 1998/104 lediglich die Wortfolge „tagungsfreie Zeit“ in Abs 4 und 5 durch „sitzungsfreie Zeit“ ersetzt, weil die bis dorthin geltende Gliederung der Legislaturperiode in Tagungen und Sitzungen aufgegeben wurde und nur mehr Sitzungen des LT stattfinden. 7 Art 32 TLO 1989 setzt die Technik der Ausformulierung von Immunitätsbestimmungen für LTAbg fort, die bereits § 19 der TLO 1953 in weitgehender Orientierung an Art 57 B-VG verwendet hatte. Auch inhaltlich übernahm die StF die Vorgängerregelungen der TLO 1953 idF der Nov LGBl 1980/46 – mit ihr hatte der Landesverfassungsgesetzgeber die 1979 getroffene Neuregelung der Immunität in Art 57 B-VG umgesetzt 15 S FN 10. 16 LGBl 1988/61.
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und sich wiederum eng an die Formulierungen des Art 57 B-VG gehalten. Hier entschied sich nun die StF jedoch für mehrere, von § 19 TLO 1953 und damit von Art 57 B-VG abweichende sprachliche Formu lierungen;17 über den Grund dafür geben die EB keinen Aufschluss.
III. Berufliche Immunität Die berufliche Immunität soll die Abstimmungs-, Argumentations- 8 und Redefreiheit der Abg schützen18 und steht so wie das freie Mandat im Dienste der Sicherung der Unabhängigkeit der Abg.19 In der Bezeichnung „berufliche“ Immunität kommt zum Ausdruck, dass Art 57 Abs 1 B-VG nur Abstimmungen und Äußerungen schützt, die ein Abg „in Ausübung seines Berufes“ bzw „in seinem Beruf“ tätigt, womit lediglich seine im Parlament gesetzten Aktivitäten erfasst sind.20 Art 32 Abs 1 TLO 1989 formuliert abweichend von Art 57 B-VG, dass Abstimmungen und Äußerungen „in Ausübung des Mandates“ des Abg geschützt sind; dies bringt den beruflichen Bezug ebenfalls zum Ausdruck und dürfte deckungsgleich mit der Bedeutung der im B-VG verwendeten Formulierung sein: Da wie dort sind nur Abstimmungen und Äußerungen im Zuge der parlamentarischen Tätigkeit von Abg gemeint. Möglicherweise wollte die erstmals in der StF der TLO 1989 verwendete Formulierung klarstellen, dass es nicht um den „Zivilberuf“ des Abg geht und im Einklang mit der Wortwahl in Art 31 TLO 1989 von der Mandatsausübung sprechen. Nunmehr ist Tirol das einzige Bundesland, das bei seinen Immunitätsregelungen nicht von der Berufsausübung, sondern der Mandatsausübung spricht.21 Die Abstimmungsfreiheit beinhaltet einen absoluten Schutz vor ei- 9 ner rechtlichen Verfolgung wegen der in Ausübung der Abgeordnetenfunktion getätigten Abstimmungen: Für das Stimmverhalten im 17 S dazu Rz 8, 13, 16, 17, 19, 27 und 28. 18 Funk, Immunität 16 f; Kopetzki, Art 57 Rz 6; Berka, Verfassungsrecht7 (2018) 172; Öhlinger/Eberhard, Verfassungsrecht12 (2019) 183 f. 19 Kopetzki, Art 57 Rz 6; Berka, Verfassungsrecht 171. 20 Dazu gleich. 21 Bis zur Nov LGBl 2016/12 sprach auch Art 24 Abs 1 K-LVG vom Schutz der Abg „bei Ausübung ihres Mandates“; warum 2016 die Formulierung umgestellt wurde auf „Ausübung ihres Berufes“, geht aus den EB nicht hervor. Anlass der Nov war die Anpassung des Art 24 Abs 1 K-LVG an die 2014 erfolgte Änderung des Art 57 B-VG über die Herausnahme der Verleumdung aus dem Schutz der beruflichen Immunität; dazu unten Rz 12.
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Plenum oder in Ausschüssen des LT kann es weder straf- oder disziplinarrechtliche Verfolgung noch zivilrechtliche Verantwortlichkeit geben,22 es ist überhaupt keinerlei rechtliche Sanktion möglich.23 10 Die berufliche Immunität beinhaltet weiters eine relative, stark herabgesetzte24 Verantwortlichkeit für mündliche und schriftliche Äußerungen, die ein Abg in Ausübung seines Berufes bzw seines Mandates tätigt: Dafür kann der Abg nur vom LT verantwortlich gemacht werden. Dem Schutz unterliegen nach hL und Rsp nur Äußerungen, die ein Abg in Ausübung seiner parlamentarischen Funktion im Anwendungsbereich der GO tätigt:25 Demnach sind im LT oder seinen Ausschüssen getätigte Wortmeldungen ebenso wie in parlamentarischen Anfragen, Anträgen, Resolutionen und AB getätigte Äußerungen vom Schutz erfasst.26 Der OGH hat im Speziellen klargestellt, dass Äußerungen von Parlamentsabgeordneten auf Pressekonferenzen nicht der beruflichen Immunität unterliegen, und zwar auch dann nicht, wenn dabei im Parlament getätigte Äußerungen wiederholt werden, sei es mündlich oder durch Verteilung von Kopien der StenProt; daher waren in diesen Fällen die gegen Abg erhobenen zivilrechtlichen Klagen auf Widerruf und Unterlassung zulässig.27 11 Die Geltendmachung der Verantwortlichkeit für Abgeordnetenäußerungen erblickt die Lehre in den Instrumenten des Rufs zur Sache, des Rufs zur Ordnung und des Wortentzugs, die in den parlamentarischen GO regelmäßig vorgesehen sind,28 so auch in der Tir GO LT.29 22 Kopetzki, Art 57 Rz 18. 23 Funk, Immunität 16; Berka, Verfassungsrecht 172. 24 So Adamovich et al, Staatsrecht 72. 25 Funk, Immunität 17; Kopetzki, Art 57 Rz 13; Berka, Verfassungsrecht 172; kritisch zu diesem engen Verständnis Adamovich et al, Staatsrecht 73. 26 Funk, Immunität 17 f; Kopetzki, Art 57 Rz 13; Reimelt, § 8 Stmk GeoLT 2005, in Dumpelnik (Hg), Geschäftsordnung des Landtages Steiermark (2012) 45; Lais, Art 34 Stmk L-VG, in Grabenwarter (Hg), Steiermärkische Landesverfassung (2013) Rz 11. 27 OGH 11.12.1987, 2 Ob 668/87; 27.09.1990, 7 Ob 607/90 ua. Auch das Kleben eines Protestschreibens an eine Autoscheibe (OGH 30.10.1973, 9 ObA 77/88) und die Information eines Journalisten über den Inhalt einer parlamentarischen Anfrage (OGH 01.03.2012, 6 Ob 101/12i) wurden nicht als Fälle der beruflichen Immunität gewertet. 28 Funk, Immunität 17; Lienbacher, Immunität 194; Kopetzki, Art 57 Rz 23; Adamovich et al, Staatsrecht 72 f; Berka, Verfassungsrecht 172; Öhlinger/ Eberhard, Verfassungsrecht 183. 29 §§ 74–77 Tir GO LT.
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Ihre Verhängung liegt durchwegs in der Hand des Vorsitzenden bzw des Präs des LT und erfolgt damit streng genommen nicht „vom Landtag“, wie es Art 32 Abs 1 TLO 1989 vorsieht. Eben dieser Befund gilt auch für den NR: Zuständig für den Ausspruch der genannten Sanktionen ist laut den §§ 101 ff GOG-NR der Präs, während laut Art 57 Abs 1 B-VG der NR die Verantwortlichkeit wahrnimmt. Dennoch werden diese Instrumente als Realisierung der vom LT bzw vom NR wahrzunehmenden Verantwortlichkeit der Abg für ihre Äußerungen qualifiziert. Unstrittig ist, dass Art 57 B-VG es im Gestaltungsspielraum der Länder belässt, Art und Umfang der Ausgestaltung der Sanktionen festzulegen.30 Art 57 Abs 1 B-VG wurde mit BGBl I 2014/101 im Zuge einer Reform 12 der Untersuchungsausschüsse dahingehend geändert, dass eine behördliche Verfolgung von in Ausübung ihres Berufes getätigten Abgeordnetenäußerungen in zwei Fällen ermöglicht wurde: Keine berufliche Immunität besteht demnach „bei behördlicher Verfolgung wegen Verleumdung oder wegen einer nach dem Bundesgesetz über die Informationsordnung des Nationalrates und des Bundesrates strafbaren Handlung.“31 Damit sind die Straftatbestände der Verleumdung gem § 279 StGB und der Geheimnisverrat gem § 18 des InfOG32 angesprochen. Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers werden damit nur die strafrechtliche Verfolgung wegen dieser beiden Delikte ermöglicht und keine zivilrechtlichen Ansprüche im Bereich der beruflichen Immunität eröffnet;33 ferner sei – so die Mat – die strafrechtliche Verfolgung „in 30 So Kopetzki, Art 96/1-2 Rz 12; ähnlich auch Lienbacher, Immunität 193 f, wonach Art 57 B-VG den Ländern nur den Vorbehalt der Wahrnehmung der Verantwortlichkeit durch den LT vorschreibt. 31 Es sollte damit va verhindert werden, dass ein Untersuchungsausschuss „Umschlagplatz für vertrauliche Unterlagen“ sei und unter dem Schutz der Immunität Verleumdungen getätigt würden – s Parlamentskorrespondenz 950. 32 Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert und ein Bundesgesetz über die Informationsordnung des Nationalrates und des Bundesrates erlassen werden (Informationsordnungsgesetz – InfOG), BGBl I 2014/102. Das Gesetz regelt laut § 1 Abs 1 den „Umgang mit klassifizierten und nicht-öffentlichen Informationen im Bereich des Nationalrates und des Bundesrates“, indem der Zugang zu diesen Informationen beschränkt wird und eine Geheimhaltungspflicht normiert wird; § 18 macht die Offenbarung oder Verwertung bestimmter Informationen gerichtlich strafbar. 33 AB 439 BlgNR XXV. GP, 7; aA Berka, Verfassungsrecht 172, wonach der Abg im Falle von Verleumdungen einer zivilrechtlichen Verantwortlichkeit
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jedem Fall nach dem Regime der Abs. 3 ff. zu beurteilen.“ Demnach wird zur Verfolgung eines Abg wegen eines der beiden Delikte wohl regelmäßig die Zustimmung des NR einzuholen sein: Es dürfte nämlich ein offenkundiges Fehlen des Zusammenhangs mit der politischen Tätigkeit schwerlich gegeben sein, wenn ein Abg in der parlamentarischen Arbeit die inkriminierenden Äußerungen tätigt.34 13 Von den Bundesländern führte nur Ktn eine Anpassung der Immunitätsbestimmungen an die 2014 erfolgte Änderung des Art 57 Abs 1 B-VG durch und nahm mit LGBl 2016/17 als Ausnahmefall der beruflichen Immunität die behördliche Verfolgung wegen Verleumdung in Art 24 Abs 1 K-LVG auf. Alle übrigen Länder ließen ihre Bestimmungen unverändert. Darin ist mE kein Widerspruch zur Bundesverfassung zu sehen, sondern es gilt kraft Art 96 Abs 1 B-VG die in Art 57 Abs 1 B-VG angeordnete Ausnahme der beruflichen Immunität sinngemäß auch für die LTAbg;35 es kommt für sie primär die Verfolgung wegen Verleumdung in Frage, aber auch eine wegen des Delikts nach § 18 InfOG36 ist nicht ausgeschlossen: Es könnte ein Landtagsmitglied gem § 12 Abs 1 leg cit von einem Nationalratsklub oder gem § 15 leg cit von einer Fraktion des BR als zugangsberechtigt zu den nicht-öffentlichen Informationen namhaft gemacht worden und so Adressat der Strafbestimmung des § 18 leg cit sein. Jedenfalls wird für die strafgerichtliche Verfolgung von LTAbg wegen tatbestandsmäßiger parlamentarischer
unterliege; auch Mayer/Kucsko-Stadlmayer/Stöger, Grundriss des österreichischen Bundesverfassungsrechts11 (2015) 210 meinen, die zivilrechtliche Haftung (bei Verleumdung) bleibe aufrecht. 34 So auch Mayer/Kucsko-Stadlmayer/Stöger, Grundriss 210, wonach typischerweise ein Zusammenhang mit der politischen Tätigkeit des Abg anzunehmen sein werde. Mayer/Muzak, B-VG5 (2015) 276 interpretieren die Aussage der Mat so, dass der NR die Anwendbarkeit der Ausnahmeregelung beurteilen müsse – sie sei bei Vorliegen eines begründeten Verdachts gegeben und diesfalls müsse der NR der Verfolgung zustimmen. 35 S dazu Rz 5. 36 § 18 Abs 1 InfOG lautet: „Wer entgegen den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes eine ihm aufgrund dieses Bundesgesetzes zugänglich gewordene, nicht allgemein zugängliche klassifizierte Information der Stufe 3 oder 4 offenbart oder verwertet, deren Offenbarung oder Verwertung geeignet ist, die öffentliche Sicherheit, die Strafrechtspflege, die umfassende Landesverteidigung, die auswärtigen Beziehungen oder ein berechtigtes privates Interesse zu verletzen, ist vom Gericht mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren zu bestrafen“.
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Äußerungen wohl regelmäßig die Zustimmung des Immunitäts- und Unvereinbarkeitsausschusses einzuholen sein.37
IV. Außerberufliche Immunität Die Bezeichnung „außerberufliche“ Immunität zeigt an, dass es sich 14 um Verhaltensweisen außerhalb der von der beruflichen Immunität geschützten parlamentarischen Tätigkeit von Abg handelt.38 Sie beinhaltet Einschränkungen der Verfolgung bestimmter strafbarer Handlungen von Abg, schützt sie aber nicht vor zivilrechtlichen Klagen oder Inanspruchnahmen.39 Die außerberufliche Immunität soll nach der ursprünglichen Zielrichtung die Funktionsfähigkeit des Parlaments schützen, indem die Verhaftung, Hausdurchsuchung und sonstige Strafverfolgung von Abg zur Verhinderung willkürlichen oder missbräuchlichen staatlichen Vorgehens grds an die Zustimmung des Parlaments gebunden sind;40 über die heutige Notwendigkeit dieses Schutzes bestehen einerseits Zweifel,41 andererseits wird als nunmehriger primärer Sinn der außerberuflichen Immunität der Schutz der politischen Tätigkeit der Abg konstatiert.42 Art 32 Abs 2 und Abs 5 TLO 1989 regeln – korrespondierend zu Art 57 15 Abs 2 und 5 B-VG – den Schutz der Abg vor Verhaftungen wegen strafbarer Handlungen: Sie sind nur mit Zustimmung des LT erlaubt. Unter strafbaren Handlungen sind nach einhelliger Auffassung gerichtlich, verwaltungsbehördlich und disziplinarrechtlich zu ahndende Handlungen zu verstehen,43 sodass sowohl für Festnahmen nach den § 171 StPO44 als auch für Festnahmen gem § 35 VStG an den LT ein Ersuchen um Zustimmung gestellt werden muss: Dieses muss er positiv entscheiden, damit die Verhaftung erlaubt ist. Wird der Abg bei der 37 S vorige Rz 12. 38 Kopetzki, Art 57 Rz 27; Adamovich et al, Staatsrecht 73; Mayer/Muzak, B-VG 276; Berka, Verfassungsrecht 172. 39 Funk, Immunität 18; Lienbacher, Immunität 196; Kopetzki, Art 57 Rz 37; Adamovich et al, Staatsrecht 74; Mayer/Muzak, B-VG 276. 40 Funk, Immunität 19; Kopetzki, Art 57 Rz 7; Adamovich et al, Staatsrecht 72. 41 Berka, Verfassungsrecht 172 f; Kopetzki, Art 57 Rz 7. 42 Öhlinger/Eberhard, Verfassungsrecht 184. 43 Funk, Immunität 20; Lienbacher, Immunität 196; Kopetzki, Art 57 Rz 46 iVm Rz 36; Adamovich et al, Staatsrecht 73; Berka, Verfassungsrecht 173; Öhlinger/Eberhard, Verfassungsrecht 185. 44 Strafprozeßordnung 1975, BGBl 1975/631 idF BGBl I 2020/24.
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Begehung eines Verbrechens45 auf frischer Tat ergriffen, ist seine Verhaftung gem Art 32 Abs 2 TLO 1989 ohne Zustimmung des LT möglich; jedoch muss laut Art 32 Abs 5 TLO 1989 die Behörde diese Verhaftung sofort dem LTPräs bekannt geben; auf Verlangen des LT oder in der sitzungsfreien Zeit auf Verlangen des Immunitäts- und Unvereinbarkeitsausschusses ist die Haft aufzuheben oder die Verfolgung überhaupt zu unterlassen; in letzterem Fall sind dann während der Dauer der Zugehörigkeit zum LT gegen den Abg keinerlei Verfolgungshandlungen möglich.46 16 Art 32 Abs 2 TLO 1989 erlaubt die Vornahme einer Hausdurchsuchung bei Abg nur mit Zustimmung des LT. Ob die Hausdurchsuchung gegen den Abg als Beschuldigten stattfindet oder gegen jemand anderen, ist irrelevant, weil Art 32 Abs 2 TLO 1989 – so wie Art 57 Abs 2 B-VG – nur bei der Verhaftung den einschränkenden Zusatz „wegen einer strafbaren Handlung“ verwendet.47 Art 32 Abs 2 TLO 1989 stellt mit der gewählten Formulierung klar, dass die Hausdurchsuchung bei einem Abg ausnahmslos der Zustimmung des LT bedarf, weil der Sonderfall der Ergreifung auf frischer Tat ausdrücklich nur für die Verhaftung gilt. Die Textierung des Art 32 Abs 2 TLO 1989 weicht in diesem Punkt von Art 57 Abs 2 B-VG ab, weil dort im ersten Satz nur von der Verhaftung mit und ohne Zustimmung des NR die Rede ist und nach dem zweiten Satz „desgleichen“ Hausdurchsuchungen der Zustimmung des NR bedürfen. Diese Anordnung des Art 57 Abs 2 B-VG wird in der Lehre unterschiedlich interpretiert: Nach einer Auffassung sind demnach Hausdurchsuchungen im Fall der Ergreifung auf frischer Tat bei einem Verbrechen ohne Zustimmung des NR möglich,48 während andere Stimmen Art 57 B-VG so auslegen, dass eine Hausdurchsuchung stets der Zustimmung des NR bedarf.49 Wenn Letzteres die zutreffende Auslegung des Art 57 B-VG ist – was durch die Rsp noch nicht entschieden ist –, ist in Art 32 Abs 2 TLO 1989 keine unzu45 Ds laut § 17 Abs 1 StGB vorsätzliche Handlungen, die mit lebenslanger oder mit mehr als dreijähriger Freiheitsstrafe bedroht sind. 46 Dies auch dann, wenn offensichtlich kein Zusammenhang mit der politischen Tätigkeit besteht, was Kopetzki, Art 57 Rz 74 zu Recht befremdlich findet. Zum Begriff Verfolgungshandlung s Rz 17. 47 Funk, Immunität 21; Kopetzki, Art 57 Rz 48; Adamovich et al, Staatsrecht 74. 48 Mayer/Kucsko-Stadlmayer/Stöger, Grundriss 212; Adamovich et al, Staatsrecht 74; Mayer/Muzak, B-VG 278. 49 Kopetzki, Art 57 Rz 49; wohl auch Berka, Verfassungsrecht 173.
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lässige Abweichung von Art 57 B-VG zu sehen;50 andernfalls wäre an eine bundesverfassungskonforme Interpretation zu denken. Entsprechend der Systematik des Art 57 B-VG beinhaltet Art 32 Abs 3 17 TLO 1989 die sonstige – also abgesehen von Verhaftung und Hausdurchsuchung – behördliche Verfolgung eines Abg wegen strafbarer Handlungen. Als solche sonstigen Verfolgungsmaßnahmen wegen einer strafbaren Handlung – die wiederum weit zu verstehen ist51 – werden alle gegen den Abg als mutmaßlichen Täter gerichteten Maßnahmen verstanden, die Tat und Täter klären sollen, wie Vorladung, Einvernahme als Beschuldigter, U-Haft ua.52 Hier hängt die Zustimmungsbedürftigkeit der Verfolgung davon ab, ob die strafbare Handlung des Abg offensichtlich keinen Zusammenhang mit dem Politikerberuf des Abg hat: Nur diesfalls darf ohne die Zustimmung des LT verfolgt werden. Art 32 Abs 3 TLO 1989 stellt dabei auf den offensichtlich fehlenden Zusammenhang „mit der Ausübung seines Mandates“ ab, während es nach Art 57 Abs 3 B-VG auf den offensichtlich fehlenden Zusammenhang „mit der politischen Tätigkeit des betreffenden Abgeordneten“ ankommt.53 Hier weicht die TLO 1989 tatsächlich in unzulässiger Weise von bindenden Vorgaben des Art 57 B-VG ab: Unter der politischen Tätigkeit eines Abg iSd Art 57 Abs 3 B-VG ist nach einhelliger Lehre und Rsp jedenfalls mehr als die in Art 57 Abs 1 B-VG 50 Widersprüchlich Kopetzki, Art 96/1-2 Rz 14 bei FN 46, der Art 32 Abs 2 TLO 1989 als Einengung von durch Art 57 B-VG offen gelassenen Interpretationsspielräumen bezeichnet und dies – mit anderen Regelungen der TLO 1989 – als nicht mehr zulässige Wiederholungen des Art 57 B-VG wertet; Art 57 B-VG wird von ihm aber – mit guten Gründen – „einengend“ so interpretiert, dass Hausdurchsuchungen ausnahmslos die Zustimmung des NR brauchen: Kopetzki, Art 57 Rz 49. 51 S Rz 15: Es sind gerichtlich, verwaltungsrechtlich und disziplinarrechtlich strafbare Handlungen erfasst. 52 Funk, Immunität 22; Kopetzki, Art 57 Rz 33; Öhlinger/Eberhard, Verfassungsrecht 185. 53 Als Bsp für offensichtlich nicht mit der politischen Tätigkeit in Zusammenhang stehende strafbare Handlungen werden in der Lit Verkehrsdelikte im Privatbereich, private Vermögensdelikte oder Eifersuchtstaten genannt – s Funk, Immunität 23; Kopetzki, Art 57 Rz 42; Adamovich et al, Staatsrecht 74; Berka, Verfassungsrecht 173. Kritisch zur Verneinung des offensichtlichen Zusammenhanges durch VwGH 14.12.1982, 82/05/0103 (Bestrafung eines LTAbg als Obmann einer Genossenschaft wegen Übertretung der Bauordnung kein Fall der Zustimmungsbedürftigkeit, weil nicht nur Landtagsmitglieder Obmann sein können): Kopetzki, Art 57 Rz 42.
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genannte Berufsausübung des Abg gemeint.54 Dem muss die TLO 1989 Rechnung tragen und kann nicht denselben Begriff „Ausübung seines Mandates“ sowohl für die berufliche als auch für die außerberufliche Immunität verwenden. In Abs 1 des Art 32 TLO 1989 kann und muss man den Begriff Mandatsausübung mit dem engen Verständnis der Berufsausübung iSd Art 57 Abs 1 B-VG interpretieren; dann müsste aber in Abs 3 des Art 32 TLO 1989 ein anderer, nämlich weiterer Begriff verwendet werden. Derzeit engt daher der Wortlaut des Art 32 Abs 3 TLO 1989 die außerberufliche Immunität der Abg entgegen Art 57 und Art 96 B-VG ein.55 18 Wenn offensichtlich kein Zusammenhang der strafbaren Handlung mit der Mandatsausübung (eigentlich: politischen Tätigkeit) gegeben ist – was zunächst die strafverfolgende Behörde beurteilt –, darf die Strafverfolgung ohne Zustimmung des LT erfolgen; die Einschätzung der Behörde kann aber einer Überprüfung zugeführt werden: Auf Verlangen des betroffenen Abg oder auf Verlangen von mindestens drei Mitgliedern des Immunitäts- und Unvereinbarkeitsausschusses hat die Behörde die Entscheidung des LT über die Frage des Zusammenhanges einzuholen, und zwar hat die Behörde laut Tir GO LT ein „Ersuchen um Entscheidung über das Vorliegens eines Zusammenhanges im Sinn des Art. 32 Abs. 3“ TLO 198956 zu stellen. Das Verlangen des Abg oder des Ausschusses ist an die Behörde zu richten und bewirkt die Pflicht der Behörde, sofort die Verfolgung zu unterlassen57 oder abzubrechen und die Entscheidung des LT zur Zusammenhangsfrage einzu54 Funk, Immunität 23; Kopetzki, Art 57 Rz 42; Adamovich et al, Staatsrecht 74; s auch OGH 11.12.1987, 2 Ob 668: „[…] die Worte ‘in diesem Beruf’ im Abs 1 [des Art 57 sind] mit der im Absatz 3 enthaltenen Formulierung ‘Zusammenhang mit der politischen Tätigkeit’ nicht gleichzusetzen. […] Vielmehr wird gerade durch die unterschiedliche Formulierung deutlich, daß sich die berufliche Immunität bloß auf das parlamentarische Verhalten […] bezieht, die außerberufliche aber weitergeht und jede im Zusammenhang mit der politischen Tätigkeit stehende Äußerung umfaßt“. 55 Kopetzki, Art 96/1–2 Rz 14 bei FN 48. Die Anwendungspraxis des LT besteht laut Auskunft des Verfassungsdienstes des Amtes der Tir LReg darin, die „Ausübung des Mandates“ iSd „politischen Tätigkeit“ des Art 57 B-VG zu verstehen und insofern Art 32 Abs 3 TLO 1989 bundesverfassungskonform anzuwenden. 56 So die Bezeichnung des Verhandlungsgegenstandes in § 23 Abs 1 lit e Tir GO LT. 57 Art 57 Abs 3 B-VG formuliert, die Verfolgungshandlung habe sofort zu „unterbleiben“, was synonym mit unterlassen ist.
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holen. Thema für den LT in diesem sog Feststellungsverfahren ist, ob es einen Zusammenhang mit der Mandatsausübung (eigentlich: politischen Tätigkeit) gibt oder nicht – die Frage der Offensichtlichkeit ist für den LT irrelevant.58 Eine inhaltliche Bindung für die Entscheidung über den Zusammenhang besteht nicht; sie liegt im politischen Ermessenen des LT.59 Je nach Ausgang dieses Feststellungsverfahrens kann die Behörde die Verfolgung fortführen (wenn der LT keinen Zusammenhang sieht) oder sie benötigt die Zustimmung zur Verfolgung (wenn der LT einen Zusammenhang bejaht), worum sie wiederum den LT zu ersuchen hat.60 Das an die Behörde gerichtete Verlangen des Immunitäts- und Unver- 19 einbarkeitsausschusses auf Einholung der Entscheidung der Zusammenhangfrage muss laut Art 32 Abs 3 TLO 1989 von wenigstens drei Mitgliedern des Ausschusses gestellt werden. Demgegenüber normiert Art 57 Abs 3 B-VG, dass die Behörde auf Verlangen von einem Drittel der Mitglieder des mit diesen Angelegenheiten betrauten ständigen Ausschusses die Entscheidung einzuholen hat. Hier sieht Kopetzki in der Vorgabe der drei Mitglieder einen Widerspruch der TLO 1989 zu Art 57 Abs 3 B-VG, weil der Immunitäts- und Unvereinbarkeitsausschuss des Tir LT gem Art 23 Abs 5 TLO 198961 sieben Mitglieder hat – da lasse „sich die Verfassungswidrigkeit ausrechnen“.62 Dem ist aus folgendem Grund nicht zu folgen: Das B-VG will hier zum einen sicherstellen, dass das an die Behörde gerichtete Verlangen auf Einholung 58 Kopetzki, Art 57 Rz 70. 59 Kritisch zur diesbezüglich gleichen Situation des NR Mayer/Muzak, B-VG 277. 60 Wenn die Behörde nicht schon gleichzeitig mit dem Ersuchen um Entscheidung der Zusammenhangfrage ein in eventu-Ersuchen um Zustimmung zur Verfolgung gestellt hat, muss sie dieses nach der Zusammenhangentscheidung des LT eigens stellen. Das GOG-NR verpflichtet in § 10 Abs 3 den NR zur Koppelung der beiden Entscheidungen: Stellt er einen Zusammenhang fest, hat er gleichzeitig über die Frage der Zustimmung zur Verfolgung entscheiden. 61 Dass die Landesverfassung die konkrete Zahl festlegt, ist ungewöhnlich, wurde aber für den Immunitätsausschuss schon in der TLO 1953 (§ 19 Abs 7) – ebenfalls mit sieben – vorgenommen. Ansonsten ist es üblich, dass die Größe der für Immunitätsangelegenheiten zuständigen Ausschüsse durch Beschluss des NR bzw LT festgelegt wird. Lediglich Wien fixiert in § 40a der Wr GO LT die Größe des Immunitätskollegiums auch mit einer bestimmten Zl, nämlich 15. 62 Kopetzki, Art 96/1–2 Rz 14 bei FN 47.
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der Nationalratsentscheidung über eine Zusammenhangsfrage (und via Art 96 Abs 1 B-VG gilt dies auch für das Verlangen gegenüber einem LT) ein Minderheitsrecht ist, weil nach den Parlaments-Geschäftsordnungen grds in Ausschüssen die Stimmenmehrheit für eine Beschlussfassung erforderlich ist; zum anderen legt das B-VG mit der Drittelvorgabe eine Mindestgröße fest, die nicht unterschritten werden darf. Das B-VG gibt damit aber nicht vor, dass die Zahl der Ausschussmitglieder glatt durch drei teilbar sein muss – so wenig wie aus Art 53 Abs 1 B-VG (Verlangen eines Viertels der Mitglieder des NR auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses) folgt, dass die Zahl der Nationalratsmitglieder glatt durch vier teilbar sein muss. Auch ein Blick in die Praxis bestätigt diese Auffassung: Der Immunitätsausschuss des NR hat zwar derzeit 24 Mitglieder, in den drei vorangegangenen GP bspw waren es aber 17, 16 und 13 Mitglieder; die für Immunitätsangelegenheiten zuständigen Ausschüsse der LT haben – bis auf Wien63 – in den laufenden GP entweder sieben, acht, elf, 13 oder 14 Mitglieder.64 Soweit die Länder zum Verlangen des Immunitätsausschusses die Drittelregelung des Art 57 B-VG wiederholen, ist die Zahl der Ausschussmitglieder durch drei zu dividieren und das Ergebnis – wenn es keine ganze Zahl ist – auf die nächsthöhere Zahl aufzurunden; dies deshalb, weil das Verlangen von nicht weniger als einem Drittel stammen darf. Die so gewonnene Zahl ergibt die Mindestzahl an Stimmen, die für ein gültiges Verlangen notwendig ist.65 Als Ergebnis ist festzuhalten: Die Festlegung des Art 32 Abs 3 TLO 1989, dass mindestens drei Ausschussmitglieder an die strafverfolgende Behörde das Verlangen auf Einholung der Landtagsentscheidung zu stellen haben, ist im Einklang mit der Drittelregelung des Art 57 Abs 3 B-VG; sie konkretisiert lediglich das Ergebnis der gebotenen Division (7:3) und Aufrundung (2,3 auf 3). 20 Aus Art 32 Abs 3 TLO 1989 folgt – korrespondierend mit Art 57 Abs 3 B-VG –, dass bei einem Zusammenhang der strafbaren Handlung des Abg mit der Mandatsausübung (eigentlich: politischen Tätigkeit) die Behörde keine Verfolgungshandlung setzen darf, sondern die Zustimmung des LT zur Verfolgung einholen muss, indem sie ein Ersuchen um 63 S FN 61. 64 So das Ergebnis eine Recherche auf den Websites der einzelnen LT. 65 S auch § 1 Abs 2 der Verfahrensordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse (VO-UA), BGBl 1997/131 idF BGBl I 2014/99 (Anlage 1 zum GOG-NR): Mindestens 46 Mitglieder müssen den Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses unterstützen.
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Immunität der Abgeordneten
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Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abg stellt.66 Ein solches sog Auslieferungsbegehren muss die Behörde bereits dann stellen, wenn sie Zweifel am Vorliegen eines Zusammenhanges hat, weil sie nur bei seinem offensichtlichen Fehlen ohne Zustimmung des LT agieren darf.67 Ob der LT die Zustimmung zur Verfolgung erteilt oder nicht, liegt in seinem freien Ermessen68 und dürfte auch keiner bindenden Regelung durch Landesrecht zugeführt werden;69 sieht der LT anlässlich eines Auslieferungsbegehren gar keinen Zusammenhang des Delikts mit der politischen Tätigkeit, wäre er allerdings zur Zustimmung verpflichtet.70 Da die Entscheidung des LT – egal, ob hinsichtlich der Frage der Fest- 21 stellung eines Zusammenhanges oder der Zustimmung zur Verfolgung – laut Rsp keinerlei Rechtskontrolle unterliegt und insb auch kein Bescheid ist, kann sie nicht überprüft werden.71 Art 32 Abs 3 TLO 1989 trifft im Einklang mit Art 57 Abs 4 B-VG die 22 Säumnisregelung, dass die Zustimmung des LT zur Verfolgung als erteilt gilt, wenn er nicht binnen acht Wochen über ein Verfolgungsersuchen entschieden hat. Die Zustimmungsfiktion bei Nichtentscheidung binnen acht Wochen gilt nach hL auch für Säumnis im Feststellungsverfahren.72 Damit wird eine Blockade der Strafverfolgung durch Nichterledigung eines Ersuchens verhindert.73 Die Frist beginnt mit dem Einlangen des Ersuchens im LT zu laufen: Das ist der Tag des Einlangens beim Präs, da er gem § 19 Abs 4 Tir GO LT alle an den LT gerichteten Schriftstücke entgegenzunehmen hat.74 Im Weiteren muss laut Art 32 Abs 4 vorletzter Satz TLO 1989 der LTPräs das Ersuchen spätestes am vorletzten Tag der Frist im LT zur Abstimmung bringen. Die sitzungsfreie Zeit wird in diese Frist nicht eingerechnet, womit eine 66 § 23 Abs 1 lit e Tir GO LT. 67 Kopetzki, Art 57 Rz 53. 68 Funk, Immunität 22; Kopetzki, Art 57 Rz 62; kritisch dazu Mayer/Muzak, B-VG 277. 69 So Kopetzki, Art 96 Rz 13. 70 Kopetzki, Art 57 Rz 62. 71 VfSlg 2968/1956 Anhang 1, 5781/1968; Kopetzki, Art 57 Rz 56. Darin sieht Funk, Immunität 25 ein Rechtsschutzproblem des betroffenen Abg. 72 Kopetzki, Art 57 Rz 72 mwN. 73 Funk, Immunität 22. 74 § 19 Abs 5 Tir GO LT verpflichtet den LTPräs zur Zuweisung der Feststellungs- und Verfolgungsersuchen an den Immunitäts- und Unvereinbarkeitsausschuss.
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Feststellung oder Zustimmung des LT in dieser Zeit nicht möglich ist und Verfolgungsmaßnahmen unterbleiben müssen.75 Besonderes gilt aber nach Art 32 Abs 5 TLO 1989 für das Verlangen nach Haftaufhebung oder Unterlassung der Verfolgung im Fall der Verhaftung eines bei einem Verbrechen auf frischer Tat betretenen Abg: In der sitzungsfreien Zeit steht die Kompetenz für diese Verlangen dem Immunitätsund Unvereinbarkeitsausschuss zu. 23 Über die Praxis in Tirol ist zu berichten, dass der LT die Beratung und Abstimmung zu den entsprechenden AB regelmäßig vertraulich durchführt. Aus den veröffentlichten parlamentarischen Mat lässt sich erkennen, dass die ersuchenden Stellen die Staatsanwaltschaft oder das Landesgericht Ibk waren und es somit um gerichtlich strafbare Delikte ging sowie dass überwiegend die Zustimmung erteilt wurde.76 Weitere Aufschlüsse lassen die Angaben nicht zu.
V. Dauer des Immunitätsschutzes 24 Der Beginn des beruflichen und des außerberuflichen Immunitätsschutzes ist an den Beginn der Mitgliedschaft im LT geknüpft, wobei es im Regelungsspielraum der Länder liegt, diesen Zeitpunkt zu bestimmen.77 Nach Art 28 Abs 2 TLO 1989 beginnt die Mitgliedschaft im LT mit dem Tag des Zusammentritts des neu gewählten LT zur konstituierenden Sitzung oder – wenn es zur Berufung eines Ersatzmitgliedes kommt – mit der Zustellung der Berufung an das Ersatzmitglied.78 Der Schutz der außerberuflichen Immunität erstreckt sich dabei auch auf Taten, die ein Abg vor seiner Parlamentsmitgliedschaft gesetzt hat:79 Auch dann ist für die strafrechtliche Verfolgung ggf die Zustimmung
75 Kopetzki, Art 57 Rz 60. 76 In der online angeführten Landtagsevidenz sind (Stand April 2020) unter Themen und dem Suchwort Immunität diesbezügliche Angaben angeführt, die 1991 starten und neun Ersuchen um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung auflisten. In sieben Fällen wird als Erledigungsart „Zustimmung“ angeführt, in einem Fall „keine Sitzung einberufen“ und in einem Fall scheint „Ablehnung Landtag“ auf. 77 Kopetzki, Art 96 Rz 9. 78 Dazu näher Rath-Kathrein, Art 29 (in diesem Band) Rz 10 ff. 79 Kopetzki, Art 57 Rz 77; Zögernitz, Nationalrat-Geschäftsordnung4 (2020) 82.
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Immunität der Abgeordneten
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des LT einzuholen80 oder bei ihm ein Ersuchen um Feststellung einzubringen.81 Ein Ende der beruflichen Immunität tritt insofern nicht ein, als die 25 rechtliche Verantwortlichkeit für Abstimmungen niemals – also auch nach dem Ausscheiden aus dem LT – stattfinden kann und die Sanktionen für berufliche Äußerungen seitens des LT nur gegenüber aktiven Abg möglich sind.82 Dagegen ist der Schutz der außerberuflichen Immunität nach hL und 26 Rsp ein vorübergehender, weil sie lediglich ein strafprozessuales Verfolgungshindernis darstellt und – so nicht Verjährung eingetreten ist83 – die Strafverfolgung nach Mandatsende wieder möglich wird.84 Art 32 Abs 6 TLO 1989 lässt die Immunität mit dem Erlöschen des Mandats enden; dieses wiederum tritt laut Art 34 Abs 1 TLO 1989 mit dem Tod des Abg, dem Verzicht auf das Mandat,85 durch ein Erk des VfGH auf Aufhebung der Wahl des Abg, auf Nichtigerklärung seiner Wahl oder auf Mandatsverlust sowie durch den Ablauf der GP ein. Sollte die Immunität bereits während der Zugehörigkeit des Abg zum LT durch Erteilung der Zustimmung zur Verfolgung seitens des LT aufgehoben worden sein, ist bei Wiederwahl des Abg in den LT kein neues Auslieferungsersuchen nötig, sondern die vorher erteilte Zustimmung bleibt gültig.86 Art 32 Abs 6 TLO 1989 weicht von den das Immunitätsende behan- 27 delnden Bestimmungen des Art 57 Abs 6 B-VG in zweifacher Hinsicht 80 Und laut OGH 02.03.1962, 9 Os/62 ein eingeleitetes Strafverfahren abzubrechen. 81 Anderes gilt aber für eine Festnahme gem § 35 VStG, wenn sie zwischen Wahl und Konstituierung, somit noch vor Beginn der Mitgliedschaft erfolgte: Hier greift der Verhaftungsschutz der außerberuflichen Immunität noch nicht – s VfSlg 12.116/1989. 82 So auch Kopetzki, Art 57 Rz 26 zur vergleichbaren Lage der NRAbg. 83 § 58 Abs 3 Z 1 StGB schließt das aus, das VStG dagegen nicht. 84 Kopetzki, Art 57 Rz 30 und 78; Adamovich et al, Staatsrecht 75; Mayer/ Muzak, B-VG 277 f; Mayer/Kucsko-Stadlmayer/Stöger, Grundrisss 211 f; kritisch dazu Öhlinger/Eberhard, Verfassungsrecht 185. 85 Dieser in Art 34 Abs 1 lit b TLO 1989 genannte Erlöschensgrund meint den vollständigen Verzicht auf das Mandat im Gegensatz zum zeitweisen Verzicht eines Regierungsmitgliedes auf die Ausübung des Mandats gem Art 34 Abs 5 TLO 1989; daher bleiben – wie Schwamberger/Ranacher, Landesordnung 67 ausführen – die auf die Mandatsausübung verzichtenden Regierungsmitglieder im Schutz der Immunität. 86 OGH 17.03.1994, 12 Os 177/93; Kopetzki, Art 57 Rz 68.
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ab: Zum einen wird ein anderer Endigungstatbestand benannt (Erlöschen des Mandats statt Tag des Zusammentritts des neugewählten NR), und es fehlt eine Anordnung für Organe, deren Funktion erst nach der Konstituierung des neuen LT endet. Beides ist vom Regelungsspielraum der Länder gedeckt, weil diesbezüglich Art 57 B-VG keine bindenden Vorgaben enthält.87 28 Eine Sonderreglung trifft Art 32 Abs 7 TLO 1989 für die Dauer des Immunitätsschutzes von Ersatzmitgliedern: Sie genießen Immunität nur für die Dauer ihrer Einberufung zur Teilnahme an der Tätigkeit des LT. Diese Anordnung fand sich bereits in der TLO 1953 und bezieht sich laut Koja nur auf die vorübergehend für einen beurlaubten Abg eintretenden Ersatzmitglieder und nicht auf die Fälle einer dauernden Mandatserledigung;88 bei letzteren erübrigt sich eine Sonderregelung und jene für die befristet tätigen Ersatzmitglieder hat wohl klarstellende Funktion. Auch diese – nur in Tirol vorhandene – Immunitätsregelung begegnet keinen bundesverfassungsrechtlichen Bedenken.89
87 Kopetzki, Art 96 Rz 9; das Abstellen auf das Erlöschen des Mandats entspricht im Übrigen der Bedeutung, die dem Art 57 Abs 6 B-VG für Nationalratsmitglieder zugemessen wird – s Kopetzki, Art 57 Rz 76. 88 Koja, Verfassungsrecht 118. 89 Koja, Verfassungsrecht 118.
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Artikel 33 Bezüge der Abgeordneten Die Abgeordneten haben gegenüber dem Land Tirol Anspruch auf Bezüge. Das Nähere wird durch Landesgesetz geregelt. LGBl samt Erläuterungen: LGBl 1988/61 (X. GP AA 141/88 AB 141/88) Literatur: Morscher, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer. 7. Tirol (1991) 80; Schwamberger/Ranacher, Tiroler Landesordnung 19896: Kommentar (2017) 67; Wieser, Politikerbezügepyramide und Landesgesetzgebung, JRP 1998, 379 ff
Inhaltsübersicht I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben..................................... 1 II. Entstehungsgeschichte.................................................................. 5 III. Ausführungsgesetz ....................................................................... 6
I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben Das Bundesverfassungsgesetz über die Begrenzung von Bezügen öf- 1 fentlicher Funktionäre (BezBegrBVG)1 normiert seit 1997 Vorgaben für landesgesetzliche Regelungen der Bezüge von Funktionen in Ländern und Gemeinden, darunter auch für die Bezüge von Mitgliedern des LT. Das BezBegrBVG legt – anknüpfend an den Bezug eines Nationalratsmitgliedes als Ausgangsbetrag, der jährlich angepasst wird2 – 1 Bundesverfassungsgesetz über die Begrenzung von Bezügen öffentlicher Funktionäre (BezBegrBVG), BGBl I 1997/64 idF BGBl I 2017/166. 2 § 1 Abs 1 BezBegrBVG nennt als Ausgangsbetrag 7.418,62 Euro und normiert in § 3 seine jährliche Anpassung, die der Präs des RH zu ermitteln und kundzumachen hat; nach der zuletzt erfolgten Anpassung zum 01.01.2020 liegt der Anpassungsbetrag bei 9.091,64 Euro (s Kundmachung der Präsidentin des Rechnungshofes über den Anpassungsfaktor gemäß § 3 Abs. 1 des Bundesverfassungsgesetzes über die Begrenzung von Bezügen öffentlicher Funktionäre: https://www.rechnungshof.gv.at/rh/home/home_1/fragenmedien/Kundmachung_Anpassungsf.2020_.pdf, 1 [15.01.2020]); ausführlich zum BezBegrBVG s Oberdanner, Art 55 (in diesem Band) Rz 2.
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Obergrenzen fest, innerhalb derer die Landesgesetzgebung die Bezüge festzulegen hat. Dabei sind Abstufungen nach quantitativen und qualitativen Kriterien vorzunehmen.3 2 In Bezug auf Landtagsmitglieder legt § 1 Abs 1 des BezBegrBVG verschiedene Obergrenzen fest, indem die Funktionen Präs, Stellvertreter des Präs, Klubobmann und einfacher Abg unterschieden werden sowie bei Präs und Klubobmann noch differenziert wird, ob sie dies hauptberuflich oder nicht ausüben. Demnach kann die Landesgesetzgebung den Bezug des LTPräs bis maximal 150 % bzw 110 % des Ausgangsbetrages festsetzen, den Bezug des Präsidenten-Stellvertreters bis maximal 100 %, den des Klubobmannes bis maximal 140 % bzw 100 % und den des einfachen LTAbg bis maximal 80 %.4 3 Sonstige Leistungen darf die Landesgesetzgebung nur im Rahmen des § 2 BezBegrBVG vorsehen. Dies sind bspw Bezugsfortzahlungs-, Aufwandersatz- und Dienstwagenregelungen, die den Grundsätzen der bezügerechtlichen Bundesregelung entsprechen müssen.5 4 Das BezBegrBVG lässt offen, ob die landesrechtlichen Bezügeregelungen im Landesverfassungsrang und/oder in einfachen LG erfolgen. Tirol führt – so wie alle anderen Bundesländer – die Umsetzung der bundesverfassungsrechtlichen Vorgaben sowie alle weiteren bezügerechtlichen Regelungen einfachgesetzlich durch. In den Landesverfassungen finden sich regelmäßig6 jeweils nur kurze Ausführungen über den Anspruch der LTAbg auf Bezüge und der Verweis auf die Regelung durch LG.
II. Entstehungsgeschichte 5 Die heutige Regelung entspricht völlig jener der StF der TLO 1989. Bereits die TLO 1953 hatte normiert, dass die „Entschädigung der Landtagsabgeordneten“ landesgesetzlich geregelt wird;7 einen aus3
4 5 6 7
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So § 1 Abs 2 BezBegrBVG. Zur unterschiedlichen Auslegung dieser recht unbestimmt formulierten Vorgabe s Bußjäger/Kopf, Bezügebegrenzung, Bundesstaat und Grundfreiheiten, JRP 1998, 369 (373); Wieser, JRP 1998, 382; ders, § 4 BezBegrBVG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (1999) Rz 3. S hiezu auch Oberdanner, Art 55 (in diesem Band) Rz 2. Vgl auch Oberdanner, Art 55 (in diesem Band) Rz 2. Stmk, Vbg und Wien sprechen in ihren Verfassungen das Thema nicht an. § 18 TLO 1953.
Bezüge der Abgeordneten
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drücklichen Anspruch der Abg auf Bezüge formulierte dann erst die StF der TLO 1989.
III. Ausführungsgesetz Die Bezüge der LTAbg sind – ebenso wie die des LH, seines Stellvertre- 6 ters und die der Landesräte – nunmehr im L-BezügeG geregelt. Darin werden die für LTAbg im BezBegrBVG vorgesehenen Obergrenzen durchgehend unterschritten:8 Der hauptberufliche Präs des LT erhält 120 % von möglichen 150 %, der nebenberufliche Präs 96 % von möglichen 110 %; Vizepräsidenten erhalten 88 % von möglichen 100 %, hauptberufliche Klubobmänner 96 % von möglichen 140 % und einfache Abg 70 % von möglichen 80 %.9 Aus der Debatte im LT bei Einführung des L-BezügeG geht hervor, dass man mit Unterschreitungen eine Erhöhung der bisherigen Bezüge vermeiden wollte.10 Es sind in der Tir Bezügeregelung für den nebenberuflichen Klubob- 7 mann keine erhöhten Bezüge vorgesehen; dies wäre nach dem BezBegrBVG möglich11 und ist auch in allen anderen Bundesländern vorgesehen. Nun lässt das BezBegrBVG es grds im Gestaltungsspielraum der Länder, in welchem Ausmaß sie die Obergrenzen unterschreiten; es dürfte allerdings das Sachlichkeitsgebot erfordern, dass die Bezüge für die einzelnen Funktionen nicht völlig unterschiedlich weit weg von den Obergrenzen festgelegt werden. Von daher scheint der völlige Verzicht auf einen höheren Bezug beim nebenberuflichen Klubobmann im Vergleich zu den anderen mit höheren Bezügen versehenen Landtagsmitgliedern fragwürdig. Entsprechend den Vorgaben des BezbegrBVG räumt das L-BezügeG 8 auch sonstige Ansprüche ein, die bezogen auf LTAbg zB in der Vergütung von Dienstreisen bestehen sowie kranken- und unfallfürsorgerechtlicher Natur sind. 8 9
S § 1 Abs 1 BezBegrBVG und § 3 Abs 1 L-BezügeG. Bis auf NÖ bleiben auch die anderen Bundesländer unterhalb der Obergrenzen des BezBegrBVG. 10 Stenographische Berichte des Tir LT, XII. GP, 3. Sitzung der 10. Tagung am 11.12.1997, 187 f. 11 Da laut § 1 Abs 1 Z 10 BezBegrBVG für den einfachen LTAbg 80 % als Obergrenze festgelegt sind und in § 1 Abs 1 Z 8 BezBegrBVG für den nebenberuflichen Klubobmann 100 %.
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Artikel 34 Erlöschen des Mandates, Verzicht auf die Aus übung des Mandates (1) Das Mandat eines Abgeordneten erlischt a) durch Tod, b) durch Verzicht auf das Mandat, c) durch ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes, mit dem die Wahl des Abgeordneten aufgehoben oder für nichtig erklärt oder der Verlust seines Mandates ausgesprochen wird, d) mit dem Ablauf der Gesetzgebungsperiode. (2) Der Verzicht auf das Mandat ist gegenüber dem Landtagspräsidenten schriftlich zu erklären. Er wird mit dem Einlangen der Verzichtserklärung bei der Landtagsdirektion unwiderruflich und, wenn in der Verzichtserklärung nicht ein späterer Zeitpunkt für das Wirksamwerden angegeben ist, wirksam. (3) Der Landtag hat den Antrag auf Mandatsverlust eines Abgeordneten nach Art. 141 des Bundes-Verfassungsgesetzes an den Verfassungsgerichtshof zu stellen, a) wenn der Abgeordnete nach der Wahl seine Wählbarkeit verliert, b) wenn der Abgeordnete das Gelöbnis nicht oder nicht in der im Art. 30 vorgeschriebenen Weise leistet, c) wenn der Abgeordnete wenigstens zwei aufeinanderfolgenden Sitzungen des Landtages, von denen die letzte mehr als 30 Tage nach der ersten stattgefunden hat, unentschuldigt ferngeblieben ist und der in öffentlicher Sitzung des Landtages an ihn gerichteten Aufforderung des Landtagspräsidenten, zur nächsten Sitzung zu erscheinen oder seine Abwesenheit zu rechtfertigen, nicht gefolgt ist; die Aufforderung darf frühestens in der zweiten Sitzung, der der Abgeordnete ferngeblieben ist, ergehen, d) in den im Unvereinbarkeits- und Transparenz-Gesetz, BGBl. Nr. 330/1983, zuletzt geändert durch das Gesetz BGBl. I Nr. 141/2013, vorgesehenen Fällen. 428
Erlöschen des Mandates, Verzicht auf die Ausübung des Mandates
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(4) Gelangt dem Landtagspräsidenten einer der im Abs. 3 lit. a bis d genannten Umstände zur Kenntnis, so hat er diesen dem Landtag unverzüglich bekanntzugeben. Der Landtag hat in der nächsten Sitzung über die Einbringung eines Antrages auf Mandatsverlust zu beschließen. (5) Ein Abgeordneter kann für die Dauer seiner Zugehörigkeit zur Landesregierung auf die Ausübung seines Mandates verzichten. Der Verzicht ist gegenüber dem Landtagspräsidenten schriftlich zu erklären. Er wird mit dem Einlangen der Verzichtserklärung bei der Landtagsdirektion unwiderruflich und, wenn in der Verzichtserklärung nicht ein späterer Zeitpunkt für das Wirksamwerden angegeben ist, wirksam. Der Verzicht wird unwirksam, sobald der Abgeordnete aus der Landesregierung ausscheidet. Während der Wirksamkeit des Verzichtes gilt der Abgeordnete als beurlaubt. LGBl samt Erläuterungen: LGBl 1988/61 (X. GP AA 141/88 AB 141/88); LGBl 1998/104 (XII. GP RV 230/98 AB 230/98); LGBl 2012/147 (XV. GP RV 562/12 AB 562/12); LGBl 2017/53 (XVI. GP RV 69/17 AB 69/17) Literatur: Morscher, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer. 7. Tirol (1991) 80 ff; Schwamberger/Ranacher, Tiroler Landesordnung 19896: Kommentar (2017) 67 ff
Inhaltsübersicht I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben..................................... 1 II. Entstehungsgeschichte.................................................................. 6 III. Wahlaufhebung und Wahlnichtigerklärung durch den VfGH............................................................................................... 9 IV. Mandatsverlust............................................................................... 13 A. Unmittelbare Kompetenz des VfGH..................................... 13 B. Tatbestände des Mandatsverlustes.......................................... 14 C. Verfahren.................................................................................... 20 V. Sonstige Tatbestände des Erlöschens ......................................... 24 VI. Verzicht auf die Mandatsausübung............................................ 27
I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben Art 34 TLO 1989 beinhaltet zum einen Regelungen über das endgülti- 1 ge Ende der Abgeordnetenstellung und verwendet dafür den Begriff des Erlöschens des Mandates. Es werden dazu in Abs 1 die Tatbestände des Erlöschens aufgezählt und zu zwei Fällen (Verzicht und Ent429
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scheidungen des VfGH) in den Abs 2 bis 4 materielle und Verfahrensvorschriften getroffen. Die Bundesverfassung überlässt es mangels expliziter diesbezüglicher Vorgaben grds dem Gestaltungsspielraum der Länder, wie sie das Mandatsende von LTAbg regeln. Es resultiert aber aus Art 141 Abs 1 lit a B-VG iVm 70 Abs 2, 3 und 5 VfGG ein zwingend eintretendes Mandatsende durch Aussprüche des VfGH im Gefolge der erfolgreichen Anfechtung einer Landtagswahl.1 2 Es normiert ferner Art 141 Abs 1 lit c B-VG, dass der VfGH auf Antrag eines allgemeinen Vertretungskörpers – worunter auch der LT fällt – auf Mandatsverlust eines Abg erkennt. Dieser Antrag muss sich gem Art 141 Abs 1 B-VG drittletzter Satz auf einen „gesetzlich vorgesehenen Grund für den Verlust der Mitgliedschaft“ stützen; damit werden laut Lehre und Rsp neben dem Bund auch die Länder ermächtigt, Mandatsverlust-Tatbestände für den Antrag gem Art 141 B-VG landes(verfassungs)gesetzlich festzulegen.2 3 Art 34 TLO 1989 spricht in der Überschrift und in Abs 5 mit dem „Verzicht auf die Ausübung des Mandats“ den Fall eines vorübergehenden Mandatsendes an. Es können demnach Mitglieder der LReg auf die Ausübung ihres Landtagsmandates verzichten, kehren aber nach dem Ausscheiden der Regierung wieder in den LT zurück. Dazu sieht Art 96 Abs 3 B-VG seit der B-VG-Nov 19923 eine Ermächtigung der Landesgesetzgebung vor: Sie eröffnet den Ländern die Möglichkeit, für in den BR oder in die LReg gewählte, auf ihr Mandat verzichtende Landtagsmitglieder eine dem Art 52 Abs 2-4 B-VG entsprechende Regelung zu treffen – dh eine Rückkehrmöglichkeit in den LT vorzusehen.4 4 Aus Art 100 Abs 1 B-VG ergibt sich schließlich der Mandatserlöschungsgrund der Auflösung des LT durch den BPräs: Sie beendet die GP des LT und führt zum sofortigen Mandatsende der Abg.5 1 2 3 4 5
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Dazu Rz 9 ff. Koja, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer2 (1988) 128; VfSlg 9044/1981, 15.266/1998. BGBl 1992/470. S dazu Rz 8 und Rz 27 ff. Koja, Verfassungsrecht 139 f; Liehr, Art 100 B-VG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Bundesverfassungsrecht (2001) Rz 9; Pesendorfer, Art 100 B-VG, in Kneihs/Lienbacher (Hg), Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht (2002) Rz 7; Mayer/Kucsko-Stadlmayer/Stöger, Grundriss des österreichischen Bundesverfassungsrechts11 (2015) 207 und 391.
Erlöschen des Mandates, Verzicht auf die Ausübung des Mandates
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Zu den genannten Bestimmungen des B-VG treten noch die Bestim- 5 mungen der §§ 9 und 10 des Unv-Transparenz-G6 hinzu: Demnach gelten die dort bundes(verfassungs)gesetzlich festgelegten Mandatsverlusttatbestände auch für Mitglieder der LT.7
II. Entstehungsgeschichte Die nunmehrige Regelung des Art 34 TLO 1989 entspricht ganz über- 6 wiegend der in der StF der TLO 1989.8 Es wurden nachfolgend lediglich mehrmals Zitatanpassungen an das Unv-Transparenz-G des Bundes vorgenommen9 und mit LGBl 2017/53 der Erlöschenstatbestand des Todes in die Aufzählung des Art 34 Abs 1 TLO 1989 aufgenommen; letzteres erfolgte ausweislich der EB zwecks Abgleichung mit Tatbeständen in der TLWO 2017 und der Tir GO LT, die als einen Fall des Freiwerdens eines Mandates den Tod des Abg nannten. Die TLO 1989 führte die bis dahin auf die TLO 1953 und die Tir GO LT 7 1982 verstreuten Regelungen des Mandatsverlustes und des Verzichts10 zusammen und ergänzte sie um den Tatbestand des Ablaufs der GP. Die Möglichkeit, als Abg für die Dauer der Zugehörigkeit zur LReg auf 8 die Ausübung des Mandates zu verzichten, samt Rückkehrmöglichkeit nach dem Ausscheiden aus der LReg kannte bereits die Tir GO LT 1982,11 sie wurde auch in die TLO 1989 aufgenommen und gehörte somit schon vor der 1992 eingeführten Ermächtigung des Art 96 Abs 3 B-VG12 dem Landesrechtsbestand an. In der Lehre ist umstritten, ob dies zulässig war oder nicht;13 das kann nun insofern auf sich beruhen, 6
Bundesgesetz über die Transparenz und Unvereinbarkeiten für oberste Organe und sonstige öffentliche Funktionäre, BGBl 1983/330 idF BGBl I 2017/138. 7 Dazu näher Rz 19 und Rz 22. 8 LGBl 1988/61. 9 Mit LGBl 1998/104; LGBl 2012/147 und LGBl 2017/53. 10 § 20 der TLO 1953, LGBl 1953/24 idF LGBl 1964/34; § 2 der Tir GO LT 1982, abgedruckt bei Morscher, Verfassungsrecht 289 ff insb 292 f. 11 § 2 Abs 5 Tir GO LT 1982, s Morscher, Verfassungsrecht 293. 12 S Rz 3. 13 Bejahend Pesendorfer, Art 96 B-VG, in Kneihs/Lienbacher (Hg), Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht (2002) Rz 4, mit dem Argument, vor Einführung des Art 96 Abs 3 B-VG sei das Thema voll in der Verfassungsautonomie der Länder gelegen; dagegen stand für Wieser, Art 96/3 B-VG, Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungs-
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als die Regelung seit 1992 jedenfalls bundesverfassungsgesetzlich abgesichert ist.
III. Wahlaufhebung und Wahlnichtigerklärung durch den VfGH 9 Art 34 Abs 1 lit c TLO 1989 nennt zunächst den Ausspruch des VfGH über die Aufhebung der Wahl eines Abg als Tatbestand der Mandatserlöschung und rekurriert damit auf Art 141 Abs 1 lit a B-VG. Demnach entscheidet der VfGH über die Anfechtung von Wahlen zu den allgemeinen Vertretungskörpern (wozu auch LT gehören14), die wegen behaupteter Rechtswidrigkeit des Wahlverfahrens erhoben werden. Anfechtungslegitimiert sind gem § 67 Abs 2 VfGG Wählergruppen, die Wahlvorschläge eingebracht haben, und Wahlwerber, die behaupten, dass ihnen die Wählbarkeit zu Unrecht aberkannt wurde. Gibt der VfGH der Wahlanfechtung einer Wählergruppe statt und hebt das Wahlverfahren gem § 70 Abs 1 VfGG zur Gänze oder in Teilen auf, sind davon auch gewählte Mandatare betroffen, weil der VfGH jedenfalls Rechtswidrigkeiten aufgreift, die Veränderungen von Mandatszuweisungen bewirken können.15 Sollte nach der Wahlaufhebung durch den VfGH eine Wiederholungswahl erforderlich sein,16 endet gem Art 141 Abs 2 B-VG und § 70 Abs 5 VfGG das Mandat des von der Wahlaufhebung betroffenen Abg erst nach der Wiederholungswahl, nämlich mit der Übernahme des Mandats durch den gewählten Nachfolger; wenn keine Wiederholungswahl durchgeführt wird, muss laut § 70 Abs 5 VfGG der von der Wahlaufhebung betroffene Abg ab dem Tag nach der Zustellung des Erk des VfGH an den LTPräs den Beratungen des LT fern bleiben. 10 Der in Art 34 Abs 1 lit c TLO 1989 genannte Ausspruch des VfGH über die Nichtigerklärung der Wahl eines Abg bezieht sich ebenfalls auf eine Wahlanfechtung gem Art 141 Abs 1 lit a B-VG, und zwar auf recht (1999) Rz 3, vor Einführung der Ermächtigung des Art 96 Abs 3 B-VG einer solchen Rückkehrregelung das Prinzip des freien Mandats und das passive Wahlrecht als Mandatsausübungsgarantie entgegen. 14 Strejcek, Art 141 B-VG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (2002) Rz 33. 15 Dazu Strejcek, Art 141 Rz 84 ff. 16 Keine Wiederholungswahl ist zB nötig, wenn nur die Stimmauszählung wiederholt werden muss.
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Erlöschen des Mandates, Verzicht auf die Ausübung des Mandates
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eine, die erfolgreich den Vorwurf erhob, dass eine nicht wählbare Person für gewählt erklärt worden ist. Gem § 70 Abs 2 VfGG ist die Wahl dieser Person für nichtig zu erklären, und es sind die Bestimmungen der Wahlordnung über das Freiwerden eines Mandates anzuwenden; dies ist in Tirol § 72 Abs 2 lit a TLWO 2017, wonach nach der Aufhebung der Wahl eines Abg vom LTPräs das nächste Ersatzmitglied auf demselben Wahlvorschlag zu berufen ist. Hat ein Wahlwerber erfolgreich eine Wahlanfechtung gem Art 141 11 Abs 1 lit a B-VG mit dem Argument erhoben, dass ihm zu Unrecht die Wählbarkeit aberkannt wurde, spricht der VfGH gem § 70 Abs 3 VfGG aus, ob hiedurch die Wahl anderer Personen nichtig geworden ist, und hat diesfalls die Wahlen dieser Personen aufzuheben. Auch hier greift § 72 Abs 2 lit a TLWO 2017, wonach nach der Aufhebung der Wahl eines Abg das nächste Ersatzmitglied auf demselben Wahlvorschlag zu berufen ist. Die Aufhebung oder Nichtigerklärung der Wahl eines Abg ist auch in 12 § 13 Abs 3 lit a Tir GO LT als Fall des Freiwerdens eines Mandates angesprochen – daher hat gem § 13 Abs 1 Tir GO LT der LTPräs das nächste Ersatzmitglied auf demselben Wahlvorschlag zu berufen.
IV. Mandatsverlust A. Unmittelbare Kompetenz des VfGH Das B-VG lässt zwei Varianten der Anrufung des VfGH in Mandats- 13 verlustverfahren zu: Gem Art 141 Abs 1 lit c B-VG spricht der VfGH auf Antrag des Vertretungskörpers den Mandatsverlust eines seiner Mitglieder aus (sog unmittelbares Mandatsverlustverfahren17). Ist dagegen der Ausspruch eines Mandatsverlustes durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde oder verwaltungsgerichtliche Entscheidung vorgesehen, kann laut Art 142 Abs 1 lit j B-VG diese Entscheidung beim VfGH angefochten werden. Da Tirol – so wie die meisten anderen Bundesländer18 – weder eine bescheidmäßige noch eine verwaltungsgerichtliche 17 So Strejcek, Art 141 Rz 63 f; Mayer/Kucsko-Stadlmayer/Stöger, Grundriss 596. 18 Nur Vbg sieht in Art 31 Abs 2 Vbg LV vor, dass mit Bescheid der Landeswahlbehörde der Mandatsverlust aus den angeführten Gründen zu erklären ist.
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Mandatsaberkennung vorsieht, ist das Mandatsverlustverfahren durch Antrag des LT unmittelbar beim VfGH einzuleiten.
B. Tatbestände des Mandatsverlustes 14 Art 34 Abs 3 TLO 1989 listet taxativ die Gründe auf, die zu einem Antrag des LT auf Mandatsverlust beim VfGH gem Art 141 Abs 1 lit c B-VG führen. Es handelt sich um Tatbestände, die auch in den meisten anderen Ländern und in der GO des NR als Mandats-Verlusttatbestände iSd Art 141 Abs 1 lit c B-VG vorgesehen sind.19 Den früher durchaus üblichen Verlusttatbestand des Ausschlusses oder Austrittes eines Abg aus seiner Partei hat der VfGH als verfassungswidrig, weil unvereinbar mit dem Grundsatz des freien Mandats, erklärt.20 15 Ein Mandatsverlust berührt das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht eines Abg auf Beibehaltung und Ausübung des Mandates, das der VfGH aus dem passiven Wahlrecht ableitet21 und das die Funktionsausübung während der gesamten GP garantiert.22 Da das B-VG ein vorzeitiges Ende des Mandates in Form des Mandatsverlustes kennt, kann er als solcher nicht in Widerspruch zum passiven Wahlrecht stehen;23 allerdings kann der Mandatsverlust nur in schwerwiegenden Angelegenheiten vorgesehen werden24 und darf nur als voller Verlust konzipiert sein: Bloße Sistierungen des Mandats in Form von zeitweiligen Sitzungsausschlüssen oÄ sind nach der Rsp mit dem passiven Wahlrecht nicht vereinbar.25 16 Der in lit a des Art 34 Abs 3 TLO 1989 genannte Verlust der Wählbarkeit nach der Wahl tritt ein, wenn der Abg die österr Staatsbürgerschaft verliert oder den Hauptwohnsitz aus Tirol verlegt; diesfalls ist er 19 § 2 Abs 1 GOG-NR; Art 28 Abs 1 Bgld L-VG; Art 26 K-LVG; Art 21 Abs 1 NÖ LV 1979; Art 38 Abs 1 OÖ L-VG; § 3 Abs 1 Sbg GO-LT; Art 14 Abs 1 Stmk L-VG iVm § 7 Abs 4 Stmk GeoLT 2005. Auch die bescheidmäßige Aberkennung laut Art 31 Abs 2 Vbg LV knüpft an diesen Kanon an. 20 VfSlg 3426/1958, 3560/1959. S auch oben bei Rath-Kathrein, Art 31 (in diesem Band) Rz 8. Bis zur Nov LGBl 1964/34 kannte auch die TLO 1953 diesen Mandatsverlustgrund. 21 VfSlg 3169/1957, 3560/1959, 6106/1969, 19.014/2010 ua. 22 Ebner-Vogl, Art 14 Stmk L-VG, in Grabenwarter (Hg), Steiermärkische Landesverfassung (2013) Rz 9. 23 So VfSlg 15.266/1998. 24 So VfSlg 19.014/2010. 25 VfSlg 6106/1969, 19.014/2010.
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kein Landesbürger mehr iS des Art 3 Abs 2 TLO 1989, was laut Art 17 Abs 3 iVm Art 17 Abs 2 lit a TLO 1989 Voraussetzung der Wählbarkeit ist. Weiters geht die Wählbarkeit auch verloren, wenn der Abg nach der Wahl eine rechtskräftige Verurteilung erfährt, die nach § 4 TLWO 2017 zum Ausschluss vom Wahlrecht führt.26 Gem Art 34 Abs 3 lit b TLO 1989 stellt es einen Mandatsverlust-Tatbe- 17 stand dar, „wenn der Abgeordnete das Gelöbnis nicht oder nicht in der im Art. 30 vorgeschrieben Weise leistet“. Demnach ist neben der gänzlichen Verweigerung der Gelöbnisablegung auch jede Abweichung von den in Art 30 TLO 1989 normierten Modalitäten der Gelöbnisablegung tatbestandsmäßig.27 Durch Art 34 Abs 3 lit c TLO 1989 wird eine qualifizierte Abwesen- 18 heit von Sitzungen des LT28 als Mandatsverlustfall normiert. Es handelt sich zum einen um ein unentschuldigtes29 Fernbleiben von mindestens zwei aufeinanderfolgenden Sitzungen des LT, zwischen denen mehr als 30 Tage lagen. Im weiteren muss den Abg dann der LTPräs in öffentlicher Sitzung auffordern, zur nächsten Sitzung zu erscheinen oder seine Abwesenheit zu rechtfertigen; als Rechtfertigungsgründe gelten etwa Krankheit und (Auslieferungs-)Haft.30 Folgt der Abg dieser Aufforderung nicht, ist der Mandatsverlusttatbestand erfüllt. Art 34 Abs 3 lit d TLO 1989 verweist auf die im Unv-Transparenz-G 19 vorgesehenen Fälle.31 Demnach stellt es einen Mandatsverlusttatbestand für einen LTAbg dar, wenn er seine Stellung in gewinnsüchtiger Absicht missbraucht32 oder wenn er entgegen dem Beschluss oder trotz einer Genehmigungsversagung des nach der Landesgesetzgebung zuständigen Ausschusses – das ist in Tirol der Immunitäts- und Unverein-
26 Näher dazu Bußjäger, Art 17 (in diesem Band) Rz 18. 27 Näher dazu Rath-Kathrein, Art 30 (in diesem Band) Rz 16 f. 28 So Ebner-Vogl, Art 14 Rz 15 zum vergleichbaren Tatbestand im Stmk L-VG. Das unentschuldigte Fernbleiben von Ausschusssitzungen führt nach § 70 Abs 4 Tir GO LT „nur“ zur Abberufung aus dem Ausschuss. 29 Entschuldigen kann sich ein Abg bspw gem § 14 Abs 2 Tir GO LT durch ein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis, das ihn an der Teilnahme hindert. 30 Ebner-Vogl, Art 14 Rz 15; VfSlg 15.266/1998. 31 Ebner-Vogl, Art 14 Rz 11 sieht den gleichlautenden Verweis im Stmk L-VG offenbar nur deklarativ – er sei „nur der Vollständigkeit halber angeführt“. 32 § 9 Unv-Transparenz-G.
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barkeitsausschuss – eine Berufstätigkeit ausübt oder die im Unv-Transparenz-G genannten leitenden Stellungen in der Wirtschaft bekleidet.33
C. Verfahren 20 Der Antrag auf Mandatsverlust ist vom LT zu stellen. Tirol macht nämlich von der Möglichkeit des Art 141 Abs 1 litc B-VG, die Antragstellung in den „das Verfahren des jeweiligen Vertretungskörpers regelnden Rechtsvorschriften in die Hand des Vorsitzenden oder eines Drittels des Mitgliedervertretungskörpers“ zu legen, nicht Gebrauch.34 Gem Art 27 TLO 1989 und § 61 Abs 1 Tir GO LT ist für den Beschluss der Antragstellung die Anwesenheit von wenigstens der Hälfte der Abg und Mitglieder und die einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen erforderlich. Art 34 Abs 3 TLO 1989 formuliert, dass der LT aus den aufgezählten Gründen den Antrag auf Mandatsverlust zu stellen hat: Dies kann nicht als Pflicht des LT auf Fassung eines positiven Beschlusses verstanden werden, weil andernfalls das Erfordernis des Mehrheitsbeschlusses sinnlos wäre;35 jedenfalls ist keine „Sanktion“ vorgesehen, wenn sich im LT nicht die Mehrheit für einen Antrag gem Art 141 Abs 1 lit c B-VG findet. 21 Art 34 Abs 4 TLO 1989 verpflichtet den LTPräs, ihm zur Kenntnis gelangte Umstände über einen allfälligen Mandatsverlusttatbestand unverzüglich dem LT bekanntzugeben. In der nächsten Sitzung hat dann der LT über die Einbringung36 eines Antrages auf Mandatsverlust zu beschließen. Damit soll einerseits eine möglichst rasche Information des LT erreicht und andererseits eine Verzögerung der Behandlung einer Mandatsverlustfrage vermieden werden. Kenntnis von relevanten Umständen erlangt der Präs in den Fällen der lit b und c kraft seiner Funktion, weil in seine Hand das Gelöbnis abgegeben wird (Art 30 TLO 1989) bzw Entschuldigungen für Fernbleiben bei ihm abgegeben 33 § 10 Abs 1 iVm § 8 Unv-Transparenz-G; dazu Wieser, § 10 UnvG, in Korinek/ Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (1999) Rz 7. 34 Anders zB § 2 GOG-NR, wonach – je nach Mandatsverlusttatbestand – die Mehrheit der Abg (Abs 2), der Präs (Abs 2a) oder ein Drittel der Abg (Abs 2c) antragslegitimiert sind. 35 Gegen eine Pflicht des BR zur Stellung eines Antrags auf Mandatsverlust auch Gamper, Art 35 B-VG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (2017) Rz 37. 36 Gemeint ist hier der Beschluss auf Stellung des Antrages, der vom Präs des LT gem § 71 Abs 1 letzter Satz VfGG einzubringen ist.
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werden müssten (§ 14 Abs 2 Tir GO LT) und er daher ihr Fehlen konstatieren kann. Relevante Umstände zum Verlust der Wählbarkeit (lit a) können dem Präs zur Kenntnis kommen, wenn der Abg eine Wohnsitzänderung oder Staatsbürgerschaftsänderung von sich aus bekannt gibt oder wenn diese Umstände durch eine Abfrage im Zentralen Melderegister nach MeldeG37 bzw im Zentralen Staatsbürgerschaftsregister nach Staatsbürgerschaftsgesetz 198538 hervorkommen; von allfälligen strafgerichtlichen Verfahren erfährt der Präs im Wege von Verfolgungsersuchen, und hier ist es gängige Praxis, dass Staatsanwaltschaft bzw Gericht das Ergebnis der eingeleiteten Verfahren dem LT mitteilen. Besondere Verfahrensbestimmungen für die Antragstellung auf Man- 22 datsverlust wegen der Fälle des Unv-Transparenz-G resultieren aus der Untersuchungspflicht des § 10 Abs 2 Unv-Transparenz-G39 und der Anhörungspflicht gem § 10 Abs 4 Unv-Transparenz-G40 sowie dem Tir Gesetz über das Verfahren in Fällen der Unvereinbarkeit, das eine Vorberatung bestimmter Mandatsverlustverfahren im Immunitäts- und Unvereinbarkeitsausschuss vorsieht.41 Das den Mandatsverlust aussprechende Erk des VfGH ist gem § 71 23 Abs 3 iVm § 70 Abs 5 VfGG dem LTPräs unverzüglich zuzustellen, und der betroffene Abg hat von dem der Zustellung folgenden Tag an den Beratungen des LT fernzubleiben. Es hat laut § 13 Abs 1 iVm § 13 Abs 3 lit b Tir GO LT der LTPräs das nächste Ersatzmitglied auf demselben Wahlvorschlag zu berufen. 37 Bundesgesetz über das polizeiliche Meldewesen, BGBl 1992/9 idF BGBl I 2019/104. 38 Bundesgesetz über die österreichische Staatsbürgerschaft, BGBl 1985/311 idF BGBl I 2020/24. 39 Der Vertretungskörper hat untersuchen zu lassen, ob bestimmte Tatsachen unter den Tatbestand des § 9 Unv-Transparenz-G – den Missbrauch der Stellung in gewinnsüchtiger Ansicht – fallen; erst danach kann ein Antrag auf Mandatsverlust gestellt werden. 40 Demnach muss der Vertretungskörper vor der Antragstellung auf Mandatsverlust dem Betroffenen die vorgebrachten Tatsachen mitteilen und Gelegenheit zur Äußerung geben. 41 Gesetz vom 30. Juni 1999 über das Verfahren in Fällen der Unvereinbarkeit, LGBl 1999/44 idF LGBl 2019/138; laut § 3 Abs 4 hat der Immunitäts- und Unvereinbarkeitsausschuss im Fall der Nichtbefolgung seines Beschlusses auf Nichtgenehmigung einer Berufsausübung oder Bekleidung einer leitenden Stelle die Angelegenheit zu beraten und den Bericht und allfälligen Antrag auf Stellung eines Mandatsverlustantrages dem LT zuzuleiten.
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V. Sonstige Tatbestände des Erlöschens 24 Das Erlöschen des Mandats durch den Tod des Abg laut Art 34 Abs 1 lit a TLO 1989 führt ebenfalls zum Nachrücken des Ersatzmitgliedes: § 13 Abs 3 lit c Tir GO LT nennt ihn als Fall des Freiwerdens eines Mandates, sodass laut § 13 Abs 1 Tir GO LT vom LTPräs das nächste Ersatzmitglied auf demselben Wahlvorschlag zu berufen ist. 25 Der Verzicht auf das Mandat laut Art 34 Abs 1 lit b TLO 1989 meint – im Gegensatz zum Ausübungsverzicht des Abs 5 – die endgültige und dauernde Zurücklegung des Mandats. Art 34 Abs 2 TLO 1989 fordert, dass der Verzicht schriftlich gegenüber dem LTPräs zu erklären ist, und regelt den Eintritt der Wirksamkeit: Das ist der Zeitpunkt des Einlangens der Verzichtserklärung bei der Landtagsdirektion oder ein in der Verzichtserklärung angegebener späterer Zeitpunkt. Es eröffnet Art 34 Abs 2 TLO 1989 auch die Möglichkeit des Widerrufs des Verzichts, die aber nur bis zum Einlangen der Verzichtserklärung bei der Landtagsdirektion besteht; danach ist der Verzicht unwiderruflich. An die Stelle des durch Verzicht ausgeschiedenen Abg ist vom LTPräs wiederum das nächstfolgende Ersatzmitglied desselben Wahlvorschlages zu berufen (§ 13 Abs 1 iVm Abs 3 lit d Tir GO LT).42 26 Laut Art 34 Abs 1 lit d TLO 1989 erlischt das Mandat mit dem Ablauf der GP. Als Ende der GP bestimmt Art 18 Abs 1 TLO 1989 den Tag, an dem der neue LT zusammentritt. Damit korrespondierend bestimmt Art 29 Abs 2 TLO 1989 diesen Zeitpunkt als Mandatsbeginn. Davon zu unterscheiden ist die Beendigung der GP durch die Auflösung des LT durch den BPräs (Art 100 Abs 1 B-VG) – sie bewirkt das sofortige Erlöschen aller Mandate.43 42 Aus § 72 Abs 1 lit b TLWO 2017 schließen Schwamberger/Ranacher, Landesordnung 69, dass der verzichtende Abg Ersatzmitglied bleibt, solange er nicht explizit die Streichung aus der Liste der Ersatzmitglieder verlangt; die TLWO 2017 spricht an dieser Stelle von Abg, die gewählt wurden und in der Folge das Mandat zurückgelegt haben. ME bedeutet das jedenfalls nicht, dass der durch Verzicht ausgeschiedene Abg via Berufung als Ersatzmitglied später doch wieder in den LT eintreten kann: Das würde dem Sinn eines Mandatsverzichts widersprechen. Es ist auch unklar, an welcher Stelle in der Ersatzmitglieder-Liste der verzichtende Abg einzureihen ist, was deswegen von Bedeutung wäre, weil gem § 13 Abs 1 Tir GO LT das jeweils nächste Ersatzmitglied des Wahlvorschlages zu berufen ist. 43 S Rz 4.
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VI. Verzicht auf die Mandatsausübung Der in Art 34 Abs 5 TLO 1989 angesprochene Verzicht auf die Aus- 27 übung des Mandates ermöglicht es einem Regierungsmitglied, das Abgeordnetenmandat zu unterbrechen. Es handelt sich um eine Möglichkeit, keine Pflicht, und sie ist beschränkt auf die Dauer der Zugehörigkeit zur LReg: Legistisch wird dies durch die Anordnung bewirkt, dass mit dem Ausscheiden aus der LReg der Verzicht ex lege unwirksam wird. Für die Form des Verzichts wird – wie beim Vollverzicht – die Abgabe in schriftlicher Form gegenüber dem LTPräs vorgeschrieben; der Zeitpunkt des Wirksamwerdens wird mit dem Einlangen der Erklärung bei der Landtagsdirektion oder dem im der Erklärung angeführten späteren Zeitpunkt festgelegt. Der Ausübungsverzicht wird mit dem Einlangen bei der Landtagsdirektion unwiderruflich. Laut dem letzten Satz des Art 34 Abs 5 TLO 1989 gilt der auf die Man- 28 datsausübung verzichtende Abg während der Wirksamkeit des Verzichts als beurlaubt. Diese Anordnung gab es bereits in der Tir GO LT 1982;44 sie dürfte damals dazu gedient haben, die Regelung über die Berufung von Ersatzmännern anwendbar zu machen.45 Heute ordnet § 13 Abs 1 Tir GO LT an, dass im Fall des Freiwerdens eines Mandates vom Präs das nächste Ersatzmitglied auf demselben Wahlvorschlag zu berufen ist, und § 13 Abs 3 lit b Tir GO LT normiert den Fall des wegen eines Mandatsausübungsverzichtes als beurlaubt geltenden Abg als Fall, in dem ein Mandat frei wird.46 Art 34 Abs 5 TLO 1989 bewegt sich durchaus im Rahmen des Art 96 29 Abs 3 B-VG, welcher die Länder ermächtigt, für Landtagsmitglieder eine Mandatsverzichtsregelung entsprechend dem Art 56 Abs 2–4 B-VG einzuführen.47 Da Tirol die Verankerung (auch) in der Landes44 § 2 Abs 5 Tir GO LT 1982 lautete: „Solange der Verzicht wirksam ist, gilt der Abgeordnete als beurlaubt“; s Morscher, Verfassungsrecht 293. 45 § 10 der Tir GO LT 1982 sah die Einberufung von Ersatzmännern für den Fall des Ausscheidens aus dem LT oder für die Beurlaubung vor; s Morscher, Verfassungsrecht 296. 46 Im Einzelnen ordnet § 13 Abs 3 lit b Tir GO LT an, dass ein Mandat für die Dauer der Beurlaubung frei wird, wenn ein Abg als beurlaubt gilt und verweist auf § 12 Abs 4 Tir GO LT – dort wird übereinstimmend mit Art 34 Abs 5 TLO 1989 (lediglich gegendert durch die GO) der Verzicht auf die Mandatsausübung inklusive der Fiktion der Beurlaubung geregelt. 47 S Rz 3.
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verfassung vornahm, wurde ein landesverfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht auf Rückkehr in den LT geschaffen.48 Die TLO 1989 sieht die Rückkehrmöglichkeit nur für Mitglieder der LReg vor, nicht auch für den Fall der Mitgliedschaft eines LTAbg im BR.49 Dies ist nach einhelliger Auffassung zulässig, weil Art 96 Abs 3 B-VG nicht dazu zwingt, die Rückkehrmöglichkeit für beide dort genannten Funktionen – Mitgliedschaft in der LReg und im BR – vorzusehen.50 30 Zulässig ist mE auch die unterschiedliche Gestaltung des Rückkehrvorgangs: Art 56 Abs 2 B-VG sieht eine erneute Zuweisung des Mandates an das zurückkehrende Regierungsmitglied vor, wenn der Betreffende nicht binnen acht Tagen auf die Wiederausübung des Mandates verzichtet hat; Art 34 Abs 5 TLO 1989 erklärt den Ausübungsverzicht mit dem Ausscheiden aus der LReg ex lege als unwirksam und sieht einen Verzicht auf die Wiederausübung nicht vor, was kritisiert wurde.51 Einen Verzicht auf die Wiederausübung nach dem Muster des Art 56 Abs 2 B-VG müssen die Länder aber mE aus folgenden Gründen nicht vorsehen: Art 96 Abs 3 B-VG gibt den Ländern nur dem Art 56 Abs 2–4 B-VG entsprechende Regelungen vor, womit Regelungen gemeint sind, die „normativ den gleichen Effekt“ haben.52 Es ist nun im Ergebnis kein relevanter Unterschied zwischen den Regelungen des Art 56 Abs 2 B-VG und Art 34 Abs 5 TLO 1989 zu sehen: Will das aus der Tir LReg ausscheidende Mitglied nicht in den LT zurückkehren, kann es einen „normalen“ Verzicht auf das ihm wieder zugekommene Landtagsmandat abgeben; die Regelung des Art 56 Abs 2 B-VG platziert quasi nur eine frühere, vor der Wiedererlangung des Mandats liegende Verzichtsmöglichkeit, die aber nicht die einzige ist: Auch später kann das zurückgekehrte Nationalratsmitglied auf das wieder zugewiesene Mandat verzichten. Die Regelung des Art 56 Abs 2 B-VG will wohl nur ein 48 Wieser, Art 96/3 Rz 4; Pesendorfer, Art 96 Rz 4 bei FN 15. 49 Es sind beide Funktionen auch nebeneinander möglich, da die TLO 1989 bzw die Tir GO LT keine diesbezügliche Unvereinbarkeitsregelung haben; will ein BR nicht (mehr) gleichzeitig LTAbg sein, kann er nur entweder auf das Landtagsmandat endgültig verzichten oder nach Art 43 Abs 4 TLO 1989 auf das Bundesratsmandat. 50 Wieser, Art 96/3 Rz 4; Pesendorfer, Art 96 Rz 4. 51 Wieser, Art 96/3 Rz 9 bei FN 17 formuliert etwas kryptisch, Art 34 Abs 5 TLO 1989 sei zwar von der Idee her ident, in den Einzelheiten aber abweichend vom Modell des Art 56 Abs 2 B-VG und erscheine „insofern einer bundesverfassungskonformen Interpretation nicht zugänglich“. 52 So zutreffend Pesendorfer, Art 96 Rz 4.
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unnötiges Zuweisen des Mandats an Mitglieder vermeiden, die nach dem Ausscheiden aus der Regierung nicht in den NR zurückkehren wollen. Art 96 Abs 3 B-VG spricht davon, dass die Landtagsmitglieder „aus 31 Anlass ihrer Wahl in den Bundesrat oder in die Landesregierung“ auf ihr Mandat verzichten. Die Lehre interpretiert das dahingehend, dass der Verzicht zeitnah zur Übernahme des Regierungsamtes abgegeben werden müsse, und betont zu Recht die Schwierigkeit, einen exakten Zeitpunkt zu bestimmen, bis zu dem ein Verzicht spätestens abgegeben werden muss.53 Das spricht dafür, aus Art 96 Abs 3 B-VG die Anlassbindung zu streichen, wie es schon in Art 56 Abs 2 B-VG mit BGBl 1994/1013 erfolgt ist. Ein zu spät abgegebener Ausübungsverzicht müsste wohl als unwirksam betrachtet werden. Aus der Sicht des Ersatzmitgliedes, das für das verzichtende Regie- 32 rungsmitglied berufen wird, ist die Mandatsausübung nur vorübergehend – es erhält nur ein Mandat auf Zeit. Dies wird von Teilen der Lehre als problematisch im Lichte des freien Mandats und des passiven Wahlrechts gesehen,54 ist jedoch verfassungsgesetzlich vorgesehen.55
53 Wieser, Art 96/3 Rz 7; Pesendorfer, Art 96 Rz 4 schlägt 100 Tage nach Amtsübernahme vor. 54 Wieser, Art 56/2-4 B-VG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (1999) Rz 7; Öhlinger/Eberhard, Verfassungsrecht12 (2019) 182. 55 Nach der vom VfGH jüngst im Erk zu § 2 AdelsaufhebungsG (VfGH 09.10.2019, E 1851/2019) vertretenen Ansicht scheidet damit der Vorwurf einer Verfassungswidrigkeit der Regelung aus.
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3. Abschnitt Gesetzgebungsverfahren Artikel 35 Gesetzesvorschläge Gesetzesvorschläge gelangen an den Landtag als Anträge von Abgeordneten oder von Ausschüssen, als Vorlagen der Landesregierung oder als Volksbegehren. LGBl samt Erläuterungen: LGBl 1988/61 (X. GP AA 141/88 AB 141/88) Literatur: Abbrederis/Pürgy, Gesetzgebung der Länder, in Pürgy (Hg), Das Recht der Länder I (2012) 231 (257 ff); Glück, Konsolidierung von Rechtsvorschriften (2015) 121; Morscher, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer. 7. Tirol (1991) 37 f; Pürgy, Verwaltung und parlamentarische Rechtsetzung (2020) 76 ff; Schwamberger/Ranacher, Tiroler Landesordnung 19896: Kommentar (2017) 70
Inhaltsübersicht I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben..................................... 1 II. Entstehungsgeschichte.................................................................. 3 III. Formen der Gesetzesinitiative...................................................... 4 A. Allgemeine Bemerkungen........................................................ 4 B. Anträge....................................................................................... 7 1. Selbständige Anträge (Initiativanträge)........................... 8 2. Ausschussanträge ................................................................ 11 C. Regierungsvorlagen.................................................................. 13 D. Volksbegehren............................................................................ 18 IV. Dringlichkeit................................................................................... 19 V. Verfahrensrechtliche Besonderheiten......................................... 20
I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben 1 Während Art 41 Abs 1 und 2 B-VG abschließend normiert, wer über ein Initiativrecht zur Einbringung von Gesetzesvorschlägen an den NR 442
Gesetzesvorschläge
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verfügt,1 finden sich im B-VG bezogen auf die Landesebene dazu keine vergleichbaren Regelungen. Aufgrund des Fehlens derartiger Bestimmungen sind die Länder somit zur freien Regelung des Gesetzesinitiativrechtes befugt,2 wenngleich sich die TLO 1989 den EB zufolge offensichtlich am Gesetzgebungsverfahren im Bereich der Bundesgesetzgebung orientieren wollte.3 Im Unterschied dazu wird der Verfahrensgang eines Landesgesetzgebungsverfahrens unmittelbar nach Einbringung eines Gesetzesvorschlages insoweit präzise determiniert, als Art 97 Abs 1 B-VG bestimmt, dass zu einem LG der Beschluss des LT, die Beurkundung und Gegenzeichnung nach den Bestimmungen der Landesverfassung und die Kundmachung durch den LH im LGBl erforderlich ist.4 Hinsichtlich des Ablaufs eines Landesgesetzgebungsverfahrens ist allerdings festzuhalten, dass der Gestaltungsspielraum des Landesverfassungsgesetzgebers – freilich unter Berücksichtigung der zuvor genannten bundesverfassungsrechtlichen Parameter – ebenso als keineswegs gering zu erachten ist.5 In Zusammenschau mit Art 95 Abs 1 erster Satz B-VG6 ist für das Lan- 2 desgesetzgebungsverfahren daher insb Folgendes zu beachten: 1
Gesetzesvorschläge gelangen an den NR durch Anträge seiner Mitglieder, des BR oder eines Drittels der Mitglieder des BR sowie als Vorlagen der BReg. Außerdem ist eine Gesetzesinitiative auf Bundesebene ebenso in Form eines Volksbegehrens möglich. 2 Koja, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer2 (1988) 171; Pernthaler, Die Verfassungsautonomie der österreichischen Bundesländer, JBl 1986, 477 (478 f); Abbrederis/Pürgy, Gesetzgebung 261. 3 EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 69, wonach „[f]ür den Bereich der Bundesgesetzgebung […] Art. 41 B-VG eine im wesentlichen gleichartige Vorschrift“ enthält. 4 Auf die Parallelen zum Bundesgesetzgebungsverfahren hinweisend Abbrederis/Pürgy, Gesetzgebung 258; vgl zudem Wallnöfer, Art 38 (in diesem Band) Rz 9 f und 24. 5 Vgl dazu Muzak, Art 97 Abs 1 B-VG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (2000) Rz 4; ebenso Weber, Landesgesetzgebung und Landesregierung. Eine Untersuchung zur verfassungsrechtlichen Ausgestaltung der Gewaltenteilung in den österreichischen Bundesländern, in Schambeck (Hg), Föderalismus und Parlamentarismus in Österreich (1992) 97 (103 f); aA Novak, Landesgesetzgebung und Verfassungsrecht – Stand, Tendenzen, Reformen, in Schambeck (Hg), Föderalismus und Parlamentarismus in Österreich (1992) 53 (54 f). 6 Art 95 Abs 1 erster Satz B-VG lautet: „Die Gesetzgebung der Länder wird von den Landtagen ausgeübt.“
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– Unabhängig von der Form der Gesetzesinitiative beginnt das förmliche Landesgesetzgebungsverfahren immer im LT,7 womit implizit der Vorherrschaft des Modells der repräsentativen Demokratie8 besonderer Ausdruck verliehen wird.9 – Die Erlassung von LG unter Ausschaltung des jeweiligen LT ist daher in keinem Fall, auch nicht bei auf Volksbegehren fußenden Gesetzesinitiativen möglich. – Ein Gesetzesvorschlag bzw eine Gesetzesinitiative durch dazu berechtigte Organe10 ist unabdingbare Voraussetzung für die Erlassung eines LG durch den LT.
II. Entstehungsgeschichte 3 Art 35 TLO 1989 entspricht inhaltlich § 23 TLO 1953, wenngleich sich die Textierung von der nunmehr gültigen Fassung unterscheidet. So war § 23 TLO 1953 in zwei Abs gegliedert, wovon sich letzterer ausführlich mit dem Volksbegehren als möglicher Form des Gesetzesinitiativrechtes beschäftigte.11 Seit Inkrafttreten der TLO 1989 steht dessen Art 35 nunmehr unverändert in Geltung.
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Der LT ist somit Dreh- und Angelpunkt eines jeden landes(verfassungs)gesetzlichen Verfahrens. Es ist daher dem Landesverfassungsgesetzgeber verwehrt, ein anderes Organ mit der Landesgesetzgebung zu betrauen. Vgl dazu Abbrederis/Pürgy, Gesetzgebung 257 mwH und Bußjäger, Art 15 (in diesem Band) Rz 1. 8 Lachmayer, Repräsentative Demokratie als verfassungsrechtliche Systementscheidung in Österreich, in Gamper (Hg), Entwicklungen des Wahlrechts am europäischen Fallbeispiel (2010) 71 (73 f). 9 Zum Regel-Ausnahme-Verhältnis zwischen repräsentativer und direkter Demokratie vgl Gamper, Art 37 (in diesem Band) Rz 1 (dort va FN 1); s dazu auch VfSlg 13.500/1993, 16.189/2001, 16.241/2001, 19.711/2012. 10 Einzelpersonen haben demgegenüber kein Recht auf Vorlage eines Gesetzesentwurfs (vgl dazu VwGH 20.10.2005, 2005/11/0164). 11 Bemerkenswert daran ist, dass damals das Volksbegehren in Form eines Gesetzesentwurfes gestellt werden musste und ein diesbezüglicher Antrag die Unterstützung von 10.000 für die Wahl zum LT stimmberechtigter Personen brauchte. Mit der TLO 1989 wurden in Bezug auf diese Art der Gesetzesinitiative wesentliche Neuerungen verabschiedet. Vgl dazu insb Gamper, Art 37 (in diesem Band) Rz 8 ff.
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III. Formen der Gesetzesinitiative A. Allgemeine Bemerkungen Insgesamt eröffnet Art 35 TLO 1989 vier mögliche Wege, Gesetzesvor- 4 schläge in den LT einzubringen. Zum einen sind Gesetzesinitiativen sowohl durch Anträge einer bestimmten Zahl von Abg (selbstständige Anträge, IA) oder eines Ausschusses (AA) möglich, zum anderen wird die LReg durch Einbringung von RV in die Lage versetzt, ein Landesgesetzgebungsverfahren zu initiieren. Darüber hinaus ist als direktdemokratisches Element die Einbringung von Volksbegehren12 vorgesehen und wird gerade darin der zuvor erwähnte Gestaltungsspielraum der Länder bei der Regelung des Gesetzesinitiativrechtes augenscheinlich.13 Eine zusätzliche Möglichkeit zur Einbringung eines Gesetzesvorschla- 5 ges in Form eines Klubantrages wird überdies durch § 24 Abs 2 Tir GO LT aufgezeigt, wonach das einem Klub eingeräumte Recht, Anträge an den LT zu stellen – mangels anderslautender Bestimmungen – auch das Recht zur Einbringung von Gesetzesvorschlägen mitumfasst.14 Da ein Klub zumindest aus zwei Abg gebildet werden muss15 und Anträge von mehr als der Hälfte der im Klub angehörenden Abg unterfertigt werden müssen,16 ist festzuhalten, dass für die wirksame Einbringung einer Gesetzesinitiative theoretisch das Zusammenwirken von nur zwei Abg geboten ist. Zu betonen ist überdies, dass es sich bei den Klubanträgen lediglich um eine Untervariante des selbständigen Antrags handelt. Dies lässt sich bereits aus der systematischen Stellung der relevanten Regelung in § 24 Tir GO LT ableiten. Unabhängig von der gewählten Art der Einbringung eines Gesetzes- 6 vorschlages sind alle Gesetzesinitiativen als Mitwirkungsakte an der Gesetzgebung zu qualifizieren. Dies erschließt sich insb aus der systematischen Stellung des Art 35 TLO 1989 am Beginn des 3. Abschnitts 12 Wird von der Möglichkeit der Einbringung eines „Volksbegehrens“ auf Erlassung, Änderung oder Aufhebung eines LG durch wenigstens 40 Gemeinden Gebrauch gemacht, ist dieser Terminus jedoch verfehlt. Vgl dazu Gamper, Art 37 (in diesem Band) Rz 2. 13 Vgl dazu auch Abbrederis/Pürgy, Gesetzgebung 260. S zu den einzelnen Möglichkeiten im Detail weiter unten Rz 7 ff. 14 So auch Schwamberger/Ranacher, Landesordnung 70. 15 § 10 Abs 1 letzter Satz Tir GO LT. 16 § 24 Abs 2 letzter Satz Tir GO LT. Vgl dazu auch Bertel, Art 23 (in diesem Band) Rz 46 ff.
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des II. Teils mit dem diesem Teil zugrundeliegenden Titel „Gesetzgebung des Landes Tirol“.17 Davon betroffen sind daher ua auch die Gesetzesvorschläge (und die diesen jeweils vorgelagerten Begutachtungsverfahren18) der LReg, obwohl letztere ein oberstes Organ der Landesverwaltung darstellt. Im Lichte der geschilderten Systematik ist daher wohl davon auszugehen, dass das mit der Ausarbeitung und der Einbringung einer RV verbundene Handeln der LReg und ein dabei allfällig zu durchlaufendes Begutachtungsverfahren19 zu einem bestimmten Gesetzesvorhaben funktionell der Staatsgewalt Gesetzgebung20 zuzurechnen ist. Nebenbei sei bemerkt, dass sich allein anhand der Textierung des Art 35 TLO 1989 die in der Praxis dominante Rolle der Exekutive21 in Landesgesetzgebungsverfahren nicht ableiten ließe,22 diese jedoch vor dem Hintergrund des hierzulande vorherrschenden parlamentarischen Regierungssystems23 und der damit verbundenen engen institutionellen und personellen Verschränkung zwischen Legislative und Exekutive24 nachvollziehen lässt.25
B. Anträge 7 Dem Wortlaut des Art 35 TLO 1989 entsprechend wird zwischen selbständigen Anträgen von Abg (sog „Initiativanträge“) einerseits und Anträgen eines Ausschusses (sog „Ausschussanträge“) andererseits unterschieden. Dieser Differenzierung trägt auch die Tir GO LT Rechnung,26 wenngleich sich die verfahrensrechtlichen Regelungen – 17 Schwamberger/Ranacher, Landesordnung 70. 18 Art 36 TLO 1989. 19 Von Relevanz ist dieser Aspekt deshalb, weil der größte Teil der zu verabschiedenden LG naturgemäß auf RV der LReg beruht. 20 Zu dieser strittigen Frage vgl ausführlich Pürgy, Verwaltung 76 ff und 89 ff, der letztlich auch eine funktionelle Sichtweise präferiert. 21 Näher dazu Rz 13. 22 Dabei handelt es sich nicht um ein Phänomen in der Tir Landesgesetzgebung, sondern generell um eine Erkenntnis, die den Bund und auch alle anderen Länder betrifft. 23 Vgl dazu allgemein etwa Öhlinger, Wer und was ist der Gesetzgeber?, ZfV 2015, 210. 24 Öhlinger/Eberhard, Verfassungsrecht12 (2019) 157. 25 Vgl zu dieser Dominanz insb Jabloner, Grundfragen der Landesgesetzgebung, in Rebhahn (Hg), Beiträge zum Kärntner Landesrecht (1995) 1 (15 mwN); Abbrederis/Pürgy, Gesetzgebung 257 f. 26 S §§ 24 und 26 Tir GO LT.
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insb in Hinblick auf den künftigen Verfahrensgang und die Einhaltung von Fristen – größtenteils decken. So muss jeder Antrag eine den Gegenstand bezeichnende kurze Überschrift tragen, mit der Formel „Der Landtag wolle beschließen“ versehen sein und den Wortlaut des zu fassenden Beschlusses sowie einen Vorschlag über die Zuweisung an einen Ausschuss, höchstens jedoch an drei Ausschüsse, enthalten.27 Außerdem sind – unabhängig von der Art des Antrags – Anträge „spätestens bis 12:00 Uhr des Donnerstages der Woche, die der nächsten Sitzung vorangeht, in der Landtagsdirektion schriftlich und mit einem Datum versehen einzubringen. Fällt dieser Donnerstag auf einen gesetzlichen Feiertag, so endet die Frist um 12:00 Uhr des vorangehenden Werktages. Die Anträge sind nach dem Zeitpunkt ihres Einlangens in ein Verzeichnis einzutragen.“
1. Selbständige Anträge (Initiativanträge) Selbständige Anträge von Abg müssen für deren Zulässigkeit vom An- 8 tragsteller und zumindest drei weiteren Abg unterstützt werden. Darüber hinaus haben sie den weiteren, in § 24 Abs 1 bis 3 Tir GO LT genannten Erfordernissen zu entsprechen. Andernfalls hat der LTPräs diesen an den Antragsteller zurückzustellen.28 Tritt dieser Fall ein, steht es den initiierenden Abg dennoch frei, inhaltlich denselben Antrag erneut zu stellen, da der zurückgestellte Antrag prozessual weder „in Behandlung steht“, noch vom LT abgelehnt worden ist.29 In Behandlung stehende oder bereits durch den LT abgelehnte Anträge dürfen gem § 29 Tir GO LT demgegenüber nicht neuerlich eingebracht werden, wobei im zweiten Fall ausdrücklich eine Sperrfrist von einem Jahr zu berücksichtigen ist. Innerhalb dieses Zeitraums darf folglich ein bereits vom LT abgelehnter Antrag nicht ein weiteres Mal eingebracht werden.30 Endet die GP des Tir LT jedoch vor Ablauf der Sperrfrist, kann derselbe Antrag in der darauffolgenden GP neuerlich eingebracht werden.31 27 28 29 30
§§ 24 Abs 3 und 26 Abs 2 Tir GO LT. Zur Unzulässigkeit von Anträgen s § 28 Tir GO LT. § 29 Abs 1 und 2 Tir GO LT. Schwierig gestaltet sich die Beantwortung der Frage, wann tatsächlich von einer Identität von Anträgen auszugehen ist. Um eine missbräuchliche Handhabung des Antragsrechts zu verhindern, wird wohl nicht nur bei wortgleichen Anträgen, sondern auch bei solchen, die inhaltlich dieselbe Stoßrichtung verfolgen (zB Änderung ein und derselben gesetzlichen Bestimmung), die festgelegte Sperrfrist von einem Jahr zur Anwendung gelangen. 31 Zur sachlichen Diskontinuität vgl Schramek, Art 26 (in diesem Band) Rz 5.
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9 Ein zulässig eingebrachter IA ist schließlich keinem Begutachtungsverfahren, so wie dies für Gesetzesentwürfe, die als Vorlagen der LReg in den LT gelangen sollen, vorgesehen ist,32 zu unterziehen,33 sondern unmittelbar vom LTPräs an die zuständigen (Fach-)Ausschüsse34 zur weiteren Behandlung und Vorberatung zuzuweisen.35 Dabei ist der LTPräs nicht an den im Antrag zu äußernden Vorschlag zur Zuweisung an einen bestimmten Ausschuss bzw mehrere Ausschüsse gebunden. Im Ausschuss selbst kann der ursprüngliche Antrag schließlich in jede Richtung hin abgeändert werden. Jedes Ausschussmitglied hat in diesem Zusammenhang das Recht, in den Ausschussverhandlungen Zusatz- und Abänderungsanträge sowie Anträge auf Aussetzung zu stellen.36 Zur Schaffung einer fundierten Entscheidungsgrundlage ist der zuständige Ausschuss überdies berechtigt, zu den Sitzungen sachkundige Auskunftspersonen und Landesbedienstete beizuziehen und damit deren Fachexpertise einfließen zu lassen.37 Wenn ein Gesetzesvorschlag besonders intensiv beraten werden soll, ist überdies die Einrichtung von Unterausschüssen möglich, denen allerdings lediglich eine beratende Funktion zukommt.38 Die Gestaltungsmöglichkeiten des zuständigen Ausschusses bzw seiner Mitglieder im Rahmen eines gesetzgeberischen Vorhabens sind daher äußerst vielfältig und führen mitunter dazu, dass ein ursprünglich eingebrachter Gesetzesvorschlag vom späteren Gesetzesbeschluss des LT inhaltlich abweicht. Ziel der Vorberatung einer Gesetzesinitiative ist jedenfalls, sie für das Plenum im LT entscheidungsreif zu machen. Dies geschieht in der Praxis in Form einer mittels Beschluss gefassten Empfehlung, den verfahrensgegenständlichen Antrag anzunehmen oder abzulehnen. 10 Nach Beschlussfassung über den (womöglich auch modifizierten) Antrag mit Stimmenmehrheit hat der vom zuständigen Ausschuss gewähl32 Art 36 TLO 1989. 33 S dazu ausführlich Egger, Art 36 (in diesem Band) Rz 3 ff. 34 Zu diesem Begriff und den darunter fallenden aktuellen Ausschüssen des Tir LT s Bertel, Art 23 (in diesem Band) Rz 2, 7 und 19. 35 § 24 Abs 6 Tir GO LT. Dem LTPräs steht es frei, selbständige Anträge an mehr als einen Ausschuss zur weiteren Behandlung zuzuleiten, wenn dies im Anlassfall geboten erscheint. Die Zuweisung erfolgt nach der Mitteilung im Einlauf und wird daher für die Ausschussberatungen des folgendenden LT wirksam. 36 § 71 Abs 5 Tir GO LT. 37 Vgl dazu § 72 Tir GO LT. 38 § 69 Tir GO LT.
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te bzw genannte Abg als Berichterstatter die Aufgabe, den Mehrheitsbeschluss im LT zu vertreten.39 Mit der Berichterstattung wird die Debatte im LT eingeleitet,40 wobei sich der Berichterstatter nach erfolgter Berichterstattung wie jeder andere Abg an der Debatte beteiligen kann.41 Bis zum Schluss der Debatte im LT ist der Antragsteller gem § 24 Abs 7 Tir GO LT berechtigt, seinen Antrag zurückzuziehen. Die Zurückziehung ist mangels anderslautender Bestimmung nicht begründungspflichtig. Festzuhalten ist weiters, dass das Zurückziehungsrecht lediglich dem Antragsteller, nicht aber jenen Abg, die den selbständigen Antrag unterstützt haben, zusteht. Im Übrigen gelten für die als Untervariante zu klassifizierenden Klubanträge42 dieselben verfahrensrechtlichen Regelungen, mit dem wesentlichen Unterschied, dass die Zurückziehung von mehr als der Hälfte der dem Klub angehörenden Abg unterfertigt werden muss.43
2. Ausschussanträge Neben Bgld,44 Ktn,45 NÖ,46 OÖ47 und Vbg48 wird die Möglichkeit der 11 Einbringung von Gesetzesvorschlägen durch Landtagsausschüsse in Tirol ebenso landesverfassungsgesetzlich vorgesehen. Während sich in der Stmk diese Form des Gesetzesinitiativrechts erst aus § 18 Abs 1 Stmk GO LT ableiten lässt,49 ist sie in Sbg50 und Wien51 offenbar gar nicht vorgesehen. Davon abgesehen finden sich die einschlägigen verfahrensrechtlichen Regelungen jedoch regelmäßig in den jeweiligen GO der LT. So bestimmt auch § 26 Abs 1 Tir GO LT, dass jeder Ausschuss – die Wählergruppen werden zumeist nach dem Verhältnis ihrer Stärke repräsentiert und spiegeln daher die politischen Macht- und 39 § 71 Abs 8 Tir GO LT. 40 § 49 Abs 3 Tir GO LT. 41 Diese Möglichkeit wurde erst kürzlich mit der Nov der Tir GO LT LGBl 2019/76 geschaffen. 42 S bereits unter Rz 5. 43 § 24 Abs 7 letzter Satz Tir GO LT. 44 Art 29 Abs 1 Bgld L-VG. 45 Art 31 Abs 1 K-LVG. 46 Art 22 Abs 1 NÖ LV 1979. 47 Art 30 Abs 1 OÖ L-VG. 48 Art 32 Vbg LV. 49 Dies gilt im Übrigen auch für alle anderen möglichen Varianten, mit der ein Landesgesetzgebungsverfahren eingeleitet werden kann. 50 Art 21 Abs 1 Sbg L-VG. 51 § 125 Abs 1 und 2 WStV.
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Kräfteverhältnisse wider52 – berechtigt ist, Anträge auf Erlassung von Gesetzen oder sonstigen Beschlüssen zu stellen.53 Diese Bestimmung bietet insofern Anlass zur Kritik, als man meinen könnte, es wäre etwa dem Immunitäts- und Unvereinbarkeitsausschuss, dem Finanzkontrollausschuss oder einem fallweise eingerichteten Untersuchungsausschuss möglich, trotz ihrer spezifischen oder kontrollierenden Funk tion(en), Gesetzesanträge an den LT zu stellen; dies auch in Angelegenheiten, die thematisch einem anderen Ausschuss zuzuordnen wären. Sinnvollerweise wird diese Bestimmung daher so auszulegen sein, dass sich das Gesetzesvorschlagsrecht auf die jeweiligen Fachausschüsse beschränkt.54 Insofern könnte Anleihe an der Bestimmung des § 20 Abs 4 Vbg GO LT genommen werden, wonach die Ausschüsse lediglich „im Rahmen des ihnen vom Landtag zugewiesenen Wirkungsbereichs“ das Recht haben, Anträge auf Erlassung von Gesetzen zu stellen.55 Konkret hinge es dann von den Regelungen des Landes(ver fassungs)gesetzgebers ab, ob und inwieweit auch andere Ausschüsse, die primär zu Kontrollzwecken eingerichtet sind, in den Genuss des Gesetzesinitiativrechts kommen sollen. In Bezug auf den Petitionsausschuss ist dagegen festzuhalten, dass mit der Bestimmung des § 65 Abs 5 lit e Tir GO LT der Landesgesetzgeber schon aktuell ausdrücklich auf dessen Gesetzesinitiativrecht hinweist.56 12 Über einen im Ausschuss ausgearbeiteten Antrag auf Erlassung eines Gesetzes ist abzustimmen. Beschlüsse werden in den Ausschüssen mit einfacher Stimmenmehrheit gefasst, wobei die Beschlussfähigkeit die Anwesenheit des Obmannes oder dessen Stellvertreter und mehr als der Hälfte der Mitglieder des Ausschusses voraussetzt.57 Bei Stimmengleichheit gibt gem § 71 Abs 6 letzter Satz Tir GO LT die Stimme des Obmannes den Ausschlag. Er verfügt daher über das sog Dirimierungsrecht. Wie bei selbständigen Anträgen hat jedes Ausschussmitglied vor Beschlussfassung das Recht, Abänderungs- oder Zusatzanträge sowie 52 S Bertel, Art 23 (in diesem Band) Rz 11. 53 Die Ausschüsse sind sozusagen „Miniaturen“ des gesamten Landtagsplenums. 54 In diese Richtung wohl auch Bertel, Art 23 (in diesem Band) Rz 21. 55 Eine ergänzende Regelung wäre dann aber ebenso hinsichtlich der Frage zu treffen, wie mit Gesetzesinitiativen an sich nicht legitimierter Ausschüsse verfahren werden sollte, insb ob diese einer weiteren Behandlung bedürfen oder nicht. Soweit ersichtlich fehlen in der Tir GO LT darüber entsprechende Bestimmungen. 56 S Gamper, Art 12 (in diesem Band) Rz 10. 57 § 71 Abs 1 und 6 Tir GO LT.
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einen Aussetzungsantrag zu stellen.58 Wird ein entsprechender Gesetzesvorschlag eines Ausschusses angenommen, so ist als nächster Schritt darüber im Plenum des LT weiter zu debattieren und dort schließlich endgültig darüber abzustimmen. Solange im LT noch keine Berichterstattung erfolgt ist, kann der Ausschuss aber einen bereits gefassten Beschluss jederzeit ändern. Zudem können Anträge vom Ausschuss bis zum Schluss der Debatte im LT zurückgezogen werden. Als contrarius actus für die Beschlussfassung zur Antragstellung wird dabei ebenso die Anwesenheit des Obmannes bzw dessen Stellvertreter und mehr als der Hälfte der Mitglieder des Ausschusses sowie die einfache Stimmenmehrheit erforderlich sein.
C. Regierungsvorlagen Im Vergleich aller von der TLO 1989 und der Tir GO LT eingeräumten 13 Möglichkeiten zur Unterbereitung eines Gesetzesvorschlages an den LT ist die RV durch Vorlage der LReg die weitaus häufigste Variante, ein Landesgesetzgebungsverfahren zu initiieren.59 Wenig überraschend wird die LReg in diesem Zusammenhang als „materieller Gesetzgeber“60 bezeichnet,61 weshalb – wie oben bereits erwähnt – das mit der Ausarbeitung als auch die Einbringung einer RV verbundene Handeln der LReg funktional der gesetzgebenden Gewalt zuzurechnen ist. Maßgebliche Regelungen hinsichtlich RV finden sich in Tirol sowohl 14 auf landesverfassungsgesetzlicher (Art 36 TLO 198962) als auch einfachgesetzlicher (§ 25 Tir GO LT) Ebene. Behördenintern wird die exakte Vorgangsweise im Zuge der Vorbereitung und Ausarbeitung von LG, insb auch das einer RV obligatorisch vorgelagerte Begutachtungsverfahren mittels Erlass des LAD63 geregelt, welcher selbst wiederum primär an die Zuständigkeiten nach der GEint Amt anknüpft. Letztere 58 Vgl schon unter Rz 9. 59 Darauf weist Egger, Art 36 (in diesem Band) Rz 6 unter Anführung statistischer Daten besonders hin. 60 Abbrederis/Pürgy, Gesetzgebung 262. 61 Zum selben Befund auf Bundesebene vgl Pürgy, Parlamentarische Rechtsetzung zwischen Verfassungsrecht und Verfassungswirklichkeit, in Lienbacher/Pürgy (Hg), Parlamentarische Rechtsetzung in der Krise (2015) 15 (18). 62 Zur Begutachtung von Gesetzesentwürfen s ausführlich Egger, Art 36 (in diesem Band) Rz 1 ff. 63 Aktuell durch den Durchführungserlass des LAD zur GO Amt vom 30.03.2017, GZ VD-399/262-2017 (Erlass Nr 19a), 3 ff.
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verfolgt den Zweck, bestimmte Aufgabenbündel den bestehenden Organisationseinheiten zuzuordnen64 und legt somit auch die Verantwortlichkeiten der Abteilung Verfassungsdienst konkret fest. Diese ist demzufolge ua zentral zuständig für die Legistik und damit auch für die Ausarbeitung von Begutachtungsentwürfen und RV für LG sowie für Angelegenheiten der Bundes- und Landesverfassung. Folglich darf konstatiert werden, dass die Abteilung Verfassungsdienst diesbezüglich eine wichtige Schnittstellen- und Koordinationsfunktion wahrzunehmen hat,65 befindet sie sich doch mit den zuständigen Rechtsabteilungen als auch mit den politischen Entscheidungsträgern in regem Austausch und ist sie überdies an der inhaltlichen Ausgestaltung einer RV samt EB maßgeblich beteiligt.66 Davon abgesehen ist die Beschlussfassung einer RV im LT unter der Voraussetzung, dass die LReg im Plenum über die nötigen Mehrheiten verfügt, regelmäßig nur noch Formsache. 15 Gem § 25 Abs 1 Tir GO LT sind RV spätestens vier Wochen vor der Landtagssitzung, in der sie behandelt werden sollen, in der Landtagsdirektion einzubringen. Die Sonderstellung der RV im Vergleich zu allen anderen Formen der Gesetzesinitiative offenbart sich verfahrensrechtlich dabei in vielerlei Hinsicht: – Abgesehen von Fällen der besonderen Dringlichkeit ist für den Gesetzesentwurf, der als Vorlage der LReg an den LT gelangen soll, obligatorisch ein Begutachtungsverfahren durchzuführen.67 Die Begutachtungsfrist hat idR mindestens vier, bei umfangreicheren Gesetzesvorhaben mindestens sechs Wochen zu betragen.
64 Dazu näher Bußjäger, Art 58 (in diesem Band) Rz 18 ff. 65 Vgl dazu auch Egger, Art 36 (in diesem Band) Rz 18 f. Die spezifische Funktion des Tir Verfassungsdienstes wird projektbezogen in den Beiträgen von Ranacher, Verwaltungsgerichtsbarkeitsreform als Verwaltungsstrukturreform und legistische Herausforderung, ZfV 2013, 359 (369 f) und ders/Wolf, Rechtsbereinigung und Deregulierung in Tirol, JRP 2018, 172 (182 f) näher dargestellt. 66 Durchführungserlass des LAD vom 30.03.2017, GZ VD-399/262-2017 (Erlass Nr 19a), 3 ff. Vgl dazu auch die Ausführungen zum „zentrallegistischen Ansatz“ bei Glück, Konsolidierung 121; Gmeiner, „Legistik-Ausbildung“ in den Ländern, in Kärntner Verwaltungsakademie (Hg), Klagenfurter Legistik-Gespräche 2011, Bildungsprotokolle Band 20 (2012) 31 (33 f). 67 Näher dazu Egger, Art 36 (in diesem Band) Rz 3 ff. Zur angesprochenen Ausnahme bei dringlichen RV s unter Rz 19.
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– Im Unterschied zu IA oder AA sind RV in der ursprünglichen Fassung vom LTPräs an den führenden Ausschuss zurückzuverweisen, wenn der Beschlussantrag dieses Ausschusses von der ursprünglichen RV abweicht und vom LT abgelehnt wird.68 – RV sind spätestens zwei Wochen vor dem Beginn der Ausschusssitzungstage jener Landtagssitzung, in der sie behandelt werden sollen, in der Landtagsdirektion einzubringen.69 Es braucht – anders als in anderen Ländern70 – dabei keinen Zuweisungslandtag,71 sondern obliegt es dem LTPräs, die Zuweisung an einen Ausschuss vorzunehmen. Damit ist auch eine Beschleunigung des Gesetzgebungsverfahrens verbunden. Die abgegebenen Stellungnahmen im Rahmen des Begutachtungsver- 16 fahrens werden unter Federführung der dafür zuständigen Abteilung Verfassungsdienst ausgewertet und anschließend beurteilt, ob für den Gesetzesentwurf weiterer Anpassungsbedarf besteht. Soweit das Einbringen von Vollzugserfahrung zweckmäßig ist, können dabei auch Experten der BH oder Mitglieder des LVwG72 mit ihren Fachkenntnissen einbezogen werden.73 Der endgültig ausgearbeitete Gesetzesentwurf, der als RV beschlossen werden soll, ist schließlich über den LAD der LReg zur Beschlussfassung zuzuleiten. Soweit erforderlich, ist vorher die Zustimmung des zuständigen Mitglieds der LReg einzuholen, gilt doch gem § 2 Abs 1 der Tir GO LReg sowohl für die vorbereitende Legistik als auch für die Begutachtung das Ressortprinzip und besteht daher etwa keine Allzuständigkeit des LH.74 Erst mit der Beschlussfassung der LReg über den Gesetzesentwurf ist 17 nicht mehr von einem solchen, sondern von einer RV die Rede. Terminologisch stellen Gesetzesentwürfe daher allgemein lediglich eine Vorstufe zu den Gesetzesvorschlägen dar, mit denen erst formell das Landesgesetzgebungsverfahren eingeleitet wird.75 Nach § 2 Abs 3 Z 2 Tir GO 68 69 70 71 72 73 74 75
§ 25 Abs 2 Tir GO LT. § 25 Abs 1 Tir GO LT. S dazu etwa § 25 Abs 5 bis 9 OÖ GO LT. Vgl dazu § 19 Abs 5 Tir GO LT, welcher normiert, dass es dem LTPräs obliegt, die Zuweisung an einen Ausschuss vorzunehmen. S hiezu die spezifische Aufgabe des Präs des LVwG nach § 8 Abs 6 TLVwGG. Vgl dazu auch Egger, Art 36 (in diesem Band) Rz 16. Durchführungserlass des LAD vom 30.03.2017, GZ VD-399/262-2017 (Erlass Nr 19a), 5 f. Vgl dazu Oberdanner, Art 51 (in diesem Band) Rz 1, 10 und 16. Richtig daher Egger, Art 36 (in diesem Band) Rz 4.
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LReg bedarf es bei Vorlagen an den LT eines Kollegialbeschlusses der LReg. Dieser bedarf wiederum der Einstimmigkeit, wobei die LReg beschlussfähig ist, wenn der LH oder der LHStv und wenigstens drei weitere Mitglieder der LReg bei einer Sitzung anwesend sind.76 Außerdem besteht die Möglichkeit eines Umlaufbeschlusses, allerdings nur dann, wenn eine Angelegenheit als so dringend erachtet wird, dass die nächste Sitzung der LReg ohne Nachteil für die Sache nicht abgewartet werden kann.77 Zum Verfahren im LT, insb den Ausschussvorberatungen und anschließenden Debatten, gilt das bereits zuvor Gesagte.
D. Volksbegehren 18 Gesetzesvorschläge können letztlich auch durch Volksbegehren an den LT herangetragen werden. Damit wird einerseits einem Teil des Landesvolkes – nämlich den zum LT Wahlberechtigten –, andererseits auch der dritten territorialen Ebene im Staat – den Gemeinden – eine weitere Möglichkeit eingeräumt, in Landesgesetzgebungsverfahren initiativ tätig zu werden. § 30 Tir GO LT statuiert in diesem Zusammenhang weiters, dass an den LT gerichtete Volksbegehren wie RV zu behandeln sind. Darüber hinaus finden sich die näheren Regelungen zum Verfahren eines Volksbegehrens in einem eigens dafür erlassenen LG, wie schon Art 37 Abs 4 TLO 1989 verlangt.78
IV. Dringlichkeit 19 Mit Ausnahme von Volksbegehren können Gesetzesvorschläge auch in dringlicher Form eingebracht werden. Es handelt sich dabei jeweils um eine dem jeweiligen Gesetzesvorschlag anhaftende Besonderheit, ohne jedoch eigenständigen Charakter zu beanspruchen. Sohin besteht sowohl bei selbständigen Anträgen von Abg (IA), bei Klubanträgen als auch bei AA die Möglichkeit, diese als dringlich zu bezeichnen. Mit der Dringlichkeit eines Gesetzesvorschlages ist auch eine kürzere Einbringungsfrist von einer Woche vor der nächsten Landtagssitzung – dies wirkt sich insb auf RV aus – verbunden.79 Die Dringlichkeit eines Antrages ist dabei schriftlich zu begründen und bedarf deren Zuer76 § 5 Abs 2 und 4 Tir GO LReg. 77 Vgl dazu näher § 7 Abs 1 Tir GO LReg. 78 An dieser Stelle ist ausdrücklich auf die ausführliche Kommentierung von Gamper, Art 37 TLO (in diesem Band) Rz 1 ff zu verweisen. 79 § 27 Abs 5 Tir GO LT.
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kennung eines erhöhten Konsensquorums von mindestens zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen im LT. Mit der Bezeichnung als dringlicher Antrag soll eine erste – bzw im Fall eines AA – eine weitere Vorberatung im zuständigen Ausschuss zum Zwecke der Verfahrensbeschleunigung vermieden werden.80 Bei RV hat deren Dringlichkeit zudem den Zweck, das obligatorisch durchzuführende Begutachtungsverfahren nicht durchlaufen zu müssen. Allerdings wird hierfür im Art 36 Abs 1 TLO 1989 eine „besondere Dringlichkeit“ gefordert und ist daraus wohl abzuleiten, dass die Dringlichkeit einer RV mit (besonders) sachlich nachvollziehbaren Gründen zu rechtfertigen sein wird.81
V. Verfahrensrechtliche Besonderheiten Abhängig vom Inhalt eines Gesetzesentwurfs können die nachfolgen- 20 den Verfahrensschritte bis zur Einleitung des förmlichen Landesgesetzgebungsverfahrens durchaus variieren. Zum einen ist vor der Einleitung eines Begutachtungsverfahrens die allfällige Notifikationsbedürftigkeit nach den Bestimmungen des §§ 1 und 3 NotifG von der Abteilung Verfassungsdienst im Einvernehmen mit der zuständigen Rechtsabteilung zu prüfen. Dies gilt gleichermaßen für sonstige sekundärrechtlich normierte unionsrechtliche Notifikations- und Berichtspflichten (etwa nach der Dienstleistungs-RL82).83 Die Notifikationsbedürftigkeit eines technische Vorschriften zum Gegenstand habenden Gesetzesentwurfs wird dem Bund mitgeteilt, der diesen anschließend an die Europäische Kommission zu übermitteln hat84 (sog „Vorabnotifikation“). Während diese Informationsverpflichtung eine Stillhaltefrist von zumindest drei Monaten auslöst, zielt die in Art 21 Abs 4 B-VG grundgelegte Informationspflicht im Rahmen des Dienstrechts auf eine gleichförmige zukünftige Entwicklung in diesem Bereich auf Bundes- und Länderebene ab. Darüber hinaus spielen wechselseitige Informationspflichten im Konsultationsmechanismus eine – va in der Praxis – zentrale Rolle, wenn gesetzgeberische Vorhaben mit finanziellen Auswirkungen für die Gebietskörperschaften verbunden sind.85 80 81 82 83
§ 27 Abs 1 Tir GO LT. S dazu näher Egger, Art 36 (in diesem Band) Rz 8. RL 2006/123/EG, Abl 2006 L 376/36. Durchführungserlass des LAD vom 30.03.2017, GZ VD-399/262-2017 (Erlass Nr 19a), 5. 84 § 3 Abs 1 erster Satz NotifG. 85 Mehr dazu bei Egger, Art 36 (in diesem Band) Rz 21.
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Artikel 36 Begutachtung von Gesetzentwürfen (1) Über Gesetzentwürfe, die als Vorlagen der Landesregierung an den Landtag gelangen sollen, ist ein Begutachtungsverfahren durchzuführen, es sei denn, daß die besondere Dringlichkeit eines Gesetzes die Durchführung eines Begutachtungsverfahrens nicht zuläßt. (2) Im Begutachtungsverfahren über einen Gesetzentwurf sind jedenfalls a) die Interessenvertretungen der Gemeinden des Landes, denen wenigstens 25 v.H. dieser Gemeinden angehören, und die Stadt Innsbruck, sofern der Gesetzentwurf Interessen von Gemeinden berührt, und b) die gesetzlichen beruflichen Vertretungen, deren Wirkungsbereich vom Gesetzentwurf berührt wird, zu hören. (3) Das Unterbleiben eines Begutachtungsverfahrens und der Anhörung der im Abs. 2 genannten Stellen hindert das verfassungsmäßige Zustandekommen eines Gesetzes nicht. LGBl samt Erläuterungen: LGBl 1988/61 (X. GP AA 141/88 AB 141/88) Literatur: Abbrederis/Pürgy, Gesetzgebung der Länder, in Pürgy (Hg), Das Recht der Länder I (2012) 231 (265); Gamper, Bürgerbeteiligung und demokratische Innovation in Tirol – Voraussetzungen, Instrumente, Schranken, in Bußjäger/Gamper (Hg), Demokratische Innovation und Partizipation in der Europaregion (2015) 23 (42 bei FN 54); Morscher, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer. 7. Tirol (1991) 83 f; Pürgy, Verwaltung und parlamentarische Rechtsetzung (2020) 320 ff; Schwamberger/Ranacher, Tiroler Landesordnung 19896: Kommentar (2017) 71 f
Inhaltsübersicht I. Entstehungsgeschichte................................................................ 1 II. Allgemeines.................................................................................... 2 III. Voraussetzungen für die verpflichtende Durchführung eines Begutachtungsverfahrens........................................................... 3 IV. Anzuhörende Stellen.................................................................... 10 A. Verpflichtende Anhörung....................................................... 10 456
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B. Interessenvertretungen der Gemeinden, denen wenigstens 25 vH dieser Gemeinden angehören, und die Stadt Innsbruck, sofern der Gesetzesentwurf Interessen von Gemeinden berührt.......................................................... 11 C. Gesetzliche berufliche Vertretungen, deren Wirkungsbereich vom Gesetzesentwurf berührt wird........................ 13 D. Berührung................................................................................. 14 E. Subjektives Recht auf Begutachtung und Anhörung (Stellungnahme)....................................................................... 15 F. Freiwillige Anhörung.............................................................. 16 G. Stellungnahmen....................................................................... 17 V. Ablauf des Begutachtungsverfahrens........................................ 18 VI. Unterbleiben des Begutachtungsverfahrens............................ 20 VII. Konsultationsmechanismus und Notifikationsverfahren..... 21 A. Konsultationsmechanismus................................................... 21 B. Notifikationsverfahren........................................................... 22
I. Entstehungsgeschichte Die Bestimmung über die „Begutachtung von Gesetzesentwürfen“ des 1 Art 36 TLO 1989 war bereits in der StF der TLO 19891 vorgesehen. Vor ihrer Erlassung war die Begutachtung von Entwürfen für LG allerdings lediglich durch einen Erlass des LAD geregelt.2 Durch die Einführung von Art 36 TLO 1989 wurde nunmehr den in Art 36 Abs 2 TLO 1989 genannten Interessenvertretungen sowie der Stadt Ibk ein entsprechendes „Begutachtungsrecht im Verfahren der Landesgesetzgebung“3 landesverfassungsgesetzlich eingeräumt.4 Seit seinem Inkrafttreten im Jahr 1989 hat Art 36 TLO 1989 unverändert fortbestanden und wurde keinen Änderungen unterzogen.
II. Allgemeines Für Begutachtungsverfahren iSd Art 36 TLO 1989 bestehen auf bun- 2 desverfassungsrechtlicher Ebene keinerlei Vorgaben.5 Dementspre1 2 3 4 5
LGBl 1988/61. EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 69. So die EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 69. EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 69. Auch existiert keine Art 36 TLO 1989 entsprechende Bestimmung über ein verpflichtendes Begutachtungsverfahren im Rahmen der Bundesgesetzge-
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chend fallen derartige Regelungen in die Verfassungsautonomie der Länder.6 Im Vergleich mit den Landesverfassungen der anderen österr Länder zeigt sich, dass die Mehrheit der Landesverfassungen vergleichbare Bestimmungen über Begutachtungsverfahren enthalten. Nach aktuellem Stand finden sich derartige Regelungen in Art 68 Abs 4 Bgld L-VG, Art 33 K-LVG, Art 25 NÖ LV 1979, Art 58 OÖ L-VG, Art 68 Stmk L-VG und Art 34 Vbg LV. Begutachtungsbestimmungen waren aber bereits zum Zeitpunkt der Erlassung von Art 36 TLO 1989 in den Verfassungen von NÖ, der Stmk sowie Vbg vorgesehen, worauf die EB zu Art 36 TLO 1989 ausdrücklich hinweisen.7 Dieser Umstand dürfte wohl (auch) ein Motiv für den Tir Landesverfassungsgesetzgeber dargestellt haben, die Begutachtung in der TLO 1989 explizit zu verankern. Darüber hinaus hat in Österreich bereits lange vor dieser verfassungsrechtlichen Regelung eine Verwaltungstradition bestanden, wonach andere Gebietskörperschaften und betroffene Institutionen über Regelungsentwürfe informiert wurden und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wurde.8 Auch diese Tatsache dürfte zum Entschluss der Verankerung einer entsprechenden landesverfassungsrechtlichen Regelung in Tirol beigetragen haben.
III. Voraussetzungen für die verpflichtende Durch führung eines Begutachtungsverfahrens 3 Grds normiert Art 36 Abs 1 TLO 1989 ein obligatorisches Begutachtungsverfahren.9 Dies ergibt sich bereits klar aus dem imperativen
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bung; s dazu Abbrederis/Pürgy, Gesetzgebung 264 bei FN 200; Bußjäger, Art 41 B-VG, in Kneihs/Lienbacher (Hg), Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht (2004) Rz 22; Schick, Art 41/1 B-VG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (1999) Rz 31; zum Ablauf auf Bundesebene Krenn-Mayer, Art 68 Stmk L-VG, in Grabenwarter (Hg), Steiermärkische Landesverfassung (2013) Rz 4. Dessen ungeachtet gibt es solche Regelungen auf einfachgesetzlicher Ebene, näher Bußjäger, Art 41 Rz 25; Schick, Art 41/1 Rz 31. Vgl Bußjäger, Art 41 Rz 26; Krenn-Mayer, Art 68 Rz 6; Schick, Art 41/1 Rz 36. EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 69. Art 25 NÖ LV 1979 stellt in diesem Zusammenhang eine Erweiterung und Präzisierung des in den EB genannten Art 60 NÖ LV 1979 auf Ebene der Landesverfassung dar. Krenn-Mayer, Art 68 Rz 2. Vgl zur Unterscheidung zwischen obligatorischen und fakultativen Begutachtungsverfahren in den Landesverfassungen auch Koja, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer2 (1988) 174 f.
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Wortlaut der Norm, wonach ein Begutachtungsverfahren bei Vorliegen der verfassungsgesetzlichen Voraussetzungen „durchzuführen [ist]“, sowie aus der ebenso in Art 36 Abs 1 TLO 1989 vorgesehenen Ausnahme im Falle einer besonderen Dringlichkeit eines Gesetzes, die aus systematischen Gesichtspunkten für eine verfassungsrechtliche Pflicht spricht. Allerdings statuiert die Bestimmung kein allgemeines zwingendes Begutachtungsverfahren, sondern sieht verschiedene Begrenzungen des Gegenstandes, für den ein solches durchzuführen ist, vor. So wird in Art 36 Abs 1 TLO 1989 ausdrücklich bestimmt, dass aus- 4 schließlich für Gesetzesentwürfe ein verpflichtendes Begutachtungsverfahren durchzuführen ist. Gesetzesentwürfe stellen die Vorstufe zu sog „Gesetzesvorschlägen“ dar, mit denen gem Art 35 TLO 1989 das förmliche Verfahren der Landesgesetzgebung eingeleitet wird.10 Das Begutachtungsverfahren gem Art 36 TLO 1989 stellt allerdings ebenso einen Teilakt des Gesetzgebungsverfahrens dar, was sich aus der Stellung von Art 36 ergibt, welcher im 3. Abschnitt „Gesetzgebungsverfahren“ des II. Teils „Gesetzgebung des Landes Tirol“ der TLO 1989 geregelt ist.11 Diese Phase bildet den geeignetsten Zeitpunkt für eine Begutachtung, da sich das Gesetz gerade im „Diskussionsstadium“ befindet und etwaige notwendige oder sinnvolle Adaptionen noch ohne weiteres möglich sind.12 Fraglich ist in diesem Zusammenhang aber, ob vom Begriff „Gesetzes- 5 entwurf“ iSd Art 36 Abs 1 TLO 1989 nur einfache Gesetzesentwürfe umfasst sind oder ob dieser auch Entwürfe von LVG mitumfasst. Zunächst geben weder die EB noch der Gesetzeswortlaut explizit Aufschluss darüber, ob in Art 36 Abs 1 TLO 1989 nur solche Entwürfe angesprochen sind, denen nachfolgend die Rechtssatzform eines einfachen Gesetzes zukommen soll, oder auch Entwürfe, die in ein LVG münden sollen. Allerdings handelt es sich bei der Begrifflichkeit „Gesetzesentwurf“ um einen allgemeinen Begriff ohne spezifische Eingrenzung; unter dem Terminus „Gesetz“ sind grds sowohl einfache Gesetze 10 Näher dazu Eller, Art 35 (in diesem Band) Rz 1 ff. Vgl auch Bußjäger, Art 41 Rz 9 f; Schäffer, Konsultationsmechanismus und innerstaatlicher Stabilitätspakt, ZÖR 56 (2001), 145 (203); Schick, Art 41/1 Rz 10. Zur Frage der Zuordnung der Ausarbeitung von Gesetzesentwürfen zur Staatsfunktion Verwaltung oder Gesetzgebung vgl eingehend Pürgy, Verwaltung 76 ff. 11 S auch Eller, Art 35 (in diesem Band) Rz 6; Sonntag, Art 65 (in diesem Band) Rz 5 mwN. 12 Vgl Korinek, Wirtschaftliche Selbstverwaltung (1970) 121.
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als auch LVG zu verstehen.13 Ansonsten ergibt sich aus Art 36 TLO 1989 keine Einschränkung dahingehend, dass lediglich Entwürfe von einfachen Gesetzen von diesem Begriff umfasst sein sollen, nicht aber Entwürfe von LVG. Des Weiteren spricht der Zweck der Bestimmung des Art 36 TLO 1989 für ein weites Verständnis des Begriffs „Gesetzesentwurf“. Gerade bei Angelegenheiten, die wegen ihrer Wichtigkeit auf Ebene des Verfassungsrechts zu regeln sind, wird es regelmäßig besonders sinnvoll sein, wenn diese Entwürfe einem obligatorischen Begutachtungsverfahren zu unterziehen sind. Aufgrund ihres verfassungsgesetzlichen Ranges könnten derartige Änderungen des Rechtsbestandes ja gerade von äußerst fundamentaler Natur sein. Diesem Verständnis entspricht auch die Praxis, wo Entwürfe von LVG der LReg in aller Regel einem Begutachtungsverfahren unterzogen werden.14 Der Begriff „Gesetzesentwurf“ iSd Art 36 TLO 1989 ist aus den dargelegten Gründen also weit zu verstehen, von ihm sind sowohl Entwürfe von einfachen Gesetzen als auch Entwürfe von LVG umfasst. 6 Der Anwendungsbereich für ein zwingendes Begutachtungsverfahren wird durch Art 36 Abs 1 TLO 1989 dahingehend eingeschränkt, dass ausdrücklich nur bei Gesetzesentwürfen, „die als Vorlagen der Landesregierung an den Landtag gelangen sollen“, ein Begutachtungsverfahren verpflichtend durchzuführen ist. Dementsprechend besteht eine Pflicht zur Durchführung eines Begutachtungsverfahrens nur dann, wenn es sich beim konkreten Entwurf um einen Gesetzesentwurf der LReg handelt, welcher die Vorstufe einer RV darstellt.15 Diese landesverfassungsgesetzliche Einschränkung ist aber insofern als relativ zu betrachten, als die bei Weitem überwiegende Mehrheit von
13 Vgl auch Wallnöfer, Art 41 (in diesem Band) Rz 9 zum dortigen Begriff „Landesgesetze“. 14 S nur die letzten Nov zur TLO 1989 https://portal.tirol.gv.at/LteWeb/public/ ggs/ggsDetails.xhtml?id=16197&cid=1 (24.04.2020); https://portal.tirol.gv.at/ LteWeb/public/ggs/ggsDetails.xhtml?id=15825&cid=1 (24.04.2020); https:// portal.tirol.gv.at/LteWeb/public/ggs/ggsDetails.xhtml?id=14423&cid=1 (24.04.2020). 15 EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 69. Vgl ferner Pernthaler/Lukasser, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer. 8. Vorarlberg (1995) 138; Krenn-Mayer, Art 68 Rz 1.
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Gesetzen auf RV zurückgeht.16 RV kommt daher in der Praxis quantitativ sowie qualitativ überragende Bedeutung zu, weshalb auch der Begutachtungsbestimmung des Art 36 TLO 1989 große praktische Bedeutung zuteil wird.17 Landesverfassungsrechtlich ist in Art 36 TLO 1989 hingegen keine obligatorische Begutachtung von Verordnungsentwürfen – unabhängig davon, von welcher Stelle diese ausgehen – vorgesehen.18 Aufgrund des diesbezüglich klaren und abschließenden Wortlauts von 7 Art 36 Abs 1 TLO 1989 liegt eine Verpflichtung zur Durchführung eines Begutachtungsverfahrens also nur bei Gesetzesentwürfen der LReg vor. Darüber, wen diese Pflicht trifft, gibt der Wortlaut von Art 36 TLO 1989 zwar keine Auskunft, aus systematischen Erwägungen ist aber davon auszugehen, dass die LReg die Verpflichtete ist. Dieser Verpflichtung wird aus teleologischen Gesichtspunkten auch dann entsprochen, wenn der Gesetzesentwurf durch das jeweilige, nach der Geschäftsverteilung der LReg19 inhaltlich zuständige Mitglied der LReg zur Begutachtung ausgesendet wird.20 16 Die überragende praktische Bedeutung von RV iZm der Landesgesetzgebung zeigt sich besonders eindrucksvoll anhand des Umstandes, dass sich bei einer Datenbankabfrage in der Evidenz des Tir LT auf der Internetseite des Landes Tirol im Zeitraum vom 01.01.1989 bis zum 01.01.2020 (https:// portal.tirol.gv.at/LteWeb/public/ggs/ggsList.xhtml?mode=new_search&cid=1 [24.04.2020]) einerseits exakt 1000 RV der LReg zu Gesetzen finden, während sich die Gesamtanzahl aller sonstigen Gesetzesanträge (vgl dazu Eller, Art 35 [in diesem Band] Rz 4 ff) in diesem Zeitraum insgesamt auf nicht einmal 100 (konkret 92) beschränkt. S auch schon allgemein Weber, Landesgesetzgebung und Landesregierung, in Schambeck (Hg), Föderalismus und Parlamentarismus in Österreich (1992) 97 (99 f, 118 f) sowie Pernthaler/Lukasser, Verfassungsrecht 138 f für Vbg und Krenn-Mayer, Art 68 Rz 1 für die Stmk. Ähnlich stellt sich die Lage auch auf Bundesebene dar, dazu statt vieler Bußjäger, Art 41 Rz 18. 17 Weber, Landesgesetzgebung 118; Krenn-Mayer, Art 68 Rz 1; Pernthaler/ Lukasser, Verfassungsrecht 138 f. 18 S aber den Durchführungserlass des LAD zur GO Amt vom 30.03.2017, GZ VD-399/262-2017 (Erlass Nr 19a), 7; näher dazu bei Rz 18 ff. 19 Vgl Art 51 Abs 2 TLO 1989; näher dazu Oberdanner, Art 51 (in diesem Band) Rz 14 ff. 20 Vgl Pürgy, Verwaltung 327 f mwN. Dies entspricht auch der gängigen Praxis, wonach die Abteilung Verfassungsdienst des Amtes der Tir LReg vor Aussendung des ausgearbeiteten Gesetzesentwurfes samt EB ausweislich die Zustimmung des zuständigen Mitgliedes der LReg einzuholen hat, s Durch-
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Für alle sonstigen Gesetzesentwürfe ist Art 36 TLO 1989 hingegen unbeachtlich.21 Die Tatsache, dass ein obligatorisches Begutachtungsverfahren auf der Grundlage von Art 36 Abs 1 TLO 1989 nur bei Gesetzesentwürfen der LReg durchzuführen ist, darf aber keinesfalls zu dem voreiligen Schluss verleiten, dass ein Begutachtungsverfahren bei sonstigen Gesetzesentwürfen – etwa von LTAbg oder Ausschüssen des LT – nicht zulässig wäre. Art 36 TLO 1989 ist nicht in dem Sinn zu verstehen, dass ein Exklusivitätsanspruch für Begutachtungsverfahren lediglich bei Gesetzesentwürfen der LReg statuiert wird. Vielmehr ist es so, dass in diesen Fällen ein entsprechendes Begutachtungsverfahren ohne Weiteres durchgeführt werden kann, aber nicht aufgrund von Art 36 Abs 1 TLO 1989 durchgeführt werden muss. Art 36 TLO 1989 steht der Möglichkeit der Durchführung eines fakultativen Begutachtungsverfahrens nicht entgegen.22 Dessen ungeachtet stellen obligatorische Begutachtungen gem Art 36 Abs 1 TLO 1989 den quantitativ größten Anteil der Begutachtungsverfahren dar.23 8 Art 36 Abs 1 TLO 1989 enthält in seinem zweiten Halbsatz darüber hinaus eine Ausnahmebestimmung in Form einer „Dringlichkeitsklausel“, aufgrund derer ein Begutachtungsverfahren eines Gesetzesentwurfes der LReg dann nicht vorzunehmen ist, wenn eine „besondere Dringlichkeit“ eines Gesetzes vorliegt, welche die Durchführung eines Begutachtungsverfahrens nicht zulässt. Da in Art 36 Abs 1 TLO 1989 aber nicht nur von „Dringlichkeit“ im Allgemeinen, sondern explizit von einer „besonderen Dringlichkeit“ die Rede ist, stellt sich im vorliegenden Zusammenhang die Frage, wann eine solche Dringlichkeit vorliegt. Die Mat geben keinerlei Auskunft darüber, was unter der Wendung „besondere Dringlichkeit“ zu verstehen ist. Aus teleologischen Erwägungen wird aber jedenfalls nicht jede wie auch immer geartete „einfache“ Dringlichkeit ausreichen, damit ein Gesetzesentwurf der LReg nach dieser Bestimmung führungserlass des LAD vom 30.03.2017, GZ VD-399/262-2017 (Erlass Nr 19a), 5. Näher dazu noch bei Rz 18 f. 21 S EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 69. 22 Vgl dazu auch die Praxisbeispiele in Rz 16. 23 Auf einfachgesetzlicher Ebene finden sich darüber hinaus teils spezielle, die Vornahme eines Begutachtungsverfahrens zwingend vorsehende Bestimmungen, die regelmäßig VO umfassen sowie überwiegend keine Einschränkung auf Entwürfe der LReg beinhalten, vgl etwa §§ 9 und 64 TROG 2016 und § 30 TNSchG 2005.
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von der Begutachtung ausgenommen werden kann. Vielmehr wird eine solche Ausnahme gem Art 36 Abs 1 TLO 1989 nur dann zulässig sein, wenn eine (etwa in politischer oder finanzieller Hinsicht) erhebliche und außergewöhnliche Dringlichkeit vorliegt. Naturgemäß handelt es sich dabei um eine Einzelfallentscheidung. Gleichermaßen fehlt es an einer ausdrücklichen Regelung, wer das Vor- 9 liegen einer besonderen Dringlichkeit beim jeweiligen Gesetzesentwurf festzustellen hat. Aus systematischen sowie rein logischen Gesichtspunkten wird hier die LReg (bzw das jeweils zuständige Mitglied der LReg)24 für die Bewertung zuständig sein, ob konkret eine der Durchführung eines Begutachtungsverfahrens entgegenstehende besondere Dringlichkeit vorliegt. Gesetzesentwürfe sind nämlich in der Phase vor der Einleitung eines etwaigen Begutachtungsverfahrens nicht öffentlich, weshalb nur die LReg die Beurteilung der besonderen Dringlichkeit vornehmen kann.25 Damit wird der LReg im Ergebnis ein durchaus nicht unerheblicher Spielraum eingeräumt.26 Die LReg wird im Falle der Bejahung des Vorliegens einer besonderen Dringlichkeit aber eine adäquate Begründungspflicht dahingehend treffen, dass sie diese hinsichtlich des vorliegenden konkreten Gesetzesentwurfes nachvollziehbar darzulegen hat. Eine Nichtbeachtung dieser aus teleologischen Überlegungen anzunehmenden Begründungspflicht ist gleichwohl nicht sanktionsbewehrt. Insofern führt die „Dringlichkeitsklausel“ des Art 36 Abs 1 TLO 1989 doch zu einer merklichen Abschwächung der Verpflichtung zur Durchführung eines Begutachtungsverfahrens für Gesetzesentwürfe der LReg.27
24 Ebenso Abbrederis/Pürgy, Gesetzgebung 265; vgl auch Koja, Verfassungsrecht 174 f. Über die Zuerkennung der Dringlichkeit von nunmehrigen RV entscheidet hingegen gem § 27 Tir GO LT der LT, wobei hierfür mindestens eine Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen erforderlich ist. 25 Pürgy, Verwaltung 320 spricht in gleichem Zusammenhang auf Ebene der Bundesgesetzgebung treffend davon, dass „mit einem Begutachtungsverfahren […] der Gesetzgebungsprozess insoweit ‚offiziell‘ eingeleitet [wird], als das Bundesministerium damit sein geplantes Gesetzesvorhaben erstmals öffentlich macht.“ 26 Abbrederis/Pürgy, Gesetzgebung 265. 27 IdS auch Abbrederis/Pürgy, Gesetzgebung 265.
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IV. Anzuhörende Stellen A. Verpflichtende Anhörung 10 Art 36 Abs 1 TLO 1989 bestimmt zwar, unter welchen Umständen ein Begutachtungsverfahren verpflichtend durchzuführen ist, lässt aber offen, welche Institutionen, Vertretungen, Organisationen, Personen oÄ in dieses miteinzubeziehen sind. Art 36 Abs 2 TLO 1989 nennt allerdings ausdrücklich bestimmte Stellen28, die im Rahmen eines Begutachtungsverfahrens bei Vorliegen der in Abs 2 normierten Kriterien „jedenfalls“ zu hören sind. Art 36 Abs 2 TLO 1989 statuiert diesfalls eine unbedingte landesverfassungsrechtliche Verpflichtung zur Anhörung der dort genannten Stellen in obligatorischen Begutachtungsverfahren gem Art 36 Abs 1 TLO 1989. Trotz der fehlenden expliziten Einschränkung auf Gesetzesentwürfe der LReg in Abs 2 greift diese Verpflichtung nicht auch bei sonstigen Gesetzesentwürfen, sondern ist auf Entwürfe der LReg beschränkt.29 Liegen für den jeweiligen Gesetzesentwurf der LReg alle von Art 36 Abs 2 TLO 1989 geforderten Voraussetzungen vor, so wird den genannten Stellen aufgrund dieser Bestimmung für diesen Gesetzesentwurf ein Recht auf Anhörung im Rahmen des Begutachtungsverfahrens insofern eingeräumt, als eine (logisch vorausgesetzte) Pflicht zur Vorlage der entsprechenden Gesetzesentwürfe an diese Stellen sowie die damit verbundene Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme – Art 36 Abs 2 TLO 1989 spricht davon, dass die Stellen „zu hören“ sind – statuiert wird.30 Dadurch ist landesverfassungsrechtlich abgesichert, dass der Sinn eines Begutachtungsverfahrens voll zum Tragen kommt.31 Hinzuweisen ist an dieser Stelle außerdem auf Art 21 Abs 4 B-VG, demgemäß Bund und Länder, um eine gleichwertige Entwicklung zu ermöglichen, einander über Vorhaben in Angelegenheiten des Dienst28 Art 36 Abs 3 TLO 1989 verwendet „Stellen“ als allgemeinen Überbegriff. 29 In den EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 69 heißt es unmittelbar nach der Aufzählung der in Art 36 Abs 2 TLO 1989 genannten Stellen ausdrücklich, dass „[d]ieses Recht […] jedoch nur bezüglich jener Gesetzesentwürfe bestehen [soll], die als Regierungsvorlagen im Landtag eingebracht werden sollen.“ 30 Vgl auch den Durchführungserlass des LAD vom 30.03.2017, GZ VD399/262-2017 (Erlass Nr 19a), 5, wo ausdrücklich von der Abgabe einer Stellungnahme die Rede ist. 31 Vgl Korinek, Selbstverwaltung 124; s dazu die EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 69.
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rechtes, des Personalvertretungsrechtes und des Arbeitnehmerschutzes bei Bund, Ländern und Gemeinden zu informieren haben. Es handelt sich dabei zwar um kein Begutachtungsverfahren iSd Art 36 TLO 1989, hat aber aufgrund seiner spezifischen Verpflichtung iZm Rechtssetzungsvorhaben eine gewisse Ähnlichkeit mit derartigen Verfahren.32
B. Interessenvertretungen der Gemeinden, denen wenigstens 25 vH dieser Gemeinden angehören, und die Stadt Innsbruck, sofern der Gesetzesent wurf Interessen von Gemeinden berührt Art 36 Abs 2 lit a TLO 1989 bestimmt zum einen, dass Interessenver- 11 tretungen der Gemeinden des Landes, denen wenigstens 25 vH dieser Gemeinden angehören, im Rahmen des obligatorischen Begutachtungsverfahrens zu hören sind. Dies entspricht aktuell einer Mindestanzahl von knapp 70 Gemeinden. Derzeit erfüllt der Tir Gemeindeverband die an eine Interessenvertretung der Gemeinden iSd Art 36 Abs 2 lit a TLO 1989 gestellten Anforderungen, diesem gehören alle Gemeinden Tirols mit Ausnahme der Landeshauptstadt Ibk an.33 Neben den Interessenvertretungen der Gemeinden wird in lit a explizit 12 die Stadt Ibk genannt. Aufgrund der gesonderten ausdrücklichen Nennung in Art 36 Abs 2 lit a TLO 1989 ist die Stadt Ibk eigenständig zu hören und dementsprechend auch befugt, eigenständig Stellungnahmen zu Gesetzesentwürfen im Rahmen eines Begutachtungsverfahrens abzugeben, ohne sich dabei mit anderen Gemeinden koordinieren zu müssen. Ihr kommt im Rahmen eines Begutachtungsverfahrens sohin eine privilegierte Stellung zu. Diese Privilegierung lässt sich va wegen ihrer besonderen Stellung als Statutarstadt, näher geregelt durch das IbkStadtR, erklären, und auch aus demokratiepolitischen Erwägungen aufgrund der im Verhältnis zu anderen Tir Gemeinden eklatant höheren Anzahl an Einwohnern bzw Landesbürgern, die die Stadt Ibk vertritt, sachlich rechtfertigen.34 Grundlegende Voraussetzung für eine Verpflichtung infolge dieser Bestimmung ist allerdings jedenfalls, dass der Gesetzesentwurf der LReg die Interessen von Gemeinden berührt.35 32 Vgl auch Bußjäger, Art 41 Rz 22; Krenn-Mayer, Art 68 Rz 5. 33 Schwamberger/Ranacher, Landesordnung 71; Morscher, Verfassungsrecht 84. 34 S dazu Eller, Art 5 (in diesem Band) Rz 7. 35 Vgl dazu auch Rz 14.
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C. Gesetzliche berufliche Vertretungen, deren Wir kungsbereich vom Gesetzesentwurf berührt wird 13 Demgegenüber normiert Art 36 Abs 2 lit b TLO 1989, dass die gesetzlichen beruflichen Vertretungen36, also die Kammern (zB Arbeiterkammer, Wirtschaftskammer, Ärztekammer, Rechtsanwaltskammer), im obligatorischen Begutachtungsverfahren zu hören sind. Art 36 Abs 2 lit b TLO 1989 erstreckt sich allerdings nur auf solche Berufsvertretungen, welche ihren Sitz in Tirol bzw einen Tirol (mit-)umfassenden Wirkungsbereich haben.37 Die Einbindung von gesetzlichen beruflichen Interessenvertretungen in den legislativen Gesamtprozess ua im Rahmen von Begutachtungsverfahren stellt ein Charakteristikum des für Österreich typischen „Kammerstaats“ als spezifischer Ausprägung des „Verbändestaats“ dar.38 Im Gegensatz zu den in lit a angeführten territorialen Stellen fordert Art 36 Abs 2 lit b TLO 1989 für eine Pflicht zur Anhörung der gesetzlichen beruflichen Vertretungen nicht, dass das Interesse derselben oder deren Mitglieder berührt wird. Die Bestimmung stellt für die Begründung der Verpflichtung auf die Berührung des Wirkungsbereichs der Interessenvertretungen ab, was insofern eine niedrigschwelligere Hürde darstellt, als mit der Berührung des Wirkungsbereichs nicht zwingend eine Berührung von Interessen einhergehen muss, wenngleich in aller Regel freilich beides zutreffen wird.
D. Berührung 14 Sowohl Art 36 Abs 2 lit a als auch lit b TLO 1989 setzen für eine verpflichtende Anhörung der dort genannten Stellen voraus, dass durch den gegenständlichen Gesetzesentwurf entweder Interessen (lit a) oder der Wirkungsbereich (lit b) berührt werden. Durch diese auf den Inhalt bezogene Einschränkung erwächst den genannten Stellen aus Art 36 Abs 2 TLO 1989 gerade keine allgemeine Garantie auf Teilnahme am Begutachtungsverfahren bei jeglichen Gesetzesentwürfen der LReg. Die genannten Interessenvertretungen der Gemeinden des Landes, die Stadt Ibk sowie die gesetzlichen beruflichen Vertretungen sind 36 Vgl zu diesem Begriff auch Art 10 Abs 1 Z 8 sowie Art 11 Abs 1 Z 2 B-VG. 37 Vgl Pernthaler/Lukasser, Verfassungsrecht 139. Dem entspricht auch die Praxis, s Schwamberger/Ranacher, Landesordnung 71 und Rz 18 f. 38 Morscher, Verfassungsrecht 84; Pernthaler/Lukasser, Verfassungsrecht 139 f.
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also nur in jenen Fällen zwingend zu hören, in denen eine solche Berührung vorliegt. Dies ergibt sich klar neben der grammatikalischen auch aus einer systematischen und teleologischen Auslegung. Ob eine Berührung iSd Art 36 Abs 2 TLO 1989 vorliegt, ist im Einzelfall nach Maßgabe des Inhaltes des Gesetzesentwurfes zu entscheiden.39 Diese Bewertung wird aus systematischen Erwägungen – der Gesetzesentwurf ist vor diesem Zeitpunkt ja grds nur der LReg bekannt –, wiederum durch die LReg vorzunehmen sein. In Zweifelsfällen wird es sohin in der Praxis empfehlenswert sein, den in Art 36 Abs 2 TLO 1989 genannten Stellen den gegenständlichen Gesetzesentwurf zukommen zu lassen, um jedenfalls der Verpflichtung gem Art 36 Abs 2 TLO 1989 zu genügen. Dies ist auch vor dem Hintergrund zu sehen, dass die im Rahmen des Begutachtungsverfahrens abgegebenen Stellungnahmen rechtlich nicht bindend sind.40 Freilich zieht eine entgegen der Verpflichtung nach Art 36 Abs 1 TLO 1989 unterlassene Durchführung eines Begutachtungsverfahrens infolge der ausdrücklichen Anordnung in Abs 3 der Bestimmung niemals eine anschließende Verfassungswidrigkeit des Gesetzes nach sich.41
E. Subjektives Recht auf Begutachtung und Anhörung (Stellungnahme) IZm der in Art 36 Abs 2 TLO 1989 normierten Pflicht ist fraglich, ob 15 den dort genannten Stellen diesfalls aufgrund dieser Norm ein subjektives Recht auf Begutachtung und Anhörung (Stellungnahme) bezüglich jener Gesetzesentwürfe, bei welchen die iSd Art 36 Abs 2 TLO 1989 genannten Berührungen vorliegen, eingeräumt wird. Der Wortlaut der Bestimmung, wonach die Stellen im Begutachtungsverfahren „jedenfalls […] zu hören“ sind, spricht eher gegen das Vorliegen eines subjektiven Rechts, da „zu hören“ wohl aus der Perspektive des Verpflichteten zu lesen ist.42 Für diese Lesart spricht in systematischer Hinsicht weiters, dass sich auch Art 36 Abs 1 TLO 1989 ausschließlich an den Verpflichteten richtet und jedenfalls keine subjekti39 S Schwamberger/Ranacher, Landesordnung 71 f. 40 S dazu noch Rz 17. 41 S noch Rz 20. 42 S im Vergleich dazu zB die Bestimmungen des Art 33 Abs 4 K-LVG und Art 25 Abs 4 NÖ LV 1979, welche ausdrücklich das Bestehen eines Rechtsanspruches auf die Durchführung eines Begutachtungsverfahrens verneinen.
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ven Rechtspositionen nahelegt. Demgegenüber sprechen die EB davon, dass „mit den Bestimmungen des Art. 36 […] in der Landesverfassung den Interessenvertretungen der Gemeinden, der Stadt Innsbruck und den gesetzlichen beruflichen Vertretungen ein Begutachtungsrecht im Verfahren der Landesgesetzgebung eingeräumt werden [soll]“, wodurch das Vorhandensein eines solchen subjektiven Rechts nahegelegt wird.43 Wiederum ein Indiz gegen das Vorliegen eines subjektiven Rechts stellt aber der Umstand dar, dass ein Verstoß gegen Art 36 Abs 1 und 2 TLO 1989 keine Rechtsfolgen nach sich zieht.44 Insgesamt sprechen die besseren Gründe wohl gegen die Annahme eines derartigen subjektiven Rechts auf Begutachtung und Anhörung (Stellungnahme). Schlussendlich kann es allerdings dahingestellt bleiben, ob den in Art 36 Abs 2 TLO 1989 genannten Vertretungen ein subjektives Recht auf Begutachtung und Anhörung (Stellungnahme) zukommt, als ihnen jedenfalls keine rechtlichen Mittel zur Durchsetzung eines solchen Rechts zur Verfügung stehen.45 Dessen ungeachtet besteht aber jedenfalls gem Art 36 Abs 2 TLO 1989 grds – es sei denn, iSd Art 36 Abs 1 TLO 1989 liegt eine besondere Dringlichkeit, welche die Durchführung eines Begutachtungsverfahrens im konkreten Fall nicht zulässt, vor – eine verfassungsrechtliche Pflicht der LReg, den die Voraussetzungen dieser Bestimmung erfüllenden Gesetzesentwürfen der jeweiligen vom konkreten Gesetzesentwurf tangierten Interessenvertretung(en) sowie der Stadt Ibk im Rahmen eines Begutachtungsverfahrens die Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme einzuräumen.
F. Freiwillige Anhörung 16 Über die gem Art 36 Abs 2 TLO 1989 verpflichtenden Anhörungen hinaus ist es allerdings auch möglich, weitere Vertretungen, Organisationen, Institutionen sowie Einzelpersonen46 oÄ zu hören. Bei der Auf43 EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 69. 44 Dazu Rz 20. 45 Vgl Schick, Art 41/1 Rz 31. 46 Sog „Bürgerbegutachtung“, eine solche ist in Tirol im Gegensatz zum Bgld (Art 68 Abs 4 Bgld L-VG), Ktn (Art 33 Abs 3 K-LVG), NÖ (Art 25 Abs 3 NÖ LV 1979), OÖ (Art 58 Abs 1 OÖ L-VG), der Stmk (Art 68 Abs 4 Stmk L-VG) und Vbg (Art 34 Abs 2 Vbg LV) landesverfassungsrechtlich nicht ausdrücklich vorgesehen, aber gleichermaßen nicht ausgeschlossen, s Gam-
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zählung in Art 36 Abs 2 lit a und b TLO 1989 handelt es sich hinsichtlich dieser Verpflichtung zur Anhörung zwar um eine taxative Aufzählung, diese ist jedoch nicht in dem Sinn abschließend zu verstehen, als sonstige Vertretungen qua Verfassung nicht angehört werden dürfen. Bereits aus dem Wortlaut der Bestimmung ergibt sich Gegenteiliges, denn Art 36 Abs 2 TLO 1989 spricht von „jedenfalls […] zu hören“. Mit dieser Formulierung bringt der Landesverfassungsgesetzgeber zum Ausdruck, dass eine über die obligatorischen Anhörungen hinausgehende Anhörung etwa weiterer Vertretungen rechtlich zulässig ist. Im Unterschied zu den Anhörungen der in Art 36 Abs 2 TLO 1989 ausdrücklich angeführten Stellen (und bei Vorliegen einer entsprechenden Berührung) handelt es sich hierbei aber um eine fakultative Anhörung und Einbeziehung in das (zwingend durchzuführende) Begutachtungsverfahren. Eine Pflicht zur Einbeziehung bestimmter Stellen besteht mangels expliziter Anordnung außer in den Fällen des Abs 2 nicht. Gleichermaßen können die in Art 36 Abs 2 TLO 1989 genannten Stellen auch dann (fakultativ) gehört werden, wenn ihre Interessen bzw Wirkungsbereiche vom konkreten Gesetzesentwurf nicht berührt werden und deshalb eine Verpflichtung dazu nicht vorliegt. In der Praxis werden in aller Regel der Bund, die Kammer für Arbeiter und Angestellte für Tirol, die Wirtschaftskammer Tirol, die Landwirtschaftskammer, die Landarbeiterkammer, die Tiroler Rechtsanwaltskammer, die Industriellenvereinigung Tirol, die Stadt Ibk, der Tiroler Gemeindeverband, die Landesgruppe Tirol des Österreichischen Städtebundes sowie das LVwG Tirol in das Begutachtungsverfahren einbezogen. Je nach Inhalt des jeweiligen Gesetzesentwurfes der LReg werden darüber hinaus auch sonstige Interessenvertretungen, Personalvertretungen, Verbände und sonstige Stellen, deren Interessen vom konkreten Entwurf berührt werden, zur Stellungsnahme eingeladen.47 Typischerweise werden also über die obligatorische Einbeziehung in das Begutachtungsverfahren nach Art 36 Abs 2 TLO 1989 hinaus zahlreiche Stellen freiwillig miteinbezogen und bekommen die Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme.
per, Bürgerbeteiligung 42 bei FN 54. Näher zur Bürgerbegutachtung etwa Sonntag, Präventive Normenkontrolle in Österreich (2011) 69 ff mwN. 47 Durchführungserlass des LAD vom 30.03.2017, GZ VD-399/262-2017 (Erlass Nr 19a), 5; Schwamberger/Ranacher, Landesordnung 71 f.
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G. Stellungnahmen 17 Der Inhalt von im Rahmen eines Begutachtungsverfahrens abgegebenen Stellungnahmen besitzt mangels jeglicher rechtlichen Anordnung keine Rechtsverbindlichkeit und muss von der LReg – ebenso wie vom LT im Rahmen des nachfolgenden Gesetzgebungsverfahrens – grds nicht weiter beachtet werden. Dies gilt sowohl für den Fall der tatsächlichen Wahrnehmung obligatorischer als auch fakultativer Stellungnahmemöglichkeiten. Nichtsdestotrotz dient die Einräumung von Begutachtungs- und Stellungnahmemöglichkeiten ebenso wie die (eventuelle) Beachtung der Inhalte von Stellungnahmen einerseits der Werbung von Akzeptanz für ein sich im Stadium eines Gesetzesentwurfes befindliches Gesetzesvorhaben,48 andererseits kann uU aufgrund der Stellungnahmen ein Gewinn an „differenziertem Sachverstand“ verzeichnet werden, der für den nachfolgenden Gesetzgebungsprozess und die endgültige legislative Ausgestaltung der betr Gesetze hinsichtlich ihrer Qualität von Vorteil ist und deshalb einen wesentlichen Beweggrund für die Durchführung von Begutachtungsverfahren darstellt.49
V. Ablauf des Begutachtungsverfahrens 18 Art 36 TLO 1989 enthält keine Regelungen über den Ablauf von Begutachtungsverfahren.50 Auch bestehen keine einfachgesetzlichen Bestimmungen darüber, wie ein solches Begutachtungsverfahren durchzuführen ist. Der Ablauf eines Begutachtungsverfahrens ist in Tirol 48 Vgl Bußjäger, Art 41 Rz 25; Mayer/Kucsko-Stadlmayer/Stöger, Grundriss des österreichischen Bundesverfassungsrechts11 (2015) 235 f. 49 Vgl etwa Korinek, Selbstverwaltung 119 ff und Reiger, Die Bundesgesetzgebung und die Interessenvertretungen, in Schambeck (Hg), Österreichs Parlamentarismus: Werden und System (1986) 583 (587 f); diesem folgend Pernthaler/Lukasser, Verfassungsrecht 140; ferner auch Pürgy, Verwaltung 132 f, 323 ff mwN; Krenn-Mayer, Art 68 Rz 2. Eine Einschränkung auf die Interessenvertretungen scheint in diesem Zusammenhang nicht unbedingt geboten, da ohne Weiteres auch sachkundige Privatpersonen oder sonstige Stellen über einen „differenzierten Sachverstand“ verfügen können. Zum weiteren Umgang mit den abgegebenen Stellungnahmen s Eller, Art 35 (in diesem Band) Rz 16. 50 Vgl demgegenüber zB Art 68 Abs 3 und 4 Stmk L-VG, dazu Krenn-Mayer, Art 68 Rz 10.
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vielmehr durch einen Erlass des LAD geregelt.51 Die dort festgelegte Vorgehensweise ist mangels einer im Erlass vorgenommenen Differenzierung zwischen fakultativen und obligatorischen Begutachtungsprozessen in jedem Begutachtungsverfahren zu beachten. Der Erlass bestimmt dabei die Abteilung Verfassungsdienst des Amtes der Tir LReg anknüpfend an denen nach der GEint Amt bestehenden Zuständigkeiten für die Legistik (und damit auch für die Ausarbeitung von Begutachtungsentwürfen und RV für LG52) einschließlich der Koordination der Umsetzung von EU-Recht und materienübergreifender Gesetzgebungsvorhaben, für das Verwaltungsverfahren mit Ausnahme des Abgabenverfahrens sowie für Angelegenheiten der Bundes- und Landesverfassung zum zentralen Akteur im Rahmen von Begutachtungsverfahren für LG.53 Die Abteilung Verfassungsdienst hat nach nachweislicher Einholung 19 der Zustimmung des zuständigen Mitglieds der LReg den ausgearbeiteten Gesetzesentwurf samt EB zur Begutachtung auszusenden und 51 Durchführungserlass des LAD vom 30.03.2017, GZ VD-399/262-2017 (Erlass Nr 19a), 5. 52 Bei der Ausarbeitung der Entwürfe von LG ist aufgrund des Erlasses des LAD folgende Vorgangsweise vorgesehen: Die zuständige Rechtsabteilung – ggf unter Einbindung der betroffenen Fachabteilungen – erarbeitet entweder einen Regelungsvorschlag in Form einer Petition oder den Erstentwurf eines Gesetzes samt Erläuterungen; die weitere Betreuung des Entwurfs, wie die etwaige Überarbeitung im Einvernehmen mit der zuständigen Rechtsabteilung sowie eben das Begutachtungsverfahren, obliegt der Abteilung Verfassungsdienst. S Durchführungserlass des LAD vom 30.03.2017, GZ VD399/262-2017 (Erlass Nr 19a), 3 ff; dazu auch Ranacher, Verwaltungsgerichtsbarkeitsreform als Verwaltungsstrukturreform und legistische Herausforderung, ZfV 2013, 359 (369 bei FN 133). Das Land Tirol folgt insofern einem „zentrallegistischen Erstentwurfssystem“; vgl dazu Glück, Konsolidierung von Rechtsvorschriften (2015) 121; Gmeiner, „Legistik-Ausbildung“ in den Ländern, in Kärntner Verwaltungsakademie (Hg), Klagenfurter Legistik-Gespräche 2011. Bildungsprotokolle 20 (2012) 31 (33 f). 53 Vgl Durchführungserlass des LAD vom 30.03.2017, GZ VD-399/262-2017 (Erlass Nr 19a), 5; dazu bereits Ranacher/Wolf, Rechtsbereinigung und Deregulierung in Tirol, JRP 2018, 172 (182 f). Auch auf Bundesebene hat der Verfassungsdienst des BKA im Begutachtungsverfahren der Bundesgesetzgebung eine wesentliche Rolle inne; näher Lienbacher, Der Verfassungsdienst im Bundeskanzleramt, in Akyürek et al (Hg), Staat und Recht in europäischer Perspektive – FS Schäffer (2006) 427 (445 f); Lienbacher, Rationalitätsanforderungen an die parlamentarische Rechtsetzung im demokratischen Rechtsstaat, VVDStRL 71 (2012), 38 ff.
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gleichzeitig die Veröffentlichung des Entwurfs auf der Internetseite des Landes Tirol54 zu veranlassen.55 Daneben werden zum jeweiligen Gesetzesentwurf eingelangte Stellungnahmen ebenso im Internet, und zwar im Rahmen der Landtagsevidenz (parlamentarische Materialien), öffentlich zugänglich gemacht. Die Veröffentlichung der zum Gesetzesentwurf erstatteten Stellungnahmen sorgt dabei für zusätzliche Transparenz, da jegliche geäußerten Meinungen – unabhängig davon, ob diese positiv oder negativ ausfallen – öffentlich einsehbar sind.56 Nach Abschluss des Begutachtungsverfahrens verbleiben die Begutachtungsentwürfe und die dazu eingelangten Stellungnahmen gemeinsam mit den parlamentarischen Mat zur betr RV in der Evidenz des Tir LT und sind somit dauerhaft im Internet abrufbar und zugänglich.57 Im Rahmen des als „externe Begutachtung“58 bezeichneten Begutachtungsverfahrens iSd Art 36 TLO 1989 sind aufgrund des Erlasses idR der Bund, die gesetzlichen Interessenvertretungen, das LVwG Tirol, der Tir Gemeindeverband und die Landeshauptstadt Ibk sowie sonstige, vom Gesetzesvorhaben in ihren Interessen betroffenen Stellen und Einrichtungen zur Stellungsnahme einzuladen.59 Typischerweise wird außerdem die Landesgruppe Tirol des Österreichischen Städtebundes wegen des Konsultationsmechanismus in das Begutachtungsverfahren miteinbezogen.60 Der sog „Begutachtungsverteiler“61 für den konkreten Gesetzesentwurf ist dabei im Einvernehmen mit der zuständigen Rechtsabteilung von der Abteilung Verfassungsdienst, allenfalls nach Abklärung mit dem zuständigen Mitglied der LReg, festzulegen.62 Die regelmäßige fakultative Miteinbeziehung verschiedenster Stellen in 54 https://www.tirol.gv.at/buergerservice/gesetze-richtlinien/gesetze-in-begut achtung/ (24.04.2020). 55 Durchführungserlass des LAD vom 30.03.2017, GZ VD-399/262-2017 (Erlass Nr 19a), 5; Schwamberger/Ranacher, Landesordnung 72. 56 So auch Pürgy, Verwaltung 321 hinsichtlich der Bundesebene. 57 Schwamberger/Ranacher, Landesordnung 72. 58 Durchführungserlass des LAD vom 30.03.2017, GZ VD-399/262-2017 (Erlass Nr 19a), 5. 59 Durchführungserlass des LAD vom 30.03.2017, GZ VD-399/262-2017 (Erlass Nr 19a), 5. 60 Schwamberger/Ranacher, Landesordnung 71 f. Zum Konsultationsmechanismus s noch Rz 21. 61 Auch auf Bundesebene wird diese Bezeichnung verwendet, s Pürgy, Verwaltung 321. 62 Durchführungserlass des LAD vom 30.03.2017, GZ VD-399/262-2017 (Erlass Nr 19a), 5.
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den Begutachtungsprozess stellt mangels landesverfassungsrechtlicher Verpflichtung dazu eine „Serviceleistung“ dar.63 Darüber hinaus sind im Rahmen einer „internen Begutachtung“64 die vom Gesetzesvorhaben in ihrem Wirkungsbereich berührten Organisationseinheiten des Amtes der LReg sowie allenfalls die BH zur Stellungsnahme einzuladen.65 Ebenso wenig wie der Begriff „Stellungnahme“ findet sich in der Verfassungsbestimmung des Art 36 TLO 1989 eine (Mindest-)Begutachtungsfrist, innerhalb welcher eine Stellungnahme jedenfalls zulässig ist.66 Aber auch der Ablauf einer Begutachtungsfrist ändert nichts an der Zulässigkeit der Erstattung von Stellungnahmen. Auf einfachgesetzlicher Ebene gibt es ebenso keine Regelungen über allfällige Fristen für Begutachtungsverfahren. Durch Erlass ist allerdings vorgeschrieben, dass die Begutachtungsfrist „in der Regel“ mindestens vier Wochen, bei umfangreicheren Gesetzesvorhaben hingegen mindestens sechs Wochen zu betragen hat.67 Diese Fristlängen entsprechen jedenfalls der Norm, wie bereits ein Blick in die übrigen Landesverfassungen zeigt, in denen ebenfalls entweder ein Zeitraum von vier oder sechs Wochen für die Begutachtungsfrist normiert wird.68 Es handelt sich dabei jeweils um prinzipielle Mindestfristen (arg: „mindestens“), über deren Länge bei entsprechendem Bedarf auch hinausgegangen werden darf. Demzufolge besteht immer die Möglichkeit, bei entsprechendem Bedarf im Einzelfall eine angemessene Begutachtungsfrist festzulegen, die über die vorgeschriebenen prinzipiellen Mindestfristen hinausgeht.69 Die Festlegung einer angemessenen Frist zur Be63 Vgl Pürgy, Verwaltung 321. 64 Durchführungserlass des LAD vom 30.03.2017, GZ VD-399/262-2017 (Erlass Nr 19a), 5. 65 Durchführungserlass des LAD vom 30.03.2017, GZ VD-399/262-2017 (Erlass Nr 19a), 5. 66 S Krenn-Mayer, Art 68 Rz 7 mit Hinweis auf Art 68 Abs 4 Bgld L-VG und Art 58 Abs 3 OÖ L-VG. 67 Durchführungserlass des LAD vom 30.03.2017, GZ VD-399/262-2017 (Erlass Nr 19a), 5. 68 Vgl Art 68 Abs 4 Bgld L-VG, Art 58 Abs 3 OÖ L-VG und Art 68 Abs 3 Stmk L-VG. S für den Bund Pürgy, Verwaltung 335 f mwN, wo (allerdings unverbindlich) ebenfalls eine Mindestfrist von sechs Wochen vorgesehen ist. 69 So wurde etwa im Rahmen der Anpassung der Tir Landesrechtsordnung an die Verwaltungsgerichtsbarkeits-Nov 2012 (BGBl I 2012/51) für den Gesetzesentwurf des (ersten) Tir Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetzes (Gesetz vom 7. November 2012 über die aufgrund der Einrichtung von
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gutachtung ist für die Erreichung des Zwecks eines Begutachtungsverfahrens essentiell, da bei zu knapper Fristbemessung aus Zeitgründen viel weniger bis kein differenzierter Sachverstand zu erlangen sein wird, weshalb die Festlegung von grds Mindeststandards bei gleichzeitiger Verlängerungsmöglichkeit durch den Erlass als sachgerecht zu begrüßen ist.70 Die durch Erlass normierten prinzipiellen Mindestfristen stellen allerdings keine zwingenden Fristen in dem Sinn dar, als dass ein Unterschreiten dieser im Ausnahmefall nicht möglich wäre. Dies ergibt sich daraus, dass die Begutachtungsfrist „in der Regel“71 mindestens vier bzw bei umfangreicheren Gesetzesvorhaben mindestens sechs Wochen zu betragen hat. Ein (ausnahmsweises) Abweichen dahingehend, dass die Begutachtungsfrist weniger als vier oder bei umfangreicheren Gesetzesvorhaben weniger als sechs Wochen beträgt, ist also möglich. Darüber hinaus ist auch bei Verordnungsentwürfen der LReg oder des LH das Begutachtungsverfahren für Gesetzesentwürfe mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Aussendung zur Begutachtung durch die zuständige Rechtsabteilung zu erfolgen hat, wobei eine Veröffentlichung des Entwurfs auf der Internetseite des Landes Tirol unterbleiben kann, und die Begutachtungsfrist „in der Regel mindestens vier Wochen zu betragen hat“; bestehen einfachgesetzlich vorgesehene Anhörungsrechte bestimmter Stellen, so sind diese in jedem Fall zur Abgabe einer Stellungnahme einzuladen.72 Jedenfalls ist hier auch die mindestens vierwöchige Frist des Konsultationsmechanismus zu beachten, selbst wenn die „normale“ Begutachtungsfrist kürzer als diese sein sollte.73
VI. Unterbleiben des Begutachtungsverfahrens 20 Art 36 Abs 3 TLO 1989 ordnet explizit an, dass das Unterbleiben eines Begutachtungsverfahrens sowie der obligatorischen Anhörung der in
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Verwaltungsgerichten erster Instanz erforderliche Anpassung der Tiroler Landesrechtsordnung, LGBl 2012/150) eine Begutachtungsfrist von acht Wochen festgelegt; dazu Ranacher, ZfV 2013, 369. Vgl auch Korinek, Selbstverwaltung 121 f; Pürgy, Verwaltung 335 ff. Durchführungserlass des LAD vom 30.03.2017, GZ VD-399/262-2017 (Erlass Nr 19a), 5. S den Durchführungserlass des LAD vom 30.03.2017, GZ VD-399/2622017 (Erlass Nr 19a), 7. Dazu Rz 21.
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Abs 2 genannten Stellen das verfassungsmäßige Zustandekommen eines Gesetzes nicht hindert.74 Dies gilt nicht nur bei einem vollständigen Unterbleiben des Begutachtungsverfahrens entgegen Art 36 TLO 1989, sondern argumentum a maiore ad minus auch dann, wenn ein entsprechendes Begutachtungsverfahren nur unvollständig oder fehlerhaft durchgeführt wurde.75 Pflichtwidriges Unterlassen des Begutachtungsverfahrens überhaupt schadet demgemäß ebenso wenig wie eine unrichtige oder unvollständige Durchführung desselben. Die Durchführung eines Begutachtungsverfahrens gem Art 36 TLO 1989 stellt sohin keine verfassungsrechtliche Normerzeugungsbedingung dar.76 Eine Sanktion für den Fall eines Verstoßes gegen Art 36 TLO 1989 ist nicht vorgesehen.77
VII. Konsultationsmechanismus und Notifika tionsverfahren A. Konsultationsmechanismus Von besonderer praktischer Bedeutung ist im vorliegenden Zusammen- 21 hang die Vereinbarung zwischen dem Bund, den Ländern und den Gemeinden über einen Konsultationsmechanismus und einen künftigen Stabilitätspakt der Gebietskörperschaften78 (Konsultationsmechanis mus).79 Diese Vereinbarung soll durch die Erlassung von Rechtsvorschriften verursachte einseitige Kostenüberwälzungen von einer Gebietskörperschaft auf eine andere, die mit der (eventuell kostenintensiven) Vollziehung dieser betraut ist, verhindern.80 74 Ausdrücklich auch die EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 69. 75 Vgl auch die EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 69; s ferner Krenn-Mayer, Art 69 Rz 12. 76 Pürgy, Verwaltung 329 f; Abbrederis/Pürgy, Gesetzgebung 265. 77 Vgl allgemein Abbrederis/Pürgy, Gesetzgebung 265; Pürgy, Verwaltung (im Druck) 318; Lienbacher, VVDStRL 71 (2012), 38; für die Stmk Krenn-Mayer, Art 68 Rz 12. 78 LGBl 1998/101; s auch BGBl I 1999/35. 79 Zu den wesentlichen Inhalten im Überblick s Pernthaler/Wegscheider, Der Konsultationsmechanismus in der österreichischen Finanzverfassung (2000) 6 f. 80 Bußjäger, Art 41 Rz 23; Kramhöller/Pauer, Die bisherigen Erfahrungen mit dem Konsultationsmechanismus in der Bundes- und der Landesgesetzgebung, ÖJZ 2001, 346; Krenn-Mayer, Art 68 Rz 11.
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Gem Art 1 Abs 2 Konsultationsmechanismus sind (ua) Gesetzesentwürfe der LReg dem Bund (BKA), dem Österreichischen Gemeindebund sowie dem Österreichischen Städtebund mitsamt einer Darstellung der finanziellen Auswirkungen (Art 1 Abs 3 Konsultationsmechanismus) zu übermitteln. Neben diese Informationspflicht tritt zusätzlich die Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme, wobei die Frist zur Stellungnahme angemessen zu sein und gem Art 1 Abs 4 Z 1 Konsultationsmechanismus bei Gesetzes- und Verordnungsentwürfen mindestens vier Wochen, gerechnet ab der Zustellung des Entwurfs, zu betragen hat. Unter bestimmten Voraussetzungen kann die gegenbeteiligte Körperschaft dann aufgrund von Art 2 Konsultationsmechanismus verlangen, dass Verhandlungen über die durch ein Vorhaben verursachten Kosten aufgenommen werden.81 Durch den Konsultationsmechanismus besteht unabhängig von sonstigen Begutachtungsverfahren eine rechtliche Übermittlungspflicht für Gesetzesentwürfe, wobei sich Begutachtungsverfahren wie jenes gem Art 36 TLO 1989 auch für die Erfüllung der aus dem Konsultationsmechanismus erfließenden Übermittlungspflichten anbieten.82 Unter diesem Gesichtspunkt ist die im Rahmen von Begutachtungsverfahren regelmäßig stattfindende (fakultative) Einbeziehung des Bundes und der Interessenvertretungen der Gemeinden bei Gesetzesentwürfen der LReg sinnvoll und effizient.83 Eine Verletzung der aus dem Konsultationsmechanismus erwachsenden Verpflichtungen – im vorliegenden Zusammenhang ist insb an eine Nichteinhaltung der Stellungnahmefrist zu denken – zieht praktisch bedeutsame Kostentragungssanktionen für die verantwortliche Gebietskörperschaft nach sich, wenngleich die Nichteinhaltung grds keinen Einfluss auf das verfassungsmäßige Zustandekommen eines Gesetzes hat.84 Die Kostentragungsverpflichtung der rechtsetzenden Gebietskörperschaft umfasst im Falle einer Nichteinhaltung der für das 81 Vgl näher zum Konsultationsverfahren zB Bußjäger, Rechtsfragen zum Konsultationsmechanismus, ÖJZ 2000, 581 ff; ders, Art 41 Rz 23; Pürgy, Verwaltung 336 ff; Schäffer, ZÖR 56 (2001), 145 ff, insb 201 ff. 82 Vgl allgemein Schäffer, ZÖR 56 (2001), 204 f. 83 Schwamberger/Ranacher, Landesordnung 72. Vgl für den Bund auch Art 97 Abs 2 B-VG sowie §§ 9 und 14 F‑VG. 84 Näher Bußjäger, ÖJZ 2000, 588 ff; ders, Art 41 Rz 23; Krenn-Mayer, Art 68 Rz 11; Pürgy, Verwaltung 341 f; Schäffer, ZÖR 56 (2001), 218 ff; vgl VfSlg 19.868/2014; dazu Gamper, Der Konsultationsmechanismus als Prüfmaßstab des VfGH, Kommunal 5/2014, 14 f.
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konkrete „Konsultationsverfahren“ maßgeblichen Frist – diese darf die zwingende Mindestfrist von vier Wochen nicht unterschreiten85 – gem Art 4 Abs 2 Konsultationsmechanismus den Ersatz der durch die Verwirklichung des Vorhabens zusätzlich verursachten finanziellen Ausgaben.86 Keine Konsultationspflicht besteht hingegen bei Gesetzesinitiativen, die nicht von der Exekutive ausgehen.87
B. Notifikationsverfahren Erwähnenswert scheint im gegebenen Kontext schließlich auch das 22 Notifikationsverfahren nach dem NotifG.88 § 1 NotifG bestimmt, dass Entwürfe von technischen Vorschriften oder von wesentlichen Änderungen solcher Vorschriften aus dem Bereich der Gesetzgebung oder Vollziehung des Landes, für die nach der RL 2015/1535/EU89 eine Notifikationspflicht besteht, einem Notifikationsverfahren zu unterziehen sind.90 Folglich ist es ohne weiteres auch möglich, dass dem Regime von Art 36 TLO 1989 unterliegende Gesetzesentwürfe der LReg vom Anwendungsbereich des NotifG erfasst sind. Die Abteilung Verfassungsdienst hat eine allfällige Notifikationsbedürftigkeit des Gesetzesentwurfs nach dem NotifG vor Einleitung des Begutachtungsverfahrens im Einvernehmen mit der zuständigen Rechtsabteilung zu prüfen.91 Diesfalls trifft die LReg uU aufgrund von § 3 NotifG die Pflicht, die jeweiligen Gesetzesentwürfe – allenfalls gemeinsam mit weiterführenden Informationen gem § 3 Abs 3 NotifG – dem Bund zur Notifikation an die Europäische Kommission zu übermitteln.92 Ist ein Notifikationsverfahren durchzuführen, haben außerdem die jeweils zuständigen Landesbehörden für eine bestimmte Dauer dafür zu sorgen, dass die gegenständliche technische Vorschrift nicht erlassen oder ange85 Art 1 Abs 4 Konsultationsmechanismus. 86 Bußjäger, ÖJZ 2000, 588; vgl VfSlg 19.868/2014. 87 Pürgy, Verwaltung 338; Schäffer, ZÖR 56 (2001), 205; Bußjäger, ÖJZ 2000, 585. 88 Näher dazu Wallnöfer, Art 38 (in diesem Band) Rz 25 ff. 89 Abl 2015 L 241/1. 90 § 2 NotifG enthält eine Reihe von relevanten Begriffsbestimmungen. 91 Durchführungserlass des LAD vom 30.03.2017, GZ VD-399/262-2017 (Erlass Nr 19a), 5. 92 Näher zu § 3 NotifG Wallnöfer, Art 38 (in diesem Band) Rz 26.
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wendet wird. Diese „Stillhaltefrist“ beträgt grds drei Monate ab Eingang der Notifikation bei der Europäischen Kommission, Abweichungen können bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen vorgesehen werden.93 Allfällige, innerhalb der Frist eingelangten Bemerkungen und Stellungnahmen der Europäischen Kommission oder eines MS der EU sind gem § 4 Abs 5 NotifG soweit wie möglich zu berücksichtigen.94 Die Stillhaltefrist im Notifikationsverfahren ist unabhängig vom (früheren) Ablauf der „normalen“ Begutachtungsfrist iSd Art 36 TLO 1989 zu beachten.
93 S näher Wallnöfer, Art 38 (in diesem Band) Rz 26. 94 Weiterführend zum Notifikationsverfahren, insb auch zu den Folgen des Unterbleibens einer erforderlichen Notifikation, Wallnöfer, Art 38 (in diesem Band) Rz 26 ff.
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Artikel 37* Volksbegehren (1) Die Landesregierung hat jeden von wenigstens 7.500 zum Landtag Wahlberechtigten oder von wenigstens 40 Gemeinden oder von der Stadt Innsbruck auf Grund von Gemeinderatsbeschlüssen gestellten Antrag auf Erlassung, Änderung oder Aufhebung von Landesgesetzen (Volksbegehren) unverzüglich dem Landtag vorzulegen. (2) Wurde ein Gesetzesbeschluß, der auf einem Volksbegehren beruht, durch Volksabstimmung abgelehnt, so darf ein Volksbegehren über diese Angelegenheit frühestens fünf Jahre nach dem Tag dieser Volksabstimmung wiederholt werden. (3) Ein Volksbegehren kann in Form eines Gesetzentwurfes oder eines einfachen Vorschlages gestellt werden. Es muß in jedem Fall begründet werden. (4) Das Verfahren bei Volksbegehren wird durch Landesgesetz näher geregelt. LGBl samt Erläuterungen: LGBl 1988/61 (X. GP AA 141/88 AB 141/88); LGBl 1998/104 (XII. GP RV 230/98 AB 230/98) Literatur: Gamper, Bürgerbeteiligung und demokratische Innovation in Tirol – Voraussetzungen, Instrumente, Schranken, in Bußjäger/Gamper (Hg), Demokratische Innovation und Partizipation in der Europaregion (2015) 23 (26 ff); Mayrhofer, Landtagswahlen und Direkte Demokratie, in Pürgy (Hg), Das Recht der Länder I (2012) 153 (206 ff); Morscher, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer. 7. Tirol (1991) 84 ff; Schwamberger/Ranacher, Tiroler Landesordnung 19896: Kommentar (2017) 72 f
Inhaltsübersicht I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben................................. 1 II. Völker- und unionsrechtliche Vorgaben ............................... 4 III. Entstehungsgeschichte.............................................................. 5 IV. Gegenstand................................................................................. 6 *
Herzlicher Dank ergeht an Frau Univ.-Ass. Mag. Angela Dengg für die Unterstützung bei der redaktionellen Bearbeitung.
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V. Antragsrechte und Rechtsschutz............................................ 8 A. Allgemeines............................................................................. 8 B. Volksbegehren auf Antrag von Wahlberechtigten........... 9 C. Volksbegehren auf Antrag von Gemeinden...................... 14 VI. Formulierung des Volksbegehrens.......................................... 17 VII. Rechtswirkungen des Ergebnisses des Volksbegehrens....... 18 VIII. Einfachgesetzliche Ausgestaltung........................................... 21
I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben 1 Die Bundesverfassung enthält keine ausdrücklichen Vorschriften für Einrichtungen der direkten Demokratie, einschließlich von Volksbegehren, auf Landesebene. Lediglich Art 6 Abs 4 B-VG erwähnt, allerdings bloß in wohnsitzrechtlichem Zusammenhang, „Volksbegehren, Volksabstimmungen und Volksbefragungen auf Grund der Bundesverfassung oder einer Landesverfassung“. Der Verfassungsautonomie der Länder ist es gem Art 99 B-VG überlassen, Formen der direkten Demokratie auf Landesebene vorzusehen, sofern diese das durch das demokratische Bauprinzip der Bundesverfassung geprägte, auch für die Länder verbindliche Regel-Ausnahme-Verhältnis zwischen repräsentativer und direkter Demokratie nicht verlassen.1 Der VfGH versteht 1
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Hammer, Direkte Demokratie im österreichischen Verfassungsrecht: Repräsentative Demokratie und Föderalismus als Strukturbedingungen der Demokratiereform, in Marko/Stolz (Hg), Demokratie und Wirtschaft (1987) 89 ff; Koja, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer2 (1988) 195 ff; ders, Instruments of Direct Democracy in the Austrian Federal State and its Länder, ZÖR 45 (1993), 33 (36 ff); Morscher, Landesgesetzgebung und direkte Demokratie, in Schambeck (Hg), Föderalismus und Parlamentarismus in Österreich (1992) 137 ff; Rack, Weiterentwicklung direktdemokratischer Mitwirkungsmöglichkeiten in Österreich, Die Verwaltung 1984, 208 ff; ders, Föderalismus als reformpolitisches Anliegen, ÖJZ 1990, 225 ff; Rill, Möglichkeiten und Grenzen des Ausbaus direkt-demokratischer Elemente in der österreichischen Bundesverfassung (1987); Öhlinger, Bundesverfassungsrechtliche Grenzen der Volksgesetzgebung, Montfort 2000, 402 ff; ders, Direkte Demokratie: Möglichkeiten und Grenzen. Zur aktuellen Diskussion über einen Ausbau direktdemokratischer Verfahren der Gesetzge bung, ÖJZ 2012, 1054 ff; Mayer, Plebiszitäre Instrumente in der staatlichen Willensbildung, in Österreichische Parlamentarische Gesellschaft (Hg), FS 75 Jahre Bundesverfassung (1995) 341 ff; Marko, Direkte Demokratie zwischen Parlamentarismus und Verfassungsautonomie, in Kopetz/Marko/ Poier (Hg), Soziokultureller Wandel im Verfassungsstaat – FS Mantl (2004) 335 ff; Pernthaler/Gstir, Direkte und repräsentative Demokratie auf Gemeindeebe-
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dieses Regel-Ausnahme-Verhältnis, wonach die repräsentative Demokratie vorherrschend ist,2 auch für die Länder grds so, wie es der Bundesverfassungsgesetzgeber für die Bundesebene vorgesehen hat: Die Länder können zwar daher Regelungen über direkte Demokratie vorsehen, müssen dabei aber beachten, dass die Vorherrschaft des Modells der repräsentativen Demokratie gewahrt bleibt.3 Auf Bundesebene ist das Volksbegehren in Art 41 Abs 2 B-VG4 geregelt: 2 Jedes von 100.000 Stimmberechtigten oder von je einem Sechstel der Stimmberechtigten dreier Länder unterstützte Volksbegehren ist demnach von der Bundeswahlbehörde dem NR zur Behandlung vorzulegen. Stimmberechtigt ist, wer am letzten Tag des Eintragungszeitraums das
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ne, ZfV 2004, 748 ff; Poier, Sachunmittelbare Demokratie in Österreichs Ländern und Gemeinden: Rechtslage und empirische Erfahrungen im Überblick, in Neumann/Renger (Hg), Sachunmittelbare Demokratie im interdisziplinären und internationalen Kontext 2008/2009 (2010) 31 (47 f); Poier, Instrumente und Praxis direkter Demokratie in Österreich auf Länder- und Gemeindeebene, in Bußjäger/Balthasar/Sonntag (Hg), Direkte Demokratie im Diskurs (2014) 141 ff; Storr, Die Maßgaben der österreichischen Bundesverfassung für sachunmittelbare Demokratie in Bund und Ländern, in Neumann/Renger (Hg), Sachunmittelbare Demokratie im interdisziplinären und internationalen Kontext 2008/2009 (2010) 96 (109 ff); Pernthaler, Demokratische Identität oder bundesstaatliche Homogenität der Demokratiesysteme in Bund und Ländern, JBl 2000, 808 ff; Bußjäger, Plebiszitäre Demokratie im Mehrebenensystem? Zur Theorie direkter Demokratie in föderalen und konföderalen Systemen, in Weber/N. Wimmer (Hg), Vom Verfassungsstaat am Scheideweg – FS Pernthaler (2005) 85 ff; Bußjäger, Demokratische Innovation und Verfassungsreform, in ders/Gamper (Hg), Demokratische Innovation und Partizipation in der Europaregion (2015) 1 ff; Gamper, Was heißt „mehr direkte Demokratie“? Versuch einer Sichtung, in Öhlinger/Poier (Hg), Direkte Demokratie und Parlamentarismus (2015) 183 ff; Gamper, Bürgerbeteiligung und demokratische Innovation in Tirol – Voraussetzungen, Instrumente, Schranken, in Bußjäger/Gamper (Hg), Demokratische Innovation und Partizipation in der Europaregion (2015) 23 ff; Gamper, Parlamentarische Rechtsetzung und direkte Demokratie, in Lienbacher/Pürgy (Hg), Parlamentarische Rechtsetzung in der Krise (2014) 101 ff; Oberndorfer/Pabel, 8. Teil. Einrichtungen der direkten Demokratie in den Gemeinden, in Pabel (Hg), Das österreichische Gemeinderecht (2015) Rz 1 ff. VfSlg 13.500/1993, 16.189/2001, 16.241/2001, 19.711/2012. Vgl insb VfSlg 16.241/2001. Bußjäger, Art 41 Abs 2 B-VG, in Kneihs/Lienbacher (Hg), Rill-SchäfferKommentar Bundesverfassungsrecht (2004) Rz 50; Merli, Art 41 Abs 2 B-VG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (1999) Rz 25.
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Wahlrecht zum NR besitzt. Das Volksbegehren muss eine durch BG zu regelnde Angelegenheit betreffen und kann in Form eines Gesetzesantrages gestellt werden. Bundesgesetzlich kann eine elektronische Unterstützung eines Volksbegehrens durch die Stimmberechtigten vorgesehen werden, wobei zu gewährleisten ist, dass sie nur persönlich und nur einmal erfolgt. Gem Art 41 Abs 3 B-VG werden die näheren Bestimmungen über das Verfahren für das Volksbegehren durch BG getroffen. Das Volksbegehren gem Art 37 TLO 1989 weist in den wesentlichen Zügen deutliche Parallelen zum Volksbegehren gem Art 41 Abs 2 B-VG auf: Es bezieht sich ebenfalls auf (diesfalls: Landes-)Gesetze, muss von einem (entsprechend niedrigeren) Anteil von Wahlberechtigten unterstützt und nicht zwingend in Form eines Gesetzesantrags gestellt werden. Markante Unterschiede finden sich hingegen dahin, dass die Initiative im Fall des Volksbegehrens gem Art 37 TLO 1989 auch von Gemeinden ausgehen kann – sodass der Begriff „Volksbegehren“ in diesem Zusammenhang unangebracht ist –5 und dass es unter gewissen Voraussetzungen eine zeitliche Sperre für die Wiederholung eines Volksbegehrens gibt. Einen Widerspruch zur Bundesverfassung stellen diese Unterschiede dennoch nicht dar. Das aus Sicht des VfGH wesentliche Regel-Ausnahme-Verhältnis von repräsentativer und direkter Demokratie wird durch das Volksbegehren gem Art 37 TLO 1989 nicht berührt. Das Volksbegehren ist zwar dem LT unverzüglich durch die LReg vorzulegen, es bindet den LT aber nicht, einen entsprechenden Gesetzesbeschluss zu fassen. Insb ist die vom VfGH als bundesverfassungswidrig erachtete Konstruktion einer „Volksgesetzgebung“ – ein qualifiziert unterstütztes Volksbegehren löst eine Volksabstimmung aus, die, auch gegen den Willen des Parlaments, ein bestimmtes Gesetz erzwingt – nicht vorgesehen, da ein Volksbegehren gem Art 37 TLO 1989 keine Volksabstimmung über die dem Volksbegehren zugrundeliegende Angelegenheit auslöst.6 Im Bundesländervergleich7 ist das 5 6
Vgl dazu noch unten Rz 14. Vgl allerdings Art 59 Abs 5-7 OÖ L-VG mit einer unter Umständen nachfolgenden Volksbefragung sowie Art 33 Abs 5 Vbg LV, Art 21 Abs 2 Sbg L-VG und Art 70 Abs 1–2 Stmk L-VG mit einer unter Umständen nachfolgenden, allerdings keine weitere Bindungswirkung als die Behandlung durch den LT vorsehenden (und insofern fälschlich so bezeichneten) Volksabstimmung; kritisch dazu schon Gamper, Bürgerbeteiligung 27 f. 7 Vgl dazu auch Mayrhofer, Landtagswahlen 206 ff sowie Krenn-Mayer, Art 69 Stmk L-VG, in Grabenwarter (Hg), Steiermärkische Landesverfassung (2013) Rz 6 ff.
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Volksbegehren gem Art 37 TLO 1989 als besonders bürgerfreundliches8 Instrument insofern ausgestaltet, als die Zahl der Unterstützenden verhältnismäßig niedrig angesetzt ist und, abseits der Kompetenzverteilung, keine thematischen Einschränkungen vorgesehen sind. Eine gewisse Nähe des Volksbegehrens besteht zu dem in Art 11 StGG 3 und Art 12 TLO 1989 gewährleisteten Petitionsrecht9. Gemeinsam ist der Petition und dem Volksbegehren, dass es sich um ein Anliegen handelt, das bestimmten repräsentativen Organen vorgelegt wird. Im Ergebnis sind sowohl eine Petition als auch ein Volksbegehren insofern unverbindlich, als dem jeweils darin formulierten Anliegen nicht inhaltlich Rechnung getragen werden muss. Die Petition ist jedoch insofern weiter als das Volksbegehren, als sich die Petition nicht auf Angelegenheiten der Landesgesetzgebung oder den LT als Adressaten beschränkt sowie „jedermann“ und nicht bloß eine gewisse Anzahl von zum LT Wahlberechtigten petitionsberechtigt ist. Während die Petition ein nahezu formloses Instrument darstellt10, ist das Volksbegehren an zahlreiche Formvorschriften gebunden11. Das Volksbegehren wiederum ist – freilich nur, wenn die in Art 37 Abs 1 und 2 TLO 1989 erwähnten Voraussetzungen12 erfüllt sind – jedenfalls dem LT vorzulegen, was im Falle einer Petition nur unter den in § 65 Abs 5 lit e und f Tir GO LT genannten Voraussetzungen der Fall ist.
II. Völker- und unionsrechtliche Vorgaben Zwar regelt das Unionsrecht die Europäische Bürgerinitiative (Art 11 4 Abs 4 EUV), es enthält jedoch keine Vorgaben für regionale Volksbegehren. Auch das Völkerrecht lässt regionale Volksbegehren unberührt.
III. Entstehungsgeschichte Die StF der TLO 198913 sah Art 37 in einer Fassung vor, die sich von 5 der heutigen nur in einem einzigen Element unterschied: Durch die Nov LGBl 1998/104 wurde die in Art 37 Abs 1 TLO 1989 normierte 8 9 10 11 12 13
Ähnlich schon Gamper, Bürgerbeteiligung 27. Vgl dazu Gamper, Art 12 (in diesem Band). Vgl dazu Gamper, Art 12 (in diesem Band) Rz 4. Vgl dazu unten Rz 8 ff. Vgl dazu unten Rz 6 ff. LGBl 1988/61.
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Zahl der zum LT Wahlberechtigten, welche zur Unterstützung eines Volksbegehrens erforderlich sind, von 10.000 auf 7.500 zum LT Wahlberechtigte herabgesetzt und damit eine der Voraussetzungen des Volksbegehrens erleichtert. Bisher fanden zwei Volksbegehren gem Art 37 TLO 1989 statt: 2008 wurde das Volksbegehren „fairSorgen“14 durchgeführt, 2009 das Volksbegehren „Mehr Mitsprache für die Tiroler Bevölkerung in ihrer Heimatgemeinde“15. Beide Volksbegehren erfüllten die Voraussetzungen gem Art 37 Abs 1 TLO 1989 nicht.
IV. Gegenstand 6 Gegenstand des Volksbegehrens ist gem Art 37 Abs 1 TLO 1989 die Erlassung, Änderung oder Aufhebung von LG. Dazu zählen bspw auch LVG oder Ausführungsgesetze des Landes gem Art 12 B-VG. BG können aus kompetenzrechtlichen Gründen nicht Gegenstand eines Volksbegehrens gem Art 37 TLO 1989 sein. Die Bestimmung ist im Einklang mit der Kompetenzverteilung der Bundesverfassung16 so zu verstehen, dass ein Volksbegehren, das zwar formell auf ein LG, materiell aber auf eine Regelung abzielt, die in die Kompetenz des Bundes fällt, unzulässig ist. § 5 Abs 2 VolksG präzisiert daher auch, dass ein Antrag auf Einleitung eines Volksbegehrens ua dann abzuweisen ist, wenn das begehrte Gesetz eine Angelegenheit zum Inhalt hat, deren Regelung nicht in die Zuständigkeit des Landes fällt. Gemeint ist dabei offenkundig eine Gesetzgebungszuständigkeit des Landes iSd bundesstaatlichen Kompetenzverteilung: Ob die Regelung – unbeschadet der Zuständigkeit des Landes – aus irgendeinem Grund inhaltlich verfassungswidrig ist, spielt dafür keine Rolle. Die Gefahr eines verfassungswidrigen Inhalts besteht freilich bei jedem Gesetz (und der Initiative dazu), ist hier jedoch insofern entschärft, als das Volksbegehren von den zuständigen Gesetzgebungsorganen nicht zwingend umgesetzt werden muss. Darüber hinaus unterliegt ein auf einem solchen Volksbegehren beruhendes LG wie jedes LG der nachprüfenden Kontrolle des VfGH. Angelegenheiten der Vollziehung können einem Volksbegehren nicht unterzogen werden; wohl aber können LG, die bestimmte Ange14 Vgl das verlautbarte Ergebnis in LGBl 2008/58. 15 Vgl das verlautbarte Ergebnis in LGBl 2009/14. 16 Der ausdrückliche Wortlaut des Art 37 Abs 1 TLO 1989 allein genügt für diese Annahme nicht; vgl auch Gamper, Bürgerbeteiligung 27.
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legenheiten der Vollziehung regeln, Gegenstand des Volksbegehrens gem Art 37 TLO 1989 sein. Anders als Art 39 Abs 2 TLO 1989 für Landesvolksabstimmungen17 und Art 60 Abs 1 TLO 1989 für Landesvolksbefragungen18, sieht Art 37 keine thematischen Schranken für Landesvolksbegehren vor, sofern sie sich nicht aus der Kompetenzverteilung ergeben. Die Prüfung des Antrags von Wahlberechtigten auf Einleitung eines Volksbegehrens durch die LReg gem § 5 Abs 2 VolksG und die Prüfung des Antrags von Gemeinden gem § 22 Abs 4 leg cit folgt denselben Schrankenkriterien. Auch der VfGH bestätigte in Bezug auf eine ähnliche Vbg Regelung, dass „der Landeswahlbehörde im Rahmen der von ihr zu treffenden Entscheidung über die Zulässigkeit eines Antrages auf Einleitung eines Volksbegehrens [nicht] die Prüfung der Frage zukäme, ob das Gesetz, dessen Erlassung begehrt wird, der Bundesverfassung inhaltlich widerspricht; die Beurteilung dieser Frage obliegt vielmehr dem Landtag, der dabei der Kontrolle durch den Verfassungsgerichtshof unterliegt.“19 Ausgenommen vom Gegenstand eines Volksbegehrens sind gem Art 37 7 Abs 2 TLO 1989 aber auch alle Angelegenheiten, die schon einmal Gegenstand eines Volksbegehrens gewesen waren, das zu einem Gesetzesbeschluss geführt hatte, der in weiterer Folge durch Volksabstimmung gem Art 39 TLO 198920 abgelehnt wurde. Diese Ausnahme gilt allerdings nur für fünf Jahre nach dem Tag der Volksabstimmung. Für den Fall, dass sich die jeweils plebiszitär Berechtigten in einer Volksabstimmung anders als in einem Volksbegehren äußern, können mehrere Faktoren verantwortlich sein: Erstens manifestiert sich in einem Volksbegehren, je nach Ausmaß der Unterstützung, möglicherweise nur ein Bruchteil derjenigen, die an einer Volksabstimmung teilnehmen, sodass zwar der Kreis der plebiszitär Berechtigten derselbe, derjenige der Unterstützenden oder Zustimmenden aber in concreto enger oder weiter ist. Zweitens „beruht“ der durch Volksabstimmung abgelehnte Gesetzesbeschluss gem Art 37 Abs 2 TLO 1989 zwar auf einem Volksbegehren, es wäre aber möglich, dass die gesetzliche Ausgestaltung im Detail dem Willen des Volks nicht entspricht oder es andere Gründe gibt, die das Volk trotz des zunächst erfolgreich unterstützten Volksbegehrens den Gesetzesbeschluss nicht mittragen lassen. Drittens kann das Volks17 Dazu Gamper, Art 39 (in diesem Band) Rz 14 ff. 18 Dazu Gamper, Art 60 (in diesem Band) Rz 13 ff. 19 VfSlg 16.382/2001. 20 Dazu Gamper, Art 39 (in diesem Band) .
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begehren gem Art 37 Abs 1 TLO 1989 ja auch von wenigstens 40 Gemeinden oder der Stadt Ibk unterstützt worden sein, sodass der Widerspruch sich nicht auf die zum LT Wahlberechtigten (die ein Volksbegehren unterstützen einerseits und bei der Volksabstimmung mitstimmen andererseits) bezieht, sondern zwischen den Gemeinden (der Stadt Ibk) und den Stimmberechtigten bei der Volksabstimmung besteht. Dadurch, dass der Landesverfassungsgesetzgeber den Begriff des „Volksbegehrens“ sowohl für die von mindestens 7.500 zum LT Wahlberechtigten unterstützte Volksinitiative als auch die Gemeindeinitiative verwendet – was, wie erwähnt, eine falsa nominatio darstellt –21, bezieht sich die zeitliche Sperre nicht nur auf von zum LT Wahlberechtigten initiierte Volksbegehren. Keine zeitliche Sperre gilt hingegen für Angelegenheiten, die Gegenstand eines Volksbegehrens waren, das danach vom LT nicht in Form eines Gesetzesbeschlusses umgesetzt wurde. Ebenso wenig gilt eine zeitliche Sperre dafür, dass der LT einen Gesetzesbeschluss über dieselbe, durch Volksabstimmung abgelehnte Angelegenheit fasst, sofern die Gesetzesinitiative dafür kein wiederholtes Volksbegehren ist. Fraglich ist, wie die Frist von fünf Jahren nach dem Tag der Volksabstimmung für die Wiederholung des Volksbegehrens zu berechnen ist. Dadurch, dass Volksbegehren ja nicht nur an einem einzigen Tag stattfinden, sondern gem § 3 VolksG eines Einleitungsverfahrens bedürfen, während das Eintragungsverfahren gem § 6 Abs 2 leg cit einer Eintragungsfrist von einer Woche bedarf, könnten unterschiedliche Termine als frühestmöglicher Zeitpunkt in Frage kommen. § 5 Abs 2 VolksG verknüpft das Fristende mit jenem Zeitpunkt, in dem die LReg mit schriftlichem Bescheid über den Antrag auf Einleitung eines Volksbegehrens entscheidet: Sie hat den Antrag ua dann abzuweisen, wenn das begehrte Gesetz eine Angelegenheit zum Inhalt hat, die bereits Gegenstand eines auf einem Volksbegehren beruhenden Gesetzesbeschlusses war, der durch eine Volksabstimmung abgelehnt wurde, es sei denn, dass seit dem Tag dieser Volksabstimmung mehr als fünf Jahre verstrichen sind. Demzufolge müssen spätestens zum Zeitpunkt der Entscheidung der LReg über die Einleitung des Volksbegehrens mehr als fünf Jahre verstrichen sein, nicht aber notwendigerweise zu jenem Zeitpunkt, in dem der Antrag auf Einleitung eines Volksbegehrens bei der LReg eingebracht wird. Dass gem § 5 Abs 2 leg cit „mehr“ als fünf Jahre verstrichen sein müssen, stimmt mit Art 37 Abs 2 TLO 1989 nicht 21 Vgl noch unten Rz 14.
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präzise überein, wo von „frühestens fünf Jahre nach dem Tag dieser Volksabstimmung“ die Rede ist, weil, streng genommen, an jenem Tag, an dem das fünfte Jahr nach dem Tag der Volksabstimmung verstrichen ist, das Volksbegehren wiederholt werden dürfte, und nicht erst, nachdem eine weitere Zeiteinheit verstrichen ist. Während Art 37 Abs 2 TLO 1989 von einem „Volksbegehren über diese Angelegenheit“ spricht, ist in § 5 Abs 2 VolksG vom „Gegenstand eines auf einem Volksbegehren beruhenden Gesetzesbeschlusses“ die Rede. Sollte ein zweites Volksbegehren sich zwar auf dieselbe Angelegenheit beziehen, diese allerdings in einer anderen Richtung als das erste Volksbegehren und der auf diesem beruhende Gesetzesbeschluss regeln wollen, könnte dies nach dem Wortlaut des Art 37 Abs 2 TLO 1989 ebenfalls unzulässig sein. In einer teleologischen Auslegung wird man aber wohl, wie dies auch § 5 Abs 2 VolksG nahezulegen scheint, annehmen müssen, dass sich die Sperre nur auf Volksbegehren bezieht, die den Gegenstand des Gesetzesbeschlusses wiederholen, also sich nicht nur auf dieselbe Angelegenheit im Großen, sondern auch auf eine ganz konkrete Art von inhaltlicher Regelung beziehen.
V. Antragsrechte und Rechtsschutz A. Allgemeines Gem Art 37 Abs 1 TLO 1989 hat die LReg jeden von wenigstens 7.500 8 zum LT Wahlberechtigten oder von wenigstens 40 Gemeinden oder von der Stadt Ibk gestellten Antrag auf Erlassung, Änderung oder Aufhebung von LG unverzüglich dem LT vorzulegen. Diese alternativ aufgestellten Antragserfordernisse beziehen sich allerdings nur auf die Vorlagepflicht, nicht auf die Frage, ob oder wie ein Volksbegehren an sich einzuleiten ist. Im Folgenden soll daher nicht nur zwischen beiden Arten des Volksbegehrens – dem Volksbegehren auf Antrag von Wahlberechtigten und dem Volksbegehren auf Antrag von Gemeinden (Stadt Ibk) –, sondern auch zwischen dem Einleitungs- und Eintragungsverfahren unterschieden werden, wobei letztere Unterscheidung nicht in der TLO 1989, sondern im VolksG und hier wiederum nur für den Fall des Volksbegehrens von Wahlberechtigten getroffen wird.
B. Volksbegehren auf Antrag von Wahlberechtigten Ein von wenigstens 7.500 zum LT Wahlberechtigten gestelltes Volksbe- 9 gehren ist unverzüglich dem LT vorzulegen. Diese im Vergleich zur 487
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ursprünglichen Zahl von 10.000 niedrigere numerische Hürde wurde durch die TLO-Nov LGBl 1998/104 eingeführt.22 Die Wahlberechtigung zum LT (aktives Wahlrecht)23 haben gem Art 17 Abs 2 lit a TLO 1989 alle Landesbürger, die spätestens am Tag der Wahl das 16. Lebensjahr vollendet haben und vom Wahlrecht nicht ausgeschlossen sind. Unter Landesbürgern sind gem Art 3 Abs 2 TLO 198924 alle österr Staatsbürger zu verstehen, die ihren Hauptwohnsitz in einer Gemeinde Tirols haben. Gem Art 17 Abs 2 lit b TLO 1989 haben die Wahlberechtigung zum LT aber auch alle österr Staatsbürger, die vor der Verlegung ihres Hauptwohnsitzes in das Ausland diesen in Tirol hatten, spätestens am Tag der Wahl das 16. Lebensjahr vollendeten und vom Wahlrecht nicht ausgeschlossen sind, für die Dauer ihres Aufenthaltes im Ausland, längstens für zehn Jahre. Ein Ausschluss vom Wahlrecht kann gem Art 17 Abs 4 TLO 1989 nur durch LG als Folge rechtskräftiger gerichtlicher Verurteilung vorgesehen werden. § 4 Abs 1 TLWO 2017 bestimmt, dass vom Wahlrecht ausgeschlossen ist, wer durch ein inländisches Gericht nach § 22 Abs 1 NRWO vom Wahlrecht ausgeschlossen wurde. Gem § 22 Abs 1 leg cit kann vom Gericht unter Zugrundelegung der Umstände des Einzelfalls vom Wahlrecht ausgeschlossen werden, wer durch ein inländisches Gericht wegen verschiedener, dort näher aufgezählter strafbarer Handlungen zu einer nicht bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr oder wegen einer sonstigen mit Vorsatz begangenen strafbaren Handlung zu einer nicht bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt wird. 10 Art 37 TLO 1989 enthält jedoch keine Bestimmungen über das Einleitungsverfahren eines Volksbegehrens, sondern überlässt dies gem Art 37 Abs 4 TLO 1989 dem einfachen Landesgesetzgeber. § 3 Abs 1 VolksG sieht vor, dass der Antrag auf Einleitung eines Volksbegehrens bei der LReg schriftlich einzubringen ist. Der Antrag darf jeweils nur ein Volksbegehren zum Gegenstand haben und muss von wenigstens 750 zum LT Wahlberechtigten unterstützt sein. Die Unterstützung im Einleitungsverfahren bedarf also nur der Unterstützung von einem Zehntel derjenigen, deren Unterstützung im Eintragungsverfahren erforderlich ist. Gem § 3 Abs 2 leg cit hat der Antrag ua einen Gesetzentwurf oder einen einfachen Vorschlag, der zumindest den wesentlichen 22 Vgl dazu oben Rz 5. 23 Vgl dazu Bußjäger, Art 17 (in diesem Band). 24 Vgl dazu Gamper, Art 3 (in diesem Band) Rz 3.
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Inhalt des begehrten Gesetzes zu enthalten hat, samt einer Begründung, aus der die dem Volksbegehren zugrundeliegenden Motive hervorgehen, den Namen und die Adresse eines die Antragsteller vertretenden Bevollmächtigten sowie die Unterstützungserklärungen der Antragsteller (§ 4) zu enthalten. Die LReg hat gem § 5 Abs 1 leg cit über den Antrag auf Einleitung eines Volksbegehrens innerhalb von zwei Wochen nach dessen Einlangen mit schriftlichem Bescheid zu entscheiden. Dem Antrag ist gem § 5 Abs 2 leg cit stattzugeben, wenn die Voraussetzungen gem §§ 3 und 4 leg cit erfüllt sind, andernfalls ist er abzuweisen. Der Antrag ist auch dann abzuweisen, wenn das begehrte Gesetz eine Angelegenheit zum Inhalt hat, deren Regelung nicht in die Zuständigkeit des Landes fällt oder die bereits Gegenstand eines auf einem Volksbegehren beruhenden Gesetzesbeschlusses war, der durch eine Volksabstimmung abgelehnt wurde, es sei denn, dass seit dem Tag dieser Volksabstimmung mehr als fünf Jahre verstrichen sind.25 Die Unzulässigkeit eines Volksbegehrens gem Art 37 Abs 1 und 2 TLO 1989 wirkt sich dahingehend aus, dass kein Eintragungsverfahren mehr durchzuführen ist, weil dafür ein stattgebender Bescheid der LReg erforderlich wäre (§ 6 Abs 1 VolksG). Rechtsschutz gem Art 141 Abs 1 lit h B-VG ist in diesem Zusammen- 11 hang schon deshalb nicht möglich, weil es sich bei der Einleitungsinitiative nicht um ein Volksbegehren, eine Volksabstimmung oder eine Volksbefragung handelt, dessen oder deren Ergebnis angefochten wird.26 Gegen den Bescheid der LReg gem § 5 Abs 2 VolksG ist jedoch Beschwerde an das LVwG zulässig,27 gegen dessen Entscheidung Beschwerde gem Art 144 B-VG an den VfGH erhoben werden könnte.28 Wird dem Antrag auf Einleitung eines Volksbegehrens stattgegeben, knüpfen sich daran zwei unmittelbare Rechtswirkungen: Gem § 5 Abs 3 VolksG hat die LReg der Landeswahlbehörde unverzüglich eine Ausfertigung der Entscheidung zu übersenden und ihr die Zahl der gültigen Unterstützungserklärungen mitzuteilen. Gem § 6 Abs 1 leg cit hat die LReg außerdem die Eintragungsfrist unverzüglich festzulegen und dies unter Anführung des Kurztitels des Volksbegehrens durch Kundmachung im LGBl zu verlautbaren. Die Eintragungsfrist beträgt gem § 6 Abs 2 leg cit eine Woche und ist so festzulegen, dass zwischen der 25 26 27 28
Vgl dazu bereits oben Rz 7. Vgl sinngemäß VfGH 27.06.2017, E 1823/2017. So auch in Bezug auf die Stmk Krenn-Mayer, Art 69 Rz 4. Vgl sinngemäß VfGH 27.06.2017, E 1823/2017.
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Herausgabe des LGBl mit der Kundmachung und dem ersten Tag der Eintragungsfrist wenigstens neun Wochen liegen. Nähere Bestimmungen zu Eintragungsbehörde (Bgm), Stimmrecht (zum LT Wahlberechtigte, die spätestens am ersten Tag der Eintragungsfrist das 16. Lebensjahr vollendet haben), Erfassung der Stimmberechtigten, Teilnahme an Volksbegehren und Stimmkarten, Ausübung des Stimmrechts durch in ihrer Mobilität eingeschränkte Personen, Eintragungssprengel, -ort, -zeit und -lokal, Zulassung zur Stimmabgabe, Stimmabgabe und Ungültigkeit von Eintragungen treffen §§ 7 bis 15 leg cit. Eine elektronische Unterstützung des Einleitungs- oder Eintragungsverfahrens, wie sie etwa das Volksbegehrengesetz 201829 des Bundes iVm Art 41 Abs 2 letzter Satz B-VG vorsieht,30 ist bislang für das Volksbegehren gem Art 37 TLO 1989 nicht vorgesehen worden. 12 §§ 16–21 VolksG regeln das Ermittlungsverfahren: Erwähnt werden soll im vorliegenden Zusammenhang § 18 Abs 1 leg cit, wonach die Landeswahlbehörde auf Grund der Niederschriften der Kreiswahlbehörden ua die Gesamtzahl der gültigen Eintragungen im Land, der die Zahl der gültigen Unterstützungserklärungen hinzuzuzählen ist, ermitteln muss. Diese Gesamtzahl bildet zusammen mit der Gesamtzahl der Stimmberechtigten und der Feststellung, ob das Volksbegehren die Voraussetzungen gem Art 37 Abs 1 TLO 1989 erfüllt, das Ergebnis des Volksbegehrens, das in einer Niederschrift zu beurkunden ist. Eine Ausfertigung der Niederschrift ist unverzüglich der LReg zu übersenden, die wiederum das Ergebnis des Volksbegehrens unverzüglich durch Kundmachung im LGBl zu verlautbaren hat. Gem § 20 Abs 1 VolksG ist der Bevollmächtigte der Antragsteller des Volksbegehrens ermächtigt, binnen einer Woche nach der Herausgabe des LGBl mit der Kundmachung bei der Landeswahlbehörde schriftlich einen Überprüfungsantrag zu stellen. Die Landeswahlbehörde hat gem § 20 Abs 2 leg cit über den Überprüfungsantrag im Rahmen der vorgebrachten Gründe mit schriftlichem Bescheid zu entscheiden und diese Entscheidung zu begründen. Ergibt die Überprüfung eine Rechtswidrigkeit des Verfahrens, so hat die Landeswahlbehörde das Eintragungs- oder das Ermittlungsverfahren aufzuheben, soweit die Rechtswidrigkeit auf das Ergebnis des Volksbegehrens von Einfluss sein konnte, und zu bestimmen, welche Teile des Verfahrens zu wiederholen sind. Ergibt die Überprüfung die Unrichtigkeit der Ergebnisermittlung, so hat die Landes29 BGBl I 2016/106 idF BGBl I 2020/24. 30 Vgl dazu das Wahlrechtsänderungsgesetz 2017, BGBl I 2016/106.
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wahlbehörde das richtiggestellte Ergebnis unverzüglich durch Kundmachung im LGBl zu verlautbaren. Über eine Anfechtung des Bescheids der Landeswahlbehörde vor dem 13 VfGH enthält das VolksG keine Bestimmungen.31 Gem Art 141 Abs 1 lit h B-VG und § 67 Abs 2 VfGG ist hier wohl wiederum an die Parteistellung im Überprüfungsverfahren anzuknüpfen,32 was eine individuelle Anfechtung des Ergebnisses des Volksbegehrens durch einen einzelnen Berechtigten, ausgenommen den Bevollmächtigten der Antragsteller des Volksbegehrens, ausschließt. Der VfGH hat in einer insgesamt unklaren Judikatur33 einerseits festgestellt, dass der Landesgesetzgeber nicht berechtigt sei, die Voraussetzungen der Anfechtung gem Art 141 Abs 1 lit h B-VG zu regeln,34 andererseits aber gefolgert, dass – angesichts des Fehlens bundes(verfassungs)rechtlicher Regelungen über die Anfechtungsbefugnis bei Landesplebisziten – „jedenfalls“ diejenigen gem Art 141 Abs 1 lit h B-VG anfechtungsberechtigt seien, die in einem landesgesetzlich vorgesehenen Einspruchsverfahren anfechtungsberechtigt seien und Parteistellung hätten. Darüber hinaus hielt er fest, dass ein „aus der bloßen Teilnahme an direktdemokratischen Instrumenten ohne Erfüllung von bestimmten Formalerfordernissen erfließendes subjektives Recht einzelner Personen auf Überprüfung von Abstimmungsergebnissen […] weder in den die direktdemokratischen Instrumente regelnden Bestimmungen des B-VG […] noch in Art 141 Abs 3 B-VG idF vor BGBl I 51/2012 vorgesehen [ist], sondern ihnen allenfalls durch ihre besondere Rechtsstellung in diesen Verfahren zukommen“35 kann. Im Fall einer landesgesetzlichen Regelung, die überhaupt keinen Überprüfungsantrag zuließ, führte der VfGH aus, dass nicht nur „solche Volksbefragungen vom Verfassungsgerichtshof überprüft werden können, die auf einer Initiative von Gemeindemitgliedern beruhen. Eine solche Auslegung würde nämlich zu dem – aus 31 Zur fehlenden Kompetenz des Landesgesetzgebers hinsichtlich der Regelung dieser Angelegenheit vgl etwa VfSlg 19.785/2013. 32 Vgl zur Zulässigkeit der Beschränkung der Anfechtungsbefugnisse bei Plebisziten und Orientierung des VfGH an der Parteistellung im landesgesetzlich geregelten Überprüfungsverfahren VfSlg 9.234/1981, 13.839/1994, 15.816/2000, 19.785/2013. 33 Vgl zB VfGH 12.06.2015, W III1/2015; 18.02.2016, W III1/2016; VfSlg 15.816/2000, 19.648/2012, 19.772/2013, 19.784/2013, 19.785/2013. 34 So auch Morscher, Verfassungsrecht 85. 35 Vgl zuletzt VfGH 18.02.2016, W III1/2016, mit Hinweisen auf die Vorjudikatur.
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verfassungsrechtlicher Sicht unvertretbaren – Ergebnis führen, dass das Ergebnis einer durch Initiative des Gemeinderates eingeleiteten Volksbefragung überhaupt nicht bekämpft und damit auch nicht überprüft werden kann. Dies ist mit rechtsstaatlichen Geboten nicht in Einklang zu bringen […]. Die Anfechtung des Ergebnisses einer Volksbefragung im Wege des Art 141 Abs 3 B-VG ist daher – unabhängig von der Art ihrer Einleitung – zulässig […].“36 Dieser Fall liegt hier jedoch nicht vor, da schon landesgesetzlich eine Überprüfungsmöglichkeit durch den Bevollmächtigten der Antragsteller des Volksbegehrens vorgesehen ist, sodass von einer anschließenden Anfechtungsmöglichkeit des Bevollmächtigten gem Art 141 Abs 1 lit h B-VG iSd Judikatur ohnehin auszugehen ist.
C. Volksbegehren auf Antrag von Gemeinden 14 Gem Art 37 Abs 1 TLO 1989 ist ein Volksbegehren auch dann unverzüglich dem LT vorzulegen, wenn der Antrag von wenigstens 40 Gemeinden oder von der Stadt Ibk auf Grund von Gemeinderatsbeschlüssen gestellt wird. Bemerkenswert ist, dass bei der Volksabstimmung gem Art 39 TLO 198937 und der Volksbefragung gem Art 60 TLO 198938 zwar auch Initiativrechte von 40 Gemeinden vorgesehen sind, Ibk als Statutar- und Landeshauptstadt im Zusammenhang mit diesen beiden Plebiszitarten hingegen keinen Sonderstatus hat. Ein Volksbegehren kann hingegen auch von der Stadt Ibk allein gestellt werden, was sie gegenüber den anderen Tir Gemeinden privilegiert.39 Ein ganz wesentlicher Unterschied zu den beiden anderen Plebisziten liegt allerdings darin, dass es beim Volksbegehren darum geht, dass wenigstens 40 Gemeinden oder die Stadt Ibk einen Antrag auf Erlassung, Änderung oder Aufhebung eines LG stellen, während die Initiativrechte von Gemeinden im Fall der Volksabstimmung oder Volksbefragung lediglich darauf abzielen, dass das Volk – mit verbindlichem oder unverbindlichem Ergebnis – abstimmt bzw befragt wird. In den beiden letzteren Fällen können Gemeinden also nur darauf hinwirken, dass es zur Ausübung direkter Demokratie durch die zum LT Wahlberechtigten 36 VfSlg 19.648/2012. 37 Dazu Gamper, Art 39 (in diesem Band). 38 Dazu Gamper, Art 60 (in diesem Band) . 39 Vgl in diesem Zusammenhang die bezirksweise Aufschlüsselung der Anzahl von Gemeinden in Schwamberger/Ranacher, Landesordnung 73. Näher zur Stellung der Stadt Ibk auch Eller, Art 5 (in diesem Band).
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kommt, während das Volksbegehren auf Antrag von Gemeinden unmittelbar auf einen bestimmten Gesetzgebungsakt gerichtet ist. Wenigstens 40 Gemeinden oder die Stadt Ibk können also einen Gesetzesantrag in Form des Volksbegehrens stellen, ohne dass dies einen Bezug zu direkter Demokratie hätte. Insofern ist auch die Bezeichnung „Volksbegehren“ für das von Gemeinden oder der Stadt Ibk gestellte Volksbegehren verfehlt.40 Es handelt sich beim Volksbegehren auf Antrag von Gemeinden41 auch insofern nicht um ein direkt-demokratisches Instrument, als die Gemeinden bzw die Stadt Ibk nur auf Grund von (repräsentativen) Gemeinderatsbeschlüssen vorgehen können. Tatsächlich sind Plebiszite in der Gemeinde gem Art 117 Abs 8 B-VG nur in Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereichs zulässig, wozu die Landesgesetzgebung jedoch nicht zählt.42 Mangels entgegenstehender Anordnung richtet sich die Beschlussfassung der Gemeinderäte nach den allgemeinen Beschlusserfordernissen gem §§ 44 und 45 TGO sowie § 22 IbkStadtR, wonach jeweils mehr als die Hälfte der Gemeinderatsmitglieder anwesend sein und die Mehrheit der Anwesenden für den Antrag stimmen muss.43 Richtigerweise ist das durch wenigstens 40 Gemeinden oder die Stadt 15 Ibk gestellte Volksbegehren als eine Form von Gesetzesinitiativrecht von Gemeinden im Landesgesetzgebungsverfahren zu verstehen, das auf Bundesebene nicht vorgesehen ist, angesichts seiner Unverbindlichkeit allerdings das Regelmodell der repräsentativen Demokratie nicht in Frage stellt. Die Privilegierung der Stadt Ibk erklärt sich insb aus ihrer Stellung als Statutarstadt, die durch das IbkStadtR geregelt wird, welches – als LG – ua Gegenstand eines von der Stadt Ibk gestellten „Volksbegehrens“ sein könnte44. Mit direkter Demokratie oder einem echten „Volksbegehren“ hat diese Gemeindeinitiative allerdings nichts zu tun. 40 Gamper, Bürgerbeteiligung 26 f. Morscher, Verfassungsrecht 85 hält das Volksbegehren „insbesondere“ – nach hier vertretener Auffassung dagegen: nur – dann für ein Element der direkten Demokratie, soweit zum LT Wahlberechtigte initiativ werden. 41 So auch die Überschrift vor § 22 VolksG. 42 Gamper, Direkte Demokratie in der Gemeinde, RFG 2011, 66. 43 Vgl auch die EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 70. 44 Vgl allerdings auch die Möglichkeit der Gesetzesinitiative gem § 89 IbkStadtR, wonach Änderungen dieses Gesetzes vom GR der LReg vorgeschlagen werden können, wenn es der GR bei Anwesenheit von mindestens drei Vierteln seiner Mitglieder mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der anwesenden Mitglieder beschließt.
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16 § 22 VolksG regelt das Volksbegehren auf Antrag von Gemeinden näher: Gem § 22 Abs 1 leg cit müssen die Gemeinderatsbeschlüsse innerhalb eines Jahres vor der Einbringung des Antrags gefasst worden sein. Gem § 22 Abs 2 und 3 leg cit muss der Antrag bei der LReg schriftlich eingebracht werden; er hat ua einen Gesetzentwurf oder einen einfachen Vorschlag, der zumindest den wesentlichen Inhalt des begehrten Gesetzes zu enthalten hat, sowie eine Begründung dafür zu beinhalten. Die LReg hat gem § 22 Abs 4 leg cit einen Antrag, der die Voraussetzungen gem § 22 Abs 1-3 leg cit erfüllt, unverzüglich dem LT vorzulegen. Andernfalls ist der Bescheid mit schriftlichem Bescheid abzuweisen. Der Antrag ist auch dann abzuweisen, wenn das begehrte Gesetz eine Angelegenheit zum Inhalt hat, deren Regelung nicht in die Zuständigkeit des Landes fällt oder die bereits Gegenstand eines auf einem Volksbegehren beruhenden Gesetzesbeschlusses war, der durch eine Volksabstimmung abgelehnt wurde, es sei denn, dass seit dem Tag dieser Volksabstimmung mehr als fünf Jahre verstrichen sind. Rechtsschutz gem Art 141 Abs 1 lit h B-VG gegen den Bescheid der LReg ist mE schon deshalb nicht möglich, weil es sich bei dem Antrag der Gemeinden nicht um ein „Volksbegehren“ iSd Art 141 Abs 1 lit h B-VG handelt, der erkennbar von der bundesverfassungsrechtlichen Typologie der Plebiszite und daher strukturell von einem tatsächlich direktdemokratischen Volksbegehren iSd Art 41 Abs 2 und 3 B-VG ausgeht.45 Gegen den Bescheid der LReg gem § 22 Abs 4 VolksG ist jedoch Beschwerde an das LVwG zulässig,46 gegen dessen Entscheidung Beschwerde gem Art 144 B-VG an den VfGH erhoben werden könnte.47
VI. Formulierung des Volksbegehrens 17 Gem Art 37 Abs 3 TLO 1989 kann ein Volksbegehren in Form eines Gesetzentwurfs oder eines einfachen Vorschlags gestellt und muss in jedem Fall begründet werden; diese Voraussetzungen gelten gleichermaßen für Volksbegehren auf Antrag von Gemeinden oder Wahlberechtigten. Dass das Volksbegehren alternativ auch als einfacher Vorschlag gestellt werden kann, stellt einerseits eine Erleichterung iS direkter Demokratie dar, da es den Initianten eines Volksbegehrens – dies gilt auch für die Gemeindeinitiative – nicht übermäßig erschwert werden 45 Vgl sinngemäß VfGH 27.6.2017, E 1823/2017. 46 So auch in Bezug auf die Stmk Krenn-Mayer, Art 69 Rz 4. 47 Vgl sinngemäß VfGH 27.6.2017, E 1823/2017.
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soll, ihren Antrag zu formulieren. Es ist daher zwar zulässig, das Volksbegehren als Gesetzentwurf zu formulieren, doch ist dies nicht erforderlich. Es soll Personen ohne juristische, insb auch legistische, Kenntnisse möglich sein, ihren Antrag zu formulieren, ohne dafür einem besonderen rechtstechnischen Aufwand zu unterliegen. Andererseits muss das Volksbegehren selbst dann, wenn es als einfacher Vorschlag gestellt wird, begründet werden. § 3 Abs 2 lit c und § 22 Abs 2 lit c VolksG führen dazu aus, dass es sich um eine Begründung handeln muss, aus der die dem Volksbegehren zugrundeliegenden Motive hervorgehen. Sollte diese Voraussetzung nicht erfüllt sein, ist der Antrag auf Einleitung eines Volksbegehrens bzw das Volksbegehren auf Antrag von Gemeinden von der LReg mit schriftlichem Bescheid abzuweisen. Während der reine Wortlaut des Art 37 Abs 3 TLO 1989 es zulässig erscheinen ließe, dass es sich dabei um irgendeine, allenfalls auch sinnlose Begründung handeln könnte, stellt das VolksG somit klar, dass aus der Begründung jedenfalls die dem Antrag zugrunde liegenden Motive hervorgehen müssen, andernfalls der Antrag abzuweisen wäre. Die Richtigkeit des Inhalts der Motive spielt für diese Prüfung ebenso wenig eine Rolle wie die Qualität der Formulierung, solange nur erkennbar ist, was die Motive des Antrags sind.48 Diese Mindestanforderung an eine Begründung ist in teleologischer Auslegung mit Art 37 Abs 3 TLO 1989 vereinbar, weil letztere Bestimmung nur dann Sinn entfalten kann, wenn die Begründung irgendeinen Mehrwert zum Antrag aufweisen soll. Was den einfachen Vorschlag anbelangt,49 normieren § 3 Abs 2 lit b und § 22 Abs 2 lit c VolksG, dass dieser zumindest den wesentlichen Inhalt des begehrten Gesetzes zu enthalten hat. Auch diese Präzisierung ist zulässig, da ein Volksbegehren, dessen Gegenstand nicht einmal dem Grundsatz nach deutlich wird, sinnlos wäre. Darüber hinaus schützt die Notwendigkeit, den wesentlichen Inhalt des begehrten Gesetzes klarzustellen, auch die das Volksbegehren Beantragenden bzw Unterstützenden selbst: Sofern der LT dem Volksbegehren überhaupt durch einen entsprechenden Gesetzesbeschluss Rechnung tragen will, soll er auch darüber informiert sein, welche Inhalte das begehrte Gesetz haben soll. Darüber hinaus bedarf es der inhaltlichen Klarstellung auch, um die Zulässigkeit des Gegenstands gem Art 37 Abs 1 und 2 TLO 48 Gamper, Bürgerbeteiligung 27. 49 Zur Zulässigkeit eines Volksbegehrens mit einer „einfachen Frage“ schon VfSlg 16.382/2001.
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1989 prüfen zu können. In Bezug auf Volksbegehren des Bundes hielt der VfGH fest, dass auch dann, wenn ein Volksbegehren nur in Form einer Anregung, ein Gesetz zu erlassen, eingeleitet werden könne, „eine derartige ‚Anregung‘ erkennbar auf die Erlassung eines Bundes(ver fassungs)gesetzes gerichtet sein und dessen Inhalt zumindest grob umschreiben“ müsse.50 Bereits der Antrag bzw die Anregung selbst müsse demnach das Beantragte so präzise erkennen lassen, dass sich beurteilen lasse, ob es sich um eine Angelegenheit der Bundesgesetzgebung handle.51 Im Unterschied zum Gesetzesentwurf benötigt der einfache Vorschlag allerdings keine legistische Ausformulierung, sondern gibt lediglich die inhaltlichen Grundzüge vor, was von dem begehrten Gesetz erwartet wird. Ein gewisser Spielraum ist damit selbst dann, wenn der LT dem Volksbegehren entsprechen will, auf jeden Fall gegeben, weil Details vom Antrag offengelassen werden können. Allerdings ist der LT ohnehin frei zu entscheiden, ob und wie er dem Volksbegehren Rechnung tragen will oder nicht. Bei der Entscheidung über die Einleitung des Volksbegehrens gem § 5 Abs 2 VolksG und über den Antrag von Gemeinden gem § 22 Abs 4 leg cit sind – neben den Erfordernissen des Art 37 Abs 1 und 2 TLO 1989 – auch die Formerfordernisse des jeweiligen Antrags gem § 3 Abs 2 und § 22 Abs 2 VolksG zu prüfen; sie stellen, sofern nicht erfüllt, einen Abweisungsgrund dar. Dagegen prüfen die Landeswahlbehörde gem § 18 Abs 1 zweiter Satz leg cit und die LReg gem § 21 leg cit nur, ob die Erfordernisse des Art 37 Abs 1 TLO 1989 erfüllt sind. Während also beim Volksbegehren auf Antrag von Gemeinden – das einem wesentlich einfacheren Verfahren als das Volksbegehren auf Antrag von Wahlberechtigten unterliegt – eine einzige, Art 37 Abs 1 und 2 TLO 1989 ebenso wie § 22 Abs 1-3 VolksG als Maßstab heranziehende Prüfung durch die LReg vorgesehen ist, ist beim Volksbegehren auf Antrag von Wahlberechtigten ein zwei-, ggf sogar dreifacher Prüfschritt mit nur tw deckungsgleichen Prüfmaßstäben vorgesehen: Die LReg prüft beim Antrag auf Einleitung eines Volksbegehrens gem § 5 Abs 2 leg cit sowohl die Erfordernisse des Art 37 Abs 1 und 2 TLO 1989 als auch die der §§ 3 und 4 VolksG. Hingegen prüft die Landeswahlbehörde gem § 18 Abs 1 zweiter Satz leg cit nur, ob die Voraussetzungen des Art 37 Abs 1 TLO 1989 erfüllt sind. Auch der LReg kommt gem § 21 VolksG eine immanente Prüfbefugnis nur hinsichtlich des Art 37 Abs 1 TLO 50 VfSlg 19.644/2012, ähnlich 18.029/2006. 51 VfSlg 19.644/2012, ähnlich 18.029/2006.
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1989 zu, weil sie nur ein Volksbegehren, das die Voraussetzungen gem Art 37 Abs 1 TLO 1989 erfüllt, dem LT vorzulegen hat.
VII. Rechtswirkungen des Ergebnisses des Volksbegehrens Das Ergebnis eines Volksbegehrens auf Antrag von Wahlberechtigten 18 setzt sich gem § 18 Abs 1 VolksG aus der Gesamtzahl der Stimmberechtigten, der Gesamtzahl der gültigen Eintragungen einschließlich der Zahl der gültigen Unterstützungserklärungen sowie der Feststellung der Landeswahlbehörde, ob das Volksbegehren die Voraussetzungen gem Art 37 Abs 1 TLO 1989 erfüllt oder nicht, zusammen. Das Ergebnis des Volksbegehrens ist gem § 18 Abs 2 VolksG in einer Niederschrift zu beurkunden. Eine Ausfertigung der Niederschrift ist unverzüglich der LReg zu übersenden, die gem § 18 Abs 3 leg cit das Ergebnis des Volksbegehrens unverzüglich durch Kundmachung im LGBl zu verlautbaren hat. An diese Kundmachung knüpft auch die Stellung eines Überprüfungsantrags an.52 Gem § 21 leg cit iVm Art 37 Abs 1 TLO 1989 hat die LReg ein Volksbegehren, das die Voraussetzungen des Art 37 Abs 1 TLO 1989 erfüllt, nach der Kundmachung des Ergebnisses im LGBl unverzüglich dem LT vorzulegen. Für Volksbegehren, welche die Voraussetzungen nicht erfüllen, ist diese Rechtswirkung nicht vorgesehen. Die Kriterien dieser Prüfung der LReg überschneiden sich nur tw mit der Prüfung des Antrags auf Einleitung eines Volksbegehrens durch die LReg (§ 5 Abs 2 VolksG), sind jedoch deckungsgleich mit denjenigen der Feststellung der Landeswahlbehörde gem § 18 Abs 1 zweiter Satz leg cit. Die mehrfache Verwendung des Ausdrucks „unverzüglich“ soll sicherstellen, dass die verschiedenen Schritte ohne schuldhaften Verzug erfolgen und damit ggf auch die Vorlage des Volksbegehrens an den LT möglichst zügig stattfindet. Im Fall der Volksbegehren auf Antrag von Gemeinden ist ein wesent- 19 lich kürzeres Verfahren vorgesehen: § 22 VolksG bestimmt, dass die LReg einen Antrag, der die Voraussetzungen gem § 22 Abs 1–3 leg cit erfüllt, unverzüglich dem LT vorzulegen hat. Andernfalls ist der Antrag mit schriftlichem Bescheid abzuweisen; der Antrag ist auch dann abzuweisen, wenn das begehrte Gesetz eine Angelegenheit zum Inhalt hat, deren Regelung nicht in die Zuständigkeit des Landes fällt oder die be52 Vgl dazu oben Rz 12.
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reits Gegenstand eines auf einem Volksbegehren beruhenden Gesetzesbeschlusses war, der durch eine Volksabstimmung abgelehnt wurde, es sei denn, dass seit dem Tag dieser Volksabstimmung mehr als fünf Jahre verstrichen sind. 20 Weitere Rechtswirkungen für alle dem LT vorgelegten Volksbegehren – gleichgültig, ob dieses einen Antrag von Wahlberechtigten oder Gemeinden darstellt – normiert die Tir GO LT: Gem § 23 Abs 1 lit d leg cit handelt es sich bei Volksbegehren um einen Verhandlungsgegenstand des LT. § 30 leg cit bestimmt, dass an den LT gerichtete Volksbegehren wie RV zu behandeln sind. Wird ein Volksbegehren nach Ablauf der im § 25 Abs 1 leg cit genannten Frist im LT eingebracht, so hat der LTPräs das Volksbegehren unverzüglich den Klubs zur Kenntnis zu bringen und im Einlauf der folgenden Sitzung des LT bekannt zu geben. In diesem Fall kann der LT mit einer Mehrheit von mindestens zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen beschließen, das Volksbegehren ohne Vorberatung in einem Ausschuss zu behandeln. Ansonsten ist das Volksbegehren einem Ausschuss zuzuweisen. Ein einem Ausschuss zugewiesenes Volksbegehren darf längstens bis zur übernächsten planmäßigen Ausschusssitzung ausgesetzt werden (§ 72 leg cit). Ob der LT dem Volksbegehren durch entsprechenden Beschluss eines LG Rechnung trägt, ist freilich ihm überlassen;53 das Gesetzgebungsverfahren bestimmt sich nach den allgemeinen Vorgaben der TLO 1989 und der Tir GO LT.
VIII. Einfachgesetzliche Ausgestaltung 21 Art 37 Abs 4 TLO 1989 enthält selbst fast keine Verfahrensbestimmungen, normiert aber, dass das Verfahren bei Volksbegehren durch LG näher geregelt wird. Der Landesgesetzgeber ist diesem Auftrag in §§ 3–22 VolksG („II. Hauptstück Volksbegehren“) nachgekommen. Vgl dazu bereits vorhergehend.
53 Gamper, Bürgerbeteiligung 27.
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Artikel 38 Gesetzesbeschlüsse (1) Zu einem Landesgesetz ist ein Beschluß des Landtages erforderlich. (2) Ein Landesverfassungsgesetz und eine Verfassungsbestimmung in einem Landesgesetz können nur mit der Mehrheit von wenigstens zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen beschlossen werden. Sie sind ausdrücklich als Landesverfassungsgesetz oder als Landesverfassungsbestimmung zu bezeichnen. (3) Der Landtagspräsident hat das verfassungsgemäße Zustandekommen eines Gesetzesbeschlusses zu beurkunden und den Gesetzesbeschluß unverzüglich dem Landeshauptmann zu übersenden. (4) Der Landeshauptmann hat die Beurkundung durch den Landtagspräsidenten gegenzuzeichnen. Gesetzesbeschlüsse, die a) Landes- oder Gemeindeabgaben oder die Aufnahme von Anleihen oder Darlehen durch das Land, Gemeinden oder Gemeindeverbände zum Gegenstand haben oder b) der Zustimmung der Bundesregierung bedürfen, hat der Landeshauptmann sodann unverzüglich dem Bundeskanzleramt oder dem sonst zuständigen Bundesministerium bekannt zu geben und im Fall der lit. b zugleich den Antrag auf Erteilung der Zustimmung zu stellen. (5) Der Landeshauptmann hat den Gesetzesbeschluss im Landesgesetzblatt kundzumachen. Wird in einem Gesetzesbeschluss auf einen anderen, noch nicht kundgemachten Gesetzesbeschluss verwiesen, so hat der Landeshauptmann anlässlich der Kundmachung die Zitierung zu ergänzen. (6) Hat die Bundesregierung gegen einen Gesetzesbeschluss, der Landes- oder Gemeindeabgaben oder die Aufnahme von Anleihen oder Darlehen durch das Land, Gemeinden oder Gemeindeverbände zum Gegenstand hat, Einspruch erhoben, so darf dieser nur kundgemacht werden, wenn a) der Landtag den Gesetzesbeschluss bei Anwesenheit von wenigstens der Hälfte der Abgeordneten wiederholt und 499
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b) die Bundesregierung den Einspruch innerhalb der im § 9 Abs. 4 des Finanz-Verfassungsgesetzes 1948, BGBl. Nr. 45, bestimmten Frist zurückzieht oder der Einspruch nach Befassung des ständigen gemeinsamen Ausschusses von Nationalrat und Bundesrat nicht aufrecht bleibt (§ 9 Abs. 10 des Finanz-Verfassungsgesetzes 1948). Vor dem Ablauf der Einspruchsfrist (§ 9 Abs. 2 des Finanz-Verfassungsgesetzes 1948) darf der Gesetzesbeschluss nur kundgemacht werden, wenn die Bundesregierung ausdrücklich zugestimmt hat. (7) Bedarf ein Gesetzesbeschluß der Zustimmung der Bundesregierung, so darf er nur kundgemacht werden, wenn die Zustimmung erteilt wurde oder als erteilt gilt. Der Landtag kann bei Gesetzesbeschlüssen, die der Zustimmung der Bundesregierung bedürfen, den Landeshauptmann ermächtigen, für den Fall der Verweigerung der Zustimmung den Gesetzesbeschluß unter Weglassung der die Zustimmungsbedürftigkeit begründenden Bestimmungen kundzumachen. Diese Bestimmungen sind in der Ermächtigung genau zu bezeichnen. Eine solche Ermächtigung ist dem Bundeskanzleramt oder dem sonst zuständigen Bundesministerium zugleich mit dem Gesetzesbeschluss bekannt zu geben. LGBl samt Erläuterungen: LGBl 1988/61 (X. GP AA 141/88 AB 141/88); LGBl 1998/104 (XII. GP RV 230/98 AB 230/98); LGBl 2008/7 (XIV. GP RV 480/07 AB 480/07); LGBl 2012/147 (XV. GP RV 562/12 AB 562/12) Judikatur: VfSlg 1312/1930 (Verweigerung der Zustimmung zur Mitwirkung); VfSlg 1559/1947 (Kundmachung im Amtsblatt ersetzt nicht LGBl); VfSlg 2500/1953 (Mitwirkung durch Organe bundesgesetzlich eingerichteter Selbstverwaltungskörper); VfSlg 2598/1953 (Begriff der Mitwirkung; Umfang der Zustimmungspflicht); VfSlg 3130/1956 (Publizitätszweck der Kundmachung; Zulässigkeit von Verweisungen); VfSlg 4692/1964 (Mitwirkung der Gendarmerie); VfSlg 5022/1965 (redaktionstechnische Maßnahmen der Kundmachung); VfSlg 5320/1966 (vollständige Kundmachung im LGBl); VfSlg 5996/1969 (Erfordernis des Landtagsbeschlusses); VfSlg 6783/1972 (Voraussetzungen für Gesetzesbeschluss in Landesverfassungen zu regeln); VfSlg 7011/1973 (Voraussetzungen für Gesetzesbeschluss in Landesverfassung zu regeln; Ausschluss des Vorsitzenden von Abstimmung zulässig); VfSlg 8155/1977 (Mitwirkung der Gendarmerie); VfSlg 8466/1978 (Begriff der Mitwirkung); VfSlg 9536/1982 (keine Mitwirkung oberster Organe); VfSlg 10.715/1985 (gesetzliche Ausgestaltung der Amtshilfe zustimmungspflichtig); VfSlg 12.151/1989 (strafrechtliche Regelung nach Art 15 Abs 9 B‑VG nicht zustimmungspflichtig); VfSlg 14.605/1996 (Kundmachung eines Gesetzesbeschlusses ohne notwendige Zustimmung der BReg); VfSlg 15.686/1999 (Erfordernis des Landtagsbeschlusses); VfSlg 17.560/2005 (Notifikation im Rechtserzeugungsverfahren) 5, 19.512/2011
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EuGH 16.06.1998, C-226/97, Lemmens; 26.09.2000, C-443/98, Unilever (Rechtsfolgen der Nicht-Notifikation) Literatur: Jabloner, Die Mitwirkung der Bundesregierung an der Landesgesetzgebung (1989); Jabloner, Landesgesetzgebung und Bundesregierung, in Schambeck (Hg), Föderalismus und Parlamentarismus in Österreich (1992) 75 ff; Koja, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer2 (1988); Lienbacher, Die präventive Rechtskontrolle in der Gesetzgebung, in Jabloner et al (Hg), Vom praktischen Wert der Methode – FS Mayer (2011) 323 ff; Morscher, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer. 7. Tirol (1991) 86 ff; Novak, Landesgesetzgebung und Verfassungsrecht – Stand, Tendenzen, Reformen, in Schambeck (Hg), Föderalismus und Parlamentarismus in Österreich (1992) 53 ff; Pesendorfer, Der Landeshauptmann (1986); Pürgy, Die Mitwirkung von Beliehenen des Bundes an der Landesvollziehung, ZfV 2011, 745 ff; Pürgy, Verwaltung und parlamentarische Rechtsetzung (2020); Schwamberger/Ranacher, Tiroler Landesordnung 19896: Kommentar (2017) 73 ff; Sonntag, Präventive Normenkontrolle in Österreich (2011) 92 ff
Inhaltsübersicht I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben.................................... 1 II. Entstehungsgeschichte................................................................ 3 III. Beschlusserfordernisse.................................................................. 7 IV. Beurkundung und Gegenzeichnung......................................... 9 V. Mitwirkungsrechte der Bundesregierung................................. 11 A. Übermittlung und Antrag auf Zustimmung...................... 11 B. Einspruch der Bundesregierung und Beharrungsbeschluss.................................................................................... 14 C. Zustimmung der Bundesregierung....................................... 18 VI. Kundmachung.............................................................................. 22 A. Herstellung des kundzumachenden Textes.......................... 22 B. Kundmachung.......................................................................... 24 VII. Exkurs: Tiroler Notifikationsgesetz (NotifG).......................... 25
I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben Das Bundesverfassungsrecht sieht als Voraussetzungen eines LG den 1 Beschluss des LT, die Beurkundung und Gegenzeichnung nach den landesverfassungsrechtlichen Bestimmungen und die Kundmachung durch den LH im LGBl zwingend vor (Art 97 Abs 1 B‑VG). Ebenfalls vorgesehen ist die Kategorie des LVG und die für dessen Beschlussfassung notwendigen Mindestquoren (Art 99 Abs 1 und 2 B‑VG). Schließlich enthält das Bundesverfassungsrecht das Erfordernis, die Zustim501
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mung der BReg zu bestimmten Gesetzesbeschlüssen der LT1 einzuholen (Art 94 Abs 2, Art 97 Abs 2, Art 113 Abs 4, Art 131 Abs 5 B-VG; § 11 Abs 5 F-VG) sowie eine spezifisch finanzverfassungsrechtliche Einspruchsmöglichkeit gegen Gesetzesbeschlüsse der LT (§§ 9 Abs 1 und 14 Abs 1 F‑VG) und ein entsprechendes Vermittlungsverfahren (§ 9 Abs 2 bis 10 F‑VG). 2 Der wesentliche Regelungsinhalt von Art 38 TLO 1989 ist somit bundesverfassungsrechtlich weitgehend vorherbestimmt. Landesverfassungsrechtlicher Regelungsspielraum2 besteht insb bei der Ausgestaltung der Beurkundung und Gegenzeichnung der Gesetzesbeschlüsse und der Ausgestaltung des LGBl.3 Landesrechtlicher Regelungsspielraum besteht überdies dahingehend, welche Rechtsvorschriften außer LG im LGBl zu publizieren sind.
II. Entstehungsgeschichte 3 Die landesverfassungsgesetzlichen Bestimmungen über die Vornahme und Behandlung von Gesetzesbeschlüssen sind ein zentraler Bestandteil der Gesetzgebung des Landes. Art 38 geht im Kern auf die StF der TLO 19894 zurück, die Abs 1 bis 3 stehen seitdem überhaupt unverändert in Geltung. Mit der TLO 1989 wurde (im Gegensatz noch zur TLO 1953) explizit die Möglichkeit vorgesehen, Verfassungsbestimmungen in einfachen LG zu erlassen. Dies entsprach der bereits vorher bestehenden Gesetzgebungspraxis.5 Art 38 TLO 1989 sah im Gegensatz zur früheren Rechtslage nach der TLO 1953 schon in der StF eine Beurkundung des verfassungsmäßigen Zustandekommens eines Gesetzesbeschlusses nur mehr durch den LTPräs vor, die vormalige zusätzliche Beurkundung durch 1
Die vormals deutlich häufigeren Zustimmungserfordernisse (zB in Art 15 Abs 10 und 116 Abs 3 B‑VG; Art 8 Abs 5 lit d ÜG 1920 jeweils aF) wurden insb durch BGBl I 2019/14 stark reduziert (s dazu EBRV 301 BlgNR XXVI. GP, 1); das allgemeine Einspruchsrecht der BReg in Art 98 B-VG aF entfiel bereits mit BGBl I 2012/51. 2 Abbrederis/Pürgy, Gesetzgebung der Länder, in Pürgy (Hg), Das Recht der Länder I (2012) 231 (259 f); Sonntag, Normenkontrolle 120 f. 3 Diesfalls besteht bundesverfassungsrechtlich lediglich eine Institutionsgarantie – s Wallnöfer, Art 41a (in diesem Band) Rz 1. 4 LGBl 1988/61. 5 S die Übersicht in den EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 34 f.
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den LH wurde durch die Verpflichtung zur Gegenzeichnung ersetzt. Diese Konstruktion orientierte sich am bundesverfassungsrechtlichen Vorbild in Art 47 Abs 3 B‑VG.6 Da der VfGH wiederholt LG als verfassungswidrig aufgehoben hat, 4 weil diese nach Verweigerung der Zustimmung durch die BReg zur Mitwirkung von Bundesorganen an der Vollziehung ohne neuerliche Beschlussfassung durch den LT kundgemacht wurden, wurde Art 38 Abs 7 TLO 1989 ergänzt.7 Um Verzögerungen und unnötige Formalismen bei der Gesetzwerdung hintanzuhalten, sollte der LT die auch vom VfGH als zulässig angesehene Möglichkeit erhalten, „bei der Beschlu[ss] fassung über einen Gesetzesbeschlu[ss], der der Zustimmung der Bundesregierung nach Art. 97 B-VG bedarf, den Landeshauptmann zu ermächtigen, im Falle der Verweigerung dieser Zustimmung den Gesetzesbeschlu[ss] ohne die Bestimmungen über die Mitwirkung von Bundesorganen kundzumachen. Bei dieser Vorgangsweise bliebe die Gesetzesprärogative des Landtages gewahrt.“8 Eine bloß geringfügige Änderung erfuhr Art 38 TLO 1989 hingegen 5 durch eine Zitatanpassung (die Ersetzung der Wortfolge „des BundesVerfassungsgesetzes in der Fassung von 1929“ durch die Wortfolge „des Bundes-Verfassungsgesetzes“).9 Um bundesverfassungsrechtlichen Änderungen insb der Aufhebung 6 des vormaligen generellen Einspruchsrechtes der BReg nach Art 98 B-VG aF10 und der Möglichkeit einer authentischen elektronischen Kundmachung Rechnung zu tragen, wurden Art 38 Abs 4 bis 6 TLO 1989 neu gefasst und Abs 7 geändert.11 Die ursprünglich in Art 38 Abs 5 TLO 1989 enthaltene Ermächtigung des einfachen Gesetzgebers zur näheren Regelung des LGBl und die Kundmachung der dort zu verlautbarenden Rechtsvorschriften wurde in den mit dieser Nov neu eingefügten Art 41a TLO 1989 verschoben.12 Zugleich wurde eine Klarstellung iSd gängigen Kundmachungspraxis eingefügt, dass „anlässlich 6 7 8 9 10
EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 71. LGBl 1998/104. EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 1998/104, Tir LT XII. GP, GZ 270/98, 10. LGBl 2008/7. Dazu noch Pernthaler, Österreichisches Bundesstaatsrecht (2004) 128; Weber, Das Einspruchsrecht der Bundesregierung nach Art 98 Abs 2 B-VG, JBl 1980, 174 ff. 11 LGBl 2012/147. 12 S Wallnöfer, Art 41a (in diesem Band) Rz 3 f.
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der Kundmachung eines Gesetzesbeschlusses die darin enthaltenen Bezugnahmen auf andere, zum Zeitpunkt der seinerzeitigen Beschlussfassung noch nicht kundgemachte Gesetzesbeschlüsse vom Landeshauptmann zu ergänzen sind.“13
III. Beschlusserfordernisse 7 Entsprechend der bundesverfassungsrechtlichen Vorgabe ist für ein LG ua ein Beschluss des LT erforderlich.14 Art 38 Abs 1 TLO 1989 sieht hiefür (für ein einfaches LG) keine bestimmten Erfordernisse hinsichtlich Präsens- und Konsensquorum vor, sodass sich diese nach den allgemeinen Bestimmungen für Beschlüsse des LT (Art 27 TLO 1989) richten. Für den Beschluss eines einfachen LG ist somit die Anwesenheit von zumindest der Hälfte der LTAbg und eine Beschlussfassung mit einfacher Mehrheit der abgegeben Stimmen erforderlich. Bei Stimmengleichheit kommt kein Gesetzesbeschluss zustande.15 Das erforderliche Konsensquorum ist von der Anzahl der abgegebenen Stimmen zu bemessen, wobei auch leer abgegebene Stimmzettel mitzuzählen sind.16 Für die Beschlussfassung über ein LVG und Verfassungsbestim8 mungen in einfachen LG sind erhöhte Präsens- und Konsensquoren vorgesehen:17 Art 38 Abs 2 TLO 1989 wiederholt die bundesverfassungsrechtlichen Vorgaben eines erhöhten Konsensquorums von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen.18 Darüber hinaus sieht § 61 Abs 2 13 EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 2012/147, Tir LT XV. GP, GZ 562/12, 14. 14 Das Fehlen eines Landtagsbeschlusses macht ein kundgemachtes LG verfassungswidrig; s VfSlg 5996/1969, 15.686/1999. 15 Schwamberger/Ranacher, Landesordnung 59. 16 Aufgehoben wurde daher zB auch ein Gesetz infolge eines ungültigen Gesetzesbeschlusses im LT in VfSlg 15.686/1999: „Bei der […] Abstimmung waren sämtliche 36 Abgeordnete des Tiroler Landtages anwesend. Es wurden auch 36 Stimmzettel abgegeben, von denen 18 auf ‚Ja‘, 17 auf ‚Nein‘ lauteten und einer leer war. Auch abgegebene leere Stimmzettel müssen als abgegebene Stimmen angesehen werden. Die erforderliche ‚einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen‘ hätte demgemäß – mindestens – 19 Stimmen betragen. Für den Antrag des Rechts- und Gemeindeausschusses wurden aber nur 18 ‚Ja‘- Stimmen abgegeben. Damit war das Erfordernis für einen gültigen Beschluss des Tiroler Landtages“ nach TLO 1989 und Tir GO LT nicht erfüllt. 17 Die Festlegung dieser Quoren hat durch LVG zu erfolgen; s VfSlg 6783/1972, 7011/1973. 18 Art 99 Abs 2 B-VG sieht die Beschlussfassung durch eine Mehrheit von zwei Drittel der abgegebenen Stimmen vor, hinsichtlich des Präsensquorums
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Tir GO LT19 ein erhöhtes Präsensquorum von zumindest zwei Dritteln der LTAbg vor. Landesverfassungsrechtliche Grundlage für dieses (gegenüber der bundesverfassungsrechtlichen Vorgabe) strengere Beschlusserfordernis bildet dabei Art 27 TLO 1989, der ausdrücklich die Möglichkeit der Festlegung strengerer Voraussetzungen für die Beschlussfassung durch die Tir GO LT vorsieht. Schließlich sind LVG ausdrücklich als solche zu bezeichnen.20
IV. Beurkundung und Gegenzeichnung Art 38 Abs 3 TLO 1989 regelt die – bundesverfassungsrechtlich nur 9 dem Grunde nach vorbestimmte21 – Beurkundung eines Gesetzesbeschlusses. Der LTPräs hat dabei das verfassungsmäßige Zustandekommen des Gesetzesbeschlusses förmlich zu bestätigen. Bestätigt wird richtigerweise lediglich der Gesetzesbeschluss und nicht das LG selbst, da dieses erst mit der abschließenden Kundmachung vorliegt.22 Noch vor der Beurkundung (spätestens bis zur Übersendung an den LH zur Gegenzeichnung) kann der LTPräs Formgebrechen und stilistische Fehler des beschlossenen Textes korrigieren und entsprechende Änderungen vornehmen.23 würde bundesverfassungsrechtlich die Anwesenheit der Hälfte der LTAbg genügen; auch der Ausschluss der vorsitzführenden LTPräs vom Stimmrecht ist bundesverfassungsrechtlich zulässig, bedarf aber einer landesverfassungsrechtlichen Regelung; VfSlg 7011/1973. 19 S auch Schwamberger/Ranacher, Landesordnung 75 f. 20 Die Bezeichnungspflicht ist bundesverfassungsrechtlich nicht vorgegeben, doch besteht eine solche nach hA auch ohne eine ausdrückliche (ohnehin in allen Landesverfassungen vorgesehene) Regelung; s Abbrederis/Pürgy, Gesetzgebung 290; Novak, Art 99 B-VG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (2005) Rz 22; Mayer/Muzak, B-VG5 (2015) 367; Pernthaler, Bundesstaatsrecht 127. 21 Zum diesbezüglichen landesverfassungsrechtlichen Gestaltungsspielraum Koja, Verfassungsrecht 186. 22 Eine allzu wörtliche Übernahme des – systematisch anders aufgebauten – Art 97 Abs 1 B-VG wäre hier verfehlt; so zB etwa Art 28 Abs 3 Stmk L-VG; s dazu Krenn-Mayer, Art 28 Stmk L-VG, in Grabenwarter (Hg), Steiermärkische Landesverfassung (2013) Rz 38; aA Koja, Verfassungsrecht 186, der eine umfassende, an Art 97 B-VG orientierte Formulierung (der Beurkundung des Zustandekommens eines LG) als zulässig ansieht. 23 § 19 Abs 6 Tir GO LT.
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Inhalt der Beurkundung ist das verfassungsmäßige Zustandekommen des Gesetzesbeschlusses. Dies umfasst die Konformität sowohl betr bundes- als auch landesverfassungsrechtlicher Vorgaben,24 allerdings lediglich in formeller Hinsicht. Dem LTPräs steht eine Prüfung der Verfassungskonformität eines Gesetzesbeschlusses in materieller Hinsicht nicht zu, die Prüfung umfasst daher ausschließlich Einhaltung des Gesetzgebungsverfahrens und der diesbezüglichen Normerzeugungsbedingungen.25 Es handelt sich dabei allerdings nicht um eine objektive Prüfung (mit späterer Bindungswirkung), sondern stellt lediglich die subjektive Ansicht des zur Beurkundung berufenen Organs dar.26 Die endgültige Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes, einschließlich der formell ordentlichen Beschlussfassung, bleibt dem VfGH vorbehalten. Ungeachtet dessen besteht freilich die Verpflichtung des LTPräs zur Verweigerung der Beurkundung, wenn gegen das ordentliche Zustandekommen des Gesetzesbeschlusses Zweifel bestehen (Art 20 Abs 2 TLO 1989).27
24 Abbrederis/Pürgy, Gesetzgebung 284; Krenn-Mayer, Art 28 Rz 40 (mit dem Hinweis darauf, dass die Beurkundung anhand der bis dahin geltenden Vorschriften zu beurteilen ist, spätere Änderungen, etwa der GO LT, sind somit unbeachtlich). 25 Die Diskussion über die weiter reichendere Prüfkompetenz des BPräs lässt sich aufgrund der unterschiedlichen Stellungen der beiden Organe im Normerzeugungsverfahren nicht auf den LTPräs übertragen: Der LTPräs ist Teil des LT und hat ausschließlich Beurkundungsfunktion, dem BPräs kommt aufgrund seiner Stellung als Staatsoberhaupt (außerhalb des NR) von vornherein eine andere Funktion zu, sodass diesem überwiegend eine Prüfung auch materieller Verfassungswidrigkeiten bei offenkundigen Fällen zugebilligt wird; zur Diskussion auf Bundesebene s Rill, Die Rolle des Bundespräsidenten als Hüter der Verfassung, ZfV 2008, 314 f; Bezemek, Die Rolle des Bundespräsidenten im Gesetzgebungsverfahren, in Lienbacher/Wielinger (Hg), Öffentliches Recht. Jahrbuch 2008 (2008), 89 ff; Hiesel, Einige Überlegungen zur Prüfkompetenz des Bundespräsidenten in Bezug auf das verfassungsmäßige Zustandekommen der Bundesgesetze, ZfV 2012, 919 ff; Hinghofer-Szalkay, Die neuere Auslegung von Art 47 Abs 1 B-VG im Spannungsfeld zu den Wurzeln und Funktionen dieser Bestimmung, ZfV 2014, 28 ff; Bezemek, Zur Rolle des Bundespräsidenten als Hüter des Gesetzgebungsverfahrens, ZfV 2015, 150 ff; Sonntag, Normenkontrolle 92 ff. 26 Koja, Verfassungsrecht 186. 27 Ein auflösendes Organstreitverfahren im Fall eines solchen Konfliktes ist der österr Verfassung fremd; zur Rechtslage auf Bundesebene zB Lienbacher in FS Mayer 333; Rill, ZfV 2008, 314 f; Sonntag, Normenkontrolle 92 ff.
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Nach Beurkundung hat der LTPräs den Gesetzesbeschluss unverzüg- 10 lich dem LH zur Gegenzeichnung zu übermitteln. Eine bestimmte objektivierbare Frist ist hiefür nicht vorgesehen, doch wäre eine übermäßige (oder gar vorsätzliche) Verzögerung eine Verletzung der landesverfassungsrechtlichen Pflichten. Der LH hat den die Beurkundung des LTPräs gegenzuzeichnen. Dabei handelt es sich um die Mitwirkung eines Verwaltungsorgans an der Gesetzgebung.28
V. Mitwirkungsrechte der Bundesregierung A. Übermittlung und Antrag auf Zustimmung Gesetzesbeschlüsse, die einem Einspruchs- oder Zustimmungsrecht 11 der BReg unterliegen,29 hat der LH „sodann unverzüglich dem Bundeskanzleramt oder dem zuständigen Bundesministerium bekannt zu geben und im Fall [eines Zustimmungsrechts] zugleich den Antrag auf Zustimmung zu stellen. Aus der Wortfolge „sodann unverzüglich“ folgt zweierlei: Die Übermittlung und die allfällige Antragstellung sind der Gegenzeichnung des Gesetzesbeschlusses zeitlich nachgeordnet. So lange eine Gegenzeichnung nicht erfolgt ist, darf keine Übermittlung an die BReg erfolgen. Nach erfolgter Gegenzeichnung ist die Übermittlung und Antragstellung dann aber ohne unnötige Verzögerung durchzuführen.30 Die Differenzierung in Art 38 Abs 4 lit a und b TLO 1989 folgt den 12 bundesverfassungsrechtlichen Mitwirkungsrechten der BReg: „Die im Abs. 4 lit. a genannten Tatbestände nehmen auf § 9 Abs. 1 und § 14 F-VG Bezug, die der Bundesregierung in Bezug auf diese Gegenstände betreffende Gesetzesbeschlüsse weiterhin ein Einspruchsrecht einräumen. Die Erhebung eines Einspruchs löst ein spezifisches, im § 9 Abs. 2 bis 10 F-VG geregeltes Vermittlungsverfahren aus. […] Die lit. b des Abs. 4 bezieht sich auf alle Fälle, in denen bundesverfassungsgesetzlich 28 Zutreffend Krenn-Mayer, Art 28 Rz 38; allgemein Pesendorfer, Landeshauptmann 166 ff; s – zur Bundesgesetzgebung – auch Pürgy, Verwaltung 468. 29 Allgemein Novak, Landesgesetzgebung 61 ff. 30 Der LH wird hier als funktionelles Landesorgan tätig und ist daher (nicht der BReg gegenüber, die Adressat der Übermittlung ist, sondern) dem LT gegenüber verantwortlich; s Pesendorfer, Landeshauptmann 164.
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das Vorliegen der Zustimmung der Bundesregierung Voraussetzung für die Kundmachung eines Gesetzesbeschlusses ist […].“31 13 Die Übermittlung des gegengezeichneten Gesetzesbeschlusses durch den LH stellt eine Mitwirkung eines Vollzugsorgans an der Gesetzgebung dar. Eine inhaltliche Einflussmöglichkeit besteht hiebei für das Vollzugsorgan LH nicht, vielmehr ist dieser zur Übermittlung in unveränderter Form und ohne unnötige Verzögerung verpflichtet.32
B. Einspruch der Bundesregierung und Beharrungs beschluss 14 Seit der B-VG-Nov BGBl I 2012/51 kommt der BReg ein Einspruchsrecht nur mehr gegenüber Gesetzesbeschlüssen der LT zu, die Landesoder Gemeindeabgaben zum Gegenstand haben.33 Dabei ist von einem materiellen Abgabenbegriff34 auszugehen. Umfasst sind daher jedenfalls inhaltliche Regelungen einer Abgabe nach § 8 Abs 1 F-VG sowie Regelungen mit finanzausgleichsrechtlichen Inhalt. Überhaupt wird die Schwelle zur Auslösung des Verfahrens nach § 9 F-VG wohl niedrig anzusetzen sein. Dennoch ist als Mindestvoraussetzung zur Auslösung des Einspruchsrechts eine nähere inhaltliche Ausgestaltung landesbzw gemeindeabgabenrechtlicher Vorschriften anzunehmen, sei es in Form gänzlich neuer Regelungen finanzausgleichsrechtlichen Inhaltes oder der Änderung bestehender abgabenrechtlicher Regelungen. Dagegen werden bloß formelle Änderungen landes- oder gemeindeabgabenrechtlicher Regelungen (insb bloß redaktionstechnischer Natur oder die Regelung von Datenschutzbestimmungen) kein Einspruchsrecht nach § 9 F-VG begründen. Das Verfahren nach § 9 F-VG ist darüber hinaus sinngemäß anzuwenden für Gesetzesbeschlüsse der LT, die die Aufnahme von Anlei31 EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 2012/147, Tir LT XV. GP, GZ 562/12, 13. 32 Für ein entsprechendes Fehlverhalten ist kein spezifisches Organstreitverfahren vorgesehen, ggf käme bei übermäßiger bzw vorsätzlicher Verzögerung eine Anklage des LH (als Mitglied der LReg) nach Art 142 Abs 2 lit d B-VG in Betracht. 33 Zur Übermittlung des Gesetzesbeschlusses s Rz 11. 34 Zu diesem s etwa Abbrederis/Pürgy, Gesetzgebung 282; Kofler, § 5 F-VG, in Kneihs/Lienbacher (Hg), Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht (2011) Rz 4 ff.
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hen (Darlehen) der Länder, Gemeindeverbände und Gemeinden zum Gegenstand haben.35 Ein Einspruch muss von der BReg innerhalb von acht Wochen nach 15 Einlangen des Gesetzesbeschlusses beim BKA wegen Gefährdung von Bundesinteressen erhoben und begründet werden. Vor Ablauf der Einspruchsfrist darf der Gesetzesbeschluss nur kundgemacht werden, wenn die BReg ausdrücklich zustimmt.36 Falls die BReg Einspruch erhebt, kann der LT seinen Gesetzesbeschluss 16 wiederholen (Beharrungsbeschluss). Für die Beschlussfassung ist diesfalls eine Anwesenheit von zumindest der Hälfte der LTAbg erforderlich. Der Beharrungsbeschluss darf kundgemacht werden, wenn die BReg ihren Einspruch binnen drei Wochen nach Übermittlung des wiederholenden Gesetzesbeschlusses an das BKA zurückzieht.37 Hiefür bedarf es einer ausdrücklichen Zurückziehung des Einspruches, eine implizite Zustimmung (insb durch Verschweigung) ist nicht vorgesehen.38 Wird der Einspruch nicht zurückgezogen, so hat die BReg den Ein- 17 spruch nach Ablauf der dreiwöchigen Frist dem NRPräs zu übermitteln. Über den Einspruch entscheidet ein ständiger gemeinsamer Ausschuss von NR und BR, der aus 26 Mitgliedern besteht. Der Ausschuss hat seine Entscheidung innerhalb von sechs Wochen nach Einlangen des Einspruchs beim Vorsitzenden zu treffen.39
C. Zustimmung der Bundesregierung In einigen bundesverfassungsgesetzlich vorgesehenen Fällen muss zu 18 einem Gesetzesbeschluss eines LT die Zustimmung der BReg eingeholt werden. Praktisch bedeutendster Anwendungsfall ist die Mitwirkung von Bundesorganen bei der Vollziehung von LG.40 Darüber 35 § 14 F-VG; s auch Krenn-Mayer, Art 28 Rz 16; Jabloner, Landesgesetzgebung 90 ff. 36 § 9 Abs 1–3 F-VG. 37 § 9 Abs 4 F-VG. 38 EBRV 1618 BlgNR XXIV. GP, 24 zur Verwaltungsgerichtsbarkeits-Nov 2012, BGBl I 2012/51. 39 § 9 Abs 5-10 F-VG; s auch Abbrederis/Pürgy, Gesetzgebung 281 f; Kofler, § 9 F-VG, in Kneihs/Lienbacher (Hg), Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht (2013) Rz 6 ff. 40 Art 97 Abs 2 B-VG – s Rz 19–20. S Abbrederis/Pürgy, Gesetzgebung 274 ff; Jabloner, Landesgesetzgebung 84 ff.
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hinaus ist eine Zustimmung für Gesetzesbeschlüsse von LT erforderlich, die einen Instanzenzug von einer Verwaltungsbehörde an die ordentlichen Gerichte (Art 94 Abs 2 B-VG), eine Übertragung von Aufgaben an die Bildungsdirektion (Art 113 Abs 4 B-VG), eine Zuständigkeit des BVwG in landesgesetzlichen Regelungen (Art 131 Abs 5 B-VG) oder die Heranziehung von Bundesorganen bei der Bemessung und Einhebung von Abgaben (§ 11 Abs 5 F-VG) vorsehen. Für diese gilt Art 97 Abs 2 B-VG jeweils sinngemäß.41 Solche Gesetzesbeschlüsse sind nach Beschlussfassung zwecks Einholung der Zustimmung an die zuständigen Bundesorgane zu übermitteln.42 19 Eine Zustimmungspflicht nach Art 97 Abs 2 B-VG ist nur für die Mitwirkung an der Vollziehung vorgesehen. Daraus folgt, dass die Mitwirkung von Bundesorganen ausschließlich für den Bereich der Hoheitsverwaltung vorgesehen werden kann. Eine Betrauung von Bundesorganen mit Aufgaben der Privatwirtschaftsverwaltung der Länder – etwa nach dem Vorbild der Auftragsverwaltung nach Art 104 Abs 2 B-VG – ist bundesverfassungsrechtlich nicht vorgesehen.43 Mitwirkung bedeutet die (verpflichtende) „Teilnahme an den im Vollziehungsbereich einer anderen Autorität liegenden Akten“.44 Dies umfasst bspw die Herstellung des Einvernehmens mit einem Bundesorgan, die Heranziehung eines Bundesorgans als Sachverständiger, die Verpflichtung zur Anzeige wegen Verstößen gegen landesrechtliche Bestimmungen durch ein Bundesorgan oder die Handhabung landesrechtlicher Verwaltungsstrafbestimmungen durch die Bundespolizei. Bei der Mitwirkung werden organisatorische Bundesorgane funktionell für die Landesverwaltung tätig, man kann dies als „mittelbare Landesverwaltung“45 bezeichnen. Dies umfasst auch eine Unterstel41 Zum Verfahren s Rz 21. 42 Zur Übermittlung des Gesetzesbeschlusses s Rz 11. 43 Abbrederis/Pürgy, Gesetzgebung 275; Jabloner, Landesgesetzgebung 85; Pesendorfer, Art 97 B-VG, in Kneihs/Lienbacher (Hg), Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht (2002) Rz 15, der darauf hinweist, dass eine wechselseitige Mitwirkung im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung aber aufgrund von Art 17 B-VG in anderen Rechtsformen zulässig sein dürfte. 44 VfSlg 2598/1953, 8466/1978; s auch Krenn-Mayer, Art 28 Rz 19; Pesendorfer, Art 97 Rz 15; nach Novak, Landesgesetzgebung 64 kommt es dabei zutreffend auf eine materielle Betrachtung an: „Der Zustimmungsvorbehalt darf nicht im Weg gesetzestechnischer Formulierungskünste umgangen werden.“ 45 Koja, Verfassungsrecht 182; Abbrederis/Pürgy, Gesetzgebung 274 f; so auch VfSlg 9536/1982: Art 97 Abs 2 B-VG enthält „etwas dem Institut einer ‚mittelbaren Landesverwaltung‘ Ähnliches.”
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lung der organisatorischen Bundesorgane unter die (funktionelle) Weisungsbefugnis der obersten Organe der Landesverwaltung.46 Die mögliche Mitwirkung von Bundesorganen reicht weit. Ob eine vollständige Betrauung von Bundesorganen mit der Vollziehung eines LG (zur Gänze) im Rahmen von Art 97 Abs 2 B‑VG zulässig ist, ist allerdings umstritten.47 Die Mitwirkung iSv Art 97 Abs 2 B-VG erfasst uneingeschränkt LG, die die Mitwirkung von Bundesorganen vorsehen. Somit sind auch landesgesetzliche Bestimmungen zustimmungspflichtig, die eine normative Konkretisierung von Verpflichtungen vorsehen, die bereits im Rahmen der Amtshilfe nach Art 22 B-VG bestünden.48 Keine Mitwirkung stellt jedenfalls die bloße Einräumung subjektiver Rechte für Bundesorgane in Verwaltungsverfahren (insb Amtsparteirechte) dar. Dasselbe gilt für die Einräumung bloßer Rechte ohne Verpflichtung zu deren Wahrnehmung (insb Anhörungs- und Vorschlagsrechte). Ebenso keine Mitwirkung iSv Art 97 Abs 2 B-VG stellt die Einbeziehung von Bundesorganen in Form der „Organwalterleihe“ im Rahmen der Organisationshoheit der Länder dar (etwa bei der Mitwirkung richterlicher Organe in der Landeswahlbehörde nach § 13 TLWO 2017).49 Derartige Regelungen sind daher nicht zustimmungspflichtig. Nicht nach Art 97 Abs 2 B-VG zustimmungspflichtig ist die Mitwirkung von Bundesorganen bei gerichtlichen Zuständigkeiten für landesgesetzliche Regelungen nach Art 15 Abs 9 B‑VG,50 die schon bundesverfassungsrechtlich vorgesehene Mitwirkung von Bundesorganen bei der Vollziehung von LG (Art 15 Abs 3 B-VG) oder bei bundesverfassungsrechtlichen Sonderregelungen für diese Mitwirkungen (Art 15 Abs 4 B‑VG).51 Ebenso besteht keine Zustimmungspflicht für ausfüh46 Abbrederis/Pürgy, Gesetzgebung 275. 47 Zustimmend Abbrederis/Pürgy, Gesetzgebung 275 f; Jabloner/Muzak, Art 97/2 B-VG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (2000) Rz 10; ablehnend Adamovich et al, Österreichisches Staatsrecht 23 (2014) 200. 48 VfSlg 10.715/1985; s auch Pesendorfer, Art 97 Rz 15; Jabloner/Muzak, Art 97/2 Rz 10. 49 Dabei können jedoch die allenfalls erforderlichen Entsendungs- und Vorschlagspflichten der zuständigen Justizverwaltungsorgane wiederum zustimmungspflichtig sein; s Pesendorfer, Art 97 Rz 16; Krenn-Mayer, Art 28 Rz 20; Jabloner/Muzak, Art 97/2 Rz 10. 50 VfSlg 12.151/1989. 51 Pesendorfer, Art 97 Rz 18; Krenn-Mayer, Art 28 Rz 21.
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rungsgesetzliche Bestimmungen, die eine Mitwirkung im Rahmen der grundsatzgesetzlichen Vorgaben vorsehen.52 20 Der Begriff „Bundesorgane“ in Art 97 Abs 2 B-VG wird überwiegend organisatorisch verstanden.53 In der Staatspraxis akzeptiert ist jedoch auch die Mitwirkung von bundesrechtlich eingerichteten Selbstver waltungskörpern,54 nicht jedoch von Beliehenen des Bundes.55 Insgesamt scheint daher für das Zustimmungsrecht des Bundes nach Art 97 Abs 2 B-VG sowohl ein rein funktionelles Begriffsverständnis als zu weitgehend wie auch ein rein organisatorisches Begriffsverständnis als zu eng gefasst.56 Die Bundesorgane werden im Rahmen der landesgesetzlich vorgesehenen Mitwirkung funktionell als Landesorgane tätig.57 Trotz einer einmal erteilten Zustimmung können sich aus organisationsrechtlichen Änderungen neue Zustimmungspflichten ergeben: Bei ersatzloser Abschaffung von Bundesorganen entfällt auch deren Mitwirkungsverpflichtung. Bei organisationsrechtlichen Überleitungen wird idR die Neuerlassung oder Anpassung der landesgesetzlichen Mitwirkung samt neuer Zustimmungseinholung erforderlich sein (so etwa bei der Neuorganisation der Sozialversicherung58). Selbstverständlich löst auch die materielle Ausweitung bestehender Mitwirkungspflichten neue Zustimmungspflichten aus.59 Generell unzulässig ist es, landesgesetzlich eine Mitwirkung oberster Organe der Bundesverwaltung vorzusehen. Dies wider52 Krenn-Mayer, Art 28 Rz 21. 53 Jabloner/Muzak, Art 97/2 Rz 15; differenzierend Abbrederis/Pürgy, Gesetzgebung 276 mit Hinweis auf die Bsp organisationsrechtlicher Natur von Kelsen/Froehlich/Merkl, Die Bundesverfassung vom 1. Oktober 1920 (1922) 202; Jabloner, Landesgesetzgebung 87; s auch VfSlg 1312/1930, 2500/1953, 2598/1953, 4692/1964, 8155/1977. 54 VfSlg 2500/1953. 55 S ausführlich Pürgy, ZfV 2011, 746 ff; in Frage käme diesfalls eine (neben der bereits bestehenden Beleihung durch den Bund) zusätzliche Beleihung durch das Land (dabei handelte es sich folgerichtig aber nicht um eine Mitwirkung eines Bundesorgans sondern um originäre Landesvollziehung). 56 Zutreffend Pürgy, ZfV 2011, 752. 57 „Mittelbare Landesverwaltung“ – s Rz 19. 58 Dementsprechend wurde für die korrespondiere Anpassung in der Landesrechtsordnung durch LGBl 2019/138 die Zustimmung nach Art 97 Abs 2 B-VG eingeholt. 59 Jabloner/Muzak, Art 97/2 Rz 11; Krenn-Mayer, Art 28 Rz 21.
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spricht deren besonderer Stellung.60 Die Möglichkeit der Mitwirkung sonstiger weisungsfreier Bundesorgane an der Vollziehung der Länder ist umstritten.61 Unzulässig ist jedenfalls die Mitwirkung von Bundesorganen, deren Wirkungskreis bundesverfassungsrechtlich abschließend geregelt ist (NR, RH, VA, VfGH, VwGH). Über Organe des Bundesheeres kann ausschließlich im Rahmen des Wehrgesetzes verfügt werden (Art 79 Abs 4 B‑VG), auch diese sind einer Mitwirkung im Rahmen von Art 97 Abs 2 B-VG entzogen. Zustimmungspflichtige Gesetzesbeschlüsse sind vom LH dem BKA 21 bekannt zu geben. Der LH hat zugleich den Antrag auf Erteilung der Zustimmung zu stellen. Der Wortlaut von Art 38 Abs 4 TLO 1989 sieht eine ausdrückliche Antragstellung vor. Unterbleibt diese (versehentlich), dürfte eine Übermittlung eines Gesetzesbeschlusses nach dem Entfall von Art 98 B-VG aF mit BGBl I 2019/14 auch eine implizite Antragstellung umfassen, sofern ein Einspruchsrecht nach dem F-VG nicht in Betracht kommt.62 Die Zustimmung gilt als erteilt, wenn die BReg nicht innerhalb von acht Wochen nach dem Tag, an dem der Gesetzesbeschluss beim BKA eingelangt ist, dem LH mitgeteilt hat, dass die Zustimmung verweigert wird (Art 98 B-VG). Für die Zustimmung der BReg gilt somit eine Zustimmungsfiktion im Fall der Verschweigung. Vor Ablauf der Frist nach Art 98 B-VG darf die Kundmachung des Gesetzesbeschlusses aber nur erfolgen, wenn die BReg die ausdrückliche Zustimmung mitgeteilt hat. Eine Verweigerung der Zustimmung ist endgültig, ein Beharrungsbeschluss oder dgl ist nicht vorgesehen. In der Staatspraxis erfolgt daher bereits idR während früherer Phasen des Gesetzgebungsprozesses eine Abstimmung mit den zuständigen Bundesorganen. Die Zustimmung bezieht sich immer ausschließlich auf jene Bestimmungen des Gesetzesbeschlusses, die die Zustimmungspflicht der 60 VfSlg 9536/1982; s Jabloner, Die Mitwirkung eines obersten Bundesorgans bei der Vollziehung eines Landesgesetzes, ZfV 1983, 128 ff. 61 Nach Jabloner/Muzak, Art 97/2 Rz 12 bedarf diese einer gesonderten bundesverfassungsrechtlichen Ermächtigung; nach Pesendorfer, Art 97 Rz 14 wird dadurch lediglich die Leitungsbefugnis und Verantwortlichkeit der obersten Landesorgane geschmälert. 62 Krenn-Mayer, Art 28 Rz 22; Jabloner/Muzak, Art 97/2 Rz 17 gehen sogar davon aus, dass es „grundsätzlich Aufgabe der Bundesregierung“ ist „zu ermitteln, ob ein Anwendungsfall des Art 97 Abs 2 B-VG vorliegt.“
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BReg auslösen.63 Aus diesem Grund sieht Art 38 Abs 7 TLO 1989 die Möglichkeit vor, den LH zu ermächtigen, für den Fall der Verweigerung der Zustimmung den Gesetzesbeschluss unter Weglassung der die Zustimmungsbedürftigkeit begründenden Bestimmungen kundzumachen.64 Von dieser Möglichkeit musste bisher nicht Gebrauch gemacht werden. Die Zustimmung bzw ihre Verweigerung kann ohne Angabe von Gründen erteilt werden, sie darf aber nicht an Bedingungen oder Auflagen geknüpft werden.65 Eine einmal erteilte Zustimmung wird zu einem Teilrechtsakt der Landesgesetzgebung und kann nicht mehr widerrufen werden. Die Zustimmung besteht allerdings nur solange, als die betr Bundesorgane bestehen. Werden diese abgeschafft, geht die vormalige landesgesetzliche Mitwirkungspflicht ins Leere. Eine inhaltsgleiche Neuerlassung mit Bezugnahme auf ein anderes Bundesorgan bedarf diesfalls der neuerlichen Zustimmung der BReg.66
VI. Kundmachung A. Herstellung des kundzumachenden Textes 22 Der Kundmachung ist grds der beschlossene Text des Gesetzesbeschlusses, wie er vom LTPräs beurkundet und vom LH gegengezeichnet wurde, zugrunde zu legen.67 Aus diesem Grund werden im Arbeitsablauf von Amt der Tir LReg (Begutachtungsentwurf, RV) und Landtagsdirektion (allfällige Abänderungsanträge, Gesetzesbeschluss) Me63 VfSlg 2598/1953; sie ist nach Kelsen/Froehlich/Merkl, Bundesverfassung 202 und Koja, Verfassungsrecht 182 gerade „keine Sanktion des ganzen Gesetzes“; der Gesetzesbeschluss ist jedoch grds als Einheit zu sehen, dem LH kommt im Rahmen der Kundmachung keine eigenständige politische Gestaltungsmacht zu; s Abbrederis/Pürgy, Gesetzgebung 276; es besteht diesbezüglich aber Spielraum des Landesverfassungsgesetzgebers, von dem mit der Bestimmung von Art 38 Abs 7 TLO 1989 Gebrauch gemacht wurde. 64 S Rz 4. S dazu auch Pesendorfer, Art 97 Rz 23; Jabloner/Muzak, Art 97/2 Rz 17. 65 Jabloner/Muzak, Art 97/2 Rz 17. 66 Krenn-Mayer, Art 28 Rz 24. 67 Zur Korrekturmöglichkeit des LTPräs s Rz 9. Zur Korrektur von „Abweichungen einer Kundmachung im Landesgesetzblatt vom Original der zu verlautbarenden Rechtsvorschrift und Fehler, die bei der inneren Einrichtung des Landesgesetzblatts unterlaufen sind“ s Wallnöfer, Art 41 (in diesem Band) Rz 7 ff.
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dienbrüche soweit wie möglich vermieden, um technische Fehler (etwa aufgrund unterschiedlicher Software-Versionen, nicht installierter Makros, Verwendung falscher Dateiversionen etc) von vornherein auszuschließen. Bei der Herstellung des endgültigen Gesetzestextes hat der LH Ver- 23 weisungen zu ergänzen, die zum Zeitpunkt des Gesetzesbeschlusses noch nicht vorlagen. Nach dem Wortlaut kommt es darauf an, dass der Gesetzesbeschluss, auf den verwiesen werden soll, noch nicht kundgemacht war. Dass dieser zum Zeitpunkt der Beschlussfassung des verweisenden Gesetzesbeschlusses bereits vorlag, ist indes nicht erforderlich. Daher ist insb die korrespondierende Beschlussfassung mehrerer gegenseitig aufeinander verweisender Gesetzesbeschlüsse zulässig.68 Wesentlich ist hingegen die konkrete Bezeichnung des jeweiligen Gesetzesbeschlusses, auf den verwiesen werden soll, um die Normsetzungsautorität des LT nicht (durch eine interpretatorische Miss-Verweisung) zu gefährden. Technisch erfolgt die Ergänzung der Verweisung, indem der Gesetzesbeschluss mit einer Verweisung auf „LGBl. Nr. XX/JAHRESZAHL“ gefasst wird. Die Ergänzung erfolgt dann bei der redaktionellen Planung der Kundmachung im Zug der Festlegung der LGBl-Nummern.
B. Kundmachung Die Herstellung des kundzumachenden Gesetzestextes und die 24 Kundmachung selbst obliegt dem LH.69 Dieser darf sich dabei auch Hilfspersonen des Amtes der LReg bedienen: „Die Maßnahmen, die getroffen werden müssen, damit es zur Kundmachung der Landesgesetze im Landesgesetzblatt kommt, sind […] bloß redaktionstechnischer Natur. […] Diese redaktionstechnischen Maßnahmen sind bloß interner Natur, sie gehören nicht zur Normensetzung. […] Welcher Gehilfen, es handelt sich im Hinblick auf den umschriebenen Charakter der Maßnahmen nicht um Stellvertreter, sich dabei der Landeshauptmann – unbeschadet seiner Verantwortlichkeit – bedient, ist hier 68 Zur besonderen Problematik einander überholender Gesetzesbeschlüsse Jabloner, Mitwirkung 109 f; zur Unzulässigkeit von Verweisungen auf nicht im LGBl publizierte Vorschriften VfSlg 3130/1956. 69 Novak, Landesgesetzgebung 66; Pesendorfer, Landeshauptmann 166; dabei ist der vollständige Inhalt des Gesetzes(beschlusses) kundzumachen; s VfSlg 5320/1966.
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unwesentlich.“70 Jedenfalls hat der LH alle Vorkehrungen für die Kundmachung zu treffen und die notwendigen Maßnahmen sicherzustellen, die zur Kundmachung des Gesetzes im LGBl führen. Eine Kundmachung im Amtsblatt oder sonstigen Publikationsorgan kann die Kundmachung im LGBl nicht ersetzen.71
VII. Exkurs: Tiroler Notifikationsgesetz (NotifG) 25 Das NotifG ist bei den Bestimmungen über die Gesetzesbeschlüsse des LT immer mitzudenken. Es gilt für alle Entwürfe von technischen Vorschriften oder von wesentlichen Änderungen solcher Vorschriften sowohl aus dem Bereich der Gesetzgebung als auch der Vollziehung des Landes, für die nach der Notifikations-RL72 eine Notifikationspflicht besteht.73 Entwürfe solcher Vorschriften dürfen erst nach dem unionsrechtlich vorgesehenen Notifikationsverfahren in Geltung gesetzt werden.74 Dadurch resultiert – insoweit davon auch Gesetzgebungsakte betroffen sind – eine „Beeinträchtigung der parlamentarischen Behandlung von Gesetzen.“75 26 Entwürfe von technischen Vorschriften oder von wesentlichen Änderungen solcher Vorschriften sind von der LReg dem Bund zur Notifikation an die Europäische Kommission zu übermitteln. Sofern eine vollständige Umsetzung einer internationalen oder europäischen Norm erfolgen soll, reicht die Mitteilung aus, um welche Norm es sich handelt. Das Ersuchen hat jedenfalls den vollständigen Titel des Entwurfes, eine 70 71 72 73
VfSlg 5022/1965; s auch Pesendorfer, Landeshauptmann 166. VfSlg 1559/1947. S Wallnöfer, Art 41a (in diesem Band) Rz 5. RL 2015/1535/EU, ABl 2015 L 241/1. § 1 NotifG; insb (nicht abschließend) technische Vorschriften iSv Art 1 Abs 1 lit f Notifikations-RL: „technische Spezifikationen oder sonstige Vorschriften oder Vorschriften betreffend Dienste, einschließlich der einschlägigen Verwaltungsvorschriften, deren Beachtung rechtlich oder de facto für das Inverkehrbringen, die Erbringung des Dienstes, die Niederlassung eines Erbringers von Diensten oder die Verwendung in einem Mitgliedstaat oder in einem großen Teil dieses Staates verbindlich ist, sowie — vorbehaltlich der in Artikel 7 genannten Bestimmungen — die Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten, mit denen Herstellung, Einfuhr, Inverkehrbringen oder Verwendung eines Erzeugnisses oder Erbringung oder Nutzung eines Dienstes oder die Niederlassung als Erbringer von Diensten verboten werden.“ 74 Allgemein Abbrederis/Pürgy, Gesetzgebung 293 ff. 75 EBRV zum NotifG LGBl 1999/43, Tir LT XIII. GP, GZ 139/99, 4 f.
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Zusammenfassung des wesentlichen Inhaltes des Entwurfes sowie die Gründe, die die Erlassung der betreffenden technischen Vorschrift oder deren wesentliche Änderung entsprechend dem Entwurf erforderlich machen, zu enthalten. Für bestimmte Entwürfe von technischen Vorschriften sind Ausnahmen von der Notifikationspflicht vorgesehen.76 Kern des Notifikationsverfahrens ist eine „Stillhaltefrist“: Innerhalb von drei Monaten nach Eingang der Notifikation bei der Europäischen Kommission darf die technische Vorschrift nicht erlassen oder angewendet werden. Diese Frist verlängert sich auf vier bzw sechs Monate im Fall der Erstattung einer ausführlichen Stellungnahme sowie auf 12 bzw 18 Monate im Fall eines europäischen Harmonisierungsprojektes. In bestimmten Fällen können die Fristen auch vorzeitig enden bzw sind überhaupt unanwendbar. Während der Stillhaltefristen eingelangte Bemerkungen und Stellungnahmen der Europäischen Kommission oder eines MS sind bei der weiteren Ausarbeitung der technischen Vorschrift soweit wie möglich zu berücksichtigen. In allen Fällen ist die endgültig erlassene technische Vorschrift unverzüglich an die Europäische Kommission zu übermitteln.77 In der Kundmachung von Gesetzen und VO, die eine notifizierte technische Vorschrift enthalten, ist in geeigneter Weise auf die umgesetzte Notifikations-RL hinzuweisen.78 Das Notifikationsverfahren obliegt der LReg. Im Fall einer technischen 27 Vorschrift in einem LG stellt dies einen Akt der Mitwirkung eines obersten Verwaltungsorgans bei der Gesetzgebung dar. Das Verfahren der Notifikation ist für den überwiegenden Regelfall der Gesetzesinitiative durch die LReg unproblematisch,79 stellt diesfalls schon der Begutachtungsentwurf den zu notifizierenden Entwurf dar.80 Für den Fall einer Gesetzesinitiative unmittelbar im LT sieht das NotifG entsprechende Sonderregeln in Form einer Landesverfassungsbestimmung vor: Derartige Entwürfe sind der LReg zur Durchführung des Notifikationsverfahrens zu übermitteln.81 76 77 78 79
§ 3 NotifG. § 4 NotifG. § 7 Abs 3 NotifG. Vgl dazu Egger, Art 36 (in diesem Band) Rz 6 und 22 sowie die in Rz 6 bei FN 16 angeführten statistischen Daten. 80 Sofern die RV substantiell vom Begutachtungsentwurf abweicht, erfolgt eine neuerliche Notifikation. 81 § 6 NotifG.
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28 Das Unterbleiben einer erforderlichen Notifikation hat weitreichende Folgen: Aus unionsrechtlicher Sicht kann daraus die Unanwendbarkeit der betreffenden Norm folgen,82 soweit sie die Verwendung oder den Vertrieb eines mit diesen Vorschriften nicht konformen Produkts behindern.83 Innerstaatlich stellt die korrekte Einhaltung der Notifikationsvorschriften eine Normerzeugungsbedingung dar.84 Das NotifG bildet insofern wie die Tir GO LT als materielles Verfassungsrecht den Maßstab für das Gesetzgebungsverfahren. Die Nichteinhaltung der Notifikationsbestimmungen kann daher einen Gesetzesbeschluss mit Verfassungswidrigkeit belasten.85
82 EuGH 26.09.2000, C-443/98, Unilever. 83 Diese Unterlassung hat daher nicht zur Folge, dass „jede Verwendung eines Produkts rechtswidrig ist, das mit den nicht mitgeteilten Vorschriften konform ist“ EuGH 16.06.1998, C-226/97, Lemmens; s auch Öhlinger/Potacs, EU-Recht und staatliches Recht6 (2017) 91 f. 84 Anerkannt ist dies jedenfalls für VO, die entgegen den Vorgaben des Notifikationsgesetzes 1999 erlassen wurden; s VfSlg 17.560/2005 und 19.512/2011; s auch Ranacher/Frischhut, Handbuch Anwendung des EU-Rechts (2009) 336 f. 85 Aus VfSlg 16.771/2002 zur beihilfenrechtlichen Notifikationspflicht schließen Öhlinger/Eberhard, Verfassungsrecht12 (2019) 195, dass die Unterlassung der Notifikation auf Bundesebene keine Verfassungswidrigkeit eines dennoch beschlossenen BG bewirkt (zur beihilfenrechtlichen Notifikation s Ranacher/Frischhut, Anwendung 338). Der undifferenzierten Übertragung dieser Rsp ist entgegenzuhalten, dass für die Notifikation technischer Vorschriften (anders als für die rein unionsrechtlich geregelte Notifikation staatlicher Beihilfen) innerstaatliche Vorgaben bestehen. Diese können (als materielles Verfassungsrecht) einen tauglichen Prüfmaßstab für das Normsetzungsverfahren darstellen.
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Artikel 39* Volksabstimmung (1) Ein Gesetzesbeschluß ist, soweit im Abs. 2 nichts anderes bestimmt ist, vor seiner Kundmachung im Landesgesetzblatt einer Volksabstimmung zu unterziehen, wenn der Landtag dies beschließt oder wenn binnen sechs Wochen nach der Beschlußfassung wenigstens 7.500 zum Landtag Wahlberechtigte oder wenigstens 40 Gemeinden auf Grund von Gemeinderatsbeschlüssen dies verlangen. (2) Über Gesetzesbeschlüsse, die a) zur Abwehr oder Bekämpfung von Katastrophen oder zur Abwehr schwerer volkswirtschaftlicher Schäden gefasst wurden oder b) zur Durchführung von Rechtsakten im Rahmen der Europäischen Union, Staatsverträgen, staatsrechtlichen Vereinbarungen oder zur Ausführung bundesgesetzlicher Vorschriften erforderlich waren oder c) infolge einer Fristsetzung durch den Verfassungsgerichtshof innerhalb einer bestimmten Frist zu fassen waren, ist eine Volksabstimmung nicht zulässig. In diesen Fällen kann die Kundmachung des Gesetzesbeschlusses auch schon vor dem Ablauf der im Abs. 1 bestimmten Frist erfolgen. (3) Wurde die Durchführung einer Volksabstimmung beschlossen oder innerhalb der Frist nach Abs. 1 verlangt, so ist mit der Kundmachung des Gesetzesbeschlusses zuzuwarten, bis das Ergebnis der Volksabstimmung vorliegt. (4) Bei der Volksabstimmung ist jeder zum Landtag Wahlberechtigte stimmberechtigt. Der Tag der Volksabstimmung muß ein Sonntag oder ein gesetzlicher Feiertag sein. Es gilt der Grundsatz des gleichen, unmittelbaren, geheimen und persönlichen Stimmrechtes. Ein Gesetzesbeschluß gilt als abgelehnt, wenn mehr als 50 v.H. der Stimmberechtigten an der Volksabstimmung teilgenom*
Herzlicher Dank ergeht an Herrn MMag. Dr. Mathias Eller für die Unterstützung bei der redaktionellen Bearbeitung.
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men haben und die Mehrheit der gültigen Stimmen dagegen abgegeben wurde. Der Landeshauptmann hat das Ergebnis der Volksabstimmung im Landesgesetzblatt kundzumachen. (5) Das Verfahren bei der Volksabstimmung wird durch Landesgesetz näher geregelt. Durch dieses Gesetz ist sicherzustellen, daß den Stimmberechtigten die Ausübung des Stimmrechtes möglichst erleichtert wird. (6) Wurde der Gesetzesbeschluß in der Volksabstimmung abgelehnt, so darf er nicht kundgemacht werden. Wurde der Gesetzesbeschluß nicht abgelehnt, so ist er unter Berufung auf das Ergebnis der Volksabstimmung kundzumachen. LGBl samt Erläuterungen: LGBl 1988/61 (X. GP AA 141/88 AB 141/88); LGBl 1998/104 (XII. GP RV 230/98 AB 230/98); LGBl 2012/147 (XV. GP RV 562/12 AB 562/12); LGBl 2017/53 (XVI. GP RV 69/17 AB 69/17) Literatur: Bußjäger/Sonntag, Zur Bundesverfassungskonformität des Veto-Referendums, in Öhlinger/Poier (Hg), Direkte Demokratie und Parlamentarismus (2015) 349 ff; Gamper, Bürgerbeteiligung und demokratische Innovation in Tirol – Voraussetzungen, Instrumente, Schranken, in Bußjäger/Gamper (Hg), Demokratische Innovation und Partizipation in der Europaregion (2015) 23 (29 ff); Morscher, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer. 7. Tirol (1991) 95 f; Schwamberger/Ranacher, Tiroler Landesordnung 19896: Kommentar (2017) 77 ff
Inhaltsübersicht I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben.................................. 1 II. Völker- und unionsrechtliche Vorgaben.................................. 3 III. Entstehungsgeschichte............................................................... 4 IV. Typologische Einordnung der Volksabstimmung.................. 5 V. Voraussetzungen der Volksabstimmung................................. 7 A. Gesetzesbeschluss.................................................................... 7 B. Initiativrechte.......................................................................... 9 C. Ausnahmen ............................................................................. 14 VI. Stimmrecht................................................................................... 20 VII. Verfahren...................................................................................... 23 VIII. Rechtsschutz................................................................................ 26 IX. Kundmachung des Gesetzesbeschlusses.................................. 28 X. Rechtswirkungen der Volksabstimmung................................ 30
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I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben Die Bundesverfassung enthält keine ausdrücklichen Vorschriften für 1 Einrichtungen der direkten Demokratie, einschließlich von Volksabstimmungen, auf Landesebene. Lediglich Art 6 Abs 4 B-VG erwähnt, allerdings bloß in wohnsitzrechtlichem Zusammenhang, „Volksbegehren, Volksabstimmungen und Volksbefragungen auf Grund der Bundesverfassung oder einer Landesverfassung“. Der Verfassungsautonomie der Länder ist es gem Art 99 B-VG überlassen, Formen der direkten Demokratie auf Landesebene vorzusehen,1 sofern diese das durch das demokratische Bauprinzip der Bundesverfassung vorgeprägte, auch für die Länder verbindliche Verhältnis zwischen repräsentativer und direkter Demokratie nicht verlassen.2 Der VfGH versteht dieses Regel1 2
VfSlg 15.816/2000. Hammer, Direkte Demokratie im österreichischen Verfassungsrecht: Repräsentative Demokratie und Föderalismus als Strukturbedingungen der Demokratiereform, in Marko/Stolz (Hg), Demokratie und Wirtschaft (1987) 89 ff; Koja, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer2 (1988) 195 ff; ders, Instruments of Direct Democracy in the Austrian Federal State and its Länder, ZÖR 45 (1993), 33 (36 ff); Morscher, Landesgesetzgebung und direkte Demokratie, in Schambeck (Hg), Föderalismus und Parlamentarismus in Österreich (1992) 137 ff; Rack, Weiterentwicklung direktdemokratischer Mitwirkungsmöglichkeiten in Österreich, Die Verwaltung 1984, 208 ff; ders, Föderalismus als reformpolitisches Anliegen, ÖJZ 1990, 225 ff; Rill, Möglichkeiten und Grenzen des Ausbaus direkt-demokratischer Elemente in der österreichischen Bundesverfassung (1987); Öhlinger, Bundesverfassungsrechtliche Grenzen der Volksgesetzgebung, Montfort 2000, 402 ff; ders, Direkte Demokratie: Möglichkeiten und Grenzen. Zur aktuellen Diskussion über einen Ausbau direktdemokratischer Verfahren der Gesetzgebung, ÖJZ 2012, 1054 ff; Mayer, Plebiszitäre Instrumente in der staatlichen Willensbildung, in Österreichische Parlamentarische Gesellschaft (Hg), FS 75 Jahre Bundesverfassung (1995) 341 ff; Marko, Direkte Demokratie zwischen Parlamentarismus und Verfassungsautonomie, in Kopetz/Marko/Poier (Hg), Soziokultureller Wandel im Verfassungsstaat – FS Mantl (2004) 335 ff; Pernthaler/Gstir, Direkte und repräsentative Demokratie auf Gemeindeebene, ZfV 2004, 748 ff; Poier, Sachunmittelbare Demokratie in Österreichs Ländern und Gemeinden: Rechtslage und empirische Erfahrungen im Überblick, in Neumann/Renger (Hg), Sachunmittelbare Demokratie im interdisziplinären und internationalen Kontext 2008/2009 (2010) 31 (47 f); Poier, Instrumente und Praxis direkter Demokratie in Österreich auf Länder- und Gemeindeebene, in Bußjäger/Balthasar/Sonntag (Hg), Direkte Demokratie im Diskurs (2014) 141 ff; Storr, Die Maßgaben der österreichischen Bundesverfassung für sachunmittelbare Demokratie in Bund und Ländern, in Neu-
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Ausnahme-Verhältnis, wonach die repräsentative Demokratie vorherrschend ist,3 auch für die Länder grds so, wie es der Bundesverfassungsgesetzgeber für die Bundesebene vorgesehen hat: Die Länder können zwar daher Regelungen über direkte Demokratie vorsehen, müssen dabei aber beachten, dass die Vorherrschaft des Modells der repräsentativen Demokratie gewahrt bleibt.4 Auf Bundesebene ist die Volksabstimmung in mehreren Zusammenhängen geregelt:5 Art 43 B-VG sieht die fakultative Volksabstimmung über Gesetzesbeschlüsse des Bundes, Art 44 Abs 3 2. Untertatbestand B-VG die fakultative Volksabstimmung über Teiländerungen der Bundesverfassung vor. Art 44 Abs 3 1. Untertatbestand B-VG regelt die obligatorische Volksabstimmung bei Gesamtänderung der Bundesverfassung. In allen Fällen sind weder eine Volks- oder Gemeindeinitiative auf Durchführung einer Volksabstimmung noch Themenverbote vorgesehen: Der Volksabstimmung gem Art 43 B-VG ist jeder Gesetzesbeschluss des NR nach Beendigung des Verfahrens gem Art 42 bzw Art 42a B-VG, jedoch vor seiner Beurkundung durch den BPräs zu unterziehen, wenn der NR es beschließt oder die Mehrheit der Mitglieder des NR es verlangt. Nach Beendigung des Verfahrens gem Art 42 bzw 42a B-VG, jedoch vor Beurkundung durch den BPräs, sind Gesamtänderungen der Bundesverfassung der obligatorischen Volksabstimmung zu unterziehen, Teiländerungen nur dann, wenn dies von
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mann/Renger (Hg), Sachunmittelbare Demokratie im interdisziplinären und internationalen Kontext 2008/2009 (2010) 96 (109 ff); Pernthaler, Demokratische Identität oder bundesstaatliche Homogenität der Demokratiesysteme in Bund und Ländern, JBl 2000, 808 ff; Bußjäger, Plebiszitäre Demokratie im Mehrebenensystem? Zur Theorie direkter Demokratie in föderalen und konföderalen Systemen, in Weber/N. Wimmer (Hg), Vom Verfassungsstaat am Scheideweg – FS Pernthaler (2005) 85 ff; Bußjäger, Demokratische Innovation und Verfassungsreform, in ders/Gamper (Hg), Demokratische Innovation und Partizipation in der Europaregion (2015) 1 ff; Gamper, Was heißt „mehr direkte Demokratie“? Versuch einer Sichtung, in Öhlinger/Poier (Hg), Direkte Demokratie und Parlamentarismus (2015) 183 ff; Gamper, Bürgerbeteiligung 23 ff; dies, Parlamentarische Rechtsetzung und direkte Demokratie, in Lienbacher/Pürgy (Hg), Parlamentarische Rechtsetzung in der Krise (2014) 101 ff; Oberndorfer/Pabel, 8. Teil. Einrichtungen der direkten Demokratie in den Gemeinden, in Pabel (Hg), Das österreichische Gemeinderecht (2015) 5 ff. VfSlg 13.500/1993, 16.189/2001, 16.241/2001, 19.711/2012. Vgl insb VfSlg 16.241/2001. S dazu Storr, Maßgaben 99 ff.
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einem Drittel der Mitglieder des NR oder BR verlangt wird. Neben diesen Typen des Sachreferendums sieht die Bundesverfassung auch noch Volksabstimmungen als Personalreferenden iZm der Wahl (bei nur einem Kandidaten) und Absetzung des BPräs vor, die im vorliegenden Zusammenhang jedoch vernachlässigt werden können. Die Volksabstimmung gem Art 39 TLO 19896 entspricht insofern am 2 ehesten dem Typus der Volksabstimmung gem Art 43 B-VG, als es sich um eine fakultative Volksabstimmung über Gesetzesbeschlüsse des Landes handelt, die nicht auf Änderungen der Landesverfassung beschränkt sind. Einen großen Unterschied stellt freilich dar, dass die Volksabstimmung gem Art 39 TLO 1989 nicht nur auf Grund eines parlamentarischen Beschlusses, sondern auch auf Grund einer Volksoder Gemeindeinitiative durchzuführen ist. Die Abweichung betrifft also nicht das Instrument des Vetoreferendums an sich, das auch Art 43 B-VG zur Verfügung stellt, sondern die Volksinitiative auf ein Vetoreferendum.7 Auch wenn es auf diese Weise möglich ist, dass das Landesvolk eine Volksabstimmung über einen Gesetzesbeschluss erzwingt, handelt es sich doch nicht um die vom VfGH als bundesverfassungswidrig erachtete Form der Vbg „Volksgesetzgebung“,8 wonach das Parlament gezwungen ist, einem Volksbegehren, das durch eine Volksabstimmung bestätigt wurde, mittels eines entsprechenden Gesetzesbeschlusses Rechnung zu tragen. Im Fall der Volksabstimmung des Art 39 TLO 1989 kann zwar die Volksabstimmung über den Gesetzesbeschluss, nicht aber der Gesetzesbeschluss selbst, bei dessen Beschlussfassung der LT frei ist, vom Volk erzwungen werden. Die vom VfGH gegen die Vbg „Volksgesetzgebung“ ins Treffen geführten Argumente sind daher nicht gleichermaßen auf die Volksabstimmung gem Art 39 TLO 1989 anwendbar. Der VfGH hielt in Zusammenhang mit der von ihm angeführten historischen Dokumentation zu Art 43 B-VG zwar fest, dass ein Vetoreferendum auf Volksinitiative in der Entstehungsgeschichte des B-VG letztendlich verworfen wurde, befand den Fall der 6
Zu vergleichbaren Typen der Volksabstimmung auf Landesebene Bußjäger/ Sonntag, Bundesverfassungskonformität 352 f sowie Poier, Demokratie 36 ff; Mayer in FS 75 Jahre Bundesverfassung 352 f; Krenn-Mayer, Art 72 Stmk L-VG, in Grabenwarter (Hg), Steiermärkische Landesverfassung (2013) Rz 8. 7 Anders Bußjäger/Sonntag, Bundesverfassungskonformität 351, für die der Begriff des Vetoreferendums die Volksinitiative auf Durchführung des Vetoreferendums mitumfasst. 8 Vgl VfSlg 16.241/2001.
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Vbg „Volksgesetzgebung“ aber als den problematischeren (arg „umso mehr“).9 Dass die Volksabstimmung auf Landesebene lediglich eine punktgenaue Kopie der Volksabstimmung auf Bundesebene sein dürfe, äußerte der VfGH nicht, zumal dem Umstand, dass der Bundesverfassungsgesetzgeber keinerlei explizite Vorgaben für Landesplebiszite erließ, wohl auch ein gewisser Spielraum des Landesverfassungsgesetzgebers zu entnehmen ist. Selbst im Fall, dass ein Gesetzesbeschluss des LT auf einem Landesvolksbegehren beruht, steht der wesentliche Schritt, den Gesetzesbeschluss als solchen zu fassen, im freien Ermessen des LT als Volksvertretung. Man könnte die volksinitiierte Volksabstimmung höchstens als „negative“ Volksgesetzgebung derart sehen, dass es dem Volk freistünde, zu jedem Gesetzesbeschluss des LT eine Volksabstimmung zu verlangen, deren negativer Ausgang dann – hypothetisch – den Gesetzgebungsprozess des LT lahmlegen könnte. Die Bundesverfassungskonformität einer Landesvolksabstimmung, wie sie auch diejenige nach Art 39 TLO 1989 darstellt, wurde daher von Mayer10 angezweifelt. Im Lichte der Verfassungsautonomie der Länder dürfte jedoch eher anzunehmen sein, dass es sich um ein zulässiges Modell handelt:11 Zum einen äußerte sich der VfGH bislang nur zur Unzulässigkeit der Vbg „Volksgesetzgebung“, die aber nicht dem Modell der Volksabstimmung gem Art 39 TLO 1989 entspricht, wonach der LT zu keiner positiven Beschlussfassung gezwungen wird. Zum anderen sehen Art 39 Abs 1, 2 und 4 TLO 1989 verschiedene formelle und inhaltliche12 Beschränkungen13 vor, derartige Volksabstimmungen durchzuführen bzw zu einem ablehnenden Ergebnis zu gelangen, sodass eine absolute und ständige Blockade des LT nicht einmal hypothetisch möglich wäre.14 Die sofortige Einleitung eines neuen Gesetzgebungsverfahrens mit einem neuerlichen Gesetzesbeschluss über dieselbe Angelegenheit nach negativem Ausgang der Volksabstimmung ist, sofern der ursprüngliche Gesetzes9 Vgl VfSlg 16.241/2001. 10 Mayer in FS 75 Jahre Bundesverfassung 353. 11 Koja, Verfassungsrecht 200 f; Bußjäger/Sonntag, Bundesverfassungskonformität 358; Gamper, Bürgerbeteiligung 30 bei FN 27. 12 Und damit nicht nur „quantitative“ Hürden iSd in VfSlg 16.241 geäußerten Rechtsansicht des VfGH. 13 Zur Maßgeblichkeit dieser Schranken schon Rill/Schäffer, Art 1 B-VG, in Kneihs/Lienbacher (Hg), Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht (2001) Rz 28; Bußjäger/Sonntag, Bundesverfassungskonformität 357. 14 Vgl dazu unten Rz 14 ff.
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beschluss nicht auf einem Volksbegehren beruhte,15 ebenso wenig ausgeschlossen.16 Das Instrument der Volksabstimmung gem Art 39 TLO 1989 ist bisher noch nie zum Einsatz gelangt.
II. Völker- und unionsrechtliche Vorgaben Regionale Volksabstimmungen sind weder völker- noch unionsrecht- 3 lich spezifisch geregelt. Allerdings stellt der Code of Good Practice on Referendums17 der Venedig-Kommission des Europarats ein soft-lawDokument dar, dessen Empfehlungen grds auch für regionale Volksabstimmungen (legally binding referendums) anwendbar, jedoch nicht verbindlich sind.18
III. Entstehungsgeschichte Die StF der TLO 198919 sah Art 39 in einer Fassung vor, die sich von 4 der heutigen in drei Elementen unterschied: Gem Art 39 Abs 1 TLO aF, der damals bereits die Möglichkeit der Volksinitiative auf Durchführung einer Volksabstimmung vorsah, waren wenigstens 10.000 Wahlberechtigte zum LT erforderlich, um eine Volksabstimmung zu verlangen. Durch die Nov LGBl 1998/104 wurde die Zl auf 7.500 zum LT Wahlberechtigte herabgesetzt und damit eine der Voraussetzungen der Volksabstimmung erleichtert. Durch die Nov LGBl 2012/147 wurde in Art 39 Abs 4 TLO 1989 die Wortfolge „anderer öffentlicher Ruhetag“ durch die Wortfolge „gesetzlicher Feiertag“ ersetzt. Die bislang letzte Novellierung (LGBl 2017/53) betraf Art 39 Abs 2 TLO, dessen Ausnahmebestimmungen erweitert wurden und dem eine Klarstellung zur Kundmachung hinzugefügt wurde.
15 Vgl Art 37 Abs 2 TLO 1989 und dazu unten Rz 14 ff. 16 Bußjäger/Sonntag, Bundesverfassungskonformität 356. Ähnlich in Bezug auf die Steiermark Krenn-Mayer, Art 72 Rz 32. 17 CDL-AD(2007)008, abrufbar unter: http://www.venice.coe.int/webforms/ documents/default.aspx?pdffile=CDL-AD(2007)008-e (31.03.2020). 18 Vgl das Explanatory Memorandum – General Remarks, abrufbar unter: http://www.venice.coe.int/webforms/documents/default.aspx?pdffile=CDLAD(2007)008-e (31.03.2020) 15. 19 LGBl 1988/61.
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IV. Typologische Einordnung der Volksabstimmung 5 Typologisch stellt die Volksabstimmung gem Art 39 TLO 1989 ein Sachreferendum sowie ein Vetoreferendum dar. Um ein Sachreferendum handelt es sich deshalb, weil in der Volksabstimmung über einen Gesetzesbeschluss des LT und keine Auswahl einer bestimmten Person für eine Organfunktion entschieden wird. Der Typus des Vetoreferendums wird verwirklicht, weil dem Volk durch die Volksabstimmung die Gelegenheit gegeben wird, den Gesetzesbeschluss abzulehnen. Freilich liegt es an der im deutschen Sprachraum gepflogenen Terminologie, die Ablehnungsmöglichkeit („Veto“) bei der Bezeichnung dieses Referendums hervorzuheben, weil der Gesetzesbeschluss ansonsten – sollte keine Volksabstimmung durchgeführt werden – kundzumachen wäre. Gleichwohl ist es dem Volk in der Volksabstimmung ebenso möglich, den Gesetzesbeschluss zu bestätigen, wie, ihn abzulehnen.20 Sollte der Gesetzesbeschluss die Änderung oder Aufhebung eines geltenden Gesetzes zum Inhalt haben, trägt die Volksabstimmung ggf auch Züge eines abrogativen21 Referendums, wenngleich der für letzteres typische Fall, dass die Aufhebung selbst vom Volk initiiert würde, deshalb nicht zuträfe, da der inhaltliche Gesetzesbeschluss ja stets vom LT stammen muss. Jedenfalls aber handelt es sich, wie erwähnt, nicht um den Fall der vom VfGH als unzulässig erachteten (positiven) „Volksgesetz gebung“.22 Darüber hinaus ermöglicht Art 39 TLO 1989 ein fakultatives Referendum, weil die Volksabstimmung nicht zwingend bei Vorliegen eines bestimmten Gesetzesbeschlusses stattzufinden hat, sondern nur auf Grund einer Beschlussfassung des LT oder einer Volks- bzw Gemeindeinitiative. Zwar ist die Volksabstimmung im Fall einer dieser drei Voraussetzungen zwingend durchzuführen, doch müsste dann jedes Plebiszit als obligatorisch bezeichnet werden, nur weil ein bestimmter Beschluss gefasst oder Antrag gestellt wurde, der in weiterer Folge zu seiner Durchführung verpflichtet.23 20 Terminologisch auch Bußjäger, Innovation 7. 21 Vgl Morel, Referendum, in Rosenfeld/Sajó (Hg), The Oxford Handbook of Comparative Constitutional Law (2012) 501 (508 ff). 22 Vgl dazu bereits oben Rz 2. 23 Vgl näher auch Gamper, Art 60 (in diesem Band) Rz 7 mwN zur nicht immer einheitlichen Terminologie.
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Zu unterscheiden ist die Volksabstimmung auf Landesebene auch von 6 anderen in der TLO 1989 vorgesehenen Formen der direkten Demokratie, insb anderen Plebisziten: Das Volksbegehren auf Landesebene ist in Art 37 TLO 1989, die Volksbefragung in Art 60 TLO 1989 geregelt. Anders als bei der Volksbefragung ist für die Volksabstimmung keine Möglichkeit der Durchführung in Teilen des Landesgebiets vorgesehen. Darüber hinaus sieht die TLO 1989 das Petitionsrecht gem Art 12 TLO, die Information der Bevölkerung gem Art 60a TLO, den in Art 59 TLO geregelten Landesvolksanwalt sowie die Bürgermitbestimmung in der Gemeinde gem Art 76 TLO, der die Volksabstimmung auf Gemeindeebene erwähnt, dabei aber auf ein LG verweist, vor.24 Mit der Volksabstimmung gem Art 39 TLO 1989 ist das Volksbegehren gem Art 37 TLO 1989 nur insofern verknüpft, als dann, wenn ein auf einem Volksbegehren beruhender Gesetzesbeschluss durch Volksabstimmung abgelehnt wurde, ein weiteres Volksbegehren über diese Angelegenheit frühestens fünf Jahre nach dem Tag der Volksabstimmung wiederholt werden darf.25
V. Voraussetzungen der Volksabstimmung A. Gesetzesbeschluss Gegenstand der Volksabstimmung ist ein Gesetzesbeschluss des Tir LT 7 gem Art 38 TLO. Anders als Volksabstimmungen auf Gemeindeebene, die nur Angelegenheiten der (Gemeinde-)Verwaltung zum Gegenstand haben können, richten Volksabstimmungen auf Landesebene sich damit auf geplante LG und nicht unmittelbar auf einen Akt der Landesverwaltung oder der Landesverwaltungsgerichtsbarkeit.26 Angelegenheiten der Bundesgesetzgebung können der Volksabstimmung gem Art 39 TLO 1989 ebenso wenig unterzogen werden. Als Gesetzesbeschlüsse gelten alle Gesetzesbeschlüsse des LT im formellen Sinn, gleichgültig ob sie auf die Erlassung von Landesverfassungsrecht oder einfachen LG abzielen oder ob es sich bloß um ein Ausführungsgesetz des Landes handelt. 24 Vgl im Überblick zu diesen Instrumenten Gamper, Bürgerbeteiligung 26 ff. 25 Vgl dazu unten Rz 31. 26 Zur Möglichkeit, ein Gesetz über nicht gesetzesförmige Entscheidungen zu erlassen, allgemein Merli, Themenbeschränkungen der direkten Demokratie, in Öhlinger/Poier (Hg), Direkte Demokratie und Parlamentarismus (2015) 311 (312 f).
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8 Art 38 TLO 1989 regelt das Landesgesetzgebungsverfahren im Allgemeinen, Art 39 TLO 1989 enthält dazu jedoch Sonderbestimmungen: Aus Art 39 Abs 1 TLO 1989 ist nämlich ableitbar, dass die Volksabstimmung unmittelbar vor Kundmachung des Gesetzesbeschlusses durchzuführen ist, andere Schritte, die das Landesgesetzgebungsverfahren gem Art 38 TLO 1989 benötigt, daher zuvor durchzuführen sind. Art 39 Abs 6 TLO 1989 bestimmt, dass ein Gesetzesbeschluss, wenn er in einer Volksabstimmung nicht abgelehnt wurde, unter Berufung auf das Ergebnis der Volksabstimmung kundzumachen ist; wurde er hingegen abgelehnt, darf er nicht kundgemacht werden. Art 39 Abs 3 TLO 1989 bestimmt ausdrücklich, dass mit der Kundmachung des Gesetzesbeschlusses zuzuwarten ist, bis das Ergebnis der Volksabstimmung vorliegt. Demzufolge darf der Volksabstimmung aber nur ein Gesetzesbeschluss unterzogen werden, der bereits weitere, vor der Kundmachung liegende Verfahrensschritte gem Art 38 TLO 1989 durchlaufen hat: Es muss sich um einen Gesetzesbeschluss handeln, der gem Art 38 Abs 3 TLO 1989 vom LTPräs beurkundet, von diesem dem LH übersandt und vom LH gegengezeichnet wurde. Darüber hinaus ist anzunehmen, dass Gesetzesbeschlüsse ggf auch das Verfahren gem Art 38 Abs 4 und 6 TLO 1989 passiert haben müssen, ehe sie der Volksabstimmung unterzogen werden, da die Kundmachung im Fall des positiven Ergebnisses unmittelbar an diese anschließen soll.27 Dafür spricht auch das teleologische Argument, dass der Volksabstimmung keine Gesetzesbeschlüsse unterzogen werden sollen, die aus anderen Gründen noch in der Schwebe sind: Sowohl die ggf erforderliche Zustimmung der BReg als auch der Beharrungsbeschluss des LT im Falle eines aufrecht erhaltenen Einspruchs gem § 9 F-VG stellen also implizite Voraussetzungen der Volksabstimmung dar; es ist ausgeschlossen, dass bei bestätigendem Ergebnis der Volksabstimmung die Kundmachung gem Art 39 Abs 6 TLO 1989 erfolgen müsste, ohne dass diese Voraussetzungen erfüllt wären. Die EB28 bestätigen diese Annahme: Noch mit Verweis auf das Einspruchsrecht der BReg nach dem früheren Art 98 Abs 2 B-VG wird die sechswöchige Frist, innerhalb der eine Volksabstimmung verlangt werden kann, damit begründet, dass vor dem Ablauf der (damals) achtwöchigen Frist für die Erhebung eines Einspruchs der BReg feststehen solle, ob über den Gesetzesbeschluss eine Volksabstimmung durchgeführt wird. Daraus er27 So auch in Bezug auf die Steiermark Krenn-Mayer, Art 72 Rz 27. 28 S die EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 73.
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gibt sich aber auch, dass nach der Intention des Gesetzgebers die Volksabstimmung selbst zeitlich nach Ablauf der achtwöchigen Frist – sinngemäß also: nach Ablauf der Verfahrensschritte gem Art 38 Abs 4 und 6 TLO 1989 – durchzuführen wäre, weil kaum anzunehmen ist, dass eine Volksabstimmung, die erst am Ende der sechswöchigen Frist verlangt wird, innerhalb von zwei Wochen anberaumt werden könnte. Gem § 28 Tir VolksG hat die LReg ggf den Tag der Volksabstimmung unverzüglich festzulegen und im LGBl zu verlautbaren, wobei als Abstimmungstag ein Sonntag innerhalb von zehn Wochen nach dem Tag der Kundmachung im LGBl zu bestimmen ist. Der LTPräs, der das verfassungsgemäße Zustandekommen eines Gesetzesbeschlusses gem Art 38 Abs 3 TLO 1989 zu beurkunden hat, hat sich dabei auf das Verfahren des Gesetzesbeschlusses zu beschränken; es geht bei der Prüfung des verfassungsgemäßen Zustandekommens schon vom Wortlaut her nicht um die Prüfung der verfassungsgemäßen Durchführung der Volksabstimmung, sodass die Beurkundung jedenfalls vor den erwähnten Einspruchs- und Zustimmungsverfahren wie auch vor Durchführung der Volksabstimmung stattzufinden hat. Sollte ein Einspruch erhoben worden sein und die Voraussetzungen des Art 38 Abs 6 lit a und b TLO 1989 nicht vorliegen, darf der Gesetzesbeschluss nicht kundgemacht werden. Auch wenn der Fall in der TLO 1989 nicht eigens geregelt ist, ist anzunehmen, dass auch die Volksabstimmung dann nicht stattzufinden hat,29 weil einerseits selbst im Fall einer Bestätigung des Gesetzesbeschlusses die für eine Kundmachung erforderlichen Voraussetzungen des Art 38 Abs 6 lit a und b TLO 1989 nicht erfüllt wären und andererseits eine Ablehnung durch das Volk nicht erforderlich wäre, weil es an diesen Voraussetzungen ohnehin scheitern würde. Im Fall einer verweigerten Zustimmung der BReg gilt mE dasselbe,30 es sei denn, dass der LT den LH vorab gem Art 38 Abs 7 TLO 1989 ermächtigt hätte, im Verweigerungsfall den Gesetzesbeschluss unter Weglassung der die Zustimmungsbedürftigkeit begründenden Bestimmungen kundzumachen. In diesem Fall ist anzunehmen, dass nur der reduzierte Text der Volksabstimmung unterzogen werden darf, da nur dieser überhaupt kundgemacht werden dürfte.
29 Ähnlich in Bezug auf die Steiermark Krenn-Mayer, Art 72 Rz 27. 30 Ähnlich in Bezug auf die Steiermark Krenn-Mayer, Art 72 Rz 27.
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B. Initiativrechte 9 Art 39 Abs 1 TLO 1989 sieht drei Möglichkeiten der Initiative einer Volksabstimmung vor:31 Erstens obliegt es dem LT selbst, eine Volksabstimmung zu beschließen. Dafür gelten mangels anderer Anordnung die Beschlussquoren gem Art 27 TLO, nämlich die Anwesenheit von wenigstens der Hälfte der Abg und die einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Die Volksabstimmung kann demnach nicht durch eine parlamentarische Minderheit verlangt werden, sondern bedarf des Beschlusses einer Mehrheit. Der Gesetzesbeschluss und der Beschluss, dass der Gesetzesbeschluss einer Volksabstimmung unterzogen werden soll, sind zu trennen, auch wenn sie in der gleichen Sitzung erfolgen: Der in chronologischer Reihenfolge erste Beschluss ist der Gesetzesbeschluss, der Beschluss über die Durchführung einer Volksabstimmung zu diesem Gesetzesbeschluss folgt als vom Gesetzesbeschluss selbständiger Beschluss. Die nur für die anderen Initiativrechte ausdrücklich vorgesehene sechswöchige Frist gilt für diesen Beschluss nicht, jedenfalls muss der Beschluss auf Durchführung einer Volksabstimmung vor der geplanten Kundmachung des Gesetzesbeschlusses im LGBl erfolgen.32 10 Zweitens können wenigstens 7.500 zum LT Wahlberechtigte binnen sechs Wochen nach der Beschlussfassung (des Gesetzesbeschlusses) eine Volksabstimmung verlangen. Diese im Vergleich zur ursprünglichen Zahl von 10.000 niedrigere numerische Hürde wurde durch die TLO-Nov LGBl 1998/104 eingeführt. Die Wahlberechtigung zum LT (aktives Wahlrecht) haben gem Art 17 Abs 2 lit a TLO33 alle Landesbürger, die spätestens am Tag der Wahl das 16. Lebensjahr vollendet haben und vom Wahlrecht nicht ausgeschlossen sind. Unter Landesbürgern sind gem Art 3 Abs 2 TLO 1989 alle österreichischen Staatsbürger zu verstehen, die ihren Hauptwohnsitz in einer Gemeinde Tirols haben. Gem Art 17 Abs 2 lit b TLO 1989 haben die Wahlberechtigung zum LT aber auch alle österr Staatsbürger, die vor der Verlegung ihres Hauptwohnsitzes in das Ausland diesen in Tirol hatten, spätestens am Tag der Wahl das 16. Lebensjahr vollendet haben und vom 31 In eine ähnliche Richtung geht für die Volksbefragung Art 60 Abs 2 TLO. 32 Für einen nur bis zur Beurkundung und innerhalb sechswöchiger Frist zulässigen Beschluss plädiert in Bezug auf die steiermärkische Variante KrennMayer, Art 72 Rz 10. 33 Vgl Bußjäger, Art 17 (in diesem Band) Rz 4.
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Wahlrecht nicht ausgeschlossen sind, für die Dauer ihres Aufenthaltes im Ausland, längstens für zehn Jahre. Ein Ausschluss vom Wahlrecht kann gem Art 17 Abs 4 TLO 1989 nur durch LG als Folge rechtskräftiger gerichtlicher Verurteilung vorgesehen werden. § 4 Abs 1 TLWO 2017 bestimmt, dass vom Wahlrecht ausgeschlossen ist, wer durch ein inländisches Gericht nach § 22 Abs 1 NRWO ausgeschlossen wurde. Gem § 22 Abs 1 leg cit kann vom Gericht unter Zugrundelegung der Umstände des Einzelfalls vom Wahlrecht ausgeschlossen werden, wer durch ein inländisches Gericht wegen verschiedener, dort näher aufgezählter strafbarer Handlungen zu einer nicht bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr oder wegen einer sonstigen mit Vorsatz begangenen strafbaren Handlung zu einer nicht bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt wird. Drittens können wenigstens 40 Gemeinden auf Grund von Gemeinde- 11 ratsbeschlüssen eine Volksabstimmung binnen sechs Wochen34 nach der Beschlussfassung (des Gesetzesbeschlusses) verlangen. Durch die Möglichkeit der Gemeindeinitiative erhält die Volksabstimmung auch einen Mehrebenencharakter sowie die Gemeinden mittelbar eine Mitwirkungsbefugnis an „negativer“ Landesgesetzgebung, sofern ein ablehnendes Ergebnis der Volksabstimmung das Inkrafttreten eines LG verhindert, während ein bestätigendes Ergebnis nichts anderes zur Folge hätte, als wenn die Volksabstimmung nicht durchgeführt worden wäre, nämlich ein Inkrafttreten des LG. Mit dem Initiativrecht eröffnet sich den Gemeinden ein weiteres Instrument, unmittelbar auf die Landesgesetzgebung Einfluss zu nehmen: Wenigstens 40 Gemeinden oder die Stadt Ibk allein können etwa ein Volksbegehren gem Art 37 TLO 1989 – das in diesem Zusammenhang entgegen der durch die TLO 1989 gewählten Bezeichnung kein Volksbegehren, sondern ein Gemeindebegehren darstellt – unterbreiten.35 Gem Art 60 TLO 1989 können wenigstens 40 Gemeinden eine Volksbefragung auf Grund von Gemeinderatsbeschlüssen verlangen; sofern die Volksbefragung nur in einem Teil des Landesgebiets durchgeführt werden soll, müssen die in diesem Teil des Landesgebiets gelegenen Gemeinden auf Grund von Gemeinderatsbeschlüssen dies verlangen.36 Darüber hinaus sind die Gemeinden 34 Vgl dazu bereits oben Rz 8. 35 Vgl dazu Gamper, Art 37 (in diesem Band) Rz 14 ff. 36 Vgl dazu Gamper, Art 60 (in diesem Band) Rz 16 ff.
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gem Art 36 Abs 2 lit a TLO 198937 in das Begutachtungsverfahren von Gesetzentwürfen eingebunden, sofern der Gesetzentwurf Interessen von Gemeinden berührt; der GR der Stadt Ibk als Statutarstadt kann gem § 89 IbkStadtR der LReg Änderungen des IbkStadtR vorschlagen. Im Gegensatz zum Volksbegehren gem Art 37 TLO 1989, das ua auch durch die Stadt Ibk allein unterbreitet werden kann, ist Ibk bei der Initiative zur Volksabstimmung nicht privilegiert. Es handelt sich bei der Gemeindeinitiative auch nicht um ein direkt-demokratisches Instrument, weil die Gemeinden nur auf Grund von Gemeinderatsbeschlüssen eine Volksabstimmung verlangen können. Eine Volksabstimmung als direkt-demokratisches Instrument wird somit über den Antrag repräsentativer Gemeindeorgane initiiert. Gem Art 117 Abs 8 B-VG wäre es auch nicht zulässig, über ein Instrument direkter Demokratie auf Gemeindeebene eine Volksabstimmung auf Landesebene zu initiieren, da die Ermächtigung zur Ausübung solcher Instrumente auf Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereichs der Gemeinde beschränkt sein muss, wozu Angelegenheiten der Landesgesetzgebung nicht zählen.38 Die EB39 führen aus, dass die Gemeinderatsbeschlüsse nicht einstimmig gefasst werden müssen; die Beschlussfassung richtet sich nach den allgemeinen Beschlusserfordernissen gem §§ 44 und 45 TGO sowie § 22 IbkStadtR, wonach mehr als die Hälfte der Gemeinderatsmitglieder anwesend sein und die Mehrheit der Anwesenden für den Antrag stimmen muss. 12 Die beiden letztgenannten Möglichkeiten bestehen in einem „Verlangen“, das keinen weiteren Landtagsbeschluss mehr erfordert. Genauere Formerfordernisse dieses Verlangens normiert die TLO 1989 – bis auf die sechswöchige, nach den EB40 nicht erstreckbare Fallfrist – nicht, doch enthält das VolksG, auf das Art 39 Abs 5 TLO 1989 verweist, in §§ 24–27 nähere Bestimmungen: Demnach sind in beiden Fällen – mit gesetzlich bestimmten Angaben und Belegen versehene – Anträge auf eine Volksabstimmung bei der LReg einzubringen, die darüber mit schriftlichem Bescheid entscheidet. Im Fall der Unzulässigkeit wegen Vorliegens eines Ausnahmegrunds41 ist der volksinitiierte Antrag ohne weitere Prüfung der sonstigen Voraussetzungen zurückzuweisen. Im 37 38 39 40 41
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Vgl dazu Egger, Art 36 (in diesem Band) Rz 11 f. Gamper, Direkte Demokratie in der Gemeinde, RFG 2011, 66. S die EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 72. S die EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 72. Vgl dazu noch unten Rz 14 ff.
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Übrigen ist dem Antrag stattzugeben, wenn auch die sonstigen Formvoraussetzungen (§ 23 Abs 1, §§ 24 und 25 VolksG) erfüllt sind; andernfalls ist er abzuweisen. Im Fall der Gemeindeinitiative ist der Antrag ebenfalls abzuweisen, wenn er die gesetzlichen Voraussetzungen nicht erfüllt. Inhaltlicher Ermessensspielraum kommt der LReg hierbei nicht zu, zu prüfen sind lediglich die durch das VolksG wiederholten Vorgaben der TLO 1989 und der durch das VolksG geregelten formalen Antragsvoraussetzungen. Die Initiativrechte der zum LT Wahlberechtigten und der Gemeinden 13 verleihen diesen das subjektive Recht darauf, eine Volksabstimmung entsprechend den Bedingungen des Art 39 TLO 1989 zu verlangen.42 Es ist vom Recht auf (rechtmäßige) Durchführung und Teilnahme an einer Volksabstimmung zu unterscheiden, das dann gewährt ist, wenn alle Voraussetzungen einer Volksabstimmung erfüllt sind,43 unbeschadet dessen, ob die Volksabstimmung auf Grund einer Volksinitiative, einer Gemeindeinitiative oder eines Beschlusses des LT initiiert worden ist. Rechtsschutz gem Art 141 Abs 1 lit h B-VG ist in diesem Zusammenhang schon deshalb nicht möglich, weil es sich bei der Abstimmungsinitiative nicht um ein Volksbegehren, eine Volksabstimmung oder eine Volksbefragung handelt, dessen oder deren Ergebnis angefochten wird.44 Gegen den Bescheid der LReg gem §§ 26 oder 27 Abs 3 VolksG ist jedoch Beschwerde an das LVwG zulässig,45 gegen dessen Entscheidung Beschwerde gem Art 144 B-VG an den VfGH erhoben werden könnte.46
C. Ausnahmen Art 39 Abs 2 TLO 1989 enthält drei taxativ aufgelistete Ausnahmetat- 14 bestände, die eine Volksabstimmung über bestimmte Gesetzesbeschlüsse ausschließen.47 Nach den EB zur ursprünglichen Fassung48 wurde dabei Anleihe an Bestimmungen der burgenländischen und nie42 43 44 45
S die EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 12. Vgl dazu noch unten Rz 21. So zur Volksbefragung VfGH 27.06.2017, E 1823/2017. So auch in Bezug auf die Steiermark Krenn-Mayer, Art 72 Rz 25; dies, Art 69 Stmk L-VG, in Grabenwarter (Hg), Steiermärkische Landesverfassung (2013) Rz 4. 46 So zur Volksbefragung VfGH 27.06.2017, E 1823/2017. 47 Morscher, Landesgesetzgebung 158. 48 S die EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88 73.
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derösterreichischen Landesverfassung genommen, doch enthält auch die steiermärkische Landesverfassung mittlerweile ähnliche Ausnahmebestimmungen.49 Die EB der durch die Nov LGBl 2017/53 vorgenommenen Erweiterung der Ausnahmen verweisen daher auch auf vergleichbare Bestimmungen der niederösterreichischen und steiermärkischen Landesverfassung.50 Die Gründe für die in Art 39 Abs 2 TLO 1989 aufgezählten Ausnahmen sind teils rechtlicher, teils rechtspolitischer Art: In allen Fällen geht es jedoch darum auszuschließen, dass eine Volksabstimmung ein Gesetz verhindert, das aus bestimmten rechtlichen oder rechtspolitischen Gründen als notwendig erachtet wird. 15 Der erste, in Art 39 Abs 2 lit a TLO 1989 verankerte Ausnahmetatbestand betrifft Gesetzesbeschlüsse, die zur Abwehr oder Bekämpfung von Katastrophen oder zur Abwehr schwerer volkswirtschaftlicher Schäden gefasst wurden. Während im Fall der Katastrophen sowohl die Abwehr als auch die Bekämpfung umfasst sind, handelt es sich im Fall schwerer volkswirtschaftlicher Schäden nur um die Abwehr. Während die Abwehr einen präventiven Charakter hat, bezieht sich die Bekämpfung auf bereits eingetretene Katastrophen. Die Ausnahme in Bezug auf Katastrophengesetze ist daher umfangreicher als diejenige in Bezug auf schwere volkswirtschaftliche Schäden. Was unter Katastrophen oder schweren volkswirtschaftlichen Schäden zu verstehen ist,51 wird auch in den EB nicht näher erläutert. In beiden Fällen kann jedoch von einem höheren Schweregrad der eingetretenen bzw drohenden Schäden für das Land in seiner Gesamtheit oder in Teilen ausgegangen werden, die das Land zwingen (arg „zu fassen waren“), einen derartigen Gesetzesbeschluss zu fassen, wobei der Landesgesetzgeber aber einen gewissen Ermessensspielraum hat. 16 Der zweite, in Art 39 Abs 2 lit b TLO 1989 verankerte Ausnahmetatbestand betrifft einerseits – wie schon nach alter Rechtslage – Gesetzesbeschlüsse, die in Ausführung bundesgesetzlicher Vorschriften zu fassen waren.52 Dies betrifft die in Art 12 Abs 1 B-VG bezeichneten Ma49 Vgl dazu Art 33 Abs 2 Bgld L-VG, Art 27 Abs 2 NÖ LV und Art 72 Abs 2 Stmk L-VG. 50 S die EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 2017/53, Tir LT XVI. GP, GZ 69/17, 3. 51 Vgl in diesem Zusammenhang auch zum Notverordnungsrecht der LReg Oberdanner, Art 53 (in diesem Band). 52 Dazu ähnlich in Bezug auf die Steiermark Krenn-Mayer, Art 72 Rz 14 f.
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terien, soweit der Bund von seiner Kompetenz zur Grundsatzgesetzgebung Gebrauch gemacht hat, aber auch den strukturell gleichartigen Typus von Ausführungsgesetze der Länder erfordernden Grundsatzgesetzen des Bundes nach Art 14 Abs 3, Art 14a Abs 4 sowie Art 20 Abs 4 letzter Untertatbestand B-VG.53 In all diesen Fällen liegt die Verpflichtung zur Ausführungsgesetzgebung – und daran anknüpfend der Ausschluss der Volksabstimmung – nicht vor, wenn der Grundsatzgesetzgeber keinen Gebrauch von seiner Kompetenz gemacht hat, die Länder die jeweilige Materie also frei regeln dürfen. Darüber hinaus betrifft es Fälle, in denen der Bundesgesetzgeber den Landesgesetzgeber gem Art 10 Abs 2 oder Art 14 Abs 2 und Art 14a Abs 3 B-VG ermächtigte, zu genau bezeichneten einzelnen Bestimmungen Ausführungsbestimmungen zu erlassen.54 Auf Grund des in Art 10 Abs 2, Art 14 Abs 2 und Art 14a Abs 3 B-VG enthaltenen Hinweises auf eine sinngemäße Anwendung des Art 15 Abs 6 B-VG handelt es sich in diesen Fällen nämlich auch um eine grundsätzliche Verpflichtung zur Ausführungsgesetzgebung. Allerdings gilt dies nach hL55 in sinngemäßer Anwendung des Art 15 Abs 6 B-VG nur dann, wenn die Delegation mit einer Fristsetzung verbunden ist. Außerdem kann unter der Ausführung bundesgesetzlicher Vorschriften auch die Ausführung bundesverfassungsrechtlicher Vorschriften verstanden werden, wofür sowohl der weite, die „Ausführung“ nicht bloß auf diejenige einfacher BG bzw die „delegierte“ Gesetzgebung beschränkende Wortlaut als auch eine systematische Verknüpfung mit der Terminologie des Art 47 TLO 1989 (arg „Bundesverfassung“ und „sonstige Bundesgesetze“) sowie eine bundesverfassungskonforme Auslegung sprechen, wonach von der Bundesverfassung verlangte LG durch eine Volksabstimmung nicht verhindert werden sollen. Voraussetzung ist freilich, dass die Bundesverfassung zur Erlassung von LG verpflichtet und nicht nur ermächtigt. Die EB56 erwähnen beispielhaft die Homogenitätsgebote des Art 95 Abs 2 B-VG und Art 117 Abs 2 B-VG hinsichtlich der Bedin53 Vgl zu den verschiedenen Kompetenztatbeständen nach dem Typus der geteilten Gesetzgebung auch Bußjäger, in Gamper et al (Hg), Föderale Kompetenzverteilung in Europa (2016) 523 (544 ff). 54 Vgl auch Morscher, Verfassungsrecht 96. 55 Vgl Krenn-Mayer, Art 72 Rz 14 mit Verweis auf Wiederin, Art 15 Abs 6 B-VG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (2011) Rz 10 ff. 56 S die EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 2017/53, Tir LT XVI. GP, GZ 69/17 3.
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gungen des Wahlrechts und der Wählbarkeit oder die Bestimmungen des B-VG über die Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz, „die den Landesgesetzgeber erkennbar dazu verpflichten, für Tirol ein Landesverwaltungsgericht einzurichten und organisationsrechtlich näher zu regeln“. Andererseits wurde dem in Art 39 Abs 2 lit b TLO 1989 verankerten Ausschlussgrund durch die Nov LGBl 2017/53 der Fall der Durchführung von Rechtsakten im Rahmen der EU, Staatsverträgen oder staatsrechtlichen Vereinbarungen hinzugefügt.57 Die EB58 weisen dabei auf das Erfordernis hin, „eine innerstaatlich vom Land Tirol zu verantwortende Verletzung von Völkerrecht bzw. Unionsrecht durch die Republik Österreich zu vermeiden“; außerdem soll dadurch Devolutionswirkungen, finanziellen Sanktionen und Haftungsfolgen für das Land entgangen werden. Der Begriff „Rechtsakte im Rahmen der Europäischen Union“ ist bundesverfassungskonform iSd Art 23d Abs 5 B-VG, der Begriff „Staatsverträge“ iSd Art 16 und 50 B-VG auszulegen. Unter „staatsrechtlichen Vereinbarungen“ sind Vereinbarungen gem Art 15a Abs 1 und 2 B-VG zu verstehen, wobei die Erforderlichkeit der Durchführung dieser Vereinbarungen durch das Land Tirol nur in jenen Fällen gegeben ist, in denen dieses selbst die Vereinbarung abgeschlossen hat. 17 Der dritte, in Art 39 Abs 2 lit c TLO 1989 verankerte Ausnahmetatbestand bezieht sich auf Gesetzesbeschlüsse, die infolge einer Fristsetzung durch den VfGH innerhalb einer bestimmten Frist zu fassen waren. Diese Bestimmung bezieht sich zum einen auf Art 140 Abs 5 B-VG, wonach die Aufhebung eines LG mit Ablauf des Tages der Kundmachung in Kraft tritt, wenn nicht der VfGH für das Außerkrafttreten eine Frist bestimmt, die 18 Monate nicht überschreiten darf. Zum anderen kann auch iZm der Aufhebung einer VO des Landes gem Art 139 Abs 5 B-VG eine Frist gesetzt worden sein, die, wenn gesetzliche Vorkehrungen erforderlich sind, 18 Monate nicht überschreiten 57 Die Verpflichtungen zur Durchführung von Rechtsakten im Rahmen der EU sowie von Staatsverträgen haben einen bundesverfassungsrechtlichen Hintergrund (vgl Art 16 Abs 4 und Art 23d Abs 5 B-VG), sodass damit auch der Tatbestand der „Ausführung bundesgesetzlicher Vorschriften“ erfüllt wäre; s dazu die EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 2017/53, Tir LT XVI. GP, GZ 69/17, 3, zur durch LGBl 2017/53 durchgeführten Novellierung der TLO; vgl ähnlich Krenn-Mayer, Art 72 Rz 15. 58 S die EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 2017/53, Tir LT XVI. GP, GZ 69/17, 3.
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darf; in diesem Fall geht es also darum, dass für die Erlassung einer verfassungskonformen VO zunächst eine entsprechende gesetzliche Grundlage geschaffen werden muss. In beiden Fällen ist jedoch die Formulierung, dass Gesetzesbeschlüsse infolge einer Fristsetzung zu fassen waren, problematisch.59 Die Fristsetzung durch den VfGH beinhaltet nämlich keinen verpflichtenden Auftrag an den Landesgesetzgeber, ein neues LG zu erlassen.60 Der Landesgesetzgeber kann im Fall einer Aufhebung ohne Fristsetzung des VfGH selbstverständlich von sich aus ein neues Gesetz erlassen, umgekehrt muss er aber im Fall der Aufhebung mit Fristsetzung kein LG erlassen. Die Fristsetzung dient lediglich dazu, eine Legisvakanz zu vermeiden, indem der VfGH für den Fall, dass der Landesgesetzgeber ein neues LG erlassen will, einen Zeitraum belässt, in dem das an sich aufgehobene Gesetz noch gilt, sodass das neu erlassene Gesetz ohne zeitliche Lücke daran anknüpfen kann. Richtigerweise kann im Fall einer Fristsetzung durch den VfGH also nie davon die Rede sein, dass (bloß) deshalb LG innerhalb einer bestimmten Frist zu fassen waren. Will man der Bestimmung trotz ihres missverständlichen Wortlauts nicht jeglichen Sinn absprechen, können darunter nur Fälle zu verstehen sein, in denen der VfGH eine Frist setzte und der Landesgesetzgeber es – jedoch aus anderen Gründen als der Fristsetzung per se – als erforderlich ansah, eine Legisvakanz zu vermeiden und ein neues Gesetz zu erlassen.61 In diesem Fall könnten aber jedenfalls nur Gesetzesbeschlüsse darunter fallen, die innerhalb der vom VfGH gesetzten Frist gesetzt wurden; spätere Gesetzesbeschlüsse können unter diese Ausnahme nicht fallen, da dann eine Legisvakanz ohnehin schon eingetreten wäre. Sollte ein Gesetzesbeschluss nur tw unter einen dieser Ausnahmetatbe- 18 stände fallen, so darf eine Volksabstimmung über diesen Gesetzesbeschluss dennoch nicht durchgeführt werden, da Gesetzesbeschlüsse nicht im Nachhinein geteilt werden können.62 Ob ein Gesetzesbeschluss über die Ausnahmetatbestände des Art 39 Abs 2 TLO 1989 hinaus einen landes- oder bundesverfassungswidrigen Inhalt hat, hindert die Durchführung der Volksabstimmung nicht. Gem § 26 Abs 2 VolksG weist die LReg einen Antrag auf Durchfüh- 19 rung einer Volksabstimmung ohne weitere Prüfung der Voraussetzun59 60 61 62
Dazu schon Gamper, Bürgerbeteiligung 30 f. Gamper, Verfassungsgerichtsbarkeit und Gewaltenverbindung (2016) 74. Gamper, Bürgerbeteiligung 31. Ähnlich in Bezug auf die Steiermark Krenn-Mayer, Art 72 Rz 18.
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gen mit Bescheid zurück, wenn der Gesetzesbeschluss unter einen Ausnahmetatbestand fällt. Gem dem durch die Nov LGBl 2017/53 eingefügten Art 39 Abs 2 letzter Satz TLO 1989 kann die Kundmachung eines derartigen Gesetzesbeschlusses auch schon vor dem Ablauf der in Art 39 Abs 1 TLO 1989 bestimmten Frist erfolgen und muss dafür auch nicht der zurückweisende Bescheid der LReg abgewartet werden.63 Ein rechtlicher Zwang zur Kundmachung vor Fristablauf ist damit allerdings nicht verbunden.64
VI. Stimmrecht 20 Wie beim Initiativrecht gem Art 39 Abs 1 TLO 1989 ist auch das Stimmrecht bei der Volksabstimmung selbst gem Art 39 Abs 4 TLO 1989 an die Wahlberechtigung zum LT geknüpft; diesbezüglich kann auf die obigen Ausführungen verwiesen werden.65 Damit ist der Kreis der das aktive Wahlrecht zum LT innehabenden Personen mit demjenigen der Initiativ- und Stimmberechtigten bei der Volksabstimmung ident und ein allgemeines Stimmrecht (mit denselben – zulässigen – Ausnahmen wie bei der Landtagswahl) sichergestellt. Gem Art 39 Abs 4 TLO 1989 gilt außerdem der Grundsatz des gleichen, unmittelbaren, geheimen und persönlichen Stimmrechts, womit wesentliche Prinzipien des Wahlrechts, die auf Grund des wahlrechtlichen Homogenitätsprinzips auch für die Landesebene gelten, übernommen werden. Die Prinzipien des Stimmrechts entsprechen den Prinzipien des Wahlrechts des Art 17 Abs 1 TLO 1989,66 allerdings mit Ausnahme des freien Stimmrechts. Dies mag einerseits damit zusammenhängen, dass die durch das freie Wahlrecht geschützte „Freiheit der Wahlwerbung“ bei Volksabstimmungen, abgesehen vom Erfordernis der Äquidistanz der mit der Volksabstimmung befassten Behörden, naturgemäß weniger zum Tragen kommt. Andererseits impliziert auch das geheime Stimmrecht ein freies Stimmrecht dahingehend, dass Personen nicht überwacht werden dürfen, wie sie abstimmen. Schließlich bestimmt Art 39 Abs 5 TLO 1989, dass den Stimmberechtigten durch das LG, 63 Vgl auch die EBRV zur Nov des VolksG LGBl 2017/73, Tir LT XVI. GP, GZ 232/17, 3. 64 Vgl auch die EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 2017/53, Tir LT XVI. GP, GZ 69/17, 3. 65 Vgl dazu oben Rz 10. 66 Vgl dazu Bußjäger, Art 17 (in diesem Band) Rz 9 ff.
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mit dem das Verfahren bei der Volksabstimmung näher geregelt wird, die Ausübung des Stimmrechts möglichst erleichtert werden soll, was neben rein administrativen Erleichterungen auch als Ausdruck eines freien Wahlrechts verstanden werden kann und wohl auch eine möglichst hohe Stimmbeteiligung sichern soll67. Aus den genannten Grundsätzen des Stimmrechts ergibt sich insb, dass eine Abstimmung durch Stellvertreter oder ein von den Stimmberechtigten gewähltes „Stimmkollegium“ unzulässig ist, dass der einzelne Abstimmungsvorgang unter Geheimnisschutz steht und dass der Zählwert der Stimmen gleich sein muss. Das Stimmrecht ist ein landesverfassungsrechtlich gewährleistetes sub- 21 jektives Recht, das vom Initiativrecht auf Durchführung einer Volksabstimmung zu unterscheiden ist: Richtigerweise enthielte das Stimmrecht nicht nur das Recht auf Teilnahme an einer Volksabstimmung68, sondern auch das Recht auf Durchführung der Volksabstimmung nach allen (landesverfassungs)gesetzlich bestimmten Bedingungen, die bei der Durchführung von Volksabstimmungen zu beachten sind. Eine (alternative) Voraussetzung dafür ist, dass die LReg dem Antrag von wenigstens 7.500 zum LT Wahlberechtigten stattgab. Eine Zurück- oder Abweisung dieses Antrags bezieht sich dagegen auf das Initiativrecht, gegen dessen Verletzung Beschwerde an das LVwG möglich ist.69 Die verfassungswidrige Nichtdurchführung einer durchzuführenden Volksabstimmung würde nach obiger Auffassung das Stimmrecht genauso verletzen wie eine Durchführung der Volksabstimmung, ohne dass die in Art 39 Abs 4 TLO 1989 erwähnten Stimmgrundsätze eingehalten wurden. Entgegen der restriktiven Judikatur des VfGH70 zum 67 Dazu schon Gamper, Bürgerbeteiligung 31. 68 So ohne nähere Begründung aber eingeschränkt die EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 12. 69 Vgl dazu bereits oben Rz 13. 70 Vgl VfSlg 17.588/2005, 19.085/2010 und 19.170/2010; dazu schon kritisch Gamper, Demokratie 197 f. Vgl allerdings zum Recht auf Durchführung einer Volksbefragung auf Gemeindeebene weniger restriktiv VfSlg 18.807/2009 und 19.711/2012. Der bloße Umstand, dass eine Volksinitiative auf Durchführung einer (diesfalls) Volksbefragung zulässig ist, kann im Verhältnis zu einer obligatorischen, aber nicht durch das Volk initiierbaren Volksabstimmung keinen Unterschied ausmachen – in beiden Fällen besteht eine objektive Verpflichtung zur Durchführung, aus der entsprechende subjektive Rechte ableitbar sind, wenn das direkt-demokratische Instrument Sinn entfalten soll.
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Recht auf Durchführung (nicht bloß, wie der VfGH annimmt, Teilnahme an) einer Volksabstimmung im Fall der Gesamtänderung der Bundesverfassung muss nämlich angenommen werden, dass das Stimmrecht sinnentleert würde, wenn die Durchführung der Volksabstimmung – vorausgesetzt, dass diese nach den landesverfassungsgesetzlich bestimmten Bedingungen überhaupt stattzufinden hat – als solche nicht durchsetzbar wäre, sondern lediglich die Teilnahme an einer Volksabstimmung, die durchgeführt wird.71 Das Recht auf Durchführung (einschließlich der Teilnahme an) einer Volksabstimmung umfasst allerdings weder das – chronologisch vorgehende – Recht auf Abstimmungsinitiative72 noch das Recht darauf, dass alle möglichen Bestimmungen des Art 39 TLO 1989 eingehalten werden, die zu diesem subjektiven Recht in keinem unmittelbaren Zusammenhang stehen, wie zB die Verpflichtung des LH zur Kundmachung des Ergebnisses der Volksabstimmung im LGBl oder die Beachtung der Ausnahmetatbestände des Art 39 Abs 2 TLO 1989 (kein subjektives Recht auf NichtDurchführung einer Volksabstimmung). 22 Fraglich ist allerdings, auf welchem Wege die Verletzung im Stimmrecht durchsetzbar wäre, da die TLO 1989 darüber keine ausdrückliche Bestimmung enthält. § 41 Abs 1 VolksG sieht im Zusammenhang mit dem an die Landeswahlbehörde gerichteten Überprüfungsantrag keine individuellen Antragsrechte, ausgenommen des Bevollmächtigten der Volksinitiative gem § 24 VolksG, vor, sondern knüpft die Anfechtung, sofern sie nicht durch den LT oder im Fall der Gemeindeinitiative durch wenigstens zehn Gemeinden erfolgt, an wenigstens 200 Stimmberechtigte; über eine Anfechtung des Bescheids der Landeswahlbehörde vor dem VfGH enthält es keine Bestimmungen.73 Die Anfechtung des Bescheids der Landeswahlbehörde gem Art 141 Abs 1 lit h B-VG und § 67 Abs 2 VfGG knüpft wohl wiederum an die Parteistellung im Überprüfungsverfahren an,74 was eine individuelle Anfechtung des Abstimmungsergebnisses durch einen einzelnen Stimmberechtig71 Ähnlich für die Bundesebene Merli, Art 45, 46, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (1999) Rz 7. 72 Vgl dazu bereits oben Rz 13. 73 Zur fehlenden Kompetenz des Landesgesetzgebers hinsichtlich der Regelung dieser Angelegenheit vgl etwa VfSlg 19.785/2013. 74 Vgl zur Zulässigkeit der Beschränkung der Anfechtungsbefugnisse bei Plebisziten und Orientierung des VfGH an der Parteistellung im landesgesetzlich geregelten Überprüfungsverfahren VfSlg 9234/1981, 13.839/1994, 15.816/2000, 19.785/2013.
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ten, ausgenommen den Bevollmächtigten der Volksinitiative, auf Grund einer der oben erwähnten Verletzungen ausschließt. Der VfGH hat in einer insgesamt unklaren Judikatur75 einerseits festgestellt, dass der Landesgesetzgeber nicht berechtigt sei, die Voraussetzungen der Anfechtung gem Art 141 Abs 1 lit h B-VG zu regeln, andererseits aber gefolgert, dass – angesichts des Fehlens bundes(verfassungs)rechtlicher Regelungen über die Anfechtungsbefugnis bei Landesplebisziten – „jedenfalls“ diejenigen gem Art 141 Abs 1 lit h B-VG anfechtungsberechtigt seien, die in einem landesgesetzlich vorgesehenen Einspruchsverfahren anfechtungsberechtigt seien und Parteistellung hätten. Darüber hinaus hielt er fest, dass ein „aus der bloßen Teilnahme an direktdemokratischen Instrumenten ohne Erfüllung von bestimmten Formalerfordernissen erfließendes subjektives Recht einzelner Personen auf Überprüfung von Abstimmungsergebnissen […] weder in den die direktdemokratischen Instrumente regelnden Bestimmungen des B-VG […] noch in Art 141 Abs 3 B-VG idF vor BGBl I 51/2012 vorgesehen [ist], sondern ihnen allenfalls durch ihre besondere Rechtsstellung in diesen Verfahren zukommen“76 kann. Darüber hinaus könnte im Sinne der obigen weiten Auslegung ein Individualantrag gem Art 140 B-VG in Frage kommen, weil ein Stimmberechtigter behauptet, in seinem landesverfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht gem Art 39 Abs 4 TLO 1989 durch ein Gesetz verletzt zu sein, das trotz Erfüllung der einschlägigen Voraussetzungen ohne Durchführung einer Volksabstimmung oder unter landesverfassungswidrigen Bedingungen der Durchführung der Volksabstimmung erzeugt wurde.77 Anders verhält es sich, wenn ein Gesetzesbeschluss nicht kundgemacht wurde, weil Art 140 B-VG keine Anfechtungsmöglichkeiten gegen nicht kundgemachte Gesetze vorsieht.
VII. Verfahren Nur wenige verfahrensrechtliche Erfordernisse der Volksabstimmung 23 sind in der TLO 1989 selbst geregelt: Gem Art 39 Abs 4 TLO 1989 muss der Tag der Volksabstimmung ein Sonntag oder ein gesetzlicher Feiertag sein. 75 Vgl zB VfSlg 15.816/2000, 19.648/2012, 19.772/2013, 19.784/2013, 19.785/2013; VfGH 12.06.2015, W III1/2015; 18.02.2016, W III1/2016. 76 Vgl zuletzt VfGH 18.02.2016, W III1/2016, mit Hinweisen auf die Vorjudikatur. 77 So für die Bundesebene Merli, Art 45, 46 Rz 7.
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Ein Gesetzesbeschluss gilt gem Art 39 Abs 4 TLO 1989 als abgelehnt, wenn mehr als 50 vH der Stimmberechtigten an der Volksabstimmung teilgenommen haben und die Mehrheit der gültigen Stimmen dagegen abgegeben wurde. Damit gilt sowohl für Präsenz- als auch Konsensquorum das Mehrheitsprinzip. Mehr als 50 % der Stimmberechtigten, das ist die einfache oder unbedingte Mehrheit der Stimmberechtigten, müssen an der Volksabstimmung teilnehmen. Nehmen weniger Stimmberechtigte teil, ist die Volksabstimmung ungültig und der Gesetzesbeschluss kundzumachen. Sollte im Fall des Konsensquorums die negative Mehrheit nicht zustande kommen, weil die gültigen Stimmen für den Gesetzesbeschluss überwiegen, gilt dies als Bestätigung des Gesetzesbeschlusses. Auch hier handelt es sich um eine einfache oder unbedingte Mehrheit, eine Qualifikation ist dafür nicht vorgesehen. Ungültige Stimmen sind für das Konsensquorum nicht mitzuzählen. Das Präsenzquorum – das bei Volkabstimmungen auf Bundesebene nicht vorgesehen ist – schwächt die Möglichkeiten „negativer“ Volksgesetzgebung ab. Das Erfordernis der Beteiligung von mehr als der Hälfte der Stimmberechtigten ist als relativ hoch einzuschätzen. Selbst eine Mehrheit der gültigen Stimmen, die sich gegen den Gesetzesbeschluss ausspricht, wäre bei einer niedrigeren Beteiligung nicht ausreichend, den Gesetzesbeschluss abzulehnen. Der LH hat gem Art 39 Abs 4 TLO 1989 das Ergebnis der Volksabstimmung im LGBl kundzumachen, was nicht mit der Kundmachung des Gesetzesbeschlusses unter Berufung auf das Ergebnis der Volksabstimmung gem Art 39 Abs 6 iVm Art 38 Abs 5 TLO 1989 zu verwechseln ist. Beide Kundmachungen – im letztgenannten Fall nur dann, wenn entweder nicht mehr als die Hälfte der Stimmberechtigten an der Volksabstimmung teilnahm oder sich (bei Erfüllung des Präsenzquorums) die Mehrheit der gültigen Stimmen für den Gesetzesbeschluss aussprach – sind daher separat im LGBl vorzunehmen. 24 Art 39 Abs 5 TLO 1989 normiert, dass das Verfahren bei der Volksabstimmung durch LG näher geregelt wird. Durch dieses Gesetz ist sicherzustellen, dass den Stimmberechtigten die Ausübung des Stimmrechts möglichst erleichtert wird. Das VolksG enthält nähere Bestimmungen insb in seinem III. Hauptstück „Volksabstimmung“ (§§ 23– 42), welche die Bestimmungen des Art 39 TLO 1989 teils wiederholen, teils näher ausführen. Geregelt werden neben allgemeinen Bestimmungen die Anträge von Wahlberechtigten und Gemeinden sowie die Ent542
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scheidung über die Durchführung der Volksabstimmung, die Unterstützungserklärung und Stimmrechtsbestätigung, die Ausschreibung der Volksabstimmung durch die LReg im LGBl, die Festlegung von Aufgaben durch die Gemeindewahlbehörde, das Stimmrecht, die Erfassung der Stimmberechtigten in Stimmlisten, die Teilnahme an der Volksabstimmung und Stimmkarten, der Antrag auf Ausübung des Stimmrechts vor Sonderwahlbehörden, die Einsicht in den Gesetzesbeschluss in den Gemeinden, der amtliche Stimmzettel, das Abstimmungsverfahren, die Gültigkeit von Stimmzetteln, die Ermittlung durch die Gemeinde-(Sprengel)Wahlbehörde, Kreiswahlbehörde und Landeswahlbehörde, die das Ergebnis der Volksabstimmung feststellt, Niederschriften der Wahlbehörden, der Abstimmungsakt der Gemeinde-(Sprengel)Wahlbehörde sowie der Überprüfungsantrag und die Entscheidung darüber. Anlagen 5 bis 8 zu diesem Gesetz enthalten Muster zu Unterstützungserklärung, Stimmkarte und amtlichem Stimmzettel. Im vorliegenden Zusammenhang soll nur auf folgende Bestimmungen näher eingegangen werden: Gem § 28 Abs 2 leg cit ist ein Sonntag innerhalb von zehn Wochen nach dem Tag der Kundmachung im LGBl gem § 28 Abs 1 leg cit (Ausschreibung der Volksabstimmung durch die LReg) als Abstimmungstag festzulegen. Gem § 33 Abs 2 leg cit hat der amtliche Stimmzettel die Bezeichnung „Amtlicher Stimmzettel“, den Abstimmungstag und die Frage zu enthalten, ob der Gesetzesbeschluss, welcher der Volksabstimmung unterzogen wird, Gesetzeskraft erlangen soll. Unter dem Wortlaut der Frage sind auf der linken Seite das Wort „ja“, auf der rechten Seite das Wort „nein“ sowie jeweils daneben ein Kreis anzubringen. Gem § 35 Abs 1 leg cit ist der amtliche Stimmzettel gültig, wenn der Abstimmende am Stimmzettel in dem dem Wort „ja“ oder in dem dem Wort „nein“ zugeordneten Kreis ein liegendes Kreuz oder ein sonstiges Zeichen angebracht hat, aus dem zweifelsfrei hervorgeht, dass er die auf dem Stimmzettel angeführte Frage mit „ja“ oder mit „nein“ beantwortet hat, oder der Abstimmende seinen Willen auf andere Weise, wie zB durch Anhaken oder Unterstreichen des Wortes „ja“ oder des Wortes „nein“ oder durch eine sonstige entsprechende Bezeichnung, eindeutig zu erkennen gegeben hat. Ungültig sind gem § 35 Abs 4 leg cit andere als amtliche Stimmzettel, Stimmzettel, die derart beschädigt oder beeinträchtigt sind, dass der Wille des Abstimmenden nicht eindeutig zu erkennen ist, die keine Bezeichnung im Sinne von § 35 Abs 1 leg cit aufweisen, auf denen die angeführte Frage widersprüchlich beantwor543
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tet ist oder bei denen der Wille des Abstimmenden nicht eindeutig zu erkennen ist; auch leere Stimmkuverts gelten als ungültige Stimmzettel (§ 35 Abs 5 leg cit). Ähnlich wie bei der Briefwahl gibt es auch bei der Volksabstimmung die Möglichkeit, die Stimme per Briefabstimmung abzugeben: Gem § 31 Abs 2 leg cit können Stimmberechtigte, die eine Stimmkarte besitzen, ihre Stimme durch Übermittlung der verschlossenen Stimmkarte an die Wahlbehörde, in deren Stimmliste der Abstimmende eingetragen ist, während der Abstimmungszeit dieser Wahlbehörde am Abstimmungstag oder durch ihre Übersendung oder sonstige Übermittlung an die Gemeinde, die die Stimmkarte ausgestellt hat, abgeben; in letzterem Fall muss die Stimmkarte spätestens am zweiten Tag vor dem Abstimmungstag, im Fall der persönlichen Übergabe bis 14 Uhr, bei dieser Gemeinde einlangen. Gem § 38 Abs 1 leg cit hat die Landeswahlbehörde die von den Kreiswahlbehörden mitgeteilten Ergebnisse zum Gesamtergebnis im Land zusammenzufassen, auf Grund der Niederschriften der Kreiswahlbehörden das Abstimmungsergebnis im Land zu ermitteln und auf Grund dieses Ergebnisses festzustellen, ob der Gesetzesbeschluss als abgelehnt gilt oder nicht. Diese Feststellung bildet zusammen mit dem Abstimmungsergebnis im Land das Ergebnis der Volksabstimmung, das gem § 38 Abs 2 leg cit in einer dem LH unverzüglich zu übersendenden Niederschrift zu beurkunden ist. Gem § 38 Abs 4 leg cit sind dann, wenn an einem Abstimmungstag zwei oder mehrere Volksabstimmungen durchgeführt werden, deren Ergebnisse gesondert zu ermitteln, zu beurkunden und zu verlautbaren. 25 Die Kundmachung des Gesetzesbeschlusses (bei bestätigendem Ausgang der Volksabstimmung) erfolgt jedoch gem Art 39 Abs 3 und Abs 6 TLO 1989 nach dem Vorliegen und unter Berufung auf das „Ergebnis der Volksabstimmung“. Es wäre nach dem Wortlaut landesverfassungsrechtlich zulässig, dass der LH (im Fall der bestätigenden Volksabstimmung) den Gesetzesbeschluss zwar nach dem Ergebnis der Volksabstimmung, jedoch noch vor dessen Kundmachung kundmacht. Es liegt jedoch schon aus rechtsstaatlichen Gründen nahe, dass mit dem „Ergebnis der Volksabstimmung“ das kundgemachte Ergebnis gemeint ist. Da die Kundmachung des Ergebnisses der Volksabstimmung gem § 38 Abs 3 VolksG „unverzüglich“ erfolgen soll, ist überdies ohnehin anzunehmen, dass die Kundmachung des Ergebnisses der Volksabstimmung zeitlich vor der Kundmachung des Gesetzesbeschlusses erfolgt. 544
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VIII. Rechtsschutz Die TLO 1989 regelt die Nachprüfung der Volksabstimmung nicht,78 26 doch enthalten §§ 41 und 42 VolksG Bestimmungen darüber: Gem § 41 leg cit sind der LT, wenigstens 200 Stimmberechtigte, bei Volksabstimmungen auf Grund einer Volksinitiative auch der Bevollmächtigte und bei Volksabstimmungen auf Grund einer Gemeindeinitiative auch wenigstens zehn der antragstellenden Gemeinden berechtigt, innerhalb einer Woche nach der Herausgabe des LGBl mit der Kundmachung des Ergebnisses der Volksabstimmung bei der Landeswahlbehörde einen Überprüfungsantrag zu stellen. Der Überprüfungsantrag kann sich gegen die Rechtswidrigkeit des Verfahrens oder gegen die Unrichtigkeit der Ergebnisermittlung richten und ist zu begründen. Die Landeswahlbehörde hat gem § 42 leg cit über den Überprüfungsantrag im Rahmen der vorgebrachten Gründe mit schriftlichem Bescheid zu entscheiden. Ergibt die Überprüfung eine Rechtswidrigkeit des Verfahrens, so hat die Landeswahlbehörde dieses aufzuheben, soweit die Rechtswidrigkeit auf das Ergebnis der Volksabstimmung von Einfluss sein konnte, und zu bestimmen, welche Teile des Verfahrens zu wiederholen sind. Ergibt die Überprüfung die Unrichtigkeit der Ergebnisermittlung, so hat die Landeswahlbehörde das richtiggestellte Ergebnis unverzüglich durch Kundmachung im LGBl zu verlautbaren. Gem Art 141 Abs 1 lit h B-VG erkennt der VfGH ua über die Anfech- 27 tung von Volksabstimmungen. Nach dem offenen Wortlaut und den EB79 zu dieser durch die B-VG-Nov BGBl I 2012/51 ursprünglich als Art 141 Abs 1 lit e B-VG eingeführten Bestimmung sind damit sowohl Volksbegehren, Volksabstimmungen und Volksbefragungen auf Grund der Bundesverfassung als auch auf Grund der Landesverfassung umfasst. Der Bescheid der Landeswahlbehörde über einen Überprüfungsantrag kann damit auch vor dem VfGH angefochten werden;80 nähere Bestimmungen hierzu enthalten §§ 67 ff VfGG.81 78 Vgl zum Rechtsschutz iZm der Verletzung des Initiativrechts bereits oben Rz 13. 79 RV 1618 BlgNR XXIV. GP, 20. 80 Ähnlich in Bezug auf die Steiermark Krenn-Mayer, Art 69 Rz 4. 81 Vgl zum Fall der Verletzung im Stimmrecht gem Art 39 Abs 4 TLO 1989 darüber hinaus oben Rz 21 f, für den Fall der Verletzung im Initiativrecht gem Art 39 Abs 1 TLO 1989 oben Rz 13 und zum Fall der Anfechtung des Gesetzes selbst unten Rz 29.
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IX. Kundmachung des Gesetzesbeschlusses 28 Art 39 Abs 1, 3 und 6 TLO 1989 regelt die Kundmachung des Gesetzesbeschlusses, der einer Volksabstimmung unterzogen wird, Art 39 Abs 4 TLO 1989 die Kundmachung des Ergebnisses der Volksabstimmung. Ausführende Kundmachungsvorschriften enthält das VolksG. Was die Kundmachung des Gesetzesbeschlusses anbelangt, normiert Art 39 Abs 1 TLO 1989, dass dieser vor seiner Kundmachung im LGBl einer Volksabstimmung zu unterziehen ist, wenn die dafür erforderlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Der durch die Nov LGBl 2017/53 eingefügte Art 39 Abs 2 letzter Satz TLO 1989 stellt umgekehrt klar, dass die Kundmachung des Gesetzesbeschlusses auch schon vor dem Ablauf der in Art 39 Abs 1 TLO 1989 bestimmten Frist erfolgen kann, wenn die Volksabstimmung auf Grund Vorliegens eines der in Art 39 Abs 2 lit a-c TLO 1989 verankerten Ausnahmetatbestände unzulässig ist.82 Art 39 Abs 3 TLO 1989 weist verstärkend darauf hin, dass dann, wenn die Durchführung der Volksabstimmung iSd Art 39 Abs 1 TLO 1989 beschlossen oder fristgerecht verlangt wurde, mit der Kundmachung des Gesetzesbeschlusses zuzuwarten ist, bis das Ergebnis der Volksabstimmung vorliegt. Art 39 Abs 6 TLO 1989 bestimmt, dass ein Gesetzesbeschluss, der in der Volksabstimmung abgelehnt wurde, nicht kundgemacht werden darf. Wurde der Gesetzesbeschluss hingegen nicht abgelehnt, so ist er unter Berufung auf das Ergebnis der Volksabstimmung kundzumachen. Neben diesen Spezialbestimmungen ist aber auch Art 38 TLO 1989 anwendbar, der in Abs 5 bis 7 weitere Kundmachungsvorschriften hinsichtlich des Gesetzesbeschlusses enthält. Aus der Zusammenschau dieser Bestimmungen ergibt sich, dass der LH im Fall der Durchführung einer Volksabstimmung den Gesetzesbeschluss im LGBl nur dann kundzumachen hat, wenn er in der Volksabstimmung nicht iSd Art 39 Abs 4 TLO 1989 abgelehnt wurde, wobei als Spezialerfordernis hinzutritt, dass die Kundmachung unter Berufung auf das Ergebnis der Volksabstimmung zu erfolgen hat. Die in Art 38 Abs 6 und 7 TLO 1989 erwähnten speziellen Voraussetzungen der Kundmachung im Zusammenhang mit Gesetzesbeschlüssen, die einem Zustimmungs- oder Einspruchsrecht der BReg unter liegen,83 sind ggf ebenso einzuhalten, sie müssen allerdings vor dem Zeitpunkt der Volksabstimmung erfüllt sein. 82 Vgl dazu schon oben Rz 14 ff. 83 Vgl dazu schon oben Rz 8.
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Nicht anzunehmen ist, dass mit der Kundmachung des Gesetzesbe- 29 schlusses zugewartet werden muss, weil die Volksabstimmung möglicherweise mittels eines Überprüfungsantrags bzw der Bescheid der Landeswahlbehörde über den Überprüfungsantrag gem Art 141 Abs 1 lit h B-VG beim VfGH angefochten wird, woraus sich erhebliche Verzögerungen für die Kundmachung des Gesetzesbeschlusses ergeben könnten. Art 39 Abs 3 TLO 1989 verlangt nämlich, dass mit der Kundmachung des Gesetzesbeschlusses (nur) zuzuwarten ist, bis das Ergebnis der Volksabstimmung vorliegt. Art 39 Abs 6 TLO 1989 normiert, dass der Gesetzesbeschluss, wenn er in der Volksabstimmung nicht abgelehnt wurde, unter Berufung auf das Ergebnis der Volksabstimmung kundzumachen ist. Sollten etwaige Anfechtungsverfahren vor der Landeswahlbehörde oder dem VfGH zum Ergebnis führen, dass das Abstimmungsverfahren oder Teile davon aufgehoben würden, oder sollte die Landeswahlbehörde ein nach unrichtiger Ergebnisermittlung richtiggestelltes Ergebnis kundmachen, hätte dies keine unmittelbare Auswirkung auf die Gültigkeit des kundgemachten Gesetzes. Allerdings wäre es dann möglich, das Gesetz vor dem VfGH gem Art 140 B-VG anzufechten, weil sein Verfahren einen Mangel im Erzeugungsverfahren aufweist. Dabei wären allerdings zwei Annahmen möglich: Nach der einen Annahme hätte der VfGH das Gesetz nur dann aufzuheben, wenn die wiederholte Volksabstimmung ein ablehnendes Ergebnis zur Folge hätte oder das richtiggestellte Ergebnis eine Ablehnung beinhaltete. Auf Grund der Ablehnung in der Volksabstimmung hätte das Gesetz nämlich gar nicht kundgemacht werden dürfen. Sollte die wiederholte Volksabstimmung jedoch wiederum zu einer Bestätigung führen oder das richtiggestellte Ergebnis wie beim ersten Mal eine Bestätigung ergeben, wäre das Gesetz nicht aufzuheben, weil das Ergebnis der Volksabstimmung dasselbe, nämlich eine Bestätigung des Gesetzesbeschlusses, geblieben wäre. Nach der anderen Annahme hätte der VfGH das Gesetz in jedem Fall aufzuheben, da es einen Erzeugungsmangel aufweist, auch wenn die Wiederholung oder Richtigstellung am Ergebnis nichts verändert hätte. Dabei wären nicht nur die Bestimmungen der TLO 1989 formeller, sondern wohl auch diejenigen des Gesetzes über Volksbegehren, Volksabstimmungen und Volksbefragungen materieller Prüfmaßstab des VfGH.84 Der VfGH hat etwa 84 Vgl für die Bundesebene Rohregger, Art 140 B-VG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (2003) Rz 61 und 101.
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die GO der LT als Prüfungsmaßstab für LG anerkannt,85 differenziert allerdings zwischen Bestimmungen einer GO, deren Verletzung zur Beurteilung führe, dass der Gesetzesbeschluss nicht verfassungsmäßig zustande gekommen sei – das seien all jene Bestimmungen des Geschäftsordnungsgesetzes, die sichern sollen, dass in den Gesetzesbeschlüssen die wahre Meinung der Mehrheit des NR zum Ausdruck kommt –, und bloßen Ordnungsvorschriften.86 Sinngemäß könnten also all jene Bestimmungen des Gesetzes über Volksbegehren, Volksabstimmungen und Volksbefragungen materieller Prüfmaßstab sein, die sichern sollen, dass (hier) in der Volksabstimmung die wahre Meinung der Stimmberechtigten zum Ausdruck kommt, und die nicht bloße Ordnungsvorschriften sind. Für die erste Annahme spricht, dass Rechtsschutz gegen Rechtswidrigkeiten im Zusammenhang mit der Volksabstimmung gegeben ist, die Kundmachung im Ergebnis zu Recht erfolgte und die Aufhebung des Gesetzes sowohl den Willen der am Gesetzgebungsverfahren beteiligten Organe als auch – im Ergebnis gleichbleibend – den des Volks letztlich unnötig unterliefe. Sofern die erste Volksabstimmung eine Ablehnung herbeigeführt hätte, hätte dies ohnehin zu keiner Kundmachung des Gesetzesbeschlusses führen dürfen. Sollte nach entsprechender Prüfung die Volksabstimmung wiederholt werden müssen und eine Bestätigung zur Folge haben oder das richtiggestellte Ergebnis eine Bestätigung beinhalten, wäre dann der Gesetzesbeschluss (erstmals) kundzumachen.
X. Rechtswirkungen der Volksabstimmung 30 Die unmittelbaren Rechtswirkungen der Volksabstimmung sind in Art 39 Abs 3, 4 und 6 TLO 1989 geregelt. Demnach besteht eine dieser Rechtswirkungen in der Kundmachung des Gesetzesbeschlusses im Fall der bestätigenden Volksabstimmung bzw der Nichtkundmachung des Gesetzesbeschlusses im Fall der ablehnenden Volksabstimmung. Eine andere unmittelbare Rechtswirkung ist das Erfordernis gem Art 39 Abs 4 TLO 1989, wonach der LH das Ergebnis der Volksabstimmung im LGBl kundzumachen hat.
85 VfSlg 16.733/2002, 17.174/2004, 20.059/2016. 86 VfSlg 16.151/2001, 17.174/2004, 20.059/2016.
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Mittelbar hat die Volksabstimmung aber auch noch eine andere Rechts- 31 wirkung: Gem Art 37 Abs 2 TLO 1989 darf im Fall, dass ein auf einem Volksbegehren beruhender Gesetzesbeschluss durch Volksabstimmung abgelehnt wurde, ein Volksbegehren über diese Angelegenheit frühestens fünf Jahre nach dem Tag dieser Volksabstimmung wiederholt werden.87 Diese zeitliche Sperre gilt jedoch nur für Volksbegehren über diese Angelegenheit. Andere Formen der Gesetzesinitiative über dieselbe Angelegenheit werden dadurch nicht ausgeschlossen. Bspw wäre es zulässig, sofort nach Ablehnung eines auf einem Volksbegehren beruhenden Gesetzesbeschlusses in einer Volksabstimmung eine RV über einen gleichlautenden Gesetzesbeschluss im LT einzubringen. Falls umgekehrt der abgelehnte Gesetzesbeschluss ursprünglich auf einer RV beruht hätte, wäre es zulässig, sofort nach der Ablehnung ein Volksbegehren über dieselbe Angelegenheit einzuleiten. Die Sanktion des Art 37 Abs 2 TLO 1989 soll daher für Fälle gelten, in denen ein Volksbegehren und eine Volksabstimmung über dieselbe Angelegenheit nicht miteinander harmonierten: Wenn das Volk selbst in einer Volksabstimmung einen Gesetzesbeschluss verwirft, der auf eine Volksinitiative zurückzuführen war, zeigt dies ein Mehrheits-Minderheits-Verhältnis innerhalb der zum LT Wahlberechtigten auf, das für die folgenden fünf Jahre nicht noch einmal strapaziert werden soll. Die Erlassung eines Gesetzes auf Grund einer Volksabstimmung führt 32 zu keinem formal erhöhten Rang im Stufenbau der Landesrechtsordnung. Insb ist es zulässig, ein auf Grund einer Volksabstimmung erlassenes Gesetz durch ein Gesetz zu ändern oder aufzuheben, ohne dass dieses einer Volksabstimmung gem Art 39 TLO 1989 unterzogen wird.
87 Vgl dazu Gamper, Art 37 (in diesem Band) Rz 7.
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Artikel 40 Geltungsbeginn und räumlicher Geltungsbereich der Landesgesetze (1) Landesgesetze treten, soweit nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist, mit dem Ablauf des Tages ihrer Kundmachung im Landesgesetzblatt in Kraft. (2) Landesgesetze gelten, wenn nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist, für das gesamte Landesgebiet. LGBl samt Erläuterungen: LGBl 1988/61 (X. GP AA 141/88 AB 141/88); LGBl 2012/147 (XV. GP RV 562/12 AB 562/12) Judikatur: VfSlg 2009/1950 (Rückwirkung); VfSlg 2705/1954 (Bedingung für Außerkrafttreten); VfSlg 3665/1959 (Rückwirkung; Beurteilung anhand Gleichheitssatz); VfSlg 4049/1961 (Geltung mit Kundmachung); VfSlg 4161/1962 (Gesetzgebungsverfahren nach Kundmachung aber vor Inkrafttreten einer Kompetenzänderung); VfSlg 5051/1965 (Rückwirkung); VfSlg 6182/1970 (Rückwirkung; Beurteilung anhand Gleichheitssatz); VfSlg 6460/1971 (Geltung nicht vom zeitlichen Anwendungsbereich abhängig); VfSlg 7461/1974 (partikuläres Bundesrecht; Beurteilung anhand Gleichheitssatz); VfSlg 7830/1976 (Rückwirkung; Beurteilung anhand Gleichheitssatz); VfSlg 9418/1982, 9419/1982, (Bedingung für Inkrafttreten); 11.632/1988; VfSlg 11.641/1988 (partikuläres Bundesrecht; Beurteilung anhand Gleichheitssatz); VfSlg 12.688/1991 (Rückwirkung und Vertrauensschutz); VfSlg 13.000/1992 (widersprüchliche Außerkrafttretensregelung); VfSlg 13.917/1994 (partikuläres Bundesrecht; Beurteilung anhand Gleichheitssatz) Literatur: Kelsen, Allgemeine Theorie der Normen (1979); Kelsen, Reine Rechtslehre² (Nachdruck 1992); Kriegner, Kann die Verwaltungsbehörde Gesetze aufheben?, ÖJZ 1987, 481; A. Th. Müller, Das partikuläre Bundesgesetz und die österreichische Verfassung, JRP 2015, 303; Rein, Der räumliche Geltungsbereich einer Landesrechtsordnung, JBl 1988, 157; Schwamberger/Ranacher, Tiroler Landesordnung 19896: Kommentar (2017) 81; Thienel, Art 49 B-VG und die Bestimmung des zeitlichen Geltungsbereiches von Bundesgesetzen, ÖJZ 1990, 161; Thienel, Der zeitliche Geltungsbereich von Normen im Lichte der Legistik, in Jabloner et al (Hg), Staatsrecht in Theorie und Praxis – FS Walter (1991) 709; Walter, Das österreichische Staatsgebiet, in Imboden et al (Hg) – FS Merkl (1970) 453; Wielinger, Die Zeit als Rahmen der Existenz und als Inhalt von Rechtsvorschriften, in Winkler (Hg), Gesetzgebung: Kritische Überlegungen zur Gesetzgebungslehre und zur Gesetzgebungstechnik (1981) 154; Winkler, Raum und
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Recht (1999); Winkler, Zeit und Recht (1995); Zitelmann, Geltungsbereich und Anwendungsbereich der Gesetze. Zur Grundlegung der völkerrechtlichen Theorie des Zwischenprivatrechts, in Bonner Juristische Fakultät (Hg) – FS Bergbohm (1919) 207
Inhaltsübersicht I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben..................................... 1 II. Entstehungsgeschichte.................................................................. 4 III. Geltung und Geltungsbereich...................................................... 5 IV. Zeitlicher Geltungsbereich von Landesgesetzen....................... 6 V. Örtlicher Geltungsbereich von Landesgesetzen....................... 10
I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben Das Bundesverfassungsrecht sieht keine ausdrücklichen Vorgaben für 1 die zeitliche und örtliche Geltung von LG vor.1 Die entsprechenden landesverfassungsrechtlichen Festlegungen werden somit im Rahmen der relativen Verfassungsautonomie getroffen. Bundesverfassungsrechtlich verbindlich vorgesehen ist aber die Kund- 2 machung von LG im LGBl.2 Die Existentwerdung eines Gesetzes ist somit zwingend mit der Kundmachung verknüpft. Den grds Beginn des zeitlichen Geltungsbereichs daran anzuknüpfen, ist eine logische Folge (auch aus rechtstaatlichen Überlegungen heraus, insb, dass Rechtsnormen den Normunterworfenen bekannt sein müssen). Ebenso bundesverfassungsrechtlich vorgesehen ist die Festlegung der Landesgebiete.3 Da die Staatsgewalt der Länder sich nur auf „ihr“ jeweiliges (Staats-)Gebiet erstrecken kann, ist auch die Bestimmung des grds örtlichen Geltungsbereichs mit dem jeweiligen Landesgebiet aus verfassungsimmanenten Grundsätzen nachvollziehbar. Die Möglichkeit, spezifische zeitliche und örtliche Geltungsbereiche 3 festzulegen, entspricht den Erfordernissen der gesetzgeberischen Pra1 Vgl Koja, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer2 (1988) 204. 2 Art 97 Abs 1 B-VG; s auch Koja, Verfassungsrecht 190 f und VfSlg 6460/1971; Krenn-Mayer, Art 28 Stmk L-VG, in Grabenwarter (Hg), Steiermärkische Landesverfassung Rz 43; s weiters Wallnöfer, Art 41a (in diesem Band) Rz 1. 3 Art 3 Abs 1, 2 und 3 B-VG sowie die ausgestaltenden Gesetze dazu; s dazu Ranacher, Art 2 (in diesem Band).
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xis. Die landesverfassungsgesetzliche Regelung folgt auch dabei (ohne ausdrückliche bundesverfassungsgesetzliche Vorgabe) dem bundesverfassungsgesetzlichen Vorbild in Art 49 Abs 1 zweiter Satz B-VG.
II. Entstehungsgeschichte 4 Der Geltungsbereich und -beginn von LG werden durch Art 40 TLO 1989 ausdrücklich klargestellt. Die StF der TLO 1989 orientierte sich dabei an Art 49 Abs 1 zweiter Satz B-VG, was auch in den Erläuterungen klar zum Ausdruck gebracht wird.4 Analoge Bestimmungen auf einfachgesetzlicher Ebene enthielt zum Beschlusszeitpunkt das damals in Geltung stehende Landes-Verlautbarungsgesetz.5 Die bisher einzige Änderung erfuhr Art 40 TLO 1989 im Zusammenhang mit der Einführung authentischen elektronischen Kundmachung des LGBl.6 Der Abs 1 wurde dabei neu gefasst, weil die bisher verwendete Formulierung „herausgegeben und versandt“ erkennbar auf eine Drucklegung in Papierform abstellte, sodass eine neutralere Formulierung, die auch die Möglichkeit einer elektronischen Kundmachung berücksichtigt, erforderlich war.7
III. Geltung und Geltungsbereich 5 Nach allgemeiner Auffassung bezeichnet die Geltung einer Norm ihre rechtliche Existenz, eine geltende Rechtsnorm ist Bestandteil der Rechtsordnung.8 Dabei ist die Rechtsnorm von den tatsächlichen Akten (Abstimmung und der dieser zugrundeliegenden Textfassung), durch die sie erzeugt wird, zu unterscheiden. „Die Rechtsnorm ist der Sinngehalt des Textes, der im Rechtssetzungsverfahren beschlossen wird.“9 4 5
EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 73. LGBl 1982/8; auch in der entsprechenden gegenwärtigen Regelung finden sich inhaltsgleiche (präzisierende) einfachgesetzliche Vorschriften in §§ 12 und 13 LVerlautG. 6 LGBl 2012/147. 7 Schwamberger/Ranacher, Landesordnung 81. 8 Vgl Antoniolli/Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht3 (1996) 207 ff; Kelsen, Rechtslehre 9 ff; ders, Theorie 22 f; Thaler, Mehrdeutigkeit und juristische Auslegung (1981) 45 ff und 162 ff; Thienel, Art 48 und 49 B-VG, in Korinek/ Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (1999) Rz 57; Wielinger, Zeit 158; Winkler, Zeit 229 ff. 9 Thienel, Art 48 und 49 Rz 57; vgl auch Zitelmann in FS Bergbohm 230 f.
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Davon zu unterscheiden ist der Geltungsbereich einer Rechtsnorm: Geregelt werden soll menschliches Verhalten, das durch persönliche, sachliche sowie insb zeitliche und örtliche Aspekte charakterisiert ist. Der Geltungsbereich einer Rechtsnorm muss nicht mit ihrer Geltung zusammenfallen. Besonders augenfällig zeigt sich dies anhand des zeitlichen Geltungsbereichs: Eine Rechtsnorm wird mit ihrer Erzeugung, abgeschlossen mit ihrer Kundmachung, rechtlich existent.10 Ihr zeitlicher Geltungsbereich (ihr Inkrafttreten) weicht davon ab: Im Regelfall des Art 40 TLO 1989 um einen Tag, in gesondert angeordneten Fällen auch mehr (rückwirkendes oder verzögertes Inkrafttreten, s dazu Rz 7 f).
IV. Zeitlicher Geltungsbereich von Landes gesetzen Wenn nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist, treten LG mit 6 dem Ablauf des Tages ihrer Kundmachung im LGBl in Kraft. Die Kundmachung hat elektronisch im Rahmen des Rechtsinformationssystems des Bundes (RIS) zu erfolgen und wird mit der Freigabe zur Abfrage bewirkt.11 Durch das Abstellen auf den Ablauf des Tages der Kundmachung wird eine geringe Legisvakanz normiert.12 Dadurch soll vermieden werden, dass der Beginn des zeitlichen Geltungsbereiches einer Vorschrift anhand bestimmter Uhrzeiten zu ermitteln ist. Das Inkrafttreten eines LG beginnt somit grds mit einem bestimmten Tag. Abweichungen in Bezug auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens müssen 7 im Normtext eindeutig bestimmt bzw zumindest aus diesem bestimmbar sein.13 Sie müssen für den Normunterworfenen eindeutig erkenn10 Ab diesem Zeitpunkt kann sie auch vom VfGH auf ihre Verfassungsmäßigkeit geprüft werden – s VfSlg 4049/1961, 6460/1971; ebenso Wielinger, Zeit 161; die Anfechtungslegitimation kann freilich differenziert zu beurteilen sein, da die Rechtsnorm zu diesem Zeitpunkt bspw keine unmittelbare Betroffenheit auslösen kann oder hätte angewendet werden müssen. 11 § 3 Abs 1 und 3 LVerlautG; s auch Wallnöfer, Art 41a (in diesem Band) Rz 10 ff. 12 IdS auch Thienel, Art 48 und 49 Rz 59; bei Inkrafttreten unmittelbar mit dem Tag der Kundmachung würde hingegen eine nicht rechtfertigbare pauschale Rückwirkung (wenn auch geringen Ausmaßes) erzeugt; Kelsen/ Froehlich/Merkl, Die Bundesverfassung vom 1. Oktober 1920 (1922) 130. 13 Zur diesbezüglich vergleichbaren bundesverfassungsrechtlichen Rechtslage Thienel, Art 48 und 49 Rz 62 und Mayer/Muzak, B-VG5 (2015) 239; in sich widersprüchliche Inkrafttretensbestimmungen können als verfassungswid-
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bar sein. Unproblematisch ist es dabei, wenn das Inkrafttreten nach dem Zeitpunkt liegt, in dem die Norm Geltung erlangt (Legisvakanz).14 Das Inkrafttreten muss dabei nicht zwingend durch Angabe eines bestimmten Datums bestimmt werden, sondern kann auch von einer Bedingung abhängig gemacht werden.15 Das Inkrafttreten eines Gesetzes kann dabei auch an die Erlassung einer VO geknüpft werden, wobei diesfalls die entsprechende Verordnungsermächtigung besondere Bestimmtheitserfordernisse erfüllen muss: Das Inkrafttreten eines Gesetzes darf nämlich nicht dem Belieben eines Verwaltungsorgans obliegen.16 Ebenso zulässig sind daher auch bedingte Inkrafttretensbestimmungen, die auf die Erlassung oder das Inkrafttreten eines anderen Gesetzes abstellen.17 Wenn das zu erlassende andere Gesetz, an das die Bedingung des Inkrafttretens geknüpft wird, wesentlich für die Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit des jeweiligen LG ist (zB bei Änderungen der bundesverfassungsrechtlichen Kompetenzlage oder einer grundsatzgesetzlichen Vorgabe), muss das jeweilige LG zum Zeitpunkt seiner Kundmachung verfassungskonform sein. Das vorangehende Gesetzgebungsverfahren darf unbeschadet davon schon vor Inkrafttreten der relevanten Änderung des anderen Gesetzes durchgeführt werden.18
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rig aufgehoben werden, s zB VfSlg 13.000/1992. Absolute Nichtigkeit ist dabei idR nicht anzunehmen. Ein solcher Fall könnte allenfalls vorliegen, wenn eine Regel für das Inkrafttreten überhaupt nicht erkennbar ist. Ansonsten wird man annehmen müssen, dass „nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist“, sodass sich der Beginn des zeitlichen Geltungsbereichs der (sonst ordnungsgemäß erzeugten) Rechtsnorm nach der subsidiären Bestimmung des Art 40 Abs 1 richtet; s Thienel, Art 48 und 49 Rz 62. Thienel in FS Walter 720; Wielinger, Zeit 161; Winkler, Zeit 199. VfSlg 2705/1954; s auch Winkler, Zeit 200; zuletzt etwa § 6 Abs 1 und 2 Gesetz vom 6. Februar 2019, mit dem begleitende Regelungen infolge des Austritts des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland aus der Europäischen Union erlassen werden (Tiroler Brexit-Begleitgesetz), LGBl 2019/35. VfSlg 9418/1982, 9419/1982, 11.632/1988; aA Kriegner, ÖJZ 1987, 481 f. Die Erlassung eines anderen Tir LG ist dabei von vornherein unproblematisch, weil Identität der Normsetzungsautorität vorliegt. Es ist jedoch auch das Anknüpfen an andere Landes- oder auch Bundesgesetze zulässig – praktisch bedeutsam ist dies etwa bei paktierten Gesetzen, tw auch bei der Ausführung grundsatzgesetzlicher Bestimmungen; vgl Thienel, Art 48 und 49 Rz 62. VfSlg 4161/1962; s auch Thienel, Art 48 und 49 Rz 64 mwN.
Geltungsbeginn und räumlicher Geltungsbereich der Landesgesetze
Art 40
Art 40 Abs 1 TLO 1989 lässt auch die Anordnung eines rückwirken- 8 den Inkrafttretens zu.19 Auch die „Bundesverfassung verwehrt es nun dem Gesetzgeber nicht, ein Gesetz mit rückwirkender Kraft auszustatten, soweit diese Rückwirkung mit dem Gleichheitsgebot vereinbar ist.“20 Eine Rückwirkung kann insofern angeordnet werden, als das neu erlassene Gesetz für in der Vergangenheit liegende Sachverhalte für anwendbar erklärt wird (Rückwirkung des Bezugsbereiches), oder als früher gesetzte Vollzugsbereiche nachträglich konvalidiert bzw invalidiert werden (Rückwirkung des Vollzugsbereiches).21 Wenngleich solche Rückwirkungen grds zulässig sind, bestehen hiefür sonstige verfassungsrechtliche Schranken, die sich insb aus grundrechtlichen Vorgaben ergeben können.22 Ferner dürfen rückwirkende Gesetze nicht gezielt die höchstgerichtliche Prüfung von Rechtsakten unterminieren.23 Der zeitliche Geltungsbereich eines LG endet idR mit (Inkrafttreten 9 von) dessen Aufhebung24 durch ein anderes LG.25 Die Beendigung des zeitlichen Geltungsbereiches kann allerdings – wie dessen Beginn – auch durch (im betr Gesetz selbst vorgesehene) Befristung oder Bedingung eintreten.26
19 Zur vergleichbaren bundesverfassungsrechtlichen Regelung s VfSlg 2009/1950, 3665/1959, 7830/1976. 20 VfSlg 3665/1959, 5051/1965, 6182/1970, 7830/1976; Winkler, Zeit 199. 21 Kelsen, Theorie 117 f; Thienel in FS Walter 718 ff. 22 Zu denken ist dabei insb an den dem Gleichheitssatz innewohnenden Vertrauensschutz (s dazu Berka, Art 18 B‑VG, in Kneihs/Lienbacher [Hg], RillSchäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht [2001] Rz 97 ff; zB VfSlg 12.688/1991) oder dem Verbot rückwirkender Strafbestimmungen nach Art 7 Abs 1 EMRK (s dazu Lewisch, Art 7 EMRK, in Kneihs/Lienbacher [Hg], Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht [2001], Rz 16b ff). 23 Thienel, Art 48 und 49 Rz 67; zB VfSlg 10.091/1984. 24 Die Aufhebung kann ausdrücklich erfolgen (formelle Derogation) oder auch durch inhaltlichen Konflikt mit einer späteren Norm (materielle Derogation), was im Hinblick auf die Rechtsklarheit im legistischen Prozess möglichst zu vermeiden ist. 25 Auch hier ist zwischen Beendigung des zeitlichen Geltungsbereichs („Außerkrafttreten“) und Beendigung der Geltung der Norm an sich zu unterscheiden; s Antoniolli/Koja, Verwaltungsrecht 210. 26 VfSlg 2705/1954; s auch Thienel, Art 48 und 49 Rz 69; zB Tir COVID19-Gesetz, LGBl 2020/51 welches gem seinem § 18 Abs 3 mit dem Ablauf des 31.12.2020 außer Kraft tritt.
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Art 40
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V. Örtlicher Geltungsbereich von Landesgesetzen 10 Wenn nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist, gelten LG für das gesamte Landesgebiet (Art 2 Abs 1 TLO 1989). Dies knüpft an die völkerrechtlichen Regeln über das Staatsgebiet27 an – die Staatsgewalt kann nur auf dem eigenen Staatsgebiet ausgeübt werden. Dies umfasst grds sowohl den räumlichen Geltungs- als auch den Vollzugsbereich.28 Freilich können aufgrund völkerrechtlicher Vereinbarungen oder unionsrechtlicher Vorschriften Vollzugsakte auf fremden Staatsgebiet zulässig sein (und sind auch ständige Praxis29), dies ändert jedoch nichts daran, dass (im Regelfall ohne anderslautende gesetzliche Anordnung) der der Normanwendung zugrunde liegende Sachverhalt im Landesgebiet gesetzt worden sein (oder zumindest einen ausreichenden Bezug zum Landesgebiet aufweisen) muss und die inhaltliche Entscheidung im Landesgebiet zu erlassen ist. 11 Abweichungen müssen aus dem Normtext eindeutig bestimmt bzw zumindest bestimmbar sein.30 Sie müssen für den Normunterworfenen eindeutig erkennbar sein. Echte Erweiterungen des räumlichen Geltungsbereiches (exterritoriale Wirkung) müssen sich auf einen völkerrechtlichen bzw innerhalb Österreichs auf einen bundesverfassungsrechtlichen Grund stützen können und sind äußerst selten. Sie sind vom bloßen Vollzug inländischer Entscheidungen im Ausland (aufgrund von Vollstreckungsübereinkommen oder vergleichbaren Vereinbarungen) oder in anderen österr Bundesländern (aufgrund innerstaatlicher Verwaltungs27 Grundlegend Walter in FS Merkl 453 und insb 461 ff; zur Verschränkung von Landesgebiet und Hoheitsgewalt (Gesetzgebung und Vollziehung) der Länder auch Pernthaler, Raumordnung und Verfassung 1 (1975) 60 ff und Winkler, Raum 55 ff. 28 Mayer/Muzak, B-VG 240 f; zu einer allenfalls gebotenen verfassungskonformen reduzierenden Auslegung des Vollzugsbereichs einer Norm s VfSlg 15.395/1998. 29 ZB nach dem Bundesgesetz über die Vollstreckung von Geldstrafen und Geldbußen von Verwaltungsbehörden im Rahmen der Europäischen Union (EU-Verwaltungsstrafvollstreckungsgesetz – EU-VStVG), BGBl I 2008/3 idF BGBl I 2013/33 oder im Rahmen des Europäisches Übereinkommen über die Zustellung von Schriftstücken in Verwaltungssachen im Ausland samt Anlage und Erklärung der Republik Österreich, BGBl 1983/67 idF BGBl III 2019/96. 30 Zur diesbezüglich vergleichbaren Rechtslage Thienel, Art 48 und 49 Rz 73.
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verfahrens-, Zustell- bzw Verwaltungsvollstreckungsvorschriften) klar abzugrenzen. Einschränkungen des örtlichen Geltungsbereiches sind in der Praxis häufiger. Die Erzeugung von partikulärem Landesrecht unterliegt dabei aber verfassungsrechtlichen Schranken: Nach dem Gleichheitssatz ist die Einschränkung des örtlichen Geltungsbereiches nur zulässig, wenn es hiefür eine sachliche Rechtfertigung gibt.31 Häufig handelt es sich dabei um Sonderregeln, die sich aus der Stellung der Landeshauptstadt Ibk als Stadt mit eigenem Statut ergeben,32 seltener um besondere lokale Regelungen.33
31 VfSlg 7461/1974, 13.917/1994 (beide Erk zu spezifischen schulrechtlichen Regelungen für Vbg, die nach Änderungen der Kompetenzrechtslage zu partikulärem Bundesrecht wurden und – für eine angemessene Übergangsfrist – aufgrund Unterschiede im Tatsächlichen eines vorgefundenen Systems zunächst als verfassungskonform, später als verfassungswidrig beurteilt wurden) und 11.641/1988; s auch Mayer/Muzak, B-VG 240 f; ausführlich A. Th. Müller, JRP 2015, 312. 32 ZB § 1 TGO; § 1 Abs 1 IWO 2011. 33 ZB § 3 Abs 2 Gesetz vom 9. Oktober 1991 über die Errichtung des Nationalparks Hohe Tauern in Tirol (Tiroler Nationalparkgesetz Hohe Tauern), LGBl 1991/103 idF LGBl 2019/138; s Eller, Art 5 (in diesem Band) Rz 5 ff.
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Artikel 41 Wiederverlautbarung von Landesgesetzen (1) Die Landesregierung ist ermächtigt, Landesgesetze in ihrer durch spätere Vorschriften geänderten Fassung durch Kundmachung im Landesgesetzblatt mit verbindlicher Wirkung wiederzuverlautbaren. (2) Anläßlich der Wiederverlautbarung können: a) überholte sprachliche Wendungen richtiggestellt und veraltete Schreibweisen der neuen Schreibweise angepaßt werden; b) Bezugnahmen auf andere Rechtsvorschriften, die dem Stand der Landesgesetzgebung nicht mehr entsprechen, und sonstige Unstimmigkeiten richtiggestellt werden; c) Bestimmungen, die durch spätere Rechtsvorschriften aufgehoben oder sonst gegenstandslos geworden sind, als nicht mehr geltend festgestellt werden; d) Kurztitel und Buchstabenabkürzungen des Titels festgesetzt werden; e) die Bezeichnung der Artikel, Paragraphen, Absätze und dergleichen bei Aufhebung oder Einfügung einzelner Bestimmungen entsprechend geändert und Bezugnahmen darauf innerhalb des Gesetzestextes entsprechend richtiggestellt werden; f) Übergangsbestimmungen und noch anzuwendende frühere Fassungen des betreffenden Landesgesetzes unter Angabe ihres Geltungsbereiches zusammengefaßt und gleichzeitig mit dem wiederverlautbarten Landesgesetz gesondert kundgemacht werden. (3) Der wiederverlautbarte Gesetzestext ist mit dem Ablauf des Tages der Kundmachung der Wiederverlautbarung im Landesgesetzblatt anzuwenden, soweit in dieser nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist. LGBl samt Erläuterungen: LGBl 1988/61 (X. GP AA 141/88 AB 141/88); LGBl 2012/147 (XV. GP RV 562/12 AB 562/12) Judikatur: VfSlg 6281a/1970 (Identität der Norm); VfSlg 6282/1970 (Einheit der Norm; Anwendbarkeit allein der wv Norm); VfSlg 6775/1972 (Berichtigung ei-
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nes Druckfehlers; Anwendbarkeit allein der wv Norm); VfSlg 9597/1982 (relative Verfassungsautonomie; keine inhaltliche Änderung durch WV); VfSlg 12.282/1990 (Anwendbarkeit allein der wv Norm; „Wiederaufleben“ bei Aufhebung der WV); VfSlg 12.382/1990 (Berichtigungsermächtigung eng auszulegen); VfSlg 14.146/1995 (Berichtigung einer WV); VfSlg 14.187/1995 (Identität der Norm); VfSlg 15.671/1999 (Prüfungsmaßstab der WV; WV kein Akt der Gesetzgebung); VfSlg 16.058/2000 (Identität der Norm; Anwendbarkeit allein der wv Norm); VfSlg 17.554/2005 (Identität der Norm); VfSlg 18.226/2007 (Identität der Norm; Prüfungsgegenstand ist die wv Fassung) Literatur: Brande, Die Rechtsbereinigung – ein verfassungsimmanentes Gebot, in Winkler/Antoniolli (Hg), Gesetzgebung (1981) 173; Funk, Zu einem Problem der Prüfung von wiederverlautbarten Gesetzen durch den VfGH – Lösungsgesichtspunkte aus grundlagentheoretischen Überlegungen, ZÖR 25 (1974), 59; Holzinger, Die Kundmachung von Rechtsvorschriften in Österreich, in Schäffer (Hg), Theorie der Rechtssetzung (1988) 303; Klecatsky, Zur Rechtsnatur der Wiederverlautbarungen des Bundes, JBl 1951, 449; Kröll, Überlegungen zur Wiederverlautbarung der Bundesverfassung und der Kärntner Landesverfassung, ZfV 2017, 21; Novak, Eine Neuorientierung der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung zur Wiederverlautbarung, ÖJZ 1973, 456; Schwamberger/Ranacher, Tiroler Landesordnung 19896: Kommentar (2017) 81 f
Inhaltsübersicht I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben..................................... 1 II. Entstehungsgeschichte.................................................................. 4 III. Einordnung der Wiederverlautbarung im Rechtsquellensystem............................................................................................... 5 IV. Verfahren der Wiederverlautbarung........................................... 8 A. Gegenstand................................................................................. 8 B. Vorgehensweise.......................................................................... 11 C. Anpassungen anlässlich der Wiederverlautbarung.............. 12 V. Geltung, Inkrafttreten und Rechtswirkungen der Wiederverlautbarung................................................................................. 13
I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben Das Bundesverfassungsrecht enthielt vormals im Wiederverlautba- 1 rungsgesetz (WVG)1 eine selbstständige Ermächtigung zur Erlassung von dem Bundesrecht gleichartigen Vorschriften über die WV. Die landesrechtliche WV durfte somit im Rahmen der bundesverfassungs1
Bundesverfassungsgesetz vom 12. Juni 1947 über die Wiederverlautbarung von Rechtsvorschriften, BGBl 1947/114.
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rechtlichen Grenzen nur diesen Vorgaben entsprechend erfolgen (inhaltliche Bindung des Landesverfassungsgesetzgebers mit wenig Gestaltungsspielraum). 2 Mit Aufhebung des WVG und Inkorporation der Wiederverlautbarungsvorschriften des Bundes in das B-VG zum 01.08.19812 entfiel diese strenge Bindung der Länder. Die landesverfassungsgesetzlichen Bestimmungen der WV erfolgen daher nunmehr im Rahmen der relativen Verfassungsautonomie,3 dürfen daher lediglich dem Bundesverfassungsrecht nicht widersprechen. Ungeachtet dessen folgt die landesverfassungsgesetzliche Regelung der WV weitgehend dem bundesverfassungsgesetzlichen Vorbild:4 Art 49a B-VG ermächtigt den BK gemeinsam mit dem zuständigen BM, BG und im BGBl kundgemachte StV in ihrer geltenden Fassung durch Kundmachung im BGBl wiederzuverlautbaren. Dies umfasst auch die WV von BVG, aufgrund ausdrücklicher Ausnahme ist lediglich eine WV des B-VG selbst ausgeschlossen.5 In der Kundmachung können technische Richtigstellungen und Aktualisierungen vorgenommen werden, die den Ermächtigungen nach Art 41 Abs 2 TLO 1989 weitgehend gleichen (s dazu Rz 12). Soweit nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist, treten das wv BG (der wv StV) und die sonstigen in der Kundmachung enthaltenen Anordnungen mit Ablauf des Kundmachungstages in Kraft.6 3 Die Prüfung von WV (des Bundes und der Länder) unterliegt dem Normprüfungsmonopol des VfGH. Die spezifische Prüfung der WV als generelle Rechtsvorschrift erfolgt nach Art 139a B-VG. Maßstab dieser Prüfung ist die der WV zugrundeliegende (landes-)verfassungs2
BGBl 1981/350; umfassend zur bundesverfassungsrechtlichen Entwicklung s Mayrhofer, Art 49a, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Bundesverfassungsrecht (2017) Rz 1 ff; Klecatsky, JBl 1951, 450. 3 VfSlg 9597/1982; dabei wäre auch eine landesverfassungsrechtliche Ermächtigung zur einfachgesetzlichen Konkretisierung zulässig; vgl Krenn-Mayer, Art 29 Stmk L-VG, in Grabenwarter (Hg), Steiermärkische Landesverfassung Rz 3 und Mayrhofer, Art 49a Rz 9; Abbrederis/Pürgy, Gesetzgebung der Länder, in Pürgy (Hg), Das Recht der Länder I (2012) 231 (295 f). 4 Vgl Abbrederis/Pürgy, Gesetzgebung 296. 5 Klargestellt wurde dies mit Inkorporation der Wiederverlautbarungsbestimmungen in das B-VG durch die B-VG-Nov BGBl 1996/659; s Abbrederis/ Pürgy, Gesetzgebung 296; ähnlich Mayrhofer, Art 49a Rz 3 und 18. 6 Art 49a Abs 3 B‑VG.
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gesetzliche Ermächtigung.7 „Eine ‚Überschreitung der erteilten Ermächtigung‘ iS des Art 139a B-VG setzt begrifflich nicht eine wesentliche inhaltliche Änderung der wiederverlautbarten Rechtsvorschriften voraus. Die Ermächtigungen […] an die Landesregierung sind als Durchbrechung des Gesetzgebungsmonopols des (Landes-)Gesetzgebers eng auszulegen.“8
II. Entstehungsgeschichte Mit der StF der TLO 1989 wurden die vormals im Landes-Wiederver- 4 lautbarungsgesetz9 geregelten Vorschriften inkorporiert. Die Aufnahme der Bestimmungen über die WV machte es möglich, das LandesWiederverlautbarungsgesetz zur Gänze aufzuheben.10 Damit sollte ein Beitrag zur Vereinfachung der Landesrechtsordnung und gleichermaßen zur Konzentration des Landesverfassungsrechtes in der TLO 1989 geleistet werden. Diese Neuregelung orientierte sich an der Regelungstechnik des Bundesverfassungsgesetzgebers bei der Aufhebung des WVG (s dazu Rz 1).11 Die bisher einzige Änderung erfuhr Art 41 TLO 1989 iZm der authentischen elektronischen Kundmachung des LGBl.12 Nach der StF war die wv Rechtsvorschrift mit dem Ablauf des Tages anzuwenden, an dem das betr Stück des LGBl „herausgegeben und versandt“ wurde. Diese Formulierung deutete erkennbar auf eine Druckform in Papier hin. Die Neufassung des Art 41 Abs 3 TLO 1989 sollte durch die neutralere Formulierung „Ablauf des Tages der Kundmachung der Wiederverlautbarung im Landesgesetzblatt“ auch die Möglichkeit einer elektronischen Kundmachung decken. Außerdem wurde mit dieser Nov nach dem Vorbild von Art 49a Abs 3 B-VG auch die Möglichkeit eingeführt, den Wirksamkeitsbeginn einer WV abweichend vom Tag der Kundmachung festlegen zu können.13 7 8 9 10 11 12 13
VfSlg 15.671/1999; s auch Mayer/Muzak, B-VG5 (2015) 497. VfSlg 12.382/1990. Gesetz vom 24. März 1982 über die Wiederverlautbarung von Landesgesetzen, LGBl 1982/33. Art 79 Abs 2 lit b TLO 1989. S die EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 4, 6 und 74. TLO-Nov LGBl 2012/147. S die EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 2012/147, Tir LT XV. GP, GZ 562/12, 15f.
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III. Einordnung der Wiederverlautbarung im Rechtsquellensystem 5 Die WV stellt in ihrem Kern die rechtsverbindliche Feststellung des geltenden Gesetzesrechts mittels Akt eines obersten Verwaltungsorgans dar.14 Als rechtsverbindlicher genereller Akt der Verwaltung ist sie im Hinblick auf die Geschlossenheit des Rechtsquellensystems als (verfassungsunmittelbare) VO15 zu qualifizieren. Keinesfalls stellt sie einen Akt der Gesetzgebung dar16 – ein Missverständnis, das sich schon durch die organisatorische Trennung der Staatsgewalten verbietet. 6 Aus dieser Einordnung folgt denklogisch die zwingende Grenze der WV – die Änderung des Norminhaltes. Diese hat dem LT als gesetzgebendem Organ vorbehalten zu bleiben: Eine verfassungskonforme WV darf daher den Inhalt der wv Rechtsvorschrift nicht verändern.17 Diese auf den ersten Blick eindeutige Vorgabe kann durchaus schwierig zu beurteilen sein, etwa bei der WV materiell gegenstandslos gewordener Vorschriften.18 Dabei ist von jeder möglichen Auslegung auszugehen: „Ermöglicht […] die Wiederverlautbarung eine andere Auslegung als der gegenstandslos gewordene Text (indem die Fortdauer einer Rechtswirkung nahegelegt wird, die – etwa durch inhaltliche Derogation – schon beseitigt wurde), ist sie einer Neuerlassung der Norm gleichzuhalten und als Überschreitung der erteilten Ermächtigung zu werten.“19 7 Zweck und damit selbstständiger Wert der WV liegt in der rechtsverbindlichen Feststellung des Normbestandes, der – gerade bei umfangreich und mehrfach geänderten Rechtsvorschriften – durchaus mühe14 VfSlg 15.671/1999: „Die Wiederverlautbarung stellt den geltenden, im Sinne seiner Entstehungszeit zu deutenden Gesetzestext fest und ist kein Akt der Gesetzgebung.” 15 Ebenso Krenn-Mayer, Art 29 Rz 7; Mayrhofer, Art 49a Rz 37. 16 „Es handelt sich […] um Normtextbestimmung und nicht um Normsetzung” Abbrederis/Pürgy, Gesetzgebung 296; ebenso Krenn-Mayer, Art 29 Rz 7; anderer Ansicht Mayrhofer, Art 49a Rz 6 (mit Hinweis auf die Systematik des B-VG); differenziert Funk, ZÖR 25 (1974), 59 mit Hinweis auf Klecatsky, JBl 1951, 450. 17 VfSlg 6281a/1970. 18 VfSlg 15.671/1999: „Ergibt sich die Gegenstandslosigkeit einer Vorschrift aus ihrem Inhalt, so mag die Aufnahme in die Wiederverlautbarung unter Umständen eine mehr oder weniger zweckmäßige (klarstellende) Information darstellen“. 19 VfSlg 15.671/1999 mit Hinweis auf VfSlg 9597/1982.
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voll und nur durch genaue und akribische Arbeit zu ermitteln sein kann.20 Ergebnis der WV ist ein konsolidierter und ggf bereinigter, authentischer verbindlicher Gesetzestext (s Rz 14).21 Dieser „Service“ für den Rechtsanwender im Dienste der Rechtsklarheit und Zugänglichkeit des Rechts scheint in Zeiten einfach zugänglicher konsolidierter Normtexte über das Rechtsinformationssystem zwar an faktischer Bedeutung verloren zu haben,22 doch darf dabei nicht vergessen werden, dass solche konsolidierten Fassungen keine rechtsverbindliche Wirkung entfalten und auch Fehler enthalten können.23
IV. Verfahren der Wiederverlautbarung A. Gegenstand Nach Art 41 TLO 1989 wiederverlautbart werden können ausschließ- 8 lich LG. Dabei ist von einem formellen Gesetzesbegriff24 auszugehen. In der Regel sind diese am Titel der Rechtsvorschrift einfach zu erken20 Dramatisch Brande, Rechtsbereinigung 174 f, der das damalige ASVG (Bundesgesetz vom 9. September 1955 über die Allgemeine Sozialversicherung [Allgemeines Sozialversicherungsgesetz], BGBl 1955/189) als verfassungswidrig beurteilt, weil der kritische Novellierungsumfang überschritten worden wäre; zum Aufwand der WV auch Holzinger, Die Kundmachung von Rechtsvorschriften in Österreich, in Schäffer (Hg), Theorie der Rechtssetzung (1988) 303 (335 und 339 f), der im Hinblick auf die Unübersichtlichkeit und Unüberschaubarkeit der geltenden Rechtsvorschriften ua auch für eine „Neubelebung der Wiederverlautbarung“ plädiert. 21 Pürgy, Verwaltung und parlamentarische Rechtsetzung (2020) 244 sieht in der WV ein „wichtiges Instrument der Rechtsbereinigung”, in deren verfassungsrechtlichen Vorgaben „gewisse Vorstellungen des Verfassungsgesetzgebers über das ‚gute Gesetz’ zum Ausdruck“ kommen. 22 Ebenso Mayrhofer, Art 49a Rz 5 mit Hinweis auf eine verfassungsrechtliche (aus dem rechtstaatlichen Prinzip abgeleitete) Verpflichtung zur umfassenden Rechtsbereinigung, da dem Rechtsunterworfenen die Feststellung der geltenden Rechtslage (mit zumutbarem Aufwand) möglich sein muss. 23 In Tirol wurden die konsolidierten Fassungen der landesgesetzlichen Vorschriften im Rechtsinformationssystem zwischen 2014 und 2016 einer intensiven Qualitätssicherung unterzogen. Dennoch können Fehler der konsolidierten Fassungen im Rechtsinformationssystem nicht gänzlich ausgeschlossen werden und sind dabei auch Verfahrensnachteile zu Lasten der darauf vertrauenden Normunterworfenen zumindest theoretisch denkbar. 24 Die vom zuständigen gesetzgebenden Organ (dem Tir LT) als LG beschlossene, als solche bezeichnete Rechtsvorschriften; ähnlich zur bundesverfassungsrechtlichen Rechtslage Mayrhofer, Art 49a Rz 19.
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nen. Aufgrund von bundesverfassungsrechtlichen Änderungen kann jedoch die Kompetenz zur gesetzgeberischen Regelung einer Materie zwischen Erlassung und beabsichtigter WV auseinanderfallen. Fallen solcherart vormalige BG nunmehr in die Kompetenz des Landesgesetzgebers, können sie auch von der Tir LReg nach Art 41 TLO 1989 wiederverlautbart werden. Werden LG durch Kompetenzänderungen Teil der Gesetzgebungskompetenz des Bundes, so werden sie damit auch einer allfälligen WV nach Art 41 TLO 1989 entzogen. Dasselbe gilt, wenn vormaliges Verordnungsrecht durch landesgesetzliche Anordnung in den Rang eines LG gehoben wird. Es kommt somit für die Zulässigkeit einer WV darauf an, dass die Norm zum Zeitpunkt der WV25 als landesgesetzliche Vorschrift zu beurteilen ist.26 9 Nach Art 41 TLO 1989 ist die WV nicht auf einfache LG beschränkt. Somit ist auch die WV landesverfassungsgesetzlicher Bestimmungen, einschließlich der TLO 1989 selbst, zulässig.27 Ebenso bedeutet eine einmal erfolgte WV keine Sperre für spätere WV. Sohin können LG auch mehrmals wiederverlautbart werden. 10 Auch ohne ausdrückliche Regelung28 dürfte ausschließlich die WV der jeweils geltenden Fassung zulässig sein. Dies ergibt sich zum einen schon aus dem Grundsatz, dass dem wiederverlautbarenden Organ jede inhaltliche Änderung des Norminhaltes von vornherein verwehrt ist und zum anderen auch aus dem systematischen Aufbau von Art 41 TLO 1989 selbst: Die Ermächtigung zur Vornahme systematischer Aktualisierungen kann nur der Sinn zugemessen werden, dass die jeweils geltende Rechtslage möglichst kohärent und widerspruchsfrei dargestellt wird. 25 Die WV wird mit Beschluss der LReg rechtlich existent. Nach § 2 Abs 3 Z 2 Tir GO LReg bedarf es dazu eines Kollegialbeschlusses. Würde die Kompetenz des Landesgesetzgebers nach Beschlussdatum nachträglich wegfallen, so wäre die wv Rechtsvorschrift dennoch im LGBl kundzumachen, da es dem kundmachenden Organ nicht zusteht, den Beschluss nachträglich abzuändern (da für die Kundmachung einer WV keine „Sperre“ nach Art 38 Abs 7 TLO 1989 oder Wartefrist nach Art 39 Abs 1 iVm Abs 6 TLO 1989 zu beachten ist, die WV somit idR rasch nach Beschlussfassung kundgemacht wird, dürfte es sich dabei um einen theoretischen Fall handeln). 26 Krenn-Mayer, Art 29 Rz 10. 27 Abbrederis/Pürgy, Gesetzgebung 296; Kröll, ZfV 2017, 26 ff; anders das Wiederverlautbarungsrecht des Bundes – nach Art 49a B-VG ist die WV des B‑VG selbst einer WV nicht zugänglich. 28 Anders Art 49a Abs 1 B-VG; s dazu Mayrhofer, Art 49a Rz 22.
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B. Vorgehensweise Außenwirksam und normativ wird die WV erst mit der Kundmachung 11 im LGBl. Diesem abschließenden Schritt gehen zahlreiche Arbeiten voraus, wobei eben Initiative zur und Vorbereitung der WV rein verwaltungsinterne Vorgänge sind. Zunächst wird die geltende Fassung des wiederzuverlautbarenden LG festgestellt. Dabei wird ausgehend von der StF unter chronologischer Einarbeitung aller Nov der bereinigte Normtext erfasst. Dabei werden Bestimmungen, die durch spätere Rechtsvorschriften (Nov) oder sonst (etwa durch materielle Derogation) gegenstandslos geworden sind,29 als nicht mehr geltend festgestellt. Auch diese werden im bereinigten Normtext kenntlich gemacht bzw aus diesem entfernt.30 Nach Feststellung des bereinigten Normtextes erfolgen allfällige Anpassungen im Rahmen der Ermächtigung nach Art 41 Abs 2 TLO 1989 (s dazu Rz 12), um insb sprachliche Korrekturen, Aktualisierungen der Nummerierung oder systematische Verbesserungen vorzunehmen. Ob und inwieweit von den Ermächtigungen nach dieser Bestimmung Gebrauch gemacht wird, liegt im Ermessen der LReg. Diese hat sich dabei von den grds Zielen der WV – der Rechtsklarheit und Zugänglichkeit des geltenden Rechts – leiten zu lassen. Der fertige Text der WV wird der LReg zum Beschluss vorgelegt.31 Nach Beschlussfassung erfolgt die Kundmachung im LGBl.
C. Anpassungen anlässlich der Wiederverlautbarung Die Ermächtigung zur WV umfasst die Befugnis zu nicht-inhaltsän- 12 dernden Korrekturen am Normtext. Dies umfasst va Aktualisierungen in sprachlicher, systematischer und rechtlicher Hinsicht: Dabei wird zunächst von der zuvor festgestellten Fassung des wiederzuverlautbarenden LG ausgegangen. Bestehende veraltete Schreibweisen oder sprachliche Wendungen werden anschließend ebenso angepasst wie veraltete Bezugnahmen auf andere Rechtsvorschriften (Verweisun29 Dies beinhaltet nicht auch relevante Änderungen „außerhalb“ des wiederzuverlautbarenden LG (leges fugitivae). 30 Art 41 Abs 2 lit c TLO 1989. 31 Die WV von LG erfordert nach § 2 Abs 3 Z 2 Tir GO LReg einen Kollegialbeschluss der LReg.
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gen) und pauschal „sonstige Unstimmigkeiten“32. Im Rahmen der WV können weiters nicht mehr geltende oder gegenstandslos gewordene Rechtsvorschriften33 festgestellt,34 Kurztitel und Buchstabenabkürzungen des Titels geändert und systematische Anpassungen im Gesetzestext (Änderung von Artikelbezeichnungen und Binnenverweisen) vorgenommen werden. Außerdem können Übergangsbestimmungen und noch anzuwendende frühere Fassungen des betr LG unter Angabe ihres Geltungsbereiches zusammengefasst werden.
V. Geltung, Inkrafttreten und Rechtswirkungen der Wiederverlautbarung 13 Die WV erlangt ihre Geltung mit der Kundmachung im LGBl. In der Regel ist damit auch ihr Inkrafttreten insofern verbunden, als der „wiederverlautbarte Gesetzestext […] mit dem Ablauf des Tages der Kundmachung der Wiederverlautbarung im Landesgesetzblatt anzuwenden“ ist (Art 41 Abs 3). Seit der TLO-Nov LGBl 2012/147 besteht allerdings auch die Möglichkeit der Festlegung eines gesonderten Wirksamkeitsbeginns einer WV abweichend vom Tag der Kundmachung (s Rz 4). Eine solche Festlegung bedarf einer ausdrücklichen entsprechenden Beschlussfassung anlässlich der WV.35
32 Art 41 Abs 2 lit b TLO 1989. 33 Dies umfasst freilich nicht Bestimmungen, die allenfalls mit unmittelbar anwendbarem Unionsrecht konfligieren könnten, da der Anwendungsvorrang nur die Unanwendbarkeit im Einzelfall nach sich zieht, die Geltung einer Rechtsvorschrift an sich aber nicht berührt; s auch Mayrhofer, Art 49a Rz 23. 34 Art 41 Abs 2 lit c TLO 1989; dies wird in der WV selbst und darüber hinaus im Rechtsinformationssystem in den Metainformationen zu § 0 kenntlich gemacht; diese Ermächtigung beschränkt sich jedoch hinsichtlich inhaltlich derogierter Bestimmungen darauf, sie als nicht mehr geltend festzustellen (auch sonst sieht keine Bestimmung die Möglichkeit vor, anlässlich der WV inhaltlich derogierte Regelungen neuerlich in Kraft zu setzen); zu einem Ktn Fall mit vergleichbarer Verfassungsrechtslage VfSlg 9597/1982. 35 Nach dem Wortlaut von Art 41 Abs 3 TLO 1989 „[…], soweit in dieser nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist“ ist diese Festlegung zwingend in der WV anzuordnen und mit dieser kundzumachen.
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Nach Ablauf des Tages der Kundmachung oder mit gesondert festge- 14 legtem Wirksamkeitsbeginn ist (nur mehr) der wv Gesetzestext anzuwenden. Gerichte und Verwaltungsbehörden haben ihren Entscheidungen ausschließlich den wv Normtext zugrunde zu legen. Ebenso entfaltet ausschließlich der wv Gesetzestext Rechtswirkungen für die Normunterworfenen. Die frühere Fassung des Gesetzes steht ab der Anwendbarkeit der WV 15 nicht mehr in Geltung.36 Die WV berührt aber – anders als eine auch unveränderte Neuerlassung durch den Gesetzgeber – nicht die Identität der Norm; diese ist vielmehr dieselbe, wie sie im Gesetz auch schon vor der WV enthalten war.37 Es liegt eine einzige, im Geltungsbereich nicht veränderte Vorschrift vor. Weil aber nur mehr die wv Fassung rechtlich „in Erscheinung tritt“, kann auch nur diese Gegenstand eines Normprüfungsverfahrens sein.38 Dies auch im Fall einer fehlerhaften WV, mit der unzulässigerweise (etwa durch Überschreitung der Anpassungsmöglichkeiten nach Art 41 Abs 2 TLO 1989) eine inhaltliche Änderung des Normtextes herbeigeführt wurde: Bis zu einer allfälligen Aufhebung durch den VfGH steht der wv Normtext in Geltung und ist dieser anzuwenden.39 Auch spätere Nov haben an den wv Normtext anzuknüpfen bzw ist bei der Ermittlung des geltenden Normtextes anhand der relevanten Novellierungsanordnungen vom wv Gesetzestext auszugehen. Die WV derogiert den früheren Fassungen des Gesetzes jedoch nicht in 16 formaler Hinsicht. Anders als bei einer gänzlichen Neuerlassung (mit der typischerweise die formelle Aufhebung früherer gesetzlicher Bestimmungen angeordnet wird) tritt die früher geltende Fassung (der 36 Nach der stRsp des VfGH zur WV eines Gesetzes ist nach einer solchen nur noch die wv Fassung einer Norm anwendbar, da die frühere Fassung nicht mehr in Geltung steht (nur dort, wo der Akt der WV als gesetzwidrig aufgehoben wurde, kommt die verdrängte Fassung der Rechtsvorschrift wieder zur Geltung; VfSlg 12.282/1990). 37 VfSlg 6281a/1970, 16.058/2000, 17.554/2005, 18.226/2007; s auch Mayrhofer, Art 49a Rz 8 und 39; zur anderslautenden früheren Rsp Novak, ÖJZ 1973, 456 ff. 38 VfSlg 6281a/1970, 6282/1970, 6775/1972, 14.187/1995 (hier: „Anfechtung der ‚alten‘ Normen anstelle ihrer wiederverlautbarten Fassung […] macht […] den Gesetzesprüfungsantrag nicht unzulässig“). 39 Krenn-Mayer, Art 29 Rz 9.
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ursprüngliche Normtext und die bis zur WV erlassenen Novellierungen) nicht außer Kraft, diese wird somit nicht in ihrer Geltung vernichtet. Daraus folgt, dass im Fall der Aufhebung einer WV wegen Gesetzwidrigkeit die bis dahin verdrängte ursprüngliche Fassung wieder anzuwenden ist.40
40 VfSlg 12.282/1990; bis zu einer allfälligen Aufhebung entfaltet der wv (falsche) Normtext jedoch umfassende Bindungswirkungen; s Mayrhofer, Art 49a Rz 43.
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Artikel 41a Landesgesetzblatt (1) Die Landesregierung hat zur Verlautbarung von Rechtsvorschriften des Landes ein Landesgesetzblatt herauszugeben. (2) Die Verlautbarungen im Landesgesetzblatt müssen allgemein zugänglich sein und in ihrer kundgemachten Form vollständig und auf Dauer ermittelt werden können. (3) Abweichungen einer Kundmachung im Landesgesetzblatt vom Original der zu verlautbarenden Rechtsvorschrift und Fehler, die bei der inneren Einrichtung des Landesgesetzblatts unterlaufen sind, sind durch Kundmachung des Landeshauptmannes zu berichtigen. Die Berichtigung ist unzulässig, wenn dadurch der materielle Inhalt der verlautbarten Rechtsvorschrift geändert werden würde. (4) Das Nähere über das Landesgesetzblatt und die Kundmachung der dort zu verlautbarenden Rechtsvorschriften wird durch Landesgesetz geregelt. Dabei kann bestimmt werden, dass die Kundmachung im Rahmen des Rechtsinformationssystems des Bundes zu erfolgen hat. LGBl samt Erläuterungen: LGBl 2012/147 (XV. GP RV 562/12 AB 562/12) Judikatur: VfSlg 1559/1947 (Kundmachung im Amtsblatt ersetzt nicht Landesgesetzblatt); VfSlg 3130/1956 (Publizität des Gesetzesinhaltes); VfSlg 3719/1960 (Reichweite Druckfehlerberichtigung); VfSlg 5022/1965 (redaktionstechnische Maßnahmen der Kundmachung); VfSlg 6460/1971 (Form des [niederösterreichischen] LGBl); VfSlg 10.294/1984 (keine Kundmachungspflicht einer erteilten Zustimmung); VfSlg 15.579/1999 (Reichweite Druckfehlerberichtigung) Literatur: Funk, Die Berichtigung von Verlautbarungsfehlern in Gesetzesblättern. Möglichkeiten und Grenzen der Behebung von Druckfehlern und ähnlichen Mängeln, insbesondere bei Gesetzen, in Griller/Korinek/Potacs (Hg), Grundfragen und aktuelle Probleme des öffentlichen Rechts – FS Rill (1995) 77; Holzinger, Die Kundmachung von Rechtsvorschriften in Österreich, in Schäffer (Hg), Theorie der Rechtssetzung (1988) 303; Irresberger, Das RIS als gesamtstaatliches Rechtsportal, in Rosner/Bußjäger (Hg), Im Dienste der Länder – im Interesse des Gesamtstaates – FS 60 Jahre Verbindungsstelle der Bundesländer (2011) 493; Klaushofer, Gehörig kundgemacht?, ÖJZ 2000, 161; Klaushofer, Verfassungsrechtliche Aspekte einer Verordnungskundmachung im Internet, JRP
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2003, 238; Kneihs, Kundmachung, Geltung, Fehlerkalkül (2014); Lienbacher, Die Kundmachung gesetzesrangiger europarechtlicher Vorschriften in Österreich, in Jahnel (Hg), Zugang zu Recht und Wirtschaftsdaten in der europäischen Union (1994) 41; Pesendorfer, Der Landeshauptmann (1986); Pürgy, Verwaltung und parlamentarische Rechtsetzung (2020) 551 ff; Schlögl, Die Kundmachung als Element der Existenz von Gesetzen in der Zeit – Oder: Die absolute Nichtigkeit infolge eines Kundmachungsmangels, in Autengruber et al (Hg), Zeit im Recht – Recht in der Zeit (2015) 135; Schwamberger/Ranacher, Tiroler Landesordnung 19896: Kommentar (2017) 82 ff; Wiederin, Über das elektronische Bundesgesetzblatt und die Folgen von Kundmachungsfehlern, in Arnold et al (Hg), Recht, Politik, Wirtschaft. Dynamische Perspektiven – FS N. Wimmer (2008) 711
Inhaltsübersicht I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben..................................... 1 II. Entstehungsgeschichte.................................................................. 3 III. Herausgabe des Landesgesetzblattes und Kundmachung im Landesgesetzblatt........................................................................... 4 IV. Berichtigung von Abweichungen und Fehlern......................... 6 V. Exkurs: Landes-Verlautbarungsgesetz 2013.............................. 9
I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben 1 Nach Art 97 Abs 1 B-VG ist bundesverfassungsgesetzlich festgelegt, dass die Kundmachung der LG durch den LH im LGBl zu erfolgen hat. Diese Anordnung ist unmittelbar wirksam und anwendbar; entsprechende (wiederholende) landesverfassungsrechtliche Bestimmungen haben nur deklaratorischen Charakter.1 Bundesverfassungsgesetzlich ist somit die Institution des LGBl zwingend vorgegeben.2 Die Zuständigkeit des LH zur Kundmachung der LG im LGBl ist jener des BK zur Kundmachung der BGBl nachempfunden.3 Die Kundmachung der LG im LGBl hat die Erfordernisse einer gehörigen Kundmachung zu gewährleisten.4 Nach hM ergibt sich aus der Bundesverfassung weiters, dass das LG (zumindest) mit den Unterschriften jener Organe zu publizieren ist, die die Beurkundung und Gegenzeichnung vorgenommen haben. Darüber hinausgehende Form1 2 3 4
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Koja, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer2 (1988) 189. Kelsen/Froehlich/Merkl, Die Bundesverfassung vom 1. Oktober 1920 (1922) 197. Abbrederis/Pürgy, Gesetzgebung der Länder, in Pürgy (Hg), Das Recht der Länder I (2012) 231 ff; Kelsen/Froehlich/Merkl, Bundesverfassung 197. Abbrederis/Pürgy, Gesetzgebung 231 ff.
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vorschriften5 sowie die Form der Kundmachung können im Rahmen der Verfassungsautonomie der Länder frei geregelt werden.6 Eine Berufung auf den Beschluss des LT und das Ergebnis einer allen- 2 falls durchgeführten Volksabstimmung darüber ist hingegen bundesverfassungsrechtlich nicht geboten.7 Ebenso enthält die Verfassung keine Vorschrift, „wonach Willensübereinstimmungen beim Zustandekommen von Gesetzen (etwa die Erteilung der Zustimmung der Bundesregierung nach Art 97 Abs 2 B-VG) einer Publizierung in Form der Aufnahme in die Kundmachung des Gesetzes bedürfen.“8 Landesrechtlicher Regelungsspielraum besteht überdies dahingehend, welche Rechtsvorschriften außer LG im LGBl zu publizieren sind.
II. Entstehungsgeschichte Art 41a TLO 1989 wurde mit der Nov LGBl 2012/147 eingefügt, nach- 3 dem durch den damals neu eingeführten (nunmehr durch Art 15 Abs 7 B-VG ersetzten) Art 101a B-VG eine bundesverfassungsgesetzliche Grundlage für die Kundmachung der im LGBl zu verlautbarenden Rechtsvorschriften im Rechtsinformationsgesetz des Bundes (RIS) geschaffen worden war.9 Von dieser – in Art 41a Abs 4 TLO 1989 wiederholten – Ermächtigung wurde mit Erlassung des LVerlautG Gebrauch gemacht.10 Seit 31. 01. 2019 ist nach Art 15 Abs 7 B-VG neben 5 6
ZB § 9 Abs 2 LVerlautG. EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 2012/147, Tir LT XV. GP, GZ 562/12, 14 mit Hinweis auf EBRV 93 BlgNR XXII. GP, 6 f zum Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, das Rechts-Überleitungsgesetz und das Finanz-Verfassungsgesetz 1948 geändert, ein Bundesgesetz über das Bundesgesetzblatt 2004 erlassen, das Verlautbarungsgesetz 1985 und das Verfassungsgerichtshofgesetz 1953 geändert und einige Bundesverfassungsgesetze, Bundesgesetze und in Bundesgesetzen enthaltene Verfassungsbestimmungen aufgehoben werden (Kundmachungsreformgesetz 2004), BGBl I 2003/100. 7 Klaushofer, ÖJZ 2000, 165 f; Koja, Verfassungsrecht 189; nach Abbrederis/ Pürgy, Gesetzgebung 231 ff (mit Hinweis auf Kelsen/Froehlich/Merkl, Bundesverfassung 127 ff) entfaltet Art 48 B-VG (Kundmachung von BGBl unter Bezugnahme auf Beschluss und Volksabstimmung) keine Bindung für die Publikation von LG; s auch Krenn-Mayer, Art 28 Stmk L-VG, in Grabenwarter (Hg), Steiermärkische Landesverfassung Rz 44. 8 VfSlg 10.294/1984. 9 Schwamberger/Ranacher, Landesordnung 83 und 173; vgl auch EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 2012/147, Tir LT XV. GP, GZ 562/12, 6 f. 10 § 3 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 und 2 LVerlautG.
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der Kundmachung der im LGBl zu verlautbarenden Rechtsvorschriften auch die Kundmachung von Rechtsvorschriften aller im Bereich der Vollziehung der Länder eingerichteten Behörden (BVB, Gemeinden, Gemeindeverbänden und Selbstverwaltungskörpern) sowie VwG im RIS bundesverfassungsrechtlich zulässig.11
III. Herausgabe des Landesgesetzblattes und Kundmachung im Landesgesetzblatt 4 Art 41a Abs 1 TLO 1989 verpflichtet die LReg ein LGBl „zur Verlautbarung von Rechtsvorschriften des Landes“ herauszugeben. Die Verpflichtung steht iZm der Stellung der LReg als oberstes Organ des Landes sowohl in der Vollziehung als auch als Träger von Privatrechten (Art 44 Abs 1 und 2 TLO 1989). Diese Bestimmung bedeutet indes nicht, dass im LGBl nur Kundmachungen der LReg zu publizieren sind; sie verpflichtet vielmehr lediglich zur Bereitstellung des LGBl als Kundmachungsorgan für Rechtsvorschriften des Landes schlechthin. So sind insb Gesetzesbeschlüsse des LT vom LH im LGBl kundzumachen (Art 38 Abs 5 TLO 1989).12 Darüber hinaus beinhaltet Art 41a Abs 1 TLO 1989 – entsprechend den bundesverfassungsrechtlichen Vorgaben – eine landesverfassungsrechtliche Institutionsgarantie des LGBl.13 5 Die LGBl müssen nach Art 41a Abs 2 TLO 1989 allgemein zugänglich sein und in ihrer kundgemachten Form vollständig und auf Dauer ermittelt werden können.14 Diese Bestimmung dient der rechtsstaatlich geforderten allgemeinen Publizität von generellen Rechtsnormen.15 Dafür ist keine bestimmte Form vorgeschrieben, so lange die ausrei11 RV 301 BlgNR XXVI. GP, 4 zu BGBl I 2019/14. 12 Eine Kundmachung im Amtsblatt oder einem sonstigen Publikationsorgan kann die Kundmachung im LGBl nicht ersetzen; VfSlg 1559/1947. 13 IdS Abbrederis/Pürgy, Gesetzgebung 231 ff; Lienbacher, Kundmachung 46 f; Koja, Verfassungsrecht 190; idS wohl auch VfSlg 6460/1971. 14 Zur Informationsfunktion der Kundmachung Holzinger, Kundmachung 314 f; Pürgy, Verwaltung 562 ff; s auch VfSlg 3130/1956. 15 Antoniolli/Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht3 (1996) 126; Kelsen/Froehlich/Merkl, Bundesverfassung 129 sehen in der Kundmachung einen „wesentlichen Bestandteil des Gesetzgebungsverfahrens“; Klaushofer, ÖJZ 2000, 166 beschreibt die Kundmachung als „Erzeugungsbedingung für die Norm“; s auch Lienbacher, Kundmachung 47; Schlögl, Kundmachung 135 f; Thienel, Art 48 und 49 B-VG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (2016) Rz 10; s bereits VfSlg 3130/1956.
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chende Publizität des LGBl erreicht wird. Insb ist bundesverfassungsrechtlich keine „Erstarrung eines technischen Vorganges der Kundmachung” festgeschrieben.16 Diese Publizität kann – eine entsprechende einfachgesetzliche Ausgestaltung im Rahmen der Ermächtigung nach Art 41a Abs 4 TLO 1989 (s Rz 9) – auch auf elektronischem Weg sichergestellt werden. In Tirol erfolgt die authentische elektronische Kundmachung des LGBl im RIS (wie auch jene des Bote für Tirol auf der Internetseite des Landes) seit dem 01.01.2014.17
IV. Berichtigung von Abweichungen und Fehlern Die Kundmachung ist das abschließende Element der Normset- 6 zung.18 Durch die Kundmachung wird der Rechtsunterworfene in die Lage versetzt, von der Rechtsnorm Kenntnis zu nehmen und sich an diese zu halten. Dies setzt zwingend voraus, dass die kundgemachte Rechtsnorm (deren Text) mit der beschlossenen Rechtsnorm (deren Text) übereinstimmt. Weicht die Kundmachung im LGBl vom Original der zu verlautbarenden Rechtsvorschrift (zB dem Gesetzesbeschluss des LT) ab,19 so können bloße Druckfehler durch Kundmachung des LH berichtigt werden (s dazu Rz 8). Auf gleiche Weise können Fehler berichtigt werden, die bei der inneren 7 Einrichtung des LGBl unterlaufen sind. Solche Fehler können etwa bei der Nummerierung der einzelnen Kundmachungen,20 oder etwa bei der Ergänzung von Verweisungen auf andere Gesetzesbeschlüsse, die zum 16 VfSlg 6460/1971 zur NÖ Loseblattsammlung des LGBl. 17 Schwamberger/Ranacher, Landesordnung 84. 18 Für die Rechtsverbindlichkeit der Norm ist nicht der beschlossene, sondern der kundgemachte Text maßgeblich; s Funk in FS Rill 81; allgemein zur Stellung des LH bei der Normsetzung Pesendorfer, Landeshauptmann 166. 19 Solche Fehler sind insb durch Weiterleitung einer früheren Fassung elektronischer Dokumente (etwa durch versehentliches Überspeichern) oder durch falsch dargestellte Formatierungen infolge von Medienbrüchen (etwa durch Nichtübertragung eines Absatzschaltung am Ende einer Aufzählung, wodurch der Schlusssatz vielleicht nur der letzten lit und nicht der ganzen Aufzählung zuzurechnen wäre) denkbar. In der legistischen Redaktion und der elektronischen Kommunikation zwischen den beteiligten Organisationseinheiten des Amtes der LReg und der Landtagsdirektion ist man daher laufend um einen kontinuierlichen Arbeitsfluss ohne bzw mit möglichst wenigen Medienbrüchen bemüht. 20 S die EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 2012/147, Tir LT XV. GP, GZ 562/12, 15.
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Zeitpunkt des Beschlusses noch nicht kundgemacht (und damit noch nicht nummeriert) waren, entstehen.21 Die redaktionstechnischen Maßnahmen bei der Auf- und Vorbereitung der Kundmachung im LGBl sind bloß interner Natur, sie gehören somit nicht zur Normensetzung. Dabei kommt dem LH die Verpflichtung zu, „dafür zu sorgen, da[ss] die umschriebenen Vorkehrungen getroffen werden und jeweils zur Kundmachung des Gesetzes im Landesgesetzblatt führen. Welcher Gehilfen, es handelt sich im Hinblick auf den umschriebenen Charakter der Maßnahmen nicht um Stellvertreter, sich dabei der Landeshauptmann – unbeschadet seiner Verantwortlichkeit – bedient, ist hier unwesentlich.“22 8 Unter Kundmachungsfehler können neben unrichtig gesetzten Buchstaben, Zl oder Zeilen auch Text-Auslassungen verstanden werden. Voraussetzung für die Berichtigung ist in allen Fällen, dass der materielle Inhalt der verlautbarten Rechtsvorschrift (gegenüber der Beschlussfassung) nicht geändert wird. Im Fall einer ungeplanten Auslassung wird diese Grenze insb dann überschritten, wenn eine in sich geschlossene Regelung zur Gänze entfällt – diesfalls handelt es sich nicht mehr um einen bloßen Druckfehler, sondern um einen Publikationsmangel. Die nachträgliche Einführung einer solchen Regelung wäre keine Berichtigung (eines bei genügender Aufmerksamkeit für den Normunterworfenen erkennbaren Fehler), sondern eine nachträgliche „Gesetzesverlautbarung mit rückwirkender Kraft.“23
V. Exkurs: Landes-Verlautbarungsgesetz 2013 9 Das LVerlautG sieht für die Verlautbarung von Rechtsvorschriften des Landes zwei Publikationsorgane vor – das LGBl und den Bote für Tirol. Beide sind authentisch in elektronischer Form kundzumachen, einerseits im Rechtsinformationssystem des Bundes (RIS) und andererseits auf der Internetseite des Landes „www.tirol.gv.at/Bote“.24
21 § 10 Abs 1 und 2 LVerlautG. Dazu auch Wallnöfer, Art 38 (in diesem Band) Rz 23. 22 VfSlg 5022/1965; s auch Pesendorfer, Landeshauptmann 166; Koja, Verfassungsrecht 190. 23 VfSlg 3719/1960, 15.579/1999; s auch Funk in FS Rill 81. 24 Zu den Rechtsfragen iZm der authentischen elektronischen Kundmachung von Rechtsvorschriften s etwa Irresberger in FS 60 Jahre Verbindungsstelle
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Im LGBl sind insb Gesetzesbeschlüsse und Kundmachungen über die WV von LG, der Beschluss über die mehrjährige Finanzplanung, staatsrechtliche Vereinbarungen und StV des Landes Tirol, VO der LReg und des LH (sofern nichts anderes bestimmt ist), Kundmachungen über die Aufhebung eines verfassungswidrigen LG uvm kundzumachen.25 Im Bote für Tirol sind insb VO der LReg und des LH mit begrenztem räumlichen oder zeitlichen Geltungsbereich, die GO und die Geschäftsverteilung des LVwG sowie sonstige Rechtsvorschriften kundzumachen.26 Die Kundmachung wird sowohl beim LGBl als auch beim Bote für 10 Tirol mit der Freigabe zur Abfrage bewirkt. Bei jeder Verlautbarung ist der Tag der Freigabe zur Abfrage als Tag der Kundmachung anzugeben. Die Verlautbarungen können erforderlichenfalls auch noch in anderer geeigneter Weise zur Kenntnis gebracht werden. Wenn und solange die Bereitstellung der verlautbarten Rechtsvorschriften nicht bloß vorübergehend unmöglich ist, hat die Kundmachung in einer anderen geeigneten (im Fall von im LGBl kundzumachenden Vorschriften einer Art 41a Abs 2 TLO 1989 entsprechenden) Weise zu erfolgen.27 Enthalten kundzumachende Rechtsvorschriften Pläne, Karten oder andere Teile, die wegen ihres Umfangs, ihres Formats oder ihrer technischen Gestaltung nicht sinnvoll oder nur unter einem wirtschaftlich nicht zu vertretbaren Aufwand kundgemacht werden könnten, können diese Teile durch Auflegung zur öffentlichen Einsichtnahme bei geeigneten Dienststellen oder Organisationseinheiten des Landes oder der Gemeinden kundgemacht werden. Die so kundgemachten Teile sind in der Rechtsvorschrift genau zu bezeichnen. Jedermann hat das Recht, bei den Dienststellen oder Organisationseinheiten, bei denen die Kundmachung auf diese Weise erfolgt ist, gegen angemessenes Entgelt Kopien zu verlangen. Technische Regelwerke und Normen, die von jedermann bezogen werden können und die durch eine Rechtsvorschrift für verbindlich erklärt werden, bedürfen keiner Kundmachung. Diese sind
der Bundesländer 493 ff; Klaushofer, JRP 2003, 238 ff; Wiederin in FS N. Wimmer 711 ff. 25 § 2 Abs 1 LVerlautG. 26 § 5 Abs 1 LVerlautG. 27 § 3 Abs 3, 4 und 5 sowie § 6 Abs 2, 3 und 4 LVerlautG; zu einem Ausfall des RIS s auch Pürgy, Verwaltung 575 ff.
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aber für die Dauer ihrer Geltung zur öffentlichen Einsichtnahme aufzulegen.28 11 Für die zukünftige Zugangsmöglichkeit der elektronischen Kundmachung ist die technische Aufwärtskompatibilität gesetzlich vorgeschrieben. Selbstverständlich ist auch das Verbot, Dokumente nach der Erstellung der elektronischen Signatur zu ändern oder nach der Freigabe zur Abfrage zu löschen. Zur Sicherung ist darüber hinaus die Erstellung und Aufbewahrung von elektronischen Sicherungskopien und beglaubigter Ausdrucke vorgeschrieben.29 Die Verlautbarungen haben unter Anführung von Funktion und Familienname der Unterzeichner zu erfolgen. Das LVerlautG regelt hierfür präzise, welche Rechtsvorschriften durch welche Organe zu beurkunden sind.30 Schließlich enthält das LVerlautG nähere Bestimmungen zu den landesverfassungsrechtlich vorgezeichneten Regelungen betr die Ergänzung und Berichtung von Kundmachungen, den Zugang zu kundgemachten Rechtsvorschriften sowie den zeitlichen und örtlichen Geltungsbereich.31
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§ 8 Abs 1–4 LVerlautG. § 7 Abs 1–4 LVerlautG. § 9 Abs 1–4 LVerlautG. §§ 10–13 LVerlautG.
Artikel 42 Anfechtung von Landesgesetzen durch Abgeordnete Wenigstens ein Drittel der Abgeordneten hat das Recht, beim Verfassungsgerichtshof den Antrag auf Aufhebung eines Landesgesetzes wegen Verfassungswidrigkeit nach Art. 140 Abs. 1 des Bundes-Verfassungsgesetzes zu stellen. LGBl samt Erläuterungen: LGBl 1988/61 (X. GP AA 141/88 AB 141/88); LGBl 2008/7 (XIV. GP RV 480/07 AB 480/07) Judikatur: VfSlg 7607/1975 (keine Anfechtbarkeit von Landtagsbeschlüssen ohne Gesetzescharakter); VfSlg 8644/1979 (Prüfung der Legitimation zum Antragszeitpunkt); VfSlg 10.091/1984 (Aufhebung rückwirkend in Vereitelungsabsicht erlassener Bestimmungen); VfSlg 10.831/1986 (Prüfung der Legitimation zum Antragszeitpunkt); VfSlg 12.262/1990 (keine Anfechtbarkeit von Landtagsbeschlüssen ohne Gesetzescharakter); VfSlg 12.466/1990 (kein Kostenersatz im Verfahren aufgrund eines Drittelantrages); VfSlg 12.842/1991 (Prüfung der Legitimation zum Antragszeitpunkt); VfSlg 14.802/1997, 14.895/1997 (Normenkontrolle nur gegen geltende Normen); VfSlg 15.302/1998 (bestimmtes Begehren); VfSlg 15.686/1999 (Formfehler des Gesetzesverfahrens; kein Kostenersatz im Verfahren aufgrund eines Drittelantrages); VfSlg 16.151/2001 (Normenkontrolle nur gegen geltende Normen); VfSlg 16.733/2002 (bestimmtes Begehren; Normenkontrolle nur gegen geltende Normen); VfSlg 17.830/2006 (Unterfertigung des Antrags); VfSlg 18.116/2007 (Antragsteller als einheitliche Verfahrenspartei; Unwirksamkeit der Zurückziehung der Antragsunterstützung); VfSlg 18.140/2007 (Prüfung der Legitimation zum Antragszeitpunkt); VfSlg 18.142/2007 (Prüfung der Legitimation zum Antragszeitpunkt; Postlaufprivileg) Literatur: Haller, Die Prüfung von Gesetzen (1979); Novak, Lebendiges Verfassungsrecht (2007), JBl 2009, 609; Oberndorfer, Zur Verfassungsrechtsprechung im Rahmen staatlicher Funktionen. Arten, Inhalt und Wirkungen der Entscheidungen über die Verfassungsmäßigkeit der Rechtsnormen. Landesbericht zur VII. Konferenz der Europäischen Verfassungsgerichte, EuGRZ 1988, 193
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Inhaltsübersicht I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben..................................... 1 II. Entstehungsgeschichte.................................................................. 2 III. Antrag.............................................................................................. 3 A. Antragsgegenstand................................................................... 3 B. Antragslegitimation.................................................................. 7 C. Zustandekommen des Antrags............................................... 10 IV. Verfahren......................................................................................... 11 A. Einbringung und Bevollmächtigung..................................... 11 B. Prüfmaßstab............................................................................... 13 C. Verfahrenskosten....................................................................... 15
I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben 1 Das Bundesverfassungsrecht sieht die Anfechtung von Bundes- und LG durch eine qualifizierte Minderheit aller Gesetzgebungsorgane („Drittelanfechtung“) vor: Art 140 Abs 1 Z 2 B-VG sieht die Anfechtung von BG über Antrag eines Drittels der Mitglieder des NR oder eines Drittels der Mitglieder des BR vor. Art 140 Abs 1 Z 3 B-VG ermächtigt den Landesverfassungsgeber, ein entsprechendes Antragsrecht auch für ein Drittel der Mitglieder des LT vorzusehen.1 Der Spielraum des Landesverfassungsgesetzgebers ist dabei sehr beschränkt (inhaltliche Bindung des Landesverfassungsgesetzgebers mit wenig Gestaltungsspielraum): Neben der rechtspolitischen Entscheidung, ob ein Antragsrecht überhaupt eingeräumt werden soll, ist dem Landesverfassungsgesetzgeber jede inhaltliche Einschränkung oder Ausweitung desselben verwehrt.2 1
2
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Abbrederis/Pürgy, Gesetzgebung der Länder, in Pürgy (Hg), Das Recht der Länder I (2012) 297; Schäffer/Kneihs, in Kneihs/Lienbacher (Hg), RillSchäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht, Art 140, Rz 67; von dieser bundesverfassungsrechtlichen Ermächtigung haben die Landesverfassungen aller Länder mit Ausnahme von NÖ Gebrauch gemacht; zur ausdrücklichen Bezugnahme auf diese bundesverfassungsrechtliche Grundlage s EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 38 und 74. Krenn-Mayer, Art 30 Stmk L-VG, in Grabenwarter (Hg), Steiermärkische Landesverfassung Rz 3; aus diesem Grund erschöpfen sich die meisten landesverfassungsrechtlichen Vorschriften auf die mit Art 42 nahezu gleichlautende Einräumung des Antragsrechtes; lediglich in Ktn werden zusätzliche (nicht-antragshemmende) Informationspflichten an den LTPräs vorgesehen.
Anfechtung von Landesgesetzen durch Abgeordnete
Art 42
II. Entstehungsgeschichte Die TLO 1989 sieht (wie bereits frühere landesverfassungsrechtliche 2 Bestimmungen3) seit der StF die Möglichkeit vor, dass zumindest ein Drittel der Abg zum LT LG wegen behaupteter Verfassungswidrigkeit beim VfGH anfechten können. Diese Bestimmung steht seit der StF der TLO 1989 inhaltlich nahezu unverändert in Geltung. Die bisher einzige Änderung erfuhr Art 42 TLO 1989 nämlich durch eine Zitatanpassung (die Ersetzung der Wortfolge „des Bundes-Verfassungsgesetzes in der Fassung von 1929“ durch die Wortfolge „des Bundes-Verfassungsge setzes“).4
III. Antrag A. Antragsgegenstand Gegenstand eines Antrags nach Art 42 TLO 1989 können ausschließ- 3 lich LG sein. Dabei ist von einem formellen Gesetzesbegriff5 auszugehen. Dabei kommt es auf die Erfüllung von Mindesterfordernissen an – angefochten werden kann somit, was unter Berufung auf einen förmlichen Gesetzesbeschluss des LT unter Ersichtlichmachung von Beurkundung und Gegenzeichnung kundgemacht ist. Hier kommt es auf den äußeren Anschein an.6 Allfällige Fehler im Gesetzgebungsverfahren stehen einer Antragstellung nicht entgegen, diese können vielmehr im Verfahren vor dem VfGH releviert werden. Angefochten werden können somit alle Rechtsnormen, die zum Zeitpunkt der Antragstellung im Rang eines LG in Geltung stehen. Dabei können auch Verstöße gegen die bundesstaatliche Kompetenzverteilung releviert werden. Diese können sich auch aus einer Änderung der Kompetenzverteilung nach Inkrafttreten des antragsgegenständlichen Gesetzes ergeben. Entscheidend ist die Geltung als LG. Landesgesetze sind idR am Titel der Rechtsvorschrift einfach zu erken- 4 nen. Aufgrund von bundesverfassungsrechtlichen Änderungen kann 3 Die entsprechende Vorgängerbestimmung in § 26a TLO 1953 wurde mit LGBl 1976/89 erstmals eingefügt. 4 LGBl 2008/7. 5 Die vom zuständigen gesetzgebenden Organ (dem Tir LT) als LG beschlossene, als solche bezeichnete Rechtsvorschriften; ähnlich zur bundesverfassungsrechtlichen Rechtslage Schäffer/Kneihs, Art 140 Rz 14 ff und 65. 6 Krenn-Mayer, Art 30 Rz 5.
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jedoch die Kompetenz zur gesetzgeberischen Regelung einer Materie zwischen Erlassung und beabsichtigter Antragstellung auseinanderfallen. Gelten solcherart vormalige BG nunmehr als LG weiter, können sie auch von einem Drittel der LTAbg nach Art 42 TLO 1989 bekämpft werden. Werden hingegen LG durch Kompetenzänderungen Teil der Gesetzgebungskompetenz des Bundes und gelten formal als Bundesrecht weiter, so werden sie damit auch einer allfälligen Antragstellung nach Art 42 TLO 1989 entzogen.7 Davon zu unterscheiden ist die unveränderte Weitergeltung eines LG, das durch eine bundesverfassungsrechtliche Änderung kompetenzwidrig wird – dieses kann weiterhin nach Art 42 TLO 1989 angefochten werden. Ähnliches gilt, wenn vormaliges Verordnungsrecht durch landesgesetzliche Anordnung in den Rang eines LG gehoben wird. Es kommt somit für die Zulässigkeit einer Antragstellung nach Art 42 TLO 1989 darauf an, dass die Norm zum Zeitpunkt der Antragstellung als landesgesetzliche Vorschrift zu beurteilen ist und in Geltung steht. Unbeachtlich ist hingegen, ob es sich um ein einfaches LG oder um ein LVG handelt. Angefochten werden können jedoch – unbeschadet des nicht ausdrücklich eingeschränkten Wortlautes – ausschließlich Tir LG.8 5 Der Antrag eines Drittels der Mitglieder des LT ist ein Fall der abstrakten Normenkontrolle, ein konkreter Anlassfall ist nicht erforderlich. Nicht relevant ist, ob die angefochtene landesgesetzliche Bestimmung gerade erst erlassen worden ist oder bereits sehr lange dem Rechtsbestand angehört. Um Gegenstand eines Antrags nach Art 42 TLO 1989 zu sein, muss das LG aber in Geltung stehen. Anträge auf Aufhebung von Normen, die noch nicht oder nicht mehr gelten, sind zurückzuweisen.9 Es kommt hiebei auf die Geltung, sohin die rechtliche Existenz des antragsgegenständlichen LG an: Die Geltung beginnt mit der 7
Zuletzt etwa die am 31.12.2019 in Geltung stehende Tir Landarbeitsordnung 2000 (Gesetz vom 15. März 2000 über das Arbeitsrecht in der Land- und Forstwirtschaft, LGBl 2000/27 idF LGBl 2019/142), s dazu Art 151 Abs 63 Z 4 B-VG; derartige Verschiebungen der Zurechnung zu einer Normsetzungsautorität sollten im Rechtsinformationssystem entsprechend kenntlich gemacht werden. 8 Schäffer/Kneihs, Art 140 Rz 67. 9 VfSlg 10.091/1984, 14.802/1997, 14.895/1997, 16.151/2001, 16.733/2002: „[…] ist ein von Mitgliedern eines Landtags eingebrachter Antrag als Fall einer abstrakten Normenkontrolle nur gegen geltende, nicht aber gegen schon außer Kraft getretene Rechtsvorschriften zulässig“; s auch Haller, Prüfung 105.
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Kundmachung und endet mit der Aufhebung. Dass ein LG (noch) nicht in Kraft ist (somit auf konkrete Sachverhalte nicht angewendet werden kann), hindert die Antragstellung nach Art 42 TLO 1989 hingegen nicht. Nicht angefochten werden können sonstige Beschlüsse des LT, unbe- 6 schadet ob ihnen eigenständige normative Wirkung zukommt oder nicht.10 Nicht zum Gegenstand eines Antrags nach Art 42 gemacht werden können somit insb Beschlüsse über den Landesvoranschlag nach Art 62 Abs 1 TLO 1989, über die Genehmigung eines Rechtsgeschäftes nach Art 62a Abs 1 TLO 1989, über eine mehrjährige Finanzplanung nach Art 62b Abs 1 TLO 1989, über eine Entschl nach Art 66 TLO 1989 oder die Genehmigung staatsrechtlicher Vereinbarungen oder StV nach Art 71 Abs 5 TLO 1989 bzw Art 71a Abs 5 TLO 1989.11
B. Antragslegitimation Antragslegitimiert ist ein Drittel der Mitglieder des LT.12 Dies sind 12 7 Abg, wobei es sich dabei um eine Mindestzahl handelt, selbstverständlich kann ein Antrag auch von mehr Abg unterstützt werden. Für die Antragslegitimation ist allein die Stellung als Abg maßgeblich, auf eine bestimmte Klub- oder Parteizugehörigkeit kommt es nicht an. Ebenso wenig müssen die antragstellenden Abg derselben Wählergruppe zuzurechnen sein.13 Die Antragslegitimation muss zum Zeitpunkt der Antragstellung ge- 8 geben sein. Relevant für die Beurteilung ist der Zeitpunkt des Einlangens des Antrags beim VfGH: „Bei einem Gesetzesprüfungsverfahren, das auf Antrag eines Drittels der Mitglieder des […] durchgeführt wird, handelt es sich um ein Verfahren sui generis, in dem sich die Prüfung der Legitimation auf den Zeitpunkt der Antragstellung zu beziehen hat.“14 10 VfSlg 7607/1975, 12.262/1990. 11 Ähnlich Krenn-Mayer, Art 30 Rz 5. 12 Weniger oder einzelne Abg können ein Gesetz wie jeder andere Normunterworfene im Weg eines Individualantrages nach Art 140 Abs 1 Z 1 lit c B-VG bekämpfen, müssen diesfalls aber freilich die prozessualen Voraussetzungen (insb die unmittelbare Verletzung in ihren Rechten) nachweisen. 13 Es wäre daher begrifflich verfehlt, von einem „Fraktionsantrag“ zu sprechen, so zB Adamovich et al, Österreichisches Staatsrecht 23 (2014) 308 f; Oberndorfer, EuGRZ 1988,194. 14 VfSlg 8644/1979; s auch Novak, JBl 2009, 610; dabei ist freilich das Postlaufprivileg zu beachten – s VfSlg 18.142/2007.
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9 Spätere Änderungen während des Verfahrens vor dem VfGH sind unbeachtlich: „Das zur Antragstellung legitimierte Drittel der Abgeordneten der gesetzgebenden Körperschaft ist auf der Grundlage der in VfSlg 8644/1979 ausgeführten Rechtsauffassung ab der wirksamen und zulässigen Antragstellung vor dem Verfassungsgerichtshof einer einheitlichen Verfahrenspartei gleichzuhalten, die als solche unabhängig davon fortbesteht (und zufolge der Bestellung einer bevollmächtigten, subsidiär durch die an erster Stelle stehende Person auch unverändert prozessual handlungsfähig ist), ob einzelne ihrer Mitglieder die für die Antragstellung erforderliche Qualifikation als Abgeordneter in weiterer Folge durch Neuwahlen oder auf andere Weise verlieren (oder durch Tod aus dem Parlament ausscheiden).“15 Unbeachtlich für einen einmal zulässig eingebrachten Antrag nach Art 42 TLO 1989 ist somit insb der Ablauf der GP16 oder der Tod bzw der Mandatsverlust einzelner den Antrag mitunterfertigender Abg.17 Auch die Zurückziehung einer einmal gegebenen Zustimmung zum Antrag ist unbeachtlich: „Mit der nach der bisherigen Rechtsprechung zulässigen Zurückziehung des Antrages kann die ‚Zurückziehung der Zustimmung‘ einzelner Abgeordneter nicht gleichgesetzt werden: Die spätere Zurückziehung einer einmal gegebenen, mittlerweile aber zur Grundlage eines anhängigen Verfahrens gewordenen Zustimmung ist prozessual unwirksam und hindert nicht mehr die Durchführung des Gesetzesprüfungsverfahrens.“18
C. Zustandekommen des Antrags 10 Weder die TLO 1989 noch die Tir GO LT enthält Vorgaben, wie sich das Drittel der LTAbg konstituiert.19 Für einen gültigen Antrag genügt 15 VfSlg 18.116/2007. 16 VfSlg 8644/1979, 10.831/1986, 12.842/1991, 18.140/2007 und 18.142/2007; in letzterem Erk wurde der Antrag noch während der „alten“ Legislaturperiode zur Post gegeben, langte jedoch erst nach Konstituierung des neu gewählten NR beim VfGH ein – aufgrund des Postlaufprivilegs wurde auch dieser Antrag als zulässig erachtet. 17 VfSlg 18.116/2007. 18 VfSlg 18.116/2007; Novak, JBl 2009, 610 f; s auch Schäffer/Kneihs, Art 140 Rz 67. 19 Der gesetzgeberische Regelungsspielraum wäre hier ohnedies sehr eingeschränkt, zumal damit keine inhaltliche Einschränkung oder Ausweitung des Antragsrechtes einhergehen dürfte (s Rz 1). Darüber hinaus scheint eine
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somit der übereinstimmende Wille der antragstellenden LTAbg. Das Antragsrecht steht „einer lediglich durch einen Zählvorgang zu bestimmenden Personengruppe (einer Mehrheit einzelner Personen) zu, die als solche sonst in keiner Weise institutionalisiert ist.“20 Aus diesem Grund ist auch eine Befassung der Organe des LT, insb der LTPräs, nicht vorgesehen. Eine freiwillige Übermittlung des Anfechtungsgegenstandes an den LTPräs ist freilich zulässig: Die Übermittlung eines bereits eingebrachten Antrags zur bloßen Information ist dabei von vornherein unproblematisch. Bei der Übermittlung eines Antrags an den LTPräs mit der Bitte um Weiterleitung an den VfGH ist hingegen darauf zu achten, dass einerseits der Antrag vollständig sein muss (insb hinsichtlich der Unterfertigungen bzw der Ausweisung eines Bevollmächtigten) und dass anderseits die damit verbundene Verzögerung Rechtsfolgen für die Antragslegitimation haben kann (s Rz 8).
IV. Verfahren A. Einbringung und Bevollmächtigung Für die Einbringung von Anträgen eines Drittels der LTAbg besteht 11 kein Anwaltszwang.21 Die Vertretung durch einen Anwalt ist aber freilich zulässig. Anträge, die nicht von einem bevollmächtigten Anwalt abgefasst und eingebracht werden, sind von allen Antragstellern zu unterfertigen.22 Regelung der landtagsinternen Vorgehensweise ohnehin entbehrlich; s ebenso Krenn-Mayer, Art 30 Rz 16. 20 VfSlg 8644/1979. 21 § 17 Abs 3 Z 2 VfGG. 22 Vormals ausdrücklich § 62 Abs 2 VfGG aF (dazu noch VfSlg 17.830/2006, ebenso noch zur alten Rechtslage Schäffer/Kneihs, Art 140 Rz 67). Diese Anordnung entfiel jedoch durch BGBl I 2014/101 – dennoch lässt sich die Verpflichtung zur Unterfertigung durch alle Antragsteller aus dem systematischen Zusammenhang erschließen: Aufgrund der relativen Anwaltspflicht nach § 24 Abs 1 VfGG haben Parteien (das ist die Gesamtheit aller Abg) ihre Sache selbst zu führen, wenn sie sich nicht durch einen Anwalt vertreten lassen (die Vertretung durch einen Abg als alleinvertretenden Antragsteller ist somit ausgeschlossen). Implizit lässt sich auch aus der Verpflichtung zur Benennung eines oder mehrerer Bevollmächtigter nach § 24 Abs 4 VfGG darauf schließen, wonach bei Nicht-Benennung der Erstantragsteller als Bevollmächtigter gilt (was nur logisch scheint, wenn alle Antragsteller unterfertigt haben).
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Wenn der Antrag nicht von einem bevollmächtigten Anwalt abgefasst und eingebracht wird, haben die Antragsteller einen oder mehrere Bevollmächtigte namhaft zu machen. Wird ein solcher nicht ausdrücklich namhaft gemacht, so gilt der erstangeführte Antragsteller als Bevollmächtigter.23 Dem Bevollmächtigten stehen alle verfahrensrechtlichen Befugnisse und Verpflichtungen einer Verfahrenspartei zu. Der Bevollmächtigte kann somit auch einen Antrag zurückziehen, und zwar unabhängig davon, ob dies dem Willen aller antragstellenden Abg entspricht.24 Dem Bevollmächtigten steht es frei, sich durch einen Rechtsanwalt vertreten zu lassen.25 12 Daneben sind bei der Gestaltung von Gesetzesanfechtungen nach Art 42 TLO 1989 auch die allgemeinen Anforderungen im Verfahren vor dem VfGH zu beachten.26 Daher muss der Antrag schriftlich gestellt werden und die Bezugnahme auf den Art des B-VG enthalten, aufgrund dessen der VfGH angerufen wird. Außerdem hat der Antrag eine Darstellung des Sachverhaltes, aus dem der Antrag hergeleitet wird, sowie ein bestimmtes Begehren zu enthalten.27 „Der Antrag, ein Gesetz als verfassungswidrig aufzuheben, muss begehren, dass entweder das Gesetz seinem ganzen Inhalt nach oder dass bestimmte Stellen des Gesetzes als verfassungswidrig aufgehoben werden. Der Antrag hat die gegen die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes sprechenden Bedenken im Einzelnen darzulegen.“28 Diesem Erfordernis wird nur entsprochen, wenn die zur Aufhebung begehrten Gesetzesstellen genau und eindeutig bezeichnet werden. Der Antrag darf nicht offen lassen, welche Gesetzesstelle tatsächlich der Aufhebung verfallen soll.29 23 § 24 Abs 4 VfGG. 24 VfSlg 18.116/2007: Die Zurückziehung des Antrages durch den Bevollmächtigten „kann mit der Zurückziehung der Zustimmung zum Antrag einzelner Abgeordneter nicht gleichgesetzt werden: Die spätere Zurückziehung einer einmal gegebenen, mittlerweile aber zur Grundlage eines anhängigen Verfahrens gewordenen Zustimmung ist prozessual unwirksam und hindert nicht mehr die Durchführung des Gesetzesprüfungsverfahrens.“ 25 § 24 Abs 1 VfGG. 26 Insb §§ 15 und 17 VfGG. 27 § 15 Abs 2 VfGG. 28 § 62 Abs 1 VfGG; s auch Abbrederis/Pürgy, Gesetzgebung 297. 29 VfSlg 9880/1983, 15.302/1998; allgemein zu den Bestimmtheitserfordernissen eines Antrages nach Art 140 B-VG s auch VfSlg 11.888/1988, 12.487/1990, 13.710/1994, 14.040/1995, 14.634/1996.
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B. Prüfmaßstab Gegenstand der Anfechtung nach Art 42 TLO 1989 kann jede behaup- 13 tete Verfassungswidrigkeit eines LG sein. Diese kann sich aus Verstößen sowohl gegen die Bundes- oder Landesverfassung ergeben (im Fall der Anfechtung einer landesverfassungsgesetzlichen Bestimmung lediglich aus einem Verstoß gegen die Bundesverfassung). Im besonderen Fall der Ausführungsgesetzgebung nach Art 12 B-VG kann sich Verfassungswidrigkeit des Landes-Ausführungsgesetzes auch aus einem Verstoß gegen das (einfache) Bundes-Grundsatzgesetz ergeben.30 Geprüft werden können auch formelle Fehler des Gesetzgebungsver- 14 fahrens. Dies umfasst auch die Einhaltung einschlägiger einfachgesetzlicher Vorschriften, insb der Tir GO LT und des LVerlautG.31
C. Verfahrenskosten Einen Kostenersatz für den Fall des Obsiegens sieht das VfGG für 15 Gesetzesprüfungsverfahren auf Antrag von Abg nicht vor.32 Die Verfahrenskosten, sohin insb die Antragsgebühr und die Kosten der allenfalls in Anspruch genommenen rechtsfreundlichen Vertretung, sind 30 VfSlg 2087/1951, 3744/1960, 4919/1965, 12.280/1990, 17.232/2007; s grds VfSlg 4919/1965: „Widerstreitet eine Bestimmung eines Landesausführungsgesetzes einem vom Bundesgesetzgeber aufgestellten Grundsatz, dann setzt sie sich zu Art. 12 B-VG selbst in Widerspruch. Ein solcher Widerspruch ist im Besonderen aber auch dann anzunehmen, wenn eine Bestimmung des Landesausführungsgesetzes eine grundsätzliche Anordnung des Bundesgrundsatzgesetzes in ihrer rechtlichen Wirkung einschränkt.“ 31 Aufgehoben wurde zB ein Gesetz infolge eines ungültigen Gesetzesbeschlusses im Tir LT in VfSlg 15.686/1999: „Bei der […] Abstimmung waren sämtliche 36 Abgeordnete des Tiroler Landtages anwesend. Es wurden auch 36 Stimmzettel abgegeben, von denen 18 auf ‚Ja‘, 17 auf ‚Nein‘ lauteten und einer leer war. Auch abgegebene leere Stimmzettel müssen als abgegebene Stimmen angesehen werden. Die erforderliche ‚einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen‘ hätte demgemäß – mindestens – 19 Stimmen betragen. Für den Antrag des Rechts- und Gemeindeausschusses wurden aber nur 18 ‚Ja‘- Stimmen abgegeben. Damit war das Erfordernis für einen gültigen Beschluss des Tiroler Landtages“ nach TLO 1989 und Tir GO LT nicht erfüllt. 32 Ein Anspruch auf Kostenersatz im Verfahren nach Art 140 B-VG besteht in Gesetzesprüfungsverfahren nur auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch die Verfassungswidrigkeit des Gesetzes in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet (Art 140 Abs 1 Z 1 lit c B-VG), für den Fall ihres Obsiegens – § 65 VfGG; s auch VfSlg 12.466/1990, 15.686/1999.
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somit in jedem Fall von den Antragstellern selbst zu tragen. Da die Antragsteller lediglich durch die gemeinsame Willenserklärung zur Antragstellung verbunden, darüber aber nicht organisatorisch konstituiert sind, ist von einer Haftung aller Antragsteller für die Kosten zur ungeteilten Hand auszugehen. Für die Anwaltskosten richtet sich die Kostenverteilung nach der entsprechenden zivilrechtlichen Vereinbarung.
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4. Abschnitt Mitwirkung des Landtages an der Bildung des Bundesrates Artikel 43 Wahl von Mitgliedern und Ersatzmitgliedern (1) Der neue Landtag hat in der ersten Sitzung für die Dauer der Gesetzgebungsperiode die vom Land Tirol zu entsendenden Mitglieder und Ersatzmitglieder des Bundesrates nach dem Verhältniswahlrecht zu wählen. Dabei ist zu bestimmen, welches Mitglied an welcher Stelle entsandt wird. Wenigstens ein Mitglied muss der zweitstärksten Partei angehören. Für die Stärke der Parteien ist die Anzahl der Abgeordneten, bei gleicher Anzahl der Abgeordneten die bei der Wahl zum Landtag erreichte Anzahl der Stimmen maßgebend; bei gleicher Anzahl der Stimmen entscheidet das Los. Das Nähere über die Wahl der Mitglieder und der Ersatzmitglieder des Bundesrates wird durch die Geschäftsordnung des Landtages geregelt. (2) Die vom Land Tirol zu entsendenden Mitglieder und Ersatzmitglieder des Bundesrates müssen zum Landtag wählbar sein, sie müssen ihm aber nicht angehören. (3) Die vom Land Tirol entsandten Mitglieder und Ersatzmitglieder des Bundesrates bleiben so lange im Amt, bis der neue Landtag die vom Land Tirol zu entsendenden Mitglieder und Ersatzmitglieder des Bundesrates gewählt hat. (4) Die vom Land Tirol entsandten Mitglieder und Ersatzmitglieder des Bundesrates können auf ihr Mandat verzichten. Der Verzicht auf das Mandat ist gegenüber dem Landtagspräsidenten schriftlich zu erklären. Er wird mit dem Einlangen der Verzichtser klärung bei der Landtagsdirektion unwiderruflich und, wenn in der Verzichtserklärung nicht ein späterer Zeitpunkt für das Wirksamwerden angegeben ist, wirksam. (5) Ist ein vom Land Tirol entsandtes Mitglied des Bundesrates vorzeitig aus dem Amt geschieden, so tritt sein Ersatzmitglied an 587
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seine Stelle. Ist ein vom Land Tirol entsandtes Ersatzmitglied des Bundesrates an die Stelle eines Mitgliedes getreten oder vorzeitig aus dem Amt geschieden, so hat der Landtag unverzüglich die Nachwahl durchzuführen. LGBl samt Erläuterungen: LGBl 1988/61 (X. GP AA 141/88 AB 141/88); LGBl 2008/7 (XIV. GP RV 480/07 AB 480/07) Literatur: Bachmann, Art 35 B-VG, in Kneihs/Lienbacher (Hg), Rill-SchäfferKommentar Bundesverfassungsrecht (2016); Gamper, Art 35 B-VG, in Korinek/ Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (2017); Morscher, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer. 7. Tirol (1991) 103 ff; Schwamberger/Ranacher, Tiroler Landesordnung 19896: Kommentar (2017) 85 ff
Inhaltsübersicht I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben..................................... 1 II. Entstehungsgeschichte.................................................................. 5 III. Wahlverfahren................................................................................ 8 IV. Wählbarkeit..................................................................................... 14 V. Funktionsdauer ............................................................................. 16 VI. Nachwahlen.................................................................................... 22
I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben 1 Zentrale Eckpunkte der Bildung des BR sind durch Art 35 Abs 1–3 B-VG vorgegeben, sodass den Ländern wenig Spielraum für ihre Verfassungsautonomie bleibt:1 Es werden in Art 35 Abs 1 B-VG als entsendende Organe die LT festgelegt, der Grundsatz der Verhältniswahl vorgeschrieben, der zweitstärksten Landtagspartei mindestens ein Mandat garantiert sowie die Parameter vorgegeben, nach denen Landtagsparteien Ansprüche auf Bundesratsmandate haben; Art 35 Abs 2 B-VG normiert als Voraussetzung der Entsendung durch den LT, dass die Person zum LT wählbar sein muss, und Abs 3 bestimmt die Funktionsdauer der entsendeten Mitglieder im Fall des Ablaufs der GP oder der Auflösung des LT als bis zur Wahl der Mitglieder durch den neuen LT reichend. 2 Im Regelungsspielraum der Länder verbleiben im gegebenen Zusammenhang die Bestimmung der Dauer der GP, die Festlegung der Bedin1
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Gamper, Art 35 Rz 13.
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gungen der Wählbarkeit2 und die nähere Ausgestaltung der Verhältniswahl: Es legt zwar Art 35 Abs 1 B-VG die Verhältniswahl als Grundsatz fest, gibt aber kein bestimmtes System dafür vor.3 Wie viele Mitglieder ein LT in den BR entsendet, setzt gem Art 34 3 Abs 3 B-VG nach jeder allgemeinen Volkszählung der BPräs entsprechend den Regeln des Art 34 Abs 2 B-VG fest.4 Nach der derzeit geltenden diesbezüglichen Entschl des BPräs entsendet Tirol fünf Mitglieder des BR.5 Es ordnet Art 34 Abs 2 B-VG weiters an, dass für jedes Mitglied ein Ersatzmitglied zu bestellen ist. Die B-VG-Bestimmungen verpflichten grundsätzlich nicht zur Aus- 4 formulierung von landesrechtlichen Bestimmungen über die Entsendung der ihnen zustehenden Bundesratsmitglieder. Es haben aber die meisten6 anderen Länder – unterschiedlich ausführliche – Wahlbestimmungen für die Entsendung der Bundesratsmitglieder in ihren Landesverfassungen oder GO der LT aufgenommen.7 In Tirol finden sich ungewöhnlicherweise sowohl in der TLO 1989 als auch in der Tir GO LT Bundesrats-Wahlbestimmungen.8
II. Entstehungsgeschichte Regelungen über die Wahl der Mitglieder und Ersatzmitglieder des BR 5 finden sich erstmals in der StF der TLO 1989.9 Die EB konzedieren, dass die wesentlichen Inhalte des Art 43 TLO 1989 bereits durch Art 35 B-VG vorgezeichnet seien, die TLO-Bestimmung aber wegen der fö2 3 4 5 6 7 8 9
Dies aber wiederum unter Beachtung des wahlrechtlichen Homogenitätsprinzips. Vgl auch dazu Gamper, Art 35 Rz 13 und 46. Bachmann, Art 35 Rz 4; Gamper, Art 35 Rz 18. Näher dazu Gamper, Art 34 B-VG, in Korinek/Holoubek et al (Hg) Österreichisches Bundesverfassungsrecht (2017) insb Rz 18 ff. Entschließung des Bundespräsidenten betreffend die Festsetzung der Zahl der von den Ländern in den Bundesrat zu entsendenden Mitglieder, BGBl II 2013/237. Art 10 K-LVG normiert lediglich eine Unvereinbarkeitsbestimmung, und Art 15 Abs 3 K-LVG ordnet an, dass die Wahl der Bundesratsmitglieder Tagesordnungspunkt der konstituierenden Sitzung ist. Art 29 Bgld L-VG; § 21 NÖ GO LT 2001, Art 29 OÖ L-VG; § 25 Sbg GO LT; § 61a Stmk GO LT 2005; Art 40 Vbg LV; § 137 WStV. Dazu Rz 8 ff. LGBl 1988/61.
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deralistischen Bedeutung und weil es sich um eine bedeutsame Aufgabe des LT handle, aufgenommen werde.10 6 Es kam seitdem nur zu einer kleinen Veränderung, die einen inhaltslos gewordenen Verweis korrigierte. In der StF lautete Art 35 Abs 1 TLO 1989 zweiter Satz: „Für die Stärke der Parteien gilt Art 45 Abs. 3“; diese Bestimmung bezog sich damals auf die Wahl der LReg und legte fest, dass für die Stärke der Parteien die Anzahl der Abg, bei gleicher Anzahl die erreichte Anzahl der Stimmen maßgeblich sei. Als Art 45 TLO 1989 mit LGBl 1998/104 neu gefasst wurde, ging der Verweis fehl. Mit der TLO-Nov LGBl 2008/7 wurde stattdessen die Bestimmung über die Stärke der Parteien in Art 43 Abs 1 TLO 1989 selbst getroffen. 7 Art 43 TLO 1989 ist die einzige Bestimmung des 4. Abschnittes der TLO 1989; dessen Bezeichnung „Mitwirkung des Landtages an der Bildung des Bundesrates“11 könnte meinen, dass nicht allein der Tir LT, sondern alle LT den BR beschicken und so gesehen jeder LT an der Bildung des BR nur mitwirkt.
III. Wahlverfahren 8 Art 43 Abs 1 TLO 1989 erster Satz wiederholt zunächst die Anordnung des Art 35 Abs 1 B‑VG, dass die Mitglieder und Ersatzmitglieder vom LT für die Dauer der GP nach dem Verhältniswahlrecht zu wählen sind. Sprachlich wird lediglich präzisiert, dass es sich um die von Tirol zu entsendenden Mitglieder handelt – also um die nach der Entschl des BPräs zustehende Anzahl an Bundesratsmitgliedern. Ergänzend wird dabei bestimmt, dass der neue LT in der ersten Sitzung12 die Wahl vorzunehmen hat; hier wird also gesichert, dass zeitnah nach einer Landtagswahl die Entsendung der Bundesratsmitglieder erfolgt, wozu Art 35 B-VG implizit verpflichtet.13 Art 43 Abs 5 TLO 1989 ordnet für eine notwendig werdende Wahl während der GP14 an, dass sie unverzüglich zu erfolgen hat. 10 EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 27 und 74 f. 11 Ähnlich auch die Überschrift zu Art 49 Bgld L-VG: „Mitwirkung an der Bestellung des Bundesrates“. 12 Sie hat gem Art 19 Abs 1 TLO 1989 spätestens am 35. Tag nach dem Wahltag stattzufinden. 13 Gamper, Art 35 Rz 30. 14 Zu dieser Nachwahl s Rz 22 ff.
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Ebenfalls ergänzend zu Art 35 B-VG bestimmt Art 43 Abs 1 zweiter 9 Satz TLO 1989, dass der LT bei der Wahl zu bestimmen hat, welches Mitglied an welcher Stelle entsandt wird. Dies ist – wie die EB zutreffend anführen15 – zum einen deswegen von Bedeutung, weil laut Art 36 Abs 2 B-VG die einem Land zukommende Vorsitzendenfunktion im BR dem an erster Stelle entsendeten Vertreter zukommt; weiters ist laut VfSlg 2514/1953 auch die letzte Stelle relevant, weil sie für den Fall der Verringerung der einem Land zustehenden Bundesratsmandate durch eine Entschl des BPräs jene Stelle ist, die wegfällt und den Mandatsverlust des an dieser Stelle befindlichen Mitglieds bewirkt.16 Art 43 Abs 5 TLO 1989 schreibt wortgleich mit Art 35 B-VG die Wahl 10 nach dem Verhältniswahlrecht vor; demnach bemisst sich die Zahl der Bundesratsmitglieder, die eine im LT vertretene Partei17 entsenden kann, nach ihrer Stärke im LT. Art 43 Abs 5 TLO 1989 benennt – sprachlich etwas modifiziert, aber inhaltlich nur Art 35 B-VG wiederholend – die Parameter, die für die Stärke der Parteien maßgebend sind: Es ist primär die Anzahl der Abg und subsidiär die Anzahl der bei der Landtagswahl erreichten Stimmen der Partei heranzuziehen.18 Bei gleicher Stimmenanzahl ist eine Entscheidung durch Los herbeizuführen. Ebenfalls inhaltlich mit Art 35 B-VG übereinstimmend und nur sprach- 11 lich anders gestaltet bestimmt Art 43 Abs 1 TLO 1989, dass wenigstens ein Mitglied der zweitstärksten Partei angehören muss.19 Dieses sog 15 EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 75. 16 Dazu näher unten Rz 19. Es bleibt nach VfSlg 2514/1953 generell jedes Mitglied an der Stelle entsendet, an der es als gewählt erklärt worden ist. 17 Dazu Bachmann, Art 35 Rz 4 (dort FN 25); Gamper, Art 35 Rz 20. § 38 Tir GO LT – s Rz 12 – versteht unter Parteien iSd § 43 TLO 1989 die im LT vertretenen Wählergruppen. Auch Ringhofer, Die österreichische Bundesverfassung (1977) 127 interpretiert Art 35 B-VG dahingehend, dass unter „Partei“ jede Fraktion, verstanden „als Gesamtheit der Abgeordneten, die eine bestimmte Wählergruppe im Landtag repräsentieren“, gemeint ist; ihm folgend Mayer/Muzak, B-VG5 (2015) 217 und Bachmann, Art 35 Rz 4. 18 Dass dies nicht nur für das Mindestmandat der zweitstärksten Partei gilt, wie die Formulierung des Art 35 B‑VG nahelegen könnte, sondern generell für die Mandatszuteilung an die Parteien, hat VfSlg 1499/1932 klargestellt; dem trägt die sprachliche Formulierung der TLO 1989 auch Rechnung. 19 Art 35 Abs 1 B-VG gebietet, dass „wenigstens ein Mandat“ der Partei zufallen muss, die die „zweithöchste“ Sitzanzahl, subsidiär die „zweithöchste“ Wählerstimmenanzahl aufweist.
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Mindestmandat20 wird nur schlagend, wenn nach der Verhältniswahl alle Bundesratsmandate auf eine Partei fielen,21 was angesichts heute selten gewordener absoluter Mehrheiten in den LT nicht mehr oft zu erwarten ist.22 12 Die näheren Regelungen der Wahl der Bundesratsmitglieder sind nach Art 43 Abs 1 letzter Satz TLO 1989 in der Tir GO LT zu treffen. § 9 Tir GO LT ordnet für die Wahl der Bundesratsmitglieder die Anwendung des Verhältniswahlrechts „im Sinn des § 38“ an; nach § 38 Abs 1 Tir GO LT hat der LTPräs vor der Durchführung der Wahl bekanntzugeben, wieviele Mandate auf die im LT vertretenen Wählergruppen entfallen, und hat für diese Berechnung23 § 68 Abs 5 TLWO 2017 sinngemäß anzuwenden. Daraus resultiert – so wie auch in den übrigen Ländern24 – die Anwendung des d’Hondtschen Verfahrens: Es ist die Wahlzahl zu ermitteln,25 und es erhält jede Partei so viele Bundesratsmandate zugeteilt, wie die Wahlzahl in ihrer Mandatszahl enthalten ist. Im nächsten Schritt haben gem § 38 Abs 2 Tir GO LT die Wählergruppen nach Maßgabe der ihnen zustehenden Mandate dem Präs Wahlvorschläge zu überreichen, die von mehr als der Hälfte der Abg dieser Wählergruppe unterfertigt sein müssen – diese Zahl der notwendigen Unterstützungsunterschriften ist auch maßgeblich für die erfolgreiche Wahl: Wer mindestens so viele gültigen Stimmen erhält, wie für die Unterstützung des Wahlvorschlags nötig sind, ist gewählt. 13 Auch die Ersatzmitglieder sind nach diesem Verfahren zu wählen. Da das B-VG jeweils von „Mitgliedern und ihren Ersatzmitgliedern“ spricht, muss jedes Ersatzmitglied individuell einem bestimmten Mitglied zugeordnet werden26 und scheint dementsprechend auch so auf dem Wahlvorschlag auf. 20 Gamper, Art 35 Rz 22; Bachmann, Art 35 Rz 5 nennt es Minderheitsrecht. 21 S das bei Bachmann, Art 35 Rz 5 (dort FN 29) zit Bsp. 22 S Gamper, Art 35 Rz 22 und Bachmann, Art 35 Rz 5. 23 Sie kann beeinsprucht werden, worüber der LT entscheidet – so § 38 Abs 1 letzter Satz Tir GO LT. 24 Bachmann, Art 35 Rz 4; Gamper, Art 35 Rz 19. 25 S Schwamberger/Ranacher, Landesordnung 86 (dort Anm 2): Zur Ermittlung der Wahlzahl ist unter die nebeneinander aufgeführten Mandatszahlen der einzelnen Parteien jeweils die Hälfte, das Drittel, das Viertel usw zu schreiben; da Tirol derzeit 5 Bundesratsmandate hat, ist die fünftgrößte Zahl die Wahlzahl. 26 Gamper, Art 35 Rz 48.
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IV. Wählbarkeit Art 43 Abs 2 TLO 1989 normiert korrespondierend zu Art 35 Abs 2 14 B-VG, dass die in den BR zu entsendenden Mitglieder und Ersatzmitglieder27 zum LT wählbar28 sein müssen, jedoch ihm nicht angehören müssen.29 Die in Art 17 TLO 1989 und den §§ 3 und 4 der TLWO 2017 getroffenen Regelungen zur Wählbarkeit in den LT30 fordern ein Mindestalter von 18 Jahren, die österr Staatsbürgerschaft, den Hauptwohnsitz in einer Gemeinde Tirols und das Fehlen eines Ausschlusses von der Wählbarkeit als Folge einer gerichtlichen Verurteilung gem § 4 Abs 3 TLWO 2017. Die Voraussetzungen der Wählbarkeit müssen zum Zeitpunkt der Wahl in den BR vorliegen; ein früherer Zeitpunkt wie zB der Stichtag der Landtagswahl ist nicht vorgesehen.31 Das B-VG kennt zahlreiche Unvereinbarkeiten von Ämtern mit der 15 Mitgliedschaft im BR: Dies betrifft die Mitgliedschaft im Europäischen Parlament und im NR (Art 59 B-VG), die Funktion des BPräs (Art 61 Abs 1 B-VG) und des Präs des RH (Art 122 Abs 5 B-VG), weiters die eines Mitglieds der VA (Art 148g Abs 5 B-VG), des OGH (Art 92 Abs 2 B-VG), des VfGH (Art 147 Abs 5 B-VG) sowie des VwGH und eines Verwaltungsgerichtes (Art 134 Abs 5 B‑VG). Art 46 TLO 1989 normiert weiters die Unvereinbarkeit der Mitgliedschaft in der LReg mit der im BR. Diese Unvereinbarkeiten sind dann eine Frage der Wählbarkeit,32 wenn einer der Funktionsinhaber in den BR wechseln 27 Art 35 Abs 2 B-VG spricht nur von der Landtags-Wählbarkeit der Mitglieder des BR; es kann aber nicht ernsthaft angenommen werden, dass dies nicht auch für die Ersatzmitglieder eine Voraussetzung der Wählbarkeit ist. 28 Zu den aus dem wahlrechtlichen Homogenitätsprinzip resultierenden Schranken für landesrechtliche Regelungen der Wählbarkeit s Bachmann, Art 35 Rz 2 ff und Gamper, Art 35 Rz 44 ff. 29 Auf die Angehörigkeit zum LT als Bedingung der Wählbarkeit wurde bewusst verzichtet, s Gamper, Art 35 Rz 44. 30 Näher dazu Bußjäger, Art 17 (in diesem Band) Rz 17 ff. 31 Gamper, Art 35 Rz 47; Bachmann, Art 35 Rz 2 erachtet den Tag der Wahl zum BR nur für Mitglieder maßgeblich; Ersatzmitglieder müssten – da Art 35 Abs 2 B-VG nur von der Landtags-Wählbarkeit der Mitglieder des BR spreche – erst am Tag des Eintritts in den BR die Voraussetzungen der Wählbarkeit erfüllen. Letzteres schließt Art 43 Abs 2 TLO 1989 (zulässigerweise) jedoch aus, da hier eben von Mitgliedern und Ersatzmitgliedern die Rede ist. 32 Bachmann, Art 35 Rz 2 nennt das Fehlen der genannten Unvereinbarkeiten als eine der Voraussetzungen der Wählbarkeit.
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will, während der umgekehrte Fall die Frage eines Mandatsverlustes aufwirft.33
V. Funktionsdauer 16 Die Dauer der Mitgliedschaft im BR ist gem Art 35 Abs 1 B-VG und dem korrespondierenden Art 43 Abs 1 TLO 1989 an die Dauer der GP des entsendenden LT geknüpft und beträgt in Tirol laut Art 18 Abs 1 TLO 1989 fünf Jahre. Es bleiben gem Art 35 Abs 3 B-VG und dem wiederum korrespondierenden Art 43 Abs 3 TLO 1989 die entsendeten Mitglieder und Ersatzmitglieder so lange im Amt, bis der neue LT die Neuwahl der Bundesratsmitglieder vorgenommen hat; dies gilt auch bei vorzeitiger Auflösung des LT, sei es, dass sich der LT vor Ablauf der fünfjährigen GP selbst auflöst (Art 28 Abs 1 TLO 1989) oder vom BPräs aufgelöst wird (Art 100 B-VG).34 17 Art 43 Abs 4 TLO 1989 spricht die Möglichkeit des Verzichts auf das Bundesratsmandat an: Er beendet die Funktionsdauer des Mitgliedes vorzeitig. Laut den EB ist die Regelung als Ergänzung zu Art 35 B-VG gedacht und soll der Rechtsklarheit dienen;35 tatsächlich ist die Verzichtsmöglichkeit in Art 35 B-VG nicht erwähnt, war aber damals und ist auch heute in § 3 der GO-BR36 vorgesehen.37 Form und Wirksamkeit des Verzichts sind in Art 43 Abs 4 TLO 1989 nach dem Vorbild des Verzichts eines Landtagsabgeordneten auf sein Mandat geregelt: Der Verzicht ist schriftlich gegenüber dem LTPräs zu erklären, er wird mit dem Einlangen der Erklärung bei der Landtagsdirektion unwiderruflich und mit diesem Zeitpunkt oder dem in der Erklärung angeführten späteren Zeitpunkt wirksam. Hinsichtlich dieser Anordnungen stimmt die TLO 1989 mit denen des § 3 Abs 3 GO-BR überein;38 letztere verpflichtet den Verzichtenden zusätzlich noch, gleichzeitig den Präs des BR von der Abgabe der Verzichtserklärung in Kenntnis zu setzen. 33 34 35 36
Gamper, Art 35 Rz 40. Gamper, Art 35 Rz 29. EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 75. Kundmachung des Bundeskanzlers vom 5. Juli 1988 betreffend die Geschäftsordnung des Bundesrates, BGBl 1988/361 idF BGBl I 2015/53. 37 Gamper, Art 35 Rz 42 weist darauf hin, dass auch der VfGH in VfSlg 2514/1953 von einer Verzichtsmöglichkeit ausging. 38 Demnach ist der Mandatsverzicht schriftlich gegenüber dem entsendenden LT zu erklären und gleichzeitig der Präs des BR in Kenntnis zu setzen; mit dem Einlangen der Erklärung beim LT oder dem in der Erklärung angeführten späteren Zeitpunkt wird der Verzicht rechtswirksam.
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Aus Art 141 Abs 1 lit a und c B-VG und § 3 Abs 1 lit c GO-BR ergibt 18 sich als weiterer Fall des vorzeitigen Endes der Funktionsdauer eines Bundesratsmandates der vom VfGH ausgesprochene Mandatsverlust.39 Darunter fallen zum einen Mandatsverluste, die aus erfolgreichen Wahlanfechtungen resultieren: Gem Art 141 Abs 1 lit a B-VG entscheidet der VfGH über die Anfechtung von Wahlen zu den allgemeinen Vertretungskörpern (wozu auch der BR gehört40), die wegen behaupteter Rechtswidrigkeit des Wahlverfahrens erhoben werden. Anfechtungslegitimiert sind nach der Rsp des VfGH „die nach der konkreten Interessenlage in Betracht kommenden im Landtag vertretenen Parteien (Landtagsfraktionen)“, desgleichen aber jedenfalls auch ein Ersatzmitglied des BR, das durch eine Nachwahl an der Nachrückung gehindert wird. Beide Fälle der Anfechtungslegitimation leitet der VfGH unmittelbar aus Art 141 B-VG ab.41 Ferner können gem § 67 Abs 2 VfGG Wahlwerber, die behaupten, dass ihnen die Wählbarkeit zu Unrecht aberkannt wurde, eine Wahlanfechtung vornehmen. Hebt der VfGH das Wahlverfahren gem § 70 Abs 1 VfGG zur Gänze oder in Teilen auf und wird dadurch eine Wiederholungswahl erforderlich,42 endet gem Art 141 Abs 2 B-VG und § 70 Abs 5 VfGG das Mandat des von der Wahlaufhebung betroffenen Abg erst nach der Wiederholungswahl, nämlich mit der Übernahme des Mandats durch den gewählten Nachfolger. Wenn keine Wiederholungswahl durchgeführt wird, muss laut § 70 Abs 5 VfGG der von der Wahlaufhebung betroffene Abg ab dem Tag nach der Zustellung des VfGH-Erk an den Vorsitzenden des Vertretungskörpers – hier also an den Präs des BR – den Beratungen des Vertretungskörpers fernbleiben. Letzteres gilt auch, wenn ein Wahlwerber erfolgreich eine Wahlanfechtung gem Art 141 Abs 1 lit a B-VG mit dem Argument erhoben hat, dass ihm zu Unrecht die Wählbarkeit 39 Dazu Gamper, Art 35 Rz 35 ff. 40 Strejcek, Art 141 B-VG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (2002) Rz 33. 41 VfSlg 9044/1981, 19.782/2013. § 67 Abs 2 VfGG kann sich laut VfSlg 9044/1981 nicht auf Wahlen zum BR beziehen, weil ansonsten in der dem Erk vorangegangenen Konstellation nur die Wählergruppe, deren Wahlvorschlag entsprochen worden war, anfechtungslegitimiert gewesen wäre; die Legitimationsvoraussetzungen zur Anfechtung einer Bundesratswahl seien daher unmittelbar aus Art 141 B-VG abzuleiten und stehe den nach der konkreten Interessenlage in Betracht kommenden Landtagsfraktionen zu. An dieser Rsp hielt der VfGH in VfSlg 19.782/2013 explizit fest. 42 Keine Wiederholungswahl ist zB nötig, wenn nur die Stimmauszählung wiederholt werden muss.
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aberkannt wurde – hier spricht der VfGH gem § 70 Abs 3 VfGG aus, ob hiedurch die Wahl anderer Personen nichtig geworden ist, und hat diesfalls die Wahlen dieser Personen aufzuheben. 19 Der Mandatsverlust eines Bundesratsmitgliedes kann gem Art 141 Abs 1 lit c B-VG auf Antrag des BR ausgesprochen werden, wenn ein gesetzlich festgelegter Mandatsverlustgrund vorliegt.43 Einerseits ergeben sich Mandatsverlustgründe aus der GO‑BR44 und aus dem UnvTransparenz-G.45 Zusätzlich sieht der VfGH einen unmittelbar verfassungsgesetzlich normierten Mandatsverlustgrund vorliegen, wenn sich durch Entschl des BPräs gem Art 34 Abs 2 und 3 B-VG die Zahl der einem Land zustehenden Bunderatsmandate verringert: Diesfalls scheidet das betroffene Mitglied „ex constitutione“ aus und verwirklicht bei Nichtbeachtung den Mandatsverlusttatbestand.46 Nach Auffassung der Lehre liegen weitere, sich unmittelbar aus dem B-VG ergebende Mandatsverlusttatbestände vor, wenn das Bundesratsmitglied die Wählbarkeit verliert,47 und bei Nichtbeachtung von im B-VG oder in LV48 normierten Ämterunvereinbarkeiten.49 20 Als Zeitpunkt des Eintritts des vom VfGH ausgesprochenen Mandatsverlustes bestimmt § 3 Abs 5 GO-BR den Tag nach der Zustellung des Erk an den Präs des BR. Diese Zustellung hat gem § 71 Abs 3 iVm § 70 Abs 5 VfGG unverzüglich zu geschehen, und der betroffene Abg hat von dem der Zustellung folgenden Tag an den Beratungen des BR fernzubleiben. 43 Zum Verfahren s § 3 Abs 4 GO-BR und Gamper, Art 35 Rz 37. 44 § 2 Abs 2: Gänzliche Verweigerung der Angelobung oder nicht in der vorgeschriebenen Weise oder Leistung unter Beschränkungen oder Vorbehalten; § 4 Abs 4: Unentschuldigte und ungerechtfertigte Abwesenheit von Plenarsitzungen. 45 Bundesgesetz über die Transparenz und Unvereinbarkeiten für oberste Organe und sonstige öffentliche Funktionäre (Unvereinbarkeits- und Transparenz-Gesetz), BGBl 1983/330 idF BGBl I 2017/138; gem § 9 ist der gewinnsüchtige Missbrauch der Abgeordnetenstellung ein Mandatsverlustgrund und gem § 10 Abs 1 ist es die entgegen dem Beschluss des Unvereinbarkeitsausschusses des BR ausgeübte Berufstätigkeit iSd § 2 oder die Bekleidung der leitenden Stellen iSd §§ 2 und 6 trotz Versagens der Genehmigung durch den Unvereinbarkeitsausschuss. 46 VfSlg 2514/1953. 47 Gamper, Art 35 Rz 47 mwN. 48 Dazu Rz 15. 49 Gamper, Art 35 Rz 31 und 41.
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Der Tod eines Bundesratsmitgliedes beendet die Funktionsdauer 21 selbstredend, ist aber – anders als zB in Art 34 TLO 1989 für Landtagsabgeordnete – nirgends erwähnt.50
VI. Nachwahlen Art 43 Abs 5 Satz TLO 1989 ordnet für Fälle des vorzeitigen Ausschei- 22 dens eines Bundesratsmitgliedes aus dem Amt an, dass sein Ersatzmitglied an seine Stelle tritt. Für diesen Fall, aber auch für den Fall des vorzeitigen Ausscheidens des Ersatzmitgliedes verpflichtet der zweite Satz des Art 43 Abs 5 TLO 1989 den LT unverzüglich zur Durchführung der Nachwahl. Damit wurde – so die EB51 – der Rsp des VfGH Rechnung getragen, die schon früh die Pflicht zur Nachbesetzung eines frei gewordenen Bundesratsmandates angenommen hatte.52 Ein vorzeitiges Ausscheiden des Mitgliedes oder Ersatzmitgliedes aus 23 dem Amt kann durch Verzicht, Tod oder Aberkennung des Mandats durch ein Erk des VfGH erfolgen; die vorzeitige Auflösung des LT – sei es durch Selbstauflösung oder durch den BPräs53 – fällt aber nicht unter Art 43 Abs 5 TLO 1989, weil hiefür ja die Fortdauer der Funktion bis zur Neuwahl angeordnet ist. Eine Nachwahl ist auch durchzuführen, wenn das Ersatzmitglied zum 24 Mitglied aufgerückt ist, und bezieht sich dann auf die frei gewordene Stelle des Ersatzmitgliedes. Damit ist gesichert, dass ein Bunderatsmandat immer vollständig, also mit Mitglied und Ersatzmitglied, besetzt ist. „Unverzüglich“ bedeutet, dass die Nachwahl in der nächstmöglichen 25 Sitzung des LT durchzuführen ist. Die Nachwahl ist gem § 9 Abs 3 Tir GO LT – ebenso wie die Erstwahl – unter sinngemäßer Anwendung des § 38 Tir GO LT durchzuführen, also als Verhältniswahl gem den dort geregelten Verfahrensvorschriften.54 Ein Wahlvorschlag kann dabei nur von jener Landtagsfraktion eingebracht werden, der die frei gewordene Mitglied- oder Ersatzmitglied-Stelle zusteht. 50 Gamper, Art 35 Rz 43. 51 EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 75. 52 VfSlg 788/1927; das ebenfalls in den EB zit Erk VfSlg 2514/1953 sprach für den Fall der Erhöhung der Zl der einem LT zustehenden Bundesratsmandate durch Entschl des BPräs aus, dass dann der LT „unverzüglich eine Zusatzwahl durchzuführen“ habe. 53 S Rz 16. 54 S Rz 12.
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III. Teil Verwaltung des Landes Tirol 1. Abschnitt Landesverwaltung Artikel 44 Landesregierung (1) Die Landesregierung ist das oberste Organ der Vollziehung des Landes Tirol. (2) Die Landesregierung ist das oberste Organ des Landes Tirol als Träger von Privatrechten. Sie verwaltet das Landesvermögen und vertritt das Land Tirol als Träger von Privatrechten, soweit nichts anderes bestimmt ist. (3) Die Landesregierung ist dazu berufen, die Zustimmung des Landes Tirol zur Kundmachung von Gesetzen und Verordnungen des Bundes zu erteilen. (4) Die Landesregierung besteht aus dem Landeshauptmann, dem ersten und dem zweiten Landeshauptmannstellvertreter sowie mindestens zwei und höchstens fünf weiteren Mitgliedern (Landesräten). (5) Sitz der Landesregierung ist die Landeshauptstadt. Die Landesregierung kann für die Dauer außergewöhnlicher Verhältnisse sowie dann, wenn sie dies für besondere Ausnahmefälle beschließt, an einen Ort außerhalb der Landeshauptstadt einberufen werden. LGBl samt Erläuterungen: LGBl 1988/61 (X. GP AA 141/88 AB 141/88); LGBl 1998/104 (XII. GP RV 230/98 AB 230/98); LGBl 2008/7 (XIV. GP RV 480/07 AB 480/07) Judikatur: VfSlg 5676/1968, 11.669/1988, 13.076/1992 (Bindung der L-VG an die im B-VG niedergelegten Grundzüge; Ausgestaltungskompetenz bezüglich der Zusammensetzung und der Bildung der LReg, der Zl der Mitglieder der LReg und der Art ihrer Wahl)
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Literatur: Kienberger, Grundzüge der Organisation der Landesverwaltung, AnwBl 1982, 361 ff; Koja, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer2 (1988) 269 ff; Lukas, Die Vertretung der Bundesländer im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung, in Wagner/Bergthaler (Hg), Interdisziplinäre Rechtswissenschaft – Schutzansprüche und Schutzaufgaben im Recht – FS Kerschner (2013) 235 ff; Morscher, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer. 7. Tirol (1991) 108 ff; Pernthaler/Weber, Landesregierung, in Dachs et al (Hg), Handbuch des politischen Systems Österreichs (1991) 755 ff; B. Raschauer, Die obersten Organe der Landesverwaltung, in Ermacora et al (Hg), Allgemeines Verwaltungsrecht (1979) 375 ff; Schwamberger/Ranacher, Tiroler Landesordnung 19896: Kommentar (2017) 87 ff; Weber, Landesgesetzgebung und Landesregierung, in Schambeck (Hg), Föderalismus und Parlamentarismus in Österreich (1992) 97 ff
Inhaltsübersicht I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben.................................... 1 II. Entstehungsgeschichte................................................................ 3 III. Bestimmungen in anderen Landesverfassungen..................... 6 IV. Vollziehung des Landes (Abs 1 und 2)....................................... 7 V. Zustimmungskompetenz (Abs 3)............................................... 10 VI. Zusammensetzung (Abs 4).......................................................... 11 VII. Amtssitz (Abs 5)............................................................................ 13
I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben 1 Bereits in Art 101 Abs 1 B-VG ist festgelegt, dass die Vollziehung des Landes eine vom LT zu wählende LReg ausübt. Gem Art 19 Abs 1 B-VG sind die Mitglieder der LReg oberste Organe der Vollziehung. Die wesentlichen organisationsrechtlichen Festlegungen zur LReg sind somit bundesverfassungsrechtlich getroffen.1 Konkret bestimmt das B-VG, dass − die LReg oberstes Organ der Landesvollziehung ist (Art 19 Abs 1 und 101 Abs 1 B-VG),2 1
Der VfGH spricht hingegen davon, dass „sich das B-VG [bei der Organisation der Länder, Anm] auf die Aufstellung ganz allgemein gehaltener Grundzüge beschränkt“ und dass die Bundesverfassung den Landesverfassungen etwa gerade bei der Wahl der Mitglieder der LReg „einen besonders weiten Gestaltungsspielraum“ einräume (VfSlg 11.669/1988, 12.229/1989). 2 VfSlg 2420/1952, 2574/1952, 4254/1962, 4671/1974; zur Rechtsstellung oberster Organe s B. Raschauer, Allgemeines Verwaltungsrecht5 (2017) 63, sowie Koja, Verfassungsrecht 269 ff.
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− die LReg oberstes Organ in Angelegenheiten der Hoheits- und der Privatwirtschaftsverwaltung ist,3 − die LReg aus einem LH, der erforderlichen Zl von Stellvertretern und weiteren Mitgliedern besteht, wie also ihre Zusammensetzung ist (Art 101 Abs 3 B-VG), sowie − die Errichtung in Form einer Wahl durch den jeweiligen LT, wodurch eine Direktwahl durch das Landesvolk ausgeschlossen wird (Art 101 Abs 1 B-VG). Innerhalb dieses bundesverfassungsrechtlichen Rahmens verbleibt den 2 Landesverfassungsgesetzgebern ein Regelungsspielraum hinsichtlich der Aufbau- und Ablauforganisation der LReg.4 Konkret können nähere Regelungen über die Anzahl der Stellvertreter und der Landesräte,5 die Amtstitel der Mitglieder der LReg, ein bestimmtes Wahlsystem,6 die Dauer der Funktionsperiode der LReg und die politische Verantwortlichkeit der Mitglieder der LReg festgelegt werden. Ob die Bundesverfassung es freistellt, die Geschäftsführung der LReg in Form des Kollegial- oder des Ministerialsystems7 zu organisieren, wird unterschiedlich beantwortet.8 Es entspricht der herrschenden, von den Höchstgerichten abgesegneten Praxis, dass Landesräte zur selbständigen Erledigung ermächtigt werden, die Entscheidung allerdings „im Namen der LReg“ treffen.9
3
So ausdrücklich § 1 Tir GO LReg; vgl Bußjäger, Art 101 B-VG, in Kneihs/ Lienbacher (Hg), Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht (2002) Rz 4. 4 Liehr, Art 101 B-VG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (1999) Rz 2. 5 Kelsen, Österreichisches Staatsrecht (1923) 204; VfSlg 5676/1968, 11.669/1988, 12.229/1989. 6 VfSlg 5676/1968, 11.669/1988, 12.229/1989. 7 So bereits Kelsen/Froehlich/Merkl, Die Bundesverfassung vom 1. Oktober 1920 (1922) 215. 8 Vgl mwN Schmid, Zuständigkeit und Zuständigkeitsübertragung (2016) 257 ff; Wiederin, Das Ressortsystem in der Landesregierung, ZÖR 73 (2018), 507. S dazu die Ausführungen von Oberdanner, Art 51 (in diesem Band) Rz 10 ff. 9 S etwa VwGH 27.03.2014, 2013/10/0139; weitere Verweise auf die Rsp bei Schmid, Zuständigkeit 261 ff.
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II. Entstehungsgeschichte 3 In der monarchischen Rechtsordnung10 bestanden in den Ländern organisatorisch zwei Verwaltungen, die parallel und konkurrenzierend agierten: die autonome und die staatliche (landesfürstliche) Verwaltung. Durch das Gesetz vom 14. November 1918, betreffend die Übernahme der Staatsgewalt in den Ländern,11 wurde die gesamte Landesverwaltung einer aus dem LH und zwei bis vier Stellvertretern bestehenden LReg übertragen und somit die vormals autonomen und landesfürstlichen Angelegenheiten vereinigt.12 Zur Eingliederung der Landesverwaltung in die Organisation der Staatsverwaltung war vorgesehen, dass die LReg in ihrer gesamten Amtsführung an die Dienstanweisungen der deutschösterreichischen Staatsregierung gebunden und dieser verantwortlich war. 4 Die Übertragung der Landesvollziehung auf die LReg als oberstes Organ des Landes durch das B-VG 1920 erfolgte weitgehend konsensual. Diskutiert wurde lediglich, ob die LReg (nur) für den Bereich der autonomen Landesverwaltung oder auch für die mittelbare Bundesverwaltung zuständig sein sollten. Die Entscheidung für den LH als Träger der mittelbaren Bundesverwaltung war das Ergebnis eines politischen Kompromisses.13 5 Die Entwicklung auf Landesebene verlief parallel zu jener auf Bundesebene. Im Gesetz vom 14. April 1919 über die Einberufung des verfassungsgebenden Landtags14 war vorgesehen, dass der LH und seine drei Stellvertreter vom LT gewählt werden und gemeinsam die LReg bilden. In der TLO 1921 wurde festgelegt, dass die Verwaltung durch die LReg ausgeübt wird (§ 7) und diese aus dem LH, zwei Stellvertretern und vier Landesräten besteht (§ 27). Ausdrücklich vorgesehen war zudem, dass die LReg für die Verwaltung des Landesvermögens sowie der gesonderten Landesfonds und Landesanstalten zuständig war (§ 37)15 und das 10 S dazu Pernthaler/Weber, Landesregierung 755 f. 11 StGBl 1918/24. 12 Merkl, Die Verfassung der Republik Deutschösterreich (1919) 166. 13 S Schmid, Zuständigkeit 268 ff. 14 LGVBl 1919/25. 15 Auf die Aufnahme einer § 37 TLO 1953 entsprechenden Bestimmung in die TLO 1989 wurde verzichtet, weil der LReg nach dem nunmehrigen Art 44 Abs 2 TLO 1989 die Verwaltung des Landesvermögens obliegen sollte und darunter auch Fonds und Anstalten fallen (vgl EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 32).
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Land in allen Rechtsangelegenheiten zu vertreten hatte (§ 38).16 Eine Änderung der Zusammensetzung erfolgte durch die TLO 1953, indem nunmehr der LH, ein oder zwei Stellvertreter und höchstens fünf weitere Mitglieder die LReg bildeten (§ 27 Abs 1). In seiner heutigen Gestalt gilt Art 44 seit Inkrafttreten der TLO 1989. Im Zuge einer umfassenden Überarbeitung wurden die grds Vorschriften über die rechtliche Stellung, die Zusammensetzung und den Sitz der LReg zusammengefasst und die zulässige Höchstanzahl der Landesräte von fünf auf sechs hinaufgesetzt.17 Mit der TLO-Nov 199818 wurde die Zusammensetzung abermals geändert und festgelegt, dass die LReg neben dem LH und seinen Stellvertretern aus „mindestens zwei und höchstens fünf weiteren Mitgliedern“ besteht.
III. Bestimmungen in anderen Landesverfassungen Mit Art 44 Abs 1 und 2 vergleichbare Bestimmungen finden sich in Art 50 6 Abs 1 Bgld L-VG, Art 38 Abs 1 und 41 Abs 1 K-LVG, Art 34 Abs 1 und 2 NÖ LV 1979, Art 42 Abs 1 OÖ L-VG, Art 34 Abs 1 Sbg L-VG, Art 36 Abs 1 Stmk L-VG, Art 41 Abs 1 Vbg LV und Art 132 Abs 1 WStV. Art 44 Abs 3 TLO 1989 findet nur in Art 34 Abs 3 NÖ LV 1979 eine entsprechende Regelung. Die in Art 44 Abs 4 TLO 1989 festgelegte Zusammensetzung der LReg wird durch Art 51 Abs 1 Bgld L-VG, Art 46 Abs 1 K-LVG, Art 34 Abs 4 NÖ LV 1979, Art 42 Abs 2 OÖ L-VG, Art 34 Abs 1 Sbg L-VG, Art 36 Abs 2 Stmk L-VG, Art 41 Abs 2 Vbg LV und Art 114 Abs 1 iVm Art 34 Abs 3 WStV für die anderen Landesrechtsordnungen bestimmt. Regelungen über den Sitz der LReg finden sich in Art 7 Abs 1 Bgld L-VG, Art 45 K-LVG, Art 5 NÖ LV 1979, Art 42 Abs 1 OÖ L-VG, Art 34 Abs 7 und 8 Sbg L-VG, Art 4 Stmk L-VG und Art 4 Vbg LV.
IV. Vollziehung des Landes (Abs 1 und 2) Unter „Vollziehung des Landes“ in Abs 1 ist die Hoheitsverwaltung 7 des Landes zu verstehen.19 Nicht erfasst ist die Verwaltungsgerichts16 Auch diese Vorschrift wurde – ohne weitere Begründung – nicht in die TLO 1989 überführt (vgl EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 32). 17 S EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 27. 18 LGBl 1998/104. 19 Der Begriff wird in der TLO 1989 auch an anderen Stellen idS verwendet (EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 76).
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barkeit, es sei denn, es handelt sich um monokratische Justizverwaltung.20 Die Vorschrift wiederholt Art 101 B-VG und ist daher grds bedeutungsgleich zu verstehen. Während „Vollziehung“ in Art 101 B-VG allerdings auch die Privatwirtschaftsverwaltung umfasst, enthält die TLO 1989 für die Vollziehungskompetenz der LReg im Bereich der Privatwirtschaftsverwaltung eine eigene Vorschrift in Art 44 Abs 2 TLO. 8 Das B-VG weist sämtliche Vollziehungskompetenzen dem Bund oder den Ländern zu. Dass die LReg oberstes Organ der Landesvollziehung ist, bedeutet allerdings nicht, dass Angelegenheiten, die in die Vollziehung der Länder fallen, nicht auch von Organen anderer Rechtsträger vollzogen werden dürfen.21 Soweit etwa Fonds und Anstalten eigenständige Rechtspersönlichkeit zukommt, richtet sich die Zuständigkeit zur Verwaltung ihres Vermögens nach den relevanten organisationsrechtlichen Vorschriften.22 Wenn derartige Einrichtungen keine eigene Rechtspersönlichkeit haben, fallen sie unter die Verwaltung des Landesvermögens (Abs 2).23 9 Gem Abs 2 vertritt die LReg das Land Tirol als Träger von Privatrechten nur, „soweit nichts anderes bestimmt ist“. Nach den EB soll es damit rechtlich ermöglicht werden, auch andere Dienststellen des Landes
20 S dazu ausführlich die Kommentierungen zum IV. Teil der TLO 1989 (in diesem Band). 21 Sog „Sonderbehörden der Landesverwaltung“, vgl Pernthaler/Lukasser, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer. 8. Vorarlberg (1995) 182 f, sowie mit Bsp Morscher, Verfassungsrecht 110. 22 Bsp sind der Landeskulturfonds (Gesetz vom 29. Juni 2005 über den Landeskulturfonds, LGBl 2005/65 idF 2019/138), der Tiroler Bodenfonds (§ 98 ff TROG 2016), der Nationalparkfonds Hohe Tauern (§ 22 Gesetz vom 9. Oktober 1991 über die Errichtung des Nationalparks Hohe Tauern in Tirol [Tiroler Nationalparkgesetz Hohe Tauern], LGBl 1991/103 idF LGBl 2019/138) oder die Tiroler Zukunftsstiftung (Gesetz vom 8. Oktober 1997 über die Errichtung der Tiroler Zukunftsstiftung, LGBl 1997/88 idF LGBl 2019/16). 23 EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 32. Dies betrifft bspw das Sondervermögen der Kranken- und Unfallfürsorge (vgl § 3 Beamtenund Lehrer-Kranken- und Unfallfürsorgegesetz 1998 [BLKUFG 1998], LGBl 1998/97 idF LGBl 2020/51) oder des Sportförderungsfonds (§ 2 Gesetz vom 11. Oktober 2006 über die Förderung des Sports in Tirol [Tiroler Sportförderungsgesetz 2006], LGBl 2006/97 idF LGBl 2018/144).
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mit der Vertretung zu betrauen.24 Was damit gemeint ist, ist unklar. Versteht man unter „Dienststellen“ (nur) Organisationseinheiten des Amtes der LReg, dann ist die Regelung überflüssig, weil diese nach der Geschäftseinteilung für die LReg ihre Aufgaben besorgen. Geht man vom Wortlaut des Art 44 Abs 2 TLO 1989 aus, dann enthält diese Vorschrift keine Einschränkung dahingehend, welche anderen Organe neben der LReg mit Angelegenheiten der Privatwirtschaftsverwaltung betraut werden dürfen. Der Landesgesetzgeber25 wird daher im umfassenden Sinn zur Betrauung anderer Organe als der LReg mit Angelegenheiten der Privatwirtschaftsverwaltung und damit zur Änderungen der sachlichen Zuständigkeit ermächtigt. Dies ist etwa durch § 26 Abs 2 TTHG erfolgt, wonach die BVB gewisse Angelegenheiten über die Unterstützung zur Teilhabe von Menschen mit Behinderungen „im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung“ entscheiden. Art 44 Abs 2 TLO 1989 ermächtigt auch zur Ausgliederung von Aufgaben der Privatwirtschaftsverwaltung26 und zum „Zukauf“ von Leistungen, die vom Land auf Grund seiner gesetzlichen Garantenstellung sonst direkt zu erbringen wären.27 Schließlich enthält Art 44 Abs 2 TLO 1989 auch eine Ermächtigung, Aufgaben der Privatwirtschafts24 EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 76. 25 Art 44 Abs 2 TLO 1989 legt nicht fest, wer etwas anderes bestimmen darf. Da es um Änderungen der Zuständigkeitsordnung geht und somit subjektive Rechte betroffen sein können, hat die Betrauung anderer Organe als der LReg mit Angelegenheiten der Privatwirtschaftsverwaltung jedenfalls durch außenwirksamen Akt zu erfolgen. Dass dies nur ein LG sein kann, ergibt sich daraus, dass eine VO oder ein Bescheid nicht unmittelbar auf Grundlage von Art 44 Abs 2 TLO 1989 erlassen werden können, weil sie einer einfachgesetzlichen Grundlage bedürfen. 26 S zB § 3 Gesetz vom 15. Dezember 2005, mit dem das Tiroler Grundversorgungsgesetz erlassen wird, LGBl 2006/21 idF LGBl 2019/138: Heranziehung humanitärer, kirchlicher oder privater Einrichtungen oder Einrichtungen der freien Wohlfahrtspflege oder einer zu diesem Zweck gegründeten Rechtsträgerin zur Mitarbeit bei der Versorgung der in die Betreuung aufgenommenen Fremden und bei der Schaffung und der Erhaltung der nötigen Infrastruktur; Gesetz vom 8. Oktober 1997 über die Übertragung von Aufgaben und die Zuweisung von Landesbediensteten an die DVT-Daten-Verarbeitung-Tirol-GmbH, LGBl 1997/87 oder das Gesetz vom 15. Dezember 2005 über die Tiroler Landesmuseen-Betriebsgesellschaft m. b. H., LGBl 2006/23 idF LGBl 2018/144. 27 S zB § 41 TMSG, § 42 TTHG oder § 3 Abs 3 iVm § 4 Gesetz vom 1. Juli 2009, mit dem der öffentliche Rettungsdienst in Tirol geregelt wird (Tiroler Rettungsdienstgesetz 2009), LGBl 2009/69 idF LGBl 2019/138.
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verwaltung des Landes Selbstverwaltungskörpern gesetzlich in deren übertragenen Wirkungsbereich zu übertragen.28
V. Zustimmungskompetenz (Abs 3) 10 Das B-VG sieht an verschiedenen Stellen vor, dass Gesetze und VO des Bundes nur mit Zustimmung der Länder kundgemacht werden dürfen.29 Die Festlegung des Organs, welches zur Zustimmung berufen ist, fällt in die Kompetenz des Landes(verfassungs)gesetzgebers.30 Während frühere Landesordnungen keine entsprechende Bestimmung enthielten, sah die TLO 1989 vor, dass die LReg zur Zustimmung gem Art 102 Abs 1 und 4 B-VG berufen ist. Da die Fälle, in denen die Kundmachung von Gesetzen und VO des Bundes der Zustimmung der Länder bedarf, zahlreicher wurden, wurde eine allgemeine Umschreibung dieser Aufgabe der LReg vom Landesverfassungsgesetzgeber als zweckmäßiger erachtet als eine Aufzählung und Art 44 Abs 3 TLO 1989 entsprechend novelliert.31 In anderen Landesverfassungen findet sich eine vergleichbare Regelung nur in Art 34 Abs 3 NÖ LV 1979.
VI. Zusammensetzung (Abs 4) 11 Die Festlegung der genauen Anzahl der Mitglieder der LReg wird vom B-VG dem Landesverfassungsgesetzgeber überlassen.32 Seit Gründung der Republik wurde die Zusammensetzung der LReg mehrfach geändert. Dabei nahm die Höchstzahl der Mitglieder der LReg konstant zu, erst 1998 wurde sie erstmals von neun auf acht reduziert. Die mit TLONov 199833 festgelegte Zusammensetzung (LH, erster und zweiter 28 S zB nach § 10 Abs 1 Gesetz vom 28. Oktober 1974 über die Förderung der Landwirtschaft in Tirol (Tiroler Landwirtschaftsgesetz), LGBl 1975/3 idF LGBl 2018/144: Ermächtigung der LReg, die Landwirtschaftskammer mit der Durchführung von Förderungsmaßnahmen zu betrauen (s die Übertragungs-Verordnung in LGBl 2010/59). 29 S zB Art 14b Abs 4, Art 94 Abs 2, Art 102 Abs 1 und 4, Art 113 Abs 4 und 10, Art 130 Abs 2, Art 131 Abs 4, Art 135 Abs 1 B-VG. 30 So EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 76. 31 Vgl EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 2008/7, Tir LT XIV. GP, GZ 480/07, 6. 32 Vgl mwN Grabenwarter, Art 4 Stmk L-VG, in ders (Hg), Steiermärkische Landesverfassung (2013) Rz 4. 33 LGBl 1989/104.
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Stellvertreter, mindestens zwei und höchstens fünf Landesräte) steht nach wie vor in Kraft. Seit der Abschaffung des Proporzsystems wird die LReg auf Grund 12 eines einheitlichen Vorschlags in einem einzelnen Wahlgang vom LT gewählt.34 Die Entscheidung über die genaue Anzahl der Landesräte wird daher durch den Vorschlag der jeweiligen Wählergruppe getroffen.35 Ein Vorschlag, der sich nicht innerhalb des von Art 44 Abs 3 B-VG vorgegebenen Rahmens befindet, ist rechtswidrig und kann vor dem VfGH gem Art 141 Abs 1 lit b B-VG angefochten werden.36
VII. Amtssitz (Abs 5) Eine Vorschrift über den Amtssitz der LReg findet sich bereits in § 4 13 TLO 1921. Art 44 Abs 5 TLO 1989 bestimmt nunmehr, dass die Landeshauptstadt Sitz der LReg ist; gem Art 5 TLO 1989 ist dies Ibk. Eine vergleichbare Regelung gilt für den LT,37 den Landesvolksanwalt,38 den LRH,39 das LVwG40 und wird für Bundesorgane durch das B-VG getroffen.41 Mit den Grenzen der örtlichen Zuständigkeit hat eine Regelung über 14 den Amtssitz nichts zu tun.42 Indem als Sitz der LReg die Landeshauptstadt festgelegt wird, schreibt Art 44 Abs 5 TLO 1989 vor, dass das Organhandeln der LReg grds in Ibk zu erfolgen hat. Gemeint ist damit die Willensbildung der LReg im umfassenden Sinn, also im Hinblick auf hoheitliche Angelegenheiten und solche der Privatwirtschaftsverwaltung. Auch die bürokratische Abwicklung durch das Amt der LReg ist so einzurichten, dass sie regelmäßig und dauerhaft in der Landeshauptstadt erfolgt.43 34 Art 45 Abs 1 TLO 1989. 35 Vgl EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 1998/104, Tir LT XII. GP, GZ 270/98, 11. 36 Vgl etwa VfSlg 12.229/1989. 37 Art 16 Abs 2 TLO 1989. 38 Art 59 Abs 4 TLO 1989; s hiezu auch Gamper, Art 59 (in diesem Band). 39 Art 67 Abs 3 TLO 1989; vgl auch Kahl, Art 67 (in diesem Band). 40 Art 70b Abs 1 TLO 1989; s Ranacher, Art 70b (in diesem Band). 41 Art 5 Abs 2 (oberste Bundesorgane) und Art 25 Abs 2 (NR) B-VG. 42 VfSlg 5866/1968. 43 Vgl Grabenwarter, Art 37 Stmk L-VG, in ders (Hg), Steiermärkische Landesverfassung (2013) Rz 3.
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15 Uneinheitlich wird die Frage beantwortet, wo die Grenzen der Amtssitzregelung verlaufen und wie streng sie zu verstehen sind.44 Dies kann relevant werden, wenn Hoheitsakte von der LReg oder im Namen der LReg außerhalb der Landeshauptstadt gesetzt werden. Art 44 Abs 5 TLO 1989 betrifft die reguläre Behördentätigkeit und den regelmäßigen Amtsbetrieb der LReg.45 Hinter der Regelung steht der Gedanke, dass mit einer Konzentration der Aufgabenerledigung an einem Ort eine Effizienzsteigerung einhergeht.46 Es würde aber dem Zweck dieser Vorschrift widersprechen, wenn Rechtsakte, die typischerweise (zB Maßnahmen)47 oder auf Grund der jeweiligen Umstände zweckmäßigerweise (mündliche Verkündung eines Bescheids der LReg nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung) vor Ort vorgenommen werden, nicht außerhalb der Landeshauptstadt gesetzt werden dürften. Ein derartiges Vorgehen steht daher nicht in Widerspruch zu Art 44 Abs 5 TLO 1989. Auch was eine Verlagerung von Abteilungen des Amtes der LReg in Bezirke anbelangt, gibt es – anders als dies im B-VG für BM angeordnet ist –48 gute Gründe gegen eine zu strenge Sichtweise. Denn in Zusammenschau mit Art 58 Abs 3 TLO 1989, der eine Ermächtigung zur Bildung von Außenstellen enthält, ist eine Dekonzentration des Amtes der LReg in gewissem Ausmaß (und bei Einhaltung der diesbezüglichen Voraussetzungen) zulässig.49 16 Die Regelung, dass die LReg unter den genannten Voraussetzungen an einem Ort außerhalb der Landeshauptstadt einberufen werden kann, findet sich erstmals in der TLO 1989 und ist Art 16 Abs 2 TLO 1989 44 Für eine eher strenge Sichtweise Wieser, Art 5 B-VG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (1999) Rz 2 ff und Jabloner, Bundesminister und mittelbare Bundesverwaltung, in Mayer et al (Hg), Staatsrecht in Theorie und Praxis – FS Walter (1991) 293 (306 f); eher großzügig Grabenwarter, Art 4 Rz 5. 45 Zu Art 5 B-VG führte der VfGH aus, dass mit dieser Vorschrift „der Ort der Einrichtung des obersten Organes und nicht etwa der Ort des Tätigwerdens des jeweiligen Amtsträgers geregelt“ werde (VfSlg 17.776/2006). 46 S dazu grds Schmid, Zuständigkeit 382 ff. 47 Vgl VfSlg 11.403/1987. 48 Vgl zu Art 5 B-VG VfSlg 17.776/2006; dazu Wieser, Dekonzentration von Bundesministerien verfassungswidrig, ZfV 2006, 606 (607 f). 49 Von dieser Ermächtigung wurde auch Gebrauch gemacht, etwa in Form der Baubezirksämter, der Agrar Lienz oder der Nationalparkverwaltung (§ 2 GEint Amt).
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nachgebildet.50 Die Wortfolge „für die Dauer außergewöhnlicher Verhältnisse“ findet sich auch in Art 5 Abs 2 B-VG in Bezug auf die Sitzverlegung oberster Bundesorgane. Sie wird dort gleich verstanden wie die an anderer Stelle des B-VG verwendete Bedingung des Vorliegens „außerordentlicher Verhältnisse“.51 Aus dieser systematischen Zusammenschau ergibt sich, dass damit Fälle des Staatsnotstands gemeint sind,52 etwa Unruhen von beträchtlichem Ausmaß, schwerwiegende Naturkatastrophen oder der „Verteidigungsfall“.53 Die zweite in Art 44 Abs 5 zweiter Satz TLO 1989 genannte Bedin- 17 gung, die Einberufung der LReg an einem anderen Ort als der Landeshauptstadt „für besondere Ausnahmefälle“, ist auch in Art 16 Abs 2 TLO 1989 genannt und soll die Übung gemeinsamer Sitzungen der LT von Tirol und Südtirol auch außerhalb Ibk ermöglichen. Für ähnliche Anlässe kann die Ermächtigung in Art 44 Abs 5 TLO 1989 als Rechtsgrundlage dienen. Der Ausnahmecharakter dieser Möglichkeit wird dadurch betont, dass sie nur „für besondere Ausnahmefälle“ gilt. Damit wird in zeitlicher Hinsicht klargestellt, dass es sich nur um eine vorübergehende Sitzverlegung handeln darf, und in inhaltlicher Hinsicht festgelegt, dass die Verlegung eines sachlichen Grundes bedarf. Daraus ergibt sich auch, dass der Beschluss, der in beiden Fällen der Einberufung der LReg an einem anderen Ort als der Landeshauptstadt zu treffen ist, begründungspflichtig ist. Ein Beschluss, mit dem rechtswidrigerweise der Amtssitz der LReg 18 verlegt wird, ist nicht in einem rechtsförmigen Verfahren anfechtbar, weil es sich nicht um einen außenwirksamen Verwaltungsakt, sohin nicht um einen Bescheid oder eine Maßnahme handelt. Es verbleibt daher nur die Sanktionierung im Rahmen der allgemeinen politischen Kontrollinstrumente, insb ein Misstrauensvotum des LT gegen die LReg gem Art 64 TLO 1989.
50 Vgl EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 77. 51 Art 25 Abs 2 B-VG. 52 So auch zu Art 5 Abs 2 NÖ LV 1979 Brosig et al, NÖ Landesverfassung 1979 (1979) 35. 53 S zu all dem Schäffer, Art 5 B-VG, in Kneihs/Lienbacher (Hg), Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht (2006) Rz 3.
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Artikel 45 Wahl (1) Die gesamte Landesregierung wird vom Landtag in einem Wahlgang gewählt. (2) Die Mitglieder der Landesregierung müssen zum Landtag wählbar sein, sie müssen diesem aber nicht angehören. (3) Die an der ersten Stelle des Landeswahlvorschlages jener Wählergruppe genannte Person, die bei der Wahl des Landtages die größte Anzahl an Stimmen erhalten hat, lädt die anderen Wählergruppen, die Mandate für den Landtag erhalten haben, zu Verhandlungen über die Bildung der neuen Landesregierung ein. (4) Jede im Landtag vertretene Wählergruppe ist berechtigt, einen Vorschlag für die Wahl der gesamten Landesregierung einzubringen. Ein solcher Vorschlag muß von mehr als der Hälfte der neu gewählten Abgeordneten der Wählergruppe unterfertigt sein. Enthält ein solcher Vorschlag Vertreter mehrerer Wählergruppen, so muß er von mehr als der Hälfte der neugewählten Abgeordneten jeder dieser Wählergruppen unterfertigt sein. LGBl samt Erläuterungen: LGBl 1988/61 (X. GP AA 141/88 AB 141/88); LGBl 1998/104 (XII. GP RV 230/98 AB 230/98) Judikatur: VfSlg 5676/1968, 6277/1970, 11.669/1988, 12.229/1989, 13.076/1992 (LReg ist vom LT zu wählen, Ausgestaltung des Wahlverfahrens bleibt der Landesverfassung überlassen); VfSlg 8602/1979 (absolute Nichtigkeit eines rechtswidrigen Bestellungsakts betr Mitglieder der LReg) Literatur: Koja, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer2 (1988) 269 ff; Kienberger, Grundzüge der Organisation der Landesverwaltung, AnwBl 1982, 361; Morscher, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer. 7. Tirol (1991) 115 ff; Pernthaler/Lukasser, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer. 8. Vorarlberg (1995) 157 ff; Pernthaler/Weber, Landesregierung, in Dachs et al (Hg), Handbuch des politischen Systems Österreichs (1991) 759; Schwamberger/Ranacher, Tiroler Landesordnung 19896: Kommentar (2017) 89 ff; Weber, Landesgesetzgebung und Landesregierung, in Schambeck (Hg), Föderalismus und Parlamentarismus in Österreich (1992) 97
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Inhaltsübersicht I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben..................................... 1 II. Entstehungsgeschichte ................................................................. 5 III. Bestimmungen in anderen Landesverfassungen....................... 8 IV. Wahlverfahren................................................................................ 9 A. Wahlvorschlag............................................................................ 9 B. Abstimmungsverfahren........................................................... 12 C. Durchführungsbestimmungen............................................... 15
I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben Die Bildung der LReg in Form einer Wahl durch den LT wird durch 1 Art 101 Abs 1 B-VG vorgeschrieben. Damit sind zwei Grundsätze bundesverfassungsrechtlich festgelegt: Einmal, dass eine Wahl durchzuführen ist und jede andere, keine Wahl darstellende Vorgehensweise, verfassungswidrig ist1 und weiters, dass die Wahl durch den LT erfolgt und daher ein System der Direktwahl des LH und anderer Mitglieder der LReg gem Art 101 Abs 1 iVm Art 99 Abs 1 B-VG verfassungswidrig wäre. Nach stRsp des VfGH ist der Gestaltungsspielraum des Landesverfas- 2 sungsgesetzgebers bei der Ausgestaltung des Wahlverfahrens weit, er verfügt über die Zuständigkeit, nähere Determinierungen bezüglich der Wahl zu treffen.2 Allerdings wäre auch eine landesverfassungsgesetzliche Bestimmung, die dem LT bezüglich der Art der Wahl der Mitglieder der LReg keine über Art 101 B-VG hinausgehende Bindung auferlegt, mit den im B-VG enthaltenen Grundzügen vereinbar.3 Jede gesetzliche Regelung der Willensbildung des LT bei der Wahl der 3 LReg muss nach der Rsp des VfGH dem demokratischen Prinzip der Bundesverfassung entsprechen und in sich gleichheitsgemäß, dh sachlich gerechtfertigt sein, also dem allgemeinen Gebot des Art 7 Abs 1 B-VG iVm Art 2 StGG standhalten.4 Werden diese (weiteren) verfassungsrechtlichen Grenzen bei der Ausgestaltung des Wahlvorgangs nicht eingehalten, liegt ein Verstoß gegen das B-VG vor. 1 2 3 4
VfSlg 6277/1970. VfSlg 5676/1968, 6277/1970, 11.669/1988, 12.229/1989, 13.076/1992. VfSlg 5676/1968. VfSlg 11.669/1988.
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4 Gewählt ist eine LReg erst dann, wenn sämtliche ihrer Mitglieder gewählt sind. Wird der Wahlvorgang nicht zur Gänze durchgeführt, hat dies zur Folge, dass die LReg als Gesamtheit weder gewählt, noch auf eine sonstige Art rechtlich existent geworden ist.5
II. Entstehungsgeschichte 5 Mit der TLO-Nov 19986 wurde das Modell zur Bildung der LReg vom früher bestehenden Mischsystem aus Mehrheits- und Proportionalwahl auf ein reines Mehrheitswahlsystem umgestellt. Danach wird die Zusammensetzung der gesamten LReg von der einfachen Mehrheit im LT bestimmt. 6 Eingebettet war diese Änderung in eine Demokratiereform, die neben der Einführung des Mehrheitswahlsystems für die LReg auch eine Stärkung der Rechte der Minderheiten im LT und der einzelnen Abg sowie eine Erleichterung des Zugangs zu den direktdemokratischen Einrichtungen umfasste.7 7 Zu den Beweggründen für diese Reform bzw die Umstellung des Wahlsystems heißt es in den EB:8 „In politikwissenschaftlicher Hinsicht wird das Modell der Mehrheitswahl der sogenannten Konkurrenzdemokratie und das Modell der Verhältniswahl der sogenannten Konkordanzdemokratie zugeordnet. In der Konkordanzdemokratie werden möglichst alle politisch relevanten Gruppen an den zentralen Prozessen der Staatswillensbildung beteiligt, während in der Konkurrenzdemokratie der Zugang zu diesem Kernbereich der staatlichen Macht der jeweiligen Mehrheitspartei oder einer mehrheitsfähigen Koalition [v]orbehalten wird. In der Politikwissenschaft wurden die Vor- und Nachteile dieser beiden Systeme eingehend analysiert, insbesondere wurde auch herausgearbeitet, in welchen historischen Phasen der gesellschaftlichen und politischen Entwicklung das eine oder das andere System die größeren Vorzüge aufweist. Die Verfassungsentwicklung der europäischen Staaten geht in der letzten Zeit tendenziell zu Modellen der Konkurrenzdemokratie. Mit der gegenständlichen Demokratiereform soll nunmehr auch in Tirol der Weg 5 6 7 8
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VfSlg 8602/1979. LGBl 1998/104. EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 1998/104, Tir LT XII. GP, GZ 270/98, 1. EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 1998/104, Tir LT XII. GP, GZ 270/98, 2.
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zum Mehrheitswahlsystem geöffnet werden. Dieses System sorgt für eine klare Verteilung der Rollen der Regierungsmehrheit und der Opposition und soll damit auch den Bürgern mehr Klarheit über die Alternativen zu den verschiedenen politischen Fragen bringen.“
III. Bestimmungen in anderen Landes verfassungen Neben Tirol werden die LReg im Bgld,9 in Ktn,10 Sbg,11 der Stmk12 und 8 Vbg13 durch eine Mehrheitswahl bestimmt. In den übrigen Bundesländern gelten nach wie vor die Proporzwahl bzw Mischsysteme zwischen Mehrheits- und Proporzwahl.14
IV. Wahlverfahren A. Wahlvorschlag Die TLO 1989 enthält in Art 45 detaillierte Regelungen über das Ver- 9 fahren zur Erstellung eines Wahlvorschlags. Die EB führen dazu aus:15 „Durch die Bestimmung des Art. 45 Abs. 3 erhält der Listenführer der stärksten Partei im neu gewählten Landtag den Auftrag, die Initiative zu den Verhandlungen über die Neubildung der Landesregierung zu ergreifen. Zu welchem Ergebnis diese Verhandlungen führen, ist aber für das weitere Verfahren zur Bildung der Landesregierung ohne unmittelbare rechtliche Wirkung. Nach der Bestimmung des Art. 45 Abs. 4 hat nämlich jede im Landtag vertretene Partei das Recht, einen Vorschlag für die Wahl der gesamten Landesregierung einzubringen. Ein solcher Vorschlag muß jeweils von mehr als der Hälfte der neu ge9 10 11 12 13 14
Art 53 Bgld L-VG. Art 49 K-LVG. Art 35 Sbg L-VG. Art 37 Stmk L-VG. Art 41 Vbg LV. Eine Übersicht findet sich bei Bußjäger, Art 101 B-VG, in Kneihs/Lienbacher (Hg), Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht (2002) Rz 34 ff. 15 EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 1998/104, Tir LT XII. GP, GZ 270/98, 11 f.
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wählten Abgeordneten dieser Partei unterstützt sein. Es ergibt sich dann aus der Abstimmung im Landtag, welcher Vorschlag für die Wahl der gesamten Landesregierung die Mehrheit findet.“ 10 Der Wahlvorschlag ist ein Teilrechtsakt und als solcher nicht selbständig anfechtbar. Erst die Wahl selbst kann im Verfahren gem Art 141 Abs 1 lit b B-VG vor dem VfGH bekämpft werden. 11 Im Hinblick auf die Personen, welche im Vorschlag genannt werden, sieht Art 45 Abs 2 TLO 1989 lediglich vor, dass sie zum LT wählbar sein, diesem aber nicht angehören müssen. Diese Vorschrift wiederholt Art 101 Abs 2 B-VG und hat keine darüber hinausgehende Bedeutung.16 Da als Bedingung für die Wählbarkeit zum LT in Art 17 Abs 3 iVm Art 17 Abs 2 lit a und Art 3 Abs 2 TLO 1989 auch der Hauptwohnsitz in einer Gemeinde des Landes festgelegt ist, können außerhalb des Landes wohnhafte Personen nicht in die LReg gewählt werden.17
B. Abstimmungsverfahren 12 Für die Wahl der LReg gelten die allgemeinen Erfordernisse nach Art 27 TLO 1989, dh zu einer gültigen Wahl der LReg ist die Anwesenheit von wenigstens der Hälfte der Abg und die einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen erforderlich.18 Wahlberechtigt sind alle (neu) gewählten Abg zum LT während aufrechten Mandats. 13 Abgestimmt wird kraft ausdrücklicher Anordnung in Art 45 Abs 1 TLO 1989 über die gesamte LReg in einem Wahlgang. Ein gestuftes Wahlverfahren, indem etwa zunächst über den LH und dann über seine Stellvertreter und die übrigen Mitglieder der LReg abgestimmt wird, ist unzulässig. Die vorgeschlagenen Personen werden nach hL in ihrer jeweils vorgeschlagenen Funktion gewählt (LH, LHStv, Mitglieder der LReg) und nicht bloß als Mitglied der LReg bei späterer Funktionenaufteilung durch die LReg selbst. Der in eine andere Richtung deutende Art 105 Abs 1 B-VG, der davon spricht, dass der LH „durch das von der Landesregierung bestimmte Mitglied der Landesregierung (Lan-
16 S zu Art 101 Abs 2 B-VG Bußjäger, Art 101 Rz 46. 17 Vgl Koja, Verfassungsrecht 279. 18 EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 1998/104, Tir LT XII. GP, GZ 270/98, 12.
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deshauptmann-Stellvertreter)“ vertreten wird, bezieht sich nur auf Angelegenheiten der mittelbaren Bundesverwaltung.19 Die Änderung oder gänzliche Zurückziehung eines Wahlvorschlags 14 ist in zeitlicher Hinsicht bis zur Wahl zulässig. Allerdings gelten für beide Maßnahmen die in Art 45 Abs 4 TLO 1989 festgelegten Erfordernisse für die Zulässigkeit der Einbringung des Vorschlags (Unterfertigung von mehr als der Hälfte der neu gewählten Abg der Wählergruppe bzw der Wählergruppen). Eine Änderung des Wahlvorschlags durch den LT bzw seine Mitglieder während des Abstimmungsverfahrens ist unzulässig.20
C. Durchführungsbestimmungen Bestimmungen zur Durchführung von Art 45 TLO 1989 finden sich in 15 § 7 („Wahl der Landesregierung“) und § 37 Abs 1 und 2 („Wahlen“) Tir GO LT.
19 So Koja, Verfassungsrecht 289 ff; Bußjäger, Art 105 B-VG, in Kneihs/Lienbacher (Hg), Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht (2002) Rz 7; vgl auch Pesendorfer, Der Landeshauptmann (1986) 93. 20 Vgl § 7 Abs 3 Tir GO LT.
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Artikel 46 Unvereinbarkeit Ein Mitglied der Landesregierung darf nicht gleichzeitig Mitglied des Nationalrates, des Bundesrates oder der Bundesregierung, Präsident oder Vizepräsident des Landtages, Bürgermeister oder sonstiges Mitglied eines Gemeindevorstandes (Stadtsenates) oder Obmann oder Mitglied des Ausschusses eines Gemeindeverbandes sein. LGBl samt Erläuterungen: LGBl 1988/61 (X. GP AA 141/88 AB 141/88) Literatur: Fischer, Gedanken zu den Unvereinbarkeitsbestimmungen in der österreichischen Rechtsordnung, in Adamovich/Pernthaler (Hg), Auf dem Weg zur Menschenwürde und Gerechtigkeit – FS Klecatsky (1980) 205 ff; Koja, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer2 (1988) 299 ff; Morscher, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer. 7. Tirol (1991) 118 f; Pesendorfer, Der Landeshauptmann. Historische Entwicklung, Wesen und verfassungsrechtliche Gestalt einer Institution (1986) 68 ff; Schwamberger/Ranacher, Tiroler Landesordnung 19896: Kommentar (2017) 91 f; Stolzlechner, Gedanken zur „wirtschaftlichen Inkompatibilität“, ÖJZ 1981, 373 ff; Stolzlechner, Möglichkeiten und Grenzen zeitgemäßer Unvereinbarkeitsregelungen aus der Sicht der Länder, ÖJZ 1990, 289 ff; Wieser, Zur wechselseitigen Unvereinbarkeit verfassungsrechtlich eingerichteter Ämter (Staatsämter) auf Bundes-, Landesund Gemeindeebene, ÖGZ 1989, 2 ff
Inhaltsübersicht I. Bundes(verfassungs)rechtliche Vorgaben.................................. 1 II. Entstehungsgeschichte ................................................................. 7 III. Bestimmungen in anderen Landesverfassungen....................... 8 IV. Unvereinbarkeit gemäß Art 46 TLO 1989................................. 9 V. Rechtsfolgen und Kontrolle......................................................... 12 VI. Weitere landesrechtliche Unvereinbarkeitsvorschriften.......... 15
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I. Bundes(verfassungs)rechtliche Vorgaben Unvereinbarkeitsregeln betreffen Tatbestände der politischen und der 1 wirtschaftlichen Unvereinbarkeit.1 Bei der politischen Unvereinbarkeit geht es darum, dass bestimmte staatliche Ämter oder Funktionen die gleichzeitige Innehabung eines weiteren staatlichen Amts ausschließen. Im Hintergrund stehen hier Aspekte der Gewaltentrennung und die Verhinderung einer Ämterkumulation. Die Regeln über die wirtschaftliche Unvereinbarkeit beschränken für Amtsträger die Möglichkeit privatwirtschaftlicher Tätigkeit und dienen daher in erster Linie der Unabhängigkeit der Entscheidungsträger. Im Bundes(verfassungs) recht finden sich zahlreiche Vorschriften, die Unvereinbarkeitsregeln für Mitglieder der LReg enthalten. Gem Art 19 Abs 2 B-VG wird die Gesetzgebungskompetenz hinsicht- 2 lich Regelungen über die wirtschaftliche Unvereinbarkeit dem Bundesgesetzgeber eingeräumt.2 Die Länder sind in diesem Bereich nicht zur Gesetzgebung befugt.3 Vorschriften über die politische Unvereinbarkeit der Mitglieder der LReg können vom Bundes- und vom Landesgesetzgeber für die in den jeweiligen Kompetenzbereich fallenden Ämter und Funktionen getroffen werden. Das B-VG enthält an verschiedenen Stellen Unvereinbarkeitsregeln 3 für Mitglieder der LReg. Zu nennen sind das Amt bzw die Funktion – des BPräs (Art 61 Abs 1 B-VG),4 – des Präs, Vizepräsidenten oder eines sonstigen Mitglieds des OGH (Art 92 Abs 2 B-VG), – des Präs des RH (Art 122 Abs 5 B-VG), – des Präs, Vizepräsidenten oder eines sonstigen Mitglieds eines VwG oder des VwGH (Art 134 Abs 5 B-VG),5 – des Präs, Vizepräsidenten oder eines sonstigen Mitglieds oder Ersatzmitglieds des VfGH (Art 147 Abs 4 B-VG) und – eines Mitglieds der VA (Art 148g Abs 5 B-VG).
1
Vgl mit zahlreichen Verweisen auf die Lit Grabenwarter, Art 37 Stmk L-VG, in ders (Hg), Steiermärkische Landesverfassung (2013) Rz 16. 2 VfSlg 7791/1976. 3 Stolzlechner, ÖJZ 1990, 294. 4 Vgl Walter, Österreichisches Bundesverfassungsrecht (1972) 443 f. 5 S im Hinblick auf das LVwG Art 70b Abs 4 TLO 1989; vgl hiezu auch Ranacher, Art 70b (in diesem Band).
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4 Weiters sieht Art 101 Abs 2 B-VG ausdrücklich vor, dass die Mitglieder der LReg zwar zum LT wählbar sein, diesem aber nicht angehören müssen. Damit ist es dem Landesverfassungsgesetzgeber bundesverfassungsrechtlich freigestellt, ob eine Mitgliedschaft zum LT mit einem Regierungsamt kompatibel ist. Der Tir Verfassungsgesetzgeber hat nur die Funktionen des Präs und des Vizepräsidenten des LT für unvereinbar erklärt, nicht aber jene eines Abg zum LT. 5 Weitere bundes(verfassungs)rechtlicheBestimmungen6 zur wirtschaftlichen Unvereinbarkeit der Mitgliedschaft in der LReg sind im UnvTransparenz-G7 festgelegt, welches auf Grundlage von Art 19 Abs 2 B-VG erlassen wurde. Danach gilt für die Mitglieder der LReg, dass sie − während ihrer Amtstätigkeit keinen Beruf mit Erwerbsabsicht ausüben dürfen (§ 2 Abs 1 Unv-Transparenz-G), − unverzüglich nach Amtsantritt dem nach der Landesgesetzgebung zuständigen Ausschuss des LT die Ausübung eines solchen Berufs anzuzeigen haben (§ 2 Abs 2 Unv-Transparenz-G), − während ihrer Amtstätigkeit eine solche Berufstätigkeit nur mit Genehmigung des Ausschusses beginnen dürfen (§ 2 Abs 3 UnvTransparenz-G), − wenn ein Unternehmen in ihrem Eigentum steht oder sie Eigentümer von Anteilsrechten an einer Gesellschaft sind oder sonstige Anteilsrechte an einem Unternehmen haben – verpflichtet sind, bei Antritt ihres Amts oder unverzüglich nach Erwerb solchen Eigentums dies dem Unvereinbarkeitsausschuss oder dem nach der Landesgesetzgebung zuständigen Ausschuss des LT anzuzeigen (§ 3 Abs 1 Unv-Transparenz-G), − jedes zweite Jahr sowie innerhalb von drei Monaten nach Amtsantritt und nach Ausscheiden aus ihrem Amt dem Präs des RH ihre Vermögensverhältnisse offenzulegen haben (§ 3a Abs 1 Unv-Transparenz-G), − während ihrer Amtstätigkeit keine leitende Stellung in einer Aktiengesellschaft, einer auf den Gebieten des Bankwesens, des Handels, der Industrie oder des Verkehrs tätigen Gesellschaft mit be-
6 In Form von Verfassungsbestimmungen in einem einfachen (Bundes-) Gesetz. 7 Bundesgesetz über die Transparenz und Unvereinbarkeiten für oberste Organe und sonstige öffentliche Funktionäre (Unvereinbarkeits- und Transparenz-Gesetz), BGBl 1983/330 idF BGBl I 2017/138.
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Unvereinbarkeit
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schränkter Haftung oder einer Sparkasse einnehmen dürfen (§ 4 Abs 1 Unv-Transparenz-G).8 Darüber hinaus enthalten zahlreiche BG weitere Unvereinbarkeitsbe- 6 stimmungen für die Mitglieder der LReg, etwa im Hinblick auf: − das Amt eines Geschworenen oder Schöffen (§ 3 Z 2 GSchG9), − die Ausübung der Rechtsanwaltschaft (§ 20 lit a RAO10), − das Amt des Notars (§ 7 Abs 1 NO11), − die Mitgliedschaft im Stiftungsrat (§ 20 Abs 3 Z 5 ORF-G12) und im Publikumsrat (§ 28 Abs 2 Z 4 ORF-G) des ORF, − das Amt des Generaldirektors, Direktors und Landesdirektors des ORF (§ 26 Abs 2 ORF-G), − die Mitgliedschaft im Generalrat (§ 22 Abs 4 NBG13) und im Direktorium der Nationalbank (§ 33 Abs 3 NBG), − die Mitgliedschaft im Datenschutzrat (§ 15 Abs 4 DSG), − die Mitgliedschaft in der Übernahmekommission der Wiener Börse (§ 28 Abs 5 ÜbG14), − die Mitgliedschaft im Umweltrat (§ 26 Abs 3 Z 1 UVP-G 200015) oder − im Universitätsrat (§ 21 Abs 4 UG16).
II. Entstehungsgeschichte Unvereinbarkeitsvorschriften für oberste Organe sind ein üblicher Re- 7 gelungsinhalt von Verfassungsurkunden. In § 19 des Gesetzes über die 8 9 10 11 12 13 14 15 16
Eine Ausnahmemöglichkeit enthält § 5 Unv-Transparenz-G. Bundesgesetz vom 25. April 1990 über die Berufung der Geschworenen und Schöffen (Geschworenen- und Schöffengesetz 1990), BGBl 1990/256 idF BGBl I 2016/121. Rechtsanwaltsordnung, RGBl 1868/96 idF BGBl I 2020/19. Notariatsordnung, RGBl 1871/75 idF BGBl I 2020/24. Bundesgesetz über den Österreichischen Rundfunk (ORF-Gesetz), BGBl 1984/379 idF BGBl I 2020/24. Bundesgesetz über die Oesterreichische Nationalbank (Nationalbankgesetz 1984), BGBl 1984/50 idF BGBl I 2018/61. Bundesgesetz betreffend Übernahmeangebote (Übernahmegesetz), BGBl I 1998/127 idF BGBl I 2019/63. Bundesgesetz über die Prüfung der Umweltverträglichkeit (Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000), BGBl 1993/697 idF BGBl I 2018/80. Bundesgesetz über die Organisation der Universitäten und ihre Studien (Universitätsgesetz 2002), BGBl I 2002/120 idF BGBl I 2019/3.
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Einberufung des verfassungsgebenden Landtages von 191917 war bereits vorgesehen, dass ein Mitglied der Nationalversammlung der deutschösterreichischen Republik nicht gleichzeitig Mitglied der Tir LReg sein könne. Während die TLO 1921 und die TLO 1953 keine Unvereinbarkeitsregeln für Mitglieder der LReg enthielten, wurde mit Art 46 eine entsprechende Vorschrift in die TLO 1989 wiederaufgenommen.18
III. Bestimmungen in anderen Landes verfassungen 8 In anderen Landesverfassungen finden sich Unvereinbarkeitsbestimmungen in Art 52, Art 75 Abs 3 und Art 86 Abs 1 Bgld L-VG, Art 47 K-LVG, Art 34a NÖ LV 1979, Art 42 Abs 3 OÖ L-VG, Art 17 Abs 1 und Art 34 Abs 5 Sbg L-VG, Art 36 Abs 4 und Art 66 Abs 1 Stmk L-VG und Art 61 Vbg LV. Über das B-VG hinausgehende Vorschriften enthalten die Verfassungen des Bgld, Ktn und NÖ, wo – mit Abweichungen – geregelt ist, dass ein Mitglied der LReg nicht gleichzeitig Mitglied des Europäischen Parlaments, des NR, des BR, der BReg oder eines Gemeindevorstands sein kann. Tw ist auch vorgesehen, dass das Amt des LTPräs und des Vizepräsidenten mit einem Regierungsamt nicht vereinbar ist (zB Art 17 Abs 1 Sbg L-VG).
IV. Unvereinbarkeit gemäß Art 46 TLO 1989 9 Art 46 TLO 1989 enthält Unvereinbarkeitsregeln, die über jene des B-VG hinausgehen. Nach hL stellen die einschlägigen bundesverfassungsrechtlichen Vorschriften nur regulatorische Mindestanforderungen dar, die für die Länder verbindlich sind. Es steht ihnen allerdings frei, im Rahmen ihrer Verfassungsautonomie weitergehende Vorschriften über die politische Unvereinbarkeit zu erlassen.19 10 Gemäß Art 46 TLO 1989 darf ein Mitglied der LReg nicht gleichzeitig − Mitglied des NR, des BR oder der BReg, 17 LGVBl 1919/25. 18 EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 78. 19 Mayer/Kucsko-Stadlmayer/Stöger, Grundriss des österreichischen Bundesverfassungsrechtes11 (2015) 212 f; Stolzlechner, ÖJZ 1990, 294; Wieser, Art 69 B-VG, in Kneihs/Lienbacher (Hg), Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht (2012) Rz 16.
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− Präs oder Vizepräsident des LT, − Bgm oder sonstiges Mitglied eines Gemeindevorstands (Stadtsenates) oder − Obmann oder Mitglied des Ausschusses eines Gemeindeverbands sein. Damit wird das bereits bundes(verfassungs)rechtlich engmaschig geknüpfte Netz aus Unvereinbarkeitsbestimmungen für die Mitglieder der LReg durch Vorschriften des Landesrechts noch weiter verdichtet. Da Regeln über die politische Unvereinbarkeit aus staatsrechtlicher Sicht eine wichtige Bedeutung aus Sicht der Gewaltentrennung zukommt,20 verfolgt der Landesverfassungsgesetzgeber mit dieser weitergehenden institutionellen Entflechtung der LReg das Ziel, dieses Organ und seine Mitglieder aus direkten und indirekten Einfluss-, Abhängigkeits- und Kontrollverhältnissen weitgehend zu befreien, um dadurch die verfassungsrechtlich umfassend zugedachte Entscheidungsfreiheit zu gewährleisten und zu bewahren.21 Korrespondierend zu Art 46 sieht Art 48 Abs 2 lit c TLO 1989 vor, 11 dass ein Mitglied der LReg vorzeitig aus dem Amt scheidet, wenn es eines der genannten Ämter annimmt.22
V. Rechtsfolgen und Kontrolle Die Einhaltung von Inkompatibilitätsregeln ist keine Voraussetzung 12 für die Wahl zum Mitglied der LReg. Sofern bei einem Regierungsmitglied zum Zeitpunkt seines Amtsantritts eine Unvereinbarkeit vorliegt,23 ist es verpflichtet, das entsprechende Amt bzw die entsprechende Funktion zurückzulegen oder sich den Vorschriften über die wirtschaftliche Unvereinbarkeit gem zu verhalten. Die Einhaltung der Regeln über die wirtschaftliche Unvereinbarkeit 13 obliegt dem Immunitäts- und Unvereinbarkeitsausschuss des LT.24 20 21 22 23
Fischer in FS Klecatsky 206. Fischer in FS Klecatsky 206. S hiezu auch Schmid, Art 48 (in diesem Band). Für Bgm tritt gem § 25 Abs 4 TGO im Zeitpunkt der Angelobung als Mitglied der LReg ex lege der Amtsverlust als Bgm bzw sonstiges Mitglied des Gemeindevorstands ein; eine Erklärung auf Amtsverzicht nach § 26 TGO ist vor der Wahl der LReg nicht nötig. 24 S hiezu Bertel, Art 23 (in diesem Band).
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Seine Einrichtung erfolgt auf Grundlage von § 62 Abs 2 und 5 Tir GO LT, nähere Regeln über das Verfahren im Ausschuss enthält das Unvereinbarkeits-G.25 Wenn ein Mitglied der LReg entgegen dem Beschluss des Immunitäts- und Unvereinbarkeitsausschusses eine Berufstätigkeit, die mit dem Amt unvereinbar ist, trotz Versagens der Genehmigung inne hat, kann der LT beim VfGH den Antrag stellen, auf Verlust des Amts oder Mandats zu erkennen.26 14 Da Mitglieder der LReg rechtlich verpflichtet sind, Ämter und Funktionen, deren Bekleidung mit dem Regierungsamt (politisch) unvereinbar ist, zurückzulegen, ist ein gegenteiliges Verhalten rechtswidrig. Für die Einhaltung dieser Pflicht besteht als rechtliche Möglichkeit die Anklageerhebung durch den LT gem Art 142 Abs 1 lit d B-VG an den VfGH wegen einer durch die Amtstätigkeit erfolgten schuldhaften Rechtsverletzung. Daneben stehen die allgemeinen, dem LT zur Verfügung stehenden politischen Kontrollinstrumente zur Verfügung, namentlich die parlamentarische Interpellation, das Misstrauensvotum, das Resolutionsrecht sowie die Möglichkeit, einen Untersuchungsausschuss einzusetzen.
VI. Weitere landesrechtliche Unvereinbarkeits vorschriften 15 In der TLO 1989 ist weiters vorgesehen, dass auch die Funktion des Landesvolksanwalts mit dem Amt als Regierungsmitglied unvereinbar ist (Art 59 Abs 5 TLO 1989). Auf einfachgesetzlicher Ebene bestehen außerdem Unvereinbarkeitsvorschriften für das Amt des Direktors des LRH (§ 9 Abs 2 lit d LRechnungshofG) und für das Amt des Leiters der Kontrollabteilung der Stadt Ibk (§ 74b Abs 2 lit c IbkStadtR).
25 Gesetz vom 30. Juni 1999 über das Verfahren in Fällen der Unvereinbarkeit, LGBl 1999/44 idF LGBl 2019/138. 26 § 10 Abs 1 Unv-Transparenz-G.
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Artikel 47 Gelöbnis der Mitglieder der Landesregierung (1) Vor dem Antritt ihres Amtes haben der Landeshauptmann in die Hand des Landtagspräsidenten die Beachtung der Landesverfassung, der Bundesgesetze und der sonstigen Landesgesetze sowie die gewissenhafte Erfüllung seiner Pflichten, die anderen Mitglieder der Landesregierung in die Hand des Landeshauptmannes die Beachtung der Bundesverfassung und der Landesverfassung, der sonstigen Bundes- und Landesgesetze sowie die gewissenhafte Erfüllung ihrer Pflichten vor dem Landtag zu geloben. Die Beifügung einer religiösen Beteuerung ist zulässig. (2) Die Beachtung der Bundesverfassung hat der Landeshauptmann vor dem Antritt seines Amtes in die Hand des Bundespräsidenten zu geloben (Art. 101 Abs. 4 des Bundes-Verfassungsgesetzes). LGBl samt Erläuterungen: LGBl 1988/61 (X. GP AA 141/88 AB 141/88) Literatur: Köck, Betrachtungen zum Problem des amtlichen Versprechenseides, in Kaluza et al (Hg), Pax et iustitia – FS Kostelecky (1990) 195 ff; Morscher, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer. 7. Tirol (1991) 119; Pernthaler/Lukasser, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer. 8. Vorarlberg (1995) 167 ff; Pesendorfer, Der Landeshauptmann. Historische Entwicklung, Wesen und verfassungsrechtliche Gestalt einer Institution (1986) 52 ff, 145 f, 151 ff; Schwamberger/Ranacher, Tiroler Landesordnung 19896: Kommentar (2017) 92 f; Widder, Form und Funktion politischer Treuegelöbnisse, in Fischer et al (Hg), Dimensionen des Rechts – GS Marcic I (1974) 701 ff
Inhaltsübersicht I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben..................................... 1 II. Entstehungsgeschichte ................................................................. 2 III. Bestimmungen in anderen Landesverfassungen....................... 3 IV. Inhalt................................................................................................ 4 V. Bedeutung....................................................................................... 5 VI. Form und Rechtsfolgen................................................................. 9
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I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben 1 Art 101 Abs 4 B-VG sieht vor, dass der LH vom BPräs und die anderen Mitglieder der LReg vom LH vor Antritt des Amtes auf die Bundesverfassung angelobt werden. Die Beifügung einer religiösen Beteuerung wird für zulässig erklärt.1 Die Vorschriften über die Angelobung der Mitglieder der LReg im B-VG beziehen sich (nur) auf die Einhaltung der bundesverfassungsrechtlichen Vorschriften. Daneben steht es dem Landesverfassungsgesetzgeber frei, eigene Bestimmungen über die Angelobung auf die Landesverfassungen und andere landesrechtliche Vorschriften zu erlassen.2 Dies ist in Art 47 TLO 1989 geschehen.
II. Entstehungsgeschichte 2 Bereits im sehr kurzen, nur neun Paragraphen umfassenden Gesetz über die Einberufung des verfassungsgebenden Landtages von 19193 war eine eigene Vorschrift der Angelobung gewidmet. Nach § 3 leg cit war vorgesehen, dass der neugewählte LH und seine Stellvertreter „an Eidesstat in die Hand des Alterspräsidenten die Beachtung der Gesetze und die gewissenhafte Erfüllung ihrer Pflichten“ geloben. In § 28 TLO 1921 und gleichlautend in § 28 TLO 1953 war vorgesehen, dass die Mitglieder der LReg „vor Antritt ihres Amtes in die Hände des Landeshauptmannes zu geloben [haben], daß sie die Bundes- und Landesverfassung sowie alle Gesetze des Bundes und Landes getreu beobachten werden.“ Die heute in Kraft stehende Fassung geht auf die TLO 1989 zurück. Anders als in den Vorgängerregelungen ist nunmehr auch die Angelobung des LH ausdrücklich landesverfassungsrechtlich geregelt.
III. Bestimmungen in anderen Landes verfassungen 3 Vorschriften über die Angelobung des LH und der übrigen Mitglieder der LReg finden sich auch in anderen Landesverfassungen: Art 54 Bgld 1 2 3
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Eine Verpflichtung, im Zuge der Angelobung ein bestimmtes religiöses Bekenntnis abzugeben, verstößt allerdings gegen Art 9 EMRK; vgl EGMR U 18.02.1999 (GK), 24.645/94 (Buscarini ua gegen San Marino). Koja, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer2 (1988) 298. LGVBl 1919/25.
Gelöbnis der Mitglieder der Landesregierung
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L-VG, Art 50 K-LVG, Art 36 NÖ LV 1979, Art 45 OÖ L-VG, Art 35 Abs 3 Sbg L-VG, Art 37 Abs 6 Stmk L-VG, Art 44 Abs 1 Vbg LV und Art 134 WStV. Die Verfassungen von Sbg, der Stmk und Wien begnügen sich mit der Wiederholung der bundesverfassungsrechtlichen Vorgaben, während in den übrigen Landesverfassungen weitergehende Gelöbnisbestimmungen getroffen wurden.
IV. Inhalt Art 47 TLO 1989 enthält – über die Vorgaben des B-VG hinaus – 4 Vorschriften über die Angelobung des LH auf die Landesverfassung, die BG, die sonstigen LG sowie die gewissenhafte Erfüllung seiner Pflichten.4 Dieses Gelöbnis ist vor Amtsantritt „in die Hand des Landtagspräsidenten“ zu leisten. Für die anderen Mitglieder der LReg wird die Angelobung auf die Bundesverfassung wiederholt und weiters angeordnet, dass sie „in die Hand des Landeshauptmannes die Beachtung […] der Landesverfassung, der sonstigen Bundes- und Landesgesetze sowie die gewissenhafte Erfüllung ihrer Pflichten vor dem Landtag“ geloben. In beiden Fällen ist die Beifügung einer religiösen Beteuerung zulässig.
V. Bedeutung Insofern in Art 47 TLO 1989 die Angelobung auf die Bundesverfassung 5 geregelt wird – nämlich in Abs 2 jene des LH durch den BPräs und in Abs 1 jene der übrigen Mitglieder der LReg durch den LH – handelt es sich um eine bloße Wiederholung bundesverfassungsrechtlicher Vorgaben ohne über das B-VG hinausgehende normative Bedeutung.5 Die politische Funktion der Angelobung ist es, öffentlich die indivi- 6 duelle Bereitschaft des zukünftigen Amtsträgers zu systemkonformem Verhalten zum Ausdruck zu bringen. Da der Staat in seiner Existenz auf die Unterstützung durch seine Organe angewiesen ist und die Effektivität der Rechtsordnung von der Bereitschaft der Vollziehungsorgane abhängt, die Rechtsvorschriften als verbindlich anzusehen, soll 4 Vgl Art 62 Abs 1 B-VG für den BPräs. 5 Die EB führen nur im Hinblick auf Abs 2 aus, dass diese Vorschrift aus Gründen der „Vollständigkeit und Klarheit“ wiederholt wird (EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 78).
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durch das vor Dienstantritt abgegebene Treuegelöbnis das Band zwischen Staat und Amtsträger bekundet und gestärkt werden.6 7 Im Hinblick auf Vorschriften über die Angelobung von Staatsorganen ist die österreichische Verfassungskultur von der „Reinen Rechtslehre“ geprägt. Im B-VG 1920 war in Art 101 Abs 4 (lediglich) vorgesehen, dass der LH und die Mitglieder der LReg auf die Bundesverfassung angelobt werden. Dies unterschied sich von analogen Bestimmungen in anderen Verfassungen, weil sich der Inhalt des Gelöbnisses auf die Rechtspflichten der Organe beschränkte und nicht, wie das sonst üblich war, „die Erfüllung objektiv nicht feststellbarer Moralverpflichtungen, z.B. der Gerechtigkeit“ versprach.7 Erst durch die B-VG-Nov 19298 wurde die Beifügung einer religiösen Beteuerung für zulässig erklärt. 8 In rechtlicher Hinsicht sind eigene Vorschriften, die die Beachtung der Gesetze und die Erfüllung der Dienstpflichten vorschreiben, überflüssig.9 Denn die Bindung der Staatsorgane an das geltende Recht ist mit der Ausübung eines Amts untrennbar verbunden.
VI. Form und Rechtsfolgen 9 Das Gelöbnis ist persönlich zu leisten, und zwar grds mündlich.10 Die gesprochenen Worte müssen exakt dem Inhalt des Art 47 TLO 1989 entsprechen, jedes Ergänzen, Weglassen und Ändern von Worten ist unzulässig. Da gem Art 4 TLO 1989 die deutsche Sprache die Landessprache ist, muss das Gelöbnis auf Deutsch gesprochen werden. Gegen die Wiederholung in einer anderen Sprache bestehen keine Bedenken. Der Gelobende ist zur Beifügung einer religiösen Beteuerung ermächtigt („So wahr mir Gott helfe“), deren Formulierung ihm selbst überlassen bleibt. 6 7
Widder in GS Marcic 701 f. Kelsen/Froehlich/Merkl, Die Bundesverfassung vom 1. Oktober 1920 (1922) 153, zu Art 62 B-VG. 8 BGBl 1929/189. 9 Kelsen, Die Verfassungsgesetze der Republik Deutschösterreich, 3. Teil (1919) 111. 10 Nach hL ist im Fall einer Behinderung eine andere Form der Erklärung zulässig; vgl Frank, Art 62 B-VG, in Kneihs/Lienbacher (Hg), Rill-SchäfferKommentar Bundesverfassungsrecht (2011) Rz 6.
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Gelöbnis der Mitglieder der Landesregierung
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Die Angelobung bildet den Abschluss des Verfahrens zur Einsetzung 10 einer neuen LReg11 und stellt die eigentliche Amtseinsetzung dar.12 Es handelt sich um einen Teilrechtsakt dieses Verfahrens, der nicht selbständig anfechtbar ist. Da die Angelobung Voraussetzung für den Amtsantritt ist (arg „vor dem Antritt“), kommt es nicht zur Amtseinsetzung, wenn das Gelöbnis nicht oder fehlerhaft gesprochen wird.
11 Vgl zur Angelobung der BM Wieser, Art 70 B-VG, in Kneihs/Lienbacher (Hg), Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht (2012) Rz 28. 12 Vgl Art 48 Abs 1 TLO 1989.
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Artikel 48 Amtsdauer, Amtsverzicht (1) Das Amt eines Mitgliedes der Landesregierung beginnt mit der Angelobung und endet mit dem Ablauf der Gesetzgebungsperiode. Die Mitglieder der Landesregierung haben jedoch auch nach dem Ablauf der Gesetzgebungsperiode ihre Geschäfte bis zur Angelobung der Mitglieder der neuen Landesregierung weiterzuführen. (2) Ein Mitglied der Landesregierung scheidet vorzeitig aus dem Amt durch a) Tod, b) Amtsverzicht, c) Angelobung als Mitglied des Nationalrates, des Bundesrates oder der Bundesregierung, Annahme des Amtes des Präsidenten oder eines Vizepräsidenten des Landtages, Angelobung als Bürgermeister oder sonstiges Mitglied eines Gemeindevorstandes (Stadtsenates), Wahl zum Obmann oder zum Mitglied des Ausschusses eines Gemeindeverbandes, d) Abberufung der Landesregierung durch den Landtag nach Art. 64 Abs. 2, e) Misstrauensvotum des Landtages nach Art. 64 Abs. 3, f) ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes, mit dem seine Wahl zum Mitglied der Landesregierung aufgehoben oder für nichtig erklärt oder der Verlust des Amtes ausgesprochen wird. (3) Der Amtsverzicht eines Mitgliedes der Landesregierung ist gegenüber dem Landtagspräsidenten schriftlich zu erklären. Er wird mit dem Einlangen der Verzichtserklärung bei der Landtagsdirektion unwiderruflich und, wenn in der Verzichtserklärung nicht ein späterer Zeitpunkt für das Wirksamwerden angegeben ist, wirksam. (4) Der Landtag hat den Antrag auf Amtsverlust eines Mitgliedes der Landesregierung nach Art. 141 des Bundes-Verfassungsgesetzes zu stellen, wenn dieses nach der Wahl zum Mitglied der Landesregierung seine Wählbarkeit zum Landtag verliert. Gelangt dem 628
Amtsdauer, Amtsverzicht
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Landtagspräsidenten zur Kenntnis, dass ein Mitglied der Landesregierung die Wählbarkeit zum Landtag verloren hat, so hat er dies dem Landtag unverzüglich bekanntzugeben. Der Landtag hat in der nächsten Sitzung über die Einbringung eines Antrages auf Amtsverlust zu beschließen. LGBl samt Erläuterungen: LGBl 1988/61 (X. GP AA 141/88 AB 141/88); LGBl 2017/53 (XVI. GP RV 69/17 AB 69/17) Judikatur: VfSlg 8602/1979 (Amtsdauer) Literatur: Koja, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer2 (1988) 311 f; Morscher, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer. 7. Tirol (1991) 120 ff; Pernthaler/Lukasser, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer. 8. Vorarlberg (1995) 169 f und 175 f; Pesendorfer, Der Landeshauptmann. Historische Entwicklung, Wesen und verfassungsrechtliche Gestalt einer Institution (1986) 51 ff, 63 ff, 100 ff und 105 f; Schwamberger/Ranacher, Tiroler Landesordnung 19896: Kommentar (2017) 94 f
Inhaltsübersicht I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben..................................... 1 II. Entstehungsgeschichte ................................................................. 2 III. Bestimmungen in anderen Landesverfassungen....................... 3 IV. Amtsdauer....................................................................................... 4 V. Ausscheiden aus dem Amt............................................................ 7 A. Tod (lit a)..................................................................................... 8 B. Amtsverzicht (lit b)................................................................... 9 C. Angelobung in anderer Funktion (lit c)................................ 11 D. Abberufung durch den Landtag (lit d).................................. 12 E. Misstrauensvotum (lit e).......................................................... 13 F. Erkenntnis des VfGH (lit f)..................................................... 14
I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben Die Vorschriften über die Amtsdauer und den Amtsverzicht der Mit- 1 glieder der LReg in Art 48 TLO 1989 haben ihre rechtliche Grundlage in der Verfassungsautonomie der Länder. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben gelten hinsichtlich des in Abs 2 lit f bzw Abs 4 geregelten Amtsverlusts in Folge eines Erk des VfGH gem Art 141 und Art 142 B-VG.1 1
S dazu im Folgenden Rz 14 ff.
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II. Entstehungsgeschichte 2 Eine Regelung über die Fortführung der Regierungsgeschäfte bis die neue LReg angelobt ist, wie sie auch im geltenden Recht in Art 48 Abs 1 TLO 1989 vorgesehen ist, enthielten bereits die TLO 1921 und die TLO 1953 (jeweils § 29 Abs 1). In seiner heutigen Form geht Art 48 TLO 1989 im Wesentlichen auf die TLO 1953 zurück. Es wurden damals zur Rechtsklarheit Beginn und Ende des Amtes eines Mitglieds der LReg ausdrücklich festgelegt, die Voraussetzungen, bei deren Vorliegen ein Mitglied der LReg aus dem Amt scheidet, abschließend aufgelistet, und der Amtsverzicht einer Regelung zugeführt.2 Die letzte Änderung von Art 48 TLO 1989 erfolgte durch die TLO-Nov 20173, die eine Anpassung an die neu geschaffenen bundesverfassungsrechtlichen Regelungen über die Wählbarkeit und über ein neues Amtsaberkennungsverfahren vor dem VfGH brachte.4
III. Bestimmungen in anderen Landes verfassungen 3 Mit Art 48 TLO 1989 vergleichbare Bestimmungen über die Amtsdauer und den Amtsverzicht der Mitglieder der LReg finden sich in sämtlichen Landesverfassungen, konkret in Art 56 Abs 6 und 58 Bgld L-VG, Art 52 K-LVG, Art 37 und 38 NÖ LV 1979, Art 43 Abs 4 und 5 und Art 44 OÖ L-VG, Art 34 Abs 2 und Art 39 Sbg L-VG, Art 38 Stmk L-VG; Art 45, 48 und 49 Abs 2 Vbg LV, § 35 Abs 2 WStV.
IV. Amtsdauer 4 Nach Art 48 Abs 1 erster Satz TLO 1989 beginnt das Amt des Mitglieds der LReg mit der Angelobung. Während der Beginn der Amtszeit für die übrigen Mitglieder der LReg damit eindeutig festgelegt ist, stellt sich für den LH die Frage, wann sein Amtsantritt genau erfolgt. Denn er wird zweimal, einmal vom BPräs und einmal vom LTPräs, angelobt. Pesendorfer vertritt gestützt auf den Wortlaut die Ansicht, dass erst nach beiden Angelobungen der Amtsantritt erfolge. Denn die Be2 3 4
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Vgl EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 78 f. LGBl 2017/53. S dazu Rz 1.
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stimmung nehme hier keine Differenzierung vor.5 Dass der Landesverfassungsgesetzgeber in Art 48 Abs 1 TLO 1989 (auch) an die Angelobung des LH durch den BPräs anknüpfen wollte, trifft allerdings nicht zu. Die Angelobung ist in Art 47 TLO 1989 ja so geregelt, dass zunächst der LH vom LTPräs und dann die anderen Mitglieder der LReg vom LH angelobt werden. Wenn das Amt des LH nicht schon nach der Angelobung durch den LTPräs, sondern erst mit der (irgendwann später stattfindenden) Angelobung durch den BPräs beginnen würde, dann könnte er die Angelobung der anderen Mitglieder der LReg mangels Innehabung des Amts als LH gar nicht vornehmen. Ganz unzweifelhaft meint daher „Angelobung“ in Art 48 Abs 1 erster Satz TLO 1989 im Hinblick auf den LH die Angelobung durch den LTPräs. Nach Ansicht des VfGH kann es als ein allgemeiner Grundgedanke 5 angesehen werden, dass auch die Amtsdauer der LReg im Falle des normalen Ablaufs der GP des LT bis zur Wahl der neuen LReg währt.6 Seine rechtliche Grundlegung findet diese Überlegung in Art 48 Abs 1 zweiter Satz TLO 1989, wo die Weiterführung der Geschäfte durch die LReg nach dem Ablauf der GP bis zur Angelobung der Mitglieder der neuen LReg geregelt ist. Eines besonderen Betrauungsakts – wie für die BReg in Art 71 B-VG vorgesehen – bedarf es für die Fortführung der Amtsgeschäfte durch die einstweilige LReg nicht, die Ermächtigung und Verpflichtung dazu gilt ex lege. Übergangsregeln wie jene des Art 48 Abs 1 zweiter Satz TLO 1989 zie- 6 len darauf ab, eine lückenlose Besetzung der obersten Verwaltungsorgane zu gewährleisten. Dadurch soll die Funktionsfähigkeit der LReg jederzeit gesichert und ein Vakuum an der politisch wichtigsten Verwaltungsspitze vermieden werden.7
V. Ausscheiden aus dem Amt Die bundes(verfassungs)gesetzlich und landesverfassungsgesetzlich ge- 7 regelten Fälle, bei deren Eintritt ein Mitglied der LReg vorzeitig aus 5 6 7
Pesendorfer, Landeshauptmann 64 f. VfSlg 8602/1979. Walter, Österreichisches Bundesverfassungsrecht (1972) 480; Grabenwarter, Art 38 Stmk L-VG, in ders (Hg), Steiermärkische Landesverfassung (2013) Rz 8. Dennoch gibt es wegen der nach der Angelobung der neuen LReg nötigen Neuerlassung der Geschäftsverteilung bis zu deren Inkrafttreten einen Zeitraum, in dem es keine zuständigen Mitglieder der LReg gibt.
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dem Amt ausscheidet, sind in der TLO abschließend aufgelistet. Systematisch kann der zweite Fall der lit f von den übrigen Fällen unterschieden werden, weil das Ausscheiden hier nicht ex consitutione eintritt, sondern nach Durchführung eines Amtsaberkennungsverfahrens mit Erk des VfGH ausgesprochen wird.
A. Tod (lit a) 8 Dass das Amtsende mit dem Tod eintritt, bedürfte keiner eigenen Regelung, weil die Bestellung als Verbindung zwischen Amt und Amtsträger stets ad personam erfolgt. Die Erwähnung des Todesfalls in Art 48 Abs 2 lit a dient daher der Vollständigkeit der Ausscheidensgründe. Eine günstige Gelegenheit zur Aufnahme bot sich durch die TLO-Nov 20178, weil durch den Entfall einer Z eine Lücke entstand.9
B. Amtsverzicht (lit b) 9 Der Amtsverzicht als Rücktritt aus der Organwalterstellung wird grds als allgemein zulässig erachtet, weil die bloß organisationsrechtliche Bestellung keine (durchsetzbare) Pflicht zur Amtsausübung begründet.10 Dennoch ist das Ausscheiden aus dem Amt durch Amtsverzicht in Art 48 Abs 2 lit b TLO 1989 aufgelistet und in Abs 3 näher ausgeführt. Die Regelung ist am Mandatsverzicht gem Art 34 Abs 5 TLO 1989 orientiert.11 Eine Verzichtserklärung zieht die Rechtsfolge des Ausscheidens aus dem Amt nur dann nach sich, wenn sie die vorgesehenen Bedingungen erfüllt. Demnach muss sie − in Schriftform und unterschrieben abgegeben werden,12 − tatsächlich beim LTPräs als dem für den Empfang zuständigen Organ einlangen13 und − den Wunsch auf Ausscheiden aus dem Amt unzweifelhaft zum Ausdruck bringen. 8 9 10 11 12
LGBl 2017/53. EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 2017/53, Tir LT XVI. GP, GZ 69/17, 3 f. B. Raschauer, Allgemeines Verwaltungsrecht5 (2017) 448. EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 79. Das bedeutet konkret, dass neben der Briefform etwa auch die Übermittlung per Fax oder als eingescanntes Schreiben im Anhang eines E-Mails zulässig ist. 13 Kraft ausdrücklicher Anordnung genügt das Einlangen beim Hilfsapparat des LTPräs, der Landtagsdirektion; eine persönliche Entgegennahme durch den LTPräs ist nicht vorgesehen.
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Amtsdauer, Amtsverzicht
Art 48
Sind diese Voraussetzungen erfüllt, entfaltet die Erklärung mit dem Einlangen bei der Landtagsdirektion ihre Wirkung, dh, das betreffende Mitglied der LReg ist – inklusive aller damit verbundenen Rechtsfolgen – aus dem Amt ausgeschieden. Art 48 Abs 3 TLO 1989 sieht die Möglichkeit vor, dass in der Verzichts- 10 erklärung ein späterer Zeitpunkt für ihr Wirksamwerden angegeben wird. Diese Bestimmung ist so zu verstehen, dass das Eintreten der Rechtsfolgen – befristungsgleich – nur von einem künftigen gewissen Ereignis (konkretes Datum) abhängig gemacht werden darf, nicht aber – bedingungsgleich – von einem bestimmten ungewissen Ereignis. Denn über die Innehabung eines Regierungsamts muss zu jedem Zeitpunkt Klarheit herrschen, sodass Art 48 Abs 3 TLO 1989 idS eingeschränkt zu verstehen ist.14
C. Angelobung in anderer Funktion (lit c) Das Ausscheiden aus dem Amt erfolgt weiters, wenn ein Mitglied der 11 LReg als Mitglied des NR, des BR oder der BReg angelobt wird, das Amt des Präs oder eines Vizepräsidenten des LT annimmt, als Bgm oder sonstiges Mitglied eines Gemeindevorstands (Stadtsenats) angelobt wird oder zum Obmann oder zum Mitglied des Ausschusses eines Gemeindeverbands gewählt wird. Diese Vorschrift korrespondiert mit der Unvereinbarkeitsbestimmung des Art 46 TLO 1989. Das Ausscheiden aus dem Regierungsamt erfolgt konkret mit dem Antritt des neuen Amts, also mit der Angelobung oder der Annahme einer Wahl.
D. Abberufung durch den Landtag (lit d) Gem Art 64 Abs 2 TLO 1989 hat der LT die LReg mit Beschluss 12 abzuberufen, wenn ihre Mitglieder binnen vier Wochen nach der Wahl der LReg zu keiner Einigung über die Geschäftsverteilung gelangen. Schon aus dieser Bestimmung ergibt sich, dass mit einem solchen Beschluss des LT ein Ausscheiden aus dem Amt als Mitglied der LReg einhergeht. Art 48 Abs 2 lit d TLO 1989 wiederholt daher nur diese Rechtsfolge.
14 S allerdings den Hinweis oben in FN 6.
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Art 48
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E. Misstrauensvotum (lit e) 13 Bereits Art 64 Abs 3 TLO 1989 ordnet an, dass im Fall eines Misstrauensvotums die LReg oder das betroffene Mitglied aus dem Amt ausscheidet. In Art 48 Abs 2 lit e TLO 1989 wird diese Rechtsfolge wiederholt.
F. Erkenntnis des VfGH (lit f) 14 Art 48 Abs 2 lit f TLO 1989 umfasst drei Fälle, in denen nach Durchführung eines Verfahrens vor dem VfGH ein Ausscheiden aus dem Amt erfolgt: die Aufhebung oder Nichtigerklärung der Wahl zum Mitglied der LReg (Art 141 Abs 1 lit b B-VG), den Ausspruch des Verlusts des Amtes nach Verlust der Wählbarkeit (Art 141 Abs 1 lit f B-VG) und den Ausspruch des Verlusts des Amtes infolge einer durch die Amtstätigkeit erfolgten schuldhaften Rechtsverletzung (Art 142 Abs 1 lit d und e B-VG). 15 Die Aufhebung oder Nichtigerklärung einer Wahl zum Mitglied der LReg durch den VfGH hat ihre Grundlage in Art 141 Abs 1 lit b B-VG und in § 70 VfGG. Etwas missverständlich ordnet § 70 Abs 5 VfGG an, dass jene Personen, deren Wahl durch das Erk aufgehoben wird oder als nichtig anzusehen ist, sich nach Zustellung der Entscheidung „der Führung der Geschäfte in der Landesregierung […] zu enthalten“ haben. Dass damit nur das endgültige Erlöschen, also das Ausscheiden aus dem Amt gemeint sein kann, ergibt sich daraus, dass § 70 Abs 5 VfGG auch die Nichtigerklärung mangels Wählbarkeit mitumfasst. Ein Ruhen der Amtsausübung scheint in einem solchen Fall ausgeschlossen.15 Das Ausscheiden aus dem Amt im Fall der Aufhebung oder Nichtigerklärung einer Wahl zum Mitglied der LReg ist daher schon bundesgesetzlich angeordnet und wird von Art 48 Abs 2 lit f erster Fall TLO 1989 wiederholt. 16 Die Kompetenz des VfGH, auf Antrag des LT den Verlust des Amtes wegen des Wegfalls der Wählbarkeit auszusprechen (Art 141 Abs 1 lit f B-VG) wurde durch die B-VG-Nov 201616 eingeführt. Durch diese Nov wurden die Bestimmungen über die Wählbarkeit verschärft und die Rechtsfolgen des Mandats- bzw Amtsverlusts bei Wegfall der Wähl15 S Walter, Bundesverfassungsrecht 758. 16 BGBl I 2016/41.
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Amtsdauer, Amtsverzicht
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barkeit auf alle obersten Organe der Vollziehung ausgedehnt. Ein neu geschaffenes Amtsaberkennungsverfahren für die obersten Vollziehungsorgane auf Bundesebene sollte auch auf die obersten Organe der Vollziehung auf Landesebene Anwendung finden.17 So wie ein Mitglied des NR oder eines LT durch ein Erk des VfGH seines Mandats für verlustig erklärt werden kann, wenn es während der Legislaturperiode die Wählbarkeit zum NR bzw zum LT verliert, sollen auch die höchsten Organe der Vollziehung – und damit auch die Mitglieder der LReg – durch Erk des VfGH ihres Amtes für verlustig erklärt werden, wenn sie während ihrer Amtsführung auf Grund einer strafgerichtlichen Verurteilung die Wählbarkeit verlieren.18 Das Aberkennungsverfahren gem Art 141 Abs 1 lit f B-VG betrifft daher (derzeit) nur den Wegfall der Wählbarkeit eines Mitglieds der LReg.19 Kraft ausdrücklicher Anordnung muss die Wählbarkeit „nach der Wahl 17 zum Mitglied der LReg“ weggefallen sein (Art 48 Abs 4 TLO 1989), also während der Ausübung der Amtstätigkeit eintreten. Die Verpflichtung des LTPräs, eine ihm zugekommene Information über den Verlust der Wählbarkeit „unverzüglich“ dem LT bekanntzugeben, bedeutet, dass die Bekanntgabe ohne weitere Zwischenschritte zu geschehen hat. Der dritte Fall des Art 48 Abs 2 lit f TLO 1989 betrifft den Ausspruch 18 des Verlusts des Amtes durch den VfGH in Folge einer durch die Amtstätigkeit erfolgten schuldhaften Rechtsverletzung (Art 142 Abs 1 lit d und e B-VG). Ein verurteilendes Erk nach Art 142 B-VG hat „auf Verlust des Amtes“ zu lauten.20 Damit steht außer Zweifel, dass die Nennung in Art 48 Abs 2 lit f TLO 1989 wiederholenden Charakter hat, weil diese Rechtsfolge des Erk des VfGH bereits bundesverfassungsrechtlich angeordnet ist. Neben der allgemeinen Ermächtigung in Art 142 B-VG ist der LT durch § 10 Unv-Transparenz-G21 ermächtigt, bei einem Verstoß gegen dieses Gesetz beim VfGH gem Art 142 B-VG einen Antrag auf Verlust des Amtes zu stellen.
17 IA 1470/A BlgNR XXV. GP, 6 f. 18 IA 1470/A BlgNR XXV. GP, 9. 19 Vgl Schwamberger/Ranacher, Landesordnung 94 f. 20 Art 142 Abs 4 B-VG. 21 Bundesgesetz über die Transparenz und Unvereinbarkeiten für oberste Organe und sonstige öffentliche Funktionäre (Unvereinbarkeits- und Transparenz-Gesetz), BGBl 1983/330 idF BGBl I 2017/138.
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Artikel 49 Neuwahl, Nachwahl, Ergänzungswahl (1) Ist die gesamte Landesregierung vorzeitig aus dem Amt geschieden, so hat der Landtag unverzüglich die Neuwahl durchzuführen. Ist ein einzelnes Mitglied der Landesregierung vorzeitig aus dem Amt geschieden, so hat der Landtag unverzüglich die Nachwahl durchzuführen, soweit sich aus Abs. 2 nichts anderes ergibt. (2) Der Landtag kann von einer Nachwahl absehen, wenn a) ein Landesrat vorzeitig aus dem Amt geschieden ist oder b) ein Landeshauptmannstellvertreter vorzeitig aus dem Amt geschieden ist und ein Landesrat zu seinem Nachfolger gewählt wird, sofern dadurch nicht die Mindestanzahl an Landesräten nach Art. 44 Abs. 4 unterschritten wird. (3) Der Landtag hat weiters eine Neuwahl der gesamten Landesregierung durchzuführen, wenn a) der Landeshauptmann auf Grund eines Mißtrauensvotums vorzeitig aus dem Amt geschieden ist oder b) durch eine Nachwahl oder die Wahl eines zusätzlichen Landesrates (Ergänzungswahl) eine Änderung darin eintreten würde, welche der im Landtag vertretenen Wählergruppen in der Landesregierung vertreten sind. (4) Für das Vorschlagsrecht der Wählergruppen bei Neuwahlen, Nachwahlen und Ergänzungswahlen gilt Art. 45 Abs. 4 sinngemäß. (5) Ist die gesamte Landesregierung vorzeitig aus dem Amt geschieden, so hat sie die Geschäfte bis zur Angelobung der Mitglieder der neuen Landesregierung weiterzuführen. LGBl samt Erläuterungen: LGBl 1988/61 (X. GP AA 141/88 AB 141/88); LGBl 1998/104 (XII. GP RV 230/98 AB 230/98) Literatur: Morscher, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer. 7. Tirol (1991) 122; Pernthaler/Lukasser, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer. 8. Vorarlberg (1995) 176 f; Schwamberger/Ranacher, Tiroler Landesordnung 19896: Kommentar (2017) 95 f
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Neuwahl, Nachwahl, Ergänzungswahl
Art 49
Inhaltsübersicht I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben.................................... 1 II. Entstehungsgeschichte................................................................ 2 III. Bestimmungen in anderen Landesverfassungen..................... 4 IV. Vorzeitiges Ausscheiden (Abs 1)................................................. 5 V. Neu- und Nachwahltatbestände................................................ 7 VI. Absehen von der Nachwahl (Abs 2).......................................... 8 VII. Weiterführung der Amtsgeschäfte............................................. 10
I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben Bundesverfassungsgesetzlich ist lediglich vorgeschrieben, dass die 1 LReg vom LT zu wählen ist (Art 101 Abs 1 B-VG). Bei der Ausgestaltung des Wahlverfahrens ist der Gestaltungsspielraum des Landesverfassungsgesetzgebers nach stRsp des VfGH weit, er verfügt über die Zuständigkeit, nähere Determinierungen bezüglich der Wahl zu treffen.1
II. Entstehungsgeschichte In § 29 Abs 2 TLO 1921 war vorgesehen, dass im Fall eines Rücktritts 2 der LReg oder einzelner ihrer Mitglieder, diese die Geschäfte bis zur Wahl und Angelobung ihrer Nachfolger weiterzuführen haben. Diese Regelung wurde unverändert in § 29 Abs 2 TLO 1953 übernommen. IdF der TLO 1989 hatte Art 49 folgenden Wortlaut: „(1) Ist die Landesregierung vorzeitig aus dem Amt geschieden, so hat der Landtag unverzüglich die Neuwahl durchzuführen. Ist ein einzelnes Mitglied der Landesregierung vorzeitig aus dem Amt geschieden, so hat der Landtag unverzüglich die Nachwahl durchzuführen. (2) Wurde die Landesregierung durch den Landtag nach Art. 64 Abs. 2 abberufen, so ist die Neuwahl ohne Vorschläge der Parteien nach Art. 45 Abs. 2 durchzuführen. (3) Ist die gesamte Landesregierung vorzeitig aus dem Amt geschieden, so hat sie die Geschäfte bis zur Angelobung der Mitglieder der neuen Landesregierung weiterzuführen.“ Im Zuge der Einführung eines Mehrheitswahlsystems für die LReg 3 durch LGBl 1998/104 wurde auch Art 49 TLO 1989 neu gefasst und 1
VfSlg 5676/1968, 6277/1970, 11.669/1988, 12.229/1989, 13.076/1992.
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erhielt den heute noch in Geltung stehenden Wortlaut. Die EB führen dazu aus:2 „Die Regelungen über die Neuwahl der und die Nachwahl in die Landesregierung erfahren ebenfalls eine wesentliche Änderung. Weiters wird noch die Möglichkeit einer Ergänzungswahl vorgesehen. Nach der derzeitigen Rechtslage ist bei vorzeitigem Ausscheiden der gesamten Landesregierung oder eines einzelnen Mitgliedes unverzüglich die Neuwahl bzw. die Nachwahl durchzuführen. Nach dem Entwurf soll eine Nachwahl dann nicht mehr zwingend durchzuführen sein, wenn ein Landesrat vorzeitig aus dem Amt geschieden ist oder wenn ein Landeshauptmannstellvertreter vorzeitig ausgeschieden ist und ein Landesrat an seine Stelle nachrückt. Ein Absehen von einer Nachwahl ist in solchen Fällen jedoch nur zulässig, wenn hiedurch die Mindestanzahl von zwei Landesräten nicht unterschritten wird. Eine Neuwahl soll nach dem Entwurf nicht nur (wie bisher) bei vorzeitigem Ausscheiden der gesamten Landesregierung erfolgen, sondern auch dann, wenn der Landeshauptmann durch ein Mißtrauensvotum sein Amt verliert oder wenn durch die Nachwahl für ein ausgeschiedenes Mitglied der Landesregierung oder durch die Aufnahme eines zusätzlichen Mitgliedes in die Landesregierung (Ergänzungswahl) eine Änderung dahingehend eintreten würde, daß andere Parteien als vorher in der Landesregierung vertreten wären. Ein solcher Fall könnte etwa dann eintreten, wenn bei Zerbrechen einer Koalitionsmehrheit von einer neuen Mehrheit im Landtag entweder einzelne Mitglieder der Landesregierung durch Vertreter von Parteien, die bisher nicht in der Landesregierung vertreten waren, ausgetauscht würden oder wenn durch eine Ergänzungswahl ein Vertreter einer Partei in die Landesregierung aufgenommen würde, die bisher nicht in der Landesregierung vertreten war. Für die Wahlvorschläge für Neuwahlen, Nachwahlen oder Ergänzungswahlen sollen die gleichen Unterstützungserfordernisse gelten wie für die Neuwahl der Landesregierung bei der Konstituierung, d.h., daß auch hier jede Partei einen Wahlvorschlag, der von mehr als der Hälfte ihrer Abgeordneten unterfertigt sein muß, einbringen kann.“
2
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EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 1998/104, Tir LT XII. GP, GZ 270/98, 12 f.
Neuwahl, Nachwahl, Ergänzungswahl
Art 49
III. Bestimmungen in anderen Landes verfassungen Bestimmungen über die Neu- und Nachwahl finden sich in anderen 4 Landesverfassungen in Art 58 Bgld L-VG, Art 52 Abs 4 K-LVG, Art 38 NÖ LV 1979, Art 46 Abs 3 OÖ L-VG, Art 39 Abs 4 und Art 40 Sbg L-VG, Art 38a Stmk L-VG, Art 49 Vbg LV und Art 38 Abs 3 WStV.
IV. Vorzeitiges Ausscheiden (Abs 1) Regulär endet das Amt des Mitglieds der LReg mit dem Ablauf der 5 GP.3 Die Vorschriften über Neu-, Nach- und Ergänzungswahl in Art 49 TLO 1989 regeln den Fall eines vorzeitigen Ausscheidens aus dem Amt. Dabei bezieht sich die Neuwahl auf den Fall, dass sämtliche Mitglieder der LReg aus dem Amt ausscheiden, die Nachwahl betrifft das vorzeitige Ausscheiden eines oder mehrerer Mitglieder der LReg4 und mit der Ergänzungswahl wird ein zusätzliches Mitglied in die LReg aufgenommen.5 „Unverzüglich“ in Art 49 Abs 1 TLO 1989 ist ein unbestimmter 6 Rechtsbegriff und bedeutet ganz allgemein „umgehend“ und „ohne Zeitverzug“. Die Regel ist vom Gedanken getragen, dass eine lückenlose Besetzung der obersten Verwaltungsorgane gewährleistet und die Funktionsfähigkeit der LReg jederzeit gesichert ist.6 Eine fixe Frist, innerhalb der die Neu- bzw Nachwahl durchzuführen ist, wird damit aber nicht angeordnet. Vielmehr ist die in der jeweiligen Situation gebotene Zügigkeit bei der Vornahme der Wahl vorgeschrieben. Im Fall des Amtsverzichts eines Mitglieds der LReg wird der LT idR nach dem Wirksamwerden eines Amtsverzichts für die Nachwahl extra einzuberufen sein. Aus Art 49 Abs 1 TLO 1989 ergibt sich, dass der LT möglichst rasch zur Durchführung der Nachwahl einzuberufen ist, dh auch während der sitzungsfreien Zeit gem Art 24 Abs 2 TLO 1989. In diesem Fall ist ein Zeitraum von einigen Tagen für die Durchführung der Wahl als „unverzüglich“ anzusehen. Diese muss dann allerdings ohne Dazwischentreten anderer Verhandlungsgegenstände durchgeführt 3 Art 48 Abs 1 iVm Art 18 TLO 1989. 4 Vgl EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 79. 5 So EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 1998/104, Tir LT XII. GP, GZ 270/98, 12. 6 Vgl Schmid, Art 48 (in diesem Band) Rz 6.
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Art 49
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werden. Wenn hingegen ein Misstrauensvotum (Art 64 Abs 3 TLO 1989) Grund für die Neu- oder Nachwahl ist, dann heißt „unverzüglich“, dass noch in derselben Sitzung, in der ein Misstrauensantrag angenommen wird, die Wahl durchzuführen ist. Die Vorbereitung auf eine sich abzeichnende Neu- oder Nachwahl wird durch die Vertagung der Abstimmung über den Misstrauensantrag gem Art 64 Abs 3 letzter Satz TLO 1989 ermöglicht.7
V. Neu- und Nachwahltatbestände 7 Die Tatbestände des vorzeitigen Ausscheidens, die gem Art 49 Abs 1 TLO 1989 zu Neu- und Nachwahlen führen, sind in Art 48 Abs 2 TLO 1989 abschließend aufgelistet.8 Darüber hinaus sind Neuwahlen gem Abs 3 auch dann durchzuführen, wenn − der LH auf Grund eines Misstrauensvotums vorzeitig aus dem Amt geschieden ist oder − durch eine Nachwahl oder die Wahl eines zusätzlichen Landesrates (Ergänzungswahl) eine Änderung darin eintreten würde, welche der im LT vertretenen Wählergruppen in der LReg vertreten sind. Demnach wird ein Misstrauensvotum des LT gegenüber dem LH anders behandelt als gegenüber einem sonstigen Mitglied der LReg. Denn im ersten Fall führt das Misstrauensvotum zu einer Neuwahl, bewirkt also das Ausscheiden der gesamten LReg, während bei einem erfolgreichen Misstrauensantrag gegen ein sonstiges Mitglied der LReg nur dieses ausscheidet und allenfalls durch Nachwahl ersetzt wird. Der zweite in Art 49 Abs 3 TLO 1989 genannte Tatbestand sieht eine Neuwahl vor, wenn durch eine Nach- oder Ergänzungswahl eine Partei in der LReg vertreten wäre, die zuvor, also in Folge der vor der Nach- oder Ergänzungswahl durchgeführten Neuwahl, nicht in der LReg vertreten war.
VI. Absehen von der Nachwahl (Abs 2) 8 Während die Neuwahltatbestände unbedingt vorgeschrieben sind, werden für die Nachwahl in Abs 2 Ausnahmemöglichkeiten vorgesehen. Im Fall des Ausscheidens eines Landesrats (lit a) oder eines LHStv bei 7 8
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S dazu Wallnöfer, Art 64 (in diesem Band) Rz 7. S dazu Schmid, Art 48 (in diesem Band) Rz 7 ff.
Neuwahl, Nachwahl, Ergänzungswahl
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gleichzeitiger Nachwahl eines Landesrats zu seinem Nachfolger (lit b) kann der LT im Hinblick auf das vakant gewordene Amt von einer Nachwahl absehen, „sofern dadurch nicht die Mindestzahl an Landesräten nach Art. 44 Abs. 4 unterschritten wird.“ Neben dem LH besteht die LReg aus dem ersten und dem zweiten LHStv sowie mindestens zwei (und höchstens fünf) weiteren Mitgliedern. Art 49 Abs 2 lit b TLO 1989 kommt nur zur Anwendung, wenn der 9 ausgeschiedene LHStv durch einen Landesrat der amtierenden LReg ersetzt wird, nicht aber, wenn beabsichtigt ist, eine neue, „externe“ Person in diese Position zu wählen.
VII. Weiterführung der Amtsgeschäfte Abs 5 bezieht sich auf den Fall, dass die gesamte LReg vorzeitig aus 10 dem Amt geschieden ist. Wenn nur einzelne Mitglieder der LReg ausscheiden, gelten die Vorschriften über die Vertretung der Mitglieder der LReg gem Art 50 TLO 1989.9 Da weder bundes- noch landesverfassungsgesetzlich eine entsprechen- 11 de Einschränkung angeordnet ist, hat die gesetzlich mit der Weiterführung der Amtsgeschäfte betraute LReg dieselben Befugnisse wie die definitive Regierung.10
9 EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 80. 10 So der VfGH für die prov BReg (VfSlg 1208/1929).
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Artikel 50 Vertretung der Mitglieder der Landesregierung (1) Ist der Landeshauptmann verhindert oder vorzeitig aus dem Amt geschieden, so wird er in den Angelegenheiten der Landesverwaltung durch den ersten Landeshauptmannstellvertreter, ist jedoch auch dieser verhindert oder vorzeitig aus dem Amt geschieden, durch den zweiten Landeshauptmannstellvertreter vertreten. Sind der erste und der zweite Landeshauptmannstellvertreter verhindert oder vorzeitig aus dem Amt geschieden, so wird der Landeshauptmann durch das an Jahren älteste der übrigen Mitglieder der Landesregierung vertreten. (2) In den Angelegenheiten der mittelbaren Bundesverwaltung und der dem Landeshauptmann übertragenen Verwaltung von Bundesvermögen wird der Landeshauptmann durch das von der Landesregierung nach Art. 105 des Bundes-Verfassungsgesetzes bestimmte Mitglied der Landesregierung vertreten. Der Landeshauptmann hat diese Bestellung unverzüglich dem Bundeskanzler bekanntzugeben. (3) Ist ein anderes Mitglied der Landesregierung verhindert oder vorzeitig aus dem Amt geschieden, so wird es durch das auf seinen Vorschlag vom Landeshauptmann hiezu bestimmte Mitglied der Landesregierung vertreten. Eines Vorschlages bedarf es nicht, wenn die Vertretung auf Grund von Umständen notwendig wird, unter denen die Erstattung eines Vorschlages nicht möglich ist, oder wenn ein Vorschlag trotz Aufforderung durch den Landeshauptmann nicht unverzüglich erstattet wurde. LGBl samt Erläuterungen: LGBl 1988/61 (X. GP AA 141/88 AB 141/88) Literatur: Koja, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer2 (1988) 287 ff; Morscher, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer. 7. Tirol (1991) 123 f; Pernthaler/Lukasser, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer. 8. Vorarlberg (1995) 165 ff; Pesendorfer, Der Landeshauptmann. Historische Entwicklung, Wesen und verfassungsrechtliche Gestalt einer Institution (1986) 93 ff; Schwamberger/Ranacher, Tiroler Landesordnung 19896: Kommentar (2017) 96 f; Weber, Die mittelbare Bundesverwaltung (1987) 11, 142, 164
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Vertretung der Mitglieder der Landesregierung
Art 50
Inhaltsübersicht I. Vorbemerkungen........................................................................... 1 II. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben..................................... 5 III. Entstehungsgeschichte ................................................................. 6 IV. Bestimmungen in anderen Landesverfassungen....................... 7 V. Beginn und Ende............................................................................ 8 VI. Umfang............................................................................................ 12
I. Vorbemerkungen Die Regelung der Vertretung der Mitglieder der LReg in Art 50 TLO 1 1989 erfolgt in einem komplexen (organisations-)rechtlichen Rahmen. Um die Vorschrift zu verstehen, müssen grds und wesentliche Unterscheidungen vorausgesetzt und mitgedacht werden. Die Vertretungsregel des Art 50 TLO 1989 betrifft erstens nur den Ver- 2 hinderungsfall und das vorzeitige Ausscheiden aus dem Amt. Nicht mitumfasst ist hingegen die „reguläre“ Vertretung iSd Betrauung eines (Hilfs-)Organs mit der Erledigung von Angelegenheiten. Diese ist im BVG ÄmterLReg und in Art 58 TLO 1989 geregelt. Davon ausgehend ist zweitens zwischen der Vertretung des LH im 3 Verhinderungsfall sowie bei vorzeitigem Ausscheiden aus dem Amt einerseits (Art 50 Abs 1 und 2 TLO 1989) und der Vertretung der sonstigen Mitglieder der LReg andererseits (Art 50 Abs 3 TLO 1989) zu unterscheiden. Die Unterscheidung basiert auf bundesverfassungsrechtlichen Vorgaben.1 Schließlich ist drittens – nur im Hinblick auf den LH – zwischen der 4 Vertretung in Angelegenheiten der Landesverwaltung (Art 50 Abs 1 TLO 1989) und jener in Angelegenheiten der mittelbaren Bundesverwaltung und der sog Auftragsverwaltung (Art 50 Abs 2 TLO 1989) zu unterscheiden. Auch hier ergibt sich die Trennung aus Vorgaben des B-VG.
1
S dazu sogleich.
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II. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben 5 Bundesverfassungsrechtlich vorgegeben ist die Vertretung des LH in Angelegenheiten der mittelbaren Bundesverwaltung. Nach Art 105 Abs 1 B-VG wird er hier durch das von der LReg bestimmte Mitglied vertreten. Diese Vertretungsregel gilt auch für den Fall, dass ein BM die Verwaltung von Bundesvermögen („Auftragsverwaltung“) gem Art 104 Abs 2 B-VG auf den LH übertragen hat.2 Auch, dass diese Bestellung unverzüglich dem BK bekanntzugeben ist, sieht bereits Art 105 Abs 1 B-VG vor.
III. Entstehungsgeschichte 6 Bis zur TLO 1989 wurde die Vertretung der Mitglieder der LReg nur in der Tir GO LReg geregelt.3 Mit der TLO 1989 wurden diese Vorschriften und auch das relevante Bundesverfassungsrecht in die Landesverfassung übernommen, ohne dass inhaltliche Neuerungen damit einhergingen.
2 3
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Schwamberger/Ranacher, Landesordnung 97. EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 80.
Vertretung der Mitglieder der Landesregierung
Art 50
IV. Bestimmungen in anderen Landes verfassungen Bestimmungen über die Vertretung der Mitglieder der LReg sind nur 7 tw und in unterschiedlicher Detailliertheit in den anderen Landesverfassungen enthalten. Meist finden sich entsprechende Vorschriften in den GO LReg. Landesverfassungsrechtlich einschlägig sind Art 55 Bgld L-VG, Art 46 K-LVG, Art 40 NÖ LV 1979, Art 46 OÖ L-VG, Art 37 Abs 2 Sbg L-VG, Art 38a Abs 4 Stmk L-VG, Art 43 Vbg LV und Art 132 iVm Art 38 Abs 1 WStV.
V. Beginn und Ende Die Vertretung des LH ist in Art 50 Abs 1 und 2 TLO 1989 gesetzlich 8 geregelt. Mit Eintritt des Vertretungsfalls (Verhinderung oder vorzeitiges Ausscheiden) beginnt ex lege die Vertretung durch den ersten LHStv, ist auch dieser verhindert durch den zweiten LHStv, sind beide verhindert oder vorzeitig aus dem Amt geschieden, durch das an Jahren älteste der übrigen Mitglieder der LReg (Abs 1) bzw durch das von der LReg nach Art 105 B-VG bestimmte Mitglied der LReg (Abs 2). Nach der Rsp des VwGH ist Verhinderung als Voraussetzung für den 9 Vertretungsfall jede tatsächliche oder rechtliche Unmöglichkeit, die konkrete Aufgabe wahrzunehmen, deren Erfüllung dem Amtsinhaber obliegt.4 Nach den Grundsätzen des allgemeinen Verwaltungsrechts kann eine Verhinderung nur dann gegeben sein, wenn eine im Amt stehende Person die Ausübung ihres Amtes nicht wahrzunehmen vermag, nicht aber im Fall der Vakanz einer Stelle.5 Die Verhinderungsgründe können vielfältiger Art sein. Der „klassische“ Verhinderungsgrund ist die körperliche Abwesenheit. Ob diese Abwesenheit auf Urlaub, Dienstbefreiung, Dienstreise, Krankheit oder anderen Gründen beruht, ist für den Vertretungsfall ohne Bedeutung. Eine „Verhinderung“ trotz Anwesenheit im Amt wird rechtens kaum möglich sein. Wer ein anderes Mitglied der LReg vertritt, „bestimmt“ der LH auf 10 Vorschlag des verhinderten bzw ausscheidenden Mitglieds der LReg. Hier beginnt die Vertretung mit der „Bestimmung“ durch den LH. Fraglich ist, wie diese „Bestimmung“ des LH rechtlich einzuordnen ist. 4 5
VwGH 23.09.1993, 92/09/0297. Vgl VwSlg 16.671 A/2005.
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Geht man davon aus, dass damit die Vertretungskompetenzen auf ein anderes Mitglied der LReg übertragen werden und geht man weiters davon aus, dass Landesräte (im Bereich der Landesverwaltung) zur selbstständigen Aufgabenwahrnehmung befugt sind,6 muss es sich dabei – schon im Hinblick auf Art 83 Abs 2 B-VG – um einen außenwirksamen Akt handeln, weil damit eine Behördenzuständigkeit festgelegt wird. Da es sich unter Zugrundelegung dieser Sichtweise ferner um die allgemeine Übertragung von Zuständigkeiten handelt und nicht bloß um die Übertragung in einer bestimmten Rechtssache, sohin ein unbestimmter Adressatenkreis betroffen ist, wäre der Bestimmungsakt des LH konsequenterweise als VO zu deuten.7 Naheliegender ist es allerdings, das „Bestimmen“ durch den LH nicht als eigenständigen Akt zur Übertragung der Vertretungskompetenzen zu deuten, sondern als Handlung, mit der die gesetzliche Vertretungsregel „aktiviert“ wird. Im Gesetz ist zwar (noch) nicht vorgesehen, welches konkrete andere Mitglied der LReg die Vertretung übernimmt, festgelegt ist aber, dass es ein (anderes) Mitglied der LReg sein muss und bei Vorliegen welcher Bedingungen der Vertretungsfall eintritt. Die „Bestimmung“ durch den LH ergeht daher nicht in Form eines Rechtsakts, sondern ebenfalls, wie in den in den Abs 1 und 2 geregelten Fällen, ex lege. 11 Die Vertretung eines verhinderten oder vorzeitig aus dem Amt geschiedenen Mitglieds der LReg endet mit der Angelobung eines neuen Mitglieds (vgl Art 49 Abs 1 iVm Art 48 Abs 2 TLO 1989).8
VI. Umfang 12 Da weder bundes- noch landesverfassungsgesetzlich eine entsprechende Einschränkung angeordnet ist, hat das mit der Vertretung betraute Mitglied der LReg dieselben Befugnisse wie das vertretene Regierungsmitglied.
6 7 8
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S dazu Schmid, Art 44 (in diesem Band) Rz 2. Gegen diese Sichtweise spricht bereits, dass sich für die Kundmachung einer solchen VO im § 2 Landes-Verlautbarungsgesetz 2013, LGBl 2013/125 idF LGBl 2018/144, keine Rechtsgrundlage findet. EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 80.
Artikel 51 Geschäftsordnung (1) Die Landesregierung hat sich durch Verordnung eine Geschäftsordnung zu geben. Die Landesregierung und ihre Mitglieder haben ihre Aufgaben nach dieser Geschäftsordnung zu besorgen. (2) Durch die Geschäftsordnung sind die Angelegenheiten der Landesverwaltung mit Ausnahme jener, die verfassungsgesetzlich dem Landeshauptmann übertragen oder der Landesregierung als Kollegium vorbehalten sind, den einzelnen Mitgliedern der Landesregierung zur Besorgung zuzuweisen (Geschäftsverteilung). (3) Durch die Geschäftsordnung kann bestimmt werden, daß einzelne Angelegenheiten der mittelbaren Bundesverwaltung und der dem Landeshauptmann übertragenen Verwaltung von Bundesvermögen wegen ihres sachlichen Zusammenhanges mit Angelegenheiten der Landesverwaltung im Namen des Landeshauptmannes von anderen Mitgliedern der Landesregierung zu besorgen sind. In diesen Angelegenheiten sind die betreffenden Mitglieder der Landesregierung an die Weisungen des Landeshauptmannes gebunden. (4) Durch die Geschäftsordnung ist zu bestimmen, welche Angelegenheiten der Landesverwaltung der gemeinsamen Beratung und Beschlußfassung durch die Landesregierung bedürfen. Die übrigen Angelegenheiten der Landesverwaltung hat das nach der Geschäftsverteilung zuständige Mitglied der Landesregierung in deren Namen selbständig zu besorgen. LGBl samt Erläuterungen: LGBl 1988/61 (X. GP AA 141/88 AB 141/88); LGBl 2011/59 (XV. GP RV 235/11 AB 235/11) Judikatur: VfSlg 636/1926 (kein Recht eines Mitgliedes der LReg zur Führung bestimmter Abteilungen des Amtes der LReg); VfSlg 1283/1929 (kein Erfordernis der Unterschrift von Bescheiden der LReg durch ein Mitglied); VfSlg 2851/1955 (relative Verfassungsautonomie der Länder iZm der Übertragung von Angelegenheiten); VfSlg 2932/1955, 4541/1963 (gemeinsame Erlassung von Bescheiden durch LReg und LH); VfSlg 4572/1963, 5846/1968, 7725/1975 (Zulässigkeit des „Ressortsystems“ auf Landesebene, VO Charakter der GO); VfSlg 5171/1965 (Zurechnung von Bescheiden); VfSlg 6096/1969, 7941/1976, 8304/1978 (Zulässigkeit der Vertretung durch Beamte); VfSlg 7642/1975 (Gren-
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zen der Übertragung); VfSlg 7653/1975 (Umfang und Form der Übertragung); VfSlg 7671/1975 (Kundmachungspflicht der GO im LGBl); VfSlg 7902/1976 (Unzulässigkeit der Einrichtung von „Kollegialorganen sui generis“); VfSlg 8844/1980 (Beachtung des Sachlichkeitsgebotes und der Grundsätze der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit bei der Gestaltung der inneren Organisation staatlicher Organe); VfSlg 16.544/2002 (§ 2 Abs 3 Z 1 Tir GO LReg begründet keine Zuständigkeit des Kollegiums der LReg im Bereich der Hoheitsverwaltung); VfSlg 19.649/2012 (kein Anspruch auf „Einhaltung der Kompetenzzuteilungsregeln“ durch Wahl in die LReg; Recht auf Ausübung einer Funktion erstreckt sich nicht auf den Schutz eines durch Wahl seitens eines allgemeinen Vertretungskörpers empfangenen Mandats) VwGH 25.11.1975, 0139/73 (zur Notwendigkeit einer GO); VwSlg 8827 A/1975, 9097 A/1976 (Kundmachungspflicht der GO im LGBl; im Zweifel kollegiale Beschlussfassung); VwSlg 9772 A/1979 (Vertretung von Mitgliedern der LReg durch Beamte); VwSlg 11.630 A/1984 (Privatwirtschaftsverwaltung); VwGH 22.11.2017, Ra 2017/03/0059 (Verantwortlichkeit einzelner Mitglieder der LReg nach dem VStG) Literatur: Bußjäger, Die Organisationshoheit und Modernisierung der Landesverwaltungen. Eine verfassungsdogmatische und verwaltungswissenschaftliche Analyse (1999) 111 ff; Bußjäger, Art 101 B-VG, in Kneihs/Lienbacher (Hg), RillSchäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht (2002); Bußjäger, Art 103 B-VG, in Kneihs/Lienbacher (Hg), Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht (2015); Diehsberger, Die rechtliche Stellung der Landesregierung (2004) 139 ff; Kienberger, Grundzüge der Organisation der Landesverwaltung, AnwBl 1982, 361 ff; Koja, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer2 (1988) 269 ff; Liehr, Art 101 B-VG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (1999); Mayer/Muzak, B-VG5 (2015) 368 ff; Morscher, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer. 7. Tirol (1991) 124 ff; B. Raschauer, Die obersten Organe der Landesverwaltung, in Ermacora et al (Hg), Allgemeines Verwaltungsrecht – FS Antoniolli (1979) 375 ff; B. Raschauer, Art 103 B-VG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (2001); Schwamberger/Ranacher, Tiroler Landesordnung 19896: Kommentar (2017) 98 f; Steiner, Landesregierung, in Pürgy (Hg), Das Recht der Länder I (2012) 299 ff; Wiederin, Das Ressortsystem in der Landesregierung, ZÖR 73 (2018), 507 ff
Inhaltsübersicht I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben..................................... 1 II. Entstehungsgeschichte.................................................................. 3 III. Die Regelung der Geschäftsordnung der Landesregierung in den einzelnen Landesverfassungen......................................... 10 IV. Rechtscharakter der Geschäftsordnung.................................... 13 V. Zur Übertragung einzelner Aufgaben........................................ 14 648
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A. Übertragung von Aufgaben im Bereich der Landesverwaltung................................................................................. 14 B. Übertragung von Aufgaben im Bereich der mittelbaren Bundesverwaltung.................................................................... 19 VI. Wichtige Inhalte der Tir GO LReg............................................. 21
I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben Die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Einführung eines „Ressort- 1 systems“ auf Landesebene wird aus § 3 Abs 1 BVG ÄmterLReg sowie Art 103 Abs 2 B-VG abgeleitet.1 § 3 Abs 1 BVG ÄmterLReg normiert, dass die Geschäfte des Amtes der LReg im selbständigen Wirkungsbereich des Landes nach näheren Bestimmungen der Landesverfassung unter Leitung der LReg oder einzelner Mitglieder derselben besorgt werden. Art 103 Abs 2 B-VG ermächtigt die LReg im Bereich der mittelbaren Bundesverwaltung mittels GO vorzusehen, dass bestimmte Agenden auf Grund sachlichen Zusammenhangs mit Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches des Landes von einzelnen Mitgliedern der LReg im Namen des LH geführt werden. Art 103 Abs 2 B-VG ermächtigt dabei die LReg implizit dazu, eine GO 2 zu erlassen, mit der eben solche in sachlichem Zusammenhang stehenden Angelegenheiten der mittelbaren Bundesverwaltung auf die jeweiligen Mitglieder der LReg übertragen werden.2 Die GO der LReg ist nicht zu verwechseln mit der GO des Amtes der LReg, die auf der Grundlage des BVG ÄmterLReg erlassen wird. Die Entscheidung darüber, in welchem Umfang Aufgaben an einzelne Mitglieder übertragen werden bzw welche Angelegenheiten zwingend von der LReg als Kollegium wahrzunehmen sind, liegt grds in der Verfassungsautonomie der Länder.3 Aufgaben, die jedoch nach der Bundesverfassung, der Landesverfassung4 oder einfachgesetzlichen Regelungen zwingend dem LH (zB Kundmachung von LG gem Art 97 Abs 1 B-VG) oder der LReg als Kollegium vorbehalten sind, dürfen 1 2 3 4
Bußjäger, Art 101 Rz 23; Liehr, Art 101 Rz 25; B. Raschauer, Art 103 Rz 20; Steiner, Landesregierung 311 ff. B. Raschauer, Art 103 Rz 21; Bußjäger, Art 103 Rz 8. Liehr, Art 101 Rz 25; Steiner, Landesregierung 311; Mayer/Muzak, B-VG 369 mwN. Zu den der LReg durch die Landesverfassung vorbehaltenen Aufgaben s Rz 14 ff.
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nicht auf einzelne Mitglieder der LReg übertragen werden.5 Zu den der LReg als Kollegium vorbehaltenen Aufgaben zählen bspw die Erlassung von Notverordnungen (Art 97 Abs 3 und 4 B-VG), die Erlassung von VO, mit denen Angelegenheiten, die zum eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde gehören, auf staatliche Behörden übertragen werden (Art 118 Abs 7 B-VG) oder auch die Anfechtung von BG oder VO von Bundesbehörden (Art 139 und 140 B-VG), wv Rechtsvorschriften (Art 139a B-VG) oder StV (Art 140a B-VG).6 Die Lehre7 geht zudem davon aus, dass ein gewisses „Mindestmaß“ an Kompetenzen bei der LReg als Kollegium verbleiben muss, da ansonsten das von der Bundesverfassung vorgesehene Organ „Landes regierung“8 (Art 101 B-VG) funktionslos werden würde.9 Es wäre zudem auch unzulässig, Angelegenheiten auf ein aus mehreren Mitgliedern der LReg neu gebildetes „Kollegialorgan sui generis“ zu übertragen. Die Aufgabenerledigung muss entweder durch die LReg als Kollegium oder einzelne Mitglieder vorgenommen werden.10 Ist gesetzlich oder in der GO das Erfordernis der Herstellung von Einvernehmen zwischen mehreren Mitgliedern vorgesehen, wird dies hingegen nach der Judikatur11 und einem Großteil der Lehre12 für zulässig erachtet, da 5
Liehr, Art 101 Rz 25 ff; Kienberger, AnwBl 1982, 362; Mayer/Muzak, B-VG 369 mwN; Steiner, Landesregierung 311. 6 Eine umfassende Aufstellung der Aufgaben, die nach der Bundesverfassung ausdrücklich der LReg zugeteilt sind, ist zu finden bei Bußjäger, Art 101 Rz 24; vgl dazu auch Steiner, Landesregierung 312 f sowie Koja, Verfassungsrecht 328. 7 Bußjäger, Art 101 Rz 23; Lukas, Die Vertretung der Bundesländer im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung, in Wagner/Bergthaler (Hg), Interdisziplinäre Rechtswissenschaft – Schutzansprüche und Schutzaufgaben im Recht – FS Kerschner (2013) 235 (245); Koja, Verfassungsrecht 328. 8 Zum Organ der LReg vgl auch Schmid, Art 44 (in diesem Band) Rz 1 ff. 9 Ermacora geht sogar davon aus, dass die Entscheidung durch die LReg als Kollegium den Normalfall darstelle und die monokratische Aufgabenbesorgung lediglich in Ausnahmefällen vorgesehen sei (vgl Ermacora/Baumgartner/Strejcek, Österreichische Verfassungslehre [1998] 183). Diese Meinung tw ablehnend Bußjäger, Art 101 Rz 23. 10 Liehr, Art 101 Rz 27; Diehsberger, Stellung 142; B. Raschauer in FS Antoniolli 381. 11 VfSlg 6096/1969, 7902/1976. 12 B. Raschauer in FS Antoniolli 381; Kienberger, AnwBl 1982, 363; Diehsberger, Stellung 142; Bußjäger, Art 101 Rz 21, der aber gleichzeitig auch darauf hinweist, dass diese Sichtweise nicht zwingend sei. „Gravierende Bedenken“ gegen diese Ansicht äußert etwa Steiner, Landesregierung 306 f.
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kein neues oberstes Vollzugsorgan entsteht. Das Erfordernis der Einvernehmensherstellung habe nur den Zweck, dass eine Sache ohne oder gegen den Willen der beteiligten Organe nicht zustande komme.13 Zudem ist bei der Erlassung der GO im Hinblick auf Art 18 Abs 1 iVm Art 83 Abs 2 B-VG darauf Bedacht zu nehmen, dass diese hinreichend präzise und ausreichend bestimmt ist. Die Verantwortlichkeiten und Zuständigkeiten müssen sich bei behördlichen Verfahren klar nachvollziehen lassen, da ansonsten eine Verletzung des Grundrechts auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter (Art 83 Abs 2 B-VG) droht.14
II. Entstehungsgeschichte Bereits in der Landes-Ordnung für die gefürstete Grafschaft Tirol15 3 wurde in § 32 erwähnt, dass der LT dem Landesausschuss nähere Weisungen über seine Geschäfte sowie deren Besorgung mittels „Instruction“ erteilen kann. § 42 normierte für die Geschäftsbesorgung ausdrücklich das Kollegialprinzip. Die TLO 1921 legte dann in ihrem § 35 fest, dass der LT auf Antrag der 4 LReg eine GO für diese zu beschließen hat, welche die Abwicklung der Geschäfte regelt.16 Aus Abs 2, wonach die GO jene Angelegenheiten bezeichnet, welche der Beratung und Beschlussfassung durch die LReg als Kollegium bedürfen, sowie die Grundsätze der Geschäftsverteilung auf die Mitglieder der LReg mittels dieser GO festzusetzen sind, ergibt sich die Einrichtung des „Ressortsystems gewöhnlich“ auf Landes ebene. Die Verfassungsübergangsverordnung 193417 enthielt in ihrem § 29 5 ebenfalls eine Bestimmung über die GO der LReg. Im Unterschied zur TLO 1921 war nunmehr vorgesehen, dass die LReg ihre GO selbst be13 Bußjäger, Art 101 Rz 21; ders, Organisationshoheit 115. 14 Steiner, Landesregierung 341 f; Mayer/Muzak, B-VG 370; Bußjäger, Art 101 Rz 25, wonach Lehre und Judikatur aus der Verfassung sogar das Erfordernis der namentlichen Nennung ableiten. 15 RGBl 1861/20. 16 Durch LGBl 1927/52 erfolgte eine Nov des § 35 Abs 2 TLO 1921, mit der sprachliche Anpassungen bzw Präzisierungen vorgenommen wurden. 17 Verordnung des Landeshauptmannes und des Landeshauptmannstellvertreters vom 23. Oktober 1934, womit verfassungsrechtliche Uebergangsbestimmungen für das Land Tirol erlassen werden, LGBl 1934/45.
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schließt. Das Ressortsystem wurde beibehalten. Zudem wurde die mit der B-VG-Nov 192518 in Art 103 Abs 2 B-VG vorgesehene Möglichkeit der Übertragung von Geschäften an einzelne Mitglieder einer LReg im Bereich der mittelbaren Bundesverwaltung in Abs 3 übernommen. Abs 4 normierte die Weitergabe von Weisungen. 6 Nach dem 2. Weltkrieg wurde die TLO 1921 mit Änderungen wieder in Kraft gesetzt.19 7 Die neuerlassene TLO 1953 enthielt wieder in ihrem § 35 eine Bestimmung, welche die GO der LReg regelte. Die Aufstellung der GO der LReg wurde im Unterschied zur bis dorthin bestehenden Rechtslage nunmehr der LReg selbst übertragen (Abs 1), zudem wurde die Norm im Vergleich zur alten sprachlich vereinfacht. 8 Diese Regelung wurde im Zuge der Neuerlassung der TLO 1989 nahezu unverändert übernommen. Es wurden lediglich einige sprachliche Vereinfachungen sowie Klarstellungen vorgenommen. So wird etwa in Abs 1 nunmehr ausdrücklich der Verordnungscharakter der GO der LReg erwähnt. Abs 2 enthält im Gegensatz zur alten Bestimmung der TLO 1953 mittlerweile das Verbot, Angelegenheiten, die verfassungsgesetzlich dem LH übertragen oder der Entscheidung durch die LReg als Kollegium vorbehalten sind, auf einzelne Regierungsmitglieder zu übertragen. Zudem wurde die Ermächtigung des Art 103 Abs 2 B-VG bezüglich der mittelbaren Bundesverwaltung sinngemäß in Art 51 Abs 3 TLO 1989 eingefügt.20 9 Abs 2 wurde durch die TLO-Nov 201121 geändert, ansonsten ist die Norm seit Erlassung der TLO 1989 unverändert in Geltung. Im Zuge dieser TLO-Nov im Jahr 2011 wurde in Abs 2 lediglich eine Klarstellung vorgenommen: So wurde die Wortfolge „als Kollegium“ eingefügt, um zu präzisieren, dass alle Angelegenheiten, die verfassungsrechtlich entweder dem LH oder der LReg „als Kollegium“ vorbehalten sind, nicht auf einzelne Mitglieder der LReg übertragen werden dürfen.22 18 19 20 21 22
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BGBl 1925/268; vgl dazu auch B. Raschauer, Art 103 Rz 2. LGBl 1946/1 und LGBl 1946/2. Vgl dazu auch die EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 81 f. LGBl 2011/59. Vgl dazu auch die EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 2011/59, Tir LT XV. GP, GZ 235/11, 2 und 8.
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III. Die Regelung der Geschäftsordnung der Landesregierung in den einzelnen Landes verfassungen Im Wesentlichen enthalten alle Landesverfassungen entsprechende Be- 10 stimmungen, die die Übertragung von Agenden der LReg auf einzelne Regierungsmitglieder durch GO vorsehen. Das „Ressortsystem“ ist also auf Landesebene in allen Ländern eingerichtet worden.23 Geringe Unterschiede lassen sich dahingehend feststellen, ob die Landesverfassungen eher von der Aufgabenbesorgung durch die LReg als Kollegialorgan oder durch einzelne Mitglieder der LReg als „Normalfall“ ausgehen. Die Landesverfassungen des Bgld24, von Ktn25, der Stmk26 und von Vbg27 halten lediglich allgemein fest, dass durch die GO festgelegt wird, „welche Angelegenheiten der kollegialen Beratung und Beschlussfassung der Landesregierung unterliegen und welche Angelegenheiten durch einzelne Mitglieder der Landesregierung selbständig erledigt werden können.“ Art 51 Abs 2 TLO 1989 sowie die Landesverfassungen in OÖ28 und Sbg29 scheinen eine Art „Generalklausel“ zugunsten der Aufgabenbesorgung durch einzelne Mitglieder der LReg zu enthalten, wohingegen die Landesverfassungen von NÖ30 und Wien31 die Aufgabenverteilung auf einzelne Regierungsmitglieder eher als Ausnahme erachten dürften.
23 Vgl Art 59 Bgld L-VG; Art 56 K-LVG; Art 48 NÖ LV 1979; Art 52 OÖ L-VG; Art 36 Sbg L-VG; Art 39 Stmk L-VG; Art 50 Vbg LV; § 132 WStV. 24 Art 59 Abs 2 Bgld L-VG. 25 Art 56 Abs 2 K-LVG. 26 Art 39 Abs 1 Stmk L-VG. 27 Art 50 Abs 3 Vbg LV. 28 Vgl Art 52 Abs 3 OÖ L-VG, wonach die Geschäfte, die der kollegialen Beschlussfassung der LReg bedürfen, von dieser ausdrücklich zu bezeichnen sind. 29 Art 36 Abs 2 Sbg L-VG („Die Landesregierung bezeichnet die Geschäfte, die der kollegialen Beratung und Beschlussfassung bedürfen.“). 30 Art 48 Abs 2 NÖ LV 1979, wonach Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches des Landes der LReg als Kollegium vorbehalten sind, sofern die GO der LReg sie nicht einem einzelnen Mitglied zuweist. 31 § 132 Abs 1 WStV, der klarstellt, dass die Vollziehung des Landes durch den Stadtsenat als LReg ausgeübt wird, und durch eine GO bestimmt wird, welche Geschäfte auf einzelne Regierungsmitglieder übertragen werden.
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11 Der Verordnungscharakter der GO wird in den jeweiligen Bestimmungen der Landesverfassungen lediglich in Tirol und NÖ32 klargestellt. Die Verfassungen der anderen Bundesländer erwähnen diesen nicht. 12 Art 103 Abs 2 B-VG, der es auch für den Bereich der mittelbaren Bundesverwaltung ermöglicht, einzelne Angelegenheiten wegen ihres sachlichen Zusammenhangs mit Aufgaben im Bereich der Landesverwaltung zur Führung auf einzelne Mitglieder der LReg im Namen des LH zu übertragen, wird in allen Landesverfassungen mit Ausnahme von Ktn, der Stmk und Wien sinngemäß wiederholt.33
IV. Rechtscharakter der Geschäftsordnung 13 In Abs 1 wird ausdrücklich normiert, dass sich die LReg durch VO eine GO zu geben hat. Der Verordnungscharakter der GO wurde vom VfGH in mehreren Entscheidungen klargestellt.34 Konkret handelt es sich um eine verfassungsunmittelbare und gesetzesvertretende VO, da sie unmittelbar auf Grundlage der Verfassung erlassen wird (Art 103 Abs 2 B-VG) und eine Übertragung von Angelegenheiten der mittelbaren Bundesverwaltung nicht durch BG oder LG erfolgen darf.35 Die VO muss im LGBl kundgemacht werden.36 Diesem Erfordernis wird in der Praxis entsprochen.37 Rechtswidrigkeiten einer GO der LReg könnten daher im Verfahren nach Art 139 B-VG geltend gemacht werden.38 32 Art 48 Abs 1 NÖ LV 1979. 33 Vgl dazu Art 59 Abs 3 Bgld L-VG, Art 48 Abs 4 NÖ LV 1979, Art 52 Abs 4 OÖ L-VG, Art 36 Abs 3 Sbg L-VG, Art 51 Abs 3 TLO 1989 und Art 50 Abs 4 Vbg LV. 34 So zB VfSlg 4572/1963, 5846/1968, 7725/1975. 35 Mayer/Muzak, B-VG 369 f und 376; Diehsberger, Stellung 141 f; B. Raschauer, Art 103 Rz 21; Koja, Verfassungsrecht 339. 36 VfSlg 6121/1970, 7725/1975; vgl dazu auch Kienberger, AnwBl 1982, 362; Schmid, Zuständigkeit und Zuständigkeitsübertragung (2017) 261. 37 Vgl zB Tir LGBl 1999/14; Tir LGBl 2018/58; Bgld LGBl 2015/35; Ktn LGBl 1999/8; NÖ LGBl 0001/1-0; OÖ LGBl 1977/24; Sbg LGBl 2004/43; Stmk LGBl 2015/45; Vbg LGBl 1985/3; Wr ABl 1960/86. 38 Vgl dazu zB Öhlinger/Eberhard, Verfassungsrecht12 (2019) 482 ff; Berka, Verfassungsrecht7 (2018) 382 ff; Mayer/Kucsko-Stadlmayer/Stöger, Grundriss des österreichischen Bundesverfassungsrechts11 (2015) 563 ff; Mayer/ Muzak, B-VG 482 ff. Der VfGH hat diesbezüglich in VfSlg 19.649/2012 iZm der GO der NÖ LReg judiziert, dass die einzelnen Parteien bezüglich der Wahl der Mitglieder der LReg keine „wahlwerbenden Parteien“ seien, da
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V. Zur Übertragung einzelner Aufgaben A. Übertragung von Aufgaben im Bereich der Landes verwaltung Wie bereits erwähnt, wird aus § 3 Abs 1 BVG ÄmterLReg und Art 103 14 Abs 2 B-VG die Zulässigkeit der Einrichtung eines „Ressortsystems“ auf Landesebene abgeleitet. Das B-VG überlässt es dabei dem Landesverfassungsgesetzgeber, ob er von dieser Ermächtigung Gebrauch macht oder nicht. Entscheidet sich der Landesverfassungsgesetzgeber dazu, muss dies allerdings deutlich hervorgehen.39 Im Zweifel nehmen sowohl VfGH40 als auch Lehre41 die Zuständigkeit der LReg als Kollegium an. Die Übertragung von Angelegenheiten auf einzelne Mitglieder der LReg kann dabei unmittelbar durch die Landesverfassung erfolgen. Es ist aber ebenso möglich, dass die Landesverfassung eine Ermächtigung enthält, die nähere Aufgabenverteilung durch eine GO zu regeln.42 In Tirol hat der Landesverfassungsgesetzgeber diese Option zur Einrichtung eines Ressortsystems genutzt, wie aus Abs 2 und Abs 4 eindeutig hervorgeht. Die Aufgabenzuweisung an die einzelnen Mitglieder der LReg erfolgt dabei nicht durch die TLO 1989 selbst. Abs 2 legt fest, dass diese durch die GO bzw die darin enthaltene Geschäftsverteilung vorgenommen wird. Die Angelegenheiten, welche der LReg als Kollegium vorbehalten werden, sind ebenfalls in der GO aufzuzählen (Abs 4). Die LReg bzw ihre Mitglieder haben die Aufgaben, die ihnen durch diese GO zugewiesen werden, entsprechend wahrzunehmen und zu erledigen (Abs 1).
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die Wahlvorschläge für die Wahl der LReg von den Landtagsklubs eingebracht würden. Den Parteien fehle daher die Antragslegitimation gem Art 139 Abs 1 B-VG. Zudem erstrecke sich das aus dem passiven Wahlrecht ableitbare Recht auf Ausübung einer Funktion nur auf den Schutz eines Mandats, das durch Wahl in einen allgemeinen Vertretungskörper empfangen worden sei, nicht aber auf den Schutz eines durch Wahl von einem solchen Vertretungskörper zugewiesenen Mandats, weswegen einem einzelnen Mitglied der LReg kein Anspruch auf „Einhaltung der Kompetenzzuteilungsregeln“ iZm der Zuständigkeitsverteilung zukomme (kein Eingriff in die Rechtssphäre). Bußjäger, Art 101 Rz 23. VfSlg 7653/1975, 7725/1975. Steiner, Landesregierung 311; Bußjäger, Art 101 Rz 24; Ermacora/Baumgartner/Strejcek, Verfassungslehre 183; B. Raschauer in FS Antoniolli 380. Liehr, Art 101 Rz 25.
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15 Der Umfang, in dem zu besorgende Geschäfte auf einzelne Mitglieder der LReg übertragen werden, liegt großteils in der Verfassungsautonomie der Länder.43 Neben den schon oben erwähnten bundesverfassungsrechtlichen Grenzen der Aufgabenübertragung können auch landesverfassungsrechtlich einzelne Angelegenheiten der Erledigung durch den LH44 oder die LReg als Kollegium45 vorbehalten werden.46 In der Entscheidung darüber, welche Angelegenheiten dem LH bzw der LReg als Kollegium vorbehalten sind und welche auf einzelne Regierungsmitglieder aufgeteilt werden, ist der Gesetzgeber inhaltlich frei.47 Der LReg als Kollegium dürfen nur nicht alle Aufgaben gänzlich entzogen werden (vgl dazu schon Rz 2). 16 Die Tir GO LReg nimmt eine Verteilung der Aufgaben auf die einzelnen Mitglieder der LReg zur selbständigen Erledigung vor (§ 2 Abs 1 Tir GO LReg, Anlage) und legt auch fest, welche Angelegenheiten der Beratung und Beschlussfassung der LReg als Kollegium vorbehalten sind (§ 2 Abs 3 Tir GO LReg). Die Aufteilung der Geschäfte auf einzelne Mitglieder der LReg (Geschäftsverteilung der LReg) erfolgt in der Anlage zur Tir GO LReg, wo die Geschäfte in detaillierter Weise auf die namentlich genannten Regierungsmitglieder48 verteilt werden.49 Die Mitglieder haben diese Aufgaben, die ihnen die Tir GO LReg zuweist, entsprechend zu besorgen. § 2 Abs 4 Tir GO LReg sieht ausnahmsweise das Erfordernis kollegialer Beschlussfassung für Angelegenheiten, die normalerweise von einem Regierungsmitglied alleine zu 43 Vgl dazu bereits die Nachweise bei FN 3. 44 So zB die Gegenzeichnung von Gesetzesbeschlüssen des LT (Art 38 Abs 4 TLO 1989), die Stellung eines Antrages auf Zustimmung der BReg, wenn Bundesorgane bei der Vollziehung von Landesrecht mitwirken sollen (Art 38 Abs 4 TLO 1989), oder die Führung des Vorsitzes in den Sitzungen der LReg (Art 56 Abs 2 TLO 1989). 45 Bsp hierfür wären das Initiativrecht bei Gesetzesvorschlägen (Art 35 und 36 Abs 1 TLO 1989), der Beschluss der Tir GO LReg (Art 51 Abs 1 TLO 1989), die Bestellung des LAD (Art 58 Abs 3 TLO 1989) oder die Abhaltung von Volksbefragungen (Art 60 TLO 1989). 46 Steiner, Landesregierung 313; B. Raschauer in FS Antoniolli 380. 47 Steiner, Landesregierung 311 ff. 48 Die namentliche Nennung der Regierungsmitglieder macht es erforderlich, bei einer Neu- oder Umbildung der LReg die Geschäftsverteilung neu zu erlassen. Vgl dazu VfSlg 6846/1968; Kienberger, AnwBl 1982, 362. 49 Zum Erfordernis einer möglichst genauen und präzisen Aufteilung vor dem Hintergrund des Art 18 Abs 1 B-VG iVm Art 83 Abs 2 B-VG vgl bereits Rz 2.
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erledigen wären, vor, wenn nach der Geschäftsverteilung zwei oder mehrere Mitglieder der LReg zuständig wären und diese kein Einvernehmen über die Erledigung erzielen können. § 2 Abs 3 Z 1 bis 48 Tir GO LReg zählt jene Bereiche auf, in denen die LReg als Kollegium zu entscheiden hat. Dabei handelt es sich va um Angelegenheiten mit besonderer Bedeutung für das Land,50 wie bspw Angelegenheiten von besonderer politischer, wirtschaftlicher oder finanzieller Bedeutung im Bereich der Privatwirtschaftsverwaltung (Z 1),51 die Bestellung des LAD, seines Stellvertreters sowie der Bezirkshauptleute (Z 12), die Vergabe von Aufträgen über 40.000,- Euro (Z 24), bestimmte, genau aufgezählte Personalangelegenheiten der Landesbediensteten (Z 28) oder die Aufnahme von Darlehen (Z 45). Diese Verteilung von Angelegenheiten auf einzelne Regierungsmitglieder gilt nicht nur für den Bereich der Hoheitsverwaltung, sondern auch in der Privatwirtschaftsverwaltung, wenn eine Angelegenheit entsprechende Aufgaben begrifflich einschließt.52 Ob diese Übertragung von einzelnen Aufgaben zur Besorgung an Mit- 17 glieder der LReg auch einen echten Zuständigkeitsübergang iSe Delegation bewirkt oder lediglich ein Mandat darstellt, ist in der Lehre nicht unumstritten. Während vielfach – in erster Linie gestützt auf § 3 Abs 1 BVG ÄmterLReg – ein Zuständigkeitsübergang auf das Mitglied der LReg iSe Delegation angenommen wird,53 gibt es auch Stimmen, die lediglich von einem Mandat ausgehen. Bei einer Delegation wird die Zuständigkeit des jeweiligen Regierungsmitgliedes zur Besorgung einzelner Angelegenheiten in eigenem Namen begründet, wodurch die 50 So auch Diehsberger, Stellung 145 f. 51 Z 1 könnte vor dem Hintergrund des Erfordernisses einer möglichst genauen und präzisen Aufteilung iSd Art 18 Abs 1 B-VG iVm Art 83 Abs 2 B-VG jedoch problematisch sein, da unklar ist, was genau solche Angelegenheiten von besonderer politischer, wirtschaftlicher oder finanzieller Bedeutung sind; vgl dazu auch Lukas in FS Kerschner 245 f. Der VfGH hat in VfSlg 16.544/2002 allerdings klargestellt, dass § 2 Abs 3 Z 1 Tir GO LReg keine Zuständigkeit der LReg als Kollegium in Angelegenheiten der Hoheitsverwaltung begründet. 52 VwSlg 11.630 A/1984; zur Vertretungsbefugnis bzw Zurechenbarkeit des Handelns einzelner Mitglieder der LReg im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung vgl etwa B. Raschauer in FS Antoniolli 383 f; Bußjäger, Art 101 Rz 26. 53 So Bußjäger, Art 101 Rz 26; Liehr, Art 101 Rz 26; Diehsberger, Stellung 141; Kienberger, AnwBl 1982, 362; Schmid, Zuständigkeit 261; B. Raschauer in FS Antoniolli 378 f mwN.
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Mitglieder zu monokratischen Organen werden und auch die Verantwortlichkeit auf sie übergeht.54 Im Falle eines Mandates verbleibt die Zuständigkeit hingegen bei der LReg als Kollegium und das einzelne Regierungsmitglied erledigt die Aufgaben im Namen der LReg, wird also nicht zum eigenen monokratischen Organ. Zudem bleibt die Verantwortlichkeit bei der LReg als Kollegium, ein Instanzenzug an diese würde nicht in Betracht kommen.55 So nimmt etwa Wiederin56 unter Betrachtung der Entstehungsgeschichte des § 3 Abs 1 BVG Ämter LReg an, dass die Geschäfte, die auf einzelne Mitglieder der LReg übertragen werden, von diesen im Namen der LReg und nicht im eigenen Namen erledigt werden. Zudem handle es sich bei der durch die Geschäftsverteilung begründeten Zuständigkeit um eine transitorische Wahrnehmungskompetenz und nicht um eine Behördenzuständigkeit. Art 51 Abs 4 TLO 1989 weist in diesem Fall auf ein Mandat hin, da das Mitglied der LReg die ihm durch die Geschäftsverteilung zugewiesenen Aufgaben im Bereich der Landesverwaltung „in deren Namen“ (also im Namen der LReg) selbständig zu besorgen hat.57 Die Judikatur scheint in der Frage, ob es sich um eine Delegation oder ein Mandat handelt, nicht eindeutig zu sein: Zum einen qualifiziert der VfGH GO als Regelungen, die nicht bloß verwaltungsinterner Natur seien, sondern auch Rechte und Pflichten für die Allgemeinheit enthielten, was eine Zuständigkeitsübertragung annehmen lässt.58 Zum anderen spricht er aber in mehreren Entscheidungen davon, dass die Geschäfte von den zuständigen Mitgliedern der LReg „namens der Landesregierung“ zu besorgen seien.59 18 Eine Vertretung des zur Aufgabenbesorgung zuständigen Mitgliedes der LReg bei Entscheidungen, etwa durch Bedienstete des Amtes der LReg, wird als Mandat qualifiziert und vor dem Hintergrund des § 3 Abs 3 BVG ÄmterLReg für zulässig erachtet. Es muss dabei nicht hervorgehen, dass ein Bediensteter für das zuständige Regierungsmitglied gehandelt hat. Die Fertigungsklausel „Für die Landesregierung“ ist 54 Wiederin, ZÖR 73 (2018), 508 f; Bußjäger, Organisationshoheit 244. 55 Zur Unterscheidung zwischen Delegation und Mandat vgl Bußjäger, Organisationshoheit 244 mwN. 56 Wiederin, ZÖR 73 (2018), 507 ff. 57 So auch Wiederin, ZÖR 73 (2018), 516. 58 VfSlg 4572/1963, 16.544/2002; VwSlg 8827 A/1975, 9097 A/1976; idS auch Bußjäger, Art 101 Rz 26. 59 So zB VfSlg 4572/1963, 5846/1968, 6096/1969; idS Wiederin, ZÖR 73 (2018), 519 ff.
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ausreichend, eine Unterfertigung durch das zuständige Regierungsmitglied oder allenfalls durch einen Bediensteten, der für das zuständige Regierungsmitglied gehandelt hat, ist nicht notwendig.60
B. Übertragung von Aufgaben im Bereich der mittel baren Bundesverwaltung Die Zulässigkeit zur Übertragung von Angelegenheiten auf einzelne 19 Mitglieder der LReg im Bereich der mittelbaren Bundesverwaltung ist in Abs 3, der Art 103 Abs 2 B-VG entspricht, zu finden. Die Tir GO LReg selbst wiederholt diese Bestimmungen auch sinngemäß in § 9. Es muss dabei zwischen den einem Mitglied der LReg übertragenen Angelegenheiten im Bereich Landesverwaltung und den entsprechenden Agenden im Bereich der mittelbaren Bundesverwaltung ein sachlicher Zusammenhang bestehen.61 Der letzte Satz des Abs 3 legt noch einmal ausdrücklich die Bindung 20 des Mitglieds der LReg an Weisungen des LH fest.62 Der LH selbst ist im Bereich der mittelbaren Bundesverwaltung an die Weisungen der obersten Bundesorgane gebunden und hat diese Weisungen an die Mitglieder der LReg weiterzugeben. Diese Weisungshierarchie darf nicht durchbrochen werden. Es wäre daher unzulässig, wenn die obersten Bundesorgane ihre Weisungen direkt an das entsprechende Mitglied der LReg richten würden.63 Der LH gilt im Rahmen der mittelbaren Bundesverwaltung als „Weisungsdrehscheibe“, was bedeutet, dass Weisungen zunächst immer an ihn zu richten sind. Der LH hat die Weisungen in der Folge an das zuständige Regierungsmitglied der LReg weiterzuleiten.64 Aus Art 103 Abs 3 B-VG ergibt sich unmittelbar, dass er 60 VfSlg 7941/1976; Morscher, Verfassungsrecht 129; vgl dazu auch B. Raschauer in FS Antoniolli 381 f. 61 Vgl dazu auch B. Raschauer, Art 103 Rz 23; Bußjäger, Art 103 Rz 8. 62 Der LH kann dabei auch selbst eigene Weisungen, die er nicht von obersten Bundesorganen erhalten hat, erteilen. Allerdings kann das zuständige Regierungsmitglied bei Nichtbefolgung einer solchen eigenen Weisung des LH von diesem nicht zur Verantwortung gezogen werden (B. Raschauer, Art 103 Rz 24 und 27; Bußjäger, Art 103 Rz 15). 63 B. Raschauer, Art 103 Rz 11 und 17 mwN; Bußjäger, Art 103 Rz 11 ff; Mayer/ Muzak, B-VG 376. 64 Bußjäger, Art 103 Rz 8 ff; B. Raschauer, Art 103 Rz 3 ff; Mayer/Muzak, B-VG 376; Steiner, Landeshauptmann, in Pürgy (Hg), Das Recht der Länder I (2012) 385 (406 ff).
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die Weisung unverzüglich, unverändert und schriftlich weiterzugeben hat, sowie die Durchführung – bspw durch Einholung von Informationen oder Berichten – überwachen muss. Befolgt das zuständige Mitglied der LReg eine auf solche Weise weitergegebene Weisung nicht und hat der LH auch die Durchführung überwacht, so wird eine Verantwortlichkeit des Mitgliedes der LReg gem Art 142 B-VG begründet. Der LH selbst kann allerdings nicht gegen das jeweilige Mitglied der LReg vorgehen, eine Anklage vor dem VfGH müsste durch die BReg erfolgen.65 Eine politische oder rechtliche Verantwortlichkeit betr die inhaltliche Erledigung von Angelegenheiten im Bereich der mittelbaren Bundesverwaltung gegenüber dem LT besteht nicht.66 Fraglich ist, ob der LH im Fall einer Aufteilung der Geschäfte im Bereich der mittelbaren Bundesverwaltung auf einzelne Mitglieder der LReg Weisungen auch direkt, unter „Umgehung“ des zuständigen Mitgliedes, an nachgeordnete Behörden weitergeben kann. ME nach ist dies zu verneinen, da ansonsten unter Umständen widersprüchliche Weisungen ergehen könnten und der Weisungsfluss undurchsichtig werden würde.67 Die Befolgung einer Weisung darf nur in den Fällen des Art 20 Abs 1 B-VG (von einem unzuständigen Organ erlassen, Verstoß gegen die Strafgesetze) abgelehnt werden.68 Die für Weisungen geltenden Grundsätze sind allgemein auf alle Erledigungen iZm der mittelbaren Bundesverwaltung anzuwenden. So darf etwa auch die Einholung von Informationen durch Bundesorgane nicht beim zuständigen Mitglied der LReg direkt erfolgen, sondern muss vom LH beim jeweiligen Mitglied vorgenommen werden.69
65 B. Raschauer, Art 103 Rz 26; Bußjäger, Art 103 Rz 4 und 9; Steiner, Landeshauptmann 406. 66 Weber, Die mittelbare Bundesverwaltung (1987) 358; Bußjäger, Art 103 Rz 4. 67 So auch Bußjäger, Art 103 Rz 15; aA Weber, Bundesverwaltung 230. 68 B. Raschauer, Art 103 Rz 24; Bußjäger, Art 103 Rz 12. 69 Steiner, Landeshauptmann 407; B. Raschauer, Art 103 Rz 18; Kohl, Die Aufsicht des Bundes im übertragenen Wirkungsbereich der Länder, ÖHW 1961/3, 10 ff; aA Jabloner, Bundesminister und mittelbare Bundesverwaltung, in Mayer et al (Hg), Staatsrecht in Theorie und Praxis – FS Walter (1991) 293 (312 ff) und Weiler, Die Aufsicht des Bundes im übertragenen Wirkungsbereich der Länder, ÖHW 1961/2, 1 ff, die in erster Linie mit der Verantwortung des BM dem NR gegenüber argumentieren.
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VI. Wichtige Inhalte der Tir GO LReg Neben der Verteilung der Zuständigkeiten im Bereich der Landesver- 21 waltung (§ 2 Tir GO LReg) und der mittelbaren Bundesverwaltung (§ 9 Tir GO LReg) auf einzelne Mitglieder der LReg sowie der Aufzählung jener Agenden, die einer kollegialen Beratung und Beschlussfassung bedürfen,70 enthält die Tir GO LReg noch weitere Regelungen über die Besetzung des Konsultationsgremiums über den Stabilitätspakt der Gebietskörperschaften sowie die Vertretung in diesem Gremium (§ 3 Tir GO LReg), Vorschriften über die Einberufung und Vorbereitung von Sitzungen der LReg (§§ 4 und 8 leg cit) bzw den Ablauf einer solchen Sitzung (Teilnehmerkreis, Öffentlichkeit) und die Beschlussfähigkeit (§ 5 leg cit). Zudem wird auch die Protokollführung bei Sitzungen (§ 6 leg cit) und die Möglichkeit von Umlaufbeschlüssen bzw der Ablauf dabei (§ 7 leg cit) geregelt. Im Zuge der „Corona-Krise“ wurde durch LGBl 2020/47 ein neuer § 6a in die Tir GO LReg eingefügt, der nunmehr bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen die Abhaltung einer Sitzung der LReg im Wege einer Videokonferenz ermöglicht.71 In § 10 Tir GO LReg wird noch die sinngemäße Anwendung der Befangenheitsregelung des § 7 AVG auf Mitglieder der LReg angeordnet.
70 Vgl dazu schon oben. 71 Art 69 Abs 3 B-VG enthält eine entsprechende Regelung für Sitzungen der BReg. Diese Norm wurde durch BGBl I 2020/16 ins B-VG eingefügt, ihre Geltung ist zeitlich bis 31.12.2020 befristet (vgl dazu auch Schramek, Art 52 [in diesem Band] Rz 11 sowie FN 27). Bei Landtagssitzungen dürfte es hingegen verfassungsrechtlich nicht zulässig sein, diese im Wege einer Videokonferenz abzuhalten. Vgl diesbezüglich näher Bertel, Art 24 (in diesem Band) Rz 1.
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Artikel 52 Beschlüsse (1) Die Landesregierung faßt ihre Beschlüsse einstimmig. Zu einem gültigen Beschluß der Landesregierung ist die Anwesenheit von wenigstens der Hälfte ihrer Mitglieder, unter denen sich der Landeshauptmann oder ein Landeshauptmannstellvertreter befinden müssen, erforderlich. Stimmenthaltung ist zulässig. (2) Ist eine Angelegenheit so dringend, daß die nächste Sitzung der Landesregierung ohne Nachteil für die Sache nicht abgewartet werden kann, so kann ein Umlaufbeschluß herbeigeführt werden. LGBl samt Erläuterungen: LGBl 1988/61 (X. GP AA 141/88 AB 141/88); LGBl 1998/104 (XII. GP RV 230/98 AB 230/98) Literatur: Adamovich, Handbuch des österreichischen Verfassungsrechts6 (1971); Grabenwarter, Art 39 Stmk L-VG, in ders (Hg), Steiermärkische Landesverfassung (2013); Koja, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer2 (1988); Primosch, Rechtsaspekte der kollegialen Beratung und Beschlussfassung, in Schweighofer et al (Hg), Zeichen und Zauber des Rechts – FS Lach mayer (2014) 587 ff; Ringhofer, Die österreichische Bundesverfassung (1977); Steiner, Landesregierung, in Pürgy (Hg), Das Recht der Länder I (2012) 299 ff; Thaler, Der Wechsel vom Proporz- zum Majorzsystem in der Salzburger und Tiroler Landespolitik seit 1999 (2005)
Inhaltsübersicht I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben..................................... 1 II. Entstehungsgeschichte.................................................................. 2 III. Die Beschlussfassung der Landesregierung............................... 4 A. Allgemeine Ausführungen zu Beschlüssen der Landesregierung..................................................................................... 4 B. Beschlusserfordernisse (Abs 1)................................................. 7 C. Umlaufbeschlüsse (Abs 2)......................................................... 10
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I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben Die Erfordernisse der Beschlussfassung durch die LReg als Kollegial- 1 organ unterliegen keinen bundesverfassungsrechtlichen Vorgaben. Insofern ist es Sache der Länder, diese autonom festzulegen.1 Gleiches gilt auch für die grds Festlegung der Entscheidungsform, die idR der Beschluss ist.2
II. Entstehungsgeschichte Mit Inkrafttreten der StF der TLO 1989 fanden die Voraussetzungen 2 der Beschlussfassung durch die LReg Eingang in die Landesverfassung in Form von Art 52. Bis zu diesem Zeitpunkt waren die Beschlusserfordernisse ausschließlich in der Tir GO LReg3 (§ 4 Abs 2 und 4) geregelt. Dasselbe galt für die Möglichkeit, einen Umlaufbeschluss herbeizuführen (§ 6 Tir GO LReg).4 Die neuen Regelungen in der TLO 1989 entsprachen den bisherigen (und auch weiter fortbestehenden) Bestimmungen in der Tir GO LReg5 und legten in Art 52 Abs 1 TLO 1989 zunächst fest, dass hinsichtlich des Präsenzquorums die Anwesenheit des Vorsitzenden (des LH) und wenigstens dreier Mitglieder der LReg sowie, in Bezug auf das Konsensquorum, die einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen für einen gültigen Beschluss der LReg erforderlich waren. Bei Stimmengleichheit gab die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag („Dirimierungsrecht“). Art 52 Abs 2 TLO 1989 betraf und betrifft nach wie vor Umlaufbeschlüsse in besonders dringenden Angelegenheiten. Während Abs 2 bis heute unverändert geblieben ist, wurde Abs 1 im 3 Zuge der TLO‑Nov 19986 abgeändert. Kern dieser Nov war ein neues Modell zur Bildung der LReg, mit dem von einer Mischform aus Mehrheits- und Verhältniswahl (Proportionalwahl; kurz: „Proporz“) zu einem reinen Mehrheitswahlsystem übergegangen wurde. Aufgrund der Tatsache, dass bis zum Ende der 1990er Jahre mit Ausnahme von Vbg in allen Bundesländern für die Wahl der LReg ein Verhältniswahl1 2 3 4 5 6
Grabenwarter, Art 39 Rz 3. Steiner, Landesregierung 345. LGBl 1984/45 idF LGBl 1987/42. EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 82. Heute: § 5 Abs 2 und 4 sowie § 7 Tir GO LReg. LGBl 1998/104.
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system oder eben eine Mischform vorgesehen war,7 die Zusammensetzung der meisten LReg sich somit nach dem Verhältnis der Stärke der Landtagsparteien richtete, wurde damals die (allenfalls qualifizierte) Stimmenmehrheit gegenüber der Einstimmigkeit als zweckmäßigeres Erfordernis für das Zustandekommen eines Landesregierungsbeschlusses erachtet und war dementsprechend in allen Ländern so normiert. Andernfalls wäre wohl in den Proporzsystemen infolge der mit einem Verhältniswahlrecht einhergehenden stärker vertretenen gegensätzlichen Anschauungen in den LReg eine Beschlussfassung erheblich erschwert worden.8 Vor diesem Hintergrund wurde in den Mat zur TLO-Nov 19989 die Änderung der Beschlusserfordernisse von der bisherigen Stimmenmehrheit zur einstimmigen Beschlussfassung als mit der Änderung des Modells der Regierungsbildung „zwangsläufig verbunden“ erachtet. Diese Begründung ist mE insofern nicht ganz korrekt, als das Prinzip der einfachen Mehrheit für Beschlüsse bei einer nach dem Verhältnisprinzip gebildeten LReg nur ein „Gebot der Praktikabilität“10 ist, wie auch umgekehrt die Einstimmigkeit bei einer nach dem Mehrheitsprinzip gebildeten LReg keine Notwendigkeit darstellt. Schließlich überlässt es die Bundesverfassung, wie eingangs ausgeführt, gänzlich der Verfassungsautonomie der Länder, die Beschlusserfordernisse der jeweiligen LReg festzusetzen. So wird etwa die Vbg LReg nach dem Mehrheitswahlsystem gebildet und trifft die Beschlüsse mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen (Art 47 Abs 1 Vbg LV, vgl auch nachfolgend Rz 8). In der Lit wird die Einstimmigkeit für Beschlussfassungen insofern auch kritisch gesehen, als sie mitunter in gesellschaftspolitischen Fragen „zu einem erheblichen Problemaufschub“ führt.11 7
Auch bis zum Jahr 2012 war das Mehrheitsprinzip lediglich in drei Ländern – Sbg (LGBl 1998/72), Tirol (seit LGBl 1998/104) und Vbg (seit 1923) – umgesetzt (Steiner, Landesregierung 325); im Jahr 2019, nachdem die Stmk (LGBl 2012/8), das Bgld (LGBl 2014/64) und Ktn (LGBl 2017/25) das Proporzsystem abgeschafft haben, gab es das Verhältniswahlrecht nur mehr in NÖ, OÖ und – mit der Sonderform der „amtsführenden Stadträte“ – in Wien (§ 34 Abs 1 iVm § 114 Abs 1 WStV). 8 S Koja, Verfassungsrecht 347. 9 LGBl 1998/104; EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 1998/104, Tir LT XII. GP, GZ 270/98, 13. 10 Koja, Verfassungsrecht 347; vgl auch Ringhofer, Bundesverfassung 317. Adamovich, Handbuch 273 spricht von einer „notwendigen Folge“, was allerdings nicht als verfassungsrechtliche Vorgabe verstanden werden darf. 11 Ausführlich hierzu Thaler, Wechsel 230 ff.
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Auch das Präsenzquorum erfuhr mit der TLO-Nov 1998 eine Änderung, indem die Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder der LReg, unter ihnen LH oder LHStv, als Erfordernis festgelegt wurde.
III. Die Beschlussfassung der Landesregierung A. Allgemeine Ausführungen zu Beschlüssen der Landesregierung Die LReg entscheidet als Kollegium12 regelmäßig in Beschlussform.13 4 Häufig lauten Beschlüsse auf „Kenntnisnahme“ oder darauf, dass ein Vortrag oder bestimmter Bericht zur Kenntnis gebracht wurde. Aus einer bloßen Kenntnisnahme kann allerdings weder eine weitergehende Verpflichtung noch eine Zustimmung zum Inhalt abgeleitet werden. Letzteres müsste im Antrag, etwa mit der Formel „die Landesregierung möge […] zustimmend zur Kenntnis nehmen“, entsprechend formuliert sein.14 Bei der Beschlussfassung von VO ist „aus dem rechtsstaatlichen Ge- 5 danken der Publizität“15 des Gesetzes- und Verordnungsinhaltes zu beachten, dass der Inhalt des Beschlusses in klarer und erschöpfender Weise vorliegen und der Öffentlichkeit zur Kenntnis gebracht werden muss.16 Auch bei der Beschlussfassung eines Bescheides müssen dessen Spruch samt der wesentlichen Grundzüge der Begründung festgehalten werden.17 Der räumliche Geltungsbereich eines Beschlusses der LReg in Ange- 6 legenheiten der Landesvollziehung erstreckt sich auf den Bereich des jeweiligen Landes, der zeitliche Geltungsbereich hängt vom jeweiligen Gegenstand des Beschlusses ab. Zu differenzieren ist auch danach, ob einem Beschluss lediglich Innenwirkung, er also nur die jeweilige LReg bindet, oder ob ihm auch Außenwirkung zukommt.18 12 S die Angelegenheiten, die eines Kollegialbeschlusses bedürfen, in § 2 Abs 3 Tir GO LReg. Vgl zur Tir GO LReg auch Oberdanner, Art 51 (in diesem Band). 13 Steiner, Landesregierung 345. 14 Steiner, Landesregierung 347. 15 VfSlg 3130/1956. 16 VfSlg 16.379/2001. 17 Steiner, Landesregierung 346 mit Verweis auf VwSlg 16.954 A/2006. 18 Steiner, Landesregierung 347 f.
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B. Beschlusserfordernisse (Abs 1) 7 Wie bereits im entstehungsgeschichtlichen Teil dargestellt, wird in Art 52 Abs 1 TLO 1989 seit 30.03.1999, dem Beginn der XIII. GP, der den Zeitpunkt des Inkrafttretens der TLO‑Nov 199819 bildete, in Bezug auf das Präsenzquorum die Anwesenheit von wenigstens der Hälfte der Mitglieder der LReg, unter denen sich der LH oder ein LHStv befinden müssen (vgl auch § 5 Abs 2 Tir GO LReg), und hinsichtlich des Konsensquorums Einstimmigkeit festgelegt.20 § 5 Abs 5 Tir GO LReg enthält zudem die Vorgabe, dass die Abstimmung mündlich zu erfolgen hat. Die Möglichkeit in Art 52 Abs 1 letzter Satz TLO 1989, dass sich ein Mitglied der LReg der Stimme enthalten kann, wurde ebenfalls mit der TLO-Nov 1998 geschaffen, um im Einzelfall die Herbeiführung eines einstimmigen Beschlusses zu erleichtern und das mit dieser Nov eingeführte Einstimmigkeitsprinzip abzuschwächen.21 Generell ist eine Stimmenthaltung bei Kollegialorganen nur zulässig, wenn sie ausdrücklich gesetzlich festgelegt ist.22 8 Aus einem Vergleich der Landesverfassungen ergibt sich, dass neben Tirol lediglich Sbg (Art 36 Abs 1 Sbg L-VG) und die Stmk (Art 39 Abs 2 Stmk L-VG) Einstimmigkeit für Beschlüsse der LReg vorsehen. Die Stimmenmehrheit als Beschlusserfordernis wird demgegenüber im Bgld (§ 10 Abs 1 Bgld GO LReg), in Ktn (Art 57 Abs 3 K-LVG),23 NÖ (§ 7 NÖ GO LReg), OÖ (Art 42 Abs 4 OÖ L-VG), Vbg (Art 47 Abs 1 Vbg LV) und Wien (vgl § 45 Abs 2 iVm § 132 Abs 1 WStV bzw § 21 Abs 1 Wr GO LReg) angeordnet, wobei vereinzelt auch Besonderheiten zu finden sind: Das Bgld L-VG überlässt etwa die Festlegung der Beschlusserfordernisse ausdrücklich der Bgld GO LReg (Art 60 Abs 1 Bgld L-VG), legt allerdings für bestimmte Beschlüsse das Erfordernis einer qualifizierten Mehrheit von drei Vierteln (Art 60 Abs 2 Bgld L-VG) fest. Eine qualifizierte Mehrheit, jedoch von zwei Dritteln, sieht 19 LGBl 1998/104. 20 Dementsprechend wird im Regierungsprogramm für Tirol 2018 – 2023 von den Koalitionspartnern auch eine einvernehmliche Vorgehensweise und vorherige Akkordierung festgelegt (Entschlossen regieren. Tirols Zukunft sichern. Regierungsprogramm für Tirol 2018 – 2023 [2018] 73 f). 21 EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 1998/104, Tir LT XII. GP, GZ 270/98, 13. 22 Primosch in FS Lachmayer 596 f mit Verweis auf VfSlg 3506/1959. 23 Hier mit der Besonderheit, dass eine Stimmenthaltung als Gegenstimme zu werten ist.
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Art 57 Abs 3a K-LVG vor. In Vbg kann die Festlegung qualifizierter Mehrheiten in der GO der LReg erfolgen (Art 47 Abs 1 Vbg LV). In Bezug auf das Präsenzquorum sind im Ländervergleich zwei Arten 9 von Anwesenheiten auszumachen: Einerseits kann mehr als die Hälfte der Mitglieder der LReg (§ 7 Bgld GO LReg, Art 57 Abs 2 K-LVG) oder – wie in der TLO 1989 – wenigstens/mindestens die Hälfte (§ 7 NÖ GO LReg, Art 39 Abs 2 Stmk L-VG, § 45 Abs 1 iVm § 132 Abs 1 WStV bzw § 11 Abs 1 Wr GO LReg) als Anwesenheitsvoraussetzung normiert sein, andererseits eine ausdrücklich festgesetzte Zl (fünf Mitglieder – Art 42 Abs 4 OÖ L-VG, vier Mitglieder – Art 36 Abs 1 Sbg L-VG, Art 47 Abs 1 Vbg LV). In beiden Fällen ist – entweder unmittelbar in den Landesverfassungen oder in den GO der LReg – regelmäßig vorgesehen, dass der LH oder sein Stellvertreter – manchmal auch als Vorsitzender bezeichnet – anwesend sein müssen (§ 10 Abs 1 Bgld GO LReg, § 14 Abs 1 Ktn GO LReg, § 7 NÖ GO LReg, § 7 Abs 1 OÖ GO LReg, Art 36 Abs 1 Sbg L-VG, Art 39 Abs 2 Stmk L-VG).
C. Umlaufbeschlüsse (Abs 2) Der Abs 2 des Art 52 enthält die Möglichkeit, in äußerst dringenden 10 Angelegenheiten einen Beschluss im Umlaufweg zu fassen. In seiner bisherigen Rsp hat der VfGH24 Umlaufbeschlüsse für unzulässig erklärt, wenn sie nicht ausdrücklich vorgesehen waren, und damit die Bedeutung der gemeinsamen persönlichen Willensbildung in Kollegialorganen hervorgehoben. Gleiches gilt für die Judikatur des VwGH.25 Daraus folgt, dass die Möglichkeit eines Umlaufbeschlusses ausdrücklich in den Landesverfassungen oder den GO der LReg festgelegt sein muss,26 was in allen Bundesländern mit Ausnahme von OÖ der Fall ist. IdR wird dabei, wie auch in der TLO 1989, auf das Vorliegen von dringenden Fällen abgestellt (§ 15 Bgld GO LReg, § 7 Stmk GO LReg, Art 47 Abs 2 Vbg LV, § 11 Abs 2 Wr GO LReg). Allerdings sind auch hier Abweichungen zu finden: Im K-LVG wird vorausgesetzt, dass eine kollegiale Beratung bei einzelnen Angelegenheiten entbehrlich erscheint (Art 57 Abs 4 K‑LVG), und in NÖ steht neben besonders drin24 VfSlg 15.813/2000. 25 Steiner, Landesregierung 345. Vgl VwGH 17.06.1993, 92/09/0391: „[…] eine Beschlußfassung ‚im Umlaufwege‘ [wird] der Idee der Kollegialentscheidung nicht gerecht“. 26 Vgl auch die Ausführungen bei Primosch in FS Lachmayer 597.
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genden Fällen eine Beschlussfassung im Umlaufweg auch in der Urlaubszeit offen (§ 15 Abs 1 NÖ GO LReg). In Sbg sind keine diesbezüglichen Einschränkungen vorgesehen (§ 9 Sbg GO LReg). 11 Neben dem Umlaufweg ist seit der Nov der Tir GO LReg LGBl 47/2020 bei außergewöhnlichen Verhältnissen oder, wenn die Teilnahme eines nicht anwesenden Mitglieds besonders dringlich ist, auch eine Beschlussfassung per Videokonferenz zulässig (§ 6a Tir GO LReg).27 Dies allerdings nur, wenn bestimmte ausdrücklich angeführte Voraussetzungen erfüllt sind (§ 6a Abs 2 Tir GO LReg).28
27 S auch die diesbezügliche vorübergehende Ermächtigung im B-VG betr die Beschlussfassung der BReg in Art 69 Abs 3, die bis 31.12.2020 in Kraft ist (BGBl I 16/2020). 28 Vgl auch Oberdanner, Art 51 (in diesem Band) Rz 21.
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Artikel 53 Notverordnungsrecht (1) Wird die sofortige Erlassung von Maßnahmen, die verfassungsgesetzlich eines Beschlusses des Landtages bedürfen, zur Abwehr eines offenkundigen, nicht wieder gutzumachenden Schadens für die Allgemeinheit zu einer Zeit notwendig, in der der Landtag nicht rechtzeitig zusammentreten kann oder in seiner Tätigkeit durch höhere Gewalt behindert ist, so kann die Landesregierung diese Maßnahmen im Einvernehmen mit dem Notstandsausschuß durch vorläufige gesetzändernde Verordnungen treffen. (2) Die Landesregierung hat jede nach Abs. 1 erlassene Verordnung unverzüglich dem Landtag vorzulegen. Der Landtag ist binnen einer Woche nach der Vorlage zu einer Sitzung einzuberufen. Er hat binnen vier Wochen nach der Vorlage entweder anstelle der Verordnung ein entsprechendes Gesetz zu beschließen oder durch Beschluß zu verlangen, daß die Landesregierung die Verordnung sofort aufhebt. Das Nähere wird durch die Geschäftsordnung des Landtages geregelt. Die Landesregierung hat einem solchen Verlangen sofort zu entsprechen. Mit dem Tag, an dem die Aufhebung der Verordnung durch die Landesregierung wirksam wird, treten jene gesetzlichen Vorschriften wieder in Kraft, die durch die Verordnung aufgehoben wurden. (3) Die Landesregierung hat eine nach Abs. 1 erlassene Verordnung unverzüglich der Bundesregierung bekanntzugeben. (4) Verordnungen nach Abs. 1 dürfen keine Änderung landesverfassungsrechtlicher Bestimmungen, keine dauernde finanzielle Belastung des Landes Tirol, keine Veräußerung von Landesvermögen, keine finanzielle Belastung des Bundes oder der Gemeinden, keine finanziellen Belastungen der Staatsbürger sowie keine Maßnahmen in den Angelegenheiten der Kammer für land- und forstwirtschaftliche Arbeiter und Angestellte enthalten. LGBl samt Erläuterungen: LGBl 1988/61 (X. GP AA 141/88 AB 141/88); LGBl 2019/133 (XVII. GP RV 401/19 AB 401/19)
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Literatur: Berchtold, Der Bundespräsident (1969) 249 ff; Frank, Art 18 Abs 3–5 B-VG, in Kneihs/Lienbacher (Hg), Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht (2013); Koja, Staatsnotstand als Rechtsbegriff, ÖJZ 1975, 209 ff; Koja, Der Staatsnotstand als Rechtsbegriff (1979); Koja, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer2 (1988) 209 ff; Mayer/Muzak, B-VG5 (2015) 130 ff und 362 ff; Merkl, Der rechtliche Gehalt der österreichischen Verfassungsreform, ZÖR 10 (1931), 161 (185 ff); Morscher, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer. 7. Tirol (1991) 131 ff; Th. Müller, Art 97 Abs 3 und 4 B-VG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (2018); Pesendorfer, Art 97 B-VG, in Kneihs/Lienbacher (Hg), Rill-SchäfferKommentar Bundesverfassungsrecht (2002); B. Raschauer, Art 18 Abs 3–5 B-VG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (2003); Schwamberger/Ranacher, Tiroler Landesordnung 19896: Kommentar (2017) 100 f; Steiner, Landesregierung, in Pürgy (Hg), Das Recht der Länder I (2012) 299 (363 ff); Wiederin, Zwei Fragen des Notverordnungsrechts des Bundespräsidenten, in Adamovich et al (Hg), FS G. Holzinger (2017) 785 ff
Inhaltsübersicht I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben.................................. 1 II. Entstehungsgeschichte.............................................................. 2 III. Die Regelung des Notverordnungsrechts in den einzelnen Landesverfassungen................................................................... 4 IV. Rechtscharakter der Notverordnungen................................. 7 V. Sachliche Voraussetzungen....................................................... 8 A. Maßnahmen, die verfassungsgesetzlich eines Beschlusses des Landtags bedürfen........................................................... 8 B. Abwehr eines offenkundigen, nicht wieder gutzumachenden Schadens für die Allgemeinheit.................................... 9 C. Unmöglichkeit des Zusammentretens des Landtags........ 14 VI. Inhaltliche Grenzen.................................................................... 17 VII. Verfahren..................................................................................... 19 A. Erlassung durch die Landesregierung................................ 19 B. Revision durch den Landtag................................................ 20 VIII. Anfechtung von Notverordnungen vor dem VfGH............ 22
I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben 1 Das Notverordnungsrecht der LReg wird in Art 97 Abs 3 und 4 B-VG detailliert geregelt. Diese Bestimmung wurde mit der B-VG-Nov 19841 1
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BGBl 1984/490; Kneifel, Nochmals: „Gesetzliche und verfassungsrechtliche Probleme in bezug auf das Devisengesetz“ (Anw 1/1981) und „Ist unser
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eingefügt, nachdem die Länder 1976 in ihrem Forderungsprogramm eine entsprechende Regelung, die es der LReg ermöglicht, Notverordnungen zu erlassen, verlangt hatten.2 Art 97 Abs 3 und 4 B-VG normieren das Notverordnungsrecht relativ genau und schränken den Spielraum des jeweiligen Landesgesetzgebers zur näheren Ausgestaltung ein.3 Es wäre dem Landesverfassungsgesetzgeber bspw verwehrt, das Notverordnungsrecht über jene Fälle hinaus auszudehnen, in denen Maßnahmen, die normalerweise eines Landtagsbeschlusses bedürfen, „zur Abwehr eines offenkundigen, nicht wieder gutzumachenden Schadens für die Allgemeinheit“ notwendig werden, wenn „der Landtag nicht rechtzeitig zusammentreten kann oder in seiner Tätigkeit durch höhere Gewalt behindert ist“.4 Das Verfahren zur Erlassung von Notverordnungen wird im Wesentlichen durch Art 97 Abs 3 B-VG vorherbestimmt, der diesbezüglich auf Art 18 Abs 4 B-VG verweist.5 Einzig die Ausnahmetatbestände für Gegenstände, die nicht durch eine Notverordnung verändert werden dürfen, könnten vom jeweiligen Landesverfassungsgesetzgeber über die in Art 97 Abs 4 B-VG aufgezählten Fälle hinaus erweitert werden. Das ergibt sich zum einen aus dem Wortlaut der Bestimmung („Die im Abs. 3 bezeichneten Verordnungen dürfen jedenfalls nicht […]“) und zum anderen aus den Mat, die den demonstrativen Charakter der Aufzählung betonen.6 Art 97 Abs 3 und 4 B-VG sind dem Notverordnungsrecht des BPräs in Art 18 Abs 3–5 B-VG nachgebildet.7 Der normative Gehalt dieser Bestimmung lässt sich daher größtenteils aus Art 18 Abs 3–5 B-VG ableiten.8
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Bundesverfassungsgesetz frei von Mängeln?“ (Anw 8/9/1981 und 10/1981), AnwBl 1989, 165 (166) geht davon aus, dass die Einführung dieser Bestimmung einer Volksabstimmung gem Art 44 Abs 3 B-VG wegen Durchbrechung des Rechtsstaatsprinzips bedurft hätte. Wiederin in FS G. Holzinger 786; Th. Müller, Art 97 Abs 3 und 4 Rz 1. So zB auch die EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 28; vgl dazu auch Lais, Art 42 Stmk L-VG, in Grabenwarter (Hg), Steiermärkische Landesverfassung (2013) Rz 2. Steiner, Landesregierung 364. Zum Verfahren bei der Erlassung von Notverordnungen vgl Rz 19 ff. EBRV 446 BlgNR XV. GP, 6; so zB auch Pesendorfer, Art 97 Rz 25; Th. Müller, Art 97 Abs 3 und 4 Rz 12 mwN; Steiner, Landesregierung 364. EBRV 446 BlgNR XV. GP, 6; so auch ausdrücklich die EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 28; vgl dazu zB auch Pesendorfer, Art 97 Rz 25; Th. Müller, Art 97 Abs 3 und 4 Rz 1; Frank, Art 18 Abs 3–5 Rz 2; Steiner, Landesregierung 363. Pesendorfer, Art 97 Rz 25; Th. Müller, Art 97 Abs 3 und 4 Rz 1.
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II. Entstehungsgeschichte 2 Die Bestimmung über das Notverordnungsrecht der LReg wurde in die TLO 1989 im Zuge ihrer Neuerlassung aufgenommen. Dies wurde möglich, weil der Bundesverfassungsgesetzgeber durch die Einfügung einer Ermächtigung der LReg zur Erlassung von Notverordnungen in Art 97 Abs 3 und 4 B-VG im Zuge der B-VG-Nov 1984 die entsprechende bundesverfassungsrechtliche Voraussetzung dafür geschaffen hatte.9 Die Regelung gibt Art 97 Abs 3 und 4 B-VG sinngemäß wieder und wurde seit ihrer Erlassung einmal novelliert. Durch die TLO-Nov 201910 erfolgte eine Anpassung an die geänderte bundesverfassungsgesetzliche Rechtslage: Im Rahmen der B-VG-Nov 201911 wurden die Tatbestände der „Angelegenheiten des Arbeiterrechtes“ sowie des „Arbeiter- und Angestelltenschutzes der land- und forstwirtschaftlichen Arbeiter und Angestellten“ mit 01.01.2020 in die alleinige Gesetzgebungskompetenz des Bundes übertragen (Art 11 Abs 1 Z 9 B-VG) und infolgedessen aus dem Ausnahmekatalog des Art 97 Abs 4 B‑VG entfernt. Die genannten Tatbestände wurden daher auch aus dem Ausnahmekatalog des Art 53 Abs 4 TLO 1989 gestrichen. 3 Es wurden bislang – auch im Zuge der „Corona-Krise“ 2020 – noch keine Notverordnungen gem Art 53 TLO 1989 erlassen.
III. Die Regelung des Notverordnungsrechts in den einzelnen Landesverfassungen 4 Alle Landesverfassungen mit Ausnahme jener von NÖ, Vbg12 und Wien enthalten eine Bestimmung über das Notverordnungsrecht der LReg. Diese wiederholen im Wesentlichen sinngemäß die bundesverfassungsrechtliche Regelung und enthalten einige Präzisierungen das Verfahren betr. Sie unterscheiden sich nur geringfügig in ihrer Systema9
EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 28 und 82; vgl dazu bereits Rz 1. 10 LGBl 2019/133. 11 BGBl I 2019/14. 12 Art 14 Vbg LV enthält allerdings sehr wohl eine Regelung für den Fall „außerordentlicher Verhältnisse“, welche die Verlegung des Sitzes der LReg sowie eine Verschiebung von Landtags- bzw Gemeindevertretungswahlen ermöglicht und die Einrichtung bzw Zusammensetzung eines Notstandsausschusses normiert.
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tik voneinander.13 In NÖ, Vbg und Wien ist Art 97 Abs 3 und 4 B-VG unmittelbar anwendbar, nachdem die Landesverfassungen selbst dort eben keine sinngemäßen Bestimmungen zum Notverordnungsrecht der LReg beinhalten.14 Unterschiede zwischen den einzelnen Landesverfassungen lassen sich 5 in folgenden Punkten erblicken: – Die Frist für die Einberufung des LT zu einer Sitzung nach Wegfall des Hindernisses wird in Bgld, Ktn, OÖ und Sbg im Einklang mit Art 97 Abs 3 B-VG mit acht Tagen festgesetzt,15 lediglich die TLO 1989 normiert in Art 53 Abs 2 eine kürzere Frist und fordert die Einberufung bereits binnen einer Woche nach Wegfall des Hindernisses. Das Stmk L-VG erwähnt überhaupt keine Frist.16 – Die Landesverfassungen von Bgld17 und Ktn18 legen fest, dass ein Landtagsbeschluss über das weitere Schicksal einer Notverordnung (Gesetzesbeschluss oder Verlangen der Aufhebung der VO durch die LReg) binnen vier Wochen nach der Vorlage oder, falls der LT länger als vier Wochen nicht zusammentreten kann, binnen vier Wochen nach Wegfall des Hindernisses erfolgen muss. Die Landesverfassung von Sbg19 normiert als Frist für die Beschlussfassung durch den LT „vier Wochen ab Wegfall des Hindernisses“, wohingegen die Landesverfassungen von OÖ20 und Tirol21 als Frist lediglich „vier Wochen nach der Vorlage“ festschreiben und somit keine explizite Regelung für den Fall einer länger als vier Wochen dauernden Verhinderung des Zusammentretens enthalten. – Unterschiede bestehen auch bezüglich des Ausschusses, mit dem die LReg vor der Erlassung von Notverordnungen ein Einvernehmen herstellen muss: Im Bgld22 ist dieses Einvernehmen mit dem „Haupt13 Art 50 Bgld L-VG; Art 39 K-LVG; Art 49 OÖ L-VG; Art 41 Sbg L-VG, und Art 42 Stmk L-VG; vgl dazu auch Th. Müller, Art 97 Abs 3 und 4 Rz 14; Steiner, Landesregierung 365; Lais, Art 42 Rz 1 ff. 14 So auch Lais, Art 42 Rz 1 f. 15 Art 50 Abs 3 Bgld L-VG, Art 39 Abs 2 K-LVG, Art 49 Abs 2 OÖ L-VG, Art 41 Abs 2 Sbg L-VG und Art 42 Abs 2 Stmk L-VG. 16 Art 42 Stmk L-VG; Lais, Art 42 Rz 3. 17 Art 50 Abs 3 Bgld L-VG. 18 Art 39 Abs 2 K-LVG. 19 Art 41 Abs 2 Sbg L-VG. 20 Art 49 Abs 2 OÖ L-VG. 21 Art 53 Abs 2 TLO 1989. 22 Art 50 Abs 2 Bgld L-VG.
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ausschuß“ herzustellen, in OÖ23 ist dafür ein eigener Ausschuss einzurichten oder der ständige Ausschuss damit zu befassen, in Sbg24 ist der „Verfassungs- und Verwaltungsausschuss“ zuständig und in der Stmk25 bzw Tirol26 ist ein eigener „Ausschuss für Notsituationen“ bzw „Notstandsausschuß“ vorgesehen. Die Zusammensetzung dieses Ausschusses ist durch Art 97 Abs 3 B-VG vorgegeben. Die WStV enthält zwar keine Art 97 Abs 3 und 4 B-VG entsprechende Bestimmung, normiert aber in ihrem § 129a die Zusammensetzung eines „ständigen Ausschusses“, der „zur Wahrnehmung der im Art. 97 Abs. 3 B-VG vorgesehenen Aufgaben […]“ einzurichten ist. Auch Art 14 Abs 2 Vbg LV regelt die Einrichtung eines Notstandsausschusses, der zwar nicht explizit in das Verfahren zur Erlassung von Notverordnungen eingebunden wird, allerdings auf Grund seiner Zusammensetzung nach den Grundsätzen der Verhältniswahl prinzipiell dafür geeignet wäre.27
6 Die Länder machen von der Möglichkeit, die Ausnahmetatbestände für Angelegenheiten, in denen eine Erlassung von Notverordnungen ausgeschlossen ist, über die in Art 97 Abs 4 B-VG aufgezählten Gegenstände hinaus zu erweitern, keinen Gebrauch und wiederholen diese lediglich.28
IV. Rechtscharakter der Notverordnungen 7 Es handelt sich bei Notverordnungen dem Wortlaut nach um „gesetzesändernde VO“. Denkbar sind dabei Novellierungen, Aufhebungen, 23 24 25 26
Art 49 Abs 1 OÖ L-VG. Art 41 Abs 1 Sbg L-VG. Art 42 Abs 1 Stmk L-VG. Art 53 Abs 1 TLO 1989; vgl dazu auch Bertel, Art 23 (in diesem Band) Rz 17 ff. 27 Lais, Art 42 Rz 3 mwN. 28 Interessant ist in diesem Zusammenhang etwa die Formulierung des Art 49 Abs 4 OÖ L-VG, die ua ein Verbot der Erlassung von Notverordnungen vorsieht, die eine finanzielle Belastung der „Landesbürger“ mit sich bringen würden. Als „Landesbürger“ gelten nach Art 3 Abs 2 OÖ L-VG jene österr Staatsangehörigen, die in einer Gemeinde OÖ ihren Hauptwohnsitz haben. Nach dem Wortlaut der Bestimmung wäre also eine finanzielle Belastung von Österreichern, die in OÖ lediglich einen Zweit- oder Freizeitwohnsitz haben, zulässig (vgl demgegenüber aber Art 97 Abs 4 B-VG, der vom Verbot finanzieller Belastungen von „Staatsbürgern“ ohne weitere Einschränkungen spricht).
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aber auch Ergänzungen von bestehenden Gesetzen („gesetzesergänzende VO“).29 Eine Notverordnung ist „gesetzeskräftig“ und derogiert somit bestehende Gesetze.30 Ebenfalls zulässig – wenn auch vom Wortlaut nicht ausdrücklich erfasst – sind nach hL31 gesetzesvertretende VO. Notverordnungen sind zudem verfassungsunmittelbare, selbständige VO.32 Prüfungsmaßstab vor dem VfGH ist somit das Verfassungsrecht (jeweiliges Landes- und Bundesverfassungsrecht).33
V. Sachliche Voraussetzungen A. Maßnahmen, die verfassungsgesetzlich eines Beschlusses des Landtags bedürfen Was genau unter „Maßnahmen, die verfassungsgesetzlich eines Be- 8 schlusses des Landtages bedürfen“ zu verstehen ist, muss durch Auslegung ermittelt werden.34 Die Lehre ist bezüglich der Interpretation dieser Phrase uneinheitlich: Manche Autoren verstehen iZm dem Notverordnungsrecht des BPräs (Art 18 Abs 3 B-VG) unter solchen „Maßnahmen“, die durch eine Notverordnung ersetzt werden können, nur Gesetzesbeschlüsse,35 andere auch sonstige Beschlüsse.36 B. Raschauer37 wählt eine Art „Mittelweg“ und fordert eine „normative Natur“ des zu erlassenden Aktes. ME nach ist auf Grund des offenen Wortlautes des Art 97 Abs 3 B-VG, der in Art 53 Abs 1 erster Satz TLO 1989 wieder29 Th. Müller, Art 97 Abs 3 und 4 Rz 4; B. Raschauer, Art 18 Abs 3–5 Rz 10; Frank, Art 18 Abs 3–5 Rz 3 (FN 7); Merkl, ZÖR 10 (1931), 187; aA Kneifel, Nochmals „Ist unser Bundesverfassungsgesetz frei von Mängeln?“, AnwBl 1981, 427. 30 Th. Müller, Art 97 Abs 3 und 4 Rz 4. 31 Morscher, Verfassungsrecht 132; Th. Müller, Art 97 Abs 3 und 4 Rz 4; aA wiederum Kneifel, AnwBl 1981, 427. 32 Morscher, Verfassungsrecht 132. 33 Th. Müller, Art 97 Abs 3 und 4 Rz 13; vgl dazu auch Rz 22 ff. 34 Umfassend dazu iZm dem Notverordnungsrecht des BPräs Wiederin in FS G. Holzinger 787 ff. 35 Berchtold, Bundespräsident 265 ff; vgl dazu auch die Zusammenfassung der Lehrmeinungen bei Wiederin in FS G. Holzinger 787 (FN 12) mwN. 36 So zB Merkl, ZÖR 10 (1931), 187 f; Ball/Wolf, Betrachtungen zur novellierten Bundesverfassung, GZ 1930, 121; Wiederin in FS G. Holzinger 787 (FN 13) mwN. 37 B. Raschauer, Art 18 Abs 3–5 Rz 3; Lais, Art 42 Rz 5; vgl dazu auch Wiederin in FS G. Holzinger 787 (FN 14).
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holt wird, anzunehmen, dass nicht nur Gesetzesbeschlüsse, sondern auch jede andere Maßnahme, die normalerweise vom LT beschlossen werden muss, durch eine Notverordnung substituiert werden könnte.38 Die Wendung „eines Beschlusses des Landtages“ schließt es demgegenüber klar aus, dass Notverordnungen „Maßnahmen“, die von einem Ausschuss des LT oder einem anderen Organ zu beschließen wären, ersetzen.39 In erster Linie kommen als Gegenstand von Notverordnungen in der Praxis Gesetzesbeschlüsse des LT in Betracht. Theoretisch könnten aber auch andere Beschlüsse, etwa über finanzielle Angelegenheiten, wie Kredite, Haftungen und andere Vermögenswerte, oder den Landesvoranschlag, durch Notverordnung ersetzt werden. Die Möglichkeit dazu ist allerdings durch die Ausnahmetatbestände des Abs 4 sowie andere landesverfassungsrechtliche Bestimmungen stark eingeschränkt.40 Der Abschluss von StV des Landes mit benachbarten Staaten nach Art 16 Abs 1 B-VG oder von Gliedstaatsverträgen gem Art 15a B-VG ist nach der hier vertretenen Ansicht durchaus als „Maßnahme“ iSd Bestimmung zu verstehen, nachdem solche Verträge vom LT genehmigt werden müssen. Diese Vereinbarungen müssen zwar in langwierigen Verhandlungen ausgehandelt werden,41 allerdings wäre eine Substituierung der Genehmigung des LT durch Notverordnung der LReg gar nicht so unrealistisch, wenn nur noch diese Genehmigung ausständig wäre.
B. Abwehr eines offenkundigen, nicht wieder gutzu machenden Schadens für die Allgemeinheit 9 Die Voraussetzung eines „offenkundigen, nicht wieder gutzumachenden Schadens für die Allgemeinheit“ ist ebenfalls ein unbestimmter Rechtsbegriff, der unter Rückgriff auf die entsprechende Formulie38 So auch Th. Müller, Art 97 Abs 3 und 4 Rz 5; Wiederin in FS G. Holzinger 792. 39 Th. Müller, Art 97 Abs 3 und 4 Rz 5; iZm dem Notverordnungsrecht des BPräs Berchtold, Bundespräsident 255 ff; Frank, Art 18 Abs 3–5 Rz 3; B. Raschauer, Art 18 Abs 3–5 Rz 3. 40 Th. Müller, Art 97 Abs 3 und 4; Wiederin in FS G. Holzinger 792; Frank, Art 18 Abs 3–5 Rz 3 mwN; Berchtold, Bundespräsident 268. 41 So auch Th. Müller, Art 97 Abs 3 und 4 Rz 5; zu StV des Bundes vgl Wiederin in FS G. Holzinger 792 f; Merkl, ZÖR 10 (1931), 187 f; Frank, Art 18 Abs 3–5 Rz 3 mwN; aA Berchtold, Bundespräsident 267 f, der von vornherein nur Gesetzesbeschlüsse des NR als Gegenstand von Notverordnungen des BPräs sieht.
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rung iZm dem Notverordnungsrecht des BPräs ausgelegt werden muss. Ob eine solche Art von Schaden droht, ist vom LT im Einvernehmen mit dem Notstandsausschuss zu beurteilen. Es handelt sich dabei im Wesentlichen um eine politische Entscheidung über die Zukunft, bei der den beteiligten Organen ein – nach einem Großteil der Lehre – „nahezu unbeschränkter“ Bewertungsspielraum zur Verfügung steht.42 Durch die Einfügung des Wortes „offenkundig“ sollte versucht werden, diese Beurteilung etwas zu objektivieren:43 Der Schaden für die Allgemeinheit, der bei Unterbleiben einer Notstandsmaßnahme entstehen würde, muss für die an der Verordnungserlassung beteiligten Organe mit einem gewissen Grad an Sicherheit erkennbar sein.44 Freilich ist letztlich aber auch die Beurteilung, ob ein Schaden nun „offenkundig“ ist oder nicht, subjektiv.45 Eine Missachtung dieser Voraussetzung wird nur bei offenkundig miss 10 bräuchlicher Verwendung angenommen werden können, wenn zB die in der Notverordnung getroffenen Maßnahmen von vornherein nicht geeignet wären, den Schaden abzuwehren oder wenn erkennbar ist, dass die Notverordnung nur auf die Ausschaltung des LT abzielt.46 Einen gewissen Schutz vor Missbrauch bietet sicherlich der Umstand, dass die Beurteilung, ob ein Schaden iSd Abs 1 droht, nicht allein der LReg obliegt, sondern diese ein Einvernehmen mit dem Notstandsausschuss, der nach dem Verhältniswahlrecht zu besetzen ist und daher Vertreter aller Parteien beinhaltet, herzustellen hat.47 Allerdings kann die parlamentarische Opposition die Erlassung einer Notverordnung nicht verhindern, da für die Einvernehmensherstellung ein Mehrheits42 Th. Müller, Art 97 Abs 3 und 4 Rz 6; B. Raschauer, Art 18 Abs 3–5 Rz 4; Frank, Art 18 Abs 3–5 Rz 4; Berchtold, Bundespräsident 256; Merkl, ZÖR 10 (1931), 190 f; Pesendorfer, Art 97 Rz 25 (FN 75). 43 Dieser Versuch wird vielfach als gescheitert angesehen (so zB Merkl, ZÖR 10 [1931], 191; Berchtold, Bundespräsident 257; aA Th. Müller, Art 97 Abs 3 und 4 Rz 6). 44 Merkl, ZÖR 10 (1931), 190 f; Th. Müller, Art 97 Abs 3 und 4 Rz 6; Berchtold, Bundespräsident 257. 45 So auch Merkl, ZÖR 10 (1931), 191; Berchtold, Bundespräsident 257 mwN; Kelsen, Die Verfassung Österreichs, in Leibholz (Hg), Jahrbuch des öffentlichen Rechts der Gegenwart 18 (1930) 130 (141); aA Th. Müller, Art 97 Abs 3 und 4 Rz 6. 46 B. Raschauer, Art 18 Abs 3–5 Rz 4; Th. Müller, Art 97 Abs 3 und 4 Rz 6. 47 So auch Berchtold, Bundespräsident 257; Pesendorfer, Art 97 Rz 25 (FN 75).
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beschluss des Notstandsausschusses ausreichend ist (§ 71 Abs 6 Tir GO LT). Ein gewisser Einfluss auf den Inhalt wird aber unter Umständen doch ausgeübt werden können.48 11 Der Eintritt eines solchen Schadens wird va in Fällen des Staatsnotstandes angenommen.49 Unter den Begriff „Staatsnotstand“ fallen jene Fälle, in denen die Gesetzgebung und Verwaltung in umfassendem oder qualifiziertem Ausmaß behindert oder bedroht sind oder die staatliche Rechtsordnung ganz oder tw außer Geltung ist, wie zB in Kriegszeiten oder bei Aufruhr.50 Ein nicht wieder gutzumachender Schaden für die Allgemeinheit kann aber auch durch wirtschaftlichen oder sozialen Notstand, wie bspw bei Knappheit von Wasser, Lebensmitteln, Brennstoffen, Elektrizität oder einem zusammengebrochenen Transportnetz sowie Elementarereignissen (Überschwemmungen, Epidemien etc) eintreten.51 12 Dieser Schaden darf dabei nicht anders abgewendet werden können, als durch sofortige Erlassung einer Notverordnung, dh, die Einhaltung des ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens würde zu lange dauern, um den Schadenseintritt zu verhindern.52 13 Das Vorliegen dieser Voraussetzungen muss in einem allfälligen Verfahren vor dem VfGH begründet werden.53
C. Unmöglichkeit des Zusammentretens des Landtags 14 Notverordnungen dürfen nur erlassen werden, wenn der LT nicht rechtzeitig zusammentreten kann oder durch höhere Gewalt am Zusammentreten gehindert ist. Nach Berchtold54 ist bei der Frage der Möglichkeit des rechtzeitigen Zusammentretens ebenso auf die Dauer des Gesetzgebungsverfahrens Bedacht zu nehmen: Die Erlassung von 48 Vgl dazu auch Berchtold, Bundespräsident 257. 49 Th. Müller, Art 97 Abs 3 und 4 Rz 6. 50 Th. Müller, Art 97 Abs 3 und 4 Rz 6; Koja, Staatsnotstand 18 ff; ders, Verfassungsrecht 211 f. 51 Th. Müller, Art 97 Abs 3 und 4 Rz 6; Koja, Staatsnotstand 26 ff. 52 Th. Müller, Art 97 Abs 3 und 4 Rz 6; B. Raschauer, Art 18 Abs 3–5 Rz 3; Frank, Art 18 Abs 3–5 Rz 4. 53 So Th. Müller, Art 97 Abs 3 und 4 Rz 6; B. Raschauer, Art 18 Abs 3–5 Rz 4; Berchtold, Bundespräsident 256 f geht demgegenüber davon aus, dass der VfGH diese Voraussetzung faktisch nicht überprüfen könne. 54 Berchtold, Bundespräsident 258 f.
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Notverordnungen ist demnach auch zulässig, wenn ein rechtzeitiges Zusammentreten des LT zwar möglich wäre, aber der drohende Schaden auf Grund der Dauer des Gesetzgebungsverfahrens nicht verhindert werden könnte. Der Begriff der „höheren Gewalt“ ist wiederum interpretationsbedürf- 15 tig und umfasst gem des AB55 zur entsprechenden Wendung in Art 18 Abs 3 B-VG „nicht voraussehbare und mit normalen Mitteln nicht abwendbare Ereignungen […]“. Als Bsp für solche Situationen werden die „Lahmlegung des Eisenbahnverkehrs von maßgebender Bedeutung, Elementarkatastrophen, Unruhen außergewöhnlichen Umfangs u. dgl.“ genannt. Erfasst sind jedenfalls nur Faktoren von außen. Innere parlamentarische Faktoren, wie etwa die Dauer parlamentarischer Verfahren, Verfahrensverschleppungen, Blockaden durch die Opposition oder Untätigkeit des Gesetzgebers, zählen nicht zu den Fällen „höherer Gewalt“.56 Dadurch soll verhindert werden, dass der LT durch Notverordnungen ausgeschaltet wird.57 Gemeint ist also ein echter Gesetzgebungsnotstand, wenn der LT 16 nicht rechtzeitig Zusammentreten kann oder am Zusammentreten wegen „höherer Gewalt“ gehindert ist. Bevor in solchen Situationen Notverordnungen erlassen werden können, ist aber auch an die Möglichkeit der Sitzverlegung des LT (Art 16 Abs 2 TLO 1989) oder der Einberufung einer außerordentlichen Sitzung (Art 24 TLO 1989) zu denken.58 Th. Müller59 und Frank60 dehnen das Notverordnungsrecht seinem Zweck nach auf Fälle aus, in denen der LT rechtlich nicht existiert, zB bei Auflösung des LT durch den BPräs (Art 100 B-VG).
VI. Inhaltliche Grenzen Abs 4 zählt jene Angelegenheiten auf, in denen die Erlassung von Not- 17 verordnungen ausgeschlossen ist. Wie bereits dargelegt, ist diese Auf55 AB 405 BlgNR III. GP, 4. 56 Th. Müller, Art 97 Abs 3 und 4 Rz 7; Frank, Art 18 Abs 3–5 Rz 5; B. Raschauer, Art 18 Abs 3–5 Rz 5 f; Berchtold, Bundespräsident 259 ff; Merkl, ZÖR 10 (1931), 191 f. 57 Th. Müller, Art 97 Abs 3 und 4 Rz 7; Berchtold, Bundespräsident 259; ausführlich zu dieser Gefahr Merkl, ZÖR 10 (1931), 191 f. 58 Frank, Art 18 Abs 3–5 Rz 5; Th. Müller, Art 97 Abs 3 und 4 Rz 7; B. Raschauer, Art 18 Abs 3–5 Rz 5. 59 Th. Müller, Art 97 Abs 3 und 4 Rz 7. 60 Frank, Art 18 Abs 3–5 Rz 5 mwN.
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zählung nur demonstrativ und könnte durch den Landesverfassungsgesetzgeber im Rahmen seiner „relativen Verfassungsautonomie“ erweitert werden. Der Landesverfassungsgesetzgeber hat von dieser Option jedoch keinen Gebrauch gemacht und wiederholt lediglich die Gegenstände des Art 97 Abs 4 B-VG.61 Im Folgenden sollen nun die Ausnahmetatbestände kurz näher dargestellt werden: – Zum ersten darf keine materielle oder formelle Änderung von Landesverfassungsrecht erfolgen.62 Notverordnungen müssen selbstverständlich auch im Einklang mit den bundesverfassungsrechtlichen Bestimmungen stehen.63 – Die Schranken, denen finanzielle Regelungen unterliegen, sind verschieden: Abs 4 untersagt „dauernde finanzielle Belastungen des Landes Tirol“, die „Veräußerung von Landesvermögen“, „finanzielle Belastungen des Bundes oder der Gemeinden“ sowie „finanzielle Belastungen der Staatsbürger“. Es ist also unzulässig, dem Bund, den Gemeinden oder Staatsbürgern64 irgendwelche zusätzlichen finanziellen Belastungen aufzuerlegen oder auch Landesvermögen zu verkaufen. In Bezug auf das Land sind lediglich „dauernde“ finanzielle Belastungen verboten. Der Begriff der „finanziellen Belastung“ umfasst immer aktive, geldförmige Leistungen. Nicht erfasst und somit zulässig sind Verwaltungsmaßnahmen, die nicht unmittelbar eine finanzielle Leistung fordern, sondern wo etwaige Mehrkosten nur mittelbar Folge der gesetzten Maßnahme sind.65 Ab wann eine Belastung des Landes als „dauernd“ angesehen werden kann, ist nicht ganz eindeutig. Man wird dies im Einklang mit der Lehre66 jedenfalls für dingliche oder fundierte obligatorische Verpflichtungen, wie Haftungen, Kredite oder Darlehen, annehmen können. Letztendlich handelt es sich dabei aber wieder um eine po-
61 Vgl dazu schon Rz 1 ff. 62 B. Raschauer, Art 18 Abs 3–5 Rz 11; Frank, Art 18 Abs 3–5 Rz 6; Th. Müller, Art 97 Abs 3 und 4 Rz 12; Berchtold, Bundespräsident 268. 63 Th. Müller, Art 97 Abs 3 und 4 Rz 12. 64 Der Begriff „Staatsbürger“ umfasst nicht nur natürliche, sondern auch inländische juristische Personen (so Berchtold, Bundespräsident 270). 65 B. Raschauer, Art 18 Abs 3–5 Rz 12; Frank, Art 18 Abs 3–5 Rz 7; Th. Müller, Art 97 Abs 3 und 4 Rz 12; Merkl, ZÖR 10 (1931), 188 f. 66 Frank, Art 18 Abs 3–5 Rz 7; Th. Müller, Art 97 Abs 3 und 4 Rz 12.
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litische Entscheidung, wobei Merkl67 dahingehend zuzustimmen ist, dass die Erlassung von Notverordnungen immer zumindest dann ausgeschlossen ist, wenn eine längerfristige Belastung vorhergesehen werden kann. In diesem Zusammenhang ist auf Art 62a Abs 1 lit c TLO 1989 hinzuweisen, der „die Veräußerung und Belastung von Vermögen des Landes Tirol“ an eine Genehmigung des LT knüpft.68 Unter „finanzieller Belastung“ iSd Art 53 Abs 4 TLO 1989 und „Belastung von Vermögen“ iSd Art 62a Abs 1 lit c TLO 1989 wird im Wesentlichen dasselbe zu verstehen sein, weswegen beide Bestimmungen wohl aus systematischen Gründen harmonisierend ausgelegt werden müssen. Ein Unterschied ist lediglich darin zu sehen, dass „nicht dauernde“ finanzielle Belastungen bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen gem Art 53 TLO 1989 Gegenstand einer Notverordnung sein können, während sie sonst stets der Vorabgenehmigung durch den LT bedürfen. – Zuletzt werden noch „Angelegenheiten der Kammer für land- und forstwirtschaftliche Arbeiter und Angestellte“ genannt. Das Ziel dieser Ausnahme dürfte die Absicherung arbeits- und sozialrechtlicher Normen sein.69 Allerdings ist etwas unklar, warum die Ausnahmen lediglich für die Land- und Forstwirtschaft und nicht auch für andere Bereiche vorgesehen sind.70 Die engen inhaltlichen Grenzen werden insgesamt als Hauptgrund 18 für die fehlende praktische Bedeutung und mangelnde Effektivität des Notverordnungsrechts gesehen. Obwohl bislang keine Fälle eines „Staatsnotstandes“ eingetreten sind, geht die Lehre davon aus, dass das Notverordnungsrecht nicht geeignet wäre, einen solchen zu meistern.71
67 Merkl, ZÖR 10 (1931), 189; sich dieser Meinung anschließend Berchtold, Bundespräsident 169. 68 Vgl dazu auch Th. Müller, Art 62a (in diesem Band) Rz 5 ff. 69 Merkl, ZÖR 10 (1931), 189; Frank, Art 18 Abs 3–5 Rz 8; Th. Müller, Art 97 Abs 3 und 4 Rz 12; Berchtold, Bundespräsident 271. 70 Ebenso kritisch dazu Merkl, ZÖR 10 (1931), 189; Frank, Art 18 Abs 3–5 Rz 8. 71 Th. Müller, Art 97 Abs 3 und 4 Rz 3; B. Raschauer, Art 18 Abs 3–5 Rz 1; Frank, Art 18 Abs 3–5 Rz 2; Koja, ÖJZ 1975, 209 spricht ausdrücklich davon, „daß man […] im Ernstfall wohl den Schritt in die Illegalität tun müßte“.
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VII. Verfahren A. Erlassung durch die Landesregierung 19 Liegen alle Voraussetzungen vor, darf die LReg „im Einvernehmen“ mit dem nach den Grundsätzen der Verhältniswahl zusammengesetzten Notstandsausschuss eine Notverordnung erlassen. Der Notstandsausschuss muss dabei dem Vorschlag der LReg mehrheitlich zustimmen (§ 71 Abs 6 Tir GO LT), besitzt jedoch selbst keine Möglichkeit, die Notverordnung inhaltlich zu ändern. Freilich kann er, falls er mit dem Inhalt nicht einverstanden ist, seine Zustimmung verweigern und so indirekt darauf Einfluss nehmen.72 Die Notverordnung ist vom LH und dem LAD zu unterzeichnen (§ 9 Abs 3 LVerlautG) und im LGBl kundzumachen.73
B. Revision durch den Landtag 20 Notverordnungen der LReg sind von dieser nach ihrer Erlassung unverzüglich, dh sobald als möglich, „ohne schuldhaftes Zögern“74 der BReg bekanntzugeben (Abs 3) und dem LT vorzulegen (Abs 2). Dieser ist innerhalb einer Woche nach Vorlage vom LTPräs einzuberufen.75 Binnen einer Frist von vier Wochen muss die Notverordnung vom LT dann in weiterer Folge entweder in ein entsprechendes Gesetz transformiert werden76 oder der LT hat mittels Beschluss von der LReg zu verlangen, dass die Notverordnung aufgehoben wird (Abs 2).77 Kommt 72 Berchtold, Bundespräsident 262; Merkl, ZÖR 10 (1931), 192 f; Steiner, Landesregierung 364. 73 Frank, Art 18 Abs 3–5 Rz 10; B. Raschauer, Art 18 Abs 3–5 Rz 7 f; Berchtold, Bundespräsident 263 f. 74 Berchtold, Bundespräsident 276. 75 Ist der LTPräs verhindert, so ist diese Aufgabe vom ersten Vizepräsidenten bzw – sollte auch dieser verhindert sein – vom zweiten Vizepräsidenten wahrzunehmen. Sind sowohl LTPräs als auch beide Vizepräsidenten verhindert, kommt die Vertretung des LTPräs dem an Jahren ältesten Abg zu. Ist dieser auch verhindert, wird der LTPräs durch den jeweils nächstältesten Abg vertreten (Art 22 Abs 1 TLO 1989). S hierzu auch Bußjäger, Art 22 (in diesem Band). 76 Die Notverordnung kann dabei inhaltlich durchaus verändert werden, solange Regelungen auf dem entsprechenden Sachgebiet vorgenommen werden. Sie tritt dann im Umfang der vorgenommenen Änderungen (pro futuro) außer Kraft. Vgl dazu B. Raschauer, Art 18 Abs 3–5 Rz 16 sowie Th. Müller, Art 97 Abs 3 und 4 Rz 10 (FN 50). 77 Vgl Frank, Art 18 Abs 3–5 Rz 13; B. Raschauer, Art 18 Abs 3–5 Rz 18; Th. Müller, Art 97 Abs 3 und 4 Rz 10; Merkl, ZÖR 10 (1931), 196 f.
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die LReg einem solchen Verlangen nicht nach, steht es dem Gesetzgeber nach Ablauf der vierwöchigen Frist frei, die Notverordnung selbst durch ein LG aufzuheben oder entsprechend abzuändern. Näheres zum Verfahren der Revision im LT wird durch die Tir GO LT geregelt. Bezüglich der Beschlussfassung enthält sie keine speziellen Vorschriften und fordert – wie bei einfachen LG – lediglich die Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Abg und die einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen (§ 61 Tir GO LT). Auch sonst sieht die Tir GO LT für das Revisionsverfahren keine Sonderregelungen vor. Durch die Verpflichtung zur Vorlage an den LT soll die nachträgliche Befassung des Gesetzgebers mit einer von der Exekutive erlassenen, gesetzesändernden VO und somit letztendlich die demokratische und rechtsstaatliche Legitimation sichergestellt werden.78 Unklar ist, ob es sich diesbezüglich um eine „Alternativverpflichtung“ handelt, dh der LT zwingend dazu verpflichtet ist, die Notverordnung in ein Gesetz zu transformieren oder die Aufhebung mittels Beschluss zu verlangen oder ob er auch untätig bleiben könnte. Der Wortlaut der Bestimmung spricht primär dafür, dass es sich um eine Alternativverpflichtung handelt.79 Betrachtet man allerdings den Sinn und Zweck der Bestimmung, so kann man ebenso davon ausgehen, dass eine Untätigkeit des LT zulässig wäre.80 Nachdem für das Untätigbleiben des LT keine Sanktionen vorgesehen sind, ist diese Diskussion lediglich theoretischer Natur. In einem solchen Fall bleibt die VO weiterhin im einfachen Gesetzesrang in Geltung, bis der LT – der ja nach wie vor die Gesetzgebungskompetenz besitzt – sie durch ein im Wege eines normalen Gesetzgebungsverfahrens erlassenes Gesetz ändert oder beseitigt.81 Zur Sicherstellung der rechtzeitigen Beschlussfassung ist weiters vorgesehen, dass die Vorlage spätestens am vorletzten Tag der vierwöchigen Frist vom LTPräs zur Abstimmung zu stellen ist.82 Abs 2 letzter Satz ordnet an, dass ab dem Zeitpunkt des Wirksamwerdens einer all-
78 Vgl dazu auch Th. Müller, Art 97 Abs 3 und 4 Rz 10. 79 Merkl, ZÖR 10 (1931), 195; Berchtold, Bundespräsident 277 f. 80 So auch Th. Müller, Art 97 Abs 3 und 4 Rz 10; Wiederin in FS G. Holzinger 793. 81 Th. Müller, Art 97 Abs 3 und 4 Rz 10; Wiederin in FS G. Holzinger 793; Berchtold, Bundespräsident 277 f; Merkl, ZÖR 10 (1931), 195 f; Frank, Art 18 Abs 3–5 Rz 13. 82 Merkl, ZÖR 10 (1931), 197; Steiner, Landesregierung 364.
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fälligen Aufhebung die durch die VO verdrängten gesetzlichen Bestimmungen wieder Geltung erlangen. 21 Eine Abänderung oder Aufhebung von Notverordnungen durch die LReg im Einvernehmen mit dem Notstandsausschuss ist jederzeit zulässig.83 Fraglich ist, was mit einer Notverordnung geschieht, wenn sie nicht mehr erforderlich ist, um einen Schaden abzuwehren und sich der LT innerhalb der vorgesehenen Frist noch nicht mit ihr befasst hat. Es ist anzunehmen, dass die LReg in einem solchen Fall die Pflicht hat, die VO aufzuheben.84 Kommt die LReg dieser Pflicht nicht nach, steht es dem LT auch nach Ablauf der vierwöchigen Frist frei, sich mit der Notverordnung zu befassen und diese durch einfaches LG abzuändern oder aufzuheben.85 Der vorläufige Charakter und der enge Anwendungsbereich sprechen zudem für eine Invalidation von Notverordnungen, wenn diese nicht mehr zur Schadensabwehr benötigt werden.86
VIII. Anfechtung von Notverordnungen vor dem VfGH 22 Notverordnungen der LReg können vor dem VfGH nach hL87 gem Art 139 B-VG angefochten werden. Prüfungsmaßstab ist allerdings nicht das Gesetzesrecht, da Notverordnungen ja Gesetzeskraft zukommt, sondern das Verfassungsrecht und dabei insb jene Bestimmungen, die die Voraussetzungen und das Verfahren ihrer Erlassung regeln.88 Der LReg kommt Parteistellung zu (§ 58 Abs 1 VfGG). Sie ist zur unverzüglichen Kundmachung einer allfälligen Aufhebung ver83 Th. Müller, Art 97 Abs 3 und 4 Rz 11; B. Raschauer, Art 18 Abs 3–5 Rz 14; Frank, Art 18 Abs 3–5 Rz 13. 84 Th. Müller, Art 97 Abs 3 und 4 Rz 11; B. Raschauer spricht dagegen von einem „Können“ (ders, Art 18 Abs 3–5 Rz 14). 85 Th. Müller, Art 97 Abs 3 und 4 Rz 10; Wiederin in FS G. Holzinger 793; Berchtold, Bundespräsident 277 f; Merkl, ZÖR 10 (1931), 195 f; Frank, Art 18 Abs 3–5 Rz 13; B. Raschauer, Art 18 Abs 3–5 Rz 18. 86 So auch Aichlreiter, Österreichisches Verordnungsrecht 2 (1988) 917 f und Th. Müller, Art 97 Abs 3 und 4 Rz 11. 87 Frank, Art 18 Abs 3–5 Rz 14; Aichlreiter, Verordnungsrecht 1384; L. Adamovich/Spanner/L. K. Adamovich, Handbuch des österreichischen Verfassungsrechts6 (1972) 368. 88 Frank, Art 18 Abs 3–5 Rz 14; Berchtold, Bundespräsident 279; aA hinsichtlich des Prüfungsmaßstabes offensichtlich Kneifel, Ist unser Bundesverfassungsgesetz frei von Mängeln?, AnwBl 1981, 353.
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pflichtet. Im Fall einer Aufhebung werden durch eine Notverordnung derogierte Bestimmungen wieder wirksam.89 In jüngerer Zeit hat in der Lehre90 eine Diskussion stattgefunden, ob 23 Notverordnungen nicht eigentlich einem Verfahren nach Art 140 B-VG unterzogen werden sollten. Wiederin91 führt dafür in erster Linie historische Gesichtspunkte – der Verfassungsausschuss sprach bezüglich des Notverordnungsrechts des BPräs vom Verfahren nach Art 140 B-VG –, die systematische Auslegung (Anordnung des Wiederinkrafttretens derogierter gesetzlicher Regelungen bei Aufhebung durch die LReg nach Art 53 Abs 2 TLO 1989 iVm Art 97 Abs 3 B-VG, was bei Aufhebung durch den VfGH in einem Verfahren nach Art 139 B-VG nicht vorgesehen ist) und teleologische Gründe – in einem Verfahren nach Art 140 B-VG würde auch die Möglichkeit eines „Drittelantrages“ durch ein Drittel der LTAbg offen stehen – ins Treffen. ME nach ist der hL, die Notverordnungen einem Verfahren nach Art 139 B-VG unterzieht, der Vorzug zu geben. Art 97 Abs 3 und 4 B-VG normieren für Notstandsmaßnahmen der LReg unzweifelhaft die Rechtsform der VO. Die Anfechtung von VO vor dem VfGH erfolgt in einem Verfahren gem Art 139 B-VG. Wenn der AB zum Notverordnungsrecht des BPräs von einem Verfahren nach Art 140 B-VG spricht, kann vor dem Hintergrund, dass in diesem AB ebenso der Verordnungscharakter der Notverordnungen ausdrücklich klargestellt worden ist, gleich gut von einem Redaktionsversehen ausgegangen werden.92 Diese Ansicht wird von einem Großteil der Lehre geteilt.93 Art 139 B-VG mag zwar keine Regelung enthalten, die das automatische Wiederinkrafttreten der durch die Notverordnung verdrängten Bestimmungen vorsieht, dieses „Problem“ kann allerdings auch mittels analoger Anwendung des Art 140 Abs 6 B-VG gelöst werden.94
89 Frank, Art 18 Abs 3–5 Rz 14, der dies mit Analogie begründet, nachdem eine ausdrückliche Anordnung des Wiederinkrafttretens derogierter Bestimmungen in Art 139 B-VG fehlt. 90 Wiederin in FS G. Holzinger 793 ff; Th. Müller, Art 97 Abs 3 und 4 Rz 13. 91 Wiederin in FS G. Holzinger 794 ff; sich dieser Meinung anschließend Th. Müller, Art 97 Abs 3 und 4 Rz 13. 92 AB 405 BlgNR III. GP, 4. Wiederin in FS G. Holzinger 794. 93 Vgl dazu den Verweis auf die entsprechenden Lehrmeinungen bei Wiederin in FS G. Holzinger 794 (FN 44). 94 So auch Frank, Art 18 Abs 3–5 Rz 14, der davon ausgeht, dass Art 140 Abs 6 B-VG insofern „eine planwidrige Lücke aufweist“.
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Artikel 54 Amtsverschwiegenheit der Mitglieder der Landesregierung (1) Die Mitglieder der Landesregierung sind, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, zur Verschwiegenheit über alle ihnen ausschließlich aus ihrer amtlichen Tätigkeit bekannt gewordenen Tatsachen verpflichtet, deren Geheimhaltung im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit, der umfassenden Landesverteidigung, der auswärtigen Beziehungen, im wirtschaftlichen Interesse einer Körperschaft des öffentlichen Rechtes, zur Vorbereitung einer Entscheidung oder im überwiegenden Interesse der Parteien geboten ist. (2) Die Verschwiegenheitspflicht besteht nicht gegenüber dem Landtag, wenn er mit Beschluß eine Auskunft ausdrücklich verlangt. (3) Von der Verschwiegenheitspflicht kann in den Angelegenheiten der Landesverwaltung die Landesregierung, in den Angelegenheiten der mittelbaren Bundesverwaltung und der dem Landeshauptmann übertragenen Verwaltung von Bundesvermögen der Landeshauptmann entbinden. LGBl samt Erläuterungen: LGBl 1988/61 (X. GP AA 141/88 AB 141/88); LGBl 1998/104 (XII. GP RV 230/98 AB 230/98) Literatur: Bußjäger, Der Status quo: Amtsverschwiegenheit und Informationsrecht, in Bertel/Happacher/Simonati (Hg), Die transparente Verwaltung in Österreich und Italien (2019) 43; Morscher, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer. 7. Tirol (1991) 133 ff; Steiner, Landesregierung, in Pürgy (Hg), Das Recht der Länder I (2012) 299
Inhaltsübersicht I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben..................................... 1 II. Entstehungsgeschichte.................................................................. 4 III. Verschwiegenheitspflicht nach Art 54 TLO 1989..................... 6 IV. Verhältnis zur Amtshilfe............................................................... 11 686
Amtsverschwiegenheit der Mitglieder der Landesregierung
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I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben Art 20 Abs 3 B-VG zufolge sind „[a]lle mit Aufgaben der Bundes-, 1 Landes- und Gemeindeverwaltung betrauten Organe sowie die Organe anderer Körperschaften des öffentlichen Rechts […], soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, zur Verschwiegenheit über alle ihnen ausschließlich aus ihrer amtlichen Tätigkeit bekannt gewordenen Tatsachen verpflichtet, deren Geheimhaltung im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit, der umfassenden Landesverteidigung, der auswärtigen Beziehungen, im wirtschaftlichen Interesse einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, zur Vorbereitung einer Entscheidung oder im überwiegenden Interesse der Parteien geboten ist (Amtsverschwiegenheit). Die Amtsverschwiegenheit besteht für die von einem allgemeinen Vertretungskörper bestellten Funktionäre nicht gegenüber diesem Vertretungskörper, wenn er derartige Auskünfte ausdrücklich verlangt.“ Daraus ergibt sich, dass der bundesverfassungsrechtlich vorgegebene Umfang der Verschwiegenheitspflicht von den Ländern nicht weiter ausgedehnt, sondern lediglich eingeschränkt werden kann.1 Mit der Amtsverschwiegenheit nach Art 20 Abs 3 B-VG steht Art 20 2 Abs 4 B-VG (Auskunftspflicht) in untrennbarem Zusammenhang. Art 20 Abs 4 B-VG wirkt sich auch auf die Länder aus. Demnach haben „[a]lle mit Aufgaben der Bundes-, Landes- und Gemeindeverwaltung betrauten Organe sowie die Organe anderer Körperschaften des öffentlichen Rechts […] über Angelegenheiten ihres Wirkungsbereiches Auskünfte zu erteilen, soweit eine gesetzliche Verschwiegenheitspflicht dem nicht entgegensteht; […]. Die näheren Regelungen sind hinsichtlich der Organe des Bundes sowie der durch die Bundesgesetzgebung zu regelnden Selbstverwaltung in Gesetzgebung und Vollziehung Bundessache, hinsichtlich der Organe der Länder und Gemeinden sowie der durch die Landesgesetzgebung zu regelnden Selbstverwaltung in der Grundsatzgesetzgebung Bundessache, in der Ausführungsgesetzgebung und in der Vollziehung Landessache.“
1
Vgl Vbg LT, XXVIII. GP, RV Blg 15/2007, 2.
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Auch Art 8 EMRK und § 1 DSG stehen in Wechselwirkung mit der Amtsverschwiegenheit. Daraus kann sich ergeben, dass die Amtsverschwiegenheit gewahrt werden muss.2 3 Schließlich kann auch aus Art 10 EMRK unter bestimmten Umständen ein Recht auf Informationszugang resultieren.3
II. Entstehungsgeschichte 4 Schon die TLO 1921 enthielt eine Bestimmung über die Amtsverschwiegenheit.4 Dem damaligen § 31 Z 1 zufolge hatten „[d]ie Mitglieder der Landesregierung […] über alle ihnen in Ausübung ihres Amtes oder mit Beziehung auf ihre amtliche Stellung bekanntgewordenen Angelegenheiten, die im Interesse des Landes oder der Parteien, oder sonst aus dienstlichen Rücksichten Geheimhaltung erfordern oder ausdrücklich als ‚vertraulich‘ bezeichnet worden sind, gegen jedermann, dem über solche Angelegenheiten eine amtliche Mitteilungen zu machen nicht die Pflicht ist, Stillschweigen zu beobachten.“ Die Z 2 sah eine Entbindung von der Verschwiegenheit durch Beschluss des LT oder der LReg vor.
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Berka, Verfassungsrecht7 (2018) 223 und 494 f. Lehofer, Große Kammer des EGMR: Art 10 EMRK inkludiert auch Recht auf Zugang zu Informationen, ÖJZ 2016, 1041; Bertel, Die Informationsfreiheit in der Zukunft – ein Ausblick, in dies/Happacher/Simonati (Hg), Die transparente Verwaltung in Österreich und Italien (2019) 59, EGMR U 08.11.2016 (GK), 18030/11 (Magyar Helsinki Bizottság gegen Ungarn); VwGH 29.05.2018, Ra 2017/03/0083. S zuvor schon in diese Richtung EGMR U 28.11.2013, 39.534/07 (Österreichische Vereinigung zur Erhaltung, Stärkung und Schaffung eines wirtschaftlich gesunden land- und forstwirtschaftlichen Grundbesitzes gegen Österreich). Diese Bestimmung war § 23 der Dienstpragmatik RGBl 1914/15 nachgebildet, der lautete: „Der Beamte hat über alle ihm in Ausübung des Dienstes oder mit Beziehung auf seine amtliche Stellung bekannt gewordenen Angelegenheiten, die im Interesse des Staates oder der Parteien oder sonst aus dienstlichen Rücksichten Geheimhaltung erfordern oder ihm ausdrücklich als vertrauliche bezeichnet worden sind, gegen jedermann, dem er über solche Angelegenheiten eine amtliche Mitteilung zu machen nicht verpflichtet ist, strengstes Stillschweigen zu beobachten. […]“.
Amtsverschwiegenheit der Mitglieder der Landesregierung
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Hintergrund der Aufnahme der Bestimmung in die TLO 1921 war, dass die Amtsverschwiegenheit ursprünglich nicht im B-VG enthalten war, sondern erst mit BGBl 1925/2685 Eingang in den Verfassungstext fand.6 Weil die damalige landesverfassungsgesetzliche Regelung über die Amtsverschwiegenheit für die Mitglieder der LReg nicht mit Art 20 Abs 2 (bzw später Abs 3) B-VG übereinstimmte, sondern die Amtsverschwiegenheit in manchen Teilen ausweitete (in Bezug auf die „Angelegenheiten, die […] aus dienstlichen Rücksichten Geheimhaltung erfordern oder ausdrücklich als ‚vertraulich‘ bezeichnet worden sind“ und für die „Stillschweigen zu beobachten“ war), erachtete Koja diese in Teilen für bundesverfassungswidrig.7 Die Bestimmung wurde im Zuge der Erlassung der TLO 1989 in Art 54 5 verschoben und „inhaltlich dem Art. 20 Abs. 3 B-VG […] angeglichen“8. Mit dieser Anpassung wurde die TLO 1989 nicht zuletzt den Änderungen des Amtsgeheimnisses, die mit der B-VG-Nov BGBl 1987/285 eintraten, gerecht. Aus heutiger Sicht ist mit Koja davon auszugehen, dass die Bestimmung aufgrund des Art 20 Abs 3 B-VG „an sich nicht notwendig“9 ist, weil Art 20 Abs 3 B-VG auch die Mitglieder der LReg umfasst.10 Zu Art 20 Abs 4 B-VG und der darin statuierten Auskunftspflicht analoge Bestimmungen haben nicht Eingang in die TLO 1989 gefun-
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Art 20 Abs 2 B-VG lautete ursprünglich: „Die Volksbeauftragten und die ihnen nachgeordneten Organe sind, soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, zur Verschwiegenheit über alle ihnen ausschließlich aus ihrer amtlichen Tätigkeit bekanntgewordenen Tatsachen verpflichtet, deren Geheimhaltung im Interesse einer Gebietskörperschaft oder der Parteien geboten ist (Amtsverschwiegenheit). Die Amtsverschwiegenheit besteht für die von einem allgemeinen Vertretungskörper bestellten Funktionäre nicht gegenüber diesem Vertretungskörper, wenn er derartige Auskünfte ausdrücklich verlangt.“ 6 S dazu Wieser, Art 20 Abs 3 B-VG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (2001) Rz 2. 7 Koja, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer2 (1988) 305. 8 EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 61. 9 Koja, Verfassungsrecht 304. 10 Art 20 Abs 3 B-VG liegt ein funktioneller Organbegriff zugrunde. Es geht um „das funktionelle Kriterium der Betrauung mit einer Aufgabe der Bundes-, Landes- oder […] Gemeindeverwaltung“, so Wieser, Art 20 Abs 3 Rz 15 mwN.
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den.11 So wie Art 20 Abs 3 B-VG umfasst jedoch auch Art 20 Abs 4 B-VG ebenso die Mitglieder der LReg.12
III. Verschwiegenheitspflicht nach Art 54 TLO 1989 6 Art 54 TLO 1989 entspricht im Wesentlichen dem Art 20 Abs 3 B-VG. Anders als zB das Bgld L-VG (Art 62) gibt die TLO 1989 nur die Amtsverschwiegenheit wieder, nicht aber die Auskunftspflicht, an die gem Art 20 Abs 4 B-VG jedoch auch die Mitglieder der LReg gebunden sind. Ähnlich der Tir Regelung ist § 46 Vbg LV. Insofern ist Art 54 TLO 1989 auch in Zusammenschau mit Art 20 Abs 4 B-VG zu lesen. Die Regelungen werden weiter durch das Tir Auskunftspflichtgesetz konkretisiert.13 Auch der Stmk Landesverfassungsgesetzgeber hat sich dazu entschlossen, die Auskunftspflicht zu erwähnen, und tut dies mit einem Verweis auf die „Bestimmungen des Bundes-Verfassungsgesetzes und den dazu ergangenen Gesetzen“ in Art 77 Abs 2 Stmk L-VG. Das Stmk L-VG enthält – so wie auch die Verfassungen von NÖ, OÖ und Sbg – keine grundlegende Bestimmung über die Amtsverschwiegenheit.14 7 Art 54 Abs 1 TLO 1989 wiederholt den Wortlaut von Art 20 Abs 3 B-VG, jedoch mit dem Unterschied, dass Art 54 Abs 1 TLO 1989 lediglich auf die Mitglieder der LReg Bezug nimmt und nicht auf „[a]lle mit Aufgaben der Bundes-, Landes- und Gemeindeverwaltung betrauten Organe“, wie es Art 20 Abs 3 B-VG tut. Damit weicht die Tir Regelung etwa von Art 58 Abs 2 K-LVG ab, welcher auf „alle mit Aufgaben der Bundes-, Landes- und Gemeindeverwaltung betrauten Organe sowie die Organe anderer Körperschaften des öffentlichen Rechts“ abstellt. Die Wortfolge „Mitglieder der Landesregierung“ zeigt an, dass es sich 11 Vgl aber das Tir Auskunftspflichtgesetz (Gesetz vom 16. November 1988 über die Auskunftspflicht der Organe des Landes, der Gemeinden, der Gemeindeverbände und der übrigen durch Landesgesetz geregelten Selbstverwaltungskörper, LGBl 1989/4 idF LGBl 2013/130). 12 Wieser, Art 20 Abs 4 B-VG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (2001) Rz 14 ff. 13 S darüber hinaus auch das Tir Fördertransparenzgesetz (Gesetz vom 7. November 2012 über die Transparenz von Förderungen des Landes Tirol, LGBl 2012/149 idF LGBl 2018/144). 14 S zu diesem Abschnitt auch Steiner, Landesregierung 351.
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hierbei nicht um die LReg als Kollegium, sondern die einzelnen Mitglieder handelt.15 Auch ehemalige Mitglieder der LReg sind von der Bestimmung umfasst.16 Was den Spielraum des Landesgesetzgebers betrifft, ist mit Bußjäger davon auszugehen, dass „im Rahmen der Gesetzesvorbehalte […] eine flexiblere Regelung [auf Landesebene] insofern erlaubt ist, als die Einschränkung der Amtsverschwiegenheit und die Erweiterung der Auskunftspflicht zulässig ist.“17 Weil der Tir Landesverfassungsgesetzgeber für Art 54 Abs 1 TLO 1989 denselben Wortlaut wie Art 20 Abs 3 B-VG gewählt hat, ist davon auszugehen, dass der Umfang der Amtsverschwiegenheit Art 20 Abs 3 B-VG entsprechen und keine landesverfassungsgesetzliche Einengung der Amtsverschwiegenheit normiert werden soll. Für den Umfang der Amtsverschwiegenheit nach Art 54 Abs 1 TLO 1989 kann daher auf Art 20 Abs 3 B-VG verwiesen werden.18 Dabei ist insb auch auf Art 8 EMRK und § 1 Abs 1 DSG zu verweisen, die es erforderlich machen können, die Amtsverschwiegenheit zu wahren.19 Von der Amtsverschwiegenheit können zunächst nur geheime Tatsachen, das sind solche Tatsachen, die nicht allgemein bekannt oder „einem größeren Kreis von nicht der Amtsverschwiegenheit unterliegenden Personen“20 bekannt sind, umfasst sein. Dies können „Akten und Akteinteile […e]benso noch nicht erlassene normative Akte […] und nicht kundgemachte, verwaltungsinterne Normen“ sowie „Ereignisse in der Außenwelt, wie zB mündliche Äußerungen, [… aber] auch innere Vorgänge, wie [...] Absichten“21 sein. Aus „der amtlichen Tätigkeit bekannt“ bedeutet, dass sich das Wissen aus der Amtsausübung, aber auch darüber hinaus, aus „jegliche[m] Verhalten, das einen Konnex zur 15 Vgl hiezu Wieser, Art 20 Abs 3 Rz 19, wonach „Art 20 Abs 3 B-VG […] unmittelbar die einzelnen Organwalter und nicht (bloß) Organe iS von Organisationseinheiten“ umfasst. 16 Wieser, Art 20 Abs 3 Rz 20. 17 Bußjäger, Status 48. 18 Vgl zu Art 20 Abs 3 B-VG die Kommentierung von Wieser, Art 20 Abs 3 Rz 51 f. 19 Vgl hiezu schon Morscher, Verfassungsrecht 133. S dazu auch Bußjäger, Status 49, der darauf hinweist, dass auch nach Inkrafttreten der DatenschutzGrundverordnung „der Schutz personenbezogener Daten [gem § 1 DSG und Art 8 EMRK] weiterhin die Zulässigkeit von Auskünften durch staatliche Organe iS des Art 20 Abs 3 B-VG begrenzt“. 20 Wieser, Art 20 Abs 3 Rz 23. 21 Wieser, Art 20 Abs 3 Rz 21.
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Dienstverrichtung aufweist, wie etwa informelle Gespräche mit anderen Organwaltern […] im Rahmen der Dienstausübung“ ergibt.22 Wann die Amtsverschwiegenheit zu wahren ist, ergibt sich aus der Aufzählung bestimmter Kriterien in Art 54 Abs 1 TLO 1989. Diese sind mit den Kriterien des Art 20 Abs 3 B-VG ident. Art 54 Abs 1 TLO 1989 nennt das Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit, die umfassende Landesverteidigung, die auswärtigen Beziehungen, die wirtschaftlichen Interessen einer Körperschaft des öffentlichen Rechtes, die Vorbereitung einer Entscheidung sowie die überwiegenden Interessen der Parteien.23 8 Art 54 TLO 1989 bestimmt in Abs 2 ausdrücklich, dass die Verschwiegenheitspflicht nicht gegenüber dem LT besteht, wenn dieser eine Auskunft ausdrücklich24 – durch Beschluss – verlangt, was sich jedoch ebenso schon aus Art 20 Abs 3 B-VG ergibt.25 Das Erfordernis eines Landtagsbeschlusses zur Durchbrechung der Amtsverschwiegenheit wurde eingeführt, um klarzustellen, dass es nicht ausreicht, dass einzelne Abg oder eine bestimmte Gruppe von Abg die Durchbrechung fordern.26 Mangels anderweitiger Bestimmungen gelten dabei die regulären Beschlusserfordernisse für Landtagsbeschlüsse gem § 61 Tir GO LT (einfache Mehrheit). Auch gegenüber dem Landesvolksanwalt besteht keine Verschwiegenheitspflicht (Art 59 Abs 9 TLO 1989).27 Dies gilt ebenso gegenüber einem Untersuchungsausschuss (§ 8 UntersAusG) und muss auch gegenüber dem LRH gelten. Dies ist zwar nicht landesverfassungsrechtlich geregelt, kann jedoch aus § 5 LRechnungshofG abgeleitet werden.28 9 Schließlich regelt Art 54 Abs 4 TLO 1989 die Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht, die in Angelegenheiten der Landesverwal22 Wieser, Art 20 Abs 3 Rz 22. 23 Zur Auslegung der Kriterien s Wieser, Art 20 Abs 3 Rz 24 ff. 24 S schon Morscher, Verfassungsrecht 134, wonach der „Landtag als solcher […] nach Wortlaut und Zweck der Regelung eine solche Auskunft ausdrücklich verlangen“ muss. 25 Wieser, Art 20 Abs 3 Rz 51 f. 26 EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 1998/104, Tir LT XII. GP, GZ 270/98, 8. S schon früher Morscher, Verfassungsrecht, wonach „eine parlamentarische Anfrage eines oder mehrerer Abgeordneter […] nicht als ausdrückliches Verlangen des Parlaments […] gedeutet werden kann.“ 27 Vgl dazu Gamper, Art 59 (in diesem Band) Rz 34. 28 Vgl hiezu die Rechtslage zu § 4 Abs 1 RHG und Wieser, Art 20 Abs 3 Rz 45.
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tung die LReg (als Kollegium29) vornehmen kann und in Angelegenheiten der mittelbaren Bundesverwaltung und dem LH übertragenen Verwaltung von Bundesvermögen dem LH obliegt. Dabei handelt es sich um eine Ausnahmeregelung, die sich auf den Gesetzesvorbehalt des Art 20 Abs 3 B‑VG stützt30 und einfachgesetzliche wie landesverfassungsgesetzliche Sonderregelungen zulässt.31 Während die Entbindung für die Mitglieder der LReg landesverfassungsrechtlich festgelegt ist, ergibt sich diese für Landesbedienstete aus den entsprechenden Dienstrechtsgesetzen.32 Die weitere Ausgestaltung der Bestimmung erfolgt mittelbar über das 10 Tir Auskunftspflichtgesetz, welches die Auskunftspflicht in Ausführung von Art 20 Abs 4 B‑VG und des Auskunftspflicht-Grundsatzgesetzes33 näher regelt. Dies ist deshalb relevant, weil mit der B-VG-Nov BGBl 1987/285 die Auskunftspflicht in das B-VG eingeführt wurde.34
IV. Verhältnis zur Amtshilfe Die Amtsverschwiegenheit kann in einem Spannungsverhältnis zur 11 Amtshilfe gem Art 22 B-VG stehen. Das Verhältnis zwischen Amtshilfe und Amtsverschwiegenheit ist nach wie vor strittig, doch geht die überwiegende Lehre von einem prinzipiellen Vorrang der Amtsverschwiegenheit aus.35 Die Amtsverschwiegenheit kann nur durchbrochen werden, wenn gesetzlich etwas anderes vorgesehen ist. Soweit die Amtsverschwiegenheit greift (und nicht gem Art 20 Abs 4 B-VG und den entsprechenden Auskunftsgesetzen schon grundsätzlich eine Auskunft zu erteilen ist), bildet sie – sofern keine einfachgesetzliche Durchbrechung vorliegt – die Grenze für Amtshilfeersuchen. 29 30 31 32 33
§ 2 Abs 3 Tir GO LT. Vgl hiezu VfSlg 6288/1970. Wieser, Art 20 Abs 3 Rz 42. Wieser, Art 20 Abs 3 Rz 44 ff (insb FN 179 in Rz 46). Bundesgrundsatzgesetz vom 15. Mai 1987 über die Auskunftspflicht der Verwaltung der Länder und Gemeinden, BGBl 1987/286 idF BGBl I 1998/158. 34 S auch Steiner, Landesregierung 351. 35 Feik, Art 20 Abs 3 B-VG, in Kneihs/Lienbacher (Hg), Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht (2007) Rz 18; Hiesel, Art 22 B-VG, in Kneihs/Lienbacher (Hg), Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht (2012) Rz 36 ff mwN; Wiederin, Art 22, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (1999) Rz 60 ff mwN.
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Artikel 55 Bezüge der Mitglieder der Landesregierung Die Mitglieder der Landesregierung haben gegenüber dem Land Tirol Anspruch auf Bezüge. Das Nähere wird durch Landesgesetz geregelt. LGBl samt Erläuterungen: LGBl 1988/61 (X. GP AA 141/88 AB 141/88) Judikatur: VfSlg 11.308/1987, 15.570/1999 (Kürzung von Bezügen, Schutz wohlerworbener Rechte); VfSlg 15.820/2000 (Natur des Ruhegenusses); VfSlg 16.536/2002 (Bindungswirkung des BezBegrBVG); VfSlg 17.065/2003, 17.209/2004 (Weitergabe personenbezogener Daten iZm Offenlegungspflichten); VfSlg 19.204/2010 (Rückerstattung von Ruhebezugsbeiträgen an eine bestimmte Gruppe von Mitgliedern des LT) EuGH (GK) 20.05.2003, C-465/00, RH gegen Österreichischer Rundfunk ua (Weitergabe personenbezogener Daten iZm Offenlegungspflichten) Literatur: Bußjäger, Luxuspensionen, Transparenz und Einkommensbegrenzung, JRP 2015, 101 ff; Bußjäger/Kopf, Bezügebegrenzung, Bundesstaat und Grundfreiheiten, JRP 1998, 369 ff; Lang, Kürzung und Limitierung von Bezügen. Die wesentlichen Regelungsmerkmale des Bezügebegrenzungsgesetzes, RFG 2005, 134 ff; Morscher, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer. 7. Tirol (1991) 136 f; Schwamberger/Ranacher, Tiroler Landesordnung 19896: Kommentar (2017) 102; Steiner, Landesregierung, in Pürgy (Hg), Das Recht der Länder I (2012) 299 (357 ff); Steiner, Landeshauptmann, in Pürgy (Hg), Das Recht der Länder I (2012) 385 (410 f); Wieser, Politikerbezügepyramide und Landesgesetzgebung, JRP 1998, 379 ff; Wieser, Vorbemerkungen BezBegrBVG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (1999); Wieser, § 1 BezBegrBVG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (1999); Wieser, § 2 BezBegrBVG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (1999); Wieser, § 3 BezBegrBVG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (1999); Wieser, § 4 BezBegrBVG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (1999); Wieser, § 8 BezBegrBVG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (1999); Wieser, § 9 BezBegrBVG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (1999); Wieser, § 11 BezBegrBVG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (1999)
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Inhaltsübersicht I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben..................................... 1 II. Unionsrechtliche Vorgaben.......................................................... 4 III. Entstehungsgeschichte.................................................................. 5 IV. Die Regelungen der Bezüge der Mitglieder der Landesregierung in den einzelnen Landesverfassungen...................... 10 V. Die Regelung zu den Bezügen der Mitglieder der Landesregierung in der TLO 1989........................................................... 13 VI. Tiroler Landes-Bezügegesetz 1998............................................... 17 A. Einführende Bemerkungen...................................................... 17 B. Bezüge, Sonderzahlungen und sonstige Ansprüche............ 18 C. Ruhe- und Versorgungsbezüge............................................... 24
I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben an den Landesgesetzgeber sind 1 in erster Linie im BezügebegrenzungsBVG (BezBegrBVG)1 zu finden. Dieses Gesetz wurde 1997 als Teil eines Sammelgesetzes, nämlich des „Bezügebegrenzungsgesetzes“2, mit dem die Besoldung öffentlicher Funktionäre systematisch umfassend neu geregelt wurde, eingeführt.3 Nachdem in Bezug auf die Entlohnung öffentlicher Funktionäre immer wieder Inkonsistenzen, zB hinsichtlich der Höhe der Bezüge verschiedener Funktionäre, fehlende Transparenz und Privilegien der Politiker kritisiert wurden, sollte auf diesem Gebiet ein einheitliches Gesamtkonzept geschaffen werden.4 Durch das BezBegrBVG sollten in erster Linie die Bezüge von politischen Funktionsträgern, darunter auch der LReg, in ihrer Höhe und Anzahl begrenzt und einer uniformen Regelung zugeführt werden.5 Durch die Erlassung des BezBegrBVG wurde die Verfassungsautonomie der Länder erheblich eingeschränkt, da bis zu diesem Zeitpunkt nur wenige bundesverfassungsrechtliche Vorgaben hinsichtlich der Bezüge von Politikern bestanden.6 1 Bundesverfassungsgesetz über die Begrenzung von Bezügen öffentlicher Funktionäre, BGBl I 1997/64 idF BGBl I 2017/166. 2 BGBl I 1997/64. 3 Wieser, Vorbemerkungen Rz 1. 4 Wieser, Vorbemerkungen Rz 13 ff; ders, JRP 1998, 379; vgl dazu auch Lang, RFG 2005, 134. 5 Wieser, Vorbemerkungen Rz 16; ders, JRP 1998, 379; Lang, RFG 2005, 134. 6 Wieser, Vorbemerkungen Rz 9 f; Bußjäger/Kopf, JRP 1998, 369 ff; Bußjäger, JRP 2015, 103.
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2 Im Folgenden sollen die wesentlichen Vorschriften des BezBegrBVG, die auch Vorgaben für die Regelung der Bezüge der Mitglieder der LReg enthalten, kurz näher dargestellt werden:7 Die Begrenzung der Höhe der Bezüge erfolgt durch die in § 1 BezBegrBVG eingeführte „Einkommens-“8 bzw „Bezügepyramide“9: Ein LH darf höchstens 200 %, seine Stellvertreter 190 % sowie ein sonstiges Mitglied der LReg maximal 180 % jenes Bezuges erhalten, den ein Mitglied des NR monatlich bezieht. Der im Gesetz festgelegte Ausgangsbetrag von 7.418,60 Euro ist jährlich mit Wirkung zum 01.01. durch einen Anpassungsfaktor, der vom Präs des RH festzulegen ist, zu valorisieren.10 Die Berechnung dieses Faktors wird in § 3 Abs 2 Bez BegrBVG normiert.11 Innerhalb dieser Obergrenzen hat der Landesgesetzgeber jedenfalls die Bezüge der in § 1 Abs 1 Z 1-3 (LH, LHStv, sonstige Mitglieder der LReg) und Z 5-11 (LTPräs, Stellvertreter des LTPräs, Klubobmann im LT, LTAbg) genannten Funktionäre festzulegen. Die Obergrenzen dürfen dabei nicht überschritten werden.12 Die Regelung weiterer politischer Landesfunktionen, die nicht im Bez BegrBVG genannt werden, wäre auch zulässig.13 Der Bezug ist nach quantitativen und qualitativen Kriterien abzustufen. Fraglich ist, was unter „quantitativen und qualitativen Kriterien“ genau zu verstehen ist. Die Mat14 erwähnen als qualitative Kriterien ausdrücklich den jeweiligen Aufgaben- und Verantwortungsbereich politischer Organe. Gerade iZm der LReg ist dabei an die Aufgabenverteilung durch die GO zu 7
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Eine Übersicht über die wesentlichen Regelungen des BezBegrBVG ist auch zu finden bei Bußjäger/Kopf, JRP 1998, 369 ff; Wieser, JRP 1998, 379 ff; Lang, RFG 2005, 134 ff; Steiner, Landesregierung 357 ff; ders, Landeshauptmann 410 f. Wieser, Vorbemerkungen Rz 16; ders, § 1 Rz 1. Wieser, JRP 1998, 379; Bußjäger/Kopf, JRP 1998, 369; Bußjäger, JRP 2015, 103; Steiner, Landesregierung 357. § 3 Abs 1 BezBegrBVG; vgl dazu auch Wieser, § 3 Rz 1 f. Der Anpassungsfaktor für 2020 wurde mit 1,018 ermittelt. Der angepasste Ausgangsbetrag beläuft sich 2020 daher auf 9.091,64 Euro (Kundmachung der Präsidentin des Rechnungshofes über den Anpassungsfaktor gemäß § 3 Abs. 1 des Bundesverfassungsgesetzes über die Begrenzung von Bezügen öffentlicher Funktionäre, https://www.rechnungshof.gv.at/rh/home/home_1/ fragen-medien/Kundmachung_Anpassungsf.2020_.pdf, 1 [24.04.2020]). Wieser, § 1 Rz 2; ders, JRP 1998, 386 f; Bußjäger/Kopf, JRP 1998, 372. Wieser, § 1 Rz 2. IA 453/A BlgNR XX. GP, 65; AB 687 BlgNR XX. GP, 1 f; Bußjäger/Kopf, JRP 1998, 373; Wieser, § 1 Rz 3; ders, JRP 1998, 385 f.
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denken, anhand derer eine Abstufung vorgenommen werden kann.15 In Betracht kommen weiters Faktoren, die das „Wesen“ der jeweiligen Funktion ausmachen.16 Strittig ist, ob die flächenmäßige Größe und Einwohnerzahl eines Landes bei der Abstufung vom Landesgesetzgeber heranzuziehen sind.17 Diese Kriterien werden – va im Hinblick auf den bundesverfassungsrechtlichen Grundsatz der Bundesstaatsparität – höchstens mittelbar zu berücksichtigen sein. Eine Bewertung der Funktionen in den Ländern hat unabhängig von flächenmäßiger Größe und Einwohnerzahl zu erfolgen. Eine Abstimmung der Länder untereinander bzw ein Vergleich einzelner Landesfunktionen in verschiedenen Ländern muss daher nicht vorgenommen werden.18 Mittelbar können die Größe und Einwohnerzahl eines Landes natürlich schon den Arbeitsanfall beeinflussen,19 auch Industrialisierung oder Bevölkerungsstruktur können diesbezüglich eine Rolle spielen.20 Allgemein dürften unter „quantitativen und qualitativen Kriterien“, die im Zuge der Abstufung zu berücksichtigen sind, solche zu verstehen sein, die relativ konstant und dem Amt immanent sind, also dessen Substanz berühren. Diese Faktoren sind in weiterer Folge alle zu ermitteln und zu gewichten. Der Landesgesetzgeber besitzt in der Gewichtung der Kriterien zwar durchaus einen gewissen Gestaltungsspielraum, darf aber einzelne Faktoren nicht gänzlich außen vor lassen. Die Abstufung muss sachlich nachvollziehbar sein21 und insb dem Aufgaben- und Verantwortungsbereich der jeweiligen Funktion entsprechen,22 woraus sich implizit auch eine Untergrenze für die Festlegung der Bezüge ableiten lässt.23 15 So auch Bußjäger/Kopf, JRP 1998, 373. 16 Wieser, § 1 Rz 3; ders, JRP 1998, 384 ff. 17 Vgl dazu die divergierenden Ansichten von Bußjäger/Kopf, JRP 1998, 373 f, die eine unmittelbare Berücksichtigung der flächenmäßigen Größe und Einwohnerzahl gestützt auf den Grundsatz der Bundesstaatsparität vehement ablehnen, und Wieser, JRP 1998, 384 ff, der auf Basis der Entstehungsgeschichte und den Mat des BezBegrBVG eine solche Berücksichtigungspflicht annimmt. Vgl dazu auch ders, § 1 Rz 3 f. 18 So auch Bußjäger/Kopf, JRP 1998, 373 f; aA Wieser, JRP 1998, 384 ff; vgl dazu auch ders, § 1 Rz 3 f. 19 So auch Bußjäger/Kopf, JRP 1998, 373. 20 Wieser, JRP 1998, 385; ders, § 1 Rz 3. 21 Wieser, § 1 Rz 3 f; ders, JRP 1998, 384 ff. 22 IA 453/A BlgNR XX. GP, 65; AB 687 BlgNR XX. GP, 2; vgl dazu auch die weiteren Nachweise bei FN 14. 23 Vgl dazu auch Rz 13 ff.
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Dem Landesgesetzgeber ist es verwehrt, politischen Funktionären iSd BezBegrBVG neben den in § 1 BezBegrBVG vorgesehenen Bezügen noch weitere Leistungen einzuräumen.24 Die Länder dürfen allerdings schon in gewissem Rahmen Bezugsfortzahlungs-, Aufwandersatz- oder Dienstwagenregelungen treffen, die aber den Grundsätzen der bundesgesetzlichen Vorschrift entsprechen müssen.25 Eine wortgleiche Übernahme der bundesgesetzlichen Bestimmungen ist indes nicht notwendig.26 Unzulässig wären bspw die Einräumung einer Dienstwohnung oder ein pauschaler Auslagenersatz ohne tatsächlichen Nachweis entsprechender Auslagen.27 Bei der Bezugsfortzahlung ist darauf zu achten, dass nicht mehrere Einkommen kumuliert werden und eine Anrechnung stattfindet.28 Hinsichtlich der Laufzeiten besteht ein gewisser Spielraum des Landesgesetzgebers.29 Bei allfälligen Dienstwagenregelungen muss eine Kostenbeteiligung vorgesehen werden.30 Die Regelung des § 2 Abs 2 BezBegrBVG trifft weitere Ausnahmen für Leistungen von Sozialversicherungsträgern aus der Kranken- oder Unfallversicherung. Für die Teilnahme an der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung und die freiwillige Pensionsvorsorge muss der Landesgesetzgeber entweder die bundesrechtlichen Bestimmungen im BBezG31 bzw PKVG32 inhaltsgleich übernehmen oder eine Regelung gänzlich unterlassen. Hier besteht keinerlei Gestaltungsspielraum.33 Bezüglich der Übergangsvorschriften für die Ruhe- und Versorgungsbezüge haben sich die Länder an der Bundesgesetzgebung zu orientieren, hier besteht also wieder ein gewisser Spielraum für individuelle Regelungen.34 Darüber hinaus dürfen den genannten politischen Funktionären keine An24 25 26 27 28 29 30 31
§ 2 Abs 1 BezBegrBVG. Wieser, § 2 Rz 1 f; Bußjäger/Kopf, JRP 1998, 375. So auch Bußjäger/Kopf, JRP 1998, 375; Wieser, § 2 Rz 1 f. Wieser, § 2 Rz 1. Wieser, § 2 Rz 2. Wieser, § 2 Rz 2. Wieser, § 2 Rz 2. Bundesgesetz über die Bezüge der obersten Organe des Bundes, der Mitglieder des Nationalrates und des Bundesrates (Bundesbezügegesetz), BGBl I 1997/64 idF BGBl I 2019/4. 32 Bundesgesetz über die freiwillige Pensionskassenvorsorge für Personen, die dem Bundesbezügegesetz, BGBl. I Nr. 64/1997, unterliegen (Pensionskassenvorsorgegesetz), BGBl I 1997/64 idF BGBl I 2000/3. 33 Wieser, § 2 Rz 3; Bußjäger/Kopf, JRP 1998, 375 f. 34 Wieser, § 2 Rz 3.
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sprüche auf andere Ruhe- oder Versorgungsbezüge eingeräumt werden.35 Sitzungsgelder und Kommissionsgebühren können für eine Funktion dann vorgesehen werden, wenn die Bezüge des Trägers einer solchen Funktion weniger als 5 % des Ausgangsbetrags ausmachen bzw für diesen überhaupt keine Bezüge vorgesehen sind.36 Mitglieder einer LReg dürfen daher nicht noch zusätzlich Sitzungsgeld für ihre Funktion als Regierungsmitglied beziehen, da ihre Bezüge die 5 % Grenze übersteigen.37 Die Anzahl der Bezüge und Ruhebezüge von Personen, die einen Anspruch nach den bezügerechtlichen Regelungen des Bundes oder der Länder haben, wird in weiterer Folge ebenfalls begrenzt: Es dürfen maximal zwei Bezüge von Rechtsträgern, die der Kontrolle des RH unterliegen, beansprucht werden, alle übrigen sind stillzulegen.38 Ausgenommen davon sind Pensionsleistungen aus gesetzlichen Sozialversicherungen und Ruhebezüge auf Basis freiwilliger Beitragsleistungen.39 Übt ein Mitglied einer LReg also neben der Tätigkeit als Regierungsmitglied noch eine weitere Funktion, wie zB eine Aufsichtsratsfunktion in einer Landesgesellschaft, aus, darf es für diese Funktion sehr wohl Sitzungsgeld beziehen.40 Im Falle weiterer Funktionen wäre in der Folge allerdings der niedrigste Bezug einzustellen.41 Wenn einem politischen Funktionär iSd Gesetzes neben einem Bezug oder Ruhebezug nach den bezügerechtlichen Vorschriften der Länder noch ein weiterer Bezug oder Ruhebezug eines Rechtsträgers, welcher der Kontrolle des RH unterliegt, zusteht, ist der zweite Bezug zudem entsprechend zu kürzen.42 Handelt es sich bei beiden Bezügen um Aktivbezüge, liegt die Obergrenze für den zweiten bei 90 % des monatlichen Bezuges eines Mitgliedes der LReg. Ist einer der beiden Bezüge ein Ruhebezug, darf der zweite Bezug maximal 80 % des Bezu-
35 § 2 Abs 3 BezBegrBVG. 36 § 2 Abs 4 BezBegrBVG; vgl dazu auch Wieser, § 2 Rz 4. 37 Zu den in den einzelnen Landesverfassungen festgelegten Obergrenzen vgl Rz 10 ff. 38 § 4 Abs 1 BezBegrBVG; vgl dazu auch Wieser, § 4 Rz 1. 39 § 4 Abs 2 und 4 BezBegrBVG; vgl dazu auch Wieser, § 4 Rz 3. 40 § 2 Abs 4 BezBegrBVG. 41 § 4 Abs 1 BezBegrBVG. 42 § 5 Abs 2-4 BezBegrBVG.
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ges eines Mitgliedes der LReg ausmachen. Geht der zweite Bezug also über diese Grenzen hinaus, ist er zu kürzen.43 Für Rechtsträger, die der Kontrolle des RH unterliegen, ist in § 8 BezBegrBVG44 eine Berichtspflicht in gewissen zeitlichen Abständen vorgesehen, wenn Personen von ihnen Bezüge oder Ruhebezüge erhalten, die eine gewisse Grenze (höher als 14 Mal 80 % des Ausgangsbetrages) überschreiten. Diese Mitteilungen sind vom RH in einem Bericht zusammenzufassen, der dem NR, dem BR und den LT zu übermitteln ist.45 Diese Bestimmung soll in erster Linie für Transparenz sorgen, allerdings wird diese Zielsetzung nur begrenzt erreicht, da keine Pflicht zur Veröffentlichung des Einkommensberichts für die Allgemeinheit besteht.46 LTAbg, die neben ihrer politischen Tätigkeit noch weitere Einkünfte beziehen, müssen diese offenlegen, wenn die Einkünfte eine bestimmte Grenze übersteigen.47 Diese Offenlegungspflicht betrifft nicht Mitglieder der LReg. Eine Verpflichtung für diese, bestimmte Vermögenswerte dem Präs des RH zu melden, ist allerdings in § 3a Abs 1 Unv-Transparenz-G48 verankert. Diese Bestimmung steht im Verfassungsrang.49 Auch diese Norm sichert die Transparenz aber nur bedingt: Der Präs des RH muss lediglich im Fall außergewöhnlicher Vermögenszuwächse sowie auf Verlangen des jeweiligen LTPräs an diesen Bericht erstatten.50 3 Für die Bezüge des LH sind zudem noch einzelne (Übergangs-)Regelungen für die Zeit nach dem 31.07.1998 im Bezügegesetz51 vorgesehen.52 § 49k Bezügegesetz normiert etwa eine Pflicht des Bundes zum 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52
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Vgl dazu auch Wieser, § 4 Rz 3. Vgl dazu näher Wieser, § 8 Rz 1 ff. § 8 Abs 3 BezBegrBVG. So auch Wieser, § 8 Rz 2. § 9 BezBegrBVG; näher dazu Wieser, § 9 Rz 1 f. Bundesgesetz über die Transparenz und Unvereinbarkeiten für oberste Organe und sonstige öffentliche Funktionäre (Unvereinbarkeits- und Transparenz-Gesetz), BGBl 1983/330 idF BGBl I 2017/138. Vgl dazu auch Steiner, Landesregierung 358 f. § 3a Abs 3 Unv-Transparenz-G. Bundesgesetz über die Bezüge und Pensionen der obersten Organe des Bundes und sonstiger Funktionäre, BGBl 1972/273 idF BGBl I 2018/99. Vgl § 1 Abs 1; § 6; § 7 Abs 2; § 9 Abs 2; § 10 Abs 2 und 3; § 14 Abs 1; § 17 Abs 2; § 19 Abs 2; § 35 Abs 1 und 3; § 41 Abs 3; § 49k. Vgl dazu auch Steiner, Landeshauptmann 411.
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Ersatz der vom Land an den LH sowie seinen ersten Stellvertreter zu leistenden Bezüge, Ruhebezüge und Versorgungsleistungen. Die Pflicht zum Kostenersatz war vorher in Art II § 32 Abs 3 ÜG 192053 verankert, der allerdings im Zuge des „Bezügebegrenzungsgesetzes“ 1997 aufgehoben wurde.
II. Unionsrechtliche Vorgaben Das Europarecht ist va iZm der Verarbeitung und den Pflichten zur 4 Offenlegung personenbezogener Daten bezüglich des Datenschutzes zu beachten. Der VfGH54 hat 2003 bspw § 8 Abs 3 BezBegrBVG wegen des Anwendungsvorranges der unmittelbar wirkenden Datenschutz-RL55 aufgehoben: Diese Bestimmung des BezBegrBVG verpflichtete den RH, in den von ihm zu erstellenden Einkommensberichten alle Personen, die von öffentlichen Rechtsträgern Bezüge oder Ruhebezüge erhalten, welche einen gewissen Betrag übersteigen, (namentlich) aufzunehmen.56 Der VfGH stellte in diesem Verfahren ein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH hinsichtlich der Vereinbarkeit einer solchen Pflicht zur Weitergabe und Veröffentlichung personenbezogener Daten mit dem Unionsrecht.57 Der EuGH58 führte aus, dass die Datenschutz-RL auf die Datenverarbeitung durch den RH unmittelbar anwendbar sei. Offenlegungsvorschriften wie die gegenständliche, die neben der Höhe auch die namentliche Nennung des Beziehers vorsehen, seien zulässig, wenn sie notwendig und angemessen seien, um „das Ziel der sachgerechten Begrenzung der Bezüge“59 zu erreichen. Dabei müssten auch Grundrechte der EMRK und GRC berücksichtigt werden.60 Nach Ansicht des VfGH widersprach § 8 Abs 3 BezBegrBVG 53 54 55 56 57 58 59 60
BGBl 1925/368 idF BGBl I 1999/194. VfSlg 17.065/2003. RL 95/46/EG, Abl 1995 L 281/31. Vgl dazu auch Klamert, Richtlinienkonforme Auslegung und unmittelbare Wirkung von EG-Richtlinien in der Rechtsprechung der österreichischen Höchstgerichte, JBl 2008, 158 (165 f). Klamert, JBl 2008, 166. EuGH (GK) 20.05.2003, C-465/00, RH gegen Österreichischer Rundfunk ua. EuGH (GK) 20.05.2003, C-465/00, RH gegen Österreichischer Rundfunk ua, Rz 90. Klamert, JBl 2008, 166; Jahnel, Rechnungshof und Datenschutz – Überlegungen aus Anlass des VfGH-Erkenntnisses vom 9.10.2014, KR 1/2014, in Baumgartner (Hg), Öffentliches Recht. Jahrbuch 2015 (2015) 205 (217 f).
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wegen des Erfordernisses der namentlichen Nennung von Funktionären der Datenschutz-RL. Das Höchstgericht ging dabei allerdings nicht näher auf die Entscheidung des EuGH ein.61 Aktuell ist iZm Datenschutz insb die DSGVO62 zu beachten.63 Dort wird festgelegt, welche Daten unter welchen Umständen erfasst und verarbeitet werden dürfen bzw wann Daten zu aktualisieren oder zu löschen sind.64
III. Entstehungsgeschichte 5 Bereits die Landes-Ordnung für die gefürstete Grafschaft Tirol65 sah in § 15 eine „Entschädigung“ für Beisitzer des Landesausschusses, dem die Landesverwaltung in der damaligen Zeit oblag, vor. Die Höhe der Entschädigung war dabei vom LT festzulegen. 6 Auch die TLO 1921 enthielt in ihrem § 33 eine Bestimmung, die Mitgliedern der LReg „Gebühren“ zusprach, die „unbeschadet der Bestimmungen der Bundesverfassung“ durch Beschluss des LT zu bestimmen waren. Diese Regelung wurde 1927 präzisiert: Dem LH stand – da er auch Träger der mittelbaren Bundesverwaltung ist – der bundesgesetzlich festgesetzte Gehalt zu (vgl dazu auch den mittlerweile durch BGBl I 1997/64 aufgehobenen Art II § 32 Abs 3 ÜG 1920), nichtständige LR bezogen nur Sitzungsgebühren für jene Sitzungen, an denen sie teilgenommen hatten und erhielten ihre Reisekosten ersetzt.66 7 Die Verfassungsübergangsverordnung 193467 enthielt zwar eine Bestimmung über das Sitzungsgeld der Mitglieder des LT, jedoch keine über entsprechende Ansprüche der Mitglieder der LReg. 61 Kritisch dazu Klamert, JBl 2008, 166. 62 VO 679/2016/EU, Abl 2016 L 119/1 Datenschutz-Grundverordnung. 63 Das L-BezügeG enthält zB in § 16 Vorschriften zur Durchführung der Vorgaben der DSGVO. 64 Vgl hiezu die Grundsätze der DSGVO, https://ec.europa.eu/info/law/lawtopic/data-protection/reform/rules-business-and-organisations/principlesgdpr_de (24.04.2020); vgl dazu zB § 16 L-BezügeG. 65 RGBl 1861/20. 66 LGBl 1927/52. 67 Verordnung des Landeshauptmannes und des Landeshauptmannstellvertreters vom 23. Oktober 1934, womit verfassungsrechtliche Uebergangsbestimmungen für das Land Tirol erlassen werden, LGBl 1934/45.
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§ 33 TLO 1946 übernahm wiederum die Regelung der TLO 1921 ohne 8 die Ausführungen zu nichtständigen LR und legte fest, dass die Gebühren der Mitglieder der LReg mit Ausnahme des LH, dem bundesgesetzlich Gebühren zustanden, durch LG zu bestimmen waren. Diese Bestimmung wurde in weiterer Folge unverändert in § 33 TLO 1953 übernommen. Im Zuge der Neuerlassung der TLO 1989 wurde die Regelung über die 9 Bezüge der Mitglieder der LReg in Art 55 übertragen. Sie wurde in erster Linie sprachlich vereinfacht und modernisiert, entspricht sonst aber der alten Vorschrift der TLO 1953.68 Der Hinweis, dass der LH die bundesgesetzlich festgesetzten Gebühren bezieht, ist entfallen. Die EB69 stellten aber klar, dass der LH nach wie vor seine Bezüge hauptsächlich nach Art II § 32 Abs 3 ÜG 1920 vom Bund erhalte. Art II § 32 Abs 3 ÜG 1920 wurde durch BGBl I 1997/64 aufgehoben. Ein Kostenersatz des Bundes für Bezüge, Ruhebezüge und Versorgungsleistungen des LH sowie seines ersten Stellvertreters ist nun in der finanzausgleichsrechtlichen Norm des § 49k Abs 6 Bezügegesetz vorgesehen (vgl dazu schon vorhergehend). Die einfachgesetzliche R egelung der Bezüge der Mitglieder der LReg erfolgt aktuell im L-BezügeG.
IV. Die Regelungen der Bezüge der Mitglieder der Landesregierung in den einzelnen Landesverfassungen Neben der TLO 1989 enthalten auch die Landesverfassungen des 10 Bgld70, von Ktn71, NÖ72, OÖ73 und Sbg74 Bestimmungen, die festlegen, dass die Bezüge von Mitgliedern der LReg durch LG normiert werden. Die Landesverfassungen der Stmk, von Vbg und Wien enthalten keine Vorschriften über die Bezüge ihrer Landesregierungsmitglieder.75 Eine solche ist allerdings auch nicht erforderlich, da die Regelung des Bezü68 69 70 71 72 73 74 75
EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 83. EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 83. Art 64 Bgld L-VG. Art 48 K-LVG. Art 34 Abs 6 NÖ LV 1979. Art 45 Abs 4 OÖ L-VG. Art 34 Abs 6 Sbg L-VG. Vgl dazu auch Steiner, Landesregierung 357.
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gerechts grds – im Rahmen der bundesverfassungsrechtlichen Vorgaben76 – in der Verfassungsautonomie der Länder liegt.77 11 Bei Betrachtung der jeweiligen Bestimmungen in den Landesverfassungen sind folgende inhaltliche bzw systematische Besonderheiten festzustellen: – Art 64 Bgld L-VG erwähnt ausdrücklich die Subsidiarität der Ansprüche, die den Mitgliedern der LReg gegenüber dem Land zustehen, im Verhältnis zu allfälligen Ansprüchen gegen den Bund nach bundesrechtlichen Vorschriften. – Art 48 K-LVG legt fest, dass auch Ersatzmitgliedern der LReg einen Anspruch auf Bezüge haben. Im Vertretungsfall eines nach Ende der GP vorzeitig ausgeschiedenen Mitgliedes der LReg gebührt ein Ersatz allerdings erst, wenn die Vertretung länger als drei Monate dauert. In den ersten drei Monaten ist die Vertretung unentgeltlich wahrzunehmen.78 – Die Landesverfassungen von NÖ, OÖ und Sbg enthalten – im Gegensatz zu den Landesverfassungen von Tirol, Ktn und Bgld – keine eigene Bestimmung, welche die Bezüge der Mitglieder der LReg normiert, sondern treffen diesbezügliche Regelungen in einem Abs eines Art, der allgemeine Regelungen über die LReg trifft.79 12 Die einfachgesetzliche Ausgestaltung der Bezüge der Mitglieder der LReg erfolgt in den jeweiligen BezügeG der Länder.80 76 77 78 79
Vgl dazu Rz 1 ff. Vgl dazu bereits die Nachweise in FN 6. Vgl dazu auch Steiner, Landesregierung 357. Art 34 Abs 6 NÖ LV 1979, Art 45 Abs 4 OÖ L-VG, Art 34 Abs 6 Sbg L-VG; vgl demgegenüber Art 55 TLO 1989, Art 48 K-LVG und Art 64 Bgld L-VG. 80 Vgl dazu das Gesetz vom 3. Dezember 1997 über die Bezüge der obersten Organe des Landes Burgenland (Burgenländisches Landesbezügegesetz – Bgld. LBG), LGBl 1998/12 idF LGBl 2018/14; Gesetz vom 6. Oktober 1997, mit dem Bezüge von Organen von Gebietskörperschaften geregelt werden (Kärntner Bezügegesetz 1997 – K-BG 1997), mit dem das Kärntner Bezügegesetz 1992 und das Landwirtschaftskammergesetz geändert werden (Kärntner Bezügereformgesetz), LGBl 1997/130 idF LGBl 2019/46; NÖ Landesund Gemeindebezügegesetz 1997, LGBl 0032-0 idF LGBl 2019/30; Landesgesetz über die Bezüge der obersten Organe des Landes Oberösterreich (OÖ Landes-Bezügegesetz 1998 – OÖ LBezG 1998), LGBl 1998/10 idF LGBl 2018/64; Gesetz vom 23. Oktober 1997 zur Regelung der Bezüge der Mitglieder des Landtages, der Mitglieder der Landesregierung und des Direktors des Landesrechnungshofes, der Bürgermeister der Salzburger Ge-
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Art 55
Bezüge der Mitglieder der Landesregierung
Die folgende Tabelle soll einen kurzen Überblick und eine Vergleichsmöglichkeit über die in den jeweiligen BezügeG der Länder festgesetzten Obergrenzen der Bezüge der Mitglieder der LReg bieten. Ausgangswert für die Prozentwerte ist dabei der monatliche Bezug eines Mitgliedes des NR. In den BezügeG von Ktn, Sbg und Vbg werden keine Prozentsätze, sondern Beträge angegeben. Bestimmung
LH
LHStv
Landesrat
185 %
175 %
165 %
Bgld
§ 3 Abs 1 Z 1-3 Bgld Landes bezügegesetz
Ktn
§ 4 Abs 1 Z 1-3 Ktn Bezügegesetz 1997
13.794,50 Euro
13.103,30 Euro
12.415,40 Euro
NÖ
§ 3 Abs 1 Z 1-3 NÖ Landes- und Gemeindebezügegesetz 1997
200 %
190 %
180 %
OÖ
§ 2 Abs 1 Z 1-3 OÖ LandesBezügegesetz 1998
195 %
185 %
175 %
Sbg
§ 4 Abs 1 Z 5-7 Sbg Bezügegesetz 1998
16.804,70 Euro
15.512,10 Euro
14.650,30 Euro
Stmk
§ 3 Abs 1 Z 1-3 Stmk LandesBezügegesetz
190 %
180 %
170 %
Tirol
§ 3 Abs 1 lit a-c L-BezügeG
180 %
170 %
160 %
Vbg
§ 1 Abs 1 lit e-f Bezügegesetz 1998
13.724,48 Euro
12.611,64 Euro
11.869,80 Euro
meinden und der Mitglieder des Gemeinderates der Stadt Salzburg sowie des Präsidenten und der Vizepräsidenten der Salzburger Landwirtschaftskammer (Salzburger Bezügegesetz 1998 – S.BG 1998), LGBl 1998/3 idF LGBl 2020/12; Gesetz über die Bezüge der obersten Organe des Landes Steiermark (Steiermärkisches Landes-Bezügegesetz – Stmk LBezG), LGBl 1997/72 idF LGBl 2014/152; L-BezügeG; Gesetz über die Bezüge der Mitglieder des Landtages und der Landesregierung und der Bürgermeister (Bezügegesetz 1998), LGBl 1998/3 idF LGBl 2015/24; sowie das Gesetz, mit dem die Bezüge der Organe des Landes und der Gemeinde Wien geregelt werden (Wiener Bezügegesetz 1997), LGBl 1997/42 idF LGBl 2018/63. Vgl dazu auch Steiner, Landesregierung 357 f.
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Bestimmung
Wien
§ 3 Abs 1 Z 1-5 Wr Bezügegesetz 1997
LH
LHStv
Landesrat
200 %
190 % (wenn auch amtsführender Stadtrat) bzw 110 % (wenn nicht auch amtsführender Stadtrat)
180 % (wenn auch amtsführender Stadtrat) bzw 100 % (wenn nicht auch amtsführender Stadtrat)
V. Die Regelung zu den Bezügen der Mitglieder der Landesregierung in der TLO 1989 13 Art 55 TLO 1989 bestimmt, dass den Mitgliedern der LReg Bezüge gebühren. Die nähere Regelung der Bezüge erfolgt durch ein LG, konkret durch das L-BezügeG.81 14 Unbedingt erforderlich ist eine solche Bestimmung in der Landesverfassung nicht, da die Regelung des Bezügerechts – wie bereits erwähnt – im Rahmen der bundesverfassungsrechtlichen Vorgaben in der Verfassungsautonomie der Länder liegt.82 15 Aus Art 55 TLO 1989 ergibt sich weiters, dass der Landesgesetzgeber den Mitgliedern der LReg Bezüge nicht schlechthin vorenthalten darf, sondern innerhalb der Obergrenzen des BezBegrBVG83 entsprechende Bezüge vorsehen muss. Eine Untergrenze ist zwar nirgends explizit vorgesehen, dürfte sich aber implizit aus dem Erfordernis der Abstufung des Bezuges nach qualitativen und quantitativen Kriterien gem § 1 Abs 2 BezBegrBVG ergeben. Obgleich der Landesgesetzgeber – wie bereits oben erwähnt – über einen gewissen Gestaltungsspielraum bei der Gewichtung der Kriterien verfügt, muss die Abstufung auch in Bezug auf die anderen Funktionen sachlich nachvollziehbar sein.84 Der Bezugsanspruch hat insb den Aufga81 82 83 84
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Vgl dazu Rz 17 ff. S dazu bereits Rz 1 ff und 10 ff sowie die Nachweise bei FN 6. Vgl dazu näher Rz 1 ff. Vgl dazu wiederum Rz 1 ff sowie insb die Nachweise bei FN 21.
Bezüge der Mitglieder der Landesregierung
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ben- und Verantwortungsbereich der jeweiligen Funktion zu berücksichtigen.85 Zudem ist aus dem Wortlaut der Bestimmung ableitbar, dass der Be- 16 zugsanspruch „gegenüber dem Land Tirol“ und somit nicht gegen einen anderen Rechtsträger besteht.
VI. Tiroler Landes-Bezügegesetz 1998 A. Einführende Bemerkungen Die nähere Ausgestaltung der Bezüge der Mitglieder der Tir LReg fin- 17 det im L-BezügeG statt.86 Auf dieses soll daher sogleich näher eingegangen werden. Das L-BezügeG wurde in Folge der Einführung des BezBegrBVG erlassen und soll die darin enthaltenen Grundsätze und Vorgaben – in erster Linie die Begrenzung der Höhe und Anzahl der Bezüge politischer Funktionäre – umsetzen.87
B. Bezüge, Sonderzahlungen und sonstige Ansprüche Als Ausgangsbetrag wird in § 2 L-BezügeG der vom Präs des RH 18 kundgemachte Ausgangsbetrag 2014 normiert, bezüglich der Anpassung wird auf § 3 BezBegrBVG verwiesen. Der Ausgangsbetrag ab 01.01.2020 beträgt 9.091,64 Euro.88 Basierend auf diesem Ausgangsbetrag kann die Höhe der Bezüge des LH, der LHStv sowie der Landesräte gem § 3 L-BezügeG ermittelt werden. § 3 leg cit legt dabei keine konkreten Beträge fest, sondern zählt lediglich Prozentsätze auf, mit denen die konkreten Bezüge durch Multiplikation mit dem Ausgangsbetrag berechnet werden können. Die Bezüge betragen für den LH 85 IA 453/A BlgNR XX. GP, 65; AB 687 BlgNR XX. GP, 2; vgl auch die Nachweise bei FN 14. 86 Schwamberger/Ranacher, Landesordnung 102; vgl dazu auch § 1 Abs 1 L-BezügeG. 87 EBRV zur StF des L-BezügeG LGBl 1998/23, Tir LT XII. GP, GZ 410/97, 1. 88 Kundmachung der Präsidentin des Rechnungshofes über den Anpassungsfaktor gemäß § 3 Abs 1 des Bundesverfassungsgesetzes über die Begrenzung von Bezügen öffentlicher Funktionäre, https://www.rechnungshof.gv.at/rh/ home/home_1/fragen-medien/Kundmachung_Anpassungsf.2020_.pdf, 1 (24.04.2020).
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180 % des Ausgangsbetrages,89 für einen LHStv 170 %90 sowie für einen Landesrat 160 %91. Aktuell (jeweils gerundet auf 10 Cent) erhält der LH daher 16.365,00 Euro, ein LHStv 15.455,80 Euro und ein Landesrat 14.546,60 Euro. Die Bezüge sind im Voraus am Anfang jeden Monats – also am 01.01. bzw falls dieser kein Arbeitstag ist, am letzten Arbeitstag des vorangegangenen Monats, – auf ein Konto des Regierungsmitgliedes zu überweisen.92 19 Für den Fall, dass ein Mitglied der LReg gleichzeitig Anspruch auf mehrere Bezüge gem § 3 Abs 1 L-BezügeG oder einen Ruhebezug nach den bezügerechtlichen Vorschriften des Landes hat, enthält § 3 Abs 2 und 3 L-BezügeG Stilllegungspflichten: Bei Ansprüchen auf mehrere Bezüge nach Abs 1 leg cit erhält das Organ nur den höchsten Bezug,93 bei Ansprüchen auf die genannten Ruhebezüge wird der Ruhebezug stillgelegt.94 20 Der Bezugsanspruch besteht ab dem Tag der Angelobung und endet mit dem Tag des Ausscheidens aus der Funktion.95 Hat ein Mitglied seine Funktion nicht während des ganzen Monats ausgeübt, so erhält es für jeden Tag der Ausübung einen aliquoten Bezugsanteil von 1/30 des monatlichen Bezugs.96 Bei Ausscheiden durch Tod im Laufe eines Monats wird der monatliche Bezug allerdings zur Gänze ausbezahlt.97 Regierungsmitglieder haben auch einen Anspruch auf den 13. und 14. Monatsbezug.98 Die Auszahlung dieser Sonderzahlungen hat jeweils am 01.03., 01.06., 01.09. sowie 01.12. durch Überweisung zu erfolgen.99 21 Der Bezugsfortzahlungsanspruch der Regierungsmitglieder richtet sich nach § 7 L-BezügeG: Sie haben nach dem Ausscheiden aus ihrer Funktion, wenn sie keine sonstige Erwerbstätigkeit ausüben, höchstens drei Monate lang Anspruch auf Fortzahlung von 75 % ihrer monatli89 90 91 92 93 94 95 96 97 98 99
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§ 3 Abs 1 lit a L-BezügeG. § 3 Abs 1 lit b L-BezügeG. § 3 Abs 1 lit c L-BezügeG. § 6 Abs 1 und 3 L-BezügeG. § 3 Abs 2 leg cit. § 3 Abs 3 leg cit. § 4 Abs 1 L-BezügeG. § 4 Abs 2 L-BezügeG. § 4 Abs 3 L-BezügeG. § 5 L-BezügeG. § 6 Abs 2 und 3 L-BezügeG.
Bezüge der Mitglieder der Landesregierung
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chen Bezüge inklusive Anteil an den Sonderzahlungen.100 Voraussetzung dafür ist, dass sie mindestens ein Jahr im Amt waren.101 Betrug die Dauer der Amtstätigkeit mehr als zwei Jahre verlängert sich dieser Anspruch auf höchstens sechs Monate.102 Sofern Einkünfte aus Kapitalvermögen, Vermietung und Verpachtung oder sonstige Einkünften iSd § 29 EStG vorliegen, wird 1/12 der Jahreseinkünfte aus der jeweiligen Tätigkeit von diesem Betrag abgezogen.103 Der Anspruch erlischt, wenn neuerlich eine politische Funktion ausgeübt wird, eine sonstige Erwerbstätigkeit aufgenommen wird oder das ehemalige Mitglied der LReg einen Pensionsanspruch besitzt.104 Ein Regierungsmitglied hat aber keinen Anspruch auf Bezugsfortzahlung, wenn es auf einen Entgeltanspruch gem Abs 3 leg cit verzichtet oder keinen Pensionsantrag gestellt hat.105 In den §§ 8, 9 und 10 L-BezügeG werden die sonstigen Ansprüche 22 geregelt:106 – Den Mitgliedern der LReg steht ein Dienstwagen zu.107 Sie haben für die Benützung einen monatlichen Beitrag zu leisten. Die genaue Höhe des Beitrages wird in § 8 Abs 2 L-BezügeG festgelegt. – Regierungsmitglieder haben zudem Anspruch auf Vergütungen für Dienstreisen außerhalb Tirols. Die Vergütung bemisst sich nach der Vergütung eines Landesbeamten der Dienstklasse IX der Allgemeinen Verwaltung nach der Tir Reisegebührenvorschrift.108 Die Mitglieder der LReg haben im Gegensatz zu anderen Organen iSd Gesetzes zudem noch – auch bei Dienstreisen innerhalb Tirols – Anspruch auf Nächtigungsgebühr in Höhe der angemessenen, ortsüblichen Kosten.109 – § 10 L-BezügeG erstreckt die Anwendbarkeit der Bestimmungen über die Kranken- und Unfallfürsorge der Tir Landesbeamten auch auf die Mitglieder der LReg. Die Regelungen über die Krankenfürsorge kommen nur subsidiär zur Anwendung, wenn die 100 § 7 Abs 1 und 4 leg cit. 101 § 7 Abs 4 leg cit. 102 § 7 Abs 4 leg cit. 103 § 7 Abs 2 leg cit. 104 § 7 Abs 3 leg cit. 105 § 7 Abs 5 leg cit. 106 Zur Bindung an das BezBegrBVG vgl schon vorhergehend insb Rz 1 ff. 107 § 8 Abs 1 L-BezügeG. 108 § 9 Abs 1 L-BezügeG. 109 § 9 Abs 2 L-BezügeG.
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Mitglieder der LReg nicht anderweitig gesetzlich krankenversichert sind oder Ansprüche gegen eine entsprechende Einrichtung eines anderen öffentlich-rechtlichen Dienstgebers geltend machen können. Sie haben dafür entsprechende Beiträge zu leisten. Die Bemessungsgrundlage dafür sind die Bezüge gem § 3 L-BezügeG inklusive Sonderzahlungen gem § 5 L-BezügeG.110 Die Höhe der Leistungen aus der Unfallfürsorge richtet sich nach den Bezügen gem § 3 leg cit. 23 Die Mitglieder der LReg dürfen auf Bezüge, Sonderzahlungen und sonstige Ansprüche nicht verzichten.111
C. Ruhe- und Versorgungsbezüge 24 Im 4. und 5. Abschnitt des L-BezügeG wird schließlich noch die Pensionsversicherung und -vorsorge geregelt. Diesbezüglich ist der Landesgesetzgeber an das BBezG sowie das PKVG gebunden.112 Hinsichtlich der Ruhe- und Versorgungsbezüge für Mitglieder der LReg, welche bereits vor dem 28.02.1998 eine Amtstätigkeit ausgeübt haben, sind die Übergangsbestimmungen der §§ 12–12c des Tir Bezügegesetzes 1995113 weiterhin noch zu beachten.114 In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass Tirol mit der Nov des Tir Bezügegesetzes 1994115 als eines der ersten Länder und sogar noch vor dem Bund die sog „Politikerpensionen“ ersatzlos abgeschafft hat. Auf Grund dieser Nov erfolgte dann die WV als Tir Bezügegesetz 1995116. Die recht stringenten Übergangsbestimmungen haben zum Erk VfSlg 19.204/2010 geführt, in dem vom VfGH die Gleichheitswidrigkeit des mit LGBl 1994/108 novellierten Art II Abs 4 Tiroler Bezügegesetz 1994 betr die Rückerstattung von Ruhebezugsbeiträgen an Mitglieder des LT, die dem LT erst seit einer bestimmten GP angehören, verneint worden ist. Der VfGH konnte keine unsachliche Differenzierung im Hinblick auf eine andere
110 § 10 Abs 1 L-BezügeG. 111 § 14 L-BezügeG. 112 Vgl dazu schon Rz 1 ff. 113 Tiroler Bezügegesetz 1995, LGBl 1995/23 idF LGBl 2019/138. 114 Vgl dazu auch die EBRV zur StF des L-BezügeG LGBl 1998/23, Tir LT XII. GP, GZ 410/97, 1. 115 LGBl 1994/108. 116 LGBl 1995/23.
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Gruppe von Mitgliedern feststellen, denen ein solcher Rückerstattungsanspruch nicht zusteht.117 Die Mitglieder der LReg haben gem § 11 Abs 1 L-BezügeG während ihrer Funktionsausübung jeden Monat einen Beitrag zur Pensionsversicherung in Höhe von 11,75 % ihres Bezuges inklusive Sonderzahlungen an das Land zu leisten. §§ 45 und 54 ASVG über die Höchstbeitragsgrundlagen bzw Sonderbeiträge sind sinngemäß anwendbar. Nach Ende des Bezügeanspruchs muss das Land binnen sechs Monaten an den Pensionsversicherungsträger, der auf Grund der vorangegangenen Erwerbstätigkeit zuständig ist bzw war, bzw in Ermangelung eines solchen an die Pensionsversicherungsanstalt einen Anrechnungsbetrag leisten.118 Die Höhe dieses Betrages entspricht 22,8 % der Beitragsgrundlage gem § 11 L-BezügeG für jeden Bezugsmonat inklusive anteilsmäßiger Sonderzahlungen.119 Die im Anrechnungsbetrag berücksichtigten vollen Monate gelten als Beitragsmonate in der Pflichtversicherung.120 Die §§ 11–13 L-BezügeG gelten nicht für Mitglieder der LReg, die sich in einem pensionsversicherungsfreien Dienstverhältnis befinden. In weiterer Folge werden von § 11 L-BezügeG abweichende Beiträge für die Ruhe- und Versorgungsbezüge von Personen, denen solche Bezüge nach Art II des Gesetzes LGBl 1994/108 sowie § 11 Abs 2 und § 12a Abs 1 und 3 Tir Bezügegesetz 1995 zustehen, normiert. Für Personen, die noch nach diesen Rechtsgrundlagen Ansprüche besitzen, sind die für Landesbeamten geltenden Regelungen über die Beiträge wiederkehrender Geldleistungen mit gewissen Abweichungen anzuwenden.121 § 13b L-BezügeG sieht für solche, nach diesen alten Vorschriften zustehenden Ruhebezüge, eine monatliche Kürzung vor, wenn die Bezüge vor Vollendung des 65. Lebensjahres beansprucht werden. Der monatliche Ruhebezug ist dabei für jeden Monat der früheren Inanspruchnahme um 0,35 %, gesamt jedoch maximal um 10 %, zu vermindern. Mitgliedern der LReg steht es zudem offen, freiwillig Beiträge an eine Pensionskasse ihrer Wahl zu leisten.122 In einem solchen Fall verringern sich die Bezüge und Sonderzahlungen nach §§ 3, 4 und 5 117 VfSlg 19.204/2010. 118 § 12 Abs 1, 2 und 4 L-BezügeG. 119 § 12 Abs 3 L-BezügeG. 120 § 13 L-BezügeG. 121 § 13a L-BezügeG. 122 § 13c Abs 1 L-BezügeG.
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L-BezügeG. Im Übrigen wird das PKVG sinngemäß für anwendbar erklärt.123 Auf die Ruhe- und Versorgungsbezüge kann wiederum nicht verzichtet werden.124 25 Zuletzt sind auch noch Bestimmungen, die der Durchführung der DSGVO dienen, in § 16 L-BezügeG enthalten.125
123 § 13c Abs 2 L-BezügeG; zur Bindung an das PKVG vgl bereits Rz 1 ff. 124 § 14 L-BezügeG. 125 Zu den unionsrechtlichen Vorgaben vgl schon Rz 4.
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Artikel 56 Landeshauptmann (1) Der Landeshauptmann vertritt das Land Tirol. (2) Der Landeshauptmann führt in den Sitzungen der Landesregierung den Vorsitz. LGBl samt Erläuterungen: LGBl 1988/61 (X. GP AA 141/88 AB 141/88) Judikatur: VwSlg 11.630 A/1984 (Vertretungsanspruch des LH in der Privatwirtschaftsverwaltung); VwGH 21.05.2008, 2005/10/0148 (Vertretungskompetenz LH) Literatur: Arbeitsgruppe zu Vereinbarungen nach Artikel 15a B-VG der Verfassungsdienste des Bundes und der Länder sowie der Verbindungsstelle der Bundesländer (Hg), Vereinbarungen gemäß Art 15a B-VG (2015); Bußjäger, Die Organisationshoheit und Modernisierung der Landesverwaltungen (1999); Bußjäger, Föderalismus durch Macht im Schatten? – Österreich und die Landeshauptmännerkonferenz, in Europäisches Zentrum für Föderalismus-Forschung Tübingen (Hg), Jahrbuch des Föderalismus 2003 (2003) 79 ff; Bußjäger, Art 105 B-VG, in Kneihs/Lienbacher (Hg), Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht (2006); Bußjäger, Die Landeshauptleutekonferenz: Vom Schatten in die Sonne?, in Europäisches Zentrum für Föderalismus-Forschung Tübingen (Hg), Jahrbuch des Föderalismus 2012 (2012) 310 ff; Grabenwarter, Art 40 Stmk L-VG, in ders (Hg), Steiermärkische Landesverfassung (2013) Rz 4; Hörtenhuber/Fischer, Die Vertretung des Landes und seiner Behörden in Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof, ZfV 2008, 326 ff; Kelsen/Froehlich/Merkl, Die Bundesverfassung vom 1. Oktober 1920 (1922); Koja, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer2 (1988); Pernthaler, Raumordnung und Verfassung II (1978); P esendorfer, Der Landeshauptmann (1986); Rill, Gliedstaatsverträge (1972); Ringhofer, Die österreichische Bundesverfassung (1977); Schwamberger/Ranacher, Tiroler Landesordnung 19896: Kommentar (2017) 103; Steiner, Landeshauptmann, in Pürgy (Hg), Das Recht der Länder I (2012) 385 ff; Thienel, Art 15a B-VG, in Korinek/ Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (2000); Weber, Die mittelbare Bundesverwaltung (1987); Wielinger, Art 105 B-VG, in Korinek/ Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (2011)
Inhaltsübersicht I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben..................................... 1 A. Die Funktionen des Landeshauptmanns im Überblick....... 1 B. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben in Bezug auf die Vertretung des Landes.............................................................. 3 713
Art 56
Christoph Schramek
C. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben in Bezug auf die Funktion als Vorsitzender der Landesregierung.................. 11 II. Entstehungsgeschichte.................................................................. 12 III. Vertretung des Landes Tirol (Abs 1)........................................... 14 IV. Vorsitzender der Tiroler Landesregierung (Abs 2)................... 19 V. Zusammenfassung Art 56 TLO 1989: Der Landeshauptmann in den Funktionen als Staatsoberhaupt und Regierungschef............................................................................... 21
I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben A. Die Funktionen des Landeshauptmanns im Überblick 1 Dem LH werden aus einer Zusammenschau verschiedener bundesverfassungsrechtlicher Grundlagen mehrere Rollen bzw Funktionen zugewiesen: Er ist insb1 – Mitglied der LReg (Art 101 Abs 3 B-VG) – und gleichzeitig auch Vorsitzender der LReg,2 – Träger der mittelbaren Bundesverwaltung (Art 102 Abs 1, 103 Abs 1 und 105 Abs 1 B-VG), – auf der Basis von Übertragungsverordnungen Beauftragter in der Auftragsverwaltung (Art 104 Abs 2 B-VG), – Vertreter des Landes (Art 105 Abs 1 B-VG) sowie – Vorstand des Amtes der LReg (§ 1 Abs 1 BVG Ämter der LReg). 2 In der TLO 1989 werden einzelne dieser Rollen ausdrücklich angeführt: So ist der LH gem Art 44 Abs 4 TLO 1989 Teil der LReg und gem Art 58 Abs 1 TLO 1989 Vorstand des Amtes der LReg. Seine Zuständigkeiten im Bereich der mittelbaren Bundesverwaltung und der Auftragsverwaltung werden ua aus der Vertretungsregelung in Art 50 Abs 2 TLO 1989 ersichtlich. Die übrigen beiden Funktionen, Vorsitzender der LReg und Vertreter des Landes, bringen Art 56 Abs 1 und 2 TLO 1989 zum Ausdruck.
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S etwa auch die Funktionen des LH im Gesetzgebungsverfahren (Art 97 und 98 B-VG) sowie bei der Kundmachung der Aufhebung von LG durch den VfGH im LGBl (Art 140 Abs 5 B-VG). S zur bundesverfassungsrechtlichen Grundlage nachfolgend Rz 11.
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B. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben in Bezug auf die Vertretung des Landes Der erste Satz in Art 105 Abs 1 B-VG, wonach der LH das Land ver- 3 tritt, wurde bislang in der Lit ausführlich diskutiert und unterschiedlich ausgelegt.3 Bereits Kelsen/Froehlich/Merkl äußerten sich gegenüber diesem Teil der Bestimmung insofern kritisch, als er „wegen seiner zu allgemeinen Fassung nicht sehr glücklich formuliert“ sei.4 In eine ähnliche Richtung zielen auch die Ausführungen von Ringhofer, der zudem darauf verwies, dass Art 105 Abs 1 erster Satz B-VG auf landesverfassungsrechtlicher Ebene mit konkretem Inhalt zu befüllen sei.5 Vor diesem Hintergrund hielt Weber fest, dass eine detaillierte Ableitung eines Kompetenzkataloges dieser Vertretungsbefugnis eben nicht möglich sei.6 Wenngleich die genaue rechtliche Tragweite der Bestimmung somit umstritten ist,7 lassen sich doch gewisse „Eckpunkte“ ausmachen, die in der Folge kurz umrissen werden. Unzweifelhaft ist jedenfalls, dass Art 105 Abs 1 erster Satz B-VG die 4 Staatsoberhauptfunktion des LH iSe grds Kompetenzzuweisung zum Ausdruck bringt,8 weshalb die Zuständigkeit zur näheren Ausgestaltung der Vertretungsbefugnis, die sich „nur auf Bereiche der Landesstaatlichkeit beziehen kann“, dem Landes(verfassungs)gesetzgeber zukommt.9 Pesendorfer zieht in diesem Zusammenhang einen Vergleich mit Art 65 Abs 1 erster Halbsatz B-VG („Der Bundespräsident vertritt die Republik nach außen […]“) und kommt dadurch zum Ergebnis, dass der LH auf der Grundlage von Art 105 Abs 1 erster Satz B-VG „als Repräsentant der (Glied-)Staaten im Bundesstaat Österreich […], sohin als Staatsoberhaupt […] eingesetzt“ wird.10 Vor diesem Hintergrund ist es dem Landes(verfassungs)gesetzgeber untersagt, den LH von typischen Vertretungsbefugnissen eines Staatsoberhauptes auszu3
Vgl hierzu mwN Bußjäger, Art 105 Rz 2. S auch Wielinger, Art 105 Rz 4: „Der Sinn des ersten Satzes dieser Bestimmung ist unklar; er kann auch durch Analyse seiner Entstehung nicht geklärt werden“. 4 Kelsen/Froehlich/Merkl, Bundesverfassung 219. 5 Ringhofer, Bundesverfassung 334. 6 Weber, Bundesverwaltung 137. 7 Bußjäger, Föderalismus 81; vgl auch ders, Organisationshoheit 238 ff. Zu den unterschiedlichen Literaturmeinungen Weber, Bundesverwaltung 135 f. 8 Steiner, Landeshauptmann 399. 9 Weber, Bundesverwaltung 137. 10 Pesendorfer, Landeshauptmann 137.
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schließen.11 Dabei ist Weber uneingeschränkt zuzustimmen, dass „die Vertretungsbefugnis des Landes einen wesentlichen Bereich der Landesstaatlichkeit darstellt“, und insofern Art 105 Abs 1 erster Satz B-VG möglichst offen interpretiert werden müsse.12 5 Einen weiteren „Eckpunkt“ bildet die Tatsache, dass Art 105 Abs 1 erster Satz B-VG die Vertretung des Landes nach außen umfasst, während demgegenüber die interne Willensbildung gem Art 101 Abs 1 B-VG Sache der LReg ist. Dies ergibt sich schon daraus, dass Art 105 Abs 1 erster Satz B-VG von der Vertretung des Landes spricht und Art 101 Abs 1 B-VG von der Vollziehung.13 Die Vertretungskompetenz im Außenverhältnis (Handlungskompetenz) ist somit von der internen Willensbildung (Entscheidungskompetenz) abzugrenzen, was dazu führen kann, dass der LH bei einer nach außen abgegebenen Erklärung inhaltlich vollständig an die von den zuständigen Organen im Innenverhältnis getroffene Entscheidung gebunden ist.14 6 Hervorzuheben ist außerdem, dass sich die Vertretung des Landes auf hoheitliche Angelegenheiten bezieht, wobei, wie vorangehend beschrieben, die Vertretung des Landes (Art 105 Abs 1 erster Satz B-VG) von der Vollziehung durch die LReg als oberstem Organ (Art 101 Abs 1 B-VG) abzugrenzen ist. Es werden somit durch Art 105 B-VG keine allgemeinen Vollzugskompetenzen des LH begründet.15 Hinsichtlich der Privatwirtschaftsverwaltung beinhaltet Art 105 Abs 1 erster Satz B-VG nach nun wohl hL16 keinen „Ausschließlichkeitsanspruch“ des LH, was wiederum aus einem Vergleich mit der Regelung betr die Vertretungsbefugnis des BPräs (Art 65 Abs 1 B-VG) geschlossen werden kann, die ebenfalls nur auf hoheitliche Angelegenheiten beschränkt ist.17 Vor diesem Hintergrund können die Länder im Rahmen ihrer Verfassungsautonomie die LReg oder einzelne Mitglieder derselben mit der Vertretung des Landes in Privatrechtsangelegenheiten betrauen, was in manchen Landesverfassungen – ua der TLO
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Bußjäger, Art 105 Rz 2; Weber, Bundesverwaltung 137. Weber, Bundesverwaltung 136 f. Weber, Bundesverwaltung 136 f. Steiner, Landeshauptmann 399; vgl auch Koja, Verfassungsrecht 354. Bußjäger, Art 105 Rz 2; Wielinger, Art 105 Rz 6. S mwN Bußjäger, Art 105 Rz 4. Bußjäger, Art 105 Rz 4. Vgl auch Koja, Verfassungsrecht 355 und Rill, Gliedstaatsverträge 172 ff sowie VwSlg 11.630 A/1984.
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1989 – auch der Fall ist.18 Subsidiär bietet in Angelegenheiten der Privatwirtschaftsverwaltung Art 105 Abs 1 erster Satz B-VG somit nur insoweit eine Grundlage für Vertretungsakte des LH, als landesverfassungsrechtlich keine Regelungen getroffen sind.19 Außer Streit steht des Weiteren, dass sich Art 105 Abs 1 erster Satz 7 B-VG gerade nicht auf die mittelbare Bundesverwaltung bezieht, da eine Vertretung des Landes schon aufgrund des Weisungszusammenhangs und der Tatsache, dass der LH funktionell als Bundesorgan tätig wird, von vornherein nicht in Betracht kommt.20 IZm der Vertretungsbefugnis des LH ergibt sich allerdings eine Viel- 8 zahl an (strittigen) Fragen. Kritisch äußerte sich etwa Koja21 zur Judikatur des VfGH, wonach eine Gesetzesanfechtung aufgrund eines Beschlusses der LReg nicht im Wege des LH an den VfGH herangetragen werden muss.22 Demgegenüber hat der VwGH judiziert, dass ein Land bei einer Beschwerdeführung vor dem VwGH durch den LH vertreten wird – im konkreten Fall zunächst auf der Grundlage der Vertretungsbestimmung in Art 43 Abs 1 NÖ LV 197923 und in einem weiteren Erk unmittelbar zu Art 56 Abs 1 TLO 198924 –, was wiederum von Bußjäger25 mit Verweis auf die Geschäftsverteilung der LReg, aus der ersichtlich sein müsse, welches Mitglied der LReg zur Erhebung der Beschwerde befugt sei, kritisiert wurde. Umstritten ist auch, ob der Abschluss (iSv Unterfertigung) von Ver- 9 einbarungen gem Art 15a B-VG durch den LH erfolgen muss. Dies18 Art 41 Abs 1 K-LVG, Art 34 Abs 2 NÖ LV 1979, Art 44 Abs 2 TLO 1989, Art 52 Vbg LV. S hiezu auch Schmid, Art 44 (in diesem Band) Rz 9. 19 Steiner, Landeshauptmann 399. 20 Steiner, Landeshauptmann 399; ausführlich Koja, Verfassungsrecht 357 ff. Vgl auch Rill, Gliedstaatsverträge 171. 21 Koja, Verfassungsrecht 354. 22 VfSlg 7593/1975; zustimmend Bußjäger, Organisationshoheit 240; ausführlich hiezu Hörtenhuber/Fischer, ZfV 2008, 327: Angenommen wird im Allgemeinen, dass Anträge auf Normenkontrolle (Art 139 f B-VG) nur vom jeweiligen Regierungskollegium beschlossen und eingebracht werden können (vgl auch unten Rz 16). 23 VwSlg 14.691 A/1997. 24 VwGH 21.05.2008, 2005/10/0148; betr die Geltendmachung von Ersatzansprüchen nach der Vereinbarung der Länder über den Kostenersatz in den Angelegenheiten der Sozialhilfe. 25 Bußjäger, Art 105 Rz 3 sowie ders, Organisationshoheit 240.
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bezüglich sprechen mE in Anlehnung an Pesendorfer26 und Bußjäger27 die besseren Argumente dafür, dass es Sache der Länder ist, das zum Abschluss berufene Organ autonom festzulegen, womit auch der Abschluss durch ein Mitglied der LReg denkbar wäre, sofern in der jeweiligen Landesverfassung so vorgesehen. Diese Sichtweise ergibt sich insb aus dem Wortlaut von Art 15a Abs 1 B-VG, der die Zuständigkeit zum Abschluss einer Vereinbarung auf Bundesseite festlegt, jene auf Landesseite allerdings offenlässt. In der Praxis schließt in allen Ländern der LH Vereinbarungen gem Art 15a B-VG für die Länder ab bzw vertritt diese beim Abschluss. Dies ist in den meisten Fällen unmittelbar in den Landesverfassungen so festgelegt.28 Einzig im Bgld und in NÖ, wo entsprechende ausdrückliche landesverfassungsrechtliche Regelungen nicht vorhanden sind, wird die Zuständigkeit subsidiär aus Art 105 Abs 1 erster Satz B-VG bzw den diesen Art wiederholenden landesverfassungsrechtlichen Bestimmungen abgeleitet.29 10 Unabhängig von all diesen Fragen30 gilt, wie eingangs erwähnt, dass Art 105 Abs 1 erster Satz B-VG voraussetzt, dass dem LH in Summe 26 Pesendorfer, Landeshauptmann 115. 27 Bußjäger, Art 105 Rz 3; anders Wielinger, Art 105 Rz 7. 28 Art 40 Abs 2 K-LVG, Art 56 Abs 3 OÖ L-VG, Art 50 Abs 1 Sbg L-VG, Art 8 Abs 4 Stmk L-VG, Art 71 Abs 3 TLO 1989, Art 53 Abs 2 Vbg LV, § 139 Abs 1 WStV. 29 Vgl Arbeitsgruppe zu Vereinbarungen nach Artikel 15a B-VG der Verfassungsdienste des Bundes und der Länder sowie der Verbindungsstelle der Bundesländer (Hg), Vereinbarungen 40 f. 30 S zu weiteren Vertretungsfragen Bußjäger, Art 105 Rz 6, wonach seit der B-VG-Nov 1988 (BGBl 1988/685) und der Schaffung der Staatsvertragskompetenz der Länder in Art 16 B-VG Raum für ein Auftreten des LH als Vertreter des Landes im Zuge grenzüberschreitender Kontakte besteht (anders Kelsen/Froehlich/Merkl, Bundesverfassung 219: „Eine Vertretung dem Auslande gegenüber kommt selbstverständlich nicht in Betracht“; ausführlich zur Vertretung gegenüber dem Ausland Wielinger, Art 105 Rz 8 f), wenngleich die Führung von Vertragsverhandlungen (auch in Bezug auf Art 15a B-VG) nicht in das Vertretungsmonopol des LH fällt. Vertretungsakte liegen etwa auch im Rahmen der Teilnahme an der Landeshauptleutekonferenz vor (vgl hierzu allerdings Pernthaler, Raumordnung 106, wonach die Koordinationsbefugnisse im Rahmen der Landeshauptleutekonferenz „nur im entfernten Sinne in der allgemeinen politischen Führungs- und Vertretungsfunktion des Landeshauptmannes begründet“ sind; zur „politischen“ Vertretung des Landes s auch Wielinger, Art 105 Rz 10 ff).
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jedenfalls insgesamt ein gewisses Maß an äußerer Vertretung landes(verfassungs)gesetzlich eingeräumt wird.31
C. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben in Bezug auf die Funktion als Vorsitzender der Landesregierung Die Vorsitzfunktion des LH wird zwar, wie nachfolgend noch 11 dargestellt,32 in allen Landesverfassungen festgeschrieben, ergibt sich allerdings nicht ausdrücklich aus der Bundesverfassung. Art 101 Abs 3 B-VG beschreibt lediglich die Zusammensetzung der LReg, definiert jedoch die Rolle des LH innerhalb des Gremiums LReg nicht näher. Diesbezüglich führen Kelsen/Froehlich/Merkl treffend aus: „Aus den Bestimmungen dieses Artikels [Anm: Art 101 B-VG] geht nicht direkt hervor, daß der Landeshauptmann Vorsitzender der Landesregierung ist und somit eine analoge Stellung hat, wie der BK in der BReg, doch ist dies offenbar die stillschweigende Voraussetzung, von der die Bundesverfassung in dieser Frage ausgegangen ist.“33 Die Vorsitzendenfunktion des LH ergibt sich somit nicht ausdrücklich aus Art 101 Abs 3 B-VG, lässt sich aber dennoch aus dieser Bestimmung zumindest erahnen. Für Steiner bildet etwa die besondere Nennung des LH als Mitglied der LReg ein Argument dafür, dass die Funktion des Vorsitzenden aus dieser Bestimmung abgeleitet werden könne.34 Die nähere Ausgestaltung dieser Funktion bleibt jedenfalls dem Landes(verfassungs)gesetzgeber vorbehalten.35
II. Entstehungsgeschichte Mit der TLO 1989 fanden – so die EB – grds Vorschriften „über die 12 rechtliche Stellung des Landeshauptmannes […] zusammengefaßt“ Eingang in die Landesordnung in Form von Art 56.36 Bis dahin hatte die TLO 1953 weder eine ausdrückliche Bestimmung in Bezug auf die Funktion des LH als Vertreter des Landes enthalten, noch eine betr den 31 32 33 34 35 36
Bußjäger, Art 105 Rz 3. S Rz 20. Kelsen/Froehlich/Merkl, Bundesverfassung 215. Steiner, Landeshauptmann 398. Vgl auch Pesendorfer, Landeshauptmann 137. EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 29.
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Vorsitz des LH in der LReg. Ersteres war insofern bemerkenswert, als in allen übrigen Landesverfassungen die hinsichtlich der Vertretung des Landes getroffene grds Aussage in Art 105 Abs 1 erster Satz B-VG wiederholt wurde.37 Die Tatsache, dass sich die TLO 1953 weitgehend einer Wiederholung der im B-VG zwingend vorgegebenen Regelungen enthielt, wertete Pesendorfer38 als geradezu „klassischteste[n] Ausdruck des historisch-teleologisch richtigen Verständnisses von Art 105 Abs 1 erster Satz B-VG“. Art 105 Abs 1 B-VG habe sich problemlos in das System der Tir Landesverfassung einordnen lassen, weshalb der Tir LH auch ohne ausdrücklicher Bestimmung in der TLO 1953 – die Tir GO LReg 198439 enthielt in § 12 Abs 1 eine wortgleiche Wiederholung von Art 105 Abs 1 B-VG – unmittelbar auf der Grundlage des B-VG jedenfalls als Staatsoberhaupt mit repräsentativen Aufgaben eingesetzt gewesen sei. 13 Auch eine ausdrückliche Regelung in Bezug auf den Vorsitz des LH in der LReg war in der TLO 1953 nicht enthalten. Die Position des LH als Regierungschef konnte allerdings aus § 27 Abs 1 TLO 1953 abgeleitet werden, der zwischen den Mitgliedern der LReg, die den Titel Landesrat führen, und dem LH sowie dem LHStv differenzierte. Zudem ordnete wiederum die Tir GO LReg 1984 in § 4 Abs 1 ausdrücklich an, dass der LH in den Sitzungen der LReg den Vorsitz führt.40
III. Vertretung des Landes Tirol (Abs 1) 14 Wie bereits dargelegt, wiederholt Art 56 Abs 1 TLO 1989, was schon Art 105 Abs 1 erster Satz B-VG normiert, nämlich die Vertretung des Landes Tirol durch den LH, und ist insofern aus rechtlicher Sicht nicht notwendig.41 Inhalt und Umfang der Vertretungsbefugnisse bzw deren Abgrenzung lässt sich allerdings weniger auf der Basis der grundlegenden Bestimmungen im B-VG oder von Art 56 Abs 1 TLO 1989 ermitteln, sondern vielmehr anhand der konkreten landesverfassungsrechtlichen Ausgestaltung in der TLO 1989.42 Relevante Bestimmungen sind 37 Koja, Verfassungsrecht 353. 38 Pesendorfer, Landeshauptmann 132. 39 LGBl 1984/45. 40 Pesendorfer, Landeshauptmann 152. 41 S die vorangehenden Ausführungen zur Entstehungsgeschichte sowie Grabenwarter, Art 40 Rz 5. 42 Weber, Bundesverwaltung 136 f.
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hiebei insb Art 44 Abs 1 TLO 1989 hinsichtlich der Hoheitsverwaltung und Art 44 Abs 2 TLO 1989 hinsichtlich der Privatwirtschaftsverwaltung des Landes,43 Art 51 TLO 1989, wonach die LReg und ihre Mitglieder ihre Aufgaben nach einer GO zu besorgen haben (Abs 1),44 sowie die Zuständigkeiten iZm staatsrechtlichen Vereinbarungen (Art 71 TLO 1989)45 und auch StV46 (Art 71a TLO 1989)47.48 Gerade am Bsp der staatsrechtlichen Vereinbarungen wird in Art 71 15 TLO 1989 die oben dargestellte Unterscheidung zwischen Entscheidungs- und Handlungskompetenz49 deutlich: Während die LReg über den Abschluss einer Vereinbarung entscheidet, ihr somit die Befugnis zur internen Willensbildung zukommt, vertritt der LH das Land beim Abschluss und gibt aufgrund der Entscheidung des für die interne Willensbildung zuständigen Organs eine Erklärung ab.50 Hinsichtlich der Verfahren vor dem VfGH ist hervorzuheben, dass in 16 einem Verfahren gem Art 137 B-VG (Kausalgerichtsbarkeit) der LH das Land gem Art 56 TLO 1989 vertritt.51 Für andere Verfahren vor dem VfGH erklärt unmittelbar das B-VG die LReg für einzelne Verfahrenshandlungen für zuständig (etwa Art 138 Abs 2, Art 138a, Art 139 und Art 140 B-VG), womit die LReg als Kollegium gemeint und insofern schon kraft Bundesverfassung eine Vertretung ausgeschlossen ist.52 Aus einer Zusammenschau der relevanten Bestimmungen in der TLO 17 1989 ergibt sich jedenfalls, dass der Tir LH Staatsoberhaupt des Landes Tirol ist und ihm vor dem Hintergrund von Art 56 Abs 1 TLO 1989 va repräsentative Aufgaben (als Hoheitsträger) nach innen und außen zukommen.53 43 S hiezu Schmid, Art 44 (in diesem Band) Rz 7 ff. 44 S hiezu Oberdanner, Art 51 (in diesem Band) Rz 10 ff. 45 Vgl auch A. Wimmer, Art 71 (in diesem Band). 46 Zur Vertretung gegenüber dem Ausland s oben FN 30. 47 S hiezu A. Wimmer, Art 71a (in diesem Band). 48 Vgl Pesendorfer, Landeshauptmann 133. 49 S Rz 5. 50 S hiezu A. Wimmer, Art 71 (in diesem Band); vgl Pesendorfer, Landeshauptmann 134, zu § 26b TLO 1953, der Vorgängerbestimmung von Art 71 TLO 1989 sowie ausführlich Thienel, Art 15a Rz 72 ff. 51 So auch erfolgt in VfSlg 19.314/2011. Zur internen Willensbildung vgl allerdings § 2 Abs 3 Z 13 Tir GO LReg. 52 Hierzu Hörtenhuber/Fischer, ZfV 2008, 332. 53 Pesendorfer, Landeshauptmann 120.
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18 Eine dem Art 56 Abs 1 TLO 1989 entsprechende Vertretungsregelung enthalten die Landesverfassungen aller Bundesländer.54
IV. Vorsitzender der Tiroler Landesregierung (Abs 2) 19 Die Vorsitzführung des LH in den Sitzungen der LReg wird in § 5 Abs 1 Tir GO LReg wortgleich wiederholt; im nachfolgenden Abs 3 wird er dementsprechend als Vorsitzender bezeichnet. In dieser Funktion kommen dem LH verschiedene Aufgaben zu, wie etwa die Einberufung von Sitzungen, wenn dies wenigstens zwei Mitglieder der LReg verlangen (§ 4 Abs 2 Satz 2 Tir GO LReg), die Festlegung der Tagesordnung (§ 4 Abs 3 Tir GO LReg), Übersendung von Beschlussanträgen (§ 4 Abs 4 Tir GO LReg), Feststellung der Beschlussfähigkeit (§ 5 Abs 3 Tir GO LReg), Bestimmung eines Schriftführers (§ 6 Abs 1 Tir GO LReg), Genehmigung und Unterfertigung des Protokolls (§ 6 Abs 4 Tir GO LReg) sowie ganz allgemein die Leitung der Beratungen und Abstimmungen.55 Zudem kann er – quasi als besonderes aus der Vorsitzendenfunktion abgeleitetes Recht –56 bei Bedarf (weitere) Sitzungen einberufen (§ 4 Abs 2 erster Satz Tir GO LReg). 20 Auch hier beinhalten die Landesverfassungen aller Bundesländer entsprechende Bestimmungen zur Vorsitzführung des LH.57
V. Zusammenfassung Art 56 TLO 1989: Der Landeshauptmann in den Funktionen als Staatsoberhaupt und Regierungschef 21 Wie eingangs beschrieben, werden zwei wesentliche Funktionen des LH in Art 56 TLO 1989 zusammengefasst:58 Zum einen bringt Abs 1 54 Art 65 Abs 1 Bgld L-VG, Art 40 Abs 1 K-LVG, Art 43 Abs 1 NÖ LV 1979, Art 50 Abs 1 OÖ L-VG, Art 37 Abs 1 Sbg L-VG, Art 40 Abs 1 Stmk L-VG, Art 42 Abs 1 Vbg LV, § 135 Abs 1 WStV. 55 Steiner, Landeshauptmann 389. 56 Vgl Steiner, Landeshauptmann 398. 57 Art 65 Abs 1 Bgld L-VG, Art 57 Abs 1 K-LVG, Art 43 Abs 1 NÖ LV 1979, Art 50 Abs 1 OÖ L-VG, Art 37 Abs 1 Sbg L-VG, Art 40 Abs 1 Stmk L-VG, Art 42 Abs 2 Vbg LV. In Wien vgl § 91 Abs 1 WStV (Vorsitzführung des Bgm in den Sitzungen des Stadtsenates) sowie § 6 Tir GO LReg. 58 S auch EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 29.
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betr die Vertretung des Landes Tirol die Staatsoberhauptfunktion zum Ausdruck und zum anderen ergibt sich allein schon aus der Vorsitzführung in der LReg gem Abs 2 die Funktion des Regierungschefs (als primus inter pares), die durch die Funktion des LH als Vorstand des Amtes der LReg noch unterstrichen wird (Art 58 Abs 1 TLO 1989).59 Generell kann Wesen und Bedeutung der Institution LH, wie Pesendorfer ausgeführt hat, „nur dann ausreichend erfasst werden, wenn man den funktionellen Verbund seiner tragenden Zuständigkeiten gerade auch dann nicht aus dem Auge verliert, wenn in die darstellende Erfassung einzelner Kompetenzen eingetreten wird.“60 Zudem darf nicht vergessen werden, dass die verfassungsrechtliche Verankerung des LH sowohl in der Bundesverfassung als auch in den Landesverfassungen bzw der TLO 1989 die Bedeutung, die dem LH im politischen System Österreichs zukommt – man denke nur an die Landeshauptleutekonferenz –, nicht zur Gänze zum Ausdruck bringt.61 Vor diesem Hintergrund nimmt der LH eine gesamtstaatlich integrative Rolle auf strategischer und operativer Ebene ein.62 Er gestaltet die gesamte Staatswillensbildung eines Bundeslandes derart entscheidend mit, wie es bei keinem anderen Staatsorgan der Fall ist,63 und spielt auch auf Bundesebene (va im Bereich der Bundesvollziehung über die mittelbare Bundesverwaltung) eine besondere Rolle.64
59 Pesendorfer, Landeshauptmann 140. 60 Pesendorfer, Landeshauptmann 136. 61 Ausführlich hierzu Bußjäger, Föderalismus 80 ff sowie ders, Landeshauptleutekonferenz 310 ff. 62 Steiner, Landeshauptmann 390. 63 Pesendorfer, Landeshauptmann 142. 64 Bußjäger, Föderalismus 81.
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Artikel 57 Behörden In den Angelegenheiten, die in Gesetzgebung und Vollziehung Landessache sind, sind, sofern gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, die Bezirksverwaltungsbehörden zuständig. LGBl samt Erläuterungen: LGBl 1988/61 (X. GP AA 141/88 AB 141/88); LGBl 2012/147 (XV. GP RV 562/12 AB 562/12); LGBl 2017/53 (XVI. GP RV 69/17 AB 69/17) Literatur: Marktler, Die Rechtsgrundlage der Bezirksverwaltungsorganisation, in Bußjäger et al (Hg), FS 150 Jahre Bezirkshauptmannschaften (2018) 137 ff; Morscher, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer. 7. Tirol (1991) 138 ff; Pürgy, Bezirksverwaltungsbehörden, in ders (Hg), Das Recht der Länder I (2012) 443 ff; Schwamberger/Ranacher, Tiroler Landesordnung 19896: Kommentar (2017) 103 ff; Weber, Politik und Verwaltung, in Karlhofer/Pelinka (Hg), Politik in Tirol (2004) 73 ff
Inhaltsübersicht I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben..................................... 1 II. Entstehungsgeschichte.................................................................. 4 III. Residualkompetenz der Bezirksverwaltungsbehörden............ 5 IV. Der Begriff der Bezirksverwaltungsbehörde............................. 11 V. Regelungen durch Landesgesetz................................................. 14
I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben 1 Die Behördenorganisation des Landes wird grds durch das Land im Rahmen seiner Verfassungsautonomie (Art 99 B-VG) festgelegt. Dessen ungeachtet bestehen auch diesbezüglich bundesverfassungsrechtliche Limitierungen. In Art 15 Abs 10 B-VG wird entgegen früherer Rechtslage eine Änderung der Organisation der Bezirksverwaltung zwar nicht mehr an die Zustimmung der BReg geknüpft1, nach wie vor wird man jedoch davon ausgehen müssen, dass der Landesgesetzgeber bundesverfassungsrechtlich weiterhin gebunden ist, eine Bezirksver1
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waltung vorzusehen. Dies wird auch aus Art 15 Abs 11 B-VG deutlich, wonach die Sprengel der politischen Bezirke durch VO der LReg festzulegen sind. Die Bezirksverwaltung ist Teil der sog „allgemeinen staatlichen Verwal- 2 tung in den Ländern“ (BVB, LReg, LH). Den Ländern ist es allerdings überlassen, neue Landesbehörden außerhalb der BVB einzurichten.2 § 8 Abs 5 lit b ÜG 19203 bestimmt, dass dem LH als Vorstand des Am- 3 tes der LReg auch die BH im Land unterstellt sind.4 Dies bedeutet freilich keine fachliche Unterordnung der BH im Weisungszug unter den LH, sondern lediglich die Leitungsbefugnis in organisatorischer Hinsicht.5
II. Entstehungsgeschichte Die TLO 1953 enthielt noch keine Bestimmung über die subsidiäre Zu- 4 ständigkeit der BVB wie sie heute in Art 57 TLO 1989 zu finden ist. Dieser Aspekt wurde erstmals in der TLO 1989 geregelt. In der StF der TLO 1989 enthielt Art 57 noch zwei Abs, im ersten Abs wurde im ersten Satz die subsidiäre Zuständigkeit der BVB geregelt, im zweiten Satz der administrative Instanzenzug. Abs 2 enthielt Weisungsfreistellungen für verschiedene Behörden. Mit der Nov der TLO 1989 LGBl 2012/147 entfielen nach der Einführung der Landesverwaltungsgerichtsbarkeit die Regelungen über den Instanzenzug im zweiten Satz des Abs 1.6 Mit der Nov der TLO 1989 LGBl 2017/53 wurden die Regelungen über die Weisungsfreistellung aufgehoben, da die betroffenen Organe seit der B-VG-Nov 20087 durch einfaches Gesetz weisungsfrei gestellt werden können und somit eine landesverfassungsrechtliche Regelung nicht mehr erforderlich war.8 Die Bestimmung ist seither unverändert. 2 3 4 5 6 7 8
VfSlg 2332/1952; vgl Morscher, Verfassungsrecht 141. Dazu allgemein Wielinger, § 8/5 lit a und b ÜG 1920, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (2011). Pürgy, Bezirksverwaltungsbehörden 448. Weber, Politik 83; Wielinger, § 8/5 lit a und b Rz 31. Ausführlich Schwamberger/Ranacher, Landesordnung 103 f; vgl auch EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 2012/147, Tir LT XV. GP, GZ 562/12, 16. BGBl I 2008/2. Dazu ausführlich Schwamberger/Ranacher, Landesordnung 104; vgl auch EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 2017/53, Tir LT XVI. GP, GZ 69/17, 4.
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III. Residualkompetenz der Bezirksverwaltungs behörden 5 Art 57 TLO 1989 sieht unter dem nunmehr9 etwas irreführenden Titel „Behörden“ eine Residualkompetenz der BVB in der sachlichen Behördenzuständigkeit vor. Diese kann aus kompetenzrechtlichen Gründen lediglich für jene Angelegenheiten angeordnet werden, in denen Gesetzgebung und Vollziehung Landessache ist. Der VfGH judiziert nämlich, dass die Festlegung der sachlich zuständigen Behörde vom zuständigen Materiengesetzgeber vorzunehmen ist.10 6 In jenen (wenigen) Angelegenheiten, in welchen zwar die Gesetzgebung, nicht aber die Vollziehung, dem Land obliegt, kann von vornherein keine Zuständigkeit einer Landesbehörde angeordnet werden (etwa hinsichtlich Streitigkeiten aus Dienstverhältnissen der Vertragsbediensteten, welche vor den ordentlichen Gerichten auszutragen sind,11 während die Vollziehung auch des Vertragsbedienstetenrechtes bei der LReg verbleibt). Dagegen ordnet für die mittelbare Bundesverwaltung der Bundesgesetzgeber in § 2 AVG eine subsidiäre Zuständigkeit der BVB an, soweit die in den Materiengesetzen enthaltenen Vorschriften keine Regelung über die sachliche Zuständigkeit enthalten. 7 Art 57 TLO 1989 bestimmt, dass der Gesetzgeber die Behördenzuständigkeit festlegen muss, dies jedoch im Einklang mit der Judikatur des VfGH.12 Dies schließt freilich nicht Delegationsermächtigungen aus.13 8 Die Zuständigkeit der BVB ist eine subsidiäre, dh, sie gelangt nur dann zur Anwendung, wenn nicht explizit die Zuständigkeit einer anderen Behörde oder eben der BVB selbst festgelegt ist. Dies kann insb dann der Fall sein, wenn das Gesetz eine Angelegenheit dem eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde überantwortet oder wenn die LReg für 9 10 11 12 13
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Wie sich aus der Entstehungsgeschichte ergibt, hatte Art 57 TLO 1989 zuvor einen wesentlich weitreichenderen Inhalt. VfSlg 2425/1952, 8466/1978. S Art 21 Abs 1 letzter Satz B-VG; Weichselbaum, Dienst- und Personalvertretungsrecht der Länder und Gemeinden, in Pürgy (Hg), Das Recht der Länder Band II/1 (2012) 1 (134 f). VfSlg 9937/1984, 11.287/1987, 13.042/1992; dazu Rill, Art 18 B-VG, in Kneihs/Lienbacher (Hg), Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht (2001) Rz 58 f. S bspw § 42 Abs 2 TNSchG 2005.
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zuständig erklärt wird.14 Insgesamt ist jedoch, da die meisten Materiengesetze Regelungen über die Behördenzuständigkeit enthalten, die praktische Bedeutung des Art 57 TLO 1989 gering. Im Vergleich mit den anderen Ländern ist die subsidiäre Zuständigkeit 9 der BVB der Regelfall.15 Lediglich Wien, das keine BVB kennt16, sowie Vbg, wo eine subsidiäre Zuständigkeit der LReg festgelegt ist,17 kennen dies nicht. Tirol ist allerdings das einzige Land, wo diese Zuständigkeit der BVB auch landesverfassungsrechtlich festgelegt ist.18 Mit dem Begriff der Zuständigkeit knüpft Art 57 TLO 1989 an den 10 Begriff der sachlichen Zuständigkeit gem § 1 AVG an. Dies bedeutet wiederum, dass von der Residualkompetenz der BVB nur hoheitliche Angelegenheiten erfasst sein können. Auf Zuständigkeitsfragen im Rahmen der Tätigkeit des Landes Tirol als Träger von Privatrechten (Privatwirtschaftsverwaltung) ist Art 57 TLO 1989 nicht anwendbar. Dies wird auch daraus deutlich, dass Art 57 TLO 1989 unter der Überschrift „Behörden“ steht. In der Privatwirtschaftsverwaltung werden jedoch keine Behörden tätig.19 Des Weiteren bestimmt Art 44 Abs 2 TLO 1989, dass die LReg oberstes Organ des Landes Tirol als Träger von Privatrechten ist, was freilich nicht ausschließt, dass die jeweiligen Rechtsgrundlagen auch die BVB zur Vollziehung der Privatwirtschaftsverwaltung berufen.
IV. Der Begriff der Bezirksverwaltungsbehörde Bei den BVB handelt es sich einerseits um die BH andererseits um die 11 Städte mit eigenem Statut.20 Über ein solches Statut verfügt in Tirol le14 S Art 118 Abs 2 letzter Satz B-VG; bspw § 4 Abs 1 und Abs 2 TAbgG (Gesetz vom 30. September 2009 über die Abgabenbehörden des Landes und der Gemeinden sowie über das Strafrecht in Angelegenheiten der landesrechtlich geregelten Abgaben [Tiroler Abgabengesetz], LGBl 2009/97 idF LGBl 2020/46); Morscher, Verfassungsrecht 139. 15 Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht6 (2018) 59; s zur Bundesverwaltung § 2 AVG; s zu den landesverfassungsrechtlichen Ausgestaltungen Marktler in FS 150 Jahre Bezirkshauptmannschaften 142 f. 16 S Art 109 B-VG und Art 133 WStV; dazu auch Pürgy, Bezirksverwaltungsbehörden 462. 17 S Art 51 Abs 1 Vbg LV. 18 Pürgy, Bezirksverwaltungsbehörden 451. 19 S dazu die Verweise in Morscher, Verfassungsrecht 139 (FN 3). 20 Pürgy, Bezirksverwaltungsbehörden 445; zu den Statutarstädten s auch Marktler in FS 150 Jahre Bezirkshauptmannschaften 144 ff.
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diglich die Stadt Ibk.21 Der Bgm der Stadt Ibk ist als Leiter des Magistrates, des zuständigen Organs für die Besorgung der Angelegenheiten der Bezirksverwaltung,22 damit auch in der Funktion eines Bezirkshauptmannes im Rahmen des Territoriums der Stadt Ibk.23 12 Die BVB sind monokratische Behörden.24 Sie agieren in den Angelegenheiten der Landesvollziehung gegenüber der LReg weisungsgebunden und in den Angelegenheiten der mittelbaren Bundesverwaltung gegenüber dem LH untergeordnet. Insoweit sie Aufgaben der Sicherheitsverwaltung (vgl Art 78a Abs 1 B-VG) wahrnehmen, sind sie gegenüber dem Landespolizeidirektor weisungsgebunden.25 13 Trotz der wichtigen Rolle, die den BVB in der Vollziehung in Österreich zukommt, sind sie lediglich ein Verwaltungssprengel, der sich von den Selbstverwaltungskörpern durch ihre Weisungsgebundenheit unterscheidet.
V. Regelungen durch Landesgesetz 14 Die organisatorische Einrichtung der BH erfolgt durch LG26, das in Art 57 TLO 1989 nicht weiter erwähnt wird. Das BH-OrgG sieht Regelungen zu den politischen Bezirken samt Zuordnung konkreter BH vor. Zur Leitung der BH ist ein Landesbediensteter des rechtskundigen Verwaltungsdienstes durch die LReg als Bezirkshauptmann zu bestellen. Die behördeninterne Untergliederung erfolgt in Referate, sowie in die diesen vorstehenden Referenten unter der Leitung des Bezirkshauptmanns. Mit der Nov des BH-OrgG27 wurde in § 2a BH-OrgG 21 Vgl Weber, Art 116 B-VG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (2016) Rz 23. 22 S § 31 Abs 5 IbkStadtR. 23 Vgl Weber, Art 116 Rz 27. 24 Pürgy, Bezirksverwaltungsbehörden 445; vgl § 5 Abs 2 BH-OrG; Weber, Politik 82 f. 25 Marktler in FS 150 Jahre Bezirkshauptmannschaften 137 f; auf dem Territorium der Stadt Ibk werden die Aufgaben der Sicherheitsverwaltung von der Landespolizeidirektion Tirol wahrgenommen (vgl § 8 Z 3 Bundesgesetz über die Organisation der Sicherheitsverwaltung und die Ausübung der Sicherheitspolizei [Sicherheitspolizeigesetz], BGBl 1991/566 idF BGBl 2019/113, iVm Art 78c B-VG). 26 BH-OrgG; zu den Organisationsgesetzen mwN Marktler in FS 150 Jahre Bezirkshauptmannschaften 147 ff. 27 LGBl 2019/77.
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eine gesetzliche Grundlage der sprengelübergreifenden Zusammenarbeit zwischen BH durch Zuständigkeitsübertragungen iSv Art 15 Abs 10 B-VG geschaffen. Die Sprengel der BH werden entsprechend Art 15 Abs 11 B-VG28 durch VO der LReg festgelegt.29
28 Art 15 Abs 11 B-VG wurde mit der B-VG-Nov BGBl I 2019/14 eingefügt und gleichzeitig wurde § 8 Abs 5 lit d ÜG 1920 gestrichen. 29 Verordnung der Landesregierung vom 5. März 2019, mit der die Sprengel der politischen Bezirke in Tirol festgelegt werden, LGBl 2019/25.
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Artikel 58 Amt der Landesregierung (1) Der Landeshauptmann, die Landesregierung und ihre Mitglieder haben sich bei der Besorgung ihrer Aufgaben des Amtes der Landesregierung zu bedienen. Der Landeshauptmann ist der Vorstand des Amtes der Landesregierung. (2) Die Landesregierung hat zur Leitung des inneren Dienstes des Amtes der Landesregierung einen rechtskundigen Bediensteten des Amtes der Landesregierung als Landesamtsdirektor und zu dessen Vertretung einen rechtskundigen Bediensteten des Amtes der Landesregierung als Landesamtsdirektorstellvertreter zu bestellen. (3) Das Amt der Landesregierung gliedert sich in Abteilungen; diese können a) im Interesse ihres besseren Zusammenwirkens zu Gruppen zusammengefasst werden; b) in Sachgebiete untergliedert werden, wenn dies wegen des Umfangs der der Abteilung zur Besorgung zugewiesenen Aufgaben zweckmäßig ist. Im Interesse einer sparsamen, wirtschaftlichen und zweckmäßigen Besorgung von Aufgaben können Außenstellen von Abteilungen und Sachgebieten gebildet und organisatorisch zu einer Dienststelle zusammengefasst werden. (4) Den Gruppen, Abteilungen, Sachgebieten und Außenstellen (Dienststellen) stehen Bedienstete des Amtes der Landesregierung als Gruppen- und Abteilungsvorstände, Sachgebietsleiter und Leiter einer Außenstelle vor. (5) Der Landeshauptmann hat mit Zustimmung der Landesregierung a) in der Geschäftseinteilung des Amtes der Landesregierung 1. die Zahl der Abteilungen, sowie gegebenenfalls deren Untergliederung in Sachgebiete, die Zusammenfassung von Abteilungen zu Gruppen, die Bildung von Außenstellen und die Zusammenfassung von Außenstellen zu einer Dienststelle festzusetzen und 730
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2. die zu besorgenden Aufgaben nach ihrem Gegenstand und sachlichen Zusammenhang auf die Abteilungen und Sachgebiete sowie deren Außenstellen (Dienststellen) aufzuteilen. b) in der Geschäftsordnung des Amtes der Landesregierung den Geschäftsgang im Amt der Landesregierung zu regeln. LGBl samt Erläuterungen: LGBl 1988/61 (X. GP AA 141/88 AB 141/88); LGBl 2019/71 (XVII. GP RV 168/19 AB 168/19) Judikatur: VfSlg 1283/1929, 4572/1963, 5846/1968, 5978/1969, 7642/1975, 7750/1976, 7941/1976, 8304/1978, 8637/1979, 8900/1980 (zum Rechtscharakter der GO eines Amtes der LReg und der Geschäftseinteilung eines Amtes der LReg) Literatur: Bauer, Amt der Landesregierung, in Pürgy (Hg), Das Recht der Länder I (2012) 423 ff; Bußjäger, Die Organisationshoheit und Modernisierung der Landesverwaltungen (1999); Bußjäger, Das Amt der Landesregierung und seine Stellung gegenüber „nachgeordneten Dienststellen“, ZfV 2018, 159 ff; Diehsbacher, Die rechtliche Stellung der Landesregierung (2004); Schwamberger/Ranacher, Tiroler Landesordnung 19896: Kommentar (2017) 141 ff; Weber, Politik und Verwaltung, in Karlhofer/Pelinka (Hg), Politik in Tirol. Jahrbuch 2004 (2004) 73 ff; Wielinger, BVG ÄmterLReg – § 8/5 lit a und b ÜG 1920, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (2011)
Inhaltsübersicht I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben..................................... 1 II. Entstehungsgeschichte.................................................................. 4 III. Organisatorischer Hilfsapparat................................................... 5 IV. Organisation des Amtes der Landesregierung.......................... 8 A. Landeshauptmann als Vorstand............................................. 8 B. Landesamtsdirektor als Leiter des inneren Dienstes........... 9 C. Gliederung des Amtes der Landesregierung......................... 14 D. Geschäftseinteilung................................................................... 18 E. Geschäftsordnung..................................................................... 21
I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben Das Amt der LReg spielt im österr Verwaltungsaufbau eine große Rol- 1 le. Es agiert als Geschäftsapparat sowohl der LReg als auch des LH in der mittelbaren Bundesverwaltung und ist in der Organisation zudem – wohl einzigartig für einen Bundesstaat – durch Bundesverfassungsrecht (BVG ÄmterLReg) determiniert.1 Die konkreten Vorgaben wurden zuletzt durch die B-VG-Nov BGBl I 2019/14 etwas gelockert. 1
Vgl etwa Bußjäger, Organisationshoheit 121 ff; Diehsbacher, Stellung 155 ff.
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2 Das Amt der LReg ist durch das BVG ÄmterLReg (§ 3) als organisatorischer Hilfsapparat konzipiert, der grds selbst keine Behördentätigkeit entfaltet, sondern den Behörden LH und LReg als unterstützender Geschäftsapparat dient. Dies bedeutet, dass das Amt der LReg behördliche Erledigungen im Namen des LH oder der LReg ausarbeitet, aber nicht in eigenem Namen, sondern eben entweder „für den Landeshauptmann“ oder „für die Landesregierung“. Der Umstand, dass dieser organisatorische Hilfsapparat bundesverfassungsrechtlich geregelt ist, ist aus dem Entstehungsprozess des österr Bundesstaates zu erklären. Die vormals schwachen Landesverwaltungen des dezentralisierten Einheitsstaates der Monarchie hatten nach dem Ende des Ersten Weltkrieges die „allgemeine staatliche Verwaltung in den Ländern“ übernommen. Zweifel, ob die Länder diese Aufgaben tatsächlich erfüllen konnten, prägten nicht nur die Entstehungsphase der Bundesverfassung, sondern auch die Jahre danach.2 3 § 1 Abs 1 BVG ÄmterLReg beruft den LH zum Vorstand des Amtes der LReg, der dabei durch den LHStv gem Art 105 Abs 1 B-VG vertreten wird (Abs 2). Unter der unmittelbaren Aufsicht des LH obliegt die Leitung des inneren Dienstes des Amtes der LReg dem LAD bzw dessen Stellvertreter (s dazu aber auch Art 106 B-VG). Gem § 2 BVG ÄmterLReg wird das Amt der LReg nunmehr – die Bestimmung ist idgF das Resultat der B-VG-Nov BGBl I 2019/14 – durch LG eingerichtet sowie eine Geschäftseinteilung auf der Grundlage dieses Gesetzes beschlossen. Die Geschäftseinteilung ist vom LH mit Zustimmung der LReg zu erlassen. Näheres über den Geschäftsgang des Amtes der LReg wird durch eine GO geregelt, die ebenfalls vom LH mit Zustimmung der LReg erlassen wird (§ 3 Abs 2 BVG ÄmterLReg). In dieser ist ebenso festzulegen, inwieweit sich die Mitglieder der LReg durch den LAD oder sonstige Bedienstete des Amtes der LReg vertreten lassen können (§ 3 Abs 3 BVG ÄmterLReg). Art 106 B-VG bestimmt im Weiteren, dass zur Leitung des inneren Dienstes ein rechtskundiger Bediensteter des Landes zum LAD bestellt wird, welcher in Angelegenheiten der mittelbaren Bundesverwaltung zugleich Hilfsorgan des LH ist. 2
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S dazu auch Bauer, Amt 426 f, die davon spricht, dass die Regelungen die Macht politischer Kräfte in den Ländern beschränken sollte. Ähnlich auch Weber, Politik 80; Bußjäger, Organisationshoheit 122.
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II. Entstehungsgeschichte Die TLO 1953 enthielt nur rudimentäre Regelungen über das Amt der 4 LReg. Gem § 34 Abs 2 TLO 1953 war der LH Vorstand des Amtes der LReg. Zur Leitung des inneren Dienstes war gem § 36 TLO 1953 ein rechtskundiger Verwaltungsbeamter als LAD zu bestellen, der für seine Amtsführung der LReg verantwortlich war. Nähere Regelungen konnten auch deshalb als entbehrlich betrachtet werden, weil das BVG ÄmterLReg ohnehin detaillierte Vorgaben enthielt und die Geschäftseinteilung sowie die GO des Amtes der LReg unmittelbar auf das BVG ÄmterLReg gestützt werden konnten. Die TLO 1989 traf in ihrem Art 58 erstmals eine Regelung, die in Einklang mit den damaligen Vorgaben des BVG ÄmterLReg bestimmte, dass sich der LH und die LReg des Amtes der LReg für die Besorgung ihrer Aufgaben bedienen mussten (Abs 1) und der LH Vorstand des Amtes der LReg war (Abs 2). Zudem wurde die Bestellung des LAD (Abs 3), die Gliederung des Amtes der LReg (Abs 4), die Zusammenfassung von Abteilungen zu Gruppen (Abs 5) und die Erlassung der Geschäftseinteilung und der GO des Amtes der LReg (Abs 6) normiert. Nachdem mit der B-VG-Nov BGBl I 2019/14 das BVG ÄmterLReg wesentlich geändert wurde, trug der Landesverfassungsgesetzgeber dem mit der heute geltenden Neuregelung des Art 58 TLO 1989 Rechnung.3
III. Organisatorischer Hilfsapparat Entsprechend der bundesverfassungsrechtlichen Vorgabe des § 3 BVG 5 ÄmterLReg ist auch das Amt der LReg in Tirol ein organisatorischer Hilfsapparat. Dies bedeutet, dass es grds keine selbständige Behörde ist, sondern lediglich die Geschäfte des LH in der mittelbaren Bundesverwaltung und der LReg in der Landesvollziehung besorgt. Die Besonderheit des Amtes der LReg ist, dass es sich um einen einheitlichen Geschäftsapparat handelt. Ein Ministerialsystem wie auf Bundesebene, in welchem den BM als Mitglieder der BReg in Form der BM eigene Geschäftsapparate zur Verfügung stehen, ist dadurch ausgeschlossen.4 Der Umstand, dass das Amt der LReg Aufgaben der Landesvollziehung sowie der mittelbaren Bundesverwaltung besorgt, ermöglicht die 3 4
S dazu auch EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 2019/71, Tir LT XVII. GP, GZ 168/19, 2. Weber, Politik 80 f.
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Erzielung von Synergien. Verwaltungswissenschaftlich betrachtet ist das Amt der LReg eine Einrichtung, die auch heute noch von beachtlicher Modernität ist.5 6 Freilich ist nicht ausgeschlossen, dass das Gesetz in Ausnahmefällen das Amt der LReg als Behörde bestimmt.6 Der Landesgesetzgeber hat die entsprechende Kompetenz, solche gesetzlichen Grundlagen zu schaffen.7 In diesen Fällen ergibt sich die Zuständigkeit zur Erlassung der konkreten Entscheidung aus der GEint Amt.8 Wenn das Amt der LReg als Behörde tätig wird, kommt die Entscheidungsbefugnis dem sachlich zuständigen Abteilungsvorstand zu.9 7 Art 58 Abs 1 TLO 1989 legt zudem ausdrücklich fest, dass sich LH, LReg und Mitglieder der LReg bei der Besorgung ihrer Aufgaben des Amtes der LReg zu bedienen haben.10 Daraus ergibt sich, dass die Ausgliederung der Besorgung hoheitlicher Aufgaben des Geschäftsapparates des Amtes der LReg unzulässig ist.11 Dies gilt aber nur insoweit, als es sich um Aufgaben handelt, die der LReg oder dem LH gesetzlich zugewiesen sind. Der zuständige Gesetzgeber ist, soweit er damit nicht anderen verfassungsrechtlichen Bestimmungen zuwiderhandelt, grds nicht daran gehindert, andere Behörden mit Aufgaben zu betrauen. Es ist außerdem zulässig, wenn – etwa im IKT-Bereich – die Besorgung bestimmter Aufgaben ausgegliedert wird.12 5 6
Weber, Politik 801. VfSlg 3681/1960; vgl Morscher, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer. 7. Tirol (1991) 143; Weber, Politik 81; Bauer, Amt 431. 7 Dies kommt gegenwärtig nur noch selten vor, etwa in Disziplinarangelegenheiten und Leistungsfeststellungen gem § 92 lit a und § 128 Abs 3 Kundmachung der Landesregierung vom 26. Mai 1998 über die Wiederverlautbarung des Landesbeamtengesetzes 1994 (Landesbeamtengesetz 1998), LGBl 1998/65 idF LGBl 2020/51 oder in Angelegenheiten der Zulässigkeit von Filmen für Kinder und Jugendliche gem § 21 Gesetz vom 2. Juli 2003, mit dem das Veranstaltungswesen in Tirol geregelt wird (Tiroler Veranstaltungsgesetz 2003-TVG), LGBl 2003/86 idF LGBl 2020/51 (vgl Schwamberger/ Ranacher, Landesordnung 107). 8 Schwamberger/Ranacher, Landesordnung 106. 9 Bauer, Amt 432. 10 Vgl Bauer, Amt 428; Die Besonderheit, dass diese Verpflichtung nur insoweit gilt, als „gesetzlich nichts anderes bestimmt ist“, entfiel mit der TLONov 2019 LGBl 2019/71. 11 Bauer, Amt 430; Wielinger, BVG ÄmterLReg Rz 18; Bußjäger, ZfV 2018, 159. 12 S etwa die Ausgliederung der EDV des Landes Tirol auf die DVT GmbH durch das Gesetz vom 8. Oktober 1997 über die Übertragung von Aufgaben
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IV. Organisation des Amtes der Landesregierung A. Landeshauptmann als Vorstand Der LH ist gem Art 58 Abs 1 zweiter Satz TLO 1989 Vorstand des 8 Amtes der LReg.13 Daraus ergibt sich eine allgemeine Leitungsbefugnis des LH, was die Organisation des Amtes der LReg und den inneren Dienstbetrieb betrifft,14 nicht jedoch in Bezug auf die inhaltlichen Erledigungen durch das Amt der LReg. Diese werden – in der Landesvollziehung – durch das zuständige Mitglied der LReg gesteuert. Im Rahmen der mittelbaren Bundesverwaltung ist der LH allerdings ebenfalls zur inhaltlichen Erledigung berufen, soweit nicht einzelne Angelegenheiten auf Mitglieder der LReg verteilt sind (Art 103 Abs 2 B-VG). Aber auch in den zuletzt genannten Angelegenheiten agieren die Mitglieder der LReg unter der Weisungsbefugnis des LH.15 Der LH wird in seiner Eigenschaft als Vorstand des Amtes der LReg durch den nach Art 105 Abs 1 B-VG bestellten LHStv vertreten (s Art 50 TLO 1989).16
B. Landesamtsdirektor als Leiter des inneren Dienstes In Einklang mit Art 106 B-VG und § 1 Abs 3 BVG ÄmterLReg beruft 9 Art 58 Abs 2 TLO 1989 den LAD zum Leiter des inneren Dienstes. Damit ist der Begriff des inneren Dienstes abzugrenzen. Er umfasst nicht die allgemeinen inhaltlichen Erledigungen des Amtes der LReg, diese werden von den Mitgliedern der LReg geleitet und verantwortet, sondern die Organisation des Amtes und seine Ausstattung mit Personal- und Sachressourcen.17 Damit ist klar, dass der innere Dienst die Effizienz der Erledigung der Aufgaben wesentlich mitbestimmt. Die Abgrenzung zur inhaltlich-fachlichen Aufgabenerledigung ist zuweilen schwierig zu ziehen,18 das gilt insb im Bereich des Dienstrech-
13 14 15 16 17 18
und die Zuweisung von Landesbediensteten an die DVT-Daten-Verarbeitung-Tirol-GmbH (DVT-Gesetz), LGBl 1997/87. S auch Diehsbacher, Stellung 155; Bußjäger, Organisationshoheit 123. Bauer, Amt 432; Weber, Politik 81. Vgl dazu auch Oberdanner, Art 51 (in diesem Band) Rz 19 f. Schwamberger/Ranacher, Landesordnung 106; vgl zu Art 50 TLO 1989 auch Schmid, Art 50 (in diesem Band) Rz 8. Bauer, Amt 433; Weber, Politik 82. Weber, Politik 82; Pesendorfer, Innerer Dienstbetrieb im Amt der Landesregierung (1981) 44.
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tes. Dienstrechtliche Maßnahmen fallen in die Zuständigkeit der LReg als Dienstrechtsbehörde.19 Als Bsp für Maßnahmen des inneren Dienstes werden genannt: – die Erlassung der GEint Amt und der GO Amt, – Verwendungsänderungen und Versetzungen, – Ernennungen, – Gewährleistung der Funktionsfähigkeit und Effizienz der Verwaltungsabläufe, – Organisation und Koordination von Landesverwaltung und mittelbarer Bundesverwaltung, – Organisation und Einsatz der Sachmittel (Büroausstattung, IT), – Fortbildungen, – Ausübung der Dienstaufsicht.20 10 Wenn § 4 Abs 2 GO Amt den LAD als Vorgesetzten aller Bediensteten beruft, ist dies missverständlich, da sich Weisungen des LAD nur auf organisatorische Belange (eben den inneren Dienst) beziehen dürfen.21 Erhält ein Bediensteter sich einander widersprechende Weisungen vom zuständigen Regierungsmitglied und vom LAD, so ist zu prüfen, ob einer der beiden Anweisenden seine Zuständigkeit überschritten hat. Gibt es einen inhaltlichen Widerspruch zwischen der fachlichen Weisung des LR und der organisatorischen des LAD, ist der Weisung des Regierungsmitglieds zu folgen.22 Der LAD ist auch in diesen Angelegenheiten dem LH als Vorstand des Amtes der LReg weisungsgebunden. Allerdings darf der LH dem LAD keine Aufgaben im Bereich des inneren Dienstes entziehen.23 11 Art 58 Abs 2 TLO 1989 verlangt in Einklang mit Art 106 B-VG, dass sowohl der LAD als auch sein Stellvertreter rechtskundig sind. Dies bedeutet, soweit die Dienstrechtsbestimmungen der Länder keine Regelungen hinsichtlich des Abschlusses (Diplom-, Master- oder Bachelorstudium) enthalten,24 dass diese zumindest ein rechtswissenschaftli19 20 21 22 23 24
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Bauer, Amt 435. Bauer, Amt 436 f; Bußjäger, Organisationshoheit 126. Weber, Politik 82. Weber, Politik 82; s auch Pesendorfer, Der Landeshauptmann (1986) 177. Bauer, Amt 433. Höllbacher, Art 106 B-VG, in Kneihs/Lienbacher (Hg), Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht (2016) Rz 7; Wielinger, Art 106 B-VG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (2011) Rz 29.
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ches Studium abgeschlossen haben müssen.25 Art 58 Abs 2 TLO 1989 normiert weiters, dass der LAD und sein Stellvertreter Bedienstete des Amtes der LReg sein müssen. Es ist nicht erforderlich (und auch von der Bundesverfassung nicht mehr verlangt)26, dass diese Beamte sein, sich also in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land befinden müssen. Nunmehr kommt ebenso ein privatrechtliches Dienstverhältnis in Betracht. Die Regelung schließt weder aus, dass eine Person zum LAD ernannt wird, die bisher bei einer anderen Dienststelle des Landes als dem Amt der LReg tätig war, noch, dass überhaupt eine externe diese Funktion wahrnimmt. Mit ihrer Ernennung muss sie allerdings Landesbedienstete und im Amt der LReg tätig sein. Der LAD und sein Stellvertreter sind von der LReg zu bestellen. Sofern 12 gesetzlich vorgesehen (vgl Art 21 Abs 5 B-VG), kann die Funktion des LAD zeitlich begrenzt werden.27 Die Rolle und Bedeutung des LAD in der Verwaltungspraxis geht frei- 13 lich noch über seine prominente bundes- und landesverfassungsrechtliche Verankerung hinaus: Insb kommt ihm eine wichtige politische Funktion zu. Der LAD ist idR nicht nur mit der operativen Umsetzung politischer Vorgaben betraut, ihm kommt auch durch seine interne Organisationsgewalt eine wichtige Rolle in der Landespolitik zu.28 Dies äußert sich ua dahingehend, dass er nicht nur an den Sitzungen der LReg teilnimmt (§ 5 Abs 5 Tir GO LReg), sondern etwa auch den LH zu den Sitzungen der Landeshauptleutekonferenz begleitet.29 Davon abgesehen ist die Landesamtsdirektorenkonferenz ein wichtiges Element des kooperativen Föderalismus in Österreich.30 25 Bauer, Amt 433. 26 Mit BGBl I 2019/14 wurde Art 106 B-VG geändert und das Wort „Verwaltungsbeamter“ wurde durch die Wortfolge „Bediensteter des Amtes der Landesregierung“ ersetzt. 27 Bauer, Amt 434. 28 Weber, Politik 82. 29 Lienbacher/Pürgy, Kooperativer Bundesstaat, in Pürgy (Hg), Das Recht der Länder I (2012) 561 (583 f); J. Müller/Nesensohn, Der Landesamtsdirektor nach Bundesrecht und Vorarlberger Landesrecht, in Rosner/Bußjäger (Hg), Im Dienste der Länder – im Interesse des Gesamtstaates – FS 60 Jahre Verbindungsstelle der Bundesländer (2011) 109 (126 f). 30 Rosner/Gmeiner, Die Länderkonferenzen, in Rosner/Bußjäger (Hg), Im Dienste der Länder – im Interesse des Gesamtstaates – FS 60 Jahre Verbindungsstelle der Bundesländer (2011) 93 ff.
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C. Gliederung des Amtes der Landesregierung 14 Art 58 Abs 3 TLO 1989 sieht in Einklang mit dem früheren § 2 Abs 1 BVG ÄmterLReg eine Gliederung des Amtes der LReg in Gruppen und Abteilungen vor. Eine solche bundesverfassungsrechtliche Bindung der Landesverfassung besteht nun nicht mehr. Vielmehr bestimmt § 2 BVG ÄmterLReg, dass die Einrichtung des Amtes der LReg durch LG und eine Geschäftseinteilung geregelt wird, die vom LH mit Zustimmung der LReg auf Grundlage dieses LG zu erlassen ist.31 15 Die EBRV zur TLO-Nov 201932 führen aus, dass Art 58 TLO 1989 die bundesverfassungsgesetzlich vorgesehene landesgesetzliche Regelung darstellen soll.33 Dem ist beizupflichten: Die gesetzliche Umsetzung kann auch auf landesverfassungsrechtlicher Ebene erfolgen. 16 Diese Bestimmung des Art 58 Abs 3 TLO 1989 steht einer weiteren Untergliederung der Abteilungen in einzelne Referate oder Fachstellen nicht entgegen. Neben der Zusammenfassung von Abteilungen zu Gruppen gem Art 58 Abs 3 lit a TLO 1989 besteht auch noch gem lit b die Möglichkeit der Untergliederung in Sachgebiete aus Erwägungen der Zweckmäßigkeit. Für Abteilungen und Sachgebiete können Außenstellen gebildet und wiederum organisatorisch zu Dienststellen zusammengefasst werden, wodurch eine dezentrale Organisation der Aufgabenbesorgung der LReg ermöglicht wird.34 Aus Abs 3 wird aber jedenfalls deutlich, dass die Abteilung das zentrale Organisationselement des Amtes der LReg ist. Eine „Zusammenfassung in Gruppen“ erfolgt nämlich lediglich „nach Bedarf“. Die Geschäftseinteilung des LH35 muss daher danach trachten, in den Abteilungen eine sinnvolle Aufgabenbündelung herzustellen. In welchem Verhältnis Gruppenleitung und Abteilungsvorstände zueinander stehen, bestimmt die TLO 1989 selbst nicht explizit, allen31 32 33 34
Dazu auf Basis veralteter Rechtslage Diehsbacher, Stellung 156. LGBl 2019/71. EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 2019/71, Tir LT XVII. GP, GZ 168/19, 2. Zur dezentralen Struktur der Tir Landesverwaltung Bußjäger/Keuschnigg/ Schramek, Kriterien und Möglichkeiten der Dezentralisierung in Tirol (2018) 15 ff. 35 Weiterhin gilt, dass die Geschäftseinteilung des Amtes der LReg eine Verwaltungsverordnung und keine (zuständigkeitsbegründende) Rechtsverordnung darstellt, zB VfSlg 7941/1976; vgl Schwamberger/Ranacher, Landesordnung 106, zur früheren Rechtslage; kritisch Wielinger, BVG ÄmterLReg Rz 43.
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falls lässt sich implizit aus dem Umstand der Zusammenfassung von Abteilungen zu Gruppen gem Art 58 Abs 3 TLO 1989 eine gewisse Überordnung letzterer entnehmen. Eine Überordnung des Gruppenvorstandes gegenüber dem Abteilungsvorstand könnte man auch in § 10 Abs 2 und Abs 3 GO Amt verorten, da die Vertretungsbefugnis des Abteilungsvorstandes nur insofern gilt, als sich nicht bereits der Gruppenvorstand oder der LAD die Angelegenheiten zur Vertretung vorbehalten haben. Der Abteilungsvorstand ist in Angelegenheiten des inneren Dienstes dem LAD gegenüber weisungsgebunden, in inhaltlicher Hinsicht gegenüber dem zuständigen Regierungsmitglied. Eine Unterordnung unter den Gruppenvorstand findet jedenfalls dort statt, wo gem § 5 Abs 2 und Abs 3 GO Amt eine organisatorische Weisungsbefugnis besteht, oder spezifische Organisationsvorschriften dies anordnen.36 Auch hinsichtlich der Vorstände der Abteilungen und Gruppen sieht 17 Abs 4 – wie hinsichtlich des LAD – keinen Beamtenvorbehalt vor. Die Leitung muss jedoch durch Bedienstete des Amtes der LReg erfolgen und darf nicht an verwaltungsexterne Personen vergeben werden. Dies trifft gleichfalls auf die Leiter der Sachgebiete und Außenstellen bzw Dienststellen zu.
D. Geschäftseinteilung Abs 5 weist dem LH neben der Aufgabe, eine GO zu erlassen (s E.), die 18 Kompetenz zu, mit Zustimmung der LReg eine Geschäftseinteilung des Amtes der LReg zu erlassen.37 Diese Geschäftseinteilung ist keine VO, sie entfaltet keine Rechtswirkungen nach außen, sondern gliedert den Geschäftsapparat Amt der LReg lediglich intern.38 Die Geschäftseinteilung ist dennoch ein wichtiges Instrument der Ver- 19 waltungsorganisation, geht es doch darum, die Organisationseinheiten mit abgerundeten, zweckmäßigen Aufgabenbündeln auszustatten und eine möglichst reibungslose politische Führung durch die Mitglieder der LReg herzustellen. Aus verwaltungswissenschaftlicher Sicht, wenngleich durch die TLO 1989 nicht geboten, spricht viel dafür, sicherzu36 Bußjäger, ZfV 2018, 162. 37 GEint Amt. 38 Diehsbacher, Stellung 156; B. Raschauer, Die obersten Organe der Landesverwaltung, in Ermacora et al (Hg), Allgemeines Verwaltungsrecht – FS Antoniolli (1979) 375 (380); mwN Koja, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer2 (1988) 368.
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stellen, dass Mehrfachunterstellungen von Abteilungen unter verschiedene zuständige Mitglieder der LReg möglichst unterbleiben sowie Ressortzuständigkeiten und Aufgaben von unterschiedlichen Abteilungen möglichst wenig Schnittstellen aufweisen. Demgegenüber können politische Argumente für eine andere Lösung sprechen. 20 Zwischen der Geschäftsverteilung der Tir LReg und der GEint Amt besteht keine zwingende Homogenität39. Die nach der Geschäftsverteilung den Mitgliedern der LReg zugewiesenen Aufgaben können sich mit den von den Organisationseinheiten des Amtes der LReg zu besorgenden Aufgaben decken, müssen dies aber nicht.40 Zu beachten ist in diesem Zusammenhang auch der zuständigkeitsbegründende Charakter der Geschäftsverteilung der LReg als gesetzesvertretende VO.41
E. Geschäftsordnung 21 Die GO Amt normiert den Geschäftsgang im Amt der LReg. Dazu zählt die Regelung, wie Geschäftsstücke zu behandeln sind und wie die Bearbeitung anhand einer zu erlassenden Kanzleiordnung zu erfolgen hat. Abseits der Gliederung und Leitung der Abteilungen, Gruppen, Sachgebiete und Außenstellen werden auch Vertretungsbefugnisse sowie Vertretungsvorbehalte samt der damit verbundenen Fertigung von Erledigungsentwürfen festgelegt. Die GO Amt ist ebenfalls keine Rechtsverordnung, sondern eine Verwaltungsverordnung.42
39 Einen Gleichlauf kann man im OÖ System erkennen, dazu Steiner, Darstellung der Organisation eines Amtes der Landesregierung, in Balthasar/ Bußjäger/Matzka (Hg), Effiziente Regierungsorganisation (2015) 17 (19 ff). 40 Eberhard/Ranacher/Weinhandl, Rechtsprechungsbericht: Landesverwaltungsgericht, Bundesverwaltungsgerichte und Verwaltungsgerichtshof, ZfV 2018, 390 (392); VwGH 22.11.2017, Ra 2017/03/0059. 41 Bußjäger, Art 106 B-VG, in Kneihs/Lienbacher (Hg), Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht (2002); VfSlg 7725/1975; VwSlg 8827 A/1975. 42 StRsp des VfGH zur GO (sowie Geschäftseinteilung): VfSlg 1283/1929, 4572/1963, 5846/1968, 5978/1969, 7642/1975, 7750/1976, 7941/1976, 8304/1978, 8637/1979, 8900/1980; Schwamberger/Ranacher, Landesordnung 108; Diehsbacher, Stellung 156; B. Raschauer in FS Antoniolli 380; kritisch Wielinger, BVG ÄmterLReg Rz 61; ebenfalls kritisch Mayer/Kucsko‑Stadlmayer/Stöger, Grundriss des österreichischen Bundesverfassungsrechts11 (2015) 404.
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Artikel 59* Landesvolksanwalt (1) Zur Besorgung der im Abs. 2 angeführten Aufgaben ist der Landesvolksanwalt berufen. (2) Der Landesvolksanwalt hat in den Angelegenheiten der Landesverwaltung, der mittelbaren Bundesverwaltung und der dem Landeshauptmann übertragenen Verwaltung von Bundesvermögen jedermann auf Verlangen Rat zu erteilen und Beschwerden entgegenzunehmen. Der Landesvolksanwalt hat jede Beschwerde unverzüglich zu prüfen und, sofern er sie nicht selbst durch Aufklärung des Beschwerdeführers erledigen kann, bei der zuständigen Stelle auf Aufklärung oder Abhilfe hinzuwirken und das Ergebnis seiner Maßnahmen dem Beschwerdeführer ehestmöglich mitzuteilen. Der Landesvolksanwalt hat dem Landtag jährlich einen Bericht über seine Tätigkeit vorzulegen. (3) Der Landesvolksanwalt ist ein Organ des Landtages. Er untersteht unmittelbar dem Landtag, ist nur diesem verantwortlich und von der Landesregierung unabhängig. Entstehen zwischen dem Landesvolksanwalt und der Landesregierung Meinungsverschiedenheiten über die Zuständigkeit des Landesvolksanwaltes, so entscheidet hierüber der Verfassungsgerichtshof auf Antrag des Landesvolksanwaltes oder der Landesregierung. (4) Der Landesvolksanwalt hat seinen Sitz in Innsbruck. Er kann, soweit dies zur Besorgung seiner Aufgaben zweckmäßig ist, außerhalb der Landeshauptstadt Sprechtage abhalten. (5) Der Landesvolksanwalt wird vom Landtag auf Vorschlag des Landtagspräsidenten auf die Dauer von sechs Jahren gewählt. Zum Landesvolksanwalt darf nur eine Person gewählt werden, die persönlich und fachlich geeignet ist. Der Landesvolksanwalt darf weder der Bundesregierung oder der Landesregierung noch einem allgemeinen Vertretungskörper angehören. *
Herzlicher Dank ergeht an Frau Univ.-Ass. Mag. Angela Dengg, Herrn Mag. Matthias Hinteregger sowie Frau stud. Mit. Sophie Raab für die Unterstützung bei der redaktionellen Bearbeitung.
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(6) Der Landtag hat auf Vorschlag des Landtagspräsidenten den Landesvolksanwalt vor dem Ablauf seiner Amtsdauer nach Abs. 5 erster Satz abzuberufen, wenn er die Voraussetzungen nach Abs. 5 zweiter und dritter Satz nicht mehr erfüllt. (7) Die Landesregierung hat die für die Besorgung der Aufgaben des Landesvolksanwaltes erforderlichen Sach- und Geldmittel sowie die aus dem Stellenplan sich ergebende Anzahl von Landesbediensteten für den Landesvolksanwalt nach Anhören des Landtagspräsidenten zur Verfügung zu stellen. Dem Landtagspräsidenten obliegt die Ausübung der sonst der Landesregierung zustehenden Diensthoheit über den Landesvolksanwalt und die beim Landesvolksanwalt verwendeten Landesbediensteten, mit Ausnahme der Erlassung von Verordnungen. (8) Der Landesvolksanwalt ist Vorgesetzter der bei ihm verwendeten Bediensteten. Er ist befugt, diesen Weisungen zu erteilen. (9) Alle Organe des Landes und der Gemeinden haben den Landesvolksanwalt bei der Besorgung seiner Aufgaben zu unterstützen, ihm Akteneinsicht zu gewähren und ihm auf Verlangen die erforderlichen Auskünfte zu erteilen. Gegenüber dem Landesvolksanwalt besteht die Amtsverschwiegenheit nicht. Der Landesvolksanwalt unterliegt der Amtsverschwiegenheit im gleichen Umfang wie das Organ, an das er bei der Besorgung seiner Aufgaben herangetreten ist. (10) Für die im Art. 148a Abs. 3 des Bundes-Verfassungsgesetzes zum Schutz und zur Förderung der Menschenrechte vorgesehenen besonderen Kontroll- und Überwachungsaufgaben wird für den Bereich der Landesverwaltung die Volksanwaltschaft für zuständig erklärt. LGBl samt Erläuterungen: LGBl 1988/61 (X. GP AA 141/88 AB 141/88); LGBl 2012/147 (XV. GP RV 562/12 AB 562/12); LGBl 2014/65 (XVI. GP IA 177/14); LGBl 2018/17 (XVI. GP RV 481/17 AB 481/17) Literatur: Bertel, Menschenrechtsschutz und Volksanwaltschaft, SPRW 2013, 69 ff; Bußjäger, Entsprechen Volksanwaltschaft und Landesvolksanwälte internationalen Standards?, JRP 2019, 161 ff; Dünser, Die Landesvolksanwälte und ihre Beziehung zu anderen Rechtsschutzeinrichtungen, in Korosec (Hg), Die Arbeit der Volksanwaltschaft (2001) 43 ff; Gamper, Zur verfassungsstaatlichen Rolle des regionalen Ombudsmans in Europa, JBl 2011, 205 ff; Klecatsky/Pickl, Die Volksanwaltschaft (1989) 172 ff; Morscher, Zusammenarbeit zwischen Volksanwaltschaften, in Schäffer et al (Hg), Staat-Verfassung-Verwaltung – FS Koja (1998) 317 ff; Morscher, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer.
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7. Tirol (1991) 40 ff; Pernthaler, Raumordnung und Verfassung 3 (1990) 495 ff; Schwamberger/Ranacher, Tiroler Landesordnung 19896: Kommentar (2017) 30 ff; Thienel/Leitl-Staudinger, Art 148i B-VG, in Kneihs/Lienbacher (Hg), RillSchäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht (2017); Kucsko-Stadlmayer, Art 148i B-VG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (2016)
Inhaltsübersicht I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben.................................... 1 II. Entstehungsgeschichte................................................................ 3 III. Organisation.................................................................................. 5 A. Allgemeines............................................................................... 5 B. Bestellungsverfahren............................................................... 7 C. Bestellungsvoraussetzungen.................................................. 9 D. Amtsdauer und Abberufung.................................................. 11 E. Sitz.............................................................................................. 14 F. Ressourcen................................................................................ 15 IV. Funktionen.................................................................................... 16 A. Allgemeines............................................................................... 16 B. Erteilung von Rat.................................................................... 17 C. Entgegennahme und Behandlung von Beschwerden........ 22 D. Anregungen betreffend die Gesetzgebung und Verwaltung des Landes, Behandlung von Petitionen......... 27 E. Schutz und Förderung der Menschenrechte....................... 29 F. Anfechtung einer Verordnung vor dem VfGH.................. 31 G. Tätigkeitsbericht....................................................................... 33 V. Amtshilfe, Akteneinsicht, Auskunftsrechte, Amts verschwiegenheit........................................................................... 34 VI. Zuständigkeitskonflikte und VfGH........................................... 35 VII. Ausführende Bestimmungen...................................................... 37
I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben Art 99 iVm Art 148i B-VG stellt es den Ländern grds frei, für den Be- 1 reich ihrer jeweiligen Verwaltung durch LVG entweder die VA für zuständig zu erklären, Einrichtungen mit gleichartigen Aufgaben zu schaffen oder gar keine ombudsförmige Kontrolle vorzusehen.1 Lediglich hinsichtlich der Aufgaben gem Art 148a Abs 3 B-VG sind die Länder verpflichtet, entweder die VA für zuständig zu erklären oder eine 1
Kucsko-Stadlmayer, Art 148i Rz 4; Thienel/Leitl-Staudinger, Art 148i Rz 1.
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Einrichtung mit Aufgaben gem Art 148a Abs 3 B-VG gleichartigen Aufgaben zu schaffen; im Hinblick auf diesen speziellen Aufgabentypus ist es also nicht zulässig, auf eine ombudsförmige Kontrolle überhaupt zu verzichten.2 Während sich sieben Bundesländer entschlossen, die VA landesverfassungsrechtlich auch für den Bereich ihrer jeweiligen Verwaltung zuständig zu erklären, richteten Tirol und Vbg einen eigenen Landesvolksanwalt ein.3 Anders als Vbg erklärte Tirol jedoch für die Aufgaben gem Art 148a Abs 3 B-VG im Bereich der Landesverwaltung die VA für zuständig.4 2 Art 148i Abs 2 B-VG ermächtigt den Landesverfassungsgesetzgeber dann, wenn ein Land für den Bereich der Landesverwaltung eine Einrichtung mit gleichartigen Aufgaben wie die VA schafft, eine dem Art 148f B-VG, der den VfGH zur Entscheidung über Meinungsverschiedenheiten hinsichtlich der Auslegung gesetzlicher Bestimmungen, die die Zuständigkeit der VA regeln, berechtigt, entsprechende Regelung zu treffen. Wesentlich für diese Möglichkeit ist, dass es sich dabei um eine „Einrichtung mit gleichartigen Aufgaben wie die Volksanwaltschaft“ handelt. Diese bundesverfassungsrechtliche Homogenitätsvorgabe gilt für die Aufgaben, die „gleichartig“ sein müssen. Eine „gleichartige“ Einrichtung im organisatorischen Sinn ist dagegen nicht verlangt. Freilich ergibt sich mittelbar aus der Gleichartigkeit der Aufgaben, dass die Einrichtung, um diese Aufgaben entsprechend erfüllen zu können, auch gewissen organisatorischen Mindestkriterien, etwa hinsichtlich der Unabhängigkeit von der zu prüfenden Verwaltung, genügen muss. Darüber hinaus verlangt Art 148i Abs 2 B-VG nicht, dass die betr Einrichtungen der Länder an sich gleichartige Aufgaben wie die VA haben müssen, sondern macht dies nur zur Bedingung dafür, eine dem Art 148f B-VG entsprechende Regelung zu treffen;5 ähnlich knüpft Art 139 Abs 1 Z 6 B-VG daran an.6 Diese Bedingung ist aber auch dann erfüllt, wenn der Einrichtung noch andere als (nur) gleichartige Aufgaben wie diejenigen der VA übertragen werden. Die Länder sind vielmehr frei, im Rahmen ihrer Verfassungsautonomie gem 2 3 4 5 6
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Kucsko-Stadlmayer, Art 148i Rz 4; Thienel/Leitl-Staudinger, Art 148i Rz 2. Kucsko-Stadlmayer, Art 148i Rz 13 ff und 7 ff; Thienel/Leitl-Staudinger, Art 148i Rz 7 ff. Vgl Art 59 Abs 10 TLO 1989 und dazu unten Rz 29 f. Vgl dazu unten Rz 35 f. Vgl dazu unten Rz 31 f.
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Art 99 B-VG,7 welche die Grundlage für eigene Landesvolksanwälte darstellt,8 weitere Aufgaben dieser Organe vorzusehen, sofern dadurch nicht allgemeine Vorschriften der Bundesverfassung verletzt werden oder die Erfüllung der gleichartigen Aufgaben gefährdet wäre. Ob die Bestimmungen des Art 59 TLO 1989 im Einzelnen mit der Bundesverfassung übereinstimmen, wird an der jeweiligen Stelle erörtert.
II. Entstehungsgeschichte Die Einrichtung des Landesvolksanwalts wurde erstmals durch die 3 TLO 1989 vorgenommen und ersetzte die früheren im Amt der LReg und in den BH eingerichteten Beratungs- und Beschwerdestellen.9 Art 59 TLO 1989 wurde seitdem zweimal novelliert: Durch die Nov LGBl 2012/147 wurde Art 59 TLO 1989 um Abs 10 ergänzt, der wie folgt lautet: „Für die im Art. 148a Abs. 3 des Bundes-Verfassungsgesetzes zum Schutz und zur Förderung der Menschenrechte vorgesehenen besonderen Kontroll- und Überwachungsaufgaben wird für den Bereich der Landesverwaltung die Volksanwaltschaft für zuständig erklärt.“ Anlass dafür war das OPCAT-Durchführungsgesetz10 des Bundes, mit dem das Fakultativprotokoll zum Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe (OPCAT)11 sowie die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (CRPD)12 durchgeführt 7
Dazu auch Kucsko-Stadlmayer, Die Volksanwaltschaft als Rechtsschutzeinrichtung, in Österreichische Parlamentarische Gesellschaft (Hg), FS 75 Jahre Bundesverfassung (1995) 537 (575 f). 8 Vgl Kucsko-Stadlmayer in FS 75 Jahre Bundesverfassung 575; dies, Art 148i Rz 9; Dünser, Landesvolksanwälte 43; Morscher in FS Koja 317 f; Pernthaler/Lukasser, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer. 8. Vorarlberg (1995) 217; Thienel/Leitl-Staudinger, Art 148i Rz 7. 9 EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 85. 10 Bundesgesetz zur Durchführung des Fakultativprotokolls vom 18. Dezember 2002 zum Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe – OPCAT-Durchführungsgesetz, BGBl I 2012/1. 11 Fakultativprotokoll zum Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe, BGBl III 2012/190. 12 Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen sowie das Fakultativprotokoll zum Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen, BGBl III 2008/155 idF BGBl III 2019/101.
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wurden. Der dadurch geänderte Art 148a B-VG sieht seitdem in Abs 3 bestimmte Prüf-, Beobachtungs- und Besuchsrechte der VA zum Schutz und zur Förderung der Menschenrechte im Bereich der Verwaltung des Bundes vor, die gem Art 148i Abs 3 B-VG auch im Bereich der Landesverwaltung – je nach landesverfassungsrechtlicher Ermächtigung entweder durch die VA des Bundes oder eine gleichartige Landeseinrichtung – wahrgenommen werden müssen. Tirol entschloss sich – freilich nur in diesem Aufgabenbereich – zur Betrauung der VA, da dem Landesvolksanwalt einerseits diesbezüglich „nur ein äußerst eingeschränkter Zuständigkeitsbereich“ verbliebe, andererseits kompetenzrechtliche und tatsächliche Überschneidungen mit dem bezüglichen Zuständigkeitsbereich der VA drohten, sodass sich Aufbau und Aufrechterhaltung von Strukturen und Ressourcen beim Landesvolksanwalt nicht lohnten.13 4 Durch die Nov LGBl 2014/65 wurden zwei Ergänzungen des Art 59 TLO 1989 vorgenommen. An Art 59 Abs 3 TLO 1989 wurde folgender Satz angefügt: „Entstehen zwischen dem Landesvolksanwalt und der Landesregierung Meinungsverschiedenheiten über die Zuständigkeit des Landesvolksanwaltes, so entscheidet hierüber der Verfassungsgerichtshof auf Antrag des Landesvolksanwaltes oder der Landesregierung.“ Damit sollte von der Ermächtigung des Art 148i Abs 2 B-VG Gebrauch gemacht werden, dem VfGH eine Art 148f B-VG entsprechende Kompetenz in Bezug auf die Zuständigkeit des Landesvolksanwalts einzuräumen. Außerdem wurde Art 59 Abs 7 TLO 1989 um folgenden Satz ergänzt: „Dem Landtagspräsidenten obliegt die Ausübung der sonst der Landesregierung zustehenden Diensthoheit über den Landesvolksanwalt und die beim Landesvolksanwalt verwendeten Landesbediensteten, mit Ausnahme der Erlassung von Verordnungen.“ Die Mat begründen dies damit, dass diese Möglichkeit in „Wahrnehmung der bundesverfassungsgesetzlichen Ermächtigung im Art. 21 Abs. 3 B-VG“ verankert werde, ohne dass die in Art 59 Abs 7 erster Satz TLO 1989 schon bisher verankerte Zuständigkeit der LReg davon berührt würde.14 Die Bestimmung dürfte insofern bundesverfassungswidrig sein, als Art 21 Abs 3 B-VG die Möglichkeit der Abweichung von den für die Ausübung der Diensthoheit gegenüber Bediensteten der Länder zuständigen obersten Organen der Länder nur für den Fall vorsieht, dass die Diensthoheit von Organen vorgenommen wird, die 13 EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 2012/147, Tir LT XV. GP, GZ 562/12, 8. 14 Mat des IA zum LVolksanwaltG LGBl 2014/66, Tir LT XVI. GP, GZ 178/14.
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denjenigen gleichartig sind, die das B-VG hinsichtlich der Bediensteten des Bundes als Ausnahmen ermöglicht. Für den Bereich der VA normiert Art 148h Abs 2 B-VG allerdings, dass die Diensthoheit des Bundes gegenüber den bei der VA Bediensteten vom Vorsitzenden der VA ausgeübt wird. Das diesbezüglich „gleichartige Organ“ wäre daher – unbeschadet der unterschiedlichen Größe der jeweiligen Einrichtungen und des damit verbundenen unterschiedlichen Aufgabenumfangs bei Ausübung der Diensthoheit – wohl der Landesvolksanwalt selbst15 und nicht der LTPräs.
III. Organisation A. Allgemeines Der Landesvolksanwalt ist gem Art 59 Abs 3 TLO 1989 ein Organ des 5 LT. Er untersteht unmittelbar dem LT, ist nur diesem verantwortlich und von der LReg unabhängig. Die Unabhängigkeit des Landesvolksanwalts ist somit eine relative: Sie besteht nicht gegenüber dem LT,16 sondern nur gegenüber der LReg, die ihn nicht bestellen oder abberufen und ihm auch keine Weisungen erteilen darf. Die Unvereinbarkeitsbestimmung des Art 59 Abs 5 TLO 1989 verbietet auch, dass der Landesvolksanwalt gleichzeitig Mitglied der LReg ist. Die Diensthoheit über den Landesvolksanwalt und die bei ihm verwendeten Landesbediensteten steht gem Art 59 Abs 7 TLO 1989, mit Ausnahme der Erlassung von VO, dem LTPräs statt der LReg zu. Mit der Unabhängigkeit in engem Zusammenhang steht die „strenge Unparteilichkeit“, die Art 59 TLO 1989 zwar nicht ausdrücklich erwähnt, aber gem § 1 Abs 5 LVolksanwaltG vor Antritt seines Amtes vom Landesvolksanwalt in die Hand des LTPräs zu geloben ist. In Spannung zur Unabhängigkeit gegenüber der LReg steht allerdings 6 die Art der Ausschreibung, die zunächst nur unter Bediensteten des Landes durchzuführen ist. Dadurch, dass die Amtsdauer des Landes15 Kucsko-Stadlmayer, Art 21 B-VG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (1999) Rz 30 spricht von „Vorsitzenden der Landesvolksanwaltschaften“. Zur strittigen Frage der mangelnden Gleichartigkeit des Landesvolksanwalts noch unten Rz 31. Selbst wenn man seine Gleichartigkeit mit der VA aber verneinte, hätte dies nicht die bundesverfassungsrechtliche Zulässigkeit der Zuständigkeit des LTPräs zur Folge. 16 Kucsko-Stadlmayer, Art 148i Rz 15 hält dies für problematisch.
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volksanwalts gem Art 59 Abs 5 TLO 1989 (bei Wiederwahlmöglichkeit) nur sechs Jahre umfasst, kann die Aussicht auf Rückkehr in den Landesdienst, sofern es sich um weisungsgebundene Landesverwaltung handelt, mittelbar die Ausübung des Amtes beeinflussen. Darüber hinaus hängt der Landesvolksanwalt gem Art 59 Abs 7 TLO 1989 von der LReg in Bezug auf die für die Besorgung seiner Aufgaben erforderlichen Sach- und Geldmittel (vgl dazu allerdings den durch den LT zu beschließenden Landesvoranschlag gem Art 62 TLO 1989) sowie die aus dem Stellenplan sich ergebende Anzahl von Landesbediensteten ab, was zwar nicht unmittelbar seine organisationsrechtliche Stellung oder Funktionsausübung berührt, aber immerhin seine ressourcenmäßige Ausstattung betrifft. Sollten zwischen dem Landesvolksanwalt und der LReg Meinungsverschiedenheiten über die Zuständigkeit des Landesvolksanwalts entstehen, so entscheidet hierüber gem Art 59 Abs 3 TLO 1989 iVm Art 148i Abs 2 B-VG der VfGH auf Antrag des Landesvolksanwalts oder der LReg.17 Keine Unabhängigkeit des Landesvolksanwalts besteht darüber hinaus gegenüber dem LT, dessen Hilfsorgan er ist, wobei der Landesvolksanwalt gem Art 59 Abs 5 TLO 1989 dem LT als allgemeinem Vertretungskörper nicht angehören darf. Der LT wählt den Landesvolksanwalt (Art 59 Abs 5 TLO 1989) und beruft ihn ggf ab (Art 59 Abs 6 TLO 1989). Der Landesvolksanwalt ist dem LT gem Art 59 Abs 3 TLO 1989 verantwortlich, was die Sanktion der Abberufung gem Art 59 Abs 6 TLO 1989 einschließt. Der Landesvolksanwalt untersteht gem Art 59 Abs 3 TLO 1989 unmittelbar dem LT und hat diesem gem Art 59 Abs 2 TLO 1989 jährlich einen Bericht über seine Tätigkeit vorzulegen. Darüber hinaus übt der LTPräs über den Landesvolksanwalt und die bei ihm verwendeten Landesbediensteten die Diensthoheit gem Art 59 Abs 7 TLO 1989, mit Ausnahme der Erlassung von VO, aus. Schließlich benötigt die durch den Landesvolksanwalt erlassene GO gem § 8 Abs 2 LVolksanwaltG die Zustimmung des LTPräs.
B. Bestellungsverfahren 7 Gem Art 59 Abs 5 TLO 1989 wählt der LT den Landesvolksanwalt mit der in Art 27 TLO 1989 vorgesehenen Anwesenheit von wenigstens der Hälfte der Abg und der einfachen Mehrheit der abgegebenen Stimmen. 17 Vgl dazu noch unten Rz 35 f.
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Der LTPräs ist dabei vorschlagsberechtigt. Anzunehmen ist, dass sein Vorschlag immer nur auf eine einzige Person zu lauten hat, die als Landesvolksanwalt zu wählen ist. Dem LT steht demzufolge zwar das Recht zu, einen Kandidaten zu wählen oder nicht zu wählen, nicht aber, einen Auswahlvorschlag mit zwei oder mehr Kandidaten zu verlangen. Nähere Bestimmungen enthält § 1 Abs 2 LVolksanwaltG: Demnach hat 8 der LTPräs vor der Wahl des Landesvolksanwalts eine Ausschreibung dieser Funktion durchzuführen. Die Ausschreibung ist zunächst eine interne, dh auf den Kreis der Bediensteten des Landes Tirol zu beschränken. Der Obleuterat18 ist zum Ergebnis der internen Ausschreibung anzuhören. Ist nach Auffassung des LTPräs keiner der aus der internen Ausschreibung hervorgegangenen Bewerber geeignet19, so hat er von einem Vorschlag abzusehen und in der Folge eine öffentliche Ausschreibung durchzuführen. Gleiches gilt, wenn der vom LTPräs auf Grund der internen Ausschreibung vorgeschlagene Bewerber vom LT nicht gewählt wird. Der Obleuterat ist zum Ergebnis der öffentlichen Ausschreibung anzuhören. Ist nach Auffassung des LTPräs keiner der aus der öffentlichen Ausschreibung hervorgegangenen Bewerber geeignet, so hat er dem LT nach Anhören des Obleuterats einen alternativen Kandidaten zur Wahl vorzuschlagen. Gleiches gilt, wenn der vom LTPräs aufgrund der öffentlichen Ausschreibung vorgeschlagene Bewerber vom LT nicht gewählt wird. Die Befassung des Obleuterats verfolgt offenbar das Ziel, die Eignung des Bewerbers zu prüfen und zu mehreren Bewerbern Stellung nehmen zu können. Dadurch, dass der LTPräs nicht an die Stellungnahme des Obleuterats gebunden wird, liegt auch kein Widerspruch zu seinem Vorschlagsrecht gem Art 59 Abs 5 erster Satz TLO 1989 vor. Dass es jedoch (zunächst intern, dann ggf extern) Ausschreibungen geben muss, die den LTPräs insofern binden, als er nur ungeeignete Personen ablehnen darf, dürfte landesverfassungswidrig sein. Gem Art 59 Abs 5 erster Satz TLO 1989 ist das Vorschlagsrecht des LTPräs nämlich nur dahingehend beschränkt, dass persönlich und fachlich ungeeignete bzw der Bundes- oder Landesregierung oder einem allgemeinen Vertretungskörper angehörende Personen nicht gewählt werden dürfen; dh aber wohl auch, dass derartige Personen für eine Wahl gar nicht vorgeschlagen werden dürfen. Durch die interne Ausschreibung wird der LTPräs jedoch in seiner Vorschlagsmöglichkeit dahingehend be18 Vgl § 11 Tir GO LT. 19 Vgl dazu noch unten Rz 9.
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schränkt, dass er, sofern sich entsprechend geeignete und keine Unvereinbarkeit aufweisende Bewerber finden, jedenfalls einen davon dem LT vorzuschlagen hat. Eine andere Person, die sich nicht beworben hat oder sich mangels Bedienstetenstatus gar nicht bewerben konnte, darf vom LTPräs in diesem Fall nicht vorgeschlagen werden. Selbst im Fall der öffentlichen Ausschreibung, die nur subsidiär zur ersten Ausschreibung stattzufinden hat, ist der LTPräs gebunden, dem LT einen der Bewerber vorzuschlagen, sofern die entsprechende Eignung und keine Unvereinbarkeit vorliegt. Erst der als ultima ratio vorzuschlagende „alternative Kandidat“ – unter dem offenbar kein Bewerber, sondern eine vom LTPräs frei ausgewählte Person (deren Zustimmung, vorgeschlagen zu werden, jedoch ein implizites Erfordernis darstellt) zu verstehen ist und der jedenfalls auch die Eignungs- und Vereinbarkeitskriterien zu erfüllen hätte – entspricht der Vorstellung eines nur an Eignung und Vereinbarkeit gebundenen Vorschlagsrechts. Allerdings kommt es zum Vorschlag eines alternativen Kandidaten eben erst dann, wenn die beiden ersten Ausschreibungen erfolglos verliefen. § 1 Abs 2 LVolksanwaltG macht dies davon abhängig, dass keiner der jeweiligen Bewerber „nach Auffassung des Landtagspräsidenten“ geeignet war, was nahelegen könnte, dem LTPräs ein unbeschränktes Ermessen einzuräumen, diese Eignung (einschließlich der Frage der Unvereinbarkeit) festzustellen. Zwar ist dem LTPräs schon auf Grund der unbestimmten Begriffe der persönlichen und fachlichen Eignung ein relativ weites Ermessen eingeräumt, doch kann dies schon nach einer gleichheitskonformen Auslegung – die kraft bundesverfassungsrechtlicher Verankerung des Gleichheitssatzes im Zweifel einer bloß landesverfassungskonformen Auslegung vorgehen muss –20 nicht so weit gehen, zB nach objektiver Betrachtung bestens geeignete Personen willkürlich als ungeeignet zu erklären. Dies heißt aber, dass der LTPräs in beiden Ausschreibungsverfahren auf einen geschlossenen Kandidatenkreis beschränkt wird. Er kann dieser Beschränkung nur dadurch entgehen, dass er keinen der Bewerber als entsprechend geeignet ansieht. Diese Beurteilung muss aber noch vertretbar sein und darf nicht willkürlich erfolgen. Sofern zumindest ein Bewerber vertretbarerweise als geeignet anzusehen ist, muss ein Vorschlag erstattet werden, ohne dass der LTPräs die Möglichkeit hätte, andere Personen in Betracht zu ziehen. Zumindest problematisch ist auch, dass sich bei der ersten Ausschreibung nur Bedienstete des Landes Tirol bewerben können. Zwar bringen die20 Gamper, Regeln der Verfassungsinterpretation (2012) 204 bei FN 663.
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se Personen regelmäßig Kenntnisse und Erfahrungen mit, die für die Tätigkeit des Landesvolksanwalts nützlich sind, sie stehen aber auch in einer besonderen Nahebeziehung zum Land, dessen Verwaltung sie prüfen sollen. Angesichts einer nur sechsjährigen Amtsdauer (nach der allerdings eine Wiederwahl erfolgen kann) ist anzunehmen, dass die Person danach wieder in den Landesdienst zurückkehrt, was zu der dem Landesvolksanwalt eingeräumten formellen Unabhängigkeit in Spannung steht. Eine von Beginn an durchgeführte öffentliche Ausschreibung könnte insofern zweckdienlicher sein, als sich dann auch Personen aus anderen sachnahen Bereichen, wie zB aus der Bundesoder Gemeindeverwaltung, der Verwaltung anderer Bundesländer, der Justiz oder der Rechtswissenschaft, bewerben könnten. Sofern allerdings der LTPräs den im Amt befindlichen Landesvolksanwalt zur Wiederwahl vorschlagen will, kann er dies gem § 1 Abs 3 LVolksanwaltG tun. In diesem Fall ist zwar der Obleuterat anzuhören, aber keine Ausschreibung durchzuführen. Aus Art 59 Abs 5 erster Satz TLO 1989 ist jedoch nicht ableitbar, dass der LTPräs unterschiedlich weitgehenden Beschränkungen unterliegen soll, je nachdem ob es sich nun um eine Neu- oder eine Wiederwahl des Landesvolksanwalts handelt. Gem § 1 Abs 5 LVolksanwaltG hat der Landesvolksanwalt vor Antritt seines Amtes in die Hand des LTPräs strenge Unparteilichkeit und die gewissenhafte Erfüllung seiner Aufgaben zu geloben. Gem § 9 Abs 1 LVolksanwaltG ist der Landesvolksanwalt, sofern er im Zeitpunkt seiner Wahl nicht schon Landesbediensteter ist, in ein privatrechtliches Dienstverhältnis zum Land Tirol aufzunehmen.21 Dieses Dienstverhältnis endet, sofern keine Wiederwahl erfolgt, mit dem Ablauf der Funktionsdauer oder dem vorzeitigen Ende der Funktion.
C. Bestellungsvoraussetzungen Art 59 Abs 5 zweiter Satz TLO 1989 verlangt, dass zum Landesvolks- 9 anwalt nur eine Person gewählt werden darf, die persönlich und fach21 § 75 Abs 1 lit a Musiklehrpersonen-Dienstrechtsgesetz – MDG, LGBl 2016/86 idF LGBl 2020/16 sieht vor, dass eine Lehrperson, die Landesvolksanwalt ist, für die Dauer der Ausübung der Funktion außer Dienst zu stellen ist; die fachliche Eignung einer Musiklehrperson als Landesvolksanwalt ist freilich fraglich. Landesbeamte sind gem § 6 Landesbeamtengesetz 1998, LGBl 1998/65 idF LGBl 2020/51, für die Dauer einer Funktion als Landesvolksanwalt unter Entfall der Bezüge außer Dienst zu stellen.
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lich geeignet ist. Was darunter zu verstehen sein soll, wird auch im LVolksanwaltG nicht näher erläutert. Die persönliche Eignung stellt wohl darauf ab, dass der Landesvolksanwalt jene physischen, psychischen und charakterlichen Fähigkeiten mitbringen soll, die erforderlich sind, um seine Aufgaben bürgernah zu erfüllen. Dies setzt zB voraus, dass der Landesvolksanwalt körperlich in der Lage ist, Sprechtage außerhalb von Ibk abzuhalten, und über eine geeignete (zB kommunikationsfähige, offene) Persönlichkeit verfügt, um jedermann auf Verlangen Rat zu erteilen oder Beschwerden entgegenzunehmen. Die fachliche Eignung ist ebenfalls in Bezug zu seinem Aufgabenprofil zu setzen, das entsprechende Kenntnisse erfordert, um Rat zu erteilen, Beschwerden zu prüfen und bei den betr Stellen auf Aufklärung oder Abhilfe hinzuwirken. Eine juristische Ausbildung wird dafür zwar nicht ausdrücklich verlangt, aber zumindest eine ausgesprochen nützliche Qualifikation sein, die jedenfalls einer fachlichen Eignung entspricht.22 10 Art 59 Abs 5 letzter Satz TLO 1989 bestimmt, dass der Landesvolksanwalt weder der BReg oder der LReg noch einem allgemeinen Vertretungskörper angehören darf. Als allgemeine Vertretungskörper sind der NR, BR, LT, GR und die Wr Bezirksvertretungen anzusehen.23 Die Unvereinbarkeitsbestimmung soll seine persönliche Unabhängigkeit sicherstellen, beschränkt sich allerdings auf bestimmte Organe und schließt auch nicht aus, dass der Landesvolksanwalt Mitglied oder Funktionär einer politischen Partei ist. Sollte der Landesvolksanwalt während seiner Amtsdauer Mitglied der BReg, LReg oder eines allgemeinen Vertretungskörpers werden, ist der LT zu seiner Abberufung gem Art 59 Abs 6 TLO 1989 verpflichtet.
D. Amtsdauer und Abberufung 11 Die Amtsdauer des Landesvolksanwalts beträgt gem Art 59 Abs 5 TLO 1989 sechs Jahre, was der Funktionsdauer der Mitglieder der VA gem Art 148g Abs 1 B-VG entspricht. Während Art 59 TLO 1989 nichts über die Frage einer möglichen Wiederwahl äußert, bestimmt § 1 22 Ähnlich Morscher, Verfassungsrecht 146; Kucsko-Stadlmayer, Art 148i Rz 15. 23 Vgl etwa VfSlg 1921/Anhang 10, 888/1927, 1956/Anhang 3, 3193/1957, 4985/1965, 6087/1969, 7678/1975, 9044/1981, 11.738/1988, 11.875/1988, 12.064/1989, 15.033/1997, 15.266/1998, 16.478/2002, 16.479/2002, 17.264/2004.
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LVolksanwaltG, dass die Wiederwahl zulässig ist. Eine Verankerung dieser Bestimmung im Landesverfassungsrang wäre schon aus systematischen Gründen naheliegender gewesen. Art 148g Abs 1 B-VG gestattet – offenbar zum Zwecke einer zeitlichen Gewaltenteilung –24 nur eine einmalige Wiederwahl der Mitglieder der VA, wogegen § 1 LVolksanwaltG die Wiederwahlmöglichkeit nicht beschränkt. Dies ist allerdings nicht bundesverfassungswidrig, da Art 148i Abs 2 B-VG – und auch dies nur im Hinblick auf die Einräumung einer Art 148f B-VG entsprechenden Befugnis des VfGH – von Einrichtungen „mit gleichartigen Aufgaben“ wie die VA spricht, ohne eine im Einzelnen gleichartige Organisation zu verlangen. Allerdings hat der Landesvolksanwalt vom LT auf Vorschlag des LT- 12 Präs vor Ablauf seiner Amtsdauer abberufen zu werden, wenn er die Voraussetzungen gem Art 59 Abs 5 zweiter und dritter Satz TLO 1989 nicht mehr erfüllt. Bei diesen Voraussetzungen handelt es sich einerseits um seine persönliche und fachliche Eignung, andererseits um die Unvereinbarkeit mit einer Mitgliedschaft in der BReg, LReg oder einem allgemeinen Vertretungskörper. Sollte eine dieser Voraussetzungen nicht mehr erfüllt sein, hat der LT den Landesvolksanwalt auf Vorschlag des LTPräs abzuberufen. Es besteht diesbezüglich also eine Verpflichtung und kein Ermessen des LTPräs und des LT, auch wenn etwa die Frage, ob ein Landesvolksanwalt persönlich oder fachlich nicht mehr geeignet ist, einen gewissen Beurteilungsspielraum eröffnet. Allerdings erlischt die Funktion des Landesvolksanwalts bei Nichterfüllung der erwähnten Voraussetzungen nicht unmittelbar ex constitutione, sondern es ist das Abberufungsverfahren durchzuführen. Der LT beschließt mangels spezieller Bestimmungen darüber mit der in Art 27 TLO 1989 vorgesehenen Anwesenheit von wenigstens der Hälfte der Abg und der einfachen Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Die Abberufungsmöglichkeit wird insofern als bedenklich erach tet,25 als damit die Unabhängigkeit des Landesvolksanwalts gefährdet erscheint. Während die Abberufung auf Grund einer Unvereinbarkeit gerade dazu dient, die Unabhängigkeit des Landesvolksanwalts sicherzustellen, ist eine Abberufung wegen Wegfalls der persönlichen oder fachlichen Eignung problematisch. Dadurch, dass diese Kriterien sehr unbestimmt sind und auch im LVolksanwaltG keiner näheren Konkretisierung zugeführt werden, könnte eine Abberufung aus Gründen er24 Gamper, Staat und Verfassung4 (2018) 171. 25 Kucsko-Stadlmayer, Art 148i Rz 15; Dünser, Landesvolksanwälte 53.
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folgen, die doch stark im subjektiven Ermessen des den Vorschlag erstattenden LTPräs und des darüber beschließenden LT lägen. Bundesverfassungswidrig erscheint die Bestimmung dennoch nicht, da die eingeforderte Homogenität die „gleichartigen Aufgaben“ und nicht die gleichartige Organisation betrifft. Wenn es den Ländern bundesverfassungsrechtlich freisteht, eine ombudsförmige Kontrolle (abseits der in Art 148a Abs 3 B-VG verankerten Aufgaben, für deren Erledigung Art 59 Abs 10 TLO 1989 aber ohnehin die VA beruft) überhaupt nicht vorzusehen, kann es im Größenschluss nicht unzulässig sein, einen Landesvolksanwalt zwar einzurichten, aber unter gewissen Bedingungen seine Abberufung vorzusehen. 13 Neben der Abberufung enumeriert § 10 Abs 1 LVolksanwaltG taxativ weitere (bundes- wie landesverfassungsrechtlich zulässige) Möglichkeiten eines vorzeitigen Endes der Funktion des Landesvolksanwalts: Dazu zählen der Verzicht auf das Amt, der gegenüber dem LTPräs schriftlich zu erklären ist und mit dem Einlangen der schriftlichen Verzichtserklärung in der Landtagsdirektion wirksam und unwiderruflich wird (§ 10 Abs 1 lit a LVolksanwaltG), der Ablauf des 31. Dezember des Jahres, in dem der Landesvolksanwalt das 65. Lebensjahr vollendet (§ 10 Abs 1 lit c LVolksanwaltG), sowie der Tod des Landesvolksanwalts (§ 10 Abs 1 lit d LVolksanwaltG). § 10 Abs 2 LVolksanwaltG bestimmt, dass in allen diesen Fällen die Funktion des Landesvolksanwalts unverzüglich neu auszuschreiben ist. Bis zur Wahl eines neuen Landesvolksanwalts hat der LTPräs einen Bediensteten des Büros des Landesvolksanwalts mit der Wahrnehmung seiner Aufgaben zu betrauen.
E. Sitz 14 Gem Art 59 Abs 4 erster Satz TLO 198926 hat der Landesvolksanwalt seinen Sitz in Ibk. Damit handelt es sich um dieselbe Gemeinde, in der auch der LT, die LReg, der LRH und das LVwG – in deren Zusammenhang allerdings nicht von „Innsbruck“, sondern von „Landeshauptstadt“ die Rede ist – ihren Sitz haben, da (und solange) Art 5 TLO 1989 Ibk zur Landeshauptstadt erklärt.27 Ein genauerer Standort innerhalb von Ibk wird landesverfassungsrechtlich nicht bestimmt; dieser kann auch – innerhalb der Gemeindegrenzen von Ibk – ein anderer als die 26 Vgl auch § 4 erster Satz LVolksanwaltG. 27 Vgl näher Eller, Art 5 (in diesem Band).
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Standorte der übrigen erwähnten Organe sein. Art 59 Abs 4 zweiter Satz TLO 198928 ermächtigt den Landesvolksanwalt allerdings, soweit dies zur Besorgung seiner Aufgaben zweckmäßig ist, außerhalb der „Landeshauptstadt“ (hier ist nicht ausdrücklich von „Innsbruck“ die Rede) Sprechtage abzuhalten. Die Begründung dafür liegt zum einen in der Bürgernähe, die gerade bei Aufgaben, wie sie dem Landesvolksanwalt zukommen, von besonderer Bedeutung ist: Der Landesvolksanwalt soll also ggf nicht nur in der Landeshauptstadt als zentralem Ort, sondern auch an entlegeneren Orten Tirols zugegen sein, um Menschen, die nicht in Ibk leben, zu ermöglichen, ihre Anliegen möglichst unaufwändig bei ihm vorzubringen. Zum anderen kann es auch nach Art der jeweiligen Anliegen für den Landesvolksanwalt erforderlich sein, sich vor Ort informieren zu lassen. Eine immanente territoriale Grenze stellt allerdings das Landesgebiet29 Tirols dar. Sprechtage sind also zwar auf Tir Landesgebiet, nicht aber in sonstigen Teilen des Bundesgebiets oder im Ausland zulässig.
F. Ressourcen Gem Art 59 Abs 7 TLO 1989 hat die LReg die für die Besorgung der 15 Aufgaben des Landesvolksanwalts erforderlichen Sach- und Geldmittel sowie die aus dem Stellenplan sich ergebende Anzahl von Landesbediensteten für den Landesvolksanwalt nach Anhören des LTPräs zur Verfügung zu stellen. Dem LTPräs obliegt die Ausübung der sonst der LReg zustehenden Diensthoheit über den Landesvolksanwalt und die beim Landesvolksanwalt verwendeten Landesbediensteten, mit Ausnahme der Erlassung von VO.30 § 9 Abs 3 LVolksanwaltG ermächtigt den LTPräs, die Besorgung der dienst- und besoldungsrechtlichen Angelegenheiten dieser Personen dem Amt der LReg zu übertragen, wenn dies im Interesse der Zweckmäßigkeit, Einfachheit und Raschheit gelegen ist. In diesem Fall hat das Amt der LReg diese Angelegenheiten im Namen und nach den Weisungen des LTPräs zu besorgen. Gem Art 59 Abs 8 TLO 1989 ist der Landesvolksanwalt Vorgesetzter der bei ihm verwendeten Bediensteten und befugt, diesen Weisungen zu erteilen.
28 Vgl auch § 4 zweiter Satz LVolksanwaltG. 29 Vgl dazu Ranacher, Art 2 (in diesem Band). 30 Zur Bundesverfassungswidrigkeit dieser Bestimmung vgl schon oben Rz 4.
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§ 7 Abs 1 LVolksanwaltG richtet ein Büro des Landesvolksanwalts ein, das vom Landesvolksanwalt geleitet wird. Der Landesvolksanwalt hat einen Bediensteten des Büros des Landesvolksanwalts unter der Bezeichnung „Behindertenanwalt beim Landesvolksanwalt“ mit der Behandlung von Anliegen und Beschwerden von Menschen mit Behinderungen zu betrauen. Gem § 7 Abs 2 LVolksanwaltG hat der Landesvolksanwalt mit Zustimmung des LTPräs für den Fall seiner Verhinderung einen Bediensteten des Büros des Landesvolksanwalts schriftlich zu seinem Stellvertreter zu bestimmen; anzunehmen ist, dass die Stellvertretung auf demselben Wege auf jemandem anderen übertragen werden kann und darüber hinaus nur für den die Stellvertretung bestimmenden Landesvolksanwalt, nicht aber dessen Nachfolger gilt. Ist auch dieser verhindert, so obliegt die Vertretung des Landesvolksanwaltes dem von ihm hierzu schriftlich im Vorhinein bestimmten Bediensteten. Ist auch dieser verhindert oder gibt es keine solche Verfügung des Landesvolksanwalts, so obliegt die Vertretung dem anwesenden dienstältesten Bediensteten der höchsten Verwendungsgruppe bzw der höchsten Entlohnungsklasse. Gem § 7 Abs 3 LVolksanwaltG hat der LTPräs auf Vorschlag des Landesvolksanwalts bis zum 1. Juli eines Jahres die voraussichtlichen personellen, räumlichen, sachlichen und finanziellen Erfordernisse des Büros des Landesvolksanwalts für das nächste Jahr der LReg bekannt zu geben. Die LReg hat diese Erfordernisse bei der Erstellung des Entwurfs des Landesvoranschlags zu berücksichtigen. Gem § 7 Abs 4 LVolksanwaltG hat die LReg dem Büro des Landesvolksanwalts auf Vorschlag des Landesvolksanwalts und nach Anhören des LTPräs nach Maßgabe des Landesvoranschlags einschließlich des Stellenplans die zur ordnungsgemäßen Besorgung der Aufgaben des Landesvolksanwalts erforderliche Anzahl an entsprechend qualifizierten Landesbediensteten zur Verfügung zu stellen (lit a), für die dem jeweiligen Personalstand des Büros des Landesvolksanwaltes entsprechende räumliche und sachliche Ausstattung zu sorgen (lit b) und die erforderlichen finanziellen Mittel zur Verfügung zu stellen (lit c). Gem § 9 Abs 2 LVolksanwaltG müssen die Bediensteten, die die LReg dem Büro des Landesvolksanwaltes zur Verfügung zu stellen hat, in einem privatrechtlichen oder öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Tirol stehen. Gem § 8 LVolksanwaltG sind die innere Organisation des Büros des Landesvolksanwalts und der Geschäftsgang durch eine GO näher zu regeln, die vom Landesvolksanwalt mit Zustimmung des LTPräs erlassen wird. 756
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IV. Funktionen A. Allgemeines Art 59 Abs 1 TLO 1989 beruft den Landesvolksanwalt zur Besorgung 16 der in Art 59 Abs 2 TLO 1989 angeführten Aufgaben, die im Folgenden näher dargestellt werden. Über die in Art 59 Abs 2 TLO 1989 verankerten Aufgaben hinaus gibt es aber auch noch andere Zuständigkeiten des Landesvolksanwalts: Diese finden sich einerseits unmittelbar in Art 139 Abs 1 Z 6 B-VG in Bezug auf die Befugnis des Landesvolksanwalts, VO einer Landesbehörde anzufechten. Darüber hinaus finden sich zwei Befugnisse, die nur einfachgesetzlich verankert sind, nämlich die Behandlung von Petitionen gem § 65 Abs 5 lit c Tir GO LT sowie die Entgegennahme, Prüfung und Weiterleitung von Anregungen betr die Gesetzgebung und Verwaltung des Landes.
B. Erteilung von Rat Gem Art 59 Abs 2 erster Satz TLO 1989 hat der Landesvolksanwalt in 17 den Angelegenheiten der Landesverwaltung, der mittelbaren Bundesverwaltung und der dem LH übertragenen Verwaltung von Bundesvermögen jedermann auf Verlangen Rat zu erteilen. Damit sind nicht nur Landesbürger, sondern alle Menschen, darüber hinaus auch alle juristischen Personen, berechtigt, vom Landesvolksanwalt – entgegen einem buchstäblichen Verständnis von einem Anwalt des „Landes volks“31 – Rat erteilt zu bekommen. Dies gilt allerdings nur in den angeführten Bereichen, dh der Landesverwaltung, der mittelbaren Bundesverwaltung und der dem LH übertragenen Verwaltung von Bundesvermögen. Das Verlangen um die Erteilung von Rat ist zu jedem Zeitpunkt zulässig und nicht an ein bestimmtes Verfahren oder eine bestimmte Form gebunden. Gebühren sind dafür gem § 6 LVolksanwaltG keine zu entrichten. Eine amtswegige Erteilung von Rat durch den Landesvolksanwalt ist nicht vorgesehen. In vielen Fällen wird überdies das Verlangen um Rat gleichzeitig mit 18 einer Beschwerde32 verknüpft sein, bei deren Behandlung dann auch die erforderliche Auskunft erteilt wird.33 Darauf weist schon der in 31 Vgl Gamper, Art 3 (in diesem Band). 32 Vgl dazu unten Rz 22 ff. 33 Vgl auch Dünser, Landesvolksanwälte 48.
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Art 59 Abs 2 zweiter Satz TLO 1989 enthaltene Teilsatz hin, wonach der Landesvolksanwalt Beschwerden zunächst selbst durch Aufklärung des Beschwerdeführers erledigt oder sonst bei der zuständigen Stelle auf Aufklärung oder Abhilfe hinwirkt. Daraus leuchtet hervor, dass Beschwerden unter Umständen dadurch erledigt werden können, dass der Landesvolksanwalt oder die von ihm angefragte Stelle dem Beschwerdeführer entsprechend Aufklärung zuteilwerden lässt. 19 Was die drei Beschwerdebereiche anbelangt, so handelt es sich bei der Landesverwaltung um all jene Bereiche der Verwaltung, die in den selbständigen Wirkungsbereich des Landes Tirol fallen, dh insb Verwaltungsangelegenheiten im Bereich der Art 11, 12 und 15 Abs 1 B-VG. Darüber hinaus stellt sich jedoch die Frage, ob unter den Begriff der „Landesverwaltung“ auch die Privatwirtschaftsverwaltung des Landes, die Selbstverwaltung in Landesangelegenheiten sowie die ausgegliederte Verwaltung fallen. Die EB enthalten dazu keine Anhaltspunkte, der Wortlaut selbst ist uneingeschränkt, sodass das für die Kontrolle der Verwaltung des Bundes (Art 148a Abs 1 B-VG)34 durch die VA Geltende sinngemäß anzuwenden sein wird. Die Lehre äußert dazu unterschiedliche Meinungen: Pernthaler/ Lukasser35 vertreten im Hinblick auf den Vbg Landesvolksanwalt einen relativ weiten Begriff der Landesverwaltung, der allerdings auch vom Vbg Gesetz über den Landesvolksanwalt36 gestützt wird. § 2 LVolksanwaltG enthält im Vergleich dazu jedoch keine näheren Ausführungen. Aus dem Umstand, dass Art 59 Abs 9 TLO 1989 die Unterstützung des Landesvolksanwalts durch die Gemeinden vorsieht, kann aber wohl geschlossen werden, dass die Tir Regelung auch von einer Kontrolle der Gemeindeverwaltung (einschließlich des eigenen Wirkungsbereichs der Gemeinden)37, soweit die Angelegenheit in die Landesverwaltung fällt, ausgeht.
34 Kucsko-Stadlmayer, Art 148a B-VG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (2016) Rz 17 ff; Thienel/LeitlStaudinger, Art 148a B-VG, in Kneihs/Lienbacher (Hg), Rill-SchäfferKommentar Bundesverfassungsrecht (2017) Rz 5 ff. 35 Pernthaler/Lukasser, Verfassungsrecht 219. 36 Gesetz über den Landesvolksanwalt, LGBl 1985/29 idF LGBl 2018/37. 37 So auch Dünser, Landesvolksanwälte 49 f; Thienel/Leitl-Staudinger, Art 148i Rz 7.
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Kucsko-Stadlmayer38 vertritt unter Berufung auf die EB39 einen weiten Begriff, der in die Landesverwaltung auch die Privatwirtschaftsverwaltung des Landes sowie auch die Verwaltung der Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich (wohl auch im übertragenen Wirkungsbereich), wenn es sich um eine Materie der Landesverwaltung handelt, einschließlich der Privatwirtschaftsverwaltung der Gemeinde in Bereichen, die kompetenzrechtlich der Landesverwaltung zuzurechnen sind, einschließt. Dass der Landesvolksanwalt keine gegenüber Art 148a B-VG eingeschränkte Kontrolle ausüben dürfe, ist mE jedoch zu verneinen:40 Wenn es dem Landesverfassungsgesetzgeber – außerhalb der Aufgaben gem Art 148a Abs 3 B-VG – offensteht, sogar überhaupt keine ombudsförmige Kontrolle vorzusehen, muss es ihm im Größenschluss wohl auch offenstehen, diese Kontrolle (innerhalb des allgemeinen bundesverfassungsrechtlichen Rahmens) im Detail mehr oder weniger breit zu gestalten. Wenn Art 148i Abs 2 B-VG von Einrichtungen „mit gleichartigen Aufgaben wie die Volksanwaltschaft“ spricht, impliziert das zwar ein Homogenitätserfordernis (aber auch nur dafür, die sinngemäße Anwendung des Art 148f B-VG zu ermöglichen), jedoch eben nur „der Art nach“, also nicht iS strikter Identität, wie auch Thienel/Leitl-Staudinger41 annehmen. Darüber hinaus ist diese strukturelle Homogenität nicht in Bezug auf die Organisation, sondern lediglich die Aufgaben erforderlich. Dass ein Landesvolksanwalt im Detail mehr oder weniger Aufgaben hat als die VA, ist mE unproblematisch, sofern es einen Kern gleichartiger Aufgaben wie diejenigen der VA gibt und darüber hinaus der allgemeine bundesverfassungsrechtliche Rahmen eingehalten wird. Die relativ formfreie, letztlich aber unverbindliche Behandlung von Beschwerden wegen Missständen der Verwaltung stellt wohl die wesentlichste Aufgabe der VA42 dar, und dies ist auch die Kernaufgabe des Landesvolksanwalts. Ob dabei eine amtswegige Prüfung von Missständen zulässig ist, wie im Fall der VA, oder Beschwer38 Kucsko-Stadlmayer, Art 148i Rz 5. 39 RV 94 BlgNR XIV. GP, 7; RV 421 BlgNR XIV. GP, 1 (Ausklammerung der Landesverwaltung aus der „gesamten Verwaltung“). 40 So auch Thienel/Leitl-Staudinger, Art 148i Rz 7, wonach es zulässig wäre, dass Landesvolksanwälte nur hinsichtlich Teilen der Landesverwaltung für zuständig erklärt würden. 41 Thienel/Leitl-Staudinger, Art 148i Rz 8. 42 Ähnlich auch Kucsko-Stadlmayer, Art 148i Rz 11; Thienel/Leitl-Staudinger, Art 148i Rz 8. Was Aufgaben gem Art 148a Abs 3 B-VG anbelangt, stellt Art 59 Abs 10 TLO 1989 ohnehin die Zuständigkeit der VA sicher.
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den auch während eines anhängigen Verfahrens nachgegangen werden darf, wie im Fall des Tir Landesvolksanwalts, sind sicherlich verschiedene Varianten dieser Kernaufgabe.43 Sie legen jedoch keine strukturelle Ungleichartigkeit der Aufgaben insgesamt nahe, welche die Befugnisse gem Art 148i Abs 2 iVm Art 148f B-VG oder Art 139 Abs 1 Z 6 B-VG ausschlössen.44 Thienel/Leitl-Staudinger45 vertreten einen mE zutreffenden weiten Landesverwaltungsbegriff, der die „gesamte hoheitliche Tätigkeit des Landes im funktionalen Sinn einschließlich der Gemeinden, aller anderen Selbstverwaltungskörper (einschließlich des eigenen Wirkungsbereichs der Gemeinden) und sonstiger selbständiger Rechtsträger, soweit diese hoheitliche Aufgaben aus dem Vollzugsbereich des Landes wahrnehmen“, einschließt. Dazu gehöre auch die Tätigkeit aller weisungsfreien Landesbehörden. Weiters unterliege auch die Tätigkeit des Landes als Träger von Privatrechten der Kontrolle,46 soweit es sich um jene nichthoheitliche Tätigkeit handelt, die von Organen des Landes oder von vom Land „beherrschten“ bzw sonst als dessen „verlängerter Arm“ handelnden Rechtsträgern ausgeübt wird;47 auch die Landesaufsicht über derartige Rechtsträger fällt damit in den vom Landesvolksanwalt zu kontrollierenden Bereich.48 Dass auch die privatwirtschaftliche Tätigkeit von Gemeinden oder Gemeindeverbänden darunter fallen soll, wie Thienel/Leitl-Staudinger49 argumentieren, ist fraglich. Zuordnendes Kriterium zur Verwaltung des Landes wäre ja die Kompetenzverteilung, die aber gerade im Bereich der Privatwirtschaftsverwaltung nicht gilt.
43 Dazu auch Kucsko-Stadlmayer, Art 148i Rz 11 und 15. 44 So auch der Bundesverfassungsgesetzgeber selbst (RV 1515 BlgNR XXIV. GP, 9 [vgl dazu den Hinweis bei Kucsko-Stadlmayer, Art 148i Rz 11] sowie RV 1618 BlgNR XXIV. GP, 19 f). Anders Thienel/Leitl-Staudinger, Art 148i Rz 10; dies, Art 148f B-VG, in Kneihs/Lienbacher (Hg), Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht (2017) Rz 8 mwN; Kucsko-Stadlmayer, Art 148f B-VG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (2016) Rz 11. 45 Thienel/Leitl-Staudinger, Art 148i Rz 3. 46 So auch Dünser, Landesvolksanwälte 49. 47 Thienel/Leitl-Staudinger, Art 148i Rz 3. 48 EBRV zur Nov des LVolksanwaltG LGBl 2018/17, Tir LT XVI. GP, GZ 481/17, 1. 49 Thienel/Leitl-Staudinger, Art 148i Rz 3.
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Nicht unter den Begriff der Landesverwaltung (auch nicht im funktionalen Sinn) fallen die LVwG,50 hinsichtlich derer dem Landesvolksanwalt keine Kontrollrechte – auch nicht iSd in Art 148a Abs 4 und Art 148c letzter Satz B-VG der VA gegenüber Gerichten zustehenden Kontrollrechte – zukommen; ausgenommen davon ist die durch Einzelrichter vorgenommene Justizverwaltung. Als zumindest bedenklich wird die Betrauung des Landesvolksanwalts 20 mit der mittelbaren Bundesverwaltung angesehen.51 Art 148i Abs 2 B-VG spricht ja ausdrücklich vom „Bereich der Landesverwaltung“, was eindeutig keine Bundesverwaltung, auch nicht im mittelbaren Sinn, einschließt. Allerdings bezieht sich diese Einschränkung nur auf die Ermächtigung gem Art 148i Abs 2 B-VG, im Fall einer solchen Einrichtung auch eine dem Art 148f B-VG entsprechende Regelung treffen zu können; damit allein ist noch nicht notwendigerweise das Verbot verbunden, Einrichtungen der Länder mit anderen Kontrollaufgaben zu betrauen. Die Fragestellung kann daher nur folgendermaßen lauten: Liegt es in der allgemeinen Verfassungsautonomie der Länder gem Art 99 B-VG, Einrichtungen vorzusehen, welche die mittelbare Bundesverwaltung prüfen dürfen? Und falls sie dies tun dürfen, verhindert dies, dass für eine derartige Landeseinrichtung eine dem Art 148f B-VG entsprechende Regelung getroffen werden darf? Die erste Frage ist mE (aber auch nur dann) zu bejahen, sofern alle anderen bundesverfassungsrechtlichen Vorgaben dafür eingehalten werden. Der bloße Umstand, dass die VA zur Kontrolle der mittelbaren Bundesverwaltung zuständig ist, dürfte eine – etwa im Bereich der Rechnungshofkontrolle ja sogar erwünschte – „Doppelkontrolle“ durch einen Landesvolksanwalt noch nicht unzulässig machen, sofern der Bundesverfassung nicht spezifischere Anhaltspunkte dafür entnommen werden können. So dürfte die Kontrolle der mittelbaren Bundesverwaltung nur so weit reichen, als die mittelbare Bundesverwaltung durch Landesverwaltungsorgane im Bereich der Länder52 durchgeführt wird, während bspw die 50 Ähnlich Gamper, Untersuchungsausschüsse der Landtage – Rechtslage, Problemstellungen und Perspektiven, in Österreichischer Juristentag (Hg), Parlamentarische Untersuchungsausschüsse: Erfahrungen und Perspektiven (2017) 20 (28 f). 51 Kucsko-Stadlmayer in FS 75 Jahre Bundesverfassung 575 f; dies, Art 148i Rz 15; Thienel/Leitl-Staudinger, Art 148i Rz 10; Dünser, Landesvolksanwälte 50. 52 Zu den verschiedenen Ausnahmen von dieser Regel Gamper, Zur verfassungsrechtlichen Systemrelevanz der Bezirksverwaltungsbehörden in der mittelbaren Bundesverwaltung, in Bußjäger et al (Hg), Kontinuität und
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Kontrolle von gem Art 103 Abs 1 B-VG an den LH erteilten Weisungen ausgeschlossen wäre. Bejaht man die erste Frage, muss die zweite Frage dahingehend beantwortet werden, dass die Anrufung des VfGH iSd Art 148f B-VG in diesem Fall nicht zulässig ist. Art 148i B-VG stellt im Verweis nämlich klar auf die Bedingung ab, dass es sich um eine ombudsförmige Institution für den Bereich der Landesverwaltung handelt. Eine derartige Institution dürfte also zwar unter Umständen weitere Kontrollaufgaben als nur für den Bereich der Landesverwaltung haben, jedoch in Bezug auf diese anderen Aufgaben Auslegungskonflikte in Bezug auf Zuständigkeitsfragen nicht an den VfGH herantragen. 21 Darüber hinaus ist der Landesvolksanwalt für die Erteilung von Rat in Angelegenheiten der dem LH übertragenen Verwaltung von Bundesvermögen zuständig. Gemeint ist damit wohl die gem Art 104 B-VG Landesorganen seitens eines BM übertragene Privatwirtschaftsverwaltung des Bundes (Art 17 B-VG), die auch als „Auftragsverwaltung“53 bezeichnet wird. Richtigerweise bezieht sich der Begriff der „Besorgung solcher Geschäfte“ in Art 104 Abs 2 B-VG, auf den sich die Übertragungsmöglichkeit bezieht, nämlich auf die in Art 104 Abs 1 B-VG erwähnten „im Art. 17 B-VG bezeichneten“ Geschäfte.54 Wenn sich diese Kontrollzuständigkeit des Landesvolksanwalts im allgemeinen bundesverfassungsrechtlichen Rahmen bewegt, insb sich nur auf die Tätigkeit von Landesorganen bezieht, erscheint sie zwar nicht grds bundesverfas sungswidrig,55 eine Anrufung des VfGH in Bezug auf Zuständigkeitsfragen ist aber aus den bereits erörterten Gründen ausgeschlossen.
C. Entgegennahme und Behandlung von Beschwerden 22 Gem Art 59 Abs 2 erster Satz TLO 1989 hat der Landesvolksanwalt in den – vorstehend bereits erörterten –56 Angelegenheiten der Landesver-
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Wandel. Von „guter Polizey“ zum Bürgerservice – FS 150 Jahre Bezirkshauptmannschaften (2018) 555 (572 ff). B. Raschauer, Art 104 B-VG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (2001) Rz 12 mwN; Morscher, Verfassungsrecht 146; Bußjäger, Art 104 B-VG, in Kneihs/Lienbacher (Hg), Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht (2002) Rz 2. B. Raschauer, Art 104 Rz 12; Bußjäger, Art 104 Rz 5. Kritischer beurteilen dies Kucsko-Stadlmayer in FS 75 Jahre Bundesverfassung 575 f; dies, Art 148i Rz 15; Thienel/Leitl-Staudinger, Art 148i Rz 10 und Dünser, Landesvolksanwälte 50. Vgl dazu oben Rz 17 ff.
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waltung, der mittelbaren Bundesverwaltung und der dem LH übertragenen Verwaltung von Bundesvermögen Beschwerden entgegenzunehmen. Er hat gem Art 59 Abs 2 zweiter Satz TLO 1989 jede Beschwerde unverzüglich zu prüfen und, sofern er sie nicht selbst durch Aufklärung des Beschwerdeführers erledigen kann, bei der zuständigen Stelle auf Abklärung oder Abhilfe hinzuwirken und das Ergebnis seiner Maßnahmen dem Beschwerdeführer ehestmöglich mitzuteilen. Auf die Anliegen von Menschen mit Behinderungen ist dabei gem § 3 Abs 1 LVolksanwaltG besonders Bedacht zu nehmen. Auf Grund der Verbindung mit dem Begriff „jedermann“ in Art 59 Abs 2 erster Satz TLO 1989 ist davon auszugehen, dass auch das Beschwerderecht allen natürlichen und juristischen Personen zukommt. § 3 Abs 2–4 LVolksanwaltG legt im Einzelnen folgendes Verfahren fest: 23 Stellt der Landesvolksanwalt im Rahmen der Prüfung einer Beschwerde einen Missstand fest, so kann er der zuständigen Stelle gegenüber eine Empfehlung abgeben, wie der festgestellte Missstand so weit als möglich beseitigt und künftig vermieden werden kann. Eine solche Empfehlung ist gleichzeitig dem zuständigen Mitglied der LReg zur Kenntnis zu bringen. Die zuständige Stelle hat entweder der Empfehlung möglichst rasch, längstens aber binnen drei Monaten, zu entsprechen und dies dem Landesvolksanwalt mitzuteilen (Abs 2 lit a) oder binnen der in lit a genannten Frist schriftlich zu begründen, warum der Empfehlung nicht oder nicht fristgerecht entsprochen werden kann (Abs 2 lit b). Der Landesvolksanwalt hat dem Beschwerdeführer, soweit dem nicht überwiegende öffentliche oder private Interessen entgegenstehen,57 das Ergebnis des Prüfungsverfahrens und die für den bestimmten Fall getroffenen Maßnahmen mitzuteilen (Abs 3). Der Landesvolksanwalt hat Beschwerden, deren Prüfung nicht in seine Zuständigkeit fällt, an die zuständigen gleichartigen Einrichtungen des Bundes oder eines anderen Landes weiterzuleiten (Abs 4). Dabei handelt es sich entweder um die VA oder den Landesvolksanwalt von Vbg.58 Auch wenn Art 59 Abs 2 TLO 1989, anders als Art 148c B-VG und § 3 24 Abs 2 LVolksanwaltG59, nicht wörtlich von „Empfehlungen“ spricht, 57 Diese in Art 59 Abs 2 TLO 1989 nicht erwähnte Bedingung erfolgte offenkundig aus datenschutzrechtlichen Gründen. 58 Zur Kooperation zwischen den VA Morscher in FS Koja 317 ff. 59 Diese Regelung offenbar außer Acht lassend Kucsko-Stadlmayer, Art 148i Rz 15.
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die der Landesvolksanwalt im Zuge der Prüfung einer Beschwerde abgibt, läuft das dort vorgesehene „Hinwirken“ auf „Aufklärung“ oder „Abhilfe“ bei der zuständigen Stelle – auch als „Maßnahmen“ bezeichnet – klar in dieselbe Richtung, weil es darum geht, dass der Landesvolksanwalt entweder zur Behandlung der Beschwerde weitere Informationen benötigt oder diese bereits hat, jedoch erreichen will, dass die zuständige Stelle einen Missstand beseitigt. Erzwingen kann er dies freilich nicht, da die zuständige Stelle der Empfehlung nicht entsprechen muss und dies lediglich schriftlich zu begründen hat, was auch keine Rechtsrichtigkeit der Begründung voraussetzt. Auch der in § 3 Abs 2 LVolksanwaltG enthaltene Begriff des Missstandes, der in Art 59 TLO 1989 selbst nicht verwendet wird, lässt sich mit dem Begriff der Beschwerde, die ja ein zumindest behauptetes Fehlverhalten zum Gegenstand haben muss, kontextualisieren und ist in einem ähnlich weiten Sinn wie auf Bundesebene, nämlich nicht nur als rechtlich, sondern auch in anderer Hinsicht vorwerfbares Fehlverhalten der Verwaltung zu verstehen.60 25 Im Unterschied zu Art 148a Abs 1 B-VG, wonach sich jedermann bei der VA beschweren kann, soweit ihm ein Rechtsmittel nicht oder nicht mehr zur Verfügung steht, sind Beschwerden gem Art 59 Abs 2 TLO 1989 nicht nur subsidiär zulässig. Dies betonen schon die EB, denen zufolge der Landesvolksanwalt „bereits während eines anhängigen Verfahrens“ befasst werden kann.61 Sofern die Beschwerde rechtliche Angelegenheiten berührt, gegen die Rechtsschutz eingeräumt ist, konkurriert diese Beschwerde auch mit förmlichen Rechtsschutzinstrumenten insoweit, als sie parallel erhoben werden kann.62 Dies erscheint insofern zulässig, als auf Grund einer Beschwerde höchstens eine Empfehlung abgegeben werden kann, die von der zuständigen Stelle nicht befolgt werden muss. Eine echte Konkurrenz iSe verbindlichen Rechtsschutzes ist damit also nicht verbunden. 26 Ein weiterer Unterschied zu Art 148a B-VG liegt darin, dass die in dessen Abs 2 verankerte amtswegige Prüfbefugnis der VA für den Landesvolksanwalt nicht übernommen wurde. Er hat allfälligen Missständen daher nur insoweit nachzugehen, als dies durch eine Beschwerde vorge60 Vgl auch Dünser, Landesvolksanwälte 56. 61 EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 85. 62 Thienel/Leitl-Staudinger, Art 148i Rz 9; Kucsko-Stadlmayer, Art 148i Rz 15.
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bracht wurde. Dass seine Aufgaben dadurch iSd Art 148i Abs 2 B-VG insgesamt strukturell ungleichartig wären, ist jedoch nicht anzunehmen.63 Gebühren sind dafür gem § 6 LVolksanwaltG keine zu entrichten.
D. Anregungen betreffend die Gesetzgebung und Verwaltung des Landes, Behandlung von Petitionen Im Unterschied zu Art 59 Abs 2 TLO 1989, der dazu keine ausdrückli- 27 che Bestimmung enthält, normiert § 2 Abs 2 LVolksanwaltG, dass der Landesvolksanwalt Anregungen betr die Gesetzgebung und Verwaltung des Landes entgegenzunehmen, zu prüfen und, sofern er sie unterstützt, an den LT bzw die LReg weiterzuleiten hat; Anregungen betr die Gesetzgebung des Landes sind daher offensichtlich dem LT, Anregungen betr die Verwaltung des Landes der LReg weiterzuleiten. Unter die Gesetzgebung des Landes fallen sämtliche Arten von LG, darunter auch LVG oder Ausführungsgesetze der Länder gem Art 12 B-VG. Der Begriff der Verwaltung des Landes schließt nicht die in Art 59 Abs 2 TLO 1989 erwähnte, der Prüfbefugnis des Landesvolksanwalts unterstellte mittelbare Bundesverwaltung oder die dem LH übertragene Verwaltung von Bundesvermögen ein. Der Landesvolksanwalt ist gem § 2 Abs 2 LVolksanwaltG verpflichtet, entsprechende Anregungen entgegenzunehmen und zu prüfen. Die Anregungen stammen diesfalls zwar nicht ursprünglich von ihm, er entscheidet im Zuge dieser Prüfung jedoch selbst, ob er sie an das betr Organ weiterleitet oder nicht. Dass der Landesvolksanwalt von Amts wegen derartige Anregungen an den LT oder die LReg richten könnte, ist nicht vorgesehen. Allerdings ist es nicht unzulässig, wenn er bspw in seinem Tätigkeitsbericht auf ihm vorliegende Fälle eingeht, aus denen sich solche Anregungen mittelbar ergeben können. Auf Grund des Legalitätsprinzips sind Missstände in der Verwaltung 28 vielfach auch auf Gesetze zurückzuführen, deren Änderung erforderlich wäre, um die Missstände zu verhindern.64 Was Anregungen betr die Verwaltung anbelangt, so stehen diese in engem thematischen Zusammenhang zu Beschwerden, die beim Landesvolksanwalt vorgebracht 63 Vgl dazu schon oben Rz 2. 64 Gamper, Das „Gute“ in der Verwaltung – und außerhalb?, in Ennöckl et al (Hg), FS B. Raschauer (2013) 99 (109 ff).
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werden, bzw können sich aus diesen ergeben. Die Prüfung der Beschwerde und der Anregung bzw die daran anknüpfenden Schritte der Empfehlung und Weiterleitung laufen diesfalls parallelisiert ab. Anregungen betr die Gesetzgebung und Verwaltung des Landes haben außerdem einen engen Zusammenhang zu Petitionen iSd Art 12 TLO 1989.65 Auch der VA obliegt gem Art 148a Abs 5 B-VG die Mitwirkung an der Erledigung der an den NR gerichteten Petitionen und Bürgerinitiativen. Unter Petitionen sind Anträge allgemeiner Art an die Organe der Gesetzgebung oder Vollziehung zu verstehen, in denen die Erlassung bestimmter genereller Anordnungen oder die Abstellung bestimmter rechtlicher Zustände begehrt wird.66 Petitionen an den Landesvolksanwalt können damit wohl als Anregungen betr die Gesetzgebung oder Verwaltung des Landes gedeutet werden. Darüber hinaus bestimmt § 65 Abs 5 lit c Tir GO LT67, dass der Petitionsausschuss des LT, der an den LT gerichtete Petitionen behandelt, dann, wenn ihm eine weitere Behandlung durch den Landesvolksanwalt zielführend scheint, beschließt, diesen damit zu betrauen. § 5 Abs 2 LVolksanwaltG berechtigt den Landesvolksanwalt, an den Sitzungen der Ausschüsse, in denen seine Berichte behandelt werden, sowie an den Sitzungen des Ausschusses für Petitionen teilzunehmen. Zu den Sitzungen des Ausschusses für Petitionen ist er einzuladen. Sinnvoll erschiene zweifellos eine Systematisierung der Begriffe, aber auch eine ausdrückliche Erweiterung des Art 59 Abs 2 TLO 1989 um die in § 2 Abs 2 LVolksanwaltG und § 65 Abs 5 lit c Tir GO LT genannten Aufgaben.
E. Schutz und Förderung der Menschenrechte 29
Art 59 Abs 10 TLO 1989 erklärt für die im Art 148a Abs 3 B-VG68 zum Schutz und zur Förderung der Menschenrechte vorgesehenen besonderen Kontroll- und Überwachungsaufgaben im Bereich der Landesverwaltung die VA für zuständig. Damit betraute das Land Tirol, anders als das Land Vbg,69 nicht den Landesvolksanwalt mit dieser 65 Vgl Gamper, Art 12 (in diesem Band). 66 VfSlg 4065/1961, 4295/1962, 6441/1971, 18.807/2009; vgl auch Gamper, Art 12 (in diesem Band) Rz 5. 67 Vgl dazu Gamper, Art 12 (in diesem Band) Rz 10. 68 Kucsko-Stadlmayer, Art 148a Rz 37; Thienel/Leitl-Staudinger, Art 148a Rz 13 ff. 69 Art 59 Abs 5 Vbg LV.
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Funktion, sondern erklärte die VA dafür zuständig.70 Dies entspricht Art 148i Abs 3 B-VG, wonach die Länder für diesen Funktionsbereich entweder die VA oder eine eigene Einrichtung mit gleichartigen Aufgaben für zuständig erklären müssen. Den EB zufolge hätte eine Betrauung des Landesvolksanwalts nur in einem engen Zuständigkeitsbereich erfolgen können sowie verschiedene faktische und kompetenzrechtliche Abgrenzungsprobleme aufgeworfen.71 Bei den Aufgaben gem Art 148a Abs 3 B-VG handelt es sich darum, 30 den Ort einer Freiheitsentziehung zu besuchen und zu überprüfen (Z 1), das Verhalten der zur Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt ermächtigten Organe zu beobachten und begleitend zu überprüfen (Z 2) sowie für Menschen mit Behinderungen bestimmte Einrichtungen und Programme zu überprüfen bzw zu besuchen (Z 3). In letztgenanntem Bereich ergibt sich eine gewisse Überschneidung zu § 7 Abs 1 LVolksanwaltG, wonach der Behindertenanwalt beim Landesvolksanwalt mit der Behandlung von Anliegen und Beschwerden von Menschen mit Behinderung zu betrauen ist. Davon bleibt die Befugnis der VA, die Funktion gem Art 148a Abs 3 Z 3 B-VG im Bereich der Landesverwaltung auszuüben, freilich unberührt. Die Behandlung eines Anliegens oder einer Beschwerde von Menschen mit Behinderungen durch den Behindertenanwalt beim Landesvolksanwalt muss auch nicht dazu führen, eine für Menschen mit Behinderungen bestimmte Einrichtung oder ein Programm zu überprüfen bzw zu besuchen. Sollte es zur Behandlung des Anliegens oder der Beschwerde erforderlich sein, steht diese Möglichkeit dem Behindertenanwalt beim Landesvolksanwalt jedoch sicherlich auch offen. Andernfalls käme es zu einer sachlich nicht gerechtfertigten Diskriminierung von Menschen mit Behinderung, deren Anliegen und Beschwerden durch den Landesvolksanwalt nicht mehr behandelt werden könnten, sofern dies – auch – eine Maßnahme iSd Art 148a Abs 3 Z 3 B-VG erforderlich machte. Auch eine Auslegung im Lichte des in Art 7 Abs 1 letzter Satz B-VG72 verankerten Staatsziels der Gleichbehandlung von behinderten und nichtbehinderten Menschen in allen Bereichen des täglichen Lebens legt diese Möglichkeit nahe. 70 Vgl näher Bertel, Menschenrechtsschutz 77 f. 71 EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 2012/147, Tir LT XV. GP, GZ 562/12, 8. 72 Berka, Art 7 B-VG, in Kneihs/Lienbacher (Hg), Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht (2001) Rz 94; Öhlinger/Eberhard, Verfassungsrecht12 (2019) 73 f.
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F. Anfechtung einer Verordnung vor dem VfGH 31 Bei Einrichtung des Landesvolksanwalts durch die TLO 1989 war ausdrücklich von der Möglichkeit einer Anfechtungsbefugnis hinsichtlich VO des Landes entsprechend dem damaligen Art 148e B-VG abgesehen worden.73 Die Rechtslage änderte sich jedoch insofern, als Art 139 Abs 1 Z 6 B-VG mittlerweile vorsieht, dass der VfGH über die Gesetzwidrigkeit von VO einer Landesbehörde ua auf Antrag einer Einrichtung gem Art 148i Abs 2 B-VG, also einer Einrichtung mit gleichartigen Aufgaben wie die VA, erkennt. Da der Landesvolksanwalt von Tirol nach hier vertretener Auffassung trotz verschiedener funktionaler Abweichungen insgesamt eine solche Einrichtung darstellt und auch vom Bundesverfassungsgesetzgeber74 als gleichartig eingestuft wurde,75 ist er somit unmittelbar bundesverfassungsrechtlich ermächtigt, VO einer Landesbehörde vor dem VfGH anzufechten.76 Eine landesverfassungsrechtliche Ermächtigung ist dazu nicht mehr erforderlich. 32 Die betr Änderung in Art 139 B-VG erfolgte durch die B-VG-Nov BGBl I 2012/51; durch die B-VG-Nov BGBl I 2013/114 wurde diese zunächst in Art 139 Abs 1 Z 5 B-VG verankerte Befugnis in Art 139 Abs 1 Z 6 B-VG verschoben. Die RV zur B-VG-Nov BGBl I 2012/51 führt dazu aus: „Es erscheint aus systematischen Gründen zweckmäßig, aus Anlass der Neufassung des Art. 139 Abs. 1 B-VG die derzeit in den Art. 148e und 148i B-VG enthaltenen Anfechtungsbefugnisse der Volksanwaltschaft und der Landesvolksanwaltschaften in diese Bestimmung zu transferieren. Die Befugnis zur Anfechtung von Verordnungen einer Landesbehörde soll den Landesvolksanwaltschaften künftig schon von Verfassung wegen zukommen. Art. 148e B-VG kann damit entfallen; die Zitierung in Art. 148i Abs. 1 und 2 B-VG ist entsprechend anzupassen.“77 73 EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 85. 74 Vgl den Hinweis in RV 1515 BlgNR XXIV. GP, 9 und dazu den Hinweis bei Kucsko-Stadlmayer, Art 148i Rz 11. Gerade auch im Rahmen der Änderung des Art 139 Abs 1 B-VG selbst ging der Bundesverfassungsgesetzgeber ausdrücklich davon aus, dass die „Landesvolksanwaltschaften“ davon umfasst sein sollten (vgl RV 1618 BlgNR XXIV. GP, 19 f). 75 Vgl dazu oben Rz 2. Anders Thienel/Leitl-Staudinger, Art 148i Rz 10 mwN; dies, Art 148f Rz 8; Kucsko-Stadlmayer, Art 148f Rz 11. 76 So auch Schwamberger/Ranacher, Landesordnung 109. 77 RV 1618 BlgNR XXIV. GP, 19 f.
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G. Tätigkeitsbericht Gem Art 59 Abs 2 letzter Satz TLO 1989 hat der Landesvolksanwalt 33 dem LT jährlich einen Bericht über seine Tätigkeit vorzulegen; er ist Verhandlungsgegenstand des LT gem § 23 Abs 1 lit i Tir GO LT. § 5 LVolksanwaltG bestimmt, dass die Vorlage des Tätigkeitsberichts im Weg des LTPräs erfolgt und den Abg unverzüglich vorzulegen ist. Bis zu diesem Zeitpunkt ist der Bericht vertraulich zu behandeln. Der Landesvolksanwalt hat die zur Wahrung dieser Vertraulichkeit in seinem Verantwortungsbereich notwendigen Vorkehrungen zu treffen. Aus der zeitlichen Befristung des Vertraulichkeitserfordernisses kann geschlossen werden, dass der Tätigkeitsbericht danach der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden darf, was in der Praxis auch geschieht.
V. Amtshilfe, Akteneinsicht, Auskunftsrechte, Amtsverschwiegenheit Gem Art 59 Abs 9 TLO 1989 und § 2 Abs 3 LVolksanwaltG haben alle 34 Organe des Landes und der Gemeinden den Landesvolksanwalt bei der Besorgung seiner Aufgaben zu unterstützen, ihm Akteneinsicht zu gewähren und ihm auf Verlangen die erforderlichen Auskünfte zu erteilen. Gegenüber dem Landesvolksanwalt besteht die Amtsverschwiegenheit nicht. Der Landesvolksanwalt unterliegt der Amtsverschwiegenheit im gleichen Umfang wie das Organ, an das er bei der Besorgung seiner Aufgaben herangetreten ist. Art 22 B-VG, der die Amtshilfe zwischen Organen des Bundes, der Länder, der Gemeinden, der Gemeindeverbände und der sonstigen Selbstverwaltungskörper verankert, bezieht sich nach jüngerer Ansicht78 nicht auf parlamentarische Organe, zu denen auch der Landesvolksanwalt zählt. Allerdings normiert Art 148b Abs 1 B-VG eine sehr ähnlich wie in Art 59 Abs 9 erster Satz TLO 1989 formulierte „besondere“ Amtshilfe, die gegenüber der VA gelten soll und im Einzelnen die Unterstützung bei der Besorgung volksanwaltschaftlicher Aufgaben, die Gewährung von Akteneinsicht sowie die Erteilung von Auskünften vorsieht. Es ist anzunehmen, dass die Zulässigkeit der Schaffung von 78 Vgl etwa Wiederin, Art 22 B-VG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (1999) Rz 25 sowie Kahl, Art 53 B-VG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (2005) Rz 17. Anders Morscher in FS Koja 320; ders, Verfassungsrecht 147.
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Einrichtungen mit gleichartigen Aufgaben wie die VA für den Bereich der Landesverwaltung gem Art 99 iVm Art 148i Abs 2 B-VG implizit auch die Ermächtigung des Landesverfassungsgesetzgebers umfasst, eine gleichartige Form der Amtshilfe auf Landes- und Gemeindeebene – Organe des Bundes werden von Art 59 Abs 9 TLO 1989 ohnehin nicht verpflichtet –79 vorzusehen. Andernfalls wäre eine derartige Landeseinrichtung nämlich kaum imstande, überhaupt gleichartige Aufgaben zu erfüllen. Die Ausnahme von der Amtsverschwiegenheit gegenüber dem Landesvolksanwalt beruht auf der Ermächtigung in Art 20 Abs 3 B-VG, wonach gesetzliche Ausnahmen von der Amtsverschwiegenheit zulässig sind, was in diesem Fall durch LVG vorgenommen wurde. Dass der Landesvolksanwalt der Amtsverschwiegenheit im gleichen Umfang wie das Organ, an das er bei der Besorgung seiner Aufgaben herangetreten ist, unterliegt, entspricht der Regelung des Art 148b Abs 2 erster Satz B-VG. Eine sinngemäße Regelung zu Art 148b Abs 2 zweiter Satz B-VG, wonach die VA bei Erstattung der Berichte an den NR zur Wahrung der Amtsverschwiegenheit aber nur insoweit verpflichtet ist, als dies im Interesse der Parteien oder der nationalen Sicherheit geboten ist, wurde dagegen nicht in Art 59 Abs 9 TLO 1989 aufgenommen. Fraglich ist daher, ob dies bedeuten soll, dass der Landesvolksanwalt auch gegenüber dem LT der Amtsverschwiegenheit im gleichen Umfang wie das Organ, an das er bei der Besorgung seiner Aufgaben herangetreten ist, unterliegt. Allerdings ist auch auf Art 20 Abs 3 B-VG hinzuweisen, wonach die Amtsverschwiegenheit nicht für die von einem allgemeinen Vertretungskörper bestellten Funktionäre – zu denen der Landesvolksanwalt zählen würde – gilt, wenn er – hier: der LT – derartige Auskünfte ausdrücklich verlangt. Dadurch, dass Art 148b Abs 2 B-VG zweifellos die lex specialis zu Art 20 Abs 3 B-VG darstellt und die Übernahme dieser lex specialis für Landeseinrichtungen mit gleichartigen Aufgaben zulässig ist, Art 59 Abs 9 TLO 1989 jedoch nur Art 148b Abs 2 erster Satz B-VG sinngemäß wiederholt, muss angenommen werden, dass eine Ausnahme von der Amtsverschwiegenheit dem LT gegenüber gerade nicht vorgesehen werden sollte; der Landesvolksanwalt unterliegt demnach auch dem LT gegenüber derselben Amtsverschwiegenheit wie das Organ, an das er bei der Besorgung seiner Aufgaben herangetreten ist. Wenn der Landesvolksan79 Thienel/Leitl-Staudinger, Art 148i Rz 7 halten eine Verpflichtung von Bundesorganen zur Unterstützung des Landesvolksanwalts für zulässig.
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walt daher iSd Art 59 Abs 2 letzter Satz TLO 1989 dem LT jährlich einen Tätigkeitsbericht vorzulegen hat, ist die Amtsverschwiegenheit iSd von Art 20 Abs 3 B-VG aufgezählten Interessen wahrzunehmen. Zu beachten sind außerdem datenschutzrechtliche Ansprüche dritter Personen, die aus dem DSG, Art 8 EMRK, Art 8 GRC sowie der Datenschutz-Grundverordnung der EU80 erfließen. Gem § 5 Abs 1 LVolksanwaltG sind die Tätigkeitsberichte bis zum Zeitpunkt der Zuleitung an die Abg vertraulich zu behandeln. Danach sind die Tätigkeitsberichte des Landesvolksanwalts auch öffentlich zugänglich.
VI. Zuständigkeitskonflikte und VfGH Entstehen zwischen dem Landesvolksanwalt und der LReg Meinungs- 35 verschiedenheiten über die Zuständigkeit des Landesvolksanwalts, so entscheidet gem Art 59 Abs 3 letzter Satz TLO 1989 hierüber der VfGH auf Antrag des Landesvolksanwalts oder der LReg. Dieser Regelung liegt Art 148i Abs 2 B-VG zugrunde, wonach dann, wenn die Länder für den Bereich der Landesverwaltung Einrichtungen mit gleichartigen Aufgaben wie die VA schaffen, durch LVG eine dem Art 148f B-VG entsprechende Regelung getroffen werden kann. Da der Landesvolksanwalt von Tirol nach hier vertretener Auffassung trotz verschiedener funktionaler Abweichungen insgesamt eine solche Einrichtung darstellt und auch vom Bundesverfassungsgesetzgeber81 als gleichartig eingestuft wurde,82 darf der Landesverfassungsgesetzgeber ihm diese Befugnis einräumen. Art 148f B-VG sieht vor: „Entstehen zwischen der Volksanwaltschaft 36 und der Bundesregierung oder einem Bundesminister Meinungsverschiedenheiten über die Auslegung der gesetzlichen Bestimmungen, die die Zuständigkeit der Volksanwaltschaft regeln, so entscheidet auf Antrag der Bundesregierung oder der Volksanwaltschaft der Verfassungs gerichtshof.“83 80 VO 679/2016/EU, Abl 2016 L 119/1. 81 Vgl den Hinweis in RV 1515 BlgNR XXIV. GP, 9 und dazu den Hinweis bei Kucsko-Stadlmayer, Art 148i Rz 11 sowie RV 1618 BlgNR XXIV. GP, 19 f. 82 Vgl dazu oben Rz 2 und 31 f. Anders Thienel/Leitl-Staudinger, Art 148i Rz 10 mwN; dies, Art 148f Rz 8; Kucsko-Stadlmayer, Art 148f Rz 11; Pernthaler/Lukasser, Verfassungsrecht 217. 83 Kucsko-Stadlmayer, Art 148f Rz 1 ff; Thienel/Leitl-Staudinger, Art 148f Rz 1 ff.
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Art 59 Abs 3 letzter Satz TLO 1989 entspricht dem weitgehend, aber nicht vollständig: So ist nur von der LReg als Kollegialorgan, nicht aber dem einzelnen Mitglied der LReg die Rede. Auch findet sich die Formulierung „Meinungsverschiedenheiten über die Zuständigkeit des Landesvolksanwalts“, nicht aber die Formulierung „Meinungsverschiedenheiten über die Auslegung der gesetzlichen Bestimmungen, die die Zuständigkeit des Landesvolksanwalts regeln“. Die EB äußern sich zu diesen Abweichungen nicht. Letztlich werden Meinungsverschiedenheiten über die Zuständigkeit des Landesvolksanwalts aber immer auch Meinungsverschiedenheiten über die Auslegung der gesetzlichen Bestimmungen, die die Zuständigkeit des Landesvolksanwalts regeln, beinhalten. Entweder wird eine Zuständigkeit in Anspruch genommen, deren Reichweite umstritten ist, was letztlich erfordert, die Bestimmung über diese Zuständigkeit in Art 59 TLO 1989 auszulegen; oder es geht um eine Zuständigkeit, die keine ausdrückliche Rechtsgrundlage hat, was eine Auslegung des Art 59 TLO 1989 dahingehend erfordert, ob diese Zuständigkeit daraus implizit ableitbar ist. Was die Möglichkeit der Anrufung des VfGH im Fall eines Konflikts zwischen dem Landesvolksanwalt und einem einzelnen Mitglied der LReg anbelangt, so ist diese wohl in einer bundesverfassungskonformen (arg „dem Art 148f B-VG entsprechende Regelung“) Auslegung, darüber hinaus aber auch in einem Größenschluss und aus teleologischen Gründen anzunehmen; die Antragsbefugnis kommt aber auch in diesem Fall nur der LReg zu.84 Dem VfGH kommt in diesem Zusammenhang lediglich eine Feststellungskompetenz zu.85
VII. Ausführende Bestimmungen 37 Zur näheren Ausführung des Art 59 TLO 1989 wurde das LVolksanwaltG erlassen, das 201886 novelliert wurde. Diese Nov fügte zwei Bestimmungen in § 3 Abs 1 und § 7 Abs 1 LVolksanwaltG ein, wonach auf die Anliegen von Menschen mit Behinderungen besonders Bedacht zu 84 Dies ist Kucsko-Stadlmayer, Art 148f Rz 11; dies, Art 148i Rz 8 zufolge sogar bundesverfassungsrechtlich geboten; offener Thienel/Leitl-Staudinger, Art 148f Rz 8. 85 Vgl näher Thienel/Leitl-Staudinger, Art 148f Rz 7; dies Art 148i Rz 8; Kucsko-Stadlmayer, Art 148f Rz 8. 86 LGBl 2018/144.
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nehmen ist und ein Bediensteter des Büros des Landesvolksanwalts, der die Bezeichnung „Behindertenanwalt beim Landesvolksanwalt“ trägt, mit der Behandlung von Anliegen und Beschwerden von Menschen mit Behinderungen zu betrauen ist. Damit sollte nach den EB das Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen berücksichtigt und die seit 2000 eingerichtete Stelle eines Behindertenansprechpartners gesetzlich sowie unter neuer Bezeichnung verankert werden.87 Werden an den Behindertenanwalt Beschwerden betr die der Aufsicht der LReg unterliegenden natürlichen und juristischen Personen, die Leistungen der Behindertenhilfe erbringen (Dienstleister), herangetragen, so unterliegt den EB88 zufolge auch die Wahrnehmung der Aufsicht der LReg über diese Dienstleister seiner Kontrolle. Dass der Behindertenanwalt als im Büro des Landesvolksanwalts befindlicher Bediensteter mit dieser Funktion betraut wird, dürfte im Lichte des Art 59 Abs 8 TLO 1989, wonach der Landesvolksanwalt eine Vorgesetztenfunktion und ein Weisungsrecht den bei ihm verwendeten Bediensteten gegenüber hat, nicht verfassungswidrig sein. Zwar hat der Landesvolksanwalt gem § 7 Abs 1 LVolksanwaltG den Behindertenanwalt zu betrauen, doch kann er diesem jederzeit eine Weisung erteilen, wie er die Funktion auszuüben hat. § 8 Abs 1 LVolksanwaltG sieht vor, dass der Geschäftsgang durch die vom Landesvolksanwalt mit Zustimmung des LTPräs zu erlassende GO geregelt wird. Zu einzelnen Bestimmungen des LVolksanwaltG vgl die vorstehenden Ausführungen.
87 EBRV zur Nov des LVolksanwaltG LGBl 2018/17, Tir LT XVI. GP, GZ 481/17, 1. 88 EBRV zur Nov des LVolksanwaltG LGBl 2018/17, Tir LT XVI. GP, GZ 481/17, 1.
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Artikel 60* Volksbefragung (1) Die Landesregierung kann über Angelegenheiten, die in die Zuständigkeit des Landes fallen, mit Ausnahme von Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde und von Angelegenheiten, die bestimmte Personen betreffen, eine Volksbefragung im gesamten Landesgebiet durchführen. (2) Die Landesregierung hat eine Volksbefragung im gesamten Landesgebiet durchzuführen, wenn der Landtag dies beschließt oder wenigstens 7.500 zum Landtag Wahlberechtigte oder wenigstens 40 Gemeinden auf Grund von Gemeinderatsbeschlüssen dies verlangen. (3) Die Landesregierung kann in einem Teil des Landesgebietes, der wenigstens das Gebiet einer Gemeinde umfassen muß, eine Volksbefragung durchführen, wenn die Angelegenheit im ausschließlichen oder überwiegenden Interesse der Bewohner dieses Teiles des Landesgebietes gelegen ist. Die Landesregierung hat in einem Teil des Landesgebietes eine Volksbefragung durchzuführen, wenn wenigstens 25 v.H. der zum Landtag Wahlberechtigten, die in diesem Teil des Landesgebietes den Hauptwohnsitz haben, oder die in diesem Teil des Landesgebietes gelegenen Gemeinden auf Grund von Gemeinderatsbeschlüssen dies verlangen. (4) Zur Teilnahme an einer Volksbefragung berechtigt sind alle zum Landtag Wahlberechtigten, wenn jedoch die Volksbefragung in einem Teil des Landesgebietes durchgeführt wird, nur jene zum Landtag Wahlberechtigten, die in diesem Teil des Landesgebietes den Hauptwohnsitz haben. (5) Das Verfahren bei der Volksbefragung wird durch Landesgesetz näher geregelt. LGBl samt Erläuterungen: LGBl 1988/61 (X. GP AA 141/88 AB 141/88); LGBl 1995/36 (XII. GP RV 27/95 AB 27/95); LGBl 1998/104 (XII. GP RV 230/98 AB 230/98) *
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Herzlicher Dank ergeht an Herrn MMag. Dr. Mathias Eller für die Unterstützung bei der redaktionellen Bearbeitung.
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Judikatur: VfSlg 15.645/1999 (Volksbefragung gleichzeitig mit Landtagswahl); VfGH 24.11.2017, G 278/2017, V 117/2017, W III 1/2017 (Formulierung der Frage; Anfechtung) Literatur: Gamper, Bürgerbeteiligung und demokratische Innovation in Tirol – Voraussetzungen, Instrumente, Schranken, in Bußjäger/Gamper (Hg), Demokratische Innovation und Partizipation in der Europaregion (2015) 23 (28 f); Mayrhofer, Landtagswahlen und Direkte Demokratie, in Pürgy (Hg), Das Recht der Länder I (2012) 153 (210 ff); Morscher, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer. 7. Tirol (1991) 147 ff; Schwamberger/Ranacher, Tiroler Landesordnung 19896: Kommentar (2017) 111 f
Inhaltsübersicht I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben.................................. 1 II. Völker- und unionsrechtliche Vorgaben ................................. 4 III. Entstehungsgeschichte............................................................... 5 IV. Voraussetzungen der Volksbefragung .................................... 6 A. Initiativrechte.......................................................................... 6 B. Gegenstand.............................................................................. 12 1. Angelegenheiten, die in die Zuständigkeit des Landes fallen..................................................................................... 12 2. Die Ausnahmetatbestände des Art 60 Abs 1 TLO 1989. 13 3. Der Interessetatbestand des Art 60 Abs 3 TLO 1989............................................................................. 15 V. Initiativ- und Teilnahmeberechtigte........................................ 16 VI. Volksbefragung in einem Teil des Landesgebiets.................... 19 VII. Einfachgesetzliche Ausgestaltung des Verfahrens................. 22 VIII. Rechtsschutz................................................................................ 23
I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben Die Bundesverfassung enthält keine ausdrücklichen Vorschriften für 1 Einrichtungen der direkten Demokratie, einschließlich von Volksbefragungen, auf Landesebene. Lediglich Art 6 Abs 4 B-VG erwähnt, allerdings bloß in wohnsitzrechtlichem Zusammenhang, „Volksbegehren, Volksabstimmungen und Volksbefragungen auf Grund der Bundesverfassung oder einer Landesverfassung“. Der Verfassungsautonomie der Länder ist es gem Art 99 B‑VG überlassen, Formen der direkten Demokratie auf Landesebene vorzusehen, sofern diese das durch das demokratische Bauprinzip der Bundesverfassung geprägte, auch für die Länder verbindliche Regel-Ausnahme-Verhältnis zwischen repräsenta775
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tiver und direkter Demokratie nicht verlassen.1 Der VfGH versteht dieses Regel-Ausnahme-Verhältnis, wonach die repräsentative Demo1
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Hammer, Direkte Demokratie im österreichischen Verfassungsrecht: Repräsentative Demokratie und Föderalismus als Strukturbedingungen der Demokratiereform, in Marko/Stolz (Hg), Demokratie und Wirtschaft (1987) 89 ff; Koja, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer2 (1988) 195 ff; ders, Instruments of Direct Democracy in the Austrian Federal State and its Länder, ZÖR 45 (1993), 33 (36 ff); Morscher, Landesgesetzgebung und direkte Demokratie, in Schambeck (Hg), Föderalismus und Parlamentarismus in Österreich (1992) 137 ff; Rack, Weiterentwicklung direktdemokratischer Mitwirkungsmöglichkeiten in Österreich, Die Verwaltung 1984, 208 ff; ders, Föderalismus als reformpolitisches Anliegen, ÖJZ 1990, 225 ff; Rill, Möglichkeiten und Grenzen des Ausbaus direkt-demokratischer Elemente in der österreichischen Bundesverfassung (1987); Öhlinger, Bundesverfassungsrechtliche Grenzen der Volksgesetzgebung, Montfort 2000, 402 ff; ders, Direkte Demokratie: Möglichkeiten und Grenzen. Zur aktuellen Diskussion über einen Ausbau direktdemokratischer Verfahren der Gesetzge bung, ÖJZ 2012, 1054 ff; Mayer, Plebiszitäre Instrumente in der staatlichen Willensbildung, in Österreichische Parlamentarische Gesellschaft (Hg), FS 75 Jahre Bundesverfassung (1995) 341 ff; Marko, Direkte Demokratie zwischen Parlamentarismus und Verfassungsautonomie, in Kopetz/Marko/Poier (Hg), Soziokultureller Wandel im Verfassungsstaat – FS Mantl (2004) 335 ff; Pernthaler/Gstir, Direkte und repräsentative Demokratie auf Gemeindeebene, ZfV 2004, 748 ff; Poier, Sachunmittelbare Demokratie in Österreichs Ländern und Gemeinden: Rechtslage und empirische Erfahrungen im Überblick, in Neumann/Renger (Hg), Sachunmittelbare Demokratie im interdisziplinären und internationalen Kontext 2008/2009 (2010) 31 (47 f); Poier, Instrumente und Praxis direkter Demokratie in Österreich auf Länder- und Gemeindeebene, in Bußjäger/Balthasar/Sonntag (Hg), Direkte Demokratie im Diskurs (2014) 141 ff; Storr, Die Maßgaben der österreichischen Bundesverfassung für sachunmittelbare Demokratie in Bund und Ländern, in Neumann/Renger (Hg), Sachunmittelbare Demokratie im interdisziplinären und internationalen Kontext 2008/2009 (2010) 96 (109 ff); Pernthaler, Demokratische Identität oder bundesstaatliche Homogenität der Demokratiesysteme in Bund und Ländern, JBl 2000, 808 ff; Bußjäger, Plebiszitäre Demokratie im Mehrebenensystem? Zur Theorie direkter Demokratie in föderalen und konföderalen Systemen, in Weber/N. Wimmer (Hg), Vom Verfassungsstaat am Scheideweg – FS Pernthaler (2005) 85 ff; Bußjäger, Demokratische Innovation und Verfassungsreform, in ders/Gamper (Hg), Demokratische Innovation und Partizipation in der Europaregion (2015) 1 ff; Gamper, Was heißt „mehr direkte Demokratie“? Versuch einer Sichtung, in Öhlinger/Poier (Hg), Direkte Demokratie und Parlamentarismus (2015) 183 ff; Gamper, Bürgerbeteiligung 23 ff; dies, Parlamentarische Rechtsetzung und direkte Demokratie, in Lienbacher/Pürgy (Hg), Parlamentarische Rechtsetzung in der Krise (2014) 101 ff; Oberndorfer/Pabel, 8. Teil. Einrichtungen der direk-
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kratie vorherrschend ist,2 auch für die Länder grds so, wie es der Bundesverfassungsgesetzgeber für die Bundesebene vorgesehen hat: Die Länder können zwar daher Regelungen über direkte Demokratie vorsehen, müssen dabei aber beachten, dass die Vorherrschaft des Modells der repräsentativen Demokratie gewahrt bleibt.3 Auf Bundesebene ist die Volksbefragung in Art 49b B-VG4 geregelt: 2 Gem Art 49b Abs 1 B-VG hat eine Volksbefragung über eine Angelegenheit von grundsätzlicher und gesamtösterreichischer Bedeutung, zu deren Regelung die Bundesgesetzgebung zuständig ist, stattzufinden, sofern der NR dies auf Grund eines Antrags seiner Mitglieder oder der BReg nach Vorberatung im Hauptausschuss beschließt. Wahlen sowie Angelegenheiten, über die ein Gericht oder eine Verwaltungsbehörde zu entscheiden hat, können nicht Gegenstand einer Volksbefragung sein. Gem Art 49b Abs 2 B-VG hat ein Antrag auf Volksbefragung einen Vorschlag für die der Volksbefragung zugrunde zu legende Fragestellung zu enthalten, die entweder aus einer mit „ja“ oder „nein“ zu beantwortenden Frage oder aus zwei alternativen Lösungsvorschlägen zu bestehen hat. Art 49b Abs 3 B-VG regelt neben einem Verweis auf Art 45 und 46 B-VG das Stimmrecht und die Vorlagepflicht der Bundeswahlbehörde hinsichtlich des Ergebnisses der Volksbefragung. Die Volksbefragung gem Art 60 TLO 1989 weist demgegenüber eini- 3 ge strukturelle Unterschiede auf: Naturgemäß findet sie nur über Angelegenheiten, die in die Zuständigkeit des Landes fallen, statt. Es geht nicht nur um Angelegenheiten, zu deren Regelung die Landesgesetzgebung zuständig ist, weil auch Angelegenheiten der Landesvollziehung in die Zuständigkeit des Landes fallen. Dass es sich (auch) um eine Angelegenheit von grundsätzlicher oder gesamtösterreichischer Bedeutung handelt, verhindert nicht, darüber die Volksbefragung abzuhalten, sofern die Angelegenheit gleichzeitig in die Zuständigkeit des Landes fällt; umgekehrt ist die grundsätzliche oder gesamtösterreichische Bedeutung allerdings keine Voraussetzung der Volksbefragung gem Art 60 TLO 1989. Auch die jeweiligen Ausnahmegründe unterscheiden sich voneinander, da Art 60 Abs 1 TLO 1989 Volksbefragungen
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ten Demokratie in den Gemeinden, in Pabel (Hg), Das österreichische Gemeinderecht (2015) 5 ff. VfSlg 13.500/1993, 16.189/2001, 16.241/2001, 19.711/2012. Vgl insb VfSlg 16.241/2001. Vgl dazu Merli, Art 49b B-VG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (2002).
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über Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereichs der Gemeinde sowie Angelegenheiten, die bestimmte Personen betreffen – was zumindest in eine ähnliche Richtung wie die in Art 49b Abs 1 B-VG genannten „Angelegenheiten, über die ein Gericht oder eine Verwaltungsbehörde zu entscheiden hat“, geht –, ausschließt, Wahlen dagegen nicht als Ausschlussgrund anführt. Ein markanter Unterschied findet sich auch hinsichtlich der Voraussetzungen, wann eine Volksbefragung durchzuführen ist: Während Art 49b Abs 1 B-VG dies dem Beschluss des NR auf Grund eines Antrags seiner Mitglieder oder der BReg vorbehält, sind die Voraussetzungen gem Art 60 Abs 2 TLO 1989 weiter gefasst: Entweder ist eine Volksbefragung auf Beschluss der LReg oder des LT oder auf Grund eines Verlangens von 7.500 zum LT Wahlberechtigen oder von wenigstens 40 Gemeinden auf Grund von Gemeinderatsbeschlüssen durchzuführen. In nur einem Teil des Landesgebiets ist eine Volksbefragung durchzuführen, wenn wenigstens 25 % der zum LT Wahlberechtigten, die in diesem Teil des Landesgebiets den Hauptwohnsitz haben, oder die in diesem Teil des Landesgebiets gelegenen Gemeinden auf Grund von Gemeinderatsbeschlüssen sie verlangen. Auf Grund der Möglichkeit der Volksinitiative ist das Instrument wesentlich direkt-demokratischer ausgestaltet, als dies bei der Volksbefragung auf Bundesebene der Fall ist. Erwähnenswert ist schließlich noch der Unterschied hinsichtlich der Möglichkeit, die Volksbefragung nicht im gesamten Landesgebiet, sondern lediglich in einem Teil davon durchzuführen, während die Volksbefragung auf Bundesebene immer im gesamten Bundesgebiet stattfinden muss. Insgesamt erweist sich die Volksbefragung gem Art 60 TLO 1989 als weiteres und bürgerfreundlicheres Plebiszit als jene gem Art 49b B-VG. Sie kann – innerhalb jener Schranken, die sich aus der bundesstaatlichen Kompetenzverteilung ergeben – grds über Angelegenheiten der Gesetzgebung und Vollziehung und nicht bloß auf Beschluss repräsentativ-demokratischer Organe durchgeführt werden. Auch die Möglichkeit, die Volksbefragung nur in Teilen des Landesgebiets durchzuführen, stellt einen Zusatz dar. Ein Widerspruch zur Bundesverfassung ergibt sich dadurch allerdings nicht. Die von der Rsp des VfGH5 mit Hinweis auf das demokratische Bauprinzip der Bundesverfassung eingeforderte Homogenität hinsichtlich des Regel-Ausnahme-Verhältnisses von repräsentativer 5
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Vgl dazu oben Rz 1.
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und direkter Demokratie wird dadurch nicht beeinträchtigt, auch wenn die Volksbefragung gem Art 60 Abs 2 und 3 TLO 1989 durch eine Volksinitiative erzwungen werden kann. Die Volksbefragung ist nämlich, anders als die Volksabstimmung, lediglich ein konsultatives Instrument. Sowohl die Volksbefragung auf Bundes- als auch Landesebene stimmen dahingehend überein, dass ihr Ergebnis in keiner Weise verbindlich ist: Die repräsentativ-demokratischen Organe müssen über das Ergebnis der Volksbefragung gem Art 60 TLO 1989 nicht einmal beraten und sind noch weniger zur rechtlichen Umsetzung des Ergebnisses verpflichtet.6
II. Völker- und unionsrechtliche Vorgaben Regionale Volksbefragungen sind weder völker- noch unionsrechtlich 4 spezifisch geregelt. Allerdings stellt der Code of Good Practice on Referendums7 der Venedig-Kommission des Europarats ein soft-law-Dokument dar, dessen Empfehlungen grds auch für regionale Volksbefragungen (consultative referendums) anwendbar, jedoch nicht verbindlich sind.8
III. Entstehungsgeschichte Die StF der TLO 19899 sah Art 60 in einer Fassung vor, die sich von der 5 heutigen in zwei Elementen unterschied: Durch die TLO-Nov LGBl 1995/36 wurde in Art 60 Abs 3 und 4 TLO 1989 der Begriff „einen ordentlichen Wohnsitz“ durch „den Hauptwohnsitz“ ersetzt.10 Durch die TLO-Nov LGBl 1998/104 wurde die in Art 60 Abs 2 TLO 1989 normierte Zahl der zum LT Wahlberechtigten, welche die Durchführung einer Volksbefragung verlangen können, von 10.000 auf 7.500 zum LT Wahlberechtigte herabgesetzt und damit eine der Voraussetzungen der Volksbefragung erleichtert. 6
Zu erweiterten Rechtswirkungen der Landesvolksbefragung in vereinzelten anderen Bundesländern Mayrhofer, Landtagswahlen 212. 7 CDL-AD(2007)008, abrufbar unter: http://www.venice.coe.int/webforms/ documents/default.aspx?pdffile=CDL-AD(2007)008-e (31.03.2020). 8 Vgl das Explanatory Memorandum – General Remarks, abrufbar unter: http://www.venice.coe.int/webforms/documents/default.aspx?pdffile=CDLAD(2007)008-e (31.03.2020) 15. 9 LGBl 1988/61. 10 Anlass dafür war die durch die B-VG-Nov BGBl 1994/504 herbeigeführte begriffliche Änderung von „ordentlicher Wohnsitz“ auf „Hauptwohnsitz“.
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Eine Volksbefragung gem Art 60 TLO 1989 fand in Tirol bisher erst zweimal statt: Die erste Volksbefragung war diejenige vom 09.03.1997 zur Frage einer Austragung der Olympischen Spiele im Jahr 200611, die zweite diejenige vom 15.10.2017 zur Frage einer Austragung der Olympischen Spiele im Jahr 202612.
IV. Voraussetzungen der Volksbefragung A. Initiativrechte 6 Art 60 Abs 1 und 2 TLO 1989 sehen mehrere Möglichkeiten der Initiative einer Volksbefragung im gesamten Landesgebiet vor:13 Erstens kann die LReg gem Art 60 Abs 1 TLO 1989 eine Volksbefragung durchführen. Die Volksbefragung ist in diesem Fall fakultativ14, weil es der LReg obliegt, selbst zu bestimmen, ob eine Volksbefragung durchgeführt werden soll. Gem Art 52 Abs 1 TLO 1989 ist der Beschluss der LReg darüber, dass eine Volksbefragung durchgeführt werden soll, einstimmig zu fassen, wobei die Anwesenheit von wenigstens der Hälfte ihrer Mitglieder, unter denen sich der LH oder sein Stellvertreter befinden muss, erforderlich ist. Ein solcher fakultativer Beschluss kann durch die LReg nicht nur über die Durchführung im gesamten Landesgebiet, sondern auch über die Durchführung einer Volksbefragung in nur einem Teil des Landesgebiets getroffen werden (Art 60 Abs 3 TLO 1989). 7 Zweitens kann der LT gem Art 60 Abs 2 TLO 1989 die Durchführung einer Volksbefragung im gesamten Landesgebiet beschließen, wogegen ihm kein Beschlussrecht hinsichtlich der Durchführung einer Volksbefragung in nur einem Teil des Landesgebiets zusteht. Beschließt der LT die Durchführung der Volksbefragung im gesamten Landesgebiet, ist die LReg verpflichtet, die Volksbefragung durchzuführen. Die offenbar aus dieser Verpflichtung rührende Klassifikation als „obligatorische“15 11 Kundmachung vom 9. Jänner 1997, Bote für Tirol Stück 2 Nr 16 über die Ausschreibung einer landesweiten Volksbefragung. 12 Kundmachung der Landesregierung vom 15. August 2017 über die Ausschreibung einer Volksbefragung, LGBl 2017/72. 13 Diese sind denjenigen der Volksabstimmung gem Art 39 TLO 1989 ähnlich; vgl dazu Gamper, Art 39 (in diesem Band) Rz 9 ff. 14 So auch die EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 86 sowie Morscher, Verfassungsrecht 148. 15 So die EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 86 sowie Morscher, Verfassungsrecht 149; vgl auch Mayrhofer, Landtagswahlen 210 f.
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Volksbefragung entspricht allerdings nicht dem im bundesverfassungsrechtlichen Kontext üblichen rechtswissenschaftlichen Begriff des obligatorischen Plebiszits,16 das auf Grund der Verwirklichung objektiver Tatbestandselemente unmittelbar ex constitutione – und nicht erst auf Grund des Beschlusses repräsentativ-demokratischer Organe – zwingend durchzuführen ist. Für den Beschluss des LT gelten mangels anderer Anordnung die üblichen Beschlussquoren gem Art 27 TLO 1989, nämlich die Anwesenheit von wenigstens der Hälfte der Abg und die einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Drittens können wenigstens 7.500 zum LT Wahlberechtigte eine 8 Volksbefragung verlangen. Diese im Vergleich zur ursprünglichen Zahl von 10.000 niedrigere numerische Hürde wurde durch die TLO-Nov LGBl 1998/104 eingeführt.17 Die Wahlberechtigung zum LT (aktives Wahlrecht)18 haben gem Art 17 Abs 2 lit a TLO 1989 alle Landesbürger, die spätestens am Tag der Wahl das 16. Lebensjahr vollendet haben und vom Wahlrecht nicht ausgeschlossen sind. Unter Landesbürgern sind gem Art 3 Abs 2 TLO 1989 alle österr Staatsbürger zu verstehen, die ihren Hauptwohnsitz in einer Gemeinde Tirols haben. Gem Art 17 Abs 2 lit b TLO 1989 haben die Wahlberechtigung zum LT aber auch alle österr Staatsbürger, die vor der Verlegung ihres Hauptwohnsitzes in das Ausland diesen in Tirol hatten, spätestens am Tag der Wahl das 16. Lebensjahr vollendeten und vom Wahlrecht nicht ausgeschlossen sind, für die Dauer ihres Aufenthaltes im Ausland, längstens für zehn Jahre. Ein Ausschluss vom Wahlrecht kann gem Art 17 Abs 4 TLO 1989 nur durch LG als Folge rechtskräftiger gerichtlicher Verurteilung vorgesehen werden. § 4 Abs 1 TLWO 2017 bestimmt, dass vom Wahlrecht ausgeschlossen ist, wer durch ein inländisches Gericht nach § 22 Abs 1 NRWO vom Wahlrecht ausgeschlossen wurde. Gem § 22 Abs 1 leg cit kann vom Gericht unter Zugrundelegung der Umstände des Einzelfalls vom Wahlrecht ausgeschlossen werden, wer durch ein inländisches Gericht wegen verschiedener, dort näher aufgezählter strafbarer Handlungen zu einer nicht bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr oder wegen einer sonstigen mit Vorsatz begangenen strafbaren Handlung zu einer nicht bedingt nachgese16 Vgl zB Öhlinger/Eberhard, Verfassungsrecht12 (2019) 204; Pernthaler, Österreichisches Bundesstaatsrecht (2004) 88 f; Adamovich et al, Österreichisches Staatsrecht 23 (2014) 46. 17 Vgl dazu oben Rz 5. 18 Vgl dazu Bußjäger, Art 17 (in diesem Band) Rz 4.
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henen Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt wird. Sofern die Volksbefragung nur in einem Teil des Landesgebiets durchgeführt werden soll, muss das Verlangen nur von wenigstens 25 % der zum LT Wahlberechtigten, die in diesem Teil des Landesgebietes den Hauptwohnsitz haben, gestellt werden. Während für Volksbefragungen im gesamten Landesgebiet die absolute Zahl von 7.500 Wahlberechtigten erforderlich ist, handelt es sich bei diesem Prozentsatz um eine relative Zahl, die theoretisch – abhängig davon, wie viele zum LT wahlberechtigte Personen in demjenigen Teil des Landesgebiets, in dem die Volksbefragung durchgeführt werden soll, ihren Hauptwohnsitz haben – auch über 7.500 liegen könnte. Im Gegensatz zur Volksbefragung im gesamten Landesgebiet, für welche die Zahl der Wahlberechtigten durch die TLO-Nov LGBl 1998/104 von 10.000 auf 7.500 gesenkt wurde, ist der Prozentsatz der erforderlichen Wahlberechtigten für die nur in einem Teil des Landesgebiets abzuhaltende Volksbefragung bislang nicht geändert worden. 9 Viertens können gem Art 60 Abs 2 TLO 1989 wenigstens 40 Gemeinden auf Grund von Gemeinderatsbeschlüssen eine Volksbefragung im gesamten Landesgebiet verlangen. Im Gegensatz zum Volksbegehren gem Art 37 TLO 1989, das ua auch durch die Stadt Innsbruck allein unterbreitet werden kann,19 ist Innsbruck bei der Initiative zur Volksbefragung nicht privilegiert. Es handelt sich bei der Gemeindeinitiative auch nicht um ein direkt-demokratisches Instrument, weil die Gemeinden nur auf Grund von Gemeinderatsbeschlüssen eine Volksbefragung verlangen können. Gem Art 117 Abs 8 B-VG wäre es auch nicht zulässig, eine Volksbefragung auf Landesebene über ein Plebiszit auf Gemeindeebene zu initiieren, da sich diese Ermächtigung nur auf Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereichs der Gemeinde bezieht, die vom Gegenstand gem Art 60 Abs 1 TLO 1989 gerade ausgenommen sind.20 Mangels entgegenstehender Anordnung richtet sich die Beschlussfassung der GR nach den allgemeinen Beschlusserfordernissen gem §§ 44 und 45 TGO sowie § 22 IbkStadtR, wonach jeweils mehr als die Hälfte der Gemeinderatsmitglieder anwesend sein und die Mehrheit der Anwesenden für den Antrag stimmen muss. Soll die Volksbefragung nur in einem Teil des Landesgebiets durchgeführt werden, können die in diesem Teil des Landesgebiets ge19 Gamper, Art 37 (in diesem Band) Rz 14 f. 20 Gamper, Direkte Demokratie in der Gemeinde, RFG 2011, 66 ff.
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legenen Gemeinden auf Grund von Gemeinderatsbeschlüssen dies gem Art 60 Abs 3 TLO 1989 verlangen.21 Alle Gemeinden jenes Teils des Landesgebiets, in dem die Volksbefragung durchgeführt werden soll, müssten somit dieses Verlangen unterstützen.22 Gem Art 60 Abs 3 TLO 1989 wäre auch nur eine einzige Gemeinde berechtigt, eine Volksbefragung zu verlangen, sofern der Teil des Landesgebiets, in dem sie durchgeführt werden soll, nur das Gebiet dieser einen Gemeinde umfasst. Die beiden letztgenannten Möglichkeiten bestehen in einem „Verlan- 10 gen“, das für die LReg bindend ist. Insofern wurde diese Volksbefragung als „obligatorisch“ klassifiziert,23 was allerdings, wie erwähnt, nicht der Terminologie entspricht, die im bundesverfassungsrechtlichen Kontext verwendet wird.24 Genauere Formerfordernisse dieses Verlangens normiert die TLO 1989 nicht, doch enthalten §§ 45–49 VolksG nähere Bestimmungen: Demnach sind in beiden Fällen Anträge auf eine Volksbefragung – die gesetzlich bestimmte Angaben und Belege aufzuweisen haben – bei der LReg einzubringen, die darüber mit schriftlichem Bescheid entscheidet. Dem volksinitiierten Antrag ist stattzugeben, wenn die Voraussetzungen nach den §§ 43–46 VolksG erfüllt sind; andernfalls ist er abzuweisen.25 Im Fall der Gemeindeinitiative ist der Antrag ebenfalls abzuweisen, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen nicht erfüllt sind.26 Inhaltlicher Ermessensspielraum kommt der LReg hierbei nicht zu, zu prüfen sind lediglich die durch das VolksG wiederholten Vorgaben der TLO 1989 und die durch das VolksG geregelten formalen Antragsvoraussetzungen. Die Initiativrechte der zum LT Wahlberechtigten und der Gemeinden 11 verleihen den Initianten das subjektive Recht darauf, die Durchführung einer Volksbefragung entsprechend den Voraussetzungen des Art 60 TLO 1989 iVm dem VolksG zu verlangen.27 Dieses Recht bein21 Vgl dazu noch unten Rz 19 ff. 22 S auch § 49 Abs 1 VolksG. 23 EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 86 und Morscher, Verfassungsrecht 149; vgl auch Mayrhofer, Landtagswahlen 210 f. 24 Vgl dazu schon oben FN 15. Die Volksabstimmung gem Art 43 B-VG wird als „fakultativ“ bezeichnet, muss aber durch den BPräs gem Art 46 Abs 1 B-VG angeordnet werden, sofern der NR es beschließt oder die Mehrheit seiner Mitglieder es verlangt. 25 § 48 Abs 2 VolksG. 26 § 49 Abs 5 VolksG. 27 S die EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 12.
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haltet allerdings nicht das Recht auf Einhaltung der gesetzlichen Bedingungen bei Durchführung einer Volksbefragung oder das Recht auf Anfechtung des Ergebnisses einer Volksbefragung.28 Rechtsschutz gem Art 141 Abs 1 lit h B-VG steht den Initianten deshalb nicht zu, weil es sich bei der Befragungsinitiative nicht um ein Volksbegehren, eine Volksabstimmung oder eine Volksbefragung handelt, dessen oder deren Ergebnis angefochten wird.29 Gegen den Bescheid der LReg gem § 48 Abs 2 und § 49 Abs 5 VolksG ist jedoch Beschwerde an das LVwG zulässig,30 gegen dessen Entscheidung Beschwerde gem Art 144 B-VG an den VfGH erhoben werden kann.31
B. Gegenstand 1. Angelegenheiten, die in die Zuständigkeit des Landes fallen 12 Grundsätzlicher Gegenstand einer Volksbefragung sind gem Art 60 Abs 1 TLO 1989 Angelegenheiten, die in die Zuständigkeit des Landes fallen.32 Zur Zuständigkeit des Landes gehören nach der bundesstaatlichen Kompetenzverteilung Anteile an Gesetzgebung, Verwaltung und Gerichtsbarkeit. Dies hat zB zur Folge, dass die LReg als Verwaltungsorgan über Fragen der Landesgesetzgebung (einschließlich der Landesverfassungsgesetzgebung) eine Volksbefragung durchführen kann, aber auch zB der LT eine Volksbefragung über Angelegenheiten der Landesverwaltung beschließen kann. Darüber hinaus fallen auch die Privatwirtschaftsverwaltung33 des Landes gem Art 17 B-VG sowie Angelegenheiten des Landes, die von Gemeinden besorgt werden,34 in die Zuständigkeit des Landes. Auch die weisungsfreie Landesverwaltung und beliehene Landesverwaltung – einschließlich der durch Landesor28 Vgl dazu noch unten Rz 23 ff. 29 VfGH 27.06.2017, E 1823/2017. 30 So auch in Bezug auf die Stmk Ebner-Vogl, Art 74 Stmk L-VG, in Grabenwarter (Hg), Steiermärkische Landesverfassung (2013) 480. 31 VfGH 27.06.2017, E 1823/2017. 32 Insofern ist die systematische Anordnung des Art 60 TLO 1989 im Rahmen des III. Teils „Verwaltung des Landes Tirol, 1. Abschnitt ‚Landesverwaltung‘“, nicht ganz gelungen: Auch Angelegenheiten der Gesetzgebung könnten einer Volksbefragung unterzogen werden. 33 So auch die EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 85. 34 Vgl allerdings zur Ausnahme der Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereichs der Gemeinde unten Rz 13.
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gane ausgeübten Aufsicht – können der Zuständigkeit des Landes zugerechnet werden. Eine klare Abgrenzung findet sich zu Angelegenheiten des Bundes, die einer Volksbefragung gem Art 60 Abs 1 TLO 1989 entzogen sind. Allerdings wäre es bspw zulässig, eine Volksbefragung zu Angelegenheiten der Landesverwaltung durchzuführen, die von Gesetzen des Bundes über Angelegenheiten gem Art 11 Abs 1 und Art 12 Abs 1 B-VG determiniert werden, sofern dadurch nicht die Bundesgesetzgebung selbst berührt wird.
2. Die Ausnahmetatbestände des Art 60 Abs 1 TLO 1989 Die beiden in Art 60 Abs 1 TLO 1989 genannten Ausnahmetatbestän- 13 de gelten sowohl für Volksbefragungen, die nur in einem Teil des Landesgebiets durchgeführt werden,35 als auch für Volksbefragungen, die gem Art 60 Abs 2 TLO 1989 vom LT beschlossen oder von wenigstens 7.500 zum LT Wahlberechtigten oder wenigstens 40 Gemeinden initiiert wurden36. Die erste Ausnahme, die Art 60 Abs 1 TLO 1989 für den Gegenstand einer Volksbefragung formuliert, betrifft Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereichs der Gemeinde37, wogegen Angelegenheiten des übertragenen Wirkungsbereichs der Gemeinde, die kompetenzrechtlich in die Zuständigkeit des Landes fallen, zulässiger Gegenstand einer Volksbefragung sein können. Hintergrund dieser Ausnahme ist Art 117 Abs 8 B-VG, der die Landesgesetzgebung ermächtigt, in Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereichs der Gemeinde die unmittelbare Teilnahme und Mitwirkung der zum GR Wahlberechtigten vorzusehen. Dementsprechend wird die Volksbefragung auf Gemeindeebene von Art 76 TLO 1989 ausdrücklich erwähnt und in §§ 43, 45–47 IbkStadtR sowie §§ 61–65 TGO näher geregelt.38 Selbst wenn eine Volksbefragung gem Art 60 Abs 3 TLO 1989 nur in einem Teil des Landesgebiets, das wenigstens das Gebiet einer Gemeinde umfassen muss, theoretisch also überhaupt nur in einer einzigen Gemeinde abgehalten 35 36 37 38
Vgl dazu unten Rz 19 ff. Vgl dazu oben Rz 6 ff. Vgl dazu näher Weber, Art 74 (in diesem Band). Bemerkenswerterweise ähnelt die Ibk Volksbefragung eher einer Volksabstimmung, während die Volksbefragung in den übrigen Tir Gemeinden Züge eines Volksbegehrens annehmen kann; vgl näher Gamper, Art 76 (in diesem Band) Rz 11.
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wird, darf sie keine Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereichs der Gemeinde betreffen. Tatsächlich wäre es auch nicht einsichtig, eine Landesvolksbefragung in Angelegenheiten durchzuführen, die gem Art 118 Abs 2 B-VG im ausschließlichen oder überwiegenden Interesse der in der Gemeinde verkörperten örtlichen Gemeinschaft gelegen und geeignet sind, durch die Gemeinschaft innerhalb ihrer örtlichen Grenzen besorgt zu werden. Unter diese Ausnahme fallen allerdings nicht LG, die Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereichs der Gemeinde regeln, oder Aufsichtsmaßnahmen des Landes in Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereichs. 14 Die zweite Ausnahme, die Art 60 Abs 1 TLO 1989 verankert, bezieht sich auf Angelegenheiten, die bestimmte Personen betreffen. Dagegen nimmt Art 49b Abs 1 B-VG etwa „Angelegenheiten, über die ein Gericht oder eine Verwaltungsbehörde zu entscheiden hat“, aus. Ratio legis ist in beiden Fällen, dass dem Legalitätsprinzip unterliegende Individualentscheidungen über einzelne Personen,39 hinsichtlich derer das Volk wie zu einer rechtspolitischen Frage konsultiert wird und möglicherweise eine gesetzwidrige Vorgangsweise befürwortet, kein Thema einer Volksbefragung sein sollen. Insb geht es dabei auch um mit Individualpositionen verknüpfte Grundrechte, die nicht verletzt werden dürfen, sodass sich eine „Volksmeinung“ dahingehend von vornherein verbietet bzw deren Einholung angesichts dessen, dass Landesgesetzgeber oder Landesvollziehung ohnehin grundrechtlichen Bindungen der Bundesverfassung unterliegen, sinnlos wäre. Die Formulierung „Angelegenheiten, die bestimmte Personen betreffen“, geht über die in Art 49b Abs 1 B-VG gewählte Formulierung „Angelegenheiten, über die ein Gericht oder eine Verwaltungsbehörde zu entscheiden hat“40, hinaus, wenngleich es breite Überschneidungen gibt. Angelegenheiten, die bestimmte Personen betreffen, können durchaus auch Angelegenheiten sein, über die ein Gericht oder eine Verwaltungsbehörde zu entscheiden hat, aber sie können auch darüber hinausgehen, wenn es sich um Angelegenheiten handelt, die nicht mit einer juristischen Entscheidung, die durch ein Gericht oder eine Verwaltungsbehörde zu fällen ist, zusammenhängen. Auch der von Art 49b Abs 1 B-VG eigens erwähnte Ausnahmetatbestand der „Wahlen“ ist unter Angelegenheiten, die bestimmte Personen betreffen, subsumierbar. 39 Ähnlich für Art 49b B-VG Merli, Art 49b Rz 20. 40 Dazu näher Merli, Art 49b Rz 20.
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Wesentlich ist, dass es sich um bestimmte, also konkrete und individuelle Personen und nicht um einen unbestimmten Personenkreis handelt, wobei es nicht notwendigerweise die Angelegenheiten einer einzigen Person betreffen muss, sondern auch diejenigen mehrerer Personen in den Ausnahmetatbestand fallen, sofern es sich um konkrete und individuelle Personen handelt. Umfasst sind sowohl natürliche als auch juristische Personen. Die Ausnahme bewirkt, dass auf individuelle Rechtsetzung gerichtete Verfahren der Verwaltung und Gerichtsbarkeit in Angelegenheiten, die in die Zuständigkeit des Landes fallen, einer Volksbefragung gem Art 60 TLO 1989 nicht unterzogen werden dürfen. Damit scheiden Volksbefragungen über Angelegenheiten, in denen Gerichte – dies betrifft insb die LVwG – zu entscheiden haben, jedenfalls aus; im Bereich der Verwaltung sind alle individuellen Angelegenheiten, über die Verwaltungsbehörden zu entscheiden haben, ausgenommen. Aber auch die Landesgesetzgebung könnte, wenn auch nur in geringem Ausmaß, von der Ausnahme betroffen sein, sollte die Volksbefragung ein – aus bundesverfassungsrechtlichen Gründen ohnehin nur beschränkt zulässiges –41 „Maßnahmegesetz“ betreffen, das eine oder mehrere „bestimmte“, also konkrete und individuelle Personen betrifft.
3. Der Interessetatbestand des Art 60 Abs 3 TLO 1989 Sofern die Volksbefragung nur in einem Teil des Landesgebiets durch- 15 geführt wird, tritt zu den Ausnahmetatbeständen nach Art 60 Abs 3 TLO 1989 ein weiterer hinzu. Dieser ist als positive Voraussetzung einer solchen Volksbefragung formuliert, weil es erforderlich ist, dass diese im ausschließlichen oder überwiegenden Interesse der Bewohner dieses Teiles des Landesgebietes gelegen ist. Sofern dieses Interesse nicht besteht, ist eine Volksbefragung in nur einem Teil des Landesgebiets jedenfalls unzulässig.42
41 Merli, Art 49b Rz 20; Öhlinger/Eberhard, Verfassungsrecht 274 f; Pernthaler, Bundesstaatsrecht 99. 42 Vgl näher unten Rz 19 ff.
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V. Initiativ- und Teilnahmeberechtigte 16 Sowohl das Initiativrecht gem Art 60 Abs 2 TLO 1989 als auch das Teilnahmerecht (§ 51 VolksG: „Stimmrecht“)43 bei der Volksbefragung im gesamten Landesgebiet sind gem Art 60 Abs 4 TLO 1989 an die Wahlberechtigung zum LT geknüpft.44 Damit ist der Kreis der das aktive Wahlrecht zum LT innehabenden Personen mit demjenigen der Initiativ- und Teilnahmeberechtigten bei der Volksbefragung im gesamten Landesgebiet ident. 17 Die Volksinitiative auf Durchführung einer Volksbefragung in nur einem Teil des Landesgebiets darf lediglich von zum LT Wahlberechtigten, die in diesem Teil ihren Hauptwohnsitz haben, verlangt werden. Für das Initiativrecht fügt § 43 Abs 4,45 für das Teilnahmerecht § 51 VolksG präzisierend hinzu, dass zu diesen auch jene zum LT Wahlberechtigten hinzuzählen, die – im Fall der Wahlberechtigung nach § 2 Abs 1 lit b TLWO 201746 – im betr Teil des Landesgebietes den Hauptwohnsitz vor der Verlegung desselben in das Ausland hatten. 18 Art 60 TLO 1989 sieht keine Quoren vor: Weder bedarf die Volksbefragung zu ihrer Gültigkeit einer bestimmten Mindestbeteiligung, noch gibt es ein bestimmtes Zustimmungsquorum. Aus dem kundgemachten Ergebnis ergibt sich auch keine weitere Rechtswirkung, für die ein bestimmtes Zustimmungsquorum Voraussetzung wäre.
VI. Volksbefragung in einem Teil des Landesgebiets 19 Art 60 Abs 3 TLO 1989 gestattet es, eine Volksbefragung auch nur in einem Teil des Landesgebiets durchzuführen, wenn die Angelegenheit im ausschließlichen oder überwiegenden Interesse der Bewohner dieses Teils des Landesgebiets gelegen ist. Diese zusätzliche Voraussetzung tritt noch zu den Voraussetzungen des Art 60 Abs 1 TLO 1989 hinzu und gilt in teleologisch-systematischer Auslegung47 sowohl für den 43 Dieses ist vom „Stimmrecht“ bei der Volksabstimmung gem Art 39 TLO 1989 zu unterscheiden. 44 Vgl hierzu bereits oben Rz 8 sowie Bußjäger, Art 17 (in diesem Band) Rz 4. 45 § 45 Abs 1 VolksG wurde damit nicht in Einklang gebracht. 46 Vgl auch Art 17 Abs 2 lit b TLO 1989. 47 Vgl auch § 43 Abs 3 und 4 VolksG.
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Fall, dass die LReg von sich aus die Volksbefragung in einem Teil des Landesgebiets durchführt, als auch dann, wenn dies wenigstens 25 % der zum LT Wahlberechtigten, die in diesem Teil des Landesgebiets den Hauptwohnsitz haben, oder die in diesem Teil des Landesgebiets gelegenen Gemeinden verlangen. Die Möglichkeit eines Beschlusses des LT auf Durchführung der Volksbefragung in nur einem Teil des Landesgebiets ist hingegen, anders als Art 60 TLO 1989 dies für die Volksbefragung im gesamten Landesgebiet ermöglicht, nicht vorgesehen. Die Volksbefragung ist darüber hinaus das einzige der drei Landesplebiszite48, das nach der TLO 1989 auch nur in einem Teil des Landes durchgeführt werden kann. Zu Initiativ- und Teilnahmerecht bei Volksbefragungen in nur einem Teil des Landesgebiets vgl oben Rz 8 und 17. Die Formulierung „im ausschließlichen oder überwiegenden Interes- 20 se der Bewohner dieses Teiles des Landesgebietes gelegen“ erinnert an das in Art 118 Abs 2 B-VG erwähnte „ausschließliche oder überwiegende Interesse der in der Gemeinde verkörperten örtlichen Gemeinschaft“. Während letztere Formulierung der Beschreibung des eigenen Wirkungsbereichs der Gemeinde dient, dessen Angelegenheiten gem Art 60 Abs 1 TLO 1989 ja gerade von der Landesvolksbefragung ausgenommen sind, geht es bei erstgenannter darum, die Beschränkung der Volksbefragung auf Teile des Landesgebiets zu begründen. Nur dann, wenn eine der Volksbefragung zu unterziehende Angelegenheit auf geographisch ungleich verteiltes Interesse stößt, daher nur in einem Teil des Landesgebietes von besonderem Interesse ist, darf die örtliche Reichweite der Volksbefragung eingeschränkt werden. Das ausschließliche oder überwiegende Interesse bezieht sich also in teleologisch- systematischer Hinsicht auf die Interessen von Bewohnern unterschiedlicher Landesteile zueinander. Es geht mithin um ein ausschließliches oder überwiegendes Interesse, das nur in einem bestimmten Landesteil oder dort zumindest stärker vertreten wird als in einem anderen Landesteil. Ob diese Voraussetzung erfüllt ist, unterliegt jedoch einem relativ weiten Auslegungsspielraum, da viele Angelegenheiten grds zwar im gesamten Landesgebiet ein Interesse darstellen, jedoch in einem bestimmten Teil des Landesgebiets ein im Vergleich dazu noch einmal gesteigertes und insofern überwiegendes Interesse bilden können. § 45 Abs 3 und § 49 Abs 3 VolksG bestimmen, dass der Antrag 48 Vgl daneben noch das Volksbegehren gem Art 37 sowie die Volksabstimmung gem Art 39 TLO 1989 und dazu Gamper, Art 37 und 39 (in diesem Band).
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einer Volks- oder Gemeindeinitiative auf Durchführung einer Volksbefragung in einem Teil des Landesgebiets zusätzlich die Gemeinde oder die Gemeinden, in der bzw in denen sie durchgeführt werden soll, sowie eine Begründung hinsichtlich des ausschließlichen oder überwiegenden Interesses der der Volksbefragung zu unterziehenden Angelegenheit enthalten muss. Letztlich obliegt es der LReg, mit schriftlichem Bescheid über die Zulässigkeit der Volksbefragung und damit auch darüber zu entscheiden, ob das Kriterium des ausschließlichen oder überwiegenden Interesses zu bejahen ist. Das ausschließliche oder überwiegende Interesse betrifft darüber hinaus die „Bewohner“, also nicht notwendigerweise nur die zum LT Wahlberechtigten und damit die zur Initiative und Teilnahme an der Volksbefragung Berechtigten, ja nicht einmal nur die Landesbürger oder sonstigen österr Staatsbürger bzw Unionsbürger, die in Tirol einen Wohnsitz aufweisen. 21 Da der Teil des Landesgebiets, in dem die Volksbefragung durchgeführt wird, wenigstens das Gebiet einer Gemeinde umfassen muss, könnte sich die Frage stellen, ob die Volksbefragung auch nur in einer einzigen Gemeinde – zB der Stadt Ibk oder einer anderen Tir Gemeinde – durchgeführt werden darf, sofern es um eine Angelegenheit geht, die im ausschließlichen oder überwiegenden Interesse der Bewohner dieser Gemeinde gelegen ist. Dies ist unter der Voraussetzung zu bejahen, dass es dabei nicht um eine Angelegenheit des eigenen Wirkungsbereichs dieser Gemeinde gehen darf, da dieser Ausnahmetatbestand eben auch für nur in Teilen des Landesgebiets durchgeführte Volksbefragungen gilt.49 Das VolksG enthält in Ausführung von Art 60 Abs 3 TLO 1989 nähere Bestimmungen für den Fall, dass eine Volksbefragung in nur einem Teil des Landesgebiets durchgeführt wird: Hinzuweisen ist dabei darauf, dass das VolksG selbst in seinem IV. Hauptstück „Volksbefragung“ immer wieder den Begriff „Abstimmung“ (zB Abstimmungsverfahren, Abstimmungsergebnis) in unterschiedlichen Varianten verwendet. Wenn im Folgenden daher dieser Begriff verwendet wird, entspricht dies der Gesetzessprache, meint aber nicht die Volksabstimmung im technischen Sinn. Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang zunächst § 43 Abs 5 VolksG, wonach die Grenzen des Gebiets, in dem die Volksbefragung 49 Vgl dazu oben Rz 13.
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durchgeführt wird, Gemeindegrenzen nicht schneiden dürfen. Somit ergibt sich, dass eine derartige Volksbefragung gem Art 60 Abs 3 TLO 1989 zum einen in einem Gebiet durchzuführen ist, das mindestens das Gebiet einer Gemeinde umfassen muss, zum anderen, dass es immer ganze Gemeindegebiete, in welcher Zahl auch immer, sind, in denen die Volksbefragung durchgeführt wird. Es muss sich jedoch nicht um ganze Bezirke handeln, wie aus Art 60 Abs 3 TLO 1989 und § 58 Abs 2 VolksG ableitbar ist. Hingegen gebietet keine ausdrückliche Bestimmung der TLO 1989 oder des VolksG, dass es sich um die Gebiete aneinander angrenzender Gemeinden handeln muss. Aus dem Begriff „Teil“ allein lässt sich nämlich nicht ableiten, dass es sich um einen zusammenhängenden Teil des Landesgebiets handeln muss. Auch wenn eher – die EB geben dazu allerdings keinen Aufschluss – anzunehmen ist, dass der Gesetzgeber davon ausging, dass es sich um einen zusammenhängenden Teil des Landesgebiets mit einem übereinstimmenden ausschließlichen oder überwiegenden Interesse der Bewohner handelt, erscheint dies an sich nicht zwingend. Sofern eine Angelegenheit nämlich eine nicht nur räumlich-geographisch zusammenhängende Entität, sondern Fragen betrifft, die sich aus welchen Gründen immer in verschiedenen Tir Gemeinden stellen, die trotz Fehlens einer unmittelbaren Nachbarschaft strukturelle Gemeinsamkeiten aufweisen, könnte es durchaus sinnvoll sein, die Volksbefragung in „gestreuten“ Gemeinden, die dann gemeinsam einen „fragmentierten“ Landesteil bilden, abzuhalten. Diese Auslegung scheint auch mit § 58 Abs 2 leg cit vereinbar, wonach das von der Kreiswahlbehörde ermittelte Abstimmungsergebnis das – von der LReg im LGBl kundzumachende – Ergebnis der Volksbefragung bildet, wenn diese Volksbefragung ausschließlich im Gebiet oder in einem Teilgebiet des betr Bezirkes durchgeführt wird. Wenn jedoch die Volksbefragung nicht nur ausschließlich im Gebiet oder Teilgebiet eines einzigen Bezirks, sondern auch noch in den Gebieten oder Teilgebieten eines oder mehrerer anderer Bezirke durchgeführt wird, ist – ebenso wie für den Fall, dass die Volksbefragung überhaupt im gesamten Landesgebiet durchgeführt wird – § 59 VolksG anwendbar, wonach die Landeswahlbehörde die von den Kreiswahlbehörden mitgeteilten Ergebnisse zum Gesamtergebnis im Land zusammenzufassen und das – von der LReg im LGBl kundzumachende – Abstimmungsergebnis im Land zu ermitteln hat.
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VII. Einfachgesetzliche Ausgestaltung des Verfahrens 22 Art 60 Abs 5 TLO 1989 bestimmt zum Verfahren der Volksbefragung lediglich, dass dieses durch LG näher geregelt wird. Detailliertere Bestimmungen finden sich in §§ 43–63 VolksG („IV. Hauptstück Volksbefragung“): Neben allgemeinen Bestimmungen werden die Fragestellung, der Antrag von Wahlberechtigten, die Unterstützungserklärung und Stimmrechtsbetätigung, die Ermittlung durch die Gemeinde, die Entscheidung über eine volksinitiierte Volksbefragung, der Antrag von Gemeinden, die Ausschreibung der Volksbefragung, die Festlegung von Aufgaben durch die Gemeindewahlbehörde, das Stimmrecht, die Erfassung der Stimmberechtigten, die Teilnahme an der Volksbefragung, Stimmkarten und Antrag auf Ausübung des Stimmrechts vor Sonderwahlbehörden, die Kundmachung in der Gemeinde, der amtliche Stimmzettel, die Gültigkeit von Stimmzetteln, die Ermittlung durch die Gemeinde-(Sprengel-)Wahlbehörde und die Kreiswahlbehörde, die Ermittlung durch die Landeswahlbehörde und das Ergebnis der Volksbefragung, Niederschriften, der Abstimmungsakt der Gemeinde-(Sprengel-)Wahlbehörde, der Überprüfungsantrag sowie die Entscheidung über Überprüfungsanträge geregelt. Anlagen 9, 10, 11 und 12 zum VolksG enthalten für die Volksbefragung relevante Musterschablonen. Im vorliegenden Zusammenhang soll nur auf folgende Bestimmungen näher eingegangen werden: Die der Volksbefragung unterzogene Frage muss sich gem § 44 Abs 1 leg cit auf eine bestimmte Angelegenheit beziehen.50 Wenn die Meinung der Teilnahmeberechtigten dadurch besser erfragt werden kann, darf eine zweite, von der ersten unabhängige Frage gestellt oder die erste Frage durch eine – an alle Teilnahmeberechtigten zu richtende – Zusatzfrage ergänzt werden. Die Zusatzfrage ist ausdrücklich als solche zu bezeichnen und auf den Fall abzustellen, dass die erste Frage mehrheitlich in einer bestimmten Weise beantwortet wird. Jede Frage und Zusatzfrage ist gem § 44 50 Die am 15.10.2017 abgehaltene Volksbefragung mit der Frage „Soll das Land Tirol ein selbstbewusstes Angebot für nachhaltige, regional angepasste sowie wirtschaftlich und ökologisch vertretbare Olympische und Paralympische Winterspiele Innsbruck-Tirol 2026 legen?“ wurde ua wegen des behaupteten unklaren und suggestiven Charakters der Frage beim VfGH angefochten, die Anfechtung wurde jedoch als unzulässig zurückgewiesen (VfGH 24.11.2017, G 278/2017, V 117/2017, W III 1/2017).
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Abs 2 leg cit eindeutig, ohne wertende Zusätze, möglichst knapp und überdies so zu fassen, dass sie entweder mit „ja“ oder „nein“ oder durch die Zustimmung zu einer von höchstens drei vorgegebenen Entscheidungsmöglichkeiten beantwortet werden kann. Diese gesetzliche Bestimmung entspricht auch der Judikatur des VfGH, der zu Volksbefragungen auf Gemeindeebene51 klarstellte: „Gerade Einrichtungen der direkten Demokratie erfordern es, daß das Substrat dessen, was den Wahlberechtigten zur Entscheidung vorgelegt wird […], klar und eindeutig ist, damit Manipulationen hintangehalten und Mißverständnisse soweit wie möglich ausgeschlossen werden können. […] Vielmehr ist bei Volksbefragungen die Klarheit der Fragestellung essentiell, und zwar unabhängig davon, wie intensiv eine Frage vor einer Volksbefragung diskutiert wurde.“52 Gem § 50 Abs 1 leg cit hat die LReg den Tag der Volksbefragung unverzüglich festzulegen und diesen unter Anführung der Kurzbezeichnung der Volksbefragung, des Wortlautes der Fragestellung und des Gebietes, in dem die Volksbefragung durchgeführt wird, durch Kundmachung im LGBl zu verlautbaren. Als Abstimmungstag ist gem § 50 Abs 2 iVm § 28 Abs 2 leg cit ein Sonntag innerhalb von zehn Wochen nach dem Tag der Kundmachung im LGBl zu bestimmen. Der VfGH stellte im Zuge der Wahlanfechtung einer Landtagswahl fest, dass die gleichzeitig mit einer Landtagswahl stattfindende Durchführung des Stimmabgabeverfahrens einer Volksbefragung unbedenklich sei.53 Gem § 56 Abs 1 leg cit sind die §§ 38, 39, 41 bis 48, 55 und 56 TLWO 2017 grds anwendbar, die dem besonderen Schutz der Wahlrechtsgrundsätze bei der Stimmabgabe verpflichtet und damit auch auf Volksbefragungen anwendbar sind. Gem § 55 Abs 2 leg cit hat der amtliche Stimmzettel die Bezeichnung „Amtlicher Stimmzettel“, den Tag der Volksbefragung und den Wortlaut der Fragestellung zu enthalten. Ist eine Frage oder Zusatzfrage mit „ja“ oder „nein“ zu beantworten, so sind unter ihrem Wortlaut auf der linken Seite das Wort „ja“ und daneben ein Kreis und auf der rechten Seite das Wort „nein“ und daneben ein Kreis anzubringen. Sind andere Entscheidungsmöglichkeiten vorgegeben, so sind auf der linken Seite die einzelnen Entscheidungsmög51 Diese Rsp lässt sich auch auf Volksbefragungen der Landesebene übertragen. 52 VfSlg 15.816/2000; vgl ähnlich VfSlg 19.648/2012, 19.772/2013; VfGH 13.09.2013, V 50/2013. 53 VfSlg 15.645/1999.
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lichkeiten untereinander anzuführen; rechts daneben ist jeweils ein Kreis anzubringen. Gem § 57 Abs 1 leg cit ist der amtliche Stimmzettel gültig, wenn der Abstimmende am Stimmzettel in dem dem Wort „ja“ oder in dem dem Wort „nein“ zugeordneten Kreis, wenn andere Entscheidungsmöglichkeiten vorgegeben sind, in einem der diesen Entscheidungsmöglichkeiten zugeordneten Kreise, ein liegendes Kreuz oder ein sonstiges Zeichen angebracht hat, aus dem zweifelsfrei hervorgeht, dass er die auf dem Stimmzettel angeführte Frage mit „ja“ oder mit „nein“ beantwortet hat; oder wenn der Abstimmende seinen Willen auf andere Weise, wie zB durch Anhaken oder Unterstreichen des Wortes „ja“ oder des Wortes „nein“, wenn andere Entscheidungsmöglichkeiten vorgegeben sind, durch Anhaken oder Unterstreichen einer dieser Entscheidungsmöglichkeiten oder durch eine sonstige entsprechende Bezeichnung, eindeutig zu erkennen gegeben hat. Ungültig sind gem § 57 Abs 2 iVm § 35 Abs 4 leg cit andere als amtliche Stimmzettel, Stimmzettel, die derart beschädigt oder beeinträchtigt sind, dass der Wille des Abstimmenden nicht eindeutig zu erkennen ist, die keine Bezeichnung iSv § 35 Abs 1 leg cit aufweisen, auf denen die angeführte Frage widersprüchlich beantwortet ist oder bei denen der Wille des Abstimmenden nicht eindeutig zu erkennen ist. Auch leere Stimmkuverts gelten als ungültige Stimmzettel (§ 35 Abs 5 leg cit). Die Gültigkeit des Stimmzettels ist in den meisten dieser Fälle für jede Frage gesondert zu prüfen. Ähnlich wie bei der Briefwahl gibt es auch bei der Volksbefragung die Möglichkeit, die Stimme per Briefabstimmung abzugeben: Gem § 53 Abs 2 leg cit können Stimmberechtigte, die eine Stimmkarte besitzen, ihre Stimme durch Übermittlung der verschlossenen Stimmkarte an die Wahlbehörde, in deren Stimmliste der Abstimmende eingetragen ist, während der Abstimmungszeit dieser Wahlbehörde am Abstimmungstag oder durch ihre Übersendung oder sonstige Übermittlung an die Gemeinde, die die Stimmkarte ausgestellt hat, abgeben; in letzterem Fall muss die Stimmkarte spätestens am zweiten Tag vor dem Abstimmungstag, im Fall der persönlichen Übergabe bis 14 Uhr, bei dieser Gemeinde einlangen. Gem § 59 Abs 1 leg cit hat die Landeswahlbehörde die von den Kreiswahlbehörden mitgeteilten Ergebnisse zum Gesamtergebnis im Land zusammenzufassen und auf Grund der Niederschriften der Kreiswahlbehörden das Abstimmungsergebnis im Land zu ermitteln, welches das Ergebnis der Volksabstimmung bildet. Die LReg hat gem § 59 Abs 3 leg cit das Ergebnis der Volksbefragung unverzüglich durch Kundmachung im LGBl zu verlautbaren. 794
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Weder in Art 60 TLO 1989 noch im VolksG finden sich Bestimmungen hinsichtlich – über die Verlautbarungspflicht hinausgehender – Rechtswirkungen des Ergebnisses der Volksbefragung. Weder ist das Ergebnis der Volksbefragung für irgendein Landesorgan verbindlich noch löst es ein weiteres Plebiszit oder auch nur eine Beratungspflicht aus. In rechtlicher Hinsicht ist die Volksbefragung gem Art 60 TLO 1989 damit das schwächste unter allen Plebisziten, auch wenn das Ergebnis politischen Einfluss haben kann.
VIII. Rechtsschutz Das Teilnahmerecht an der Volksbefragung ist ein landesverfassungs- 23 rechtlich gewährleistetes subjektives Recht, das vom Initiativrecht auf Durchführung einer Volksbefragung54 zu unterscheiden ist: Richtigerweise enthielte das Teilnahmerecht55 auch das Recht auf Durchführung der Volksbefragung nach allen (landesverfassungs)gesetzlich bestimmten Bedingungen, die bei der Durchführung einer Volksbefragung zu beachten sind. Eine (alternative) Voraussetzung dafür ist, dass die LReg dem Antrag von wenigstens 7.500 zum LT Wahlberechtigten stattgab. Eine Zurück- oder Abweisung dieses Antrags bezieht sich dagegen auf das Initiativrecht, gegen dessen Verletzung Beschwerde an das LVwG möglich ist.56 Entgegen der restriktiven Judikatur des VfGH57 zum Recht auf Durchführung (nicht bloß, wie der VfGH annimmt, Teilnahme an) einer Volksabstimmung im Fall der Gesamtänderung der Bundesverfassung muss nämlich angenommen werden, dass das Teilnahmerecht sinnentleert würde, wenn nicht die Durchführung einer nach den einschlägigen Bestimmungen durchzuführenden Volksbefragung, sondern nur die Teilnahme an einer Volksbefragung, die durchgeführt wird, durchsetzbar wäre.58 Fraglich ist allerdings, auf welchem Wege die Verletzung im Teilnahme- 24 recht durchsetzbar ist, da die TLO 1989 darüber keine ausdrückliche 54 55 56 57
Vgl dazu bereits oben Rz 11. So die EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 12. Vgl dazu bereits oben Rz 11. Vgl VfSlg 17.588/2005, 19.085/2010, 19.170/2010. Dazu schon kritisch Gamper, Demokratie 197 f. 58 Ähnlich für die Bundesebene Merli, Art 45, 46 B-VG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (1999) Rz 7.
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Bestimmung enthält. § 62 Abs 1 VolksG sieht iZm dem an die Landeswahlbehörde gerichteten Überprüfungsantrag keine individuellen Antragsrechte, ausgenommen des Bevollmächtigten der Volksinitiative gem § 45 leg cit vor. Ansonsten ist die Anfechtung im Fall eines Landtagsbeschlusses dem LT oder im Fall der Gemeindeinitiative wenigstens einem Viertel der initiierenden Gemeinden gestattet. Die Landeswahlbehörde hat gem § 63 Abs 1 leg cit über den Überprüfungsantrag im Rahmen der vorgebrachten Gründe mit schriftlichem Bescheid zu entscheiden und dies zu begründen. Ergibt die Überprüfung eine Rechtswidrigkeit des Verfahrens, so hat die Landeswahlbehörde gem § 63 Abs 2 iVm § 42 Abs 2 leg cit dieses aufzuheben, soweit die Rechtswidrigkeit auf das Ergebnis der Volksbefragung von Einfluss sein konnte, und zu bestimmen, welche Teile des Verfahrens zu wiederholen sind. Ergibt die Überprüfung die Unrichtigkeit der Ergebnisermittlung, so hat die Landeswahlbehörde das richtiggestellte Ergebnis unverzüglich durch Kundmachung im LGBl zu verlautbaren. Die Anfechtung des Bescheids der Landeswahlbehörde gem Art 141 Abs 1 lit h B-VG knüpft gem § 67 Abs 2 VfGG wohl wiederum an diesen Parteibegriff an, was eine individuelle Anfechtung des Befragungsergebnisses durch einen einzelnen Teilnahmeberechtigten, ausgenommen den Bevollmächtigten der Volksinitiative, ausschließt.59 Der VfGH hat in einer insgesamt unklaren Judikatur60 einerseits festgestellt, dass der Landesgesetzgeber nicht berechtigt sei, die Voraussetzungen der Anfechtung gem Art 141 Abs 1 lit h B-VG zu regeln, andererseits aber gefolgert, dass – angesichts des Fehlens bundes(verfassungs) rechtlicher Regelungen über die Anfechtungsbefugnis bei Landesplebisziten – „jedenfalls“ diejenigen gem Art 141 Abs 1 lit h B-VG anfechtungsberechtigt seien, die in einem landesgesetzlich vorgesehenen Einspruchsverfahren anfechtungsberechtigt seien und Parteistellung hätten. Soweit bundesgesetzliche Regelungen fehlten, seien die Legitimationsvoraussetzungen für die Anfechtung direktdemokratischer Ereignisse (insb von Volksbefragungen auf Landes- und Gemeindeebene) unmittelbar aus Art 141 B-VG selbst abzuleiten.61 Der Bundesgesetzgeber habe das Recht auf Anfechtung des Ergebnisses von Volksbefra59 Vgl zur Zulässigkeit der Beschränkung der Anfechtungsbefugnisse bei Plebisziten VfSlg 9234/1981, 13.839/1994, 15.816/2000, 19.785/2013. 60 Vgl zB VfSlg 15.816/2000, 19.648/2012, 19.772/2013, 19.784/2013, 19.785/2013; VfGH 12.06.2015, W III 1/2015; 18.02.2016, W III 1/2016. 61 VfGH 24.11.2017, G 278/2017, V 117/2017, W III 1/2017.
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gungen derart zu gestalten, dass eine solche (Rechts-)Ausübung tatsächlich ermöglicht werde, nicht jedoch, dass die Anfechtungsbefugnis jeder an der Teilnahme berechtigten Person schlechthin zukommen müsse.62 Die bisherige Rsp des VfGH zur Antragslegitimation einer Mehrzahl stimmberechtigter Personen bei Anfechtungen gem Art 141 Abs 3 B-VG idF vor der B‑VG‑Nov BGBl I 2012/51 lasse sich auf Anfechtungen gem Art 141 Abs 1 lit h B-VG übertragen.63 Ein aus der bloßen Teilnahme an direktdemokratischen Instrumenten ohne Erfüllung von bestimmten Formalerfordernissen erfließendes subjektives Recht einzelner Personen auf Überprüfung von Abstimmungsergebnissen sei weder in den die direktdemokratischen Instrumente regelnden Bestimmungen des B-VG noch in Art 141 Abs 3 B-VG idF vor der B‑VG-Nov BGBl I 2012/51 vorgesehen, sondern könne ihnen allenfalls durch ihre besondere Rechtsstellung in diesen Verfahren zukommen.64 Der VfGH habe in Verfahren gem Art 141 Abs 1 lit h B-VG zu prüfen, ob ein der Anfechtung nach Art 141 Abs 1 lit h B-VG vorgelagertes Verfahren vorgesehen sei. Des Weiteren sei auch die Überprüfung der Rechtmäßigkeit des Verfahrens der Volksbefragung einschließlich der Gesetzmäßigkeit der in Verordnungsform kundgemachten Fragestellung bei einer Volksbefragung möglich.65 Im Fall einer landesgesetzlichen Regelung, die überhaupt keinen Überprüfungsantrag zuließ, führte der VfGH aus, dass nicht nur „solche Volksbefragungen vom Verfassungsgerichtshof überprüft werden können, die auf einer Initiative von Gemeindemitgliedern beruhen. Eine solche Auslegung würde nämlich zu dem – aus verfassungsrechtlicher Sicht unvertretbaren – Ergebnis führen, dass das Ergebnis einer durch Initiative des Gemeinderates eingeleiteten Volksbefragung überhaupt nicht bekämpft und damit auch nicht überprüft werden kann. Dies ist mit rechtsstaatlichen Geboten nicht in Einklang zu bringen […]. Die Anfechtung des Ergebnisses einer Volksbefragung im Wege des Art 141 Abs 3 B-VG ist daher – unabhängig von der Art ihrer Einleitung – zulässig […].“66 Anders als nach der diesem Verfahren zugrundeliegenden Rechtslage sieht das VolksG zwar in einigen Fällen ein Überprüfungsverfahren vor, allerdings nicht für den Fall, dass die 62 VfGH 24.11.2017, G 278/2017, V 117/2017, W III 1/2017. 63 VfGH 24.11.2017, G 278/2017, V 117/2017, W III 1/2017. 64 Vgl zuletzt VfGH 18.02.2016, W III 1/2016, mit Hinweisen auf die Vorjudikatur. 65 VfGH 24.11.2017, G 278/2017, V 117/2017, W III 1/2017. 66 VfSlg 19.648/2012.
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Volksbefragung „fakultativ“ durch die LReg beschlossen wurde. In diesem Fall gäbe es sohin tatsächlich keine Überprüfbarkeit und würde eine Anfechtung gem Art 141 Abs 1 lit h B-VG zulässig sein. Fraglich ist aber, ob diese Annahme des VfGH auch dann gilt, wenn – wie hier – zumindest für bestimmte Fälle der Volksbefragung Überprüfungsverfahren vorgesehen sind. Darüber hinaus könnte die restriktiv ausgestaltete Überprüfungsmöglichkeit auch damit begründet werden, dass zum einen das Ergebnis der Volksbefragung, anders als bei der Volksabstimmung, nicht verbindlich ist und zum anderen die Durchführung der Volksbefragung bloß „fakultativ“ von der LReg beschlossen wurde.
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Artikel 60a Information der Bevölkerung Die Landesregierung hat die Bevölkerung des Landes über Angelegenheiten, die für das Land Tirol von besonderer politischer, wirtschaftlicher oder finanzieller Bedeutung sind, in geeigneter Weise zu informieren. LGBl samt Erläuterungen: LGBl 1998/104 (XII. GP RV 230/98 AB 230/98) Literatur: Bertel, Die Bedeutung von Transparenz in der Bürgerbeteiligung der Europaregion, in Bußjäger/Gamper (Hg), Demokratische Innovation und Partizipation in der Europaregion (2015) 147 (154); Gamper, Bürgerbeteiligung und demokratische Innovation in Tirol – Voraussetzungen, Instrumente, Schranken, in Bußjäger/Gamper (Hg), Demokratische Innovation und Partizipation in der Europaregion (2015) 23 (31 f); Schwamberger/Ranacher, Tiroler Landesordnung 19896: Kommentar (2017) 112
Inhaltsübersicht I. Entstehungsgeschichte.................................................................. 1 II. Allgemeines..................................................................................... 2 III. Einzelne Elemente.......................................................................... 4 A. Landesregierung........................................................................ 4 B. Bevölkerung des Landes........................................................... 5 C. Angelegenheiten von besonderer politischer, wirtschaftlicher oder finanzieller Bedeutung für das Land Tirol........ 6 D. Geeignete Weise.......................................................................... 9 E. Rechtsfolgen............................................................................... 11
I. Entstehungsgeschichte Art 60a TLO 1989 wurde im Zuge der TLO-Nov LGBl 1998/104 erlas- 1 sen, um „[i]m Interesse einer verstärkten Transparenz der Tätigkeit der Landesregierung“1 für ebendiese einen „Informationsauftrag“2 explizit landesverfassungsrechtlich zu verankern, wonach die Bevölkerung 1 EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 1998/104, Tir LT XII. GP, GZ 270/98, 14. 2 So ausdrücklich die Bezeichnung in den EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 1998/104, Tir LT XII. GP, GZ 270/98, 14.
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Tirols über die in Art 60a TLO 1989 genannten Angelegenheiten zu informieren ist. Aufgrund dieser Bestimmung erhielt der Auftrag an die LReg eine „besondere politische Dimension“.3 Darüber hinaus ist die Einführung von Art 60a TLO 1989 laut den EB auch iZm der im Zuge der TLO-Nov LGBl 1998/104 vorgenommenen Stärkung der Rechte von einzelnen Abgeordneten sowie der Verbesserung der direktdemokratischen Einrichtungen in der TLO 1989 zu sehen.4 Seit seiner Erlassung 1998 wurde Art 60a TLO 1989 keinen Änderungen unterzogen.
II. Allgemeines 2 Durch Art 60a TLO 1989 soll in erster Linie verstärkte Transparenz landesverfassungsrechtlich sichergestellt werden, was bereits durch die Überschrift „Information der Bevölkerung“ impliziert wird.5 Ein erhöhtes Maß an Transparenz indiziert im Weiteren aber auch eine erhöhte Effizienz, da transparent vorgenommene Handlungen einer (zumindest potenziellen) „Kontrolle“ durch die Bevölkerung unterliegen. Dieser Umstand ist insb im politischen Zusammenhang zu sehen, weil zumindest ein gewisser Anteil der als „Bevölkerung“ zu qualifizierenden Personen überdies auch Wahlberechtigte sind. 3 Art 60a TLO 1989 statuiert eine ausdrückliche Handlungsverpflichtung der LReg für den Fall, dass „Angelegenheiten, die für das Land Tirol von besonderer politischer, wirtschaftlicher oder finanzieller Bedeutung sind“, vorliegen. Die EB sprechen in diesem Zusammenhang an mehreren Stellen dezidiert von einem „Auftrag“6. Schließlich deutet auch das Telos der Bestimmung, deren zentraler Zweck eine verstärkte Transparenz durch umfassende Information bei besonders wichtigen Angelegenheiten ist, klar in Richtung einer Informationspflicht.7 Ein Vergleich mit den anderen Landesverfassungen zeigt, dass diese keine Bestimmungen mit ähnlichen Informationspflichten enthalten. Art 60a TLO 1989 stellt somit innerhalb der österr Landesverfassungen ein Unikum dar. 3 4 5 6 7
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EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 1998/104, Tir LT XII. GP, GZ 270/98, 14. EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 1998/104, Tir LT XII. GP, GZ 270/98, 4. S auch die EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 1998/104, Tir LT XII. GP, GZ 270/98, 14. EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 1998/104, Tir LT XII. GP, GZ 270/98, 4 und 14. Vgl nur die EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 1998/104, Tir LT XII. GP, GZ 270/98, 14.
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Am ehesten vergleichbar ist wohl Art 68 Abs 4 Bgld L-VG, demgemäß Gesetzesvorschläge der LReg (ebenso wie selbständige Anträge von LTAbg und der Ausschüsse des LT auf Erlassung eines Gesetzes aufgrund eines Beschlusses des zuständigen Ausschusses des LT) in geeigneter Weise bekannt gegeben werden sollen, wenn diese von „grundsätzlicher Bedeutung“ sind. Im Gegensatz zu Art 60a TLO 1989, der allgemein von Angelegenheiten spricht, beschränkt sich diese Informationsbestimmung allerdings auf Gesetzesvorschläge und zieht außerdem Stellungnahmerechte aller Landesbürger nach sich.
III. Einzelne Elemente A. Landesregierung Als Adressat der Bestimmung ist ausdrücklich die LReg genannt, diese 4 ist zur entsprechenden Information der Bevölkerung des Landes bei Vorliegen der in Art 60a TLO 1989 normierten Voraussetzungen verpflichtet. Es bedarf damit insb keiner Anträge, Ansuchen oder sonstigen Handlungen durch andere Organe oder Dritte. Sowohl der Wortlaut, die EB als auch der Zweck der Bestimmung belegen dies klar.8 Zwangsläufige Konsequenz dieser rechtstechnischen Konstruktion ist der Umstand, dass die LReg selbst zu bewerten hat, wann eine Angelegenheit vorliegt, die für das Land Tirol von besonderer politischer, wirtschaftlicher oder finanzieller Bedeutung ist. Ihr kommt bei dieser Bewertung ein großer Ermessensspielraum zu, was ua der (notwendigerweise) sehr unbestimmten Formulierung der Voraussetzungen für eine Informationspflicht geschuldet ist.9 Jedenfalls sind aber dabei die bundesverfassungsrechtlichen Beschränkungen gem Art 20 Abs 3 und 4 B-VG zu beachten.10 Darüber hinaus ist außerdem auf etwaige datenschutzrechtliche Vorgaben und Limitationen Bedacht zu nehmen.
B. Bevölkerung des Landes Gem Art 60a TLO 1989 hat die LReg die „Bevölkerung des Landes“ zu 5 informieren.11 Augenfällig ist in diesem Zusammenhang, dass der Be8
Vgl nur die EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 1998/104, Tir LT XII. GP, GZ 270/98, 4 und 14. 9 S auch Gamper, Bürgerbeteiligung 32. 10 Gamper, Bürgerbeteiligung 32. Vgl dazu auch Bertel, Art 54 (in diesem Band) Rz 1 f. 11 EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 1998/104, Tir LT XII. GP, GZ 270/98, 14.
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griff „Bevölkerung“ in der TLO 1989 ausschließlich in Art 60a verwendet wird. Fraglich ist folglich, ob sich der Begriff „Bevölkerung des Landes“ mit dem in Art 3 Abs 1 TLO 1989 und Art 8 TLO 1989 verwendeten Begriff „Landesvolk“12 deckt. Das Landesvolk stellt nach Art 3 Abs 1 TLO 1989 die Gesamtheit der Landesbürger dar. Diese sind gem Art 3 Abs 2 TLO 1989 österr Staatsbürger, welche ihren Hauptwohnsitz in einer Tir Gemeinde haben.13 Auch wenn sich weder in der TLO 1989 noch in den Mat eine Definition von „Bevölkerung des Landes“ findet, ist davon auszugehen, dass diese sich nicht mit dem „Landesvolk“ deckt, wofür bereits die unterschiedliche Begriffswahl spricht. Betrachtet man außerdem die Zielrichtung von Art 60a TLO 1989, die ua eine quantitativ möglichst weitreichende Information beinhaltet, so erscheint es naheliegend, dass der Landesverfassungsgesetzgeber bewusst eine andere Begrifflichkeit gewählt hat, um so eine möglichst flächendeckende Information iS maximaler Transparenz zu gewährleisten. Abgesehen davon betreffen Angelegenheiten von besonderer politischer, wirtschaftlicher oder finanzieller Bedeutung regelmäßig eben nicht nur Landesbürger oder etwa Wahlberechtigte, sondern die Allgemeinheit überhaupt.14 Unter „Bevölkerung des Landes“ sind dementsprechend nicht nur die Landesbürger oder Wahlberechtigten zu verstehen15, sondern vielmehr alle Personen, die seit einer gewissen Dauer in Tirol leben bzw zwar erst seit kurzem im Land leben, deren Aufenthalt aber nicht kurzfristig ausgelegt ist (wie dies etwa bei Urlaubern der Fall ist).16 Eine konkrete Dauer kann mangels positivrechtlicher Vorgaben nicht genannt werden, es wird wohl von einem Zeitraum von einigen wenigen Monaten auszugehen ein. Der Begriff „Bevölkerung des Landes“ ist somit weiter als jener des „Landesvolks“ gem Art 3 Abs 1 TLO 1989 und umfasst alle (dauerhaft) im Land Lebenden, unabhängig von ihrer 12 Vgl dazu Gamper, Art 3 (in diesem Band) Rz 3. 13 Näher zum Ganzen Gamper, Art 3 (in diesem Band) Rz 3 f. 14 In ähnlicher Weise wird auch auf einfachgesetzlicher Ebene bewusst zwischen verschiedenen Begriffen differenziert: So unterscheidet etwa § 13 TGO einerseits zwischen Gemeindebürgern (alle Unionsbürger, die in der Gemeinde ihren Hauptwohnsitz haben) und Gemeindebewohnern andererseits, wobei letztere neben Gemeindebürgern auch Personen umfasst, die keine Unionsbürger sind und in der Gemeinde ihren Hauptwohnsitz haben sowie Personen, die ihren Hauptwohnsitz nicht in der Gemeinde haben, jedoch über eine Liegenschaft oder einen Gewerbebetrieb im Gemeindegebiet verfügen, und sohin die weitere Begrifflichkeit darstellt. 15 Gamper, Bürgerbeteiligung 31. 16 IdS auch Bertel, Bedeutung 154.
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Staatsbürgerschaft, ihrem Hauptwohnsitz oder sonstigen typischen Anknüpfungskriterien. Art 60a TLO 1989 verbrieft kein subjektives Recht des Einzelnen auf entsprechende Information.17 Die Bestimmung richtet sich nämlich wie dargelegt an die LReg als Adressat der Verpflichtung, va aber bestimmt Art 60a TLO 1989 die „Bevölkerung“ des Landes als Adressat der Information und bezieht sich damit auf eine Personengesamtheit und gerade nicht auf Einzelpersonen. Diese Struktur der Bestimmung spricht gegen eine Annahme, dass Art 60a TLO 1989 subjektive Rechte einräumen würde.
C. Angelegenheiten von besonderer politischer, wirtschaftlicher oder finanzieller Bedeutung für das Land Tirol Weder Art 60a TLO 1989 selbst noch die EB erläutern den Begriff der 6 „Angelegenheit“ näher, sondern setzen diesen voraus. Mangels jedweder normativen Limitation erscheint ein weites Verständnis des Begriffs angezeigt. Demgemäß sind unter „Angelegenheiten“ iSd Art 60a TLO 1989 grds jegliche Ereignisse, Vorhaben, Geschehnisse etc zu verstehen, eine Einschränkung besteht nicht und ist iSe umfassenden Informationsauftrages auch nicht gewünscht. Diese Angelegenheiten müssen freilich darüber hinaus von besonderer politischer, wirtschaftlicher oder finanzieller Bedeutung für das Land Tirol sein, um die Informationspflicht des Art 60a TLO 1989 auszulösen. Aus teleologischen sowie systematischen Erwägungen ist allerdings davon auszugehen, dass unter Angelegenheiten nicht pauschal jedwede Vorgänge zu verstehen sind, welche für das Land Tirol in irgendeiner Weise von Bedeutung sind. Es wäre nämlich wenig sinnvoll und würde außerdem zu einem überbordenden Aufwand führen, wenn die LReg eine landesverfassungsrechtlich verankerte Informationspflicht für jegliche (wichtigen) Angelegenheiten träfe, auf die das Land Tirol keinerlei Einfluss üben kann. Vielmehr ist davon auszugehen, dass es sich bei den in Art 60a TLO 1989 angeführten Angelegenheiten um solche handelt, die in den Tätigkeitsbereich der LReg fallen oder zumindest in einem Zusammenhang mit diesem stehen. Schließlich deuten auch die EB in diese Richtung, welche die „verstärkte […] Transparenz der Tätigkeit der Landesregierung“18 als 17 Gamper, Bürgerbeteiligung 31. 18 EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 1998/104, Tir LT XII. GP, GZ 270/98, 14.
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Ziel von Art 60a TLO 1989 nennen. Zudem betont Art 60a TLO 1989 ausdrücklich, dass es sich um Angelegenheiten zu handeln hat, die „für das Land Tirol“ von „besonderer Bedeutung“ sind. Auch dieser Zusatz deutet auf ein engeres Verständnis in dem Sinn hin, dass es sich bei „Angelegenheiten“ nur um solche handelt, welche vorrangig innerhalb des Landes relevant sind. Nicht umfasst werden hingegen jegliche (weitreichende) Angelegenheiten sein, die zwar Tirol ebenso tangieren, aber bspw eine gesamteuropäische Dimension besitzen.19 Auf derartige Angelegenheiten kann die LReg in aller Regel auch ohnehin keinerlei Einfluss üben. Dieser Auffassung entsprechend findet sich etwa auch im Impressum der Tir Landeszeitung – einem „Traditionsmedium“ für Informationspolitik in Tirol20 – eine „Erklärung über die grundlegende Richtung“ derselben, wonach ihr Ziel die „Information der Bürger über die Arbeit der Landesregierung, der Landesverwaltung und des Landtages“ ist.21 7 Die Wendung „von besonderer […] Bedeutung“ soll hervorheben, dass eine Informationspflicht nur dann bestehen soll, wenn die Angelegenheit etwa aufgrund ihres Umfangs, ihrer Langfristigkeit oder ihrer Tragweite besonders wichtig ist. Art 60a TLO 1989 statuiert also keine vollumfängliche Informationsverpflichtung in den genannten Bereichen, sondern nur für aufgrund ihrer Dimension und Wichtigkeit außergewöhnliche Angelegenheiten. IdS betonen die EB auch, dass die Tir Bevölkerung über „alle besonders wichtigen Angelegenheiten des Landes“22 zu informieren ist. Wann es sich um eine Angelegenheit von besonderer Bedeutung für das Land Tirol handelt, ist von der LReg zu bewerten, dieser kommt dabei ein großer Ermessensspielraum zu.23 8 Der Informationsauftrag an die LReg umfasst gem Art 60a TLO 1989 Angelegenheiten, denen „politische, wirtschaftliche oder finanzielle Bedeutung“ zukommt. Eine Verpflichtung besteht damit nur für Angelegenheiten, welche die taxativ aufgezählten (jedoch inhaltlich sehr unbestimmten und weitläufig formulierten) thematischen Anknüpfungs19 Vgl auch die EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 1998/104, Tir LT XII. GP, GZ 270/98, 14, wo von „Angelegenheiten des Landes“ die Rede ist. 20 Vgl nur die ausdrückliche Erwähnung an erster Stelle in den EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 1998/104, Tir LT XII. GP, GZ 270/98, 14. 21 https://www.landeszeitung.at/php/detail.php?ukatnr=10717 (24.04.2020). Diese Erklärung findet sich gleichermaßen in den Printexemplaren der Landeszeitung. 22 EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 1998/104, Tir LT XII. GP, GZ 270/98, 14. 23 Vgl Gamper, Bürgerbeteiligung 32.
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punkte betreffen. Dabei reicht es bereits aus, wenn eine Angelegenheit entweder von besonderer politischer, wirtschaftlicher oder finanzieller Bedeutung ist, sie muss nicht kumulativ alle Voraussetzungen erfüllen (arg: „oder“). Selbstverständlich wird es aber auch immer Angelegenheiten geben, die mehrere oder sogar alle Tatbestände erfüllen, wie bspw die im Jahr 2017 getroffenen (aber schließlich aufgrund einer Volksbefragung verworfenen) Überlegungen, ob sich Tirol als Austragungsort für die Olympischen Winterspiele 2026 bewerben soll.24 Zu nennen ist hier auch die mit Beginn des Jahres 2020 eingetretene sog „Corona-Krise“ in Tirol. In allen sonstigen Angelegenheiten steht es hingegen im freien Ermessen der LReg, ob und auf welchem Weg auch immer sie die Bevölkerung über diese informieren möchte, eine Verpflichtung zur Information besteht nicht. Tatsächlich betreibt die LReg – wie nach den EB auch bereits vor Einführung der Bestimmung25 – eine aktive Informationspolitik, die weit über das von Art 60a TLO 1989 geforderte Maß hinausgeht, was bereits aufgrund der vielfältigen in der Tir Landeszeitung, auf der Website des Landes Tirol oder in der seit kurzem verfügbaren „Land Tirol App“26 behandelten Themen ersichtlich wird.27
D. Geeignete Weise Auch der Modus, in dem die Information der Bevölkerung zu erfolgen 9 hat, wird von Art 60a TLO 1989 offen gelassen.28 Die Bestimmung normiert lediglich, dass die Information „in geeigneter Weise“ zu erfolgen hat, ohne aber näher zu spezifizieren, was darunter zu verstehen sei. Mehr Aufschluss darüber geben die EB29, in denen auf die bisher verfolgte, offenkundig den Anforderungen nach Art 60a TLO 1989 entsprechende Informationspolitik der LReg verwiesen wird, welche mit Hilfe von „zeitgemäßen Medien“30 erfolgt ist. Dabei nennen die EB explizit die „Tiroler Landeszeitung, Presseaussendungen, Pressekonfe24 S dazu etwa die Ausgabe der Tir Landeszeitung vom Oktober 2017, https:// www.landeszeitung.at/uploads/2017_10_lz4a.pdf, 9 ff (24.04.2020) 25 EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 1998/104, Tir LT XII. GP, GZ 270/98, 14. 26 S https://www.tirol.gv.at/presse/land-tirol-app/ (24.04.2020), näher dazu unten. 27 Vgl nur https://www.landeszeitung.at/php/detail.php?ukatnr=10714 sowie https://www.tirol.gv.at/ (24.04.2020). 28 Gamper, Bürgerbeteiligung 31. 29 EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 1998/104, Tir LT XII. GP, GZ 270/98, 14. 30 So ausdrücklich die EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 1998/104, Tir LT XII. GP, GZ 270/98, 14.
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renzen, periodische Sendungen im Rundfunk [und] Beiträge im Internet“31 als Bsp für „zeitgemäße Medien“, die eine Information in der von Art 60a TLO 1989 geforderten geeigneten Weise gewährleisten. Die in den EB aufgezählten Möglichkeiten stellen freilich nur Bsp dar, auf welchem Wege die LReg die Bevölkerung im Rahmen ihrer Verpflichtung über Angelegenheiten von für das Land Tirol besonderer politischer, wirtschaftlicher oder finanzieller Bedeutung informieren kann. Daneben kann sich die LReg auch sonstiger zeitgemäßer Medien bedienen, um ihrem Informationsauftrag gerecht zu werden. Denkbar wären etwa auch entsprechend beworbene Informationsveranstaltungen in den Bezirken bzw Gemeinden, welche auch eine gewisse Bürgernähe ausdrücken würden. In jüngster Zeit wird auch die Nutzung von social media von der Politik vermehrt als Weg zur Verbreitung von Informationen herangezogen.32 So nutzt das Land Tirol hierfür etwa aktiv Facebook33, Twitter34, Instagram35 sowie YouTube36. 10 Maßgeblich wird für die Bewertung, ob ein Medium eine „geeignete Weise“ zur Information iSd Art 60a TLO 1989 darstellt, mE va die Reichweite37 des jeweiligen in Frage kommenden Mediums sein. Ziel von Art 60a TLO 1989 ist die Sicherstellung von möglichst großer Transparenz hinsichtlich der genannten Angelegenheiten, welche primär durch eine möglichst flächendeckende und umfassende Information der Bevölkerung erreicht werden kann.38 Dementsprechend werden Medien nur dann als „zeitgemäß“ und damit als „geeignete Weise“ zu qualifizieren sein, wenn sie – zumindest prima facie – einen beachtlichen Teil der Bevölkerung erreichen können. Die LReg trifft bei der Auswahl, auf welchem Wege die Bevölkerung informiert werden soll, also gewissermaßen ein Maximierungs- bzw Optimierungsgebot in 31 32 33 34 35 36 37
EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 1998/104, Tir LT XII. GP, GZ 270/98, 14. S bereits Bertel, Bedeutung 154. https://www.facebook.com/unserlandtirol/ (24.04.2020). https://twitter.com/unserlandtirol (24.04.2020). https://www.instagram.com/unserlandtirol/ (24.04.2020). https://www.youtube.com/unserlandtirol (24.04.2020). Dabei wird sowohl die potenzielle als auch die faktische Reichweite zu berücksichtigen sein: Jedenfalls bedarf es einer zumindest theoretisch großen Reichweite innerhalb der Bevölkerung Tirols, daneben wird ebenso auf die tatsächlichen Umstände – wie etwa das faktische Nutzungsverhalten der jeweiligen Medien durch die Bevölkerung – abzustellen sein. 38 Vgl nur die EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 1998/104, Tir LT XII. GP, GZ 270/98, 14.
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dem Sinn, dass die Tir Bevölkerung so vollständig wie nur möglich über die Angelegenheiten nach Art 60a TLO 1989 zu informieren ist. Dabei können selbstredend auch mehrere geeignete Medien kombiniert und nebeneinander herangezogen werden, was in der Praxis zur Erreichung einer möglichst großen Reichweite typischerweise auch getan wird.39 So sind etwa alle Ausgaben der Tir Landeszeitung seit dem Jahre 2009 zusätzlich auch vollständig im Internet abrufbar.40 Im Hinblick auf die ständig wachsende Bedeutung von Smartphones und Tablets in den letzten Jahren hat das Land Tirol außerdem jüngst die kostenlos verfügbare „Land Tirol App“41 entwickelt, bei der im Wege von Push-Nachrichten, ähnlich wie bei sonstigen News-Apps, eine umfassende Informationspolitik (auch) hinsichtlich Angelegenheiten gem Art 60a TLO 1989 betrieben wird.42 So wurde die App bspw im Zuge der „Corona-Krise“ in Tirol Anfang des Jahres 2020 zur aktiven und zeitnahen Verbreitung von Informationen genutzt. Darüber hinaus informiert die App auch über Ereignisse wie Felsstürze, Lawinengefahr oÄ und harmoniert diesbezüglich mit der „Notfall App für Tirol“43 sowie der „Zivilschutz-App“44 des Landes Tirol; außerdem gewährt sie einen direkten Zugang zu den vom Land Tirol betriebenen Verkehrswebcams.45 Aufgrund der im Zuge der Einführung der App betriebenen Bewerbung ebendieser im Internet46, der Tir Landeszei39 S nur die EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 1998/104, Tir LT XII. GP, GZ 270/98, 14. 40 https://www.landeszeitung.at/php/detail.php?ukatnr=10714 (24.04.2020). 41 https://www.tirol.gv.at/presse/land-tirol-app/; https://www.landeszeitung. at/uploads/bg_land_tirol_tt_24112019-2.pdf (24.04.2020). 42 https://www.tirol.gv.at/presse/land-tirol-app/; https://www.landeszeitung. at/uploads/bg_land_tirol_tt_24112019-2.pdf, 2 ff (24.04.2020). So weist etwa LH Günther Platter in einem Interview zur „Land Tirol App“ anlässlich ihrer Einführung ausdrücklich auf die Möglichkeit hin, dass „bei wirklich wichtigen Entwicklungen“ direkt Nachrichten auf Handys oder Tablets geschickt werden können; s https://www.landeszeitung.at/uploads/bg_ land_tirol_tt_24112019-2.pdf, 3 (24.04.2020). Damit werden jedenfalls auch Angelegenheiten iSd Art 60a TLO 1989 gemeint sein. 43 https://www.tirol.gv.at/sport/richtlinien-initiativen/notfall-tirol-app/ (24.04.2020). 44 https://www.tirol.gv.at/innsbruck/zivilschutz-app/ (24.04.2020). 45 https://www.tirol.gv.at/presse/land-tirol-app/push-nachrichten/; https://www. landeszeitung.at/uploads/bg_land_tirol_tt_24112019-2.pdf, 4 ff (24.04.2020). 46 https://www.tirol.gv.at/presse/land-tirol-app/; https://tirol.orf.at/stories/ 3022972/; https://tibs.at/index.php/content/die-neue-land-tirol-app (24.04. 2020).
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tung47 sowie in lokalen und überregionalen Zeitungen48 hat die App mE jedenfalls eine beachtliche Reichweite.49 Außerdem erreicht man mit ihr wohl auch die jüngeren Generationen der Bevölkerung besser als mit „traditionellen“ Medien (wie etwa der Tir Landeszeitung). Abgesehen davon ist die „Land Tirol App“ langfristig gedacht ressourcensparend sowie darüber hinaus für die LReg einfach zu verwalten. Nach der vorgesehenen Konzeption der App tritt diese freilich lediglich zu den sonstigen etablierten Medien hinzu und soll diese nicht ersetzen. Vielmehr stellt die App einen weiteren (modernen) Kanal des Landes Tirol dar, auf dem eine flächendeckende und umfassende Informationspolitik (auch) betr Angelegenheiten gem Art 60a TLO 1989 betrieben werden kann.
E. Rechtsfolgen 11 In Art 60a TLO 1989 ist keine Sanktion vorgesehen, falls die LReg bei Angelegenheiten, die für das Land Tirol von besonderer politischer, wirtschaftlicher oder finanzieller Bedeutung sind, die Information der Bevölkerung zur Gänze oder partiell unterlässt. Selbiges gilt für den Fall, wenn die LReg die Bevölkerung lediglich in ungeeigneter Weise informiert. Es handelt sich bei Art 60a TLO 1989 insofern um eine lex imperfecta. Ungeachtet dessen ist es aufgrund des großen Ermessensspielraumes der LReg bei der Bewertung, ob eine Angelegenheit gem Art 60a TLO 1989 vorliegt, ohnehin mit Schwierigkeiten verbunden festzustellen, ob überhaupt ein gegen diese Bestimmung verstoßendes Unterlassen vorliegt.50 Gleichermaßen wird nicht ohne weiteres festzustellen sein, ob der Informationspflicht auch tatsächlich „in geeigneter Weise“ nachgekommen worden ist. 47 https://www.landeszeitung.at/uploads/bg_land_tirol_tt_24112019-2.pdf (24.04.2020). 48 S zB https://www.tt.com/lebensart/web/16298275/verkehrslage-aktuellewarnungen-politik-land-tirol-praesentiert-neue-app; https://www.krone. at/2049582; https://www.kleinezeitung.at/kaernten/osttirol/aktuelles_osttirol/ 5728821/Mit-neuer-LandTirolApp_Digital-ins-Land-reinschauen; https:// www.meinbezirk.at/tirol/c-lokales/neue-tirol-app-steht-zum-downloadbereit_a3776760; https://www.dolomitenstadt.at/2019/11/26/die-neue-smart phone-app-des-landes-tirol-ist-da/ (24.04.2020). 49 So verzeichnete die App etwa im „Google Play Store“ – bei dem statistische Daten hinsichtlich der Anzahl von Installationen der jeweiligen Apps einsehbar sind – innerhalb kürzester Zeit bereits mehrere tausend Installationen; s https://play.google.com/store/apps/details?id=at.landtirol.landtirol app&hl=de_AT (24.04.2020). 50 Vgl Gamper, Bürgerbeteiligung 32.
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2. Abschnitt Haushalt des Landes Artikel 61 Landeshaushalt, Finanzjahr Der Landeshaushalt besteht aus dem Ergebnis-, dem Finanzierungs- und dem Vermögenshaushalt. Finanzjahr ist das Kalenderjahr. LGBl samt Erläuterungen: LGBl 1988/61 (X. GP AA 141/88 AB 141/88); LGBl 2012/147 (XV. GP RV 562/12 AB 562/12); LGBl 2014/65 (XVI. GP IA 177/14); LGBl 2017/53 (XVI. GP RV 69/17 AB 69/17) Literatur: Aigner et al, Vereinheitlichung der Voranschläge und Rechnungsabschlüsse der Gebietskörperschaften, SWK 2016, 128; Augustin, Insolvenzfähigkeit von Bundesländern (2016); Bauer, Art 41 Stmk L-VG, in Grabenwarter (Hg), Steiermärkische Landesverfassung (2013); Breitwieser, Vereinbarungen nach Art. 15a B-VG, in Schweighofer et al (Hg), Zeichen und Zauber des Rechts – FS Lachmayer (2014) 831; Bröthaler, Rahmenbedingungen und Perspektiven des kommunalen Haushaltswesens in Österreich, in Blaas et al (Hg), Perspektiven der staatlichen Aufgabenerfüllung – Zwischen budgetärer Knappheit und integrativem Anspruch (2014) 219; Bußjäger, Rechtsfragen zum Konsultationsmechanismus, ÖJZ 2000, 581; Bußjäger, Nachhaltigkeit im österreichischen Finanzverfassungsrecht, in Kahl (Hg), Nachhaltige Finanzstrukturen im Bundesstaat (2011) 86; Bußjäger, Zur Reform des Haushaltsrechts der Länder in Österreich, ÖHW 2016, 31; Dessulemoustier-Bovekercke, Die neue Rechnungslegung für Länder und Gemeinden – Chance und Herausforderung, VWT 2017, 101; Eisner, Mitwirkung der Landesgesetzgebung an der Landesvollziehung, in Pürgy (Hg), Das Recht der Länder I (2012) 489; Ermacora, Die Entwicklung österreichischen Staatsrechtes seit 1966 (1966 bis 1975), in Leibholz (Hg), Jahrbuch des öffentlichen Rechts der Gegenwart (1975) 135; Frank, Haushaltsrecht, in Pürgy (Hg), Das Recht der Länder II/2 (2012) 693 ff; Hengstschläger, Das Budgetrecht des Bundes (1977); Hengstschläger, 12. Teil. Haushaltsrecht, in Pabel (Hg), Das österreichische Gemeinderecht (2013); Klug, Einführung in das kommunale Haushalts- und Rechnungswesen: der Weg von der VRV 1974 zur VRV 2015 (2018); Kofler, § 6 F-VG, in Kneihs/Lienbacher (Hg), Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht (2011); Kofler, § 8 F-VG, in Kneihs/Lienbacher (Hg), Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht (2013); Kofler, § 16 F-VG, in
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Kneihs/Lienbacher (Hg), Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht (2011); Koja, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer2 (1988); Koller/Hattenberger, Haushaltsrecht, in Holoubek/Potacs (Hg), Öffentliches Wirtschaftsrecht II3 (2013) 289; Krenn-Mayer, Art 19 Stmk L-VG, in Grabenwarter (Hg), Steiermärkische Landesverfassung (2013); Kretschmer, Reform des öffentlichen Haushaltsrechtes – Welche Vorteile bieten die IPSAS?, VWT 2012, 41; Kuntner, IPSAS – Internationale Rechnungslegungsstandards für den öffentlichen Sektor, in Österreichischer Städtebund (Hg), Prüfung von Rechnungsabschlussen – Fachtagung 2014 (2015) 1; Lödl, Anmerkungen zum Haushaltsverfassungsrecht, ÖHW 2002, 5; Lödl, Die Reform des Bundeshaushaltsrechts, JRP 2008, 101; Lödl, Schuldenbremse und Haushalts(verfassungs)recht, in Baumgartner (Hg), Öffentliches Recht. Jahrbuch 2013 (2013) 397; Meszarits, VRV 2015 – anschaulich erklärt (Teil I), RFG 2017, 159; Th. Müller, Art 13/2, 3 B-VG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (2016); Th. Müller, Art 95/1-4 B-VG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (2016); Th. Müller, Art 97/3, 4 B-VG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (2018); Th. Müller/N. Wimmer, Wirtschaftsrecht. International – Europäisch – National3 (2018); Novak, Die Fehlerhaftigkeit von Gesetzen und Verordnungen (1967) 40 ff; Pernthaler, Österreichisches Bundesstaatsrecht (2004); Papst, Doppisches Rechnungswesen für Gebietskörperschaften – das Ende der Kameralistik?, RFG 2007, 108; Pesendorfer, Art 95 B-VG, in Kneihs/Lienbacher (Hg), Rill-SchäfferKommentar Bundesverfassungsrecht (2002); Pfaundler, Die Finanzausgleichsgesetzgebung2 1948/582 (1958); Ruppe, § 16 F-VG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (2016); Schauer, Die Abneigung vieler Länder und Gemeinden vor einer Erweiterung des öffentlichen Rechnungswesens, SWK 2013, 682; Schauer, Rechnungswesen in öffentlichen Verwaltungen (2016); Schneider, Verfassungsrechtliche Fragen von Landeshaftungen – Unter besonderer Berücksichtigung der Haftung für Landes-Hypothekenbanken, in Baumgartner (Hg), Öffentliches Recht. Jahrbuch 2015 (2015) 11; Smutny, Haushaltswesen der Länder, in Steger (Hg), Öffentliche Haushalte in Österreich (2005) 325; Thienel, Art 15a B-VG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (2000); Weinzierl, Haushaltsrechtsreform – alea iacta est, ÖGZ 2016, 20; Winkler, Orientierungen im öffentlichen Recht (1979)
Inhaltsübersicht I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben..................................... 1 II. Völker- und unionsrechtliche Vorgaben.................................... 9 III. Entstehungsgeschichte.................................................................. 11 IV. Sonstige haushaltsrechtliche Bestimmungen im Landesrecht. 17 V. Zu Art 61 TLO 1989 im Einzelnen.............................................. 18
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I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben Das Haushaltsrecht der Länder ist im B-VG – anders als das Bundes- 1 haushaltsrecht1 – nicht gesondert geregelt. Die Eigenständigkeit der Länderhaushalte ergibt sich allerdings bereits aus der Einrichtung Österreichs als Bundesstaat und ist damit Teil des bundesstaatlichen Prinzips. Nach dem Konzept des B-VG ist das Haushaltsrecht in die Autonomie der jeweiligen Gebietskörperschaft gelegt, und zwar für den Bund in Art 10 Abs 1 Z 4 B-VG, für die Länder in Art 15 Abs 1 B-VG und für die Gemeinden in Art 116 Abs 2 B-VG. Ferner liegt dem Verfassungsbegriff des LT in Art 95 B‑VG das Bild eines parlamentarischen Vertretungskörpers zugrunde, zu dessen Zuständigkeiten seit jeher das Budgetbewilligungsrecht gehört.2 Die Behandlung der Landesvoranschläge und der Landesrechnungsabschlüsse als wesentliches Element der finanziellen Kontrolle ist daher „ein für parlamentarische Körperschaften typisches Recht“,3 den LT kommt somit wie dem NR Budget hoheit zu. Auch an anderen Stellen geht die Bundesverfassung davon aus, dass die Länder über eigene Haushalte verfügen: Derartiges leuchtet etwa aus Bestimmungen des Art 13 Abs 1 B-VG iVm § 6 F-VG (Ertragshoheit),4 § 8 F-VG (Abgabenhoheit)5 oder § 16 F-VG (Regelung von Form und Gliederung der Voranschläge und Rechnungsabschlüsse aller Gebietskörperschaften) hervor,6 die jeweils selbständige Landeshaushalte voraussetzen. Schließlich verpflichtet die Staatszielbestimmung des Art 13 Abs 2 B‑VG7 ua die Länder „bei ihrer Haushaltsführung” auf die Sicherstellung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts und nachhaltig geordneter Haushalte.
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S insb Art 42 Abs 5 und 51 ff B‑VG. Frank, Haushaltsrecht Rz 2 mit Verweis auf die mit RGBl 1861/20 eingeführten Landesordnungen (s insb § 18 Landes-Ordnung und LandtagsWahlordnung für die gefürstete Grafschaft Tirol). VfSlg 3134/1956. Danach steht der Abgabenertrag der betr Gebietskörperschaft „im eigenen Haushalt“ zur Verfügung: S dazu Kofler, § 6 Rz 12 („freie Verfügungsbefugnis“). S dazu auch mwN Eisner, Mitwirkung 492. Zum „Abgabenerfindungsrecht“ der Länder s nur VfSlg 3742/1960, 5859/1968, 9804/1983, 11.666/1988. Dazu wie zur Abgabenhoheit der Länder näher: Kofler, § 8 Rz 3 und 10 ff. S dazu Rz 4. Zu Entwicklung und normativem Gehalt der Bestimmung s Th. Müller, Art 13/2, 3 Rz 1 ff.
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2 Die Bundesverfassung unterwirft somit das Haushaltsverfassungsrecht der Länder nicht unerheblichen Beschränkungen. Aus dem bereits genannten Verfassungsbegriff des LT iSd Art 95 B-VG folgt nach hL eine Bindung des Landesverfassungsgesetzgebers an die Vorstellungen vom rechtlichen Charakter des Voranschlags und der Budgetgenehmigung (insb an die Budgetgrundsätze), wie sie aus dem B-VG und der Judikatur des VfGH hervorgehen.8 Daraus folgt insb, dass der LT sein Recht zur Budgetbewilligung nicht delegieren darf. Entsprechende Festlegungen durch Landesvollzugsorgane ohne Mitwirkung der LT wären zudem als Verstoß gegen das demokratische und gewaltenteilende Prinzip der Bundesverfassung zu werten.9 Ausnahmen davon sind unter bestimmten Voraussetzungen zulässig, nämlich dann, wenn die LReg durch eine ausreichend präzise Bestimmung der Landesverfassung – ähnlich der Art 51 und Art 51c B-VG – zu Abweichungen vom Landesvoranschlag bis zu einem bestimmten Ausmaß ermächtigt wird (insb über- und außerplanmäßige Ausgaben).10 Sodann ermächtigt Art 97 Abs 3 und 4 B-VG die LReg, unter bestimmten Voraussetzungen11 und im Einvernehmen mit einem (nach dem Grundsatz der Verhältniswahl bestellten) Landtagsausschuss verfassungsunmittelbare VO zu erlassen. Darunter fallen auch Notverordnungen, die Beschlüsse im Rahmen der Budgethoheit des LT supplieren, wie etwa über Kredite, Haftungen und andere Vermögensdispositionen, sodann über den Landesvoranschlag. Allerdings sieht Abs 4 gerade für budgetär wirksame Notverordnungen besonders enge Voraussetzungen12 vor.13 Ferner beinhaltet die TLO 1989 bereits Notkompetenzen der LReg, die ohnedies Budgetüberschreitungen durch die Exekutive ermöglichen.14 Für entsprechende Notverordnungen verbleibt insofern kaum Platz.15 8 9 10 11
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Koja, Verfassungsrecht 248 f. Diesem folgend ua Frank, Haushaltsrecht Rz 2; Koller/Hattenberger, Haushaltsrecht 373; Krenn-Mayer, Art 19 Rz 9. Lödl, Schuldenbremse 407 FN 47. Koja, Verfassungsrecht 259. S dazu auch die Kommentierung von Th. Müller, Art 62 (in diesem Band) Rz 12 f. Insb Notwendigkeit der Maßnahmen zur Abwehr eines offenkundigen, nicht wiedergutzumachenden Schadens für die Allgemeinheit zu einer Zeit, in der der LT nicht rechtzeitig zusammentreten kann oder in seiner Tätigkeit durch höhere Gewalt behindert ist. Insb keine dauerhafte finanzielle Belastung und keine Veräußerung von Landesvermögen (näher dazu Th. Müller, Art 97/3, 4 Rz 12). S dazu die Kommentierung von Oberdanner, Art 53 (in diesem Band) Rz 8. S dazu die Kommentierung von Th. Müller, Art 62 (in diesem Band) Rz 12. Vgl zu alldem Th. Müller, Art 97/3, 4 Rz 12.
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Spezifisch haushaltsrechtliche Vorgaben folgen aus der mit Haushalts- 3 reform 198616 eingeführten und mit Haushaltsrechtsreform 200817 in die heutige Form gebrachten Bestimmungen des Art 13 Abs 2 und 3 B-VG. Art 13 Abs 2 B-VG umfasst Grundsätze der Haushaltsführung18 für alle Gebietskörperschaften in Form einer interpretationsleitenden Staatszielbestimmung (erster Satz) sowie eine Koordinierungsverpflichtung (zweiter Satz). – Die Staatszielbestimmung umfasst mit der „Sicherstellung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichtes” und der „nachhaltig geordnete Haushalte”19 grds gleichrangige, aber mitunter divergente Ziele. Schon das praktisch konturlose gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht vereint potentiell konfligierende Ziele,20 die wiederum in Spannung zum Ziel der nachhaltig geordneten Haushalte21 stehen. Die Gebietskörperschaften haben diese Ziele „anzustreben“.22 Es handelt sich daher um einen bloßen Bemühens- bzw Abwägungsauftrag, der den Gebietskörperschaften einen sehr weiten Gestaltungsspielraum23 einräumt, freilich – wie andere Staatszielbestim16 B-VG-Nov BGBl 1986/212. 17 B-VG-Nov BGBl I 2008/1. 18 Der sachliche Anwendungsbereich bezieht sich auf Planung, Erstellung und Vollzug des Budgets und auf die Gebarungskontrolle. Einzubeziehen sind ferner – nach der weiten Judikatur des VfGH – nicht nur typisch budgetrechtliche, sondern auch haushaltspolitisch wirksame Maßnahmen, zB Regelungen über Finanzschulden, Haftungen und Verfügungen über Landesvermögen sowie Vorbelastungen, ferner die Finanzausgleichsgesetzgebung (Th. Müller, Art 13/2, 3 Rz 8). 19 S dazu etwa Bußjäger, Nachhaltigkeit 95 ff. 20 Nicht zuletzt, weil sich der Verfassungsgesetzgeber der globalen (und nicht nur wirtschaftlichen bzw haushaltsbezogenen) Ziele des Art 3 Abs 3 EUV bedient. S zum Umfang des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts RV 203 BlgNR XXIII. GP, 5: Ausgewogenes Wirtschaftswachstum, Preisstabilität, eine in hohem Maße wettbewerbsfähige soziale Marktwirtschaft, Vollbeschäftigung und sozialer Fortschritt sowie ein hohes Maß an Umweltschutz und Verbesserung der Umweltqualität. 21 RV 203 BlgNR XXIII. GP, 5: „Damit nicht vereinbar wären eine unangemessen hohe öffentliche Verschuldung sowie erhebliche persistente öffentliche Defizite. Als Obergrenze der Verschuldung sollte das Maastricht-Schuldenkriterium herangezogen werden.“ 22 Eine landesverfassungsrechtliche Teilumsetzung erfolgte durch Art 7 Abs 5 TLO 1989 (insb Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit sowie nachhaltige Entwicklung). 23 S nur VfSlg 19.809/2013.
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mungen – keine subjektiven Rechte einräumt und auch ansonsten von geringer Justiziabilität24 geprägt ist. Die Bestimmung hat daher bislang als verfassungsrechtlicher Maßstab kaum praktische Bedeutung erlangt.25 Nur in Ausnahmefällen dürften sich die genannten Ziele zu justiziablen Ge- oder Verboten bzw zu Handlungspflichten verdichten: Derartiges wird etwa in Fällen evidenter Falscheinschätzung oder vollständige (Teil-)Zielverfehlung, die auch auf mittlerer Sicht nicht mehr wettgemacht werden können, extremer Haushaltsnotlagen oder bei massiven Wirtschaftskrisen angenommen.26 Selbst wenn sich das Ziel nachhaltig geordneter Haushalte daher auf die konkreten unionsrechtlichen Maastricht-Kriterien bezieht,27 führt die Verletzung Letzterer nicht zur Verfassungswidrigkeit (defizitsteigernder) Rechtsakte, da es sich um ein Staatsziel bzw einen Grundsatz handelt, der in einem Abwägungszusammenhang mit anderen Zielen, insb des „gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts“ steht.28 Mit dem Ziel nachhaltig geordneter Haushalte hat der Verfassungsgesetzgeber somit keine (justiziable) „Schuldenbremse” normiert: Dies zeigt auch der letztlich gescheiterte – neuerdings aber wieder aufgenommene29 – Versuch, nach dem Vorbild der deutschen Verfassung30 eine „echte Schuldenbremse“ mit höchst einschneidenden Maßnahmen für die Gebietskörperschaften einzuführen.31 Sie wurde in der Folge allerdings im Rahmen des 24 Pernthaler, Bundesstaatsrecht 412: „völlig wirkungslos“. 25 S VfSlg 19.750/2013 (Europäischer Stabilitätsmechanismus), 19.809/2013 (Fiskalpakt), 20.000/2015 (Hypo Alpe Adria). Das Nachhaltigkeitsprinzip könnte aber im Finanzausgleich stärkere Beachtung finden: Bußjäger, Nachhaltigkeit 104 f, wobei allerdings bislang festzustellen ist, dass es bei „diesem politischen Freistilringen“ praktisch keine rechtlichen Schranken gibt (Bußjäger, Nachhaltigkeit 91). 26 MwN Th. Müller, Art 13/2, 3 Rz 13 f. 27 S FN 19. 28 Th. Müller, Art 13/2, 3 Rz 23. 29 IA 928/A XXVI. GP. 30 Art 109 Abs 3 und 115 Abs 2 GG. 31 RV 1516 BlgNR XXVI. GP; AB 1602 BlgNR XXVI. GP: Kern der geplanten Verfassungsänderung war die Vorgabe konkreter gesamtstaatlicher Haushaltsziele betr das strukturelle Defizit und den öffentlichen Schuldenstand sowie deren Umlegung auf Bund (einschließlich Sozialversicherung), Länder und Gemeinden. Im Einzelnen sah die RV für alle Gebietskörperschaften vor, dass ab dem Finanzjahr 2017 die öffentlichen Haushalte strukturell auszugleichen sind, ferner sollte in Art 13 Abs 2 B-VG eine ausdrückliche Verpflichtung zur Erfüllung der unionsrechtlichen Haushaltsvorgaben
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(unbefristeten und mit einem Sanktionsmechanismus32 ausgestatteten) ÖStP 201233 verankert,34 der auf Basis des Art 15a Abs 1 B-VG abgeschlossen wurde. Diesem folgte eine weitere Art 15a-Vereinbarung zur Vereinheitlichung der Haftungsobergrenzen,35 während eine solche über eine risikoaverse Finanzgebarung der Gebietskörperschaften im NR gescheitert ist.36 Es ist aber auch nicht zu übersehen, dass Art 13 Abs 2 B-VG für Gesetzgebungsvorhaben etwa zur Bewältigung der Staatsschuldenkrise bzw zur Einführung von (landesgesetzlichen oder -verfassungsrechtlichen) Schuldenbremsen oder Schuldenregulierungsverfahren, ferner für die Vereinheitlichung von Rechnungslegungsvorschriften37 legitimierende Wirkung entfaltet.38
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vorgesehen werden. Eine Neufassung des Art 97a B-VG hätte schließlich die Länder verpflichten sollen, Haushaltsbeschlüsse in Form von LG zu fassen. Die RV verfehlte allerdings die notwendige Verfassungsmehrheit im NR. S dazu Bußjäger, ÖHW 2016, 40. Art 18 ÖStP 2012. Vereinbarung zwischen dem Bund, den Ländern und den Gemeinden über einen Österreichischen Stabilitätspakt 2012, BGBl I 2013/30 idF BGBl I 2013/45 bzw LGBl 2013/30. S Art 4 und 6 der Vereinbarung. Der für den Gesamtstaat ab 2017 ein strukturelles Defizit von höchstens -0,45 % erlaubt. Das strukturelle Defizit des Bundes darf demnach höchstens -0,35 % des BIP betragen, das der Länder und Gemeinden höchstens -0,1 %. Abweichungen von der Regel müssen auf einem Kontrollkonto erfasst werden und bei Überschreiten eines Schwellenwertes konjunkturgerecht zurückgeführt werden (Art 7 der Vereinbarung). Vereinbarung gem Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und den Ländern, mit der Regelungen zu Haftungsobergrenzen vereinheitlicht werden (HOG-Vereinbarung), LGBl 2017/89. S dazu Th. Müller, Art 62b (in diesem Band) Rz 3. Ein „Spekulationsverbot“ wurde allerdings auf Bundesebene im BHG 2013 (Bundesgesetz über die Führung des Bundeshaushaltes, BGBl I 2009/139 idF BGBl I 2018/60), auf Länderebene einfachgesetzlich bzw landesverfassungsrechtlich normiert (zB Tirol: Gesetz über die risikoaverse Finanzgebarung des Landes, der Gemeinden und Gemeindeverbände sowie sonstiger öffentlicher Rechtsträger in Tirol, LGBl 2013/157; Vbg: Spekulationsverbotsgesetz, LGBl 2014/33; Sbg: Art 10a Sbg L-VG). S dazu Art 1 Abs 1 der Vereinbarung gem Art. 15a B-VG zwischen den Ländern über gemeinsame Grundsätze der Haushaltsführung, LGBl 2016/121 idF LGBl 2019/113 (Vereinbarung Haushaltsführung). S etwa VfSlg 20.000/2015 (HaaSanG), wonach es zweifelsohne im öffentlichen Interesse läge, „wenn der Bund – auch vor dem Hintergrund des Art 13 Abs 2 B-VG – im Rahmen seiner Kompetenzen Maßnahmen [insb Ausge-
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– Art 13 Abs 2 zweiter Satz B-VG gebietet seit der Haushaltsrechtsreform 2008 die Koordinierung der Haushaltsführung zwischen den Gebietskörperschaften („haben […] zu“).39 Mit dem Koordinierungsgebot wird das BVG Gemeindebund40 materiell verstärkt: Die Gebietskörperschaften sind seither verpflichtet, von der in Art 1 dieses BVG erteilten Ermächtigung zum Abschluss einer Vereinbarung über den Stabilitätspakt gem Art 15a B-VG Gebrauch zu machen oder gleichwertige Koordinationsinstrumente zu schaffen.41 – Ähnliche Überlegungen wie zur Staatszielbestimmung des Art 13 Abs 2 B-VG gelten für Abs 3 leg cit, wonach die Gebietskörperschaften in haushaltsrechtlichen Angelegenheiten die tatsächliche Gleichstellung von Frauen und Männern anzustreben haben. Die Bestimmung ist im Zusammenhang mit jener des Art 7 Abs 2 Satz 1 B-VG zu lesen. Es handelt sich allerdings wiederum um eine bloße Staatszielbestimmung, die schon ihrem Wortlaut nach („haben […] anzustreben“) nur begrenzt justiziabel ist. Eine unmittelbare Verpflichtung zur Einführung von Gender Budgeting ist aus der Bestimmung nicht abzuleiten.42 4 Die Budgethoheit des LT gebietet schon von Verfassungs wegen – um ihre Steuerungsfähigkeit zu gewährleisten – ein gewisses Maß an Spezialisierung des Landesvoranschlags und damit auch des Landeshaushalts insgesamt.43 Konkrete Vorgaben über eine Gliederung des Voranschlags können der Verfassung freilich nicht entnommen werden. Diesbezüglich sieht allerdings § 16 Abs 1 F-VG eine Ermächtigung des BM für Finanzen dahingehend vor, im Einvernehmen mit dem RH Form und Gliederung der Voranschläge und Rechnungsabschlüsse der Gebietskörperschaften,44 also Vorschriften des externen Rechnungswestaltung eines Schuldenregulierungsverfahrens] ergreift, um ein Land vor einer insolvenzähnlichen Situation zu bewahren.“ 39 Eine Koordinierungspflicht wurde allerdings schon vor der B-VG-Nov angenommen: Lödl, ÖHW 2002, 66 f. 40 BVG über Ermächtigungen des Österreichischen Gemeindebundes und des Österreichischen Städtebundes, BGBl I 1998/61. 41 MwN Th. Müller, Art 13/2, 3 Rz 27. Allerdings steht für die Geltendmachung dieser Pflicht kein (verfassungs-)rechtlich geregeltes Verfahren zur Verfügung. 42 Th. Müller, Art 13/2, 3 Rz 7. 43 Frank, Haushaltsrecht Rz 3. 44 Soweit also die VRV 1997 (Verordnung des Bundesministers für Finanzen mit der Form und Gliederung der Voranschläge und Rechnungsabschlüsse
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sens45 einheitlich zu regeln.46,47 Mit dieser Bestimmung kommt dem Bund im Bereich der Budgetgebarung eine Eingriffsmöglichkeit zu, die den Grundsatz der selbstständigen Haushaltsführung in erheblichem Ausmaß beschneidet.48 Im Fall der (verfassungskonformen) Inanspruchnahme der Kompetenz haben die Länder die Zuständigkeit verloren.49 Aus teleologischer und systematischer Sicht ist § 16 Abs 1 F-VG eine finanzausgleichsrechtliche Bestimmung: Die Vereinheitlichung soll die Vergleichbarkeit für Zwecke der sachgerechten Regelung des Finanzausgleichs sichern.50 Sie ist also nicht Selbstzweck, sondern dient der zum Finanzausgleich notwendigen Informationsbeschaffung.51 Neuere Entwicklungen auf unionsrechtlicher52 und verfassungsrechtlicher Ebene53 haben zu einer funktionalen Erweiterung der Vorschrift – etwa in Richtung der Erfüllung der Koordinierungspflicht des Art 13 Abs 2 B-VG oder der Erfüllung fiskalrechtlicher Vorgaben der Union – beigetragen. Eine bundesverfassungsgesetzliche Grundlage für eine vollständige Vereinheitlichung des Haushaltsrechts, insb der Inhalte und Ziele der Haushaltsführung der Gebietskörperschaften, wurde damit aber freilich nicht geschaffen: Mit der Beschränkung auf Vorschriften zur „Form und Gliederung der Voranschläge und Rechnungsabschlüsse” brachte der Verfassungsgesetzgeber zum Ausdruck, dass er mit dieser Bestimmung nicht in die materielle Haushaltsautonomie eingreifen wollte.
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der Länder, der Gemeinden und von Gemeindeverbänden geregelt werden, BGBl 1996/797 idF BGBl 2015/313) auch Gemeindeverbände erfasste, war sie von § 16 F-VG (da solche Verbände keine Gebietskörperschaften sind) nicht gedeckt (Ruppe, § 16 Rz 5). Bröthaler, Rahmenbedingungen 221. Eingehend dazu Kofler, § 16 Rz 1 ff; Ruppe, § 16 Rz 3 ff. S dazu auch Th. Müller, Art 62 (in diesem Band) Rz 4. Das ebenfalls in § 16 Abs 1 leg cit verankerte Recht des BM für Finanzen, sich die Voranschläge und Rechnungsabschlüsse der Gebietskörperschaften vorlegen zu lassen und Auskünfte über ihre Finanzwirtschaft einzuholen, ermöglicht keine formale oder materielle Einwirkung auf die Haushaltsführung der Länder und Gemeinden (Ruppe, § 16 Rz 1). Es ist im Übrigen auch nicht durchsetzbar (Kofler, § 16 Rz 3). Pernthaler, Bundesstaatsrecht 411 f. Kofler, § 16 Rz 3. Hengstschläger, Budgetrecht 62 f; Pfaundler, Finanzausgleichsgesetzgebung 58; Ruppe, § 16 Rz 3. Aigner et al, SWK 2016, 131; Kofler, § 16 Rz 3. S dazu Rz 9 ff. S insb zu Art 13 Abs 2 B-VG oben Rz 3.
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Rechtstechnisch handelt es sich bei § 16 Abs 1 leg cit um eine (objektive) Bedarfskompetenz („als dies zur Vereinheitlichung erforderlich ist”) zur Erlassung einer gesetzesvertretenden VO – wobei den betroffenen Gebietsköperschaften keine Mitwirkungs- oder gar Zustimmungsrechte zukommen. In der „Heiligenbluter Vereinbarung“ aus dem Jahr 197454 sind Bund, Länder und Gemeinden allerdings übereingekommen, die Regelungen einvernehmlich auf Basis der Empfehlungen des sog „VR-Komitees“55 zu gestalten. Zwar ist die Vereinbarung nicht rechtsverbindlich, aber praktisch von hoher Bedeutung, da entsprechende VO bislang nur im Einvernehmen mit den Ländern erlassen wurden. Die Folge der faktisch eingeschränkten Ermächtigung des BM für Finanzen war und ist ein föderal aufgespaltenes Haushaltswesen, das sich erheblicher Kritik ausgesetzt sah.56 5 Diesem Missstand sollte durch die am 19.10.2015 kundgemachte VRV 201557 abgeholfen werden. Sie basiert auf der Verrechnungslogik des reformierten Bundeshaushaltsrechts,58 insb soll die Rechnungsorganisation der Gebietskörperschaften vom bisherigen kameralen Rechnungswesen59 auf eine internationalen Standards60 entsprechende DreiKomponenten-Rechnung (Ergebnis-, Finanzierungs- und Vermögens54 Genauer: Schlussprotokoll über das Ergebnis der Verhandlungen der Vertreter des Bundes, der Länder und der Gemeinden über den Entwurf einer Verordnung des Bundesministers für Finanzen, mit der Form und Gliederung der Voranschläge und Rechnungsabschlüsse der Länder, der Gemeinden und von Gemeindeverbänden geregelt werden, und über die hiezu gemeinsam ausgearbeiteten Anmerkungen, unterfertigt im Rahmen der Landesfinanzreferentenkonferenz am 28.06.1974. 55 Besetzt mit Vertretern des Bundes, der Länder und der Gemeinden. 56 S insb die Rechnungshofberichte Reihe Bgld 2009/4; Reihe Ktn 2009/5; Reihe NÖ 2009/4; Reihe OÖ 2009/5; Reihe Sbg 2009/3; Reihe Stmk 2009/4; Reihe Tirol 2009/3; Reihe Wien 2010/6; Reihe Ktn 2012/2, Reihe NÖ 2012/3, Reihe Tirol 2012/3; Reihe OÖ 2014/3; Reihe Stmk 2014/4; Reihe Bgld 2015/2; Reihe Vbg 2015/2; Reihe Wien 2015/2. 57 VO des Bundesministers für Finanzen: Voranschlags- und Rechnungsabschlussverordnung 2015, BGBl II 2015/313 idF BGBl II 2018/17. S dazu etwa Dessulemoustier-Bovekercke, VWT 2017, 101 ff. 58 S etwa § 19 BHG 2013. Dazu Lödl, JRP 2008, 101 ff. 59 Auf dem noch die VRV 1997 gründete. 60 S insb die rechtsunverbindlichen IPSAS (International Public Sector Accounting Standards), die basierend auf den IFRS (International Financial Reporting Standards) ein umfassendes Regelwerk zur Bilanzierung für öffentlich-rechtliche Haushalte bieten: S dazu etwa Kuntner, IPSAS 4 ff.
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haushalt) umgestellt, letztlich also auf eine neue finanzarchitektonische Grundlage doppischer Natur61 gestellt werden.62 Mit der VRV 2015 wird die kamerale Fokussierung auf Zahlungsströme um eine Ertragsund Aufwandsdarstellung ersetzt, die eine Messung des Ressourceneinsatzes und -verbrauchs ermöglicht. Ihre Vorgaben sind spätestens für das Finanzjahr 2020 anzuwenden.63 Im Gegensatz zur VRV 2015 überlässt es die bis Ende 2019 anzuwendende VRV 1997 im Grundsatz den Ländern, ihre Vermögensrechnung frei auszugestalten.64 Die VRV 2015 stellt Länder und Gemeinden nicht nur vor eine der größten Verwaltungs- und Organisationsaufgaben der letzten Jahrzehnte, sie leidet auch im Gegensatz zu ihren Vorgängerinnen daran, dass trotz langwieriger Verhandlungen seit Juni 2013 Einvernehmen zwischen den Gebietskörperschaften nicht erzielbar war.65 Sie erging daher entgegen der „Heiligenbluter Vereinbarung“ ohne Zustimmung der Gemeinden und Länder. Auslöser war die unklare kompetenzrechtliche Lage – die Reichweite der Ermächtigung des BM für Finanzen gem § 16 Abs 1 F-VG ist nämlich bis heute ungeklärt. Dies gilt va für die Frage, ob der Bedarf nach Vereinheitlichung über rein formale Aspekte („Form und Gliederung“) hinaus auch inhaltliche Regelungen decken kann: So wird in der Lit etwa davon ausgegangen, dass § 16 Abs 1 F-VG nicht nur die Anordnung des Drei-Komponenten-Systems deckt, sondern insb auch die Definition inhaltlicher Komponen61 Doppik („doppelte Buchführung in Konten“). Zum Gegensatzpaar Doppik und Kameralistik einführend Kretschmer, VWT 2012, 41; Papst, RFG 2007, 108 ff; Schauer, Rechnungswesen 13 ff. Va ist an der Kameralistik zu kritisieren, dass sie zwar den Geldverbrauch der öffentlichen Verwaltung dokumentiert, nicht aber hinreichende Informationen über die tatsächliche finanzielle Lage der Gebietskörperschaft liefert. Insb werden echter Jahreserfolg, die tatsächliche Höhe des Vermögens und der Schulden (einschließlich jener ausgegliederter Organisationseinheiten) nicht transparent gemacht. Neben mangelnder Transparenz ist das kamerale Rechnungswesen durch eine gegenüber der Doppik geringere Vergleichbarkeit (der Haushalte der Gebietskörperschaften, insb jene der Länder untereinander) geprägt. 62 § 2 VRV 2015. S dazu auch unten Rz 18 ff. Freilich haben die Länder tw zuvor schon die Doppik in ihr Haushalts- und Rechnungswesen aufgenommen, so etwa Vbg seit den 1960er Jahren. 63 § 40 Abs 2 VRV 2015. 64 S insb § 16 Abs 3 VRV 1997. 65 S dazu etwa Budgetdienst des Österreichischen Parlaments, Stellungnahme – Harmonisierung der Voranschlags- und Rechnungsabschlussvorschriften, September 2015; Weinzierl, ÖGZ 2016, 20.
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ten, ua die Vorgabe von Bewertungsvorschriften umfasst,66 um eine für den Finanzausgleich funktionsfähige Vergleichbarkeit der Haushalte herzustellen. Hingegen dürften Vorschriften, deren Funktion über die Erhebung von finanztechnischem Datenmaterial hinausgeht, wie jene über die Begründungspflicht für Abweichungen in der Voranschlagsvergleichrechnung (§ 16 VRV 2015), die barrierefreie Veröffentlichung des Voranschlags im Internet (§ 6 Abs 9 VRV 2015) oder das Risikomanagement (§ 33 Abs 6 bis 9 VRV 2015),67 der verfassungsrechtlichen Deckung entbehren. 6 Wegen der verfassungsrechtlichen Bedenken haben die Länder untereinander die der VRV 2015 ursprünglich fast, nunmehr vollständig68 inhaltsgleiche Art 15a-Vereinbarung Haushaltsführung abgeschlossen69 – freilich unter Hinweis auf die Frage der Vereinbarkeit der VRV 2015 mit § 16 Abs 1 F-VG.70 Damit sollten die bundesverfassungsrechtlich prekären Inhalte der VRV 2015 im Wege der Selbstkoordination der Länder im Landes(verfassungs)recht umgesetzt werden.71 Zur Umsetzung der Vereinbarung erfolgte eine Änderung der Landesverfassung durch die Nov LGBl 2017/53, zudem wurden zuvor einige Teile der Vereinbarung in den Rang von Landesverfassungsrecht erhoben.72 Ferner haben Bund, Länder und Gemeinden in dem am 07.11.2016 unterzeichneten (rechtsunverbindlichen) „Paktum über den Finanzausgleich ab dem Jahr 2017“,73 der die Verteilung der Steuermittel bis 2021 regelt, die Notwendigkeit bekräftigt, „die Rechnungslegungsvorschriften aller öffentlichen Haushalte zu harmonisieren und durch Vorschriften, wie sie in der VRV 2015 vorgesehen sind, eine möglichst getreue, vollständige und einheitliche Darstellung der finanziellen Lage (Liqui66 Aigner et al, SWK 2016, 130 ff. 67 Aigner et al, SWK 2016, 132. 68 Eine Anpassung der Art 15a-Vereinbarung an die VRV-Änderungsverordnung BGBl II 2018/17 ist mit Änderungsvereinbarung LGBl 2019/113 (kundgemacht am 03.09.2019) erfolgt. Freilich war die VRV 2015 idgF schon bis dahin unabhängig von der Art 15a-Vereinbarung anzuwenden. 69 Vereinbarung gem Art. 15a Abs. 2 B-VG zwischen den Ländern über gemeinsame Grundsätze der Haushaltsführung, LGBl 2016/121 idF LGBl 2019/113. 70 S Spiegelstich 8 ff der Präambel der Vereinbarung. 71 Bußjäger, ÖHW 2016, 38. 72 S dazu Rz 14. 73 Zu diesen (rechtsunverbindlichen) Pakten s etwa VfSlg 12.505/1990 sowie Kofler, § 4 Rz 7 ff.
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ditäts-, Ressourcen- und Vermögenssicht) aller Gebietskörperschaften sicherzustellen.“74 Schließlich wurde die Nov der VRV 2015 durch BGBl II 2018/17 vom „VR-Komitee“ getragen. Zwar mag daher eine verfassungsgerichtliche Klärung des konkreten Kompetenzumfangs nach § 16 Abs 1 F-VG noch ausstehen. Der Umbau des föderalen Haushaltswesens ist aber nunmehr auf eine verfassungskonforme Grundlage gestellt und zwischen Bund und Ländern akkordiert. Hinsichtlich der Rechtsfolgen eines Verstoßes des Landeshaushalts- 7 rechts gegen bundesverfassungsrechtliche Vorgaben ist zu differenzieren: Bundesverfassungswidriges Landesrecht unterliegt dem Fehlerkalkül, soweit es in Form von LG (wie in Sbg oder der Stmk) erlassen wird. Es ist daher im Wege verfassungsgerichtlicher Verfahren zu beheben (Art 140 B-VG). Demgegenüber bleibt für den Regelfall der Feststellung des Landeshaushalts durch einfachen Landtagsbeschluss kein Raum für eine verfassungsgerichtliche Prüfung. Da die Rechtsordnung auch sonst kein Fehlerkalkül vorsieht, sind bundesverfassungswidrige Beschlüsse absolut nichtig.75 Die Rechtswidrigkeit verhindert folglich das Ingeltungstreten des Beschlusses.76 Damit tritt eine der Nichterlassung eines Voranschlags entsprechende Rechtslage (automatisches Budgetprovisorium) ein, womit die diesbezüglichen Regelungen der Landesverfassung zur Anwendung kommen.77 Gleiches gilt für Budgetbeschlüsse, die gegen sonstiges höherrangiges Recht, insb gegen Landesverfassungsrecht oder gegen die genannten Art 15a-Vereinbarungen, etwa jene über die Haushaltsführung, verstoßen.78 Angesichts der Übereinstimmung Letzterer mit der VRV 2015 mag sich die Frage nach den Rechtsfolgen eines Verstoßes eines Landtagsbeschlusses gegen diese VO im Regelfall nicht stellen. Nähert man sich dennoch dieser (theoretischen) Frage an, erscheinen zwei gegensätzliche Auslegungsargumente möglich: Einerseits kann auf den niedrigeren Rang von Bundesverordnungen abgestellt werden, woraus 74 Seite 20 des Paktums (Hervorhebung durch den Autor). Gleichzeitig erfolgte der Verweis auf die Kompetenzlage und darauf, dass weitere Schritte nur einvernehmlich zwischen Bund, Ländern und Gemeinden in Angriff genommen werden können. 75 VfSlg 6277/1970, 7607/1975. 76 Frank, Haushaltsrecht Rz 10. 77 S dazu Th. Müller, Art 62 (in diesem Band) Rz 9. 78 S wiederum Frank, Haushaltsrecht Rz 10, wonach „jede Rechtswidrigkeit“ die absolute Nichtigkeit des Beschlusses zur Folge hat. S ferner Schneider, Fragen 27.
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folgt, dass Letztere nicht zum Maßstab (gesetzesrangiger) Beschlüsse erhoben werden können. Andererseits ist darauf zu verweisen, dass die Länder im Umfang der verfassungskonformen Inanspruchnahme der Ermächtigung des § 16 F-VG durch den BM für Finanzen ihre Kompetenz verloren haben.79 Eine andere „Form und Gliederung“ von Voranschlägen oder Rechnungsabschlüssen würde daher gerade eine verfassungswidrige Inanspruchnahme dieser Kompetenz durch das Land bedeuten. Daraus ist zu schließen, dass Verstöße gegen die VRV 2015 zur absoluten Nichtigkeit des Budgetbeschlusses des LT führen. Der dogmatische Sitz der Rechtsfolge liegt daher nicht in der VO selbst, sondern in § 16 F-VG.80 Diese Auslegungsvariante erscheint dogmatisch überzeugender als die Erstgenannte, leidet aber daran, dass jede Abweichung von den komplexen Regelungen der VRV 2015 die Beschlusslosigkeit zur Rechtsfolge hätte. Fraglich ist daher, ob dem Bundesverfassungsgesetzgeber eine derartige Konsequenz überhaupt zuzusinnen ist. Die Antwort auf die Frage ist in einer neuerlichen Rückbesinnung auf § 16 F-VG zu finden: Der finanzausgleichsrechtliche Telos des § 16 F-VG ermöglicht nur begrenzte Eingriffe in die Finanzautonomie der Länder, da er vorwiegend der Erhebung der für den Finanzausgleich „unerläßlichen statistischen Grundlagen“ dient.81 Zwar mag die Vereinheitlichung des Haushaltsrechts diesem Ziel dienen und daher die Rechtsfolge der absoluten Nichtigkeit grundsätzlich tragen. Die Nichtigkeitsfolge ist aber nach überzeugender Lehrmeinung mangels ausdrücklicher positiv-rechtlicher Anordnung anhand der Kriterien der Gravität und Evidenz zu beurteilen.82 Es kommt daher auf die Unerlässlichkeit der betr Regelung, gegen die verstoßen wird, sowie auf die Schwere des Verstoßes an, was im Einzelfall zu prüfen ist. Geringfügige Abweichungen in „Form und Gliederung“, aber auch inhaltliche (Rechen-)Fehler83 dürften daher eine absolute Nichtigkeit des Budgetbeschlusses nicht rechtfertigen. 8 Keine Einschränkung der Haushaltsautonomie der Länder folgt hingegen aus Art 127 Abs 1 B-VG. Danach hat der RH des Bundes die in den 79 80 81 82
S dazu Rz 4. Die VRV „aktualisiert“ somit die Bundeskompetenz. RV 510 BlgNR V. GP, 6. S dazu grundlegend Winkler, Orientierungen 25 ff; Novak, Fehlerhaftigkeit 40 ff. 83 Zumal die VRV 2015 verfassungskonform vorwiegend auf die äußere Form bezogen ist.
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selbständigen Wirkungsbereich der Länder fallende Gebarung (allerdings nicht die entsprechenden Beschlüsse des LT)84 zu überprüfen. Dies wird ermöglicht durch die verpflichtende Vorlage der Voranschläge und Rechnungsabschlüsse85 durch die jeweilige LReg.86
II. Völker- und unionsrechtliche Vorgaben Die rezente Wirtschafts- und Staatsschuldenkrise hat die Bedeutung des 9 Unionsrechts für die staatliche Haushaltspolitik dramatisch erhöht. Neben Art 126 AEUV und das Protokoll Nr 12 über das Verfahren bei einem übermäßigen Defizit (Defizitprotokoll)87 trat in den vergangenen Jahren ein reformiertes haushaltspolitisches Sekundärrecht (Stabilitäts- und Wachstumspakt idF des „Sixpacks“88 und des „Twopacks“89). In materieller Hinsicht wurden die Schulden- und Defizitkriterien („Haushaltsdisziplin”) und die unionale Aufsicht verstärkt.90 Diesem Ziel dient auch der „Europäische Fiskalpakt”,91 der von 26 MS als völkerrechtlicher Vertrag, also außerhalb von EUV/AEUV, abgeschlossen wurde.92 Er enthält ua Bestimmungen, die über das bestehende haushaltspolitische Regelwerk des Unionsrechts, va den reformierten Stabilitäts- und Wachstumspakt hinausgehen. Insb wurden die Vertragsparteien zur Inkorporierung einer „Schuldenbremse“93 sowie eines entsprechenden Korrekturmechanismus94 verpflichtet. Die Einführung der 84 S dazu Th. Müller, Art 63 (in diesem Band) Rz 3. 85 S dazu § 15 Abs 5 RHG, der die LReg verpflichtet, alljährlich die Voranschläge und Rechnungsabschlüsse – letztere vor ihrer Vorlage an den LT, spätestens sechs Monate nach Ablauf des Rechnungsjahres – dem Bundesrechnungshof zu übermitteln. 86 S dazu Eisner, Mitwirkung 493. 87 Abl 2012 C 326/279. 88 VO 1173/2011/EU, Abl 2011 L 306/1; VO 1175/2011/EU, Abl 2011 L 306/12; VO 1177/2011/EU, Abl 2011 L 306/33; VO 1174/2011/EU, Abl 2011 L 306/8; VO 1176/2011/EU, Abl 2011 L 306/25; RL 2011/85/EU, Abl 2011 L 306/41 (Fiskalrahmen-RL). 89 VO 472/2013/EU, Abl 2013 L 140/1; VO 473/2013/EU, Abl 2013 L 140/11. S dazu auch die delegierte VO 877/2013/EU, Abl 2013 L 244/23. 90 S dazu mwN Th. Müller, Art 13/2, 3 Rz 6. 91 Vertrag über Stabilität, Koordinierung und Steuerung der Wirtschafts- und Währungsunion (VSKS). 92 BGBl III 2013/17 idF BGBl III 2014/35. 93 Strukturelles Defizit von weniger als 0,5% des BIP (Art 3 Abs 1 lit b VSKS). 94 Art 3 Abs 1 lit e VSKS.
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„Schuldenbremse“ soll zwar „vorzugsweise im Verfassungsrang“95 erfolgen, Art 3 VSKS verpflichtet aber nicht zur formellen Verfassungsänderung. Die österr „Umsetzung“ va auf einfachgesetzlicher Ebene (insb BHG 2013, ÖStP 2012) ist daher mit dem Fiskalpakt vereinbar. 10 Besondere Bedeutung für die Haushaltsführung der Gebietskörperschaften hat die dem „Sixpack“ zugehörige EU-Fiskalrahmenrichtlinie96 erlangt, die eine Reihe von Anforderungen an die haushaltspolitischen Rahmen97 der MS normiert. Sie fordert die kohärente und umfassende Rechnungslegung und Finanzstatistik und zwar über alle Gebietskörperschaften hinweg.98 Insb sollte die Inkohärenz zwischen dem kameralistischen Rechnungswesen des öffentlichen Sektors und der auf periodengerichteten Daten nach dem ESVG 201099 basierenden Haushaltsüberwachung auf europäischer Ebene beseitigt werden. Diesen Anforderungen wurde auf nationaler Ebene mit der Gebarungsstatistik-VO 2014100, dem ÖStP 2012101 und letztlich der VRV 2015 weitgehend entsprochen.102
III. Entstehungsgeschichte 11 Die haushaltspolitischen Bestimmungen der StF der TLO 1989 waren wie schon die TLO 1953 kameralistisch ausgelegt: Art 61 Abs 1 TLO 1989103 maß dem Landesvoranschlag die Funktion einer Einnahmenund Ausgabenrechnung zu. Ferner wurde bis heute unverändert festgelegt, dass die Festsetzung des Voranschlags durch den LT im Beschlusswege und nicht in Form eines LG erfolgt.104 Sodann enthielt die StF der 95 Art 3 Abs 2 VSKS. 96 RL 2011/85/EU über die Anforderungen an die haushaltspolitischen Rahmen der MS. 97 Dazu zählen gem Art 2 der RL 2011/85/EU insb die „Systeme des öffentlichen Rechnungswesens und der statistischen Berichterstattung“. 98 S insb Art 12 der RL 2011/85/EU. 99 VO 549/2013/EU, Abl 1994 L 368/18 (idF VO 2015/1342). 100 BGBl II 2013/345. 101 S RV 1792 BlgNR XXVI. GP, 9 f. Art 12 ÖStP 2012 fordert eine weitgehende Vergleichbarkeit der Haushaltsdaten der Länder und Gemeinden iSd § 16 F-VG und setzt seinerseits die Art 5, 7, 9 und 14 der EU-Fiskalrahmenrichtlinie um. 102 Augustin, Insolvenzfähigkeit 161; Schauer, Rechnungswesen 231 f. 103 Vgl § 40 Abs 1 TLO 1953. 104 EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 86.
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TLO 1989 Vorschriften bezüglich der Genehmigungspflicht (Art 62 leg cit) und dem Landesrechnungsabschlusses (Art 63 leg cit). Diese durchwegs schlanken Regelungen blieben lange unverändert. Erst 12 mit der Nov LGBl 2012/147 erfolgte eine Anpassung der haushaltsrechtlichen Bestimmungen der Landesverfassung im Hinblick auf den ÖStP 2012: Der mit der Nov neu eingefügte Art 62a leg cit trug den Vorgaben des ÖStP 2012 im Hinblick auf die mittelfristige Ausrichtung der Haushaltsführung105 sowie in Bezug auf die Festlegung von Haftungsobergrenzen106 Rechnung.107 Hinsichtlich der Genehmigungspflicht gem Art 62 TLO 1989 wurde in diesem Zusammenhang die „Bürgschaft“ durch den im ÖStP 2012 definierten108 allgemeineren Begriff der „Haftung“ ersetzt.109 Mit der auf einem Dringlichkeitsantrag110 beruhenden Nov LGBl 2014/65 wurden sodann Regelungen zum Doppelbudget eingeführt und zu diesem Zwecke die Bestimmungen über den Landesvoranschlag und den Landesrechnungsabschluss abgeändert.111 Die umfassendste und zugleich letzte Reform der haushaltspolitischen 13 Vorschriften der TLO 1989 erfolgte durch die Nov LGBl 2017/53, mit der die Art 15a-Vereinbarung Haushaltsführung tw im Verfassungsrecht umgesetzt wurde. Neben maßgeblichen inhaltlichen Änderungen, insb der Umstellung auf eine Drei-Komponenten-Rechnung, führte die Nov zu einer Neufassung des gesamten zweiten Abschnitts. War Letzterer noch bis zur Nov mit „Mitwirkung des Landtages an der Landesverwaltung“112 betitelt, lautet die Abschnittsbezeichnung nunmehr schlicht „Haushalt des Landes”. Das ist insofern zutreffend, als der Abschnitt wie auch zuvor nur das Haushaltsrecht des Landes regelt und sich die Zuständigkeiten des LT, die als seine Mitwirkung an der 105 Abs 1 leg cit. 106 Abs 2 leg cit. 107 EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 2012/147, Tir LT XV. GP, GZ 562/12, 17 mit Verweis auf Art 12, 13 und 15 ÖStP 2012. S dazu Th. Müller, Art 62a (in diesem Band) Rz 3 und 8. 108 Art 13 Abs 2 leg cit. 109 EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 2012/147, Tir LT XV. GP, GZ 562/12, 17: „Bürgschaften, Garantien sowie Patronatserklärungen (soweit diese eine Haftung verbriefen, die inhaltlich einer Bürgschaft oder Garantieerklärung gleichkommt) gegenüber Fremdmittelgebern.“ 110 IA zur Nov der TLO 1989 LGBl 2014/65, Tir LT XVI. GP, GZ 177/14. 111 Th. Müller, Art 62 (in diesem Band) Rz 8. 112 S aber die TLO 1953, die die entsprechenden Bestimmungen unter dem Titel „Landeshaushalt“ führte.
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Landesverwaltung verstanden werden können, an unterschiedlichen Stellen der TLO 1989, aber auch außerhalb dieser befinden.113 Ferner wurde Art 61 TLO 1898 zu einer neuen Grundsatzbestimmung umfunktioniert, die Bestimmung über den Landesvoranschlag findet sich nunmehr in Art 62 TLO 1989, während jene über die Genehmigungspflicht unter Art 62a TLO 1989, jene betr die mehrjährige Finanzplanung und die Haftungsobergrenzen – ebenso wie Erstere seit 2012 inhaltlich unverändert – unter Art 62b TLO 1989 firmiert. Inhaltlich angepasst wurde hingegen Art 63 TLO 1989 über den Landesrechnungsabschluss: Mit dem neuen Abs 1 erfolgte die Umsetzung der Art 15aVereinbarung Haushaltsführung. Abs 2 entspricht hingegen (mit leichten sprachlichen Änderungen) der Fassung des Art 63 TLO 1989 seit der Nov LGBl 2014/65. Hinsichtlich des Inkrafttretens sieht Art 80 Abs TLO 1989 seit der genannten Nov vor, dass die Art 61, 62 und 63 leg cit erstmals für den Landesvoranschlag und den Landesrechnungsabschluss für das Finanzjahr 2019 anzuwenden sind.114 Hingegen war der Landesrechnungsabschluss für das Kalenderjahr 2018 noch auf Grundlage von Art 63 TLO 1989 aF zu erstellen. 14 In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, dass die mit 07.11.2016 in Kraft getretene Art 15a-Vereinbarung Haushaltsführung vom LT bereits vor der Reform 2017 als tw im Landesverfassungsrang stehend genehmigt wurde. Diese Vorgangsweise entspricht Art 71 Abs 5 TLO 1989, wonach Vereinbarungen, zu deren Erfüllung es eines L-VG bedarf, die Genehmigung durch den LT nur mit einer Mehrheit von wenigstens zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen erteilt werden darf und eine solche Vereinbarung im Genehmigungsbeschluss ausdrücklich als im Verfassungsrang stehend zu bezeichnen ist.115 Letzteres trifft auf die §§ 2, 3, 4 Abs 1 und 13 Abs 1 der Vereinbarung zu,116 die insb den Drei-Komponenten-Haushalt normieren. Diese Bestimmungen verdrängten folglich bereits mit Inkrafttreten der Vereinbarung das (frühere) Haushaltsverfassungsrecht des Landes.117 Vergleicht man die 113 EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 2017/53, Tir LT XVI. GP, GZ 69/17, 4. 114 S demgegenüber Art 3 der Vereinbarung Haushaltsführung und § 40 VRV 2015: Finanzjahr 2020. 115 S dazu A. Wimmer, Art 71 (in diesem Band) Rz 11. 116 Beschluss des Tir LT vom 16.12.2015, GZ 539/15. 117 In der ursprünglichen Kundmachung der Vereinbarung durch LGBl 2016/121 fehlte der Verweis auf den Verfassungsrang. Dies wurde mit Berichtigung der Kundmachung durch LGBl 2017/22 nachgeholt.
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in Verfassungsrang gehobenen Bestimmungen mit jenen der nunmehr reformierten Art 61 ff TLO 1989, ergibt sich, dass den erwähnten Bestimmungen der Vereinbarung, abgesehen von den bloß präzisierenden bzw legaldefinierenden Vorschriften über Struktur und Bestandteile der Haushalte, kein über die Reform 2017 hinausgehender Norminhalt zukommt. Nach dem VfGH ist es verfassungswidrig, Ländervereinbarungen im 15 Wege genereller Transformation in Landesrecht umzugießen. Er hat dies va mit rechtstaatlichen Argumenten, nämlich damit begründet, dass die Normunterworfenen wegen der Beschränkung des Art 138a B-VG keine Möglichkeit hätten, die Ländervereinbarung auf ihre Rechtmäßigkeit durch den VfGH überprüfen zu lassen.118 Insofern verstoße eine generelle Transformation von Ländervereinbarungen, die auch Normunterworfene binden soll, gegen den Grundsatz der Geschlossenheit des Rechtsschutzsystems bei generellen Rechtsnormen.119 Im Falle der Vereinbarung Haushaltsführung trifft dieses Argument schon deswegen nicht zu, weil es sich um eine haushaltsrechtliche Norm ohne Rechtswirkungen für Dritte handelt (Haushaltsrecht als „Innenrecht”; „Selbstbindungsvereinbarungen”120).121 Die Erhebung in den Verfassungsrang durch bloßen (wiederum innenrechtlichen) Beschluss des LT und anschließender Kundmachung der Vereinbarung war somit jedenfalls verfassungskonform. Demgegenüber sind Art 15a-Vereinbarungen für die Organwalter 16 der Vertragsparteien unmittelbar rechtsverbindlich, ohne dass es dazu einer speziellen Transformation bedürfte.122 Der Vereinbarung Haushaltsführung kam diese Wirkung somit seit ihrem Inkrafttreten zu.123
118 VfSlg 9886/1983. Dazu Thienel, Art 15a Rz 94 ff. 119 Ferner geht auch Art 71 TLO 1989 davon aus, dass jede Drittwirkung einer speziellen Transformation bedarf: s dazu A. Wimmer, Art 71 (in diesem Band) Rz 17. 120 S dazu Breitwieser, Vereinbarungen 843 f. 121 Dasselbe gilt für die nunmehr reformierten Art 61 ff TLO 1989. 122 VfSlg 9886/1983; Thienel, Art 15a Rz 99 f. 123 Zum Rang der Vereinbarungen in der Rechtsordnung s A. Wimmer, Art 71 (in diesem Band) Rz 11; ferner Ermacora, Entwicklung 160.
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IV. Sonstige haushaltsrechtliche Bestimmungen im Landesrecht
17 Die Haushaltsführung auf Landesebene unterliegt in den meisten Ländern nur vereinzelten und mitunter nur rudimentären Vorgaben, die sich vorwiegend in den L-VG finden. Eine einfachgesetzliche Determinierung der Haushaltsführung nach dem Vorbild des BHG besteht soweit ersichtlich nur in der Stmk und in Sbg in Form von Landeshaushaltsgesetzen.124
V. Zu Art 61 TLO 1989 im Einzelnen 18 Art 61 TLO 1989 verankert das Kernstück der VRV 2015 und der Vereinbarung Haushaltsführung als Haushaltsgrundsatz in der Tir Haushaltverfassung: Der Landeshaushalt setzt sich danach aus drei miteinander verknüpften Komponenten zusammen, nämlich dem Ergebnis-, Finanzierungs- und Vermögenshaushalt. Die jeweiligen Haushalte werden in der Folge jeweils dem Voranschlag und der Rechnungslegung (Landesrechnungsabschluss) zugewiesen. Im Voranschlag ist der Ergebnis- und Finanzierungsvoranschlag auszuweisen, im Rechnungsabschluss die Ergebnis-, Finanzierungs- und Vermögensrechnung.125 Die Bestimmung nimmt damit auf die §§ 2, 3 und 4 sowie 13 und 15 der Vereinbarung Haushaltsführung Bezug,126 die wiederum der VRV 2015 entspricht.127 Ausdrücklich verweisen die EBRV in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die in den Art 61 ff TLO 1989 genannten Haushaltsbestandteile iSd genannten Vereinbarung zu verstehen sind.128 19 Der Geltungsbereich der Vereinbarung Haushaltsführung bzw der VRV 2015129 und somit der Haushaltsregelungen bezieht auch wirtschaftliche Unternehmungen,130 Betriebe und betriebsähnlichen Ein124 Stmk Landeshaushaltsgesetz 2014 (StLHG), LGBl 2013/176 idF LGBl 2018/8; Sbg Allgemeines Landeshaushaltsgesetz 2018 (ALHG 2018), LGBl 2018/10 idF LGBl 2020/45. 125 S dazu § 3 Abs 6 Vereinbarung Haushaltsführung: Der Vermögenshaushalt ist „zumindest“ als Vermögensrechnung zu führen. 126 EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 2017/53, Tir LT XVI. GP, GZ 69/17, 4 f. 127 S dazu Rz 6. 128 EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 2017/53, Tir LT XVI. GP, GZ 69/17, 4. 129 Jeweils § 1. 130 Zum verfassungsrechtlichen Unternehmensbegriff s VfSlg 3296/1957, 3552/1959, 10.609/1985: Jegliche in einer bestimmten Organisationsform in
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richtungen ohne eigene Rechtspersönlichkeit der Länder mit ein. Zu Letzteren zählen bspw Betriebe mit marktbestimmter Tätigkeit,131 Regiebetriebe132 und Eigenbetriebe133.134 Gem § 1 Abs 2 Vereinbarung Haushaltsführung sind Wirtschaftspläne und Rechnungsabschlüsse135 von wirtschaftlichen Unternehmen, Betrieben und betriebsähnlichen Einrichtungen einzeln dem Voranschlag bzw dem Rechnungsabschluss des Landes beizulegen. Die von der Änderungsvereinbarung136 nachvollzogene Bestimmung der VRV 2015 Nov BGBl II 2018/17 vermerkt diesbezüglich, dass die Angaben zu diesen Einrichtungen zu machen sind, „soweit“ dies in den Anlagen der VRV 2015 vorgesehen und aus den UGB-Abschlüssen ersichtlich ist.137
Erscheinung tretende wirtschaftliche Tätigkeit der Gebietskörperschaft, die sich auf Vermögenswerte stützt und mit Einnahmen und Ausgaben verbunden ist, wobei unmaßgeblich ist, in welcher Organisationsform die wirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt wird, ob sie eigene Rechtspersönlichkeit besitzt, ob zur Entfaltung der wirtschaftlichen Tätigkeit eine besondere Berechtigung notwendig ist, oder ob sie auf Gewinn gerichtet ist. S dazu auch Th. Müller/N. Wimmer, Wirtschaftsrecht Rz 1335. 131 Marktbestimmte Betriebe sind solche institutionelle Einrichtungen, die über eine vollständige Rechnungsführung verfügen, weitgehende Entscheidungsfreiheit in der Ausübung ihrer Hauptfunktion besitzen und mindestens zur Hälfte kostendeckend geführt werden. 132 Th. Müller/N. Wimmer, Wirtschaftsrecht Rz 1344 f: Der Regiebetrieb ist eine in die Verwaltung rechtlich, organisatorisch und haushaltsmäßig integrierte Wirtschaftseinheit ohne institutionalisierte Selbständigkeit. 133 Th. Müller/N. Wimmer, Wirtschaftsrecht Rz 1346: Der Eigenbetrieb steht zwischen dem Regiebetrieb und der AG oder GmbH. Vom Regiebetrieb hebt er sich durch einen vergleichsweise höheren Organisationsgrad und einen erhöhten (finanz-)wirtschaftlichen Spielraum ab, von der Eigengesellschaft unterscheidet ihn seine mangelnde rechtliche Selbständigkeit. Lediglich grundlegende betriebliche Entscheidungen fallen in die Kompetenz der politischen Führungsorgane. Dadurch soll der Betriebsführung ermöglicht werden, sich an unternehmerischen Grundsätzen zu orientieren. 134 S zu alldem die Erläuterungen zur VRV 2015 idF der Nov BGBl II 17/2018 (abrufbar unter https://www.bmf.gv.at/budget/finanzbeziehungen-zu-laen dern-und-gemeinden/3_VRV_2015_-_Erlaeuterungen.pdf?6cpu2g, 09.01. 2020). 135 Soweit für diese andere Regelungen als die VRV 2015 zur Anwendung kommen (Unternehmensgesetzbuch, RGBl S 1897/219 idF BGBl 2019/63; IFRS). 136 LGBl 2019/113. 137 S dazu die Erläuterungen zur VRV 2015 (FN 134) 1.
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20 Der Ergebnishaushalt entspricht der in der Privatwirtschaft verwendeten Gewinn- und Verlustrechnung. Gem dem landesverfassungsrangigen § 3 Abs 2 Vereinbarung Haushaltsführung sind Erträge und Aufwendungen periodengerecht abzugrenzen. Unter Ertrag sind dabei Wertzuwächse, unter Aufwand ist der Werteinsatz zu verstehen – dies jeweils unabhängig vom Zeitpunkt der Zahlung. Formal setzt sich der Ergebnishaushalt aus dem Ergebnisvoranschlag und der Ergebnisrechnung zusammen.138 21 Der Finanzierungshaushalt entspricht der Cashflow-Rechnung:139 Er erfasst Einzahlungen, also den Zufluss von liquiden Mitteln in einem Finanzjahr, sowie Auszahlungen und setzt sich aus dem Finanzierungsvoranschlag und der Finanzierungsrechnung zusammen.140 22 Der Vermögenshaushalt korrespondiert mit der in der Privatwirtschaft verwendeten Bilanz.141 Es handelt sich um eine Momentaufnahme der Vermögenslage, die Bestände und laufende Änderungen des Vermögens, der Fremdmittel und des Nettovermögens verzeichnet. Der Vermögenshaushalt ist in kurz- und langfristige Bestandteile zu untergliedern.142
138 § 3 Abs 2 Vereinbarung Haushaltsführung. 139 Meszarits, RFG 2017, 159. 140 § 3 Abs 3 Vereinbarung Haushaltsführung. 141 Meszarits, RFG 2017, 159. 142 § 3 Abs 6 Vereinbarung Haushaltsführung.
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Artikel 62 Landesvoranschlag (1) Der Landesvoranschlag ist die Grundlage der Gebarung des Landes Tirol. Er wird vom Landtag durch Beschluss festgesetzt. Der Landesvoranschlag hat den Ergebnisvoranschlag, den Finanzierungsvoranschlag und den Stellenplan sowie gegebenenfalls weitere für die Haushaltsführung wesentliche Grundlagen zu enthalten. (2) Die Landesregierung hat dem Landtag spätestens bis zum 15. November den Entwurf des Landesvoranschlages für das kommende Finanzjahr vorzulegen. Gleichzeitig kann die Landesregierung dem Landtag auch den Entwurf des Landesvoranschlages für das nächstfolgende Finanzjahr vorlegen. (3) Hat der Landtag am Beginn eines Finanzjahres weder den Landesvoranschlag festgesetzt noch eine vorläufige Vorsorge für die Gebarung des Landes Tirol in diesem Finanzjahr getroffen, so hat die Landesregierung bis zum Wirksamwerden eines die Gebarung regelnden Beschlusses des Landtages, längstens jedoch während der ersten sechs Monate des Finanzjahres, die Gebarung des Landes Tirol nach dem Landesvoranschlag für das vorangegangene Finanzjahr zu führen. Dabei dürfen Mittelverwendungen, die nicht auf einer gesetzlichen oder vertraglichen Verpflichtung beruhen, je Monat ein Zwölftel der Ansätze nicht übersteigen. (4) Der Landtag kann im Beschluss über die Festsetzung des Landesvoranschlages die Landesregierung ermächtigen, im Landesvoranschlag nicht vorgesehene oder dessen Ansätze übersteigende Mittelverwendungen, die unumgänglich notwendig sind und deren Dringlichkeit einen Aufschub nicht zulässt, bis zu 2 v. H. der im Landesvoranschlag vorgesehenen Mittelverwendungen zu leisten. Die Landesregierung hat dem Landtag solche Mittelverwendungen unverzüglich bekanntzugeben. LGBl samt Erläuterungen: LGBl 1988/61 (X. GP AA 141/88 AB 141/88); LGBl 2012/147 (XV. GP RV 562/12 AB 562/12); LGBl 2017/53 (XVI. GP RV 69/17 AB 69/17)
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Literatur: Frank, Haushaltsrecht, in Pürgy (Hg), Das Recht der Länder II/2 (2012) 693 ff; Krenn-Mayer, Art 19 Stmk L-VG, in Grabenwarter (Hg), Steiermärkische Landesverfassung (2013); Lödl, Überlegungen zum neuen Bundes haushalts(verfassungs-)recht: Gesetzgebungskompetenzen und -verfahren, in Jabloner et al (Hg), Vom praktischen Wert der Methode – FS Mayer (2011) 339 ff; Th. Müller, Art 97/3, 4 B-VG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (2018); Schwabl, Die Haushaltsrechtsreform, JAP 2008/2009, 80 ff; Stöger, Die Haushaltsrechtsreform 2008, in Lienbacher/Wielinger (Hg), Öffentliches Recht. Jahrbuch 2009 (2009) 105 ff
Inhaltsübersicht I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben II. Völker- und unionsrechtliche Vorgaben III. Entstehungsgeschichte IV. Beschlussfassung durch den Landtag........................................ 1 V. Entwurf durch die Landesregierung......................................... 7 VI. Automatisches Budgetprovisorium........................................... 9 VII. Über- und außerplanmäßige Mittelverwendungen................ 12
I.–III. S dazu Th. Müller, Art 61 (in diesem Band) Rz 1–16.
IV. Beschlussfassung durch den Landtag 1 Die Feststellung des Landesvoranschlags ist ein „für parlamentarische Körperschaften typisches Recht“1 und von Art 95 B-VG mitumfasst. Dem LT kommt somit die Budgethoheit zu.2 Daraus ergibt sich, dass unter der Festsetzung durch Beschluss die (mit einfacher Mehrheit zu erzielende)3 Genehmigung des von der LReg vorgelegten Entwurfs (mit oder ohne Änderungen) zu verstehen ist. Freilich kann der LT die Genehmigung auch verweigern. Aus der Genehmigung folgt eine Ermächtigung der LReg als „haushaltsleitendes Organ“, den Landeshaushalt im vorgesehenen Ausmaß zu belasten. Die Feststellung des Voranschlags ist daher materiell betrachtet kein Akt der Gesetzgebung, son1 VfSlg 3134/1956. 2 S Th. Müller, Art 61 (in diesem Band) Rz 1 f. 3 S dazu Art 27 TLO 1989: Anwesenheit der Hälfte der Abg und einfache Mehrheit.
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dern ein Akt der Mitwirkung des LT an der Vollziehung (parlamentarischer Vollzugsakt).4 Art 62 Abs 1 erster Satz TLO 1989 verankert in diesem Zusammenhang 2 seit der StF den Landesvoranschlag als Grundlage der Gebarung des Landes.5 Damit wird der Grundsatz der Budgethoheit des LT in Form eines Programmsatzes betont. Dieser Feststellung kommt allerdings kein darüber hinaus gehender rechtlicher Gehalt zu. Art 62 Abs 1 zweiter Satz TLO 1989 sieht die Feststellung des Landes- 3 voranschlags durch einfachen Beschluss und nicht durch LG (wie in Sbg)6 vor. Dies ist bundesverfassungsrechtlich zulässig, da es sich bei der Budgetgenehmigung wie erwähnt materiell betrachtet um die Mitwirkung an der Landesvollziehung handelt, die Voranschläge sodann rein innenrechtliche Wirkungen haben: Der Beschluss richtet sich nur an die Verwaltung, normiert also keine Rechte oder Pflichten von Normunterworfenen.7 Der Beschluss bedarf nicht der Zustimmung der BReg gem dem (neu gefassten)8 Art 98 B-VG, er ist ihr auch nicht vorzulegen. Allerdings verbürgt § 16 Abs 1 F-VG dem BM für Finanzen das Recht, 4 sich (beschlossene) Voranschläge und Rechnungsabschlüsse der Gebietskörperschaften vorlegen zu lassen und Auskünfte über deren Finanzwirtschaft einzuholen. Diesfalls handelt es sich aber um eine lex imperfecta, da keine Sanktionen für die Nichtvorlage vorgesehen sind.9 In ähnlicher Weise verpflichtet sodann Art 127 Abs 2 B-VG die 4
Frank, Haushaltsrecht 696. S zu den Gründen der Änderung des Abschnittstitels von „Mitwirkung des Landtages an der Landesverwaltung“ zu „Haushalt des Landes“ durch die TLO-Nov LGBl 2017/53 Th. Müller, Art 61 (in diesem Band) Rz 12. 5 Eine ähnliche Formulierung fand sich bereits in § 40 Abs 2 TLO 1953. 6 Art 44 Abs 1 Sbg L-VG. 7 S nur Frank, Haushaltsrecht 696 mit Verweis auf Koja, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer2 (1988) 242 ff; Krenn-Mayer, Art 19 Rz 20. 8 BGBl I 2019/14. Art 98 B-VG normiert das Verfahren zur Erteilung der Zustimmung der BReg zum Gesetzesbeschluss eines LT. Eine solche Zustimmung ist erforderlich für die in einem LG vorgesehene Mitwirkung von Bundesorganen an der Vollziehung (Art 97 Abs 2 B-VG), ferner für den Fall des § 11 Abs 3 letzter Satz F-VG (Übertragung der Bemessung und Einhebung von Länder- oder Gemeindeabgaben an Bundesorgane). S dazu EBRV 301 BlgNR XXVI. GP, 5. 9 Kofler, § 16 F-VG, in Kneihs/Lienbacher (Hg), Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht (2011) Rz 3.
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LReg, dem RH des Bundes alljährlich die Voranschläge und Rechnungsabschlüsse zu übermitteln. 5 Hinsichtlich der Bestandteile des Voranschlags schließt Art 62 Abs 1 dritter Satz TLO 1989 an Art 61 TLO 1989 sowie an § 5 Vereinbarung Haushaltsführung10 an. Erfasst sind zunächst der Ergebnis- und Finanzierungsvoranschlag.11 Diesbezüglich sieht die Vereinbarung Haushaltsführung eine bestimmte Gliederung vor.12 Ferner beizuschließen sind der Stellenplan für den Gesamthaushalt und „weitere für die Haushaltsführung wesentliche Grundlagen“. Unter Letzteren sind gem den EBRV „vornehmlich“ die gem § 5 Abs 1 Z 4 Vereinbarung Haushaltsführung anzuschließenden Beilagen zu verstehen. 6 Aus rechtsstaatlicher Sicht ist eine Kundmachung des Landesvoranschlags nicht geboten,13 schließlich handelt es sich nur um innenwirksames Haushaltsrecht. Entsprechende Verpflichtungen zur Veröffentlichung entspringen aber (auch unionsrechtlich bedingt)14 aus dem ÖStP 2012.15 IdS sieht das LVerlautG eine Kundmachung des Landesvoranschlags und der mehrjährigen Finanzplanung vor.16
V. Entwurf durch die Landesregierung 7 Aus der Pflicht der LReg zur Vorlage eines – der VRV 201517 bzw der Vereinbarung Haushaltsführung entsprechenden – Voranschlags10 Kundmachung des Landeshauptmannes vom 10. November 2016 betreffend die Vereinbarung gemäß Art. 15a Abs. 2 B-VG zwischen den Ländern über gemeinsame Grundsätze der Haushaltsführung, LGBl 2016/121 idF LGBl 2019/113. 11 S dazu Th. Müller, Art 61 (in diesem Band) Rz 20 f. 12 § 6 Vereinbarung Haushaltsführung. 13 Frank, Haushaltsrecht 696. 14 S dazu etwa Th. Müller, Art 62b (in diesem Band) Rz 4. 15 Kundmachung des Landeshauptmannes vom 2. April 2013 betreffend die Vereinbarung zwischen dem Bund, den Ländern und den Gemeinden über einen Österreichischen Stabilitätspakt 2012 (Österreichischer Stabilitätspakt 2012), LGBl 2013/30. Art 12 Abs 1 ÖStP 2012: „Die Haushaltsbeschlüsse der Länder und der Gemeinden sind in rechtlich verbindlicher Form zu fassen und öffentlich kundzumachen.“ 16 § 2 Abs 1 lit b leg cit. 17 Verordnung des Bundesministers für Finanzen: Voranschlags- und Rechnungsabschlussverordnung 2015, BGBl II 2015/313 idF BGBl II 2018/17.
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entwurfs für das kommende Finanzjahr18 gem Art 62 Abs 2 TLO 1989 folgt, dass das Initiativrecht fast19 ausnahmslos der LReg zusteht. Seit der StF der TLO 198920 hat die LReg den Entwurf für das kommende Jahr bis zum 15.11. vorzulegen. Dies soll eine angemessene Erörterung des Voranschlags im LT sowie eine Beschlussfassung vor Ablauf des Finanzjahres ermöglichen.21 Eine unmittelbare rechtliche Konsequenz bei Nichtvorlage – wie etwa in Art 51a Abs 1 BVG22 – ist nicht vorgesehen. Allerdings hat eine dadurch ausgelöste verspätete Beschlussfassung die vorangehende Aktivierung des automatischen Budgetprovisoriums zur Folge.23 Mit der TLO-Nov 201424 wurde Abs 2 um eine Bestimmung zum 8 Doppelbudget ergänzt. Die LReg kann somit gleichzeitig zwei Entwürfe für die beiden nächstfolgenden Kalenderjahre einbringen. Diese Entwürfe sind nach den Mat im LT getrennt zu behandeln und zu beschließen. Damit wurde das in der StF der TLO 1989 vorgesehene Prinzip der Einjährigkeit modifiziert, aber – weil es sich nicht um „echte“ (gemeinsam behandelte) Doppelbudgets handelt – nicht beseitigt.25 Eine Einschränkung auf Ausnahmefälle wie in Art 51 Abs 3 B-VG oder eine Pflicht, im ersten Budgetjahr eine Nov für das zweite Jahr vorzulegen wie in Art 51 Abs 4 B-VG findet sich in der TLO 1989 nicht.26
VI. Automatisches Budgetprovisorium Art 62 Abs 3 TLO 1989 regelt seit der StF inhaltlich unverändert die 9 Fortgeltung des Landesvoranschlags für das vorangegangene Finanzjahr, wenn der LT – aus welchen Gründen auch immer – am Beginn eines Finanzjahres weder den Landesvoranschlag festgesetzt noch eine vorläufige Vorsorge für die Gebarung des Landes getroffen hat. Dabei 18 19 20 21 22 23 24 25 26
Darunter ist gem § 4 Abs 1 VRV 2015 das Kalenderjahr zu verstehen. S dazu Rz 10. Art 61 Abs 2 aF leg cit. Frank, Haushaltsrecht 696. Danach kann bei Nichtvorlage ein Entwurf eines Bundesfinanzrahmengesetzes oder eines Bundesfinanzgesetzes im NR auch durch Antrag seiner Mitglieder eingebracht werden. S dazu Rz 9 ff. LGBl 2014/65. IA zur Nov der TLO 1989 LGBl 2014/65, Tir LT XVI. GP, GZ 177/14, 4. S dazu Lödl in FS Mayer 351; Schwabl, JAP 2008/2009, 83; Stöger, Haushaltsrechtsreform 113.
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dürfen – wie in anderen L-VG27 auch – Mittelverwendungen, die nicht auf einer gesetzlichen oder vertraglichen Verpflichtung beruhen, je Monat ein Zwölftel der Ansätze nicht übersteigen. Dies gilt solange, bis ein die Gebarung regelnder Beschluss des LT wirksam wird. Auf Bundesebene findet sich eine ähnliche Regelung in Art 51a Abs 4 B-VG. Die TLO 1989 normiert aber im Gegensatz zum Bundesverfassungsrecht eine Befristung für das automatische Budgetprovisorium: Dieses gilt längstens während der ersten sechs Monate des Finanzjahres. Damit wird der Druck auf den LT, einen entsprechenden Beschluss zu fassen, erhöht. 10 Fraglich ist, was zu geschehen hat, wenn a) mit Beginn des Finanzjahres kein Entwurf der LReg für dasselbe Jahr vorliegt oder wenn b) der LT – aus welchen Gründen auch immer – selbst nach Ablauf der sechs Monate des Budgetprovisoriums keinen Beschluss fasst. Ad a): Liegt kein Entwurf der LReg vor und hat das Finanzjahr bereits begonnen, dann muss der LT eine „vorläufige Vorsorge für die Gebarung des Landes Tirol“ (mit Landtagsbeschluss) treffen: Im Unterschied zum Beschluss über den Voranschlag bedarf eine derartige Vorsorge freilich keines Regierungsentwurfs,28 von der Bindung an die VRV 2015 bzw die Vereinbarung Haushaltsführung ist aber auch sie nicht befreit. Ferner ist die LReg nicht von ihrer Pflicht entbunden, einen Budgetentwurf vorzulegen. Wird ein solcher vom LT beschlossen, tritt die vorläufige Vorsorge außer Kraft. Ad b): Trifft der LT nach Ablauf der sechsmonatigen Frist keinen Beschluss (über den Voranschlagsentwurf oder die „vorläufige Vorsorge“), dann tritt das Budgetprovisorium außer Kraft29 – es entfällt somit die Ermächtigung der LReg als „haushaltsleitendes Organ“, den Landeshaushalt zu belasten. Diese Situation kommt einem Staatsnotstand gleich. Einen begrenzten Ausweg bieten Art 97 Abs 3 B-VG bzw Art 53 TLO 1989 (Notverordnungsrecht der LReg),30 die allerdings unter der Voraussetzung stehen, dass der „Landtag nicht rechtzeitig zusammentreten kann oder in seiner Tätigkeit durch höhere Gewalt be27 S etwa Art 30 Abs 1 NÖ LV 1979; Art 55 Abs 4 OÖ L-VG. 28 S auch Frank, Haushaltsrecht 696 (hinsichtlich Art 55 Abs 4 OÖ L-VG). 29 Anders etwa Art 55 Abs 4 OÖ L-VG: Hier ist der LT ohne diese Fallfrist verpflichtet, spätestens nach Ablauf von drei Monaten des von einem Budgetprovisorium betroffenen Finanzjahres durch Beschluss Vorkehrungen für die Haushaltsführung zu treffen. 30 S dazu Oberdanner, Art 53 (in diesem Band).
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hindert“ ist.31 Handelt es sich um eine bloß politische Obstruktion des LT, kann auf das Notverordnungsrecht folglich nicht zurückgegriffen werden. In diesem Fall ist anzunehmen, dass die Finanzierung der Grundfunktionen der Landesvollziehung und -gesetzgebung – also der grundlegenden Staatsfunktionen –, sowie die Erfüllung finanzwirksamer gesetzlicher und vertraglicher Verpflichtungen32 weiterhin zulässig ist. Hinzuweisen ist schließlich darauf, dass im Falle einer absoluten Nich- 11 tigkeit eines Landesvoranschlags33 die Regelungen des Art 62 Abs 3 TLO 1989 zur Anwendung kommen.
VII. Über- und außerplanmäßige Mittel verwendungen Aus der Budgethoheit des LT folgt, dass jede Abweichung vom Lan- 12 desvoranschlag der vorherigen Bewilligung durch den LT34 oder der ausdrücklichen Ermächtigung der LReg zu selbständigem Vorgehen bedarf. Dem trägt Art 62 Abs 4 TLO 1989 Rechnung,35 indem er im Landesvoranschlag nicht vorgesehene oder diesen überschreitende Mittelverwendungen durch die LReg nur dann zulässt, wenn diese durch den LT im Beschluss über den Landesvoranschlag dazu ausdrücklich ermächtigt wurde. Diese Ermächtigung wird aber schon von Verfassungs wegen an zwei Voraussetzungen geknüpft: Erstens müssen die betr Mittelverwendungen „unumgänglich notwendig“ und dringlich sein, also keinen weiteren Aufschub erlauben. Es handelt sich somit um eine Ermächtigung, die nur im Ausnahmefall zusätzliche Ausgaben erlaubt. Insb muss es sich um Ausgaben bzw Mittelverwendungen handeln, die zum Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Landesvoranschlag nicht bekannt waren oder deren genauer Eintrittszeitpunkt nicht vorauszusehen war. Hinsichtlich der Notwendigkeit besteht ein breiter Auslegungsspielraum – dem LT ist es allerdings unbenommen, entsprechende Präzisierungen vorzusehen. Zweitens dürfen über- und außerplanmäßige Mittelverwendungen nur bis zu zwei vH der gesamt zuläs31 S dazu Th. Müller, Art 97/3, 4 Rz 4 ff; ferner Th. Müller, Art 61 (in diesem Band) Rz 2. 32 Diese Wertung kann aus Abs 3 letzter Satz entnommen werden. 33 S dazu Th. Müller, Art 61 (in diesem Band) Rz 7. 34 S etwa Art 47 Sbg L-VG. 35 S auch Frank, Haushaltsrecht 698.
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sigen Ausgaben betragen. Eine weitergehende Ermächtigung der LReg wäre folglich verfassungswidrig.36 13 Eine solche Regelung fand sich bereits in § 40 Abs 3 TLO 1953. Diese sah allerdings noch zusätzlich die Möglichkeit einer nachträglichen Genehmigung vor. An deren Stelle ist die Pflicht der LReg zur unverzüglichen Bekanntgabe getreten. Eine Sanktion für den Fall einer unterlassenen oder verspäteten Bekanntgabe ist nicht normiert.
36 Zur Rechtsfolge der absoluten Nichtigkeit s Th. Müller, Art 61 (in diesem Band) Rz 7. In diesem Fall wäre nur die Ermächtigung der LReg, nicht aber der gesamte Budgetbeschluss, nichtig.
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Artikel 62a Genehmigungspflicht (1) Der Genehmigung des Landtages bedürfen: a) die Aufnahme von Anleihen und Darlehen durch das Land Tirol, b) die Übernahme von Haftungen durch das Land Tirol, c) die Veräußerung und die Belastung von Vermögen des Landes Tirol. (2) Der Landtag kann im Beschluss über die Festsetzung des Landesvoranschlages die Landesregierung ermächtigen, Vermögen des Landes Tirol bestimmter Art und bis zu einem bestimmten Wert im Einzelfall ohne Genehmigung des Landtages zu veräußern oder zu belasten. LGBl samt Erläuterungen: LGBl 1988/61 (X. GP AA 141/88 AB 141/88); LGBl 2012/147 (XV. GP RV 562/12 AB 562/12); LGBl 2017/53 (XVI. GP RV 69/17 AB 69/17) Literatur: Frank, Haushaltsrecht, in Pürgy (Hg), Das Recht der Länder II/2 (2012) 693 ff; B. Raschauer, Gibt es ein öffentliches Haftungsrecht?, in Studiengesellschaft für Wirtschaft und Recht (Hg), Haftung im Wirtschaftsrecht (2013) 15 ff; Ruppe, § 14 F-VG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (2016); Schneider, Verfassungsrechtliche Fragen von Landeshaftungen – Unter besonderer Berücksichtigung der Haftung für LandesHypothekenbanken, in Baumgartner (Hg), Öffentliches Recht. Jahrbuch 2015 (2015) 11 ff
Inhaltsübersicht I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben II. Völker- und unionsrechtliche Vorgaben III. Entstehungsgeschichte.................................................................. 1 IV. Zur Genehmigungspflicht im Allgemeinen............................... 5 V. Zur Genehmigungspflicht im Einzelnen.................................... 6 VI. Zur Ermächtigung gemäß Abs 2................................................. 10
I.–II. S dazu Th. Müller, Art 61 (in diesem Band) Rz 10. 839
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III. Entstehungsgeschichte 1 Genehmigungspflichten für bestimmte budgetwirksame Handlungen bestehen schon seit der TLO 1921 respektive der TLO 1953.1 Erfasst sind seither die Aufnahme von Anleihen2 und Bürgschaften sowie die Veräußerung oder Belastung des unbeweglichen Landesvermögens. 2 Mit der StF der TLO 1989 wurden diese Tatbestände um das bewegliche Landesvermögen, bei gleichzeitiger Möglichkeit, in geringfügigen Fällen die LReg zur Veräußerung oder Belastung ohne vorherige Zustimmung des LT zu ermächtigen, erweitert (Art 62 leg cit aF). Ferner erfasst wurden die „Erlassung, Änderung und Aufhebung der Satzungen der Unternehmen des Landes Tirol auf dem Gebiet des Bankwesens“ – dieser nicht dem Haushaltsrecht zuzuordnende Tatbestand ist aber nach der Umwandlung der Landes‑Hypothekenbank Tirol in eine AG und der Gründung einer entsprechenden Anteilsverwaltung durch das Landes-Hypothekenbank Tirol-Einbringungsgesetz3 entfallen.4 Der Genehmigungsvorbehalt des LT für die Satzung der Landes-Hypothekenbank Tirol sowie für die Veräußerung von Beteiligungsrechten wurde in der Folge in § 11 Abs 3 Landes‑Hypothekenbank TirolEinbringungsgesetz verankert. Mit dem Gesetz, mit dem die LandesHypothekenbank Tirol Anteilsverwaltung aufgelöst wird und die Rechtsbeziehungen der Hypo Tirol Bank AG zum Land Tirol geregelt werden5, wurde diese Konstruktion mit Ende Juni 2019 allerdings wieder beseitigt: Das Land Tirol trat damit als Gesamtrechtsnachfolger in alle Rechte und Pflichten der Landes-Hypothekenbank Tirol Anteilsverwaltung ein. Für die Veräußerung und die Belastung der Anteilsrechte des Landes an der Hypo Tirol Bank AG gilt somit wiederum Art 62 Abs 1 lit c TLO 1989.6 1 2 3 4 5 6
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Jeweils § 41. Mit Ausnahme von Darlehen in offener Rechnung. Gesetz vom 9. Oktober 1997 über die Einbringung des Unternehmens der Landes-Hypothekenbank Tirol in eine Aktiengesellschaft, LGBl 1997/89 idF LGBl 2018/152. S TLO-Nov LGBl 1998/104; EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 1998/104, Tir LT XII. GP, GZ 270/98, 14. LGBl 2018/152. EBRV zum Gesetz, mit dem die Landes-Hypothekenbank Tirol Anteilsverwaltung aufgelöst wird und die Rechtsbeziehungen der Hypo Tirol Bank AG zum Land Tirol geregelt werden, LGBl 2018/152, Tir LT XVII. GP, GZ 369/18, 1.
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Durch die TLO-Nov 20127 wurde der Begriff „Bürgschaften” durch 3 den weitergehenden Begriff „Haftungen” ersetzt. Diese Änderung erfolgte im Hinblick auf den mit derselben Nov neu eingeführten Art 62a (nunmehr Art 62b) TLO 1989, der seinerseits die im ÖStP 20128 normierte Verpflichtung zur Festlegung von Haftungsobergrenzen umsetzte.9 Mit der TLO-Nov 201710 wurde die gesamte Bestimmung im Zuge der 4 Neunummerierung des Abschnitts in den Art 62a TLO 1989 überführt (wobei die noch idF der TLO-Nov 2012 dort befindlichen Bestimmungen über Finanzplanung und Haftungsobergrenzen auf den neuen Art 62b TLO 1989 übertragen wurden).
IV. Zur Genehmigungspflicht im Allgemeinen Art 62a TLO 1989 betrifft die Schuldens- und Vermögensgebarung 5 und bindet solche Verfügungen der LReg – nach dem Vorbild des Art 42 Abs 5 B-VG iVm Art 51 Abs 9 Z 8 f B‑VG, die diesbezüglich auf das Bundeshaushaltsgesetz verweisen11 – an eine Zustimmung des LT. Die Beschränkung der entsprechenden (idR langfristig haushaltswirksamen) Gebarung durch die Exekutive ist Ausdruck der parlamentarischen Budgethoheit. Eine solche Genehmigungspflicht ergibt sich allerdings nicht schon aus § 14 F-VG, da sich dieser auf eine kompetenzrechtliche Aussage beschränkt:12 Danach normiert die Landesgesetzgebung zwar die Aufnahme von Anleihen (Darlehen) der Länder, Gemeindeverbände und Gemeinden,13 eine solche Regelung kann aber auch allgemein und nicht nur für den Einzelfall erfolgen.14 Dennoch 7 8
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LGBl 2012/147. Kundmachung des Landeshauptmannes vom 2. April 2013 betreffend die Vereinbarung zwischen dem Bund, den Ländern und den Gemeinden über einen Österreichischen Stabilitätspakt 2012 (Österreichischer Stabilitätspakt 2012), LGBl 2013/30. S insb Art 12, 13 und 15 ÖStP 2012. EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 2012/147, Tir LT XV. GP, GZ 562/12, 16 f. LGBl 2017/53. Die entsprechenden Verfügungen werden auf Bundesebene in den §§ 69 ff BHG 2013 (Bundesgesetz über die Führung des Bundeshaushaltes [Bundeshaushaltsgesetz 2013], BGBl I 2009/139 idF BGBl I 2018/60) geregelt. Ruppe, § 16 Rz 4. S etwa § 84 ff TGO und § 67 IbkStadtR. Frank, Haushaltsrecht 698 (FN 12); Ruppe, § 16 Rz 5.
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lässt sich daraus implizit eine Anerkennung der landesverfassungsrechtlichen Genehmigungspflicht durch die Bundesverfassung ableiten, wobei diese die Entscheidung darüber, welche Rechtsgeschäfte einer Genehmigung bedürfen, der Landesgesetzgebung überlässt.
V. Zur Genehmigungspflicht im Einzelnen 6 Die in Art 62a Abs 1 TLO 1989 normierten Genehmigungstatbestände sind taxativ.15 7 Lit a: Die Anleihe (auch Schuldverschreibung, Obligation, festverzinsliches Wertpapier, Rentenpapier oder „bond“) zählt neben Schuldscheindarlehen und langfristigem Bankkredit zu den Instrumenten der langfristigen Fremdfinanzierung. Sie ist im Gegensatz zu einem reinen (Bank-)Darlehen ein Wertpapier, dh sie muss gewisse Anforderungen bezüglich Offenlegung von Informationen erfüllen und kann börsennotiert sein. In der Finanzpraxis wird von „Anleihen“ dann gesprochen, wenn der Gebietskörperschaft eine Mehrzahl von Gläubigern gegenübersteht, von einem „Darlehen“ hingegen, wenn es sich um einen oder wenige bekannte Gläubiger handelt.16 Unter „Aufnahme“ ist zunächst die Auflage von Anleihen17 durch das Land (Länderanleihe) oder das Eingehen von Darlehen als Schuldner zu verstehen. Ferner werden unter diesen Begriff auch der Erwerb solcher Anleihen sowie die Gewährung von Darlehen an Dritte fallen. 8 Lit b: „Haftungen“ sind Rechtsgeschäfte, bei denen, unabhängig von der Bezeichnung des Rechtsverhältnisses, der jeweilige Rechtsträger bei Eintritt normierter Haftungstatbestände zur Leistung herangezogen werden kann – oder kurz: Haftung meint Einstehen-Müssen mit dem eigenen Vermögen:18 „Der Begriff der Haftung umfasst somit alle Eventualverbindlichkeiten in Form von Bürgschaften, Garantien sowie Patronatserklärungen (soweit diese eine Haftung verbriefen, die inhaltlich einer Bürgschaft oder Garantieerklärung gleichkommt) gegenüber Fremdmittelgebern. Für welchen Betrag der Rechtsträger haftet, d.h. für welchen Betrag er vom Dritten im Haftungsfall in Anspruch 15 EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 87. 16 Ruppe, § 16 Rz 5. 17 S etwa zur letztlich gescheiterten „Tirol Anleihe“ Beschluss des Tir LT vom 01.07.2009, GZ 273/09. 18 B. Raschauer, Haftungsrecht 15. S dazu auch Rz 1.
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genommen werden kann, richtet sich nach dem der Haftung zugrunde liegenden Rechtsverhältnis.“19 Erfasst werden vom Land Tirol für Dritte übernommene Haftungen20 sowie Haftungen von außerbudgetären Einheiten, die nach dem ESVG 201021 dem Verantwortungsbereich des Landes zugeordnet sind22 und für die eine Schadloshaltungsverpflichtung des Landes besteht, sowie die abreifenden Haftungen als Ausfallsbürge gem § 1356 ABGB für Verbindlichkeiten der Hypo Tirol Bank AG im Falle ihrer Zahlungsunfähigkeit, sofern diese Verbindlichkeiten vor dem 03.04.2003 bestanden haben.23 In diesem Zusammenhang ist ferner auf die nunmehr auch landesverfassungsrechtlich eingeführten Haftungsobergrenzen zu verweisen.24 Lit c: Die Genehmigungspflicht hinsichtlich der Veräußerung und Be- 9 lastung25 von Vermögen des Landes Tirol betrifft bewegliches sowie 19 EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 2012/147, Tir LT XV. GP, GZ 562/12, 16 f. 20 S etwa § 12 Tir Wohnbauförderungsgesetz (Gesetz vom 15. Mai 1991 über die Förderung des Wohnbaus und der Wohnhaussanierung, LGBl 1991/55 idF LGBl 2019/138). 21 VO 549/2013/EU, Abl 2013 L 174/1. 22 S dazu Art 62b Abs 2 TLO 1989. 23 S dazu ferner § 3 des Gesetzes, mit dem die Landes-Hypothekenbank Tirol Anteilsverwaltung aufgelöst wird und die Rechtsbeziehungen der Hypo Tirol Bank AG zum Land Tirol geregelt werden: Danach bleiben Haftungen des Landes Tirol als Ausfallsbürge nach § 1356 ABGB für Verbindlichkeiten der Hypo Tirol Bank AG bis zum Ende ihrer Laufzeit bestehen. Neue Garantien dürfen nur mehr (beihilferechtskonform) gegen marktgerechtes Entgelt sowie mit Genehmigung des LT übernommen werden und müssen im LGBl kundgemacht werden. Zum beihilferechtlich induzierten Abbau der Landeshaftungen s E (Kom) 2002/8/EG (Ausfallshaftung des Bundes, der Länder und der Gemeinden für bestimmte Kreditinstitute [Landeshypothekenbanken und Sparkassen]): Bestehende Haftungen dürfen unberührt bleiben, neue Haftungen können aber nur mehr für nach dem 02.04.2003 bis zum 01.04.2007 eingegangene Verbindlichkeiten begründet werden, sofern ihre Laufzeit nicht über den 30.09.2017 hinausgeht. S dazu etwa Schneider, Fragen 13. 24 S dazu Th. Müller, Art 62b (in diesem Band) Rz 9 ff. 25 Art 53 Abs 4 TLO 1989 schließt den Erlass von Notverordnungen aus, die eine „dauernde finanzielle Belastung des Landes Tirol“ zur Folge haben. Diese Bestimmung schützt folglich gleichermaßen wie ua Art 62a TLO 1989 die Budgethoheit des LT. Den leicht unterschiedlichen Formulierungen (Art 53 Abs 4: „finanzielle Belastung“; Art 62a: „Belastung“) dürfte kein ab-
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unbewegliches Vermögen.26 „Veräußerung“ meint insb verkaufen, tauschen, schenken oder abtreten. Erfasst ist damit auch der Verzicht auf Forderungen. Unter „Belastung“ kann etwa die Einräumung von Dienstbarkeiten, Reallasten und Pfandrechten verstanden werden.
VI. Zur Ermächtigung gemäß Abs 2 10 Gem Art 62a Abs 2 TLO 1989 kann der LT die LReg ermächtigen, Vermögen des Landes bestimmter Art und bis zu einem bestimmten Wert im Einzelfall ohne Genehmigung des LT zu veräußern oder zu belasten. Diese Ermächtigung hat im Beschluss über die Festsetzung des Landesvoranschlages zu erfolgen.27 Ziel der Bestimmung ist es, eine Belastung des LT in „geringfügigen Fällen“ zu vermeiden.28 Der Umfang der Ermächtigung muss allerdings hinreichend bestimmt sein (im Hinblick auf „Art“ und „Wert“). 11 Auffällig ist, dass sich Abs 2 nur auf Abs 1 lit c bezieht. Während lit b (Haftungen) von Art 62b TLO 1989 erfasst ist (mehrjährige Finanzplanung mit festgelegten Haftungsobergrenzen), ist hinsichtlich der Aufnahme von Anleihen und Darlehen keine Befugnis des LT zur vorherigen Ermächtigung der LReg vorgesehen. Allerdings schließt Abs 1 bzw dessen Genehmigungsbegriff eine solche Ermächtigung der LReg zur Aufnahme von Anleihen und Darlehen bereits im Landesvoranschlag auch nicht aus. Hier müssen aber Art und Wert zur Wahrung der Budgethoheit des LT im Vorhinein ebenfalls bestimmt sein. Die bisherige Praxis, die LReg im Landesvoranschlag zur Aufnahme von Darlehen bis zu einer gewissen Höhe zu ermächtigen,29 ist folglich verfassungskonform.
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weichender Bedeutungsinhalt zukommen. Vgl dazu auch Oberdanner, Art 53 (in diesem Band) Rz 17. S dazu Rz 1. S dazu etwa Punkt IV Beschluss des Tir LT vom 13.12.2018, GZ 454/18. EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 87. S etwa Punkt V Beschluss des Tir LT vom 13.12.2018, GZ 454/18.
Artikel 62b Finanzplanung, Haftungsobergrenzen (1) Der Landtag hat eine mehrjährige Finanzplanung mit festgelegten Haftungsobergrenzen zu beschließen; dies kann im Rahmen des Beschlusses über die Festsetzung des Landesvoranschlages erfolgen. (2) Im Beschluss nach Abs. 1 sind neben einer Grobplanung für die mittelfristige Orientierung der Haushaltsführung die Voraussetzungen für die Übernahme von Haftungen, insbesondere Haftungsobergrenzen, des Landes festzulegen. Weiters ist zu bestimmen, wie die Haftungen im Landesrechnungsabschluss auszuweisen sind und dass für Haftungen, bei denen eine Inanspruchnahme überwiegend wahrscheinlich ist, eine Risikovorsorge zu bilden ist. Dies gilt auch für Haftungen von außerbudgetären Einheiten, die dem Sektor Staat zuzuordnen sind und im Verantwortungsbereich des Landes liegen. LGBl samt Erläuterungen: LGBl 2012/147 (XV. GP RV 562/12 AB 562/12); LGBl 2017/53 (XVI. GP RV 69/17 AB 69/17) Literatur: Frank, Haushaltsrecht, in Pürgy (Hg), Das Recht der Länder II/2 (2012) 693 ff; Hauth/Grossmann, Die neuen Haftungsobergrenzenbestimmungen von Bund, Ländern und Gemeinden, WiPol 2014, 251 ff; Lödl, Schuldenbremse und Haushalts(verfassungs)recht, in Baumgartner (Hg), Öffentliches Recht. Jahrbuch 2013 (2013) 397 ff; Th. Müller, Verfassungsrechtliche Überlegungen zum „Hypo-Sondergesetz“, in Baumgartner (Hg), Öffentliches Recht. Jahrbuch 2015 (2015) 31 ff; Schneider, Verfassungsrechtliche Fragen von Landeshaftungen – Unter besonderer Berücksichtigung der Haftung für Landes-Hypothekenbanken, in Baumgartner (Hg), Öffentliches Recht. Jahrbuch 2015 (2015) 11 ff; Stöger, Art 51 B-VG, in Kneihs/Lienbacher (Hg), Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht (2010); Sutter/Pfalz, Verteilungsnormen und Verteilungsgerechtigkeit im Finanzverfassungs- und Finanzausgleichsrecht, in Baumgartner et al (Hg), Verteilungsgerechtigkeit im Recht (2017) 487 ff
Inhaltsübersicht I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben..................................... 1 II. Völker- und unionsrechtliche Vorgaben.................................... 4 III. Entstehungsgeschichte.................................................................. 7 845
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IV. Mehrjährige Finanzplanung ....................................................... 8 V. Haftungsobergrenzen................................................................... 9 VI. Landtagsbeschluss.......................................................................... 12
I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben 1 Das Bundesverfassungsrecht regelt die mittelfristige Finanzplanung1 und Haftungsübernahmen durch den Bund, dies allerdings nur hinsichtlich der Zuständigkeit des NR zur Erlassung entsprechender einfachgesetzlicher Vorgaben:2 Haftungsübernahmen bedürfen danach stets einer (pauschalen oder einzelfallbezogenen) Ermächtigung durch spezielles Gesetz.3 Materielle Haftungsobergrenzen sind aber bundesverfassungsrechtlich im Gegensatz zur einfachgesetzlichen Rechtslage nicht vorgesehen. Seit 2012 normiert das BOHG4 eine verbindliche Gesamtobergrenze für Haftungen des Bundes sowie der dem Sektor Staat zugehörenden außerbudgetären Einheiten des Bundes. 2 Hinsichtlich der mittelfristigen Finanzplanung und der Haftungsobergrenzen für die Länder und Gemeinden schweigt die Bundesverfassung. Deren Regelung fällt folglich gem Art 15 Abs 1 B-VG in die haushaltspolitische Zuständigkeit der Länder. Die ansteigende Gesamtstaatsverschuldung, mehr aber noch die (früheren) umfangreichen Landeshaftungen für den Bankensektor und die damit verbundenen Risiken für den Gesamtstaat,5 haben das Bedürfnis nach einer bundesein1
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Insb durch das Bundesfinanzrahmengesetz, das verbindliche Auszahlungsobergrenzen für vier Jahre in die Zukunft festlegt. S dazu Art 51 B-VG iVm §§ 12 und 15 BHG 2013 (Bundesgesetz über die Führung des Bundeshaushaltes [Bundeshaushaltsgesetz 2013], BGBl I 2009/139 idF BGBl I 2018/60). Art 42 Abs 5 iVm Art 51 Abs 9 Z 9 B-VG. S dazu Stöger, Art 51 Rz 78. Bundesgesetz zur Festlegung von Haftungsobergrenzen des Bundes (Bundeshaftungsobergrenzengesetz), BGBl I 2011/149 idF BGBl I 2020/11. S ferner § 82 BHG 2013 und das jeweilige Bundesfinanzgesetz (derzeit Art X BFG 2020, BGBl I 2020/46). Zu den ausreifenden Landeshaftungen s § 3 des Gesetzes, mit dem die Landes-Hypothekenbank Tirol Anteilsverwaltung aufgelöst wird und die Rechtsbeziehungen der Hypo Tirol Bank AG zum Land Tirol geregelt werden, LGBl 2018/152, sowie EBRV zum Gesetz, mit dem die Landes-Hypothekenbank Tirol Anteilsverwaltung aufgelöst wird und die Rechtsbeziehungen der Hypo Tirol Bank AG zum Land Tirol geregelt werden LGBl 2018/152, Tir LT XVII. GP, GZ 369/18, 1; ferner Th. Müller, Überlegungen 35.
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heitlichen „Haftungsbremse” verstärkt. Mit dem auf Art 15a Abs 1 B-VG beruhenden ÖStP 20126 wurde in Fortführung des ÖStP 20117 „zur Sicherstellung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts und […] nachhaltig geordneten Haushalten”8 festgelegt, dass Bund und Länder, Letztere für sich selbst und ihre Gemeinden, eine rechtlich verbindliche mehrjährige Finanzplanung mit ebenso verbindlichen Haftungsobergrenzen über einen mittelfristigen Zeitraum im Vorhinein normieren.9 Dabei sollten neben den Kernhaushalten auch die Einheiten des Sektors Staat iSd ESVG10 einbezogen werden.11 Zur Erreichung der festgelegten haushaltsrechtlichen Ziele sieht der ÖStP 2012 Informationspflichten der Gebietskörperschaften,12 die Einrichtung eines Österreichischen Koordinationskomitees sowie von neun Länder-Koordinationskomitees und einen Sanktionsmechanismus13 vor. Eine gesamtstaatliche Haftungsobergrenze wurde allerdings ebenso wenig bestimmt wie eine einheitliche Vorgangsweise zur Ermittlung der Obergrenzen. Es fehlte ferner auch an einer Regelung darüber, welche Haftungen in die Obergrenzen einzubeziehen waren sowie über die Vor6
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Kundmachung des Landeshauptmannes vom 2. April 2013 betreffend die Vereinbarung zwischen dem Bund, den Ländern und den Gemeinden über einen Österreichischen Stabilitätspakt 2012 (Österreichischer Stabilitätspakt 2012), LGBl 2013/30 (rückwirkend in Kraft getreten mit 01.01.2012). S dazu Th. Müller, Art 61 (in diesem Band) Rz 3. Kundmachung des Landeshauptmannes vom 16. Dezember 2011 betreffend die Vereinbarung zwischen dem Bund, den Ländern und den Gemeinden über eine Weiterführung der stabilitätsorientieren Budgetpolitik (Österreichischer Stabilitätspakt 2011), LGBl 2011/141. Dieser enthielt die erstmalige (ebenfalls weitgehend autonom umzusetzende) Verpflichtung der Gebietskörperschaften zur Begrenzung von Haftungen (Art 10 ÖStP 2011). S zu Art 13 Abs 2 B-VG Th. Müller, Art 61 (in diesem Band) Rz 3. Art 2 Abs 2 lit e iVm Art 12 Abs 3 und Art 13 leg cit. Europäisches System Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen. Neben dem Land selbst, den Gemeinden und den Gemeindeverbänden etwa auch die Landwirtschaftskammern oder Anstalten, Stiftungen und Fonds, die auf Basis landesgesetzlicher Grundlagen eingerichtet wurden. Die Durchsetzung der festgelegten Haftungsobergrenzen erforderte daher, dass den Gebietskörperschaften die notwendigen Kontroll- und Eingriffsrechte eingeräumt wurden. Ferner sieht der ÖStP 2012 die Verpflichtung vor, Risikovorsorgen zu bilden, das Verfahren bei der Haftungsübernahme zu regeln sowie Informations- und Ausweispflichten festzulegen. S insb Art 14 Abs 2 lit b Z 7 ÖStP 2012. Art 19 ÖStP 2012 (Befassung eines Schlichtungsgremiums; Sanktionsbeitrag).
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gangsweise bei Überschreiten dieser. Es bestand somit ein erheblicher Umsetzungsspielraum. Die daraus resultierende Diversität der Regelungen führte zu einer nicht intendierten Verringerung der gesamtstaatlichen Transparenz des Systems der Haftungsobergrenzen.14 3 Auf Basis der Empfehlungen des RH des Bundes15 wurde daher eine weitere Art 15a‑Vereinbarung abgeschlossen, in der sich Bund und Länder verpflichtet haben, das System an Haftungsobergrenzen zu harmonisieren und transparent zu gestalten (sog „HOG‑Vereinbarung“).16 Kern der Vereinbarung sind die Vorgabe einer einheitlichen Formel17 zur Berechnung der Haftungen bzw ihrer Obergrenzen sowie die Grundsätze zur Anrechnung von Haftungen.18 Sodann sind Haftungen mit dem Nominalwert im Rechnungsabschluss auszuweisen.19 Systematisch verfehlt in der Bestimmung über die Aufgaben des Österreichischen Koordinationskomitees20 ist schließlich die Verpflichtung vorgesehen, allenfalls eingetretene Überschreitungen der Obergrenzen ohne unnötigen Verzug wieder auf den zulässigen Wert zu reduzieren. Zu diesem Zweck darf nur ein Teil – nämlich 20 % – der in einem Jahr abreifenden Haftungen neu vergeben werden, und zwar solange, bis die vereinbarte Haftungsobergrenze wieder erreicht ist.21
14 EBRV 1364 BlgNR XXV. GP, 1. 15 Rechnungshof, Bericht des Rechnungshofes. Haftungsobergrenzen im Bereich der Länder und Gemeinden, Bund 2015/7, https://www.rechnungshof. gv.at/rh/home/home/Haftungsobergrenzen_Laender_Gemeinden.pdf (10.12.2019). 16 Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und den Ländern, mit der Regelungen zu Haftungsobergrenzen vereinheitlicht werden, LGBl 2017/89. S auch die Verordnung der Landesregierung vom 27. November 2018 über die Festlegung von Haftungsobergrenzen für Gemeinden und Gemeindeverbände, LGBl 2018/135. Das vereinbarte System einheitlicher Haftungsobergrenzen sollte zusammen mit der VO des Bundesministers für Finanzen: Voranschlags- und Rechnungsabschlussverordnung 2015 (VRV 2015), BGBl II 2015/313 idF BGBl II 2018/17 ab 01.01.2019 zur Anwendung kommen (Art 7 Abs 3 HOG‑Vereinbarung), das Inkrafttreten der VRV 2015 wurde zwischenzeitlich jedoch auf 01.01.2020 verschoben. 17 Art 2 Abs 2 iVm Art 3 HOG-Vereinbarung. 18 Art 4 HOG-Vereinbarung. 19 Art 2 Abs 1 HOG-Vereinbarung. 20 S Art 14 ÖStP 2012. 21 EBRV 1364 BlgNR XXV. GP, 2. S auch die Übergangsbestimmung des § 7 Abs 4 HOG-Vereinbarung.
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II. Völker- und unionsrechtliche Vorgaben Verpflichtungen zur mittelfristigen Finanzplanung normiert das se- 4 kundäre Unionsrecht an mehreren Stellen. Hervorzuheben ist Art 9 Abs 1 Fiskalrahmen-RL22, wonach jeder MS einen glaubwürdigen und effektiven mittelfristigen Haushaltsrahmen festzulegen hat, der einen Finanzplanungshorizont von mindestens drei Jahren umfasst. Ferner hat jeder MS nach Art 5 Fiskalrahmen-RL über numerische Haushaltsregeln zu verfügen, die wirksam zur Einhaltung ihrer jeweiligen aus dem AEUV im Bereich der Haushaltspolitik erwachsenden Verpflichtungen über einen Zeithorizont von mehreren Jahren durch den Staat als Ganzes beitragen. Diese Regeln haben neben der Einhaltung der Referenzwerte für das Defizit und den Schuldenstand auch einen mehrjährigen Finanzplanungshorizont einzuführen, der die mittelfristigen Haushaltsziele des MS verfolgt.23 Veröffentlichungspflichten ergeben sich etwa ferner aus dem „Twopack“, genauer aus der VO 473/2013/ EU24: Gem dessen Art 4 Abs 1 veröffentlichen die MS im Rahmen des Europäischen Semesters bzw eines gemeinsamen Haushaltszeitplans bis spätestens 30.04. jeden Jahres ihre mittelfristige Finanzplanung.25 Verpflichtungen zur Einhaltung bestimmter Haftungsobergrenzen 5 lassen sich aus dem Unionsrecht hingegen nicht ableiten, dafür aber wiederum umfangreiche Veröffentlichungspflichten. Gem Art 14 Abs 3 Fiskalrahmen-RL haben die MS „die relevanten Informationen über Eventualverbindlichkeiten, die sich erheblich auf die öffentlichen Finanzen auswirken können, darunter Staatsbürgschaften, notleidende Darlehen und Verbindlichkeiten aus der Tätigkeit öffentlicher Körperschaften, einschließlich Angaben zu deren Umfang“ zu veröffentlichen.26 Dies „gegebenenfalls einschließlich von Wahrscheinlichkeit und 22 RL 2011/85/EU, Abl 2011 L 306/41. 23 S zu den einzelnen Anforderungen der Fiskalrahmen-RL EBRV 1792 BlgNR XXIV. GP, 9 f. 24 Abl 2013 L 140/11. 25 Ferner muss gem Art 4 Abs 2 leg cit der Entwurf des Bundeshaushaltsgesetzes und der budgetären Hauptparameter der subnationalen staatlichen Sektoren bis 15.10. eines jeden Jahres veröffentlicht werden. 26 S dazu auch ErwGr 26 Fiskalrahmen-RL 2011/85/EU: „Eventualverbindlichkeiten“ sind insb „mögliche Verpflichtungen, die vom Eintreten oder Nichteintreten eines mehr oder weniger unsicheren künftigen Ereignisses abhängen, oder gegenwärtige Verpflichtungen, bei denen eine Zahlung nicht wahrscheinlich ist oder bei deren wahrscheinlicher Zahlung deren Höhe nicht ausreichend verlässlich geschätzt werden kann.“
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potenziellem Fälligkeitstermin der Eventualverbindlichkeiten.“27 Damit fordert die RL eine auf den Gesamtstaat bezogene Betrachtung der Risiken für öffentliche Haushalte.28 Der Begriff der Eventualverbindlichkeiten geht dabei über den Haftungsbegriff des ÖStP 201229 hinaus, umfasst diesen aber auch. Der ÖStP 2012 hat also mit der Veröffentlichungspflicht hinsichtlich der Haftungen sowie „sonstiger Eventual verbindlichkeiten“30 (ohne diese allerdings näher zu definieren)31 den unionsrechtlichen Anforderungen entsprochen. 6 Haftungen sind ferner für die Ermittlung des Maastricht-Schuldenstands, der auf Basis des ESVG 2010 zu ermitteln ist,32 von Bedeutung. Zwar sind Eventualverbindlichkeiten wie Garantien oder Bürgschaften grds keine in den ESVG-Konten zu erfassenden Verbindlichkeiten und daher nicht Bestandteil der Maastricht-Verschuldung.33 Bestimmte Garantien, deren Abruf als sehr wahrscheinlich angesehen wird, sind aber so zu verbuchen, als seien sie bereits abgerufen worden.34
III. Entstehungsgeschichte 7 Art 62b TLO 1989 wurde mit der TLO-Nov 201235 (hier noch: Art 62a TLO 1989) eingeführt und seitdem inhaltlich und sprachlich unverändert beibehalten. Ziel der genannten Nov war die Umsetzung der aus dem ÖStP 201236 entspringenden Verpflichtungen zur Einführung einer mehrjährigen Finanzplanung und zur Festlegung von Haftungsobergrenzen.37 Die TLO‑Nov 201738 hatte eine bloße Umnummerierung der Bestimmung zum heutigen Art 62b TLO 1989 zur Folge. 27 28 29 30 31 32
ErwGr 26 Fiskalrahmen-RL 2011/85/EU. Rechnungshof, Bund 2015/7, 30. Art 13 Abs 2 ÖStP 2012. Art 13 Abs 7 ÖStP 2012; s ferner Art 25 ÖStP 2012. S zur Kritik daran Rechnungshof, Bund 2015/7, 31. S dazu VO 549/2013/EU, Abl 2013 L 174/1 idF VO 1342/2015/EU, Abl 2015 L 207/35. 33 S Anhang A Punkt 5.11. VO 549/2013/EU idF VO 1342/2015/EU. 34 S dazu Deutsche Bundesbank, Monatsbericht April 2018, 63 f, https://www. bundesbank.de/resource/blob/724594/5bc43d9b9e8b77c3efbde0b83a5d3f 4e/mL/2018-04-monatsbericht-data.pdf (10.12.2019). 35 LGBl 2012/247. 36 S insb dessen Art 12, 13 und 15. 37 S Rz 2. 38 LGBl 2017/53.
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IV. Mehrjährige Finanzplanung Art 62b Abs 1 TLO 1989 bezieht sich auf Art 12 Abs 3 ÖStP 2012, der 8 seinerseits Art 9 der Fiskalrahmen-RL umsetzt.39 Danach haben die Länder (und Gemeinden) in rechtlich verbindlicher Form eine mehrjährige Finanzplanung mit festgelegten Haftungsobergrenzen zu beschließen. Unter „mehrjährig“ ist dabei ein zumindest dreijähriger Planungszeitraum zu verstehen.40 Die entsprechende Planung ist in einer bestimmten standardisierten Form41 dem Österreichischen Koordinationskomitee mitzuteilen.42 Gefordert ist allerdings nur eine grobe Planung in Form eines „rollierenden Systems“ der mittelfristigen Haushaltsplanung, das eine Vorausschau auch über die Geltung der jeweiligen Finanzausgleichsperiode hinaus ermöglicht.43 Darauf nimmt Art 62b Abs 2 TLO 1989 ausdrücklich Bezug, indem er zur Einbeziehung einer entsprechenden „Grobplanung“ verpflichtet.
V. Haftungsobergrenzen Mit der landesverfassungsrechtlich verpflichtenden Einführung von 9 Haftungsobergrenzen wird Art 13 ÖStP 2012 entsprochen, wonach Bund und Länder (und diese für die Gemeinden) ihre Haftungen zu beschränken und rechtlich verbindliche Haftungsobergrenzen über einen mittelfristigen Zeitraum im Vorhinein vorzusehen haben. Aus dem Umstand, dass die Haftungsobergrenzen gem Art 62b Abs 1 TLO 1989 „festgelegt“ sein müssen, aber auch, weil diese ansonsten leerlaufen würden, ergibt sich in diesem Zusammenhang ein „landesverfassungsrechtliches Gebot der ziffernmäßigen Bestimmtheit von Haftungen“.44 Davon erfasst ist der gesamte Verantwortungsbereich der Gebietskör39 Gem Abs 1 dieser Bestimmung hat jeder MS einen glaubwürdigen, effektiven mittelfristigen Haushaltsrahmen festzulegen, welcher einen Finanzplanungshorizont von mindestens drei Jahren vorsieht, um sicherzustellen, dass die nationale Finanzplanung einer mehrjährigen Planungsperspektive folgt. 40 S EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 2012/147, Tir LT XV. GP, GZ 562/12, 17. S ferner Rz 4. 41 S Anlage 2 des ÖStP 2012. 42 Art 15 Abs 1 ÖStP 2012. 43 EBRV 1364 BlgNR XXV. GP, 11; EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 2012/147, Tir LT XV. GP, GZ 562/12, 17. 44 Schneider, Fragen 23.
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perschaften und damit auch des Landes nach den Bestimmungen des ESVG 2010.45 Derartige Obergrenzen dienen dem bundesverfassungsrechtlich verbürgten Ziel der Sicherstellung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts sowie der nachhaltig geordneten Haushalte (Art 13 Abs 2 B-VG).46 Mit der oben genannten HOG-Vereinbarung wurden die Haftungsobergrenzen, insb deren Berechnung, harmonisiert47 und damit der Gestaltungsspielraum des LT erheblich eingeschränkt. 10 Zum Haftungsbegriff s Th. Müller, Art 62a (in diesem Band) Rz 8. Die von der Obergrenze erfassten Haftungen sind vom Land Tirol für Dritte übernommene Haftungen sowie Haftungen von außerbudgetären Einheiten, die nach dem ESVG 2010 dem Verantwortungsbereich des Landes zugeordnet sind und für die eine Schadloshaltungsverpflichtung des Landes besteht. Ferner sind die abreifenden Haftungen des Landes als Ausfallsbürge gem § 1356 ABGB für Verbindlichkeiten der Hypo Tirol Bank AG im Falle ihrer Zahlungsunfähigkeit, sofern diese Verbindlichkeiten vor dem 03.04.2003 bestanden haben, miteinzubeziehen.48 11 Hinsichtlich „sonstiger Eventualverbindlichkeiten“ sieht Art 13 Abs 7 ÖStP 2012 in Umsetzung von Art 14 Abs 3 Fiskalrahmen-RL49 eine bloße – von Art 62b TLO 1989 nicht erfasste – „Ausweisungspflicht“ vor, die von Bund und Ländern „jeweils in eigener Verantwortung“ wahrzunehmen ist.50
VI. Landtagsbeschluss 12 Sowohl für die mittelfristige Budgetplanung als auch für die Haftungsobergrenzen ist die Erlassung eines Beschlusses51 durch den LT vorgesehen.52 Gem Art 62b Abs 1 TLO 1989 „kann“ dieser Beschluss im 45 Art 13 Abs 3 ÖStP 2012. 46 S dazu Th. Müller, Art 61 (in diesem Band) Rz 3. 47 Art 2 ff HOG-Vereinbarung. Mit der dort normierten einheitlichen Formel werden jeweils die Abgabeneinnahmen (des vorvergangenen Jahres) als Basis der Berechnung der Haftungsobergrenzen festgelegt. 48 S dazu wiederum Th. Müller, Art 62a (in diesem Band) Rz 8. 49 S dazu Rz 5. 50 EBRV 1792 BlgNR XXIV. GP, 10. 51 Die Textierung des Art 62b TLO 1989 weist darauf hin, dass beide Planungselemente in einem einzigen (gemeinsamen) Beschluss vorzusehen sind. 52 S dazu Schramek, Art 27 (in diesem Band).
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Rahmen des Beschlusses über den Landesvoranschlag,53 aber genauso außerhalb dieses Beschlusses erfolgen. Art 62b Abs 2 TLO 1989 normiert die Inhalte des Beschlusses nach 13 Abs 1. Für die mehrjährige Finanzplanung ist die erwähnte „Grobplanung“ gem Art 15 ÖStP 2012 bzw dessen Anhang 2 vorzusehen. Hinsichtlich der Haftungsobergrenzen verweist Abs 2 auf Art 13 Abs 4 und 5 ÖStP 2012, und somit auf Inhalte, die der Beschluss „jedenfalls“54 zu enthalten hat. Damit gemeint sind die Bedingungen für die Übernahme von Haftungen, die Art und Weise ihrer Darstellung im Rechnungsabschluss sowie die Pflicht, Risikovorsorgen (Rückstellungen)55 zu bilden. Letztere Pflicht besteht bezüglich solcher Haftungen, deren Inanspruchnahme „überwiegend wahrscheinlich“ ist.56 Von einer solchen Wahrscheinlichkeit ist nach den EBRV etwa dann auszugehen, wenn die Haftung bereits einmal in Anspruch genommen wurde.57 Allerdings verlangt Art 13 Abs 5 ÖStP 2012 darüber hinaus eine (laufende) Einzelfallbeurteilung bzw Risikoeinschätzung, mithin also Prognosen über jede einzelne Haftung. Art 62b Abs 2 TLO 1989 betont in seinem letzten Satz, dass Haftungen 14 von außerbudgetären Einheiten, die dem Sektor Staat zuzuordnen sind und im Verantwortungsbereich der Länder liegen, in die Haftungsobergrenze miteinzubeziehen sind.58
53 S dazu etwa Punkt X Beschluss des Tir LT vom 13.12.2018, GZ 454/18. 54 EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 2012/147, Tir LT XV. GP, GZ 562/12, 18. 55 Rückstellungen sind in einem „angemessenen Verhältnis zum Risiko der Inanspruchnahme“ zu bilden (EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 2012/147, Tir LT XV. GP, GZ 562/12, 18). 56 S auch Art 13 Abs 5 ÖStP 2012. 57 EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 2012/147, Tir LT XV. GP, GZ 562/12, 18. 58 S dazu nunmehr § 4 Abs 5 HOG-Vereinbarung sowie oben Rz 10; ferner EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 2012/147, Tir LT XV. GP, GZ 562/12, 18.
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Artikel 63 Landesrechnungsabschluss (1) Der Rechnungsabschluss des Landes Tirol für das vorangegangene Finanzjahr (Landesrechnungsabschluss) ist von der Landesregierung zu erstellen. Der Landesrechnungsabschluss hat die Ergebnisrechnung, die Finanzierungsrechnung, die Vermögensrechnung und die Nettovermögensveränderungsrechnung sowie gegebenenfalls weitere Nachweise zu enthalten. (2) Die Landesregierung hat den Landesrechnungsabschluss dem Landtag spätestens bis zum 15. November, wenn der Entwurf des Landesvoranschlages für das kommende Finanzjahr aber bereits vor diesem Zeitpunkt dem Landtag vorgelegt wird, spätestens gleichzeitig mit diesem, vorzulegen. LGBl samt Erläuterungen: LGBl 1988/61 (X. GP AA 141/88 AB 141/88); LGBl 2012/147 (XV. GP RV 562/12 AB 562/12); LGBl 2014/65 (XV. GP IA 177/14); LGBl 2017/53 (XVI. GP RV 69/17 AB 69/17) Literatur: Baumgartner, Art 127 B-VG, in Kneihs/Lienbacher (Hg), Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht (2004); Eisner, Mitwirkung der Landesgesetzgebung an der Landesvollziehung, in Pürgy (Hg), Das Recht der Länder I (2012) 489 ff; Frank, Haushaltsrecht, in Pürgy (Hg), Das Recht der Länder II/2 (2012) 693 ff; Hoenig, Der österreichische Rechnungshof (1951); Koja, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer2 (1988); Koller/Hattenberger, Haushaltsrecht, in Holoubek/Potacs (Hg), Öffentliches Wirtschaftsrecht II3 (2013) 289 ff; Krenn-Mayer, Art 19 Stmk L-VG, in Grabenwarter (Hg), Steiermärkische Landesverfassung (2013); Kroneder-Partisch, Art 127 B-VG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (2001)
Inhaltsübersicht I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben..................................... 1 II. Völker- und unionsrechtliche Vorgaben III. Entstehungsgeschichte.................................................................. 4 IV. Landesrechnungsabschluss........................................................... 8 V. Fristen und Übergangsbestimmungen....................................... 11
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I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben Die Regelung des Rechnungsabschlusses liegt wie jene des Voranschla- 1 ges in der Zuständigkeit der Länder gem Art 15 Abs 1 B-VG. Die Kontrolle des Rechnungsabschlusses ist ein parlamentarisches Vorrecht und daher vom bundesverfassungsrechtlichen Bild der LT vorgezeichnet.1 Die Haushaltsautonomie der Länder unterliegt allerdings vielfachen 2 Einschränkungen. Hinsichtlich des Rechnungsabschlusses ist zunächst auf § 16 Abs 1 F-VG zu verweisen, der den BM für Finanzen dazu ermächtigt, „Form und Gliederung der Voranschläge und Rechnungsabschlüsse der Gebietskörperschaften“ mit VO (VRV2) zu regeln, soweit dies zur Vereinheitlichung erforderlich ist.3 Die derzeit in Kraft stehende VRV 20154 enthält daher in ihren §§ 13 ff detaillierte Vorgaben für den Rechnungsabschluss. Die Inhalte dieser VO wurden – wegen verfassungsrechtlicher Bedenken – mit der Art 15a-Vereinbarung Haushaltsführung5 zusätzlich zwischen den Ländern rechtsverbindlich festgelegt. Dieser Rechtsbestand wurde schließlich durch die ebenfalls auf Art 15a B-VG beruhende HOG‑Vereinbarung6 ergänzt, mit der die Systeme der Gebietskörperschaften für Haftungsobergrenzen – in Fortführung der Verpflichtungen aus dem ÖStP 20127 – vereinheitlicht
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6 7
S dazu Th. Müller, Art 61 (in diesem Band) Rz 1. Voranschlags- und Rechnungsabschlussverordnung. S dazu näher Th. Müller, Art 61 (in diesem Band) Rz 4 f. Verordnung des Bundesministers für Finanzen: Voranschlags- und Rechnungsabschlussverordnung 2015, BGBl II 2015/313 idF BGBl II 2018/17. Kundmachung des Landeshauptmannes vom 10. November 2016 betreffend die Vereinbarung gemäß Art. 15a Abs. 2 B-VG zwischen den Ländern über gemeinsame Grundsätze der Haushaltsführung, LGBl 2016/121 idF LGBl 2019/113. S dazu näher Th. Müller, Art 61 (in diesem Band) Rz 6. Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und den Ländern, mit der Regelungen zu Haftungsobergrenzen vereinheitlicht werden, LGBl 2017/89. Kundmachung des Landeshauptmannes vom 2. April 2013 betreffend die Vereinbarung zwischen dem Bund, den Ländern und den Gemeinden über einen Österreichischen Stabilitätspakt 2012 (Österreichischer Stabilitätspakt 2012), LGBl 2013/30; S dazu etwa Art 12 Abs 1 (Veröffentlichungspflicht hinsichtlich Voranschlag und Rechnungsabschluss), Art 13 Abs 4 (Ausweisung der Haftungen sowohl hinsichtlich Haftungsrahmen als auch Ausnützungsstand im Rechnungsabschluss) sowie Art 25 Abs 2 (Transparenz der Rechnungsabschlüsse) ÖStP 2012.
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wurden.8 Insb wurde vereinbart, dass die bestehenden Haftungen mit dem Nominalwert im Rechnungsabschluss ausgewiesen werden.9 3 Gem Art 127 Abs 2 B-VG ist die LReg sodann verpflichtet, dem RH alljährlich die Landesvoranschläge und Rechnungsabschlüsse vorzulegen. Dies hat nach § 15 Abs 5 RHG vor ihrer Vorlage an den LT und spätestens sechs Monate nach Ablauf des Rechnungsjahres zu erfolgen.10 Es handelt sich zwar um ein Element der Bundesaufsicht, dem RH kommen aber keinerlei Mitwirkungsbefugnisse an der Erstellung der Rechnungsabschlüsse der Länder zu, die genannte Verpflichtung dient vielmehr der bloßen Information. Den Bestimmungen ist ferner kein Gebot zu entnehmen, vor der Vorlage an den LT einen allfälligen Prüfbericht des RH abzuwarten, zumal auch keine Verpflichtung des RH besteht, Landesrechnungsabschlüsse zu prüfen.11 Darüber hinaus steht es dem RH des Bundes (wie auch dem LRH)12 nach dem ausdrücklichen Wortlaut des Art 127 Abs 1 B-VG nicht zu, gebarungsrelevante Beschlüsse des LT zu überprüfen.13
II. Völker- und unionsrechtliche Vorgaben S dazu Th. Müller, Art 61 (in diesem Band) Rz 9 f.
III. Entstehungsgeschichte 4 Regelungen über den Rechnungsabschluss finden sich seit jeher in der TLO. So bestimmte § 42 TLO 1921 ebenso wie gleichlautend die TLO 1953, dass die LReg für das abgelaufene Verwaltungsjahr den Rechnungsabschluss verfasst und diesen innerhalb des darauffolgenden Jahres dem LT „zur Genehmigung“ vorlegt. 5 Im Zuge der Erlassung der TLO 1989 wurde diese Bestimmung neu gefasst: Zwar heben die Mat hervor, dass der nunmehrige Art 63 leg cit dem § 42 TLO 1953 entspricht,14 allerdings ist von einer Genehmigung 8 9 10 11
S dazu Th. Müller, Art 62b (in diesem Band) Rz 2 f. Art 2 Abs 1 HOG-Vereinbarung. S dazu Baumgartner, Art 127 Rz 11; Eisner, Mitwirkung 493 f und 521. So aber etwa Hoenig, Rechnungshof 192; aA mit überzeugenden Argumenten Baumgartner, Art 127 Rz 11; Eisner, Mitwirkung 521. 12 Allerdings hat der LRH über den von der LReg vorgelegten Rechnungsabschluss dem LT Bericht zu erstatten (§ 7 Abs 6 LRechnungshofG). 13 S dazu Baumgartner, Art 127 Rz 7; Kroneder-Partisch, Art 127 Rz 6 ff. 14 EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 87.
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keine Rede mehr. Beibehalten wurde nur die Vorlagepflicht, wobei präzisiert wurde, dass der Rechnungsabschluss innerhalb des folgenden Jahres gemeinsam mit dem Entwurf des Landesvoranschlags für das nächstfolgende Jahr vorzulegen ist. Mit der TLO-Nov 201415 wurde eine zusätzliche Frist eingeführt: Der 6 Rechnungsabschluss ist nunmehr – wie auch der Landesvoranschlag16 – spätestens bis 15.11. des Folgejahres vorzulegen. Wenn ein Entwurf für den Landesvoranschlag früher erfolgt, ist aber der Rechnungsabschluss trotzdem spätestens gemeinsam mit diesem vorzulegen. Hintergrund dieser neuen Frist ist die Einführung des Doppelbudgets:17 Sollte ein solches festgesetzt werden, kommt es nämlich zu keiner Vorlage eines Voranschlagsentwurfs im nächsten Jahr. Die TLO-Nov 201718 behielt diese Regelung der Fristen mit sprachli- 7 chen Anpassungen bei, ergänzte Art 63 TLO 1989 allerdings um einen neuen Abs 1 (womit die erstgenannte Regelung in den neuen Abs 2 überführt wurde). Die jetzt dort verankerten Inhalte des Landesrechnungsabschlusses dienen der Umsetzung der Art 15a-Vereinbarung Haushaltsführung.19
IV. Landesrechnungsabschluss Der Rechnungsabschluss ist ein wesentliches Element der finanziellen 8 Kontrolle durch den LT, der sich dabei des LRH bedient.20 War der Landesrechnungsabschluss ursprünglich noch vom LT zu genehmigen, schweigt die heutige TLO 1989 zu der Frage, wie der LT mit dem vorgelegten Landesrechnungsabschluss umzugehen hat.21 In der Praxis werden Rechnungsabschlüsse mit Beschluss des LT genehmigt und die Prüfung des LRH wird zur Kenntnis genommen.22 Diese Vorgangswei15 LGBl 2014/65. 16 S dazu den nunmehrigen Art 62 Abs 2 TLO 1989 (Th. Müller, Art 62 [in diesem Band] Rz 7). 17 S dazu Th. Müller, Art 62 (in diesem Band) Rz 8. 18 LGBl 2017/53. 19 EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 2017/53, Tir LT XVI. GP, GZ 69/17, 5: Umgesetzt werden damit die §§ 13 und 15 der Vereinbarung Haushaltsführung. 20 S dazu FN 14. 21 S Rz 5. 22 S etwa Beschluss des Tir LT vom 04.10.2017, GZ 158/17 (Rechnungsabschluss 2016); Beschluss des Tir LT vom 03.10.2018, GZ 76/18 (Rechnungsabschluss 2017).
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se erscheint trotz des Wegfalls der ausdrücklichen Genehmigungszuständigkeit des LT verfassungskonform: Die Form der Behandlung der Rechnungsabschlüsse ist schließlich seither dem LT überlassen.23 Sodann ist darauf hinzuweisen, dass derartige Beschlüsse reine Innenwirkungen (und dies auch nur äußerst begrenzt) erzeugen: Die Funktion der Genehmigung24 liegt – ebenso wie bei der bloßen, in einigen Landesverfassungen vorgesehenen „Kenntnisnahme“25 – allein in einer Art „Entlastung“ der LReg,26 ohne dass aus einer etwaigen Verweigerung unmittelbare rechtliche Konsequenzen folgen würden. Solche kann der LT vielmehr nur im Rahmen seiner allgemeinen politischen Kontrollbefugnis27 ziehen.28 Der Beschluss des LT über den Rechnungsabschluss ist somit gleich wie jener über den Voranschlag29 ein innenwirksamer parlamentarischer Vollzugsakt, diesfalls aber eben ohne direkte Rechtsfolgen. 9 Seit der TLO-Nov 2017 regelt Art 63 Abs 1 TLO 1989 in Umsetzung der Vereinbarung Haushaltsführung30 die verbindlichen Bestandteile des Landesrechnungsabschlusses. Im Einzelnen sind dies gem Art 63 Abs 1 zweiter Satz leg cit die Ergebnisrechnung, die Finanzierungsrechnung, die Vermögensrechnung31 und die Nettovermögensveränderungsrechnung32 sowie ggf weitere Nachweise. Unter Letzteren verstehen die EBRV die „nach Art. 2 § 5 Abs. 1 Z 4 der genannten Vereinba-
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Zu den Beschlussquoren s Art 27 TLO 1989. S etwa Art 62 Abs 1 K-LVG; Art 45 Sbg L-VG. S etwa Art 55 Abs 8 OÖ L-VG; Art 56 Abs 9 Vbg LV. S dazu Eisner, Mitwirkung 520; Frank, Haushaltsrecht 699; Koja, Verfassungsrecht 261; Koller/Hattenberger, Haushaltsrecht 376; Krenn-Mayer, Art 19 Rz 39. S dazu die Art 64 ff TLO 1989. Vgl auch Krenn-Mayer, Art 19 Rz 39. S dazu Th. Müller, Art 62 (in diesem Band) Rz 3. Insb deren §§ 13 und 15. S dazu Th. Müller, Art 61 (in diesem Band) Rz 20 ff. Die Nettovermögensveränderungsrechnung stellt die Entwicklung des Nettovermögens (Ausgleichsposten) dar. Dabei sollen nicht nur die Veränderungen der einzelnen Positionen aus dem Nettovermögen zum Vorjahr dargestellt, sondern es soll auch Aufschluss über die Zusammensetzung und Veränderung der einzelnen Positionen (insb Aufwendungen und Erträge) gegeben werden. S dazu die EB zur VRV 2015 idF der Nov BGBl II 2018/17, 29, https://www.bmf.gv.at/budget/finanzbeziehungen-zu-laendern-und-ge meinden/3_VRV_2015_-_Erlaeuterungen.pdf?6cpu2g (15.08.2019).
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rung […] anzuschließenden Beilagen“.33 Die dort genannten Beilagen sind allerdings nicht „gegebenenfalls“, sondern verpflichtend dem Rechnungsabschluss beizufügen.34 Ferner ist noch zu ergänzen, dass die Vereinbarung Haushaltsführung eine Voranschlagsvergleichsrechnung für den Ergebnis- und Finanzierungshaushalt35 verlangt, die sich im Text des Art 63 TLO 1989 aber nicht findet. Sodann normiert die HOG‑Vereinbarung wie erwähnt die Pflicht, Haftungen mit dem Nominalwert transparent im Rechnungsabschluss auszuweisen.36 In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass die Verein- 10 barung Haushaltsführung durch die VRV 2015 mit BGBl II 2018/17 novelliert wurde, was erst durch die Änderungsvereinbarung LGBl 2019/113 „nachvollzogen“ wurde.37 Aus Art 16 F-VG folgte allerdings ungeachtet der verspäteten Umsetzung eine unmittelbare Verpflichtung zur Einhaltung der VRV (2015).38
V. Fristen und Übergangsbestimmungen Zu den Vorlagefristen s oben Rz 5 f. Für die Nichtvorlage bzw verspä- 11 tete Vorlage des Rechnungsabschlusses sind keine Rechtsfolgen, wie etwa eine Ersatzvornahme, vorgesehen. Konsequenzen kann der LT nur im Weg der ihm zustehenden politischen und rechtlichen Kontrolle über die LReg gem Art 64 Abs 3 und 4 TLO 198939 ziehen. Art 80 Abs 2 TLO 1989 (Übergangsbestimmung) sieht vor, dass die 12 Regelungen der Art 61, 62 und 63 TLO 1989 für den Landesvoranschlag und Landesrechnungsabschluss bereits für das Finanzjahr 2019 anzuwenden sind. Der Landesrechnungsabschluss für das Jahr 2018 war daher noch auf der Basis von Art 63 TLO 1989 aF (also aufgrund der bis zum Ablauf des 31.12.2018 geltenden Fassung) zu erstellen.
33 EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 2017/53, Tir LT XVI. GP, GZ 69/17, 5. 34 § 37 Vereinbarung Haushaltsführung. 35 Darin werden die Voranschläge den Rechnungen gegenübergestellt, um so eine detaillierte Abweichungsanalyse auf verschiedenen Ebenen zu ermöglichen (s dazu die EB zur VRV 2015 idF der Nov BGBl II 2018/17, 12). 36 Art 2 Abs 1 Vereinbarung Haushaltsführung. 37 S dazu Th. Müller, Art 61 (in diesem Band) Rz 6. 38 S dazu Th. Müller, Art 61 (in diesem Band) Rz 4 ff. 39 S dazu die Wallnöfer, Art 64 (in diesem Band) Rz 4 ff.
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3. Abschnitt Kontrolle der Landesverwaltung durch den Landtag Artikel 64 Verantwortlichkeit der Mitglieder der Landes regierung (1) Die Mitglieder der Landesregierung sind in den Angelegenheiten der Landesverwaltung dem Landtag für ihre Geschäftsführung verantwortlich. (2) Der Landtag hat die Landesregierung mit Beschluß abzuberufen, wenn ihre Mitglieder binnen vier Wochen nach der Wahl der Landesregierung zu keiner Einigung über die Geschäftsverteilung gelangen. (3) Der Landtag kann der Landesregierung oder einem ihrer Mitglieder mit Beschluß das Mißtrauen aussprechen (Mißtrauensvotum). Spricht der Landtag der Landesregierung oder einem ihrer Mitglieder das Mißtrauen aus, so scheidet die Landesregierung oder das betroffene Mitglied aus dem Amt. Die Abstimmung über einen Mißtrauensantrag ist auf den übernächsten Werktag zu vertagen, wenn wenigstens ein Fünftel der anwesenden Abgeordneten dies verlangt. (4) Der Landtag kann gegen die Mitglieder der Landesregierung mit Beschluß beim Verfassungsgerichtshof Anklage nach Art. 142 oder 143 des Bundes-Verfassungsgesetzes erheben. (5) Der Landtag kann Schadenersatzansprüche des Landes Tirol gegen die Mitglieder der Landesregierung mit Beschluß geltend machen. (6) Ein Beschluß nach Abs. 3, 4, oder 5 kann nur gefaßt werden, wenn wenigstens ein Drittel der Abgeordneten einen darauf gerichteten Antrag gestellt hat. LGBl samt Erläuterungen: LGBl 1988/61 (X. GP AA 141/88 AB 141/88); LGBl 2008/7 (XIV. GP RV 480/07 AB 480/07)
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Verantwortlichkeit der Mitglieder der Landesregierung
Art 64
Judikatur: VfSlg 8/1921 (Verfahren nach Art 142 B-VG); VfSlg 206/1923 (Verfahren nach Art 142 B-VG; kein Verschulden bei Irrtum); VfSlg 2332/1952 (Bindung der LReg an Einvernehmen anderer Organe unzulässig); VfSlg 2420/1952, 4259/1952 (keine sachlich in Betracht kommende Oberbehörde gegenüber LReg); VfSlg 2574/1953, 4254/1962 (LReg oberstes Organ der Landesvollziehung); VfSlg 5846/1968, 7725/1975 (Außenwirksamkeit der GO LReg); VfSlg 6495/1971, 12.183/1989 (Unzulässigkeit der Bindung der LReg bei Verordnungserlassung); VfSlg 10.510/1985 (Schuldausschlussgründe im Verfahren nach Art 142 B-VG); VfSlg 19.988/2015 (keine verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit oberster Organe in der Hoheitsverwaltung) VwGH 22.11.2017, Ra 2017/03/0059 (verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit der Mitglieder der LReg nach Geschäftsverteilung) Literatur: Atzwanger, Die Ministeranklage gemäß Art 142 und 143 B-VG, ÖJZ 1983, 37 ff; Kelsen, Vom Wesen und Wert der Demokratie2 (1981); Koja, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer2 (1988); Korinek, Ministerverantwortlichkeit (1986); Morscher, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer. 7. Tirol (1991) 155 ff; Pernthaler, Die Anklage gegen den Landeshauptmann – ein Instrument des Rechtsstaates?, RdW 1985, 2 ff; Schwamberger/ Ranacher, Tiroler Landesordnung 19896: Kommentar (2017) 126 f; Welan, Das Mißtrauensvotum nach der österreichischen Bundesverfassung, ÖJZ 1967, 561 ff
Inhaltsübersicht I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben..................................... 1 II. Entstehungsgeschichte.................................................................. 3 III. Verantwortlichkeit der Landesregierung................................... 4 IV. Politische Verantwortlichkeit....................................................... 6 A. Abberufung wegen Nichteinigung über die Geschäftsverteilung.................................................................................... 6 B. Misstrauensvotum..................................................................... 7 V. Rechtliche Verantwortlichkeit..................................................... 10 A. Anklage vor dem VfGH........................................................... 10 B. Zivilrechtliche Haftung............................................................ 12 VI. Exkurs: (Verwaltungs-)strafrechtliche Verantwortlichkeit.... 13
I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben Das Bundesverfassungsrecht weist die Vollziehung jeden Landes der 1 vom LT zu wählenden LReg zu (Art 101 B-VG). Die Mitglieder der LReg sind nach Art 19 Abs 1 B-VG oberste Organe der Vollziehung, selbstverständlich ist (auch bzw bei Nicht-Einrichtung eines Ressort861
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Klaus Wallnöfer
systems1 ausschließlich) das Kollegialorgan der LReg ein oberstes Verwaltungsorgan.2 Der LReg obliegt die Verwaltung des Landes schlechthin, sohin sowohl die Hoheits- als auch die Privatwirtschaftsverwaltung.3 Mit dieser Qualifikation der LReg als oberstes Verwaltungsorgan sind insb vor dem Hintergrund des demokratischen Prinzips der Bundesverfassung weitreichende Folgen verbunden: Die LReg ist keinem anderen Organ gegenüber weisungsgebunden. Regelungen, die die LReg oder ihre Mitglieder an die Willenserklärungen anderer Organe binden würden, sind unzulässig.4 Die LReg ist keiner sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde untergeordnet.5 Die LReg selbst ist hingegen gegenüber den BVB und den übrigen Verwaltungsbehörden des Landes weisungsbefugt (Art 20 Abs 1 B-VG). Mit dieser Stellung als oberstes Verwaltungsorgan korrespondiert die rechtliche und politische Verantwortlichkeit der LReg.6 2 Die Bundesverfassung regelt ausschließlich die Stellung und die grds Zusammensetzung der LReg.7 Landesverfassungsrechtlicher Spielraum besteht hinsichtlich der Organisation und des internen Procederes der LReg. Dies umfasst einerseits die Festlegung der konkreten 1
S ausführlich Oberdanner, Art 51 (in diesem Band) Rz 1 ff und 14 ff; die Zulässigkeit der Einrichtung eines Ressortsystems ergibt sich aus § 3 Abs 1 BVG ÄmterLReg iVm Art 103 Abs 2 B-VG; s Bußjäger, Art 101 B-VG, in Kneihs/Lienbacher (Hg), Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht (2002) Rz 23 ff; Steiner, Landesregierung, in Pürgy (Hg), Das Recht der Länder I (2012) 299 (302 f). 2 Kritisch zur Textierung von Art 19 Abs 1 B-VG zB Mayer/Muzak, B-VG5 (2015) 151; zu Kollegial- oder Ressortsystem s auch Steiner, Landesregierung 311 ff. 3 S Schmid, Art 44 (in diesem Band) Rz 7 ff; oder auch Bußjäger, Art 101 Rz 4. 4 VfSlg 2332/1952, 6495/1971, 12.183/1989; zulässig ist allerdings die Verpflichtung zur Herstellung des Einvernehmens von zwei oder mehreren Mitgliedern der LReg; s Mayer/Muzak, B-VG 369. 5 VfSlg 2420/1952, 2574/1953, 4254/1962, 4259/1962. 6 Bundesverfassungsrechtlich ist lediglich die rechtliche Verantwortlichkeit vorgegeben; s Art 23d Abs 3 und Art 105 Abs 2 iVm Art 142 B-VG; nach Koja, Verfassungsrecht 314 obliegt es den Landesverfassungsgesetzgebern, die politische Verantwortlichkeit auszugestalten, wobei das demokratische Prinzip „einen Mindeststandard an Instrumenten, die die Parlamentsabhängigkeit der Landesregierung gewährleisten“, verlangt; s Bußjäger, Art 101 Rz 52. 7 Art 101 Abs 1–4 B-VG; s dazu auch Grabenwarter, Art 36 Stmk L-VG, in ders (Hg), Steiermärkische Landesverfassung (2013) Rz 6.
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Anzahl der Mitglieder der LReg (das B-VG spricht nur vom LH, der erforderlichen Anzahl an Stellvertretern und den weiteren Mitgliedern; s Art 44 Abs 4 TLO 19898) und andererseits die Regelung des Wahlsystems für die LReg unter Berücksichtigung der allgemeinen bundesverfassungsrechtlichen Grundsätze (das B-VG legt lediglich die Wahl durch den LT fest, eine Direktwahl ist bundesverfassungsrechtlich ausgeschlossen; s Art 45 TLO 19899). Darüber hinaus obliegt dem Landesverfassungsgeber die Festlegung der Funktionsperiode (s Art 48 TLO 1989), die Regelung der Geschäftsführung im Kollegial- oder Ressortsystem (s Art 51 Abs 2 TLO 1989) sowie die Ausgestaltung der politischen und rechtlichen Verantwortung der Mitglieder der LReg.
II. Entstehungsgeschichte Art 64 TLO 1989 fasste frühere landesverfassungsrechtliche Bestim- 3 mungen der TLO 195310 zusammen und ergänzte sie zu einer systematischen Bestimmung über die Verantwortlichkeit der LReg. Neu mit der StF der TLO 1989 eingefügt wurde hingegen Abs 5. Diese Bestimmung hat ihr Vorbild in der Vbg LV, die TLO 1953 enthielt keine derartige Bestimmung.11 Art 64 steht seit der StF der TLO 1989 inhaltlich unverändert in Geltung. Die bisher einzige Änderung erfuhr Art 64 nämlich durch eine Zitatanpassung (die Ersetzung der Wortfolge „des Bundes-Verfassungsgesetzes in der Fassung von 1929“ durch die Wortfolge „des Bundes-Verfassungsgesetzes“).12
III. Verantwortlichkeit der Landesregierung Aus der Stellung der LReg als oberstem Organ resultiert ihre besondere 4 Verantwortlichkeit für die Sicherung der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung und der ordnungsgemäßen Besorgung der Privatwirtschaftsverwaltung: Die hierarchische Verwaltungsorganisation unter 8 S Schmid, Art 44 (in diesem Band) Rz 11 f. 9 Vgl Schmid, Art 45 (in diesem Band) Rz 1. 10 Art 64 Abs 1 TLO 1989 entspricht § 32 erster Satz TLO 1953 und Art 64 Abs 2 TLO 1989 entspricht § 27 Abs 6 TLO 1953, die Möglichkeit eines Misstrauensvotums (Art 64 Abs 3) enthielt vormals § 30 TLO 1953; s EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 88. 11 EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 88. 12 LGBl 2008/7.
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der Leitung von obersten Organen, die den demokratisch legitimierten Parlamenten verantwortlich sind,13 bildet einen wesentlichen Systempfeiler des demokratischen Grundprinzips der österr Bundesverfassung. 5 Die Verantwortlichkeit der LReg besteht gegenüber dem LT, und zwar in politischer wie rechtlicher Hinsicht.14 Zur Sicherung dieser Verantwortlichkeit sieht die TLO 1989 weitreichende Kontrollrechte des LT vor und richtet auch eigene Kontrollorgane des LT ein (Art 67 – LRH, Art 59 – LVA). Für die Geltendmachung der rechtlichen Verantwortlichkeit sowie der politischen Verantwortlichkeit in Form eines Misstrauensvotums bedarf es entsprechender Beschlüsse des LT, für die ein Antrag von zumindest einem Drittel der LTAbg erforderlich ist (Art 64 Abs 6).15 Die Wahrnehmung dieser Kontrollrechte durch Beschlussfassung über derartige Anträge liegt dann wiederum in den Händen der Mehrheit.16
IV. Politische Verantwortlichkeit A. Abberufung wegen Nichteinigung über die Geschäftsverteilung 6 Die LReg wird vom LT gewählt (Art 45 TLO 198917). Der Bildung der LReg geht somit das Vertrauen des LT implizit voraus. Dieses Vertrauen ist primär in die ordentliche Amtsführung gerichtet, die eine zweckmäßige GO und Geschäftsverteilung voraussetzt. Zu deren Erlassung ist die LReg landesverfassungsrechtlich verpflichtet (Art 51 TLO 1989).18 Zur Sicherung der Handlungsfähigkeit der LReg hat der LT 13 S weiterführend etwa Kelsen/Froehlich/Merkl, Die Bundesverfassung vom 1. Oktober 1920 (1922) 86 ff; Kelsen, Wesen 69 ff; Korinek, Ministerverantwortlichkeit 5 ff sowie Pernthaler, Österreichisches Bundesstaatsrecht (2004) 169 f mit einer Übersicht der Kritikpunkte an diesem Modell und abweichenden Demokratisierungsinstrumenten. 14 Allgemein Koja, Verfassungsrecht 314 ff. 15 Das Erfordernis eines entsprechenden Beschlusses ist tw bundesverfassungsrechtlich vorgegeben; s Art 105 Abs 3 und Art 142 Abs 2 lit d B-VG. 16 S Atzwanger, ÖJZ 1983, 37. 17 Vgl auch Schmid, Art 45 (in diesem Band) Rz 1. 18 S Oberdanner, Art 51 (in diesem Band) Rz 13; s auch Art 103 Abs 2 B-VG; zur Bedeutung der Tir GO LReg und der Geschäftsverteilung allgemein s Mayer/Muzak, B-VG 369 mit Hinweis auf VfSlg 5846/1968 und 7725/1975.
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demgemäß die LReg mit Beschluss abzuberufen, wenn ihre Mitglieder binnen vier Wochen nach der Wahl der LReg zu keiner Einigung über die Geschäftsverteilung gelangen. Dieser Bestimmung wohnt kein Ermessen inne, der LT hat den Beschluss bei Erfüllung der Voraussetzungen zwingend zu fassen. Die Verpflichtung zur Einberufung einer außerordentlichen Sitzung besteht nicht bzw ist nach den hiefür geltenden Bestimmungen zu beurteilen,19 der Beschluss ist aber wohl spätestens in der nächsten ordentlichen Sitzung des LT zu fassen. Die Fassung eines solchen Beschlusses hat ex lege den Amtsverlust zur Folge (s Art 48 Abs 2 lit d TLO 1989). Die Voraussetzungen für die Fassung eines solchen Beschlusses liegen jedoch nicht mehr vor, wenn die LReg nach Ablauf von vier Wochen ab ihrer Wahl, aber noch vor Abberufung durch den LT, eine Geschäftsverteilung erlässt. Die Bestimmung bezweckt schließlich die Gewährleistung der Handlungsfähigkeit der LReg und nicht die Einrichtung einer nicht sanierbaren Fallfrist.
B. Misstrauensvotum Das Handeln der LReg als oberstes Verwaltungsorgan wird durch das 7 ständige Vertrauen des LT demokratisch legitimiert.20 Dieses Abhängigkeitsverhältnis stellt ein Grundcharakteristikum des parlamentarischen Regierungssystems dar.21 Dementsprechend sieht die TLO 1989 umfassende Kontrollrechte des LT gegenüber der LReg vor, die ihren Gipfel in der Möglichkeit des Misstrauensvotums finden. Diese drastischste Form, auf die Verwaltungsführung der LReg zu reagieren, hat va präventive Funktion.22
19 In Frage kommt insb die Einberufung einer Sitzung des LT auf entsprechenden Antrag nach § 41 Abs 3 Tir GO LT hin. 20 Eine Art 74 B-VG vergleichbare ausdrückliche Abhängigkeit der LReg vom Vertrauen des LT enthält die TLO 1989 zwar nicht, doch wird dieses durch Einrichtung der umfassenden politischen Verantwortlichkeit implizit vorausgesetzt; Kelsen/Froehlich/Merkl, Bundesverfassung 169 f; allgemein zur Verantwortlichkeit Korinek, Ministerverantwortlichkeit 5 ff; mit Hinweis auf einen Mindeststandard an die Parlamentsabhängigkeit der LReg im Hinblick auf das demokratische Prinzip Bußjäger, Art 101 Rz 52; s auch Morscher, Verfassungsrecht 156. 21 Welan, ÖJZ 1967, 561. 22 Atzwanger, ÖJZ 1983, 37 spricht hier von „Sinn- und Schreckbildfunktion“; Welan, ÖJZ 1967, 563 ff von „ultima ratio“.
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8 Das Misstrauensvotum sieht die umfassende und unbeschränkte Befugnis des LT vor, die Organfunktion der LReg oder einzelner ihrer Mitglieder zu beenden. Ein entsprechender Antrag und Beschluss bedarf keiner Begründung. Dies entspricht dem politischen Charakter dieser Bestimmung.23 Ein Misstrauensvotum kann somit als Reaktion auf Handlungen in der Hoheits- und Privatwirtschaftsverwaltung des Landes gefasst werden, es kann sich aber auch auf ein Verhalten im Rahmen der mittelbaren Bundesverwaltung, der Auftragsverwaltung oder auch nur auf Handlungen bzw Äußerungen der allgemeinen Regierungspolitik beziehen.24 9 Für die Beschlussfassung über ein Misstrauensvotum ist ein entsprechender Antrag von wenigstens einem Drittel der LTAbg erforderlich. Die Abstimmung ist auf den übernächsten Werktag zu vertagen, wenn wenigstens ein Fünftel der anwesenden Abg dies verlangt. Für dieses Verlangen bestehen keine Formvorschriften, es bezweckt eine Abkühlphase und soll ein überstürztes Abstimmungsverhalten etwa infolge einer besonders drastischen medialen Darstellung hintanhalten. Für die Beschlussfassung des Misstrauensvotums selbst bestehen keine besonderen Vorgaben, sodass die allgemeinen Beschlusserfordernisse einzuhalten sind.25 Die Fassung eines Misstrauensvotums hat ex lege den Amtsverlust zur Folge (s Art 48 Abs 2 lit e TLO 198926). Es bedarf keines weiteren Rechtsaktes (wie zB die förmliche Enthebung durch den LTPräs, ein Rücktrittsgesuch oder dgl).27
23 Morscher, Verfassungsrecht 157 f; s auch Korinek, Ministerverantwortlichkeit 13. 24 Korinek, Ministerverantwortlichkeit 13; Grabenwarter, Art 36 Rz 19 weist zu Recht darauf hin, dass in der mittelbaren Bundesverwaltung und der Auftragsverwaltung keine Verantwortlichkeit gegenüber dem LT besteht. Die Zulässigkeit des Misstrauensvotums in diesen Fällen scheint dennoch verfassungspolitisch konsequent, weil es das grds Vertrauensverhältnis zwischen LT und LReg und somit die Amtsführung als Ganzes betrifft. 25 Art 27 TLO 1989 und § 61 Tir GO LT. 26 S Schmid, Art 48 (in diesem Band) Rz 13. 27 EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 88; s auch Koja, Verfassungsrecht 318; Liehr, Art 101 B-VG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (1999) Rz 39; Morscher, Verfassungsrecht 158.
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V. Rechtliche Verantwortlichkeit A. Anklage vor dem VfGH Auch die rechtliche Verantwortlichkeit der LReg vor dem VfGH ist 10 eine Ausprägung ihrer demokratischen Verantwortung. Die Staatsgerichtsbarkeit ist Teil der „Gewaltenbalance zwischen Gerichtsbarkeit, Verwaltung und Gesetzgebung“28. Ihre Bedeutung liegt va in ihrer präventiven Funktion,29 die wenigen Erk zur Staatsgerichtsbarkeit betreffen die Verfolgung von LH wegen der Nichtbefolgung von Weisungen in der mittelbaren Bundesverwaltung.30 Die Möglichkeit der Erhebung einer Anklage gegen Mitglieder der LReg nach Art 142 und 143 B-VG ergibt sich unmittelbar aus dem B-VG, die Klarstellung in Art 64 Abs 4 TLO 1989 hat somit lediglich deklaratorischen Charakter und legt iVm Abs 6 die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen für die Geltendmachung fest. Ob der LT einen Beschluss zur Anklageerhebung fasst oder nicht, ist eine politische Entscheidung.31 Für das Verfahren vor dem VfGH sind neben den besonderen Regelungen des VfGG die Bestimmungen der StPO sinngemäß anzuwenden.32 Nach Art 142 Abs 2 B-VG erkennt der VfGH über die Verantwortlich- 11 keit der Mitglieder einer LReg wegen durch ihre Amtstätigkeit erfolgten schuldhaften Rechtsverletzungen. Eine Verurteilung setzt somit schuldhaftes (vorsätzliches oder fahrlässiges) Handeln voraus, ein entschuldbarer Rechtsirrtum schließt diese aus.33 „Die Amtstätigkeit umfasst alle Akte der Regierungsgewalt, der Verwaltung und der Privatwirtschaftsverwaltung, zu denen das jeweilige Organ berufen ist.“34 Infrage kommt dabei auch eine Befugnisüberschreitung oder ein schuldhaftes Unterlassen. Als Anklagegrund für den LT nach Art 142 Abs 2 lit d B-VG kommt aber nur ein Verstoß gegen landes- oder bundesgesetzliche Vorschriften in Betracht,35 der Verstoß gegen VO 28 Kneihs/Lienbacher, Art 142 B-VG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (2007) Rz 10. 29 Grabenwarter, Art 36 Rz 11. 30 VfSlg 8/1921, 206/1923, 10.510/1985. 31 Grabenwarter, Art 36 Rz 12; Kneihs/Lienbacher, Art 142 Rz 46; Pernthaler, RdW 1985, 2. 32 § 81 VfGG. 33 VfSlg 206/1923, 10.510/1985. 34 Kneihs/Lienbacher, Art 142 Rz 16. 35 Holzinger/Frank, Art 142 B-VG, in Kneihs/Lienbacher (Hg), Rill-SchäfferKommentar Bundesverfassungsrecht (2019) Rz 9; Kneihs/Lienbacher,
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oder die Missachtung sonstiger Vorschriften kann nur auf anderen Wegen zu einer Anklage führen.36 Ein Verstoß gegen unionsrechtliche Bestimmungen wird dabei einem Gesetzesverstoß gleichzuhalten sein, zumal Unionsrecht wie innerstaatliches Gesetzesrecht Grundlage und Maßstab der Vollziehung ist. Mit dem Beitritt zur EU dürfte sich der normative Gehalt von Art 142 Abs 2 lit d B-VG (wie jener von Art 18 Abs 1 B-VG37) erweitert haben.
B. Zivilrechtliche Haftung 12 Die Mitglieder der LReg sind für ihr Handeln im Rahmen der hoheitlichen Vollziehung nach den Bestimmungen des AHG und des OrgHG verantwortlich. Diese Haftung ergibt sich unmittelbar aus den entsprechenden BG, die einen Ausschluss der Verantwortlichkeit von obersten Verwaltungsorganen gerade nicht vorsehen. Ebenso sind die Mitglieder der LReg für ihr Handeln im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung des Landes verantwortlich. Dabei gelten die allgemeinen Haftungsregelungen des Zivilrechtes.38 Die zivilrechtliche Verantwortlichkeit der Mitglieder der LReg bedarf keiner besonderen landesverfassungsrechtlichen Bestimmungen als Rechtsgrund.39 Die Geltendmachung der zivilrechtlichen Verantwortlichkeit erfordert aber einen darauf gerichteten Beschluss des LT (s Rz 5).
VI. Exkurs: (Verwaltungs-)strafrechtliche Verantwortlichkeit 13 Die Mitglieder der LReg sind neben ihrer verfassungsrechtlich vorgesehenen politischen und rechtlichen Verantwortlichkeit in Angelegenheiten der Privatwirtschaftsverwaltung des Landes außenvertretungsbeArt 142 Rz 45 – dort auch zum Ausschluss der Verfolgung von Gesetzesverletzungen im Rahmen der mittelbaren Bundesvollziehung (aufgrund der abschließenden Regelung in Art 142 Abs 2 lit e B-VG), verfolgt werden kann ein Mitglied der LReg aber wegen Verstößen gegen sonstige bundesrechtliche (zB zivilrechtliche) Bestimmungen. 36 Siehe Grabenwarter, Art 36 Rz 12. 37 Dazu mwN Mayer/Muzak, B-VG 133 f; Ranacher/Frischhut, Handbuch Anwendung des EU-Rechts (2009) 274 f. 38 Bußjäger, Art 101 Rz 53. 39 Steiner, Landesregierung 299.
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fugte Organe iSv § 9 VStG (s Art 44 Abs 2 TLO 198940). Als solche sind sie für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften nach den Bestimmungen des VStG verantwortlich und für allfällige Verwaltungsübertretungen persönlich strafbar. Grundsätzlich keine verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit besteht allerdings für die Tätigkeit als oberstes Verwaltungsorgan (in der Landesverwaltung) im Rahmen des hoheitlichen Gesetzesvollzuges.41 Für die im Verwaltungsstrafverfahren maßgebliche Außenvertre- 14 tungsbefugnis ist die Geschäftsverteilung der LReg maßgeblich:42 Bei der auf Grundlage des Art 51 TLO 1989 und der Geschäftsverteilung der Tir LReg den einzelnen Mitgliedern der LReg zugewiesenen Angelegenheiten der Privatwirtschaftsverwaltung handelt es sich nicht bloß um eine interne Zuständigkeitsregelung unter den (weiterhin) kollektivvertretungsbefugten Mitgliedern des Kollektivorgans, sondern um die auf verfassungsgesetzlicher Basis durch VO erfolgte Aufteilung von Geschäftsbereichen in die alleinige Zuständigkeit der jeweiligen Mitglieder der LReg. Daran anknüpfend ist auch nur das jeweilige Mitglied zur Vertretung des Landes in den entsprechenden Angelegenheiten berufen, was zur Folge hat, dass auch nur dieses Mitglied für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch das Land Tirol in seinem Zuständigkeitsbereich verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich ist. Die Zuordnung der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit zum jeweils im Einzelfall verantwortlichen Mitglied der LReg erfolgt daher nach den zuständigkeitsbegründenden Tatbeständen der Geschäftsverteilung der LReg.43 40 S Schmid, Art 44 (in diesem Band) Rz 7 ff. 41 VfSlg 19.988/2015. 42 Die außenwirksame Zuständigkeitsverteilung bewirkt den Entfall der Verantwortlichkeit der übrigen Mitglieder der grds auch kollegial außenvertretungsbefugten LReg; allgemein s Wessely, § 9 VStG, in N. Raschauer/Wessely (Hg), VStG2 (2016) Rz 7a. 43 VwGH 22.11.2017, Ra 2017/03/0059; ausführlich Eberhard/Ranacher/ Weinhandl, Rechtsprechungsbericht: Landesverwaltungsgerichte, Bundesverwaltungsgericht und Verwaltungsgerichtshof, ZfV 2018, 390 (393) mit dem Hinweis, dass noch nicht geklärt ist, „inwieweit die im Wesentlichen für juristische Personen des Privatrechtes entwickelte stRsp des VwGH zu den strengen Anforderungen an ein wirksames internes Kontrollsystem auf das Amt der Landesregierung als Geschäftsapparat der Landesregierung und ihrer Mitglieder, der in seiner Organisation und Struktur verfassungsrechtlich vorgegeben [ist] und nach seiner Geschäftsordnung die durchgängige dienst-, disziplinar- und strafrechtlich sanktionierte Verantwortlichkeit der
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15 Die Mitglieder der LReg sind darüber hinaus auch gerichtlich strafbar. Die Verfolgung derartigen Fehlverhaltens erfolgt immer unmittelbar gegen den agierenden Organwalter und beruht auf persönlich vorwerfbarem Fehlverhalten – ein „Durchschlagen“ deliktischen Handelns untergeordneter Organe wie bei der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit ist hierbei ausgeschlossen. Die Mitglieder der LReg unterliegen dem gerichtlichen Strafrecht schlechthin, in Frage kommen freilich insb Amtsdelikte (§§ 302 ff StGB). Nicht zu vernachlässigen sind auch Delikte gegen fremdes Vermögen (insb Untreue nach § 153 StGB), wie zuletzt die strafrechtliche Aufarbeitung des Sbg Finanzskandals verdeutlichte.44 Grundsätzlich obliegt die Entscheidung über vermeintlich gerichtlich strafbare Handlungen den ordentlichen Gerichten. Ein solches Verhalten eines Mitgliedes der LReg kann aber auch im Rahmen einer Anklage nach Art 142 B-VG vor dem VfGH releviert werden. Diesfalls wird der VfGH allein zuständig, allfällige bereits getätigte Untersuchen der ordentlichen Gerichte gehen auf ihn über (Art 143 B-VG).
Leiter der jeweiligen Organisationseinheiten für die rechtzeitige, sachgemäße und gesetzmäßige Besorgung der von diesen zu besorgenden Aufgaben normiert, undifferenziert übertragbar ist“. 44 Abschließend OGH 02.10.2019, 13 Os 145/18z.
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Artikel 65 Fragerecht des Landtages und der Abgeordneten (1) Der Landtag kann in den Angelegenheiten der Landesverwaltung an die Mitglieder der Landesregierung Fragen über Angelegenheiten ihres Aufgabenbereiches richten und alle einschlägigen Auskünfte verlangen. (2) Jeder Abgeordnete ist berechtigt, in den Angelegenheiten der Landesverwaltung an die Mitglieder der Landesregierung schriftliche und in den Sitzungen des Landtages kurze mündliche Fragen über Angelegenheiten ihres Aufgabenbereiches zu richten. (3) Das Fragerecht wird durch die Geschäftsordnung des Landtages näher geregelt. (4) Die Mitglieder der Landesregierung sind zur Beantwortung von Fragen über Angelegenheiten ihres Aufgabenbereiches nach den näheren Vorschriften der Geschäftsordnung des Landtages verpflichtet. LGBl samt Erläuterungen: LGBl 1988/61 (X. GP AA 141/88 AB 141/88) Judikatur: VfSlg 1454/1932 (taxative Aufzählung der Kontrollmittel des Parlaments im B-VG; keine ständige, fortlaufende Kontrolle des Verwaltungshandelns); VfSlg 15.886/2000 (Interpellationsrecht als Ausdruck des demokratischen Grundprinzips der Bundesverfassung); VfSlg 19.112/2010 (schriftliche Anfragen von NR Abg dem Bereich der Gesetzgebung zuzuzählen) Literatur: Baumgartner, Parlamentarische Interpellation und Datenschutz, in Jabloner et al (Hg), GS Walter (2013) 15; Kahl, Art 52/1, 2–4 B-VG, in Korinek/ Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (2011); Morscher, Die parlamentarische Interpellation (1973); Morscher, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer. 7. Tirol (1991) 162 ff; Neisser, Die Kontrollfunktion des Parlaments, in Schambeck (Hg), Österreichs Parlamentarismus (1986) 651 (663 ff); Pabel, Kontrolle der Vollziehung, in Pürgy (Hg), Das Recht der Länder I (2012) 529; Pabel, Art 52 B-VG, in Kneihs/Lienbacher (Hg), Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht (2014); Pernthaler/Morscher, Interpellation und Amtsverschwiegenheit – Eine Untersuchung der Tiroler Rechtslage, JBl 1973, 505; Schwamberger/Ranacher, Tiroler Landesordnung 19896: Kommentar (2017) 127 f
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Inhaltsübersicht I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben..................................... 1 II. Entstehungsgeschichte.................................................................. 3 III. Das Interpellationsrecht des Landtags....................................... 4 A. Gegenstand des Interpellationsrechts.................................... 4 B. Verfahren.................................................................................... 12 C. Antwortpflicht........................................................................... 19 IV. Amtsverschwiegenheit und Datenschutz.................................. 20
I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben 1 Das Fragerecht des LT und der Abg (Interpellationsrecht) ist Teil der Verantwortlichkeit der Exekutive gegenüber dem Parlament und damit Ausdruck des demokratischen Grundprinzips der Bundesverfassung.1 Dies umfasst grds eine Kontrolle durch das Parlament oder durch ein Organ desselben, die durch ein System von Verfahrensnormen formalisiert ist. Allerdings handelt es sich dabei – in Abgrenzung zur rechtlichen Kontrolle etwa über die Staatsgerichtsbarkeit – um eine Form der politischen Kontrolle, die nicht zwingend die Frage der Rechtswidrigkeit eines Vorgangs zum Gegenstand hat. Der Zweck der politischen Kontrolle kann vielmehr auch in der Aufklärung von Sachverhalten oder der Kritik an der Verwaltungsführung im Allgemeinen bestehen. Neben dem Interpellationsrecht zählen dazu auch das Resolutionsrecht2, das Untersuchungsrecht3 und das Misstrauensvotum4, das dabei nicht zuletzt als Sanktion der angeführten Kontrollinstrumente dient.5 2 Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben für das Interpellationsrecht auf Landesebene gibt es nicht. Die Mat verweisen zu Art 65 TLO 1989 auf die bundesverfassungsgesetzliche Bestimmung in Art 52 Abs 1 B-VG.6 Art 52 B-VG enthält allgemeine Bestimmungen zur Kontrolle der BReg durch das Parlament einschließlich des Interpellationsrechts. Ferner wird das Fragerecht einzelner Abg normiert und hinsichtlich der verfahrensrechtlichen Details auf die jeweilige GO verwiesen. Der 1 2 3 4 5 6
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Vgl VfSlg 15.886/2000. Art 66 TLO 1989. Art 23 Abs 8 TLO 1989. Art 64 Abs 3 TLO 1989. Pabel, Kontrolle 532. EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 88.
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VfGH führt dazu aus, dass die Kontrollmittel des Parlaments auf die im B-VG ausdrücklich angeführten beschränkt sind. Darüber hinaus dienen diese zur Kontrolle der Verwaltungsführung der BReg im Einzelfall, eine ständige, fortlaufende Kontrolle des Verwaltungshandelns ist damit nicht verbunden.7 Die Regelung parlamentarischer Kontrollrechte auf Landesebene unterliegt grds der relativen Verfassungsautonomie der Länder8, wobei die genannten Vorgaben des VfGH, im Besonderen der Grundsatz der Beschränktheit der Kontrollmittel, auch hier zu berücksichtigen sind. So unterliegt die Kontrolle der LReg ausschließlich den durch die Landesverfassung vorgesehenen Formen, allenfalls konkretisiert durch Bestimmungen der GO LT.9 Eine Erweiterung der parlamentarischen Kontrolle hat sich daran zu orientieren und kann, wenn überhaupt, nur durch LVG erfolgen.10
II. Entstehungsgeschichte Das Interpellationsrecht hat seine historischen Wurzeln in der Monar- 3 chie, als es zunächst über die parlamentarischen GO im Grundgesetz über die Reichsvertretung 1861 auf verfassungsrechtlicher Ebene verankert und in der Folge im B-VG von 1920 weitgehend unverändert übernommen wurde.11 Die parlamentarische Fragestunde wurde schließlich mit BGBl 1961/155 im B-VG eingefügt. Die Vorgängerbestimmungen des Art 65 TLO 198912 regelten die Verantwortlichkeit der LReg gegenüber dem LT und das Interpellationsrecht inhaltlich weitgehend identisch, wenngleich das Fragerecht der Abg erst mit der TLONov LGBl 1975/5 eingeführt wurde. Art 65 TLO 1989 orientiert sich inhaltlich am § 32 Abs 1 zweiter Satz TLO 1953 und blieb in seinem Wortlaut seit der StF der TLO unverändert.13 Für das Verfahren nach
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VfSlg 1454/1932. Neisser, Kontrollfunktion 670; Koja, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer2 (1988) 219. Pabel, Kontrolle 534. Koja, Verfassungsrecht 221. Kahl, Art 52/1, 2-4 Rz 2 ff; Pabel Art 52 Rz 2 ff; Morscher, Interpellation 46 ff. § 32 TLO 1953 bzw § 32 TLO 1921. Zur Genese der geschäftsordnungsrechtlichen Bestimmungen in Tirol vgl Pernthaler/Morscher, JBl 1973, 517 ff.
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der Tir GO LT erwähnenswert ist, dass die Kontingentierung von dringlichen Anfragen mit der GO-Nov LGBl 1998/110 entfallen ist.14
III. Das Interpellationsrecht des Landtags A. Gegenstand des Interpellationsrechts 4 Gegenstand des Interpellationsrechts sind „Angelegenheiten der Landesverwaltung“. Verfahrensrechtlich präzisiert § 31 Abs 1 Tir GO LT dies auf den jeweiligen Aufgabenbereich des Regierungsmitglieds. Dies umfasst sowohl den Bereich der Hoheitsverwaltung als auch der Privatwirtschaftsverwaltung des Landes Tirol.15 5 Nicht vom Interpellationsrecht erfasst sind damit Angelegenheiten der Gesetzgebung, etwa RV, die im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens ergehen und folglich diesem Verfahren unterliegen. Art 35 TLO 1989 zählt Gesetzesvorschläge, die als Vorlagen der LReg in den LT gelangen, ausdrücklich zum Gesetzgebungsverfahren, was sich aus der Stellung des Art 35 am Beginn des dritten Abschnitts „Gesetzgebungsverfahren“ des II. Teils „Gesetzgebung des Landes Tirol“ der TLO 1989 ergibt. Auch die Begutachtung von Gesetzentwürfen, die als Vorlagen der LReg in den LT gelangen sollen, ist in Art 36 TLO 1989 als Teil des Gesetzgebungsverfahrens geregelt.16 Ebenso zu diesem Bereich zu zählen ist die Tätigkeit des LRH und des Landesvolksanwaltes, deren Handeln jeweils als Organ des LT nicht unter die Angelegenheiten der Landesverwaltung fällt.17 14 Nach § 32 Abs 3 des Beschlusses des Tiroler Landtages vom 07.07.1994 über die Geschäftsordnung des Tiroler Landtages durfte ein Abg höchstens zwei in derselben Sitzung eingebrachte dringliche Anfragen unterfertigen. 15 EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 88. Vgl dazu auch Bertel, Art 23 (in diesem Band) Rz 27. 16 S dazu auch Eller, Art 35 (in diesem Band) Rz 6, und Egger, Art 36 (in diesem Band) Rz 4. Zu den vergleichbaren Bestimmungen des B-VG s Kahl, Art 52/1, 2–4 Rz 25; Pabel Art 52 Rz 31. Vgl ferner Paar, Sind Regierungsvorlagen der Staatsfunktion Gesetzgebung oder der Staatsfunktion Vollziehung zuzurechnen?, JRP 2008, 234; ebenso OGH 12.08.2004, 1 Ob 231/03g iZm dem Amtshaftungsrecht mwN. 17 Ungeachtet dessen steht etwa die finanzielle Kontrolle durch den LRH in einer Angelegenheit nicht der parlamentarischen Interpellation zu demselben Gegenstand entgegen, vgl in Bezug auf die Stmk Krenn-Mayer, Art 21 Stmk L-VG, in Grabenwarter (Hg), Steiermärkische Landesverfassung (2013) Rz 11.
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Nicht vom Interpellationsrecht erfasst sind weiters Angelegenheiten 6 der Gerichtsbarkeit, wobei die Abgrenzung auf Landesebene nur in Zusammenhang mit der Landesverwaltungsgerichtsbarkeit eine Rolle spielt. Nicht zur Gerichtsbarkeit zählen hingegen die Angelegenheiten der Justizverwaltung, die nicht durch gerichtliche Kollegialorgane besorgt werden, vorausgesetzt das eine Ingerenzmöglichkeit der Mitglieder der LReg besteht.18 Auch die Tätigkeit des LH und der ihm nachgeordneten Organe des 7 Landes im Rahmen der mittelbaren Bundesverwaltung ist vom Interpellationsrecht des LT nicht erfasst. Diese ist funktionell dem Bund zuzurechnen und unterliegt den parlamentarischen Kontrollrechten des NR und BR.19 Dasselbe gilt für Angelegenheiten der Auftragsverwaltung nach Art 104 Abs 2 B-VG. Da in den Fällen mittelbarer Verwaltung die organisatorische und funktionelle Organqualität auseinanderfallen, ist gleichwohl zu differenzieren: die Führung der Geschäfte der mittelbaren Bundesverwaltung unterliegt wie erwähnt der parlamentarischen Kontrolle des Bundes, hinsichtlich der organisatorischen Aspekte der herangezogenen Landesbehörden jedoch der parlamentarischen Kontrolle des Landes, zumal die mit der Führung der mittelbaren Bundesverwaltung betrauten Landesorgane weiterhin Landesorgane im organisatorischen Sinn bleiben.20 Hinsichtlich des Abgabenwesens ist die besondere Kompetenzverteilung nach dem F-VG zu beachten, wobei sich die Zuständigkeit des Landes im Einzelfall aus § 11 und § 7 Abs 3 F-VG sowie den entsprechenden einfachgesetzlichen Bestimmungen ergibt. Ebenso nicht erfasst sind Angelegenheiten der territorialen wie der 8 nichtterritorialen Selbstverwaltung, hier bezieht sich das Interpellationsrecht, soweit Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches betroffen sind, lediglich auf von Organen des Landes auszuübende Aufsichtsrechte, zumal Selbstverwaltungskörper ungeachtet ihrer Weisungsfreiheit nach Art 120b Abs 1 B-VG hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Verwaltungsführung der Aufsicht des Bundes oder des Landes nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen unterliegen. Gleiches gilt für weisungsfrei gestellte Verwaltungsorgane, insoweit deren Ge18 Pabel, Art 52 Rz 31, vgl dazu auch Ranacher, Art 70c (in diesem Band) Rz 4. 19 Pabel, Art 52 Rz 32. 20 Vgl B. Raschauer, Art 102 B-VG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (2019) Rz 6.
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schäftsbesorgung aus diesem Grund nicht der Einflussmöglichkeit eines Mitglieds der LReg unterliegt. Eine allenfalls vorhandene Leitungsgewalt, etwa hinsichtlich der Personal- oder Finanzhoheit kann demgegenüber auf Grund des Ingerenzzusammenhangs Gegenstand des Interpellationsrechts sein.21 9 Bei ausgegliederten Unternehmen ist zu differenzieren: Die operative Geschäftsführung eines ausgegliederten Landesunternehmens stellt keine den politischen Kontrollrechten des LT unterliegende Angelegenheit der Landesverwaltung dar. Die Tätigkeit ausgegliederter Rechtsträger ist nur dann vom Interpellationsrecht umfasst, wenn und soweit entsprechende Leitungsbefugnisse und Ingerenzmöglichkeiten von Organen des Landes, etwa hinsichtlich der Personal- oder Finanzhoheit vorliegen. Hinzu kommen allenfalls sondergesetzlich oder vertraglich begründete Zustimmungsrechte sowie die Ausübung der dem Land zukommenden Rechte als Gesellschafter. Der konkrete Umfang der Einflussmöglichkeiten der LReg auf ausgegliederte Rechtsträger ist daher letztlich anhand der maßgeblichen Rechtsvorschriften, insb der anzuwendenden gesellschafts- und unternehmensrechtlichen Bestimmungen zu klären.22 10 Die Herausgabe von Dokumenten ist nicht vom Interpellationsrecht des LT umfasst. Parlamentarische Anfragen, die darauf abzielen, sind im Rahmen des Art 65 TLO 1989 grds unzulässig. Dies ergibt sich nicht zuletzt aus dem Wortlaut von Art 65 TLO 1989 und der einschlägigen Bestimmungen in § 31 Tir GO LT, die allgemein von „Beantwortung“ sprechen, was nicht zuletzt iZm dem Recht auf Akteinsicht nach Art 65a TLO 1989, gegen die Zulässigkeit einer Anfrage spricht, die letztlich nur durch Ausgabe bzw wörtliche Wiedergabe des Inhalts konkreter Geschäftsstücke eines bestimmten Aktes „beantwortet“ werden kann. 11 Darüber hinaus unterliegt auch der private Bereich etwa eines Regierungsmitglieds nicht dem Interpellationsrecht ebenso wie der nichtstaatliche öffentliche Bereich, wobei zu letzterem im Besonderen die Tätigkeiten als Parteifunktionär eines Regierungsmitglieds zählen. Eine klare Abgrenzung zur Amtstätigkeit ist freilich nicht immer möglich, 21 Pabel, Art 52 Rz 36; Mayer/Muzak, B-VG5 (2015) 264; vgl in Bezug auf die Stmk Krenn-Mayer, Art 21 Rz 9. 22 Kahl, Art 52/1, 2–4 Rz 28; Pabel, Art 52 Rz 33; vgl in Bezug auf die Stmk Krenn-Mayer, Art 21 Rz 9.
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die Lit geht unter Verweis auf die Praxis des Interpellationsrechts im NR davon aus, dass in Zweifelsfällen ein Verhalten eines Regierungsmitglieds als eine der Antwortpflicht unterliegende Amtstätigkeit zu qualifizieren ist.23
B. Verfahren Das Interpellationsrecht zeichnet sich durch eine gewisse Förmlichkeit 12 aus, es handelt dabei nicht bloß um Fragen, wie sie etwa in Zusammenhang mit Landtagsdebatten oder Pressekonferenzen gestellt werden.24 Dies zeigt sich auch in den einschlägigen verfahrensrechtlichen Bestimmungen der Tir GO LT. Art 65 Abs 1 TLO 1989 regelt das Fragerecht des LT, das als Mehrheitsbeschluss den Bestimmungen nach Art 27 TLO 1989 unterliegt.25 Eine Besonderheit des Fragerechts des LT – im Gegensatz zu jenem einzelner Abg – liegt darin, dass in diesem Fall das befragte Mitglied der LReg nicht der Amtsverschwiegenheit unterliegt (Art 54 Abs 2 TLO 1989). Nach Art 65 Abs 3 TLO 1989 wird in der Tir GO LT das Fragerecht 13 einzelner Abg im Detail geregelt. Dabei wird grds zwischen vier Formen des Interpellationsrechts unterschieden: die schriftliche Anfrage, die dringliche Anfrage, die Fragestunde und die Aktuelle Stunde. Schriftliche Anfragen sind nach § 31 Abs 1 Tir GO LT spätestens bis 14 Donnerstag 12:00 Uhr in der Woche vor der nächsten Landtagssitzung in der Landtagsdirektion schriftlich, mit Datum und Gegenstand der Anfrage versehen, einzubringen. Der LTPräs hat die eingebrachten Anfragen dem Befragten unverzüglich mitzuteilen, die Frage der Zuständigkeit des Befragten ist dabei nicht zu prüfen (§ 31 Abs 3 Tir GO LT). Nicht korrekt (va nicht rechtzeitig) eingebrachte Anfragen, sowie jene, die nicht Angelegenheiten der Landesverwaltung bzw den Aufgabenbereich eines Mitglieds der LReg betreffen (§ 31 Abs 1 und 2 Tir 23 Neisser, Kontrollfunktion 678; mitunter wird auch die Intentionalität der Tätigkeit für ausschlaggebend erachtet, vgl Kahl, Art 52/1, 2–4 Rz 25; Pabel, Art 52 Rz 30. Vgl ferner Morscher, Interpellation 407 ff. Speziell zu „public figures“ in Bezug auf die Amtsverschwiegenheit Feik, Art 20 Abs 3 B-VG, in Kneihs/Lienbacher (Hg), Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht (2007) Rz 13. 24 Kahl, Art 52/1, 2–4 Rz 17. 25 Vgl dazu Schramek, Art 27 (in diesem Band).
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GO LT), sind zurückzustellen (§ 31 Abs 3 Tir GO LT). Der Fragesteller kann seine Anfrage bis zum Einlangen der Antwort beim LTPräs schriftlich zurückziehen, was dem Befragten unverzüglich mitzuteilen ist (§ 31 Abs 4 Tir GO LT). Hinsichtlich der inhaltlichen Ausgestaltung der Anfragen gibt es keine Bestimmungen, womit diese nicht zwingend kritisch-kontrollierenden Charakter haben müssen. Auch ist damit keine reine ex-post-Kontrolle verbunden, vielmehr ist es auch zulässig, beabsichtigte Vorhaben oder Planungen abzufragen.26 Das befragte Regierungsmitglied hat sodann die Anfrage entweder nach ihrer Mitteilung im Einlauf sofort mündlich zu beantworten oder innerhalb von fünf Wochen über den LTPräs schriftlich dem Fragesteller zu beantworten oder die inhaltliche Beantwortung unter Angabe der Gründe abzulehnen (§ 31 Abs 5 Tir GO LT). Wurde die Anfrage mündlich beantwortet, so kann der Fragesteller in der betr Sitzung sofort (bzw im Fall schriftlicher Beantwortung unmittelbar nach Einlangen) verlangen, dass über die Antwort eine Besprechung (§ 31 Abs 6 und 7 Tir GO LT) stattfinden soll.27 Diese findet sodann unmittelbar im Anschluss an das Verlangen, bzw im Fall schriftlicher Beantwortung nach Erledigung der Tagesordnung statt. Eine Besprechung unterbleibt, wenn der Fragesteller bei Beginn abwesend ist oder bis dahin sein Verlangen beim LTPräs zurückgezogen hat. Die Besprechung ist auf die nächste Sitzung zu vertagen, wenn der Fragesteller entschuldigt oder der Befragte abwesend ist. Der formale Ablauf der Besprechung entspricht jenen der Debatten im LT. 15 Bei dringlichen Anfragen handelt es sich um schriftliche Anfragen, die unter bestimmten Voraussetzungen mündlich und zwar in der Sitzung, in der sie im Einlauf mitgeteilt wurden, zu beantworten ist.28 Dafür ist die Anfrage als dringlich zu bezeichnen und von mindestens acht Abg zu unterfertigen.29 Der LT beschließt ohne Debatte die dringliche Behandlung, diese erfolgt nach der Erledigung der Tagesordnung, sofern nicht der LT auf Antrag eines Abg eine frühere Behandlung beschließt. Der Befragte ist in der Folge umgehend zur mündlichen Beantwortung verpflichtet, im Anschluss daran findet eine Debatte statt. Im Übrigen
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Vgl Pabel, Art 52 Rz 21 f; in Bezug auf die Stmk Krenn-Mayer, Art 21 Rz 10. Ähnlich auch im NR, vgl Neisser, Kontrollfunktion 675. Vgl Pabel, Kontrolle 537. Bis zur Neuerlassung der Tir GO LT mit LGBl 1998/110 waren dafür 20 Abg notwendig.
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folgt das Verfahren den oben skizzierten Bestimmungen über schriftliche Anfragen. Die Fragestunde bietet die Möglichkeit mündliche Anfragen an die 16 Mitglieder der LReg zu stellen.30 Mit Ausnahme von Sondersitzungen beginnt jede Sitzung des LT mit einer Fragestunde, die auch geschäftsordnungsrechtlich auf 60 Minuten beschränkt ist (§ 33 Abs 1 bis 3 Tir GO LT). Der Gegenstand der Anfragen und der verfahrensrechtliche Ablauf gleicht im Wesentlichen dem Verfahren der schriftlichen Anfragen, wenngleich es sich nach § 33 Abs 4 Tir GO LT um „kurze mündliche Anfragen“ handelt. Diese sind spätestens bis Donnerstag 12:00 Uhr in der Woche vor der nächsten Landtagssitzung in der Landtagsdirektion einzubringen. Die Reihenfolge der Anfragen folgt dem Rotationsprinzip und orientiert sich an der Mandatsstärke der Klubs (§ 33 Abs 5 und 8 Tir GO LT). Ein Abg darf für die Fragestunde nur eine Anfrage im Sinn einer konkreten Frage stellen, diese darf auch nicht in Unterfragen geteilt sein (§ 33 Abs 6 Tir GO LT). Auf die Verlesung der Anfrage samt Begründung hat die Antwort mündlich zu erfolgen bzw sind die Gründe für die Ablehnung der Beantwortung bekannt zu geben. Hierauf sind der Fragesteller und höchstens je ein Abg jedes Klubs berechtigt, eine Zusatzfrage in inhaltlichem Zusammenhang mit der Hauptfrage zu stellen. Neben dem Befragten kommt auch jedem darüber hinaus betroffenen oder in der Anfrage bzw Zusatzfrage erwähnten Mitglied der LReg ein Rederecht zu. Die Redezeit ist auf zwei bzw vier Minuten (Fragesteller bzw Befragter) beschränkt (§ 33 Abs 9 bis 14 Tir GO LT). Anfragen, die innerhalb der Fragestunde nicht aufgerufen wurden, sind vom befragten Regierungsmitglied spätestens innerhalb von fünf Wochen nach dieser Fragestunde schriftlich zu beantworten (§ 33 Abs 15 Tir GO LT). Ebenso mit dem Interpellationsrecht in Zusammenhang steht die Ak- 17 tuelle Stunde, die der Diskussion eines bestimmten Themas von landespolitischer Bedeutung – idR aus aktuellem Anlass – dient.31 Diese findet nach § 34 Abs 1 Tir GO LT am Beginn des zweiten Tages jeder Sitzung des LT statt. Die Wahl des Themas obliegt den Klubs, in der GP beginnend mit dem mandatsschwächsten Klub, sodann im Rotationsprinzip zum jeweils nächststärkeren Klub (§ 33 Abs 5 Tir GO LT). Wie bei den oben dargestellten Anfragen ist das Thema spätestens bis Don30 Vgl Art 52 Abs 4 B-VG. 31 Vgl Pabel, Kontrolle 538.
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nerstag 12:00 Uhr in der Woche vor der nächsten Landtagssitzung in der Landtagsdirektion einzubringen. Die Redezeit, und zwar sowohl für Abg wie für Mitglieder der LReg, orientiert sich an der jeweiligen Klubstärke und beträgt mindestens zehn Minuten (§ 34 Abs 4 Tir GO LT). In der Aktuellen Stunde können keine Anträge gestellt und keine Beschlüsse gefasst werden. 18 Mitunter wird auch das Zitationsrecht dem Interpellationsrecht zugerechnet. Es bezeichnet das parlamentarische Recht, die Anwesenheit eines Mitglieds der LReg zu verlangen. Dieses findet sich in Art 24 Abs 4 TLO 1989.32
C. Antwortpflicht 19 Art 65 Abs 4 TLO 1989 enthält die grds Verpflichtung der Mitglieder der LReg zur Beantwortung von Fragen. Dies korrespondiert auch mit den geschäftsordnungsrechtlichen Bestimmungen, die die sofortige Beantwortung einer schriftlichen Anfrage bzw spätestens nach fünf Wochen vorsehen (§ 31 Abs 5 Tir GO LT). Die Verpflichtung zur mündlichen Beantwortung dringlicher Anfragen findet sich in § 32 Abs 3 Tir GO LT. Die Antwortpflicht ist eine formelle, dh es ist grds von einer Reaktionspflicht der Kontrollierten auszugehen.33 Nach hL ist eine Verweigerung der Beantwortung nur bei tatsächlicher Unmöglichkeit (etwa mangels Kenntnis der Antwort) oder aus Gründen der Amtsverschwiegenheit oder des Datenschutzes (rechtliche Unmöglichkeit) zulässig, wobei dies entsprechend zu begründen ist.34 Eine Verweigerung der Beantwortung aus politischen Gründen ist unzulässig.35 Für den Fall der rechtswidrigen Verweigerung einer Antwort käme die staatsrechtliche Verantwortlichkeit nach Art 142 Abs 2 lit d B-VG durch Beschluss des LT in Betracht. Abgesehen davon steht dem LT das Misstrauensvotum nach Art 64 Abs 3 TLO 1989 offen.36
32 Vgl dazu Bertel, Art 24 (in diesem Band). 33 Kelsen/Froehlich/Merkl, Die Bundesverfassung vom 1. Oktober 1920 (1922) 138; Neisser, Kontrollfunktion 664; Koja, Verfassungsrecht 225; Morscher, Interpellation 351 ff. 34 Kahl, Art 52/1, 2–4 Rz 37 ff. Ähnlich in Bezug auf die Stmk Krenn-Mayer, Art 21 Rz 13. 35 Pabel, Art 52 Rz 41. 36 Vgl dazu Wallnöfer, Art 64 (in diesem Band).
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IV. Amtsverschwiegenheit und Datenschutz Dem Recht des LT bzw seiner Abg an die Mitglieder der LReg Fragen 20 über Angelegenheiten ihres Aufgabenbereiches zu richten und alle einschlägigen Auskünfte zu verlangen, steht die Verpflichtung der Mitglieder der LReg zur Amtsverschwiegenheit nach Art 54 TLO 1989 gegenüber. Demnach sind die Mitglieder der LReg, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, zur Verschwiegenheit über alle ihnen ausschließlich aus ihrer amtlichen Tätigkeit bekannt gewordenen Tatsachen verpflichtet, deren Geheimhaltung im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit, der umfassenden Landesverteidigung, der auswärtigen Beziehungen, im wirtschaftlichen Interesse einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, zur Vorbereitung einer Entscheidung oder im überwiegenden Interesse der Parteien geboten ist.37 Im vorliegenden Zusammenhang mit einer Fragebeantwortung kann dies etwa auch Daten laufender Verfahren, die das Land als Behörde oder als Verfahrenspartei (etwa vor dem VfGH oder EuGH) führt, betreffen, wobei man bei letzterem auf Grund der besonderen Konstellation auch die Gebietskörperschaften als „Partei“ im Sinn dieser Bestimmung ansehen kann, zumal ihre prozessuale Position und ihre Interessenlage mit jener herkömmlicher Parteien in Verwaltungs- und Gerichtsverfahren vergleichbar ist.38 Diese Verschwiegenheitspflicht besteht gegenüber dem LT nur dann nicht, wenn er mit Beschluss eine Auskunft ausdrücklich verlangt (Art 54 Abs 2 TLO 1989).39 In jenen Fällen, in denen das Interpellationsrecht von einzelnen Abg, somit nicht über Beschluss des LT wahrgenommen wird, unterliegen die Befragten der Amtsverschwiegenheit. In diesen Fällen ist im Einzelfall zu prüfen, ob die Voraussetzungen des Art 54 TLO 1989 vorliegen und allenfalls eine Interessenabwägung zwischen den darin angeführten öffentlichen Interessen sowie dem Interesse der Partei auf der einen und dem Interesse an Transparenz und Öffentlichkeit, wie sich im parlamentarischen Interpellationsrecht manifestiert, vorzunehmen.40 Eine formale Entbindung von der Amtsverschwiegenheit, wie sie dienstrechtlich insb für Aussagen vor Gerichten 37 38 39 40
Vgl dazu Bertel, Art 54 (in diesem Band) Rz 7. Vgl zum weiten Partei- und Interessensbegriff Feik, Art 20 Abs 3 Rz 12. Vgl dazu Bertel, Art 54 (in diesem Band). Zu den Leitlinien einer Interessenabwägung vgl Bußjäger, Parlamentarische Kontrolle bei Bund und Ländern im Spannungsfeld öffentlich-rechtlicher Verschwiegenheitspflichten, in ders (Hg), Parlamentarische Kontrolle und
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und Verwaltungsbehörden vorgesehen ist, ist für die Beantwortung parlamentarischer Anfragen nicht möglich. Denkbar wäre lediglich die Zustimmung zur Beantwortung durch eine von der Amtsverschwiegenheit geschützte dritte Person, etwa einem privaten Unternehmen. Das Land selbst kann allerdings nicht der Veröffentlichung von dem Amtsgeheimnis unterliegenden Tatsachen zustimmen.41 21 Hinzu kommt die Berücksichtigung des Grundrechts auf Datenschutz, das dem Amtsgeheimnis ähnlich ist, im Detail jedoch andere Ziele hat. Daten, die unter den Schutzbereich des Grundrechts fallen, sind unter Umständen daher auch dann geheim zu halten, wenn ihre Weitergabe nach den Bestimmungen über die Amtsverschwiegenheit zulässig wäre.42 So umfasst das Grundrecht auf Datenschutz personenbezogene Daten sowohl natürlicher wie auch juristischer Personen, was im Hinblick auf das Fragerecht des LT etwa bedeutsam sein kann, als damit neben den Daten über Bedienstete oder Verfahrensparteien auch Vertragspartner des Landes, sowie andere juristische Personen des öffentlichen und privaten Rechts umfasst sind.43 Hinzu kommt, dass der Datenschutz als subjektives verfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht ausgestaltet ist. Nach § 1 des Datenschutzgesetzes hat jedermann Anspruch auf Geheimhaltung der ihn betr personenbezogenen Daten, insb im Hinblick auf die Achtung seines Privat- und Familienlebens. Voraussetzung dafür ist, dass diese Daten nicht allgemein verfügbar oder wegen ihrer mangelnden Rückführbarkeit auf den Betroffenen einem Geheimhaltungsanspruch nicht zugänglich sind. Neben dem Grundrecht auf Datenschutz treten – für natürliche Personen – das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens nach Art 8 EMRK sowie die in ihren Anwendungsbereich fallenden – auch für die staatliche Verwaltung geltenden – Bestimmungen der DSGVO44 hinzu.
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Ausgliederung (2009) 3 (9 f); Ermacora, Parlamentarische Anfrage und Amtsverschwiegenheit, JBl 1970, 116 (119). Vgl Kucsko-Stadlmayer, Kontrolle, Amtsverschwiegenheit und Datenschutz, in Bußjäger (Hg), Die Zukunft der parlamentarischen Kontrolle (2008) 91 (96). Moritz, Datenschutz und parlamentarische Interpellation, ÖJZ 1994, 763 (765). Kucsko-Stadlmayer, Kontrolle 98. VO 2016/679/EU, ABl 2016 L 119/1 Datenschutz-Grundverordnung.
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Da eine Anfragebeantwortung45 im Rahmen des Interpellationsrechts idR die Veröffentlichung der Daten zur Konsequenz hat46, ist eine Interessenabwägung zwischen dem Recht auf Datenschutz und allenfalls überwiegenden Interessen an der Verwendung der Daten vorzunehmen.47 Dabei ist stets auf den Einzelfall abzustellen und neben den inhaltlichen Parametern der Verhältnismäßigkeit auch die Irreversibilität der Folgen einer unzulässigen Auskunft sowie der in diesem Bereich beschränkte Rechtsschutz für Betroffene zu berücksichtigen.48 Allenfalls ist einem gelinderen Mittel der Vorzug zu geben, etwa einer Anonymisierung oder die Beschränkung der Auskunft auf statistische Daten.49 Die Abwägung zwischen dem Interesse an der Anfragebeantwortung und dem Datenschutz hat dabei der Interpellierte selbst vorzunehmen.50 In Wechselwirkung mit der Amtsverschwiegenheit wird in der Lit dazu zutreffend festgehalten, dass bei der Amtsverschwiegenheit im Zweifel die Pflicht zur Offenlegung, beim Datenschutz die Pflicht zur Geheimhaltung vorgeht.51 In Zusammenhang mit ausgegliederten Unternehmen sei der Vollstän- 22 digkeit halber auf gesellschaftsrechtliche Verschwiegenheitspflichten hingewiesen, die auch gegenüber dem LT gelten und dessen allfälliger Information auch über das Interpellationsrecht enge Grenzen setzen.52 45 Unter Umständen auch schon die Anfrage selbst, vgl Baumgartner in GS Walter 24. 46 Anfragen und Anfragebeantwortungen sind nach der Tir GO LT Verhandlungsgegenstände des LT, die Sitzungen finden idR öffentlich statt, die Sitzungsberichte werden ebenso veröffentlicht. Der Ausschluss der Öffentlichkeit bzw die Vertraulichkeit von Sitzungen ist hingegen die Ausnahme (vgl §§ 23 Abs 1 lit f, 42 und 48 Abs 1 Tir GO LT). 47 Vgl Baumgartner, Interpellation 30 ff. 48 Vgl Baumgartner, Interpellation 32; zum Rechtsschutz der Betroffenen im Besonderen ders, Interpellation 27 sowie ders, Grundrechte und Datenschutz, AnwBl 2014, 24 (35 f). 49 Vgl in diesem Zusammenhang auch VfSlg 17.065/2003, der die Veröffentlichung der Bezüge unter Namensnennung in Berichten des RH für nicht zulässig erachtete. 50 Baumgartner, Interpellation 23; Kahl, Art 52/1, 2–4 Rz 40. 51 Kucsko-Stadlmayer, Kontrolle 100; Moritz, ÖJZ 1994, 771. 52 Vgl Enzinger, Geheimhaltungsrechte und Verschwiegenheitspflichten im Privat- und Gesellschaftsrecht insb im Sondergesellschaftsrecht des Bundes und der Länder, in Bußjäger (Hg), Parlamentarische Kontrolle und Ausgliederung (2009) 73 (82); auch der LRH ist zur Wahrung allfälliger Betriebs-, Geschäftsund Bankgeheimnisse verpflichtet, vgl § 6 Abs 2 LRechnungshofG.
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Artikel 65a Informationsrechte (1) Jeder Abgeordnete hat das Recht, in die Beschlußprotokolle der Landesregierung Einsicht zu nehmen. (2) Jeder Abgeordnete kann in Angelegenheiten, die Verhandlungsgegenstand sind und Gegenstand eines Kollegialbeschlusses der Landesregierung waren, vom Mitglied der Landesregierung, in dessen Aufgabenbereich diese Angelegenheit fällt, verlangen, ihm Akteneinsicht zu gewähren. Dieses Verlangen kann bis zu einem Monat nach Erledigung des Verhandlungsgegenstandes gestellt werden. Von der Akteneinsicht ausgenommen sind Akten, durch deren Einsichtnahme das Grundrecht auf Datenschutz verletzt würde. In Angelegenheiten, die sich auf wirtschaftliche Unternehmen beziehen, darf die Akteneinsicht nur hinsichtlich jener Aktenteile gewährt werden, die die Verwendung von Förderungsmitteln betreffen. Wird einem Abgeordneten die Akteneinsicht aus anderen Gründen verweigert, so hat auf dessen Verlangen das betreffende Mitglied der Landesregierung die Verweigerung der Akteneinsicht im Landtag zu begründen. LGBl samt Erläuterungen: LGBl 1998/104 (XII. GP RV 230/98 AB 230/98); LGBl 2008/7 (XIV. GP RV 480/07 AB 480/07); LGBl 2015/61 (XVI. GP IA 128/15 AB 128/15); LGBl 2017/53 (XVI. GP RV 69/17 AB 69/17) Literatur: Diehsbacher, Parlamentarische Kontrolle durch Akteneinsicht von Landtagsabgeordneten, JRP 2002, 26; Koja, Das Problem der politischen Kon trolle – am Beispiel von Auskunftsrecht und Akteneinsicht für Landtagsabgeordnete, JRP 1995, 141; Schwamberger/Ranacher, Tiroler Landesordnung 19896: Kommentar (2017) 128 ff
Inhaltsübersicht I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben..................................... 1 II. Entstehungsgeschichte.................................................................. 2 III. Informationsrechte........................................................................ 4 A. Einsichtnahme in Beschlussprotokolle.................................. 4 B. Akteneinsicht............................................................................. 5 C. Begründung der Verweigerung der Akteneinsicht.............. 8 IV. Amtsverschwiegenheit und Datenschutz.................................. 9 884
Informationsrechte
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I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben Die Regelung parlamentarischer Kontrollrechte auf Landesebene im 1 Allgemeinen unterliegt der relativen Verfassungsautonomie der Länder, wenngleich im Rahmen der Bauprinzipien der Bundesverfassung.1 Dabei sind die Vorgaben des VfGH2, wie sie zum parlamentarischen Fragerecht entwickelt wurden, im Besonderen der Grundsatz der Beschränktheit der Kontrollmittel, zu berücksichtigen. Übertragen auf die landesverfassungsrechtliche Ebene unterliegt die Kontrolle der LReg damit ausschließlich den durch die Landesverfassung vorgesehenen Formen, eine Erweiterung – wie die in Art 65a TLO 1989 angeführten Informationsrechte – kann folglich nur durch LVG erfolgen.3
II. Entstehungsgeschichte Die Erweiterung der parlamentarischen Kontrollrechte dahingehend, 2 dass den LTAbg das Recht auf Einsichtnahme in die Beschlussprotokolle der LReg sowie das Recht auf Akteneinsicht in bestimmten Angelegenheiten eingeräumt wird, wurde im Rahmen der „DemokratieNov“, LGBl 1998/104, im Zug der Änderung des Systems der Bildung der LReg vom Proporzsystem zum Mehrheitssystem eingeführt. Ähnliche Bestimmungen gab es zuvor schon im Bgld und in Sbg.4 Hintergrund der Neuregelung in Tirol war die mit der genannten Nov vorgenommene Umstellung des Regierungssystems: Während nach dem früheren System die im LT vertretenen Parteien bei entsprechender Mandatsstärke auch in der LReg vertreten waren und so über die in der LReg kollegial zu beschließenden Angelegenheiten die entsprechenden Informationen erlangten, besteht diese Möglichkeit seit der Einführung des Mehrheitswahlsystems für jene Parteien, die der LReg nicht angehören, nicht mehr. Mit dem vorgesehenen Recht auf Akteneinsicht sollte dafür Ersatz geschaffen werden.5 Ein Abänderungsantrag, der auf Änderung der kumulativen Voraussetzungen von Verhandlungsgegen1 2 3 4 5
Koja, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer2 (1988) 219; Diehsbacher, JRP 2002, 27 ff. VfSlg 1454/1932. S dazu auch Sonntag, Art 65 (in diesem Band) Rz 2. Pabel, Kontrolle der Vollziehung, in Pürgy (Hg), Das Recht der Länder I (2012) 534; Koja, JRP 1995, 143. Art 48 Bgld L-VG, LGBl 1981/42 bzw L-VG-Nov 1998, Sbg LGBl 1998/72. EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 1998/104, Tir LT XII. GP, GZ 270/98, 14 f; ferner Diehsbacher, JRP 2002, 29 f.
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stand des LT und Kollegialbeschluss der LReg sowie auf Streichung der Möglichkeit der Verweigerung der Akteneinsicht gerichtet war6, wurde im Zuge der parlamentarischen Behandlung der genannten Nov der TLO 1989 mehrheitlich abgelehnt. 3 Mit der Nov der TLO 1989, LGBl 2008/7, erfolgte eine Zitatanpassung der seinerzeit noch enthaltenen Verweise auf das Datenschutzgesetz. Mit der der Nov der TLO 1989, LGBl 2015/61, wurde in Zusammenhang mit der Neuerlassung der Tir GO LT die Frist für die Einsichtnahme in Akten der LReg verlängert, seitdem kann das Verlangen auch noch bis zu einem Monat nach Erledigung des Verhandlungsgegenstandes gestellt werden. Mit der Nov der TLO 1989, LGBl 2017/53, wurde die Bestimmung in Abs 2 schließlich neu gefasst und im Licht der Rsp des VfGH eine allgemeine Bezugnahme auf das Grundrecht auf Datenschutz unter Berücksichtigung sämtlicher einschlägiger Bestimmungen eingefügt.7
III. Informationsrechte A. Einsichtnahme in Beschlussprotokolle der Landes regierung 4 Nach Abs 1 hat jeder Abg das Recht, in die Beschlussprotokolle der LReg Einsicht zu nehmen. S dazu die korrespondierende Bestimmung in § 6 Tir GO LReg, wonach über jede Sitzung der LReg ein Protokoll einschließlich der in der Sitzung gefassten Beschlüsse unter Anführung allfälliger Stimmenthaltungen zu verfassen ist.8
B. Akteneinsicht 5 Nach Art 65a Abs 2 TLO 1989 kann jeder Abg in Angelegenheiten, die Verhandlungsgegenstand des LT sind und zuvor Gegenstand eines Kollegialbeschlusses der LReg waren, vom zuständigen Regierungsmitglied (bis zu einem Monat nach Erledigung des Verhandlungsgegenstands) verlangen, ihm Akteneinsicht zu gewähren. Die Verhandlungs6 Konkret beantragt wurde die Änderung von „und“ auf „oder“ im ersten Satz sowie die Streichung des letzten Satzes des Art 65 Abs 2 TLO 1989. 7 EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 2017/53, Tir LT XVI. GP, GZ 69/17, 5. 8 In der Praxis werden die Beschlussprotokolle der LReg seit 2013 auf der Internetseite des Landes Tirol veröffentlicht.
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gegenstände des LT sind in § 23 Abs 1 Tir GO LT angeführt, hinzu kommt die in Art 65a Abs 2 TLO 1989 genannte Verwendung von Förderungsmitteln in Bezug auf wirtschaftliche Unternehmen. Zusätzliche Voraussetzung ist, dass die betreffenden Angelegenheiten als solche unmittelbar vor der Einbringung in den LT Gegenstand eines Kollegialbeschlusses der LReg waren.9 Nicht dem Recht auf Akteneinsicht unterliegen damit Angelegenheiten, die nicht kumulativ alle diese Voraussetzungen erfüllen, so etwa Verhandlungsgegenstände früherer Sitzungen, die gegenwärtig keinen Verhandlungsgegenstand mehr darstellen. Ebenso Angelegenheiten, die zwar Verhandlungsgegenstände des LT sind, nicht jedoch Gegenstand eines Kollegialbeschlusses der LReg waren. Dies wäre etwa der Fall bei schriftlichen Anfragen von Abg, die zwar ihrerseits Verhandlungsgegenstand des LT sind (§ 23 Abs 1 lit f Tir GO LT), jedoch nicht Gegenstand eines Kollegialbeschlusses der LReg waren. Dasselbe gilt für Vorgänge in Zusammenhang mit Berichten des LRH, die ebenso selbst Verhandlungsgegenstände des LT darstellen (§ 23 Abs 1 lit p Tir GO LT), jedoch von vornherein nicht Gegenstand eines Kollegialbeschlusses der LReg sein können, weil sie nach Art 69 Abs 1 TLO 1989 vom LRH unmittelbar dem LT vorgelegt werden. Von der Akteneinsicht ausgenommen sind Akten, durch deren Ein- 6 sichtnahme das Grundrecht auf Datenschutz verletzt würde.10 In Angelegenheiten, die sich auf wirtschaftliche Unternehmen beziehen, darf die Akteneinsicht nur hinsichtlich jener Aktenteile gewährt werden, die die Verwendung von Förderungsmitteln betreffen. Formale (verfahrensrechtliche) Bestimmungen über die Akteneinsicht 7 fehlen, dementsprechend scheint etwa auch ein mündliches Verlangen an das zuständige Mitglied der LReg ausreichend.11 In der Staatspraxis werden derartige Verlangen gleichwohl regelmäßig schriftlich gestellt und dabei auch entsprechend konkretisiert. Es liegt dann am zuständigen Regierungsmitglied, die Modalitäten der Einsichtnahme festzulegen (Herbeischaffung der Akten, Zeitpunkt, Ort).12 Die Anfertigung von Kopien eingesehener Akten ist im Gegensatz etwa zur Bestimmung im AVG zwar nicht ausdrücklich geregelt, wird jedoch aus prak9 10 11 12
S dazu im Detail § 2 Abs 3 Tir GO LReg. S Rz 9. So Diehsbacher, JRP 2002, 30. In aller Regel wird hier die Gewährung der Einsichtnahme direkt in der aktenführenden Dienststelle am effizientesten sein.
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tischen Gründen und nicht zuletzt im Hinblick auf Sinn und Zweck der Regelung – der Stärkung der Informationsmöglichkeiten der Abg13 – mitumfasst sein.14
C. Begründung der Verweigerung der Akteneinsicht 8 Die Entscheidung eines Regierungsmitglieds, ob es eine verlangte Akteneinsicht gewährt oder nicht, liegt ausschließlich in seiner politischen Verantwortung. Es findet darüber – etwa im Gegensatz zum Tir Auskunftspflichtgesetz15 – kein rechtliches Verfahren statt.16 Wenn ein Regierungsmitglied die Akteneinsicht aus anderen als den in Abs 2 genannten Gründen verweigert, so hat es auf Verlangen des betr Abg die Verweigerung der Akteneinsicht im LT zu begründen. § 35 Tir GO LT enthält dazu nähere Bestimmungen. Ein entsprechendes Verlangen ist demnach spätestens bis 12:00 Uhr des Donnerstags der Woche, die der nächsten Sitzung vorangeht, in der Landtagsdirektion unter Beilage der Begründung der Verweigerung der Akteneinsicht schriftlich einzubringen (§ 35 Abs 3 Tir GO LT). Entspricht die Begründung den oben genannten zulässigen Verweigerungstatbeständen, so ist das Verlangen vom LTPräs zurückstellen, andernfalls die Begründung der Verweigerung der Akteneinsicht nach Erledigung der Tagesordnung erfolgt, worauf eine Debatte ohne Beschlussfassung stattfindet (§ 35 Abs 4 und 5 Tir GO LT).
IV. Amtsverschwiegenheit und Datenschutz 9 Wie beim Fragerecht nach Art 65 TLO 1989 gilt auch für die Informationsrechte der Abg nach Art 65a TLO 1989 die Amtsverschwiegenheit und das Grundrecht auf Datenschutz. Zum Unterschied von Art 65 13 EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 1998/104, Tir LT XII. GP, GZ 270/98, 14. 14 Anders etwa Diehsbacher, JRP 2002, 34; vgl auch die ausdrückliche Differenzierung zwischen Einsichtnahme und Anfertigung von Kopien in § 17 Abs 1 AVG. 15 Gesetz vom 16. November 1988 über die Auskunftspflicht der Organe des Landes, der Gemeinden, der Gemeindeverbände und der übrigen durch Landesgesetz geregelten Selbstverwaltungskörper (Tiroler Auskunftspflichtgesetz), LGBl 1989/4 idF LGBl 2013/130. 16 EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 1998/104, Tir LT XII. GP, GZ 270/98, 15.
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Informationsrechte
Art 65a
TLO 1989 enthält Abs 2 einen ausdrücklichen Hinweis auf das Datenschutzrecht, dem jedoch lediglich klarstellender Charakter zukommt, zumal die Abwägung zwischen Transparenz und Amtsgeheimnis bzw die Interessenabwägung im Hinblick auf den Datenschutz schon verfassungsrechtlich geboten ist.17 In Zusammenhang mit der Beurteilung datenschutzrechtlicher Fragen umfasst die allgemeine Bezugnahme auf das „Grundrecht auf Datenschutz“ in Abs 2 neben dem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Datenschutz nach § 1 DSG auch die Garantien des Art 8 EMRK und der Art 7 und 8 GRC.18 Ungeachtet der unterschiedlichen landesverfassungsrechtlichen Ausgestaltung kann zu den einzelnen Abgrenzungsfragen auf die Ausführungen zu Art 65 TLO 1989 verwiesen werden.19
17 Diehsbacher, JRP 2002, 32. 18 EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 2017/53, Tir LT XVI. GP, GZ 69/17, 5. 19 S dazu Sonntag, Art 65 (in diesem Band) Rz 20 ff.
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Artikel 66 Entschließungsrecht Der Landtag kann die Geschäftsführung der Landesregierung und ihrer Mitglieder prüfen und seine Wünsche über die Führung der Landesverwaltung in Entschließungen äußern. LGBl samt Erläuterungen: LGBl 1988/61 (X. GP AA 141/88 AB 141/88) Literatur: Morscher, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer. 7. Tirol (1991) 165; Neisser, Die Kontrollfunktion des Parlaments, in Schambeck (Hg), Österreichs Parlamentarismus (1986) 651 (701 ff); Pabel, Kontrolle der Vollziehung, in Pürgy (Hg), Das Recht der Länder I (2012) 529 (Rz 23 f); Pabel, Art 52 B-VG, in Kneihs/Lienbacher (Hg), Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht (2014); Schwamberger/Ranacher, Tiroler Landesordnung 19896: Kommentar (2017) 131
1 Art 66 TLO 1989 regelt das Resolutionsrecht des LT und orientiert sich inhaltlich an der Vorgängerbestimmung des § 32 Abs 1 TLO 1953 sowie an der bundesverfassungsrechtlichen Regelung in Art 52 Abs 1 B-VG.1 Das Resolutionsrecht stellt eines der in der TLO 1989 normierten politischen Kontrollrechte des LT dar. Darüber hinaus zählen dazu die Abberufung der LReg (Art 64 Abs 2), das Misstrauensvotum (Art 64 Abs 3), das Interpellationsrecht des LT bzw einzelner Abg (Art 65), die Informationsrechte der Abg (Art 65a), die Einsetzung von Untersuchungsausschüssen (Art 23 Abs 8 bis 10) und das Zitationsrecht (Art 24 Abs 4).2 2 Die in Art 66 TLO 1989 angeführte Prüfung der Geschäftsführung der LReg und ihrer Mitglieder normiert soweit ersichtlich kein gesondertes Kontrollrecht des LT. Die Wendung resultiert vielmehr aus ihrer Entstehungsgeschichte und stellt einen sprachlichen Rest der ursprünglichen bzw referenzierten Bestimmungen, dar.3 So waren sämtliche par1 2 3
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EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 89. S dazu Wallnöfer, Art 64 (in diesem Band); Sonntag, Art 65 und 65a (in diesem Band) und Bertel, Art 23 und 24 (in diesem Band). Die EB berufen sich dabei ausdrücklich auf § 32 Abs 1 TLO 1953 und Art 52 Abs 1 B-VG, vgl EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 89. Eine inhaltliche Änderung war offenkundig nicht intendiert.
Entschließungsrecht
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lamentarischen Kontrollrechte in ihrer seinerzeitigen Ausprägung in § 32 TLO 1953 gesammelt angeführt und wurden mit Erlassung der TLO 1989 in mehreren Bestimmungen gesondert geregelt, für das Resolutionsrecht verblieb zur Hälfte der ursprüngliche Einleitungssatz des § 32 TLO 1953 bzw – gleichlautend – Art 52 Abs 1 B-VG. In der Lit zu Art 52 Abs 1 B-VG ist eine spezifische Differenzierung hinsichtlich des Gegenstands nach der „Geschäftsführung“ bzw den „Gegenständen der Vollziehung“ nicht erkennbar, insb stellt die Prüfung der Geschäftsführung kein eigenständiges Kontrollrecht dar.4 Unter Berücksichtigung der in der TLO 1989 angeführten politischen Kontrollrechte und der Judikatur des VfGH5 wonach diese auf ausdrücklich angeführte beschränkt sind und auch keine ständige, fortlaufende Kontrolle des Verwaltungshandelns darstellen, wird damit kein zu den eingangs genannten politischen Kontrollrechten hinzukommendes Recht auf gesonderte Kontrolle der Geschäftsführung der LReg eingeräumt. Gegenstand von Entschl sind Wünsche über die Führung der Lan- 3 desverwaltung, wobei auf Grund des systematischen Zusammenhangs auf die Ausführungen zum Interpellationsrecht verwiesen sei.6 Dementsprechend haben auch Entschl einen Bezug zur Landesverwaltung aufzuweisen, allerdings stellt die Bestimmung, wie auch die genannte Regelung des Art 52 Abs 1 B-VG, nicht auf bestimmte Handlungsformen der Verwaltung ab, weshalb neben der Hoheits- und Privatwirtschaftsverwaltung auch Regierungsakte im Allgemeinen sowie das Verhalten von Regierungsmitgliedern davon umfasst sein können, sofern es mit einem Verwaltungshandeln in Zusammenhang steht.7 Die möglichen Anliegen können dabei von der Festlegung grundsätzlicher politischer Positionen, der Entwicklung bestimmter Projekte, der Bereitstellung von Fördermitteln, der Vorbereitung von RV oder der Erstellung von Berichten reichen.8 Verschiedentlich gehen auch LG oder deren Novellierungen auf Entschl des Tir LT zurück.
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Vgl etwa Kahl, Art 52/1, 2–4 B-VG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (2011) Rz 25 ff; Pabel, Art 52 Rz 27 ff. VfSlg 1454/1932. Sonntag, Art 65 (in diesem Band) Rz 4 ff. Pabel, Art 52 Rz 29 und 59; Morscher, Tirol 165. Neisser, Kontrollfunktion 703 f; in Bezug auf die Stmk Krenn-Mayer, Art 21 Stmk L-VG, in Grabenwarter (Hg), Steiermärkische Landesverfassung (2013) Rz 21.
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4 Der Adressat von Entschl ist in Art 66 TLO 1989 nicht genannt; nach hL kommen dafür sowohl die LReg als Kollegium wie auch einzelne Mitglieder der LReg in Betracht.9 5 Das Resolutionsrecht wird durch Mehrheitsbeschluss des LT ausgeübt. Entschl des LT sind jedoch unverbindlich, vielmehr handelt es sich um Wunscherklärungen, denen keine rechtliche Bedeutung zukommt. Eine rechtliche Verpflichtung zur Umsetzung der Entschl besteht nicht, die Nichtbeachtung einer Resolution kann aber den LT dazu veranlassen, der gesamten LReg oder einem einzelnen Mitglied das Misstrauen auszusprechen. Ungeachtet dessen kann die Umsetzung einer Entschl Gegenstand des Fragrechts des LT sein.10 6 Ergänzend wird auf das mit bindender Wirkung ausgestattete Entschließungsrecht des LT bzw des Ausschusses für Föderalismus und europäische Integration nach § 4 EUInt-LVG hingewiesen.11
9 Pabel, Art 52 Rz 58; in Bezug auf die Stmk Krenn-Mayer, Art 21 Rz 23. 10 Pabel, Kontrolle 541; Neisser, Kontrollfunktion 701; Kelsen/Froehlich/Merkl, Die Bundesverfassung vom 1. Oktober 1920 (1922) 138, die von „politischer Bindung“ sprechen; vgl auch VwGH 28.9.1988, 88/02/0139, wonach Entschl des NR keine Rechte oder Pflichten begründende Normen darstellen. 11 Vgl dazu Ranacher, Kommentierung zu § 4 EUInt-LVG.
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Artikel 67* Gebarungskontrolle, Landesrechnungshof (1) Der Landtag bedient sich bei der Kontrolle der Gebarung des Landes Tirol des Landesrechnungshofes und nach Maßgabe der bundesrechtlichen Vorschriften des Rechnungshofes. (2) Der Landesrechnungshof ist als Organ des Landtages zur Überprüfung der Gebarung des Landes Tirol und anderer Rechtsträger sowie zur Besorgung der sonstigen im Abs. 4 genannten Aufgaben berufen. Er ist bei der Besorgung seiner Aufgaben unabhängig und insbesondere nicht an Weisungen der Landesregierung oder des Landeshauptmannes gebunden. (3) Der Landesrechnungshof hat seinen Sitz in der Landeshauptstadt. (4) Dem Landesrechnungshof obliegen: a) die Prüfung der Gebarung des Landes Tirol; b) die Prüfung der Gebarung der Stiftungen, Fonds und Anstalten, die von Organen des Landes Tirol allein oder gemeinsam mit Organen anderer Gebietskörperschaften oder von Gemeindeverbänden oder von Personen (Personengemeinschaften) verwaltet werden, die hierzu von Organen des Landes Tirol allein oder gemeinsam mit Organen anderer Gebietskörperschaften oder von Gemeindeverbänden bestellt werden; c) die Prüfung der Gebarung der Gemeinden mit weniger als 10.000 Einwohnern; d) die Prüfung der Gebarung der Stiftungen, Fonds und Anstalten, die von Organen einer Gemeinde mit weniger als 10.000 Einwohnern allein oder gemeinsam mit Organen anderer Gebietskörperschaften oder von Personen (Personengemeinschaften) verwaltet werden, die hierzu von Organen einer Gemeinde mit weniger als 10.000 Einwohnern allein oder ge*
Herzlicher Dank gebührt Herrn Univ.-Ass. MMag. Florian Schwetz, LL.M. für die Unterstützung bei der redaktionellen Bearbeitung der Kommentierungen der Art 67 bis 70a TLO 1989.
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meinsam mit Organen anderer Gebietskörperschaften bestellt werden; e) die Prüfung der Gebarung von Unternehmen, an denen das Land Tirol oder eine Gemeinde mit weniger als 10.000 Einwohnern allein oder gemeinsam mit anderen Rechtsträgern, die der Prüfungszuständigkeit des Landesrechnungshofes unterliegen, mit mindestens 50 v.H. des Stamm-, Grundoder Eigenkapitals beteiligt ist oder die das Land Tirol oder eine Gemeinde mit weniger als 10.000 Einwohnern allein oder gemeinsam mit anderen solchen Rechtsträgern betreibt; die Prüfungszuständigkeit erstreckt sich auch auf die Unternehmen jeder weiteren Stufe, bei denen diese Voraussetzungen vorliegen; f) die Prüfung der Gebarung sonstiger Unternehmen, soweit sie Landesvermögen treuhändig verwalten oder soweit das Land Tirol für sie eine Ausfallshaftung übernommen hat; g) die Prüfung der Gebarung von Unternehmen, die sich der Gebarungsprüfung durch das Land Tirol oder den Landesrechnungshof unterworfen haben, sofern die Gebarungsprüfung im öffentlichen Interesse gelegen und verhältnismäßig ist; h) die Prüfung der widmungsgemäßen Verwendung der vom Land Tirol gewährten finanziellen Förderungen, sofern die Prüfung im öffentlichen Interesse gelegen und verhältnismäßig ist; i) die Beurteilung der finanziellen Auswirkungen von selbstständigen Anträgen von Abgeordneten, von Anträgen von Ausschüssen oder von Regierungsvorlagen; j) die Durchführung von Beweisaufnahmen und Erhebungen im Auftrag eines vom Landtag eingesetzten Untersuchungsausschusses; k) die Mitwirkung an der unionsrechtlichen Finanzkontrolle. (5) Andere als die im Abs. 4 genannten Aufgaben dürfen dem Landesrechnungshof nur durch Landesverfassungsgesetz übertragen werden. (6) Entstehen zwischen dem Landesrechnungshof und einem Rechtsträger Meinungsverschiedenheiten über die Auslegung der Bestimmungen über die Prüfungszuständigkeit des Landesrechnungshofes, so entscheidet hierüber auf Antrag der Landesregierung oder des Landesrechnungshofes der Verfassungsgerichtshof. 894
Gebarungskontrolle, Landesrechnungshof
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LGBl samt Erläuterungen: LGBl 1988/61 (X. GP AA 141/88 AB 141/88); LGBl 2003/17 (XIII. GP IA 429/2 AB 429/2); LGBl 2011/59 (XV. GP RV 235/11 AB 235/11); LGBl 2012/147 (XV. GP RV 562/12 AB 562/12) Literatur:** Brückner, Finanzkontrolle durch die Landesrechnungshöfe – ex post und zeitnah, in Kommunalwissenschaftliche Gesellschaft (Hg), Controlling & Kontrolle (2011) 53 ff; Brückner, Die Prüfungskompetenzen der Landesrechnungshöfe unter besonderer Berücksichtigung der Gemeindeprüfung, in Seyfried (Hg), Gebarungskontrolle in Österreich (2012) 93 ff; Bußjäger, Was ist ein Landesrechnungshof? … und andere Fragen zur B-VG-Novelle BGBl I 2010/98, ZfV 2011, 737 ff; Bußjäger, Die Kontrollarchitektur der EU und die Rolle der Landesrechnungshöfe, ÖHW 2015, 16 ff; Eberhard, Aufgaben und Schranken der Gebarungskontrolle, in Österreichischer Städtebund (Hg), Prüfungskompetenzen – Symposium 2018 (2019) 1 ff; Heftberger, Förderungsprüfungen des oberösterreichischen Landesrechnungshofs: Prüfungsphilosophie und -grundsätze, in Kandlhofer/Seyfried (Hg), Interne Revision und Förderungswesen (2010) 63 ff; Hengstschläger, Landesrechnungshöfe, in Aichinger (Hg), Wieviel Macht braucht die Kontrolle? (1999) 12 ff; Hengstschläger, Die Landesrechnungshöfe der Bundesländer – Gegenwartsprobleme und Entwicklungstendenzen, in Landesrechnungshof Steiermark (Hg), 20 Jahre Landesrechnungshof Steiermark (2002) 12 ff; Hengstschläger, 16. Teil. Gebarungskontrolle, in Pabel (Hg), Das österreichische Gemeinderecht (2015) Rz 248 ff, 262; Isensee, Finanzkontrolle im Bundesstaat, ZÖR 63 (2008), 29 ff; Klaushofer, Zum Stand der Reformdiskussion zu den Kontrollrechten der „Hilfsorgane des Parlaments“: Rechnungshof, Landesrechnungshöfe, Volksanwaltschaft, Landesvolksanwälte, in Bußjäger (Hg), Die Zukunft der parlamentarischen Kontrolle (2008) 67 ff; Kuprian, Die Kontrolle der Gemeindegebarung, SPRW 2013 POP A, 37 ff; Mayer, Der Rechnungshof im Verfassungsgefüge, in Kommunalwissenschaftliche Gesellschaft (Hg), Controlling & Kontrolle (2011) 17 ff; Moritz, Ausgewählte Bestimmungen der Landesverfassungen im Lichte der Verfassungsautonomie der Länder, in Rauchenberger (Hg), Politik & Recht – Politisches Handbuch ** Wesentliche Literaturhinweise finden sich auch in den Kommentierungen der jeweils – im Abschnitt „Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben“ bezogenen – „analogen“ Bestimmungen im siebenten Hauptstück des B-VG („Rechnungs- und Gebarungskontrolle“). Weite Strecken dieser Kommentierungen und der Aussagen in der dort zit Lit zum RH des Bundes können auf die Landesebene übertragen werden. Ergiebig sind va die Kommentierungen in Kneihs/Lienbacher (Hg), Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht; Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht; Hengstschläger, Rechnungshofkontrolle. Kommentar zum fünften Hauptstück des B-VG „Rechnungs- und Gebarungskontrolle“ (2000) sowie Mayer/Muzak, B-VG5 (2015) 421 ff. Ebenfalls auf die Tir Rechtslage häufig übertragbar sind die Kommentierungen von Bauer und Lais zu den Art 45a ff L-VG, in Grabenwarter (Hg), Steiermärkische Landesverfassung (2013).
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(2000) 21 (50); Öhlinger, Einrichtungen der finanziellen Kontrolle der Länder im Lichte der Landesverfassungsautonomie, ÖHW 1984, 104 ff; Österreichischer Städtebund (Hg), Prüfungskompetenzen – Symposium 2018 (2019); Pabel, Kontrolle der Vollziehung, in Pürgy (Hg), Das Recht der Länder I (2012) 529 (553 ff); Schwamberger/Ranacher, Tiroler Landesordnung 19896: Kommentar (2017) 131 ff; Vogelmann, Einrichtungen der externen Finanzkontrolle in den österreichischen Bundesländern, ÖZW 1994, 39 ff
Inhaltsübersicht I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben..................................... 1 II. Entstehungsgeschichte.................................................................. 7 III. Rechnungshof und Landesrechnungshof als Organe des Landtags.......................................................................................... 11 IV. Unabhängigkeit und Sitz des Landesrechnungshofs............... 12 V. Aufgaben des Landesrechnungshofs........................................... 14 A. Gebarungsprüfung................................................................... 15 1. Gebarungsbegriff, ex post-Prüfung................................... 15 2. Prüfung der Gebarung des Landes Tirol.......................... 17 3. Prüfung der Gebarung von Kleingemeinden................... 19 4. Prüfung der Gebarung von Stiftungen, Fonds und Anstalten................................................................................ 20 5. Prüfung der Gebarung von Unternehmen...................... 24 B. Sonstige Aufgaben 1. Widmungsgemäße Verwendung von Förderungen........ 29 2. Beurteilung finanzieller Auswirkungen von Gesetzes vorhaben................................................................................ 30 3. Tätigkeiten im Dienste eines Untersuchungsausschusses................................................................................... 31 4. Mitwirkung an unionsrechtlichen Finanzkontrollen..... 32 VI. Zuständigkeit des VfGH bei „Meinungsverschiedenheiten“. 33
I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben 1 Die Art 67 ff TLO 1989 regeln die finanzielle Kontrolle der Verwaltung durch den Tir LRH und den RH1 (des Bundes). Wenngleich es sich bei der Kontrolle (durch einen RH) nicht um eine selbständige, 1 Hier wird – auch bei der Kommentierung der folgenden Art – der RH des Bundes dem B-VG und dem Landesverfassungsgesetzgeber folgend als „Rechnungshof (RH)“ und der RH eines Bundeslandes als „Landesrechnungshof (LRH)“ bezeichnet.
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vierte Staatsgewalt handelt,2 stellt diese doch eine ganz wesentliche Säule in einem demokratisch-rechtsstaatlich verfassten Staat dar.3 Im vorliegenden Zusammenhang geht es um die Kontrolle der Verwaltung durch eine ex post-Kontrolle sämtlicher Tätigkeiten mit finanziellen Auswirkungen durch ein Organ, das von verwaltungsführenden Organen unabhängig ist, also um eine Inter-Organ-Kontrolle.4 Kontrolle kann dabei umschrieben werden als „autonomer, nachgängiger, dem Wirtschaftlichkeitsgrundsatz unterliegender Beurteilungsprozess, bei dem durch gedanklichen Nachvollzug einer Tätigkeit festgestellt werden soll, ob und in welchem Ausmaß der Ist-Zustand dem gewünschten Soll-Zustand entspricht“.5 Eine solcherart eingerichtete Kontrolle übernimmt sowohl reparatorische und präventive als auch beratende Funktionen.6 Hinsichtlich der Kontrolle der Gebarung des Landes Tirol durch eine 2 gesetzgebende Körperschaft finden sich auf bundesverfassungsrechtlicher Ebene zunächst einmal die Art 122 Abs 1 und 127 B-VG. Sie regeln – so wie die Bestimmungen der TLO 1989 über den LRH – die Kontrolle der Landesgebarung, allerdings durch den RH. In funktioneller Doppelstellung, die auch in Art 67 Abs 1 TLO 1989 angesprochen ist, tritt dieser bei der Prüfung der Bundesgebarung7 als Organ des NR und „in Angelegenheiten der Länder-, Gemeindeverbände- und Gemeindegebarung sowie der Gebarung der gesetzlichen beruflichen Vertretungen, soweit sie in die Vollziehung der Länder fallen, als Organ
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Kroneder-Partisch, Art 122 B-VG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (2009) Rz 22 in Auseinandersetzung mit Fiedler. Vgl auch Loewenstein, Verfassungslehre2 (1969) 45 ff, 167 ff, 188 ff, der die Kontrolle dort als eigenständige Staatsfunktion versteht. Zusammenfassend Krysl, Die Rechnungshöfe in Bayern, Thüringen, Kärnten und der Steiermark im Rechtsvergleich (2014) 37 ff. Korinek, Art 121 Abs 1 B-VG, in ders/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (2001) Rz 2. Klug, Die öffentliche Finanzkontrolle als Public Management-Aufgabe von staatspolitscher Bedeutung, in ders (Hg), Wesen und staatspolitische Funktion der öffentlichen Kontrolle (1998) 105 f. Hengstschläger, Verfassungsrechtliche Grundlagen der Gebarungskontrolle durch den Rechnungshof, in Klug (Hg), Wesen und staatspolitische Funktion der öffentlichen Kontrolle (1998) 53 (54). Sowie der Gebarung der gesetzlichen beruflichen Vertretungen in Vollziehung des Bundes.
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des betreffenden Landtages“ auf.8 Letzteres kommt ebenso in Art 127 Abs 6 B-VG zum Ausdruck, der die korrespondierende Pflicht zur Berichterstattung an den LT regelt. Wird der RH für einen LT tätig, ist sein Präs nach Art 142 Abs 2 lit d iVm Art 123 Abs 1 B-VG diesem LT diesbezüglich rechtlich verantwortlich.9 Dem RH kommt also in seiner – voneinander freilich streng nach Gebarungsbereichen getrennten10 – funktionellen Doppelrolle eine gebarungskontrollierende „gesamtstaatliche Zuständigkeit“11 iSe gemeinsamen Bund-Länder-Organs12 zu. Eine entsprechende Prüfung durch den RH ist den Ländern deshalb nicht zur Disposition gestellt, weil der Bundesverfassungsgesetzgeber – wie der VfGH in VfSlg 7944/1976 festgehalten hat – einerseits „den Erfordernissen der bundesstaatlichen Struktur Rechnung“ trägt „und andererseits entsprechend dem Gedanken der Vereinheitlichung die Überprüfung der Gebarung der Gebietskörperschaften in ihrer Effizienz dadurch erhöht, daß er sie einem einzigen, bei der Prüfung nach gleichen Gesichtspunkten einheitlich vorgehenden, Organ übertragen hat“. So ist der RH nicht nur in der Lage, länderübergreifende Relationen herzustellen, sondern auch föderale mit zentralen Strukturen iS ihrer Gebarung zu vergleichen.13 3 Ob mit dieser Prüfungskompetenz des RH in Bezug auf die Gebarungsprüfung der Länder, Gemeinden und Gemeindeverbände gleichzeitig auch sein Monopol als von der Verwaltung unabhängiges Hilfsorgan einer gesetzgebenden Körperschaft bundesverfassungsrechtlich festgeschrieben ist, war lange Zeit umstritten.14 Diese Frage erübrigt 8
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Kroneder-Partisch, Art 122; Hengstschläger, Rechnungshofkontrolle 26 ff; Fiedler, Der Rechnungshof und die B-VG-Novelle 1988 – Ein Schritt zu mehr Föderalismus? (1999) 12 ff; Baumgartner, Art 127 B-VG, in Kneihs/Lienbacher (Hg), Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht (2004) Rz 1. Andere Einwirkungsrechte auf den Präs des RH – etwa dessen Wahl – oder auf seine Mitarbeiter kommen dem LT nicht zu. Ausschlaggebend für die Zurechnung sind haushaltsrechtliche Gesichtspunkte. Baumgartner, Art 127 Rz 2. Kroneder-Partisch, Art 122 Rz 1. Kelsen/Froehlich/Merkl, Die Bundesverfassung vom 1. Oktober 1920 (1922) 238. Korinek, Die Stellung der Rechnungshofkontrolle im System der Kontrolle und Aufsicht über wirtschaftliche Unternehmungen, in ders (Hg), Die Kontrolle wirtschaftlicher Unternehmungen durch den Rechnungshof (1986) 121 (142 ff). Zur Diskussion darüber, ob die Verfassung im Lichte des Art 119a B-VG eine zusätzliche Prüfung durch LRH zulässt, vgl die bei N. Raschauer/Wes-
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sich hinsichtlich der LRH heute (auch15), weil sich aus Art 127c B-VG klar ergibt, dass den Ländern die Befugnis zukommt, auch selbständige, unabhängige und als Hilfsorgane der LT ausgestaltete Kontrolleinrichtungen, also nicht mehr nur kontrollierende Verwaltungsorgane,16 sondern – nach dem Muster des RH diesem „gleichartige“17 – LRH zu schaffen.18 Ihre Errichtung wird von der hL als in der relativen Verfassungsautonomie der Länder gelegen angesehen,19 an die Art 127c B-VG (bloß) anknüpft. Erst die Herausarbeitung dieser Verfassungsautonomie und deren Aufarbeitung in der Lehre auch iZm der finanziellen Kontrolle führte zur Schaffung entsprechender Kontrolleinrichtungen als Vorläufer der heutigen LRH. Bei der Errichtung solcher LRH muss sich der Landesverfassungsgesetzgeber insofern an die durch das
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sely, Probleme und Zukunft der Gemeindeautonomie, in Kahl (Hg), Offen in eine gemeinsame Zukunft – FS 50 Jahre Gemeindeverfassungsnovelle (2012) 3 (5) in FN 7 zit Lit. Auch Ableitinger et al, Die Finanzkontrolle im Wandel der Zeit (1989) 86 ff mwN; Krysl, Rechnungshöfe 71 f. S auch die Neufassung des Art 21 Abs 3 letzter Satz B-VG durch BGBl I 1999/8. Dazu Hengstschläger, Rechnungshofkontrolle 3 f. Die Finanzkontrolle durch verwaltungsinterne Kontrollorgane war nie strittig. Seit der B-VG-Nov BGBl I 2010/98 ist der Begriff „Landesrechnungshof“ ausdrücklich im B-VG enthalten (dazu sogleich). Zuvor hat Art 127c B-VG von „gleichartigen Einrichtungen“ gesprochen. Der Verfassungsausschuss hielt seinerzeit fest, dass gleichartige Einrichtungen solche seien, „denen als Hilfsorgan des Landtages die Gebarungskontrolle obliegt (Landesrechnungshöfe, Kontrollamt)“. Näher zu dieser in AB 1947 BlgNR XX. GP, 1 enthaltenen Formulierung Hengstschläger, Rechnungshofkontrolle 199 ff. Zum Gleichartigkeitskriterium als allgemeinere, nicht nur in Bezug auf die Ermächtigung des Art 127c Z 1 B-VG bezogene Beschränkung Hengstschläger, Gebarungskontrolle Rz 248. S auch Eberhard, Aufgaben 7. Eine rechtliche Pflicht hiezu besteht allerdings nicht. Fiedler, Der Rechnungshof und die Finanzkontrolle in den Ländern, JBl 1989, 31 (32; von Anderluh formulierte Zusammenfassung eines vor der Ktn Juristischen Gesellschaft gehaltenen Vortrags); Vogelmann, ÖZW 1994, 40; Hengstschläger, Landesrechnungshöfe 12 ff; Hengstschläger, Rechnungshofkontrolle 3 ff mwN und mit Hinweisen auch auf die abweichende Meinung. S auch Baumgartner, Art 127 Rz 14; ders, Art 127c B‑VG, in Kneihs/ Lienbacher (Hg), Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht (2004) Rz 1 mit Hinweisen auf weitere „positivrechtliche Hinweise“ auf die Richtigkeit dieser Auffassung und mit weiteren Literaturhinweisen. N. Raschauer/Wessely in FS 50 Jahre Gemeindeverfassungsnovelle 17; Goldeband, 100 Jahre Finanzkontrolle in Niederösterreich (2011) 19; Pabel, Kontrolle 529. Auch Öhlinger, ÖHW 1984, 104.
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B-VG iSv Art 99 B-VG allgemein vorgegebenen Grenzen halten, als Bestimmungen nicht durch die spezifische Aspekte regelnden Art 21 Abs 3 und 127c B-VG gedeckt sind.20 4 Die bundesverfassungsrechtlich grundgelegten Systemelemente der Gebarungsprüfung durch den RH können mit den folgenden Schlagworten bezeichnet werden: Hilfsorgan der gesetzgebenden Körperschaft, umfassende Gebarungskontrolle, Unabhängigkeit, monokratische Organisation, unmittelbare Sanktionslosigkeit, ex post-Kontrolle, Rechtmäßigkeits- und Effizienzprüfung, Gesetzesgebundenheit und Objektivität der Prüfung.21 5 Was nun die – nicht iS vollkommener Gleichheit zu verstehende – „Gleichartigkeit“ des Tir LRH und des RH betrifft, kann zunächst darauf hingewiesen werden, dass Hengstschläger22 sämtlichen LRH vor bereits doch geraumer Zeit „Gleichartigkeit“ zugesprochen hat. Als Indiz für diese Sicht der Dinge kann auch dienen, dass der Bundesverfassungsgesetzgeber im Zuge der B-VG Nov BGBl I 2010/98 in Art 127c B-VG die Wendung „dem Rechnungshof gleichartigen Einrichtung“ durch den Begriff „Landesrechnungshof“ ersetzt und in den Mat gleichzeitig festgehalten hat, dass diese Änderung der geltenden Rechtslage entspricht.23 Kritischer sieht das allerdings Moritz,24 der die funktionelle Gleichartigkeit ebenfalls bei allen LRH bejaht, jedoch hinsichtlich der organisatorischen Gleichartigkeit insb bezüglich der Stellung der Leitung und der Bediensteten sowie der Zuteilung der Personal- und Sachmittel verschiedentlich Zweifel anmeldet.25 Ihm folgt in Bezug auf den Tir LRH Kuprian,26 die insb auf zu wenig weit reichende Unvereinbarkeitsbestimmungen, die fehlende staatsrechtliche Verantwortlichkeit des Lan20 ZB Hengstschläger, Landesrechnungshöfe der Bundesländer 19. 21 Vgl dazu Korinek, Art 121 Abs 1 Rz 19 ff; Korinek, Stellung 130 f; KronederPartisch, Art 126b B-VG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (2001) Rz 3; Baumgartner, Art 127c Rz 2 ff. 22 Hengstschläger, Landesrechnungshöfe der Bundesländer 14 f. 23 AB 989 BlgNR XXIV. GP, 2. 24 Moritz, Art 127c B-VG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (2003) Rz 24, 40, 51. 25 Den strengen Maßstab von Moritz deshalb kritisierend, weil Art 127c B-VG nicht Gleichheit, sondern bloß Gleichartigkeit der auf Landesebene kontrollierenden Stellen fordert, Bußjäger, ZfV 2011, 740 f. 26 Kuprian, SPRW 2013 POP A, 78 ff.
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desrechnungshofdirektors, dessen mangelnde Diensthoheit über das Personal des LRH sowie das „Dazwischentreten“ der LReg bei der Festlegung des Budgets und des Stellenplans des LRH27 abstellt. Dass mangels eines Prüfungsmonopols des RH allenfalls auftretende Doppelgleisigkeiten rechtspolitisch kritisch gesehen werden kön nen,28 versteht sich von selbst. Gemildert wird die Gefahr von Doppelprüfungen (nur) durch eine informelle Abstimmung zwischen RH und LRH sowie einfachgesetzliche Koordinationsverpflichtungen, wie etwa in § 2 Abs 4 LRechnungshofG.29 Gewissermaßen aus entgegengesetztem Blickwinkel kann die bestehende föderale Struktur der Rechnungshofprüfungen30 aber etwa mit dem in Österreich „verwobenen und undurchsichtigen Finanzsystem“ befürwortet werden.31
27 Vgl dazu aber die Verschärfung in Art 70 Abs 4 TLO 1989 durch die TLONov LGBl 2014/65 sowie Rz 12. 28 Korinek, Art 121 Abs 1 Rz 14. S auch Hengstschläger, Prüfungskompetenzen des Rechnungshofes, in Rechnungshof (Hg), Positionen: Öffentliche Finanzkontrolle in Österreich, Reihe Bund 2007/2 (2007) 52 (56 f). Vgl auch Isensee, ZÖR 63 (2008), 41 f. 29 Vgl auch die Abgrenzung der Prüfungskompetenzen von RH und LRH in Bezug auf Großgemeinden einer- und Kleingemeinden. Dazu unten. 30 Über die Frage der Festlegung eines bundesverfassungsrechtlichen Mindestniveaus der Organisation und Kontrollinstrumente von LRH konnte sich der Österreich-Konvent nicht einigen. S 9/AUB‑K Bericht Ausschuss VIII: Demokratische Kontrollen vom 13.05.2004, 43. Vgl auch Brückner, Prüfungskompetenzen 94 mit Verweis auf die Deklarationen von Lima und Mexiko. Wenngleich die Deklaration von Lima, auch als „Magna Charta der öffentlichen Finanzkontrolle“ bezeichnet, nur völkerrechtliches soft law darstellt, hat sie die Entwicklung der öffentlichen Finanzkontrolleinrichtungen im jeweiligen innerstaatlichen Bereich entscheidend beeinflusst. Von Bedeutung sind in den wiederkehrenden Diskussionen insb die umfassende Auflistung der Zielvorstellungen und Problemstellungen öffentlicher Finanzkontrollen (Unabhängigkeit; Verhältnis zu Parlament, Regierung und Verwaltung; Befugnisse; Methoden; Personal; Berichterstattung; Prüfungskompetenzen). Hauptanliegen der Deklaration ist die Unabhängigkeit der kontrollierenden Stellen. Allerdings fordert sie darüber hinausgehend auch die Notwendigkeit ihrer rechtlichen Absicherung, die wiederum einen funktionierenden Rechtsschutz bedingt, der seinerseits rechtsstaatliche Werte voraussetzt. Vgl auch http://www.intosai.org/fileadmin/downloads/downloads/0_news/2017/061217_fortyyears_lima_DE_commemorative.pdf (04.09.2019). 31 Klaushofer, Stand 69. Weiterführend auch Hengstschläger, Prüfungskompetenzen 56 ff.
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6 Art 127c B-VG stellt drei explizite bundesverfassungsrechtliche Ermächtigungen für den Landesverfassungsgesetzgeber bereit, für den LRH bestimmte Zuständigkeiten vorzusehen. Danach können die Bundesländer den VfGH zur Entscheidung über Meinungsverschiedenheiten bezüglich der Prüfungskompetenz des LRH berufen,32 dem Art 127a Abs 1 bis 6 B-VG entsprechende33 Bestimmungen betr Kleingemeinden (mit weniger als 10.000 Einwohnern) sowie dem Art 127a Abs 7 und 8 leg cit entsprechende Bestimmungen betr Großgemeinden (mit mindestens 10.000 Einwohnern) erlassen. Es sei bereits an dieser Stelle festgehalten, dass der Tir Verfassungsgesetzgeber von der letzten Ermächtigung keinen Gebrauch gemacht hat.
II. Entstehungsgeschichte 7 Vorläufer des LRH war hinsichtlich der Landesgebarungskontrolle in Tirol das Landes‑Kontrollamt, das Eingang in die StF der TLO 1989 (Art 67 ff) gefunden hat. Angesichts seiner Bedeutung erschien es dem Landesverfassungsgesetzgeber damals angemessen, „das Landes-Kon trollamt in seinen Grundzügen in der Landesordnung selbst zu regeln.“ Die diesbezüglichen Art der TLO 1989 entsprachen „weitestgehend“ den – im Rang von Landesverfassungsbestimmungen gestandenen – „Vorschriften des ersten Abschnittes (§§ 1 bis 8) des Gesetzes über das Landes-Kontrollamt, LGBl Nr. 4/1983“.34 Das Kontrollamt war ein dem LT unmittelbar unterstelltes Hilfsorgan. Es war nur diesem verantwortlich und von der LReg unabhängig. Der Kontrollamtsdirektor wurde vom LT bestellt, abberufen und unterstand unbeschadet der Diensthoheit der LReg dem LTPräs. Dieser war Vorgesetzter der beim Kontrollamt verwendeten Bediensteten und diesen gegenüber weisungsbefugt.35 32 S Art 67 Abs 6 TLO 1989. 33 Gemeint sind Regelungen des Landesverfassungsgesetzgebers, die dem Programm der zit bundesverfassungsgesetzlichen Regelung entsprechen. Hengstschläger, Gebarungskontrolle Rz 251. Vgl zu Art 127c B-VG auch den Hinweis bei Mayer/Muzak, B-VG 441, wonach Art 127c B-VG lediglich „entsprechende“ und nicht „sinngemäße“ Bestimmungen fordert, was den Spielraum der Landesverfassungsgesetzgeber erhöhte. So auch Mayer, Rechnungshof 23. 34 EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 1 ff. Zur Entwicklung vom Landes-Kontrollamt zum LRH Pfurtscheller, Die Entwicklung der öffentlichen Finanzkontrolle in Tirol (Diplomarbeit Univ Innsbruck 2003). 35 Schwarzer, Die Kontrolle wirtschaftlicher Unternehmungen durch Einrichtungen der Länder, in Korinek (Hg), Die Kontrolle wirtschaftlicher Unter-
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Prüfungsobjekte waren – grob gesagt – die Gebarung des Landes, jene von Stiftungen, Fonds und Anstalten, die (auch) von Organen des Landes verwaltet wurden, von öffentlichen Unternehmen, von treuhändigen Verwaltern von Landesvermögen, von bestimmten Körperschaften36 sowie von Subventionsempfängern. Die Gebarung von Gemeinden und von Gemeindeverbänden unterlag nicht der Prüfung durch das Landes-Kontrollamt. Prüfungsmaßstab waren die ziffernmäßige Richtigkeit, die Sparsamkeit, die Wirtschaftlichkeit und die Zweckmäßigkeit. Dem LT war Bericht zu erstatten. Da sich die Länder bei der Errichtung ihrer LRH37 – wie erwähnt auf 8 dem Boden ihrer relativen Verfassungsautonomie und in den bundesverfassungsrechtlich normierten Grenzen – am RH orientiert haben, seien folgende, wenngleich den RH betr so doch für die Entstehungsgeschichte auch des Tir LRH wichtige Anm gemacht. Augenmerk auf die „Prüfung der Gebarung mit dem Staatsvermögen“ legte als erste dergestalt zur Gebarungsprüfung berufene Einrichtung der Oberste Rechnungshof ab dem Jahr 1866.38 Dessen grds Prüfungskonzept wurde zwar in die Republik übernommen, dem nunmehrigen RH wurde fortan jedoch die Stellung eines Hilfsorgans der Parlamente zugewiesen.39 Diese Zuordnung kann mit Recht als „entscheidender Wandel“40 beschrieben werden, der bis heute besteht. Dies deshalb, weil es dadurch – endlich – doch gelungen war, auch die höchste Rechnungshofkontrolle aus der Exekutive herauszuschälen.41 In Bezug auf die Bundesländer konnte der RH allerdings nur dann tätig werden, wenn ein Land dies verfassungsrechtlich vorgesehen, sich diesbezüglich dieser Kontrolle also unterworfen hatte (Art 127 B-VG 1920).42 nehmungen durch den Rechnungshof (1986) 149 (159); Vogelmann, ÖZW 1994, 48, 50 FN 197. 36 Nach Art 67 Abs 4 TLO 1989 zählen Körperschaften öffentlichen Rechts (zB Tourismusverbände) nicht mehr zu den Prüfungsobjekten. 37 Eine Ausnahme bildete das gleichzeitig als Gemeinde und Land ausgestaltete Wien. 38 Vgl Ableitinger et al, Finanzkontrolle 15 ff. 39 Zitiert und wiedergegeben nach Korinek, Art 121 Abs 1 Rz 6 f mwN. S auch VfSlg 15.130/1998. Weiters für viele Hengstschläger, Der Rechnungshof (1982) 60; ders, Prüfungskompetenzen 62. 40 So – dort auch weiterführend – Korinek, Art 121 Abs 1 Rz 15 f. 41 Kroneder-Partisch, Art 122 Rz 4. 42 BGBl 1920/1 = StGBl 1920/450.
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Von dieser Ermächtigung machte freilich kein Bundesland Gebrauch. Die obligatorische Kontrolle der Gebarung der Länder43 durch den RH, der dann funktionell als Organ der LT tätig wird, setzte erst die B-VGNov 1925 ins Werk.44 9 Anknüpfend an die hier nur kursorisch, für die weiteren Zwecke aber ausreichend dargestellten Entwicklungen sowie an die bundesverfassungsrechtlichen Vorgaben errichtete der Tir (Verfassungs-)Gesetzgeber schließlich als – abgesehen von Wien45 – letzter46 einen LRH, indem er das Landes-Kontrollamt mit 01.03.2003 in den Tir LRH umwandelte.47 Die entsprechenden Bestimmungen finden sich heute im 3. Abschnitt („Kontrolle der Landesverwaltung durch den Landtag“) des III. Teils („Verwaltung des Landes Tirol“) der TLO 1989. Die Prüfungszuständigkeit wurde im Verhältnis zu jener des Landes-Kontrollamts erweitert, Berichtwesen und Veröffentlichungen wurden neu gefasst und der Tir LT so insgesamt gestärkt.48 In einer Zusammenschau können als Gründe für die Errichtung der LRH in Österreich die Aufwertung der jeweiligen Kontrollämter, der stetige Anstieg der von den Ländern mit Auswirkungen auf die Landesgebarung übernommenen Aufgaben,49 die möglichst weitgehende Objektivierung der Kontrolle50 und die Konzentration der fachlichen Kompetenz zur Gebarungsprüfung51 genannt werden.52 In der Nov zur TLO 1989, mit der der LRH errichtet wurde, wurde auch das LRechnungshofG erlassen.53 43 Zur Überprüfung der Gebarung der Stadt Wien Baumgartner, Art 127 Rz 8 mwN. 44 Zur weiteren Entwicklung konzise Korinek, Art 121 Abs 1 Rz 7 mwN. 45 Vgl dazu Pollak, Braucht Wien einen Landesrechnungshof?, in Seyfried (Hg), Gebarungskontrolle in Österreich (2012) 101 ff. Seit dem Jahr 2014 besteht in Wien als Nachfolger des vormaligen Wr Kontrollamts der Wr StadtRH (LGBl 2013/50). Dieser fungiert auch als LRH (§ 114 Abs 2 WStV). 46 S den Überblick bei Brückner, Prüfungskompetenzen 93. 47 S Art II TLO-Nov LGBl 2003/17. 48 Vgl IA zur Nov der TLO 1989 LGBl 2003/17, Tir LT XIII. GP, GZ 429/2, 1 f. 49 Vgl für das Bgld etwa den Allgemeinen Teil der Mat des IA zur Nov des Bgld L-VG LGBl 2002/22, Bgld LT XVIII. GP, GZ 18-149, 15 f. 50 Vgl den IA zur Nov der NÖ LV 1979 LGBl 0001-6, NÖ LT XIV. GP, GZ Ltg-654/A-1/48-1997, 1 ff. Goldeband, Finanzkontrolle 19. 51 Vgl AB zur Nov des OÖ L-VG LGBl 1999/37, OÖ LT XXV. GP, GZ 489/1999, 1 ff. 52 S auch Ableitinger et al, Finanzkontrolle 88. 53 LGBl 2003/18.
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Schlagwortartig kann die bisherige Entstehungsgeschichte des Tir 10 LRH folgendermaßen zusammengefasst werden: Nach Aufnahme der Bestimmungen über das Landes-Kontrollamt in die StF der TLO 1989 wurde mit der ersten einschlägigen TLO-Nov54 Art 70a in der heute noch geltenden Fassung eingefügt. Im Jahr 2003 wurde dann der LRH errichtet.55 Im Zuge dessen wurden auch neue Rechte eingeführt, wie zB die Prüfungseinleitung durch ein Viertel der Abg, sofern diese der Opposition angehören. Statt „von der Landesregierung unabhängig“ war der LRH nun „bei der Besorgung seiner Aufgaben unabhängig und insbesondere nicht an Weisungen der Landesregierung oder des Landeshauptmannes gebunden“ (Art 67 Abs 2). Prüfkompetenzen wurden ausgebaut sowie in Abs 5 leg cit normiert, dass für weitere Kompetenzen eine landesverfassungsgesetzliche Grundlage nötig ist. Der VfGH wurde zur Entscheidung über Meinungsverschiedenheiten betr die Prüfungskompetenz und Auslegungsdifferenzen für zuständig erklärt. Änderungen betrafen auch die Berichte sowie die Organisationsbestimmungen, besonders hinsichtlich des Direktors. Im Jahr 201256 erfolgte im Wesentlichen die Anpassung der TLO 1989 an die bundesverfassungsrechtlich neu geschaffene Befugnis zur Prüfung von Kleingemeinden mit weniger als 10.000 Einwohnern sowie die Verlängerung der Amtszeit des Direktors des LRH von sechs auf zwölf Jahre unter gleichzeitigem Entfall der Möglichkeit einer Wiederwahl. Art 70 Abs 4 TLO 1989 wurde mit der TLO-Nov 201457 um folgende Passage erweitert: „Die Landesregierung hat die für die Besorgung der Aufgaben des Landesrechnungshofes erforderlichen Sach- und Geldmittel sowie die aus dem Stellenplan sich ergebende Anzahl von Landesbediensteten für den Landesrechnungshof nach Anhören des Landtagspräsidenten zur Verfügung zu stellen.“
III. Rechnungshof und Landesrechnungshof als Organe des Landtags Der Tir LT kann sich bei der Kontrolle der Gebarung des Landes Tirol 11 sowohl des LRH als auch – nach Maßgabe der bundesrechtlichen Vor54 55 56 57
LGBl 1989/50. LGBl 2003/17. LGBl 2012/147. LGBl 2014/65.
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schriften – des RH bedienen (Art 67 Abs 1 TLO 1989).58 Der RH und der LRH fungieren diesbezüglich als Organe des Tir LT. In organisatorischer Hinsicht ist natürlich nur der Tir LRH – diesem direkt unterstelltes – Hilfsorgan des Tir LT. Der LRH unterstützt den LT fachkundig bei dessen Kontrolle der LReg und der Verwaltung.
IV. Unabhängigkeit und Sitz des Landes rechnungshofs 12 Der LRH ist bei der Ausübung seiner Aufgaben unabhängig und insb nicht an Weisungen der LReg oder des LH gebunden. Unabhängigkeit besteht somit sowohl gegenüber den geprüften Stellen als auch gegenüber der Verwaltung.59 Die funktionelle Unabhängigkeit ist damit umfänglich60 vorgesehen. In organisatorischer Hinsicht fallen freilich einige kritisch zu beurteilende Aspekte ins Auge. Mit Blick auf die Rolle der Verwaltung ist diesbezüglich zu erwähnen, dass die budgetäre, sachliche und personelle Ausstattung des LRH insofern an die LReg gekoppelt ist, als diese zwar nach Art 70 Abs 4 TLO 1989 „die für die Besorgung der Aufgaben des Landesrechnungshofes erforderlichen Sach- und Geldmittel sowie die aus dem Stellenplan sich ergebende Anzahl von Landesbediensteten für den Landesrechnungshof nach Anhören des Landtagspräsidenten zur Verfügung zu stellen“ hat.61 Die entsprechenden Erfordernisse hat die LReg jedoch bei der Erstellung des Entwurfs des Landesvoranschlags lediglich „zu berücksichtigen“. Die personelle, sachliche und finanzielle Ausstattung des LRH muss die LReg dann „nach Maßgabe des Landesvoranschlags“ zur Verfügung stellen (§ 8 Abs 2 LRechnungshofG). Diese Regelungen sind der Unabhängigkeit des LRH abträglich, wobei Bußjäger62 in Bezug auf den Vbg LRH darauf hinweist, dass es auch in solchen Fällen der LT ist, der das Budget beschließt, wodurch der LRH nicht mehr oder weniger abhängig sei als der RH. 58 S Rz 1. Die daraus resultierende funktionelle Doppelstellung des RH kommt auch in Art 70a TLO 1989 zum Ausdruck. 59 So ist der Direktor des LRH auch ausschließlich dem LT gegenüber verantwortlich. 60 Vgl auch die Formulierung „insbesondere“. 61 Vgl LGBl 2014/65 samt IA zur Nov des LRechnungshofG LGBl 2014/65, Tir LT XVI. GP, GZ 65/14, 1. 62 Bußjäger, ZfV 2011, 741 f.
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Im Dienste einer effektiven und objektiven Kontrolle muss dem LRH darüber hinaus im Verhältnis zum gesetzgebenden Organ, also dem Tir LT, eine ausreichende Unabhängigkeit eingeräumt sein, weil sich die Regierung in aller Regel in der Parlamentsmehrheit spiegelt. Inkompatibilitätsbestimmungen, die nicht nur in Richtung Verwaltung, sondern auch Gesetzgebung gerichtet sind,63 und Unparteilichkeitsgebote64 unterstreichen diesen Umstand ebenso wie die Amtszeit des Direktors von zwölf Jahren65. Dass (auch) der Legislative keinerlei Weisungsrecht zukommt, ergibt sich klar aus der Verfassung,66 zumal ein grds Weisungszusammenhang nur für die Verwaltung, nicht jedoch für den Bereich der Gesetzgebung vorgesehen ist.67 Gem Art 68 Abs 3 TLO 1989 ist der LRH freilich verpflichtet, unter bestimmten Voraussetzungen auch vom LT68 initiierte Sonderprüfungen vorzunehmen. Da die Möglichkeit, den LRH durch zu viele Sonderprüfungsanträge zu überfordern, ebenfalls eine Gefahr für die Unabhängigkeit eines RH darstellt,69 ist diese zahlenmäßig beschränkt (Art 68 Abs 3 letzter Satz TLO 1989). Abgesehen davon ist der LRH in seinen Prüfungsentscheidungen, aber auch deren inhaltlicher und formeller Gestaltung sowie der Gestaltung der Prüfungsergebnisse und -berichte frei. Der Landesrechnungshofdirektor kann gem Art 70 Abs 3 TLO 1989 ohne nähere Begründung durch einen Beschluss des LT vorzeitig abberufen werden. Im Lichte einer ausreichenden Unabhängigkeit ist dies in Tirol allerdings nur bei Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Abg mit einer Mehrheit von wenigstens zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen zu erreichen. Bedenklicher im Hinblick auf die Unabhängigkeit ist der Umstand, dass nicht dem Direktor des LRH, sondern dem LTPräs die Dienstho63 § 9 Abs 2 lit d LRechnungshofG. 64 § 9 Abs 3 LRechnungshofG. 65 Durch die Verlängerung der Amtszeit von sechs auf zwölf Jahre durch die TLO-Nov LGBl 2012/147 und den gleichzeitigen Entfall einer möglichen Wiederwahl wurde die Unabhängigkeit des Landesrechnungshofdirektors gestärkt. 66 Hengstschläger, Rechnungshofkontrolle 27 f mwN. 67 Kroneder-Partisch, Art 122 Rz 15 mwN. 68 Die entsprechende Kompetenz der LReg ist in Art 68 Abs 3 lit e TLO 1989 an die Zustimmung des Finanzkontrollausschusses gebunden. 69 Fiedler, Die Kontrolle als vierte Gewalt im Rechtsstaat, in Busek (Hg), Politik für das dritte Jahrtausend – FS Mock (1994) 493 (496 f).
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heit über die beim LRH verwendeten Landesbediensteten zukommt (Art 70 Abs 4 TLO 1989). Dies steht in Widerspruch zur entsprechenden Regelung in Art 125 Abs 3 B-VG. 13 Der Sitz des LRH ist Ibk.70
V. Aufgaben des Landesrechnungshofs 14 Nach Art 67 Abs 2 TLO 1989 ist der LRH „zur Überprüfung der Gebarung des Landes Tirol und anderer Rechtsträger sowie zur Besorgung der sonstigen im Abs. 4 genannten Aufgaben berufen“. Da ihm nach Art 67 Abs 5 TLO 1989 andere als die in dessen Abs 4 genannten Aufgaben nur durch LVG übertragen werden dürfen, sind die angesprochenen „anderen Rechtsträger“ sowie die „sonstigen […] Aufgaben“ Abs 4 zu entnehmen.
A. Gebarungsprüfung 1. Gebarungsbegriff, ex post-Prüfung 15 Wenngleich der Tir Verfassungsgesetzgeber die Einführung des LRH nicht mit Mat begleitet hat, ist evident, dass er sich dabei stark an den „analogen“ Bestimmungen des B-VG orientiert hat. Es kann daher auch deswegen ohne Zweifel davon ausgegangen werden, dass sich der durch die Lehre und Rsp zum RH entwickelte71 Gebarungsbegriff mit jenem in Art 67 TLO 1989 deckt, (auch) weil die „in den selbständigen Wirkungsbereich der Länder fallende Gebarung“ ebenso Regelungsgegenstand des Art 127 Abs 1 B-VG ist. Beim Gebarungsbegriff handelt es sich um einen weiten Begriff, der jedes Verhalten erfasst, das finanzielle Auswirkungen zeitigt. Umfasst sind Ausgaben, Einnahmen und Vermögensbestände. Dem LRH sind also unter diesem Aspekt nur äußerst weite Grenzen gesetzt, weil sich beinahe jedes Verhalten finanziell auswirkt.72 Diesbezüglich kann auch auf die Umschreibung in § 1 Abs 1 RHG hingewiesen werden. Demnach unterliegt der Prüfung durch den RH die Gebarung der gesamten Staatswirtschaft, die die gesamte Ausgaben- und Einnahmenge70 Art 67 Abs 3 iVm Art 5 TLO 1989. 71 S bei Kroneder-Partisch, Art 126b FN 13. 72 Vgl nur Pabel, Die Rechnungshofkontrolle der Gemeinden, RFG 2011, 76 (77); Hengstschläger, Gebarungskontrolle Rz 191 mwN.
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barung des Bundes, die gesamte Schuldengebarung des Bundes sowie die Gebarung mit dem beweglichen und unbeweglichen Bundesvermögen umfasst. Entscheidend ist, dass mit Mitteln bzw Vermögen des Bundes gewirtschaftet wird. Diese Begriffsbestimmung lässt sich auf die Landesregelungen umlegen. Die Kontrolle der Gebarung durch den LRH erfolgt ex post. Dieser 16 besitzt keine Möglichkeit, in Abläufe der Gebarung vorab einzugreifen. Eine ex ante-Prüfung oder auch eine begleitende Prüfung der Verwaltung durch einen RH ist deshalb verfassungsrechtlich unzulässig, weil dieser damit zunächst in gebarungsrelevante Entscheidungsprozesse involviert werden würde, was in der Folge eine Präjudizierung der ihm zugedachten ex post-Kontrolle bedeuten würde.73 Eine – in Tirol jedoch nicht vorgesehene – Prüfung von Teilprojekten bei größeren Vorhaben kann einer begleitenden Prüfung freilich nahekommen.74 Es liegt dann am LRH, seine Rolle entsprechend anzulegen.75
2. Prüfung der Gebarung des Landes Tirol Dem eben Dargestellten zufolge fallen unter die Gebarung des Landes 17 Tirol im hier vorliegenden Sinn die gesamte Einnahmen- und Ausgabengebarung des Landes, seine Schuldengebarung sowie dessen Gebarung mit dem beweglichen und unbeweglichen Landesvermögen.76 Ausschlaggebend für die Zuordnung eines Gebarungsfalls zur Gebiets73 Für viele mwN Mayer, Rechnungshof 23; Krysl, Rechnungshöfe 221 f. Vgl auch in Bezug auf die LReg als oberstes Organ Moritz, Bestimmungen 56 sowie Koja, Landesrechnungshofkontrolle und Bundesverfassung (1982) 30. 74 So ist in der Stmk etwa vorgesehen, dass der LRH Projekte auch begleitend hinsichtlich der Bedarfsermittlung, der Soll-Kosten- und der FolgekostenBerechnung überprüfen kann. Dazu Bauer, Art 53 Stmk L-VG, in Grabenwarter (Hg), Steiermärkische Landesverfassung (2013) Rz 3 ff. In Ktn obliegt dem LRH „vor der Durchführung von beabsichtigten Großvorhaben die Überprüfung der Soll-Kosten-Berechnungen und der Folge-KostenBerechnungen“ (§ 10 Ktn Landesrechnungshofgesetz 1996, LGBl 1996/91 idF LGBl 2018/25). Vgl Kasper, Projektkontrolle, in Österreichischer Städtebund (Hg), Prüfungskompetenzen – Symposium 2018 (2019) 33 ff. 75 Vgl dazu auch den Grundsatzbeschluss der LRH aus dem Jahr 2011, wonach sie als unabhängige externe Kontrollorgane ex post, aber möglichst zeitnah, die Richtigkeit, Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit der Verwendung der Finanzmittel der Bundesländer überprüfen. Dazu Brückner, Finanzkontrolle 56 f, 60. 76 Für viele Hengstschläger, Rechnungshof 179.
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körperschaft Land ist die Beantwortung der Frage, ob Ausgaben zu Lasten des Landeshaushalts oder Einnahmen zu dessen Gunsten vorliegen, ob über Landesvermögen verfügt wurde oder ob Schulden dem Land zuzurechnen sind. Diesbezüglich sind haushaltsrechtliche Gesichtspunkte77 entscheidend.78 Nicht zu den Prüfungsobjekten des LRH zählen nach Art 67 Abs 4 TLO 1989 Körperschaften öffentlichen Rechts (zB Tourismusverbände) und Gemeindeverbände von Kleingemeinden79. 18 Die für die Gebarung maßgebenden Beschlüsse des Tir LT darf der LRH nicht prüfen. Dies ergibt sich aus seiner Stellung als Organ des LT und ist für den RH ausdrücklich in Art 127 Abs 1 letzter Satz B-VG festgelegt. Andernfalls käme es zu einer Art Selbstkontrolle, was in Widerspruch zur gebotenen Trennung von Kontrollorgan und Kontrolliertem stünde.80 Die Prüftätigkeit des LRH erstreckt sich somit nicht auf gebarungsrelevante Beschlüsse des LT und seiner Ausschüsse, unabhängig davon, ob es sich dabei um Gesetzes- oder andere Beschlüsse handelt. Insb Budgetbeschlüsse fallen so aus der Prüfungskompetenz (auch) des LRH.81
3. Prüfung der Gebarung von Kleingemeinden 19 Während dem RH die Gebarungsprüfung bei sog Großgemeinden, also bei Gemeinden mit mindestens 10.000 Einwohnern, eingeräumt ist 77 Nicht ausschlaggebend sind organisatorische oder funktionelle Kompetenzen der handelnden Organe. Daher kommt es etwa auch nicht darauf an, ob der LH in mittelbarer Bundesverwaltung oder in Landesverwaltung oder ob er hoheitlich oder mit Mitteln der Privatwirtschaftsverwaltung tätig geworden ist. 78 Diese Passagen sind – zT wörtlich – bgld Mat entnommen, vgl IA zur Nov des Bgld L-VG LGBl 2002/22, Bgld LT XVIII. GP, GZ 18-149, 18 und können ohne weiteres auf die Tir Rechtslage übertragen werden. S auch Kroneder-Partisch, Art 127 B-VG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (2001) Rz 9. 79 Rechtspolitisch kann dies als nicht unwesentliche Kontrolllücke gesehen werden. Zur Prüfungskompetenz betr Kleingemeinden im nächsten Punkt. 80 Vgl auch Bauer/Lais, Art 50 Stmk L-VG, in Grabenwarter (Hg), Steiermärkische Landesverfassung (2013) Rz 6. S auch zur bgld Regelung die Mat des IA zur Nov des Bgld L-VG LGBl 2002/22, Bgld LT XVIII. GP, GZ 18‑149, 18. 81 Hengstschläger, Rechnungshofkontrolle 106 f. Vgl VfSlg 7944/1976.
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(Art 127a Abs 1 B-VG),82 ist der Tir LRH kompetent, die Gebarung von sog Kleingemeinden, also von Gemeinden mit weniger als 10.000 Einwohnern,83 zu prüfen.84 Letzteres ist in Art 67 Abs 4 lit c TLO 1989 festgelegt.85 Die Bestimmung der Einwohnerzahl ist – wie dies in der Praxis auch geschieht – nicht zuletzt iSd Rechtssicherheit nach dem Ergebnis der letzten Volkszählung vorzunehmen.86 Eine ausdrückliche Regelung besteht diesbezüglich jedoch nicht. Hinsichtlich der Prüfung der Gebarung von Gemeinden ist in grds Hinsicht festzuhalten, dass es dem Landesverfassungsgesetzgeber nicht zusteht, den LRH auf dem Boden des Gemeindeaufsichtsrechts zur Gebarungsprüfung zu berufen, weil dies nach Art 119a Abs 2 B‑VG den „Behörden der allgemeinen staatlichen Verwaltung“ vorbehalten ist. Zulässig wäre es aber, wenn die Aufsichtsbehörde des Landes den LRH beauftragt, bloß ein Gutachten über die Gebarung der Gemeinde – nach den in der erwähnten Bestimmung niedergelegten Maßstäben – zu erstellen.87
4. Prüfung der Gebarung von Stiftungen, Fonds und Anstalten Bezüglich der Kompetenz zur Prüfung von Stiftungen, Fonds und An- 20 stalten finden sich in Art 67 Abs 4 TLO 1989 zwei rechtliche Grundlagen. Einerseits geht es in lit b um die Prüfung solcher Einrichtungen, die von Organen des Landes Tirol allein oder gemeinsam mit Organen 82 Ursprünglich wurde die Kontrolle von Gemeinden ua wegen des Spannungsverhältnisses zur Gemeindeautonomie als verfassungsrechtlich problematisch angesehen. Dazu Moritz, Bestimmungen 51 mwN. 83 Ausschlaggebend ist die Einwohnerzahl, nicht jedoch das Gebarungsvolumen, das im (Tourismus-)Land Tirol auch bei kleinen Gemeinden erheblich sein kann. 84 Zur Entwicklung der Gebarungsprüfung von Gemeinden N. Raschauer/ Wessely in FS 50 Jahre Gemeindeverfassungsnovelle 4 ff sowie der Bericht des Verfassungsausschusses zur B-VG-Nov BGBl I 2010/98, mit der die Grenze zwischen Groß- und Kleingemeinden von 20.000 auf 10.000 Einwohner herabgesetzt und zugleich Wert auf die Vermeidung von Doppelprüfungen im Bereich der Gemeinden gelegt wurde (AB 989 BlgNR XXIV. GP, 1 f). Dazu auch Pabel, Kontrolle 529. 85 Von der Ermächtigung in Art 127c Z 3 B-VG hat der Tir Landesverfassungsgesetzgeber keinen Gebrauch gemacht. 86 S dazu N. Raschauer/Wessely in FS 50 Jahre Gemeindeverfassungsnovelle 14 mwN; Bußjäger, ZfV 2011, 738; Mayer, Rechnungshof 21. 87 Hengstschläger, Landesrechnungshöfe 36 ff.
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anderer Gebietskörperschaften oder von Gemeindeverbänden oder von Personen (Personengemeinschaften) verwaltet werden, die hiezu von Organen des Landes Tirol allein oder gemeinsam mit Organen anderer Gebietskörperschaften oder von Gemeindeverbänden bestellt werden. Andererseits regelt lit d die Prüfung der Gebarung der Stiftungen, Fonds und Anstalten, die von Organen einer Gemeinde mit weniger als 10.000 Einwohnern allein oder gemeinsam mit Organen anderer Gebietskörperschaften oder von Personen (Personengemeinschaften) verwaltet werden, die hiezu von Organen einer Gemeinde mit weniger als 10.000 Einwohnern allein oder gemeinsam mit Organen anderer Gebietskörperschaften bestellt werden. Diese Ausweitung auf die Prüfung der Gebarungen von Kleingemeinden gründet auf der Ermächtigung in Art 127c Z 2 B-VG.88 Der Unterschied zwischen beiden Zuständigkeiten liegt darin, dass die in lit b normierte Kompetenz auch dann vorliegt, wenn die Verwaltung durch das Land Tirol gemeinsam mit einem Gemeindeverband erfolgt. Demgegenüber löst die Beteiligung eines Gemeindeverbands aber keine Prüfungsbefugnis des LRH nach lit d aus. Der Grund für diese Unterscheidung liegt im beschränkten Verweis des Art 127c B-VG auf Art 127a B-VG, von dem dessen Abs 9 nicht umfasst ist. Daher kann die Prüfung von Stiftungen, Fonds und Anstalten von Kleingemeinden ebenso nicht auf deren Verwaltung durch Gemeindeverbände erstreckt werden.89 21 Erfasst sind also – grob gesagt – Stiftungen, Fonds und Anstalten, die alleine oder gemeinsam, unmittelbar oder mittelbar von Organen des Landes, von Gemeindeverbänden oder von Kleingemeinden verwaltet werden. Dabei kommt den Begriffen Stiftungen, Fonds und Anstalten der ihnen sonst auch zugesonnene Begriffsinhalt zu.90 Stiftungen sind Vermögenswerte, deren Erträgnisse auf Dauer einem gemeinnützigen oder mildtätigen Zweck gewidmet sind, wobei 88 Von der Ermächtigung in Art 127c Z 3 B-VG wurde kein Gebrauch gemacht. Zur früheren Z 4 des Art 127c B‑VG, die nach der Neufassung der Zuständigkeit des RH zur Prüfung von Gemeindeverbänden „keinen Sinn“ mehr ergab und mit BGBl I 2012/51 aufgehoben wurde, Pabel, Kontrolle 529. 89 EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 2012/147, Tir LT XV. GP, GZ 562/12, 19 f. 90 Vgl Kahl/Weber, Allgemeines Verwaltungsrecht7 (2019) 161; B. Raschauer, Allgemeines Verwaltungsrecht5 (2016) 158 f; Adamovich et al, Österreichisches Staatsrecht 42 (2017) 36 f.
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nur die Erträgnisse, nicht aber auch das Stammvermögen, genutzt werden dürfen (zB Landesgedächtnisstiftung). Fonds stellen Vermögenswerte dar, die der Erfüllung gemeinnütziger oder mildtätiger Zwecke dienen, die aber nicht zwingend auf Dauer angelegt sein müssen. Zusätzlich zu den Erträgen kann das Stammvermögen für die Realisierung des Fondszwecks verwendet werden (zB Landeskulturfonds, Tourismusförderungsfonds). Anstalten sind Einrichtungen mit einem dauerhaften Bestand an Personal und Sachmitteln, die einem Verwaltungszweck dienen. Sie erbringen – wie etwa Bildungsanstalten – Sach- oder Dienstleistungen an ihre Benützer (Destinatäre; zB Chemisch-technische Umweltschutzanstalt, CTUA91). Da der Gebarungskontrolle durch den LRH alle diese Einrichtungen unterworfen sind, erübrigt sich diesbezüglich eine genaue Abgrenzung zwischen ihnen. Eine solche Abgrenzung muss allerdings in Richtung nicht der Kontrolle unterworfener (ähnlicher) Einrichtungen getroffen werden. Stiftungen, Fonds und Anstalten können auch Unternehmen iSd Prüfungskompetenzen des LRH darstellen. Sinnvollerweise bezieht sich die Prüfungskompetenz nach Art 67 Abs 22 4 lit b und d TLO 1989 nur auf dort genannte, selbständige Einrichtungen, also auf Stiftungen, Fonds und Anstalten mit eigener Rechtspersönlichkeit, weil deren Gebarung im Falle ihrer Unselbständigkeit ohnehin Bestandteil der Gebarung der jeweiligen Gebietskörperschaft ist.92 Mangels entsprechender gesetzlicher Unterscheidung gehen die überwiegende Lehre und der RH davon aus, dass sowohl öffentliche als auch private Träger von der Prüfungsbefugnis erfasst sind. Hinsichtlich der Verwaltung durch Organe der genannten Gebietskör- 23 perschaften oder von Gemeindeverbänden ist von einem organisatorischen Verständnis auszugehen.93 Ausschlaggebend ist, dass die Verwal91 Die CTUA ist organisatorisch freilich Teil des AdLReg und stellt keine selbständige Anstalt dar, wie sie in der folgenden Rz als Prüfobjekte gemeinsam mit Stiftungen und Fonds genannt werden. Eine selbständige Anstalt des Landes Tirol besteht – soweit ersichtlich – derzeit nicht. 92 Hengstschläger, Rechnungshof 196; B. Raschauer, Verwaltungsrecht 38; Öhlinger/Eberhard, Verfassungsrecht12 (2019) 256 f; vgl Hengstschläger, Rechnungshofkontrolle 103 ff. 93 Stolzlechner, Öffentliche Fonds (1982) 324. Auseinandersetzung mit der abweichenden Meinung Hengstschlägers bei Kroneder-Partisch, Art 126b Rz 14.
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tung oder die Bestellung der Verwalter – auf rechtlicher Basis – durch Organe der betr Gebietskörperschaft erfolgt.
5. Prüfung der Gebarung von Unternehmen 24 Die bereits mehrfach angesprochene Unterscheidung zwischen Großund Kleingemeinden bzw die Erweiterung der Prüfungsbefugnis des Tir LRH auf Kleingemeinden spiegelt sich außerdem in seiner Prüfungskompetenz gegenüber Unternehmen wider. Auch hinsichtlich der Prüfung ihrer94 Gebarung hat der Landesverfassungsgesetzgeber den Bezug zu Gemeinden mit weniger als 10.000 Einwohnern hergestellt. So obliegt dem LRH nach Art 67 Abs 4 lit e TLO 1989 die Prüfung der Gebarung von Unternehmen, an denen das Land Tirol oder eine Gemeinde mit weniger als 10.000 Einwohnern allein oder gemeinsam mit anderen Rechtsträgern, die der Prüfungszuständigkeit des LRH unterliegen, mit mindestens 50 % des Stamm-, Grund- oder Eigenkapitals beteiligt ist oder die das Land Tirol oder eine Gemeinde mit weniger als 10.000 Einwohnern allein oder gemeinsam mit anderen solchen Rechtsträgern betreibt.95 25 Der finanziellen Kontrolle durch den LRH unterworfen ist die Gebarung in einem entsprechenden Naheverhältnis zur öffentlichen Hand stehender Unternehmen. Der für die hier verfolgten Zwecke entsprechende Unternehmensbegriff ergibt sich aus dem B-VG. Nach Ansicht des VfGH96 ist ein Unternehmen eine in einer bestimmten Organisationsform in Erscheinung tretende wirtschaftliche Tätigkeit, die sich auf Vermögenswerte stützt und mit Einnahmen und Ausgaben verbunden ist. Nicht maßgeblich ist ihre Organisationsform, ob für sie besondere 94 Dass sich Art 127c Z 2 B-VG nicht nur auf Gemeinden, sondern auch auf Unternehmen bezieht, ergibt sich aus der Begründung des der entsprechenden Änderung des B-VG zugrundeliegenden IA (IA 1187/A BlgNR XXIV. GP, 5; gleichlautend Bericht des Verfassungsausschusses AB 989 BlgNR XXIV. GP, 2). Schwamberger/Ranacher, Landesordnung 135. Die Gebarung von Unternehmen, an denen Großgemeinden entsprechend beteiligt sind, darf nur vom RH geprüft werden, weil der Tir Landesverfassungsgesetzgeber von der Ermächtigung des Art 127c Z 3 B-VG keinen Gebrauch gemacht hat (EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 2012/147, Tir LT XV. GP, GZ 562/12, 20). 95 Das Landes-Kontrollamt war noch befugt, Unternehmungen mit 25 %iger einschlägiger Beteiligung zu prüfen. 96 ZB VfSlg 3296/1957, 3552/1959, 10.609/1985.
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Berechtigungen notwendig sind, sie auf Gewinn gerichtet ist oder Rechtspersönlichkeit besitzt.97 Hinsichtlich des letzten Elements ist wie bei der Prüfung von Stiftungen, Fonds und Anstalten zu erwähnen, dass die Gebarung öffentlicher Unternehmen ohne Rechtspersönlichkeit in den Gebarungsbereich der jeweiligen Trägergebietskörperschaft fällt, was den diesbezüglichen Prüfungstatbestand erfüllt. Auch Unternehmen, an denen das Land oder eine Kleingemeinde ge- 26 meinsam mit anderen der Landesrechnungshofkontrolle unterworfenen Rechtsträgern beteiligt ist oder diese so betreibt, sind der Prüfung durch den LRH unterworfen. Es sprechen zudem die besseren Gründe dafür, den Begriff der „anderen Rechtsträger“ weiter zu verstehen und darunter nicht nur andere Gebietskörperschaften, Sozialversicherungsträger oder berufliche Vertretungen, sondern auch alle – ebenfalls mit ihrer gesamten Gebarung – der Landesrechnungshofprüfung unterworfenen Unternehmen zu subsumieren.98 Nach dem Wortlaut der Regelung enthalten Unternehmen erster Stufe immer die Beteiligung des Landes oder einer Kleingemeinde. Art 67 Abs 4 lit e TLO 1989 hält an seinem Ende freilich fest, dass sich die Zuständigkeit des LRH auch auf die Unternehmen jeder weiteren Stufe erstreckt, bei denen diese Voraussetzungen vorliegen (Subbeteiligung).99 Auf der zweiten Stufe ist also die Beteiligung eines 97 Wenngleich das VereinsG nur „ideelle Vereine“ zulässt, sie also nicht „auf Gewinn berechnet“ sein dürfen (§ 1 Abs 2 leg cit), können auch Vereine Unternehmen darstellen. Weiterführend zum Unternehmensbegriff mwN Kahl, Öffentliche Unternehmen, in Holoubek/Potacs (Hg), Öffentliches Wirtschaftsrecht II4 (2019) 399 (421 ff). 98 Ausführlich und mwN Kroneder-Partisch, Art 126b Rz 18. 99 Streng genommen ist diese Formulierung sprachlich missglückt, weil immer dann ein Unternehmen erster Stufe vorliegt, wenn das Land Tirol oder eine Kleingemeinde am Unternehmen entsprechend beteiligt ist. Der letzte Satz bezieht sich aber evident auf Tochter- und Enkelunternehmen, bei der die Beteiligung der jeweiligen Gebietskörperschaft durch ihre nur mittelbare Beteiligung substituiert wird, was den Nahebezug zur öffentlichen Hand aber nicht schmälert. Die korrekte Formulierung findet sich – allerdings bezogen auf Art 126b Abs 2 B-VG – bei Kroneder-Partisch, Art 126b Rz 24 (Hervorhebung im Original): „Der RH überprüft die Gebarung von Unternehmungen jeder weiteren Stufe, an denen gemäß Art 126b Abs 2 kontrollunterworfene Unternehmungen allein oder gemeinsam mit anderen der Zuständigkeit des RH unterliegenden Rechtsträgern mit mindestens 50 % des Stamm-, Grund- oder Eigenkapitals beteiligt sind […]“. Vgl auch das dort angeführte, instruktive (Rechen-)Bsp.
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kontrollunterworfenen Unternehmens erster Stufe erforderlich.100 Die Durchrechnung von Beteiligungen über mehrere Stufen ist unzulässig (Durchrechnungsverbot).101 Die Beteiligung mehrerer Gebietskörperschaften an einem Unternehmen löst mehrere Prüfungstatbestände aus. Liegt eine mindestens 50 %ige Beteiligung der erwähnten Rechtsträger vor, geht der Verfassungsgesetzgeber von einer eine Gebarungsprüfung rechtfertigenden Nahebeziehung zur öffentlichen Hand auf die Unternehmenspolitik aus. Ausschlaggebend ist diesbezüglich der nominelle Kapitalanteil, sodass „Sonderfälle“, wie etwa die Stimmrechtslosigkeit von Aktien, unberücksichtigt bleiben. So ergibt sich ein rechtssicherer Anknüpfungspunkt.102 Unklar ist hingegen der Begriff des Betreibens eines entsprechenden Unternehmens. Er ist wohl enger als jener der Beteiligung, entfaltet keine eigene normative Wirkung und spielt in der Rsp des VfGH keine gesonderte Rolle.103 27 Eine prüfungsrelevante Nahebeziehung zur öffentlichen Hand liegt nach Art 67 Abs 4 lit f TLO 1989 ebenso für „sonstige Unternehmen [vor], soweit sie Landesvermögen treuhändig verwalten oder soweit das Land Tirol für sie eine Ausfallshaftung übernommen hat.“ Auch 100 Der VfGH hat in VfSlg 11.989/1989 festgestellt, dass die Beteiligungskette nach unten hin unbegrenzt ist. Dies lässt sich auf die landesverfassungsrechtliche Regelung übertragen. 101 Im Anschluss an Kroneder-Partisch auch Bauer/Lais, Art 50 Rz 12. S dort auch zur sog „zyklischen Vernetzung“, wonach Beteiligungen nach Ansicht des VfGH (VfSlg 12.225/1989, 13.320/1992) bei der Bestimmung der Beteiligungsverhältnisse insoweit unberücksichtigt bleiben, als sie wechselseitig sind, was eine weitere Prüfungskompetenz des RH nach sich zieht. Dazu auch Janko, Kontrolle um jeden Preis? Der VfGH zur Rechnungshofkon trolle bei zyklisch vernetzten Unternehmungen, ÖHW 1992, 119 ff. 102 VfSlg 13.798/1994. Vgl auch Ostheim, Gedanken zur Zulässigkeit erwerbswirtschaftlicher Tätigkeiten der öffentlichen Hand und zur Prüfungskompetenz des Rechnungshofes bei wirtschaftlichen Unternehmungen, in Korinek (Hg), Die Kontrolle wirtschaftlicher Unternehmungen durch den Rechnungshof (1986) 59 (112). 103 Ausführlich Hengstschläger, Rechnungshofkontrolle 123 ff; Kroneder-Partisch, Art 126b Rz 23. Zu den verschiedenen Auffassungen über den möglichen Begriffsinhalt N. Raschauer/Wessely in FS 50 Jahre Gemeindeverfassungsnovelle 10 f mwN. Zur Problematik des Begriffs auch Hengstschläger, Die Kontrolle des Rechnungshofes über öffentliche Unternehmungen, in Korinek (Hg), Die Kontrolle wirtschaftlicher Unternehmungen durch den Rechnungshof (1986) 1 (8 ff).
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hier ist Landesvermögen betroffen. Was die Verwaltung von Landesvermögen betrifft, ist diese (nur) dann prüfungsunterworfen, wenn sie treuhändig geschieht. Eine prüfungsrelevante Haftung besteht (nur) in Form einer Ausfallshaftung. Die Prüfung ist nicht auf einen bestimmten Gebarungsabschnitt beschränkt. Beide Tatbestände liegen – historisch untermauert – im Kernbereich der Prüfung durch den RH und somit auch des Tir LRH.104 Schließlich können sich Unternehmen der Prüfung unterwerfen. So ob- 28 liegt dem LRH die Gebarungsprüfung auch hinsichtlich „Unternehmen, die sich der Gebarungsprüfung durch das Land Tirol oder den LRH unterworfen haben, sofern die Gebarungsprüfung im öffentlichen Interesse gelegen und verhältnismäßig ist“ (Art 67 Abs 4 lit g TLO 1989). Zu einer solchen Unterwerfung, die ab einem bestimmten Fördervolumen häufig mittels Erlass vorgeschrieben ist, kommt es durch zivilrechtliche Verpflichtungserklärung. Der Hinweis auf das öffentliche Interesse und die Verhältnismäßigkeit implizieren grundrechtliche Schranken. Die Unterwerfung substituiert ein nicht vorhandenes prüfungsauslösendes Rechtsverhältnis. Mit dieser Bestimmung ist auch für in Art 67 Abs 4 TLO 1989 nicht vorgesehene Fälle Vorsorge getroffen. Die Prüfung der Unternehmensgebarung darf nicht unverhältnismäßig sein und kann va in der Verwendung eines Mindestmaßes an öffentlichen Mitteln oder einer gewissen Beherrschung durch die öffentliche Hand einen sachlichen Anknüpfungspunkt haben.105 Als weiterer Beurteilungsparameter wird der mit einer Prüfung verbundene Ermittlungsaufwand zu berücksichtigen sein. Ausschlaggebend ist immer eine Prüfung im konkreten Einzelfall.
B. Sonstige Aufgaben Art 67 Abs 4 TLO 1989 enthält noch andere Aufgaben des LRH. Dabei fällt auf, dass Zuständigkeiten, die dem RH zukommen, in der Auf zählung fehlen (zB Erstellung des Rechnungsabschlusses,106 Nachweis der Landesschulden und Landeshaftungen; vgl Art 121 Abs 2 und 3 B-VG). 104 S dazu Rz 7 sowie Hengstschläger, Landesrechnungshöfe der Bundesländer 19. 105 Vgl Hengstschläger, Landesrechnungshöfe 30 f. In etwas anderem, aber übertragbarem Zusammenhang Klaushofer, Stand 77, 80 f. 106 Dazu § 7 Abs 6 LRechnungshofG.
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1. Widmungsgemäße Verwendung von Förderungen 29 Nach Art 67 Abs 4 lit h TLO 1989 obliegt dem LRH die Prüfung der widmungsgemäßen Verwendung vom Land Tirol gewährter finanzieller Förderungen, sofern die Prüfung im öffentlichen Interesse gelegen und verhältnismäßig ist.107 Diese Aufgabe des LRH kann deshalb zu den „sonstigen Aufgaben“ gezählt werden, weil es sich nicht um eine Gebarungsprüfung im klassischen Sinn handelt. Vielmehr wird mit guten Gründen108 davon auszugehen sein, dass – auch im Lichte grundrechtlicher Überlegungen – im „Normalfall“ nicht die gesamte Gebarung des Förderungsnehmers geprüft werden darf, sondern lediglich die zweckgerichtete Verwendung der öffentlichen Mittel.109 Diese stellt die sachliche Rechtfertigung für die Prüfung dar. Kritisch ist bei einer solchen engen Auffassung freilich, dass die subventionsgerechte Verwendung der Mittel in bestimmten Fällen vielleicht nur dann sachgerecht beurteilt werden kann, wenn die gesamte Gebarung einer Prüfung unterzogen wird. Hinsichtlich der parallelen Bestimmung auf Bundesebene110 geht die hA dahin, dass nur solche Subventionsempfänger einer Prüfung unterworfen werden dürfen, die öffentliche Mittel unmittelbar von den Gebietskörperschaften bezogen haben. Stammen die Mittel von einem zwischengeschalteten Subventionsmittler – etwa einem selbständigen Fonds –, darf nur dieser, nicht aber der Förderungsempfänger geprüft werden.111 Ein Konnex, der die Prüfung rechtfertigt, besteht überdies nur bei Landesförderungen, bei denen sich der Förderungsempfänger verpflichtet hat, die öffentlichen Mittel subventionskonform, also im öf107 Zur Unbedenklichkeit solcher Kontrollen im Lichte der Bundesverfassung Moritz, Bestimmungen 56. Vgl auch Wenger, Die Kontrolle des Rechnungshofes über die Verwendung öffentlicher Mittel durch private Unternehmungen, in Korinek (Hg), Die Kontrolle wirtschaftlicher Unternehmungen durch den Rechnungshof (1986) 33 (48). 108 Vgl dazu mwN Baumgartner, Art 126b B-VG, in Kneihs/Lienbacher (Hg), Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht (2014) Rz 27. 109 Vgl dazu Heftberger, Förderungsprüfungen 66. 110 Grundlage dieser bundesverfassungsrechtlich nicht explizit vorgesehenen Prüfkompetenz ist nach Ansicht des VfGH Art 121 Abs 1 B-VG (VfSlg 10.371/1985). 111 Dazu Baumgartner, Art 126b Rz 27. Zur rechtlichen Situation in Tirol vor Einführung des LRH (ua Kontrolle durch das Landes-Kontrollamt nur bei Zustimmung) Schwarzer, Kontrolle 193 f.
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fentlichen Interesse liegend und dem Förderungszweck entsprechend, zu verwenden. Diesbezüglich unspezifische, also nicht zweckgebundene Zuwendungen, wie zB die Verwendung von Stipendien, dürfen nicht geprüft werden. Der Prüfung dürfen alle außerhalb der Landesverwaltung angesiedelten, unmittelbar vom Land Tirol geförderten Rechtsträger, inklusive Privatpersonen, unterzogen werden. Auch hier muss die Prüfung – iS grundrechtlicher Gesetzesvorbehalte – im öffentlichen Interesse gelegen und verhältnismäßig112 sein. Unverhältnismäßig könnte sie etwa dann sein, wenn bei präzisen Förderkriterien und nur geringer Förderung die korrekte Verwendung ohne großen Ermittlungsaufwand festgestellt werden könnte.
2. Beurteilung finanzieller Auswirkungen von Gesetzes vorhaben Nach Art 67 Abs 4 lit i TLO 1989 ist der LRH dazu berufen, die finan- 30 ziellen Auswirkungen von selbständigen Anträgen von Abg, von Anträgen von Ausschüssen oder von RV zu prüfen. Im vorliegenden Fall zielt die „Beurteilung“ auf die Abschätzung finanzieller Folgen von Gesetzgebungsvorhaben, die bundesverfassungsrechtlich auch deshalb unbedenklich ist, weil die Beurteilung und allenfalls die Empfehlungen des LRH auf Handlungen der Legislative gerichtet ist bzw sind und es so zu keiner „Verschleierung der staatsrechtlichen Verantwortung“ kommt.113 Eine entsprechende „Beurteilung“ ist nur aufgrund eines Auftrags des LT vorzunehmen (§ 3 Abs 6 LRechnungshofG). Die hier behandelte Bestimmung kann insb dann Bedeutung erlangen, wenn ein Gesetzesvorschlag nicht mittels RV auf den Weg gebracht oder ein durch RV initiierter Gesetzesvorschlag im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens wesentlich geändert wird.
112 Wie in Rz 3 erwähnt, darf der Landesverfassungsgesetzgeber bei der Einrichtung von LRH und deren Befugnissen die Spielräume seiner relativen Verfassungsautonomie nützen, an die Ordnungsprinzipien und Strukturelemente der Bundesverfassung bleibt er aber gebunden. Dazu zählen etwa auch grundrechtliche Bindungen va bei der Unternehmens- und Subventionskontrolle. ZB Hengstschläger, Landesrechnungshöfe 23 ff. 113 So – mit Bezug zu diesbezüglich kritischen Bsp zu anderen ex ante-Kompetenzen von LRH in anderen Bundesländern – Klaushofer, Stand 73 f.
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3. Tätigkeiten im Dienste eines Untersuchungsausschusses 31 Nach Art 67 Abs 4 lit j TLO 1989 obliegt dem LRH die Durchführung von Beweisaufnahmen und Erhebungen für einen vom LT eingesetzten Untersuchungsausschuss. Der LRH wird dabei im Rahmen seiner „Beauftragung“ durch den die Verwaltung kontrollierenden LT tätig und arbeitet diesem zu.114 Anders als in seiner Rolle als Gutachter im Rahmen der gemeindeaufsichtsrechtlichen Gebarungsprüfung115 verliert der LRH im Fall des Art 67 Abs 4 lit j TLO 1989 nicht seinen Charakter als Organ des LT.
4. Mitwirkung an unionsrechtlichen Finanzkontrollen 32 Gem Art 287 Abs 1 AEUV prüft der Europäische RH die Rechnung über alle Einnahmen und Ausgaben116 der Union. Auf dieser Grundlage kann er in Teilbereichen auch zur Prüfung in den MS berufen sein. Mehrgleisigkeiten zwischen zu Prüfungen berufenen Organen sind nicht ausgeschlossen, es besteht diesbezüglich ein Nebeneinander ohne prinzipiellen Vorrang einer der zur Prüfung berufenen Einrichtungen (Grundsatz der gegenseitigen Unabhängigkeit). Die Prüfung des Europäischen RH erfolgt erforderlichenfalls auch vor Ort in den MS. Sie wird „in Verbindung mit den einzelstaatlichen Rechnungsprüfungsorganen“ durchgeführt. Dabei müssen der Europäische RH und die einzelstaatlichen Rechnungsprüfungsorgane unter Wahrung ihrer jeweiligen Unabhängigkeit „vertrauensvoll“117 zusammenarbeiten. Für die Landesebene hält dies Art 67 Abs 4 lit k TLO 1989 fest.118 Die nationalen Prüforgane können dem Europäischen RH mitteilen, wenn sie an der Prüfung teilnehmen möchten, sie können 114 Aus rechtspolitischer Sicht kann die Sinnhaftigkeit einer Verquickung unterschiedlicher parlamentarischer Kontrollinstrumente freilich hinterfragt werden. So Klaushofer, Stand 82. 115 Dazu Rz 19. 116 Die Kontrolltiefe des Europäischen RH ist also im Vergleich zum RH und den LRH vermindert, weil eine umfängliche Gebarungsprüfung iSe Effizienzprüfung nicht vorgenommen wird. 117 In dieser Vorschrift kann eine besondere Ausgestaltung des allgemeinen primärrechtlichen Loyalitätsgebots gesehen werden. 118 In der Praxis wendet sich der Europäische RH freilich an den RH. Zur aus seiner Sicht anzustrebenden „intelligenten Governance-Lösung zur Harmonisierung der Zuständigkeiten von Rechnungshof und Landesrechnungshöfen im europäischen Mehrebenensystem“ Bußjäger, ÖHW 2015, 21.
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eine Mitwirkung aber auch ablehnen. Es ist nicht zu sehen, dass der Tir Verfassungsgesetzgeber dem LRH dieses Recht nehmen wollte.119 In der erwähnten Bestimmung deutet nichts darauf hin; die „Mitwirkung“ muss nicht die aktive „Mitprüfung“ umfassen. Allerdings sind (auch) die einzelstaatlichen Rechnungsprüfungsorgane verpflichtet, dem Europäischen RH auf dessen Antrag die für die Erfüllung seiner Aufgabe erforderlichen Unterlagen oder Informationen zu übermitteln. Diese Übermittlungspflicht kann sich aber nur auf bereits vorhandene Unterlagen beziehen. Eine Pflicht, „im Auftrag“ des Europäischen RH Prüfungen extra anzustellen, besteht wohl nicht.120 Art 67 Abs 4 lit k TLO 1989 besitzt bloß deklaratorischen Charakter, die entsprechende Mitwirkungspflicht existiert bereits auf primärrechtlicher Ebene.121
VI. Zuständigkeit des VfGH bei „Meinungs verschiedenheiten“ Entstehen zwischen dem LRH und einem Rechtsträger Meinungsver- 33 schiedenheiten über die Auslegung der Bestimmungen über die Prüfungszuständigkeit des LRH, können die LReg oder der LRH eine Entscheidung des VfGH darüber beantragen. Diese Bestimmung beruht nunmehr122 auf der Ermächtigung des Art 127c Z 1 B-VG. Danach kann ein Land, das einen LRH eingerichtet hat, eine dem Art 126a erster Satz B-VG entsprechende Bestimmung mit der Maßgabe einführen, dass Art 126a zweiter Satz auch in diesem Fall gilt. Gegenstand eines Verfahrens vor dem VfGH ist also die Frage der Zu- 34 ständigkeit zur „Prüfung“. Andere Befugnisse des LRH, wie etwa jene nach Art 67 Abs 4 lit i bis k TLO 1989, sind davon nicht umfasst. Zutreffend wird darauf hingewiesen, dass es bei der Entscheidung des VfGH nicht nur um die Beilegung der Meinungsverschiedenheiten an sich, sondern va auch um die verbindliche Auslegung von einfach- und 119 Vgl auch Bußjäger, ÖHW 2015, 19 im Anschluss an Lödl. 120 Korinek, Art 121 Abs 1 Rz 35. AA Lienbacher, Art 287 AEUV, in Schwarze et al (Hg), EU-Kommentar4 (2019) Rz 25. 121 Bauer, Art 58 Stmk L-VG, in Grabenwarter (Hg), Steiermärkische Landesverfassung (2013) Rz 4. 122 Einige Bundesländer haben diese Zuständigkeit bereits vor der Einführung des Art 127c B-VG landesverfassungsrechtlich festgeschrieben. So Pabel, Kontrolle 529.
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verfassungsgesetzlichen Vorschriften geht, die die Zuständigkeit des LRH begründen. Der VfGH kann nicht nur über die Zuständigkeit zur Prüfung als solche entscheiden, sondern auch darüber absprechen, ob konkrete Prüfungsmaßnahmen gerechtfertigt sind.123 Dies ist wichtig, weil den RH eine unmittelbare Durchsetzung mangels Zwangsgewalt nicht zukommt.124 35 Schwierigkeiten ergeben sich hinsichtlich der Kompetenz zur „Prüfung“ der widmungsgemäßen Verwendung von finanziellen Förderungen (Art 67 Abs 4 lit h TLO 1989). Man könnte die Ansicht vertreten, dass Meinungsverschiedenheiten über diese Zuständigkeit des LRH nicht vor den VfGH gebracht werden können. Ausschlaggebend ist der Gehalt des Art 126a B-VG, auf den Art 127c Z 1 leg cit verweist. Dass dieser lediglich Meinungsverschiedenheiten über Gebarungsprüfungen ieS umfasst, könnte aus dem Wortlaut des § 36a VfGG geschlossen werden. Dazu kommt, dass eine solche – umfängliche – Gebarungsprüfung im Fall des Art 67 Abs 4 lit h TLO 1989 – wie bereits erwähnt125 – nach hA nicht möglich ist. Zu einem anderen Ergebnis gelangt man freilich, wenn man Art 126a B-VG einer systematisch-teleologischen Interpretation unterzieht. Dessen Zielsetzung liegt evident darin, Prüfungsbefugnisse gegen den Widerstand des zu Prüfenden durchzusetzen. Zudem knüpfen sich an eine Prüfung der widmungsgemäßen Verwendung öffentlicher Förderungen – systematisch gleich wie im Falle einer Gebarungsprüfung ieS – (allenfalls) Kritik und Empfehlungen. In Bezug auf die erörterte Frage ist ebenso darauf hinzuweisen, dass der VfGH seine Zuständigkeit nicht nur auf § 36a VfGG, sondern allenfalls auch unmittelbar auf Art 126a B-VG stützen kann.126 Die Befugnis des LRH zur Prüfung der Gebarung von Unternehmen, die sich seiner127 Prüfung „unterworfen“ haben (Art 67 Abs 4 lit g TLO 1989), ist auf privatrechtlicher Ebene durchsetzbar. 123 VfSlg 7944/1976. Vgl auch VfSlg 4106/1961. Ermacora et al, Die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs im Jahre 1958, ÖJZ 1961, 253 (255 f). 124 Bauer/Lais, Art 50 Rz 19. 125 Rz 29. 126 Vgl VfSlg 16.050/2000. Zum vorliegenden Themenkomplex mit Bezug auf das BezBegrBVG und Art 121 Abs 4 B-VG auch Kroneder-Partisch, Art 126a B-VG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (2001) Rz 7 ff. Vgl auch iZm der „Projektkontrolle“ Bauer/ Lais, Art 50 Rz 20. 127 Oder der durch das Land Tirol.
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Eine Meinungsverschiedenheit iSd Art 67 Abs 6 TLO 1989 liegt vor, 36 „wenn ein Rechtsträger die Zuständigkeit des Rechnungshofes zur Gebarungsüberprüfung ausdrücklich bestreitet oder die Gebarungsüberprüfung tatsächlich nicht zulässt, oder aber der Rechnungshof sich weigert, besondere Akte der Gebarungsüberprüfung durchzuführen.“ Parteien eines Verfahrens vor dem Gerichtshof sind der Antragsteller, 37 der Rechtsträger, mit dem eine – konkrete – Meinungsverschiedenheit entstanden ist, und der RH (§ 36c VfGG). Damit sind alle Betroffenen Parteien; der VfGH entscheidet über subjektive Rechtspositionen und seine Erk sind durchsetzbar.128 Die Antragsbefugnis von LReg und LRH ergibt sich auch aus Art 126a B-VG. Keine Antragsbefugnis kommt der von der Prüfung betroffenen Einrichtung zu. Die Anrufung des VfGH hat den Aufschub oder die Unterbrechung der betr Amtshandlung des (L-)RH bis zur Entscheidung des VfGH zur Folge (§ 36b VfGG). Der zweite Satz des Art 126a B-VG, wonach alle Rechtsträger ver- 38 pflichtet sind, entsprechend der Rechtsanschauung des VfGH eine Überprüfung „durch den Rechnungshof“ zu ermöglichen, „gilt“ gem bundesverfassungsrechtlicher Anordnung (Art 127c Z 1 B-VG) und findet sich in Art 67 Abs 6 TLO 1989 nicht. Gemeint ist mit dem zweiten Satz des Art 126a B‑VG iVm Art 127c Z 1 B-VG natürlich, dass der zweite Satz „entsprechend“ gilt und sich die Pflicht zur Ermöglichung der Prüfung „durch den Rechnungshof“ auf den LRH bezieht. Die Prüfung „zu ermöglichen“ ist also bundesverfassungsrechtlich verpflichtend und bedeutet, an der Prüfung im erforderlichen Maß aktiv mitzuwirken. Diese Pflicht zur Ermöglichung der Prüfung ist im Erk auszusprechen und exekutierbar (§ 36d VfGG).129 Die Rechtskraft der Entscheidung bezieht sich nur auf die strittige Zuständigkeit. Bei Meinungsverschiedenheiten über Prüfungen ein und desselben Rechtsträgers besteht insb (auch) dann keine Identität der Sache, wenn sich diese auf verschiedene Gebarungszeiträume beziehen.130 Die in Art 127c B-VG enthaltene Ermächtigung der Landesverfas- 39 sungsgesetzgeber über die Normierung einer Zuständigkeit des VfGH, 128 Vgl IA 546/A BlgNR XXIV. GP, 1 ff und AB 1142 BlgNR XXIV. GP, 1 ff. Mayer/Muzak, B-VG 428. 129 Vgl auch VfSlg 14.096/1995. 130 Vgl VfSlg 3552/1959, 11.988/1989, 13.346/1993, 14.097/1995 (Abgrenzung auch hinsichtlich des Gebarungszeitraums).
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über „Meinungsverschiedenheiten“ bezüglich der Prüfungszuständigkeit eines LRH zu entscheiden (Art 126a B-VG), hatte ursprünglich131 – wie auch die Wahrnehmung der in Z 2 und 3 enthaltenen Ermächtigungen – ausdrücklich die Schaffung von „dem Rechnungshof gleichartige[n] Einrichtungen“ als Voraussetzung. Wenngleich dieser Hinweis auf die „Gleichartigkeit“ mit BGBl I 2010/98 entfallen ist, kann mit guten Gründen auch für die Zeit danach davon ausgegangen werden, dass sich eine entsprechende Zuständigkeit des VfGH nur auf organisatorisch und funktionell dem RH gleichartige132 Einrichtungen der Länder beziehen darf.133 Da nur für die Prüfung durch solche Einrichtungen ein adäquater Rechtsschutz hergestellt werden kann (Art 127c Z 1 iVm Art 126b B-VG), verbietet sich die Kontrolle der Gebarung vom Land verschiedener Rechtsträger durch dem RH nicht gleichartige Einrichtungen der Länder aus rechtsstaatlichen Gründen,134 weil dieser Rechtsschutz für die Zulässigkeit von mit solchen Befugnissen ausgestatteten Kontrolleinrichtungen fundamental ist.135
131 Art 127c B-VG wurde mit BGBl I 1999/148 eingeführt. 132 Zur funktionellen und organisatorischen Gleichartigkeit Baumgartner, Art 127c Rz 2; Bußjäger, ZfV 2011, 739 f. 133 Mayer/Muzak, B-VG 440 f; Bauer, Art 46 Stmk L-VG, in Grabenwarter (Hg), Steiermärkische Landesverfassung (2013) Rz 5. 134 Baumgartner, Art 127c Rz 15 mit Verweis auf Moritz. Bauer, Art 46 Rz 6. 135 Die fehlende mögliche Realisierung eines solchen Rechtsschutzes (bei der Prüfung von aus dem Blick der Verwaltung „externer“ Einrichtungen) war seinerzeit ein gewichtiges Argument gegen die Zulässigkeit von LRH. Ausschlaggebend ist diesbezüglich, dass die Prüfung der RH nicht der Kontrolle durch die ordentlichen Gerichte zugänglich und ihr Handeln zugleich außerhalb der Vollziehung angesiedelt ist. Dazu ausführlich Moritz, Art 127c Rz 4 mwN; Baumgartner, Art 127c Rz 1.
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Artikel 68 Ziele der Gebarungsprüfung, Prüfungsaufträge (1) Der Landesrechnungshof hat die Gebarungsprüfung dahingehend auszuüben, ob die Gebarung den Rechtsvorschriften entspricht und ziffernmäßig richtig, sparsam, wirtschaftlich und zweckmäßig ist. (2) Die Prüfung durch den Landesrechnungshof umfasst nicht die für die Gebarung maßgebenden Beschlüsse des Landtages. (3) Der Landesrechnungshof hat eine Gebarungsprüfung aus dem Bereich des Landes durchzuführen, wenn dies a) der Landtag beschließt, b) der Finanzkontrollausschuss beschließt, c) wenigstens ein Drittel der Abgeordneten des Landtages verlangt, d) wenigstens ein Viertel der Abgeordneten des Landtages verlangt, sofern diese Abgeordneten Wählergruppen angehören, die nicht in der Landesregierung vertreten sind, e) die Landesregierung verlangt und der Finanzkontrollausschuss dem zustimmt. Ein Verlangen nach lit. d ist höchstens zweimal in einem Jahr zulässig. LGBl samt Erläuterungen: LGBl 1988/61 (X. GP AA 141/88 AB 141/88); LGBl 2003/17 (XIII. GP IA 429/2 AB 429/2); LGBl 2012/147 (XV. GP RV 562/12 AB 562/12) Literatur:* Brückner, Finanzkontrolle durch die Landesrechnungshöfe – ex post und zeitnah, in Kommunalwissenschaftliche Gesellschaft (Hg), Controlling & *
Wesentliche Literaturhinweise finden sich auch in den Kommentierungen der jeweils – im Abschnitt „Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben“ bezogenen – „analogen“ Bestimmungen im siebenten Hauptstück des B-VG („Rechnungs- und Gebarungskontrolle“). Weite Strecken dieser Kommentierungen und der Aussagen in der dort zit Lit zum Rechnungshof des Bundes können auf die Landesebene übertragen werden. Ergiebig sind va die Kommentierungen in Kneihs/Lienbacher (Hg), Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht; Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches
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Kontrolle (2011) 53 ff; Bußjäger, Was ist ein Landesrechnungshof? … und andere Fragen zur B-VG-Novelle BGBl I 2010/98, ZfV 2011, 737 ff; Eberhard, Aufgaben und Schranken der Gebarungskontrolle, in Österreichischer Städtebund (Hg), Prüfungskompetenzen – Symposium 2018 (2019) 1 ff; Funk, Maßstäbe der Rechnungshofkontrolle, in Korinek (Hg), Die Kontrolle wirtschaftlicher Unternehmungen durch den Rechnungshof (1986) 265 ff; Hengstschläger, Landesrechnungshöfe, in Aichinger (Hg), Wieviel Macht braucht die Kontrolle? (1999) 12 ff; Hengstschläger, Die Landesrechnungshöfe der Bundesländer – Gegenwartsprobleme und Entwicklungstendenzen, in Landesrechnungshof Steiermark (Hg), 20 Jahre Landesrechnungshof Steiermark (2002) 12 ff; Hengstschläger, 16. Teil. Gebarungskontrolle, in Pabel (Hg), Das österreichische Gemeinderecht (2015) Rz 255 f; Kuprian, Die Kontrolle der Gemeindegebarung, SPRW 2013 POP A, 37 ff; Moritz, Ausgewählte Bestimmungen der Landesverfassungen im Lichte der Verfassungsautonomie der Länder, in Rauchenberger (Hg), Politik & Recht – Politisches Handbuch (2000) 21 (50); Müllner, Mit wem verkehren die Rechnungshöfe?, wbl 2017, 605 ff; Österreichischer Städtebund (Hg), Prüfungskompetenzen – Symposium 2018 (2019); Pabel, Kontrolle der Vollziehung, in Pürgy (Hg), Das Recht der Länder I (2012) 529 (553 ff); Schwamberger/Ranacher, Tiroler Landesordnung 19896: Kommentar (2017) 136 f
Inhaltsübersicht I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben..................................... 1 II. Entstehungsgeschichte.................................................................. 2 III. Die Prüfungsmaßstäbe.................................................................. 5 A. Gleichrangige Kriterien, verfassungsrechtliches Effizienzprinzip......................................................................... 5 B. Übereinstimmung mit Rechtsvorschriften.......................... 7 C. Ziffernmäßige Richtigkeit....................................................... 8 D. Sparsamkeit............................................................................... 9 E. Wirtschaftlichkeit..................................................................... 10 F. Zweckmäßigkeit........................................................................ 11 IV. Prüfungsverfahren und -methoden............................................ 12 V. Keine Zuständigkeit zur Prüfung der für die Gebarung maßgebenden Beschlüsse des Landtags...................................... 13 VI. Prüfungsinitiative.......................................................................... 14
Bundesverfassungsrecht; Hengstschläger, Rechnungshofkontrolle. Kommentar zum fünften Hauptstück des B-VG „Rechnungs- und Gebarungskontrolle“ (2000) sowie Mayer/Muzak, B-VG5 (2015) 421 ff. Ebenfalls auf die Tir Rechtslage häufig übertragbar sind die Kommentierungen von Bauer und Lais zu den Art 45a ff LV-G, in Grabenwarter (Hg), Steiermärkische Landesverfassung (2013).
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I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben Art 68 TLO 1989 legt in seinem Abs 1 die „Ziele der Gebarungsprü- 1 fung“ sowie die „Prüfungsaufträge“ fest. Mit diesen Zielen sind jene Prüfungsmaßstäbe gemeint, die der LRH bei seinen Prüfungen anzuwenden hat. Danach hat er die Gebarung dahingehend zu kontrollieren, ob diese den Rechtsvorschriften entspricht und ziffernmäßig richtig, sparsam, wirtschaftlich und zweckmäßig ist. Diese Kriterien entsprechen den bundesverfassungsrechtlichen Vorgaben, die sich in den Art 126b Abs 5, 127 Abs 1, 127a Abs 1 und 127b Abs 3 B-VG für den RH finden. Auch die diesbezügliche Tir landesrechtliche Regelung stimmt sohin mit den bundesverfassungsrechtlichen Maßstäben überein.1 Die landesrechtlichen Bestimmungen folgen in Bezug auf Prüfungsverfahren und -methoden im Wesentlichen ebenfalls jenen im B‑VG (vgl Art 126b Abs 4, 127 Abs 7, 127a Abs 7 B-VG).2 So kommunizieren auch die LRH etwa unmittelbar mit den zu prüfenden Stellen.3
II. Entstehungsgeschichte Hinsichtlich der Bestimmungen zu den Zielen der Gebarungskontrolle 2 und den Prüfungsaufträgen des Art 68 baute die StF der TLO 1989 auf dem bereits vorher bestehende Landes-Kontrollamtsgesetz 19824 auf. Namentlich wurden die – im Rang von Landesverfassungsbestimmungen stehenden – § 3 Abs 1 und § 6 Abs 1 und 2 leg cit zwar nicht wörtlich, aber inhaltlich gleichlautend in die TLO 1989 aufgenommen. Die in Art 68 nicht übernommenen Abs der genannten Paragraphen wurden in das Landes-Kontrollamtsgesetz 19895 überführt und damit ihres Verfassungsrangs entkleidet. Mit Einführung des LRH durch die TLO-Nov 20026 wurde Art 68 3 dahingehend geändert, dass die Bezeichnung Landes-Kontrollamt ersetzt und die Aufteilung der Abs und lit verändert wurde. Durch Abs 3 1
Vgl bereits Öhlinger, Einrichtungen der finanziellen Kontrolle der Länder im Lichte der Landesverfassungsautonomie, ÖHW 1984, 104 (119). 2 Vgl Hengstschläger, Gebarungskontrolle Rz 255. 3 Vgl dazu Müllner, wbl 2017, 605. 4 Gesetz vom 16. November 1982 über das Landes-Kontrollamt, LGBl 1983/4. 5 Gesetz vom 16. Oktober 1989 über das Landes-Kontrollamt, LGBl 1989/80. 6 LGBl 2003/17.
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lit d wurde ein neues Recht auf Prüfungseinleitung normiert, das den Abg der Opposition zusteht: Verlangt ein Viertel der Abg des LT eine Prüfung, so ist diese – allerdings höchstens zweimal pro Jahr – durchzuführen, sofern diese Abg Wählergruppen angehören, die nicht in der LReg vertreten sind. Das bisherige Recht der LReg, mittels begründeten Ersuchens eine Prüfung einzuleiten, wurde mit Abs 3 lit e abgeändert, sodass die Prüfung erst durchzuführen ist, wenn der Finanzkon trollausschuss dem Verlangen der LReg zustimmt. 4 Die TLO-Nov 20127 änderte Art 68 Abs 3 dadurch, dass die Wendung „aus dem Bereich des Landes“ eingefügt wurde. Diese Klarstellung war nötig, weil die Prüfkompetenzen des LRH durch die gleiche Nov auf Gemeinden mit weniger als 10.000 Einwohnern ausgedehnt wurden. Prüfungen solcher Gemeinden und von ihnen verwalteter Anstalten, Stiftungen und Fonds (Fälle des Art 67 Abs 4 lit c bis e TLO 1989) dürfen nur amtswegig durchgeführt werden und können nicht mittels Sonderprüfungsverlangens eingeleitet werden.8
III. Die Prüfungsmaßstäbe A. Gleichrangige Kriterien, verfassungsrechtliches Effizienzprinzip 5 Der LRH ist durch Art 68 Abs 1 TLO 1989 zur umfassenden Rechnungs-, Rechtmäßigkeits- und Wirtschaftlichkeitskontrolle berufen. Die Aufzählung der Prüfungsmaßstäbe beinhaltet keine Reihung nach ihrer Wichtigkeit für eine Gebarungsprüfung. Alle Kriterien stehen gleichrangig nebeneinander. Aus ihnen ergeben sich die entsprechenden Handlungsmaximen für die der Prüfung unterworfenen Stellen. Die drei Kriterien Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit stellen eine untrennbare Einheit dar, sind „Ausformung ein und desselben Gedankens in jeweils unterschiedlicher sprachlicher Formulierung und sachlicher Akzentuierung“9 und ergeben zusammengenommen das verfassungsrechtliche Effizienzprinzip. Es handelt sich 7 8 9
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LGBl 2012/147. S dazu Rz 15. Für viele Funk, Maßstäbe 273; Baumgartner, Art 126b B-VG, in Kneihs/ Lienbacher (Hg), Rill‑Schäffer‑Kommentar Bundesverfassungsrecht (2014) Rz 34 mwN; Kroneder-Partisch, Art 126b B-VG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (2001) Rz 34 ff.
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um jeweils relationale Begriffe, die auf eine Ziel-Mittel-Beziehung abstellen.10 § 2 LRechnungshofG konkretisiert die Vorgaben des Art 68 Abs 1 TLO 6 1989 dahingehend, dass der LRH „weiters“ Möglichkeiten der Vermeidung oder Verminderung von Ausgaben oder der Erzielung oder Erhöhung von Einnahmen aufzuzeigen, auf die Ursachen festgestellter Mängel einzugehen und Vorschläge für die Beseitigung von Mängeln zu erstatten hat. Ausdrücklich festgehalten ist auch, dass der LRH bei der Besorgung all seiner Aufgaben stets den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der von ihm angewandten Mittel zu berücksichtigen hat. Prüfungen sollen möglichst zeitnah erfolgen und können auch nur in – soweit diese ein verlässliches Bild der Gebarung ergeben – stichprobenartigen Teilprüfungen bestehen. Bei Sonderprüfungen ist der Prüfungsauftrag ausschlaggebend. Um Doppelprüfungen möglichst zu vermeiden, normiert § 2 Abs 4 LRechnungshofG eine Koordinationspflicht mit dem RH, der Landesaufsicht über Gemeinden sowie mit anderen Kontrolleinrichtungen mit vergleichbaren Prüfungsaufträgen.
B. Übereinstimmung mit Rechtsvorschriften Die Prüfung der Übereinstimmung mit bestehenden Rechtsvorschrif- 7 ten ist zunächst insofern inhaltlich etwas limitiert, als diese auf die Übereinstimmung der Gebarungsführung mit den für diese bestehenden Vorschriften bezogen ist. Die Frage der Rechtmäßigkeit sonstiger Verwaltungsakte ist nur insofern prüfungsrelevant, als diese Gebarungsrelevanz hat, was angesichts der Weite des Gebarungsbegriffs11 allerdings häufig der Fall sein kann.12 Da es bei der Rechtmäßigkeitskontrolle also nicht nur um die Einhaltung des Haushaltsrechts geht, sondern materielles und formelles Recht – grds sehr umfassend – davon erfasst sind, kann sich eine Konkurrenz zu den gerichtlichen Rechtsschutzeinrichtungen ergeben.13 Dem Prüfungskriterium der Legalität kommt freilich insofern – gewissermaßen selbstverständliche – Bedeutung zu, als besonders effizi10 Zur langen entwicklungsgeschichtlichen Tradition der breiten Fächerung der Prüfungsmaßstäbe beginnend bei Maria Theresia vgl Funk, Maßstäbe 270. 11 Dazu bei Kahl, Art 67 (in diesem Band) Rz 15. 12 Hengstschläger, Gebarungskontrolle Rz 247. 13 Dazu für viele Baumgartner, Art 126b Rz 33 mwN.
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ente Gebarungsmaßnahmen rechtswidrig und so keine Option für die Verwaltung sein können sowie ineffizientes Agieren dann nicht vorwerfbar ist, wenn es rechtlich so vorgesehen ist.14 In der Praxis kann es für den LRH durchaus eine Herausforderung darstellen, die Grenze zur Tätigkeit der Rechtsschutzeinrichtungen – allenfalls durch eine Beschränkung auf eine Grobprüfung – richtig zu ziehen, zumal entsprechende „Kompetenzüberschreitungen“ keine unmittelbaren rechtlichen Konsequenzen nach sich ziehen. Auf Rechtswidrigkeiten (nur) hinzuweisen, ist dem LRH immer erlaubt.
C. Ziffernmäßige Richtigkeit 8 Es bedarf keiner weiteren Ausführungen, dass die Richtigkeit der vorgelegten Zahlen und Bilanzen Voraussetzung für jedwede weitere Prüfungstätigkeit durch den LRH ist. IdS handelt es sich beim Kriterium der ziffernmäßigen Richtigkeit um den grds Prüfungsmaßstab. Allenfalls kann auch ein stichprobenartiges Vorgehen ausreichend sein.15 Besondere Auslegungsschwierigkeiten ergeben sich in Bezug auf dieses Kriterium nicht.
D. Sparsamkeit 9 Das Kriterium der Sparsamkeit ist am Ende eine besondere Facette der Wirtschaftlichkeit des Handelns.16 Es geht darum, jene Ziele, die der geprüften Einheit – allenfalls gesetzlich – vorgegeben sind, mit möglichst geringem Aufwand zu erreichen. Nur der Vollständigkeit halber sei ergänzt, dass es natürlich keine Option darstellt, gar keine Mittel auszugeben, um so dem Kriterium der – dann absoluten – Sparsamkeit optimal zu entsprechen. Wie erwähnt,17 handelt es sich auch bei der 14 Hengstschläger, Rechnungshofkontrolle 109 f. 15 Bauer, Art 49 Stmk L-VG, in Grabenwarter (Hg), Steiermärkische Landesverfassung (2013) Rz 7. 16 Hengstschläger, Rechnungshofkontrolle 113 f, betont unter Verweis auf zahlreiche weitere Stimmen, dass dem Sparsamkeits- gegenüber dem Wirtschaftlichkeitskriterium kaum eigenständige Bedeutung zukommt. Gesteigerte Bedeutung kann das Kriterium der Sparsamkeit dort entfalten, wo nur ein sehr loser Zusammenhang zwischen eingesetztem Mittel und erreichtem Ergebnis besteht, wie das etwa bei der Beschaffung von Dienstautos und Büroeinrichtungen der Fall ist. 17 Rz 5.
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Sparsamkeit um einen relationalen Begriff, der auf ein adäquates Verhältnis zwischen Aufwand und Erfolg abstellt.
E. Wirtschaftlichkeit Der Soll-Ist-Vergleich iSd Wirtschaftlichkeit steht im Zentrum der 10 Landesrechnungshofkontrolle. Abgestellt wird darauf, ob eine Gebarungsmaßnahme ein – am besten möglichst genau – vorgegebenes Ziel mit dem geringstmöglichen Aufwand hinreichend und sachgerecht erreicht.18 Schwierigkeiten können diesbezüglich freilich (auch politisch-ideologisch zu füllende) Bewertungsspielräume bereiten. Nicht immer einfach ist zudem die Abschätzung von Folge- und Umwegwirkungen gebarungsrelevanter Maßnahmen. Im Ergebnis geht es um die wirtschaftlichste iSd „relativ besten“ Lösung.19 Die entsprechende Prüfung kann etwa bei erwerbswirtschaftlich ausgerichteten Einheiten iS anzustrebender Gewinnmaximierung einfach, im Bereich der Daseinsvorsorge aber schwierig sein, weil es dort wesentlich auch um außermonetäre Kriterien geht, wie zB soziale Preisgestaltung und dauernde, flächendeckende Versorgung auch zu betriebswirtschaftlich ungünstigen Zeiten.
F. Zweckmäßigkeit Die Zweckmäßigkeit einer gebarungsrelevanten Maßnahme manifes- 11 tiert sich in ihrer Eignung, ein angestrebtes Ziel zu erreichen. Dieses Kriterium kann ebenfalls als besondere Ausprägung des Wirtschaftlichkeitsprinzips angesehen werden.20 Aus dem Kreis jener Maßnahmen, die zur Zielerreichung grds geeignet sind, ist jene auszuwählen, mit der das Ziel am besten verwirklicht werden kann,21 wenngleich die Auswahl des Mittels – und hier trifft sich das Kriterium mit jenem der Wirtschaftlichkeit – nicht vollkommen losgelöst von den je und je anfallenden Kosten getroffen werden kann. 18 Vgl nur Greifeld, Der Rechnungshof als Wirtschaftlichkeitsprüfer (1981) 7 ff; Salmen, Das Wirtschaftlichkeitsprinzip in der kommunalen Finanzund Haushaltsplanung (1980) 23; Hengstschläger, Rechnungshofkontrolle 111 ff. 19 So Hengstschläger, Rechnungshofkontrolle 111 ff. 20 Bartel/Schneider, Der Rechnungshof auf dem Prüfstand, ÖHW 1989, 237 (248). 21 Hengstschläger, Rechtsfragen der Kontrolle kommunaler Unternehmungen (1980) 59 f. S bereits Hoenig, Der österreichische Rechnungshof (1951) 75.
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IV. Prüfungsverfahren und -methoden 12 Entsprechend der bundesverfassungsrechtlichen Lage kommt auch dem LRH ein sehr weitgehendes Prüfungsrecht zu, das seine wesentlichste Grenze im Fehlen von Zwangsbefugnissen22 hat. Was die – eben nichthoheitlichen – Mittel der Prüfung anbelangt, hat der VfGH23 aber festgehalten, dass dem RH die für die Erfüllung seiner Prüfungsaufgaben erforderlichen Mittel schon unmittelbar aufgrund der Verfassung zustehen.24 So habe das B‑VG etwa das Recht, in sämtliche Unterlagen der geprüften Stelle Einsicht zu nehmen und auch vor Ort zu prüfen, bereits vorausgesetzt. Die der Prüfung unterzogene Einrichtung hat sämtliche Fragen zu beantworten und kann sich diesbezüglich nicht auf grundrechtliche Beschränkungen berufen.25 Ihr stehen keine „verfahrensrechtlichen Abwehrrechte“ gegen Einschau- und Prüfungsrechte zu, sondern sie kann bei unterschiedlichen Ansichten lediglich eine Meinungsverschiedenheit iSd Art 67 Abs 5 TLO 1989 provozieren.26 Der Grundsatz der Unbeschränktheit der notwendigen Prüfungsmittel27 ist auch auf die LRH umzulegen. Positiviert sind die Befugnisse des Tir LRH in § 5 LRechnungshofG, der gleichzeitig die entsprechenden Mitwirkungspflichten der geprüften Stelle normiert.28 22 Der LRH handelt zwar insofern hoheitlich, als er nicht Mittel zum Einsatz bringt, die auch einem Privaten zur Verfügung stehen. Er ist aber nicht mit Imperium ausgestattet. Kroneder-Partisch, Art 126d B-VG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (2001) Rz 3. 23 VfSlg 4106/1961, 7994/1976, 15.130/1998. 24 ZB auch Hengstschläger, Landesrechnungshöfe der Bundesländer 16. 25 Vgl Kroneder-Partisch, Art 126b Rz 39. 26 Böheimer, Rechnungshof und Strafverfolgungsbehörden; verfassungsrechtliche Möglichkeiten und Grenzen der Zusammenarbeit, in Österreichischer Städtebund (Hg), Umgang mit Strafverfolgungsbehörden (2016) 35 (38). 27 Hengstschläger, Gebarungskontrolle Rz 256. 28 Zum nicht möglichen restriktiven Verständnis solcher Regelungen vor dem Hintergrund der einschlägigen VfGH-Judikatur Schwarzer, Die Kontrolle wirtschaftlicher Unternehmungen durch Einrichtungen der Länder, in Korinek (Hg), Die Kontrolle wirtschaftlicher Unternehmungen durch den Rechnungshof (1986) 149 (203). Nach § 5 leg cit ist der LRH berechtigt, jederzeit schriftlich oder im kurzen Weg alle ihm erforderlich scheinenden Auskünfte zu verlangen. Der Wortlaut sowie der Umstand, dass eine prüfungsunterworfene Einrichtung ohnehin nach freiem Ermessen des LRH jederzeit mit einer Kontrolle rechnen muss, sprechen dafür, das Verlangen solcher – zumindest abstrakt mit einer möglichen Prüfung im Zusammenhang stehender – Auskünfte auch außerhalb einer konkreten Prüfung, also tatsächlich jeder-
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V. Keine Zuständigkeit zur Prüfung der für die Gebarung maßgebenden Beschlüsse des Landtags Gem Art 68 Abs 2 TLO 1989 darf der Tir LRH die für die Gebarung 13 maßgebenden Beschlüsse des Tir LT nicht prüfen. Dies ergibt sich aus seiner Stellung als Organ der gesetzgebenden Körperschaft und ist für den RH ausdrücklich in Art 127 Abs 1 letzter Satz B‑VG festgelegt. Andernfalls käme es zu einer Art Selbstkontrolle, was in Widerspruch zur gebotenen Trennung von Kontrollorgan und Kontrolliertem stünde.29 Die Prüftätigkeit des LRH erstreckt sich somit nicht auf gebarungsrelevante Beschlüsse des LT und seiner Ausschüsse, unabhängig davon, ob es sich dabei um Gesetzes- oder andere Beschlüsse handelt. Insb Budgetbeschlüsse fallen so (auch) aus der Prüfungskompetenz des LRH.30
VI. Prüfungsinitiative Es steht dem Landesverfassungsgesetzgeber im Rahmen der bundes- 14 verfassungsrechtlichen Vorgaben frei, eine amtswegige Prüfungsbefugnis, eine amtswegige Prüfungspflicht oder Antragstatbestände zu normieren, die den LRH zur Prüfung verpflichten.31 Die entsprechenden zeit, zuzulassen. Zudem kann sich aus solchen Auskünften erst ergeben, dass eine Prüfung (nicht) erforderlich ist. Zum Streit darüber, ob eine Informationsbeschaffung im Lichte des Datenschutzes auch außerhalb einer konkret angeordneten Prüfung zulässig ist, vgl Tir Landesrechnungshof, Tätigkeitsbericht 2007 (2008) 10 f, https://www.tirol.gv.at/fileadmin/landtag/landesrechnungshof/downloads/berichte/2008/e2008taetigkeitsb.pdf (12.03.2019). Zum Datenschutz auch Kahl, Art 69 (in diesem Band). Eine „initiative Mitwirkungspflicht“ iSe Verpflichtung zur Vorlage sämtlicher relevanter Urkunden von sich aus besteht hinsichtlich der kontrollierten Stelle nicht. Vgl Böheimer, Prüfungskunden – Kontrolllücken der öffentlichen Finanzkontrolle, in Österreichischer Städtebund (Hg), Prüfungskompetenzen – Symposium 2018 (2019) 19 (31). 29 Vgl auch Eberhard, Aufgaben 10. Bauer/Lais, Art 50 Stmk L-VG, in Grabenwarter (Hg), Steiermärkische Landesverfassung (2013) Rz 6. S zur bgld Regelung auch IA zur Nov des bgld L-VG LGBl 2002/22, Bgld LT XVIII. GP, GZ 18-149, 18. 30 Hengstschläger, Rechnungshofkontrolle 106 f. Vgl VfSlg 7944/1976. 31 Bauer, Art 51 Stmk L-VG, in Grabenwarter (Hg), Steiermärkische Landesverfassung (2013) Rz 2 unter Bezugnahme auf Moritz.
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Regelungen für den Tir LRH finden sich in Art 68 Abs 3 TLO 1989. Danach hat er grds auf eigene Initiative vorzugehen (Initiativprüfungen). Eine Prüfungspflicht besteht zunächst also nicht. Kritisch zu sehen ist die Regelung in § 3 Abs 2 LRechnungshofG, wonach der Direktor des LRH bis zum 15.11. jeden Jahres eine Übersicht über die im nächstfolgenden Kalenderjahr geplanten Initiativprüfungen zu erstellen und diese dem LTPräs zur Kenntnis zu bringen hat. Die Personalhoheit des LTPräs verschärft diese – im Grundsätzlichen bestehende – Problemlage vor der Frage nach dem Sinn des § 3 Abs 2 LRechnungshofG, der den zu prüfenden Stellen Zeit zur Vorbereitung auf die Prüfung gibt, zusätzlich. 15 Sonderprüfungen sind aber dann – verpflichtend – durchzuführen, wenn dies der LT oder der Finanzkontrollausschuss beschließt, dies wenigstens ein Drittel der Abg verlangt, wenn wenigstens ein Viertel der Abg eine solche verlangt, sofern diese Abg Wählergruppen angehören, die nicht in der LReg vertreten sind, oder wenn dies die LReg verlangt und der Finanzkontrollausschuss dem zustimmt. Ein Verlangen nach lit d (Verlangen eines Viertels der Abg) ist höchstens zweimal in einem Jahr zulässig.32 Art 68 Abs 3 lit c und d TLO 1989 enthalten bedeutende Minderheitenrechte der parlamentarischen Finanzkontrolle. Antragsbefugt ist somit die gesetzgebende Körperschaft. Die LReg kann zwar eine Sonderprüfung verlangen, Erfolg ist ihr damit aber nur dann beschieden, wenn der Finanzkontrollausschuss zustimmt. So ist es der Verwaltung auch nicht möglich, den LRH durch (zu) viele Sonderprüfungen in seiner Arbeit zu behindern.33 Dem Finanzkontrollausschuss kommt wohl nur die Befugnis zu, zuzustimmen oder nicht zuzustimmen. Die Möglichkeit einer das Verlangen der LReg modifizierenden Zustimmung ist deshalb nicht anzunehmen, weil der Finanzkontrollausschuss bei abweichender Meinung nach Art 68 Abs 3 lit b TLO 1989 einen eigenständigen Beschluss fassen kann. Sonderprüfungsaufträge sind keine Weisungen. Mangels eines Fehlerkalküls sind sie im Falle ihrer Rechtswidrigkeit entsprechend absolut 32 S auch § 3 LRechnungshofG. 33 Vgl Fiedler, Der Rechnungshof im System der Staatsgewalten, in Freiheitliche Akademie (Hg), Freiheit und Verantwortung – Jahrbuch für politische Erneuerung (1997) 39 (41). Zur (bundes-)verfassungsimmanenten Grenze der Anzahl von Aufträgen zur Sonderprüfung, die sich in den personellen und sachlichen Kapazitäten des RH spiegelt, Kroneder-Partisch, Art 126b Rz 46.
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nichtig und müssen vom LRH somit nicht beachtet werden.34 Sie sind auch keiner Zurückweisung zugänglich. Die Beurteilung der absoluten Nichtigkeit eines solchen Prüfungsauftrags muss systemkonform dem LRH selbst – und nicht etwa der Landtagsdirektion, die ein entsprechendes Begehren im Falle erst gar nicht an den LRH weiterleitet – vorbehalten bleiben. Wenngleich es also keiner förmlichen Ablehnung eines Auftrags zur Sonderprüfung bedarf, wird der LRH – im Rahmen seiner Berichterstattungspflicht – seine Gründe für die Nichtbeachtung darzulegen haben.35 Durch die Beantragung einer Sonderprüfung kann immer nur eine bestehende Prüfungsbefugnis aktiviert, nie aber eine nicht bestehende Zuständigkeit des LRH begründet werden. Bei der Durchführung der Sonderprüfung ist der LRH vollkommen unabhängig. Insb ist die beantragende Stelle nicht befugt, ihm irgendwelche Fristen zu setzen.36 Sonderprüfungen hat der LRH nur hinsichtlich der Kontrolle einer Gebarung „aus dem Bereich des Landes“ durchzuführen. Diese Ergänzung wurde mit der TLO-Nov aus dem Jahr 2012 vorgenommen. Nach den einschlägigen Mat soll damit „zum Ausdruck gebracht [werden], dass die Prüfkompetenzen des Landesrechnungshofes im Sinn des neuen Art. 67 Abs. 4 lit. c und d [TLO 1989] sowie in jenen Fällen der lit. e, bei denen sich die Zuständigkeit des Landesrechnungshofes zur Prüfung gewisser Unternehmungen aufgrund der Beteiligung oder aufgrund des Betreibens durch eine Gemeinde mit weniger als 10.000 Einwohnern ergibt, nur von Amts wegen ausgeübt werden dürfen [sog Initiativprüfung]. Eine solche Einschränkung der Möglichkeit, Gebarungsprüfungen zu verlangen, ist bundesverfassungsgesetzlich aufgrund des Art. 127c Z. 2 B-VG in Verbindung mit Art. 127a B-VG geboten, da im Art. 127a B-VG lediglich die Abs. 7 und 8 Initiativrechte vorsehen, der Art. 127c Z. 2 B-VG dem Landesverfassungsgesetzgeber 34 ZB Hengstschläger, Landesrechnungshöfe der Bundesländer 15 mit Hinweis auf die Kompetenz des VfGH zur Entscheidung von Meinungsverschiedenheiten bezüglich der Prüfungskompetenz (vgl dazu Art 127c Abs 1 B‑VG). 35 Vgl zB iZm dem Erfordernis der ausreichenden inhaltlichen Bestimmtheit des Prüfungsauftrags Burgenländischer Landes-Rechnunghof, Rechtsmitteilung zum Antrag auf Überprüfung der Fördervergaben und Beteiligungen der WIBAG seit 1996 (2007) 19 f, http://www.blrh.at/fileadmin/user_upload/Leistungen/Berichte/Berichte_2007/Rechtsmitteilung_Foerderpruefungen_11.05.2007.pdf (06.09.2019). Denkbar wäre auch ein Auftrag, der von den dem LRH zustehenden Kompetenzen nicht gedeckt ist. 36 Baumgartner, Art 126b Rz 28.
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aber nur die Ermächtigung einräumt, den Abs. 1 bis 6 des Art. 127a B-VG entsprechende Bestimmungen zu erlassen.“37 „In gleicher Weise soll auch im § 3 Abs. 1 und 3 [LRechnungshofG] klargestellt werden, dass Sonderprüfungen auf Verlangen nur bei Gebarungsprüfungen ‚aus dem Bereich des Landes‘ in Frage kommen, während Gebarungsprüfungen im Zusammenhang mit Kleingemeinden immer nur auf eigene Initiative des Landesrechnungshofes erfolgen können.“38 Anträge auf Sonderprüfungen sind zu begründen, das Prüfungsobjekt, Gegenstand und Ziel der Prüfung sind anzugeben, sodass eine pflichtgemäße Erfüllung des Prüfungsauftrags möglich ist. Dabei ist zudem zu beachten, dass der LRH durch einen allzu weiten Prüfungsauftrag auch blockiert werden kann. Ein Antrag auf Sonderprüfung kann zurückgezogen werden, was den LRH aber nicht daran hindert, die Prüfung auf eigene Initiative vorzunehmen. Auf anhängige Prüfungsaufträge hat das Ende einer Legislaturperiode keine Auswirkungen.39 Initiativ- und Sonderprüfungen genießen Vorrang gegenüber den anderen Aufgaben des LRH.40
37 EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 2012/147, Tir LT XV. GP, GZ 562/12, 21. 38 Mat des IA zur Nov des LRechnungshofG LGBl 2013/20, Tir LT XV. GP, GZ 10/13, 6. 39 Vgl Bauer, Art 51 Rz 12 f. 40 § 3 Abs 6 LRechnungshofG.
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Artikel 69 Berichte (1) Der Landesrechnungshof hat dem Landtag über das Ergebnis jeder Prüfung aus dem Bereich des Landes einen Bericht vorzulegen. (2) Der Landesrechnungshof hat dem Landtag jährlich einen zusammenfassenden Bericht über seine Tätigkeit im vorangegangenen Kalenderjahr im Bereich des Landes zu erstatten. (3) Die Behandlung der dem Landtag vorzulegenden Berichte des Landesrechnungshofes obliegt nach der Vorberatung im Finanzkontrollausschuss dem Landtag. (4) Enthält ein solcher Bericht des Landesrechnungshofes Empfehlungen an die Landesregierung, so hat sie spätestens zwölf Monate nach der Behandlung des Berichtes im Landtag diesem über die aufgrund des Prüfungsergebnisses getroffenen Maßnahmen zu berichten. In diesem Bericht hat die Landesregierung gegebenenfalls darzulegen, warum den Empfehlungen nicht Rechnung getragen worden ist. (5) Der Landesrechnungshof hat das Ergebnis jeder Prüfung aus dem Bereich einer Gemeinde mit weniger als 10.000 Einwohnern dem Bürgermeister bekannt zu geben. Der Bürgermeister hat hierzu Stellung zu nehmen und dem Landesrechnungshof die aufgrund des Prüfungsergebnisses getroffenen Maßnahmen innerhalb von drei Monaten mitzuteilen. Der Landesrechnungshof hat das Ergebnis seiner Gebarungsüberprüfung samt einer allenfalls abgegebenen Äußerung des Bürgermeisters der Landesregierung mitzuteilen. (6) Der Landesrechnungshof hat dem Gemeinderat über seine Tätigkeit im vorausgegangenen Jahr, soweit sie sich auf die betreffende Gemeinde bezieht, spätestens bis 31. Dezember Bericht zu erstatten. Er hat jeden Bericht gleichzeitig mit der Vorlage an den Gemeinderat auch der Landesregierung mitzuteilen. Die Berichte des Landesrechnungshofes sind nach ihrer Vorlage an den Gemeinderat zu veröffentlichen. LGBl samt Erläuterungen: LGBl 1988/61 (X. GP AA 141/88 AB 141/88); LGBl 2003/17 (XIII. GP IA 429/2 AB 429/2); LGBl 2012/147 (XV. GP RV 562/12 AB 562/12)
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Literatur:* Berka, Rechnungshofkontrolle im Spannungsfeld von Öffentlichkeit und Geheimnisschutz, in Korinek (Hg), Die Kontrolle wirtschaftlicher Unternehmungen durch den Rechnungshof (1986) 419 ff; Hengstschläger, Die Geheimhaltungspflichten des Rechnungshofes (1990); Hengstschläger, Die Landesrechnungshöfe der Bundesländer – Gegenwartsprobleme und Entwicklungstendenzen, in Landesrechnungshof Steiermark (Hg), 20 Jahre Landesrechnungshof Steiermark (2002) 12 ff; Hengstschläger, 16. Teil. Gebarungskontrolle, in Pabel (Hg), Das österreichische Gemeinderecht (2015) Rz 257 ff; Österreichischer Städtebund (Hg), Gebarungskontrolle – Berichtsveröffentlichung und Datenschutz – Fachtagung 2013 (2013); Österreichischer Städtebund (Hg), Prüfungskompetenzen – Symposium 2018 (2019); Pabel, Kontrolle der Vollziehung, in Pürgy (Hg), Das Recht der Länder I (2012) 529 (553 ff); Schwamberger/Ranacher, Tiroler Landesordnung 19896: Kommentar (2017) 137 ff
Inhaltsübersicht I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben..................................... 1 II. Entstehungsgeschichte.................................................................. 4 III. „Rohbericht“, Prüfbericht, Umsetzungsbericht....................... 7 IV. Veröffentlichung von Berichten und Wahrung des Datenschutzes und sonstiger berechtigter Geheimhaltungsinteressen......................................................................................... 10
I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben 1 Es zählt zu den bundesverfassungsrechtlich konstituierten Systemmerkmalen, dass eine Rechnungshofkontrolle unmittelbar sanktionslos ist.1 Konsequenzen können allenfalls in weiterer Folge greifen, insb auch im Gefolge politischer Kontrollinstrumente. In gewisser Weise *
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Wesentliche Literaturhinweise finden sich auch in den Kommentierungen der jeweils – im Abschnitt „Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben“ bezogenen – „analogen“ Bestimmungen im siebenten Hauptstück des B-VG („Rechnungs- und Gebarungskontrolle“). Weite Strecken dieser Kommentierungen und der Aussagen in der dort zit Lit zum RH des Bundes können auf die Landesebene übertragen werden. Ergiebig sind va die Kommentierungen in Kneihs/Lienbacher (Hg), Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht; Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht; Hengstschläger, Rechnungshofkontrolle. Kommentar zum fünften Hauptstück des B-VG „Rechnungs- und Gebarungskontrolle“ (2000) sowie Mayer/Muzak, B-VG5 (2015) 421 ff. Ebenfalls auf die Tir Rechtslage häufig übertragbar sind die Kommentierungen von Bauer und Lais zu den Art 45a ff L-VG, in Grabenwarter (Hg), Steiermärkische Landesverfassung (2013). S dazu Kahl, Art 67 (in diesem Band) Rz 4.
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zwischen diesen Positionen kommt das Berichtwesen des RH und der LRH zu liegen. Die als Gutachten zu qualifizierenden Berichte sorgen für die erforderliche Öffentlichkeit und machen die Prüfungen transparent. So ist das Berichtswesen im Ergebnis von wesentlicher Bedeutung für das Instrument der finanziellen Kontrolle durch den (L-)RH und erhöht dessen faktische Wirkung erheblich.2 Der RH unterliegt – je nachdem, welcher Aufgabe er im Konkreten 2 nachkommt, – verschiedenen Berichtspflichten. In Bezug auf die Gebarungsprüfung der Länder sind solche in Art 127 Abs 5, 6 und 7 B-VG geregelt. Danach hat der RH das Ergebnis seiner Überprüfung an die LReg (Abs 5), sowie Prüfberichte über Sonderprüfungen an die ersuchende Stelle, die LReg oder den LT, zu übermitteln (Abs 7). Auch die Erstellung von Jahres- und Wahrnehmungsberichten ist geregelt (Abs 6). Ähnliche Berichtspflichten bestehen bezüglich der Gebarungsprüfung von Gemeinden nach Art 127a Abs 5, 6 und 8 B-VG. All diese Berichtspflichten beziehen sich nicht auf den LRH. Dessen 3 Berichtspflichten sind den bundesverfassungsrechtlichen aber nachgebildet.3 In Bezug auf die Form von (Landes-)Rechnungshofberichten macht das B-VG ebenfalls keinerlei Vorgaben. Um ihre verfassungsrechtliche Funktion zu erfüllen, müssen sie aber schriftlich und darüber hinausgehend so gestaltet sein, dass ein hinreichendes Urteil bezüglich der geprüften Umstände möglich ist. Sie müssen die wichtigsten Feststellungen, Kritikpunkte und Empfehlungen des (L-)RH enthalten und an die Bedürfnisse des Adressatenkreises angepasst sein.4 Auf die bundesverfassungsrechtlichen Grundlagen in Bezug auf Geheimhaltungspflichten wird in Rz 10 ff eingegangen.
II. Entstehungsgeschichte Auch für Art 69 TLO 1989 in seiner StF gilt, dass er zu großen Teilen 4 den entsprechenden Bestimmungen (§§ 7 und 8) des Landes-Kontroll2
Berka, Rechnungshofkontrolle 432; Kroneder-Partisch, Art 126d B-VG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (2001) Rz 3. 3 Vgl Bauer, Art 52 Stmk L-VG, in Grabenwarter (Hg), Steiermärkische Landesverfassung (2013) Rz 5 ff. 4 Kroneder-Partisch, Art 126d Rz 7.
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amtsgesetzes 19825 nachgebildet wurde. Eine Änderung erfolgte hinsichtlich der Frist, innerhalb derer die LReg dem LT eine Äußerung zu den Prüfberichten vorlegen kann; diese wurde von vier6 auf sechs7 Wochen erhöht. Im Gefolge der Regelung in der TLO 1989 sind vereinzelte Regelungen aus dem Verfassungsrang in einfache Gesetze überführt worden. Bspw wurde die Möglichkeit, dass Berichte des Landes-Kon trollamts „Vorschläge für die Beseitigung von Mängeln und für eine zweckmäßigere Gestaltung des Verwaltungsablaufes, ferner Hinweise auf die Möglichkeit der Verminderung oder Vermeidung von Ausgaben sowie auf die Möglichkeit der Erhöhung oder Schaffung von Einnahmen enthalten“8 können, nur noch einfachgesetzlich in § 7 LandesKontrollamtsgesetz 19899 normiert. Auch der Passus über die Notwendigkeit eines Zusatzberichts, falls Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse berührt werden, wurde nicht in die TLO 1989 übernommen.10 Das damalige Recht des Kontrollamtsdirektors, an Sitzungen des Kontrollausschusses mit beratender Stimme teilzunehmen, in denen Berichte des Landes-Kontrollamts behandelt werden, und die Notwendigkeit, dass bei Berührung von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen der LT eine vertrauliche Sitzung abzuhalten hat, wurden in die Tir GO LT überführt.11 5 Mit der Einführung des LRH wurde Art 69 TLO 1989 in größerem Ausmaß umgestaltet. Abs 2 wurde dahingehend geändert, dass statt über „die Ergebnisse“ nur noch zusammenfassend über „die Tätigkeit“ ein Jahresbericht zu erstatten ist, gleichzeitig wurde die Frist („bis spätestens 1. Juli des folgenden Jahres“) aus der Landesverfassung gestrichen und (verkürzt auf den 15. April des Folgejahres) in das LRechnungshofG aufgenommen. Ebenso wurden die Bestimmungen zur Vorlage der Berichte an die LReg in das LRechnungshofG überführt. Die Berichtsmöglichkeit der LReg an den LT wurde in der Neufassung des Abs 4 in eine ebensolche Pflicht (über die aufgrund der Prüfungsergebnisse getroffenen Maßnahmen) an den Finanzkontrollausschuss 5 Gesetz vom 16. November 1982 über das Landes-Kontrollamt, LGBl 1983/4. 6 § 7 Abs 4 Landes-Kontrollamtsgesetz 1982. 7 Art 69 Abs 3 TLO 1989. 8 § 7 Abs 1 Landes-Kontrollamtsgesetz 1982. 9 Gesetz vom 16. Oktober 1989 über das Landes-Kontrollamt, LGBl 1989/80. 10 § 8 Abs 2 Landes-Kontrollamtsgesetz 1989. 11 § 8 Abs 3 und 4 Landes-Kontrollamtsgesetz 1982, nunmehr § 64 Abs 3 und § 42 Abs 6 Tir GO LT.
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umgewandelt, sofern ein Bericht des LRH Beanstandungen oder Verbesserungsvorschläge enthält, die die LReg zu vertreten hat. Neu ist die Frist von zwölf Monaten ab Behandlung des jeweiligen Berichts im Finanzkontrollausschuss. Abs 5 zur Berichtspflicht des Finanzkontrollausschusses an den LT wurde gestrichen und durch einfachgesetzliche Regelungen in der Tir GO LT ersetzt.12 Die TLO-Nov 201213 stand im Zeichen der Ausdehnung der Prüfungs- 6 kompetenz des LRH auf Gemeinden unter 10.000 Einwohnern. Neben den dafür notwendigen Klarstellungen („aus dem Bereich des Landes“ in Abs 1 und 2 und „solcher“ in Abs 4) wurden die Abs 5 und 6 betr die wechselseitigen Berichts-, Stellungnahme-, Mitteilungs- und Veröffentlichungspflichten nach Prüfungen von Gemeinden unter 10.000 Einwohnern neu in die TLO 1989 eingefügt. Die Behandlung der dem LT vorzulegenden Berichte obliegt nunmehr dem LT selbst, dem Finanzkontrollausschuss kommt nur noch die Vorberatung zu (Abs 3). Dementsprechend wurde die Formulierung des Abs 4 angepasst und ebendort die Wendung „Beanstandungen und Verbesserungsvorschläge“ durch „Empfehlungen“ ersetzt.
III. „Rohbericht“, Prüfbericht, Umsetzungsbericht Gem Art 69 Abs 1 TLO 1989 hat der LRH dem LT über das Ergebnis 7 jeder Prüfung aus dem Bereich des Landes einen Bericht vorzulegen. Diese Berichtspflicht wurde mit der TLO‑Nov 201214 an die damit ermöglichte Überprüfung von Kleingemeinden durch den LRH angepasst. Seit diesem Zeitpunkt muss bezüglich der Berichtspflichten zwischen Prüfungen aus dem Bereich des Landes und solchen aus dem Bereich einer Gemeinde unterschieden werden. In den Bereich der Gemeinde fallen die Prüfungskompetenzen nach Art 67 Abs 4 lit c und d sowie jene Fälle der lit e, in denen eine Kleingemeinde eine entsprechende Beteiligung an einem Unternehmen hält.15 Bevor ein den Bereich des Landes betr Prüfbericht aber dem LT übermittelt wird, muss der LRH das vorläufige Ergebnis seiner Über12 13 14 15
Nunmehr § 64 Abs 4 Tir GO LT. LGBl 2012/147. LGBl 2012/147. EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 2012/147, Tir LT XV. GP, GZ 562/12, 21.
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prüfung aus dem Bereich des Landes, also idS den „Rohbericht“, nach § 7 Abs 1 LRechnungshofG der LReg16 übersenden. Diese kann hiezu innerhalb zweier Monate eine Äußerung erstatten. Fristgerechte Stellungnahmen müssen in die Erwägungen des LRH miteinbezogen und in den Prüfbericht eingearbeitet werden. Die Äußerung der LReg ist dem Bericht als Beilage anzuschließen. Die frühzeitige Weitergabe von Rohberichten kann sowohl strafrechtliche als auch zivilrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.17 Prüfberichte aus dem Bereich des Landes hat der LRH gem § 7 Abs 2 LRechnungshofG dem LTPräs zur weiteren Behandlung im LT und der LReg, den Klubs und der geprüften Stelle zu übermitteln. Der LTPräs muss Berichte des LRH unmittelbar nach deren Einlangen in der Landtagsdirektion an die Mitglieder des Finanzkontrollausschusses weiterleiten (§§ 19 Abs 4, 64 Abs 1 Tir GO LT). Der Ausschuss hat dem LT einen Bericht vorzulegen (§ 64 Abs 4 Tir GO LT). Die Berichte des LRH sind nach § 23 Abs 1 lit p Tir GO LT Verhandlungsgegenstände des LT. Dem Landesrechnungshofdirektor kommt allerdings – im Unterschied zum Rechnungshofpräsidenten im NR – kein Rederecht zu. Nach der Behandlung im Finanzkontrollausschuss hat der LRH die Berichte auf seiner Internetseite zu veröffentlichen. Die zit Bestimmungen kleiden Art 69 Abs 3 TLO 1989 aus, wonach die Behandlung der dem LT vorzulegenden Berichte des LRH dem LT nach der Vorberatung im Finanzkontrollausschuss obliegt. Enthält ein solcher Bericht Empfehlungen18 an die LReg, hat diese spätestens zwölf Monate nach der Behandlung des Berichts im LT diesem die aufgrund des Prüfungsergebnisses getroffenen Maßnahmen darzulegen. In diesem Umsetzungsbericht (Maßnahmenbericht) hat die LReg allenfalls auszuführen, warum den Empfehlungen des LRH
16 Das System, dass die LReg mit Regierungsbeschluss eine Stellungnahme zum „Rohbericht“ abgeben muss, weicht vom auf Bundesebene für den RH normierten System ab. Dort hat die geprüfte Einrichtung eine Stellungnahme abzugeben (§ 5 RHG). 17 Bauer, Art 52 Rz 17 mit Verweis auf § 122 StGB (Verletzung von Geschäftsund Betriebsgeheimnissen) und zivilrechtliche Schadenersatzpflichten. Fister, Gebarungskontrolle und Geheimnisschutz, in Österreichischer Städtebund (Hg), Gebarungskontrolle – Berichtsveröffentlichung und Datenschutz (2013) 17 (18), verweist weiters auf § 11 UWG und §§ 123 und 124 StGB. 18 Nach § 7 Abs 2 LRechnungshofG müssen solche Empfehlungen „ausdrücklich als solche bezeichnet“ sein.
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nicht Rechnung getragen worden ist (Art 69 Abs 4 TLO 1989;19 § 7 Abs 2 LRechnungshofG). Diese explizite Äußerungspflicht bei Nicht umsetzung der Empfehlungen erhöht die faktische Effektivität von Landesrechnungshofberichten. Art 69 Abs 5 TLO 1989 enthält entsprechende Regelungen für die Prü- 8 fung der Gebarung von Kleingemeinden. Danach hat der LRH das (vorläufige)20 Ergebnis jeder Prüfung aus dem Bereich einer Gemeinde mit weniger als 10.000 Einwohnern dem Bgm bekannt zu geben („Rohbericht“). Der Bgm hat hiezu Stellung zu nehmen.21 Hat der Bgm fristgerecht eine Äußerung abgegeben, muss der LRH diese in seine Erwägungen miteinbeziehen und in seinen Bericht einarbeiten. Die Äußerung des Bgm ist dem Bericht als Beilage anzuschließen (§ 7 Abs 3 LRechnungshofG). Der Bgm muss dem LRH die aufgrund des Prüfungsergebnisses getroffenen Maßnahmen innerhalb dreier Monate mitteilen (Umsetzungsbericht, Maßnahmenbericht).22 Er hat also bereits in seiner Stellungnahme zum „Rohbericht“ die aufgrund des vorläufigen Prüfungsergebnisses getroffenen Maßnahmen darzulegen. Der LRH muss das Ergebnis einer Prüfung der Gebarung einer Kleingemeinde samt einer allenfalls abgegebenen Äußerung des Bgm der LReg mitteilen. Dies ist die Berichterstattung über das endgültige Ergebnis. Dieses Procedere ist der Berichterstattung an den GR vorgeschaltet. Diesem hat der LRH nach Art 69 Abs 6 TLO 1989 über seine Tätigkeit im vorausgegangenen Jahr, soweit sie sich auf die betr Gemeinde bezieht, spätestens bis 31.12. Bericht zu erstatten. Den Bericht über eine Prüfung aus dem Bereich einer Kleingemeinde hat der LRH bis 31.12. des Jahres dem GR der betr Gemeinde sowie der LReg zur Prüfung vorzulegen (§ 7 Abs 4 LRechnungshofG). Die Berichte des LRH sind nach ihrer Vorlage an den GR auf der Internetseite des LRH zu veröffentlichen (§ 7 Abs 4 LRechnungshofG). 19 In praxi werden in Tirol rund 80 % der vorgeschlagenen Maßnahmen von der Politik umgesetzt. So Auer, Veröffentlichung von Berichten am Beispiel des LRH von Tirol, in Österreichischer Städtebund (Hg), Gebarungskontrolle – Berichtsveröffentlichung und Datenschutz (2013) 49 (55). 20 Dass es sich nur um das vorläufige Ergebnis iSe Rohberichts handelt, ergibt sich aus § 7 Abs 3 LRechnungshofG ausdrücklich, aus Art 69 Abs 5 TLO 1989 durch die nachfolgende Stellungnahmepflicht des Bgm implizit. 21 Diese Pflicht zur Stellungnahme ist Art 127a Abs 5 B-VG nachgebildet. 22 Die Stellungnahmepflicht ist hier – anders als in Bezug auf die Stellungnahme zu Rohberichten aus dem Bereich des Landes – bereits auf landesverfassungsrechtlicher Ebene festgelegt.
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Berichte, die die Gebarung einer Gemeinde betreffen, dürfen im Finanzkontrollausschuss des LT nicht behandelt werden (§ 64 Abs 2 Tir GO LT). 9 Der Landesverfassungsgesetzgeber hat betont, dass § 7 Abs 4 LRechnungshofG die Pflicht zur Erstattung eines Prüfberichts betr Kleingemeinden an den GR als oberstes Organ „entsprechend den Vorgaben des Art. 69 Abs. 6 TLO 1989 und des Art. 127a Abs. 6 in Verbindung mit Art. 127c Z. 2 B-VG“ konkretisiert. Art 127a Abs 6 B-VG regelt nun aber – wie Art 69 Abs 6 TLO 1989 – die Übermittlung des jährlichen Tätigkeitsberichts, und zwar im „vorausgegangenen Jahr“, wo runter das der Prüfung vorausgehende Kalenderjahr23 zu verstehen ist. § 7 Abs 4 LRechnungshofG legt hingegen die Übermittlung des Prüfberichts bis Ende des Jahres, in dem die Prüfung stattgefunden hat, fest. Das explizite Anknüpfen des Landesverfassungsgesetzgebers an Art 127a Abs 6 B-VG und diese Regelung scheinen nicht recht zusammenzupassen. Die Unklarheiten gehen aber noch weiter, weil sie auch auf den Tätigkeitsbericht nach Art 69 Abs 2 TLO 1989 ausstrahlen. Danach hat der LRH dem LT jährlich einen zusammenfassenden Bericht über seine Tätigkeit im vorangegangenen Kalenderjahr zu erstatten. Diese Regelung über den Tätigkeitsbericht bezieht sich aber ausdrücklich nur auf Tätigkeiten „im Bereich des Landes“. Die Mat zum LRechnungshofG24 halten wiederum fest, dass der nach § 7 Abs 5 LRechnungshofG – bis 15.4. – zu erstellende Tätigkeitsbericht für den LT – betr das vergangene Kalenderjahr – sowohl die Prüfung aus dem Bereich des Landes als auch jene aus dem Bereich der Kleingemeinden zusammenzufassen hat.25 Begibt man sich aber auf die Suche nach einer landesverfassungsrechtlichen Grundlage für einen Tätigkeitsbericht aus dem Bereich der Gemeinden an den LT, gelangt man (nur) zu Art 69 Abs 6 TLO 1989, der aber von der Berichterstattung (Tätigkeitsbericht) an den GR handelt. Art 69 Abs 6 TLO 1989 ist gem den Mat – wie erwähnt – in § 7 Abs 4 LRechnungshofG und nicht in dessen Abs 5 konkretisiert, dies 23 Kroneder-Partisch, Art 127a B-VG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (2001) Rz 14; Hengstschläger, Rechnungshofkontrolle 179 f. 24 Mat des IA zur Nov des LRechnungshofG LGBl 2013/20, Tir LT XV. GP, GZ 10/13, 9. 25 So unterscheidet § 7 Abs 5 leg cit diesbezüglich auch nicht und spricht nur von der Tätigkeit des LRH im vorangegangenen Kalenderjahr.
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mit den Unklarheiten bezüglich der Formulierungen „vorausgegangenes Jahr“ (Art 69 Abs 6 TLO 1989) und „spätestens bis 31. Dezember des Jahres der Prüfung“ (§ 7 Abs 4 LRechnungshofG). Der in § 7 Abs 5 LRechnungshofG jeweils bis 15.4. verlangte Tätigkeitsbericht ist in Bezug auf den Bereich der Gemeinden entweder landesverfassungsrechtlich gar nicht oder – mit den erwähnten Problemen – in Art 69 Abs 6 TLO 1989 grundgelegt. Dieser führt aber – wie auch die Mat betonen – nicht zu § 7 Abs 5 LRechnungshofG, sondern zu dessen Abs 4. Der wesentliche Grund für diese mögliche Verwirrung ist in Art 69 Abs 2 TLO 1989 gelegen, der den zusammenfassenden Tätigkeitsbericht an den LT expressis verbis auf den Bereich des Landes beschränkt, während die Mat den umfänglichen, ebenso den Bereich der Gemeinden erfassenden Charakter betonen.
IV. Veröffentlichung von Berichten und Wahrung des Datenschutzes und sonstiger berechtigter Geheimhaltungsinteressen Wie auf bundesverfassungsrechtlicher Ebene enthalten auch die Tir lan- 10 desverfassungsrechtlichen Regelungen26 über den (L-)RH keine Bestimmungen über den Geheimnisschutz. Dabei ist evident, dass die Prüfungen des LRH samt den Berichts- und Veröffentlichungspflichten in einem Spannungsverhältnis zu einfachgesetzlichen und grundrechtlichen Bestimmungen über den Schutz personenbezogener Daten und sonstiger Geheimhaltungsinteressen stehen.27 Auf verfassungsrechtlicher Ebene ist zunächst Art 8 EMRK zu erwähnen, der ua den Schutz von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen28 umfasst. Der in seinem Abs 2 formulierte Gesetzesvorbehalt trägt ge26 Das ist etwa in der Stmk anders, wo Art 52 Abs 2 und 3 des Stmk L-VG Bezeichnungs- und Streichungspflichten vorschreiben. 27 Die Verpflichtung zur Amtsverschwiegenheit findet auf den LRH als Organ des Tir LT keine Anwendung, weil diese gem Art 20 Abs 3 B-VG nur Verwaltungsorgane bindet. Vgl in Bezug zum RH bereits Hengstschläger, Geheimhaltungspflichten 19. 28 Der OGH versteht unter Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen Tatsachen und Erk kommerzieller oder technischer Art, die bloß einer bestimmten und begrenzten Zahl von Personen bekannt sind, nicht über diesen Kreis hinausdringen sollen und an deren Geheimhaltung ein wirtschaftliches Interesse besteht. ZB RIS‑Justiz RS0079599, RS0079583. S auch OGH 18.06.1970, 9 Os 7/70.
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setzlich vorgesehene Eingriffe einer öffentlichen Behörde, wenn diese eine Maßnahme darstellen, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist. Es steht außer Streit, dass auch die finanzielle Kontrolle durch den LRH sowie die damit einhergehenden Berichts- und Veröffentlichungspflichten „zum wirtschaftlichen Wohl eines Landes“ beitragen und von Art 8 Abs 2 EMRK gedeckt sind.29 Art 7 GRC enthält die entsprechende Verbürgung auf unionsrechtlicher Ebene. In diese Vorgaben passt ebenso das Grundrecht auf Datenschutz. Auch die DSGVO30 rechtfertigt – vor dem Hintergrund des Art 8 GRC – eine Beschränkung des Grundrechts ua insb wegen eines wichtigen wirtschaftlichen oder finanziellen Interesses der Union oder eines MS (Art 23 Abs 1 lit e DSGVO). 11 Es liegt auf der Hand und spiegelt sich in der höchstgerichtlichen Judikatur wider, dass das hier in Rede stehende Spannungsverhältnis nie gänzlich zugunsten des einen oder des anderen Interesses aufgelöst werden kann. Vielmehr kommt stets eine Interessenabwägung zur Anwendung, die auf den jeweils konkreten Einzelfall abzustellen hat. Dabei ist auch bedeutend, auf welcher Ebene das Spannungsverhältnis besteht. Dieses lässt sich drei Ebenen bzw Phasen zuordnen: der Ebene der Prüfung, der Ebene zwischen (L-)RH und Parlament sowie der Ebene der Berichterstattung an die Öffentlichkeit. Auf der ersten Ebene ist der Geheimnisschutz auf ein Minimum reduziert, sodass die geprüfte Stelle dem LRH in aller Regel Einschau in sämtliche Unterlagen zu gewähren und sämtliche Auskünfte zu erteilen hat. Ausgenommen können hier nur Informationen sein, die für die Prüfung unter keinen Umständen relevant sein können. Daraus ergibt sich aber natürlich keine umfassende Berichtspflicht an die Allgemeinheit.31
29 Für viele Hengstschläger, Rechnungshofkontrolle 163 f. 30 VO 679/2016/EU, ABl 2016 L 119/1 (Datenschutz-Grundverordnung). 31 Hiezu und zum Folgenden mit Verweis auf die – auf die Landesebene übertragbare – Judikatur zur Bundesebene (zB betr den ORF VfSlg 19.065/2003) Fister, Gebarungskontrolle 19 ff. S auch Souhrada‑Kirchmayer, Datenschutz im Zusammenhang mit Kontrollamtsberichten, in Österreichischer
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Auch auf der zweiten Ebene, jener zwischen LRH und Parlament, hat eine Interessenabwägung stattzufinden. Bei dieser ist – wie es ganz grds einen Unterschied macht, wer jeweils Informationsempfänger ist und ob dieser selbst an Geheimhaltungspflichten gebunden ist – nun den Belangen der öffentlichen Kontrolle im Konflikt mit Geheimhaltungsinteressen idR ein größeres Gewicht zuzumessen, wenn es sich um einen Bereich handelt, der einer Bindung iSd Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe unterliegt. Gegenüberzustellen sind allfällige wirtschaftliche Einbußen (eines Unternehmens) einerseits und das konkrete Kontrollanliegen andererseits.32 In Tirol gilt bis zur Veröffentlichung der Berichte des LRH eine Ver- 12 schwiegenheitsverpflichtung.33 Zu verfassungsrechtlichen und dienstrechtlichen Verpflichtungen tritt in Bezug zum Landesrechnungshofdirektor § 6 LRechnungshofG, der sich – auf einfachgesetzlicher Ebene – mit „Vertraulichkeit, Datenschutz“ beschäftigt. Nach dieser Bestimmung hat der Direktor des LRH, der im Rahmen der Erfüllung seiner Aufgaben „Verantwortlicher“ iSd Art 4 Z 7 DSGVO ist,34 in seinem Verantwortungsbereich35 durch geeignete Vorkehrungen dafür zu sorgen, dass sowohl über einzelne im Rahmen der Tätigkeit des LRH bekannt gewordene Tatsachen als auch über die Prüfungsergebnisse bis zum Abschluss der Behandlung im Finanzkontrollausschuss bzw bis zur Vorlage des Berichts an den GR strengste Verschwiegenheit gewahrt wird.36 In den geschilderten Zusammenhang lässt sich ebenso § 6 Abs 2 LRechnungshofG einordnen, wonach in den veröffentlichten Berichten des LRH geeignete Vorkehrungen zur Wahrung des Daten-
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Städtebund (Hg), Gebarungskontrolle – Berichtsveröffentlichung und Datenschutz (2013) 1 (11). Ausführlich dazu Berka, Rechnungshofkontrolle 441 ff. Auer, Veröffentlichung 51. So § 6a LRechnungshofG. Die sachlich schlüssige Beschränkung auf den eigenen Verantwortungsbereich erfolgte mit der Nov 2013 zum LRechnungshofG, LGBl 2013/20. Dazu die Mat des IA zur Nov des LRechnungshofG LGBl 2013/20, Tir LT XV. GP, GZ 10/13, 7: „Dem Verantwortungsbereich des Landesrechnungshofdirektors sind im Rahmen der Prüftätigkeit bekannt gewordene Tatsachen oder dessen Prüfergebnisse dann entzogen, sobald diese aufgrund gesetzlicher Vorgaben anderen Stellen außerhalb des Landesrechnungshofes zu übermitteln bzw. zu berichten sind.“ Dies gilt natürlich nicht im Verhältnis zur geprüften Dienststelle, zum geprüften Unternehmen oder zur geprüften sonstigen Einrichtung.
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schutzes und zum Schutz sonstiger berechtigter Geheimhaltungsinteressen zu treffen sind.37 In der Praxis stimmt der LRH seine Vorgehensweise mit den geprüften Unternehmen ab.38 Zu erwähnen ist noch, dass Berichte des LRH an den LT im Wege des LTPräs zu übermitteln sind, die Landtagsdirektion im Rahmen der Erfüllung ihrer Aufgaben „Verantwortlicher“ nach der DSGVO ist (§ 21a Abs 1 Tir GO LT) und dass Berichte des Finanzkontrollausschusses in vertraulicher Sitzung zu behandeln sind, soweit diese Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse berühren (§ 42 Abs 6 Tir GO LT).
37 Vgl zu diesem Themenkomplex instruktiv auch Tir Landesrechnungshof, Tätigkeitsbericht 2007 (2008) 22 ff, https://www.tirol.gv.at/fileadmin/landtag/landesrechnungshof/downloads/berichte/2008/e2008taetigkeitsb.pdf (12.03.2019). 38 So Auer, Veröffentlichung 53.
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Artikel 70 Organisation des Landesrechnungshofes (1) Der Landesrechnungshof besteht aus dem Direktor und der für die Besorgung seiner Aufgaben erforderlichen Anzahl an Prüfern und sonstigen Bediensteten. (2) Der Direktor des Landesrechnungshofes wird vom Landtag auf Vorschlag des Landtagspräsidenten und nach Anhören des Obleuterates bei Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Abgeordneten mit einer Mehrheit von wenigstens zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen auf die Dauer von zwölf Jahren gewählt. Eine Wiederwahl ist nicht zulässig. (3) Der Direktor des Landesrechnungshofes ist für seine Tätigkeit ausschließlich dem Landtag verantwortlich. Er kann durch einen Beschluss des Landtages, für den die Voraussetzungen nach Abs. 2 erster Satz gelten, vorzeitig abberufen werden. (4) Die Landesregierung hat die für die Besorgung der Aufgaben des Landesrechnungshofes erforderlichen Sach- und Geldmittel sowie die aus dem Stellenplan sich ergebende Anzahl von Landesbediensteten für den Landesrechnungshof nach Anhören des Landtagspräsidenten zur Verfügung zu stellen. Dem Landtagspräsidenten obliegt die Ausübung der sonst der Landesregierung zustehenden Diensthoheit über den Direktor des Landesrechnungshofes und die beim Landesrechnungshof verwendeten Landesbediensteten, mit Ausnahme der Erlassung von Verordnungen. (5) Das Nähere über den Landesrechnungshof wird durch Landesgesetz geregelt. LGBl samt Erläuterungen: LGBl 1988/61 (X. GP AA 141/88 AB 141/88); LGBl 2003/17 (XIII. GP IA 429/2 AB 429/2); LGBl 2012/147 (XV. GP RV 562/12 AB 562/12); LGBl 2014/65 (XVI. GP IA 177/14) Literatur:* Bußjäger, Was ist ein Landesrechnungshof? … und andere Fragen zur B-VG-Novelle BGBl I 2010/98, ZfV 2011, 737 ff; Hengstschläger, Landes*
Wesentliche Literaturhinweise finden sich auch in den Kommentierungen der jeweils – im Abschnitt „Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben“ bezogenen – „analogen“ Bestimmungen im siebenten Hauptstück des B-VG
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rechnungshöfe, in Aichinger (Hg), Wieviel Macht braucht die Kontrolle? (1999) 12 ff; Hengstschläger, Die Landesrechnungshöfe der Bundesländer – Gegenwartsprobleme und Entwicklungstendenzen, in Landesrechnungshof Steiermark (Hg), 20 Jahre Landesrechnungshof Steiermark (2002) 12 ff; Kuprian, Die Kon trolle der Gemeindegebarung, SPRW 2013, 37; Österreichischer Städtebund (Hg), Prüfungskompetenzen – Symposium 2018 (2019); Pabel, Kontrolle der Vollziehung, in Pürgy (Hg), Das Recht der Länder I (2012) 529 ff; Schwamberger/ Ranacher, Tiroler Landesordnung 19896: Kommentar (2017) 139 f
Inhaltsübersicht I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben..................................... 1 II. Entstehungsgeschichte.................................................................. 3 III. Organisation des Landesrechnungshofs.................................... 6
I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben 1 Das B-VG enthält auch für die Organisation der LRH Vorgaben, die in Bezug auf die Gleichartigkeit dieser Einrichtungen mit dem RH von Bedeutung sind.1 Im Mittelpunkt stehen das Abberufungsrecht bezüglich des Rechnungshofpräsidenten, die Dauer seiner Bestellung und die Möglichkeit seiner Wiederwahl, Unvereinbarkeitsbestimmungen, die Diensthoheit über den Präs und die im RH tätigen Bediensteten sowie die Zuteilung von Personal und Sachmitteln.2 Wesentlich ist, dass der „Kernbereich der Organisation“ der Landeskontrolleinrichtung von jener des RH nicht verschieden ist.3
(„Rechnungs- und Gebarungskontrolle“). Weite Strecken dieser Kommentierungen und der Aussagen in der dort zit Lit zum RH des Bundes können auf die Landesebene übertragen werden. Ergiebig sind va die Kommentierungen in Kneihs/Lienbacher (Hg), Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht; Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht; Hengstschläger, Rechnungshofkontrolle – Kommentar zu den Artikeln 121 bis 128 B-VG (2000) sowie Mayer/Muzak, B-VG5 (2015). Ebenfalls auf die Tir Rechtslage häufig übertragbar sind die Kommentierungen von Bauer und Lais zu den Art 45a ff Stmk L-VG, in Grabenwarter (Hg), Steiermärkische Landesverfassung (2013). 1 S zu Art 127c B-VG sowie zur relativen Verfassungsautonomie der Länder Kahl, Art 67 (in diesem Band) Rz 3 und 39. 2 Vgl Bußjäger, ZfV 2011, 740. 3 Moritz, Art 127c B-VG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (2003) Rz 10.
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Nach Art 122 Abs 3 B-VG besteht der RH aus einem Präs und den 2 erforderlichen Beamten und Hilfskräften. Der Präs wird nach Art 122 Abs 4 B-VG auf Vorschlag des Hauptausschusses vom NR für eine Funktionsperiode von zwölf Jahren gewählt, eine Wiederwahl ist unzulässig. Er kann durch Beschluss des NR abberufen werden und ist nach Art 123 Abs 1 leg cit – je nach dem für wen er funktionell tätig wird – hinsichtlich der Verantwortlichkeit den Mitgliedern der BReg oder den Mitgliedern der in Betracht kommenden LReg gleichgestellt. Art 125 Abs 1 B-VG bestimmt, dass der BPräs die Beamten des RH auf Vorschlag und unter Gegenzeichnung des Präs des RH ernennt. Die Diensthoheit des Bundes gegenüber den beim RH Bediensteten wird vom Präs des RH ausgeübt (Art 125 Abs 3 B-VG). Hinsichtlich der Unvereinbarkeiten legt Art 126 B-VG fest, dass kein Mitglied des RH an der Leitung und Verwaltung von Unternehmungen beteiligt sein darf, die der Kontrolle durch den RH unterliegen. Ebenso wenig darf ein Mitglied des RH an der Leitung und Verwaltung sonstiger auf Gewinn gerichteter Unternehmungen teilnehmen.
II. Entstehungsgeschichte Die Bestimmungen der StF der TLO 19894 zur Organisation des Lan- 3 des-Kontrollamts hatten Vorbilder in den (Landesverfassungsbestimmungen der) §§ 4 und 5 Landes-KontrollamtsG 19825, die inhaltlich zum großen Teil in die TLO 1989 übernommen wurden. Hinsichtlich des Kontrollamtsdirektors ist die Voraussetzung entfallen, dass dieser Landesbediensteter sein muss. Gleichzeitig wurden der Hinweis auf Art 21 Abs 3 B-VG und die Regelung, dass sein Amt jedenfalls mit dem Antritt des Ruhestandes oder dem Ende seines Dienstverhältnisses zum Land endet (§ 4 Abs 5 leg cit), nicht in die TLO 1989 übernommen. Weiters wurde klargestellt, dass der Kontrollamtsdirektor – neben allgemeinen Vertretungskörpern – auch nicht der BReg oder LReg angehören darf. Neu war – konsequenterweise – der Verweis auf die nähere Regelung durch LG im Abs 5. Die TLO-Nov 20026 brachte für die Organisation des (nunmehrigen) 4 LRH bedeutende Änderungen. Einerseits wurden die Bestimmungen 4 LGBl 1988/61. 5 Gesetz vom 16. November 1982 über das Landes-Kontrollamt, LGBl 1983/4 idF LGBl 1989/80. 6 LGBl 2003/17.
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zur Bestellung, Verantwortlichkeit und Abberufung des Direktors detaillierter (im großteils heute noch aktuellen Wortlaut) ausgeführt und die Amtszeit auf sechs Jahre mit der einmaligen Möglichkeit zur Wiederbestellung festgelegt sowie die Diensthoheit des LTPräs normiert. Andererseits wurden die Regelungen zur Unabhängigkeit und zu den Erfordernissen, die der Direktor erfüllen muss, aus der Landesverfassung in das (einfache) LRechnungshofG überführt. 5 Seit der TLO-Nov 20127 beträgt die Amtszeit des Direktors zwölf Jahre ohne Wiederbestellungsmöglichkeit. Im Zuge der TLO-Nov 20148 wurde die Wendung „Die Landesregierung hat die für die Besorgung der Aufgaben des Landesrechnungshofes erforderlichen Sach- und Geldmittel sowie die aus dem Stellenplan sich ergebende Anzahl von Landesbediensteten für den Landesrechnungshof nach Anhören des Landtagspräsidenten zur Verfügung zu stellen“ in Abs 4 aufgenommen.
III. Organisation des Landesrechnungshofs 6 Der LRH besteht aus dem Direktor und der für die Besorgung seiner Aufgaben erforderlichen Anzahl an Prüfern und sonstigen Bediensteten. Diese Formulierung ist der in Art 122 Abs 3 B-VG ähnlich. Sie organisiert den Tir LRH zunächst einmal – dem entsprechenden bundesverfassungsrechtlich vorgegebenen Strukturmerkmal entsprechend9 – monokratisch. Somit bestimmt die Tätigkeit des LRH der Direktor, der diese zugleich auch verantwortet. Dann garantiert Art 70 Abs 1 TLO 1989 dem LRH aber auch eine seiner Funktion angemessene Ausstattung mit personellen Ressourcen. Umfasst ist von dieser in Gestalt eines Verfassungsauftrags an den Budgetgesetzgeber formulierten jedenfalls garantierten Ausstattung sowohl eine erforderliche Anzahl als auch eine erforderliche Qualität der Bediensteten.10 7 8 9 10
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LGBl 2012/147. LGBl 2014/65. S hiezu Kahl, Art 67 (in diesem Band) Rz 4. Für den RH Hengstschläger, Rechnungshofkontrolle 49 f; Kroneder-Partisch, Art 122 B-VG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (2009) Rz 30. Vgl auch Schwab, Die Effizienz der öffentlichen Finanzkontrolle, in Korinek (Hg), Beiträge zum Wirtschaftsrecht – FS Wenger (1983) 343 (344). Für den Stmk LRH Lais, Art 64 Stmk L-VG, in Grabenwarter (Hg), Steiermärkische Landesverfassung (2013) Rz 7.
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Da der LRH als Hilfsorgan der Legislative errichtet ist, wird sein Di- 7 rektor – auf Vorschlag des LTPräs und nach Anhörung des Obleuterats11 – vom LT gewählt.12 Dies unterstreicht seine Zuordnung zum LT und steht mit der Verantwortlichkeit des Direktors des LRH ebenso in engem Zusammenhang wie die Möglichkeit seiner vorzeitigen Abberufung durch den LT.13 Im Sinne eines contrarius actus ist ein Abberufungsbeschluss ebenfalls mit qualifizierter Mehrheit zu fassen,14 was im Hinblick auf die Unabhängigkeit des Landesrechnungshofdirektors positiv zu bewerten ist. Die Abberufung ist jederzeit und aus welchen Gründen immer und sogar grundlos möglich.15 Das zeigt, dass das freie Beschlussrecht des LT auch durch die lange Amtszeit des Landesrechnungshofdirektors nicht beschränkt sein soll, und statuiert die politische Verantwortlichkeit des Direktors. Diesem steht es – schon aus grundrechtlichen Überlegungen16 – auch frei, von seinem Amt zurückzutreten.17 Der Verzicht ist gegenüber dem LTPräs schriftlich zu erklären und wird mit 11 § 11 Abs 3 lit g Tir GO LT. 12 Nach § 9 Abs 1 LRechnungshofG hat der LTPräs eine Wahl zum Direktor des LRH auszuschreiben, die zunächst auf den Kreis der Bediensteten des Landes Tirol zu beschränken ist. Kommt es zu keiner Wahl aus diesem Kreis, ist in der Folge eine öffentliche Ausschreibung vorzunehmen. Die Frage, ob der LTPräs bei der Erstattung seines Vorschlags dann an den Kreis der Bewerber der öffentlichen Ausschreibung gebunden ist, hat der Verfassungsdienst des Landes Tirol vor dem Hintergrund der (auch) sonst grds bestehenden Ungebundenheit des LTPräs und einer fehlenden explizit anderslautenden Regelung verneint. Zu den Problemen einer Wiederbestellung vor der Einführung einer einmaligen, zwölfjährigen Amtszeit instruktiv auch der Tätigkeitsbericht 2008 des LRH Tirol, 4 (www.tirol.gv.at/fileadmin/landtag/landesrechnungshof/downloads/berichte/2009/Taetigkeitsbericht_2008.PDF [25.02.2020]). § 9 Abs 2 LRechnungshofG enthält auch Qualifikationsvoraussetzungen eines potentiellen Landesrechnungshofdirektors. Auffallend unbestimmt ist freilich die Formulierung „die erforderliche Vorbildung und berufliche Erfahrung sowie die erforderlichen Fähigkeiten und Kenntnisse“. 13 Zutreffend Lais, Art 60 Stmk L-VG, in Grabenwarter (Hg), Steiermärkische Landesverfassung (2013) Rz 1. 14 Die bloße Wahl eines neuen Landesrechnungshofdirektors reicht also nicht, um einen im Amt befindlichen von dort zu entfernen. 15 Kroneder-Partisch, Art 123 B-VG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (2003) Rz 10. 16 Vgl nur Art 4 und 8 EMRK. 17 Hengstschläger, Rechnungshofkontrolle 45 f; Kroneder-Partisch, Art 122 Rz 35.
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dem Einlangen der Verzichtserklärung in der Landtagsdirektion wirksam und unwiderruflich (§ 9 Abs 7 LRechnungshofG). Die mit der TLO-Nov 201218 etablierte Regelung, wonach die Wahl des Direktors des LRH für die Dauer von zwölf Jahren gilt19 und eine Wiederwahl unzulässig ist, entspricht der Regelung im B-VG bezüglich des RH. Die Möglichkeit zur vorzeitigen Abberufung einerseits und die nunmehrige zwölfjährige Amtszeit zeigen das Spannungsverhältnis zwischen der Bindung des – diesem verantwortlichen – Direktors an den LT und seiner erforderlichen Unabhängigkeit.20 Nach Art 70 Abs 3 TLO 1989 ist der Direktor des LRH für seine Tätigkeit ausschließlich dem LT verantwortlich, der ihn – wie eben erwähnt – auch vorzeitig abberufen kann. Auf die Möglichkeit, den Direktor des LRH beim VfGH anzuklagen, was ebenfalls zum Amtsverlust führen kann, hat der Tir Landesverfassungsgesetzgeber verzichtet.21 8 Nach Art 70 Abs 4 TLO 1989 hat die LReg die für die Besorgung der Aufgaben des LRH erforderlichen Sach- und Geldmittel sowie die aus dem Stellenplan sich ergebende Anzahl von Landesbediensteten für den LRH nach Anhörung des LTPräs zur Verfügung zu stellen. Diese Formulierung wurde durch die TLO-Nov im Jahr 201422 eingefügt. Sie stärkt zwar den Aspekt der Unabhängigkeit des LRH hinsichtlich der ausreichenden Zuteilung personeller und sachlicher Ressourcen. Zugleich ändert sie nichts am „Dazwischentreten“ der LReg als der Verwaltung zuzurechnendes Organ bei der Festlegung des Budgets und des Stellenplans des – diesbezüglich möglichst unabhängig zu organisierenden – LRH. Die entsprechenden Erfordernisse hat die LReg bei der Erstellung des Entwurfs des Landesvoranschlags „zu berücksichti18 LGBl 2012/147. Zuvor wurde der Direktor für sechs Jahre gewählt, eine einmalige Wiederwahl war zulässig. 19 Eines besonderen Akts zur Beendigung der Amtszeit bedarf es nicht. S auch § 9 Abs 4 LRechnungshofG. 20 Vgl dazu Hengstschläger, Grundlegende staatsrechtliche Prinzipien für eine wirksame öffentliche Finanzkontrolle, JBl 2010, 545 (547 f), der die Möglichkeit zur Abberufung des Rechnungshofpräsidenten durch den NR als die Unabhängigkeit allzu beschränkend ansieht. Vgl auch ders, Rechnungshofkontrolle 43 f; Schäffer, Kontrolle der Verwaltung durch Rechnungshöfe, VVDStRL 55 (1996), 278 (283). 21 Anders etwa Art 67 Abs 2 Stmk L-VG oder die Rechtslage in Vbg. Zu letzterer Bußjäger, ZfV 2011, 741. 22 LGBl 2014/65.
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gen“. Die personelle, sachliche und finanzielle Ausstattung des LRH muss die LReg dann „nach Maßgabe des Landesvoranschlags“ zur Verfügung stellen (§ 8 Abs 2 LRechnungshofG). Dies wird in der Lit teilweise kritisch,23 teilweise mit dem Hinweis als nicht problematisch angesehen, dass es auch in solchen Fällen der LT sei, der das Budget beschließt, wodurch der LRH nicht mehr oder weniger abhängig sei als der RH.24 All das ist vor dem Hintergrund des Art 70 Abs 1 TLO 1989 und der darin enthaltenen landesverfassungsrechtlichen Garantie einer für die Aufgaben des LRH angemessenen Ausstattung mit Prüfern und sonstigen Bediensteten zu sehen.25 Die Begründung von Dienstverhältnissen obliegt also der LReg im Rahmen der Vorgaben des Stellenplans und ist nicht dem LTPräs übertragen.26 Eine auffallende Abweichung zur entsprechenden bundesverfassungs- 9 rechtlichen Regelung ergibt sich hinsichtlich der Diensthoheit. Darunter fallen alle Rechtsakte, die sich auf die Begründung oder nähere Gestaltung des Dienstverhältnisses beziehen,27 wie zB Ernennung und Anstellung, Dienstprüfungen, Dienstzuteilung und Versetzungen oder auch Verwendungsänderungen.28 Die Diensthoheit wird beim RH nach Art 125 Abs 3 B-VG gegenüber den beim RH Bediensteten vom Präs des RH ausgeübt. Art 70 Abs 4 TLO 1989 ordnet die Diensthoheit nicht nur über den Direktor des LRH, sondern auch über die beim LRH verwendeten Landesbediensteten hingegen dem LTPräs zu.29 Damit macht der Landesverfassungsgesetzgeber nach den Materialen30 von der in Art 21 Abs 3 zweiter Satz iVm Art 125 Abs 3 B-VG vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch, 23 Moritz, Art 127c Rz 24, 40 und 51. Ihm folgend Kuprian, SPRW 2013, 78 ff. 24 Bußjäger, ZfV 2011, 741 f. 25 Vgl auch den Tätigkeitsbericht 2007 des LRH Tirol, 18 (www.tirol.gv.at/ fileadmin/landtag/landesrechnungshof/downloads/berichte/2008/Taetig keitsbericht.pdf [08.04.2020]), ,,der die Möglichkeit des Landtages betont, von in Bezug auf die Personalausstattung zu restriktiven Vorschlägen der Landesregierung auch abzuweichen“. 26 Vgl auch die insofern gleichlautenden Art 26 Abs 5 (Landtagsdirektion) und Art 59 Abs 7 (Landesvolksanwaltschaft) TLO 1989 sowie die Mat des IA zur Nov der TLO 1989 LGBl 2014/65, Tir LT XVI. GP, GZ 177/14, 4 f. 27 VfSlg 14.896/1997. 28 Vgl Leitl-Staudinger, Art 125 B-VG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (2018) Rz 9; Lais, Art 64 Rz 10. 29 S auch § 10 Abs 2 LRechnungshofG. 30 Mat des IA zur Nov der TLO 1989 LGBl 2014/65, Tir LT XVI. GP, GZ 177/14, 4.
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die Diensthoheit der LReg gegenüber den beim LRH Bediensteten einzuschränken und diese dem LTPräs zu übertragen. Dies ist deshalb beachtlich, weil die Diensthoheit über die Bediensteten des LRH ein ganz zentrales Kriterium für dessen Unabhängigkeit von der LReg31 darstellt.32 Der Landesverfassungsgesetzgeber geht allerdings nicht so weit, die Diensthoheit über diese Bediensteten auf den Direktor des LRH zu übertragen. Gerade auf diese Möglichkeit wird in der Lit aber deutlich hingewiesen.33 Die fehlende Diensthoheit des Direktors des LRH wird denn auch zu Recht34 kritisch gesehen, prägt der Grad der Unabhängigkeit eines RH doch auch sein Selbstverständnis.35 Auf die Erlassung von VO bezieht sich die Übertragung der Diensthoheit auf den LTPräs nicht.36 Nach § 10 Abs 2 LRechnungshofG kann der LTPräs die Besorgung der dienst- und besoldungsrechtlichen Angelegenheiten des Landesrechnungshofdirektors und der im LRH Bediensteten dem Amt der LReg übertragen, wenn dies im Interesse der Zweckmäßigkeit, Einfachheit und Raschheit gelegen ist. Dies erscheint im Lichte gebotener Unabhängigkeit des LRH von der Verwaltung prima vista kritisch. Allerdings hat das Amt der LReg diese Angelegenheiten in einem solchen Fall „im Namen und nach den Weisungen des Landtagspräsidenten“ zu besorgen. Bei widersprüchlichen Weisungen von LReg und LTPräs 31 Die Diensthoheit über den Direktor des seinerzeitigen Kontrollamts hatte noch die LReg. Dazu Schwarzer, Die Kontrolle wirtschaftlicher Unternehmungen durch Einrichtungen der Länder, in Korinek (Hg), Die Kontrolle wirtschaftlicher Unternehmungen durch den Rechnungshof (1986) 149 (170 und 176). 32 Edtstadler, Was erwartet die Politik von der Kontrolle?, in Bußjäger (Hg), Beiträge zum Länderparlamentarismus (2007) 79 (98). 33 So weist Hengstschläger, Rechnungshofkontrolle 3 ff darauf hin, dass als „gleichartige Organe“ iSd Art 21 Abs 3 B-VG auch Leiter von LRH in Betracht kommen. 34 Man denke nur an das Bsp, dass der LTPräs nicht nur die Diensthoheit über die Bediensteten des LRH ausübt, sondern zugleich auch wichtige Funktionen in der Kontrolle des LRH unterliegenden öffentlichen Unternehmen innehat. 35 Moser, Gegenwart und Zukunft der Institutionen der öffentlichen Finanzkontrolle, ÖHW 2005, 99 (101). Vgl auch Bauer, Art 46 Stmk L-VG, in Grabenwarter (Hg), Steiermärkische Landesverfassung (2013) Rz 5. 36 Vgl zur Befugnis zur Erlassung dienstrechtlicher VO Moritz, Art 127c Rz 28 mwN; Hengstschläger, Landesrechnungshöfe 20; ders, Rechnungshofkon trolle 72 f; Leitl-Staudinger, Art 125 Rz 11; Lais, Art 64 Rz 10.
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geht die Weisung des LTPräs als speziellere (Ausnahme-)Regelung vor.37 Es fällt auf, dass die Tir landesverfassungsrechtlichen Regelungen über 10 den LRH im Unterschied zu anderen Bundesländern keinerlei Bestimmungen über Unvereinbarkeiten enthalten. Zwar sind solche einfachgesetzlich in § 9 Abs 2 LRechnungshofG normiert, sie bleiben aber hinter den im B-VG für den RH festgelegten Unvereinbarkeitsbestimmungen zurück. Danach darf der Rechnungshofpräsident weder einem allgemeinen Vertretungskörper noch dem Europäischen Parlament angehören und in den letzten fünf Jahren nicht Mitglied der BReg oder einer LReg gewesen sein (Art 122 Abs 5 B-VG). Es liegt auf der Hand, dass diese politische Unabhängigkeit im Dienste der Entpolitisierung des RH und der Vermeidung möglicher Interessenkollisionen normiert ist. Weiters darf kein Mitglied des RH an der Leitung und Verwaltung von Unternehmungen beteiligt sein, die der Kontrolle durch den RH unterliegen. Auch darf ein Mitglied des RH nicht an der Leitung und Verwaltung sonstiger auf Gewinn gerichteter Unternehmungen teilnehmen (Art 126 B-VG). Diese wirtschaftlichen Unvereinbarkeiten machen Leiter und Bedienstete im Verhältnis zu allenfalls zu prüfenden Einrichtungen unabhängig.38 Wenn die Tir Regelung nun zunächst die Mitgliedschaft zum Europäischen Parlament nicht ausdrücklich erwähnt, so kann man eine solche als von der untersagten Mitgliedschaft zu einem allgemeinen Vertretungskörper mitumfasst betrachten, weil unter einem allgemeinen Vertretungskörper Einrichtungen zu verstehen sind, die die Interessen aller innerhalb eines bestimmten Gebietes lebenden Menschen wahrzunehmen haben und so nicht nur die Interessen bestimmter Gruppen, wie nach Beruf oder Bekenntnis gleichartiger Personen, vertreten.39 Darunter sind – über die nationale Dimension hinausgehend betrachtet – nicht nur NR, BR, LT und GR, sondern auch das Europäische Parlament zu verstehen. Während § 10 Abs 3 LRechnungshofG das Verbot der Beteiligung an Leitung und Verwaltung von Unternehmen, die der Kontrolle durch 37 Zutreffend Lais, Art 64 Rz 14. 38 Dazu Lais, Art 66 Stmk L-VG, in Grabenwarter (Hg), Steiermärkische Landesverfassung (2013) Rz 4. 39 Vgl Öhlinger/Eberhard, Verfassungsrecht12 (2019) 154 f und 506 f; VfSlg 3193/1957, 17.264/2004.
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den LRH unterliegen, auch auf die Prüfer des LRH erstreckt, enthält die Tir Rechtslage kein Verbot der Leitung oder Verwaltung sonstiger auf Gewinn gerichteter Unternehmen. Dieses Manko bedeutet eine nicht unwesentliche Abweichung und ist nicht nur geeignet, an der Gleichartigkeit der Tir Regelung mit dem bundesverfassungsrechtlichen System zu zweifeln, sondern auch im Lichte der Unabhängigkeit zu kritisieren.40
40 Vgl zur vergleichbaren Vbg Rechtslage Bußjäger, ZfV 2011, 741; Kuprian, SPRW 2013, 78 ff unter Bezugnahme auf Moritz, Art 127c Rz 9 ff.
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Artikel 70a Aufträge an den Rechnungshof Der Landtag oder wenigstens ein Drittel der Abgeordneten haben das Recht zu verlangen, daß der Rechnungshof im Rahmen seines Wirkungsbereiches besondere Akte der Prüfung der Gebarung des Landes durchführt. Solange der Rechnungshof auf Grund eines solchen Verlangens dem Landtag noch nicht Bericht erstattet hat, darf in der betreffenden Angelegenheit ein weiteres derartiges Verlangen nicht gestellt werden. LGBl samt Erläuterungen: LGBl 1989/50 (X. GP RV 57/89 AB 57/89) Literatur:* Schwamberger/Ranacher, Tiroler Landesordnung 19896: Kommentar (2017) 140
Inhaltsübersicht I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben..................................... 1 II. Entstehungsgeschichte.................................................................. 2 III. Prüfungsaufträge an den Rechnungshof................................... 3
I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben Nach Art 127 Abs 7 B-VG hat der RH auf Beschluss des LT oder auf 1 Verlangen einer durch LVG zu bestimmenden Anzahl von Mitgliedern *
Wesentliche Literaturhinweise finden sich auch in den Kommentierungen der jeweils – im Abschnitt „Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben“ bezogenen – „analogen“ Bestimmungen im siebenten Hauptstück des B-VG („Rechnungs- und Gebarungskontrolle“). Weite Strecken dieser Kommentierungen und der Aussagen in der dort zit Lit zum Rechnungshof des Bundes können auf die Landesebene übertragen werden. Ergiebig sind va die Kommentierungen in Kneihs/Lienbacher (Hg), Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht; Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht; Hengstschläger, Rechnungshofkontrolle – Kommentar zu den Artikeln 121 bis 128 B-VG (2000) sowie Mayer/Muzak, B-VG5 (2015). Ebenfalls auf die Tir Rechtslage häufig übertragbar sind die Kommentierungen von Bauer und Lais zu den Art 45a ff LV-G, in Grabenwarter (Hg), Steiermärkische Landesverfassung (2013).
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eines LT, die ein Drittel nicht übersteigen darf, in seinen Wirkungsbereich fallende besondere Akte der Gebarungsprüfung durchzuführen. Solange der RH auf Grund eines solchen Antrags dem LT noch keinen Bericht erstattet hat, darf ein weiterer derartiger Antrag nicht gestellt werden. Desgleichen hat der RH auf begründetes Ersuchen der LReg solche Akte durchzuführen und das Ergebnis der ersuchenden Stelle mitzuteilen.
II. Entstehungsgeschichte 2 Zwar sollte eine dem heutigen Art 70a entsprechende Regelung bereits in die StF der TLO 1989 aufgenommen werden, davon wurde aber laut Mat aufgrund von Bedenken hinsichtlich ihrer Verfassungsmäßigkeit (den LT wurde im damaligen B-VG kein Antragsrecht an den RH zugestanden) Abstand genommen; eine Änderung der Bundesverfassung wurde angeregt.1 Im Zuge der B-VG-Nov 19882 wurde Art 127 Abs 7 B-VG neu gefasst und dadurch die – bis heute unveränderte – landesverfassungsrechtliche Bestimmung des Art 70a ermöglicht.3
III. Prüfungsaufträge an den Rechnungshof 3 Art 70a TLO 1989 lehnt sich mit seiner Formulierung eng an Art 127 Abs 7 B-VG an, erwähnt aber die dort enthaltene Befugnis der LReg nicht. Er führt die bundesverfassungsrechtlichen Vorgaben aus, wonach Aufträge auch einer durch LVG zu bestimmenden Anzahl von Mitgliedern eines LT zustehen, die ein Drittel nicht übersteigen darf.4 Die in Art 70a TLO 1989 verwendete Formulierung „wenigstens“ ein Drittel ist im besten Fall als „Mindestausführung“ der bundesverfassungsrechtlichen Vorgaben zu interpretieren.5 Der RH wird nach Art 70a TLO 1989 bzw Art 127 Abs 7 B-VG funktionell als Organ des LT tätig. 1 2 3 4
EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 1989/50, Tir LT X. GP, GZ 57/89, 4 ff. BGBl 1988/685. Art 70a TLO wurde schließlich mit LGBl 1989/50 eingeführt. Zur Frage, was das Fehlen einer solchen Festlegung auf landesverfassungsrechtlicher Ebene bedeuten könnte, Hengstschläger, Rechnungshofkontrolle 172 (FN 26). 5 Die entsprechende bundesverfassungsrechtliche Vorgabe lautet eben, dass das Recht einer durch LVG zu bestimmenden Anzahl von Mitgliedern eines LT zusteht, „die ein Drittel nicht übersteigen darf“.
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Auf Grundlage des Art 70a TLO 1989 kann nur um Akte der Gebarungsprüfung ersucht werden, die nach den Bestimmungen des B-VG bereits in die Zuständigkeit des RH fallen, neue Kompetenzen können durch Art 70a TLO 1989 iVm Art 127 Abs 7 B-VG nicht begründet werden.6 Betroffen von einer solchen Prüfung können jedenfalls die gesamte Ge- 4 barung des Landes entsprechend den Prüfungsobjekten nach Art 127 B-VG sowie weitere dem Landesbereich zugehörende, nach Art 121 B-VG der Rechnungshofkontrolle unterworfene Rechtsträger sein. Nicht umfasst sind die Gebarungen von Gemeinden und Kammern.7 Prüfungsaufträge nach Art 70a TLO 1989 sind zu begründen. Insb 5 muss der Umfang der Prüfung dargelegt werden. Dieser unterliegt keinen Beschränkungen und kann Gesamt-, aber auch Teilprüfungen umfassen. Hinsichtlich der Begründung ist kein allzu strenger Maßstab anzulegen.8 An allenfalls weitergehende Vorgaben, die die Vorgehensweise des RH bei der Prüfung betreffen, wäre der RH nicht gebunden, weil er bei der Erfüllung seiner Aufgaben unabhängig ist. Da für Prüfungsaufträge kein Fehlerkalkül besteht,9 sind sie im Falle ihrer Fehlerhaftigkeit entsprechend absolut nichtig, entfalten keinerlei Rechtsfolgen und sind für den RH daher unbeachtlich. Freilich wird im Rahmen der Berichterstattung über die Durchführung der Prüfung allenfalls über die Gründe der absoluten Nichtigkeit aufgeklärt werden müssen. Der RH hat dem LT das Ergebnis der Prüfung mitzuteilen. Diese Berichterstattung über die Sonderprüfung ist vom Tätigkeitsbericht nach Art 127 Abs 6 B-VG zu unterscheiden. 6 ZB Fischer, Die parlamentarische Kontrolle durch den Rechnungshof und den Rechnungshofausschuß in Österreich, in Klug (Hg), Wesen und staatspolitische Funktion der öffentlichen Kontrolle (1998) 1 (8); Mayer/Muzak, B-VG5 (2015) 432; bereits auch Hoenig, Der Österreichische Rechnungshof (1951) 72. 7 Vgl dazu – auch zur Kompetenz der LReg, nicht jedoch des LT, ein Ersuchen zur Prüfung der Gebarung einer gesetzlichen beruflichen Vertretung zu stellen, die in die Vollziehung des Landes fällt – Hengstschläger, Rechnungshofkontrolle 171 (FN 23). Vgl auch Kroneder-Partisch, Art 127 B-VG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (2001) Rz 15 (FN 33); Bauer, Art 45a Stmk L-VG, in Grabenwarter (Hg), Steiermärkische Landesverfassung 350. 8 Kroneder-Partisch, Art 127 Rz 14 („Plausibilität“). 9 Prüfungsaufträge fallen nicht unter eine Normkategorie im verfassungsrechtlichen Rechtsquellensystem.
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6 Um eine Überlastung des RH zu vermeiden, sieht Art 127 Abs 7 B-VG vor, dass „ein weiterer derartiger Antrag“ nicht gestellt werden darf, solange der RH auf Grund eines solchen Antrages dem LT noch keinen Bericht erstattet hat. In diesem (strengeren) Sinn muss auch die Tir Regelung verstanden werden, die ein entsprechendes Verbot (nur) „in der betreffenden Angelegenheit“ normiert.10 Das Verbot, weitere Anträge nach Art 127 Abs 7 B-VG zu stellen, gilt sowohl für Mehrheits- als auch für Minderheitsanträge.11 Die Entscheidung über die Nichtbehandlung eines entgegen Art 70a TLO 1989 gestellten weiteren Antrags muss mE dem LRH zustehen. 7 Berichte des RH bilden nach § 23 Tir GO LT Verhandlungsgegenstände des LT. Der Finanzkontrollausschuss hat dem LT über Prüfberichte des RH einen Bericht vorzulegen (§ 64 Abs 4 Tir GO LT).
10 Vgl Kroneder-Partisch, Art 127 Rz 14: „Der Landtag muss also immer die Berichterstattung über den vorangegangenen Prüfungsantrag abwarten, bis er einen neuen Antrag stellen kann“ (unter Verweis auf Hengstschläger). 11 RV 1052 BlgNR XVII. GP, 5.
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IV. Teil Verwaltungsgerichtsbarkeit des Landes Tirol LGBl samt Erläuterungen: LGBl 2012/147 (XV. GP RV 562/12 AB 562/12) Judikatur: VfSlg 19.825/2013 (kollegiale Justizverwaltung; Zusammensetzung des aus der Mitte der Vollversammlung für die Beschlussfassung über die Geschäftsverteilung zu wählenden Ausschusses); VfSlg 20.076/2016 (kollegiale Justizverwaltung; Bildung von Senaten); VfSlg 20.231/2017 (tiefgreifende Veränderung des Rechtsschutzgefüges der Bundesverfassung durch die Schaffung der Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz); VfSlg 20.254/2018 (kollegiale Justizverwaltung; Senatszusammensetzung in Disziplinarangelegenheiten der Verwaltungsrichter); VfGH 14.06.2019, G 396/2018 (einheitliches verfassungsrechtliches Richterbild) VwGH 26.04.2017, Ra 2016/19/0221; 29.06.2017, Ra 2017/21/0032 (Grundsatz der festen Geschäftsverteilung); VwGH 05.09.2018, Ro 2018/03/0024 (Funktionsteilung zwischen VwG und VwGH im neuen System); VwGH 10.10.2018, Ra 2017/03/0108 (Verpflichtung zur amtswegigen Wahrnehmung von Unionsrecht einschließlich qualifizierter Ermittlungs- und Begründungspflichten) Literatur: Bußjäger et al (Hg), Die neuen Landesverwaltungsgerichte. Grundlagen – Organisation – Verfahren (2013); Bußjäger et al (Hg), Landesverwaltungsgerichtsbarkeit. Funktionsbedingungen und internationaler Vergleich (2017); Bußjäger/Sonntag (Hg), Verwaltungsgerichtsbarkeit: Erfahrungen und Praxisberichte in Tirol (2016); Eberhard, Änderungen des Rechtsschutzsystems durch die Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, in Baumgartner (Hg), Öffentliches Recht. Jahrbuch 2013 (2013) 157 ff; Faber, Verwaltungsgerichtsbarkeit (2013); Fischer/Pabel/N. Raschauer (Hg), Handbuch Verwaltungsgerichtsbarkeit2 (2019); Griller, Die Neuordnung der Gerichtsbarkeit des öffentlichen Rechts (2018); Holoubek/Lang (Hg), Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz (2013); Holoubek/Lang (Hg), Grundfragen der Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit (2017); Larcher (Hg), Handbuch Verwaltungsgerichte (2013); Österreichische Juristenkommission (Hg), Justizstaat: Chance oder Risiko? Verwaltungsgerichtsbarkeit neu (2014); Schramek, Gerichtsbarkeit im Bundesstaat (2017); Schwamberger/Ranacher, Tiroler Landesordnung 19896: Kommentar (2017) 141 ff
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Christian Ranacher
Vorbemerkungen I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben..................................... 1 II. Unionsrechtliche Vorgaben.......................................................... 7 III. Entstehungsgeschichte.................................................................. 11
I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben 1 Mit der Einführung der zweistufigen Verwaltungsgerichtsbarkeit durch die Verwaltungsgerichtsbarkeits-Nov 20121 haben die Länder erstmals Anteil an der Staatsfunktion Gerichtsbarkeit erhalten. Für die Verwirklichung dieser umfassendsten Reform des öffentlich-rechtlichen Rechtsschutzsystems seit dem Bestehen des B-VG war zuletzt hauptsächlich die Notwendigkeit der vollständigen Erfüllung jener Anforderungen an den Verwaltungsrechtsschutz, die sich einerseits auf völkerund bundesverfassungsrechtlicher Ebene aus den Art 5, 6 und 13 EMRK2 und andererseits aus dem Unionsrecht3 ergeben, ausschlaggebend.4 Gleichwohl ist die Bedeutung dieses Reformschritts nicht nur aus rechtsstaatlicher Sicht,5 sondern auch aus bundesstaatlicher Per spektive beachtlich.6 1 BGBl I 2012/51. 2 Dazu etwa Baumgartner, Entspricht die Reform den Anforderungen des Grundrechtsschutzes?, in Österreichische Juristenkommission (Hg), Justizstaat: Chance oder Risiko? Verwaltungsgerichtsbarkeit neu (2014) 99 (100 ff); Grabenwarter/Pabel, Europäische Menschenrechtskonvention6 (2016) 230 ff, 470 ff und 578 ff; und Heißl, Grundrechtliche Aspekte der Verwaltungsgerichte, in Larcher (Hg), Handbuch Verwaltungsgerichte (2013) 44 ff. 3 Dazu gleich im Folgenden Rz 7 ff. 4 Zur Motivenlage des Bundesverfassungsgesetzgebers vgl nur die EBRV 1618 BlgNR XXIV. GP, 3. Zu Hintergrund, Genese und Analyse der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Nov 2012 s zusammenfassend Griller, Neuordnung 7 ff, sowie unter verschiedensten Gesichtspunkten die einleitend zit Lit. 5 Dazu etwa VfSlg 20.231/2017, wo der VfGH die weitgehende Aufgabe seiner bisherigen stRsp zur sog materiellen Gewaltenteilung in Strafsachen va auch mit der tiefgreifenden Veränderung des Rechtsschutzgefüges der Bundesverfassung durch die Schaffung der Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz begründet. 6 Vgl zu all dem Eberhard, Änderungen 157; Gamper, Landesverwaltungsgerichte im Spannungsfeld der Bauprinzipien der Bundesverfassung, in Bußjäger et al (Hg), Die neuen Landesverwaltungsgerichte. Grundlagen – Organisation – Verfahren (2013) 1 ff; Griller, Neuordnung passim; Öhlinger/Eberhard, Die Verwaltungsgerichte im System der österreichischen Bundesver-
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Die Vollziehung des Landes zerfällt seit der Einführung der Verwal- 2 tungsgerichtsbarkeit erster Instanz in die Landesverwaltung einerseits und die Landesverwaltungsgerichtsbarkeit andererseits. Dem trägt der Landesverfassungsgesetzgeber mit der Verankerung der Bestimmungen über die Landesverwaltungsgerichtsbarkeit in einem eigenen Teil besonders Rechnung.7 Systematisch wurden die Bestimmungen über die Verwaltungsgerichtsbarkeit des Landes Tirol – gleich im Anschluss an den III. Teil betr die Verwaltung des Landes Tirol – als neuer IV. Teil eingefügt. Die VwG sind „Gerichte“ iSd B-VG. Ihre Gerichtseigenschaft wird 3 bundesverfassungsgesetzlich insb durch ihren schon ex constitutione vorausgesetzten Charakter als selbstständige, mit Bestandsgarantie ausgestattete Einrichtungen der Gerichtsbarkeit8 sowie durch die Kraft der richterlichen Garantien der Art 87 und 88 B-VG9 gewährleistete unabhängige Stellung ihrer Mitglieder vermittelt.10 Der VfGH hat daraus geschlossen, dass aus dem B-VG – abgesehen von den bereits verfassungsgesetzlich vorgegebenen Unterschieden zwischen der ordentli-
fassung, in Fischer/Pabel/N. Raschauer (Hg), Handbuch Verwaltungsgerichtsbarkeit2 (2019) 37 (40 ff und 63 ff); Pernthaler, Bundesstaat und Rechtsstaat – ein spannungsgeladenes Naheverhältnis, in Adamovich et al (Hg), FS G. Holzinger (2017) 617 ff (insb 629 f); Schramek, Gerichtsbarkeit passim; mit einer ersten (positiven) Bilanz nach fünf Jahren Thienel, Bewährung der Verwaltungsgerichtsbarkeit, ZVG 2019, 321 ff. 7 EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 2012/147, Tir LT XV. GP, GZ 562/12, 1 und 22 f. 8 Vgl insb Art 129 B-VG. Eingehend dazu Rill/Schäffer/Kneihs, Art 129 B-VG, in Kneihs/Lienbacher (Hg), Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht (2017) Rz 2 ff und 11. Dem folgend Weber, Art 129 B-VG, in Bumberger et al (Hg), VwGVG (2019) Rz 3. 9 Diese sind nach Art 134 Abs 7 B-VG auf die VwG sinngemäß anzuwenden. Näher dazu mwN nur Storr, Art 87 B-VG, in Kneihs/Lienbacher (Hg), RillSchäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht (2014) Rz 1 ff; Storr, Art 88 B-VG, in Kneihs/Lienbacher (Hg), Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht (2014) Rz 1 ff. 10 S dazu auch bei Ranacher, Art 70c (in diesem Band) Rz 1 ff; näher zur Thematik etwa Segalla, Die Stellung des Verwaltungsrichters, in Holoubek/Lang (Hg), Die Schaffung der Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz (2013) 145 (147 ff), und Ranacher, Organisation und Dienstrecht: Anforderungen und Spielräume für die Gesetzgeber, in Holoubek/Lang (Hg), Die Schaffung der Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz (2013) 163 (177 und 179 f).
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chen Gerichtsbarkeit und der Verwaltungsgerichtsbarkeit11 – auf Grund der für die Richter der ordentlichen Gerichtsbarkeit sowie der Verwaltungsgerichtsbarkeit gleichermaßen geltenden richterlichen Garantien im Wesentlichen ein einheitliches – verfassungsrechtliches – Richterbild abgeleitet werden könne.12 4 Dass für jedes Land ein VwG besteht, ergibt sich schon aus Art 129 B-VG. Neben der zuvor bereits angesprochenen Bestandsgarantie wird den VwG der Länder dadurch bundesverfassungsgesetzlich bereits auch der Kern eines Wirkungsbereiches und ihre Gleichordnung mit den VwG des Bundes garantiert.13 Gleichzeitig verpflichtet Art 129 B-VG iVm Art 136 Abs 1 B-VG den Landesgesetzgeber zur Einrichtung eines LVwG und zur Erlassung der erforderlichen organisationsrechtlichen Regelungen. Wie sich aus den parlamentarischen Mat ergibt, schien es dem Tir Landesverfassungsgesetzgeber dabei aufgrund der Bedeutung des LVwG im System des öffentlich-rechtlichen Rechtsschutzes angezeigt, dessen Einrichtung und wesentliche organisatorische Grundlagen bereits landesverfassungsgesetzlich grundzulegen.14 Hinsichtlich ihres Regelungsumfangs und ihrer Regelungsdichte gehen die Bestimmungen der TLO 1989 daher auch über die vergleichbaren Bestimmungen der anderen Landesverfassungen hinaus.15 5 Die grundlegenden Determinanten der Organisation der VwG erster Instanz, wie ihre Zusammensetzung sowie die Ernennung und Stel11 Zum Themenkreis vgl nur Kodek, Verwaltungsgerichtsbarkeit und ordentliche Gerichtsbarkeit – Gemeinsamkeiten und Unterschiede, in Holoubek/ Lang (Hg), Grundfragen der Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit (2017) 23 ff. 12 VfGH 14.06.2019, G 396/2018. Zur Thematik vgl etwa Brandstetter/Lukas, Das Dienstrecht der Verwaltungsgerichte, in Fischer/Pabel/N. Raschauer (Hg), Handbuch Verwaltungsgerichtsbarkeit (2014) 259 (265 ff); Larcher, Das Richterbild der Verwaltungsgerichte, in ders (Hg), Handbuch Verwaltungsgerichte (2013) 126 (129 ff); Ranacher, Organisation 166 ff; ders/Wolf, Das Organisationsrecht der Landesverwaltungsgerichte, in Bußjäger et al (Hg), Die neuen Landesverwaltungsgerichte. Grundlagen – Organisation – Verfahren (2013) 73 (76 ff); Segalla, Stellung 149 ff, insb 159 f. 13 Vgl wiederum Rill/Schäffer/Kneihs, Art 129 Rz 3 ff und 11, und Weber, Art 129 Rz 3 f. 14 EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 2012/147, Tir LT XV. GP, GZ 562/12, 2. 15 Dazu im Überblick Ranacher/Wolf, Organisationsrecht 80 f. In Wien bestehen keine Regelungen über das LVwG auf landesverfassungsgesetzlicher Ebene.
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lung ihrer Mitglieder einschließlich der Ausübung der Diensthoheit,16 ihre Spruchkörper, die interne Willensbildung und die – insb auch im Hinblick auf das Grundrecht auf den gesetzlichen Richter (Art 83 Abs 2 B-VG)17 – (feste) Verteilung der Geschäfte einschließlich der Übertragung bestimmter Aufgaben an Rechtspfleger,18 die Ausgestaltung der Justizverwaltung einschließlich der Dualität von kollegialer und monokratischer Justizverwaltung19 und die Regelung des Geschäftsgangs in einer GO,20 darüber hinaus auch ihre Zuständigkeiten einschließlich der Zuständigkeitsabgrenzung zwischen den VwG der Länder und jenen des Bundes21 sowie die Beschwerdelegitimation22 werden in einer – gerade im Vergleich zu den Bestimmungen über die ordentliche Gerichtsbarkeit – hohen Regelungsdichte vom Bundesverfassungsgesetzgeber vorgegeben.23 Dadurch wird bereits bundesverfassungsgesetzlich eine weitgehende Einheitlichkeit der Gerichtsorganisation und der (dienst-)rechtlichen Stellung der Mitglieder der VwG garantiert.24 Auch wenn darüber hinausgehende Homogenitätsverpflichtungen aus der Bundesverfassung nicht ableitbar sind,25 bestehen folglich in zentralen Aspekten der Organisation der VwG einschließlich der internen gerichtlichen Strukturen für Rsp und Justizverwaltung häufig nur geringe Gestaltungsspielräume für die Organisationsgesetzgeber. Die nachfolgend zu kommentierenden Bestimmungen der 16 Art 21 Abs 3, Art 134 iVm Art 87 Abs 1 und 2 und Art 88 Abs 1 und 2 B-VG. 17 Dazu nur Khakzadeh-Leiler, Art 83 B-VG, in Kneihs/Lienbacher (Hg), Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht (2017) Rz 11 ff und in Bezug auf die Verwaltungsgerichtsbarkeit Rz 22 ff. Näher dazu bei Ranacher, Art 70d (in diesem Band) Rz 10 ff. 18 Art 135 und 135a B-VG. 19 Art 134 Abs 7 iVm Art 87 Abs 2 B-VG. 20 Art 136 Abs 5 B-VG. 21 Art 130 und 131 B-VG. 22 Art 132 B-VG. 23 Für einen Überblick vgl Ranacher/Wolf, Organisationsrecht 77 f; Segalla, Die Organisation der Landesverwaltungsgerichte, in Österreichische Juristenkommission (Hg), Justizstaat: Chance oder Risiko? Verwaltungsgerichtsbarkeit neu (2014) 167 (168); vgl auch Faber, Art 10 Abs 1 Z 1 B-VG Rz 6. 24 Eingehend zu all dem Fischer/Zeinhofer/Buchinger, Organisation, Besetzung und Zuständigkeit der Landesverwaltungsgerichte, in Fischer/ Pabel/N. Raschauer (Hg), Handbuch Verwaltungsgerichtsbarkeit2 (2019) 161 (167 ff); Ranacher, Organisation passim; Segalla, Organisation passim; s auch vorstehend Rz 3 zum einheitlichen Richterbild der Bundesverfassung. 25 Vgl wiederum Ranacher, Organisation 167 f und 184; Segalla, Stellung 150 ff und 159 ff.
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TLO 1989 über die Verwaltungsgerichtsbarkeit des Landes haben daher lediglich demonstrativen Charakter, soweit sie entsprechende bundesverfassungsgesetzliche Vorgaben übernehmen (müssen).26 Einen eigenständigen normativen Gehalt haben sie, insoweit sie den Regelungsbestand des B-VG präzisieren oder über diesen hinausgehen, was insb dann der Fall ist, wenn sie vom Bundesverfassungsgesetzgeber nicht (erschöpfend) angesprochene Aspekte bereits auf landesverfassungsgesetzlicher Stufe regeln.27 6 Die zweistufige Verwaltungsgerichtsbarkeit verwirklicht – bei grds Ausschluss eines administrativen Instanzenzuges28 – ein durchgängiges System des justizförmigen Rechtsschutzes gegen Akte von Verwaltungsbehörden vor den VwG erster Instanz. In diesem System ist es vorrangig Aufgabe der VwG, die materiellrechtliche und verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit der verwaltungsbehördlichen Entscheidung umfassend zu überprüfen, während der VwGH dazu berufen ist, die Rechtmäßigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung am Maßstab des Art 133 Abs 4 B-VG zu kontrollieren.29 Das LVwG Tirol hat diese Aufgabe im Rahmen der ihm zukommenden Zuständigkeiten zur Kont26 Darauf weisen auch die EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 2012/147, Tir LT XV. GP, GZ 562/12, 2, hin. Dass gegen die Wiederholung bundesverfassungsgesetzlicher Vorschriften in den Landesverfassungen keine bundesverfassungsrechtlichen Bedenken bestehen, hat der VfGH schon früh festgestellt (VfSlg 2047/1950, 4572/1963). 27 Mit Bsp Ranacher/Wolf, Organisationsrecht 80 f. Zu den Freiräumen des Organisationsgesetzgebers s an mehreren Stellen auch im Rahmen der Kommentierungen der folgenden Art. 28 In Tirol ist die Beseitigung administrativer Rechtsmittel durch den generellen Ausschluss des gemeindeinternen Instanzenzuges in landesgesetzlich geregelten Angelegenheiten vollständig verwirklicht; zu den positiven Erfahrungen vgl nur Eberhard/Ranacher/Weinhandl, Rechtsprechungsbericht: Landesverwaltungsgerichte, Bundesverwaltungsgericht und Verwaltungsgerichtshof, ZfV 2016, 493 (506), sowie die Beiträge in Bußjäger/Sonntag (Hg), Verwaltungsgerichtsbarkeit (2016). 29 So explizit VwGH 05.09.2018, Ro 2018/03/0024; zur spezifischen (Leit-) Funktion des VwGH in diesem System vgl etwa Handstanger, Der Verwaltungsgerichtshof als Höchstgericht in der zweistufigen Verwaltungsgerichtsbarkeit, in Bußjäger/Gamper/Ranacher (Hg), Landesverwaltungsgerichtsbarkeit. Funktionsbedingungen und internationaler Vergleich (2017) 29 ff; Kleiser, Die neue Rolle des Verwaltungsgerichtshofes, ZVG 2014, 40 ff; Thienel, Die neue Rolle des Verwaltungsgerichtshofes im Verhältnis zu den Landesverwaltungsgerichten, in Bußjäger et al (Hg), Die neuen Landesverwaltungsgerichte. Grundlagen – Organisation – Verfahren (2013) 201 ff.
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rolle verwaltungsbehördlicher Akte im Bereich der Landesverwaltung und der mittelbaren Bundesverwaltung wahrzunehmen.30
II. Unionsrechtliche Vorgaben Das Unionsrecht enthält bekanntlich eine – zunächst vom EuGH in 7 stRsp entwickelte31 und mittlerweile primärrechtlich grundgelegte – gerichtliche Rechtsweggarantie, die in seinem gesamten Anwendungsbereich verbindlich ist:32 Nach Art 19 Abs 1 Unterabsatz 2 EUV33 haben die MS die erforderlichen Rechtsbehelfe zu schaffen, damit ein wirksamer Rechtsschutz in den vom Unionsrecht erfassten Bereichen gewährleistet ist.34 Zudem hat nach Art 47 GRC35 jede Person, deren durch das Recht der Union garantierte Rechte oder Freiheiten verletzt worden sind, das Recht , bei einem Gericht einen wirksamen Rechtsbehelf einzulegen (Abs 1) sowie das Recht, dass ihre Sache von einem unabhängigen, unparteiischen und zuvor durch Gesetz errichteten Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird (Abs 2).36 Und schließlich gilt nach 30 Näher dazu bei Ranacher, Art 70d (in diesem Band) Rz 1. 31 ZB EuGH 25.07.2002, C-50/00P, Unión de Pequeños Agricultores, Rz 41; 13.03.2007, C-432/05, Unibet, Rz 42. 32 Dazu mwN nur Frischhut/Ranacher, Unionsrecht und Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz, in Larcher (Hg), Handbuch Verwaltungsgerichte (2013) 66 (72 ff); Storr, Die österreichische Verwaltungsgerichtsbarkeit im europäischen Kontext, in Fischer/Pabel/N. Raschauer (Hg), Handbuch Verwaltungsgerichtsbarkeit2 (2019) 73 (78 ff). 33 Vgl dazu etwa Hable, Neuerungen im Zusammenwirken von EU-Recht und nationalem Recht nach dem Vertrag von Lissabon, in Hummer (Hg), Neueste Entwicklungen im Zusammenspiel von Europarecht und nationalem Recht der Mitgliedstaaten (2010) 651 (692 f); Obwexer, Gerichtssystem und Rechtsschutz, in Hummer/Obwexer (Hg), Der Vertrag von Lissabon (2009) 237 (240 f). 34 Vgl mwN nur EuGH 25.06.2019, C-619/18, Kommission/Polen, Rz 48, und 27.02.2018, C-64/16, Associação Sindical dos Juízes Portugueses, Rz 34. 35 S dazu nur Kröll, Art 47 GRC, in Holoubek/Lienbacher (Hg), GRC-Kommentar2 (2019) Rz 1 ff; Eser, Art 47 GRC, in Meyer (Hg), Charta der Grundrechte der Europäischen Union4 (2014) Rz 1 ff. 36 Diese unionsgrundrechtlichen Garantien stützen sich – ausweislich der Erläuterungen (Abl 2007 C 303/17 [29 f]) – auf Art 13 EMRK (Art 47 Abs 1 GRC) und Art 6 Abs 1 EMRK (Art 47 Abs 2 GRC), ohne freilich die diesen Konventionsbestimmungen inhärenten Einschränkungen zu übernehmen. Anders als Art 13 EMRK verlangt nämlich Art 47 Abs 1 GRC explizit einen wirksamen Rechtsbehelf an ein „Gericht“, und anders als nach Art 6 Abs 1
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stRsp des EuGH37 der Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes als aus den Verfassungsüberlieferungen der MS abgeleiteter, in Art 6 und 13 EMRK verankerter und durch Art 47 GRC bekräftigter (primärrechtlicher) allgemeiner Rechtsgrundsatz des Unionsrechts.38 8 Die vollständige Erfüllung dieser unionsrechtlichen Anforderungen für den Verwaltungsrechtsschutz in den MS stellte ein zentrales, mit der Einführung der Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz letztlich auch verwirklichtes Ziel dar.39 Den VwG kommt im Bereich des öffentlich-rechtlichen Rechtsschutzes in Österreich die tragende Rolle für die Erfüllung der zuvor beschriebenen unionsrechtlichen Rechtsweggarantien zu; dies insb auch angesichts der veränderten Rolle des VwGH im neuen System der Verwaltungsgerichtsbarkeit.40 Als „Gerichte” iSd B-VG41 sind die VwG auch in unionsrechtlicher Hinsicht als „Gerichte“ iSd Art 47 GRC bzw „Tribunale“ iSd Art 6 EMRK42 und „Gerichte“ iSd Art 267 AEUV43 zu qualifizie-
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EMRK ist die Anwendbarkeit der analog dazu in Art 47 Abs 2 GRC verankerten Garantien eines fairen Verfahrens nicht auf Streitigkeiten iZm zivilrechtlichen Ansprüchen und Verpflichtungen bzw strafrechtliche Anklagen beschränkt. Vgl mwN wiederum nur EuGH 25.06.2019, C-619/18, Kommission/Polen, Rz 49, und 27.02.2018, C-64/16, Associação Sindical dos Juízes Portugueses, Rz 35. Darüber hinaus kann sich das Erfordernis eines effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes spezifisch auch aus Sekundärrechtsakten ergeben. Für Bsp s Frischhut/Ranacher, Unionsrecht 74 f. So ausdrücklich die EBRV 1618 BlgNR XXIV. GP, 3. Näher zur Ausgangslage aus grundrechtlicher und unionsrechtlicher Perspektive vgl Baumgartner, Reform 100 ff, und Lienbacher, Der Verwaltungsrechtsschutz in Österreich und die europäische Dimension, in Bußjäger et al (Hg), Die neuen Landesverwaltungsgerichte. Grundlagen – Organisation – Verfahren (2013) 29 ff. S dazu schon Rz 6. S Rz 3. Zum – ausweislich der Erläuterungen des Präsidiums des Konvents (Abl 2007 C 303/17 [29 f]) – deckungsgleichen Gerichts- bzw Tribunalbegriff des Art 47 GRC und des Art 6 EMRK (unabhängig, unparteiisch, auf Gesetz beruhend bzw zuvor durch Gesetz errichtet) vgl nur Grabenwarter/Pabel, Menschenrechtskonvention 484 ff, und Kröll, Art 47 Rz 48 ff. Zum Gerichtsbegriff des Art 267 AEUV s mwN nur Schima, Art 267 AEUV, in Mayer/Stöger (Hg), EUV/AEUV (2012) Rz 52, sowie im Licht aktueller Entwicklungen Vašek, Europäischer Gerichtsbegriff, demokratische Verfassungstraditionen und oberösterreichisches Landesverwaltungsgericht, ZVG 2019, 420 ff.
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ren.44 Sie gehören folglich zu den nationalen Gerichten, denen es als „ordentliche Unionsgerichte“45 im Rahmen ihrer Zuständigkeiten obliegt, in Zusammenarbeit mit dem EuGH die volle Anwendung des Unionsrechts und den Schutz der Rechte zu gewährleisten, die den Einzelnen aus diesem Recht erwachsen.46 Dabei trifft die VwG insb die Verpflichtung zur Inzidentkontrolle der Vereinbarkeit des von ihnen anzuwendenden nationalen Rechts mit dem Unionsrecht.47 Dies und die daraus erfließenden weiteren (verfahrensrechtlichen) Obliegenheiten der VwG hat bereits auch der VwGH schon mehr als deutlich gemacht.48 Als „Unionsgerichte“ sind die VwG in das dualistische Rechtsschutz- 9 system49 der Union integriert. Sie stehen bei der Kontrolle der Einhaltung des Unionsrechts im Rahmen seines indirekten Vollzugs in einem über das Vorabentscheidungsverfahren nach Art 267 AEUV institutionalisierten50 Kooperationsverhältnis zum EuGH,51 das von diesem als „Schlüsselelement“ des Gerichtssystems der Union bezeichnet wird, weil es durch die Einführung eines Dialogs von Gericht zu Ge44 Vgl nur Baumgartner, Reform 106; Frischhut/Ranacher, Unionsrecht 69 ff; Lienbacher, Verwaltungsrechtsschutz 32 ff; Storr, Verwaltungsgerichtsbarkeit 91. 45 So die Bezeichnung der Gerichte der MS durch den EuGH 08.03.2011, GA 1/09, Europäische Patentgerichtsbarkeit, Rz 80. 46 Vgl mwN wiederum nur EuGH 25.06.2019, C-619/18, Kommission/Polen, Rz 47, und 27.02.2018, C-64/16, Associação Sindical dos Juízes Portugueses, Rz 32. 47 Vgl nur Frischhut/Ranacher, Unionsrecht 84; Storr, Verwaltungsgerichtsbarkeit 106 f. 48 Vgl mwN auf die Rsp etwa Eberhard/Pürgy/Ranacher, Rechtsprechungsbericht: Landesverwaltungsgerichte, Bundesverwaltungsgericht und Verwaltungsgerichtshof, ZfV 2015, 291 (300 f und 303 f); diese stRsp unter Bezugnahme auf die Rsp des EuGH leitsatzartig zusammenfassend VwGH 10.10.2018, Ra 2017/03/0108 (dazu Eberhard/Ranacher/Weinhandl, ZfV 2019, 353 f). 49 So der VfGH in VfSlg 14.390/1995. 50 Eingehend dazu etwa Frischhut/Ranacher, Unionsrecht 94 ff; Öhlinger/Potacs, EU-Recht und staatliches Recht6 (2017) 191 ff; Storr, Verwaltungsgerichtsbarkeit 101 ff. 51 Vgl auch Mayrhofer, Das Kooperationsverhältnis im staatlichen Unionsverfassungsrecht, in Holoubek/Martin/Schwarzer (Hg), Die Zukunft der Verfassung – Die Verfassung der Zukunft? – FS Korinek (2010) 373 (396 ff); Pabel, Die österreichischen Verwaltungsgerichte im Lichte des Unionsrechts, ZVG 2020, 20 (23 ff); s auch die Hinweise in FN 53.
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richt gerade zwischen dem Gerichtshof und den Gerichten der MS die Kohärenz und die einheitliche Auslegung des Unionsrechts gewährleisten soll und damit die Sicherstellung seiner vollen Geltung und seiner Autonomie sowie letztlich des eigenen Charakters des durch die Verträge geschaffenen Rechts ermöglicht.52 Im Rahmen dieses Kooperationsverhältnisses obliegt die Auslegung des Unionsrechts ausschließlich dem EuGH, während die Anwendung des auf diese Weise ausgelegten Unionsrechts im Anlassfall, ggf unter Wahrung von dessen Anwendungsvorrang, den nationalen Gerichten, darunter im Rahmen ihrer Zuständigkeiten auch den VwG, vorbehalten bleibt.53 Auch die sich aus dieser Funktionsteilung bei der „Transformation“ von Vorabentscheidungen ergebenden spezifischen Verpflichtungen der VwG hat der VwGH bereits hervorgehoben.54 10 Das LVwG Tirol hat seit seinem Bestehen bislang ein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH gerichtet.55
III. Entstehungsgeschichte 11 Die Bestimmungen der TLO 1989 über die Verwaltungsgerichtsbarkeit des Landes, die ausgehend von den wesentlichen bundesverfassungsgesetzlichen Bestimmungen die Grundlagen für die Landesverwaltungsgerichtsbarkeit landesverfassungsgesetzlich festlegen, wurden als neuer IV. Teil durch die TLO-Nov 201256 eingefügt.57 Diese Nov wurde am 7. November 2012, und damit nur wenige Monate nach der Beschlussfassung und Kundmachung Verwaltungsgerichtsbarkeits-Nov 2012 im Tir LT beschlossen. Am selben Tag erfolgte auch die Beschlussfassung 52 Vgl wiederum EuGH 25.06.2019, C-619/18, Kommission/Polen, Rz 45; 06.03.2018, C-284/16, Achmea, Rz 37. 53 Dazu etwa Lenaerts, Kooperation und Spannung im Verhältnis von EuGH und nationalen Verfassungsgerichten, EuR 2015, 3 (10); ders, Der Dialog nationaler Verwaltungsgerichte mit dem Gerichtshof der Europäischen Union, ZVG 2020, 9 ff. 54 Vgl wiederum Eberhard/Pürgy/Ranacher, Rechtsprechungsbericht, ZfV 2015, 303 f, und Eberhard/Ranacher/Weinhandl, Rechtsprechungsbericht, ZfV 2019, 353 f. 55 S EuGH 08.05.2019, C-230/18, PI/Landespolizeidirektion Tirol. Für einen Überblick über die Vorlagepraxis der österr VwG vgl etwa Pabel, ZVG 2020, 24 f. 56 LGBl 2012/147. 57 Die bisherigen IV. bis VI. Teile wurden entsprechend umnummeriert.
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über das TLVwGG58 und das – primär begleitende organisatorische und verwaltungsreformatorische Änderungen betr – Tiroler Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz,59 dem ein Jahr später ein – insb verfahrensrechtliche Aspekte betr – zweites Tiroler Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz60 folgte.61 Im Zuge der parlamentarischen Behandlung wurde die RV in einem 12 Punkt abgeändert: Konkret entfiel der vorgeschlagene Art 70b Abs 4 TLO 1989 über die Ernennung der Landesverwaltungsrichter durch die LReg,62 weil bei der getrennten Abstimmung zu dieser Bestimmung die erforderliche qualifizierte Mehrheit nicht zustande kam.63 Im Übrigen wurde die RV einstimmig angenommen.64 Die den neuen IV. Teil konstituierenden Art 70b bis 70d TLO 1989 sind 13 mit 1. Jänner 2014 in Kraft getreten und stehen seither unverändert in Geltung.
58 S dazu auch bei Ranacher, Art 70e (in diesem Band) Rz 1 ff. 59 Gesetz vom 7. November 2012 über die aufgrund der Einrichtung von Verwaltungsgerichten erster Instanz erforderliche Anpassung der Tiroler Landesrechtsordnung, LGBl 2012/150. 60 Gesetz vom 2. Oktober 2013 über die aufgrund der Einrichtung von Verwaltungsgerichten erster Instanz erforderliche verfahrensrechtliche Anpassung der Tiroler Landesrechtsordnung (2. Tiroler VerwaltungsgerichtsbarkeitsAnpassungsgesetz), LGBl 2013/130. 61 Eingehend zum Prozess der legistischen Umsetzung der Einführung der Landesverwaltungsgerichtsbarkeit in Tirol und zur damit verbundenen umfassenden Strukturreform der Landesverwaltung Ranacher, Verwaltungsgerichtsbarkeitsreform als Verwaltungsstrukturreform und legistische Herausforderung, ZfV 2013, 359 ff. Zum generellen Ausschluss des gemeindeinternen Instanzenzuges in landesgesetzlich geregelten Angelegenheiten s schon oben Rz 6 FN 28. 62 Dieser sah – dem Art 134 Abs 2 erster Satz B-VG entsprechend – die Einholung eines Dreiervorschlags der Vollversammlung für die Ernennung der sonstigen Mitglieder des LVwG, nicht aber für die Stelle des Präs und des Vizepräsidenten, vor. 63 S dazu auch bei Ranacher, Art 70b (in diesem Band) Rz 2. 64 StenProt des Tir LT, XV. GP, Kurzprotokoll der 35. Sitzung (07.11.2012) 11.
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Artikel 70b Landesverwaltungsgericht (1) Für das Land Tirol wird ein Landesverwaltungsgericht eingerichtet. Es hat seinen Sitz in der Landeshauptstadt. (2) Das Landesverwaltungsgericht besteht aus dem Präsidenten, dem Vizepräsidenten und der erforderlichen Anzahl weiterer Mitglieder (Landesverwaltungsrichter). Die Landesverwaltungsrichter müssen das Studium der Rechtswissenschaften oder die rechts- und staatswissenschaftlichen Studien abgeschlossen haben und über eine fünfjährige juristische Berufserfahrung verfügen. (3) Der Präsident leitet das Landesverwaltungsgericht. Der Präsident, der Vizepräsident und die weiteren Landesverwaltungsrichter bilden die Vollversammlung. Durch Landesgesetz können weitere Organe des Landesverwaltungsgerichts, insbesondere zum Zweck der kollegialen Besorgung von Justizverwaltungssachen, eingerichtet werden. (4) Landesverwaltungsrichter dürfen nicht gleichzeitig Mitglieder der Bundesregierung, einer Landesregierung, des Nationalrates, des Bundesrates, eines Landtages oder des Europäischen Parlaments sein. Für Mitglieder des Nationalrates, des Bundesrates, eines Landtages und des Europäischen Parlaments dauert die Unvereinbarkeit auch bei vorzeitigem Verzicht auf das Mandat bis zum Ablauf der Gesetzgebungs- bzw. Funktionsperiode an. Zum Präsidenten oder Vizepräsidenten darf nicht ernannt werden, wer eine der im ersten Satz bezeichneten Funktionen in den letzten fünf Jahren ausgeübt hat. Inhaltsübersicht I. Einrichtung, Sitz............................................................................ 1 II. Zusammensetzung, Ernennung.................................................. 2 III. Organe der Justizverwaltung, Geschäftsapparat..................... 4 IV. Inkompatibilität............................................................................. 8
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Landesverwaltungsgericht
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I. Einrichtung, Sitz Der Abs 1 regelt die Einrichtung eines VwG für das Land Tirol. Diese 1 Bestimmung ist konstitutiv. Sie trägt einerseits der bundesverfassungsgesetzlichen Verpflichtung zur Einrichtung eines VwG des Landes Rechnung.1 Andererseits wird dadurch im Rahmen der Organisationskompetenz des Landes2 für dessen VwG die Bezeichnung „Landesverwaltungsgericht“ festgelegt. Darüber hinaus wird als Sitz des LVwG die Landeshauptstadt Ibk bestimmt. Diese Festlegung bindet auch den einfachen Landesgesetzgeber. Die Einrichtung von Außenstellen des LVwG3 bedürfte daher zunächst auch einer Änderung auf landesverfassungsgesetzlicher Ebene. Gleichwohl beeinträchtigt die Sitzfestlegung nicht die Befugnis des LVwG, nach Maßgabe der Verfahrensvorschriften Amtshandlungen auch außerhalb seines Sitzes vorzunehmen.4
II. Zusammensetzung, Ernennung Der grds Regelungen über die Zusammensetzung des LVwG und die 2 Voraussetzungen für die Ernennung seiner Mitglieder enthaltende Abs 2 wiederholt die Regelungen des Art 134 Abs 1 und Abs 2 zweiter Satz B-VG.5 Auch wenn hier – wie auch im TLVwGG6– dem Wortlaut des B-VG folgend von einer genauen Festlegung der Anzahl der Landesverwaltungsrichter abgesehen wird und diese somit dem LT im Rahmen des einen Bestandteil des Landesvoranschlags bildenden Stel1 S Ranacher, Vorbemerkungen LVwG (in diesem Band) Rz 4. 2 So mE zutreffend die EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 2012/147, Tir LT XV. GP, GZ 562/12, 23; wie hier auch Faber, Art 129 B-VG Rz 9; aA Rill/ Schäffer/Kneihs, Art 129 Rz 7; Weber, Art 129 Rz 4. 3 Wie es sie in NÖ gibt (vgl § 1 Abs 1 NÖ LVwGG, LGBl 0015-0 idF LGBl 2020/34). 4 So ausdrücklich die EBRV zur StF des TLVwGG LGBl 2012/148, Tir LT XV. GP, GZ 558/12, 14. 5 Zu den Ernennungsvoraussetzungen des Art 134 Abs 2 zweiter Satz B-VG (rechtswissenschaftliches Studium, fünfjährige juristische Berufserfahrung) s Bußjäger/Oberdanner, Art 134 B-VG, in Bumberger et al (Hg), VwGVG (2019) Rz 21 und 23, und Gamper, Verfassungsrechtliche Voraussetzungen des öffentlich-rechtlichen Richteramts in Österreich und Europa, in Giese/ Holzinger/Jabloner (Hg), Verwaltung im demokratischen Rechtsstaat – FS Stolzlechner (2013) 137 (138 f et passim). 6 Vgl dessen § 2 Abs 1.
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lenplans7 überlassen bleibt, ist der LT hier nicht völlig frei, sondern hat sich an den vom LVwG zu besorgenden Aufgaben und den sich daraus ergebenden Personalbedarf zu orientieren.8 Eine ausdrückliche gesetzliche Verpflichtung zur Ausstattung des LVwG mit ausreichenden Personal- und Sachressourcen enthält zudem § 1 Abs 2 TLVwGG.9 3 Die Ernennungsvoraussetzungen werden im TLVwGG durch die allgemeinen Voraussetzungen der österr Staatsbürgerschaft10 und der Entscheidungsfähigkeit11 sowie in fachlicher Hinsicht durch das Erfordernis der Ablegung einer juristischen Berufsprüfung12 oder alternativ des Nachweises einer juristischen Lehrbefugnis an einer österr Universität präzisiert.13 Da der in der RV vorgeschlagene, dem Art 134 Abs 2 erster Satz B-VG entsprechende Abs 4 des Art 70b TLO 1989 im Zuge der parlamentarischen Behandlung entfallen ist,14 fehlt auf landesverfassungsgesetzlicher Ebene eine Regelung über die Ernennung des Präs, des Vizepräsidenten und der sonstigen Mitglieder des LVwG 7 S Art 62 TLO 1989. 8 Arg „erforderlichen Anzahl”; idS auch die EBRV zur StF des TLVwGG LGBl 2012/148, Tir LT XV. GP, GZ 558/12, 14. Vgl mwN auch Bußjäger/ Oberdanner, Art 134 Rz 13 f; Ranacher, Organisation 171. 9 Danach sind dem LVwG das für die Besorgung seiner Aufgaben erforderliche richterliche und nicht richterliche Personal und die zu diesem Zweck erforderlichen Sach- und Geldmittel zur Verfügung zu stellen. Zur verpflichtenden Einrichtung eines Geschäftsapparates s gleich im Folgenden Rz 6. 10 § 2 Abs 3 lit a TLVwGG. Unionsrechtlich ist diese Voraussetzung im Hinblick auf Art 45 Abs 4 und Art 51 AEUV unbedenklich. 11 § 2 Abs 3 lit b TLVwGG, der zusätzlich auch das Nichtvorliegen einer aufrechten gesetzlichen Vertretung, insb einer Erwachsenenvertretung, nach § 1034 ABGB verlangt. 12 Wie Richteramtsprüfung, Rechtsanwaltsprüfung, Notariatsprüfung, Verwaltungsdienstprüfung. 13 § 2 Abs 3 lit e TLVwGG. Die diesbezügliche Kompetenz der zuständigen Dienstrechtsgesetzgebung betonen explizit die EBRV 1618 BlgNR XXIV. GP, 17; dazu auch Faber, Art 134 B-VG Rz 13, sowie – mit Hinweisen auf die Rechtslage in den anderen Ländern – Fischer/Zeinhofer/Buchinger, Organisation 177 ff; Gamper in FS Stolzlechner 141 ff; Ranacher, Organisation 170; ders/Wolf, Organisationsrecht 97; Segalla, Stellung 153 f. Zu den im B-VG vorgesehenen Ernennungsvoraussetzungen als Mindestvoraussetzungen und für einen aktuellen Befund samt Entwicklungsperspektiven (Projekt „Richter/innenausbildung neu“) Thienel, Qualifikation von Verwaltungsrichter/innen – System und Entwicklung, ZVG 2020, 35 ff. 14 S Ranacher, Vorbemerkungen LVwG (in diesem Band) Rz 12.
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durch die LReg.15 Hier ist daher auf § 2 Abs 2 TLVwGG zurückzugreifen. Anzumerken ist, dass Art 134 Abs 2 erster Satz B-VG dem Organisationsgesetzgeber in dieser Hinsicht keinen weiteren Ausführungsspielraum lässt. Weder wäre es daher zulässig, bindende Dreiervorschläge vorzusehen noch möglich, auch für die Ernennung des Präs und des Vizepräsidenten die Einholung von Dreiervorschlägen durch das LVwG anzuordnen. Gestaltungsspielräume bestehen allerdings in Bezug auf das Ernennungsverfahren; diese werden vom Tir Landesgesetzgeber etwa in Richtung der verpflichtenden Durchführung einer Ausschreibung von Planstellen genutzt.16 Bei der Ernennung handelt es sich um eine bereits bundesverfassungsgesetzlich der LReg als Kollegium vorbehaltene Angelegenheit iSd Art 51 Abs 2 TLO 1989.17
III. Organe der Justizverwaltung, Geschäfts apparat Der Abs 3 enthält grds Bestimmungen über die Organe des LVwG im 4 Bereich der Justizverwaltung.18 Konkret verankert der erste Satz den Präs als monokratisches Leitungsorgan.19 Im zweiten Satz benennt der Landesverfassungsgesetzgeber die Vollversammlung als zentrales kollegiales Justizverwaltungsorgan und regelt ihre Zusammensetzung.20 Während Präs (und Vizepräsident) als monokratische Justizverwaltungsorgane durch Art 134 Abs 1 B-VG explizit bundesverfassungsgesetzlich vorgegeben sind, erschließt sich das für die Vollversammlung bzw für aus ihrer Mitte zu wählende Ausschüsse lediglich inzident.21 Bundesverfassungsgesetzlich besteht jedenfalls kein numerus clausus der im B-VG genannten Organtypen.22 15 Zum Themenkreis vgl Fischer/Zeinhofer/Buchinger, Organisation 174 f; Ranacher, Organisation 169; ders/Wolf, Organisationsrecht 96 f. 16 Vgl § 2 Abs 4 TLVwGG. 17 Vgl auch § 2 Abs 3 Z 19 Tir GO LReg. 18 Zu den rechtsprechenden Organen s Art 70d Abs 3 TLO 1989, dazu Ranacher, Art 70d (in diesem Band) Rz 4 ff. 19 Zu den durch § 8 TLVwGG konkretisierten Leitungsaufgaben des Präs und seinem Verhältnis zum Vizepräsidenten s gleich im Folgenden Rz 7, zur (umstrittenen) Frage der Zulässigkeit der Weisungsfreistellung des Präs s näher bei Ranacher, Art 70c (in diesem Band) Rz 3. 20 Näher zur Vollversammlung s § 9 TLVwGG. 21 Nämlich aus Art 134 Abs 2, 135 Abs 1 und 2 und Art 136 Abs 5 BVG. 22 Vgl Ranacher, Organisation 172 ff; ders/Wolf, Organisationsrecht 93 f; Segalla, Organisation 169.
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5 Daher ist der Organisationsgesetzgeber grds frei, weitere monokratische oder kollegiale Justizverwaltungsorgane23 einzurichten. Darauf nimmt der dritte Satz des Abs 3 ausdrücklich Bezug. Das TLVwGG sieht als weitere kollegiale Organe der Justizverwaltung einen Personal- und Geschäftsverteilungsausschuss24 und einen Dienst- und Disziplinarausschuss25 vor. Tatsächlich verfügt der Landesgesetzgeber bei der Ausgestaltung der Justizverwaltung einschließlich der Konkretisierung der Leitungsbefugnisse des Präs und der Verteilung der Aufgaben auf die verschiedenen Justizverwaltungsorgane über einen nicht unerheblichen Gestaltungsspielraum.26 6 Keine bundes- und landesverfassungsgesetzlichen Vorgaben bestehen indes zum Geschäftsapparat; derartige Regelungen bleiben daher dem Organisationsgesetzgeber vorbehalten; dieser ist freilich verpflichtet, das LVwG mit einem Geschäftsapparat auszustatten, weil dieses vom B-VG als selbstständige Einrichtung der Gerichtsbarkeit vorausgesetzt wird.27 Das TLVwGG richtet als administrativen Hilfsapparat beim LVwG eine Geschäftsstelle und eine Evidenzstelle ein.28 7 Die Leitungsaufgaben des Präs29 werden durch § 8 TLVwGG konkretisiert und reichen von der Vertretung des LVwG nach außen,30 über die nähere Regelung des Dienstbetriebs, die Leitung der Geschäfts- und Evidenzstelle, die Dienstaufsicht über das richterliche und nichtrichter23 24 25 26
Dazu s auch Art 70c Abs 2 TLO 1989. § 10 TLVwGG. § 11 TLVwGG. Beachte aber insb die sich aus Art 134 Abs 7 iVm Art 87 Abs 2 B-VG ergebenden Schranken. Dazu näher bei Ranacher, Art 70c (in diesem Band) Rz 2. Näher zu den Organen der Justizverwaltung bei den VwG und den diesbezüglichen bundesverfassungsgesetzlichen Vorgaben vgl nur Faber, Art 134 B-VG Rz 30 ff; Fischer/Zeinhofer/Buchinger, Organisation 170 ff und 190 ff; Ranacher, Organisation 172 ff; ders/Wolf, Organisationsrecht 98 ff; Segalla, Organisation 170 ff. 27 Vgl Ranacher, Organisation 177; s dazu schon oben ders, Vorbemerkungen LVwG (in diesem Band) Rz 3. 28 § 21 TLVwGG. Zum Themenkreis vgl nur Fischer/Zeinhofer/Buchinger, Organisation 220 f. 29 Zum Präs als Leitungsorgan des LVwG vgl mwN nur Fischer/Zeinhofer/ Buchinger, Organisation 170 ff; Ranacher, Organisation 187 f; ders/Wolf, Organisationsrecht 99 ff. 30 Vgl § 8 Abs 1 TLVwGG; dies umfasst auch die Kommunikation nach außen, insb gegenüber Medien, die ausdrücklich dem Präs vorbehalten ist (§ 8 Abs 5 TLVwGG).
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liche Personal31 und bestimmte dienstbehördliche Befugnisse32 bis hin zur Bedachtnahme auf eine möglichst einheitliche Rsp des LVwG.33 Dem Vizepräsidenten obliegt die Vertretung des Präs bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben, wobei er im Vertretungsfall ohne förmlichen Übertragungsakt an dessen Stelle tritt;34 über selbstständige Leitungsbefugnisse verfügt er nicht.35 Gleichwohl kann der Präs dem Vizepräsidenten unter seiner Leitung einzelne Leitungsaufgaben übertragen.36
IV. Inkompatibilität Der Abs 4 übernimmt die Unvereinbarkeitsbestimmungen des 8 Art 134 Abs 5 und 6 B-VG. Ergänzend dazu sieht Art 70c Abs 3 TLO 1989 ein Verbot der Ausübung von sonstigen Tätigkeiten durch Landesverwaltungsrichter vor, die Zweifel an der unabhängigen Ausübung ihres Amtes hervorrufen.37
31 § 8 Abs 2 TLVwGG. 32 § 8 Abs 3 TLVwGG; dazu s auch bei Ranacher, Art 70c (in diesem Band) Rz 4. 33 Dies gleichwohl unter voller Wahrung der richterlichen Unabhängigkeit; § 8 Abs 7 TLVwGG. Diese Bestimmung ist § 9 Abs 2 VwGG nachgebildet (s die EBRV zur StF des TLVwGG LGBl 2012/148, Tir LT XV. GP, GZ 558/12, 22). 34 Ist auch der Vizepräsident verhindert, so bestimmt § 8 Abs 1 TLVwGG den dem LVwG am längsten angehörenden Landesverwaltungsrichter zur Vertretung des Präs. 35 Davon zu unterscheiden sind bestimmte disziplinar- und dienstrechtliche Aufgaben, die in Bezug auf den Präs gesetzlich dem Vizepräsidenten zugewiesen sind, wie insb die dienstbehördlichen Befugnisse gem § 8 Abs 3 TLVwGG. 36 Vgl § 8 Abs 5 und § 21 Abs 2 TLVwGG. Zum Verhältnis zwischen Präs und Vizepräsident vgl etwa Bußjäger/Oberdanner, Art 134 Rz 8 f; Fischer/Zeinhofer/Buchinger, Organisation 173. 37 S bei Ranacher, Art 70c (in diesem Band) Rz 1.
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Artikel 70c Stellung der Landesverwaltungsrichter (1) Die Landesverwaltungsrichter sind Richter im Sinn des Art. 87 Abs. 1 des Bundes-Verfassungsgesetzes. Sie sind in Ausübung ihres richterlichen Amtes unabhängig. (2) In Ausübung ihres richterlichen Amtes befinden sich die Landesverwaltungsrichter bei der Besorgung aller ihnen nach dem Gesetz und der Geschäftsverteilung zustehenden Geschäfte mit Ausnahme jener Justizverwaltungssachen, die nach dem Gesetz nicht durch gerichtliche Kollegialorgane zu erledigen sind. (3) Landesverwaltungsrichter dürfen keine Tätigkeit ausüben, die Zweifel an der unabhängigen Ausübung ihres Amtes hervorrufen könnte. Inhaltsübersicht I. Richterliche Unabhängigkeit....................................................... 1 II. Richterliche Unabhängigkeit und Justizverwaltung............... 3 III. Richterliche Unabhängigkeit und dienstrechtliche Stellung der Landesverwaltungsrichter..................................................... 5
I. Richterliche Unabhängigkeit 1 Die Abs 1 und 2 entsprechen Art 134 Abs 7 B-VG iVm Art 87 Abs 1 und 2 B-VG. Es handelt sich dabei um die zentralen Gewährleistungen der richterlichen Unabhängigkeit der Landesverwaltungsrichter und der Eigenschaft des LVwG als „Gericht“ iSd B-VG. Die richterlichen Garantien der Art 87 und 88 B-VG konstituieren nach der Rsp des VfGH zudem ein einheitliches verfassungsrechtliches Richterbild.1 Der Sicherung der richterlichen Unabhängigkeit dient auch der – für die VwG insgesamt in Art 135 Abs 2 und 3 B-VG grundgelegte – Grundsatz der festen Geschäftsverteilung im 1
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VfGH 14.06.2019, G 396/2018; vgl zu all dem mwN schon Ranacher, Vorbemerkungen LVwG (in diesem Band) Rz 3.
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Voraus,2 der für das LVwG ausgehend davon in Art 70d Abs 4 TLO 1989 normiert wird.3 Die Gewährleistungen des Abs 1 und 2 werden durch das im Abs 3 ent- 2 haltene Verbot der Ausübung jeder Tätigkeit, die Zweifel an der unabhängigen Ausübung des Amtes als Landesverwaltungsrichter hervorrufen könnte, spezifisch ergänzt. Diese Regelung steht daher auch im Dienst der Gewährleistung des äußeren Anscheins der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit des LVwG als Tribunal iSd Art 6 EMRK bzw als Gericht iSd Art 47 GRC.4 Ob eine Tätigkeit – angesprochen sind Nebenbeschäftigungen5 und Nebentätigkeiten6 von Landesverwaltungsrichtern7 – geeignet ist, Zweifel an der unabhängigen Ausübung des Amtes als Landesverwaltungsrichter hervorzurufen, entscheidet der Personal- und Geschäftsverteilungsausschuss auf Antrag oder von Amts wegen.8 § 24 TLVwGG sieht zudem ausdrücklich ein Verbot der Mischverwendung von Landesverwaltungsrichtern vor: Ihnen dürfen dienstliche Aufgaben außerhalb des LVwG mit Ausnahme von Nebentätigkeiten nicht übertragen werden; Nebentätigkeiten dürfen ihnen zudem nur mit ihrer Zustimmung übertragen werden.
II. Richterliche Unabhängigkeit und Justiz verwaltung Der Verfassungsauftrag zur Gewährleistung der Unabhängigkeit der 3 LVwG hat weiters Folgewirkungen für die organisationsgesetzliche Ausgestaltung der Justizverwaltung. Insb ist es im Hinblick auf das Organisationskonzept der kollegialen Justizverwaltung nach Art 87 2 3 4 5 6
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Vgl nur Storr, Art 87 Rz 22, mit Hinweis auf ältere Rsp des VfGH. Näher dazu bei Ranacher, Art 70d (in diesem Band) Rz 10 ff. Vgl dazu schon Ranacher, Vorbemerkungen LVwG (in diesem Band) Rz 8 mwH. Ds Tätigkeiten, die außerhalb des Dienstverhältnisses ausgeübt werden, wie zB als Vortragender oder Hg bzw Autor rechtswissenschaftlicher Fachliteratur. Ds Tätigkeiten, die zwar im Rahmen des Dienstverhältnisses, aber nicht unmittelbar iZm den dienstlichen Aufgaben wahrgenommen werden, wie zB die Tätigkeit als Vortragender in Dienstkursen des Landes oder als Führerscheinprüfer. Zum Themenkreis vgl näher Brandstetter/Lukas, Dienstrecht 289 ff mwN auf die Rechtslage bei den einzelnen VwG, sowie Segalla, Das Dienstrecht der Verwaltungsrichter, in Fischer/Pabel/N. Raschauer (Hg), Handbuch Verwaltungsgerichtsbarkeit2 (2019) 297 (309 f). § 4 Abs 3 TLVwGG.
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Abs 2 B-VG geboten, dass die Angelegenheiten des „innersten Gerichtsbetriebes“ kollegial besorgt werden. Zu diesen Angelegenheiten gehören ex constitutione die Senatsbildung, die Erlassung der Geschäftsverteilung und der GO sowie weiters die Abnahme von Geschäften.9 Überdies werden alle sonstigen Angelegenheiten der kollegialen Justizverwaltung vorzubehalten sein, die die richterliche Unabhängigkeit der Landesverwaltungsrichter unmittelbar berühren. Zu diesen gehören jedenfalls die Disziplinarsachen, die Entscheidung über das Vorliegen einer Unvereinbarkeit und die Dienstbeschreibung.10 Das TLVwGG trägt dem durch entsprechende Aufgabenzuweisungen an die Vollversammlung, den Personal- und Geschäftsverteilungsausschuss und den Dienst- und Disziplinarausschuss Rechnung.11 4 Dem Organisationskonzept des Art 87 Abs 2 B-VG folgend sind die Angelegenheiten der kollegialen Justizverwaltung der richterlichen Tätigkeit zuzuordnen und dementsprechend weisungsfrei zu besorgen. Eine solche Garantie besteht im Rahmen der monokratischen Justizverwaltung nicht, weshalb die monokratischen Justizverwaltungsorgane, insb also Präs und Vizepräsident, bei der Besorgung von Angelegenheiten der Justizverwaltung grds gegenüber der LReg weisungsgebunden sind. Ob es dem Organisationsgesetzgeber vor diesem Hintergrund freisteht, den Präs – wie das in einigen Ländern der Fall ist12 – bei der Besorgung von Aufgaben der Justizverwaltung gestützt auf Art 20 Abs 2 B-VG (zur Gänze oder zT) weisungsfrei zu stellen, bzw ob dies verfassungs- bzw unionsrechtlich gar geboten scheint, ist seit der Einführung der VwG Gegenstand einer intensiven Debatte im Schrifttum.13 Der Tir 9 10 11 12 13
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Vgl Art 135 Abs 1 vierter Satz, Abs 2 erster Satz und Abs 3 B-VG; zu all dem s näher Ranacher, Art 70d (in diesem Band) insb Rz 7 ff. Eingehend dazu Ranacher, Organisation 185 ff und Segalla, Dienstrecht 309 ff; vgl auch Fischer/Zeinhofer/Buchinger, Organisation 207 ff; Öhlinger/ Eberhard, Verwaltungsgerichte 58 ff; Ranacher/Wolf, Organisationsrecht 94 f. S die §§ 9, 10 und 11 TLVwGG. Konkret (in unterschiedlichem Ausmaß) im Bgld, in Ktn, OÖ, der Stmk und in Vbg; dazu nur Fischer/Zeinhofer/Buchinger, Organisation 208 f mwN. Zu den sich in diesem Zusammenhang im Hinblick auf das Erk VfSlg 15.762/2000 und auf das Verhältnis von Art 20 Abs 2 B-VG zu Art 87 Abs 2 B-VG stellenden verfassungs- und unionsrechtlichen Fragen vgl etwa Öhlinger/Eberhard, Verwaltungsgerichte 59 f; Pabel, Verfassungsrechtliche, menschenrechtliche und europarechtliche Gesichtspunkte, in Österreichischer Juristentag (Hg), Die Neuordnung der Gerichtsbarkeit des öffentlichen Rechts – Referate und Diskussionsbeiträge (2019) 12 (23 ff); Ranacher, Organisation 188 ff; Segalla, Dienstrecht 305 ff. Zum Meinungsstand vgl
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Landesgesetzgeber ist bislang dem klassischen dualen Konzept der (weisungsfreien) kollegialen und (weisungsgebundenen) monokratischen Justizverwaltung gefolgt.14
III. Richterliche Unabhängigkeit und dienstrecht liche Stellung der Landesverwaltungsrichter Die notwendige Sicherung der Unabhängigkeit der Landesverwal- 5 tungsrichter hat schließlich auch Folgewirkungen für die die nähere Regelung ihrer dienstrechtlichen Stellung und die gesetzliche Ausgestaltung des Dienstverhältnisses.15 Zwar wird gem Art 134 Abs 8 iVm Art 21 Abs 3 B-VG die Diensthoheit gegenüber den bei den LVwG verwendeten Bediensteten (einschließlich der Landesverwaltungsrichter) von der LReg ausgeübt.16 Diese wird aber bereits durch die richterlichen Garantien des Art 134 Abs 7 iVm Art 87 Abs 1 und 2 und Art 88 Abs 1 und 2 B-VG und der sich daraus auch ergebenden Erfordernisse der weisungsfreien Besorgung bestimmter dienst- bzw disziplinarrechtlicher Angelegenheiten in kollegialer Justizverwaltung erheblich eingeschränkt. Darüber hinaus enthält das TLVwGG, das für die Landesverwaltungsrichter zwingend ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis vorsieht,17 aus diesem Grund auch zahlreiche dienstrechtliche Sonderbestimmungen18 und überträgt die Besorgung dienstbehördlicher Befugnisse zudem in erheblichem Ausmaß auf den Präs.19
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auch Cargnelli-Weichselbaum, Art 21 B-VG, in Kneihs/Lienbacher (Hg), Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht (2017) Rz 100; zur Diskussion im Licht aktueller Rsp des EuGH (s insb EuGH 25.06.2019, C-619/18, Kommission/Polen, Rz 112) vgl Vašek, Gerichtsbegriff 422 ff. Diesem Konzept entspricht auch die Organisation der Justizverwaltung bei den beiden VwG des Bundes, dem BVwG und dem BFG. Zum Themenkreis vgl nur Brandstetter/Lukas, Dienstrecht 265 ff et passim; Ranacher, Organisation 179 ff; ders/Wolf, Organisationsrecht 101 ff; Segalla, Dienstrecht 301 ff et passim. Dazu und zum Meinungsstand vgl nur Cargnelli-Weichselbaum, Art 21 Rz 98 ff; Kucsko-Stadlmayer/Oswald, Art 21 B-VG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (2018) Rz 33; beide mwN. Zur Thematik im Kontext der Organisation der Justizverwaltung s zudem Pabel, Gesichtspunkte 25 f. § 23 TLVwGG. S die §§ 24 ff TLVwGG. S im Einzelnen § 8 Abs 3 TLVwGG. Für einen Überblick über wesentliche Aspekte der diesbezüglichen Regelungen bei den LVwG vgl nur Brandstetter/ Lukas, Dienstrecht 270 ff, sowie Segalla, Dienstrecht 302 ff.
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Artikel 70d Aufgaben, Geschäftsgang (1) Das Landesverwaltungsgericht erkennt in allen Rechtssachen mit Ausnahme jener, die gesetzlich dem Bundesverwaltungsgericht oder dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung zugewiesen sind, über Beschwerden a) gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit, b) gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit, c) wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch eine Verwaltungsbehörde. (2) Das Landesverwaltungsgericht entscheidet weiters in sonstigen Rechtssachen, für die ihm nach Maßgabe des Bundes-Verfassungsgesetzes durch Bundes- oder Landesgesetz die Zuständigkeit zur Entscheidung übertragen wurde. (3) Das Landesverwaltungsgericht erkennt durch Einzelrichter, soweit gesetzlich nicht eine Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Die Größe der Senate ist durch Landesgesetz festzulegen. Die Senate sind aus den Landesverwaltungsrichtern und, soweit gesetzlich die Mitwirkung von fachkundigen Laienrichtern an der Rechtsprechung vorgesehen ist, aus der im Rahmen der festgelegten Senatsgröße gesetzlich bestimmten Anzahl von fachkundigen Laienrichtern zu bilden. (4) Die vom Landesverwaltungsgericht zu besorgenden Geschäfte sind auf die Einzelrichter und die Senate für die landesgesetzlich bestimmte Zeit im Voraus zu verteilen (Geschäftsverteilung). Eine nach der Geschäftsverteilung einem Landesverwaltungsrichter zufallende Sache darf ihm nur durch das nach Abs. 5 zuständige Organ und nur im Fall seiner Verhinderung oder dann abgenommen werden, wenn er wegen des Umfangs seiner Aufgaben an deren Erledigung innerhalb einer angemessenen Frist gehindert ist. (5) Durch Landesgesetz ist zu bestimmen, ob die Erlassung der Geschäftsverteilung durch die Vollversammlung oder durch einen 984
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aus ihrer Mitte zu wählenden Ausschuss, der aus dem Präsidenten, dem Vizepräsidenten und einer bestimmten Anzahl von sonstigen Mitgliedern zu bestehen hat, erfolgt. (6) Das Nähere über die Führung der Geschäfte ist in einer von der Vollversammlung zu erlassenden Geschäftsordnung zu regeln. Inhaltsübersicht I. Zuständigkeiten des Landesverwaltungsgerichts..................... 2 II. Rechtsprechende Organe – Spruchkörper................................. 4 A. Grundsatz der Einzelrichterzuständigkeit – Senate............ 4 B. Fachkundige Laienrichter........................................................ 5 C. Keine Rechtspfleger................................................................... 6 D. Senate: Größe, Bildung, Geschäftsgang................................ 7 III. Feste Geschäftsverteilung............................................................. 10 IV. Geschäftsordnung.......................................................................... 13 Art 70d TLO 1989 enthält – wiederum anknüpfend an die jeweils rele- 1 vanten Bestimmungen des B-VG – grundlegende Regelungen für die Besorgung der rechtsprechenden Aufgaben des LVwG und deren innergerichtliche Organisation.
I. Zuständigkeiten des Landesverwaltungs gerichts Einleitend umschreiben die Abs 1 und 2 zunächst in allgemeiner Form 2 die Zuständigkeiten des LVwG, die sich grosso modo auf die Gewährung gerichtlichen Rechtsschutzes in allen hoheitlich zu erledigenden Angelegenheiten der Landesverwaltung und der mittelbaren Bundesverwaltung erstrecken.1 Der Abs 1 knüpft an Art 130 Abs 1 B-VG iVm 1
Zu den Zuständigkeiten der LVwG und zur Zuständigkeitsabgrenzung insb gegenüber dem BVwG ist hier auf das reichhaltige Schrifttum und die umfangreiche Rsp der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts zu verweisen; vgl etwa Eberhard, Die Abgrenzung der Zuständigkeit zwischen BVwG und LVwG und die Kompetenzgerichtsbarkeit des Verwaltungsgerichtshofes, in Bußjäger et al (Hg), Landesverwaltungsgerichtsbarkeit. Funktionsbedingungen und internationaler Vergleich (2017) 43 ff; Fischer/Zeinhofer/ Buchinger, Organisation 222 ff; Kneihs, Art 130 B-VG, in ders/Lienbacher (Hg), Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht (2017) Rz 1 ff und Kneihs, Art 131 B-VG, in ders/Lienbacher (Hg), Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht (2017) Rz 1 ff; Pürgy, Die Landesverwaltungsge-
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Art 131 Abs 1, 2 und 3 B-VG an. Durch die Formulierung, wonach das LVwG in allen Rechtssachen mit Ausnahme jener, die gesetzlich dem BVwG oder dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung zugewiesen sind, erkennt, wird die den LVwG nach dem System der bundesverfassungsgesetzlichen Zuständigkeitsverteilung zwischen den VwG zukommende subsidiäre Allzuständigkeit betont. Diese ist va auch im Hinblick auf Gewährleistung eines möglichst dezentralen und bürgernahen Rechtsschutzes in Verwaltungsangelegenheiten von großer Bedeutung.2 3 Im Abs 2 sind die nach Art 130 Abs 2 B-VG sowie nach Art 131 Abs 4 und 5 B-VG dem einfachen Bundes- bzw Landesgesetzgeber eröffneten Möglichkeiten der einfachgesetzlichen Begründung bzw Verschiebung von Zuständigkeiten der VwG erster Instanz angesprochen. Der Tir Landesgesetzgeber hat etwa bereits punktuell von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, eine sog Verhaltensbeschwerde iSd Art 130 Abs 2 Z 1 B-VG an das LVwG vorzusehen.3 Ebenso genutzt wurde die Möglichkeit der landesgesetzlichen Begründung von Zuständigkeiten des LVwG in Angelegenheiten des öffentlichen Auftragswesens nach
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richte erster Instanz: Zuständigkeiten und Aufgabenbesorgung, in Holoubek/ Lang (Hg), Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz (2013) 49 ff; Wiederin, Das Bundesverwaltungsgericht: Zuständigkeiten und Aufgabenbesorgung, in Holoubek/Lang (Hg), Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz (2013) 29 ff. Die Entwicklung der Rsp zu den teils komplexen Abgrenzungsfragen wird in regelmäßigen Abständen kommentierend begleitet bei Eberhard/ Pürgy/Ranacher, Rechtsprechungsbericht: Landesverwaltungsgerichte, Bundesverwaltungsgericht und Verwaltungsgerichtshof, ZfV 2015, 395 (396); Eberhard/Ranacher/Weinhandl, Rechtsprechungsbericht: Landesverwaltungsgerichte, Bundesverwaltungsgericht und Verwaltungsgerichtshof, ZfV 2016, 210 (213 f); ZfV 2016, 493 (494 f); ZfV 2017, 109 (111 f); ZfV 2017, 359 (360 f); ZfV 2018, 296 (298 f); ZfV 2019, 166 (169 f); ZfV 2020, Heft 2 (im Erscheinen). Dazu etwa Schramek, Gerichtsbarkeit 103 ff und 171 ff. Und zwar wegen der Nichtausstellung des Europäischen Berufsausweises (vgl § 17 Abs 4 Gesetz vom 1. Juli 2015 über die Anerkennung beruflicher Qualifikationen im Rahmen der europäischen Integration und den Europäischen Berufsausweis [Tiroler EU-Berufsqualifikationen-Anerkennungsgesetz], LGBl 2015/86 idF LGBl 2020/51). Zur Verhaltensbeschwerde vgl etwa Holoubek, Die Verhaltensbeschwerde – Das Verfahren über Beschwerden wegen Rechtswidrigkeit sonstigen Verhaltens einer Verwaltungsbehörde, in ders/Lang (Hg), Das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Bundesfinanzgericht (2014) 113 ff.
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Art 130 Abs 2 Z 2 B-VG.4 Für Beschwerden von Personen, die durch das LVwG in ihren Rechten nach der DSGVO verletzt zu sein behaupten (vgl Art 130 Abs 2a B-VG), enthält § 11a TLVwGG die entsprechenden begleitenden Regelungen; s auch FN 7.
II. Rechtsprechende Organe – Spruchkörper A. Grundsatz der Einzelrichterzuständigkeit – Senate Der die Spruchkörper nach Maßgabe des Art 135 Abs 1 B-VG regeln- 4 de Abs 3 verankert in seinem ersten Satz den Grundsatz der Einzelrichterzuständigkeit als Regelfall. Dem folgt auch die gerichtliche Praxis, zumal der Tir Landesgesetzgeber bislang kaum Senatszuständigkeiten festgelegt hat;5 solche bestehen lediglich im Vergaberecht,6 für die Entscheidung über Beschwerden nach Art 130a Abs 2 B-VG,7 und in Bereichen des Dienst- und Disziplinarrechts,8 wobei nur dort jeweils zwei fachkundige Laienrichter im Senat mitwirken.9 Entscheidungen 4
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Und zwar betr Auftragsvergaben durch das Land Tirol, die Gemeinden und die Gemeindeverbände in Tirol sowie durch landesgesetzlich eingerichtete Selbstverwaltungskörper; vgl im Einzelnen das Gesetz vom 17. Mai 2018 über die Nachprüfung im Rahmen der Vergabe von öffentlichen Aufträgen und von Bau- und Dienstleistungskonzessionen in Tirol (Tiroler Vergabenachprüfungsgesetz 2018 – TVNG 2018), LGBl 2018/94 idF LGBl 2018/144. Zur Thematik vgl etwa Kahl/Rosenkranz, Vergaberecht3 (2019) 213 ff mit Hinweisen auf Spezifika der Rechtslage in Tirol 265 ff; Th. Müller, Das Verfahren wegen Rechtswidrigkeit eines Verhaltens eines öffentlichen Auftraggebers, in Holoubek/Lang (Hg), Das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Bundesfinanzgericht (2014) 113 ff. In BG wurden bislang keine Senatszuständigkeiten des LVwG festgelegt. Zu den Motiven des Landesgesetzgebers für den weitgehenden Verzicht auf Senatszuständigkeiten vgl die EBRV zum Tiroler Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz LGBl 2012/150, Tir LT XV. GP, GZ 558/12, 11 f; dazu auch Ranacher, ZfV 2013, 364 f. Vgl § 2 Abs 2 TVNG 2018, LGBl 2018/94. Dabei handelt es sich um Beschwerden von Personen, die durch das LVwG in Ausübung seiner gerichtlichen Zuständigkeiten in Ausübung ihrer Rechte nach der Datenschutz-Grundverordnung (VO 679/2016/EU, Abl 2016 L 119/1) verletzt zu sein behaupten. Und zwar in Leistungsfeststellungsverfahren, Disziplinarverfahren und Verfahren über Ansprüche aus der Kranken- und Unfallfürsorge. Dies deshalb, weil hier das LVwG an die Stelle von bisher in zweiter Instanz zuständigen kollegialen Sonderbehörden getreten ist, in denen im Interesse
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durch Senate stellen folglich eine Ausnahme und Entscheidungen durch Senate unter Mitwirkung von fachkundigen Laienrichtern eine seltene Ausnahme dar.10
B. Fachkundige Laienrichter 5 Die Bestellung der fachkundigen Laienrichter durch die LReg für eine Amtsdauer von sechs Jahren einschließlich der allgemeinen Bestellungsvoraussetzungen sowie die unabhängige Stellung der fachkundigen Laienrichter sind in § 7 TLVwGG geregelt. Spezifische Bestellungsvoraussetzungen, etwa zur erforderlichen besonderen Qualifikation oder zu Vorschlagsrechten von Interessenvertretungen, enthalten regelmäßig die jeweiligen Materiengesetze.11 Das TLVwGG enthält zudem auch allgemeine Regelungen über die Angelobung, den Charakter des Amtes als Ehrenamt, die Amtsenthebung und die Bestellung von Ersatzrichtern.12
C. Keine Rechtspfleger 6 Von der bundesverfassungsgesetzlichen Ermächtigung, im Gesetz über die Organisation des VwG die Besorgung einzelner Geschäfte an besonders ausgebildete nichtrichterliche Bedienstete (Rechtspfleger) zu übertragen,13 hat der Tir Landesgesetzgeber keinen Gebrauch gemacht.
D. Senate: Größe, Bildung, Geschäftsgang 7 Die Regelungen des zweiten und dritten Satzes des Abs 3 sind vor dem Hintergrund des in Art 135 Abs 1 B-VG für die Festlegung der Senatsdes Ausgleichs zwischen Dienstgeber- und Dienstnehmerinteressen durchwegs sowohl Dienstnehmer- als auch Dienstgebervertreter an der Entscheidung mitwirkten; diese Mitwirkung insb der Dienstnehmervertreter sollte weiter gewährleistet werden. 10 So Purtscher, Verwaltungsgerichtsbarkeit – Erfahrungen des Landesverwaltungsgerichtes Tirol, in Bußjäger/Sonntag (Hg), Verwaltungsgerichtsbarkeit (2016) 21 (25). 11 Zur Abgrenzung der diesbezüglichen Regelungszuständigkeiten zwischen Organisations- und Materiengesetzgeber vgl Pürgy, Landesverwaltungsgerichte 64, und Ranacher/Wolf, Organisationsrecht 87 f mwN. Dazu sowie allgemein zum Themenkreis vgl insb auch Fischer/Zeinhofer/Buchinger, Organisation 191 ff, und Stoll, Fachkundige Laienrichter (2018) passim. 12 Vgl wiederum dessen § 7. 13 Art 135a B-VG.
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größe und die Senatsbildung vorgesehenen Zusammenspiels von Verfahrens- bzw Materiengesetzgebung einerseits und Organisationsgesetzgebung andererseits14 zu sehen. Der zweite Satz des Abs 3 wiederholt den bundesverfassungsgesetzlichen Regelungsauftrag an den Organisationsgesetzgeber,15 dem dieser in § 12 Abs 2 TLVwGG dadurch entspricht, dass die Senatsgröße mit drei Mitgliedern festgelegt wird.16 Die sich in diesem Zusammenhang stellende Frage, ob der Organisati- 8 onsgesetzgeber eine fixe Senatsgröße vorgeben und damit (mittelbar) auch eine Grenze für die maximal zulässige Zahl fachkundiger Laienrichter festlegen darf oder seine Regelungen über die Senatsgröße so flexibel gestalten muss, dass der Materiengesetzgeber in seiner Zuständigkeit zur Bestimmung der Zahl der fachkundigen Laienrichter völlig unbeschränkt bleibt,17 wird in der Lit uneinheitlich beantwortet.18 Der Tir Landesverfassungsgesetzgeber geht hier erkennbar von einem Primat des Organisationsgesetzgebers aus.19 Dem folgen naturgemäß die ausführenden Regelungen im TLVwGG.20 14 Nach Art 135 Abs 1 zweiter Satz B-VG kann im Gesetz über das Verfahren der VwG oder in BG oder LG vorgesehen werden, dass die VwG durch Senate entscheiden. Gem Art 135 Abs 1 dritter Satz B-VG wird die Senatsgröße durch das Gesetz über die Organisation des VwG festgelegt, während Art 135 Abs 1 vierter Satz B-VG bestimmt, dass die Senate, soweit in BG oder LG die Mitwirkung fachkundiger Laienrichter vorgesehen ist, neben den Verwaltungsrichtern aus einer in diesen BG oder LG zu bestimmenden Anzahl fachkundiger Laienrichter zu bilden sind. 15 Art 135 Abs 1 dritter Satz B-VG. 16 Nach der Rsp des VfGH wäre es auch möglich, einen nur aus zwei Mitgliedern gebildeten Senat vorzusehen (VfSlg 18.632/2008). 17 Wirklich relevant ist das vorliegend (nur) in bundesgesetzlich geregelten Angelegenheiten, die in die Zuständigkeit des LVwG fallen, weil dann die Verbandskompetenz zur Regelung der Organisation und jene zur Regelung der Materie auseinanderfallen. 18 Eingehend zur Diskussion und zum Meinungsstand vgl nur Faber, Art 135 B-VG Rz 15; Pürgy, Landesverwaltungsgerichte 64 ff; Ranacher/Wolf, Organisationsrecht 81 ff; Segalla, Organisation 176 f; Stoll, Laienrichter 17 ff; alle mwN. 19 Arg „aus der im Rahmen der festgelegten Senatsgröße gesetzlich bestimmten Anzahl von fachkundigen Laienrichtern“. 20 Vgl § 12 Abs 3 TLVwGG, wonach in den Verwaltungsvorschriften für bestimmte Angelegenheiten die Mitwirkung von höchstens zwei fachkundigen Laienrichtern vorgesehen werden kann, mit ausführlicher Begründung der Vereinbarkeit dieser Lösung mit Art 135 Abs 1 B-VG in den EBRV zur StF
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9 Schließlich ist auch der Geschäftsgang im Senat, darunter insb die Aufgabenverteilung zwischen den Senatsmitgliedern (insb des Vorsitzenden und des Berichterstatters) und das Vorgehen bei der Beratung und Abstimmung, organisationsgesetzlich zu regeln.21 Bundesverfassungsgesetzliche Vorgaben bestehen diesbezüglich nicht.
III. Feste Geschäftsverteilung 10 Die Abs 4 und 5 betreffen den bereits bundesverfassungsgesetzlich in Art 135 Abs 2 und 3 B-VG grundgelegten Grundsatz der festen Geschäftsverteilung, mit dem im Bereich der Verwaltungsgerichtsbarkeit das Grundrecht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter garantiert und der „gesetzliche Richter“ auch hinsichtlich des individuellen Organs (zuständiger Einzelrichter bzw Senat) festgelegt wird.22 Wie der VwGH im Hinblick auf die VwG bereits betont hat, bedeutet dieser Grundsatz, dass die Verteilung der Geschäfte auf die einzelnen Spruchkörper durch Regeln, nämlich den Beschluss über die Geschäftsverteilung, im Vorhinein feststehen muss, dass in der Folge niemand Einfluss auf die Verteilung der Geschäfte nehmen kann und dass ferner die Einhaltung dieser Regeln nachprüfbar sein muss, woraus sich im Ergebnis das Recht auf eine Entscheidung durch den gem der Geschäftsverteilung zuständigen Organwalter ergibt; bei der Geschäftsverteilung handelt es sich folglich um eine zuständigkeitsbegründende Rechtsvorschrift.23 Die Geschäftsverteilung ist als eine zwingend in des TLVwGG LGBl 2012/148, Tir LT XV. GP, GZ 558/12, 30 ff. Die sich daraus im Hinblick auf die festgelegte Senatsgröße potentiell ergebende Majorisierung des einzigen im Senat verbleibenden Landesverwaltungsrichters ist bundesverfassungsgesetzlich zulässig (so explizit EBRV 1618 BlgNR XXIV. GP, 18). Vergleichbare Regelungen enthalten die Landesverwaltungsgerichtsgesetze von OÖ und Sbg (vgl § 8 Abs 3 OÖ LVwGG, LGBl 2013/9 idF LGBl 2020/8, und § 12 Abs 3 Sbg LVwGG, LGBl 2013/16 idF LGBl 2019/29). 21 Vgl §§ 14 und 15 TLVwGG; näher zur Thematik vgl nur Fischer/Zeinhofer/ Buchinger, Organisation 186 ff. 22 Vgl dazu etwa Fischer/Zeinhofer/Buchinger, Organisation 210 ff (mit weiterführenden Ausführungen insb zum Inhalt der Geschäftsverteilung, dem Verfahren ihrer Erlassung, zur Zuweisung der Geschäftsfälle und zu Eingriffen in die Geschäftsverteilung durch die Abnahme von Rechtssachen [dazu auch unten Rz 12]); Khakzadeh-Leiler, Art 83 Rz 34; Storr, Art 87 Rz 22. 23 VwGH 26.04.2017, Ra 2016/19/0221; 29.06.2017, Ra 2017/21/0032; näher zu diesen Erk Eberhard/Ranacher/Weinhandl, ZfV 2017, 366.
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kollegialer Justizverwaltung zu beschließende Angelegenheit kein Verwaltungsakt (insb keine VO), sondern ein Gerichtsakt, der als Rechtsakt sui generis keiner Rechtskontrolle unterliegt.24 Der Landesverfassungsgesetzgeber überlässt es dem einfachen Orga- 11 nisationsgesetzgeber, das zur Beschlussfassung über die Geschäftsverteilung zuständige Organ selbst zu bestimmen. § 10 TLVwGG überträgt diese Zuständigkeit dem aus dem Präs, dem Vizepräsidenten und drei weiteren Mitgliedern bestehenden Personal- und Geschäftsverteilungsausschuss.25 Die Zusammensetzung dieses Ausschusses entspricht den durch VfSlg 19.825/2013 präzisierten Vorgaben des Art 135 Abs 2 B-VG (die im Abs 5 übernommen werden), wonach von einem aus der Mitte der Vollversammlung zu wählenden Ausschuss dem Sinn nach nur dann gesprochen werden kann, wenn im Ausschuss mehr von der Vollversammlung gewählte Mitglieder als Mitglieder kraft Amtes vertreten sind, sodass eine Mehrheitsentscheidung durch die gewählten Mitglieder ohne die Zustimmung der Mitglieder kraft Amtes ermöglicht wird. Die Geschäftsverteilung ist im Voraus für das jeweils nächstfolgende Kalenderjahr zu beschließen, wobei auf eine möglichst gleiche Auslastung der Senate und der Einzelrichter Bedacht zu nehmen ist.26 Nähere Regelungen über ihren Inhalt und das Verfahren ihrer Erlassung enthält das TLVwGG.27 Die Geschäftsverteilung ist im Bote für Tirol zu verlautbaren und überdies auf der Internetseite des LVwG und durch Anschlag an der Amtstafel des LVwG bekannt zu machen.28 Die Regelung des Abs 4 zweiter Satz über die Abnahme von Sachen 12 entspricht Art 135 Abs 3 B-VG. Zuständig ist der Personal- und Geschäftsverteilungsausschuss.29 Da es sich dabei um eine ausnahmsweise Durchbrechung der von der Geschäftsverteilung für einen be-
24 Vgl mwN nur Faber, Art 135 B-VG Rz 22; Fischer/Zeinhofer/Buchinger, Organisation 210 f; Storr, Art 87 Rz 22. 25 § 10 Abs 8 lit c TLVwGG. 26 § 18 Abs 1 und 5 TLVwGG. Zur Geschäftsverteilungsperiode und zum Gebot der möglichst gleichmäßigen Auslastung vgl nur Fischer/Zeinhofer/ Buchinger, Organisation 211 ff. 27 §§ 18 und 19 TLVwGG; näher zur Thematik etwa Fischer/Zeinhofer/ Buchinger, Organisation 212 ff. 28 § 18 Abs 6 TLVwGG; s auch § 5 Abs 1 lit c LVerlautG. 29 § 10 Abs 8 lit d TLVwGG.
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stimmten Zeitraum geschaffenen festen Zuständigkeitsstruktur30 handelt, ist eine restriktive Auslegung und Handhabung der diesbezüglichen (verfassungs-)gesetzlichen Ermächtigungen geboten.31 Voraussetzung für die Abnahme ist die Verhinderung des zuständigen Landesverwaltungsrichters oder dessen Überlastung.32 Verhindert ist ein Richter, wenn er aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen zeitweise oder dauerhaft nicht in der Lage ist, den Fall zu bearbeiten. § 5 Abs 3 TLVwGG sieht in Bezug auf diesen Tatbestand eine – der Wahrung der festen Geschäftsverteilung dienende – Konkretisierung dahingehend vor, dass von der Befugnis zur Abnahme nur im Fall der nicht nur kurzzeitigen Verhinderung Gebrauch gemacht werden darf; bei nur kurzzeitiger Verhinderung (wie insb im Befangenheits- oder Krankheitsfall) kann nämlich mit der in der Geschäftsverteilung festzulegenden Vertretungsregelung33 das Auslangen gefunden werden.34 Überlastet ist ein Landesverwaltungsrichter dann, wenn es ihm unmöglich ist, die in seine Kompetenz fallenden Rechtssachen insgesamt in absehbarer Zeit zu erledigen;35 ob eine Abnahme aus diesem Grund gerechtfertigt ist, beurteilt sich primär nach objektiven,36 zusätzlich ggf aber auch nach subjektiven37 Kriterien. Wird eine Sache entgegen diesen (verfassungs-)gesetzlichen Vorgaben entzogen, so stellt dies einen Verstoß gegen das Grundrecht auf den gesetzlichen Richter dar.38 Keine Abnahme iSd Art 135 Abs 3 B-VG liegt vor, wenn eine irrtümliche Zuteilung zu einem für den konkreten Fall nicht zuständigen Einzelrichter oder Senat korrigiert und die Sache dem zuständigen Richter (Senat) zugewiesen wird.39
30 S Rz 10. 31 Vgl wiederum VwGH 26.04.2017, Ra 2016/19/0221; 29.06.2017, Ra 2017/21/0032 (s FN 23). 32 Näher dazu nur Fischer/Zeinhofer/Buchinger, Organisation 216 ff; Piska, Art 87/3 B-VG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (2018) Rz 34 ff; Storr, Art 87 Rz 23. 33 § 18 Abs 3 TLVwGG. 34 So die EBRV zur StF des TLVwGG LGBl 2012/148, Tir LT XV. GP, GZ 558/12, 17. 35 VwGH 09.03.2016, Ra 2015/20/0275. 36 Zu diesen mwN Piska, Art 87/3 Rz 44, und Storr, Art 87 Rz 23. 37 ME zutreffend Storr, Art 87 Rz 23. 38 Vgl dazu etwa Bußjäger/Oberdanner, Art 135 B-VG, in Bumberger et al (Hg), VwGVG (2019) Rz 24 f; Piska, Art 87/3 Rz 46. 39 Vgl wiederum VwGH 26.04.2017, Ra 2016/19/0221 (s FN 23).
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IV. Geschäftsordnung Nach Art 136 Abs 5 B-VG beschließen die Vollversammlungen der 13 VwG auf Grund der nach den vorstehenden Absätzen erlassenen Gesetze (dabei handelt es sich um die jeweiligen Organisations- und Verfahrensgesetze) GO, die diese nach dem Muster einer Durchführungsverordnung präzisieren sollen.40 Gleichwohl ist auch die GO als eine zwingend in kollegialer Justizverwaltung zu beschließende Angelegenheit kein Verwaltungsakt (insb keine VO), sondern ein Gerichtsakt, der als Rechtsakt sui generis keiner Rechtskontrolle unterliegt.41 Auf diese verfassungsunmittelbare Kompetenz der Vollversammlung zur Erlassung der GO des LVwG nimmt Abs 6 Bezug und umschreibt ergänzend mit der Regelung des Geschäftsganges bereits auch deren wesentlichen Inhalt. Nach § 20 Abs 1 TLVwGG hat die GO jedenfalls Bestimmungen über 14 die Einladung zur Vollversammlung und deren Ablauf, den Vorgang bei der Beratung und Abstimmung in einem Senat, im Personal- und Geschäftsverteilungsausschuss, im Dienst- und Disziplinarausschuss sowie in der Vollversammlung, die Aufnahme der Niederschriften, die Aufnahme der Verhandlungsschrift über die öffentliche mündliche Verhandlung, die Ausarbeitung und Fertigung der Erledigungen, das Verfahren der Erstellung der Dreiervorschläge für die Ernennung von Landesverwaltungsrichtern und die Erstellung des Tätigkeitsberichts zu enthalten. Der Inhalt der GO des LVwG Tirol42 geht zT darüber hinaus und enthält etwa ergänzende Regelungen über das Verfahren zur Erstellung der Dreiervorschläge für die Ernennung von Landesverwaltungsrichtern oder über das Amtskleid der Landesverwaltungsrichter. Explizit gesetzlich ausgeschlossen ist es, in der GO Angelegenheiten zu regeln, die Gegenstand einer Regelung nach den dienstrechtlichen Vorschriften sind. Wie die Geschäftsverteilung ist auch die GO des LVwG im Bote für 15 Tirol zu verlautbaren und überdies auf der Internetseite des LVwG und durch Anschlag an der Amtstafel des LVwG bekannt zu machen.43 40 So Faber, Art 136 B-VG Rz 30. 41 Vgl mwN wiederum nur Faber, Art 136 B-VG Rz 32, sowie Fischer/ Zeinhofer/Buchinger, Organisation 218 f. 42 Geschäftsordnung des Landesverwaltungsgerichts Tirol, LVwG-101/1-2014 (Beschluss der Vollversammlung vom 02.12.2013). 43 § 20 Abs 3 TLVwGG; s auch § 5 Abs 1 lit c LVerlautG.
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Artikel 70e Organisation Das Nähere über die Organisation des Landesverwaltungsgerichts wird durch Landesgesetz geregelt. 1 Diese Bestimmung entspricht Art 136 Abs 1 B-VG. Das TLVwGG wurde in seiner StF in derselben Sitzung des Tir LT wie die TLO-Nov 20121 , mit der der neue IV. Teil über die Verwaltungsgerichtsbarkeit des Landes in die TLO 1989 eingefügt wurde,2 erlassen und im LGBl 2012/148 kundgemacht. Es ist am 1. Jänner 2014 in Kraft getreten. 2 Das TLVwGG regelt neben der Organisation des LVwG3 auch das Dienstrecht der Landesverwaltungsrichter4 und stützt sich kompetenzrechtlich daher einerseits auf Art 10 Abs 1 Z 1 iVm 136 Abs 1 B-VG, andererseits auf Art 21 Abs 1 B-VG.5 Die dienstrechtlichen Inhalte des TLVwGG sind daher Ausfluss der Dienstrechtskompetenz des Landesgesetzgebers und stellen keine Regelungen über die Organisation des LVwG iSd Art 70e TLO 1989 dar. 3 Seit seiner Erlassung wurde das TLVwGG mehrfach novelliert, das erste Mal noch vor seinem Inkrafttreten durch das 2. Tiroler Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz, LGBl 2013/130, mit dem insb Bestimmungen über die Sicherheit in Gerichtsräumen eingefügt wurden.6 Die weiteren Nov betrafen ua die Besoldung der Landesver 1 2 3
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LGBl 2012/147. S auch Ranacher, Vorbemerkungen LVwG (in diesem Band) Rz 11. S den 1. Abschnitt, der sich in einen 1. Unterabschnitt mit allgemeinen Bestimmungen, einen 2. Unterabschnitt mit Regelungen über die Organe und einen 3. Unterabschnitt über den Geschäftsgang gliedert, sowie wesentliche Teile der Schlussbestimmung im 3. Abschnitt. S den 2. Abschnitt, der mit den notwendigen Abweichungen die für die öffentlich-rechtlichen Bediensteten des Landes geltenden Vorschriften für anwendbar erklärt. Dazu schon bei Ranacher, Art 70c (in diesem Band) Rz 5. S dazu auch die EBRV zur StF des TLVwGG LGBl 2012/148, Tir LT XV. GP, GZ 558/12, 8. Vgl § 35a TLVwGG.
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waltungsrichter,7 wiederholte Anpassungen an Änderungen im Dienstund Disziplinarrecht der Landesbeamten,8 Regelungen betr Beschwerden von Personen, die durch das LVwG in Ausübung seiner gerichtlichen Zuständigkeiten in ihren Rechten nach der DSGVO verletzt zu sein behaupten,9 Reaktionen des Landesgesetzgebers auf zwischenzeitlich erfolgte Klarstellungen des VfGH zur Organisation der Justizverwaltung bei den VwG erster Instanz10 und die Anpassung der allgemeinen Ernennungsvoraussetzungen für Landesverwaltungsrichter und fachkundige Laienrichter an das neue Erwachsenenschutzrecht.11 Mit dem Tir COVID-19-Anpassungsgesetz wurden zuletzt – vorerst befristet bis 31.12.2020 – Regelungen über die Zulässigkeit von Umlaufbeschlüssen und Videokonferenzen in den Organen der kollegialen Justizverwaltung und den Senaten getroffen.12 Zudem wurde das für die Konstituierung des LVwG spezifisch geschaffene13 und nach Abschluss der Konstituierungsphase obsolet gewordene Übergangsrecht im Jahr 2016 wieder aufgehoben.14
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LGBl 2014/68. LGBl 2015/87; LGBl 2016/80; LGBl 2019/138. LGBl 2018/144. S dazu auch bei Ranacher, Art 70d (in diesem Band) Rz 3. LGBl 2017/26 im Hinblick auf VfSlg 20.076/2016 (dazu Eberhard/Ranacher/Weinhandl, ZfV 2017, 110 f), und LGBl 2018/144 im Hinblick auf VfSlg 20.254/2018 (dazu Eberhard/Ranacher/Weinhandl, ZfV 2018, 301 f). LGBl 2019/138. LGBl 2020/51. S den 3. Abschnitt betr die Konstituierung des LVwG idF der StF des TLVwGG. LGBl 2016/80.
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V. Teil Staatsrechtliche Vereinbarungen und Staatsverträge Artikel 71 Staatsrechtliche Vereinbarungen (1) Das Land Tirol kann mit anderen Ländern und mit dem Bund Vereinbarungen über Angelegenheiten des jeweiligen Wirkungsbereiches abschließen. (2) Die Landesregierung entscheidet über den Abschluß einer Vereinbarung. (3) Der Landeshauptmann vertritt das Land Tirol beim Abschluß einer Vereinbarung. (4) Der Landeshauptmann hat eine Vereinbarung des Landes Tirol mit anderen Ländern unverzüglich der Bundesregierung bekanntzugeben. (5) Eine Vereinbarung, die eine Bindung des Landtages bewirken soll, bedarf seiner Genehmigung. Bei einer Vereinbarung, zu deren Erfüllung es eines Landesverfassungsgesetzes bedarf, kann die Genehmigung nur mit einer Mehrheit von wenigstens zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen erteilt werden. Eine solche Vereinbarung ist im Genehmigungsbeschluß ausdrücklich als im Verfassungsrang stehend zu bezeichnen. (6) Der Landeshauptmann hat eine vom Landtag genehmigte Vereinbarung unter Berufung auf den Genehmigungsbeschluß im Landesgesetzblatt kundzumachen. (7) Auf Vereinbarungen des Landes Tirol mit dem Bund sind die Grundsätze des völkerrechtlichen Vertragsrechtes anzuwenden. Dies gilt auch für Vereinbarungen des Landes Tirol mit anderen Ländern, soweit durch übereinstimmende Verfassungsgesetze der betreffenden Länder nichts anderes bestimmt ist. LGBl samt Erläuterungen: LGBl 1988/61 (X. GP AA 141/88 AB 141/88)
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Judikatur: VfSlg 17.232/2004 (Kundmachung staatsrechtlicher Vereinbarungen gemäß Art 71 Abs 6 TLO 1989, hier: LKF-Vereinbarung) Literatur: Arbeitsgruppe zu Vereinbarungen nach Artikel 15a B-VG der Verfassungsdienste des Bundes und der Länder sowie der Verbindungsstelle der Bundesländer (Hg), Vereinbarungen gemäß Art 15a B-VG. Ein Leitfaden für die Praxis mit Mustern, Textbausteinen und Erläuterungen (2015); Breitwieser, Vereinbarungen nach Art. 15a BVG, in Schweighofer et al (Hg), Zeichen und Zauber des Rechts – FS Lachmayer (2014) 831; Bußjäger, Der Bundesstaat in der jüngeren Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, in Adamovich et al (Hg), FS Holzinger (2017) 201; Bußjäger, Die Organisationshoheit und Modernisierung der Landesverwaltungen (1999); Gamper, Allgemeine Bestimmungen des Landesverfassungsrechts, in Pürgy (Hg), Das Recht der Länder I (2012) 61; Grabenwarter, Art 8 Stmk L-VG, in ders (Hg), Steiermärkische Landesverfassung (2013); Jabloner, Gliedstaatsverträge in der österreichischen Rechtsordnung, ZÖR 40 (1989), 225; Koja, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer2 (1988); Lienbacher/Pürgy, Kooperativer Bundesstaat, in Pürgy (Hg), Das Recht der Länder I (2012) 561; Morscher, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer. 7. Tirol (1991); Morscher, Zur Transformation von Gliedstaatsverträgen, JBl 1985, 19; Öhlinger, Die Anwendung des Völkerrechts auf Verträge im Bundesstaat (1982); Öhlinger, Verträge im Bundesstaat (1978); Öhlinger/Grabenwarter, Der Rücktritt Kärntens von der Grundversorgungsvereinbarung. Zur Anwendbarkeit der Wiener Vertragsrechtskonvention auf Vereinbarungen nach Art 15a B-VG, migralex 2005, 38; Pernthaler, Bundesstaat und Rechtsstaat – ein spannungsgeladenes Naheverhältnis, in Adamovich et al (Hg), FS Holzinger (2017) 617; Pernthaler, Das Länderbeteiligungsverfahren an der europäischen Integration (1992); Pernthaler, Die Verfassungsautonomie der österreichischen Bundesländer, JBl 1986, 477; Pernthaler, Raumordnung und Verfassung 3 (1990); Pernthaler, Zusammenarbeit der Gliedstaaten im Bundesstaat. Landesbericht Österreich, in Starck (Hg), Zusammenarbeit der Gliedstaaten im Bundesstaat (1988) 77; Ranacher, Verfassungsvergleichung und Landesgesetzgebung: ein Blick in die Praxis, JRP 2013, 31; Rill, Abschluss, Transformation und Durchsetzung von Verträgen gemäß Art 15a B-VG, in Mayer et al (Hg), Neuerungen im Verfassungsrecht (1976) 27; Rill, Gliedstaatsverträge (1972); Schwamberger/Ranacher, Tiroler Landesordnung 19896: Kommentar (2017); Thienel, Art 15a B-VG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht; Weber, Kriterien des Bundesstaates (1980); Zehetner, Völkerrechtliche Modelle der Kooperation im Bundesstaat (1989)
Inhaltsübersicht I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben.................................. 1 II. Völkerrechtliche Vorgaben........................................................ 3 III. Entstehungsgeschichte............................................................... 4 IV. Bedeutung im kooperativen Bundesstaat................................ 5 V. Gegenstände staatsrechtlicher Vereinbarungen..................... 6 998
Staatsrechtliche Vereinbarungen
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VI. Abschluss und Genehmigung staatsrechtlicher Vereinbarungen....................................................................................... 8 VII. Information der Bundesregierung........................................... 13 VIII. Kundmachung im LGBl............................................................. 14 IX. Notwendige Transformation..................................................... 17 X. Kündigung staatsrechtlicher Vereinbarungen....................... 18 XI. Feststellungskompetenz des VfGH........................................... 22 XII. Staatsrechtliche Vereinbarungen mit Beteiligung des Landes Tirol.................................................................................. 26
I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben Art 71 TLO 1989 bildet die landesverfassungsrechtliche Grundlage 1 staatsrechtlicher Vereinbarungen (auch „Gliedstaatsverträge“ oder „Art 15a-Vereinbarungen“). Innerhalb dieser Gruppe wird unterschieden zwischen vertikalen staatsrechtlichen Vereinbarungen, die zwischen den Ländern und dem Bund abgeschlossen werden, sowie horizontalen staatsrechtlichen Vereinbarungen, die von den Ländern untereinander abgeschlossen werden (hierbei handelt es sich um Gliedstaatsverträge im eigentlichen Wortsinn).1 Die bundesverfassungsrechtlichen Grundlagen staatsrechtlicher Ver- 2 einbarungen sind in Art 15a B-VG und hinsichtlich der Entscheidung von Rechtsstreiten in Art 138a B-VG enthalten. Diese Bestimmungen überlassen den Ländern bei der Regelung staatsrechtlicher Vereinbarungen auf Landesseite große Gestaltungsspielräume, insb im Hinblick auf den Vertragsabschluss, die interne Willensbildung und die Kundmachung von Vereinbarungen.
II. Völkerrechtliche Vorgaben Das Völkerrecht ist für staatsrechtliche Vereinbarungen von besonderer 3 Relevanz, weil die Grundsätze des völkerrechtlichen Vertragsrechts darauf anzuwenden sind (Art 15a Abs 3 B-VG). Auch Art 71 Abs 7 TLO 1989 sieht vor, dass für vertikale und horizontale Gliedstaatsverträge die Grundsätze des völkerrechtlichen Vertragsrechts anzuwenden sind. Für horizontale Gliedstaatsverträge wird in Anwendung des völkerrechtlichen Reziprozitätsprinzips angeordnet, dass durch überein1
Rill, Gliedstaatsverträge 1; Thienel, Art 15a Rz 2.
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stimmende Verfassungsgesetze der beteiligten Länder andere vertragliche Regelungen festgelegt werden können.2 Maßgebliche Rechtsquelle für das völkerrechtliche Vertragsrecht ist die Wiener Vertragsrechtskonvention (WVK)3.
III. Entstehungsgeschichte 4 Gliedstaatsverträge zwischen den Ländern waren bereits in der StF des B-VG4 (Art 107) vorgesehen. Die bundesverfassungsrechtliche Grundlage für staatsrechtliche Vereinbarungen zwischen Bund und Ländern wurden indes erst mit der B-VG-Nov 19745, die Art 15a B-VG enthielt, geschaffen. Auf Landesebene wurden die Rechtsgrundlagen sowohl für horizontale als auch vertikale Vereinbarungen durch die TLO-Nov LGBl 1976/89 geschaffen (Erlassung des § 26b TLO 1953, der Vorgängerbestimmung des nunmehr in Geltung stehenden Art 71 TLO 1989). Gleichwohl wurden aufgrund der bundesverfassungsrechtlichen Ermächtigung in Art 107 B-VG horizontale Vereinbarungen auch schon zuvor als zulässig erachtet und auch abgeschlossen.6
IV. Bedeutung im kooperativen Bundesstaat 5 Staatsrechtliche Vereinbarungen nach Art 71 TLO 1989 und Art 15a B-VG sind zentrale Elemente des kooperativen Bundesstaats. Die EBRV zur B-VG-Nov 19747 betonen, dass der Grundgedanke des Bundesstaats darin bestehe, trotz der sich im Bund manifestierenden staatlichen Einheit eine Selbständigkeit der Länder zu gewährleisten. Die Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern im kooperativen Bundesstaat bedürfe der entsprechenden rechtlichen Instrumente, die durch Art 15a B-VG geschaffen werden sollten. Wesentliche Funktion der staatsrechtlichen Vereinbarungen ist die freiwillige Kooperation der beteiligten Gebietskörperschaften in Form rechtsverbindlicher Verträge, Bund und Länder treten einander als 2 3 4 5 6 7
Art 15a Abs 3 B-VG, Art 71 Abs 7 TLO 1989. BGBl 1980/40. BGBl 1920/1. BGBl 1974/444. S dazu Rill, Gliedstaatsverträge 59 ff. EBRV 182 BlgNR XIII. GP, 19.
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gleichberechtigte Partner gegenüber.8 Typische Anwendungsbeispiele sind Vertragsabschlüsse über die jeweilige Ausübung der Gesetzgebungs- und Vollziehungszuständigkeiten in Querschnittsmaterien sowie die einheitliche Besorgung grenzüberschreitender Aufgaben.9
V. Gegenstände staatsrechtlicher Vereinbarungen Art 71 Abs 1 TLO 1989 ermächtigt das Land Tirol, horizontale und 6 vertikale Vereinbarungen „über Angelegenheiten des jeweiligen Wirkungsbereiches“ abzuschließen. Grds können Angelegenheiten der Gesetzgebung und der Vollziehung Vertragsgegenstand sein. Dabei ist die vertragliche Koordination sowohl von Agenden der Hoheitsverwaltung als auch von solchen der Privatwirtschaftsverwaltung, sofern damit öffentliche Zwecke verfolgt werden, zulässig.10 Der mögliche Anwendungsbereich staatsrechtlicher Vereinbarungen wird durch die Kompetenzen der beteiligten Gebietskörperschaften begrenzt.11 Aufgrund der expliziten Anordnung in Art 15a Abs 2 B-VG können 7 Vereinbarungen der Länder untereinander nur über Angelegenheiten ihres selbständigen Wirkungsbereichs getroffen werden. Darunter sind alle Angelegenheiten zu verstehen, die nicht ausdrücklich durch die Bundesverfassung der Gesetzgebung oder auch der Vollziehung des Bundes übertragen sind.12 Zulässig sind deshalb horizontale Vereinbarungen über Angelegenheiten, die in die Gesetzgebungs- und/oder Vollziehungskompetenz der Länder fallen. Angelegenheiten der mittelbaren Bundesverwaltung sind hingegen keine zulässigen Gegenstände horizontaler Gliedstaatsverträge.13
VI. Abschluss und Genehmigung staats rechtlicher Vereinbarungen In Übereinstimmung mit Art 105 Abs 1 B-VG ordnet Art 71 Abs 3 8 TLO 1989 an, dass der LH das Land Tirol beim Abschluss einer staats8
Pernthaler, Länderbeteiligungsverfahren 22; Zehetner, Modelle 96; Thienel, Art 15a Rz 3. 9 Thienel, Art 15a Rz 3; Grabenwarter, Art 8 Rz 2. 10 VfSlg 14.945/1997; Thienel, Art 15a Rz 26. 11 Vgl Fröhler/Oberndorfer/Zehetner, Rechtsprobleme grenzüberschreitender Raumplanung (1977) 61. 12 Grabenwarter, Art 8 Rz 2. 13 Rill, Gliedstaatsverträge 78; Thienel, Art 15a Rz 21.
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rechtlichen Vereinbarung vertritt.14 Dieser hat also die Unterzeichnung vorzunehmen und die Abschlusserklärung („Ratifikation“) im Namen des Landes Tirol abzugeben. Es handelt sich hierbei um eine höchstpersönliche Kompetenz des LH.15 In der Praxis hat die Unterzeichnung den Zweck, den Vereinbarungstext verbindlich festzulegen. Der LH unterzeichnet idR unter dem Vorbehalt der Erfüllung der landesverfassungsrechtlichen Voraussetzungen für die landesinterne Willensbildung. 9 Der landesinterne Willensbildungsprozess ist in Art 71 Abs 2 und 5 TLO 1989 geregelt. Demnach entscheidet die LReg über den Abschluss einer staatsrechtlichen Vereinbarung. Sofern die Vereinbarung nicht die Gesetzgebung betrifft (sog „bloße Verwaltungsabkommen“), ist die Genehmigung durch einstimmigen Beschluss der LReg, bei Anwesenheit von wenigstens der Hälfte der Regierungsmitglieder einschließlich des LH ausreichend.16 10 Soll die Vereinbarung eine Bindung des Tir LT bewirken, muss vor dem (außenwirksamen) Vertragsabschluss durch den LH die Genehmigung des Tir LT erfolgen. Eine Bindung des LT ist gegeben, wenn die Vereinbarung dazu führt, dass der LT tätig werden muss; dieses Tätigwerden kann in Form eines Gesetzesbeschlusses erfolgen, aber auch in Form anderweitiger Beschlüsse oder in der Mitwirkung an Verwaltungsakten.17 Eine Bindung des LT liegt insb auch dann vor, wenn eine Vereinbarung budgetwirksam ist.18 11 Für die Beschlussfassung des LT über die Genehmigung der Vereinbarung sind unterschiedliche Präsenz- und Konsensquoren vorgesehen: Ist die Vereinbarung durch Landtagsbeschluss (insb über ein einfaches Gesetz) zu erfüllen, kann der Genehmigungsbeschluss mit einfacher Mehrheit bei Anwesenheit von wenigstens der Hälfte der Abg erfolgen.19 Bedarf die Erfüllung hingegen eines LVG, muss die Genehmigung mit einer Mehrheit von wenigstens zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen bei Anwesenheit von wenigstens zwei Dritteln der Abg erteilt
14 15 16 17 18 19
Zur Vertretung des LH s oben Art 50 Abs 1 TLO 1989. Thienel, Art 15a Rz 72. Art 52 Abs 1 TLO 1989. Grabenwarter, Art 8 Rz 10 mwH. Schwamberger/Ranacher, Art 71 TLO (dort Anm 3). Art 27 TLO 1989 iVm § 61 Abs 1 Tir GO LT.
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werden, überdies ist eine solche Vereinbarung im Genehmigungsbeschluss ausdrücklich als im Verfassungsrang stehend zu bezeichnen.20 Bislang wurde mit der „Vereinbarung gemäß Art 15a Abs 2 B-VG zwischen den Ländern über gemeinsame Grundsätze der Haushalts führung“21 nur eine durch LVG zu erfüllende Vereinbarung mit Beteiligung des Landes Tirol geschlossen.22 Das Fehlen der erforderlichen Genehmigung des LT belastet die staats- 12 rechtliche Vereinbarung mit Rechtswidrigkeit.23 Zur Feststellung der Rechtswidrigkeit ist der VfGH auf Antrag der BReg oder einer beteiligten LReg zuständig.24 Bei horizontalen Vereinbarungen besteht diese Zuständigkeit nur dann, wenn sie von den Vertragsparteien vorgesehen worden ist.25
VII. Information der Bundesregierung Staatsrechtliche Vereinbarungen des Landes Tirol mit anderen Ländern 13 sind der BReg unverzüglich bekanntzugeben.26 Die Information der BReg hat erst nach Vertragsabschluss (Unterzeichnung durch den LH) zu erfolgen.27 Die Verletzung der Mitteilungspflicht ist nicht sanktionsbewehrt.28
VIII. Kundmachung im LGBl Wie der VfGH ausgesprochen hat, ist die Kundmachung einer staats- 14 rechtlichen Vereinbarung gem Art 15a B-VG bzw Art 71 TLO 1989 nicht Teil des Rechtsetzungsverfahrens, sondern dient bloß der Information der Allgemeinheit.29 Gem Art 71 Abs 6 TLO 1989 sind vom LT genehmigte Vereinbarungen 15 unter Berufung auf den Genehmigungsbeschluss im LGBl kundzuma20 21 22 23 24 25 26 27 28 29
Art 71 Abs 5 TLO 1989 iVm § 61 Abs 2 Tir GO LT. LGBl 2016/121. Vgl auch Th. Müller, Art 61 (in diesem Band) Rz 6. Grabenwarter, Art 8 Rz 11. Art 138a B-VG; näher Rz 21 ff. Art 138a Abs 1 B-VG; vgl auch Rz 21. Art 71 Abs 4 TLO 1989. Thienel, Art 15a Rz 85. Grabenwarter, Art 8 Rz 15. VfSlg 17.232/2004.
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chen. Gem der Umsetzungsvorschrift des § 2 Abs 1 lit c LVerlautG gilt dies auch für das Inkrafttreten der Vereinbarung für bestimmte Vertragsparteien, Beitritte, Kündigungen sowie das Außerkrafttreten. Die Kundmachung im LGBl muss unter Berufung auf den entsprechenden Genehmigungsbeschluss des Tir LT erfolgen, widrigenfalls ein Kundmachungsmangel vorliegt.30 16 Staatsrechtliche Vereinbarungen, die keiner Genehmigung durch den LT bedürfen („bloße Verwaltungsabkommen“31), müssen nicht im LGBl kundgemacht werden. § 2 Abs 2 lit a LVerlautG sieht dafür aber die Möglichkeit einer fakultativen Kundmachung im LGBl vor. Ebenso können das Inkrafttreten der Vereinbarung für bestimmte Vertragsparteien, Beitritte, Kündigungen und das Außerkrafttreten im LGBl kundgemacht werden.
IX. Notwendige Transformation 17 Nach der stRsp des VfGH sind staatsrechtliche Vereinbarungen nicht unmittelbar anwendbar: „Es steht außer Frage, dass Art 15a-B-VG-Vereinbarungen keine Rechte und Pflichten Dritter begründen können, sondern dazu der Transformation bedürfen. Sie binden vielmehr die Vertragspartner (also Bund bzw Länder) untereinander, was bedeutet, dass die Organe der jeweils beteiligten Gebietskörperschaften durch die Vereinbarung gebunden werden.“32 Infolgedessen bedarf jede staatsrechtliche Vereinbarung nach Art 71 TLO 1989 der Transformation in Landesrecht durch die dafür vorgesehene Rechtsform. Macht die Erfüllung die Änderung der Landesverfassung erforderlich, muss die Transformation insoweit durch LVG erfolgen. Ansonsten genügt ein Tätigwerden des einfachen Gesetzgebers bzw kann ein bloßes Verwaltungsübereinkommen auch durch VO erfüllt werden, sofern die erforderlichen gesetzlichen Grundlagen gegeben sind. Bloße Durchführungsverordnungen, mit denen bestehende Gesetze lediglich konkretisiert werden, können unmittelbar auf Art 18 Abs 2 B-VG gestützt werden.33 Demgegenüber müs30 VfSlg 17.232/2004. 31 Zum Begriff Rz 9. 32 VfSlg 20.284/2018; vgl zuvor bereits VfSlg 9581/1982, 9886/1983, 13.780/1994, 16.959/2003, 19.964/2015, 20.177/2017. 33 B. Raschauer, Allgemeines Verwaltungsrecht5 (2017) 309; Kahl/Weber, Allgemeines Verwaltungsrecht7 (2019) 248.
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sen für VO, mit denen genuine Rechte und Pflichten der Normadressaten begründet werden sollen, ggf erst die erforderlichen gesetzlichen Grundlagen geschaffen werden, was ein Tätigwerden des einfachen Gesetzgebers erfordert.
X. Kündigung staatsrechtlicher Vereinbarungen Staatsrechtliche Vereinbarungen können durch Kündigung bzw Rück- 18 tritt einer Partei beendet werden. Da die Kündigung eines contrarius actus zum seinerzeitigen Vertragsabschluss bedarf, sind grds dieselben Regelungen über die interne und externe Willensbildung anzuwenden.34 Die nach dem Abschluss der landesinternen Willensbildung erfolgende 19 außenwirksame Kündigungserklärung ist demnach analog zu Art 71 Abs 3 TLO 1989 vom LH abzugeben. Bei der landesinternen Willensbildung ist nach dem Gegenstand der 20 aufzukündigenden Vereinbarung zu differenzieren: – Bei bloßen Verwaltungsübereinkommen35 ist die interne Willensbildung mit dem einstimmigen Kündigungsbeschluss der LReg, bei Anwesenheit von wenigstens der Hälfte der Regierungsmitglieder einschließlich des LH, abgeschlossen.36 Eine Genehmigung durch den LT ist hier nicht erforderlich. – Bei Vereinbarungen, deren Abschluss der Genehmigung durch den LT bedurfte, muss vor der Abgabe der Kündigungserklärung durch den LH die Genehmigung durch den LT eingeholt werden. Hierbei sind die Bestimmungen über die Präsenz- und Konsenserfordernisse im LT37 und die Kundmachung des Genehmigungsbeschlusses im LGBl38 analog anzuwenden.39 Weitere Kündigungsmodalitäten staatsrechtlicher Vereinbarungen 21 sind in Art 56 WVK geregelt. Gem Abs 2 leg cit hat eine Vertragspartei ihre Kündigungs- bzw Rücktrittsabsicht mindestens zwölf Monate 34 Eingehend Öhlinger/Grabenwarter, migralex 2005, 38 ff. 35 Zum Begriff oben Rz 9. 36 Art 71 Abs 2 iVm Art 52 Abs 1 TLO 1989. 37 S Rz 10 ff. 38 S Rz 14 ff. 39 Näher, insb mit einem Vergleich der Rechtslage und -praxis in den einzelnen Ländern, Ranacher, JRP 2013, 37 f.
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vorher zu notifizieren. Abs 1 leg cit sieht vor, dass ein völkerrechtlicher Vertrag, der keine Bestimmung über seine Beendigung enthält und eine Kündigung oder einen Rücktritt nicht vorsieht, weder der Kündigung noch dem Rücktritt unterliegt. Die Vertragsparteien sollten also eine Kündigungs- bzw Rücktrittsklausel vereinbaren, um Rechtsunsicherheit zu vermeiden. Enthält die Vereinbarung keine einschlägige Regelung, kommt eine Kündigung nur dann in Betracht, wenn feststeht, dass die Vertragsparteien die Möglichkeit einer Kündigung oder eines Rücktritts zuzulassen beabsichtigten, oder ein Kündigungs- oder Rücktrittsrecht sich aus der Natur des Vertrags ergibt.40 Davon abgesehen kann eine Vereinbarung durch Übereinkunft der Parteien beendet werden.41
XI. Feststellungskompetenz des VfGH 22 Zur Entscheidung von Rechtsstreitigkeiten zwischen den an einer staatsrechtlichen Vereinbarung beteiligten Parteien besteht eine (beschränkte) Zuständigkeit des VfGH gem Art 138a B-VG. Hierbei kann zwischen einer obligatorischen und einer fakultativen Zuständigkeit unterschieden werden. Die obligatorische Zuständigkeit ist in Art 138a Abs 1 B-VG geregelt und bezieht sich auf vertikale Vereinbarungen. Sie besteht unmittelbar aufgrund der Verfassung und kann von den Parteien nicht abbedungen werden. Die fakultative Zuständigkeit ist in Art 138a Abs 2 B-VG grundgelegt und bezieht sich auf horizontale Vereinbarungen bzw Gliedstaatsverträge. Demnach kann der VfGH nur unter der Voraussetzung angerufen werden, dass die Vertragsparteien seine Zuständigkeit in der Vereinbarung vorgesehen haben. 23 Von der Zuständigkeit des VfGH nach Art 138a B-VG ausdrücklich ausgenommen sind Rechtsstreitigkeiten zwischen den Vertragsparteien über vermögensrechtliche Ansprüche. Diese können vielmehr gem Art 137 B-VG vor dem VfGH geltend gemacht werden.42 Die näheren Bestimmungen sind in §§ 37 ff VfGG enthalten; das verfahrenseinlei40 Art 56 Abs 1 lit a und b WVK. 41 Art 54 lit b WVK. 42 Eingehend dazu Thienel, Art 138a B-VG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (2000) Rz 4 ff.
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tende Begehren ist in Form einer Klage zu stellen, die gegen eine Vertragspartei gerichtet wird.43 Das Verfahren nach Art 138a B-VG wird von einer der beteiligten Re- 24 gierungen durch Antrag auf Feststellung eingeleitet, die näheren Regelungen sind in §§ 56a und 56b VfGG enthalten. Die Entscheidungskompetenz des VfGH ist wie gesagt beschränkt, er kann lediglich durch Erk feststellen, ob: – eine staatsrechtliche Vereinbarung vorliegt oder – eine aus einer staatsrechtlichen Vereinbarung hervorgehende Verpflichtung erfüllt worden ist.44 Der Antrag ist darüber hinaus im Einzelnen zu begründen.45 Der VfGH entscheidet über Anträge nach Art 138a B-VG in Form ei- 25 nes (bloß) feststellenden Erk, eine Verurteilung zur Erfüllung der aus der Vereinbarung hervorgehenden Pflichten, die typischer Weise in der Erlassung von Gesetzen oder VO bestehen, ist nicht möglich.46 Demgegenüber kann der VfGH bei der Entscheidung über vermögensrechtliche Ansprüche nach Art 137 B-VG auch auf Leistung bei sonstiger Exekution erkennen.
XII. Staatsrechtliche Vereinbarungen mit Beteili gung des Landes Tirol Das Land Tirol ist zum Stichtag 01.01.2020 an folgenden (vertikalen) 26 Vereinbarungen mit dem Bund beteiligt, die im LGBl verlautbart worden sind (Aufzählung in chronologischer Reihenfolge nach dem Kundmachungsdatum): – Vereinbarung über den höchstzulässigen Schwefelgehalt im Heizöl LGBl 1983/20 idF LGBl 2006/51 – Vereinbarung gemäß Art 15a B-VG zwischen dem Bund und den Ländern über die Zusammenarbeit im Bereich der Statistik LGBl 1985/63 – Vereinbarung über die Festlegung von Immissionsgrenzwerten für Luftschadstoffe und über Maßnahmen zur Verringerung der Belastung der Umwelt LGBl 1987/52 43 44 45 46
§ 37 VfGG. Art 138a Abs 1 und 2 B-VG; § 56a Abs 1 und 2 VfGG. § 56a Abs 3 VfGG. Berka, Verfassungsrecht7 (2018) 389.
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– Vereinbarung über die Aufteilung und Verwendung der nach § 4 Z 2 des KatastrophenfondsG 1986 BGBl 396 zur Verfügung stehenden Mittel für ein Warn- und Alarmsystem sowie die Einräumung wechselseitiger Benützungsrechte an den Anlagen dieses Systems LGBl 1988/9 – Vereinbarung gemäß Art 15a B-VG über gemeinsame Maßnahmen des Bundes und der Länder beim Personalaufwand für Lehrer an allgemeinbildenden Pflichtschulen, bei der Förderung des Wohnbaus und der Wohnhaussanierung sowie bei der Dotierung des Umwelt- und Wasserwirtschaftsfonds LGBl 1989/49 – Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern gemäß Art 15a B-VG über die Mitwirkungsrechte der Länder und Gemeinden in Angelegenheiten der europäischen Integration LGBl 1993/7 – Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern gemäß Art 15a B-VG über zivilrechtliche Bestimmungen betreffend den Verkehr mit Baugrundstücken (Grundstücksverkehr-Vereinbarung [GruVe-VE]) LGBl 1993/33 idF LGBl 2017/3 – Vereinbarung über gemeinsame Maßnahmen des Bundes und der Länder für pflegebedürftige Personen LGBl 1993/56 – Vereinbarung über den Nationalpark Hohe Tauern LGBl 1994/71 – Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern gemäß Art 15a B-VG über die Einsparung von Energie LGBl 1995/54 – Vereinbarung zwischen dem Bund, den Ländern und den Gemeinden über einen Konsultationsmechanismus und einen künftigen Stabilitätspakt der Gebietskörperschaften LGBl 1998/101 – Vereinbarung zur Sicherstellung der Patientenrechte (Patientencharta) LGBl 2003/90 – Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern gemäß Art 15a B-VG über gemeinsame Maßnahmen zur vorübergehenden Grundversorgung für hilfs- und schutzbedürftige Fremde (Grundversorgungsvereinbarung) LGBl 2004/59 – Vereinbarung gemäß Art 15a B-VG zwischen dem Bund und den Ländern über Sozialbetreuungsberufe LGBl 2005/51 – Vereinbarung gemäß Art 15a B-VG über die Abgeltung stationärer medizinischer Versorgungsleistungen von öffentlichen Krankenanstalten für Insassen von Justizanstalten LGBl 2006/31 idF LGBl 2017/71 – Vereinbarung gemäß Art 15a B-VG über den Ausbau des institutionellen Kinderbetreuungsangebots und über die Einführung der verpflichtenden frühen sprachlichen Förderung in institutionellen 1008
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Kinderbetreuungseinrichtungen sowie Schaffung eines bundesweiten vorschulischen Bildungsplanes LGBl 2009/13 Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern über die gemeinsame Förderung der 24-Stunden-Betreuung LGBl 2009/55 idF LGBl 2017/79 Vereinbarung gemäß Art 15a B-VG zwischen dem Bund und den Ländern über Maßnahmen im Gebäudesektor zum Zweck der Reduktion des Ausstoßes an Treibhausgasen LGBl 2009/62 idF LGBl 2009/77 Vereinbarung gemäß Art 15a B-VG über die Einführung der halbtägig kostenlosen und verpflichtenden frühen Förderung in institutionellen Kinderbetreuungseinrichtungen LGBl 2009/64 idF LGBl 2013/103 Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern gemäß Art 15a B-VG zur Umsetzung der Richtlinie 2006/32/EG über Endenergieeffizienz LGBl 2011/5 idF LGBl 2011/13 Vereinbarung gemäß Art 15a B-VG über den Ausbau des institutionellen Kinderbetreuungsangebots LGBl 2012/9 idF LGBl 2018/41 Vereinbarung gemäß Art 15a B-VG zwischen dem Bund und den Ländern über die Förderung von Lehrgängen für Erwachsene im Bereich Basisbildung/Grundkompetenzen sowie von Lehrgängen zum Nachholen des Pflichtschulabschlusses LGBl 2012/48 Vereinbarung gemäß Art 15a B-VG zwischen dem Bund und den Ländern über die Anerkennung des Qualitätsrahmens für die Erwachsenenbildung Ö-Cert LGBl 2012/99 Vereinbarung zwischen dem Bund, den Ländern und den Gemeinden über einen Österreichischen Stabilitätspakt 2012 LGBl 2013/30 idF LGBl 2011/141 Vereinbarung gemäß Art 15a B-VG zwischen dem Bund und den Ländern über eine Transparenzdatenbank LGBl 2013/47 Vereinbarung gemäß Art 15a B-VG über die frühe sprachliche Förderung in institutionellen Kinderbetreuungseinrichtungen für die Kindergartenjahre 2015/16 bis 2017/18 LGBl 2015/91 Vereinbarung gemäß Art 15a B-VG über die halbtägig kostenlose und verpflichtende frühe Förderung in institutionellen Kinderbildungs- und -betreuungseinrichtungen in den Kindergartenjahren 2015/16, 2016/17 und 2017/18 LGBl 2015/135 idF LGBl 2016/22 Vereinbarung gemäß Art 15a B-VG zwischen dem Bund und den Ländern über die Zusammenarbeit im Bereich der Verkehrsdaten1009
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infrastruktur durch die Österreichische Graphenintegrationsplattform GIP LGBl 2016/1 idF LGBl 2016/27 Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern gemäß Art 15a B-VG über eine Erhöhung ausgewählter Kostenhöchstsätze des Art 9 der Grundversorgungsvereinbarung LGBl 2016/65 idF LGBL 2004/59 Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern gemäß Art 15a B-VG über das Verwaltungs- und Kontrollsystem in Österreich für die Durchführung der operationellen Programme im Rahmen des Ziels „Investitionen in Wachstum und Beschäftigung“ und des Ziels „Europäische Territoriale Zusammenarbeit“ für die Periode 2014 – 2020 LGBl 2017/64 Vereinbarung gemäß Art 15a B-VG Zielsteuerung-Gesundheit LGBl 2017/68 Vereinbarung gemäß Art 15a B-VG über die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens LGBl 2017/69 Vereinbarung gemäß Art 15a B-VG zwischen dem Bund und den Ländern, mit der Regelungen zu Haftungsobergrenzen vereinheitlicht werden (HOG-Vereinbarung) LGBl 2017/89 Vereinbarung gemäß Art 15a B-VG zwischen dem Bund und den Ländern über die Förderung von Bildungsmaßnahmen im Bereich Basisbildung sowie von Bildungsmaßnahmen zum Nachholen des Pflichtschulabschlusses für die Jahre 2018 bis 2021 LGBl 2017/122 Vereinbarung gemäß Art 15a B-VG zwischen dem Bund und dem Land Tirol über Hubschrauberdienste für den Zivil- und Katastrophenschutz im Land Tirol LGBl 2017/123
27 Das Land Tirol ist zum Stichtag 01.01.2020 an folgenden (horizontalen) Vereinbarungen mit anderen Ländern beteiligt, die im LGBl verlautbart worden sind (Aufzählung in chronologischer Reihenfolge nach dem Kundmachungsdatum): – Vereinbarung über die Einrichtung der Gemeinsamen Filmbewertungskommission der Länder LGBl 1978/44 idF LGBl 2018/63 – Vereinbarung über die Einrichtung einer gemeinsamen Kommis sion zur Begutachtung von Schulbüchern für land- und forstwirtschaftliche Berufs- und Fachschulen LGBl 1992/49 – Vereinbarung gemäß Art 15a B-VG über die gemeinsame Willensbildung der Länder in Angelegenheiten der europäischen Integra tion LGBl 1993/18 1010
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– Vereinbarung betreffend den Landesgrenzen überschreitenden Berufsschulbesuch LGBl 1993/32 idF LGBl 2009/77 – Vereinbarung gemäß Art 15a B-VG über die Errichtung einer gemeinsamen Sachverständigenkommission in Tierzuchtangelegenheiten (Tierzuchtrat) LGBl 2008/76 – Vereinbarung gemäß Art 15a BV-G, mit der die Vereinbarung zwischen den Ländern Vorarlberg und Tirol über die Feststellung des Verlaufes der gemeinsamen Landesgrenze und die Instandhaltung der Grenzzeichen geändert wird LGBl 2009/91 – Vereinbarung gemäß Art 15a B-VG über die Marktüberwachung von Bauprodukten LGBl 2010/46 – Vereinbarung zwischen den Ländern gemäß Art 15a B-VG über das Inverkehrbringen von Kleinfeuerungen und die Überprüfung von Feuerungsanlagen und Blockheizkraftwerken LGBl 2012/120 idF LGBl 2013/68 – Vereinbarung über die Zusammenarbeit im Bauwesen sowie die Bereitstellung von Bauprodukten auf dem Markt und deren Verwendung LGBl 2013/55 – Vereinbarung gemäß Art 15a B-VG betreffend den Landesgrenzen überschreitenden Besuch von landwirtschaftlichen Berufs- und Fachschulen LGBl 2014/33 idF LGBl 2014/41 – Vereinbarung gemäß Art 15a Abs 2 B-VG zwischen den Ländern über gemeinsame Grundsätze der Haushaltsführung LGBl 2016/121 idF LGBl 2017/22 – Vereinbarung gemäß Art 15a B-VG zwischen dem Bund und den Ländern über die Elementarpädagogik für die Kindergartenjahre 2018/19 bis 2021/22 LGBl 2019/6 – Vereinbarung gemäß Art 15a B-VG über die Kinder- und Jugendhilfe LGBl 2019/92
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Artikel 71a Staatsverträge (1) Das Land Tirol kann in Angelegenheiten seines selbständigen Wirkungsbereiches mit an die Republik Österreich angrenzenden Staaten oder mit deren Teilstaaten Staatsverträge abschließen. (2) Die Bevollmächtigung der Landesregierung zur Aufnahme von Verhandlungen über den Abschluß eines Staatsvertrages obliegt dem Bundespräsidenten auf Vorschlag der Landesregierung und mit Gegenzeichnung des Landeshauptmannes. Der Landeshauptmann hat vor der Aufnahme der Verhandlungen die Bundesregierung hievon zu unterrichten. (3) Die Landesregierung entscheidet über den Abschluß eines Staatsvertrages. Der Landeshauptmann hat nach der Entscheidung der Landesregierung, einen Staatsvertrag abzuschließen, die Zustimmung der Bundesregierung hiezu einzuholen. (4) Der Abschluß eines Staatsvertrages obliegt dem Bundespräsidenten auf Vorschlag der Landesregierung und mit Gegenzeichnung des Landeshauptmannes. Der Abschluß darf erst erfolgen, wenn die Zustimmung der Bundesregierung hiezu erteilt wurde oder als erteilt gilt. (5) Ein Staatsvertrag, der eine Bindung des Landtages bewirken soll, bedarf seiner Genehmigung. Bei einem Staatsvertrag, zu dessen Erfüllung es eines Landesverfassungsgesetzes bedarf, kann die Genehmigung nur mit einer Mehrheit von wenigstens zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen erteilt werden. Ein solcher Staatsvertrag ist im Genehmigungsbeschluß ausdrücklich als im Verfassungsrang stehend zu bezeichnen. Der Landtag kann anläßlich der Genehmigung eines gesetzändernden oder gesetzesergänzenden Staatsvertrages beschließen, daß dieser durch die Erlassung von Gesetzen zu erfüllen ist. (6) Der Bundespräsident kann auf Vorschlag der Landesregierung und mit Gegenzeichnung des Landeshauptmannes die Landesregierung zum Abschluß von Staatsverträgen, die weder gesetzändernd noch gesetzesergänzend sind, ermächtigen. Eine solche Ermächtigung umfaßt auch die Befugnis, anzuordnen, daß der Staatsvertrag durch die Erlassung von Verordnungen zu erfüllen ist. 1012
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LGBl samt Erläuterungen: LGBl 1989/50 (XI. GP RV 57/89 AB 57/89) Literatur: Berchtold, Über die Durchführung von Staatsverträgen durch die Länder, JBl 1967, 244 ff; Berchtold, Zur völkerrechtlichen Vertragsabschlusskompetenz der Länder, ZÖR 40 (1989), 217 ff; Binder, Staatsverträge der Länder – Zwanzig Jahre totes Recht, in Haslinger/Kanonier/S. Zehetner (Hg), Ein Jurist im Spannungsfeld von Wirtschaft, Technik und Recht – FS F. Zehetner (2009) 133; Bittner, Verfassungsrechtlicher Handlungsspielraum für eine eigene Außenpolitik der Länder, in Hammer/Bußjäger (Hg), Außenbeziehungen im Bundesstaat (2007) 3; Burtscher, Die völkerrechtlichen Aspekte des Forderungskataloges der österreichischen Bundesländer im Vergleich zu bestehenden „Außenkompetenzen“ anderer Gliedstaaten, ZÖR 39 (1988), 137 ff; Bußjäger, Die Mitwirkung der Länder beim Abschluss von Staatsverträgen, ZÖR 68 (2013), 111 ff; Bußjäger, Multi-Level-Governance als Gegenstand und Herausforderung des Öffentlichen Rechts, ZÖR 71 (2016), 307 ff; Gamper, Allgemeine Bestimmungen des Landesverfassungsrechts, in Pürgy (Hg), Das Recht der Länder I (2012) 61 ff; Grabenwarter, Art 9 Stmk L-VG, in ders (Hg), Steiermärkische Landesverfassung (2013); Grabenwarter, Die Verteilung völkerrechtsbezogener Zuständigkeiten nach der österreichischen Bundesverfassung, ZÖR 46 (1995), 79 ff; Hammer, Art 16 B-VG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (1999); Hammer, Länderstaatsverträge – Zugleich ein Beitrag zur Selbstständigkeit der Länder im Bundesstaat (1992); Handl-Petz, International Law in the Austrian Legal System, in Verschraegen (Hg), Austrian Law - An International Perspective (2010) 287 ff; Koja, Zur Auslegung des Art. 16 Abs. 1 B-VG, ZÖR 41 (1990), 1 ff; Lindermuth, Das Recht der Staatsverträge nach der Verfassungsbereinigung, ZÖR 64 (2009), 299 ff; A. Th. Müller, Das partikuläre Bundesgesetz und die österreichische Verfassung, JRP 2015, 303 ff; Th. Müller, Verfassungs- und völkerrechtliche Eckpunkte für eine interregionale grenzüberschreitende Zusammenarbeit aus österreichischer Sicht, in Laimer (Hg), EUREGIO – quo vadis? (2006) 75 ff; Öhlinger, Der völkerrechtliche Vertrag im staatlichen Recht (1973); Rack, Österreichs Länder und das Völkerrecht, AVR 27 (1989), 31 ff; Ranacher, Bezüge zur Europäischen Union, in Pürgy (Hg), Das Recht der Länder I (2012) 87 ff; Thaler, Die Vertragsschlusskompetenz der österreichischen Bundesländer (1990); Walter, Die Vertragsabschlusskompetenz der österreichischen Bundesländer, in ders (Hg), Verfassungsänderungen 1988 (1989) 9 ff; T. Weber, Art 16 B-VG, in Kneihs/Lienbacher (Hg), Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht (2017); Wiederin, Gemeinwohl, Effizienzprinzip und Rechtspersönlichkeit der Bundesländer, wbl 2015, 669 ff
Inhaltsübersicht I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben.................................. 1 II. Völkerrechtliche Vorgaben........................................................ 3 III. Entstehungsgeschichte............................................................... 4 IV. Gegenstände von Staatsverträgen............................................ 5 V. Vertragspartner........................................................................... 6 VI. Abschluss und Genehmigung von Staatsverträgen.............. 7 1013
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VII. Kundmachung im Landesgesetzblatt...................................... 12 VIII. Überwachungsrecht des Bundes............................................... 14 IX. Kündigung von Staatsverträgen.............................................. 15 X. Prüfung von Staatsverträgen durch den Verfassungs gerichtshof.................................................................................... 17
I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben 1 Art 16 Abs 1 B-VG begründet die Kompetenz der Länder, StV mit an Österreich angrenzenden (Teil-)Staaten abzuschließen („Staatsvertragskompetenz der Länder“). Die Abs 2 und 3 leg cit enthalten Bestimmungen über das Verfahren zum Abschluss und zur Kündigung solcher Verträge. Die Abs 4 und 5 leg cit regeln die Durchführung sowie die Zuständigkeit des Bundes zur Überwachung der Durchführung von Länderstaatsverträgen. Art 71a TLO 1989 dient der Umsetzung und näheren Ausgestaltung der bundesverfassungsrechtlichen Vorgaben in Angelegenheiten der Staatsvertragskompetenz der Länder. 2 Obschon die Staatsvertragskompetenz den Ländern gewisse Handlungsspielräume eröffnet, hat bislang noch kein Land davon Gebrauch gemacht. Art 16 B-VG wird denn auch grundlegende theoretische Bedeutung bei praktischer Bedeutungslosigkeit attestiert.1 Ein wesentlicher Grund dafür dürfte in der Kompetenz der Länder liegen, mit den Rechtsformen des Privatrechts am Rechtsverkehr teilzunehmen und als Privatpersonen mit anderen Staaten und Gliedstaaten vertragliche Beziehungen einzugehen.2
II. Völkerrechtliche Vorgaben 3 Die Staatsvertragskompetenz verleiht den Ländern partielle Völkerrechtssubjektivität.3 Gleichwohl ist die WVK nicht auf Länderstaatsverträge anwendbar, da diese nach ihrem Art 3 Abs 1 nur auf Verträge zwischen souveränen Staaten Anwendung findet. Maßgeblich sind 1 2 3
Hammer, Art 16 Rz 8; vgl auch Binder in FS F. Zehetner 133; T. Weber, Art 16 Rz 1 mwH. Hammer, Art 16 Rz 8; Grabenwarter, Art 9 Rz 2. Walter, Vertragsabschlusskompetenz 24; Grabenwarter, ZÖR 46 (1995), 85; Hammer, Art 16 Rz 20; T. Weber, Art 16 Rz 14.
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demnach die allgemeinen Rechtsgrundsätze des Völkerrechts, die WVK kann lediglich im Wege von Analogieschlüssen herangezogen werden.4
III. Entstehungsgeschichte Art 71a wurde mit der ersten Nov der TLO 19895 eingefügt. Den An- 4 lass gab die B-VG-Nov 19886, mit der Art 16 B-VG neu gefasst worden war. Der Landesverfassungsgesetzgeber wollte Art 71a TLO 1989 laut den EB als „Ausführung und Ergänzung“ der bundesverfassungsgesetzlichen Vorgaben verstanden wissen.7 Im Interesse einer möglichst vollständigen Regelung wurde „eine weitgehende Wiederholung der bundesverfassungsrechtlichen Vorschriften in Kauf genommen“.8
IV. Gegenstände von Staatsverträgen Das Land Tirol kann StV nur „in Angelegenheiten seines selbständigen 5 Wirkungsbereiches“ abschließen, es kann also nur in solchen Bereichen öffentlichrechtliche vertragliche Beziehungen mit anderen (Teil-)Staaten eingehen, in denen es über die entsprechenden Kompetenzen verfügt. Vor diesem Hintergrund ist wie folgt zu differenzieren: – Ist das Land zur Gesetzgebung und Vollziehung in der vertragsgegenständlichen Angelegenheit zuständig (Art 15 Abs 1 B-VG), kann es sowohl gesetzesändernde und gesetzesergänzende StV als auch Verwaltungsübereinkommen abschließen. – Ist das Land zur Ausführungsgesetzgebung und Vollziehung in der vertragsgegenständlichen Angelegenheit zuständig (Art 12 B-VG), kann es ebenfalls gesetzesändernde und gesetzesergänzende StV abschließen, allerdings nur innerhalb des von der Grundsatzgesetzgebung des Bundes vorgegebenen Rahmens. Der Abschluss von Verwaltungsübereinkommen ist ebenfalls zulässig. – Ist das Land nur zur Vollziehung (Art 11 B-VG) zuständig, kann es grds nur Verwaltungsübereinkommen abschließen, die nicht durch VO umzusetzen sind, da die Verordnungskompetenz in diesen Angelegenheiten gem Art 11 Abs 3 B-VG dem Bund zukommt 4 5 6 7 8
Hammer, Art 16 Rz 22; T. Weber, Art 16 Rz 21. LGBl 1989/50. BGBl 1988/685. EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 1989/50, Tir LT XI. GP, GZ 57/89, 2. EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 1989/50, Tir LT XI. GP, GZ 57/89, 7.
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(es sei denn, das jeweils einschlägige einfache BG ermächtigt das Land zur Erlassung der Durchführungsverordnungen).
V. Vertragspartner 6 Die Staatsvertragskompetenz des Landes Tirol ist in räumlicher Hinsicht begrenzt. StV können nur „mit an die Republik Österreich angrenzenden Staaten oder mit deren Teilstaaten“ abgeschlossen werden.9 Ausschlaggebend ist die gemeinsame Grenze des Nachbarstaates mit Österreich. Dies gilt auch, wenn der Vertragspartner seinerseits ein Teil- bzw Gliedstaat ist, der – anders als der Gesamtstaat, dem er angehört – nicht an Österreich angrenzt. So ist das Land Tirol etwa kompetent, mit der autonomen Provinz Bozen – Südtirol oder auch dem Land Mecklenburg-Vorpommern einen StV abzuschließen. Das Land Tirol ist sonach kompetent, mit folgenden Staaten oder mit deren Teilstaaten StV abzuschließen: – Deutschland (Bund und Länder), – Italien10 (Staat, Regionen und Autonome Provinzen), – Liechtenstein (keine Teilstaaten), – Schweiz (Bund und Kantone), – Slowakei (keine staatsvertragsfähigen regionalen Untergliederungen), – Slowenien (keine staatsvertragsfähigen regionalen Untergliederungen), – Tschechische Republik (keine staatsvertragsfähigen regionalen Untergliederungen), – Ungarn (keine staatsvertragsfähigen regionalen Untergliederungen).
VI. Abschluss und Genehmigung von Staatsverträgen 7 Noch bevor Vertragsverhandlungen aufgenommen werden, hat der LH die BReg über dieses Vorhaben zu unterrichten.11 Diese Informationspflicht dient in erster Linie der Wahrung der Interessen des Bundes an 9 Art 71a Abs 1 TLO 1989; vgl auch Art 16 Abs 1 B-VG. 10 Näher, insb auch im Hinblick auf die Staatsvertragskompetenz der Autonomen Provinz Bozen – Südtirol, Happacher, Einführung in das Italienische Verfassungsrecht (2019) 247 ff. 11 Art 71a Abs 2 zweiter Satz TLO 1989, Art 16 Abs 2 erster Satz B-VG.
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einer einheitlichen Außenpolitik und dem Schutz seiner Gesetzgebungs- und Vollziehungskompetenzen.12 Die Vertragsverhandlungen sind von der LReg zu führen und dürfen 8 erst dann aufgenommen werden, wenn eine Bevollmächtigung des BPräs vorliegt. Der BPräs erteilt die Bevollmächtigung auf Vorschlag der LReg und mit Gegenzeichnung des LH.13 Die landesinterne Willensbildung über den Abschluss eines StV ob- 9 liegt der LReg und erfolgt durch einstimmigen Beschluss, bei Anwesenheit von wenigstens der Hälfte der Regierungsmitglieder einschließlich des LH oder eines LHStv.14 Nach dieser Entscheidung, aber noch vor der Ratifikation durch den BPräs, muss der LH die Zustimmung der BReg einholen.15 Diese Zustimmung gilt als erteilt, wenn die BReg nicht binnen acht Wochen (ab Einlangen des Ersuchens um Zustimmung beim BKA) dem LH mitgeteilt hat, dass die Zustimmung verweigert wird.16 Der völkerrechtlich bindende Vertragsabschluss (Ratifikation) darf 10 erst erfolgen, wenn die Zustimmung der BReg erteilt wurde bzw (nach Ablauf der achtwöchigen Frist) als erteilt gilt.17 Zuständig zur Ratifikation ist der BPräs auf Vorschlag der LReg und mit Gegenzeichnung des LH.18 Bei (bloßen) Verwaltungsabkommen, die durch VO umzusetzen sind, kann der BPräs einen Erfüllungsvorbehalt abgeben, der eine spezielle Transformation des StV durch ein Tätigwerden des Verordnungsgebers notwendig macht. Bei dieser Entscheidung ist der BPräs an den Vorschlag der LReg gebunden.19 Der BPräs ist auf Vorschlag der LReg und mit Gegenzeichnung des LH ermächtigt, den Abschluss von Verwaltungsabkommen an die LReg zu delegieren; eine solche Ermächtigung umfasst auch die Befugnis, einen Erfüllungsvorbehalt abzugeben.20
12 13 14 15 16 17 18 19 20
Grabenwarter, Art 9 Rz 10 mwH. Art 71a Abs 2 erster Satz TLO 1989, Art 16 Abs 2 vierter Satz B-VG. Art 71a Abs 3 erster Satz iVm Art 52 Abs 1 TLO 1989. Art 71a Abs 3 zweiter Satz TLO 1989; Art 16 Abs 2 zweiter Satz B-VG. Art 16 Abs 2 dritter Satz B-VG. Art 71a Abs 4 zweiter Satz TLO 1989. Art 71a Abs 4 erster Satz TLO 1989. Hammer, Art 16 Rz 61 mwH. Art 71a Abs 6 TLO 1989; Art 66 Abs 3 B-VG.
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Ob der BPräs an den Vorschlag der LReg gebunden ist oder ob ihm Ermessensspielräume verbleiben, um den Abschluss des StV zu verweigern, ist strittig.21 11 Soll der StV eine Bindung des Tir LT bewirken, muss (idR nach der Entscheidung der LReg) noch vor der Ratifikation durch den BPräs22 die Genehmigung des Tir LT erfolgen.23 Für die Beschlussfassung des LT sind unterschiedliche Präsenz- und Konsensquoren vorgesehen: Ist der StV durch einfaches Gesetz zu erfüllen, kann der Genehmigungsbeschluss mit einfacher Mehrheit bei Anwesenheit von wenigstens der Hälfte der Abg erfolgen.24 Bedarf die Erfüllung hingegen eines LVG, muss die Genehmigung mit einer Mehrheit von wenigstens zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen bei Anwesenheit von wenigstens zwei Dritteln der Abg erteilt werden, überdies ist ein solcher StV im Genehmigungsbeschluss ausdrücklich als im Verfassungsrang stehend zu bezeichnen.25 Der LT kann anlässlich der Genehmigung eines gesetzesändernden oder ‑ergänzenden StV einen Erfüllungsvorbehalt beschließen.26 Damit erzwingt der LT eine spezielle Transformation: der StV selbst erlangt keine innerstaatliche Rechtsverbindlichkeit, sondern muss durch ein Tätigwerden des Gesetzgebers umgesetzt werden, auch wenn er seinem Inhalt nach unmittelbar anwendbar (self-executing) wäre.27
VII. Kundmachung im Landesgesetzblatt 12 Gem § 2 Abs 1 lit d LVerlautG sind diejenigen StV, die der Genehmigung des LT bedürfen, im LGBl kundzumachen. Dies gilt auch für die Kundmachungen über Beitritte, Kündigungen und das Außerkrafttreten von StV. 13 StV, die keiner Genehmigung durch den LT bedürfen (Verwaltungsabkommen), müssen nicht im LGBl kundgemacht werden. § 2 Abs 2 lit b 21 Für eine Bindung des BPräs an den Vorschlag der LReg Hammer, Art 16 Rz 59; Grabenwarter, Art 9 Rz 11; für Entscheidungsfreiheit des BPräs Walter, Vertragsabschlusskompetenz 20; Thaler, Vertragsschlusskompetenz 79. 22 Eine Delegation nach Art 66 Abs 3 B-VG kommt bei gesetzesändernden oder ‑ergänzenden StV nicht in Betracht. 23 Art 71a Abs 5 TLO 1989. 24 Art 27 TLO 1989 iVm § 61 Abs 1 Tir GO LT. 25 Art 71a Abs 5 TLO 1989 iVm § 61 Abs 2 Tir GO LT. 26 Art 71a Abs 5 vierter Satz TLO 1989. 27 Hammer, Art 16 Rz 56; T. Weber, Art 16 Rz 38.
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LVerlautG sieht dafür aber die Möglichkeit einer fakultativen Kundmachung im LGBl vor. Ebenso können Beitritte, Kündigungen und das Außerkrafttreten von Verwaltungsabkommen im LGBl kundgemacht werden.
VIII. Überwachungsrecht des Bundes Art 16 Abs 5 B-VG enthält ein Überwachungsrecht des Bundes bei der 14 Durchführung von Länderstaatsverträgen. Dieses erstreckt sich ausdrücklich auf den „selbständigen Wirkungsbereich der Länder“, mithin auf Angelegenheiten, bei denen die Gesetzgebungs- und/oder Vollziehungskompetenz den Ländern zukommt. Das Überwachungsrecht besteht in einer Weisungskompetenz des Bundes wie in Angelegenheiten der mittelbaren Bundesverwaltung (Art 103 Abs 1 B-VG).28
IX. Kündigung von Staatsverträgen Bei Anwendung der allgemeinen Rechtsgrundsätze des Völkerrechts bzw 15 analoger Anwendung der WVK29 können Staatverträge nach Maßgabe der Vertragsbestimmungen oder durch Übereinkunft der Vertragsparteien beendet werden.30 Eine einseitige Vertragskündigung ist grds nur nach Maßgabe der Vertragsbestimmungen zulässig. Enthält der StV keine einschlägige Regelung, kommt eine Kündigung nur dann in Betracht, wenn feststeht, dass die Vertragsparteien die Möglichkeit einer Kündigung oder eines Rücktritts zuzulassen beabsichtigten oder ein Kündigungs- oder Rücktrittsrecht sich aus der Natur des Vertrags ergibt.31 Art 16 Abs 3 B-VG ermächtigt die BReg, die Kündigung eines Länder- 16 staatsvertrags von der zuständigen LReg zu verlangen. Kommt das Land dieser Verpflichtung nicht rechtzeitig nach, geht die Zuständigkeit auf den Bund über. Das Kündigungsrecht kann sowohl vom Land als auch vom Bund nur dann ausgeübt werden, wenn die Kündigung völkerrechtlich zulässig ist.32 28 Art 16 Abs 5 zweiter Satz B-VG; näher Hammer, Art 16 Rz 84 f; T. Weber, Art 16 Rz 71. 29 S Rz 3. 30 Vgl Art 54 WVK. 31 Vgl Art 56 WVK. 32 S Rz 14; T. Weber, Art 16 Rz 63 nimmt mit Thaler an, dass die Länder aufgrund der Ermächtigung der BReg in Art 16 Abs 3 B-VG verpflichtet sind, nur kündbare StV abzuschließen und mithin Kündigungsklauseln zu vereinbaren.
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X. Prüfung von Staatsverträgen durch den Verfassungsgerichtshof 17 Gem Art 140a B-VG erkennt der VfGH über die Rechtswidrigkeit von StV; diese Kompetenz bezieht sich auch auf Länderstaatsverträge nach Art 71a TLO 1989 bzw Art 16 B‑VG. Das Verfahren ist in § 66 VfGG näher geregelt. Die Antragslegitimation richtet sich bei gesetzesändernden und gesetzesergänzenden StV nach Art 140 B-VG, bei Verwaltungsübereinkommen, die durch VO umzusetzen waren, nach Art 139 B-VG.33 Die Prüfungskompetenz des VfGH bezieht sich auf die Verfassungs- oder Gesetzwidrigkeit des StV.34 Völkerrecht, insb die WVK, ist hingegen nicht Prüfungsmaßstab.35 18 Die Wirkung der Entscheidung des VfGH ist auf die Feststellung der Rechtswidrigkeit des StV beschränkt, eine formelle Aufhebung ist wegen der völkerrechtlichen Bindungswirkung von StV ausgeschlossen. Die Feststellung der Rechtswidrigkeit durch Erk des VfGH hat zur Folge, dass der StV grds mit Ablauf des Tages der Kundmachung des Erk für die innerstaatlichen Organe nicht mehr anzuwenden ist; der VfGH kann indes eine Frist setzen, bis zu deren Ablauf der StV anwendbar bleibt.36 Wurde der StV speziell transformiert, tritt mit Ablauf des Tages der Kundmachung des Erk auch der Genehmigungsbeschluss des LT bzw der vom BPräs oder der delegierten LReg erklärte Erfüllungsvorbehalt außer Kraft.37 Der StV ist dann nicht mehr zu transformieren, bereits erlassene Umsetzungsbestimmungen (Gesetze, VO) bleiben indes aufrecht, ihre Rechtmäßigkeit ist am Maßstab innerstaatlichen (Verfassungs-)Rechts zu beurteilen. Eine Aufhebung bereits erlassener Umsetzungsbestimmungen bedarf idR eines gesonderten Tätigwerdens des Gesetz- bzw Verordnungsgebers. Auf völkerrechtlicher Ebene folgt daraus eine Vertragsverletzung vonseiten des Landes Tirol, da Art 27 WVK, wonach sich die Vertragsparteien nicht auf ihr innerstaatliches Recht berufen können, um die Nichterfüllung eines Vertrags zu rechtfertigen, einen allgemeinen Grundsatz des Völkervertragsrechts widerspiegelt.38 33 34 35 36 37 38
Art 140a zweiter Satz B-VG; § 66 erster Satz VfGG. Art 140a iVm Art 139 und 140 B-VG. VfSlg 12.223/1989. Art 140a Z 1 B-VG. Art 140a Z 2 B-VG. Vgl auch Binder/Zemanek in Reinisch (Hg), Österreichisches Handbuch des Völkerrechts I5 (2013) 50 (68).
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VI. Teil Gemeinden Artikel 72 Bestand (1) Das Land gliedert sich in Gemeinden. (2) Die Vereinigung und die Teilung von Gemeinden sowie jede sonstige Änderung von Gemeindegrenzen bedürfen eines Landesgesetzes. Dies gilt nicht für die Vereinigung von Gemeinden und für sonstige Änderungen von Gemeindegrenzen durch Vereinbarung zwischen den betreffenden Gemeinden. Bei jeder Änderung der Gemeindegrenzen ist darauf zu achten, daß die Leistungsfähigkeit der Gemeinden gesichert ist. LGBl samt Erläuterungen: LGBl 1988/61 (X. GP AA 141/88 AB 141/88) Judikatur: VfSlg 6697/1972, 7830/1976, 9668/1983, 9819/1983, 10.637/1985, 11.372/1987, 11.629/1987, 13.543/1993, 19.894/2014; VfGH 23.09.2014, G 43/2014; 08.10.2014, G 40/2014; 09.12.2014, G 127/2014; 23.02.2015, G 220/2014 (Sachlichkeit von Gemeindefusionen [Auswahl]); VfSlg 10.816/1986 („Gemeinde“ ist stets „Ortsgemeinde“) Literatur: Bauer/Steineder, Die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Zusammenlegung von Gemeinden, RFG 2012, 52 ff; Bertel, Gemeindezusammenlegungen und Sachlichkeitsgebot, RFG 2015, 22 ff; Brandmayr et al, Kommentar zur Tiroler Gemeindeordnung 20012 (2016); F. Eberhard, Die Bestandsgarantie der Gemeinde. Eine Untersuchung am Beispiel der Zusammenlegung von Gemeinden, ÖJZ 1971, 281 ff und 315 ff; Fraiß, Gemeinden in Europa – Die Bedeutung kommunaler Verbände auf europäischer Ebene, in Kahl (Hg), Offen in eine gemeinsame Zukunft – FS 50 Jahre Gemeindeverfassungsnovelle (2012) 191 ff; Gamper, Verfassungsrechtliche Aspekte der Gemeindezusammenlegung in Tirol, in Karlhofer/Pallaver (Hg), Politik in Tirol. Jahrbuch 2013 (2013) 157 ff; Gamper, Von der Charta der lokalen zur Charta der regionalen Selbstverwaltung, in Alber/Zwilling (Hg), Gemeinden im Europäischen Mehrebenensystem: Herausforderungen im 21. Jahrhundert (2014) 177 ff; Kahl, 18. Teil. Österreichische Gemeinden in der Europäischen Union, in Pabel (Hg), Das österreichische Gemeinderecht (2016); Morscher, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer. 7. Tirol (1991) 184; Neuhofer, Gemeinderecht2 (1998) 84; Neuho-
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fer, 2. Teil. Gemeindegebiet und Gemeindebewohner, in Pabel (Hg), Das österreichische Gemeinderecht (2017); Oberndorfer, Gemeinderecht und Gemeindewirklichkeit (1971) 305; Pabel, 1. Teil. Allgemeine Bestimmungen des Gemeinderechts, in dies (Hg), Das österreichische Gemeinderecht (2017); Pernthaler, Raumordnung und Verfassung 3 (1990) 131; Schwamberger/Ranacher, Tiroler Landesordnung6: Kommentar (2017); Stolzlechner, Art 116 B-VG, in Kneihs/ Lienbacher (Hg), Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht (2018); Storr, Verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen einer Gemeindegebietsreform, JBl 2016, 137 ff; Thöni, Gemeindezusammenlegung und Gemeindekooperation aus (politik-)ökonomischer Sicht, in Karlhofer/Pallaver (Hg), Politik in Tirol. Jahrbuch 2013 (2013) 179 ff; Weber, Art 115 B-VG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (2016); Weber, Art 116 B-VG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (2016)
Inhaltsübersicht I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben..................................... 1 II. Völker- und unionsrechtliche Vorgaben.................................... 3 III. Entstehungsgeschichte.................................................................. 5 IV. Der Begriff der Gemeinde............................................................. 6 V. Das Gemeindegebiet...................................................................... 7 VI. Änderungen des Gemeindegebietes............................................. 8
I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben 1 Es ist eine Besonderheit der österr Bundesverfassung, dass die Rechtsstellung der Gemeinden sehr detailliert im B-VG selbst geregelt ist. Während etwa die schweizerische Bundesverfassung oder das deutsche GG lediglich die Einrichtung von Gemeinden als territoriale Selbstverwaltungskörper festlegen und damit eine Bestandsgarantie dieses Typus von Gebietskörperschaft insgesamt garantieren,1 regelt das B-VG das österr Gemeinderecht äußerst genau. So bleiben dem Landesgesetzgeber als (organisatorischem) Gemeindegesetzgeber keine allzu großen Regelungsspielräume. Diese starke bundesverfassungsrechtliche Determinierung des Gemeinderechts geht auf die Entstehung der B-VG-Nov 19622 zurück.3 Zwar war im vierten Hauptstück, Unterabschnitt C, in 1 S Art 28 GG, Art 50 schweizerische Bundesverfassung. 2 Gemeindeverfassungsnovelle 1962, BGBl 1962/205 idF BGBl 1963/267 (DFB). 3 S die RV 639 BlgNR IX. GP, 6; Kinzl/Schütz, Die Reform des österreichischen Gemeinderechts, ÖGZ 1961, 1 ff.
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den Art 115‑120 B-VG 1920 auch schon die Stellung der Gemeinden als Selbstverwaltungskörper in ihren Grundsätzen verfassungsrechtlich geregelt.4 Diese Bestimmungen wurden (abgesehen von Art 119 Abs 2 B-VG betr die Wahlen in die Gemeindevertretung) aber nie wirksam, da das dazu notwendige BVG über die „Organisation der allgemeinen staatlichen Verwaltung in den Ländern“ bis zum Jahre 1962 nicht erlassen wurde.5 So blieb die alte Rechtslage der Monarchie weiter bestehen. Das Reichsgemeindegesetz 18626 enthielt die Grundsätze für die gesetzlichen Regelungen des Gemeindewesens durch die LT. Die LT hatten aber weiterhin die verfassungsrechtlich zulässige Möglichkeit, die Gemeinderechtsangelegenheiten selbständig und auch abweichend von den Grundsätzen des Reichsgemeindegesetzes 1862 zu normieren.7 Die Gemeindeverfassungsnovelle 1962 basiert auf einer Initiative des Österreichischen Gemeindebundes und des Österreichischen Städtebundes und wurde weitgehend unverändert vom Parlament beschlossen. In den Mat findet sich bereits der Wunsch nach einer detaillierten Regelung des Bundesverfassungsgesetzgebers als Ausdruck eines gewissen Misstrauens gegenüber einer zu starken Gesetzgebungskompetenz der LT.8 Die starke bundesverfassungsrechtliche Determinierung des Gemeinderechts spiegelt sich auch in den landesverfassungsrechtlichen Bestimmungen über die Gemeinden wider. Die TLO 1953 enthielt überhaupt keine Vorschriften über die Gemeinden. Die damals in Kraft stehende GemO9 stützte sich unmittelbar auf die bundesverfassungsrechtlichen Möglichkeiten der Regelung des Gemeinderechts durch die Länder. Erst mit der Gemeindeverfassungsnovelle 1962 wurde die Zuständigkeit der Länder zur Gemeindegesetzgebung in Art 115 Abs 2 B-VG bundesverfassungsrechtlich endgültig festgeschrieben. Dies wurde vom Landesverfassungsgesetzgeber aber erst in der TLO 1989 aufgegriffen.
4
S dazu Kelsen/Froehlich/Merkl, Die Bundesverfassung vom 1. Oktober 1920 (1922) 228. 5 S § 8 Abs 5 lit f ÜG 1920 idF BGBl 1925/368. 6 Gesetz vom 5. März 1862, womit die grundsätzlichen Bestimmungen zur Regelung des Gemeindewesens vorgezeichnet werden, RGBl 1862/18. 7 S Neuhofer, Gemeinderecht 6. 8 S RV 639 BlgNR IX. GP, 6; Weber, Gemeindeaufgaben, in Österreichischer Gemeindebund/Österreichischer Städtebund (Hg), 40 Jahre Gemeindeverfassungsnovelle 1962 (2002) 44 ff. 9 Gesetz vom 31. März 1949 über die Tiroler Gemeindeordnung, LGBl 1949/24.
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In den Mat wird die Aufnahme der Art 72 ff lapidar mit der besonderen Bedeutung der Gemeinden auch für das Land begründet.10 2 Art 72 erster Satz ist wörtlich ident mit dem ersten Satz des Art 116 Abs 1 B-VG. Die landesverfassungsrechtliche Bestimmung wiederholt diese bundesverfassungsrechtliche Vorschrift und hat daher den gleichen normativen Inhalt wie diese Festlegung des Gemeindegebiets.11 Konkret bedeutet der erste Satz, dass es in Tirol kein gemeindefreies Gebiet geben darf. Jeder Quadratzentimeter des Tir Bodens muss zu einer Gemeinde gehören. Wenn Art 72 erster Satz von der „Gemeinde“ spricht, ist damit die Ortsgemeinde iSd Art 115 Abs 1 B-VG gemeint. Die in Art 120 B-VG angesprochenen „Gebietsgemeinden“ finden beim Tir Landesverfassungsgesetzgeber keinen Widerhall.12 Art 72 enthält keine Festlegung über Zl, Größe und sonstige Strukturmerkmale der Tir Gemeinden. Aus dieser Bestimmung lässt sich zwar die Bestandsgarantie des Gebietskörperschaftstypus Gemeinde ableiten,13 eine landesverfassungsgesetzliche Garantie der bestehenden Gemeinden kann daraus aber nicht entnommen werden. Vielmehr normiert Art 72 lediglich rudimentäre Grundsätze für das Verfahren der Gemeindegebietsveränderungen. Die TLO 1989 verzichtet auch auf die Festlegung verschiedener Gemeindetypen (Dorfgemeinde, Marktgemeinde, Stadtgemeinde). Dies ist und bleibt Sache des einfachen Landesgesetzgebers (TGO).14 Zudem beinhaltet die TLO 1989 keine Bestimmungen über Städte mit eigenem Statut. Die Existenz der Landeshauptstadt Ibk als Statutarstadt wird landesverfassungsrechtlich ebenso vorausgesetzt, wie die mögliche Neuschaffung einer weiteren Tir Statutarstadt. Hier würde unmittelbar anwendbares Bundesverfassungsrecht eine solche Stadtgründung regeln. Derzeit weist allerdings keine Tir Gemeinde die bundesverfas-
10 EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 91. 11 Zur Zulässigkeit solcher Übernahmen s VfSlg 16.593/2002. 12 Zu den Chancen der „Gebietsgemeinden“ für die Lösung kommunaler Probleme s Holoubek/Potacs/Scholz, Gebietsgemeinden – eine verfassungsrechtliche Alternative?, JRP 2013, 118 ff. 13 Diese Bestandsgarantie wurzelt unmittelbar in Art 116 Abs 1 B-VG; s Mayer/Muzak, B-VG5 (2015) 385 mwN. 14 S § 10 TGO; Brandmayr et al, Kommentar 46.
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sungsrechtlichen Voraussetzungen für die Umwandlung in eine Statutarstadt auf.15
II. Völker- und unionsrechtliche Vorgaben Unter der Schirmherrschaft des Europarates wurde die „Europäische 3 Charta der lokalen Selbstverwaltung“ ausgearbeitet und von Österreich 1985 ratifiziert.16 Dieser multilaterale völkerrechtliche Vertrag wurde im Rang eines einfachen Gesetzes ratifiziert und verpflichtet Österreich zur Umsetzung. Der VfGH hat es abgelehnt, diese Charta als Maßstab für Eingriffe in die Gemeindeautonomie heranzuziehen (VfGH 09.12.2014, G 149/2014 ua). Österreich hat anlässlich der Hinterlegung der Ratifikationsurkunde erklärt, dass es für sich nur einzelne Bestimmungen der Europäischen Charta der lokalen Selbstverwaltung als bindend ansieht. In der Präambel werden die lokalen Gebietskörperschaften als eine der wesentlichen Grundlagen für jedes demokratische Regime bezeichnet. Sodann wird die Bedeutung der Gemeinden als unterste, aber auch als effektivste Ebene des Staatswesens betont. Die demokratische Struktur der kommunalen Selbstverwaltung wird besonders hervorgehoben. Im ersten Teil werden materielle Garantien der kommunalen Selbstverwaltung festgelegt. Der Grundsatz der kommunalen Selbstverwaltung soll gesetzlich, wenn möglich verfassungsgesetzlich, verankert werden. Die Gemeindeorgane sollen durch allgemeine Wahlen bestimmt werden. Das Subsidiaritätsprinzip, wonach öffentliche Aufgaben primär durch die lokalen, weil bürgernächsten Entscheidungsträger wahrgenommen werden sollen, ist völkerrechtlich verankert. Im ersten Teil finden sich auch Garantien der Gebietsgrenzen der Gemeinden, wobei diese Formulierung sehr flexibel gehalten ist, sodass daraus kein völkerrechtlicher Schutz der konkreten Gemeindegrenzen abgeleitet werden kann. Das freie Mandat der gewählten lokalen Vertreter, die Begrenzung der Staatsaufsicht und eine gewisse Garantie der Finanzierung der Gemeinden sowie das Recht der Gemeinden, Verbände zu bilden, und das Recht auf Rechtsschutz in Eingriffe in die Selbstverwaltung runden den ersten Teil ab. Der zweite Teil enthält Vorschriften, die 15 Keine Tir Gemeinde kommt derzeit (15.04.2020) an die geforderte Einwohnerzahl von 20.000 auch nur annähernd heran. 16 BGBl 1988/357 idF BGBl III 2016/1.
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die Grundsätze des ersten Teiles sichern, aber auch begrenzen sollen. So wird den Vertragsstaaten die Möglichkeit eingeräumt, verschiedene Bestimmungen und Maßnahmen auf ihrem Hoheitsgebiet auszuschließen, wodurch ein Ausgleich zwischen den fundamentalen Prinzipien der Selbstverwaltung und der nötigen Flexibilität staatlichen Handelns gewährleistet werden soll. Der dritte Teil enthält die Schlussbestimmungen. Die Europäische Charta der lokalen Selbstverwaltung verwirklicht Mindestgarantien, wie sie im österr Bundesverfassungsrecht auch weitgehend festgeschrieben sind. Ein internationales Überwachungssystem wurde nicht eingerichtet, da der Kongress der Gemeinden und Regionen als Organ des Europarates direkten Zugang zum Ministerkomitee hat, womit eine politische Kontrolle der Einhaltung der Vorgaben der Charta möglich ist. Die Charta ist weder unmittelbar anwendbar noch gehört sie zum „acquis communautaire“ des Unionsrechts. 4 Im Unionsrecht hat die lokale Ebene durch den Vertrag von Lissabon eine gewisse Stärkung erfahren. Nach Art 4 Abs 2 EUV werden ua die regionale und lokale Selbstverwaltung als Teil der nationalen Identität der MS anerkannt. Auch in der Umschreibung des Subsidiaritätsprinzips in Art 5 Abs 3 EUV wird die lokale Ebene explizit erwähnt. Von besonderer Bedeutung ist der Ausschuss der Regionen, dem ein Klagerecht gegen vorgebrachte Verletzungen des Subsidiaritätsprinzips eingeräumt wurde. Allerdings ist der Schutz der lokalen Selbstverwaltung im EUV und AEUV nur schwach und schwer durchsetzbar ausgeprägt. Hier kommt den MS nach wie vor die dominierende Rolle zu.
III. Entstehungsgeschichte 5 Bis zur TLO 1989 fanden die Gemeinden keine Erwähnung im Landesverfassungsrecht. Es dauerte mehr als 25 Jahre nach dem Inkrafttreten der Gemeindeverfassungsnovelle 1962 bis sich der Landesverfassungsgesetzgeber entschloss, den Gemeinden, der kleinsten territorialen Einheit im Lande, einen Abschnitt in der Landesverfassung zu widmen. Durch die starke bundesverfassungsrechtliche Determinierung des Gemeinderechts war dies auch nicht zwingend erforderlich. Die Landeskompetenz auf dem Gebiete des Gemeinderechts war durch Art 115 Abs 2 B-VG ohnehin klargestellt. Die Aufnahme der bundesverfassungsrechtlichen Bestimmungen in Art 72 TLO 1989 stellt daher zum 1026
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einen eine landesverfassungsrechtliche Anerkennung der Bedeutung der Gemeinden dar, wie sie schon zuvor in einigen Bundesländern Eingang in die Landesverfassungen gefunden hat.17 Zum anderen bedeutet der sechste Teil der TLO 1989 eine Komplettierung des Landesorganisationsrechts. Der Landesverfassungsgesetzgeber hat offensichtlich bewusst darauf verzichtet, den Handlungsspielraum des einfachen Gesetzgebers in irgendeiner Weise über den bundesverfassungsrechtlich vorgegebenen Rahmen hinaus zu beschränken, zu erweitern oder inhaltliche Vorgaben zu machen.
IV. Der Begriff der Gemeinde Art 72 spricht von den „Gemeinden“. Darunter sind iSd Art 115 Abs 1 6 B-VG die Ortsgemeinden zu verstehen. Der Gemeindebegriff ist bundesverfassungsrechtlich vorgegeben und es wäre dem Landesverfassungsgesetzgeber verwehrt (Art 99 Abs 1 B-VG), ein anderes Begriffsverständnis der Gemeinde zu entwickeln. Katastralgemeinden sind daher keine Gemeinden iSv Art 115 Abs 1 B-VG.18 Die Bezeichnung einer Gemeinde als „Stadtgemeinde“ oder „Marktgemeinde“ (§ 10 TGO) ist ohne rechtliche Relevanz. Andere Gemeindebezeichnungen (zB Kurgemeinde, Nationalparkgemeinde ua) haben keinen gemeinderechtlichen Bezug.
V. Das Gemeindegebiet Das Gemeindegebiet stellt den territorialen Geltungsbereich des Ge- 7 meinderechts dar. Nach Art 116 Abs 1 B-VG ist die Gemeinde Gebietskörperschaft und zugleich Verwaltungssprengel. Sofern nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist, gelten alle Rechtsakte der Gemeinden für das gesamte Gemeindegebiet. Dieser Grundsatz bedeutet umgekehrt, dass es dem Gesetzgeber verwehrt ist, der Gemeinde Aufgaben zu übertragen, die außerhalb des Gemeindegebietes zu vollziehen sind.19 Das Gemeindegebiet ist auch der Anknüpfungspunkt für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit von Gemeindeorganen.20 17 So die EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 91. 18 VfSlg 10.816/1986. 19 S Neuhofer, Gemeinderecht 87; Stolzlechner, Art 116 Rz 3. 20 S § 3 AVG; Kolonovits/Muzak/Stöger, Grundriss des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts11 (2019) 38 f.
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Historisch gesehen hat sich das Gemeindegebiet aus den Katastralgemeinden herausgebildet. Durch die durch das Josephinische Grundsteuerpatent 178521 geschaffenen Katastralgemeinden wurden die örtlichen Gemeinschaften (Realgemeinden) bereits präformiert22 und durch § 1 des Provisorischen Gemeindegesetzes 184923 rechtlich verfestigt. Die späteren Gemeindeorganisationsgesetze der Länder übernahmen diese Gemeindegebiete und ermächtigten die Landesgesetzgebung zu Gebietsänderungen. Das Gemeindegebiet steht im Zentrum der Gebietshoheit. Das Wesen der Gebietshoheit besteht darin, dass sie zwangsweise grds alle Menschen umfasst, die auf einem bestimmten Gebiet – Gemeindegebiet – weilen.24 Die Gebietshoheit entfaltet die Gemeinde im Rahmen des eigenen Wirkungsbereiches, als „die in den Gesetzen festgelegte Herrschaft“.25 Dies kommt durch die Qualifikation der Gemeinde als Gebietskörperschaft zum Ausdruck. Das Gemeindegebiet ist der örtliche Aspekt der Teilhabe der Gemeinden an der Hoheitsgewalt des Staates.26
VI. Änderungen des Gemeindegebietes 8 Die Gemeinden genießen nur als Gebietskörperschaft Bestandsschutz. Weder die einzelne Gemeinde noch das konkrete Gemeindegebiet sind vor Veränderungen bzw Aufhebungen geschützt. Eine Ausnahme stellen lediglich die beim Inkrafttreten der Gemeindeverfassungsnovelle 1962 bestehenden Statutarstädte dar. Die Landeshauptstadt Ibk besitzt gem § 4 Gemeindeverfassungsnovelle 196227 einen Bestandsschutz, der sich wohl auch auf das Gemeindegebiet erstreckt.28 21 Patent [vom 20.04.1785] von dem neuen Steuersatze. 22 S Pabel, Bestimmungen Rz 8. 23 Kaiserliches Patent, womit ein provisorisches Gemeinde-Gesetz erlassen wird, RGBl 1849/170. 24 So VwSlg 590 F/1952. 25 VwSlg 3577 F/1967. 26 S Weber, Zwei- oder dreigliedriger Bundesstaat? Bemerkungen zur Stellung der Gemeinden in einer möglichen künftigen Bundesverfassung, in ders/N. Wimmer (Hg), Vom Verfassungsstaat am Scheideweg – FS Pernthaler (2005) 423 ff. 27 Stolzlechner, Art 116 Rz 47; Kitzmüller, Die oberösterreichischen Statutarstädte (1994) 20. 28 Daran hat sich auch durch den Wegfall des § 8 Abs 5 lit d ÜG 1920 (BGBl I 2019/14) nichts geändert.
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Abs 2 kennt drei Fälle der Änderung des Gebietsbestandes: 1. Die Vereinigung zweier oder mehrerer Gemeinden. 2. Die Teilung von Gemeinden. 3. Sonstige Änderungen von Gemeindegrenzen. Abs 2 regelt rudimentär die Möglichkeiten der Bestandsänderungen von Gemeinden. Erfolgt eine Bestandsänderung gegen den Willen einer oder mehrerer betroffener Gemeinden, so ist dafür ein LG erforderlich. Wird die Bestandsänderung freiwillig vorgenommen, ist ein solches Gesetz nicht notwendig. Ob es dafür einer Genehmigung einer staatlichen Behörde bedarf oder nicht, lässt die TLO 1989 offen. Die diesbezüglichen Bestimmungen sind in den §§ 4 ff TGO enthalten. Vereinigen sich Gemeinden durch Vereinbarung, ist nach § 4 Abs 1 TGO die Genehmigung durch die LReg nötig. Die Genehmigung ist mit VO zu erteilen. Versagt die LReg die Genehmigung, so hat dies bescheidmäßig zu erfolgen (§ 7 Abs 3 TGO).29 Die Teilung und die Aufteilung einer Gemeinde sowie die Errichtung einer Gemeinde aus einem Teilgebiet oder mehreren Gemeinden bedarf stets eines LG. Werden Änderungen der Gemeindegrenzen von den betroffenen Gemeinden vereinbart, so muss dies von der LReg genehmigt werden. Diese Genehmigung ist wiederum in Verordnungsform zu erteilen, bei Versagung hat die LReg einen Bescheid zu erlassen. Keine Regelungen trifft die TLO 1989 für Grenzstreitigkeiten zwi- 9 schen Gemeinden. Hier finden sich die dazugehörigen Bestimmungen in § 8 TGO. Solche Streitigkeiten hat die LReg nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens mit Bescheid zu erledigen. Während die Teilung bzw Aufteilung einer Gemeinde zu zwei oder mehreren Gemeinden in der Praxis so gut wie nie (mehr) vorkommt, wird die Vereinigung von Gemeinden immer wieder diskutiert. Eine freiwillige Vereinbarung zur Gemeindezusammenlegung erfolgte zuletzt 2019 im Wipptal (Matrei, Mühlbachl, Pfons). Eine solche stellt einen öffentlich‑rechtlichen Vertrag gem Art 116b B-VG dar, der zu sei29 Wird die LReg säumig, so kann jede beteiligte Gemeinde eine Säumnisbeschwerde gem Art 130 Abs 1 Z 3 B‑VG an das LVwG richten. § 7 TGO enthält keine Regelung für den Fall der Untätigkeit der LReg. Aus rechtsstaatlichen Erwägungen ist die Zulässigkeit eines Rechtsmittels gegen die Säumnis der LReg aber zu bejahen. S die ausführliche Begründung zur ähnlichen Konstellation der aufsichtsbehördlichen Genehmigung der Bildung von Gemeindeverbänden bei Stolzlechner, Art 116a B-VG, in Kneihs/Lienbacher (Hg), Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht (2013) Rz 14.
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ner Wirksamkeit der Genehmigung der LReg bedarf. Diese hat einen Amtsverwalter und einen Beirat zu bestellen (§ 4 Abs 2 TGO), die als Gemeindeorgane bis zur Konstituierung des neugewählten GR und Bgm die Amtsgeschäfte zu führen haben. Zwangsweise Gemeindezusammenlegungen sind in Tirol derzeit nicht vorgesehen. Sollte in dieser Hinsicht in Zukunft eine Meinungsänderung stattfinden, sind die vom VfGH zum Stmk Gemeindestrukturreformgesetz30 entwickelten Kriterien beachtlich.31 Der VfGH hatte diese Grundsätze seit den 70er Jahren entwickelt32 und präzisierte und verfeinerte sie in einer Reihe von Entscheidungen zur zwangsweisen Zusammenlegung stmk Gemeinden.33 Zunächst stellte der VfGH klar, dass die Europäische Charta der lokalen Selbstverwaltung ein StV mit Erfüllungsvorbehalt und damit kein Maßstab für die Prüfung eines LG durch den VfGH darstellt.34 Sodann gestand der VfGH dem Landesgesetzgeber einen weitgehenden rechtspolitischen Gestaltungsspielraum zu.35 Weiters führte er aus, dass die Prüfung der Rechtmäßigkeit von Gemeindefusionen durch LG am Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes zu messen sei. Spätere Entwicklungen sind daher für den VfGH nicht beachtlich.36 Er stellt ausschließlich auf die Plausibilität der Prognoseentscheidung ab. In dieser Prognoseentscheidung ist auf die Vorteile der Gemeindezusammenlegung insgesamt, nicht auf Vor- und Nachteile einzelner (ehemaliger) Gemeinden abzustellen.37 Für den VfGH kommt es va auf die Sachlichkeit der Regelung an.38 Dabei postuliert er die Rechtsvermutung, dass die Zusammenlegung von Gemeinden unter 1.000 Ein-
30 Gesetz vom 17. Dezember 2013 über die Neugliederung der Gemeinden des Landes Steiermark, LGBl 2014/31 idF LGBl 2014/36. 31 S mwN Wlattnig/Kindermann/Hörmann, Steiermärkische Gemeindestrukturreform 2015 (2016). 32 VfSlg 6697/1972, 9668/1983, 9793/1983, 9819/1983, 11.629/1987; s dazu Gödl, Die Gemeindestrukturreform in der Steiermark (2013) 129. 33 S dazu auch Storr, JBl 2016, 137. 34 Seit VfSlg 13.235/1992 stRsp. 35 S etwa VfGH 23.09.2014, G 44/2014; 24.11.2014, G 75/2014; 23.02.2015, G 220/2014. 36 Dazu mwN Wlattnig/Kindermann/Hörmann, Gemeindestrukturreform 179. 37 ZB VfGH 23.09.2014, G 44/2014. 38 S dazu ausführlich und mwN Wlattnig/Kindermann/Hörmann, Gemeindestrukturreform 179.
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wohnern die Vermutung der Sachlichkeit in sich trägt.39 Weitere Kriterien der verfassungsgerichtlichen Judikatur sind die Bevölkerungsentwicklung, die wirtschaftliche und finanzielle Lage der Gemeinden, die Möglichkeit einer effizienteren Nutzung der Infrastruktur, Siedlungsverflechtungen und Raumplanung.40 Gegen eine Gemeindezusammenlegung können große Entfernungen oder Unterschiede in den Höhenlagen zwischen dem künftigen Gemeindezentrum und den einzelnen Ortsteilen sprechen.41 Auch der Meinung der Bevölkerung kommt bei der Beurteilung der Sachlichkeit eine wesentliche Bedeutung zu.42 Die Sicherung der Leistungsfähigkeit der Gemeinden ist bei jeder Änderung der Gemeindegrenzen zu beachten. Daher hat vor jeder Bestandsänderung ein umfassendes Ermittlungsverfahren (Grundlagenforschung) zu erfolgen.43 Dabei geht es in erster Linie um die zu erwartende Steigerung der Verwaltungskraft44 der konkreten Gemeinde durch die Gebietsreform. Kriterien sind dabei die Personalausstattung, die Sachmittelausstattung, die Organisation und die Finanzausstattung (Finanzkraft).45
39 So schon VfSlg 9793/1983, 9819/1983, 10.637/1985, 11.372/1987, 13.543/1993. 40 ZB VfGH 24.11.2014, G 62/2014; 24.11.2014, G 100/2014; 24.11.2014, G 141/2014. 41 Der VfGH thematisierte diese Kriterien als entscheidungsrelevant, zeigt sich in concreto aber sehr großzügig zugunsten der Zusammenlegungen; s die Nachweise bei Wlattnig/Kindermann/Hörmann, Gemeindestrukturreform 186. 42 VfSlg 9793/1983, 11.372/1987; beim Stmk Gemeindestrukturreformgesetz verhielt sich der VfGH aber wesentlich zurückhaltender. 43 Ein Unterbleiben der Grundlagenforschung kann aber durch die Sachlichkeit der Maßnahme kompensiert und damit gerechtfertigt werden – VfGH 23.09.2014, G 44/2014. 44 S schon Mäding, Verwaltungskraft, DÖV 1967, 326 ff. 45 S dazu Oberndorfer, Gemeinderecht 25.
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Artikel 73 Rechtliche Stellung (1) Die Gemeinde ist Gebietskörperschaft mit dem Recht auf Selbstverwaltung und Verwaltungssprengel. (2) Die Gemeinde ist selbständiger Wirtschaftskörper. Sie hat das Recht, innerhalb der Schranken der allgemeinen Bundesgesetze und Landesgesetze Vermögen aller Art zu besitzen, zu erwerben und darüber zu verfügen, wirtschaftliche Unternehmen zu betreiben sowie im Rahmen der Finanzverfassung ihren Haushalt selbständig zu führen und Abgaben auszuschreiben. LGBl samt Erläuterungen: LGBl 1988/61 (X. GP AA 141/88 AB 141/88) Judikatur: VfSlg 5559/1967, 14.523/1996 (freies Beschlussrecht); VfSlg 6029/1969 (Recht der freien Vermögensgebarung steht unter Gesetzesvorbehalt); VfSlg 7459/1974, 7568/1975, 7972/1976, 9156/1981, 9943/1984, 10.635/1985, 11.633/1986 (Verletzung des Rechts auf Selbstverwaltung bei Verneinung des Rechts auf Besorgung einer Angelegenheit im eigenen Wirkungsbereich); VfSlg 11.873/1988 (ersatzlose Beseitigung einer öffentlichen Aufgabe ist kein Eingriff in das Recht auf Selbstverwaltung); VfSlg 13.310/1992 (Zulässigkeit des Zusammenwirkens hoheitlicher und privatrechtlicher Gestaltungsakte) OGH 16.09.1971, 1 Ob 227/71; 28.03.1979, 3 Ob 522/78; 20.11.1990, 4 Ob 166/90; 10.09.1991, 4 Ob 538/91; 18.12.1992, 6 Ob 563/9; 16.03.2004, 4 Ob 21/04y (Fiskalgeltung der Grundrechte) Literatur: Binder, Die Daseinsvorsorge der Gemeinde, in Österreichischer Gemeindebund/Österreichischer Städtebund (Hg), 40 Jahre Gemeindeverfassungsnovelle 1962 (2002) 105 ff; Binder, 14. Teil. Wirtschaftsunternehmungen der Gemeinde, in Pabel (Hg), Das österreichische Gemeinderecht (2016); Brandmayr et al, Kommentar zur Tiroler Gemeindeordnung 20012 (2016); Frank, 11. Teil. Gemeindefinanzen, in Pabel (Hg), Das österreichische Gemeinderecht (2018); Frank, 13. Teil. Gemeindliches Haushalts- und Rechnungswesen, in Pabel (Hg), Das österreichische Gemeinderecht (2018); Hengstschläger, 12. Teil. Gemeindehaushaltsrecht, in Pabel (Hg), Das österreichische Gemeinderecht (2008); Kahl, Der öffentliche Personennahverkehr auf dem Weg zum Wettbewerb (2005) 153; Kahl/Th. Müller, Gemeinden und Länder im Binnenmarkt (2014); Neuhofer, Gemeinderecht2 (1998); Pernthaler, Österreichisches Bundesstaatsrecht (2004) 391 ff; Segalla, Kommunale Daseinsvorsorge (2006); Stolzlechner, Art 116 B-VG, in Kneihs/Lienbacher (Hg), Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht
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(2018); Weber, Art 116 B-VG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (2016); Wolny, Die Gebührenhoheit der Gemeinde (1986)
Inhaltsübersicht I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben..................................... 1 II. Rechtliche Besonderheiten der kommunalen Privat wirtschaftsverwaltung.................................................................. 3 III. Das Gemeindeeigentum................................................................ 4 IV. Kommunale Wirtschaftsunternehmen....................................... 5 V. Das kommunale Haushaltsrecht................................................. 6
I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben Abs 1 gibt die Bestimmung des Art 116 Abs 1 zweiter Satz B-VG wört- 1 lich wieder. Von dieser bundesverfassungsrechtlichen Bestimmung darf die Landesverfassung auch nicht abweichen. Art 116 Abs 1 B-VG bzw Art 73 TLO 1989 richten die Gemeinde als Gebietskörperschaft ein. Sie statten sie mit dem Recht auf Selbstverwaltung aus und ordnen sie als Verwaltungssprengel dem örtlichen Geltungsbereich des Kommunalrechts zu. Diese beiden Bestimmungen legen fundamentale Rechte der Gemeinde fest. Eine Gebietskörperschaft ist eine juristische Person des öffentlichen Rechts, die durch den Personenverband eines bestimmten Gebietes gebildet wird.1 Neben dem Bund und den Ländern sind die Gemeinden die dritte Ebene der Gebietskörperschaften. Der Begriff der Selbstverwaltung wird im B-VG nicht definiert, sein Inhalt ergibt sich aber aus den bundesverfassungsrechtlichen Regelungen über die Gemeinde und dem – so der VfGH – vorgefundenen Inhalt der nichtterritorialen Selbstverwaltung.2 Das wohl wichtigste Merkmal der Selbstverwaltung ist der eigene Wirkungsbereich, in dem die Gemeinde frei von Weisungen staatlicher Behörden die Angelegenheiten, die im ausschließlichen oder überwiegenden Interesse der in der Gemeinde verkörperten Gemeinschaft gelegen sind und die durch Gemeindeorgane vollzogen werden können, besorgt.3 Als weitere Ele1
Weber, Art 116 Rz 2; Kahl/Weber, Allgemeines Verwaltungsrecht7 (2019) 160; Mayer (Hg), Fachwörterbuch zum öffentlichen Recht (2003) 193. 2 S VfSlg 8215/1977; Eberhard, Nichtterritoriale Selbstverwaltung (2014) 92. 3 S dazu ausführlich Pernthaler, Die verfassungsrechtlichen Schranken der Selbstverwaltung in Österreich, in Vorstand des österreichischen Juristenta-
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mente der Selbstverwaltung kommen die Budgethoheit, die demokratische Bestellung der gemeindlichen Entscheidungsträger, die Staatsaufsicht (Gemeindeaufsicht) und wohl auch die Pflichtmitgliedschaft hinzu.4 Abs 1 statuiert in Übereinstimmung mit Art 116 Abs 1 B-VG das Recht auf Selbstverwaltung. Das in Art 118 Abs 2 B-VG verankerte Subsidiaritätsprinzip wird in Art 74 Abs 2 TLO 1989 landesverfassungsrechtlich bekräftigt. Durch die Festlegung der Gemeinde als Verwaltungssprengel wird das Gemeindegebiet als territorialer Geltungsbereich des Gemeinderechts bestimmt. Als Sprengel bezeichnet man das Gebiet, welches einer Behörde rechtlich zugeordnet ist und in welchem ihre sachliche Zuständigkeit zur Entfaltung gelangt.5 Die Eigenschaft als Verwaltungssprengel erstreckt sich sowohl auf den eigenen als auch auf den übertragenen Wirkungsbereich.6 2 Abs 2 rezipiert wörtlich die Bestimmung des Art 116 Abs 2 B-VG. Die landesverfassungsrechtliche Norm hat daher keinen anderen Inhalt als die bundesverfassungsrechtliche Vorgabe. Mit der Anerkennung der Gemeinde als selbständiger Wirtschaftskörper wird die Bedeutung der nichthoheitlichen Gemeindeaufgaben verfassungsrechtlich garantiert, ja hervorgehoben.7 Die Gemeinden sind im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung Trägerinnen zahlreicher Aufgaben der Daseinsvorsorge, die sie als Unternehmer oder sonstige Privatrechtsträger und nicht als Behörden wahrzunehmen haben. Ver- und Entsorgungsaufgaben, die Schaffung und Erhaltung des öffentlichen Personennahverkehrs, Einrichtungen des Tourismus und der Naherholung, die Sicherung der Gemeinden als Wirtschaftsstandort, aber auch die Gewährleistung sportlicher und kultureller Aktivitäten uva Aufgaben werden von den Gemeinden im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung besorgt. ges (Hg), Verhandlungen des dritten österreichischen Juristentages Wien 1967 I/3 (1967); Petz, Gemeindeverfassung 1962 (1965) 53; Hundegger, Die Gemeinde und ihre Wirkungsbereiche (1971) 21; Oberndorfer, Gemeinderecht und Gemeindewirklichkeit (1971) 145; Neuhofer, Gemeinderecht 225. 4 VfSlg 18.731/2009. 5 S Mayer (Hg), Fachwörterbuch 431; Antoniolli/Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht3 (1996) 486. 6 S Pabel, 1. Teil. Allgemeine Bestimmungen des Gemeinderechts, in dies (Hg), Das österreichische Gemeinderecht (2017) Rz 115. 7 Dazu Weber, Art 116 Rz 2.
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Abs 2 ermächtigt die Gemeinde, innerhalb der Schranken der allgemeinen BG und LG privatwirtschaftlich tätig zu werden. Er legt sohin für die unternehmerischen Tätigkeiten der Gemeinde lediglich einen Schrankenvorbehalt fest. Zunächst ist nach dieser Bestimmung die kommunale Wirtschaft an die allgemeinen Regeln der Gesetze gebunden, wie sie für jede Privatperson auch gelten. Allerdings ist dem Abs 2 in Übereinstimmung mit Art 116 Abs 2 B‑VG ein Diskriminierungsverbot der Gesetzgebung eigen. Aus den Mat zur Gemeindeverfassungsnovelle 1962 geht deutlich hervor, dass es dem Bundes- und Landesgesetzgeber verwehrt ist, „diskriminierende Vorschriften gegenüber den Gemeinden auf diesem Gebiet aufzustellen“.8
II. Rechtliche Besonderheiten der kommunalen Privatwirtschaftsverwaltung Zwar kann die Gemeinde wie jeder Private Wirtschaftstätigkeiten im 3 Rahmen der geltenden BG und LG betreiben, gleichwohl bestehen dafür einige Besonderheiten. Hier sind zunächst die verfassungsrechtlichen Schranken zu beachten. Für die kommunale Wirtschaftstätigkeit ist die Fiskalgeltung der Grundrechte maßgeblich.9 Während für „echte“ Private eine mittelbare Drittwirkung der Grundrechte allenfalls über die Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder die Guten-SittenKlausel des § 879 ABGB besteht, geht die Fiskalgeltung der Grundrechte weiter. Der OGH hat insb am Bsp kommunaler Privatwirtschaftsverwaltung Gleichbehandlungsgebote, Kontrahierungszwänge usw als aus dem Gleichheitsgrundsatz erwachsende Schranken kommunaler Wirtschaftstätigkeiten postuliert.10 Privatrechtliche Verträge spielen insb im Raumordnungsrecht, aber auch für Betriebsansiedlungen, den sozialen Wohnbau ua eine bedeutsame Rolle. Besonders für die (privatrechtlichen) Raumordnungsverträge nach § 33 TROG 201611 8 RV 639 BlgNR XIX. GP, 14. 9 S Korinek/Holoubek, Grundlagen staatlicher Privatwirtschaftsverwaltung (1993) 146 sowie die Judikaturnachweise bei Mayer/Kucsko-Stadlmayer/ Stöger, Grundriss des österreichischen Bundesverfassungsrechts11 (2015) 673 f. 10 S Mayer/Kucsko-Stadlmayer/Stöger, Grundriss 673 f; Weber, Art 116 Rz 19 mwN. 11 S speziell zur Tir Rechtslage Lutz, Vertragsraumordnung am Beispiel Tirol, Bayern und Südtirol. Ein Rechtsvergleich (2000); Mast, Der verwaltungs-
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besteht die grds Verpflichtung der Gemeinde, Grundeigentümer gleich zu behandeln. Dies wurde auch positivrechtlich verankert.12 Neben der Grundrechtsbindung ist für die Privatwirtschaftsverwaltung der Gemeinde auch das verfassungsrechtliche Effizienzprinzip maßgeblich.13 Neben der Rechtmäßigkeit ist hier va die Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit kommunaler Privatwirtschaftsverwaltung beachtlich. Da die kommunale Wirtschaftstätigkeit der Kontrolle der RH von Bund und Land unterliegt,14 stellen sich diese Handlungsprinzipien als verfassungsrechtliche Schranken für die kommunale Unternehmertätigkeit und sonstige privatrechtlichen Gestionen dar. Während im Bereich der Hoheitsverwaltung das Prinzip der Einheitsgemeinde dominierend ist, gilt dies in der Privatwirtschaftsverwaltung nicht.15 Die kommunale Privatwirtschaftsverwaltung, insb die Tätigkeit kommunaler Unternehmungen, ist auch nicht nur auf das Hoheitsgebiet der Gemeinde begrenzt. Denn die „Gebietshoheit“ der Gemeinde ist ausschließlich auf die Hoheitsverwaltung beschränkt. Gemeindegrenzen haben daher für kommunale Unternehmungen keine zwingende rechtliche Bedeutung. Sofern es überwiegend im örtlichen Interesse gelegen ist, können kommunale Wirtschaftstätigkeiten auch mit überörtlichem Bezug stattfinden.16 Dies ermöglicht es den Gemeinden in vielen Bereichen der Daseinsvorsorge mit Kooperationsinstrumenten des Privatrechts öffentliche Zwecke in Zusammenarbeit mit anderen Gebietskörperschaften zu realisieren. In der kommunalen Wirtschaftstätigkeit stehen den Gemeinden alle privatrechtlichen Möglichkeiten offen. Auch die Kooperation mit privaten Unternehmen (Public Private Partnership – PPP) stößt auf rechtliche Vertrag als Alternative zur Tiroler Vertragsraumordnung? (2003); Weber, Tiroler Vertragsraum(un)ordnung, ecolex 2000, 162 ff. 12 § 33 Abs 2 TROG 2016. 13 S Kahl/Weber, Verwaltungsrecht 128. 14 Art 127a B-VG; Art 67 Abs 4 TLO 1989; Hengstschläger, Rechtsfragen der Kontrolle kommunaler Unternehmen (1980); ders, 16. Teil. Gebarungskontrolle, in Pabel (Hg), Das österreichische Gemeinderecht (2015); KronederPartisch, Art 127a B-VG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (2001) Rz 15. 15 S Oberndorfer, Gemeinderecht 151; Pabel, Bestimmungen Rz 59; Weber, Gemeindeaufgaben, in Österreichischer Gemeindebund/Österreichischer Städtebund (Hg), 40 Jahre Gemeindeverfassungsnovelle 1962 (2002) 61 ff. 16 S Kahl, Personennahverkehr 471.
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keine – über die oben dargestellten Grenzen hinausgehenden – bundesoder landesverfassungsrechtlichen Schranken.17 Abs 2 stellt grds eine Ermächtigungsnorm dar. Nach hM kann jedoch der Gesetzgeber Gemeinden auch zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben mit den Instrumenten der Privatwirtschaftsverwaltung verpflichten.18 So enthält etwa § 33 TROG 2016 eine Verpflichtung der Gemeinden, mit den Mitteln des Privatrechts die Ziele der Raumordnung zu unterstützen. Die Pflicht zur Förderung der Ziele des staatlichen Handelns in der TLO 1989 (Art 7) umfasst auch die Gemeinden, da auch diese Teil des „Landes Tirol“ sind. In der Lehre ist es strittig, ob die öffentliche Wirtschaftstätigkeit ausschließlich für öffentliche Zwecke eingesetzt werden darf oder ob die Privatwirtschaftsverwaltung durch eine weitgehende Zweckneutralität gekennzeichnet ist.19 Art 7 Abs 4 TLO 1989 verpflichtet das Land Tirol, seine erwerbswirtschaftlichen Tätigkeiten grds auf solche Unternehmen zu beschränken, die einem Gemeinschaftsbedarf entsprechen und deren Ausübung durch andere nicht zweckmäßiger ist.20 Nachdem diese Bestimmung zu den Zielen und Grundsätzen des staatlichen Handelns des Landes Tirol zählt, muss auch eine Bindung der Kommunalwirtschaft an diese landesverfassungsrechtlichen Grundsätze angenommen werden. Einfachgesetzlich wird dieser Grundsatz in § 75 Abs 1 TGO besonders für die Kommunalwirtschaft hervorgehoben. Freilich sind diese Formulierungen sehr weit und lassen den Gemeinden großen Spielraum bei der Wahl ihrer privatwirtschaftlichen Tätigkeitsfelder. Naherholungseinrichtungen, Sportanlagen, Kultureinrichtungen etc kann die Gemeinde wohl ohne Widerspruch zu dieser Bestimmung auch selber betreiben bzw sich am Betrieb solcher Einrichtungen beteiligen.
17 S Segalla, Daseinsvorsorge 188; Storr, Erweiterung kommunaler Spielräume durch Kooperation – Grundzüge eines Kooperationsrechts für ÖffentlichePrivate-Partnerschaften und Öffentlich-Öffentliche Partnerschaften, ÖZW 2011, 2 ff. 18 S die Nachweise bei Weber, Art 116 Rz 14. 19 S dazu Damjanovic, Zur erwerbswirtschaftlichen Betätigung der Gemeinden als Teil ihrer Selbstverwaltungsgarantie, ÖZW 2016, 122 ff; Grabenwarter/Holoubek, Zur Auslegung von Art 17 B-VG, ZfV 2016, 14 ff; Wiederin, Gemeinwohl, Effizienzprinzip und Rechtspersönlichkeit der Bundesländer, wbl 2015, 669 ff. 20 S auch § 75 Abs 1 TGO.
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III. Das Gemeindeeigentum 4 Das Gemeindeeigentum wird aus allen der Gemeinde zugehörigen beweglichen und unbeweglichen Sachen sowie den ihr zustehenden Rechten gebildet.21 Es besteht aus dem öffentlichen Gut, dem Gemeindegut und dem Gemeindevermögen. Das zentrale Kriterium für die Zuordnung des Gemeindeeigentums zu diesen Arten ist die Zweckwidmung der einzelnen Vermögensgegenstände. In Anlehnung an §§ 287 f ABGB definiert § 68 Abs 2 TGO die dem Gemeingebrauch dienenden Teile des Gemeindevermögens als öffentliches Gut.22 Der Gemeingebrauch ist grds unentgeltlich und stellt eine öffentlich-rechtliche Servitut zugunsten der Allgemeinheit dar. Allerdings kann der Gesetzgeber die Gemeinden ermächtigen, nicht nur Sondernutzungen, sondern auch den Gemeingebrauch einem Entgelt zu unterwerfen.23 Solche Ermächtigungen finden sich etwa in §§ 16 und 17 FAG 2017. Die Widmung zum öffentlichen Gut erfolgt durch Gesetz oder durch VO. Auch eine Ersitzung ist möglich. Will die Gemeinde das öffentliche Gut anders nützen und damit den Gemeingebrauch aufheben, bedarf es einer Rück- oder Umwidmung durch einen actus contrarius. Das Gemeindegut ist jener Teil des Gemeindeeigentums, der der Nutzung aller oder einer bestimmten Gruppe von Gemeindemitgliedern dient. In Tirol besteht Gemeindegut in erster Linie an land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken und ermöglicht es den Nutzungsberechtigten, Alm-, Weide- und Holzbezugsrechte „auf Grund alter Übung“ wahrzunehmen (§ 33 Abs 1 TFLG)24. Die in den 60er und 70er Jahren des letzten Jahrhunderts vorgenommenen Übertragungen von Gemeindegut an Agrargemeinschaften waren Gegenstand aufsehenerregender verfassungs- und verwaltungsgerichtlicher Judikatur und heftigster politischer Kontroversen.25 Die heute gesetzlich geregel-
21 S § 68 TGO; Brandmayr et al, Kommentar 174; Weber, Art 116 Rz 15. 22 S Antoniolli/Koja, Verwaltungsrecht 698. 23 S Merli, Öffentliche Nutzungsrechte und Gemeingebrauch (1995) 263. 24 Kundmachung der Landesregierung vom 12. November 1996 über die Wiederverlautbarung des Tiroler Flurverfassungslandesgesetzes 1978 (Flurverfassungslandesgesetz 1996), LGBl 1996/74 idF LGBl 2020/51. 25 S Keller, Schwarzbuch Agrargemeinschaften (2009); Kohl/Oberhofer/ Pernthaler (Hg), Die Agrargemeinschaften in Tirol (2010); Kienberger, Das Gemeindegut als Verfassungsproblem (2018).
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ten Gemeindegutsagrargemeinschaften müssen den Gemeinden die Substanzerlöse überlassen.26 Jenes Eigentum der Gemeinde, das weder öffentliches Gut noch Gemeindegut ist, stellt Gemeindevermögen dar.
IV. Kommunale Wirtschaftsunternehmen In Tirol, wie auch in anderen Bundesländern, betreiben Gemeinden 5 zahlreiche Unternehmen, va auf den Gebieten der Wasser-, Energieund Verkehrsversorgung, des Sports, der Kultur, des Umweltschutzes, des Verkehrs usw. Die Zulässigkeit zur Gründung solcher Unternehmen oder zur Beteiligung an ihnen ergibt sich klar aus Art 73 Abs 2 TLO 1989 iVm Art 116 Abs 2 B-VG.27 Die Gemeinde kann Aufgaben der Kommunalwirtschaft durch Eigenbetriebe oder durch ausgegliederte Unternehmen besorgen oder sie kann sich privater Unternehmen aller Art in Form von Kooperationsverträgen bedienen. Regiebetriebe nehmen wirtschaftliche Tätigkeiten der Gemeinden wahr, sind aber in die allgemeine Verwaltungsorganisation der Gemeinde eingebunden.28 Sie zählen nicht zu den wirtschaftlichen Unternehmen. Ein klassisches Bsp für Regiebetriebe sind die nach wie vor auch in Tirol existierenden kommunalen Bauhöfe, die in die reguläre kommunale Organisationsstruktur eingegliedert sind und damit dem Bgm als Vorstand des Gemeindeamtes unterstehen. Der Eigenbetrieb weist eine eigene Organisation nur im Innenverhältnis der Gemeinde auf.29 Nach außen wird er durch die entscheidungsbefugten Gemeindeorgane vertreten. Der Eigenbetrieb besitzt keine eigene Rechtspersönlichkeit und wird nach einer vom GR zu erstellenden Satzung geführt. Die Beschlüsse bedürfen zumeist der Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde. Die Satzungen sehen regelmäßig eine Bindung an kaufmännische Grundsätze vor.
26 S §§ 36a-k TFLG. 27 S Morscher/Smekal, Kommunale Unternehmungen zwischen Eigenwirtschaftlichkeit und öffentlichem Auftrag (1980); Binder, Wirtschaftsunternehmungen. 28 S Th. Müller/N. Wimmer, Wirtschaftsrecht3 (2018) 618. 29 S Binder, Wirtschaftsunternehmungen Rz 39; Th. Müller/N. Wimmer, Wirtschaftsrecht 619.
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Der Großteil der kommunalen Unternehmungen sind ausgegliederte Unternehmen.30 Dabei wird sehr häufig die Rechtsform einer GmbH, seltener einer AG, gewählt. Diese ausgegliederten Unternehmungen besitzen eigene Rechtspersönlichkeit. Zumeist stehen sie im Volleigentum der Gemeinde. Durch die Ausgliederung geht die unternehmerische Verantwortung von der Gemeinde auf das ausgegliederte Unternehmen und seine Führungsorgane über. Damit ist die Ingerenzmöglichkeit der Gemeindeorgane auf die Geschäftsführung sehr verdünnt, wenn nicht ausgeschlossen (va bei AG). Ausgliederungen haben vielfältige und oft sehr komplexe Ursachen, wollen jedoch zumeist bewusst direkte politische Einflussnahmen von Gemeindeorganen zurückdrängen. Der Hauptvorteil der Ausgliederung liegt in einer professionellen, von der Tagespolitik abgekoppelten Geschäftstätigkeit. Werden Pflichtaufgaben an ein ausgegliedertes Unternehmen übertragen, bleibt die Gemeinde aber gleichwohl Trägerin der „Gewährleistungsverantwortung“. Sie hat eine funktionierende Aufgabenbesorgung in jedem Fall zu garantieren. Dies kommt va in den Bereichen der Abfallund Abwasserwirtschaft zum Tragen.31
V. Das kommunale Haushaltsrecht 6 Abs 2 ermächtigt die Gemeinden, im Rahmen der Finanzverfassung ihren Haushalt selbständig zu führen und Abgaben auszuschreiben. Die Verknüpfung der Abgabenhoheit, der Finanzautonomie und der vollen Privatrechtsfähigkeit in dieser Bestimmung hebt die besondere Bedeutung der Gemeinde als Trägerin der Selbstverwaltung hervor. Die kommunale Abgabenhoheit ist durch das F-VG bundesverfassungsrechtlich begründet und abgesichert.32 Neben der Festlegung der kommunalen Besteuerungsrechte enthält das F-VG eine Reihe von weiteren, die Gemeinden bindenden Grundsätzen. So gelten die Kos tentragungsregelung, die Regelung über Belastungsgrenzen, das Kre30 S neben den in FN 27 und 28 zit Arbeiten Hauth/Grossmann, Ausgliederungen im Bereich der österreichischen Gemeinden (2012). 31 S § 14 Tir Abfallwirtschaftsgesetz (Gesetz vom 21. November 2007, mit dem die Abfallwirtschaft in Tirol geregelt wird, LGBl 2008/3 idF LGBl 2019/138); § 3 Tir Kanalisationsgesetz 2000 (Gesetz vom 8. November 2000 über öffentliche Kanalisationen, LGBl 2001/1 idF LGBl 2018/144). In Tirol gibt es als einziges Bundesland kein Wasserversorgungsgesetz mit kommunalen Pflichtaufgaben. 32 S mwN Frank, Gemeindefinanzen.
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Rechtliche Stellung
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ditwesen sowie formelle Vorgaben für das Haushaltsrecht und die Finanzstatistik auch für die Gemeinden. Von besonderer Bedeutung ist dabei der Kostentragungsgrundsatz des § 2 F-VG, wonach jede Gebietskörperschaft, also auch die Gemeinde, grds die Kosten für die von ihr zu besorgenden Aufgaben selber trägt, sofern die zuständige Gesetzgebung nichts anderes regelt.33 Wie auch in den anderen Bundesländern kommen die Tir Gemeinden durch ständige Zunahme von gesetzlich übertragenen Aufgaben (Pflichtaufgaben) und den Zwang, als bürgernächste Verwaltungseinrichtung weitere Aufgaben zu übernehmen, unter gewaltigen finanziellen Belastungsdruck. Die LReg versucht hier mit Bedarfszuweisungen und Zuschüssen unterstützend tätig zu werden. Der Druck auf das Gemeindebudget zwingt aber auch die Tir Gemeinden immer mehr, den Sparstift anzusetzen. Der als Korrektiv geschaffene Konsultationsmechanismus34 hat an dieser Situation bisher nur wenig geändert. Im Zentrum der kommunalen Abgabenhoheit steht das freie Beschlussrecht der Gemeinde.35 Diese Bezeichnung ist insofern irreführend, als es den Gemeinden nicht möglich ist, ohne gesetzliche Grundlage Abgaben auszuschreiben. Neben den bundesgesetzlichen Ermächtigungen im FAG sehen zahlreiche LG Ermächtigungen für die Einhebung von Abgaben, insb von Gebühren, vor. Der Gesetzgeber kann auch die Höhe der Abgabe nach verschiedenen Kriterien bestimmen. § 8 Abs 6 F-VG legt eine Verpflichtung der Gemeinden zur Abgabenerhebung fest, wenn diees zur Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung des Gleichgewichtes oder zur Deckung bestimmter Erfordernisse im Haushalt der Gemeinde notwendig ist.36 Während die Abgabenhoheit die Befugnis zur Ausschreibung von Abgaben beinhaltet, berechtigt die Ertragshoheit die Gemeinden, über den Ertrag von Abgaben zu verfügen. Dies ist ein wichtiges Instrument zur Erhaltung der Eigenverantwortlichkeit der Gemeinde. Allerdings gibt es zahlreiche Beschränkungen in BG und LG, die die Herausbildung eines echten kommunalen Steuerrechts weitgehend verhindern. 33 S Buchsteiner, Die Verpflichtung der Gebietskörperschaften zur Tragung ihres Aufwandes (1992). 34 S Bußjäger, Rechtsfragen zum Konsultationsmechanismus, ÖJZ 2000, 581 ff; Schäffer, Konsultationsmechanismus und innerstaatlicher Stabilitätspakt, ZÖR 56 (2001), 145 ff; Weber, BVG Gemeindebund, in Korinek/ Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (2000) Rz 7. 35 § 7 Abs 5 F-VG – grundlegend VfSlg 5156/1965. 36 S dazu Frank, Gemeindefinanzen Rz 21.
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Artikel 74 Wirkungsbereich (1) Der Wirkungsbereich der Gemeinde ist ein eigener und ein vom Bund oder vom Land Tirol übertragener. (2) Der eigene Wirkungsbereich der Gemeinde umfaßt neben den im Art. 73 Abs. 2 genannten Angelegenheiten alle Angelegenheiten, die im ausschließlichen oder überwiegenden Interesse der in der Gemeinde verkörperten örtlichen Gemeinschaft gelegen und geeignet sind, durch die Gemeinschaft innerhalb ihrer örtlichen Grenzen besorgt zu werden. Die Landesgesetze haben derartige Angelegenheiten ausdrücklich als solche des eigenen Wirkungsbereiches zu bezeichnen. (3) Die Gemeinde hat die Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches im Rahmen der Gesetze und der Verordnungen des Bundes und des Landes in eigener Verantwortung frei von Weisungen und unter Ausschluss eines Rechtsmittels an Verwaltungsorgane außerhalb der Gemeinde zu besorgen. In den Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches besteht, soweit dieser gesetzlich nicht ausgeschlossen ist, ein zweistufiger Instanzenzug. (4) Das Land Tirol hat gegenüber der Gemeinde bei der Besorgung der Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches aus dem Bereich der Landesvollziehung das Aufsichtsrecht. Dieses ist dahin auszuüben, daß die Gemeinde die Gesetze und die Verordnungen des Bundes und des Landes nicht verletzt, insbesondere ihren Wirkungsbereich nicht überschreitet, und ihre auf Gesetzen und Verordnungen des Bundes und des Landes beruhenden Aufgaben erfüllt. Das Land Tirol hat ferner das Recht, die Gebarung der Gemeinde auf ihre Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit zu prüfen. Die Aufsicht des Landes Tirol ist so auszuüben, daß die Rechte der Gemeinde und die Rechte Dritter möglichst geschont werden. (5) Der übertragene Wirkungsbereich der Gemeinde umfaßt alle Angelegenheiten, die die Gemeinde nach Maßgabe der Bundesgesetze im Auftrag und nach den Weisungen des Bundes sowie nach Maßgabe der Landesgesetze im Auftrag und nach den Weisungen des 1042
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Landes Tirol zu besorgen hat. Die Angelegenheiten des übertragenen Wirkungsbereiches hat der Bürgermeister zu besorgen. LGBl samt Erläuterungen: LGBl 1988/61 (X. GP AA 141/88 AB 141/88); LGBl 2012/147 (XV. GP RV 562/12 AB 562/12) Judikatur: VfSlg 6549/1971 (Privatwirtschaftsverwaltung eigener Wirkungsbereich); VfSlg 10.635/1985 (Bindung an die Rechtsansicht der Aufsichtsbehörde); VfSlg 11.726/1988 (eigener Wirkungsbereich verlangt örtlichen Nahebezug); VfSlg 16.822/2003 (keine Ermessenskontrolle der Gemeindeaufsicht im eigenen Wirkungsbereich); VfSlg 17.559/2005 („dynamischer Begriff“ des eigenen Wirkungsbereichs); VfSlg 20.197/2017 (Recht auf Selbstverwaltung beinhaltet kein Recht auf Parteistellung); VfGH 12.03.2019, G 386/2018 (Kundmachung einer VO im eigenen Wirkungsbereich durch die LReg verstößt gegen die Gemeindeautonomie) VwSlg 7210 A/1967 (objektiver Interessensbegriff); VwSlg 7434 A/1968 (allgemeine Umschreibung des eigenen Wirkungsbereichs); VwSlg 6622 A/1971 (Trennung von eigenem und übertragenem Wirkungsbereich) Literatur: Aichlreiter, Der Schutz des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinden gegenüber aufsichtsbehördlichen Bescheiden, ÖGZ 1976, 353 ff; Berchtold, Gemeindeaufsicht (1972); Brandmayr et al, Kommentar zur Tiroler Gemeindeordnung 20012 (2016); Eberhard, Gemeinderecht, in Pürgy (Hg), Das Recht der Länder I (2012) 593 ff; Eberhard, Der Einfluss der Verwaltungsgerichtsbarkeitsreform auf die Gemeinden und Bürger, in Kommunalwissenschaftliche Gesellschaft (Hg), Verwaltungsreform – Verwaltungsgerichtsbarkeit (2014) 43 ff; Häußl, Sind Gemeindeaufsichtsbehörden zur Rechtsauskunftserteilung an Gemeinden verpflichtet?, RFG 2007, 81 ff; Häußl, Gemeindeaufsicht ein Spielball der (Partei-)Politik?, JRP 2010, 57 ff; Hartlieb, Der Schutz des Selbstverwaltungsrechts der Gemeinde, RFG 2009, 186 ff; Hauer, 17. Teil. Gemeindeaufsicht, in Pabel (Hg), Das österreichische Gemeinderecht (2014); Hauer, Die neue Funktion der Gemeindeaufsicht, in Kommunalwissenschaftliche Gesellschaft (Hg), Verwaltungsreform – Verwaltungsgerichtsbarkeit (2014) 61 ff; Hengstschläger, Rechtsfragen der Kontrolle kommunaler Unternehmen (1980); Hengstschläger, 16. Teil. Gebarungskontrolle, in Pabel (Hg), Das österreichische Gemeinderecht (2015); Hundegger, Die Gemeinde und ihre Wirkungsbereiche (1971); Hundegger, Über die Rechtsnatur aufsichtsbehördlicher Genehmigung, ÖGZ 1975, 1 ff; Kahl, Art 119 B-VG, in Kneihs/Lienbacher (Hg), Rill-SchäfferKommentar Bundesverfassungsrecht (2004); Kahl, Art 119a B-VG, in Kneihs/ Lienbacher (Hg), Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht (2015); Lins/N. Raschauer, Aufsicht über Gemeinden, in Baumgartner (Hg), Recht der kommunalen Wirtschaftstätigkeit (2019) 169 ff; Mayer/Muzak, B-VG5 (2015); Morscher, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer. 7. Tirol (1991) 191; Neuhofer, Gemeinderecht2 (1998) 225 und 312; Oberndorfer, Gemeinderecht und Gemeindewirklichkeit (1971) 145; Petz, Gemeindeverfassung 1962 (1965) 53 und 130; Rack, Landesgesetzgebung und Gemeinderecht. Autonomie, eigener Wirkungsbereich und Aufsichtsrecht im Spiegel der Landesgesetzgebung, ÖJZ 1981, 337 ff; Schütz, Das Aufsichtsrecht des Bundes über die
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Gemeinde, ÖGZ 1967, 202 ff; Schwamberger/Ranacher, Tiroler Landesordnung 19896: Kommentar (2017); Stolzlechner, Art 118 B-VG, in Kneihs/Lienbacher (Hg), Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht (2013); H. Walter, Zur Aufhebung gesetzwidriger Gemeindeakte, ÖGZ 1977, 449 ff; H. Walter, Probleme der Gemeindeaufsicht, ÖGZ 1981, 216 ff; Weber, Gemeindeaufgaben, in Österreichischer Gemeindebund/Österreichischer Städtebund (Hg), 40 Jahre Gemeindeverfassungsnovelle 1962 (2002) 31 ff; Weber, Art 118 B-VG, in Korinek/ Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (2016); Weber, Art 119 B-VG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (2017); Wielinger, Aufsicht und Kontrolle kommunaler Wirtschaftsverwaltung, in Krejci/Ruppe (Hg), Rechtsfragen der kommunalen Wirtschaftsverwaltung (1992) 201 ff
Inhaltsübersicht I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben..................................... 1 II. Entstehungsgeschichte.................................................................. 2 III. Der eigene Wirkungsbereich........................................................ 3 IV. Der innergemeindliche Instanzenzug......................................... 6 V. Die Gemeindeaufsicht................................................................... 7 VI. Der übertragene Wirkungsbereich.............................................. 8
I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben 1 Art 74 TLO 1989 findet seine bundesverfassungsrechtlichen Grundlagen in Art 118, 119 und 119a B-VG. Dabei werden die bundesverfassungsrechtlichen Bestimmungen über die Wirkungsbereiche der Gemeinde, den innergemeindlichen Instanzenzug und die Gemeindeaufsicht wörtlich wiedergegeben, systematisch aber anders geordnet. Auf Grund der starken bundesverfassungsrechtlichen Determinierung des Gemeinderechts bleibt dem Landesverfassungsgesetzgeber in diesen Bereichen ohnehin kaum ein eigenständiger Spielraum.1 Wie schon zu Art 72 TLO 1989 ausgeführt, bedeutet die Aufnahme dieser bundesverfassungsrechtlichen Bestimmungen in das Tir Landesverfassungsrecht die landesverfassungsrechtliche Selbstverwaltungsgarantie der Tir Gemeinden.2 1
2
Weber, Art 72 (in diesem Band) Rz 1; schon Kelsen/Froehlich/Merkl, Die Bundesverfassung vom 1. Oktober 1920 (1922) 229 rechtfertigen die detaillierten bundesverfassungsrechtlichen Bestimmungen über die Gemeinden mit dem Schutz vor landesgesetzlichen Eingriffen. Vgl dazu Weber, Art 72 (in diesem Band).
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Landesverfassungsrechtlich ebenfalls verankert wird die Gemeindeaufsicht. Auch diese ist in der österr Bundesverfassung zwingend vorgesehen. So wie Art 119a B-VG verzichtet Art 74 TLO 1989 auf eine nähere Präzisierung der Aufsichtsinstrumente. Verfassungsrechtlich klargestellt wird aber das Wesen der Gemeindeaufsicht als Rechtsaufsicht.
II. Entstehungsgeschichte Die Regelung des Art 74 wurde erstmals in die TLO 1989 eingefügt. In 2 den EB zur StF3 heißt es lakonisch: „Der Wortlaut der einzelnen Absätze dieses Artikels ist im Art. 118 Abs. 1, 2 und 4, im Art. 119a Abs. 1 und im Art. 119 Abs. 1 inhaltlich vorgezeichnet.“ Damit ist klargestellt, dass der Landesverfassungsgesetzgeber keine über die Regelungen der Bundesverfassung hinausgehende Festlegung der Wirkungsbereiche und der Gemeindeaufsicht vornehmen wollte. Abs 3 wurde mit der TLO-Nov 20124 iZm der Einführung der neuen Verwaltungsgerichtsbarkeit sprachlich geändert. War in der StF noch die Vorstellung an die Aufsichtsbehörde als Rechtsmittel gegen Bescheide der Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich vorgesehen, so musste diese Bestimmung nach Abschaffung der Vorstellung durch den Bundesverfassungsgesetzgeber an die neue Rechtslage angepasst werden. Die Mat belegen dies: „Die Neufassung dieser Bestimmung ist aufgrund der Neufassung des Art. 118 Abs. 4 B-VG (Abschaffung der Vorstellung, Regelung des gemeindeinternen Instanzenzugs) […] erfor derlich.“5
III. Der eigene Wirkungsbereich Abs 1 legt zunächst die Wirkungsbereiche der Gemeinde fest. Dabei 3 werden der eigene und der übertragene Wirkungsbereich unterschieden. Beide Wirkungsbereiche sind voneinander schon kraft Bundesverfassung absolut getrennt.6 Eine rechtliche Vermischung beider Wirkungs3 4 5
EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 92. LGBl 2012/147. EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 2012/147, Tir LT XV. GP, GZ 562/12, 25. 6 S Weber, Art 116 B-VG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (2016) Rz 4.
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bereiche ist verfassungsrechtlich ausgeschlossen.7 Die zwei Wirkungsbereiche sind rechtlich unterschiedlich konstruiert: Während der eigene durch Weisungsfreiheit gegenüber staatlichen Organen, Ausschluss eines administrativen Instanzenzuges außerhalb der Gemeinde und eine bloße Rechtsaufsicht (Gemeindeaufsicht) gekennzeichnet ist, ist der übertragene durch die Weisungsbindung gegenüber staatlichen Organen, die Eingliederung in das staatliche Aufsichtssystem und die rechtliche Verantwortlichkeit der zuständigen Organe gegenüber Bund und Land charakterisiert. Beide Wirkungsbereiche sind aber kennzeichnend für das Wesen der Gemeindeverwaltung. Autonome und heteronome Aufgabenbesorgung stellen das Spannungsfeld der kommunalen Aufgabenerfüllung dar. Jede Gemeindeaufgabe gehört zu einem der beiden Wirkungsbereiche. Für den eigenen Wirkungsbereich schreibt Art 118 Abs 2 B-VG eine ausdrückliche Bezeichnungspflicht vor.8 Gemeindeaufgaben sind in das System der bundesstaatlichen Kompetenzverteilung der Art 10–15 B-VG inkorporiert. Sie stellen keine eigene kompetenzrechtliche Schicht dar, sondern haben immer den Vollzug von BG oder LG zum Gegenstand. Die Gemeinden sind sohin in einer charakteristischen Weise in das föderalistische Mehrebenensystem der österr Bundesverfassung inkorporiert.9 Während die Bundesverfassung die Kompetenzen von Bund und Ländern trennscharf voneinander abgrenzt, verhält es sich bei der Abgrenzung der Aufgaben der Gemeinden von denen der staatlichen Verwaltung anders: Diese erfolgt nicht nach dem Versteinerungsprinzip, sondern nach dem Grundsatz der dynamischen Kompetenzverteilung. Die verfassungsrechtliche Garantie des eigenen Wirkungsbereichs in Form der dynamischen Generalklausel ist gegenüber verschiedensten Veränderungen von Staat und Gesellschaft offen.10 7 8
VfSlg 6622/1971. Diese trifft den Materiengesetzgeber (VfSlg 11.653/1988, 11.926/1988). Die Bezeichnung ist konstitutiv (VfSlg 5409/1966, 9507/1982, 13.136/1992) und begründet die Zugehörigkeit einer Aufgabe zum eigenen Wirkungsbereich. Sie besteht nicht für gesetzliche Regelungen im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung (VfSlg 17.557/2005). 9 Vgl Weber, Zwei- oder dreigliedriger Bundesstaat? Bemerkungen zur Stellung der Gemeinden in einer möglichen künftigen Bundesverfassung?, in ders/N. Wimmer (Hg), Vom Verfassungsstaat am Scheideweg – FS Pernthaler (2005) 413 ff. 10 Darauf weist die RV zur Gemeindeverfassungsnovelle 1962 hin (EBRV 639 BlgNR IX. GP, 16); s auch Wolny, Zur Dynamik des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde, ZfV 1978, 449 ff; VfSlg 17.559/2005.
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Während die Gemeinden im übertragenen Wirkungsbereich eine Fülle von Teil- und Hilfskompetenzen wahrnehmen, die nur wenig Gelegenheit zur verwaltungsrechtlichen Eigenständigkeit geben,11 bietet der eigene Wirkungsbereich wesentlich mehr Gestaltungsmöglichkeiten für die Kommunen. Die dem österr Gemeindeverfassungsrecht eigene Verknüpfung der Finanzhoheit mit der Privatwirtschaftsverwaltung – welche immer zum eigenen Wirkungsbereich zählt – macht die Gemeinden zu einem bedeutenden Träger im Bereich der Daseinsvorsorge. Auch die Verflechtung von hoheitsrechtlichen und privatrechtlichen Elementen, wie sie dem österr Verwaltungsrecht geläufig ist,12 findet man im Bereich der Gemeindeverwaltung besonders ausgeprägt vor. Gerade aus der Zusammenschau der Art 116 und 118 B-VG wird klar, dass diese Verknüpfung durch die Gemeindeverfassungsnovelle 196213 ein bewusster Akt des Bundesverfassungsgesetzgebers war, der nun auch Eingang ins Landesverfassungsrecht gefunden hat. Art 73 Abs 2 TLO 1989 bezeichnet die kommunale Privatwirtschafts- 4 verwaltung, das kommunale Haushaltswesen und die Ausschreibung der Gemeindeabgaben nicht ausdrücklich als Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches. Es wird aber durch Art 74 Abs 2 TLO 1989 ausdrücklich klargestellt, dass es sich um solche handelt. Durch diese Verknüpfung wird deutlich, dass die Landesverfassung nicht nur eine Ermächtigung zu privatrechtlichem Handeln der Gemeinden enthält, sondern dass darüber hinaus die Agenden der Privatwirtschaftsverwaltung auch als Gemeindeaufgaben landesverfassungsrechtlich garantiert werden. Die Verknüpfung des Art 73 Abs 2 TLO 1989 mit Art 74 Abs 2 TLO 1989 ordnet die kommunale Finanzverwaltung den Gemeindeaufgaben iSd Abs 2 zu. Die eigenverantwortliche und weisungsfreie Haushaltsführung zählt ebenso zu den Pflichtaufgaben der Gemeinde wie die Ausschreibung und Einhebung ausschließlicher Gemeindeabgaben (auf Grund des freien Beschlussrechts der Gemeinde) im Rahmen der Finanzverfassung. Abs 2 übernimmt die Formulierung des Art 118 Abs 2 B-VG. Der eigene Wirkungsbereich ist in Form einer Generalklausel umschrieben. Die Formulierung ist am Subsidiaritätsprinzip orientiert und gegenüber neu auftretenden Aufgaben offen. Während die Zuständigkeitsverteilung zwischen Bund und Ländern am subsidiaritätsfeindlichen 11 S Weber, Gemeindeaufgaben 56. 12 S B. Raschauer, Allgemeines Verwaltungsrecht5 (2017) 275. 13 BGBl 1962/205 idF BGBl 1963/267 (DFB).
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Versteinerungsprinzip orientiert ist, ist die Zuständigkeitsverteilung zwischen Gemeinden und staatlichen Behörden an einem dynamisch zu verstehenden Subsidiaritätsprinzip ausgerichtet. Mit diesem dynamischen Prinzip soll die Gemeinde als die „primäre Stelle des öffentlichen Lebens“14 auch bei neu auftauchenden öffentlichen Verwaltungsaufgaben einen Rechtsanspruch auf Vollziehung eingeräumt erhalten.15 Dieses Recht besteht aber nur dann, wenn der Gesetzgeber aktiv tätig geworden ist.16 Ein subjektives Recht der Gemeinde auf Erlassung aber auch auf Beibehaltung eines Gesetzes besteht nicht. Abs 2 ist nicht unmittelbar anwendbar, diese Bestimmung bindet aber den Gesetzgeber. Gesetzgeber ist hier nicht der in Art 115 Abs 2 B-VG genannte Landesgesetzgeber, sondern der nach der bundesstaatlichen Kompetenzverteilung zuständige Materiengesetzgeber.17 Die TLO 1989 verzichtet auf die Aufnahme einer Art 118 Abs 3 B-VG gleichartigen Bestimmung. Die in Art 118 Abs 3 B-VG demonstrativ aufgezählten Materien sind aber jedenfalls ebenso Bestandteil des Art 74 Abs 2 TLO 1989. Sowohl dem Landesverfassungsgesetzgeber als auch dem einfachen Landesgesetzgeber ist es daher verwehrt, einzelne der in Art 118 Abs 3 B-VG genannten Materien durch staatliche Behörden vollziehen zu lassen. Dies würde das Grundrecht auf Selbstverwaltung der Gemeinden verletzen. 5 Das sehr allgemein formulierte Subsidiaritätsprinzip wird zunächst durch das verfassungsrechtlich vorgegebene Konzept der abstrakten Einheitsgemeinde präzisiert, aber auch relativiert.18 Über den Begriff der Einheitsgemeinde herrscht nach wie vor nicht wirklich Klarheit. Es ist Rill zuzustimmen, wenn er meint, dass sich eine Begriffsbildung der Einheitsgemeinde, die auch nur einigermaßen scharfe Konturen angibt, einer klaren Antwort entzieht.19 Die Gemeindegröße ist kein ausschlaggebendes Argument für diese Begriffsermittlung, wenngleich 14 So die EBRV 639 BlgNR IX. GP, 16. 15 S Bondi de Antoni, Das Grundrecht der österreichischen Gemeinden auf Selbstverwaltung, EuGRZ 1984, 309 ff; Grof, Das gemeindliche Selbstverwaltungsrecht, in Machacek/Pahr/Stadler (Hg), 40 Jahre EMRK. Grund- und Menschenrechte in Österreich II (1992) 47 ff. 16 VfSlg 5415/1966. 17 Diesen trifft auch die Bezeichnungspflicht; s VfSlg 11.653/1988, 11.926/1988. 18 S Oberndorfer, Gemeinderecht 49; Neuhofer, Gemeinderecht 58. 19 Rill, Gemeindeselbstverwaltung und Bundesverfassung, in Rebhahn (Hg), Beiträge zum Kärntner Gemeinderecht (1998) 1 (5); ähnlich Stolzlechner, Art 118 Rz 5.
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dieses Kriterium sicherlich iZm der Verwaltungskraft eine Rolle spielt. Einen Hinweis geben die Mat zur Gemeindeverfassungsnovelle 1962, wo auf die Gemeindeaufgabe als solche abgestellt wird. Danach sind Aufgaben des eigenen Wirkungsbereichs jene, „die sie [die Gemeinde] als unterste Zusammenfassung der Staatsbürger auf territorialer Grundlage angesichts des lokalen Charakters dieser Aufgabe am besten und einfachsten durchzuführen in der Lage ist“.20 Allerdings bleibt auch diese Begriffsbestimmung unscharf.21 Trotz der wiederholt geäußerten Kritik am Konzept der Einheitsgemeinde22 halten Bundes- und Landesverfassungsgesetzgeber daran fest. Denn es ist letztlich nur die Einheitsgemeinde, die Tendenzen der Verdünnung des ländlichen Raums verbunden mit der Machtkonzentration der Ballungsräume entgegenwirken kann. Auch demokratiepolitisch ist eine Abstufung der Zuweisung von Agenden des eigenen Wirkungsbereichs nach Gemeindegröße oder Finanz- und Verwaltungskraft problematisch. Nur das mit der Einheitsgemeinde verwirklichte Konzept der „Vollgemeinde“ kann den flächendeckenden Bestand an demokratischen Einrichtungen sichern. Der Gesetzgeber darf und muss also alle Angelegenheiten, die von jeder Ortsgemeinde bestmöglich erledigt werden können, diesen zur eigenverantwortlichen Besorgung zuweisen. Dabei kann der Gesetzgeber freilich die Möglichkeit interkommunaler Kooperation und die Übertragungsmöglichkeit von Gemeindeaufgaben nach Art 118 Abs 7 B-VG berücksichtigen.23 Keine Anwendung findet das Prinzip der Einheitsgemeinde auf die kommunale Privatwirtschaftsverwaltung. Die Privatwirtschaftsverwaltung, die Ausschreibung von Abgaben und die Haushaltsführung – sieht man von den einheitlichen bundesrechtlich vorgegebenen Formvorschriften ab – können unter Bedachtnahme auf die konkrete Gemeinde und ihre Probleme erfolgen.24 Neben dem (ungeschriebenen) Prinzip der Einheitsgemeinde gibt Abs 2 noch zwei weitere maßgebliche Kriterien für (oder gegen) die 20 EBRV 639 BlgNR IX. GP, 18. 21 So Oberndorfer, Gemeinderecht 73. 22 S etwa Thöni/Bonn, Gemeinden 2011 – Gegenwärtige und zukünftige Probleme der Finanzstruktur, in Kahl (Hg), Offen in eine gemeinsame Zukunft – FS 50 Jahre Gemeindeverfassungsnovelle (2012) 205 (211). 23 Der Materiengesetzgeber kann auch Zwangsverbände einrichten (Art 116a Abs 2 B-VG; VfSlg 13.985/1994), um die Aufgabenbesorgung sicherzustellen. 24 S Weber, Art 118 Rz 7.
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Zuordnung einer Aufgabe zum eigenen Wirkungsbereich vor: das örtliche Interesse und die Eignung. Das örtliche Interesse an einer Verwaltungsaufgabe muss ein ausschließliches oder jedenfalls ein überwiegendes sein. Der Interessensbegriff orientiert sich am allgemeinen Sprachgebrauch und bezeichnet etwas, das für jemanden wichtig oder nützlich ist. Allerdings handelt es sich nicht um einen subjektiven Interessensbegriff, sondern der für die Gemeinde aus der Übernahme einer Verwaltungsaufgabe erwachsene Vorteil oder Nutzen ist nach objektiven Kriterien der abstrakten Einheitsgemeinde zu beurteilen.25 Dabei steht die Effizienz der Aufgabenerfüllung im Zentrum des objektiven Interesses. Ob eine Gemeinde eine Verwaltungsaufgabe gerne übernimmt, da diese etwa für ihre politischen oder finanziellen Gestaltungsmöglichkeiten von Vorteil ist, ist irrelevant. Wenn eine Aufgabe effizienter durch die Gemeinde vollzogen werden kann als durch eine staatliche Behörde, so ist das Interesse gegeben. Der VwGH argumentiert in diesem Zusammenhang, dass Maßstab für die Aufgabenzuweisung das objektive „Interessiert-seinsollen“ ist.26 Durch das verfassungsrechtliche Kriterium, dass eine Angelegenheit „im ausschließlichen oder überwiegenden Interesse der in der Gemeinde verkörperten örtlichen Gemeinschaft gelegen“ sein soll, wird der Begriff der örtlichen Gemeinschaft mit dem örtlichen Raum verknüpft, womit auf den Wesenskern der Selbstverwaltungsidee rekurriert wird. Nach Stolzlechner kann auch ein Vergleich mit gleichgelagerten Materien erfolgen.27 Die Entscheidungen des Gesetzgebers, eine Angelegenheit in den eigenen oder übertragenen Wirkungsbereich der Gemeinde oder einer staatlichen Behörde zu übertragen, ist eine Abwägungsentscheidung, bei der auch der örtliche und überörtliche Bezug einer Verwaltungsmaterie einzubeziehen ist. Aus der Formulierung des Abs 2 lässt sich gut herauslesen, dass eine Angelegenheit des eigenen Wirkungsbereichs auch im Interesse der Gemeindebevölkerung gelegen sein soll. Allerdings findet dieses Argument in der Judikatur des VwGH und VfGH so gut wie keinen Niederschlag. Die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts stellen primär auf das territoriale Momentum ab, betonen also den örtlichen bzw überörtlichen Bezug einer Aufgabe.28 25 S Oberndorfer, Gemeinderecht 181; VwSlg 7434 A/1968. 26 So VwSlg 7210 A/1967; kritisch Rill, Gemeindeselbstverwaltung 6. 27 Stolzlechner, Art 118 Rz 5. 28 ZB VfSlg 9653/1983, 11.726/1988.
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Das Kriterium der Eignung ist ein eigenständiges, mit dem örtlichen Interesse gleichwertiges Kriterium,29 das aber auf die abstrakte Einheitsgemeinde bezogen ist. Die Eignung ist mit dem „Können“ gleichzusetzen. Es ist also auf die Leistungsfähigkeit der Gemeinde abzustellen. Allerdings ist dies bei der fiktiven abstrakten Einheitsgemeinde schwierig, da ein tauglicher verallgemeinerungsfähiger Maßstab fehlt.30 Jedenfalls ist die Verwaltungskraft und die Finanzkraft der Gemeinde zu berücksichtigen.31 Der VwGH betont auch in diesem Zusammenhang den territorialen Bezug, womit er dieses Kriterium wiederum in die Nähe des örtlichen Interesses rückt.32 Die Beurteilung der Eignung einer Aufgabe für ihre Besorgung im eigenen Wirkungsbereich erfolgt durch die Judikatur sehr kasuistisch. Eine klare Linie ist bisher nicht zu erkennen.33
IV. Der innergemeindliche Instanzenzug Abs 3 ordnet für die Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches 6 einen zweistufigen Instanzenzug an, „soweit dieser gesetzlich nicht ausgeschlossen ist“. Nach § 17 Abs 2 TGO ist aber gegen Bescheide der Gemeinde in den landesgesetzlich geregelten Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches – unbeschadet des § 31 Abs 2 TGO – die Berufung ausgeschlossen. Aus kompetenzrechtlichen Gründen ist es aber dem Landesgesetzgeber, auch dem Landesverfassungsgesetzgeber, verwehrt, den Instanzenzug im eigenen Wirkungsbereich für Angelegenheiten, die kompetenzrechtlich dem Bund zustehen, auszuschließen.34 Der zweistufige Instanzenzug mit der Möglichkeit der Erhebung einer Berufung gegen Bescheide des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde bleibt daher in diesen Angelegenheiten weiterhin bestehen, sofern der Bundesgesetzgeber diesen nicht ebenfalls ausschließt. In der Praxis hat der zweistufige Instanzenzug im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde aber nur mehr eine sehr untergeordnete Bedeutung. 29 VwSlg 7348 A/1968. 30 S Gallent, Gemeinde und Verfassung (1978) 128; Mittendorfer, Gemeindeautonomie – Versuch einer Neuinterpretation aus rechts- und finanzwissenschaftlicher Sicht (1990) 18. 31 S etwa VfSlg 9520/1982. 32 VwSlg 7348 A/1968. 33 S die Nachweise bei Weber, Art 118 Rz 9; ders/Schlag, Sicherheitspolizei und Föderalismus (1995) 76. 34 S Brandmayr et al, Kommentar 66.
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V. Die Gemeindeaufsicht 7 Gem Abs 4 hat das Land Tirol gegenüber der Gemeinde bei der Besorgung der Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches aus dem Bereich der Landesvollziehung das Aufsichtsrecht. Für Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereichs aus dem Bereich der Bundesvollziehung wird das Aufsichtsrecht nach den Bestimmungen des BGemAufsG35 ausgeübt. Danach ist die Aufsichtsbehörde der LH (§ 3). Dieser kann die BH allgemein oder für bestimmte Angelegenheiten durch VO zur Ausübung des Aufsichtsrechtes der Gemeinden in seinem Namen ermächtigen. Die Gemeindeaufsicht ist ausführlich in Art 119a B-VG geregelt.36 Der erste Satz des Abs 4 entspricht inhaltlich Art 119a Abs 1 B-VG. Der zweite Satz stellt gewissermaßen ein Exzerpt des Art 119a Abs 2 B-VG dar. Die Einzelheiten der Gemeindeaufsicht werden zT sehr kasuistisch in Art 119a B-VG sowie darüber hinaus in den §§ 114–128 TGO geregelt. Die TLO 1989 verzichtet offensichtlich bewusst auf die Festlegung von Einzelheiten. Diese sollen – für den eigenen Wirkungsbereich aus dem Kompetenzbereich des Landes – durch die einfache Gesetzgebung festgelegt werden. Als einzige landesverfassungsrechtlich vorgesehene Maßnahme der Gemeindeaufsicht ist die Gebarungsprüfung in Abs 4 enthalten.37 Hier wird aber lediglich das Land Tirol ermächtigt, die Gebarung der Gemeinde auf ihre Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit zu prüfen. Die in Art 119a Abs 2 B-VG enthaltenen Verfahrensbestimmungen wurden nicht in die TLO 1989 übernommen. Sie gelten freilich kraft bundesverfassungsrechtlicher Anordnung für alle Tir Gemeinden. Die Nichtaufnahme dieser Bestimmungen in die Landesverfassung hat sohin keine normative Bedeutung. Die Staatsaufsicht über Selbstverwaltungskörper und damit auch die Aufsicht über den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinden stellt ein Wesenselement der Selbstverwaltung dar.38 Die Gemeindeaufsicht ist sowohl nach der Konzeption der Bundesverfassung als auch der 35 Bundesgesetz vom 10. März 1967, betreffend die Aufsicht des Bundes über die Gemeinden (Bundes-Gemeindeaufsichtsgesetz), BGBl 1967/123 idF BGBl I 2013/161. 36 S Kahl, Art 119a mwN. 37 S Berchtold, Gemeindeaufsicht 196. 38 So schon Herrnritt, Grundlehren des Verwaltungsrechtes (1921) 255; Antoniolli/Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht3 (1996) 448.
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TLO 1989 als reine Rechtsaufsicht ausgestaltet. Die Aufsichtsbehörde darf sohin nur dann eingreifen, wenn im eigenen Wirkungsbereich Gesetzesverletzungen begangen werden oder die gesetzlich festgelegten Zuständigkeiten der Gemeinde überschritten werden.39 Zweckmäßigkeitsüberlegungen dürfen nicht Anlass für aufsichtsbehördliches Einschreiten sein. Auch Ermessensentscheidungen dürfen von der Aufsichtsbehörde nicht berichtigt werden, wenn das Ermessen iSd Gesetzes gehandhabt wird.40 Lediglich ein Ermessensexzess stellt eine Rechtswidrigkeit dar, die der Wahrnehmung im Rahmen der Gemeindeaufsicht zugänglich ist. Aus dem verfassungsrechtlich eingeräumten Recht auf Selbstverwaltung resultiert der Grundsatz der Achtung der Eigenverantwortlichkeit der Gemeinde.41 Diese Bedachtnahme auf die Eigenverantwortlichkeit der Gemeinde wird in § 3 Abs 2 BGemAufsG explizit angeordnet. In Art 119a B-VG und in Abs 4 wird normiert, dass die Gemeindeaufsicht so auszuüben ist, dass die Rechte der Gemeinde und die Rechte Dritter möglichst geschont werden. Aus diesen Bestimmungen leitet man als Maxime für die Handhabung der Gemeindeaufsicht den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ab,42 der als allgemeiner Rechtsgrundsatz auch in jenen Fällen gilt, in denen eine ausdrückliche Erwähnung im einfachen Gesetz fehlt. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ist in Tirol aber in § 116 Abs 1 TGO einfachgesetzlich verankert. Die möglichste Schonung wohlerworbener Rechte Dritter stellt ebenfalls einen allgemeinen Rechtsgrundsatz für die Handhabung des Aufsichtsrechts dar.43 Art 74 TLO 1989 enthält keine Bestimmungen über die Behördenzuständigkeit. Diese ergibt sich unmittelbar aus Art 119a Abs 4 B-VG. Danach sind zur Ausübung des Aufsichtsrechts die Behörden der allgemeinen staatlichen Verwaltung in den Ländern berufen. Soweit die Gemeindeaufsicht (kompetenzrechtlich) Landesangelegenheiten betrifft, sind die Gemeindeaufsichtsbehörden die LReg und die BH. Im Bereich der Bundeskompetenzen wird die Gemeindeaufsicht durch den LH und die BH ausgeübt. Durch das bundesverfassungsrechtlich vorgegebene System der allgemeinen staatlichen Verwaltung in den Ländern 39 40 41 42 43
S dazu Berchtold, Gemeindeaufsicht 10 und § 114 Abs 2 TGO. VfSlg 16.822/1988. Dazu ausführlich Kahl, Art 119a Rz 9. Kahl, Art 119a Rz 9. S dazu Hauer, Gemeindeaufsicht Rz 46.
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kann die Gemeindeaufsicht des Bundes und der Länder von denselben Abteilungen im Amt der LReg vollzogen werden. Hier können Synergieeffekte nutzbar gemacht werden. Abs 4 enthält keine Bestimmungen über die materiellrechtliche und verfahrensrechtliche Ausgestaltung der Gemeindeaufsicht. Es ist daher unmittelbar auf Art 119a B-VG zurückzugreifen. Danach gibt es obligatorische und fakultative Aufsichtsinstrumente.44 Da Art 119a B-VG keine abschließende Enumeration der Aufsichtsmittel enthält, steht es dem Landesgesetzgeber frei, weitere Instrumente der Gemeindeaufsicht vorzusehen. Von dieser Möglichkeit hat die TGO auch Gebrauch gemacht. Die Aufhebung gesetzwidriger Entscheidungen (§ 124) und die Ersatzvornahme (§ 125) sind Instrumente, die der Gesetzgeber zusätzlich zu den bundesverfassungsrechtlich vorgegebenen Aufsichtsmitteln in der TGO eingeführt hat. Die Gemeindeaufsicht bezieht sich sowohl auf die Hoheitsverwaltung als auch auf die privatrechtliche Tätigkeit der Gemeinde.
VI. Der übertragene Wirkungsbereich 8 Der erste Satz des Abs 5 gibt Art 119 Abs 1 B-VG und der zweite Satz den Art 119 Abs 2 erster Satz B-VG wieder. Die weiteren Bestimmungen des Art 119 B-VG wurden nicht in die TLO 1989 aufgenommen. Diese sind unmittelbar anwendbares Bundesverfassungsrecht. Die Nichtaufnahme dieser Bestimmungen in die TLO 1989 hat keine weitere normative Bedeutung. Beim übertragenen Wirkungsbereich handelt es sich um eine Form der mittelbaren Verwaltung. Sie umfasst alle Angelegenheiten, die die Gemeinde nach Maßgabe der BG im Auftrag und nach den Weisungen des Bundes oder nach Maßgabe der LG im Auftrag und nach den Weisungen des Landes zu besorgen hat.45 Die Zuweisung einer Aufgabe an den übertragenen Wirkungsbereich hat, da zuständigkeitsbegründend, ausschließlich in Gesetzesform zu erfolgen. Die Gemeinde agiert im übertragenen Wirkungsbereich nicht als Rechtsträger, sondern als Verwaltungssprengel. Die Organe der Gemeinde werden dort funktionell als nachgeordnete Verwaltungsorgane des Bundes oder des Landes und damit als Teil der staatlichen Verwaltung tätig. Nur in seiner organisatorischen Bedeutung kann man den übertragenen Wirkungsbereich 44 S Kahl, Art 119a Rz 12. 45 S Kahl, Art 119; Weber, Art 119.
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zur Gemeindeverwaltung zählen.46 Der Übertragungsbereich stellt sohin eine Mischung aus funktionaler Bereichstrennung und organisatorischer Bereichsverbindung dar.47 Ringhofer spricht in diesem Zusammenhang von der „kommissionsweisen Besorgung“.48 Die Weisungsbindung der Gemeinde erstreckt sich aber nur auf den funktionalen Bereich. In organisatorischen Belangen bleibt die Gemeinde auch im übertragenen Wirkungsbereich weisungsfrei, was sich aus Art 118 Abs 3 Z 1 iVm Art 115 Abs 2 B-VG ergibt. Wie beim eigenen Wirkungsbereich ist der Umfang der Aufgaben, die im übertragenen zu erfüllen sind, verfassungsrechtlich nicht normiert. Es gibt auch keine verfassungsrechtliche Garantie eines umfänglich bestimmten übertragenen Wirkungsbereiches. Die Festlegung dieser Aufgaben obliegt dem (einfachen) Bundes- oder Landesgesetzgeber, dem dabei ein weiter rechtspolitischer Gestaltungsspielraum zukommt. Lediglich der Gleichheitsgrundsatz (Sachlichkeitsgebot) und das Prinzip der Lastenadäquanz des § 4 F-VG markieren Grenzen, die der Gesetzgeber zu beachten hat.49 Eine weitere Schranke stellt der verfassungsrechtlich garantierte Umfang des eigenen Wirkungsbereiches dar, der die Grenze zwischen dem eigenen und übertragenen Wirkungsbereich bildet. Der Bestandsschutz der Angelegenheiten des übertragenen Wirkungsbereiches ist noch geringer als der des eigenen Wirkungsbereiches. Innerhalb der geschilderten verfassungsrechtlichen Schranken steht es dem Gesetzgeber weitgehend frei, eine Aufgabe des übertragenen Wirkungsbereichs an eine staatliche Behörde zu übertragen. Im übertragenen Wirkungsbereich kommt das Prinzip der abstrakten Einheitsgemeinde nicht zum Tragen.50 Die Aufgaben des übertragenen Wirkungsbereiches können abgeschlossene oder Teilaufgaben sein. Sie können behördliche Funktionen umfassen, sich aber auch auf Hilfs- und reine Exekutivaufgaben beschränken. Im Bereich des übertragenen Wirkungsbereiches kann der Bgm VO iSv Art 18 Abs 2 B-VG erlassen.51
46 VfSlg 9507/1982. 47 S Weber, Art 119 Rz 3. 48 Ringhofer, Die österreichische Bundesverfassung (1977) 365. 49 S Kahl, Art 119 Rz 4; Weber, Gemeindeaufgaben 57. 50 HL – aA nur Neuhofer, Territoriale Selbstverwaltung, in Ermacora et al (Hg), Allgemeines Verwaltungsrecht – FS Antoniolli (1979) 432 ff; Neuhofer, Gemeinderecht 315. 51 Aichlreiter, Österreichisches Verordnungsrecht 1 (1988) 620.
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Unzulässig ist die Übertragung von Aufgaben der Privatwirtschaftsverwaltung. Dies geht aus Art 116 Abs 2 B-VG hervor, der die kommunale Privatwirtschaftsverwaltung zur Gänze dem eigenen Wirkungsbereich zuordnet.52 Eine Besonderheit gilt für Städte mit eigenem Statut. Diese haben gem Art 116 Abs 2 B-VG auch die Aufgaben der Bezirksverwaltung zu besorgen. Diese sind vollumfänglich solche des übertragenen Wirkungsbereiches.53 9 Der übertragene Wirkungsbereich umfasst „alle Angelegenheiten die die Gemeinde […] im Auftrag […] des Bundes sowie nach Maßgabe der Landesgesetze und im Auftrag […] des Landes Tirol zu besorgen hat“. Diese Wendung könnte als Hinweis auf eine mandatsmäßige Besorgung verstanden werden. Ein Mandat im rechtlichen Sinne liegt aber nicht vor.54 Dieser Ausdruck bringt vielmehr das Verhältnis der Gemeinde zu den übergeordneten Gebietskörperschaften zum Ausdruck. Die Gemeinde wird von Bund oder Land mit den Aufgaben des übertragenen Wirkungsbereiches „beauftragt“. Die Gesetzgeber können diesen „Auftrag“ aber jederzeit durch einen contrarius actus widerrufen. Anders als bei der mandatsmäßigen Betrauung agiert der Bgm als zuständige Behörde. Seine Entscheidungen ergehen im eigenen Namen und nicht im Namen einer Bundes- oder Landesbehörde.55 Was die Weisungsbindung des Bgm betrifft, muss kompetenzrechtlich differenziert werden. In den Angelegenheiten des Art 10 B-VG ist der Bgm an die Weisungen von Bundesbehörden gebunden, in den Angelegenheiten der Art 11, 12 und 15 B-VG aber an die Weisungen von Landesbehörden. Welche konkrete Behörde zur Weisungserteilung befugt ist, muss nach den Materiengesetzen ermittelt werden.56 Anders verhält es sich bei den dienstrechtlichen Weisungen. Hier ist lediglich
52 Dies ergibt sich aus dem Zusammenhang von Art 116 Abs 2 mit 118 Abs 2 B-VG; s VfSlg 9885/1983; Petz, Gemeindeverfassung 61; Hundegger, Gemeinde 53; Neuhofer, Gemeinderecht 402; Pabel, 1. Teil. Allgemeine Bestimmungen des Gemeinderechts, in dies (Hg), Das österreichische Gemeinderecht (2017) Rz 59; Stolzlechner, Art 118 Rz 1. 53 VwSlg 11.692 A/1985. 54 Zum Mandat s Schmid, Zuständigkeit und Zuständigkeitsübertragung (2017) 137. 55 S Weber, Art 119 Rz 6. 56 S Mayer/Kucsko-Stadlmayer/Stöger, Grundriss des österreichischen Bundesverfassungsrechts11 (2015) 318.
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das innergemeindliche Über- und Unterordnungsverhältnis maßgebend. Abs 5 überträgt die Besorgung der Angelegenheiten des übertragenen 10 Wirkungsbereiches dem Bgm. Art 119 Abs 3 B-VG wurde nicht in das Tir Landesverfassungsrecht transformiert. Gleichwohl stellt diese Bestimmung unmittelbar anwendbares Bundesverfassungsrecht dar, die durch die Nichtaufnahme in die Landesverfassung keine Schmälerung oder normative Veränderung erfahren hat. Auch in Tirol kann der Bgm kraft bundesverfassungsrechtlicher Ermächtigung einzelne Angelegenheiten des übertragenen Wirkungsbereiches an einzelne Mitglieder des Gemeindevorstandes oder an andere nach Art 117 Abs 1 B-VG geschaffene Organe oder bei Kollegialorganen an deren Mitglieder zur Besorgung in seinem Namen übertragen. Hier handelt es sich um eine klassische mandatsmäßige Übertragung. Aus dieser Bestimmung ergibt sich klar, dass eine Übertragung nur an physische Personen, nicht aber an ein Kollegialorgan als solches möglich ist.57 Eine Übertragung von Geschäften des übertragenen Wirkungsbereiches an Mitglieder des Gemeindevorstandes setzt voraus, dass die zu beauftragenden Personen bereits mit Aufgaben betraut sind, die einen sachlichen Zusammenhang mit den zu übertragenden Aufgaben aufweisen. Damit ist eine Aufteilung der Geschäfte nach dem „Gießkannenprinzip“ ebenso ausgeschlossen wie eine punktuelle Übertragung von Einzelagenden. Es muss sich um „Gruppen von Angelegenheiten“ handeln. Im übertragenen Wirkungsbereich ist der Zusammenhang mit der mittelbaren Bundesverwaltung offensichtlich. Die Organisation des übertragenen Wirkungsbereiches weist auch eine Reihe von Parallelen zur mittelbaren Bundesverwaltung auf.58 Hier wird dieses Prinzip auf der untersten Ebene der Verwaltungsorganisation konsequent fortgesetzt. Eine mandatsmäßige Betrauung von Mitgliedern des Gemeindevorstandes enthebt den Bgm nicht von seiner Verantwortung. Er hat die Amtsführung der Gemeindevorstandsmitglieder zu überwachen und nötigenfalls die entsprechenden Weisungen zu erteilen. Der Bgm, Vizebürgermeister und sonstige Mitglieder des Gemeindevorstandes sind für ihre Amtsführung der LReg bzw dem LH ver57 S Weber, Art 119 Rz 11. 58 S Weber, Die mittelbare Bundesverwaltung (1987) 185.
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antwortlich.59 Bei vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Rechtsverletzungen ist eine Amtsenthebung vorgesehen. Die Zuständigkeit ergibt sich wiederum aus der kompetenzrechtlichen Zuordnung der zu besorgenden Aufgabe. 11 Für die Aufgaben des übertragenen Wirkungsbereiches haftet der Bund oder das Land nach den Bestimmungen des AHG. Dies ergibt sich aus der vom OGH konsequent judizierten „Funktionentheorie“.60 Auch wenn organisatorische Fehlleistungen der Gemeinde vorliegen, auf die Bund und Länder keinen rechtlichen Einfluss nehmen können, die aber kausal für den Schaden verantwortlich sind, ändert dies nichts an der ausschließlichen Haftungspflicht der Gebietskörperschaft, in deren Vollzugskompetenz die Angelegenheit fällt.61 Als Reaktion auf diese Judikatur wurde § 1 Abs 3 AHG dahingehend novelliert, dass jener Rechtsträger, als dessen Organ die handelnde Person gewählt, ernannt oder sonst wie bestellt worden ist, ebenfalls haftet.62 Damit wurde nun auch die organisationsrechtliche „Bestellungstheorie“ im AHG verwirklicht. Dem Geschädigten steht es also frei, entweder die kompetenzrechtlich zuständige Gebietskörperschaft (Bund oder Land) oder die Gemeinde zu klagen. Für die Gemeinde bestehen diesbezüglich Möglichkeiten zum Regress.63 12 Problematisch ist die finanzverfassungsrechtliche Stellung des übertragenen Wirkungsbereiches. Nach der Judikatur des VfGH sind diese Aufgaben „Gemeindeaufgaben“, woraus sich die Kostentragungspflicht durch die Gemeinde ergibt.64 Nur der konkrete Sachaufwand und der Zweckaufwand sind von der übertragenden Gebietskörperschaft zu tragen. Hier ist aber § 4 F-VG beachtlich, der den übertragenden Gesetzgeber verpflichtet, auf die Grenzen der Leistungsfähigkeit der Gemeinde Bedacht zu nehmen. 59 S § 25 Abs 3 TGO; § 13 BGemAufsG; Weber, Die Haftung des Bürgermeisters: Öffentlichrechtliche Aspekte, in Kommunalwissenschaftliche Gesellschaft (Hg), Die Haftung von Bürgermeistern und Gemeindeorganen (2010) 59 ff. 60 S dazu Schragl, AHG3 (2003) Rz 51. 61 Kritisch Kahl, Art 119 Rz 13; Weber/Pöschl, Die Haftung der Länder in der mittelbaren Bundesverwaltung (2000). 62 VfSlg 13.476/1993. 63 S Kahl, Art 119 Rz 13. 64 S Buchsteiner, Die Verpflichtung der Gebietskörperschaften zur Tragung ihres Aufwandes (1998) 46.
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Artikel 75 Wahlrecht und Wählbarkeit zum Gemeinderat (1) Zum Gemeinderat wahlberechtigt sind alle österreichischen Staatsbürger, die in der Gemeinde ihren Hauptwohnsitz haben, spätestens am Tag der Wahl das 16. Lebensjahr vollendet haben und vom Wahlrecht nicht ausgeschlossen sind. (2) Zum Gemeinderat wählbar ist jeder zum Gemeinderat Wahlberechtigte, der spätestens am Tag der Wahl das 18. Lebensjahr vollendet hat. (3) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass das Wahlrecht und die Wählbarkeit zum Gemeinderat Personen, die sich noch nicht ein Jahr in der Gemeinde aufhalten, dann nicht zukommen, wenn ihr Aufenthalt in der Gemeinde offensichtlich nur vorübergehend ist. (4) Durch Landesgesetz wird bestimmt, inwieweit den sonstigen Unionsbürgern das Wahlrecht und die Wählbarkeit zum Gemeinderat zukommen. (5) Für die Regelung des Wahlverfahrens gilt Art. 17 Abs. 8. LGBl samt Erläuterungen: LGBl 1988/61 (X. GP AA 141/88 AB 141/88); LGBl 1995/36 (XII. GP RV 96/95 AB 96/95); LGBl 2003/125 (XIV. GP RV 345/03 AB 345/03); LGBl 2008/7 (XIV. GP RV 480/07 AB 480/07) Literatur: Eberhard, Gemeinderecht, in Pürgy (Hg), Das Recht der Länder I (2012) 593; Morscher, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer. 7. Tirol (1991) 202 ff; Schwamberger/Ranacher, Tiroler Landesordnung 19896: Kommentar (2017) 154; Stolzlechner, Art 117 B-VG, in Kneihs/Lienbacher (Hg), Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht (2010); Stockhauser/Zangerl, Kommentar zur Tiroler Gemeindewahlordnung 1994 (2015)
Inhaltsübersicht I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben..................................... 1 II. Völker- und unionsrechtliche Vorgaben.................................... 2 III. Entstehungsgeschichte.................................................................. 4 IV. Das Wahlrecht zum Gemeinderat............................................... 5 V. Wahlverfahren................................................................................ 7 1059
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I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben 1 Eine demokratische Ausgestaltung des Wahlrechts zu den Gemeindeorganen ist bereits durch das demokratische Prinzip der Bundesverfassung vorgegeben. Der Grundsatz, dass das Recht der Republik vom Volk ausgeht, bedeutet nämlich, dass auch die Rechtsetzung in der Gemeinde demokratisch legitimiert sein muss.1 Das Wahlrecht auf der Gemeindeebene ist wie jenes auf der Landtagsebene weitgehend von der Bundesverfassung vorgegeben (Art 117 Abs 2 B-VG).2 Die Bedingungen des aktiven und passiven Wahlrechtes dürfen demnach nicht enger gezogen werden als die Landtagswahlordnung dies vorsieht, die ihrerseits wiederum an die bundesverfassungsrechtlichen Bestimmungen betreffend die Wahlen zum NR gebunden ist (Homogenitätsprinzip im Wahlrecht).3 Dazu kommt, dass Art 117 Abs 2 B-VG auch die Wahlgrundsätze des gleichen, unmittelbaren, persönlichen, freien und geheimen Wahlrechts sowie der Verhältniswahl vorgibt, die – im Gegensatz zu Art 17 TLO 1989 für die Landtagswahl – in Art 75 TLO 1989 nicht wiederholt werden. Diese bloß partielle Umsetzung der bundesverfassungsrechtlichen Vorgaben auf Landesverfassungsebene ist verfassungskonform: Entscheidend ist, dass die Gemeindewahlordnung den bundesverfassungsrechtlichen Grundsätzen Rechnung trägt. Die Landesordnung nimmt im Übrigen (es geht freilich in Art 75 TLO 1989 lediglich um die Wahl des GR) auch keinen Bezug auf Art 117 Abs 6 B-VG, der eine Direktwahl des Bgm bei entsprechender landesverfassungsrechtlicher Grundlage ermöglicht. Eine solche ist indessen in der Verfassungsbestimmung des § 1 Abs 3 TGWO 1994 bzw für Ibk in § 1 Abs 3 IWO 2011 enthalten.4 Keine Erwähnung findet in Art 75 TLO 1989 weiters die Ermächtigung des Art 117 Abs 8 B-VG, wonach in den Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde die Landesgesetzgebung die unmittelbare Teilnahme und Mitwirkung der zum GR Wahlberechtigten vorsehen kann. Diese bundesverfassungsrechtliche Bestimmung 1 Vgl Rill/Schäffer, Art 1 B-VG, in Kneihs/Lienbacher (Hg), Rill-SchäfferKommentar Bundesverfassungsrecht (2001) Rz 19. 2 Eberhard, Gemeinderecht 604. 3 S dazu näher die Kommentierung von Bußjäger, Art 17 (in diesem Band) Rz 3. VfSlg 11.750/1988; Morscher, Verfassungsrecht 205. 4 Vgl Stolzlechner, Art 117 Rz 26 (dort FN 133).
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würde nämlich auch Alternativen zu dem aus dem Verhältniswahlrecht resultierenden Listenwahlrecht in den GR ermöglichen.5 Zur bundesverfassungsrechtlichen Verpflichtung Tirols, die Europäische Charta der lokalen Selbstverwaltung umzusetzen, s die Ausführungen unter II.
II. Völker- und unionsrechtliche Vorgaben Das Wahlrecht von Unionsbürgern auf Gemeindeebene ist im Art 20 2 Abs 2 lit b AEUV sowie im Art 40 GRC im Grundsatz verankert. Nach beiden Bestimmungen besitzen die Unionsbürger in dem MS, in dem sie ihren Wohnsitz haben, das aktive und passive Wahlrecht bei Kommunalwahlen, wobei für sie dieselben Bedingungen gelten wie für die Angehörigen des betreffenden MS. Näher ausgeführt wird das Kommunalwahlrecht der Unionsbürger durch die Kommunalwahl-RL.6 Diese versteht unter Kommunalwahlen zufolge ihrem Art 2 Abs 1 lit b „die allgemeinen, unmittelbaren Wahlen, die darauf abzielen, die Mitglieder der Vertretungskörperschaft und gegebenenfalls nach den Rechtsvorschriften jedes MS den Leiter und die Mitglieder des Exekutivorgans einer lokalen Gebietskörperschaft der Grundstufe zu bestimmen.“ Eine solche lokale Gebietskörperschaft der Grundstufe sind in der österr Staatsorganisation die Gemeinden mit Ausnahme von Wien, jedoch eingeschlossen die Wiener Bezirksvertretungen. Für das Wahlrecht in die GR ist im Übrigen Art 3 der Europäischen 3 Charta der lokalen Selbstverwaltung7 relevant, wonach das Recht auf lokale Selbstverwaltung durch Räte oder Versammlungen ausgeübt wird, deren Mitglieder aus freien, geheimen, gleichen, unmittelbaren und allgemeinen Wahlen hervorgehen. Der StV ist zufolge des Genehmigungsbeschlusses des NR durch die Erlassung von Gesetzen zu erfüllen. Im selbständigen Wirkungsbereich des Landes ist das Land Tirol 5
S demgegenüber Art 75 Abs 3 Vbg LV, wonach dann, wenn für die Wahl des GR (in Vbg als Gemeindevertretung bezeichnet) keine Wahlvorschläge eingebracht werden, jene Personen als gewählt gelten, deren Namen auf den Stimmzetteln am häufigsten genannt werden); s im Übrigen die Kommentierung von Gamper, Art 76 (in diesem Band) Rz 1 ff. 6 RL 1994/80/EG, Abl 1994 L 268/1994 idF RL 2013/19/EU, Abl 2013 L 158/2013. 7 BGBl 1988/357.
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zufolge Art 16 Abs 4 B-VG verpflichtet, diese Bestimmung der Charta umzusetzen.
III. Entstehungsgeschichte 4 Die TLO 1953 traf noch keine Regelungen über das Wahlrecht in den Gemeindeorganen auf Verfassungsstufe. Erstmals mit der TLO 1989 wurde das aktive und passive Wahlrecht zum GR geregelt. Art 75 TLO 1989 erfuhr in der Folge mehrere Novellierungen, wie dies auch bei Art 17 TLO 1989 der Fall war, der das Wahlrecht auf Landesebene regelt. Mit der Nov LGBl 1995/36 erfolgte eine Anpassung an die Kommunalwahlrichtlinie. Mit LGBl 2003/125 wurde eine erste Neuregelung hinsichtlich des aktiven und passiven Wahlrechtes auf Gemeindeebene vorgenommen,8 mit LGBl 2008/7 die Anpassung an die Neuregelung des aktiven und passiven Wahlalters sowie der Briefwahl auf Bundesebene.9
IV. Das Wahlrecht zum Gemeinderat 5 Nicht nur österreichische Staatsangehörige (Abs 1 und 2), sondern auch Unionsbürger können sowohl aktiv wie auch passiv wahlberechtigt sein (Abs 4). Unionsbürger sind alle Staatsangehörigen der MS der EU. Keine Unionsbürger sind Angehörige von Staaten, die durch staatsvertragliche Regelungen (EWR-Abkommen oder bilaterale Verträge) die Grundfreiheiten des Unionsrechts in Anspruch nehmen können oder in sonstiger Weise mit Unionsbürgern gleichgestellt sind (also Staatsangehörige Islands, Liechtensteins, Norwegens und der Schweiz). Hinsichtlich des Inhalts des aktiven und passiven Wahlrechts sowie der erforderlichen Altersgrenze ist auf die Kommentierung von Bußjäger zu Art 17 Rz in diesem Band zu verweisen. 6 Vom Wahlrecht können durch LG Personen ausgeschlossen werden, die sich weniger als ein Jahr im Landesgebiet aufhalten und deren Aufenthalt nur ein vorübergehender ist (Abs 3). Personen mit Zweitwohnsitz kommt, sofern der Landesgesetzgeber von dieser Ermächtigung Gebrauch macht, weder ein aktives noch ein passives Wahlrecht zu. IdS 8 Vgl EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 2003/125, Tir LT XIV. GP, GZ 345/03. 9 EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 2008/7, Tir LT XIV. GP, GZ 480/07.
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knüpft § 7 Abs 1 lit a TGWO 1994 hinsichtlich der Wahl des GR wie auch des Bgm an das Vorliegen eines Hauptwohnsitzes und eine Aufenthaltsdauer von nicht weniger als einem Jahr bzw einen nicht nur vorübergehenden Aufenthalt jeweils in einer Gemeinde Tirols an. Auch das aktive und passive Wahlrecht zu den GR sind durch die Bundesverfassung gewährleistete Rechte.10 Eine Regelung des Landesgesetzgebers, wonach ein gewählter Funktionär sein Amt verliert, wenn er aus der Partei, in deren Wahlvorschlag er aufgenommen war, ausgeschlossen würde, wäre im Übrigen verfassungswidrig.11
V. Wahlverfahren Hinsichtlich der gesetzlichen Regelung des Wahlverfahrens, womit das 7 in den Abs 3 und 4 erwähnte LG, das sind die TGWO 1994 und für die Statutarstadt Ibk die IWO 2011, gemeint ist, verweist Abs 5 auf Art 17 Abs 8 TLO 1989. Das heißt, der Landesgesetzgeber hat sicherzustellen, dass die Wahlberechtigten ihr Wahlrecht durch Briefwahl ausüben können und dass den Wahlberechtigten im Übrigen die Ausübung des Wahlrechts möglichst erleichtert wird.12 Der Landesgesetzgeber ist allerdings nicht nur ermächtigt, sondern auch verpflichtet, das Wahlverfahren näher zu regeln. In diesem Gesetz wird beispielsweise – eine Besonderheit in Österreich – die Koppelung von Wahlvorschlägen (§ 37 TGWO) geregelt werden.
10 VfSlg 5147/1965, 7568/1975, 8990/1980; vgl Morscher, Verfassungsrecht 203. 11 VfSlg 3560/1959; Morscher, Verfassungsrecht 204 f. 12 Vgl die Kommentierung von Bußjäger, Art 17 (in diesem Band) Rz 19.
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Artikel 76* Bürgermitbestimmung Die Mitbestimmung der zum Gemeinderat Wahlberechtigten in den Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde, insbesondere durch Volksbefragung und Volksabstimmung, wird durch Landesgesetz geregelt. LGBl samt Erläuterungen: LGBl 1988/61 (X. GP AA 141/88 AB 141/88) Judikatur: VfSlg 18.807/2009 (keine Verletzung im Recht auf Durchführung einer Volksbefragung) Literatur: Gamper, Bürgerbeteiligung und demokratische Innovation in Tirol – Voraussetzungen, Instrumente, Schranken, in Bußjäger/Gamper (Hg), Demokratische Innovation und Partizipation in der Europaregion (2015) 23 (29 ff); Gamper, Direkte Demokratie in der Gemeinde, RFG 2011, 66 ff; Morscher, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer. 7. Tirol (1991) 206 f; Schwamberger/Ranacher, Tiroler Landesordnung 19896: Kommentar (2017) 154 f
Inhaltsübersicht I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben..................................... 1 II. Völker- und unionsrechtliche Vorgaben.................................... 6 III. Der Rechtscharakter des Art 76 TLO 1989................................ 7 IV. Weitere Tatbestandselemente....................................................... 8 A. Mitbestimmung, insbesondere durch Volksbefragung und Volksabstimmung.............................................................. 8 B. Die zum Gemeinderat Wahlberechtigten.............................. 9 C. Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereichs der Gemeinde.................................................................................... 10 V. Landesgesetzliche Regelungen..................................................... 11
I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben 1 Art 117 Abs 8 B-VG ermächtigt die Landesgesetzgebung, in Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereichs der Gemeinde die unmittelba*
Herzlicher Dank ergeht an Herrn Mag. Dr. Jakob A. Egger für die Unterstützung bei der redaktionellen Bearbeitung.
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re Teilnahme und Mitwirkung der zum GR Wahlberechtigten vorzusehen.1 Nach den EB2 war es Ziel dieser Bestimmung, „mögliche Einrichtungen und zum Teil derzeit bereits praktizierte Formen direkter Demokratie auf Gemeindeebene bundesverfassungsgesetzlich abzusichern. Dabei soll die unmittelbare Teilnahme der zum Gemeinderat Wahlberechtigten darin bestehen, daß ihnen – wie dies etwa bei einer Volksabstimmung der Fall ist – in Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde die Entscheidung anstelle der an sich zuständigen Gemeindeorgane überlassen wird. Dagegen erfaßt der Begriff der Mitwirkung andere Formen direkter Demokratie, wie zB Volksbegehren, oder Volksbefragungen. Die gesetzliche Regelung dieser Angelegenheit soll dem Landesgesetzgeber vorbehalten sein. Dies entspricht dem Grundsatz des Art. 115 Abs. 2 B-VG.“ Aus der begrifflichen Differenzierung zwischen „unmittelbarer Teil- 2 nahme“ und „Mitwirkung“ sowie auch den jeweils angefügten Bsp erhellt, dass die „unmittelbare“ Teilnahme der zum GR Wahlberechtigten im Ergebnis verbindlicher als die bloße „Mitwirkung“ sein soll, weil es in ersterem Fall um eine „Entscheidung anstelle der an sich zuständigen Gemeindeorgane“ geht. Zweifelhaft ist jedoch, ob davon eine völlige Ersetzung repräsentativ-demokratischer durch direkt-demokratische Entscheidungsprozesse in bestimmten Bereichen legitimiert wird.3 Begrifflich legen sowohl „Teilnahme“ als auch „Mitwirkung“ anderes nahe, dass nämlich die zum GR Wahlberechtigten nicht ausschließlich, sondern nur gemeinsam mit den „an sich zuständigen Gemeindeorganen“ tätig werden. Versteht man die Volksabstimmung, auf welche die EB zu Art 117 Abs 8 B-VG4 beispielhaft verweisen, iSd im B-VG für die Bundesebene geregelten Volksabstimmungen, entspräche diese dem Typus des Vetoreferendums, indem die endgültige Entscheidung zwar durch das Volk getroffen wird, ohne dass dies jedoch das vorhergehende parlamentarische Beschlussverfahren überflüssig ma1 Näher zB Stolzlechner, Art 117 B-VG, in Kneihs/Lienbacher (Hg), RillSchäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht (2001) Rz 30; Oberndorfer/ Pabel, 8. Teil. Einrichtungen der direkten Demokratie in den Gemeinden, in Pabel (Hg), Das österreichische Gemeinderecht (2015) Rz 1 ff; Gamper, RFG 2011, 66 f. 2 EBRV 446 BlgNR XVI. GP, 7. 3 Dagegen Stolzlechner, Art 117 Rz 30; Gamper, RFG 2011, 67; bedingt auch Pernthaler/Gstir, Direkte und repräsentative Demokratie auf Gemeindeebene, ZfV 2004, 748 (750). 4 EBRV 446 BlgNR XVI. GP, 7.
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chen würde. Eine Entscheidung „anstelle“ der zuständigen Gemeindeorgane wäre demzufolge lediglich iSe verbindlichen, am Ende eines auch repräsentativ-demokratische Elemente enthaltenden Verfahrens durch Volksabstimmung vorzunehmenden Entscheidung zu verstehen. Unter Zugrundelegung dieses Verständnisses wäre aber eine – die Mitwirkung repräsentativer Organe ausschließende oder auf diese nicht angewiesene – „Volksgesetzgebung“ auf Gemeindeebene ebenso ausgeschlossen wie auf Bundes- oder Landesebene. Während der VfGH in seiner bisherigen Judikatur5 eine „Volksgesetzgebung“ nur für Bundesund Landesebene ausdrücklich ausgeschlossen hat,6 ist es in der Lehre7 strittig, ob für die Gemeindeebene weniger strikte Schranken direkter Demokratie bestehen sollen oder nicht. Dafür spricht, dass es eine „Volksgesetzgebung“ im technischen Sinn auf Gemeindeebene nicht geben kann, da die Gemeinden keine Gesetze erlassen dürfen,8 und dass die Formulierung der EB zu Art 117 Abs 8 B-VG9 eine weite Auslegung nahezulegen scheint.10 Dagegen spricht allerdings, dass der VfGH die Schranken der direkten Demokratie direkt aus dem demokratischen Bauprinzip der Bundesverfassung ableitet, das für alle Gebietskörperschaften, auch in ihrer Funktion als generelle Normsetzer, gleichermaßen beachtlich ist.11 Darüber hinaus spricht der terminologische 5 VfSlg 16.241/2001. 6 Zum Stand der Lit vgl Gamper, Art 39 (in diesem Band) Rz 2. 7 Dafür: Poier, Instrumente und Praxis direkter Demokratie in Österreich auf Länder- und Gemeindeebene, in Bußjäger/Balthasar/Sonntag (Hg), Direkte Demokratie im Diskurs (2014) 141 (146); Poier, Sachunmittelbare Demokratie in Österreichs Ländern und Gemeinden: Rechtslage und empirische Erfahrungen im Überblick, in Neumann/Renger (Hg), Sachunmittelbare Demokratie im interdisziplinären und internationalen Kontext 2008/2009 (2010) 31 (50). Dagegen: Gamper, Parlamentarische Rechtsetzung und direkte Demokratie, in Lienbacher/Pürgy (Hg), Parlamentarische Rechtsetzung in der Krise (2014) 101 (116 f); Gamper, Bürgerbeteiligung 39 f; dies, RFG 2011, 69 f; Baumgartner, Verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen einer Reform des Kärntner Gemeinderechts, in ders/Sturm (Hg), Der Kärntner Gemeindekonvent: Ergebnisse und Perspektiven (2013) 23 (42); Giese, Direktdemokratische Willensbildung in der Gemeindeselbstverwaltung – Stand, Rechtsfragen, Perspektiven, in Kahl (Hg), Offen in eine gemeinsame Zukunft – FS 50 Jahre Gemeindeverfassungsnovelle (2012) 109 (124). 8 Poier, Instrumente 146; ders, Demokratie 50; Gamper, Rechtsetzung 117. 9 EBRV 446 BlgNR XVI. GP, 7. 10 Gamper, Bürgerbeteiligung 39 f. 11 Gamper, Rechtsetzung 117; Baumgartner, Rahmenbedingungen 42; Giese, Willensbildung 124.
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Gleichklang der in den EB zu Art 117 Abs 8 B-VG12 erwähnten Instrumente der Volksabstimmung, des Volksbegehrens und der Volksbefragung dafür, dass der Bundesverfassungsgesetzgeber mit der Erlassung des Art 117 Abs 8 B-VG keinen radikalen Paradigmenwechsel im Verhältnis von repräsentativer und direkter Demokratie auf Gemeindeebene und damit auch keine Gesamtänderung der Bundesverfassung herbeiführen wollte.13 Bemerkenswert ist weiters, dass die EB zu Art 117 Abs 8 B-VG14 die 3 Volksabstimmung, Volksbefragung und das Volksbegehren nur beispielhaft anführen. Andere Formen direkter Demokratie erscheinen dadurch nicht ausgeschlossen, die Landesgesetzgebung ist somit frei, auch nicht-plebiszitäre Instrumente der unmittelbaren Teilnahme und Mitwirkung der zum GR Wahlberechtigten vorzusehen. Dafür spricht auch die fehlende Nennung dieser Plebiszite im Wortlaut des Art 117 Abs 8 B-VG, weil auf Gemeindeebene offensichtlich ein weiteres Spektrum an Formen direkter Demokratie ermöglicht werden sollte. Der Wortlaut des Art 76 TLO 1989 stimmt nur beschränkt mit Art 117 4 Abs 8 B-VG überein: Auffällig ist zunächst, dass statt von „unmittelbarer Teilnahme“ und „Mitwirkung“ von „Mitbestimmung“ der zum GR Wahlberechtigten die Rede ist. Darüber hinaus werden in der demonstrativen Aufzählung die Volksbefragung und Volksabstimmung erwähnt, nicht hingegen das Volksbegehren oder andere Formen direkter Demokratie auf Gemeindeebene. Fraglich ist schließlich, ob Art 76 TLO 1989, anders als Art 117 Abs 8 B-VG, nicht nur ermächtigenden, sondern auch verpflichtenden Charakter hat.15 In einem Widerspruch zu Art 117 Abs 8 B-VG steht Art 76 TLO 1989 indes jedenfalls nicht: Auch die Landesverfassungsgesetzgebung ist ja Teil der durch Art 117 Abs 8 B-VG ermächtigten Landesgesetzgebung. Ob die Landesverfassungsgesetzgebung die einfache Landesgesetzgebung zur Einrichtung dieser Formen selbst nur ermächtigt oder zu dieser verpflichtet, ist bundesverfassungsrechtlich nicht vorgegeben. Auch verhindert die nur beispielhafte Aufzählung zweier Plebiszittypen in Art 76 TLO 1989 nicht, dass die einfache Landesgesetzgebung weitere Formen direkter Demokratie iSd „unmittelbaren Teilnahme“ und „Mitwirkung“ vorse12 13 14 15
EBRV 446 BlgNR XVI. GP, 7. So auch der VfGH in VfSlg 13.500/1993. EBRV 446 BlgNR XVI. GP, 7. Vgl dazu noch unten Rz 7.
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hen darf.16 Warum von den drei klassischen Plebisziten, die auch das B-VG ausdrücklich regelt, das Volksbegehren in Art 76 TLO 1989 nicht erwähnt wird,17 obwohl es andererseits in Form der Bürgerinitiative im IbkStadtR18 geregelt ist und auch in den EB zu Art 76 TLO 198919 erwähnt wird, ist unklar. Möglicherweise wurden die Volksabstimmung und Volksbefragung als die zwei hinsichtlich ihrer Verbindlichkeit entgegengesetzten Pole plebiszitärer Demokratie für besonders erwähnenswert gehalten; nichtsdestoweniger ist die Möglichkeit des Volksbegehrens von Art 76 TLO 1989 ebenso mitumfasst. Der Begriff der „Mitbestimmung“ ist dabei ähnlich zu verstehen wie die Begriffe der „Teilnahme“ und „Mitwirkung“, nämlich als Formen (semi-)direkter Demokratie, die zur in Art 117 Abs 1–7 B-VG und (tw) Art 75 TLO 1989 geregelten repräsentativen Demokratie auf Gemeindeebene noch hinzutreten. Durch die Erwähnung der Volksbefragung als Bsp eines im Ergebnis unverbindlichen und der Volksabstimmung als Bsp eines im Ergebnis verbindlichen Instruments direkter Demokratie wird außerdem klargestellt, dass „Mitbestimmung“ sowohl das umfasst, was die EB zu Art 117 Abs 8 B-VG20 als typisch für die „unmittelbare Teilnahme“ ansehen, als auch das, was sie unter „Mitwirkung“ verstehen. Der Begriff „Mitbestimmung“ legt aber auch nahe, dass es nicht um eine ausschließliche Bestimmung von Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereichs der Gemeinde durch die zum GR Wahlberechtigten, sondern deren Zusammenwirken mit den repräsentativen Gemeindeorganen gehen soll. Die Art 76 TLO 1989 vorangestellte Überschrift „Bürgermitbestimmung“ wird vom Landesverfassungsgesetzgeber zweifelsohne kongruent mit der „Mitbestimmung der zum GR Wahlberechtigten“ verstanden, allerdings muss der Begriff „Bürger“21 dafür teleologisch reduziert werden. Die zum GR Wahlbe16 Von weiteren Formen direkter Demokratie, wie zB der Bürgerinitiative in Ibk und der Gemeindeversammlung in den übrigen Tir Gemeinden, gehen schon die EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 94 aus; vgl zu weiteren Instrumenten noch unten Rz 11 ff. Vgl ähnlich für Art 76 Vbg LV, der etwa das Volksbegehren nicht ausdrücklich erwähnt, Pernthaler/ Lukasser, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer. 8. Vorarlberg (1995) 277. 17 Ebenso Art 76 Vbg LV. 18 Vgl dazu noch unten Rz 11. 19 EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 94. 20 EBRV 446 BlgNR XVI. GP, 7. 21 Die „Bürgerinnen“ sind dabei iSd Art 81 TLO 1989 mitumfasst.
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rechtigten erfassen nämlich weder alle Bundes- noch Landes- noch Gemeindebürger.22 Umgekehrt zählen zu den zum GR Wahlberechtigten grds auch residente nicht-österreichische Unionsbürger.23 Im Vergleich der Landesverfassungen findet sich nur in Art 76 Vbg LV24 eine mit Art 76 TLO 1989 strukturell vergleichbare Anordnung. Während §§ 104b und 104c sowie §§ 112–112h WStV für Wien als Gemeinde25 sowie Art 78 und 79 Stmk L-VG für die Stmk26 selbst detaillierte Bestimmungen über verschiedene direkt-demokratische Instrumente enthalten, sehen alle anderen Landesverfassungen keine ausdrücklichen Bestimmungen über direkte Demokratie im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde vor,27 sondern überlassen dies der einfachen Landesgesetzgebung.28 Zu beachten sind weiters die in Art 117 Abs 8 B-VG vorgenommenen 5 Beschränkungen auf den Kreis der zum GR Wahlberechtigten29 sowie auf Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereichs der Gemeinde30.
II. Völker- und unionsrechtliche Vorgaben An völkerrechtlichen Vorgaben ist die von Österreich ratifizierte31 6 Charta der lokalen Selbstverwaltung des Europarats zu nennen: Nach der Rsp des VfGH steht die Charta in einfachgesetzlichem Rang und unter Erfüllungsvorbehalt.32 Die Charta sieht in Art 3 Abs 2 zwei22 Vgl dazu noch unten Rz 9 sowie Bußjäger, Art 75 (in diesem Band) Rz 5 f. 23 Vgl dazu noch unten Rz 9 sowie Bußjäger, Art 75 (in diesem Band) Rz 5 f. 24 Vgl dazu Pernthaler/Lukasser, Verfassungsrecht 273 ff. 25 Näher Gamper, Direkte Demokratie in Wien als Land und Gemeinde, RFG 2014, 135 (135 ff). 26 Ebner-Vogl, Art 78 Stmk L-VG, in Grabenwarter (Hg), Steiermärkische Landesverfassung (2013) Rz 12 ff; Ebner-Vogl, Art 79 Stmk L-VG, in Grabenwarter (Hg), Steiermärkische Landesverfassung (2013) Rz 2. 27 Ansätze finden sich allenfalls in Art 47 Abs 3 NÖ LV 1979 und Art 68 Abs 3 Bgld L-VG. 28 Im Überblick: Gamper, RFG 2011, 68 ff; Oberndorfer/Pabel, Einrichtungen Rz 12 ff; Poier, Demokratie 48 ff. 29 Vgl dazu noch unten Rz 9. 30 Vgl dazu noch unten Rz 10. 31 BGBl 1988/357 idF BGBl III 2016/1. 32 Vgl VfSlg 13.235/1992; VfGH 23.09.2014, G 42/2014 ua; 23.09.2014, G 43/2014, V 45/2014; 23.09.2014, G 47/2014 ua; VfSlg 19.894/2014; VfGH 08.10.2014, G 40/2014; 24.11.2014, G 45/2014, V 47/2014, G 61/2014, G 62/2014 ua, G 75/2014 ua, G 79/2014, G 81/2014, G 90/2014 ua,
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ter Satz vor, dass die im ersten Satz getroffene Bestimmung über die repräsentativen Gemeindeorgane „in no way affect recourse to assemblies of citizens, referendums or any other form of direct citizen participation where it is permitted by statute“ solle. Art 5 der Charta bestimmt außerdem, dass Änderungen von Gemeindegrenzen nicht ohne vorhergehende Konsultation der betroffenen örtlichen Gemeinschaften erfolgen sollen, und zwar womöglich durch ein Referendum, wo dies gesetzlich zulässig sei.33 Dass Art 76 TLO 1989 direkte Demokratie auf Gemeindeebene grds vorsieht, entspricht jedenfalls beiden Bestimmungen. Das Zusatzprotokoll zur Charta, das gerade zur Bürgerbeteiligung auf lokaler Ebene zusätzliche Bestimmungen enthält,34 wurde von Österreich bislang hingegen nicht ratifiziert. Mittelbare unionsrechtliche Relevanz für Art 76 TLO 1989 haben hinsichtlich des Kreises der zum GR Wahlberechtigten35 Art 20 Abs 2 lit b iVm Art 22 Abs 1 AEUV sowie die Kommunalwahl-RL36.
III. Der Rechtscharakter des Art 76 TLO 1989 7 Fraglich ist, ob aus Art 76 TLO 1989 bloß eine Ermächtigung oder auch eine Verpflichtung dahingehend ableitbar ist, dass die Mitbestimmung der zum GR Wahlberechtigten in den Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde durch den Landesgesetzgeber zu regeln sei. Damit verknüpft ist die Frage, ob aus Art 76 TLO 1989 ein (landes)verfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht abzuleiten ist, dessen Verletzung vor dem VfGH bekämpft werden darf. Der VfGH hielt in seinem Erk VfSlg 18.807/2009 dazu Folgendes fest: „Bei dem durch die §§ 61 ff TGO eingeräumten Recht auf DurchG 91/2014, G 100/2014, G 101/2014, G 107/2014, G 117/2014, G 125/2014, G 126/2014, G 134/2014, G 183/2014; 25.11.2014, G 121/2014; 09.12.2014, G 73/2014, G 127/2014, G 149/2014 ua; 23.02.2015, G 220/2014. 33 Näher Gamper, Verfassungsrechtliche Aspekte der Gemeindezusammenlegung in Tirol, in Karlhofer/Pallaver (Hg), Politik in Tirol. Jahrbuch 2013 (2013) 157 (159 f). 34 Additional Protocol to the European Charter of Local Self-Government on the right to participate in the affairs of a local authority, 16.11.2009, CETS Nr 207. 35 Vgl dazu Bußjäger, Art 74 (in diesem Band). 36 RL 1994/80/EG, Abl 1994 L 368/38 idF RL 2013/19/EU, Abl 2013 L 158/231.
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führung einer Volksbefragung handelt es sich um eine Konkretisierung des Art 117 Abs 8 B-VG iVm Art 76 Tiroler Landesordnung 1989, wodurch jede Rechtsverletzung unmittelbar auch das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Durchführung einer Volksbefragung auf Gemeindeebene verletzt.“37 Daraus ist ableitbar, dass es ein verfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht auf Durchführung einer Volksbefragung auf Gemeindeebene gibt, dessen Konkretisierung das einfachgesetzlich normierte Recht auf Durchführung einer solchen sei. Der VfGH lässt mit der Formulierung „Art 117 Abs 8 B-VG iVm Art 76 Tiroler Landesordnung 1989“ allerdings unbeantwortet, ob es sich dabei um ein bundes- und/oder landesverfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht auf Durchführung einer Volksbefragung handeln soll. Unklar ist auch, ob nur dadurch, dass der einfache Landesgesetzgeber tatsächlich die Volksbefragung auf Gemeindeebene geregelt und als subjektives Recht ausgestaltet hat, das bundes- und landesverfassungsrechtliche Programm direkter Demokratie auf Gemeindeebene iSe justiziablen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts gewissermaßen aktiviert wird. Aus Art 117 Abs 8 B-VG allein ist jedenfalls kein subjektives Recht ableitbar, da die Bestimmung bloß ermächtigenden Charakter hat. Weder der Landesverfassungs- noch der einfache Landesgesetzgeber sind gezwungen, von dieser Ermächtigung Gebrauch zu machen. Nimmt man an, dass Art 76 TLO 1989 einen eigenständigen, über die Vorschrift des Art 117 Abs 8 B-VG hinausgehenden Bedeutungsgehalt hat – worauf auch der imperative Wortlaut des Art 76 TLO 1989 (arg „wird durch Landesgesetz geregelt“) hindeutet –, könnte daraus geschlossen werden, dass Art 76 TLO 1989 den Landesgesetzgeber nicht nur ermächtigt, sondern auch dazu verpflichtet, die Mitbestimmung der zum GR Wahlberechtigten in den Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde zu regeln.38 Aus den EB zu Art 76 TLO 198939, in denen lediglich auf bestehende landesgesetzlich geregelte Instrumente der direkten Demokratie auf Gemeindeebene hingewiesen wird, kann geschlossen werden, dass der Landesverfassungsgesetzgeber jedenfalls von der rechtlichen Existenz dieser Instrumente ausging, diese in Form des Art 76 TLO 1989 bestätigte und auch landesverfassungsrechtlich verankerte. Sofern man eine aus Art 76 TLO 1989 ableitbare 37 Vgl ähnlich VfSlg 18.029/2006, 19.711/2012. 38 Zu dieser Frage schon Gamper, Bürgerbeteiligung 34. 39 EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 94.
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Verpflichtung zur landesgesetzlichen Regelung direkt-demokratischer Instrumente auf Gemeindeebene annehmen will, dürfte diese jedoch nur eine ganz grundsätzliche sein, nämlich die Mitbestimmung der zum GR Wahlberechtigten zu regeln und dabei Volksbefragung und Volksabstimmung (arg „insbesondere“) als Instrumente zu berücksichtigen. Wie diese beiden Instrumente im Detail ausgestaltet werden, ob es neben ihnen noch andere Instrumente direkter Demokratie gibt, ob Differenzierungen zwischen der Statutarstadt Ibk und anderen Tir Gemeinden vorgesehen werden, ist – im bundesverfassungsrechtlich vorgegebenen Rahmen – dem Landesgesetzgeber überlassen. Der VfGH lässt es offen, ob bereits aus Art 117 Abs 8 B-VG iVm der einfachgesetzlichen Konkretisierung ein (diesfalls: bundes-)verfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht ableitbar wäre oder ob dafür (als bundes- wie landesverfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht) die weitere Verknüpfung mit Art 76 TLO 1989 konstitutiv ist.40 Der im Erk VfSlg 18.807/2009 enthaltene Hinweis des VfGH auf das Erk VfSlg 18.029/2006 führt dabei insofern nicht weiter, als der VfGH in letzterem Erk die vom VolksbegehrenG 197341 eingeräumten Rechte als eine Konkretisierung des Art 41 Abs 2 B-VG erkannte, sodass jede Rechtsverletzung unmittelbar auch Art 41 Abs 2 B-VG verletze, Art 41 Abs 2 B-VG aber keine bloße Ermächtigungsnorm wie Art 117 Abs 8 B-VG darstellt. Allerdings stellte der VfGH im Erk VfSlg 19.711/2012 fest, dass ein verfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht auf Durchführung einer Volksbefragung auf Gemeindeebene direkt aus Art 117 Abs 8 B-VG iVm den einschlägigen einfachgesetzlichen Bestimmungen – die NÖ LV 1979 enthält darüber keine ausdrücklichen Bestimmungen – resultiere, sodass die landesverfassungsrechtliche Zwischennorm für die Konstruktion eines solchen Rechts nicht zwingend erforderlich erscheint.42 Darüber hinaus erschiene es ausgeschlossen, dass es ohne die einfachgesetzliche Konkretisierung ein sei es bundes- oder landesverfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht auf Durchführung einer Volksabstimmung, Volksbefragung oÄ auf Gemeindeebene geben könnte. Im Fall des Art 117 Abs 8 B-VG erscheint dies schon deshalb ausgeschlossen, weil die Bestimmung überhaupt nur eine Ermächtigung an den Landesgesetzgeber enthält, die es ihm freistellt, Formen der direk40 Gamper, Bürgerbeteiligung 34 bei FN 33. 41 Volksbegehrengesetz 1973, BGBl 1973/344 idF BGBl I 2016/120. 42 VfSlg 19.711/2012.
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ten Demokratie auf Gemeindeebene vorzusehen oder nicht. Ähnliches gilt für Art 76 TLO 1989: Selbst wenn man der Ansicht folgt, dass Art 76 TLO 1989 eine Verpflichtung des Landesgesetzgebers, die Mitbestimmung der zum GR Wahlberechtigten zumindest irgendwie zu regeln, enthält, sind daraus keine ganz bestimmten Rechte auf die Ausübung konkreter direkt-demokratischer Instrumente ableitbar. Letztlich verankern daher sowohl Art 117 Abs 8 B-VG (ermächtigend) als auch Art 76 TLO 1989 (verpflichtend) ein direkt-demokratisches Programm, das erst dann als subjektives Recht justiziabel wird, wenn es auf landesgesetzlichem Wege konkretisiert wurde.43 Somit kann auch etwa aus Art 117 Abs 8 B-VG iVm Art 76 TLO 1989 kein Recht auf Durchführung einer Volksabstimmung in Tir Gemeinden außerhalb von Ibk geltend gemacht werden, weil landesgesetzlich für diese Gemeinden, anders als für Ibk, das Instrument nicht vorgesehen wurde.44
IV. Weitere Tatbestandselemente A. Mitbestimmung, insbesondere durch Volksbefra gung und Volksabstimmung Es wird auf die vorhergehenden Ausführungen verwiesen.45
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B. Die zum Gemeinderat Wahlberechtigten Der Kreis der zum GR Wahlberechtigten wird schon durch Art 117 9 Abs 2 B-VG46 determiniert und von Art 75 TLO 198947 näher ausgestaltet: Gem Art 75 Abs 1 TLO 1989 umfassen die zum GR Wahlberechtigten alle österr Staatsbürger, die in der Gemeinde ihren Hauptwohnsitz haben, spätestens am Tag der Wahl das 16. Lebensjahr vollendet haben und vom Wahlrecht nicht ausgeschlossen sind. Darüber hinaus kann gem Art 75 Abs 3 TLO 1989 durch LG bestimmt werden, dass das Wahlrecht zum GR Personen, die sich noch nicht ein Jahr in der Gemeinde aufhalten, dann nicht zukommt, wenn ihr Aufenthalt in der Gemeinde offensichtlich nur vorübergehend ist; gem Art 75 Abs 4 43 So schon Gamper, Bürgerbeteiligung 34 bei FN 33. 44 Vgl noch unten Rz 11 f. 45 Vgl bereits oben Rz 4. 46 Vgl Stolzlechner, Art 117 Rz 12 ff. 47 Näher Bußjäger, Art 75 (in diesem Band).
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TLO 1989 wird schließlich durch LG bestimmt, inwieweit den sonstigen Unionsbürgern das Wahlrecht zum GR zukommt. Der Ausschluss vom Wahlrecht sowie die Bestimmungen gem Art 75 Abs 3 und 4 TLO 1989 werden für Ibk in der IWO 2011, für die übrigen Tir Gemeinden in der TGWO 1994 näher geregelt. Auf die Kommentierung zu Art 75 TLO 1989 wird verwiesen.48
C. Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereichs der Gemeinde 10 Die Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereichs der Gemeinde werden schon durch Art 118 Abs 2 und 3 B-VG determiniert, tw wiederholt dies Art 74 Abs 2 TLO 1989. Auf die Kommentierung zu Art 74 Abs 2 TLO 1989 wird verwiesen.49
V. Landesgesetzliche Regelungen 11 Nähere Bestimmungen in Ausführung des Art 76 TLO 1989 finden sich für Ibk in § 17 Abs 2–4 sowie §§ 43–49 IbkStadtR, für die übrigen Tir Gemeinden in § 24 Abs 3 sowie §§ 61–67 TGO. § 17 Abs 2–4 IbkStadtR regelt die Volksabstimmung über die Abberufung des Bgm nach einem Misstrauensvotum des GR, was ein Personalreferendum darstellt. §§ 43–49 IbkStadtR sehen die Volksbefragung, die Bürgerinitiative samt Abstimmung sowie die Petition vor.50 Die Volksabstimmung über die Abberufung des Bgm, die Bürgerinitiative (§§ 44–46, § 48 leg cit) und die Petition (§ 49 leg cit) stellen Instrumente der Bürgermitbestimmung dar, die in Art 76 TLO 198951 nicht ausdrücklich erwähnt sind, was angesichts der bloß demonstrativen Aufzählung jedoch unproblematisch ist. Problematisch ist hingegen, dass die Bürgerinitiative nicht bloß dem klassischen Typus eines Volksbegehrens entspricht, sondern bei Erfüllung gewisser Voraussetzungen mit einer verbindlichen Abstimmung (§§ 46, 48 IbkStadtR) gekoppelt ist.52 Hat eine Bürgerinitiative gem § 48 Abs 3 leg cit gültig die Unterstützung von mehr als der Hälfte der Stimmberechtigten erreicht, so 48 Vgl Bußjäger, Art 75 (in diesem Band). 49 Vgl Weber, Art 74 (in diesem Band) Rz 3 ff. 50 Näher Gamper, Bürgerbeteiligung 37 ff. 51 Vgl zum Petitionsrecht allgemein jedoch Art 12 TLO 1989 und dazu Gamper, Art 12 (in diesem Band). 52 Näher Gamper, Bürgerbeteiligung 37 ff.
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hat der GR die zur Herstellung eines diesem Votum entsprechenden Rechtszustandes erforderlichen Beschlüsse zu fassen bzw in die Wege zu leiten. Für den Fall, dass der GR dieser Verpflichtung nicht oder nicht in vollem Umfang nachkommt, gilt § 47 Abs 4 leg cit sinngemäß: Demzufolge hat die LReg die Auflösung des GR zu verfügen; es ist binnen drei Monaten eine Neuwahl durchzuführen, wobei das Ergebnis der betr Volksbefragung den neugewählten GR allerdings nicht mehr bindet. Diese Kombination von Bürgerinitiative und Abstimmung läuft im Ergebnis auf die bereits erwähnte53 Konstruktion einer „Volksgesetzgebung“ hinaus, deren Zulässigkeit vom VfGH jedenfalls für Bundesund Landesebene ausgeschlossen wurde, während er sich hinsichtlich der Zulässigkeit auf Gemeindeebene bislang nicht geäußert hat. Es bestehen zumindest erhebliche Bedenken, dass die einschlägigen Bestimmungen im IbkStadtR bundesverfassungswidrig sind.54 Keine „Volksgesetzgebung“, jedoch eine falsa demonstratio55 stellt die Volksbefragung gem §§ 43 und 45–47 IbkStadtR dar: Ist gem § 47 Abs 4 leg cit die der Volksbefragung zugrunde gelegte Frage von mehr als der Hälfte der Stimmberechtigten gültig bejaht bzw verneint worden, so hat der GR die zur Herstellung eines diesem Votum entsprechenden Rechtszustandes erforderlichen Beschlüsse zu fassen bzw in die Wege zu leiten. Kommt der GR dieser Verpflichtung in einer Angelegenheit des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde aus dem Bereich der Landesvollziehung nicht oder nicht in vollem Umfang nach, so hat die LReg die Auflösung des GR zu verfügen und es ist binnen drei Monaten eine Neuwahl durchzuführen, wobei das Ergebnis der betr Volksbefragung den neugewählten GR allerdings nicht mehr bindet. Richtigerweise handelt es sich dabei eher um eine als Vetoreferendum ausgestaltete Form der Volksabstimmung als eine unverbindliche Volksbefragung. Dadurch, dass die Durchführung der Volksbefragung gem § 43 Abs 2 leg cit jedoch nur vom GR mit Zweidrittelmehrheit beschlossen und nicht von den Bürgern selbst erzwungen werden kann, besteht die besondere Problematik der „Volksgesetzgebung“ von vornherein nicht.56 53 Vgl dazu oben Rz 2. 54 Gamper, Rechtsetzung 116 f; dies, Bürgerbeteiligung 39 f; dies, RFG 2011, 69 f; Giese, Willensbildung 124. 55 So schon Gamper, Bürgerbeteiligung 38. 56 So schon Gamper, Bürgerbeteiligung 38.
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12 §§ 61–67 TGO sehen dagegen als Instrumente direkter Demokratie in den übrigen Tir Gemeinden nur die Volksbefragung, die Gemeindeversammlung und die Petition vor.57 Gem § 24 Abs 3 leg cit können überdies Personen aus betroffenen Bevölkerungsgruppen mit beratender Stimme vom GR in Gemeinderatsausschusssitzungen gewählt werden.58 Bestimmungen über das Volksbegehren oder die Volksabstimmung, auch in der Verknüpfung als „Volksgesetzgebung“, fehlen.59 Die Gemeindeversammlung und die Gemeindepetition werden von Art 76 TLO 1989 nicht ausdrücklich erwähnt, während die EB zu Art 76 TLO 198960 ausdrücklich auf die einfachgesetzlich schon bestehende Regelung zur Gemeindeversammlung hinweisen. Geht man davon aus, dass Art 76 TLO 1989 die Landesgesetzgebung zur Regelung der Bürgermitbestimmung auf Gemeindeebene, „insbesondere durch Volksbefragung und Volksabstimmung“, verpflichtet, könnte fraglich sein, ob das Fehlen des Instruments der Volksabstimmung in den Tir Gemeinden außer Ibk landesverfassungswidrig ist. Anzunehmen ist jedoch, dass nur eine grds Verpflichtung der Landesgesetzgebung besteht, die Mitbestimmung der zum GR Wahlberechtigten in Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde zu regeln. Ob diese dabei zwischen Ibk als Statutarstadt und anderen Tir Gemeinden differenziert und dabei jeweils nur bestimmte Elemente der direkten Demokratie vorsieht, ist ihr überlassen.61 13 Keine Regelungen iSd Art 76 TLO 1989 enthält das VolksG, dessen § 1 Abs 2 ausdrücklich normiert, dass es nicht für Volksabstimmungen, Volksbefragungen und sonstige Einrichtungen der Bürgermitbestimmung nach Art 76 TLO 1989, sondern lediglich die Plebiszite auf Landesebene gilt. 57 Näher Gamper, Bürgerbeteiligung 34 ff. 58 IwS können auch Einsichtnahmerechte von jedermann gem § 46 Abs 5 TGO und Aufsichtsbeschwerderechte der Gemeindebewohner gem § 115 Abs 2 TGO erwähnt werden, was zwar den Kreis der zum GR Wahlberechtigten sprengt, allerdings auf Grund der dadurch kaum eröffneten Mitbestimmungsmöglichkeit zulässig sein dürfte. 59 Dadurch, dass die Volksbefragung allerdings von wenigstens einem Sechstel der Stimmberechtigten verlangt werden kann (§ 61 Abs 2 lit a TGO) und ihr Ergebnis in die Tagesordnung der nächsten Gemeinderatssitzung aufzunehmen ist (§ 65 Abs 4 TGO), ähnelt das Instrument allerdings einem Volksbegehren (vgl dazu schon Gamper, Bürgerbeteiligung 35). 60 EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 94. 61 Vgl dazu schon oben Rz 7.
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Schließlich können auch bestimmte Verwaltungsmateriegesetze spe- 14 zifische Mitbestimmungsrechte der zum GR Wahlberechtigten vor sehen:62 Zu nennen ist insb das in § 9 Abs 3, § 63 Abs 4 und § 64 Abs 1 TROG 2016 verankerte Recht von Personen mit Hauptwohnsitz in einer Tir Gemeinde, zu Entwürfen bestimmter Raumordnungsprogramme, des örtlichen Raumordnungskonzepts oder des Bebauungsplans eine Stellungnahme abzugeben.
62 Gamper, Bürgerbeteiligung 41; für Vbg Pernthaler/Lukasser, Verfassungsrecht 277.
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Artikel 77 Gemeindeverbände (1) Gemeinden können zur Besorgung ihrer Angelegenheiten durch Vereinbarung mit anderen Gemeinden einen Gemeindeverband bilden, wenn dies a) bei einem Gemeindeverband, der Angelegenheiten der Hoheitsverwaltung besorgen soll, die Funktion der beteiligten Gemeinden als Selbstverwaltungskörper nicht gefährdet, b) bei einem Gemeindeverband, der Angelegenheiten der Gemeinden als Träger von Privatrechten besorgen soll, aus Gründen der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit oder Zweckmäßigkeit im Interesse der beteiligten Gemeinden liegt. (2) In den Angelegenheiten, in denen die Gesetzgebung Landessache ist, kann durch Landesgesetz die Bildung von Gemeindeverbänden zur Besorgung von Angelegenheiten der Wirkungsbereiche der Gemeinde vorgesehen werden, wenn dies im Interesse der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit oder Zweckmäßigkeit liegt und die Funktion der beteiligten Gemeinden als Selbstverwaltungskörper und als Verwaltungssprengel dadurch nicht gefährdet wird. Durch Landesgesetz ist zu bestimmen, daß vor der Bildung eines Gemeindeverbandes im Wege der Vollziehung die beteiligten Gemeinden zu hören sind. (3) Die Organe von Gemeindeverbänden, die Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde besorgen sollen, sind nach demokratischen Grundsätzen zu bilden. (4) Nach Maßgabe einer staatsrechtlichen Vereinbarung zwischen den betreffenden Ländern (Art. 71) können Gemeinden einen Gemeindeverband auch mit Gemeinden anderer Länder bilden. Diese staatsrechtliche Vereinbarung hat insbesondere Regelungen über die Genehmigung der Bildung eines solchen Gemeindeverbandes und die Wahrnehmung der Aufsicht zu treffen. LGBl samt Erläuterungen: LGBl 1988/61 (X. GP AA 141/88 AB 141/88); LGBl 2012/147 (XV. GP RV 562/12 AB 562/12) Literatur: Brandmayr et al, Kommentar zur Tiroler Gemeindeordnung 20012 (2016); Eberhard, Gemeinderecht, in Pürgy (Hg), Das Recht der Länder I (2012)
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593 ff; Gamper (Hg), Interkommunale Zusammenarbeit und überörtliche Raumplanung in der Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino (2007); Kemptner/Sturm, 3. Teil. Interkommunale Zusammenarbeit durch Gemeindeverbände, Verwaltungsgemeinschaften und Vereinbarungen nach Art 116b B-VG, in Pabel (Hg), Das österreichische Gemeinderecht (2014); Schwamberger/Ranacher, Tiroler Landesordnung 19896: Kommentar (2017) 155 f; Stolzlechner, Art 116a B-VG, in Kneihs/ Lienbacher (Hg), Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht (2013)
Inhaltsübersicht I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben.................................. 1 II. Unionsrechtliche Vorgaben....................................................... 5 III. Entstehungsgeschichte............................................................... 7 IV. Rechtsnatur von Gemeindeverbänden.................................... 9 V. Bildung von Gemeindeverbänden............................................ 10 A. Kategorien der Verbandsbildung......................................... 10 B. Bildung durch Vereinbarung................................................ 11 C. Bildung durch Landesgesetz................................................. 14 D. Bildung „im Wege der Vollziehung“.................................... 16 VI. Bildung der Verbandsorgane nach demokratischen Grundsätzen................................................................................. 19 VII. Beitritt zu einem Gemeindeverband........................................ 21 VIII. Austritt aus einem Gemeindeverband...................................... 22 IX. Auflösung von Gemeindeverbänden........................................ 23 X. Länderübergreifende Gemeindeverbände............................... 25
I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben Art 77 TLO 1989 sowie der II. Teil der TGO (§§ 129 ff) und § 8a 1 IbkStadtR dienen der Umsetzung der in Art 116a B-VG enthaltenen bundesverfassungsrechtlichen Vorgaben in Angelegenheiten der Gemeindeverbände.1 Grundsätzlich haben Gemeinden ihre Aufgaben 1
Vgl auch EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 94. Im wissenschaftlichen Diskurs hat man sich mit dieser Thematik allgemein intensiv beschäftigt und wird dies durch die folgende Literaturliste ausdrücklich belegt: Balthasar, Gemeinde-Kooperation im Lichte der letzten B-VG-Novellen: Die gemeinderelevanten Novellen seit 2008, in Kommunalwissenschaftliche Gesellschaft (Hg), Gemeindekooperationen – vom Kirchturmdenken zur vernetzten Region (2013) 21 ff; Baumgartner, Verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen einer Reform des Kärntner Gemeinderechts, in ders/ Sturm (Hg), Der Kärntner Gemeindekonvent (2013) 23 ff; Berchtold, Über die Bildung von Gemeindeverbänden, ÖGZ 1969, 427 ff; Bußjäger, Die zen-
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durch eigene Organe zu besorgen. Die Bundesverfassung erlaubt es den Gemeinden jedoch, bestimmte Angelegenheiten in einer Kooperation trale Novelle BGBl I 2011/60 auf dem Gebiet der Gemeindekooperation, in Kommunalwissenschaftliche Gesellschaft (Hg), Gemeindekooperationen – vom Kirchturmdenken zur vernetzten Region (2013) 5 ff; Bußjäger, Die BVG-Novelle BGBl I Nr 60/2011 im Überblick, in ders/Sonntag (Hg), Gemeindekooperation (2012) 1 ff; Bußjäger, Neue Perspektiven der Gemeindezusammenarbeit? Die B-VG-Novelle BGBl I 2011/60 und ihre Relevanz für die interkommunale Kooperation, JRP 2012, 99 ff; ders, Rechtsprobleme um den Europäischen Verbund für territoriale Zusammenarbeit (EVTZ), in Rosner/Bußjäger (Hg), Im Dienste der Länder – im Interesse des Gesamtstaates – FS 60 Jahre Verbindungsstelle der Bundesländer (2011) 525 ff; Bußjäger et al (Hg), Der Europäische Verbund territorialer Zusammenarbeit (EVTZ): Neue Chancen für die Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino (2011); Eberhard, Die öffentlich-rechtliche Vereinbarung zwischen Gemeinden, in Bußjäger/Sonntag (Hg), Gemeindekooperationen (2012) 29 ff; Eberhard, Neue Perspektiven für Gemeindekooperationen, ÖGZ 2013, 30 ff; Grabenwarter, Österreich-Konvent und Gemeinden – eine Zwischenbilanz, RFG 2004, 75 ff; Gutkas/Lindinger, Rechts- und Kooperationsformen in der interkommunalen Zusammenarbeit, ÖGZ 2006, 12 ff; Hengstschläger, Gemeindeverbände als Träger von Abgabenhoheit, ZfV 2005, 834 ff; Holoubek/Potacs/Scholz, Art 120 B-VG als Instrument der Gemeindekooperation?, in Kommunalwissenschaftliche Gesellschaft (Hg), Gemeindekooperationen – vom Kirchturmdenken zur vernetzten Region (2013) 45 ff; Holoubek/Potacs/Scholz, Gebietsgemeinden – eine verfassungspolitische Alternative?, JRP 2013, 118 ff; Huemer, Eine neue Verfassung, die Städten und Gemeinden gerecht wird, ÖGZ 2007, 13 ff; Koja, Gemeindeverbände und Bundesverfassung (1979); Leiss, Praxisfragen der „neuen“ und „alten“ Gemeindezusammenarbeit – Gemeindefusion als Lösung?, in Bußjäger/ Sonntag (Hg), Gemeindekooperationen (2012) 79 ff; Leitl-Staudinger, Aufgaben der Gemeindeorgane in Hoheits- und Privatwirtschaftsverwaltung, in Kommunalwissenschaftliche Gesellschaft (Hg), Haftung von Bürgermeistern und Gemeindeorganen (2010) 1 ff; Matschek, Ökonomische Vorteile gemeindlicher Aufgabenbesorgung durch interkommunale Zusammenarbeit, in Potacs/Sturm (Hg), Reform der Kärntner Gemeindeverwaltung (2006) 129 ff; Mayer, Gemeindeverbände zum Zweck gemeinsamer Abgabenverwaltung als Instrumente interkommunaler Standortkooperation, in Baudenbacher/Mayer/Torggler (Hg), Ein Leben in Praxis und Wissenschaft – FS Barfuß (2002) 173 ff; Neuhofer, Gemeinderecht2 (1998); Oppel, Interkommunale Zusammenarbeit, ZVB 2014, 32 ff; Posch, Rechtsfragen der interkommunalen Zusammenarbeit von Gemeinden in Gemeindeverbänden nach Art 116a B-VG, ÖGZ 1995, 10 ff; Potacs, Gemeindeorganisation und Verfassung, in ders/Sturm (Hg), Reform der Kärntner Gemeindeverwaltung (2006) 5 ff; Schmid, Zuständigkeit und Zuständigkeitsübertragung (2017); Sonntag, Zur Frage der Einrichtung von Gemeindewachkörpern über
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zweier oder mehrerer Gemeinden zu erledigen, wenn dies aus Gründen effizienter Aufgabenbesorgung angezeigt ist. Durch eine gemeinsame Erledigung soll die Aufgabenbesorgung insgesamt kostengünstiger werden.2 Für die interkommunale Zusammenarbeit sieht die Bundesverfas- 2 sung verschiedene Instrumente vor, die Bildung eines Gemeindeverbands mit eigener Rechtspersönlichkeit ist eine beliebte und häufig genutzte Form institutionalisierter Gemeindekooperation.3 Weitere öffentlich-rechtliche Instrumente interkommunaler Zusammenarbeit sind Verwaltungsgemeinschaften und interkommunale Vereinbarungen.4 Daneben stehen den Gemeinden aufgrund ihrer Privatrechtsfähigkeit zahlreiche zivilrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten offen. Dazu gehören insb der Abschluss privatrechtlicher Verträge sowie die Gründung von Personen- oder Kapitalgesellschaften, Vereinen oder Gesellschaften bürgerlichen Rechts.5 Eine interkommunale Kooperation in den Rechtsformen des Privatrechts ist freilich nur in Angelegenheiten der Privatwirtschaftsverwaltung statthaft. Sollen hingegen Angelegenheiten der Hoheitsverwaltung gemeinsam besorgt werden, kommen als Organisationsformen nur der Gemeindeverband, die Verwaltungsgemeinschaft oder die interkommunale Vereinbarung in Frage.6 Nichtsdestoweniger können Gemeindeverbände auch nur mit der Besorgung von privatwirtschaftlichen Aufgaben betraut werden.7
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Gemeindeverbände nach der B-VG-Novelle BGBl I Nr 60/2011, in ußjäger/Sonntag (Hg), Gemeindekooperationen (2012) 97 ff; Stolzlechner, B Bundesverfassungsrechtliche Schranken der Bildung von Gemeindeverbänden, in Bußjäger/Sonntag (Hg), Gemeindekooperationen (2012) 13 ff; Storr, Verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen einer Gemeindegebietsreform, JBl 2016, 137 ff; Thöni, Gemeindezusammenarbeit – immer Kostendegression und damit Größenvorteil?, in Bußjäger/Sonntag (Hg), Gemeindekooperationen (2012) 57 ff; Weber, Interkommunale und überörtliche Zusammenarbeit in Österreich. Verfassungsrechtliche und institutionelle Grundlagen, in Gamper (Hg), Interkommunale Zusammenarbeit und überörtliche Raumplanung (2007) 131 ff; Wieser, Gemeindeorganisationsrecht, in Poier/ Wieser (Hg), Steiermärkisches Landesrecht 2 (2016) 65. Matschek, Vorteile 131 ff; Stolzlechner, Art 116a Rz 1. Näher zB Neuhofer, Gemeinderecht 549 ff; Weber, Zusammenarbeit 133 ff; Kemptner/Sturm, Zusammenarbeit Rz 1 ff. Art 116b B-VG, Art 77a TLO 1989. Kemptner/Sturm, Zusammenarbeit Rz 3 mwH. Art 116a und 116b B-VG, Art 77 und 77a TLO 1989. Vgl Rz 13.
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3 Im Unterschied zu Art 77 TLO 1989 enthält Art 116a Abs 4 B-VG einen an die Landesgesetzgebung gerichteten Gesetzgebungsauftrag und zugleich eine diesbezügliche Kompetenzzuschreibung. Demnach ist die Landesgesetzgebung verpflichtet, die Organisation der Gemeindeverbände zu regeln, wobei als Organe jedenfalls eine Verbandsversammlung, die aus gewählten Vertretern aller verbandsangehörigen Gemeinden zu bestehen hat, und ein Verbandsobmann vorzusehen sind. Diese Vorgaben sind iZm Art 77 Abs 3 TLO 1989 sowie Art 116a Abs 3 B-VG zu verstehen, wo angeordnet ist, dass die Organe von Gemeindeverbänden, die Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereichs der Gemeinde besorgen sollen, nach demokratischen Grundsätzen zu bilden sind.8 Weiters hat die Landesgesetzgebung für freiwillige Gemeindeverbände9 Bestimmungen über den Beitritt und Austritt von Gemeinden sowie über die Auflösung des Gemeindeverbands zu erlassen.10 4 Die zu Art 116a Abs 4 B-VG ergangenen Umsetzungsvorschriften sind im II. Teil der TGO (§§ 129 ff) sowie in § 8a IbkStadtR enthalten. Die Bestimmungen über die Verbandsversammlung (§ 135 TGO) und den Verbandsobmann (§ 137 TGO) entsprechen den bundesverfassungsrechtlichen Vorgaben, insb ordnet § 135 Abs 1 TGO an, dass die Verbandsversammlung aus den (in Tirol direkt gewählten) Bgm der verbandsangehörigen Gemeinden, den von den GR der verbandsangehörigen Gemeinden entsendeten „weiteren Vertretern“ sowie dem von der Verbandsversammlung auf sechs Jahre gewählten Verbandsobmann besteht.11 Sonach sind alle Mitglieder der Verbandsversammlung „gewählte Vertreter aller verbandsangehörigen Gemeinden“ iSd Art 116a Abs 4 B-VG.
II. Unionsrechtliche Vorgaben 5 Mit der EVTZ-VO12 erfuhr die Staatsgrenzen überschreitende interkommunale Zusammenarbeit innerhalb der EU eine Regelung durch unmittelbar anwendbares Unionsrecht. Ein Europäischer Verbund 8 Näher dazu Rz 19 f. 9 Zum Begriff Rz 10. 10 Dazu näher Rz 21 ff. 11 Näher Brandmayr et al, Kommentar 174 ff. 12 VO 1082/2006/EG, Abl 2006 L 210/19 idF VO 1302/2013/EU, Abl 2013 L 347/303.
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für territoriale Zusammenarbeit (EVTZ) besitzt Rechtspersönlichkeit und dient der Erleichterung und Förderung der territorialen Zusammenarbeit zur Stärkung des wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalts der Union sowie der Überwindung von Hindernissen auf dem Binnenmarkt.13 An einem EVTZ können sowohl Gemeinden als auch Gemeindeverbände teilnehmen.14 Die EVTZ-VO räumt den MS verschiedene Umsetzungsspielräume 6 ein, zB im Hinblick auf die Genehmigung der Bildung eines EVTZ. Die einschlägigen Umsetzungsvorschriften sind im Tir EVTZ-Gesetz15 enthalten. Die am EVTZ beteiligten Gemeinden haben eine Übereinkunft sowie eine Satzung einstimmig zu beschließen.16 Diese Dokumente sind der LReg anzuzeigen, die über die Teilnahme der Gemeinde am EVTZ mit Bescheid zu entscheiden hat; die Vorschreibung von Auflagen und Bedingungen im Genehmigungsbescheid ist zulässig.17
III. Entstehungsgeschichte Die bundesverfassungsrechtlichen Grundlagen der Gemeindeverbände 7 wurden erstmals mit der B-VG-Nov 196218 geschaffen (Art 116 Abs 4 B-VG). Diese knapp gehaltene Bestimmung ließ zentrale Fragen offen und wurde im Zuge der B-VG-Nov BGBl 1984/490 durch Art 116a B-VG ersetzt. Mit der B-VG-Nov „zur Stärkung der Rechte der Gemeinden“ BGBl I 2011/60 wurde Art 116a B-VG umfassend geändert, unter dem Gesichtspunkt der Erweiterung und Erleichterung der Möglichkeiten interkommunaler Zusammenarbeit.19 Art 77 TLO 1989 war bereits in der StF an den Vorgaben des Art 116a 8 B-VG idF BGBl 1984/490 orientiert und wurde deshalb nur noch einmal geändert, namentlich durch die TLO-Nov LGBl 2012/147, die der Umsetzung der B-VG-Nov BGBl I 2011/60 „zur Stärkung der Rechte 13 Art 1 Abs 3 und Art 7 Abs 2 EVTZ-VO. 14 Näher Bußjäger in FS 60 Jahre Verbindungsstelle der Bundesländer 525 ff; Eberhard, Gemeinderecht 644 ff. 15 Gesetz vom 30. Juni 2010 über den Europäischen Verbund für territoriale Zusammenarbeit, LGBl 2010/55 idF LGBl 2019/138. 16 Art 8 und 9 EVTZ-VO. 17 §§ 2 und 3 Tir EVTZ-Gesetz. 18 BGBl 1962/205. 19 Kemptner/Sturm, Zusammenarbeit Rz 8; vgl auch Bußjäger, B-VG-Novelle 1 ff; ders, JRP 2012, 99 f.
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der Gemeinden“ und der damit verbundenen Änderungen des Art 116a B-VG diente.
IV. Rechtsnatur von Gemeindeverbänden 9 Ein Gemeindeverband ist eine juristische Person (Körperschaft) öffentlichen Rechts, der Rechtspersönlichkeit zukommt.20 Der VfGH stellte bereits 1977 klar: „Die in der Bundesverfassung vorgesehenen Gemeindeverbände besitzen aber eigene Rechtspersönlichkeit und werden nicht für die Gemeinden, sondern an deren Stelle tätig.“21 Diese Rechtspersönlichkeit ist umfassend und hängt nicht davon ab, ob ein Gemeindeverband seine Aufgaben unter Einsatz hoheitlicher oder privatrechtlicher Rechtsformen zu besorgen hat.22 In funktioneller Hinsicht sind Gemeindeverbände Zweckverbände mit eigenen Verbandszuständigkeiten und eigenen Organen; ihre Mitglieder sind die verbandsangehörigen Gemeinden.23
V. Bildung von Gemeindeverbänden A. Kategorien der Verbandsbildung 10 Bei der Bildung von Gemeindeverbänden nach Art 77 TLO 1989 kann (in Übereinstimmung mit Art 116a Abs 1 und 2 B-VG) zwischen drei Kategorien unterschieden werden: – Bildung durch Vereinbarung (der beteiligten Gemeinden; „freiwillige Gemeindeverbände“; Abs 1); – Bildung durch LG („gesetzliche Zwangsverbände“; Abs 2 erster Satz); – Bildung im Wege der Vollziehung („durch Verwaltungsakt gebildete Zwangsverbände“; Abs 2 zweiter Satz).
B. Bildung durch Vereinbarung 11 Eine „Vereinbarung“ iSd Art 77 Abs 1 TLO 1989 ist ein horizontaler öffentlich-rechtlicher Vertrag zwischen Gemeinden. Vertragsgegen20 § 141 Abs 1 TGO. 21 VfSlg 8185/1977. 22 So bereits Berchtold, ÖGZ 1969, 428; vgl auch Neuhofer, Gemeinderecht 569. 23 Stolzlechner, Art 116a Rz 3 mwH.
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stand ist die Gründung eines Gemeindeverbands. Eine Vereinbarung, mit der ein Gemeindeverband gebildet wird, kommt nur dann rechtswirksam zustande, wenn übereinstimmende Beschlüsse der GR aller beteiligten Gemeinden vorliegen, ansonsten ist sie absolut nichtig.24 Die Vereinbarung über die Bildung eines Gemeindeverbands hat wenigstens die Namen der verbandsangehörigen Gemeinden, den Namen und den Sitz des Gemeindeverbands und die Bezeichnung seiner Aufgaben zu enthalten.25 Weiters ist für den Gemeindeverband eine Satzung zu erlassen, deren notwendiger Inhalt in § 133 Abs 1 lit a bis h TGO geregelt ist.26 Die Erlassung und die Änderung der Satzung bedürfen übereinstimmender Beschlüsse der GR aller beteiligten Gemeinden und der Genehmigung der LReg. Die Genehmigung ist mit Bescheid zu erteilen, wenn die Satzung den gesetzlichen Mindesterfordernissen genügt. Nach der Vorstellung des Bundes- (und zweifellos auch des Landes‑) 12 Verfassungsgesetzgebers sollen Vereinbarungen über die Bildung von Gemeindeverbänden unmittelbar aufgrund der Verfassung geschlossen werden können.27 Es bedarf insoweit also keiner einfachgesetzlichen Regelung. Gleichwohl sind zur vollständigen Verbandsgründung weitere Schritte notwendig, die einfachgesetzlich geregelt sind. Rechtspersönlichkeit erlangen freiwillige Gemeindeverbände erst mit der im Verordnungsweg erfolgenden Genehmigung der Verbandsbildung durch die Tir LReg.28 Der Gründungsvorgang ist also erst mit dem Tag des Inkrafttretens der Genehmigungsverordnung der Tir LReg gem § 129 Abs 3 Satz 3 TGO abgeschlossen.29 In der Praxis wird diese VO im Bote für Tirol kundgemacht.30 Wird die Genehmigung versagt, hat die Entscheidung der LReg durch Bescheid an jede beteiligte Gemeinde zu ergehen.31 Diese Regelung ist auf Rechtsschutzgründe zurückzuführen: Der Bescheid kann von jeder beteiligten Gemeinde vor dem 24 § 129 Abs 3 TGO; vgl auch Stolzlechner, Art 116a Rz 12. 25 § 129 Abs 2 TGO. 26 Näher Brandmayr et al, Kommentar 174 f. 27 Vgl EBRV 446 BlgNR XVI. GP, 7: „Abs. 1 soll klarstellen, daß die Gemeinden unmittelbar auf Grund der Bundesverfassung Gemeindeverbände durch Vereinbarung bilden können.“ 28 VwSlg 17.592 A/2008; s auch Kemptner/Sturm, Zusammenarbeit Rz 45 mwH. 29 Brandmayr et al, Kommentar 136. 30 § 5 Abs 1 lit a LVerlautG. 31 § 129 Abs 3 vierter Satz TGO.
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LVwG und in weiterer Folge vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts angefochten werden.32 13 Die Entscheidungsdeterminanten der LReg sind in Art 77 Abs 1 TLO 1989 (und wortgleich in § 129 Abs 1 TGO sowie § 8a Abs 1 IbkStadtR) festgelegt: – Soll der Gemeindeverband zur Besorgung von hoheitlichen Verwaltungsaufgaben zuständig sein, darf die Verbandsgründung die Funktion der beteiligten Gemeinden als Selbstverwaltungskörper nicht gefährden. Eine solche „Gefährdung“ ist insb dann gegeben, wenn zu viele oder gemeindepolitisch zu bedeutende Aufgaben an den Gemeindeverband übertragen werden sollen, sodass das Recht der Gemeinde auf Selbstverwaltung ausgehöhlt und die Funktion der beteiligten Gemeinde als Selbstverwaltungskörper zu stark beeinträchtigt wird.33 Gemeindeverbände sollen Gemeinden nicht ersetzen.34 – Soll der Gemeindeverband zur Besorgung von privatwirtschaftlichen Agenden zuständig sein, darf die Verbandsgründung nicht dem Effizienzgrundsatz der Verwaltung (Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit, Zweckmäßigkeit) zuwiderlaufen. Unvereinbar mit dem Effizienzgrundsatz wäre es etwa, wenn die Besorgung der jeweiligen Angelegenheit durch den Gemeindeverband zu keiner Senkung, sondern zu einer Erhöhung der (Gesamt‑)Kosten führte. Soll der Gemeindeverband sowohl Aufgaben der Hoheitsverwaltung als auch solche der Privatwirtschaftsverwaltung besorgen, hat die LReg die Verbandsgründung am Maßstab beider Kriterien zu prüfen.
C. Bildung durch Landesgesetz 14 Gem Art 77 Abs 2 erster Satz TLO 1989 können Gemeindeverbände unmittelbar durch gesetzliche Anordnung gebildet werden. Im Unterschied zu freiwilligen Gemeindeverbänden35 kann diese Art der Verbandsgründung auch gegen den Willen der beteiligten Gemeinden erfolgen. Der einfache Gesetzgeber ist allerdings an drei (kumulative) verfassungsrechtliche Voraussetzungen gebunden: 32 Vgl § 128 TGO. 33 Eingehend Stolzlechner, Art 116a Rz 16. 34 Stolzlechner, Art 116a Rz 15. 35 Dazu Rz 9 f.
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– Der Landesgesetzgeber ist nur in denjenigen Angelegenheiten zur Bildung von Gemeindeverbänden kompetent, die in die Gesetzgebungskompetenz der Länder nach Art 15 Abs 1 B-VG fallen. – Die Bildung des Gemeindeverbands muss dem Effizienzgrundsatz der Verwaltung entsprechen („im Interesse der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit oder Zweckmäßigkeit“ liegen).36 – Die Funktion der beteiligten Gemeinden als Selbstverwaltungskörper und als Verwaltungssprengel darf durch die Verbandsbildung nicht gefährdet werden.37 Ist eine der genannten Voraussetzungen nicht erfüllt, darf keine Verbandsgründung erfolgen bzw sind die gesetzlichen Vorschriften, mit denen der Gemeindeverband gebildet wurde, verfassungswidrig. Jede beteiligte Gemeinde kann sich im Wege eines Individualantrags (Art 140 Abs 1 Z 1 lit c B-VG) an den VfGH wenden, wenn sie die gesetzliche Verbandsbildung aus den dargelegten Gründen für rechtswidrig erachtet.38 Bei einer Verbandsgründung durch LG hat die LReg gem § 131 TGO 15 mit VO eine Satzung zu erlassen, die den inhaltlichen Vorgaben des § 133 Abs 1 TGO entsprechen muss. Diese VO wird im Boten für Tirol kundgemacht.39 Die verbandsangehörigen Gemeinden sind im Verfahren zur Erlassung der Satzung zu hören. Eine Parteistellung wird dadurch nicht begründet. Die Gemeinden haben auch keinen Rechtsanspruch, dass ihren Vorbringen Rechnung getragen wird. Die LReg hat sich allerdings mit den Ergebnissen der Anhörung nachvollziehbar auseinanderzusetzen, widrigenfalls die VO mit Gesetzwidrigkeit belastet ist.40
D. Bildung „im Wege der Vollziehung“ Soll ein Gemeindeverband durch VO begründet werden,41 sieht Art 77 16 Abs 2 zweiter Satz TLO 1989 vor, dass im Verfahren zur Erlassung dieser VO die Gemeinden „zu hören“ sind. Es handelt sich hierbei um 36 Zum Kriterium der Effizienz vgl Rz 11. 37 Zum Kriterium der Gefährdung der Funktion als Selbstverwaltungskörper vgl Rz 11. 38 VfSlg 17.660/2005. 39 § 5 Abs 1 lit a LVerlautG. 40 VfSlg 17.773/2006; vgl auch Stolzlechner, Art 116a Rz 26. 41 So zB die Planungsverbände gem § 23 Abs 1 TROG 2016.
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ein (bloßes) Anhörungsrecht, eine Parteistellung oder dgl wird dadurch nicht begründet. Die Zuständigkeit der Tir LReg sowie weitere Entscheidungsdeterminanten sind in § 130 Abs 1 TGO festgelegt.42 Demnach kann die LReg unter den folgenden (kumulativen) Voraussetzungen einen Gemeindeverband durch VO bilden: – der Gemeindeverband dient der Besorgung von Angelegenheiten, die in die Gesetzgebungskompetenz des Landes fallen;43 – die Verbandsbildung entspricht dem Effizienzgrundsatz der Verwaltung („im Interesse der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit oder Zweckmäßigkeit“);44 – die Funktion der beteiligten Gemeinden als Selbstverwaltungskörper und als Verwaltungssprengel darf durch die Verbandsbildung nicht gefährdet werden;45 – die beteiligten Gemeinden bilden keinen freiwilligen Gemeindeverband46 (die Gründung durch VO erweist sich vor diesem Hintergrund als subsidiäres Rechtsinstrument). Ist eine der genannten Voraussetzungen nicht erfüllt, darf keine Verbandsgründung erfolgen bzw ist die VO, mit der der Gemeindeverband gebildet wurde, mit Gesetzwidrigkeit belastet. Jede beteiligte Gemeinde kann sich im Wege eines Individualantrags (Art 139 Abs 1 Z 3 B-VG) an den VfGH wenden, wenn sie die gesetzliche Verbandsbildung aus den dargelegten Gründen für rechtswidrig erachtet.47 17 Bei einer Verbandsgründung durch VO hat die LReg gem § 131 TGO eine den inhaltlichen Vorgaben des § 133 Abs 1 TGO entsprechende Satzung zu erlassen. Diese VO wird in der Praxis durch Verlautbarung im Bote für Tirol kundgemacht.48 Die verbandsangehörigen Gemeinden sind im Verfahren zur Erlassung der Satzung zu hören. Eine Parteistellung wird dadurch nicht begründet. Die Gemeinden haben auch keinen Rechtsanspruch, dass ihren Vorbringen Rechnung getragen wird. Die LReg hat sich allerdings mit den Ergebnissen der Anhörung
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Brandmayr et al, Kommentar 138 ff. § 130 Abs 1 TGO. § 130 Abs 1 lit a TGO; zum Kriterium der Effizienz vgl oben Rz 11. § 130 Abs 1 lit b TGO; zum Kriterium der Gefährdung der Funktion als Selbstverwaltungskörper vgl oben Rz 11. 46 § 130 Abs 1 lit c TGO. 47 VfSlg 17.660/2005. 48 § 5 Abs 1 lit a LVerlautG.
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nachvollziehbar auseinanderzusetzen, widrigenfalls die VO zur Bildung des Gemeindeverbands mit Gesetzwidrigkeit belastet ist.49 Obschon bis dato gesetzlich nicht vorgesehen, könnte der Gesetzgeber 18 grundsätzlich auch die Bildung eines Gemeindeverbands durch Bescheid anordnen. Voraussetzung dafür ist, dass keine Angelegenheiten der Hoheits-, sondern nur solche der Privatwirtschaftsverwaltung auf den Verband übertragen werden.50 Die Übertragung verwaltungsbehördlicher Zuständigkeiten darf indes nur durch Gesetz oder (gesetzlich hinreichend determinierte) VO erfolgen.
VI. Bildung der Verbandsorgane nach demokrati schen Grundsätzen Gem Art 77 Abs 3 TLO 1989 sind die Organe von Gemeindeverbän- 19 den, die Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde besorgen sollen, nach demokratischen Grundsätzen zu bilden. Diese Vorgabe bezieht sich auch auf Gemeindeverbände, die sowohl Aufgaben des eigenen als auch des übertragenen Wirkungsbereichs der beteiligten Gemeinden besorgen sollen, und gilt nur dann nicht, wenn ein Gemeindeverband ausschließlich zur Besorgung von Angelegenheiten des übertragenen Wirkungsbereichs vorgesehen ist.51 Die Wortfolge „nach demokratischen Grundsätzen“ ist vor dem Hintergrund des demokratischen Grundprinzips zu verstehen und verpflichtet den einfachen Gesetzgeber, bei der Erlassung der Umsetzungsvorschriften dafür Sorge zu tragen, dass die Bestellung der Verbandsorgane unmittelbar oder wenigstens mittelbar auf den Willen der verbandsangehörigen Gemeinden und deren Bürgerinnen und Bürger zurückgeführt werden kann.52 Zentrales Willensbildungsorgan der Gemeinde ist der von den Gemeindebürgern gewählte GR.53 Die GR der verbandsangehörigen Gemeinden müssen deshalb die maßgeblichen Entscheidungen bei der Bildung der Verbandsorgane treffen; kon-
49 VfSlg 17.773/2006; vgl auch Stolzlechner, Art 116a Rz 26. 50 Vgl Koja, Gemeindeverbände 17; Hengstschläger, ZfV 2005, 836; aA Stolzlechner, Art 116 Rz 24. 51 Kemptner/Sturm, Zusammenarbeit Rz 66. 52 Stolzlechner, Art 116a Rz 28. 53 Art 117 Abs 1 lit a B-VG; Art 75 TLO 1989.
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kret bedeutet dies, dass die Mitglieder der Verbandsversammlung von den GR der verbandsangehörigen Gemeinden zu wählen sind.54 20 Die beschriebenen verfassungsrechtlichen Vorgaben werden in §§ 134 ff TGO umgesetzt.55 § 135 Abs 1 TGO ordnet an, dass die Verbandsversammlung jedenfalls aus den Bgm der verbandsangehörigen Gemeinden sowie aus dem Verbandsobmann und seinem Stellvertreter besteht. Sofern die Satzung nicht anderes bestimmt, können Gemeinden, deren Anteil an der jährlichen Mittelaufbringung des Gemeindeverbands mehr als 20 % beträgt, je angefangene (weitere) 10 % einen weiteren Vertreter, der dem GR angehören muss, in die Verbandsversammlung entsenden. Die Regelung des § 135 TGO genügt mE den (bundes- und landes‑) verfassungsrechtlichen Vorgaben, weil der Bgm ein demokratisch legitimiertes Organ ist, das in Tirol durch Direktwahl der Wahlberechtigten der Gemeinde gewählt wird.56 Auch die in die Verbandsversammlung zu entsendenden „weiteren Vertreter“ sind demokratisch legitimiert, weil sie dem von den Wahlberechtigten gewählten GR angehören müssen. Die weiteren Bestimmungen der TGO über die Bestellung von Verbandsorganen entsprechen ebenfalls den verfassungsrechtlichen Vorgaben. Der Verbandsobmann und sein Stellvertreter werden von der demokratisch legitimierten Verbandsversammlung für eine Funktionsperiode von sechs Jahren gewählt.57 Der Verbandsausschuss (der von Gemeindeverbänden mit mehr als sieben Gemeinden gebildet werden kann58) setzt sich aus dem Verbandsobmann, seinem Stellvertreter und weiteren von der Verbandsversammlung für sechs Jahre gewählten Mitgliedern zusammen.59 Damit verfügen alle Mitglieder des Verbandsausschusses über die erforderliche demokratische Legitimation. Schließlich werden auch die Mitglieder des Überprüfungsausschusses, die ihrerseits Gemeinderatsmitglieder der verbandsangehörigen Gemeinden sein müssen, von der Verbandsversammlung gewählt.60 Auch dieses Organ ist also nach demokratischen Grundsätzen eingerichtet. 54 Bußjäger, JRP 2012, 102; Stolzlechner, Art 116a Rz 28; Kemptner/Sturm, Zusammenarbeit Rz 66. 55 Näher Brandmayr et al, Kommentar 175 ff. 56 § 1 Abs 3 TGWO 1994; § 1 Abs 3 IWO 2011; vgl auch Sonntag, Frage 100. 57 § 137 Abs 1 TGO. 58 § 134 TGO. 59 § 136 TGO. 60 § 138 TGO.
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VII. Beitritt zu einem Gemeindeverband Der Beitritt zu einem Gemeindeverband ist in mehreren Bestimmun- 21 gen des II. Teils der TGO geregelt. Bereits bei der Gründung des Gemeindeverbands sind Bestimmungen für den Fall des nachträglichen Beitritts einer Gemeinde in die Satzung aufzunehmen (§ 133 Abs 1 lit g TGO). Der Beitritt einer Gemeinde macht eine Änderung der Vereinbarung über die Bildung des Gemeindeverbands61 notwendig. Gem § 129 Abs 3 TGO bedarf es dazu übereinstimmender Beschlüsse der GR aller beteiligten Gemeinden. Die Änderung der Vereinbarung bedarf weiters der Genehmigung der Tir LReg, die durch VO zu erteilen ist (§ 129 Abs 3 TGO). Die Versagung der Genehmigung hat indes aus Rechtsschutzgründen in Bescheidform zu ergehen. Dieser Bescheid kann vor dem Tir LVwG und in weitere Folge vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts angefochten werden.
VIII. Austritt aus einem Gemeindeverband Der Austritt aus einem Gemeindeverband ist ebenfalls bereits bei der 22 Gründung des Gemeindeverbands in der Satzung zu regeln (§ 133 Abs 1 lit d TGO). Da die Bildung eines freiwilligen Gemeindeverbands vom Gedanken des freien Entschlussrechts der Gemeinden getragen ist, hat der Gesetzgeber dafür zu sorgen, dass eine Gemeinde auch jederzeit aus einem Gemeindeverband wieder austreten kann.62 Diesem Verfassungsauftrag ist der Tir Landesgesetzgeber nachgekommen, indem er neben der freiwilligen Änderung der dem Gemeindeverband zugrunde liegenden Vereinbarung (die übereinstimmender Gemeinderatsbeschlüsse aller verbandsangehörigen Gemeinden und der aufsichtsbehördlichen Genehmigung bedarf63), das Austrittsverfahren des § 129 Abs 5 TGO geschaffen hat: Wenn eine einvernehmliche Änderung der Vereinbarung über das Ausscheiden einer Gemeinde aus dem Gemeindeverband nicht zustande kommt, diesbezügliche Verhandlungen also gescheitert sind, kann die LReg auf Antrag der austrittswilligen Gemeinde mit VO die Vereinbarung ändern. Dafür müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein: Der austrittswilligen Gemeinde darf die Zugehörigkeit zum Gemeindeverband wirtschaftlich nicht mehr 61 S Rz 11. 62 Stolzlechner, Art 116a Rz 36. 63 § 129 Abs 3 TGO; vgl dazu Rz 25.
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zumutbar sein (lit a), der Gemeindeverband darf durch das Ausscheiden der Gemeinde in seinem Bestand nicht gefährdet werden (lit b), die rechtlichen Voraussetzungen der Verbandsgründung64 müssen auch nach dem Ausscheiden der betroffenen Gemeinde weiterhin gegeben sein (lit c).
IX. Auflösung von Gemeindeverbänden 23 Das freie Entschlussrecht der Gemeinden, einen Gemeindeverband zu bilden, impliziert auch das Recht, einen Gemeindeverband durch freien Entschluss wieder aufzulösen.65 Einschlägige Bestimmungen sind bereits in die Satzung mit aufzunehmen (§ 133 Abs 1 lit h TGO). Erfolgt die Auflösung aufgrund übereinstimmender Beschlüsse der GR aller beteiligten Gemeinden (§ 129 Abs 3 TGO), ist der Gemeindeverband mit dem Tag des Inkrafttretens der die Auflösung genehmigenden VO der Tir LReg rechtswirksam aufgelöst.66 Die Versagung der Auflösung hat wiederum in Bescheidform zu ergehen, die verwaltungs- und verfassungsgerichtlichen Rechtsschutz ermöglicht. Eine Vereinbarung über die Auflösung eines Gemeindeverbands ist der LReg unverzüglich anzuzeigen.67 24 § 129 Abs 6 Satz 3 TGO enthält ferner eine Ermächtigung der Tir LReg, einen Gemeindeverband von Amts wegen aufzulösen. Voraussetzung dafür ist, dass eine rechtliche Voraussetzung seiner Bildung nicht mehr gegeben ist. Diese rechtlichen Voraussetzungen sind in Art 77 Abs 1 TLO 1989 sowie in § 129 Abs 1 TGO festgeschrieben.68 Ist also im Fall seines Fortbestehens bei Besorgung hoheitlicher Verwaltungsaufgaben die Funktion der beteiligten Gemeinden als Selbstverwaltungskörper gefährdet oder sind bei Besorgung von Aufgaben der Privatwirtschaftsverwaltung die Grundsätze der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit nicht mehr erfüllt, dann hat die LReg den Gemeindeverband mit VO aufzulösen. Vor der Erlassung einer VO über das Ausscheiden von Gemeinden oder über die Auflö64 Art 77 Abs 1 TLO 1989, § 129 Abs 1 TGO; s dazu Rz 13. 65 Vgl Brandmayr et al, Kommentar 137 f. 66 Gem § 129 Abs 6 zweiter Satz TGO hat die LReg die Auflösung eines Gemeindeverbands in gleicher Weise kundzumachen wie die VO, mit der die Vereinbarung über seine Bildung genehmigt worden ist. 67 § 129 Abs 6 erster Satz TGO. 68 S Rz 13.
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sung des Gemeindeverbandes sind die betroffenen Gemeinden zu hören.69 Es handelt sich hierbei um ein (bloßes) Anhörungsrecht, eine Parteistellung oder dgl wird dadurch nicht begründet. Die Gemeinden haben auch keinen Rechtsanspruch, dass ihren Vorbringen Rechnung getragen wird. Die LReg hat sich allerdings mit den Ergebnissen der Anhörung nachvollziehbar auseinanderzusetzen, widrigenfalls die VO zur Erlassung der Satzung mit Gesetzwidrigkeit belastet ist.70 Die Verbandsauflösung wird mit dem Tag des Inkrafttretens der diesbezüglichen VO rechtswirksam. Die betroffenen Gemeinden können gegen diese VO durch Individualantrag an den VfGH gem Art 139 Abs 1 Z 3 B-VG vorgehen. Erweist sich die Auflösungsverordnung als rechtswidrig, ist sie vom VfGH aufzuheben. Da die ursprüngliche Genehmigungsverordnung durch die Aufhebung der Auflösungsverordnung nicht wieder in Kraft tritt71, muss der Gemeindeverband trotz der Entscheidung des VfGH neu gegründet werden.
X. Länderübergreifende Gemeindeverbände Die B-VG-Nov BGBl I 2011/60 „zur Stärkung der Rechte der Gemein- 25 den“ und die damit verbundene Schaffung des Art 116a Abs 6 B-VG ermöglichte erstmals die Bildung von Gemeindeverbänden mit verbandsangehörigen Gemeinden verschiedener Länder. Die TLO‑Nov LGBl 2012/147 setzte diese neue Möglichkeit in Landesverfassungsrecht um. Voraussetzung der Bildung eines „länderübergreifenden Gemeindeverbands“ ist der Abschluss einer diesbezüglichen staatsrechtlichen Vereinbarung zwischen den beteiligten Ländern gem Art 71 TLO 1989 respektive Art 15a B-VG. Gemeindeverbände iSd Art 77 Abs 4 TLO 1989 können zwischen ös- 26 terr Ländern (Art 2 Abs 2 B-VG) gebildet werden, nicht aber zwischen Gemeinden verschiedener Staaten. Eine Staatsgrenzen überschreitende Gemeindekooperation in Form eines EVTZ kann indes nach Maßgabe unionsrechtlicher Vorschriften (EVTZ-VO) und innerstaatlicher Umsetzungsregelungen (Tir EVTZ-Gesetz) gebildet werden.72 69 § 129 Abs 7 TGO. 70 VfSlg 17.773/2006; vgl auch Stolzlechner, Art 116a Rz 26. 71 Eine Art 140 Abs 6 B-VG vergleichbare Bestimmung, die das Wiederinkrafttreten aufgehobener VO vorsehen würde, ist für das Verfahren nach Art 139 B-VG nicht vorgesehen. 72 S dazu Rz 5 f.
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27 Die verfassungsrechtlichen Vorgaben lassen die Bildung von Gemeindeverbänden zwischen Gemeinden nicht aneinander angrenzender Länder zu. So können Tir Gemeinden etwa Gemeindeverbände mit Bgld oder NÖ Gemeinden bilden. Auch die Gründung eines Gemeindeverbands mit Beteiligung aller österr Gemeinden wäre zulässig.73 28 Für staatsrechtliche Vereinbarungen über die Bildung länderübergreifender Gemeindeverbände sieht Art 77 Abs 4 TLO 1989 einen verfassungsrechtlichen Mindestgehalt vor: Es sind „insbesondere Regelungen über die Genehmigung der Bildung eines solchen Gemeindeverbandes und die Wahrnehmung der Aufsicht“ in die Vereinbarung aufzunehmen. Im Hinblick auf die Genehmigung der Verbandsgründung müssen diese Regelungen den Vorgaben des Art 77 Abs 1 TLO 1989 entsprechen.74 Im Übrigen kommt eine aufsichtsbehördliche Genehmigung nur bei freiwilliger Verbandsgründung in Betracht. Hinsichtlich der Regelung der „Wahrnehmung der Aufsicht“ sind den Vertragsparteien durch die Bundesverfassung enge Grenzen gesetzt: Art 119a Abs 1 B-VG ordnet die Zuständigkeit zur Gemeindeaufsicht dem Bund und den Ländern zu. Infolgedessen ist die Schaffung einer eigenen, länderübergreifenden Aufsichtsbehörde unzulässig. Die Aufsicht über einen Landesgrenzen überschreitenden Gemeindeverband muss bei den Aufsichtsbehörden der beteiligten Länder verbleiben.75
73 So auch Stolzlechner, Art 116a Rz 38. 74 Dazu Rz 13. 75 Stolzlechner, Art 116a Rz 39.
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Artikel 77a Vereinbarungen zwischen Gemeinden (1) Durch Landesgesetz kann vorgesehen werden, dass Gemeinden untereinander Vereinbarungen über ihren jeweiligen Wirkungsbereich abschließen können. Dabei sind jedenfalls die Kundmachung derartiger Vereinbarungen und die Entscheidung über Meinungsverschiedenheiten aus solchen Vereinbarungen näher zu regeln. (2) Für Vereinbarungen mit Gemeinden anderer Länder gilt Art. 77 Abs. 4 sinngemäß. LGBl samt Erläuterungen: LGBl 2012/147 (XV. GP RV 562/12 AB 562/12) Literatur: Brandmayr et al, Kommentar zur Tiroler Gemeindeordnung 20012 (2016); Bußjäger, Die B-VG-Novelle BGBl I Nr 60/2011 im Überblick, in ders/ Sonntag (Hg), Gemeindekooperation (2012) 1; Bußjäger, Die zentrale Novelle BGBl I 2011/60 auf dem Gebiet der Gemeindekooperation, in Kommunalwissenschaftliche Gesellschaft (Hg), Gemeindekooperationen – vom Kirchturmdenken zur vernetzten Region (2013) 5; Bußjäger, Neue Perspektiven der Gemeindezusammenarbeit? Die B-VG-Novelle BGBl I 2011/60 und ihre Relevanz für die interkommunale Kooperation, JRP 2012, 99; Eberhard, Die öffentlichrechtliche Vereinbarung zwischen Gemeinden, in Bußjäger/Sonntag (Hg), Gemeindekooperationen (2012) 29; Eberhard, Neue Perspektiven für Gemeindekooperationen, ÖGZ 2013, 30; Haidvogl, Öffentlich-rechtliche Gemeindevereinbarungen. Konsequenzen aus der verfassungsrechtlichen Verankerung von Gemeindevereinbarungen durch die B-VG-Novelle zur Stärkung der Rechte der Gemeinden, RFG 2014, 161; Stolzlechner, Art 116b B-VG, in Kneihs/Lienbacher (Hg), Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht (2013)
Inhaltsübersicht I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben.................................. 1 II. Unionsrechtliche Vorgaben....................................................... 5 III. Entstehungsgeschichte............................................................... 6 IV. Rechtsnatur von Gemeindevereinbarungen bzw Verwaltungsgemeinschaften...................................................... 8 V. Bildung von Verwaltungsgemeinschaften............................... 9 VI. Entscheidung von Rechtsstreitigkeiten durch die Landesregierung.......................................................................... 12 1095
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VII. Auflösung von Verwaltungsgemeinschaften.......................... 13 VIII. Beitritt und Austritt................................................................... 14 IX. Länderübergreifende Gemeindevereinbarungen................... 15
I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben 1 Art 77a TLO 1989 sowie § 142a TGO dienen der Umsetzung der in Art 116b B-VG enthaltenen bundesverfassungsrechtlichen Vorgaben betr den Abschluss öffentlich-rechtlicher Vereinbarungen der Gemeinden über ihren jeweiligen Wirkungsbereich. Wie die EB betonen, handelt es sich dabei „um eine neue Form öffentlich-rechtlicher Verträge zwischen Gebietskörperschaften“.1 2 Art 116b B-VG enthält im Wesentlichen eine Kompetenzzuschreibung: Der Abschluss von Gemeindevereinbarungen ist nur zulässig, wenn die Landesgesetzgebung dies vorsieht. Ob der Landesgesetzgeber von dieser Möglichkeit Gebrauch macht, liegt in seinem freien Ermessen. Der Tir Landesgesetzgeber hat von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht und mit § 142a TGO die gesetzlichen Grundlagen sog „Verwaltungsgemeinschaften“ geschaffen. Als Vorbild diente die Regelung des § 27 Tir LFG 2001.2 Da § 142a TGO ausdrücklich auch für die Stadt Ibk gilt, konnte eine entsprechende Regelung im IbkStadtR unterbleiben. Im Unterschied zu anderen Ländern3 sind in Tirol neben Verwaltungsgemeinschaften keine anderen Formen interkommunaler Vereinbarungen iSd Art 116b B-VG vorgesehen. Art 116b B-VG enthält weiters einen Gesetzgebungsauftrag. Wenn die Landesgesetzgebung den Abschluss von Gemeindevereinbarungen vorsieht, muss sie auch Regelungen über die Kundmachung dieser Vereinbarungen sowie über die Entscheidung von Meinungsverschiedenheiten treffen. Auch diesem Auftrag hat der Tir Landesgesetzgeber mit den Regelungen des § 142a TGO entsprochen.
1 2 3
EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 2012/147, Tir LT XV. GP, GZ 562/12, 25. Brandmayr et al, Kommentar 286; Landes-Feuerwehrgesetz, LGBl 2001/92 idF LGBl 2018/144. ZB § 13a OÖ GemO 1990 (Oberösterreichische Gemeindeordnung 1990, OÖ LGBl 1990/91 idF LGBl 2019/72).
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Auf Ebene der einfachen Gesetzgebung (§ 142a TGO) hat sich der Be- 3 griff „Verwaltungsgemeinschaften“ als Bezeichnung für (Gemeinde-) Vereinbarungen iSv Art 77a TLO 1989 respektive Art 116b B-VG etabliert. Es ist darauf hinzuweisen, dass es sich dabei um keinen Verfassungsbegriff handelt. Vielmehr sollte mit Art 116b B-VG ein neues Rechtsinstitut geschaffen und nicht an den schon vorher als Rechtsbegriff verwendeten Begriff „Verwaltungsgemeinschaft“ angeknüpft werden.4 Nichtsdestoweniger steht es dem einfachen Gesetzgeber selbstverständlich frei, diese Vereinbarungen als „Verwaltungsgemeinschaften“ zu bezeichnen.5 Der dritte Satz des Art 116b B-VG ordnet schließlich an, dass länder 4 übergreifende Gemeindevereinbarungen nach Maßgabe einer staatsrechtlichen Vereinbarung zwischen den betroffenen Ländern nach Art 71 TLO 1989 bzw Art 15a B-VG zulässig sind.6
II. Unionsrechtliche Vorgaben Die Staatsgrenzen überschreitende Gemeindekooperation innerhalb 5 der EU ist teils durch unmittelbar anwendbares Unionsrecht (EVTZVO)7, teils durch innerstaatliche Umsetzungsvorschriften (Tiroler EVTZ-Gesetz)8 geregelt.9 Gemeindevereinbarungen nach Art 77a TLO 1989 und Art 116b B-VG kommen hingegen nur innerhalb eines Landes (iSv Art 2 Abs 2 B-VG) bzw bei Abschluss einer Ländervereinbarung nach Art 71 TLO 1989 bzw Art 15a B-VG in Betracht.
III. Entstehungsgeschichte Die bundesverfassungsrechtliche Grundlage der Gemeindevereinba- 6 rungen, Art 116b B‑VG, wurde mit der B-VG-Nov „zur Stärkung der Rechte der Gemeinden“10 geschaffen. Ziel dieser Neuerungen war die 4 Vgl Bußjäger, JRP 2012, 104. 5 So auch Stolzlechner, Art 116b Rz 18. 6 Näher dazu A. Wimmer, Art 71 (in diesem Band). 7 VO 1082/2006/EG, Abl 2006 L 210/19 idF VO 1302/2013/EU, Abl 2013 L 347/303. 8 Gesetz vom 30. Juni 2010 über den Europäischen Verbund für territoriale Zusammenarbeit, LGBl 2010/55 idF LGBl 2019/138. 9 Näher dazu A. Wimmer, Art 77 (in diesem Band) Rz 5 f. 10 BGBl I 2011/60.
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Überwindung von Beschränkungen der Gemeindeautonomie durch Schaffung neuer Handlungsmöglichkeiten, insb im Hinblick auf die interkommunale Zusammenarbeit.11 Stolzlechner weist zudem darauf hin, dass die B-VG-Nov „zur Stärkung der Rechte der Gemeinden“ auch im Kontext der globalen Wirtschaftskrise der Jahre 2007 ff und der daran anknüpfenden Staatsschuldenkrise der Jahre 2010 ff zu betrachten ist.12 Mit den neuen Instrumenten interkommunaler Zusammenarbeit sollte es den Gemeinden ermöglicht werden, häufiger und intensiver zusammenzuarbeiten, um auf diesem Wege zu einer sparsameren Verwaltung der Gemeinden hinzuwirken.13 7 Nur kurze Zeit später nutzte der Tir Landes(verfassungs)gesetzgeber die auf bundesverfassungsrechtlicher Ebene neu geschaffenen Möglichkeiten. Art 77a TLO 1989 wurde mit der TLO-Nov LGBl 2012/147 erlassen, die einfachgesetzliche Umsetzungsvorschrift, § 142a TGO, folgte indes erst einige Jahre später14 und trat am 26.08.2015 in Kraft. Aus den EB geht hervor, dass vor dem Hintergrund „positiver Erfahrungsberichte seitens des Landes Vorarlberg […] die Bildung von Verwaltungsgemeinschaften als weitere Art der Zusammenarbeit auf kommunaler Ebene“ ermöglicht werden sollte.15
IV. Rechtsnatur von Gemeindevereinbarungen bzw Verwaltungsgemeinschaften 8 Gemeindevereinbarungen nach Art 77a TLO 1989 und Art 116b B-VG sind horizontale öffentlich-rechtliche Verträge.16 Wird durch sie eine Verwaltungsgemeinschaft iSd § 142a TGO gegründet, so hat diese keine Rechtspersönlichkeit. Es handelt sich vielmehr um die Bezeichnung einer bloßen, wenngleich institutionalisierten Zusammenarbeit. Eine Organkreation findet nicht statt. Wird für die Zusammenarbeit ein Geschäftsapparat mit Personal zur Verfügung gestellt, so handeln die einzelnen Personen als Organe und somit im Namen der jeweils betei11 12 13 14 15 16
Eberhard, Vereinbarung 29 ff. Stolzlechner, Art 116b Rz 1. Stolzlechner, Art 116b Rz 1. LGBl 2015/81. EBRV zur Nov der TGO LGBl 2015/81, Tir LT XVI. GP, GZ 251/15, 5. Eberhard, Vereinbarung 36; Bußjäger, JRP 2012, 103; Kemptner/Sturm, 3. Teil. Interkommunale Zusammenarbeit durch Gemeindeverbände, Verwaltungsgemeinschaften und Vereinbarungen nach Art 116b B‑VG, in Pabel (Hg), Das österreichische Gemeinderecht (2014) Rz 118.
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ligten Gemeinde.17 Ihr Verhalten ist derjenigen Gemeinde zuzurechnen, die sie mit den aus der Zusammenarbeit resultierenden Aufgaben betraut hat.
V. Bildung von Verwaltungsgemeinschaften Der Entstehungsgeschichte entsprechend ordnet § 142a Abs 1 TGO an, 9 dass die Gemeinden, einschließlich der Stadt Ibk, Verwaltungsgemeinschaften „zum Zweck der sparsameren und zweckmäßigeren Besorgung ihrer Angelegenheiten“ bilden können. Dafür ist eine Vereinbarung erforderlich, die übereinstimmender Beschlüsse der GR aller beteiligten Gemeinden bedarf. Für diese Vereinbarung ist ein notwendiger Inhalt vorgeschrieben, sie hat „insbesondere Bestimmungen über den Sitz, die Bezeichnung und die Geschäftsführung, das Verhältnis der Beteiligung am Aufwand sowie über die Auflösung der Verwaltungsgemeinschaft zu enthalten“. Die Aufnahme weiterer Festlegungen, etwa nach Vorbild der Satzung eines Gemeindeverbands (§ 133 Abs 1 TGO), ist zulässig. Insb empfiehlt es sich, Regelungen über den Beitritt weiterer Gemeinden und den Austritt einzelner Gemeinden in die Vereinbarung mit aufzunehmen.18 Da es sich bei Verwaltungsgemeinschaften um eine freiwillige Form der 10 Gemeindekooperation handelt, ist eine zwangsweise Begründung (durch Verwaltungsakt) nicht vorgesehen. Die Vereinbarung über die Bildung einer Verwaltungsgemeinschaft ist 11 von den beteiligten Gemeinden gem § 60 Abs 1 TGO an der Amtstafel kundzumachen und der LReg anzuzeigen (§ 142a Abs 3 TGO).19 Weitere Voraussetzungen sind nicht normiert, insb bedarf die Bildung der Verwaltungsgemeinschaft keiner aufsichtsbehördlichen Genehmigung.
VI. Entscheidung von Rechtsstreitigkeiten durch die Landesregierung Art 77a TLO 1989 und Art 116b B-VG verpflichten die Landesgesetz- 12 gebung, Regelungen betr die Entscheidung von „Meinungsverschie17 Stolzlechner, Art 116b Rz 18. 18 Vgl Rz 14. 19 Der Verweis auf § 60 Abs 1 TGO hat zur Folge, dass der öffentliche Anschlag an der Amtstafel zwei Wochen zu dauern hat.
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denheiten“ aus Gemeindevereinbarungen zu treffen. Dieser Vorgabe hat der Landesgesetzgeber mit § 142a Abs 4 TGO Rechnung getragen, wo angeordnet ist, dass die LReg über Streitigkeiten zwischen den an der Verwaltungsgemeinschaft beteiligten Gemeinden mit Bescheid zu entscheiden hat. Es handelt sich dabei um einen antragsbedürftigen Verwaltungsakt, das Verfahren ist nach den Bestimmungen des AVG zu führen. Die beteiligten Gemeinden haben einen Rechtsanspruch auf bescheidförmige Entscheidung ihrer Rechtsstreitigkeiten und sonach Parteistellung gem § 8 AVG. Die Entscheidungsfrist der LReg beträgt sechs Monate (§ 73 Abs 1 AVG bzw § 8 Abs 1 VwGVG). Gegen den Bescheid bzw bei Säumnis der LReg kann verwaltungsgerichtlicher Rechtsschutz begehrt werden.
VII. Auflösung von Verwaltungsgemeinschaften 13 Abgesehen von der Anordnung, dass die Gemeindevereinbarung über die Bildung einer Verwaltungsgemeinschaft Bestimmungen über die Auflösung derselben enthalten muss, ist dieser Vorgang gesetzlich nicht näher geregelt. Es liegt also in der rechtlichen Gestaltungsfreiheit der beteiligten Gemeinden, die Auflösung einer Regelung zuzuführen. Grundsätzlich handelt es sich dabei um einen actus contrarius zur Bildung der Verwaltungsgemeinschaft. Infolgedessen liegt es nahe, übereinstimmende Gemeinderatsbeschlüsse aller beteiligten Gemeinden als Auflösungserfordernis zu bestimmen. Es ist aber genauso zulässig, in der Gründungsvereinbarung etwa die Auflösung aufgrund übereinstimmender Gemeinderatsbeschlüsse der Mehrheit der beteiligten Gemeinden vorzusehen. Da es sich bei der Auflösung wie gesagt um einen actus contrarius zur Bildung der Verwaltungsgemeinschaft handelt, liegt es zudem nahe, in Analogie zur Anordnung des § 142a Abs 3 TLO 1989 eine Verpflichtung zur Kundmachung der Auflösung an der Gemeindeamtstafel sowie zur Anzeige derselben an die Tir LReg anzunehmen.
VIII. Beitritt und Austritt 14 § 142a TGO enthält keine Regelungen über den Beitritt zu und den Austritt aus einer Verwaltungsgemeinschaft. Es ist in analoger Anwendung des Abs 1 zweiter Satz leg cit davon auszugehen, dass diese Vorgänge übereinstimmende Gemeinderatsbeschlüsse aller beteiligten 1100
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Gemeinden erfordern. Weiters sind in Analogie zu Abs 3 leg cit Beitritt und Austritt an der Gemeindeamtstafel kundzumachen und der Tir LReg anzuzeigen. In Anbetracht der unklaren Rechtslage empfiehlt es sich freilich, bereits in die Vereinbarung zur Bildung einer Verwaltungsgemeinschaft nähere Regelungen des Beitritts und Austritts aufzunehmen.
IX. Länderübergreifende Gemeinde vereinbarungen Art 77a Abs 1 TLO 1989 sowie Art 116b B-VG enthalten Ermächti- 15 gungen des Landesgesetzgebers, Gemeindevereinbarungen vorzusehen. Die Gesetzgebungskompetenz des Landesgesetzgebers bezieht sich freilich nur auf die im Landesgebiet gelegenen Gemeinden. Verwaltungsgemeinschaften zwischen Gemeinden verschiedener Länder (iSv Art 2 Abs 2 B‑VG) können folgerichtig nur aufgrund eines Gliedstaatsvertrages zwischen den betroffenen Ländern gebildet werden.20 Für einschlägige Gliedstaatsverträge bzw staatsrechtliche Vereinbarungen ordnen Art 77a Abs 2 TLO 1989 bzw Art 116b dritter Satz B-VG eine „sinngemäße“ Geltung des Art 77 Abs 4 TLO 1989 bzw Art 116a Abs 6 B-VG an. Dementsprechend müssen einschlägige Gliedstaatsverträge Regelungen über die Kundmachung von Vereinbarungen über die Bildung von Verwaltungsgemeinschaften und über die Entscheidung von Meinungsverschiedenheiten enthalten. Die in Art 77 Abs 4 TLO 1989 und Art 116a Abs 6 B-VG enthaltene Anordnung, wonach in Gliedstaatsverträge über die Bildung von Gemeindeverbänden „insbesondere Regelungen über die Genehmigung der Bildung der Gemeindeverbände und die Wahrnehmung der Aufsicht“ aufzunehmen sind, ist auf Gemeindevereinbarungen nach Art 77a TLO 1989 bzw Art 116b B-VG nicht „sinngemäß“ anwendbar, da diese Bestimmungen für Gemeindevereinbarungen weder eine Genehmigungs- noch eine Aufsichtspflicht vorschreiben.
20 S dazu A. Wimmer, Art 71 (in diesem Band).
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Artikel 78 Organisation Die Organisation der Gemeinden und der Gemeindeverbände wird durch Landesgesetz näher geregelt. LGBl samt Erläuterungen: LGBl 1988/61 (X. GP AA 141/88 AB 141/88) Literatur: Brandmayr et al, Kommentar zur Tiroler Gemeindeordnung 20012 (2016) 76 (255); Kemptner/Sturm, 3. Teil. Interkommunale Zusammenarbeit durch Gemeindeverbände, Verwaltungsgemeinschaften und Vereinbarungen nach Art 116b B-VG, in Pabel (Hg), Das österreichische Gemeinderecht (2014); Morscher, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer. 7. Tirol (1991) 209; Muzak, Verfassungsrechtliche Probleme der Direktwahl des Bürgermeisters, ÖGZ 1996/5, 2; Neuhofer, Gemeinderecht2 (1998) 136; Steiner, 9. Teil. Rechtsstellung und Aufgaben der Gemeindeorgane, in Pabel (Hg), Das österreichische Gemeinderecht (2014); Stolzlechner, Art 116a B-VG, in Kneihs/Lienbacher (Hg), Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht (2013); Stolzlechner, Art 117 B-VG, in Kneihs/Lienbacher (Hg), Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht (2010); Tiroler Gemeindeverband (Hg), Kommentar zur Tiroler Gemeindeordnung 2001 TGO (2017); Weber, Interkommunale und überörtliche Zusammenarbeit in Österreich: Verfassungsrechtliche und institutionelle Grundlagen, in Gamper (Hg), Interkommunale Zusammenarbeit und überörtliche Raumplanung in der Europaregion Tirol – Südtirol – Trentino (2007) 131; Wolny/Kliba, 10. Teil. Struktur und Aufgaben des Gemeindeamtes (Magistrates), in Pabel (Hg), Das österreichische Gemeinderecht (2008)
Inhaltsübersicht I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben..................................... 1 II. Entstehungsgeschichte.................................................................. 2 III. Die Organisation der Tiroler Ortsgemeinden........................... 3 IV. Die Organisation der Landeshauptstadt Innsbruck................ 7 V. Die Organisation der Gemeindeverbände.................................. 10
I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben 1 Art 117 Abs 1 B-VG sieht für alle österr und damit auch für alle Tir Gemeinden einen organisatorischen Mindeststandard vor. Danach sind als Organe der Gemeinde jedenfalls vorzusehen: 1102
Organisation
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a) Der GR, das ist ein von den Wahlberechtigten der Gemeinde zu wählender allgemeiner Vertretungskörper; b) der Gemeindevorstand (Stadtrat), bei Städten mit eigenem Statut der Stadtsenat; c) der Bgm. Nach Art 117 Abs 7 B-VG werden die Geschäfte der Gemeinden durch das Gemeindeamt (Stadtamt), jene der Städte mit eigenem Statut durch den Magistrat besorgt. Zum Leiter des inneren Dienstes des Magistrates ist ein rechtskundiger Bediensteter des Magistrates als Magistratsdirektor zu bestellen. Gemeindeorgane und administrativer Hilfsapparat Gemeindeamt (Stadtamt, Magistrat) sind durch LG einzurichten. Darüber hinaus kann der Landesgesetzgeber als Organisationsgesetzgeber nach Art 115 Abs 2 B-VG auch noch weitere Organe und kommunale Organisationen vorsehen. Die Bundesverfassung setzt der kommunalen Organisationshoheit des Landesgesetzgebers allerdings Grenzen. So sind die Grundsätze der Wahl zum GR bundesverfassungsrechtlich iSd Homogenität des Wahlrechtes zu den allgemeinen Vertretungskörpern in den bundesverfassungsrechtlichen Grenzen nicht disponibel.1 Auch muss der GR als oberstes Organ der Gemeinde eingerichtet werden. Für die Bestellung des Bgm gibt die Bundesverfassung zwingend vor, dass dieser entweder durch Wahl der in der Gemeinde Wahlberechtigten oder durch Wahl durch den GR zu bestellen ist.2 Weitgehend offen ist die Bundesverfassung bezüglich der Rechtsstellung des Gemeindevorstandes. Aber auch hier hat der Bundesverfassungsgesetzgeber offensichtlich ein vorgegebenes Bild vorgefunden, wonach der Gemeindevorstand als Ausschuss des GR einzurichten ist.3 Was die Statutarstädte betrifft, so gibt die Bundesverfassung grds dasselbe organisatorische Schema vor, modifiziert jedoch die Funktionsbezeichnungen (Stadtsenat, Magistrat) und schreibt zwingend die Bestellung eines rechtskundigen Magistratsdirektors als Leiter des inneren Dienstes vor. Wie dieser zu bestellen ist, lässt die Bundesverfas1 Zum Grundsatz der Einheitlichkeit der Wahlgrundsätze s VfSlg 17.264/2004. 2 Art 117 Abs 6 B-VG; s Novak, Bürgermeisterdirektwahl – Entwicklung, Stand, Tendenzen (1995); Trauner, 7. Teil. Die Direktwahl des Bürgermeisters, in Pabel (Hg), Das österreichische Gemeinderecht (2013). 3 Der Gemeindevorstand als zwingend einzurichtendes Organ wurde erst durch die Gemeindeverfassungsnovelle 1962 eingeführt. Der Bundesverfassungsgesetzgeber hat diesen in den damals geltenden GemO vorgefunden.
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sung offen. Für das Gemeindeamt (Stadtamt, Magistrat) gilt nach der Judikatur des VfGH der sog Dienststellenvorbehalt.4 Danach sind diese Hilfsorgane grds mit allen Verwaltungsgeschäften der Gemeinde zu betrauen. Die TLO 1989 hat diese organisatorischen Mindeststandards der Bundesverfassung nicht übernommen. Dies ändert nichts an der unmittelbaren Geltung der bundesverfassungsrechtlichen Vorgaben für den Landesgesetzgeber. Die TLO 1989 ist offensichtlich bestrebt, die Gemeindeorganisation nicht landesverfassungsrechtlich zu regeln, sondern das gesamte kommunale Organisationsrecht, soweit es nicht unmittelbar anwendbares Bundesverfassungsrecht ist, dem einfachen Gesetzgeber zu übertragen. Dieser hat von dieser Ermächtigung Gebrauch gemacht und die TGO, das IbkStadtR, die TGWO 1994 und die IWO 2011 erlassen. Auch die Gemeindeverbände sind in ihrer Organisationsstruktur bundesverfassungsrechtlich stark präformiert. Art 116a Abs 4 B-VG ermächtigt die Landesgesetzgebung zur Regelung der Organisation der Gemeindeverbände im Rahmen der bundesverfassungsrechtlichen Vorgaben. Nach Abs 3 sind die Organe der Gemeindeverbände, soweit sie Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde besorgen sollen, nach demokratischen Grundsätzen zu bilden. Abs 4 gibt eine Minimalorganisationsstruktur vor: Die Verbandsversammlung, die aus gewählten Vertretern aller verbandsangehörigen Gemeinden zu bestehen hat und ein Verbandsobmann. Nach Art 116 Abs 6 B-VG können Gemeindeverbände auch durch eine Vereinbarung nach Art 15a B-VG länderübergreifend gebildet werden. Über diese bundesverfassungsrechtlichen organisatorischen Vorgaben hinaus kann der Landesgesetzgeber weitere organisationsrechtliche Bestimmungen erlassen.
II. Entstehungsgeschichte 2 Die Bestimmung des Art 78 wurde 1988 in die TLO 1989 aufgenommen. Sie gilt seither unverändert. In den Mat wird lapidar auf die Zu4 S dazu die Nachweise bei Stolzlechner, Art 117 Rz 28 („Geschäftsbesorgungsmonopol“); Schmid, Zuständigkeit und Zuständigkeitsübertragung (2017) 323 (329); kritisch im Lichte der digitalen Verwaltungskooperation s Bußjäger, Potemkinsche Behörden oder Herrschaft über den Algorithmus?, ZfV 2019, 22; s auch VfSlg 8844/1980 und daran anknüpfend VfGH 12.03.2019, G 386/2018 (zum elektronischen Flächenwidmungsplan), wonach Hilfstätigkeiten auch von externen Dritten ausgeführt werden dürfen (zB Betrieb einer zentralen Kundmachungsplattform durch das Land).
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ständigkeit des Landesgesetzgebers zur Regelung der Organisation der Gemeinden (Art 115 Abs 2 B-VG) und seine Zuständigkeit zur Regelung der Organisation der Gemeindeverbände aus Art 116a Abs 4 B-VG verwiesen.5
III. Die Organisation der Tiroler Ortsgemeinden Bedingt durch die sehr weitreichenden bundesverfassungsrechtlichen 3 Vorgaben bleibt dem Tir Landesgesetzgeber als Organisationsgesetzgeber (Art 115 Abs 1 B-VG) kein allzu großer autonomer Regelungsspielraum. In nicht geringem Umfang enthält daher die TGO wörtlich Wiederholungen bundesverfassungsrechtlicher Bestimmungen. Hier genügt ein Verweis auf die einschlägigen Kommentierungen mit weiteren Hinweisen zu Rsp und Schrifttum.6 Im Folgenden sollen daher nur jene organisationsrechtlichen Bestimmungen der TGO besprochen werden, die über den bundesverfassungsrechtlichen Stand hinausgehen. § 21 TGO richtet neben dem GR, dem Gemeindevorstand und dem Bgm auch die für wirtschaftliche Unternehmen und Betriebe mit marktbestimmter Tätigkeit eingerichteten Ausschüsse („Wirtschaftsausschüsse“) als Organe der Gemeinde ein. Auf Grund seiner Rechtsstellung als Organ der Gemeinde können einem solchen Ausschuss vom GR bestimmte Angelegenheiten zur selbständigen Beschlussfassung übertragen werden.7 Für die Wahl des GR gibt die Bundesverfassung detaillierte Vorgaben iSd demokratisch-parlamentarischen Homogenitätsprinzips vor. Die näheren Bestimmungen sind in Art 75 TLO 1989 und in der TGWO 1994 enthalten.8 Eine Besonderheit der Tir Gemeinderatswahlen ist die Möglichkeit der Koppelung von Wahlvorschlägen.9 Durch die Koppelung treten verschiedene wahlwerbende Gruppen zwar getrennt an, die Reststimmen für eine der Listen kommen in der Folge in erster Linie den Koppel-Partnern zugute. (Ohne Koppelung wäre in 5 EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 95. 6 S Stolzlechner, Art 117; Mayer/Muzak, B-VG5 (2015) 393; Müllner, Art 117 B-VG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (2019). 7 S § 30 Abs 2 lit b Z 2 TGO. 8 S dazu die Kommentierung von Bußjäger, Art 75 (in diesem Band) und Stockhauser/Zangerl, Kommentar zur Tiroler Gemeindewahlordnung 19945 (2015). 9 §§ 37, 68 TGWO 1994.
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der Regel die stärkste Fraktion Nutznießerin der übrig bleibenden Stimmen). Die Zusammensetzung des GR wird von der Einwohnerzahl abhängig gemacht. Der GR besteht in Gemeinden mit höchsten 200 Einwohnern aus neun, mit mehr als 10.000 Einwohnern aus 21 Mitgliedern. Dazwischen gibt es nach Bevölkerungszahl abgestuft weitere Differenzierungen. Für die Ermittlung der Einwohnerzahl ist das letzte vor dem Tag der Wahlausschreibung für die Wahl des GR kundgemachtes endgültiges Ergebnis der letzten Volkszählung heranzuziehen. Die traditionelle Volkszählung wurde durch die Registerzählung nach dem RegisterzählungsG10 abgelöst. Das zentrale Melderegister bietet die Grundlage dieser Registerzählung. Hinzu kommen noch andere Basisregister.11 Die Funktionsperiode des GR beträgt sechs Jahre. Die TGO enthält nähere Bestimmungen über die vorzeitige Beendigung der Funktionsperiode des GR, seine Arbeitsweise, die Rechtsstellung und Verantwortlichkeit der Mitglieder, einschließlich der Beendigung ihrer Funktion. Der umfangreiche Aufgabenkatalog des GR beinhaltet neben den bereits bundesverfassungsrechtlich vorgegebenen Aufgaben zahlreiche Einzelbefugnisse, die alle für die Gemeinde wichtigen Angelegenheiten umfasst. Zahlreiche Aufgaben können an den Gemeindevorstand oder an den „Wirtschaftsausschuss“ delegiert werden.12 4 Organisation und Aufgaben des Gemeindevorstandes sind in der Bundesverfassung nicht geregelt. Er ist nach Art 117 Abs 1 lit b B-VG „jedenfalls“ vorzusehen. Nach § 23 Abs 1 TGO setzt sich der Gemeindevorstand aus dem Bgm, dem oder den Bgm-Stellvertreter(n) und einem oder mehreren weiteren stimmberechtigten Mitgliedern zusammen. Die Zl der Bgm-Stellvertreter richtet sich nach der Einwohnerzahl. In Gemeinden mit höchstens 1.000 Einwohnern ist ein, mit mehr als 1.000 und höchstens 5.000 Einwohnern können – müssen aber nicht – zwei und in Gemeinden mit mehr als 5.000 Einwohnern sind zwei BgmStellvertreter zu wählen. Die Anzahl der weiteren stimmberechtigten 10 Bundesgesetz über die Durchführung von Volks-, Arbeitsstätten-, Gebäude- und Wohnungszählungen (Registerzählungsgesetz), BGBl I 2006/33 idF BGBl I 2018/100. 11 ZB das Gebäude- und Wohnungsregister, das Unternehmensregister und das Bildungsstandregister der Bundesanstalt „Statistik Austria“, das Register des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger ua. S Brandmayr et al, Kommentar 79. 12 S § 30 Abs 2 TGO.
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Mitglieder wird durch den GR festgelegt. Die Anzahl darf nicht mehr als ein Viertel der Anzahl der Mitglieder des GR betragen. Mit Einführung der neuen Verwaltungsgerichtsbarkeit wurde der administrative Instanzenzug im eigenen Wirkungsbereich bei den kompetenzrechtlich dem Land zuzurechnende Aufgaben beseitigt.13 Der Gemeindevorstand bleibt noch Berufungsbehörde in Bundesangelegenheiten.14 Zu den wichtigsten Aufgaben zählt die Vorberatung der Gemeinderatssitzung, die Unterstützung und Vertretung des Bgm. Den Mitgliedern des Gemeindevorstandes kann der Bgm auch einzelne Angelegenheiten des übertragenen Wirkungsbereiches übertragen.15 Der GR kann für verschiedenste Angelegenheiten und Aufgaben Ausschüsse einrichten. Sie müssen zwingend einen Obmann wählen, anderenfalls ist ein Ausschuss nicht arbeitsfähig.16 Eine selbständige Entscheidungsbefugnis kommt nur den für wirtschaftliche Unternehmen und Betriebe mit marktbestimmter Tätigkeit eingerichteten Ausschüssen zu. Der Bgm wird in Tirol direkt vom Gemeindevolk gewählt.17 Er ist ge- 5 genüber dem GR verantwortlich, kann aber nicht, wie in anderen Bundesländern, durch Misstrauensvotum des GR oder durch Volksentscheid der Gemeindebevölkerung abgesetzt werden.18 Die Aufgaben des Bgm sind vielfältig und zum wesentlichen Teil bereits in der Bundesverfassung vorgegeben. Die Vertretungsbefugnis nach außen, die Vorsitzführung im GR, Verfügungsbefugnisse im Notstandsfall, die Möglichkeit der Aussetzung von Beschlüssen des GR und des Gemeindevorstandes, va aber die Führung der laufenden Geschäfte verleihen dem Bürgermeisteramt eine besondere Bedeutung. Angesichts der immer größer werdenden Komplexität der Gemeindeverwaltung nimmt 13 S dazu auch die Vorbemerkungen LVwG; Art 70d TLO 1989 und dazu die Kommentierung von Ranacher, Art 70d (in diesem Band). 14 S dazu Brandmayr et al, Kommentar 108. 15 S Art 119 Abs 3 B-VG. 16 § 24 Abs 4 TGO. 17 § 1 Abs 3 TGWO 1994. 18 S Weber, Die Haftung des Bürgermeisters: Öffentlichrechtliche Aspekte, in Kommunalwissenschaftliche Gesellschaft (Hg), Haftung von Bürgermeistern und Gemeindeorganen (2010) 59 (65). Dem GR kommt nach den §§ 30 Abs 4, 42 und 56 TGO (lediglich) das Resolutionsrecht, das Interpellationsrecht und das Recht auf den Ausspruch der Missbilligung der Amtsführung zu. Hinzu kommt das Weisungsrecht gem Art 20 Abs 1 B-VG; vgl Brandmayr et al, Kommentar 151.
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die Aufgabenbelastung in einer Weise zu, dass es oft Probleme bei der Rekrutierung von Bürgermeisterkandidaten gibt.19 6 Die Bundesverfassung schreibt zwingend die Einrichtung des Gemeindeamtes (Stadtamtes) vor. Der Bgm ist Vorstand des Gemeindeamtes und als solcher gegenüber allen Gemeindebediensteten weisungsbefugt. Zur Besorgung des inneren Dienstes schreibt § 58 Abs 3 TGO die Bestellung eines Gemeindeamtsleiters vor. Dieser muss in Gemeinden mit mehr als 1.500 Einwohnern ein hauptberuflich Bediensteter, in Gemeinden mit mehr als 5.000 Einwohnern ein rechtskundiger Bediensteter sein.20 Angesichts der unterschiedlichen Gemeindegrößen in Tirol verzichtet die TGO weitgehend auf eine nähere Determinierung der inneren Organisation des Gemeindeamtes. Diese wird in Kleingemeinden naturgemäß einfacher strukturiert sein als bei Gemeinden über 10.000 Einwohnern, in denen die Gemeindeverwaltung zwangsläufig eine der Komplexität angepasste binnendifferenzierte Struktur aufweisen muss.
IV. Die Organisation der Landeshauptstadt Innsbruck 7 Ibk ist als einzige Tir Gemeinde eine Stadt mit eigenem Statut. Als solche übt sie neben den Aufgaben der Gemeindeverwaltung21 auch die der Bezirksverwaltung aus.22 Für die Landeshauptstadt Ibk gelten eigene organisationsrechtliche Vorschriften im IbkStadtR. Wie auch für die Ortsgemeinden gelten die bundesverfassungsrechtlichen Vorgaben in weitem Umfang auch für Statutarstädte, wobei die Bundesverfassung bereits detaillierte Vorgaben über Funktionsbezeichnungen und Organisationsstrukturen vorgibt. Auch in Ibk ist der GR das oberste Organ der Gemeinde, dem gegenüber alle Gemeindeorgane verantwortlich sind. Die Wahl des GR ist in der IWO 2011 näher geregelt. Diese folgt (zwangsläufig) den bundesverfassungsrechtlichen Vorgaben über die Homogenität des Wahlrechts. Der Ibk GR besteht gem § 10 Abs 1 IbkStadtR aus 40 Mitgliedern. Die Aufgaben des GR ähneln inhaltlich stark denen des GR von Ortsgemeinden. 19 S Keller, Bürgermeistersessel sind nicht mehr gefragt!, public 10/2019, 8. 20 § 58 Abs 3 TGO. 21 Auch Statutarstädte sind Ortsgemeinden – VfSlg 1399/1931. 22 S Art 116 Abs 3 letzter Satz B-VG.
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Der Stadtsenat besteht aus dem Bgm, dem ersten und dem zweiten 8 Bgm-Stellvertreter sowie mindestens vier und höchstens sechs weiteren Mitgliedern, die die Bezeichnung „Stadträte“ führen.23 Die Zl dieser weiteren Mitglieder des Stadtsenates wird vom GR festgesetzt. Auf Grund der Größe des GR wird den Gemeinderatsmitgliedern derselben Gemeinderatspartei das Recht eingeräumt, sich zu einem Klub zusammenzuschließen (§ 13a IbkStadtR). Die Klubobleute, der Bgm und die Bgm-Stellvertreter bilden gem § 13b IbkStadtR den Obleuterat. Diesem obliegt die Beratung des Bgm in allen Fragen der Organisation der Sitzungstätigkeit des GR. Für die im GR vertretenen Parteien sind auch finanzielle Förderungen zu gewähren. Diese werden vom GR festgelegt.24 Das IbkStadtR gestaltet die Organisation des GR vergleichbar mit jener parlamentarischer Körperschaften aus (Fragestunden, formalisiertes Interpellationsrecht ua). § 28 IbkStadtR räumt dem Stadtsenat eine Reihe von Aufgaben zur selbständigen Besorgung ein, die in den Ortsgemeinden dem GR vorbehalten sind. Dadurch erhält der Stadtsenat auch rechtlich die Funktion einer Stadtregierung. Auch die Aufgaben des Bgm sind in Ibk umfangreicher als in Ortsgemeinden. Hier sind va die Aufgaben der Bezirksverwaltung zu erwähnen, die im übertragenen Wirkungsbereich zu besorgen sind und in denen er gegenüber dem GR keine Rechenschaftspflichten besitzt.25 Das Gemeindeamt wird in Statutarstädten Stadtmagistrat genannt. 9 Sein Vorstand ist der Bgm. Schon kraft bundesverfassungsrechtlicher Anordnung ist für die Leitung des inneren Dienstes ein Magistratsdirektor zu bestellen.26 Nach § 37 IbkStadtR hat der Stadtmagistrat alle Verwaltungsgeschäfte zu besorgen, die zur Erfüllung der den einzelnen Organen obliegenden Aufgaben erforderlich sind. Hierbei kommt ihm die Stellung eines Hilfsorgans zu. Darüber hinaus kann der Stadtmagistrat auch als Behörde fungieren, soweit ihm durch Gesetz hoheitliche Befugnisse eingeräumt werden. 23 § 11 IbkStadtR. 24 Gem der Richtlinie der Landeshauptstadt Ibk vom 14.06.2018, mit der die Förderung der Gemeinderatsparteien geregelt wird, setzt sich die Förderung aus einer allgemeinen Parteienförderung und einem Beitrag zu den Wahlwerbungskosten zusammen. 25 § 31 Abs 4 IbkStadtR. 26 Art 117 Abs 7 B-VG; s Wolny/Kliba, Struktur Rz 12; Stolzlechner, Art 117 Rz 29.
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Im Rahmen der inneren Organisationsgewalt kann die Stadt Ausschüsse einrichten, wobei die Einrichtung von Stadteilausschüssen27 immer wieder zu politischen Diskussionen führt.
V. Die Organisation der Gemeindeverbände 10 Art 116a B-VG gibt – wiederum relativ detailliert – die Organisationsstrukturen der Gemeindeverbände vor. Die nähere organisationsrechtliche Ausgestaltung findet sich auf Grundlage von Art 77 TLO 198928 in §§ 129 ff TGO. Gemeindeverbände können durch Vereinbarung gebildet werden (freiwillige Gemeindeverbände) oder sie können auf Grund gesetzlicher Vorgaben verpflichtend eingerichtet werden (Zwangsverbände).29 Gemeindeverbände können für Angelegenheiten des eigenen oder übertragenen Wirkungsbereiches sowie im Rahmen der Hoheitsverwaltung oder der Privatwirtschaftsverwaltung geschaffen werden. Voraussetzung und Schranke der Bildung von Gemeindeverbänden ist stets die Wahrung der Funktion der beteiligten Gemeinden als Selbstverwaltungskörper und eine zu erwartende bessere Aufgabenerfüllung („aus Gründen der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit im Interesse der beteiligten Gemeinden“).30 Ein Gemeindeverband ist eine juristische Person des öffentlichen Rechts.31 Er ist keine Gebietskörperschaft, ist aber Rechtsträger und handelt selbständig. Gemeindeverbände haben einen eigenen und übertragenen Wirkungsbereich. Im eigenen Wirkungsbereich agiert der Gemeindeverband frei von Weisungen staatlicher Organe. Im übertragenen Wirkungsbereich besteht die gleiche Weisungsbindung wie bei den Gemeinden. Gemeindeverbände unterliegen der Prüfung des RH, nicht aber des LRH.32 Sie haften nach den Bestimmungen des AHG33 und sind auch 27 § 30a IbkStadtR. 28 S die Kommentierung von A. Wimmer, Art 77 (in diesem Band). 29 S Koja, Gemeindeverbände und Bundesverfassung (1979); Neuhofer, Gemeinderecht 557; Stolzlechner, Art 116a Rz 3; Haidvogl, Öffentlich-rechtliche Gemeindevereinbarungen, RFG 2014, 161. 30 S § 129 Abs 1 TGO. 31 S Brandmayr et al, Kommentar 256. 32 Art 127a Abs 9 B-VG; s Schwamberger/Ranacher, Tiroler Landesordnung 19896: Kommentar (2017) 135. 33 Bundesgesetz über die Haftung der Gebietskörperschaften und der sonstigen Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts für in Vollzie-
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befugt, als Träger der Hoheitsverwaltung die entsprechenden Hoheitsakte zu erlassen. Das F-VG gilt für Gemeindeverbände nicht. Gemeindeverbände sind nur mittelbar, mediatisiert durch die Gemeinden im Finanzausgleich berücksichtigt. Dies ergibt sich schon daraus, dass Gemeindeverbände keine selbständigen Verbands-, sondern Gemeindeaufgaben erfüllen. Lediglich einzelne Bestimmungen des F-VG beziehen sich auch auf Gemeindeverbände, wie etwa § 3 Abs 2, der die Länder ermächtigt, auch Gemeindeverbände in das System der Landesumlagen einzubeziehen.34 Anstelle des F-VG gelten landes- oder bundesgesetzliche Bestimmungen über die Kostenregelungen. Gemeindeverbände haben, anders als Gemeinden, auch keine Abgabenhoheit nach dem F-VG. Allerdings kann der Gesetzgeber Gemeindeverbände ermächtigen, Gebühren, Interessentenbeiträge oder privatrechtliche Benützungsentgelte einheben.35 Gemeindeverbände können auch länderübergreifend geschaffen werden. Dazu bedarf es allerdings einer vorangegangenen Art 15a BVG-Vereinbarung.36 Freiwillige Gemeindeverbände werden durch Vereinbarung aller beteiligten Gemeinden geschaffen. Dabei handelt es sich um öffentlichrechtliche Verträge, die zu ihrer Wirksamkeit der Genehmigung der LReg bedürfen. Sie haben eine Satzung zu erlassen, die wiederum durch die LReg genehmigt werden muss. Die Inhalte der Satzung sind in § 33 TGO genau angeführt. Zwangsverbände bedürfen einer gesetzlichen Grundlage und werden durch VO der LReg eingerichtet. Werden solche Zwangsverbände bundesgesetzlich eingerichtet, so hat die LReg die Satzung zu beschließen.37 hung der Gesetze zugefügte Schäden (Amtshaftungsgesetz), BGBl 1949/20 idF BGBl 2013/122. 34 VfSlg 14.457/1996; Ruppe, § 3 F-VG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (2000) Rz 14. 35 S Stolzlechner, Art 116a Rz 6. 36 Art 116a Abs 6 B-VG und Art 77 Abs 4 TLO 1989; diese Möglichkeit besteht nur für freiwillige Gemeindeverbände; s Stolzlechner, Art 116a Rz 38; Mayer/Kucsko-Stadlmayer/Stöger, Grundriss des österreichischen Bundesverfassungsrechts11 (2015) Rz 898/1; s die Kommentierung von A. Wimmer, Art 77 (in diesem Band) Rz 25 ff. 37 § 131 TGO; zB Standesamts- und Staatsbürgerschaftsverbände iSd § 5 Abs 5 PStG 2013 (Bundesgesetz über die Regelung des Personenstandswesens (Personenstandsgesetz 2013), BGBl 2013/16 idF BGBl 2018/104).
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§§ 134 ff TGO regeln die innere Organisation der Gemeindeverbände. Für jeden Gemeindeverband sind jedenfalls die Verbandsversammlung und der Verbandsobmann vorzusehen. Für Gemeindeverbände mit mehr als sieben Gemeinden kann überdies ein Verbandsausschuss gebildet werden, der für Gemeindeverbände mit mehr als zwölf Gemeinden obligatorisch ist. Zwingend ist auch ein Überprüfungsausschuss zu wählen (§ 138 TGO) sowie eine Geschäftsstelle als administrativer Hilfsapparat einzurichten (§ 139 TGO). Gemeindeverbände können für einzelne Zwecke der Verwaltung gebildet werden, es sind jedoch auch Mehrzweckverbände zulässig. Wird ein Gemeindeverband im eigenen Wirkungsbereich tätig, unterliegt er der Gemeindeaufsicht.38 Hier gelten die Bestimmungen über die Aufsicht über die Gemeinden sinngemäß. Wird ein Gemeindeverband im übertragenen Wirkungsbereich tätig, so werden die Geschäfte vom Verbandsobmann nach den Weisungen staatlicher Behörden geführt. Der Verbandsobmann kann einzelne Mitglieder des Verbandsausschusses mit konkreten Agenden mandatsmäßig betrauen. § 142a TGO regelt auf der Grundlage von Art 77a TLO 198939 die Bildung und Tätigkeit von Verwaltungsgemeinschaften. Verwaltungsgemeinschaften dienen der gemeinschaftlichen Geschäftsführung mehrerer Gemeinden und stellen Hilfsorgane dar, die im Namen und Auftrag der Gemeinde handeln.40 Sie haben keine Rechtspersönlichkeit und können daher auch keine behördlichen Funktionen wahrnehmen. Die Bildung von Verwaltungsgemeinschaften erfolgt durch einen öffentlich-rechtlichen Vertrag nach Art 116b B-VG.41 Das Handeln der Verwaltungsgemeinschaft wird der jeweiligen Gemeinde zugerechnet.
38 S Art 119 Abs 10 B-VG. 39 S die Kommentierung von A. Wimmer, Art 77a (in diesem Band). 40 S Kemptner/Sturm, Zusammenarbeit Rz 115; Brandmayr et al, Kommentar 286. 41 S Bußjäger, Neue Perspektiven der Gemeindezusammenarbeit? Die B-VGNov BGBl I 2011/60 und ihre Relevanz für die interkommunale Kooperation, JRP 2012, 99.
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VII. Teil Schluß- und Übergangsbestimmungen Artikel 79 Inkrafttreten, Außerkrafttreten früherer Rechts vorschriften (1) Dieses Landesverfassungsgesetz tritt mit 1. März 1989 in Kraft. (2) Gleichzeitig treten außer Kraft: a) die Tiroler Landesordnung 1953, LGBl. Nr. 24, in der Fassung der Landesverfassungsgesetze LGBl. Nr. 34/1964, 29/1965, 5/1975, 89/1976, 48/1980 und 9/1985; b) das Landes-Wiederverlautbarungsgesetz, LGBl. Nr. 33/1982; c) der 1. Abschnitt (§§ 1 bis 8) des Gesetzes über das LandesKontrollamt, LGBl. Nr. 4/1983. LGBl samt Erläuterungen: LGBl 1988/61 (X. GP AA 141/88 AB 141/88)
Die Bestimmung des Art 79 Abs 1 TLO 1989 regelt das Inkrafttreten, 1 das hinsichtlich des Datums etwa einen Monat vor Zusammentritt des seinerzeit neu gewählten LT am 04.04.1989 erfolgte. Die Bestimmungen des Art 79 Abs 2 TLO 1989 regeln das Außerkraft- 2 treten bestimmter, durch die TLO 1989 ersetzter Landes(verfassungs) gesetze. Dies betrifft neben der TLO 1953, die mit der TLO 1989 zur Gänze ersetzt wurde, auch das Landes-Wiederverlautbarungsgesetz1, dessen Inhalte nunmehr in Art 41 TLO 1989 enthalten sind2 sowie den 1. Abschnitt des Landes-KontrollamtsG 19823, der seinerzeit Landesverfassungsrang hatte und nunmehr in den Bestimmungen über den
1 LGBl 1982/33. 2 Vgl Wallnöfer, Art 41 (in diesem Band). 3 Gesetz vom 16. November 1982 über das Landes-Kontrollamt, LGBl 1983/4 idF LGBl 1989/80.
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LRH in den Art 67 bis 70a TLO 1989 enthalten ist.4 Die übrigen, einfachgesetzlichen Bestimmungen des Landes-KontrollamtsG 1982 traten mit LGBl 1989/80 außer Kraft, seit 2003 gilt das LRechnungshofG.
4
S die EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 89. Vgl dazu auch die Kommentierungen von Kahl zu Art 67 bis 70a (in diesem Band).
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Artikel 80 Übergangsbestimmungen (1) Akte der Vollziehung und sonstige Rechtsakte auf Grund der im Art. 79 Abs. 2 genannten Rechtsvorschriften, insbesondere Wahlen und Bestellungen von Organen des Landes Tirol, werden durch das Inkrafttreten dieses Landesverfassungsgesetzes nicht berührt. (2) Die Art. 61, 62 und 63 in der Fassung Art. I Z 9 des Landesverfassungsgesetzes LGBl. Nr. 53/2017 sind erstmals für den Landesvoranschlag und den Landesrechnungsabschluss für das Finanzjahr 2019 anzuwenden. Der Landesvoranschlag für das Finanzjahr 2019 ist bereits auf der Grundlage dieser Bestimmungen zu erstellen. Der Landesrechnungsabschluss für das Kalenderjahr 2018 ist auf der Grundlage von Art. 63 in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2018 geltenden Fassung zu erstellen. LGBl samt Erläuterungen: LGBl 1988/61 (X. GP AA 141/88 AB 141/88); LGBl 2017/53 (XVI. GP RV 69/17 AB 69/17)
Der ausdrückliche Vorbehalt in Art 80 Abs 1 TLO 1989 dient der Klar- 1 stellung, dass Rechtsakte auf Grund der durch Art 79 TLO 1989 aufgehobenen Gesetze durch das Außerkrafttreten ihrer gesetzlichen Grundlage ihre rechtliche Wirkung nicht verlieren.1 Die neuen, mit TLO-Nov 20172 novellierten haushaltsrechtlichen Be- 2 stimmungen des 2. Abschnitts des X. Teiles3 waren erstmals für das Finanzjahr 2019 anzuwenden; Art 80 Abs 2 TLO 1989 enthält die dazu erforderlichen Überleitungsregelungen. Für den Landesvoranschlag des Finanzjahres 2019 ergab sich die Anwendbarkeit des novellierten Art 62 TLO 1989 erst aus der Übergangsbestimmung des Art 80 Abs 2, zumal der gesamte neu gefasste 2. Abschnitt des X. Teiles der TLO 1989 erst mit 01.01.2019 in Kraft trat.4 1 2 3 4
S die EB zur StF LGBl 1988/61, Tir LT X. GP, GZ 141/88, 95. LGBl 2017/53. Vgl die Kommentierungen von Th. Müller zu Art 61 bis 63 (in diesem Band). S Art IV Abs 2 des LGBl 2017/53.
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Artikel 81 Geschlechtsspezifische Bezeichnungen Soweit in diesem Landesverfassungsgesetz oder in anderen Landesgesetzen für die Bezeichnung von Funktionen die männliche Form verwendet wird, ist für den Fall, daß eine Frau eine solche Funktion innehat, für die Bezeichnung der Funktion die entsprechende weibliche Form zu verwenden. Gleiches gilt umgekehrt für den Fall, daß für die Bezeichnung von Funktionen die weibliche Form verwendet wird. Diese Grundsätze gelten gleichermaßen für die Verwendung sonstiger personenbezogener Bezeichnungen. LGBl samt Erläuterungen: LGBl 1998/104 (XII. GP RV 230/98 AB 230/98); LGBl 2012/147 (XV. GP RV 562/12 AB 562/12) Judikatur: VfSlg 13.373/1993 (Zulässigkeit von Generalklauseln in Gesetzen) Literatur: Ranacher/Wolf, Rechtsbereinigung und Deregulierung in Tirol, JRP 2018, 172 (177); Schwamberger/Ranacher, Tiroler Landesordnung 19896: Kommentar (2017) 160
1 Diese Bestimmung wurde mit der TLO-Nov 19981 in die TLO 1989 aufgenommen. Durch die TLO-Nov 20122 wurde Art 81 TLO 1989 um den letzten Satz erweitert, um klarzustellen, dass die für die geschlechtsspezifische Bezeichnung von Funktionen festgelegten Grundsätze gleichermaßen für die Verwendung sonstiger personenbezogener Bezeichnungen gelten sollen.3 Vergleichbare Regelungen enthalten auch die Landesverfassungen von Ktn, OÖ und Sbg4, die fakultative Verwendung der Bezeichnungen sieht die entsprechende Bestimmung in NÖ vor.5 Nach Ansicht des VfGH ist der geschlechtsneutrale Gebrauch der männlichen Sprachform durch den Gesetzgeber in Form von Generalklauseln zulässig. Dies steht einer Verwendung der Be1 LGBl 1998/104. 2 LGBl 2012/147. 3 S die EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 2012/147, Tir LT XVI. GP, GZ 562/12, 25 f. 4 Art 37 K-LVG, Art 5a OÖ L-VG, Art 7 Abs 2 Sbg L-VG. 5 Art 7a NÖ LV 1979.
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zeichnung in einer das Geschlecht der betroffenen Person zum Ausdruck bringenden Form nicht entgegen.6 Die Bestimmung des Art 81 TLO 1989 wird nicht nur in Bezug auf LG 2 angewandt, sondern in der Praxis auch auf in ihrer Durchführung ergehende VO erstreckt,7 zumal deren Inhalte durch das Gesetz hinreichend vorbestimmt sein müssen, sodass darin gesetzliche Begriffe grds gleich zu verwenden sind. Nicht zuletzt auf Grund der landesverfassungsrechtlichen Vorgabe des 3 Art 81 TLO 1989 sind idR personenbezogene Bezeichnungen in LG in einer Form verfasst, meist in der männlichen (generisches Maskulinum). Vereinzelt werden sowohl die männliche als auch die weibliche Form8 bzw auch durchwegs weibliche Bezeichnungen gebraucht.9 Diese anknüpfend an Art 81 TLO 1989 gepflogene legistische Praxis, wonach in Rechtsvorschriften des Landes – soweit keine geschlechtsneu trale Formulierung möglich ist – idR durchgängig entweder die männliche oder die weibliche Form verwendet wird, dient der besseren Verständlichkeit und Lesbarkeit der Rechtsvorschriften. Bislang in einzelnen LG vorhandene Bestimmungen über die sprachli- 4 che Gleichbehandlung wurden jeweils unter Verweis auf die generell für alle LG unmittelbar geltende Anordnung des Art 81 TLO 1989 in Einzelnovellen bzw mit § 2 Abs 4 des Tiroler Rechtsbereinigungsgesetzes 201710 aufgehoben.11 Damit kommt der Bestimmung hinsichtlich der damit verbundenen Normenreduktion auch ein rechtsbereinigender Charakter zu.12
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VfSlg 13.373/1993. Dies dürfte in verfassungskonformer Interpretation auch im Hinblick auf VfSlg 20.258/2018 gelten; vgl dazu etwa zur Generalklausel des § 56 VwGVG jüngst Rath-Kathrein, § 56 VwGVG, in Bumberger et al (Hg), VwGVG (2019) Rz 6. 7 Schwamberger/Ranacher, Landesordnung 160. 8 Vgl etwa das Gesetz vom 17. November 2004 über die Gleichbehandlung im Landesdienst (Landes-Gleichbehandlungsgesetz 2005 – L-GlBG 2005), LGBl 2005/1 idF LGBl 2019/138, die Tir GO LT oder das TNSchG 2005 in Bezug auf die Bestimmungen über den Landesumweltanwalt. 9 Vgl etwa das TTHG oder das TKJHG. 10 Gesetz vom 1. Februar 2017 über eine weitere allgemeine Rechtsbereinigung in Tirol, LGBl 2017/32. 11 S die EBRV zur Nov der TLO 1989 LGBl 2017/32, Tir LT XVI. GP, GZ 625/16, 4. 12 Ranacher/Wolf, JRP 2018, 177.
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Landesverfassungsgesetz vom 18. November 1992 über die Mitwirkung des Landes Tirol in Angelegenheiten der europäischen Integration LGBl samt Erläuterungen: LGBl 1993/17 (XI. GP RV 312/92 AB 312/92) Literatur: Bußjäger, Die Mitwirkung der österreichischen Länder an Vorhaben im Rahmen der EU, in Hummer/Obwexer (Hg), 10 Jahre EU‑Mitgliedschaft Österreichs (2006) 55 ff; Bußjäger, Mitwirkung der Länder an der Rechtsetzung in der Europäischen Union, in Griller et al (Hg), 20 Jahre EU-Mitgliedschaft Österreichs (2015) 359 ff; Eppler/Maurer (Hg), Europapolitische Koordination in Österreich (2019); Gamper, Mitwirkung des nationalen Parlaments an der Subsidiaritätskontrolle, in Griller et al (Hg), 20 Jahre EU-Mitgliedschaft Österreichs (2015) 339 ff; Lopatka, Die Stellung der österreichischen Bundesländer in der unionalen Rechtsetzung (2020); Obwexer, Auswirkungen des Vertrages von Lissabon auf die Bundesländer Österreichs, in Rosner/Bußjäger (Hg), Im Dienste der Länder – im Interesse des Gesamtstaates – FS 60 Jahre Verbindungsstelle der Bundesländer (2011) 361 ff; Öhlinger/Konrath, Die neue Rolle der nationalen Parlamente in der Europäischen Union, in Ennöckl et al (Hg), FS B. Raschauer (2013) 399 ff; Pernthaler, Das Länderbeteiligungsverfahren an der europäischen Integration (1992); Ranacher, Die österreichischen Länder als Akteure im Prozess der europäischen Rechtsetzung – Erfahrungen und Perspektiven, in Busek/ Hummer (Hg), Die Konstitutionalisierung der Verbandsgewalt in der (neuen) Europäischen Union (2006) 217 ff; Ranacher, Rechtliche Aspekte der Subsidiaritätskontrolle unter Berücksichtigung der Lissabon-Begleitnovelle, in Rosner/ Bußjäger (Hg), Im Dienste der Länder – im Interesse des Gesamtstaates – FS 60 Jahre Verbindungsstelle der Bundesländer (2011) 387 ff; Ranacher, Bezüge zur Europäischen Union, in Pürgy (Hg), Das Recht der Länder I (2012) 87 ff; Rosner, Koordinationsinstrumente der österreichischen Länder (2000) 56 ff; Rosner, Das österreichische Länderbeteiligungsverfahren: Rechtslage und Staatspraxis, in Hammer/Bußjäger (Hg), Außenbeziehungen im Bundesstaat (2007) 41 ff; Schäffer, Österreichs Beteiligung an der Willensbildung in der Europäischen Union, insbesondere an der europäischen Rechtsetzung, ZÖR 50 (1996), 3 ff; Sonntag, Europaausschüsse in Bund und Ländern (2008); Unterlechner, Die Mitwirkung der Länder am EU-Willensbildungs-Prozeß (1997)
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Vorbemerkungen I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben..................................... 1 A. Länderbeteiligungsverfahren.................................................. 1 B. Subsidiaritätskontrolle............................................................. 4 II. Unionsrechtliche Vorgaben.......................................................... 7 A. Status der Länder in der Europäischen Union..................... 7 B. Subsidiaritätskontrolle............................................................. 9 III. Entstehungsgeschichte.................................................................. 10
I. Bundesverfassungsrechtliche Vorgaben A. Länderbeteiligungsverfahren 1 Das EUInt-LVG enthält Durchführungsregelungen für das Länderbeteiligungsverfahren, wie es in Art 23d Abs 1, 2 und 4 B-VG grundgelegt und in der Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern gem Art 15a B-VG über die Mitwirkungsrechte der Länder und Gemeinden in Angelegenheiten der europäischen Integration (Bu/Lä-Vb)1 sowie in der Vereinbarung gem Art 15a B-VG über die gemeinsame Willensbildung der Länder in Angelegenheiten der europäischen Integration (Lä/Lä-Vb)2 näher ausgeführt wird. Das Länderbeteiligungsverfahren soll den durch die Übertragung von Zuständigkeiten auf die EU eingetretenen Verlust von Landeskompetenzen durch eine spezifische Mitwirkung der Länder in der sog aufsteigenden Phase europäischer Rechtsetzung kompensieren (sog kompensatorische Partizipation).3 1
Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern gemäß Art 15a B-VG über die Mitwirkungsrechte der Länder und Gemeinden in Angelegenheiten der europäischen Integration, LGBl 1993/7; Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern gemäß Art 15 a B-VG über die Mitwirkungsrechte der Länder und Gemeinden in Angelegenheiten der europäischen Integration, BGBl 1992/775 idF BGBl I 2008/2. 2 Vereinbarung gemäß Art 15a B‑VG über die gemeinsame Willensbildung der Länder in den Angelegenheiten der europäischen Integration, LGBl 1993/18. 3 Zu Genesis, Zielsetzung und Ausgestaltung des Länderbeteiligungsverfahrens vgl nur Pernthaler, Länderbeteiligungsverfahren 11 ff; Schäffer, ZÖR 50 (1996), 25 ff sowie zusammenfassend Egger, Art 23d B‑VG, in Kneihs/ Lienbacher (Hg), Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht (2017) Rz 3 ff und Öhlinger/Konrath, Art 23d B-VG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (2013) Rz 2 ff.
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Vorbemerkungen EUInt-LVG
Zu diesem Zweck wird den Ländern in Angelegenheiten ihres selbstständigen Wirkungsbereichs bundesverfassungsgesetzlich ein Einfluss auf die Gestaltung der österr Position im Rahmen der politischen Willensbildung auf EU-Ebene eingeräumt. Adressaten der Länderbeteiligung sind die zur Vertretung Österreichs gegenüber der EU zuständigen Organe des Bundes; es handelt sich also um eine innerstaatlich vorgesehene Form der mittelbaren Mitwirkung in EU-Angelegenheiten. Die Schaffung dieser innerstaatlichen Ländermitwirkung in EUAngelegenheiten lässt sich als wesentliche Modifikation des bundesstaatlichen Bauprinzips aus Anlass des EU-Beitritts begreifen. Daraus folgt, dass jedenfalls ihre Beseitigung nur im Rahmen einer (neuerlichen) Gesamtänderung der Bundesverfassung möglich wäre.4 Konkret können die Länder in Bezug auf Vorhaben im Rahmen der 2 EU, die Angelegenheiten der Landesgesetzgebung betreffen,5 durch eine sog einheitliche Stellungnahme6 eine Bindung des Bundes bei Verhandlungen und Abstimmungen in der EU herbeiführen.7 Im Übrigen sind Länderstellungnahmen zu EU-Vorhaben vom Bund bei der Festlegung des Standpunktes der Republik Österreich „entsprechend zu erwägen“, für diesen aber rechtlich nicht verbindlich (sog allgemeine Stellungnahmen; in der Praxis werden diese, wenn sie von allen Ländern mitgetragen werden, als gemeinsame Länderstellungnahmen bezeichnet).8 Auch wenn sich das Länderbeteiligungsverfahren zwischen Bund und Ländern in der Praxis sehr gut eingespielt hat, in der administrativen Durchführung durch die Bürokratien des Bundes und 4 Vgl Bußjäger, Mitwirkung 55, der zudem auch eine wesentliche Schwächung der innerstaatlichen EU-Mitwirkungsrechte der Länder nur im Rahmen einer (neuerlichen) Gesamtänderung für zulässig erachtet; dem im Wesentlichen folgend Ranacher, Bezüge 113; aA Egger, Art 23d Rz 1; Öhlinger/ Konrath, Art 23d Rz 5. 5 Zum Begriff s näher bei Ranacher, § 3 EUInt-LVG (in diesem Band) Rz 3. 6 Zur Kreation einheitlicher Länderstellungnahmen s bei Ranacher/Sonntag, § 1 EUInt-LVG (in diesem Band) Rz 2. 7 Art 23d Abs 2 B-VG, Art 6 Abs 1 Bu/Lä-Vb. Mit Stand 01.01.2020 haben die Länder insgesamt 137 den Bund bindende einheitliche Stellungnahmen iSv Art 23d Abs 2 B-VG erstattet, davon 15 im Jahr 2017, elf im Jahr 2018 und vier im Jahr 2019. Von einer solchen einheitlichen Stellungnahme der Länder darf der Bund bei Verhandlungen und Abstimmungen in der EU nur aus zwingenden integrations- und außenpolitischen Gründen abweichen. 8 Art 5 Bu/Lä-Vb. Für eine Typologie der Länderstellungnahmen vgl nur Rosner, Länderbeteiligungsverfahren 44 f.
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der Länder mit wenigen Ausnahmen9 funktioniert10 und der Bund die Bindungswirkung einheitlicher Länderstellungnahmen in aller Regel beachtet,11 können dadurch die durch die EU-Mitgliedschaft bewirkten Verluste autonomer Entscheidungsbefugnisse der Länder naturgemäß nicht ausgeglichen werden. 3 Dies gilt va für die LT, die auch wegen der strukturell bedingten Exekutivlastigkeit des Länderbeteiligungsverfahrens im gesamten Prozess tendenziell an den Rand gedrängt werden.12 Das insb die landesinterne Willensbildung über Landesgesetzgebungszuständigkeiten berührende
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Verschiedentlich müssen die Länder an die umfassende Reichweite der Informationsverpflichtung des Bundes erinnern (etwa in Bezug auf Ratsdokumente, die als Limité gekennzeichnet sind; vgl dazu die Gemeinsame Länderstellungnahme, VSt-2809/505 vom 12.12.2011). 10 Vgl für ein illustratives Bsp Büchel-Germann/Kraft, Länderbeteiligungsverfahren dargestellt an der Patientenmobilitätsrichtlinie, in Rosner/Bußjäger (Hg), Im Dienste der Länder – im Interesse des Gesamtstaates – FS 60 Jahre Verbindungsstelle der Bundesländer (2011) 539 ff. Für einen umfassenderen Befund vgl etwa Bußjäger, Mitwirkung der Länder 359 (insb 368 ff) oder Rosner, Europa der Regionen oder Aushöhlung des Föderalismus? – Mitwirkungsmöglichkeiten der Länder auf europäischer und bundesstaatlicher Ebene, in Eppler/Maurer (Hg), Europapolitische Koordination in Österreich (2019) 287 (288 ff). S auch die jährliche Berichterstattung in den vom Institut für Föderalismus herausgegebenen Berichten über den Föderalismus in Österreich. 11 In – seltenen – Fällen eines Abweichens von einheitlichen Länderstellungnahmen mussten die Länder den Bund wiederholt an seine Rechtfertigungspflicht erinnern (zuletzt Beschluss der Landesamtsdirektorenkonferenz vom 17. April 2015 betreffend Einheitliche Länderstellungnahmen zu EURechtsvorhaben; Abweichungen des Bundes, VSt-6915/3 vom 17.04.2015; Beschluss der Landesamtsdirektorenkonferenz vom 26. April 2018 betreffend Einheitliche Länderstellungnahmen zu EU-Rechtsvorhaben; wiederholte Abweichungen des Bundes, VSt-6915/6 vom 26.04.2018); vgl dazu auch Institut für Föderalismus (Hg), 43. Bericht über den Föderalismus in Österreich (2018) (2019) 90 f. 12 Vgl dazu den Befund bei Bußjäger, Mitwirkung der Länder 377 f und 381, und bei Staudigl, Wie europafähig ist Tirol? Die europapolitischen Strategien eines Landes, in Eppler/Maurer (Hg), Europapolitische Koordination in Österreich (2019) 307 (315 f). Zur generellen Stärkung der Exekutive gegenüber der Legislative im europapolitischen Kontext vgl etwa Eppler/Maurer, Die Koordination der österreichischen Europapolitik: Konzeptionelle Überlegungen und Übersicht, in dies (Hg), Europapolitische Koordination in Österreich (2019) 19 (35 ff).
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Vorbemerkungen EUInt-LVG
Vorhaben im Rahmen der europäischen Integration13 regelnde EUInt-LVG will dem durch Informationsverpflichtungen der LReg14 und korrespondierende Entschließungsrechte des LT15 entgegenwirken und so eine angemessene Einbeziehung des LT in diese Willensbildung sicherstellen.16 Wie die Staatspraxis zeigt, gelingt das nur sehr eingeschränkt.17 Die Gründe dafür sind einerseits struktureller Natur: So wird der vom LT eingenommene Standpunkt im weiteren Verfahren „doppelt mediatisiert“,18 sodass seiner tatsächlichen Einflussnahme auf die österr Position zu einem bestimmten Vorhaben von vornherein enge Grenzen gesetzt sind. Andererseits macht der Tir LT von seinem im Gegenstand bestehenden Entschließungsrecht äußerst selektiv Gebrauch.19 Auch die anderen Landesparlamente, die über vergleichbare Mitwirkungsmöglichkeiten verfügen, nutzen diese faktisch kaum.20 Konkret bestehen entsprechende Regelungen in fünf anderen Ländern (Bgld, OÖ, Sbg, Stmk und Vbg), zT in der Landesverfassung selbst,21 zT – wie in Tirol – auf eigenständiger landesverfassungsgesetzlicher Grundlage.22 13 14 15 16 17 18 19 20
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Zum Begriff s näher bei Ranacher, § 3 EUInt-LVG (in diesem Band) Rz 3. S dazu bei Ranacher, § 3 EUInt-LVG (in diesem Band) Rz 1. S dazu bei Ranacher, § 4 EUInt-LVG (in diesem Band) Rz 1 f. Vgl dazu auch die EBRV zur StF des EUInt-LVG LGBl 1993/17, Tir LT XI. GP, GZ 312/92, 4 f. Am diesbezüglichen Befund bei Ranacher, Länder 222 ff hat sich in den letzten knapp 15 Jahren nichts geändert. Nämlich zunächst durch die für die Vertretung gegenüber dem Bund zuständige LReg und in weiterer Folge durch die für die Vertretung Österreichs gegenüber der EU zuständigen Organe des Bundes. S unten Ranacher, § 4 EUInt-LVG (in diesem Band) Rz 5. Vgl dazu auch Staudigl, Tirol 316. S wiederum den Befund bei Bußjäger, Mitwirkung der Länder 377; für einen Überblick über die Praxis in den anderen Ländern in den ersten zehn Jahren nach dem EU-Beitritt vgl ders, Die Beteiligung nationaler und regionaler Parlamente an der EU-Rechtsetzung – Chance oder Vortäuschung von Partizipation?, in Gamper/Bußjäger (Hg), Subsidiarität anwenden: Regionen, Staaten, Europäische Union (2005) 33 (44 f). Vgl auch Sonntag, Europaausschüsse 44 ff. Art 83 Bgld L-VG, Art 50a und 50b Sbg L-VG, Art 23 Abs 3 Stmk L-VG iVm § 32c Stmk GO LT, Art 55 Vbg LV; für einen Überblick vgl auch Lopatka, Stellung 314 ff. Landesverfassungsgesetz vom 3. Dezember 1993 über die Beteiligung des Landes Oberösterreich an der europäischen Integration, OÖ LGBl 1994/7.
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B. Subsidiaritätskontrolle 4 Vom Länderbeteiligungsverfahren zu unterscheiden ist die Einbeziehung des LT in Angelegenheiten der Subsidiaritätskontrolle.23 Die Ziele der Subsidiaritätskontrolle sind dabei andere als jene des Länderbeteiligungsverfahrens: Erstere dient ausschließlich der Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips und damit mittelbar (auch) der Bewahrung von Gestaltungsspielräumen der Länder im Rahmen der ihnen nach der Kompetenzverteilung der Bundesverfassung zukommenden Gesetzgebungs- und Vollzugszuständigkeiten durch Verhinderung einer nach Art 5 Abs 3 EUV unzulässigen Kompetenzausübung durch die EU.24 Letzteres ist allgemein auf die Beeinflussung bzw, soweit Angelegenheiten der Landesgesetzgebung betroffen sind, verbindliche Festlegung der österr Position zu einem Vorhaben im Rahmen der EU ausgerichtet und bezweckt dadurch insb auch eine entsprechende Einflussnahme auf die Willensbildung der Vertreter der Regierungen der MS im Rat. Schließlich sind beide Formen der Ländermitwirkung unterschiedlichen Staatsgewalten zugeordnet: Während die Subsidiaritätskontrolle – schon unionsrechtlich – die Parlamente der MS einschließlich der ggf zu konsultierenden regionalen Parlamente unmittelbar in den europäischen Rechtsetzungsprozess einbezieht und als Adressaten dieser Mitwirkung die im Gesetzgebungsverfahren tätig werdenden Organe der EU bestimmt,25 ist die exekutiv ausgerichtete innerstaatliche Länderbeteiligung auf Ebene der LReg angesiedelt; ihr Adressat ist der Bund, konkret der Österreich bei Verhandlung und Abstimmungen im Rahmen der EU vertretende BM.26 5 Nach Art 23g Abs 3 B-VG hat der BR die LT unverzüglich über alle Entwürfe von Gesetzgebungsakten im Rahmen der EU zu unterrichten und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.27 Bei der 23 Zu den unionsrechtlichen Grundlagen gleich im Folgenden Rz 9. 24 Zum Charakter des Subsidiaritätsprinzips als Kompetenzausübungsschranke s im Folgenden Rz 9. 25 Zur Aufwertung der nationalen Parlamente durch den Vertrag von Lissabon, insb durch die Verankerung ihrer Rolle im Gefüge der EU im neuen Art 12 EUV und im Protokoll Nr 1 über die Rolle der nationalen Parlamente in der EU sowie ihre Aufgaben im Rahmen der Subsidiaritätskontrolle vgl etwa Öhlinger/Konrath in FS B. Raschauer 406 ff. 26 S dazu vorstehend Rz 1 f. 27 Diese umfassende Informationspflicht des BR gegenüber den LT ist dabei im Vergleich zur Informationspflicht des Bundes gegenüber den Ländern nach
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Vorbemerkungen EUInt-LVG
Beratung und Beschlussfassung über eine Subsidiaritätsrüge hat der BR die Stellungnahmen der LT zu erwägen und die LT in weiterer Folge über solche Beschlüsse zu unterrichten.28 Eine Stellungnahme des LT an den BR nach Art 23g Abs 3 erster Satz B-VG ist rechtlich als Entschl zu qualifizieren. Einer (zusätzlichen) landesverfassungsgesetzlichen Ermächtigung des LT zur Abgabe einer solchen Stellungnahme bedarf es nicht, weil Art 23g Abs 3 erster Satz B-VG ein diesbezügliches Entschließungsrecht bereits beinhaltet. Soll aber die Abgabe einer Stellungnahme nach Art 23g Abs 3 erster Satz B-VG an einen Ausschuss des LT delegiert werden, dann ist dafür eine landesverfassungsgesetzliche Grundlage erforderlich.29 Diese – neuere – (mittelbare) Mitwirkungsmöglichkeit des LT an der 6 EU-Rechtsetzung im Rahmen der Subsidiaritätskontrolle ist – im Unterschied zu anderen Ländern30 – im EUInt‑LVG nach wie vor nicht abgebildet. Gleichwohl können einzelne seiner Bestimmungen in diesem Kontext analog angewandt werden, um die Handlungsfähigkeit des LT innerhalb der vorgegebenen Fristen31 sicherzustellen. Zudem arbeiten die Länder zum Zweck der Effektuierung der Subsidiaritätskontrolle im Rahmen einer ständigen Länderexpertenkonferenz Subsidiaritätskontrolle bei der Prüfung und Weiterverfolgung von EU-
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Art 23d Abs 1 B-VG einerseits weiter, da sie sich ausnahmslos auf alle Gesetzgebungsakte bezieht und nicht nur auf solche, die den selbstständigen Wirkungsbereich der Länder berühren oder sonst für sie von Interesse sein könnten. Andererseits ist sie enger, weil sie nur Entwürfe für Gesetzgebungsakte und nicht jedwede Vorhaben im Rahmen der EU betrifft. Zur Entwicklung der diesbezüglichen Zusammenarbeit zwischen BR und LT vgl Bachmann, Die Dynamisierung des österreichischen Bundesrates in der EU-Politik und sein Zusammenwirken mit anderen europapolitischen Akteuren, in Eppler/Maurer (Hg), Europapolitische Koordination in Österreich (2019) 223 (247 ff); s auch Lopatka, Stellung 295 ff. S dazu auch bei Ranacher, § 4 EUInt-LVG (in diesem Band). Näher zu all dem etwa Egger, Art 23g B-VG, in Kneihs/Lienbacher (Hg), Rill-SchäfferKommentar Bundesverfassungsrecht (2019); Gamper, Mitwirkung 347 ff; Öhlinger/Konrath, Art 23g, 23h B-VG, in Korinek/Holoubek et al (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (2013); Öhlinger/Konrath in FS B. Raschauer 411 ff; Ranacher in FS 60 Jahre Verbindungsstelle der Bundesländer 401 ff; alle mwN. Wie zB in Sbg (Art 50b Abs 4 Sbg L-VG), in der Stmk (Art 23 Abs 3 Stmk L-VG iVm § 32c Stmk GO LT) und in Vbg (Art 55 Vbg LV). Die Frist für die Abgabe einer Subsidiaritätsrüge durch den BR beträgt gem Art 6 Abs 1 Subsidiaritätsprotokoll lediglich acht Wochen.
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Initiativen vor dem Hintergrund von Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit zusammen,32 wodurch auch eine bis zu einem gewissen Grad institutionalisierte und formalisierte Vernetzung zwischen den mit Angelegenheiten der Subsidiaritätskontrolle befassten Experten der Ämter der LReg einerseits und den LT bzw dem BR andererseits entsteht.33 Ungeachtet dessen werden – ähnlich wie im Rahmen des Länderbeteiligungsverfahrens – auch diese Mitwirkungsrechte vom Tir LT sehr zurückhaltend ausgeübt.34
II. Unionsrechtliche Vorgaben A. Status der Länder in der Europäischen Union 7 Als Gliedstaaten des Bundesstaats Republik Österreich, der seinerseits wiederum MS der EU ist, sind die Länder in das heute etablierte europäische Mehrebenensystem,35 in dem im Zusammenwirken von EU, Nationalstaaten, regionalen und lokalen Einheiten öffentliche Aufgaben erfüllt werden, eingegliedert. Dabei betrachtet die EU ihre MS generell als Einheit und ignoriert – in rechtlicher Hinsicht – deren subnationale Untergliederungen unabhängig von der Staatsform und von deren (staats-)rechtlichen Status.36 Man bezeichnet dies auch als „Lan-
32 Beschluss der Landesamtsdirektorenkonferenz vom 28. April 2010 betreffend die innerstaatliche Umsetzung der Subsidiaritätskontrolle, VSt-5028/71 vom 29.04.2010. 33 Instruktiv dazu Kiefer, Mehr Länderzusammenarbeit durch die Subsidiaritätskontrolle: das arbeitsteilige Modell im Rahmen bestehender Kooperations- und Beteiligungsstrukturen, in Rosner/Bußjäger (Hg), Im Dienste der Länder – im Interesse des Gesamtstaates – FS 60 Jahre Verbindungsstelle der Bundesländer (2011) 413 (insb 419 ff); vgl auch Egger, Art 23g Rz 43; Ranacher in FS 60 Jahre Verbindungsstelle der Bundesländer 408. 34 S bei Ranacher, § 4 EUInt-LVG (in diesem Band) Rz 6. Bislang ist es aufgrund von Mitteilungen des BR im Rahmen der Subsidiaritätskontrolle noch nie zu einer Stellungnahme des Tir LT gekommen. Andere LT sind hier aktiver; für einen Überblick über das Ausmaß der Länderbeteiligung in der Subsidiaritätskontrolle vgl etwa Bußjäger, Mitwirkung der Länder 375 f. 35 Vgl dazu nur Gamper, Staat und Verfassung4 (2018) 84 f und Pernthaler, Österreichisches Bundesstaatsrecht (2004) 311, jeweils mwN. 36 Das Unionsrecht hat diesbezüglich seit jeher den im Völkerrecht anerkannten Grundsatz der Unbeachtlichkeit der inneren Staatsordnung (vgl Art 27 WVK) rezipiert.
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Vorbemerkungen EUInt-LVG
desblindheit“ der EU.37 Diese wird heute insofern etwas relativiert, als sich aus dem Primärrecht zT implizit die Anerkennung eines dreigliedrigen Aufbaus der EU (EU – MS – regionale und lokale Einheiten) ableiten lässt. Zu nennen sind hier insb zwei durch den Vertrag von Lissabon um ausdrückliche Bezugnahmen auf die regionale und lokale Ebene der MS erweiterte Vertragsbestimmungen, nämlich Art 4 Abs 2 EUV38 und Art 5 Abs 3 EUV;39 nach dem Subsidiaritätsprotokoll sind zudem auch die regionalen Parlamente ggf in den Frühwarnmechanismus einzubeziehen.40 Darüber hinaus stehen den subnationalen Einheiten der MS über die Möglichkeit der Entsendung von regionalen Ministern in den Rat41 und über den Ausschuss der Regionen (AdR)42 indirekte Mitwirkungsmöglichkeiten auf europäischer Ebene offen, 37 Der Begriff geht zurück auf Ipsen, Als Bundesstaat in der Gemeinschaft, in Caemmerer et al (Hg), Probleme des Europarechts – FS Hallstein (1966) 248 ff. 38 Wonach die EU die jeweilige nationale Identität der MS achtet, die in ihren grundlegenden politischen und verfassungsmäßigen Strukturen einschließlich der regionalen und lokalen Selbstverwaltung zum Ausdruck kommt. 39 Wonach im Rahmen der Subsidiaritätsprüfung nicht nur die Regelungsmöglichkeiten der MS auf zentraler, sondern ausdrücklich auch auf regionaler und lokaler Ebene zu berücksichtigen sind. Eine wesentliche Änderung im Hinblick auf die Anwendung des Subsidiaritätsprinzips ist freilich mit dieser Präzisierung nicht verbunden. Vgl dazu nur Obwexer in FS 60 Jahre Verbindungsstelle der Bundesländer 365; Ranacher in FS 60 Jahre Verbindungsstelle der Bundesländer 391 f. 40 Näher dazu gleich im Folgenden Rz 9. 41 Ermöglicht durch den offenen Wortlaut des Art 16 Abs 2 EUV. Art 23d Abs 3 B-VG greift diese Möglichkeit auf: Betrifft ein Vorhaben auch Angelegenheiten der Landesgesetzgebung, so kann die BReg die Befugnis, an den Tagungen des Rates teilzunehmen und in diesem Rahmen zu diesem Vorhaben die Verhandlungen zu führen und die Stimme abzugeben, einem von den Ländern namhaft gemachten Mitglied einer LReg übertragen. In der Staatspraxis hat dies jedoch keine maßgebliche Bedeutung erlangt. Vgl dazu nur Egger, Art 23d Rz 49 ff und Öhlinger/Konrath, Art 23d Rz 31 f; jeweils mwN. 42 Art 300, 305 bis 307 AEUV. Im AdR ist jedes Land vertreten, zumal nach Art 23c Abs 4 B-VG der Vorschlag der BReg für die Ernennung von neun österr Mitgliedern des AdR und ihrer Stellvertreter aufgrund von Vorschlägen der Länder (hinsichtlich der restlichen drei österr Mitglieder des AdR aufgrund eines Dreiervorschlags des Österreichischen Gemeindebundes und des Österreichischen Städtebundes) erstellt wird. Zur Praxis der Ländermitwirkung im AdR vgl etwa Staudigl/Bürger, Die österreichische Delegation im Ausschuss der Regionen der EU, in Rosner/Bußjäger (Hg), Im
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Christian Ranacher
die freilich nicht wirklich effektiv sind.43 Auch wenn sich also dem Primärrecht punktuell eine seit dem Vertrag von Lissabon deutlich verstärkte Anerkennung der dritten, subnationalen Ebene im Aufbau der EU entnehmen lassen mag, so ändert dies im Kern nichts am grundlegenden Befund der Landesblindheit der EU.44 8 Mitglied der EU und Adressat der damit verbundenen Rechte und Pflichten ist der als Einheit aufgefasste MS in seiner Gesamtheit, im Falle Österreichs also die Republik Österreich als Ganzes. Der Bund bildet mit den Ländern insofern eine untrennbare Einheit, die nach außen berechtigt und verpflichtet wird. Im Verhältnis zur EU und ihren Organen werden die Länder folglich durch den die Republik nach außen vertretenden Bund mediatisiert: Einerseits liegt nämlich die Zuständigkeit zur Wahrnehmung der Beziehungen Österreichs zur EU und der Mitgliedschaftsrechte innerhalb der EU ausschließlich beim Bund.45 Der Geschäftsverkehr mit den europäischen Institutionen ist daher auch in Landesangelegenheiten über Bundesstellen abzuwickeln.46 Andererseits fehlen auf europäischer Ebene – wie bereits dargelegt – effektive unmittelbare Mitwirkungsmöglichkeiten für subnationale Einheiten. Nicht zuletzt auch deshalb wird die Rolle der Länder in den europäischen Entscheidungs- und Rechtsetzungsprozessen in einem viel gewichtigeren Ausmaß durch die Regelungen des Länderbeteiligungsverfahrens bestimmt, die auf nationaler Ebene eine ausreichende und effektive Mitwirkung in den die Länder und ihre Interessen unmittelbar betr europäischen Angelegenheiten sicherstellen sollen.47
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Dienste der Länder – im Interesse des Gesamtstaates – FS 60 Jahre Verbindungsstelle der Bundesländer (2011) 205 ff. Vgl dazu nur Bußjäger, Mitwirkung der Länder 364 ff; Ranacher, Bezüge 104 ff. Vgl zu all dem nur Ranacher, Bezüge 92 ff, 98 ff und 108 ff. Nämlich als Teil der „äußeren Angelegenheiten“ (Art 10 Abs 1 Z 2 B-VG). Diese umfassende Außenvertretungskompetenz des Bundes erfasst dabei auch jene Angelegenheiten, die innerstaatlich dem eigenen Wirkungsbereich der Länder zuzuordnen sind, sodass diesen formell eine direkte Kontaktaufnahme mit der EU und ihren Organen nicht möglich ist. Dazu nur R anacher, Die Funktion des Bundes bei der Umsetzung des EU-Rechts durch die Länder (2002) 49 ff. ZB Notifikationen an die Kommission, Erfüllung von Berichtspflichten, Vertretung gegenüber der Kommission im Vorverfahren eines Vertragsverletzungsverfahrens, Prozessvertretung vor dem EuGH etc. Eingehend zu all dem Ranacher, Funktion 366 ff. Zum Status der Länder in der EU vgl wiederum nur Ranacher, Bezüge 103 ff mwN.
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Vorbemerkungen EUInt-LVG
B. Subsidiaritätskontrolle Die unionsrechtlichen Grundlagen der Subsidiaritätskontrolle bilden 9 Art 5 Abs 3 EUV,48 der das Subsidiaritätsprinzip primärrechtlich als Kompetenzausübungsschranke grundlegt,49 und das Subsidiaritäts protokoll,50 das einen Mechanismus der (politischen) Kontrolle seiner Einhaltung im EU-Gesetzgebungsverfahren durch die nationalen Parlamente festlegt:51 Danach können diese oder deren Kammern – ggf nach Konsultation der regionalen Parlamente mit Gesetzgebungsbefugnis52 – binnen acht Wochen in einer begründeten Stellungnahme darlegen, weshalb der Entwurf eines Gesetzgebungsakts ihres Erachtens nicht mit dem Subsidiaritätsprinzip vereinbar ist (sog Subsidiaritätsrüge). Diese Stellungnahmen sind im weiteren Rechtsetzungsverfahren zu berücksichtigen. Erreicht die Anzahl begründeter Stellungnahmen das Quorum von einem Drittel,53 so muss der Entwurf formell überprüft werden (sog „Verwarnung“ oder „gelbe Karte“).54 Hat je48 Danach wird die EU in den Bereichen, die nicht in ihre ausschließliche Zuständigkeit fallen, nur tätig, sofern und soweit die Ziele der in Betracht gezogenen Maßnahmen von den MS weder auf zentraler noch auf regionaler oder lokaler Ebene ausreichend verwirklicht werden können, sondern vielmehr wegen ihres Umfanges oder ihrer Wirkungen auf Unionsebene besser zu verwirklichen sind. 49 Zu Funktion, Anwendung und Justiziabilität des Subsidiaritätsprinzips vgl mwN nur Lienbacher, Art 5 EUV, in Schwarze (Hg), EU-Kommentar4 (2019); Schima, Art 5 EUV, in Jaeger/Stöger (Hg), EUV/AEUV (2011) mwN; Ranacher, Das Subsidiaritätsprinzip in der Rechtsprechung des EuGH, in Gamper/Bußjäger (Hg), Subsidiarität anwenden: Regionen, Staaten, Europäische Union (2005) 178 (179 ff). 50 Protokoll Nr 2 über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit, Abl 2007 C 306/01, 150. 51 Zur Subsidiaritätskontrolle und ihrer unionsrechtlichen Ausgestaltung vgl stv nur Gamper, Mitwirkung 339 ff; Öhlinger/Konrath in FS B. Raschauer 411 ff; Ranacher in FS 60 Jahre Verbindungsstelle der Bundesländer 393 ff; eingehend dazu Lopatka, Stellung 181 ff. 52 Für Österreich s schon oben Rz 5 zur verpflichtenden Konsultation der LT durch den BR. Zum analogen Rückgriff auf § 4 Abs 2 EUInt-LVG in diesem Kontext s bei Ranacher, § 4 EUInt-LVG (in diesem Band) Rz 6. 53 Im Bereich des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts beträgt das Quorum lediglich ein Viertel. Jedes Parlament hat dabei zwei Stimmen, in einem Zweikammersystem hat jede der beiden Kammern eine Stimme. 54 Im Zeitraum 2010-2018 wurden lediglich drei „gelbe Karten“ im Zusammenspiel der nationalen Parlamente verteilt. Vgl dazu näher Institut für Föderalismus (Hg), Bericht 158 (Anhang 2).
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Christian Ranacher
doch die Mehrheit der nationalen Parlamente eine Subsidiaritätsrüge erhoben, so muss die Kommission ihren Vorschlag in einer begründeten Stellungnahme im Hinblick auf die Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips gesondert rechtfertigen (sog „orange Karte“).55 Schließen sich ungeachtet dessen der Rat oder das Europäische Parlament den Bedenken der Mehrheit der nationalen Parlamente an, so können sie die weitere Behandlung des Vorschlags mit einer Mehrheit von 55 % der Mitglieder des Rates oder einer einfachen Mehrheit im Europäischen Parlament ablehnen. Schließlich können die MS – diese auch im Namen ihres nationalen Parlaments oder einer Kammer dieses Parlaments – sowie der AdR vor dem EuGH gegen einen Gesetzgebungsakt Nichtigkeitsklage wegen Nichteinhaltung des Subsidiaritätsprinzips erheben (sog Subsidiaritätsklage).56
III. Entstehungsgeschichte 10 Beim EUInt-LVG handelt es sich gegenwärtig um das einzige LVG außerhalb der Stammurkunde der TLO 1989.57 Seine Entstehung hängt eng mit den Entwicklungen im Vorfeld des Beitritts Österreichs zur EU zusammen. Da damals bereits zu erkennen war, dass die beabsichtigte Teilnahme Österreichs am EWR bzw der angestrebte Beitritt zur (damaligen) EG zu einer erheblichen Einschränkung der Gesetzgebungs- und Vollziehungszuständigkeit der Länder zugunsten zwischenstaatlicher bzw supranationaler Organe führen würden, hatten die Länder schon zu Beginn der Integrationsbestrebungen eine entsprechende Mitwirkung in Angelegenheiten der europäischen Integration verlangt.58 Um eine entsprechende Einbindung der Länder sicherzu55 Im selben Zeitraum zeigte sich der BR im Vergleich zum NR diesbezüglich wesentlich aktiver. Vgl dazu den Überblick in Institut für Föderalismus (Hg), Bericht 158 (Anhang 1). Europaweit wurden insgesamt 350 begründete Stellungnahmen verfasst und darin jeweils die Unvereinbarkeit mit dem Subsidiaritätsprinzip dargelegt. 56 Diesbezüglich bestehen keine innerstaatlichen Mitwirkungsrechte der LT; zur Subsidiaritätsklage durch NR und BR vgl Art 23h B-VG. 57 Daneben gibt es nur sieben Landesverfassungsbestimmungen in einfachen LG. Zu dieser Konsolidierung des Verfassungsrechts des Landes Tirol im Zuge einer im Jahr 2017 durchgeführten Rechts- und Verfassungsbereinigung vgl Ranacher/Wolf, Rechtsbereinigung und Deregulierung in Tirol, JRP 2018, 172 (177 f). 58 Diesen Kontext stellen auch die EBRV zur StF des EUInt-LVG LGBl 1993/17, Tir LT XI. GP, GZ 312/92, 1 explizit her.
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Vorbemerkungen EUInt-LVG
stellen wurde bereits 1989 ein „Rat für Fragen der österreichischen Integrationspolitik“ eingerichtet.59 Das Länderbeteiligungsverfahren wurde im Jahr 1992 durch eine B-VG-Nov BGBl 1992/276 in Art 10 Abs 4 bis 6 B-VG förmlich verankert, wodurch den Ländern bereits vor dem EU-Beitritt bundesverfassungsgesetzlich grundgelegte innerstaatliche Mitwirkungsrechte in Angelegenheiten der europäischen Integration eingeräumt wurden.60 Diese Regelungen wurden später geringfügig modifiziert61 in den durch das EU-BegleitBVG62 geschaffenen Art 23d B-VG übernommen.63 Die Erlassung des EUInt-LVG steht im Kontext der erstmaligen bun- 11 desverfassungsgesetzlichen Verankerung entsprechender Mitwirkungsrechte der Länder noch vor dem EU-Beitritt Österreichs. Es wurde wenige Monate nach dem Inkrafttreten der bereits erwähnten B-VGNov BGBl 1992/276 Anfang Juni 1992 am 18.11.1992 im Tir LT beschlossen, ohne dass es zu Änderungen gegenüber der RV kam. Ein im Zuge der Plenarberatungen eingebrachter Zusatzantrag,64 der auf die Einfügung einer Bestimmung über die Öffentlichkeit der Beratungen des Ausschusses für Föderalismus und Integration über Vorhaben im Rahmen der europäischen Integration gerichtet war, fand nicht die erforderliche Mehrheit. In derselben Sitzung wurden vom Tir LT auch die beiden bereits genannten Vereinbarungen gem Art 15a B-VG65 parlamentarisch genehmigt.66 59 Bundesgesetz vom 29. Juni 1989 über die Errichtung eines Rates für Fragen der österreichischen Integrationspolitik, BGBl 1989/368. Seit BGBl I 2001/125 heißt er Rat für Fragen der österreichischen Integrations- und Außenpolitik. Es handelt sich dabei um ein Konsultativorgan in Fragen der österr Integrations- und Außenpolitik, der Erörterung und Koordination integrationspolitischer Entscheidungen und der gegenseitigen Information auf diesem Gebiet, das sich aus Vertretern der BReg, der Länder, der Wirtschafts- und Arbeiterkammer, des Städte- und Gemeindebundes sowie Abg des NR zusammensetzt und in der Staatspraxis keine nennenswerte Bedeutung erlangt hat. 60 Ausführlich dazu etwa Schäffer, ZÖR 50 (1996), 25 ff. 61 Insb „Vorhaben im Rahmen der Europäischen Union“ statt „Vorhaben im Rahmen der europäischen Integration“. Eine inhaltliche Änderung war damit nicht intendiert, RV 27 BlgNR XIX. GP, 6. 62 BGBl 1994/1013. 63 Art 23d Abs 1, 2 und 4 B-VG. Vgl nur Öhlinger/Konrath, Art 23d Rz 4. 64 GZ 265/92. 65 S Rz 1. 66 Diesen Zusammenhang betonen auch die EBRV zur StF des EUInt-LVG LGBl 1993/17, Tir LT XI. GP, GZ 312/92, 4.
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Christian Ranacher
12 Das EUInt-LVG ist am 06.02.1993 in Kraft getreten67 und steht seit seiner Erlassung unverändert in Geltung. Aus diesem historischen Kontext erklärt sich auch, dass es – im Unterschied zu den das Länderbeteiligungsverfahren regelnden bundesverfassungsgesetzlichen Bestimmungen68 – nach wie vor durchgehend von „Angelegenheiten der europäischen Integration“ bzw „Vorhaben im Rahmen der europäischen Integration“ spricht.69 In der Anwendungspraxis sind diese terminologischen Unterschiede gleichwohl ohne Relevanz.70 Auch aus Anlass der Einführung der nunmehr gem Art 23g Abs 3 B-VG vorgesehenen verpflichtenden Konsultation der LT durch den BR im Rahmen der Subsidiaritätskontrolle durch die Lissabon-Begleitnovelle71 verzichtete der Landesverfassungsgesetzgeber – im Unterschied zu anderen Ländern – auf eine entsprechende Ergänzung des EUInt-LVG.72
67 S auch bei § 5. 68 S Rz 1 f. 69 Dasselbe trifft auf die beiden genannten Vereinbarungen gem Art 15a B-VG zu. 70 S auch bei Ranacher, § 3 EUInt-LVG (in diesem Band) Rz 3. 71 BGBl I 2010/57. 72 S schon Rz 5 f.
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§ 1 Integrationskonferenz der Länder (1) Das Land Tirol wirkt zur Wahrung der Interessen des Landes in Angelegenheiten der europäischen Integration an der Integrationskonferenz der Länder nach Maßgabe der Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG über die gemeinsame Willensbildung der Länder in Angelegenheiten der europäischen Integration, LGBl. Nr. 18/1993, mit. (2) Das Land Tirol wird in der Integrationskonferenz der Länder durch den Landeshauptmann und den Landtagspräsidenten vertreten. Das Stimmrecht für das Land Tirol übt der Landeshauptmann aus. § 1 Abs 1 EUInt-LVG verweist hinsichtlich der Mitwirkung des Landes 1 Tirol auf die Lä/Lä‑Vb und die darin eingerichtete Integrationskonferenz der Länder (IKL).1 § 1 Abs 2 EUInt-LVG wiederholt im Wesentlichen die Bestimmungen der Lä/Lä-Vb über die Vertretung des Landes in der IKL durch den LH und den LTPräs2 sowie über die Ausübung des Stimmrechts durch den LH3 und stellt dies auf eine ausdrückliche landesverfassungsgesetzliche Grundlage.4 In Tirol steht die Ausübung des Stimmrechts durch den LH potentiell unter dem Vorbehalt einer Bindung an eine Entschl des LT.5 Die durch die Lä/Lä-Vb als gemeinsame Ländereinrichtung geschaffene IKL ist – wohl auch nicht zuletzt aufgrund der Schwerfälligkeit und offensichtlichen Unpraktikabilität des diesbezüglich vorgesehenen Procederes – in der Praxis der Ländermitwirkung völlig bedeutungslos geblieben; bis dato ist die Konferenz seit ihrer Konstituierung im Jahr 1993 nur ein weiteres Mal zusammengetreten, und zwar im Jahr 1997.6 Angesichts dessen handelt es sich bei 1
Zur IKL vgl nur Rosner, Koordinationsinstrumente 56 ff; Schäffer, ZÖR 50 (1996), 37 ff. 2 Art 2 erster Satz Lä/Lä-Vb. 3 Art 3 Z 3 Lä/Lä-Vb. 4 S dazu auch die EBRV zur StF des EUInt-LVG LGBl 1993/17, Tir LT XI. GP, GZ 312/92, 7. 5 Näher dazu bei Ranacher, § 4 EUInt-LVG (in diesem Band) Rz 1. 6 Dazu etwa Rosner, Koordinationsinstrumente 60. Seither (Stand: 01.01.2020) hat sie nie mehr getagt.
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§ 1
Christian Ranacher/Niklas Sonntag
§ 1 EUInt-LVG derzeit faktisch um totes Recht; dies gilt im Wesentlichen auch für die Lä/Lä‑Vb. 2 Die der IKL zugedachte Aufgabe, gemeinsame Länderinteressen in Angelegenheiten der europäischen Integration wahrzunehmen und wichtige integrationspolitische Fragen zu beraten7 sowie insb die für eine effektive Ländermitwirkung im Rahmen des Länderbeteiligungsverfahrens erforderlichen Beschlüsse zu fassen,8 wird in der Staatspraxis unter Inanspruchnahme der etablierten Koordinationsinstrumente des kooperativen Föderalismus wahrgenommen.9 So wurden und werden an den Bund im Rahmen des Länderbeteiligungsverfahrens gerichtete gemeinsame und einheitliche Länderstellungnahmen10 im Rahmen der Landeshauptleutekonferenz, der Landesamtsdirektorenkonferenz, im Rahmen von Länderexpertenkonferenzen oder im Weg einer Länderumfrage über die Spitzenbürokratien der Länder akkor-
7
So Art 1 Z 1 Lä/Lä-Vb. Den Vorsitz in der IKL übt jener LH aus, der auch in der Landeshauptleutekonferenz den Vorsitz führt, als Geschäftsstelle fungiert die Verbindungsstelle der Bundesländer. Zur Beratung und Vorbereitung von Entscheidungen der IKL wird ein Ständiger Integrationsausschuss der Länder eingerichtet (vgl Art 5, 6 und 7 Lä/Lä-Vb). Die organisatorische Einbettung in die Struktur der Landeshauptleutekonferenz und der Verbindungsstelle der Bundesländer offenbart eine gewisse Parallelität mit den bestehenden Länderkonferenzen, auch die Vorbereitung von Entscheidungen auf beamteter Ebene findet sich ebenso bei der Landeshauptleutekonferenz und den Konferenzen der politischen Fachreferenten. Eine Besonderheit ist die oben erwähnte Teilnahme des LTPräs, die – anders als bei den übrigen Länderkonferenzen – eine Kombination aus Vertretern von Exekutive und Legislative darstellt. 8 Die IKL ist beschlussfähig, wenn mindestens fünf Länder vertreten sind, ein Beschluss kommt zustande, wenn mindestens fünf Länder zustimmen und kein Land eine Gegenstimme erhebt (Art 3 Lä/Lä-Vb). Das Konsensualprinzip wurde der Einstimmigkeit ua deshalb vorgezogen, da nach den Erfahrungen in Deutschland diese eine Länderbeteiligung unmöglich machen würde (vgl Schäffer, ZÖR 50 [1996], 38). 9 Dazu nur Lienbacher/Pürgy, Kooperativer Bundesstaat, in Pürgy (Hg), Das Recht der Länder I (2012) 561 (580 ff); Rosner, Koordinationsinstrumente; ders/Gmeiner, Die Länderkonferenzen, in Rosner/Bußjäger (Hg), Im Dienste der Länder – im Interesse des Gesamtstaates – FS 60 Jahre Verbindungsstelle der Bundesländer (2011) 93 ff. 10 Zur Typologie der Länderstellungnahmen s Ranacher, Vorbemerkungen EUInt-LVG (in diesem Band) Rz 2.
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Integrationskonferenz der Länder
§ 1
diert und verabschiedet, wobei die Koordination durch die Verbindungsstelle der Bundesländer erfolgt.11 Die Bindungswirkung von außerhalb der IKL zustande gekommenen 3 einheitlichen Länderstellungnahmen wird im Schrifttum verschiedentlich bezweifelt.12 Dem ist entgegenzuhalten, dass es Art 6 Abs 2 Bu/Lä-Vb als ausschließliche Sache der Länder bezeichnet, auf welche Art und Weise diese eine einheitliche Länderstellungnahme herbeiführen, und sowohl diese Bestimmung (arg „insbesondere“) als auch Art 4 Lä/Lä-Vb (arg „gelten als“) erkennbar indizieren, dass auch andere Erzeugungsarten in Betracht kommen. Zudem gingen und gehen Bund und Länder in übereinstimmender Staatspraxis davon aus, dass einheitliche Länderstellungnahmen auch außerhalb der IKL zustande kommen können; dies ist als ständige Übung der Vertragsparteien iSd Art 31 Abs 3 lit b WVK anzusehen, sodass Art 6 Abs 2 Bu/Lä-Vb auch idS auszulegen ist.13 Diese gängige Staatspraxis dürfte zudem auch den seinerzeitigen Intentionen des Bundesverfassungsgesetzgebers und dessen darin zum Ausdruck kommende Flexibilität gegenüber dem Verfahren der Erlassung einheitlicher Stellungnahmen der Länder entsprechen. So wird in den parlamentarischen Mat jener B-VG-Nov,14 11 Für das Zustandekommen genügt dabei nach ständiger Praxis Stimmeneinhelligkeit idS, dass gegen eine Beschlussempfehlung binnen einer bestimmten Frist kein Einwand erhoben wird; dazu etwa Rosner, Länderbeteiligungsverfahren 51 ff; Bußjäger, Mitwirkung der Länder 368 ff. 12 ZB Egger, Art 23d Rz 34; Kröll, Harmonisierte Patientenrechte in der Europäischen Union, ZfV 1999, 540 (548); Lienbacher, Die Wirkung der Supranationalität auf Föderalismus und Regionalismus aus österreichischer Sicht, in Bauer/D’Atena (Hg), Die Wirkung der Supranationalität auf die Gewaltenteilung (2007) 189 (201 ff); Lienbacher/Pürgy, Bundesstaat 577 f; Schäffer, ZÖR 50 (1996), 36. 13 Eingehend dazu mit überzeugender Argumentation Rosner, Drei Rechtsfragen der Mitwirkung der Länder in Angelegenheiten der Europäischen Integration, in Bußjäger/Rosner (Hg), Mitwirken und Mitgestalten – Europa und die österreichischen Länder (2005) 43 (49 ff und 56 ff). IdS auch Bußjäger, Mitwirkung 58 ff; Öhlinger/Konrath, Art 23d Rz 20; Öhlinger/ Potacs, EU-Recht und staatliches Recht6 (2017) 44; Ranacher, Bezüge 125; Sieberer, EU-Dienstleistungsrichtlinie und Gemeinsamer Ländervertreter – Einige rechtliche Problemfelder aus der Praxis, in Rosner/Bußjäger (Hg), Im Dienste der Länder – im Interesse des Gesamtstaates – FS 60 Jahre Verbindungsstelle der Bundesländer (2011) 583 (592 ff); uam. 14 BGBl 1992/276. S dazu schon Ranacher, Vorbemerkungen EUInt-LVG (in diesem Band) Rz 10.
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§ 1
Christian Ranacher/Niklas Sonntag
mit der das Länderbeteiligungsverfahren erstmals bundesverfassungsgesetzlich verankert wurde, explizit festgehalten, dass „die Frage, welches Verfahren und welche Grundsätze der Willensbildung in den einzelnen Ländern, aber auch für die Koordination zwischen den Ländern maßgeblich sein sollen“, durch Art 10 Abs 5 B-VG (nunmehr Art 23d Abs 2 B-VG) „nicht berührt“ wird,15 und eine Vereinbarung gem Art 15a B-VG keine notwendige Voraussetzung für die Anwendung der gegenständlichen Bestimmungen darstellt.16 Vielmehr reicht es für die Effektuierung der Bindung des Bundes aus, wenn gewisse Mindeststandards eingehalten werden, die in den parlamentarischen Mat zum EU-BegleitBVG17 näher umschrieben werden. Danach setzt eine einheitliche Stellungnahme voraus, dass alle Länder an der Willensbildung beteiligt waren, wobei Einstimmigkeit nicht erforderlich ist, die Willensbildung der Länder für den Bund jedoch zweifelsfrei nachvollziehbar sein muss.18 Diese Kriterien erfüllen alle in den vorstehend beschriebenen kooperativen Verfahren verabschiedeten einheitlichen Stellungnahmen der Länder.
15 EBRV 372 BlgNR XVIII. GP, 9. 16 EBRV 372 BlgNR XVIII. GP, 6. 17 S Ranacher, Vorbemerkungen EUInt-LVG (in diesem Band) FN 60. 18 EBRV 27 BlgNR XIX. GP, 9. Im Übrigen wird auf die EBRV 372 BlgNR XVIII. GP, 5 ff verwiesen.
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§ 2 Ausschuß für Föderalismus und europäische Integration (1) Der Landtag hat zur Behandlung von Angelegenheiten des Föderalismus und der europäischen Integration den Ausschuß für Föderalismus und europäische Integration einzurichten. (2) Der Obmann des Ausschusses für Föderalismus und europäische Integration ist im Falle des § 4 Abs. 2 befugt, unmittelbar mit der Landesregierung zu verkehren. Der Ausschuss für Föderalismus und europäische Integration bestand 1 schon vor Inkrafttreten des EUInt-LVG. Dieser Ausschuss wurde 1991 als Fachausschuss eingerichtet.1 Ausweislich der EB diente die Verankerung des Ausschusses im EUInt-LVG der landesverfassungsgesetzlichen Absicherung der Wahrnehmung der Aufgaben des Ausschusses, der gem § 4 Abs 2 unter bestimmten Umständen Entschl anstelle des LT treffen kann.2 Damit tritt der Ausschuss für Föderalismus und europäische Integration zu den in Art 23 Abs 1 TLO 1989 genannten und damit landesverfassungsgesetzlich begründeten Ausschüssen (Immunitäts- und Unvereinbarkeitsausschuss, Notstandsausschuss, Finanzkontrollausschuss sowie die pauschal genannten Fachausschüsse) als vierter konkret genannter Ausschuss hinzu.
1
2
EBRV zur StF des EUInt-LVG LGBl 1993/17, Tir LT XI. GP, GZ 312/92, 7 sowie Antrag vom 29.11.1991, Bildung eines Ausschusses für Föderalismus und Europäische Integration, XI. GP, GZ 351/91. Dem Sitzungsbericht ist zu entnehmen, dass es dabei auch um die Kooperation mit Südtirol ging: „Unter Beachtung der Gesamtproblematik haben Verhandlungen der im Landtag vertretenen Parteien ergeben, daß es zweckmäßig und notwendig sei, einen weiteren Ausschuß des Tiroler Landtages einzurichten mit der Bezeichnung ‚Ausschuß für Föderalismus und Europäische Integration‘. Es ist unzweifelhaft, daß eine Reihe von Problemen, die das Bundesland Tirol bzw. die Region Südtirol betreffen, im Rahmen einer europäischen Integration einer weitestgehenden Lösung zugeführt werden können.“ (StenProt des Tir LT, XI. GP, 6. Tagung, 3. Sitzung [13.12.1991] 13 ff). Vgl dazu näher bei Ranacher, § 4 EUInt-LVG (in diesem Band) Rz 2 ff.
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§ 2
Maria Bertel
2 Die Aufgaben des Ausschusses für Föderalismus und Europäische Integration bestehen nach § 2 Abs 1 EUInt-LVG in der „Behandlung von Angelegenheiten des Föderalismus und der europäischen Integration“. Dies beinhaltet die Befassung mit Verhandlungsgegenständen, die die Bereiche Föderalismus und europäische Integration betreffen. Eine weitere Bezugnahme auf den Ausschuss findet sich in § 4 Abs 2 EUInt-LVG. Demnach kann der Ausschuss unter bestimmten Umständen Entschl nach § 4 Abs 2 EUInt-LVG treffen.3 Diese Bestimmung findet analog Anwendung auf Stellungnahmen nach Art 23g Abs 3 B‑VG,4 sodass der Ausschuss auch in diesen Fällen Entschl herbeiführen kann.5 Damit ist der Ausschuss neben seiner vorberatenden Funktion (Fachausschuss) auch mit einer spezifischen Funktion ausgestattet. Die Praxis zeigt, dass der Ausschuss sowohl die vorberatende als auch die spezifische Funktion wahrnimmt.6 3 § 2 trifft keine Bestimmungen über die Wahl, Zusammensetzung und die Anzahl der Mitglieder des Ausschusses für Föderalismus und europäische Integration. Es ist daher davon auszugehen, dass die Art 23 Abs 2, 3 und 4 TLO 19897 auch auf den Ausschuss für Föderalismus und europäische Integration Anwendung finden. Dies spiegelt auch die Tir GO LT wider, die in § 62 neben den in Art 23 Abs 1 TLO 1989 genannten Ausschüssen und dem Petitionsausschuss auch den Ausschuss für Föderalismus und Europäische Integration nennt. Auch für den Ausschuss für Föderalismus und europäische Integration gilt damit ua, dass dieser zu Beginn der Legislaturperiode für deren Dauer (also als
3 4
Zur Befassung des Ausschusses s Ranacher, Bezüge 127 in FN 50. Ranacher in FS 60 Jahre Verbindungsstelle der Bundesländer 408; Schwamberger/Ranacher, Tiroler Landesordnung 19896: Kommentar (2017) 163. 5 Vgl dazu Ranacher, § 4 EUInt-LVG (in diesem Band) Rz 5. 6 S zur vorberatenden Funktion beispielhaft die Ausschussvorlagen des Tir LT, XVI. GP, 22. Sitzung (03.–05.02.2016), Antrag des SPÖ-Landtagsklubs betreffend Rederecht für MEPs im Tiroler Landtag, GZ 552/15; Tir LT, XVI. GP, 13. Sitzung (12.–14.11.2014), Antrag des FPÖ-Landtagsklubs betreffend eine ausreichende Budgetausstattung des Österreichischen Bundesheeres, GZ 393/14 sowie allgemein die Angelegenheiten des Instituts für Föderalismus (hiezu vgl etwa RV Tir LT XVI. GP, GZ 440/14). Für die spezifische Funktion s Ranacher, § 4 EUInt-LVG (in diesem Band) Rz 5 f mit Nachweisen über die getroffenen Entschl. 7 Vgl Bertel, Art 23 (in diesem Band) Rz 9.
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Ausschuß für Föderalismus und europäische Integration
§ 2
„ständiger Ausschuß“8) einzurichten ist, und, dass die Mitglieder nach dem Grundsatz der Verhältniswahl zu wählen sind. § 2 Abs 2 EUInt-LVG nimmt direkt Bezug auf die spezifische Funktion 4 des Ausschusses gem § 4 Abs 2 EUInt-LVG. Anders als für die anderen Ausschüsse gilt dabei Besonderes für die Kommunikation zwischen Ausschuss und LReg. Generell gilt für die Ausschüsse, dass die Kontaktaufnahme zwischen einem Ausschuss und der LReg bzw dem LH über den LTPräs zu erfolgen hat, der gem § 19 Tir GO LT zur Vertretung des LT und seiner Ausschüsse nach außen befugt ist.9 Dies zeigt sich auch an weiteren Bestimmungen der Tir GO LT, etwa in § 72 Tir GO LT über die Veranlassung von Erhebungen, Teilnahme von Auskunftspersonen und Landesbediensteten. Demgemäß erfolgt in diesen Fällen die Kontaktaufnahme zur LReg über den LTPräs, dem auch die Beiziehung von sachkundigen Auskunftspersonen und die Beiziehung des LH zu Ausschusssitzungen zukommt. Im Fall des § 4 Abs 2 EUInt-LVG hingegen kann der Obmann des Ausschusses unmittelbar mit der LReg in Kontakt treten. Die besonderen Befugnisse des Obmannes des Ausschusses für Föderalismus und europäische Integration ergeben sich aus der spezifischen Funktion des Ausschusses, die ein rasches Handeln notwendig macht. Die EB verweisen in diesem Zusammenhang darauf, dass „[f]ür die Abgabe einer Stellungnahme des Landes zu einem Vorhaben im Rahmen der europäischen Integration […] häufig eine besondere Dringlichkeit gegeben sein“ wird. In diesen Fällen „hat der Landtagspräsident die Zuständigkeit zur Beschlußfassung über eine Entschließung […] an den Ausschuß für Föderalismus und europäische Integration zu delegieren. Um in solchen Fällen die Tätigkeit dieses Ausschusses zu erleichtern, soll der Obmann dieses Ausschusses ermächtigt werden, direkt mit der Landesregierung zu verkehren.“10 Die Formulierung des § 2 Abs 2 EUInt-LVG erhellt, dass die direkte Kontaktaufnahme des Obmannes des Ausschusses ausschließlich für den Fall des § 4 Abs 2 EUInt-LVG gilt. Aus dem Wortlaut ist abzuleiten, dass wenn der Ausschuss als Fachausschuss tätig wird, die Kommunikation über den LTPräs zu erfolgen hat. Wird der Ausschuss vor8 9
EBRV zur StF des EUInt-LVG LGBl 1993/17, Tir LT XI. GP, GZ 312/92, 7. S dazu schon EBRV zur StF des EUInt-LVG LGBl 1993/17, Tir LT XI. GP, GZ 312/92, 8. 10 EBRV zur StF des EUInt-LVG LGBl 1993/17, Tir LT XI. GP, GZ 312/92, 8.
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§ 2
Maria Bertel
beratend tätig, ist auch nicht mehr von einer besonderen Dringlichkeit auszugehen. 5 Die gem § 2 Abs 2 EUInt-LVG gewährleistete Möglichkeit, dass der Obmann des Ausschusses unmittelbar mit der LReg in Kontakt tritt, muss wohl auch in den Fällen der analogen Anwendung des § 4 Abs 2 EUInt-LVG auf Stellungnahmen nach Art 23g Abs 3 B‑VG gelten. 6 Mangels anderer spezieller gesetzlicher Bestimmungen finden auf den Ausschuss für Föderalismus und Europäische Integration im Übrigen die allgemeinen Bestimmungen über die Ausschüsse (insb Art 23 Abs 2 bis 4 TLO 1989 und § 62 ff Tir GO LT) Anwendung.
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§ 3 Information des Landtages Die Landesregierung hat alle Vorhaben im Rahmen der europäischen Integration, die in die Gesetzgebungskompetenz des Landes fallende Angelegenheiten betreffen und über die der Bund die Länder nach Maßgabe der Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern gemäß Art. 15a B-VG über die Mitwirkungsrechte der Länder und Gemeinden in Angelegenheiten der europäischen Integration, LGBl. Nr. 7/1993, unterrichtet hat, dem Landtag umgehend zur Kenntnis zu bringen und diesem die Frist, die der Bund den Ländern für die Abgabe einer Stellungnahme eingeräumt hat, mitzuteilen. § 3 normiert anknüpfend an § 23d Abs 1 B-VG und Art 1 Bu/Lä-Vb 1 eine umfassende Informationspflicht der LReg gegenüber dem LT betr alle in die Gesetzgebungskompetenz des Landes fallende Vorhaben im Rahmen der europäischen Integration, über die sie im Rahmen des Länderbeteiligungsverfahrens vom Bund unterrichtet wurde.1 Erfasst sind also nicht alle den Ländern vom Bund nach diesen Bestimmungen zu übermittelnden Informationen,2 sondern nur jene, die Legislativkompetenzen und damit Zuständigkeiten des LT betreffen. Davon erfasst sind nicht nur alle Angelegenheiten, die nach der bundesstaatlichen Kompetenzverteilung den Ländern zur Gesetzgebung und Vollziehung zugewiesen sind,3 sondern auch jene Angelegenheiten, in denen die Länder zur Ausführungsgesetzgebung zuständig sind4 oder kraft bundesgesetzlicher Ermächtigung über eine delegierte Gesetzgebungskompetenz verfügen.5 Die Information des LT hat „umgehend“, 1 2
3 4 5
S auch die EBRV zur StF des EUInt-LVG LGBl 1993/17, Tir LT XI. GP, GZ 312/92, 9 f, die explizit auf Art 10 Abs 4 B-VG (nunmehr Art 23d Abs 1 B-VG) und Art 1 Bu/Lä-Vb Bezug nehmen. Nach Art 23d Abs 1 B-VG und Art 1 Bu/Lä-Vb ist der Bund verpflichtet, die Länder generell über alle Vorhaben, die den selbständigen Wirkungsbereich der Länder berühren oder sonst für sie von Interesse sein könnten, zu unterrichten und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Art 15 Abs 1 B-VG. Insb Art 12 B-VG. ZB Art 10 Abs 2 B-VG.
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§ 3
Christian Ranacher
also jeweils unmittelbar nach Einlangen der betr Dokumente bei der LReg,6 und unter Bekanntgabe der vom Bund gesetzten Frist zu erfolgen.7 2 In der Staatspraxis wird im Einvernehmen mit der Landtagsdirektion zwischen der förmlichen Mitteilung gem § 3 EUInt-LVG über ein (neues) Vorhaben im Rahmen der europäischen Integration und der ergänzenden Information über weitere Entwicklungen betr ein bereits gem § 3 EUInt-LVG förmlich mitgeteiltes Vorhaben durch Übermittlung weiterer Unterlagen8 unterschieden. Dadurch soll gewährleistet werden, dass der LT über den weiteren Verlauf der Willensbildung auf österr bzw europäischer Ebene zu jedem ihm förmlich mitgeteilten Vorhaben umfassend informiert bleibt (dies auch dann, wenn er keine Entschl im Gegenstand verabschiedet haben sollte), ohne dass in jedem einzelnen Fall die Verpflichtung zur formellen Behandlung dieser ergänzenden Informationen im Plenum oder im Rahmen einer – ggf auch kurzfristig einzuberufenden – Sitzung des Ausschusses für Föderalismus und europäische Integration entsteht. Eine Einschränkung der in § 4 EUInt-LVG grundgelegten besonderen Mitwirkungsbefugnisse des LT ist durch diese der Verwaltungsökonomie in der Landtagsdirektion wie im Amt der LReg dienende Administration der betr Angelegenheiten nicht gegeben, handelt es sich doch stets um ergänzenden Informationen zu einem dem LT bereits förmlich nach § 3 zur Kenntnis gebrachten Vorhaben, sodass der LT sein Entschließungsrecht jederzeit auch auf der Grundlage derart ergänzender Informationen in Anspruch nehmen kann.9
6 Die EBRV zur StF des EUInt-LVG LGBl 1993/17, Tir LT XI. GP, GZ 312/92, 9 f, betonen in diesem Zusammenhang die Bedeutung des Umstandes, dass die LReg das betr Vorhaben „sofort dem Landtag zur Kenntnis bringt“, als zentrale Voraussetzung dafür, dass der LT sich überhaupt mit einem solchen Vorhaben auseinandersetzen kann. 7 Die diesbezügliche Zuständigkeit liegt nach der GEint Amt seit jeher bei der Abteilung Verfassungsdienst. 8 Dies erfolgt idR in gesammelter Form. Die ergänzend übermittelten Unterlagen werden sodann von der Landtagsdirektion an alle Klubs sowie die Mitglieder des Ausschusses für Föderalismus und europäische Integration verteilt. 9 Die geschilderte, im Einvernehmen mit der Landtagsdirektion entwickelte Staatspraxis wurde seit ihrem Bestehen nie in Frage gestellt.
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Information des Landtages
§ 3
Der in § 3 EUInt-LVG ebenso wie in Art 1 Abs 1 Bu/Lä-Vb (noch)10 3 verwendete Begriff „Vorhaben im Rahmen der europäischen Integration“ ist harmonisierend mit dem in Art 23d Abs 1 B-VG und in Art 23e Abs 1 B-VG11 verwendeten Begriff „Vorhaben im Rahmen der Europäischen Union“ auszulegen12 und nach ganz hL weit zu verstehen;13 dem folgt auch die Staatspraxis: Erfasst sind zunächst alle Vorschläge für Rechtsakte im Rahmen der EU aller Art einschließlich der jeweiligen Vorbereitungshandlungen auf beamteter und politischer Ebene, sprich die Erzeugung des gesamten auf der Grundlage der Verträge geschaffenen Rechts,14 weiters auch Änderungen des Primärrechts.15 Darüber hinaus fallen alle Dokumente, Berichte und Mitteilungen von EU-Organen,16 Dokumente, Berichte und Mitteilungen über informelle Ministertreffen und Gremien im Rahmen der EU, ferner Dokumente und Informationen über Verfahren vor den Europäischen Gerichten und Berichte der Ständigen Vertretung Österreichs bei der EU unter den EU-Vorhabensbegriff.17 Uneinheitlich beantwortet 10 S dazu Ranacher, Vorbemerkungen EUInt-LVG (in diesem Band) Rz 12. 11 Dieser regelt die Mitwirkung von NR und BR in EU-Angelegenheiten. 12 S insb den Verweis auf die demonstrative Aufzählung in Art 1 Abs 2 Bu/Lä-Vb in den AB zum EU-BegleitBVG (AB 58 BlgNR XIX. GP, 4) und zur Lissabon-Begleitnovelle (AB 827 BlgNR XXIV. GP, 11). 13 Eingehend dazu Rill, Was ist ein „Vorhaben im Rahmen der Europäischen Union“?, in Schäffer et al (Hg), Staat – Verfassung – Verwaltung – FS Koja (1998) 391 ff; vgl mwN Egger, Art 23d Rz 13 ff; Öhlinger/Konrath, Art 23d Rz 9; Öhlinger/Potacs, EU-Recht 23 ff und 41 f; Schäffer, ZÖR 50 (1996), 31 f; Sieberer in FS 60 Jahre Verbindungsstelle der Bundesländer 595 f; Ranacher, Bezüge 120 ff. 14 Dazu zählen neben dem sekundären Unionsrecht auch völkerrechtliche Abkommen der EU, sog uneigentliche Ratsbeschlüsse und Beschlüsse von EUOrganen, die zu ihrem Wirksamwerden der Annahme durch die MS gem ihren verfassungsrechtlichen Vorschriften bedürfen. 15 Vgl neben den Hinweisen in FN 12 insb auch Lenzhofer, Hätten der Nationalrat, der Bundesrat oder die Länder die Aufnahme von EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei verhindern können? Eine Analyse der Reichweite der Art 23d und 23e B-VG, ZÖR 61 (2006), 83 (90 ff mwN). Diese unterliegen daher Art 23d Abs 1 B-VG und nicht dem die Ländermitwirkung beim Abschluss von StV regelnden Art 10 Abs 3 B-VG. Auch die Staatspraxis seit dem EU-Beitritt hat Primärrechtsänderungen – soweit ersichtlich – stets dem Regime des Länderbeteiligungsverfahrens unterstellt (vgl mwN nur Ranacher, Bezüge 120 ff). 16 Dazu zählen insb auch Konsultationsdokumente wie Grün- und Weißbücher oder die jährlichen Rechtsetzungsprogramme. 17 Vgl insb die demonstrative Aufzählung in Art 1 Bu/Lä-Vb.
1143
§ 3
Christian Ranacher
wird die Frage, ob auch österr Initiativen vom EU-Vorhabensbegriff erfasst werden. Im Hinblick auf den offenen Wortlaut des Art 23d Abs 1 B‑VG iVm Ziel und Zweck der Regelung ist dies – entgegen den EBRV18 – zu bejahen.19
18 Vgl die EBRV 27 BlgNR XIX. GP, 9, die insofern auf die EBRV 372 BlgNR XVIII. GP, 7 zur damaligen Formulierung „Vorhaben im Rahmen der europäischen Integration“ in der Vorgängerbestimmung des Art 10 Abs 4 B-VG verweisen. 19 Vgl wiederum die Hinweise in FN 12.
1144
§ 4 Entschließungen des Landtages (1) Der Landtag kann seinen Standpunkt zu einem Vorhaben im Rahmen der europäischen Integration, das ihm nach § 3 zur Kenntnis gebracht wurde, in einer Entschließung äußern. (2) Ist die den Ländern für die Abgabe einer Stellungnahme zur Verfügung stehende Frist so kurz, daß die Behandlung des betreffenden Vorhabens im Landtag nicht möglich ist, so hat der Landtagspräsident nach Anhören der Klubobleute der im Landtag vertretenen Parteien dem Ausschuß für Föderalismus und europäische Integration das Recht einzuräumen, eine Entschließung im Sinne des Abs. 1 zu beschließen. (3) Liegt rechtzeitig eine Entschließung im Sinne des Abs. 1 oder 2 zu einem Vorhaben im Rahmen der europäischen Integration vor, so haben der Landeshauptmann und der Landtagspräsident bei der Behandlung des betreffenden Vorhabens in der Integrationskonferenz der Länder oder die Landesregierung bei der Abfassung der Stellungnahme des Landes Tirol an den Bund den in der Entschließung geäußerten Standpunkt zu vertreten. (4) Weicht der Landeshauptmann bei der Abstimmung über das betreffende Vorhaben in der Integrationskonferenz der Länder oder die Landesregierung bei der Abfassung der Stellungnahme des Landes Tirol an den Bund von dem in der Entschließung nach Abs. 1 oder 2 geäußerten Standpunkt ab, so haben sie die Gründe hiefür dem Landtag unverzüglich mitzuteilen. § 4 Abs 1 räumt dem LT zu ihm nach § 3 übermittelten Vorhaben 1 im Rahmen der europäischen Integration ein Entschließungsrecht ein. Dieses unterscheidet sich vom allgemeinen Entschließungsrecht nach Art 66 TLO 1989 in zweifacher Hinsicht: Zum einen kann ausgehend von der im Einzelfall zur Verfügung stehenden Frist eine Entschl im Gegenstand nicht nur im Plenum, sondern auch vom zu diesem Zweck eingerichteten Ausschuss für Föderalismus und europäische Integration gefasst werden, und zwar dann, wenn eine Behandlung des betr Vorhabens aufgrund der zeitlichen Gegebenheiten im LT nicht möglich ist. Zum anderen ist eine auf der Grundlage des EUInt-LVG zu einem Vorhaben im Rahmen der europäischen Integration verab1145
§ 4
Christian Ranacher
schiedete Entschl mit Bindungswirkung ausgestattet:1 Gem § 4 Abs 3 haben sowohl der LH und der LTPräs bei der Behandlung des betr Vorhabens in der IKL als auch die LReg bei der Abfassung der Stellungnahme des Landes Tirol an den Bund den in der Entschl geäußerten Standpunkt zu vertreten.2 Sowohl die Festlegung einer solchen besonderen Kompetenz eines Landtagsausschusses als auch der bindenden Wirkung einer Entschl gegenüber der LReg liegt in der Verfassungsautonomie des Landes.3 2 Das Entschließungsrecht des LT und die damit korrespondierende Bindungsverpflichtung der Vertreter des Landes in der IKL bzw der LReg ist in erster Linie auf die Mitwirkung des Landes an der Kreation einheitlicher Stellungnahmen der Länder im Rahmen des Länderbeteiligungsverfahrens4 ausgerichtet; dabei ist der Landesverfassungsgesetzgeber seinerzeit noch davon ausgegangen, dass einheitliche Stellungnahmen der Länder idR in der IKL erarbeitet werden und dort auch zustande kommen.5 Gleichwohl hat er dafür Vorsorge getroffen, dass auch die LReg für den Fall, dass es – mangels Befassung der IKL oder mangels eines Ergebnisses der Beratungen in der IKL – dieser obliegt, eine Stellungnahme des Landes zum betr Vorhaben an den Bund abzugeben, an den vom LT oder vom Ausschuss für Föderalismus und europäische Integration geäußerten Standpunkt gebunden ist.6 Diese Bindung umfasst auch jene Fälle, in denen die LReg zunächst an der Kreation einer einheitlichen Stellungnahme der Länder gem Art 23d Abs 2 B-VG unter Inanspruchnahme der Koordinationsinstrumente des kooperativen Föderalismus mitwirkt,7 weil es auch hier im Ergebnis um die Formulierung der Haltung des Landes Tirol (im Einverneh1
Also kein bloßer „Wunsch über die Führung der Landesverwaltung“, wie nach Art 66 TLO 1989. 2 Zum Abweichen davon s gleich im Folgenden Rz 4. 3 Zum großen Spielraum des Landes(verfassungs)gesetzgebers hinsichtlich der Regelung der Geschäftsführung des LT s auch Schramek, Art 26 (in diesem Band) Rz 3. 4 Art 23d Abs 2 B-VG und Art 6 Abs 1 Bu/Lä-Vb. S Ranacher, Vorbemerkungen EUInt-LVG (in diesem Band) Rz 1 f. 5 Vgl die EBRV zur StF des EUInt-LVG LGBl 1993/17, Tir LT XI. GP, GZ 312/92, 9. Zur völlig anderen Entwicklung in der Staatspraxis vgl bei Ranacher/Sonntag, § 1 EUInt-LVG (in diesem Band) Rz 1 f. 6 Diese Konstellation explizit ansprechend die EBRV zur StF des EUInt-LVG LGBl 1993/17, Tir LT XI. GP, GZ 312/92, 9. 7 S dazu bei Ranacher/Sonntag, § 1 EUInt-LVG (in diesem Band) Rz 2.
1146
Entschließungen des Landtages
§ 4
men mit den anderen Ländern) gegenüber dem Bund geht. Die Staatspraxis ist diesem Verständnis stets gefolgt. Prozedural liegt es nach dem Einlangen einer Information über ein 3 Vorhaben iSd § 3 – abhängig von der Dauer der für die Abgabe einer Stellungnahme an den Bund eingeräumten Frist – zunächst am LTPräs zu beurteilen, ob die Beschlussfassung über den Standpunkt zum betr Vorhaben durch den LT oder – wegen der besonderen Dringlichkeit – durch den Ausschuss für Föderalismus und europäische Integration zu erfolgen hat. Beabsichtigt er, statt des Plenums den Ausschuss zu befassen, hat er zunächst die Klubobleute anzuhören. Die definitive Entscheidung über die Befassung des Ausschusses liegt ungeachtet dessen beim LTPräs, weil sich aus einer bloßen Anhörung der Klubobleute keine wie immer geartete Bindung ergibt.8 Gleichwohl hat der LTPräs von seiner Entscheidungskompetenz im Rahmen seines pflichtgemäßen Ermessens dahingehend Gebrauch zu machen, dass eine rechtzeitige Willensbildung des LT in der betr Angelegenheit gewährleistet ist.9 Räumt der LTPräs dem Ausschuss für Föderalismus und europäische Integration das Recht ein, eine Entschl iSd Abs 1 zu beschließen, dann ist dieser vom Obmann gem § 67 Abs 2 Tir GO LT so rechtzeitig einzuberufen, dass die vorgegebenen Fristenläufe gewahrt werden können. Sofern der LH bei der Abstimmung über das betr Vorhaben in der IKL 4 oder die LReg bei der Abfassung der Stellungnahme des Landes Tirol an den Bund von dem in einer Entschl des LT geäußerten Standpunkt abweichen, haben sie die Gründe dafür dem LT unverzüglich mitzuteilen. Ausweislich der EB soll es dadurch dem LT erleichtert werden, die politische Verantwortung des LH bzw der LReg in solchen Angelegenheiten geltend zu machen.10 Im Unterschied zu den Regelungen in 8 Auch die EBRV zur StF des EUInt-LVG LGBl 1993/17, Tir LT XI. GP, GZ 312/92, 10, sprechen diesbezüglich explizit von einer „vom Landtagspräsidenten zu treffenden Entscheidung“. 9 Mag auch seine Entscheidung streng genommen nicht überprüfbar sein, so ist der LTPräs dem LT gegenüber – qua Abberufungsrecht nach Art 21 Abs 4 TLO 1989 – politisch verantwortlich (vgl dazu Bußjäger, Art 21 [in diesem Band] Rz 9). 10 So die EBRV zur StF des EUInt-LVG LGBl 1993/17, Tir LT XI. GP, GZ 312/92, 10. Dass der das Land in der IKL ebenso vertretende LTPräs hier nicht angesprochen ist, erklärt sich wohl primär daraus, dass das Stimmrecht in der IKL vom LH ausgeübt wird (s § 1 Abs 2). Zudem dürfte der Landes-
1147
§ 4
Christian Ranacher
anderen Ländern11 verzichtet das EUInt-LVG darauf, die Gründe für ein berechtigtes Abweichen von einer Entschl des LT normativ einzugrenzen. Die Beurteilung der Plausibilität und Stichhaltigkeit derartiger Gründe liegt daher aufgrund einer primär politischen Bewertung im jeweiligen Gesamtzusammenhang im Ermessen des LT. Bislang scheint die LReg freilich noch nie von einem vom LT geäußerten Standpunkt abgewichen zu sein.12 5 Seit dem Inkrafttreten des EUInt-LVG wurden gestützt auf § 4 Abs 1 bzw Abs 2 insgesamt 32 Entschl zu Vorhaben im Rahmen der europäischen Integration gefasst, zwölf durch den LT und 20 durch den Ausschuss für Föderalismus und Integration. Diese verteilen sich auf die GP wie folgt:13 Entschließungen zu Vorhaben im Rahmen der europäischen Integration GP
XI. (1989–1994)
Datum
06.10. 1993
Erledigung
Betreff
LT-EvidenzNr
Ausschuss
Stellungnahme des Landes Tirol betreffend Liegenschaftsverkehr, insbesondere zum Erwerb von Zweitwohnsitzen
238/93
verfassungsgesetzgeber davon ausgehen, dass der LTPräs als Vertreter des LT (Art 20 Abs 4 TLO 1989) sein Verhalten in der IKL jedenfalls an einer vorliegenden Entschl des LT ausrichtet. 11 S Ranacher, Vorbemerkungen EUInt-LVG (in diesem Band) Rz 3 bei FN 21 f: Abweichen von der Position des LT nur aus „zwingenden landes- und integrationspolitischen Gründen“ (Bgld, Vbg) bzw nur aus „zwingenden, die Länderinteressen insgesamt betreffenden Überlegungen“ (OÖ, Sbg). Die Regelung in der Stmk belässt es hingegen – wie in Tirol – bei einer bloßen Mitteilungspflicht der Gründe für ein Abweichen. 12 In der Landtagsevidenz finden sich diesbezüglich keinerlei Hinweise, insb nicht auf entsprechende Mitteilungen der LReg. 13 Für Informationen zu den bislang gefassten Entschl danke ich der Landtagsdirektion, für Unterstützung bei deren Auswertung Herrn MMag. Dr. Mathias Eller.
1148
§ 4
Entschließungen des Landtages
GP
XII. (1994–1999)
Datum
Erledigung
Betreff
LT-EvidenzNr
30.08. 1994
Ausschuss
Kommunalwahlrecht für Ausländer; Vorschlag für RL
159/94
30.08. 1994
Ausschuss
Vorschlag für eine RL über Seilbahnen für den Personenverkehr
167/94
23.03. 1995
Landtag
EU-Vorhaben; Jagdbarkeits erklärung von Vogelarten
313/95
21.08. 1995
Ausschuss
Vorschlag für eine IPC-Richtlinie
281/95
23.11. 1995
Landtag
EU-RL über Abfalldeponien
372/95
20.03. 1996
Landtag
EU-RL 84/80/EG (Kommunal wahlrecht)
7/96
Ausschuss
Vorschlag für eine RL über ein Verfahren zur Anerkennung von Diplomen
84/96
Landtag
Förderung des europäischen Tourismus; gemeinsame Stellungnahme der Länder
175/96
Landtag
Vorschlag für eine RL über die Prüfung von Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme
96/97
10.04. 1996
04.07. 1996
03.07. 1997
1149
§ 4
Christian Ranacher
GP
XII. (1994–1999)
Erledigung
Betreff
LT-EvidenzNr
11.12. 1997
Landtag
Vorschlag für eine RL zur Änderung der RL 90/270/ EWG über Bildschirmarbeit
412/97
12.03. 1998
Landtag
Vorschlag für eine RL zum Schutz landwirtschaftlicher Nutztiere
18/98
12.03. 1998
Landtag
Vorschlag für eine RL über Grenzwerte bei Schwefeldioxid, Stickstoffdioxide, Partikel und Blei in der Luft
7/98
30.03. 1998
Ausschuss
Ratsarbeitsgruppe „Umweltfragen“; Schwefelgehalt von Brennstoffen
78/98
Ausschuss
Vorschlag für eine RL des Rates über Mindestanforderungen für den Schutz von Legehennen in Intensivhaltung
89/98
23.04. 1998
Ausschuss
EU; RAG „Agrarund Veterinärsachverständige“; Richtlinienentwurf
90/98
23.01. 1999
Ausschuss
2. Diplomanerkennungs-RL; Schilehrer und Bergführer
258/99
Datum
23.04. 1998
1150
§ 4
Entschließungen des Landtages
GP
Datum
04.03. 1999
14.04. 1999
23.09. 1999
Erledigung
Betreff
LT-EvidenzNr
Ausschuss
„Umweltfragen“, Entwurf für eine RL über die Verbrennung von Abfällen
1/99
Ausschuss
Vorschlag für eine RL über Abfälle von elektrischen und elektronischen Geräten
49/99
Ausschuss
RL-Vorschlag über nationale Emis sionshöchst grenzen für best. Schadstoffe sowie den Ozongehalt der Luft
263/99
Landtag
Vorschlag für eine RL zur Änderung der RL 90/220/ EWG über absichtliche Freisetzung genetisch veränderter Organismen
264/99
Landtag
RL zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf
153/00
Ausschuss
Vorschlag für eine RL über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen
300/00
XIII. (1999–2003) 03.11. 1999
03.05. 2000
30.10. 2000
1151
§ 4
Christian Ranacher
GP
Datum
Erledigung
Betreff
LT-EvidenzNr
XIII. (1999–2003)
24.02. 2003
Ausschuss
Staatliche Beihilfen; Ausfallshaftung für bestimmte Kreditinstitute
56/03
XIV. (2003–2008)
–
–
–
–
XV. (2008–2013)
17.02. 2009
Ausschuss
Vorschlag über eine RL zur Gesamtenergie effizienz von Gebäuden
100/09
16.03. 2011
Landtag
RL zur Beherrschung der Gefahren bei schweren Unfällen mit gefährlichen Stoffen
9/11
07.07. 2011
Ausschuss
Vorschlag über RL zur Energieeffizienz
479/11
Ausschuss
Vorschlag für RL über die Weiterverwendung von Infos des öffentlichen Sektors
7/12
Landtag
Vorschläge ua für eine VO über gemeinsame Bestimmungen der Übersichten über die gesamtstaatliche Haushaltsplanung
6/12
Ausschuss
Saubere Luft für Europa – Vorschlag für zwei RL zur Begrenzung von Luftschadstoffen
240/14
25.01. 2012
08.02. 2012
XVI. (2013–2018)
1152
02.06. 2014
§ 4
Entschließungen des Landtages
Erledigung
Betreff
LT-EvidenzNr
08.09. 2014
Ausschuss
„Zero Waste Programme for Europe“; Mitteilung der EU-Kommission
320/14
03.06. 2020
Ausschuss
Entwurf „Europäisches Klimagesetz“
272/20
GP
Datum
XVI. (2013–2018)
XVII. (2018–lfd)
In Angelegenheiten der Subsidiaritätskontrolle verfügt der LT bereits 6 unmittelbar aufgrund Art 23g Abs 3 B-VG über ein Entschließungsrecht an den BR, sodass es dafür keiner besonderen landesverfassungsgesetzlichen Grundlage bedarf.14 Gleichwohl kann auch hier eine Befassung des Plenums aufgrund des engen Fristenlaufes unmöglich sein. Mangels expliziter landesverfassungsgesetzlicher Regelung wird davon ausgegangen, dass in einem solchen Fall eine Stellungnahme gem Art 23g Abs 3 B-VG in analoger Anwendung des § 4 Abs 2 vom Ausschuss für Föderalismus und europäische Integration beschlossen werden kann.15 Seit dem Inkrafttreten des Art 23g Abs 3 B-VG haben der LT bzw der Ausschuss für Föderalismus und Integration jedoch im Verfahren der Subsidiaritätskontrolle noch keine Entschl an den BR gefasst.
14 S schon Ranacher, Vorbemerkungen EUInt-LVG (in diesem Band) Rz 5. 15 Vgl Ranacher in FS 60 Jahre Verbindungsstelle der Bundesländer 408; Schwamberger/Ranacher, Landesordnung 163.
1153
§ 5 Inkrafttreten Dieses Landesverfassungsgesetz tritt mit dem Ablauf des Tages der Kundmachung in Kraft. 1 Das EUInt-LVG trat an dem seiner Kundmachung im LGBl am 05.02.1993 folgenden Tag, das war der 06.02.1993, in Kraft und steht seither unverändert in Geltung.1
1 S dazu auch Ranacher, Vorbemerkungen EUInt-LVG (in diesem Band) Rz 11 f.
1154
Stichwortverzeichnis (Verweise beziehen sich auf einen konkreten Artikel mit Randzahl) Akteneinsicht Abgeordnete siehe Informationsrechte, Landtag Aktuelle Stunde 65 Rz 17 Amt der Landesregierung 44 Rz 9, 14; 58 – Abteilungen 44 Rz 15; 58 Rz 14– 17, 19 – Dienst, innerer 58 Rz 9 – Geschäftseinteilung 58 Rz 18 – Geschäftsordnung 58 Rz 21 – Gliederung 58 Rz 14 – Landesamtsdirektor 58 Rz 9 – Vorstand 58 Rz 8 Amtssitz – Landesrechnungshof 5 Rz 3; 67 Rz 13 – Landesregierung 5 Rz 3; 44 Rz 13–18 – Landesverwaltungsgericht 5 Rz 3; 70b Rz 1 – Landesvolksanwalt 5 Rz 3; 59 Rz 14 – Landtag 5 Rz 3; 16 Rz 6 ff Amtsverschwiegenheit – Landesrechnungshof 69 Rz 10 – Landesregierung 54; 65 Rz 12, 19 ff; 65a Rz 9 – Landesvolksanwalt 59 Rz 34 – Verhältnis zur Amtshilfe 54 Rz 11 Anfragen siehe Fragerecht Anleihe 62a Rz 5, 7, 11 ARGE ALP 2 Rz 19 Armenwesen 13 Rz 11 Art 15a-Vereinbarungen siehe Vereinbarungen, staatsrechtliche
Ausführungsgesetz 4 Rz 1; 7 Rz 20; 13 Rz 11; 15 Rz 6; 33 Rz 6 ff; 37 Rz 6; 39 Rz 16; 42 Rz 13; 59 Rz 27; 71a Rz 5; § 3 EUInt-LVG Rz 1 Auskunftspflichtgesetz, Tiroler 54 Rz 6, 10 Auslegung Präambel Rz 10 f, 13, 15; 7 Rz 19 Ausschüsse 23; § 2 EUInt-LVG – Einrichtung 23 Rz 10 – kontrollierende 23 Rz 2, 8, 22 ff – Mitglieder 23 Rz 11 f – Sitzungen, vertrauliche 25 Rz 14 Ausschuss der Regionen 72 Rz 4 Ausschuss für Petitionen 12 Rz 10; 59 Rz 28 Ausschussantrag 35 Rz 7, 11 f Außerordentliche Verhältnisse siehe Verhältnisse, außerordentliche Austrittsrecht Präambel Rz 17, 20 Bauernkrieg 1525/1526 Geschichte Rz 1 Bauprinzip, demokratisches 45 Rz 3; 76 Rz 2 Bayern, Konstitution von 1808 Geschichte Rz 7 Bedienstete, öffentliche – Begriff 29 Rz 13 – Kontrolle 29 Rz 24 ff – Mandatsausübung 29 Rz 18 ff – Mandatsbewerbung 29 Rz 15 ff 1155
Stichwortverzeichnis
Begutachtung 36 Rz 1, 2, 4, 6, 9, 15, 19 – Frist 36 Rz 19 – Recht, subjektives auf – 36 Rz 15 – Verfahren 36 Rz 2 ff, 6–9, 19 f Beharrungsbeschluss 27 Rz 5 Behindertenanwalt 59 Rz 15, 30, 37 Behinderung 13 Rz 8, 12; 59 Rz 37 Beitritt, Republik Präambel Rz 16 Berichte, Landesrechnungshof – Arten 69 Rz 1–7 – Kleingemeinden 69 Rz 8 f – Mindestinhalt 69 Rz 3 – Prüfbericht 69 Rz 7 – Rechtsnatur 69 Rz 1 – „Rohbericht“ 69 Rz 7 – Umsetzungsbericht 69 Rz 7 – Veröffentlichung 69 Rz 10 ff Berücksichtigungsprinzip 7 Rz 20 Berufsstände Geschichte Rz 32 Beschluss über die grundlegenden Einrichtungen der Staatsgewalt Geschichte Rz 16 f Besteuerungsrecht Geschichte Rz 27 Beteuerung, religiöse 19 Rz 1, 8; 20 Rz 5; 30 Rz 10, 16; 47 Rz 1, 4, 7, 9 Bezirke, politische 2 Rz 15, 18 Bezirksverwaltung 5 Rz 6 Bezirksverwaltungsbehörden 57 Bezüge, Abgeordnete – Bezüge-BegrenzungsBVG 33 Rz 1–4 ff – Landes-BezügeG 33 Rz 6 ff Bezüge, Landesregierung 55 – Anspruch 55 Rz 2, 11, 15 f, 19–22, 24 – Ansprüche, sonstige 55 Rz 22 f – Anzahl 55 Rz 1 f, 17 – Begrenzung 55 Rz 1–4, 17 – Höhe 55 Rz 1f, 4f, 17 f, 22, 24 – Kürzung 55 Rz 2, 24 1156
– Obergrenze 55 Rz 2, 12, 15 – Offenlegung 55 Rz 2, 4 – Ruhebezug 55 Rz 2 ff, 9, 19, 24 – Sonderzahlungen 55 Rz 20 ff – Verzicht 55 Rz 21, 23 f Bildung 10 Rz 19 Briefabstimmung 60 Rz 22 Briefwahl 17 Rz 3, 19 Bürger 76 Rz 4 Bürgerinitiative 12 Rz 10; 76 Rz 4, 11 Bürgermeister 78 Rz 5 Bürgermitbestimmung 76 Bürgerzahl 3 Rz 1 Bundesgebiet 2 Bundesgrenzen 2 Rz 3 ff Bundesrat 3 Rz 1; 43 – Ausscheiden, vorzeitiges 43 Rz 23 – Dauer der Mitgliedschaft 43 Rz 16 – Mandatsverlust 43 Rz 18 f – Mandatsverzicht 43 Rz 17 – Mitwirkung an der Bildung 43 Rz 7 – Nachwahl 43 Rz 22, 24 f – Subsidiaritätskontrolle Vorbem EUInt-LVG Rz 4 f; § 4 EUIntLVG Rz 6 – Verhältniswahl 43 Rz 10, 12 – Wählbarkeit 43 Rz 14 f Bundesregierung – Einspruchsrecht Geschichte Rz 27; 15 Rz 12; 27 Rz 5; 38 Rz 1, 6, 12, 14 ff, 21; 39 Rz 8, 28 – Mitwirkung an der Landesgesetzgebung 38 Rz 11–21 – Vorlagepflicht an die – Geschichte Rz 27 – Zustimmungsrecht 15 Rz 12; 38 Rz 1, 11, 18 ff; 39 Rz 8; 57 Rz 1; 62 Rz 3; 71a Rz 9 f Bundesstaat Präambel Rz 16 f, 21; 1 Rz 1 f, 6 f; 15 Rz 9
Bundesstaat, kooperativer 71 Rz 5 Bundesverfassung 1934 Geschichte Rz 30 Bundes-Verfassungsgesetz Geschichte Rz 21 f, 39 – Novelle 1925 Geschichte Rz 29 – Novelle 1929 Geschichte Rz 29 Bundesverfassungsgesetz betreffend den Übergang zu einer bundesstaatlichen Verfassung – Geschichte Rz 22 Bundesverwaltung, mittelbare 50 Rz 4; 51 Rz 1 f, 12, 19 f; 56 Rz 7; 59 Rz 17, 20 Charta der lokalen Selbstverwaltung 72 Rz 3; 76 Rz 6 Code of Good Practice on Referendums 39 Rz 3; 60 Rz 4 Darlehen 62a Rz 5, 7, 11 Datenschutz 55 Rz 4; 59 Rz 34; 65 Rz 21; 65a Rz 3, 6, 9; 69 Rz 10 ff Delegation 51 Rz 17 Demokratie 1 Rz 1, 5 – Bauprinzip, demokratisches siehe dort – direkte 37 Rz 1; 39 Rz 1; 60 Rz 1; 76 Rz 1 ff – Parteien, politische 8 – repräsentative 35 Rz 2; 37 Rz 1; 60 Rz 1 – (semi-)direkte 76 Rz 4 Deutschösterreich Geschichte Rz 17 Dezemberverfassung 1867 Geschichte Rz 13, 19 Dirimierungsrecht 52 Rz 2 Diskontinuität, sachliche 26 Rz 5 f, 15 ff Doppelbestrafungsverbot 6 Rz 10 Doppelbudget 62 Rz 8 Drei-Elemente-Lehre 1 Rz 6; 2 Rz 17; 3 Rz 3
Stichwortverzeichnis
Dreier-Landtag 2 Rz 19 Dringlichkeit 35 Rz 19; 36 Rz 3, 8 f Effizienzprinzip 73 Rz 3 Eigentum 11 – Begriff 11 Rz 11 – Beschränkung 11 Rz 15 – Bildung 11 Rz 4, 9 – Eingriffe, sonstige 11 Rz 15 – Enteignung 11 Rz 14 ff – Enteignungsentschädigung 11 Rz 3, 24 ff – Freiheit des Eigentums 11 Rz 1 ff, 5, 7, 10 ff – Grundrechtsschutz 11 Rz 19 ff – Rückübereignungsanspruch 11 Rz 3, 30 ff – Sozialpflichtigkeit 11 Rz 13 Einberufung des verfassungsgebenden Landtages, Gesetz vom 14. April 1919 über die – Geschichte Rz 18 Einheitsgemeinde, abstrakte 5 Rz 4; 74 Rz 5 Einheitsstaat 1 Rz 7 Enteignung siehe Eigentum Entschließungsrecht 46 Rz 14; 66 – Gegenstand 66 Rz 3 – Verbindlichkeit 66 Rz 5 Erbe, geschichtliches Präambel Rz 14, 20 f Ermächtigungsgesetz (Tirol) 1934 Geschichte Rz 30 f Erziehungsrecht 9, Rz 4 Europäische Integration EUIntLVG Europäische Union 39 Rz 16; EUInt-LVG – Länderbeteiligungsverfahren siehe dort – Landesblindheit Vorbem EUInt-LVG Rz 7 f – Subsidiaritätskontrolle siehe dort 1157
Stichwortverzeichnis
Europäischer Verbund für territoriale Zusammenarbeit Europaregion Tirol – Südtirol – Trentino Präambel Rz 21; 2 Rz 16, 19; 77 Rz 5 f EUSALP 2 Rz 19 Fachausschuss 23 Rz 2, 7, 21 Familie Präambel Rz 14, 22; 9 Rz 1, 3, 14 Februarpatent 1861 Geschichte Rz 11 Finanzverfassungsgesetz 1922 Geschichte Rz 29 Finanzwirtschaft, Gemeinde 74 Rz 4 Fiskalpakt 61 Rz 9 Fiskalrahmenrichtlinie 61 Rz 10 Föderalismus, kooperativer § 1 EUInt-LVG Rz 2; § 4 EUIntLVG Rz 2 Fragerecht 46 Rz 14; 65 – Amtsverschwiegenheit siehe dort – Anfragen 65 Rz 14 f – Antwortpflicht 65 Rz 19 – Datenschutz siehe dort – Gegenstand 65 Rz 4 ff Fragestunde 65 Rz 16 Freiheit Präambel Rz 18 Gau Tirol-Vorarlberg Geschichte Rz 33 Gebarung – Begriff 67 Rz 15 – Kontrolle siehe Gebarungskontrolle – Prüfung siehe Gebarungskontrolle Gebarungskontrolle – ex post 67 Rz 16 – Prüfungsinitiative 68 Rz 14 f – Prüfungsmaßstäbe 68 Rz 5–11 – Prüfungsobjekte 67 Rz 17–28 1158
– Prüfungsverfahren und -methoden 68 Rz 12 – Sonderprüfungen 68 Rz 15 – Systemelemente 67 Rz 4 Gebietsgemeinde 72 Rz 2 Gebietshoheit 2 Rz 17; 72 Rz 7 Gebietskörperschaft 72 Rz 7; 73 Rz 1 Gebühren 55, Rz 2, 22; 59 Rz 17, 26; 73 Rz 6; 78 Rz 10 Gelöbnis Präambel Rz 19 Gelöbnis, Abgeordnete 30 – Ablegung 30 Rz 11 ff – Formel 30 Rz 8 ff – Mandatsverlusttatbestand 30 Rz 16 f – Rechtswirkung 30 Rz 5 ff Gelöbnis, Landesregierung 47 – Ablegung 47 Rz 1, 4 – Formel 47 Rz 9 – Rechtswirkung 47 Rz 5, 10 Geltungsbereich siehe Landesgesetz Gemeinde 7 Rz 9; 12 Rz 7, 9; 37 Rz 14 f, 19; 39 Rz 11; 59 Rz 19; 60 Rz 9, 13, 21; 72; 73; 74; 75; 76 Rz 1, 5; 77; 77a; 78 Gemeindeamt 78 Rz 6 Gemeindeaufsicht 74 Rz 7 Gemeindeeigentum 73 Rz 4 Gemeindegebiet 72 Rz 7 f Gemeindegrenzen 2 Rz 24; 72 Rz 8; 76 Rz 6 Gemeindegut 73 Rz 4 Gemeindekooperationen – institutionalisierte 77 Rz 2 – länderübergreifende 77a Rz 15 – staatenübergreifende 77a Rz 5 Gemeindeordnung, Tiroler 12 Rz 9; 37 Rz 14; 76 Rz 11 Gemeindeorgane 78 Rz 1 Gemeinderat 78 Rz 3, 7 Gemeindeverbände 77 Rz 1; 78 Rz 10
– Auflösung 77 Rz 23 f – Austritt 77 Rz 22 – Beitritt 77 Rz 21 – Bildung 77 Rz 11–19 – länderübergreifende 77 Rz 25 ff – Rechtspersönlichkeit 77 Rz 9 – Verbandsausschuss 77 Rz 20 – Verbandsobmann 77 Rz 20 – Verbandsversammlung 77 Rz 20 Gemeindevereinbarungen 77a – Austritt 77a Rz 14 – Beitritt 77a Rz 14 – länderübergreifende 77a Rz 15 – Rechtsnatur 77a Rz 8 – Rechtsstreitigkeiten 77a Rz 12 Gemeindeversammlung 76 Rz 12 Gemeindevorstand 78 Rz 4 Gemeindezusammenlegung 72 Rz 8 Gemeinwohl 7 Rz 8 ff Generationenvertrag 7 Rz 11, 17 Geschäftsordnung – Amt der Landesregierung siehe dort – Landesregierung siehe dort – Landesverwaltungsgericht siehe dort – Landesvolksanwalt siehe dort – Landtag siehe dort Geschlecht 3 Rz 3; 81 Gesetzesbeschluss 38; 39 Rz 7 f – Beschlusserfordernisse 38 Rz 7 – Beurkundung 38 Rz 9 – Gegenzeichnung 38 Rz 10 – Kundmachung 38 Rz 22 ff – Landesverfassungsgesetz 38 Rz 8 – Mitwirkung der Bundesregierung 38 Rz 11–21 Gesetzesprüfungsantrag, Abgeordnete – Antragslegitimation 42 Rz 7 ff – Gegenstand 42 Rz 3–6 – Verfahren 42 Rz 11 f
Stichwortverzeichnis
Gesetzgebung siehe Landesgesetzgebung Gesetzgebungsnotstand 53 Rz 16 Gesetzmäßigkeit 7 Rz 1, 6, 16 Gewalt, verfassunggebende Präambel Rz 3 Gliedstaat 1 Rz 6 f; 15 Rz 9 Gliedstaatsverträge siehe Vereinbarungen, staatsrechtliche Gott Präambel Rz 14, 19 Grenzänderung 2 Rz 4 Grenzbereinigung 2 Rz 4 Grenzkataster 2 Rz 15, 21 Großgrundbesitz, Adeliger (Kurie) Geschichte Rz 12 Gruber-De-Gasperi-Abkommen Geschichte Rz 35; 2 Rz 13 Grundgesetz über die Reichsvertretung Geschichte Rz 11 Grundpflicht 14 Rz 7 Grundrechte 7 Rz 9 – auf den gesetzlichen Richter Vorbem LVwG Rz 5; 70d Rz 10 – auf Eigentum siehe Eigentum – Kompetenz der Länder siehe Kompetenzen, Grundrechte – Menschenrechte 59 Rz 29 – politische 12 Rz 4; 76 Rz 7 – Verpflichtete 12 Rz 7 Grundrechtecharta der EU 11 Rz 5 Gut, öffentliches 73 Rz 4 Haftungen 62a Rz 3, 8, 11 Haftungsobergrenzen 62b Rz 1 ff, 5, 8–12, 14 Handels- und Gewerbekammer (Kurie) Geschichte Rz 12 Hauptwohnsitz 3 Rz 1 f, 4; 17 Rz 4; 37 Rz 9; 39 Rz 10; 60 Rz 5, 8; 76 Rz 9 Haushaltsrecht 61 – Entwicklung 61 Rz 11 ff – Ergebnishaushalt siehe Landesvoranschlag 1159
Stichwortverzeichnis
– Finanzierungshaushalt siehe Landesvoranschlag – Gemeinde 73 Rz 6 – unionsrechtliches 61 Rz 9 f – Vermögenshaushalt siehe Landesvoranschlag – Voranschlags- und Rechnungsabschlussverordnung 2015 siehe Landesvoranschlag – Vorgaben siehe Landeshaushalt, Vorgaben Heimatpflege 10 Rz 18 Hilfeleistungspflicht 14 Rz 16 ff Hoheitsverwaltung 8 Rz 15; 10 Rz 20 f; 23 Rz 27; 38 Rz 19; 44 Rz 1, 7; 51 Rz 16; 56 Rz 14; 57 Rz 10; 64 Rz 1, 8; 65 Rz 4; 71 Rz 6; 73 Rz 3; 74 Rz 7; 77 Rz 2, 18; 78 Rz 10 Identität Präambel Rz 21 Immunität, Abgeordnete 32 – Auslieferungsbegehren der Behörde 32 Rz 20 – Ausnahmen 32 Rz 12 – außerberufliche 32 Rz 1, 14 ff – Beginn 32 Rz 24 – berufliche 32 Rz 1, 8 ff – B-VG und Landesverfassungen 32 Rz 3 ff – Ende 32 Rz 25 f – Ersatzmitglieder 32 Rz 28 – Hausdurchsuchung 32 Rz 16 – Säumnisregelung 32 Rz 22 – Strafverfolgung, sonstige 32 Rz 17 ff – Verhaftung 32 Rz 15 – Zusammenhang politische Tätigkeit 32 Rz 17 ff – Zustimmung Landtag 32 Rz 14 f Immunitäts- und Unvereinbarkeitsausschuss 32 Rz 18 f Individualantrag 39 Rz 22 1160
Informationsauftrag 60a Rz 1, 6, 8 f Informationspflicht 60a Rz 3 f, 6 f, 11 Informationsrechte, Landtag 65a – Akteneinsicht 65a Rz 5 ff – Amtsverschwiegenheit siehe dort – Beschlussprotokolle Landesregierung 65a Rz 4 – Verweigerung der Akteneinsicht 65a Rz 8 Initiativantrag 35 Rz 7 ff Initiativrecht 39 Rz 13, 21; 60 Rz 16 Inkrafttreten 79 Rz 1 f Innsbruck siehe Landeshauptstadt Innsbrucker Stadtrecht 5 Rz 5 ff; 12 Rz 9; 37 Rz 14; 76 Rz 11 Innsbrucker Wahlordnung 76 Rz 9 Instanzenzug, Gemeinde 74 Rz 6 Integrationskonferenz der Länder siehe Länderbeteiligungsverfahren; § 1 EUInt-LVG Interessenausgleich 7 Rz 19 Interessenvertretungen 36 Rz 11, 13 Interkommunale Zusammenarbeit siehe Zusammenarbeit, interkommunale Interpellationsrecht siehe Fragerecht Jugendliche 9 Rz 5 ff Kärnten Geschichte Rz 18; 2 Rz 21 Kammern 36 Rz 13 Katastralgemeinde 72 Rz 7 Katastrophe 5 Rz 3; 14 Rz 12 ff; 16 Rz 8; 39 Rz 15; 44 Rz 16; 53 Rz 15 Kinderrechtskonvention 9 Rz 2, 5 Klimaschutz 7 Rz 3, 11 Klub 23 Rz 15, 17, 32 f, 46 f
– Antrag 35 Rz 5, 10, 19 – Förderung 8 Rz 14 Königreich Bayern Geschichte Rz 7 Kommunalwahlrecht, Unionsbürger 75 Rz 2 Kommunikationsfreiheit 12 Rz 2 Kompetenz – Ausübungsschranken Vorbem EUInt-LVG Rz 9 – Bundesgrenzen 2 Rz 5 – Grundrechte 11 Rz 1 f – Landesgesetzgebung 15 Rz 10 – Landesgrenzen 2 Rz 5 – Staatsgrenzen 2 Rz 5, 7 – Staatsverträge der Länder 71a Rz 1 f – Vollziehung 44 Rz 7 f Kompetenzverteilung 1 Rz 3, 9; 7 Rz 20; 37 Rz 6; 60 Rz 12 Konsensquorum 27 Rz 2; 39 Rz 23 Konstituierende Nationalversammlung siehe Nationalversammlung, Konstituierende Konstituierende Sitzung siehe Sitzung, konstituierende des Landtages Konsultationsmechanismus 36 Rz 21; 73 Rz 6 Kontrolle, politische – Ausschüsse 23 Rz 2, 7, 22 ff; 46 Rz 14 – Entschließungsrecht siehe dort – Fragerecht siehe dort – Informationsrechte siehe Informationsrechte, Landtag – Misstrauensvotum 18 Rz 7; 44 Rz 18; 46 Rz 14; 48 Rz 13; 49 Rz 3, 6 f; 64 Rz 5, 7 ff; 65 Rz 1, 19; 66 Rz 1, 5; 76 Rz 11 – Verantwortlichkeit, Landesregierung siehe dort – Zitationsrecht 65 Rz 18 Kooperativer Bundesstaat siehe Bundesstaat, kooperativer
Stichwortverzeichnis
Kooperativer Föderalismus siehe Föderalismus, kooperativer Kultur 10 Rz 10 ff – Förderung 10 Rz 1, 3, 6, 9 ff – Kulturverfassungsrecht Präambel Rz 9 Kundmachung 37 Rz 18; 38 Rz 22 ff; 39 Rz 23, 25, 28 ff; 40 Rz 2, 4 ff; 41 Rz 2, 4, 11, 13 f; 41a; 60 Rz 22 Kunst 6 Rz 15; 10 Rz 17 Länderbeteiligungsverfahren Vorbem EUInt-LVG Rz 1 ff – Integrationskonferenz der Länder § 1 EUInt-LVG – Länderstellungnahme, einheitliche Vorbem EUInt-LVG Rz 2; § 1 EUInt-LVG Rz 2 f; § 4 EUInt-LVG Rz 2 – Partizipation, kompensatorische Vorbem EUInt-LVG Rz 1 – und Landtag Vorbem EUIntLVG Rz 3; §§ 2, 3, 4 EUIntLVG – Vorhaben im Rahmen der europäischen Integration § 3 EUIntLVG Rz 3 Länderstaatsverträge siehe Staatsverträge der Länder Land, selbständiges Präambel Rz 16 Landesabgaben Geschichte Rz 27 Landesamtsdirektor Geschichte Rz 27; 58 Rz 9 Landesbevölkerung 60a Rz 4 f Landesbürger Geschichte Rz 35; 3; 60 Rz 8 Landeseinheit, geistige und kulturelle Präambel Rz 21; 2 Rz 14, 16 Landesgebiet 2; 59 Rz 14; 60 Rz 8, 15, 17, 19 ff – Änderungen 2 Rz 22 f 1161
Stichwortverzeichnis
– Bedeutung 2 Rz 17 ff – Festlegung 2 Rz 13 ff Landesgesetz 37 Rz 6 – Geltung 40 Rz 5 – Geltungsbereich, örtlicher 2 Rz 17; 40 Rz 10 f – Geltungsbereich, zeitlicher 40 Rz 6–9 – Wiederverlautbarung siehe Wiederverlautbarung, Landesgesetze Landesgesetzblatt 41a – Berichtigungen 41a Rz 6 ff – Herausgabe 41a Rz 4 – Kundmachung 41a Rz 5 Landesgesetzgebung 15 Rz 1, 6 ff; 16 Rz 1 – Begutachtung siehe dort – funktionelle 35 Rz 6 – Gesetzesbeschluss siehe dort – Verfahren 15 Rz 12 – Vorschläge 35 Landesgrenzen 2 – Grenzänderung siehe dort – Grenzbereinigung siehe dort – Kärnten 2 Rz 21 – Salzburg 2 Rz 21 – Vorarlberg 2 Rz 21 Landeshauptmann 47 Rz 1 f, 4; 50 Rz 3 ff, 8 f – Amtsantritt 48 Rz 4 – Auftragsverwaltung 50 Rz 4 f – Ausscheiden 50 Rz 3 – Verhinderung 50 Rz 3, 9 – Vertretung des Landes 56 Rz 14 – Vertretung ex lege 50 Rz 8 – Vorgaben 50 Rz 5 – Vorsitzender Landesregierung 56 Rz 19 – Vorstand Amt der Landesregierung 58 Rz 8 – Wahl 45 Rz 1 ff, 9 ff Landeshauptstadt 5; 16 Rz 6; 36 Rz 11 f; 37 Rz 14 f; 39 Rz 11; 44 Rz 13; 59 Rz 14; 60 Rz 9; 78 Rz 7 1162
Landeshaushalt – Genehmigungspflicht budget wirksamer Maßnahmen 62a – Finanzplanung, mittelfristige 62b Rz 1 f, 4, 12 – Vorgaben siehe dort Landeshaushalt, Vorgaben – Haushaltsreform 1986 61 Rz 3 – Haushaltsreform 2008 61 Rz 3 – Heiligenbluter Vereinbarung 61 Rz 4 – Landesvoranschlag siehe dort – Maastricht-Kriterien 61 Rz 3 Landeshymne 6 Rz 8 Landesordnung 1526 Geschichte Rz 21 Landesordnung 1861 Geschichte Rz 11, 15 Landesordnung 1921, Tiroler Geschichte Rz 21 Landesordnung 1946, Tiroler Geschichte Rz 35 Landesordnung 1953, Tiroler Geschichte Rz 36 Landesordnung 1989 Geschichte Rz 39 Landesordnung, Begriff Spätmittelalter Geschichte Rz 1 Landesrechnungsabschluss 61 Rz 1, 4, 11 ff, 18; 63 Rz 1 ff, 9 Landesrechnungshof 7 Rz 15 f; 67; 70 – Ausstattung 70 Rz 6 – Berichte siehe Berichte, Landesrechnungshof – Diensthoheit 70 Rz 9 – Direktor 70 Rz 7 – Doppelstellung, funktionelle 67 Rz 2 – Entstehungsgeschichte 67 Rz 10; 70 Rz 3 ff – Inter-Organ-Kontrolle 67 Rz 1 – Koordinationsverpflichtungen, einfachgesetzliche 67 Rz 5
– Meinungsverschiedenheiten, VfGH 67 Rz 33–39 – Organisation 70 Rz 6–10 – Sitz siehe Amtssitz – Unabhängigkeit siehe dort – Unvereinbarkeit siehe dort Landesregierung 39 Rz 12, 19; 44 Rz 1 f, 4, 8, 10 ff; 59 Rz 6, 15; 60 Rz 6, 10, 22; 60a Rz 1, 3–11 – Amtsaberkennung 48 Rz 7 – Amtsantritt 47 Rz 4, 10 – Amtsausübungspflicht 48 Rz 9 – Amtsdauer 48 Rz 4 f – Amtsgeschäfte, Weiterführung 49 Rz 2, 10 f – Amtssitz siehe dort – Amtsverzicht 48 Rz 9 f – Aufgabenverteilung 51 Rz 10, 14 ff – Ausscheiden 48 Rz 14–18 – Beschlussfassung 35 Rz 17 – Bezüge siehe Bezüge, Landesregierung – Bildung 45 Rz 4–7, 12 f – Ergänzungswahl 49 Rz 5 – Funktionsfähigkeit 48 Rz 6; 49 Rz 6 – Gelöbnis siehe Gelöbnis, Landesregierung – Geschäftsordnung 51 – Geschäftsverteilung 48 Rz 12; 51 Rz 14–21 – Gestaltungsspielraum 45 Rz 2 – Gleichheitsgrundsatz 45 Rz 3 – Grundsätze 45 Rz 1 – Kollegialsystem 44 Rz 2 – Mehrheitswahlsystem 45 Rz 5 ff; 52 Rz 3 – Ministerialsystem 44 Rz 2 – Nachwahl 49 Rz 5, 7 ff – Neuwahl 49 Rz 5, 7 – Organ, oberstes 44 Rz 1, 4, 8 – Prinzip, demokratisches 45 Rz 3 – Sitz siehe Amtssitz
Stichwortverzeichnis
– Sitzung 51 Rz 21 – Umlaufbeschluss 52 Rz 10 – Unvereinbarkeit siehe dort – Verantwortlichkeit siehe Verantwortlichkeit, Landesregierung – Verhältniswahlsystem 52 Rz 3 – Vertretung 50 Rz 2 f, 10 f – Wahl 44 Rz 1; 45 Rz 4–7, 12 f – Weisungen an Mitglieder der – 51 Rz 3, 5, 20; – Zusammensetzung 44 Rz 1, 11 f – Zuständigkeit als Kollegium 51 Rz 2, 4, 8 f, 14 ff – Zuständigkeitsübergang auf Mitglieder der – 51 Rz 17 – Zustimmungskompetenz 44 Rz 10 Landessiegel 6 Rz 7 Landessprache 4 Rz 2–5, 7 f, 10 f Landesstatut 1860, Tiroler Geschichte Rz 10 Landes-Verlautbarungsgesetz 2013 41a Rz 9 ff Landesvermögen 62a Rz 9 Landesversammlung, Provisorische Geschichte Rz 16 Landesverwaltungsgericht 59 Rz 19; 60 Rz 11; 70b; 70c; 70d; 70e – Bestandsgarantie Vorbem LVwG Rz 4 – Bezeichnung 70b Rz 1 – Diensthoheit, dienstrechtliche Stellung 70c Rz 5 – Dienst- und Disziplinarausschuss 70b Rz 5 – Ernennung der Mitglieder 70b Rz 3 – Evidenzstelle 70b Rz 6 – Gerichtseigenschaft Vorbem LVwG Rz 3; 70c Rz 1 – Gerichtseigenschaft, Unionsrecht Vorbem LVwG Rz 8 – Geschäftsordnung 70d Rz 13 ff 1163
Stichwortverzeichnis
– Geschäftsstelle 70b Rz 6 – Geschäftsverteilung, feste 70c Rz 1; 70d Rz 10 ff – Justizverwaltung 70b Rz 4 ff; 70c Rz 3 ff – Kooperationsverhältnis EuGH Vorbem LVwG Rz 9 – Laienrichter, fachkundige 70d Rz 5 – Landesverwaltungsgerichtsgesetz, Tiroler 70e – Organe 70b Rz 4 ff – Organisation, Vorgaben Vorbem LVwG Rz 5; 70e – Personal- und Geschäftsverteilungsausschuss 70b Rz 5; 70d Rz 11 f – Präsident 70b Rz 4, 7 – Rechtspfleger 70d Rz 6 – Rechtsschutz, effektiver Vorbem LVwG Rz 6 – Richterbild, einheitliches Vorbem LVwG Rz 3; 70c Rz 1 – Senate 70d Rz 7 ff – Sitz siehe Amtssitz – Spruchkörper 70d Rz 4 ff – Unabhängigkeit, richterliche siehe dort – Unvereinbarkeit siehe dort – Vollversammlung 70b Rz 4 – Zusammensetzung 70b Rz 2 – Zuständigkeiten Vorbem LVwG Rz 6; 70d Rz 2 ff Landesvolk Präambel Rz 3; 1 Rz 6, 8; 3; 8 Landesvolksanwalt 12 Rz 4, 10; 59 – Abberufung 59 Rz 6, 12 – Akteneinsicht 59 Rz 34 – Amtsdauer 59 Rz 6, 11 – Amtshilfe 59 Rz 34 – Anregung 59 Rz 16, 27 f – Ausbildung 59 Rz 9 – Auskünfte 59 Rz 34 – Ausschreibung 59 Rz 6, 8 1164
– Beschwerde 59 Rz 18, 22 – Diensthoheit 59 Rz 4, 15 – Dienstverhältnis 59 Rz 8 – Eignung 59 Rz 9 – Empfehlung 59 Rz 23 – Ende der Funktion 59 Rz 13 – Gebühren siehe dort – Geschäftsordnung 59 Rz 37 – Landesverwaltung 59 Rz 17 – Missstand siehe dort – Rat 59 Rz 17, 21 – Sach- und Geldmittel 59 Rz 15 – Sitz siehe Amtssitz – Sprechtag 59 Rz 9, 14 – Tätigkeitsbericht 59 Rz 33 f – Tod 59 Rz 13 – Unabhängigkeit siehe dort – Unvereinbarkeit siehe dort – Vertraulichkeit 59 Rz 33 – Verzicht 59 Rz 13 – Vorschlagsrecht 59 Rz 8 – Weisung 59 Rz 5, 15, 37 Landesvollziehung 44 Rz 1, 3 ff, 7 ff, 11 f – Kompetenz siehe Kompetenzen, Vollziehung – Landeshauptmann 44 Rz 1, 3 f, 11 – Landesvermögen 44 Rz 5, 8 – Übertragung 44 Rz 4 – Wahl 44 Rz 1, 12 – Zuständigkeit 44 Rz 4, 8 f Landesvoranschlag 62 – Budgethoheit 61 Rz 1, 4; 62 Rz 1 – Budgetprovisorium, automatisches 62 Rz 9 ff – Ergebnishaushalt 61 Rz 20 – Finanzierungshaushalt 61 Rz 21 – Vermögenshaushalt 61 Rz 22 – Voranschlags- und Rechnungsabschlussverordnung 2015 61 Rz 5 ff, 18 f; 62 Rz 7, 10; 63 Rz 2, 10 Landeswahlbehörde 39 Rz 22, 26; 60 Rz 24
Landeswappen 6 Rz 5 Landgemeinden (Kurie) Geschichte Rz 12 Landlibell von 1511 Geschichte Rz 4 Landschaftsschutz 7 Rz 11 Landtag 15; 16; 39 Rz 9; 59 Rz 5, 7, 33; 60 Rz 7 – Aktuelle Stunde siehe dort – Auflösung 28 Rz 7 ff – Ausschüsse siehe dort – Bezüge, Abgeordnete siehe dort – Diskontinuität 18 Rz 6 – Einberufung an einen anderen Ort 16 Rz 7 – Geschäftsordnung 12 Rz 9 f; 37 Rz 20 – Hausrecht 20 Rz 12 – Informationsrechte siehe dort – Klubs siehe dort – Länderbeteiligungsverfahren siehe dort – Obleuterat siehe dort – Parteien, politische siehe dort – Repräsentativorgan 16 Rz 3 – Selbstauflösung 18 Rz 5; 28 Rz 7 ff – Sitz siehe Amtssitz – Sitzung siehe Landtagssitzungen – Sitzung, erste siehe Sitzung, konstituierende des Landtages – Subsidiaritätskontrolle siehe dort – Verwaltungsangelegenheiten 20 Rz 13 f – Wählergruppe 8 Rz 12 – Wahlverfahren 17 Rz 5, 8 f, 24; siehe auch Landtagswahl – Zusammentreten 53 Rz 1, 5, 14 ff Landtag, verfassungsgebender 1919 Geschichte Rz 20, 26 Landtagsdirektion 26 Rz 20 ff
Stichwortverzeichnis
Landtagspräsident Geschichte Rz 32, 35; 20; 47 Rz 4; 59 Rz 4 f, 7 f, 12, 15 – Abberufung 21 Rz 9 – Amtsdauer 21 Rz 1 ff – Amtsverzicht 21 Rz 5, 8 – Angelobung 20 Rz 5 f – Aufgaben 20 Rz 8 – Ausscheiden aus dem Amt, vorzeitiges 21 Rz 4 ff – Diensthoheit 26 Rz 8, 24 f; 59 Rz 4, 15 – Repräsentation 20 Rz 11 – Vertretung 22 Rz 1–7 – Vertretung des Landtags nach außen 20 Rz 10 – Vorsitzführung 20 Rz 7, 9 – Wahl 20 Rz 3; 22 Rz 8 Landtagssitzungen – außerordentliche 24 Rz 3, 8 ff – Einberufung 24 Rz 1 f, 6 – konstituierende siehe Sitzung, konstituierende des Landtages – öffentliche 25 Rz 8 ff, 13 – ordentliche 24 Rz 9 f – Übertragung 25 Rz 10 – vertrauliche 25 Rz 13 Landtagsvizepräsidenten 20 Rz 1 ff, 15; 22 Rz 1–7 Landtagswahl 3 Rz 1; 8 Rz 12; 17; 18 Rz 7 Leges fundamentales Geschichte Rz 3 ff Legislaturperiode Geschichte Rz 24 Maastricht-Kriterien 62b Rz 6 Märzverfassung 1849 Geschichte Rz 9 Magistrat 78 Rz 1, 9 Magistratsdirektor 78 Rz 9 Mandat (Landtag) – Außerdienststellung 29 Rz 18, 21, 26 1165
Stichwortverzeichnis
– Ausübung durch öffentlich Bedienstete 29 Rz 6, 18 ff – Beginn 29 Rz 1, 5, 9 ff – Bewerbung durch öffentlich Bedienstete 29 Rz 2, 6, 15 ff – Bezüge 29 Rz 18 – Bundesrat 43 – Dienstfreistellung 29 Rz 18, 21, 26 – Erlöschen siehe dort – Ersatzarbeitsplatz 29 Rz 19 – Ersatzmitglied 29 Rz 11 – Kontrolle 29 Rz 2 f, 24 ff – Neuwahl Landtag 29 Rz 10 – Unvereinbarkeits- und Transparenz-Gesetz siehe dort Mandat (Landtag), Erlöschen 34 – Fernbleiben 34 Rz 18 – Gelöbnis 34 Rz 17 – Tod 34 Rz 24 – Unvereinbarkeits- und Transparenz-Gesetz siehe dort – Verfahren 34 – Verlust 34 Rz 2, 13 ff, 20 ff – Verzicht 34 Rz 3, 25, 27 ff; 48 Rz 9 – Wählbarkeit 34 Rz 16 – Wahlaufhebung und Wahlnichtigerklärung 34 Rz 9 ff Mandat (Landtag), freies 31 Rz 1, 5 ff – Klubdisziplin 31 Rz 9 f – Parteiausschluss/-austritt 31 Rz 8 Mandat, verwaltungsrechtliches 51 Rz 17 f Marktwirtschaft, soziale 7 Rz 14 Medienöffentlichkeit 25 Rz 8, 10 Mehrebenensystem, europäisches Vorbem EUInt-LVG Rz 7 Meinungsäußerungsfreiheit 6 Rz 15; 10 Rz 2 Menschenrechte siehe Grundrechte Minderheiten 4 Rz 1, 5 1166
Missstand 59 Rz 23 Misstrauensvotum siehe Kontrolle, politische Mitbestimmung, Gemeindebürger 76 Rz 4 Mittelverwendungen 62 Rz 12 f Mitwirkung, Gemeindebürger 76 Rz 2 Nachhaltigkeit 7 Rz 3, 11, 16 Nationalrat, Tiroler Geschichte Rz 16 Nationalversammlung, Konstituierende Geschichte Rz 19 Naturschutz 7 Rz 11 Niederösterreich Geschichte Rz 19 Notfälle 14 Rz 9, 12, 15, 18 Notifikation 35 Rz 20; 36 Rz 22 Notifikationsgesetz, Tiroler 38 Rz 25–28 Notlage 13 Notstandsrecht 16 Rz 8; 53 Rz 5, 9 ff, 16, 18 f, 21, 23 Notverordnungen 53 – Änderung 53 Rz 21 – Anfechtung 53 Rz 22 f – Aufhebung 53 Rz 5, 7, 20 ff – Beschluss 53 Rz 1, 5, 8, 10, 20 – Effektivität 53 Rz 18 – Erlassung 53 Rz 1 f, 5 f, 9 f, 12, 14, 17, 19 ff – Prüfungsmaßstab 53 Rz 7, 22 – Verfahren zur Erlassung 53 Rz 1, 4 f, 12–15, 19 ff Notverordnungsrecht des Bundespräsidenten 53 Rz 1, 8 f, 23 Oberösterreich Geschichte Rz 18, 22 Obleuterat 16 Rz 6; 20 Rz 9; 23 Rz 30, 48; 24 Rz 7; 59 Rz 8; 70 Rz 7 f Öffentlich Bedienstete siehe Bedienstete, öffentliche
Ökologie 7 Rz 1 Oktoberdiplom Geschichte Rz 10 f Ortsgemeinde 72 Rz 2 Pariser Vertrag siehe Gruber-DeGasperi-Abkommen Parlamentsdirektion 26 Rz 7 Parlamentsfunktionen 15 Rz 8 Parteien, politische 8 – Begriff 8 Rz 5 – Funktion, demokratische 8 Rz 1 ff, 8 f – im Landtag vertreten 8 Rz 12 – Parteienfreiheit 8 Rz 2 Parteienfinanzierung 8 Rz 2, 10, 12 f Parteienfinanzierungs- und Klubförderungsgesetz, Tiroler 8 Rz 11 ff Person, juristische 12 Rz 6 Petition 12; 37 Rz 3; 59 Rz 16, 28; 76 Rz 11 f Pillersdorf’sche Verfassung 1848 Geschichte Rz 9 Policeyordnung 1573 Geschichte Rz 1 Präambel Geschichte Rz 37 ff; Präambel; 1 Rz 2, 4, 6 Präsenzquorum 27 Rz 2; 39 Rz 23 Prinzip, föderalistisches Präambel Rz 3 Privatwirtschaftsverwaltung 7 Rz 9, 15, 19; 15 Rz 11; 44 Rz 1, 7, 9, 14; 56 Rz 6; 57 Rz 10; 59 Rz 19, 21; 60 Rz 12; 73 Rz 3; 74 Rz 4 Promulgationsklausel Präambel Rz 7 Rechnungshof des Bundes 7 Rz 15 f; 61 Rz 8; 63 Rz 3; 70a Rz 1 ff Rechtsschutz 37 Rz 11, 16; 39 Rz 13, 29
Stichwortverzeichnis
– effektiver Vorbem LVwG Rz 7 – System Vorbem LVwG Rz 1, 6, 9; 70d Rz 2 f Rechtsstaat 15 Rz 4 Rederecht – Mitglieder der Landesregierung 24 Rz 11 – Mitglieder des Bundesrates 24 Rz 11 – Mitglieder des Europäischen Parlaments 24 Rz 13 Referendum 39 Rz 5 Regierungsvorlage 35 Rz 13 ff Reichsgemeindegesetz 72 Rz 1 Religion Präambel Rz 19 Republik 1 Rz 1, 5, 7 Resolutionsrecht siehe Entschließungsrecht Ressortsystem, Landesregierung 35 Rz 16; 51 Rz 1, 4 f, 10, 14 Rückübereignungsanspruch siehe Eigentum Ruhebezug siehe Bezüge, Landesregierung Salzburg Geschichte Rz 12, 18, 24; 2 Rz 21 Sanktion, Pragmatische Geschichte Rz 19 Schaden 39 Rz 15; 53 Rz 1, 9 ff, 21 Schutz – strafgerichtlicher 6 Rz 14 – verwaltungsstrafrechtlicher 6 Rz 11 f Selbständigkeit 1 Rz 2 Selbstauflösung siehe Landtag Selbstbestimmung Präambel Rz 17 Selbstbestimmungsrecht des Landes Geschichte Rz 24 Selbsthilfe 7 Rz 8, 10 Selbstorganisation 7 Rz 10 Selbstverwaltung 5 Rz 4; 72 Rz 3; 73 Rz 1 1167
Stichwortverzeichnis
Sitzung – der Landesregierung siehe Landesregierung – des Landtages siehe Landtagssitzungen Sitzung, konstituierende des Landtages 18 Rz 3 f; 19 – Einberufung 19 Rz 3 – Tagesordnung 19 Rz 5 – Vorsitzführung 19 Rz 6 ff Solidaritätsprinzip 7 Rz 3, 8 Sonderzahlungen siehe Bezüge, Landesregierung Sparsamkeit 7 Rz 1, 6, 16; 68 Rz 9 Spielregelverfassung Präambel Rz 4; 7 Rz 1 Sprache 4 Rz 1 f, 6–11 – Bezeichnungen, geschlechtsspezifische 81 – deutsche 4 Rz 1 f, 7 ff Staatlichkeit 1 Rz 6 Staatsaufgaben 1 Rz 9 Staatsbürger 37 Rz 9; 39 Rz 10; 76 Rz 9 Staatsform 1 Staatsgebiet 2 Rz 6, 17 Staatsgewalt 1; 2 Rz 17; 3 Rz 5; 8 Staatsgrenze 2 – Deutschland 2 Rz 11 – Grenzänderung siehe dort – Grenzbereinigung siehe dort – Italien 2 Rz 10 – Schweiz 2 Rz 12 Staatsgrenzgesetz 2 Rz 8 Staatsgrenzverträge 2 Rz 3 f, 7, 9 ff Staatsgrundsatz 7 Rz 4, 6, 16 Staatsoberhaupt 1 Rz 7 Staatsrechtliche Vereinbarungen siehe Vereinbarungen, staatsrechtliche Staatssprache 4 Rz 1, 7 Staatsverträge der Länder – Abschluss und Genehmigung 71a Rz 5, 7 1168
– Erfüllungsvorbehalt 71a Rz 10 f – Gegenstände 71a Rz 5 – Genehmigung 71a Rz 11 – Information der Bundesregierung 71a Rz 7 – Kündigung 71a Rz 12 f, 15 f – Kundmachung 71a Rz 12 f – Prüfung durch VfGH 71a Rz 17 f – Ratifikation 71a Rz 10 – Überwachungsrecht des Bundes 71a Rz 14 – Vertragspartner, mögliche 71a Rz 6 – Vertragsverhandlungen 71a Rz 8 – Willensbildung, landesintern 71a Rz 9 Staatsvertrag 2 Rz 19; 39 Rz 16 – von St. Germain 2 Rz 3, 9 f, 13 – von Wien 2 Rz 3, 13 Staatszielbestimmung Präambel Rz 4, 15; 7; 9 Rz 6; 10 Rz 9 Stabilitätspakt, Österreichischer 61 Rz 3, 9 f, 12; 62a Rz 3; 62b Rz 2 Stadtsenat 78 Rz 8 Städtebund 36 Rz 16, 19, 21 Ständestaat Geschichte Rz 30 ff Statutarstadt 5 Rz 5 ff Steiermark Geschichte Rz 18 f Stellungnahme 36 Rz 10, 12 ff Subsidiaritätsprinzip Präambel Rz 22; 7 Rz 1, 8 f, 13, 15; Vorbem EUInt-LVG Rz 4, 9 – Kompetenzausübungsschranke Vorbem EUInt-LVG Rz 9 – Subsidiaritätskontrolle Vorbem EUInt-LVG Rz 4 ff, 9; § 4 EUInt-LVG Rz 6 Südtirol Geschichte Rz 25, 35; Präambel Rz 21; 2 Rz 10, 13, 16 Transparenz 60a Rz 1 ff, 5 f, 10 Übergangsbestimmungen 80 Rz 1 f Umweltschutz 7 Rz 11, 20
Unabhängigkeit – Abgeordnete 31 – Landesrechnungshof 67 Rz 12 – Landesvolksanwalt 59 Rz 5 f, 12 – richterliche 70c UN-Behindertenrechtskonvention 13 Rz 4, 8; 59 Rz 37 Unionsbürger 4 Rz 6; 76 Rz 6 Universität Innsbruck Geschichte Rz 12 Unterausschuss 35 Rz 9 Unternehmer, wirtschaftlicher 7 Rz 15 Untersuchungsausschuss 23 Rz 22–44 – Aktenvorlage 23 Rz 42 – Bericht 23 Rz 43 – Öffentlichkeit 23 Rz 39 Unvereinbarkeit – Landesrechnungshof 70 Rz 10 – Landesregierung 46 Rz 3, 5–12, 15; 48 Rz 11 – Landesverwaltungsgericht 70b Rz 8; 70c Rz 2 – Landesvolksanwalt 59 Rz 5, 10 – politische 46 Rz 1, 4, 9 ff – Unvereinbarkeits-TransparenzGesetz siehe dort – wirtschaftliche 46 Rz 1 f, 12 f Unvereinbarkeits- und Transparenz-Gesetz 29 Rz 3, 23, 28 f; 34 Rz 5 f, 19; 46 Rz 5 Verantwortlichkeit, Landesregierung – politische 64 Rz 6–9 – rechtliche 64 Rz 10 f – (verwaltungs-)strafrechtliche 64 Rz 13 ff – zivilrechtliche 64 Rz 12 Vereinbarung Haftungsobergrenzen 62b Rz 3 Vereinbarung Haushaltsführung 61 Rz 6 f
Stichwortverzeichnis
Vereinbarungen, staatsrechtliche 2 Rz 19; 39 Rz 16; 56 Rz 9 – Abschluss 71 Rz 8 ff – Anwendung Völkervertragsrecht 71 Rz 3 – Gegenstände 71 Rz 6 f – Genehmigung 71 Rz 10 ff – horizontale 71 Rz 1, 3 f, 6 – Information der Bundesregierung 71 Rz 13 – Kündigung 71 Rz 18 ff – Kundmachung 71 Rz 14 ff – Landesgrenze Tirol – Vorarlberg 2 Rz 21 – Prüfung 71 Rz 22 ff – Transformation 71 Rz 17 – Unterzeichnung 71 Rz 8 – vertikale 71 Rz 1, 3 f, 6 Vereinsfreiheit 8 Rz 4 Verfassungsautonomie der Länder Geschichte Rz 39; Präambel Rz 9; 1 Rz 2; 5 Rz 1; 6 Rz 1; 7 Rz 2; 8 Rz 6; 11 Rz 1, 4; 12 Rz 1; 13 Rz 2; 14 Rz 1; 15 Rz 10; 16 Rz 1; 18 Rz 6; 21 Rz 1; 22 Rz 1; 23 Rz 2, 22; 24 Rz 1, 13; 25 Rz 11; 30 Rz 1; 34 Rz 8; 35 Rz 1; 36 Rz 2; 37 Rz 1; 39 Rz 1 f; 40 Rz 1; 41 Rz 2; 41a Rz 1; 43 Rz 1; 46 Rz 9; 48 Rz 1; 51 Rz 2, 15; 52 Rz 1, 3; 53 Rz 1, 17; 55 Rz 1, 10, 14; 56 Rz 6; 57 Rz 1; 59 Rz 2, 20; 60 Rz 1; 65 Rz 2; 65a Rz 1; 67 Rz 3, 8; § 4 EUInt-LVG Rz 1 Verfassungsgerichtshof 59 Rz 4, 6, 31, 35 f Verfassungsgesetz betreffend den Übergang zur ständischen Verfassung 1934 – Geschichte Rz 31 Verfassungsrecht, materielles 27 Rz 3 Verfassungsübergangverordnung Geschichte Rz 32 Verfassungsvolk Präambel Rz 7 1169
Stichwortverzeichnis
Verfassungswerte Präambel Rz 5 Verhältnismäßigkeitsprinzip 7 Rz 1, 18 Verhältnisse, außerordentliche 16 Rz 8 Verordnung Geschichte Rz 32; 2 Rz 17; 7 Rz 19 f; 11 Rz 21 f; 15 Rz 7; 20 Rz 1; 23 Rz 17; 26 Rz 24; 36 Rz 19; 39 Rz 17; 40 Rz 7; 41a Rz 9; 44 Rz 10; 50 Rz 10; 51 Rz 13; 52 Rz 5; 53; 57 Rz 1, 14; 59 Rz 31; 60 Rz 24; 61 Rz 2, 4, 7; 63 Rz 2; 64 Rz 11, 14; 70 Rz 9; 71 Rz 17, 25; 71a Rz 5, 10, 17; 72 Rz 8; 74 Rz 7 f; 77 Rz 12, 15 ff, 21 ff; 78 Rz 10; 81 Rz 2 Verwaltungsgemeinschaften, Gemeinde 77a Rz 2 f; 78 Rz 10 – Auflösung 77a Rz 13 – Austritt 77a Rz 14 – Beitritt 77a Rz 14 – Bildung 77a Rz 9 ff; 78 Rz 10 – Rechtsstreitigkeiten 77a Rz 12 Verwaltungsgerichtsbarkeit des Landes siehe Landesverwaltungsgericht Verwaltungssprengel, Gemeinde 73 Rz 1 Vetoreferendum 39 Rz 5; 76 Rz 11 Völkerrechtssubjektivität der Län der 71a Rz 3 Volksabstimmung Geschichte Rz 24; 37 Rz 7; 39; 76 Rz 2, 4, 11 – Anfechtung 39 Rz 22, 29 – Einspruchsrecht 39 Rz 8 – Fristsetzung 39 Rz 17 – Kundmachung siehe dort – Mehrheitsprinzip 39 Rz 23 – obligatorische Geschichte Rz 35 – Rechtsschutz siehe dort – Sachreferendum 39 Rz 5 – Stimmrecht 39 Rz 20 f – Überprüfungsantrag 39 Rz 22, 26 1170
– Wahlberechtigte 39 Rz 10 Volksanwaltschaft 59 Rz 1 f, 4, 11 Volksbefragung 5 Rz 7; 39 Rz 6; 60; 76 Rz 2, 4, 6, 11 f – Beschwerde 60 Rz 11 – Briefabstimmung siehe dort – Ergebnis 60 Rz 22 – Frage 60 Rz 22 – Landesverwaltung 60 Rz 12 – Quoren 60 Rz 18 – Stimmzettel 60 Rz 22 – Teilnahmerecht 60 Rz 16, 23 – Überprüfungsantrag 60 Rz 24 Volksbegehren Geschichte Rz 24; 12 Rz 4; 35 Rz 4, 18; 37; 39 Rz 6, 31; 76 Rz 2, 4 – Anfechtung 37 Rz 13 – Antrag 37 Rz 10, 17, 19 – Einleitungsverfahren 37 Rz 10 – Ergebnis 37 Rz 18 – Ermittlungsverfahren 37 Rz 12 – Kundmachung siehe dort – Landesgesetz siehe dort – Rechtsschutz siehe dort – Überprüfung 37 Rz 12 – Wahlberechtigte 37 Rz 9 Volksgesetzgebung 15 Rz 1; 37 Rz 2; 39 Rz 2; 76 Rz 2, 11 Volksrechtegesetz, Tiroler 39 Rz 24; 60 Rz 22; 76 Rz 13 Volkssouveränität 1 Rz 1; 8 Rz 8 Vorabentscheidung Vorbem LVwG Rz 9 f Vorarlberg Geschichte Rz 18, 24; 2 Rz 21 Wählergruppe 8 Rz 5, 12, 15 Wahlkreise 17 Rz 4, 22 Wahlrecht 17 – aktives 17 Rz 1 f, 17; 75 Rz 1 ff, 5 – geheimes 17 Rz 16 – gleiches 17 Rz 12 – passives 17 Rz 2; 75 Rz 1 ff, 5; 76 Rz 9
– persönliches 17 Rz 15 – unmittelbares 17 Rz 13 Wahltag 17 Rz 21 Wiederverlautbarung, Landesgesetze – Anpassung des Normtextes 41 Rz 12 – Geltung und Inkrafttreten 41 Rz 13–16 – Verfahren 41 Rz 8–11 – Zweck und Grenzen 41 Rz 5 ff Wirkung, normative Präambel Rz 10, 13 Wirkungsbereich, Gemeinde – eigener 60, Rz 13; 74 Rz 3 f; 76 Rz 1, 10 – übertragener 74 Rz 3, 8 Wirtschaft 7 Rz 11, 14 Wirtschaftlichkeit 7 Rz 1, 6, 16; 68 Rz 10
Stichwortverzeichnis
Wirtschaftsraum, nachhaltiger und wettbewerbsfähiger 7 Rz 3, 13 Wirtschaftstätigkeiten, Gemeinde 73 Rz 3, 5 Wohnbauförderung 11 Rz 9 Wohnmöglichkeiten, leistbare 7 Rz 3, 13 Wohnsitz 3 Rz 2 f Würde des Menschen Präambel Rz 14, 18 Ziele, oberste 7 Rz 4 Zitationsrecht siehe Kontrolle, politische Zusammenarbeit – grenzüberschreitende 2 Rz 16 – interkommunale 77 Rz 2 Zweckmäßigkeit 7 Rz 1, 6, 16; 68 Rz 10
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