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German Pages 488 Year 2023
Liedgens Stille Lasten im Umwandlungssteuerrecht
Steuerfragen der Wirtschaft
Band 29
Stille Lasten im Umwandlungssteuerrecht von
Gustav Liedgens 2023
Zugleich Dissertation, Universität Hohenheim, 2023 D100
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Verlag Dr. Otto Schmidt KG Gustav-Heinemann-Ufer 58, 50968 Köln Tel. 02 21/9 37 38-01, Fax 02 21/9 37 38-943 [email protected] www.otto-schmidt.de ISBN 978-3-504-64130-6 ©2023 by Verlag Dr. Otto Schmidt KG, Köln
Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlages. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeiche rung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das verwendete Papier ist aus chlorfrei gebleichten Rohstoffen hergestellt, holz- und säurefrei, alterungs beständig und umweltfreundlich. Druck und Verarbeitung: Stückle, Ettenheim Printed in Germany
Vorwort Die vorliegende Arbeit ist während meiner Tätigkeit als Steuerberater bei Flick Gocke Schaumburg entstanden. Sie wurde im Sommersemester 2023 von der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät der Universität Hohenheim als Dissertation angenommen. Die mündliche Prüfung erfolgte am 12. Juli 2023. Gesetzgebung, Literatur und Rechtsprechung konnten bis Juni 2023 berücksichtigt werden. Mein Dank gilt allen voran meinem sehr geschätzten Doktorvater Prof. Dr. Holger Kahle. Er hat mir nicht nur die Möglichkeit gegeben als externer Doktorand an seinem Lehrstuhl zu promovieren, sondern mir weitreichende Freiheit bei der Ausarbeitung des Themas gewährt und die Fertigstellung der Arbeit stets mit großem Engagement, konstruktiven Anregungen und wertvollen Hinweisen unterstützt. Prof. Dr. Ulrich Palm danke ich sehr für die rasche Erstellung des Zweitgutachtens. Prof. Dr. Dirk Hachmeister danke ich für die Übernahme des Vorsitzes im Rahmen der mündlichen Prüfung. Dr. Thomas Walter danke ich sehr herzlich für den Austausch über das öster reichische Umgründungssteuergesetz sowie die punktuelle Unterstützung bei der Literaturbeschaffung. Ein besonderer Dank gilt der Sozietät Flick Gocke Schaumburg, allen vo ran in Persona von Dr. Bernhard Liekenbrock, der mir die Erstellung der vorliegenden Arbeit neben meiner Tätigkeit in seinem Team ermöglicht und gefördert hat. Meinen Arbeitskollegen, insbesondere Amelie Braul, Jan Brodersen und Marie-Luise Scheerer danke ich für die stetige Diskussionsbereitschaft, die während der Dissertationsphase gewährte Unterstützung und die allgemeine Bereicherung des Arbeitsalltags. Meinen Freunden Klaus Himmer, Fabian Hoffmann, Fabian Ludwig, Seamus Neary und Dr. Paul Zimmermann danke ich für das eifrige Korrekturlesen, die wertvollen Hinweise sowie die Zeit und die Gelegenheit meine Gedanken über verschiedenste Facetten der Arbeit zu teilen. Meiner Freundin Svenja danke ich von ganzem Herzen für ihre liebevolle, unermüdliche und bedingungslose Unterstützung in der Endphase der Arbeit, insbesondere bei der finalen Durchsicht des Manuskripts. KontinuierV
Vorwort
lich zeigt sie mir, dass im Leben auch andere Dinge als Steuerrecht wichtig sind. Ohne sie wäre diese Arbeit wohl niemals fertig geworden. Schlussendlich gebührt mein größter Dank meinen Eltern Jutta und Jochen, meinem Bruder Tobias sowie meiner Großmutter Rosa. Sie haben mich stets bei all meinen Vorhaben liebevoll und bedingungslos unterstützt und stehen mir immer mit Rat und Tat zur Seite. Ihnen widme ich diese Arbeit. Köln, im August 2023
VI
Gustav Liedgens
Inhaltsübersicht
Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Inhaltsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abbildungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
V XI XXV XXVII
A. Einführung I. Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Untersuchungsgegenstand und Zielsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Relevanz des Themas und gegenwärtiger Forschungsstand . . . . . . IV. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1 4 6 9
B. Stille Lasten im Steuerrecht I. Steuerbilanzielle Entstehung stiller Lasten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Steuerliche Einordnung stiller Lasten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Gewinn- bzw. Verlustqualität stiller Reserven und stiller Lasten . IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
11 17 18 40
C. Herleitung der Rechtfertigung der Buchwertfortführung des UmwStG I. Steuerneutralität durch Buchwertfortführung als Verkörperung der intersubjektiven Übertragung stiller Reserven und Lasten . . . II. Systematik des U mwStG und Suche nach den übergeordneten Anforderungen der umwandlungssteuerrechtlichen Buchwert fortführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Rechtfertigung der Steuerneutralität im UmwStG . . . . . . . . . . . . . . . IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
43
45 60 89
VII
Inhaltsübersicht
D. Abbildung und Auswirkungen stiller Lasten bei innerstaatlichen Umstrukturierungen I. Bilanzielle und ökonomische Bedeutung eines die Summe der steuerlichen Buchwerte unterschreitenden gemeinen Werts der Sachgesamtheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 II. Abbildung stiller Lasten bei Umstrukturierungen zum gemeinen Wert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 III. Aus- und Wechselwirkung der Realisation von stillen Lasten . . . . 132 IV. Auswirkungen der Versagung der Buchwertfortführung bei einem Überschuss an stillen Lasten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 V. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 E. Analyse der Bewertungsuntergrenze im System des UmwStG I. Uneindeutiger Wortlaut des umwandlungssteuerrechtlichen Bewertungswahlrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Keine Eindeutigkeit durch Rekurs auf die Teilwertbegrenzung im U mwStG 1995 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Systematisch-teleologische Untersuchung des umwandlungs steuerlichen Bewertungswahlrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Kontrolle durch verfassungskonforme und richtlinienkonforme Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
179 182 185 203 226
F. Stille Lasten bei österreichischen innerstaatlichen Umgründungen I. Einführung in das österreichische Unternehmenssteuerrecht . . . . 229 II. Entstehung stiller Lasten im österreichischen Steuerrecht . . . . . . . 235 III. Grundzüge des UmgrStG als sachverhaltsbezogenes Sonderrecht . 243 IV. Intersubjektive Übertragung eines stillen Lastenüberschusses bei innerstaatlichen Umgründungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 V. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 VIII
Inhaltsübersicht
G. Stille Lasten bei grenzüberschreitenden Umstrukturierungen zwischen Deutschland und Österreich I. Grenzüberschreitende Umstrukturierungen im Spannungsfeld zwischen Steuerneutralität und Wahrung der Besteuerungsbefugnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Stille Lasten bei Outbound-Umstrukturierungen nach Österreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Stille Lasten bei Inbound-Umstrukturierungen nach Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
293 302 331 341
H. Ableitung von Handlungsempfehlungen zur Behandlung stiller Lasten auf Basis des Rechtsvergleichs zwischen UmgrStG und UmwStG I. Identifizierte Schwachstellen der Behandlung stiller Lasten im UmwStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Rechtsvergleich zwischen UmgrStG und UmwStG . . . . . . . . . . . . . . III. Handlungsempfehlung an den Gesetzgeber zur Beseitigung der Schwächen des UmwStG in Bezug auf stille Lasten . . . . . . . . . . . . . . IV. Ausblick: Stärkung des Maßgeblichkeitsgrundsatzes zur Behandlung der Ursache von steuerlichen stillen Lasten . . . . . . . . .
343 345 358 364
I. Thesenförmige Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . 367 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 373 Rechtsquellenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 429 Rechtsprechungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 433 Verzeichnis der sonstigen Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 447 Hinweis zur Zitierweise österreichischer Gerichtsentscheidung . . . . . . . 451 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 453
IX
Inhaltsverzeichnis Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Inhaltsübersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abbildungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
V VII XXV XXVII
A. Einführung I. Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 II. Untersuchungsgegenstand und Zielsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 III. Relevanz des Themas und gegenwärtiger Forschungsstand . . . . 6 IV. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 B. Stille Lasten im Steuerrecht I. Steuerbilanzielle Entstehung stiller Lasten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 1. Entstehung stiller Lasten durch Überbewertung von Aktiva . . 12 2. Entstehung stiller Lasten durch Unterbewertung von Passiva . 14 II. Steuerliche Einordnung stiller Lasten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 III. Gewinn- bzw. Verlustqualität stiller Reserven und stiller Lasten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 1. Grundlegende Besteuerungsprinzipien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 a) Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit . 19 b) Grundsatz der Individualbesteuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 c) Subjektive und objektive Bindung stiller Lasten . . . . . . . . . . . 21 d) Grundsatzätze der Gewinn- und Verlustrealisation . . . . . . . 25 aa) Realisationsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 bb) Imparitätsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 cc) Ersatzrealisation: Entstrickungsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . 28 2. Beeinflussen stille Reserven und Lasten schon vor Realisation die Leistungsfähigkeit? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 XI
Inhaltsverzeichnis
a) Leistungsfähigkeitsbeeinflussung im Entstehungszeitpunkt 31 b) Leistungsfähigkeitsbeeinflussung im Realisationszeitpunkt 33 c) Zur Leistungsfähigkeitsbeeinflussung stiller Lasten . . . . . . . 35 aa) Gewinnqualität stiller Reserven . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 bb) Übertragung auf stille Lasten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 C. Herleitung der Rechtfertigung der Buchwertfortführung des UmwStG I. Steuerneutralität durch Buchwertfortführung als Verkörperung der intersubjektiven Übertragung stiller Reserven und Lasten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 II. Systematik des UmwStG und Suche nach den übergeordneten Anforderungen der umwandlungssteuerrechtlichen Buchwertfortführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 1. Qualifizierter Umwandlungsgegenstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 2. Steuerliche Rückwirkung und Rückbeziehung . . . . . . . . . . . . . . . 47 3. Regelbewertung zum gemeinen Wert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 4. Abweichende Bewertung für Pensionsrückstellungen . . . . . . . . 48 5. Umwandlungssteuerliche Rechtsnachfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 6. Umwandlungssteuerrechtliche Buchwertfortführung . . . . . . . . . 54 a) Dispositionsbefugnis des Steuerpflichtigen . . . . . . . . . . . . . . . 55 b) Übergeordnete Voraussetzungen der umwandlungssteuer rechtlichen Buchwertfortführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 aa) Fortwährende Steuerverstrickung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 bb) Keine oder nur qualifizierte Gegenleistung . . . . . . . . . . . 59 III. Rechtfertigung der Steuerneutralität im UmwStG . . . . . . . . . . . . 1. Umwandlungen bergen ein Realisationsproblem . . . . . . . . . . . . . a) Gesetzgeberische Entscheidung zur realisierenden Umwandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Dogmatische Einordnung von Umwandlungen als Realisationsvorgänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Umwandlungen als tauschähnliche Veräußerungen . . . (1) Begriff der Veräußerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XII
60 61 61 61 62 63
Inhaltsverzeichnis
(2) Tauschgedanke bei Umwandlungen mit Gewährung von Gesellschaftsrechten . . . . . . . . . . . . . 64 (3) Veräußerungsthese auch bei Nichtgewährung von Gesellschaftsrechten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 (4) Veräußerungsthese beim Formwechsel . . . . . . . . . . . 67 bb) Gegenauffassung: Umwandlungen als steuerunbeachtliche Organisationsakte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 cc) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 2. Rechtfertigung der Steuerneutralität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 a) Keine Realisation von Markteinkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 b) Steuerneutralität als ökonomisches Bedürfnis ungeeignet . 76 c) Steuerneutralität als außerfiskalisches Lenkungsziel unter einem gewissen Maß an Kontinuität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 aa) Entscheidungsneutralität als Förderungsziel des UmwStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 bb) Anforderungen an die zwecktaugliche Ausgestaltung . 79 (1) Kontinuität durch fortwährende Steuerverstrickung 80 (2) Kontinuität durch Fortsetzung des unternehmerischen Engagements . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 cc) Gesetzgeberische Freiheit zur Festlegung weiterer einzelfallbezogener Kontinuitätsbedingungen . . . . . . . . 83 3. Einschränkungen der Steuerneutralität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 a) Gesetzgeberische Freiheit zur Einschränkung unter Beachtung des Willkürverbots . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 b) Zulässigkeit der Einschränkungen der Steuerneutralität zur Vermeidung von Missbräuchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 D. Abbildung und Auswirkungen stiller Lasten bei innerstaatlichen Umstrukturierungen I. Bilanzielle und ökonomische Bedeutung eines die Summe der steuerlichen Buchwerte unterschreitenden gemeinen Werts der Sachgesamtheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 II. Abbildung stiller Lasten bei Umstrukturierungen zum gemeinen Wert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 XIII
Inhaltsverzeichnis
1. Aufteilung des gemeinen Werts der Sachgesamtheit . . . . . . . . . . 94 2. Ansatz der Wirtschaftsgüter unter Berücksichtigung stiller Lasten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 a) Stille Lasten in aktiven Wirtschaftsgütern . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 b) Stille Lasten in passivierungsbeschränkten Wirtschaftsgütern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 aa) Mittelbare Berücksichtigung durch Minderung des Firmenwerts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 bb) Unmittelbare Berücksichtigung durch Ansatz des gemeinen Werts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 c) Stille Lasten in Pensionsrückstellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 aa) Nichtberücksichtigung stiller Lasten durch Teilwertansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 bb) Zur Minderung des Firmenwerts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 d) Berücksichtigung eines negativen Firmenwerts . . . . . . . . . . . 115 aa) Rückgriff auf die „umgekehrte Stufentheorie“ im Falle eines negativen Firmenwerts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 bb) Abstockung der Wirtschaftsgüter verstößt gegen Wortlaut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 cc) Passivierung eines „negativen Firmenwerts“ . . . . . . . . . . 119 (1) Keine Passivierung als Drohverlustrückstellung . . . 119 (2) Fehlende Planwidrigkeit einer Regelungslücke . . . . 120 (3) Ausweis eines passiven Ausgleichspostens . . . . . . . . 121 e) Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 3. Ergebnis: Nichtberücksichtigung von stillen Lasten in Pensionsrückstellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 a) Gründe für Fortgeltung der Teilwertbewertung . . . . . . . . . . . 125 b) Folgen der systematisch fragwürdigen Überbewertung . . . . 125 aa) Übermaßbesteuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 bb) Verletzung des objektiven Nettoprinzips . . . . . . . . . . . . . . 128 c) Problemlösende Stärkung des Maßgeblichkeitsgrundsatzes de lege ferenda? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 III. Aus- und Wechselwirkung der Realisation von stillen Lasten . . 132 1. Wertansatz determiniert Übertragungs- bzw. Einbringungsergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 2. Systemkonforme Nichtberücksichtigung von stillen Lasten in Kapitalgesellschaftsbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 XIV
Inhaltsverzeichnis
3. Realisation von stillen Lasten in passivierungsbeschränkten Verpflichtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 a) Anwendung und Wirkung von § 4f EStG beim Überträger 135 aa) Grundzüge von § 4f EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 bb) Anwendbarkeit von § 4f EStG im UmwStG . . . . . . . . . . . 137 cc) Kein Direktabzug nach § 4f Abs. 1 S. 3 Alt. 1 EStG . . . . 141 b) Auswirkung beim übernehmenden Rechtsträger . . . . . . . . . . 146 aa) Phasenverschobene Durchbrechung des Anschaffungsprinzips . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 (1) Vor Geltung von § 5 Abs. 7 EStG: Rn. 04.16 UmwStE . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 (2) Grundzüge von § 5 Abs. 7 EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 (3) Rechtsfolgen der Anwendung von § 5 Abs. 7 EStG im UmwStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 bb) Gegenläufige Wirkung durch zu übernehmenden, noch verteilungspflichtigen Aufwand . . . . . . . . . . . . . . . . 153 cc) Folgebehandlung eines passiven Ausgleichspostens (Badwill) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 4. Ergebnis: Asymmetrische Behandlung stiller Reserven und Lasten durch § 4f, § 5 Abs. 7 EStG im UmwStG . . . . . . . . . . 157 IV. Auswirkungen der Versagung der Buchwertfortführung bei einem Überschuss an stillen Lasten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 1. Zwangsrealisation bei Überschuss an stillen Lasten . . . . . . . . . . . 159 2. Auswirkung auf verschiedene Ausprägungen des steuerlichen Übertragungs- bzw. Einbringungsergebnisses . . . . . . . . . . . . . . . . 160 a) Übertragungs- bzw. Einbringungsverlust . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 aa) Intraperiodische Verlustverrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 bb) Interperiodische Verlustverrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 (1) Verlustrücktrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 (2) Einschränkte Möglichkeit des Verlustvortrags . . . . . 162 b) Übertragungs- bzw. Einbringungsgewinn . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 3. Potenzielle wirtschaftliche Doppelbesteuerung bei Umkehreffekten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 4. Steuerökonomische Analyse der Auswirkungen vor dem Hintergrund des Förderungsziels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 a) Buchwertfortführung im Gegenzug für zukünftige Beiträge zur Staatsfinanzierung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 XV
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b) Fortschreitende asymmetrische Ausgestaltung des Steuerrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 c) Einschränkung der Entscheidungsneutralität als Förderungsziel des UmwStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 aa) Verschiedene Ausprägungsarten des resultierenden steuerlichen Übertragungs-/Einbringungsergebnisses . 169 (1) Verlustfall: Definitiveffekte bei Erlöschen des Rechtsträgers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 (2) Gewinnfall: prohibitive Steuerbelastung . . . . . . . . . . 173 bb) Erhöhung des operativen Aufwands durch verpflichtende Bewertung in Zweifelsfällen sowie fehlende Planbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 d) Ursache: Durchbrechung des Maßgeblichkeitsgrundsatzes durch Einschränkung des Imparitätsprinzips . . . . . . . . . . . . . 174 V. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 E. Analyse der Bewertungsuntergrenze im System des UmwStG I. Uneindeutiger Wortlaut des umwandlungssteuerrechtlichen Bewertungswahlrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 II. Keine Eindeutigkeit durch Rekurs auf die Teilwertbegrenzung im UmwStG 1995 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 III. Systematisch-teleologische Untersuchung des umwandlungssteuerlichen Bewertungswahlrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 1. Äußeres System . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 a) Bewertungswahlrecht als antragsbasierte Ausnahme von der Regelbewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 b) Begrenzung allein im Verhältnis zum Zwischenwertansatz 187 2. Inneres System . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 a) Durchbrechung des Subjektsteuerprinzips . . . . . . . . . . . . . . . . 189 aa) Keine Durchbrechung bei realisierten Verlustpositionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 bb) Vergleichbarkeit von realisierten Verlustpositionen und einem Überschuss an stillen Lasten . . . . . . . . . . . . . . 189
XVI
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b) Buchwert als Wertuntergrenze: Verwirklichung des Förderungsziels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 c) Widerspruch zu übergeordneten Kontinuitätsbedingungen? 195 aa) Kein Verstoß gegen fortwährende Steuerverstrickung . 195 bb) Fortführung des unternehmerischen Engagements . . . 196 (1) Unproblematisch bei positivem Ertragswert . . . . . . . 196 (2) Zweifel bei negativem Ertragswert . . . . . . . . . . . . . . . . 197 d) Konflikt mit der Wertung von § 2 Abs. 5 S. 5 UmwStG . . . . 200 3. Ergebnis: Buchwert als Wertuntergrenze entspricht Systematik und Teleologie des Bewertungswahlrechts . . . . . . . . 202 IV. Kontrolle durch verfassungskonforme und richtlinienkonforme Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 1. Verfassungskonforme Auslegung anhand des Folgerichtigkeitsgebots . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 a) Gebot der Folgerichtigkeit: gesetzgeberische Prinzipienbindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 b) UmwStG: Besteuerungsaufschub als gesetzgeberische Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 c) Buchwert als Wertuntergrenze als folgerichtige Umsetzung des Besteuerungsaufschubs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 2. Richtlinienkonforme Auslegung anhand der Fusionsrichtlinie 208 a) Maßgeblichkeit der Fusionsrichtlinie für den Inlandsfall . . 209 aa) „Leur Bloem“-Grundsätze des EuGH . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 bb) SEStEG: einheitliches Regelungskonstrukt für Umwandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 b) Zielsetzung: Beseitigung von steuerlichen Beschränkungen für Umstrukturierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 c) Art. 4 als zentrale Ausprägung des Besteuerungsaufschubs 212 aa) Art. 4 Abs. 1: Keine Steuererhebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 bb) Voraussetzungen für den Besteuerungsaufschub . . . . . . 213 (1) Buchwertfortführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 (2) Fortwährende tatsächliche Steuerverstrickung . . . . 214 d) Besteuerungsaufschub bei einem Überschuss stiller Lasten 215 aa) Wortlautauslegung von Art. 4 Abs. 1 Fusionsrichtlinie 216 bb) Systematik substantiiert Wortlautauslegung . . . . . . . . . . 218 cc) Zielsetzung der Fusionsrichtlinie: Abbau von steuerlichen Beschränkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 dd) Historische Auslegung mittels Entstehungsgeschichte . 223 XVII
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3. Kontrollergebnis: verfassungs- und richtlinienkonforme Auslegung substantiieren Buchwert als absolute Wertuntergrenze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 V. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 F. Stille Lasten bei österreichischen innerstaatlichen Umgründungen I. Einführung in das österreichische Unternehmenssteuerrecht . 229 1. Leitlinien des österreichischen Unternehmenssteuerrechts . . . 229 a) Leistungsfähigkeit und imparitätisches Realisationsprinzip 229 b) Objektives Nettoprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 c) Grundsatz der Individualbesteuerung und Subjektbindung von stillen Reserven . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 d) Dualismus der Unternehmensbesteuerung . . . . . . . . . . . . . . . 231 2. Betriebsvermögensvergleich als Gewinnermittlungsart . . . . . . . 232 a) Unternehmensrechtlicher Betriebsvermögensvergleich . . . . 232 b) Maßgeblichkeit der unternehmensrechtlichen GoB (insb. Vorsichtsprinzip) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 II. Entstehung stiller Lasten im österreichischen Steuerrecht . . . . . 1. Stille Lasten in Aktiva . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Stille Lasten in Passiva . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Verbindlichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Rückstellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Steuerlich zulässige Rückstellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Verbindlichkeits- und Drohverlustrückstellungen . . . . . cc) Sozialkapitalrückstellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Grundzüge des UmgrStG als sachverhaltsbezogenes Sonderrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Umgründungen im Kontext des österreichischen Steuerrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Begriffsbestimmung von Umgründungen iSd. UmgrStG . . b) Aufbau des UmgrStG und Umgründungstypen . . . . . . . . . . . c) Umgründungen als legal definierte Realisationstatbestände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XVIII
235 235 235 235 237 237 239 240 242 243 243 243 244 245
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aa) Tausch- bzw. Veräußerungsbesteuerung im öEStG . . . . bb) Liquidationsbesteuerung im öKStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) UmgrStG als sachverhaltsbezogenes Sonderrecht . . . . . . . . . 2. Steuerneutralität als Kerngrundsatz des UmgrStG . . . . . . . . . . . . a) Materiell-rechtliche Ausprägungen der Steuerneutralität . . aa) Grundsatz der Buchwertfortführung . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Grundsatz der fortwährenden Steuerverstrickung und Grundsatz der internationalen Ausrichtung . . . . . . cc) Grundsatz der Steuerneutralität von Buchgewinnen und -verlusten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Grundsatz des objektbezogenen Verlustübergangs . . . . b) Rechtfertigung der Steuerneutralität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Weitere Prinzipien des UmgrStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Grundsatz der zwingenden Anwendung und Verknüpfung mit dem allgemeinen Ertragsteuerrecht . . . . . b) Maßgeblichkeit des Unternehmens- und Gesellschaftsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Grundsatz der ertragsteuerlichen Rückwirkung . . . . . . . . . . . d) Grundsatz der wirtschaftlichen Begründung . . . . . . . . . . . . . . IV. Intersubjektive Übertragung eines stillen Lastenüberschusses bei innerstaatlichen Umgründungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Buchwertfortführung im UmgrStG für das übertragene Vermögen bei einem Überschuss an stillen Lasten . . . . . . . . . . . a) Buchwertfortführung bei den einzelnen Umgründungstypen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Verschmelzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Umwandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Einbringungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Zusammenschlüsse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Realteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ff) Spaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Strenge Buchwertfortführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Kein Bewertungswahlrecht bei innerstaatlichen Umgründungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Einschränkungen der Übertragung eines stillen Lastenüberschusses durch negativen Verkehrswert? . . . . . . . . . . . . . . . . a) Einbringungen, Zusammenschlüsse und Realteilungen . . . .
245 246 249 249 249 249 250 252 253 256 258 258 258 259 259 261 261 261 261 262 263 264 266 272 273 273 273 274 276 XIX
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aa) Steuerliches Erfordernis eines positiven Stand-AloneVerkehrswerts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276 bb) Rechtfertigung für das Erfordernis eines positiven Verkehrswerts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277 cc) Ausschluss von Synergieeffekten: keine Rechtfertigung 278 b) Verschmelzungen, Umwandlungen und Spaltungen . . . . . . . 279 aa) Positiver Verkehrswert keine steuerliche Anwendungsvoraussetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 bb) Verschmelzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 cc) Umwandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282 dd) Spaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283 c) Zur Vereinbarkeit der divergierenden Buchwertfortführung bei einem negativen Verkehrswert mit dem Telos des UmgrStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284 aa) Strukturverbesserung bedingt prima facie positiven Verkehrswert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284 bb) Vereinbarkeit mit Telos durch Gesamtbetrachtung unter Berücksichtigung von Synergieeffekten . . . . . . . . . 285 cc) Benachteiligung von Umgründungen iSd. Art. III, IV und V aufgrund Stand-Alone-Verkehrswertermittlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286 3. Ergebnis: zulässige intersubjektive Übertragung eines stillen Lastenüberschusses bei innerstaatlichen Umgründungen . . . . . 287 V. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 G. Stille Lasten bei grenzüberschreitenden Umstrukturierungen zwischen Deutschland und Österreich I. Grenzüberschreitende Umstrukturierungen im Spannungsfeld zwischen Steuerneutralität und Wahrung der Besteuerungsbefugnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Steuerneutralität durch die Fusionsrichtlinie bei fortwährender Steuerverstrickung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Entstrickungs- und Verstrickungsbesteuerung als Mittel zur Absicherung territorialer Besteuerungsansprüche . . . . . . . . . . . . a) Entstrickungsbesteuerung: Sicherstellung von territorial entstandenen Wertzuwächsen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XX
293 294 294 294
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b) Entstrickungsbesteuerung und unionsrechtliche Vorgaben 295 c) Verstrickungsbesteuerung: Korrespondierender Wertansatz zwecks Vermeidung von Doppel- bzw. Nichterfassungen . . 297 3. Berücksichtigung stiller Lasten bei Ent- und Verstrickungen . 298 a) Zum Einbezug stiller Lasten bei Ent- und Verstrickungen aus Fiskalsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298 aa) Entstrickung: fehlendes Interesse an der Verhinderung des Exports von Wertminderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299 bb) Verstrickung: zwingendes Interesse am Ausschluss des Imports von Wertminderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299 b) Unionsrechtliche Pflicht zur Berücksichtigung stiller Lasten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 300 II. Stille Lasten bei Outbound-Umstrukturierungen nach Österreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Rechtsfolgen in Bezug auf stille Lasten in Deutschland . . . . . . . a) Grundzüge der umwandlungsbedingten Entstrickung . . . . . aa) Rechtliche Entstrickung durch Rechtsträgerwechsel . . bb) Tatsächliche Entstrickung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Auswirkungen der umwandlungsbedingten Steuerentstrickung auf die Untersuchung stiller Lasten . . . . . . b) Stille Lasten bei Fortbestand des Besteuerungsrechts . . . . . . aa) Grundsatz: Buchwertfortführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Standortnachteil durch Versagung der Buchwertfortführung bei stillem Lastenüberschuss trotz Steuerverhaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Exkurs: „Finaler Verlust“ in Folge eines stillen Lastenüberschusses bei Outbound-Umstrukturierungen ohne Steuerverhaftung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Keine verschmelzungsbedingte grenzüberschreitende Verlustberücksichtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Keine grenzüberschreitende Berücksichtigung bei Umstrukturierungen von Personengesellschaften . . . . . cc) Steuerrechtliche Verlustverrechnungsvorschriften des Quellenstaats als Ursache für die Finalität . . . . . . . . . . . . d) Sonderfragen von stillen Lasten bei Entstrickung . . . . . . . . . aa) Bewertung von Pensionsrückstellungen . . . . . . . . . . . . . . (1) Rechtliche Entstrickung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Tatsächliche Entstrickung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
302 302 302 304 305 307 308 308
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(3) Ungleichbehandlung bei rechtlicher und tatsächlicher Entstrickung von Pensionsrückstellungen . . . 318 bb) Aufwandsverteilung für passivierungsbeschränkte Verpflichtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 318 (1) Rechtliche Entstrickung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 318 (2) Tatsächliche Entstrickung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 320 2. Behandlung stiller Lasten in Österreich im Rahmen der Verstrickung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 321 a) Umgründungsbedingte Verstrickung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 322 aa) Hineinwachsen in die österreichische Steuerverhaftung 322 bb) Zwingende Neubewertung zum gemeinen Wert zwecks Abgrenzung der Besteuerungsbefugnisse . . . . . 323 b) Abweichung in Fällen des „Re-Import“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 325 aa) Ansatz der fortgeschriebenen Buchwerte . . . . . . . . . . . . . 325 bb) Ausschluss von Wertminderungen durch Begrenzung auf den gemeinen Wert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 328 c) Auswirkung der Verstrickung in Bezug auf stille Lasten . . . 329 aa) Grundsatz: kein Import stiller Lasten . . . . . . . . . . . . . . . . . 329 bb) Besonderheit bei Sozialkapitalrückstellungen . . . . . . . . . 329 III. Stille Lasten bei Inbound-Umstrukturierungen nach Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Entstrickungsbesteuerung in Österreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Unterschiedliche Verortung der Entstrickungsklauseln . . . . b) Tatbestände umfassen Entstrickung qua Rechtsträgerwechsel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Rechtsfolge bei Entstrickung und Einbezug von stillen Lasten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Stille Lasten in der deutschen Verstrickungsbesteuerung . . . . . a) Grundzüge der umwandlungsbedingten Verstrickung . . . . . aa) Vorrang des UmwStG oder der allgemeinen Verstrickungsregeln? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Umwandlungen iSv. §§ 3 ff., §§ 11 ff. UmwStG . . . . (2) Einbringungen iSv. §§ 20 ff. UmwStG . . . . . . . . . . . . . bb) Systemwidriger Import stiller Reserven und Lasten als Konsequenz bei einem angenommenen Vorrang des UmwStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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338
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b) Anwendung von § 5 Abs. 7 EStG bei InboundÜbertragungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 339 IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 341 H. Ableitung von Handlungsempfehlungen zur Behandlung stiller Lasten auf Basis des Rechtsvergleichs zwischen UmgrStG und UmwStG I. Identifizierte Schwachstellen der Behandlung stiller Lasten im UmwStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 343 II. Rechtsvergleich zwischen UmgrStG und UmwStG . . . . . . . . . . . . 345 1. Innerstaatliche Umstrukturierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 345 a) Regelungsumfang von UmgrStG und UmwStG . . . . . . . . . . . 345 b) UmgrStG und UmwStG: übereinstimmende Zielsetzung . . 347 c) Materiell-rechtliche Ausgestaltung zur Zielerreichung . . . . . 348 aa) Buchwertfortführung als Regel vs. Bewertungswahlrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 348 bb) Objektbezogener Verlustübergang vs. Versagung des intersubjektiven Verlustübergangs . . . . . . . . . . . . . . . . 349 d) Zur Zulässigkeit der Buchwertfortführung bei einem stillen Lastenüberschuss im UmwStG und UmgrStG . . . . . . 350 aa) Buchwert als absolute Untergrenze des UmwStG . . . . . . 351 bb) Uneingeschränkte Buchwertfortführung im UmgrStG 352 cc) Irrelevanz der intersubjektiven Verlustübertragung . . . 353 2. Grenzüberschreitende Umstrukturierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 354 a) Entstrickung: Verhinderung des Exports stiller Lasten . . . . 354 b) Verstrickung: strenge Durchbrechung der Werteverknüpfung vs. unabgestimmtes Regelungskonglomerat . . 355 3. Ergebnis: vollkommenere Verwirklichung der Entscheidungsneutralität durch UmgrStG bei stillen Lasten . . . . . . . . . . . . . . . . . 357 III. Handlungsempfehlung an den Gesetzgeber zur Beseitigung der Schwächen des UmwStG in Bezug auf stille Lasten . . . . . . . . 1. Gesetzliche Klarstellung zum Buchwert als Wertuntergrenze . 2. Streichung der Fortgeltung von § 6a EStG im UmwStG . . . . . . . 3. Änderungen von § 4f und § 5 Abs. 7 EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
358 358 360 360
XXIII
Inhaltsverzeichnis
4. Vereinheitlichung der Ent- und Verstrickungsregelungen zwischen Ertragsteuerrecht und UmwStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 362 IV. Ausblick: Stärkung des Maßgeblichkeitsgrundsatzes zur Behandlung der Ursache von steuerlichen stillen Lasten . . . . . . 364 I. Thesenförmige Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . 367 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rechtsquellenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rechtsprechungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verzeichnis der sonstigen Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hinweis zur Zitierweise österreichischer Gerichtsentscheidung . . . . . . Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
XXIV
373 429 433 447 451 453
Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Abbildung 2: Abbildung 3: Abbildung 4: Abbildung 5: Abbildung 6: Abbildung 7: Abbildung 8: Abbildung 9: Abbildung 10: Abbildung 11: Abbildung 12: Abbildung 13: Abbildung 14: Abbildung 15: Abbildung 16: Abbildung 17: Abbildung 18:
Steuerliche stille Lasten bei aktiven Wirtschaftsgütern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 Steuerbilanzielle stille Lasten bei passiven Wirtschaftsgütern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 Regelungsgruppen des UmwStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 Varianten der Berücksichtigung der stillen Lasten in Pensionsrückstellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 Beispiel 01 | vereinfachte Steuerbilanz . . . . . . . . . . . . . . . 107 Beispiel 01 | Variante I (SGgW-PRSt | SWgW-PRSt) . 108 Beispiel 01 | Variante II (SGgW-PRSt | SWTW-PRSt) . 109 Beispiel 01 | Variante III (SGTW-PRSt | SWgW-PRSt) 110 Beispiel 01 | Variante IV (SGTW-PRSt | SWTW-PRSt) 111 Wechselwirkung von § 4f und § 5 Abs. 7 EStG im UmwStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 Beispiel 03 | Nichtabzugsfähige stille Lasten vs. voll steuerpflichtige stille Reserven . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 Interpretationsmöglichkeiten der Höchstbegrenzung auf den gemeinen Wert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 Beispiel 05 | Steuerbilanz der AB-OHG . . . . . . . . . . . . . . 269 Beispiel 05 | „Fiktive“ Eröffnungsbilanz nach Realteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270 Beispiel 05 | Eröffnungsbilanzen nach fiktiver, unentgeltlicher Übertragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 Interessen von Quellen- und Zuzugsstaat zum Import/Export stiller Reserven und stiller Lasten . . . . 300 Beispiel des „Re-Imports“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 327 Synopse zwischen UmgrStG und UmwStG . . . . . . . . . . 346
XXV
Abkürzungsverzeichnis aA. ABl. Abs. AbzStEntModG AEUV AIFM-StAnpG Alt. Anm. AO Art. ATAD ATAD-UmsG Aufl. Az. BA BAO BB Bd. BDI Bearb./bearb. Beil. BewG BFG BFH BFHE BFH-PR BGB BGBl. BlgNr
anderer Auffassung/Ansicht Amtsblatt der Europäischen Union/Gemeinschaft Absatz Abzugsteuerentlastungsmodernisierungsgesetz Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union Gesetz zur Anpassung des Investmentsteuergesetzes und anderer Gesetze an das AIFM-Umsetzungsgesetz Alternative Anmerkung Abgabenordnung Artikel Anti-Tax-Avoidance-Directive ATAD-Umsetzungsgesetz Auflage Aktenzeichen Betriebsausgabe (österreichische) Bundesabgabenordnung Betriebs-Berater (Zeitschrift) Band Bundesverband der Deutschen Industrie Bearbeiter/bearbeitet von Beilage Bewertungsgesetz Bundesfinanzgericht Bundesfinanzhof Sammlung der Entscheidungen des BFH BFH-Richter kommentieren für die Praxis (Zeitschrift) Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Nationalrats XXVII
Abkürzungsverzeichnis
BMF bspw. BStBl. BVerfG BVerfGE BW
Bundesministerium der Finanzen beispielsweise Bundessteuerblatt Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Buchwert
ca.
circa
DB DK DStJG
Der Betrieb (Zeitschrift) Der Konzern (Zeitschrift) Veröffentlichung der deutschen Steuerjuristischen Gesellschaft Deutsches Steuerrecht (Zeitschrift) Beihefter zur DStR Deutsche Steuerzeitung (Zeitschrift)
DStR DStR-Beih. DStZ EFG Einf. ErlRV Erw. EStB EStG et al. EU EuGH EuZW ET eV.
Entscheidungen der Finanzgerichte (Zeitschrift) Einführung Erläuterungen zur Regierungsvorlage Erwägungsgrund Der Ertrag-Steuer-Berater (Zeitschrift) Einkommensteuergesetz et alii Europäische Union Europäischer Gerichtshof Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht (Zeitschrift) European Taxation (Zeitschrift) eingetragener Verein
f. ff. FG FGS
folgend folgende Finanzgericht/Festgabe/Freundesgabe Flick Gocke Schaumburg
XXVIII
Abkürzungsverzeichnis
FR FRL FS
Finanz-Rundschau (Zeitschrift) Fusionsrichtlinie Festschrift
gem. GeS
gW
gemäß Zeitschrift für Gesellschaftsrecht und angrenzendes Steuerrecht (Zeitschrift) Grundgesetz gegebenenfalls gleicher Auffassung/Ansicht Gesellschaft mit beschränkter Haftung GmbH-Rundschau (Zeitschrift) GmbH-Steuerberater (Zeitschrift) grundsätzlich Großer Senat (des BFH) Gedächtnisschrift/Gedenkschrift/Gedächtnis symposium gemeiner Wert
Habil. HdB Herv. d. Verf. HGB Hrsg./hrsg. Hs.
Habilitationsschrift Handbuch Hervorhebung durch Verfasser Handelsgesetzbuch Herausgeber/herausgegeben Halbsatz
idF. idS Ifst iHd./iHv. iSd./iSv. IDW INF
in der Fassung in diesem Sinne Institut Finanzen und Steuern in Höhe der/in Höhe von im Sinne des/im Sinne von Institut der Wirtschaftsprüfer Die Information für Steuerberater und Wirtschafts prüfer (Zeitschrift) International Tax Review (Zeitschrift)
GG ggfs. glA. GmbH GmbHR GmbH-StB grds. GrS GS
Intertax
XXIX
Abkürzungsverzeichnis
IStR
Internationales Steuerrecht (Zeitschrift)
JbFSt JZ
Jahrbuch der Fachanwälte für Steuerrecht Juristenzeitung (Zeitschrift)
Kap. KG KöMoG kösdi KStG
Kapitel Kommanditgesellschaft Gesetz zur Modernisierung des Körperschaftsteuerrechts Kölner Steuerdialog (Zeitschrift) Körperschaftsteuergesetz
lit.
Littera (Buchstabe)
mwN.
mit weiteren Nachweisen
NJW NZ
Neue Juristische Wochenschrift (Zeitschrift) Österreichische Notariatszeitung (Zeitschrift)
OECD OFD OGH OHG öBGBl. öEStG öEStR öKStG ÖStZ
Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Oberfinanzdirektion Oberster Gerichtshof des Bundesrepublik Österreich Offene Handelsgesellschaft (österreichisches) Bundesgesetzblatt (österreichisches) EStG (österreichische) Einkommensteuerrichtlinien 2000 (österreichisches) KStG Österreichische Steuerzeitung (Zeitschrift)
Ratsdok. RdW resp. Rn. RWP
Dokument des Rates der Europäischen Gemeinschaft Österreichisches Recht der Wirtschaft (Zeitschrift) respektive Randnummer Rechnungswesen für die Praxis (Zeitschrift)
XXX
Abkürzungsverzeichnis
RWZ
Zeitschrift für Recht & Rechnungswesen (Zeitschrift)
S. sc. SE SEStEG
Seite/Satz scilicet Societas Europaea (Europäische Aktiengesellschaft) Gesetz über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen Gesellschaft und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften Sammlung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes und des Gerichts Erster Instanz sogenannten Ständige Rechtsprechung Der Steuerberater (Zeitschrift) Die Steuerberatung (Zeitschrift) Die steuerliche Betriebsprüfung (Zeitschrift) Steuerberater-Jahrbuch Steuer und Studium (Zeitschrift) Steuerrecht kurzgefasst (Zeitschrift) Steuerrechtsordnung Steuer und Bilanzen/NWB Unternehmenssteuern und Bilanz (Zeitschrift) Steuer und Wirtschaft (Zeitschrift) Strukturverbesserungsgesetz Steuer und Wirtschaftskartei (Zeitschrift) Steuer und Wirtschaft International – Tax and Business Review (Zeitschrift)
Slg. sog. St.Rspr. StB Stbg StBp StbJb. SteuerStud SteuK StRO StuB StuW StruktVG SWK SWI
TS.
Teilstrich
Ubg UGB UmgrStG UmgrStR UmwG UmwStE UmwStG
Die Unternehmensbesteuerung (Zeitschrift) (österreichisches) Unternehmensgesetzbuch (österreichisches) Umgründungssteuergesetz (österreichische) Umgründungssteuerrichtlinien Umwandlungsgesetz Umwandlungssteuererlass Umwandlungssteuergesetz XXXI
Abkürzungsverzeichnis
VfGH vg. Vgl. VwGH
(österreichischer) Verfassungsgerichtshof vorgenannte Vergleiche (österreichischer) Verwaltungsgerichtshof
wbl WPg
wirtschaftsrechtliche Blätter (Zeitschrift) Die Wirtschaftsprüfung (Zeitschrift)
Z zB. zit. ZfB
Ziffer zum Beispiel zitiert als Zeitschrift für Betriebswirtschaft (Zeitschrift)
XXXII
A. Einführung
I. Problemstellung „Ist der gemeine Wert der Sachgesamtheit geringer als die Summe der Buchwerte der übergehenden Wirtschaftsgüter, ist ein Ansatz zum Buchwert ausgeschlossen.“1 Diese Bestimmung des UmwStE geht davon aus, dass die antragsabhängige Buchwertfortführung nicht möglich sein soll, wenn in der nach den Regelungen des UmwStG zu übertragenden Sachgesamtheit ein Überschuss an steuerbilanziellen stillen Lasten existiert.2 Isoliert betrachtet bestehen stille Lasten, wenn der tatsächliche Wert eines aktiven Wirtschaftsguts den steuerbilanziellen Buchwert unterschreitet3 bzw. der tatsächliche Wert eines passiven Wirtschaftsguts den steuerbilanziellen Buchwert übersteigt.4 Wenn demnach der gemeine Wert der zu übertragenden Sachgesamtheit den steuerlichen Buchwert der übergehenden Wirtschaftsgüter unterschreitet, umschreibt dies die Existenz eines stillen Lastenüberschusses.5 Ursächlich für diese Aussage des UmwStE ist die Interpretation, dass sich die Wertbegrenzung „[…] höchstens der gemeine Wert […]“6 sowohl auf den Buch- als auch auf den Zwischenwertansatz bezieht, und somit die absolute Wertuntergrenze darstellen soll.7 Das UmwStG möchte betriebswirtschaftlich sinnvolle Umstrukturierungen, dh. die Veränderung der rechtlichen Unternehmensstruktur8, nicht durch
1 UmwStE, Rn. 03.12 iVm. Rn. 11.06, 15.14 Abs. 2, 20.18, 21.09 S. 3, 24.03, 25.01. 2 Vgl. Bogenschütz, Ubg 2009, 393 (398); Zimmermann, Ubg 2018, 17 (17). 3 Vgl. Pitzal, DStR 2016, 2831 (2832); ausführlich in Abschnitt B.I.1. 4 Vgl. Kahle/Kopp, Handels- und Steuerbilanz, 2021, 89, 414; ausführlich in Abschnitt B.I.2. 5 Vgl. zB. Bogenschütz, Ubg 2009, 393 (398). 6 § 21 Abs. 1 S. 2 U mwStG. Hingegen verweisen § 3 Abs. 2 S. 1, § 11 Abs. 2 S. 1 U mwStG („höchstens der Wert nach Absatz 1“) bzw. § 20 Abs. 2 S. 2, § 24 Abs. 2 S. 2 U mwStG („höchstens der Wert im Sinne des Satzes 1“) indirekt auf den gemeinen Wert. 7 Vgl. Hageböke/Stangl, DK 2020, 424 (426); Zimmermann, Ubg 2018, 17 (17); Martini in Widmann/Mayer, § 3 UmwStG Rn. 747 ff.; Graw in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 1 U mwStG Rn. 211, die indes den Buchwert als absolute Wertuntergrenze erachten; so auch Schumacher/Neitz-Hackstein, Ubg 2011, 409 (411). 8 Vgl. Förster, Umstrukturierung, 1991, 14; Kraft, D StJG 43 (2020), 33 (35); dazu auch Rose, Betriebswirtschaftliche Steuerlehre, 1992, 198 ff.
1
A. Einführung
steuerliche Folgen behindern.9 Vordergründung besteht bei Umstrukturierungen das Risiko der Aufdeckung stiller Reserven10 sowie einer damit einhergehenden Steuerzahlung ohne die Generierung von Liquidität durch den Umstrukturierungsvorgang.11 Deshalb materialisiert sich der Abbau von steuerlichen Hemmnissen in der Verhinderung der Aufdeckung von stillen Reserven mittels einem durch die Buchwertfortführung gewährten Besteuerungsaufschub.12 Der Gesetzgeber akzeptiert eine ökonomisch sinnvolle Besteuerung, jedoch unter Voraussetzung des fortwährenden Besteuerungszugriffs des Fiskus.13 Diese Zielsetzung scheint nach UmwStE nur Geltung zu entfalten, wenn die Sachgesamtheit tatsächlich eine „Netto stille Reserve“ vorweist. Denn die Existenz einzelner stiller Lasten soll die Buchwertfortführung nicht verhindern.14 Indes stößt die Versagung der Buchwertfortführung in Fällen einer „Netto stillen Last“ und dem daraus resultierenden zwingenden Ansatz des gemeinen Werts im Schrifttum auf Kritik und wird als unvereinbar mit dem Normzweck,15 mit dem verfassungsrechtlichen Folgerichtigkeitsgebot16 und den sekundärrechtlichen Vorgaben der Fusionsrichtlinie (FRL)17 erachtet.18 Des Weiteren wird die Versagung der Buchwertfortführung mit der Entstehung eines Übertragungsverlusts assoziiert, welcher nach der Art der Um 9 Vgl. BT-Drs. 12/6885, 14. 10 Vgl. Herzig, DB 2000, 2236 (2237); Förster, DStR 2020, 865 (865). 11 Vgl. Schreiber/Kahle/Ruf, Besteuerung der Unternehmen, 2021, 483–484. 12 Vgl. Luckey, StuW 1979, 129 (142); Hügel, Verschmelzung und Einbringung, 1993, 461; Kredig, Besteuerung stiller Reserven, 2013, 303; Herlinghaus, DStJG 43 (2020), 283 (288 f.); Möhlenbrock in Dötsch/Patt/Pung/Möhlenbrock, 2012, Einf. UmwStG Rn. 81. Zum durch die FRL vorgegebenen Besteuerungsaufschub vgl. zB. van den Broek, Cross-Border Mergers, 2012, 191. 13 Vgl. BFH v. 30.05.2018, I R 31/16, B StBl. II 2019, 136, unter II.3.b)aa); so auch Holle/ Weiss, FR 2019, 833 (833); Braun in Prinz/Desens, Umwandlungen im Internationalen Steuerrecht, 2023, Rn. 14.3; Kahle/Vogel in Prinz, Umwandlungen im Internationalen Steuerrecht, 2013, Rn. 12.3. 14 Vgl. Winkler/Golücke, BB 2003, 2602; Möhlenbrock/Werner/Pung in Dötsch/Pung/ Möhlenbrock, § 3 UmwStG Rn. 135; Rödder in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 11 UmwStG Rn. 342; Patt in Dötsch/Patt/Pung/Möhlenbrock, 2012, § 20 UmwStG Rn. 203. 15 Vgl. Zimmermann, Ubg 2018, 17 (19); zustimmend: Rödder in Rödder/Herlinghaus/ van Lishaut, § 11 UmwStG Rn. 330. 16 Vgl. Zimmermann, Ubg 2018, 17 (19–20); Hageböke/Stangl, DK 2020, 424 (430–431). 17 Vgl. Hageböke/Stangl, DK 2020, 424 (431 ff.); Zimmermann, Ubg 2018, 17 (20). 18 Gegen diese Auffassung vgl. Möhlenbrock/Werner/Pung in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, § 3 U mwStG Rn. 47; Dötsch/Stimpel in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, § 11 UmwStG Rn. 35.
2
I. Problemstellung
strukturierung iSd. UmwStG in Folge der Umwandlung untergeht. Diesbezüglich wird von einer „Verlustvernichtung“ gesprochen.19 Gleichwohl wurde bereits angemerkt, dass die Entstehung eines Übertragungsverlustes im Falle eines stillen Lastenüberschusses nicht zwingend ist, wenn bspw. nichtabzugsfähige stille Lasten vollsteuerpflichtigen stillen Reserven gegenüberstehen.20 Somit kann die Frage aufgeworfen werden, ob die Versagung der Buchwertfortführung im Falle einer existierenden Netto stillen Last dem Ziel des UmwStG entspricht, betriebswirtschaftlich gewollte Umstrukturierungen nicht durch steuerliche Folgen zu behindern.21 Zudem drängt sich eine Asymmetrie auf, wenn die Buchwertfortführung iSd. U mwStG selektiv nur für eine Sachgesamtheit gewährt wird, die einen Überschuss an stillen Reserven aufweist. Allerdings ist nicht nur die umwandlungssteuerliche Rechtsfolge eines stillen Lastenüberschusses problembehaftet. Für Pensionsrückstellungen schreibt das UmwStG die abweichende Bewertung mit dem Teilwert iSv. § 6a EStG22 vor. Trotz dessen, dass Umwandlungen generell als Veräußerung behandelt werden, was durch die Regelbewertung mit dem gemeinen Wert zum Ausdruck kommt, werden somit die in Pensionsrückstellungen enthaltenen stillen Lasten nicht berücksichtigt.23 Unklar ist, ob insoweit eine mittelbare Berücksichtigung dieser nicht bilanzierten stillen Lasten im Firmenwert zu erfolgen hat. Die Problematik der stillen Lasten hat insb. dadurch an Brisanz gewonnen, dass der Gesetzgeber mit der Einführung von § 4f, § 5 Abs. 7 EStG (missbräuchliche) Gestaltungen bekämpft, mit denen die Hebung stiller Lasten in Verpflichtungen, für die steuerbilanzielle Ansatzverbote, -beschränkungen und Bewertungsvorbehalte (sog. Passivierungsbeschränkungen24) bestehen, 19 Vgl. Riedel, FR 2012, 1109 (1111). 20 Vgl. Hageböke/Stangl, DK 2020, 424 (427: „Mischfälle“); dahingehend bereits Kutt/ Carstens in FGS/BDI, UmwStE, 2012, 141 mit dem Hinweis zu § 8b Abs. 3 KStG. 21 Vgl. Rödder in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 11 UmwStG Rn. 330; Zimmermann, Ubg 2018, 17 (18 f.), welche dies als prohibitives Umstrukturierungshindernis erachten, glA. Holle/Weiss, FR 2019, 833; Hageböke/Stangl, DK 2020, 424 (424 f.). 22 Vgl. § 3 Abs. 1 S. 2, § 11 Abs. 1 S. 2, § 20 Abs. 2 S. 1 Hs. 2, § 24 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 U mwStG. 23 Vgl. Prinz, StuB 2007, 125 (128); Desens, G mbHR 2007, 1202 (1202); Kahle/Vogel, Ubg 2012, 493 (494); Rödder/Schumacher, DStR 2006, 1525 (1527); Rödder in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 11 UmwStG Rn. 198; Jäschke in Lademann, § 20 UmwStG Rn. 51. 24 Vgl. Bogenschütz in FS Endres, 31 (36) zum Begriff der Passivierungsbeschränkungen.
3
A. Einführung
bezweckt wird.25 Denn der Gesetzgeber befürchtet durch die Hebung von solchen stillen Lasten ein signifikantes Steuerausfallrisiko.26 Die Anwendung von § 4f, § 5 Abs. 7 EStG stellt sich ebenfalls im Kontext von nationalen wie grenzüberschreitenden Umstrukturierungen, da Verpflichtungen im Rahmen der Übertragung von Sachgesamtheiten mit übertragen werden können. Bei grenzüberschreitenden Verpflichtungsübertragungen stellen sich sodann auch Fragen der Behandlung stiller Lasten im Rahmen der Entund Verstrickungsbesteuerung. Es zeigt sich, dass stillen Lasten im Umwandlungssteuerrecht diverse Fragestellungen mit sich ziehen. Kern dieses Problemkreises ist die verwaltungsseitige Versagung der Buchwertfortführung bei einem stillen Lastenüberschuss, da insoweit eine steuerneutrale Umstrukturierung nach Verwaltungsauffassung ausgeschlossen ist.
II. Untersuchungsgegenstand und Zielsetzung Die vorliegende Arbeit untersucht die Behandlung stiller Lasten im Umwandlungssteuerrecht und verfolgt dabei eine systematische Gesamtbetrachtung. Schwerpunkt der Untersuchung ist die Analyse, ob der gemeine Wert oder der Buchwert innerhalb des umwandlungssteuerlichen Bewertungswahlrechts die absolute Wertuntergrenze darstellt. Mit anderen Worten wird untersucht, ob eine Versagung der Buchwertfortführung sachgerecht ist, wenn die umzuwandelnde Sachgesamtheit einen Überschuss an stillen Lasten aufweist. Aufgrund der anzustellenden systematischen Gesamtbetrachtung erfolgt zudem eine umfassende Analyse der Behandlung stiller Lasten im U mwStG, wenn bei Umstrukturierungen der gemeine Wert angesetzt wird. In diesem Zusammenhang erfolgt die Untersuchung nicht nur allein unter Betrachtung der deutschen Vorschriften. Zusätzlich wird vergleichend die Behandlung stiller Lasten bei Umstrukturierungen in der Bundesrepublik Österreich, im sprachlichen Kontext Österreichs von sog. Umgründungen27, nach dem UmgrStG untersucht.
25 Vgl. dazu auch Kahle/Braun, FR 2019, 197 (199). 26 BT-Drs. 18/68 (neu), 73. 27 Vgl. dazu ausführlich unter Abschnitt F.III.1. sowie auch Hohenwarter-Mayr, DStJG 43 (2020), 421 (423); Staringer, Umgründungen, 1994, 135–136.
4
II. Untersuchungsgegenstand und Zielsetzung
Da die Untersuchung die systematische Gesamtbetrachtung von stillen Lasten im Umwandlungssteuerrecht verfolgt, fokussiert sich die Arbeit nicht allein auf rein innerstaatliche Umstrukturierungen, sondern umfasst auch die steuerliche Behandlung stiller Lasten bei grenzüberschreitenden Umstrukturierungen im direkten Vergleich zwischen dem deutschen UmwStG und dem österreichischen UmgrStG. Die Wahl für einen Vergleich mit dem österreichischen UmgrStG ist insofern naheliegend, als dass mit dem UmgrStG ein Sondergesetz für die ertragsteuerliche Behandlung von Unternehmensumstrukturierungen (im österreichischen Begriffsverständnis Umgründungen) besteht. Des Weiteren besteht bedingt durch die Historie eine grundsätzliche Vergleichbarkeit des deutschen und des österreichischen Steuersystems, auch wenn der österreichische Steuergesetzgeber im Vergleich zum deutschen Gesetzgeber zunehmend einen anderen Weg eingeschlagen hat.28 Darüber hinaus ist es in den österreichischen Steuerrechtswissenschaften üblich, die steuerlichen Entwicklungen der deutschen Rechtsprechung sowie des deutsch-steuerlichen Schrifttums in den wissenschaftlichen Diskurs mit einzubeziehen, während dies im umgekehrten Fall nur graduell erfolgt. Somit bietet die vergleichende Betrachtung der Regelungen des österreichischen Steuerrechts das Potenzial, alternative Lösungsansätze für deutsch-steuerrechtliche Problembereiche bereitzustellen. Ziel der systematischen Gesamtbetrachtung ist die Entwicklung von Handlungsempfehlungen an den Gesetzgeber zur konsequenten und systematischen Behandlung stiller Lasten bei Umstrukturierungen iSd. UmwStG. Dies erfolgt durch die Identifizierung von potenziellen gesetzlichen Schwächen des U mwStG hinsichtlich der umwandlungssteuerlichen Behandlung stiller Lasten bei rein innerstaatlichen und grenzüberschreitenden Umstrukturierungen und der Überprüfung der zweckadäquaten Ausgestaltung des U mwStG unter der rechtsvergleichenden Betrachtung des österreichischen UmgrStG. Damit stellt die Arbeit einen Teilbereich der wertend-normativen betriebswirtschaftlichen Steuerlehre dar, welche die Würdigung des Steuerrechts de lege lata mit Blick auf die sich ergebenden wirtschaftlichen Folgen und der daraus folgenden Ableitung von Empfehlungen an den
28 Vgl. zur Historie des österreichischen Steuerrechts: Kirchmayr in Doralt/Ruppe, StR I, 2019, 5–9 (Rn. 5–12/1).
5
A. Einführung
Gesetzgeber zur zweckadäquaten Ausgestaltung des Steuersystems beinhaltet.29
III. Relevanz des Themas und gegenwärtiger Forschungsstand Stille Lasten sind im Unternehmenssteuerrecht häufig anzutreffen. Die Auswertung von Hageböke/Stangl30 über das Kurs-Buchwert-Verhältnis (KBV) bei börsennotierten Unternehmen zeigt, dass die Existenz von stillen Lasten, erwarteten Verlusten oder einer unzureichenden Eigenkapitalausstattung bei börsennotierten Unternehmen zumindest aus Anlegersicht erwartet wird und sich in einem KBV < 1 niederschlägt, den einige DAX-Unternehmen aufweisen. Somit werden die Kapitalkosten (zB. aufgrund von wirtschaftlichen Schwierigkeiten) nicht gedeckt.31 Bereits die Ausgestaltung des geltenden Steuerbilanzrechts führt zur Entstehung von steuerlichen stillen Lasten. Durch Passivierungsbeschränkungen wird die steuermindernde Berücksichtigung von wirtschaftlichen Aufwendungen in zukünftige Veranlagungszeiträume verlagert.32 Diese Durchbrechung der Maßgeblichkeit der handelsrechtlichen GoB für die steuerliche Gewinnermittlung (§ 5 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 EStG) und Einschränkung des Imparitätsprinzips für die Steuerbilanz führt dazu, dass durch Ausweichgestaltungen versucht wird, stille Lasten zu heben, was den Gesetzgeber indes zur Schaffung systemwidriger Missbrauchsvermeidungsnormen (§ 4f, § 5 Abs. 7 EStG) bewegt.33 Die Erkenntnis, dass der U mwStE für die Buchwertfortführung einen die Summe der steuerbilanziellen Buchwerte übersteigenden gemeinen Wert der Sachgesamtheit erfordert, und die steuerbilanzielle Buchwerte im Vergleich zum tatsächlichen bzw. gemeinen Wert höher (Aktiva) 29 Vgl. Breithecker/Schmiel, Steuerbilanz und Vermögensaufstellung, 2003, 10 f.; Kußmaul, Betriebswirtschaftliche Steuerlehre, 2020, 2; Rose, Betriebswirtschaftliche Steuerlehre, 1992, 19–20; Wöhe in FS Scherpf, 1983, 5 (8, 19 f.); auch Schneider, Unternehmensbesteuerung, 1994, 47–48. 30 Vgl. Hageböke/Stangl, DK 2020, 424 (424 f.). 31 Vgl. Mondello, Corporate Finance, 2022, 558. 32 Vgl. BFH v. 12.12.2012, I R 28/11, BStBl. II 2017, 1265, unter II.2.b)cc). 33 Vgl. insb. Kahle in FS Böcking, 2021, 571 (576); Kahle, FR 2019, 337 (339). Plakativ auch Hennrichs in Tipke/Lang, 2021, Rn. 9.198: „[…] ‘Fluch der bösen Tat‘, nämlich eine Frucht der ihrerseits rechtspolitisch verfehlten Sondervorschriften des § 5 IVa und § 6a EStG, die dazu führen, dass in den Steuerbilanzen der Stpfl. stille Lasten gelegt werden.“
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III. Relevanz des Themas und gegenwärtiger Forschungsstand
bzw. niedriger (Passiva) sind, dürfte insb. für Gesellschaften mit mangelnder Ertragskraft oder schwacher Vermögenssubstanz eine Versagung der umwandlungssteuerlichen Buchwertfortführung führen und daher ein Umstrukturierungshindernis darstellen. Seit der Reform des U mwStG durch das SEStEG im Jahre 2006 ordnet das UmwStG als Regelbewertung den gemeinen Wert an. Für Pensionsrückstellungen ordnet das UmwStG flächendeckend34 die Bewertung mit dem Teilwert iSv. § 6a EStG an, woraus eine gesetzliche Vermischung von Wertkonzeptionen resultiert.35 Dies wird im Schrifttum stark kritisiert, da dadurch eine Benachteiligung im Vergleich zur Veräußerung, eine Übermaßbesteuerung sowie eine Verletzung des objektiven Nettoprinzips resultiert.36 Es zeigt sich somit, dass die umwandlungssteuerliche Behandlung stiller Lasten eine Praxisrelevanz entfaltet. Dies betrifft insb. realisierende Umstrukturierungen unter Ansatz des gemeinen Werts und den Umgang mit stillen Lasten in Pensionsrückstellungen, aber auch die Anwendung von § 4f, § 5 Abs. 7 EStG. In Zeiten von hohen steuerbilanziellen stillen Lasten ist die Analyse des umwandlungssteuerlichen Bewertungswahlrechts ebenfalls sehr praxisrelevant, da andernfalls solchen Unternehmen einer steuerneutralen Änderung der Unternehmensstruktur verwehrt bliebe. Soweit ersichtlich fehlt es bislang an einer systematischen Gesamtbetrachtung von stillen Lasten im deutschen Umwandlungssteuerrecht. Es werden mithin Teilaspekte behandelt. Die schwerpunktmäßige Untersuchung, ob der gemeine Wert oder der Buchwert die absolute Wertuntergrenze des umwandlungssteuerlichen Bewertungswahlrechts darstellt, war bislang nicht Gegenstand einer Dissertation. Zwar befasste Philipp37 sich im Rahmen seiner Abhandlung über die Verschmelzung von Kapitalgesellschaften auch mit der Versagung der Buchwertfortführung bei einem stillen Lastenüberschuss. Eine tiefergehende Analyse des Rechtsproblems, insb. vor dem Hintergrund von betriebswirtschaftlichen Auswirkungen sowie aufgrund von systematisch-teleologischen Aspekten, ist durch Philipp nicht erfolgt. Auch 34 Vgl. § 3 Abs. 1 S. 2 (ggfs. iVm. § 9, 16 UmwStG), § 11 Abs. 1 S. 2 (ggfs. iVm. § 15 UmwStG), § 20 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 (ggfs. iVm. § 25 U mwStG), § 24 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 UmwStG; siehe zB. Hageböke/Stangl, DK 2020, 424 (425). 35 Vgl. Herlinghaus in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 20 U mwStG Rn. 144; Hageböke/Stangl, DK 2020, 424 (425). 36 Vgl. zB. Herzig in FS Kessler, 2021, 431 (436); Rödder/Schumacher, DStR 2006, 1525 (1527); Rödder, DStR 2011, 1059 (1061); Kahle/Vogel, Ubg 2012, 493 (494). 37 Vgl. Philipp, Verschmelzung inländischer Kapitalgesellschaften, 2014, 274 ff.
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A. Einführung
diverse Beiträge in der Fachliteratur fokussieren sich ausschließlich auf Teil aspekte.38 Engesser39 untersucht in seiner Abhandlung die umwandlungssteuerliche Entstrickungsbesteuerung und bezieht in seine Analyse ebenfalls die Auswirkungen von stillen Lasten insb. von in Pensionsrückstellungen enthaltenen stillen Lasten mit ein. Allerdings stellt dies ebenfalls lediglich einen Teilbereich des hier gegenständlichen Untersuchungsumfangs dar. Gleiches gilt für die Anwendbarkeit von § 4f, § 5 Abs. 7 EStG im UmwStG. Zwar ist von Müllner40 untersucht worden, inwiefern die Tatbestandsvoraussetzung von § 4f, § 5 Abs. 7 EStG im U mwStG bei nationalen Umstrukturierungen erfüllt werden. Eine Betrachtung im Zusammenhang mit der umwandlungsbedingten Ent- und Verstrickungsfällen oder die Betrachtung der ökonomischen Wirkung von § 4f, § 5 Abs. 7 EStG bei einem stillen Lastenüberschuss ist nicht erfolgt. Rechtsvergleiche zwischen dem deutschen UmwStG und dem österreichischen UmgrStG wurden in den Dissertationen von Leiderer41, Schmalz42 und zuletzt Kreutzer43 durchgeführt. Leiderer44 untersucht die ertragsteuerliche Behandlung grenzüberschreitender Umstrukturierungen von Kapitalgesellschaften, stellt die ertragsteuerliche Behandlung nach dem U mwStG 1995 und dem UmgrStG und vergleicht diese miteinander. Die Untersuchung von Schmalz45 zielt darauf ab, ausgehend vom internationalisierten UmgrStG Prinzipien für eine Internationalisierung des U mwStG abzuleiten. Kreutzer46 entwickelt einen neuen Vorschlag zur Neukonzeption von Ein- und Ausbringungen bei Personengesellschaften, weshalb er unter anderem auf die österreichischen Regelungen des UmgrStG (Art. IV und V.) als Vergleichs38 Vgl. Hageböke/Stangl, DK 2020, 424, welche in Anlehnung an Zimmermann (Ubg 2018, 17) den Fokus auf eine verfassungs- und unionsrechtskonforme Auslegung im Sinne der FRL legen. Holle/Weiss, FR 2019, 833 vergleichen die verschiedenen Auslegungsmöglichkeiten und ordnen dies vor dem Hinblick der Verwaltungsauffassung und höchstrichterlichen Rechtsprechung ein. 39 Engesser, Entstrickungsbesteuerung, 2020, 210–215. 40 Müllner, Die Reichweite der Sonderregelung über Verpflichtungsübernahmen (§§ 4f, 5 Abs. 7 EStG), 2019, passim. 41 Leiderer, Grenzüberschreitende Umstrukturierungen, 1998, 419–605, 607–636. 42 Schmalz, Internationalisierung, 2004, 106–227; 237–260. 43 Kreutzer, Ein- und Ausbringung, 2018, 101–112. 44 Leiderer, Grenzüberschreitende Umstrukturierungen, 1998, 11–12. 45 Schmalz, Internationalisierung, 2004, 2–3. 46 Kreutzer, Ein- und Ausbringung, 2018, 20–21.
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IV. Gang der Untersuchung
maßstab heranzieht. Es zeigt sich, dass eine gesamthafte Untersuchung stiller Lasten im Allgemeinen und der Problemstellung eines stillen Lastenüberschusses im Speziellen bislang noch nicht in der Gesamtheit, und erst Recht nicht im Vergleich zum österreichischen UmgrStG untersucht worden ist.47 Die vorliegende Arbeit dient daher der Schließung dieser für die Praxis sehr relevanten Forschungslücke.
IV. Gang der Untersuchung Die Arbeit ist in sieben Abschnitte unterteilt. Anknüpfend an die Einleitung werden in den Abschnitten B. und C. die Grundlagen der Arbeit gelegt. Abschnitt B. widmet sich der stillen Lasten im Steuerrecht, dh. deren Entstehung (Abschnitt B.I.) und steuerliche Einordnung (B.II.). Sodann wird untersucht, ob stille Lasten und Reserven bereits im Entstehungszeitpunkt die Leistungsfähigkeit beeinflussen (B.III.). Denn dies ist Ausgangspunkt für die Frage, ob die Buchwertfortführung bei Umstrukturierungen die rechtfertigungsbedürftige Ausnahme oder die Regel ist. In Abschnitt C. erfolgt die Herleitung der Buchwertfortführung für Umstrukturierungen nach dem UmwStG. Dazu wird im ersten Schritt das Verständnis der Buchwertfortführung und dessen Wirkung erläutert (C.I.). Anknüpfend daran wird die Systematik des U mwStG erläutert und die übergeordneten Voraussetzungen der Buchwertfortführung identifiziert (C.II.). Der Abschnitt schließt mit der Herausarbeitung des Rechtfertigungsgrundes der umwandlungssteuerlichen Buchwertfortführung (C.III.). Abschnitt D. analysiert die Abbildung und Auswirkung von stillen Lasten bei rein innerstaatlichen Umstrukturierungen iSd. UmwStG. Konkret wird untersucht, welche Rechtsfolgen sich in diesen Fällen ergeben. In einem ersten Schritt wird dargelegt, was ein die Summe der steuerlichen Buchwerte unterschreitender gemeiner Wert der Sachgesamtheit bilanziell und ökonomisch bedeutet (D.I.). Anschließend wird der Ausweis der stillen Lasten und der Nichtberücksichtigung von stillen Lasten in Pensionsrückstellungen untersucht (D.II.). Im Anschluss werden die Auswirkungen von spezifischen Gewinnermittlungsvorschriften (insb. § 4f, § 5 Abs. 7 EStG) in Umwandlungsfällen untersucht (D.III.). Abschließend erfolgt eine Analyse der recht-
47 Auch der Beitrag von Hohenwarter-Mayr, DStJG 43 (2020), 421 lässt die Thematik der stillen Lasten unbehandelt.
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A. Einführung
lichen und ökonomischen Auswirkungen der Versagung der Buchwertfortführung (D.IV.). Abschnitt E. widmet sich der Analyse des umwandlungssteuerlichen Bewertungswahlrechts, ob der gemeine Wert oder der Buchwert die absolute Wertuntergrenze darstellen sollte. Ausgangspunkt der Analyse ist der uneindeutige Wortlaut (E.I.) sowie die Untersuchung der Teilwertbegrenzung des UmwStG 1995 zur Rechtfertigung der in Rn. 03.12 U mwStE angeführten Auffassung (E.II.). Daran anknüpfend erfolgt eine systematisch-teleologische Analyse des umwandlungssteuerlichen Bewertungswahlrechts (E. III.) und eine Überprüfung des Auslegungsergebnisses durch eine verfassungskonforme (E.IV.1.) sowie eine richtlinienkonforme Auslegung anhand der FRL (E.IV.2.). Abschnitt F. dient der Untersuchung der steuerlichen Behandlung von stillen Lasten bei rein österreichischen Umgründungen. Zuvorderst erfolgt ein kurzer Überblick über das österreichische Ertragsteuerrecht (F.I.) sowie der Betrachtung von stillen Lasten im österreichischen Bilanzsteuerrecht (F.II.). Sodann werden die Grundzüge des UmgrStG erläutert (F.III.). Ebenso wird analysiert, inwiefern das UmgrStG einen intersubjektiven Transfer eines stillen Lastenüberschuss zulässt (F.IV.). In Abschnitt G. erfolgt eine Untersuchung der Behandlung stiller Lasten bei grenzüberschreitenden Umstrukturierungen im Verhältnis zwischen Deutschland und Österreich. Eingangs werden die Grundsätze der Ent- und Verstrickungsbesteuerung sowie das grundsätzliche Interesse an einer Abgrenzung der territorialen Besteuerungsbefugnisse erläutert (G.I.). Sodann wird die umwandlungssteuerliche Behandlung von stillen Lasten bei Outbound-Umstrukturierungen von Deutschland nach Österreich (G.II.) und bei Inbound-Umstrukturierungen von Österreich nach Deutschland untersucht (G.III.). Abschnitt H. dient der Entwicklung von Handlungsempfehlungen zur umwandlungssteuerlichen Behandlung stiller Lasten. Dazu werden die iRd. Arbeit identifizierten Schwachstellen noch einmal kurz zusammengefasst (H.I.). Abschließend erfolgt die rechtsvergleichende Betrachtung des U mwStG und des UmgrStG (H.II.), woraus dann schlussendlich Handlungsempfehlungen abgeleitet werden (H.III.). Die Arbeit endet mit der thesenförmigen Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse.
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B. Stille Lasten im Steuerrecht
I. Steuerbilanzielle Entstehung stiller Lasten Im Bereich der Gewinneinkunftsarten bestimmen sich die Einkünfte gem. § 2 Abs. 2 Nr. 1 EStG nach dem Gewinn iSd. §§ 4 bis 7k EStG. Der Gewinn ist damit eine zentrale Größe für die Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen. Sowohl bei bilanzierenden Einzelunternehmen, bei gewerblichen Personengesellschaften iSv. § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG als auch bei Kapitalgesellschaften über den Verweis in § 8 Abs. 1 KStG erfolgt die Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich nach § 5 EStG. Somit entfalten die handelsrechtlichen GoB über § 5 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 EStG eine materielle Maßgeblichkeit für die Steuerbilanz.48 Die im Handelsrecht geltenden GoB, dh. die kodifizierten Bilanzierungs- und Bewertungsvorschriften iSd. §§ 246 ff. HGB,49 gelten gem. § 5 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 EStG daher auch in der Steuerbilanz.50 Das Steuerrecht durchbricht partiell den Maßgeblichkeitsgrundsatz sowohl für Wirtschaftsgüter der Aktiv- als auch der Passivseite der Bilanz (zB. § 5 Abs. 2 ff. EStG sowie § 5 Abs. 6 iVm. § 6 ff. EStG), weshalb Handels- und Steuerbilanz auseinanderfallen.51 Dies betrifft sowohl den Ansatz dem Grunde nach als auch den Ansatz der Höhe. Aufgrund der strengen Ansatzund Bewertungsvorschriften, die stets eine Deckelung auf die Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts vorsehen (Anschaf-
48 Vgl. Hennrichs in Tipke/Lang, 2021, Rn. 9.40; Reddig in Kirchhof/Seer, § 5 EStG, Rn. 1. 49 Die GoB sind rechtsformunabhängig, sodass in der Folge nur die Vorschriften im Ersten Abschnitt des Dritten Buchs des HGB maßgeblich sind, vgl. Kahle in FS Böcking, 2021, 571 (572); Kahle in Schulze-Osterloh/Hennrichs/Wüstemann, HdJ, Abt. VII/1 Rn. 62. 50 Vgl. Pezzer, DStJG 14 (1991), 3 (5); BFH v. 25.08.2010, I R 103/09, BStBl. II 2011, 215, unter II.1.; v. 15.09.2004, I R 5/04, BStBl. II 2009, 100, unter II.2.; siehe auch Kahle in FS Böcking, 2021, 571 zur Zukunft des Maßgeblichkeitsgrundsatzes. 51 Vgl. Prinz in Prinz/Kanzler, HdB Bilanzsteuerrecht, 2021, Rn. 334 „durchlöcherte Maßgeblichkeit“; Prinz in Schön/Schindler, Reform, 2020, 55 (71): „‚Zerklüftung‘ des [.] Bilanzsteuerrechts“.
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B. Stille Lasten im Steuerrecht
fungswertprinzip),52 sind dem Bilanzrecht sog. stille Reserven immanent. Stille Reserven bezeichnen die (positive) Differenz zwischen dem Buchwert und dem gemeinen Wert (Verkehrswert)53 eines bilanzierten Aktivpostens.54 Die Entstehung stiller Reserven ist indes auch in passiven Wirtschaftsgütern denkbar.55 Das Gegenstück von stillen Reserven sind sog. stille Lasten. Der Begriff der stillen Lasten ist – wie der Begriff der stillen Reserven – gesetzlich nicht definiert. Zudem findet der Terminus der stillen Lasten – im Unterschied zu stillen Reserven56 – keinen Niederschlag in den steuerlichen Gesetzestexten. Eine stille Last liegt vor, wenn die tatsächliche wirtschaftliche Belastung eines passiven Wirtschaftsguts (zB. Rückstellung) den steuerlichen Buchwert übersteigt.57 Dies mag den Anschein erwecken, dass stille Lasten ausschließlich bei passiven Vermögenswerten existieren können. Freilich wäre diese These zu kurz gegriffen. Denn sofern die Differenz zwischen dem Buchwert und dem gemeinen Wert eines aktiven Wirtschaftsguts negativ ist, existiert auch in Bezug auf das jeweilige aktive Wirtschaftsgut eine stille Last. Der Verkehrswert des aktiven Wirtschaftsguts unterschreitet dann dessen steuerlichen Buchwert.58
1. Entstehung stiller Lasten durch Überbewertung von Aktiva Die Entstehung der stillen Lasten kann auf unterschiedliche Gründe zurückgeführt werden. In Bezug auf Aktiva handelt es sich im Regelfall um
52 Vgl. zum Anschaffungswertprinzip zB. Kahle/Kopp, Handels- und Steuerbilanz, 2021, 145 f. 53 Vgl. Kahle/Hiller, WPg 2013, 403 (409); BFH v. 13.10.1983, I R 76/79, B StBl. II 1984, 294; v. 02.02.1990, III R 173/86, B StBl. II 1990, 499, unter I.2.b). 54 Vgl. Kirchhof, Bundessteuergesetzbuch, 2011, 1067; Förster, Umstrukturierung, 1991, 49; Lang, Bemessungsgrundlage, 1988, 351; Burmester, Gewinn- und Verlustrealisierung, 1986, 26; Biergans, FR 1982, 525. 55 Vgl. Reich, Realisation stiller Reserven, 1983, 5 ff.; Schmitt, Erbfall, 1993, 6 f.; Biergans in FS Schmidt, 1993, 75 (84, dort Fn. 30). 56 ZB. in § 6 Abs. 3 S. 1, § 6 Abs. 5 S. 1, § 16 Abs. 3 S. 2 EStG: „[…] sofern die Besteuerung der stillen Reserven sichergestellt ist […]“. 57 Vgl. Crezelius in FS List, 2015, 55 (63 f.); Scheffler, Besteuerung von Unternehmen II, 2018, 312 (Rn. 539); Kahle/Kopp, Handels- und Steuerbilanz, 2021, 89, 414. 58 Vgl. Pitzal, DStR 2016, 2831 (2832); Kahle/Kopp, Handels- und Steuerbilanz, 2021, 89.
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I. Steuerbilanzielle Entstehung stiller Lasten
wirtschaftliche Ereignisse,59 sodass handelsrechtlich eine zwingende außerplanmäßige Abschreibung vorzunehmen ist, die steuerrechtlich nicht nachvollzogen wird, weil aufgrund steuerbilanzieller Wahlrechte kein Zwang besteht.60 Zum Beispiel kann eine stille Last dadurch entstehen, dass der Kurs einer Aktie des Anlagevermögens oder einer Forderung des Umlaufvermögens sinkt und aus handelsbilanzieller Sicht eine außerplanmäßige Abschreibung vorzunehmen ist (§ 253 Abs. 3 S. 5 bzw. § 253 Abs. 4 S. 1 HGB). In der Steuerbilanz besteht hingegen seit der Aufgabe der umgekehrten Maßgeblichkeit durch das BilMoG keine Pflicht, sondern ein Wahlrecht zum Ansatz des niedrigeren Teilwerts (§ 5 Abs. 6 iVm. § 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 bzw. § 6 Abs. 1 Nr. 2 S. 1 EStG). Folglich können Steuerpflichtige auf eine steuerbilanzielle Teilwertabschreibung verzichten, wenn bspw. die Wertaufholung partiell steuerpflichtig ist (zB. bei Beteiligungen).61 Denkbar ist auch, dass der voll abzugsfähige Aufwand aus der Teilwertabschreibung (zB. auf eine Forderung gegenüber Dritten) aufgrund eines bereits bestehenden Verlusts oder Verlustvortrags diesen nur erhöhen würde. Ökonomisch sinnvoll wäre es, auf eine Teilwertabschreibung zu verzichten, sodass der Aufwand aus der Teilwertabschreibung zukünftig voll verrechenbar ist und nicht in einen Verlustvortrag einfließt, der nur unter den Beschränkungen der Mindestbesteuerung iSv. § 10d Abs. 2 EStG verrechnungsfähig ist.62 Sofern unterstellt wird, dass der niedrigere handelsbilanzielle Wert den gemeinen Wert iSd. § 9 Abs. 2 BewG widerspiegelt63, existiert insoweit eine stille Last.
59 Vgl. Burmester, Gewinn- und Verlustrealisierung, 1986, 29: „marktbedingten Entwertungen“. 60 Die Ausübung von steuerlichen Wahlrechten abweichend von der Handelsbilanz führt zu einer Abkoppelung der Handels- von der Steuerbilanz, vgl. Herzig/Briesemeister, DB 2010, 917 (924). 61 Vgl. Maier in Schneider/Ruoff/Sistermann, UmwStE, 2012, H 3.33. 62 Die Mindestbesteuerung gem. § 10d Abs. 2 S. 1 EStG beschreibt, dass vorgetragene Verluste in den nächsten Veranlagungszeiträumen nur bis zu ab einem Betrag von 1 Mio. EUR unbeschränkt und darüber hinaus nur beschränkt auf 60% des Gesamtbetrags der Einkünfte abgezogen werden dürfen, vgl. dazu Röder, Verlustverrechnung, 2010, 56–58. 63 Der gemeine Wert iSv. § 9 Abs. 2 BewG stellt den Markt- bzw. Verkehrswert dar, vgl. Euler, DStJG 7 (1984), 155 (160). Sofern sich der Marktwert negativ auf die Vermögenslage des Kaufmanns auswirkt, ist dieser grds. in der Handelsbilanz anzusetzen.
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Abbildung 1 B. Stille Lasten im Steuerrecht
Steuerliche stille Lasten bei steuerbilanzieller Überbewertung von aktiven Wirtschaftsgütern Wert in EUR steuerliche stille Last
Ansatz in der Steuerbilanz
Gemeiner Wert
Abbildung 1: Steuerliche stille Lasten bei aktiven Wirtschaftsgütern
2. Entstehung stiller Lasten durch Unterbewertung von Passiva Stille Lasten können allerdings auch kraft Gesetzes entstehen, was auf be stehende steuergesetzliche Spezialvorschriften bzgl. des Ansatzes oder der Bewertung von Schulden64, also von Wirtschaftsgütern der Passivseite der Bilanz, und einer damit einhergehenden Durchbrechung des Maßgeblichkeitsgrundsatzes zurückzuführen ist.65 Verbindlichkeiten sind mit ihrem 64 Schulden sind der handelsrechtliche Oberbegriff für Verbindlichkeiten und Rückstellungen, vgl. dazu Schubert in Beck’scher Bilanzkommentar, § 247 HGB Rn. 201; zur Übereinstimmung mit dem steuerlichen Terminus des passiven Wirtschaftsguts, vgl. Kahle/Kopp, Handels- und Steuerbilanz, 2021, 372. Zum Ausweis einer Verbindlichkeit oder Rückstellung ist stets eine Verpflichtung als rechtliche oder wirtschaftliche Pflicht zur Leistungserbringung gegenüber einem Dritten erforderlich, welcher sich der Kaufmann voraussichtlich nicht entziehen kann, vgl. Schmidt/Ries in Beck‘scher Bilanzkommentar, § 246 HGB Rn. 50. Ist eine Verpflichtung dem Grunde und der Höhe nach gewiss und stellt sie eine wirtschaftliche Belastung dar, ist eine Verbindlichkeit auszuweisen, vgl. BFH v. 17.11.2010, I R 83/09, BStBl. II 2011, 812; Kahle/ Kopp, Handels- und Steuerbilanz, 2021, 123. Ist die Verpflichtung dem Grunde oder der Höhe nach ungewiss und stellt eine wirtschaftliche Belastung dar, ist eine Rückstellung zu passivieren, vgl. BFH v. 09.11.2016, I R 43/15, BStBl. II 2017, 379, unter II.1.a)aa). 65 Vgl. Kahle in FS Böcking, 2021, 571 (576); Schreiber/Kahle/Ruf, Besteuerung der Unternehmen, 2021, 68 f.; Mundfortz, Das Realisationsprinzip und die Aufdeckung stiller Lasten, 2019, 5; Kahle/Braun, FR 2018, 197 (197); Bachmann/Richter/Risse, DB 2017, 2301; Crezelius in FS List, 2015, 55 (63 f.); Riedel, FR 2014, 6 (6); Kahle, DB-Beil. 4/2014 1 (12); Meyering/Gröne in Hachmeister/Kahle/Mock/Schüppen, § 249 HGB Rn. 104 ff.
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I. Steuerbilanzielle Entstehung stiller Lasten
(gewissen) Erfüllungsbetrag anzusetzen (§ 253 Abs. 1 S. 2 Hs. 1 EStG)66, Rückstellungen hingegen sind in Höhe des nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendigen (ungewissen) Erfüllungsbetrages anzusetzen (§ 253 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 HGB).67 In der Steuerbilanz ist der Ansatz dieser Verpflichtungen idR. niedriger, sodass zwangsläufig stille Lasten entstehen, weil der steuerbilanzielle Buchwert den gemeinen Wert unterschreitet. Dies ist darauf zurückzuführen, dass entweder der steuerbilanzielle Ansatz von Verpflichtungen verboten (bspw. gem. § 5 Abs. 4a EStG bei Drohverlust rückstellungen) oder eingeschränkt ist (zB. Jubiläumsrückstellungen gem. § 5 Abs. 4 EStG). Dh. bereits durch steuerbilanzielle Passivierungsverbote (zB. für Drohverlustrückstellungen) kommt es zu der Entstehung einer (steuerlichen) stillen Last, weil die tatsächliche wirtschaftliche Belastung höher ist als deren steuerbilanzieller Ausweis.68
Abbildung 2
Steuerliche stille Lasten bei steuerbilanzieller Unterbewertung von passiven Wirtschaftsgütern Wert in EUR steuerliche stille Last
Ansatz in der Steuerbilanz
Gemeiner Wert
Abbildung 2: Steuerbilanzielle stille Lasten bei passiven Wirtschaftsgütern
66 Der Erfüllungsbetrag ist der Betrag, welcher zur Erfüllung der Verpflichtung aufgewendet werden muss; vgl. Marx in Hachmeister/Kahle/Mock/Schüppen, § 253 HGB Rn. 22. 67 Es handelt sich nicht um einen konkreten Bewertungsmaßstab, sondern lediglich um eine Vorgabe hinsichtlich des Vorgehens bei der Bewertung. Die Rückstellung ist mit einem gewissen Maß an Unsicherheit behaftet, weshalb insoweit es sich lediglich um eine Schätzvorgabe handelt, vgl. dazu Thiele/Breithaupt/Kahling/Prigge in Baetge/ Kirsch/Thiele, § 253 HGB Rn. 111 f. 68 In diesen Fällen eines Passivierungsverbots beträgt der steuerbilanzielle Buchwert daher null, vgl. Kahle/Braun, FR 2018, 197 (197, dort Fn. 2).
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B. Stille Lasten im Steuerrecht
Ist der Ansatz zulässig, sind allerdings noch Besonderheiten bei der steuerlichen Bewertung von Verpflichtungen zu beachten (gem. § 5 Abs. 6 iVm. § 6 Abs. 1 Nr. 3, Nr. 3a EStG und speziell bei Pensionsrückstellungen gem. § 5 Abs. 6 iVm. § 6a EStG). Das EStG normiert fixierte Abzinsungssätze für Verbindlichkeiten und Rückstellungen. Bei Rückstellungen, die keine Rückstellungen für Altersversorgungsverpflichtungen (Pensionsrückstellungen) sind, wird ein Abzinsungssatz iHv. 5,5% vorgeschrieben (§ 6 Abs. 1 Nr. 3a lit. e) S. 1 Hs. 1 EStG).69 Bei Pensionsrückstellungen schreibt § 6a Abs. 3 S. 3 EStG sogar einen konstanten Abzinsungssatz iHv. 6 % vor.70 Hingegen erfolgt handelsbilanziell bei Pensionsrückstellungen eine Abzinsung mit dem durchschnittlichen Marktzinssatz der letzten 10 Jahre (§ 253 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 HGB) bzw. bei anderen Rückstellungen mit dem durchschnittlichen Marktzins der letzten sieben Jahre (§ 253 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 HGB). Durch die Koppelung des handelsrechtlichen Abzinsungssatzes an den durchschnitt lichen Marktzins entstehen in Niedrigzinsphasen höhere handelsrechtliche Wertansätze im Vergleich zu den steuerbilanziellen Ansätzen, so dass cp. höhere stille Lasten in Bezug auf die Rückstellungen (insb. Pensionsrückstellungen) entstehen.71 Dies trifft insb. die steuerbilanzielle Bewertung von Pensionsrückstellungen mit dem Teilwert iSd. § 6a EStG zu, da der Teilwert regelmäßig nicht deren gemeinen Wert entsprechen dürfte, sondern sogar unterschreitet.72 Die Ursache für die Entstehung stiller Lasten in Bezug auf passive Wirtschaftsgüter in der Steuerbilanz liegt demnach in der systematischen Unterbewertung von bestimmten Verpflichtungen in der Steuerbilanz durch Passivierungsbeschränkungen73. Zweck dieser Ansatz- und Bewertungsvorschriften ist eine temporäre Verlagerung von Aufwendungen in spätere Ver69 Mit Art. 3 Nr. 3 des vierten Corona-Steuerhilfegesetz v. 19.06.2022 (BGBl. I 2022, 911) wurde das Abzinsungsgebot für unverzinsliche Verbindlichkeiten in § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG gestrichen. 70 Nach Auffassung des FG Köln ist der Abzinsungssatz iHv. 6 % bei Pensionsrückstellungen in dem Streitjahr 2015 verfassungswidrig und hat dem B VerfG diese Frage vorgelegt (vgl. FG Köln v. 12.10.2017, 10 K 977/17, DStR 2017, 2792 (Az. BVerfG 2 BvL 22/17). 71 Vgl. Engesser, Entstrickungsbesteuerung, 2020, 210–211; Bachmann/Richter/Risse, DB 2017, 2301 (2301); Kahle/Kopp, Handels- und Steuerbilanz, 2021, 414. 72 Vgl. Schaflitzl/Widmayer, BB-Special 8/2006, 36 (39); Ley/Bodden, FR 2007, 265 (268 f.); Klein, Pensionsverpflichtungen, 2016, 130. 73 Der Terminus der Passivierungsbeschränkungen wird insb. im Kontext von § 4f EStG als Oberbegriff für die steuerbilanziellen Ansatzverbote, -beschränkungen und Bewertungsvorbehalten verwendet, vgl. bspw. Bogenschütz in FS Endres, 31 (36).
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II. Steuerliche Einordnung stiller Lasten
anlagungszeiträume, womit insoweit eine Durchbrechung des handelsrechtlichen Imparitätsprinzips (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 Hs. 1 HGB) erfolgt.74 Insoweit ist es auch erkennbar, dass sich der Gesetzgeber immer dann von dem in § 5 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 EStG normierten Grundsatz der Maßgeblichkeit der Handels- für die Steuerbilanz abwendet, wenn die Konsequenzen aus dem handelsrechtlich praktizierten Imparitätsprinzip aus fiskalischer Sicht unerwünscht sind.75
II. Steuerliche Einordnung stiller Lasten Bei den Gewinneinkünften (§§ 13 bis 18 EStG) sind die Einkünfte der Gewinn iSd. §§ 4 bis 7k EStG (§ 2 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EStG). Der Gewinn bestimmt sich nach § 4 Abs. 1 S. 1 iVm. § 5 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 EStG als Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres (Endvermögen) und dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres (Anfangsvermögens), vermehrt um den Wert der Entnahmen und vermindert um den Wert der Einlagen. Der Gewinn ist demnach eine Residualgröße von Erträgen (Betriebsvermögens- bzw. Reinvermögensmehrungen) und Aufwendungen (Betriebsvermögens- bzw. Reinvermögensminderungen).76 Ist diese Residualgröße negativ, dh. es besteht ein Überschuss an Aufwendungen, handelt es sich um einen Verlust.77 Der Erzielung eines Verlustes innerhalb einer Einkunftsart bedeutet in der Terminologie des Ertragsteuerrechts die Erzielung negativer Einkünfte.78 Der Terminus „Verlust“ wird jedoch auch dann verwendet, wenn bspw. ein passives Wirtschaftsgut veräußert und dadurch eine stille Last realisiert
74 Vgl. BFH v. 16.12.2009, I R 102/08, B StBl. II 2011, 566, unter II.3. (zu § 5 Abs. 4a EStG); v. 14.12.2011, I R 72/10, B StBl. II 2017, 1226, unter II.3. (zu § 5 Abs. 4 EStG); v. 12.12.2012, I R 28/11, B StBl. II 2017, 1265, unter II.2.b)cc) (zu § 6a EStG); v. 12.12.2012, I R 69/11, B StBl. II 2017, 1232, unter B.III.3. (zu § 6a EStG). 75 Prinz, DB 2019, 804 (807) qualifiziert die steuerbilanziellen Sonderregelungen und die insoweit dadurch erfolgende Durchbrechung der handelsrechtlichen GoB als „fiskalorientiert“. 76 Vgl. Hennrichs in Tipke/Lang, 2021, Rn. 9.20, 9.24, siehe auch Drüen, Periodengewinn und Totalgewinn, 1999, 145, 148 mit Verweis auf BFH v. 16.03.1994, I R 146/93, BStBl. II 1994, 941, unter II.2.f., wo der BFH den Gewinn als „bloße Rechendifferenz“ bezeichnet. 77 Vgl. Hennrichs in Tipke/Lang, 2021, Rn. 9.12; so auch Röder, Verlustverrechnung, 2010, 5 f. 78 Vgl. Ruppe, DStJG 10 (1987), 45 (90); dazu auch Röder, Verlustverrechnung, 2010, 6.
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B. Stille Lasten im Steuerrecht
wird.79 Insoweit ist die Bezeichnung „Verlust“ allein auf die entsprechende Transaktion zu verstehen.80 Im Kern stellen stille Lasten negative Werteveränderungen im zur Einkommenserzielung eingesetzten Vermögensstamm dar, welche gleichwohl noch nicht realisiert wurden und sich in der Konsequenz noch nicht bzw. noch nicht in voller Höhe in der steuerlichen Gewinnermittlung ausgewirkt haben.81 Werden stille Lasten realisiert, entsteht (steuer-)bilanzieller Aufwand, welcher grds. den bilanziellen Gewinn mindert (Gewinn- oder Reinvermögensminderung). Insofern sind stille Lasten in aller erster Linie latente Gewinn- resp. Reinvermögensminderungen.82 Des Weiteren ist es möglich, stille Lasten auch als „künftiges Verlustverrechnungspotenzial“ zu bezeichnen.83 Dabei ist jedoch zu beachten, dass gewisse steuerliche Vorschriften die Abzugsfähigkeit von Betriebsausgaben bzw. Gewinn-/Reinvermögensminderungen einschränken können, indem der bilanzielle Aufwand außerhalb der Bilanz dem Gewinn wieder hinzugerechnet wird (zB. § 8b Abs. 3 S. 3 KStG). Allein die Existenz stiller Lasten sagt deshalb noch nichts über deren tatsächliche steuerliche Abzugsfähigkeit aus, sodass einer stillen Last nicht zwangsweise ein steuerminderndes Verlustverrechnungspotenzial anhaftet. Zudem existieren auch stille Lasten, die sich nicht unmittelbar, sondern lediglich zeitlich gestreckt die steuerliche Bemessungsgrundlage mindern (§ 4f EStG).84
III. Gewinn- bzw. Verlustqualität stiller Reserven und stiller Lasten Ungeachtet der steuerrechtlichen Einordnung stiller Lasten als latente Gewinn- bzw. Reinvermögensminderung ist es streitig, ob stille Reserven und stille Lasten bereits im Zeitpunkt ihrer Entstehung die Leistungsfähigkeit 79 Vgl. bspw. Kahle/Braun, FR 2018, 197 (197 f.): „[…] In Höhe der Differenz zwischen diesem Entgelt und dem Buchwert der übertragenen Verpflichtung entsteht ein Verlust“; vgl. auch Schreiber/Kahle/Ruf, Besteuerung der Unternehmen, 2021, 69. 80 Vgl. auch Burmester, Gewinn- und Verlustrealisierung, 1986, 29. 81 Dieselbe Definition wird von Widmann in Bezug auf stille Lasten in Passiva genannt, vgl. Widmann in FS Haarman, 2015, 1017 (1017). Sie gilt aber für Aktiv- und Passiv posten gleichermaßen. 82 Vgl. Biergans, FR 1982, 525 (525). 83 So Riedel, Das Umwandlungssteuerrecht der Mitunternehmerschaft, 2018, 9. 84 Siehe zur Wirkung von § 4f EStG Abschnitt D.III.3.a).
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III. Gewinn- bzw. Verlustqualität stiller Reserven und stiller Lasten
erhöhen bzw. vermindern oder erst im Zeitpunkt ihrer Realisation. Denn die Beantwortung dieser Frage hat Auswirkungen auf die Frage, ob ein intersubjektiver Reserven- bzw. Lastentransfer (zB. durch Umstrukturierungen) zu einer Realisation dieser führen müssen.
1. Grundlegende Besteuerungsprinzipien a) Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit Kerngrundsatz des Steuerrechts ist das Prinzip der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit.85 Dadurch soll die Erfassung einer in Geldwert vorhandenen Ist-Leistungsfähigkeit gewährleistet werden.86 Unterschieden wird zwischen objektiver und subjektiver Leistungsfähigkeit. Objektive Leistungsfähigkeit wird durch die am Markt erzielten Erwerbseinnahmen und Erwerbsausgaben bzw. im Bereich der Unternehmensbesteuerung am Gewinn 87 gemessen, während die subjektive Leistungsfähigkeit am verfügbaren (disponiblen) Einkommen, dh. das Einkommen unter Berücksichtigung persönlicher Umstände, gemessen wird.88 Im Kontext der Unternehmensbesteuerung ist das Leistungsfähigkeitsprinzip ebenfalls maßgebend. Dies ist indes dahingehend zu präzisieren, als dass die Unternehmensbesteuerung auf die Erfassung der objektiven Leistungsfähigkeit der Unternehmensträger abstellt.89 Als Unternehmensträger kommen natürliche Personen, Personengesellschaften und Körperschaften90 85 Vgl. Pezzer, DStJG 14 (1991), 3 (7): „sinnstiftendes Fundamentalprinzip“; Lang, DStJG 24 (2001), 49 (57): „Fundamentalprinzip gerechter Besteuerung“. 86 Vgl. Birk, Leistungsfähigkeitsprinzip, 1983, 167; Tipke, StuW 1980, 281 (295); siehe auch Desens, DStJG 43 (2020), 73 (81). Die Leistungsfähigkeit eines Steuersubjektes nimmt mit steigendem Einkommen überproportional zu (s. BT-Drs. 7/1470, 211 f.). 87 Vgl. Weinelt, Rechtsformneutralität, 2006, 85 f.; siehe auch Hey in FS Herzig, 2010, 7 (10). 88 Vgl. Schreiber/Kahle/Ruf, Besteuerung der Unternehmen, 2021, 24; Hey in Tipke/ Lang, 2021, Rn. 3.50, Rn. 8.80. Waldhoff, StuW 2000, 217; Palm, Person im Ertragsteuerrecht, 2013, 543. 89 Vgl. Hey in Tipke/Lang, 2021, Rn. 3.51. Die Besteuerung der Unternehmen im Rechtssinne beschreibt daher das Steuerrecht der Unternehmensträger, vgl. Hüttemann, StuW 2014, 58. 90 Körperschaften sind indes auch Zuordnungssubjekt von objektiver Leistungsfähigkeit, vgl. Pezzer in FS Tipke, 1995, 419 (424 f.); Pezzer, DStJG 20 (1997), 7 (13 f.); Crezelius, DStJG 22 (1999), 73 (108); Jachmann, DStJG 23 (2000), 9 (17); Weinelt, Rechtsformneutralität, 2006, 80; Drüen in FS BFH, 2018, 1317 (1322).
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B. Stille Lasten im Steuerrecht
gleichermaßen in Betracht.91 Da das betriebene Unternehmen92 als Quelle der objektiven Leistungsfähigkeit fungiert,93 sind die Unternehmensträger auch in Bezug auf das betriebene Unternehmen objektiv leistungsfähig.94 Dabei gilt dies für die Unternehmensträger, soweit es die objektive Leistungsfähigkeit betrifft, wie für die dahinterstehenden Personen.95 Nach Lang96 entfaltet das Leistungsfähigkeitsprinzip somit erst auf Ebene der Unternehmen seine Wirkung und zweitens auf der Ebene der natürlichen Personen. Auf Unternehmensebene ist somit objektive Leistungsfähigkeit gleichmäßig abzuschöpfen, indem gleiche Sachverhalte gleich zu beurteilen sind. Auf Ebene der natürlichen Personen sind dann Einkunftsarten ebenso gleich zu behandeln, wobei allerdings steuerliche Vorbelastungen auf Unternehmensebene zwangsweise berücksichtigt werden müssen, um eine verfassungswidrige Doppelbelastung von Erträgen zu verhindern. Die bestehende Besteuerung mit Einkommen- und Körperschaftsteuer ist demnach dualistisch ausgeprägt. Da die steuerlichen Rechtsfolgen in erster Linie von der Rechtsform abhängen, ergeben sich zunächst steuerliche Belastungsunterschiede wirtschaftlich gleicher Sachverhalte (Dualismus der Unternehmensbesteuerung).97 b) Grundsatz der Individualbesteuerung Das Leistungsfähigkeitsprinzip bestimmt nicht, wer Subjekt der Besteuerung ist. Vielmehr kommt an dieser Stelle – und zwar für Einkommen- und Körperschaftsteuer gleichermaßen – der Grundsatz der Individualbesteuerung zum Tragen, wonach die Leistungsfähigkeit auf das einzelne Steuer-
91 Vgl. Hennrichs, StuW 2002, 201 (201); Palm, Person im Ertragsteuerrecht, 2013, 482. 92 Der Terminus „Unternehmen“ umfasst wirtschaftliche Funktionseinheiten zur Erzielung von Gewinneinkünften, die mit ihrer finanziellen Ertragskraft Leistungsfähigkeit schaffen, vgl. dazu auch Jachmann, Steuergesetzgebung, 2000, 16. 93 Vgl. Palm, Person im Ertragsteuerrecht, 2013, 485. Betreibt eine Körperschaft ein Unternehmen, ist sie dadurch Unternehmensträger, wodurch sie Zuordnungssubjekt objektiver Leistungsfähigkeit ist, vgl. Jachmann, DStJG 23 (2000), 9 (16). 94 Vgl. dahingehend Weinelt, Rechtsformneutralität, 2006, 74; Rau, Verfassungsdirigierte Prinzipien, 2007, 111 (dort Fn. 448); Palm, Person im Ertragsteuerrecht, 2013, 482. 95 Vgl. Rau, Verfassungsdirigierte Prinzipien, 2007, 120 ff. (140 f.); Hey in FS Herzig, 2010, 7 (10). 96 Lang, DStJG 24 (2001), 49 (59 f.). 97 Vgl. Hey in Tipke/Lang, 2021, Rn. 7.35; Schreiber/Kahle/Ruf, Besteuerung der Unternehmen, 2021, 447 ff.
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III. Gewinn- bzw. Verlustqualität stiller Reserven und stiller Lasten
subjekt ausgerichtet ist.98 Damit geht auch einher, dass Leistungsfähigkeit in Form von realisierten Einkünften nicht auf andere Steuersubjekte transferiert werden darf.99 Dies gilt nicht nur für positive Einkünfte (Gewinne), sondern auch für negative Einkünfte (Verluste), weil die subjektive Zurechnung für Verluste den Grundsätzen der subjektiven Zurechnung von Gewinnen entspricht.100 Begründen lässt sich dies auch mit dem Kostenträgerprinzip, nachdem Aufwendungen nur insoweit einkommensmindernd abgezogen werden dürfen, soweit der Steuerpflichtige diese Aufwendungen selbst erbracht hat.101 Negativ formuliert handelt es sich dabei um das Verbot des Abzugs von sog. Drittaufwand, der die Versagung des Übergangs von Verlusten sowie Verlustvorträgen auf andere Steuersubjekte begründet, da vererbte Verluste sowie Verlustvorträge Drittaufwand darstellen und ein Abzug daher nicht möglich sei.102 c) Subjektive und objektive Bindung stiller Lasten Nach dem Subjektsteuerprinzip sind stille Reserven von demjenigen zu versteuern, bei dem sie entstanden sind.103 Der Gedanke des Subjektsteuerprinzips lässt sich der Rückausnahme der Sperrfrist iSv. § 6 Abs. 5 S. 4 EStG entnehmen.104 Bei der Übertragung von Einzelwirtschaftsgütern gem. § 6 Abs. 5 S. 3 EStG sind zwingend die Buchwerte fortzuführen, was eine Sperrfrist nach sich zieht (§ 6 Abs. 5 S. 4 EStG). Wird diese verletzt, ist rückwir 98 Vgl. BFH v. 17.12.2007, GrS 2/04, B StBl. II 2008, 608, unter D.III.1.; Schmitt, StuW 2018, 147 (150); Hey in GS Trzaskalik, 2005, 219 (221). 99 Vgl. Biergans in FS Schmidt, 1993, 75 (100); Baldauf, System der Gewinnrealisierung, 2009, 52. 100 Vgl. dazu Ruppe, DStJG 10 (1987), 45 (90). 101 Vgl. BFH v. 08.01.1958, I 131/57 U, BStBl. II 1958, 97; v. 23.08.1999, GrS 1/97, BStBl. II 1999, 778; v. 23.08.1999, GrS 3/97, B StBl. II 1999, 787; Brandis, StuW 1990, 57 (59); Schnorr, StuW 2003, 222 (223); Seitz, FR 2006, 201 (203). 102 Vgl. BFH v. 17.12.2007, GrS 2/04, BStBl. II 2008, 608, unter D.III.2. 103 Vgl. Kahle/Burger, DStZ 2020, 777 (778); Graw in FS BFH, 2018, 1433 (1434); Danz, FR 2018, 160 (164); Danz, Ubg 2018, 287; Mutscher in FS Frotscher, 2013, 479 (480, 488); Ratschow, D StJG 34 (2011), 35 (42 ff.); Hey in GS Trzaskalik, 2005, 219 (224); Hölzle, Besteuerung, 2005, 11 f.; Wendt, FR 2002, 53 (54 dort Fn. 8); Wendt, EStB 2002, 137 (137); Reiß, BB 2001, 1225 (1226); van Lishaut, DB 2000, 1784 (1788); Althans, BB 1993, 1060 (1061); Schmitt, Erbfall, 1993, S. 34 ff.; Rödder, DStJG 25 (2002), 253 (254); Rödder, DB 1992, 953 (954); Tipke, DStJG 5 (1982), 1 (9); Tipke, DStJG 4 (1981), 1 (10); Beisse, D StJG 4 (1981), 13 (14); Luckey, Gewinnrealisierung, 1977, 119 f.; FG Schleswig-Holstein v. 05.11.2008, 2 K 175/05, EFG 2009, 233. 104 Vgl. in diesem Sinne Kahle, FR 2013, 873 (874); Reiß, BB 2000, 1965 (1968); Thiel, Stbg 2001, 1 (6); Niehus, StuW 2002, 116 (116); Desens, DStJG 43 (2020), 73 (100 f.).
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B. Stille Lasten im Steuerrecht
kend der Teilwert anzusetzen, was nicht gilt, wenn die übertragenen stillen Reserven dem übertragenden Gesellschafter mittels Ergänzungsbilanzen zugeordnet werden.105 Auch der BFH hat das Subjektsteuerprinzip bereits in mehreren Entscheidungen als Begründung herangezogen,106 wenngleich die Subjektbindung stiller Reserven zwischenzeitlich dem Grundsatz der Individualbesteuerung107 entnommen wurde.108 Auch wenn der Begriff des Grundsatzes der Individualbesteuerung und der Begriff des Subjektsteuerprinzips zT. synonym verwendet werden,109 sind diese systematisch dahingehend zu unterscheiden, dass der Grundsatz der Individualbesteuerung die Zurechnung von realisierten Einkünften zu einem Steuersubjekt umfasst und das Subjektsteuerprinzip ausschließlich auf die Subjektbindung der stillen Reserven abstellt.110 Im Ergebnis ist allerdings festzuhalten, dass sowohl der Grundsatz der Individualbesteuerung als auch das Subjektsteuerprinzip eine Subjektbindung von Leistungsfähigkeit111
105 Vgl. § 6 Abs. 5 S. 4 Hs. 2 EStG, vgl. zur Einmann-GmbH & Co. KG: BFH v. 26.06.2014, IV R 31/12, B StBl. II 2015, 463; siehe auch BT-Drs. 14/6882, 33. 106 Vgl. BFH v. 25.05.1962, I 155/59 U, BStBl. III 1962, 352, (Rn. 10); v. 14.05.1969, I R 77/67, BStBl. II 1969, 598 (Rn. 14); v. 14.07.1993, X R 74-75/90, BStBl. II 1994, 15, unter 3.b). 107 Vgl. BFH v. 16.06.2004, X R 34/03, BStBl. II 2005, 378, unter II.2.b); v. 23.06.2004, X R 37/03, juris, Rn. 12; v. 17.12.2007, GrS 2/04, B StBl. II 2008, 608, unter D.III.6.a) bb); v. 06.05.2010, IV R 52/08, BStBl. II 2011, 261, unter II.2.a); v. 22.12.2011, III R 69/09, B StBl. II 2012, 888, unter II.1.d); v. 10.04.2013, I R 80/12, B StBl. II 2013, 1004, unter B.III.2a); BFH v. 20.05.2010, IV R 42/08, BStBl. II 2010, 820, unter II.3.a); v. 20.07.2005, X R 22/02, B StBl. II 2006, 457, unter II.3.e)bb); v. 23.01.2008, I R 101/06, BStBl. II 2008, 719, unter II.2.b); v. 15.04.2010, IV B 105/09, BStBl. II 2010, 971, unter II.2.b)aa); v. 12.10.2011, I R 33/10, B StBl. II 2012, 445, unter II.1.c) cc)aaa); v. 02.08.2012, IV R 41/11, BStBl. II 2019, 715, unter B.I.3.b)cc); v. 31.07.2013, I R 44/12, BStBl. II 2015, 450, unter II.3.a); v. 19.03.2014, X R 28/12, BStBl. II 2014, 629, unter II.3.d)bb)(4); v. 26.06.2014, IV R 31/12, BStBl. II 2015, 463, unter II.3.d); v. 15.04.2015, I R 54/13, B StBl. II 2017, 136, unter II.2.b)aa); v. 27.10.2015, X R 28/12, BStBl. II 2016, 81, unter C.III.5.a); v. 25.01.2017, X R 59/14, B StBl. II 2019, 730, unter B.I.3.c)aa). 108 Vgl. auch zur Entwicklung Danz, Subjektsteuerprinzip, 2017, 27 ff.; Danz, FR 2018, 160 (160 ff.). 109 Vgl. bspw. Riedel, Das Umwandlungssteuerrecht der Mitunternehmerschaft, 2018, 6. 110 Vgl. Kahle/Burger, DStZ 2020, 777 (778, mwN.). 111 Zum Grundsatz der Identität von Steuersubjekt und Tatbestandsverwirklichung, vgl. Ratschow, DStJG 34 (2011), 35 (52); Crezelius, FR 2009, 881 (887); Crezelius, FR 2002, 805, (809 f.).
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III. Gewinn- bzw. Verlustqualität stiller Reserven und stiller Lasten
postulieren, und zwar ungeachtet deren Monetarisierung.112 Daraus folgt, dass das Subjektsteuerprinzip allerdings nur dann Geltung entfalten kann, wenn stille Reserven in ihrer Entstehung subjektiv zugerechnet werden können.113 Diese subjektive Zurechnung von stillen Reserven ist wiederum nur dann möglich, wenn stille Reserven im Entstehungszeitpunkt die Leistungsfähigkeit beeinflussen.114 Jedoch ist fraglich, ob eine Subjektbindung auch für stille Lasten gilt. Dabei stellt sich nicht nur die Frage, „ob“ stille Lasten einer Subjektbindung unterliegen, sondern auch „wie“ diese Subjektbindung zu begründen ist. Biergans115 bejaht eine Subjektbindung stiller Lasten (latenten Reinvermögensminderungen), weil es keinen Unterschied mache, ob die Reinvermögensänderung positiv oder negativ sei.116 Riedel117 begründet eine Subjektbindung stiller Lasten mithilfe des Kostenträgerprinzips,118 wonach im Grundsatz Aufwand nur bei dem Steuersubjekt abzugsfähig ist, das den Aufwand auch getragen hat.119 Allerdings stellen stille Lasten latente Reinvermögensminderungen, dh. latenten Aufwand, dar.120 Das Kostenträgerprinzip kann im Kontext von stillen Lasten wiederum nur dann Geltung entfalten, wenn bereits die Entstehung stiller Lasten „Aufwand“ für den Steuerpflichtigen darstellt. Hier besteht wiederum eine Parallele zum Subjektsteuerprinzip sowie dem zugrundeliegenden Grundsatz der Individualbesteuerung. Letztendlich soll der Steuerpflichtige entsprechend seiner persönlichen Leistungsfähigkeit der Besteuerung unterliegen.121 Daraus lässt sich wiederum schlussfolgern, dass sich eine Subjektbindung stiller Lasten wiederum nur dann begründen lässt, wenn stille Lasten die Leistungsfähigkeit bereits im Entstehungszeitpunkt beeinflussen (mindern). Folglich sind 112 GlA. Danz, Subjektsteuerprinzip, 2017, 40. 113 Vgl. Tipke, DStJG 4 (1981), 1 (10); explizit Ratschow, D StJG 34 (2011), 35 (35 ff.); glA. Desens, DStJG 43 (2020), 73 (104). 114 Vgl. Desens, DStJG 43 (2020), 73 (104). 115 Biergans, FR 1982, 525 (526). 116 Vgl. auch FG Niedersachsen v. 28.10.2003, 1 K 595/00, DStRE 2005, 376 (377). 117 Riedel, Das Umwandlungssteuerrecht der Mitunternehmerschaft, 2018, 9; Riedel, StuW 2019, 225 (226). 118 Nach dem BFH (GrS 2/04) sind stille Lasten indes gem. § 6 Abs. 3 EStG intersubjektiv übertragbar, vgl. Riedel, Das Umwandlungssteuerrecht der Mitunternehmerschaft, 2018, 114. 119 Siehe zum Kostenträgerprinzip bereits Abschnitt B.I.2.b). 120 Vgl. dazu bereits Abschnitt B.II. 121 Siehe BFH v. 16.06.2004, X R 34/03, BStBl. II 2005, 378, unter II.2.b); v. 23.06.2004, X R 37/03, Rn. 12; v. 28.07.2004, XI R 54/99, BStBl. II 2005, 262, unter B.III.2.a).
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B. Stille Lasten im Steuerrecht
stille Reserven und stille Lasten bei dem Steuersubjekt zu versteuern, bei dem sie entstanden sind.122 Unstreitig ist, dass stille Reserven und Lasten stets auch einen Objektbezug aufweisen, weil diese untrennbar mit einem Wirtschaftsgut verknüpft sind.123 Aufgrund dessen finden sich Stimmen im steuerlichen Schrifttum, dass diese eben nicht auch mit dem Steuersubjekt, sondern ausschließlich untrennbar mit dem Wirtschaftsgut des Betriebsvermögens, in dem sie existieren, verbunden sind, sodass ein Transfer von stillen Reserven und Lasten zwischen Steuersubjekten dem Grunde nach nicht realisiert werden müssen.124 Diese betriebswirtschaftliche Betrachtungsweise steht aber im Widerspruch zu den geltenden Bestimmungen des EStG und KStG, wonach natürliche und juristische Personen mit ihrem Einkommen der Besteuerung unterliegen und der Betrieb als Besteuerungsmittelpunkt ignoriert wird.125 Außerdem lässt sich diese Auffassung, dass stille Reserven und Lasten ausschließlich mit dem Wirtschaftsgut verknüpft sind, nur dann bejahen, wenn stille Reserven und Lasten im Entstehungszeitpunkt keine Leistungsfähigkeit darstellen bzw. diese nicht beeinflussen. Zusammenfassend ist demnach festzuhalten, dass stille Reserven und Lasten im Grundsatz einer Subjektbindung unterliegen und bei dem Steuersubjekt zu erfassen sind, bei dem diese entstanden sind. Gleichwohl kann dies nur dann gelten, wenn eine persönliche Zurechnung der stillen Reserven und Lasten im Entstehungszeitpunkt möglich ist, was wiederum die Steigerung bzw. Minderung von Leistungsfähigkeit voraussetzt. Ist dies der Fall, 122 Vgl. BFH v. 15.04.2010, IV B 105/09, BStBl. II 2010, 971, unter II.2.b)aa); v. 10.04.2013, I R 80/12, B StBl. II 2013, 1004; v. 26.06.2014, IV R 31/12, B StBl. II 2015, 463, unter II.3.d); v. 14.07.1993, X R 74-75/90, BStBl. II 1994, 15, unter 3.b); Niehus, FR 2010, 1 (5); Schmitt/Franz, Ubg 2012, 395 (395 f.); Danz, Subjektsteuerprinzip, 2017, 74; Desens, D StJG 43 (2020), 73 (106); wohl aA. „zivilrechtlicher Rechtsträger“: Troost, Buchwertfortführung, 1996, 232; BFH v. 16.06.2004, X R 34/03, BStBl. II 2005, 378, unter II.2.b); v. 23.06.2004, X R 37/03, juris, Rn. 12, v. 20.05.2010, IV R 42/08, BStBl. II 2010, 820, unter II.3.a); v. 19.03.2014, X R 28/12, BStBl. II 2014, 629, unter II.3.d)bb)(4). 123 GlA. Kredig, Besteuerung stiller Reserven, 2013, 68; so auch schon Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 1993, 820; Albach, StbJb. 1970/1971, 287 (314). 124 Diese Auffassung vertreten Knobbe-Keuk, DStR 1985, 494 (497); Schuhmann, StBp 1983, 269 (275); Woerner, DStZ/A 1977, 299 (307); Keuk, StuW 1973, 74 (77); Keuk, DB 1972, 1643 (1647); Albach, StbJb. 1970/1971, 287 (314 f.). 125 Siehe dazu Benecke/Schnittker, FR 2010, 555 (556); Hey in GS Trzaskalik, 2005, 219 (224); Trzaskalik, DStJG 4 (1981), 145 (159); Beisse, DStJG 4 (1981), 13 (14).
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III. Gewinn- bzw. Verlustqualität stiller Reserven und stiller Lasten
sind stille Reserven und Lasten zu realisieren, sofern die subjektive Bindung dieser stillen Reserven und Lasten endet, dh. wenn die jeweiligen Wirtschaftsgüter mit den enthaltenen stillen Reserven und Lasten auf andere Steuersubjekte übertragen werden und keine andere steuerliche Vorschrift von einer Realisation der stillen Reserven und Lasten absieht. d) Grundsatzätze der Gewinn- und Verlustrealisation aa) Realisationsprinzip Kern der handelsrechtlichen Gewinnermittlung ist das Vorsichtsprinzip (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB).126 Ausfluss des Vorsichtsprinzip ist das Realisa tionsprinzip,127 wonach Gewinne im Jahresabschluss erst auszuweisen sind, wenn diese realisiert sind (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 Hs. 2 HGB), dh. durch Umsatzakt am Markt bestätigt worden sind.128 Somit soll gewährleistet sein, dass Gewinne erst ausgewiesen werden dürfen, wenn diese am Markt bestätigt und daher beinahe sicher sind.129 Unsichere Einkommensbestandteile (nicht realisierte Wertsteigerungen) werden hingegen nicht erfasst.130 Dem Steuerrecht liegt die Erfassung des Markteinkommens zugrunde,131 weil grds. jede Erwerbstätigkeit mit einer entgeltlichen Leistungsverwertung am Markt einhergeht (Markteinkommensprinzip).132 Die Parallele zum handelsrechtlichen Realisationsprinzip ist damit unmittelbar erkennbar. Über
126 Vgl. dazu Beisse, StuW 1984, 1 (7). Zur damit einhergehenden Verwirklichung des Gläubigerschutzes und der Kapitalerhaltung vgl. Kahle/Braun/Cortez in Hachmeister/Kahle/Mock/Schüppen, § 252 HGB Rn. 120. 127 Vgl. BFH v. 12.05.1993, XI R 1/93, B StBl. II 1993, 786, unter II.1.; v. 29.04.1987, I R 192/82, B StBl. II 1987, 797; v. 29.11.1973, IV R 181/71, B StBl. II 1974, 204, unter 2. 128 Vgl. zur maßgeblichen zugrundeliegenden Zivilrechtsstruktur für den Realisationszeitpunkt, vgl. BFH v. 03.08.2005, I R 94/03, B StBl. II 2006, 20; Korn, kösdi 2020, 21685 (21686); Kahle, FR 2020, 599 (601); Kahle/Kopp, Handels- und Steuerbilanz, 2021, 67. 129 Vgl. BFH v. 31.08.2011, X R 19/10, BStBl. II 2012, 190, unter II.1.; v. 03.08.2005, I R 94/03, BStBl. II 2006, 20, unter II.2.; Kahle/Kopp, Handels- und Steuerbilanz, 2021, 67. 130 Vgl. Schreiber/Kahle/Ruf, Besteuerung der Unternehmen, 2021, 52. 131 Vgl. bspw. Lang, DStJG 24 (2001), 49 (61 ff.); Lang, Bemessungsgrundlage, 1988, 167 ff. 132 Vgl. Pezzer, DStJG 14 (1991), 3 (14); Ruppe, D StJG 1 (1978), 7 (16). Zur Erfassung von Einkommensbestandteilen ohne Marktberührung, vgl. Marx/Kilincsoy, StuW 2019, 36 (44).
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B. Stille Lasten im Steuerrecht
den Maßgeblichkeitsgrundsatz in § 5 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 EStG133 entfaltet das Realisationsprinzip seine Wirkung auch im Steuerrecht134 und gilt als „Eckpfeiler der steuerlichen Gewinnermittlung“135 bzw. als Konkretisierung des Markteinkommensprinzips.136 Eine Besteuerung erfolgt somit erst, wenn Gewinnchancen durch einen Umsatzakt (oder vergleichbare Ereignisse137) eine Marktbestätigung erfahren haben und somit sicher sind.138 Folglich unterliegen noch nicht am Markt bestätigte Wertsteigerungen mangels Sicherheit grds. nicht dem Steuerzugriff. Dies entspricht einer eigentumsschonenden und wirtschaftlich maßvollen Besteuerung.139 Freilich gilt die Nichtbesteuerung von noch nicht am Markt bestätigten Wertsteigerungen und Wertminderungen dem Grunde nach nur, solange der Steuerzugriff des Fiskus gesichert ist.140 bb) Imparitätsprinzip In dem Vorsichtsprinzip wurzelt nicht nur das Realisationsprinzip, sondern auch das Imparitätsprinzip.141 Nach dem Imparitätsprinzip sind alle bis zum Abschlussstichtag entstandenen, vorhersehbaren Risiken und Verluste zu berücksichtigen.142 Maßgeblich ist daher nicht die Realisation, sondern die 133 Vgl. Kahle, FR 2020, 599 (600); Schreiber in FS Beisse, 1997, 491 (506–507); Schneider, DB 1970, 1697; Wagner in FS Scherpf, 1983, 39 (48); zum vorteilhaften Rückgriff des Maßgeblichkeitsgrundsatzes auf die Normen der handelsrechtlichen GoB. 134 Vgl. zB. BFH v. 14.05.2014, VIII R 25/11, BStBl. II 2014, 969, unter II.2.a). 135 Hennrichs, DStJG 43 (2020), 145 (165); Lang, DStJG 24 (2001), 301 (315); ähnlich auch Siegel in FS Forster, 1992, 585 (587). 136 Vgl. Pezzer, D StJG 14 (1991), 3 (22); Lang, D StJG 4 (1981), 45 (57–58); Ruppe, DStJG 1 (1979), 7 (16); Watrin in Frotscher/Geurts, § 5 EStG Rn. 71; Hey in Herrmann/Heuer/Raupach, Einf. EStG Anm. 13. 137 Vgl. bspw. zum Tausch BFH v. 16.12.1958, I D 1/57 S, B StBl. III 1959, 30; v. 20.03.1980, IV R 22/77, B StBl. II 190, 439, Rn. 17 ff.; Beisse, DStJG 4 (1981), 13 (23); Biergans, FR 1982, 525 (525 f.); Riedel, Das Umwandlungssteuerrecht der Mitunternehmerschaft, 2018, 12; Desens, DStJG 43 (2020), 73 (90). 138 Vgl. BFH v. 05.05.1976, I R 121/74, B StBl. II 1976, 541, unter 2.; v. 29.11.1973, IV R 181/71, BStBl. II 1974, 202, unter 1.; Woerner, BB 1988, 769 (772); Döllerer, BB 1974, 1541 (1543). 139 Vgl. Herzig, WPg 2000, 104 (113); Hennrichs, DStJG 24 (2001); 301 (316); Schlotter, FR 2007, 951 (954); idS bereits Ruppe, DStJG 10 (1987), 45 (77). 140 Vgl. Hennrichs, DStJG 24 (2001), 301 (317). 141 Vgl. Moxter, DB 1997, 1477; Pezzer, D StJG 14 (1991), 3 (23); Watrin in Frotscher/ Geurts, § 5 EStG Rn. 158; Kahle/Braun/Cortez in Hachmeister/Kahle/Mock/Schüppen, § 252 HGB Rn. 131. 142 Vgl. § 252 Abs. 1 Nr. 4 Hs. 1 HGB, dazu bspw. Kessler, DStR 1994, 1289.
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III. Gewinn- bzw. Verlustqualität stiller Reserven und stiller Lasten
Entstehung von Risiken und Verlusten in Form einer wirtschaftlichen Belastung. Folglich werden Gewinne und Verluste ungleich behandelt, weil noch nicht realisierte Gewinne eben noch nicht ausgewiesen werden dürfen.143 Das Imparitätsprinzip materialisiert sich in einer Pflicht zur Rückstellungsbildung für drohende Verluste144 sowie in dem Niederstwertprinzip (bzw. dem für Schulden korrespondierend bestehenden Höchstwertprinzip).145 Steuerlich wird das Imparitätsprinzip durch das Passivierungsverbot für Drohverustrückstellungen (§ 5 Abs. 4a EStG) sowie die Zulässigkeit von Teilwertabschreibungen auf das Umlaufvermögen unter der Voraussetzung einer voraussichtlich dauerhaften Wertminderung (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 iVm. Nr. 1 S. 2 EStG) durchbrochen.146 Das B VerfG spricht dem Imparitätsprinzip aufgrund der handelsrechtlichen Gläubigerschutzfunktion nicht die Eignung zu, einen Beitrag zur Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit durch Herstellung einer Lastenverteilung zu leisten.147 Freilich käme es bei der Geltung des Imparitätsprinzips zu einer Begünstigung von Steuerpflichtigen, die ihren Gewinn mittels Betriebsvermögensvergleich ermitteln, da die Verlustantizipation mittels Rückstellungsbildung vor Realisation bzw. Teilwertabschreibungen auf Wirtschaftsgüter mit zinslosen Steuerstundungseffekten einhergehen.148 Auch aus Gleichbehandlungsgrundsätzen ist die Geltung des Imparitätsprinzips daher zu Recht kritisch zu sehen, weil anderen Gewerbetreibenden (zB. Einnahmen-Überschuss-Rechnern iSv. § 4 Abs. 3 EStG) solch eine Möglichkeit verwehrt bleibt.149
143 Vgl. Kahle/Kopp, Handels- und Steuerbilanz, 2021, 75; Kahle/Braun/Cortez in Hachmeister/Kahle/Mock/Schüppen, § 252 HGB Rn. 131. 144 Vgl. § 249 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 HGB. Der oftmals gebrauchte Terminus „Verlustanti zipation“ (vgl. bspw. Siegel in FS Forster, 1992, 585 [589]) ist irreführend, als dass die Berücksichtigung eines eingetretenen, wenngleich noch nicht endgültigen Aufwands und dessen bilanzielle Abbildung im Vordergrund steht; vgl. Beisse in FS Moxter, 1994, 3 (18–19); Kessler, DStR 1994, 1289 (1290). 145 Vgl. dazu Kahle/Braun/Cortez in Hachmeister/Kahle/Mock/Schüppen, § 252 HGB Rn. 132. 146 Vgl. bspw. Hennrichs in Tipke/Lang, 2021, Rn. 9.80. 147 BVerfG v. 12.05.2009, 2 BvL 1/00, BVerfGE 123, 111, unter B.I.2.b)bb). 148 Vgl. Schneider, StuW 1971, 326 (338–339); Doralt, DB 1998, 1357; Kahle/Braun/ Cortez in Hachmeister/Kahle/Mock/Schüppen, § 252 HGB Rn. 133. 149 Vgl. Kahle/Günter, StuW 2012, 43 (52); Kahle/Braun/Cortez in Hachmeister/Kahle/ Mock/Schüppen, § 252 HGB Rn. 133; so bereits auch zur Teilwertabschreibung Schneider, WPg 1970, 68 (70–72).
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B. Stille Lasten im Steuerrecht
Indes bestehen jedoch im geltenden Steuerrecht Verlustverrechnungsbeschränkungen, da der Verlustrücktrag bereits zeitlich und der Höhe nach begrenzt ist (§ 10d Abs. 1 EStG). Auch die Verrechnungsmöglichkeit mittels Verlustvortrag wird durch die Mindestbesteuerung (§ 10d Abs. 2 EStG) ebenfalls beschränkt.150 Da lediglich bei Existenz eines sofortigen, unbeschränkten Verlustausgleichs auf das Imparitätsprinzip in der Steuerbilanz verzichtet werden kann,151 dies jedoch de lege lata nicht der Fall ist, muss das Imparitätsprinzip idealiter uneingeschränkt zur Geltung kommen,152 weshalb es Teil einer sachgerechten steuerlichen Gewinnermittlung ist.153 cc) Ersatzrealisation: Entstrickungsprinzip Gleichwohl existieren Ausnahmen vom Realisationsprinzip. Bei Verrechnungspreiskorrekturen iSd. § 1 AStG werden auch im Rahmen der sog. Entstrickungsbesteuerung fiktive (dh. nicht realisierte) Einkünfte (oder Aufwendungen) der Besteuerung unterworfen. Insofern handelt es sich um Ersatzrealisationstatbestände.154 Der Begriff der Entstrickung ist legal nicht definiert. Im Steuerrecht beschreibt der Begriff der Entstrickung den teilweisen oder vollständigen Ausschluss des Besteuerungszugriffs im Hinblick auf die zukünftigen Erträge (oder Verluste) aus der Veräußerung oder Nutzung eines Wirtschaftsguts.155 Ob das Wirtschaftsgut in die nicht steuerbare Privatsphäre oder in das Ausland verbracht wird, spielt dabei keine Rolle. Da sich insoweit die sachlichen Voraussetzungen der Besteuerung im Hinblick auf das Wirtschaftsgut ändern, stellt dies eine objektive Steuerentstrickung dar.156 150 Vgl. zB. die eingeschränkte Möglichkeit des Verlustrücktrags (§ 10d Abs. 1 EStG) sowie die Beschränkung durch die Mindestbesteuerung (§ 10d Abs. 2 EStG); dazu Schreiber/Kahle/Ruf, Besteuerung der Unternehmen, 2021, 85; Röder, Verlustverrechnung, 2010, 56 ff. 151 Vgl. Kahle, WPg 2002, 178 (186); Schneider in Schmiel/Breithecker, Gewinnermittlung, 2008, 283 (294–295); Schneider, StuW 2004, 293 (303); Schreiber, StuW 2004, 212 (226), Schreiber, StuW 2002, 105 (109); Spengel, FR 2009, 101 (106). 152 Vgl. dahingehend Kahle in FS Böcking, 2021, 571 (574 ff.); Kahle, Rechnungslegung, 2002, 213, 268; Kahle, WPg 2002, 178 (186); Herzig, WPg 2000, 104 (113). 153 So auch Prinz, DB 2019, 804 (807). 154 Es handelt sich um steuerliche Auffang- bzw. Korrekturtatbestände, die durch das steuerliche System der Gewinnermittlung bedingt sind, vgl. Luckey, StuW 1979, 129 (133); siehe auch Wassermeyer, DStJG 7 (1984), 169 (171). 155 Vgl. Schnitger, ifst-Schrift Nr. 487, 2013, 11; Busse, Steuerentstrickungstatbestand, 2009, 46. 156 Vgl. Lang, Bemessungsgrundlage, 1988, 361.
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III. Gewinn- bzw. Verlustqualität stiller Reserven und stiller Lasten
Für den Fall, dass ein Wirtschaftsgut aus der Steuerverhaftung des Betriebsvermögens ausscheidet, ordnet der Gesetzgeber eine Gewinnrealisation an, weil eben die spätere Besteuerung der stillen Reserven nicht mehr erfolgen kann. Sofern das Wirtschaftsgut für betriebsfremde, dh. idR. private, Zwecke entnommen wird (§ 4 Abs. 1 S. 2 EStG), ist es mit dem Teilwert anzusetzen (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 1 Hs. 1 EStG), sodass insoweit die bis dato nicht durch Veräußerung realisierten stillen Reserven (oder Lasten) der Besteuerung unterworfen werden. Eine Entnahme wird hingegen fingiert, wenn das Besteuerungsrecht der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung oder Nutzung eines Wirtschaftsgutes ausgeschlossen157 oder beschränkt158 wird (§ 4 Abs. 1 S. 3 EStG). Im Gegensatz zur tatsächlichen Entnahme wird diese fiktive Entnahme mit dem gemeinen Wert bewertet (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 1 Hs. 2 EStG).159 Unterstellt man die Bindung von stillen Reserven und stillen Lasten an das Steuersubjekt, sind diese bei dem Steuersubjekt zu versteuern, bei dem diese 157 Ein Ausschluss des deutschen Besteuerungsrechts ist dann gegeben, wenn der deutsche Besteuerungszugriff vollständig ausgeschlossen wird. Dies ist dann erfüllt, wenn (im Anwendungsfall von § 4 Abs. 1 S. 3 Hs. 1 EStG) ein Wirtschaftsgut aus dem inländischen Stammhaus eines überschränkt Steuerpflichtigen in eine Auslandsbetriebsstätte überführt wird und Deutschland den Gewinn dieser Betriebsstätte aufgrund eines DBA nicht besteuern darf (sog. Freistellungsbetriebsstätten), vgl. Förster, DB 2007, 72 (72 f.). Die Überführung des Wirtschaftsguts in die ausländische Freistellungsbetriebsstätte berührt grds. nicht das Recht Deutschlands, einen Teil des späteren Veräußerungsgewinns zu besteuern, der bis zur Überführung ins Ausland veranlasst ist, vgl. Wassermeyer, DB 2006, 1176; Rödder/Schumacher, DStR 2006, 1481 (1483). Jedoch werden zukünftige Wertsteigerungen der deutschen Besteuerung entzogen. Dies dürfte gleichermaßen erfüllt sein, wenn Wirtschaftsgüter einer ausländischen Anrechnungsbetriebsstätte in eine ausländische Freistellungsbetriebsstätte überführt werden, vgl. Förster, DB 2007, 72 (73). 158 Eine Beschränkung des deutschen Besteuerungsrechts liegt dann vor, wenn sich nach einer Transaktion der deutsche Besteuerungsanspruch lediglich noch partiell realisieren lässt, weil etwa Deutschland ausländische Steuern anrechnen muss, vgl. Rödder/ Schumacher, DStR 2006, 1481 (1484). Eine Beschränkung des deutschen Besteuerungsrechts aufgrund einer zukünftigen Steueranrechnung ist bspw. dann gegeben, wenn mit dem ausländischen Betriebsstättenstaat ein DBA besteht, welches zur Vermeidung der Doppelbesteuerung eine Steueranrechnung vorsieht oder, wenn mit dem Betriebsstättenstaat kein DBA besteht und eine ausländische Steuer unter den Voraussetzungen des § 34c EStG anzurechnen ist, siehe dazu Hruschka, StuB 2006, 584. 159 Vgl. Kahle/Eichholz, StuB 2014, 867; Kahle/Eichholz in Haun/Kahle/Goebel, § 4 Abs. 1 S. S. 3, 4 u. 8 EStG, Rn. 21. Korrespondierend dazu führt die Begründung des deutschen Besteuerungsrechts an einem Wirtschaftsgut zu einer fiktiven Einlage mit dem gemeinen Wert, vgl. § 4 Abs. 1 S. 8 Hs. 1 iVm. § 6 Abs. 1 Nr. 5a Hs. 1 EStG. Zur Ent- und Verstrickung siehe ausführlich Abschnitt G.I.2.
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B. Stille Lasten im Steuerrecht
entstanden sind. Änderungen dieser subjektiven Zuordnung von Wirtschaftsgütern und deren stillen Reserven und Lasten fordern somit gleichermaßen eine Gewinnrealisierung (subjektive Entstrickung).160 Es lässt sich feststellen, dass weder das EStG noch das KStG einen allgemeinen subjektiven Entstrickungsgrundsatz explizit normieren, wenn stille Reserven oder stille Lasten interpersonell auf andere Steuersubjekte transferiert werden.161 Jedoch hat der Gesetzgeber vereinzelt Regelung geschaffen, in denen durch eine Buchwertfortführung eine intersubjektive Übertragung stiller Reserven und Lasten möglich ist. Unter der Geltung des Subjektsteuerprinzips, nach dem die stillen Reserven und Lasten immer von dem Steuersubjekt zu versteuern sind, bei dem sie entstanden sind, muss jedoch ein allgemeiner Subjektentstrickungsgrundsatz unterstellt werden, wenn stille Reserven und Lasten auf andere Steuerpflichtige verlagert werden. Ungeachtet des fehlenden subjektiven Entstrickungsgrundsatzes kann sich dieser Gedanke unter Rückgriff auf den Entnahmetatbestand interpretieren lassen. Demnach würde gedanklich eine unentgeltliche Übertragung von Wirtschaftsgütern zwischen Steuersubjekten bei dem Übertragenden zu einer Entnahme zum Teilwert (§ 4 Abs. 1 S. 2 iVm. § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 1 Hs. 1 EStG) und korrespondierend beim Empfänger zu einer Einlage ebenfalls zum Teilwert (§ 4 Abs. 1 S. 8 iVm. § 6 Abs. 1 Nr. 5 S. 1 Hs. 1 EStG) führen.162 Die Entstrickungsvorgänge haben jedoch gemein, dass im Regelfall keine Liquidität zufließt, sodass zT. in der Literatur vertreten wird, eine Besteuerung der stillen Reserven in Entstrickungsfällen widerspreche dem Leistungsfähigkeitsprinzip.163 Dies führt ebenso wie die Frage nach der subjektiven Bindung von stillen Reserven und Lasten zu der Frage, ob stille Reserven und Lasten bereits vor der Realisation die Leistungsfähigkeit beeinflussen.
2. Beeinflussen stille Reserven und Lasten schon vor Realisation die Leistungsfähigkeit? Die Steuerneutralität materialisiert sich in Umwandlungsfällen darin, dass stille Reserven und stille Lasten auf ein anderes Steuersubjekt ohne Realisa160 Vgl. Lang, Bemessungsgrundlage, 1988, 361. 161 Vgl. Lang, Bemessungsgrundlage, 1988, 361 f.; Danz, FR 2018, 160 (164). 162 Dahingehend Riedel, StuW 2019, 225 (226); Riedel, Das Umwandlungssteuerrecht der Mitunternehmerschaft, 2018, 73 f. (209). 163 Siehe zB. Costede, StuW 1996, 19 (23); Marchal, Rücklage für Ersatzbeschaffung, 2006, 51.
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III. Gewinn- bzw. Verlustqualität stiller Reserven und stiller Lasten
tion übergehen, was technisch über die Fortführung der Buchwerte erfolgt.164 Es ist aber z.T. umstritten, ob die Steuerneutralität von Umwandlungen geboten und die Realisation als Ausnahme rechtfertigungsbedürftig ist, oder ob hingegen die Steuerneutralität von Umwandlungen selbst als Ausnahme rechtfertigungsbedürftig ist. Weil das Steuerrecht streng am Leistungsfähigkeitsprinzip auszurichten ist, stellt sich die Frage nach der Konkretisierung eben jenes Prinzips. Vorgelagert davon ist die Grundentscheidung zu treffen, ob die Leistungsfähigkeit bereits durch die Entstehung165 oder erst durch die Realisation166 stiller Reserven erhöht wird. a) Leistungsfähigkeitsbeeinflussung im Entstehungszeitpunkt Für eine die Leistungsfähigkeit beeinflussende Wirkung stiller Reserven im Zeitpunkt ihrer Entstehung spricht, dass sich der Pfandwert eines Wirtschaftsgutes an dessen tatsächlichem Wert bemisst und der nicht realisierte Vermögenszuwachs beleihbar ist.167 Dass die stillen Reserven bereits im Entstehungszeitpunkt die Leistungsfähigkeit beeinflussen, entspricht im Grundsatz dem Gedanken der Reinvermögenszuwachstheorie, nach der jeder Vermögenszugang unabhängig von 164 Vgl. Hennrichs, DStJG 43 (2020), 145 (153). 165 Vgl. Wissenschaftlicher Beirat BMF, Reform der direkten Steuern, BMF-Heft 9, 1967, 23; BMF, Steuerreformkommission 1971, BMF-Heft 17, 68 (dort. Rn. 25); Luckey, Gewinnrealisierung, 1977, 120; Tipke, D StJG (1981), 1 (3); Thiel, D StJG 4 (1981), 183 (187 f.); Lang, Bemessungsgrundlage, 1988, 171; Costede, StuW 1996, 19 (23); Schön in FS Widmann, 2000, 531 (533); van Lishaut, DB 2000, 1784 (1788); Sonneborn, DStZ 2001, 579 (585); Baldauf, System der Gewinnrealisierung, 2009, 26 ff. (28); Busse, Steuerentstrickungstatbestand, 2009, 55 ff. (63); Crezelius, FR 2009, 881 (885); Herlinghaus in GS Knobbe-Keuk, 2011, 67 (71); Maetz, Der Teilbetrieb im U mwStG, 2017, 84; Danz, Subjektsteuerprinzip, 2017, 59; Schmitt, StuW 2018, 147 (150); Schmitt, Grundlagen des Umwandlungssteuerrechts, 2006, 29 f.; Schmitt, Erbfall, 1993, 34 ff.; Rödder in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, Einf. UmwStG Rn. 2; Desens, FR 2022, 681 (683). 166 Vgl. Vogel, StuW 1973, 193 (199); Knobbe-Keuk, DStR 1985, 494 (494); Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 1993, § 7 I, 268; V. Wendt, Verhältnis von Entnahme/Einlage, 2003, 48 f.; Schaumburg in FS Herzig, 2010, 711 (715); Kredig, Besteuerung stiller Reserven, 2014, 63 f.; dahingehend Geissler, FR 2014, 152 (155); Graw in FS BFH, 2018, 1433 (1434). Strenger BFH v. 10.04.2013, I R 80/12, BStBl. II 2013, 1004 unter B.III.2.a) „Ist-Leistungsfähigkeit“, glA. Elicker, StuW 2002, 217 (219 f.); Blumers/Elicker, BB 2009, 1156 (1157). 167 Vgl. BMF, Steuerreformkommission 1971, BMF-Heft 17, 68 (Rn. 25); Tipke, D StJG 4 (1981), 1 (3); Meyer-Scharenberg, Steuergestaltung, 1990, 68; Schmitt, Erbfall, 1993, 34 ff.; Desens, FR 2022, 681 (683).
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B. Stille Lasten im Steuerrecht
der Realisation erfasst wird.168 Jedoch stellt sich dann die Frage, weshalb der Gesetzgeber die stillen Reserven und Lasten nicht bereits im Entstehungszeitpunkt im Rahmen der Besteuerung berücksichtigt. In diesem Zusammenhang stellt Tipke169 die These auf, dass dem geltenden Ertragsteuerrecht das sog. Nichtrealisationsprinzip zugrunde liege, nach dem grds. jeglicher Vermögenszuwachs zu besteuern sei.170 Eine Besteuerung soll aber aufgrund des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nicht erfolgen. Denn es wäre schlichtweg unverhältnismäßig, die stillen Reserven zu besteuern, soweit deren Besteuerung sichergestellt ist, da der Steuerpflichtige nicht gezwungen werden sollte, seine stillen Reserven zu monetarisieren, um Steuerforderungen begleichen zu können. Dies würde einer eigentumsschonenden Besteuerung iSv. Art. 14 GG entsprechen,171 was auch der Rechtsprechung des BVerfG entspricht.172 Wird allerdings der Steuerzugriff des Fiskus ausgeschlossen, ist eine Besteuerung des nicht realisierten Vermögenszuwachses als „ultima ratio“ zulässig.173 Insoweit stellt die Nichtbesteuerung stiller Reserven resp. eine Besteuerung erst bei Realisation eine Begünstigung des Steuerpflichtigen bzw. ein Entgegenkommen des Staates dar.174 Soweit schon aufgrund der vorliegenden Gründe der Steuerzugriff auf stille Reserven im Zeitpunkt ihrer Entstehung nicht erfolgt, ist es auch folgerichtig, dass auch stille Lasten im Entstehungszeitpunkt nicht steuermindernd berücksichtigt werden. Selbst unter Vernachlässigung einer eigentumsschonenden Besteuerung wäre die Nichtbesteuerung stiller Reserven vor deren Realisation bereits aus Praktikabilitätsgründen gerechtfertigt, da den stillen Reserven insb. Be wertungsunsicherheiten immanent sind.175 Damit wäre eine jährliche Be168 Siehe auch von Schanz, Finanz-Archiv 1986, 1 (12); Simons, Personal Income Tax, 1938, 49; Haig, The Concept of Income, 1959, 54–76; Lang, Bemessungsgrundlage, 1988, 38. 169 Vgl. Tipke, DStJG 4 (1981), 1 (4). 170 Vgl. dahingehend schon Raupach, DStJG 2 (1979), 87 (95). 171 Vgl. Tipke, DStJG 4 (1981), 1 (3 ff.). Lang, Bemessungsgrundlage, 1988, 173; glA. Kirchhof, StuW 1985, 319 (327); Schmitt, Erbfall, 1993, 44; Kloster/Kloster, GmbHR 2002, 717 (719); Busse, Steuerentstrickungstatbestand, 2009, 65 ff. (216); Desens, DStJG 43 (2020), 73 (85). 172 Vgl. B VerfG v. 07.07.2010, 2 BvR 748/05, u.a., BVerfGE 127, 61 unter C.II.2.b)bb). 173 Vgl. Tipke, DStJG 4 (1981), 1 (5); siehe auch Schmitt, Grundlagen des Umwandlungssteuerrechts, 2006, 29. 174 Vgl. Tipke, DStJG 4 (1981), 1 (6); ähnlich Costede, StuW 1996, 19 (25). 175 Vgl. Lang, Bemessungsgrundlage, 1988, 174; auch Hey in GS Trzaskalik, 2005, 219 (228 f.).
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III. Gewinn- bzw. Verlustqualität stiller Reserven und stiller Lasten
wertung des Vermögenstamms erforderlich, um Reinvermögensmehrungen feststellen zu können. Dies wäre aus verwaltungsökonomischer Sicht kaum bzw. nur schwer handhabbar.176 Darüber hinaus dürfte eine jährliche Neu-Bewertung zu einem Anstieg von Bewertungsunsicherheiten führen,177 was durchaus partiell zu Rechtsstreitigkeiten führen könnte. Wenn allein der Wert des Reinvermögens die Steuerlast determiniert, würde dies auch der Planbarkeit und der Rechtssicherheit nicht sachdienlich sein. Es lässt sich allerdings nicht vollständig übersehen, dass stille Reserven mit einem gewissen Maß an Unsicherheit behaftet sind. Von einigen Vertretern im Schrifttum wird daher die Auffassung vertreten, dass der realisierte Gewinn bzw. Verlust sicherer erscheint als die nicht realisierten stillen Reserven.178 Dem Aspekt kann allerdings nicht vollständig zugestimmt werden. Wie bereits Döring179 aufgezeigt hat, kann die latente Wertsteigerung sicherer sein als die im Rahmen eines Verkaufs auf Ziel zu bilanzierende Forderung.180 Darüber hinaus würde die Festhaltung an dem Unsicherheitsgedanken bedeuten, dass thesaurierte Gewinne, die nicht an den Gesellschafter ausgeschüttet oder durch diesen entnommen wurden, ebenso wenig Einkommen darstellen dürften, weil mit der Fortführung des Unternehmens das Risiko des Verlustes des bereits realisierten Einkommens einhergeht.181 Insofern kann der Unsicherheitsaspekt im Grunde genommen keinen Einfluss auf die Frage haben, ob die stillen Reserven die Leistungsfähigkeit beeinflussen. b) Leistungsfähigkeitsbeeinflussung im Realisationszeitpunkt Entgegen den vorherigen Ausführungen finden sich Stimmen im steuerlichen Schrifttum, die einen Einfluss stiller Reserven erst im Realisationszeitpunkt bejahen.182 Dies beruht auf dem Gedanken der Markteinkommenstheorie, weil erst durch einen Leistungsaustausch der bis dato unrealisierte
176 So BMF, Gutachten der Steuerreformkommission 1971, Schriftenreihe des BMF, Heft 17, 69. 177 Siehe Desens, DStJG 43 (2020), 73 (86). 178 Vgl. Reich, Realisation stiller Reserven, 1983, 51 f. 179 Döring, DStR 1977, 271 (275). 180 GlA. Schmitt, Grundlagen des Umwandlungssteuerrechts, 2006, 29 f. 181 Vgl. Reich, Realisation stiller Reserven, 1983, 51 f.; Schmitt, Grundlagen des Umwandlungssteuerrechts, 2006, 30. 182 Vgl. Nachweise bei Fn. 166.
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B. Stille Lasten im Steuerrecht
Wertzuwachs exakt beziffert werden kann.183 In diese Überlegung spielt auch der gewisse Unsicherheitsfaktor stiller Reserven mit ein, sodass insoweit vertreten wird, dass unrealisierte Vermögenssteigerungen und Vermögensminderungen kein Indikator für das Einkommen seien.184 Wird jedoch unterstellt, dass erst die Realisation von stillen Reserven die Leistungsfähigkeit erhöht, dann kommt man zu dem Ergebnis, dass bei den Ersatzrealisationstatbeständen eine Besteuerung entgegen der Leistungsfähigkeit erfolgt und somit unzulässig ist. Denn einerseits kann mangels eines Realisationsakts keine Leistungsfähigkeit entstehen und andererseits ist nach dieser Auffassung vor der Realisation, dh. bei Entstehung der stillen Reserven, keine Leistungsfähigkeit entstanden.185 Ein Besteuerungszugriff müsste dennoch gerechtfertigt sein. Eine solche Rechtfertigung wäre gegeben, wenn das Ertragsteuerrecht konsumorientiert ausgestaltet wäre, sodass der Steuerzugriff bei einer Überführung eines Wirtschaftsgutes von der betrieblichen in die private Sphäre erlaubt wäre. Eine solche konsumorientierte Besteuerung entspricht aber nicht dem geltenden Steuerrecht. Es ist zwar richtig, dass die grds. Entnahme von Wirtschaftsgütern für betriebsfremde Zwecke oder die Überführung ins Privatvermögen im Rahmen des Betriebsvermögensvergleichs den Gewinn nicht mindern dürfen, da sonst willkürlich Verluste erzeugt werden könnten. Allerdings wäre es dazu ausreichend, die Entnahme mit dem Buchwert anzusetzen, sodass insoweit eine Gewinnneutralität hergestellt wird.186 Dem wird wiederum entgegengehalten, dass es für den Gewinn des Betriebes keinen Unterschied machen soll, ob der Betriebsinhaber sich selbst durch Entnahme oder einem Dritten durch Veräußerung die Verfügungsmacht über das Wirtschaftsgut verschafft.187 In der Folge wäre die Entnahme wie eine Veräußerung zu behandeln, weshalb etwaige stille Reserven und Lasten aufzudecken wären. Jedoch schlägt eine Gleichstellung einer Entnahme mit einem Veräußerungsgeschäft fehl, weil 183 Vgl. Desens, DStJG 43 (2020), 73 (85); Desens, DStJG 37 (2014), 95 (122). 184 Ähnlich auch Pezzer, D StJG 14 (1991), 1 (3 ff.); Hennrichs, D StJG 24 (2001), 301 (316). 185 Vgl. Costede, StuW 1996, 19 (23); Crezelius, FR 2009, 881 (890); Desens, DStJG 43 (2020), 73 (86). 186 So Tipke, DStJG 4 (1981), 1 (3); ähnlich auch Trzaskalik, D StJG 4 (1981), 145 (156), nachdem eine steuerpflichtige Entnahme nicht damit gerechtfertigt werden kann, dass die Entnahme eine Veräußerung an sich selbst darstellt. 187 Vgl. Knobbe-Keuk, DStR 1985, 494 (494); Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 1993, 270; Marchal, Ersatzbeschaffung, 2006, 48; Riedel, Das Umwandlungssteuerrecht der Mitunternehmerschaft, 2018, 12.
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III. Gewinn- bzw. Verlustqualität stiller Reserven und stiller Lasten
die private Verfügungsmacht über das Wirtschaftsgut dessen Steuerverstrickung nicht tangiert. Insoweit kann dieser Aspekt nicht die Steuerpflicht einer Entnahme rechtfertigen, wenn die Leistungsfähigkeitssteigerung erst bei der Realisation stiller Reserven bejaht wird.188 Zugegebenermaßen würden Entnahmen, die mit Buchwert bewertet werden, ebenfalls zu einer gewissen systematischen Schieflage führen, wenn in den vorrangegangenen Veranlagungszeiträumen steuermindernde Abschreibungen in Anspruch genommen wurden. Somit würde einer gewinnneutralen Entnahme Steuerminderungen in Vorperioden entgegenstehen. Diesen Umstand als Rechtfertigung für eine gewinnrealisierende Entnahme heranzuziehen, wäre allerdings überschießend. Denn die Bewertungsvorschriften über die Ersatzrealisation sind der Höhe nach nicht auf die historischen Anschaffungskosten beschränkt,189 sodass nicht nur eine Korrektur der geltend gemachten Abschreibungen erfolgt. Eine weitere Möglichkeit wäre es, eine Besteuerung durch die Ersatzrealisationstatbestände damit zu rechtfertigen, diese als typisierende Missbrauchsvermeidungsnormen zu qualifizieren. Es soll durch eine Ersatzrealisation verhindert werden, dass zur Veräußerung bestimmte Wirtschaftsgüter in eine nicht-steuerbare Sphäre (zB. das Privatvermögen) überführt werden, um dort stille Reserven ohne steuerliche Konsequenzen zu realisieren.190 c) Zur Leistungsfähigkeitsbeeinflussung stiller Lasten aa) Gewinnqualität stiller Reserven Nach der hier vertretenen Auffassung erhöhen stille Reserven bereits in deren Entstehungszeitpunkt die Leistungsfähigkeit. Zu begründen ist dies damit, dass die Ersatzrealisation besteuerungswürdig ist, was sich nur logisch begründen lässt, wenn bereits mit der Entstehung stiller Reserven Leistungsfähigkeit vorhanden ist.191 Im Endeffekt handelt es sich damit bei stillen Reserven um leistungsfähigkeitsbeeinflussende „latente“ (besteuerungswürdige) Einkünfte.192 Diese Auffassung stimmt auch mit der Begründung 188 So auch Desens, DStJG 43 (2020), 73 (86 f., dort Fn. 38). 189 Vgl. Desens, DStJG 43 (2020), 73 (87). 190 Krit. Trzaskalik, DStJG 4 (1981), 145 (156); Desens, DStJG 43 (2020), 73 (87). 191 Vgl. Desens, DStJG 43 (2020), 73 (88). 192 Vgl. Thiel/Rödder, FR 1998, 401 (412); Biergans in FS Schmidt, 1993, 75 (83 f.); van Lishaut, DB 2000, 1784 (1788); Schmitt, Erbfall, 1993, 34 ff.; Desens, D StJG 43 (2020), 73 (88).
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B. Stille Lasten im Steuerrecht
des BVerfG überein, dass ein Besteuerungszugriff erst bei Realisation sub stanzschonend ist.193 Auch das Erfordernis der Steuerverstrickung bei Buchwertfortführung spricht für die leistungsfähigkeitsbeeinflussende Wirkung stiller Reserven.194 Insoweit kommt es nach der hier vertretenen Auffassung auch nicht auf eine Leistungsfähigkeit iSe. Liquidität an, wie diese zT. vom BFH gefordert wird, indem Leistungsfähigkeit nur bei Liquidität vorläge, weil der Steuerzugriff einen Liquiditätsentzug darstelle.195 Durch die hier vertretene Auffassung bzgl. der Einstufung von stillen Reserven können auch die Bedenken von Costede196 und Marchal197, nach denen Entstrickungsvorgänge aufgrund eines fehlenden Liquiditätszufluss gegen das Leistungsfähigkeitsprinzip verstoßen, ausgeräumt werden. bb) Übertragung auf stille Lasten Es stellt sich indes gleichermaßen die Frage, ob nicht stille Lasten die Leistungsfähigkeit bereits in deren Entstehungszeitpunkt mindernd beeinflussen. Diese Frage wurde – soweit ersichtlich – bislang nicht beantwortet oder gar diskutiert. Prima facie wäre es intuitiv, die Aussagen zu stillen Reserven auf stille Lasten zu übertragen, weil die latente Vermögensminderung zu einer Minderung der Leistungsfähigkeit führt. Zwar hat das B VerfG bezweifelt, dass eine handelsrechtlich, aufgrund des Imparitätsprinzips, gebildete Rückstellung mit einer Minderung der Leistungsfähigkeit einhergeht und deshalb den Ansatz in der Steuerbilanz versagt.198 Freilich bedeutet dies jedoch nicht, dass die daraus resultierende stille Last keine Minderung der Leistungsfähigkeit bedeutet, weil der durch die Rückstellung antizipierte Aufwand (oder Verlust iSe. Aufwandsüberschusses) bereits entstanden, aber noch nicht endgültig geworden ist.199 Wenn das Imparitätsprinzip – neben 193 Vgl. bspw. BVerfG v. 07.07.2010, 2 BvR 748/05 ua., BVerfGE 127, 61. 194 Vgl. Trzaskalik, DStJG 4 (1981), 145 (157); Hohenwarter-Mayr, Rechtsnachfolge, 2019, 453 ff. 195 BFH v. 10.04.2013, I R 80/12, B StBl. II 2013, 1004, unter B.III.2.a); ähnlich Blumers/ Elicker, BB 2009, 1156 (1157). 196 Costede, StuW 1996, 19 (23). 197 Marchal, Rücklage für Ersatzbeschaffung, 2006, 51. 198 Vgl. BVerfG v. 12.05.2009, 2 BvL 1/00, BVerfGE 123, 111, unter B.I.2.b)bb). 199 Vgl. Beisse in FS Moxter, 1994, 3 (19) zur wirtschaftlichen Entstehung und zutreffenden Erfassung des antizipierten Aufwands, wenngleich dieser noch nicht endgültig ist.
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III. Gewinn- bzw. Verlustqualität stiller Reserven und stiller Lasten
dem Gläubigerschutz – auch dazu dient, das zur Existenz notwendige Vermögen vor einer Zahlung an den Gesellschafter zu schützen,200 kann es indes keinen Unterschied machen, ob ein Vermögensabfluss in Form einer Steuerzahlung an den Fiskus oder in Form einer Entnahme an den Gesellschafter erfolgt.201 Wenn Leistungsfähigkeit iSe. Zahllast verstanden wird, bedeutet eine steuerliche Überbewertung von Vermögen bzw. eine Unterbewertung von Schulden, dass der Unternehmer real weniger leistungsfähig ist.202 So mindert bspw. eine Drohverlustrückstellung die Leistungsfähigkeit des Unternehmens in der Weise, dass sich das Ausschüttungssubstrat iHd. Rückstellung vermindert. Aufgrund des steuerlichen Nichtpassivierung der Drohverlustrückstellung entsteht – eine Gewinnsituation unterstellt – ein steuerlich höherer Gewinn. Dies verschiebt die Möglichkeit des Vermögensabflusses zugunsten des Fiskus203 und spricht für eine leistungsfähigkeitsmindernde Wirkung durch die Entstehung stiller Lasten. Die Minderung der Leistungsfähigkeit durch stille Lasten lässt sich indes auch – wie bei stillen Reserven – durch die Beleihbarkeit bzw. im Falle von stillen Lasten bestehende „Nichtbeleihbarkeit“ erklären. Verfügt der Steuerpflichtige über ein Grundstück mit erheblichen stillen Reserven, so kann er das Grundstück grds. beleihen und wäre zahlungsfähig.204 Enthält das Grundstück stille Lasten, so kann der Steuerpflichtige dies eben nicht beleihen, sondern muss – je nach Grund der stillen Last bzw. der Wertminderung – sogar Mittel aufwenden, um Schäden etc. zu beseitigen. Gleichwohl ist die leistungsfähigkeitsbeeinflussende Wirkung stiller Reserven und Lasten in einem Punkt einzuschränken. Der originäre (selbstgeschaffene) (positive) Firmenwert ist der Mehrwert eines Unternehmens, welcher sich als Differenzbetrag zwischen dem Ertragswert eines Unterneh-
200 Vgl. Weber-Grellet, DB 1994, 288 (288 f.); dahingehend auch Kahle/Kopp, Handelsund Steuerbilanz, 2021, 76. 201 Vgl. Watrin in Frotscher/Geurts, § 5 EStG Rn. 159. 202 Vgl. in diesem Sinne Beiser, SWK 2001, 640 (641 f.). 203 Dies stellt insofern auch eine Abkehr von der Teilhaberthese dar, vgl. Prinz in Schön/Schindler, 2020, 55 (56). Die Teilhaberthese versteht sich als verbindendes Element zwischen Handels- und Steuerbilanz und besagt, dass der Gewinn, der dem Fiskus als „stiller Teilhaber“ zusteht, nicht anders bemessen werden soll als der des Unternehmers, vgl. Kahle/Kopp, Handels- und Steuerbilanz, 2021, 361. 204 Vgl. dahingehend Gutachten der Steuerreformkommission 1971, Schriftenreihe des BMF, Heft 17, 68 (dort. Rn. 25); Tipke, D StJG 4 (1981), 1 (3); Meyer-Scharenberg, Steuergestaltung, 1990, 68; Schmitt, Erbfall, 1993, 34 ff.; Desens, FR 2022, 681 (683).
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B. Stille Lasten im Steuerrecht
mens und dessen Substanzwert205, dh. der Summe aller aktiven Wirtschaftsgüter abzgl. der Schulden, ermitteln lässt.206 Die Gewinnchance eines Unternehmens drückt sich somit im (positiven) Firmenwert aus, soweit diese Gewinnchance nicht durch die einzelnen Wirtschaftsgüter verkörpert ist.207 Ist diese Differenz zwischen dem Ertragswert und Substanzwert eines Unternehmens negativ, handelt es sich insoweit um einen negativen Firmenwert (sog. Badwill).208 Der negative Firmenwert bzw. Badwill kann bedeuten, dass die Ertrags- bzw. Zukunftsaussichten eines Unternehmens als pessi mistisch einzustufen sind, sodass in der Folge Verluste oder eine unzureichende Profitabilität erwartet werden.209 Als Ausdruck der Gewinn- bzw. Verlustaussichten eines Unternehmens ist der Firmenwert unmittelbar mit dem Unternehmen verknüpft, sodass dieser weder einzeln veräußert oder entnommen werden kann.210 Der Firmenwert ist als Gewinnchance aber auch abhängig von der zukünftigen Entwicklung der Performance des Unternehmens. Der Firmenwert beeinflusst damit nicht bereits in seinem Entstehungszeitpunkt die Leistungsfähigkeit. Zwar wird diese Gewinnchance bei Unternehmensveräußerungen realisiert und demnach besteuert. Nach der hier vertretenen Auffassung stellt dies jedoch nicht die Erfassung einer bereits entstandenen Leistungsfähigkeit, sondern eine Antizipation einer
205 Im Kontext des UmwStG ist der Firmenwert oftmals eine steuerliche Größe, da dem Ertragswert ein steuerlicher Substanzwert iSd. § 11 Abs. 2 S. 3 BewG gegenübergestellt wird. 206 BFH v. 27.03.1996, I R 60/95, B StBl. II 1996, 576, unter II.2.b); siehe auch Kahle/ Baltromejus/Kopp, in Hachmeister/Kahle/Mock/Schüppen, § 246 HGB Rn. 191. 207 BFH v. 28.03.1966, VI 320/64, BStBl. III 1966, 456; v. 16.09.1970, I R 196/67, BStBl. II 1971, 175; v. 14.01.1998, X R 57/93, BFHE 185, 230, DStR 1998, 887 (889), unter B.I.2.c). 208 Kahle/Baltromejus/Kopp in Hachmeister/Kahle/Mock/Schüppen, § 246 HGB Rn. 195. 209 Vgl. Velte, StB 2011, 396 (397); so auch Bachem, BB 1993, 967 (968). Im Schrifttum erfolgt eine Unterteilung des negativen Firmenwerts in einen „Badwill“ und in einen „Lucky Buy“. Letzter kann in Erwerbssituationen auch auf ein Verhandlungsgeschick oder Verhandlungsposition des Erwerbers zurückzuführen sein, vgl. Kahle/ Baltromejus/Kopp in Hachmeister/Kahle/Mock/Schüppen, § 246 HGB Rn. 195. Bei einem Lucky Buy wird eine Unternehmensfortführung unterstellt, wobei der Er werber die erworbenen Vermögensgegenstände zukünftig gewinnbringend nutzen kann, sodass er folglich einen eigenkapitalähnlichen Charakter besitzt, vgl. Velte, StB 2011, 396 (397). 210 Vgl. BFH v. 27.03.2001, I R 42/00, B StBl. II 2001, 771, unter II.1.b)aa); v. 24.11.1982, I R 123/78, B StBl. II 1983, 113, unter 2.a); v. 29.01.1975, I R 135/70, B StBl. II 1975, 553, unter 2.a); v. 31.03.1971, I R 111/69, B StBl. II 1971, 536, unter II.1.d); v. 16.09.1970, I R 196/67, B StBl. II 1971, 175, unter 1. (Rn. 9).
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III. Gewinn- bzw. Verlustqualität stiller Reserven und stiller Lasten
zukünftig erwarteten Leistungsfähigkeit dar, weil eben eine Abhängigkeit zu der zukünftigen Entwicklung des Unternehmens besteht.211 Ob dem geltenden Steuerrecht nicht eigentlich das von Tipke212 postulierte Nichtrealisationsprinzip zugrunde liegt, kann hier nicht beantwortet werden. Fest steht, dass das Realisationsprinzip essenzielle Bedeutung für die steuerliche Gewinnermittlung entfaltet.213 Denn mit dem Realisationsprinzip besteht die gesetzgeberische Grundentscheidung, den Besteuerungstatbestand mit der Erzielung von Einkünften durch die Marktrealisation oder vordefinierte Ersatzrealisationstatbestände zu verknüpfen. Gleichwohl ist die hier vertretene Ansicht, dass stille Reserven und Lasten im Kern bereits latentes (steuerwürdiges) positives bzw. negatives Einkommen darstellen und die Leistungsfähigkeit somit vor Realisation beeinflussen, auch mit der Geltung des Subjektsteuerprinzips zu begründen. Versteht man das Subjektsteuerprinzip als Folge des Grundsatzes der Individualbesteuerung, kommt es eben dann darauf an, ob den stillen Reserven und Lasten dem Steuersubjekt persönlich zuzurechnen sind, was nur dann bejaht werden kann, wenn den stillen Reserven und Lasten bereits vor Realisation deren latenter, besteuerungswürdiger Einkommenscharakter zugesprochen wird.214 Oder anders formuliert: Sind stille Reserven und Lasten nicht als latentes Einkommen zu qualifizieren und steuerlich ein Nullum, dann besteht bei der Übertragung der den stillen Reserven und Lasten zugrundeliegenden Wirtschaftsgüter kein Realisationszwang, sofern der Steuerzugriff des Fiskus weiterhin gesichert ist. Folgt man der Auffassung, dass erst mit der Realisation stiller Reserven (stiller Lasten) die Leistungsfähigkeit gesteigert (gemindert) wird, kann das Subjektsteuerprinzip keine Geltung entfalten, weil bereits eine subjektive Bindung stiller Reserven und Lasten daran scheitert, dass diese keine Leistungsfähigkeit darstellen.215 Insofern gilt ausschließlich das Realisationsprinzip.216 Somit wären stille Reserven und Lasten allein bis zu ihrer Re211 So auch Desens, DStJG 43 (2020), 73 (88). 212 Tipke, DStJG 4 (1981), 1 (4). 213 Vgl. Hennrichs, DStJG 43 (2020), (165); Hennrichs, DStJG 24 (2001), 301 (305 ff.) „Eckpfeiler der steuerlichen Gewinnermittlung“; Lang, Bemessungsgrundlage, 1988, 171 ff.; Lang, D StJG 4 (1981), 53 (95 f.): „Wesensmerkmal“ des steuerlichen Gewinnbegriffs. 214 GlA. Hennrichs, DStJG 43 (2020), 145 (164). 215 Vgl. dazu Ratschow, DStJG 34 (2011), 35 (35 ff.); Desens, D StJG 43 (2020), 73 (104). 216 Vgl. Desens, DStJG 43 (2020), 73 (104).
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B. Stille Lasten im Steuerrecht
alisation untrennbar mit dem Wirtschaftsgut verknüpft,217 auf das Subjektsteuerprinzip kommt es somit nicht an. Dies würde jedoch bedeuten, dass eine Realisation der stillen Reserven und Lasten innerhalb von Wirtschaftsgütern nicht notwendig wäre, sofern diese weiterhin Betriebsvermögen und somit auch steuerverstrickt sind.218 Dabei ist zweierlei zu betrachten. Zum einen widerlegt sich mit der Forderung der weiterhin geltenden Steuerverstrickung die Ausgangsthese, stille Reserven und Lasten ließen die Leistungsfähigkeit unberührt, wiederum selbst. Denn mit der Forderung nach der fortwährenden Absicherung der steuerlichen Erfassung stiller Reserven und Lasten drückt sich schließlich aus, dass stillen Reserven und Lasten eine leistungsfähigkeitsbeeinflussende Wirkung zugeschrieben wird, da man diesen schließlich auch erfassen will.219 Zum anderen bestünde die Gefahr der Ausnutzung von Unterschieden in Steuersatzgefällen,220 was ebenfalls für eine Subjektbindung der stillen Reserven und Lasten spricht.
IV. Zusammenfassung Stille Reserven und stille Lasten entstehen aufgrund von Werteveränderungen nach deren erstmaliger bilanzieller Erfassung. Stille Lasten entstehen in aktiven Wirtschaftsgütern aufgrund von steuerrechtlichen Überbewertungen. Hingegen entstehen stille Lasten in passiven Wirtschaftsgütern bei einer steuerlichen Unterbewertung. Durch den Maßgeblichkeitsgrundsatz durchbrechende Passivierungsbeschränkungen kommt es zwangsweise zur Entstehung passivseitiger stiller Lasten. Freilich stellen realisierte stille Lasten Aufwand dar, weshalb oftmals von Steuerminderungspotenzial gesprochen wird. Dies ist nur bedingt zutreffend, da bestimmte Gewinnermittlungsvorschriften die steuermindernde Wirkung neutralisieren.
217 So Albach, StbJb. 1970/1971, 287 (314); Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 1993, 820; Knobbe-Keuk, DStR 1985, 494; Keuk, DB 1972, 1643 (1647); Woerner, DStZ/A 1977, 299 (307). 218 Siehe bspw. Knobbe-Keuk, DStR 1985, 494; Keuk, DB 1972, 1643 (1647). 219 So schon Trzaskalik, DStJG 4 (1981), 145 (157); zustimmend Hohenwarter-Mayr, Rechtsnachfolge im Unternehmenssteuerrecht, 2019, 455. 220 Siehe Hey in GS Trzaskalik, 2005, 219 (222); dahingehend auch Teschke/Sundheimer/Tholen, Ubg 2014, 409 (410); Riedel, Das Umwandlungssteuerrecht der Mitunternehmerschaft, 2018, 8.
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IV. Zusammenfassung
Stille Lasten unterliegen wie stille Reserven einerseits einer objektbezogenen Bindung, da diese unmittelbar mit den entsprechenden Wirtschaftsgütern verknüpft sind. Parallel besteht eine subjektbezogene Bindung. Das bedeutet, dass stille Lasten und stille Reserven dem Steuerpflichtigen zuzuordnen sind, bei dem diese entstanden sind. Diese subjektive Bindung ist Folge des Subjektsteuerprinzips bzw. des korrespondierenden Kostenträgerprinzips. Dies gilt deshalb, weil stille Reserven und Lasten bereits in deren Entstehungszeitpunkt die Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen positiv (stille Reserven) und negativ (stille Lasten) beeinflussen. Somit stellen stille Reserven und Lasten im Entstehungszeitpunkt bereits latent besteuerungswürdiges Einkommen dar. Dass insoweit nicht bereits in deren Entstehungszeitraum als Einkommen der Besteuerung unterliegen, kann mit Rückgriff auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und einer dadurch sich ergebenden eigentumsschonenden Besteuerung begründet werden. Zudem hat sich der Gesetzgeber bewusst dazu entschieden, stille Reserven und Lasten erst bei deren Realisation der Besteuerung zu unterwerfen. Diese Entscheidung steht jedoch nach der hier dargelegten und vertretenen Auffassung nicht im Widerspruch zu der leistungsfähigkeitsbeeinflussenden Wirkung stiller Reserven und stiller Lasten in deren Entstehungszeitpunkt. Als Folge dessen sind stille Reserven und Lasten in einem Wirtschaftsgut außerhalb eines Umsatzaktes spätestens dann zu realisieren, wenn sie die Sphäre dieses Steuersubjektes verlassen, in dem bspw. das betreffende Wirtschaftsgut auf ein anderes Steuersubjekt übertragen wird.
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C. Herleitung der Rechtfertigung der Buchwertfortführung des UmwStG
Im folgenden Untersuchungsabschnitt stehen die Grundzüge der um wandlungssteuerrechtlichen Buchwertfortführung bei Umwandlungen iSd. UmwStG im Fokus. Denn die Frage, unter welchen allgemeinen Voraussetzungen stille Reserven und Lasten ohne Realisation auf andere Steuersubjekte bei Umwandlungsvorgängen des U mwStG übertragen werden können, wirkt sich grds. auch auf die zu analysierende Fragestellung aus, ob stille Lasten bei einem den die Summe der steuerlichen Buchwerte unterschreitenden gemeinen Wert zwangsweise aufzudecken sind. Zu diesem Zwecke wird in einem ersten Schritt das allgemeine Verständnis von Steuerneutralität in Form der Buchwertfortführung erläutert (s. C.I.). Anschließend wird die Systematik des UmwStG erläutert (s. C.II.). Dies dient auch dazu, die übergeordneten umwandlungssteuerrechtlichen Voraussetzungen für eine Buchwertfortführung bei Umstrukturierungen iSd. U mwStG herauszuarbeiten. Sodann wird herausgearbeitet, wie diese umwandlungssteuerrechtliche Buchwertfortführung gerechtfertigt werden kann und unter welchen Voraussetzungen die Steuerneutralität wegfällt (s. C.III.).
I. Steuerneutralität durch Buchwertfortführung als Verkörperung der intersubjektiven Übertragung stiller Reserven und Lasten Wie in Abschnitt B. hergeleitet, bedeutet die subjektive Bindung stiller Reserven und Lasten, dass diese grds. immer dann zu realisieren sind, wenn die Wirtschaftsgüter, denen stille Reserven und Lasten innewohnen, auf ein anderes Steuersubjekt übertragen werden. Insofern kommt es bei dem intersubjektiven Transfer stiller Reserven und Lasten grds. zu deren Aufdeckung, wenngleich daraus nicht zwangsweise eine steuerliche Wirkung resultiert. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die Realisation der in bestimmten Wirtschaftsgütern innewohnenden stillen Reserven oder Lasten sich aufgrund besonderer steuerlicher Gewinnermittlungsvorschriften nicht auf das zu versteuernde Einkommen auswirken (zB. § 4f EStG, § 8b Abs. 2, 3 KStG). Sofern man von der interpersonellen Übertragung stiller Reserven und Lasten spricht, wird oftmals der Terminus „Steuerneutralität“ verwendet, da 43
C. Herleitung der Rechtfertigung der Buchwertfortführung des UmwStG
stille Reserven und Lasten nicht aufgedeckt werden, sondern entgegen deren subjektiver Bindung ohne Realisation auf ein anderes Steuersubjekt transferiert werden. Mit anderen Worten beschreibt der Terminus der Steuerneutralität die Vermeidung der Entstehung von Gewinnen als auch von Verlusten.221 Diese Steuerneutralität wird technisch durch die Fortführung der Buchwerte erreicht. Bei dem übertragenden Rechtsträger werden die entsprechenden Wirtschaftsgüter demnach mit den Buchwerten angesetzt und ausgebucht, sodass hierdurch der Gewinn des übertragenden Steuerpflichtigen unberührt bleibt. Demzufolge hat der übernehmende Steuerpflichtige die Buchwerte der übernommenen Wirtschaftsgüter zu über nehmen, sodass insoweit eine Buchwertverknüpfung erfolgt. Die stillen Reserven und Lasten gehen somit auf den übernehmenden Steuerpflichtigen über und unterliegen bei diesem – im Falle einer späteren Realisation – der Besteuerung.222 Folglich steht die Buchwertfortführung für die (steuer-) bilanzielle Verkörperung des intersubjektiven Reserven- und Lastentransfers.223 Ein vollständiger Verzicht des Fiskus auf die Besteuerung von stillen Reserven oder Lasten wird dadurch nicht erreicht. Der Terminus der Steuerneutralität bedeutet im umwandlungssteuerrechtlichen Kontext daher in Bezug auf die stillen Reserven und Last einen Besteuerungsaufschub iSe. „Verzichts auf Zeit“.224 Dies stimmt auch mit der Zielsetzung der FRL überein.225 Dass sich die Steuerneutralität generell in der Buchwertfortführung mate rialisiert, zeigen auch andere Buchwertfortführungstatbestände außerhalb des UmwStG. Dazu gehören insb. in Bezug auf die steuerneutrale Übertragung von Sachgesamtheiten § 6 Abs. 3 EStG hins. der unentgeltlichen Übertragung von Betrieben oder Mitunternehmeranteilen sowie § 16 Abs. 3 S. 2 ff. EStG bei der Realteilung. Diesbezüglich findet ebenso kein vollständiger Verzicht auf die Besteuerung stiller Reserven statt, sondern lediglich ein Besteuerungsaufschub, sofern die Steuerverhaftung der stillen Reserven sichergestellt ist.226 221 Siehe Winkler/Golücke, BB 2003, 2602 (2603). 222 Vgl. Hennrichs, DStJG 43 (2020), 145 (153); Graw in FS BFH, 2018, 1433 (1438 f.). 223 So schon Rödder, DStJG 25 (2002), 253 (263). 224 Vgl. Hügel, Verschmelzung und Einbringung, 1993, 461; Kredig, Besteuerung stiller Reserven, 2013, 303; in diesem Sinne BFH v. 30.05.2018, I R 31/16, B StBl. II 2019, 136, unter II.3.b)aa); Herlinghaus, DStJG 43 (2020), 283 (288 f.). 225 Vgl. dazu Abschnitt E.IV.2.c). 226 Vgl. Demuth, kösdi 2019, 21392 (21408); Hennrichs in Tipke/Lang, 2021, Rn. 10.150.
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II. Systematik des UmwStG und Anforderungen an die Buchwertfortführung
II. Systematik des UmwStG und Suche nach den übergeordneten Anforderungen der umwandlungs steuerrechtlichen Buchwertfortführung
II. Systematik des UmwStG und Anforderungen an die Buchwertfortführung
Unter der Systematik des UmwStG ist zu verstehen, wie das UmwStG generell aufgebaut und welche grundsätzlichen Regelungen sowie Prinzipien diesem immanent sind. Die Systematik kann entsprechend des Aufbaus des UmwStG abgeleitet werden.
Umwandlungssteuergesetz (UmwStG)
Umwandlungsteil (§§ 3 – 19 UmwStG)
Einbringungsteil (§§ 20 – 25 UmwStG)
Verschmelzungen und Formwechsel von Körperschaften in/auf ein Personenunternehmen (§§ 3 – 10, 18 UmwStG)
Einbringungen in eine Kapitalgesellschaft (§§ 20 ff. UmwStG)
Verschmelzungen von Körperschaften (§§ 11 – 13, 19 UmwStG)
Einbringungen in eine Personengesellschaft (§ 24 UmwStG)
Spaltungen von Körperschaften (§§ 15, 16 UmwStG)
Abbildung 3: Regelungsgruppen des UmwStG
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C. Herleitung der Rechtfertigung der Buchwertfortführung des UmwStG
Die §§ 3–19 U mwStG regeln die entsprechenden steuerlichen Rechtsfolgen für die Umwandlung iSd. UmwG, bspw. wie Verschmelzungen (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UmwG), Spaltungen (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 UmwG), Vermögensübertragungen (§ 1 Abs. 1 Nr. 3 UmwG) und den Formwechsel (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 UmwG), wenn der übertragende (bzw. formwechselnde) Rechtsträger eine Körperschaft ist.227 Insoweit besteht stets ein Nexus zwischen UmwStG und UmwG, sodass das UmwStG – zumindest im Kontext von inländischen Umwandlungen – als Annexgesetz bezeichnet wird.228 Die §§ 20 bis 25 U mwStG regeln die steuerlichen Rechtsfolgen von sog. Einbringungen229, dh. jenen Umwandlungen, die nicht unter §§ 3–19 UmwStG fallen. Dies gilt ungeachtet davon, wie die entsprechenden Umstrukturierungen zivilrechtlich ausgestaltet sind, sodass sowohl Umwandlungen im Wege der Gesamtrechtsnachfolge (dh. iSd. UmwG, zB. der Formwechsel einer Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft oder die Ausgliederung auf eine Personengesellschaft) als auch im Wege der Einzelrechtsnachfolge (Sacheinlage von qualifizierten Unternehmensteilen) von den Regelungen in §§ 20–25 U mwStG erfasst werden.230 Dem U mwStG wohnt eine übergeordnete Systematik inne, welche sich „wie ein roter Faden“231 durch die einzelnen Fallgruppen des UmwStG zieht. Diese Systematik zeigt sich darin, dass die jeweiligen umwandlungssteuerrechtlichen Vorschriften in folgenden Punkten übereinstimmen.
1. Qualifizierter Umwandlungsgegenstand Gegenstand einer jeden Umwandlung iSd. UmwStG sind im Regelfall betriebliche Sachgesamtheiten wie Betriebe, Teilbetriebe oder Mitunternehmeranteile. Daraus ergibt sich steuerlich eine (Teil-)Vermögensübertragung auf ein anderes Steuersubjekt. Als Gegenleistung für diese steuerlichen Vermögensübertragungen werden im Regelfall Gesellschaftsrechte gewährt. 227 Siehe Pohl, DStJG 43 (2020), 13 (17 f.). 228 Vgl. Rödder in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, Einf. UmwStG Rn. 65; Schmitt in Schmitt/Hörtnagl, Einf. UmwStG Rn. 25, 27. 229 Bei dem Begriff der Einbringung handelt es sich um einen originär steuerrecht lichen Terminus; vgl. Rödder in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, Einf. U mwStG Rn. 66. 230 Vgl. Raupach in FS Hoffmann-Becking, 2013, 923 (925); Pohl, D StJG 43 (2020), 13 (18). 231 Rödder in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, Einf. UmwStG Rn. 71.
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II. Systematik des UmwStG und Anforderungen an die Buchwertfortführung
Gleichwohl existieren zudem Umwandlungskonstellationen, in denen keine Gesellschaftsrechte als Gegenleistung gewährt werden, weil zivil- oder gesellschaftsrechtlich kein Zwang oder sogar ein Verbot besteht.
2. Steuerliche Rückwirkung und Rückbeziehung Umwandlungen des Umwandlungsteils werden gem. § 2 UmwStG steuerlich auf den Stichtag zurückbezogen, welcher der Schlussbilanz iSv. § 17 Abs. 2 UmwG zugrunde liegt, sodass insoweit eine rückwirkende Einkommenszurechnung erfolgt. Bei Umwandlungen des Einbringungsteils ist eine Rückbeziehung auf Antrag bei einigen Umwandlungsvorgängen möglich, die im Grunde den Rechtsfolgen des § 2 U mwStG ähneln. Davon ausgenommen sind der Anteilstausch und Einbringungen in Personengesellschaften im Wege der Einzelrechtsnachfolge.
3. Regelbewertung zum gemeinen Wert Das übergehende (bzw. übernommene) Vermögen ist grds. mit dem gemeinen Wert zu bewerten (§ 3 Abs. 1 S. 1 (ggfs. iVm. §§ 9 S. 1 oder 16 UmwStG), § 11 Abs. 1 S. 1 (ggfs. iVm. § 15 U mwStG), § 20 Abs. 2 S. 1 (ggfs. iVm. § 25 S. 1 U mwStG), § 24 Abs. 2 S. 1 UmwStG), sodass etwaige stille Reserven und Lasten aufgedeckt werden und der Besteuerung unterliegen. Umwandlungen führen somit kraft der gesetzgeberischen Entscheidung grds. zu einem Realisationsvorgang.232 Bei der Regelbewertung zum gemeinen Wert ist zu beachten, dass bei Umwandlungen betriebliche Sachgesamtheiten übertragen werden, sodass die auf die Einzelbewertung eines Wirtschaftsguts gerichtete Definition des gemeinen Werts zu modifizieren ist. Nach der hM233 und der Auffassung der Finanzverwaltung234 ist der gemeine Wert regelmäßig als der Gesamtwert der übertragenen Sachgesamtheit und daher als Un232 Allerdings ermöglichen sämtliche umwandlungssteuerrechtliche Tatbestände, die eine Bewertung zum gemeinen Wert vorsehen, unter gewissen Voraussetzungen von der Regelbewertung mit dem gemeinen Wert abzuweichen und die Buchwerte oder einen höheren Wert (Zwischenwert) anzusetzen, sodass es insoweit nicht bzw. nur teilweise zu einem Realisationsvorgang kommt. 233 Vgl. Dötsch/Pung, DB 2006, 2704 (2705); Lemaitre/Schönherr, GmbHR 2007, 173 (174); Schumacher/Neitz-Hackstein, Ubg 2011, 409 (409); Rödder, DStR 2011, 1059 (1061); Ott, StuB 2011, 771 (773); Schell/Krohn, DB 2012, 1057 (1061); Förster, GmbHR 2012, 237 (239); Kahle/Vogel/Hiller, FR 2012, 789 (792). 234 UmwStE Rn. 03.07, 11.04, 15.14, 20.17, 24.03.
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C. Herleitung der Rechtfertigung der Buchwertfortführung des UmwStG
ternehmenswert zu verstehen.235 Zusätzlich fordern jedoch die umwandlungssteuerlichen Vorschriften, dass die Wirtschaftsgüter mit dem gemeinen Wert anzusetzen sind, sodass einerseits eine Einzelbewertung erforderlich ist und andererseits jedoch eine Gesamtbewertung erforderlich ist, um einen etwaigen Firmenwert zu bestimmen.236 Der Ansatz in der steuerlichen Schlussbilanz zum gemeinen Wert erfolgt ungeachtet des Ausweises in der Handelsbilanz, weil die Maßgeblichkeit der Handels- für die Steuerbilanz im Umwandlungsfall durch das SEStEG aufgegeben wurde.237 Wenngleich der Gesetzeswortlaut keine unmittelbare Aussage zur Nichtgeltung des Maßgeblichkeitsgrundsatzes enthält, ist die Gesetzesbegründung dahingehend jedoch eindeutig.238 Unterstrichen wird dies auch durch die Regelbewertung zum gemeinen Wert in der steuerlichen Schlussbilanz beim übertragenden Rechtsträger, da es in diesem Fall zu einer Durchbrechung des Anschaffungskostenprinzips kommt.239 In der Folge können iRv. Umwandlungsvorgängen handelsrechtlich stille Reserven aufgedeckt werden, während zugleich steuerlich die Buchwerte fortgeführt werden.240
4. Abweichende Bewertung für Pensionsrückstellungen Im Hinblick auf Pensionsrückstellungen wird dieser Bewertungsgrundsatz stets durchbrochen, da sämtliche umwandlungssteuerrechtlichen Vorschriften bzgl. der Bewertung von Pensionsrückstellungen die Anwendung von § 6a EStG vorschreiben, sodass eine Bewertung zum Teilwert erfolgt (§ 3 Abs. 1 S. 2 (ggfs. iVm. § 9 S. 1 oder § 16 S. 1 U mwStG), § 11 Abs. 1 S. 2 (ggfs. iVm. § 15 UmwStG), § 20 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 (ggfs. iVm. § 25 S. 1 UmwStG,
235 So auch BFH v. 28.04.2016, I R 33/14, BStBl. II 2016, 913, unter 4. 236 Vgl. dazu bspw. Herlinghaus in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 20 UmwStG Rn. 244. 237 Siehe dazu Herzig in FS Kessler, 2021, 431 (441–442). 238 BT-Drs 16/2710, 34; Prinz, StuB 2007, 125 (129); Teiche, DStR 2008, 1757 (1759); siehe auch Herzig in FS Kessler, 2021, 431 (442). 239 Vgl. Honert/Geimer in FS Spiegelberger, 2009, 247 (248); Braun in Prinz/Desens, Umwandlungen im Internationalen Steuerrecht, 2023, Rn. 14.6; Kahle/Vogel in Prinz, Umwandlungen im Internationalen Steuerrecht, 2013, Rn. 12.6. 240 Dieses Auseinanderfallen der handelsbilanziellen und steuerbilanziellen Wertansätze begünstigt folglich die Bildung latenter Steuern im handelsrechtlichen Abschluss, vgl. Herzig in FS Kessler, 2021, 431 (442).
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II. Systematik des UmwStG und Anforderungen an die Buchwertfortführung
§ 24 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 U mwStG).241 Dadurch soll die aufwandswirksame Realisation von in Pensionsrückstellungen enthaltenen stillen Lasten vermieden werden, die andernfalls bei einem Ansatz zum gemeinen Wert möglicherweise gehoben werden.242 Im Kern sieht § 6a EStG hinsichtlich der Bewertung von Pensionsrückstellungen in der Steuerbilanz eine Begrenzung der Höhe nach vor.243 Gem. § 6a Abs. 3 S. 1 EStG darf eine Pensionsrückstellung höchstens mit dem Teilwert angesetzt werden. Die Definition des Teilwerts knüpft § 6a Abs. 3 S. 2 EStG an die Beendigung des zugrundeliegenden Dienstverhältnisses. Vor Beendigung des Dienstverhältnisses wird der Teilwert als Barwert der künftigen Pensionsleistungen am Schluss des Wirtschaftsjahres abzgl. des sich auf denselben Zeitpunkt (Schluss des Wirtschaftsjahres) ergebenden Barwerts betragsmäßig gleichbleibender noch aufzubringender Jahresbeträge erfasst244 (§ 6a Abs. 3 S. 2 Nr. 1 Hs. 1 EStG). Nach Beendigung des Dienstverhältnisses gilt als Teilwert der Pensionsverpflichtung der Barwert der künftigen Pensionsleistungen am Schluss des Wirtschaftsjahres (§ 6a Abs. 3 S. 2 Nr. 2 EStG). § 6a Abs. 3 S. 3 EStG normiert bei der Berechnung des Teilwerts einen Rechnungszinsfuß von 6 %, sodass sich dadurch niedrigere Rückstellungsansätze in der Steuerbilanz ergeben.245 Die handelsrechtliche Bewertung der Pensionsrückstellungen (§ 253 Abs. 2 HGB) führt zwangsweise zu einem (im Vergleich zum steuerlichen Teilwert iSd. § 6a EStG) höheren Rückstellungswert, da eine Abzinsung mit dem durchschnittlichen (in der aktuellen Niedrigzinsphase unterhalb von 6 % liegenden) Marktzins erfolgt.246 Dies resultiert in einer steuerlichen systematischen Unterbewertung der Pensionsrückstellungen, die somit zwangsweise stille Lasten enthalten,247 womit eine Aufwandsverlagerung in zukünftige Veranlagungsräume
241 Vgl. Herzig in FS Kessler, 2021, 431 (436) „systematisch höchst unbefriedigend“. 242 In diesem Sinne Damas, DStZ 2007, 129 (130); Bogenschütz, Ubg 2011, 393 (397). 243 Siehe instruktiv zur steuerbilanziellen Bewertung von Pensionsrückstellungen: Klein, Pensionsverpflichtungen, 2016, 120–124. 244 Diese Abzugsposition stellt den Barwert der künftigen Ansprüche dar, die der Arbeitnehmer am Bilanzstichtag noch nicht erdient hat (sog. „Future-Service“); vgl. Gosch in Kirchhof/Seer, § 6a EStG Rn. 15; Weber-Grellet in Schmidt, § 6a EStG Rn. 51. 245 Vgl. Klein, Pensionsverpflichtungen, 2016, 130 f.; Weber-Grellet in Schmidt, § 6a EStG Rn. 51. 246 Vgl. Geberth, FR 2016, 507 (508). 247 So auch Klein, Pensionsverpflichtungen, 2016, 131.
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C. Herleitung der Rechtfertigung der Buchwertfortführung des UmwStG
bis zur Realisation bezweckt wird.248 Aufgrund der umwandlungssteuerrechtlichen Begrenzung des Ansatzes der Pensionsrückstellungen auf den Teilwert ist dem U mwStG insoweit die unmittelbare Nichtberücksichtigung stiller Lasten in Pensionsrückstellungen immanent.249 Es stellt sich allerdings die Frage, ob eine mittelbare Berücksichtigung im Firmenwert zu erfolgen hat.250
5. Umwandlungssteuerliche Rechtsnachfolge Umwandlungssteuerrechtlich ordnen § 12 Abs. 3 Hs. 1 UmwStG (ggfs. iVm. § 15 UmwStG) bzw. § 4 Abs. 2 UmwStG (ggfs. iVm. § 16 UmwStG) für den Umwandlungsteil den Eintritt des übernehmenden Rechtsträgers in die steuerliche Rechtsstellung des übertragenden Rechtsträgers an (sog. Fußstapfentheorie251). Dieser Eintritt in die steuerliche Rechtsposition des übertragenden Rechtsträgers lässt sich jedoch nicht zwingend aus der zivilrechtlichen Gesamtrechtsnachfolge von Umwandlungsvorgängen iSd. UmwG (zB. § 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG252) ableiten.253 Dies wird mit dem Nebeneinander von Zivil- und Steuerrecht sowie mit den unterschiedlichen Zielsetzungen begründet.254 Bereits Trzaskalik255 stellte im Verhältnis von Einkommensteuerrecht und erbrechtlicher Gesamtrechtsnachfolge heraus, dass aufgrund der persönlichen Anknüpfung des Steuerrechts nicht auf das zivilrechtliche Institut der Gesamtrechtsnachfolge zurückgegriffen werden könne. Daraus wird geschlussfolgert, dass für den Eintritt in die steuerliche Rechtsstellung eine ausdrückliche gesetzliche Regelung notwendig ist,256 die mit § 4 Abs. 2 S. 1 UmwStG bzw. § 12 Abs. 3 Hs. 1 UmwStG gegeben ist. Die umwand248 Vgl. insb. zu § 6a EStG: BFH v. 12.12.2012, I R 28/11, B StBl. II 2017, 1265, unter II.2.b)cc); v. 12.12.2012, I R 69/11, BStBl. II 2017, 1232, unter B.III.3. 249 Vgl. Desens, G mbHR 2007, 1202 (1202); Rödder/Schumacher, DStR 2006, 1525 (1527); Prinz, StuB 2007, 125 (128); Rödder in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 11 UmwStG Rn. 198; Jäschke in Lademann, § 20 UmwStG Rn. 51. 250 Vgl. dazu ausführlich Abschnitt D.II.2.c)bb). 251 BFH v. 28.07.2010, I R 89/09, B StBl. II 2011, 528, unter II.2.b); v. 28.07.2010, I R 111/09, BFH/NV 2011, 67, unter II.2.b). 252 Vgl. dazu Winter in Schmitt/Hörtnagl, § 20 UmwG Rn. 2 und 23. 253 So wohl auch BFH v. 29.02.2012, I R 16/11, BFH/NV 2012, 1340, unter II.2.c)dd) und der Gesetzgeber BR-Drs. 132/94, 48; BT-Drs. 12/6885, 17. 254 Vgl. dazu Schmitt, Erbfall, 1993, 57 ff. 255 Vgl. Trzaskalik, StuW 1979, 97 (99); ihm folgend Meincke, DStJG 10 (1987), 19 (33); Ruppe, DStJG 10 (1987), 45 (54). 256 Vgl. Schmitt in Schmitt/Hörtnagl, § 4 UmwStG Rn. 55.
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II. Systematik des UmwStG und Anforderungen an die Buchwertfortführung
lungssteuerrechtliche Rechtsnachfolge iSd. Fußstapfentheorie ergibt sich somit konstitutiv aus den umwandlungssteuerrechtlichen Regelungen.257 Dabei sind diese Vorschriften als Generalklauseln gefasst, da § 4 Abs. 2 S. 1 UmwStG „insbesondere“ den Eintritt in die steuerliche Rechtsstellung auf die Bewertung der übernommenen Wirtschaftsgüter, der AfA und der den steuerlichen Gewinn mindernden Rücklagen (nicht abschließend258) aufzählt.259 Nach der Rechtsprechung des Großen Senats des BFH erfolgt die steuerliche Rechtsnachfolge nur in Bezug auf objektbezogene, steuerrechtlich relevante Besteuerungsmerkmale, welche den übertragenen Wirtschaftsgütern anhaften.260 Nach Auffassung von Rödder261 und Schmitt262 kommt es durch den Eintritt in die steuerliche Rechtsstellung nicht zu einer Vereinigung von Leistungsfähigkeit der beiden Rechtsträger bei der Übernehmerin. Dieser Auffassung ist eingeschränkt zuzustimmen. Sofern man aber – wie in der vorliegenden Untersuchung – stillen Reserven und Lasten bereits in deren Entstehungszeitpunkt eine leistungsfähigkeitsbeeinflussende Wirkung zuspricht,263 erfolgt durch die zusammenführende Umwandlung (Verschmelzung) zweier Steuersubjekte de facto eine Vereinigung der Leistungsfähigkeit beider Rechtsträger in Bezug auf deren stillen Reserven und Lasten. Dies erfolgt allerdings nicht kraft Rechtsnachfolge, sondern durch den Buchwertansatz in der steuerlichen Schlussbilanz des übertragenden Rechtsträgers, welcher für den übernehmenden Rechtsträger materiell- rechtlich bindend ist (§ 12 Abs. 1 S. 1, § 4 Abs. 1 S. 1 UmwStG).264 Die Aus257 So nur Rödder zu § 12 Abs. 3 Hs. 1 U mwStG (vgl. Rödder in Rödder/Herlinghaus/ van Lishaut, § 12 U mwStG Rn. 281). Wohl ähnlich Hummel in Böttcher/Habighorst/ Schulte, § 12 U mwStG Rn. 71; aA. Bohnhardt in Haritz/Menner/Bilitewski, § 4 UmwStG Rn. 140, der den Eintritt in die steuerliche Rechtsstellung des übertragenden Rechtsträgers gem. § 4 Abs. 2 S. 1 UmwStG als klarstellend anerkennt. 258 BT-Drs. 14/2070, 24; vgl. auch Bohnhardt in Haritz/Menner/Bilitewski, § 4 UmwStG Rn. 141. 259 Vgl. Damas, DStZ 2007, 129 (131); van Lishaut in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 4 U mwStG Rn. 66; Schnitter in Frotscher/Drüen, § 4 U mwStG Rn. 81; Pung/Werner in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, § 4 UmwStG Rn. 18. 260 Vgl. BFH v. 14.04.2015, GrS 2/12, BStBl. II 2015, 1007, unter C.III.3.a) (Rn. 60). 261 Rödder in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 12 UmwStG Rn. 280. 262 Schmitt, Grundlagen des Umwandlungssteuerrechts, 2009, 217 f.; Schmitt in Schmitt/ Hörtnagl, § 12 UmwStG Rn. 69. 263 Siehe dazu Abschnitt B.III.2. 264 Der VIII. Senat des BFH versteht indes den Großen Senat des BFH so, dass es aufgrund der Gesamtrechtsnachfolge zu einer Vereinigung der Leistungsfähigkeit komme und rekurriert dabei auf Rn. 60 des Beschlusses des Großen Senats des BFH
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C. Herleitung der Rechtfertigung der Buchwertfortführung des UmwStG
sage von Rödder265 und Schmitt266 sollte indes differenziert betrachtet werden, da diese übereinstimmend auch die Gewinnqualität stiller Reserven bejahen,267 wenngleich sich in diesem Zusammenhang keine explizite Aussage zu der Verlustqualität von stillen Lasten entnehmen lässt. Daher muss nach dem hier zugrundeliegenden Verständnis die „Nicht-Vereinigung“ von Leistungsfähigkeit dahingehend verstanden werden, dass die Steuerpflicht des übertragenden Rechtsträgers mit Ablauf des steuerlichen Übertragungsstichtages endet. Somit gehen qua umwandlungssteuerlicher Rechtsnachfolge sämtliche Forderungen und Steuerschulden aus dem Steuerschuldverhältnis auf den übernehmenden Rechtsträger über (§ 45 AO). In der Folge sind entsprechende Steuerbescheide des übertragenden Rechtsträgers an den übernehmenden Rechtsträger als Rechtsnachfolger zu richten.268 Zwar sind nach dem Ablauf des steuerlichen Übertragungsstichtages erzielte Einkünfte dem übernehmenden Rechtsträger zuzurechnen. Dies ist indes Ausfluss der umwandlungssteuerlichen Rückwirkungsfiktion und nicht des Eintritts der Übernehmerin in die steuerliche Rechtsstellung der Überträgerin. Über die entsprechenden Verweise im UmwStG gilt der Eintritt in die steuerliche Rechtsstellung im Hinblick auf objektive Besteuerungsmerkmale auch im Einbringungsteil (§ 12 Abs. 3 Hs. 1 U mwStG iVm. 23 Abs. 1, § 24 Abs. 4 Hs. 1 iVm. § 23 Abs. 1 und § 25 S. 1 U mwStG). Bei Einbringungen tritt der übernehmende Rechtsträger somit ebenfalls in die objektiv relevanten Besteuerungsmerkmale des Einbringenden (übertragenden Rechtsträgers ein). Der gesetzlich definierte Eintritt in die steuerliche Rechtsstellung erfolgt somit, zumindest im Umwandlungsteil, unabhängig davon, mit welchem Wert die übergehenden Wirtschaftsgüter in der steuerlichen Schlussbilanz der übertragenden Körperschaft angesetzt wird.269 Dies ist auch zutreffend, da zwischen der Buchwertfortführung und der Gesamtrechtsnachfolge kein v. 14.04.2015, GrS 2/12, BStBl. II 2015, 1007; vgl. BFH v. 07.06.2016, VIII R 23/14, BFH/NV 2016, 1684, unter II.B.2.d)bb). 265 Rödder in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 12 UmwStG Rn. 280. 266 Schmitt, Grundlagen des Umwandlungssteuerrechts, 2009, 217 f.; Schmitt in Schmitt/ Hörtnagl, § 12 UmwStG Rn. 69. 267 Vgl. Rödder in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, Einf. U mwStG Rn. 2; Schmitt, Erbfall, 1993, 42. 268 So auch Leuken, DB 2013, 1509 (1510). 269 Vgl. U mwStE, Rn. 12.04 und 04.10; Rödder in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 12 UmwStG Rn. 274; van Lishaut in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 4 U mwStG
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II. Systematik des UmwStG und Anforderungen an die Buchwertfortführung
Zusammenhang besteht.270 Dies gilt grds. auch im Einbringungsteil, wobei allerdings eine differenzierte Betrachtung aufgrund des gewählten Wertansatzes durch die übernehmende Kapital- oder Personengesellschaft notwendig ist. Wurde ein Ansatz unterhalb des gemeinen Werts, dh. mit Buch- oder Zwischenwerten, gewählt, gilt der Eintritt in die steuerliche Rechtsstellung uneingeschränkt (§ 23 Abs. 1 iVm. § 12 Abs. 3 Hs. 1 U mwStG). Jedoch schreibt insb. bei einem Zwischenwertansatz § 23 Abs. 3 U mwStG als lex specialis eine modifizierte umwandlungssteuerrechtliche Rechtsnachfolge in Bezug auf die Aufstockungsbeträge sowie die entsprechenden Abschreibungen vor.271 Sofern im Wege der Einzelrechtsnachfolge eine Einbringung zum gemeinen Wert erfolgt, gelten gem. § 23 Abs. 4 Hs. 1 UmwStG die eingebrachten Wirtschaftsgüter als angeschafft, sodass insoweit kein Eintritt in die steuerliche Rechtsstellung erfolgt. Unter Rekurs auf Rn. 04.07 des UmwStE 1998272 wird vertreten, dass die Gesamtrechtsnachfolge das Vorliegen eines Anschaffungsvorgangs (und eines korrespondierenden Veräußerungsvorgangs auf Ebene des übertragenden Rechtsträgers) ausschließe, sodass Umwandlungen keine Veräußerungen seien.273 Jedoch ist aus der Rechtsprechung des BFH zu schlussfolgern, dass Gesamtrechtsnachfolge und die Möglichkeit eines Anschaffungs- bzw. Veräußerungsgeschäftes gleichrangig nebeneinanderstehen bzw. sich nicht gegenseitig ausschließen.274 Daher ist der Eintritt in die steuerliche Ge samtrechtsnachfolge unabhängig von der dogmatischen Einordnung der Umwandlungen.275 Schließlich ist noch festzuhalten, dass der Eintritt in die steuerliche Rechtsstellung nicht allumfassend ist, sondern nur objektbezogen. Denn unter Rückgriff auf das Subjektsteuerprinzip, welches eigentlich durch das UmwStG
Rn. 67; Bohnhardt in Haritz/Menner/Bilitewski, § 4 UmwStG Rn. 141; siehe auch BT-Drs. 12/6885, 25. 270 Vgl. nur Hahn, DStZ 1998, 561 (565). 271 GlA. Müllner, Die Reichweite der Sonderregelung über Verpflichtungsübernahmen (§§ 4f, 5 Abs. 7 EStG), 2019, 148 (dort Fn. 746). 272 UmwStE 1998, Rn. 04.07, für Verschmelzungen iVm. Rn. 12.27. 273 Vgl. bspw. Bohnhardt in Haritz/Menner/Bilitewski, § 4 UmwStG Rn. 140. 274 Vgl. BFH v. 15.10.1997, I R 22/96, BStBl. II 1998, 168; v. 17.09.2003, I R 97/02, BStBl. II 2004, 686, unter II.2.; siehe dazu auch Hahn, DStZ 1998, 561 (563 ff.). 275 Dies ist vor allem deshalb logisch, weil auch eine Gesamtrechtsnachfolge eine Anschaffung im zivilrechtlichen Sinne sein kann (§ 24 UmwG), vgl. van Lishaut in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 4 UmwStG Rn. 67.
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C. Herleitung der Rechtfertigung der Buchwertfortführung des UmwStG
durchbrochen wird, gehen realisierte Verlustpositionen276 nicht mit auf den übernehmenden Rechtsträger über (§ 4 Abs. 2 S. 2 U mwStG iVm. § 12 Abs. 3 UmwStG).277 Sofern bei Umwandlungsvorgängen der übertragende Rechts träger erlischt, gehen die vg. Verlustpositionen unter.278 Erlischt der übertragende Rechtsträger nicht durch die Umwandlung, bleiben Verlustpositionen grds. erhalten.279 So gehen zB. in Einbringungsfällen die Verlustvorträge sowie nicht ausgeglichene negative Einkünfte nicht unter, sondern verbleiben beim Einbringenden,280 wodurch es zu einer Entkoppelung der verlustver ursachenden Einkunftsquelle und dem Steuerpflichtigen kommt, dem der Verlustvortrag zuzurechnen ist.281 Der Untergang betrifft die mit dem Betrieb verbundenen Zins- und EBITDA-Vorträge (§ 4h Abs. 1 S. 5, § 4h Abs. 1 S. 3 EStG).282
6. Umwandlungssteuerrechtliche Buchwertfortführung Durch das gesamte Umwandlungssteuerrecht zieht sich die Möglichkeit, auf Antrag von der Regelbewertung zum gemeinen Wert abzuweichen, sofern gewisse Voraussetzungen erfüllt sind. Dies zeigt sich dadurch, dass sämtliche umwandlungssteuerrechtliche Bewertungswahlrechte283 den Ansatz von Buch- oder Zwischenwerten ermöglichen. Die umwandlungssteuerrechtlichen Vorschriften zur Buchwertfortführung sind im Verhältnis zu den ein-
276 Dazu gehören nicht ausgeglichene negative Einkünfte sowie Verlustvorträge iSv. § 10d EStG, § 15a EStG, § 2a EStG sowie Zins- oder EBITDA-Vorträge iSv. § 4h EStG. 277 So schon BFH v. 17.12.2007, GrS 2/04, BStBl. II 2008, 608. 278 Röder, DStJG 43 (2020), 367 (368). 279 Bei Abspaltungen geht der Verlust der abspaltenden Körperschaft teilweise unter (§ 15 Abs. 3 UmwStG), und zwar unabhängig von dem Verbleib der verlustverursachenden Einkunftsquelle, vgl. dazu kritisch Röder, DStJG 43 (2020), 367 (372 ff.); Mylich, FR 2019, 544. 280 Vgl. UmwStE, Rn. 23.02; Engers/Kröner/Kaeser in FGS/BDI, UmwStE, 2012, 481; Schreiber/Kahle/Ruf, Besteuerung der Unternehmen, 2021, 520. 281 Vgl. Menner in Haritz/Menner/Bilitewski, § 20 UmwStG Rn. 441. Der gewerbesteuerliche Verlustvortrag, dessen Abzug Unternehmens- und Unternehmeridentität erfordert (BFH v. 03.05.1993, GrS 3/92, B StBl. II 1993, 616; v. 06.09.2000, IV R 69/99, BStBl. II 2001, 731) verleibt beim Einbringenden (§ 23 Abs. 5 UmwStG). 282 Vgl. § 20 Abs. 9, § 24 Abs. 6 U mwStG; Herlinghaus in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 20 UmwStG Rn. 504; Schmitt in Schmitt/Hörtnagl, § 20 U mwStG Rn. 444; Menner in Haritz/Menner/Bilitewski, § 20 UmwStG Rn. 713. 283 Vgl. 3 Abs. 2 S. 1, § 11 Abs. 2 S. 1, § 20 Abs. 2 S. 2, § 24 Abs. 2 S. 2 UmwStG.
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II. Systematik des UmwStG und Anforderungen an die Buchwertfortführung
kommensteuerlichen Ansatz- und Bewertungsvorschriften vorrangig anzuwenden (lex specialis).284 a) Dispositionsbefugnis des Steuerpflichtigen Ungeachtet der Voraussetzungen der umwandlungssteuerlichen Buchwertfortführung (s. dazu sogleich) liegt die Ausübung des Bewertungswahlrechts insg. in der Disposition des Steuerpflichtigen, indem die Ausübung antragsgebunden ist. Dazu wird eben jene Dispositionsbefugnis im U mwStG unterschiedlichen Ebenen zugeteilt. So wird die Dispositionsbefugnis zur Buchwertfortführung im Umwandlungsteil dem übertragenden Rechtsträger, im Einbringungsteil dem übernehmenden Rechtsträger zugeordnet. Entsprechend besteht eine materiell-rechtliche Bindung für den übernehmenden Rechtsträger resp. Einbringenden an den entsprechenden Wertansatz des übertragenden resp. übernehmenden Rechtsträgers. An dieser Stelle zeigt sich jedoch ein fundamentaler Unterschied zwischen den Buchwertfortführungstatbeständen des UmwStG und denen außerhalb des UmwStG. Denn die Buchwertfortführungstatbestände außerhalb des U mwStG (§ 6 Abs. 5, § 16 Abs. 3 S. 2 EStG) schreiben die Fortführung der Buchwerte zwingend vor, wohingegen die umwandlungssteuerrechtlichen Vorschriften als Wahlrecht ausgestaltet sind.285 b) Übergeordnete Voraussetzungen der umwandlungssteuerrechtlichen Buchwertfortführung Unter der Betrachtung sämtlicher Buchwertfortführungstatbestände des UmwStG lässt sich feststellen, dass im Wesentlichen zwei Voraussetzungen stets wiederkehrend sind:286 Die Sicherstellung der fortwährenden und uneingeschränkten Besteuerung stiller Reserven (Steuerverstrickung)287 sowie die Gewährung keiner oder nur in Gesellschaftsrechten bestehenden
284 Vgl. BFH v. 07.07.1998, VIII R 5/96, B StBl. II 1999, 209, unter II.1.c)aa); v. 12.10.2011, I R 33/10, BStBl. II 2012, 445, unter II.1.c)ee); v. 09.01.2013, I R 24/12, BStBl. II 2018, 509, unter II.3.b)bb); Crezelius in FS Widmann, 2000, 241 (249); Wacker, BB 1996, 2224 (2224). 285 Siehe auch Hennrichs, DStJG 43 (2020), 145 (154). 286 Vgl. dahingehend Möhlenbrock in Dötsch/Patt/Pung/Möhlenbrock, 2012, Einf. UmwStG Rn. 156. 287 Vgl. § 3 Abs. 2 S. 1 Nr. 2, § 11 Abs. 2 S. 1 Nr. 2, § 20 Abs. 2 S. 2 Nr. 3, § 24 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 UmwStG.
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C. Herleitung der Rechtfertigung der Buchwertfortführung des UmwStG
Gegenleistung,288 wodurch eine mittelbare Beteiligung an dem unternehmerischen Engagement aufrecht erhalten wird.289 Diese beiden Grundbedingungen lassen sich demnach als übergeordnete Voraussetzungen der umwandlungssteuerrechtlichen Buchwertfortführung bezeichnen.290 aa) Fortwährende Steuerverstrickung Die Voraussetzung der fortwährenden Steuerverstrickung äußert sich im gesamten UmwStG. Diese lässt sich einerseits in die „grundsätzliche Steuerverstrickung“ und die „tatsächliche Steuerverstrickung“ unterteilen. Die grundsätzliche Steuerverstrickung bedeutet, dass im Rahmen des Umstrukturierungsvorgangs iSd. UmwStG übertragenes Vermögen auch weiterhin in der betrieblichen Sphäre verhaftet bleibt und dem Grunde nach der Besteuerung unterliegt.291 Dies äußert sich bei Vermögensübertragungen auf Personengesellschaften darin, dass § 3 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 UmwStG voraussetzt, dass die auf das Personenunternehmen übergehenden Wirtschaftsgüter Betriebsvermögen werden (§ 3 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 Hs. 1 UmwStG)292 und sichergestellt ist, dass sie der späteren Besteuerung mit Einkommenoder Körperschaftsteuer unterliegen (§ 3 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 Hs. 2 U mwStG). Beide Voraussetzungen zielen darauf ab, die steuerliche Erfassung stiller Reserven beim Übernehmer sicherzustellen.293 Mit dem Erfordernis der Zuordnung der übertragenen Wirtschaftsgüter zum Betriebsvermögen des übernehmenden Personenunternehmens soll verhindert werden, dass eben diese Wirtschaftsgüter steuerneutral in eine Sphäre übertragen werden, bei denen eine Besteuerung nicht mehr möglich ist. So würde die Übertragung der Wirtschaftsgüter der umwandelnden Körperschaft in den vermögensverwaltenden Bereich (zB. auf eine vermögensverwaltende Personengesell-
288 Vgl. § 3 Abs. 2 S. 1 Nr. 3, § 11 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 UmwStG. Im Kern auch § 20 Abs. 2 S. 2 Nr. 4, § 21 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 und § 24 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 UmwStG, die jedoch auch weitergehende, sonstige Gegenleistungen zulassen. 289 In diesem Sinne Beinert, DStJG 43 (2020), 317 (320). 290 Vgl. Hennrichs, DStJG 43 (2020), 145 (172), der bei Einbringungen iSv. § 20 UmwStG herausstellt, dass § 20 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 und Nr. 3 U mwStG den Bedin gungen in § 3 ff. und § 11 ff. UmwStG entsprechen und dies als die „übergreifenden Grundbedingungen der Steuerneutralität von Umstrukturierungen nach dem UmwStG“ qualifiziert. 291 Vgl. Luckey, StuW 1979, 129 (143) „Besteuerungsmöglichkeit der stillen Reserven“. 292 Vgl. U mwStE, Rn. 03.15 S. 1 und 03.16 S. 1. 293 Vgl. Hennrichs, DStJG 43 (2020), 145 (170).
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II. Systematik des UmwStG und Anforderungen an die Buchwertfortführung
schaft) den Ansatz der Buchwerte (insoweit) ausschließen.294 Ein § 3 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 Hs. 1 UmwStG entsprechendes Erfordernis kennen weder § 11 noch § 20 U mwStG. Dies ist jedoch auch entbehrlich, weil § 11 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 resp. § 20 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 UmwStG eine Besteuerung der eingebrachten Wirtschaftsgüter (resp. übernommenes Betriebsvermögen) bei der Übernehmerin mit Körperschaftsteuer fordern bzw. die Übernehmerin körperschaftsteuerpflichtig sein muss.295 Dadurch ist jedenfalls implizit eine Zuordnung zum Betriebsvermögen gegeben.296 Das Erfordernis des § 3 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 Hs. 2 U mwStG, wonach die übertragenen Wirtschaftsgüter einer späteren Besteuerung mit Einkommen- oder Körperschaftsteuer unterliegen müssen, soll darüber hinaus sicherstellen, dass eine grundsätzliche Besteuerung weiterhin möglich ist. Es soll im Kern verhindert werden, dass stille Reserven dem Besteuerungszugriff entzogen werden, was bspw. der Fall wäre, wenn ein Mitunternehmer der übernehmenden Personengesellschaft vollständig steuerbefreit wäre. Gleiches gilt im Falle der Verschmelzung und der Einbringung, sodass der Buch- oder Zwischenwertansatz ausgeschlossen ist, soweit die übernehmende Körperschaft nicht körperschaftsteuerpflichtig ist.297 Ob eine spätere Besteuerung mit Einkommen- oder Körperschaftsteuer tatsächlich erfolgt oder bspw. aufgrund einer Verlustverrechnung eine Besteuerung unterbleibt, ist unbeachtlich.298 Unbeachtlich ist es auch, ob es sich um deutsche Einkommen-
294 Vgl. U mwStE, Rn. 03.14; Kutt/Carstens in FGS/BDI, UmwStE, 2012, 142 f.; Martini in Widmann/Mayer, § 3 UmwStG Rn, 795. 295 Vgl. U mwStE, Rn. 11.16; Rödder in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 11 U mwStG Rn. 239. 296 Vgl. dahingehend Rödder in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 11 U mwStG Rn. 251. 297 Vgl. UmwStE, Rn 11.16; Rödder in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 11 U mwStG Rn. 239; Bärwaldt in Haritz/Menner/Bilitewski, § 11 UmwStG Rn. 40; Klingberg in Brandis/Heuermann, § 11 UmwStG Rn. 43. Zur Einbringung siehe auch BT-Drs. 16/3369, 25; Damas, DStZ 2007, 129 (137). Jedoch ist auch darauf hinzuweisen, dass ein Fall des § 20 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 U mwStG kaum Praxisrelevanz erzeugt. Selbst wenn eine Einbringung einer Sachgesamtheit iSv. § 20 Abs. 1 UmwStG (Betrieb, Teilbetrieb, Mitunternehmeranteil) in eine steuerbefreite Kapitalgesellschaft eingebracht werden sollte, entsteht dadurch ein steuerpflichtiger Geschäftsbetrieb, sodass § 20 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 U mwStG als erfüllt anzusehen wäre, vgl. Herlinghaus in Rödder/ Herlinghaus/van Lishaut. § 20 UmwStG Rn. 288. 298 Vgl. schon von Wallis, DStZ/A, 1963, 161 (163 f.); Rödder in Rödder/Herlinghaus/ van Lishaut, § 11 U mwStG Rn. 239; Schmitt in Schmitt/Hörtnagl, § 11 U mwStG Rn. 92; Dötsch/Stimpel in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, § 11 UmwStG Rn. 58.
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C. Herleitung der Rechtfertigung der Buchwertfortführung des UmwStG
oder Körperschaftsteuer oder eine vergleichbare ausländische Steuer handelt.299 Letztendlich ist die Frage der Zulässigkeit einer vergleichbaren ausländischen Steuerpflicht zu vernachlässigen, weil sämtliche Buchwertfortführungstatbestände des U mwStG darauf abzielen, eine inländische Besteuerung sicherzustellen, indem die Umstrukturierung iSd. UmwStG nicht zu einem Ausschluss oder eine Beschränkung des deutschen Besteuerungsrechts im Hinblick auf die Besteuerung des Gewinns aus der Veräußerung des eingebrachten Betriebsvermögens oder der übertragenen Wirtschaftsgüter führen darf.300 Die Voraussetzung, dass die Vorgänge des U mwStG nicht zu einem Ausschluss oder einer Beschränkung des deutschen Besteuerungsrechts führen dürfen, lässt sich daher als „tatsächliche Steuerverstrickung“ bezeichnen. Denn es kommt nicht nur auf die Steuerverstrickung an sich an, sondern auf das tatsächliche Besteuerungsrecht der Bundesrepublik Deutschland im Hinblick auf die stillen Reserven. Die Frage, ob eine Beschränkung oder ein Ausschluss des deutschen Besteuerungsrechts auch nach der Umwandlung gegeben ist, kann nur dann von Bedeutung sein, wenn Umwandlungen mit internationalem Bezug erfolgen. Rein nationale Umwandlungen ohne internationalen Anknüpfungspunkt sind davon nicht erfasst.301 Beide Tatbestandsmerkmale lassen sich somit dahingehend zusammenfassen, dass die stillen Reserven nach dem Umwandlungsvorgang iSd. U mwStG weiterhin dem deutschen Besteuerungszugriff unterliegen. Die umwandlungssteuerrechtliche Buchwertfortführung ist demnach im Falle der Erfüllung der umwandlungssteuerrechtlichen Steuerverhaftungsbedingung möglich.302 299 Vgl. UmwStE, Rn. 03.17 S. 4; so auch Benecke in PwC, Reform des UmwStR, 2007, 156 (Rn. 1038); Mertgen in Haritz/Menner/Bilitewski, § 3 U mwStG Rn. 116; siehe auch zu § 11 U mwStG: Rödder in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 11 UmwStG Rn. 249; Klingberg in Brandis/Heuermann, § 11 UmwStG Rn. 43. 300 Vgl. §§ 3 Abs. 2 S. 1 Nr. 2, 11 Abs. 2 S. 1 Nr. 2, 20 Abs. 2 S. 2 Nr. 3, 24 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 UmwStG. Beim Anteilstausch setzt ein Buchwertansatz nach § 21 Abs. 1 S. 2 UmwStG der eingebrachten Anteile nicht voraus, dass das deutsche Besteuerungsrecht weiterhin sichergestellt ist, sondern nur für die erhaltenen Anteile (§ 21 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 UmwStG). 301 Zu grenzüberschreitenden Umstrukturierungen siehe Abschnitt G. 302 Vgl. Bilitewski, FR 2007, 57 (61); Förster/Wendland, BB 2007, 631 (633); Förster in FS Endres, 2016, 113 (115); Förster in FS Lüdicke, 2019, 129 (133 f.); Förster in FS Kessler, 2021, 415 (421).
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II. Systematik des UmwStG und Anforderungen an die Buchwertfortführung
bb) Keine oder nur qualifizierte Gegenleistung Neben der Tatsache, dass nach der Umwandlung eine fortwährende und uneingeschränkte Besteuerung der stillen Reserven sichergestellt sein muss, fordern beinahe sämtliche Buchwertfortführungstatbestände, dass entweder keine Gegenleistungen gewährt werden oder ausschließlich in Gesellschaftsrechten bestehen.303 Im Umwandlungsteil sind Gesellschaftsrechte als Gegenleistung nicht zwingend, soweit der übernehmende Rechtsträger an dem übertragenden Rechtsträger beteiligt ist. Damit wird insb. der Fall der Aufwärtsverschmelzung und Aufwärtsabspaltung erfasst. Sofern Gesellschaftsrechte als Gegenleistung gewährt werden, muss es sich um Gesellschaftsrechte am übernehmenden Rechtsträger handeln, die dem bisherigen Gesellschafter des übertragenden Rechtsträgers gewährt werden. Im Einbringungsteil wird spezifisch für die Anwendbarkeit von §§ 20, 21 und 24 U mwStG vorausgesetzt, dass Gesellschaftsrechte gewährt werden. Ohne eine Gewährung von Gesellschaftsrechten sind §§ 20 ff. UmwStG nicht anwendbar.304 Gleichwohl wird die Beschränkung der Gegenleistung auf Gesellschaftsrechte in gewissen Grenzen relativiert, indem bei Einbringungen iSv. § 20 (ggfs. iVm. § 25 U mwStG), § 21, § 24 U mwStG die Gewährung „sonstiger Gegenleistungen“ (zB. Geldzahlungen) zusätzlich zu Gesellschaftsanteilen in gewissen Grenzen zugelassen wird.305 Während nach § 20 Abs. 2 S. 4 UmwStG aF. die Buchwertfortführung ungeachtet der Tatsache möglich war, dass der Einbringende neben den Gesellschaftsrechten andere Wirtschaftsgüter erhielt, deren gemeiner Wert die Buchwerte des ein gebrachten Betriebsvermögens nicht überstieg,306 wurden die sonstigen
303 So insb. § 3 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 (ggfs. iVm. § 9 S. 1 oder § 16 Abs. 1 S. 1), § 11 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 (ggfs. iVm. § 15 Abs. 1 S. 1) UmwStG. 304 Dies folgt schon aus dem Wortlaut des § 20 Abs. 1 UmwStG („[…] und erhält der Einbringende [für den eingebrachten Betrieb, Teilbetrieb oder Mitunternehmeranteil] Anteile an der Gesellschaft […]“), des § 21 Abs. 1 S. 1 U mwStG („[…] gegen die Gewährung neuer Anteile an der übernehmenden Gesellschaft eingebracht […]“) und des § 24 Abs. 1 UmwStG („[…] und wird der Einbringende Mitunternehmer der Gesellschaft […]“). 305 Vgl. § 20 Abs. 2 S. 2 Nr. 4, § 21 Abs. 1 S. 2 Nr. 2, § 24 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 UmwStG. 306 Vgl. § 20 Abs. 2 S. 4 U mwStG aF.: „Erhält der Einbringende neben den Gesellschaftsanteilen auch andere Wirtschaftsgüter, deren gemeiner Wert den Buchwert des eingebrachten Betriebsvermögens übersteigt, hat die übernehmende Gesellschaft das eingebrachte Betriebsvermögen mindestens mit dem gemeinen Wert der anderen Wirtschaftsgüter anzusetzen.“, dazu auch Rödder, Ubg 2015, 329 (329 ff.).
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C. Herleitung der Rechtfertigung der Buchwertfortführung des UmwStG
egenleistungen durch das StÄndG307 v. 02.11.2015 mit Wirkung zum G 01.01.2015 wertmäßig begrenzt.308 Gleichwohl ist festzuhalten, dass die Gewährung sonstiger Gegenleistungen im Einbringungsteil, verglichen mit dem strikten Verbot der Gewährung von Gegenleistungen abseits von Gesellschaftsrechten im Umwandlungsteil, eine Ausnahme bzw. Besonderheit von Einbringungsvorgängen darstellt.309 Diese Besonderheit wird für die weitere Untersuchung ausgeblendet. Es bleibt damit folgendes festzuhalten, dass das UmwStG für die Fortführung der Buchwerte voraussetzt, dass310 1. grds. keine Gegenleistungen bzw. lediglich qualifizierte Gegenleistungen in Form von Gesellschaftsrechten gewährt werden und 2. nach der Umwandlung die übertragenen stillen Reserven weiterhin uneingeschränkt einem deutschen Besteuerungszugriff unterliegen. Insgesamt zeichnet sich somit das Bild ab, dass dem UmwStG übergeordnete Voraussetzungen für die Möglichkeit der Buchwertfortführung immanent sind, jedoch die einzelnen Fallgruppen mitunter eigene, weitere Voraussetzungen normieren, die für einen Buchwertansatz erfüllt sein müssen. Soweit es also die Voraussetzung zur steuerneutralen Umwandlung betrifft, weist das UmwStG im übergeordneten Sinne systematische Züge auf, während es in den speziellen Regelungen zu den jeweiligen Fallgruppen mitunter kasuistische Züge311 trägt.
III. Rechtfertigung der Steuerneutralität im UmwStG Ausgangspunkt für die Beantwortung der Frage nach der Rechtfertigung der umwandlungssteuerrechtlichen Steuerneutralität ist die Frage, ob Umwandlungsvorgänge iSd. UmwStG per se zu einer Gewinnrealisierung führen oder nicht.
307 Steueränderungsgesetz 2015 v. 02.11.2015, BGBl. I 2015, 1843. 308 Vgl. dazu schon Abschnitt C.II.2.a) und C.II.2.b); Zöller/Gläser, BB 2016, 663; krit. dazu bspw. Bron, DB 2015, 940; Rödder, Ubg 2015, 329. 309 IdS Hennrichs, DStJG 43 (2020), 145 (172). 310 Vgl. Hennrichs, DStJG 43 (2020), 145 (175). 311 So Rödder D StJG 25 (2002), 253 (287, Diskussionsbeitrag); wohl aA. Maetz, Der Teilbetrieb im UmwStG, 2017, 26, 136.
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III. Rechtfertigung der Steuerneutralität im UmwStG
1. Umwandlungen bergen ein Realisationsproblem a) Gesetzgeberische Entscheidung zur realisierenden Umwandlung Aus der Kodifizierung der Regelbewertung zum gemeinen Wert (zB. § 3 Abs. 1, § 11 Abs. 1, § 20 Abs. 2 S. 1, § 21 Abs. 1 S. 1, § 24 Abs. 2 S. 1 U mwStG) folgt, dass jeder Umwandlung – mit Ausnahme des steuerlich unbeachtlichen homogenen Formwechsels innerhalb eines Besteuerungsregimes (zB. GmbH in AG, oder KG in OHG)312 – ein Realisationsproblem immanent ist.313 Gestützt wird dies nach den bereits angesprochenen allgemeinen Besteuerungsprinzipien und insb. dem Subjektsteuerprinzip.314 Da eine Umstrukturierung iSd. U mwStG grds. mit einer Vermögensübertragung zwischen Steuersubjekten einhergeht, sind daher stiller Reserven und Lasten stets zu realisieren, da sie die Sphäre eines Steuersubjekts verlassen. b) Dogmatische Einordnung von Umwandlungen als Realisationsvorgänge Dieses Ergebnis lässt sich mitunter ggfs. auch von einer dogmatischen Einordnung von Umwandlungen tragen. Der BFH stellte in seinem Urteil vom 16.10.1968315 fest, dass für die dogmatische Einordnungen von Umwandlungen zwei wesentliche Alternativen existieren. Einerseits ist es möglich, Umwandlungen als tauschähnliche Realisationsvorgänge zu qualifizieren, die bei dem übertragenden Rechtsträger Veräußerungen darstellen und beim übernehmenden Rechtsträger Anschaffungsvorgänge seien.316 Diametral steht dieser Auffassung gegenüber, dass Umwandlungen rein gesellschaftsrechtliche Vorgänge ohne steuerliche Konsequenzen darstellen.317
312 Vgl. zB. Thiel, GmbHR 1997, 145 (149). 313 Vgl. Graw in FS BFH, 2018, 1433 (1437); Thiel, DB 1959, 1092 (1096); Thiel, DB 1965, 720; von Wallis, DStZ/A, 1963, 161; Luckey, StuW 1979, 136; Widmann, DStJG 4 (1981), 163. 314 Vgl. zB. zum heterogenen Formwechsel Fischer/Olkus, DB 1998, 2191; FG München v. 05.10.2000, 7 V 3797/00, EFG 2001, 32; BFH v. 04.12.1996, II B 116/96, BStBl. II 1997, 661. 315 Siehe BFH v. 16.10.1968, I 85/65, BStBl. II 1969, 147, unter V. 316 Vgl. bspw. Luckey, StuW 1979, 129 (134); Luckey, Gewinnrealisierung, 1977, 56. 317 Vgl. Flume, DB 1957, 804 (804 f.); Flume, DB 1967, 2050 (2050 f.); Flume, ZfbF, 1968, 90 (94); glA. Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 1993, 820; Niehus, FR 2010, 1 (4 ff.); Niehus, StuW 2017, 27; Hennrichs, DStJG 43 (2020), 145.
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C. Herleitung der Rechtfertigung der Buchwertfortführung des UmwStG
aa) Umwandlungen als tauschähnliche Veräußerungen Die Finanzverwaltung geht im UmwStE davon aus, dass Umwandlungsvorgänge iSd. UmwStG Realisationsakte in Gestalt von (tauschähnlichen) Veräußerungen hinsichtlich des übertragenen Vermögens sind und korrespondierend beim übernehmenden Rechtsträger ein Anschaffungsvorgang vorliegt.318 Dies wird ebenso von der Rechtsprechung bejaht.319 Die herrschende Literaturmeinung schließt sich dieser Auffassung grds. für die Fälle an, in denen im Rahmen der Umwandlung Gesellschaftsrechte begeben
318 Vgl. U mwStE, Rn. 00.02. 319 Zu Verschmelzungen iSv. §§ 3–8, §§ 11–13 UmwStG: BFH v. 09.10.1964, VI 294/62 U, BStBl. III 1965, 198, (juris, Rn. 11); v. 15.10.1997, I R 22/96, B StBl. II 1998, 168, unter II.1.; v. 16.05.2002, III R 45/98, BStBl. II 2003, 10, unter II.2.b)bb); v. 19.08.2008, IX R 71/07, B StBl. II 2009, 13, unter II.2.b)aa)(2); v. 24.01.2018, I R 48/15, BStBl. II 2019, 45, unter C.III.1.b)aa). Zum Formwechsel einer Kapital- in eine Personengesellschaft (§ 9 iVm. §§ 3–8 U mwStG): BFH v. 25.11.2014, I R 78/12, BFH/NV 2015, 523, unter II.2.b)bb); FG Hessen v. 10.07.2018, 2 K 406/16, EFG 2019, 941; BFH v. 18.11.2020, I R 25/18, BStBl. II 2021, 732. Zur Einbringung in eine Kapitalgesellschaft (§ 20 UmwStG): RFH v. 09.05.1933, VI A 434/30, RFHE 33, 276 (281), unter II.1.; BFH v. 16.12.1958, I D 1/57 S, BStBl. II 1959, 30 (sog. Tauschgutachten), unter A.IV.; v. 13.06.1965, I 167/59 U, BStBl. III 1965, 640, unter II. (Rn. 13: „Einbringung eines Betriebes in eine Kapitalgesellschaft an sich eine Betriebsveräußerung“); v. 30.04.1975, I R 41/73, BStBl. II 1975, 706, unter 1.; v. 24.03.1983, IV R 138/80, B StBl. II 1984, 233, unter 1.a); v. 23.01.1986, IV R 335/84, BStBl. II 1986, 623, unter 1.; v. 11.09.1991, XI R 15/90, B StBl. II 1992, 404, unter 1.; v. 25.09.1991, I R 184/87, B StBl. II 1992, 406, unter II.B.2.a); v. 16.02.1996, I R 183/94, B StBl. II 1996, 342, unter II.1.a); v. 07.07.1998, VIII R 5/96, BStBl. II 1999, 209, unter II.1.c)aa); v. 05.06.2002, I R 6/01, BFH/NV 2003, 88, unter II.1.; v. 17.09.2003, I R 97/02, BStBl. II 2004, 686, unter II.1.; insb. zum Formwechsel iSv. § 25 iVm. § 20 U mwStG: BFH v. 19.10.2005, I R 38/04, B StBl., II 2006, 568, unter II.2.b). A.A. noch BFH v. 28.07.1960, IV 27/59 U, B StBl. III 1960, 403; v. 29.03.1972, I R 43/69, BStBl. II 1972, 537, wonach erst eine Realisation bei der Veräußerung der erhaltenen Anteile eintritt. Zur Einbringung in eine Personengesellschaft (§ 24 UmwStG): BFH v. 25.11.1980, VIII R 32/77, BStBl. II 1981, 419; v. 11.12.2001, VIII R 58/98, BStBl. II 2002, 420, B.I.3.b)aa); v. 07.11.2006, VIII R 13/04, BStBl. II 2008, 545, unter II.4.c)bb)(2); v. 20.09.2007, IV R 70/05, BStBl. II 2008, 265, unter III.3.a); v. 18.09.2013, X R 42/10, BStBl. II 2016, 639, unter II.3.b)aa); v. 30.03.2017, IV R 11/15, B StBl. II 2019, 29, unter III.2.a); aA. aber RFH v. 26.11.1931, VI A 1978/31, RStBl. 1932, 624; BFH v. 21.08.1961, I 32/61 U, B StBl. III 1961, 500, (juris, Rn. 12) nach dem eine Einbringung eines Betriebes in eine Personengesellschaft lediglich eine Änderung der Rechtsform zu erblicken ist, weshalb es gerechtfertigt ist, die Buchwerte in der Eröffnungsbilanz der OHG fortzuführen, so auch RFH v. 01.02.1943, VI A 1856/32, RFHE 35, 248 (249 f.).
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III. Rechtfertigung der Steuerneutralität im UmwStG
werden.320 Darüber hinaus wird die Qualifikation als Veräußerung abgelehnt, sofern die Umwandlung ohne Gewährung von Gesellschaftsrechten erfolgt.321 (1) Begriff der Veräußerung Der ertragsteuerliche Veräußerungsbegriff ist gesetzlich zwar nicht definiert, lässt sich jedoch aus den zu § 16 EStG entwickelten Grundsätzen ableiten. Eine Veräußerung iSv. § 16 EStG ist gegeben, sofern ein Wirtschaftsgut entgeltlich auf eine andere natürliche oder juristische Person übertragen wird.322 Dabei ist das schuldrechtliche Verpflichtungsgeschäft unbeachtlich, es kommt ausschließlich auf das dingliche Erfüllungsgeschäft und den damit verbundenen Übergang des wirtschaftlichen Eigentums an.323 Mit Blick auf das UmwStR lässt sich daraus schlussfolgern, dass ein Veräußerungsgeschäft angenommen werden kann, wenn eine Übertragung von mind. einem Wirtschaftsgut (1.) gegen eine nach kaufmännischen Aspekten bemessene Gegenleistung (2.) auf einen Dritten (3.) erfolgt.324 320 Vgl. Beisse, DStJG 4 (1981), 13 (26 f.); Schmitt, DStZ 2004, 825 (828); Benecke/ Schnitger, FR 2010, 555 (557 ff.); Jacobsen, FR 2011, 973 (975); Schönherr/Krüger, DStR 2012, 829 (832); Philipp, Verschmelzung inländischer Kapitalgesellschaften, 2014, 33; Maetz, Der Teilbetrieb im UmwStG, 2017, 79 ff.; Riedel, Das Umwandlungssteuerrecht der Mitunternehmerschaft, 2018, 44 ff. (50 ff.); Riedel, StuW 2019, 225 (227). 321 Vgl. Hageböke, Ubg 2011, 689; Müllner, Die Reichweite der Sonderregelung über Verpflichtungsübernahmen (§§ 4f, 5 Abs. 7 EStG), 2019, 190 f., nach denen eine Veräußerung dann nicht bejaht werden kann, sofern bei einer Umwandlung keine Anteile gewährt werden. Auch im Falle des heterogenen Formwechsels (Kapital- in Personengesellschaft und vice versa) kann nach Müllner ein tauschähnlicher Vorgang nicht bejaht werden; glA. wohl Desens, DStJG 43 (2020), 73 (91). Dem steht die Rechtsprechung entgegen; siehe zur Aufwärtsverschmelzung als Veräußerung: BFH v. 24.01.2018, I R 48/15, BStBl. II 2019, 45; zum Formwechsel einer Kapital- in eine Personengesellschaft als einen Einbringungsgewinn auslösende Veräußerung: FG Hessen v. 10.07.2018, 2 K 406/16, EFG 2019, 941; bestätigt durch BFH v. 18.11.2020, I R 25/18, BStBl. II 2021, 732, v. 18.11.2020, I R 24/18, BFH/NV 2021, 951; noch anders v. 05.05.1998, I B 24/98, BStBl. II 2000, 430, unter II.2. 322 Vgl. BFH v. 22.09.1992, VIII R 7/90, B StBl. II 1993, 228, unter 1.a); v. 18.10.2006, IX R 7/04, B StBl. II 2007, 258, unter II.1a); Müllner, Die Reichweite der Sonderregelung über Verpflichtungsübernahmen (§§ 4f, 5 Abs. 7 EStG), 2019, 152 f.; Bogenschütz, Ubg 2011, 393 (395). 323 Vgl. BFH v. 16.10.1984, VIII R 299/81, BeckRS 1984, 4970; siehe auch Hageböke, Ubg 2011, 689 (690); Hageböke/Schmidt-Fehrenbacher in FGS/BDI, U mwStE, 2012, 30. 324 Vgl. Stangl/Binder, DStR 2018, 1793 (1795); Dreßler/Schwechel, Ubg 2018, 439 (442); Hageböke, Ubg 2011, 689 (690); Benecke/Staats, FR 2010, 893 (895); Benecke/ Schnittker, FR 2010, 555 (555 f.).
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C. Herleitung der Rechtfertigung der Buchwertfortführung des UmwStG
(2) Tauschgedanke bei Umwandlungen mit Gewährung von Gesellschaftsrechten Der Veräußerungscharakter von Umwandlungen lässt sich vereinfacht damit begründen, dass Wirtschaftsgüter der Sachgesamtheit gegen Gesellschaftsrechte getauscht werden.325 Dies erfolgt auf Basis einer offenen Sacheinlage. Der Gesellschafter erfüllt die Einlageforderung der Gesellschaft mit der Übertragung von Wirtschaftsgütern. Es handelt sich somit um einen Tausch von Einlageforderung der Gesellschaft durch den Sacheinlagegegenstand des Gesellschafters.326 Weil jedoch dieser „Tausch“ von Gesellschaftsrechten auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage erfolgt, liegt kein „echter Tausch“ iSe. Leistungsaustauschs am Markt vor, sodass von einem „tausch ähnlichen Vorgang“ gesprochen wird.327 Diesem Verständnis kommen Einbringungsvorgänge am nächsten, weil in diesen Fällen Sachgesamtheiten auf gesellschaftsrechtlicher Basis übertragen werden und deshalb eine Veräußerung iSe. tauschähnlichen Vorgangs zu bejahen ist.328 Dies rechtfertigt es, bei Einbringungen betrieblicher Sachgesamtheiten gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten in Kapital- oder Personengesellschaften von einer Veräußerung iSv. § 16 EStG auszugehen.329 325 Vgl. Riedel, StuW 2019, 225 (227). 326 Vgl. Schmidt/Hageböke, DStR 2013, 1813 (1815); siehe auch Desens, DStJG 43 (2020), 73 (95). 327 Vgl. auch Riedel, Das Umwandlungssteuerrecht der Mitunternehmerschaft, 2018, 44 f. Teilweise wird versucht, diese Tauschähnlichkeit mit einem Alternativszenario zu begründen: Der Gesellschafter hätte ein Wirtschaftsgut an die Gesellschaft veräußern und dann die Kaufpreisschuld mit der Einlageforderung verrechnen können, vgl. Groh, DB 1997, 1683 (1684). Dies überzeugt jedoch nicht, weil zum einen unterstellt wird, dass eine Einlage stets durch Barmittel geleistet werden muss, und dann ein Vergleichsszenario herangezogen wird, welches nicht dem tatsächlichen Sachverhalt entspricht, vgl. Niehus, StuW 2017, 27 (42 f.); glA. Desens, DStJG 43 (2020), 73 (95 f.). 328 Vgl. BFH v. 19.10.1998, VIII R 69/95, BStBl. II 2000, 230, unter II.1.d); v. 05.06.2002, I R 6/01, BFH/NV 2003, 88, unter II.1.; so auch Jacobsen, FR 2011, 973 (975); zweifelnd Schmidt/Hageböke, DStR 2003, 1813, die zwar einen (tauschähnlichen) Veräußerungsvorgang auf Ebene des Einbringenden bejahen, jedoch einen Anschaffungsvorgang durch die übernehmende Gesellschaft ablehnen. 329 Vgl. BFH v. 30.04.1975, I R 41/73, BStBl. II 1975, 706, unter 1.; v. 15.07.1976, I R 17/74, BStBl. II 1976, 748, unter 2.b); v. 24.03.1983, IV R 138/80, BStBl. II 1984, 233, unter 1.a); v. 29.10.1987, IV R 93/85, B StBl. II 1988, 374, unter 1.; v. 20.06.1989, VIII R 100/86, BFH/NV 1990, 102, unter 1. (juris Rn 22); v. 21.06.1994, VIII R 5/92, BStBl. II 1994, 72, unter II.1.; 19.10.1998, VIII R 69/95, BStBl. II 2000, 230, unter II.1.d); v. 07.11.2006, VIII R 13/04, BStBl. II 2008, 545, unter II.4.c)bb)(2);
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III. Rechtfertigung der Steuerneutralität im UmwStG
Im Umwandlungsteil, dh. insb. bei Verschmelzungen sowie Auf- und Abspaltungen von Kapitalgesellschaften auf Kapital- oder Personengesellschaften (§§ 3 ff., § 11 ff., §§ 15, 16 UmwStG), muss zumindest in den Fällen, in denen es sich nicht um eine Aufwärtsverschmelzung oder Aufwärtsabspaltung auf den Alleingesellschafter handelt, eine Gewährung von Gesellschaftsrechten zugunsten Dritter angenommen werden. Die Überträgerin leistet den Übertragungsgegenstand an die Übernehmerin, welche als Gegenleistung Gesellschaftsrechte an die Anteilseigner der Überträgerin gewährt, die ihrerseits wiederum auf die Anteile an der Überträgerin zugunsten der Übernehmerin verzichten.330 Jedoch ist dies für die Annahme einer Veräußerung unschädlich, da eine Gegenseitigkeit des Leistungsaustauschs nicht erforderlich ist.331 (3) Veräußerungsthese auch bei Nichtgewährung von Gesellschaftsrechten Die generelle Veräußerungsthese wird in der Literatur jedoch in den Verschmelzungs- und Spaltungsfällen verneint, sofern Gesellschaftsrechte nicht gewährt werden. Dies ist insb. bei Aufwärtsverschmelzungen der Fall, da das UmwG ein Kapitalerhöhungsverbot normiert (§§ 54, 68 UmwG).332 Mangels einer entsprechenden Gegenleistung liegt kein tauschähnlicher Vorgang vor, sondern eine unentgeltliche Übertragung.333 v. 28.04.2016, I R 33/14, BStBl. II 2016, 913, unter II.4.b); v. 18.09.2013, X R 42/10, BStBl. II 2016, 639, unter II.3.b)aa); v. 30.03.2017, IV R 11/15, B StBl. II 2019, 29, unter III.2.a); v. 01.03.2018, IV R 38/15, B StBl. II 2018, 587, unter II.4.b)bb)(1); so auch Salditt, StuW 1972, 353 (354); Herlinghaus in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 20 UmwStG, Rn. 14; Patt in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Vor §§ 20–23, Rn. 52; Patt in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, § 24 UmwStG, Rn. 5; Rasche in Rödder/Herlinghaus/ van Lishaut, § 24 UmwStG, Rn. 1; Schmitt in Schmittt/Hörtnagl, § 24 UmwStG, Rn. 1; aA. Büchele, DB 1997, 2337 (2342); Niehus, StuW 2017, 27 (28); Niehus, FR 2010, 1 (9); Wassermeyer, DStJG 7 (1984), 169 (182 f.) „Gesellschafterbeitrag“. 330 Vgl. dazu auch Schmitt, Grundlagen des Umwandlungssteuerrechts, 2006, 86, 92; Hageböke, Ubg 2011, 689; vgl. Kredig, Besteuerung stiller Reserven, 2013, 286 f.; so auch FG Hamburg v. 21.05.2015, 2 K 12/13, EFG 2015, 1876; Desens, DStJG 43 (2020), 73 (92, dort Fn. 60). 331 Vgl. Kredig, Besteuerung stiller Reserven, 2013, 287 f.; Hahn, DStZ 1998, 561 (564); explizit BFH v. 14.06.1984, I R 79/80, BStBl. II 1985, 64; v. 17.09.2004, I R 97/02, BStBl. II 2004, 686. 332 So zB. Müllner, Die Reichweite der Sonderregelung über Verpflichtungsübernahmen (§§ 4f, 5 Abs. 7 EStG), 2019, 168; Hageböke, Ubg 2011, 686 (689 ff.); Rödder/ Rogall, Ubg 2017, 753 (754). 333 Vgl. BFH v. 13.10.1971, I R 96/69, B StBl. II 1972, 97, aufgrund des Fehlens einer Gegenleistung für die Vermögensübertragung; so auch Desens, D StJG 43 (2020), 73 (91).
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C. Herleitung der Rechtfertigung der Buchwertfortführung des UmwStG
Auf eben jenes Fehlen einer entsprechenden Gegenleistung in Form von gewährten Gesellschaftsrechten stützt sich auch das FG Hamburg in seiner Entscheidung v. 21.05.2015, dass eine Einbringung der Anteile an einer Kapitalgesellschaft in eine andere Kapitalgesellschaft mit nachgelagerter, zeitverzögerter Aufwärtsverschmelzung zu Buchwerten auf letztere keine Einbringungsgewinnbesteuerung iSv. § 22 U mwStG auslöst, weil die Aufwärtsverschmelzung keine Veräußerung der eingebrachten Anteile an der Tochtergesellschaft (Überträgerin) sei.334 Der BFH hat in seiner Revisionsentscheidung dem FG Hamburg widersprochen und die Aufwärtsverschmelzung ohne Anteilsgewährung als Veräußerung qualifiziert335 und sich damit einer im Schrifttum vertretenen Mindermeinung angeschlossen.336 Wesentliches Merkmal für die Entscheidung des BFH zur Annahme eines tauschähnlichen Vorgangs ist, dass das Vermögen der Tochtergesellschaft auf den alleinigen Anteilseigner übergeht und „im Gegenzug“ die von der Muttergesellschaft gehaltenen Anteile an der Tochtergesellschaft untergehen.337 Die untergehende Beteiligung an der Überträgerin sieht der BFH als „Gegenleistung“ für das übergehende Vermögen der Überträgerin, was für den BFH ausreichend scheint, eine Veräußerung der Beteiligung anzunehmen.338 Jedoch hat der BFH bereits mit Urteil v. 14.06.1984339 entschieden, dass eben die Beteiligung an der Überträgerin gegen das übergehende Vermögen kein Tausch sei, weil die Beteiligung untergehe und nicht an einen Dritten übertragen werde.340 Insofern steht das Urteil des BFH v. 24.01.2018 deutlich im Gegensatz zur früheren Rechtsprechung sowie zu der überwiegend im Schrifttum vertretenen Auffassung und ist aus materiell-rechtlicher Sicht nicht überzeugend.
334 FG Hamburg v. 21.05.2015, 2 K 12/13, EFG 2015, 1876. 335 Vgl. BFH v. 24.01.2018, I R 48/15, BStBl. II 2019, 45, unter B.III.1.b). 336 Vgl. zB. Pung, GmbHR 2012, 158 (162); aA. Kortendick/Peters, DStR 2014, 1578 (1580); Hageböke, Ubg 2011, 689 (695); Stangl, Ubg 2009, 698 (700), der dies auf die Anwendbarkeit der Billigkeitsregelung überprüft. 337 Siehe BFH v. 24.01.2018, I R 48/15, BStBl. II 2019, 45, unter B.III.1.b)bb). 338 So schon die Finanzverwaltung, vgl. U mwStE, Rn. 00.03 S. 2 (was jedoch zu UmwStE, Rn. 3.21 und 11.10 im Widerspruch steht); ähnlich auch RFH v. 19.08.1934, I A 68/32, RFHE 36, 64 (72 f.), nach dem bei einer Aufwärtsverschmelzung auf den nicht alleinigen Anteilseigner sich die Anschaffungskosten für die übernommenen Vermögensgegenstände in den Aufwendungen für die untergehenden Anteile an der Übernehmerin spiegeln. 339 BFH v. 14.06.1984, I R 79/80, B StBl. II 1985, 64, unter III.1. 340 IdS bereits BFH v. 14.05.1969, I R 77/67, BStBl. II 1969, 598, unter 2.
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III. Rechtfertigung der Steuerneutralität im UmwStG
(4) Veräußerungsthese beim Formwechsel Beim Formwechsel wird die Frage nach dem Vorliegen einer Veräußerung danach beurteilt, ob es sich um den Formwechsel einer Personen- in eine Kapitalgesellschaft oder umgekehrt handelt.341 Dabei verkörpert der Formwechsel im Kern das Ziel von Umstrukturierungsvorgängen: Rechtliche Diskontinuität des Unternehmensträgers bei gleichzeitiger vermögensrechtlicher Kontinuität.342 Steuerlich wird aufgrund des Nebeneinanders von zwei verschiedenen Besteuerungskonzepten (Transparenz- vs. Trennungsprinzip) beim Formwechsel allein für Zwecke des Umwandlungssteuerrechts ein Vermögensübergang fingiert.343 Bei dem Formwechsel einer Personen- in eine Kapitalgesellschaft, der steuerlich qua Rechtsgrundverweis in § 25 UmwStG als Einbringung der Mitunternehmeranteile in eine Kapitalge sellschaft behandelt wird (§ 25 S. 1 iVm. §§ 20 ff. UmwStG), werden qua gesetzlicher Definition des § 20 Abs. 1 UmwStG (iVm. § 25 UmwStG) Ge sellschaftsrechte als Gegenleistung für den Verzicht ihrer Anteile an der formwechselnden Personengesellschaft gewährt, sodass aus (steuerlicher) Sicht des einbringenden Mitunternehmers ein tauschähnlicher entgeltlicher Rechtsträgerwechsel erfolgt.344 Anders ausgedrückt „tauscht“ der Mitunternehmer seine Einkunftsquelle „Mitunternehmeranteil“ gegen eine Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft.345 Dies rechtfertigt, den Formwechsel einer Personen- in eine Kapitalgesellschaft als Veräußerung zu qualifizieren.346 Im umgekehrten Fall, dem Formwechsel einer Kapital- in eine Personengesellschaft, der steuerlich über den Rechtsgrundverweis in § 9 UmwStG wie eine Verschmelzung behandelt wird (§ 3–§ 8 UmwStG), wird eine Veräußerung durch die überwiegende Literaturauffassung verneint.347 Der BFH vertritt diesbezüglich jedoch eine andere Ansicht und beruft sich in diesem Fall 341 Vgl. bspw. Hageböke, Ubg 2011, 689 (702). 342 Vgl. Hennrichs, Formwechsel, 1995, 107 ff.; Hennrichs, DStJG 43 (2020), 145 (151). 343 Vgl. BT-Drs. 16/6885, 15. 344 Vgl. BFH v. 19.10.2005, I R 38/04, B StBl. II 2006, 568, unter II.2.b); so auch v. 17.10.2007, I R 96/06, BStBl. II 2008, 953, unter II.1.; dahingehend Schaumburg, GmbHR 1996, 668 (671); Desens, D StJG 43 (2020), 73 (91, dort Fn. 50), der auf Gesellschafterebene implizit ebenfalls einen „Tausch“ von Anteilen bejaht. 345 Vgl. Patt in D/P/M. § 25 UmwStG Rn. 2. 346 Andernfalls wird der Formwechsel als eine Betriebsaufgabe iSv. § 16 Abs. 3 EStG mit entsprechender Schlussbesteuerung qualifiziert, vgl. Dehmer, DStR 1994, 1753 (1754); Benecke/Schnittker, FR 2010, 555 (560). 347 Vgl. bspw. Hageböke, Ubg 2011, 689 (702); Schmitt, DStR 2011, 1108 (1112); Bogenschütz, Ubg 2011, 393 (395).
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C. Herleitung der Rechtfertigung der Buchwertfortführung des UmwStG
auf seine zum Formwechsel einer Personen- in Kapitalgesellschaft ergangene Rechtsprechung.348 Demnach könne für den umgekehrten Fall (Formwechsel einer Kapital- in Personengesellschaft) nichts anderes gelten.349 Die Begründung ist lediglich knapp ausgeführt und stützt sich auf die, durch die unterschiedlichen Besteuerungskonzepte notwendige, Fiktion eines Vermögensübergangs. Nach ursprünglicher Rechtsprechung führte dies jedoch nicht zu einer entgeltlichen Veräußerung.350 Gleichwohl ist bezüglich dieser Ansicht des BFH hervorzuheben, dass auch im Falle eines Formwechsels einer Kapital- in eine Personengesellschaft auf Ebene der Gesellschafter der formwechselnden Gesellschaft ein Tausch erfolgt (in dem Fall Kapital- gegen Personengesellschaftsanteile).351 Dieser Umstand war für das FG Hessen ausschlaggebend, in einem Formwechsel einer Kapital- in eine Personengesellschaft einen sperrfristschädliche Ver äußerung iSv. § 22 U mwStG zu bejahen, da eben die übertragende Ka pitalgesellschaft ihr Vermögen steuerlich betrachtet auf die übernehmende Personengesellschaft überträgt und die Gesellschafter Anteile an dem übernehmenden Rechtsträger (Personengesellschaft) erhalten.352 Dadurch rechtfertige sich die Annahme eines tauschähnlichen Vorgangs iSe. Veräußerung.353 Insgesamt zeichnet sich das Bild ab, dass überwiegend Umstrukturierungsvorgänge iSd. UmwStG steuerlich als gewinnrealisierende tauschähnliche Vorgänge zu qualifizieren sind. Dies ist insb. in den Fällen zutreffend, in denen tatsächlich Gesellschaftsrechte als Gegenleistung für die Übertragung des Vermögens gewährt werden. Während die Finanzverwaltung eine Veräußerung per se für jeden Umwandlungsvorgang annimmt und sich der BFH dieser Auffassung wohl vermehrt anzuschließen vermag, vertritt die überwiegende Literaturauffassung eine differenziertere Auffassung,
348 Vgl. BFH v. 19.10.2005, I R 38/04, B StBl. II 2006, 568, unter II.2.b); so auch v. 17.10.2007, I R 96/06, B StBl. II 2008, 953, unter II.1. 349 BFH v. 25.11.2014, I R 78/12, BFH/NV 2015, 523, unter II.2.b)bb). 350 BFH v. 05.05.1998, I B 24/98, B StBl. II 2000, 430; so auch Hageböke, Ubg 2011, 689 (702); zustimmend: Müllner, Die Reichweite der Sonderregelung über Verpflichtungsübernahmen (§§ 4f, 5 Abs. 7 EStG), 2019, 181 f. 351 GlA. Schaumburg, GmbHR 1996, 689 (671); Desens, DStJG 43 (2020); 73 (91, Fn. 50). 352 Vgl. FG Hessen v. 10.07.2018, 2 K 406/16, EFG 2019, 941; BFH v. 18.11.2020, I R 25/18, B StBl. II 2021, 732. 353 Kritisch dazu Weiss/Kahlenberg, DStR 2019, 2057 (2059 f.).
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III. Rechtfertigung der Steuerneutralität im UmwStG
in dem als Differenzierungskriterium auf die Anteilsgewährung abgestellt wird.354 bb) Gegenauffassung: Umwandlungen als steuerunbeachtliche Organisationsakte Konträr zu den Veräußerungsthese ist die Qualifikation von Umwandlungen als steuerlich nicht zu beachtende Organisationsakte. Die These vom gesellschaftsrechtlichen Organisationsakt geht zurück auf Flume355. Auch der BFH bejahte einen gesellschaftsrechtlichen Organisationsakt in seinem Urteil v. 27.06.1960,356 revidierte diese Rechtsprechung jedoch in späteren Jahren wieder.357 Die Organisationsakttheorie sieht allein in der Umstrukturierung von Unternehmen keinen Zuwachs an Leistungsfähigkeit, die eine Besteuerung rechtfertige. Es handele sich lediglich um gesellschaftsrechtliche Organisationsakte, denen keine steuerliche Relevanz innewohne.358 Eine Veräußerung komme nicht in Betracht, weil ein Unternehmen als Ganzes übernommen werde, insofern könne eine damit verbundene Übernahme der im Unternehmen enthaltenen Passiva nicht als Gegenleistung einzuordnen sein. Folglich finde eben kein Leistungsaustausch statt.359 Darüber hinaus bleibe das Unternehmen grds. unberührt, es ändere lediglich die Organisationsform. Dieser Fortbestand des Unternehmens und die generelle Verhaftung stiller Reserven führe nicht zu einem Bedürfnis, die stillen Reserven in Form einer Endabrechnung zu realisieren.360 Folglich seien Umstrukturierungen als steuerlicher Tatbestand ungeeignet, weil durch die Unternehmensumstrukturierung an sich kein Zuwachs an wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit
354 Vgl. zB. Müllner, Die Reichweite der Sonderregelung über Verpflichtungsübernahmen (§§ 4f, 5 Abs. 7 EStG), 2019, 150 ff., 190–191. 355 Vgl. Flume, DB 1957, 804 (804 f.); Flume, ZfbF 1968, 90 (94 ff.); Flume, DB 1967, 2050 (2050 f.). glA. Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 1993, 820; Hennrichs, DStJG 43 (2020), 145 (157, 168); glA. zu § 24 U mwStG Niehus, FR 2010, 1; Niehus, StuW 2017, 27. 356 BFH v. 27.06.1960, I 113 /59 S, B StBl. III 1960, 351 (Rn. 18). 357 BFH v. 17.01.1969, VI 367/65, B StBl. II 1969, 540 (Rn. 10); v. 15.10.1997, I R 22/96 BStBl. II 1998, 168, unter II.1. 358 Vgl. Flume, ZfbF 1968, 90 (99 ff.). 359 Vgl. Böttcher/Beinert, DB 1968, 1961 (1962); glA. Dornfeld/Rose, DB 1969, 1997 (1998 f.). 360 Vgl. Flume, ZfbF 1968, 90 (100).
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folgt.361 Folgt man der Organisationsakttheorie, wäre – bezogen auf das UmwStG – eben nicht der Buchwertansatz, sondern der Ansatz des gemeinen Werts rechtfertigungsbedürftig. Diese Rechtfertigung dürfte nur dann gelingen, Geltung zu entfalten, wenn das deutsche Besteuerungsrecht an den stillen Reserven ausgeschlossen oder beschränkt werden würde.362 cc) Stellungnahme Den Vertretern der Organisationsakttheorie ist unter einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise beizupflichten. Dies ist darauf zurückzuführen, dass aus der wirtschaftlichen Betrachtungsweise Umwandlungsvorgänge lediglich eine Änderung des rechtlichen Rahmens des geführten Unternehmens und keinen Realisationsvorgang darstellen.363 Gleichwohl ist die Organisationsakttheorie iRe. steuerrechtlichen Betrachtungsweise abzulehnen. Denn, dass Unternehmensumwandlungen keinen besteuerungswürdigen Tatbestand erfüllen, lässt sich schon nicht mit der gesetzgeberischen Ausgestaltung des UmwStG de lege lata vereinbaren, da das UmwStG im Ausgangspunkt eine Bewertung mit dem gemeinen Wert und eine damit verbundene Realisation stiller Reserven und Lasten vorsieht. Erst unter der Erfüllung bestimmter Voraussetzungen ist auf Antrag, abweichend von dem Ansatz zum gemeinen Wert, die Fortführung der Buchwerte bzw. der Ansatz eines höheren Werts (Zwischenwert) möglich. Die Geltung der Organisationsaktthese würde lediglich die Möglichkeit der Buchwertfortführung unterstellen, woraus eine Präzisierung jener steuerfreien Übertragung stiller Reserven und Lasten resultieren würde. Das bestehende umwandlungssteuerrechtliche Regel-Ausnahme-Verhältnis spiegelt das Verständnis der Organisationsakttheorie unzutreffend wider, weil die Steuerneutralität de lege lata die Ausnahme ist. Insofern lässt sich daraus der Rückschluss ziehen, dass der Gesetzgeber die Organisationsakttheorie ablehnt.364
361 Vgl. Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 1993, 820; Knobbe-Keuk in FS RFH/BFH, 1993, 303 (316); zur Ablehnung der Tauschähnlichkeit von Einbringungen in eine Mitunternehmerschaft Niehus, StuW 2017, 27 (41 ff.); glA. Hennrichs, DStJG 43 (2020), 145 (158). 362 So zutreffend Hennrichs, DStJG 43 (2020), 145 (161). 363 Vgl. zu österreichischen Umgründungen: ErlRV UmgrStG 266, BlgNR XVIII. GP, 15; dazu ausführlich unter Abschnitt F.III.2.a). 364 So Kredig, Besteuerung stiller Reserven, 2013, 278; Riedel, Das Umwandlungssteuerrecht der Mitunternehmerschaft, 2018, 43 f.
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III. Rechtfertigung der Steuerneutralität im UmwStG
Darüber hinaus lässt sich die Organisationsakttheorie nicht mit den grundlegenden Besteuerungsprinzipien in Einklang bringen. Allein die subjektive Ausrichtung des Leistungsfähigkeitsprinzips und der damit verbundenen leistungsfähigkeitsbeeinflussenden Wirkung stiller Reserven und Lasten sowie deren Subjektbindung spricht gegen die These vom steuerunbeachtlichen Organisationsakt. Die Organisationsakttheorie ignoriert vollständig diese subjektive Bindung stiller Reserven (und Lasten) sowie deren Qualität als besteuerungswürdige Leistungsfähigkeit. Dies ist nicht überraschend, da insbesondere die Vertreter der Organisationsakttheorie eben die leistungsfähigkeitsbeeinflussende Wirkung stiller Reserven und Lasten erst in deren Realisationszeitpunkt anerkennen und nicht bereits in deren Entstehungszeitpunkt.365 Darüber hinaus liegt der Organisationsakttheorie eine betriebsbezogene Betrachtung zugrunde, da davon ausgegangen wird, dass stille Reserven (und stille Lasten) so lange nicht zu realisieren seien, wie sie an den Betrieb gebunden sind.366 Weil ausschließlich der Betrieb im Mittelpunkt der Betrachtung steht, komme es demnach lediglich auf den Fortbestand des Unternehmens an. Damit wird der subjektiven Ausrichtung des geltenden Ertragsteuerrechts nicht ausreichend Rechnung getragen, weil allein das Steuersubjekt und nicht der Betrieb Anknüpfungspunkt für die Besteuerung ist.367 Die ertragsteuerliche Behandlung von Umstrukturierungen muss somit daran gemessen werden, ob die Umstrukturierung Auswirkung auf die hinter dem Betrieb stehenden Steuersubjekte hat. Anders formuliert, ist es entscheidend, ob bedingt durch die Umstrukturierung stille Reserven und Lasten interpersonell einem anderen als dem bisherigen Steuersubjekt zugeordnet werden. Folglich ist lediglich der homogene Formwechsel, dh. innerhalb eines Besteuerungssystems besteuerungsunwürdig, weil das Steuersubjekt von dem Formwechsel nicht tangiert wird.368 Gleichwohl ist zuzugestehen, dass allein aufgrund des Subjektsteuerprinzips noch keine Aussage darüber getroffen werden kann, welchen Gewinnreali365 Vgl. Hennrichs, DStJG 43 (2020), 145 (164); Knobbe-Keuk, DStR 1985, 494 (494 f.); Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 1993, 268 f. 366 Vgl. Knobbe-Keuk, DStR 1984, 494; Keuk, DB 1972, 1643 (1647). 367 So schon krit. zur betriebsbezogenen Betrachtung Salditt, StuW 1972, 353 (354 f.); vgl. auch Tipke, DStJG 4 (1981), 1 (10), der konkret den Vertretern der Organisa tionsakttheorie vorwirft das „Individual- oder Subjektprinzip“ zu ignorieren, siehe dazu Riedel, Das Umwandlungssteuerrecht der Mitunternehmerschaft, 2018, 42; Hohenwarter-Mayr, Rechtsnachfolge, 2019, 502. 368 Vgl. Kredig, Besteuerung stiller Reserven, 2013, 278, Hohenwarter-Mayr, Rechtsnachfolge, 2019, 503.
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C. Herleitung der Rechtfertigung der Buchwertfortführung des UmwStG
sierungstatbestand Umstrukturierungen iSd. UmwStG verwirklichen. Pragmatisch dürfte sich wohl feststellen lassen, dass ein grundsätzlicher Zwang zur Gewinnrealisierung existiert, da ansonsten das UmwStG nicht notwendig wäre.369 Dies steht auch mit der Zielsetzung des U mwStG im Einklang, betriebswirtschaftliche Umstrukturierungen nicht durch steuerliche Folgen zu behindern, die ohne die umwandlungssteuerrechtlichen Besonderheiten nicht eingetreten wären.370 Dies lässt den Rückschluss zu, dass auch der Gesetzgeber das UmwStG als notwendig erachtet, da andernfalls ein intersubjektiver Reserven- und Lastentransfer eine Realisierung auslösen würde. Zugegebenermaßen existiert kein spezieller ertragsteuerlicher Tatbestand, welcher Umwandlungen eindeutig als Gewinnrealisierungstatbestand einordnet.371 Jedoch lässt sich der Realisationszwang von Umwandlungen aus den allgemein gültigen Veräußerungs- und Betriebsaufgabetatbeständen ableiten. Der herrschenden Auffassung ist somit zuzustimmen, dass bei einer Umstrukturierung gegen die Gewährung von Gesellschaftsrechten von einer tauschähnlichen Veräußerung auszugehen ist. Denn grds. müssen bei einer Gegenleistung in Form von Gesellschaftsrechten dieselben steuerlichen Konsequenzen gezogen werden wie bei anderen (monetären) Gegenleistungen. Dies gilt auch dann, wenn die Gegenleistung den Anteilseignern des übertragenden Steuersubjekts gewährt wird und nicht dem Steuersubjekt selbst. Zwar liegt kein synallagmatischer Umsatzakt vor. Ein solcher ist aber für steuerliche Zwecke nicht erforderlich. Nach der hier vertretenen Auffassung – entgegen der Auffassung des BFH372 – scheitert jedoch die Qualifikation als tauschähnlicher Veräußerungsvorgang dann, wenn die intersubjektive Übertragung stiller Reserven und Lasten nicht gegen die Gewährung von Gesellschaftsrechten erfolgt, was insb. bei der Aufwärtsverschmelzung der Fall ist. Gleichwohl qualifizieren diese Fälle dann als Betriebsaufgabe iSv. § 16 Abs. 3 EStG, weil die Existenz des wirtschaftlichen Organismus des Betriebs des übertragenden Rechtsträgers mit der Umwandlung endet, und zwar ungeachtet der Fortführung des unternehmerischen Engagements beim übernehmenden Rechtsträger.373
369 Vgl. zum österreichischen UmgrStG Hohenwarter-Mayr, Rechtsnachfolge, 2019, 503. 370 Zum UmwStG 1995: BT-Drs. 12/6885, 14; zum UmwStG 2006: BT-Drs. 16/2710, 25 371 Anders die Regelungen im österreichischen Steuerrecht, siehe dazu Abschnitt F.III.1.c). 372 BFH v. 24.01.2018, I R 48/15, B StBl. II 2019, 45. 373 Vgl. Kredig, Besteuerung stiller Reserven, 2013, 294 f.
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III. Rechtfertigung der Steuerneutralität im UmwStG
Schlussendlich kann es dahinstehen, ob sich eine Qualifikation von Umstrukturierungen iSd. UmwStG als Veräußerungs- und Anschaffungsvorgänge aus den grds. steuerrechtlichen Grundprinzipien ableiten lässt. Denn der Gesetzgeber hat die Umstrukturierungstatbestände des UmwStG konzeptionell derart ausgestaltet, dass sie im Grunde Veräußerungs- und Anschaffungsvorgänge darstellen und ihnen demnach auch ein Realisationsgedanke innewohnt.374
2. Rechtfertigung der Steuerneutralität Die vorstehenden Ausführungen haben gezeigt, dass Umstrukturierungen iSd. UmwStG de lege lata eine grds. Realisation zur Folge haben bzw. die Besteuerung im Rahmen der Umstrukturierung dann geboten ist, wenn stille Reserven und Lasten interpersonell das Steuersubjekt wechseln. Folglich ist die Steuerneutralität iSd. Buchwertfortführung als Ausnahme dieser Realisation rechtfertigungsbedürftig. Mit welcher Begründung eine Steuerneutralität iSd. UmwStG gerechtfertigt werden kann, wird nachfolgend dargelegt. a) Keine Realisation von Markteinkommen In der Literatur wird zur dogmatischen Begründung der Steuerneutralität auf die Markteinkommenstheorie zurückgegriffen. Umwandlungen seien Vorbereitungshandlungen, um, unter Erhaltung der bisherigen Rechts- bzw. Unternehmensform zukünftig Markteinkommen zu erzielen.375 Umwandlungen seien zwar technisch betrachtet (besondere) Umsatzakte,376 jedoch erfolge eben keine Marktrealisation, sodass mit Blick auf den Verhältnismä374 GlA. Desens, DStJG 43 (2020); 73 (98); Riedel, StuW 2019, 225 (227); Graw in FS BFH, 2018, 1433 (1437). 375 So Rödder, DStJG 25 (2002), 253 (255); Rödder in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, Einf. UmwStG, Rn. 5; Herlinghaus in GS Knobbe-Keuk, 2011, 67 (70); Kredig, Besteuerung stiller Reserven, 2013, 301 (311); Graw in FS BFH, 2018, 1433 (1438, 1452 f.); Riedel, Das Umwandlungssteuerrecht der Mitunternehmerschaft, 2018, 85; Riedel, Ubg 2018, 148 (149); Riedel, StuW 2019, 225 (228). So schon Albach, StbJb. 1970/1971, 289 (298); Lang, Bemessungsgrundlage, 1988, 347 f.; Herzig, GmbHR 1987, 140 (142). 376 Vgl. Rödder, D StJG 25 (2002), 253 (255); Rödder in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, Einf. U mwStG, Rn. 5; Graw in FS BFH, 2018, 1433 (1437 f.); Herlinghaus in GS Knobbe-Keuk, 2011, 67 (70 f.); ausdrücklich aA. Hennrichs, DStJG 43 (2020), 145 (158 f.).
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C. Herleitung der Rechtfertigung der Buchwertfortführung des UmwStG
ßigkeitsgrundsatz auf eine Besteuerung verzichtet und – unter Durchbrechung des Subjektsteuerprinzips377 – ein intersubjektiver Reserventransfer akzeptiert wird.378 Eine Besteuerung erfolgt erst im Zeitpunkt der tatsächlichen (Markt-)Realisation bei der Übernehmerin. Außerdem stellen Gewinne aufgrund im Rahmen von Umwandlungen realisierten stillen Reserven reine Buchgewinne dar, weshalb es an einem Liquiditätszuwachs fehlt. Daher kann das Leistungsfähigkeitsprinzip unter einer Liquiditätsbetrachtung modifiziert werden.379 Dies entspricht rechtsmethodisch einer teleologischen Reduktion des Veräußerungsprinzips bzw. der Gewinnrealisationstatbestände, da das Ertragsteuerrecht vom Grundgedanken her auf eine Besteuerung der am Markt realisierten Leistungsfähigkeit abzielt.380 Diese Idee findet sich in der Grundintention auch in der frühen Rechtsprechung wieder, wonach bloße Vorbereitungshandlungen zur späteren Gewinnerzielung unter einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise keine Gewinnrealisierung auslösen sollen, weil lediglich das unternehmerische Engagement in einer anderen Form fortgeführt werde.381 Ähnlich drückt es auch der Gesetzgeber in den Gesetzesmaterialien zum U mwStG 1969 aus:382 „[…] Hier gilt es, die betriebswirtschaftlich und rechtlich passende Unternehmensform zu finden und die früher einmal gewählte, durch die veränderten Verhältnisse überholte Rechtsform zu ändern, um so die Leistungsfähigkeit in höchst möglichem Maße zu steigern. […]“. Die teleologische Reduktion der umwand377 Siehe auch Zimmermann, Ubg 2018, 17 (18 f.); Hageböke/Stangl, DK 2020, 424 (430). 378 IdS Schaumburg in FS Herzig, 2010, 711 (715); Schaumburg, G mbHR 2010, 1341 (1343). Hingegen geht Lang, Bemessungsgrundlage, 1988, 353 f., von einem, sich aus dem Kontinuitätsprinzip ergebenden, Grundsatz der Buchwertfortführung aus, der allein der Vermeidung einer Übermaßbesteuerung dient; vgl. bereits Schmidt, FR 1976, 462 (462), nach dem es einen ungeschriebenen Rechtsatz gebe, dass eine grundsätzlich vorgesehene Gewinnrealisierung nicht ausgelöst wird, wenn die Steuerverstrickung (künftige Besteuerung) der stillen Reserven gesichert ist und weitere Bestimmungen der Einzelfallregelung erfüllt seien. 379 Vgl. Lang, Bemessungsgrundlage, 1988, 362 ff.; glA. Graw in FS BFH, 2018, 1433 (1438). 380 So Riedel, Das Umwandlungssteuerrecht der Mitunternehmerschaft, 2018, 86; Herzig in FS Widmann, 2000, 393 (398, 400); Knobbe-Keuk in FS RFH/BFH, 1993, 303 (317); Jakob/Gies, BB 1987, 1710 (1714); ähnlich Graw in FS BFH, 2018, 1433 (1453). 381 Sog. Engagementgrundsatz: vgl. schon RFH v. 09.05.1933, VI A 434/40, RFHE 33, 276; BFH v. 28.07.1960, IV 27/59 U, BStBl. III 1960, 403; v. 13.07.1965, I 167/59 U, BStBl. III 1965, 640, unter II. (juris Rn. 13); v. 29.03.1972, I R 43/69, BStBl. II 1972, 537, unter 2. 382 BT-Drs. V/3186, 6.
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lungssteuerrechtlichen Gewinnrealisationstatbestände wird von Riedel383 als Kontinuitätsprinzip und daher als spezielle Ausprägung des Markteinkommensprinzips bezeichnet.384 Der markttheoretische Erklärungsansatz ist grds. nachvollziehbar. Denn Unternehmensumstrukturierungen dienen aus ökonomischer Sicht nicht der Liquiditätsgenerierung, sondern sind allein besondere wirtschaftliche Vorgänge zur Veränderung bzw. zum „Formwechsel“ der (rechtlichen) Unternehmensorganisation.385 Insbesondere können Umstrukturierungen durch allgemeine Marktentwicklungen oder aufgrund anderer externer Einflüsse, als auch durch unternehmerinterne strategische Ziele motiviert sein.386 Folglich lässt dies den Rückschluss zu, dass Umstrukturierungen iSd. UmwStG nicht einer unmittelbaren Monetarisierung des Vermögens, sondern der Aufrechterhaltung des betrieblichen Unternehmens unter anderen Gegebenheiten dienen sollen. Damit geht jedoch regelmäßig ein Wechsel des Steuersubjekts einher. Dies ist mit Blick auf das Markteinkommensprinzip vor allem dann problematisch, wenn die Auffassung vertreten wird, dass stille Reserven und stille Lasten bereits im Entstehungszeitpunkt die Leistungsfähigkeit erhöhen resp. vermindern.387 Denn das Kontinuitätsprinzip kann nur dann eine Geltung entfalten, wenn man die Auffassung zugrunde legt, dass erst eine Realisation stiller Reserven (und Lasten) einen Einfluss auf die Leistungsfähigkeit begründet und die Gewährung von Gesellschaftsrechten keine Marktrealisation bedeutet.388 Anders formuliert kommt es nicht auf das Vorliegen einer Marktrealisation an, wenn die leistungsfähigkeitsbeeinflussende Wirkung bereits im Entstehungszeitpunkt stiller Reserven und Lasten bejaht wird. Dies ist darauf zurückzuführen, dass allein das Subjektsteuerprinzip gilt und dieses ungeachtet einer Marktrealisation eine Besteuerung der stillen Reserven und Lasten erfordert.389 Das markteinkommenstheoretisch hergeleitete Kontinuitätsprinzip kann daher in der 383 Vgl. Riedel, Das Umwandlungssteuerrecht der Mitunternehmerschaft, 2018, 87. 384 Siehe zum Kontinuitätsprinzip als Grundsatz der Buchwertfortführung zur Vermeidung einer Übermaßbesteuerung: Lang, Bemessungsgrundlage, 1988, 353 ff.; Wendt in FS Lang, 2010, 699 (699); Maetz, Der Teilbetrieb im UmwStG, 2017, 105; krit. Riedel, Das Umwandlungssteuerrecht der Mitunternehmerschaft, 2018, 83 f. 385 Vgl. zum österreichischen UmgrStG: ErlRV UmgrStG 266, BlgNR XVIII. GP, 15; Farmer in FS Pircher, 2007, 99 (101); Hohenwarter-Mayr, D StJG 43 (2020), 421 (429); Hohenwarter-Mayr, Rechtsnachfolge, 2019, 537 (dort Fn. 2737). 386 Siehe dazu ausführlich Förster, Umstrukturierung, 1991, 19 ff. 387 Siehe bereits Abschnitt B.III. 388 Vgl. nur Desens, DStJG 43 (2020), 73 (107). 389 Vgl. Desens, DStJG 43 (2020), 73 (107).
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C. Herleitung der Rechtfertigung der Buchwertfortführung des UmwStG
vorliegenden Untersuchung nicht allein als Rechtfertigungsgrund für die Steuerneutralität herangezogen werden. Es stellt sich daher die Frage nach dem Rechtfertigungsgrund für die Durchbrechung des Subjektsteuer- und des Entstrickungsprinzips. b) Steuerneutralität als ökonomisches Bedürfnis ungeeignet Fraglich ist, inwiefern die Durchbrechung des Subjektsteuerprinzips und damit erfolgende Steuerneutralität mit einem ökonomischen Bedürfnis gerechtfertigt werden kann. Ohne die begünstigende Buchwertfortführung für Umstrukturierungen käme es bei stillen Reserven zu deren Aufdeckung und zu einer Steuerbelastung. Diese Steuerbelastung würde somit eine prohi bitive Wirkung entfalten,390 sodass das Steuerrecht somit zu einer „Umstrukturierungsbremse“391 würde. Dies entspricht auch der Zielsetzung, wonach betriebswirtschaftlich gewollte Umstrukturierungen nicht durch steuerliche Folgen behindert werden sollen.392 Vereinzelt wird das ökonomische Bedürfnis für die Steuerneutralität als deren Rechtfertigungsgrund angeführt.393 Freilich lässt sich ein ökonomisches Bedürfnis nach Steuerneutralität nicht leugnen. Allerdings ist diese Notwendigkeit als Rechtfertigungsgrund wohl eher nur aus pragmatischer Sicht anzuführen.394 Als Rechtfertigungsgrund für die Durchbrechung rechtlicher Prinzipien reicht das ökonomische Bedürfnis nicht aus. c) Steuerneutralität als außerfiskalisches Lenkungsziel unter einem gewissen Maß an Kontinuität Gleichwohl lässt sich die gesetzgeberische Zielsetzung (Abbau steuerlicher Hemmnisse für betriebswirtschaftlich erwünschte bzw. sinnvolle Umstrukturierungen395) dahingehend verstehen, dass die Steuerneutralität durch den 390 Vgl. im Kontext der FRL: Saß, DB 1990, 2340 (2341): „[…] erhebliche Steuern auslösen können, die die [Umstrukturierung] wirtschaftlich untragbar machen würden […]. 391 Crezelius in FS Widmann, 2000, 241 (246). 392 Vgl. BT-Drs. 12/6685, 14 (UmwStG 1995); idS auch BT-Drs. 16/2710, 25 (UmwStG 2006). 393 Vgl. BFH v. 13.07.1965, I 167/59 U, BStBl. III 1965, 640, unter II.; v. 10.02.1972, IV 317/65, BStBl. II 1972, 419, unter 1. (juris Rn. 11); dahingehend auch BFH v. 21.08.1961, I 32/61 U, B StBl. III 1961, 500, juris Rn. 12. 394 Vgl. statt vieler Rödder in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, Einf. UmwStG Rn. 5. 395 So ausdrücklich BT-Drs. 12/6685, 14 (UmwStG 1995); BT-Drs. 16/2710, 25 (UmwStG 2006).
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Gesetzgeber als eine Rechtfertigung eines außerfiskalischen Lenkungsziels zur Förderung des Gemeinwohls verstanden wird.396 Dies lässt sich auch dem BFH-Urteil v. 15.04.2015 entnehmen, wo in Bezug auf Einbringungen iSv. § 20 U mwStG festgestellt wurde, dass der Gesetzgeber nicht verpflichtet sei, auf „[…] die auf die vom Leistungsfähigkeits- und Subjektsteuerprinzip gebotene Versteuerung […] zu verzichten“397. Der Besteuerungsverzicht bei Umstrukturierungen erfolge somit freiwillig, um […] die Umstrukturierung von Unternehmen aus wirtschaftspolitischen Gründen (Herv. d. Verf.) zu erleichtern […]“398. Die Rechtfertigung der Durchbrechung des Subjektsteuerprinzips in Gestalt eines intersubjektiven Reserven- und Lastentransfers durch außerfiskalische Gründe wird auch im Schrifttum bejaht, indem Buchwertfortführungstatbestände als Lenkungsnormen qualifiziert werden.399 Darüber hinaus räumt auch die Judikatur des B VerfG dem Gesetzgeber die Berechtigung ein, durch steuerliche Vorschriften außerfiskalische Gründe zu verfolgen.400 Folglich stellt sich die Frage nach dem außerfiskalischen Förderungsziel des UmwStG. aa) Entscheidungsneutralität als Förderungsziel des UmwStG Außerfiskalische Förderungsziele können bspw. Steuerentlastungen darstellen. Im Kern sieht das U mwStG einen intersubjektiven Transfer stiller Reserven und Lasten in Form der Buchwertfortführung vor, obwohl diese bereits aus Gründen des Subjektsteuerprinzips der Besteuerung unterworfen werden müssten. Durch die Möglichkeit der umwandlungssteuerrechtlichen Buchwertfortführung wird insoweit eine Steuerneutralität erreicht, sodass eine temporäre Steuerentlastung in Form eines Besteuerungsaufschubs bis zur Realisation der stillen Reserven und Lasten am Markt erfolgt, sofern damit kein endgültiger Steuerverzicht einhergeht.401 Außerfiskalische Förderungsziele im Sinne von Steuerentlastungen sind jedoch nur dann zuläs396 Vgl. statt vieler Desens, DStJG 43 (2020), 73 (123); ähnlich zur Realteilung: Hey in GS Trzaskalik, 2005, 210 (229); Herlinghaus in GS Knobbe-Keuk, 2011, 67 (75); Danz, FR 2018, 160 (166); wohl aA. Riedel, Das Umwandlungssteuerrecht der Mitunternehmerschaft, 2018, 79; Riedel, StuW 2019, 225 (228). 397 BFH v. 15.04.2015, I R 54/13, B StBl. II 2017, 136, unter II.2.b)aa). 398 BFH v. 15.04.2015, I R 54/13, BStBl. II 2017, 136, unter II.2.b)aa). 399 Vgl. zB. Danz, FR 2018, 160 (166); Kredig, Besteuerung stiller Reserven, 2013, 301; so schon abstrakt Tipke, DStJG 4 (1981) 1, (10). 400 Vgl. BVerfG v. 17.12.2014, 1 BvL 21/12, BVerfGE 138, 136, unter B.III.1.c) mwN. 401 Vgl. Herlinghaus, DStJG 43 (2020), 283 (288 f.); BFH v. 30.05.2018, I R 31/16, BStBl. II 2019, 136, unter II.3.b)aa).
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C. Herleitung der Rechtfertigung der Buchwertfortführung des UmwStG
sig, wenn die Förderung aus Gründen des Gemeinwohls erfolgt.402 Ausreichend dafür sind nach der Rechtsprechung des BVerfG bereits „sachbezogene Gesichtspunkte“, solange sich diese nicht auf Umstände stützen, welche im Rahmen einer auf Lebenserfahrung beruhenden Würdigung widersprüchlich wären.403 Des Weiteren ist es erforderlich, dass der Tatbestand das Förderungsziel widerspiegelt, wobei es ausreichend ist, wenn der Förderungstatbestand – sei es direkt im Gesetzestext oder indirekt in den Gesetzesmaterialien – eine gesetzgeberische Entscheidung erkennen lässt.404 Der von dem Gesetzgeber in der Gesetzesbegründung niedergeschriebene Zweck ist zumindest missverständlich ausgedrückt. Die Qualifikation einer Umwandlung als betriebswirtschaftlich sinnvoll ist nicht Tatbestandsvo raussetzung für die umwandlungssteuerrechtliche Buchwertfortführung, sodass das Umwandlungssteuerrecht insofern wertneutral ausgestaltet ist.405 Darüber hinaus erfolgt ebenso keine teleologische Reduktion der begünstigenden Rechtsfolgen des UmwStG auf betriebswirtschaftlich sinnvolle Umstrukturierungen.406 Die Bewertung, ob eine Umstrukturierung aus betriebswirtschaftlicher Perspektive sinnvoll ist oder nicht, obliegt schließlich dem Unternehmer. Der Gesetzgeber unterstellt lediglich, dass eine Umstrukturierung erfolgt, wenn diese eben durch den Unternehmer als betriebswirtschaftlich sinnvoll qualifiziert wird. Folglich ist der Zweck des UmwStG zur Legitimierung der Steuerneutralität von Umstrukturierungen die Vermeidung einer steuerlichen Benachteiligung von Umstrukturierungen gegenüber der Fortführung des Unternehmens in der bisherigen Rechtsoder Kooperationsform. Anders ausgedrückt soll ein Unternehmensträger eine Änderung der bisherigen Rechts- oder Kooperationsform seines Unter402 Vgl. zu diesem Erfordernis BVerfG v. 22.06.1995, 2 BvL 37/91, BVerfGE 93, 121, unter C.III.2.c)aa) mit Verweis auf B VerfG v. 17.07.1994, 1 BvR 51/69 (u.a.), BVerfGE 38, 61; siehe auch B VerfG v. 17.12.2014, 1 BvL 21/12, BVerfGE 138, 136, unter B.III.1.c). 403 Vgl. B VerfG v. 17.12.2014, 1 BvL 21/12, BVerfGE 138, 136, unter B.III.1.c) 404 Vgl. B VerfG v. 22.06.1995, 2 BvL 37/91, BVerfGE 93, 121, unter C.III.2.c)bb); v. 11.11.1998, 2 BvL 10/95, BVerfGE 99, 280, unter C.II.3.e); v. 06.03.2002, 2 BvL 17/99, BVerfGE 105, 73, unter C.II.1.; v. 20.04.2004, 1 BvR 905/00, 1 BvR 1748/99BVerfGE 110, 274, unter C.I.3.; v. 21.06.2006, 2 BvL 2/99, BVerfGE 117, 1, unter C.I.3.b); v. 17.04.2008, 2 BvL 4/05, BVerfGE 121, 108, unter C.I.1.b); vgl. Hey in Tipke/Lang, 2021, Rn. 3.21. 405 Siehe Riedel, Das Umwandlungssteuerrecht der Mitunternehmerschaft, 2018, 78 f.; Desens, DStJG 43 (2020), 73 (124). 406 Vgl. Pohl, D StJG 43 (2020), 13 (26); Riedel, Das Umwandlungssteuerrecht der Mitunternehmerschaft, 2018, 78–79.
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nehmens nicht deshalb ablehnen, weil eine solche Umstrukturierung steuerliche Folgen auslöst, welche bei bloßer Fortführung des Unternehmens in der bisherigen Form nicht eintreten würden. Dieses Absenken steuerlicher Hemmnisse – bei der Wahl der aus Sicht des Unternehmensträgers besten Kooperations- oder Rechtsform seines Unternehmens – bedeutet letztendlich nichts anderes, als dass diese wirtschaftliche Entscheidung nicht durch steuerliche Folgen beeinflusst werden sollen. Wenn sich steuerliche Folgen nicht auf die Rangfolge der Handlungsalternativen auswirken sollen, beschreibt dies den Topos der Entscheidungsneutralität,407 sodass steuerliche Planungsaktivitäten und etwaige Ausweichgestaltungen entfallen.408 Konkret bedeutet dies, dass das UmwStG eine Entscheidungsneutralität hinsichtlich der Wahl der Unternehmensstruktur gewährleisten soll, sodass der Unternehmensträger bei der Wahl der für sein Unternehmen geeignetsten Unternehmensform und -struktur nicht durch steuerliche Folgen beeinflusst wird.409 Die Entscheidungsneutralität im Hinblick auf die Rechtsformwahl, dh. in concreto der Abbau steuerlicher Hindernisse bei Umstrukturierungen, wird durch die Buchwertfortführung und einen daraus resultierenden temporären Besteuerungsverzicht erreicht.410 bb) Anforderungen an die zwecktaugliche Ausgestaltung Neben der gesetzgeberischen Entscheidung ist es erforderlich, dass der Förderungstatbestand in einem Mindestmaß zweckgerecht ausgestaltet ist.411 Dies bedeutet, dass er geeignet sein muss, das Förderungsziel zu erreichen.412 Aus der Rechtsprechung des RFH413 und des BFH414, in der vor der Schaf407 Vgl. Schneider, Steuerlast und Steuerwirkung, 2002, 97; Schreiber/Kahle/Ruf, Besteuerung der Unternehmen, 2021, 885; Musil/Leibohm, FR 2008, 807 (807); Kavcic, Entscheidungsneutralität, 2014, 15–16. 408 Vgl. Wagner, StuW 2006, 93 (102); Wagner, StuW 1992, 2 (4). Rose, StuW 1985, 330 (340) hält eine Entscheidungsneutralität für entbehrlich, wenn sämtliche steuerlichen Folgen bereits bei der Planungssuche berücksichtigt werden können. 409 Vgl. nur Desens, DStJG 43 (2020), 73 (124). 410 Vgl. BFH v. 25.08.2010, I R 21/10, BFH/NV 2011, 258, unter II.1.b)bb)bbb). 411 Vgl. BVerfG v. 06.03.2002, 2 BvL 17/99, BVerfGE 117, 1, unter C.II.2. 412 Vgl. Birk/Desens/Tappe, Steuerrecht, 2021, 62 (Rn. 197); BVerfG v. 09.12.2008, 2 BvL 1/07, BVerfGE 122, 210. 413 Vgl. zu Einbringungen: RFH v. 26.11.1931, VI A 1978/31, RStBl. 1932, 624; v. 09.05.1933, VI A 434/30, RFHE 33, 276; v. 01.02.1934, VI A 1856/32, RFHE 35, 248; v. 12.04.1934, VI A 1559/32, RFHE 36, 171; v. 14.09.1935, VI A 443/34, RStBl. 1936, 121; v. 20.10.1941, VI 36/41, RStBl. 1942, 1. 414 Vgl. BFH v. 14.05.1969, I R 77/67, BStBl. II 1969, 598; v. 13.10.1971, I R 96/69, BStBl. II 1972, 97.
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fung einer gesetzlichen Regelung zur umwandlungssteuerrechtlichen Buchwertfortführung eine Steuerneutralität von Umstrukturierungen im Wege der Rechtsfortbildung begründet wurde, lassen sich zweierlei Kontinuitätsbedingungen ableiten, die kumulativ erfüllt sein müssen, um dem Förderungsziel ausreichend Rechnung zu tragen: die fortwährende Steuerverstrickung der stillen Reserven und die Fortsetzung des unternehmerischen Engagements.415 (1) Kontinuität durch fortwährende Steuerverstrickung Grundvoraussetzung für die Steuerneutralität des Umstrukturierungsvorgangs ist, dass die stillen Reserven auch in der neuen Rechts- oder Kooperationsform dem deutschen Besteuerungszugriff unterliegen.416 Damit erstreckt sich die Kontinuitätsbedingung auf die tatsächliche Steuerverstrickung der stillen Reserven im Inland. Dieses Erfordernis bedingt grds. einen Transfer der stillen Reserven durch eine Buchwertverknüpfung,417 die auch in den umwandlungssteuerrechtlichen Tatbeständen vorgesehen ist. Daraus geht wiederum hervor, dass der deutsche Fiskus weiterhin auf die stillen Reserven zugreifen kann, dh. das deutsche Besteuerungsrecht nicht durch die im Rahmen der Umwandlung erfolgende Vermögensübertragung berührt wird. Erfolgt hierdurch ein vollständiger oder nur beschränkter Ausschluss des deutschen Besteuerungszugriffs, wird diese Kontinuitätsbedingung verletzt, sodass ein Besteuerungsaufschub nicht mehr in Betracht kommt und vielmehr eine ultima ratio Besteuerung geboten ist. Dieser Kontinuitätsbedingung trägt das U mwStG ebenfalls Rechnung, indem die Sicherstellung des deutschen Besteuerungsrechts nach der Umwandlung notwendige Tatbestandsvoraussetzungen für den Buchwertansatz ist.418
415 Vgl. Desens, D StJG 43 (2020), 73 (125 f.); ähnlich Kredig, Besteuerung stiller Reserven, 2013, 302 ff., 305 f., 308 ff., der zur normativen Umsetzung der Rechtfertigung (wirtschaftspolitische Förderung) sowohl die ertragsteuerliche Verstrickung und den Ausschluss bzw. die ausschließliche Gewährung qualifizierter Gegenleistungen (Gesellschaftsrechten) herausgearbeitet hat. 416 Vgl. BFH v. 02.08.2012, IV R 41/11, BStBl. II 2019, 715; Schaumburg in FS Herzig, 2010, 711 (716). 417 So schon zu Einbringungen iSv. § 20 UmwStG: RFH v. 09.05.1933, VI A 434/30, RFHE 33, 276; BFH v. 08.12.1971, I R 219/69, B StBl. II 1972, 377, unter 2.a); v. 25.05.1962, I 155/59 U, B StBl. III 1962, 351 (juris Rn. 8 ff.). 418 Siehe dazu schon Abschnitt C.II.6.b)aa).
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(2) Kontinuität durch Fortsetzung des unternehmerischen Engagements Als zweite Kontinuitätsbedingung ist es zusätzlich erforderlich, dass mit der Umstrukturierung das betriebliche Engagement fortgeführt wird.419 Dies kommt darin zum Ausdruck, dass das ursprüngliche betriebliche Engagement auch in der neuen Rechts- oder Kooperationsform weitergeführt wird,420 da im Regelfall die Strukturveränderung der Fortführung des unternehmerischen Engagements dient.421 Dies ist aus wirtschaftspolitischen Gründen nachvollziehbar, wenn seitens des Gesetzgebers unterstellt wird, dass durch die Fortführung des betrieblichen Engagements Arbeitsplätze gesichert, der Wirtschaftsstandort gefördert und dadurch auch langfristig Steuermehreinnahmen generiert werden.422 Der Formwechsel erfüllt diese Bedingung am ehesten, da der Formwechsel lediglich ein Wechsel des Rechtskleides bedeutet und dadurch insb. eine vermögensrechtliche Kontinuität ausdrückt.423 Die Fortführung des unternehmerischen Engagements äußert sich bei echten übertragenden Umwandlungen darin, dass die Steuerneutralität nur gewährt werden darf, wenn nach der Übertragung eine wirtschaftliche Verbindung zwischen dem Übertragungsobjekt und mindestens einem Steuersubjekt existiert. Der übertragende Rechtsträger muss in Bezug auf das Übertragungsobjekt auch weiterhin eine Gewinnchance bzw. ein Verlustrisiko besitzen.424 Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn die Gegenleistung für die Übertragung in Gesellschaftsrechten besteht, der übertragende Rechtsträger daher noch qua gesellschaftsrechtlicher Beteiligung mit dem Übertragungsobjekt verbunden ist.425 419 Dahingehend auch Graw in FS BFH, 2018, 1433 (1453). 420 So grundlegend RFH v. 09.05.1933, VI A 434/30, RFHE 33, 276; BFH v. 28.07.1960, VI 27/59 U, BStBl. III 1960, 403; v. 13.07.1965, I 167/59 U, BStBl. III 1965, 640; v. 29.03.1972, I R 43/69, B StBl. II 1972, 537. 421 Vgl. Luckey, Gewinnrealisierung, 1977, 149 ff.; Blumers, DB 1995, 496 (500); Blumers, DB 2010, 1670 (1670); Greil, StuW 2011, 84 (87); Kredig, Besteuerung stiller Reserven, 2013, 301; Desens, DStJG 43 (2020), 73 (126). 422 Vgl. Danz, FR 2018, 160 (168). 423 Vgl. zB. Hennrichs, DStJG 43 (2020), 145 (147 f.). 424 Vgl. nur Desens, DStJG 43 (2020), 73 (126 f.). 425 Vgl. Desens, D StJG 43 (2020), 73 (127); so auch Riedel, Das Umwandlungssteuerrecht der Mitunternehmerschaft, 2018, 124; Graw in FS BFH, 2018, 1433 (1453); in diesem Sinne auch Beinert, DStJG 43 (2020), 317 (320). Die Rechtsprechung des RFH kann so verstanden werden, als dass der RFH strengere Maßstäbe für die wirtschaftliche Verbindung qua gesellschaftsrechtlicher Beteiligung fordert. So muss die Beteiligung ausdrücken, dass der ursprüngliche Betriebsinhaber „Herr des Betrie-
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Es stellt sich die Frage, wie das Kriterium der wirtschaftlichen Verbundenheit ausgestaltet werden kann, wenn die Übertragung ohne Gewährung von Gesellschaftsrechten, zB. im Falle der Aufwärtsverschmelzung einer Kapi talgesellschaft auf ihre alleinige Muttergesellschaft, erfolgt. Bei solchen Konzentrationsvorgängen kann die wirtschaftliche Verbindung logischerweise nicht in Gesellschaftsrechten, sondern nur in der Art fortbestehen, dass qualifizierte Übertragungsobjekte in das eigene Betriebsvermögen inte griert werden. Im Kontext der Realteilung einer OHG entschied der BFH am 06.05.1962426, dass die gesellschaftsrechtliche Beteiligung an dem Gesamthandsvermögen der OHG in die Vollherrschaft über verselbstständigte Güter (Teilbetrieb) des Unternehmens umgewandelt wird und das „alte Unternehmen“ somit durch den übernehmenden Gesellschafter „in seinen Gliedern“ fortgeführt wird.427 Dieser Gedanke lässt sich auch auf die umwandlungssteuerrechtlichen Konzentrationsvorgänge (wie bspw. die Aufwärtsverschmelzung) übertragen, da insoweit die gesellschaftsrechtliche Beteiligung an der übertragenden Tochtergesellschaft gegen das Allein eigentum der ihr gehörenden Wirtschaftsgüter „umgewandelt“ und folglich das betriebliche Engagement der Tochtergesellschaft durch die übernehmende Muttergesellschaft fortgeführt wird.428 Überdies wird eben diese Kontinuitätsbedingung im geltenden U mwStG abgebildet, indem die umwandlungssteuerrechtlichen Buchwertfortführungstatbestände lediglich Ge sellschaftsrechte als Gegenleistung zulassen429 bzw. andere Gegenleistungen430 einschränken,431 wobei indes überhaupt die Zulassung von anderen Gegenleistungen als Gesellschaftsrechte für sich eine Ausnahme darstellt. Es ist somit festzuhalten, dass die zweite Kontinuitätsbedingung in Form der Fortführung des unternehmerischen Engagements in anderer Rechts- oder Kooperationsform dann erfüllt ist, wenn im Rahmen der Umwandlung entbes“ (dahingehend RFH v. 09.03.1933, VI A 434/30, RFHE 33, 276, Ls. 2) oder am Übertragungsobjekt „wesentlich beteiligt“ bleibt (so RFH v. 20.10.1941, VI 36/41, RStBl. 1942, 1 [2]). 426 BFH v. 06.05.1952, I 17/52 U, BStBl. III 1952, 183. 427 Siehe auch BFH v. 10.02.1972, IV 317/65, BStBl. II 1972, 419, unter 1. 428 Vgl. dahingehend nur Desens, DStJG 43 (2020), 73 (127). 429 Vgl. § 3 Abs. 2 S. 1 Nr. 3, § 11 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 UmwStG 430 Dass die Einbringungen nach §§ 20 ff. UmwStG neben Gesellschaftsrechten in bestimmten Grenzen sonstige Gegenleistungen (zB. Geldleistungen) erlauben, ist Ausfluss einer typisierenden Betrachtung, wonach bei Überschreitung dieser Grenzen von einer Fortführung des unternehmerischen Engagements nicht mehr ausgegangen werden kann, vgl. dazu Beinert, DStJG 43 (2020), 317 (320, dort Fn. 11). 431 Siehe dazu schon Abschnitt C.II.6.b).bb).
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weder Gesellschaftsrechte ausgegeben werden und daher eine gesellschaftsrechtliche Verbindung zwischen Übertragungsobjekt und übertragendem Rechtsträger existiert, oder, wenn die Umwandlung ohne Gesellschaftsrechte erfolgt und das Übertragungsobjekt in das Unternehmen der übernehmenden Rechtsträgers integriert wird. Dies wird auch durch die umwandlungssteuerrechtlichen Tatbestandsvoraussetzungen widergespiegelt, welche im Regelfall nur Gesellschaftsrechte oder keine Gegenleistungen erlauben. Im Ausgangspunkt stimmt die Kontinuitätsbedingung der Fortführung des unternehmerischen Engagements mit dem markteinkommenstheoretischen Ansatz zur Rechtfertigung der Steuerneutralität432 überein. Denn Umwandlungen dienen nach hM idealiter nicht der Erzielung von Markteinkommen, sondern der Erhaltung und Verbesserung der Erwerbsgrundlage, was der Fortführung des Unternehmens entspricht. Indes ist der markteinkommenstheoretische Ansatz, der von einer teleologischen Reduktion des Gewinnrealisationstatbestandes ausgeht, im Rahmen der vorliegenden Untersuchung nicht geeignet, die Steuerneutralität von Umwandlungsvorgängen allein zu rechtfertigen. Aufgrund der Bejahung der leistungsfähigkeitsbeeinflussenden Wirkung stiller Reserven und Lasten in deren Entstehungszeitpunkt kann die Ablehnung eines realisierenden Marktvorgangs in diesen Fällen nämlich nicht allein die Durchbrechung des Subjektsteuerprinzips rechtfertigen. Vielmehr ist die Rechtfertigung der Herstellung einer steuerlichen Entscheidungsneutralität bei Umwandlungsvorgängen damit begründbar, dass sowohl das deutsche Besteuerungsrecht unverändert besteht als auch nach der Umwandlung eine wirtschaftliche Verbindung zwischen übertragendem Rechtsträger und Übertragungsobjekt existiert und dadurch die Fortsetzung des unternehmerischen Engagements gesichert ist. cc) Gesetzgeberische Freiheit zur Festlegung weiterer einzelfallbezogener Kontinuitätsbedingungen Neben der zweckmäßigen Ausgestaltung des Förderungstatbestands ist der Gesetzgeber ebenfalls dazu angehalten, den Förderungszweck gleichheitsgerecht umzusetzen.433 Fundamentaler Ausgangspunkt des Besteuerungssystems ist das Prinzip der Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähig-
432 Siehe dazu bereits oben unter Abschnitt C.III.2.a). 433 Vgl. B VerfG v. 09.12.2008, 2 BvL 1/07, BVerfGE 122, 210, unter C.I.2.b)aa); so bereits v. 22.06.1995, 2 BvL 37/91, BVerfGE 93, 121, unter C.III.2.c)bb).
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keit.434 Indes wird besonders im Kontext der umwandlungssteuerrechtlichen Buchwertfortführungstatbestände vom Leistungsfähigkeitsprinzip abgewichen bzw. die durch die stillen Reserven dargestellte Leistungsfähigkeit wird nicht besteuert und demnach verschont.435 Der Gesetzgeber hat jedoch im Rahmen der gleichheitsrechtlichen Umsetzung einen großzügigen Gestaltungsspielraum.436 Dieser Gestaltungsspielraum äußert sich insb. darin, dass es dem Gesetzgeber freisteht, neben den vg. Kontinuitätsbedingungen weitere Voraussetzungen für die Fortführung der Buchwerte festzulegen. Der I. Senat des BFH hat ebenfalls bejaht, sodass es dem Gesetzgeber, sofern er sich aus verfassungsrechtlich „freien Stücken“ dazu entschließe, die Umstrukturierung von Unternehmen aus wirtschaftspolitischen Gründen zu erleichtern und daher auf eine Besteuerung verzichtet, freistehe, die Grundvoraussetzungen („Preis“) für seine fiskalische Zurückhaltung zu bestimmen.437 Dies äußert sich bspw. in dem Erfordernis einer qualifizierten Beteiligung beim Anteilstausch (§ 21 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 U mwStG) sowie dem Teilbetriebserfordernis als ein Mindestmaß an das Übertragungsobjekt bei Spaltungen (§§ 15, 16 UmwStG) oder Einbringungen (§ 20 Abs. 1, § 24 Abs. 1 UmwStG).438 Die Formulierung dieser zusätzlichen Kontinuitätsbedingungen stellen den vom BFH angesprochenen Preis des Gesetzgebers für den durch die Buchwertfortführung gewährten Besteuerungsverzicht dar. Im Zuge dessen ist allerdings rechtpolitisch unbefriedigend, dass die einzelnen Kontinuitätsbedingungen in Abhängigkeit von der jeweiligen Umwandlungsart mitunter unterschiedlich ausgestaltet und nicht aufeinander abgestimmt sind.439 Denn Systeminkonsequenzen haben negative Effekte auf Rechtssicherheit und Planungskosten.440 Gleichwohl ist die kasuistische bzw. differenzierte Ausgestaltung der umwandlungssteuerrechtlichen Tatbestän434 Siehe dazu schon Abschnitt B.III.1.a). 435 Vgl. zu einer generellen Abweichung vom Leistungsfähigkeitsprinzip bei Lenkungsnormen Hey in Tipke/Lang, 2021, Rn. 3.131. 436 Vgl. zB. BVerfG v. 27.06.1991, 2 BvR 1493/89, BVerfGE 84, 268, unter C.I.1.c); v. 22.06.1995, 2 BvL 37/91, BVerfGE 93, 121, unter D.II:4.: „[…] Dem Gesetzgeber ist vielmehr gerade im Bereich des Steuerrechts ein großer Handlungsspielraum zu belassen. […]“; vgl. auch Hey in Tipke/Lang, 2021, Rn. 3.118 mwN. 437 So zutreffend BFH v. 15.04.2015, I R 54/13, BStBl. II 2017, 136, unter II.2.b)aa). 438 So auch Desens, DStJG 43 (2020), 73 (127). 439 Rödder, D StJG 25 (2002), 253 (Diskussionsbeitrag, 287) bezeichnet das UmwStG als „Flickenteppich […] mit zufälligen Einschränkungen […] und willkürlichen Voraussetzungen“; aA. Maetz, Der Teilbetrieb im UmwStG, 2017, 26 ff., 136 f.: „stringentes System“. 440 Vgl. dahingehend Hey in Tipke/Lang, 2021, Rn. 3.2.
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de im Hinblick auf den Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers zu akzeptieren.441 Umgekehrt ist es dem Gesetzgeber erlaubt, geforderte Kontinuitätsbedingungen abzusenken, wenn sich diese für die Erreichung der umwandlungssteuerrechtlichen Steuerneutralität als Hindernis erweisen. Gleichwohl ist dabei die Erfüllung der notwendigen Kontinuitätsbedingungen (Steuerverstrickung und Fortführung des unternehmerischen Engagements) erforderlich.442
3. Einschränkungen der Steuerneutralität a) Gesetzgeberische Freiheit zur Einschränkung unter Beachtung des Willkürverbots Der Gesetzgeber ist grds. angehalten, die einmal getroffene Belastungsentscheidung folgerichtig iSd. Belastungsgleichheit umzusetzen, sodass auf seiner Seite eine gewisse Selbstbindungspflicht besteht (sog. Folgerichtigkeitsgebot).443 Andererseits wird ihm aufgrund seines weiten Entscheidungsspielraums zugestanden, die Steuerneutralität durch zusätzliche Voraussetzungen oder Rückausnahmen einzuschränken.444 Denn der Gesetzgeber kann selbst den „Preis für seine Zurückhaltung“ bestimmen.445 Gleichwohl ist er dazu angehalten, das Willkürverbot einzuhalten.446 Eine Einschränkung der Steuerneutralität ist dann willkürlich, wenn ein sachgerechter Rechtfertigungsgrund fehlt und diese unsachliche Differenzierung offenkundig ist.447 Die Entscheidungsneutralität des UmwStG wird punktuell durch den Untergang von Verlustvorträgen und weiterem Verlustverrechnungspotenzial erreicht (wie bspw. nicht ausgeglichene negative Einkünfte, verrechenbare
441 So auch Desens, DStJG 43 (2020) 73 (127); aA. Jacobsen, FR 2011, 973 (974 f.). 442 Vgl. nur Desens, DStJG 43 (2020), 73 (128). 443 Vgl. Bowitz, Das objektive Nettoprinzip, 2016, 148 f.; Schön, StuW 2013, 289 (296). Zum Folgerichtigkeitsgebot siehe im Detail Abschnitt E.IV.1.a). 444 Vgl. nur Desens, DStJG 43 (2020), 73 (129). 445 BFH v. 15.04.2015, I R 54/13, B StBl. II 2017, 136, unter II.2.b)aa). 446 Siehe dazu auch Hey in Tipke/Lang, 2021, Rn. 3.124. 447 BVerfG v. 29.03.2017, 2 BvL 6/11, BStBl. II 2017, 1082, unter C.I.2.a); v. 15.12.2015, 2 BvL 1/12, BVerfGE 141, 1, unter C.II.1.a); v. 30.09.1987, 2 BvR 933/82, BVerfGE 76, 256, unter C.III.1.; siehe auch Mylich, FR 2019, 537 (542).
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Verluste nach § 15a EStG etc.).448 Diese umwandlungssteuerlichen Regelungen stellen jedoch keine Missbrauchsvermeidungsnormen dar449 und lassen sich demnach nicht mit einer Verhinderung von Missbräuchen rechtfertigen (zu Einschränkungen der Steuerneutralität zur Vermeidung von Missbräuchen sogleich). Vielmehr dienen die umwandlungssteuerrechtlichen Regelungen zum Verlustuntergang der Ausgestaltung der steuerlichen Rechtsnachfolge von Umstrukturierungen.450 Folglich stellt sich die Frage, ob die Einschränkungen auf Verlustvortragsseite ggfs. willkürlich sind. Nach Auffassung von Desens451 ist jedoch das Willkürverbot bei dem umwandlungsbedingten Untergang von Verlustvorträgen und weiterem Verlustverrechnungspotenzial nicht einschlägig.452 Es ist jedoch fraglich, wie eine fehlende Willkür im Zusammenhang mit dem Untergang von Verlustverrechnungspotenzial begründet werden kann, weil es auf den ersten Blick unsystematisch erscheint, den intersubjektiven Transfer stiller Reserven zuzulassen, auf Verlustseite diesen Transfer einzuschränken. Sofern – wie in der hier angestellten Untersuchung – von der Geltung des Subjektsteuerprinzips ausgegangen wird, ist es mit Blick auf die Rechtsprechung des Großen Senats des BFH zur Vererbbarkeit von Verlustvorträgen konsequent, einen Übergang von Verlustvorträgen und weiteren Verlustverrechnungspotenzialen nicht zuzulassen, da diese Verlustpositionen nach dem Subjektsteuerprinzip höchstpersönliche Güter sind und daher nicht zwischen Steuersubjekten übertragen werden können.453 Freilich spricht dagegen, dass bei Umwandlungen eben jenes Subjektsteuerprinzip ohnehin durchbrochen wird.454
448 Vgl. § 4 Abs. 2 S. 2, § 12 Abs. 3 Hs. 2, § 15 Abs. 3, § 20 Abs. 9, § 23 Abs. 5, § 24 Abs. 6 UmwStG. 449 So ausdrücklich BFH v. 17.11.2020, I R 2/18, BStBl. II 2021, 580, unter II.2a)bb). 450 Für Verschmelzungen siehe nur Rödder in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 12 UmwStG Rn. 341; Dötsch/Stimpel in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, § 12 UmwStG Rn. 75 f.; BFH v. 17.11.2020, I R 2/18, BStBl. II 2021, 580, unter II.2.a)bb). 451 Desens, DStJG 43 (2020), 73 (129). 452 AA. Mylich, FR 2019, 537 (539 ff.), der den anteiligen Untergang des Verlustvortrages im Falle der Abspaltung gem. § 15 Abs. 3 U mwStG als verfassungsrechtlichen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG einordnet, weil insb. gegen das Willkürverbot verstoßen wird. 453 Vgl. BFH v. 17.12.2007, GrS 2/04, BStBl. II 2008, 608. 454 So Hennrichs, DStJG 43 (2020), 145 (181); Riedel, StuW 2019, 225 (231). Zur konsequenten Durchbrechung des Subjektsteuerprinzips bei einem in toto bestehenden Überschusses an stillen Lasten siehe Abschnitt E.IV.1.
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b) Zulässigkeit der Einschränkungen der Steuerneutralität zur Vermeidung von Missbräuchen Der Gesetzgeber ist verpflichtet, die Steuerneutralität in Fällen einzuschränken, denen ein Potenzial für eine missbräuchliche Gestaltung innewohnt.455 Jedoch hat er einen Ermessensspielraum, welches Verhalten er als missbräuchlich qualifiziert.456 Dieser großzügige Maßstab des Gesetzgebers457 wird bei Missbrauchsvermeidungsnormen insofern begrenzt, als dass nur diejenigen von der Missbrauchsvermeidungsnorm getroffen werden dürfen, deren Handeln auch durch den Gesetzgeber als missbräuchlich qualifiziert wurde.458 Daraus folgt mittelbar eine Pflicht zur Einräumung einer Exkulpationsmöglichkeit des Steuerpflichtigen, den vom Gesetzgeber pauschal angenommenen Missbrauchsvorwurf zu entkräften,459 wobei hinsichtlich der Gegenbeweismöglichkeit keine zu strengen Anforderungen gestellt werden dürfen.460 Bspw. 455 Vgl. Gabel, StuW 2011, 3 (3, 5 f.); Gabel, Verfassungsrechtliche Maßstäbe spezieller Missbrauchsnormen, 2011, 150; so schon Drüen, StuW 2008, 154 (157 f.), der diese gesetzgeberische Schutzpflicht von Missbrauch aus Art. 3 Abs. 1 GG ableitet; zustimmend Hey, DStJG 33 (2010), 139 (166), die dem Gesetzgeber ein Ermessen zuspricht, ob er die allgemeine Missbrauchsnorm des § 42 AO zur Anwendung kommen lässt oder eine spezialgesetzliche Konkretisierung vornimmt. 456 BVerfG v. 08.06.1993, 1 BvL 20/85, BVerfGE, 98, 15, unter B.II.1.; Vgl. dazu bspw. Gabel, StuW 2011, 3 (10); Wernsmann/Desens, DStR 2008, 221 (224); Drüen, StuW 2008, 3 (13). 457 Desens, DStJG 43 (2020), 73 (127 f., 130) geht, unter Beachtung der durch das BVerfG judizierten Verfassungsmäßigkeit des § 18 Abs. 3 UmwStG (s. BVerfG v. 06.11.2008, 1 BvR 2360/07, NJW 2009, 499), davon aus, dass bei Typisierungen zur Missbrauchsvermeidung oder aus Vereinfachungszwecken ein großzügiger Maßstab anzulegen ist. 458 Wenn Missbrauchsnormen auch solche Fälle erfassen, die keinen Missbrauch darstellen, ist dies vom Grunde her nicht mit dem Folgerichtigkeitsgebot vereinbar, sodass Missbrauchsnormen generell nicht überschießend sein dürfen, vgl. Tipke, StuW 2007, 201 (210). 459 Eine unwiderlegliche Ausgestaltung von Missbrauchsvermeidungsnormen, die auch Gestaltungen erfassen, die nicht missbräuchlich sind, wäre unter Aspekten des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes durchaus problematisch, vgl. Gabel, StuW 2011, 3 (15). 460 Dem Steuerpflichtigen muss die realistische Chance eingeräumt werden, die Anforderungen des Gegenbeweises, ohne allzu großen Aufwand erbringen zu können, vgl. dahingehend Hey, DStJG 33 (2010), 139 (169 f.); zustimmend: Gabel, StuW 2011, 3 (15). Dies steht auch im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des EuGH, wonach die Möglichkeit eines Gegenbeweises im Falle der Vermutung einer steuerlich missbräuchlichen Gestaltung nicht zu übermäßigen Verwaltungszwängen führen darf, welche die Widerlegung übermäßig erschweren oder unmöglich machen, vgl. EuGH v. 13.03.2007, C-524/04, Test Claimants in the Thin Cap Group Li-
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trifft die durch das AbzStEntModG461 eingeführte Missbrauchsvermeidungsnorm des § 2 Abs. 5 UmwStG462 sämtliche Steuerpflichtigen, bei denen im Rahmen einer Umwandlung Finanzinstrumente oder Anteile an Körperschaften mit stillen Lasten auf den übernehmenden Rechtsträger übergehen. Als Rechtsfolge sieht § 2 Abs. 5 U mwStG ein Verlustverrechnungsverbot für im und außerhalb des Rückwirkungszeitraumes realisierte stille Lasten in Finanzinstrumenten oder Anteilen an Körperschaften vor. Werden die stillen Lasten weder im noch außerhalb des Rückwirkungszeitraums realisiert, erfolgt zum nächsten Bilanzstichtag eine Zwangsrealisation mit anschließendem Abzugsverbot.463 Das Abzugsverbot gilt indes nicht, wenn ohne die steuerliche Rückwirkung beim übertragenden Rechtsträger ein anderer als der gemeine Wert angesetzt werden kann (§ 2 Abs. 5 S. 5 U mwStG). Lediglich über die Exkulpationsmöglichkeit, dass Haupt- oder Nebenzweck der Umwandlung nicht in der Verrechnung negativer Einkünfte lag (§ 2 Abs. 5 S. 6 UmwStG), kann der Steuerpflichtige der Anwendung von § 2 Abs. 5 UmwStG insgesamt entgehen. Eine weitere Einschränkung der Steuerneutralität wird durch die typisierenden Missbrauchsvermeidungsnormen des § 22 Abs. 1 und Abs. 2 UmwStG kodifiziert.464 Unter bestimmten Kriterien kodifizieren § 22 Abs. 1 und Abs. 2 UmwStG eine rückwirkende Versagung der Steuerneutralität im Rahmen von Einbringungen in Kapitalgesellschaften nach §§ 20, 21 UmwStG. Auch hier geht der Gesetzgeber typisierend davon aus, dass eine Veräußerung oder der Eintritt eines gleichgestellten Ereignisses innerhalb von sieben Jahren grds. als missbräuchlich anzusehen ist. Es kommt indes nicht darauf an, ob die Einbringung iSd. § 20 U mwStG bzw. der Anteilstausch tigation, Slg. 2007, I-2107 (Rn. 82); v. 21.01.2010, C-311/08, SGI, Slg. I 2010, 511 (Rn. 71). 461 Abzugsteuerentlastungsmodernisierungsgesetz v. 02.06.2021, BGBl. I 2021, 1259. 462 Insb. die Gesetzesbegründung zu dem durch das AbzStEntModG eingeführten § 2 Abs. 5 UmwStG lässt darauf schließen, dass es sich um eine Missbrauchsvermeidungsnorm handelt; vgl. BT-Drs. 19/27632, 65 f.; Haase/Nürnberg, Ubg 2020, 674 (684); Liedgens, Ubg 2021, 283 (290). 463 Ausführlich zu den Rechtsfolgen von § 2 Abs. 5 U mwStG Liedgens, Ubg 2021, 283 (285 ff.). 464 Zur Einordnung von § 22 UmwStG als Missbrauchsvermeidungsnorm vgl. BT-Drs. 16/2710, 49 mit Hinweis auf Art. 11 Abs. 1 lit. a FRL 1990 (nunmehr Art. 15 Abs. 1 lit. a FRL); siehe auch Gille, IStR 2007, 194 (197); Heerdt, Ubg 2018, 70 (73); Hörtnagl, Stbg 2007, 257 (265); Jehke, DStR 2012, 677 (678); Graw, Anteilseignerbesteuerung, 2009, 193 f., 201; so auch FG Hamburg v. 21.05.2015, 2 K 12/13, EFG 2015, 1876.
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IV. Zusammenfassung
iSd. § 21 U mwStG mit anschließender Veräußerung oder einem gleichgestellten Ersatzrealisationstatbestand tatsächlich mit missbräuchlicher Intention (zB. zur Vorbereitung einer Veräußerung) erfolgt ist. Sowohl mit Blick auf die vorstehenden Ausführungen als auch auf die Missbrauchsklausel in Art. 15 Abs. 1 lit. a) der FRL ist es indes fraglich, ob die unwiderlegbaren Missbrauchsnormen des § 22 Abs. 1 und Abs. 2 UmwStG dem Normzweck (Verhinderung missbräuchlicher Gestaltungen) gerecht werden. Denn die rückwirkende Einbringungsgewinnbesteuerung trifft grds. alle Steuerpflichtigen und nicht nur diejenigen, welche die Einbringung aus Gründen der Steuerumgehung (zB. Inanspruchnahme der privilegierten Veräußerungsgewinnbesteuerung nach § 8b Abs. 2 KStG) vorgenommen haben. Folglich überraschen Forderungen nach einer Exkulpationsmöglichkeit für den Steuerpflichtigen in den Fällen des § 22 Abs. 1, 2 UmwStG nicht.465 Zusammenfassend lässt sich konstatieren, dass es dem Gesetzgeber grds. freisteht, die umwandlungssteuerrechtliche Steuerneutralität einzuschränken und damit das einmal gewählte System der Buchwertfortführung zu verlassen. Mit solchen Einschränkungen erfolgt eine punktuelle Abkehr von dem gesetzgeberischen Ziel einer steuerlichen Entscheidungsneutralität in Bezug auf die Wahl der Rechts- oder Kooperationsform von Unternehmen. Insbesondere wenn jedoch eine Einschränkung der Steuerneutralität vor dem Hintergrund einer typisierenden Missbrauchsabwehr erfolgt, ist der Gesetzgeber dazu angehalten, die Missbrauchsvermeidungsnormen exakt auf den erachteten Missbrauchstatbestand zuzuschneiden, sodass grds. dem Steuerpflichtigen eine Nachweismöglichkeit gegeben wird, einen Missbrauch zu widerlegen.
IV. Zusammenfassung Ziel dieses Untersuchungsabschnitts ist die Darstellung eines Überblicks über das übergeordnete System des Umwandlungssteuerrechts sowie die Su465 Siehe dazu schon Hahn, IStR 2006, 797 (805); Thömmes/Schulz/Eismayr/Müller, IWB 2006, 507 (518); Graw, Anteilseignerbesteuerung, 2009, 201 f. mit dem Hinweis auf eine ähnliche Forderung von Hey nach eine Escape-Klausel im § 22 UmwStG im Rahmen der öffentlichen Anhörung zum SEStEG im Finanzausschuss (s. Protokoll v. 18.10.2006, 16/34, 25). In der Folge wird die umwandlungssteuerrechtliche Sperrfristenkonzeption als unverhältnismäßig eingestuft, weil ein Widerspruch zu Art. 15 Abs. 1 lit. a der FRL besteht und eine unzulässige Einschränkung der durch die FRL gewährten Steuerneutralität darstellt; vgl. Graw, Anteilseignerbesteuerung, 2009, 204 f. (dort Fn. 720 mwN.).
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C. Herleitung der Rechtfertigung der Buchwertfortführung des UmwStG
che nach den übergeordneten Voraussetzungen der umwandlungssteuerrechtlichen Buchwertfortführung. Dabei wurde herausgearbeitet, dass Umwandlungen im Kern zu steuerlichen Realisationsvorgängen führen. Eine solche Qualifikation ergibt sich durch die bereits herausgearbeitete leistungsfähigkeitsbeeinflussende Wirkung stiller Reserven und Lasten in deren Entstehungszeitpunkt und dem daraus resultierenden Subjektsteuerprinzip. Gestützt wird diese realisierende Wirkung von Umstrukturierungen iSd. UmwStG durch die Ausgestaltung des U mwStG und der dort normierten Regelbewertung zum gemeinen Wert. Jenes Subjektsteuerprinzip wird indes durch die umwandlungssteuerrechtliche Buchwertfortführung durchbrochen. Rechtfertigen lässt sich diese Durchbrechung damit, dass dem UmwStG ein außerfiskalisches Förderungsziel innewohnt. Gefördert werden soll die steuerliche Gleichbehandlung von Umstrukturierungen und der Beibehaltung des bisherigen Unternehmensrechtsform oder der -koopera tionsform, indem steuerliche Folgen einer Umstrukturierung reduziert bzw. beseitigt werden. Demzufolge zielt das UmwStG auf die Schaffung einer steuerlichen Entscheidungsneutralität im Hinblick auf die Wahl der für das Unternehmen günstigsten Rechts- oder Kooperationsform ab. Der markteinkommenstheoretische Begründungsansatz eignet sich für die Steuerneutralität von Umstrukturierungen im vorliegenden Fall nicht, weil das Subjektsteuerprinzip die Zwangsrealisation bei dem intersubjektiven Transfer stiller Reserven und Lasten anordnet und es dadurch nicht darauf ankommt, dass eine Marktrealisation durch die Umstrukturierung nicht begründet wird. Um diese Entscheidungsneutralität zu gewährleisten, müssen jedoch zwei Kontinuitätsbedingungen eingehalten werden. Einerseits das uneingeschränkte Fortbestehen eines deutschen Besteuerungsrecht an den übergehenden Wirtschaftsgütern nach der Umwandlung. Andererseits die Fortsetzung des unternehmerischen Engagements. Die Tatsache, dass der Fiskus weiterhin einen steuerlichen Zugriff auf die im Rahmen der Wirtschaftsgüter über gehenden Wirtschaftsgüter hat, ist Grundbedingung für den durch die Buchwertverknüpfung gewährten Besteuerungsaufschub. Würden die übergehenden Wirtschaftsgüter andernfalls aus der Besteuerungshoheit Deutschlands ausscheiden, wäre der Fiskus zu einer steuerlichen Endabrechnung der stillen Reserven und Lasten gezwungen. Die Fortsetzung des unternehmerischen Engagements ist insb. dann im Falle des Formwechsels erfüllt. Daneben ist die Fortsetzung des unternehmerischen Engagements auch dann erfüllt, wenn nach der Umwandlung eine wirtschaftliche Verbindung 90
IV. Zusammenfassung
zwischen dem Übertragungsobjekt und mindestens einem Steuersubjekt besteht. Eine solche Verbindung wird regelmäßig bei Umwandlungen hergestellt, bei denen Gesellschaftsrechte als Gegenleistung für das Übertragungsobjekt gewährt werden. Sofern jedoch keine Gesellschaftsrechte gewährt werden, ist die Fortführung des unternehmerischen Engagements im Regelfall auch erfüllt, weil das Übertragungsobjekt in den übernehmenden Rechtsträger eingegliedert wird. Entweder in der Art, dass Wirtschaftsgüter aufgenommen werden oder, dass bereits eine gesellschaftsrechtliche Beteiligung besteht. Es lässt sich festhalten, dass die Kontinuitätsbedingungen dem Grunde nach nicht die Ertragsaussichten oder die Werte von übergehenden Wirtschaftsgütern des Übertragungsobjektes betreffen. Der Steuergesetzgeber ist jedoch berechtigt, je nach Einzelfall noch weitere Kontinuitätsbedingungen festzulegen, deren Einhaltung für die Gewährung der Steuerneutralität erforderlich ist. Des Weiteren darf der Gesetzgeber die Steuerneutralität auch einschränken. Für solche Einschränkungen der umwandlungssteuerrechtlichen Steuerneutralität sind sachliche Rechtfertigungsgründe erforderlich. Erkennt der Gesetzgeber, dass eine steuerneutrale Umstrukturierung indes missbräuchlich genutzt werden kann, so ist er gezwungen, die Steuerneutralität einzuschränken. Der Gesetzgeber muss dem Steuerpflichtigen eine Exkulpationsmöglichkeit einräumen, sofern der gesetzlich normierte Missbrauchstatbestand auch die Fälle erfasst, denen keine missbräuchliche Intention innewohnt. Ansonsten besteht die Gefahr einer überschießenden Wirkung des Missbrauchsbekämpfungstatbestands, was vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlichen Folgerichtigkeitsgebotes als durchaus problematisch zu sehen ist.
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D. Abbildung und Auswirkungen stiller Lasten bei innerstaatlichen Umstrukturierungen
Der UmwStE466 sieht für alle Umstrukturierungsvorgänge flächendeckend vor, dass, wenn der gemeine Wert der Sachgesamtheit die Summe der steuerbilanziellen Buchwerte der übergehenden Wirtschaftsgüter unterschreitet, eine Buchwertfortführung ausscheidet und zwingend die gemeinen Werte anzusetzen sind.467 Primäres Ziel des Abschnitts ist die Untersuchung, welche Rechtsfolgen sich in diesen Fällen ergeben. Fraglich ist, ob die sich ergebenden wirtschaftlichen Folgen mit einer zweckadäquaten Ausgestaltung des UmwStG vereinbar sind.
I. Bilanzielle und ökonomische Bedeutung eines die Summe der steuerlichen Buchwerte unterschreitenden gemeinen Werts der Sachgesamtheit Unter dem gemeinen Wert der Sachgesamtheit ist im Anwendungsbereich des UmwStG der Verkehrswert der Sachgesamtheit zu verstehen, welcher im Regelfall als Ertragswert oder als „Discounted Cash Flow“ ermittelt wird.468 Der Verkehrswert iSe. Ertragswerts oder eines „Discounted Cash Flow“ drückt aus, welche Zahlungsüberschüsse aus dem Unternehmen bei dessen Fortführung und der etwaigen Veräußerung von nicht betriebsnotwendigem Vermögen in Zukunft ausgekehrt werden können.469 Die Summe der steuerlichen Buchwerte ist gleichzusetzen mit dem steuerbilanziellen Eigenkapital, da dieses die Residualgröße zwischen Aktiva und Passiva ist. Ein gemeiner Wert, der das steuerbilanzielle Eigenkapital unterschreitet, kann positiv (dh. > 0) oder negativ (dh. < 0) sein. Wenn der Verkehrswert positiv (dh. > 0) ist, jedoch die Summe des steuerbilanziellen Ei-
466 Vgl. U mwStE, Rn. 03.12, 11.06, 15.14, 20.18, 24.03, 25.01. 467 Vgl. krit. zB. Zimmermann, Ubg 2018, 17; Hageböke/Stangl, DK 2020, 424 (426). 468 Vgl. dazu Kahle/Hiller/Vogel, FR 2012, 789 (792). 469 Vgl. bspw. Kuhner/Maltry, Unternehmensbewertung, 2017, 52; dazu auch Ballwieser/Hachmeister, Unternehmensbewertung, 2021, 9–11.
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D. Abbildung und Auswirkungen stiller Lasten bei innerstaatlichen Umstrukturierungen
genkapitals unterschreitet, bedeutet dies aus steuerbilanzieller Sicht470, dass die Aktiva zu hoch bzw. die Passiva zu niedrig bewertet sind, dh. es existiert ein Überschuss an steuerlichen stillen Lasten. Gleichwohl ist jedoch mit einem in Zukunft zu erwirtschaftenden Zahlungsüberschuss zu rechnen. Sofern der Verkehrswert negativ (dh. < 0) ist, indiziert dies eine fehlende Lebensfähigkeit der Sachgesamtheit,471 weil der negative Ertragswert einen entsprechenden Finanzbedarf verkörpert, der zur Deckung der erwarteten Verluste dem Unternehmen zugeführt werden müsste.472 Diese Erkenntnis stimmt auch mit den Feststellungen von Hageböke/Stangl473 überein, wonach bei börsennotierten Unternehmen ein KBV von < 1 indiziert, dass der Markt die Existenz stiller Lasten, Verlustsituationen oder eine unzureichende Eigenkapitalausstattung der entsprechenden Gesellschaft antizipiert bzw. Gewinne erwartet werden, welche die Kapitalkosten nicht decken,474 was indes nicht eine zwingende Zerschlagung oder Liquidation des Unternehmens indiziert.475 Werden die Kapitalkosten nicht gedeckt, ist eine angemessene Kapitalverzinsung zu verneinen, sodass aus ökonomischer Perspektive ungeachtet eines negativen Ertragswerts von einer Ertragsschwäche des Unternehmens ausgegangen werden kann.476
II. Abbildung stiller Lasten bei Umstrukturierungen zum gemeinen Wert 1. Aufteilung des gemeinen Werts der Sachgesamtheit Der gemeine Wert muss nach hM für die Sachgesamtheit ermittelt werden.477 Dies könnte es erforderlich machen, den gemeinen Wert der Sachge470 Eine handelsrechtlich ordnungsgemäße Bilanzierung entsprechend den GoB sei hier unterstellt. 471 Vgl. dahingehend Schwarzinger, Verkehrswert, 1996, 81. 472 Vgl. Barborka, SWK 1999, 157 (161); Nadvornik/Sylle in Petersen/Zwirner, HdB Unternehmensbewertung, 2017, 1273 (1281, dort Rn. 37). 473 Vgl. Hageböke/Stangl, DK 2020, 424 (424 f., dort Fn. 2). 474 Vgl. Haaker, IRZ 2020, 323 (324). 475 Vgl. Ernst/Schneider/Thielen, Praxisleitfaden Unternehmensbewertungen, 2018, 232 476 Vgl. Ballwieser/Hachmeister, Unternehmensbewertung, 2021, 312. 477 Vgl. Kahle/Vogel/Hiller, FR 2012, 789 (792 f. mwN.); siehe auch U mwStE, Rn. 03.07, ggfs. iVm. 11.04, 15.14, 20.17, 24.03; dazu auch Rödder in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 11 UmwStG Rn. 172 ff.; Wernicke in Lademann, § 11 UmwStG Rn. 98.
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II. Abbildung stiller Lasten bei Umstrukturierungen zum gemeinen Wert
samtheit auf die übergehenden Wirtschaftsgüter aufzuteilen.478 Folgt man dieser Aufteilungsthese, stellt sich die Folgefrage, welcher Aufteilungsmaßstab zur Anwendung kommt. Die Finanzverwaltung ist der Auffassung, dass der gemeine Wert der Sachgesamtheit „nach dem Verhältnis der Teilwerte“ unter analoger Anwendung von § 6 Abs. 1 Nr. 7 EStG auf die einzelnen Wirtschaftsgüter aufzuteilen ist.479 Dies bedeutet, dass sich der Wertansatz einer Bilanzposition in der steuerlichen Schlussbilanz der Überträgerin dadurch ergibt, dass der Teilwert des betreffenden Wirtschaftsguts ins Verhältnis zur Summe der Teilwerte gesetzt wird und dieser sich ergebende Quo tient mit dem gemeinen Wert der Sachgesamtheit zu multiplizieren ist.480 Zugegebenermaßen ist dieses Vorgehen insoweit konsistent, als dass der entgeltliche Erwerb eines Betriebs faktisch mit der „Veräußerungs- und Anschaffungsthese“481 des U mwStG korreliert, allerdings mit der Einschränkung, dass dies bei Umwandlungen iSd. §§ 3 ff., §§ 11 ff. U mwStG auf der Ebene des Veräußerers erfolgt anstatt auf der Ebene des Erwerbers.482 Gleichwohl steht die Aufteilung des gemeinen Werts der Sachgesamtheit auf die einzelnen Wirtschaftsgüter nach dem Verhältnis der Teilwerte im Widerspruch zum Wortlaut der umwandlungssteuerrechtlichen Ansatz- und Bewertungsvorschriften. Danach sind bei Verschmelzungen die übergehenden Wirtschaftsgüter (§ 3 Abs. 1 S. 1, § 11 Abs. 1 S. 1 UmwStG) mit dem gemeinen Wert anzusetzen, woraus sich der Schluss ziehen lässt, dass die einzelnen Wirtschaftsgüter Gegenstand der Bewertung und somit die ein-
478 Vgl. Rödder in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 11 U mwStG Rn. 185; Rödder/ Schumacher, DStR 2006, 1525 (1527); Dötsch/Pung, DB 2006, 2704 (2705). 479 UmwStE, Rn. 03.09 (hier iVm. Rn. 11.04); gl.A. Dötsch/Stimpel in Dötsch/Pung/ Möhlenbrock, § 11 UmwStG Rn. 34; Kahle/Vogel/Hiller, FR 2012, 789 (793); Schell/ Krohn, DB 2012, 1059 (1061). 480 Vgl. Martini in Widmann/Mayer, § 3 UmwStG Rn. 221; ähnlich Meyering, DStR 2008, 1008 (1009) in dem Beispiel zur Unterscheidung der Aufteilung eines Kaufpreises nach dem Verhältnis der stillen Reserven und dem Verhältnis der Teilwerte bei der vergleichbaren Fragestellung im Falle des entgeltlichen Betriebserwerbes gem. § 6 Abs. 1 Nr. 7 EStG. Dieses Verständnis liegt jedoch nicht dem von Schell/ Krohn, DB 2012, 1059 (1062) angebrachten Beispiel zugrunde, da dort das Verhältnis der Teilwerte ermittelt wird und mit den stillen Reserven, dh. der Differenz zwischen gemeinen Wert und steuerlichem Buchwert, multipliziert wird. Dadurch kommt es vereinzelt zu Wertansätzen oberhalb des steuerlichen Teilwerts, sodass in Folgeperioden ggfs. eine Teilwertabschreibung in Betracht kommen würde. 481 Siehe U mwStE, Rn. 00.02. 482 Vgl. Philipp, Verschmelzung inländischer Kapitalgesellschaften, 2014, 250.
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D. Abbildung und Auswirkungen stiller Lasten bei innerstaatlichen Umstrukturierungen
zelnen Wirtschaftsgüter mit ihrem gemeinen Wert anzusetzen sind.483 Dieses Verständnis steht auch im Einklang mit der Ausgestaltung des gemeinen Werts als Einzelveräußerungspreis.484 Würde der gemeine Wert der Sachgesamtheit auf die einzelnen übergehenden Wirtschaftsgüter verteilt werden, hätte dies deren Bewertung mit dem Teilwert zur Folge.485 Denn die gesetzlich normierte Teilwertdefinition (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 EStG bzw. § 10 S. 2 BewG) geht davon aus, dass in einem ersten Schritt ein Gesamtkaufpreis ermittelt wird, welcher dann in einem zweiten Schritt anteilig auf die einzelnen Wirtschaftsgüter verteilt wird. Da somit der gemeine Wert der Sachgesamtheit nur auf die übergehenden Wirtschaftsgüter verteilt und die übergehenden Wirtschaftsgüter nicht mit dem gemeinen Wert angesetzt würden, wird die Auffassung der Finanzverwaltung zur Verteilung des gemeinen Werts der Sachgesamtheit auf die einzelnen Wirtschaftsgüter im Verhältnis der Teilwerte kritisch betrachtet.486 Insbesondere unter Beachtung des Gesetzeswortlautes ist eine Verteilung des gemeinen Werts der Sachgesamtheit im Verhältnis der Teilwerte contra legem, weil der Gesetzeswortlaut eine Einzelbewertung der einzelnen Wirtschaftsgüter mit dem gemeinen Wert vorsieht.487 Gleichzeitig bedeutet eine Einzelbewertung der einzelnen Wirtschaftsgüter in der steuerlichen Schlussbilanz nicht, dass keine Gesamtbewertung durchzuführen ist. Denn eine solche Gesamtbewertung (dh. eine Ermittlung des gemeinen Werts der Sachgesamtheit) ist notwendig, um einen möglicherweise vorhandenen Firmenwert identifizieren zu können,488 da sich der Fir483 So Martini in Widmann/Mayer, § 3 U mwStG Rn. 219; sowie Desens, GmbHR 2007, 1202 (1206), zur Vereinbarkeit mit dem Wortlaut bei Einbringen iSv. § 20, § 24 UmwStG. 484 Vg. dazu Prinz, StuB 2007, 125 (128); Dörfler/Wittkowski, G mbHR 2007, 352 (355); Bodden, FR 2007, 66 (69) 485 Vgl. Philipp, Verschmelzung inländischer Kapitalgesellschaften, 2014, 249–250; Desens, GmbHR 2007, 1202 (1206). 486 Vgl. Rödder in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 11 UmwStG Rn. 139; Birkemeier in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 3 U mwStG Rn. 112; IDW, Ubg 2011, 549 (555); Bogenschütz, Ubg 2011, 393 (398); Maier in Schneider/Ruoff/Sistermann, UmwStE, 2012, H 3.27; Kutt/Carstens in FGS/BDI, U mwStE, 2012, 139; Frotscher, UmwStE, 2012, 156 f.; Wernicke in Lademann, § 11 UmwStG Rn. 100. 487 GlA. Desens, G mbHR 2007, 1202 (1206); Martini in Widmann/Mayer, § 3 U mwStG Rn. 219; Birkemeier in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 3 U mwStG Rn. 112; Rödder in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 11 U mwStG Rn. 139. 488 Vgl. Martini in Widmann/Mayer, § 3 UmwStG Rn. 223; zur gleichgelagerten Thematik in Einbringungsfällen Herlinghaus in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 20 UmwStG Rn. 244; Dörfler/Wittkowski, GmbHR 2007, 352 (356).
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II. Abbildung stiller Lasten bei Umstrukturierungen zum gemeinen Wert
menwert als Residualgröße zwischen dem Ertragswert des Unternehmens (dh. dem gemeinen Wert der Sachgesamtheit) und dem Substanzwert (dh. der Summe der gemeinen Werte der aktiven und passiven Wirtschaftsgüter) ermittelt.489 Infolge mangelnder Einzelveräußerbarkeit490 lässt sich ein gemeiner Wert iSe. Einzelveräußerungspreises nicht unmittelbar bestimmen,491 sodass sich – unter einer umwandlungsspezifischen Auslegung des Begriffs „gemeiner Wert“ – ein gemeiner Wert des Firmenwerts als Differenzbetrag zwischen dem gemeinen Wert der Sachgesamtheit und der Summe der gemeinen Werte der aktiven und passiven Wirtschaftsgüter bestimmen lässt.492 Der Übertragung von Sachgesamtheiten im UmwStG wird bei der Bemessung des Firmenwerts und nicht auf Ebene des Ansatzes der einzelnen Wirtschaftsgüter Rechnung getragen.493 Die Auffassung der Finanzverwaltung ist demnach nur insofern contra legem, als dass eine Aufteilung des gemeinen Werts der Sachgesamtheit auf die einzelnen Wirtschaftsgüter „nach dem Verhältnis der Teilwerte“ zu erfolgen hat. Insofern muss der gemeine Wert für die Sachgesamtheit iSe. Gesamtbewertung ermittelt und auf der Grundlage der jeweiligen gemeinen Werte der einzelnen Wirtschaftsgüter „verteilt“ werden.494 Dies ist – neben der wortlautgetreuen Auslegung der Vorschrift – nicht zuletzt erforderlich, um in der Systematik des UmwStG zu bleiben, wonach – mit Ausnahme von Pensionsrückstellungen – stets auf den gemeinen Wert als Bewertungsmaßstab abzustellen ist.495 489 Vgl. BFH v. 27.03.1996, I R 60/95, BStBl. II 1996, 576, unter II.2.b). 490 BFH v. 24.11.1982, I R 123/78, B StBl. II 1983, 113, unter 2.b); v. 14.12.1993, VIII R 13/93, BStBl. II 1994, 922, unter II.2.d); v. 14.01.1998, X R 57/93, BFH/NV 1998, 1160, unter B.I.2.c); v. 27.03.2001, I R 42/00, BStBl. II 2001, 771, unter II.1.b)aa). 491 So auch Jäschke, FR 2010, 10 (12). 492 Vgl. Desens, GmbHR 2007, 1202 (1204); wohl auch Jäschke, FR 2010, 10 (15). 493 Vgl. nur Desens, GmbHR 2007, 1202 (1206). 494 Vgl. Schumacher/Neitz-Hackstein, Ubg 2011, 409 (410); Birkemeier in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 3 U mwStG Rn. 112; Klingberg in Brandis/Heuermann, § 11 UmwStG Rn. 29; Rödder in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 11 U mwStG Rn. 171; Schießl in Widmann/Mayer, § 11 U mwStG Rn. 44; Kutt/Carstens in FGS/ BDI, UmwStE, 2012, 139; Wernicke in Lademann, § 11 U mwStG Rn. 100. So explizit für Einbringungen: Herlinghaus in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 20 UmwStG Rn. 245; Schmitt in Schmitt/Hörtnagl, § 20 UmwStG Rn. 288. In dem Beispiel zu Rn. 03.08 des UmwStE geht wohl auch die Finanzverwaltung trotz entgegenstehender Aussagen davon aus, dass ein Ansatz der übergehenden Wirtschaftsgüter (mit Ausnahme der Pensionsrückstellungen) nach den jeweiligen gemeinen Werten erfolgen muss. 495 So Schmitt in Schmitt/Hörtnagl, § 11 UmwStG Rn. 23, 44.
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D. Abbildung und Auswirkungen stiller Lasten bei innerstaatlichen Umstrukturierungen
2. Ansatz der Wirtschaftsgüter unter Berücksichtigung stiller Lasten Das UmwStG statuiert eine Bewertung der übergehenden Wirtschaftsgüter, einschließlich nicht entgeltlich erworbener und selbst geschaffener immaterieller Wirtschaftsgüter496 bzw. des eingebrachten Betriebsvermögens497 mit dem gemeinen Wert. Der Terminus des „Wirtschaftsguts“ ist einer des Bilanzsteuerrechts und auch als solcher im Kontext des U mwStG zu verstehen.498 Eine Differenzierung zwischen aktiven und passiven Wirtschaftsgütern lässt sich dem Wortlaut nicht entnehmen.499 Gleiches gilt für das „eingebrachte Betriebsvermögen“ iSd. § 20 Abs. 1, § 24 Abs. 1 UmwStG.500 In diesem Zusammenhang ist jedoch fraglich, ob die steuerbilanziellen Ansatzund Bewertungsvorschriften iSd. §§ 4–7k EStG in der steuerlichen Schlussbilanz zu beachten sind. Die fortwährende Geltung von allgemeinen steuerbilanziellen Ansatz- und Bewertungsvorschriften in der steuerlichen Schlussbilanz bestimmt sich indes nicht unter Rückgriff auf den besonderen Charakter der steuerlichen Schlussbilanz für Zwecke des U mwStG. Vielmehr ist maßgeblich, ob die umwandlungssteuerrechtlichen Vorschriften eigenständige Ansatz- und Bewertungsvorschriften sind.501 a) Stille Lasten in aktiven Wirtschaftsgütern Mit dem ausdrücklichen Einbezug von „nicht entgeltlich erworbenen und selbstgeschaffenen immateriellen Wirtschaftsgütern“ wird deutlich, dass das in § 5 Abs. 2 EStG normierte Aktivierungsverbot für selbstgeschaffene immaterielle Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens502 für die steuerliche Schlussbilanz durch die umwandlungssteuerliche Sondervorschrift keine Geltung entfalten soll. Insoweit sind § 3 Abs. 1 S. 1, § 11 Abs. 1 S. 1 U mwStG als lex specialis zu § 5 Abs. 2 EStG einzuordnen.503 Dies hat zur Folge, dass 496 Vgl. § 3 Abs. 1 S. 1, § 11 Abs. 1 S. 1 UmwStG. 497 Vgl. § 20 Abs. 2 S. 1 Hs. 1, § 24 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 UmwStG. 498 Vgl. Rödder in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 11 U mwStG Rn. 136 mit Hinweis auf UmwStE 1998, Rn 03.03. 499 Vgl. Birkemeier in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 3 U mwStG Rn. 76; Martini in Widmann/Mayer, § 3 UmwStG Rn. 236. 500 Vgl. Schmitt in Schmitt/Hörtnagl, § 20 UmwStG Rn. 272; U mwStE, Rn. 20.20 iVm. Rn. 03.04. 501 Insoweit glA. Philipp, Verschmelzung inländischer Kapitalgesellschaften, 2014, 258. 502 Vgl. Kahle/Kopp, Handels- und Steuerbilanz, 2021, 370 zur Aktivierungspflicht von selbst geschaffenen immateriellen Wirtschaftsgütern des Umlaufvermögens. 503 GlA. Dötsch/Stimpel in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, § 11 UmwStG Rn. 23.
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II. Abbildung stiller Lasten bei Umstrukturierungen zum gemeinen Wert
sämtliche abstrakt und konkret aktivierungsfähigen Wirtschaftsgüter mit ihrem gemeinen Wert in der steuerlichen Schlussbilanz auszuweisen sind, wodurch stille Reserven und stille Lasten gehoben werden.504 Bei Einbringungen ergibt sich dies, weil aus Sicht des übernehmenden Rechtsträgers die Einbringung einen Anschaffungsvorgang darstellt, sodass sämtliche Wirtschaftsgüter des übernommenen Betriebsvermögens mit dem gemeinen Wert anzusetzen sind.505 b) Stille Lasten in passivierungsbeschränkten Wirtschaftsgütern Einigkeit besteht insoweit, als dass stille Lasten sich wertmindernd auf das übergehende Betriebsvermögen auswirken.506 Die Art und Weise, wie steuerliche stille Lasten aufgrund steuerbilanzieller Passivierungsbeschränkungen,507 iRv. Umwandlungen iSd. UmwStG zu berücksichtigen sind, ist indes umstritten. In Betracht kommt eine Minderung des Firmenwerts um die stillen Lasten (mittelbare Berücksichtigung),508 eine steuerbilanzielle Hebung stiller Lasten in passiven Wirtschaftsgütern durch den Ansatz des gemeinen Werts ungeachtet der bilanzsteuerrechtlichen Passivierungsbeschränkungen (unmittelbare Berücksichtigung)509 und eine Berücksichtigung
504 Vgl. zu Entstrickungsfällen: IDW, WPg 2006, 749 (751); Förster, DB 2007, 72 (74). 505 Vgl. Hörtnagl, Stbg 2007, 257 (260); Ley, FR 2007, 109 (113). 506 Vgl. Rödder/Schumacher, DStR 2006, 1481 (1485); Ley/Bodden, FR 2007, 265 (269); Dötsch in Dötsch/Patt/Pung/Möhlenbrock, 2012, § 11 UmwStG Rn. 23; BFH v. 17.10.2007, I R 61/06, B StBl. II 2008, 555. 507 Siehe dazu bereits Abschnitt B.I.2. 508 Vgl. Demuth, kösdi 2012, 17784 (17786); Rödder/Rogall, Ubg 2011, 753 (754); Rödder, DStR 2011, 1059 (1061); Ley/Bodden, FR 2007, 265 (269); Desens, GmbHR 2007, 1202 (1203); Lemaitre/Schönherr, G mbHR 2007, 173 (175); Steierberg in Haase/Hofacker, § 3 U mwStG Rn. 33; Ropohl/Sonntag in Haase/Hofacker, § 11 U mwStG Rn. 202; Wernicke in Lademann, § 11 UmwStG Rn. 91. 509 Vgl. U mwStE, Rn. 03.06 (hier iVm. Rn. 11.03); Müllner, Die Reichweite der Sonderregelung über Verpflichtungsübernahmen (§§ 4f, 5 Abs. 7 EStG), 2019, 141, 210 ff.; Melan/Wecke, Ubg 2017, 253 (253); Schulenberg/Lüder, DB 2017, 1217 (1221); Philipp/Kröger, DB 2016, 857 (859); Horst, FR 2015, 824 (826); Ott, StuB 2014, 488 (492); Schulze zu Wiesche, StBp 2012, 246 (246 f.); Schulze zu Wiesche, DStZ 2011, 513 (514); Stimpel, GmbHR 2012, 123 (124); Oppen/Polatzky, G mbHR 2012, 263 (266, 268); Schmitt/Schloßmacher, UmwStE, 2012, 339; Mertgen in Haritz/Menner/ Bilitewski, § 3 U mwStG Rn. 194; Möhlenbrock/Pung/Werner in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, § 3 U mwStG Rn. 36; Hofacker in Haase/Hofacker, § 20 U mwStG Rn. 114; Nitzschke in Brandis/Heuermann, § 20 U mwStG Rn. 78b; implizit Widmann in FS Haarmann, 2015, 1013 (1020).
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D. Abbildung und Auswirkungen stiller Lasten bei innerstaatlichen Umstrukturierungen
von stillen Lasten durch deren Passivierung in Form einer ungewissen Verbindlichkeit.510 aa) Mittelbare Berücksichtigung durch Minderung des Firmenwerts Die überwiegende Literaturauffassung geht davon aus, dass der Wortlaut von § 3 Abs. 1 S. 1, § 11 Abs. 1 S. 1 UmwStG die nicht entgeltlich erworbenen und selbstgeschaffenen immateriellen Wirtschaftsgüter nicht nur beispielhaft nennt. Aus dieser ausdrücklichen Aktivierungspflicht wird daher geschlussfolgert, dass die übrigen steuerbilanziellen Vorschriften, insb. die Passivierungsbeschränkungen dem Grunde nach, fortgelten sollen.511 Die Passivierungsbeschränkungen, die lediglich die Höhe der steuerbilanziellen Bewertung beschränken, sollen hingegen durch die Bewertungsvorschrift mit dem gemeinen Wert verdrängt werden.512 Freilich kann aus der lex specialis Wirkung von § 3 Abs. 1 S. 1, § 11 Abs. 1 S. 1 UmwStG zu § 5 Abs. 2 EStG nicht unmittelbar geschlossen werden, dass die konkrete Bilanzierungsfähigkeit gänzlich suspendiert wird, sodass sämtliche abstrakt bilanzierungsfähigen513 Wirtschaftsgüter anzusetzen sind.514 Deshalb sollen die steuerbilanziellen Passivierungsbeschränkungen dem Grunde nach im Rahmen des UmwStG weiterhin Geltung haben. Insofern würden die in den nicht bilanzierten Passiva enthaltenen stillen Lasten nicht unmittelbar aufgedeckt. Nach den Vertretern dieser Auffassung müssten stille Lasten dann mittelbar im Rahmen der Ermittlung des Firmenwerts berücksichtigt werden und diesen entsprechend mindern.515 Das U mwStG ordnet jedoch eine 510 Vgl. Schmitt/Keuthen, DStR 2015, 2521 (2523); Schmitt in Schmitt/Hörtnagl, § 3 UmwStG Rn. 36a; § 11 UmwStG Rn. 29; ähnlich auch Schießl in Widmann/Mayer, § 11 UmwStG Rn. 14.23; Schnitter in Frotscher/Drüen, § 3 UmwStG Rn. 88. 511 Vgl. Rödder, DStR 2011, 1059 (1061 f.); Rödder/Rogall, Ubg 2011, 753 (754); Ley/ Bodden, FR 2007, 265 (269); Lemaitre/Schönherr, GmbHR 2007, 173 (175); Bodden, FR 2007, 66 (69); Desens, G mbHR 2007, 1202 (1203); Rödder in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 11 UmwStG Rn. 140; so auch Bärwaldt in Haritz/Menner/ Bilitewski, § 11 U mwStG Rn. 21; zu § 3 U mwStG siehe auch: Kutt/Carstens in FGS/ BDI, UmwStE, 2012, 131 ff.; Birkemeier in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 3 UmwStG Rn. 80. 512 Vgl. bspw. Desens, GmbHR 2007, 1202 (1203); Hörtnagl, Stbg 2007, 257 (260). 513 Die abstrakte Aktivierungsfähigkeit ist neben der konkreten Aktivierungsfähigkeit eine der Grundbedingung für den bilanziellen Ausweis in der Steuerbilanz und beschreibt die Subsumtion unter den handelsrechtlichen Begriff des Vermögensgegenstandes resp. Wirtschaftsguts, vgl. Kahle/Kopp/Blatromejus in Hachmeister/Kahle/ Mock/Schüppen, § 246 HGB Rn. 1, 17. 514 GlA. Philipp, Verschmelzung inländischer Kapitalgesellschaften, 2014, 259. 515 Vgl. Desens, DStR-Beih. 2010, 80 (85); Desens, GmbHR 2007, 1202 (1203).
100
II. Abbildung stiller Lasten bei Umstrukturierungen zum gemeinen Wert
Bewertung mit dem gemeinen Wert an, sodass eine Minderung des Firmenwerts die gesetzliche Anordnung unterlaufen würde. Es stellt sich auch die Folgefrage, ob es sachgerecht ist, den Firmenwert, der ex definitione Mehrbzw. Minderwerte verkörpert, die nicht einzelnen Wirtschaftsgütern zugeordnet werden können,516 um stille Lasten zu mindern, die aus einzelnen konkret zuordenbaren Bilanzpositionen, resultieren. Dies steht im Widerspruch zum Einzelbewertungsgrundsatz iSv. § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB. Des Weiteren ist zweifelhaft, ob sich der expressis verbis angeordneten Nichtgeltung von § 5 Abs. 2 EStG, einer Norm für die Aktivseite der Bilanz, eine Aussage über die Fortgeltung bilanzsteuerrechtlicher Passivierungsbeschränkungen entnehmen lässt. Die ausdrückliche Nichtgeltung von § 5 Abs. 2 EStG könnte demnach lediglich einen klarstellenden Charakter haben.517 bb) Unmittelbare Berücksichtigung durch Ansatz des gemeinen Werts Aber auch unter Berücksichtigung des Gesetzeswortlauts ist es zweifelhaft, ob die Geltung der Passivierungsbeschränkungen in der steuerlichen Schlussbilanz mit der Bewertung der „übergehenden Wirtschaftsgüter“ mit dem gemeinen Wert in Einklang zu bringen sind. Eine Differenzierung zwischen aktiven und passiven Wirtschaftsgütern lässt sich dem Wortlaut nicht entnehmen, sodass auch passive Wirtschaftsgüter zu den „übergehenden Wirtschaftsgütern“ zählen.518 Durch die Bewertungsvorgabe „gemeiner Wert“ erfolgt eine Abkehr von den bilanzsteuerrechtlichen Grundsätzen nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften (§§ 4–7k EStG), sodass daraus wiederum geschlossen werden könnte, dass eben die allgemeinen bilanzsteuerrechtlichen Ansatz- und Bewertungsvorschriften bei der Aufstellung der steuerlichen Schlussbilanz nicht gelten sollen, da die allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften im Regelfall keinen Ansatz zum gemeinen Wert vorsehen.519 Somit fehlt es beim Wertansatz zum gemeinen Wert an einem Bezug zur Steuerbilanz, sodass eine Übernahme der dort
516 Der Firmenwert bestimmt sich nicht durch die einzelnen Wirtschaftsgüter, sondern nur durch deren Gesamtwirkung, vgl. Wollny in FS Offerhaus, 1999, 647 (648 mwN.). 517 Vgl. Martini in Widmann/Mayer, § 3 UmwStG Rn. 281. 518 GlA. Martini in Widmann/Mayer, § 3 U mwStG Rn. 236; Schießl in Widmann/ Mayer, § 11 UmwStG Rn. 65. 519 So Frotscher, UmwStE, 2012, 152; Staats in Lademann, § 3 U mwStG Rn. 87; ähnlich auch Bogenschütz, Ubg 2009, 604 (606).
101
D. Abbildung und Auswirkungen stiller Lasten bei innerstaatlichen Umstrukturierungen
bestehenden Passivierungsverbote nicht gerechtfertigt ist.520 Der gemeine Wert von passiven Wirtschaftsgütern kann (und wird im Falle von steuerlichen Passivierungsbeschränkungen auch regelmäßig) höher sein als deren steuerlicher Buchwert, welcher nach allgemeinen bilanzsteuerrechtlichen Grundsätzen anzusetzen ist.521 Insoweit bedeutet die umwandlungssteuerliche Anordnung der Bewertung zum gemeinen Wert, dass stille Lasten in passiven Wirtschaftsgütern aufzudecken sind. Es wäre daher contra legem, würden Wirtschaftsgüter, für die Passivierungsbeschränkungen bestehen, unter Beachtung dieser Passivierungsverbote angesetzt, da dies eben keinen Ansatz zum gemeinen Wert zur Folge hätte. Zudem spricht der Wortlaut des § 11 Abs. 1 S. 1 UmwStG (resp. § 3 Abs. 1 S. 1 UmwStG) von „[…] übergehenden Wirtschaftsgüter[n] […]“ und nicht wie § 3 UmwStG 1977 von „[…] nach den steuerrechtlichen Vorschriften über die Gewinnermittlung auszuweisenden Wirtschaftsgütern […]“. Dies war für den IV. Senat des BFH ausschlaggebend, dem ähnlichen Wortlaut des § 3 S. 1 UmwStG 1995 ein allgemeines Ansatzwahlrecht zuzusprechen.522 Auch wenn der BFH in dieser Entscheidung über die Aktivierung eines selbstgeschaffenen immateriellen Wirtschaftsguts in der steuerlichen Schlussbilanz entschieden hat, können die Urteilsgründe auch so verstanden werden, dass der BFH sämtliche Ansatzverbote oder Ansatzbeschränkungen, dh. nicht nur für aktive, sondern auch für passive Wirtschaftsgüter durch die umwandlungssteuerrechtlichen Vorgaben suspendiert sehen könnte.523 Unterstrichen wird dies dadurch, dass das UmwStG524 die Anwendung von § 6a EStG für die Bewertung von Pensionsrückstellungen anordnet. Damit verdeutlicht der Gesetzgeber, dass expressis verbis die Passivierungsbeschränkungen für Pensionsrückstellungen zu beachten sind. Dies lässt wiederum den Rückschluss zu, dass die übrigen steuerbilanziellen Ansatz- und Bewertungsvorschriften des §§ 5, 6 EStG in der steuerlichen Schlussbilanz keine Geltung entfalten.525 Andernfalls würde diese Bewertungsvorgabe für Pensionsrückstellungen schlichtweg keinen Sinn machen, sofern sämtliche 520 Vgl. nur Martini in Widmann/Mayer, § 3 UmwStG Rn. 280. 521 Vgl. Martini in Widmann/Mayer, § 3 U mwStG Rn. 238; Schießl in Widmann/Mayer, § 11 UmwStG Rn. 65; siehe dazu auch Abschnitt B.I.2. 522 BFH v. 10.09.2015, IV R 49/14, BStBl. II 2016, 722, unter II.2.a). 523 GlA. Philipp/Kröger, DB 2016, 857 (859); Brühl, GmbHR 2016, 235 (235). 524 Vgl. § 3 Abs. 1 S. 2, § 11 Abs. 1 S. 2, § 20 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 und § 24 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 UmwStG. 525 So auch Stimpel, GmbHR 2012, 123 (124).
102
II. Abbildung stiller Lasten bei Umstrukturierungen zum gemeinen Wert
Ansatzverbote und Ansatzbeschränkungen – mit Ausnahme von § 5 Abs. 2 EStG – in der steuerlichen Schlussbilanz Anwendung finden würden.526 Dagegen kann eingewendet werden, dass der Gesetzgeber mit der im UmwStG angeordneten Geltung des Passivierungsvorbehaltes für Pensionsrückstellungen nicht die Suspendierung der übrigen bilanzsteuerrechtlichen Ansatz- und Bewertungsvorschriften in der steuerlichen Schlussbilanz zum Ausdruck bringen möchte. Dieser Gedanke erscheint indes nur dann konsequent, wenn die Anordnung der Teilwertbewertung iSv. § 6a EStG im Ergebnis dazu führt, dass die in Pensionsrückstellungen enthaltenen stillen Lasten im Endeffekt bei der Bewertung der Sachgesamtheit keine Berücksichtigung finden.527 Dies würde bedeuten, dass die stillen Lasten in Pensionsrückstellungen weder unmittelbar durch einen den Teilwert iSd. § 6a EStG überschreitenden Ansatz der Pensionsrückstellungen in der steuerlichen Schlussbilanz, noch mittelbar über einen geminderten Firmenwert berücksichtigt werden. Dies steht allerdings im Widerspruch zur Bewertung der Sachgesamtheit auf Basis eines gedachten Erwerbers.528 Mit denen durch das AIFM-StAnpG529 eingeführten Regelungen der § 4f EStG und § 5 Abs. 7 EStG besteht – deren Anwendung im UmwStG unterstellt530 – seit dem 29.11.2013531 ein weiteres Argument dafür, dass die steuerbilanziellen Ansatz- und Passivierungsbeschränkungen im U mwStG nicht gelten. Insbesondere § 5 Abs. 7 EStG stellt die gesetzliche Regelung zur ursprünglichen Erlassregelung in Rn. 04.16 des UmwStE dar. Damit werden passivierungsbeschränkte Verpflichtungen, die durch Umstrukturierungen zum gemeinen Wert höher bewertet wurden, in der Folgebilanzierung beim übernehmenden Rechtsträger wieder auf den eigentlich steuerbilanziell zulässigen 526 Vgl. auch Möhlenbrock/Pung in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, § 3 U mwStG Rn. 39; Dötsch/Stimpel in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, § 11 UmwStG Rn. 25; Schießl in Widmann/Mayer, § 11 U mwStG Rn. 14.23; Müllner, Die Reichweite der Sonderregelung über Verpflichtungsübernahmen (§§ 4f, 5 Abs. 7 EStG), 2019, 210; aA. Wer nicke in Lademann, § 11 UmwStG Rn. 91. 527 So Philipp, Verschmelzung inländischer Kapitalgesellschaften, 2014, 259 (dort Fn. 897), glA. UmwStE, Rn. 03.08 iVm. 11.04. 528 Siehe dazu sogleich Abschnitt D.II.2.c). 529 AIFM-Steuer-Anpassungsgesetz v. 18.12.2013, BGBl. I 2013, 4318. 530 Siehe Abschnitt D.III.3.a)bb) zur umstrittenen Anwendung von § 4f, § 5 Abs. 7 EStG im UmwStG. 531 Vgl. § 52 Abs. 8 S. 1 EStG, § 52 Abs. 9 S. 1 EStG zur erstmaligen Anwendung von § 4f EStG bzw. § 5 Abs. 7 EStG für Wirtschaftsjahre, die nach dem 28.11.2013 enden; dazu auch Kahle/Braun, FR 2018, 197 (200, dort Fn. 54); Müllner, Die Reichweite der Sonderregelung über Verpflichtungsübernahmen (§§ 4f, 5 Abs. 7 EStG), 2019, 85; Widmann in FS Haarmann, 2015, 1013 (1024 f.).
103
D. Abbildung und Auswirkungen stiller Lasten bei innerstaatlichen Umstrukturierungen
Ansatz korrigiert.532 Würden die Passivierungsbeschränkungen bei einer Umstrukturierung zum gemeinen Wert weiterhin Geltung entfalten, wäre § 5 Abs. 7 EStG beim übernehmenden Rechtsträger nicht anwendbar, da die passivierungsbeschränkten Verpflichtungen nicht ertragswirksam abgewertet werden können.533 Im Ergebnis steht diese Ansicht im Einklang mit der Auffassung der Finanzverwaltung534, dass § 3 Abs. 1, § 11 Abs. 1, § 20 Abs. 2 S. 1, § 24 Abs. 2 S. 1 UmwStG eigenständige steuerliche Ansatz- und Bewertungsvorschriften darstellen und insoweit lex specialis zu den sämtlichen bilanzsteuerrechtlichen Ansatz- und Bewertungsvorschriften ist,535 sodass in dieser Konsequenz sämtliche in Passiva enthaltene stille Lasten (sowie stille Reserven) aufzudecken sind.536 Im Übrigen würde auch sonst die Vorgabe der Finanzverwaltung, dass am nächsten Bilanzstichtag nach der Umwandlung wieder die ursprünglichen Passivierungsbeschränkungen gelten,537 keinen Sinn machen, wenn man nicht die umwandlungssteuerlichen Vorschriften zur Bewertung mit dem gemeinen Wert als eigenständige Ansatz- und Bewertungsvorschriften qualifiziert. Insofern müssen nicht passivierte Drohver lustrückstellungen zum gemeinen Wert angesetzt werden.538 Fraglich ist, ob dies einen Gegensatz zu der Auffassung (3) darstellt, wonach unter Rekurs auf die BFH-Rechtsprechung539 zur Übertragung von passivierungsbeschränkten Verpflichtungen, ein Ausweis stiller Lasten als ungewisse Verbindlichkeiten erfolgen soll.540 In dem vom BFH entschiedenen Fall 532 Siehe dazu ausführlich Abschnitt D.III.3.b)aa)(1). 533 Vgl. Abschnitt D.III.3.b)aa)(2) zur Anwendung und Wirkung von § 5 Abs. 7 EStG. 534 Vgl. UmwStE, Rn. 03.04 iVm. 11.03 iVm. 20.20. 535 Siehe auch Philipp, Verschmelzung inländischer Kapitalgesellschaften, 2014, 259 f. 536 GlA. Müllner, Die Reichweite der Sonderregelung über Verpflichtungsübernahmen (§§ 4f, 5 Abs. 7 EStG), 2019, 210. Nur im Fall der Buchwertfortführung entfalten die steuerbilanziellen Ansatz- und Bewertungsvorschriften des §§ 5 ff. EStG weiterhin Geltung; glA. Müllner, Die Reichweite der Sonderregelung über Verpflichtungsübernahmen (§§ 4f, 5 Abs. 7 EStG), 2019, 211; Philipp, Verschmelzung inländischer Kapitalgesellschaften, 2014, 334 f. 537 Vgl. U mwStE, Rn. 04.16. Siehe dazu Abschnitt D.III.3.b)aa). 538 So ausdrücklich Kahle/Vogel, Ubg 2012, 493 (494); Hötzel/Kaeser in FGS/BDI, UmwStE, 2012, 345; Gemmel/Schultes-Schnitzlein, NWB 2012, 731 (735). 539 Vgl. BFH v. 14.12.2011, I R 72/10, BStBl. II 2017, 1226; v. 16.12.2009, I R 102/08, BStBl. II 2011, 566. 540 So Klingberg in Brandis/Heuermann, § 3 UmwStG Rn. 18; Schmitt in Schmitt/Hörtnagl, § 3 UmwStG Rn. 34, § 11 UmwStG Rn. 27; Schmitt/Keuthen, DStR 2015, 2521 (2522).
104
II. Abbildung stiller Lasten bei Umstrukturierungen zum gemeinen Wert
I R 102/08 ging es um eine beim Veräußerer nicht bilanzierte Drohverlustrückstellung, welche durch den Betriebserwerber als ungewisse Verbindlichkeit anzusetzen und an nachfolgenden Bilanzstichtag nicht (wieder) dem Passivierungsverbot iSd. § 5 Abs. 4a EStG unterlag, sondern mit den Anschaffungskosten oder mit dem höheren Teilwert zu bewerten war (sog. angeschaffte Rückstellung), weil dies der Erfolgsneutralität des Anschaffungsvorgangs entspreche.541 Geht man davon aus, dass bei Umwandlungen iSv. § 3 ff., § 11 ff. UmwStG die Anschaffungsvorgänge in der steuerlichen Schlussbilanz bereits abgebildet werden,542 führt dies im Endeffekt dazu, dass bislang nicht passivierte Verpflichtungen, für die ein Passivierungsverbot besteht (zB. eine Drohverlustrückstellung), dann unter Berücksichtigung der BFH-Rechtsprechung als ungewisse Verbindlichkeit angesetzt werden müssten.543 Im Falle von gänzlich nicht passivierten Rückstellungen, wie im BFH-Verfahren I R 102/08 einer Drohverlustrückstellung oder wie im BFH-Verfahren I R 72/10 eine Jubiläumsrückstellung, führt dies aber nach der hier vertretenen Auffassung nicht zu einem abweichenden Ergebnis vom Ansatz der Verpflichtungen mit deren gemeinem Wert, da insoweit stille Lasten in einer konkreten Bilanzposition in der steuerlichen Schlussbilanz aufgedeckt werden. Ob die Bilanzposition als ungewisse Verbindlichkeit oder als Drohverlustrückstellung (oder Jubiläumsrückstellung) betitelt wird, ist insofern irrelevant, da (passivierungsbeschränkte) Rückstellungen ex definitione bereits ungewiss sind.544 c) Stille Lasten in Pensionsrückstellungen aa) Nichtberücksichtigung stiller Lasten durch Teilwertansatz Für Pensionsrückstellungen sieht das gesamte UmwStG eine Bewertung nach § 6a EStG vor,545 wodurch die vorherige Aufhebung von steuerbilanziellen Ansatz- und Bewertungseinschränkungen punktuell relativiert wird. Der Ansatz einer Pensionsrückstellung in der steuerlichen Schlussbilanz erfordert demnach, dass die Ansatzvoraussetzungen des § 6a Abs. 1 und Abs. 2 541 BFH v. 16.12.2009, I R 102/08, B StBl. II 2011, 566, unter II.3.; aA. BMF-Schreiben v. 24.06.2011, B StBl. I 2011, 627. 542 Explizit Schmitt/Keuthen, DStR 2015, 2521 (2523). 543 Vgl. für Einbringungen Herlinghaus in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 20 UmwStG Rn. 250 ff. 544 Siehe bereits Abschnitt B.I.2. 545 Vgl. § 3 Abs. 1 S. 2, § 11 Abs. 1 S. 2, § 20 Abs. 2 S. 1 Hs. 2, § 24 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 UmwStG, dazu bereits Abschnitt C.II.4.
105
D. Abbildung und Auswirkungen stiller Lasten bei innerstaatlichen Umstrukturierungen
EStG erfüllt sind, weil der Verweis auf § 6a EStG vollumfänglich ist.546 Die in Pensionsrückstellungen enthaltenen stillen Lasten werden durch den umwandlungssteuerrechtlichen Verweis auf die Bewertungsregeln des § 6a EStG in der steuerlichen Schlussbilanz nicht unmittelbar aufgedeckt.547 bb) Zur Minderung des Firmenwerts Fraglich ist jedoch, ob die Berücksichtigung stiller Lasten mittelbar durch eine Minderung eines Firmenwerts erfolgen kann.548 Der Firmenwert ist qua Definition „ […] der Mehrwert, der einem gewerblichen Unternehmen über den Substanzwert der einzelnen materiellen und immateriellen Wirtschaftsgüter abzüglich der Schulden hinaus innewohnt […]“549. Folglich ermittelt sich der Firmenwert als Residualgröße aus dem Ertragswert und dem Sub stanzwert.550 Im Kontext des U mwStG bedingt dies einen Vergleich des gemeinen Werts der Sachgesamtheit sowie des Substanzwerts, dh. den gemeinen Werten der einzelnen Wirtschaftsgüter abzgl. des gemeinen Werts der passiven Wirtschaftsgüter.551 Es stellt sich somit sowohl bei der Bestimmung des gemeinen Werts als auch bei der Bestimmung des Substanzwerts die Frage, ob der gemeine Wert oder der Teilwert iSd. § 6a EStG der Pensionsrückstellungen zu berücksichtigen ist, da es insoweit an einer ausdrücklichen Regelung fehlt.552 Es ergeben sich somit vier Varianten der Berücksich546 Vgl. Rödder in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 11 U mwStG Rn. 193; Mertgen in Haritz/Menner/Bilitewski, § 3 UmwStG Rn. 96; Möhlenbrock/Pung in Dötsch/ Pung/Möhlenbrock, § 3 U mwStG Rn. 48; aA. Benecke in PwC, Reform des UmwStR, 2007, 150 (dort Rn. 1019), der aufgrund des Wortlauts, welcher auf die Bewertung abstellt, auch den Ansatz von Pensionsrückstellungen zulassen möchte, deren Ansatz dem Grunde nach ausgeschlossen war, weil die Voraussetzungen in § 6a Abs. 1 oder Abs. 2 EStG (zB. das Schriftformerfordernis gem. § 6a Abs. 1 Nr. 3 EStG) nicht erfüllt war. Siehe zu den Passivierungsvoraussetzungen für Pensionsrückstellungen dem Grunde nach Klein, Pensionsverpflichtungen, 2016, 118 f. 547 Vgl. Rödder in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 11 UmwStG Rn. 198. 548 Vgl. Kahle/Vogel, Ubg 2012, 493 (494); Rödder, DStR 2011, 1059 (1061); Rödder in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 11 U mwStG Rn. 198; Lemaitre/Schönherr, GmbHR 2007, 173; Ley/Bodden, FR 2007, 265; Desens, GmbHR 2007, 1202; Schaflitzl/Widmayer in Blumenberg, SEStEG, 2007, 110; auch Patt in Dötsch/Pung/ Möhlenbrock, § 20 UmwStG Rn. 199. 549 Vgl. BFH v. 19.02.1981, IV R 41/78, B StBl. II 1981, 730, unter 2.a); v. 27.03.1996, I R 60/95, B StBl. II 1996, 576, unter II.2.b); v. 26.11.2009, III R 40/07, B StBl. II 2010, 609, unter II.1. 550 Vgl. auch Moxter, Bilanzrechtsprechung, 2007, 91. 551 Vgl. § 11 Abs. 2 S. 3 BewG: „Die Summe der gemeinen Werte […]“; dazu. Mannek in Stenger/Loose, § 11 BewG Rn. 370. 552 Vgl. Martini in Widmann/Mayer, § 3 UmwStG Rn. 486
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II. Abbildung stiller Lasten bei Umstrukturierungen zum gemeinen Wert Abbildung 4
tigung von Pensionsrückstellungen bei der Ermittlung des gemeinen Werts und des Substanzwerts und ihre Auswirkung auf den Firmenwert.
SUBSTANZWERTERMITTLUNG (SW)
ERMITTLUNG DES GEMEINEN WERTS DER SACHGESAMTHEIT (SG)
Variante I (SGgW-PRSt | SWgW-PRSt)
Variante II (SGgW-PRSt | SWTW-PRSt)
Variante III (SGTW-PRSt | SWgW-PRSt)
Variante IV (SGTW-PRSt | SWTW-PRSt)
Abbildung 4: Varianten der Berücksichtigung der stillen Lasten in Pensionsrückstellungen
Zunächst werden die Auswirkungen anhand eines Beispiels für die jeweiligen Varianten dargestellt553 und anschließend hinsichtlich ihrer Auswirkungen überprüft. Beispiel 01554 Die umzuwandelnde Sachgesamtheit weist einen gemeinen Wert iHv. 500 auf, welcher dem steuerbilanziellen Eigenkapital entspricht. Dieser wurde unter Zugrundelegung des gemeinen Werts der Pensionsrückstellung ermittelt (SGgW-PRSt). Die Aktiva haben einen gemeinen Wert iHv. 400. Der Teilwert der Pensionsrückstellung (TWPRSt) beträgt 100, der gemeine Wert (gWPRSt) hingegen 200. Es existiert somit eine stille Last iHv. 100.
Steuerbilanz
D
(vereinfacht)
BW (gW) Div. Aktiva Firmenwert Bilanzsumme
BW (gW)
400 (400) Eigenkapital 0
(300)
Pensionsrückstellung
0 (700) Bilanzsumme
300 (500) 100 (200) 400 (700)
Abbildung 5: Beispiel 01 | vereinfachte Steuerbilanz 553 So auch das Vorgehen von Martini in Widmann/Mayer, § 3 UmwStG Rn. 488. 554 In Anlehnung an Martini in Widmann/Mayer, § 3 UmwStG Rn. 488.
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D. Abbildung und Auswirkungen stiller Lasten bei innerstaatlichen Umstrukturierungen
In Variante I (SGgW-PRSt | SWgW-PRSt) beträgt der gemeine Wert der Sachgesamtheit 500, weil dieser unter Berücksichtigung des gemeinen Werts der Pensionsrückstellung ermittelt wurde. Der Substanzwert, der ebenfalls unter Zugrundelegung des gemeinen Werts der Pensionsrückstellung ermittelt wurde (SWgW-PRSt), beträgt 200 [= 400 ./. 200]. Aus der Gegenüberstellung des gemeinen Werts der Sachgesamtheit (SGgW-PRSt = 500) und dem Sub stanzwert (SWgW-PRSt = 200) resultiert ein Firmenwert iHv. 300 [= 500 ./. 300]. Aufgrund des Ansatzes der Pensionsrückstellung mit dem Teilwert erhöht sich das Eigenkapital um die in der Pensionsrückstellung enthaltene stille Last.555
Variante I (SGgW-PRSt | SWgW-PRSt) SGgW-PRSt ./. SWgW-PRSt
500 200 [= 400 ./. 200]
= Firmenwert
300
steuerliche Schlussbilanz*
D
(vereinfacht) gW
400 Eigenkapital
600
Firmenwert
300 Pensionsrückstellung
100
Bilanzsumme
700 Bilanzsumme
700
Ö Erhöhung des steuerlichen Eigenkapitals um die in der Pensionsrückstellung enthaltene stille Last (100) * Entsprechendes gilt für die Einbringungsbilanz
Abbildung 6: Beispiel 01 | Variante I (SGgW-PRSt | SWgW-PRSt)
555 Vgl. zu dieser Wirkung auch bspw. Frotscher, UmwStE, 2012, 156.
108
gW
Div. Aktiva
II. Abbildung stiller Lasten bei Umstrukturierungen zum gemeinen Wert
In Variante II (SGgW-PRSt | SWTW-PRSt) beträgt der gemeine Wert der Sachgesamtheit weiterhin 500 (SGgW-PRSt). Hingegen wird beim Substanzwert der Teilwert der Pensionsrückstellung iSd. § 6a EStG berücksichtigt (SWTW-PRSt), was zu einem Substanzwert iHv. 300 führt [= 400 ./. 100]. Aus der Ge genüberstellung des gemeinen Werts der Sachgesamtheit (SGgW-PRSt = 500) und dem Substanzwert (SWTW-PRSt = 300) resultiert ein Firmenwert iHv. 200 [= 500 ./. 300]. Aufgrund des zwingenden Teilwertansatzes der Pensionsrückstellung in der Bilanz (100) wird das steuerliche Eigenkapital zutreffend iHd. gemeinen Werts der Sachgesamtheit ausgewiesen (500). Der Firmenwert ist um die in der Pensionsrückstellung enthaltenen stillen Last gemindert.
Variante II (SGgW-PRSt | SWTW-PRSt) SGgW-PRSt ./. SWTW-PRSt
500 300 [= 400 ./. 100]
= Firmenwert
200
steuerliche Schlussbilanz*
D
(vereinfacht) gW
gW
Div. Aktiva
400 Eigenkapital
500
Firmenwert
200 Pensionsrückstellung
100
Bilanzsumme
600 Bilanzsumme
600
Ö Keine Erhöhung des steuerlichen Eigenkapitals um die in der Pensionsrückstellung enthaltene stille Last (100) Ö Minderung des Firmenwerts um die in der Pensionsrückstellung enthaltene stille Last * Entsprechendes gilt für die Einbringungsbilanz
Abbildung 7: Beispiel 01 | Variante II (SGgW-PRSt | SWTW-PRSt)
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D. Abbildung und Auswirkungen stiller Lasten bei innerstaatlichen Umstrukturierungen
In Variante III (SGTW-PRSt | SWgW-PRSt) ist der gemeine Wert der Sachgesamtheit unter Berücksichtigung des Teilwerts der Pensionsrückstellung ermittelt worden (SGTW-PRSt), was zu einer Erhöhung des gemeinen Werts der Sachgesamtheit um die in der Pen sionsrückstellung enthaltene stille Last (100) führt. Der gemeine Wert der Sachgesamtheit beträgt somit 600 (SGTW-PRSt). Beim Substanzwert wird weiterhin die Pen sionsrückstellung mit ihrem gemeinen Wert berücksichtigt, sodass dieser 200 beträgt (SWgW-PRSt). Aus der Gegenüberstellung von SGTW-PRSt = 600 und SWgW-PRSt = 200 ergibt sich ein Firmenwert iHv. 400 [= 600 ./. 200]. Die Teilwertbewertung iSd. § 6a EStG führt somit zu einer erneuten Erhöhung des steuerbilanziellen Eigenkapitals um 100 auf insg. 700.
Variante III (SGTW-PRSt | SWgW-PRSt) SGTW-PRSt ./. SWgW-PRSt
600 200 [= 400 ./. 200]
= Firmenwert
400
steuerliche Schlussbilanz*
D
(vereinfacht) gW
gW
Div. Aktiva
400 Eigenkapital
700
Firmenwert
400 Pensionsrückstellung
100
Bilanzsumme
800 Bilanzsumme
800
Ö Erhöhung des steuerlichen Eigenkapitals über die in der Pensionsrückstellung enthaltene stille Last (100) hinaus * Entsprechendes gilt für die Einbringungsbilanz
Abbildung 8: Beispiel 01 | Variante III (SGTW-PRSt | SWgW-PRSt)
110
II. Abbildung stiller Lasten bei Umstrukturierungen zum gemeinen Wert
In Variante IV (SGTW-PRSt | SWTW-PRSt) ist der gemeine Wert der Sachgesamtheit als auch der Substanzwert unter Berücksichtigung des Teilwerts der Pensionsrückstellungen ermittelt worden. Der gemeine Wert der Sachgesamt (SGTW-PRSt) beträgt somit 600, der Substanzwert (SBTW-PRSt) beträgt 300. Es resultiert ein Firmenwert iHv. 300 [= 600 (SGTW-PRSt) ./. 300 (SWTW-PRSt)]. Firmenwert als auch der bilanzielle Ausweis entsprechen dem Ergebnis der Variante I.
Variante IV (SGTW-PRSt | SWTW-PRSt) SGTW-PRSt ./. SWTW-PRSt
600 300 [= 400 ./. 100]
= Firmenwert
300
steuerliche Schlussbilanz*
D
(vereinfacht) gW
gW
Div. Aktiva
400 Eigenkapital
600
Firmenwert
300 Pensionsrückstellung
100
Bilanzsumme
700 Bilanzsumme
700
Ö Durch die doppelte Berücksichtigung des Teilwerts der Pensionsrückstellung ergibt sich derselbe Firmenwert wie in Variante I Ö Erhöhung des steuerlichen Eigenkapitals um die in der Pensionsrückstellung enthaltene stille Last * Entsprechendes gilt für die Einbringungsbilanz
Abbildung 9: Beispiel 01 | Variante IV (SGTW-PRSt | SWTW-PRSt)
Nach Auffassung der Finanzverwaltung darf ein tatsächlich höherer gemeiner Wert der Pensionsrückstellung nicht den gemeinen Wert des Unternehmens mindern, weil die umwandlungssteuerrechtliche Bewertungsvorgabe für Pensionsrückstellungen mit dem Teilwert iSd. § 6a EStG auch iRd. Bewertung der Sachgesamtheit zu berücksichtigen sei.556 Wie die Varianten III und IV zeigen, führt dies zu einer Erhöhung des gemeinen Werts der Sachgesamtheit um die in den Pensionsrückstellungen enthaltenen stillen Lasten. Aber auch dann, wenn zutreffend der gemeine Wert der Pensionsrückstellung sowohl bei der Ermittlung des gemeinen Werts der Sachgesamtheit 556 Vgl. U mwStE, Rn. 03.08.
111
D. Abbildung und Auswirkungen stiller Lasten bei innerstaatlichen Umstrukturierungen
als auch iRd. Substanzwerts berücksichtigt wird (Variante I), erhöht sich das ausgewiesene steuerliche Eigenkapital.557 Dies ist kritisch zu betrachten, weil der Wert der Sachgesamtheit nicht höher sein darf als der Preis, den ein gedachter Erwerber gezahlt hätte.558 Lediglich Variante II führt zu einem zutreffenden Ausweis des Eigenkapitals in der steuerlichen Schlussbilanz resp. Einbringungsbilanz.559 Die Ursache dafür ist die Berücksichtigung des Teilwerts der Pensionsrückstellung bei der Ermittlung des Substanzwerts. Da somit ein geringerer Passivposten für die Ermittlung des Substanzwerts zum Abzug gebracht wird, ergibt sich ein um die in der Pensionsrückstellung enthaltenen stillen Last erhöhter Sub stanzwert. Der erhöhte Substanzwert führt wiederum iRd. Ermittlung des Firmenwerts zu einem niedrigeren Firmenwert. Folglich resultiert aus der Nichtberücksichtigung der stillen Last iRd. Substanzwertermittlung eine Minderung des Firmenwerts in Höhe der in der Pensionsrückstellung enthaltenen stillen Last. Das Ergebnis der Variante II steht im Einklang mit der Forderung der hM, die im UmwStG bilanziell unberücksichtigten stillen Lasten in Pensionsrückstellungen mindernd im Firmenwert zu berücksichtigen.560
557 Vgl. das Beispiel in UmwStE, Rn. 03.08; so auch Rödder, DStR 2011, 1059 (1061); Rödder in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 11 U mwStG Rn. 200; Frotscher, UmwStE, 2012, 156 sowie die von Martini in Widmann/Mayer, § 3 UmwStG Rn. 488 als zutreffend angesehen Lösung 3 (entspricht hier Variante I). 558 Vgl. Lemaitre/Schönherr, GmbHR 2007, 173 (174); glA. Birkemeier in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 3 UmwStG Rn. 104; Rödder in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 11 UmwStG Rn. 179. 559 So auch Lösung 4 im Beispiel von Martini in Widmann/Mayer, § 3 U mwStG Rn. 488. 560 Vgl. Kahle/Vogel, Ubg 2012, 493 (494); Stadler/Elser/Bindl, DB-Beil. 1/2012, 14 (17); Rödder, DStR 2011, 1059 (1061); Schumacher/Neitz-Hackstein, Ubg 2011, 409 (410); Desens, GmbHR 2007, 1202 (1204); Ley/Bodden, FR 2007, 265 (268 f.); Bodden, FR 2007, 66 (69); Lemaitre/Schönherr, GmbHR 2007, 173 (174 f.); Strahl, kösdi 2007, 15513 (15515, dort Rn. 7); Ott, INF 2007, 465 (466); Ott, INF 2007, 97 (100); Schaflitzl/Widmayer, BB-Special 8/2006, 36 (39); Schaflitzl/Widmayer in Blumenberg/Schäfer, SEStEG, 2007, 110; Rödder/Schumacher, DStR 2006, 1481 (1489); Schmitt in Schmitt/Hörtnagl, § 3 UmwStG Rn. 47; § 11 UmwStG Rn. 44, § 20 UmwStG Rn. 279; Birkemeier in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 3 UmwStG Rn. 115; Rödder in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 11 U mwStG Rn. 198; Ropohl/Sonntag in Haase/Hofacker, § 11 UmwStG Rn. 202; Herlinghaus in Rödder/ Herlinghaus/van Lishaut, § 20 UmwStG Rn. 257; Patt in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, § 20 U mwStG Rn. 199.
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II. Abbildung stiller Lasten bei Umstrukturierungen zum gemeinen Wert
Die Minderung des Firmenwerts um die nicht bilanzierten stillen Lasten in Pensionsrückstellungen ist nach der hier vertretenen Auffassung intuitiv, wenn man unterstellt, dass der gemeine Wert der Sachgesamtheit auch in der steuerlichen Schlussbilanz abgebildet und nicht überhöht ausgewiesen werden soll. Die in den bilanzierten Wirtschaftsgütern enthaltenen stillen Lasten sind insofern aufzudecken, sodass eigentlich der gemeine Wert der Pensionsrückstellungen in der steuerlichen Schlussbilanz anzusetzen wäre. Dies ist jedoch aufgrund der spezialgesetzlichen Regelung im U mwStG nicht möglich.561 In diesem Fall können die in den Pensionsrückstellungen enthaltenen stillen Lasten nur noch einen positiven Firmenwert mindern bzw. einen negativen Firmenwert erhöhen. Im Endeffekt würden die in den Pensionsrückstellungen enthaltenen stillen Lasten somit mittelbar berücksichtigt. Dafür dürfte auch die Vergleichbarkeit mit dem Veräußerungsfall sprechen, da Umwandlungsvorgänge iSd. U mwStG dem Grunde nach auch als Veräußerungen qualifiziert werden. Sofern sich dann nicht bilanzierte stille Lasten mindernd auf das Veräußerungsergebnis iSv. § 16 EStG auswirken,562 entspricht dies im UmwStG einer Minderung des Firmenwerts.563 Hinzu kommt, dass sich die Minderung des Firmenwerts um die in Pen sionsrückstellungen enthaltenen stillen Lasten mit der Legaldefinition des gemeinen Werts (§ 9 Abs. 2 BewG) in Einklang bringen lässt. Bei der Ermittlung des gemeinen Werts sind „[…] alle Umstände, die den Preis beeinflussen, zu berücksichtigen […]“ (§ 9 Abs. 2 S. 2 BewG). Solche preisbeeinflussenden Umstände können wirtschaftlicher, rechtlicher oder tatsächlicher Natur sein.564 Zwar fehlt es bei dem Firmenwert an einer Einzelveräußerbarkeit,565 dennoch kann der Firmenwert einen gemeinen Wert haben, der sich als Differenzbetrag aus den Preisen, die ein Erwerber für die Sachgesamtheit bzw. die Übernahme der Wirtschaftsgüter im Einzelnen gezahlt hätte.566 Gegen die Minderung des Firmenwerts wie in Variante II dargestellt, spricht insb. die Auffassung der Finanzverwaltung. Denn trotz des überhöhten Ei561 Siehe dazu Abschnitt D.III.2.c)aa). 562 Vgl. BFH v. 17.10.2007, I R 61/06, BStBl. II 2008, 555. 563 So auch Philipp, Verschmelzung inländischer Kapitalgesellschaften, 2014, 258. 564 Vgl. Knittel in Stenger/Loose, § 9 BewG Rn. 81; Halaczinsky in Rössler/Troll, § 9 BewG Rn. 11. 565 Vgl. BFH v. 27.03.2001, I R 42/00, B StBl. II 2001, 771, unter II.1.b)aa); v. 24.11.1982, I R 123/78, B StBl. II 1983, 113, unter 2.a); v. 07.10.1970, I R 1/68, B StBl. II 1971, 69; v. 31.03.1971, I R 111/69, B StBl. II 1971, 536; v. 29.01.1975, I R 135/70, B StBl. II 1975, 553. 566 Vgl. statt vieler Desens, GmbHR 2007, 1202 (1204).
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D. Abbildung und Auswirkungen stiller Lasten bei innerstaatlichen Umstrukturierungen
genkapitalausweises in der steuerlichen Schluss- resp. Einbringungsbilanz ist nach Verwaltungsauffassung „[…] eine Berücksichtigung der Differenz zwischen dem Wert der Pensionsrückstellung i. S. d. § 6a EStG und dem gemeinen Wert dieser Verpflichtung nicht zulässig […]“567.568 Zudem hat sich der Gesetzgeber erkennbar für die Fortgeltung der Teilwertbewertung iSd. § 6a EStG bei Umstrukturierungen iSd. UmwStG zum gemeinen Wert entschieden. Die Nichtberücksichtigung stiller Lasten entspricht somit der gesetzgeberischen Intention.569 Zudem stellt die Minderung des Firmenwerts um die in den Pensionsrückstellungen enthaltenen stillen Lasten technisch gesehen eine Berücksichtigung des Teilwerts iSd. § 6a EStG bei der Ermittlung des Substanzwerts dar.570 Trotz des richtigen Ergebnisses ist es inkonsequent und unsystematisch, einerseits den gemeinen Wert der Pensionsrückstellung bei der Ermittlung des gemeinen Werts der Sachgesamtheit zu berücksichtigen und bei der Substanzwertermittlung hingegen den Teilwert iSd. § 6a EStG.571 Zusätzlich stellt dies einen Widerspruch zur Legaldefinition des Substanzwerts dar, der sich aus „[der] Summe der gemeinen Werte der zum Betriebsvermögen gehörenden Wirtschaftsgüter und sonstigen aktiven Ansätze abzüglich der zum Betriebsvermögen gehörenden Schulden und sonstigen Abzüge […]“572 ergibt. Die Berücksichtigung des Teilwerts iRd. Substanzwertermittlung wäre insofern contra legem. Des Weiteren konfligiert die Minderung des Firmenwerts um die in Pen sionsrückstellungen enthaltenen stillen Lasten mit der Definition des Firmenwerts. Dieser verkörpert ex definitione Mehr- bzw. Minderwerte, die nicht einzelnen Wirtschaftsgütern zugeordnet werden können.573 Sofern der Firmenwert um stille Lasten gemindert wird, die aus einer einzelnen konkret zuordenbaren Bilanzposition (hier: Pensionsrückstellungen) resultieren, schürt dies weiter die Zweifel an der von der hM präferierten Auffas567 UmwStE, Rn. 03.08 letzter Satz des Beispiels. 568 GlA. Frotscher, UmwStE, 2012, 156; Stimpel, GmHR 2012, 123 (124); Staats in Lademann, § 3 UmwStG Rn. 112; Möhlenbrock/Wener/Pung in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, § 3 UmwStG Rn. 49; Stimpel/Dötsch in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, § 11 UmwStG Rn. 37; idS auch Jäschke in Lademann, § 20 UmwStG Rn. 52a. 569 Vgl. Staats in Lademann, § 3 UmwStG Rn. 112. 570 Siehe dazu Variante II des Beispiels 01. 571 So auch Martini in Widmann/Mayer, § 3 UmwStG Rn. 488 (Lösung 4). 572 Vgl. § 11 Abs. 2 S. 3 BewG. 573 Der Firmenwert bestimmt sich nicht durch die einzelnen Wirtschaftsgüter, sondern nur durch deren Gesamtwirkung, vgl. Wollny in FS Offerhaus, 1999, 647 (648 mwN.).
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II. Abbildung stiller Lasten bei Umstrukturierungen zum gemeinen Wert
sung. In einer Gesamtschau ist daher de lege lata Variante I574 zutreffend. Dh. der gemeine Wert der Pensionsrückstellung ist iRd. Ermittlung des gemeinen Werts der Sachgesamtheit als auch bei der Ermittlung des Substanzwerts zu berücksichtigen. Eine Minderung des Firmenwerts um die nicht bilanziell berücksichtigten, in Pensionsrückstellungen enthaltenen stillen Lasten, scheidet aus. Dies resultiert allerdings in dem erhöhten Ausweis des gemeinen Werts der Sachgesamtheit, was ökonomisch und steuersystematisch höchst unbefriedigend ist. Denn ein gedachter Erwerber hätte einen geringen Preis für die Sachgesamtheit angesetzt.575 Daraus resultiert im Vergleich zur Veräußerung eine höhere Steuerbemessungsgrundlage, mit dem Risiko einer Übermaßbesteuerung576 und eines Verstoßes gegen das objektive Nettoprinzip.577 d) Berücksichtigung eines negativen Firmenwerts Unterschreitet der gemeine Wert der Sachgesamtheit die Summe der Buchwerte der übergehenden Wirtschaftsgüter,578 stellt sich die Frage, ob auch ein negativer Firmenwert zu berücksichtigen ist. Diese Frage stellt sich insb. dann, wenn der Ertragswert des Unternehmens (dh. der gemeine Wert der Sachgesamtheit) den Substanzwert iSv. § 11 Abs. 2 S. 3 BewG der Sachgesamtheit (dh. die gemeinen Werte der Einzelwirtschaftsgüter) unterschrei-
574 Vom Ergebnis her ist auch das Ergebnis der Variante IV zutreffend. Dies entspricht einer umfassenden Ausstrahlwirkung der umwandlungssteuerlichen Vorschriften zur Fortgeltung von § 6a EStG (vgl. § 3 Abs. 1 S. 2, § 11 Abs. 1 S. 2, § 20 Abs. 2 S. 1 Hs. 2, § 24 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 U mwStG. Denn aus der (unzutreffenden) Berücksichtigung des Teilwerts iSd. § 6a EStG sowohl bei dem gemeinen Wert der Sachgesamtheit als auch bei der Substanzwertermittlung resultiert dasselbe Ergebnis wie in Variante I; glA. Martini in Widmann/Mayer, § 3 UmwStG Rn. 488 (Lösung 2). 575 Vgl. dazu Schneider/Ruoff/Sistermann, FR 2012, 1 (2); Rödder in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 11 U mwStG Rn. 198; Herlinghaus in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 20 UmwStG Rn. 257; Schönherr/Krüger, DStR 2012, 829 (834). 576 Vgl. insb. Rödder, DStR 2011, 1059 (1061); Rödder in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 11 UmwStG Rn. 203; Kahle/Vogel, Ubg 2012, 493 (494); dazu weiter Abschnitt D.III.3.b)aa). 577 Vgl. nur Kahle/Vogel, Ubg 2012, 493 (494); dazu weiter Abschnitt D.III.3.b)aa). 578 Sofern man davon ausgeht, dass der steuerliche Substanzwert iSd. § 11 Abs. 2 S. 3 BewG innerhalb der umwandlungssteuerrechtlichen Bewertung die Wertuntergrenze des gemeinen Werts der Sachgesamtheit darstellt, stellt sich die Frage nach dem Ausweis eines negativen Firmenwerts nicht, vgl. Philipp, Verschmelzung inländischer Kapitalgesellschaften, 2014, 254; Bünning, BB 2012, 243 (244).
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D. Abbildung und Auswirkungen stiller Lasten bei innerstaatlichen Umstrukturierungen
tet.579 Dies ist darauf zurückzuführen, dass die Ertragserwartungen des Unternehmens die Mindestverzinsung des von ihm eingesetzten Kapitals unterschreiten würde, sodass ein gedachter Erwerber nicht bereit wäre, einen Kaufpreis zu zahlen, welcher der Summe der gemeinen Werte der Wirtschaftsgüter entspricht.580 Bei Unternehmensbewertungen, die anlässlich von Umwandlungen erfolgen, dürfte ein den Substanzwert unterschreitender Ertragswert regelmäßig auf zu erwartenden Verlusten oder zu geringen Renditeerwartungen beruhen und weniger auf ein Verhandlungsgeschick eines gedachten Erwerber zurückzuführen sein,581 sodass in solchen Kon stellationen regelmäßig von einem Badwill auszugehen ist. aa) Rückgriff auf die „umgekehrte Stufentheorie“ im Falle eines negativen Firmenwerts Fraglich ist jedoch, wie ein solcher negativer Firmenwert in Form des Badwills bei Umwandlungen zu berücksichtigen ist. Bei dem Erwerb eines Unternehmens im Rahmen eines Asset Deals wird ein positiver Kaufpreis nach der „Stufentheorie“ wie folgt typisierend aufgeteilt: auf der ersten Stufe werden die stillen Reserven in den bilanzierten Wirtschaftsgütern bis zu den jeweiligen Teilwerten aufgedeckt. Anschließend wird der Kaufpreis auf bisher beim Veräußerer nicht bilanzierte, immaterielle Wirtschaftsgüter verteilt, sodass diese erstmalig in der Bilanz anzusetzen sind. Erst anschließend ist auf der dritten Stufe ein Firmenwert auszuweisen, der gem. § 246 Abs. 1 S. 4 HGB (iVm. § 5 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 EStG und § 5 Abs. 2 EStG) als imma terieller Vermögensgegenstand resp. Wirtschaftsgut gilt und zeitlich über 15 Jahre abzuschreiben ist.582 Beim Asset Deal mit negativem Kaufpreis bezeichnet Prinz583 das Vorgehen zur Kaufpreisaufteilung als „umgekehrte Stufentheorie“. Im Rahmen des 579 Vgl. Junior in Frotscher/Drüen, § 11 U mwStG Rn. 85; Wollny, DStR 2012, 766 (768); BFH v. 19.02.1981, IV R 41/78, B StBl. II 1981, 730, unter 2.a); Moxter, Bilanzrechtsprechung, 2007, 91. 580 Vgl. Wöhe, StuW 1980, 89 (92); siehe auch Winnefeld, Bilanz-Handbuch, Kap. M, Rn. 480. 581 Vgl. zum „Lucky Buy“ Pusecker/Schruff, BB 1996, 735 (735); siehe dazu auch Kahle/ Baltromejus/Kopp in Hachmeister/Kahle/Mock/Schüppen, § 246 HGB Rn. 195; Velte, StB 2011, 396 (397). 582 Vgl. dazu bspw. Förster/Förster, WPg 2018, 986 (987), die indes den Firmenwert bereits auf der zweiten Stufe ausweisen, da es iRd. ersten Stufe keinen Unterschied mache, ob die Wirtschaftsgüter bilanziert oder nicht bilanziert sind. 583 Prinz, DB 2020, 2145 (2146 ff.).
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II. Abbildung stiller Lasten bei Umstrukturierungen zum gemeinen Wert
sset Deal soll diese ein dreistufiges Vorgehen beinhalten, wonach auf der A ersten Stufe der negative Kaufpreis auf übernommene Verpflichtungen iSd. § 5 Abs. 7 EStG zu allokieren ist. In einem zweiten Schritt sollen die bilanzierten Wirtschaftsgüter, soweit möglich, auf ihre niedrigeren Teilwert abgestockt werden. Erst im Anschluss stellt sich die Frage nach dem bilanziellen Ausweis eines Passivpostens. Der Kerngedanke der „umgekehrten Stufentheorie“ lässt sich auch im UmwStG fruchtbar machen, sofern der gemeine Wert der Sachgesamtheit den steuerlichen Substanzwert unterschreitet. Denn der sich ergebende negative Firmenwert ist mit der Situation eines negativen Kaufpreises vergleichbar. Aus Sicht eines gedachten Erwerbers scheint es sinnvoller, den Betrieb einzustellen, weil der nachhaltig erzielbare Ertrag (Ertragswert) geringer ist als der Einzelveräußerungspreis der Wirtschaftsgüter (steuerlicher Substanzwert). Jedoch ist das Vorgehen von Prinz584 im UmwStG entsprechend zu modifizieren, da § 5 Abs. 7 EStG – die Anwendung im U mwStG unterstellt – nicht bereits in der steuerlichen Schlussbilanz oder in der Einbringungsbilanz anzuwenden ist, sondern erst am nachfolgenden Bilanzstichtag.585 Somit beschränkt sich die umgekehrte Stufentheorie im UmwStG auf die Abstockung der Wirtschaftsgüter und die Frage, inwiefern ein Passiv posten auszuweisen ist. bb) Abstockung der Wirtschaftsgüter verstößt gegen Wortlaut Bei Umwandlungen iSd. U mwStG erfolgt durch den Ansatz der übergehenden (bzw. eingebrachten) Wirtschaftsgüter mit dem gemeinen Wert eine Aufdeckung der stillen Reserven und Lasten (auch hinsichtlich nicht bilanzierter, immaterieller Wirtschaftsgüter). Daher stellt sich die Frage, ob die negative Differenz zwischen dem Ertragswert und dem steuerlichen Sub stanzwert dadurch berücksichtigt werden kann, dass der Wertansatz der übergehenden Wirtschaftsgüter in der steuerlichen Schlussbilanz weiter auf einen Wertansatz abgestockt wird, der – isoliert betrachtet – unter dem jeweiligen gemeinen Wert liegt. Diese Auffassung geht auf die Judikatur des BFH zurück, nach der die (negative) Differenz zwischen Ertragswert und Substanzwert dadurch berücksichtigt werden soll, dass diese Differenz auf
584 Vgl. nochmals Prinz, DB 2020, 2145 (2146 ff.). 585 Vgl. dazu § 5 Abs. 7 EStG Abschnitt D.III.3.b)aa)(2).
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D. Abbildung und Auswirkungen stiller Lasten bei innerstaatlichen Umstrukturierungen
die aktiven Wirtschaftsgüter zu verteilen ist, sodass diese auf entsprechend niedrigere Werte abzustocken sind.586 Die „Abstockungslösung“ ist jedoch insb. im hier relevanten Kontext von Umstrukturierungen iSd. UmwStG – ungeachtet etwaiger anderer Zweifel bzw. Kritikpunkte587 – abzulehnen.588 Eine Abstockung kann nur dann grds. in Betracht kommen, sofern in einzelnen Wirtschaftsgütern noch stille Reserven enthalten sind, die im Rahmen des Wertansatzes zum gemeinen Wert in der steuerlichen Schlussbilanz aufgedeckt werden, der steuerliche Teilwert jedoch den gemeinen Wert unterschreitet;589 insb. bei monetären Wirtschaftsgütern ist eine Abstockung sogar unmöglich.590 Allerdings lässt sich dies nicht mit dem Wortlaut des § 11 Abs. 1 S. 1 UmwStG (bzw. § 3 586 Vgl. BFH v. 21.04.1994, IV R 70/92, BStBl. II 1994, 745, unter 4.a); siehe auch v. 11.12.1974, II R 30/69, BStBl. II 1975, 417 (Rn. 13); siehe auch Groh in FS Klein, 1994, 815 (817); so ähnlich bereits RFH v. 15.10.1924, VIe A 174/24, RFHE 15, 5 (7). Diese Auffassung wird in der Literatur größtenteils bestätigt und somit die Existenz eines „negativen Firmenwerts“ im Einklang mit der älteren BFH-Rechtsprechung abgelehnt, vgl. Döllerer, StbJb 1977/78, 129 (133); Maas, DB 1976, 553 (553 f.); Maassen, FR 1977, 465 (467); Söffing in FS Döllerer, 1988, 593 (596); Siegel/Bareis, BB 1993, 1477; Siegel/Bareis, BB 1994, 317; Siegel, StuW 1995, 390; Schmidt/Ries in Beck’scher Bilanzkommentar, § 246 HGB Rn. 82; siehe zu Ergänzungsbilanzen Tiede in Herrmann/Heuer/Raupach, § 15 EStG Anm. 506. 587 Die Erfolgsneutralität des Anschaffungsvorgangs wird nur temporär, dh. bis zur Veräußerung oder Entnahme der Wirtschaftsgüter sichergestellt, so Moxter in FS Semler, 1993, 853 (857). Zudem bestimmt sich ein Firmenwert nach den Ertragsaussichten, sodass diese negative Differenz demnach nicht durch die einzelnen Wirtschaftsgüter, sondern durch die Sachgesamtheit verursacht ist, vgl. auch BFH v. 18.01.1967, I 77/64, B StBl. III 1967, 334, unter 1. (juris Rn. 9); so auch Söffing in FS Döllerer, 1988, 593 (593); Groh in FS Rose, 1991, 141 (149). Der Firmenwert ist demnach nicht den Wirtschaftsgütern einzeln zuordenbar, vgl. Wollny in FS Offerhaus, 1999, 647 (648), sodass die Abstockungslösung gegen den Einzelbewertungsgrundsatz iSd. § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB verstößt, vgl. Heinze/Roolf, DB 1976, 214 (217); Hötzel, Unternehmenskauf, 1993, 44; Mujkanovic, WPg 1994, 522 (524 ff.); Mujkanovic, Vermögenskauf, 1994, 154; Möhrle, DStR 1999, 1414 (1418); Moxter, Bilanzrechtsprechung, 2007, 271; Hageböke/Stangl, DK 2020, 424 (427). 588 So auch Hageböke/Stangl, DK 2020, 424 (427, dort Fn. 24), Martini in Widmann/ Mayer, § 3 UmwStG Rn. 373; Klingberg in Brandis/Heuermann, § 3 UmwStG Rn. 21; offengelassen durch BFH v. 28.04.2016, I R 33/14, BStBl. II 2016, 913, unter II.6.; aA. Frotscher, UmwStE 152. 589 Ähnlich auch Sauer, FR 1974, 125 (128), wonach eine Abstockung nur möglich ist, wenn tatsächlich niedrigere Teilwerte vorliegen. 590 Vgl. Ossadnik, BB 1994, 747 (752); dahingehend auch RFH v. 23.03.1938, VI 704/37, RStBl. 1938, 639 (640); aA. BFH v. 11.12.1974, II R 30/69, BStBl. II 1975, 417 (juris Rn. 13).
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II. Abbildung stiller Lasten bei Umstrukturierungen zum gemeinen Wert
Abs. 1 S. 1 UmwStG) vereinbaren,591 der eine Bewertung mit dem gemeinen Wert statuiert. Zwar wird der gemeine Wert (auch) für die Sachgesamtheit ermittelt, dies erfolgt jedoch zum Zwecke der Ermittlung eines möglichen Firmenwerts. Die übergehenden Wirtschaftsgüter sind isoliert mit ihrem jeweiligen gemeinen Wert in der steuerlichen Schlussbilanz anzusetzen.592 Dass der Übertragungsgegenstand eine Sachgesamtheit ist, wird im Rahmen der Ermittlung des gemeinen Werts des Firmenwerts Rechnung getragen.593 Würde man nicht bilanzierte stille Lasten noch darüber hinaus in einer weiteren Abstockung der Wertansätze der übergehenden Wirtschaftsgüter in der steuerlichen Schlussbilanz vornehmen, würde man insoweit gegen den umwandlungssteuerlichen Regelungsbefehl verstoßen, nach dem die übergehenden Wirtschaftsgüter mit dem gemeinen Wert (dh. dem Einzelveräußerungspreis) anzusetzen sind.594 cc) Passivierung eines „negativen Firmenwerts“ Weil eine Abstockung nicht möglich ist, bleibt nur die Möglichkeit, einen „negativen Firmenwert“ zu passivieren.595 Freilich stellt sich dann die Frage, auf welcher Regelungsbasis eine solche Passivierung erfolgen kann, weil das Handelsrecht nur den Fall eines positiven Firmenwerts regelt (§ 246 Abs. 1 S. 4 HGB). Der Fall eines negativen Firmenwerts ist de lege lata schlichtweg nicht geregelt.596 (1) Keine Passivierung als Drohverlustrückstellung Einige Vertreter im Schrifttum sprechen sich dafür aus, den negativen Firmenwert als (Drohverlust-)Rückstellung zu qualifizieren,597 weil eine Einordnung als Verbindlichkeit oder Verbindlichkeitsrückstellung bereits an 591 Soweit ersichtlich nur Lemaitre/Schönherr, G mbHR 2007, 173 (175, dort Fn. 20); zustimmend Rödder in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 11 UmwStG Rn. 180; aA. Frotscher, UmwStE, 2012, 152. 592 Siehe dazu Abschnitt D.II.2. 593 Vgl. Desens, GmbHR 2007, 1202 (1206). 594 Gleiches gilt auch im Rahmen von Einbringungen iSv. § 20, § 24 UmwStG, vgl. Desens, GmbHR 2007, 1202 (1206). 595 Siehe Moxter in FS Semler, 1993, 853 (855 f.), ähnlich Mathiak, StuW 1982, 81 (82). 596 Vgl. Söffing in FS Döllerer, 1988, 593 (596); Moxter in FS Semler, 1993, 853 (857); Ernsting, WPg 1998, 405 (416); Prinz, DB 2020, 2145 (2148). 597 Vgl. Bachem, BB 1993, 967; Bachem, BB 1993, 1976 (1977); Bachem, BB 1995, 350; Hartung in FS Beisse, 1997, 235 (238 ff.); Clemm in FS Claussen, 1997, 605 (616); Heurung, DB 1995, 385 (386) „Sonderposten mit Rücklagenanteil“.
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D. Abbildung und Auswirkungen stiller Lasten bei innerstaatlichen Umstrukturierungen
der fehlenden Außenverpflichtung scheitert.598 Eine Einordnung als Drohverlustrückstellung könnte naheliegen, da der negative Firmenwert mit künftigen Verlusten gleichgesetzt werden kann, sodass eine Passivierung eines Firmenwerts nur die logische Konsequenz des Imparitätsprinzips wäre. Gegen die Einordnung eines negativen Firmenwerts als Drohverlustrückstellung spricht aber, dass ein negativer Firmenwert nicht zwangsläufig aus einem schwebenden Geschäft resultiert, weil durch den tatsäch lichen Anschaffungsvorgang kein schwebendes Geschäft mehr vorliegt, sodass ein wesentliches Tatbestandsmerkmal für die Passivierung einer Drohverlustrückstellung nicht erfüllt ist.599 (2) Fehlende Planwidrigkeit einer Regelungslücke Partiell wird eine analoge Anwendung von § 246 Abs. 1 S. 4 HGB bzw. § 5 Abs. 2 EStG auf den negativen Firmenwert vertreten.600 Eine Analogie erfordert grds. eine offene oder planwidrige Gesetzeslücke, die dann vorliegt, wenn es an einer bestimmten, aber nach dem Gesetzessinn zu erwartenden Regelung fehlt.601 Die Analogie stellt letztendlich die Übertragung einer gesetzlichen Regelung auf einen ähnlichen, nur unwesentlich abweichenden, Tatbestand dar.602 Die Qualifikation eines (positiven) Firmenwerts als fiktiver Vermögensgegenstand sei in der Weise auf den negativen Firmenwert zu übertragen, dass dieser als Schuld zu qualifizieren ist, für den aufgrund des Vorsichtsprinzips (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 Hs. 1 HGB) und zur Vermeidung einer Gewinnrealisierung eine Passivierungspflicht bestehe.603 Zwar besteht eine Regelungslücke, da § 246 Abs. 1 S. 4 HGB lediglich den positiven Firmenwert erfasst. Um einer Analogie zugänglich zu sein, bedarf 598 Vgl. Söffing in FS Döllerer, 1988, 593 (596); Siegel/Bareis, BB 1993, (1482); P usecker/ Schruff, BB 1996, 735 (738); Pickhardt, DStR 1997, 1095 (1097); Ernsting, WPg 1998, 405 (414). 599 So Breidert, Grundsätze ordnungsmäßiger Abschreibung, 1994, 206; Ernsting, WPg 1998, 405 (414 f.); ähnlich Pickhardt, DStR 1997, 1095 (1097 f.). 600 Vgl. FG Niedersachsen v. 24.10.1991, XII 706/84, EFG 1993, 15; Bachem, BB 1993, 967 (971); Mujkanovic, WPg 1994, 522 (527); Mujkanovic, Vermögenskauf, 1994, 171. 601 Vgl. Larenz, Methodenlehre, 1991, 375, 377; ähnlich Englisch in Tipke/Lang, 2021, Rn. 5.75. 602 Vgl. Larenz, Methodenlehre, 1991, 381. 603 Vgl. Breidert, Grundsätze ordnungsmäßiger Abschreibung, 1994, 207; Ernsting, WPg 1994, 405 (416); Mujkanovic, Vermögenskauf, 1994, 171 f.; Mujkanovic, WPg 1994, 522 (527).
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II. Abbildung stiller Lasten bei Umstrukturierungen zum gemeinen Wert
es gleichwohl einer Planwidrigkeit dieser Regelungslücke. Aus den Gesetzesmaterialien zum BilMoG604 lässt sich entnehmen, dass der Gesetzgeber mit § 246 Abs. 1 S. 4 HGB den positiven Firmenwert qua Fiktion zum Vermögensgegenstand erheben und die bis dato geltende Regelung in § 255 Abs. 4 HGB a.F. in § 246 Abs. 1 S. 4 HGB überführen wollte, womit die Aktivierungspflicht des derivativen Firmenwerts erreicht werden sollte.605 Das Problem eines negativen Firmenwerts dürfte dem Gesetzgeber grds. bekannt gewesen sein, da die BFH-Judikatur sich vor dem BilMoG bereits mit der Thematik eines negativen Geschäftswerts beschäftigt hat. Spätestens durch die Änderungen des BilMoG dürfte nach der hier vertretenen Auffassung die Planwidrigkeit dieser Regelungslücke entfallen sein, weil der Gesetzgeber sich somit indirekt gegen die ausdrückliche Passivierungspflicht eines negativen Firmenwerts ausgesprochen hat. Es fehlt daher an einer planwidrigen Regelungslücke, weshalb eine Analogie – zumindest nach den Änderungen des BilMoG – ausscheiden dürfte.606 (3) Ausweis eines passiven Ausgleichspostens Nach Auffassung von Moxter ist die Pflicht zur Passivierung eines negativen Firmenwerts die zwingende Folge des Realisationsprinzips iSv. § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB, da ansonsten, bei Nichtpassivierung, gegen den gesetzlichen Gewinnrealisierungstatbestand verstoßen würde. In der Folge sei für den negativen Firmenwert ein „Ausnahmepassivposten“ zu passivieren, der weder dem Eigenkapital zuzuordnen ist noch auf einer Verbindlichkeit iSe. Außenverpflichtung beruht.607 Als Fortentwicklung seiner älteren Rechtsprechung608 kommt auch der BFH in seinen jüngeren Urteilen zu einem ähnlichen Ergebnis wie Moxter, wo604 Gesetz zur Modernisierung des Bilanzrechts v. 25.05.2009, BGBl. I 2009, 1102. 605 BT-Drs. 344/08, 102. 606 Im Ergebnis glA. Schüppen, JbFfSt 2018/2019, 200 (203); Preißer/Preißer, DStR 2011, 133 (136, dort Fn. 58). Pusecker/Schruff, BB 1996, 735 (742), erachten die Passivierung des negativen Firmenwerts nur de lege ferenda für möglich. 607 Vgl. Moxter in FS Semler, 1993, 853 (857, 861); ähnlich Kahle/Kopp/Baltromejus in Hachmeister/Kahle/Mock/Schüppen, § 246 HGB Rn. 193. 608 Vgl. BFH v. 19.10.1972, I R 244/70, B StBl. II 1973, 54, wonach eine dauerhaft nachlassende Rentabilität des Betriebes eine Teilwertabschreibung von einzelnen betroffenen Wirtschaftsgütern rechtfertigt, jedoch nicht Passivierung dieses Rückgangs an Rentabilität; so auch Döllerer, StbJb 1977/78, 129 (133) mit Verweis auf RFH v. 14.12.1926, VI A 575/26, RFHE 20, 87; BFH v. 19.02.1981, IV R 41/78, B StBl. II 1981, 730, unter 2.a) und 2.b) (juris Rn. 9–12); v. 19.07.1983, VIII R 160/79, BStBl. II
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D. Abbildung und Auswirkungen stiller Lasten bei innerstaatlichen Umstrukturierungen
nach in den Fällen, in denen eine Abstockung der Wirtschaftsgüter unmöglich ist, ein passiver Ausgleichsposten auszuweisen ist, um die Erfolgsneutralität des Anschaffungsvorgangs sicherzustellen.609 Da in den Fällen des UmwStG im Falle des Ansatzes zum gemeinen Wert eine Abstockung der Wirtschaftsgüter auf einen Wertansatz unterhalb des gemeinen Werts bereits gegen den Wortlaut des Gesetzes verstößt (s.o.), ist im Einklang mit dem BFH dann ein negativer Firmenwert in Form eines passiven Ausgleichspostens in die steuerliche Schlussbilanz aufzunehmen.610 Bejaht man die Aufnahme dieses entsprechenden Passivums in der steuerlichen Schlussbilanz, stellt sich die Frage nach dem Charakter und der Rechtsnatur des passiven Ausgleichspostens. Mitunter stellt sich die Frage, ob der passive Ausgleichsposten mit einem negativen Firmenwert gleichzusetzen ist. Diese Auffassung vertritt jedenfalls ein Teil der Literatur, der mit Blick auf die BFH-Judikatur meint, dass der BFH faktisch die Passivierung eines negativen Firmenwerts in Form eines passiven Ausgleichspostens bestätigt 1984, 56, unter II.2. (juris Rn. 17); v. 25.01.1984, I R 7/80, B StBl. II 1984, 344, unter 6.; v. 25.08.1989, III R 95/87, B StBl. II 1989, 893, unter II.5. (juris Rn. 30); v. 21.04.1994, IV R 70/92, B StBl. II 1994, 745, unter 4.a) (juris Rn. 20); so auch schon RFH v. 23.03.1938, VI 704/37, R StBl. 1938, 639 (640). 609 Vgl. dazu BFH v. 26.04.2006, I R 49, 50/04, B StBl. II 2006, 656, unter II.7. (juris Rn. 29 ff.); so aber auch schon v. 21.04.1994, IV R 70/92, B StBl. II 1994, 745, unter 4.a) (juris Rn. 20). vgl. auch Auler, ZfB 1927, 839 (843). AA. Siegel/Bareis, BB 1994, 317 (319); Siegel/Bareis, BB 1993, 1477 (1485); Pickhardt, DStR 1997, 1095 (1099 f.), nach denen iHd. verbleibenden Differenz, für die keine Abstockung erfolgen kann, ein „Anschaffungsgewinn“ realisiert wird. Nach dem FG Niedersachsen steht das Realisationsprinzip dem Ausweis eines Anschaffungsgewinns entgegen, vgl. FG Niedersachsen, v. 24.10.1991, XII 706/84, EFG 1993, 15, unter 2. (Rn. 20); BFH v. 26.04.2006, I R 49-50/04, B StBl. II 2006, 656, unter II.3.; Möhrle, DStR 1999, 1414 (1418 f.); Preißer/Preißer, DStR 2011, 133 (134). 610 Vgl. Hageböke/Stangl, DK 2020, 424 (427); Schüppen, JbFfSt 2018/2019, 200 (203); Riedel, FR 2012, 1109 (1112); Desens, DStR-Beih. 2010, 80 (86); Desens, GmbHR 2007, 1202 (1205 f.); Ley/Bodden, FR 2007, 265 (269); Lemaitre/Schönherr, G mbHR 2007, 173 (175, dort Fn. 20); Klingberg in Brandis/Heuermann, § 3 UmwStG Rn. 21; Rödder in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 11 UmwStG Rn. 180; Junior in Frotscher/Drüen, § 11 UmwStG Rn. 85; Schmitt in Schmitt/Hörtnagl, § 11 U mwStG Rn. 45; Wernicke in Lademann, § 11 U mwStG Rn. 102; Ropohl/Sonntag in Haase/ Hofacker, § 11 UmwStG Rn. 250; Dötsch/Stimpel in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, § 11 U mwStG Rn. 25c, 36. So die Finanzverwaltung in Rn. 03.06 des Entwurfs des UmwStE v. 16.02.2011: „[…] Ist ein [Firmenwert] nicht vorhanden oder übersteigt der Wert der passiven Wirtschaftsgüter einen vorhanden [Firmenwert], ist in Höhe des übersteigenden Teils ein Ausgleichsposten zu bilden“; abgedruckt bei Kutt/Carstens in FGS/BDI, UmwStE, 2012, 132.
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II. Abbildung stiller Lasten bei Umstrukturierungen zum gemeinen Wert
hat.611 Jedoch muss der BFH dahingehend verstanden werden, dass der passive Ausgleichsposten nicht mit einem negativen Firmenwert gleichzusetzen ist, weil der BFH die – von der Vorinstanz verneinte612 – Frage offenließ, inwiefern die Passivierung eines negativen Firmenwerts mit dem Bilanzrecht vereinbar wäre.613 Für den BFH ist der passive Ausgleichsposten eine Art Rechengröße, um ein buchhalterisches Loch auf der Passivseite zu schließen.614 Mujkanovic615 sieht zwischen dem passiven Ausgleichsposten und dem negativen Firmenwert keinen Unterschied, da der positive Firmenwert nichts anderes sei als eine bilanzielle Residualgröße, weshalb der Firmenwert handelsrechtlich als Bilanzierungshilfe verstanden und nur Kraft gesetzlicher Fiktion als Vermögensgegenstand (und demzufolge auch als Wirtschaftsgut) behandelt wird. Dies allein reicht nach hier vertretener Auffassung jedoch nicht aus, um eine charakterähnliche Gleichstellung zwischen dem negativen Ausgleichsposten einerseits und einem negativen Firmenwert andererseits zu rechtfertigen. Ein Ausgleichsposten hat in erster Linie den Charakter eines Korrekturpostens zu den im Rahmen eines Anschaffungsvorgangs übernommenen Wirtschaftsgütern.616 Gleichwohl kommt es darauf an, ob sich der hier in Frage stehende passive Ausgleichsposten auf ein 611 GlA. in Bezug auf BFH v. 21.04.1994, IV R 70/92, BStBl. II 1994, 745: Hoffmann, DStR 1994, 1762 (1766); Gießler, DStR 1995, 699 (700 f.); Clemm in FS Claussen, 1997, 605 (617, dort Fn. 28); so auch Bachem, BB 1995, 350 (353); Ernsting, WPg 1995, 405 (420). 612 Vgl. FG Schleswig-Holstein v. 05.12.2003, 1 K 973/97, EFG 2004, 1324, juris Rn. 36, wonach das Steuerbilanzrecht in § 6 Abs. 1 Nr. 2 S. 1 und § 5 Abs. 2 EStG nur die Aufnahme eines positiven Firmenwerts und von positiven immateriellen Wirtschaftsgütern zulasse; so auch schon BFH v. 19.02.1981, IV R 41/78, BStBl. II 1981, 730. 613 BFH v. 26.04.2006, I R 49, 50/04, B StBl. II 2006, 656, unter II.7. (juris Rn. 29 ff.); siehe auch Meier/Geberth, DStR 2011, 733 (734). Die Passivierung eines negativen Firmenwerts als solches ablehnend: Söffing in FS Döllerer, 1988, 593 (596); Groh in FS Klein, 1994, (815, 817); Siegel, StuW 1990, 350; Krumm in Brandis/Heuermann, § 5 EStG Rn. 625; idS auch Küppers, DB 1986, 1633 (1639). 614 BFH v. 26.04.2006, I R 49, 50/04, BStBl. II 2006, 656, unter II.7.; Roser/Haupt, GmbHR 2007, 78 (81); Hoffmann, DStR 1994, 1762 (1766); Prinz, DB 2020, 2145 (2148). 615 Vgl. Mujkanovic, Vermögenskauf, 1994, 167–172; Mujkanovic, WPg 1994, 522 (526 f.). Der Gesetzgeber bringt explizit zum Ausdruck, dass der derivative Firmenwert nur nach der Fiktion des § 246 Abs. 1 S. 4 HGB als Vermögensgegenstand behandelt werden soll, vgl. BT-Drs. 344/08, 102. 616 Roser/Haupt, GmbHR 2007, 78 (81); BFH v. 20.04.1999, VIII R 38/96, BStBl. II 1999, 647.
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D. Abbildung und Auswirkungen stiller Lasten bei innerstaatlichen Umstrukturierungen
konkretes Wirtschaftsgut oder auf eine Sachgesamtheit von Wirtschaftsgütern bezieht. Bei Umwandlungen iSd. U mwStG handelt es sich (mit Ausnahme des Anteilstauschs) um Übertragungen von Sachgesamtheiten.617 Der den Substanzwert unterschreitende Ertragswert und der damit entstehende negative Differenzbetrag wird durch die Sachgesamtheit determiniert und ist somit einzelnen Wirtschaftsgütern nicht zuzuordnen, da diese mit ihrem gemeinen Wert angesetzt werden müssen.618 Der dadurch zu bilanzierende passive Ausgleichsposten ist somit eine Gegenposition zur Gesamtheit aller erworbenen aktiven und passiven Wirtschaftsgüter. Damit hat der passive Ausgleichsposten den Charakter eines negativen Wirtschaftsguts in der Form eines negativen Firmenwerts bzw. ist mit diesem zumindest vergleichbar.619 e) Zwischenfazit Die Bewertung mit dem gemeinen Wert bezieht sich auf die einzelnen Wirtschaftsgüter unabhängig von ihrer konkreten Bilanzierungsfähigkeit. Eine Gesamtbewertung ist dennoch zur Bestimmung des Firmenwerts notwendig. Stille Lasten in aktiven Wirtschaftsgütern werden durch den Ansatz mit dem gemeinen Wert in der steuerlichen Schlussbilanz gehoben. Durch den maßgeblichen Ansatz zum gemeinen Wert werden auch die steuerbilanziellen Passivierungsbeschränkungen verdrängt, sodass sämtliche stillen Lasten (mit Ausnahme der stillen Lasten in Pensionsrückstellungen) unmittelbar in der steuerlichen Schlussbilanz gehoben werden. Sofern ein negativer Firmenwert entsteht, ist dieser als passiver Ausgleichsposten auszuweisen. Dieser passive Ausgleichsposten stellt damit einen Korrekturwert zur Gesamtheit aller Wirtschaftsgüter der Sachgesamtheit dar und ist somit mit einem Firmenwert vergleichbar.
617 Vgl. Möhlenbrock/Pung in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, § 3 U mwStG Rn. 29; Dötsch/ Stimpel in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, § 11 UmwStG Rn. 28; Bärwaldt in Haritz/ Menner/Bilitewski, § 11 UmwStG Rn. 19; Rödder in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 11 UmwStG Rn. 169; Herlinghaus in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 20 UmwStG Rn. 243; Schmitt in Schmitt/Hörtnagl, § 3 U mwStG Rn. 30, § 20 U mwStG Rn. 271, § 24 UmwStG Rn. 163. 618 Siehe dazu bereits Abschnitt D.I.2. 619 Vgl. zur vergleichbaren Fragestellung beim Asset Deal mit negativem Kaufpreis Roser/Haupt, GmbHR 2007, 78 (82); Gosch, BFH-PR 2006, 348.
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II. Abbildung stiller Lasten bei Umstrukturierungen zum gemeinen Wert
3. Ergebnis: Nichtberücksichtigung von stillen Lasten in Pensionsrückstellungen Pensionsrückstellungen stellen im UmwStG eine Besonderheit dar, weil die darin enthaltenen stillen Lasten nicht unmittelbar in dem entsprechenden Passivposten in der steuerlichen Schlussbilanz gehoben werden. Zudem scheidet eine Minderung des Firmenwerts aus. Dies führt dazu, dass das Eigenkapital, welches den gemeinen Wert der Sachgesamtheit abbildet, zu hoch ausgewiesen wird.620 a) Gründe für Fortgeltung der Teilwertbewertung Diese Nichtberücksichtigung der in Pensionsrückstellungen enthaltenen stillen Lasten ist darauf zurückzuführen, dass ein steuerwirksamer Ansatz von steuerbilanziell systematisch unterbewerteten Pensionsrückstellungen nicht im Rahmen von Umwandlungen nachgeholt werden soll.621 Wenn das UmwStG auch für Pensionsrückstellungen einen Ansatz mit dem gemeinen Wert angeordnet hätte, wären die insoweit in den Pensionsrückstellungen enthaltenen stillen Lasten steuerbilanziell aufgedeckt worden, was zu einer Minderung des Übertragungsergebnisses geführt hätte.622 Der übernehmende Rechtsträger hätte Pensionsrückstellungen zum gemeinen Wert angesetzt, entweder aufgrund der Werteverknüpfung nach § 4 Abs. 1 S. 1, § 12 Abs. 1 S. 1 UmwStG oder aufgrund des Anschaffungsvorgangs bei Einbringungen iSv. § 20, § 24 U mwStG. Es wäre somit möglich gewesen, die stillen Lasten in den systematisch unterbewerteten Pensionsrückstellungen durch die im U mwStG erfolgenden Bewertung mit dem gemeinen Wert zu heben. Dies hätte insb. für Konzerne Gestaltungsspielräume eröffnet, auch wenn diese Gestaltungsspielräume seit der Einführung von § 4f und § 5 Abs. 7 EStG wiederum begrenzt wären. b) Folgen der systematisch fragwürdigen Überbewertung Die fortgeltende Bewertung von Pensionsrückstellungen mit dem Teilwert iSv. § 6a EStG in Kombination mit dem Ansatz der einzelnen Wirtschaftsgüter zum gemeinen Wert führt zu einer Überbewertung des in der steuerli620 Vgl. dazu Abschnitt D.II.2.c)bb). 621 Vgl. Bogenschütz, Ubg 2011, 393 (397); Möhlenbrock/Pung/Werner in Dötsch/ Pung/Möhlenbrock, § 3 UmwStG Rn. 48; Staats in Lademann, § 3 UmwStG Rn. 111. 622 Vgl. Damas, DStZ 2007, 129 (130).
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D. Abbildung und Auswirkungen stiller Lasten bei innerstaatlichen Umstrukturierungen
chen Schlussbilanz ausgewiesenen Eigenkapitals iHd. in den Pensionsrückstellungen enthaltenen stillen Lasten.623 Das Eigenkapital des übertragenen Vermögens repräsentiert bei Umstrukturierungen zum gemeinen Wert den gemeinen Wert der Sachgesamtheit. Steuersystematisch ist dieses Ergebnis schon zweifelhaft und widerspricht einer sachgerechten Ermittlung des gemeinen Werts als Sachgesamtheiten, der unter Anwendung von allgemein anerkannten ertragswert- oder zahlungsstromorientierten Bewertungsverfahren ermittelt wird, die auch ein gedachter Erwerber bei der Ermittlung des Kaufpreises der Sachgesamtheit zugrunde legen würde.624 Der danach ermittelte Wert der Sachgesamtheit darf demnach nicht höher sein als ein Kaufpreis, den ein gedachter Erwerber bei dem Erwerb der Sachgesamtheit zugrunde legen würde.625 Ein gedachter Erwerber würde den gemeinen Wert der Pensionsrückstellungen und nicht den Teilwert bei der Bemessung des Kaufpreises (in Form des Ertragswerts) für ein Unternehmen berücksichtigen, weil auch wirtschaftlich betrachtet der gemeine Wert der Pen sionsrückstellungen den Gesamtwert des Unternehmens mindert.626 Wenn sich der Gesamtwert des Unternehmens um die in Pensionsrückstellungen enthaltenen stillen Lasten wieder erhöht, stellt dies einen Widerspruch zur Bewertung als Sachgesamtheit mit dem gemeinem Wert dar.627 aa) Übermaßbesteuerung Im steuerlichen Schrifttum wird die Nichtberücksichtigung der in Pensionsrückstellungen enthaltenen stillen Lasten kritisiert, weil daraus eine Übermaßbesteuerung resultieren kann.628 Eine allgemeingültige Definition, ab wann eine Übermaßbesteuerung vorliegt, existiert – soweit ersichtlich – nicht. Jedoch kann von einer Übermaßbesteuerung ausgegangen werden, 623 Vgl. Abschnitt D.II.2.c)bb), insb. Beispiel 01. 624 Schneider/Ruoff/Sistermann, FR 2012, 1 (2); Rödder in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 11 U mwStG Rn. 198; Herlinghaus in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 20 UmwStG Rn. 257; Schönherr/Krüger, DStR 2012, 829 (834). 625 Vgl. Lemaitre/Schönherr, G mbHR 2007, 173 (174); Birkemeier in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 3 UmwStG Rn. 104. 626 Vgl. auch Bünning, BB 2012, 243 (246); so auch Martini in Widmann/Mayer, § 3 UmwStG Rn. 488. 627 Vgl. Steierberg in Haase/Hofacker, § 3 UmwStG Rn. 33; Rödder/Schumacher, DStR 2006, 1481 (1489); Rödder in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 11 UmwStG Rn. 198. 628 Vgl. Rödder, DStR 2011, 1059 (1061); Rödder in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 11 UmwStG Rn. 203; Oppen/Polatzky, GmbHR 2012, 263 (267).
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II. Abbildung stiller Lasten bei Umstrukturierungen zum gemeinen Wert
wenn die Steuerbelastung im Verhältnis zur wirtschaftlichen Bemessungsgrundlage, dh. ohne Berücksichtigung von steuerlichen Abzugsverboten und Steuerbefreiungen, zwischen der regelmäßigen Belastungsobergrenze des Steuersubjekts und 100% liegt.629 Es herrscht indes Einigkeit, dass je denfalls dann von einer Übermaß- bzw. Substanzbesteuerung auszugehen ist, wenn die Steuerbelastung die wirtschaftliche Bemessungsgrundlage zu 100% übersteigt.630 Der überhöhte Ausweis des Eigenkapitals in der steuerlichen Schlussbilanz wirkt sich auch auf das Übertragungs- bzw. Einbringungsergebnis aus.631 Unabhängig davon, ob im Ergebnis ein Übertragungsgewinn oder ein Übertragungsverlust erzielt wird, ist das Übertragungsergebnis, anders als im tatsächlichen Verkaufsfall, um die in der Pensionsrückstellung enthaltene stille Last erhöht.632 Eine Übermaßbesteuerung ist damit umso wahrscheinlicher, je höher die in den Pensionsrückstellungen enthaltenen stillen Lasten sind. Beispiel 02 Bei einer Umstrukturierung zum gemeinen Wert werden voll steuerpflichtige stille Reserven iHv. 200 gehoben. Stille Lasten sind sowohl aufgrund einer nach § 5 Abs. 4a S. 1 EStG nicht passivierten Drohverlustrückstellung iHv. 60 als auch aufgrund einer gem. § 6a EStG bewerteten Pensionsrückstellung iHv. 80 vorhanden. Aufgrund des Ansatzes mit dem gemeinen Wert werden nur die in der Drohverlustrückstellung enthaltenen stillen Lasten iHv. 60 gehoben, die jedoch aufgrund einer unterstellen Anwendung von § 4f Abs. 1 S. 1 EStG633 nur zu 1/15 (1/15 * 60 = 4) das Übertragungsergebnis mindern (eine Minderung des Firmenwerts, um die in der Pensionsrückstellung enthaltene stille Last iHv. 80, soll hier nicht möglich sein634). Folglich resultiert ein Übertragungsgewinn iHv. 196, der eine durchschnittliche Ertragsteuerbelastung (30%) iHv. 58,8 auslöst. Bezogen auf die wirtschaftliche Bemessungs629 Vgl. Hechtner, arqus-Working Paper Nr. 104, 2010, 14–15. 630 Vgl. Rose, StuW 1985, 330 (342 f.); in diesem Sinne auch BFH v. 08.08.2001, II R 59/98, BFH/NV 2002, 317, unter II.4.; siehe auch Kudert/Höppner/Porebski, StuW 2022, 258 (260). 631 Für Einbringungsfälle iSv. § 20, § 24 U mwStG wird das zu ermittelnde Einbringungsergebnis durch den Wertansatz des eingebrachten Betriebsvermögens in der Steuerbilanz des übernehmenden Rechtsträgers determiniert. Insofern wirkt sich der aufgrund der Teilwertbewertung der Pensionsrückstellung überhöhte Ausweis des Eigenkapitals in der Steuerbilanz nach Einbringung erhöhend auf das Einbringungsergebnis des Einbringenden aus, siehe dazu auch Abschnitt D.III.1. 632 Vgl. Rödder/Schumacher, DStR 2006, 1481 (1489). 633 Zur Anwendung von § 4f EStG im UmwStG vgl. ausführlich Abschnitt D.III.3.a). 634 Zur Minderung des Firmenwerts um stille Lasten aus Pensionsrückstellungen vgl. Abschnitt D.II.2.c)bb).
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D. Abbildung und Auswirkungen stiller Lasten bei innerstaatlichen Umstrukturierungen
grundlage von 60 (= 200 ./. 60 ./. 80) ergibt sich eine Effektivsteuerbelastung iHv. 98% (= 58,8/60). Sollte der Ausnahmetatbestand nach § 4f Abs. 1 S. 3 Alt. 1 EStG anwendbar sein,635 oder wird der Effekt aus der Anwendung von § 4f EStG aufgrund seiner lediglich zeitlichen Streckung vernachlässigt, reduziert sich die Effektivsteuerlast auf 70% (= [(200 ./. 60)]*0,3/60). Ungeachtet dessen zeichnet sich im Ergebnis eine Tendenz zu einer überschießenden Effektivsteuerbelastung ab. Zugleich ist das Risiko einer Substanzbesteuerung (in Form einer Effektivsteuerlast von > 100%) größer, je höher die in einer Pensionsrückstellung enthaltene stille Last ist.
Die Nichtberücksichtigung der in Pensionsrückstellungen enthaltenen stillen Lasten iRv. Umwandlungen benachteiligt diese im Vergleich zum tatsächlichen Verkaufsfall.636 Bei der Ermittlung eines Veräußerungsergebnisses iSd. § 16 EStG wirken sich die nicht bilanzierten stillen Lasten mindernd aus und werden somit nicht gewinnerhöhend zum Veräußerungsergebnis hinzugerechnet.637 Dies erfolgt im U mwStG de lege lata nicht, weil die Finanzverwaltung die Ansicht vertritt, dass sich die in Pensionsrückstellungen enthaltenen stillen Lasten nicht auswirken dürfen.638 In Fällen des U mwStG könnte erwägt werden, dass die nicht iRd. steuerlichen Schlussbilanz passivierten stillen Lasten (insb. die in Pensionsrückstellung) das Übertragungsergebnis (außerbilanziell) im Ergebnis ebenfalls mindern. Im Ergebnis kann nur durch eine steuerwirksame Berücksichtigung sämtlicher stiller Lasten – dies schließt solche in Pensionsrückstellungen ein – eine Übermaßbesteuerung verhindert werden.639 bb) Verletzung des objektiven Nettoprinzips Zusätzlich tritt der Umstand hinzu, dass die Nichtberücksichtigung von in Pensionsrückstellungen enthaltenen stille Lasten einen Verstoß gegen das objektive Nettoprinzip darstellt.640 Nach dem objektiven Nettoprinzip, welches universal im Steuerrecht Geltung entfaltet,641 darf nur eine Nettogröße 635 Siehe dazu Abschnitt D.III.3.a)cc). 636 So nur Rödder in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 11 UmwStG Rn. 198. 637 Vgl. BFH v. 17.10.2007, I R 61/06, BStBl. II 2008, 555; siehe auch BMF v. 24.06.2011, BStBl. I 2011, 627 Rn. 5. 638 Vgl. UmwStE, Rn. 03.08 letzter Satz. 639 So zu Entstrickungsfällen Rödder/Schumacher, DStR 2006, 1481 (1485); Kahle/ Franke, IStR 2009, 406 (409); Engesser, Entstrickungsbesteuerung, 2021, 69. 640 Vgl. nur Kahle/Vogel, Ubg 2012, 493 (494). 641 Vgl. auch BVerfG v. 11.11.1998, 2 BvL 10/95, BVerfGE 99, 280; vgl. ferner Röder, Verlustverrechnung, 2010, 119 ff.; Hey in Tipke/Lang, 2021, Rn. 8.54. Kirchhof in Herrmann/Heuer/Raupach, Einf. EStG Anm. 295; siehe Englisch in Tipke/Lang, 2021, Rn. 5.67: „Fundamentalprinzip“.
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II. Abbildung stiller Lasten bei Umstrukturierungen zum gemeinen Wert
als Saldo der Erträge und der zur Ertragserzielung notwendigen Aufwendungen der Besteuerung unterliegen.642 Das objektive Nettoprinzip gilt nicht nur in der ESt, sondern auch in der KSt.643 Werden somit in diesem Zusammenhang einseitig iRv. Umwandlungs- und Einbringungsvorgängen die in Pensionsrückstellungen enthaltenen stillen Lasten nicht mindernd berücksichtigt, stellt dies einen Verstoß gegen das objektive Nettoprinzip dar.644 Das objektive Nettoprinzip ist als Grundentscheidung des Gesetzgebers folgerichtig umzusetzen,645 es sei denn, sachliche Rechtfertigungsgründe rechtfertigen eine Abweichung.646 In Bezug auf Pensionsrückstellungen soll das generelle Passivierungsverbot des § 6a EStG die zum Bilanzstichtag bestehende wirtschaftliche Belastung in zukünftige Veranlagungszeiträume verlagern.647 Erachtet man Umwandlungen von einem wirtschaftlichen Standpunkt aus als besondere unternehmerische Vorgänge zur Anpassung der Unternehmensstruktur,648 ließe sich die Rechtfertigung für die Verletzung des objektiven Nettoprinzips anführen, dass allein durch eine Umstrukturierung keine Marktbestätigung der stillen Last erfolgt. Allerdings konfligiert dies mit dem Veräußerungsgedanken von Umstrukturierungen, der in der Regelbewertung zum gemeinen Wert zum Ausdruck kommt.649 Jedoch indiziert die angeführte Begründung für die Fortgeltung der Teilwertbewertung von Pensionsrückstellungen, dass somit bislang nicht geltend gemachter Aufwand nicht mittels konzerninternen Umwandlungsmaßnahmen nachgeholt werden soll,650 einen Fiskalzweck. Ein Fiskalzweck reicht als Rechtfertigungsgrund für eine Abweichung vom Folgerichtigkeitsgebot nicht aus.651 642 Vgl. auch Bowitz, Nettoprinzip, 2016, 29–30. 643 BVerfG v. 12.10.2010, 1 BvL 12/07, BVerfGE 127, 224, unter D.III.1.a); BFH v. 22.08.2012, I R 9/11, B StBl. II 2013, 512, unter II.2.a)aa); siehe auch Hey, DStRBeih. 2009, 109 (110); Seiler, DStJG 34 (2011), 61 (67). 644 Soweit ersichtlich nur Kahle/Vogel, Ubg 2012, 493 (494). 645 Vgl. Hey in Tipke/Lang, 2021, Rn. 3.123; dahingehend auch Bowitz, Nettoprinzip, 2016, 235. Zum Folgerichtigkeitsgebot siehe Abschnitt E.IV.1.a). 646 Vgl. B VerfG v. 11.11.1998, 2 BvL 10/95, BVerfGE 99, 280, unter C.II.1.; Hey in Tipke/Lang, 2021, Rn. 8.55. 647 Vgl. BFH v. 12.12.2012, I R 28/11, BStBl. II 2017, 1265, unter II.2.b)cc). 648 Vgl. die Begründung zum UmgrStG: ErlRV UmgrStG 266, BlgNR XVIII. GP, 15. 649 Vgl. Abschnitt C.III.1.a). 650 IdS Bogenschütz, Ubg 2011, 393 (397); Möhlenbrock/Pung/Werner in Dötsch/ Pung/Möhlenbrock, § 3 UmwStG Rn. 48; Staats in Lademann, § 3 UmwStG Rn. 111. 651 Vgl. BVerfG v. 09.12.2008, 2 BvL 1/07 ua., BVerfGE 122, 210, unter C.I.2.b)cc); Mellinghoff, Ubg 2012, 369 (370).
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D. Abbildung und Auswirkungen stiller Lasten bei innerstaatlichen Umstrukturierungen
c) Problemlösende Stärkung des Maßgeblichkeitsgrundsatzes de lege ferenda? In der Gesamtbetrachtung ist die konsequente Nichtberücksichtigung der in Pensionsrückstellungen enthaltenen stillen Lasten stark zu kritisieren. Denn dies widerspricht dem Veräußerungsgedanken bei Umstrukturierungen zum gemeinen Wert, den die Finanzverwaltung selbst flächendeckend annimmt.652 Die Problematik der Nichtberücksichtigung von in Pensionsrückstellungen enthaltenen stillen Lasten im UmwStG ist im Wesentlichen auf die mit § 6a EStG angeordnete Durchbrechung des Maßgeblichkeitsgrundsatzes zurückzuführen. Denn die Entstehung steuerbilanzieller stiller Lasten ist auf den in § 6a Abs. 3 S. 3 EStG gesetzlich fixierten Abzinsungszinssatz iHv. 6% zurückzuführen, während demgegenüber der im Handelsrecht anzuwendende Abzinsungszinssatz aus einer durchschnittlichen Marktbetrachtung ermittelt wird (§ 253 Abs. 2 S. 1 HGB), der in Niedrigzinsphasen den steuerlich fixierten Abzinsungssatz deutlich unterschreitet. Das FG Köln hält den gesetzlich fixierten Abzinsungszinssatz für Pensionsrückstellungen iHv. 6% ab 2015 in Übereinstimmung mit mehreren Stimmen im Schrifttum653 für verfassungswidrig und hat dem B VerfG diese Frage zur Prüfung vorgelegt.654 Sollte das BVerfG die Auffassung des FG Köln bestätigen, müsste der Gesetzgeber tätig werden und den Zinsfuß für die Abzinsung der Pensionsrückstellungen in der Steuerbilanz neu festlegen. Insoweit könnte das gesetzgeberische Ziel der Verhinderung der Realisation von stillen Lasten in Pensionsrückstellungen scheitern.655 Das B VerfG hat zur sog. Vollverzinsung656 iSv. § 233a AO, § 238 AO entschieden, dass die dortige Verzinsung von 0,5% pro Monat, dh. im Jahr insg. 6%, ab 2019 verfassungswidrig ist. Das FG Köln hatte die bis dato gefestigte Rechtsprechung zur Verfassungskonformität der Aussetzungszinsen nicht als auf die Zinssatzproblematik bei Pensionsrückstellungen übertragbar erachtet, weil sich der Zinssatz nur zu Lasten des Steuerpflichtigen auswirkt und die Pensionsrückstellungen über einen längeren Zeitraum bestehen.657 Dennoch kann nicht ausgeschlos652 Vgl. U mwStE Rn. 00.02. 653 Vgl. bspw. Hey, FR 2016, 485;/Weber-Grellet in Schmidt, § 6a EStG Rn. 51. 654 FG Köln v. 12.10.2017, 10 K 977/17, DStR 2017, 2792, Az. BVerfG 2 BvL 22/17. 655 So auch Dötsch/Stimpel in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, § 11 UmwStG Rn. 37. 656 BVerfG v. 08.07.2021, 1 BvR 2237/14, 1 BvR 2422/17, BVerfGE 158, 282. 657 FG Köln v. 12.10.2017, 10 K 977/17, DStR 2017, 2792, unter B.III.3.b)gg) (Rn. 89– 90).
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II. Abbildung stiller Lasten bei Umstrukturierungen zum gemeinen Wert
sen werden, dass insb. die Aussagen des BVerfG zum Zinsumfeld iRd. Vollverzinsung auch die Entscheidung über eine mögliche Verfassungswidrigkeit des Abzinsungszinssatzes für die Pensionsrückstellungen beeinflussen. Es sollte indes die Überlegung angestellt werden, ob und inwiefern an der steuerbilanziellen Unterbewertung von Pensionsrückstellungen festzuhalten ist. Ziel der GoB-widrigen steuerbilanziellen Ansatz- und Bewertungsvorschriften für Passiva ist – entgegen dem Imparitätsprinzip – die Verlagerung von Aufwand in künftige Veranlagungszeiträume.658 Das Imparitätsprinzip gehört ebenso zu den „[…] Leitmaximen [einer] sachgerechten steuerlichen Gewinnermittlung […]“659 wie das Realisationsprinzip.660 Ohnehin wird im Steuerbilanzrecht eine ausreichende Rückstellungsbildung unter Einhaltung des Imparitätsprinzips mit Blick auf die bestehenden Verlustverrechnungsbeschränkung als verpflichtend erachtet.661 Insofern wird sich für den Einzug des „[…] imparitätisch ausgestaltete[n] Realisationsprinzip[s] […]“662 in die steuerliche Gewinnermittlung ausgesprochen, sodass Belastungen durch wahrscheinliche Risiken oder drohende Verluste steuerlich Berücksichtigung finden.663 Durch die „Rückbesinnung auf zentrale Prinzipien der steuerlichen Gewinnermittlung“664 könnte der Maßgeblichkeitsgrundsatz gestärkt werden. Ziel sollte es sein, dass sich das Steuerbilanzrecht wieder mehr an den handelsrechtlichen GoB orientiert.665 Insbesondere durch einen handels- und steuerbilanziellen Gleichlauf bei der Passivierung von Pensionsrückstellungen könnten die hier entstehenden Probleme beseitigt werden.
658 So ausdrücklich BFH v. 12.12.2012, I R 28/11, BStBl. II 2017, 1265, unter II.2.b)cc). 659 Prinz, DB 2019, 804 (807). 660 Vgl. zum Realisationsprinzip Hennrichs, D StJG 43 (2020), 143 (165) „‘Eckpfeiler‘ des Rechts der steuerlichen Gewinnermittlung“; so auch Hennrichs, D StJG 24 (2001), 301 (315). 661 Vgl. Kahle in FS Böcking, 2021, 571 (575); Kahle, FR 2020, 599 (601); Kahle, FR 2019, 337 (339); Kahle, DStZ 2017, 903 (913); Prinz, DB 2015, 147 (148); Ballwieser in FS Spindler, 2011, 577 (583); dazu auch bereits Abschnitt B.III.1.d)bb). 662 Prinz, DB 2019, 804 (806). 663 Vgl. Beiser, SWK 2001, 640 (641), zur Geltung in Österreich siehe Abschnitt F.I.1.a). 664 Kahle in FS Böcking, 2021, 571 (577); Kahle, FR 2019, 337 (340). 665 Vgl. Kahle in Schulze-Osterloh/Hennrichs/Wüstemann, HdJ, Abt. VII/1 Rn. 367– 368.
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III. Aus- und Wechselwirkung der Realisation von stillen Lasten 1. Wertansatz determiniert Übertragungs- bzw. Einbringungsergebnis Der Wertansatz bei Umwandlungen iSv. § 3 ff., § 11 ff. UmwStG auf Ebene des übertragenden Rechtsträgers determiniert das vom übertragenden Rechtsträger zu versteuernde Übertragungsergebnis sowie die vom übernehmenden Rechtsträger zu übernehmenden Werte (Werteverknüpfung666). Das Übertragungsergebnis ergibt sich nämlich nach hM bei Umwandlungen iSv. § 3 ff., § 11 ff. U mwStG aus einer Gegenüberstellung der übergehenden Wirtschaftsgüter zum gemeinen Wert abzgl. deren steuerbilanziellen Buchwert zum steuerlichen Übertragungsstichtag abzgl. Verschmelzungskosten und Steuern.667 Mit anderen Worten wird das Übertragungsergebnis in einem ersten Schritt bilanziell durch die Gegenüberstellung der übergehenden Wirtschaftsgüter mit dem gemeinen Wert und deren steuerbilanziellem Buchwert ermittelt. Gleiches gilt bei Einbringungen, da der vom übernehmenden Rechtsträger gem. § 20 Abs. 2 U mwStG angesetzte Wert des eingebrachten Betriebsvermögens als Veräußerungspreis des Einbringenden gilt.668 Da die Bewertung gem. § 20 Abs. 2, § 24 Abs. 2 UmwStG auf Ebene des übernehmenden Rechtsträgers erfolgt, ist die Werteverknüpfung umgekehrt, dh. vom übernehmenden Rechtsträger zum übertragenden Rechts träger.669 Bei der Versteuerung des Übertragungs- bzw. Einbringungsergebnis durch den übertragenden Rechtsträger sind jedoch Gewinnermittlungsvorschriften für bestimmte Wirtschaftsgüter zu berücksichtigen.670 Fraglich ist, ob spezifische Gewinnermittlungsvorschriften die Abzugsfähigkeit von be666 Siehe dazu Abschnitt D.II.3.b). 667 Vgl. dazu Rödder in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 11 U mwStG Rn. 204; Dötsch/Stimpel in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, § 11 U mwStG Rn. 118; Bärwaldt in Haritz/Menner/Bilitewski, § 11 UmwStG Rn. 26. 668 Vgl. § 20 Abs. 3 S. 1 UmwStG. 669 Vgl. Brühl/Weiss, Ubg 2017, 629 (629, 624). 670 Vgl. Philipp, Verschmelzung inländischer Kapitalgesellschaften, 2014, 228; Möhlenbrock/Werner/Pung in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, § 3 U mwStG Rn. 131; Frotscher, UmwStE, 2012, 370; Patt in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, § 20 UmwStG Rn. 230; Schmitt in Schmitt/Hörtnagl, § 20 UmwStG Rn. 411; Herlinghaus in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 20 UmwStG Rn. 414.
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trieblichem Aufwand beschränken, der aus der Realisation von spezifischen stillen Lasten resultiert. Insbesondere wenn Anteile an Körperschaften sowie passivierungsbeschränkte Wirtschaftsgüter zu den übergehenden Wirtschaftsgütern gehören und im Rahmen des Umwandlungs- oder Einbringungsvorgangs die darin enthaltenen stillen Lasten realisiert werden, stellt sich die Frage nach der Anwendung von § 8b KStG und § 4f EStG.
2. Systemkonforme Nichtberücksichtigung von stillen Lasten in Kapitalgesellschaftsbeteiligung Die hM geht aufgrund der Qualifikation von Umwandlungen und Einbringungen als Veräußerungsvorgänge von einer Anwendbarkeit von § 8b KStG aus, sofern das Übertragungsergebnis auf inländische oder ausländische Kapitalgesellschaftsbeteiligungen entfällt.671 Eigenkapitalfinanzierte Investitionen in eine Kapitalgesellschaft führen beim Gesellschafter zu (teil-)steuerbefreiten Fruchtziehungs- und Substanzgewinnen durch die Anwendung von § 8b Abs. 1 und § 8b Abs. 2 KStG.672 Im Gegensatz zur Steuerfreiheit bei eigenkapitalfinanzierten Investitionen in eine Kapitalgesellschaft sind daraus resultierende Substanzverluste bei Wertminderungen und Veräuße-
671 Vgl. Haun/Winkler, GmbHR 2002, 192 (194); Schwedhelm/Olbing/Binnewies, GmbHR 2002, 1157 (1158 f.); Füger/Rieger, FR 2003, 543 (548); Rödder/Schu macher, DStR 2003, 909 (911); siehe auch BMF-Schreiben v. 28.04.2003, BStBl. I 2003, 292, Rn. 23; Möhlenbrock/Werner/Pung in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, § 3 UmwStG Rn. 141; Dötsch/Stimpel in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, § 11 UmwStG Rn. 119; Rödder in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 11 UmwStG Rn. 206, 212; Pung in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, § 8b KStG Rn. 184; Frotscher in Frotscher/ Drüen, § 8b KStG Rn. 178a, 179; Junior in Frotscher/Drüen, § 11 U mwStG Rn. 193; Gosch in Gosch, § 8b KStG Rn. 188; Schnitger in Schnitger/Fehrenbacher, § 8b KStG Rn. 310; Herlinghaus in Rödder/Herlinghaus/Neumann, § 8b KStG Rn. 188. Vgl. zur Anwendung von § 3 Nr. 40, § 3c Abs. 2 EStG (bei natürlichen Personen) bzw. § 8b Abs. 2, 3 KStG (bei Körperschaften) bei Einbringungen: UmwStE, Rn. 20.25; Patt in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, § 20 U mwStG Rn. 265, 270, 271; Jäschke in Lademann, § 20 UmwStG Rn. 79. 672 Juristisch betrachtet sind die Erträge aus der Fruchtziehung bzw. der Substanz im Zusammenhang mit Beteiligungen an einer Kapitalgesellschaft gem. § 8b Abs. 1 S. 1 bzw. § 8b Abs. 2 S. 1 KStG vollständig steuerbefreit. Ökonomisch betrachtet resultiert aufgrund der pauschalen außerbilanziellen Hinzurechnung iHv. 5% der steuerfreien Erträge als nichtabzugsfähige Betriebsausgabe (§ 8b Abs. 5 S. 1 KStG bzw. § 8b Abs. 3 S. 1 KStG) nur eine effektive Steuerfreistellung von 95%; vgl. Piltz, D StJG 30 (2007), 211 (222).
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D. Abbildung und Auswirkungen stiller Lasten bei innerstaatlichen Umstrukturierungen
rungsverlusten gem. § 8b Abs. 3 S. 3 KStG abzugsgesperrt.673 Werden iRd. Umstrukturierungen stille Lasten in Kapitalgesellschaftsbeteiligungen realisiert, sperrt § 8b Abs. 3 S. 3 KStG die steuerliche Abzugsfähigkeit dieses Verlusts aus der Veräußerung einer Kapitalgesellschaftsbeteiligung,674 sodass sich das Übertragungs- bzw. Einbringungsergebnis um die realisierte stille Last erhöht.
3. Realisation von stillen Lasten in passivierungsbeschränkten Verpflichtungen Ferner stellt sich bei Umwandlungen und Einbringungen, die nach dem 29.11.2013 erfolgen, die Frage, ob bei der übertragenden Körperschaft (bzw. bei Einbringungen iSd. §§ 20 ff. U mwStG beim Einbringenden) § 4f EStG Anwendung findet, sodass die in passivierungsbeschränkten Verpflichtungen enthaltenen stillen Lasten ggfs. nicht vollständig steuermindernd berücksichtigt werden. § 4f und § 5 Abs. 7 EStG wurden als gesetzgeberische Reaktion auf die Rechtsprechung des BFH675 zur entgeltlichen Übertragung von unterbewerteten Verpflichtungen (sog. angeschafften Rückstellungen) in das Gesetz aufgenommen.676 Im Wesentlichen adressieren § 4f und § 5 Abs. 7 EStG zwei aus gesetzgeberischer Sicht bestehende Folgen dieser Rechtsprechung. Zum einen die Hebung von durch die steuerbilanziellen Passivierungsbeschränkungen existierenden stillen Lasten. Zum anderen die dadurch erfolgende Aushebelung von Passivierungsbeschränkungen, da die Verpflichtungen aufgrund des Grundsatzes des erfolgsneutralen Anschaffungsvorgangs beim Erwerber höher bewertet sind als unter Geltung der Passivierungsbeschränkungen.
673 Vgl. zur symmetrischen Behandlung von Veräußerungsgewinnen und -verlusten bei einer eigenkapitalfinanzierten Investition im Körperschaftsteuersystem Hüttemann, DStJG 34 (2011), 291 (315); Hey in Tipke/Lang, 2021, Rn. 11.40 ff.; BT-Drs. 14/2683, 120. 674 So auch Kutt/Carstens, FGS/BDI, UmwStE, 2012, 141. 675 BFH v. 14.12.2011, I R 72/10, BStBl. II 2017, 1226; v. 12.12.2012, I R 69/11, BStBl. II 2017, 1232; v. 12.12.2012, I R 28/11, BStBl. II 2017, 1265. 676 Zur Historie siehe Kahle/Braun, FR 2018, 197 (198 f.); Weber-Grellet, DB 2018, 661 (661 f.); Fuhrmann, DB 2014, 9 (9 ff.); Riedel, FR 2014, 6 (7 ff.); Geberth/Höhn, DB 2013, 1192 (1192 f.).
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III. Aus- und Wechselwirkung der Realisation von stillen Lasten
a) Anwendung und Wirkung von § 4f EStG beim Überträger aa) Grundzüge von § 4f EStG § 4f EStG regelt, dass die bei der Übertragung677 von passivierungsbeschränkten Verpflichtungen678 realisierte stille Last nur über einen Zeitraum von 15 Jahren verteilt steuerlich abzugsfähig ist, sofern nicht die Ausnahmen iSd. § 4f Abs. 1 S. 3 ff. EStG greifen. Durfte die Verpflichtung bislang nicht passiviert werden, ist der sich aus der Übertragung insgesamt ergebende Aufwand verteilungspflichtig (§ 4f Abs. 1 S. 1 EStG). War die Verpflichtung steuerlich bereits passiviert, ist dieser Passivposten im Zuge der Übertragung aufzulösen. Der Aufwand ist bis zum steuerlichen Wertansatz sofort abzugsfähig, während der Aufwand iHd. übersteigenden Betrags (dh. der realisierten steuerbilanziellen stillen Last) verteilungspflichtig ist (§ 4f Abs. 1 S. 2 EStG).679 Die Verteilung des sich aus der Übertragung ergebenden Aufwands erfolgt außerhalb der Bilanz.680 Dies lässt sich damit begründen, dass die Realisation des Aufwandes nicht in Frage gestellt wird, stattdessen soll der Aufwand lediglich verteilt dem Betriebsausgabenabzug unterliegen, weshalb es – auch in Anbetracht des außerbilanziell wirkenden Betriebs ausgabenabzugsverbots des § 4 Abs. 5 EStG681 – naheliegend scheint, dass die Aufwandsverteilung durch außerbilanzielle Korrekturen erfolgt,682 677 Nach § 4f Abs. 2 EStG gelten § 4f Abs. 1 S. 1, 2 und 7 EStG entsprechend, wenn die Verpflichtung nicht übertragen, sondern ein Schuldbeitritt oder eine Erfüllungsübernahme mit ganzer oder teilweiser Schuldfreistellung vereinbart wird. Insofern ist es unerheblich, ob der Steuerpflichtige rechtlich oder nur wirtschaftlich entlastet wird, da beide Vorgänge aus steuerbilanzieller Sicht gleichgestellt werden, vgl. Weimer, Hebung stiller Lasten, 2017, 175 ff.; Hennrichs in Tipke/Lang, 2021, Rn. 9.194. 678 Der Begriff der Verpflichtung korrespondiert mit dem bilanziellen Begriff der „Schuld“, welche der Kaufmann im Jahresabschluss auszuweisen hat, vgl. Bogenschütz in FS Endres, 2016, 31 (36). Folglich sind von § 4f EStG nur Außenverpflichtungen betroffen, vgl. Kahle/Braun, FR 2018, 197 (199 f.); Krumm in Brandis/Heuermann, § 4f EStG Rn. 20; Schober in Herrmann/Heuer/Raupach, § 4f EStG Anm. 10; aA. Prinz, Ubg 2013, 57 (60); Weimer, Hebung stiller Lasten, 2017, 169. 679 In diesem Sinne auch Mundfortz, Das Realisationsprinzip und die Aufdeckung stiller Lasten, 2019, 30 f., 35. 680 Vgl. BT-Drs. 18/68 (neu), 73; BR-Drs. 740/13 (B), 115; BMF-Schreiben v. 30.11.2017, BStBl. I 2017, 1619, Rn. 16, 30; so auch Rn. 13 des Entwurfs des BMF-Schreibens v. 22.11.2016, siehe dazu Baltromejus/Hiller, SteuK 2016, 539 (540). 681 Vgl. Krumm in FS BFH, 2018, 1457 (1462–1463). 682 So auch Riedel, Ubg 2014, 421 (422); Schreiber/Kahle/Ruf, Besteuerung der Unternehmen, 2021, 70; krit. Briese, Ubg 2019, 26 (33), da sich Betriebsausgabenabzugsverbot und die Aufwandsverteilung iSv. § 4f EStG methodisch unterscheiden.
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D. Abbildung und Auswirkungen stiller Lasten bei innerstaatlichen Umstrukturierungen
z umal eine bilanzielle Lösung explizit nur bei § 5 Abs. 7 EStG vorgesehen ist.683 Der Gesetzgeber hat jedoch für bestimmte Konstellationen Ausnahmen von der Aufwandsverteilung definiert (§ 4f Abs. 1 Sätze 3 bis 6 EStG). § 4f Abs. 1 S. 3 EStG enthält gleich drei Alternativen, in denen die Aufwandsverteilung unterbleibt. Die im Kontext von Umwandlungsvorgängen wohl relevanteste Ausnahmevorschrift ist die unterbleibende Aufwandsverteilung bei Verpflichtungsübertragung im Rahmen einer Veräußerung oder Aufgabe des ganzen Betriebes oder des gesamten Mitunternehmeranteils gem. § 4f Abs. 1 S. 3 Alt. 1 EStG.684 Der vollständige Betriebsausgabenabzug, anstelle der Aufwandsverteilung, kann in diesen Fällen damit begründet werden, dass der bisherige Betriebs inhaber sein unternehmerisches Engagement nicht fortsetzt. Die Gesetzesmaterialien lassen eine solche Herleitung zu, weil der Gesetzgeber ausdrückt, dass der Ausnahmetatbestand dann nicht greifen soll, wenn die unternehmerische Tätigkeit aufgrund eines Vorgangs des UmwStG in anderer Rechtsform oder durch einen anderen Rechtsträger fortgeführt wird.685 Die Beendigung der unternehmerischen Tätigkeit könnte daher eine Rechtfertigung darstellen, den realisierten Aufwand nicht zu verteilen, sondern vollständig im Rahmen der Ermittlung des Veräußerungsergebnisses zu berücksichtigen, weil es zukünftig an Einkünften aus diesem Betrieb fehlt, die mit dem zu verteilenden Aufwand verrechnet werden können.686 683 Im Ergebnis für eine außerbilanzielle Verteilung Müllner, Die Reichweite der Sonderregelung über Verpflichtungsübernahmen (§§ 4f, 5 Abs. 7 EStG), 2019, 107; Kahle/Braun, FR 2018, 197 (200); Weimer, Hebung stiller Lasten, 2017, 197–199; Bogenschütz in FS Endres, 2016, 31 (37); Förster/Staaden, Ubg 2014, 1 (6); Schindler, GmbHR 2014, 561 (564); Korn/Strahl, kösdi 2014, 18746 (18748, dort Rn. 8); Prinz, Ubg 2013, 57 (68); Fuhrmann, DB 2014, 9 (13); Benz/Placke, DStR 2013, 2653 (2658); Schindler in Kirchhof/Seer, § 4f EStG Rn. 9; aA. Weber-Grellet, DB 2018, 661 (665); Weber-Grellet in Schmidt, § 4f EStG Rn. 2; Schultz/Debnar, BB 2014, 107 (108); Briese, DStR 2016, 2126 (2132); Briese, Ubg 2019, 26 (33). 684 Zu den weiteren Ausnahmetatbeständen bei Wechsel des Arbeitnehmers (§ 4f Abs. 1 S. 3 Alt. 2 EStG) sowie bei kleinen und mittleren Betrieben unterhalb der Gewinngrenzen iSd. § 7g Abs. 1 S. 2 Nr. 1 EStG (§ 4f Abs. 1 S. 3 Alt. 3 EStG), vgl. Müllner, Die Reichweite der Sonderregelung über Verpflichtungsübernahmen (§§ 4f, 5 Abs. 7 EStG), 2019, 108 ff.; Klein, Pensionsverpflichtungen, 2016, 190 ff. 685 Vgl. unter Rückgriff auf BT-Drs. 18/68 (neu), 73; Müllner, Die Reichweite der Sonderregelung über Verpflichtungsübernahmen (§§ 4f, 5 Abs. 7 EStG), 2019, 109; so auch Krumm in Brandis/Heuermann, § 4f EStG Rn. 33. 686 Vgl. in diesem Sinne auch Benz/Placke, DStR 2013, 2653 (2656).
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III. Aus- und Wechselwirkung der Realisation von stillen Lasten
Des Weiteren sehen § 4f Abs. 1 Sätze 4 bis 6 EStG auch eine Ausnahme der Aufwandsverteilung für die Veräußerung oder Aufgabe eines Teilbetriebs vor, wenn dort eine stille Last aus einer passivierungsbeschränkten Verpflichtung realisiert wird und diese Verpflichtung dem veräußerten oder aufgegebenen Teilbetrieb auch zuzuordnen ist. Eine Verteilungspflicht des Aufwands ist nur vorgesehen, soweit ein Veräußerungsverlust begründet oder erhöht wird. Dh. es erfolgt eine Saldobetrachtung mit stillen Reserven und nur die übersteigenden stillen Lasten unterliegen der Verteilung.687 Ist ein nach § 4f EStG ergebender Aufwand noch nicht vollständig verteilt worden und geht der Betrieb, in dem der Aufwand entstanden ist, auf einen Rechtsnachfolger über, ist der Rechtsnachfolger an die Aufwandsverteilung nach § 4f Abs. 1 S. 1 bis 6 EStG gebunden (§ 4f Abs. 1 S. 7 EStG). Mit dem Übergang des noch nicht verteilten Aufwands soll eine vollständige Berücksichtigung des durch die Verpflichtungsübertragung realisierten Aufwands erreicht werden.688 Mit dem Übergang des noch nicht verteilten, jedoch verteilungspflichtigen Aufwands gem. § 4f Abs. 1 S. 7 EStG drückt der Gesetzgeber die Betriebsbezogenheit des zu verteilenden Aufwands aus, sofern der Betrieb im Wege der Rechtsnachfolge übergeht.689 bb) Anwendbarkeit von § 4f EStG im UmwStG Des Weiteren wird diskutiert, ob § 4f EStG im U mwStG bei Umwandlungen mit dem steuerlichen Übertragungsstichtag nach dem 28.11.2013690 anzuwenden ist. Tatbestandsvoraussetzungen für die Anwendung von § 4f EStG sind die Übertragung einer Verpflichtung, die beim ursprünglich Verpflichteten Passivierungsbeschränkungen (dh. Ansatzverboten, -beschränkungen oder Bewertungsvorbehalten) unterlegen hat und dass die Verpflichtungsübertragung zu steuerlichem Aufwand führt.691
687 Vgl. Förster/Staaden, Ubg 2014, 1 (8); Bogenschütz in FS Endres, 2016, 31 (39); Weimer, Hebung stiller Lasten, 2017, 226 f.; Müllner, Verpflichtungsübertragungen, 2019, 111. 688 Siehe BT-Drs. 18/68 (neu), 73; BR-Drs. 740/13 (B), 116; Förster/Staaden, Ubg 2014, 1 (7); Müllner, Die Reichweite der Sonderregelung über Verpflichtungsübernahmen (§§ 4f, 5 Abs. 7 EStG), 2019, 112. 689 Vgl. Schober in Herrmann/Heuer/Raupach, § 4f EStG Anm. 21; Krumm in Brandis/ Heuermann, § 4f EStG Rn. 28. 690 Zur erstmaligen Anwendung im UmwStG vgl. Schmitt/Keuthen, DStR 2015, 2521 (2523). 691 Vgl. Bogenschütz in FS Endres, 2016, 31 (36 f.).
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D. Abbildung und Auswirkungen stiller Lasten bei innerstaatlichen Umstrukturierungen
Der Terminus der Übertragung umfasst sowohl Übertragungen im Wege der Einzelrechtsnachfolge als auch den gesetzlichen Übergang von Verpflichtungen im Wege der Gesamtrechtsnachfolge nach dem UmwG,692 sodass auch Vorgänge des UmwStG eine Übertragung iSd. § 4f Abs. 1 S. 1 Hs. 1 EStG begründen.693 Sofern der Vorgang des UmwStG zum Zwischenwert oder zum gemeinen Wert erfolgt, wird die stille Last in der unterbewerteten Verpflichtung (anteilig) realisiert, sodass Aufwand entsteht und das Übertragungsergebnis mindert.694 Ebenso wird intensiv darüber debattiert, ob das Tatbestandsmerkmal, dass die Verpflichtung beim ursprünglich Verpflichteten Passivierungsbeschränkungen unterliegt, bei Umwandlungen zum gemeinen Wert (oder auch zum Zwischenwert) erfüllt ist. Schmitt/Keuthen sind der Auffassung, dass durch den Ansatz der Verpflichtungen zu einem höheren Buchwert Passivierungsbeschränkungen in der steuerlichen Schlussbilanz nicht mehr bestehen, sodass § 4f EStG bei Umwandlungen iSd. § 3 bis § 16 U mwStG nicht anwendbar sind.695 Schmitt/Keuthen ist dabei entgegenzuhalten, dass der Wortlaut des § 4f EStG eine Verteilung des sich aus dem Übertragungsvorgang ergebenden Aufwands anordnet, sodass es nicht allein auf das Vorliegen von Passivierungsbeschränkungen im Übertragungs- und Realisationszeitpunkt ankommt. Vielmehr ist es im Kontext von Vorgängen des U mwStG erforderlich, dass der entsprechende Passivposten vor dem Aufstellen der steuerlichen Schlussbilanz einer Passivierungsbeschränkung unterlegen hat.696 Zwar erfolgt die Aufdeckung der stillen Lasten im Falle der Verschmelzung 692 Vgl. BT-Drs. 18/68 (neu), 73; siehe auch Bogenschütz in FS Endres, 2016, 31 (37). 693 Vgl. Müllner, Die Reichweite der Sonderregelung über Verpflichtungsübernahmen (§§ 4f, 5 Abs. 7 EStG), 2019, 251; Widmann in FS Haarmann, 2015, 1013 (1020); Riedel, FR 2014, 6 (11); Schindler, G mbHR 2014, 561 (564); Schindler in Kirchhof, § 4f EStG Rn. 13; Schober in Herrmann/Heuer/Raupach, § 4f EStG Anm. 11. 694 Vgl. Müllner, Die Reichweite der Sonderregelung über Verpflichtungsübernahmen (§§ 4f, 5 Abs. 7 EStG), 2019, 253; Prinz/Otto, GmbHR 2018, 497 (504); Klein, Pensionsverpflichtungen, 2016, 243; Widmann in FS Haarmann, 2015, 1013 (1020). So auch Horst, FR 2015, 824 (826). Bei Einbringungen ist zwar keine Schlussbilanz aufzustellen, gleichwohl werden die stillen Lasten in den passivierungsbeschränkten Verpflichtungen ebenfalls aufgedeckt, was zu Aufwand führt und den Einbringungsgewinn entsprechend mindert; so auch Widmann in FS Haarmann, 2015, 1013 (1027). Daraus folgt im Übrigen die Nichtanwendung von § 4f EStG im Falle der Buchwertfortführung, vgl. Kahle/Braun, FR 2018, 197 (209); Riedel, FR 2014, 6 (12); Adrian/Fey, StuB 2014, 53 (56). 695 Schmitt/Keuthen, DStR 2015, 2521 (2524 ff.). 696 So auch Müllner, Die Reichweite der Sonderregelung über Verpflichtungsübernahmen (§§ 4f, 5 Abs. 7 EStG), 2019, 257; Möhlenbrock/Werner/Pung in Dötsch/Pung/
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III. Aus- und Wechselwirkung der Realisation von stillen Lasten
durch das Aufstellen der steuerlichen Schlussbilanz chronologisch vor der Übertragung,697 jedoch betrifft § 4f EStG den durch Ansatz des gemeinen Werts kausal entstehenden Aufwand.698 Folglich ist mit der hM699 davon auszugehen, dass § 4f EStG bei Vorgängen des UmwStG anwendbar ist. Auch die Finanzverwaltung geht in dem BMF-Schreiben v. 30.11.2017700 – wenn auch nur implizit701 – davon aus, dass § 4f und § 5 Abs. 7 EStG im UmwStG Anwendung finden, auch wenn das BMF-Schreiben in Rn. 18 und 19 nur Randfragen regelt.702 Es ist jedoch diskussionswürdig, ob § 4f EStG nicht durch die speziellen Regelungen des UmwStG verdrängt werden kann. Der BFH judizierte, dass das UmwStG einen eigenständigen Rechtskreis darstellt, welcher den allge meinen Gewinnermittlungsvorschriften abschließend vorgeht.703 Daraus schlussfolgert Müllner704, dass die umwandlungssteuerrechtlichen Regelungen als leges speciales den Regelungen des § 4f EStG vorgingen und damit eine Anwendung von § 4f EStG ausscheide. Konkret rechtfertigt Müllner705 die Nichtanwendung von § 4f EStG damit, dass die eigenständigen umMöhlenbrock, § 3 UmwStG Rn. 40; Dötsch/Stimpel in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, § 11 UmwStG Rn. 25a. 697 Vgl. Horst, FR 2015, 824 (827). 698 So auch Melan/Wecke, Ubg 2017, 253 (256); Horst, FR 2015, 824 (827); Müllner, Die Reichweite der Sonderregelung über Verpflichtungsübernahmen (§§ 4f, 5 Abs. 7 EStG), 2019, 257; Möhlenbrock/Werner/Pung in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, § 3 UmwStG Rn. 40; Dötsch/Stimpel in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, § 11 UmwStG Rn. 25a. 699 Vgl. Prinz/Otto, GmbHR 2018, 497 (503); Melan/Wecke, Ubg 2017, 253 (253 ff.); Widmann in FS Haarmann, 2015, 1013 (1020 ff.); Horst, FR 2015, 824 (825–826); Förster/Staaden, Ubg 2014, 1 (5); Kaminski, Stbg 2014, 145 (152); Riedel, FR 2014, 6 (11); Ott, StuB 2014, 488 (492); Schindler, GmbHR 2014, 561 (564); Krumm in Brandis/Heuermann, § 4f EStG Rn. 21a; Schober in Herrmann/Heuer/Raupach, § 4f EStG Anm. 11; aA. Adrian/Fey, StuB 2018, 85 (90); Adrian/Fey, StuB 2014, 53 (57). 700 BMF-Schreiben v. 30.11.2017, BStBl. I 2017, 1619. 701 So auch Hageböke/Stangl, DK 2020, 424 (427, dort Fn. 28). 702 Vgl. Weber-Grellet, DB 2018, 661 (665); ähnlich auch Kahle/Braun, FR 2018, 197 (209). 703 Vgl. BFH v. 21.02.2018, I R 46/16, BStBl. II 2020, 412, unter II.2.c)aa); v. 17.01.2018, I R 27/16, BStBl. II 2018, 449, unter II.2.; v. 09.01.2013, I R 24/12, BStBl. II 2018, 509, unter II.3.b)bb). 704 Müllner, Die Reichweite der Sonderregelung über Verpflichtungsübernahmen (§§ 4f, 5 Abs. 7 EStG), 2019, 249; zustimmend: Meyer in Kirchhof/Kulosa/Ratschow, § 4f EStG Rn. 27. 705 Müllner, Die Reichweite der Sonderregelung über Verpflichtungsübernahmen (§§ 4f, 5 Abs. 7 EStG), 2019.
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D. Abbildung und Auswirkungen stiller Lasten bei innerstaatlichen Umstrukturierungen
wandlungssteuerrechtlichen Ansatz- und Bewertungsvorschriften, „[…] nicht […] durch […] außerbilanzielle Korrekturen ausgehöhlt werden dürfen […]“706. Der Vorrang der umwandlungssteuerrechtlichen Regelungen gilt jedoch nur insoweit, als dass durch das U mwStG von den allgemeinen Gewinnermittlungsgrundsätzen abweichende Regelungen getroffen werden.707 Das UmwStG regelt zwar eigenständige Ansatz- und Bewertungsvorschriften, sodass insoweit die steuerbilanziellen Bewertungsvorschriften – insb. die steuerbilanziellen Passivierungsvorschriften – verdrängt werden,708 jedoch hat § 4f EStG den Charakter einer Gewinnermittlungsvorschrift709 und ist dementsprechend auch erst im Rahmen der Ermittlung des steuerlichen Übertragungsergebnisses zu berücksichtigen. Das Übertragungsergebnis ist nach hM Bestandteil des laufenden körperschaft- und gewerbesteuerlichen Ergebnisses und unterliegt den allgemeinen steuerlichen Vorschriften der Gewinnermittlung, sofern das U mwStG keine abweichenden Regelungen bestimmt.710 Das UmwStG schließt § 4f EStG weder explizit aus, noch ordnet es die Beachtung von § 4f EStG unmittelbar an. Geht man jedoch zutreffend davon aus, dass § 4f EStG eine Gewinnermittlungsvorschrift darstellt und das Übertragungsergebnis den allgemeinen steuerlichen Regelungen zur Ermittlung des steuerlichen Gewinns unterliegt, muss auch § 4f EStG zur Anwendung kommen und wird daher nicht durch das U mwStG verdrängt. Sofern Müllner711 vorträgt, dass § 4f EStG die speziellen umwandlungssteuerrechtlichen Ansatz- und Bewertungsvorschriften aushöhlt, ist dem auch im Ausgangspunkt zuzustimmen, weil durch den Ansatz der passivierungsbeschränkten Wirtschaftsgüter zum gemeinen Wert stille Lasten aufwandswirksam gehoben werden und § 4f EStG dies wiederum perpetuiert. Jedoch ist eben diese asymmetrische Behandlung von stillen Lasten die Folge von § 4f EStG712 und keine Besonderheit im Kontext des UmwStG.
706 Müllner, Die Reichweite der Sonderregelung über Verpflichtungsübernahmen (§§ 4f, 5 Abs. 7 EStG), 2019, 249. 707 BFH v. 17.01.2018, I R 27/16, BStBl. II 2018, 449, unter II.2.; v. 12.10.2011, I R 33/10, BStBl. II 2012, 445; v. 29.04.1982, IV R 51/79, BStBl. II 1982, 738. 708 Siehe dazu Abschnitt D.II.2.b)bb). 709 So explizit Baltromejus/Hiller, SteuK 2016, 539 (539). 710 Vgl. zB.BFH v. 17.01.2018, I R 27/16, BStBl. II 2018, 449, unter II.2. 711 Vgl. Fn. 706. 712 Vgl. Riedel, FR 2014, 6 (10); Schindler, GmbHR 2014, 561 (568).
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III. Aus- und Wechselwirkung der Realisation von stillen Lasten
Im Ergebnis ist damit § 4f EStG im UmwStG vollumfänglich anwendbar. Konkret bedeutet dies, dass sich ein Aufwand aus dem Ansatz einer passivierungsbeschränkten Verpflichtung zum gemeinen Wert das steuerliche Übertragungsergebnis nur iHv. 1/15 mindert, es sei denn, der Ausnahmetatbestand des § 4f Abs. 1 S. 3 Alt. 1 EStG ist einschlägig. cc) Kein Direktabzug nach § 4f Abs. 1 S. 3 Alt. 1 EStG Ob Vorgänge des UmwStG den Ausnahmetatbestand des § 4f Abs. 1 S. 3 Alt. 1 EStG erfüllen und damit von einer Verteilung des sich aus dem Ansatz von passivierungsbeschränkten Verpflichtungen zum gemeinen Wert ergebenden Aufwands abgesehen werden kann, ist umstritten. Tatbestandsmäßig werden Veräußerungen oder Aufgaben im Sinne der §§ 14, 16 Abs. 1, 3 und 3a sowie des § 18 Abs. 3 EStG von der Aufwandsverteilung ausgenommen (§ 4f Abs. 1 S. 3 Alt. 1 EStG). Obwohl der Wortlaut die Vorschriften des UmwStG explizit nicht nennt, geht die überwiegende Auffassung im Schrifttum davon aus, dass die Ausnahmeregelung des § 4f Abs. 1 S. 3 Alt. 1 EStG grds. in Umwandlungs- und Einbringungsfällen einschlägig ist,713 weil Umwandlungen bereits nach der Auffassung der Finanzverwaltung im U mwStE als Veräußerungen zu qualifizieren sind.714 Dem ist entgegenzuhalten, dass der Wortlaut von § 4f Abs. 1 S. 3 Alt. 1 EStG eine Verwirklichung der Tatbestände des §§ 14, 16 Abs. 1, 3 und 3a EStG fordert, und insb. Vorgänge des Umwandlungsteils nicht den Tatbestand des § 16 EStG erfüllen.715 Somit dürften allenfalls Einbringungen, die beim Einbringenden den Tatbestand
713 Vgl. Förster/Werthebach, BB 2019, 299 (301); Kahle/Braun, FR 2018, 197 (210); Klein, Pensionsverpflichtungen, 2016, 244; Riedel, Ubg 2017, 580 (583); Riedel, Ubg 2014, 421 (424); Riedel, FR 2014, 6 (10); Förster/Staaden, Ubg 2014, 1 (7); Ott, StuB 2014, 488 (493); Schultz/Debnar, BB 2014, 107 (109); Schober in Herrmann/Heuer/ Raupach, § 4f EStG Anm. 16; Rödder in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 11 UmwStG Rn. 147; aA. Birkemeier in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 3 U mwStG Rn. 83 (zumindest für Umwandlungen iSv. §§ 3 ff. UmwStG); Klingberg in Brandis/ Heuermann, § 11 UmwStG Rn. 30a. Vgl. in Abhängigkeit der Anteilsgewährung bei Umstrukturierungen differenzierend Müllner, Die Reichweite der Sonderregelung über Verpflichtungsübernahmen (§§ 4f, 5 Abs. 7 EStG), 2019, 280; wohl auch Widmann in FS Haarmann, 2015, 1013 (1021, 1025). 714 Vgl. UmwStE, Rn. 00.02; Hageböke, Ubg 2011, 689; siehe auch Abschnitt C.III.1.b) aa). 715 Benz/Placke, DStR 2013, 2653 (2656); zustimmend: Birkemeier in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 3 U mwStG Rn. 83; Martini in Widmann/Mayer, § 3 U mwStG Rn. 293.
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D. Abbildung und Auswirkungen stiller Lasten bei innerstaatlichen Umstrukturierungen
iSd. § 16 EStG erfüllen,716 unter die Ausnahme der Verteilungspflicht des Aufwands gem. § 4f Abs. 1 S. 3 Alt. 1 EStG fallen.717 Diese Auslegung des Wortlauts lässt sich auch mit der Gesetzesbegründung in Einklang bringen, wonach die Ausnahme von der Verteilungspflicht nicht gelten soll, „wenn die unternehmerische Tätigkeit auf Grund von Umwandlungsvorgängen nach dem Umwandlungssteuergesetz in anderer Rechtsform oder durch einen anderen Rechtsträger fortgesetzt wird.“718 Wie Krumm719 zutreffend ausführt, ist diese Aussage mit Blick auf die Fortführung des unternehmerischen Engagements durch einen anderen Rechtsträger inkonsistent, weil auch durch eine Veräußerung das unternehmerische Engagement durch einen anderen Rechtsträger fortgesetzt wird. Vielmehr kann in Übereinstimmung mit Krumm720 davon ausgegangen werden, dass die Aussage des Gesetzgebers insb. mit Blick auf die Fortführung des unternehmerischen Engagements durch denselben Betriebsinhaber, jedoch in einer anderen Rechts- oder Kooperationsform verstanden werden muss. Diese Auffassung kann auch dadurch gestützt werden, dass sich der bisherige Betriebsinhaber bei Betriebs- oder Teilbetriebsveräußerungen oder -aufgaben seiner betrieblichen Einheit entledigt, sodass zukünftig keine gewerblichen Einkünfte dieses Betriebs mehr vorliegen, die mit dem zu verteilenden Aufwand verrechnet werden können.721 Bei Umwandlungsvorgängen iSd. UmwStG ist es konzeptionell anders gelagert, weil es eben zur Fortsetzung des unternehmerischen Engagements kommt und – die Anwendung des UmwStG vorausgesetzt – der bisherige Betriebsinhaber (zB. aufgrund einer 716 Vgl. § 20 Abs. 4, § 24 Abs. 3 U mwStG, siehe dazu Förster/Staaden, Ubg 2014, 1 (7) mit umfangreichen Nachweisen zur Rechtsprechung. Zur Qualifikation von Einbringungen als Veräußerungen iSd. § 16 EStG vgl. zB. BFH v. 30.03.2017, IV R 11/15, BStBl. II 2019, 29, unter III.2.a); sowie Abschnitt C.III.1.b)aa)(2). 717 So explizit Prinz/Otto, G mbHR 2018, 497 (504); Widmann in FS Haarmann, 2015, 1013 (1029); Herlinghaus in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 20 U mwStG Rn. 254; Schmitt in Schmitt/Hörtnagl, § 20 UmwStG Rn. 276b; so auch Krumm in Brandis/Heuermann, § 4f EStG Rn. 34; Müllner, Die Reichweite der Sonderregelung über Verpflichtungsübernahmen (§§ 4f, 5 Abs. 7 EStG), 2019, 279; aA. Melan/ Wecke, Ubg 2017, 253 (256 f.) unter Rekurs auf die Gesetzesbegründung. 718 BT-Drs. 18/68 (neu), 73; BR-Drs. 740/14 (B), 116. 719 Vgl. Krumm in Brandis/Heuermann, § 4f EStG Rn. 34; glA. Müllner, Die Reichweite der Sonderregelung über Verpflichtungsübernahmen (§§ 4f, 5 Abs. 7 EStG), 2019, 276 f.; so schon Klein, Pensionsverpflichtungen, 2016, 244; Horst, FR 2015, 824 (831 f.). 720 Krumm in Brandis/Heuermann, § 4f EStG Rn. 34. 721 Vgl. Schober in Herrmann/Heuer/Raupach, § 4f EStG Anm. 21; Krumm in Brandis/ Heuermann, § 4f EStG Rn. 28.
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III. Aus- und Wechselwirkung der Realisation von stillen Lasten
entstehenden oder bestehenden gesellschaftsrechtlichen Beteiligung) mit der umzuwandelnden Einheit verbunden bleibt.722 Die Intention des Gesetzgebers, Umwandlungs- und Einbringungsvorgänge aus dem Anwendungsbereich des § 4f Abs. 1 S. 3 EStG auszuschließen, hat keinen eindeutigen Niederschlag im Gesetzeswortlaut gefunden.723 Jedoch lässt sich der gesetzgeberisch intendierte Ausschluss mit dem systema tischen Bedeutungszusammenhang zu § 4f Abs. 1 S. 7 EStG begründen, sofern der übernehmende Rechtsträger (partiell) in die steuerliche Rechtsstellung des übertragenden Rechtsträgers eintritt.724 Würde man Umwandlungs- und Einbringungstatbestände unter § 4f Abs. 1 S. 3 Alt. 1 EStG subsumieren, würde der Anwendungsbereich von § 4f Abs. 1 S. 7 EStG auf die Fälle reduziert, in denen bereits vor dem Umwandlungs- und Einbringungsvorgang eine stille Last realisiert wurde und zu einem verteilungspflichtigen Aufwand geführt hat, dieser jedoch noch nicht vollständig verteilt wurde.725 Jedoch verdeutlicht die Rechtsnachfolgeregelung des § 4f Abs. 1 S. 7 EStG, dass eine Aufwandsverteilung durch Tatbestände, die eine Rechtsnachfolge anordnen, nicht umgangen werden soll.726 In diesem Kontext ist jedoch auch umstritten, wie der in § 4f Abs. 1 S. 7 EStG verwendete Terminus der „Rechtsnachfolge“ verstanden wird, wobei überwiegend davon ausgegangen wird, dass sowohl die Einzelrechtsnachfolge als auch Sonder- und Gesamtrechtsnachfolge umfasst sind.727 Die Gegenauffassung spricht sich dafür aus, dass Fälle der Einzelrechtsnachfolge nicht unter § 4f Abs. 1 S. 7 EStG fallen, 722 Dies spiegelt sich auch in der Kontinuitätsvoraussetzungen des UmwStG „Fortsetzung des unternehmerischen Engagements“ wider, und zwar unabhängig vom gewählten Wertansatz, vgl. Abschnitt C.III.2.c).bb)(2). 723 Vgl. Förster/Staaden, Ubg 2014, 1 (7); Schindler, GmbHR 2014, 561 (565); Horst, FR 2015, 824 (831). Für Melan/Wecke, Ubg 2017, 253 (256) ist dies kein Argument um die Anwendung von § 4f Abs. 1 S. 3 EStG auf Einbringungssachverhalte zu bejahen. 724 Vgl. zur systematischen Auslegung Larenz, Methodenlehre, 1991, 328; Englisch in Tipke/Lang, 2021, Rn. 5.64. 725 Für ein solches Verständnis wohl Müllner, Die Reichweite der Sonderregelung über Verpflichtungsübernahmen (§§ 4f, 5 Abs. 7 EStG), 2019, 288–289. 726 Vgl. Schindler, GmbHR 2014, 561 (565); Schindler in Kirchhof/Seer, § 4f EStG Rn. 16; Zimmermann, Ubg 2018, 17 (21). Für eine einschränkende Auslegung bei Umwandlungs- nicht jedoch bei Einbringungsvorgängen auch Prinz/Otto, GmbHR 2018, 497 (504). 727 Vgl. Müllner, Die Reichweite der Sonderregelung über Verpflichtungsübernahmen (§§ 4f, 5 Abs. 7 EStG), 2019, 113 f., 278; Kahle/Braun, FR 2018, 197 (202); Krumm in Brandis/Heuermann, § 4f EStG Rn. 27–28; Meyer in Kirchhof/Kulosa/Ratschow, § 4f EStG Rn. 41.2.
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D. Abbildung und Auswirkungen stiller Lasten bei innerstaatlichen Umstrukturierungen
weil der verteilungspflichtige Betrag nicht isoliert durch Einzelrechtsnachfolge übertragen werden kann.728 Dagegen ist indes einzuwenden, dass es vielmehr auf die Übertragung der betrieblichen Einheit ankommt, welcher die ursprüngliche Verpflichtung und das daraus resultierende verteilungspflichtige Aufwandspotenzial zuzuordnen war.729 Zumindest in den Fällen, in denen nach dem U mwStG der übernehmende Rechtsträger in die steuerliche Rechtsstellung des übertragenden Rechtsträger tritt (dh. bei Umwandungen des zweiten und dritten Teils730 sowie bei Einbringungen im Wege der Sonder- oder Gesamtrechtsnachfolge731), sollte die Rechtsnachfolgeregelung des § 4f Abs. 1 S. 7 EStG Anwendung finden und den Ausnahmetatbestand des § 4f Abs. 1 S. 3 Alt. 1 EStG verdrängen. Bei den Umstrukturierungsvorgängen, die im Wege der Sonder- oder Gesamtrechtsnachfolge erfolgen, ist der Ausnahmetatbestand des § 4f Abs. 1 S. 3 Alt. 1 EStG mit Blick auf § 4f Abs. 1 S. 7 EStG einschränkend auszu legen.732 Im Einklang mit der Intention des Gesetzgebers wären somit Umwandlungs- und Einbringungsvorgänge – zumindest die im Wege der Sonder- und Gesamtrechtsnachfolge – vom Ausnahmetatbestand des § 4f Abs. 1 S. 3 Alt. 1 EStG ausgenommen. Bei Einbringungen im Wege der Einzelrechtsnachfolge scheint es schwieriger, die Einschlägigkeit des Ausnahmetatbestands des § 4f Abs. 1 S. 3 Alt. 1 EStG mit dem systematischen Hinweis auf die Rechtsnachfolgeregelung des § 4f Abs. 1 S. 7 EStG zu verneinen, weil gesetzlich Veräußerungs- und Anschaffungsvorgang fingiert wird.733 Dennoch kann der Anwendung von § 4f Abs. 1 S. 3 Alt. 1 EStG bei Einbringungen im Wege der Einzelrechtsnachfol728 Vgl. Schindler, GmbHR 2014, 561 (566), Riedel, Ubg 2014, 421 (424); implizit auch Widmann in FS Haarmann, 2015, 1013 (1028), der in Einbringungsfällen des § 20 UmwStG im Wege der Einzelrechtsnachfolge einen Übergang des verbleibenden, noch verteilungspflichtigen Aufwands gem. § 4f Abs. 1 S. 7 EStG ablehnt; wohl auch Melan/Wecke, Ubg 2017, 253 (257), die „Einzelrechtsübertragungen“ nicht unter § 4f Abs. 1 S. 7 EStG subsumieren. 729 So auch Meyer in Kirchhof/Kulosa/Ratschow, § 4f EStG Rn. 41.2; Schießl in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, § 4f EStG Rn. B 35. 730 Vgl. § 4 Abs. 2 S. 2, § 12 Abs. 3 UmwStG. 731 Vgl. zu Einbringungen im Wege der Sonder- bzw. Gesamtrechtsnachfolge Nitzschke in Brandis/Heuermann, § 20 U mwStG Rn. 30; § 24 U mwStG Rn. 33; Schmitt in Schmitt/Hörtnagl, § 24 UmwStG Rn. 47. 732 Im Ergebnis glA. Melan/Wecke, Ubg 2017, 253 (256 f.); Martini in Widmann/Mayer, § 3 UmwStG Rn. 293. 733 Vgl. § 23 Abs. 4 Hs. 1; § 24 Abs. 4 U mwStG; dazu Nitzschke in Brandis/Heuermann, § 23 UmwStG Rn. 93.
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III. Aus- und Wechselwirkung der Realisation von stillen Lasten
ge entgegengehalten werden, dass der Einbringende als bisheriger Betriebs inhaber durch seine gesellschaftsrechtliche Beteiligung weiterhin mit dem Betrieb verbunden bleibt und insofern auch eine Übertragung im Wege der Einzelrechtsnachfolge dazu führt, dass der nicht unmittelbar abzugsfähige Aufwand nach § 4f Abs. 1 S. 7 EStG auch auf die übernehmende Gesellschaft übergeht. Zwar erfüllen Einbringungen regelmäßig den Tatbestand iSv. § 16 EStG,734 jedoch ließe sich in Erwägung ziehen, diesen Veräußerungsbegriff für Zwecke des § 4f Abs. 1 S. 3 Alt. 1 EStG normenspezifisch auszulegen, sodass der Ausnahmetatbestand nicht einschlägig ist, soweit eine gesellschaftsrechtliche Beteiligung zur bisherigen betrieblichen Einheit besteht. Die Finanzverwaltung hatte dieses Verständnis auch in dem Entwurfsschreiben zu § 4f und § 5 Abs. 7 EStG v. 22.11.2016 angedeutet, wonach Umwandlungen und Einbringungen nach dem UmwStG von dem Ausnahmetatbestand des § 4f Abs. 1 S. 3 EStG ausgenommen sein sollen.735 Dieses Ergebnis steht auch mit dem Sinn und Zweck der Rechtsnachfolgeregelung iSd. § 4f Abs. 1 S. 7 EStG, eine vollständige Berücksichtigung des Aufwands zu gewährleisten, im Einklang. Würde man Vorgänge des UmwStG gänzlich unter den Ausnahmetatbestand des § 4f Abs. 1 S. 3 Alt. 1 EStG subsumieren und ergäbe sich ein Übertragungsverlust, würde dieser eben nicht auf den übernehmenden Rechtsträger übergehen, sondern – je nach Konstellation – nach den umwandlungssteuerrechtlichen Regelungen untergehen. Die Ausnahme von Umstrukturierungen iSd. U mwStG aus dem Anwendungsbereich von § 4f Abs. 1 S. 3 Alt. 1 EStG auf der einen Seite und die Anwendung der Rechtsnachfolgeregelungen des § 4f Abs. 1 S. 7 EStG auf Umstrukturierungen auf der anderen Seite führen somit dazu, dass der verteilungspflichtige Aufwand vollständig berücksichtigt wird.736 Dabei besteht die Besonderheit, dass der Aufwand bei verschiedenen Steuerpflichtigen berücksichtigt wird, was jedoch dem Charakter des UmwStG als das Subjektsteuerprinzip durchbrechenden Rechtskreis entspricht. 734 Vgl. zB. BFH v. 30.03.2017, IV R 11/15, BStBl. II 2019, 29, unter III.2.a). 735 BMF-Entwurfsschreiben v. 22.11.2016, Rn. 18: „Die Verteilungsregelung gilt nach § 4f Abs. 1 S. 3 EStG nicht […] für Betriebsveräußerungen und Betriebsaufgaben (ausgenommen Umwandlungen und Einbringungen nach dem UmwStG).“ Vgl. dazu Prinz/Otto, GmbHR 2018, 497 (504); Riedel, Ubg 2017, 580 (583). Zwar fand dies im finalen BMF-Schreiben v. 30.11.2017 (BStBl. I 2017, 1619) keinen Niederschlag, dürfte aber nicht als Änderung der Verwaltungsauffassung interpretiert werden, vgl. Zimmermann, Ubg 2018, 17 (21); Prinz/Otto, GmbHR 2018, 497 (504). 736 Vgl. zur Zielsetzung der Rechtsnachfolge iSv. § 4f Abs. 1 S. 7 EStG: BR-Drs. 740/13, 76; Kahle/Braun, FR 2018, 197 (202).
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D. Abbildung und Auswirkungen stiller Lasten bei innerstaatlichen Umstrukturierungen
b) Auswirkung beim übernehmenden Rechtsträger Bei Umwandlungen iSv. § 3 ff., § 11 ff. U mwStG gilt für den übernehmenden Rechtsträger eine materiell-steuerrechtliche737 Werteverknüpfung.738 Der übernehmende Rechtsträger hat demnach die auf ihn übergegangenen Wirtschaftsgüter739 mit den Werten zu übernehmen,740 mit denen der übertragende Rechtsträger die übergehenden Wirtschaftsgüter in der steuerlichen Schlussbilanz angesetzt hat. Die umwandlungssteuerliche Werteverknüpfung stellt, sofern beim übertragenden Rechtsträger ein Buchwertansatz erfolgt, die Besteuerung der intersubjektiv übertragenen stillen Reserven (und Lasten) sicher.741 737 Handelsrechtlich statuiert § 24 UmwG ein Wahlrecht für den übernehmenden Rechtsträger, die übernommenen Vermögensgegenstände nebst Schulden zu den Anschaffungskosten des übertragenden Rechtsträgers fortzuführen (handelsrecht liche Buchwertverknüpfung). Bei Nichtausübung dieses Wahlrechts erfolgt eine Bewertung zu den tatsächlichen Anschaffungskosten, was grds. allen dem übernehmenden Rechtsträger durch die Umwandlung entstandenen Aufwendungen entspricht (s. Bula/Pernegger in Sagasser/Bula/Brünger, § 5 Rn. 9), wobei von einem Gleichlauf mit dem gemeinen Wert ausgegangen werden kann, Braun in Prinz/ Desens, Umwandlungen im Internationalen Steuerrecht, 2023, Rn. 14.11; Kahle/Vogel in Prinz, Umwandlungen im Internationalen Steuerrecht, 2013, Rn. 12.11. 738 Vgl. § 4 Abs. 1 S. 1, § 11 Abs. 1 S. 1 UmwStG. 739 Die Begriffe der übergegangenen Wirtschaftsgüter iSd. § 4 Abs. 1 S. 1, § 12 Abs. 1 S. 1 UmwStG ist deckungsgleich mit dem Begriff der übergehenden Wirtschaftsgüter iSd. § 3 Abs. 1 S. 1, § 11 Abs. 1 S. 1 U mwStG. Dazu gehören auch Bilanzposten, die in concreto keine Wirtschaftsgüter im eigentlichen Sinne sind, zB. Rechnungsabgrenzungsposten oder steuerfreie Rücklagen; siehe U mwStE, Rn. 12.02 iVm. 04.01; Rödder in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 12 U mwStG Rn. 65; Klingberg in Brandis/Heuermann, § 12 UmwStG Rn. 18; Dötsch/Stimpel in Dötsch/Pung/ Möhlenbrock, § 12 UmwStG Rn. 14. 740 In zeitlicher Hinsicht erfolgt die Übernahme des Vermögens mit Ablauf des steuer lichen Übertragungsstichtages, vgl. UmwStE, Rn. 12.02 iVm. 04.01; dazu Kutt/ Carstens in FGS/BDI, UmwStE, 2012, 160. Übertragender und übernehmender Rechtsträger stellen demnach zum entsprechenden steuerlichen Übertragungsstichtag jeweils eine Bilanz auf, in denen die übergehenden bzw. übergegangenen Wirtschaftsgüter ausgewiesen sind, sodass faktisch das Vermögen des übertragenden Rechtsträgers zum selben Zeitpunkt (steuerlicher Übertragungsstichtag) sowohl in seiner steuerlichen Schlussbilanz als auch in der Bilanz des übernehmenden Rechtsträgers ausgewiesen wird, vgl. van Lishaut in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 2 UmwStG Rn. 52. 741 Vgl. bezugnehmend auf stille Reserven Braun in Prinz/Desens, Umwandlungen im Internationalen Steuerrecht, 2023, Rn. 14.107; Kahle/Vogel in Prinz, Umwandlungen im Internationalen Steuerrecht, 2013, Rn. 12.101; so auch Hennrichs, DStJG 43 (2020), 145 (153); Dötsch/Stimpel in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, § 12 U mwStG Rn. 14.
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III. Aus- und Wechselwirkung der Realisation von stillen Lasten
Ein Ansatz der übergehenden Wirtschaftsgüter mit dem gemeinen Wert in der steuerlichen Schlussbilanz führt in der Konsequenz dazu, dass auch der übernehmende Rechtsträger diese Wirtschaftsgüter mit dem gemeinen Wert ansetzt, und zwar unabhängig davon, ob für diese ein Bilanzierungsverbot besteht.742 In diesem Fall verhindert die umwandlungssteuerliche Werteverknüpfung die erneute Erfassung von beim übertragenen Rechtsträger bereits aufgedeckten stillen Reserven und Lasten.743 Die Werteverknüpfung gilt gleichermaßen für die Pensionsrückstellungen, die stets in der steuerlichen Schlussbilanz der Überträgerin mit ihrem Teilwert iSd. § 6a EStG angesetzt werden und auch bei der Übernehmerin entsprechend fortgeführt werden. aa) Phasenverschobene Durchbrechung des Anschaffungsprinzips Die aufgrund der Werteverknüpfung übernommenen Werte für die übergegangenen Wirtschaftsgüter sind für die Folgebewertung maßgebend. Zwar sieht das U mwStG keine speziellen Regelungen zur Folgebewertung vor,744 jedoch ergibt sich die Maßgeblichkeit der übernommenen Wertansätze aus der Anordnung in § 4 Abs. 2 S. 1 (iVm. § 12 Abs. 3 Hs. 1 U mwStG), wonach der übernehmende Rechtsträger insb. hinsichtlich der Bewertung der übernommenen Wirtschaftsgüter in die steuerliche Rechtsstellung des übertragenden Rechtsträgers eintritt. Dies verdeutlicht, dass die übernommenen Werte für die Folgebewertung maßgeblich sind.745 Zudem ist dies die logische Folge der Sichtweise, dass Umwandlungsvorgänge auf Ebene des übernehmenden Rechtsträgers – korrespondierend zum Veräußerungsvorgang beim übertragenden Rechtsträger – Anschaffungsvorgänge darstellen.746 (1) Vor Geltung von § 5 Abs. 7 EStG: Rn. 04.16 UmwStE Bei Umwandlungen und Einbringungen, deren steuerlichen Übertragungsstichtag vor dem 29.10.2013 lag (dh. vor Geltung von § 4f und § 5 Abs. 7 742 Kutt/Carstens in FGS/BDI, UmwStE, 2012, 161 kritisieren, dass im UmwStE in Rn. 04.01 keine Aussage zur Übernahme in der steuerlichen Schlussbilanz aktivierten bzw. passivierten Wirtschaftsgütern getroffen wird, die normalerweise einem Aktivierungs- oder Passivierungsverbot unterliegen. 743 Vgl. Philipp, Verschmelzung inländischer Kapitalgesellschaften, 2014, 339. 744 Vgl. Klein, Pensionsverpflichtungen, 2016, 242; Müllner, Die Reichweite der Sonderregelung über Verpflichtungsübernahmen (§§ 4f, 5 Abs. 7 EStG), 2019, 296. 745 Vgl. Riedel, Das Umwandlungssteuerrecht der Mitunternehmerschaft, 2018, 156; Müllner, Die Reichweite der Sonderregelung über Verpflichtungsübernahmen (§§ 4f, 5 Abs. 7 EStG), 2019, 295; Hummel in Böttcher/Habighorst/Schulte, § 12 UmwStG Rn. 78. 746 UmwStE, Rn. 00.02; krit. Hageböke, Ubg 2011, 689.
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EStG)747, vertrat die Finanzverwaltung die Ansicht, dass in der nächsten vom übernehmenden Rechtsträger aufzustellenden Steuerbilanz Wirtschaftsgüter, die in der steuerlichen Schlussbilanz der Übernehmerin entgegen § 5 EStG angesetzt wurden, unter Geltung des § 5 EStG am nächsten Bilanzstichtag wiederum ertragswirksam aufzulösen seien.748 Diese ertragswirksame Auflösung betraf damit zum einen die selbstgeschaffenen immateriellen Wirtschaftsgüter, die entgegen § 5 Abs. 2 EStG aktiviert wurden,749 wobei für den Firmenwert eine Ausnahme bestand.750 Zum anderen galt die ertragswirksame Auflösungsanordnung auch für die passiven Wirtschaftsgüter, die entgegen der Passivierungsverbote in § 5 Abs. 4, 4a und Abs. 4b EStG in der steuerlichen Schlussbilanz des übertragenden Rechtsträgers aufgrund der Bewertungsvorgabe mit dem gemeinen Wert angesetzt wurden (dh. keine Pensionsrückstellungen).751 In concreto bedeutete dies, dass in der steuerlichen Schlussbilanz bilanzierte Verpflichtungen am folgenden Bilanzstichtag auf einen niedrigeren steuerbilanziellen Wert iSd. § 5 EStG korrigiert werden müssten, was einen steuerpflichtigen Auflösungsertrag zur Folge hätte.752 Dass die in der Steuerbilanz nicht passivierten stillen Lasten in Verpflichtungen aufgrund eines Umwandlungsvorgangs zum gemeinen Wert gehoben werden konnten, dürfte ursächlich für die Auflösungsanordnung in Rn. 04.16 des UmwStE gewesen sein.753 Die Auflösungsanordnung und die damit einhergehende Durchbrechung der umwandlungssteuerrechtlichen Werteverknüpfung sah sich im Schrifttum zu Recht erheblicher Kritik ausgesetzt.754 Wenn Umwandlungen zum gemeinen Wert als Veräußerungsvorgänge seitens des übertragenden Rechtsträgers und als Anschaffungsvorgänge seitens des übernehmenden Rechtsträgers eingestuft werden,755 gilt uneingeschränkt der Grundsatz der Erfolgsneutralität des Anschaffungsvorgangs. Daraus resultiert die Anschaffung der aktiven und passiven Wirtschaftsgüter, die in der steuerlichen 747 Zur erstmaligen Anwendung vgl. zB. Schmitt/Keuthen, DStR 2015, 2521 (2523). 748 UmwStE, Rn. 04.16 S. 1 (ggfs. iVm. Rn. 12.04, 20.20). 749 Vgl. Kutt/Carstens in FGS/BDI, U mwStE, 2012, 167; Rödder/Rogall, Ubg 2011, 753 (754–755). 750 UmwStE, Rn. 04.16 S. 2. 751 UmwStE, Rn. 04.16 S. 3 iVm. BMF-Schreiben v. 24.06.2011, BStBl. I 2011, 627. 752 Vgl. Rödder, DStR 2011, 1059 (1062) am Beispiel der Drohverlustrückstellung. 753 In diesem Sinne Bogenschütz, Ubg 2011, 393 (402). 754 Bogenschütz, Ubg 2011, 393 (402) „unhaltbar“; Rödder, DStR 2011, 1059 (1062) „völlig inakzeptabel“; ebenfalls krit. Kahle/Vogel, Ubg 2012, 493 (501). 755 So die „Veräußerungs-/Anschaffungsthese“ der Finanzverwaltung in Rn. 00.02.
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III. Aus- und Wechselwirkung der Realisation von stillen Lasten
Schlussbilanz mit ihrem gemeinen Wert angesetzt werden.756 Diese (eigentlich) logische Konsequenz bringt die Finanzverwaltung beim Firmenwert sogar selbst zum Ausdruck. Da der entgeltliche Firmenwert durch die Übernehmerin im Rahmen der Umwandlung angeschafft wird, ist er von der Auflösungsanordnung ausgenommen757 und über einen Zeitraum von 15 Jahren aufwandswirksam aufzulösen (§ 7 Abs. 1 S. 3 EStG). Im Hinblick auf Rn. 04.16 S. 1 ist diese Ausnahme nicht folgerichtig. Außerdem verhindert diese Ausnahme, dass im Zeitpunkt, in dem insb. die passivierungsbeschränkten Verpflichtungen ertragswirksam aufgelöst werden, der Firmenwert nicht zeitgleich in voller Höher aufwandswirksam aufgelöst wird.758 Weil jedoch die Finanzverwaltung den entgeltlichen Firmenwert explizit anführt und dies auf alle anderen Aktiva ausstrahlen könnte, vermutete das Schrifttum, dass nur die passivierungsbeschränkten Verpflichtungen der Auflösungsanordnung in Rn. 04.16 unterliegen könnten.759 Die wirtschaftlichen Folgen der Auflösungsanordnung wären insb. bei einem in toto bestehenden Überschuss an (abzugsfähigen760) stillen Lasten äußerst schwerwiegend. Denn in diesem Fall entstünde beim übertragenden Rechtsträger ein Übertragungsverlust761 und beim übernehmenden Rechts träger ein Ertrag aus der Auflösung der passivierungsbeschränkten Verpflichtungen auf deren niedrigeren Wert iSv. § 5 EStG. Im Ergebnis käme es aufgrund des nicht nutzbaren Verlusts beim übertragenden Rechtsträger und dem vollständig steuerpflichtigen Betrag beim übernehmenden Rechtsträger zu einer Doppelbesteuerung.762 Dieses Problem verschärft sich weiterhin, wenn man unterstellt, dass die Finanzverwaltung nur die in der normalen Steuerbilanz nicht bilanzierten Passiva ertragswirksam auflösen möchte, während die entgegen § 5 EStG angesetzten Aktiva nicht aufwandswirksam aufgelöst werden. 756 Vgl. Kutt/Carstens in FGS/BDI, UmwStE, 2012, 167. 757 UmwStE, Rn. 04.06. S. 2. 758 So auch Blaas/Sommer in Schneider/Ruoff/Sistermann, U mwStE 2012, H 4.45; Rödder, DStR 2011, 1059 (1062). 759 Vgl. Kutt/Carstens in FGS/BDI, UmwStE, 2012, 168; Frotscher, UmwStE, 2012, 199. 760 Bei spezifischen stillen Lasten können bestimmte Gewinnermittlungsvorschriften das Übertragungs- bzw. Einbringungsergebnis so beeinflussen, dass in summa ein steuerpflichtiger Gewinn entsteht, siehe dazu Abschnitt D.IV.2.b). 761 Zum Übertragungs- bzw. Einbringungsverlust sowie etwaigen Ausgleichsmöglichkeiten siehe Abschnitt D.IV.2.a). 762 So auch Kutt/Carstens in FGS/BDI, UmwStE, 2012, 168; dahingehend auch Kahle/ Vogel, Ubg 2012, 493 (501); Bogenschütz, Ubg 2011, 393 (401 f.); Stimpel, GmbHR 2012, 123 (124); Schumacher/Neitz-Hackstein, Ubg 2011, 409 (413).
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D. Abbildung und Auswirkungen stiller Lasten bei innerstaatlichen Umstrukturierungen
Die Auflösungsanordnung in Rn. 04.16 des UmwStE steht ohnehin einerseits im Gegensatz zur BFH-Rechtsprechung zum Grundsatz der Erfolgsneutralität des Anschaffungsvorgangs763 und andererseits konterkariert sie die umwandlungssteuerrechtliche Werteverknüpfung. Im Ergebnis ist damit Rn. 04.16 des U mwStE – insb. ohne eine entsprechende Rechtsgrundlage – nach der hier vertretenen Auffassung unzulässig und daher abzulehnen.764 Mit Blick auf die vg. BFH-Rechtsprechung sowie die eingeführten § 4f und § 5 Abs. 7 EStG ist die Auflösungsanordnung in Rn. 04.16 U mwStE für Altfälle nicht mehr zu beachten.765 (2) Grundzüge von § 5 Abs. 7 EStG Mit der Regelung des § 5 Abs. 7 EStG hat der Gesetzgeber einerseits implizit die Geltung des Grundsatzes der Erfolgsneutralität im Anschaffungszeitpunkt bestätigt.766 Andererseits wurde diese eigentlich über den reinen Anschaffungszeitpunkt fortgeltende767 Erfolgsneutralität auf den Anschaffungszeitpunkt begrenzt und dadurch dem vorstehend skizzierten „Wieder aufleben“ von steuerlichen Passivierungsverboten und Bewertungsvorbehalten nach einer Verpflichtungsübertragung eine Rechtsgrundlage verschafft. Gleichwohl unterliegen nur passive Wirtschaftsgüter der Auflösungsverpflichtung. Nach § 5 Abs. 7 S. 1 EStG sind übernommene Verpflichtungen, die beim ursprünglich Verpflichteten Passivierungsbeschränkungen unterla763 Vgl. Kutt/Carstens in FGS/BDI, UmwStE, 2012, 167 ff.; Frotscher, UmwStE, 2012, 199 ff. Siehe zur Geltung der Erfolgsneutralität des Anschaffungsvorgangs bei der Übertragung von passivierungsbeschränkten Verpflichtungen BFH v. 17.10.2007, I R 61/06, B StBl. II 2008, 555; v. 16.12.2009, I R 102/08, BStBl. II 2011, 635; v. 12.12.2012, I R 28/11, B StBl. II 2017, 1265. 764 GlA. Blaas/Sommer in Schneider/Ruoff/Sistermann, UmwStE, 2012, H 4.41 ff.; Rödder in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 12 UmwStG Rn. 47; Rödder, DStR 2011, 1059 (1062); Rödder/Rogall, Ubg 2011, 753 (755); Kahle/Vogel, Ubg 2012, 493 (501); Bünning, BB 2012, 243 (245 f.); Demuth, kösdi 2012, 17784 (17786); Förster, GmbHR 2012, 237 (239); Schlotter, BB 2012, 951 (954); Oppen/Polatzky, GmbHR 2012, 263 (268); Prinz/Adrian, StuB 2012, 259 (261); Prinz/Hütig, StuB 2012, 318 (319); Höhn/Geberth, GmbHR 2012, 405 (406); Schumacher/Neitz-Hackstein, Ubg 2011, 409 (413); Philipp, Verschmelzung inländischer Kapitalgesellschaften, 2014, 351. 765 Vgl. Pung/Werner in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, § 4 UmwStG Rn. 11a; Dötsch/ Stimpel in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, § 11 UmwStG Rn. 25a, § 12 UmwStG Rn. 19; van Lishaut in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 4 U mwStG Rn.76; idS auch BMF-Schreiben v. 30.11.2017, BStBl. I 2017, 1619 Rn. 6. 766 GlA. Briesemeister in Littmann/Bitz/Pust, §§ 4, 5 EStG Rn. 1481; Krumm in Brandis/Heuermann, § 5 EStG Rn. 242. 767 Vgl. dazu BFH v. 12.12.2012, I R 69/11, BStBl. II 2017, 1232.
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III. Aus- und Wechselwirkung der Realisation von stillen Lasten
gen, an den auf die Übernahme folgenden Bilanzstichtagen beim Übernehmer so zu passivieren, wie sie beim ursprünglichen Verpflichteten ohne Übernahme zu bilanzieren gewesen wären. Insofern erfordert § 5 Abs. 7 S. 1 EStG eine passivierungsbeschränkte Verpflichtung, die aufgrund eines (entgeltlichen)768 Vorgangs von einem anderen Rechtsträger übernommen wird. Es ist unbeachtlich, ob der Übernahmevorgang auf einer zivilrechtlichen Übertragung der Verpflichtung beruht oder ob lediglich eine wirtschaftliche Entlastung aufgrund einer Schuldübernahme oder Freistellungsverpflichtung vorliegt (§ 5 Abs. 7 S. 2 EStG). Entscheidend ist, dass ein bilanzieller Übergang der Schuld erfolgt769 bzw. die wirtschaftliche Belastung übertragen wird.770 Rechtsfolge von § 5 Abs. 7 S. 1 EStG771 ist die Bilanzierung der übernommenen, eigentlich passivierungsbeschränkten Passivposten, wie sie der Veräußerer richtigerweise772 ohne Übertragung hätten bilanzieren müssen. Folge dessen ist der Ansatz eines niedrigeren steuerbilanziellen Werts der Passiv posten nach § 5 EStG und der damit einhergehenden Entstehung eines fiktiven (phasenverschobenen) Erwerbsgewinns.773 Unabhängig davon, ob der Veräußerer einer Aufwandsverteilung nach § 4f EStG unterliegt,774 kann 768 Vgl. zur Entgeltlichkeit der Übertragung als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal: Kahle/Braun, FR 2018, 197 (199, dort Fn. 33); Riedel, FR 2014, 6 (8, dort Fn. 43); Förster/Staaden, Ubg 2014, 1 (10); Weimer, Hebung stiller Lasten, 2017, 294 f.; Müllner, Die Reichweite der Sonderregelung über Verpflichtungsübernahmen (§§ 4f, 5 Abs. 7 EStG), 2019, 123; Briesemeister in Littmann/Bitz/Pust, § 4f EStG Rn. 57. 769 Vgl. statt vieler zu § 4f EStG Briesemeister in Littmann/Bitz/Pust, § 4f EStG Rn. 52; zu § 5 Abs. 7 EStG Briesemeister in Littmann/Bitz/Pust, §§ 4, 5 EStG Rn. 1478. 770 Vgl. Müllner, Die Reichweite der Sonderregelung über Verpflichtungsübernahmen (§§ 4f, 5 Abs. 7 EStG), 2019, 121. 771 Über § 5 Abs. 7 S. 3 EStG gilt § 5 Abs. 7 S. 1 EStG auch beim Erwerb eines Mitunternehmeranteils, siehe dazu Dannecker/Rudolf, BB 2014, 2539; Kahle/Braun, FR 2018, 197 (206 ff.); Müllner, Die Reichweite der Sonderregelung über Verpflichtungsübernahmen (§§ 4f, 5 Abs. 7 EStG), 2019, 123–125. 772 Es kommt nur auf den nach § 5 EStG zutreffenden bilanziellen Ausweis der Verpflichtung an, sodass keine formelle Bindung an die Bilanzierung beim Veräußerer besteht, vgl. Mundfortz, Das Realisationsprinzip und die Aufdeckung stiller Lasten, 2019, 63; Adrian/Fey, StuB 2014, 53 (58); Förster/Staaden, Ubg 2010, 1 (10). 773 Vgl. Bogenschütz in FS Endres, 2016, 31 (40); Förster/Staaden, Ubg 2014, 1 (10); Kahle, DB-Beil. 4/2014, 1 (13); Kaminski, Stbg 2014, 145 (149); Schindler, GmbHR 2014, 786 (788); Briesemeister in Littmann/Bitz/Pust, §§ 4, 5 EStG Rn. 1484; Müllner, Die Reichweite der Sonderregelung über Verpflichtungsübernahmen (§§ 4f, 5 Abs. 7 EStG), 2019, 128. 774 Vgl. Bachmann/Richter/Risse, DB 2017, 2301 (2302); glA. Kahle/Braun, FR 2018, 197 (205).
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D. Abbildung und Auswirkungen stiller Lasten bei innerstaatlichen Umstrukturierungen
beim Erwerber für den sich ergebenden Erwerbsgewinn iHv. 14/15 eine gewinnmindernde Rücklage gebildet werden, die über einen Auflösungszeitraum der folgenden 14 Jahre mit jährlich mind. 1/14 ratierlich aufzulösen ist (§ 5 Abs. 7 S. 5 EStG).775 Die Rücklage ist vollständig aufzulösen, wenn die für die Rücklagenbildung ursächliche Verpflichtung vor Ende des Auflösungszeitraumes wegfällt (§ 5 Abs. 7 S. 6 EStG). (3) Rechtsfolgen der Anwendung von § 5 Abs. 7 EStG im UmwStG Umwandlungen und Einbringungen erfüllen die Tatbestandsvoraussetzungen des § 5 Abs. 7 EStG, da steuerlich ein Übertragungsvorgang vorliegt,776 und zwar auch in den Fällen des heterogenen Formwechsels, in denen ein Übertragungsvorgang nur für steuerliche Zwecke fingiert wird.777 Vereinzelt wird gegen die Einschlägigkeit von § 5 Abs. 7 EStG argumentiert, dass im Übertragungszeitpunkt keine Passivierungsbeschränkungen bestehen und somit die Tatbestandsvoraussetzungen von § 5 Abs. 7 EStG nicht erfüllt sind.778 Philipp779 möchte – in Übereinstimmung mit der hier vertretenen Auffassung780 – die passivierungsbeschränkten Verpflichtungen mit ihrem gemeinen Wert in der steuerlichen Schlussbilanz ausweisen, da er die umwandlungssteuerrechtlichen Vorschriften ebenfalls als eigenständige Ansatz- und Bewertungsvorschriften qualifiziert. Hingegen wollen Schmitt/ Keuthen781 die stillen Lasten als ungewisse Verbindlichkeiten in der steuerlichen Schlussbilanz als solche passivieren. Ungeachtet der unterschiedlichen Ausweistechnik würden Passivierungsbeschränkungen im Zeitpunkt des Aufstellens der steuerlichen Schlussbilanz nicht mehr bestehen.782 Unter 775 Vgl. Kahle/Braun, FR 2018, 197 (205). 776 Dies gilt mithin nicht, wenn gegenseitige Verpflichtungen im Rahmen von konzerninternen Umwandlungen durch Konfusion erlöschen, vgl. Müllner, Die Reichweite der Sonderregelung über Verpflichtungsübernahmen (§§ 4f, 5 Abs. 7 EStG), 2019, 298; Horst, FR 2015, 824 (833). Vgl. zur Konfusion Philipp, Verschmelzung inländischer Kapitalgesellschaften, 2014, 396 ff. 777 Vgl. Kahle/Braun, FR 2018, 197 (209); Prinz/Otto, GmbHR 2018, 497 (503); Horst, FR 2015, 824 (830); glA. Müllner, Die Reichweite der Sonderregelung über Verpflichtungsübernahmen (§§ 4f, 5 Abs. 7 EStG), 2019, 299. 778 Vgl. Philipp, Verschmelzung inländischer Kapitalgesellschaften, 2014, 357 f.; S chmitt/ Keuthen, DStR 2015, 2521 (2525). 779 Philipp, Verschmelzung inländischer Kapitalgesellschaften, 2014, 358. 780 Siehe dazu Abschnitt D.III.2.b). 781 Schmitt/Keuthen, DStR 2015, 2521 (2525); glA. Schmitt in Schmitt/Hörtnagl, § 4 UmwStG Rn. 12a, § 12 UmwStG Rn. 11b. 782 Dahingehend auch Schlösser/Reich/Rappl in Sagasser/Bula/Brünger, § 11 Rn. 611.
152
III. Aus- und Wechselwirkung der Realisation von stillen Lasten
technischen und systematischen Gründen mag die Nichtexistenz von Passivierungsbeschränkungen im Übertragungszeitpunkt wohl zutreffend sein, weil die stillen Lasten in der steuerlichen Schlussbilanz aufgedeckt werden.783 Lehnt man deshalb die Anwendung von § 5 Abs. 7 EStG beim übernehmenden Rechtsträger ab, verkennt man indes – ähnlich wie bei § 4f EStG – den kausalen Zusammenhang zwischen steuerbilanzrechtlicher Schuldübernahme einerseits und der grds. aufwandswirksamen Hebung der stillen Lasten andererseits.784 Vereinfacht gesagt kommt es darauf an, dass eine übernommene Verpflichtung grds. einer Passivierungsbeschränkung unterlegen hat und die daraus resultierende stille Last im Rahmen der Übertragung gehoben wurde, was bei Umwandlungen zum gemeinen Wert durch eben den Wertansatz in der steuerpflichtigen Schlussbilanz erfolgt. Insofern muss man bei Umwandlungen zum gemeinen Wert (aber auch unter Ansatz eines Zwischenwerts) von der Anwendbarkeit von § 5 Abs. 7 EStG beim übernehmenden Rechtsträger am nächsten Bilanzstichtag ausgehen. Für die im Rahmen des Umwandlungsvorgangs übernommenen Verpflichtungen, die mit dem angesetzten Wert (zB. gemeiner Wert) übernommen wurden,785 gelten in der folgenden Steuerbilanz wieder die steuerbilanziellen Passivierungsbeschränkungen. Dies bedeutet bspw. für eine übernommene Drohverlustrückstellung die Geltung des Passivierungsverbots iSv. § 5 Abs. 4a EStG, sodass die Drohverlustrückstellung ertragswirksam auszubuchen ist. Der Gewinn des Jahres erhöht sich demnach in der Höhe, in der die Bewertung aufgrund des Umstrukturierungsvorgangs den Buchwert unter Geltung der Passivierungsbeschränkungen überschreitet. Die daraus resultierende Erwerbsgewinnbesteuerung kann nur iSe. zeitlichen Streckung durch eine gewinnmindernde Rücklage iHv. 14/15 gem. § 5 Abs. 7 S. 5 EStG abgemildert werden. bb) Gegenläufige Wirkung durch zu übernehmenden, noch verteilungspflichtigen Aufwand Der Eintritt des übernehmenden Rechtsträgers in die steuerliche Rechtsstellung des übertragenden Rechtsträgers führt dazu, dass das vom übertragen783 GlA. Müllner, Die Reichweite der Sonderregelung über Verpflichtungsübernahmen (§§ 4f, 5 Abs. 7 EStG), 2019, 300. 784 Siehe dazu bereits im Kontext von § 4f EStG Abschnitt D.III.3.a)bb). 785 Dies gilt nicht für Pensionsrückstellungen, weil es aufgrund der Bindung an die steuerbilanzrechtliche Teilwertbewertung iSd § 6a EStG an einer Aufdeckung der stillen Lasten mangelt.
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D. Abbildung und Auswirkungen stiller Lasten bei innerstaatlichen Umstrukturierungen
den Rechtsträger iRd. Anwendung von § 4f EStG verbleibende Aufwandspotenzial zu 14/15 auf die Übernehmerin übergeht. Zu diesem Übergang kommt es ungeachtet der umwandlungssteuerrechtlichen Regelungen des Verlustuntergangs gem. § 4 Abs. 2 S. 2 (iVm. § 12 Abs. 3 Hs. 1 UmwStG), weil der noch verteilungspflichtige Aufwand nach § 4f EStG isoliert betrachtet nicht die Tatbestandsvoraussetzung des § 4 Abs. 2 S. 2 U mwStG erfüllt. Denn der dort angeordnete Untergang gilt für negative Einkünfte (und andere realisierte Verlustpositionen). Der iSv. § 4f EStG noch verteilungspflichtige Aufwand erfüllt indes nicht die Definition der negativen Einkünfte und ist aufgrund des Eingreifens auf Ebene der Einkommensermittlung steuersystematisch von einem Verlust zu unterscheiden.786 Hinzu kommt, dass § 4 Abs. 1 S. 7 EStG den Übergang des noch verteilungspflichtigen Aufwands anordnet, um eine vollständige Aufwandsberücksichtigung zu gewährleisten,787 sodass dessen Untergang damit unvereinbar wäre. Dem beim übernehmenden Rechtsträger weiterhin ratierlich zu berücksichtigendem Aufwand steht – bei Ausübung des Wahlrechts zur Rücklagenbildung gem. § 5 Abs. 7 S. 5 EStG – die gestreckte Besteuerung des Erwerbsgewinns gegenüber. Folge daraus ist, dass sich diese Positionen gegenseitig aufheben.788 Voraussetzung ist allerdings, dass die übernommene Verpflichtung während des Auflösungszeitraums fortbesteht, da andernfalls die verbleibende Rücklage nach § 5 Abs. 7 S. 6 EStG vollständig aufzulösen ist. Zudem erfolgt keine vollständige Wechselwirkung des verteilten Aufwands und der gestreckten Erwerbsgewinnbesteuerung, weil bereits 1/15 der realisierten stillen Last beim übertragenden Rechtsträger geltend gemacht wird. Dies bedeutet, dass für die beim übernehmenden Rechtsträger eintretende (gestreckte) Erwerbsgewinnbesteuerung nur 14/15 des gesamten Aufwands zur Verrechnung gegenüberstehen,789 sodass die Aufwands- und Ertragsverteilung iHv. 1/15 in zeitlicher als auch in subjektiver Hinsicht auseinanderfällt.790
786 Vgl. in diesem Sinne Müllner, Die Reichweite der Sonderregelung über Verpflichtungsübernahmen (§§ 4f, 5 Abs. 7 EStG), 2019, 286 ff. 787 Vgl. BT-Drs. 18/68 (neu), 73; BR-Drs. 740/13 (B), 116; Förster/Staaden, Ubg 2014, 1 (7). 788 Vgl. Melan/Wecke, Ubg 2017, 253 (253, Fn. 2). 789 Vgl. Martini in Widmann/Mayer, § 3 UmwStG Rn. 296. 790 Dahingehend Zimmermann, Ubg 2018, 17 (21, Fn. 45).
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Ö 14/15 (= 1400) sind auf die nachfolgenden VZ zu verteilen
Ö 1/15 (= 100) sind gem. § 4f Abs. 1 S. 1 EStG im VZ 01 abzugsfähig Rechtsnachfolge (§ 4f Abs. 1 S. 7 EStG)
iHv. 1/15 versteuert der übernehmende Rechtsträger einen Erwerbsgewinn ohne korrespondierenden Aufwand
„Neutralisation“ der Erwerbsgewinnbesteuerung durch Übergang des verteilungspflichtigen Aufwands
14/15 (= 1400) können über die Rücklage (§ 5 Abs. 7 S. 5 EStG) auf die folgenden 14 VZ verteilt werden
VZ 03 – 16
13/15 (= 1300) verbleibender, verteilungspflichtiger Aufwand iSv. § 4f EStG
31.12.02 folgender Bilanzstichtag
1/15 gegenläufige Wirkung des verteilungspflichtigen Aufwands
Bei Rücklagenbildung (§ 5 Abs. 7 S. 5 EStG) sind 1/15 (= 100) im VZ 02 zu versteuern
Anwendung § 5 Abs. 7 EStG Ö Erwerbsgewinn iHv. 1500
Realisation stiller Lasten iSv. § 4f EStG iHv. 1500
übernehmender Rechtsträger VZ 02
31.12.01 steuerlicher Übertragungsstichtag
Wechselwirkung von § 4f und § 5 Abs. 7 EStG
VZ 01
übertragender Rechtsträger
Abbildung 10
III. Aus- und Wechselwirkung der Realisation von stillen Lasten
Abbildung 10: Wechselwirkung von § 4f und § 5 Abs. 7 EStG im UmwStG
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D. Abbildung und Auswirkungen stiller Lasten bei innerstaatlichen Umstrukturierungen
cc) Folgebehandlung eines passiven Ausgleichspostens (Badwill) Des Weiteren könnte § 5 Abs. 7 EStG für die Folgebehandlung eines „Badwill“ bzw. eines passiven Ausgleichspostens beim übernehmenden Rechtsträger maßgeblich sein. Wendet man § 5 Abs. 7 S. 1 KStG auf den iRe. Umwandlung aufgedeckten Badwill bei dem übernehmenden Rechtsträger an, wäre dieser am nächsten Bilanzstichtag unverzüglich gewinnwirksam aufzulösen. Tatbestandlich erfasst § 5 Abs. 7 S. 1 EStG „übernommene Verpflichtungen“, wovon lediglich Außenverpflichtungen iSv. Verbindlichkeiten oder Rückstellungen erfasst sind.791 Der Badwill stellt indes keine Außenverpflichtung dar.792 Demnach ist § 5 Abs. 7 S. 1 EStG bei einem iRe. Umwandlungsvorgangs gehobenen Badwill in Form eines passiven Ausgleichspostens nicht einschlägig.793 Auch eine Auflösung unter Rückgriff auf Rn. 04.16 UmwStE kommt nicht in Betracht, weil insoweit die BFH-Rechtsprechung zur Erfolgsneutralität von Anschaffungsvorgängen zu beachten ist. Im Ergebnis kommen drei Möglichkeiten zur Folgebehandlung des passiven Ausgleichspostens in Betracht: (1) die Verrechnung des Ausgleichsposten mit zukünftigen Verlusten794, (2) die ratierliche Auflösung in analoger Anwendung von § 7 Abs. 1 S. 3 EStG795 oder (3) die gewinnerhöhende Auflösung, wenn die negativen Ertragserwartungen – unabhängig von Materialisierung oder deren Entfall – nicht mehr bestehen.796 Die ratierliche aufwandswirksame Auflösung eines positiven Firmenwerts nach § 7 Abs. 1 S. 3 EStG soll dem Umstand Rechnung tragen, dass sich der Firmenwert verflüchtigt und daher ein abnutzbares Wirtschaftsgut dar-
791 Vgl. Schindler, GmbHR 2014, 786 (787); Krumm in Brandis/Heuermann, § 5 EStG Rn. 242b; aA. Prinz, Ubg 2013, 57 (60). 792 Vgl. Söffing in FS Döllerer, 1988, 593 (596); Siegel/Bareis, BB 1993, (1482); P usecker/ Schruff, BB 1996, 735 (738); Pickhardt, DStR 1997, 1095 (1097); Ernsting, WPg 1998, 405 (414). 793 So auch Rödder in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 12 U mwStG Rn. 64; glA. Junior in Frotscher/Drüen, § 12 U mwStG Rn. 16b; Hummel in Böttcher/Habighorst/ Schulte, § 12 UmwStG Rn. 78. 794 In Anwendung der Urteilsgrundsätze: BFH v. 21.04.1994, IV R 70/92, BStBl. II 1994, 775; v. 12.12.1996, IV R 77/93, BStBl. II 1998, 180. 795 So im UmwStG Riedel, FR 2012, 1109 (1112); wohl glA Desens, G mbHR 2007, 1202 (1206). Der BFH hatte dies zwar diskutiert, jedoch am Ende offengelassen, vgl. BFH v. 26.04.2006, I R 49, 50/04, BStBl. II 2006, 656, unter II.8.; krit. Preißer/Bressler, BB 2011, 427 (431). 796 So Gießler, DStR 1995, 699 (702).
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III. Aus- und Wechselwirkung der Realisation von stillen Lasten
stellt.797 Diese Rechtfertigung lässt sich indes nur schwer auf die Auflösung eines passiven Ausgleichspostens in Form eines Badwills übertragen. Freilich ist es auch denkbar, dass sich ein Badwill im Zeitablauf verflüchtigt. Die pauschalierende Unterstellung einer solchen Verflüchtigung aufgrund einer analogen Anwendung von § 7 Abs. 1 S. 3 EStG eintretenden Gewinnbesteuerung sind nach der hier vertretenen Auffassung abzulehnen, weil die Verflüchtigung eines zu erwartenden Verlusts eher mit der Gewinnrealisation einhergeht. Vielmehr erscheint es nach der hier vertretenen Auffassung zutreffend, dass der Ausgleichsposten nur aufzulösen ist, wenn und soweit zukünftig Verluste erzielt werden. Diese Möglichkeit der Fortentwicklung stünde im Einklang mit dem Imparitätsprinzip, da die Verlustantizipation bereits iRd. gemeinen Werts der Sachgesamtheit und des in der Konsequenz zu bildenden passiven Ausgleichspostens erfolgt ist. Tritt der somit antizipierte Verlust ein, wäre es daher nur sachgerecht, insoweit den passiven Ausgleichsposten gewinnwirksam aufzulösen. Aufgrund der korrespondierenden Gewinnwirkung bedingt durch die Auflösung ergäbe sich keine Auswirkung auf das zu versteuernde Einkommen der Übernehmerin, sodass es auch nicht zu einer doppelten Verlustberücksichtigung käme. Freilich dürfte es jedoch insb. in Fällen, in denen Unternehmensvermögen bei einem Rechtsträger zu bereits bestehendem Unternehmensvermögen hinzukommt, die Feststellung pro blematisch sein, ob der erzielte Verlust tatsächlich auf das übernommene Vermögen, welches auch ursächlich für die Entstehung des Badwill resp. passiven Ausgleichsposten war, zurückzuführen ist. Gleichwohl ist solch eine mitunter in praxi schwierige Differenzierung hinsichtlich der Ver lustentstehung kein Argument gegen die hier vertretene Lösung, weil das Unternehmen in seiner Gesamtheit fortgeführt wird und der mittels Umwandlungsvorgang aufgenommene Teil in dem Unternehmen als Ganzes „aufgeht“.
4. Ergebnis: Asymmetrische Behandlung stiller Reserven und Lasten durch § 4f, § 5 Abs. 7 EStG im UmwStG Die Anwendung von § 4f und § 5 Abs. 7 EStG im Umwandlungsfall führt zu einer unsystematischen Behandlung stiller Lasten, soweit es sich um stille
797 BT-Drs. 10/4268, 147.
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D. Abbildung und Auswirkungen stiller Lasten bei innerstaatlichen Umstrukturierungen
Lasten aufgrund von steuerlichen Passivierungsbeschränkungen handelt.798 Melan/Wecke799 postulieren mit Blick auf § 4f und § 5 Abs. 7 EStG eine „steuerneutrale Verpflichtungsübertragung“ im Umwandlungsfall, da sich die Aufwandsverteilung und der zwangsweise entstehende Ertrag in Folge der Auflösung nach § 5 Abs. 7 EStG im Ergebnis aufheben. Eine „steuerneutrale Verpflichtungsübertragung“ im vorstehenden Sinne tritt indes allenfalls im wirtschaftlichen Ergebnis ein. Denn 1/15 des verteilten Aufwands werden bei der Überträgerin berücksichtigt. Demgegenüber wird der (verteilte) Erwerbsgewinn ausschließlich bei der Übernehmerin berücksichtigt, sodass Aufwand und Erwerbsgewinn sich in einer wirtschaftlichen Gesamtbetrachtung von Überträgerin und Übernehmerin neutralisieren.800 Zu berücksichtigen ist das zeitliche Auseinanderfallen von Aufwandsverteilung und Erwerbsgewinnbesteuerung iHv. 1/15.801 Im wirtschaftlichen Sinne tritt aber eine „steuerneutrale“ Verpflichtungsübertragung nur dann ein, wenn bei dem übertragenden Rechtsträger der iHv. 1/15 zu berücksichtigende Aufwand nicht in einem nicht ausgleichsfähigen und demnach untergehenden Übertragungsverlust mündet. Kommt es jedoch bei der Überträgerin zu einem Übertragungsverlust, entsteht in diesen Fällen, wie bei der vorherigen „Erlassregelung“ in Rn. 04.16 des UmwStE, eine (partielle) Doppelbesteuerung.802 Gleichwohl wird diese iRv. § 4f und § 5 Abs. 7 EStG im Vergleich zur Erlassregelung auf 1/15 reduziert, weil sich insoweit der verteilungspflichtige Aufwand und die gestreckte Besteuerung des Erwerbsgewinn nicht aufheben. Problematisch an dem Postulat von Melan/Wecke803 ist jedoch das Verständnis einer „steuerneutralen Verpflichtungsübernahme“ in Umwandlungsfällen. Dies suggeriert den positiven Umstand, dass die Wirkung der Neuregelung von § 4f und § 5 Abs. 7 EStG im Anwendungsbereich des U mwStG nicht zu einer Steuerbelastung führt und somit für den Steuerpflichtigen nicht nachteilig ist. Jedoch ist exakt das Gegenteil der Fall. Die Anwendung von § 4f und § 5 Abs. 7 EStG führt im U mwStG zu einer asymmetrischen 798 Ausgenommen sind Pensionsrückstellungen iSv. § 6a EStG, siehe zu deren asymmetrischer Behandlung Abschnitt D.II.3. 799 Melan/Wecke, Ubg 2017, 253 (253, Fn. 2). 800 So auch Schreiber/Kahle/Ruf, Besteuerung der Unternehmen, 2021, 498–499. 801 Dazu bereits unter Abschnitt D.III.3.b)bb). 802 Vgl. in Bezug auf Rn. 04.16 U mwStE: Kutt/Carstens in FGS/BDI, U mwStE, 2012, 168. 803 Melan/Wecke, Ubg 2017, 253 (253, Fn. 2).
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IV. Auswirkungen der Versagung der Buchwertfortführung bei stillem Lastenüberschuss
Besteuerung von stillen Reserven und stillen Lasten. Während sowohl in aktiven als auch in passiven Wirtschaftsgütern enthaltene stille Reserven und Lasten gleichsam aufgedeckt werden, werden nur die stillen Reserven (und Lasten) in aktiven Wirtschaftsgütern – mit Ausnahme bestimmter stiller Reserven und Lasten (zB. § 8b KStG) – der Besteuerung unterworfen. Die stillen Lasten in Verpflichtungen wirken sich, aufgrund der größtenteils neutralisierenden Wirkung von § 4f und § 5 Abs. 7 EStG, nicht aus. Systematisch ist es höchst unbefriedigend, eine realisierende Umwandlung zum gemeinen Wert zu ermöglichen, jedoch nur eine asymmetrische Besteuerung von in Aktiva enthaltenen stillen Reserven und Lasten anzuordnen, während in Passiva enthaltene stille Lasten durch § 4f und § 5 Abs. 7 EStG neutralisiert werden.804 § 4f und § 5 Abs. 7 EStG sind jedoch kein Phänomen des Umwandlungssteuerrechts, da diese dem Ziel dienen, GoB-widrige steuerliche Ansatz- und Bewertungsvorschriften (systemwidrig) abzusichern.805 Für die hier dargestellte Problematik ist die Durchbrechung des Maßgeblichkeitsgrundsatzes durch fiskalorientierte und GoB-widrige,806 steuerliche Passivierungsbeschränkungen ursächlich, die zu steuerbilanziellen Unterbewertungen und somit zu stillen Lasten führen.807 De lege ferenda spricht dies für eine Stärkung des Maßgeblichkeitsgrundsatzes.808
IV. Auswirkungen der Versagung der Buchwertfortführung bei einem Überschuss an stillen Lasten IV. Auswirkungen der Versagung der Buchwertfortführung bei stillem Lastenüberschuss
1. Zwangsrealisation bei Überschuss an stillen Lasten Nach der im UmwStE809 niedergeschriebenen Verwaltungsauffassung soll ein gemeiner Wert der Sachgesamtheit, der das steuerbilanzielle Eigenkapi-
804 In diesem Sinne ohne Bezug zum UmwStG Hennrichs in Tipke/Lang, 2021, Rn. 9.198; Riedel, FR 2014, 6 (10); Schindler, G mbHR 2014, 561 (568). 805 Vgl. Kahle in FS Böcking, 2021, 571 (576); Scheffler, Besteuerung von Unternehmen II, 2018, 314 (Rn. 542). 806 Vgl. Hennrichs in Tipke/Lang, 2021, Rn. 9.114; Prinz, DB 2019, 804 (807). 807 Siehe dazu bereits Abschnitt B.I.2. 808 Siehe dazu bereits Abschnitt D.II.3.c); vgl. dazu allgemein losgelöst von der Problematik des Umwandlungssteuerrechts: Kahle in FS Böcking, 2021, 571 (574 ff.); Hennrichs in Tipke/Lang, 2021, Rn. 9.114; Kahle/Günter, StuW 2012, 43 (54). 809 Vgl. U mwStE, Rn. 03.12 iVm. 11.06, 15.14 Abs. 2, 20.18, 24.03, 25.01.
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D. Abbildung und Auswirkungen stiller Lasten bei innerstaatlichen Umstrukturierungen
tal unterschreitet, einen Buchwertansatz ausschließen.810 Es wurde gezeigt, dass ein das steuerbilanzielle Eigenkapital unterschreitender gemeiner Wert der Sachgesamtheit einen Überschuss an stillen Lasten bedeutet, solange der Ertragswert positiv ist.811 Rechtsfolge dessen wäre der zwangsweise Ansatz der übergehenden Wirtschaftsgüter bzw. des eingebrachten Betriebsvermögens mit dem gemeinen Wert, dh. der Realisation sämtlicher stiller Reserven und Lasten.812 Demnach kommt es zu dem Ausweis stiller Reserven und Lasten durch die Bewertung mit dem gemeinen Wert,813 wovon Pensionsrückstellungen ausgeklammert sind.814 Auch ein passiver Ausgleichsposten mit dem Charakter eines Badwill ist möglich, wenn der Ertragswert den Substanzwert unterschreitet.815
2. Auswirkung auf verschiedene Ausprägungen des steuerlichen Übertragungs- bzw. Einbringungsergebnisses Die Versagung der Buchwertfortführung bei einem Überschuss an stillen Lasten kann, sofern spezifische stille Lasten in dem übertragenen Vermögen enthalten sind, mit der Anwendung von spezifischen Gewinnermittlungsvorschriften einhergehen, die das Steuerminderungspotential stiller Lasten einschränken oder gänzlich neutralisieren. a) Übertragungs- bzw. Einbringungsverlust Wenn der gemeine Wert der Sachgesamtheit die Summe der Buchwerte der übergehenden Wirtschaftsgüter unterschreitet, wird dies im Schrifttum mit der Entstehung eines Übertragungsverlusts assoziiert.816 In diesen Fällen stellt sich die Frage, wie dieser beim übertragenden Rechtsträger genutzt werden kann. Möglich ist eine intraperiodische, dh. innerhalb des Veranla-
810 Zur Vereinbarkeit mit Systematik und Teleologie des UmwStG siehe Abschnitt E. 811 Siehe Abschnitt D.I. 812 Vgl. Kutt/Carstens in FGS/BDI, UmwStE, 2012, 141; Riedel, FR 2012, 1109 (1111). 813 Siehe Abschnitt D.II.2.a) und D.II.2.b). 814 Siehe Abschnitt D.II.2.c); zu den daraus resultierenden Problematiken siehe Abschnitt D.II.3. 815 Siehe Abschnitt D.II.2.d). 816 Vgl. Rödder, DStR 2011, 1059; Bogenschütz, Ubg 2011, 393 (399); Maier in Schneider/Ruoff/Sistermann, UmwStE, 2012, H 3.19; Bünning, BB 2012, 243 (244); Riedel, FR 2012, 1109 (1111); Zimmermann, Ubg 2018, 17 (18); Hageböke/Stangl, DK 2020, 424 (426).
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IV. Auswirkungen der Versagung der Buchwertfortführung bei stillem Lastenüberschuss
gungszeitraumes, oder interperiodische, dh. veranlagungszeitraumübergreifende, Verlustverrechnung.817 aa) Intraperiodische Verlustverrechnung Zeitlich betrachtet entsteht das steuerliche Übertragungsergebnis mit Ablauf des steuerlichen Übertragungsstichtages.818 Das Ende des Wirtschaftsjahrs, in das der steuerliche Übertragungsstichtag fällt, determiniert auch den Veranlagungszeitraum819, in dem das Übertragungsergebnis zu versteuern ist. Entsteht im Rahmen einer Verschmelzung ein Übertragungsverlust, ist dieser mit anderen positiven Einkünften des Veranlagungszeitraumes zu verrechnen.820 Voraussetzung für eine solche intraperiodische Verlustverrechnung ist allerdings, dass überhaupt ausreichend steuerpflichtige positive Einkünfte vorliegen, mit denen ein Übertragungsverlust verrechnet werden kann. Im Schrifttum wird die Vermutung geäußert, dass in den Fällen eines die Summe der Buchwerte unterschreitenden gemeinen Werts der Sachgesamtheit häufig keine ausreichenden laufenden Gewinne zur Verlustverrechnung im Übertragungsjahr zur Verfügung stehen könnten.821 Diese Vermutung scheint insb. vor dem Hintergrund gerechtfertigt zu sein, weil ein in diesem Ausmaß niedrigerer gemeiner Wert der Sachgesamtheit (Ertragswert) indiziert, dass existierende Substanzverlustpositionen (stille Lasten) nicht durch die aus unternehmerischer Tätigkeit generierten Erträge bzw. zu erwartende Verluste aufgrund eines ausbleibenden Umsatzes nicht durch Erträge aus der Vermögenssubstanz (stille Reserven) kompensiert werden 817 Vgl. zur Differenzierung Röder, Verlustverrechnung, 2010, 15; Schreiber/Kahle/Ruf, Besteuerung der Unternehmen, 2021, 83. 818 Vgl. U mwStE, Rn. 11.02 S. 1; U mwStE 1998, Rn. 11.22 S. 2; Schießl in Widmann/ Mayer, § 11 UmwStG Rn. 534; Martini in Widmann/Mayer, § 3 UmwStG Rn. 921; so auch schon zur alten Rechtslage Dehmer, DStR 1994, 1713 (1716); siehe auch BMF-Schreiben v. 15.04.1986, BStBl. I 1986, 164, Rn. 31. 819 Die KSt ist eine Jahressteuer, weshalb das Kalenderjahr der Veranlagungszeitraum ist (§ 31 Abs. 1 S. 1 iVm. § 25 Abs. 1 KStG). Das Kalenderjahr ist gem. § 14 S. 2 GewStG der Erhebungszeitraum, für den der Steuermessbetrag (§ 11 GewStG) festgesetzt wird und auf Basis dessen die GewSt erhoben wird (§ 16 Abs. 1 GewStG). 820 Vgl. Bünning, BB 2012, 243 (244) sowie Philipp, Verschmelzung inländischer Kapi talgesellschaften, 2014, 231 (dort Fn. 810). 821 Vgl. Riedel, FR 2012, 1109 (1111); Zimmermann, Ubg 2018, 17 (18); Hageböke/ Stangl, DK 2020, 424 (426); so auch Junior in Frotscher/Drüen, § 11 U mwStG Rn. 171.
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D. Abbildung und Auswirkungen stiller Lasten bei innerstaatlichen Umstrukturierungen
können. Freilich handelt es sich jedoch um eine Zukunftsbetrachtung, sodass nicht automatisch darauf geschlossen werden kann, dass es im Übertragungsjahr an steuerpflichtigen Einkünften mangelt. Problematisch ist allerdings das Erfordernis, dass die intraperiodische Verlustverrechnung eines Übertragungsverlustes im Speziellen (und negativen Einkünften im Allgemeinen) positive Einkünfte voraussetzt. bb) Interperiodische Verlustverrechnung (1) Verlustrücktrag Der Verlustrücktrag iSv. § 10d Abs. 1 EStG hat zwei wesentliche Einschränkungen. In zeitlicher Hinsicht kann ein Verlustrücktrag vorrangig auf den Veranlagungszeitraum erfolgen, der dem Jahr der Verlustentstehung unmittelbar vorgeht (§ 10d Abs. 1 S. 1 EStG). Ist dies nicht möglich, kann auch ein Verlustrücktrag auf den zweiten der unmittelbar vorangegangenen Veranlagungszeiträume zurückgetragen werden (§ 10d Abs. 1 S. 2 EStG). Ein Verlustrücktrag in vorherige Perioden kann nicht mit dem Gesetzeswortlaut in Einklang gebracht werden.822 Des Weiteren enthält der Verlustrücktrag eine betragsmäßige Begrenzung,823 wenngleich diese Begrenzung durch die verschiedenen Corona-Steuerhilfegesetze temporär erhöht worden sind.824 Wie schon bei der intraperiodischen Verlustverrechnung setzt jedoch der Verlustvortrag voraus, dass überhaupt steuerpflichtige Einkünfte vorliegen, mit denen ein Verlust verrechnet werden können. (2) Einschränkte Möglichkeit des Verlustvortrags Kann der Übertragungsverlust weder im Übertragungsjahr noch in den beiden unmittelbar vorangegangen Veranlagungszeiträumen vollständig verrechnet werden, verbleibt nur die Möglichkeit, den Verlust gem. § 10d Abs. 2 EStG in andere Veranlagungszeiträum vorzutragen (Verlustvortrag). Jedoch 822 Vgl. Vogel in Brandis/Heuermann, § 10d EStG Rn. 151. 823 Vgl. Röder, Verlustverrechnung, 2010, 56. 824 Für den VZ 2020 und 2021 von 5 Mio. bzw. 10 Mio. bei Zusammenveranlagung, vgl.: Art. 1 Nr. 4 iVm. Art. 1 Nr. 8 lit. d), sowie Art. 2 Zweites Corona-Steuerhilfegesetz v. 29.06.2020, BGBl. I 2020, 1512; für den VZ 2020 und 2021 dann nochmals von 10 Mio. bzw. 20 Mio. bei Zusammenveranlagung, vgl. Art. 1 Nr. 2 iVm. Nr. 3, Art. 2 Nr. 1 und 2 Drittes Corona-Steuerhilfegesetz v. 10.03.2021, BGBl. I 2021, 330; durch das Vierte Corona-Steuerhilfegesetz v. 19.06.2022, BGBl. I 2022, 911 wurde die Höhe des Verlustrücktrags bis einschließlich VZ 2023 verlängert.
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IV. Auswirkungen der Versagung der Buchwertfortführung bei stillem Lastenüberschuss
ist die Möglichkeit der künftigen Verlustverrechnung dann ausgeschlossen, wenn der übertragende Rechtsträger im Zuge der Umwandlung erlischt, weil dann die Verlustposition ebenfalls mit ihm untergeht.825 Entsteht aufgrund des nach Verwaltungsauffassung zwingenden Ansatz des gemeinen Werts ein steuerlicher Übertragungsverlust, der mangels weiterer steuerpflichtiger positiver Einkünfte nicht (vollständig) ausgeglichen werden kann, führt dies bei Erlöschen des übertragenden Rechtsträgers zu einer „Verlustvernichtung“.826 Bei Einbringungen kann ein entstehender Einbringungsverlust ausgeglichen, zurück- oder vorgetragen werden.827 Sofern zukünftig steuerpflichtige Gewinne erzielt werden, kann damit ein aus dem zwingenden Ansatz des gemeinen Werts entstehender Einbringungsverlust zumindest über die Zeit berücksichtigt werden, wobei die Mindestbesteuerung iSv. § 10d Abs. 2 EStG die Verrechnung einschränken kann.828 b) Übertragungs- bzw. Einbringungsgewinn Das Entstehen eines Übertragungsverlusts ist jedoch nicht zwingend. Trotz eines in toto bestehenden Überschusses an stillen Lasten sind Konstellationen denkbar, in denen ein Übertragungsgewinn entsteht. Dies ist bspw. in dem Fall so, dass voll steuerpflichtige stille Reserven stillen Lasten gegenüberstehen, die überhaupt nicht berücksichtigt werden,829 oder nicht bzw. nur teilweise abzugsfähig sind. Beispiel 03 Eine Kapitalgesellschaft (T1-GmbH) soll steuerneutral auf ihre Schwesterkapitalgesellschaft (T2-GmbH) verschmolzen werden. T1-GmbH verfügt über stille Reserven iHv. 200 in einem immateriellen WG, stille Lasten iHv. 300 in einer Kapitalgesellschaftsbeteiligung und stille Lasten iHv. 300 in einer steuerlich nicht passivierten Drohverlustrückstellung.
825 Vgl. zum Verlustuntergang bei Erlöschen des Rechtsträgers Röder, D StJG 43 (2020), 367 (368). 826 Vgl. Riedel, FR 2012, 1109 (1111); Zimmermann, Ubg 2018, 17 (18 f.); Rödder in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 11 UmwStG Rn. 328. 827 Vgl. Ritzer in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 23 UmwStG Rn. 62, 257; Patt in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, § 20 UmwStG Rn. 254. 828 Vgl. dahingehend auch der Hinweis von Hageböke/Stangl, DK 2020, 424 (426). 829 ZB. bei Pensionsrückstellungen, sofern keine Berücksichtigung der darin enthaltenen stillen Lasten im Firmenwert erfolgt, vgl. dazu Abschnitt D.II.2.c)bb).
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D. Abbildung und Auswirkungen stiller Lasten bei innerstaatlichen Umstrukturierungen
T2-GmbH
T1-GmbH
Steuerbilanz T1-GmbH (vereinfacht)
Anteile verbund. UN
BW (gW)
BW (gW)
500 (200) Eigenkapital
500 (100)
Immaterielles WG
0 (200) Drohverlustrückstellung
0 (300)
gW der Sachgesamtheit unterschreitet steuerbilanzielles Eigenkapital Zwangsrealisation des gemeinen Werts nach Rn. 03.12 UmwStE
steuerliche Schlussbilanz T1-GmbH (vereinfacht) gW
gW
Anteile verbund. UN
200
Eigenkapital
100
Immaterielles WG
200
Drohverlustrückstellung
300
Übertragungsergebnis Stille Reserven immaterielle WG Stille Lasten Kapitalgesellschaftsbeteil. Stille Lasten Drohverlustrückstellungen = bilanzieller Übertragungsverlust Außerbilanzielle Korrektur Hinzurechnung § 8b Abs. 3 S. 3 KStG Nichtabzugfähiger.Aufwand § 4f EStG (14/15* 300 =) = steuerpflichtiger Übertragungsgewinn
+ 200 ./. 300 ./. 300 ./. 400 + 300 + 280 180
Abbildung 11: Beispiel 03 | Nichtabzugsfähige stille Lasten vs. voll steuerpflichtige stille Reserven
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IV. Auswirkungen der Versagung der Buchwertfortführung bei stillem Lastenüberschuss
Der gemeine Wert (= 100) unterschreitet das steuerbilanzielle Eigenkapital, weshalb nach Verwaltungsauffassung die Buchwertfortführung ausgeschlossen sein soll. In der steuerlichen Schlussbilanz sind daher die gemeinen Werte anzusetzen, wodurch sich ein bilanzieller Übertragungsverlust iHv. 400 ergibt (= 200 ./. 300 ./. 300). Die in den Kapitalgesellschaftsanteilen enthaltenen stillen Lasten iHv. 300 sind jedoch gem. § 8b Abs. 3 S. 3 KStG vollständig nicht abzugsfähig. Die in der Drohverlustrückstellung enthaltenen stillen Lasten iHv. 300 sind aufgrund von § 4f Abs. 1 S. 1 EStG nur beschränkt iHv. 20 (= 1/15*300) abzugsfähig. Damit kehrt sich der bilanzielle Übertragungsverlust iHv. 200 aufgrund der Anwendung der (außerbilanziellen) Gewinnermittlungsvorschriften des § 8b KStG sowie § 4f EStG in einen Übertragungsgewinn iHv. 180 um, weil den voll steuerpflichtigen stillen Reserven iHv. 200 nur eine abzugsfähige stille Last iHv. 20 aufgrund von § 4f EStG aus der Drohverlustrückstellung gegenübersteht. Insofern ergibt sich ein der KSt und GewSt unterliegender Übertragungsgewinn iHv. 180.
Dieses Beispiel zeigt, dass ein Überschuss an stillen Lasten nicht mit der Entstehung eines Verlusts einhergeht und dass die Zwangsrealisation bei einem Überschuss an stillen Lasten den Steuerpflichtigen in eine Steuerbelastung hineindrängen kann. Insbesondere bei Unternehmen, die aufgrund des Überschusses an stillen Lasten in ihrer Leistungsfähigkeit gemindert sind, bedeutet diese Steuerzahllast eine weitere Erschwerung von Umstrukturierungsvorgängen.
3. Potenzielle wirtschaftliche Doppelbesteuerung bei Umkehreffekten Die Versagung des intersubjektiven Transfers stiller Lasten bei einem Überschuss dieser ist auch kritisch in einer Gesamtbetrachtung zu sehen. Denn die Zwangsrealisation stiller Lasten führt dazu, dass der übernehmende Rechtsträger an diese Wertansätze gebunden ist. Für die zum gemeinen Wert übernommenen, passivierungsbeschränkten Verpflichtungen erfolgt durch § 5 Abs. 7 EStG ein Wiederaufleben der Passivierungsbeschränkungen am darauffolgenden Bilanzstichtag und eine daraus resultierende Erwerbsgewinnbesteuerung, die sich durch die Bildung einer Rücklage sowie den übernommenen, noch verteilungspflichtigen Aufwand kompensieren lässt.830 Die Realisation der stillen Last führt zu einer geringeren Bewertung beim übernehmenden Rechtsträger. Kommt es in Bezug auf die ehemals stille Last 830 Siehe dazu bereits Abschnitt D.III.3.b)aa)(3) und D.III.3.b)bb).
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D. Abbildung und Auswirkungen stiller Lasten bei innerstaatlichen Umstrukturierungen
zu einer Werterholung (dh. zur Bildung einer neuen stillen Reserve) und wird diese nachher realisiert, führt dies dann zu einer wirtschaftlichen Doppelbesteuerung, soweit der Verlust aus der Realisation der stillen Lasten iRd. Umstrukturierung nicht steuerlich genutzt werden konnte. Beispiel 04 Eine Kapitalgesellschaft (I) weist einen Überschuss an stillen Lasten iHv. 300 auf, weil Forderungen aus Lieferungen und Leistungen steuerlich noch nicht auf deren niedrigeren Teilwert (= gemeiner Wert) wertberichtigt wurden. Anderweitige stille Reserven und Lasten sollen annahmegemäß nicht existieren. Die Kapitalgesellschaft wird auf ihre Schwestergesellschaft (Kapitalgesellschaft II) verschmolzen. Eine Buchwertfortführung soll aufgrund des UmwStE nicht möglich sein. Aus der Zwangs realisation resultiert ein Übertragungsverlust iHv. 300. Ein Verlustrücktrag auf den unmittelbar vorangegangen Veranlagungszeitraum soll mangels dort erzielter Gewinne nicht möglich sein, sodass der Übertragungsverlust aufgrund des Erlöschens der Kapitalgesellschaft I untergeht. Die Kapitalgesellschaft II setzt die Forderung mit dem niedrigeren gemeinen Wert an. Nach der Verschmelzung begleichen die Schuldner die Forderungen zum ursprünglichen Nennwert, sodass ein steuerpflichtiger Gewinn von 300 entsteht. Aufgrund der Nichtnutzbarkeit des Verlusts bei der Kapitalgesellschaft I und der Vollversteuerung des Gewinns aus der Begleichung der Forderung kommt es zu einer wirtschaftlichen Doppelbesteuerung. Denn der ursprüngliche Gewinn aus der erstmaligen bilanziellen Erfassung der Forderung war bei Kapitalgesellschaft I bereits voll steuerpflichtig. Hingegen hat sich der Verlust nicht ausgewirkt.
Gleiches gilt bei passivierungsbeschränkten Verpflichtungen, wenn man die Anwendung des Ausnahmetatbestands iSv. § 4f Abs. 1 S. 3 Hs. 1 EStG bejaht.831 Denn in diesen Fällen würde der realisierte Aufwand ungemindert das Übertragungsergebnis mindern. Sofern ein Übertragungsverlust entsteht, dieser nicht ausgeglichen werden kann und aufgrund des Erlöschens des übertragenden Rechtsträgers untergeht, entsteht aufgrund der Erwerbsgewinnbesteuerung gem. § 5 Abs. 7 EStG beim übernehmenden Rechtsträger eine wirtschaftliche Doppelbesteuerung.832
831 Vgl. zB. ausführlich Müllner, Die Reichweite der Sonderregelung über Verpflichtungsübernahmen (§§ 4f, 5 Abs. 7 EStG), 2019, 274–281; Riedel, FR 2014, 6 (12); Rödder in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 11 U mwStG Rn. 147; Herlinghaus in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 20 UmwStG Rn. 254. 832 Vgl. Abschnitt D.III.3.b)aa)(1) zur ähnlichen Problematik bei Rn. 04.16 UmwStE
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IV. Auswirkungen der Versagung der Buchwertfortführung bei stillem Lastenüberschuss
4. Steuerökonomische Analyse der Auswirkungen vor dem Hintergrund des Förderungsziels a) Buchwertfortführung im Gegenzug für zukünftige Beiträge zur Staatsfinanzierung? Wenn die Finanzverwaltung nur eine Buchwertfortführung zulassen will, wenn der gemeine Wert der Sachgesamtheit die Summe der Buchwerte (dh. das steuerbilanzielle Eigenkapital) übersteigt,833 bedeutet dies, dass eine Buchwertfortführung nur bei einem in toto bestehenden Überschuss an stillen Reserven gewährt werden soll. Dies würde bedeuten, dass ein durch die Buchwertfortführung gewährter Besteuerungsaufschub nur den Steuerpflichtigen gewährt werden soll, von denen sich der Fiskus durch die zukünftige Realisation der übertragenen stillen Reserven und damit verbundener Steuerzahlungen einen finanziellen Leistungsbeitrag zum Staatshaushalt verspricht. Folglich wäre auch die durch das UmwStG beabsichtigte Förderung einer Entscheidungsneutralität im Hinblick auf die für den Unternehmer optimale Rechtsform die Gegenleistung für einen zukünftigen Beitrag zur Finanzierung des Staatshaushalts.834 b) Fortschreitende asymmetrische Ausgestaltung des Steuerrechts Dieser Befund einer nur für ertragsträchtige Unternehmen gewährten Steuerneutralität könnte damit im Einklang stehen, dass das deutsche Steuerrecht überwiegend auf die Unternehmen ausgerichtet ist, die Gewinne erzielen. Das deutsche Steuerrecht ermöglicht vielfältige Möglichkeiten zur Erreichung von Steuerstundungseffekten durch die intersubjektive Übertragung von stillen Reserven. So ermöglicht bspw. § 6b EStG die Übertragung von realisierten und eigentlich der Besteuerung unterliegenden stillen Reserven auf bestimmte Wirtschaftsgüter, um somit Investitionsvorhaben von Unternehmen zu fördern.835 Auch die Regelungen des UmwStG, die Übertragung von Betrieben oder Mitunternehmeranteilen (§ 6 Abs. 3 EStG) oder die Übertragung von Einzelwirtschaftsgütern (§ 6 Abs. 5 S. 3 EStG) ermöglichen es, stille Reserven, dh. latente Gewinne836, ganz oder partiell auf ande833 Umkehrschluss aus UmwStE, Rn. 03.12. 834 Zu den resultierenden Folgen für das Folgerichtigkeitsgebot siehe Abschnitt E.IV.1. 835 Vgl. BFH v. 06.12.1972, I R 182/70, B StBl. II 1973, 291, unter 2.b); v. 15.10.1981, IV R 85/81, B StBl. II 1982, 63; v. 14.03.2012, IV R 6/09, HFR 2012, 840, unter II.2.b); BT-Drs. IV/2400, 62. 836 Vgl. dazu bereits Abschnitt B.III.2.a).
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D. Abbildung und Auswirkungen stiller Lasten bei innerstaatlichen Umstrukturierungen
re Steuerpflichtige zu übertragen, ohne eine Besteuerung auszulösen. Diesen Möglichkeiten ist immanent, dass sich stille Reserven gebildet haben oder Gewinne erzielt wurden. In dieser Hinsicht zeigt das deutsche Steuerrecht insoweit seine Schwäche, als dass Unternehmen, deren wirtschaftliche Entwicklung positiv verläuft, diverse Möglichkeiten gegeben werden, ihre Steuerlast zu optimieren oder stille Reserven iRd. der betrieblichen Reorganisation oder iRd. Nachfolgeplanung zu verlagern. Für Unternehmen, deren wirtschaftliche Entwicklung hingegen negativ verläuft, stellt das Steuerrecht mitunter Hürden. Ein Ausgleich von Verlusten als Ergebnis von negativen wirtschaftlichen Folgen (zB. als Resultat von wirtschaftlichen Krisenzeiten) erfordert die Existenz von Gewinnen. Ökonomisch betrachtet ist dies eine Einschränkung, da Unternehmen, die keine Gewinne erzielt haben, erlittene Verluste nicht verrechnen können. Auf der anderen Seite sehen sich Unternehmen, deren wirtschaftliche Entwicklung negativ verläuft, einer Realität ausgesetzt, in der die sach- und zeitgerechte Berücksichtigung von wirtschaftlich zum Bilanzstichtag verursachten Belastungen837 durch eine Rückstellungsbildung durch steuerbilanzielle Vorschriften eingeschränkt oder verhindert wird. Letzteres ist insb. bei Drohverlustrückstellungen der Fall, die gem. § 5 Abs. 4a EStG nicht passiviert werden dürfen, sodass die Steuerbemessungsgrundlage ohne die Berücksichtigung einer Drohverlustrückstellung als zu hoch erscheint.838 Diese systematisch fragwürdige steuerbilanzielle Beschneidung der sachgerechten Aufwandserfassung führte zu Schuldübertragungen, um die entsprechenden Lasten zu realisieren. Unter dem Aspekt der Missbrauchsvermeidung839 hat der Gesetzgeber mit § 4f und § 5 Abs. 7 EStG Regelungen eingeführt, welche die allgemeinen Bilanzierungsgrundsätze des Realisations- und Anschaffungskostenprinzips ad absurdum führen. Gleichwohl sind diese Fälle nicht ausschließlich auf missbräuchliche Gestaltungen (wie bspw. bei kon837 Rückstellungen repräsentieren unabhängig von der zugrundeliegenden Aufwandsrealisation eine zum Stichtag wirtschaftliche Belastung des Steuerpflichtigen, vgl. Moxter, Bilanzrechtsprechung, 2007, 157; Prinz, DB 2019, 804 (807). 838 Vgl. Prinz, DB 2019, 804 (807), der für eine Wiedereinführung von Drohverlustrückstellungen iRe. Reformierung des Bilanzsteuerrechts plädiert. 839 So Mundfortz, Das Realisationsprinzip und die Aufdeckung stiller Lasten, 2019, 18–20. Die Gesetzesbegründung nennt die Verhinderung von steuergünstigen Verschiebungen innerhalb von verbundenen Unternehmen als auch die Verhinderung von Steuerausfällen, vgl. BT-Drs. 18/68, 73. Letzteres weist zusätzlich auf den Charakter einer Fiskalzwecknorm hin, so Melan/Wecke, Ubg 2017, 253.
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IV. Auswirkungen der Versagung der Buchwertfortführung bei stillem Lastenüberschuss
zerninternen Übertragungen vom Gesetzgeber angenommen840) begrenzt,841 sodass auch wirtschaftlich begründete Schuldübertragungen der Aufwandsverteilung und der Erwerbsteuerung unterworfen werden. c) Einschränkung der Entscheidungsneutralität als Förderungsziel des UmwStG Mit dem UmwStG sollen Unternehmen ohne den Einfluss steuerlicher Rechtsfolgen entscheiden können, inwiefern sie ihre Rechts- und Kooperationsform verändern, um sich an die exogenen Gegebenheiten am effizientesten anzupassen, dh. es soll eine Entscheidungsneutralität gewährt werden.842 Die Bejahung des gemeinen Werts als absolute Wertuntergrenze würde allerdings dazu führen, dass eine Entscheidungsneutralität nur für diejenigen Unternehmen besteht, die aufgrund ihrer Ertragsaussichten zukünftig voraussichtlich zu einer Staatsfinanzierung beitragen können.843 Die Einschränkung der Entscheidungsneutralität materialisiert sich einerseits in möglichen Fallvarianten von Übertragungsergebnissen und andererseits in der fehlenden betrieblichen Planbarkeit sowie Rechtsunsicherheit. aa) Verschiedene Ausprägungsarten des resultierenden steuerlichen Übertragungs-/Einbringungsergebnisses (1) Verlustfall: Definitiveffekte bei Erlöschen des Rechtsträgers Erfolgt ein zwingender Ansatz der gemeinen Werte und der damit einhergehenden Realisation stiller Lasten sowie ggfs. stiller Reserven wird auf Ebene des übertragenden Rechtsträgers vielfach die Entstehung eines Übertragungsverlusts angenommen.844 Die Entstehung eines Übertragungsverlust ist insb. in den Fällen denkbar, in denen entweder ausschließlich stille Las840 Gleichwohl hat der BFH in seiner Rechtsprechung lediglich den geltenden bilanzrechtlichen Grundsätzen zur Geltung verholfen und explizit nicht das Vorliegen eines Missbrauchs geprüft, vgl. Riedel, DStR 2013, 1047 (1049); vgl. Müllner, Verpflichtungsübertragungen, 2019, 83. 841 Vgl. auch Krumm in Brandis/Heuermann, § 4f EStG Rn. 11. 842 Siehe dazu bereits Abschnitt C.III.2.c). 843 Dies würde einen Fiskalzweck darstellen, der keinen zulässigen Rechtfertigungsgrund für eine Abweichung vom Folgerichtigkeitsgebot darstellt, siehe dazu Abschnitt E.IV.1. 844 Vgl. Stimpel, G mbHR 2012, 123 (124 f.); Schell/Krohn, DB 2012, 1057 (1062); Helios/Philipp, DB 2014, 2923 (2927); Zimmermann, Ubg 2018, 17 (18); Hageböke/ Stangl, DK 2020, 424 (427).
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D. Abbildung und Auswirkungen stiller Lasten bei innerstaatlichen Umstrukturierungen
ten vorliegen oder in denen sowohl stille Reserven als auch stille Lasten existieren, die realisierten stillen Reserven sich indes aufgrund von Steuer befreiungsvorschriften im Ergebnis nicht auf das Übertragungsergebnis auswirken. Falls dann eine intra- oder interperiodische Verlustverrechnung nicht möglich ist (zB. weil kein verrechnungsfähiger Gewinn in der Ver gangenheit erzielt wurde) und der übertragene Rechtsträger (dh. insb. bei Verschmelzungen) untergeht, kommt es demnach zu einem unmittelbaren Untergang des Übertragungsverlustes nach den Regeln des UmwStG.845 Insoweit führt die in Rn. 03.12 des U mwStE niedergeschriebene Verwaltungsauffassung zu einer „Verlustvernichtung“.846 Diese Verlustvernichtung bzw. die Nichtausgleichsfähigkeit dieses Übertragungsverlust ist insb. vor dem Hintergrund des Leistungsfähigkeitsprinzips und des Totalgewinngedankens problematisch. Nach dem Totalgewinngedanken, der iRd. Betriebsvermögensvergleichs iSv. § 4 Abs. 1 iVm. § 5 EStG durch den Bilanzzusammenhang verwirklicht wird, soll allein der über die Totalperiode erzielte Gewinn der „richtige“ Gewinn sein.847 Weil der Gedanken des Totalgewinns davon ausgeht, dass sämtliche positive wie negative Ergebnisse in der Totalperiode ausgeglichen werden,848 folgt aus dem Totalgewinngedanken eine vollständige Verlustkompensation.849 Der Gedanke des Totalgewinns kann – trotz der Zweifel an seiner Praktikabilität iRd. steuerlichen Gewinnermittlung850 – idealiter als Indikation der Leistungsfähigkeit erachtet werden. Insofern widerspricht es dem Leistungsfähigkeitsprinzip, wenn ein Steuerpflichtiger in eine Verlustsituation hineingedrängt und 845 Zum grds. Untergang einer Verlustposition bei Untergang des Rechtsträgers siehe auch Röder, D StJG 43 (2020), 367 (368). § 15 Abs. 3 und § 19 Abs. 2 U mwStG führen im Falle der Abspaltung zu einer Durchbrechung dieser inneren Logik, da beim übertragenen Rechtsträger ein anteiliger Untergang der Verlustpositionen in dem Verhältnis, in dem Vermögen iRd. Abspaltung übergeht, eintritt; krit. Röder, DStJG 43 (2020), 367 (377 f.); Mylich (FR 2019, 537 (539 ff.). 846 Vgl. Riedel, FR 2012, 1109 (1111); Zimmermann, Ubg 2018, 17 (18, 19). 847 Vgl. BFH v. 29.11.1965, GrS 1/65 S, BStBl. III 1966, 142; Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 1993, 303 f.; dahingehend auch Becker, Grundlagen der Einkommensteuer, 1940, 46, dass trotz der Abschnittsbesteuerung weder ein Sachverhalt der Besteuerung entzogen noch doppelt erfasst werden darf. Drüen, FR 1999, 1097 (1099 f.); Drüen, Periodengewinn, 1999, 66 ff., 165 beschreibt dies als Totalgewinnrichtigkeit. 848 Vgl. Fischer, DStZ/A 1966, 169 (171). 849 Die vollständige Verlustkompensation wird indes durch den bestehenden Dualismus der Unternehmensbesteuerung de lege lata nicht erreicht, vgl. Drüen, FR 1999, 1097 (1101). 850 Vgl. diesbzgl. Drüen, FR 1999, 1097 (1104–1107).
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dieser Verlust definitiv iSe. fehlenden Nutzungs- oder Ausgleichsfähigkeit wird.851 Schließlich dient der Verlustausgleich der Verwirklichung des Leistungsfähigkeitsprinzips.852 Der Untergang eines nicht genutzten Verlusts führt in einer Totalbetrachtung zu einer Übermaßbesteuerung.853 Der BFH hatte in einem AdV-Verfahren verfassungsrechtliche Zweifel an der Mindestbesteuerung iSv. § 10d Abs. 2 EStG geäußert, wenn eine Verlustverrechnung in späteren Veranlagungszeiträumen aus anderen rechtlichen Gründen (dort § 8c KStG) ausscheidet.854 Der vom BFH zu beurteilende Fall betrifft zwar die Verluststreckung aufgrund der Mindestbesteuerung nach § 10d Abs. 2 EStG, im Kern ist die Problematik im Fall eines Übertragungsverlusts aufgrund eines zwingenden Ansatz des gemeinen Werts gleich, da somit ein verfassungsrechtlich zweifelhafter Definitivverlust eintritt.855 Ein aufgrund einer verwehrten Buchwertfortführung entstehender Übertragungsverlust, der aufgrund von rechtlichen und/oder tatsächlichen Umständen nicht ausgeglichen oder übertragen werden kann, stellt demnach ein essenzielles Hindernis für Umstrukturierung – insb. von ertragsschwachen Unternehmen – dar.856 In diesen Fällen regt Zimmermann857 an, einen Verlustübergang durch eine teleologische Reduktion von § 12 Abs. 3 und § 4 Abs. 2 S. 2 U mwStG hilfsweise zuzulassen.858 Dem intersubjektiven Verlustübergang steht der generelle Ausschluss des Übergangs von Verlustvorträgen gegenüber, was wiederum mit der Rechtsprechung des BFH zur Vererbung von Verlustvorträgen859 im Einklang steht. Freilich handelt es sich um eine systematische Inkonsequenz, weil das Subjektsteuerprinzip einerseits für den intersubjektiven Transfer von stillen Reserven und Lasten durchbrochen wird, es jedoch andererseits wiederum als Rechtfertigung für die Versagung intersubjektiven Übergangs von Verlustvorträgen angeführt wird.860 Wenn stille Reserven 851 So auch Hennrichs, DStJG 43 (2020), 145 (184). 852 Vgl. BFH v. 17.11.2020, I R 2/18, BStBl. II 2021, 580, unter II.2.b)bb). 853 So auch Hennrichs, DStJG 43 (2020), 145 (180). 854 Vgl. BFH v. 26.08.2010, I B 49/10, BStBl. II 2011, 826. 855 Dahingehend auch der Hinweis von Hageböke/Stangl, DK 2020, 424 (426, dort Fn. 22). 856 Vgl. Rödder in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 11 UmwStG Rn. 330. 857 Zimmermann, Ubg 2018, 17 (21). 858 GlA. Rödder in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 11 UmwStG Rn. 331, § 12 UmwStG Rn. 243. 859 BFH v. 17.12.2007, GrS 2/04, BStBl. II 2008, 608. 860 Vgl. Riedel, StuW 2019, 225 (231); Hennrichs, DStJG 43 (2020); 163 (181).
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D. Abbildung und Auswirkungen stiller Lasten bei innerstaatlichen Umstrukturierungen
und Lasten bereits im Entstehungszeitpunkt die Leistungsfähigkeit beeinflussen861 und im Zeitpunkt, in dem der übernehmende Rechtsträger in die steuerliche Rechtsstellung des übertragenden Rechtsträgers eintritt, noch nicht berücksichtigte Verlustpositionen des übertragenden Rechtsträgers vorhanden sind, die noch nicht berücksichtigte negative Leistungsfähigkeit verkörpern, wäre unter dem Blickwinkel des Leistungsfähigkeitsprinzips der intersubjektive Verlustübergang sachgerecht. Gegen eine Ausweitung der umwandlungssteuerlichen Rechtsnachfolge auf nicht ausgeglichene Verlustpositionen könnte das Nebeneinander von Transparenz- und Trennungsprinzip sprechen. Nach § 12 Abs. 3 S. 2 U mwStG 1995 war ein intersubjektiver Verlustübergang zwischen Kapitalgesellschaften möglich, während beim Wechsel von Trennungs- zu Transparenzprinzip et vice versa ein intersubjektiver Verlustübergang nicht möglich war.862 De lege lata dürfte ungeachtet der geäußerten Kritik für die Fälle, in denen ein erzwungener Ansatz zum gemeinen Wert zu einem Übertragungsverlust führt, ein intersubjektiver Verlustübergang nicht in Frage kommen, da dies nicht mit dem Wortlaut von § 4 Abs. 2 S. 2 UmwStG vereinbar wäre. Es tritt mithin ein Definitiveffekt in Form eines endgültigen Verlusts ein, der dem Leistungsfähigkeitsprinzip widerspricht.863 Der fehlende Verlustübergang ist nach Ansicht von Dötsch/Stimpel864 der „[…] eigentliche Grund für die effektiven Nachteile […]“. Dem ist nicht zu folgen. Zuzugeben ist, dass der fehlende Verlustvortrag einen effektiven Nachteil darstellt. Dieser materialisiert sich indes für jegliche Umstrukturierungen iSd. UmwStG gleichermaßen. Ursächlich für die hier beschriebenen Nachteile ist jedoch die Interpretation des gemeinen Werts als absolute Wertuntergrenze des umwandlungssteuerlichen Bewertungswahlrechts und die damit verbundene Zwangsrealisation von bis dato unter Unsicherheit existierenden stillen Lasten. Resultiert daraus ein Übertragungsverlust, wird der Betrag von bestehenden Verlustvorträgen, welcher nach den umwandlungssteuerlichen Regelungen untergeht, lediglich erhöht. Somit potenziert der fehlende Verlustvortrag die sich aus der Versagung der Buchwertfortführung resultierenden Nachteile; insb. weil beim übernehmenden Rechtsträger aufgrund des geminderten Wertansatzes eine effektive Doppel-
861 Dazu bereits Abschnitt B.III.2.a) und B.III.2.c). 862 Vgl. zB. Rödder, DStJG 25 (2002), 253 (271). 863 Zutreffend Hennrichs, DStJG 43 (2020), 145 (184). 864 Dötsch/Stimpel in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, § 11 UmwStG Rn. 35.
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IV. Auswirkungen der Versagung der Buchwertfortführung bei stillem Lastenüberschuss
besteuerung resultieren kann.865 Des Weiteren zeigt die vorliegende Untersuchung, dass ein stiller Lastenüberschuss nicht zwingend mit der Entstehung eines Übertragungsverlusts einhergeht.866 (2) Gewinnfall: prohibitive Steuerbelastung Bei einem Überschuss an stillen Lasten in der Gestalt, dass voll steuerpflichtige stille Reserven nicht oder nur teilweise abzugsfähigen stillen Lasten gegenüberstehen, kann auch ein steuerpflichtiger Übertragungs- bzw. Einbringungsgewinn resultieren, der bei fehlender oder nicht vollständiger Verlustverrechnung867 zu einer Steuerzahllast führt. Generell werden Steuerzahllasten als echtes Umstrukturierungshindernis gesehen, da durch die Umstrukturierung kein Markteinkommen bzw. Liquidität generiert wird, weshalb insoweit eine Umstrukturierung, sofern damit eine Steuerzahllast einhergeht, als prohibitiv gewertet wird. Gleichgelagert liegt der Fall eines Überschusses an stillen Lasten, aus dem durch das Zusammenwirken der Verteilung von stillen Reserven und Lasten sowie durch steuerliche Gewinnermittlungsvorschriften ein Gewinn eintritt. Der Steuerpflichtige wird somit zur Aufdeckung aller stillen Reserven und Lasten gezwungen und in eine Steuerzahlung gedrängt. bb) Erhöhung des operativen Aufwands durch verpflichtende Bewertung in Zweifelsfällen sowie fehlende Planbarkeit Hinzu wird die Entscheidungsneutralität auf operativer Ebene negativ beeinflusst. Wenn die Finanzverwaltung neben weiteren spezifischen Voraussetzungen des jeweiligen Umwandlungsvorgangs die Buchwertfortführung daran anknüpfen möchte, dass der gemeine Wert der Sachgesamtheit die Summe der Buchwerte der übergehenden Wirtschaftsgüter übersteigt, wird dafür regelmäßig eine Unternehmensbewertung erforderlich sein, um dieses Erfordernis bejahen zu können.868 Das Erfordernis einer Unternehmens865 Siehe Abschnitt D.IV.3. 866 Siehe oben Abschnitt D.IV.2.b). 867 Vgl. BFH v. 26.08.2010, I B 49/10, BStBl. II 2011, 826 zur verfassungsrechtlichen Problematik eines aufgrund der Mindestbesteuerung nicht vollständig genutzten Verlustvortrags. Siehe ferner BFH v. 26.02.2014, I R 59/12, BStBl. II 2014, 1016, Az. BVerfG 2 BvL 19/14, Staats in Lademann, § 3 U mwStG Rn. 57 zum eingeleiteten Normenkontrollverfahren von § 10d Abs. 2 EStG. 868 So bereits Kutt/Carstens in FGS/BDI, U mwStE, 2012, 141; Zimmermann, Ubg 2018, 17 (18).
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D. Abbildung und Auswirkungen stiller Lasten bei innerstaatlichen Umstrukturierungen
bewertung führt zur Entstehung von zeitlichem als auch monetärem Aufwand, da die Bewertung eines Unternehmens oftmals durch sachverständige Dritte durchgeführt werden muss. Ökonomisch kann die Notwendigkeit einer Unternehmensbewertung daher ein Hindernis für die Umstrukturierung bedeuten, was zur Nichtdurchführung führen kann (zB. aufgrund der entstehenden Kosten). Da bislang zu der hier untersuchten Thematik noch keine höchstrichterliche Rechtsprechung ergangen ist, besteht eine Rechtsunsicherheit, ob nicht entgegen der Verwaltungsauffassung dennoch eine Buchwertfortführung bei einem die Summe der Buchwerte der übergehenden Wirtschaftsgüter unterschreitenden gemeinen Wert der Sachgesamtheit möglich ist. Die steuerlichen Folgen in diesen Fällen sind somit nicht planbar, weshalb keine Entscheidungsneutralität besteht.869 d) Ursache: Durchbrechung des Maßgeblichkeitsgrundsatzes durch Einschränkung des Imparitätsprinzips Ein abschließender Gedanke zur Versagung der Buchwertfortführung im Falle von stillen Lasten sei hier noch platziert. Ursächlich für die vorstehend untersuchte und dargelegte Problematik ist, dass iRd. umwandlungssteuerlichen Bewertungswahlrechts eine Interpretation dahingehend erfolgt, dass der gemeine Wert die absolute Ober- und Untergrenze innerhalb des Bewertungswahlrechts darstellt.870 Folglich soll die Buchwertfortführung aus geschlossen sein, wenn der gemeine Wert der Sachgesamtheit, dh. der Verkehrswert des Unternehmens, die Summe der steuerlichen Buchwerte unterschreitet.871 Wie bereits dargestellt ist, schränkt der Gesetzgeber entgegen dem Maßgeblichkeitsgrundsatz das Imparitätsprinzip dadurch ein, dass er die Verlustantizipation bei Teilwertabschreibungen beim Umlaufvermögen an strengere Anforderung knüpft oder die Rückstellungsbildung der 869 Zur Entscheidungsneutralität bei fehlender Planbarkeit: Rose, StuW 1985, 330 (342 f.). 870 Vgl. zu diesem Verständnis Bogenschütz, Ubg 2011, 393 (398); Schießl in Widmann/Mayer, § 11 UmwStG Rn. 103; Möhlenbrock/Werner/Pung in Dötsch/Pung/ Möhlenbrock, § 3 UmwStG Rn. 47; Dötsch/Stimpel in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, § 11 UmwStG Rn. 35. 871 So ausdrücklich U mwStE, Rn. 03.12. Begründet wird dies mit dem historischen Argument der Teilwertbegrenzung im UmwStG 1995, was dem anonymisiert wiedergegebenem BMF-Schreiben an den Bankenverband (siehe dazu Abschnitt E.II.) zu entnehmen ist.
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V. Zusammenfassung
Höhe nach oder gleich dem Grunde nach beschränkt.872 Daraus resultiert eine steuerbilanzielle Überbewertung von steuerlichem Aktivvermögen und eine steuerliche Unterbewertung von Passivvermögen, dh. die Entstehung steuerlicher stiller Lasten ist somit auf die Einschränkung des Imparitätsprinzips und die Durchbrechung der Maßgeblichkeit zurückzuführen. Mit diesem Befund wirkt die Versagung der Buchwertfortführung – falls dies unter Berücksichtigung der Gesetzessystematik und der Teleologie so zutrifft – noch drastischer. Der Steuerpflichtige wird in die Existenz stiller Lasten aufgrund des steuerbilanziellen und die Maßgeblichkeit durchbrechenden Regelungskonglomerats in eine steuerliche Unterbewertung (Passiva) bzw. Überbewertung (Aktiva) gezwungen und hat dann noch nicht einmal die freie Entscheidungsneutralität hinsichtlich einer Strukturverbesserung bzw. Unternehmensreorganisation, ohne dass es zu einer „Vorrealisation“ dieser steuerlichen stillen Last kommt. Dies weckt insgesamt ökonomische Zweifel an der Versagung der Buchwertfortführung und schürt die Kritik an der Durchbrechung der Maßgeblichkeit selbst. Erkennt man die Einschränkungen der Maßgeblichkeit (wie zB. das Verbot der Drohverlustrückstellung) als Vorschriften, die „fiskalorientierte GoB-widrige Regelungen“873 sind, muss dies auch für die Versagung der Buchwertfortführung in diesen Fällen gelten (sofern eine Auslegung nicht ein anderes Ergebnis ermöglicht).
V. Zusammenfassung Erfolgt eine Umstrukturierung zum gemeinen Wert – unabhängig davon, ob zwingend oder freiwillig – sind die stillen Reserven und Lasten dadurch aufzudecken, dass die Wirtschaftsgüter mit ihrem gemeinen Wert angesetzt werden. Sofern passivseitige stille Lasten weder in Handels- noch in Steuerbilanz passiviert sind, müssen diese als ungewisse Verbindlichkeit in der steuerlichen Schlussbilanz ausgewiesen werden. Die Residualgröße, die sich nicht auf Wirtschaftsgüter allokieren lässt, muss als passiver Ausgleichsposten passiviert werden, welcher dem Charakter eines negativen Firmenwerts entspricht. Die Realisation von stillen Reserven und Lasten wirkt sich bei 872 Vgl. dazu bspw. Hennrichs in Tipke/Lang, 2021, Rn. 9.40. 873 Prinz, DB 2019, 804 (807); vgl. besonders idS auch Kahle in FS Böcking, 2021, 571 (576); Kahle, FR 2019, 338 (339): „[…] Einzelvorschriften, die […] nur aus Gründen des Staatshaushalts […] eingefügt wurden und eindeutig Verstöße gegen die GoB darstellen […]“.
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D. Abbildung und Auswirkungen stiller Lasten bei innerstaatlichen Umstrukturierungen
Umwandlungen iSv. § 3 ff. und § 11 ff. U mwStG auf das Übertragungsergebnis und bei Einbringungen iSv. §§ 20 ff. UmwStG auf das Einbringungsergebnis aus. Das Übertragungs- bzw. Einbringungsergebnis muss um die aufgedeckten stillen Reserven bzw. Lasten aus Kapitalgesellschaftsbeteiligung gem. § 8b KStG bereinigt werden. Sofern stille Lasten in passivierungsbeschränkten Verpflichtungen enthalten sind, wurde gezeigt, dass § 4f EStG die Steuerwirkung der Realisation von stillen Lasten einschränkt. Der Ausnahmetatbestand gem. § 4f Abs. 1 S. 3 Alt. 1 EStG ist aufgrund des systematischen Zusammenhangs mit der Rechtsnachfolgeregelung nach § 4f Abs. 1 S. 7 EStG nicht anwendbar, was auch dem Willen des Gesetzgebers entspricht. Für die zum gemeinen Wert übernommenen passivierungsbeschränkten Verpflichtungen greift am nächsten Bilanzstichtag § 5 Abs. 7 EStG ein und zwingt unter der Durchbrechung des Anschaffungskostenprinzips höchst unsystematisch zu einer Wiedergeltung der ursprünglichen Passivierungsbeschränkungen. Damit tritt ein Erwerbsgewinn einher, der – wenn auch iHv. 1/15 zeitversetzt – durch den gem. § 4f Abs. 1 S. 7 EStG übergegangenen, noch verteilungspflichtigen Aufwand neutralisiert wird. Dadurch wirken sich die stillen Lasten in Passiva effektiv nicht aus, was eine asymmetrische Behandlung von stillen Reserven und stillen Lasten zur Folge hat. Vorstehendes gilt nicht für Pensionsrückstellungen, da diese in der steuerlichen Schlussbilanz mit dem Teilwert anzusetzen sind, was dem steuerbilanziellen Buchwert entspricht. Dadurch erfolgt insoweit einerseits ein intersubjektiver Lastentransfer, andererseits führt die Bewertung mit dem Teilwert zu einer Erhöhung des steuerlichen Eigenkapitals, was c.p. zu einem höheren Übertragungsgewinn bzw. zu einem niedrigeren Übertragungsverlust führt. Das Risiko einer Übermaßbesteuerung steigt, je höher die stillen Lasten in den Pensionsrückstellungen sind. In jedem Fall liegt ein Verstoß gegen das objektive Nettoprinzip vor. De lege ferenda könnte die Problematik der Pensionsrückstellungen bei Umwandlungen durch eine Reduktion der steuerlichen Unterbewertung von Pensionsrückstellungen erreicht werden, was für eine Stärkung des Maßgeblichkeitsgrundsatzes spricht. Die Versagung der Buchwertfortführung bei der Umwandlung einer Sachgesamtheit mit einem gemeinen Wert, welcher das steuerbilanzielle Eigenkapital unterschreitet, ist aus steuerökonomischer Sicht sehr problematisch. Im Falle, dass der gemeine Wert der Sachgesamtheit (Ertragswert) positiv 176
V. Zusammenfassung
ist, deutet dies auf einen Überschuss an stillen Lasten hin. Daraus kann sowohl ein ggfs. finaler Übertragungsverlust entstehen, der bei Umkehreffekten auf Ebene des übernehmenden Rechtsträgers zu einer wirtschaftlichen Doppelbesteuerung führt. Es ist jedoch auch ein steuerpflichtiger Übertragungsgewinn denkbar. Ein Überschuss an stillen Lasten geht demnach nicht mit einer Verlustentstehung einher. Die Buchwertfortführung – neben den Kontinuitätsbedingungen – auch von einem Überschuss an stillen Reserven abhängig zu machen, führt dazu, dass das eigentliche Förderungsziel des UmwStG, die Gewährung einer Entscheidungsneutralität, nicht erreicht wird. Zudem zeigt sich, dass bei der Interpretation des gemeinen Werts als absolute Wertuntergrenze, das geltende Umwandlungssteuerrecht asymmetrisch ausgestaltet ist. Denn es werden nur den Unternehmen Vorteile gewährt, von denen sich der Fiskus einen positiven Beitrag zur Staatsfinanzierung verspricht. Die steuerökonomische Analyse wirft demnach die Frage auf, ob der gemeine Wert als absolute Wertuntergrenze mit dem Telos und der Systematik des UmwStG vereinbar ist.
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E. Analyse der Bewertungsuntergrenze im System des UmwStG
Die Finanzverwaltung geht davon aus, dass der gemeine Wert nicht nur iRd. Regelbewertung874, sondern auch iRd. Bewertungswahlrechts die absolute Wertuntergrenze darstellt. Denn der Buchwertansatz soll ausgeschlossen sein, wenn der gemeine Wert der Sachgesamtheit die Summe der Buchwerte der übergehenden Wirtschaftsgüter unterschreitet.875 Nachdem im vorstehenden Abschnitt die rechtlichen und ökonomischen Folgen bei der unterstellten Geltung der Verwaltungsauffassung untersucht wurden, dient der folgende Abschnitt der Untersuchung der Frage, ob der Buchwert die absolute Wertuntergrenze iRd. umwandlungssteuerrechtlichen Bewertungswahlrechts876 darstellt, und somit eine Buchwertfortführung auch im Falle eines in toto bestehenden Überschusses an stillen Lasten möglich ist.
I. Uneindeutiger Wortlaut des umwandlungssteuer rechtlichen Bewertungswahlrechts Ausgangspunkt einer jeden Auslegung ist stets der Gesetzeswortlaut.877 Das umwandlungssteuerrechtliche Bewertungswahlrecht formuliert, dass die übergehenden Wirtschaftsgüter bzw. das eingebrachte Betriebsvermögen „[…] einheitlich mit dem Buchwert oder einem höheren Wert, höchstens jedoch mit dem [gemeinen Wert]“878 angesetzt werden können. Die Höchst874 Vgl. § 3 Abs. 1 S. 1 (ggfs. iVm. § 9 oder § 16 U mwStG), § 11 Abs. 1 S. 1 (ggfs. iVm. § 15 UmwStG), § 20 Abs. 2 S. 1 (ggfs. iVm. § 25 UmwStG), § 21 Abs. 1 S. 1, § 24 Abs. 2 S. 1 U mwStG. Für den gemeinen Wert als Ober- und Untergrenze iRd. Regelbewertung vgl. Martini in Widmann/Mayer, § 3 U mwStG Rn. 747; Rödder in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 11 UmwStG Rn. 326 iVm. 184. 875 Vgl. UmwStE, Rn. 03.12. 876 Vgl. § 3 Abs. 2 S. 1 (ggfs. iVm. § 9 oder § 16 U mwStG), § 11 Abs. 2 S. 1 (ggfs. iVm. § 15 UmwStG), § 20 Abs. 2 S. 2 (ggfs. iVm. § 25 UmwStG), § 21 Abs. 1 S. 2, § 24 Abs. 2 S. 2 UmwStG. 877 Vgl. BFH v. 16.12.1986, VIII R 375/83, B StBl. II 1987, 366; siehe auch Larenz, Methodenlehre, 1993, 320; Englisch in Tipke/Lang, 2021, Rn. 5.56. 878 § 3 Abs. 2 S. 1 und § 11 Abs. 2 S. 1 UmwStG formulieren „höchstens jedoch mit dem Wert nach Absatz 1“; § 20 Abs. 2 S. 2 und § 24 Abs. 2 S. 2 U mwStG formulieren „höchstens jedoch mit dem Wert im Sinne des Satzes 1“. Hingegen nennt § 21 Abs. 1
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E. Analyse der Bewertungsuntergrenze im System des UmwStG
begrenzung auf den gemeinen Wert kann sich indes sowohl ausschließlich auf den Fall des Ansatzes mit „einem höheren Wert“ (dh. mit einem höheren Wert als dem Buchwert, sog. Zwischenwert) oder aber auch auf den Buchwertansatz beziehen.879 Im ersten Fall wäre der Buchwert die absolute Wertuntergrenze; im letzteren Fall wäre der gemeine Wert die absolute WertunAbbildung 12 tergrenze des umwandlungssteuerlichen Bewertungswahlrechts.
Ö Buchwert als absolute Wertuntergrenze (Interpretation 1) „[…] mit dem Buchwert oder einem höheren Wert, höchstens jedoch mit dem gemeinen Wert“ Ö Gemeiner Wert als absolute Wertuntergrenze (Interpretation 2)
Abbildung 12: Interpretationsmöglichkeiten der Höchstbegrenzung auf den gemeinen Wert
Die Verwendung des Wortpaares „höherer Wert“ und „höchstens“ suggeriert, dass die Wertbegrenzung auf den gemeinen Wert nur für die Wahl eines Zwischenwertansatzes (dh. eines Ansatzes über dem Buchwert) gilt.880 Andererseits könnte dies Begrenzung „höchstens“ auch umfassend verstanden werden, sodass ein Ansatz der Buchwerte ausgeschlossen ist, wenn der gemeine Wert der übergehenden Wirtschaftsgüter deren Buchwert unterschreitet.881 Martini882 merkt in diesem Zusammenhang auch an, dass iRd. Auslegung auch geklärt werden müsse, ob sich die Höchstbegrenzung auf die Sachge-
S. 2 U mwStG ausdrücklich den gemeinen Wert: „höchstens jedoch mit dem gemeinen Wert“. 879 Vgl. schon Zimmermann, Ubg 2018, 17 (17 f.); aA. Patt in Dötsch/Patt/Pung/Möhlenbrock, 2012, § 20 U mwStG Rn. 203, nach dem sich die Höchstbegrenzung eindeutig auf beide Alternativen bezieht. 880 Vgl. auch Hageböke/Stangl, DK 2020, 424 (426); Schumacher/Neitz-Hackstein, Ubg 2011, 409 (411); Martini in Widmann/Mayer, § 3 UmwStG Rn. 748. 881 Siehe Hageböke/Stangl, DK 2020, 424 (426); Martini in Widmann/Mayer, § 3 UmwStG Rn. 749; Rödder in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 11 UmwStG Rn. 326. 882 Vgl. Martini in Widmann/Mayer, § 3 UmwStG Rn. 753 iVm. 217 ff.
180
I. Uneindeutiger Wortlaut des umwandlungssteuerrechtlichen Bewertungswahlrechts
samtheit883 oder die einzelnen Wirtschaftsgüter beziehe.884 Weil im Kontext des U mwStG eine Gesamtbewertung der Sachgesamtheit erforderlich885 und das Bewertungswahlrecht einheitlich auszuüben ist886, bezieht sich die Höchstbegrenzung nach der hier vertretenen Auffassung auf den Wert der Sachgesamtheit. Andernfalls würden einerseits stille Lasten in Wirtschaftsgütern aufgedeckt werden, wenn deren gemeiner Wert unterhalb ihres Buchwerts liegt, stille Reserven indes ohne Aufdeckung übertragen werden. Dies wäre nicht mit dem Einheitlichkeitszwang des Bewertungswahlrechts vereinbar. Für dieses Verständnis spricht auch das Verständnis des BFH zu § 20 UmwStG 1995.887 Dort hatte der BFH entschieden, dass sich die in § 20 Abs. 2 S. 6 UmwStG 1995 enthaltene Beschränkung des Teilwertansatz für das Bewertungswahlrecht in § 20 Abs. 2 S. 1 UmwStG 1995 nicht auf die einzelnen Wirtschaftsgüter,888 sondern auf den Wert der Sachgesamtheit bezieht,889 was sich auf die aktuelle Rechtslage (dh. § 20 Abs. 2 S. 2 UmwStG
883 So die Verwaltungsauffassung in UmwStE, Rn. 03.12; was auch der überwiegenden Auffassung im Schrifttum entspricht, vgl. zB. Bogenschütz, Ubg 2011, 393 (397– 398); Stimpel, GmbHR 2012, 123 (124); Helios/Philipp, DB 2014, 2923 (2926); Möhlenbrock/Werner/Pung in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, § 3 UmwStG Rn. 47; Staats in Lademann, § 3 U mwStG Rn. 164 iVm. 116, Dötsch/Stimpel in Dötsch/Pung/ Möhlenbrock, § 11 U mwStG Rn. 35; Wernicke in Lademann, § 11 UmwStG Rn. 103. 884 Für eine einzelwirtschaftsgutbezogene Sichtweise wohl auch Herlinghaus in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 20 U mwStG Rn. 368; Jäschke in Lademann, § 20 UmwStG Rn. 53a; Hötzel/Kaeser in FGS/BDI, UmwStE, 2012, 340. 885 Siehe bereits Abschnitt D.I.2. 886 Dafür spricht auch der Wortlaut des Bewertungswahlrechts, wonach der Buch- oder Zwischenwertansatz „einheitlich“ zu erfolgen hat, vgl. bspw. zu § 11 Abs. 2 S. 1 UmwStG Rödder in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 11 U mwStG Rn. 334, 346 mit dem Hinweis, dass der Ansatz von einzelnen Wirtschaftsgütern mit dem gemeinen Wert, aufgrund der insoweit nicht erfüllten Steuerverhaftungsklauseln (zB. § 11 Abs. 2 S. 1 Nr. 1, 2 U mwStG), dem Einheitlichkeitserfordernis nicht entgegensteht; vgl. auch Staats in Lademann, § 3 UmwStG Rn. 172; Schmitt in Schmitt/Hörtnagl, § 20 UmwStG Rn. 293. 887 BFH v. 28.04.2016, I R 33/14, BStBl. II 2016, 913. 888 Gleichwohl könnte der Wortlaut von § 20 Abs. 2 S. 6 U mwStG 1995 bei isolierter Betrachtung auf ein solches Verständnis hindeuten, vgl. Hageböke/Stangl, DK 2020, 424 (430) mit Verweis auf BFH v. 28.04.2016, I R 33/14, BStBl. II 2016, 913, unter II.3. (Rn. 14). 889 Vgl. Wacker, DStR 2016, 1804; Hageböke/Stangl, DK 2020, 424 (430); BFH v. 28.04.2015, I R 33/14, BStBl. II 2016, 913, unter II.4. (Rn. 17); so auch schon die Vorinstanz: FG Münster v. 31.04.2014, 9 K 135/07 K, F, EFG 2014, 1544, Rn. 61.
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E. Analyse der Bewertungsuntergrenze im System des UmwStG
2006) übertragen lässt.890 Insofern wird nachfolgend untersucht, ob sich die Wertbegrenzung auf den gemeinen Wert (der Sachgesamtheit) sowohl auf die Möglichkeit des Buchwert- als auch auf die des Zwischenwertansatzes oder isoliert nur auf die Möglichkeit des Zwischenwertansatzes bezieht. Die Untersuchung orientiert sich an den Methoden des traditionellen Auslegungskanons, dh. es erfolgt sowohl eine historische Betrachtung als auch eine Betrachtung des äußeren sowie des inneren Systems. Ergänzend wird untersucht, welche Wertuntergrenze dem Folgerichtigkeitsgebot und den sekundärrechtlichen Vorgaben der FRL entspricht.
II. Keine Eindeutigkeit durch Rekurs auf die Teilwertbegrenzung im UmwStG 1995 Dass die Wertbegrenzung auf den gemeinen Wert als absolute Wertoberund Wertuntergrenze zu verstehen sei, wird teilweise mit Verweis auf Teilwertbegrenzung im U mwStG 1995 begründet,891 wie aus einem BMF-Schreiben an den Bankenverband hervorgeht:892 „Die Gesetzeshistorie sowie die Gesetzesmaterialien sprechen dafür, dass abweichend von dem von Ihnen dargelegten Verständnis der Zusatz im § 11 Absatz 2 Satz 1 UmwStG 2006 („[…] höchstens jedoch mit dem Wert nach Absatz 1 […]“) als absolute Wertobergrenze zu verstehen ist und damit in den in Rede stehenden Fällen zur Zwangsrealisierung von stillen Lasten führt. Die Gesetzesfassung des § 11 U mwStG vor Änderung durch das Gesetz über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen Gesellschaft und zur Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften (SEStEG) vom 7. Dezember 2006, BGBI. I S. 2782, enthielt im Absatz 1 Satz 3 folgenden Regelungsbefehl: „Die Teilwerte der einzelnen Wirtschafsgüter dürfen nicht überschritten werden.“ Dadurch war geregelt, dass Verschmelzungen die Zwangsrealisierung von stillen Lasten zur Folge hatten. Eine entsprechende Formulierung enthielt auch § 20 Abs. 2 Satz 6 UmwStG a.F., die ebenfalls nicht in das SEStEG übernommen wurde. Hierzu führt die Gesetzesbegrün890 Vgl. Hageböke/Stangl, DK 2020, 424 (430); Wacker, DStR 2016, 1804; Brandis, BFH/ PR 2016, 332 (333). 891 So auch Bogenschütz, Ubg 2011, 393 (397–398); Bünning, BB 2012, 243 (244); Stimpel, G mbHR 2012, 123 (124); Möhlenbrock/Werner/Pung in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, § 3 UmwStG Rn. 47; Dötsch/Stimpel in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, § 11 UmwStG Rn. 35; Schnitter in Frotscher/Drüen, § 3 UmwStG Rn. 100; Patt in Dötsch/ Patt/Pung/Möhlenbrock, 2012, § 20 UmwStG Rn. 203. 892 Vgl. BMF-Schreiben v. 04.06.2019, nv; abgedruckt bei Holle/Weiss, FR 2019, 833 (838); sowie Hageböke/Stangl, DK 2020, 424 (428).
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II. Keine Eindeutigkeit durch Rekurs auf die Teilwertbegrenzung im UmwStG 1995
dung zum SEStEG aus, dass die bisher in § 20 Abs. 2 Satz 6 U mwStG a.F. geregelte Begrenzung des Wertansatzes bei den einzelnen Wirtschaftsgütern auf den Teilwert nunmehr in § 20 Abs. 2 Satz 2 UmwStG 2006 unter Bezugnahme auf den gemeinen Wert (der Sachgesamtheit) geregelt wird (vgl. BT-Drucks. 16/2710, 44). Wegen der im Grunde gleichen Regelungstechnik beim Wertansatz in den §§ 3, 11 und 20 UmwStG 2006 gilt Vorstehendes gleichermaßen für die §§ 3 und 11 UmwStG 2006. Aus diesen Gründen wird an der bisherigen Auffassung der Finanzverwaltung weiterhin festgehalten (vgl. Rz. 03.12 des BMF-Schreibens vom 11.11.2011, a.a.O.).“
Im UmwStG 1995 fand sich flächendeckend893 eine Begrenzung des Ansatzes der einzelnen Wirtschaftsgüter auf deren Teilwert, was nach Ansicht des BMF ebenfalls eine Zwangsrealisierung von stillen Lasten zur Folge hatte. Aus der Gesetzesbegründung zum Regierungsentwurf des UmwStG 2006 ergibt sich, dass die in § 20 Abs. 2 S. 6 U mwStG 1995 enthaltene „[…] Begrenzung des Wertansatzes bei den einzelnen Wirtschaftsgütern auf den Teilwert […] nunmehr in Satz 2 unter Bezugnahme auf den gemeinen Wert geregelt [wird], [weshalb] […] das einzelne Wirtschaftsgut höchstens mit dessen gemeinem Wert angesetzt werden [darf].“894 Der Rekurs auf die Teilwertbegrenzung des U mwStG 1995 kann allerdings auch nur dann zur Begründung der Verwaltungsauffassung herangezogen werden, wenn sich die Teilwertbegrenzung sowohl auf den Buch- als auch auf den Zwischenwertansatz bezieht. An diesem Verständnis bestehen jedoch nach dem Urteil des FG Münster895 (und dem anschließenden Revisionsurteil des BFH896) Zweifel. Denn dort hatte der erkennende Senat entschieden, dass sich der Zusatz der Teilwertbegrenzung in § 20 Abs. 2 S. 6 UmwStG 1995897 einerseits auf die Sachgesamtheit898 und andererseits auf die Bewertungsmöglichkeit iRd. Wahlrechts gem. § 20 Abs. 2 S. 1 U mwStG 893 Vgl. § 3 S. 4, § 11 Abs. 2 S. 3, § 20 Abs. 2 S. 6, § 24 Abs. 2 S. 3 U mwStG 1995. Auch im UmwStG 1969 (BGBl. I 1969, 1163) galt für die Einbringung in Kapitalgesellschaften nach § 17 U mwStG 1969, dass bei dem Ansatz des eingebrachten Betriebsvermögens die Teilwerte der einzelnen Wirtschaftsgüter nicht überschritten werden durften (§ 17 Abs. 2 S. 5 UmwStG 1969). Hingegen galten für Verschmelzungen die strikte Buchwertfortführung, vgl. dafür auch § 4, § 5 U mwStG 1969, sowie dazu Graw in FS BFH, 2018, 1433 (1441). 894 BT-Drs. 16/2710, 44. 895 FG Münster v. 31.03.2014, 9 K 135/07 K, F, EFG 2014, 1544. 896 BFH v. 28.04.2016, I R 33/14, B StBl. II 2016. 897 Gleiches gilt dann für § 3 S. 4, § 11 Abs. 2 S. 3, § 24 Abs. 2 S. 3 UmwStG 1995. 898 Siehe auch bereits Abschnitt E.I., sowie BFH v. 28.04.2016, I R 33/14, B StBl. II 2016, 913.
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E. Analyse der Bewertungsuntergrenze im System des UmwStG
1995 „mit einem höheren Wert“ bezieht.899 Daraus folgt, dass nach Ansicht des FG Münster ein höherer Wertansatz iRd. Bewertungswahlrechts iSv. § 20 Abs. 2 S. 1 U mwStG 1995 nur möglich ist, wenn der Wert der Sachgesamtheit höher ist als dessen Buchwert: „[Es muss] bei dem Ansatz der beim Einbringenden anzusetzenden Buchwerte für die einzelnen Wirtschaftsgüter verbleiben, falls sich kein höherer Gesamtwert des eingebrachten Betriebsvermögens feststellen lässt.“900 Dies lässt sich dahingehend verstehen, dass der Buchwert die Untergrenze des Bewertungswahlrechts darstellt.901 Der BFH hat die Auffassung des FG Münster grds. bestätigt und judiziert, dass die Buchwerte selbst dann anzusetzen sind, wenn die Teilwerte der einzelnen Wirtschaftsgüter oberhalb der jeweiligen Buchwerte liegen und der Gesamtwert der Sachgesamtheit nicht dessen Buchwert übersteigt.902 Jedoch ist dem BFH keine Aussage darüber zu entnehmen, dass der Buchwert die (absolute) Wertuntergrenze darstellt, wenn der gemeine Wert der Sachgesamtheit die Summe der Buchwerte unterschreitet.903 Gleichwohl ist zu konstatieren, dass der von der Finanzverwaltung angestrebte Rekurs auf die Teilwertbegrenzung im U mwStG 1995 zur Rechtfertigung des gemeinen Werts als Wertuntergrenze nicht zu überzeugen vermag. Vielmehr spricht die Teilwertbegrenzung gegen das Verständnis der Finanzverwaltung. Denn die Rechtsprechung bezieht die Teilwertbegrenzung – zumindest für den Fall der Aufstockung – auf die Möglichkeit des Zwischenwertansatzes iRd. umwandlungssteuerrechtlichen Bewertungsrechts, weil eine höhere Bewertung nicht möglich ist, wenn insgesamt kein höherer Gesamtwert der Sachgesamtheit vorliegt.904 Zudem sperrt die historische Auslegung, der sich die Finanzverwaltung bedient, nicht systematische und teleologische Erwägungen. Solche sind nur dann nicht zu berücksichtigen, wenn sich der Wille des Gesetzgebers eindeutig aus der Gesetzeshistorie ergibt und im Gesetzestext in einer gewissen Klarheit zum Ausdruck kommt.905 Eine Eindeutigkeit des gesetzgeberischen Willens, dass die Teilwertbegrenzung im UmwStG 1995 gezwungenerma899 So auch Hageböke/Stangl, DK 2020, 424 (429). 900 FG Münster v. 31.03.2014, 9 K 135/07 K, F, EFG 2014, 1544, unter C.I.3. (Rn. 77). 901 GlA. Hageböke/Stangl, DK 2020, 424 (429). 902 Vgl. Ls. des nachgehenden Urteils des BFH v. 28.04.2016, I R 33/14, BStBl. II 2016. 903 Vgl. Hageböke/Stangl, DK 2020, 424 (430); Holle/Weiss, FR 2019, 833 (838). 904 Vgl. auch Holle/Weiss, FR 2019, 833 (837 f.). 905 Vgl. B VerfG v. 17.05.1960, 2 BvL 11/59, 11/60, BVerfGE 11, 126, unter B.I.1.; siehe auch BFH v. 23.10.2013, X R 3/12, B StBl. II 2014, 58, unter II.1.a); v. 12.11.2013,
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III. Analyse des umwandlungssteuerlichen Bewertungswahlrechts
ßen zu einer Zwangsrealisierung stiller Lasten führt, ist, ebenso wie ein dementsprechender klarer Ausdruck dessen im Gesetzestext, nicht erkennbar. Folglich können die historischen Argumente allenfalls ergänzend heranzuziehen sein.906 Dabei ist indes zu berücksichtigen, dass bereits zur Teilwertbegrenzung des U mwStG 1995 angemerkt wurde, dass ein dadurch resultierender Abschreibungszwang die Steuerneutralität als primäre Zielsetzung konterkarieren würde.907 Im Übrigen bestehen Zweifel, ob sich die Finanzverwaltung angesichts der Urteile überhaupt noch auf die historische Auslegung des U mwStG 1995 beruft. Auf der 72. Jahresarbeitstagung der Arbeitsgemeinschaft der Fach anwälte für Steuerrecht betonte Möhlenbrock in der Aussprache zu einem Vortrag von Stangl zu der Streitfrage hinsichtlich des gemeinen Werts als Obergrenze, dass die Auslegung des umwandlungssteuerrechtlichen Bewertungswahlrechts iSd. Rn. 03.12 UmwStE „[…] mit dem Regelungszusammenhang des Umwandlungssteuerrechtes und seiner letzten Reform im Jahr 2006 zu tun [hat]. Der Gesetzgeber war damals bemüht, die Rechtsnachfolge in den Verlust und auch in stille Lasten des übertragenden Rechtsträgers auszuschließen.“908 Folglich scheinen für die Auffassung der Finanzverwaltung, dass der gemeine Wert die Wertobergrenze ist, systematisch-teleologische Gründe maßgeblich zu sein.
III. Systematisch-teleologische Untersuchung des umwandlungssteuerlichen Bewertungswahlrechts
III. Analyse des umwandlungssteuerlichen Bewertungswahlrechts
1. Äußeres System Die systematische Auslegungsmethode untersucht insb. das äußere System, dh. den Gesetzesaufbau sowie die Stellung des einzelnen Rechtssatzes im Gesetz selbst.909 Folglich ist zu untersuchen, inwiefern sich das umwandlungssteuerrechtliche Bewertungswahlrecht in den systematischen Regelungskontext des UmwStG einreiht und eine Begrenzung des BuchwertanVIII R 36/10, B StBl. II 2014, 168, unter II.1.b); Englisch in Tipke/Lang, 2021, Rn. 5.52, 5.62. 906 Vgl. BFH v. 18.04.2012, X R 7/10, B StBl. II 2013, 791, unter II.3.b) (Rn. 41); siehe auch Englisch in Tipke/Lang, 2021, Rn. 5.52, 5.62. 907 Vgl. nur Winkler/Golücke, BB 2003, 2602 (2603). 908 Vgl. Aussprache zu Stangl, JbFfSt 2021, 105 (110). 909 Vgl. Englisch in Tipke/Lang, 2021, Rn. 5.63; vgl. auch Hey in Tipke/Lang, 2021, Rn. 3.5 ff.
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E. Analyse der Bewertungsuntergrenze im System des UmwStG
satzes durch den gemeinen Wert systematisch erscheint. Anschließend ist zu untersuchen, inwiefern die Begrenzung auf den gemeinen Wert systematisch mit dem Wahlrecht zum Ansatz der Buchwerte korreliert. a) Bewertungswahlrecht als antragsbasierte Ausnahme von der Regelbewertung Im systematischen Aufbau der einzelnen Vorschriften des UmwStG wird stets als Regelbewertung der Ansatz der übergehenden Wirtschaftsgüter bzw. des eingebrachten Betriebsvermögens mit dem gemeinen Wert angeordnet.910 Auf Antrag kann von der Regelbewertung abgewichen werden, indem entweder die Buchwerte fortgeführt oder Zwischenwerte angesetzt werden, dh. die stillen Reserven in allen übergehenden Wirtschaftsgütern bzw. des übergehenden Betriebsvermögens gleichsam aufgedeckt werden. Die im Wortlaut enthaltene Einschränkung „höchstens mit dem gemeinen Wert“ sowohl auf die Möglichkeit des Buchwert- als auch des Zwischenwertansatzes zu beziehen, wird schlichtweg dem Charakter des Bewertungswahlrechts als Ausnahme von der Regelbewertung nicht gerecht. Wären sowohl der Buchwert- als auch der Zwischenwertansatz durch einen niedrigeren gemeinen Wert begrenzt, wären beide Ansatzmöglichkeiten im Falle eines niedrigeren gemeinen Werts der Sachgesamtheit ausgeschlossen.911 Nach der Gesetzesbegründung soll der Zwischenwertansatz dem Steuerpflichtigen die Möglichkeit geben, bestehende Verlustvorträge vor deren Untergang912 durch eine (teil-)realisierende Umwandlung zu nutzen.913 Der Zwischenwertansatz ist demnach eine Kompensation für die Versagung des intersubjektiven Übergangs von Verlustvorträgen.914 Innerhalb des Bewertungswahlrechts existiert somit sowohl die Möglichkeit einer Buchwertfortführung oder zur Nutzung von verrechnungsfähigen Verlustvorträgen die Möglichkeit eines höheren Ansatzes. In der Literatur wird jedoch partiell vertreten, dass iRd. Bewertungswahlrechts die Wahl der Buchwertfort führung bei innerstaatlichen Umwandlungen die praktische Regel sein dürfte.915 Sofern die Buchwertfortführung eine antragsbezogene (Regel-) 910 Vgl. bereits Abschnitt C.II.3. 911 So auch das Verständnis in UmwStE, Rn. 03.12. 912 Vgl. § 4 Abs. 2 S. 2 UmwStG (ggfs. iVm. § 12 Abs. 3 UmwStG). 913 BT-Drs. 16/2710, 35; siehe auch Riedel, StuW 2019, 225 (232). 914 Krit. Rödder/Schumacher, DStR 2006, 1525 (1533); Hennrichs, DStJG 43 (2020), 145 (171 f.). 915 Vgl. zB. Staats in Lademann, § 3 UmwStG Rn. 164: „[…] praktischen Regelfall [.].“; Möhlenbrock/Pung in Dötsch/Patt/Pung/Möhlenbrock, 2012, § 3 UmwStG Rn. 21.
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III. Analyse des umwandlungssteuerlichen Bewertungswahlrechts
Ausnahme von der Regelbewertung zum gemeinen Wert darstellt, ist es unsystematisch, dass sich der gemeine Wert als Begrenzung der Höhe nach (auch) auf den Buchwertansatz beziehen soll. Denn dadurch wird im Falle eines niedrigeren gemeinen Werts die gewollte Abweichung zum regulären Ansatz zum gemeinen Wert konterkariert. Ferner ist es mit Blick auf die Formulierung als Rechtsfolge unsystematisch, einen Buchwertansatz zu versagen, obwohl die Voraussetzungen des Bewertungswahlrechts erfüllt sind und demnach insb. den Forderungen einer steuerneutralen Umstrukturierung entsprochen wird.916 b) Begrenzung allein im Verhältnis zum Zwischenwertansatz Die kompensatorische Wirkung des Zwischenwertansatzes zur Nutzung von Verlustvorträgen spricht aufgrund des Sinnzusammenhangs dafür, die Wertobergrenze des gemeinen Werts allein auf den Zwischenwertansatz zu beziehen. Denn Verlustvorträge des übertragenden Rechtsträgers917 können „[…] durch Ansatz des gemeinen Werts oder eines Zwischenwerts […]“918 verrechnet werden. Daraus lässt sich ableiten, dass allein die Möglichkeit des Zwischenwertansatzes, dh. die Aufdeckung der stillen Reserven, in der Höhe durch den gemeinen Wert beschränkt werden soll.919 Denn würde die Begrenzung auf den gemeinen Wert im Falle eines Zwischenwertansatzes fehlen, hätte der Wortlaut den Ansatz der Teilwerte erlaubt. Da der Teilwert die spezifische Bedeutung des Wirtschaftsguts innerhalb des Betriebs widerspiegelt, kann der Teilwert eines Wirtschaftsguts dessen gemeinen Wert grds. auch überschreiten.920
916 Siehe zum Förderungsziel und den Kontinuitätsbedingungen Abschnitt E.III.2.b) und E.III.2.c). 917 Gleiches gilt für Verlustvorträge des Einbringenden, da der Einbringende diese mit einem durch den Wertansatz bei der Übernehmerin determinierten Einbringungsgewinn verrechnen kann, vgl. dazu Schlösser/Reichl/Rapp in Sagasser/Bula/Brünger, § 11 Rn. 680. Gleichwohl ist die Verrechnung spezifischer Verluste (zB. iSv. § 15a) mit dem Einbringungsgewinn ist nur insoweit möglich, als dass auch der Einbringungsgewinn auf der Übertragung der verlustverursachenden Einkunftsquelle beruht, vgl. Widmann in Widmann/Mayer, § 20 UmwStG Rn. R 734; Schmitt in Schmitt/Hörtnagl, § 20 UmwStG Rn. 407; Menner in Haritz/Menner/Bilitewski, § 20 UmwStG Rn. 494. 918 BT-Drs. 16/2710, 35. 919 Vgl. Graw in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 1 UmwStG Rn. 211. 920 Vgl. Kahle/Hiller, WPg 2013, 403 (409–410); BFH v. 30.01.1980, I R 89/79, B StBl. II 1980, 327.
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E. Analyse der Bewertungsuntergrenze im System des UmwStG
Das systematische Verhältnis zwischen dem Zwischenwertansatz und der Begrenzung auf den gemeinen Wert zeigt sich insb. dadurch, dass die Wertbegrenzung auf den gemeinen Wert fehlt, wenn die Möglichkeit eines Zwischenwertansatzes nicht mehr besteht. Bei der Verschmelzung von Kapitalgesellschaften gilt gem. § 13 Abs. 1 UmwStG für die Anteilseigner eine Veräußerungsfiktion für die Anteile an der übertragenen Körperschaft zum gemeinen Wert und eine korrespondierende Anschaffungsfiktion für die Anteile an der übernehmenden Körperschaft.921 Auf Antrag und unter der Voraussetzung der fortwährenden Steuerverstrickung (§ 13 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 oder 2 U mwStG) erfolgt eine Buchwertfortführung. Der Wortlaut sieht keine Möglichkeit des Zwischenwertansatzes vor. Auch die Begrenzung „höchstens mit dem gemeinen Wert“ hat im Wortlaut keinen Niederschlag gefunden. Dies unterstreicht die alleinige systematische Beziehung zwischen der Höchstwertbegrenzung und dem Zwischenwertansatz.922 Dabei handelt es sich nicht um ein „bemühtes um die Ecke Denken“923, sondern entspricht der systematischen Auslegung des umwandlungssteuerlichen Bewertungswahlrechts. Die unterschiedlichen Besteuerungsebenen sind hier zu vernachlässigen, da § 13 UmwStG vom systematischen Aufbau der Vorschrift den übrigen Regelungen des UmwStG entspricht. Im Ergebnis spricht die systematische Auslegung des äußeren Systems und insb. die Betrachtung des Verhältnisses von Zwischenwertansatz und Höchstbegrenzung auf den gemeinen Wert dafür, dass der Buchwert die absolute Wertuntergrenze darstellt.
2. Inneres System Neben dem äußeren System muss auch das innere System betrachtet werden.924 Bei der Auslegung unter Rückgriff auf das innere System sind insb. die dem Gesetz inhärenten Prinzipien und Rechtfertigungsgründe zu beachten.925
921 Gleiches gilt im Falle der Spaltung einer Körperschaft (§ 15 Abs. 1 U mwStG). 922 Vgl. Philipp, Verschmelzung inländischer Kapitalgesellschaften, 2014, 277; glA. Hageböke/Stangl, DK 2020, 424 (428); Junior in Frotscher/Drüen, § 11 UmwStG Rn. 171. 923 Dötsch/Stimpel in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, § 11 UmwStG Rn. 35. 924 In diesem Sinne Englisch in Tipke/Lang, 2021, Rn. 5.63 ff. 925 Englisch in Tipke/Lang, 2021, Rn. 5.67; Larenz, Methodenlehre, 1991, 474 ff.
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III. Analyse des umwandlungssteuerlichen Bewertungswahlrechts
a) Durchbrechung des Subjektsteuerprinzips Es wurde bereits herausgearbeitet, dass die strenge Wahrung des Subjektsteuerprinzips eine Besteuerung der stillen Reserven und Lasten vorsieht, wenn deren subjektive Bindung aufgehoben wird.926 Eben dieses Prinzip wird jedoch durch die Möglichkeit der Buchwertfortführung durchbrochen,927 was einer Rechtfertigung bedarf.928 Das U mwStG bewirkt mit der antragsbezogenen Durchbrechung des Subjektsteuerprinzips gleichsam einen intersubjektiven Reserven- und Lastentransfer.929 aa) Keine Durchbrechung bei realisierten Verlustpositionen De lege lata erfolgt keine konsequente Durchbrechung des Subjektsteuerprinzips durch das UmwStG, da insb. (realisierte) Verlustpositionen nicht auf den aufnehmenden Rechtsträger übergehen.930 Riedel931 und ihr folgend Hennrichs932 bemängeln, dass die punktuelle Rücknahme der Durchbrechung des Subjektsteuerprinzips zulasten der Verlustpositionen und insb. der Verlustvorträge nicht sachgerecht ist, weshalb beide Autoren eine Gleichbehandlung mit stillen Reserven fordern. Zuvorderst ist allerdings eine Gleichbehandlung von stillen Reserven sowie einem in toto bestehenden Überschusses an stillen Lasten notwendig. bb) Vergleichbarkeit von realisierten Verlustpositionen und einem Überschuss an stillen Lasten Wenn zur Rechtfertigung der Verwaltungsauffassung angeführt wird, dass der Gesetzgeber die Rechtsnachfolge sowohl in den Verlust als auch in stille Lasten ausschließen wollte,933 impliziert dies eine Ausstrahlwirkung der Negierung des intersubjektiven Verlustübergangs auf die Versagung der Buchwertfortführung bei einem in toto bestehenden Überschuss an stillen Las926 Vgl. bereits B.III.1.c). 927 Vgl. zB. für das UmwStG Schmitt, DStZ 2004, 825 (828); Zimmermann, Ubg 2018, 17 (19); sowie zB. zu § 6 Abs. 3 EStG: Kahle/Burger/Burmistrak, BB 2021, 1579 (1579, 1581); Kahle/Burger, DStZ 2020, 777 (778, 785). 928 Vgl. Beinert, D StJG 43 (2020), 317 (319) mit Verweis auf BFH v. 19.03.2014, X R 28/12, BStBl. II 2014, 629 (zu § 6 Abs. 5 EStG). 929 Vgl. dazu Zimmermann, Ubg 2018, 17 (18 ff.); Hageböke/Stangl, DK 2020, 424 (430). 930 Vgl. Hennrichs, DStJG 43 (2020), 145 (181); Riedel, StuW 2019, 225 (231). 931 Riedel, StuW 2019, 225 (231). 932 Hennrichs, DStJG 43 (2020), 145 (181). 933 Vgl. Möhlenbrock in der Aussprache zu Stangl, JbFfSt 2021, 105 (110).
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E. Analyse der Bewertungsuntergrenze im System des UmwStG
ten.934 Denn eine Buchwertfortführung ist möglich, wenn der gemeine Wert eines einzelnen Wirtschaftsguts dessen Buchwert unterschreitet.935 Das UmwStG sperrt sich somit nicht gegen eine punktuelle intersubjektive Übertragung stiller Lasten. Es ist daher fraglich, weshalb dies von Teilen des Schrifttums im Falle eines in summa bestehenden Überschusses stiller Lasten so gesehen wird und ob das U mwStG gegen diese Übertragung spricht. Zuerst ist festzustellen, dass ein in summa bestehender Überschuss an stillen Lasten nicht mit einem daraus resultierenden Übertragungsverlust gleichzusetzen ist. Denn aufgrund der spezifischen Gewinnermittlungsvorschriften ist durchaus die Entstehung eines Übertragungsgewinns möglich. Der Ausschluss der Rechtsnachfolge, sowohl auf realisierte Verlustpositionen als auch auf stille Lasten, könnte daher so verstanden werden, dass ein intersubjektiver Transfer stiller Lasten nicht erfolgen soll, wenn aufgrund des Überschusses an stillen Lasten in toto ein Verlust entstehen könnte. Hinsichtlich der gem. § 4 Abs. 2 S. 2 U mwStG untergehenden realisierten Verlustpositionen gilt, dass diese die Leistungsfähigkeit des Steuersubjekts mindern (negative Einkünfte) oder gemindert haben (Verlustvorträge).936 Freilich mindern auch stille Lasten bereits vor deren Realisation die Leistungsfähigkeit des Steuersubjekts.937 Das im UmwStG praktizierte Festhalten an dem Subjektsteuerprinzip für realisierte Verlustpositionen könnte sich daher auch auf stille Lasten auswirken. Eine pauschale Gleichbehandlung von realisierten Verlustpositionen und stillen Lasten scheidet nach der hier vertretenen Auffassung aus. Zwar ist zuzugestehen, dass sowohl rea lisierte Verlustpositionen (dh. negative Einkünfte und Verlustvorträge) als auch noch nicht realisierte Verlustpositionen in Form von stillen Lasten die Leistungsfähigkeit des Steuersubjekts gemindert haben bzw. mindern. Einem intersubjektiven Übergang realisierter Verlustpositionen (sowie positi934 IdS auch van den Broek, Cross-Border Mergers, 2012, 574–575, der eine intersubjektive Übertragung eines stillen Lastenüberschuss mit einem entstehenden Verlust gleichsetzt und diesen nicht übertragbar sieht: „In the case of hidden losses, a merger may result in transfer losses. […] Article 11 (2) RTA does not allow deferring transfer losses as a result of a merger“. 935 Vgl. Helios/Philipp, DB 2014, 2923 (2927); Möhlenbrock/Werner/Pung in Dötsch/ Pung/Möhlenbrock, § 3 UmwStG Rn. 32, 135; Dötsch/Stimpel in Dötsch/Pung/ Möhlenbrock, § 11 UmwStG Rn. 35. 936 Vgl. zur Minderung der Leistungsfähigkeit durch Verlustvorträgen bzw. negativen Einkünften BFH v. 17.12.2007, GrS 2/04, BStBl. II 2008, 608, unter D.III.3.a); Thiel, DB 2005, 2316 (2320). 937 Siehe dazu Abschnitt B.III.2.c).
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III. Analyse des umwandlungssteuerlichen Bewertungswahlrechts
ver Einkünfte) steht der Grundsatz der Individualbesteuerung ebenso entgegen938 wie das Subjektsteuerprinzip einer intersubjektiven Übertragung stiller Lasten.939 Im Gegensatz zu realisierten Verlustpositionen haben stille Lasten allerdings noch keinen Markttest erfahren, dh. die entsprechende Leistungsfähigkeitsminderung ist temporär. Zudem weisen stille Reserven, wie auch stille Lasten, aufgrund der (zusätzlichen) Bindung an die entsprechenden Wirtschaftsgüter einen Objektbezug als auch einen Bezug zu einer Einkunftsquelle auf.940 Der fehlende bzw. nur schwer herzustellende Bezug zu einer Einkunftsquelle waren für den BFH ein wesentlicher Grund zur Versagung der Rechtsnachfolge hinsichtlich des Verlustvortrags.941 Gerade aufgrund des strengen Objekt- und Einkunftsquellenbezugs stiller Reserven ist deren intersubjektiver Transfer möglich, sofern spezialgesetzliche Regelungen dies erlauben. Dieser strenge Objekt- und Einkunftsquellenbezug hat den BFH dazu bewogen, in seinem Grundsatzurteil die durch § 6 Abs. 3 EStG bewirkte Durchbrechung des Subjektsteuerprinzips nicht auf den bestehenden Verlustvortrag des Erblassers auszuweiten.942 Dadurch hat der BFH jedoch auch implizit entschieden, dass noch nicht realisierte Verlustpositionen (stille Lasten) in betrieblichen Sachgesamtheiten (zB. nach § 6 Abs. 3 EStG) übertragen werden können.943 Da § 6 Abs. 3 EStG unter der Voraussetzung einer fortwährenden Steuerverstrickung stets eine Buchwertfortführung vorsieht, ist ein gemeiner Wert der Sachgesamtheit, der das steuerbilanzielle Eigenkapital unterschreitet, für die Buchwertfortführung unschädlich. Anders gesagt ist eine Buchwertfortführung trotz eines in toto bestehenden Überschusses eine konsequente Durchbrechung des Subjektsteuerprinzips. Da das UmwStG ebenfalls in Bezug auf stille Reserven und Lasten das Subjektsteuerprinzip durchbricht, sollte diese Durchbrechung auch dann fortbestehen, wenn in toto ein Überschuss an stillen Lasten besteht. Ein Festhalten an das Subjektsteuerprinzip, wie es im UmwStG bei realisierten Verlustpositionen erfolgt, ist somit schon aufgrund der Differenzen von realisierten Verlustpositionen und stillen (dh. noch nicht realisierten) Lasten nicht haltbar. 938 Siehe zum Grundsatz der Individualbesteuerung bereits Abschnitt B.III.1.b). 939 Siehe zur Subjektbindung stiller Reserven und Lasten bereits Abschnitt B.III.1.c). 940 Vgl. Kredig, Besteuerung stiller Reserven, 2013, 68, sowie bereits unter Abschnitt B.III.1.c). 941 Vgl. dahingehend Dötsch, DStR 2008, 641 (643 ff.). 942 BFH v. 17.12.2007, GrS 2/04, BStBl. II 2008, 608, unter D.III.6.a)bb) und D.III.6.a) cc) 943 GlA. Riedel, Das Umwandlungssteuerrecht der Mitunternehmerschaft, 2018, 113.
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E. Analyse der Bewertungsuntergrenze im System des UmwStG
b) Buchwert als Wertuntergrenze: Verwirklichung des Förderungsziels Die mittels der umwandlungssteuerrechtlichen Buchwertfortführung erwirkte Durchbrechung des Subjektsteuerprinzips944 ist mit wirtschaftspoli tischen Gründen bzw. einem außerfiskalischen Förderungsziel zu rech tfertigen.945 Aus dem beabsichtigten Abbau von steuerlichen Hemmnissen von Umstrukturierungen lässt sich ableiten, dass das Förderungsziel des UmwStG darin besteht, Unternehmen im Hinblick auf die für sie effizienteste Rechtsform eine Entscheidungsneutralität zu gewähren.946 Die Verwirklichung des Förderungsziels materialisiert sich, unter den übergeordneten Voraussetzungen der Fortführung des betrieblichen Engagements sowie des fortwährenden, uneingeschränkten Besteuerungszugriffs des deutschen Fiskus, in einer Buchwertfortführung und einem dadurch gewährten Besteuerungsaufschub.947 Die durch das UmwStG zu gewährende Entscheidungsneutralität im Hinblick auf die Rechtsformwahl wird perpetuiert, wenn der gemeine Wert als Wertober- und Wertuntergrenze angesehen wird. Denn in den Fällen, in denen die stillen Lasten die stillen Reserven des Betriebsvermögens übersteigen, kann die Buchwertfortführung als Ausprägung der Entscheidungsneutralität nicht in Anspruch genommen werden. Unter Rekurs auf die Entstehung stiller Lasten zeigt sich folgendes Bild: aktivseitige stille Lasten sind insb. das Resultat von wirtschaftlich bedingten Entwertungen der Vermögensgegenstände,948 bei denen eine Steuerwirksamkeit dieser Wertminderung durch die Wahl zum Ansatz des niedrigeren Teilwerts ökonomisch nicht zwingend sinnvoll ist.949 Dies ist bspw. denkbar, wenn sich das Unternehmen bereits in einer Verlustsituation befindet und deshalb der Aufwand aus der Teilwertabschreibung sich nur in einem höheren Verlust niederschlagen würde. Passivseitige stille Lasten sind insb. das Ergebnis 944 Vgl. Zimmermann, Ubg 2018, 17 (18 f.). 945 Vgl. BFH v. 15.04.2015, I R 54/13, BStBl. II 2017, 136, unter II.2.b)aa); siehe dazu bereits Abschnitt C.III.2.c). 946 Siehe dazu bereits Abschnitt C.III.2.c)aa). 947 BFH v. 25.08.2010, I R 21/10, BFH/NV 2011, 258, unter II.1.b)bb)bbb) (Rn. 18); siehe auch bspw. Hageböke/Stangl, DK 2020, 424 (430) sowie Abschnitt C.III.2.c)aa) mwN. 948 Siehe dazu Abschnitt B.I.1. 949 So der Hinweis von Maier in Schneider/Ruoff/Sistermann, UmwStE, 2012, H 3.32 zur nicht steuerwirksamen Teilwertabschreibung für Beteiligung bei partieller Steuerpflicht der Wertaufholung.
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III. Analyse des umwandlungssteuerlichen Bewertungswahlrechts
der entsprechenden Durchbrechung des handelsrechtlichen Maßgeblichkeitsgrundsatzes und der damit einhergehenden Verselbstständigung des Steuerbilanzrechts.950 Folglich existiert keine Entscheidungsneutralität hinsichtlich ihrer Unternehmensstruktur, wenn das steuerbilanzielle Eigenkapital aufgrund von steuerbilanziellen Ansatz- und Bewertungsvorschriften höher ausgewiesen werden muss als der tatsächliche Unternehmenswert. Nun ließe sich einwenden, dass die Entscheidungsneutralität gewahrt wird, wenn aus der Zwangsrealisation stiller Lasten keine Steuerzahllast resultiert. Im Fall eines Überschusses an stillen Lasten wird überwiegend von der Entstehung eines Übertragungsverlusts ausgegangen,951 aus dem keine un mittelbare Steuerzahllast resultiert.952 Die Versagung des intersubjektiven Übergangs von (potenziellen) Steuerminderungspotenzialen953 kann indes mittelbar zu höheren Steuerzahllasten führen, wenn voll steuermindernde stille Lasten (zB. in Forderungen gegen Dritten) zwangsrealisiert werden. Nach Zimmermann954 führt die Versagung (und bei Erlöschen des übertragenden Rechtsträgers der Untergang) des Steuerminderungspotenzials in der Theorie zu einer Minderung des Werts des übergehenden Vermögens, wenn die dadurch höhere Steuerbelastung in die Ertragswertbewertung einbezogen wird. Für Unternehmen, deren ökonomische Entwicklung negativ verläuft, besteht trotz fehlender Steuerzahllast keine freie Wahl bzgl. einer steuerneutralen Strukturveränderung.955 Deutlicher wird die Nichtverwirklichung des Förderungsziels durch eine fehlende Buchwertfortführung dann, wenn nicht nutzbare stille Lasten vollständig steuerpflichtigen stillen Reserven gegenüberstehen und insofern steuerpflichtige Übertragungsgewinne entstehen.956 In diesem Fall resul950 Siehe dazu Abschnitt B.I.2. 951 Vgl. bspw. Kahle/Vogel/Hiller, FR 2012, 789 (797); Helios/Philipp, DB 2014, 2923 (2927); Zimmermann, Ubg 2018, 17 (18); siehe dazu bereits Abschnitt D.IV.4.c)aa) (1). 952 So auch Zimmermann, Ubg 2018, 17 (19); Rödder in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 11 UmwStG Rn. 330; siehe dazu bereits Abschnitt D.IV.4.c)aa)(1). 953 Die Existenz von stillen Lasten bedeutet nicht automatisch eine unmittelbare Minderung der steuerlichen Bemessungsgrundlagen, da bspw. stille Lasten in bestimmten Wirtschaftsgütern nicht oder nicht vollständig mindernd zum Abzug gebracht werden können; dazu bereits Abschnitt B.II. 954 Zimmermann, Ubg 2018, 17 (19). 955 Vgl. Zimmermann, Ubg 2018, 17 (19); Rödder in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 11 UmwStG Rn. 330. 956 Siehe dazu Abschnitt D.IV.4.c)aa)(2).
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E. Analyse der Bewertungsuntergrenze im System des UmwStG
tiert – sofern keine vollständige Verrechnung mit bestehenden Verlustvorträgen möglich ist – aus dem Umstrukturierungsvorgang eine unmittelbare Steuerzahllast anstelle eines durch die Buchwertfortführung bewirkten Besteuerungsaufschubs.957 Die unterschiedlichen Ausprägungsarten möglicher Übertragungsergebnisse zeigen, dass das Förderungsziel des U mwStG (bzw. des umwandlungssteuerlichen Bewertungswahlrechts) nicht erreicht wird, wenn der gemeine Wert sowohl als Wertobergrenze als auch als Wertuntergrenze innerhalb des umwandlungssteuerrechtlichen Bewertungswahlrechts verstanden wird. Eine Steuerneutralität, die nur bei einem in summa bestehenden Überschuss an stillen Reserven gewährt werden kann,958 stellt ein sinnwidriges Ergebnis dar, wenn mit dem U mwStG eine Entscheidungsneutralität bewirkt werden soll. Der Wortlaut des umwandlungssteuerrechtlichen Bewertungswahlrechts ist daher insoweit teleologisch zu reduzieren959, als dass die Höchstbegrenzung auf den gemeinen Wert allein die Möglichkeit des Zwischenwertansatzes begrenzt. Denn Maßstab der teleologischen Auslegung einer Steuervergünstigungsvorschrift ist stets der Begünstigungszweck.960 Insofern ist es auch nicht – wie Dötsch/Stimpel961 anklingen lassen – daran, einen intersubjektiven Verlustübergang zu fordern. Der intersubjektive Verlustübergang ist unabhängig von der intersubjektiven Übertragung stiller Reserven und Lasten, was im U mwStG der Begünstigungszweck darstellt, an dem sich das Gesetz messen lassen muss. Folglich muss im Einklang mit dem Telos die Entscheidungsneutralität iSe. Buchwertfortführung auch dann gewährt werden, wenn in toto ein Überschuss an stillen Lasten besteht.962 Folglich spricht der Normzweck der umwandlungssteuerrechtlichen Buchwertfortführung dafür, den Buchwert innerhalb des umwandlungssteuerrechtlichen Bewertungswahlrechts als absolute Wertuntergrenze zu verstehen.963
957 GlA. Hageböke/Stangl, DK 2020, 424 (427). 958 Siehe dazu Abschnitt D.IV.4.a). 959 Vgl. zur teleologischen Reduktion: Larenz, Methodenlehre, 1991, 391; Möllers, Methodenlehre, 2021, § 6 Rn. 82; BFH v. 26.06.2007, IV R 9/05, BStBl. II 2007, 893, unter II.5.; v. 20.11.2006, VIII R 47/05, B StBl. II 2008, 69, unter II.3.a)bb). 960 So nur BFH v. 03.06.1997, IX R 24/96, BFH/NV 1998, 155, unter II.a). 961 Vgl. Dötsch/Stimpel in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, § 11 UmwStG Rn. 35. 962 In diesem Sinne schon zum UmwStG 1995: Winkler/Golücke, BB 2003, 2602 (2603). 963 Vgl. Rödder in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 11 U mwStG Rn. 330; Zimmermann, Ubg 2018, 17 (19).
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III. Analyse des umwandlungssteuerlichen Bewertungswahlrechts
c) Widerspruch zu übergeordneten Kontinuitätsbedingungen? aa) Kein Verstoß gegen fortwährende Steuerverstrickung Es wurde herausgearbeitet, dass die fortwährende Steuerverstrickung eine der Kontinuitätsbedingungen für die Steuerneutralität des UmwStG ist.964 Indes ist fraglich, ob diese Kontinuitätsvoraussetzung als nicht erfüllt angesehen werden könnte, wenn die intersubjektive Übertragung stiller Lasten im Raum steht. Zimmermann965 vertritt, dass die Sicherstellung des Besteuerungszugriffs hinsichtlich der übergehenden stillen Reserven nicht beeinträchtigt wird und somit eine Einschränkung der Steuerneutralität nicht gerechtfertigt ist. Nach dem Wortlaut der umwandlungssteuerrechtlichen Entstrickungsvorschriften ist erforderlich, dass das „[…] Recht der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich der Besteuerung des Gewinns […]“ nicht beschränkt oder ausgeschlossen wird.966 Da stille Lasten latente Verlustpo sitionen verkörpern, könnte argumentiert werden, dass das Besteuerungsrecht Deutschlands hinsichtlich des Gewinns nicht erfüllt ist, weil kein Gewinn vorliegt, der besteuert werden könnte. Dies entspricht jedoch nicht dem Verständnis des steuerlichen Gewinnbegriffs. Nach § 4 Abs. 1 S. 1 EStG ist der Gewinn als „Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres, vermehrt um den Wert der Entnahmen und vermindert um den Wert der Einlagen“ definiert. Daraus folgt, dass der „Gewinnbegriff “ eine Saldogröße967 ist, die auch negativ werden kann.968 Vor diesem Hintergrund ist die Bezugnahme der Entstrickungsvorschriften auf das Besteuerungsrecht an dem Gewinn hinsichtlich einer generellen Steuerverhaftung der Wirtschaftsgüter in der Besteuerungshoheit Deutschlands zu verstehen. Mit anderen Worten ist diese Kontinuitätsbedingung dann erfüllt, wenn das Besteuerungsrecht 964 Siehe Abschnitt C.III.2.c)bb)(1). 965 Zimmermann, Ubg 2018, 17 (19). 966 Vgl. § 3 Abs. 2 S. 1 Nr. 2, § 11 Abs. 2 S. 1 Nr. 2, § 20 Abs. 2 S. 2 Nr. 3, § 24 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 UmwStG. Auch die allgemeinen Entstrickungsvorschriften des EStG (§ 4 Abs. 1 S. 3 Hs. 1 EStG) und des KStG (§ 12 Abs. 1 Hs. 1 KStG) stellen vom Wortlaut her ebenfalls auf das Besteuerungsrecht Deutschlands hinsichtlich des „Gewinns“ ab. 967 Vgl. Drüen, Periodengewinn, 1999, 145 (148); BFH v. 16.03.1994, I R 146/93, BStBl. II 1994, 941, unter II.2.f.: „Der Gewinn ist […] bloße Rechnungsdifferenz.“ 968 Vgl. Hennrichs in Tipke/Lang 2021, Rn. 9.13; Drüen, Periodengewinn, 1999, 54 (dort Fn. 222) nach dem der Veräußerungs- oder Aufgabegewinn iSv. § 16 EStG auch negativ sein kann.
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E. Analyse der Bewertungsuntergrenze im System des UmwStG
Deutschlands in Bezug auf die übergehenden Wirtschaftsgüter unverändert fortbesteht. Insofern spricht ein in summa existierender Überschuss an stillen Lasten nicht gegen die Kontinuitätsbedingung der weiteren Steuerverhaftung, sodass dies nicht als Rechtfertigungsgrund ausreicht, um die Buchwertfortführung nicht zuzulassen.969 bb) Fortführung des unternehmerischen Engagements Neben der fortwährenden Steuerverstrickung ist die Fortführung des unternehmerischen Engagements in anderer Rechts- oder Kooperationsformen die weitere, übergeordnete Voraussetzung für die umwandlungssteuerrechtliche Buchwertfortführung.970 Unterschreitet der gemeine Wert der Sachgesamtheit (Ertragswert971) die Summe der Buchwerte der übergehenden Wirtschaftsgüter (steuerliches Eigenkapital), kann dies bedeuten, dass der Ertragswert positiv (> 0) oder negativ (< 0) ist.972 Somit stellt sich die Frage, ob die Fortführung des unternehmerischen Engagements als Kontinuitätsbedingung bzw. Rechtfertigungsgrund erfüllt ist. (1) Unproblematisch bei positivem Ertragswert Unterschreitet der Ertragswert (oder der discounted Cashflow) das steuerbilanzielle Eigenkapital, ist indes absolut gesehen noch positiv, deutet dies grds. auf eine Substanzschwäche der Sachgesamtheit hin, dh. in summa existieren mehr stille Lasten als stille Reserven.973 Der Ertragswert (bzw. ein abgezinster Cashflow) gibt die auf den Bewertungsstichtag diskontierten Zahlungsüberschüsse der zu bewertenden Sachgesamtheit an, die an die Eigentümer ausgekehrt werden können (sowohl aus der Unternehmensfortführung sowie aus der etwaigen Veräußerung von nicht betriebsnotwendigem Vermögen).974 Ist der Verkehrswert absolut gesehen positiv, kann der Unternehmensinhaber insoweit mit einem Zahlungsüberschuss rechnen. 969 GlA. Zimmermann, Ubg 2018, 17 (19). 970 Siehe dazu Abschnitt C.III.2.c)bb)(2). 971 Vgl. Kahle/Vogel/Hiller, FR 2012, 789 (792); Rödder, DStR 2011, 1059 (1061); Ley/ Bodden, FR 2007, 265 (268). 972 Siehe dazu bereits Abschnitt D.I. 973 Vgl. ohne Bezugnahme auf den Ertragswert Wernicke in Lademann, § 11 UmwStG Rn. 103. 974 Vgl. Kappenberg, Unternehmensbewertung, 2012, 30; Ballwieser/Hachmeister, Unternehmensbewertung, 2021, 9–11; Kuhner/Maltry, Unternehmensbewertung, 2017, 52.
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III. Analyse des umwandlungssteuerlichen Bewertungswahlrechts
Erfolgt als Gegenleistung keine Anteilsgewährung, wird dem Erfordernis der Fortführung des unternehmerischen Engagements insoweit Rechnung getragen, dass der bisherige Betrieb dann in den Gliedern des aufnehmenden Rechtsträgers fortgeführt wird. Dass die Kontinuitätsbedingung der Fortführung des unternehmerischen Engagements erfüllt ist, kann damit begründet werden, dass aufgrund des positiven Ertragswerts eine Einheit übertragen wird, deren Fortführung – trotz einem Überschuss an steuer lichen stillen Lasten – betriebswirtschaftlich per se einen finanziellen Nutzenzuwachs bedeutet. Denn der positive Ertragswert verkörpert zu erwartende Zahlungsüberschüsse. Liegt die Zielsetzung eines Umstrukturierungsvorgangs in der Nettobarwertmaximierung,975 wird diese Zielsetzung prima facie auch erfüllt, da die Integration einer Sachgesamtheit mit positivem Ertragswert zu einem höheren Ertragswert nach Umstrukturierung führt. Die Motive bzw. Gründe für die Steigerungen des Unternehmenswerts in Folge der konzentrierenden Umwandlungen können bspw. in der Erzielung von Skalen- oder Synergieeffekten liegen, zB. wenn mit zunehmender Unternehmensgröße die Stückkosten für die einzelnen produzierten Güter sinken („economies of scale“)976 oder mit steigender, jedoch heterogener Produktvielfalt Kostenvorteile erzielt werden können („economies of scope“).977 Allerdings können zur Begründung von den Wert steigernden Umstrukturierungen auch die Hypothese der „Economies of vertical and horizontal integration“ herangezogen werden.978 Folglich besteht bei einem positiven Ertragswert trotz vorhandenem Überschuss an (steuerlichen) stillen Lasten kein Widerspruch zur Kontinuitätsbedingung der Fortführung des unternehmerischen Engagements. (2) Zweifel bei negativem Ertragswert Anders verhält es sich, wenn die Sachgesamtheit einen negativen Ertragswert vorweist. Ökonomisch betrachtet drückt ein negativer Ertragswert bzw. ein negativer Cashflow bei unterstellter Unternehmensfortführung einen künftigen Finanzbedarf aus.979 Die Sachgesamtheit ist somit nicht le975 Vgl. Kraft, DStJG 43 (2020), 31 (41, 53 ff.). 976 Vgl. Jansen, Mergers & Acquisitions, 2016, 173 ff.; Kraft, DStJG 43 (2020), 31 (42). 977 Vgl. Kraft, D StJG 43 (2020), 31 (42); sowie Jansen, Mergers & Acquisitions, 2016, 174. 978 Vgl. dazu ausführlich auch Kraft, DStJG 43 (2020), 31 (41 ff.). 979 Vgl. Barborka, SWK 1999, 157 (161); Nadvornik/Sylle in Petersen/Zwirner, HdB Unternehmensbewertung, 2017, 1273 (1281, dort Rn. 37).
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E. Analyse der Bewertungsuntergrenze im System des UmwStG
bensfähig, weshalb eine Fortführung des unternehmerischen Engagements per se bereits fragwürdig ist.980 Zur Fortführung des unternehmerischen Engagements ist somit eine Kapitalzuführung des Eigentümers (oder eines neuen Kapitalgebers) notwendig, weshalb in diesen Fällen der Liquidationswert als der aussagekräftigere Unternehmenswert angesehen wird.981 Denn es ist anzunehmen, dass ein Kapitalgeber einem Unternehmen, das aufgrund eines negativen Ertragswerts keinen finanziellen Nutzen stiftet, kein Kapital zuführen wird. Bei der Umstrukturierung einer solchen Sachgesamtheit ist die Fortführung des unternehmerischen Engagements im Regelfall zu verneinen, da die Sachgesamtheit grds. keine Lebensfähigkeit mehr aufweist982 bzw. eine Unternehmensfortführung nicht einem unternehmerischen Handeln entspricht.983 Gleichwohl hat Kastner984 bereits herausgearbeitet, dass zwar ein Unternehmen isoliert betrachtet (zB. aufgrund eines negativen Ertragswerts) keine selbstständige Lebensfähigkeit mehr aufweist, jedoch in einer Gesamtbetrachtung als eingegliederter Teil in einem Unternehmen aus dessen Sicht einen positiven Wert haben kann.985 Oftmals wird es sich in solchen Kon stellationen um Konzernverbünde handeln. Insoweit stünde dies auch im Einklang mit dem Ziel des Anteilseigners oder potenziellen Kapitalgebers, den Nettobarwert zu maximieren.986 Wenn aus Sicht des übernehmenden Rechtsträgers in einer Gesamtbetrachtung der Umstrukturierung als Investition einen positiven Kapitalwert aufweist, könnte die Aufnahme (Umstrukturierung) einer Sachgesamtheit mit einem für sich negativen Ertragswert in einer Gesamtbetrachtung noch vorteilhaft sein. Insoweit können Umstrukturierungen ein Sanierungsinstrument darstellen.987 Dabei stellt sich auch die Frage nach dem Verhältnis der begünstigenden Rechtsfolgen des UmwStG und des Sanierungssteuerrechts in Form der Steuerbe980 So auch Schwarzinger, Verkehrswert, 1996, 81. 981 Dahingehend Ernst/Schneider/Thielen, Praxisleitfaden Unternehmensbewertungen, 2018, 165. 982 Vgl. Schwarzinger, Verkehrswert, 1996, 184. 983 Vgl. OLG Düsseldorf v. 27.02.2004, 19 W 3/00 AktE, AG 2004, 324 (Rn. 58); v. 02.04.1998, 19 W 3/93 AktE, DB 1998, 1454; so auch van Rossum in MüKo, § 305 AktG Rn. 176. 984 Kastner in FS Stadler, 1981, 115 (122). 985 Zustimmend Ennöckl in FS Helbich, 1990, 17 (26). 986 Vgl. ausführlich Kraft, DStJG 43 (2020), 31 (53–56). 987 Vgl. dazu Sonnleitner/Witfeld in Sonnleitner/Witfeld, Insolvenz- und Sanierungssteuerrecht, 2022, Kap. 10 Rn. 7.
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III. Analyse des umwandlungssteuerlichen Bewertungswahlrechts
freiung von Sanierungserträgen gem. § 3a EStG, die aus einem Schuldenerlass iRe. unternehmensbezogenen Sanierungen entstehen.988 Liegen die Voraussetzungen einer unternehmensbezogenen Sanierung vor, ordnet § 3a EStG eine außerbilanzielle Kürzung der Erträge an, die sich aus den durch den Schuldenerlass auszubuchenden Verbindlichkeiten ergeben.989 Vor der außerbilanziellen Kürzung besteht die „Pflicht zur Hebung stiller Lasten“990, indem steuerliche Ansatz- und Bewertungswahlrechte zwingend gewinnmindernd auszuüben sind.991 Der innerbilanziell entstehende Sanierungsertrag soll demnach durch die Hebung stiller Lasten einerseits sowie durch die vorrangige Verrechnung mit realisierten Verlustpositionen anderseits gemindert werden. Ziel ist die „[…] Vermeidung einer Doppelbegünstigung […]“992 (die Steuerfreiheit des Schuldenerlasses sowie der Erhalt von künftigen Verlustverrechnungspotenzialen).993 Da einer konzentrierenden Umstrukturierung als Sanierungsinstrument der Gedanke zugrunde liegt, dass die Ertrags- und Vermögenssituation des übernehmenden Rechtsträgers derart positiv ist, dass die Übernahme des negativen Reinvermögens aufgefangen werden kann,994 dürfte eine Umstrukturierung unter Fortführung der Buchwerte regelmäßig die nachfolgende Anwendung von § 3a EStG ausschließen, es sei denn, der übernehmende Rechtsträger erfüllt ebenfalls die Voraussetzungen iSd. § 3a EStG. Es stellt sich aber bei einem negativen Verkehrswert auch ohne die Anteilsgewährung die Frage, ob eine insolvenzrechtliche Überschuldung vorliegt, die eine konzentrierende Umstrukturierung bereits aus insolvenzrechtlichen Gründen behindert.995 988 Eine unternehmensbezogene Sanierung iSd. § 3a EStG erfordert einen betrieblich begründeten Schuldenerlass (§ 3a Abs. 2 EStG) sowie einen Nachweis des Steuerpflichtigen über die Sanierungsbedürftigkeit und -fähigkeit des Unternehmens, die Sanierungseignung des Schuldenerlasses sowie die Sanierungsabsicht der Gläubiger, vgl. dazu ausführlich Sonnleitner/Witfeld, Insolvenz- und Sanierungssteuerrecht, 2022, Kap. 10 Rn. 30–37. 989 Vgl. Sonnleitner/Witfeld, Insolvenz- und Sanierungssteuerrecht, 2022, Kap. 10 Rn. 38; Eilers/Schwahn, Sanierungssteuerrecht, Rn. 2.65. 990 So die Überschrift von Krumm in Brandis/Heuermann, § 3a EStG Rn. 34, 34a. 991 Vgl. Sonnleitner/Witfeld, Insolvenz- und Sanierungssteuerrecht, 2022, Kap. 10 Rn. 38; Eilers/Schwahn, Sanierungssteuerrecht, Rn. 2.70. 992 BT-Drs. 18/12128, 31. 993 Vgl. Kahlert/Schmidt, DStR 2017, 1897 (1902). 994 Vgl. dahingehend auch Keller/Klett, DB 2010, 1220; Hermanns/Holtz in Buth/Hermanns, Restrukturierung, Sanierung und Insolvenz, 2022, § 23 Rn. 52. 995 Dahingehend Hermanns/Holtz in Buth/Hermanns, Restrukturierung, Sanierung und Insolvenz, 2022, § 23 Rn. 53.
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E. Analyse der Bewertungsuntergrenze im System des UmwStG
Indes dürfte bei einer Gewährung von Gesellschaftsrechten eine Umstrukturierung einer Sachgesamtheit mit negativem Ertragswert an dem gesellschaftsrechtlichen Verbot der materiellen Unter-Pari-Emission scheitern.996 Dies besagt, dass der tatsächliche Wert des übernommenen Vermögens den Betrag der Kapitalerhöhung nicht unterschreiten darf997 bzw. der Saldo des übertragenen Vermögens positiv sein muss.998 Im Falle eines negativen Ertragswerts besteht jedoch qua Saldo kein positives Vermögen, sodass die Anteilsgewährung scheitert. Insofern ist das essenzielle Kriterium der Gewährung von Gesellschaftsrechten als Ausprägung der Fortführung des unternehmerischen Engagements nicht erfüllt, sodass auch eine Rechtfertigungsvoraussetzung für die Steuerneutralität des UmwStG verletzt ist. Es lässt sich festhalten, dass die Kontinuitätsvoraussetzung der Fortführung des unternehmerischen Engagements im Regelfall nicht erfüllt sein dürfte, wenn der Verkehrswert der Sachgesamtheit negativ ist und deshalb das steuerbilanzielle Eigenkapital unterschreitet. In diesen Fällen kann von einer ökonomisch sinnvollen Fortführung des unternehmerischen Engagements nicht per se ausgegangen werden, sodass grds. kein Raum für eine begünstigende Umstrukturierung unter Fortführung der Buchwerte verbleibt. Dies kann zwar im Einzelfall – insb. in Konzernverbünden – bei einer Betrachtung der Umstrukturierung als Investitionsprojekt zur Nettobarwertmaximierung anders liegen, gleichwohl dürften dies Ausnahmen darstellen. d) Konflikt mit der Wertung von § 2 Abs. 5 S. 5 UmwStG Das hier herausgearbeitete Auslegungsergebnis, dass der Buchwert die Untergrenze darstellt, konfligiert mit der Bestimmung von § 2 Abs. 5 U mwStG. Nach § 2 Abs. 5 U mwStG unterliegen stille Lasten in Finanzinstrumenten und Anteilen an Körperschaften einem Abzugsverbot, wenn diese entweder innerhalb oder außerhalb des Rückwirkungszeitraumes realisiert werden.999 Gleichwohl enthält das Gesetz eine Rückausnahme für das Abzugsverbot, wenn die betreffenden Wirtschaftsgüter ohne Rückwirkung beim übertragenden Rechtsträger in einer hypothetischen steuerlichen Schlussbilanz 996 Vgl. dazu zB. Widmann in Widmann/Mayer, § 36 UmwG Rn. 165, § 68 UmwG Rn. 41, 43 ff. 997 Vgl. Hörtnagl in Petersen/Zwirner, HdB Bilanzrecht, 2018, 873 (887 f., dort Rn. 46); dahingehend auch Hölzle, FR 2006, 447 (450, dort Fn. 64). 998 Vgl. Winter in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, Anh. 1 Rn. 240; Schulenburg, FR 2019, 996 (997). 999 Vgl. § 2 Abs. 5 S. 1, 2 UmwStG; dazu Liedgens, Ubg 2021, 283 (286).
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III. Analyse des umwandlungssteuerlichen Bewertungswahlrechts
„mit einem anderen als dem gemeinen Wert hätten angesetzt werden können.“1000 Diese Ausnahme ist in Fällen einschlägig, „[…] in denen relevante Wirtschaftsgüter mit stillen Lasten vorhanden sind, der gemeine Wert der Sachgesamtheit insgesamt den Buchwert jedoch nicht unterschreitet […]“1001. Der Gesetzgeber rekurriert dort ebenfalls auf den hier untersuchten Fall der Rn. 03.12 des UmwStE und führt weiter aus, dass danach „[…] ein Ansatz zum Buchwert [nur] ausgeschlossen ist, wenn der gemeine Wert der Sachgesamtheit geringer als die Summe der Buchwerte der übergehenden Wirtschaftsgüter ist […]“ (§ 2 Abs. 5 S. 5 UmwStG).1002 Die Auslegung des umwandlungssteuerlichen Bewertungswahlrechts, dass der Buchwert die absolute Wertuntergrenze darstellt, führt jedoch dazu, dass die Rückausnahme des § 2 Abs. 5 S. 5 UmwStG stets erfüllt wäre, weil somit stets ein vom gemeinen Wert abweichender Wertansatz gewählt werden kann. Das Abzugsverbot würde suspendiert.1003 Das Auslegungsergebnis, dass der Buchwert die absolute Wertuntergrenze des umwandlungssteuerlichen Bewertungswahlrechts darstellt, führt dazu, dass das Abzugsverbot iSd. § 2 Abs. 5 UmwStG seinen Anwendungsbereich verliert. Im Regelfall ist „[…] [e]ine Auslegung, die dazu führt, dass eine Vorschrift leerläuft […]“1004 abzulehnen.1005 Zwar verliert die Missbrauchsvermeidungsnorm durch das hier erarbeitete Auslegungsergebnis ihren Anwendungsbereich. Gleichwohl zeigt die systematisch-teleologische Auslegung des Bewertungswahlrechts, dass der Buchwert sowohl nach der Gesetzessystematik als auch nach der Teleologie des Gesetzes die absolute Wertuntergrenze darstellt. Vielmehr zeigt der Konflikt mit der Ausnahme des Abzugsverbots des § 2 Abs. 5 S. 5 UmwStG den Handlungsbedarf bei der Missbrauchsvermeidungsnorm auf. Hinzu kommt, dass es nicht zu überzeugen vermag, dass der Gesetzgeber mit der in § 2 Abs. 5 S. 5 UmwStG 1000 1001 1002 1003
Vgl. Liedgens, Ubg 2021, 283 (287); Wernicke in Lademann, § 2 UmwStG Rn. 312. BT-Drs. 19/27632, 66. BT-Drs. 19/27632, 66. Vgl. Liedgens, Ubg 2021, 283 (287); Wernicke in Lademann, § 2 UmwStG Rn. 312; Dötsch/Werner in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, § 2 Abs. 5 UmwStG Rn. 147. 1004 FG Düsseldorf v. 22.11.2018, 14 K 1629/18, EFG 2019, 419, Rn. 19. Ähnlich auch Drüen in Tipke/Kruse, § 4 AO Rn. 306a: „[…] So verbietet sich regelmäßig die Auslegung einer Norm, bei der diese ohne praktischen Anwendungsbereich bleibt und leerläuft […]“. 1005 Vgl. auch FG Hamburg v. 04.09.2006, 2 K 171/05, EFG 2007, 239; Wank, Aus legung, 2015, 64; Englisch in Tipke/Lang, 2021, Rn. 5.65: „[…] solche Interpreta tionsvarianten [sind] zu verwerfen, die dazu führen würden, dass eine andere Norm ihren Anwendungsbereich verliert […]“.
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E. Analyse der Bewertungsuntergrenze im System des UmwStG
geregelten Ausnahme von der Missbrauchsvermeidungsnorm ein dem Gesetzeszweck (und der übrigen Gesetzessystematik) widersprechendes Verständnis der Wertuntergrenze des umwandlungssteuerlichen Bewertungswahlrechts festschreiben wollte. Gleichwohl lässt sich die Ausnahme des § 2 Abs. 5 S. 5 UmwStG dahingehend deuten, dass der Gesetzgeber einen Überschuss an stillen Lasten als missbräuchlich einstuft und somit für diese Fälle keine Ausnahme von dem Abzugsverbot des § 2 Abs. 5 UmwStG zulässt. Die Gleichstellung eines Überschusses an stillen Lasten als typisierenden Missbrauchsfall war allerdings nicht Bestandteil der Debatte um den Buchwert als absolute Wertuntergrenze. Es ist indes zuzugestehen, dass die Möglichkeit einer flächendeckenden Buchwertfortführung eine Möglichkeit zum Handel stiller Lasten bzw. Steuerminderungspotenzials bieten würde. So wäre es denkbar, Gesellschaften mit einem stillen Lastenüberschuss zu veräußern, ohne dass die stillen Lasten aufgrund eines schädlichen Anteilseignerwechsels iSd. § 8c KStG aufgedeckt werden müssten.1006 Sodann könnten diese stillen Lasten des Gesellschaftsvermögens durch eine Umstrukturierungsmaßnahme mittels Buchwertfortführung auf den Erwerber oder ein anderes verbundenes Übernehmen übertragen werden. Gleichwohl bedeuten stille Lasten nicht automatisch eine Minderung der Steuerbemessungsgrundlage. Der Missbrauchsgedanke wäre somit nicht berechtigt.
3. Ergebnis: Buchwert als Wertuntergrenze entspricht Systematik und Teleologie des Bewertungswahlrechts Die Systematik sowie die Zielsetzung des U mwStG sprechen dafür, dass der Buchwert die absolute Wertuntergrenze des umwandlungssteuerlichen Bewertungsrechts darstellt. Denn der Buchwertansatz ist die Ausnahme von der Bewertung zum gemeinen Wert. Bereits aus systematischen Gründen dürfte kein Zwang zum Ansatz des gemeinen Werts bestehen, sofern eigentlich ein vom gemeinen Wert abweichender Wertansatz gewählt werden sollte und das Erfordernis eines den Buchwert überschreitenden gemeinen Werts der Sachgesamtheit nicht positiv als Tatbestandsmerkmal formuliert 1006 § 8c KStG erfasst mithin lediglich realisierte Verlustpositionen, da der Wortlaut von § 8c Abs. 1 S. 1 KStG auf „[…] nicht ausgeglichene oder abgezogene negative Einkünfte (nicht genutzte Verluste) […]“ abstellt, vgl. dahingehend Brandis in Brandis/Heuermann, § 8c KStG Rn. 56; Suchanek in Herrmann/Heuer/Raupach, § 8c KStG Anm. 31, 33.
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IV. Kontrolle durch verfassungskonforme und richtlinienkonforme Auslegung
ist. Des Weiteren spricht die Möglichkeit des Zwischenwertansatzes, wodurch der Untergang bestehender Verlustvorträge kompensiert werden soll, dafür, dass die Begrenzung auf den gemeinen Wert eben nur die wahlweise Aufdeckung von stillen Reserven begrenzen soll. Dies wird dadurch unterstrichen, dass an anderer Stelle im UmwStG (§ 13 Abs. 2 UmwStG) sowohl die Möglichkeit des Zwischenwertansatzes als auch die Begrenzung auf den gemeinen Wert fehlt. Deutlich zeigt sich, dass die Gewährung einer Entscheidungsneutralität hinsichtlich der Rechtsformwahl als Zielsetzung des UmwStG nur dann erreicht werden kann, wenn der Buchwert die absolute Wertuntergrenze darstellt. Zwar führt dieses Auslegungsergebnis dazu, dass die Missbrauchsvermeidungsnorm iSd. § 2 Abs. 5 UmwStG aufgrund der Ausnahme in § 2 Abs. 5 S. 5 UmwStG ihren Anwendungsbereich verliert. Dieser Konflikt mit § 2 Abs. 5 UmwStG spricht indes nicht gegen den Buchwert als absolute Wertuntergrenze. Vielmehr zeigt sich, dass die Konzeption der Missbrauchsvorschrift iSd. § 2 Abs. 5 UmwStG auf einem unzutreffenden Verständnis der absoluten Wertuntergrenze des umwandlungssteuerlichen Bewertungswahlrechts fußt. Dies kann indes auch nicht missbräuchlich sein. Denn ein Überschuss an stillen Lasten kann nicht pauschal mit einem steuermindernden Verlust gleichgestellt werden. Einerseits haben stille Lasten noch keinen Markttest erfahren und andererseits können Gewinnermittlungsvorschriften die steuerwirksame Aufdeckung stiller Lasten partiell oder vollständig reduzieren.
IV. Kontrolle durch verfassungskonforme und richtlinienkonforme Auslegung Vorstehend wurde herausgearbeitet, dass der Buchwert unter Betrachtung des äußeren und inneren Systems des U mwStG die absolute Wertuntergrenze iSd. Bewertungswahlrechts darstellt bzw. anders gesagt, die Höchstbegrenzung des gemeinen Werts sich ausschließlich auf den Zwischenwertansatz bezieht. Dieses Ergebnis kann auch durch eine verfassungs- und richtlinienkonforme Auslegung substantiiert werden.
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E. Analyse der Bewertungsuntergrenze im System des UmwStG
1. Verfassungskonforme Auslegung anhand des Folgerichtigkeitsgebots Bei der verfassungskonformen Auslegung handelt es sich nicht um eine eigenständige Auslegungsmethode, sondern um eine Vorzugsregel.1007 Bei mehreren Auslegungsmöglichkeiten einer Norm kann nur ein Ergebnis verfassungsrechtlich konform sein.1008 Folglich hat die verfassungskonforme Auslegung eine Kontrollfunktion.1009 a) Gebot der Folgerichtigkeit: gesetzgeberische Prinzipienbindung Nach der Rechtsprechung des BVerfG steht dem Gesetzgeber bei der Auswahl des Steuergegenstandes und der Bestimmung des Steuersatzes ein weitreichender Entscheidungsspielraum zu.1010 Gleichwohl wird dieser Spielraum durch das Leistungsfähigkeitsprinzip einerseits und das Folgerichtigkeitsprinzip anderseits dahingehend eingeschränkt, dass die „[…] einmal getroffene Belastungsentscheidung folgerichtig im Sinne der Belastungsgleichheit […]“1011 umzusetzen ist.1012 Folgerichtigkeit bedeutet in der Dogmatik des BVerfG daher Konsequenz und Konsistenz im Hinblick auf 1007 Vgl. Drüen, StuW 2012, 269 (271). 1008 Vgl. B VerfG v. 15.10.1996, 1 BvL 44/92, 1 BvL 48/92, BVerfGE 95, 64, unter C.III.2.c)aa); Larenz, Methodenlehre, 1991, 339; Birk, StuW 1990, 300 (303); Drüen, StuW 2012, 269 (271); Englisch in Tipke/Lang, 2021, Rn. 5.92. 1009 Vgl. Höpfner, Auslegung, 2008, 180 f. „vorgezogene Normkontrolle“; idS Müller/ Christensen, Juristische Methodik, Bd. I, 2013, Rn. 100, wonach die verfassungskonforme Auslegung Normenkontrolle und Normtextauslegung verbindet; siehe auch FG Hamburg v. 20.02.2020, 2 K 293/15, EFG 2020, 713; Drüen in Tipke/Kruse, § 4 AO Rn. 238. 1010 St.Rspr. BVerfG v. 19.11.2019, 2 BvL 22-27/14 u.a., DStR 2020, 93, unter C.I.2.a); v. 10.04.2018, 1 BvL 11/14 u.a., BVerfGE 148, 147, unter B.IV.1.b); v. 29.03.2017, 2 BvL 6/11, BVerfGE 145, 106, unter C.I.2.b); v. 17.12.2014, 1 BvL 21/12, BVerfGE 138, 136, unter B.III.1.b); v. 15.01.2008, 1 BvL 2/04, BVerfGE 120, 1, unter C.I.2.a) aa); v. 07.11.2006, 1 BvL 10/02, BVerfGE 117, 1, unter C.I.2.; v. 04.12.2002, 2 BvR 400/98, 2 BvR 1735/00, BVerfGE 107, 27, unter C.I.1.b); v. 22.06.1995, 2 BvL 37/91, BStBl. II 1995, 655, unter C.II.1.d); v. 27.06.1991, 2 BvR 1493/89, BVerfGE 84, 239, 268, unter C.I.1.c). 1011 Vgl. B VerfG v. 11.11.1998, 2 BvL 10/95, BVerfGE 99, 280, unter C.I.1.; v. 22.06.1995, 2 BvL 37/91, BStBl. II 1995, 655, unter C.II.1.d), v. 27.06.1991, 2 BvR 1493/89, BVerfGE 84, 239, unter C.I.1; v. 07.05.1958, 1 BvR 420/64, BVerfGE 23, 242, unter C.II.2.b). 1012 Vgl. BVerfG v. 12.10.2010, 1 BvL 12/07, BVerfGE 127, 224, unter D.I.; v. 09.12.2008, 2 BvL 1/07 ua., BVerfGE 122, 210, unter C.I.2.a); v. 07.11.2006, 1 BvL 10/02, BVerfGE 117, 1, unter C.I.2; v. 04.12.2002, 2 BvR 400/98, 2 BvR 1735/00, BVerfGE 107, 27, unter C.I.1.b); v. 06.03.2002, 2 BvL 17/99, BVerfGE 105, 73, unter C.IV.1;
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IV. Kontrolle durch verfassungskonforme und richtlinienkonforme Auslegung
die vom Gesetzgeber verfolgten Regelungsziele.1013 Die Ausgestaltung eines Steuergesetzes ist dann folgerichtig, wenn es in sich schlüssig und plausibel ist, sodass die vom Gesetzgeber verfolgten Regelungsziele erreicht werden können.1014 Der Steuergesetzgeber ist qua Verfassung und dem daraus abgeleiteten Folgerichtigkeitsgebot nicht verpflichtet, ein konkretes System umzusetzen,1015 wobei dies grds. wünschenswert wäre.1016 Jedoch wird der Steuergesetzgeber indirekt durch die Belastungsentscheidung, die sich am Prinzip der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit messen muss,1017 daran gebunden, die Grundentscheidung folgerichtig umzusetzen.1018 Durch diese Selbstbindung wird der Gesetzgeber somit „Gefangener“ des Systems, wofür er sich entschieden hat.1019 Gleichwohl stellt das Folgerichtigkeitsprinzip kein absolutes Prinzip iSe. zwingend umzusetzenden verfassungsrechtlichen Anforderung an den Steuergesetzgeber dar, weshalb das Folgerichtigkeitsprinzip nicht Bestandteil der Gleichheitsprüfung von steuerlichen Vorschriften ist.1020 Es handelt sich aber um eine „zentrale Leitlinie des Steuerrechts“1021 bzw. ein „sekundäres Gebot“1022. Somit indiziert eine Verletzung des Folgerichtigkeitsprinzips eine Verletzung des Leistungsfähigkeitsprinzips1023 bzw. stellt einen Indikator für Ungleichbehandlungen dar,1024 sofern keine besonders sachlichen Gründe eine Abweichung rechtfertigen.1025 siehe auch Eichberger in FS BFH, 2018, 501 (511); Hey, DStR 2009, 2561 (2561) sowie BFH v. 22.08.2012, I R 9/11, BStBl. II 2013, 512, unter II.2.a)aa). 1013 BVerfG v. 09.12.2008, 2 BvL 1/07 u.a., BVerfGE 122, 210, unter C.II.5.; Weber-Grellet, DStR 2009, 349 (351). 1014 In diesem Sinne Jahndorf, StuW 2016, 256 (259). 1015 So Drüen, JZ 2010, 91 (91); Eckhoff in FS Steiner, 2009, 118 (121). 1016 Vgl. Desens, DStJG 43 (2020), 73 (128). 1017 Vgl. Birk in FS Kirchhof, 2013, 1591 (1592); Tipke, StuW 2007, 201 (208). 1018 Vgl. Bowitz, Das objektive Nettoprinzip, 2016, 148 f.; Eckhoff in FS Steiner, 2009, 118 (121); Schön, StuW 2013, 289 (296), was den Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers einengen kann, so Birk in FS Kirchhof, 2013, 1591 (1592). 1019 Vgl. Di Fabio, JZ 2007, 749 (754). Wenngleich keine Bindung erfolgt, sondern allenfalls ein Zwang zur Selbstdisziplin, vgl. Drüen in FS Spindler, 2011, 29 (43). 1020 Vgl. Hey, FR 2020, 578 (579); Eichberger in FS BFH, 2018, 501 (511). 1021 Vgl. Schön, StuW 2013, 289 (295 ff.). 1022 Drüen in FS Spindler, 2011, 29 (43); glA. Mellinghoff, Ubg 2012, 369 (375). 1023 Vgl. Jahndorf, StuW 2016, 256 (259). 1024 So auch Palm, Person im Ertragsteuerrecht, 2013, 414; vgl. auch Eichberger in FS BFH, 2018, 501 (511 f.); wohl zustimmend Hey, FR 2020, 578 (579). 1025 Vgl. BVerfG v. 12.10.2010, 1 BvL 12/07, BVerfGE 127, 224, unter D.I.; v. 09.12.2008, 2 BvL 1/07, ua., BVerfGE 122, 210, unter C.I.2.b)cc); v. 15.01.2008, 1 BvL 2/04, BVerfGE 120, 1, unter C.I.2.a)aa); v. 07.11.2006, 1 BvL 10/02, BVerfGE 117, 1, un-
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E. Analyse der Bewertungsuntergrenze im System des UmwStG
b) UmwStG: Besteuerungsaufschub als gesetzgeberische Entscheidung Es stellt sich die Frage, welche gesetzgeberische Entscheidung im UmwStG folgerichtig iSd. Belastungsgleichheit umzusetzen ist. Es lässt sich vertreten, dass allein das Individualsteuerprinzip bzw. die Subjektbindung stiller Reserven die folgerichtig umzusetzende gesetzgeberische Grundentscheidung im UmwStG sein soll.1026 Das UmwStG trägt dieser Belastungsgrundentscheidung insoweit iSd. Folgerichtigkeit Rechnung, als dass das UmwStG eine Regelbewertung zum gemeinen Wert und eine damit verbundene Aufdeckung der stillen Reserven vorsieht. Mit der flächendeckenden Möglichkeit des Buchwertansatzes durchbricht der Gesetzgeber das Subjektsteuerprinzip, was eine weitere gesetzgeberische Wertentscheidung darstellt, die auch entsprechend sachlich gerechtfertigt ist. Fraglich ist indes, ob die gesetzgeberische Entscheidung für einen Besteuerungsaufschub durch Buchwertfortführung zwecks Möglichkeit einer steuerneutralen Umstrukturierung als zweite gesetzgeberische Belastungsentscheidung folgerichtig umzusetzen ist. Weil es sich bei dem Besteuerungsaufschub durch Buchwertfortführung nicht um einen Einzelfall handelt,1027 ist die Durchbrechung des Subjektsteuerprinzips – wie Zimmermann1028 herausgearbeitet hat – eine weitere gesetzgeberische Grundentscheidung, die folgerichtig umzusetzen ist.1029 Anders ausgedrückt unterliegt der Gesetzgeber seiner gesetzgeberischen Grundentscheidung, bei Umstrukturierungsvorgängen von einem Besteuerungszugriff abzusehen, solange und soweit der Besteuerungszugriff fortbesteht und das unternehmerische Engagement fortgeführt wird. Nur besondere sachliche Gründe können eine Abweichung rechtfertigen. c) Buchwert als Wertuntergrenze als folgerichtige Umsetzung des Besteuerungsaufschubs Sofern die Höchstbegrenzung des umwandlungssteuerlichen Bewertungswahlrechts so interpretiert wird, dass der gemeine Wert die absolute Wert-
1026 1027 1028 1029
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ter C.I.2.b); v. 04.12.2002, 2 BvR 400/98, 2 BvR 1735/00, BVerfGE 107, 27, unter C.I.1.b); v. 11.11.1998, 2 BvL 10/95, BVerfGE 99, 280, unter C.I.1.; v. 30.09.1998, 2 BvR 1818/91, BVerfGE 99, 88, unter B.I.2. Vgl. Riedel, FR 2012, 1109 (1112); vgl. auch BFH v. 12.03.2008, GrS 2/04, BStBl. II 2008, 608. Vgl. zu diesem Erfordernis Mellinghoff, Ubg 2012, 369 (372). Zimmermann, Ubg 2018, 17 (19). Im Ergebnis glA. Hageböke/Stangl, DK 2020, 424 (430).
IV. Kontrolle durch verfassungskonforme und richtlinienkonforme Auslegung
untergrenze darstellt, wäre eine Buchwertfortführung nur möglich, wenn in summa ein Überschuss an stillen Reserven besteht. Die Buchwertfortführung wäre Gegenleistung für einen zukünftigen Beitrag zur Finanzierung des Staatshaushaltes.1030 Zumindest aus der Sicht zum Bewertungsstichtag wäre bei einem Überschuss an stillen Lasten ein solcher zukünftiger Beitrag zur Haushaltsfinanzierung prima vista jedoch nicht gegeben. Dabei darf nicht verkannt werden, dass Gewinnermittlungsvorschriften für spezifische stille Lasten deren Steuerminderungspotenzial teilweise bis auf Null reduzieren können, sodass im Ergebnis selbst bei konstanter Zusammensetzung Steuerlasten entstehen und somit der Fiskus Besteuerungssubstrat generiert. In den Fällen, in denen der Überschuss an stillen Lasten mit einem Übertragungsverlust einhergeht, stellt eine nicht gewährte Buchwertfortführung ökonomisch eine Vernichtung von zukünftigem Steuerminderungspoten zial dar, sodass zukünftiges Steuersubstrat gesichert wird. Fiskalzwecke, dh. Begründungsversuche für die Generierung oder Sicherung von Steuersubstrat, können Ungleichbehandlungen sowie Abweichung vom Folgerichtigkeitsgebot nicht rechtfertigen.1031 Der gemeine Wert als absolute Wertuntergrenze des umwandlungssteuerlichen Bewertungswahlrechts ist, sofern durch die Versagung des intersubjektiven Übergangs eines stillen Lastenüberschusses die Sicherung von zukünftigem Steuersubstrat gewährt werden soll, nicht mit dem Folgerichtigkeitsgebot vereinbar und indiziert damit eine gleichheitsrechtliche Ungleichbehandlung. Im Gegenzug dazu spricht die folgerichtige Umsetzung des Besteuerungsaufschubs als Belastungsentscheidung für die Anerkennung des Buchwerts als absolute Untergrenze des Bewertungswahlrechts.1032 Folglich muss eine Buchwertfortführung auch dann gewährt werden, wenn der gemeine Wert der Sachgesamtheit das steuerbilanzielle Eigenkapital unterschreitet, dh. in summa ein Überschuss an stillen Lasten besteht. Dies gilt in jedem Fall dann, wenn die fortwährende Steuerverstrickung und die Fortführung des unternehmerischen Engagements als Voraussetzungen weiterhin erfüllt werden können. Dies stützt auch das Ergebnis, dass im speziellen Fall eines negativen Ertragswerts die Fortführung des unternehmerischen Engage1030 Siehe dazu bereits Abschnitt D.IV.4.a). 1031 Vgl. BVerfG v. 09.12.2008 – 2 BvL 1/07 ua., BVerfGE 122, 210, unter C.I.2.b)cc); siehe auch Mellinghoff, Ubg 2012, 369 (370); so auch Zimmermann, Ubg 2018, 17 (19). 1032 Vgl. Zimmermann, Ubg 2018, 17 (19–20); Holle/Weiss, FR 2019, 833 (834); Hageböke/Stangl, DK 2020, 424 (430–431).
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E. Analyse der Bewertungsuntergrenze im System des UmwStG
ments durchaus nicht mehr gewährleistet werden kann, weil insoweit eine Abweichung vom Folgerichtigkeitsgebot mit einem sachlichen Grund, nämlich der Nichterfüllung der Voraussetzung des Bewertungswahlrechts, gerechtfertigt werden könnte. Jedoch dürfte ein positiver Ertragswert in Kombination mit einem Überschuss an stillen Lasten in der Praxis der Regelfall sein, weshalb dann von einer Fortführung des unternehmerischen Engagements ausgegangen werden kann, weil nicht ersichtlich ist, weshalb ein Besteuerungsaufschub im Falle eines Überschusses an stillen Lasten nicht gewährt werden sollte.1033
2. Richtlinienkonforme Auslegung anhand der Fusionsrichtlinie Richtlinien iSv. Art. 288 AEUV sind Teil des sekundären Unionsrechts und haben für das nationale Recht der Mitgliedstaaten – wie auch das Primärrecht – Vorrang,1034 bedürfen jedoch zur Wirksamkeit der Umsetzung in nationales Recht.1035 Das nationale Recht ist grds. richtlinienkonform auszulegen,1036 wobei die richtlinienkonforme Auslegung keine eigenständige Auslegungsmethode darstellt.1037 Dies folgt aus der Anwendbarkeit der richtlinienkonformen Auslegung bei verschiedenen Auslegungsmöglichkeiten und der daraus abgeleiteten Maßgeblichkeit des Auslegungsergebnisses, welches mit dem Unionsrecht vereinbar ist.1038 Die richtlinienkonforme Auslegung hat damit – wie die verfassungskonforme Auslegung – eine Kontrollfunktion.1039
1033 So bereits Zimmermann, Ubg 2018, 17 (20); Hageböke/Stangl, DK 2020, 424 (431). 1034 Siehe dazu Schaumburg in Schaumburg/Englisch, Europäisches Steuerrecht, Rn. 4.18 ff. 1035 Vgl. Schaumburg in Schaumburg/Englisch, Europäisches Steuerrecht, Rn. 4.57. 1036 Vgl. BFH v. 20.01.1988, X R 48/81, B StBl. II 1988, 557, unter II.3.d)aa); v. 12.11.1980, II R 1/76, BStBl. II 1981, 279; Herlinghaus, ifst-Schrift Nr. 357, 1997, 31 f. 1037 So ausdrücklich Schaumburg in Schaumburg/Englisch, Europäisches Steuerrecht, 2020, Rn. 4.62; Drüen in Tipke/Kruse, § 4 AO Rn. 246; Englisch in Tipke/Lang, 2021, Rn. 4.32. 1038 Vgl. BFH v. 15.02.2012, XI R 24/09, B StBl. II 2013, 712, unter II.2.b); dazu auch Höpfner, Auslegung, 2008, 282–284. 1039 Vgl. dahingehend Voß, StuW 1993, 155 (157); Drüen in Tipke/Kruse, § 4 AO Rn. 246.
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IV. Kontrolle durch verfassungskonforme und richtlinienkonforme Auslegung
a) Maßgeblichkeit der Fusionsrichtlinie für den Inlandsfall Die FRL ist grds. anwendbar auf zwischenstaatliche Vorgänge1040, dh. auf Verschmelzungen, Spaltungen, Einbringung von Unternehmensteilen und den Tausch von Anteilen,1041 „[…], wenn daran Gesellschaften aus zwei oder mehr Mitgliedstaaten beteiligt sind […]“1042. Rein innerstaatliche Umstrukturierungsvorgänge werden prima vista nicht unmittelbar von den Regelungen der FRL berührt. aa) „Leur Bloem“-Grundsätze des EuGH Allerdings können die Regelungen der FRL auch für einen rein innerstaatlichen Sachverhalt anzuwenden sein, wie der EuGH in der Entscheidung Leur Bloem aufzeigt. Die Übertragung der Grundsätze auf die FRL steht allerdings unter der Voraussetzung, dass der von der FRL erfasste grenzüberschreitende Fall und der rein innerstaatliche Fall den gleichen nationalen Vorschriften unterliegen und die gewollte Gleichbehandlung auch in der Gesetzesbegründung zum Ausdruck kommt.1043 Der EuGH hat in weiteren Entscheidungen, in denen es um die Maßgeblichkeit der Regelungen der FRL für den innerstaatlichen Umstrukturierungsfall geht, auf die Entscheidung Leur Bloem („Leur Bloem“-Grundsätze) verwiesen.1044 Der EuGH begründet dies mit einem einheitlichen Auslegungsinteresse, wenn sich die Vorschriften des nationalen Rechts an den Regelungen des Unionsrechts orientieren, und den innerstaatlichen als auch den grenzüberschreitenden Fall gleich erfassen.1045 1040 Vgl. Haritz, DStR 2004, 889 (891); BFH v. 15.04.2015, I R 54/13, B StBl. II 2017, 136, unter II.2.e). So auch BFH v. 24.07.2018, I R 24/16, HFR 2019, 188, unter II.2.b)aa) (Rn. 26); aber dort auch Rn. 27: „[…] (vgl. zur Erstreckung der Fusionsrichtlinie auf rein innerstaatliche Sachverhalte im Übrigen EuGH-Urteil LeurBloem vom 17. Juli 1997 C-28/95, EU:C:1997:369, Slg. 1997, I-4161, Rz 27, 32).“ 1041 Vgl. zu den verschiedenen Umstrukturierungsvorgängen, die von der FRL erfasst werden: Hofstätter/Hohenwarter-Mayr in Lang et al., European Tax Law, 2020, Rn. 484–497. 1042 Vgl. Art. 1 lit. a) FRL; Helminen, EU Tax Law, 2022, 235. 1043 Vgl. EuGH v. 17.07.1997, C-28/95, Leur Bloem, Slg. 1997, I-4161, Rn. 12–13, 31– 32. 1044 Vgl. EuGH v. 15.01.2002, C-43/00, Andersen og Jensen, Slg. 2002, I-379, Rn. 18; v. 20.05.2010, C-352/08, Modehuis Zwinjenburg, Slg. 2010, I-4303, Rn. 33; v. 10.11.2011, C-126/10, Foggia, Slg. 2011, I-10923, Rn. 21; siehe auch Hageböke/ Stangl, DK 2020, 424 (431). 1045 Vgl. EuGH v. 22.03.2018, C-327/16, C-421/16, Jacob und Lassus, HFR 2018, 583, Rn. 33–34.
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E. Analyse der Bewertungsuntergrenze im System des UmwStG
bb) SEStEG: einheitliches Regelungskonstrukt für Umwandlungen Nach den „Leur Bloem“-Grundsätzen ist es demnach maßgeblich, dass der Gesetzgeber mit dem U mwStG ein Regelungsgefüge geschaffen hat, welches sowohl rein innerdeutsche als auch grenzüberschreitende Umstrukturierungsvorgänge regelt. Die letzte umfassende Änderung des U mwStG erfolgte durch das SEStEG1046, die im Schrifttum auch als „Europäisierung des Umwandlungssteuerrechts“1047 aufgefasst wurde.1048 In den Gesetzesmaterialien zur Neufassung des UmwStG führt der Gesetzgeber aus, dass mit der Umsetzung der „europarechtlichen Vorgaben […] ein systematisch in sich geschlossenes zukunftsfähiges steuerliches Umstrukturierungsrecht [geschaffen wird] […], [sodass] [k]ünftig […] europaweit die gleichen steuerlichen Grundsätze für inländische und für alle grenzüberschreitenden Umstrukturierungen von Unternehmen [gelten]“.1049 Die Gleichbehandlung von inländischen und grenzüberschreitenden Umstrukturierungen wurde auch durch den Finanzausschuss betont bzw. weiter in den Vordergrund gestellt.1050 Diese Gleichbehandlung spiegelt auch der durch das SEStEG vollständig neugefasste Wortlaut der umwandlungssteuerrechtlichen Vorschriften wider. Denn der Wortlaut der Normen differenziert nicht danach, ob es sich um einen inländischen oder grenzüberschreitenden Umstrukturierungsvorgang handelt. Das UmwStG setzt voraus, dass es sich um eine „Verschmelzung“1051 oder „Aufspaltung oder Abspaltung“1052 handelt bzw. ein qua lifizierter Sacheinlagegegenstand „eingebracht“1053 wird. Somit gelten die entsprechenden Vorschriften für grenzüberschreitende und inländische Verschmelzungen gleichermaßen, sofern der Anwendungsbereich des UmwStG eröffnet ist.1054 Dies ergibt sich auch aus der Aufgabe der im 1046 BGBl. I 2006, 2782. 1047 Vgl. Thiel, DB 2006, 2316; Rödder/Schumacher, DStR 2006, 1481 (1494); Rödder/ Schumacher , DStR 2006, 1525 (1525 f.). 1048 Zum Erfordernis der Europäisierung des UmwStG, vgl. Rödder/Schumacher, DStR 2006, 1525. 1049 BT-Drs. 16/2710, 25–26. 1050 Siehe BT-Drs. 16/3315, 1; sowie BT-Drs. 16/3369, 1. 1051 Vgl. § 3 Abs. 1 S. 1, § 11 Abs. 1 S. 1 UmwStG. 1052 Vgl. § 15 Abs. 1 S. 1, § 16 S. 1 UmwStG. 1053 Vgl. § 20 Abs. 1, § 24 Abs. 1 U mwStG. 1054 Bis zur Streichung von § 1 Abs. 2 U mwStG durch das KöMoG erforderte § 1 Abs. 2 UmwStG aF., dass übertragender und übernehmender Rechtsträger nach dem Recht eines EU- oder EWR-Mitgliedsstaates gegründet wurden und auch in einem
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IV. Kontrolle durch verfassungskonforme und richtlinienkonforme Auslegung
mwStG 1995 enthaltenen eigenständigen Norm (§ 23 UmwStG 1995) für U Einbringungen innerhalb der EU durch die vollständige Neufassung des § 20 UmwStG. In Anbetracht des neutralen Wortlauts sowie den Gesetzesmaterialien kann davon ausgegangen werden, dass die Vorgaben der FRL auch für den reinen Inlandsfall zu beachten sind.1055 Folglich kann eine richtlinienkonforme Auslegung zur Kontrolle des umwandlungssteuerlichen Bewertungswahlrechts auch für den Fall einen reinen Inlandsumstrukturierung erfolgen. Höchstrichterlich wurde die Anwendbarkeit der FRL auf einen rein innerdeutschen Umstrukturierungsvorgang iSd. UmwStG noch nicht entschieden, sondern nur implizit iRe. obiter dictums durch Verweis auf die Entscheidung Leur Bloem bestätigt.1056 b) Zielsetzung: Beseitigung von steuerlichen Beschränkungen für Umstrukturierungen Über die Ziele, die mit der FRL erreicht werden sollen, können die Erwägungsgründe Aufschluss geben, da diese zu den Regelungen der Richtlinie geführt haben.1057 Umstrukturierungsvorgänge innerhalb der EU sind notwendig, um einen Binnenmarkt zu schaffen und dessen Funktionalität sicherzustellen, weshalb diese nicht durch steuerliche Vorschriften behindert werden sollen.1058 Zur Ermöglichung der Anpassung der Unternehmen an die Erfordernisse des Binnenmarktes, einer Produktivitätssteigerung sowie solchen ihren Sitz oder Ort der Geschäftsleitung haben, vgl. auch zB. Prinz, FR 2021, 561; Holle/Krüger/Weiss, IStR 2021, 489 (490). Mit der Streichung des § 1 Abs. 2 U mwStG durch Art. 3 Nr. 1 lit. b) KöMoG wurde der Anwendungsbereich des UmwStG „globalisiert“, soweit es die §§ 3 ff. (ggfs. iVm. § 9, § 16 UmwStG) und §§ 11 ff. (ggfs. iVm. § 15 UmwStG) betrifft, vgl. dazu Prinz, FR 2021, 561 (562); Dreßler/Kompolsek, WPg 2021, 1243. Einbringungen bleiben weiter auf EU-/ EWR-Gesellschaften beschränkt, sodass die „Globalisierung“ unvollständig ist, vgl. Prinz, FR 2021, 561 (562–563). Damit steht ein Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit iSv. Art. 73 AEUV im Raum, vgl. dazu Hageböke/Stangl, Ubg 2021, 242. 1055 So auch Zimmermann, Ubg 2018, 17 (20); Hageböke/Stangl, DK 2020, 424 (431). 1056 BFH v. 24.07.2018, I R 24/16, HFR 2019, 188, unter II.2.b)aa) (Rn. 27); vgl. Hageböke/Stangl, DK 2020, 424 (431). 1057 Vgl. Fehling in Schaumburg/Englisch, Europäisches Steuerrecht, 2020, Rn. 16.11; Hageböke/Stangl, DK 2020, 424 (431). 1058 Vgl. Erw. Nr. 2 FRL, vgl. Fehling in Schaumburg/Englisch, Europäisches Steuerrecht, 2020, Rn. 16.12; Hofstätter/Hohenwarter-Mayr in Lang et al., EU Tax Law, 2020, Rn. 475.
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E. Analyse der Bewertungsuntergrenze im System des UmwStG
eine Steigerung der unternehmerischen Wettbewerbsfähigkeit sollen mit der FRL gemeinsame „wettbewerbsneutrale steuerliche Regelungen“ geschaffen werden, um die bis dato bestehende Benachteiligung von grenzüberschreitenden im Gegensatz zur innerstaatlichen Umstrukturierung zu beseitigen.1059 Der Richtliniengeber strebte mit der FRL eine steuerliche Gleichbehandlung von innerstaatlichen und grenzüberschreitenden Umstrukturierungen durch Harmonisierung an.1060 Durch diese gemeinsame steuerliche Lösung soll eine Steuererhebung bei Umstrukturierungsvorgängen vermieden werden, jedoch unter Wahrung der finanziellen Interessen der Mitgliedstaaten.1061 Die Steuerneutralität der Umstrukturierung steht somit im direkten Spannungsverhältnis zur Wahrung der finanziellen Interessen der Mitgliedstaaten, dh. die Besteuerungsrechte der Staaten der übertragenden und übernehmenden Gesellschaft.1062 Dieses Spannungsverhältnis wird nur dann gelöst, wenn sich die Steuerneutralität in einem temporären Besteuerungsaufschub und nicht in einem endgültigen Verzicht materialisiert,1063 sodass eine Besteuerung erst im Zeitpunkt der tatsächlichen Marktrealisation erfolgt.1064 c) Art. 4 als zentrale Ausprägung des Besteuerungsaufschubs aa) Art. 4 Abs. 1: Keine Steuererhebung Der von der FRL im Kern vorgesehene Besteuerungsaufschub im Zusammenhang mit Umstrukturierungsvorgängen äußert sich in Art. 4 als „[…] tragendes Element der […] Richtlinie“.1065 Nach Art. 4 Abs. 1 FRL dürfen 1059 Erw. Nr. 2 und 3 FRL; vgl. Hofstätter/Hohenwarter-Mayr in Lang et al., Tax Law, 2020, Rn. 475; Boulogne in Terra/Wattel, 2019, 279 (279); Helminen, EU Tax Law, 2020, 234. 1060 Erw. Nr. 3 und 4 FRL; Hofstätter/Hohenwarter-Mayr in Lang et al., EU Tax Law, 2020, Rn. 476. 1061 Erw. Nr. 5 FRL; vgl. zur Realisation von stillen Reserven als Umstrukturierungshindernis Saß, DB 1990, 2340 (2341); Herzig/Dautzenberg/Heyeres, DB-Beil. 12/1991, 1 (3 f.). 1062 Vgl. Erw. Nr. 6 FRL; Hofstätter/Hohenwarter-Mayr in Lang et al., EU Tax Law, 2020, Rn. 477. 1063 Vgl. Fehling in Schaumburg/Europäisches Steuerrecht, 2020, Rn. 16.15; Hageböke/ Stangl, DK 2020, 424 (432). 1064 In diesem Sinne auch EuGH v. 19.12.2012, C-207/11, 3D I, HFR 2013, 274, Rn. 28; so auch Mayr, RdW 2009, 155 (156); Tumpel, Harmonisierung, 1994, 106, 194. 1065 Vgl. Thömmes, WPg 1990, 473 (476); ähnlich auch Hageböke/Stangl, DK 2020, 424 (432): „zentrale Bedeutung“.
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IV. Kontrolle durch verfassungskonforme und richtlinienkonforme Auslegung
Verschmelzungen, Spaltungen und Einbringungen1066 iSd. Richtlinie im Staat der übertragenden bzw. einbringenden Gesellschaft1067 „[…] keine Besteuerung des Veräußerungsgewinns auslösen, der sich aus dem Unterschied zwischen dem tatsächlichen Wert des übertragenen Aktiv- und Passivvermögens und dessen steuerlichem Wert ergibt“. Ergänzend dazu definiert Art. 4 Abs. 2 lit. a) FRL den steuerlichen Wert als den Wert, auf dessen Grundlage ein Gewinn oder Verlust für Zwecke des Veräußerungsgewinns ermittelt worden wäre, wenn die entsprechenden Aktiva und Passiva zeitgleich, aber unabhängig von dem Umstrukturierungsvorgang veräußert worden wären.1068 Der steuerliche Wert iSv. Art. 4 Abs. 2 lit. a) FRL entspricht dem deutschen Verständnis des Buchwerts in § 1 Abs. 5 Nr. 4 UmwStG.1069 Die FRL sieht jedoch keine absolute Steuerfreistellung, sondern lediglich einen Steueraufschub vor.1070 Die Nichtbesteuerung ist somit Besteuerungsaufschub, der unter den Voraussetzungen der Buchwertfortführung sowie der fortwährenden Steuerverstrickung steht. bb) Voraussetzungen für den Besteuerungsaufschub (1) Buchwertfortführung Die Nichtbesteuerung eines Veräußerungsgewinns nach Art. 4 Abs. 1 FRL steht jedoch unter der Voraussetzung von Art. 4 Abs. 4 FRL, wonach die übernehmende Gesellschaft für steuerliche Zwecke zukünftige Abschreibungen als auch Wertsteigerungen und Wertminderungen so zu berechnen hat, wie diese bei der übertragenden Gesellschaft berechnet worden wären, hätte die Umstrukturierung nicht stattgefunden.1071 Art. 4 Abs. 4 entfaltet 1066 Art. 4 gilt über Art. 9 auch für Einbringungen, vgl. Hofstätter/Hohenwarter-Mayr in Lang et al., EU Tax Law, 2020, Rn. 506; Juhn, Grenzüberschreitende Einbringungen, 2020, 157. 1067 Zwar wird dies nicht von der FRL explizit angeordnet, jedoch ist dies unter Betrachtung der gesamten Richtlinie nur folgerichtig; vgl. van den Broek, Cross-Border Mergers, 2012, 203; Hofstätter/Hohenwarter-Mayr in Lang et al., EU Tax Law, 2020, Rn. 500 (dort Fn. 13). 1068 Vgl. Kokott, EU-Steuerrecht, 2018, § 7 Rn. 74; siehe auch Helminen, EU Tax Law, 2022, 253. 1069 Vgl. Hageböke/Stangl, DK 2020, 424 (433). 1070 Vgl. Kokott, EU Tax Law, 2022, § 6 Rn. 74. 1071 Sofern nach dem nationalen Recht des Mitgliedstaates des übertragenden Rechtsträgers ein Wahlrecht für einen steuerlichen Step-Up, dh. Aufdeckung der stillen Reserven, besteht, findet gem. Art. 4 Abs. 5 FRL der Besteuerungsaufschub gem. Art. 4 Abs. 1 FRL insoweit keine Anwendung, vgl. dazu Boulogne in Terra/ Wattel, 2019, 279 (300 f.); Kokott, EU Tax Law, 2022, § 6 Rn. 74.
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E. Analyse der Bewertungsuntergrenze im System des UmwStG
somit zwei wesentliche Funktionen. Einerseits wird durch Art. 4 eine Fortführung der Buchwerte („roll-over basis“)1072 durch die übernehmende Gesellschaft angeordnet,1073 wodurch die Steuerneutralität ausgedrückt wird.1074 Andererseits verwirklicht die Buchwertfortführung regelungstechnisch einen Besteuerungsaufschub und vermeidet im Ansatz einen Besteuerungsverzicht.1075 (2) Fortwährende tatsächliche Steuerverstrickung Grenzüberschreitende Umstrukturierungen führen im Regelfall dazu, dass entweder im Mitgliedstaat des übertragenden Rechtsträgers eine Betriebsstätte des übernehmenden Rechtsträgers zurückbleibt oder die übertragenden Wirtschaftsgüter einer (anderen) Betriebsstätte des übernehmenden Rechtsträgers zugeordnet werden.1076 Zur Verwirklichung des Besteuerungsverzichts und der damit einhergehenden Wahrung der finanziellen Interessen des Mitgliedstaates des übertragenden Rechtsträgers formuliert Art. 4 Abs. 2 lit. b) FRL für den durch die Buchwertfortführung nach Art. 4 Abs. 1 iVm. Abs. 4 FRL gewährten Besteuerungsaufschub einen Betriebsstättenvorbehalt.1077 Demnach gilt die Buchwertfortführung nur für die Ver mögenswerte, welche nach dem Umwandlungsvorgang tatsächlich einer Betriebsstätte1078 der übernehmenden Gesellschaft im Mitgliedstaat der übertragenden Gesellschaft zugerechnet werden und zur Erzielung des Ergebnisses der Betriebsstätte, welches für steuerliche Zwecke zu berücksichtigen ist, beiträgt.1079 Anders gesagt ist das finanzielle Interesse eines Mitgliedstaates gewahrt, wenn nach dem Umstrukturierungsvorgang entweder eine 1072 Vgl. Hofstätter/Hohenwarter-Mayr in Lang et al., EU Tax Law, 2020, Rn. 501; Helminen, EU Tax Law, 2022, 255; Fehling in Schaumburg/Englisch, Europäisches Steuerrecht, 2020, Rn. 16.51; vgl. auch Sedemund in Prinz/Desens, Umwandlungen im Internationalen Steuerrecht, 2023, Rn. 3.78 „Fortbeschreibungsprinzip“. 1073 Vgl. Herzig/Dautzenberg/Heyeres, DB-Beil. 12/1991, 1 (5). 1074 In diesem Sinne Chown, Intertax 1990, 409 (410), der von einer „no gain no loss“- Basis spricht. 1075 Vgl. Kokott, EU-Steuerrecht, 2018, § 7 Rn. 77. 1076 Vgl. Erw. Nr. 6 FRL. Dazu auch ausführlich in Abschnitt G. 1077 Vgl. Fehling in Schaumburg/Englisch, Europäisches Steuerrecht, 2020, Rn. 16.43 1078 Mangels eigenständiger Definition in der FRL ist der Betriebsstättenbegriff des innerstaatlichen Rechts sowie des entsprechend anzuwendenden DBAs maßgebend; vgl. Fehling in Schaumburg/Englisch, Europäisches Steuerrecht, 2020, Rn. 16.44; Rödder, DStR 2005, 893 (894); idS wohl auch van den Broek, Cross-Border Mergers, 2012, 210. 1079 Vgl. Hofstätter/Hohenwarter-Mayr in Lang et al., EU Tax Law, 2020, Rn. 503.
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IV. Kontrolle durch verfassungskonforme und richtlinienkonforme Auslegung
Betriebsstätte im Mitgliedstaat des übertragenden Rechtsträgers verbleibt oder das übertragene Vermögen einer Betriebsstätte des übernehmenden Rechtsträgers im Mitgliedstaat des übertragenden Rechtsträgers zuzuordnen ist.1080 Der Betriebsstättenvorbehalt lässt sich in die Betriebsstättenbedingung (tatsächliche Zuordnung zu einer Betriebsstätte in dem Mitgliedstaat des übertragenden Rechtsträgers) und die Steuerverhaftungsbedingung (Beitrag zur Erzielung des steuerlichen Ergebnisses der Betriebsstätte) unterteilen.1081 Dies entspricht dem im internationalen Steuerrecht geltenden Territorialitätsprinzip als Kriterium für die Aufteilung der Besteuerungsbefugnisse zwischen den Staaten,1082 wonach ein Besteuerungsrecht eines Mitgliedstaates nur für die Einkünfte eines nicht in diesem Mitgliedstaat ansässigen Rechtsträgers besteht, die in dem Hoheitsgebiet des Mitgliedstaates (zB. durch eine Betriebsstätte) erzielt werden.1083 Es soll sichergestellt werden, dass die zukünftige Realisation von aufgeschobenen Veräußerungsgewinnen Eingang in das steuerliche Ergebnis finden, welches dem Besteuerungszugriff des Mitgliedstaates der übertragenden Gesellschaft unterliegt.1084 Ein Besteuerungsaufschub ist hingegen nicht zwingend erforderlich, wenn nach dem Umwandlungsvorgang Wirtschaftsgüter einer Betriebsstätte des übernehmenden Rechtsträgers zuzuordnen sind, die nicht im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaates des übertragenden Rechtsträgers belegen ist.1085 Folglich konstituiert die FRL nur eine Pflicht zur Gewährung eines Besteuerungsaufschubs durch Buchwertfortführung, soweit das übertragene Vermögen einer fortwährenden, tatsächlichen Steuerverstrickung unterliegt. d) Besteuerungsaufschub bei einem Überschuss stiller Lasten Es stellt sich die Frage, ob die FRL dahingehend auszulegen ist, dass Art. 4 FRL eine Verpflichtung vorsieht, den Besteuerungsaufschub durch Buchwertfortführung auch bei einem in summa bestehenden Überschuss an stillen Lasten zu gewährleisten, oder, ob die Mitgliedstaaten frei sind, die inter1080 Vgl. Knobbe-Keuk, DB 1991, 298 (299). 1081 Vgl. Herzig/Dautzenberg/Heydres, DB-Beil. 12/1991, 1 (7 ff.); Herzig/Griemlar, StuW 2002, 55 (62 ff.); Hahn, IStR 2006, 797 (798); Juhn, Grenzüberschreitende Einbringungen, 2020, 157. 1082 Vgl. Lehner in FS Wassermeyer, 2005, 241 (245, 259). 1083 Vgl. Helminen, EU Tax Law, 2022, 254; Kokott, EU-Steuerrecht, 2018, § 7 Rn. 75. 1084 Vgl. Hofstätter/Hohenwarter-Mayr in Lang et al., EU Tax Law, 2020, Rn. 503. 1085 Dahingehend Helminen, EU Tax Law, 2022, 253–254.
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subjektive Übertragung eines Überschusses an stillen Lasten individuell zu regeln.1086 Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH ist bei der Auslegung einer Richtlinie der Wortlaut der relevanten Bestimmung sowie die Ziele und das System der Richtlinie zu berücksichtigen.1087 Dabei kann ergänzend auch die Entstehungsgeschichte der FRL herangezogen werden.1088 aa) Wortlautauslegung von Art. 4 Abs. 1 Fusionsrichtlinie Der Besteuerungsaufschub findet seinen Kern in Art. 4 Abs. 1 FRL, worin keine „Besteuerung des Veräußerungsgewinns“ angeordnet wird. Prima vista wird durch den engen Wortlaut (Herv. d. Verf.) „keine Besteuerung des Veräußerungsgewinns“ somit suggeriert, dass ein Besteuerungsaufschub für die Fälle gewährt wird, in denen andernfalls ein Gewinn entsteht, der in einer Steuerzahllast resultiert, welche für die Umstrukturierung ein Umstrukturierungshindernis darstellt.1089 Bei Vernachlässigung von steuerlichen Befreiungsvorschriften resp. Abzugsbeschränkungen bei der Rea lisation bestimmter stiller Reserven und stiller Lasten, geht ein Veräußerungsgewinn mit einem Überschuss an stillen Reserven einher. Steuerliche Befreiungsvorschriften und Abzugsbeschränkungen müssen jedoch bei der Bestimmung eines Veräußerungsgewinns berücksichtigt werden, weil durch den Besteuerungsaufschub prima facie auf eine Steuererhebung im Zeitpunkt des Umstrukturierungsvorgangs verzichtet wird. In gewissen Kon stellationen kann ein Überschuss an stillen Lasten aufgrund von steuerlichen Gewinnermittlungsvorschriften zu einem steuerpflichtigen Übertragungsgewinn führen, sodass eine realisierende Umstrukturierung in diesen Fällen in einer Steuerzahllast resultieren würde.1090 In den Fällen, in denen bei einem Überschuss an stillen Lasten ein steuerpflichtiger Veräußerungsgewinn entsteht, ist die Versagung eines Besteuerungsaufschubs mit dem Wortlaut des Art. 4 Abs. 1 Hs. 1 FRL unvereinbar. 1086 Vgl. van den Broek, Cross-Border Mergers, 2012, 200; Wijnen, corporate tax directives, 1995, 48. 1087 Vgl. EuGH v. 08.03.2017, C-448/15, Wereldhave, ECLI:EU:C:2017:180, Rn. 24; siehe auch EuGH v. 01.10.2009, C-247/08, Gaz de France, Slg. 2009, I-9240, Rn. 26; v. 08.06.2000, C-375/98, Epson Europe, Slg. 2000, I-4234, Rn. 22, 24; v. 03.04.2008, C-27/07, Banque Fédérative du Crédit Mutuel, Slg. 2008, I-2083, Rn. 22; vgl. auch Kofler in Schaumburg/Englisch, Europäisches Steuerrecht, 2020, Rn. 13.1, 13.6. 1088 Vgl. zur historischen Auslegung im Unionsrecht: Kofler in Schaumburg/Englisch, Europäisches Steuerrecht, 2020, Rn. 13.6; Schön, DStJG 19 (1996), 167 (174–175). 1089 Dahingehend Saß, DB 1990, 2340 (2341). 1090 Vgl. Abschnitt D.IV.2.b) und Abschnitt D.IV.4.c)aa)(2).
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IV. Kontrolle durch verfassungskonforme und richtlinienkonforme Auslegung
Aus diesem Ergebnis lässt sich allerdings noch nicht beantworten, ob Art. 4 FRL auch einen Besteuerungsaufschub vorsieht, wenn aus dem Überschuss an stillen Lasten ein Übertragungsverlust resultiert. Die Termini „Besteuerung“ und „Veräußerungsgewinne“ exkludieren prima facie den Besteuerungsaufschub im Falle eines Veräußerungsverlusts.1091 Zwar entspricht es dem deutschen Verständnis, dass der Gewinn eine Saldogröße1092 ist und ein Veräußerungsgewinn auch einen Veräußerungsverlust umfassen kann.1093 Gleichwohl muss das Unionsrecht losgelöst von dem nationalen Begriffsverständnis ausgelegt werden.1094 Die Verengung des Terminus „Veräußerungsgewinn“ auf positive Beträge verkennt allerdings, dass der Veräußerungsgewinn iSd. FRL der Betrag ist, „[…] der sich aus dem Unterschied zwischen dem tatsächlichen Wert des übertragenen Aktiv- und Passivvermögens und dessen steuerlichem Wert ergibt.“1095 Folglich ist auch der in Art. 4 Abs. 1 FRL verwendete Terminus „Veräußerungsgewinn“ neutral und damit als Saldogröße zu verstehen,1096 die auch negativ sein kann, sodass ein Verlust von Art. 4 Abs. 1 FRL erfasst ist.1097 Lässt sich ein Veräußerungsverlust noch mit dem Wortlaut „Veräußerungsgewinn“ iSe. negativen Unterschiedsbetrags in Einklang bringen, stellt sich die Frage, ob die Worte „keine Besteuerung“ bei einem Veräußerungsverlust ebenso einen Besteuerungsaufschub rechtfertigen können wie bei einem Veräußerungsgewinn. Freilich scheint der Ausdruck „keine Besteuerung eines Veräußerungsgewinns“ Verluste auszuschließen.1098 Der Ausdruck „kei1091 Vgl. van den Broek, Cross-Border Mergers, 2012, 201: „[…] the crystallization of hidden losses […] does not result in ‘taxation’ nor in ‘capital gains’ […] [which] […] seems to exclude losses.” 1092 Vgl. BFH v. 16.03.1994, I R 146/93, BStBl. II 1994, 941, unter II.2.f. 1093 Vgl. zu § 16 EStG: BFH v. 14.01.2010, IV R 13/06, BFH/NV 2010, 1483, unter II.3.a)aa); v. 26.06.2002, IV R 3/01, BStBl. II 2003, 112, unter 4.a); v. 12.06.1975, IV R 10/72, B StBl. II 1975, 853, unter II.3.; vgl. auch Kobor in Herrmann/Heuer/ Raupach, § 16 EStG Anm. 400. 1094 Vgl. EuGH v. 08.06.2000, C-375/98, Epson Europe, Slg. 2000, I-4234, Rn. 22; v. 25.09.2003, C-58/01, Océ van der Grinten, Slg. 2003, I-9827, Rn. 46; siehe auch Schön, DStJG 19 (1996), 167 (171); Kofler in Schaumburg/Englisch, Europäisches Steuerrecht, 2020, Rn. 16.2. 1095 Art. 4 Abs. 1 Hs. 2 FRL. 1096 Vgl. Hageböke/Stangl, DK 2020, 424 (432); idS auch Thömmes in Thömmes/Fuks, Merger Directive, Rn. 153 “[…] full difference between current tax values and fair market values […]”, implizit Bezzina, ET 2002, 57 (63): „A capital gain is the difference […].” 1097 Vgl. Bezzina, ET 2002, 57 (63 f.); Hageböke/Stangl, DK 2020, 424 (432 f.). 1098 Vgl. nochmals van den Broek, Cross-Border Mergers, 2012, 201.
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ne Besteuerung“ beschreibt jedoch – wie Hageböke/Stangl1099 zeigen – den gesamten Prozess der Bestimmung und Erhebung der Steuer,1100 worunter auch die steuerliche Erfassung eines Verlusts fällt. Hinzu kommt, dass die Worte „keine Besteuerung“ im normspezifischen Kontext von Art. 4 FRL sinngemäß eine Nichtrealisation von stillen Reserven und Lasten bedeuten. Dieses Verständnis folgt aus der Wechselwirkung von Art. 4 Abs. 1 und Abs. 4 FRL, da die Nichtbesteuerung gem. Art. 4 Abs. 4 FRL voraussetzt, dass die Buchwerte übernommen werden.1101 Die Auslegung des Wortlauts von Art. 4 Abs. 1 FRL spricht somit dafür, dass ein Besteuerungsaufschub nicht nur dann gewährt werden muss, wenn aus einem Überschuss an stillen Lasten aufgrund von Gewinnermittlungsvorschriften ein (Veräußerungs-)Gewinn resultiert, sondern auch im Falle eines (Veräußerungs-)Verlusts. Die intersubjektive Übertragung einer Sachgesamtheit mit einem Überschuss an stillen Lasten steht somit im Einklang mit dem Wortlaut Art. 4 Abs. 1 FRL.1102 bb) Systematik substantiiert Wortlautauslegung Neben der Wortlautauslegung ist auch die Systematik einer Norm heranzuziehen,1103 was insb. den Regelungszusammenhang und den Aufbau bzw. Textzusammenhang einer Norm inkludiert.1104 Dass Veräußerungsverluste von Art. 4 Abs. 1 FRL ebenfalls inkludiert werden, zeigt die Definition des steuerlichen Werts in Art. 4 Abs. 2 lit. a) FRL.1105 Denn dieser ist definiert als „der Wert, auf dessen Grundlage ein etwaiger Gewinn oder Verlust für die Zwecke der Besteuerung des Veräußerungsgewinns [des übertragenden Rechtsträgers] ermittelt worden wäre, wenn das Aktiv- und Passivvermögen gleichzeitig mit [dem Umstrukturierungsvorgang], aber davon unabhängig veräußert worden wäre“. Dass die deutsche Sprachfassung von einem „Ge1099 Vgl. Hageböke/Stangl, DK 2020, 424 (434). 1100 So auch Haslehner, Betriebsstättendiskriminierungsverbot, 2009, 254–255. 1101 Vgl. Hageböke/Stangl, DK 2020, 424 (433): „[…] Besteuerung […] in Form einer Realisation […]“. 1102 GlA. Zimmermann, Ubg 2018, 17 (20); Rödder in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 11 UmwStG Rn. 331. 1103 Vgl. zB. aus der Rechtsprechung: EuGH v. 17.07.1997, C-28/95, Leur Bloem, Slg. 1997, I-4161, Rn. 36; v. 05.07.2007, C-321/05, Kofoed, Slg. 2007, I-5795, Rn. 29; v. 22.12.2008, C-48/07, Les Vergers du Vieux Tauves, Slg. 2008, I-10627, Rn. 40–42. 1104 Vgl. zur systematischen Auslegung von Richtlinien Kofler in Schaumburg/Englisch, Europäisches Steuerrecht, 2020, Rn. 13.4. 1105 Vgl. Wijnen, EC corporate tax directives, 1995, 48; Bezzina, ET 2002, 57 (63); Hageböke/Stangl, DK 2020, 424 (432, 433).
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winn oder Verlust für die Zwecke der Besteuerung des Veräußerungsgewinns“ spricht, ändert nichts an der Erfassung eines Veräußerungsverlusts, da der Veräußerungsgewinn als Unterschiedsbetrag definiert ist. Als Erfordernis für die Nichtrealisation gem. Art. 4 Abs. 1 FRL normiert Art. 4 Abs. 4 FRL die Übernahme der steuerlichen Werte, sodass der übernehmende Rechtsträger „[…] neue Abschreibungen und spätere Wert steigerungen oder Wertminderungen des übertragenden Aktiv- und Passivvermögens so berechnet, wie die [übertragende] Gesellschaft sie ohne [Umstrukturierung] berechnet hätte“. Der damit zum Ausdruck kommenden Buchwertfortführung („roll-over basis“) ist immanent, dass der Umstrukturierungsvorgang – im Gegensatz zu einer Veräußerung – zu einer Übernahme des Vermögens ohne eine Gewinn- oder Verlustrealisation führt.1106 Des Weiteren wird dadurch deutlich, dass der übernehmende Rechtsträger hinsichtlich der späteren Realisation von stillen Reserven und Lasten steuerlich so gestellt werden soll wie der übertragende Rechtsträger ohne Umstrukturierung.1107 Aufgrund des systematischen Zusammenhangs von Art. 4 Abs. 1 und Abs. 4 FRL schlussfolgert Bezzina1108 und ihr folgend Hageböke/Stangl1109, dass eine Zwangsrealisation eines Übertragungsverlusts mit den Vorgaben der FRL unvereinbar ist. Dem hält van den Broek1110 entgegen, dass die Realisation von Wertmin derungen nach der Umstrukturierung nicht notwendigerweise eine Übertragung von stillen Lasten implizieren, weil diese zeitlich nach dem Umstrukturierungsvorgang entstanden sind. Freilich ist zuzugeben, dass die realisierten Wertsteigerungen oder Wertminderungen nach einer Umstrukturierung vollständig oder partiell erst nach der Unternehmensumstrukturierung entstanden sein können. Des Weiteren könnte die deutsche Sprachfassung ein solches Verständnis suggerieren, da auf „[…] spätere Wertsteigerungen oder Wertminderungen […]“ Bezug genommen wird. Jedoch findet sich der Terminus „spätere Wertsteigerungen und Wertminderungen“ nicht in anderen Sprachfassungen (zB. in Englisch1111 oder Fran1106 Vgl. Herzig/Dautzenberg/Heyeres, DB-Beil. 12/1991, 1 (5); Chown, Intertax 1990, 490 (491). 1107 Vgl. dazu bereits Herzig/Dautzenberg/Heyeres, DB-Beil. 12/1991, 1 (5). 1108 Bezzina, ET 2002, 57 (64). 1109 Hageböke/Stangl, DK 2020, 424 (434). 1110 van den Broek, Cross-Border Mergers, 2012, 201. 1111 Art. 4 Abs. 4 FRL (Herv. d. Verf.): “[…] the receiving company computes […] any gains or losses in respect of the assets and liabilities transferred […].”
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zösisch1112) wieder. Gegen den Entkräftungsversuch von van den Broek spricht, dass dies im Umkehrschluss auch für zukünftige Gewinne gilt. Hinzu kommt, dass es Ziel der Buchwertfortführung und des dadurch bewirkten Besteuerungsaufschubs ist, in der Zukunft am Markt realisierte Wertsteigerungen als auch Wertminderungen so zu ermitteln, wie der übertragende Rechtsträger diese ohne Umwandlung ermittelt hätte. Der Umstrukturierungsvorgang wird somit für steuerliche Zwecke gedanklich ausgeblendet.1113 Dieser abstrakt geäußerte „Wunsch nach Steuerneutralität“1114 bedeutet im Kontext eines Überschusses an stillen Lasten, dass im Falle der Realisation der zukünftigen stillen Lasten die sich ergebenden „Wertminderungen“ („losses“) aus der steuerlichen Perspektive des übertragenden Rechtsträgers ermittelt werden müssen. Somit impliziert Art. 4 Abs. 4 FRL eine Zulässigkeit eines Besteuerungsaufschubs im Falle eines Übertragungsbzw. Veräußerungsverlusts als Folge eines Überschusses an stillen Lasten. Der systematische Regelungszusammenhang von Art. 4 Abs. 1, Abs. 2 lit. a) und Abs. 4 FRL spricht für die Gewährung eines Besteuerungsaufschubs im Falle eines Überschusses an stillen Lasten.1115 cc) Zielsetzung der Fusionsrichtlinie: Abbau von steuerlichen Beschränkungen Die Zielsetzung der FRL unterstützt das vorstehende Auslegungsergebnis, dass ein Besteuerungsaufschub durch Buchwertfortführung im Falle eines in summa bestehenden Überschusses an stillen Lasten besteht, und zwar unabhängig von der Entstehung eines Übertragungsgewinns oder -verlusts. Der Besteuerungsaufschub iSd. Art. 4 Abs. 1 FRL ist Ausdruck des Gebots der Neutralität, mit dem die Zielsetzung der FRL, dass Umstrukturierungsvorgänge „[…] nicht durch nicht durch besondere Beschränkungen, Benachteiligungen oder Verfälschungen aufgrund von steuerlichen Vorschriften der Mitgliedstaaten behindert werden […]“1116, erreicht werden soll.1117 1112 Art. 4 Abs. 4 FRL (Herv. d. Verf.): “[…] la société bénéficiaire calcule […] les plusvalues ou moins-values afférentes aux éléments d’actif et de passif transférés […].“ 1113 So auch Hageböke/Stangl, DK 2020, 424 (433). 1114 Herzig/Dautzenberg/Heyeres, DB-Beil. 12/1991, 1 (5). 1115 Vgl. Hageböke/Stangl, DK 2020, 424 (433–434). 1116 Erw. Nr. 2 FRL; Erw. Nr. 1 FRL 1990. 1117 Vgl. EuGH v. 17.07.1997 C-28/95, Leur Bloem, Slg. 1997, I-4190, Rn. 45; v. 11.12.2008, C-285/07, A.T., Slg. 2008, I-9329, Rn. 101; v. 20.05.2010, C-352/08, Modehuis Zwinjenburg, Slg. 2010, I-4303, Rn. 38; v. 19.12.2012, C-207/11, 3 D I, HFR 2013, 274, Rn. 25–26.
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IV. Kontrolle durch verfassungskonforme und richtlinienkonforme Auslegung
Eine Behinderung von Umstrukturierungen liegt insb. dann vor, wenn mit dem Umstrukturierungsvorgang – trotz unverändertem Besteuerungsrecht des Fiskus – eine Steuerzahllast aufgrund der Aufdeckung der stillen Reserven einhergeht, die aufgrund der fehlenden Generierung von Liquidität nicht gezahlt werden könnte und die Umstrukturierung deshalb unwirtschaftlich wäre.1118 Eine nach nationalem Recht versagte Buchwertfortführung im Falle eines Überschusses an stillen Lasten und eine dann erfolgende Zwangsrealisation würde eine unzulässige Beschränkung iSd. Teleologie der FRL darstellen. Führt die Zwangsrealisation des Überschusses an stillen Lasten aufgrund von Steuerbefreiungen resp. Abzugsbeschränkungen zu einem steuerpflichtigen Übertragungsgewinn, dh. einem positiven Veräußerungsgewinn als Unterschiedsbetrag iSv. Art. 4 Abs. 1 FRL, steht dies bereits der Zielsetzung entgegen, dass eine damit einhergehende Steuerzahllast aufgeschoben werden sollte. Aber auch wenn die Zwangsrealisation eines Überschusses an stillen Lasten zu einem Übertragungsverlust, dh. einen negativen Veräußerungsgewinn als Unterschiedsbetrag iSv. Art. 4 Abs. 1 FRL ergeben würde, läge ebenfalls eine unzulässige Beschränkung vor, die Umstrukturierungen verhindern würde. Denn die Zwangsrealisation von bis dato nicht am Markt realisierten Wertminderungen hätte eine Transformation der stillen Lasten in echte, noch nicht vortragsfähige Verluste zufolge, sofern der Übertragungsverlust nicht mit anderen positiven Einkünften ausgeglichen werden kann. Die intersubjektive Verlustübertragung und Zuordnung zu einer Betriebsstätte des übernehmenden Rechtsträgers im Mitgliedstaat des übertragenden Rechtsträgers1119 gem. Art. 6 FRL obliegt jedoch den Mitgliedstaaten. Insbesondere in den Fällen, in denen nach nationalem Recht ein intersubjektiver Verlustübergang ausgeschlossen ist und der übertragende Rechtsträger erlischt, würden Umstrukturierungen einer Sachgesamtheit mit einem Überschuss an stillen Lasten zu einer Verlustvernichtung führen. Mit der Zielsetzung der FRL, wettbewerbsneutrale steuerliche Regelungen 1118 Vgl. Saß, DB 1990, 2340 (2341); Herzig/Dautzenberg/Heyeres, DB-Beil. 12/1991, 1 (3 f.). 1119 Ein grenzüberschreitender Verlustimport ist nach Art. 6 FRL explizit nicht vorgesehen, vgl. Röder, DStJG 43 (2020), 367 (386); Rödder/Schumacher, DStR 2006, 1525 (1533). Ein grenzüberschreitender Verlustimport würde gegen die Steuerhoheit der Mitgliedstaaten verstoßen, vgl. dazu Kokott, EU Tax Law, 2022, § 6 Rn. 78. Eine grenzüberschreitende Verlustberücksichtigung ist ggfs. nach den Grundfreiheiten entsprechend der EuGH-Rechtsprechung zu finalen Verlusten möglich, vgl. dazu krit. Röder, DStJG 43 (2020), 367 (386 ff.).
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E. Analyse der Bewertungsuntergrenze im System des UmwStG
zu schaffen, um Unternehmen die Möglichkeit zu geben, sich an Markterfordernisse anzupassen, ihre Produktivität zu erhöhen und ihre Wettbewerbsfähigkeit zu steigern, ist Gewährung des Besteuerungsaufschubs allein für Fälle, in denen ein Veräußerungsgewinn entsteht, nicht vereinbar.1120 Des Weiteren wird mit der FRL ein europaweites harmonisiertes System für Umstrukturierungen verfolgt.1121 Dieses Ziel lässt sich nur dadurch erreichen, als dass der Besteuerungsaufschub einheitlich und unabhängig davon gewährt wird, ob sich aus den stillen Reserven und stillen Lasten des übertragenen Vermögens ein Veräußerungsgewinn oder -verlust ergibt, sofern das Besteuerungsrecht des Mitgliedstaates des übertragenden Rechtsträger unverändert fortbesteht. Andernfalls wäre es den Mitgliedstaaten überlassen, in den Fällen eines Überschusses an stillen Lasten einen Besteuerungsaufschub zuzulassen oder zu versagen. Dies könnte zu unterschiedlichen Regelungen je Mitgliedstaat für den Fall eines Überschusses an stillen Lasten führen. Vor diesem Hintergrund und in Anbetracht der Zielsetzung der Beseitigung von steuerlichen Beschränkungen von Umstrukturierungen1122 muss die Zielsetzung der FRL darin bestehen, für stille Reserven und stille Lasten einen generellen Besteuerungsaufschub zu gewährleisten.1123 Diese Zielsetzung muss jedenfalls dann gelten, solange und soweit die finanziellen
1120 So auch Hageböke/Stangl, DK 2020, 424 (431). Im Ergebnis auch van den Broek, Cross-Border Mergers, 2012, 201: „Tax neutrality is a basic principle of the Directive. Therefore, capital losses should not crystallize in the course of a merger. They should be carried over on the same basis as hidden reserves. Otherwise, these hidden losses run the risk of evaporation under Article 6.” Er hält dafür folgenden Anpassungsvorschlag von Art. 4 Abs. 1 FRL für erforderlich (Herv. d. Verf.): „A merger, divison or partial division shall not give rise to the computation of any capital gains or losses calculated by reference to the difference between the real values of the privileged assets and liabilities for tax purposes”, vgl. van den Broek, Cross-Border Mergers, 2012, 683. 1121 Siehe Erw. Nr. 2, 3 und 4 FRL. 1122 Vgl. auch EuGH v. 20.05.2010, C-352/08, Modehuis Zwijnenburg, Slg. 2010, I-4303 Rn. 39, wonach der Zweck der FRL darin liegt, „[…] steuerliche Hindernisse für grenzüberschreitende Umstrukturierungen zu beseitigen […]“; vgl. auch plakativ Boulogne in Terra/Wattel, 2019, 279 (279): „[…] take away the tax problems […]”. Die Zielsetzung der FRL gilt nach den Leur Bloem-Grundsätzen auch für den Inlandsfall; vgl. Abschnitt E.IV.2.a)bb) sowie Hageböke/Stangl, DK 2020, 424 (431–432). 1123 Vgl. auch Bezzina, ET 2002, 57 (64): „The goal of the Directive seems to be to provide a general roll over relief for both gains and losses.”; zustimmend: Hageböke/ Stangl, DK 2020, 424 (434).
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IV. Kontrolle durch verfassungskonforme und richtlinienkonforme Auslegung
Interessen der Mitgliedstaaten durch ein fortwährendes, unverändertes Besteuerungsrecht gewahrt werden. Im Ergebnis sprechen sowohl der Wortlaut, der Regelungszusammenhang der einzelnen Absätze des Art. 4 FRL sowie die Teleologie der FRL dafür, dass die intersubjektive Übertragung einer Sachgesamtheit mit einem Überschuss an stillen Lasten ohne eine Zwangsrealisation möglich ist. dd) Historische Auslegung mittels Entstehungsgeschichte Die Entstehungshistorie der FRL spricht ebenfalls für die hier angestellte Auslegung, dass der Terminus „Veräußerungsgewinn“ in Art. 4 Abs. 1 FRL nicht allein auf positive Beträge beschränkt ist und daher auch einen Veräußerungsverlust umfassen kann. In dem Vorschlag der FRL aus dem Jahre 19691124 ordnete Art. 4 Abs. 1 S. 1 an, dass die Mitgliedstaaten bei einer Fusion oder Spaltung „[…] von jeder Besteuerung der sich bei den eingebrachten Wirtschaftsgütern ergebenden Wertsteigerungen Abstand [nehmen]“. In den Beratungen der Arbeitsgruppe „Finanzen“ über den Vorschlag der FRL wurde dem Vorschlag zugestimmt, sofern in Art. 4 in einem separaten Absatz aufgenommen wird, dass „[u]nter den in Absatz 1 genannten Wertsteigerungen oder -minderungen [.] diejenigen Beträge zu verstehen [sind], die dem Unterschied zwischen dem tatsächlichen Wert der eingebrachten Posten des Aktivvermögens und ihrem in der Steuerbilanz der einbringenden Gesellschaft ausgewiesenen Wert entsprechen.“1125 Dies zeigt, dass die Existenz von Wertminderungen dem Richtliniengeber ebenso bewusst war wie die Intention, Art. 4 FRL ebenso auf Wertminderungen auszuweiten. Diese Definition hat aus unbekannten Gründen keinen Eingang in Art. 4 FRL 1990 gefunden.1126 Gleichwohl ist die deutsche Fassung von Art. 4 Abs. 1 S. 1 FRL 1990 neutral formuliert,1127 da „[d]ie Fusion oder die Spaltung [.] keine Besteuerung des Unterschieds zwischen dem tatsächlichen Wert und dem steuerlichen Wert des übertragenen Aktiv- und Passivvermögens auslösen [darf]“. Da der Unterschied zwischen dem tatsächlichen Wert und dem steuerlichen Wert des übertragenen Vermögens auch negativ sein kann,1128 ist eine eigenständige Definition von Wertsteigerungen und Wert1124 1125 1126 1127 1128
Vgl. Abl. 1969, Nr. C 39/1. Rats-Dok. 1948/69 v. 23.12.1969, 8 und Ratsdok. 1496/69 v. 30.07.1969, 1–2. Vgl. auch van den Broek, Cross-Border Merger, 2012, 201. So auch Hageböke/Stangl, DK 2020, 424 (432). Vgl. Hageböke/Stangl, DK 2020, 424 (432).
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E. Analyse der Bewertungsuntergrenze im System des UmwStG
minderungen somit obsolet geworden. Daran ändert auch die redaktionelle Anpassung1129 von Art. 4 durch die Novelle in 2005 nichts, welche anschließend in die kodifizierte Fassung von 2009 übernommen wurde, dass Art. 4 Abs. 1 FRL eine Besteuerung des „Veräußerungsgewinns“ vorsieht, da dieser als Unterschiedsbetrag definiert ist.1130 Fraglich ist, ob diesem Verständnis die Historie zu Art. 7 FRL für die Behandlung von Übernahmegewinnen in den Anteilen bei einer Aufwärtsverschmelzung entgegenspricht. In dem Vorschlag der FRL aus dem Jahre 1969 war die heutige in Art. 7 enthaltene Regelung in Art. 8 FRL verortet, in dessen Abs. 1 unter gewissen Voraussetzungen die Steuerfreiheit eines Übernahmegewinnes im Zusammenhang mit den Anteilen an der Überträgerin vorgesehen war. Korrespondierend sah der Vorschlag der FRL in Art. 8 Abs. 2 unter denselben Voraussetzungen die Steuerwirksamkeit eines Übernahmeverlusts vor, welche indes nicht Teil der final verabschiedeten FRL 1990 wurde. Im Zuge dessen gingen die Kommission1131 und das Schrifttum1132 davon aus, dass bei einer fehlenden Regelung zu Übernahmeverlusten durch die Richtlinie die Mitgliedstaaten ihr nationales Recht anwenden. Aus der Streichung von Art. 8 Abs. 2 des Vorschlags der FRL und der Nichtaufnahme der Definition von Wertminderungen entsprechend dem Vorschlag des Rates schlussfolgert van den Broek1133, dass Art. 4 FRL Veräußerungsverluste nicht einschließt. Die erläuterte Argumentation von van den Broek überzeugt nicht. Es ist zunächst entgegenzuhalten, dass Art. 4 FRL den „Veräußerungsgewinn“ neu tral als Unterschiedsbetrag formuliert, welcher sowohl positiv als auch negativ sein und daher Veräußerungsverluste umfassen kann.1134 Der Vorschlag der FRL stellt in Art. 8 als auch im aktuell geltenden Art. 7 Abs. 1 FRL auf „Wertsteigerungen“ ab, welche nicht als Unterschiedsbetrag definiert sind. Dadurch, dass sich der Wortlaut der beiden Vorschriften unterscheidet, kann aus der Streichung des Art. 8 Abs. 2 des Vorschlags der FRL nicht geschlossen werden, dass auch Art. 4 FRL Veräußerungsverluste bzw. Wert1129 Vgl. Vorschlag der EU-Kommission v. 17.10.2003, KOM(2003)613, 12; sowie Hageböke/Stangl, DK 2020, 424 (433, dort Fn. 84). 1130 Siehe dazu bereits Abschnitt E.IV.2.d)aa). 1131 Vgl. Ratsdok. 06.12.1988, R/9692/88, 8a. 1132 Vgl. Saß, DB 1990, 2340 (2342); Thömmes, WPg 1990, 473 (477); Tumpel, Harmonisierung, 1994, 187. 1133 van den Broek, Cross-Border Mergers, 2012, 201. 1134 Siehe oben Abschnitt E.IV.2.d)aa).
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IV. Kontrolle durch verfassungskonforme und richtlinienkonforme Auslegung
minderungen nicht erfasst. Des Weiteren lässt sich anführen, dass Art. 4 und Art. 7 (im Vorschlag der FRL noch Art. 8) FRL unterschiedliche Besteuerungsebenen ansprechen: Art. 4 FRL die Besteuerung auf Ebene des übertragenden Rechtsträgers und Art. 7 FRL die Ebene des Anteilseigners bzw. übernehmenden Rechtsträgers. Aufgrund der unterschiedlichen Besteuerungsebenen ist es nicht ersichtlich, dass der Richtliniengeber aufgrund der Streichung der Regelung für Wertminderungen implizit auch keine Vorgaben für Wertminderungen im übertragenen Vermögen der Sachgesamtheit machen wollte. Die Entscheidung des Richtliniengebers, auf eine Vorgabe für Wertminderungen in den Anteilen bei einer Aufwärtsverschmelzung zu verzichten, ändert nichts an der hier angestellten Auslegung, dass Art. 4 FRL einen Besteuerungsaufschub auch im Falle eines Überschusses an stillen Lasten anordnet.
3. Kontrollergebnis: verfassungs- und richtlinienkonforme Auslegung substantiieren Buchwert als absolute Wertuntergrenze Die verfassungs- und richtlinienkonforme Auslegung entfalten beide eine Kontrollfunktion, als dass nur ein Auslegungsergebnis sowohl mit der Verfassung als auch mit dem Unionsrecht in Einklang stehen kann.1135 Die verfassungskonforme Auslegung anhand des Folgerichtigkeitsgebots bestätigt das Auslegungsergebnis, dass der Buchwert die absolute Wertuntergrenze ist. Denn durch den Buchwert als Wertuntergrenze wird der Besteuerungsaufschub als gesetzgeberische Belastungsentscheidung wie auch die damit einhergehende Durchbrechung des Subjektsteuerprinzips folgerichtig iSd. Belastungsgleichheit verwirklicht. Rechtfertigungsgründe für eine Abweichung vom Folgerichtigkeitsgebot sind nicht ersichtlich. Des Weiteren bestätigt die richtlinienkonforme Auslegung den Buchwert als absolute Wertuntergrenze iRd. umwandlungssteuerlichen Bewertungswahlrechts und somit eine Buchwertfortführung im Falle eines Überschusses an stillen Lasten. Denn die FRL lässt sich dahingehend auslegen, dass Art. 4 FRL auch einen Besteuerungsaufschub im Falle eines Überschusses an stillen Lasten gewähren muss, sofern und soweit die Buchwerte übernommen werden und das Besteuerungsrecht hinsichtlich des übertragenen Vermögens ungeschmälert erhalten bleibt. Diese Auffassung wird durch die Syste1135 Vgl. Herlinghaus, ifst-Schrift Nr. 357, 1997, 39.
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E. Analyse der Bewertungsuntergrenze im System des UmwStG
matik der FRL, deren Teleologie und Entstehungsgeschichte substantiiert. Die Versagung der Buchwertfortführung und der zwanghafte Ansatz des gemeinen Werts bei einem das steuerbilanzielle Eigenkapital unterschreitenden gemeinen Wert der Sachgesamtheit würde somit gegen die Bestimmungen der FRL verstoßen.1136
V. Zusammenfassung Dieser Abschnitt dient der Analyse, ob das umwandlungssteuerliche Bewertungswahlrecht dahingehend auszulegen ist, dass im Falle eines gemeinen Werts der Sachgesamtheit, welcher die Summe der Buchwerte der übergehenden Wirtschaftsgüter unterschreitet, eine Buchwertfortführung möglich ist. Der Wortlaut ist insoweit nicht eindeutig, da er sowohl die Interpretation des Buchwerts als auch des gemeinen Werts als Obergrenze zulässt. Der Rückgriff auf die im UmwStG 1995 enthaltenen Teilwertbegrenzung führt nicht zu einem eindeutigen Ergebnis. Es wurde herausgearbeitet, dass das äußere und innere System des UmwStG und insb. die Stellung des umwandlungssteuerlichen Bewertungswahlrechts im Gesetz das Verständnis des Buchwerts als absolute Untergrenze nahelegen. Insbesondere kann dies aus dem systematischen Verhältnis der Höchstbegrenzung auf den gemeinen Wert und dem Zwischenwertansatz abgeleitet werden. Denn zum einen zeigt § 13 Abs. 2 UmwStG, dass die Höchstbegrenzung fehlt, wenn die Möglichkeit des Zwischenwertansatzes nicht besteht. Zum anderen zeigt sich, dass die Höchstbegrenzung auf den gemeinen Wert verhindern soll, dass zur Nutzung eines ansonsten untergehenden Verlustvortrags ein Wert oberhalb des gemeinen Werts (zB. der Teilwert) angesetzt wird. Des Weiteren spricht für den Buchwert als absolute Wertuntergrenze, dass nur eine Entscheidungsneutralität im Hinblick auf die Rechtsform vollständig gewährleistet werden kann. Andernfalls würde die resultierende Zwangsrealisation Umstrukturierungen verhindern. Dabei ist zu betonen, dass ein Überschuss an stillen Lasten nicht gleichbedeutend mit einem Verlust ist. Stille Lasten mindern zwar vor Realisation die Leistungsfähigkeit. Gleichwohl wird deren tatsächliches Steuerminderungspotenzial partiell durch außerbilanzielle Hinzurechnungen reduziert bzw. aufgehoben. Zumal 1136 AA. van den Broek, Cross-Border Mergers, 2012, 575; Dötsch/Stimpel in Dötsch/ Pung/Möhlenbrock, § 11 UmwStG Rn. 35.
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V. Zusammenfassung
haben stille Lasten im Gegensatz zu realisierten Verlusten noch keinen Markttest erfahren, weshalb eine Besteuerung bei unverändertem Besteuerungszugriff des Fiskus unverhältnismäßig erscheint. Damit stehen die übergeordneten Kontinuitätsbedingungen der Buchwertfortführung ebenfalls nicht entgegen. Denn solange der gemeine Wert der Sachgesamtheit einen positiven Wert aufweist, ist die Fortführung des betrieblichen Engagements ökonomisch und gesellschaftsrechtlich möglich und somit begünstigungswürdig. Das Auslegungsergebnis wird durch eine verfassungs- und richtlinienkonforme Auslegung bestätigt. Der Gesetzgeber muss die einmal getroffene Belastungsentscheidung folgerichtig umsetzen, sofern nicht aus sachlichen, nicht fiskalischen Gründen davon abgewichen werden kann. Der Besteuerungsaufschub unter der Durchbrechung des Subjektsteuerprinzips ist die im UmwStG vom Gesetzgeber folgerichtig umzusetzende Belastungsentscheidung. Dies muss gleichermaßen bei einem Überschuss an stillen Lasten gelten, da somit die gesetzgeberische Grundentscheidung folgerichtig umgesetzt wird. Eine lediglich einseitige Begünstigung von Unternehmen in Form der Gewährung einer Buchwertfortführung ließe sich nicht sachlich rechtfertigen und würde in einer verfassungsrechtlich zweifelhaften Ungleichbehandlung münden. Insofern entspricht das Verständnis des Buchwerts als absolute Wertuntergrenze den verfassungsrechtlichen Vorgaben des Folgerichtigkeitsgebots. Es wurde zudem gezeigt, dass die richtlinienkonforme Auslegung des umwandlungssteuerlichen Bewertungswahlrechts entsprechend den Vorgaben der FRL bestätigt, dass der Buchwert die absolute Wertuntergrenze darstellt. Die Vorgaben der FRL sind nach den Grundsätzen der Leur Bloem Entscheidung für rein innerstaatlichen Umstrukturierungsvorgänge maßgebend, weil die Bestimmungen des UmwStG gleichfalls für innerstaatliche sowie für grenzüberschreitende Umstrukturierungen gelten. Der sich in Art. 4 Abs. 1 FRL materialisierende Besteuerungsaufschub sieht vor, dass eine Veräußerungsgewinnbesteuerung iRe. Umstrukturierung nicht erfolgen darf. Da der Veräußerungsgewinn als Unterschiedsbetrag definiert wird, erfasst Art. 4 Abs. 1 FRL nicht nur Fälle, in denen bei einem Überschuss an stillen Lasten aufgrund von Gewinnermittlungsvorschriften ein Übertragungsgewinn entsteht, sondern die Entstehung eines Übertragungsverlusts (iSe. negativen Unterschiedsbetrags).
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E. Analyse der Bewertungsuntergrenze im System des UmwStG
Dafür spricht auch der systematische Zusammenhang von Art. 4 Abs. 2 lit. a) und Abs. 4 FRL, da der übernehmende Rechtsträger die Buchwerte fortführen muss, um bei einer späteren Marktrealisation einen Veräußerungsgewinn oder -verlust so zu ermitteln, als hätte die Umstrukturierung nicht stattgefunden. Die Zielsetzung der FRL spricht ebenfalls dafür, einen Besteuerungsaufschub auch im Falle eines Überschusses an stillen Lasten anzuordnen, da dadurch steuerliche Beschränkungen abgebaut werden, sodass sich Unternehmen an die Erfordernisse des Marktes anpassen können. Zusammenfassend steht die systematisch-teleologische Auslegung des umwandlungssteuerlichen Bewertungswahlrechts, dass der Buchwert die absolute Wertuntergrenze ist, sowohl mit der Verfassung als auch mit dem Unionsrecht in Einklang. Insofern ist eine Buchwertfortführung auch dann möglich, wenn der gemeine Wert der Sachgesamtheit den steuerlichen Buchwert des Eigenkapitals unterschreitet, solange der gemeine Wert der Sachgesamtheit nicht negativ ist.
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F. Stille Lasten bei österreichischen innerstaatlichen Umgründungen
Nachdem in den vorherigen Abschnitten die intersubjektive Übertragung stiller Lasten bei innerstaatlichen Umwandlungen untersucht wurde, wird im folgenden Abschnitt die intersubjektive Übertragung stiller Lasten im österreichischen Steuerrecht untersucht. Der Abschnitt untersucht, ob bei nationalen Umstrukturierungen in Österreich eine ähnliche Problematik wie in Deutschland besteht, wenn der gemeine Wert der Sachgesamtheit das steuerbilanzielle Eigenkapital unterschreitet.
I. Einführung in das österreichische Unternehmenssteuerrecht 1. Leitlinien des österreichischen Unternehmenssteuerrechts Das österreichische Unternehmenssteuerrecht beschreibt die Ertragsbesteuerung von Unternehmen, dh. jenen Steuersubjekten, die betriebliche Einkünfte erzielen. Das österreichische Ertragsteuerrecht umfasst die Einkommen- und die Körperschaftsteuer1137 und ähnelt in seinen Grundzügen – aufgrund der Übernahme der reichsdeutschen Steuergesetze ab 1938 – dem deutschen Steuerrecht.1138 a) Leistungsfähigkeit und imparitätisches Realisationsprinzip Das wesentliche Grundprinzip des österreichischen Ertragsteuerrechts ist ebenfalls das Leistungsfähigkeitsprinzip.1139 Nach dem Leistungsfähigkeitsprinzip soll allein das am Markt realisierte Einkommen dem Besteue1137 Vgl. Hohenwarter-Mayr, DStJG 43 (2020), 422 (423, dort Fn. 3). Die GewSt ist in Österreich mit Wirkung zum Jahr 1994 abgeschafft worden ist, vgl. Art. 7 StRefG 1993, öBGBl. Nr. 818/1993. 1138 Vgl. Kirchmayr in Doralt/Ruppe, StR I, Rn. 10 ff. sowie auch ausführlich zur Historie des österreichischen Steuerrechts Kirchmayr in Doralt/Ruppe, StR I, 2019, 5–10 (Rn. 6–12/1). 1139 Vgl. Ehgartner in Jakom. § 2 öEStG Rn. 2; Kirchmayr/Bodis/Hammerl in Doralt/ Ruppe, StR I, 2019, 21 (Rn. 22); Toifl in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, § 2 öEStG Rn. 1; vgl. auch VwGH v. 19.09.2013, 2013/15/0183; v. 22.03.2010, 2010/15/0005;
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F. Stille Lasten bei österreichischen i nnerstaatlichen Umgründungen
rungszugriff unterliegen.1140 Daraus leitet Beiser1141 die Geltung des imparitätischen Realisationsprinzips ab, da es zur Vermeidung der Besteuerung unsicherer Gewinne sachgerecht sei, Leistungspotenziale nicht dem Steuerzugriff zu unterwerfen sowie drohende Verluste und Risiken steuerlich zu berücksichtigen.1142 b) Objektives Nettoprinzip Aus dem Leistungsfähigkeitsprinzip folgt das objektive Nettoprinzip, dh. die zur Erfassung des Nettoeinkommens erforderliche Abzugsfähigkeit von Erwerbsaufwendungen.1143 Dies ist notwendig, da es andernfalls zu einer Besteuerung von nicht erzieltem Einkommen käme.1144 Gleichwohl verfügt der Gesetzgeber über einen weitreichenden rechtspolitischen Gestaltungsspielraum.1145 c) Grundsatz der Individualbesteuerung und Subjektbindung von stillen Reserven Des Weiteren gilt im österreichischen Ertragsteuerrecht der Grundsatz der Individualbesteuerung, weil das Einkommen einem Steuersubjekt zugerechnet wird, was sowohl für Zwecke der Einkommensteuer1146 als auch für
v. 26.05.2004, 2000/14/0181; v. 27.09.2000, 96/14/0141; v. 28.03.2000, 94/14/0165; v. 27.05.1999, 98/15/0100; v. 08.10.1998, 97/15/0073. 1140 Vgl. dahingehend auch VfGH v. 17.06.2009, B 53/08, unter III.2., wonach die Konzeption des Einkommensteuerrechts auf „den periodisch erzielten Zuwachs an persönlicher Leistungsfähigkeit, ausgedrückt im Wesentlichen durch das am Markt erzielte (Rein)Einkommen, erfassen [soll]“; siehe auch VfGH v. 09.12.2014, G 136/2014 ua., unter IV.8.3.2.; ähnlich auch VwGH v. 16.12.2015, 2013/15/0150; vgl. Beiser, ÖStZ 2016, 669 (670). 1141 Vgl. Beiser, SWK 2001, 640 (640 f.); Beiser, SWK 2000, 734 (734 f.). 1142 Vgl. Beiser, SWK 2001, 640 (640 f.); Beiser, SWK 2000, 734 (734 f.). 1143 Vgl. zB. VfGH v. 09.12.2014, G 136/2014 ua., unter IV.8.3.2.; v. 17.09.2009, B 53/08, unter III.2.; siehe auch Kirchmayr/Bodis/Hammerl in Doralt/Ruppe, StR I, 2019, 22 (Rn. 25); Ehgartner in Jakom, § 2 EStG Rn. 106. 1144 Vgl. VwGH 19.03.2013, 2010/15/0141; Fuchs/Unger in Hofstätter/Reichel, § 2 EStG Rn. 14. 1145 Vgl. VfGH v. 09.12.2014, G 136/2014 ua., unter IV.8.3.9 mwN. 1146 Vgl. § 2 Abs. 1 EStG und § 7 Abs. 1 KStG; vgl. auch Fuchs/Unger in Hofstätter/ Reichel, § 2 EStG Rn. 9–10; Doralt in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, § 1 EStG Rn. 3; Kirchmayr/Bodis/Hammerl in Doralt/Ruppe, StR I, 2019, 29 (Rn. 37); Achatz/Bieber in Achatz/Kirchmayr, § 1 KStG Rn. 16.
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I. Einführung in das österreichische Unternehmenssteuerrecht
Zwecke der Körperschaftsteuer1147 gilt.1148 Des Weiteren unterliegt auch unrealisiertes (latentes) Einkommen in Form von stillen Reserven einer Subjektbindung (Subjektsteuerprinzip).1149 d) Dualismus der Unternehmensbesteuerung Aus der Anerkennung der Steuersubjektivität der juristischen Person sowie dem Nebeneinander von Durchgriffs- bzw. Transparenzprinzip bei Personengesellschaften und dem Trennungsprinzip bei juristischen Personen folgt der Dualismus der Unternehmensbesteuerung,1150 dh. die unterschiedliche Steuerbelastung in Abhängigkeit der entsprechenden Unternehmensund Rechtsform.1151 Die in § 2 Abs. 3 Z 1 bis 7 öEStG erschöpfend1152 aufgezählten sieben Einkunftsarten werden gem. § 2 Abs. 4 öEStG in betriebliche und außerbetriebliche Einkunftsarten aufgeteilt.1153 Dies gilt im Grundsatz auch für Körperschaften, wobei nach dem UGB buchführungspflichtige Körperschaften, fiktiv alle steuerbaren Einkünfte der Körperschaft als Einkünfte aus Gewerbebetrieb behandelt werden.1154 Da nur unternehmerische Einheiten im Wege der UmgrStG übertragen werden können,1155 stehen betriebliche Einkünfte im Fokus, die gem. § 2 Abs. 4 Z 1 öEStG als Gewinn definiert werden.1156 1147 Vgl. Heinrich in Lachmayer/Strimitzer/Vock, § 7 KStG Rn. 12; Hohenwarter-Mayr in WU-KStG, § 1 KStG Rn. 89. 1148 Vgl. Hohenwarter-Mayr, Rechtsnachfolge, 2019, 430–431. 1149 Vgl. Hügel in Hügel/Mühlehner/Hirschler, Einl. UmgrStG Rn. 56; Hügel, Verschmelzungen und Einbringungen, 1993, 462 ff.; Hohenwarter-Mayr, Rechtsnachfolge, 2019, 454–456. 1150 Vgl. zum Nebeneinander von Durchgriffsprinzip und Trennungsprinzip; Beiser, ÖStZ 2011, 13 (14); Mayr/Bodis/Lachmayer in Doralt/Ruppe, StR I, 2019, 427–429 (Rn. 902–904). 1151 Vgl. Hohenwarter-Mayr/Holzer, RdW 2021, 509 (517 ff.); Knesl/Knesl/Uedl in FS Sulz, 2022, 213 (227 ff.) zu Überlegungen zur Beseitigung des österreichischen Dualismus der Unternehmensbesteuerung wegen des mit KöMoG in Deutschland eingeführten Optionsmodells (§ 1a KStG). 1152 Vgl. öEStR, Rn. 101; vgl. Toifls in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, § 2 EStG Rn. 6. 1153 Vgl. Kirchmayr/Bodis/Hammerl in Doralt/Ruppe, StR I, 2019, 35 (Rn. 42); Ehgartner in Jakom, § 2 EStG Rn. 115. 1154 § 7 Abs. 3 KStG, vgl. Mayr/Bodis/Lachmayer in Doralt/Ruppe, StR I, 2019, 470 (Rn. 957); Naux in WU-KStG, § 7 KStG Rn. 163; Heinrich in Lachmayer/Strimitzer/Vock, § 7 KStG Rn. 290 ff. 1155 Vgl. Hügel in Hügel/Mühlehner/Hirschler, Einf. UmgrStG Rn. 12; Tumpel/Moshammer in Bertl et al., HdB Steuerlehre III, 2017, 80 1156 Vgl. Ehgartner in Jakom, § 2 EStG Rn. 107; so auch Toifls in Doralt/Kirchmayr/ Mayr/Zorn, § 2 EStG Rn. 8.
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F. Stille Lasten bei österreichischen i nnerstaatlichen Umgründungen
2. Betriebsvermögensvergleich als Gewinnermittlungsart a) Unternehmensrechtlicher Betriebsvermögensvergleich Der Gewinn ergibt sich, entsprechend seiner Legaldefinition in § 4 Abs. 1 S. 1 öEStG, grds. als Unterschiedsbetrag aus einem Betriebsvermögensvergleich.1157 Der Betriebsvermögensvergleich kann entweder als rein steuerlicher Betriebsvermögensvergleich (§ 4 Abs. 1 öEStG) oder als unternehmensrechtlicher Betriebsvermögensvergleich unter Berücksichtigung der steuerlichen Gewinnermittlungsvorschriften erfolgen (§ 5 Abs. 1 öEStG).1158 Dadurch wird zusätzlich zu den allgemeinen GoB die Maßgeblichkeit der unternehmensrechtlichen GoB angeordnet, sofern steuerliche Vorschriften nicht Abweichendes regeln.1159 Voraussetzung für den unternehmensrechtlichen Betriebsvermögensvergleich ist die Erzielung gewerblicher Einkünfte sowie eine Rechnungslegungspflicht gem. § 189 UGB.1160 Die Rechnungslegungspflicht erstreckt sich auf Kapitalgesellschaften (§ 189 Abs. 1 Z 1 UGB) oder unternehmerisch tätige Personengesellschaften, mit keiner natürlichen Person als unbeschränkt haftendem Gesellschafter (§ 189 Abs. 1 Z 2 lit. a) u. b) UGB)1161 sowie Unternehmer mit einem Jahresumsatz pro Betrieb von mehr als 700 TEUR (§ 189 Abs. 1 Z 3 UGB).1162
1157 Vgl. öEStR, Rn. 402. Über § 7 Abs. 2 KStG gelten die Gewinnermittlungsgrundsätze auch für Körperschaften, vgl. Mayr/Bodis/Lachmayer in Doralt/Ruppe, StR I, 2019, 471 (Rn. 958). 1158 Vgl. Kirchmayr/Bodis/Hammerl in Doralt/Ruppe, StR I, 2019, 133 (Rn. 161); Marschner in Jakom, § 4 EStG Rn. 16. 1159 Vgl. § 5 Abs. 1 S. 1 EStG, siehe dazu Zorn in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, § 4 EStG Rn. 100; Marschner in Jakom, § 4 EStG Rn. 191 ff., § 5 EStG Rn. 17. 1160 Vgl. Zorn in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, § 4 EStG Rn. 7; Herzog/Mayr in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, § 5 EStG Rn. 2; Kirchmayr/Bodis/Hammerl in Doralt/Ruppe, StR I, 2019, 133 (Rn. 165), idS auch Heinrich in Lachmayer/Stri mitzer/Vock, § 7 KStG Rn. 311. 1161 Dazu gehören sog. kapitalistische Personengesellschaft, bei denen ein unbeschränkt haftender Gesellschafter selbst nur beschränkt haftbar ist, weil es sich um eine Kapitalgesellschaft handelt (§ 189 Abs. 1 Z 2 lit. a) UGB), sowie Personengesellschaften, bei denen keine natürliche Person als unbeschränkt haftender Gesellschafter beteiligt ist (§ 189 Abs. 1 Z 2 lit. b) UGB), vgl. dazu Kirchmayr/Bodis/ Hammerl in Doralt/Ruppe, StR I, 2019, 133 f. (Rn. 165). 1162 Vgl. Zorn in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, § 4 EStG Rn. 8; Marschner in Jakom, § 5 EStG Rn. 19.
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I. Einführung in das österreichische Unternehmenssteuerrecht
Der unternehmensrechtliche Betriebsvermögensvergleich unterscheidet sich vom steuerrechtlichen Betriebsvermögensvergleich dahingehend, dass beim unternehmensrechtlichen Betriebsvermögensvergleich1163 – die Bildung von gewillkürtem Betriebsvermögen1164 sowie ein abweichendes Wirtschaftsjahr zulässig sind,1165 – Rückstellungen und RAP zwingend zu bilden sind1166 und – zusätzlich zu den allgemeinen GoB die unternehmensrechtlichen GoB1167 ebenso zu beachten sind wie die vom unternehmensrechtlichen Vorsichtsprinzip geprägten Bewertungsregeln.1168 b) Maßgeblichkeit der unternehmensrechtlichen GoB (insb. Vorsichtsprinzip) Es ist zu beachten, dass in Österreich die formelle Maßgeblichkeit herrscht,1169 dh. die Steuerbilanz ist eine aus der konkreten Unternehmensbilanz ab geleitete Bilanz, bei der die Wahlrechte bereits in der Unternehmensbilanz ausgeübt werden. In praxi wird daher versucht, eine Unternehmensbilanz aufzustellen, die weitestgehend den steuerbilanziellen Anforderungen entspricht.1170 Die für den unternehmensrechtlichen Betriebsvermögensvergleich iSv. § 5 Abs. 1 S. 1 öEStG maßgeblichen materiellen1171 GoB sind im Wesentlichen in 1163 1164 1165 1166 1167 1168
Vgl. Herzog/Mayr in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, § 5 EStG Rn. 44. Vgl. Kirchmayr/Bodis/Hammerl in Doralt/Ruppe, StR I, 2019, 133 (Rn. 162). Vgl. Kirchmayr/Bodis/Hammerl in Doralt/Ruppe, StR I, 2019, 133 (Rn. 164). Vgl. Marschner in Jakom, § 4 EStG Rn. 43. Vgl. Kirchmayr/Bodis/Hammerl in Doralt/Ruppe, StR I, 2019, 133 (Rn. 163). Vgl. Marschner in Jakom, § 4 EStG Rn. 43; Zorn in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, § 4 EStG Rn. 6. 1169 Vgl. Zorn in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, § 4 EStG Rn. 109; Marschner in Jakom, § 4 EStG Rn. 203. 1170 Vgl. Kirchmayr/Bodis/Hammerl in Doralt/Ruppe, StR I, 2019, 152 f. (Rn. 203). 1171 Vgl. zu den formellen GoB Zorn in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, § 4 EStG Rn. 117. Zu den formellen GoB gehört die Nachvollziehbarkeit der Geschäftsvorfälle (§ 190 Abs. 1 UGB, § 131 Abs. 1 BAO, dazu öEStR, Rn. 420); sowie die vollständige, richtige, zeitgerechte und geordnete Eintragung in den Büchern (§ 190 Abs. 3 UGB, vgl. auch Marschner in Jakom, § 4 EStG Rn. 178). Auch die Vermittlung eines zutreffenden Bildes der Vermögens- und Ertragslage durch den Jahresüberschuss sowie eine klare und übersichtliche Aufstellung (§ 195 UGB) gehören zu den formellen GoB. Das Vermögen ist gesondert auszuweisen (§ 198 Abs. 1 UGB) und es besteht ein Saldierungsverbot von Aktiva und Passiva sowie Aufwendungen und Erträgen (§ 196 Abs. 2 UGB).
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F. Stille Lasten bei österreichischen i nnerstaatlichen Umgründungen
§ 201 UGB kodifiziert.1172 Dazu gehören,1173 die Bewertungsstetigkeit (§ 201 Abs. 2 Z 1 UGB), das Prinzip der Unternehmensfortführung (§ 201 Abs. 2 Z 2 UGB), der Einzelbewertungsgrundsatz (§ 201 Abs. 2 Z 3 UGB) sowie das Vorsichtsprinzip (§ 201 Abs. 1 Z 4 UGB), woraus sich als besondere Ausprägungen das Realisations- und Imparitätsprinzip (§ 201 Abs. 1 Z 4 lit. a), b) UGB) ableiten. In der Unternehmensbilanz erstreckt sich das Vorsichtsprinzip als kodifizierter GoB auf die Bilanzierung, dh. den Ansatz und die Bewertung, wodurch die Bildung von stillen Reserven erleichtert werden, weshalb es der Gläubigerschutzfunktion des Jahresabschlusses dient.1174 Es gebietet die Berücksichtigung erkennbarer Risiken und Verluste und materialisiert sich in einer unternehmensrechtlichen Passivierungspflicht für Rückstellungen sowie dem Niederstwertprinzip.1175 Aus dem Vorsichtsprinzip folgt das Imparitätsprinzip, sodass noch nicht realisierte Verluste bereits im Zeitpunkt der (wirtschaftlichen) Verursachung bilanziell erfasst werden,1176 wohingegen Gewinne nach dem Realisationsprinzip erst bei deren Bestätigung am Markt als erzielt gelten (imparitätisches Realisationsprinzip).1177 Das Vorsichtsprinzip wird in seiner Ausprägung als Imparitätsprinzip – neben dem Realisationsprinzip – als unternehmensrechtlicher GoB gem. § 5 Abs. 1 öEStG für den unternehmensrechtlichen Betriebsvermögensvergleich maßgeblich.1178 Dies hat ein Verbot des Ausweises nicht realisierter Gewinne und eine Pflicht zum Ausweis von nicht realisierten Verlusten zur Folge.1179 1172 Vgl. Zorn in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, § 4 EStG Rn. 104. 1173 Vgl. zum folgenden Zorn in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, § 4 EStG Rn. 123. 1174 Vgl. Hofbauer/Schiemer-Haberl/Rohatschek in Aschauer/Bertl/Fröhlich/Mandl, HdB RLG, § 201 UGB Rn. 50; vgl. auch Mayr in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, § 6 EStG Rn. 33. 1175 Vgl. erneut Zorn in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, § 4 EStG Rn. 104. 1176 Vgl. Bertl/Hirschler, RWZ 2010, 13; Hofbauer/Schiemer-Haberl/Rohatschek in Aschauer/Bertl/Fröhlich/Mandl, HdB RLG, § 201 UGB Rn. 61. 1177 Vgl. Zorn in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, § 4 EStG Rn. 123. 1178 Vgl. ErlRV StRefG 1993, 1237 BlgNR XVIII. GP, 50 (linke Sp.): „Nicht realisierte Verluste sind [.] im Hinblick auf das – ebenfalls steuerlich grundsätzlich geltende – Vorsichtsprinzip auszuweisen.“; vgl. Mayr in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, § 6 EStG Rn. 35. Dies stellt einen essenziellen Unterschied zum steuerlichen Betriebsvermögensvergleich (§ 4 Abs. 1 öEStG) dar, vgl. Marschner in Jakom, § 4 EStG Rn. 196. 1179 Vgl. Marschner in Jakom, § 4 EStG Rn. 196; Mayr in Doralt/Kirchmayr/Mayr/ Zorn, § 6 EStG Rn. 50.
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II. Entstehung stiller Lasten im österreichischen Steuerrecht
II. Entstehung stiller Lasten im österreichischen Steuerrecht 1. Stille Lasten in Aktiva Aktivseitige stille Lasten existieren im Falle eines steuerlichen Buchwerts, der über dem tatsächlichen Wert (zB. Teilwert oder gemeinen Wert) liegt. Im deutschen Steuerrecht ist die Entstehung aktivseitige stiller Lasten denkbar, wenn das steuerbilanzielle Wahlrecht zum Ansatz eines niedrigeren Teilwerts in Abweichung von der Handelsbilanz nicht ausgeübt wird.1180 Das österreichische Bilanzsteuerrecht sieht in § 6 Z 1 S. 3 öEStG für abnutzbares Anlagevermögen bzw. in § 6 Z 2 S. 2 öEStG für nichtabnutzbares Anlagevermögen und Umlaufvermögen ebenfalls ein Wahlrecht1181 zur Teilwertabschreibung vor. Aufgrund der Maßgeblichkeit des unternehmensrechtlichen Imparitätsprinzips besteht jedoch im iRd. unternehmensrechtlichen Betriebsvermögensvergleichs iSv. § 5 Abs. 1 öEStG bei einer voraussichtlich dauernden Wertminderung eine Pflicht zum Ansatz eines niedrigen Teilwerts.1182 Somit sind steuerliche stille Lasten aufgrund einer autonomen steuerlichen Wahlrechtsausübung in Österreich nicht denkbar. Nur wenn der Teilwert unterhalb des unternehmens- und steuerrechtlichen Buchwerts sinkt und damit noch keine dauerhafte Wertminderung darstellt, ist die Entstehung stillen Last in aktiven Wirtschaftsgütern denkbar.1183
2. Stille Lasten in Passiva a) Verbindlichkeiten Verbindlichkeiten sind gem. § 211 Abs. 1 S. 1 UGB mit dem Erfüllungsbetrag zu passivieren und am folgenden Bilanzstichtag unter Beachtung des Höchstwertprinzips1184 neu zu bewerten.1185 Steuerrechtlich sind Verbind1180 Siehe Abschnitt B.I.1. 1181 Siehe Wortlaut von § 6 Z 1 S. 3 öEStG bzw. § 6 Z 2 S. 2 öEStG (Herv. d. Verf.): „Ist der Teilwert niedriger, so kann dieser angesetzt werden.“ 1182 Vgl. Kirchmayr/Bodis/Hammerl in Doral/Ruppe, StR I, 2019, 212 (Rn. 351 f.), 215 (Rn. 359); siehe auch Mayr in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, § 6 EStG Rn. 19; vgl. auch Zorn, ÖStZ 2001, 186 (188). 1183 Vgl. Gebetsroither, SWI 2014, 566 (570); Reinold/Schimmer, ÖStZ 2017, 551 (557, dort Fn. 82). 1184 Vgl. Kanduth-Kristen/Linder, taxlex, 2020, 187 (187). 1185 Vgl. Ehgartner in Jakom, § 6 EStG Rn. 104.
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F. Stille Lasten bei österreichischen i nnerstaatlichen Umgründungen
lichkeiten gem. § 6 Z 3 iVm. § 6 Z 2 lit. a) öEStG mit Anschaffungskosten zu bewerten.1186 Die Anschaffungskosten einer Verbindlichkeit werden durch den Rückzahlungsbetrag determiniert,1187 worunter der Erfüllungsbetrag zu verstehen ist.1188 Steigt der Teilwert (Erfüllungsbetrag) der Verbindlichkeit, besteht iRd. Gewinnermittlung nach § 5 Abs. 1 öEStG aufgrund des maßgeblichen Vorsichtsprinzips eine Pflicht zur Wertzuschreibung,1189 insofern besteht ein Gleichlauf zwischen unternehmens- und steuerrechtlicher Bewertung. Bei überverzinslichen Verbindlichkeiten, dh. Verbindlichkeiten mit einem vereinbarten Zins, der das Marktzinsniveau überschreitet, hat Zöchling1190 die Entstehung stiller Lasten untersucht, dies jedoch verneint.1191 Durch Überverzinslichkeit steigt der beizulegende Wert1192 (bzw. der Zeitwert) über den Erfüllungsbetrag; der Erfüllungsbetrag bleibt jedoch gleich. Eine unternehmensrechtliche Aufwertung ist somit nicht vorzunehmen, allerdings ist eine Drohverlustrückstellung iHd. Barwerts der Zinsdifferenzen zu passivieren, womit im Ergebnis die Differenz zwischen Erfüllungsbetrag und beizulegendem Wert abgebildet wird.1193 Steuerrechtlich führt eine hohe Überverzinslichkeit zu einer Zuschreibungspflicht der Verbindlichkeit auf den höheren Teilwert.1194 In der Gesamtbetrachtung wird der höhere Wert der Verbindlichkeit in Unternehmens- und Steuerbilanz berücksichtigt, sodass keine stille Last entsteht.1195
1186 Vgl. Zöchling, SWK 2015, 1191; Kirchmayr/Bodis/Hammerl in Doralt/Ruppe, StR I, 2019, 220 (Rn. 375). 1187 Vgl. VwGH v. 23.11.1994, 91/13/0111; v. 24.05.1993, 92/15/0041; Ehgartner in Jakom, § 6 EStG Rn. 104; Mayr in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, § 6 EStG Rn. 258. 1188 Vgl. Mayr, Rückstellungen, 2004, 252; Mayr in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, § 6 EStG Rn. 258. 1189 Vgl. Mayr in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, § 6 EStG Rn. 265; Kirchmayr/Bodis/ Hammerl in Doralt/Ruppe, StR I, 2019, 220 (Rn. 376). 1190 Zöchling, SWK 2015, 1191. 1191 Vgl. Zöchling, SWK 2015, 1191 (1192) (Herv. d. Verf.): „[…] bei überverzinslichen Verbindlichkeiten [ergeben sich] keine passivseitigen stillen Lasten […]“. 1192 Der beizulegende Wert iSv. § 189a Z 3 UGB entspricht dem steuerlichen Teilwert, vgl. Zöchling, SWK 2015, 1191 (1192, dort Fn. 2). 1193 Vgl. Zöchling, SWK 2015, 1191 (1193, 1194). 1194 Vgl. Zöchling, SWK 2015, 1191 (1193); Mayr in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, § 6 EStG Rn. 267; Ehgartner in Jakom, § 6 EStG Rn. 106; EStR 2000, Rn. 2449. 1195 Missverständlich insoweit Hirschler/Knesl, ÖStZ 2016, 257 (259), die von stillen Lasten sprechen, „[…] die unternehmensrechtlich und ertragsteuerlich durch Bildung einer Drohverlustrückstellung bzw Bewertung der Verbindlichkeit berück-
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Stille Lasten können nach der hier vertretenen Auffassung nur dann entstehen, wenn bei der Ermittlung des beizulegenden Werts der überverzins lichen Verbindlichkeit nicht der Barwert der Zinsdifferenzen, sondern die Aufwendungen berücksichtigt werden, die anfallen, um die überverzins liche Verbindlichkeit durch eine marktüblich verzinste Verbindlichkeit zu ersetzen,1196 und diese Aufwendungen geringer sind als der Barwert der Zinsdifferenz, da insoweit eine unternehmens- und steuerrechtliche Unterbewertung erfolgen würde. b) Rückstellungen aa) Steuerlich zulässige Rückstellungen Passivseitige stille Lasten werden im österreichischen Schrifttum überwiegend mit Rückstellungen assoziiert.1197 Rückstellungen sind Ausdruck des maßgeblichen Vorsichtsprinzips1198 und dienen dem Leistungsfähigkeits prinzip.1199 Aus der Maßgeblichkeit des UGB folgt, dass eine Pflicht zur Bildung einer unternehmensrechtlichen Rückstellung auch für Zwecke der steuerlichen Gewinnermittlung zu berücksichtigen ist, soweit steuerliche Vorschriften nicht anderes vorsehen.1200 § 9 Abs. 1 öEStG normiert abschließend1201 die folgenden steuerlich zulässigen Rückstellungen: – Anwartschaften auf Abfertigungen (§ 9 Abs. 1 Z 1 öEStG), – laufende Pensionen und Anwartschaften auf Pensionen (§ 9 Abs. 1 Z 2 öEStG),
sichtigt werden […]“. Die bilanzielle Berücksichtigung führt allerdings zu Aufwand, sodass die Lasten nicht mehr „still“ sind. 1196 Dafür Zöchling, SWK 2015, 1191 (1193). 1197 Vgl. zB. Hayden, Formwechsel, 2018, 230; Hirscher/Knesl, ÖStZ 2016, 257 (259); 1198 Vgl. Kirchmayr/Bodis/Hammerl in Doralt/Ruppe, StR I, 2019, 232 (Rn. 400); zur Drohverlustrückstellung siehe bspw. Höltschl/Nitschinger/Stückler, ÖStZ 2016, 659 (661). 1199 Vgl. Beiser, SWK 2000, 734 (734 f.); aA. Doralt, RdW 1998, 514 (515); Doralt, DB 1998, 1357. 1200 Vgl. VwGH v. 27.04.2020, Ra 2020/15/0014, Rn. 24; v. 29.03.2017, Ra 2016/15/0005, Rn. 27; v. 20.12.2016, Ro 2014/15/0012, Rn. 12; v. 24.09.2014, 2010/13/0062; v. 26.07.2006, 2006/14/0106; v. 30.10.2003, 99/15/0261; v. 07.10.2003, 99/15/0246; v. 27.11.2001, 2001/14/0081; vgl. Zorn in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, § 9 EStG Rn. 25. 1201 Vgl. § 9 Abs. 1 öEStG, Zorn in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, § 9 EStG Rn. 23/3 „[…] erschöpfend […]“.
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– sonstige ungewisse Verbindlichen, wenn die Rückstellung nicht Abfer tigungen, Pensionen oder Jubiläumsgelder betreffen (Verbindlichkeitsrückstellungen) (§ 9 Abs. 1 Z 3 öEStG) sowie – drohende Verluste aus schwebenden Geschäften (§ 9 Abs. 1 Z 4 öEStG). Daraus folgt, dass die Rückstellungsbildung für Zuwendung anlässlich eines Firmenjubiläums1202 sowie unternehmensrechtlich zulässige Aufwandsrückstellungen (§ 198 Abs. 8 Z 2 UGB1203) in der Steuerbilanz unzulässig ist.1204 Für Pauschalrückstellung, dh. Rückstellungen für Verpflichtungen, bei denen die Inanspruchnahme wahrscheinlich, diese jedoch noch nicht dem Grunde nach entstanden ist, sondern nur auf Erfahrungen beruht (zB. bei Gewährleistungs-, Garantie- und Produkthaftungsrisiken),1205 bestand bis einschließlich 2020 ein steuerliches Passivierungsverbot.1206 Das Verbot der steuerlichen Pauschalrückstellungen wurde mit Wirkung zum Jahre 2021 für Verbindlichkeitsrückstellungen1207 aufgehoben.1208 Es lässt sich die erste Schlussfolgerung ziehen, dass stille Lasten dadurch entstehen können, dass für ein Risiko bilanziell nicht vorgesorgt werden darf, weil es zB. an der Wahrscheinlichkeit als notwendiges Konkretisierungserfordernis für eine Rückstellungsbildung fehlt,1209 indes ein gedachter Erwerber dieses Risiko bei der Kaufpreisbemessung mindernd berücksichtigen würde.1210
1202 Vgl. krit. Kirchmayr in GS Gassner, 495 (510–511), weil das Rückstellungsverbot für Dienstjubiläen hingegen als verfassungswidrig erklärt wurde (s. dazu VfGH v. 09.12.1997, G 403/97). 1203 Vgl. Eberthartinger/Weinhandl in Aschauer/Bertl/Fröhlich/Mandl, HdB RLG, § 198 Abs. 8 UGB Rn. 5. 1204 Vgl. Zorn in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, § 9 EStG Rn. 23/3, 28–28/3; so auch Kirchmayr/Bodis/Hammerl in Doralt/Ruppe, StR I, 2019, 233 (Rn. 402). 1205 Vgl. zur Abgrenzung öEStR, Rn. 3319. 1206 Vgl. VwGH v. 20.10.2010, 2007/13/0085; Zorn in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, § 9 EStG Rn. 65 ff. 1207 Vgl. § 9 Abs. 3 S. 2 öEStG: „Rückstellungen im Sinne des Abs. 1 Z 3 […]“; ausgenommen sind daher Pauschalrückstellung für Verlustrückstellungen; vgl. Zorn in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, § 9 EStG Rn. 69. 1208 Vgl. Art. 1 Ziff. 1, 2 COVID-19-Steuermaßnahmengesetz (COVID-19-StMG), öBGBl. 3/2021. 1209 Vgl. Zorn in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, § 9 EStG Rn. 10, 51. 1210 Vgl. Hirschler/Knesl, ÖStZ 2016, 257 (259).
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bb) Verbindlichkeits- und Drohverlustrückstellungen Des Weiteren können sich stille Lasten ergeben, wenn Rückstellungen steuerlich unterbewertet sind.1211 Verbindlichkeitsrückstellungen und Drohverlustrückstellungen sind gem. § 211 Abs. 1 S. 2 UGB mit dem bestmöglich zu schätzenden Erfüllungsbetrag anzusetzen.1212 Steuerrechtlich erfolgt die Bewertung von Verbindlichkeits- und Drohverlustrückstellungen mit dem Teilwert1213 (§ 9 Abs. 5 S. 1 öEStG).1214 Bei einer Restlaufzeit am Bilanzstichtag von mehr als 12 Monaten ist unternehmensrechtlich eine Abzinsung mit einem marktüblichen Zinssatz vorzunehmen (§ 211 Abs. 2 S. 1 UGB). Steuerlich ist der Teilwert mit einem fixen Zinssatz iHv. 3,5% abzuzinsen.1215 Prima facie ergeben sich durch die unterschiedlichen Abzinsungssätze in Niedrigzinsphasen unternehmensrechtlich höhere Rückstellungsansätze als steuerrechtlich, was zu steuerlichen stillen Lasten führt.1216 Den Erläuterungen zum RÄG 20141217 zur Folge können zur Bestimmung der Marktüblichkeit die von der deutschen Bundesbank qua Rechtsverordnung gem. § 253 Abs. 2 S. 4 HGB veröffentlichten Zinssätze oder der fixe steuerliche Zinssatz iSv. § 9 Abs. 5 S. 2 öEStG iHv. 3,5% für die Abzinsung der Rückstellung in der Unternehmensbilanz verwendet werden.1218 Bei Anwendung des steuerlichen Zinssatzes würden so Abweichungen vermieden.1219 Gleichwohl berücksichtigt der fixe steuerliche Abzinsungssatz keine entsprechenden Marktentwicklungen, weshalb die Abzinsungssätze der deutschen Bundes-
1211 Vgl. Hirschler/Knesl, ÖStZ 2016, 257 (259); dazu auch bereits Abschnitt B.I.2. 1212 Vgl. Atak/Patloch-Kofler/Reiterin Aschauer/Bertl/Fröhlich/Mandl, HdB RLG, § 211 UGB Rn. 52. 1213 Bei Verbindlichkeitsrückstellungen ist der Teilwert der Betrag, der zur Tilgung der ungewissen Verbindlichkeit erforderlich ist, bei Drohverlustrückstellungen drückt der Teilwert den aus steuerlicher Sicht eintretenden Aufwandsüberhang bei Realisation des schwebenden Geschäfts aus, vgl. dazu Zorn in Doralt/Kirchmayr/Mayr/ Zorn, § 9 EStG Rn. 99, 99/2. 1214 Vgl. Kirchmayr in GS Gassner, 2005, 495 (511); Mayr, Rückstellungen, 2004, 251. 1215 Vgl. § 9 Abs. 5 S. 2 öEStG, dazu öEStR, Rn. 3309b; Höltschl/Nitschinger/Stückler, ÖStZ 2016, 659 (666). Im Übrigen stellt der Teilwert iSv. § 9 Abs. 5 S. 1, 2 öEStG den Erfüllungsbetrag vor Abzinsung dar, vgl. VfGH v. 27.11.2020, G 307/2020, unter IV.2.6.3; Zorn in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, § 9 EStG Rn. 98/3. 1216 Vgl. dazu Bachmann/Richter/Risse, DB 2017, 2301. 1217 Rechnungslegungs-Änderungsgesetz 2014, öBGBl. 22/2015. 1218 Vgl. ErlRV RÄG 2014, 367 BlgNR XXV. GP, 8; Jankovic/Steiner in Jabornegg/Artmann, UGB II, § 211 UGB Rn. 20. 1219 Vgl. Wolf, RWP 2020, 18 (21); Mayr, RdW 2014, 152 (155).
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F. Stille Lasten bei österreichischen i nnerstaatlichen Umgründungen
bank vorzugswürdig seien.1220 Festhalten lässt sich demnach, dass stille Lasten bei Rückstellungen dann entstehen können, wenn unternehmens rechtlich ein marktüblicher Abzinsungssatz verwendet wird, welcher den steuerlichen Abzinsungssatz von 3,5% unterschreitet. cc) Sozialkapitalrückstellungen Die Existenz stiller Lasten wird oftmals mit steuerlich unterbewerteten Sozialkapitalrückstellungen assoziiert.1221 Zu den sog. Sozialkapitalrückstellungen gehören Rückstellungen für Abfertigungen (iSe. Entgelts für eine Dienstleistung und Betriebstreue), Pensionen und Jubiläumsgelder.1222 Das Abfertigungsrecht wurde im Jahre 2002 dahingehend verändert, dass Arbeitgeber verpflichtet sind, für neue Mitarbeiter einen Anteil iHv. 1,53% des Bruttolohnes an eine Vorsorgekasse zu zahlen.1223 Folglich hat der Arbeitnehmer einen Abfertigungsanspruch gegenüber der Vorsorgekasse. Hinsichtlich des bestehenden Anspruchs konnten Mitarbeiter zwischen dem Verbleib im alten System, dem Einfrieren ihrer Ansprüche mit Wechsel in das neue System und einem gänzlichen Wechsel unter Übertragung ihrer Ansprüche auf die Vorsorgekasse wählen.1224 Abfertigungsrückstellungen müssen somit gebildet werden, sofern der Unternehmer, zB. aufgrund der Wahl des Mitarbeiters für das alte System oder aufgrund von freiwillig höher gewährten Abfertigungsansprüchen selbst verpflichtet ist, Abfertigungen zu zahlen.1225 Abfertigungsrückstellungen sind mit dem Betrag in der Unternehmensbilanz zu passivieren, der sich nach versicherungsmathematischen1226 Grundsätzen ergibt. Die Rückstellung ist so zu passivieren, dass 1220 Vgl. Mayr, RdW 2015, 189 (191); Moser, ÖStZ 2015, 539 (540); Jankovic/Steiner in Jabornegg/Artmann, UGB II, § 211 UGB Rn. 20. 1221 Vgl. Mayr in Anti-BEPS-RL, 2017, 61 (71); Hayden, Formwechsel, 2018, 230; öEStR, Rn. 2518m: „Liegt der Fremdvergleichspreis eines passiven Wirtschaftsgutes über dem steuerlichen Buchwert, kommt es […] zu einer steuerwirksamen Aufdeckung stiller Lasten (zB in einer Sozialkapitalrückstellung).“ 1222 Vgl. Hirschler/Rohner in Bertl et al., HdB Steuerlehre II, 2016, 182; Wolf, RWP 2020, 18. 1223 Vgl. Hirschler/Rohner in Bertl et al., HdB Steuerlehre II, 2016, 182; Doralt in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, § 14 EStG Rn. 1/1. 1224 Vgl. Doralt in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, § 14 EStG Rn. 1/1. 1225 Vgl. Doralt in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, § 14 EStG Rn. 1/2; Mühlehner in Hofstätter/Reichel, § 14 EStG Rn. 1–2. 1226 Gem. § 211 Abs. 1 S. 4 UGB ist auch eine Ermittlung anhand finanzmathematischer Methoden zulässig, sofern im Einzelfall dagegen keine erheblichen Bedenken bestehen.
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II. Entstehung stiller Lasten im österreichischen Steuerrecht
sie sich über den Ansammlungszeitraum, dh. vom Beginn des Dienstverhältnisses bzw. der Abfertigungszusage bis zum Verpflichtungseintritt, ratierlich bis zur zu zahlenden Abfertigung im Zeitpunkt des Ausscheidens aufbaut.1227 Steuerrechtlich gelten für die Bewertung von Sozialkapitalrückstellungen gem. § 9 Abs. 2 öEStG die Sonderregelungen des § 14 öEStG.1228 Die steuerbilanzielle Höhe der Abfertigungsrückstellung richtet sich nach den fiktiven Abfertigungsansprüchen, dh. den Ansprüchen, die der Arbeitgeber am Bilanzstichtag im Falle eines Ausscheidens aus dem Dienstverhältnis zahlen müsste, die höchsten auf 45% begrenzt sind.1229 Vereinfacht lässt sich daraus der Schluss ziehen, dass der unternehmensrechtliche Ansatz der Abfertigungsrückstellung höher ist als der steuerbilanzielle Ansatz. Pensionsrückstellungen und vergleichbare langfristige Verpflichtungen sind unternehmensrechtlich nach versicherungsmathematischen Grundsätzen anzusetzen.1230 Wesentliche Wertdeterminante ist der entsprechende Abzinsungssatz. Dieser kann entweder als Marktzinssatz anhand einer währungs- und laufzeitäquivalenten, festverzinslichen Industrieanleihe (§ 211 Abs. 2 S. 1 UGB) oder anhand eines durchschnittlichen Marktzinssatzes der letzten 15 Jahre (§ 211 Abs. 2 S. 2 UGB) bestimmt werden.1231 Die Maßgeblichkeit des Unternehmensrechts wird für die Pensionsrückstellungen der Höhe nach durch § 14 Abs. 6 Z 1 bis 6 öEStG durchbrochen. Dadurch entstehen stille Lasten. Zwar sind Pensionsrückstellungen – insoweit ähnlich wie im Unternehmensrecht – nach anerkannten Regelungen der Versicherungsmathematik zu ermitteln (§ 14 Abs. 6 Z 1 öEStG). Steuerlich bestehen jedoch die dahingehend Bewertungsbeschränkungen, dass bspw. der Berechnung höchstens 80% des letzten laufenden Aktivbezugs des Arbeitnehmers zugrunde zu legen sind (§ 14 Abs. 6 Z 5 öEStG1232).1233 Maßgeblich zur 1227 Vgl. Atak/Patloch-Kofler/Reiter in Aschauer/Bertl/Fröhlich/Mandl, HdB RLG, § 211 UGB Rn. 105 ff. 1228 Vgl. Zorn in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, § 9 EStG Rn. 43/4. 1229 Vgl. § 14 Abs. 1 S. 2 öEStG; Doralt in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, § 14 EStG Rn. 19. 1230 Vgl. § 211 Abs. 1 S. 2 UGB; Jankovic/Steiner in Jabornegg/Artmann, UGB II, § 211 UGB Rn. 21. 1231 Vgl. Atak/Patloch-Kofler/Reiter in Aschauer/Bertl/Fröhlich/Mandl, HdB RLG, § 211 UGB Rn. 86; Jankovic/Steiner in Jabornegg/Artmann, UGB II, § 211 UGB Rn. 23. 1232 Vgl. Hirschler/Rohner in Bertl et al., HdB Steuerlehre II, 2016, 184. 1233 Vgl. Mühlehner in Hofstätter/Reichel, § 14 EStG Rn. 18.2 ff.; Kanduth-Kristen in Jakom, § 14 EStG Rn. 54.
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F. Stille Lasten bei österreichischen i nnerstaatlichen Umgründungen
Bildung stiller Lasten trägt der gesetzlich fixierte steuerliche Abzinsungssatz iHv. 6% (§ 14 Abs. 6 Z 6 öEStG) bei, der – noch deutlicher als der steuerliche Abzinsungssatz bei Verbindlichkeits- und Drohverlustrückstellung1234 – in Niedrigzinsphasen den Marktzins übersteigt. Dies spricht ebenfalls dafür, dass Pensionsrückstellungen steuerlich mit einem niedrigeren Wert passiviert sind als unternehmensrechtlich. Das Schrifttum deutet implizit darauf hin, dass insb. Sozialkapitalrückstellungen steuerlich unterbewertet sind. So assoziiert Mayr1235 und ihm folgend Hayden1236 stille Lasten im Kontext der Steuerentstrickung iSv. § 6 Z 6 lit. a) öEStG mit „[…] zu niedrig dotierte[n] Sozialkapitalrückstellungen“1237. Zudem wird im Rahmen des Ansatzes von Rückstellungsverpflichtungen bei der Veräußerungsgewinnermittlung vertreten, dass der Unterschiedsbetrag zwischen der tatsächlichen Rückstellungshöhe und dem geringeren Buchwert als realisierte stille Last den Veräußerungsgewinn mindert.1238
3. Zwischenergebnis Stille Lasten können auch im österreichischen Steuerrecht entstehen. Gleichwohl ist die Entstehung stiller Lasten in Österreich im Vergleich zum deutschen Steuerrecht dahingehend eingeschränkt, dass in wesentlichen Punkten die Maßgeblichkeit des österreichischen Unternehmensrechts deutlich stärker ausgeprägt ist als im deutschen Steuerrecht. Deutlich zeigt sich dies durch die Maßgeblichkeit des Vorsichts- und Imparitätsprinzips beim unternehmensrechtlichen Betriebsvermögensvergleich iSv. § 5 Abs. 1 öEStG. Denn insoweit besteht ein Gleichlauf von Handels- und Steuerbilanz bei 1234 Der VfGH hat jüngst entschieden, dass die unterschiedlichen Abzinsungssätze für Rückstellungen außerhalb des Sozialkapitals (gem. § 9 Abs. 5 S. 1 öEStG: 3,5%) und innerhalb des Sozialkapitals (gem. § 14 Abs. 6 Z 6 öEStG: 6%) verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden sind. Denn der Gesetzgeber habe einen weitreichenden Gestaltungsspielraum, sodass er bzgl. der Auswirkungen auf das Steueraufkommen für unterschiedliche Rückstellungen differenzieren könne. Zumal würde dadurch lediglich die Steuerwirksamkeit in zeitlicher Hinsicht in die Zukunft verschoben, vgl. VfGH v. 27.11.2020, G 173-174/2020. 1235 Mayr in Anti-BEPS-RL, 2017, 61 (71). 1236 Hayden, Formwechsel, 2018, 230. 1237 Mayr in Anti-BEPS-RL, 2017, 61 (71). 1238 Vgl. in Bezug auf Abfertigungsrückstellungen: Damböck, ÖStZ 2000, 477 (478); Doralt in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, § 14 EStG Rn. 24; in Bezug auf Abfertigungs- und Pensionsrückstellungen: Kanduth-Kristen in Jakom, § 24 EStG Rn. 72; öEStR, Rn. 3345.; vgl. auch Hayden/Thorbauer, RdW 2020, 123; Hayden/Thorbauer, RdW 2020, 208.
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III. Grundzüge des UmgrStG als sachverhaltsbezogenes Sonderrecht
Teilwertabschreibungen sowie der Bilanzierung von Verbindlichkeiten und Rückstellungen dem Grunde nach. Lediglich bei Rückstellungen mit einer längeren Restlaufzeit als 12 Monate können sich stille Lasten durch den steuerlich fixierten Abzinsungssatz iSv. § 9 Abs. 5 öEStG ergeben, der in Niedrigzinsphasen den unternehmensrechtlichen Marktzinssatz (§ 211 Abs. 2 S. 1 UGB) deutlich übersteigt, was zur Entstehung stiller Lasten führt.1239 Die steuerbilanzielle Unterbewertung gilt auch bei Sozialkapitalrückstellungen und dürfte sich insb. bei Pensionsrückstellungen aufgrund des höheren, aber verfassungsmäßigen Abzinsungssatzes stärker ausprägen.
III. Grundzüge des UmgrStG als sachverhaltsbezogenes Sonderrecht Anknüpfend an den Überblick über das österreichische Ertragsteuerrecht sowie der Untersuchung der Existenz stiller Lasten im österreichischen Steuerrecht, dient der folgende Abschnitt der Erläuterung der Grundzüge des Umgründungssteuerrechts.
1. Umgründungen im Kontext des österreichischen Steuerrechts a) Begriffsbestimmung von Umgründungen iSd. UmgrStG Hinweis auf die Begriffsbestimmung von Umgründungen liefern die Ge setzesmaterialien zum namensgebenden Gesetz. Das UmgrStG möchte die „[…] Anpassung und Optimierung der unternehmerischen Struktur durch eine breite Palette von Umgründungsmöglichkeiten […]“1240 ermöglichen. Das Unternehmen an sich soll fortbestehen und fortgeführt werden, jedoch in einer anderen (rechtlichen) Struktur. Die Notwendigkeit einer solchen Strukturveränderung bzw. Anpassung der Rechtsform können bspw. – wie in der Begründung zum StruktVG geäußert – in der „Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit“1241 liegen, jedoch sind vielfältige Gründe denkbar,1242 die eine andere Rechts- oder Kooperationsform im Zeitablauf optimaler erscheinen lassen.1243 1239 1240 1241 1242 1243
Vgl. Bachmann/Richter/Risse, DB 2017, 2301. ErlRV UmgrStG, 266 BlgNR XVIII. GP, 15. ErlRV StruktVG 1969, 1029 BlgNR XI. GP, 5. Vgl. auch Staringer, Umgründungen, 1994, 135. Vgl. Mayr in Doralt/Ruppe, StR I, 2019, 568 (Rn. 1101) iVm. 572 (Rn. 1107).
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F. Stille Lasten bei österreichischen i nnerstaatlichen Umgründungen
Der Terminus Umgründungen umschreibt daher die gesellschaftsrechtlichen Maßnahmen zu Änderung der unternehmerischen Erscheinungsform unter Fortbestand des Vermögens und setzt sich somit von der „rechtsvorgängerlosen“ Neugründung von Unternehmen ab.1244 Dabei ist zwischen formwechselnden und übertragenden Umgründungen zu differenzieren. Als formwechselnde Umgründungen werden Änderungen der Rechtsform bezeichnet, bei der die Identität des Rechtsträgers bestehen bleibt und es somit zu keiner Vermögensübertragung kommt (homogener Formwechsel).1245 Folglich ist der homogene (identitätswahrende) Formwechsel mangels Rechtsträgerwechsel und Vermögensübertragung nicht vom UmgrStG geregelt.1246 Mangels ertragsteuerlicher Relevanz bedarf es für den homogenen Formwechsel keiner steuerlichen Regelungen.1247 Folglich sind Umgründungen iSd. UmgrStG Wechsel der Rechts- bzw. Gesellschaftsform, die sowohl mit einem Rechtsträgerwechsel und einer Vermögensübertragung einhergehen, jedoch unter dem Fortbestand des Unternehmens.1248 b) Aufbau des UmgrStG und Umgründungstypen Das UmgrStG regelt in sechs Artikeln die folgenden Umgründungsytpen1249: – Art. I: Verschmelzungen (§§ 1 bis 6 UmgrStG), – Art. II: Umwandlung (§§ 7 bis 11 UmgrStG)1250, 1244 Vgl. Wiesner in Wiesner/Hirschler/Mayr, HdU Einf. Rn. 1; Hohenwarter-Mayr, DStJG 43 (2020), 421 (423); Staringer, Umgründungen, 1994, 135–136. 1245 Vgl. Walter, UmgrStR, 2021, 21 f. (Rn. 2–4). 1246 Vgl. Hayden, Formwechsel, 2018, 116–117; Walter, UmgrStR, 2021, 21 (Rn. 2). Hingegen ist der heterogene Formwechsel eine Umgründung, weil dieser gesellschaftsrechtlich einen Rechtsträgerwechsel darstellt, woraus eine Vermögensübertragung resultiert, vgl. Hohenwarter-Mayr, D StJG 43 (2020), 421 (424, dort Fn. 12). 1247 Vgl.Hohenwarter-Mayr, DStJG 43 (2020), 421 (424); Hayden, Formwechsel, 2018, 117. 1248 Vgl. Tumpel/Moshammer in Bertl et al., HdB Steuerlehre III, 2017, 80; Mayr in Doralt/Ruppe, StR I, 2019, 572 (Rn. 1107); Staringer, Umgründungen, 1994, 136; Hohenwarter-Mayr, DStJG 43 (2020), 421 (429). 1249 Vgl. zu deren Charakterisierung: Mayr in Doralt/Ruppe, StR I, 2019, 569 f. (Rn. 1103). 1250 Abweichend vom deutschen Begriffsverständnis bezeichnet eine Umwandlung iSd. UmgrStG die Vermögensübertragung einer Kapitalgesellschaft ohne Abwicklung auf den Hauptgesellschafter (bestehende Kapitalgesellschaft oder neu errichtete Personengesellschaft) im Wege der Gesamtrechtsnachfolge, vgl. § 1 öUmwG dazu Krug/Kapferer in Bertl et al., HdB Steuerlehre III, 2017, 153; Mayr in Doralt/Ruppe, StR I, 2019, 570 (Rn. 1103).
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III. Grundzüge des UmgrStG als sachverhaltsbezogenes Sonderrecht
– – – –
Art. III: Einbringung (§§ 12 bis 22 UmgrStG), Art. IV: Zusammenschluss (§§ 23 bis 26 UmgrStG), Art. V: Realteilung (§§ 27 bis 31 UmgrStG), Art. VI: Spaltung (§§ 32 bis 38f UmgrStG)1251.
Die vorstehenden Umgründungstypen sind abschließend, da keine weiteren regelungsbedürftigen Umgründungstypen existieren.1252 Den vg. Umgründungsytypen ist immanent, dass sich stets zwei Umgründungstypen ergänzen, weil sowohl die Umgründung als auch die jeweilige „Umkehr- bzw. Komplementär-Umgründung“ erfasst ist, weil sich das, was sich zusammenführen lässt, auch wieder trennen lassen muss:1253 – Verschmelzung (Art. I) und Spaltung (Art. VI) von Kapitalgesellschaften, – Zusammenschluss (Art. IV) zu und Realteilung (Art. V) einer Personengesellschaft und – Einbringung (Art. III) in und Umwandlung (Art. II) von einer Kapitalgesellschaft. c) Umgründungen als legal definierte Realisationstatbestände Da Umgründungen iSd. UmgrStG mit Vermögensübertragungen einhergehen,1254 erfüllen diese nach den Regelungen des österreichischen Ertragsteuerrechts einen gesetzlich angeordneten Realisationstatbestand, entweder durch Geltung der Tauschgrundsätze oder der Liquidationsbesteuerung.1255 aa) Tausch- bzw. Veräußerungsbesteuerung im öEStG Einbringungen von Wirtschaftsgütern oder sonstigem Vermögen in Körperschaften gelten als Tausch, sofern die Einbringung nicht in den Anwen1251 Art. IV umfasst sowohl die sog. Handelsspaltungen nach dem SpaltG (§ 32 Abs. 1 Z 1, 2 UmgrStG iVm. § 32 Abs. 4 iVm. §§ 33 bis 38 UmgrStG) als auch die sog. Steuerspaltungen (§§ 38a bis 38f UmgrStG), die aufgrund der Anwendbarkeit für Spaltungsstichtage vor dem 1. Januar 2023 [vgl. Dritter Teil UmgrStG Z 6 lit. h)] ausgeklammert werden. 1252 Vgl. Wiesner in Wiesner/Hirschler/Mayr, HdU Einf. Rn. 16; Hügel in Hügel/Mühlehner/Hirschler, Einl. Rn. 51. 1253 Vgl. Hohenwarter-Mayr, DStJG 43 (2020), 421 (430); Mayr in Doralt/Ruppe, StR I, 2019, 569 (Rn. 1102). 1254 Vgl. Hübner-Schwarzinger, Einf. UmgrStG, 2016, 1–2. 1255 Vgl. Mayr in Doralt/Ruppe, StR I, 2019, 572 (Rn. 1108); Walter, UmgrStR, 2021, 22 (Rn. 6).
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F. Stille Lasten bei österreichischen i nnerstaatlichen Umgründungen
dungsbereich des UmgrStG fällt oder das UmgrStG die Geltung der Tauschgrundsätze explizit anordnet.1256 Die gesetzlich fingierte Gleichstellung der Einbringung, die einen Veräußerungscharakter besitzt, die Gegenleistung für die hingegebenen Wirtschaftsgüter jedoch nicht in Geld besteht, unterstreicht die Tauschähnlichkeit.1257 Der gemeine Wert der hingegebenen Wirtschaftsgüter gilt für den Einbringenden als Veräußerungspreis1258 und die Anschaffungskosten des (zusätzlichen) Beteiligungsbuchwerts für die übernehmende Körperschaft als Anschaffungskosten der erworbenen Wirtschaftsgüter.1259 Ergänzend dazu ist § 24 öEStG anzuwenden, wenn Betriebe, Teilbetriebe oder Mitunternehmeranteile Gegenstand der Einbringung sind1260 und keine Buchwertfortführung durch das UmwStG erfolgt (zB. durch fehlende Anwendungsvoraussetzung oder durch ein Wahlrecht zum Verzicht auf die Buchwertfortführung).1261 Anhand dessen zeigt sich, dass der Gesetzgeber von dem Vorliegen eines Veräußerungsvorgangs ausgeht, bei dem aber – soweit die Buchwertfortführung nach dem UmgrStG anwendbar ist – lediglich ein Veräußerungsgewinn nicht zu ermitteln ist.1262 bb) Liquidationsbesteuerung im öKStG Im öKStG findet sich der Nexus zum UmgrStG in § 20 öKStG.1263 § 20 öKStG ordnet bei der Vermögensübertragung einer unbeschränkt steuerpflichtigen Körperschaft auf einen anderen Steuerpflichtigen eine Realisation nach den Regelungen des öKStG (§ 20 Abs. 1 Z 1 iVm. § 19 öKStG) oder öEStG (§ 20 Abs. 1 Z 2 iVm. § 6 Z 14 öEStG, § 20 Abs. 1 Z 3 iVm. § 24 Abs. 7 öEStG) an,
1256 Vgl. § 6 Z 14 lit. b) S. 1 iVm. § 6 Z 14 lit. a) öEStG, dazu Staringer, Umgründungen, 1994, 211 f.; Ehgartner in Jakom, § 6 EStG Rn. 209; Mayr in Doralt/Kirchmayr/ Mayr/Zorn, § 6 EStG Rn. 61, 62. 1257 Vgl. Hohenwarter-Mayr, DStJG 43 (2020), 421 (425). 1258 In diesem Sinne VwGH v. 24.02.2004, 99/14/0250, unter 1.: „[…] beim Einbringenden [sind] Erlöse in Höhe des gemeinen Wertes des […] eingebrachten Vermögens anzusetzen.“ 1259 Vgl. Staringer, Umgründungen, 1994, 212; Hohenwarter-Mayr, D StJG 43 (2020), 421 (425); Mayr in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, § 6 EStG Rn. 61. 1260 Implizit auch Mayr in Doralt/Ruppe, StR I, 2019, 571 (Rn. 1105, Beispiel). 1261 Vgl. § 24 Abs. 7 öEStG, Hohenwarter-Mayr, D StJG 43 (2020), 421 (425); öEStR, Rn. 5718; siehe auch VwGH v. 29.01.1998, 97/15/0197. 1262 Vgl. VwGH v. 17.12.2014, 2012/13/0126; vgl. Furherr in Kofler, § 12 UmgrStG Rn. 32. 1263 Vgl. Strimitzer in Lachmayer/Strimitzer/Vock, § 20 KStG Rn. 10; dahingehend auch Mayr in Doral/Ruppe, StR I, 2019, 570 (Rn. 1105).
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III. Grundzüge des UmgrStG als sachverhaltsbezogenes Sonderrecht
wenn die Anwendungsvoraussetzungen des UmgrStG nicht erfüllt sind oder das UmgrStG auf § 20 öKStG verweist.1264 Für Verschmelzungen, Umwandlungen, Aufspaltungen und vergleichbaren Vermögensübertragungen gilt gem. § 20 Abs. 1 Z 1 öKStG die Liqui dationsbesteuerung (§ 19 öKStG). Die Liquidationsbesteuerung sieht die Gegenüberstellung des Abwicklungs-Endvermögens, definiert als das zu Verteilung kommende Vermögen (§ 19 Abs. 4 S. 1 öKStG), und des Abwicklungs-Anfangsvermögens, definiert als Buchwert des steuerlichen Betriebsvermögens (§ 19 Abs. 5 S. 1 ökStG), vor (§ 19 Abs. 2 öKStG). Diese Liquidationsbesteuerung erfährt bei Umgründungen eine Modifikation gem. § 20 Abs. 2 öKStG. Wird für die Vermögensübertragung eine Gegenleistung gewährt, tritt anstelle des zu Verteilung kommenden Vermögens der gemeine Wert der gewährten Gegenleistung1265 (§ 20 Abs. 2 Z 1 S. 1 öKStG).1266 Das Umgründungsanfangsvermögen ist mangels modifizierter Definition das zu steuerlichen Buchwerten auszuweisende Betriebsvermögen zum Umgründungsstichtag.1267 Wird keine Gegenleistung für die Vermögensübertragung gewährt (zB. im Falle der Aufwärtsverschmelzung), ist für das Umgründungsendvermögen gem. § 20 Abs. 2 S. 2 öKStG der Teilwert des übertragenen Vermögens inkl. selbstgeschaffener unkörperlicher Wirtschaftsgüter (insb. Firmenwerte und andere immaterielle Wirtschaftsgüter) anzusetzen.1268 Bei Einbringungen und Abspaltungen ordnet § 20 Abs. 1 Z 2 öKStG die Geltung der Tauschgrundsätze gem. § 6 Z 14 öEStG an, dh. es hat eine Gegenüberstellung des hingegebenen Vermögens zu steuerlichen Buchwerten als 1264 Vgl. § 20 Abs. 1 Hs. 2 öKStG, dazu auch Hristov in WU-KStG, § 20 KStG Rn. 27 ff.; Walter, UmgrStR, 2021, 33 (Rn. 42), 93 (Rn. 205), 132 (Rn. 321), 228 (Rn. 560 ff.), 280 (Rn. 689). 1265 Vgl. Wiesner in FS Helbich, 1990, 225 (230). Hohenwarter-Mayr, DStJG 43 (2020), 421 (426), weist daraufhin, dass durch die Modifikation der Liquidationsbesteuerung zur Gegenüberstellung von Wert der Leistung (übertragenes Vermögen) und Gegenleistung die Tauschähnlichkeit in den Vordergrund gestellt wird. Der insoweit bestehende Widerspruch, dass der Wert der erhaltenen Gegenleistung anstatt des hingegebenen Vermögens maßgeblich ist, löst sich auf, weil der gemeine Wert der erhaltenen Gegenleistung durch den gemeinen Wert des übertragenen Vermögens determiniert wird, vgl. Hohenwarter-Mayr, Rechtsnachfolge, 2019, 506. 1266 Vgl. Staringer, Umgründungen, 1994, 209; Hristov, Liquidation, 2011, 221; Hristov in WU-KStG, § 20 KStG Rn. 56. 1267 Vgl. Strimitzer in Lachmayer/Strimitzer/Vock, § 20 KStG Rn. 79; Hristov, Liquidation, 2011, 220. 1268 Vgl. Hristov, Liquidation, 2011, 225–226; Hristov in WU-KStG, § 20 KStG Rn. 61.
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F. Stille Lasten bei österreichischen i nnerstaatlichen Umgründungen
Umgrundüngsanfangswert und der dafür erhaltenen Gegenleistung als Umgründungsendwert zu erfolgen.1269 Dies führt zu einem im Vergleich zum Konzept des § 6 Z 14 lit. b) öEStG umgekehrten Bewertungsgrundsatz, da der gemeine Wert der empfangenen Gegenleistung herangezogen wird,1270 was im Ergebnis wertmäßig keinen Unterschied machen dürfte.1271 Für Zusammenschlüsse und Realteilungen gilt gem. § 20 Abs. 1 Z 3 öKStG die Veräußerungsgewinnbesteuerung iSd. § 24 öEStG.1272 Dem steuerlichen Buchwert des übertragenen Vermögens ist der gemeine Wert der erhaltenen Gegenleistung gegenüberzustellen, sodass dieser den Veräußerungserlös iSv. § 24 Abs. 2 öEStG darstellt.1273 Der Wertansatz iRd. Gewinnermittlung bei der übertragenen Körperschaft ist maßgeblich für den übernehmenden Rechtsträger als Rechtsnachfolger, da dieser das Vermögen mit den nach § 20 Abs. 2 öKStG maßgeblichen Werten anzusetzen hat (§ 20 Abs. 3 öKStG).1274 Dies bedeutet, dass bei einer gewährten Gegenleistung die übertragenen Wirtschaftsgüter beim übernehmenden Rechtsträger mit dem anteiligen gemeinen Wert der Gegenleistung anzusetzen sind, ein verbleibender Unterschiedsbetrag ist als Firmenwert auszuweisen.1275 Bei fehlender Gegenleistung müssen die Teilwerte der Wirtschaftsgüter übernommen werden, was insb. bei Einbringungen iSv. § 6 Z 14 öEStG im Widerspruch zur dort normierten Bewertungskonzeption (Bewertung des übernehmenden Vermögens mit dessen gemeinem Wert) steht.1276 Im Ergebnis tritt somit eine Liquidationswert- bzw. Buchwertfortführung ein.1277
1269 Vgl. Hristov in WU-KStG, § 20 KStG Rn. 59. 1270 Vgl. bereits Staringer in GS Gassner, 2005, 429 (447); Hirschler, SWK 2003, 466 (467). 1271 Vgl. nochmals Hirschler, SWK 2003, 466 (467); Hohenwarter-Mayr, D StJG 43 (2020), 421 (426). 1272 Vgl. Hohenwarter-Mayr, DStJG 43 (2020), 421 (427 f.). 1273 Vgl. Hristov in WU-KStG, § 20 KStG Rn. 60; Strimitzer in Lachmayer/Strimitzer/ Vock, § 20 KStG Rn. 91, mit dem Hinweis, dass in diesen Fällen das Fehlen einer Gegenleistung ausgeschlossen ist. 1274 Vgl. Strimitzer in Lachmayer/Strimitzer/Vock, § 20 KStG Rn. 96. 1275 Vgl. Strimitzer in Lachmayer/Strimitzer/Vock, § 20 KStG Rn. 97; Hristov in WU- KStG, § 20 KStG Rn. 65; implizit auch Wiesner in FS Helbich, 1990, 225 (230). 1276 Vgl. krit. Staringer, Umgründungen, 1994, 211; Hohenwarter-Mayr, Rechtsnachfolge, 2019, 506. 1277 Vgl. öKStR, Rn. 1459; Walter, UmgrStR, 2021, 33 (Rn. 43).
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III. Grundzüge des UmgrStG als sachverhaltsbezogenes Sonderrecht
d) UmgrStG als sachverhaltsbezogenes Sonderrecht Die vorstehenden Ausführungen zeigen deutlich, dass Umgründungen nach allgemeinem Ertragsteuerrecht einen Realisationstatbestand darstellen.1278 Dogmatisch ist das unter Geltung des Subjektsteuerprinzips gerechtfertigt, da die Vermögensübertragung mit einer Auflösung der subjektiven Bindung des latenten Einkommens einhergeht, sodass eine Besteuerung der Vermögenssubstanz vorzunehmen ist.1279 Allen Tatbeständen, die für Umgründungen eine Realisation vorsehen, ist indes gemein, dass eine Realisation nur erfolgt, wenn die Anwendungsvoraussetzungen des UmgrStG nicht erfüllt sind oder das UmgrStG die Realisation vorsieht.1280 Somit baut das UmgrStG als „sachverhaltsbezogenes Sonderrecht“1281 auf dem öEStG und öKStG auf.
2. Steuerneutralität als Kerngrundsatz des UmgrStG Dieses Sonderrecht baut auf mehreren Grundsätzen auf, die sich – ungeachtet der Diversität der einzelnen Umgründungstypen – wie ein roter Faden durch das UmgrStG ziehen.1282 Dazu gehört der Leitgrundsatz der Steuerneutralität. a) Materiell-rechtliche Ausprägungen der Steuerneutralität aa) Grundsatz der Buchwertfortführung Das UmgrStG ist geprägt von der Steuerneutralität durch Buchwertfortführung.1283 Das durch den jeweiligen Umgründungsvorgang übertragene Vermögen wird unter Fortführung der Buchwerte übertragen,1284 sodass der Realisationsvorgang unterdrückt wird. Für den übernehmenden Rechtsträ1278 Vgl. Hohenwarter-Mayr, DStJG 43 (2020), 421 (428). 1279 Vgl. Hohenwarter-Mayr, Rechtsnachfolge, 2019, 501 – 510. 1280 Vgl. § 6 Z 14 lit. b) S. 1 öEStG: „[…] wenn [die Einbringung] nicht unter das [UmgrStG] fällt oder das [UmgrStG] [die Behandlung als Tausch] vorsieht.“; idS auch § 20 Abs. 1 öKStG: „[…] wenn die Voraussetzungen des [UmgrStG] nicht gegeben sind oder das [UmgrStG] dies vorsieht.“ 1281 Vgl. Wiesner in Wiesner/Hirschler/Mayr, HdU Einf. Rn. 15. 1282 Vgl. Mayr in Doralt/Ruppe, StR I 2019, 573 (Rn. 1108). 1283 Vgl. Hohenwarter-Mayr, D StJG 43 (2020), 421 (428, 433); Hohenwarter-Mayr, Rechtsnachfolge, 2019, 538–539; Wiesner in Wiesner/Hirschler/Mayr, HdU Einf. Rn. 18; Andreaus in Galla/Heckenthaler/Hofbauer-Steffel/Striegel, Grundlagen des österreichischen Steuerrechts, 2012, 229 (230–231, dort Rn. 883). 1284 Vgl. § 2 Abs. 1, § 8 Abs. 1, § 14 Abs. 1 iVm. § 16 Abs. 1 S. 1, § 24 Abs. 1 Z 1 , § 29 Abs. 1 Z 1 iVm. § 14 Abs. 1, § 33 Abs. 1 UmgrStG.
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ger besteht ein zwingendes Fortführungsgebot der Buchwerte.1285 Daraus ergibt sich für steuerliche Zwecke eine Gesamtrechtsnachfolge. Bei Umgründungen, bei denen das UmgrStG auf die gesellschaftsrechtliche Kodifizierung zurückgreift,1286 gilt die dortige Gesamtrechtsnachfolge auch für das Steuerrecht, während diese bei gesellschaftsrechtlich nicht geregelten Umgründungstypen1287 für steuerliche Zwecke fingiert1288 wird.1289 Die zwingende Buchwertfortführung zeigt sich bereits in den Vorbehalten der ertragsteuerlichen Realisationstatbestände, wonach diese nur greifen, wenn das UmgrStG nicht anwendbar ist oder keine verpflichtende Buchwertfortführung vorsieht. Daraus ergibt sich, dass in nur spezifisch definierten Ausnahmefällen (insb. in Ent- bzw. Verstrickungsfällen) von der zwingenden Buchwertfortführung abgewichen werden darf.1290 bb) Grundsatz der fortwährenden Steuerverstrickung und Grundsatz der internationalen Ausrichtung Die Buchwertfortführung ermöglicht den grds. Besteuerungszugriff des Fiskus. Zusätzlich ist jedoch die rechtliche Möglichkeit zur Ausübung der Besteuerungsbefugnis erforderlich. Folglich ist die fortwährende Steuerverstrickung Voraussetzung für die Buchwertfortführung,1291 da ansonsten Be1285 Vgl. § 3 Abs. 1 Z 2, § 9 Abs. 1, § 18 Abs. 1 Z 1, § 25 Abs. 1 Z 1, § 30 Abs. 1 Z 2, § 34 Abs. 1 UmgrStG; dazu Staringer in GS Gassner, 2005, 429 (442); Walter, UmgrStR, 2021, 23 (Rn. 13). 1286 Dazu zählen die Verschmelzung (Art. I), Umwandlungen (Art. II) und (Handels-) Spaltungen (Art. VI), siehe dazu Abschnitt F.III.3.b). 1287 Dazu zählen die Einbringung (Art. III), Zusammenschlüsse (Art. IV) und Realteilungen (Art. V). 1288 Da Einbringungen (als Sacheinlagen iSv. §§ 20 ff. öAktG bzw. §§ 6 ff. öGmbH) zivilrechtlich mit der Einzelrechtsnachfolge verknüpft sind, ist die Rechtsnachfolge gem. § 19 Abs. 1 BAO nicht anwendbar, vgl. UmgrStR, Rn. 951; VwGH v. 18.11.2003, 2000/14/0036; v. 29.11.2001, 99/16/0139; v. 27.05.1999, 99/15/0014; Mair/Mayr in Wiesner/Hirschler/Mayr, HdU § 18 Rn. 24. 1289 Vgl. allgemein Wiesner in Wiesner/Hirschler/Mayr, HdU Einf. Rn. 18. Siehe bspw. für Einbringungen § 18 Abs. 1 Z 4 UmgrStG: „Sie [sc. die übernehmende Körperschaft] ist im Rahmen einer Buchwerteinbringung für Zwecke der Gewinnermittlung so zu behandeln, als ob sie Gesamtrechtsnachfolgerin wäre.“ Bei Buchwertfortführung erfolgt eine materiell-rechtliche Gesamtrechtsnachfolge im Hinblick auf die Gewinnermittlung, vgl. dazu ErlRV UmgrStG, 266 BlgNR XVIII. GP, 26 f.; Furherr in Kofler, § 18 UmgrStG Rn. 42. Gleichwohl sind die spezielleren Gewinn ermittlungsvorschriften des öKStG zu berücksichtigen, vgl. Mair/Mayr in Wiesner/Hirschler/Mayr, HdU § 18 Rn. 27. 1290 Vgl. Tumpel/Moshammer in Bertl et al., HdB Steuerlehre III, 2017, 81. 1291 Vgl. Hohenwarter-Mayr, DStJG 43 (2020), 421 (434–435).
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steuerungssubstrat verloren ginge.1292 Die Steuerneutralität ist nur möglich, soweit das Besteuerungsrecht Österreichs weder ganz oder teilweise eingeschränkt wird.1293 Zur Absicherung dessen enthält das UmgrStG flächendeckend Steuerverhaftungsbedingungen, deren Rechtsstellung im Gesetz sich in Abhängigkeit der Umgründungstypen entweder als Anwendungsvoraussetzung1294 oder als Bewertungsvorschriften1295 materialisiert.1296 Im Kern lässt sich festhalten, dass bei einer Einschränkung des österreichischen Besteuerungsrechts eine Wegzugsbesteuerung erfolgt, indem die aus der Besteuerungshoheit ausscheidenden Wirtschaftsgüter realisiert und der Besteuerung unterworfen werden. Dabei gilt jedoch im Verhältnis zu EU-/ EWR-Staaten ein sog. Ratenzahlungskonzept, sodass die darauf entfallende Steuer antragsabhängig in Raten gezahlt werden kann.1297 Das sog. Nichtfestsetzungskonzept, dh. der Besteuerungsaufschub bis zur tatsächlichen Realisation, gilt aufgrund der sekundärrechtlichen Vorgaben der FRL le diglich noch für den Anteilstausch.1298 Korrespondierend existieren bei der (erstmaligen) Begründung des Besteuerungsrechts Österreichs Verstrickungsregelungen im UmgrStG, die eine Bewertung mit dem gemeinen Wert vorsehen.1299 Durch die Schlussbesteuerung beim Verlassen der Be1292 Vgl. Mayr in Doralt/Ruppe, StR I, 2019, 574 (Rn. 1113). 1293 Vgl. Wiesner in Wiesner/Hirschler/Mayr, HdU Einf. Rn. 20; Walter, UmgrStR, 2021, 23 f. (Rn. 18); Kofler in FS Hügel, 2016, 199 (199). 1294 Vgl. für Verschmelzungen: § 1 Abs. 2 UmgrStG, für Umwandlungen: § 7 Abs. 2 UmgrStG, für Spaltungen § 32 Abs. 1 Z 2 UmgrStG. 1295 Vgl. für Einbringungen: § 16 Abs. 1, 1a und 2, § 17 Abs. 1 und 1a UmgrStG, für Zusammenschlüsse: § 24 Abs. 1 Z 3 UmgrStG, für Realteilungen: § 29 Abs. 1 Z 3 UmgrStG. 1296 Vgl. Hohenwarter-Mayr, DStJG 43 (2020), 421 (434). 1297 Vgl. zur Geltung des Ratenkonzepts bei Entstrickung in Bezug auf das übertragene Vermögen (Gesellschaftsebene): für Verschmelzungen (Art. I) resp. Umwandlungen (Art. II): § 1 Abs. 2 UmgrStG resp. § 7 Abs. 2 S. 2 UmgrStG, jeweils iVm. § 6 Z 6 lit. d) bis e) öEStG; für Einbringungen (Art. III) resp. Zusammenschlüsse (Art. IV) resp. Realteilungen (Art. V) resp. Spaltungen (Art. VI): § 16 Abs. 1 S. 2 UmgrStG resp. § 24 Abs. 1 Z 3 UmgrStG resp. § 29 Abs. 1 Z 3 UmgrStG resp. § 36 Abs. 3 Z 1 und 2 UmgrStG, jeweils iVm. § 6 Z 6 lit. c) bis e) öEStG; dazu auch ErlRV AbgÄG 2015, 896 BlgNR XXV. GP, 11; Walter, UmgrStR, 2021, 23 f. (Rn. 18); Wiesner in Wiesner/Hirschler/Mayr, HdU Einf. Rn. 20. 1298 Vgl. ErlRV AbgÄG 2015, 896 BlgNR XXV. GP, 11; § 16 Abs. 1a TS. 4 iVm. § 17 Abs. 1a S. 1, 2 UmgrStG; dazu auch Franke, SWK 2020, 1117; Schlager/Titz/Wild, RWZ 2019, 198 (199 ff.). 1299 Vgl. insg. Hohenwarter-Mayr, D StJG 43 (2020), 421 (434–435); Walter, UmgrStR, 2021, 23 f. (Rn. 18); für Verschmelzungen iSv. Art. I: § 3 Abs. 1 Z 2 UmgrStG, für Umwandlungen iSv. Art. II: § 9 Abs. 1 Z 3 TS 1 UmgrStG, für Einbringungen iSv. Art. III: § 18 Abs. 1 Z 3 TS 1 UmgrStG, für Zusammenschlüsse iSv. Art. IV: § 25
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steuerungshoheit und die korrespondierende Verstrickung bei Eintritt in die Besteuerungshoheit wird sichergestellt, dass nur die stillen Reserven in Österreich dem Besteuerungszugriff unterliegen, die auch in dem Hoheitsgebiet Österreichs entstanden sind.1300 Folglich ist das UmgrStG international ausgerichtet und erfasst nicht nur rein innerstaatliche Umgründungen, sondern auch grenzüberschreitende Umgründungen (wozu Import- und Exportumgründungen zählen) sowie Auslandsumgründungen mit einem inländischen Nexus.1301 cc) Grundsatz der Steuerneutralität von Buchgewinnen und -verlusten Die Steuerneutralität gilt auch für sog. Buchgewinne und Buchverluste, dh. Buchgewinne sind nicht steuerpflichtig, während Buchverluste steuerlich nicht abzugsfähig sind.1302 Buchgewinne resp. Buchverluste entstehen, wenn sich positive bzw. negative Abweichungen zwischen dem Buchwert des übernommenen Reinvermögens und Wert der gewährten Gegenleistung ergeben. Ausgenommen von dem Neutralitätsgrundsatz der Buchgewinne und -verluste sind solche Unterschiedsbeträge, die sich aus der Confusio, dh. der Vereinigung von Aktiva und Passiva, ergeben.1303 Solche (steuerpflichtigen) Buchgewinne bzw. (ausgleichsfähige) Buchverluste können sich nur durch divergierende steuerliche Buchwerte ergeben,1304 andernfalls, dh. bei werAbs. 1 Z 2 TS 2 UmgrStG, für Realteilungen iSv. Art. V: § 30 Abs. 1 Z 2 UmgrStG (hier abweichend Teilwert). Für Spaltungen iSv. Art. VI verweist § 34 Abs. 1 UmgrStG weder auf § 18 Abs. 1 noch auf § 3 Abs. 1 UmgrStG, weil bislang die grenzüberschreitende Spaltung gesellschaftsrechtlich als nicht möglich erachtet wurde. Gleichwohl wird sich für eine analoge Anwendung von § 3 Abs. 1 Z 2 bzw. § 18 Abs. 1 Z 3 UmgrStG im Falle einer Steuerverstrickung iRe. grenzüberschreitenden Spaltung ausgesprochen, vgl. Huber, ÖStZ 2006, 211 (214); dahingehend auch Wiesner/Mayr, RdW 2007, 699 (700). 1300 Vgl. Zöchling in FS Rödler, 2010, 957 (958). 1301 Vgl. Mayr in Doralt/Ruppe, StR I, 2019, 576 f. (Rn. 1118). 1302 Vgl. § 3 Abs. 2 und 3 UmgrStG (bei Umwandlungen iVm. § 9 Abs. 2 UmgrStG, bei Einbringungen iVm. § 18 Abs. 6 UmgrStG, siehe auch § 34 Abs. 2 Z 1 UmgrStG für Spaltungen; dazu allgemein Mayr in Doralt/Ruppe, StR I, 2019, 575 (Rn. 1114); Walter, UmgrStR, 2021, 23 (Rn. 14); Wiesner in Wiesner/Hirschler/Mayr, HdU Einf. Rn. 22. Zur Nichtentstehung von steuerlichen Buchgewinnen oder -verlusten bei Realteilungen iSv. Art. V vgl. Walter, UmgrStR, 2021, 299 (Rn. 771). 1303 Vgl. Mayr in Doralt/Ruppe, StR I, 2019, 575 (Rn. 1114). 1304 Vgl. ErlRV UmgrStG, 266 BlgNR XVIII. GP, 17; UmgrStR, Rn. 162; Kofler/Six in Kofler, § 3 UmgrStG Rn. 95.
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tidentischen gegenseitigen Aktiva und Passiva, resultiert die Vereinigung ohnehin in einem Nullum.1305 dd) Grundsatz des objektbezogenen Verlustübergangs Die Geltung des Grundsatzes der Individualbesteuerung sieht es vor, dass jedes Steuersubjekt das Einkommen zu versteuern hat, das selbst erzielt worden ist. Dies wird insb. dadurch sichergestellt, dass der Steuerpflichtige nur Aufwendungen geltend machen kann, die er selbst getragen hat (Abzugsverbot von sog. Drittaufwand).1306 Gleiches gilt für den Verlustabzug,1307 der eine notwendige Ergänzung zur Gewinnermittlung, zum Nettoprinzip und zur Abschnittsbesteuerung darstellt,1308 weil mit dem Verlustabzug die Erfassung der Leistungsfähigkeit periodenübergreifend sichergestellt werden soll.1309 Bei einer Rechtsnachfolge, wie sie bspw. im Erbfall oder in Umgründungsfällen entweder auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage oder steuerrechtlicher Fiktion eintritt, wird die Leistungsfähigkeit des Rechtsnachfolgers durch die Verluste des Rechtsvorgängers nicht beeinträchtigt, weshalb insofern eine subjektübergreifende Verlustverrechnung qua Gesamtrechtsnachfolge nicht vorgesehen ist.1310 Im Erbfall erachtet der VfGH1311 den Verlustübergang als geboten, wenn der verlustverursachende Betrieb zu Buchwerten auf Erben übergeht.1312 Der VwGH hat die Entscheidung bislang offengelassen.1313 Das UmgrStG enthält den sog. „Grundsatz des objektbezogenen Verlustvortragsübergangs“1314, der in § 4 UmgrStG kodifiziert ist, auf den die weiteren 1305 Vgl. Hirschler in Wiesner/Hirschler/Mayr, HdU § 3 Rn. 64. 1306 Vgl. zB. VwGH v. 31.01.2019, Ro 2017/15/0037; v. 21.04.2016, 2013/15/0182; vgl. auch Zorn, RdW 2016, 423 (426). 1307 Vgl. öEStR, Rn 4534; Hohenwarter-Mayr, DStJG 43 (2020), 421 (452). 1308 Vgl. BFG v. 12.01.2016, RV/5100963/2009; Lindinger in FS Ruppe, 2007, 433 (442); Renner in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, § 18 EStG Rn. 282. 1309 Vgl. VwGH v. 15.09.2016, Ra 2015/15/0003 (Rn. 17 f.); idS. auch VfGH v. 30.09.2010, G 35/10. 1310 Vgl. VwGH v. 15.09.2016, Ra 2015/15/0003 (Rn. 18); v. 25.04.2013, 2010/15/0131. 1311 Vgl. VfGH v. 05.03.1988, B 1138/86; v. 05.03.1988, G 248/87. 1312 So auch Beiser, RdW 2000, 571 (573); zweifelnd Peyerl, ÖStZ 2015, 602 (606 – 607). 1313 Wenngleich sich der VwGH in der Erkenntnis v. 25.04.2013, 2010/15/0131 iSe. obiter dictums verstehen lässt, dass ein Verlustvortrag im Falle einer Buchwertübernahme der zugrundeliegenden Einkunftsquelle (nach § 6 Z 9 lit. a) öEStG) grds. in Betracht kommt, vgl. dazu Hohenwarter-Mayr, D StJG 43 (2020), 421 (466 f., dort auch Fn. 191). 1314 Hohenwarter-Mayr, DStJG 43 (2020), 421 (453 f.).
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Vorschriften für die übrigen Umgründungstypen verweisen,1315 wenngleich auch vereinzelt aufgrund von Spezifika des jeweiligen Umgründungstyps modifiziert.1316 Nach Maßgabe von § 4 Z 1 lit. a) UmgrStG gehen bis zum Verschmelzungsstichtag entstandene und noch nicht verrechnete Verluste auf die übernehmende Körperschaft über, sofern die verlustverursachende Einkunftsquelle (Betrieb, Teilbetrieb oder ein nicht einem Betrieb zurechenbarer Vermögensteil) zu Buchwerten übertragen wird.1317 Dh. der Übergang des Verlustvortrags weist einen Objektbezug auf, indem dessen intersubjektive Übertragung an die ursächliche Entstehungsquelle gekoppelt wird, die zu Buchwerten übernommen werden und am Umgründungsstichtag tatsächlich vorhanden sein muss.1318 Die Zurechnung eines Verlusts zur der verursachenden Einkunftsquelle erfolgt indes gem. § 4 Z 1 lit. c) iVm. lit. a) UmgrStG nicht, wenn sich nach dem Gesamtbild der wirtschaftlichen Verhältnisse der Umfang der verlustverursachenden Einheit im Vergleich zum Verlustentstehungszeitpunkt so geändert hat, dass dieser Umfang nicht mehr vergleichbar ist.1319 Dies erfordert eine rückwärtsgerichtete Vergleichbarkeitsanalyse mittels betriebswirtschaftlichen Kriterien, von denen auf den Umfang des verlustverursachenden Vermögens geschlossen werden kann, wobei die Kriterien unternehmensindividuell festgelegt werden können. Die Finanzverwaltung lässt bspw. Kennzahlen wie Umsatz, EBIT, Umfang des Anlage- oder Umlaufvermögens oder die Beschäftigtenzahl zu.1320 Eine Vergleichbarkeit nach dem Gesamtbild der Verhältnisse wird dann nicht mehr angenommen, wenn die entsprechenden Parameter sich um mehr als 75% vermindern,1321 was den Objektbezug absichert.1322 1315 Vgl. zB. für Umwandlungen iSv. Art. II: § 4 iVm. § 10 Z 1 UmgrStG. 1316 So bestehen bspw. bei Zusammenschlüssen (Art. IV) und Realteilungen (Art. V) mangels Steuersubjektivität der Personengesellschaften keine Regelungen zum Verlustübergang, vgl. dazu Walter, UmgrStR, 2021, 251 (Rn. 635), 301 (Rn. 775). 1317 Vgl. Hohenwarter-Mayr, DStJG 43 (2020), 421 (453–454). 1318 Vgl. zum Objektbezug auch ErlRV UmgrStG, 266 Blg NR XVIII. GP, 17–18; sowie VwGH v. 18.07.2001, 99/13/0194; v. 31.01.1995, 94/14/0171. 1319 UmgrStR, Rn. 218; vgl. auch Hirschler/Zwick in Wiesner/Hirschler/Mayr, HdU § 4 Rn. 42. 1320 Vgl. UmgrStR, Rn. 222. 1321 Vgl. UmgrStR, Rn. 222; Wiesner/Mayr, RdW 2007, 435 (440); Hohenwarter-Mayr, DStJG 43 (2020), 421 (459); weitergehend Kofler/Six in Kofler, § 4 UmgrStG Rn. 105 sowie Hirschler/Zwick in Wiesner/Hirschler/Mayr, HdU § 4 Rn. 46. 1322 Vgl. in diesem Kontext auch Quantschnigg in FS Bauer, 1986, 255 (274) sowie Farmer in FS Pircher, 2007, 99 (108, 112), die darauf hinweisen, dass somit verhindert wird, dass verlustträchtige Betriebe lediglich bis zu einem Umgründungsstichtag
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Der Objektbezug wird gem. § 4 Z 1 lit. b) UmgrStG auf die eigenen Verluste der übernehmenden Körperschaft ausgeweitet. Rechtsfolge dessen ist, dass der Verlustabzug von originär durch den übernehmenden Rechtsträger erzielten Verlusten nur möglich ist, als dass das verlustverursachende Vermögen zum Umgründungsstichtag tatsächlich noch bzw. gem. § 4 Z 1 lit. c) UmgrStG in einem vergleichbaren Umfang im Vergleich zum Zeitpunkt der Verlustentstehung existiert. Dadurch sollen Umkehrungen der Umgründungsrichtung zur Absicherung des Verlustabzugs verhindert werden.1323 Der umgründungsrechtliche Verlustübergang wird des Weiteren durch eine Verhinderung der konzerninternen doppelten Verlustnutzung (§ 4 Z 1 lit. d) UmgrStG) eingeschränkt. Im Kern soll verhindert werden, dass durch eine steuerwirksame (nicht ausschüttungsbedingte) Teilwertabschreibung1324 einer Muttergesellschaft auf die Beteiligung an der nachhaltig verlustträchtigen Tochtergesellschaft und einem anschließend verschmelzungsbedingten Verlustübergang es zu einer doppelten Verlustverwertung kommt.1325 Des Weiteren erfährt der Verlustübergang eine Einschränkung bei einem umgründungsbezogenen Mantelkauf (§ 4 Z 2 UmgrStG).1326 Demnach liegt ein den Verlustabzug ausschließender Mantelkauf iSv. § 8 Abs. 4 Z 2 lit. c) öKStG1327 auch dann vor, wenn die wesentlichen Strukturänderungen teilweise beim übertragenden und beim übernehmenden Rechtsträger erfolgen.1328 Übertragender und übernehmender Rechtsträger sind somit iSd. fortgeführt werden, um mittels Umgründung eine subjektübergreifende Verlustverwertung zu erreichen. 1323 Vgl. Hohenwarter-Mayr, DStJG 43 (2020), 421 (461). 1324 Nicht ausschüttungsbedingte Teilwertabschreibung auf Kapitalbeteiligungen des Anlagevermögens sind gem. § 12 Abs. 3 Z 1 öKStG abzugsfähig, allerdings gem. § 12 Abs. 3 Z 2 öKStG auf das laufende Wirtschaftsjahr und die sechs folgenden Wirtschaftsjahre zu verteilen, vgl. Mayr/Bodis/Lachmayer in Doralt/Ruppe, StR I, 2019, 533 f. (Rn. 1024); Marchgraber/Plansky in WU-KStG, § 12 KStG Rn. 323 ff. 1325 Vgl. dazu Kofler/Six in Kofler/Six, § 4 UmgrStG Rn. 119 ff.; sowie Hügel, Verschmelzung, § 4 Rn. 86 ff.; Hohenwarter-Mayr, DStJG 43 (2020), 421 (463). 1326 Vgl. zum Mantelkauf auch Hohenwarter bspw. Ressler/Rohm in WU-KStG, § 8 KStG Rn. 242–276, sowie der Sanierung Gruber, Sanierung, 2014, 204–208. 1327 Die Legaldefinition des Mantelkaufs enthält § 8 Abs. 4 Z 2 lit. c) S. 1 öKStG, wonach ein Mantelkauf vorliegt, wenn „[…] die Identität des Steuerpflichtigen infolge einer wesentlichen Änderung der organisatorischen und wirtschaftlichen Struktur im Zusammenhang mit einer wesentlichen Änderung der Gesellschafterstruktur auf entgeltlicher Grundlage nach dem Gesamtbild der Verhältnisse wirtschaftlich nicht mehr gegeben ist.“ 1328 Vgl. § 4 Z 2 S. 1 UmgrStG, dazu auch Hirschler/Zwick-Pevny in Wiesner/Hirschler/Mayr, HdU § 4 Rn. 98.
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Mantelkaufs als Einheit zu betrachten.1329 Demnach soll verhindert werden, dass § 4 Z 1 UmgrSG als lex specialis die Mantelkaufsregelungen aushebelt, bspw. wenn eine Verlustgesellschaft erworben und auf die Muttergesellschaft hochverschmolzen wird und nach dem Verschmelzungsstichtag der Betrieb stillgelegt wird.1330 Der einschränkenden Wirkung in § 4 Z 2 S. 1 UmgrStG steht jedoch die Regelung in § 4 Z 2 S. 2 UmgrStG entgegen, wonach eine Gleichstellung von Änderungen zum Zwecke der Verbesserung oder Rationalisierung1331 der betrieblichen Struktur im Unternehmenskonzept der übernehmenden Körperschaften mit Sanierungen besteht. Die Escapeklausel iSv. § 8 Abs. 4 Z 2 lit. c) S. 2 öKStG wird somit erweitert.1332 b) Rechtfertigung der Steuerneutralität Als wesentliches Rechtfertigungsbedürfnis führt der Gesetzgeber an, dass sich die steuerlichen Sonderregelungen damit rechtfertigen lassen, „[…] daß Umgründungen wirtschaftlich betrachtet lediglich einen Formwechsel der Unternehmensorganisation darstellen und daher nicht als Realisa tionsvorgänge, wie sie der Veräußerung oder Auflösung eines Unternehmens(anteiles) zugrunde liegen, gewertet werden müssen.“1333 Somit sind Umgründungen „besondere unternehmerische Vorgänge“.1334 Von einem ökonomischen Standpunkt trifft dies ohne weiteres zu, da Umgründungen nicht auf einen Liquiditätszuwachs durch Generierung von Markteinkommen abzielen. Gleichwohl ist zu beachten, dass Umgründungen, sofern das UmgrStG nicht greift, Realisationsvorgänge darstellen, was mit Blick auf die Geltung des Subjektsteuerprinzips und die iRv. Umgründungen gelösten 1329 Vgl. Kofler/Six in Kofler, § 4 UmgrStG Rn. 4, 148; Gruber, Sanierung im Unternehmenssteuerrecht, 2014, 205. 1330 Vgl. das Beispiel in ErlRV UmgrStG, 266 BlgNR XVIII. GP, 18; zur Kritik daran siehe Hirschler/Zwick-Pevny in Wiesner/Hirschler/Mayr, HdU § 4 Rn. 98 ff.; Hügel, Verschmelzung, § 4 Rn. 116. 1331 Eine Verbesserung dient der Optimierung von innerbetrieblichen Abläufen sowie der betrieblichen Tätigkeit in ihrer Gesamtheit, während eine Rationalisierung der Kosteneinsparung zur Verbesserung der Ergebnissituation bezeichnet, vgl. Massoner, Mantelkauf, 2007, 57–58. Der Gesetzgeber zählt zu Rationalisierungen auch die Erzielung von Synergieeffekten, dh. insb. Wertsteigerungen aufgrund Verbundeffekten, als entlastender Verschmelzungszweck, dahingehend ErlRV UmgrStG, 266 BlgNR XVIII. GP, 18. 1332 Vgl. Hohenwarter-Mayr, DStJG 43 (2020), 421 (464). 1333 ErlRV UmgrStG, 266 BlgNR XVIII. GP, 15; vgl. dazu Farmer in FS Pircher, 2007, 99 (101). 1334 ErlRV UmgrStG, 266 BlgNR XVIII. GP, 15.
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III. Grundzüge des UmgrStG als sachverhaltsbezogenes Sonderrecht
Subjektbindung stiller Reserven für die Steuerneutralität des UmgrStG als rechtfertigungsbedürftige Ausnahme spricht.1335 Dem Rechtfertigungsgrund kann sich mithilfe der Zielsetzung des UmgrStG genähert werden. Dessen Ziel ist es, notwendige Anpassungen der Unternehmensstruktur unter Fortbestand der Identität des Unternehmens selbst an die Gegebenheiten von exogenen Markteinflüssen (zB. zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit)1336 ohne steuerliche Zusatzbelastungen zu ermöglichen.1337 Somit wird der Fortbestand des Unternehmens in seiner Identität, welches in dem unternehmerischen Engagement zum Ausdruck kommt, unabhängig vom jeweiligen Rechtsträger in den Fokus gestellt.1338 Dies drückt aber auch die Materialisierung der Steuerneutralität des UmgrStG als eine wirtschafts- und standortpolitische Förderung durch den Gesetzgeber aus.1339 Es ist somit sachgerecht, die Steuerneutralität nur bei einem fortwährend gesicherten Besteuerungszugriff des Fiskus zu gewähren, sodass ein Besteuerungsaufschub durch Buchwertfortführung eintritt und kein endgültiger Steuerverzicht.1340 Ökonomisch betrachtet verfolgt der Gesetzgeber mit der wirtschaftspolitischen Förderung – wie im deutschen U mwStG – eine Entscheidungsneutralität hinsichtlich der Unternehmensform.1341 Denn der Steuerpflichtige soll ohne steuerliche Belastungen seine Unternehmensform flexibel umgestalten können, um auf Markteinflüsse zu reagieren. Die letztendliche Entscheidung für die individuell beste Unternehmensform liegt ausschließlich bei dem Steuerpflichtigen, dem zumindest hinsichtlich der steuerlichen Auswirkungen durch das UmgrStG eine Neutralität gewährt wird. 1335 Siehe dazu bereits Abschnitt C.III.1.b)cc). 1336 Vgl. ErlRV StruktVG 1969, 1029 BlgNR XI. GP, 5: „[…] Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit durch Verbesserung der [Unternehmensstruktur]“; ErlRV UmgrStG, 266 BlgNR XVIII. GP, 15: „[…] die unternehmerischen Anforderungen in einer […] Markt orientierten Wirtschaft eine dauernde Anpassung der Strukturen erzwingt […]“. 1337 Vgl. Hohenwarter-Mayr, Rechtsnachfolge, 2019, 537. 1338 Vgl. Hohenwarter-Mayr, Rechtsnachfolge, 2019, 537; Mayr in Doralt/Ruppe, StR I, 2019, 572 (Rn. 1107). 1339 Vgl. idS Hohenwarter-Mayr, Rechtsnachfolge, 2019, 538 mit dem Hinweis auf die übereinstimmende Rechtfertigung des UmgrStG mit § 6 Z 6 lit. a) öEStG, wonach bei Übertragungen von Betrieben, Teilbetrieben und Mitunternehmeranteilen zwischen natürlichen Personen ebenfalls eine strenge Buchwertfortführung gilt. 1340 Vgl. Hohenwarter-Mayr, Rechtsnachfolge, 2019, 538. 1341 Vgl. dazu bereits Abschnitt C.III.2.c).
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3. Weitere Prinzipien des UmgrStG Wenngleich die Steuerneutralität den zentralen Leitgrundsatz des UmgrStG darstellt, enthält das UmgrStG noch im folgenden skizzierte, weitere Grundprinzipien. a) Grundsatz der zwingenden Anwendung und Verknüpfung mit dem allgemeinen Ertragsteuerrecht Das UmgrStG ist vom Grundsatz der zwingenden Anwendung geprägt, dh. wenn die Anwendungsvoraussetzungen des UmgrStG erfüllt sind, sind die Rechtsfolgen des UmgrStG zwingend zu ziehen.1342 Bei Verletzung der Anwendungsvoraussetzungen treten die realisierenden Rechtsfolgen des allgemeinen Ertragsteuerrechts ein. Der Verweis auf § 6 Z 14 und § 24 Abs. 7 öEStG sowie § 20 öKStG zeigt indes nicht nur die Stellung des UmgrStG als Sonderrecht, sondern auch die Verknüpfung des UmgrStG mit dem allgemeinen Ertragsteuerrecht.1343 Somit greift das UmgrStG teilweise auf die allgemeinen Regelungen des Ertragsteuerrechts zurück.1344 b) Maßgeblichkeit des Unternehmens- und Gesellschaftsrechts Die Verschmelzung, Umwandlung und (Handels-)Spaltung sind im Gesellschaftsrecht definiert, weshalb das UmgrStG daran anknüpft.1345 Dementsprechend ist es auch eine vom entsprechenden Firmenbuchgericht zu prüfende Vorfrage, ob bspw. eine Verschmelzung vorliegt, auf die das UmgrStG anzuwenden ist. Sofern die Umgründung zulässig und in das Firmenbuch eingetragen wird, ist dies für das UmgrStG maßgeblich, solange die eingetragene Umgründungsmaßnahme nicht für nichtig erklärt wird.1346 Somit ist das Unternehmens- bzw. Gesellschaftsrecht maßgeblich, wenn für die Ver1342 Vgl. Mayr in Doralt/Ruppe, StR I, 2019, 573 (Rn. 1109); Hohenwarter-Mayr, DStJG 43 (2020), 421 (432). 1343 Vgl. Wiesner in Wiesner/Hirschler/Mayr, HdU Einf. Rn. 17; Mayr in Doralt/Ruppe, StR I, 2019, 573 (Rn. 1110). 1344 Vgl. bspw. beim Ratenzahlungskonzept für einen Gewinn auf Basis von ent strickten Wirtschaftsgütern erfolgt ein Verweis auf § 6 Z 6 öEStG, dazu bereits Abschnitt F.III.2.a)bb). 1345 Vgl. für Verschmelzungen: § 1 Abs. 1 Z 1 bis 4 UmgrStG iVm. §§ 219 ff. öAktG, §§ 96 ff. öGmbHG; für Umwandlungen: § 7 Abs. 1 Z 1, 2 UmgrStG iVm. §§ 1 ff. öUmwG; für Spaltungen § 32 Abs. 1 Z 1, 2 UmgrStG iVm. SpaltG; vgl. dazu auch Hügel in Hügel/Mühlehner/Hirschler, Einl. Rn. 33. 1346 Vgl. Mayr in Doralt/Ruppe, StR I, 2019, 574 (Rn. 1111).
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III. Grundzüge des UmgrStG als sachverhaltsbezogenes Sonderrecht
mögensübertragung (zB. auch bei einer Sacheinlage in eine GmbH) eine Firmenbucheintragung vorausgesetzt wird.1347 c) Grundsatz der ertragsteuerlichen Rückwirkung Obwohl das allgemeine Ertragsteuerrecht eher rückwirkungsfeindlich ist,1348 erlaubt das UmgrStG als Ausnahmebestimmung für ertragsteuerliche Zwecke den Rückbezug auf einen Stichtag. Dieser Stichtag darf höchstens neun Monate vor dem Tag liegen, an dem die Umgründung zur Eintragung in das Firmenbuch angemeldet oder dem zuständigen Finanzamt gemeldet wird.1349 d) Grundsatz der wirtschaftlichen Begründung Abschließend wird das UmgrStG vom sog. Grundsatz der wirtschaftlichen Begründung getragen, wonach die Anwendung des UmgrStG versagt wird, wenn mit Umgründungsmaßnahmen die missbräuchliche Umgehung oder Minderung der Abgabenpflicht iSv. § 22 BAO oder damit hauptsächlich eine Steuerhinterziehung oder Steuerumgehung iSv. Art 15 FRL bezweckt wird.1350 § 22 Abs. 2 S. 1 BAO1351 definiert eine rechtliche Gestaltung oder eine Abfolge mehrerer rechtlicher Gestaltungen als missbräuchlich, wenn diese hinsichtlich der wirtschaftlichen Zielsetzung unangemessen ist. Eine Unangemessenheit einer Gestaltung liegt gem. § 22 Abs. 2 S. 2 BAO vor, wenn die Gestaltung nicht mehr sinnvoll erscheint, weil der wesentliche Zweck oder einer der wesentlichen Zwecke in der Erlangung eines steuerlichen Vorteils liegt, der nicht dem Ziel oder dem Zweck des geltenden Steuerrechts ent1347 Vgl. Walter, UmgrStR, 2021, 23 (Rn. 17); Hohenwarter-Mayr, DStJG 43 (2020), 421 (432). 1348 Vgl. VwGH v. 20.01.2016, 2012/13/0013; Mayr in Doralt/Ruppe, StR I, 2019, 575 (Rn. 1115). 1349 Vgl. Walter, UmgrStR, 2021, 23 (Rn. 15); Hohenwarter-Mayr, DStJG 43 (2020), 421 (433). 1350 Vgl. § 44 UmgrStG, dazu Walter, UmgrStR, 2021, 24 (Rn. 19); Hohenwarter-Mayr, DStJG 43 (2020), 421 (503). 1351 § 22 Abs. 2 BAO wurde durch das JStG 2018 neugefasst. Einerseits soll die Definition des Missbrauchs die VwGH-Rechtsprechung widerspiegeln, andererseits soll der Missbrauchsbegriff den unionsrechtlichen Vorgaben von Art. 6 ATAD entsprechen. Dadurch soll gewährleistet werden, dass die bisherige VwGH-Rechtsprechung und Auslegung des Missbrauchsbegriffs grds. beibehalten werden kann, ErlRV JStG 2018, 190 der BlgNR XXVI. GP, 41–42.
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spricht. Ein Missbrauch liegt nur dann nicht vor, wenn gem. § 22 Abs. 2 S. 3 BAO triftige wirtschaftliche Gründe vorliegen, welche der wirtschaftlichen Realität entsprechen. Folglich muss für die Umgründung eine wirtschaftlich begründete Strukturänderung maßgeblich sein,1352 wobei die Wirtschaftlichkeitsbewertung einer Umgründung der subjektiven Einschätzung des Steuerpflichtigen obliegt.1353 Selbst wenn der Steuerpflichtige mit einer Umgründung eine Steuerersparnis verfolgt, kann diese nicht als Missbrauch eingestuft werden, wenn der Weg des Gesetzes beschritten wird1354 und im Regelfall der Steuervorteil durch die Teleologie des UmgrStG gedeckt ist.1355 Der Missbrauchsverdacht wird insb. bei Umgründungsmaßnahmen erhoben, mit denen Realisationsvorgänge in steuerneutrale Vorgänge gekleidet werden sollen1356 oder mehrfache Umgründungen zum Ausgangspunkt zurückführen,1357 sofern wirtschaftliche Gründe fehlen.1358 Da der VwGH die Anwendung eines Gesetzes nicht als per se missbräuchlich qualifiziert,1359 sollten einzelne Umgründungen, die unter Anwendung des UmgrStG deren
1352 Vgl. ErlRV UmgrStG, 266 BlgNR XVIII. GP, 41: „Im Vordergrund muß […] eine wirtschaftlich begründete Strukturänderung stehen“; Mayr in Doralt/Ruppe, StR I, 2019, 577 (Rn. 1120). 1353 Vgl. Hübner-Schwarzinger in Kofler, § 44 UmgrStG Rn. 7. 1354 Vgl. VwGH v. 13.09.1988, 87/14/0128, unter 3. und 4., wonach eine Verschmelzung nach dem StruktVG von Kapitalgesellschaften zwecks Verwertung von Verlustvorträgen der übertragenden Gesellschaft keine missbräuchliche Gestaltung darstellt; Bruckner/Sulz in Wiesner/Hirschler/Mayr, HdU § 44 Rn. 14; Hübner-Schwarzinger in Kofler, § 44 UmgrStG Rn. 8. 1355 Vgl. Hohenwarter-Mayr, DStJG 43 (2020), 421 (506–507). Dementsprechend ist vom Telos auch der Wechsel des Besteuerungsregimes zur Reduktion der Effektivsteuerlast gedeckt, sodass dies keine unangemessene Gestaltung darstellt; vgl. UmgrStR, Rn. 1907. 1356 ZB. der Zusammenschluss von zwei Einzelunternehmen mit anschließender Realteilung, sodass die beiden Einzelunternehmer die stillen Reserven des anderen Betriebes besitzen und somit stille Reserven „getauscht“ haben, so ErlRV UmgrStG, 266 BlgNR XVIII, GP, 41; vgl. dazu auch Bruckner/Sulz in Wiesner/Hirschler/ Mayr, HdU § 44 Rn. 16. 1357 ZB. die Verschmelzung zweier Körperschaften mit anschließender Spaltung, wenn die Verschmelzung allein zum Zwecke einer umgründungsbedingten Verlustverwertung erfolgte, so ErlRV UmgrStG, 266 BlgNR XVIII, GP, 41; vgl. dazu auch Hübner-Schwarzinger in Kofler, § 44 UmgrStG Rn. 11; Bruckner/Sulz in Wiesner/ Hirschler/Mayr, HdU § 44 Rn. 17. 1358 Vgl. Bruckner/Sulz in Wiesner/Hirschler/Mayr, HdU § 44 Rn. 18. 1359 Vgl. VwGH v. 20.05.2010, 2006/15/0005; Hübner-Schwarzinger in Kofler, § 44 UmgrStG Rn. 1.
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IV. Intersubjektive Übertragung eines stillen Lastenüberschusses
steuerliche Vorteile nutzen, grds. nicht als missbräuchlich zu qualifizieren sein.1360
IV. Intersubjektive Übertragung eines stillen Lastenüberschusses bei innerstaatlichen Umgründungen IV. Intersubjektive Übertragung eines stillen Lastenüberschusses
Gegenstand der nachfolgenden Ausführungen ist die Frage, ob das UmgrStG Einschränkungen der Buchwertfortführung vorsieht, wenn der gemeine Wert der Sachgesamtheit (Verkehrswert) die Summe der Buchwerte unterschreitet und somit ein Überschuss an stillen Lasten vorliegt.
1. Buchwertfortführung im UmgrStG für das übertragene Vermögen bei einem Überschuss an stillen Lasten a) Buchwertfortführung bei den einzelnen Umgründungstypen Der Grundsatz der zwingenden Buchwertfortführung wird nachfolgend je Umgründungstyp kurz skizziert und untersucht, ob die Vorschriften zum Ansatz der Buchwerte Einschränkungen in Bezug auf stille Lasten enthalten. aa) Verschmelzungen Soweit bei Verschmelzungen iSv. Art. I UmgrStG keine Einschränkung des österreichischen Steuerrechts erfolgt,1361 ist das Betriebsvermögen der übertragenden Körperschaft mit dem Wert, der sich über die nach § 7 Abs. 2, 3 öKStG maßgeblichen Gewinnermittlungsvorschriften iSv. §§ 4 bis 14 öEStG ergibt, dh. der Buchwert, anzusetzen.1362 Auf Ebene der übertragenden
1360 Vgl. UmgrStR, Einl. letzter Satz; ErlRV UmgrStG, 266 BlgNR XVIII. GP, 41, mit Fokus auf mehrstufige Umgründungsmaßnahmen; dahingehend auch Bruckner/ Sulz in Wiesner/Hirschler/Mayr, HdU § 44 Rn. 14; Hohenwarter-Mayr, DStJG 43 (2020), 421 (506); Hohenwarter-Mayr, Rechtsnachfolge, 2019, 674–675. 1361 Soweit das Besteuerungsrecht Österreichs eingeschränkt, ist das UmgrStG gem. § 1 Abs. 2 S. 1 UmgrStG nicht anwendbar, vgl. Marchgraber in Wundsam/Zöchling/ Huber/Khun, § 1 UmgrStG Rn. 38 ff.; Kofler/Six in Kofler, § 1 UmgrStG Rn. 2 iVm. 81. 1362 Vgl. § 2 Abs. 1 UmgrStG; dazu UmgrStR, Rn. 91; Kofler/Six in Kofler, § 2 UmgrStG Rn. 2; Hirschler in Wiesner/Hirschler/Mayr, HdU § 2 Rn. 14; Hügel, Verschmelzung, § 2 Rn. 1; dazu auch Walter, UmgrStR, 2021, 41 (Rn. 55).
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F. Stille Lasten bei österreichischen i nnerstaatlichen Umgründungen
örperschaft wird somit die Gewinnrealisation unterdrückt.1363 Eine Wahl K zum Ansatz eines höheren Werts für rein nationale1364 Verschmelzungen iSv. Art. 4 Abs. 3 FRL besteht indes nicht.1365 Aufgrund der verpflichtenden Buchwertfortführung durch die übernehmende Körperschaft zum Verschmelzungsstichtag,1366 wodurch die gesellschaftsrechtliche Gesamtrechtsnachfolge verwirklicht wird,1367 erfolgt eine intersubjektive Übertragung stiller Reserven.1368 Die Buchwertfortführung gilt indes auch in Bezug auf stille Lasten, denn die übernehmende Körperschaft führt auch sämtliche Rückstellungen der übertragenden Körperschaft (einschließlich der steuerlich unterbewerteten Sozialkapitalrückstellungen) fort.1369 Die umgründungssteuerrechtlichen Vorschriften zur Verschmelzung schränken demnach die intersubjektive Übertragung stiller Lasten nicht ein. bb) Umwandlungen Die übertragende Körperschaft hat bei einer innerstaatlichen1370 Umwandlung iSv. Art. 2 in der zum Umwandlungsstichtag aufzustellenden steuerlichen Schlussbilanz bzw. dem Jahresabschluss gem. § 8 Abs. 1 UmgrStG die
1363 Vgl. Hohenwarter-Mayr, Rechtsnachfolge, 2019, 541; Kofler/Six in Kofler, § 2 UmgrStG Rn. 2. 1364 Das Aufwertungswahlrecht iSv. § 2 Abs. 2 UmgrStG gilt nur für Verschmelzungen mit Auslandsbezug, dh. in Bezug auf das ausländische Vermögen bei einer Inlandsverschmelzung mit ausländischem Vermögen (§ 2 Abs. 2 Z 1 iVm. § 1 Abs. 1 Z 1 bis 3 UmgrStG; dazu Kofler/Six in Kofler, § 2 UmgrStG Rn. 33–35) oder hinsichtlich des inländischen Vermögens bei einer Auslandsverschmelzung (§ 2 Abs. 2 Z 2 iVm. § 1 Abs. 1 Z 4 UmgrStG, dazu Kofler/Six in Kofler, § 2 UmgrStG Rn. 36–38). Voraussetzung ist, dass die Verschmelzung im Ausland zu einer Gewinnrealisation führt und entweder mit dem ausländischen Staat ein DBA oder nach innerstaatlichem Recht eine Anrechnungsmöglichkeit besteht, vgl. Walter, UmgrStR, 2021, 41 ff. (Rn. 59 ff.). 1365 Krit. dazu Hügel, ecolex 1991, 801 (805); Staringer in GS Gassner, 2005, 429 (444). 1366 Vgl. § 3 Abs. 1 Z 1 UmgrStG, dazu Kofler/Six in Kofler, § 3 UmgrStG Rn. 1; Hirschler in Wiesner/Hirschler/Mayr, HdU § 3 Rn. 7; Walter, UmgrStR, 2021, 49 (Rn. 86). 1367 Vgl. Gassner in FS Helbich, 1990 (36 f., 39); idS auch Brugger in Wundsam/ Zöchling/Huber/Khun, § 3 UmgrStG Rn. 2. 1368 Vgl. in Bezug auf stille Reserven: Hohenwarter-Mayr, Rechtsnachfolge, 2019, 541. 1369 Vgl. Kofler/Six in Kofler, § 3 UmgrStG Rn. 19; Hügel, Verschmelzung, § 3 Rn. 11; Hirschler in Wiesner/Hirschler/Mayr, HdU § 3 Rn. 19. 1370 Das UmgrStG ist gem. § 7 Abs. 2 S. 1 UmgrStG nur anzuwenden, soweit das Besteuerungsrecht Österreichs an den stillen Reserven und einem Firmenwert beim Rechtsnachfolger nicht eingeschränkt wird, vgl. Hohenwarter-Mayr, Rechtsnachfolge, 2019, 556–557.
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Buchwerte anzusetzen.1371 Aufwertungswahlrechte gelten nur für Umwandlungen, bei denen ausländisches Vermögen übertragen wird, oder für inländisches Vermögen im Falle von Auslandsverschmelzungen.1372 Es gilt die – wie auch bei der Verschmelzung – zwingende Buchwertfortführung für die übernehmenden Rechtsträger,1373 als Verwirklichung der gesellschaftsrechtlichen Gesamtrechtsnachfolge.1374 Die Buchwertfortführung gilt unein geschränkt, dh. bei stillen Lasten, was sich ebenfalls in der Fortführung der steuerlichen Rückstellungsbuchwerte zeigt.1375 Bei innerstaatlichen Umgründungen besteht dementsprechend eine zwingender Buchwertansatz, auch bei stillen Lasten. cc) Einbringungen Die Anwendung des UmgrStG (Art. III) für Einbringungen erfordert die tatsächliche Übertragung von qualifiziertem Einbringungsvermögen in Form eines Betriebs oder Teilbetriebs (§ 12 Abs. 2 Z 1 UmgrStG), Mitunternehmeranteils (§ 12 Abs. 2 Z 2 UmgrStG) oder eines qualifizierten Kapitalanteils (§ 12 Abs. 2 Z 3 UmgrStG1376).1377 Bei Erfüllung der Anwendungsvoraussetzungen hat der Einbringende zum Einbringungsstichtag das 1371 Vgl. Stefaner in Kofler, § 8 UmgrStG Rn. 11; Dziurdź in Wundsam/Zöchling/Huber/Khun, § 8 UmgrStG Rn. 3. 1372 Vgl. § 8 Abs. 2 UmgrStG; ausführlich Stefaner in Kofler, § 8 UmgrStG Rn. 26 ff. 1373 Vgl. § 9 Abs. 1 Z 1 UmgrStG, dazu Wellinger in Wiesner/Hirschler/Mayr, HdU § 9 Rn. 11–12; Marchgraber in Wundsam/Zöchling/Huber/Khun, § 9 UmgrStG Rn. 6–10; Stefaner in Kofler, § 9 UmgrStG Rn. 21–23. 1374 Vgl. Hohenwarter-Mayr, Rechtsnachfolge, 2019, 558. 1375 Vgl. dahingehend Stefaner in Kofler, § 9 UmgrStG Rn. 5. Gleichwohl kann für Pensionsrückstellungen eine nachfolgende Auflösungsverpflichtung bestehen, wenn eine Kapitalgesellschaft auf den anspruchsberechtigten Gesellschafter umgewandelt wird. Die Pensionsrückstellungen sind dann steuerwirksam aufzulösen, vgl. Stefaner in Kofler, § 9 UmgrStG Rn. 138; Wellinger in Wiesner/Hirschler/Mayr, HdU § 9 Rn. 96. 1376 Ein qualifizierter Kapitalanteil liegt vor, wenn ein wesentlicher Kapitalanteil von mindestens 25% des Nennkapitals oder des rechnerischen Werts der Gesamtanteile (§ 12 Abs. 2 Z 3 TS 1 UmgrStG) oder die eingebrachten Anteile der übernehmenden Gesellschaft allein oder gemeinsam mit ihr bereits vor der Einbringung gehörenden Anteile unmittelbar die Mehrheit der Stimmrechte an der Gesellschaft, deren Anteile eingebracht werden, vermitteln oder erweitern (§ 12 Abs. 2 Z 3 TS 2 UmgrStG), vgl. dazu auch insg. Huber/Grün in Wundsam/Zöchling/Huber/Khun, § 12 UmgrStG Rn. 89. 1377 Des Weiteren ist ein positiver Verkehrswert des qualifizierten Einbringungsvermögens Anwendungsvoraussetzung für das UmgrStG (§ 12 Abs. 1 S. 2 UmgrStG), vgl. UmgrStR, Rn. 652, 672. Siehe dazu ausführlich unter Abschnitt F.IV.2.a).
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F. Stille Lasten bei österreichischen i nnerstaatlichen Umgründungen
Vermögen in einer Einbringungsbilanz oder im Einbringungsvertrag mit den Buchwerten anzusetzen (§ 14 Abs. 1 S. 2 iVm. § 16 Abs. 1 S. 1 UmgrStG).1378 Der Wertansatz durch den Einbringenden ist für die übernehmende Körperschaft maßgeblich (§ 18 Abs. 1 S. 1 UmgrStG).1379 Es erfolgt ebenso eine intersubjektive Übertragung des betrieblichen Vermögens sowie der darin enthaltenen, noch nicht realisierten Wertzuwächse und Wertminderungen.1380 Die Maßgeblichkeit des Wertansatzes des Einbringenden gilt ebenso für die als Gegenleistung erhaltenen Anteile1381 (§ 20 Abs. 2 Z 1 UmgrStG).1382 Bei einem Buchwertansatz des Einbringenden werden somit die in dem übertragenen Vermögen enthaltenen stillen Reserven auf die Anteile an der übernehmenden Körperschaft übertragen (Verdoppelung der stillen Reserven).1383 Dies muss konsequenterweise auch für in dem übertragenen Vermögen enthaltene stille Lasten gelten. Im Ergebnis besteht auch bei Einbringungen die Möglichkeit, stille Lasten intersubjektiv zu übertragen, weil Art. III UmgrStG einen zwingenden Ansatz der Buchwerte und insoweit keine Einschränkungen hinsichtlich stiller Lasten vorsieht. dd) Zusammenschlüsse Unter Art. IV UmgrStG fällt die Übertragung von Betrieben, Teilbetrieben oder Mitunternehmeranteilen (§ 23 Abs. 2 iVm. § 12 Abs. 2 UmgrStG)1384 auf eine Personengesellschaft gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten
1378 1379 1380 1381
Vgl. UmgrStR, Rn. 855. Vgl. UmgrStR, Rn. 960; Stefaner in Kofler, § 18 UmgrStG Rn. 21. Vgl. auch Hohenwarter-Mayr, Rechtsnachfolge, 2019, 567. § 19 Abs. 2 UmgrStG sieht Ausnahmen von der Anteilsgewährung vor: Abfindung mit eigenen Anteilen (Z 1); Abfindung mit Anteilen der Gesellschafter der übernehmenden Körperschaft (Z 2); bare Zuzahlungen (Z 3), vgl. dazu Furherr in Kofler, § 19 UmgrStG Rn. 56–74. 1382 Vgl. Mair/Mayr in Wiesner/Hirschler/Mayr, HdU § 18 Rn. 1; Huber in Wundsam/ Zöchling/Huber/Khun, § 20 UmgrStG Rn. 2, 7. 1383 Vgl. Mayr in Doralt/Ruppe, StR I, 2019, 631 (Rn. 1195); UmgrStR, Rn. 1097. 1384 Kapitalanteile iRv. Zusammenschlüssen isoliert kein begünstigtes Vermögen, sondern können nur bei Zugehörigkeit zu einem Betrieb, Teilbetrieb oder Mitunternehmeranteil begünstigt auf eine Personengesellschaft iRd. UmgrStG übertragen werden, vgl. UmgrStR, Rn. 1346; Mayr in Doralt/Ruppe, StR I, 2019, 635 (Rn. 1202).
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IV. Intersubjektive Übertragung eines stillen Lastenüberschusses
auf gesellschaftsvertraglicher Basis und einer Zusammenschlussbilanz (§ 12 Abs. 1 S. 1 UmgrStG).1385 Bei Vorliegen der Anwendungsvoraussetzungen ist das übertragene Vermögen durch den übertragenden Rechtsträger in der Zusammenschlussbilanz gem. § 24 Abs. 1 iVm. § 16 Abs. 1 UmgrStG zwingend mit dem Buchwert anzusetzen.1386 Demnach wird die steuerwirksame Aufwertung nach den Grundsätzen des allgemeinen Ertragsteuerrechts hinsichtlich des über tragenden Vermögens unterdrückt.1387 Durch die zwingende Wertever knüpfung der übernehmenden Personengesellschaft gem. § 25 Abs. 1 Z 1 UmgrStG besteht demnach weder beim übertragenden noch beim übernehmenden Rechtsträger ein Wahlrecht zum Ansatz des übertragenen Vermögens mit Buchwerten, Teilwerten oder gemeinen Werten.1388 Die Zulässigkeit der Buchwertfortführung ist nur dann zu bejahen, „wenn für die weitere Gewinnermittlung Vorsorge getroffen wird, dass es bei den am Zusammenschluss beteiligten Steuerpflichtigen durch den Vorgang der Übertragung zu keiner endgültigen Verschiebung der Steuerbelastung kommt“ (§ 24 Abs. 2 S. 1 UmgrStG). Es darf somit nicht zu einer endgültigen Verschiebung der Besteuerung der steuerverstrickten stillen Reserven und stillen Lasten inkl. eines Firmenwerts kommen.1389 Treiber dieser Voraussetzung ist das Subjektsteuerprinzip, wonach stille Reserven bei Realisation von dem Steuerpflichtigen zu versteuern sind, der diese erzielt hat.1390 Bei einem Verkehrswertzusammenschluss, dh. wenn sich die Beteiligungshöhe an der übernehmenden Personengesellschaft durch den jeweiligen Verkehrswert des übertragenen Vermögens determiniert,1391 ist die Abbildung von Mehr- und Minderwerten mittels Ergänzungsbilanzen eine Maßnahme iSv. § 24 Abs. 2 UmgrStG.1392 Die Ergänzungsbilanzen können sich 1385 Das übertragene Vermögen muss ebenfalls einen positiven Verkehrswert aufweisen, vgl. § 12 Abs. 1 S. 2 UmgrStG, siehe dazu ausführlich Abschnitt F.IV.2.a). 1386 Vgl. Huber/Huber in Wundsam/Zöchling/Huber/Khun, § 24 UmgrStG Rn. 69. 1387 Vgl. Hübner-Schwarzinger/Six in Kofler, § 24 UmgrStG Rn. 93. 1388 Vgl. UmgrStR, Rn. 1418; Hirschler/Sulz/Knesl in Wiesner/Hirschler/Mayr, HdU § 24 Rn. 114; Hübner-Schwarzinger/Six in Kofler, § 24 UmgrStG Rn. 94; ErlRV UmgrStG, 266 BlgNR XVIII. GP, 32. 1389 So ausdrücklich Hirschler/Sulz/Knesl in Wiesner/Hirschler/Mayr, HdU § 24 Rn. 133, die von stillen Lasten als „[…] ‘negativen‘ stillen Reserven […]“ sprechen. 1390 Vgl. Staringer in GS Gassner, 2005, 429 (444–445); Hohenwarter-Mayr, Rechtsnachfolge, 2019, 592; Hübner-Schwarzinger/Six in Kofler, § 24 UmgrStG Rn. 3. 1391 Vgl. Walter, UmgrStR, 2021, 253 (Rn. 641). 1392 Vgl. Mayr in Doralt/Ruppe, StR I, 2019, 639–640 (Rn. 1209, 1210).
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F. Stille Lasten bei österreichischen i nnerstaatlichen Umgründungen
danach unterscheiden, ob die Beteiligungsverhältnisse durch eine Auf- bzw. Abstockung der Kapitalkonten (Quotenverschiebung)1393 oder durch einen unternehmensrechtlichen Ansatz zum Verkehrswert (Verkehrswertübernahme)1394 unmittelbar zutreffend dargestellt werden. Beim Kapitalkon ten- bzw. Buchwertzusammenschluss, dh. der Determinierung der Beteiligungshöhe entsprechend dem buchmäßigen Eigenkapital,1395 kann durch Vereinbarung eines Gewinn-, Liquidations- oder Reservenvorbehalts Vorsorge für die Verschiebung von Steuerlasten getroffen werden.1396 Wird dafür keine Vorsorge getroffen, bleibt es bei der Anwendung von Art. IV UmgrStG, jedoch nicht mit der Buchwertfortführung, sondern unter Ansatz der Teilwerte der Wirtschaftsgüter einschließlich selbstgeschaffener immaterieller Wirtschaftsgüter (§ 24 Abs. 2 S. 2 UmgrStG),1397 dh. mit der Folge einer vollständigen Gewinnrealisation.1398 Im Ergebnis enthalten die Vorschriften zum Buchwertansatz iRv. Zusammenschlüssen keine Einschränkung im Falle der Existenz von stillen Lasten, sodass eine intersubjektive Übertragung dieser möglich ist. Voraussetzung ist indes die Verhinderung der endgültigen Verschiebung von Steuerlasten durch Vorsorgemaßnahmen. ee) Realteilungen Als Komplementär-Umgründungen zum Zusammenschluss iSv. Art. IV UmgrStG fallen Realteilungen unter das UmgrStG, wenn qualifiziertes Vermögen (Betrieb, Teilbetrieb oder Mitunternehmeranteile iSv. § 12 Abs. 2 UmgrStG)1399 mit einem positiven Verkehrswert, der im Zweifel nachzuweisen ist,1400 auf Grundlage einer Teilungsbilanz und eines Gesellschaftsvertrages auf Nachfolgeunternehmer übertragen wird. In der Teilungsbilanz ist das übertragene Vermögen zwingend mit den Buchwerten anzusetzen, was 1393 Vgl. Walter, UmgrStR, 2021, 253 (Rn. 643 ff.); Hirschler/Sulz/Knesl in Wiesner/ Hirschler/Mayr, HdU, § 24 Rn. 184–188. 1394 Vgl. Walter, UmgrStR, 2021, 255 (Rn. 646 ff.). Hirschler/Sulz/Knesl in Wiesner/ Hirschler/Mayr, HdU, § 24 Rn. 189–190. 1395 Vgl. Walter, UmgrStR, 2021, 258 (Rn. 650). 1396 Vgl. Mayr in Doralt/Ruppe, StR I, 2019, 639–641 (Rn. 1209, 1211–1213); Walter, UmgrStR, 2021, 259 ff. (Rn. 654 ff.) mit Beispielen. 1397 Vgl. Mayr in Doralt/Ruppe, StR I, 2019, 639 (Rn. 1208). 1398 Vgl. Hübner-Schwarzinger/Six in Kofler, § 24 UmgrStG Rn. 136; krit dazu Höltschl/ Uedl, SWK 2021, 1239 (1241 f.). 1399 Vgl. § 27 Abs. 1 S. 1 iVm. § 27 Abs. 2 UmgrStG 1400 Vgl. § 27 Abs. 1 S. 2, 3 UmgrStG.
266
IV. Intersubjektive Übertragung eines stillen Lastenüberschusses
sich aus § 29 Abs. 1 Z 1 iVm. § 14 Abs. 1 S. 2 UmgrStG ergibt (sog. Grundsatz der Buchwertteilung).1401 Der Buchwertansatz ist zwingend, dh. es besteht kein Wahlrecht zur Aufwertung,1402 die vom (jeweiligen) Nachfolgeunternehmer zu übernehmen ist (§ 30 Abs. 1 Z 1 UmgrStG).1403 Dadurch erfolgt eine materiell-rechtliche steuerliche Gesamtrechtsnachfolge1404 und somit auch eine intersubjektive Übertragung stiller Reserven und Lasten. Ähnlich wie beim Zusammenschluss ist eine Buchwertteilung nur zulässig, wenn Vorsorge getroffen wird, dass der Teilungsvorgang nicht zu einer endgültigen Verschiebung von Steuerlasten führt (§ 29 Abs. 1 Z 2 S. 1 UmgrStG). Bei fehlender Vorsorge ist ein Buchwertansatz unzulässig, was die zwingende Realisation unter Ansatz aller Wirtschaftsgüter mit dem Teilwert zur Folge hat (§ 29 Abs. 1 Z 2 S. 2 iVm. § 24 Abs. 2 S. 2 UmgrStG).1405 Es muss indes nur Vorsorge getroffen werden, wenn es zu einer Verschiebung von Steuerlasten kommen kann. Sofern eine Personengesellschaft real geteilt wird und an den übernehmenden Personengesellschaften jeweils die gleichen Gesellschafter beteiligt sind wie an der im Vorfeld gemeinsamen Personengesellschaft, ist eine Vorsorge zur Verschiebung von Steuerlasten gegenstandslos.1406 Dh. bspw. eine Realteilung einer Personengesellschaft mit zwei Teilbetrieben, bei denen jeder Teilbetrieb einen betragsmäßig gleichen Überschuss an stillen Lasten aufweist, ist zu Buchwerten ohne Vorsorge einer Realteilung iSv. Art. V UmgrStG zugänglich. Als zulässige Vorsorgeformen kommt nur die Bildung von Ausgleichsposten in Betracht.1407 Diese Ausgleichsposten sollen eine Verschiebung von Steuerbelastungen ausgleichen, die daraus resultiert, dass ein Mitunternehmer im Zuge der Realteilung mehr oder weniger an stillen Reserven übernimmt, als ihm eigentlich entsprechend seines Mitunternehmeranteils zusteht.1408 1401 Vgl. Bergmann in Kofler, § 29 UmgrStG Rn. 3. 1402 Vgl. UmgrStR, Rn. 1601; Mayr in Doralt/Ruppe, StR I, 2019, 646 (Rn. 1229); Brauner in Wiesner/Hirschler/Mayr, HdU, § 29 Rn. 18. 1403 Vgl. UmgrStR, Rn. 1622; Walter, UmgrStR, 2021, 299 (Rn. 769); Bergmann in Kofler, § 30 UmgrStG Rn. 2; Mühlehner in Hügel/Mühlehner/Hirschler, § 30 UmgrStG Rn. 1. 1404 Vgl. UmgrStR, Rn. 1619; Brauner in Wiesner/Hirschler/Mayr, HdU § 30 Rn. 10. 1405 Vgl. Walter, UmgrStR, 2021, 295 (Rn. 757), 302 (Rn. 777). 1406 Vgl. Walter, UmgrStR, 2021, 302 (Rn. 776). 1407 UmgrStR, Rn. 1532; Sulz/Reisch, SWK 2003, 368; Brauner in Wiesner/Hirschler/ Mayr, HdU § 29 Rn. 18; Bergmann in Kofler, § 29 UmgrStG Rn. 21; Andreaus in Galla/Heckenthaler/Hofbauer-Steffel/Striegel, 2012, 264–265 (Rn. 1089). 1408 Vgl. UmgrStR, Rn. 1532.
267
F. Stille Lasten bei österreichischen i nnerstaatlichen Umgründungen
Demnach ist ein aktiver Ausgleichsposten bei Nachfolgeunternehmer zu bilden, wenn im Zuge der Realteilung mehr an steuerverstrickten stillen Reserven übernommen wurde, als ihm entsprechend seines Mitunternehmeranteils an steuerverstrickten stillen Reserven zustand. Der aktive Ausgleichsposten ist in der Folgezeit aufwandswirksam aufzulösen, sodass die sich durch das Mehr an übernommenen stillen Reserven ergebende Steuerbelastung ausgeglichen wird.1409 Einen passiven Ausgleichsposten hat der Nachfolgeunternehmer zu bilden, der gemessen an seinem Mitunternehmeranteil weniger steuerverstrickte stille Reserven übernimmt, als ihm eigentlich zustand. Korrespondierend ist der passive Ausgleichsposten in den Folgezeiträumen gewinnerhöhend aufzulösen, was die geringere Steuerbelastung in Folge der Minderübernahme an stillen Reserven ausgleicht.1410 Bei Realteilungen kann es zu einer Äquivalenzverletzung kommt. Eine solche liegt vor bei einer Wertinkongruenz zwischen dem im Zuge der Realteilung erhaltenen Teilvermögen und dem untergehenden Gesellschaftsanteil.1411 Insbesondere eine Realteilung einer Personengesellschaft, bei der ein Teilungsgegenstand (zB. Teilbetrieb) einen Verkehrswert aufweist, der den steuerbilanziellen Buchwert unterschreitet, dh. ein Überschuss an stillen Lasten besteht, dürfte regelmäßig mit einer Äquivalenzverletzung einhergehen. Eine solche lässt sich in zwei Schritte zerlegen.1412 In einem ersten Schritt bleibt der Gesellschafter, der weniger an Vermögen erhält, am restlichen Teilungsvermögen entsprechend der Quote beteiligt. Im zweiten Schritt erfolgt eine unentgeltliche Zuwendung der zuvor ermittelten fiktiven Vermögensquote an den anderen Realteiler. Beispiel 051413 An einer Personengesellschaft (OHG) sind A und B zu jeweils 50% beteiligt. Die Personengesellschaft besteht aus Teilbetrieb I und Teilbetrieb II und soll aufgrund von Differenzen im Gesellschafterkreis realgeteilt werden; Teilbetrieb I (BW 300, gW 200) soll von A und Teilbetrieb II (BW 300, gW 1000) von B fortgeführt.
1409 Vgl. Walter, UmgrStR, 2021, 303 (Rn. 781); Mayr in Doralt/Ruppe, StR I, 2019, 646 (Rn. 1230). 1410 Vgl. Walter, UmgrStR, 2021, 303 (Rn. 782); Mayr in Doralt/Ruppe, StR I, 2019, 646 (Rn. 1230). 1411 Vgl. ErlRV UmgrStG, 266 BlgNR XVIII. GP, 19; Walter, UmgrStR, 2021, 308 (Rn. 787). 1412 Vgl. Bergmann in Kofler, § 29 UmgrStG Rn. 49–53; § 31 UmgrStG Rn. 4; Walter, UmgrStR, 2021, 308 (Rn. 788, 789). 1413 In Anlehnung an Walter, UmgrStR, 2021, 309–310 (Rn. 791).
268
IV. Intersubjektive Übertragung eines stillen Lastenüberschusses
Realteilung
A
B 50%
50%
AB - OHG Teilbetrieb I D
Teilbetrieb II
AB-OHG Steuerbilanz (vereinfacht)
BW (gW)
BW (gW)
Teilbetrieb I
300 (200)
Kapitalkonto A
300 (600)
Teilbetrieb II
300 (1000)
Kapitalkonto B
300 (600)
Bilanzsumme
600 (1200)
Bilanzsumme
600 (1200)
Abbildung 13: Beispiel 05 | Steuerbilanz der AB-OHG A würde durch die Realteilung iHv. 400 entreichert, da er den Teilbetrieb I mit einem Verkehrswert (gemeinen Wert) iHv. 200 erhält, einen Mitunternehmeranteil iHv. 600 aufgibt. Korrespondierend wird B iHv. 400 bereichert, weil er den Teilbetrieb II mit einem Verkehrswert (gemeinen Wert) iHv. 100 erhält, einen Mitunternehmeranteil iHv. 600 aufgibt. In einem ersten Schritt behält A fiktiv einen Anteil iHv. 40% (Ent reicherung 400 im Verhältnis zum Verkehrswert [1000] des Teilbetriebs II) zurück. B erhält somit nur 60% des Teilbetriebs II (Buchwert: 180 [= 60% * 300], Verkehrswert 600 [= 60% * 1000]). A ist vor der Aufteilung an den stillen Reserven der OHG iHv. 600 (= stille Reserve [Teilbetrieb II] 700 ./. stille Last [Teilbetrieb] I 100) zu 50%, dh. an 300, beteiligt. Im Zuge der Aufteilung erhält A jedoch eine stille Last iHv. 100 sowie einen fiktiven Anteil an stillen Reserven iHv. 280 (= anteiliger Verkehrswert 400 [= 1000*40%] ./. anteiliger Buchwert 120 [= 300 * 40%]). Damit erhält A insg. stille Reserven iHv. 180 und damit 120 weniger, als ihm zusteht, weshalb er einen passiven Ausgleichsposten zu bilden hat. B erhält korrespondierend ein Mehr iHv. 120 an stillen Reserven, da er 420 erhält (= anteiliger Verkehrswert 600 ./. anteiliger Buchwert 180), aber ihm eigentlich nur 300 zustehen. Insofern hat B einen aktiven Ausgleichsposten iHv. 120 zu bilden.
269
Abbildung 14 F. Stille Lasten bei österreichischen i nnerstaatlichen Umgründungen
A Teilbetrieb I
„fiktive“ Eröffnungsbilanz Teilbetrieb I (vereinfacht)
BW
BW
Teilbetrieb I
300
Kapital
300
Anteil Teilbetrieb II
120
Passiver AP
120
Bilanzsumme
420
Bilanzsumme
420
B Teilbetrieb II
„fiktive“ Eröffnungsbilanz Teilbetrieb II (vereinfacht)
BW
BW Teilbetrieb II
180
Aktiver AP
120
Bilanzsumme
300
Kapital
300
Bilanzsumme
300
Abbildung 14: Beispiel 05 | „Fiktive“ Eröffnungsbilanz nach Realteilung In dem zweiten fiktiven Schritt schenkt A seinen fiktiven Anteil am Teilbetrieb II an B. Die fiktive Quote des A am Teilbetrieb II wird zu Buchwerten iHv. 120 übertragen und führt gem. § 6 Z 9 lit. a) EStG nicht zu einer Gewinnrealisierung.1414
1414 Vgl. Bergmann in Kofler, § 31 UmgrStG Rn. 16; Mühlehner in Hügel/Mühlehner/ Hirschler, § 31 UmgrStG Rn. 3.
270
Abbildung 15 IV. Intersubjektive Übertragung eines stillen Lastenüberschusses
A Teilbetrieb I
Eröffnungsbilanz Teilbetrieb I (vereinfacht)
BW Teilbetrieb I
BW
300
Bilanzsumme
300
Kapital
180
Passiver AP
120
Bilanzsumme
420
B Teilbetrieb II
Eröffnungsbilanz Teilbetrieb II (vereinfacht)
BW
BW Teilbetrieb II
300
Aktiver AP
120
Bilanzsumme
420
Kapital
420
Bilanzsumme
420
Abbildung 15: Beispiel 05 | Eröffnungsbilanzen nach fiktiver, unentgeltlicher Übertragung
Eine Äquivalenzverletzung steht der Anwendung von Art. V UmgrStG nicht entgegen.1415 Insofern dürfte auch eine Realteilung, bei der ein Überschuss an stillen Lasten vorliegt, unter Fortführung der Buchwerte möglich sein. Einschränkungen, die gegen einen Buchwertansatz und eine Fortführung
1415 Vgl. UmgrStR, Rn. 1629; Walter, UmgrStR, 2021, 308 (Rn. 787); Huber in Wundsam/Zöchling/Huber/Khun, § 31 UmgrStG Rn. 6.
271
F. Stille Lasten bei österreichischen i nnerstaatlichen Umgründungen
durch die übernehmende Personengesellschaft sprechen, bestehen demnach nicht. ff) Spaltungen Als letzter Umgründungstyp und Komplementär-Umgründung zur Verschmelzung soll die Buchwertfortführung bei Spaltungen skizziert werden. Eine Spaltung fällt nur dann unter das UmgrStG, wenn das Besteuerungsrecht Österreichs nicht eingeschränkt wird und nur1416 qualifizierte Spaltungsgegenstände (Betrieb, Teilbetrieb, Mitunternehmeranteil oder Kapitalanteil iSv. § 12 Abs. 2 UmgrStG) tatsächlich übertragen werden (§ 32 Abs. 1 iVm. Abs. 2 UmgrStG).1417 Fällt eine Spaltung in den Anwendungsbereich des UmgrStG, endet für die spaltende Körperschaft das Wirtschaftsjahr mit Ablauf des Spaltungsstichtages, soweit es das übertragene Vermögen betrifft.1418 Das zu übertragene Spaltungsvermögen ist zwingend mit den sich nach den steuerrechtlichen Vorschriften über die Gewinnermittlung ergebenden Werten anzusetzen (§ 33 Abs. 1 UmgrStG), was im Einklang mit dem Grundsatz der Buchwertfortführung und den übrigen Anordnungen des UmgrStG einen verpflichtenden Buchwertansatz statuiert, sodass auf Ebene der übertragenden Körperschaft keine Gewinnrealisierung eintritt.1419 Die aufnehmende Körperschaft (Nachfolgekörperschaft) hat die in der Übertragungsbilanz ausgewiesenen Buchwerte zwingend zu überneh1416 Es darf ausschließlich qualifiziertes Spaltungsvermögen übertragen werden, sodass eine zusätzliche Übertragung von nicht begünstigtem Vermögen die Anwendung von Art. VI UmgrStG ausschließt, vgl. UmgrStR, Rn. 1656; Zöchling/Andreaus in Wundsam/Zöchling/Huber/Khun, § 32 UmgrStG Rn. 18; Huber/Reiter in Wiesner/Hirschler/Mayr, HdU § 32 Rn. 60. 1417 Im Falle der Abspaltung müssen zwar der jeweils übernehmenden Körperschaft qualifizierte Spaltungsgegenstände übertragen werden, bei der abspaltenden Körperschaft selbst muss indes kein qualifiziertes Vermögen zurückbleiben, vgl. Mayr in Doralt/Ruppe, StR I, 2019, 651 (Rn. 1239); Walter, UmgrStR, 2021, 322 (Rn. 842). Indes kennt das UmgrStG auch fiktive Teilbetriebe, dazu gehören fiktive Forstteilbetriebe (§ 32 Abs. 3 Z 1 UmgrStG) sowie fiktive Kundenstockteilbetriebe (§ 32 Abs. 3 Z 2 UmgrStG), vgl. Hubner/Reiter in Wiesner/Hirschler/Mayr, HdU § 34 Rn. 48. 1418 Vgl. Huber/Reiter in Wiesner/Hirschler/Mayr, HdU § 33 Rn. 3. Korrespondierend beginnt mit dem Spaltungsstichtag ein neues Wirtschaftsjahr. Bei einem unterjährigen Spaltungsstichtag resultieren zwei aufeinander folgende Rumpfwirtschaftsjahre, vgl. VwGH v. 26.07.2007, 2006/15/262. 1419 Vgl. Zöchling/Andreaus in Wundsam/Zöchling/Huber/Khun, § 33 UmgrStG Rn. 3; Huber/Reiter in Wiesner/Hirschler/Mayr, HdU § 33 Rn. 7; Waitz-Ramsauer in Kofler, § 33 UmgrStG Rn. 3; Walter, UmgrStR, 2021, 324 (Rn. 851).
272
IV. Intersubjektive Übertragung eines stillen Lastenüberschusses
men (§ 34 Abs. 1 UmgrStG).1420 Auch bei der Spaltung sind zwingend die Buchwerte anzusetzen. Vorschriften, die einen Buchwertansatz im Falle eines Überschusses an stillen Lasten ausschließen, sind bei innerstaatlichen Umgründungen nicht erkennbar. b) Zwischenergebnis aa) Strenge Buchwertfortführung Die vorstehende Betrachtung der einzelnen Umgründungstypen hat gezeigt, dass die Buchwertfortführung bei einer unveränderten Besteuerung Österreichs als Kerngrundsatz des UmgrStG keine Einschränkungen in Bezug auf die intersubjektive Übertragung stiller Lasten enthält. Folglich versagen die einzelnen Bestimmungen des UmgrStG auch dann nicht die Buchwertfortführung, wenn der Verkehrswert das steuerbilanzielle Eigenkapital unterschreitet. Die intersubjektive Übertragung eines stillen Lastenüberschusses ist somit nach dem UmgrStG zulässig. bb) Kein Bewertungswahlrecht bei innerstaatlichen Umgründungen In diesem Zusammenhang zeigt das UmgrStG indes auch, dass der Ansatz und die Fortführung der Buchwerte zwingend sind, sofern die Umgründung nicht einen internationalen Bezug aufweist. Dies zeigt sich insb. dadurch, dass für rein innerstaatliche Umgründungen ein Abweichen von der Buchwertfortführung nicht möglich ist. Zwar sieht Art. 4 Abs. 3 FRL kein verpflichtendes Aufwertungswahlrecht vor; das Fehlen eines solchen Wahlrechts wird jedoch kritisch betrachtet.1421 Von dem vorstehenden Grundsatz bestehen jedoch partielle Ausnahmen bei Umgründungen mit Auslandsbezug. So besteht ein Bewertungswahlrecht bei den gesellschaftsrechtlichen Umgründungstypen (Verschmelzung, Umwandlung und Spaltung) nur auf Ebene des übertragenden Rechtsträgers bei Umgründungen mit Auslandsbezug für das ausländische Vermögen im Falle von Inlandsumgründungen bzw. für das inländische Betriebsvermögen bei Auslandsumgründungen, wenn im Ausland eine Gewinnverwirklichung 1420 Vgl. Zöchling/Andreaus in Wundsam/Zöchling/Huber/Khun, § 34 UmgrStG Rn. 1; Walter, UmgrStR, 2021, 331 (Rn. 880); Huber/Reiter in Wiesner/Hirschler/ Mayr, HdU § 34 Rn. 3; Waitz-Ramsauer in Kofler, § 34 UmgrStG Rn. 2. 1421 Vgl. bspw. bei Einbringungen Huber in Wundsam/Zöchling/Huber/Khun, § 16 UmgrStG Rn. 9; für Verschmelzungen: Hügel, ecolex, 1991, 802 (805).
273
F. Stille Lasten bei österreichischen i nnerstaatlichen Umgründungen
eintritt.1422 Mit der dadurch erfolgenden vorweggenommenen Gewinnrealisation soll dem Steuerpflichtigen die Möglichkeit einer periodenkongruenten Anrechnung von ausländischen Steuern ermöglicht werden.1423 Auf Ebene des übernehmenden Rechtsträgers besteht bei der erstmaligen Entstehung des Besteuerungsrechts Österreichs, also bei sog. Importumgründungen, mit der verpflichtenden steuerneutralen (Neu-)Bewertung zum gemeinen Wert1424 ebenfalls eine Abweichung von dem Grundsatz der zwingenden Buchwertverknüpfung.1425 Diese Abweichung jedoch zwecks Abgrenzung der territorialen Besteuerungshoheiten.1426 Bei rein innerstaatlichen Umgründungen finden die vg. Bestimmungen – mangels Auslandsbezug – indes keine Anwendung, es bleibt bei der strengen Buchwertfortführung. Die intersubjektive Übertragung eines stillen Lastenüberschusses wird durch die Bewertungsvorschriften des UmgrStG jedenfalls nicht eingeschränkt.
2. Einschränkungen der Übertragung eines stillen Lastenüberschusses durch negativen Verkehrswert? Es wurde bereits herausgearbeitet,1427 dass ein Überschuss an stillen Lasten sowohl bei einem positiven als auch bei einem negativen Ertragswert (bzw. Verkehrswert) vorliegen kann. In beiden Fällen unterschreitet der Ertragsbzw. Verkehrswert das steuerbilanzielle Eigenkapital, wenngleich der positive, aber unterhalb des steuerbilanziellen Eigenkapitals liegende Verkehrsbzw. Ertragswert eine steuerliche Überbewertung des Vermögens ausdrückt. 1422 Vgl. § 2 Abs. 2 Z 1, 2 UmgrStG, dazu Kofler/Six in Kofler, § 2 UmgrStG Rn. 26 ff.; § 8 Abs. 2 Z 1, 2 UmgrStG, dazu Stefaner in Kofler, § 8 UmgrStG Rn. 26 ff.; § 33 Abs. 2 UmgrStG; dazu Waitz-Ramsauer in Kofler, § 33 UmgrStG Rn. 10–17. 1423 Vgl. ErlRV UmgrStG, 266 BlgNR XVIII. GP, 16. 1424 Bei Import-Zusammenschlüssen iSv. Art. IV bzw. Import-Realteilungen iSv. Art. V sehen § 25 Abs. 1 Z 2 TS 1 UmgrStG resp. § 30 Abs. 1 Z 2 TS 1 UmgrStG abweichend eine Bewertung mit dem Teilwert für Wirtschaftsgüter vor, die erstmalig in Österreich steueranhängig werden. 1425 Vgl. § 3 Abs. 1 Z 2 TS 1 UmgrStG, dazu Wild, Importverschmelzungen, 2018, 83 ff.; Mayr/Mair, RdW 2016, 72 (74); § 9 Abs. 1 Z 3 TS 1 UmgrStG, dazu Stefaner in Kofler, § 9 UmgrStG Rn. 41–43; § 18 Abs. 1 Z 3 TS 1 UmgrStG, dazu Furherr in Kofler, § 18 UmgrStG Rn. 56. 1426 Vgl. Wild, Importverschmelzungen, 2018, 51; idS auch Staringer, SWI 2005, 213 (217 f.); zum Territorialitätsprinzip als Aufteilungsmaßstab siehe auch Mayr, RdW 2006, 732 (732–734). 1427 Vgl. zum folgenden bereits Abschnitt D.I.
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IV. Intersubjektive Übertragung eines stillen Lastenüberschusses
Gleichwohl kann ein Überschuss an stillen Lasten auch bei einem negativen Ertrags- bzw. Verkehrswert vorliegen, was in diesem Fall auf eine reale Überschuldung bzw. einen externen Kapitalbedarf hinweist, ohne den das Unternehmen nicht fortgeführt werden kann.1428 Des Weiteren wurde herausgearbeitet, dass die Fortführung des unternehmerischen Engagements eine wesentliche Kontinuitätsbedingung ist, die zur Gewährung des Besteuerungsaufschubs in Form der Buchwertfortführung eingehalten werden muss.1429 Folglich widerspricht die Buchwertfortführung im Falle der Übertragung einer Sachgesamtheit mit einem Überschuss an stillen Lasten, die jedoch einen negativen Verkehrswert aufweist, grds. der Zielsetzung des UmgrStG.1430 Dies deshalb, weil es prima facie an einer Fortführungsfähigkeit des unternehmerischen Engagements mangelt.1431 Fraglich ist daher, ob eine Buchwertfortführung nach den österreichischen Schwesterbestimmungen im UmgrStG ebenfalls unmöglich wird, wenn das zu übertragene Vermögen einen Überschuss an stillen Lasten in Kombination mit einem negativen Verkehrswert aufweist. Dabei ist zweigeteilt vorzugehen. Die sechs vom UmgrStG geregelten Umgründungstypen unterteilen sich in diejenigen, die originär im Gesellschaftsrecht definiert sind, wozu die Verschmelzung (Art. I), Umwandlung (Art. II) und die Spaltung (Art. VI) zugehören. Bei denen setzt die Anwendung des UmgrStG – neben der unveränderten Steuerverstrickung1432 sowie spezifischen weiteren Anwendungsvorrausetzungen1433 – die gesellschaftsrechtliche Zulässigkeit und die damit verbundene Eintragung in das Firmenbuch voraus. Fraglich ist somit, ob die gesellschaftsrechtliche Zulässigkeit einen positiven Verkehrswert voraussetzt. Bei den originär steuerlich definierten Umgründungstypen, der Einbringung (Art. III), des Zusammenschlusses (Art. IV) und der Realteilung (Art. V), ist zwar in gewissen Konstellationen auch eine Eintragung in das 1428 Vgl. Barborka, SWK 1999, 157 (161); Nadvornik/Sylle in Petersen/Zwirner, HdB Unternehmensbewertung, 2017, 1273 (1281, dort Rn. 37). 1429 Vgl. Abschnitt C.III.2.c)bb)(2). 1430 Vgl. dazu Abschnitt E.III.2.c)bb)(2). 1431 Vgl. Schwarzinger, Verkehrswert, 1996, 184; differenzierend Kastner in FS Stadler, 1981, 115 (122). 1432 Vgl. zu den Entstrickungsklauseln als Anwendungsvoraussetzungen des UmgrStG bei Verschmelzung, Umwandlungen und Spaltungen bereits Abschnitt F.III.2.a)bb). 1433 ZB. muss bei Spaltungen (Art. VI) ein qualifiziertes Spaltungsvermögen iSd. § 12 Abs. 2 UmgrStG vorliegen.
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F. Stille Lasten bei österreichischen i nnerstaatlichen Umgründungen
Firmenbuch und damit eine gesellschaftsrechtliche Zulässigkeit erforderlich (zB. bei der Einbringung gegen die Gewährung von Gesellschaftsrechten mit Kapitalerhöhung oder der Einbringung zur Neugründung). Zusätzlich fordert jedoch das UmgrStG als Anwendungsvoraussetzung bei Einbringungen, Zusammenschlüssen und Realteilungen einen positiven Verkehrswert. a) Einbringungen, Zusammenschlüsse und Realteilungen aa) Steuerliches Erfordernis eines positiven Stand-Alone-Verkehrswerts Anwendungsvoraussetzung für die originär steuerrechtlich definierten Umgründungstypen (Einbringung, Zusammenschluss und Realteilung) ist die Existenz eines positiven Verkehrswerts (dh. > 01434) des übertragenen Vermögens.1435 Dieser ist in Zweifelsfällen nachzuweisen.1436 Weist das über tragene Vermögen (Bewertungsobjekt) keinen positiven Verkehrswert auf, sind die Art. III, IV und V des UmgrStG nicht anwendbar,1437 dh. es kommt zwingend zur Gewinnrealisation.1438 Unter dem im UmgrStG verwendeten Begriff des Verkehrswerts handelt es sich um den Veräußerungspreis, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr bei einer Veräußerung unter fremden Dritten erzielbar ist.1439 Der Verkehrswert wird als objektivierter Unternehmenswert verstanden, der sich unter typisierenden Annahmen nach der Ertragswertmethode oder dem DCF-Verfahren ergibt1440 und einen typisierenden Zukunftserfolgswert darstellt.1441 Da der Gesetzeswortlaut jedoch darauf abstellt, dass „das übertragene Vermögen […] für sich allein einen positiven 1434 Vgl. UmgrStR, Rn. 672: „[…] größer als null“; Wiesner, RdW 1997, 693. 1435 Vgl. UmgrStR, Rn. 672, Furherr in Kofler, § 12 UmgrStG Rn. 186, Rabel/Ehrke-Rabel/Eichinger in Wiesner/Hirschler/Mayr, HdU § 12 Rn. 206; UmgrStR, Rn. 1347 ff., Hübner-Schwarzinger/Six in Kofler, § 23 UmgrStG Rn. 66; UmgrStR, Rn. 1545, Bergmann in Kofler, § 27 UmgrStG Rn. 66. 1436 Vgl. § 12 Abs. 1 S. 3 UmgrStG. Solche Zweifelsfälle liegen insb. bei buchmäßiger Überschuldung oder in der Vergangenheit erlittener Verluste vor, vgl. weiterführend UmgrStR, Rn. 676. 1437 ErlRV UmgrStG, 266 BlgNR XVIII. GP, 22; UmgrStR, Rn. 672 (zu Einbringungen), 1353 (zu Zusammenschlüssen), 1547 (zu Realteilungen). 1438 Vgl. Furherr in Kofler, § 12 UmgrStG Rn. 188; Huber/Grün in Wundsam/ Zöchling/Huber/Khun, § 12 UmgrStG Rn. 134. 1439 Vgl. UmgrStR, Rn. 680. 1440 Vgl. UmgrStR, Rn. 686; Rabel/Ehrke-Rabel/Eichinger in Wiesner/Hirschler/Mayr, HdU § 12 Rn. 222. 1441 Vgl. Furherr in Kofler, § 12 UmgrStG Rn. 191.
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IV. Intersubjektive Übertragung eines stillen Lastenüberschusses
Verkehrswert besitzt“1442, ist somit der Verkehrswert als steuerliche Anwendungsvoraussetzung des UmgrStG auf einer „Stand-Alone“-Basis zu ermitteln.1443 Dies führt dazu, dass insb. „echte Synergieeffekte“, also Effekte, die nur bei der Durchführung des Bewertungsanlasses (zB. der Umgründung) realisiert werden können,1444 nicht zu berücksichtigen sind.1445 Hingegen ist die Berücksichtigung echter Synergieeffekte iRd. Verkehrswertermittlung anlässlich von gesellschaftsrechtlichen Umwandlungsmaßnamen zu berücksichtigen.1446 Das Erfordernis eines positiven Stand-Alone-Verkehrswerts für steuerliche Zwecke führt zu einem Auseinanderfallen von Gesellschafts- und Steuerrecht. Denn nur, wenn sich ein positiver Stand-Alone-Verkehrswert ergibt, ist – die Erfüllung der anderen Anwendungsvoraussetzungen unterstellt – das UmgrStG anwendbar und es kommt zu einer zwingenden Buchwertfortführung. Ist der Verkehrswert unter Berücksichtigung von Synergieeffekten positiv, auf Stand-Alone-Basis hingegen negativ, erfolgt zwar eine Firmenbucheintragung, das UmgrStG ist indes nicht anwendbar, dh. es erfolgt eine gewinnrealisierende Vermögensübertragung. bb) Rechtfertigung für das Erfordernis eines positiven Verkehrswerts Die ausdrückliche Kodifizierung des Erfordernisses eines positiven Verkehrswerts bei Einbringungen (Art. III), Zusammenschlüssen (Art. IV) und Realteilung (Art. V) im Gegensatz zu den gesellschaftsrechtlich normierten Umgründungstypen (Verschmelzung, Umwandlung und Spaltung) kann einerseits darauf zurückgeführt werden, dass der Gesetzgeber die gesell1442 Vgl. § 12Abs. 1 S. 2, § 23 Abs. 1 S. 2, § 27 Abs. 1 S. 2 UmgrStG. 1443 Vgl. ErlRV AbgÄG 2005, 1187 BlgNR XXII. GP, 15; Huber/Grün in Wundsam/ Zöchling/Huber/Khun, § 12 UmgrStG Rn. 127; Wiesner, RWZ 2006, 114; Rabel/ Ehrke-Rabel/Eichinger in Wiesner/Hirschler/Mayr, HdU § 12 Rn. 222; Steckel/ Partl in Bertl et al., HdB Steuerlehre III, 2017, 195. 1444 Vgl. IDW S 1, IDW-Life 2016, 731, Rn. 34, 50. 1445 Vgl. ErlRV AbgÄG 2005, 1187 BlgNR XXII. GP, 15–16; UmgrStR, Rn. 191, 673, 686; Furherr in Kofler, § 12 UmgrStG Rn. 191. „Unechte Synergieeffekte“, dh. solche, die sich aufgrund von anderen Maßnahmen, die nicht Bewertungsanlass sind, ergeben (vgl. IDW S 1, IDW-Life 2016, 731, Rn. 44, UmgrStR, Rn. 686), können dann berücksichtigt werden, wenn die entsprechende Maßnahme bereits eingeleitet wurde und dies entsprechend im Unternehmenskonzept dokumentiert wurde, vgl. dazu Rabel, ÖStZ 2008, 116 (117). 1446 Vgl. OLG Wien v. 15.11.2004, 28 R 111/04f, 28 R 112/04b, GeS 2005, 276 (zu Art. I UmgrStG): „[…] Die Berücksichtigung von Synergieeffekten im Rahmen der Verkehrswertermittlung bei Verschmelzung ist anerkannt. […]“.
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F. Stille Lasten bei österreichischen i nnerstaatlichen Umgründungen
schaftsrechtlichen Verbote der Unter-Pari-Emission und der Einlagenrückgewähr auch bei den rein steuerlich definierten Umgründungstypen sicherstellen wollte.1447 Freilich können sich auch in Fällen des positiven Verkehrswerts Konstellationen ergeben, in denen es zu einer Unter-Pari-Emission1448 oder einer Einlagenrückgewähr1449 kommt. Insofern ist der Grund für die Kodifizierung eines positiven Verkehrswerts als Anwendungsvoraussetzung in der Verhinderung der Übertragung real überschuldeter1450 Einheiten.1451 Der Ausschluss der Übertragung von real überschuldetem Vermögen entspricht auch dem Telos des UmgrStG, wonach die Änderungen der Rechts- oder Unternehmensstruktur unter Fortführung der Unternehmensidentität ermöglicht werden soll, was mit der Übertragung einer fortführungsfähigen Sachgesamtheit einhergeht.1452 cc) Ausschluss von Synergieeffekten: keine Rechtfertigung Indes wird die Stand-Alone-Verkehrswertermittlung und insb. die Nichtberücksichtigung von Synergieeffekten bei Einbringungen als problematisch gesehen. Denn eine Umgründungsmaßnahme, bei der sich für das übertragene Vermögen unter Berücksichtigung von sich aus der Umgründungsmaßnahme ergebenden Synergieeffekten ein positiver Verkehrswert ergibt, wird durch das Erfordernis eines positiven Stand-Alone-Verkehrswerts von der Anwendung des UmgrStG ausgeschlossen.1453 Wie Hügel1454 ausführt, ist es bei Einbringungen zwischen verbundenen Rechtsträgern nicht ersichtlich, wieso steuerlich ein positiver Stand-Alone-Verkehrswert erforderlich 1447 Vgl. Schwarzinger, Verkehrswert, 1996, 50; Huber/Grün in Wundsam/Zöchling/ Huber/Khun, § 12 UmgrStG Rn. 125. 1448 Vgl. Rabel/Ehrke-Rabel/Eichinger in Wiesner/Hirschler/Mayr, HdU § 12 Rn. 206 mit dem Beispiel, dass ein Betrieb mit einem Verkehrswert von 80 eingebracht wird, als Gegenleistung Anteile mit einem Nominalwert von 100 ausgegeben werden und somit Art. III UmgrStG grds. anwendbar bleibt. 1449 Vgl. Schwarzinger, Verkehrswert, 1996, 76. 1450 Rabel/Ehrke-Rabel/Eichinger in Wiesner/Hirschler/Mayr, HdU § 12 Rn. 204 (dort Rn. 563) verweist auf OGH v. 07.11.2007 wonach ein positiver Verkehrswert (den die Gesellschaft trotz bilanzieller Überschuldung aufwies) nicht mit einer realen (insolvenzrechtlichen) Überschuldung gleichzusetzen sei (OGH v. 07.11.2007, 6 Ob 235/07p, GesRZ 2008, 100, unter 3.6.). 1451 Vgl. Rabel/Ehrke-Rabel/Eichinger in Wiesner/Hirschler/Mayr, HdU § 12 Rn. 207. 1452 Vgl. Schwarzinger, Verkehrswert, 1996, 81; Rabel/Ehrke-Rabel/Eichinger in Wiesner/Hirschler/Mayr, HdU § 12 Rn. 207. 1453 Vgl. nochmals Rabel/Ehrke-Rabel/Eichinger in Wiesner/Hirschler/Mayr, HdU § 12 Rn. 220. 1454 Vgl. Hügel in Hügel/Mühlehner/Hirschler, § 12 UmgrStG Rn. 118.
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ist, wenn in einer Gesamtbetrachtung unter Berücksichtigung von Synergieeffekten das übertragene Vermögen positiv ist und daher für die Beteiligten eine Verbesserung der Unternehmensstruktur erreicht werden soll.1455 b) Verschmelzungen, Umwandlungen und Spaltungen aa) Positiver Verkehrswert keine steuerliche Anwendungsvoraussetzung Bei Verschmelzungen (Art. I), Umwandlungen (Art. II) und Spaltungen (Art. VI) fordert das UmgrStG keinen positiven Verkehrswert.1456 Dies ist insofern auch nicht überraschend, als dass aufgrund des Grundsatzes der Maßgeblichkeit des Gesellschaftsrechts die Frage nach dem Vorliegen einer Verschmelzung, Umwandlung oder Spaltung eine gesellschaftsrechtliche Vorfrage ist, die von dem entsprechenden Firmenbuchgericht zu prüfen ist.1457 Nach Hügel1458 ist eine Übertragung (Verschmelzung) eines real überschuldeten Vermögens im Regelfall unzulässig, da bei Verschmelzungen mit Kapitalerhöhung eine verbotene Unter-Pari-Emission oder bei Verschmelzungen ohne Kapitalerhöhung eine verbotene Einlagenrückgewähr vorliegt, da durch die Übernahme des in Summe bestehenden Negativvermögens eine Zuwendung der Gesellschaft an ihren Gesellschafter erfolgt. Des Weiteren besteht dahingehend Einigkeit, dass eine Verschmelzung (oder andere gesellschaftsrechtliche Umgründung) nicht dazu führen darf, dass die übernehmende Gesellschaft nach Verschmelzung überschuldet ist.1459 bb) Verschmelzungen Gleichwohl ist das Erfordernis eines positiven Verkehrswerts der an der Verschmelzung beteiligten Gesellschaft als Zulässigkeitsvoraussetzung umstritten.1460 Für die Abwärtsverschmelzung (downstream-merger) entschied der OGH, dass die Verschmelzung nur im Falle eines positiven Verkehrswerts 1455 Vgl. zu Überlegungen zur Beseitigung bestehender Benachteiligungen Abschnitt F. IV.2.c)cc). 1456 Vgl. OGH v. 07.11.2007, 6 Ob 235/07p, GesRZ 2008, 100, unter 3.5. 1457 Vgl. bspw. zu Art. I UmgrStG: UmgrStR, Rn. 50 S. 1. 1458 Vgl. Hügel in Hügel/Mühlehner/Hirschler, § 1 UmgrStG Rn. 28a. 1459 Vgl OGH v. 26.06.2003, 6 Ob 70/03t, GesRZ 2003, 287; Hügel, Verschmelzung, § 1 Rn. 50. 1460 Vgl. Walter, UmgrStR, 2021, 35 (Rn. 48a); Wild, Importverschmelzung, 2018, 15.
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der Muttergesellschaft zulässig sei, wobei bei der Verkehrswertermittlung der Wert der Beteiligung an der Tochtergesellschaft ausgenommen werden müsse.1461 Der OGH stützte dies auf das Verbot der Einlagenrückgewähr, die andernfalls von der Tochtergesellschaft an die Gesellschafter der Muttergesellschaft erfolgen würde.1462 Kauba/Krickl statuieren unter Rekurs auf das vg. OGH-Urteil, „[…] dass alle an der Verschmelzung beteiligten Körperschaften einen positiven Verkehrswert aufweisen müssen.“1463 Bei der Aufwärtsverschmelzung (upstream-merger) ist das Verbot der Einlagenrückgewähr, dh. die Grundsätze der Kapitalaufbringung und -erhaltung, nicht berührt.1464 Gleichwohl gelten die für die Abwärtsverschmelzung geltenden Anforderungen hinsichtlich des Gläubigerschutzes auch im Falle der Aufwärtsverschmelzung.1465 Ausnahmsweise ist die Verschmelzung einer real überschuldeten Tochtergesellschaft auf ihre Muttergesellschaft zulässig, wenn diese nach Verschmelzung die Verbindlichkeiten der Gläubiger weiter bedienen kann und nicht selbst durch die Übernahme des überschuldeten Vermögens insolvenzreif, dh. real überschuldet oder zahlungsunfähig, wird.1466 Denn es kann wirtschaftlich keinen Unterschied machen, ob die Muttergesellschaft die Tochtergesellschaft im Vorfeld (zB. durch Zuschüsse) saniert und dann verschmilzt oder zum Zwecke der Sanierung direkt verschmilzt.1467 Die Seitwärtsverschmelzung (sidestream-merger) einer Kapitalgesellschaft, die einen negativen Verkehrswert aufweist und somit real überschuldet ist, wird im Schrifttum als unzulässige Einlagenrückgewähr erachtet, weil den gemeinsamen Gesellschaftern Vermögen in Folge der Übernahme des überschuldeten Vermögens durch die übernehmende Gesellschaft zugewendet wird.1468 Die Verschmelzung ist nach OGH in jedem Fall unzulässig, wenn 1461 Vgl. OGH v. 11.11.1999, 6 Ob 4/99b, GesRZ 2000, 75; Kalss, Verschmelzung – Spaltung – Umwandlung, 2021, § 224 AktG Rn. 69. 1462 Vgl. auch Walter, UmgrStR, 2021, 35 (Rn. 48b); UmgrStR, Rn. 14; Kalss, Verschmelzung – Spaltung – Umwandlung, 2021, § 224 AktG Rn. 71. 1463 Kauba/Krickl in FS Schlager, 2012, 577 (580). 1464 Vgl. Walter, UmgrStR, 2021, 35 (Rn. 48b); Hügel, Verschmelzung, § 1 Rn. 50. 1465 Vgl. Grünwald/Nowotny in Wiesner/Hirschler/Mayr, HdU Art. I Rn. 114; idS auch Kalss, Verschmelzung – Spaltung – Umwandlung, 2021, § 224 AktG Rn. 71 aE. 1466 Vgl. OGH v. 25.11.2020, 6 Ob 203/20a, GesRZ 2021, 190; Walter, UmgrStR, 2021, 35 (Rn. 48c); vgl. auch Grünwald/Nowotny in Wiesner/Hirschler/Mayr, HdU Art. I Rn. 114; Hirschler/Zwick in Bertl et al., HdB Steuerlehre III, 2017, 107. 1467 Vgl. Tomic, wbl 2021, 369 (370); Hügel, Verschmelzung, § 1 Rn. 50. 1468 Vgl. Wild, Importverschmelzungen, 2018, 16; Walter, UmgrStR, 2021, 36 (Rn. 48d).
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die übernehmende Gesellschaft nach der Verschmelzung selbst überschuldet ist, da dies andernfalls dem Aspekt des Gläubigerschutzes sowie der Kapitalerhaltung widerspricht.1469 Gleichwohl bestehen ausgleichende Möglichkeiten, um die gesellschaftsrechtliche Zulässigkeit der Verschmelzung zu erreichen, wie bspw. der Beschluss der Gesellschafter der übernehmenden Körperschaft zur Verwendung eines grds. ausschüttungsfähigen Bilanzgewinns zur Deckung des real überschuldeten Vermögens.1470 Dies ändert indes nichts daran, dass die Seitwärtsverschmelzung bei einem negativen Verkehrswert prima vista unzulässig sein und nur in Ausnahmefällen zulässig sein dürfte.1471 Es lässt sich feststellen, dass die Verschmelzung einer real überschuldeten Kapitalgesellschaft grds. unzulässig ist bzw. die Zulässigkeit der Verschmelzung grds. einen positiven Verkehrswert des übertragenen Vermögens erfordert.1472 Ausnahmsweise soll jedoch eine Verschmelzung einer real überschuldeten Gesellschaft zulässig sein, wenn die übernehmende Gesellschaft aufgrund ihrer wirtschaftlichen und finanziellen Lage (zB. in Sanierungsfällen) die Vermögensnachteile aufgrund des übernommenen real überschuldeten Vermögens ausgleichen bzw. „verkraften“ kann. Steuerlich lässt sich demnach positiv feststellen, dass eine Verschmelzung einer Sachgesamtheit mit einem Überschuss an stillen Lasten zulässig ist, wenn deren Verkehrswert positiv ist. Folglich treten auch die zwingenden Rechtsfolgen des UmgrStG, dh. insb. die Buchwertfortführung ein. Ist der Verkehrswert einer Sachgesamtheit negativ, liegt ausnahmsweise dann eine gesellschaftsrechtliche Zulässigkeit vor, wenn die übernehmende Gesellschaft die übernommenen Vermögensnachteile ausgleichen kann, sodass ausnahmsweise auch in diesen Fällen von einer umgründungssteuerlichen zwingenden Buchwertfortführung auszugehen ist, da in diesem Fall Art. I UmgrStG uneingeschränkt anwendbar ist.1473
1469 Vgl. OGH v. 26.06.2003, 6 Ob 70/03t, GesRZ 2003, 287; Nowotny, ecolex 2000, 116 (118). 1470 Vgl. Walter, UmgrStR 2021, 35 (Rn. 48b). 1471 Vgl. OLG Wien v. 30.05.2007, 28 R 15/07t, NZ 2007, 383, wo die Zulässigkeit einer Seitwärtsverschmelzung auf eine überschuldete Gesellschaft bejaht wurde, wenn der Gewinn des übertragenden Rechtsträgers die Verbindlichkeiten beider Gesellschaften abdeckt. 1472 Vgl. Marchgraber in Wundsam/Zöchling/Huber/Khun, § 1 UmgrStG Rn. 13. 1473 Zur Vereinbarkeit mit dem Telos siehe Abschnitt F.IV.2.c).
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F. Stille Lasten bei österreichischen i nnerstaatlichen Umgründungen
cc) Umwandlungen Für Umwandlungen iSv. Art. II UmgrStG normiert weder öUmwG1474 noch das UmgrStG1475 das Erfordernis eines positiven Verkehrswerts.1476 Soweit ersichtlich hat der OGH bislang nur zur errichtenden Umwandlung entschieden. Dort hat er judiziert, dass es keinen allgemeinen unternehmensrechtlichen Grundsatz gäbe, dass eine Übertragung (real) überschuldeter Gesellschaften unzulässig sei.1477 Der Entscheidung des OGH lässt sich die Andeutung entnehmen, dass auch iRd. öUmwG eine Umwandlung einer real überschuldeten Tochtergesellschaft zulässig sein könnte, wenn die aufnehmende Gesellschaft „nicht überschuldet bzw. in der Lage ist, sämt liche Gläubiger beider Gesellschaften sicherzustellen [.] oder zu befrie digen“1478.1479 In der Konsequenz geht das Schrifttum davon aus, dass ein positiver Verkehrswert keine gesellschaftsrechtliche Zulässigkeitsvoraussetzung für Umwandlungen darstellt,1480 allerdings darf der übernehmende Rechtsträger nicht durch die Umwandlung insolvent werden.1481 Einschränkend führt Wenger aus, dass „[…] sich das Erfordernis eines positiven Vermögens der übertragenden Gesellschaft […] in Überschuldenssituationen, im Einzelfall jeweils aus Überlegungen zum Gläubigerschutz, zur Kapitalerhaltung und/oder […] zur Vermeidung von Einlagerückgewähr ergeben kann“1482. Die Finanzverwaltung scheint davon auszugehen, dass eine Umwandlung nur zulässig ist, wenn ein positiver Verkehrswert vorliegt, weil sie in den UmgrStR ausführt, dass sich aufgrund von Änderungen iR. späterer Betriebsprüfung ein negativer Verkehrswert ergeben kann, wenngleich dies nichts an der Anwendbarkeit von Art. II UmgrStG ändert.1483 In jedem Fall ist von einer Zulässigkeit einer Umwandlung mit einem stillen Lastenüberschuss auszugehen, wenn der Verkehrswert positiv ist, sodass 1474 Vgl. Gruber in Wiesner/Hirschler/Mayr, HdU Art. II Rn. 24; Stefaner in Kofler, § 7 UmgrStG Rn. 15. 1475 Vgl. Wenger, RWZ 2008, 104 (105); Wiesner, RWZ 2008, 107. 1476 Vgl. Kalss, Verschmelzung – Spaltung – Umwandlung, 2021, § 2 UmwG Rn. 155. 1477 Vgl. OGH v. 07.11.2007, 6 Ob 235/07p, GesRZ 2008, 100, unter 3.2. 1478 Vgl. OGH v. 07.11.2007, 6 Ob 235/07p, GesRZ 2008, 100, unter 3.4. 1479 Vgl. Stefaner in Kofler, § 7 UmgrStG Rn. 16; Gruber in Wiesner/Hirschler/Mayr, HdU Art. II Rn. 25. 1480 Vgl. Stefaner in Kofler, § 7 UmgrStG Rn. 15–16; Kauba/Krickl in FS Schlager, 2012, 577 (585); Dziurdź in Wundsam/Zöchling/Huber/Khun, § 7 UmgrStG Rn. 12. 1481 Vgl. Dziurdź in Wundsam/Zöchling/Huber/Khun, § 7 UmgrStG Rn. 12. 1482 Wenger, RWZ 2008, 104 (105). 1483 Vgl. UmgrStR, Rn. 631.
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IV. Intersubjektive Übertragung eines stillen Lastenüberschusses
aufgrund der Anwendbarkeit von Art. II UmgrStG eine zwingende Buchwertfortführung erfolgt. Ist hingegen der Verkehrswert der umzuwandelnden Sachgesamtheit mit einem stillen Lastenüberschuss negativ und die Umwandlung ist aufgrund der Ertragskraft und finanziellen Ausstattung des übernehmenden Rechtsträgers ausnahmsweise gesellschaftsrechtlich zulässig, ist Art. II UmgrStG anwendbar und es erfolgt eine steuerliche Buchwertfortführung. dd) Spaltungen Ein positiver Verkehrswert des abzuspaltenden Vermögens ist keine umgründungssteuerliche Voraussetzung.1484 Gleichwohl statuiert das Unternehmensrecht in § 3 Abs. 4 S. 1 Hs. 2 SpaltG einen positiven Verkehrswert als ein Zulässigkeitserfordernis, weil „[…] der tatsächliche Wert des verbliebenen Nettoaktivvermögens der übertragenden Gesellschaft wenigstens der Höhe ihres Nennkapitals zuzüglich gebundener Rücklagen nach Durchführung der Spaltung entspricht […]“1485, dh. das zuzuordnende Nennkapital muss durch den Verkehrswert gedeckt sein.1486 Hingegen ist bei der Spaltung zur Aufnahme auch die Übertragung eines negativen Aktivvermögens zulässig, sofern die übernehmende Gesellschaft den daraus resultierenden Verlust durch Vermögen (insb. freie Rücklagen) decken kann.1487 Folglich wird im Einklang der Zulässigkeit bei Verschmelzungen und Umwandlungen iSd. Art. I und II UmgrStG von einer Zulässigkeit der Spaltung ausgegangen, wenn entweder ein positiver Verkehrswert des Spaltungsvermögens besteht oder iRd. Spaltung zur Aufnahme die übernehmende Gesellschaft über entsprechende Ertrags- und Finanzkraft verfügt. Solange die Spaltung gesellschaftsrechtlich zulässig ist, bleibt Art. IV UmgrStG anwendbar, weshalb auch in diesen Fällen eine Buchwertfortführung gewährt wird.
1484 Vgl. Zöchling/Andreaus in Wundsam/Zöchling/Huber/Khun, § 32 UmgrStG Rn. 26. 1485 Vgl. § 3 Abs. 4 S. 1 Hs. 2 SpaltG; Huber/Reiter in Wiesner/Hirschler/Mayr, HdU § 32 Rn. 48; Grünwald/Nowotny in Wiesner/Hirschler/Mayr, HdU Art. VI Rn. 21; Zöchling/Andreaus in Wundsam/Zöchling/Huber/Khun, § 32 UmgrStG Rn. 26; Waitz-Ramsauer in Kofler, § 32 UmgrStG Rn. 30. 1486 Vgl. Kalss, Verschmelzung – Spaltung – Umwandlung, 2021, § 3 SpaltG Rn. 15 iVm. 19, 39. 1487 Vgl. Grünwald/Nowotny in Wiesner/Hirschler/Mayr, HdU Art. VI Rn. 21; Nowotny in FS Bertl, 2013, 201 (213).
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c) Zur Vereinbarkeit der divergierenden Buchwertfortführung bei einem negativen Verkehrswert mit dem Telos des UmgrStG aa) Strukturverbesserung bedingt prima facie positiven Verkehrswert Die vorstehende Betrachtung hat gezeigt, dass die Anwendung des UmgrStG und die damit bei innerstaatlichen Vorgängen verbundene Buchwertfortführung bei den originär steuerlichen Umgründungstypen (Einbringung, Zusammenschluss und Realteilung) insb. von einem positiven Verkehrswert (iSe. Stand-Alone-Betrachtung) abhängt. Bei Verschmelzungen, Umwandlungen und Spaltungen ist ein positiver Verkehrswert zwar keine explizite gesellschaftsrechtliche Zulässigkeitsvoraussetzung; es ist allerdings erkennbar, dass die gesellschaftsrechtlichen Umgründungstypen nur in Ausnahmefällen, dh. ohne Verletzung von Gläubigerschutz oder Kapitalerhaltungsgrundsätzen, bei einem negativen Verkehrswert zulässig sind.1488 Der Betrachtung von Kauba/Krickl1489, wonach der „positive Verkehrswert [des übertragenen Vermögens] für die Durchführbarkeit von Umgründungen“1490 eine zentrale Bedeutung hat, ist somit grds. zuzustimmen, wobei die Ausnahmefälle (insb. die Zulässigkeit eines Upstream-Mergers einer real überschuldeten Gesellschaft) nicht berücksichtigt werden. Mit Blick auf die Teleologie des UmgrStG wird das umgründungssteuerliche Erfordernis eines positiven Verkehrswerts der Art. III, IV und V als zutreffend erachtet, weil das UmgrStG die Veränderung der Unternehmensstruktur begünstigen will, was eine lebensfähige Einheit voraussetzt, die bei einem negativen Verkehrswert nicht mehr vorhanden ist. Wenn jedoch ausnahmsweise eine Verschmelzung, Umwandlung oder Spaltung gesellschaftsrechtlich trotz negativen Verkehrswerts vom Firmen buchgericht eingetragen wird und somit das UmgrStG (einschließlich Buchwertfortführung) Anwendung findet1491, stellt sich die Frage nach der Vereinbarkeit mit der Teleologie des UmgrStG und der Rechtfertigung des steuerlichen Erfordernisses eines positiven Verkehrswerts für Einbringungen, Zusammenschlüsse und Realteilungen. Denn wenn eine Sachgesamt1488 Vgl. zB. für Verschmelzungen: Marchgraber in Wundsam/Zöchling/Huber/Khun, § 1 UmgrStG Rn. 13: „[…] das übertragene Vermögen [muss] grundsätzlich einen positiven Verkehrswert aufweisen […]“. 1489 Vgl. Kauba/Krickl in FS Schlager, 2012, 577 (579 ff., 594 f.). 1490 Kauba/Krickl in FS Schlager, 2012, 577 (594). 1491 Die Steuerverstrickungserfordernisse für Umgründungen iSd. Art. I, II und VI als zusätzliche steuerliche Anwendungsvoraussetzungen (s. zB. § 1 Abs. 2 S. 1 UmgrStG) sind bei rein innerstaatlichen Umgründungen erfüllt.
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IV. Intersubjektive Übertragung eines stillen Lastenüberschusses
heit aufgrund ihrer realen Überschuldung eine fehlende Lebensfähigkeit aufweist und deshalb mit der Zielsetzung des UmgrStG (Verbesserung der Unternehmensstruktur) als vereinbar erachtet wird,1492 gilt dies grds. unabhängig davon, wie die Übertragung erfolgt. bb) Vereinbarkeit mit Telos durch Gesamtbetrachtung unter Berücksichtigung von Synergieeffekten Die Zulässigkeit einer Verschmelzung, Umwandlung oder Spaltung mit einem negativen Verkehrswert widerspricht allerdings nur bedingt der Teleologie des UmgrStG. Denn die vorstehend skizzierte gesellschaftsrechtliche Zulässigkeit von Verschmelzungen, Umwandlungen und Spaltungen bei einem negativen Verkehrswert sind Ausnahmen, die allein aufgrund der Ertrags- und Vermögensstärke der übernehmenden Gesellschaft als zulässig erachtet wurde, weil es insoweit nicht zu einer Insolvenzgefährdung der übernehmenden Gesellschaft kam.1493 Freilich schließt die Übernahme einer für sich real überschuldeten Gesellschaft eine Strukturverbesserung für die übernehmende Gesellschaft nicht aus. Zwar erfolgt die Verkehrswertermittlung für Zwecke der Umgründungen iSd. Art. III, IV und V auf einer Stand-alone-Betrachtung, sodass insb. Synergieeffekte, die sich aus dem Blickwinkel der übernehmenden Gesellschaft ergeben, nicht berücksichtigt werden.1494 Hingegen ist unternehmensrechtlich – wie das OLG Wien feststellte – die Berücksichtigung von Synergieeffekten bei der Verkehrswertermittlung für Zwecke des Gesellschaftsrechts anerkannt,1495 sodass sich der negative Wert der übertragenden Gesellschaft aus Sicht der übernehmenden Gesellschaft unter Berücksichtigung von entstehenden Synergieeffekten positiv darstellt, weshalb aufgrund von besonderen Maßstäben die Verschmelzung zulässig war. Dies deckt sich auch mit der Auffassung von Kastner1496, nach dem zwar ein Betrieb isoliert keine Zukunft mehr haben, jedoch unter Berücksichtigung einer Integration in das Gesamtunternehmen eine Lebensfähigkeit aufweisen kann.1497 Dies zeigt, dass eine Umgründung einer 1492 Explizit im Kontext von Realteilungen iSv. Art. IV UmgrStG: Schwarzinger, Verkehrswert, 1996, 81; glA. für Einbringungen Art. III UmgrStG: Rabel/Ehrke-Rabel/ Eichinger in Wiesner/Hirschler/Mayr, HdU § 12 Rn. 207. 1493 Vgl. bspw. zu Verschmelzungen Hügel, Verschmelzung, § 1 Rn. 50. 1494 Vgl. ErlRV AbgÄG 2005, 1187 BlgNR XXII. GP, 15–16; Wiesner, RWZ 2006, 114; Rabel/Ehrke-Rabel/Eichinger in Wiesner/Hirschler/Mayr, HdU § 12 Rn. 220. 1495 Vgl. OLG Wien v. 15.11.2004, 28 R 111/04f; 28 R 112/04b, GeS 2005, 276. 1496 Kastner in FS Stadler, 1981, 115 (122). 1497 Zustimmend Ennöckl in FS Helbich, 1990, 17 (26).
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Sachgesamtheit mit einem stand-alone ermittelten negativen Verkehrswert nicht zwingend eine Schwächung des aufnehmenden Unternehmens bedeutet, sondern auch in einer Gesamtbetrachtung eine Verbesserung der Unternehmensstruktur bedeuten kann, wenn gesellschaftsrechtlich bspw. Synergieeffekte berücksichtigt werden. Insoweit käme es zu einem Gleichklang mit der Zielsetzung des UmgrStG. cc) Benachteiligung von Umgründungen iSd. Art. III, IV und V aufgrund Stand-Alone-Verkehrswertermittlung Freilich besteht damit eine Benachteiligung von Einbringungen, Zusammenschlüssen und Realteilung im Vergleich zu Verschmelzungen, Umwandlungen und Spaltungen. Denn eine Umgründung einer Sachgesamtheit, deren Verkehrswert auf Stand-Alone-Basis negativ wäre, jedoch iRd. Verkehrswertermittlung durch Berücksichtigung von sich ergebenden Synergieeffekten positiv wäre, könnte grds. nur nach den Umgründungen iSd. Art. I, II und VI unter Anwendung des UmgrStG und der Begünstigung der Buchwertfortführung übertragen werden. Eine Übertragung im Wege der Einbringung, des Zusammenschlusses und der Realteilung wäre jedenfalls dann zivilrechtlich möglich. Steuerlich käme es indes zur Gewinnrealisa tion, weil eine Anwendung des UmgrStG mit der damit verbundenen Buchwertfortführung aufgrund eines negativen (Stand-Alone-)Verkehrswerts ausgeschlossen ist. Folglich kommt es aufgrund der unterschiedlichen Verkehrswertermittlungen für Umgründungen iSd. Art. I, II und VI sowie Art. III, IV und V zu einer Benachteiligung letzterer. Eine Rechtfertigung für das alleinige Erfordernis eines positiven Stand-Alone-Verkehrswerts bei den steuerrechtlichen Umgründungstypen ist nicht ersichtlich.1498 De lege lata ließe sich überlegen, das überschießende Erfordernis eines positiven Stand-Alone-Verkehrswerts für Einbringungen, Zusammenschlüsse und Realteilungen für die Fälle teleologisch zu reduzieren, in denen ein für sich überschuldeter Betrieb derart umgegründet wird, dass aufgrund der Ertrags- und Finanzkraft des übernehmenden Rechtsträgers entsprechend einer Gesamtbetrachtung eine Stärkung des Unternehmens 1498 Die Aussage von Wiesner (RWZ 2008, 107) im Kontext der OGH-Entscheidung v. 07.11.2007 (6 Ob 235/07p), dass sich die versuchte Verzahnung zwischen UmgrStR und Firmenbuchrecht nicht bewährt habe, lässt sich allenfalls dahingehend interpretieren, als dass seitens des Gesetzgebers davon ausgegangen wurde, dass Verschmelzungen mit einem negativen Verkehrswert aufgrund einer gesellschaftsrechtlichen Unzulässigkeit eine Firmenbucheintragung verwehrt bliebe.
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IV. Intersubjektive Übertragung eines stillen Lastenüberschusses
des übernehmenden Rechtsträgers einerseits in Kombination mit einer Sanierung des eingebrachten Betriebs andererseits herbeigeführt wird. Im Ergebnis verstoßen die Fälle, in denen gesellschaftsrechtliche Umgründungen ausnahmsweise bei einem negativen Verkehrswert zulässig sind, per se nicht gegen die Zielsetzung der unternehmerischen Fortführung sowie der Verbesserung der Unternehmensstruktur, wenn in einer Gesamtbetrachtung die Umgründung eine Chance bietet, das Unternehmen fort zuführen und die Vorteile der Umgründung für das aufnehmende Unternehmen (zB. aufgrund sich dadurch realisierender Synergieeffekte) die vermögensmäßigen Nachteile der Übernahme des real überschuldeten Vermögens (ohne eine Überschuldung selbst zu verursachen) überwiegt. Es stellt sich indes die Frage, ob das umgründungssteuerrechtliche Erfordernis eines positiven Verkehrswerts bei Einbringungen, Zusammenschlüssen oder Realteilung nicht dann überschießend und teleologisch zu reduzieren ist, wenn zwar ein real überschuldetes Vermögen übertragen wird, dieses jedoch – im Einklang mit der gesellschaftsrechtlichen Handhabung – in einer Gesamtbetrachtung, dh. insb. unter der Berücksichtigung von Synergieeffekten, einen positiven Verkehrswert hat und beim übernehmenden Rechtsträger nicht zu einer Insolvenzreife führt. Insbesondere bei Einbringungen, Zusammenschlüssen oder Realteilungen bei verbundenen Unternehmen müsste dies überdacht werden. Denn wenn das Erfordernis eines positiven Verkehrswerts (iSe. Stand-Alone-Ermittlung) dazu führt, dass steuerneutrale Strukturverbesserungen einer betrieblichen Einheit deshalb versagt werden, weil die sich daraus ergebende Markteffekte nicht berücksichtigt werden, wird das Ziel des UmgrStG insoweit verfehlt. Sachliche Begründungen für diese unterschiedliche Handhabung existieren soweit ersichtlich nicht.1499
3. Ergebnis: zulässige intersubjektive Übertragung eines stillen Lastenüberschusses bei innerstaatlichen Umgründungen Die vorstehende Untersuchung hat gezeigt, dass die Übertragung eines Überschusses an stillen Lasten bei innerstaatlichen Umgründungen1500 durch 1499 Vgl. Rabel/Ehrke-Rabel/Eichinger in Wiesner/Hirschler/Mayr, HdU § 12 Rn. 220; Hügel in Hügel/Mühlehner/Hirschler, § 12 UmgrStG Rn. 118. 1500 Vgl. zu grenzüberschreitenden Umstrukturierungen zwischen Deutschland und Österreich und die damit eintretenden Rechtsfolgen im Hinblick auf stille Lasten Abschnitt G.
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F. Stille Lasten bei österreichischen i nnerstaatlichen Umgründungen
Buchwertfortführung möglich ist. Denn das UmgrStG sieht bei der Anwendung und einem unveränderten Besteuerungsrecht Österreichs einen verpflichtenden Ansatz der Buchwerte auf Ebene des übertragenden Rechtsträgers vor, die vom übernehmenden Rechtsträger zu übernehmen sind. Dies erfolgt in Kombination mit einer Gesamtrechtsnachfolge, die entweder qua Gesellschaftsrecht1501 oder aufgrund umgründungssteuerlicher Fiktion1502 eintritt. Folglich erstreckt sich die österreichische Gesamtrechtsnachfolge auch auf einen Überschuss an stillen Lasten. Diese Gesamtrechtsnachfolge in der Verkörperung der Buchwertfortführung entfaltet sich bei einem Überschuss an stillen Lasten jedoch im Regelfall nur dann bei allen Umgründungstypen gleichermaßen, solange der Verkehrswert des übertragenen Vermögens positiv ist. Geht der stille Lastenüberschuss mit einem negativen (Stand-Alone-)Verkehrswert einher, ist das UmgrStG bei den steuerlichen Umgründungstypen iSd. Art. III, IV und V nicht anwendbar. Aufgrund der Maßgeblichkeit des Gesellschaftsrechts gilt dies dem Grunde nach auch für die gesellschaftsrechtlichen Umgründungstypen iSd. Art. I, II und VI, wobei dort ausnahmsweise die gesellschaftsrechtliche Zulässigkeit der Umgründung im Falle eines negativen Verkehrswerts bejaht wird, wenn dies für die übernehmende Gesellschaft kein insolvenzrechtliches Risiko darstellt oder wenn der Verkehrswert für Zwecke des Gesellschaftsrechts aufgrund der Berücksichtigung von aus der Umgründung entstehenden Synergieeffekten positiv ist. Freilich ist dies jedoch ein Sonderfall, der aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls auch mit der Zielsetzung des UmgrStG in Einklang stehen kann; was allerdings eine Ungleichbehandlung der beiden im UmgrStG geregelten Gruppen von Umgründungen zur Folge hat. 1501 Die gesellschaftsrechtliche Gesamtrechtsnachfolge bei Verschmelzungen, Umwandlungen und Spaltungen wirkt sich über § 19 Abs. 1 BAO sowohl materiell-rechtlich als auch verfahrensrechtlich aus, vgl. UmgrStR, Rn. 135; Kofler/Six in Kofler, § 3 UmgrStG Rn. 6; Hirschler in Wiesner/Hirschler/Mayr, HdU § 3 Rn. 10. Zwar enthielt § 1 Abs. 5 StruktVG eine Anordnung für die steuerliche Gesamtrechtsnachfolge. Dies lässt sich indes historisch begründen, weil § 1 Abs. 5 StruktVG auf die ursprüngliche Fassung von § 19 Abs. 1 BAO abstellte und seit der Neufassung von § 19 Abs. 1 BAO seine eigenständige Bedeutung verloren hat, vgl. Gassner in FS Helbich, 1990, 33 (36–39). 1502 Die steuerlich fingierte materiell-rechtliche Gesamtrechtsnachfolge bei Einbringungen (§ 18 Abs. 1 Z 4 U mwStG), Zusammenschlüssen (§ 25 Abs. 1 Z 3 U mgrStG) und Realteilungen (§ 30 Abs. 1 Z 3 UmgrStG) gilt nur für die steuerliche Gewinn ermittlung, vgl. Furherr in Kofler, § 18 UmgrStG Rn. 42; Hübner-Schwarzinger/Six in Kofler, § 25 UmgrStG Rn. 7.
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V. Zusammenfassung
V. Zusammenfassung Ziel des vorliegenden Abschnitts war primär die Untersuchung, ob das österreichische UmgrStG auch dann eine Fortführung der Buchwerte erlaubt, wenn in dem zu übertragenden Vermögen ein Überschuss an stillen Lasten besteht. Dazu wurde in einem ersten Schritt wesentliche Grundprinzipien des österreichischen Steuerrechts erläutert, ebenso wie die Grundzüge der steuerlichen Gewinnermittlung für Steuerpflichtige, die nach dem UGB buchführungspflichtig sind. Diese Betrachtung hat gezeigt, dass insb. das imparitätische Realisationsprinzip für die steuerliche Gewinnermittlung maßgeblich wird. Dies führt zu steuerlich zwingend zu berücksichtigenden Teilwertabschreibungen sowie Passivierung von Rückstellungen in der Steuerbilanz. Gleichwohl können die steuerlichen Bewertungsvorschriften im Vergleich zur Unternehmensbilanz zu niedrigeren Rückstellungsansätzen in der Steuerbilanz führen, sodass stille Lasten entstehen. Anknüpfend daran wurden die Grundzüge des UmgrStG dargelegt. Im Ausgangspunkt sind Umgründungen nach dem allgemeinen Ertragsteuerrecht Realisationsvorgänge, da entweder eine Tausch- oder eine Liquidationsbesteuerung Anwendung findet. Damit bejaht der Gesetzgeber die Geltung des Subjektsteuerprinzips sowie die leistungsfähigkeitsbeeinflussende Wirkung stiller Reserven und Lasten im Entstehungszeitpunkt. Das UmgrStG durchbricht das Subjektsteuerprinzip und unterdrückt den allgemeinen Realisationsvorgang, um die Anpassung und Änderung der Unternehmensstruktur ohne steuerliche Zusatzbelastungen zu ermöglichen. In dieser Zielsetzung zeigt sich die Neutralität als Grundprinzip des UmgrStG. Ein wesentliches Ausprägungsmerkmal ist die im UmgrStG zwingend angeordnete Buchwertfortführung, vorausgesetzt, dass das Besteuerungsrecht Österreichs uneingeschränkt bestehen bleibt. Der Neutralitätsgrundsatz äußert sich auch in dem Übergang von Verlustvorträgen des übertragenden Rechtsträgers im Fall der Buchwertfortführung. Folglich dient die angeordnete Buchwertfortführung der Verwirklichung des Grundsatzes der Rechtsnachfolge. Eine nähere Betrachtung der einzelnen Vorschriften über den Ansatz und die Übernahme der Buchwerte hat gezeigt, dass diese keine Einschränkungen im Falle eines in summa bestehenden Überschusses an stillen Lasten vorsehen. Freilich ist dies der zwingenden Buchwertfortführung geschuldet, von der bei rein innerstaatlichen Umgründungen ohne Auslandsnexus nicht abgewichen werden darf. 289
F. Stille Lasten bei österreichischen i nnerstaatlichen Umgründungen
Diese Betrachtung hat jedoch auch gezeigt, dass eine intersubjektive Übertragung eines in toto bestehenden Überschusses an stillen Lasten dann scheitern kann, wenn die Sachgesamtheit zusätzlich zum stillen Lastenüberschuss einen negativen Verkehrswert aufweist. Denn die Anwendung des UmgrStG fordert dem Grunde nach, dass das übertragene Vermögen nicht real überschuldet ist, dh. keinen negativen Verkehrswert aufweist. Gleichwohl ist nach Umgründungstyp zu differenzieren. Verschmelzungen, Umwandlungen und Spaltungen fallen in den Anwendungsbereich des UmgrStG, wenn diese ua. gesellschaftsrechtlich zulässig sind, was grds. einen positiven Verkehrswert erfordert, da andernfalls Kapitalerhaltungsgrundsätze verletzt werden. Gleichwohl wurden diese Umgründungstypen in Ausnahmefällen auch bei einem negativen Verkehrswert für zulässig erachtet, insb. im Falle der Aufwärtsverschmelzung zwischen Kapitalgesellschaften. Voraussetzung ist allerdings, dass die übernehmende Gesellschaft selbst durch die Übernahme des real überschuldeten Vermögens nicht insolvenzgefährdet wird. Bei Einbringungen, Zusammenschlüssen und Realteilungen gilt dies dem Grunde nach ebenfalls, jedoch normiert das UmgrStG zusätzlich als eigene Anwendungsvoraussetzung die Existenz eines positiven Verkehrswerts des übertragenen Vermögens, allerdings auf Basis einer Stand-Alone-Betrachtung. Dies ist ein essenzieller Unterschied zur gesellschaftsrechtlichen Verkehrswertermittlung, da nach Judikatur des OGH iRd. Verkehrswertermittlung auch sich aus der Umgründung ergebende Synergieeffekte berücksichtigt werden können. Daraus resultiert eine Ungleichbehandlung zwischen Verschmelzungen, Umwandlungen und Zusammenschlüssen, da diese auch mit einem negativen Stand-Alone-Verkehrswert nach den Regeln des UmgrStG unter Fortführung der Buchwerte erfolgen können. Hingegen werden Einbringungen, Zusammenschlüsse und Realteilungen, die in einer Gesamtbetrachtung einen negativen Verkehrswert aufweisen, vom Anwendungsbereich des UmgrStG ausgeschlossen. Mit Blick auf die Zielsetzung des UmgrStG ist das Erfordernis eines positiven Verkehrswerts grds. als zutreffend zu erachten, da das UmgrStG die individuelle Verbesserung der Unternehmensstruktur ohne steuerliche Zusatzbelastungen ermöglichen will. Einbringungen, Zusammenschlüsse oder Realteilungen, bei denen das übertragene Vermögen zwar real überschuldet ist, die jedoch aufgrund der dadurch geschaffenen Synergieeffekte in der Gesamtbetrachtung für das Unternehmen eine Verbesserung darstellen, 290
V. Zusammenfassung
können aufgrund des Erfordernisses eines positiven Stand-Alone-Verkehrswerts nicht unter der Buchwertfortführung erfolgen. Stattdessen erfolgt eine Realisation der stillen Reserven und Lasten. Da eine sachliche Rechtfertigung nicht ersichtlich ist, könnte in Betracht gezogen werden, das Erfordernis eines positiven Verkehrswerts für Einbringungen, Zusammenschlüsse und Realteilungen teleologisch zu reduzieren, um auch denjenigen Einbringungen, Zusammenschlüsse und Realteilungen einen Besteuerungsaufschub zu gewähren, mit denen in einer Gesamtbetrachtung (dh. unter Einschluss von Synergieeffekten) ein positives Vermögen übertragen wird, und damit eine Strukturverbesserung erreicht wird. Im Ergebnis ist indes festzuhalten, dass die intersubjektive Übertragung einer Sachgesamtheit mit einem in toto bestehenden Überschuss an stillen Lasten in jedem Fall bei einem positiven Verkehrswert nach dem UmgrStG ungehindert unter Fortführung der Buchwerte erfolgen kann.
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G. Stille Lasten bei grenzüberschreitenden Umstrukturierungen zwischen Deutschland und Österreich G. Stille Lasten bei grenzüberschreitenden Umstrukturierungen
I. Grenzüberschreitende Umstrukturierungen im Spannungsfeld zwischen Steuerneutralität und Wahrung der Besteuerungsbefugnisse I. Spannungsfeld zwischen Steuerneutralität und Besteuerungsbefugnis
Anknüpfend an die vorgehende Betrachtung der Behandlung stiller Lasten bei rein innerstaatlichen Umstrukturierungen in Deutschland und in Österreich untersucht der folgende Abschnitt die Behandlung stiller Lasten im Allgemeinen und die Rechtsfolgen bei einem Überschuss an stillen Lasten im Speziellen bei grenzüberschreitenden Umstrukturierungen zwischen Deutschland und Österreich. Grenzüberschreitende Umstrukturierungen sind eine von drei Grundkonstellationen des internationalen Umwandlungssteuerrechts.1503 Aus der Perspektive eines Staates lassen sich grenzüberschreitende Umstrukturierungen in zwei Fallgruppen aufspalten1504: – Outbound-Umstrukturierungen, bei denen ein im Inland ansässiger Rechtsträger Vermögen auf einen im Ausland ansässigen Rechtsträger überträgt (worunter auch der Wegzug einer Gesellschaft in einen anderen Staat fällt) sowie – Inbound-Umstrukturierungen, bei denen ein im Ausland ansässiger Rechtsträger Vermögen auf einen im Ausland ansässigen Rechtsträger überträgt (worunter der Zuzug einer Gesellschaft fällt). Beiden Fallgruppen der grenzüberschreitenden Umstrukturierung ist gemein, dass es wechselseitig in jedem Staat zur Begründung resp. zur Einschränkung von staatlichen Besteuerungsbefugnissen kommen kann. Folglich stellt sich sowohl die Frage nach der Aufteilung von Besteuerungsbefugnissen zwischen Ansässigkeitsstaat und Quellenstaat sowie die Anwendung von in- und ausländischem Steuerbilanzrecht.1505 1503 Vgl. Prinz, DB 2012, 820; Prinz in Prinz/Desens, Umwandlungen im Internationalen Steuerrecht, 2023, Rn 1.8; Schell, FR 2012, 101; Pohl, IWB 2012, 177; Häck in Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 2023, Rn. 20.4., mit dem Hinweis auf die beiden weiteren Grundkonstellationen: Inlandsumstrukturierungen mit Auslandsbezug sowie Auslandsumstrukturierung mit Inlandsbezug. 1504 Vgl. auch Förster, DStR 2020, 865 (866). 1505 Vgl. Schön, DStJG 43 (2020), 563 (564).
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G. Stille Lasten bei grenzüberschreitenden Umstrukturierungen
1. Steuerneutralität durch die Fusionsrichtlinie bei fortwährender Steuerverstrickung Für grenzüberschreitende Umstrukturierungen im EU-/EWR-Raum gelten ungemindert die Vorgaben der FRL, weil qua Definition grds. Rechtsträger aus mindestens zwei Mitgliedsstaaten beteiligt sind.1506 Für grenzüberschreitende Umstrukturierungen sieht die FRL einen verpflichtend zu gewährenden Besteuerungsaufschub durch die Fortführung der Buchwerte bis zur tatsächlichen Marktrealisation vor.1507 Dies steht indes im Spannungsverhältnis zu den finanziellen Interessen der Mitgliedsstaaten, sodass eine Buchwertfortführung bei grenzüberschreitenden Umstrukturierungen nur dann in Betracht kommt, soweit das Besteuerungsrechts des Mitgliedsstaats des übertragenen Rechtsträgers durch die Umstrukturierung nicht eingeschränkt wird, was dann nicht der Fall ist, wenn bei den Wirtschaftsgütern die tatsächliche Zuordnung zu einer Betriebsstätte sichergestellt wird.1508 Die Buchwertfortführung einer grenzüberschreitenden Umstrukturierung steht somit – als Ausdruck der Kontinuitätsbedingungen der fortwährenden Steuerverstrickung1509 – unter einem Entstrickungsvorbehalt.1510
2. Entstrickungs- und Verstrickungsbesteuerung als Mittel zur Absicherung territorialer Besteuerungsansprüche a) Entstrickungsbesteuerung: Sicherstellung von territorial entstandenen Wertzuwächsen Ausgangspunkt für die Entstrickungsbesteuerung ist das Territorialitätsprinzip als allgemeines Prinzip des internationalen Steuerrechts.1511 Nach diesem steht einem Staat zu, die auf dem eigenen Hoheitsgebiet erwirtschafteten Einkünfte der Besteuerung zu unterwerfen.1512 Scheidet ein Wirt1506 Vgl. Art. 1 lit. a) FRL; Helminen, EU Tax Law, 2022, 235. Zur zusätzlichen Maßgeblichkeit der FRL auf reine Inlandssachverhalte zwecks Wahrung eines gemeinsamen Auslegungsinteresses des Unionsrechts, siehe bereits Abschnitt E.IV.2.a). 1507 Vgl. Art. 4 iVm. Art. 9 FRL, dazu bereits Abschnitt E.IV.2.c)aa). 1508 Vgl. Art. 4 Abs. 2 lit. b) iVm. Art. 9 FRL; dazu bereits Abschnitt E.IV.2.c)bb). 1509 Vgl. dazu bereits Abschnitt C.III.2.c)bb)(1). 1510 Vgl. Kahle, StuB 2011, 903 (903 f.); Schaumburg in FS Herzig, 2010, 711 (719 ff.); Häck in Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 2023, Rn. 20.14. 1511 Vgl. zum Territorialitätsprinzip als Prinzip des internationalen Steuerrechts in der EU: Kokott, EU-Steuerrecht, 2018, § 2 Rn. 142 ff. 1512 Vgl. Engesser, Entstrickungsbesteuerung, 2020, 50; Kokott, EU-Steuerrecht, 2018, § 2 Rn. 143.
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I. Spannungsfeld zwischen Steuerneutralität und Besteuerungsbefugnis
schaftsgut ohne Marktrealisation1513 aus der Besteuerungshoheit eines Staates aus, sind die bis darin enthaltenen Wertsteigerungen1514 bis dato nicht der Besteuerung zugeführt worden, da nach dem Realisationsprinzip lediglich realisierte Einkünfte der Besteuerung zu unterwerfen sind.1515 Um eine dem Leistungsfähigkeitsprinzip widersprechende Nichtbesteuerung zu vermeiden, erlaubt das Entstrickungsprinzip ausnahmsweise ohne eine vorgeschaltete Markttransaktion den Besteuerungszugriff auf stille Reserven,1516 um die Besteuerung der stillen Reserven im letztmöglichen Zeitpunkt sicherzustellen.1517 Daraus ergibt sich zum einen, dass die Entstrickungsbesteuerung somit dem Schutz der territorialen Besteuerungsbefugnisse dient.1518 Zum anderen entfaltet das Territorialitätsprinzip seine Wirkung als Aufteilungsmaßstab für Besteuerungsbefugnisse.1519 Dieses Verständnis entspricht der EuGH-Rechtsprechung, wonach sich aus dem Territorialitätsprinzip das Besteuerungsrecht hinsichtlich der bis zum Zeitpunkt des Verlusts des Besteuerungsrechts entstandenen stillen Reserven ergibt.1520 b) Entstrickungsbesteuerung und unionsrechtliche Vorgaben Die Entstrickungsbesteuerung wurde in Art. 5 ATAD sekundärrechtlich kodifiziert. Art. 5 Abs. 1 ATAD schreibt im Falle der Einschränkung des Besteuerungsrechts eine Besteuerung iHd. Unterschiedsbetrags zwischen „[…] dem Marktwert der Vermögenswerte zum Zeitpunkt der Übertragung […]
1513 Dies kann bspw. im Umstrukturierungsfällen durch die Umstrukturierung selbst aus Rechtsgründungs erfolgen (sog. rechtliche Entstrickung) oder durch dem Umstrukturierungsvorgang folgende, tatsächliche Handlungen des Steuerpflichtigen (sog. tatsächliche Entstrickung), vgl. zB. Hruschka/Hellmann, DStR 2010, 1961, dazu auch Abschnitt G.II.1.a) 1514 Zur Berücksichtigung stiller Lasten im Kontext der Ent- und Verstrickung siehe Abschnitt G.I.3. 1515 Vgl. zum Realisationsprinzip bereits Abschnitt B.III.1.d)aa). 1516 Vgl. zum Entstrickungsprinzip bereits Abschnitt B.III.1.d)bb). 1517 Vgl. Engesser, Entstrickungsbesteuerung, 2020, 50; Häck in Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 2023, Rn. 20.22. 1518 Vgl. Kokott, EU-Steuerrecht, 2018, § 2 Rn. 143. 1519 Vgl. Lehner in FS Wassermeyer, 2005, 241 (259); idS Schön in Schön/Heber, Grundfragen, 2015, 109 (132). 1520 Vgl. EuGH v. 21.05.2015, C-657/13, Verder Lab Tec, HFR 2015, 809, Rn. 43; v. 23.01.2014, C-164/12, DMC, DStR 2014, 193, Rn. 49; v. 29.11.2011, C-371/10, National Grid Indus, Slg. 2011, I-12307, Rn. 46.
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G. Stille Lasten bei grenzüberschreitenden Umstrukturierungen
abzüglich ihres steuerlichen Werts […]“1521 vor. Gleichwohl korreliert die Entstrickungsbesteuerung im Verhältnis zu EU-Mitgliedstaaten bzw. Staaten des EWR mit der Niederlassungsfreiheit iSd. Art. 49 AEUV und beschränkt diese.1522 Jedoch ist diese Beschränkung als gerechtfertigt anzusehen, sofern die Steuer auf den Entstrickungsvorgang festgesetzt,1523 jedoch nicht eingezogen wird.1524 In der früheren Rechtsprechung ging der EuGH noch von einer zinslosen Stundung von zwischen fünf bis zehn Jahren ohne Sicherheitsleistung und ohne Zinsen bis zum tatsächlichen Realisationszeitpunkt aus.1525 Mittlerweile hält der EuGH eine Ratenzahlung über fünf Jahre für verhältnismäßig.1526 Dies entspricht auch den Vorgaben iSv. Art. 5 Abs. 2 ATAD, wonach die durch die Entstrickung festgesetzte Steuer durch Teilzahlungen über fünf Jahre gestundet werden kann,1527 was im nationalen Recht § 4g EStG mittels der Bildung von Ausgleichsposten und deren ratierlicher Auflösung iSv. § 4g EStG sicherstellt.1528
1521 Vgl. Art. 5 Abs. 1 ATAD-RL, siehe zur Ent- und Verstrickung nach den Vorgaben der ATAD und den Änderungen des nationalen Rechts bspw. Kahle/Kopp, DStR 2021, 1569 (1570). 1522 Vgl. EuGH v. 22.03.2018, C-327/16, C-421/16, Jacob und Lassus, HFR 2018, 583; v. 21.05.2015, C-657/13, Verder LabTec, HFR 2015, 809; v. 25.04.2013, C-64/11, Kommission/Spanien, IStR 2013, 393; v. 06.09.2012, C-38/10, Kommission/Portugal, IStR 2012, 763; v. 29.11.2011, C-371/10, National Grid Indus, Slg. 2011, I-12273; Kahle/Beinert, FR 2015, 585 (587); Förster, DStR 2020, 865 (866). 1523 Vgl. EuGH v. 29.11.2011, C-371/10, National Grid Indus, Slg. 2011, I-12273, Rn. 52; v. 23.01.2014, C-164/12, DMC, DStR 2014, 193, Rn. 60. 1524 Vgl. EuGH v. 29.11.2011, C-371/10, National Grid Indus, Slg. 2011, I-12273, Rn. 85, 86; Kahle/Beinert, FR 2015, 585 (588); Häck in Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 2023, Rn. 20.23. 1525 Vgl. EuGH v. 11.03.2004, C-9/02, Lasteyrie du Saillant, Slg. 2004, I-2409; v. 29.11.2011, C-371/10, National Grid Indus, Slg. 2011, I-12273; Häck in Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 2023, Rn. 20.23. 1526 Vgl. EuGH v. 21.05.2015, C-657/13, Verder LabTec, HFR 2015, 809; v. 23.01.2014, C-164/12, DMC, DStR 2014, 193. Vgl. Kahle/Beinert, FR 2015, 585; Englisch in Schaumburg/Englisch, Europäisches Steuerrecht, 2020, Rn. 7.231 zur Entwicklung der EuGH-Rechtsprechung. 1527 Vgl. Kahle/Kopp, DStR 2021, 1569 (1570 f.); Förster, DStR 2020, 865 (866). 1528 Vgl. zu § 4g EStG idF. vor dem ATAD-UmsG bspw. Kahle, StuB 2011, 903 (907 ff.); zur Änderung von § 4g EStG durch das ATAD-UmsG v. 25.06.2021 (BGBl. I 2021, 2035), vgl. Kahle/Kopp, DStR 2021, 1569 (1571).
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I. Spannungsfeld zwischen Steuerneutralität und Besteuerungsbefugnis
c) Verstrickungsbesteuerung: Korrespondierender Wertansatz zwecks Vermeidung von Doppel- bzw. Nichterfassungen Korrespondierend zur Entstrickung, dh. den steuerlichen Konsequenzen beim Ausscheiden aus der Besteuerungshoheit, beschreibt die Verstrickung die steuerlichen Konsequenzen beim Eintritt in die Besteuerungshoheit eines Staates.1529 Auch an dieser Stelle entfaltet das Territorialitätsprinzip seine Wirkung. Wenn der abgebende (Quellen-)Staat berechtigt ist, die bis zum Verlust des Besteuerungsrechts auf seinem Hoheitsgebiet erwachsenen Wertsteigerungen zu besteuern, bedeutet dies im Umkehrschluss für den aufnehmenden Staat, dass er nur diejenigen Wertsteigerungen und Wertminderungen erfassen darf, die nach der Begründung seines Besteuerungsrechts auf seinem Hoheitsgebiet erwachsen sind.1530 Die vorstehend beschriebene Wahrung der Aufteilung der zwischenstaatlichen Besteuerungsbefugnisse wird auch durch Art. 5 Abs. 5 ATAD verfolgt.1531 Denn dadurch wird der Staat, in dem das Besteuerungsrecht begründet wird, verpflichtet, das übernommene Vermögen mit dem Wert anzusetzen, der im Abgangsstaat der Entstrickungsbesteuerung zugrunde gelegt wurde.1532 Mit der so statuierten Werteverknüpfung zwischen Abgangs- und Aufnahmestaat kommt es – sofern beide Staaten ein identisches Verständnis des Marktwerts haben – zu einer systematisch zutreffenden Einmalerfassung von stillen Reserven.1533 Ausnahmsweise kann davon nur abgewichen werden, wenn der Abgangsstaat der Entstrickungsbesteuerung nicht den Marktwert zugrunde gelegt hat, insofern ist der Marktwert für die Verstrickungsbewertung maßgebend.1534 Die vorher statuierte Werteverknüpfung wird somit durch die Maßgeblichkeit des Marktwerts aufgeweicht. Weil indes der Abgangsstaat iRd. Entstrickungsbesteuerung an den Markt-
1529 Vgl. Schnitger, ifst-Schrift Nr. 487, 2013, 13; Förster, DB 2007, 72 (76); Rödder/ Schumacher, DStR 2006, 1481 (1486). 1530 Vgl. EuGH v. 29.11.2011, C-371/10, National Grid Indus, Slg. 2011, I-12273, Rn. 58; siehe auch Hagemann in Hagemann/Kahlenberg, ATAD, Art. 5 Rn. 226. 1531 Vgl. abstrakt Erw. Nr. 10 ATAD: „Die […] Wegzugsbesteuerung stellt sicher, dass […] [ein] Staat [sc. der in Folge eines Wegzugs sein Besteuerungsrecht verliert] die in seinem Hoheitsgebiet entstandenen Wertsteigerungen besteuern kann […]“, dazu auch Hagemann in Hagemann/Kahlenberg, ATAD, Art. 5 Rn. 3, 225. 1532 Vgl. auch Kahle/Kopp, DStR 2021, 1569 (1571); Kahle/Braun/Burger, FR 2018, 717 (725 f.). 1533 Vgl. Mayr in Anti-BEPS-RL, 2017, 61 (72). 1534 Vgl. Hagemann in Hagemann/Kahlenberg, ATAD, 2018, Art. 5 Rn. 227.
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G. Stille Lasten bei grenzüberschreitenden Umstrukturierungen
wert gebunden ist,1535 ist die Maßgeblichkeit des Marktwerts eher ein theoretisches Problem. In praktischer Hinsicht dürften dann Probleme entstehen, wenn der Quellenstaat und der Aufnahmestaat den Marktwert der Höhe nach unterschiedlich interpretieren.1536 Dennoch ist das Regelungsziel erkennbar, dass im Einklang mit dem Territorialitätsprinzip stille Reserven nur in dem Staat besteuert werden, in dem diese entstanden sind.
3. Berücksichtigung stiller Lasten bei Ent- und Verstrickungen Die Thematik der Ent- und Verstrickung wird überwiegend stets im Kontext von stillen Reserven geführt. Punktuell wird im deutschen Schrifttum in Bezug auf die allgemeinen Entstrickungsvorschriften des Ertragsteuerrechts (§ 4 Abs. 1 S. 3 EStG, § 12 Abs. 1 S. 1 KStG) der Einbezug von passiven Wirtschaftsgütern diskutiert.1537 Sofern die Auffassung vertreten wird,1538 dass Passiva nicht in die Entstrickungsbesteuerung einzubeziehen wären, bedeutet dies nicht, dass stille Lasten nicht berücksichtigt werden, da diese sowohl in aktiven als auch in passiven Wirtschaftsgütern entstehen können.1539 Folglich stellt sich die Frage nach der Berücksichtigung stiller Lasten – losgelöst von der konkreten Bilanzposition – iRd. Ent- und Verstrickungsbesteuerung. a) Zum Einbezug stiller Lasten bei Ent- und Verstrickungen aus Fiskalsicht Vor der Betrachtung, ob ein Einbezug stiller Lasten iRd. Ent- bzw. Verstrickung ggfs. unionsrechtlich geboten ist, soll kurz iSe. fiskal-ökonomischen Betrachtung erläutert werden, welche Motive in einem hypothetischen Verhältnis zwischen Abgangsstaat und Aufnahmestaat für eine Ausklamme1535 Vgl. Mayr in Anti-BEPS-RL, 2017, 61 (72); Hagemann in Hagemann/Kahlenberg, ATAD, 2018, Art. 5 Rn. 228. 1536 Vgl. Mayr in Anti-BEPS-RL, 2017, 61 (72); Hagemann in Hagemann/Kahlenberg, ATAD, 2018, Art. 5 Rn. 228. 1537 Vgl. Kahle/Eichholz in Haun/Kahle/Goebel, § 4 Abs. 1 S. 3, 4 u. 8 EStG Rn. 34; Mössner in Mössner/Oellerich/Valta, § 12 KSG Rn. 116; Frotscher/Watrin in Frotscher/Geurts, § 4 EStG Rn. 372; Hackemann in Bott/Walter, § 12 KStG Rn. 22. 1538 Vgl. Frotscher/Watrin in Frotscher/Geurts, § 4 EStG Rn. 372b, nach deren Auffassung der Begriff „Wirtschaftsgüter“ keinen Anhaltspunkt liefert, dass auch Verbindlichkeiten und Rückstellungen erfasst wären; zutreffend aA. Kahle/Eichholz in Haun/Kahle/Goebel, § 4 Abs. 1 S. 3, 4 u. 8 EStG Rn. 34. 1539 Dazu bereits Abschnitt B.I.1. und B.I.2.
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I. Spannungsfeld zwischen Steuerneutralität und Besteuerungsbefugnis
rung von stillen Lasten aus der Ent- und Verstrickungsbesteuerung bestehen könnten. aa) Entstrickung: fehlendes Interesse an der Verhinderung des Exports von Wertminderungen Während der Abgangsstaat ein zwingendes fiskalisches Interesse haben dürfte, latente Wertsteigerungen spätestens beim Ausscheiden des entsprechenden Wirtschaftsguts aus der Besteuerungshoheit zu erfassen, dürfte dies bei stillen Lasten anders aussehen. Aus Fiskalsicht fehlt es an einem zwingenden Interesse für den Einbezug von stillen Lasten iRd. Entstrickungsbesteuerung. Scheidet ein Wirtschaftsgut aus der Besteuerungshoheit aus, welches eine Wertminderung aufweist, kann der Fiskus grds. kein Interesse daran haben, die Wertminderung für steuerliche Zwecke zu berücksichtigen, wenn die Realisation der Wertminderung aufgrund der na tionalen Gewinnermittlungsvorschriften zu einer Minderung der inländischen Steuerbemessungsgrundlage führt. Dem Abgangsstaat ist folglich ein Interesse an einem steuerfreien Export der stillen Last zu unterstellen. bb) Verstrickung: zwingendes Interesse am Ausschluss des Imports von Wertminderungen Es ist zu unterstellen, dass der entsprechende Aufnahmestaat grds. einem Import von stillen Reserven aufgeschlossen gegenüberstehen würde, da diese auf fremdem Hoheitsgebiet entstandenen Wertzuwächse bei einer späteren Realisation im Aufnahmestaat zusätzliches Besteuerungssubstrat darstellen würde. Freilich ist dies bei stillen Lasten wohl eher nicht zu erwarten; es ist vielmehr anzunehmen, dass der Aufnahmestaat kein Interesse an einem Import stiller Lasten haben dürfte, sondern diesen unbedingt verhindern möchte. Die vorstehenden Überlegungen zeigen, dass es Motive für eine Ausklammerung stiller Lasten iRd. Entstrickung auf Seiten des Abgangsstaat geben dürfte. Dem steht jedoch ein zwingendes Interesse des Einbezugs stiller Lasten auf Ebene des Aufnahmestaats gegenüber. Im Ergebnis verhält sich die Motivlage bei stillen Lasten somit konträr zur Motivlage bei stillen Reserven. Dort ist dem Abgangsstaat zu unterstellen, dass er einen steuerneutralen Export stiller Reserven zwingend verhindern will, während der Aufnahmestaat grds. einem Import von fremden stillen Reserven aufgeschlossen gegenüberstehen würde. Da diese Motivlage bereits mit der EuGH-Recht299
G. Stille Lasten bei grenzüberschreitenden Umstrukturierungen
sprechung zur Aufteilung der Besteuerungsbefugnisse und Entstrickungsunvereinbar ist, indiziert dies bereits eine unionsrechtliche Pflicht zur Berücksichtigung stiller Lasten iRd. Ent- und Verstrickungsbesteuerung.
Abbildung 16besteuerung
QUELLEN/ABGANGSSTAAT
STILLE RESERVEN
STILLE LASTEN
Ö kein Interesse an einem steuerfreien Export (eigener) stiller Reserven
Ö Interesse an einem steuerfreien Export (eigener) stiller Lasten
ZUZUGS/AUFNAHMESTAAT Ö Interesse an einem Import (fremder) stiller Reserven
Ö Kein Interesse an Import (fremder) stiller Lasten
Abbildung 16: Interessen von Quellen- und Zuzugsstaat zum Import/Export stiller Reserven und stiller Lasten
b) Unionsrechtliche Pflicht zur Berücksichtigung stiller Lasten Unionsrechtlich besteht mit der ATAD eine Pflicht zur Berücksichtigung stiller Lasten in Aktiva und Passiva. Zwar wäre denkbar, Passiva von der Entstrickungsbesteuerung auszuschließen, weil der Wortlaut der ATAD von Vermögenswerten und nicht von Schulden (liabilities) (dh. Verbindlichkeiten und Rückstellungen) spricht.1540 In dem hier interessierenden Kontext der Entstrickung im Zusammenhang mit Umstrukturierungen und der damit verbundenen Übertragung von Sachgesamtheiten kommt es jedoch ohnehin zu einer Erfassung der relevanten Passiva, was insb. auch bei Sachgesamtheiten ohnehin sachgerecht ist1541 und der Auffassung bei Betriebs1540 So Haug, DStZ 2016, 446 (450); zustimmend Musil in Musil/Weber-Grellet, Europäisches Steuerrecht, 2022, Art. 5 ATAD Rn. 10. Dies entspräche dem teilweise geäußerten Verständnis von § 4 Abs. 1 S. 3 EStG, vgl. Frotscher/Watrin in Frotscher/ Geurts, § 4 EStG Rn. 372b. 1541 Zutreffend Staccioli in Hagemann/Kahlenberg, ATAD, 2018, Art. 2 Rn. 145; Hagemann in Hagemann/Kahlenberg, ATAD, 2018, Art. 5 Rn. 119, 239–240.
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I. Spannungsfeld zwischen Steuerneutralität und Besteuerungsbefugnis
verlegungen ins Ausland entspricht.1542 Im Übrigen entspricht der Einbezug von bilanzierten und nicht bilanzierten Passiva auch dem deutschen Verständnis von „Wirtschaftsgütern“ sowohl im Kontext der allgemeinen Ent strickungsvorschriften (§ 4 Abs. 1 S. 3 EStG, § 12 Abs. 1 S. 1 KStG)1543 als auch iRd. UmwStG1544. Weitergehend ist es fraglich, ob auch die Realisation von stillen Lasten und die damit verbundene Entstehung eines Entstrickungsverlusts von der ATAD gedeckt ist. Art. 5 Abs. 1 ATAD sieht eine Besteuerung des Betrags vor, „[…] der dem Marktwert der Vermögenswerte […] abzüglich ihres steuerlichen Werts entspricht […]“1545, was als neutrale Formulierung auch die Realisation stiller Lasten umfasst.1546 Diese Differenzbetrachtung inkludiert den Einbezug stiller Lasten sowie die Entstehung eines Entstrickungsverlusts.1547 Dafür spricht auch, dass der Richtliniengeber hinsichtlich der Hinzurechnungsbesteuerung in Art. 8 Abs. 1 S. 2 ATAD den Einbezug von Verlusten in den Hinzurechnungsbetrag explizit untersagt, eine solche Regelung jedoch nicht explizit in Art. 5 ATAD vorgesehen hat, sodass die Berücksichtigung eines Entstrickungsverlusts durch die Entstrickung von Wirtschaftsgütern mit stillen Lasten nach den Vorgaben der ATAD zu erfolgen hat.1548 Der Einbezug stiller Lasten in die Entstrickungsbesteuerung ist auch mit Blick auf die Aufteilung der Besteuerungsbefugnisse als Zielsetzung von Art. 5 ATAD geboten.1549 Ein Einbezug stiller Lasten iRd. Entstrickung bzw. der Berücksichtigung eines Entstrickungsverlusts entspricht zudem auch der Symmetriethese.1550 Als Ausprägung vom sog. Kohärenzgrundsatz, wonach die Abzugsfähigkeit von Aufwendungen eine damit korrespondie
1542 Vgl. Benecke/Staats in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, § 12 KStG Rn. 318–319. 1543 Vgl. Kahle/Eichholz in Haun/Kahle/Goebel, § 4 Abs. 1 S. 3, 4 u. 8 EStG Rn. 34; von Freeden in Rödder/Herlinghaus/Neumann, § 12 KStG Rn. 59; Hackemann in Bott/ Walter, § 12 KStG Rn. 22; aA. Mundfortz in Frotscher/Drüen, § 12 KStG Rn. 22b. 1544 Vgl. dazu bereits Abschnitt D.II.2. 1545 Art. 5 Abs. 1 ATAD. 1546 Vgl. auch Förster, DStR 2020, 865 (867) (Herv. d. Verf.): „Art. 5 Abs. 1 ATAD sieht […] die Aufdeckung stiller Reserven und Lasten vor […]“. 1547 Vgl. Hagemann in Hagemann/Kahlenberg, ATAD, 2018, Art. 5 Rn. 179; Fehling in Schaumburg/Englisch, Europäisches Steuerrecht, 2020, Rn. 17.52 (dort Fn. 5). 1548 Vgl. nochmals Hagemann in Hagemann/Kahlenberg, ATAD, 2018, Art. 5 Rn. 179. 1549 GlA. Hagemann in Hagemann/Kahlenberg, ATAD, 2018, Art. 5 Rn. 179. 1550 Vgl. Kokott, EU-Steuerrecht, 2018, § 2 Rn. 87 iVm. 88.
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G. Stille Lasten bei grenzüberschreitenden Umstrukturierungen
rende Steuerpflicht von Einnahmen voraussetzt,1551 materialisiert sich die Symmetriethese in einem Zusammenhang des Besteuerungsrechts von Gewinnen einerseits sowie der Verlustberücksichtigung andererseits.1552 Mit anderen Worten: wenn man die Besteuerung als Teilhabe des Fiskus an dem Erfolg des privaten Wirtschaftens versteht, ist es sachgerecht, sowohl die daraus resultierenden Vorteile (Gewinnbesteuerung) als auch die Nachteile (Verlustberücksichtigung) mit Blick auf die Aufteilung der zwischenstaatlichen Besteuerungsbefugnisse einheitlich, dh. bei einem Fiskus, zu berücksichtigen.1553 Im Übrigen entspricht dies der Besteuerung nach dem Leistungsfähigkeitsprinzip. Denn wenn der steuerfreie Export von stillen Reserven als Verstoß gegen das Leistungsfähigkeitsprinzip erachtet wird, der den Besteuerungszugriff ohne tatsächliche Realisation rechtfertigt,1554 muss dies korrespondierend auch für exportierte stille Lasten gelten.
II. Stille Lasten bei Outbound-Umstrukturierungen nach Österreich 1. Rechtsfolgen in Bezug auf stille Lasten in Deutschland a) Grundzüge der umwandlungsbedingten Entstrickung Die im U mwStG enthaltenen Entstrickungsklauseln auf Gesellschaftsebene (§ 3 Abs. 2 S. 1 Nr. 2, § 11 Abs. 2 S. 1 Nr. 2, § 20 Abs. 2 S. 2 Nr. 3, § 24 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 U mwStG) sind materiell-rechtliche Anforderungen für den Buchbzw. Zwischenwertansatz, da diese auf Antrag nur angesetzt werden dürfen, soweit das deutsche Besteuerungsrecht in Bezug auf den Gewinn aus der Veräußerung des übertragenen Vermögens beim übernehmenden Rechtsträger nicht ausgeschlossen oder beschränkt wird.
1551 Vgl. Schön in Schön/Heber, Grundfragen, 2015, 109 (143); EuGH v. 28.01.1992, C-204/90, Bachmann, Slg. 1992, I-276, Rn. 21 ff. 1552 Vgl. EuGH v. 15.05.2008, C-414/06, Lidl Belgium, Slg. 2008, I-3601, Rn. 33; v. 06.09.2012, C-18/11, Philips Electronics, IStR 2012, 847, Rn. 24; v. 07.11.2013, C-322/11, K, IStR 2013, 913, Rn. 50–51; v. 01.04.2014, C-80/12, Felixstowe Dock and Railway Company, DStR 2014, 784, Rn. 30; v. 17.12.2015, C-388/14, Timac Agro, IStR 2016, 74, Rn. 34–41; Oellerich in Schaumburg/Englisch, Europäisches Steuerrecht, 2020, Rn. 8.103; Kokott, EU-Steuerrecht, 2018, § 2 Rn. 87; Hey in FS Gosch, 2016, 161 (172). 1553 In diesem Sinne Thiemann, Verluste, 2020, 404. 1554 Vgl. Häck in Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 2023, Rn. 20.22.
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II. Stille Lasten bei Outbound-Umstrukturierungen nach Österreich
Flankierend enthält auch das allgemeine Ertragsteuerrecht mit § 4 Abs. 1 S. 3 EStG, § 12 Abs. 1 S. 1 KStG allgemeine Entstrickungsregeln bei einer Beschränkung oder einem Ausschluss des Besteuerungsrechts. Die allgemeinen Entstrickungsvorschriften normieren seit dem JStG 20101555 als „klarstellendes Regelbeispiel“1556 (§ 4 Abs. 1 S. 4 EStG, § 12 Abs. 1 S. 2 KStG), dass jeglicher Zuordnungswechsel1557 eines Wirtschaftsguts zu einer aus ländischen Betriebsstätte dem Verlust bzw. der Beschränkung des Be steuerungsrechts gleichsteht.1558 Rechtsfolge dessen ist, dass der bloße Zuordnungswechsel zu einer ausländischen Betriebsstätte bereits zu einer Entstrickungsbesteuerung und der Besteuerung der stillen Reserven führt.1559 Gleichwohl stellt sich die Frage nach den Verhältnissen der Regelungskomplexe, weil die umwandlungssteuerlichen Entstrickungsklauseln um dieses Beispiel nicht erweitert wurden. Fraglich ist somit, ob der (fiktive) Zuordnungswechsel iRe. Umstrukturierung bereits dazu führt, dass der für die Buchwertfortführung elementare Entstrickungsvorbehalt verletzt ist. Eine grenzüberschreitende Umwandlung soll grds. nichts an der abkommensrechtlichen Zuordnung der Wirtschaftsgüter zu einer in- oder ausländischen Betriebsstätte ändern.1560 Gleichwohl impliziert die Finanzverwaltung in dieser Aussage mit Verweis auf § 4 Abs. 1 S. 4 EStG, § 12 Abs. 1 S. 4 KStG1561, dass das dortige Regelbeispiel auf die umwandlungssteuerlichen Entstrickungen durchschlägt.1562 1555 Jahressteuergesetz 2010 v. 08.12.2010, BGBl. I 2010, 1768. 1556 BT-Drs. 17/3549, 19. 1557 Kahle/Eichholz in Haun/Kahle/Goebel, § 4 Abs. 1 S. 3, 4 u. 8 EStG Rn. 25c weisen zutreffend darauf hin, dass durch das Tatbestandsmerkmal „zuzuordnen ist“ alle Zuordnungswechsel erfasst werden, die tatsächlich-funktional erfolgen und somit nicht nur diejenigen, die eine aktive Handlung des Steuerpflichtigen voraussetzen. 1558 Vgl. insb. Kahle, StuB 2011, 903 (904 ff.) zu der vorherigen Rechtsunsicherheit aufgrund von BFH v. 17.07.2008, I R 77/06, B StBl. II 2009, 464, in dem der BFH entschied, dass keine „finale Entnahme“ bzw. kein Ausschluss oder eine Beschränkung des Besteuerungsrechts vorliegt, wenn ein Wirtschaftsgut in eine ausländische Freistellungsbetriebsstätte überführt wird. Vgl. auch krit. zu der Fiktion einer Entstrickung mit Anpassungsvorschlägen: Gosch, IWB 2012, 779 (785); Gosch in FS Spindler, 2011, 379 (396); zustimmend: Kahle/Eichholz, StuB 2014, 867 (867). 1559 Vgl. zB. Kahle/Eichholz, StuB 2014, 867 (867); Kahle/Eichholz in Haun/Kahle/ Goebel, § 4 Abs. 1 S. 3, 4 u. 8 EStG Rn. 25c; BMF-Schreiben v. 18.11.2011, B StBl. I 2011, 1278. 1560 Vgl. U mwStE, Rn. 03.20; Benecke/Beinert, FR 2010, 1009 (1015); Staats in Lademann, § 3 UmwStG Rn. 139; Schießl in Widmann/Mayer, § 11 UmwStG Rn. 182. 1561 UmwStE, Rn. 03.20: „[…] vgl. auch […] § 4 Absatz 1 Satz 4 EStG, § 12 Absatz 1 Satz 2 KStG).“ 1562 Vgl. idS Mitschke, Ubg 2011, 328 (329); Staats in Lademann, § 3 UmwStG Rn. 140.
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G. Stille Lasten bei grenzüberschreitenden Umstrukturierungen
aa) Rechtliche Entstrickung durch Rechtsträgerwechsel Diese Auffassung überzeigt nicht. Nach hM sind die umwandlungssteuerrechtlichen Entstrickungsklauseln lex specialis zu den allgemeinen Ent strickungsklauseln,1563 sodass deren Anwendung ausgeschlossen ist.1564 Da das Erfordernis der fortwährenden Steuerverstrickung nach den Verhält nissen zum steuerlichen Übertragungsstichtag zu prüfen ist1565 und ein Besteuerungsrecht nicht rückwirkend zum steuerlichen Übertragungsstichtag fingiert werden kann,1566 umfassen die umwandlungssteuerlichen Entstrickungsklauseln lediglich die sog. rechtliche Entstrickung, dh. den umwand lungsbedingten Verlust des Besteuerungsrechts, welcher allein aufgrund des umwandlungsbedingten Rechtsträgerwechsels eintritt.1567 Die Voraussetzung einer fortwährenden Steuerverstrickung ist somit erfüllt, wenn eine inländische Betriebsstätte des übernehmenden Rechtsträgers iSv. § 49 Abs. 1 Nr. 2 lit. a) EStG bzw. maßgeblichen DBA1568 in Folge der Umstrukturierung verbleibt.1569 Eine rechtliche Entstrickung zum steuerlichen Übertragungs1563 Vgl. U mwStE, Rn. 03.18, 11.09; Engesser, Entstrickungsbesteuerung, 2020, 235– 236; Ungemach, Ubg 2011, 251 (261); Hruschka/Hellmann, DStR 2010, 1961 (1963); Dötsch/Pung, DB 2006, 2704 (2705); Kahle/Eichholz, StuB 2014, 867 (870); Kahle/Eichholz in Haun/Kahle/Goebel, § 4 Abs. 1 S. 3, 4 u. 8 EStG Rn. 47; Rödder in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 11 U mwStG Rn. 264; Ropohl/Sonntag in Haase/Hofacker, § 11 UmwStG Rn. 56; Wernicke in Lademann, § 11 U mwStG Rn. 182; Herlinghaus in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 20 UmwStG Rn. 304; Schmitt in Schmitt/Hörtnagl, § 3 UmwStG Rn. 86, § 11 UmwStG Rn. 108, § 20 UmwStG Rn. 343. 1564 Vgl. Kahle/Eichholz, StuB 2014, 867 (870); Kahle/Eichholz in Haun/Kahle/Goebel, S. 3, 4 u. 8 EStG Rn. 47 aE; Schießl in Widmann/Mayer, § 11 UmwStG Rn. 182. 1565 Vgl. UmwStE, Rn. 03.11, Benecke/Beinert, FR 2010, 1009 (1014); Schaumburg, GmbHR 2010, 1341 (1344); Förster in FS Schaumburg, 2009, 629 (631); Martini in Widmann/Mayer, § 3 UmwStG Rn. 842. 1566 Vgl. U mwStE, Rn. 02.15; dazu Dietrich/Kaeser in FGS/BDI, UmwStE, 2012 98–99. 1567 Vgl. Girlich/Philipp, Ubg 2012, 150 (155); Stadler/Elser/Bindl, DB-Beil. 1/2012, 14 (19); Hruschka/Hellmann, DStR 2010, 1961 (1963); Viebrock/Hagemann, FR 2009, 737 (745); Möhlenbrock/Werner/Pung in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, § 3 U mwStG Rn. 92; Dötsch/Stimpel in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, § 11 U mwStG Rn. 76, 77; Rödder in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 11 UmwStG Rn. 265; Herlinghaus in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 20 U mwStG Rn. 303; Hofacker in Haase/ Hofacker, § 20 UmwStG Rn. 136; Schmitt in Schmitt/Hörtnagl, § 20 UmwStG Rn. 346. 1568 Vgl. Winkeljohann/Fuhrmann, HdB UmwStR, 2007, 751; Blumers, DB 2006, 856; Ropohl/Sonntag in Haase/Hofacker, § 11 U mwStG Rn. 126; Dötsch/Stimpel in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, § 11 UmwStG Rn. 75. 1569 Vgl. zu §§ 3 ff., §§ 11 ff. UmwStG: Schwenke, DStZ 2007, 235 (238); zu § 20 UmwStG: Kahle/Vogel, Ubg 2012, 493 (496); Schön, DStJG 43 (2020), 563 (611).
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II. Stille Lasten bei Outbound-Umstrukturierungen nach Österreich
stichtag wird indes nur bei der Übertragung einer Betriebsstätte in einem Nicht-DBA-Staat oder in einem DBA-Staat mit Anrechnungsverpflichtung vorliegen,1570 oder, wenn nach der Umstrukturierung keine inländische Betriebsstätte mehr existiert (Wechsel der Steuerpflicht).1571 bb) Tatsächliche Entstrickung Als tatsächliche Entstrickung werden jene Entstrickungen bezeichnet, bei denen das Besteuerungsrecht nach einer Umstrukturierung in Folge einer Veränderung der tatsächlichen Verhältnisse beschränkt bzw. ausgeschlossen wird,1572 auf die dann die allgemeinen Entstrickungsvorschriften Anwendung finden.1573 Dies ist insb. dann der Fall, wenn Wirtschaftsgüter einer in Deutschland durch die Umstrukturierung verbleibenden Betriebsstätte zeitlich nachgelagert einer ausländischen Betriebsstätte oder dem ausländischen Stammhaus des übernehmenden Rechtsträgers aufgrund von tatsächlichen, physischen Reorganisationsmaßnahmen (zB. grenzüberschreitende Verlagerungen von Anlage- oder Umlaufvermögen) zuzurechnen sind.1574 Allerdings wird im Schrifttum berechtigterweise auch dann eine tatsächliche Entstrickung angenommen, wenn sich aus dem Umstrukturierungsvorgang ein Zuordnungswechsel kraft abkommensrechtlicher Zuordnungs fiktion ergibt.1575 Dies wird insb. bei „ungebundenen Wirtschaftsgütern“, dh. immateriellen Wirtschaftsgütern wie Patente, Marken, aber auch Be 1570 Vgl. Prinz, DB 2012, 820 (824); Jäschke in Lademann, § 20 UmwStG Rn. 55d. 1571 Vgl. Stimpel/Dötsch in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, § 11 U mwStG Rn. 77; Rödder in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 11 UmwStG Rn. 272, 279, in Bezug auf die grenzüberschreitende Outbound-Verschmelzung einer reinen Holdinggesellschaft, dazu auch Schaumberger/Stößel, FR 2020, 1123 (1124). Einschränkend bemerkt Rödder jedoch, dass regelmäßig eine Geschäftsleitungsbetriebsstätte im Inland verbleiben wird, sodass es erst im Nachgang auf Ebene des übernehmenden Rechtsträgers zu einer tatsächlichen Entstrickung unter Anwendung der allgemeinen Entstrickungsvorschriften komme. 1572 Vgl. Förster, DStR 2020, 865 (867, 869); Lohmar, FR 2013, 591 (593); Maier in Schneider/Ruoff/Sistermann, UmwStE, 2012, H 3.50; Klingberg/Nitzschke, Ubg 2011, 451 (454). 1573 Vgl. Kahle/Beinert, FR 2015, 585 (587, dort Fn. 36); Häck in Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 2023, Rn. 20.120; Schön, D StJG 43 (2020), 563 (612); idS auch Möhlenbrock in FS Gosch, 2016, 307 (319). Vgl. auch Kessler/Philipp, DStR 2012, 267 (270), wonach bei Geltung der Zentralfunktionsthese eine Entstrickung nach den allgemeinen Entstrickungsvorschriften erst mit der zivilrechtlichen Wirksamkeit der Umwandlung erfolgt. 1574 Vgl. Hruschka/Hellmann, DStR 2010, 1961 (1963). 1575 Vgl. Hofacker in Haase/Hofacker, § 20 UmwStG Rn. 139; Hruschka/Hellmann, DStR 2010, 1961 (1963).
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G. Stille Lasten bei grenzüberschreitenden Umstrukturierungen
teiligungen und Finanzmittel angenommen, da im Abkommensrecht diverse Betriebsstättenvorbehalte1576 vorgesehen sind, wonach Wirtschaftsgüter grds. dem Ort der Geschäftsleitung zuzuordnen sind, sofern nicht eine tatsächlich funktionale Zuordnung zu einer Betriebsstätte erfolgt.1577 Nach den Grundsätzen des Authorized-OECD-Approach (AOA), welcher seinen Niederschlag in § 1 Abs. 5 AStG gefunden hat, richtet sich für Zwecke der Erfolgsabgrenzung die Zuordnung von Wirtschaftsgütern für nach dem 31.12.2012 endende Wirtschaftsjahre1578 unter Berücksichtigung der Vor gaben der BsGAV1579 nach den maßgeblich ausgeübten Personalfunktionen als Grundregel.1580 Gleichwohl enthält die BsGaV in Abhängigkeit der Art des Wirtschaftsguts unterschiedliche Ausprägungsvarianten.1581 Die von der Finanzverwaltung vertretene Zentralfunktionsthese, wonach insb. Wirtschaftsgüter, die Finanzierungs-, Holding- und Lizenzierungsfunktionen und daher dem Gesamtunternehmen dienen, grds. dem Stammhaus zuzuordnen sind,1582 ist nach der Einführung des AOA nicht mehr maßgeblich,1583 auch wenn Ausführungen der Finanzverwaltung auf Gegenteiliges hindeuten.1584 Erfolgt als Resultat einer Umstrukturierung eine Änderung in der tatsächlichen Zuordnung von bspw. materiellen Wirtschaftsgütern (§ 5 BsGaV), immateriellen Werten (§ 6 BsGAV)1585 oder Beteiligungen 1576 Vgl. Art. 10 Abs. 1, 4 OECD-MA (Dividendeneinkünfte), Art. 11 Abs. 1, 4 OECDMA (Zinseinkünfte), Art. 12 Abs. 1, 3 OECD-MA (Lizenzeinkünfte), Art. 21 Abs. 1, 2 OECD-MA (sonstige Einkünfte). 1577 Vgl. Hruschka/Hellmann, DStR 2010, 1961 (1963). 1578 Vgl. § 21 Abs. 20 S. 3 AStG iSv. § 1 Abs. 5 AStG zur erstmaligen Anwendung des AOA. 1579 Betriebsstättengewinnaufteilungsverordnung (BsGaV) v. 13.10.2014, BGBl. I 2014, 1603. 1580 Vgl. § 4 BsGaV, Kahle/Kindich, Betriebsstätten, 2019, Rn. 4.211. 1581 Bspw. bestimmt § 5 Abs. 1 S. 1 BsGaV, dass bei der Zuordnung von materiellen Wirtschaftsgütern die Nutzung als maßgebliche Personalfunktion anzusehen ist, vgl. Kahle/Kindich, Betriebsstätten, 2019, Rn. 4.219. 1582 Vgl. dazu U mwStE, Rn. 03.20 iVm. BMF-Schreiben v. 24.12.1999, B StBl. I 1999, 1076, Rn. 2.4; Kahle/Mödinger, DB 2011, 2338 (2339); Wassermeyer, IStR 2012, 277 (280). 1583 Vgl. BR-Drs. 401/14, 1 ff.; Kahle/Eichholz, StuB 2014, 867 (869) Kahle/Eichholz in Haun/Kahle/Goebel, § 4 Abs. 1 S. 3, 4 u. 8 EStG Rn. 64a; idS. auch Möhlenbrock/ Werner/Pung in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, § 3 UmwStG Rn. 105. 1584 Vgl. ausführlich Kahle/Kindich, Betriebsstätten, 2019, Rn. 4.427–4.430. 1585 Die Zuordnung von immateriellen Werten erfolgt grds. nach dem Ursprung (§ 6 Abs. 1 S. 1 BsGaV), dh. nach der Erschaffung oder des Erwerbs, vgl. aus führlich zur Zuordnung iSv. § 6 BsGaV Kahle/Kindich, Betriebsstätten, 2019, Rn. 4.234–4.250.
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II. Stille Lasten bei Outbound-Umstrukturierungen nach Österreich
(§ 7 BsGAV)1586 zu einer Betriebsstätte, ist eine Steuerentstrickung nach den Entstrickungsregeln des allgemeinen Ertragsteuerrechts vorzunehmen.1587 cc) Auswirkungen der umwandlungsbedingten Steuerentstrickung auf die Untersuchung stiller Lasten Obwohl in zeitlicher Hinsicht und auch hinsichtlich der Rechtsgrundlage bei grenzüberschreitenden Entstrickungen dahingehend zu differenzieren ist, ob die fortwährende Steuerverstrickung durch den umstrukturierungsbedingten Rechtsträgerwechsel selbst (rechtliche Entstrickung) oder durch eine Veränderung der tatsächlichen Verhältnisse (tatsächliche Entstrickung) beeinträchtigt wird, ist die Rechtsfolge der umwandlungssteuerlichen Ent strickungsvorschriften sowie der Entstrickungsvorschriften des allgemeinen Ertragsteuerrechts identisch, da in beiden Fällen der Ansatz des gemeinen Werts vorgesehen ist.1588 Gleichwohl ist die Differenzierung, ob die Entstrickung zum steuerlichen Übertragungsstichtag erfolgt oder erst nachgelagert, insofern wichtig, da die Auswirkungen unterschiedliche Rechtsträger betreffen. Indes besteht eine Unterscheidung, da es bei einer rechtlichen Entstrickung nach den Regelungen des UmwStG an einer § 4g EStG vergleichbaren Stundungs- bzw. Ratenzahlungslösung fehlt, weshalb zT. von einer Unionsrechtswidrigkeit ausgegangen wird1589 bzw. die Unionsrechtskonformität zumindest angezweifelt wird.1590 Obwohl eine unmittelbare Anwendung von § 4g EStG mangels Entnahme grds. nicht in Betracht kommen dürfte,1591 müsste man auch bei einer umwandlungsbedingten Entstrickung im Ein-
1586 Im Regelfall sind Beteiligungen und Finanzanlagen gem. § 7 BsGaV nach der tatsächlichen Nutzung (als maßgebliche Personalfunktion) anzusehen, vgl. zur Zuordnung iSv. § 7 BsGaV ausführlich Kahle/Kindich, Betriebsstätten, 2019, Rn. 4.251–4.4.262. 1587 Vgl. BMF-Schreiben v. 22.12.2016, BStBl. I 2017, 182, Rn. 85 ff.; Förster in FS Lü dicke, 2019, 129 (135); Förster, DStR 2020, 865 (869 f.). 1588 Vgl. Rödder/Schumacher, DStR 2006, 1525 (1527): „[Es erfolgt] ein Ansatz des betroffenen Wirtschaftsguts beim übertragenden Rechtsträger zum gemeinen Wert […]“. 1589 Vgl. Dürrschmidt, StuW 2010, 137 (155–156); Kußmaul/Richter/Heyd, IStR 2010, 73 (76); Hahn, BB 2012, 681 (687); aA. Schwenke, DStZ 2007, 235 (246). 1590 Kußmaul/Richter/Heyd, IStR 2010, 73 (76) 1591 Vgl. Dötsch/Pung, DB 2006, 2704 (2705); Rödder/Schumacher, DStR 2007, 369 (372).
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G. Stille Lasten bei grenzüberschreitenden Umstrukturierungen
klang mit der EuGH-Rechtsprechung eine entsprechende Stundungs- bzw. Ratenzahlungslösung (iSv. § 4g EStG) zur Anwendung kommen lassen müssen.1592 Im Kontext von stillen Lasten ist die Ausgleichspostenbildung zu vernachlässigen, da ggfs. ohnehin andere Gewinnermittlungsvorschriften die Abzugsfähigkeit der realisierten stillen Last einschränken.1593 b) Stille Lasten bei Fortbestand des Besteuerungsrechts aa) Grundsatz: Buchwertfortführung Sofern im Falle einer Outbound-Strukturierung eine Betriebsstätte iSd. relevanten DBA verbleibt, ist das Besteuerungsrecht im Zeitpunkt des steuerlichen Übertragungsstichtages nicht aus Rechtsgründen eingeschränkt.1594 Auf Antrag ist mangels Steuerentstrickung eine Buchwertfortführung grds. zulässig.1595 bb) Standortnachteil durch Versagung der Buchwertfortführung bei stillem Lastenüberschuss trotz Steuerverhaftung Interpretiert man den gemeinen Wert – entgegen der hier untersuchten Auslegung an der Systematik, dem Telos des UmwStG, dem verfassungsrechtlichen Folgerichtigkeitsgebot sowie den Vorgaben der FRL1596 – als absolute Wertuntergrenze des umwandlungssteuerlichen Bewertungswahlrechts, führt dies zu Versagung der Buchwertfortführung und zu einem zwingenden Ansatz des gemeinen Werts.1597 Bei einer Outbound-Umstrukturierung einer Sachgesamtheit mit einem stillen Lastenüberschuss (und einem positiven Verkehrswert) hätte dies zur Folge, dass trotz des Verbleibs einer inländischen Betriebsstätte und einer damit verbundenen Steuer verstrickung dieselben Rechtsfolgen eintreten wie bei rein innerstaatli1592 Vgl. Staats in Lademann, § 3 UmwStG Rn. 142; Gosch, IWB 2014, 183 (188); differenzierend hingegen Desens, DStR 2022, 1588 (1595 f.), der im Falle des Untergangs des Rechtsträgers eine Sofortbesteuerung aufgrund der Sicherstellung der Steuererhebung als gerechtfertigt erachtet. 1593 Vgl. Abschnitt G.II.1.d)bb) zur Aufwandsverteilung nach § 4f EStG. 1594 Siehe dazu oben unter Abschnitt G.II.1.a)aa). 1595 Vgl. Förster, DStR 2020, 865 (868, 871); Kahle/Vogel, Ubg 2012, 493 (496); vorsichtiger Kutt/Carstens in FGS/BDI, UmwStE, 2012, 147. 1596 Siehe dazu umfassend Abschnitt E.III. und E.IV. 1597 Vgl. U mwStE, Rn. 03.12; zustimmend: Bogenschütz, Ubg 2011, 393 (397 ff.); Stimpel, G mbHR 2012, 123 (124); Bünning, BB 2012, 243 (244); Schießl in Widmann/ Mayer, § 11 UmwStG Rn. 103.
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II. Stille Lasten bei Outbound-Umstrukturierungen nach Österreich
chen Umstrukturierungen.1598 Dh. in Abhängigkeit der Verteilung von stillen Lasten und stillen Reserven ist sowohl die Entstehung eines aus der Umstrukturierung resultierenden Verlusts oder Gewinns beim übertragenden (einbringenden) Rechtsträger denkbar.1599 Bei grenzüberschreitenden Umstrukturierungen innerhalb von verbundenen Unternehmen würden die Rechtsfolgen, die sich bei der Interpretation des gemeinen Werts als absolute Wertuntergrenze ergeben, im EU-Vergleich zu einer Schwächung des Steuerstandorts Deutschland führen. Denn die Investition eines Unternehmens in den Steuerstandort Deutschland würde bedeuten, dass hinsichtlich der Optimierung der Unternehmensstruktur keine vollständige Freiheit zur steuerneutralen Reorganisation bestehen würde, weil insb. eine Über tragung eines Überschusses an stillen Lasten intersubjektiv verwehrt wird. Erschwerend tritt der Umstand hinzu, dass sich in Abhängigkeit der Verteilung von stillen Reserven und stillen Lasten sogar positive Übertragungs ergebnisse ergeben können, da sich manche stille Lasten in Passiva nicht auswirken,1600 sodass dies eine Umstrukturierung in einer ökonomischen Beurteilung unwirtschaftlich erscheinen lässt.1601 Dadurch werden die Möglichkeiten steuerneutraler Umstrukturierungen, die zwecks Funktionalität eines Binnenmarkts von der FRL nicht durch steuerliche Regelungen behindert werden sollen1602, auf Umstrukturierungen verengt, bei denen ein Überschuss an stillen Reserven besteht.1603 Freilich käme es, unterstellt der gemeine Wert wäre die absolute Bewertungsuntergrenze des umwandlungssteuerlichen Bewertungswahlrechts, zu einer Gleichbehandlung von innerstaatlichen Umstrukturierungen und grenzüberschreitenden Umstrukturierungen mit fortwährender Steuerverhaftung in Deutschland. Jedoch widerspricht diese Gleichbehandlung der Systematik und der Zielsetzung des UmwStG sowie den Vorgaben der FRL. In Ergänzung zu der nationalen Auslegung des umwandlungssteuerlichen Bewertungswahlrechts1604 unterstreicht der Fall einer Outbound-Umstrukturierung, dass bei einer fortwährenden Steuerverstrickung eine Buchwertfortführung auch bei einem stillen Lastenüberschuss möglich sein muss. 1598 Vgl. dazu umfassend die Abschnitte D.II., D.III. und D.IV. 1599 Zu den unterschiedlichen Konstellationen des Übertragungs- bzw. Einbringungsergebnisses siehe bereits Abschnitt D.IV.2.a) und D.IV.2.b). 1600 Siehe Abschnitt D.III.2. und D.III.3.a). 1601 Siehe dazu bereits Abschnitt D.IV.4.c)aa)(2). 1602 Siehe zur Zielsetzung der FRL bereits Abschnitt E.IV.2.b). 1603 Siehe dazu bereits kritisch Abschnitt D.IV.4.a). 1604 Siehe bereits Abschnitt E.V.
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G. Stille Lasten bei grenzüberschreitenden Umstrukturierungen
c) Exkurs: „Finaler Verlust“ in Folge eines stillen Lastenüberschusses bei Outbound-Umstrukturierungen ohne Steuerverhaftung? Fraglich ist, ob bei einer Outbound-Strukturierung einer Sachgesamtheit, bei der keine Betriebsstätte in Deutschland verbleibt, dh. die Entstrickungsvorbehalte des UmwStG nicht mehr erfüllt sind, und ein stiller Lastenüberschuss besteht, ein grenzüberschreitender „finaler“ Verlust entstehen kann. Da eine wesentliche Voraussetzung für die Buchwertfortführung nicht erfüllt ist, hätte dies den entstrickungsbedingten Ansatz der gemeinen Werte zur Folge,1605 sodass es demnach zwingend zu einer Aufdeckung stiller Reserven und Lasten käme.1606 Unterstellt man weiterhin, dass die entstrickungsbedingte Realisation eines stillen Lastenüberschusses in einem Übertragungsverlust mündet, könnte sich die Frage stellen, inwiefern ein nach den unionsrechtlichen Grundfreiheiten im Staat des übernehmenden Rechtsträgers zu berücksichtigender (finaler) Verlust vorliegen könnte. Die grenzüberschreitende Berücksichtigung „finaler Verluste“ war bislang Gegenstand mehrerer EuGH-Urteile1607. Vereinfacht gesagt geht es um die Verpflichtung eines Ansässigkeitsstaates – unter bestimmten Voraussetzungen – zur Wahrung der Niederlassungsfreiheit Verluste, die eine ausländische Tochterkapitalgesellschaft oder eine ausländische Betriebsstätte in einem anderen Mitgliedstaat erlitten hat und dort endgültig nicht mehr verwertet werden können, dh. „final“ sind, zwecks Verlustverrechnung ins Inland zu importieren.1608 Die grenzüberschreitende Verlustberücksichtigung gehört allgemein zu den „am intensivsten diskutierten Detailfragen des europäischen Steuerrechts“1609. Gleichwohl ist die Frage einer grenzüberschreitende Verlustbe1605 Zur Frage, ob auch im Falle der rechtlichen Entstrickung von Pensionsrückstel lungen der Teilwert iSd. § 6a EStG zu berücksichtigen wäre, siehe Abschnitt G. II.1.d)aa). 1606 Vgl. idS Häck in Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 2023, Rn. 20.15; Bärwaldt in Haritz/Menner/Bilitewski, § 11 UmwStG Rn. 60. 1607 Vgl. EuGH v. 13.12.2005, C-446/03, Marks & Spencer, Slg. 2005, I-10837; v. 15.05.2008, C-414/06, Lidl Belgium, Slg. 2008, I-3601; v. 21.02.2013, C-123/11, A Oy, DStR 2013, 392; v. 17.12.2015, C-388/14, Timac Agro, B StBl. II 2016, 362; v. 12.06.2018, C-650/16, Bevola, DStR 2018, 1353; v. 19.06.2019, C-607/17, Memira Holding, IStR 2019, 597; v. 19.06.2019, C-608/17, Holmen, DStR 2019, 1345; v. 27.02.2020, C-405/18, Aures Holding, IStR 2020, 267; dazu jüngst Gosch/Heckerodt, GmbHR 2021, 1248 (1250–1253). 1608 Vgl. Cordewener, EuZW 2015, 295 (296). 1609 Cordewener, EuZW 2015, 295 (297, dort Fn. 26).
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rücksichtigung kein Spezifikum einer Umstrukturierung einer Sachgesamtheit mit einem stillen Lastenüberschuss, sondern stellt sich gleichermaßen bei nicht genutzten Verlustvorträgen des übertragenden Rechtsträgers.1610 Des Weiteren ist die Berücksichtigung ausländischer Verluste keine Besonderheit von grenzüberschreitenden Umstrukturierungen,1611 sondern stellt sich sowohl bei Sitzverlegungen1612 als auch bei ausländischen Betriebs stätten.1613 Folglich soll und kann diese Thematik hier in der verdienten Tiefe nicht abschließend bearbeitet werden. Ziel ist es lediglich, die Grundzüge in Bezug auf die untersuchte Problematik zu skizzieren. aa) Keine verschmelzungsbedingte grenzüberschreitende Verlustberücksichtigung Für die grenzüberschreitende Verlustberücksichtigung ist – entsprechend der Vorgehensweise des EuGH1614 – zu prüfen, ob eine Beschränkung einer Grundfreiheit (insb. der Niederlassungsfreiheit) vorliegt.1615 Betrachtet man den Fall einer Verschmelzung der Tochterkapitalgesellschaft auf die ausländische Mutterkapitalgesellschaft1616, käme es indes jedoch nicht zu einer Benachteiligung des Auslandsfalls, weil auch bei einer reinen innerstaatlichen Verschmelzung Verluste des übertragenden Rechtsträgers (unabhängig davon, ob es sich um Verlustvorträge oder um einen Übertragungsverlust aufgrund einer – systemwidrigen – Zwangsrealisation eines stillen Lastenüberschusses handelt) nicht auf den übernehmenden Rechtsträger übergehen.1617 Insofern dürfte insoweit ein primärrechtlicher Zwang zur grenzüberschreitenden Verlustberücksichtigung, bedingt durch eine Verschmelzung von Kapitalgesellschaften nicht gegeben sein. 1610 Das Risiko eines Imports ausländischer Verluste hat zu der Streichung des intersubjektiven Übergangs von Verlustvorträgen bei Verschmelzungen zwischen Körperschaften (§ 12 Abs. 3 S. 2 UmwStG 1995) iRd. SEStEG geführt, krit. dazu Rödder/Schumacher, DStR 2006, 1525 (1533). 1611 Vgl. Röder, DStJG 43 (2020), 367 (387). 1612 Vgl. Werra/Teiche, DB 2006, 1455 (1460). 1613 Vgl. zur Rechtsprechung bzgl. finaler Betriebsstättenverluste auch Kahle/Braun/ Burger, FR 2018, 717 (722–724), sowie Rombach, FR 2019, 167 (175 ff.). 1614 Vgl. dazu Gosch/Heckerodt, G mbHR 2021, 1248 (1250); Rombach, FR 2019, 167 (176). 1615 Vgl. zB. EuGH v. 13.12.2005, C-446/03, Marks & Spencer, Slg. 2005, I-10837, Rn. 31. 1616 Gleiches gilt entsprechend für den umgekehrten Fall der Hereinverschmelzung. 1617 § 12 Abs. 3 Hs. 1 iVm. § 4 Abs. 2 S. 2 UmwStG; vgl. auch Heckerodt/Titze/Peter, IStR 2019, 571 (573–575).
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Auch Röder1618 verneint eine primärrechtliche Pflicht zur grenzüberschreitenden Verlustberücksichtigung in Folge einer Umstrukturierung, da er die Wertungen des EuGH in der Rs. Aures Holdings1619, wonach bei einer Sitzverlegung keine Pflicht des Zuzugsstaates besteht, die in dem Weg zugsstaat entstandenen Verluste zu berücksichtigen, auf den Fall eine grenzüberschreitenden (Herein-)Verschmelzung überträgt. Die Nichtberücksichtigung der Auslandsverluste deckt sich mit den Grundsätzen des Territorialitätsprinzips, der Symmetriethese sowie der Aufteilung der Besteuerungsgrundlagen im Falle der Wegzugsbesteuerung.1620 Gleichwohl stellt sich die Frage, inwieweit der Fall der Sitzverlegung auf die grenzüberschreitende Verschmelzung übertragen werden kann, weil es im Fall der grenzüberschreitenden Verschmelzung zu einem Zusammentreffen von subjekt- und grenzüberschreitender Verlustberücksichtigung kommen kann. Folglich wäre in einem ersten Schritt zu prüfen, inwieweit eine Betriebsstätte in dem Quellenstaat zurückbleibt und dieser Betriebsstätte, entsprechend des nationalen Steuerrechts des Quellenstaates, wonach ein intersubjektiver Verlustübergang vorgesehen ist1621, im Einklang mit Art. 6 FRL Verlustvorträge des übertragenden Rechtsträgers (intersubjektiv) zugerechnet werden können.1622 Erst im Anschluss stellt sich die Frage, ob es zeitlich nachgelagert entsprechend der EuGH-Rechtsprechung zu einer Berück sichtigung der ausländischen Betriebsstättenverluste kommt.1623 Eine vergleichbare Fragestellung ergibt sich bei der grenzüberschreitenden Umstrukturierung von inländischen Personengesellschaften, weil diese aus abkommensrechtlicher Sicht als Betriebsstätte der einzelnen Mitunternehmer behandelt werden.1624 Allgemein sieht Hey1625 die Berücksichtigung von 1618 Vgl. Röder, DStJG 43 (2020), (386–387) 1619 EuGH v. 27.02.2020, C-405/18, Aures Holding, IStR 2020, 267. 1620 Vgl. Schlussantrag GA Kokott v. 17.10.2019, Aures Holdings, ECLI:EU:C:2019:879, Rn. 34 ff. 1621 Vgl. Thiel, DB 2005, 2316 (2320) zur Voraussetzung des intersubjektiven Verlust übergangs im Inlandsfall für Zwecke von Art. 6 FRL. 1622 Vgl. zu dem intersubjektiven Verlustübergang und der in Art. 6 FRL enthaltenen Regelung zur Zuweisung dieses Verlusts zu einer Betriebsstätte des übernehmenden Rechtsträgers im Staat des übertragenden Rechtsträgers Röder, DStJG 43 (2020), 367 (385 f.), sowie Hofstätter/Hohenwarter-Mayr in Lang et al., EU Tax Law, Rn. 512 ff.; Bezzina, ET 2002, 53 (59–61). 1623 So auch Heckerodt/Titze/Peter, IStR 2019, 571 (574 f.). 1624 Vgl. BFH v. 29.01.1964, I 153/61 S, B StBl. III 1964, 165; v. 26.02.1992, I R 85/91, BStBl. II 1992, 937, unter II.3.c)bb); v. 23.08.2000, I R 98/96, BStBl. II 2002, 207, unter II.B.2.; v. 13.02.2008, I R 75/07, B StBl. II 2010, 1028, unter II.1.c). 1625 Vgl. Hey in FS Gosch, 2016, 161 (173).
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ausländischen Betriebsstättenverlusten im Falle von deren Beendigung bzw. Aufgabe als einzigen Anwendungsfall für eine mögliche grenzüberschreitende Verlustberücksichtigung. bb) Keine grenzüberschreitende Berücksichtigung bei Umstrukturierungen von Personengesellschaften Gleichwohl steht die Berücksichtigung von ausländischen Betriebsstättenverlusten in der Kritik. Die Freistellung von ausländischen Betriebsstättengewinnen führt aus ökonomischen Gründen zwingend zu der Nichtberücksichtigung von ausländischen Betriebsstättenverlusten,1626 da somit eine steuerliche Gleichbelastung aller im Quellenstaat aktiven Marktteilnehmer (Kapitalimportneutralität)1627 verwirklicht wird.1628 Die dadurch erfolgende reine Erfassung der inländischen Leistungsfähigkeit steht auch mit der Symmetriethese sowie dem Territorialitätsprinzip im Einklang.1629 Die grenzüberschreitende Verlustberücksichtigung würde somit den ausländischen Investor besserstellen als den inländischen Investor.1630 Im Ergebnis kann es nicht sein, dass ein Ansässigkeitsstaat auf sein Besteuerungsrecht auf Gewinne durch die Freistellungsmethode verzichtet, im Gegenzug jedoch zur Verlustberücksichtigung gezwungen wird. Damit würden auch die anerkannten Grundsätze zur Aufteilung der Besteuerungsbefugnisse perpetuiert. Folglich muss in diesen Konstellationen eine grenzüberschreitende Verlustberücksichtigung ausgeschlossen sein.1631 Dies entspricht im Ergebnis auch der jüngsten EuGH-Entscheidung in der Rs. W1632, in welcher der EuGH die Vergleichbarkeit einer ausländischen Freistellungsbetriebsstätte mit einer inländischen Betriebsstätte eines inländischen Steuerpflichtigen verneint hatte, weshalb insofern eine Nichtberücksichtigung des ausländi-
1626 Vgl. bereits Kahle, IStR 2007, 757 (758); sowie Kahle/Braun, FR 2020, 1159 (1160, 1162). 1627 Vgl. dazu Schreiber/Kahle/Ruf, Besteuerung der Unternehmen, 2021, 918; Kahle, IStR 2007, 757 (758); Maiterth, DStR 2006, 915 (916 f.); Maiterth, Wettbewerbsneutralität, 2001, 200 ff. 1628 Vgl. Kahle/Braun, FR 2020, 1159 (1161); Kahle/Braun/Burger, FR 2018, 717 (724). 1629 Vgl. Kahle/Braun/Burger, FR 2018, 717 (724); Kahle/Braun, FR 2020, 1159 (1160); zur Symmetriethese siehe auch bspw. Hey in FS Gosch, 2016, 161 (172), dazu bereits unter Abschnitt G.I.2.a). 1630 Vgl. Kahle/Braun/Burger, FR 2018, 717 (724); Kahle/Braun, FR 2020, 1159 (1160). 1631 Im Ergebnis auch Kahle/Braun, FR 2020, 1159 (1161, 1162). 1632 EuGH v. 22.09.2022, C-538/20, W, IStR 2022, 767.
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schen Betriebsstättenverlustes mangels Ungleichbehandlung nicht gegen die Niederlassungsfreiheit verstoße.1633 cc) Steuerrechtliche Verlustverrechnungsvorschriften des Quellenstaats als Ursache für die Finalität Ergänzend sei noch ein Gedanke zur Definition der finalen Verluste angebracht. Fraglich und ungeklärt ist die Frage, was unter „finalen“ Verlusten zu verstehen ist.1634 In erster Linie hat sich eine Differenzierung von Verlusten hinsichtlich ihrer rechtlichen und tatsächlichen Finalität herauskristallisiert.1635 Berücksichtigungsfähig sollen nur (tatsächlich finale) Verluste sein, also jene, die aufgrund von wirtschaftlichen (dh. tatsächlichen) Gründen (bspw. der Einstellung der wirtschaftlichen Tätigkeit einer Betriebsstätte) endgültig bzw. final werden.1636 Finale Verluste aus Rechtsgründen, dh. wenn aufgrund der nationalen steuerlichen Vorschriften des Quellenstaats eine Verlustberücksichtigung endgültig (durch Verlustuntergang) ausscheidet, sollen nicht iSd. EuGH-Rechtsprechung primärrechtlich zu berück sichtigen sein.1637 Fraglich ist allerdings, ob diese Differenzierung sachgerecht ist, da die Ursache der Unmöglichkeit der Verlustnutzung immer in den steuerlichen Vorschriften selbst liegt (zB. im Verlustuntergang des UmwStG)1638 oder im Falle des Verlustuntergangs durch Anteilseignerwechsel, aber auch in der Beschränkung der Verlustverrechnung durch die Mindestbesteuerung. Wenn somit die Ursache für einen finalen Verlust stets rechtlicher Natur ist – sei es durch Verlustverrechnungsbeschränkungen der 1633 EuGH v. 22.09.2022, C-538/20, W, IStR 2022, 767, Rn. 27–28. 1634 Röder, D StJG 43 (2020), 367 (386) bezeichnet dies als „[…] eines der größten Mysterien des Europäischen Steuerrechts“. Hingegen bezeichnet Hey in FS Gosch, 2016, 161 (169) das Problem aufgrund der fehlenden Harmonisierung der Verlustverrechnung als „nahezu unlösbar“. 1635 Vgl. BFH v. 09.06.2010, I R 107/09, BFH/NV 2010, 1744; Hey in FS Gosch, 2016, 161 (171). 1636 Vgl.EuGH v. 03.02.2015, C-172/13, Kommission/Vereinigtes Königreich, DStR 2015, 337 Rn. 36; v. 17.12.2015, C-388/14, Timac Agro, BStBl. II 2016, 362 Rn. 55; so auch zB. Eisendle, ISR 2016, 37 (41); Rombach, FR 2019, 167 (176); Schlücke, ISR 2019, 132 (136). 1637 Vgl. dahingehend EuGH v. 03.02.2015, C-172/13, Kommission/Vereinigtes Königreich, DStR 2015, 337 Rn. 33; EuGH v. 17.12.2015, C-388/14, Timac Agro, BStBl. II 2016, 362 Rn. 54; v. 07.11.2013, C-322/11, K, DStR 2013, 2441, Rn. 79; v. 23.10.2008, C-157/97, Krankenheim Ruhesitz Wannsee, Slg. 2008, I-8064, Rn. 49; dazu auch Eisendle, ISR 2016, 37 (41); Hecherodt/Titze/Peter, IStR 2019, 571 (576). 1638 Vgl. Oellerich in Schaumburg/Englisch, Europäisches Steuerrecht, 2020, Rn. 8.103; glA. Hey in FS Gosch, 2016, 161 (172, 173).
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Höhe nach (wie bspw. die Mindestbesteuerung), den Verlustuntergang (zB. bei Anteilseignerwechsel) oder eine zeitlich begrenzte Verlustvortragsmöglichkeit – stellt sich die Frage, ob es tatsächliche finale Verluste iSe. einer rechtlichen Verwertbarkeit, aber konkreten faktischen Nichtverwertbarkeit geben kann.1639 Vielmehr liegt die Ursache für die Finalität des Verlusts in der steuerrechtlichen Ausgestaltung der Verlustverrechnung des Betriebsstättenstaates.1640 Insofern zeigt sich ein Harmonisierungsbedarf, da die unterschiedliche Ausgestaltung der nationalen Verlustverrechnungsvorschriften den „Kern des unionsrechtlichen Problems“1641 darstellen. d) Sonderfragen von stillen Lasten bei Entstrickung Nachfolgend sollen Sonderfragen im Zusammenhang mit einer punktuellen Entstrickung von Wirtschaftsgütern mit stillen Lasten – jeweils differenziert nach einer punktuellen rechtlichen und einer tatsächlichen Entstrickung – betrachtet werden. aa) Bewertung von Pensionsrückstellungen (1) Rechtliche Entstrickung Bei einer rechtlichen Entstrickung, dh. auf Ebene des übertragenden Rechts trägers, ist die Bewertung von Pensionsrückstellungen unklar. Führt eine Umstrukturierung zu einer Einschränkung des deutschen Besteuerungsrechts aus Rechtsgründen in Bezug auf eine Pensionsrückstellung (zB. weil ausländisches Betriebsstättenvermögen eines Nicht-DBA-Staats übertragen wurde und dieser Betriebsstätte eine Pensionsrückstellung für den dortigen Betriebsleiter tatsächlich-funktional zuzuordnen ist), scheitert insoweit ein Buchwertansatz aufgrund der Verletzung des Entstrickungsvorbehalts.1642 Fraglich ist insoweit jedoch, ob die umwandlungssteuerliche Anordnung der Bewertung der Pensionsrückstellung mit dem Teilwert iSd. § 6a EStG1643 1639 Vgl. Schlussantrag GA Kokott v. 10.01.2019, Memira Holding, ECLI:EU:C:2019:8, Rn. 67 ff. 1640 Vgl. statt vieler Oellerich in Schaumburg/Englisch, Europäisches Steuerrecht, 2020, Rn. 8.108. 1641 Hey in FS Gosch, 2016, 161 (167). 1642 Vgl. Martini in Widmann/Mayer, § 3 UmwStG Rn. 789; idS Schießl in Widmann/ Mayer, § 11 UmwStG Rn. 180. 1643 Vgl. § 3 Abs. 1 S. 2, § 11 Abs. 1 S. 2, § 20 Abs. 2 S. 1 Hs. 2, § 24 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 UmwStG.
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einen entstrickungsbedingten Ansatz zum gemeinen Wert verhindert oder zwingend der gemeine Wert nach der Regelbewertung1644 anzusetzen ist.1645 In die Aussage von Martini bei einer Verletzung der Voraussetzungen für das umwandlungssteuerliche Bewertungswahlrecht komme „zwingend § 3 Abs. 1 Satz 1 UmwStG – mit der Folge der Maßgeblichkeit des gemeinen Werts – zur Anwendung“1646 lässt sich hineinlesen, dass auch Pensionsrückstellungen mit dem gemeinen Wert bei einer umwandlungsbedingten Entstrickung zu berücksichtigen sind. Freilich ist diese Aussage allgemeiner Natur und bezieht sich nicht explizit auf Pensionsrückstellungen. Auch Rödder1647 statuiert indes, dass bei einer Verletzung der materiell-rechtlichen Voraussetzung der gemeine Wert gem. § 11 Abs. 1 UmwStG anzusetzen sei.1648 Der Ansatz des gemeinen Werts im UmwStG wird – leider systematisch unzutreffend – punktuell in Bezug auf Pensionsrückstellungen durchbrochen. Dementsprechend vertritt Engesser1649, dass im Falle der rechtlichen Entstrickung die umwandlungssteuerliche Bewertungsvorgabe mit dem Teilwert auch auf die Entstrickung durchschlägt. Dies hätte zur Folge, dass sich dieselbe Situation einstellen würde wie bei einer rein nationalen Umstrukturierung zum gemeinen Wert, sodass es auch hier das Risiko einer Übermaß besteuerung1650 (sowie eine Verletzung des objektiven Nettoprinzips1651) eintritt, wohl aber in Kombination mit dem Umstand, dass sich die dort konservierte stille Last aufgrund des Ausscheidens aus der Besteuerungshoheit nicht mehr auswirken kann.1652 Der Quellenstaat (zB. Deutschland) dürfte grds. kein Interesse daran haben, den gemeinen Wert der Pensionsrückstellung zu berücksichtigen, da dies 1644 Vgl§ 3 Abs. 1 S. 1, § 11 Abs. 1 S. 1, § 20 Abs. 2 S. 1 Hs. 1, § 24 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 UmwStG. 1645 Vgl. zB. Rödder/Schumacher, DStR 2007, 369 (371), die auf die unklare Rechtslage im Kontext des entstrickungsbedingten Ansatzes des gemeinen Werts einerseits sowie die Bewertungsvorgabe mit dem Teilwert iSv. § 6a EStG hinweisen. 1646 Martini in Widmann/Mayer, § 3 UmwStG Rn. 789. 1647 Rödder in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 11 UmwStG Rn. 398. 1648 Ähnlich auch ohne Normbezug Birkemeier in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 3 UmwStG Rn. 284. 1649 Vgl. Engesser, Entstrickungsbesteuerung, 2020, 210. 1650 Vgl. dazu bereits Abschnitt D.II.3.b)aa). 1651 Vgl. dazu bereits Abschnitt D.II.3.b)bb). 1652 So auch Engesser, Entstrickungsbesteuerung, 2020, 211.
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II. Stille Lasten bei Outbound-Umstrukturierungen nach Österreich
letztendlich das Steueraufkommen mindert.1653 Korrespondierend hätte der Aufnahmestaat grds. kein Interesse, eine solche Pensionsrückstellung – unterstellt eine vergleichbare Bewertung wäre möglich – mit dem niedrigeren Teilwert anzusetzen, da es insofern zu einem Import von stillen Lasten käme.1654 Würde der Aufnahmestaat eine entstrickte Pensionsrückstellung iRd. Verstrickung – gem. den Vorgaben von Art. 5 Abs. 5 ATAD – mit dem gemeinen Wert bewerten, würde sich die darin enthaltene stille Last überhaupt nicht auswirken können. Sofern im Inland darüber hinaus Besteuerungssubstrat verbleibt, wäre der dann versteuerte Gewinn – ohne die Berücksichtigung des Entstrickungsverlusts aus der Pensionsrückstellung – zu hoch. (2) Tatsächliche Entstrickung Erfolgt keine rechtliche Entstrickung zum steuerlichen Übertragungsstichtag, sondern erst eine zeitlich nachgelagerte, tatsächliche Entstrickung auf Ebene des übernehmenden Rechtsträgers im Hinblick auf eine Pensionsrückstellung1655, ist die Pensionsrückstellung iRd. Ermittlung des Entstrickungsgewinns nach den allgemeinen Entstrickungsregeln – abweichend vom UmwStG – mit dem gemeinen Wert1656 anzusetzen.1657 Dieses Verständnis kommt auch im Hinblick auf § 12 Abs. 1 KStG zum Ausdruck, da die in der Entwurfsfassung noch in § 12 Abs. 1 S. 2 KStG-E enthaltene Begrenzung auf den Teilwert iSd. § 6a EStG mit dem Hinweis, dass Pensionsrückstellungen den allgemeinen Grundsätzen unterliegen sollten,1658 gestrichen wurde.1659
1653 Vgl. insoweit die Überlegungen in Abschnitt G.I.3.a)aa). 1654 Zutreffend Engesser, Entstrickungsbesteuerung, 2020, 211. 1655 Zu einer Zuordnungsänderung im Hinblick auf eine Pensionsrückstellung kann es kommen, wenn ein Mitarbeiter, gegenüber dem eine Pensionszusage wirksam erteilt worden ist, einer ausländischen Betriebsstätte langfristig unter Veranlassungsgesichtspunkten zugeordnet und für diese auch tätig wird, vgl. Nielsen/Schulenburg, FR 2018, 1075 (1078–1079). 1656 Vgl. § § 4 Abs. 1 S. 3 Hs. 1 iVm. § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 1 Hs. 1 EStG. 1657 Vgl. Kahle/Eichholz in Haun/Kahle/Goebel, § 4 Abs. 1 S. 3, 4 u. 8 EStG Rn. 34, 34b; aA. Mundfortz in Frotscher/Drüen, § 12 KStG Rn. 22b. 1658 BT-Drs. 16/3369, 8: „[…] Satz 2 wird gestrichen. Die Bewertung von Pensionsverpflichtungen ergibt sich aus allgemeinen Grundsätzen. […]“ 1659 Vgl. dazu Benecke/Schnitger, IStR 2007, 22 (24); Dötsch/Pung, DB 2006, 2648; Brink/Endres in PwC, Reform des UmwStR, 2007, 52–53 (Rn. 343).
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G. Stille Lasten bei grenzüberschreitenden Umstrukturierungen
(3) Ungleichbehandlung bei rechtlicher und tatsächlicher Entstrickung von Pensionsrückstellungen Die Berücksichtigung des Teilwerts anstelle des gemeinen Werts bei der rechtlichen Entstrickung einer Pensionsrückstellung würde zu einer Ungleichbehandlung im Vergleich zu der tatsächlichen Entstrickung nach dem allgemeinen Steuerrecht führen, da dort Pensionsrückstellungen zum gemeinen Wert entstrickt werden.1660 Des Weiteren stellt dies auch einen Widerspruch zu den Vorgaben der ATAD dar, da iRd. Entstrickungsbesteuerung der Marktwert zugrunde zu legen ist.1661 Zwar ließe sich einwenden, dass umwandlungsbedingte Entstrickungen nicht mit Wegzügen von natürlichen Personen oder Körperschaften vergleichbar sind, weil die ATAD Umstrukturierungen nicht erfasst und auch die FRL keine Vorgaben zu Entstrickungen enthält.1662 Dies hätte zur Folge, dass die Vorgaben der ATAD nicht zu beachten seien. Freilich lässt sich dies auch miteinander vereinbaren. Jedoch wäre dies im Ergebnis mit Blick auf die EuGH-Rechtsprechung nicht sachgerecht, da in beiden Fällen ein Wirtschaftsgut aus der Besteuerungshoheit ausscheidet. Mit Blick auf das Territorialitätsprinzip einerseits sowie der Symmetriethese andererseits ist die Berücksichtigung des umwandlungsbedingten Entstrickungsverlusts in Bezug auf die Pensionsrückstellung geboten, da der Quellenstaat korrespondierend Gewinne erfasst.1663 Somit gebietet das Unionsrecht auch eine Berücksichtigung des gemeinen Werts und nicht des Teilwerts iRd. einer umwandlungsbedingten Entstrickung in Bezug auf eine Pensionsrückstellung. bb) Aufwandsverteilung für passivierungsbeschränkte Verpflichtungen Soweit es passivierungsbeschränkte Verpflichtungen betrifft, stellt sich die Frage, ob in Fällen der rechtlichen resp. tatsächlichen Entstrickung die Aufwandsverteilung iSv. § 4f EStG anzuwenden ist. (1) Rechtliche Entstrickung Kommt es zu einer umwandlungsbedingten, dh. rechtlichen, Entstrickung in Bezug auf eine passivierungsbeschränkte Verpflichtung, wären die in der 1660 Vgl. zB. Kahle/Eichholz in Haun/Kahle/Goebel, § 4 Abs. 1 S. 3, 4 u. 8 EStG Rn. 34, 34b; im Kontext von § 12 KStG auch Benecke/Schnitger, IStR 2007, 22 (24). 1661 Vgl. Art. 5 Abs. 1 ATAD. 1662 Vgl. im Kontext von österreichischen Umgründungen: Wild, Importverschmelzungen, 2018, 33. 1663 Vgl. dazu bereits Abschnitt G.I.3.b).
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II. Stille Lasten bei Outbound-Umstrukturierungen nach Österreich
passivierungsbeschränkten Verpflichtung enthaltenen stillen Lasten durch den Ansatz des gemeinen Werts zu realisieren.1664 Der Tatbestand von § 4f EStG knüpft an eine Verpflichtungsübertragung.1665 Zudem ist § 4f EStG – wie zuvor herausgearbeitet1666 – auch im UmwStG anwendbar. Fraglich ist, ob dies auch bei grenzüberschreitenden Umstrukturierungen der Fall ist. Der Wortlaut enthält prima facie keine Beschränkungen auf inländische Übertragungen.1667 Indes stellt die Verwaltungsauffassung für die Anwendung von § 4f EStG darauf ab, dass „[…] die Verpflichtung beim Übernehmer […] § 5 Abs. 7 EStG zur Anwendung käme, wenn der Übernehmer dem deutschen Steuerrecht unterläge.“1668 Die Verwaltung geht somit ebenfalls von der Anwendung von § 4f EStG bei Outbound-Umstrukturierungen aus.1669 Gleichwohl liegt eine Übertragung vor, sodass sich die entstrickungsbedingten, realisierten stillen Lasten vorerst nur iHv. 1/15 mindernd auf das Umwandlungsergebnis auswirken würden.1670 Sofern der Ausnahmetatbestand iSv. § 4f Abs. 1 S. 3 Alt. 1 EStG – wie hier vertreten1671 – nicht einschlägig ist, würde der noch verteilungspflichtige Aufwand grds. auf den übernehmenden Rechtsträger übergehen und dort der Verteilung unterliegen.1672 Dies kann jedoch nur insoweit in Betracht kommen, als dass in Folge der Umstrukturierung eine inländische Betriebsstätte auf deutschem Hoheitsgebiet verbleibt. Ist dies nicht der Fall, scheitert eine Aufwandsverteilung an einer Allokation zu einer inländischen Betriebsstätte.1673
1664 Vgl. zum Ansatz des gemeinen Werts bei einer umwandlungsbedingten Beschränkung des deutschen Besteuerungsrechts Rödder/Schumacher, DStR 2006, 1525 (1527). 1665 Vgl. dazu bereits Abschnitt D.III.3.a)aa), 1666 Vgl. zur Anwendung von § 4f EStG im UmwStG Abschnitt D.III.3.a)bb). 1667 Vgl. auch Nielsen/Schulenburg, FR 2018, 1075 (1079). 1668 BMF-Schreiben v. 30.11.2017, BStBl. I 2017, 1619 Rn. 3. 1669 Vgl. Schober in Herrmann/Heuer/Raupach, § 4f EStG Anm. 10. 1670 Siehe dazu bereits D.III.3.a)cc). Zur gegenläufigen Wirkung im Zusammenspiel mit § 5 Abs. 7 EStG siehe Abschnitt D.III.3.b)bb) sowie Abbildung 10. 1671 Vgl. Abschnitt D.III.3.a)cc). 1672 Vgl. Förster/Werthebach, BB 2019, 299 (299). 1673 Vgl. im Kontext des fiktiven Betriebsausgabenabzugs iRv. § 8b Abs. 5 KStG: BFH v. 31.05.2017, I R 37/15, B StBl. II 2018, 144, unter II.1.e)cc).
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G. Stille Lasten bei grenzüberschreitenden Umstrukturierungen
(2) Tatsächliche Entstrickung Fraglich ist es hingegen, wenn eine passivierungsbeschränkte Verpflichtung unter Fortführung der Buchwerte auf den übernehmenden (ausländischen) Rechtsträger übergeht,1674 jedoch einer inländischen Betriebsstätte zugeordnet ist und erst im Nachgang aufgrund einer geänderten tatsächlich-funk tionalen Zuordnung entstrickt wird. Denkbar sind solche Konstellationen, wenn in Folge der Umstrukturierung auf die Betriebsstätte eine Pensionsrückstellung für Mitarbeiter übergegangen ist und dieser Mitarbeiter langfristig in das ausländische Stammhaus wechselt.1675 Die Pensionsrückstellung wäre entsprechend der allgemeinen Entstrickungsvorschriften mit dem gemeinen Wert zu bewerten (§ 4 Abs. 1 S. 3 Hs. 1 iVm. § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 1 Hs. 2 EStG), sodass ein Entstrickungsverlust resultieren würde.1676 Insofern stellt sich die Frage, ob er Aufwand gem. § 4f EStG über 15 Jahre verteilt das Betriebsstättenergebnis mindert. Davon ist auszugehen, wenn eine Outbound-Überführung die Tatbestandsvoraussetzungen des § 4f EStG erfüllt. § 4f EStG knüpft an eine Verpflichtungsübertragung (§ 4f Abs. 1 S. 1 EStG) oder an einen wirtschaftlichen Schuldnerwechsel durch Schuldbeitritt oder Erfüllungsübernahme mit ganzer oder teilweiser Schuldfreistellung (§ 4f Abs. 2 EStG) an.1677 Gleichwohl stellt ein Zuordnungswechsel zu einer ausländischen Betriebsstätte weder einen rechtlichen noch wirtschaftlichen Schuldnerwechsel dar, weil die Verpflichtung weiterhin vom Verpflichteten zu erfüllen ist.1678 Daran ändert auch die uneingeschränkte Selbständigkeitsfiktion der Betriebsstätte („Separate Entity Approach“) nichts.1679 Denn diese entfaltet ihren Zweck zugunsten der Gewinn- bzw. Einkünfteabgrenzung, was dadurch zum Ausdruck kommt, dass bei innerbetrieblichen Transak tionen (wozu auch die die Überführung sowie Nutzungsüberlassung von (immateriellen) Wirtschaftsgütern zählen)1680 der Fremdvergleichswert wie unter fremden Dritten anzusetzen ist.1681 Des Weiteren ist § 4f EStG nur im 1674 Nach einhelliger Auffassung findet § 4f EStG auf Ebene des übertragenden Rechtsträgers Anwendung, siehe dazu Abschnitt D.III.3.a)bb). 1675 Vgl. Nielsen/Schulenburg, FR 2018, 1075 (1079). 1676 Vgl. Kahle/Eichholz in Haun/Kahle/Goebel, § 4 Abs. 1 S. 3, 4 u. 8 EStG Rn. 34, 34b. 1677 Vgl. zur Gleichstellung der rechtlichen oder wirtschaftlichen Entlastung zB. Weimer, Hebung stiller Lasten, 2017, 175 ff.; Lüdenbach/Hoffmann, GmbHR 2014, 123 (124). 1678 Vgl. Nielsen/Schulenburg, FR 2018, 1075 (1080). 1679 Vgl. Nielsen/Schulenburg, FR 2018, 1075 (1080). 1680 Vgl. Herzig, DB 2012, 1 (6); Kahle, DStZ 2012, 691 (696). 1681 Vgl. dahingehend auch Herzig, DB 2012, 1 (5–6); Kahle/Mödinger, IStR 2010, 757 (758); Kahle, DStZ 2012, 691 (696); Kahle in FS Frotscher, 2013, 287 (288).
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II. Stille Lasten bei Outbound-Umstrukturierungen nach Österreich
Falle einer zivilrechtlichen Vereinbarung für eine Schuldentlastung anwendbar, da entweder eine Übertragung iSd. Zivilrechts oder ein vereinbarter Schuldbeitritt resp. eine Schuldübernahme vorliegen muss, oder – wie die Fiktion in § 5 Abs. 7 S. 3 EStG bei Erwerb eines Mitunternehmeranteils zeigt – eine gesetzliche Gleichstellung mit einem solchen Sachverhalt existiert.1682 Selbst wenn die Selbstständigkeitsfiktion derart extensiviert wird, dass die Betriebsstätte wie ein eigener Rechtsträger behandelt wird, fehlt es an einer zivilrechtlichen Übertragung sowie an einer ausdrücklichen gesetzlichen Gleichstellung.1683 Abschließend spricht auch die Teleologie von § 4f EStG gegen die Aufwandsverteilung einer durch Entstrickung realisierten stillen Last aus einer passivierungsbeschränkten Verpflichtung. § 4f EStG soll die nach Ansicht des Gesetzgebers missbräuchliche Hebung stiller Lasten durch konzerninterne Übertragungen („Verschiebungen“) von passivierungsbeschränkten Verpflichtungen verhindern.1684 Weil indes die veränderte Zuordnung einer passivierungsbeschränkten Verpflichtung auf einer geänderten Personalfunktion beruht und dies im Regelfall betrieblicher Natur sein dürfte, scheidet die Annahme einer missbräuchlichen Steuergestaltung aus.1685 Folglich untermauert das teleologische Ergebnis die Wortlautauslegung, wonach bei der Entstrickung von passivierungsbeschränkten Wirtschaftsgütern die Aufwandsverteilung iSv. § 4f EStG nicht einschlägig ist.
2. Behandlung stiller Lasten in Österreich im Rahmen der Verstrickung Bei einer – aus deutscher Sicht – Outbound-Umstrukturierung stellt sich die Frage nach der Verstrickungsbewertung im Ansässigkeitsstaat des übernehmenden Rechtsträgers. Nachfolgend soll die Verstrickung nach dem österreichischen UmgrStG erläutert und Implikationen auf die Bewertung von intersubjektiv und grenzüberschreitenden übertragenen stillen Lasten dargelegt werden.
1682 BT-Drs. 18/68 (neu), 74; so auch nur Nielsen/Schulenburg, FR 2018, 1075 (1080). 1683 Vgl. statt vieler Nielsen/Schulenburg, FR 2018, 1075 (1080). 1684 Vgl. BT-Drs. 18/68 (neu), 73; in diesem Sinne auch Kahle/Braun, FR 2018, 197 (199). 1685 Vgl. Nielsen/Schulenburg, FR 2018, 1075 (1080).
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G. Stille Lasten bei grenzüberschreitenden Umstrukturierungen
a) Umgründungsbedingte Verstrickung Eine aus Sicht des ausländischen Staates erfolgende Outbound-Umstrukturierung stellt aus österreichischer Sicht eine sog. „Import-Umstrukturierung“ dar. Das UmgrStG enthält – wie bereits skizziert1686 – flächendeckend sowohl Steuerverhaftungsbedingung (resp. Entstrickungsvorbehalte), wonach eine ansonsten durch das UmgrStG angeordnete Buchwertfortführung ausgeschlossen wird, soweit das Besteuerungsrecht Österreichs in Folge der Umgründung ausgeschlossen wird.1687 Für den Fall der (erstmaligen) Ent stehung des Besteuerungsrechts Österreichs enthält das UmgrStG – ab weichend von dem Grundsatz der Buchwertfortführung – korrespondierend zu den Entstrickungsvorschriften – Verstrickungsregelungen.1688 Für Verschmelzungen, Umwandlungen und Einbringungen sehen die Regelungen des UmgrStG eine zwingende Bewertung mit dem gemeinen Wert vor.1689 Bei der Steuerverstrickung iRv. Zusammenschlüssen und Realteilungen ist eine Bewertung mit dem Teilwert vorgesehen.1690 aa) Hineinwachsen in die österreichische Steuerverhaftung Das Besteuerungsrecht Österreichs entsteht durch ein „Hineinwachsen“ des übertragenen Vermögens in die Besteuerungsbefugnis Österreichs,1691 wofür die Entstehung des abstrakten Besteuerungsrechts im Verhältnis zum Ausland ausreicht.1692 Eine erstmalige Steuerverhaftung ist dann denkbar, wenn zum übertragenen (bzw. eingebrachten) Vermögen eine ausländische Betriebsstätte gehört, die entweder in einem Nicht-DBA-Staat,1693 oder in einem DBA-Staat belegen ist, wo zur Beseitigung der Doppelbesteuerung 1686 Siehe bereits Abschnitt F.III.2.a)bb). 1687 Zur Entstrickungsbesteuerung in Österreich bei Umgründungen ausführlich Abschnitt G.III.1. 1688 Vgl. Hohenwarter-Mayr, DStJG 43 (2020), 421 (434 f.); Walter, UmgrStR, 2021, 23 f. (Rn. 18). 1689 Vgl. § 3 Abs. 1 Z 2, § 9 Abs. 1 Z 3 TS 1, § 18 Abs. 1 Z 3 TS 1 UmgrStG. 1690 Vgl. § 25 Abs. 1 Z 2 TS 2, § 30 Abs. 1 Z 2 UmgrStG. Bei Spaltungen iSv. Art. VI wird sich für eine analoge Anwendung von § 3 Abs. 1 Z 2 bzw. § 18 Abs. 1 Z 3 UmgrStG im Falle einer Steuerverstrickung iRe. grenzüberschreitenden Spaltung ausgesprochen, vgl. Huber, ÖStZ 2006, 211 (214); dahingehend auch Wiesner/ Mayr, RdW 2007, 699 (700). 1691 Vgl. Huber, ÖStZ 2006, 211 (213); Mair, Einbringungen, 2016, 341 (dort Fn. 1874). 1692 Vgl. Mayr, RdW 2016, 559 (560); Kofler/Six in Kofler, § 3 UmgrStG Rn. 54; Hirschler in Wiesner/Hirschler/Mayr, HdU § 3 UmgrStG Rn. 29; Furherr in Kofler, § 18 UmgrStG Rn. 26. 1693 Vgl. Wild, Importverschmelzungen, 2018, 55; Endfellner, ecolex 2005, 937 (938).
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II. Stille Lasten bei Outbound-Umstrukturierungen nach Österreich
die Anrechnungsmethode vorgesehen ist.1694 Dies gilt auch im Falle der Zugehörigkeit einer Kapitalgesellschaftsbeteiligung1695, die keiner in- oder ausländischen Betriebsstätte zuzuordnen war und deshalb bislang nicht in Österreich steuerverhaftet war.1696 Da als typischer Fall der umgründungsbedingten Verstrickung von einer Anrechnungsbetriebsstätte ausgegangen wird und die umgründungssteuerlichen Vorschriften nicht einen physischen Import vorsehen, ist davon auszugehen, dass – ähnlich wie in Deutschland – die Umgründung für sich nicht zu einer veränderten Zuordnung von Wirtschaftsgütern des übernommenen Betriebsstättenvermögens führt. Erfolgt im Anschluss an die Umgründung eine Überführung von ausländischem Betriebsstättenvermögen ins Inland, beurteilt sich diese nach § 6 Z 6 öEStG, selbst wenn bspw. im Verschmelzungsvertrag die Überführung von Wirtschaftsgütern vom Ausland in das Inland vorgesehen ist.1697 Auch § 6 Z 6 öEStG sieht bei einer Überführung von Wirtschaftsgütern (zB. durch die Verlegung von Betrieben oder Betriebsstätten) vom Aus- in das Inland eine Neubewertung zum gemeinen Wert zwecks territorialer Abgrenzung der Besteuerungsbefugnisse vor.1698 bb) Zwingende Neubewertung zum gemeinen Wert zwecks Abgrenzung der Besteuerungsbefugnisse Mit der erstmaligen Bewertung zum gemeinen Wert (§ 3 Abs. 1 Z 2, § 9 Abs. 1 Z 3 TS 1, § 18 Abs. 1 Z 3 TS 1 UmgrStG) wird das Ziel einer Abgren1694 Vgl. Mair, Einbringungen, 2016, 341 (dort Fn. 1875); Wild, Importverschmelzungen, 2018, 55; Endfellner, ecolex 2005, 937 (937–938); Hirschler in Wiesner/ Hirschler/Mayr, HdU § 3 Rn. 30; Kofler/Six in Kofler, § 3 UmgrStG Rn. 56; Brugger in Wundsam/Zöchling/Huber/Khun, § 3 UmgrStG Rn. 10. Siehe auch das Beispiel bei Walter, UmgrStR, 2021, 51 (Rn. 90c) bzgl. der Verschmelzung einer italienischen s.p.a. mit einer DBA-Anrechnungsbetriebsstätte auf eine österreichische AG. 1695 Ausgenommen sind bspw. solche Kapitalgesellschaftsbeteiligung an Immobiliengesellschaften, da regelmäßig das Besteuerungsrecht an den Anteilen dem Staat zusteht, in dem das Immobilienvermögen belegen ist, vgl. Art. 13 Abs. 4 OECDMA; Brugger in Wundsam/Zöchling/Huber/Khun, § 3 UmgrStG Rn. 12. 1696 Vgl. Brugger in Wundsam/Zöchling/Huber/Khun, § 3 UmgrStG Rn. 11; Hügel, Verschmelzungen, § 3 Rn. 82; Wild, Importverschmelzungen, 2016, 55. 1697 Vgl. zB. UmgrStR, Rn. 160b: „Sollten Vermögensteile nach dem Verschmelzungsvertrag vom Ausland in das Inland überführt werden, liegt ein unter § 6 Z 6 EStG 1988 fallender, nicht von der Rückwirkungsfiktion betroffener Transfer vor.“ 1698 Vgl. Mayr in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, § 6 EStG Rn. 394 f.
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G. Stille Lasten bei grenzüberschreitenden Umstrukturierungen
zung von ausländischen und inländischen Besteuerungsrechten verfolgt, wobei dies gleichermaßen für ausländisches als auch inländisches Vermögen gilt, für das bislang kein Besteuerungsrecht bestand.1699 In erster Linie ist das Ziel der Bewertung mit dem gemeinen Wert, dass nur die Vermögensänderungen (insb. stille Reserven) der österreichischen Besteuerung unterliegen, die nach Eintritt in die Besteuerungshoheit entstanden sind.1700 Jedoch ist es zutreffend, dass nicht nur der Import von stillen Reserven, sondern auch der Import von stillen Lasten verhindert wird.1701 Somit wird – im Einklang mit dem Territorialitätsprinzip – eine sachgerechte und system konforme Abgrenzung der Besteuerungsbefugnisse erreicht.1702 Gleichwohl erfolgt die zwingende Neubewertung mit dem gemeinen Wert ohne die Berücksichtigung, ob im Quellenstaat eine Entstrickungsbesteuerung erfolgt oder welcher Wert dort zugrunde gelegt wurde.1703 Zwar stellt dies einen Widerspruch zu den Vorgaben der ATAD dar, wonach bei Ent- und Ver strickungen die Wertansätze iRd. Entstrickungsbesteuerung grds. vom Zuzugsstaat anerkannt werden sollen.1704 Gleichwohl sieht die ATAD keine zwingende materielle Korrespondenz vor und ermöglicht den Mitgliedstaaten stets die Möglichkeit, zum Marktwert zu verstricken.1705 Des Weiteren erfasst die ATAD keine Umgründungen, sodass eine zwingende Berücksichtigung des Wertansatzes des Quellenstaats iRd. Entstrickungsbesteuerung
1699 Vgl. ErlRV AbgÄG 2005, 1187 BlgNR XXII. GP, 15, 19; zur Verschmelzung: Schmalz, Internationalisierung, 2004, 136; Kofler/Six in Kofler, § 3 UmgrStG Rn. 54; Hügel, Verschmelzungen, § 3 Rn. 82; zu Einbringungen: Mair, Einbringungen, 2016, 341 (dort Fn. 1873); Mair/Mayr in Wiesner/Hirschler/Mayr, HdU § 18 Rn. 13; Walter, UmgrStR, 2021, 206 (Rn. 516a). 1700 Vgl. UmgrStR Rn. 160b; Wiesner/Mayr, RdW 2007, 435 (436); Kofler/Six in Kofler, § 3 UmgrStG Rn. 53; Brugger in Wundsam/Zöchling/Huber/Khun, § 3 UmgrStG Rn. 5; Marchgraber in Wundsam/Zöchling/Huber/Khun, § 9 UmgrStG Rn. 18. 1701 Vgl. Mayr, RdW 2016, 559 (560): „Positive wie negative Vermögensveränderungen, die nicht der Besteuerungshoheit der Republik Österreich eingetreten sind, sind gewissermaßen zu ‚neutralisieren‘.“; Mair/Mayr in Wiesner/Hirschler/Mayr, HdU § 18 Rn. 13. 1702 Vgl. Schindler, IStR 2004, 711 (714–715); glA. Kofler/Six in Kofler, § 3 UmgrStG Rn. 53; aA. Hügel in FS Wiesner, 2004, 177 (195), der den „freien Verkehr von stillen Reserven“ vorschlägt, sodass idealiter der Verlust von stillen Reserven eines Mitgliedstaates durch den Import an anderen stillen Reserven ausgeglichen wird. 1703 Vgl. UmgrStR, Rn. 160b; ErlRV AbgÄG 2004, 686 BlgNR XXII. GP, 19; Kofler/Six in Kofler, § 3 UmgrstG Rn. 53; Wild, Importverschmelzungen, 2018, 47 f.; 84. 1704 Vgl. dazu bereits Abschnitt G.I.3.b). 1705 Siehe dazu Abschnitt G.I.3.b); Hagemann in Hagemann/Kahlenberg, ATAD, 2018, Art. 5 Rn. 226.
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sekundärrechtlich nicht geboten ist.1706 Im Hinblick auf die Zielsetzung, dass im Ausland entstandene Wertminderungen und -steigerungen nicht der österreichischen Besteuerung unterliegen, scheint dies auch zutreffend. Diese Zielsetzung verfolgt auch die Verstrickungsbewertung mit dem Teilwert bei Zusammenschlüssen und Realteilungen.1707 Wenn jedoch damit das Ziel der Abgrenzung der Besteuerungsbefugnisse verfolgt wird, scheint der Teilwertansatz insoweit unsystematisch. Denn Hintergrund der ansonsten erfolgenden Bewertung mit dem gemeinen Wert ist das Territorialitätsprinzip zwecks Aufteilung der Besteuerungsbefugnisse,1708 sodass der gemeine Wert zur Zielverwirklichung sachgerechter erscheint.1709 b) Abweichung in Fällen des „Re-Import“ aa) Ansatz der fortgeschriebenen Buchwerte Die im Falle der Steuerverstrickung zwingend vorzunehmende Neubewertung mit dem gemeinen Wert wird punktuell für Fälle des sog. „Re-Imports“ durchbrochen.1710 Ein Re-Import liegt vor, wenn es umgründungsbedingt zu einer Steuerverstrickung von Vermögen, welches vorher aus der Besteuerungshoheit Österreichs ausgeschieden ist,1711 und die auf den ursprünglichen Entstrickungsvorgang entfallende Abgabenschuld1712 nicht entstanden1713 oder nicht festgesetzt1714 worden ist. 1706 Vgl. Wild, Importverschmelzung, 2018, 84 (dort Fn. 501). 1707 Vgl. zu Zusammenschlüssen: UmgrStR Rn. 1458a; Hübner-Schwarzinger/Six in Kofler, § 24 UmgrStG Rn. 17–18; Hirschler/Sulz/Knesl in Wiesner/Hirschler/Mayr, HdU § 25 Rn. 14c; Walter, UmgrStR, 2021, 249 (Rn. 632a); zu Realteilungen: UmgrStR Rn. 1622a; Walter, UmgrStR, 2021, 299 (Rn. 771a); Brauner in Wiesner/ Hirschler/Mayr, HdU § 29 Rn. 13. 1708 Vgl. Mayr, RdW 2006, 732 (732 ff.). 1709 Vgl. auch Wild, Importverschmelzungen, 2018, 110–111. 1710 Vgl. § 3 Abs. 1 Z 2 TS 2 S. 1, § 9 Abs. 1 Z 3 TS 2 S. 1, § 18 Abs. 1 Z 3 TS 2 S. 1, § 24 Abs. 1 Z 2 TS 2 S. 1, § 30 Abs. 1 Z 2 TS 2 S. 1 UmgrStG. 1711 Bspw. durch die Überführung in eine ausländische Betriebsstätte durch die übernehmende Körperschaft oder eine konzernzugehörige Körperschaft der übernehmenden Körperschaft. 1712 Vgl. zu folgendem ErlRV AbgäG 2015, 896 BlgNR XXV. GP, 12. 1713 ZB. aufgrund des Sonderregimes für den Anteilstausch, vgl. § 16 Abs. 1a UmgrStG; dazu Furherr in Kofler, § 16 UmgrStG Rn. 56; Hirschler in Wiesner/Hirschler/ Mayr, HdU § 3 Rn. 34. 1714 Entweder gem. § 27 Abs. 6 Z 1 lit. a) öEStG oder nach den früheren einkommenund umgründungssteuerrechtlichen Vorschriften. So gab es bspw. – vor dem 01.01.2016 – bei der Beschränkung des Besteuerungsrechts Österreichs im Ver-
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Damit sollte verhindert werden, dass insb. in einem Konzern eine Konzerngesellschaft ein Wirtschaftsgut unter der Entstrickung zum gemeinen Wert in das Ausland überführt, die Steuer aufgrund der damaligen Rechtslage auf Antrag nicht festgesetzt wurde und bei einem anschließenden Wiedereintritt in die österreichische Besteuerungshoheit bei dem damaligen Exporteur oder einer Konzerngesellschaft1715 und der Verstrickung mit dem gemeinen Wert steuerfrei aufgewertet wird. Dies wird durch den Ansatz der fortgeschriebenen Buchwerte verhindert, dh. der damalige Buchwert ist um eine fiktive AfA sowie entsprechende Teilwertabschreibungen bis zum Zeitpunkt des Re-Imports zu kürzen bzw. um verpflichtende Zuschreibungen zu erhöhen.1716 Somit soll dieselbe Situation hergestellt werden, als wäre das Wirtschaftsgut nicht entstrickt worden. Bei späterer Realisation oder Entstrickung von „reimportiertem“ Vermögen können nachgewiesene, im Ausland entstandene Wertsteigerungen vom Veräußerungserlös oder gemeinen Wert gem. § 3 Abs. 1 Z 2 TS 2 S. 3 UmgrStG abgezogen werden.1717 In Fällen des Re-Imports will der Gesetzgeber vermeiden, dass im Ausland entstandene und steuerlich berücksichtigte stille Reserven ein weiteres Mal der Besteuerung unterliegen und wahrt somit das Territorialitätsprinzip.
hältnis zu EU-/EWR-Staaten mit umfassender Amts- und Vollstreckungshilfe die antragsabhängige Möglichkeit der Nichtfesetsetzung der Steuer auf den Entstrickungsgewinn, vgl. Hirschler in Wiesner/Hirschler/Mayr, HdU § 3 Rn. 33. 1715 Bis zum 2. AbgÄG 2014 waren die fortgeschriebenen Buchwerte nur anzusetzen, wenn der ehemalige „Exporteur“ auch derjenige ist, der das Wirtschaftsgut, für das die Nichtfestsetzung beantragt wurde, umgründungsbedingt wieder erhält. Faktisch hat dies dazu geführt, dass im Falle der Umgründung auf eine verbundene Konzerngesellschaft, nicht die fortgeschriebenen, sondern die gemeinen Werte anzusetzen waren, sodass es zu einem steuerneutralen Step-Up käme, vgl. dazu auch Hirschler, ÖStZ 2014, 557 (561); Wild, Importverschmelzungen, 2018, 89–90. 1716 Vgl. Kofler/Six in Kofler, § 3 UmgrStG Rn. 61, 62. Die Fortschreibung des Buchwerts (um fiktive AfA bzw. Teilwertabschreibungen oder Zuschreibungen) wirkt sich in Österreich nicht aus, da es andernfalls zur doppelten Berücksichtigung von Aufwand im In- und Ausland käme, vgl. Hirschler/Schindler, RdW 2006, 607 (611); öEStR, Rn. 2517h. 1717 Vgl. ErlRV AbgÄG 2004, 686 BlgNR XXII. GP 21: […] bei späterer Gewinnverwirklichung sind allerdings nachweislich im Ausland entstandene stille Reserven auszuscheiden.“ Siehe auch UmgrStR, Rn. 160d; öEStR, Rn. 2517i; Wild, Importverschmelzungen, 2018, 95; Wiesner/Mayr, RdW 2007, 435 (436); Hirschler/ Schindler, RdW 2006, 607 (611); Hirschler in Wiesner/Hirschler/Mayr, HdU § 3 Rn. 39; Kofler/Six in Kofler, § 3 UmgrStG Rn. 63.
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Beispiel 06:1718
Abbildung 17 Die österreichische AG (öAG) bringt in t01 eine Kapitalgesellschaftsbeteiligung in eine deutsche GmbH (dGmbH) ein, die aufgrund des Nichtfestsetzungskonzepts für den Anteilstausch gem. § 16 Abs. 1a UmgrStG steuerneutral erfolgt. In t03 erfolgt eine Importverschmelzung der dGmbH auf die öAG.
öAG Einbringung öGmbH in dGmbH (Anteilstausch)
dGmbH
öGmbH
Verschmelzung dGmbH auf öAG
öAG (Wieder-)Begründung des österreichischen Besteuerungsrechts
dGmbH
öGmbH
Abbildung 17: Beispiel des „Re-Imports“ Durch die Importverschmelzung kommt es zu einer (Wieder-)Begründung des österreichischen Besteuerungsrechts an der öGmbH. Grundsätzlich käme es zu einer (Neu-)Bewertung mit dem gemeinen Wert aufgrund der Verstrickungsregelungen in § 3 Abs. 1 Z 2 TS 1 UmgrStG; ein steuerneutraler Step-Up wäre die Folge. Dies verhindert § 3 Abs. 1 Z 2 TS 2 UmgrStG, indem in diesen Fällen der fortgeschriebene Buchwert anzusetzen ist.
1718 Angelehnt an Walter, UmgrStR, 2021, 52 (Rn. 90f).
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bb) Ausschluss von Wertminderungen durch Begrenzung auf den gemeinen Wert Der vorgeschriebene Ansatz der fortgeschriebenen Buchwerte wird für „Re-Importe“ nach dem 31.12.2015 der Höhe nach durch den Zusatz „[…] höchstens aber die gemeinen Werte [.]“ begrenzt.1719 Ausweislich den Gesetzesmaterialien sollen damit „[…] im Ausland eingetretene Wertminderungen durch Ansatz der ursprünglichen höheren Anschaffungskosten bzw. Buchwerte nicht ein weiteres Mal steuerlich berücksichtigt werden können.“1720 Damit ist festzustellen, dass der österreichische Gesetzgeber durch die Höchstbegrenzung auf den gemeinen Wert im Falle des „Re-Imports“ einen Import von stillen Lasten verhindert. Im Gegenzug führt der Ansatz der fortgeschriebenen Buchwerte in Fällen des „Re-Imports“ zu einem Import von stillen Reserven. Gleichwohl werden diese – im Einklang mit dem Territorialitätsprinzip – von der Besteuerung bei einer späteren Marktrealisation ausgenommen, wenn die Berücksichtigung im Ausland nachgewiesen wird. Es ist jedoch unklar, ob der Ansatz des niedrigeren gemeinen Werts auch erfolgen muss, wenn die Wertminderung im Ausland nicht steuerlich berücksichtigt wurde. Die Gesetzesmaterialien legen durch die Formulierung, dass „im Ausland eingetretene und berücksichtigte Wertminderungen […] nicht ein weiteres Mal steuerlich berücksichtigt werden“1721 nahe, dass mit der Deckelung auf den gemeinen Wert die Verhinderung einer doppelten Verlustnutzung verfolgt wurde. Indes spiegelt sich die gesetzgeberische Zielsetzung nicht im Wortlaut wider.1722 Wenn die gesetzgeberische Zielsetzung der Regelung ist, den Steuerpflichtigen so zu stellen, als wäre der Export nicht passiert, wäre es systematisch zutreffend, den Ansatz des gemeinen Werts davon abhängig zu machen, dass der niedrigere gemeine Wert im Ausland berücksichtigt würde. Dies ließe sich dadurch erreichen, dass im Einklang mit dem Wortlaut erst eine Verstrickung zum niedrigeren gemeinen Wert erfolgt und bei einer späteren Reali1719 Vgl. UmgrStR, Rn. 160c; 3. Teil Z 30 UmgrStG, Wild, taxlex 2016, 4 (8); Titz/Wild, RdW 2017, 334 (339). Die Höchstbegrenzung findet sich auch in weiteren Vorschriften außerhalb des UmgrStG wieder, bei denen der „Re-Import“ von Vermögen geregelt ist, vgl. § 6 Z 6 lit. h) öEStG im betrieblichen bzw. § 27 Abs. 6 Z 1 lit. e) öEStG im außerbetrieblichen Bereich, dazu auch Schlager/Titz, RWZ 2015, 375 (378–379). 1720 ErlRV AbgÄG 2015, 896 BlgNR XXV. GP, 12; vgl. auch Wild, taxlex 2016, 4 (8); Schlager/Titz, RWZ 2015, 375 (378). 1721 ErlRV AbgÄG 2015, 896 BlgNR XXV. GP, 12. 1722 Vgl. nur Kofler/Six in Kofler, § 3 UmgrStG Rn. 63.
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sation – in Anlehnung an die Ausklammerung von im Ausland eingetretenen und steuerlich berücksichtigten Wertsteigerungen – eine Minderung des Ergebnisses um die im Ausland unberücksichtigten Wertminderungen erfolgt.1723 Gleichwohl stünde dies jedoch im Widerspruch zum Territorialitätsprinzip, da stille Lasten interterritorial berücksichtig würden, sowie zur EuGH-Entscheidung National Grid Indus, wonach grds. keine Notwendigkeit des Zuzugsstaats, im Ausland eingetretenen Wertminderungen zu berücksichtigen besteht.1724 Im Ergebnis ist somit dem Verbot des Imports stiller Lasten, dh. der Bewertung der „re-importierten“ Wirtschaftsgüter mit dem niedrigeren gemeinen Wert der Vorzug zu geben. c) Auswirkung der Verstrickung in Bezug auf stille Lasten aa) Grundsatz: kein Import stiller Lasten Aufgrund des zwingenden Ansatzes mit dem gemeinen Wert kommt es systematisch zutreffend nicht zu einem Import an stillen Lasten, sondern zu einem dem Territorialitätsprinzip entsprechenden Ansatz des gemeinen Werts. Fraglich ist jedoch, wie Passivposten, insb. Sozialkapitalrückstellungen zu behandeln sind, die tendenziell steuerbilanziell unterbewertet sind. bb) Besonderheit bei Sozialkapitalrückstellungen Der Wortlaut der umgründungssteuerrechtlichen Vorschriften zur Verstrickung mit dem gemeinen Wert differenziert nicht zwischen Aktiva und Passiva, sodass der Grundsatz der Verstrickung mit dem gemeinen Wert auch für steuerlich unterbewertete1725 (Sozialkapital-)Rückstellungen gilt. Steuerbilanziell würde der Ansatz der Rückstellungen daher den steuerbilanziell zulässigen Ansatz übersteigen. Bei Sozialkapitalrückstellungen (insb. Abfertigungs- und Pensionsrückstellungen) bestehen iRv. entgeltlichen Betriebsübertragungen spezielle Sonderregelungen auf Ebene des Übernehmers. Werden bei einer Betriebsver1723 Im Ergebnis auch Wild, Importverschmelzungen, 2018, 95; Wild, taxlex 2016, 4 (8), der implizit zu entnehmen ist, dass eine Verstrickung zum gemeinen Wert nur im Falle der Berücksichtigung der Wertminderung im Ausland erfolgen soll. 1724 Vgl. EuGH v. 29.11.2011, C-371/10, National Grid Indus, Slg. 2011, I-12307, Rn. 56–57. 1725 Vgl. dazu bereits Abschnitt F.II.2.b)bb) und F.II.2.b)cc).
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G. Stille Lasten bei grenzüberschreitenden Umstrukturierungen
äußerung die Abfertigungsrückstellungen mit einem höheren Wert in der Kaufpreisvereinbarung berücksichtigt, so führt dies beim Veräußerer zu einer Minderung seines Veräußerungsgewinns.1726 Der Erwerber muss die Abfertigungsrückstellung grds. mit dem ursprünglichen Rückstellungswert ansetzen (§ 14 Abs. 4 öEStG), hat jedoch die Differenz zwischen dem hö heren Wert und dem Rückstellungswert in einen Passivposten einzustellen, gegen den zukünftige Aufstockungen der Rückstellungen erfolgsneutral zu verrechnen sind.1727 Für Pensionsrückstellungen gilt dieses Vorgehen im Falle des Arbeitgeberwechsels (Betriebsübergang) entsprechend, wenn die Rückstellung in der Übernahmevereinbarung mit einem höheren Wert als dem Rückstellungswert angesetzt wird.1728 Im Ergebnis wird auf Seiten des Erwerbers bzw. Übernehmers die Erfolgsneutralität des Anschaffungsvorgangs und die Einhaltung der steuerbilan ziellen Bilanzierungsregeln für die Passivierung von Sozialkapitalrück stellungen gewahrt. Die erfolgsneutrale Auflösung des Ausgleichspostens korrespondierend zu der Rückstellungsaufstockung resultiert auch nicht in einem doppelten Aufwandsabzug. Die Realisation der stillen Lasten stellt eine Antizipation des Aufwands aus den zukünftigen Rückstellungszuführungen dar, welche sich nicht erneut auswirken dürfen. Daher ist es nur sachgerecht, dass der Ausgleichsposten erfolgsneutral gegen die Zuführungsbeträge der Rückstellung aufgelöst wird. Fraglich ist jedoch, ob sich dies auf Umgründungsfälle übertragen lässt. In der steuerlichen Literatur wird dies nicht thematisiert, was nicht ver wunderlich ist, da Umgründungen (insb. rein innerstaatliche Umgründungen) unter zwingender Buchwertfortführung erfolgen.1729 Für die Anwendung des vorstehend erläuterten Vorgehens bei grenzüberschreitenden Umgründungen spricht die Systematik, bei einer Übertragung im Zusammenhang mit einer umgründungsbedingten Verstrickung mit dem gemeinen Wert dieselben Rechtsfolgen eintreten zu lassen, als wäre die Rückstellung mit einem höheren Kaufpreis veräußert worden. Für dieses Vorgehen spricht die steuerliche Gleichbehandlung mit der Behandlung der „Drittelbeträge“ von Betriebsveräußerungen und Umgründungen ohne Buchwert1726 Vgl. Kanduth/Kristen in Jakom, § 24 EStG Rn. 72. 1727 Vgl. öEStR, Rn. 3345; Damböck ÖStZ 2000, 477 (479); Hayden/Thorbauer, RdW 2020, 208. 1728 Vgl. öEStR, Rn. 3399a; dazu auch Hayden/Thorbauer, RdW 2020, 208 (210). 1729 Zur strengen Buchwertfortführung siehe Abschnitt F.III.2.a)aa).
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III. Stille Lasten bei Inbound-Umstrukturierungen nach Deutschland
fortführung.1730 Ändern sich die biometrischen Daten, die einer Pensionsrückstellung zugrunde liegen, und führt dies zu einer Höherbewertung der Pensionsrückstellung, weshalb der Differenzbetrag auf drei Jahre verteilt, abzugsfähig ist.1731 Für noch nicht verteilte Drittelbeträge bei Umgründungen ohne Buchwertfortführung verweisen die öEStR auf die Behandlung bei entgeltlichen Betriebsübertragungen.1732 Folglich wäre es naheliegend, Abfertigungs- und Pensionsrückstellungen, die im Falle der umgründungsbedingten Verstrickung grds. mit dem gemeinen Wert anzusetzen sind, abweichend nur mit dem zulässigen Wert iSv. § 14 öEStG anzusetzen. Jedoch ist die Differenz zwischen dem steuerbilanziellen Buchwert und dem gemeinen Wert in einen Passivposten einzustellen, gegen den die zukünftigen Aufstockungsbeträge erfolgsneutral verrechnet werden würden.
III. Stille Lasten bei Inbound-Umstrukturierungen nach Deutschland 1. Entstrickungsbesteuerung in Österreich a) Unterschiedliche Verortung der Entstrickungsklauseln Das österreichische UmgrStG stellt die zu gewährende Buchwertfortführung ebenfalls unter einen Entstrickungsvorbehalt, der bei Verschmelzungen, Umwandlungen und Spaltungen als Anwendungsvoraussetzung,1733 bei Einbringungen, Zusammenschlüssen oder Realteilungen als Bewertungsvorschrift1734 formuliert ist. Gleichwohl sind die Rechtsfolgen identisch, da eine Realisation entweder durch Verweis auf die Liquidationsbesteuerung oder auf die Entstrickungsvorschriften angeordnet wird, wenn das österreichische Besteuerungsrecht eingeschränkt wird.1735 1730 Dies ist auch sachgerecht, da diese im reinen Inlandsfall ohne die Anwendung des UmgrStG Realisationsvorgänge darstellen, vgl. Abschnitt F.III.1.c). 1731 Vgl. § 14 Abs. 3 öEStG; Doralt in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, § 14 EStG Rn. 77. 1732 Vgl. öEStR, Rn. 3400l: „[…] für Umgründungen ohne Buchwertfortführung siehe Rz 3400j.“; Rn. 3400j: „[…] im Falle einer entgeltlichen (Teil)Betriebsübertragung […]“. 1733 Vgl. § 1 Abs. 2, § 7 Abs. 2, § 32 Abs. 1 UmgrStG. 1734 Vgl. § 16 Abs. 1, 1a und 2, § 17 Abs. 1 und 1a, § 24 Abs. 1 Z 3, § 29 Abs. 1 Z 3 UmgrStG. 1735 Vgl. Hohenwarter-Mayr, DStJG 43 (2020), 421 (434).
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b) Tatbestände umfassen Entstrickung qua Rechtsträgerwechsel Ob eine Entstrickung vorliegt, ist durch einen Vorher-Nachher-Vergleich hinsichtlich der Verstrickung des übertragenden Vermögens zu ermitteln.1736 In grenzüberschreitenden Umgründungen kann insb. dann eine Einschränkung des österreichischen Besteuerungsrechts eintreten, wenn im Inland keine Betriebsstätte verbleibt (insb. bei der Export-Verschmelzung einer reinen Beteiligungsholding denkbar1737), die österreichische Betriebsstätte nicht als abkommensrechtliche Betriebsstätte iSd. maßgeblichen DBA gilt,1738 oder Vermögen einer ausländischen Betriebsstätte übertragen wird und mit dem Betriebsstättenstaat entweder ein DBA besteht, in dem die Anrechnungsmethode vereinbart ist, oder kein DBA abgeschlossen wurde.1739 Auch wird im Schrifttum darauf hingewiesen, dass es zu einer Entstrickung kommen kann, wenn zwar im Inland eine Betriebsstätte verbleibt, jedoch Wirtschaftsgüter – insb. immaterielle Wirtschaftsgüter – aufgrund des Rechtsträgerwechsels funktional dem Ausland zuzurechnen sind.1740 Gleichwohl kommt es auf die tatsächlich-funktionale Zurechnung anhand der Personalfunktionen an, sodass eine Entstrickung in solchen Fällen nur dann in Betracht kommt, wenn sich daraus die funktionalen Personalfunktionen im Zuge der Verschmelzung ändern, wovon indes nicht ausgegangen wird.1741 Es zeigt sich, dass das Steueranhängigkeitserfordernis von Umstrukturierungen dann verletzt ist, sofern es umgründungsbedingt, dh. aus Gründen des Rechtsträgerwechsels, zu einer Beschränkung des österreichischen Besteuerungsrechts kommt. Denn eine Einschränkung des österreichischen Besteuerungsrechts in Folge einer physischen Überführung beurteilt sich nach § 6 Z 6 öEStG.1742 1736 Vgl. Hügel, Verschmelzungen, § 1 Rn. 93; Stefaner in Kofler, § 7 UmgrStG Rn. 162. 1737 Vgl. Marchgraber in Wundsam/Zöchling/Huber/Khun, § 1 UmgrStG Rn. 49 (dort Fn. 85) mit Hinweis zum grds. Zurückbleiben einer Betriebsstätte bei einer geschäftsleitenden Holding. 1738 Vgl. UmgrStR, Rn. 64; Marchgraber in Wundsam/Zöchling/Huber/Khun, § 1 UmgrStG Rn. 46. 1739 Vgl. Furherr in Kofler, § 16 UmgrStG Rn. 44; Kofler/Six in Kofler, § 1 UmgrStG Rn. 123; Huber, ÖStZ 2006, 211; Schindler in Wiesner/Hirschler/Mayr, HdU § 1 Rn. 100; Zöchling in FS Rödler, 2010, 957 (959); Zöchling, SWK 2007, 718 (720). 1740 Vgl. Marchgraber in Wundsam/Zöchling/Huber/Khun, § 1 UmgrStG Rn. 47; Kofler/Six in Kofler, § 1 UmgrStG Rn. 121; Stefaner in Kofler, § 7 UmgrStG Rn. 166. 1741 Vgl. Marchgraber in Wundsam/Zöchling/Huber/Khun, § 1 UmgrStG Rn. 47. 1742 Vgl. UmgrStR, Rn. 72; Schindler in Wiesner/Hirschler/Mayr, HdU § 1 Rn. 78; Wiesner/Mayr, RdW 2007, 563; Mayr, RdW 2008, 815 (dort Fn. 2); Mair/Mayr in Wiesner/Hirschler/Mayr, HdU § 16 Rn. 37.
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III. Stille Lasten bei Inbound-Umstrukturierungen nach Deutschland
c) Rechtsfolge bei Entstrickung und Einbezug von stillen Lasten Soweit das Besteuerungsrecht Österreichs eingeschränkt wird, ist das UmgrStG nicht anwendbar, sodass eine Realisation nach den Grundsätzen der Liquidationsbesteuerung (für Verschmelzungen, Umwandlungen und Spaltungen)1743 bzw. der Wegzugsbesteuerung (für Einbringungen, Zusammenschlüsse und Realteilungen) erfolgt.1744 Weil eine Sofortbesteuerung nicht mit den primärrechtlichen Vorgaben sowie der EuGH-Rechtsprechung vereinbar wäre,1745 besteht bei Entstrickungen im betrieblichen Bereich im Verhältnis zu EU-/EWR-Staaten ein Ratenzahlungskonzept1746 (§ 6 Z 6 lit. c) öEStG), wonach auf Antrag die Steuerschuld bei Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens1747 auf sieben Jahre (§ 6 Z 6 lit. d) öEStG) und bei Wirtschaftsgütern des Umlaufvermögens (§ 6 Z 6 lit. e) öEStG) auf zwei Jahre verteilt wird.1748 Gesetzlich ungeregelt ist der Einbezug stiller Lasten im Rahmen der Entstrickungsbesteuerung. Im Schrifttum wird sich dafür ausgesprochen, dass lediglich der Saldo aus stillen Reserven und stillen Lasten der Entstrickungsbesteuerung zu unterwerfen ist.1749 Dies entspricht auf dem Verständnis der Finanzverwaltung bei Verlegungen von Betriebsstätten.1750 Aufgrund der unterschiedlichen Ratenzahlungszeiträume für Anlage- und Umlaufvermögen müssen die stillen Lasten allokiert werden. Die Finanzverwaltung lässt zu, dass die stillen Lasten nach den Verhältnissen der stillen Reserven auf 1743 Vgl. § 1 Abs. 2 UmgrStG iVm. § 20 iVm. § 19 öKStG, dazu Schindler in Wiesner/ Hirschler/Mayr, HdU § 1 Rn. 85; § 7 Abs. 2 S. 1 UmgrStG iVm. § 20 iVm. § 19 öKStG, dazu Stefaner in Kofler, § 7 UmgrStG Rn. 196; § 32 Abs. 1 UmgrStG iVm. § 20 iVm. § 19 KStG, dazu auch Zöchling/Andreaus in Wundsam/Zöchling/Huber/Khun, § 32 UmgrStG Rn. 44; dazu auch Hristov, Liquidation, 2011, 216–217. 1744 Vgl. § 16 Abs. 1 S. 2 UmgrStG iVm. § 6 Z 6 lit. a) öEStG; § 24 Abs. 1 Nr. 3 UmgrStG iVm. § 6 Z 6 lit. a) öEStG; § 29 Abs. 1 Nr. 3 UmgrStG iVm. § 6 Z 6 lit. a) öEStG. 1745 Vgl. Hügel in FS Wiesner, 2004, 177; Kofler in FS Hügel, 2016, 199 (199 f.). 1746 Das Ratenzahlungskonzept wurde durch das AbgÄG 2015 für Entstrickungen eingeführt und ersetzte das Nichtfestsetzungskonzept, vgl. dazu Hirschler/Knesl, ÖStZ 2016, 257 (259 ff.). 1747 Zwecks Vereinfachung wird nicht zwischen abnutzbarem, nichtabnutzbarem oder immateriellem Anlagevermögen differenziert, vgl. Wild, taxlex, 2016, 4 (6); Schlager/Titz, RWZ 375 (377). 1748 Vgl. Kofler in FS Hügel, 2016, 199 (204); Hirschler/Knesl, ÖStZ 2016, 257 (262). 1749 Vgl. Schlicher, SWI 2016, 160 (164, dort Fn. 34); Schindler in Wiesner/Hirschler/ Mayr, HdU § 1 Rn. 85; Hirschler/Knesl, ÖStZ 2016, 257 (259–260); Mayr in AntiBEPS-RL, 2017, 61 (71–72); Hayden, Formwechsel, 2018, 230–231. 1750 Vgl. öEStR, Rn. 2518n.
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die Wirtschaftsgüter verteilt werden,1751 wobei auch aus Vereinfachungsgründen eine Saldierung mit dem Firmenwert erfolgen kann.1752 Beim Fehlen von stillen Reserven oder einem Firmenwert resultiert ein Verlust.1753 Es lässt sich festhalten, dass der Grundsatz der Verknüpfung mit dem allgemeinen Ertragsteuerrecht im UmgrStG sich im Bereich der Entstrickung zeigt. Zwar ordnet das UmgrStG selbst die Gewinnrealisation durch Verweis auf die allgemeinen Regelungen an, gleichwohl knüpft es an das im Ertragsteuerrecht geregelte Ratenzahlungskonzept an. Damit erfolgt im österreichischen Steuerrecht eine Gleichbehandlung der umgründungsbedingten sowie der allgemeinen Entstrickung.
2. Stille Lasten in der deutschen Verstrickungsbesteuerung a) Grundzüge der umwandlungsbedingten Verstrickung Bei einer grenzüberschreitenden Hinein-Umwandlung nach Deutschland kann es – korrespondierend zur rechtlichen Entstrickung – zu einer erst maligen Steuerverstrickung des übertragenen Vermögens aufgrund des Rechtsträgerwechsels kommen.1754 Eine solche Verstrickung kommt nur in Betracht, wenn im Staat des übertragenden Rechtsträgers keine Betriebs stätte verbleibt oder Vermögen einer Betriebsstätte übertragen wird, das in einem Staat liegt, mit dem Deutschland kein DBA abgeschlossen oder ein DBA mit Anrechnungsmethode abgeschlossen hat.1755 Das UmwStG enthält keine speziellen Verstrickungsregeln.1756 Somit stellt sich die Frage, ob umwandlungssteuerliche Bewertungsvorschriften den allgemeinen Verstrickungsregeln (§ 4 Abs. 1 S. 8 Hs. 2 EStG) vorgehen oder ob die allgemeinen Verstrickungsregeln mangels eigenständiger Regelungen 1751 Dahingehend bereits auch Hirschler/Knesl, ÖStZ 2016, 257 (259–260). 1752 Vgl. öEStR, Rn. 2518n. 1753 Vgl. Hirschler/Knsel, ÖStZ 2016, 257 (260). 1754 Davon abzugrenzen ist die tatsächliche Verstrickung, dh. die Änderung der tatsächlich-funktionalen Zuordnung zu einer inländischen Betriebsstätte im zeitlichen Nachgang zum Rechtsträgerwechsel, die sich nach § 4 Abs. 1 S. 8 Hs. 2 iVm. § 6 Abs. 1 Nr. 5a EStG zu beurteilen ist, vgl. Schell, FR 2012, 101 (108, dort Fn. 56); Hofacker in Haase/Hofacker, § 20 UmwStg Rn. 119, 170; so auch Schönfeld, IStR 2011, 497 (500); Wernicke in Lademann, § 11 UmwStG Rn. 124. 1755 Vgl. Hruschka, StuB 2011, 540 (543); Hofacker in Haase/Hofacker, § 20 U mwStG Rn. 170. 1756 Vgl. bereits Rödder/Schumacher, DStR 2006, 1525 (1528).
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des UmwStG insoweit Vorrang haben. Dies kann indes nur dann Relevanz entfalten, sofern zum übertragenen Vermögen sowohl ausländisches, bisher nicht steuerverstricktes Vermögen als auch bislang in Deutschland steuerverhaftetes Vermögen zählt.1757 Nachfolgend soll der aktuelle Meinungsstand skizziert und anschließend kritisch betrachtet werden. aa) Vorrang des UmwStG oder der allgemeinen Verstrickungsregeln? (1) Umwandlungen iSv. §§ 3 ff., §§ 11 ff. UmwStG Bei der Hinein-Verschmelzung einer Körperschaft iSv. §§ 3 ff., § 11 ff. UmwStG1758 hat die ausländische Körperschaft eine steuerliche Schluss bilanz nach deutschem Recht aufzustellen1759 und dort die übergehenden Wirtschaftsgüter grds. mit dem gemeinen Wert anzusetzen. Sofern die übertragende Auslandskörperschaft über inländisches Betriebsvermögen verfügt, wäre eine Bewertung mit dem Buchwert anzustreben, weil somit eine steuerpflichtige Aufdeckung stiller Reserven vermieden werden würde.1760 In diesem Kontext ist die Anwendung der Verstrickungsregelung des allgemeinen Ertragsteuerrechts umstritten. Nach einer Auffassung zwinge das einheitlich auszuübende umwandlungssteuerliche Bewertungswahlrecht dazu, das ausländische, in Deutschland umwandlungsbedingt erstmals verstrickende Vermögen ebenfalls mit dem Buchwert anzusetzen wären. Die hätte zur Folge, dass das umwandlungssteuerliche Bewertungswahlrecht als lex specialis die Anwendung der Verstrickungsregelung des allgemeinen Steuerrechts ausschließen würde, was – aufgrund der materiell-rechtlichen Werteverknüpfung (§ 4 Abs. 1 S. 1 bzw. § 11 Abs. 1 S. 1 U mwStG) – einen Import von stillen Reserven zu Folge hätte,1761 woraus sich Doppelbesteue1757 Sofern bei einer grenzüberschreitenden Hinein-Umstrukturierung nur ausländisches Vermögen übertragen würde, wäre der Ansatz des gemeinen Werts opportun (entweder bei Verschmelzungen iSv. §§ 3 ff, § 11 ff. UmwStG beim übertragenden Rechtsträger bzw. bei Einbringungen iSv. §§ 20 ff. U mwStG beim übernehmenden Rechtsträger). 1758 Gleiches gilt entsprechend im Falle der grenzüberschreitenden Hineinspaltung einer Körperschaft auf eine Körperschaft (§ 15 U mwStG) bzw. auf eine Personengesellschaft (§ 16 UmwStG). 1759 Vgl. U mwStE, Rn. 03.01 (ggfs. iVm. Rn. 11.02); Förster/Felchner, DB 2006, 1072 (1080); Kraft/Poley, FR 2014, 1 (3); Wernicke in Lademann, § 11 U mwStG Rn. 121. 1760 Vgl. Viebrock/Hagemann, FR 2009, 737 (744); Beinert/Scheifele in Prinz/Desens, Umwandlungen im Internationalen Steuerrecht, 2023, Rn. 10.279. 1761 Vgl. Heinemann, G mbHR 2012, 133 (136); Hruschka/Hellmann, DStR 2010, 1961 (1965); Schönherr/Lemaitre, G mbHR 2007, 173 (175); Steierberg in Haase/Hof acker, § 3 U mwStG Rn. 105; Möhlenbrock/Werner/Pung in Dötsch/Pung/Möhlen-
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G. Stille Lasten bei grenzüberschreitenden Umstrukturierungen
rungsrisiken ergeben würden.1762 Gleiches würde konträr auch für stille Lasten gelten.1763 Dem wird entgegengehalten, dass die Verstrickung erst beim übernehmenden Rechtsträger erfolge.1764 Dies führe dazu, dass aufgrund des Charakters von § 4 Abs. 1 S. 8 iVm. § 6 Abs. 1 Nr. 5a EStG als Bewertungsvorschrift1765 das übernommene Vermögen, soweit dafür ein deutsches Besteuerungsrecht entstehe, als fiktive Einlage mit dem gemeinen Wert zu bewerten sei.1766 Dem wird entgegengehalten, dass dies eine Durchbrechung (bzw. teleolo gische Reduktion1767) der materiellen-Werteverknüpfung darstellt, weshalb diese Auffassung abgelehnt wird.1768 Vielmehr müsse man von einer planmäßigen Regelungslücke ausgehen, weil der Gesetzgeber die Ent- und Verbrock, § 3 U mwStG Rn. 113; Pung/Werner in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, § 4 UmwStG Rn. 12; van Lishaut in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 4 UmwStG Rn. 43; Dötsch/Stimpel in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, § 11 UmwStG Rn. 86. 1762 Vgl. Beinert/Benecke, FR 2010, 1120 (1125); Braun in Prinz/Desens, Umwandlungen im Internationalen Steuerrecht, 2023, Rn. 14.50; Kahle/Vogel in Prinz, Umwandlungen im Internationalen Steuerrecht, 2013, Rn. 12.46; Prinz, DB 2012, 820 (826); Schaflitzl/Götz, DB-Beil. 1/2012, 25 (26–27), dahingehend auch Hummel in Böttcher/Habighorst/Schulte, § 12 UmwStG Rn. 27. 1763 So zutreffend für den Fall von Pensionsrückstellungen Böhmer/Wegener, Ubg 2015, 69 (73–74). 1764 Vgl. Häck in Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 2023, Rn. 20.16, 20.97. 1765 So zutreffend Schnitger, ifst-Schrift Nr. 487, 2013, 13. 1766 Vgl. Klingberg/Nitzschke, Ubg 2011, 451 (456); Kraft/Poley, FR 2014, 1 (3); Kraft/ Poley, SteuerStud 2013, 161 (164); Martini in Widmann/Mayer, § 3 UmwStG Rn. 842; Staats in Lademann, § 3 UmwStG Rn. 173; Wernicke in Lademann, § 11 UmwStG Rn. 125; Polatzky/Schmidt in Lutter/Bayer, Holding-HdB, 2020, Rn. 15.141; Häck in Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 2023, Rn. 20.16, 20.97; idS wohl auch Herfort/Viebrock in Haase/Hofacker, § 12 U mwStG Rn. 60; Schmitt in Schmitt/Hörtnagl, § 4 UmwStG Rn. 27, § 11 UmwStG Rn. 21; Rödder in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 11 UmwStG Rn. 350. Eine weiterer Ansatz schlägt die „Aufstockung“ der Buchwertansätze in der steuerlichen Schlussbilanz iSe. teleologischen Reduktion des Bewertungswahlrechts vor, sofern und soweit im Ausland eine Entstrickungsbesteuerung erfolgt ist, vgl. Beinert/Scheifele in Prinz/ Desens, Umwandlungen im Internationalen Steuerrecht, 2023, Rn. 10.272; Beinert/Benecke, FR 2010, 1120 (1126). 1767 So Sistermann in Lüdicke, Zukunft des Internationalen Steuerrechts, 2012, 161 (177 f.). 1768 Vgl. Lemaitre/Schönherr, GmbHR 2007, 173 (175); Pung/Werner in Dötsch/Pung/ Möhlenbrock, § 4 U mwStG Rn. 12; van Lishaut in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 4 UmwStG Rn. 43; Bohnhardt in Haritz/Menner/Bilitewski, § 4 UmwStG Rn. 89.
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III. Stille Lasten bei Inbound-Umstrukturierungen nach Deutschland
strickungsregelungen parallel zur Neufassung des U mwStG durch das SEStEG eingeführt hat.1769 Dem ist wiederum systematisch entgegenzuhalten, dass der steuerneutrale Step-Up für die erstmals verstrickten Wirtschaftsgüter rechtstechnisch nach der Werteverknüpfung in einem zweiten Schritt und damit außerhalb der Ermittlung des Übernahmeergebnisses erfolgt, sodass weder das Einheitlichkeitserfordernis noch die Werteverknüpfung dadurch beeinträchtigt wird.1770 (2) Einbringungen iSv. §§ 20 ff. UmwStG Auch in § 20 UmwStG fehlt eine Regelung zur Verstrickung. Die Gesetzesmaterialien1771 sehen bei Einbringungen vor, dass im Falle des erstmaligen Eintritts von Auslandsvermögen in die deutsche Besteuerungshoheit in entsprechender Anwendung die allgemeinen Verstrickungsregeln (§ 4 Abs. 1 S. 8 Hs. 2 iVm. § 6 Abs. 1 Nr. 5a EStG) gelten, sodass insoweit eine Bewertung mit dem gemeinen Wert zu erfolgen habe, was das Bewertungswahlrecht iSv. § 20 Abs. 2 UmwStG für zusätzliches mitübertragenes Inlands vermögen nicht tangieren würde. Diese Auffassung stößt im Schrifttum mehrheitlich auf Zustimmung, weil es zu einem systematisch zutreffenden Ergebnis führt.1772 Denn der übernehmende Rechtsträger, auf dessen Ebene es zu der erstmaligen Verstrickung kommt, übt das Bewertungswahlrecht aus, sodass die allgemeinen Verstrickungsvorschriften insoweit vorgehen, weil das U mwStG Entsprechendes nicht regelt. Gleichwohl wird die Vereinbarkeit des Gesetzeswortlauts mit dieser Auslegung bezweifelt, da das UmwStG gegenüber den Regelungen des EStG lex specialis sei,1773 sodass 1769 Vgl. Hruschka/Hellmann, DStR 2010, 1961 (1965). 1770 Vgl. Häck in Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 2023, Rn. 20.96–20.97. 1771 BT-Drs. 16/2710, 43. 1772 Vgl. Förster, DStR 2020, 865 (873); Förster/Wendland, BB 2007, 631 (634); Heß/ Schnitger in PwC, Reform des U mwStR, 2007, 227 (Rn. 1551); Braun in Prinz/ Desens, Umwandlungen im Internationalen Steuerrecht, 2023, Rn. 14.142; Kahle/ Vogel, Ubg 2012, 493 (495); Kahle/Vogel in Prinz, Umwandlungen im Internationalen Steuerrecht, 2013, Rn. 12.136; Ley, FR 2007, 109 (112, dort Fn. 17); Menner in Haritz/Menner/Bilitewski, § 20 UmwStG Rn. 348; Patt in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, § 20 UmwStG Rn. 228; Häck in Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 2023, Rn. 20.16, 20.117; Schmitt in Schmitt/Hörtnagl, § 20 UmwStG Rn. 280; Schmitt/Schloßmacher, UmwStE, 2012, 252; Schmitt/Schloßmacher, DB 2010, 522; Widmann in Widmann/Mayer, § 20 UmwStG Rn. R 486. 1773 Vgl. Schönherr/Lemaitre, G mbHR 2007, 459 (462); Herlinghaus in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 20 U mwStG Rn. 309; Hofacker in Haase/Hofacker, § 20 UmwStG Rn. 171; Jäschke in Lademann, § 20 UmwStG Rn. 61.
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uch- oder Zwischenwertansatz iSv. § 20 Abs. 2 UmwStG auch das im Zuge B der Einbringung verstrickte Auslandsvermögen umfasse.1774 bb) Systemwidriger Import stiller Reserven und Lasten als Konsequenz bei einem angenommenen Vorrang des UmwStG Die vorstehende Betrachtung zeigt die bestehenden Rechtsunsicherheiten in Folge einer umwandlungsbedingten Verstrickung. Bejaht man den Anwendungsvorrang des UmwStG im Kontext der umwandlungsbedingten Verstrickung aufgrund des Einheitlichkeitszwangs des Bewertungswahlrechts und lehnt man einen systemkonformen Step-Up im Nachgang ab, führt dies zu einem Import an stillen Reserven und stillen Lasten.1775 Im Kontext von stillen Reserven mag dies zwar aus Fiskalsicht wünschenswert sein, konträr wäre jedoch ein Import von stillen Lasten aus Fiskalsicht vermutlich weniger gewollt. Hinsichtlich eines stillen Lastenüberschusses käme es im Falle der zutreffenden Anerkennung des Buchwerts als absolute Wertuntergrenze des Bewertungswahlrechts1776 zu einem Import eines stillen Lastenüberschusses. Dies zeigt sehr instruktiv, dass die fehlende bzw. unklare Rechtslage in Bezug auf die umwandlungsbedingte Verstrickung unbefriedigend ist. Ein Import von stillen Reserven als auch stillen Lasten, die sich in einer anderen Besteuerungshoheit gebildet haben, stellt einen Verstoß gegen das Territorialitätsprinzip dar.1777 Zudem hätte dies eine asymmetrische Ausgestaltung der Ent- und Verstrickungsbesteuerung zur Folge: Während bei Entstrickungsbesteuerung eine strikte Endbesteuerung hinsichtlich des deutschen Hoheitsgebiets erfolgt, würde hinsichtlich der Verstrickung die Abgrenzung der Besteuerungsbefugnisse nicht in dieser Konsequenz erfolgen. Damit entsteht ein systematischer Widerspruch. Denn wenn der abgebende (Quellen-)Staat iRd. Wegzugsbesteuerung berechtigt ist, die bis zum Verlust des Besteuerungsrechts auf seinem Hoheitsgebiet erwachsenen Wertsteigerungen zu besteuern, bedeutet dies im Umkehrschluss für den aufnehmenden Staat, dass er nur diejenigen Wertsteigerungen und Wertminderungen erfassen darf, die nach der Begründung seines Besteuerungs1774 Vgl. Jäschke in Lademann, § 20 UmwStG Rn. 61. 1775 Vgl. Böhmer/Wegener, Ubg 2015, 69 (73–74). 1776 Vgl. dazu ausführlich Abschnitt E. 1777 Vgl. zur Verstrickung mit dem gemeinen Wert in Österreich zwecks Abgrenzung der Besteuerungsbefugnisse aufgrund des Territorialitätsprinzips: Mayr, RdW 2016, 559 (560).
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III. Stille Lasten bei Inbound-Umstrukturierungen nach Deutschland
rechts auf seinem Hoheitsgebiet erwachsen sind.1778 Was für die Abgrenzung der Besteuerungsbefugnisse iRd. Wegzugsbesteuerung gilt, muss konsequenter weise auch für die Abgrenzung der Besteuerungshoheit iRv. grenz überschreitenden Umstrukturierungsvorgängen gelten. Bejaht man die lex specialis Wirkung des U mwStG und die damit einhergehende Verdrängung der allgemeinen Verstrickungsregelung, resultiert dies nicht nur in einer inkonsequenten Behandlung von Ent- und Verstrickungsfällen, sondern auch in einem zusätzlichen gesetzgeberischen Handlungsbedarf. b) Anwendung von § 5 Abs. 7 EStG bei Inbound-Übertragungen Erfolgt im Zuge einer grenzüberschreitenden Umstrukturierung eine rechtliche Verstrickung einer Verpflichtung zum gemeinen Wert, für die im deutschen Steuerbilanzrecht Passivierungsbeschränkungen dem Grunde oder der Höhe nach bestehen würden, stellt sich die Frage, ob an dem nachfolgenden Bilanzstichtag § 5 Abs. 7 EStG anzuwenden ist. Der Tatbestand von § 5 Abs. 7 S. 1 EStG erfordert „[ü]bernommene Verpflichtungen, die beim ursprünglichen Verpflichteten Ansatzverboten, -beschränkungen oder Bewertungsvorbehalten unterlegen haben“. Inbound- Übertragungen wären somit vom Wortlaut her von § 5 Abs. 7 EStG grds. erfasst. Aufgrund des Wortlauts „unterlegen haben“ erfordert die Anwendung von § 5 Abs. 7 S. 1 EStG auf Inbound-Übertragungen, dass nach ausländischem Steuerrecht für die übertragene Verpflichtung Passivierungsbeschränkungen bestanden haben.1779 Wohl um sich nicht mit der ausländischen Steuerbilanzierungspraxis auseinanderzusetzen,1780 vertritt die Verwaltung für den Fall, dass der ursprünglich Verpflichtete nicht dem deutschen Steuerrecht unterlag, die Maßgeblichkeit des Werts, welcher nach den Regelungen des EStG oder KStG anzusetzen wäre.1781 Das Abstellen auf einen solch fiktiven Wert, der in einem (fiktiven) Erwerbsgewinn resultiert, erscheint kaum sachgerecht.1782 Des Weiteren ist schon mit Blick auf den Wortlaut, der auf konkret bestehende Passivierungsbeschränkungen abstellt, der Vergleich 1778 Vgl. EuGH v. 29.11.2011, C-371/10, National Grid Indus, Slg. 2011, I-12273, Rn. 58; siehe auch Hagemann in Hagemann/Kahlenberg, ATAD, Art. 5 Rn. 226. 1779 Vgl. Prinz/Otto, GmbHR 2018, 497 (501); Riedel, Ubg 2017, 580 (582) 1780 Vgl. Bolik/Selig-Kraft, DStR 2017, 169; Hoffmann in Littmann/Bitz/Pust, §§ 4, 5 EStG Rn 1483. 1781 BMF-Schreiben v. 30.11.2017, B StBl. I 2017, 1619 Rn. 8 S. 3; Kahle/Braun, FR 2018, 197 (204). 1782 Vgl. Hoffmann in Littmann/Bitz/Pust, §§ 4, 5 EStG Rn 1483.
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G. Stille Lasten bei grenzüberschreitenden Umstrukturierungen
mit einem fiktiven Wert nach deutschem Steuerrecht nicht vereinbar, vielmehr muss – wenn überhaupt – im Ausland eine konkrete Passivierungs beschränkung bestanden haben.1783 Dies würde auch dem Willen des Gesetzgebers entsprechen, wonach die Verpflichtung „[…] dort [sc. beim Übernehmer] weiterhin [den] entsprechenden Ansatz- und Bewertungsvorschriften […] unterlieg[en]“1784 soll. Unter Betrachtung des gesetzgeberischen Ziels stellt sich indes ferner die Grundfrage, inwieweit bei Inbound-Übertragungen die Erfassung passivierungsbeschränkter Verpflichtungen von § 5 Abs. 7 S. 1 EStG sachgerecht ist. Ziel von § 5 Abs. 7 EStG ist die Vermeidung des Leerlaufens von, das Steueraufkommen sicherstellenden, Passivierungsbeschränkungen bis zur erstmaligen Anwendung von § 4f EStG.1785 Verklausuliert kommt damit zum Ausdruck, dass die Wiedergeltung der Passivierungsbeschränkungen – unter der Durchbrechung der Erfolgsneutralität des Anschaffungsvorgangs – der Sicherung des deutschen Steueraufkommens dienen soll, wenn die stillen Lasten in den Passivierungsbeschränkungen steuerwirksam zu Lasten des deutschen Fiskus gehoben wurden.1786 Nicht umsonst werden § 4f, § 5 Abs. 7 EStG als „Abwehrregelungen zur Hebung stiller Lasten“1787 verstanden. Dies zeigt, dass eine Sicherung des deutschen Besteuerungssubstrats bezweckt wird. Eine Verpflichtung, die iRe. Umwandlung im Inland zum gemeinen Wert verstrickt würde, hat jedoch das deutsche Steueraufkommen nicht tangiert.1788 Würde § 5 Abs. 7 S. 1 EStG zur Anwendung kommen, käme es zu einer Generierung von deutschem Steueraufkommen, was über die Zielsetzung der Vorschrift hinausgehen würde. Folglich ist § 5 Abs. 7 S. 1 EStG teleologisch zu reduzieren, als dass von dem Anwendungsbereich Verpflichtungen, die das deutsche Steueraufkommen nicht gemindert haben, nicht erfasst werden.1789
1783 So zutreffend Riedel, Ubg 2017, 580 (582). 1784 BT-Drs. 18/68 (neu), 74; BT-Drs. 17/13562, 9. 1785 Vgl. BT-Drs. 18/68 (neu), 74; BR-Drs. 95/13, 11; BR-Drs. 663/12, 13; Riedel, DStR 2013, 1047 (1048). 1786 Vgl. idS. Kahle/Braun, FR 2018, 197 (204) 1787 Prinz in Schön/Schindler, 2020, 55 (56); glA. Kahle, FR 2020, 599 (601). 1788 Vgl. das vergleichbare Beispiel von Förster/Staaden, Ubg 2014, 1 (9–10) zum Erwerb einer ausländischen Abbruchverpflichtung. 1789 Vgl. Kahle/Braun, FR 2018, 197 (204); Riedel, Ubg 2017, 580 (582); Prinz/Otto, GmbHR 2018, 499 (501).
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IV. Zusammenfassung
IV. Zusammenfassung Ziel des Untersuchungsabschnitts war die Untersuchung der Behandlung stiller Lasten bei grenzüberschreitenden Umstrukturierungen zwischen Deutschland und Österreich, was zu Ent- und Verstrickungsfragen in beiden Jurisdiktionen führt. Staaten dürften im Regelfall kein Interesse haben, stille Lasten eines anderen Staates zu importieren. Folglich bedingt die Abgrenzung der Besteuerungsbefugnisse durch die Besteuerung stiller Reserven im Falle des Ausscheidens aus der Besteuerungshoheit auch korrespondierend eine Erfassung des Marktwerts beim Eintritt in dieselbe. Bei grenzüberschreitenden Outbound-Umstrukturierungen kann es umwandlungsbedingt zu einer Entstrickung kommen, sofern kraft Rechts trägerwechsels das deutsche Besteuerungsrecht beschränkt oder ausgeschlossen wird (sog. rechtliche Entstrickung), wobei auf die Existenz einer Betriebsstätte als Anknüpfungspunkt für die Besteuerung abgestellt werden muss. Verleibt umwandlungsbedingt eine deutsche Betriebsstätte, muss auch im Falle eines stillen Lastenüberschusses eine Buchwertfortführung möglich sein, womit das Ergebnis der Analyse in Abschnitt E. substantiiert wird. Käme es zu einer Versagung der Buchwertfortführung, würde dies einen Nachteil für den Steuerstandort Deutschland bedeuten, da somit Investitionen mangels vollständiger Entscheidungsneutralität hinsichtlich Strukturveränderungen in andere Länder verlagert werden würden. Sofern es punktuell zu einer Entstrickung von Pensionsrückstellungen kommt, zeigt der Vergleich von rechtlicher und tatsächlicher Entstrickung eine Ungleichbehandlung auf. Denn während bei einer tatsächlichen Ent strickung von Pensionsrückstellungen der gemeine Wert zugrunde gelegt wird, erfolgt iRd. rechtlichen Entstrickung lediglich eine Bewertung mit dem Teilwert iSd. § 6a EStG. Dies ist insofern inakzeptabel, dass die darin enthaltenen stillen Lasten nicht mehr berücksichtigt werden und bei fehlendem Import durch den Aufnahmestaat sich nicht mehr auswirken können. Eine rechtliche Entstrickung einer passivierungsbeschränkten Verpflichtung führt zu einer Aufwandsverteilung iSv. § 4f EStG, soweit im Inland eine Betriebsstätte verbleibt. Verbleibt iRd. Outbound-Umstrukturierung im Inland keine Betriebsstätte, fehlt es an einer Aufwandsallokation. Die strenge Buchwertverknüpfung im österreichischen UmgrStG wird flächendeckend bei der umgründungsbedingten Entstehung des österrei chischen Besteuerungsrechts durch eine Bewertung zum gemeinen Wert 341
G. Stille Lasten bei grenzüberschreitenden Umstrukturierungen
durchbrochen. Damit wird die Neutralisation sämtlicher außerhalb der Besteuerungsbefugnis Österreichs entstandenen Wertminderungen und Wert steigerungen verfolgt. Die Verhinderung des Imports von stillen Lasten zeigt sich auch in Fällen des sog. „Re-Imports“, in denen aufgrund der Höchstbegrenzung „höchstens der gemeine Wert“ im Ausland entstandene Wertminderungen ausgeschlossen werden. Werden stille Lasten in Sozialkapitalrückstellungen verstrickt, könnten grds. die Grundsätze bei entgeltlichen Betriebsübertragungen zur Anwendung kommen. Danach ist die Differenz zwischen dem gemeinen Wert und dem steuerbilanziell zulässigen Buchwert in einen passiven Ausgleichsposten einzustellen, der dann durch die Zuführungen jährlich erfolgsneutral gemindert wird. Die Entstrickungsbesteuerung im Rahmen von österreichischen Umgründungen erfolgt grds. ähnlich wie in Deutschland im Falle des umgrün dungsbedingten Verlusts des Besteuerungsrechts. Dabei kommen insb. die allgemeinen Grundsätze des Ertragsteuerrechts zur Anwendung, wobei unionsrechtskonform im Falle eines entstrickungsbedingten Gewinns ein Ratenzahlungskonzept zur Anwendung kommt. Während die umwandlungsbedingte Entstrickung in Deutschland konsequent umgesetzt wurde, ist die Verstrickung im U mwStG nicht eindeutig geregelt. Dies führt dazu, dass Unsicherheiten bestehen, wenn bei Inbound-Umstrukturierungen neben ausländischem Vermögen auch bereits im Inland verstricktes Vermögen übertragen wird und somit das Wahlrecht auf Buchwertansatz ausgeübt wird, damit die Umstrukturierung steuerneutral ist. Aufgrund der Einheitlichkeit des Wertansatzes sowie der generellen lex specialis Wirkung des UmwStG besteht das Risiko eines dem Territorialitätsprinzip widersprechenden Import stiller Reserven und Lasten.
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H. Ableitung von Handlungsempfehlungen zur Behandlung stiller Lasten auf Basis des Rechtsvergleichs zwischen UmgrStG und UmwStG H. Handlungsempfehlungen und Rechtsvergleich
Im Folgenden sollen die bisherigen Untersuchungsergebnisse zur Behandlung stiller Lasten kurz zusammengefasst werden (s. H.I.), bevor anschließend ein Vergleich der rechtlichen Behandlung stiller Lasten bei Umstrukturierungen nach dem UmwStG sowie dem österreichischen UmgrStG erfolgt (s. H.II.). Abschließend werden aus dem Rechtsvergleich Handlungsempfehlungen an den deutschen Gesetzgeber zwecks Anpassung des UmwStG abgeleitet (s. H.III.).
I. Identifizierte Schwachstellen der Behandlung stiller Lasten im U mwStG Mit der hier angestellten Untersuchung sind folgende Schwachstellen des UmwStG bzgl. der Behandlung stiller Lasten identifiziert worden: 1. Wird der gemeine Wert als absolute Wertuntergrenze des umwandlungssteuerlichen Bewertungswahlrechts erachtet, führt dies zu einer einseitigen Ausrichtung des UmwStG. Ausschließlich substanzstarke Unternehmen (dh. mit einem Überschuss an stillen Reserven) profitieren von einer Buchwertfortführung, was zu einer einseitigen Verwirklichung der Entscheidungsneutralität führt. Zudem resultiert aus der Versagung der Buchwertfortführung bei einem Überschuss an stillen Lasten entweder ein nicht oder nur eingeschränkt nutzbarer Übertragungsverlust in Kombination mit dem Risiko einer effektiven Doppelbesteuerung bei Umkehreffekten auf Ebene des übernehmenden Rechtsträgers1790 oder ein Übertragungsgewinn, verbunden mit einer Steuerzahllast1791. Zwar zeigt eine umfassende Auslegung des umwandlungssteuerlichen Bewertungswahlrechts, dass der Buchwert die zutreffende, absolute Wertuntergrenze ist, was auch im Einklang mit der Verwirklichung der 1790 Siehe Abschnitt D.IV.3 und D.IV.4.c)aa)(1). 1791 Siehe Abschnitt D.IV.4.c)aa)(2).
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H. Handlungsempfehlungen und Rechtsvergleich
Entscheidungsneutralität steht.1792 Insbesondere aufgrund der entge genstehenden Aussage im UmwStE1793 besteht indes keine Rechtssicherheit. 2. Bei realisierenden Umstrukturierungen werden die in Pensionsrückstellungen enthaltenen stillen Lasten aufgrund der von der Regelbewertung abweichenden Teilwertbewertung nicht berücksichtigt.1794 Begründet wird dies damit, da andernfalls steuerbilanziell unterbewertete Pen sionsrückstellungen durch Umstrukturierungen aufgewertet werden könnten.1795 Die Ursache des Risikos liegt in der bei der Bewertung der Pensionsrückstellung erfolgenden Abweichung vom Maßgeblichkeitsgrundsatz und der Einschränkung des Imparitätsprinzips.1796 3. Diese „Irrelevanz“ der stillen Lasten zeigt sich auch in der Anwendung und Wirkung von § 4f und § 5 Abs. 7 EStG bei passivierungsbeschränkten stillen Lasten. Insbesondere dann, wenn – entsprechend der gesetzgeberischen Intention – der Ausnahmetatbestand iSv. § 4f Abs. 1 S. 3 Hs. 1 EStG bei Umstrukturierungen iSd. UmwStG nicht einschlägig ist und somit auf den übernehmenden Rechtsträger mit übergeht, ergibt sich eine „steuerneutrale Verpflichtungsübertragung“1797. Wirtschaftlich heben sich die aufwandswirksame Realisation beim übertragenden Rechtsträger und die gem. § 5 Abs. 7 EStG erfolgende Erwerbsgewinnbesteuerung auf Ebene des übernehmenden Rechtsträgers beinahe vollständig auf.1798 Die asymmetrische Behandlung stiller Lasten im UmwStG wird dadurch verstärkt.1799 4. Das UmwStG enthält zwar eigenständige Entstrickungsvorbehalte, bei deren Verletzung eine Buchwertfortführung scheitert. Das UmwStG geht hierbei einen eigenständigen Weg, was im Falle von Pensionsrückstellungen zu einer Entstrickung mit dem Teilwert führt, sodass sich die darin enthaltenen stillen Lasten nicht auswirken. Eigenständige Verstrickungsvorschriften enthält das UmwStG hingegen nicht. Dies führt dazu, dass bei grenzüberschreitenden Umstrukturierungen ein – aus 1792 1793 1794 1795 1796 1797 1798 1799
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Vgl. Abschnitt E.III. und E.IV. Vgl. U mwStE, Rn. 03.12 iVm. 11.06, 15.14 Abs. 2, 20.18, 24.03, 25.01. Vgl. Abschnitt C.II.4. und D.III.2.c)aa). Vgl. Abschnitt D.III.3. Vgl. Abschnitt D.III.3.d). Melan/Wecke, Ubg 2017, 253 (253, dort Fn. 2). Vgl.Abschnitt D.III.3.b)bb), insb. Abbildung 10. Vgl. dazu Abschnitt D.III.4.
II. Rechtsvergleich zwischen UmgrStG und UmwStG
Sicht des Steuerpflichtigen nicht gewollter – Import von stillen Reserven von erstmals steuerverstricktem Vermögen eintritt. Umgekehrt besteht das Risiko eines – aus Sicht des Fiskus unerwünschten – Imports an stillen Lasten. Die identifizierten Schwachstellen des UmwStG zeichnen das Bild eines asymmetrisch ausgestalteten UmwStG, welches lediglich für substanz- bzw. ertragsstarke Unternehmen eine Entscheidungsneutralität gewährt.
II. Rechtsvergleich zwischen UmgrStG und UmwStG 1. Innerstaatliche Umstrukturierungen a) Regelungsumfang von UmgrStG und UmwStG Als erste Unterscheidung zwischen dem UmgrStG und dem UmwStG fällt insb. der Regelungsumfang auf. Das UmgrStG wird im österreichischen Schrifttum als abschließendes Sondergesetz charakterisiert, sodass nicht im UmgrStG regelte Umgründungen auch nicht regelungsbedürftig sind.1800 Der abschließende Gedanke wird ebenfalls durch die Erfassung der Umgründung inkl. der jeweiligen Komplementär- bzw. „Umkehr“-Umgründung deutlich.1801 Stellt man die Regelungen des UmgrStG und des UmwStG gegenüber, zeichnet sich folgendes synoptisches Bild:1802 Die Bestimmungen des Art. I UmgrStG zur Verschmelzung von Körperschaften finden ihre deutschen Schwesterbestimmungen in §§ 11–13 UmwStG. Die Umwandlungen iSv. Art. II UmgrStG stellen spiegelbildlich den Regelungsgegenstand der §§ 3–9 UmwStG dar, weil dadurch ein Wechsel des Besteuerungsregimes erfolgt. Die dazu gehörige Komplementär-Umgründung der Einbringung (Art. III UmgrStG) ist das Äquivalent zu den Bestimmungen der §§ 20–23 UmwStG. Der Zusammenschluss nach Art. IV UmgrStG entspricht der Einbringung in Personengesellschaften iSv. § 24 UmwStG. Hingen fehlt es im UmwStG an einer Art. V UmgrStG entsprechenden Regelung zur Realteilung, welche sich im EStG (§ 16 Abs. 3 S. 2 ff. EStG) wiederfindet. Schluss
1800 Vgl. Wiesner in Wiesner/Hirschler/Mayr, HdU Einf. Rn. 16; Hügel in Hügel/Mühlehner/Hirschler, Einl. Rn. 51. 1801 Zur Regelung von Umgründung und Komplementär-Umgründung Abschnitt F.III.1.b). 1802 Vgl. zum folgenden Hohenwarter-Mayr, DStJG 43 (2020), 421 (430–431).
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H. Handlungsempfehlungen und Rechtsvergleich
endlich entspricht die Regelung zu Spaltungen des Art. VI UmgrStG den deutschen Bestimmungen in § 15 UmwStG.1803 SYNOPSE ZWISCHEN UMGRSTG & UMWSTG REGELUNGEN IM UMGRSTG
KORRESPONDIERENDE REGELUNG IM UMWSTG
Art. I, §§ 1 – 6 UmgrStG (Verschmelzung von Kapitalgesellschaften)
§§ 11 – 13 UmwStG (Verschmelzung von Kapitalgesellschaften)
Art. II, §§ 7 – 11 UmgrStG (Umwandlungen von Kapitalgesellschaften)
§§ 3 – 8 UmwStG (Verschmelzung von Kapital- auf Personengesellschaften)
Art. III, §§ 12 – 22 UmgrStG (Einbringungen in Kapitalgesellschaften)
§§ 20 – 23 UmwStG (Einbringungen in Kapitalgesellschaften)
Art. IV, §§ 23 – 26 UmgrStG (Zusammenschlüsse zu einer Personengesellschaften)
§ 24 UmwStG (Einbringungen in Personengesellschaften)
Art. V, §§ 27 – 31 UmgrStG (Realteilung von Personengesellschaften)
Ö Keine vergleichbare Regelung im UmwStG (§ 16 Abs. 3 S. 2 ff. EStG)
Art. VI, §§ 32 – 38 UmgrStG (Spaltungen von Kapitalgesellschaften)
§§ 15, 16 UmwStG (Spaltungen von Kapitalgesellschaften)
Abbildung 18: Synopse zwischen UmgrStG und UmwStG
Im Vergleich zwischen UmgrStG und UmwStG lässt sich feststellen, dass das UmgrStG vom äußeren Aufbau in sich geschlossen ist, weil es sämtliche Umgründungen regelt. Im direkten Vergleich zeigt sich das deutsche UmwStG nicht als geschlossenes System, sondern als kasuistisches Gebilde von Einzelnormen,1804 was insb. dadurch bestärkt wird, dass bspw. die Realteilung (§ 16 Abs. 3 S. 2 ff. EStG) nicht im UmwStG geregelt ist.1805
1803 Art. VI UmgrStG regelt die Spaltung von Körperschaften und wird in dem Kontext auch als „Realteilung von Körperschaften“ genannt, vgl. Kalss, Verschmelzung – Spaltung – Umwandlung, 2021, Vor § 1 SpaltG Rn. 1; Zöchling/Andreaus in Wundsam/Zöchling/Huber/Khun, § 32 UmgrStG Rn. 1. 1804 Vgl. Rödder, D StJG 25 (2002), 253 (287); zustimmend Graw in FS BFH, 2018, 1433 (1451). 1805 Dies verdeutlich nach Graw in FS BFH, 2018, 1433 (1451) die kasuistischen Züge des UmwStG.
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II. Rechtsvergleich zwischen UmgrStG und UmwStG
b) UmgrStG und UmwStG: übereinstimmende Zielsetzung Soweit sich das UmgrStG und das UmwStG in ihrem Regelungsumfang unterscheiden, eint doch beide Gesetze dieselbe Zielsetzung. Umstrukturierungen, die aus wirtschaftlicher Sicht gewünscht sind, sollen im deutschen1806, wie im österreichischen Steuerrecht1807 nicht durch steuerliche Belastungen behindert werden. Dass steuerliche Einflüsse nicht das unternehmerische Handeln beeinflussen sollen, beschreibt den Topos der Entscheidungsneutralität.1808 UmgrStG und UmwStG eint die Zielsetzung, für Umstrukturierungen eine steuerliche Entscheidungsneutralität zu gewähren. Die Gewährung einer solchen Entscheidungsneutralität durch eine Steuerneutralität von Umstrukturierung verfolgt wirtschaftspolitische Gründe.1809 Insbesondere im UmgrStG äußert der Gesetzgeber seinen Willen, die Wettbewerbsfähigkeit durch Strukturveränderungen zu stärken,1810 was mit einem Abbau steuerlicher Zusatzbelastungen einhergeht.1811 Somit wird der Fortbestand des Unternehmens in seiner Identität, welches in dem unternehmerischen Engagement zum Ausdruck kommt, unabhängig vom dahinterstehenden Rechtsträger, in den Fokus gestellt.1812
1806 Vgl. BT-Drs. 12/6685: „[…] Umstrukturierungen […] nicht durch steuerliche Folgen behindert, die ohne die besondere Regelung des Umwandlungssteuerrechts eintreten würden […]“; ähnlich BT-Drs. 16/2710: „[…] Beseitigung steuerlicher Hemmnisse für betriebswirtschaftlich sinnvolle grenzüberschreitende Umstrukturierungen […]“. 1807 Vgl. ErlRV StruktVG 1969, 1029 BlgNR XI. GP, 5: „[…] [Erleichterung von] erforderlichen Strukturanpassungen […]“; ErlRV UmgrStG, 266 BlgNR XVIII. GP, 15: „[…] Umgründungen [sollen] nicht erschwert oder verhindert werden […]“. 1808 Vgl. Abschnitt C.III.2.c).aa). 1809 Vgl. für das deutsche U mwStG: BFH v. 15.04.2015, I R 54/13, B StBl. II 2017, 136, unter II.2.b)aa); für das österreichische UmgrStG: Hohenwarter-Mayr, Rechtsnachfolge, 2019, 538. 1810 Vgl. ErlRV StruktVG 1969, 1029 BlgNR XI. GP, 5: „[…] Stärkung der Wett bewerbsfähigkeit durch Verbesserung der [Unternehmensstruktur]“; ErlRV UmgrStG, 266 BlgNR XVIII. GP, 15: „[…] die unternehmerischen Anforderungen in einer […] Markt orientierten Wirtschaft eine dauernde Anpassung der Strukturen erzwingt […]“. 1811 Vgl. Hohenwarter-Mayr, Rechtsnachfolge, 2019, 537. 1812 Vgl. Hohenwarter-Mayr, Rechtsnachfolge, 2019, 537; Mayr in Doralt/Ruppe, StR I, 2019, 572 (Rn. 1107).
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H. Handlungsempfehlungen und Rechtsvergleich
c) Materiell-rechtliche Ausgestaltung zur Zielerreichung Nachfolgend wird die materiell-rechtliche Ausgestaltung des UmgrStG und des UmwStG vor dem Hintergrund der Zielsetzung, der Gewährung einer Entscheidungsneutralität für Veränderungen der Unternehmensstruktur, gegenübergestellt. aa) Buchwertfortführung als Regel vs. Bewertungswahlrecht Kern der Beseitigung der steuerlichen Hemmnisse und Steuerneutralität im engeren Sinne ist die Unterdrückung der Gewinnrealisation bei dem intersubjektiven Transfer von stillen Reserven und Lasten durch Buchwertfortführung, worin sich – im Einklang mit den Regeln der Fusionsrichtlinie1813 – ein Besteuerungsaufschub materialisiert.1814 Freilich bestehen jedoch insoweit zwischen dem UmgrStG und dem UmwStG systematische Unterschiede. Fällt eine innerstaatliche Umgründung nicht in den Anwendungsbereich des UmgrStG, erfolgt eine Tauschbzw. Liquidationsbesteuerung nach allgemeinem Ertragsteuerrecht.1815 Die Rechtsgrundlage für die Realisation von Umgründungen findet sich somit außerhalb des UmgrStG. Findet das UmgrStG hingegen Anwendung, kommt es zwingend zu einer Buchwertfortführung. Aufwertungsoptionen bestehen lediglich für Umgründungen mit Auslandsbezug. Im UmwStG ist dies anders gelagert. Umstrukturierungen iSd. U mwStG erfolgen im Grundsatz mit dem gemeinen Wert. Die Rechtsgrundlage für die realisierende Umstrukturierung befindet sich somit im U mwStG selbst. Als Ausnahme ermöglicht das U mwStG bei Erfüllung gewisser Voraussetzungen die Fortführung der Buchwerte oder den Ansatz eines höheren Werts, begrenzt durch den gemeinen Wert. Prima vista ist die Begünstigungswirkung von UmgrStG und U mwStG gleich, da die Steuerneutralität nach dem UmgrStG an eine fortwährende Steuerverstrickung bzw. Entstrickungsvorbehalte knüpft. Das U mwStG unterscheidet sich jedoch vom UmgrStG dahingehend, dass es nicht nur auf 1813 Zum gebotenen Besteuerungsaufschub durch die FRL siehe bereits Abschnitt F.IV.2.b) und F.IV.2.c); sowie zB. van den Broek, Cross-Border Mergers, 2012, 191. 1814 Vgl. zum Besteuerungsaufschub nach dem UmwStG zB. Hügel, Verschmelzung und Einbringung, 1993, 461; Kredig, Besteuerung stiller Reserven, 2013, 303; zum Besteuerungsaufschub nach dem UmgrStG: Hohenwarter-Mayr, DStJG 43 (2020), 421 (428–429). 1815 Vgl. dazu Abschnitt F.III.1.c).
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II. Rechtsvergleich zwischen UmgrStG und UmwStG
Antrag die Buchwertfortführung ermöglicht, sondern dem Steuerpflichtigen ein Wahlrecht einräumt, anstatt der Buchwerte einen höheren Wert anzusetzen. Das UmwStG enthält somit im Vergleich zum österreichischen Pendant ein Aufwertungswahlrecht für innerstaatliche Umstrukturierungen, was indes eng mit dem nachfolgenden, wesentlichen Unterschied zwischen UmgrStG und U mwStG verbunden ist: dem objektbezogenen Verlust übergang. bb) Objektbezogener Verlustübergang vs. Versagung des intersubjektiven Verlustübergangs Das UmgrStG ist vom objektbezogenen Verlustübergang geprägt,1816 sodass noch nicht genutzte Verluste des übertragenden Rechtsträgers auf den übernehmenden Rechtsträger übergehen,1817 sofern es sich um ein Steuersubjekt handelt.1818 Dies ist insofern konsequent, als dass ein Gesetz, was die steuerliche Privilegierung von Umstrukturierungen regeln möchte, ohne Regelung zum Verlustabzug unvollständig wäre.1819 Der intersubjektive Verlustübergang erfolgt indes nicht kraft Gesamtrechtsnachfolge, sondern ausnahmsweise1820 aufgrund spezialgesetzlicher Anordnung.1821 Freilich ist der Verlust übergang nicht frei von Bedingungen bzw. Vorbehalten. Bspw. setzt die 1816 Vgl. dazu bereits ausführlich Abschnitt F.III.2.a)dd). 1817 Vgl. auch bereits Hügel, D StJG 17 (1994), 69 (80 sowie dort Fn. 42) mit Nachweisen zum intersubjektiven Verlustübergang iRd. StruktVG (Vorgängergesetz des UmgrStG). 1818 Der Zusammenschluss bzw. die Realteilung einer betrieblichen Einheit führt – mangels Steuersubjektivität der Personengesellschaft (vgl. Kirchmayr/Bodis/Hammerl in Doralt/Ruppe, StR I, 2019, 282 [Rn. 525]) – nicht zu einem intersubjektiven Übergang des Verlustabzugs, vgl. Huber in Wundsam/Zöchling/Huber/Khun, § 25 UmgrStG Rn. 29, § 30 UmgrStG Rn. 21; Mühlehner in Hügel/Mühlehner/ Hirschler, § 25 UmgrStG Rn. 22; Walter, UmgrStR, 2021, 301 (Rn. 775); Mayr in Doralt/Ruppe, StR I, 2019, 648 (Rn. 1232); Bergmann in Kofler, § 30 UmgrStG Rn. 91; Steinmaurer in Wiesner/Hirschler/Mayr, HdU § 30 Rn. 18; Mühlehner in Hügel/Mühlehner/Hirschler, § 30 UmgrStG Rn. 15. 1819 So bereits Hohenwarter-Mayr, DStJG 43 (2020), 421 (435). 1820 Vgl. VfGH v. 24.02.2009, B 1275/08-7, nv: „[der] im UmgrStG vorgesehene Übergang von Verlusten einer Kapitalgesellschaft auf den Rechtsnachfolger [stellt die] Ausnahme [dar] […]“; dazu auch Hohenwarter-Mayr, DStJG 43 (2020), 421 (470). In diesem Sinne auch VwGH v. 08.11.1989, 88/13/0112: „[…] [das] Recht [des Verlustabzugs] kann grundsätzlich nicht auf einen anderen übergehen. Eine Ausnahme [davon] findet sich […] in § 6 Abs 3 [StruktVG] bei [der] Umwandlung einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft.“ 1821 Vgl. Hohenwarter-Mayr, DStJG 43 (2020), 421 (470); aA. Hügel in GS Helbich, 2014, 189 (199 ff.); Hügel, Verschmelzungen, § 4 Rn. 18 ff.
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H. Handlungsempfehlungen und Rechtsvergleich
Nutzung der übergangenen Verluste voraus, dass die verlustverursachende Einkunftsquelle am Umgründungsstichtag hinreichend mit der Einkunftsquelle zum Zeitpunkt der Verlustentstehung vergleichbar ist, was an entsprechenden Kriterien gemessen wird.1822 Zugleich „infiziert“ die Verlust übernahme auch die eigenen Verluste des übernehmenden Rechtsträgers, sodass selbst die weitere Nutzung eigener Verluste von der Aufrechterhaltung des Objektbezugs abhängt.1823 Ein solcher Objektbezug ist dem U mwStG dem Grunde – zumindest historisch betrachtet – grds. bekannt. Der in § 12 Abs. 3 Hs. 2 UmwStG 1995 noch enthaltene intersubjektive Verlustübergang bei Verschmelzungen zwischen Körperschaften enthielt als Abzugsvoraussetzung einen Objektbezug, gleichwohl wurde dieser Verlustübergang iRd. SEStEG aufgrund des befürchteten Imports ausländischer Verluste gestrichen.1824 Folglich ist dem UmwStG der Verlustuntergang bzw. der fehlende Verlustübergang immanent. Um indes eine Verlustnutzung zumindest ansatzweise bei Umwandlungen zu ermöglichen, wurde demnach die Möglichkeit des Ansatzes von Zwischenwerten (oder des gemeinen Werts) geschaffen.1825 Damit besteht eine Verbindung zwischen der Möglichkeit des Zwischenwertansatzes1826 und der Versagung des Verlustübergangs.1827 d) Zur Zulässigkeit der Buchwertfortführung bei einem stillen Lastenüberschuss im UmwStG und UmgrStG Untersuchungsgegenstand der vorliegenden Arbeit war zu einem großen Teil, ob eine Buchwertfortführung bei Umstrukturierungen nach dem UmwStG bei einem Überschuss an stillen Lasten erfolgen kann und sich eine ähnliche Problematik im österreichischen UmgrStG stellt.
1822 Vgl. Farmer in FS Pircher, 2007, 99 (108 ff.). 1823 Vgl. Hohenwarter-Mayr, DStJG 43 (2020), 421 (460–462). 1824 Vgl. Hackemack, Verlustabzug, 2010, 97; Ley/Bodden, FR 2007, 265 (276); dahingehend auch Dötsch/Pung, DB 2006, 2704 (2714). 1825 Vgl. BT-Drs. 16/2710, 35: „[…] Die Überträgerin kann [.] Verlustvorträge durch Ansatz des gemeinen Werts oder eines Zwischenwerts […] verrechnen […]“; Riedel, StuW 2019, 225 (232). 1826 Einschränkend ist zu konstatieren, dass eine Verlustverrechnung nur bei existierenden stillen Reserven möglich ist, vgl. Hackemack, Verlustabzug, 2010, 136–137; Riedel, StuW 2019, 225 (232). 1827 Vgl. Thiel, DB 2005, 2316 (2320); dahingehend auch Hügel, DStJG 17 (1994), 69 (81 f., 101) zum Entwurf von § 4 Abs. 6 UmwStG-E 1995.
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II. Rechtsvergleich zwischen UmgrStG und UmwStG
aa) Buchwert als absolute Untergrenze des UmwStG Es wurde herausgearbeitet, dass die Auffassung, der gemeine Wert sei innerhalb des umwandlungssteuerlichen Bewertungswahlrechts neben der Wert obergrenze auch die absolute Wertuntergrenze, nicht zu überzeugen vermag. Lässt sich diese Auffassung zwar noch aus dem Gesetzeswortlaut ableiten, führt eine Betrachtung des Wortlauts nach der Systematik,1828 der Teleologie,1829 dem verfassungsrechtlichen Folgerichtigkeitsgebot1830 sowie den Vorgaben der FRL1831 richtigerweise dazu, dass der Buchwert als die absolute Wertuntergrenze des umwandlungssteuerlichen Bewertungsrechts anzusehen ist.1832 Dies muss in jedem Fall gelten, wenn der Überschuss an stillen Lasten aufgrund der Verteilung von stillen Reserven und Lasten mit einem positiven Umstrukturierungsergebnis einhergeht. Aber auch dann, wenn ein negatives Umstrukturierungsergebnis entsteht, ist die Buchwertfortführung angezeigt. Voraussetzung ist jedoch, dass der Besteuerungszugriffs des Fiskus in Deutschland bestehen bleibt und die Fortführung des unternehmerischen Engagements möglich ist. Von letzterem muss in jedem Fall ausgegangen werden, wenn der Ertragswert der übertragenden Sachgesamtheit positiv ist.1833 Ist der Ertragswert hingegen negativ, scheidet prima facie eine Fortführung des unternehmerischen Engagements aus.1834 Die hier untersuchte Problematik ist im Übrigen einerseits eine Konsequenz des im gleichen Satz verankerten Wahlrechts zum Ansatz von Zwischenwerten, welches mit dem de lege lata nicht zugelassenen Verlustübergang in unmittelbarem Zusammenhang steht. Andererseits resultiert die Existenz von steuerlichen stillen Lasten aus Einschränkungen des Imparitätsprinzip, da dieses dazu zu einer steuerbilanziellen Überbewertung von Aktiva bzw. Un1828 Vgl. dazu ausführlich Abschnitt E.III.1. 1829 Vgl. dazu ausführlich Abschnitt E.III.2. 1830 Vgl. dazu ausführlich Abschnitt E.IV.1. 1831 Vgl. dazu ausführlich Abschnitt E.IV.2. 1832 So im Ergebnis auch Hageböke/Stangl, DK 2020, 424 (434–435); Holle/Weiss, FR 2019, 833 (839); Zimmermann, Ubg 2018, 17 (19 ff.; 22); Schumacher/NeitzHackstein, Ubg 2011, 409 (411); Neu/Schiffers/Watermeyer, GmbHR 2011, 729 (730); Graw in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 1 UmwStG Rn. 211; Rödder in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 11 U mwStG Rn. 328–331; Martini in Widmann/Mayer, § 3 UmwStG Rn. 747; Mertgen in Haritz/Menner/Bilitewski, § 3 UmwStG Rn. 134. 1833 Siehe Abschnitt E.III.2.c)bb(1). 1834 Siehe Abschnitt E.III.2.c)bb)(2).
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H. Handlungsempfehlungen und Rechtsvergleich
terbewertung von Passiva führt und somit das steuerbilanzielle Eigenkapital, als Saldogröße der Summe der Buchwerte des übergehenden Vermögens, im Vergleich zum Verkehrswert erhöht ist. Bei Bejahung des gemeinen Werts als absolute Wertuntergrenze wäre die Versagung der Buchwertfortführung bei einem gemeinen Wert, der das erhöhte steuerbilanzielle Eigenkapital unterschreitet, eine Folge der Einschränkung des Imparitätsprinzips.1835 bb) Uneingeschränkte Buchwertfortführung im UmgrStG Im österreichischen Steuerrecht ist als Ausgangsbefund festzuhalten, dass aufgrund des dort imparitätisch ausgestalteten Realisationsprinzips1836 sowie der strengen Einhaltung des Maßgeblichkeitsgrundsatzes iRd. unternehmensrechtlichen Betriebsvermögensvergleichs nach § 5 Abs. 1 öEStG1837 sowie der damit verbundenen Zulässigkeit der Verlustvorsorge (insb. durch Drohverlustrückstellungen) nicht in dem Maße stille Lasten entstehen, wie dies in Deutschland der Fall ist.1838 Jedoch kommt es hinsichtlich der Buchwertfortführung nicht auf die Existenz stiller Lasten an. Sofern ein Umgründungsvorgang die Anwendungsvoraussetzungen des UmgrStG erfüllt, erfolgt bei einer fortwährenden Steuerverhaftung in Österreich – was bei innerstaatlichen Umgründungen ohne Auslandsbezug freilich unterstellt werden kann – eine zwingende Buchwertfortführung.1839 Allenfalls dann, wenn der Verkehrswert der Sachgesamtheit negativ ist, scheidet die Anwendung des UmgrStG dem Grunde nach aus. Bei Ein bringungen, Zusammenschlüssen und Realteilungen ist ein positiver Stand- Alone-Verkehrswert Anwendungsvoraussetzung des UmgrStG.1840 Hingegen ist bei Verschmelzungen, Umwandlungen und Spaltungen von Körperschaften der positive Verkehrswert keine steuerliche Voraussetzung, lediglich die gesellschaftsrechtliche Zulässigkeit ist für die Anwendung des UmgrStG 1835 Vgl. dazu bereits Abschnitt D.IV.4.d). 1836 Vgl. dazu Abschnitt F.I.1.a). 1837 Siehe dazu Abschnitt F.I.2.a) und F.I.2.b). 1838 So sind bspw. Drohverlustrückstellungen in der Steuerbilanz zulässig. Freilich bestehen auch hinsichtlich der steuerbilanziellen Bewertung von Rückstellungen (insb. Sozialkapitalrückstellungen) Besonderheiten, die zu einer steuerlich niedrigeren Bewertung führen, vgl. Abschnitt F.II.2. 1839 Vgl. dazu Abschnitt F.III.2.a)aa). 1840 Siehe dazu Abschnitt F.IV.2.a).
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II. Rechtsvergleich zwischen UmgrStG und UmwStG
maßgeblich.1841 Ausnahmsweise ist der Anwendungsbereich des UmgrStG für diese Umgründungen eröffnet, wenn der Stand-Alone-Verkehrswert der übertragenen Einheit zwar negativ ist, sich in der Gesamtbetrachtung aus der Perspektive des aufnehmenden Unternehmens ein positiver Verkehrswert ergibt und die übernehmende Einheit nicht durch die Übernahme des negativen Vermögens insolvenzgefährdet ist.1842 Allerdings dient das steuerliche Erfordernis eines positiven Verkehrswerts nicht der Verhinderung einer intersubjektiven Übertragung eines stillen Lastenüberschusses, sondern der Verhinderung der Übertragung von insolvenzrechtlich gefährdeten Einheiten.1843 Jedoch stellt sich die im deutschen UmwStG diskutierte Problematik im österreichischen UmgrStG nicht, weil in Österreich kein Aufwertungswahlrecht für innerstaatliche Umgründungen besteht. Somit fehlt es an einer Wertebegrenzung. cc) Irrelevanz der intersubjektiven Verlustübertragung Nun ließe sich einwenden, dass die Übertragung eines stillen Lastenüberschusses nach dem österreichischen UmgrStG deshalb möglich ist, weil auch die noch nicht verrechneten Verluste nach dem österreichischen UmgrStG, soweit die Buchwerte fortgeführt werden, mit auf den übernehmenden Rechtsträger übergehen.1844 Daraus kann allerdings nicht abgeleitet werden, dass ein Transfer eines stillen Lastenüberschusses mit einem Übergang von nicht genutzten Verlusten 1841 Die gesellschaftsrechtliche Zulässigkeit der Umgründung kann indes auch bejaht werden, wenn das übertragene Vermögen einen negativen Verkehrswert vorweist, was indes als Ausnahme zu betrachten ist, vgl. ausführlich Abschnitt F.IV.2.b). Zur Vereinbarkeit mit dem Telos des UmgrStG siehe Abschnitt F.IV.2.c)bb). Zur teleologischen Reduktion des Erfordernisses eines positiven Stand-Alone-Verkehrswerts bei Umgründungen iSv. Art. III, IV und V, siehe Abschnitt F.IV.2.c)cc). 1842 Vgl. Abschnitt F.IV.2.b) sowie F.IV.2.c). 1843 Vgl. Abschnitt F.IV.2.a)bb). 1844 Vgl. § 4 Z 1 lit. a) UmgrStG (Herv. d. Verf.): „Verluste der übertragenden Körperschaft, die bis zum Verschmelzungsstichtag entstanden und noch nicht verrechnet sind, gelten im Rahmen der Buchwertfortführung ab dem dem Verschmelzungsstichtag folgenden Veranlagungszeitraum der übernehmenden Körperschaft insoweit als abzugsfähige Verluste dieser Körperschaft […]“; vgl. UmgrStR, Rn. 188; Hohenwarter-Mayr, DStJG 43 (2020), 421 (453–454); Zöchling/Fraberger in FS Loukota, 2005, 707 (712); Kofler/Six in Kofler, § 4 UmgrStG Rn. 22; Furherr in Kofler, § 21 UmgrStG Rn. 33.
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H. Handlungsempfehlungen und Rechtsvergleich
bzw. Verlustvorträgen kovariieren. Die Buchwertfortführung gilt für noch nicht realisierte Wertsteigerungen und Wertminderungen und führt zu einer Unterdrückung der Gewinnrealisation als eine Ausprägung der Rechtsnachfolge.1845 Hingegen handelt es sich beim Verlustabzug bereits um bereits realisiertes, dh. am Markt bestätigtes, negatives Einkommen, das noch nicht vollständig verrechnet wurde.1846 Dieser geht allein aufgrund spezialgesetzlicher Regelungen, die konstitutiver Natur sind, auf den übernehmenden Rechtsträger über.1847 Zudem steht der Verlustübergang unter dem Vorbehalt der Aufrechterhaltung des verlustverursachenden Betriebs, dh. ein Objektbezug ist vorausgesetzt.1848 Ein solcher ist bei stillen Reserven und Lasten aufgrund der Verbindung mit einem Wirtschaftsgut unstreitig gegeben.1849
2. Grenzüberschreitende Umstrukturierungen Neben der Behandlung stiller Lasten bei nationalen Umstrukturierungen nach dem UmgrStG und U mwStG erfolgte eine Betrachtung stiller Lasten im Kontext der Ent- und Verstrickung bei grenzüberschreitenden Umstrukturierungen zwischen Deutschland und Österreich. a) Entstrickung: Verhinderung des Exports stiller Lasten Systematisch ist zunächst festzustellen, dass das österreichische UmgrStG zwar eigene Entstrickungsvorbehalte besitzt, die entweder als Anwendungsvoraussetzungen oder Bewertungsvorschriften formuliert sind.1850 Konträr dazu enthält das deutsche UmwStG Entstrickungsvorbehalte, bei deren Nichterfüllung ein vom gemeinen Wert abweichender Wertansatz nicht mehr möglich ist, sodass zwangsweise der gemeine Wert anzusetzen ist (zur Besonderheit bei Pensionsrückstellungen sogleich).
1845 Vgl. Hohenwarter-Mayr, Rechtsnachfolge, 2019, 558 sowie ausführlich zu den einzelnen Umgründungen Abschnitt F.IV.1.a). 1846 Vgl. dazu bereits Abschnitt E.III.2.a)bb). 1847 Vgl. Hohenwarter-Mayr, Rechtsnachfolge, 2019, 885. 1848 Vgl. dazu ausführlich Abschnitt F.III.2.a)dd). 1849 Vgl. dazu bereits Abschnitt B.III.1.c); sowie zB. Kredig, Besteuerung stiller Reserven, 2013, 68. 1850 Vgl. bereits Abschnitt F.III.2.a)bb).
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II. Rechtsvergleich zwischen UmgrStG und UmwStG
Dogmatisch betrachtet sichern die Entstrickungsklauseln im Falle der Existenz stiller Reserven die Erfassung des auf dem jeweiligen Hoheitsgebiet entstandenen Besteuerungssubstrats. Im Falle der Existenz von stillen Lasten dürfte aus Fiskalsicht grds. kein Interesse bestehen, diese aufzudecken, korrespondierend besteht beim Zuzugsstaat kein Interesse, eine „fremde“ stille Last zu importieren. Zur Vermeidung einer Nichtberücksichtigung sowie der Verwirklichung des Territorialitätsprinzips ist indes die steuerliche Erfassung der stillen Lasten im Quellenstaat unionsrechtlich geboten.1851 Genau dies wird aber bei der rechtlichen Entstrickung nicht erreicht, da in diesen Fällen der Teilwert der Pensionsrückstellung des UmwStG maßgeblich ist.1852 Hingegen wird bei der tatsächlichen Entstrickung von Pensionsrückstellungen deren gemeiner Wert iRd. Entstrickungsbesteuerung zugrunde gelegt.1853 Im Ergebnis kommt es zu einer Ungleichbehandlung zweier gleich gelagerter Entstrickungsfälle. Gründe, die eine differenzierte Wertbemessung rechtfertigen könnten, sind nicht ersichtlich, da in beiden Fällen eine Pensionsrückstellung die Besteuerungshoheit verlässt und in einem Fall der gemeine Wert der Pensionsrückstellung nicht berücksichtigt wird, was eine endgültige, finale Nichtberücksichtigung der stillen Last zur Folge hat. Konträr dazu ordnet das österreichische UmgrStG im Falle der Entstrickung die Realisation an und verweist insoweit auf das allgemeine Ertragsteuerrecht, entweder in Form der Liquidationsbesteuerung1854 oder durch den Ansatz des Fremdvergleichswerts nach § 6 Z 6 lit. a) öEStG,1855 was jedoch keinen Unterschied zum Ansatz des gemeinen Werts darstellt.1856 Bei einer umgründungsbedingten Entstrickung werden insoweit die stillen Reserven und Lasten erfasst und einer Besteuerung zugeführt. b) Verstrickung: strenge Durchbrechung der Werteverknüpfung vs. unabgestimmtes Regelungskonglomerat Bei grenzüberschreitender Inbound-Umstrukturierung erfolgt die Verstrickung, dh. die erstmalige Begründung des entsprechenden Besteuerungs1851 1852 1853 1854 1855 1856
Vgl. Abschnitt G.I.3.b). Vgl. Abschnitt G.II.1.d)(1). Vgl. Abschnitt G.II.1.d)(2). Vgl. § 1 Abs. 2 S. 2, § 7 Abs. 2 S. 2 UmgrStG. Vgl. § 16 Abs. 1 S. 2, § 24 Abs. 1 Z 3, § 29 Abs. 1 Z 3 UmgrStG. Vgl. Mayr/Mair, RdW 2016, 72 (74).
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H. Handlungsempfehlungen und Rechtsvergleich
rechts an den übertragenen Wirtschaftsgütern, regelmäßig erst auf Ebene des inländischen Rechtsträgers.1857 Das UmgrStG formuliert unentwegt einen Wertansatz durch den übertragenden Rechtsträger und eine Werteverknüpfung durch den übernehmenden Rechtsträger.1858 Diese Wertverknüpfung wird auf Ebene des übernehmenden Rechtsträgers durchbrochen, indem das UmgrStG zwingend eine Bewertung mit dem gemeinen Wert vorsieht,1859 um Besteuerungsbefug nisse abzugrenzen und einen Import von auf fremdem Hoheitsgebiet entstandenen stillen Reserven und Lasten zu verhindern.1860 Der Zweck der Verhinderung des Imports stiller Lasten materialisiert sich auch in der Höchstbegrenzung „höchstens der gemeine Wert“ in Fällen des Re-Imports.1861 Die Systematik des deutschen UmwStG unterscheidet sich von der Systematik im UmgrStG in einem Bereich der Einbringung. Denn der übernehmende Rechtsträger hat das eingebrachte Betriebsvermögen bewertet. Dieser Wertansatz ist dann maßgeblich für den Einbringenden zur Bestimmung seines Veräußerungspreises. Ungeachtet dessen enthält das UmwStG keine eigenständigen Bewertungsvorschriften für den Verstrickungsfall. Nach teilweiser im Schrifttum vertretener Ansicht, kann dies insb. bei der zeitgleichen Übertragung von bereits im Inland steuerverstrickten Vermögens aufgrund der Einheitlichkeit des Wertansatzwahlrechts zum Import von im Ausland entstandenen stillen Reserven und Lasten führen.1862 Zwar kann dies systematisch dahingehend gelöst werden, dass die Verstrickung nach den Regelungen des allgemeinen Ertragsteuerrechts eine logische Sekunde nach der Ausübung des Bewertungswahlrechts erfolgt. Gleichwohl existieren anders lautende Auffassungen im Schrifttum, sodass insoweit eine Rechtsunsicherheit besteht. Im Übrigen sind die fehlenden Regelungen zur
1857 Vgl. Häck in Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 2023, Rn. 20.16, 20.97. 1858 Vgl. dazu im Einzelnen Abschnitt F.IV.1.a)aa) bis F.IV.1.a)ff). 1859 Vgl. § 3 Abs. 1 Z 2 UmgrStG (Verschmelzungen), § 9 Abs. 1 Z 3 TS 1 UmgrStG (Umwandlungen) sowie § 18 Abs. 1 Z 3 TS 1 UmgrStG (Einbringungen). 1860 Vgl. bereits Abschnitt G.II.2.a)bb). Dem gleichen Ziel dient die angeordnete Teilwertbewertung bei Import-Zusammenschlüssen (§ 25 Abs. 1 Z 2 TS 2 UmgrStG) bzw. Import-Realteilungen (§ 30 Abs. 1 Z 2 UmgrStG). Der gemeine Wert wird indes als sachgerechterer Wertmaßstab zur Abgrenzung der territorialen Besteuerungsbefugnisse erachtet, vgl. Wild, Importverschmelzungen, 2018, 110–111. 1861 Vgl. dazu Abschnitt G.II.2.b)bb). 1862 Vgl. dazu Abschnitt G.III.2.bb).
356
II. Rechtsvergleich zwischen UmgrStG und UmwStG
Verstrickung im UmwStG mit Blick auf die dort geregelte Entstrickung unsystematisch.
3. Ergebnis: vollkommenere Verwirklichung der Entscheidungsneutralität durch UmgrStG bei stillen Lasten Sowohl das UmgrStG als auch das UmwStG bezwecken eine Entscheidungsneutralität im Hinblick auf die Wahl der unternehmerischen Struktur bzw. Kooperations- und Rechtsform. Im direkten Vergleich zwischen UmgrStG und U mwStG lässt sich konstatieren, dass das UmgrStG die Entscheidungsneutralität als oberste gesetzliche Zielsetzung besser verwirklicht als das UmwStG. Denn im UmgrStG ist eine strenge Buchwertfortführung vorgesehen, und zwar unabhängig davon, ob ein Überschuss an stillen Reserven oder Lasten besteht. Lediglich der fortwährende Besteuerungszugriff der Bundesrepublik Österreich wird ebenso vorausgesetzt wie das Erfordernis eines grds. positiven Vermögens. Des Weiteren geht jede Umstrukturierung iSd. UmgrStG – soweit die Buchwerte fortgeführt werden – mit einem intersubjektiven Verlustübergang einher. Sowohl die unterbleibende Gewinnrealisation als auch der Übergang noch nicht genutzter Verluste führen dazu, dass Umgründungen im Grundsatz ohne maßgebliche steuerliche Konsequenzen erfolgen. Konträr dazu wird die Entscheidungsneutralität im Hinblick auf Umstrukturierungen unter Anwendung des deutschen UmwStG nicht in demselben Maße wie im österreichischen UmgrStG verwirklicht. Denn es besteht Rechtsunsicherheit darüber, ob die Buchwertfortführung in jeglichen Fällen, dh. insb. bei einer Sachgesamtheit mit einem Überschuss an stillen Lasten, zulässig ist. Im Zuge der Auslegung lässt sich dies zwar zweifelsfrei klären, letztendlich verleibt jedoch eine Rechtsunsicherheit. Hinzu tritt der Umstand, dass Verluste des übertragenden Rechtsträgers nicht auf den übernehmenden Rechtsträger übergehen. Zur Kompensation dieses effektiven Nachteils enthält das UmwStG ein Aufwertungswahlrecht, wenngleich bei Verlustverrechnung Einschränkungen in Gestalt der Mindestbesteuerung (§ 10d Abs. 2 EStG) existieren.
357
H. Handlungsempfehlungen und Rechtsvergleich
III. Handlungsempfehlung an den Gesetzgeber zur Beseitigung der Schwächen des UmwStG in Bezug auf stille Lasten III. Handlungsempfehlungen an den Gesetzgeber
Nach dem vorstehenden Vergleich mit dem UmgrStG sind folgende Handlungsempfehlungen an den Gesetzgeber zu richten, um die Entscheidungsneutralität des UmwStG – insb. bei der Existenz stiller Lasten – stärker auszuprägen.
1. Gesetzliche Klarstellung zum Buchwert als Wertuntergrenze Die Untersuchung hat gezeigt, dass der Buchwert als absolute Wertuntergrenze die Entscheidungsneutralität im UmwStG – soweit es die Buchwertfortführung betrifft – konsequent verwirklicht. De lege lata ist ein intersubjektiver Transfer stiller Lasten durch Buchwertfortführung damit bereits durch eine systematisch-teleologische Auslegung uneingeschränkt möglich.1863 Dies wird durch eine verfassungskonforme Auslegung anhand des Folgerichtigkeitsprinzips sowie einer richtlinienkonformen Auslegung anhand der FRL untermauert.1864 Zum Abbau von Rechtsunsicherheiten ist dem Gesetzgeber zu empfehlen, den Wortlaut des umwandlungssteuerlichen Bewertungswahlrechts zu ändern, indem der Buchwert als klarstellende Wertuntergrenze festgeschrieben wird. Dies steht auch im Einklang mit der rechtssicheren Verwirk lichung des Ziels der FRL im nationalen Recht.1865 Die Möglichkeit des Zwischenwertansatzes bleibt davon unberührt:1866 § 3 Abs. 2 S. 1, § 11 Abs. 2 S. 1 UmwStG: „Auf Antrag können die übergehenden Wirtschaftsgüter abweichend von Absatz 1 einheitlich mit dem Buchwert oder mit einem höheren über dem Buchwert liegenden Wert, höchstens jedoch mit dem Wert nach Absatz 1, angesetzt werden, soweit […]; der über dem Buchwert liegende Wert darf den Wert im Sinne des Absatzes 1 nicht überschreiten.“ 1863 Vgl. Abschnitt E.III. 1864 Vgl. Abschnitt E.IV., glA. Hageböke/Stangl, DK 424 (434–435). 1865 Vgl. dazu EuGH v. 18.10.2012, C-603/10, Pelati, DStRE 2013, 349 Rn. 36. 1866 In Anlehnungen an die Ausführungen von Martini in Widmann/Mayer, § 3 UmwStG Rn. 748 zur Interpretation der umwandlungssteuerlichen Höchstbegrenzung.
358
III. Handlungsempfehlungen an den Gesetzgeber
§ 20 Abs. 2 S. 2, § 24 Abs. 2 S. 2 UmwStG: „Abweichend von Satz 1 kann das übernommene Betriebsvermögen auf Antrag einheitlich mit dem Buchwert oder einem höheren über dem Buchwert liegenden Wert, höchstens jedoch mit dem Wert im Sinne des Satzes 1, angesetzt werden, soweit […]; der über dem Buchwert liegende Wert darf den Wert im Sinne des Satzes 1 nicht überschreiten.“
§ 21 Abs. 1 S. 2 U mwStG: „Abweichend von Satz 1 können die eingebrachten Anteile auf Antrag mit dem Buchwert oder einem höheren über dem Buchwert liegenden Wert, höchstens jedoch mit dem gemeinen Wert, angesetzt werden, wenn […]; der über dem Buchwert liegende Wert darf den Wert im Sinne des Satzes 1 nicht überschreiten.“
Des Weiteren sollte Rn. 03.12 im Zuge der Überarbeitung des UmwStE gestrichen werden. Gleichwohl macht dies eine weitere Änderung im UmwStG erforderlich. Denn mit der Einführung von § 2 Abs. 5 UmwStG hat der Gesetzgeber gezeigt, dass er die intersubjektive Übertragung von spezifischen stillen Lasten in Kapitalgesellschaftsanteilen als missbräuchlich qualifiziert, sodass er in § 2 Abs. 5 UmwStG ein spezifisches Abzugsverbot für eben jene stillen Lasten implementiert hat. Von diesem Abzugsverbot besteht eine Ausnahme, wenn der übertragende Rechtsträger ohne die Rückwirkung bei einer hypothetischen Umstrukturierung einen anderen Wertansatz als den gemeinen Wert ansetzen könnte.1867 Wenn der Buchwert zutreffend die absolute Wertuntergrenze des umwandlungssteuerlichen Bewertungsrechts darstellt, verliert § 2 Abs. 5 S. 5 UmwStG seinen Anwendungsbereich, sodass das Abzugsverbot für die Realisation außerhalb des Rückwirkungszeitraums nicht greift.1868 Unter der Annahme, dass das Abzugsverbot weiterhin Bestand haben soll, ist mit der gesetzlichen Klarstellung des Buchwerts als absolute Wertuntergrenze dem Gesetzgeber zu empfehlen, die Rückausnahme des Abzugsverbots in § 2 Abs. 5 S. 5 UmwStG zu streichen.
1867 Vgl. Liedgens, Ubg 2021, 283 (287); Dötsch/Werner in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, § 2 UmwStG Rn. 145. 1868 GlA. Wernicke in Lademann, § 2 UmwStG Rn. 312; Dötsch/Werner in Dötsch/ Pung/Möhlenbrock, § 2 UmwStG Rn. 147; Liedgens, Ubg 2021, 283 (287).
359
H. Handlungsempfehlungen und Rechtsvergleich
2. Streichung der Fortgeltung von § 6a EStG im UmwStG De lege lata sollen Umstrukturierungen iSd. UmwStG nach Verwaltungsauffassung Veräußerungsvorgänge bzw. Realisationsvorgänge darstellen.1869 Dieser Veräußerungsgedanke wird aufgrund der Teilwertbewertung von Pensionsrückstellungen nur unvollständig verwirklicht, was zu einer Benachteiligung von Umstrukturierungsvorgängen im Vergleich zu Veräußerungen führt.1870 Vor diesem Hintergrund ist dem Gesetzgeber zu emp fehlen, die steuerliche Teilwertbewertung von Pensionsrückstellungen im UmwStG zu streichen, sodass Pensionsrückstellungen ebenfalls mit dem gemeinen Wert anzusetzen sind, wenn kein Antrag auf Ansatz eines Buchoder Zwischenwertes gestellt wurde, oder dessen materiell-rechtliche Vo raussetzungen nicht erfüllt sind. Dadurch würden die identifizierten Probleme beseitigt, dh. es käme nicht zu einer Überbewertung der Sachgesamtheit um die in Pensionsrückstellungen enthaltenen stillen Lasten1871 und einem daraus resultierenden Risiko einer Übermaßbesteuerung1872 sowie einer Verletzung des objektiven Nettoprinzips1873. Des Weiteren käme es nicht zu einer Ungleichbehandlung iRd. rechtlichen Entstrickung von Pensionsrückstellungen.1874 Das zur Begründung der Teilwertbewertungen iSv. § 6a EStG im U mwStG angeführte Risiko, dass andernfalls Pensionsrückstellungen iRv. Umstrukturierungen steuerwirksam „nachgeholt“ werden,1875 besteht seit der Einführung von § 4f und § 5 Abs. 7 EStG nicht mehr, da insoweit zum nächsten Bilanzstichtag eine ertragswirksame Abwertung auf den Teilwert iSv. § 6a EStG erfolgt.1876
3. Änderungen von § 4f und § 5 Abs. 7 EStG Unterstellt, dass der Gesetzgeber weiter an der derzeitigen Durchbrechung des Maßgeblichkeitsgrundsatzes festhalten möchte, besteht – aus gesetzge1869 Vgl. U mwStE, Rn. 00.02; ausführlich Abschnitt C.III.1.b). 1870 Vgl. Rödder in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 11 UmwStG Rn. 198; dazu bereits Abschnitt D.III.3.b)aa). 1871 Siehe Abschnitt D.II.3.b). 1872 Siehe Abschnitt D.II.3.b)aa). 1873 Siehe Abschnitt D.II.3.b)bb). 1874 Siehe Abschnitt G.II.1.d)aa). 1875 Siehe dazu Abschnitt D.II.3.a). 1876 Siehe aber Abschnitt H.III.4. die Empfehlung zur Änderung von § 4f, § 5 Abs. 7 EStG.
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III. Handlungsempfehlungen an den Gesetzgeber
berischer Sicht – weiterhin ein Erfordernis für § 4f und § 5 Abs. 7 EStG.1877 Dem Gesetzgeber sind jedoch Änderung von § 4f und § 5 Abs. 7 EStG nahezulegen. Im spezifischen Kontext des U mwStG besteht aufgrund der Anwendung von § 4f und § 5 Abs. 7 EStG das essenzielle Problem, dass sich die aus der Übertragung der in passivierungsbeschränkten Verpflichtungen realisierten stillen Lasten nicht auswirken, weil der Aufwand aus der realisierten stillen Last auf den übernehmenden Rechtsträger übergeht, dort der Verteilung iSv. § 4f EStG unterliegt und dem Ertrag aus der Erwerbsgewinnbesteuerung gem. § 5 Abs. 7 EStG gegenübersteht.1878 Der Gesetzgeber sollte von der Erwerbsgewinnbesteuerung Abstand nehmen. Stattdessen wäre es sachgerecht, § 5 Abs. 7 EStG in Anlehnung an das Vorgehen in Österreich bei der entgeltlichen Übertragung von Sozialkapitalrückstellungen1879 dahingehend zu ändern, dass der übernehmende Rechtsträger die Verpflichtung in der Höhe anzusetzen hat, wie diese beim übertragenden Rechtsträger bestanden hat. Zur Sicherstellung der Erfolgsneutralität des Anschaffungsvorgangs ist iHd. realisierten stillen Last ein passiver Ausgleichsposten zu bilden. Sofern es sich um eine übernommene Ansammlungsrückstellung handelt, ist der passive Ausgleichsposten gegen zukünftige Zuführungen erfolgsneutral aufzulösen. Bei Einmalrückstellungen bleibt es insoweit bei dem passiven Ausgleichsposten bis zur tatsächlichen Realisation der zugrundeliegenden Verpflichtung (zB. Eintritt eines drohenden Verlusts). Insoweit ist die einmalige Erfassung der durch die Übertragung realisierten stillen Last als auch die Einhaltung steuerbilanzieller Bewertungsvorgaben sichergestellt. Des Weiteren ist dem Gesetzgeber zu empfehlen, die Rechtsunsicherheiten hinsichtlich der Anwendung des Ausnahmetatbestands des § 4f Abs. 1 S. 3 Alt. 1 EStG bei Umstrukturierungen iSd. U mwStG zu beseitigen, da die Nichtanwendbarkeit von § 4f Abs. 1 S. 3 Alt. 1 EStG bei Umstrukturierung zwar vom Gesetzgeber intendiert ist, sich aber nicht im Wortlaut widerspiegelt. Wenn die Ausnahme von der Aufwandsverteilung gem. § 4f Abs. 1 S. 3 Alt. 1 EStG auch bei Vorgängen des UmwStG greifen würde, entspräche dies insoweit der Grundintention, dass der Umstrukturierungen zum gemeinen Wert 1877 Vgl. insb. Kahle in FS Böcking, 2021, 521 (576). 1878 Vgl. Abschnitt D.III.3.b)bb) sowie Abbildung 10. 1879 Siehe dazu Abschnitt G.II.2.c)bb).
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H. Handlungsempfehlungen und Rechtsvergleich
oder Zwischenwert innewohnende Veräußerungsgedanke konsequent verfolgt wird. Gleichwohl besteht das Risiko, dass möglicherweise ein Direktabzug der realisierten stillen Last einen Verlust begründet oder einen bestehenden Verlust erhöht, der im Falle des Erlöschens des übertragenden Rechtsträgers nach den umwandlungssteuerlichen Regelungen untergeht. Ursächlich dafür ist indes der de lege lata fehlende intersubjektive Verlust übergang. Deshalb sollte der Gesetzgeber grds. klarstellend aufnehmen, dass der gehobene Aufwand mit auf den übernehmenden Rechtsträger übergeht. Gleichwohl ist dem Gesetzgeber nahezulegen, § 4f EStG um eine Gegenbeweismöglichkeit zu ergänzen, sodass – wenn Umstrukturierungen zum gemeinen Wert erfolgen – der Steuerpflichtige wirtschaftliche Gründe darlegen kann, um ein missbräuchliches Verhalten zu widerlegen.
4. Vereinheitlichung der Ent- und Verstrickungsregelungen zwischen Ertragsteuerrecht und UmwStG Ergebnis der vorstehenden Untersuchung ist, dass die Ent- und Verstrickungssystematik im UmwStG de lege lata überarbeitungsbedürftig ist. Hält der Gesetzgeber weiterhin an der Teilwertbewertung von Pensionsrückstellungen im UmwStG fest, ist für die Fälle, in denen eine Umstrukturierung zu einer Beschränkung des deutschen Besteuerungszugriffs führt, eine Bewertung mit dem gemeinen Wert erforderlich. Andernfalls käme es insoweit zu einer steuerfreien Entstrickung stiller Lasten.1880 Dringender Handlungsbedarf besteht im Bereich der Verstrickungsregelungen. Denn tritt umstrukturierungsbedingt erstmalig übertragenes Vermögen in die deutsche Besteuerungshoheit ein, so ist – unabhängig vom Bewertungswahlrecht – keine zwingende Bewertung mit dem gemeinen Wert vorgesehen. Um einem dem Territorialitätsprinzip widersprechenden Import von stillen Reserven und Lasten, die in einer anderen Besteuerungshoheit erwachsen sind, zu verhindern, ist eine Neubewertung mit dem gemeinen Wert im U mwStG zu verankern. Hier muss dem Umstand Rechnung getragen werden, dass das umwandlungssteuerliche Bewertungswahlrecht bei Umstrukturierungen iSv. §§ 3 ff. und §§ 11 ff. UmwStG und Einbringungen iSv. §§ 20 ff. UmwStG auf unterschiedlichen Ebenen ausgeübt wird.
1880 Vgl. Abschnitt G.II.1.d)aa).
362
III. Handlungsempfehlungen an den Gesetzgeber
Bei Umstrukturierungen iSv. §§ 3 ff., §§ 11 ff. UmwStG übt der ausländische übertragende Rechtsträger das Bewertungswahlrecht aus, woraus für den inländischen übernehmenden Rechtsträger eine Werteverknüpfung besteht. Soweit ein inländisches Besteuerungsrecht erstmalig entsteht, ist somit die materiell-rechtliche Werteverknüpfung – entsprechend der Vorgehensweise im österreichischen UmgrStG – punktuell zu durchbrechen: § 4 Abs. 1 UmwStG
§ 12 Abs. 1 U mwStG
1
Der übernehmende Rechtsträger hat die auf ihn übergegangenen Wirtschaftsgüter mit dem in der steuerlichen Schlussbilanz der übertragenden Körperschaft enthaltenen Wert im Sinne des § 3 zu übernehmen.
1 Die übernehmende Körperschaft hat die auf sie übergegangenen Wirtschaftsgüter mit dem in der steuerlichen Schlussbilanz der übertragenen Körperschaft enthaltenen Wert im Sinne des § 11 zu übernehmen.
…
…
Soweit für die übergegangenen Wirtschaftsgüter das Besteuerungsrecht der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung erstmalig begründet wird, hat der übernehmende Rechtsträger diese abweichend von Satz 1 mit dem gemeinen Wert anzusetzen.
Soweit für die übergegangenen Wirtschaftsgüter das Besteuerungsrecht der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung begründet wird, hat die übernehmende Körperschaft diese abweichend von Satz 1 mit dem gemeinen Wert anzusetzen.
4
3
Da bei Einbringungen im deutschen UmwStG – anders als im UmgrStG1881 – der inländische übernehmende Rechtsträger das eingebrachte Betriebsvermögen bewertet (und das Bewertungswahlrecht gem. § 20 Abs. 2 S. 2 UmwStG ausübt), darf eine zwingende Neubewertung für erstmals steuerverstricktes Vermögen nicht die Einheitlichkeit des Bewertungswahlrechts berühren: 1881 Nach § 16 Abs. 1 UmgrStG hat der Einbringende das eingebrachte Vermögen iSd. § 15 UmgrStG in einer Einbringungsbilanz mit dem Buchwert anzusetzen. Die übernehmende Körperschaft ist gem. § 18 Abs. 1 Z 1 UmgrStG an die Werte, mit denen der Einbringende das Vermögen in der Einbringungsbilanz angesetzt hat, gebunden.
363
H. Handlungsempfehlungen und Rechtsvergleich
§ 20 Abs. 2 UmwStG
§ 24 Abs. 2 U mwStG
1
Die übernehmende Gesellschaft hat das eingebrachte Betriebsvermögen mit dem gemeinen Wert anzusetzen; für die Bewertung von Pensionsrückstellungen gilt § 6a des Einkommensteuergesetzes.
Die Personengesellschaft hat das eingebrachte Betriebsvermögen in ihrer Bilanz einschließlich der Ergänzungsbilanzen für ihre Gesellschafter mit dem gemeinen Wert anzusetzen; für die Bewertung von Pensionsrückstellungen gilt § 6a des Einkommensteuergesetzes.
Abweichend von Satz 1 kann das übernommene Betriebsvermögen auf Antrag einheitlich mit dem Buchwert oder einem höheren Wert, höchstens jedoch mit dem Wert im Sinne des Satzes 1, angesetzt werden, soweit [Nr. 1 bis 4].
Abweichend von Satz 1 kann das übernommene Betriebsvermögen auf Antrag mit dem Buchwert oder einem höheren Wert, höchstens jedoch mit dem Wert im Sinne des Satzes 1, angesetzt werden, soweit [Nr. 1 bis 2].
2
1
2
[…].
3
[…].
4
[…].
4
[…].
Ungeachtet von Satz 2 hat die übernehmende Gesellschaft das übernommene Betriebsvermögen mit dem gemeinen Wert anzusetzen, soweit das Besteuerungsrecht der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung des eingebrachten Betriebsvermögens erstmalig begrün det wird.
Ungeachtet von Satz 2 hat die Personengesellschaft das übernommene Betriebsvermögen mit dem gemeinen Wert anzusetzen, soweit das Besteuerungsrecht der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung des eingebrachten Betriebsvermögens erstmalig begründet wird.
3
5
5
IV. Ausblick: Stärkung des Maßgeblichkeitsgrundsatzes
IV. Ausblick: Stärkung des Maßgeblichkeitsgrundsatzes zur Behandlung der Ursache von steuerlichen stillen Lasten Ziel der Arbeit war die Untersuchung der Behandlung stiller Lasten im UmwStG und die Erarbeitung von Handlungsempfehlungen an den Gesetzgeber auf Basis eines Rechtsvergleichs mit dem UmgrStG der Bundesre 364
IV. Ausblick: Stärkung des Maßgeblichkeitsgrundsatzes
publik Österreich. Die Untersuchung hat jedoch auch gezeigt, dass die Problematik von stillen Lasten auf die Durchbrechung des Maßgeblichkeitsgrundsatzes im Allgemeinen und die Einschränkung des Imparitätsprinzips im Speziellen zurückzuführen ist. Die daraus resultierenden Asymmetrien wurden iRd. der vorliegenden Arbeit identifiziert. Mit den erarbeiteten Handlungsempfehlungen zur Anpassung der Regelung im UmwStG wird eine systematische Behandlung stiller Lasten sowie eine verbesserte Verwirklichung der durch das U mwStG gewährten Entscheidungsneutralität sichergestellt. Gleichwohl stellt dies lediglich eine symptomatische Behandlung dar. Zur Behandlung der Ursache ist im Steuerbilanzrecht anzusetzen und der Maßgeblichkeitsgrundsatz zu stärken.1882 Das de lege lata existierende System der Verlustverrechnung ist, aufgrund seiner Beschränkungen, ökonomisch nicht rational.1883 Ökonomisch rational und entscheidungsneutralwäre eine Negativsteuer,1884 dh. ein Erstattungsanspruch des Steuerpflichtigen gegenüber dem Fiskus in Verlustsituationen.1885 Der Fiskus würde sich – wie ein stiller Teilhaber – zu gleichen Teilen an Gewinnen und Verlusten beteiligen.1886 Dies könnte auch im U mwStG – sofern der Gesetzgeber am fehlenden Verlustübergang festhalten will – ein wirkungsvolles Instrument darstellen, um dem Leistungsfähigkeitsprinzip widersprechende Definitiveffekte zu vermeiden und gleichzeitig das Subjektsteuerprinzip in Bezug auf realisierte Verluste zu wahren.1887 Sofern der Gesetzgeber eine ökonomisch rationale Verlustverrechnung nicht zulassen will, wäre die Stärkung des Maßgeblichkeitsgrundsatzes und die Ausweitung des Imparitätsprinzips auf die steuerliche Gewinnermittlung die nächstbeste Alternative.1888 Dies würde bedeuten, steuerliche Teilwertabschreibungen nur im Einklang mit der Handelsbilanz vorzunehmen 1882 Vgl. Hennrichs in Tipke/Lang, 2021, Rn. 9.114; Kahle in Schulze-Osterloh/Hennrichs/Wüstemann, HdJ, Abt. VII/1 Rn. 367–368; Kahle in FS Böcking, 2021, 571 (576); Kahle, DB-Beil. 4/2014, 1 (19). 1883 Vgl. Röder, Verlustverrechnung, 2010, 400. 1884 Vgl. Röder, Verlustverrechnung, 2010, 406; so bereits Schneider, Investition, 1992, 268. 1885 Vgl. Schneider, BB 1986, 1222 (1224); Schneider, DB 1999, 105 (106); Schneider, Investition, 1992, 268; Marx, FR 2005, 617 (620); Röder, Verlustverrechnung, 2010, 406, dahingehend auch Schreiber/Kahle/Ruf, Besteuerung der Unternehmen, 2021, 958. 1886 Thiemann, Verluste, 2020, 314–315 sieht keine verfassungsrechtliche Verpflichtung der fiskalischen Beteiligung an Verlusten. 1887 Vgl. dahingehend auch Hennrichs, DStJG 43 (2020); 145 (181). 1888 Vgl. Kahle, DB-Beil. 4/2014, 1 (18): „Maßgeblichkeit als ‚second best‘-Lösung“.
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H. Handlungsempfehlungen und Rechtsvergleich
und nicht dem Steuerpflichtigen zur Disposition zu stellen.1889 Ferner wären Einschränkungen der Rückstellungsbildung und -bewertung zu minimieren. Konkret wäre die Anerkennung von Drohverlustrückstellungen und die Einführung einer marktgerechten Abzinsung hier probate Ansätze für eine Annäherung der Steuerbilanz an die Handelsbilanz.1890 Auch hierfür bietet sich das österreichische Steuerrecht als Vorbild an, da dort das Steuerbilanzrecht stark von der Maßgeblichkeit der GoB des UGB geprägt ist.1891 Dies zeigt sich durch die Geltung des imparitätischen Realisationsprinzips in der Steuerbilanz zwecks Verhinderung Besteuerung von unsicheren Leistungspotenzialen mittels Berücksichtigung von bereits entstandenen wirtschaftlichen Risiken.1892 Der österreichische Gesetzgeber hat somit einen Mittelweg in der Verlustberücksichtigung eingeschlagen, da dieser realistisch ist und das Leistungsfähigkeitsprinzip wohlmöglich „[…] eine Gleichbehandlung nicht realisierter Gewinne und Verluste […]“1893 nahelegen würde. Die hier untersuchte Problematik hat ausdrücklich gezeigt, welche Konsequenzen sich aus den „[…] systematisch angreifbaren steuerlichen Sondervorschriften […]“1894 ergeben können. Es bleibt abzuwarten, ob der Gesetzgeber die Ursache dessen behebt und zu einer systematischeren Ausrichtung des Steuerrechts beiträgt.1895
1889 Vgl. Kahle, DB-Beil. 4/2014, 1 (19). 1890 Vgl. Kahle, DB-Beil. 4/2014, 1 (19). 1891 Siehe dazu Abschnitt F.I.2. und zu Verbindlichkeiten und Rückstellungen Abschnitt F.II. 1892 Vgl. Beiser, SWK 2001, 640 (640 f.); Beiser, SWK 2000, 734 (734 f.). 1893 ErlRV StRefG 1993, 1237 Blg.NR. XVIII. GP 50. 1894 Hennrichs in Tipke/Lang, 2021, Rn. 9.114; vgl. auch Kahle in FS Böcking, 2021, 571 (576); Kahle in Schulze-Osterloh/Hennrichs/Wüstemann, HdJ, Abt. VII/1 Rn. 368. 1895 Vgl. Prinz, FR 2023, 337, der für eine stärkere Systemorientierung im Bilanzsteuerrecht plädiert.
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I. Thesenförmige Zusammenfassung
Die folgenden Thesen stellen die zentralen Ergebnisse der vorliegenden Arbeit dar: 1) Stille Lasten mindern bereits im Entstehungszeitpunkt die Leistungsfähigkeit des Steuersubjekts und sind aufgrund des Kostenträgerprinzips untrennbar mit dem Steuersubjekt verbunden, bei dem sie entstanden sind. Dabei gehen stille Lasten nicht per se mit einer Minderung des Steueraufkommens einher, da die Abzugsfähigkeit stiller Lasten entweder ausgeschlossen oder über den Zeitablauf gestreckt wird. 2) Mit dem U mwStG verfolgt der Gesetzgeber ein wirtschaftspolitisches Förderungsziel. Den Steuerpflichtigen soll eine Entscheidungsneutralität hinsichtlich der individuellen Unternehmensstruktur bzw. Rechtsund Kooperationsform gewährt werden. Diese Entscheidungsneutralität materialisiert sich in einer Fortführung der Buchwerte und einer unterdrückten Gewinnrealisation, sodass stille Lasten und stille Reserven intersubjektiv übertragen werden. Dies steht indes unter zwei Konti nuitätsbedingungen: der fortwährenden Steuerverstrickung sowie der Fortführung des unternehmerischen Engagements, was insb. die Umstrukturierung von der Veräußerung abgrenzt. 3) Umstrukturierungen sind im Ausgangspunkt mit einer Veräußerung vergleichbar. Dies zeigt auch die Regelbewertung zum gemeinen Wert. Erfolgt eine Umstrukturierung unter Ansatz des gemeinen Werts, sind stille Lasten unmittelbar auf die jeweiligen Wirtschaftsgüter zu allokieren. Eine Minderung des Firmenwerts scheidet aus, da mit der Bewertung zum gemeinen Wert klargestellt wird, dass die steuerbilanziellen Ansatz- und Bewertungsbeschränkungen nicht gelten sollen. Zudem verkörpert der Firmenwert Mehr-/Minderwerte, welche nicht einzelnen Wirtschaftsgütern zuzuordnen sind, was bei einer Verrechnung mit dem Firmenwert perpetuiert werden würde. 4) Unterschreitet der Verkehrswert den steuerlichen Substanzwert (iSv. § 11 Abs. 2 S. 3 BewG), ist ein passiver Ausgleichsposten auszuweisen, der dem Charakter eines Badwills entspricht. Beim übernehmenden Rechtsträger ist der passive Ausgleichsposten, soweit zukünftig Verluste erzielt werden, ertragswirksam aufzulösen, da mittels des passiven Ausgleichspostens insoweit Verluste bereits antizipiert werden. 367
I. Thesenförmige Zusammenfassung
5) Die in Pensionsrückstellungen enthaltenen stillen Lasten werden bei Umstrukturierungen aufgrund der Bewertung mit dem Teilwert iSv. § 6a EStG nicht berücksichtigt. Das U mwStG enthält keine Regelungen zur Berücksichtigung der in Pensionsrückstellungen enthaltenen stillen Lasten. Systematisch zutreffend ist es, den gemeinen Wert von Pensionsrückstellungen sowohl bei der Ermittlung des gemeinen Werts als auch bei der Ermittlung des Substanzwerts zu berücksichtigen. Aufgrund der bilanziellen Teilwertbewertung resultiert dies in einem erhöht ausgewiesenen Eigenkapital und einer Nichtberücksichtigung dieser stillen Lasten aus den Pensionsrückstellungen. Dies ist nicht nur systematisch und ökonomisch höchst unbefriedigend, sondern es kann zu einer verfassungsrechtlich zweifelhaften Übermaßbesteuerung führen. Der Verstoß gegen das objektive Nettoprinzip ist klar zu bejahen und nicht zu rechtfertigen. Eine Minderung des Firmenwerts stellt im Ergebnis eine inkonsequente Ermittlung des Substanzwerts dar und widerspricht dem Wortlaut von § 11 Abs. 2 S. 3 BewG. 6) Die gleiche Problematik zeigt sich iRd. der rechtlichen Entstrickung von Pensionsrückstellungen im UmwStG, da insoweit – abweichend zur tatsächlichen Entstrickung – ebenfalls der Teilwert zu berücksichtigen ist. Dies führt zu einem steuerfreien Export der stillen Lasten, sodass sich diese nicht mehr mindernd auf die Besteuerungsgrundlagen auswirken können. De lege ferenda ist somit für eine Streichung der Fortgeltung der Bewertung mit dem Teilwert iSd. § 6a EStG im UmwStG zu plädieren. 7) Die Gewinnermittlungsvorschriften § 4f und § 5 Abs. 7 EStG sind auch bei Umstrukturierungen zum gemeinen Wert zu beachten. Der Ausnahmetatbestand iSd. § 4f Abs. 1 S. 3 Alt. 1 EStG ist indes nicht einschlägig. Begründet werden kann dies damit, dass § 4f Abs. 1 S. 7 EStG eine vollständige Nutzbarkeit des Aufwands erreichen will, sodass dieser mit auf den übernehmenden Rechtsträger übergeht. Dies führt indes bei Umwandlungsvorgängen dazu, dass sich die gehobenen stillen Lasten nicht auswirken, da der Aufwand aus der Realisation beim übertragenden Rechtsträger nur partiell abzugsfähig ist und ansonsten auf den neuen Rechtsträger mit übergeht. Beim übernehmenden Rechtsträger steht der noch verteilungspflichtige Aufwand einer – bei Wahlrechtsausübung gestreckten – Erwerbsgewinnbesteuerung gegenüber. Somit resultiert eine asymmetrische steuerliche Behandlung von stillen Reserven und stillen Lasten. De lege ferenda sollte diese Asymmetrie insb. durch eine Änderung von § 4f und § 5 Abs. 7 EStG beseitigt werden. Bleibt es bei dem 368
I. Thesenförmige Zusammenfassung
fehlenden intersubjektiven Verlustübergang iSd. UmwStG, sollte weiterhin an der intersubjektiven Übertragung des Aufwands gem. § 4f Abs. 1 S. 7 EStG festgehalten werden. Essenzieller ist die Änderung von § 5 Abs. 7 EStG dahingehend, dass keine Erwerbsgewinnbesteuerung erfolgt, sondern iHd. realisierten stillen Last beim übernehmenden Rechtsträger ein passiver Ausgleichsposten gebildet wird. 8) Diese asymmetrische Ausgestaltung zeigt sich insb. in dem Fall, wenn der gemeine Wert als absolute Wertuntergrenze des umwandlungssteuerlichen Bewertungswahlrechts verstanden wird. Der Gesetzeswortlaut lässt ein solches Verständnis zweifelsfrei zu. Dies hätte indes zur Folge, dass eine Buchwertfortführung nach dem UmwStG nicht möglich wäre, wenn eine Sachgesamtheit einen Überschuss an stillen Lasten aufweist. Korrespondierend schränkt dies die Buchwertfortführung lediglich auf die Fälle ein, in denen ein Überschuss an stillen Reserven existiert. Die Versagung der Buchwertfortführung hat den zwingenden Ansatz des gemeinen Werts zu Folge. Die Entscheidungsneutralität wird nicht verwirklicht, da in Abhängigkeit der Verteilung von stillen Reserven und Lasten ein Übertragungs- resp. Einbringungsgewinn resultieren kann, sodass eine pro hibitive Steuerbelastung resultiert, die das UmwStG eigentlich mit der Buchwertfortführung vermeiden will. Es ist indes auch die Entstehung eines Übertragungs- bzw. Einbringungsverlusts denkbar, der bei Erlöschen des übertragenden Rechtsträgers in einem Definitiveffekt mündet. Zudem besteht das Risiko einer Doppelbesteuerung, wenn beim übernehmenden Rechtsträger nach Werterholung eine Veräußerung erfolgt. 9) Die Versagung der Buchwertfortführung bei einem Überschuss an stillen Lasten erscheint vor dem Hintergrund der ökonomischen Folgen sowie vor der Zielsetzung des UmwStG fragwürdig. Dementsprechend zeigt eine systematisch-teleologische Analyse des umwandlungssteuerlichen Bewertungswahlrechts, dass der Buchwert – und nicht der gemeine Wert – die absolute Wertuntergrenze des umwandlungssteuerlichen Bewertungswahlrechts darstellt. Dafür spricht insb. das Regel-Ausnahme-Verhältnis des umwandlungssteuerlichen Bewertungswahlrechts sowie die Zielsetzung des U mwStG, zumal die Kontinuitätsbedingungen, mit denen die umwandlungssteuerliche Buchwertfortführung gerechtfertigt werden kann, auch bei einem Überschuss an stillen Lasten erfüllt sind, wenn der gemeine Wert der Sachgesamtheit weiterhin positiv ist. Dieses Verständnis kann de lege lata durch Auslegung erreicht werden, gleichzeitig verbleiben Rechtsunsicherheiten. 369
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10) Dass der Buchwert die absolute Wertuntergrenze darstellt und somit die Buchwertfortführung auch bei einem Überschuss an stillen Lasten möglich sein muss, wird durch die verfassungskonforme Auslegung anhand des Folgerichtigkeitsgebots und die richtlinienkonforme Auslegung anhand der FRL bestätigt. Der im UmwStG durch Buch wertfortführung gewährte Besteuerungsaufschub ist die durch den Gesetzgeber folgerichtig umzusetzende Belastungsentscheidung. Nichtfinanzielle Rechtfertigungsgründe, die insoweit ein Abweichen von der Buchwertfortführung erlauben, sind nicht ersichtlich. Die FRL sieht ebenfalls einen Besteuerungsaufschub durch Buchwertfortführung vor. Nach Wortlaut, Systematik und Zielsetzung gilt dies auch im Falle eines Überschusses an stillen Lasten, und zwar unabhängig davon, ob damit ein Übertragungsgewinn oder -verlust einhergeht. 11) Der Rechtsvergleich mit dem österreichischen UmgrStG bestätigt das nationale Auslegungsergebnis. Zwar erlaubt das UmgrStG derweil einen intersubjektiven Verlustübergang, dies ist jedoch unabhängig von der Zulässigkeit einer intersubjektiven Übertragung eines stillen Lastenüberschusses, da die Buchwertfortführung eine Ausprägung der steuerlichen Rechtsnachfolge ist. Das im UmgrStG teilweise gesetzliche Erfordernis eines positiven Verkehrswerts zielt indes nicht auf die Verhinderung der Übertragung eines stillen Lastenüberschusses, sondern zielt auf die Vermeidung des Entstehens einer insolventen Einheit ab. 12) Dem Gesetzgeber ist auf Basis dessen insoweit eine Änderung des UmwStG zu empfehlen. Der Buchwert sollte als absolute Wertuntergrenze klarstellend im Gesetzestext verankert werden, wenn der Gesetzgeber die bestehende asymmetrische Ausgestaltung des UmwStG rechtssicher beseitigen und die Gewährung einer Entscheidungsneutralität durch das U mwStG vollkommen(er) verwirklichen will. Bei der Überarbeitung des UmwStG ist Rn. 03.12 des UmwStE zu streichen. Zur Sicherung der Verhinderung von Missbräuchen ist ebenfalls § 2 Abs. 5 S. 5 U mwStG ersatzlos zu streichen. 13) Des Weiteren bestehen Rechtsunsicherheiten bei einer umstrukturierungsbedingten Begründung des Besteuerungsrechts nach den Re gelungen des UmwStG. De lege lata besteht, aufgrund von nicht vorhandenen Verstrickungsregelungen, das Risiko eines Imports stiller Reserven und Lasten. Dieses Risiko materialisiert sich bei stillen Reserven in einem potenziellen Doppelbesteuerungsrisiko. Bei stillen Lasten besteht das Risiko auf Seiten des Fiskus, dass sich stille Lasten sowohl 370
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zu Lasten des ausländischen als auch des inländischen Steueraufkommens auswirken. Dieses materialisiert sich insb. in den Fällen, in denen zusätzlich zu ausländischem Vermögen inländisches, bereits steuerverstricktes Vermögen im Umstrukturierungswege übertragen wird und insofern ein Buchwertansatz gewählt wird. Zwar kann dies steuersystematisch bereits de lege lata gelöst werden, es verbleiben indes Rechtsunsicherheiten. Konträr dazu bestehen im österreichischen UmgrStG für die Fälle der erstmaligen Steuerverstrickung Bewertungsvorschriften, die eine Verstrickung mit dem gemeinen Wert vorsehen. Insofern wird die im österreichischen UmgrStG bestehende strenge Wertverknüpfung durchbrochen. Dies deshalb, um mittels des gemeinen Werts eindeutig die Besteuerungsbefugnisse nach dem Territorialitätsprinzip abzugrenzen. 14) Dem deutschen Gesetzgeber ist zu empfehlen, die bestehenden Risiken durch die Schaffung von speziellen umwandlungssteuerlichen Verstrickungsvorschriften zu beseitigen. Dazu wäre im U mwStG eine zwingende Bewertung mit dem gemeinen Wert auf Ebene des übernehmenden Rechtsträgers zu verankern, soweit erstmalig Vermögen in die deutsche Besteuerungshoheit eintritt. 15) Ursächlich für die hier untersuchten Probleme bleibt derweil das zerklüftete Steuerbilanzrecht mit den zahlreichen Durchbrechungen des Maßgeblichkeitsgrundsatzes. Diese führen insb. bei passiven Wirtschaftsgütern zur Entstehung steuerbilanzieller stiller Lasten. Die Annäherung an die Handelsbilanz würde nicht nur Ausweichgestaltungen reduzieren, sondern zu einer nachhaltigen Verbesserung des Steuer bilanzrechts führen. Insoweit zeigt sich das österreichische Steuerbilanzrecht im Vergleich zu den steuerlichen Schwesterbestimmungen liberaler, da insb. eine großzügige Rückstellungsbildung anerkannt ist. Insgesamt bietet das Steuersystem in Österreich Potenzial für die weitere steuerpolitische Entwicklung in Deutschland.
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Literaturverzeichnis
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429
Rechtsquellenverzeichnis
III. Deutsches Recht AktG (Aktiengesetz) v. 06.09.1956, BGBl. I 1956, 1098, zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes zur Einführung virtueller Hauptversammlungen von Aktiengesellschaften und Änderung genossenschafts- sowie insolvenz- und restrukturierungsrechtlicher Vorschriften v. 20.07.2022 (BGBl. I 2022, 1166). AO (Abgabenordnung) v. 01.10.2002 (BGBl. I 2002, 386, ber. 2003, 61), zuletzt geändert durch Art. 1 des zweiten Gesetzes zur Änderung der Abgabenordnung und des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung vom 12.7.2022 (BGBl. I 2022, 1142). EStG (Einkommensteuergesetz) v. 08.10.2009 (BGBl. I 2009, 3366, ber. 2009, 3862), zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes zur temporären Senkung des Umsatzsteuersatzes auf Gaslieferungen über das Erdgasnetz vom 19.10.2022 (BGBl. I 2022, 1743). KStG (Körperschaftsteuergesetz) v. 15.10.2002 (BGBl. I 2002, 4144), zuletzt geändert durch Art. 3 des Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb und zur Änderung weiterer Gesetze vom 25.6.2021 (BGBl. I 2022, 2056). GmbHG (Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung) v. 20.05.1898 (RGBl. 1898, 846), zuletzt geändert durch Art. 5, 6 des Gesetzes zur Ergänzung der Regelungen zur Umsetzung der DigitalisierungsRL und zur Änd. weiterer Vorschriften vom 15.7.2022 (BGBl. I 2022, 1146). UmwG (Umwandlungsgesetz) v. 28.10.1994 (BGBl. I 1994, 3210, ber. BGBl. I 1995, 428), zuletzt geändert durch Art. 60 Personengesellschaftsrechtsmodernisierungsgesetz (MoPeG) vom 10.08.2021 (BGBl. I 2021, 3436). UmwStG (Umwandlungssteuergesetz) v. 07.12.2006 (BGBl. I 2006, 2782, 2791), zuletzt geändert durch Art. 3 des Gesetzes zur Modernisierung des Körperschaftsteuerrechts vom 25.6.2021 (BGBl. I 2021, 2050),
430
Rechtsquellenverzeichnis
IV. Österreichisches Recht öAktG (Bundesgesetz über Aktiengesellschaften – Aktiengesetz), BGBl. Nr. 98/1965, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 86/2021. BAO (Bundesgesetz über allgemeine Bestimmungen und das Verfahren für die von den Abgabenbehörden des Bundes, der Länder und Gemeinden verwalteten Abgaben), BGBl. Nr. 194/1961, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 108/2022. öEStG (Bundesgesetz über die Besteuerung des Einkommens von natürlichen Personen – Einkommensteuergesetz 1988), BGBl. Nr. 401/1988, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 108/2022. öGmbHG (Gesetz über Gesellschaften mit beschränkter Haftung), RGBl. Nr. 58/1906, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 86/2021. öKStG (Bundesgesetz über die Besteuerung des Einkommens von Körperschaften – Körperschaftsteuergesetz 1988), BGBl. Nr. 401/1988, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 108/2022. SpaltG (Bundesgesetz über die Spaltung von Kapitalgesellschaften), BGBl. Nr. 304/1996, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 107/2017. UGB (Bundesgesetz über besondere zivilrechtliche Vorschriften für Unternehmen), dRGBl. S 219/1897, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 86/2021. UmgrStG (Umgründungssteuergesetz), BGBl. Nr. 699/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 108/2022. öUmwG (Bundesgesetz über die Umwandlung von Handelsgesellschaften), BGBl. 304/1996, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. I 71/2009.
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Rechtsprechungsverzeichnis
I. Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs Datum
Aktenzeichen Rechtssache
Fundstelle
28.01.1992
C-204/90
Bachmann
Slg. 1992, I-276
17.07.1997
C-28/95
Leur Bloem
Slg. 1997, I-4161
08.06.2000
C-375/98
Epson Europe
Slg. 2000, I-4234
15.01.2002
C-43/00
Andersen og Jensen
Slg. 2002, I-379
11.03.2004
C-9/02
Lasteyrie du Saillant
Slg. 2004, I-2409
13.12.2005
C-411/03
Servic Systems
Slg. 2005, I-10805
13.12.2005
C-446/03
Marks & Spencer
Slg. 2005, 10866
13.03.2007
C-524/04
Test Claimants in the Thin Cap Group Litigation
Slg. 2007, I-2107
05.07.2007
C-321/05
Kofoed
Slg. 2007, I-5795
03.04.2008
C-27/07
Banque Fédérative du Crédit Mutuel
Slg. 2008, I-2083
15.05.2008
C-414/06
Lidl Belgium
Slg. 2008, 3617
23.10.2008
C-157/97
Krankenheim Ruhesitz Slg. 2008, I-8064 Wannsee
22.12.2008
C-48/07
Les Vergers du Vieux Tauves
Slg. 2008, I-10627
01.10.2009
C-247/08
Gaz de France
Slg. 2009, I-9240
21.01.2010
C-311/08
SGI
Slg. 2010, I-511
20.05.2010
C-352/08
Modehuis Zwinjenburg Slg. 2010, I-4303
25.09.2003
C-58/01
Océ van der Grinten
Slg. 2003, I-9827
10.11.2011
C-126/10
Foggia
Slg. 2011, I-10923 433
Rechtsprechungsverzeichnis
Datum
Aktenzeichen Rechtssache
Fundstelle
06.09.2012
C-38/10
Kommission/Portugal
IStR 2012, 763
18.10.2012
C-603/10
Pelati
DStRE 2013, 349
19.12.2012
C-207/11
3D I
HFR 2013, 274
21.02.2013
C-123/11
A Oy
DStR 2013, 392
25.04.2013
C-64/11
Kommission/Spanien
IStR 2013, 393
23.01.2014
C-164/12
DMC
DStR 2014, 193
03.02.2015
C-172/13
Kommission/Vereinig- DStR 2015, 337 tes Königreich
21.05.2015
C-657/13
Verder LabTec
HFR 2015, 809
17.12.2015
C-388/14
Timac Agro
BStBl. II 2016, 362
08.03.2017
C-448/15
Wereldhave
ECLI:EU:C:2017: 180
22.03.2018
C-327/16, C-421/16
Jacob und Lassus
HFR 2018, 583
12.06.2018
C-650/16
Bevola
DStR 2018, 1353
27.02.2020
C-405/18
Aures Holding
IStR 2020, 267
22.09.2022
C-538/20
W
IStR 2022, 767
434
Rechtsprechungsverzeichnis
II. Entscheidungen deutscher Gerichte 1. Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Datum
Aktenzeichen
Fundstelle
17.05.1960
2 BvL 11/59, 11/60
BVerfGE 11, 126
23.10.1951
2 BvG 1/51
BVerfGE 1, 1
17.12.1953
1 BvR 147/52
BVerfGE 3, 58
02.10.1969
1 BvL 12/68
BVerfGE 27, 58
17.07.1994
1 BvR 51/69, 1 BvR 160/69, 1 BvR 285/69, 1 BvL 16/72, 1 BvL 18/72, 1 BvL 26/72
BVerfGE 38, 61
23.11.1976
1 BvR 150/75
BVerfGE 43, 108
03.11.1982
1 BvR 620/78, 1 BvR 1335/78, 1 BvR 1104/79, 1 BvR 363/80
BStBl. II 1982, 717
23.01.1990
1 BvL 4/87, 1 BvL 5/87, 1 BvL 6/87, 1 BvL 7/87
BVerfGE 81, 228
27.06.1991
2 BvR 1493/89
BVerfGE 84, 239
22.06.1995
2 BvL 37/91
BStBl. II 1995, 655
30.09.1998
2 BvR 1818/91
BVerfGE 99, 88
11.11.1998
2 BvL 10/95
BVerfGE 99, 280
06.03.2002
2 BvL 17/99
BVerfGE 105, 73
04.12.2002
2 BvR 400/98, 2 BvR 1735/00
BVerfGE 107, 27
09.03.2004
2 BvL 17/02
BVerfGE 110, 94
20.04.2004
1 BvR 905/00, 1 BvR 1748/99
BVerfGE 110, 274
12.05.2009
2 BvL 1/00
BVerfGE 123, 111
21.06.2006
2 BvL 2/99
BVerfGE 117, 1
07.11.2006
1 BvL 10/02
BVerfGE 117, 1
15.01.2008
1 BvL 2/04
BVerfGE 120, 1
435
Rechtsprechungsverzeichnis
Datum
Aktenzeichen
Fundstelle
17.04.2008
2 BvL 4/05
BVerfGE 121, 10
06.11.2008
1 BvR 2360/07
NJW 2009, 499
09.12.2008
2 BvL 1/07, 2 BvL 2/07, 2 BvL 1/08, 2 BvL 2/08
BVerfGE 122, 210
12.10.2010
1 BvL 12/07
BVerfGE 127, 224
17.12.2014
1 BvL 21/12
BVerfGE 138, 136
29.03.2017
2 BvL 6/11
BVerfGE 145, 106
10.04.2018
1 BvL 11/14, 1 BvR 889/12, 1 BvR 639/11, 1 BvL 1/15, 1 BvL 12/14
BVerfGE 148, 147
19.11.2019
2 BvL 22/14, 2 BvL 23/14, 2 BvL 24/14, DStR 2020, 93 2 BvL 25/14, 2 BvL 26/14, 2 BvL 27/14
2. Entscheidungen des Reichsfinanzhofs Datum
Aktenzeichen
Fundstelle
15.10.1924
VIe A 174/24
RFHE 15, 5
14.12.1926
VI A 575/26
RFHE 20, 87
30.11.1927
VI A 759/27
RHFE 22, 211
26.11.1931
VI A 1978/31
RStBl. 1932, 624
09.05.1933
VI A 434/30
RFHE 33, 276
01.02.1934
VI A 1856/32
RFHE 35, 248
12.04.1934
VI A 1559/32
RFHE 36, 171
19.08.1934
I A 68/32
RFHE 36, 64
14.09.1935
VI A 443/34
RStBl. 1936, 121
23.03.1938
VI 704/37
RStBl. 1938, 639
20.10.1941
VI 36/41
RStBl. 1942, 1
01.02.1943
VI A 1856/32
RFHE 35, 248
436
Rechtsprechungsverzeichnis
3. Entscheidungen des Bundesfinanzhofs Datum
Aktenzeichen
Fundstelle
26.08.1955
III 133/55 S
BStBl. III 1955, 278
08.01.1958
I 131/57 U
BStBl. II 1958, 97
16.12.1958
I D 1/57 S
BStBl. II 1959, 30
27.06.1960
I 113/59 S
BStBl. III 1960, 351
28.07.1960
IV 27/59 U
BStBl. III 1960, 403
21.08.1961
I 32/61 U
BStBl. III 1961, 500
25.05.1962
I 155/59 U
BStBl. III 1962, 351
29.01.1964
I 153/61 S
BStBl. III 1964, 165
09.10.1964
VI 294/62 U
BStBl. III 1965, 198
11.03.1965
IV 60/61 U
BStBl. III 1965, 286
13.06.1965
I 167/59 U
BStBl. III 1965, 640
29.11.1965
GrS 1/65 S
BStBl. III 1966, 142
28.03.1966
VI 320/64
BStBl. III 1966, 456
18.01.1967
I 77/64
BStBl. III 1967, 334
17.01.1969
VI 367/65
BStBl. II 1969, 540
14.05.1969
I R 77/67
BStBl. II 1969, 598
16.09.1970
I R 196/67
BStBl. II 1971, 175
31.03.1971
I R 111/69
BStBl. II 1971, 536
11.08.1971
VIII 13/65
BStBl. II 1972, 270
13.10.1971
I R 96/69
BStBl. II 1972, 97
08.12.1971
I R 219/69
BStBl. II 1972, 377
10.02.1972
IV 317/65
BStBl. II 1972, 419
29.03.1972
I R 43/69
BStBl. II 1972, 537
19.05.1972
III R 21/71
BStBl. II 1972, 748
437
Rechtsprechungsverzeichnis
Datum
Aktenzeichen
Fundstelle
19.10.1972
I R 244/70
BStBl. II 1973, 54
06.12.1972
I R 182/70
BStBl. II 1973, 291
02.03.1973
III R 88/69
BStBl. II 1973, 475
29.11.1973
IV R 181/71
BStBl. II 1974, 202
11.12.1974
II R 30/69
BStBl. II 1975, 417
17.01.1975
III R 68/73
BStBl. II 1975, 377
29.01.1975
I R 135/70
BStBl. II 1975, 553
30.04.1975
I R 41/73
BStBl. II 1975, 706
12.06.1975
IV R 10/72
BStBl. II 1975, 853
05.05.1976
I R 121/74
BStBl. II 1976, 541
15.07.1976
I R 17/74
BStBl. II 1976, 748
30.01.1980
I R 89/79
BStBl. II 1980, 327
25.11.1980
VIII R 32/77
BStBl. II 1981, 419
19.02.1981
IV R 41/78
BStBl. II 1981, 730
15.10.1981
IV R 85/81
BStBl. II 1982, 63
25.11.1981
I R 54/77
BStBl. II 1982, 189
29.04.1982
IV R 51/79
BStBl. II 1982, 738
24.11.1982
I R 123/78
BStBl. II 1983, 113
24.03.1983
IV R 138/80
BStBl. II 1984, 233
19.07.1983
VIII R 160/79
BStBl. II 1984, 56
13.10.1983
I R 76/79
BStBl. II 1984, 294
25.01.1984
I R 7/80
BStBl. II 1984, 344
14.06.1984
I R 79/80
BStBl. II 1985, 64
16.10.1984
VIII R 299/81
BeckRS 1984, 4970
23.01.1986
IV R 335/84
BStBl. II 1986, 623
438
Rechtsprechungsverzeichnis
Datum
Aktenzeichen
Fundstelle
29.04.1987
I R 192/82
BStBl. II 1987, 797
29.10.1987
IV R 93/85
BStBl. II 1988, 374
30.11.1988
II R 237/83
BStBl. II 1989, 183
20.06.1989
VIII R 10/86
BFH/NV 1990, 102
25.08.1989
III R 95/87
BStBl. II 1989, 893
02.02.1990
III R 173/86
BStBl. II 1990, 499
11.09.1991
XI R 15/90
BStBl. II 1992, 404
25.09.1991
I R 184/87
BStBl. II 1992, 406
26.02.1992
I R 85/91
BStBl. II 1992, 937
05.03.1993
GrS 3/92
BStBl. II 1993, 616
12.05.1993
XI R 1/93
BStBl. II 1993, 786
14.07.1993
X R 74/90, X R 75/90
BStBl. II 1994, 15
14.12.1993
VIII R 13/93
BStBl. II 1994, 922
16.03.1994
I R 146/93
BStBl. II 1994, 941
21.04.1994
IV R 70/92
BStBl. II 1994, 745
21.06.1994
VIII R 5/92
BStBl. II 1994, 856
16.02.1996
I R 183/94
BStBl. II 1996, 342
27.03.1996
I R 60/95
BStBl. II 1996, 576
04.12.1996
II B 116/96
BStBl. II 1997, 661
12.12.1996
IV R 77/93
BStBl. II 1998, 180
03.06.1997
IX R 24/96
BFH/NV 1998, 155
15.10.1997
I R 22/96
BStBl. II 1998, 168
14.01.1998
X R 57/93
BFHE 185, 230
05.05.1998
I B 24/98
BStBl. II 2000, 430
07.07.1998
VIII R 5/96
BStBl. II 1999, 209
439
Rechtsprechungsverzeichnis
Datum
Aktenzeichen
Fundstelle
19.10.1998
VIII R 69/95
BStBl. II 2000, 230
23.08.1999
GrS 1/97
BStBl. II 1999, 778
23.08.1999
GrS 3/97
BStBl. II 1999, 787
23.08.2000
I R 98/96
BStBl. II 2002, 207
06.09.2000
IV R 69/99
BStBl. II 2001, 731
27.03.2001
I R 42/00
BStBl. II 2001, 771
11.12.2001
VIII R 58/98
BStBl. II 2002, 420
16.05.2002
III R 45/98
BStBl. II 2003, 10
05.06.2002
I R 6/01
BFH/NV 2003, 88
26.06.2002
IV R 3/01
BStBl. II 2003, 112
17.09.2003
I R 55/02
BStBl. II 2004, 534
17.09.2003
I R 97/02
BStBl. II 2004, 686
16.06.2004
X R 34/03
BStBl. II 2005, 378
23.06.2004
X R 37/03
juris
28.07.2004
XI R 54/99
BStBl. II 2005, 262
15.09.2004
I R 5/04
BStBl. II 2009, 100
20.07.2005
X R 22/02
BStBl. II 2006, 457
03.08.2005
I R 94/03
BStBl. II 2006, 20
19.10.2005
I R 38/04
BStBl., II 2006, 568
21.12.2005
I R 66/05
BStBl. II 2006, 469
26.04.2006
I R 49-50/04
BStBl. II 2006, 656
07.11.2006
VIII R 13/04
BStBl. II 2008, 545
20.11.2006
VIII R 47/05
BStBl. II 2008, 69
26.06.2007
IV R 9/05
BStBl. II 2007, 893
20.09.2007
IV R 70/05
BStBl. II 2008, 265
440
Rechtsprechungsverzeichnis
Datum
Aktenzeichen
Fundstelle
17.10.2007
I R 61/06
BStBl. II 2008, 555
17.12.2007
GrS 2/04
BStBl. II 2008, 608
23.01.2008
I R 101/06
BStBl. II 2008, 719
13.02.2008
I R 75/07
BStBl. II 2010, 1028
28.05.2008
I R 98/06
BStBl. II 2008, 916
17.07.2008
I R 77/06
BStBl. II 2009, 464
19.08.2008
IX R 71/07
BStBl. II 2009, 13
16.12.2009
I R 102/08
BStBl. II 2011, 566
14.01.2010
IV R 13/06
BFH/NV 2010, 1483
15.04.2010
IV B 105/09
BStBl. II 2010, 971
06.05.2010
IV R 52/08
BStBl. II 2011, 261
20.05.2010
IV R 42/08
BStBl. II 2010, 820
09.06.2010
I R 107/09
BFH/NV 2010, 1744
28.07.2010
I R 89/09
BStBl. II 2011, 528
28.07.2010
I R 111/09
BFH/NV 2011, 67
25.08.2010
I R 21/10
BFH/NV 2011, 258
25.08.2010
I R 103/09
BStBl. II 2011, 215
26.08.2010
I B 49/10
BStBl. II 2011, 826
17.11.2010
I R 83/09
BStBl. II 2011, 812
09.08.2011
VIII R 13/08
BStBl. II 2011, 875
31.08.2011
X R 19/10
BStBl. II 2012, 190
12.10.2011
I R 33/10
BStBl. II 2012, 445
14.12.2011
I R 72/10
BStBl. II 2017, 1226
22.12.2011
III R 69/09
BStBl. II 2012, 888
29.02.2012
I R 16/11
BFH/NV 2012, 1340
441
Rechtsprechungsverzeichnis
Datum
Aktenzeichen
Fundstelle
14.03.2012
IV R 6/09
HFR 2012, 840
10.04.2012
I R 80/12
BStBl. II 2013, 1004
02.08.2012
IV R 41/11
BStBl. II 2019, 715
22.08.2012
I R 9/11
BStBl. II 2013, 512
12.12.2012
I R 28/11
BStBl. II 2017, 1265
12.12.2012
I R 69/11
BStBl. II 2017, 1232
19.12.2012
I R 5/12
BFH/NV 2013, 743
09.01.2013
I R 24/12
BStBl. II 2018, 509
06.06.2013
I R 36/12
BFH/NV 2014, 74
31.07.2013
I R 44/12
BStBl. II 2015, 450
18.09.2013
X R 42/10
BStBl. II 2016, 639
23.10.2013
X R 3/12
BStBl. II 2014, 58
12.11.2013
VIII R 36/10
BStBl. II 2014, 168
26.02.2014
I R 59/12
BStBl. II 2014, 1016
19.03.2014
X R 28/12
BStBl. II 2014, 629
14.05.2014
VIII R 25/11
BStBl. II 2014, 969
26.06.2014
IV R 31/12
BStBl. II 2015, 463
30.07.2014
I R 58/12
BStBl. II 2015, 199
21.10.2014
I R 1/13
BFH/NV 2015, 690
25.11.2014
I R 78/12
BFH/NV 2015, 523
15.04.2015
I R 54/13
BStBl. II 2017, 136
10.09.2015
IV R 49/14
BStBl. II 2016, 722
27.10.2015
X R 28/12
BStBl. II 2016, 81
10.02.2016
VIII R 43/13
BFH/NV 2016, 1313
28.04.2016
I R 33/14
BStBl. II 2016, 913
442
Rechtsprechungsverzeichnis
Datum
Aktenzeichen
Fundstelle
09.11.2016
I R 43/15
BStBl. II 2017, 379
25.01.2017
X R 59/14
BStBl. II 2019, 730
30.03.2017
IV R 11/15
BStBl. II 2019, 29
31.05.2017
I R 37/15
BStBl. II 2018, 144
17.01.2018
I R 27/16
BStBl. II 2018, 449
24.01.2018
I R 48/15
BStBl. II 2019, 45
21.02.2018
I R 46/16
BStBl. II 2020, 412
01.03.2018
IV R 38/15
BStBl. II 2018, 587
30.05.2018
I R 31/16
BStBl. II 2019, 136
24.07.2018
I R 24/16
HFR 2019, 188
10.04.2019
I R 20/16
BStBl. II 2020, 674
11.04.2019
IV R 1/17
BStBl. II 2019, 501
17.11.2020
I R 2/18
BStBl. II 2021, 580
18.11.2020
I R 24/18
BFH/NV 2021, 951
18.11.2020
I R 25/18
BStBl. II 2021, 732
4. Entscheidungen der Finanzgerichte Finanzgericht
Datum
Aktenzeichen
Fundstelle
Niedersachsen
24.10.1991
XII 706/84
EFG 1993, 15
Niedersachsen
11.04.2000
6 K 611/93
EFG 2001, 157
München
05.10.2000
7 V 3797/00
EFG 2001, 32
Niedersachsen
28.10.2003
1 K 595/00
DStRE 2005, 376
Schleswig-Holstein
05.12.2003
1 K 973/97
EFG 2004, 1324
Hamburg
04.09.2006
2 K 171/05
EFG 2007, 239
Schleswig-Holstein
05.11.2008
2 K 175/05
EFG 2009, 233
443
Rechtsprechungsverzeichnis
Hamburg
21.05.2015
2 K 12/13
EFG 2015, 1876
Köln
12.10.2017
10 K 977/17
DStR 2017, 2792
Hessen
10.07.2018
2 K 406/16
EFG 2019, 941
Düsseldorf
22.11.2018
14 K 1629/18
EFG 2019, 419
Düsseldorf
03.04.2019
4 K 2524/16 F
DStR 2019, 1807
Hamburg
20.02.2020
2 K 293/15
EFG 2020, 713
5. Entscheidungen der Oberlandesgerichte OLG
Datum
Aktenzeichen
Fundstelle
Düsseldorf
02.04.1998
19 W 3/93 AktE DB 1998, 1454
Düsseldorf
27.02.2004
19 W 3/00 AktE AG 2004, 324
III. Entscheidungen österreichischer Gerichte 1. Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofs Datum
Geschäftszahl
Fundstelle
05.03.1988
B 1138/86
VfSlg. 11634/1988
05.03.1988
G 248/87
VfSlg. 11636/1988
24.02.2009
B 1275/08-7
n.v.
17.06.2009
B 53/08
VfSlg. 18783/2009
30.09.2010
G 35/10
VfSlg. 19185/2010
09.12.2014
G 136/2014 ua
VfSlg. 19933/2014
27.11.2020
G 307/2020
VfSlg. 20422/2020
444
Rechtsprechungsverzeichnis
2. Entscheidungen österreichischer Zivilgerichte Gericht
Datum
Geschäftszahl
Fundstelle
OGH
11.11.1999
6 Ob 4/99b
GesRZ 2000, 75
OGH
26.06.2003
6 Ob 70/03t
GesRZ 2003, 287
OGH
07.11.2007
6 Ob 235/07p
GesRZ 2008, 100
OGH
25.11.2020
6 Ob 203/20a
GesRZ 2021, 190
OLG Wien
15.11.2004
28 R 111/04f, 28 R 112/04b
GeS 2005, 276
OLG Wien
30.05.2007
28 R 15/07t
NZ 2007, 383
3. Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs Datum
Geschäftszahl
Fundstelle
13.09.1988
87/14/0128
ECLI:AT:VWGH:1988:1987140128.X00
08.11.1989
88/13/0112
VwSlg. 6450 F/1989
24.05.1993
92/15/0041
VwSlg. 6781 F/1993
23.11.1994
91/13/0111
ECLI:AT:VWGH:1994:1991130111.X00
08.10.1998
97/15/0073
ECLI:AT:VWGH:1998:1997150073.X00
27.05.1999
99/15/0014
ECLI:AT:VWGH:1999:1999150014.X00
27.05.1999
98/15/0100
VwSlg. 7407 F/1999
28.03.2000
94/14/0165
ECLI:AT:VWGH:2000:1994140165.X00
27.09.2000
96/14/0141
ECLI:AT:VWGH:2000:1996140141.X00
27.11.2001
2001/14/0081
ECLI:AT:VWGH:2001:2001140081.X00
29.11.2001
99/16/0139
VwSlg. 7671 F/2001
07.10.2003
99/15/0246
ECLI:AT:VWGH:2003:1999150246.X00
30.10.2003
99/15/0261
ECLI:AT:VWGH:2003:1999150261.X00
18.11.2003
2000/14/0036
ECLI:AT:VWGH:2003:2000140036.X00
445
Rechtsprechungsverzeichnis
Datum
Geschäftszahl
Fundstelle
24.02.2004
99/14/0250
VwSlg. 7908 F/2004
26.05.2004
2000/14/0181
ECLI:AT:VWGH:2004:2000140181.X00
26.07.2006
2006/14/0106
ECLI:AT:VWGH:2006:2006140106.X00
22.03.2010
2010/15/0005
VwSlg. 8533 F/2010
20.05.2010
2006/15/0005
VwSlg. 8544 F/2010
19.03.2013
2010/15/0141
VwSlg. 8797 F/2013
19.09.2013
2013/15/0183
VwSlg. 8853 F/2013
24.09.2014
2010/13/0062
VwSlg 8939 F/2014
17.12.2014
2012/13/0126
VwSlg 8967 F/2014
16.12.2015
2013/15/0150
ECLI:AT:VWGH:2015:2013150150.X00
20.01.2016
2012/13/0013
ECLI:AT:VWGH:2016:2012130013.X00
21.04.2016
2013/15/0182
ECLI:AT:VWGH:2016:2013150182.X00
15.09.2016
Ra 2015/15/0003 ECLI:AT:VWGH:2016:RA2015150003. L00
20.12.2016
Ro 2014/15/0012 ECLI:AT:VWGH:2016:RO2014150012. J00
29.03.2017
Ra 2016/15/0005 ECLI:AT:VWGH:2017:RA2016150005. L00
31.01.2019
Ro 2017/15/0037 ECLI:AT:VWGH:2019:RO2017150037. J00
27.04.2020
Ra 2020/15/0014 ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020150014. L00
446
Verzeichnis der sonstigen Quellen
I. Bundestags-Drucksachen BT-Drs. IV/2400 v. 19.06.1964 BT-Drs. V/3186 v. 26.07.1968 BT-Drs. 7/1470 v. 09.01.1974 BR-Drs. 132/94 v. 10.02.1994 BT-Drs. 12/6685 v. 24.02.1994 BT-Drs. 12/6699 v. 01.02.1994 BT-Drs. 14/2683 v. 15.02.2000 BT-Drs. 15/1518 v. 08.09.2003 BT-Drs. 16/2710 v. 25.09.2006 BT-Drs. 16/3315 v. 08.11.2006 BT-Drs. 16/3369 v. 09.11.2006 BT-Drs. 16/7918 v. 28.01.2008 BT-Drs. 344/08 v. 23.05.2008 BT-Drs. 16/11108 v. 27.11.2008 BT-Drs. 18/68 (neu) v. 20.11.2013 BT-Drs. 18/12128 v. 26.06.2017 BT-Drs. 19/27632 v. 17.03.2021
II. Bundesrats-Drucksachen BR-Drs. 740/13 (B) v. 08.11.2013 BR-Drs. 401/14 v. 28.08.2014
III. Österreichische Erläuterungen zu Regierungsvorlagen ErlRV StruktVG 1969, 1029 BlgNR XI. GP ErlRV UmgrStG, 266 BlgNR XVIII. GP ErlRV AbgÄG 2015, 896 BlgNR XXV. GP
447
Verzeichnis der sonstigen Quellen
IV. Verwaltungsanweisungen des deutschen BMF BMF-Schreiben v. 25.03.1998 (UmwStE 1998), Umwandlungssteuergesetz Zweifels- und Auslegungsfragen, IV B 7 – S 1978-21/98, B StBl. I 1998, 268. BMF-Schreiben v. 28.04.2003, Anwendung des § 8b KStG 2002 und Auswirkungen auf die Gewerbesteuer, IV A 2 – S 2750a-7/03, BStBl. I 2003, 292. BMF-Schreiben v. 24.06.2011, Bilanzsteuerrechtliche Ansatz- und Bewertungsvorbehalte bei der Übernahme von schuldrechtlichen Verpflichtungen, IV C 6 – S 2137/0-03, B StBl. I 2011, 627. BMF-Schreiben v. 22.09.2011, Bewertung von Unternehmen und Anteilen an Kapitalgesellschaften; Anwendung der bewertungsrechtlichen Regelungen für ertragsteuerliche Zwecke, IV C 6 – S 2170/10/10001, BStBl. I 2011, 859. BMF-Schreiben v. 11.11.2011 (UmwStE), Anwendung des Umwandlungssteuergesetzes i.d.F. des Gesetzes über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen Gesellschaft und zur Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften (SEStEG), IV C 2 – S 1978-b/08/10001, BStBl. I 2011, 1314. BMF-Schreiben v. 30.11.2017, Bilanzsteuerrechtliche Berücksichtigung von Verpflichtungsübernahmen, Schuldbeitritten und Erfüllungsübernahmen mit vollständiger oder teilweiser Schuldfreistellung, Anwendung der Regelungen in § 4f und § 5 Abs. 7 EStG, IV C 6 – S 2133/14/10001, BStBl. I 2017, 1619.
V. Verwaltungsanweisungen des österreichischen BMF Einkommensteuerrichtlinien 2000 (öEStR), idF v. Wartungserlass 2021 v. 06.05.2021, 2021-0.103.726. Körperschaftsteuerrichtlinien 2013 (öKStR), idF v. Wartungserlass 2021 v. 05.11.2021, 2021-0.768.485. Umgründungssteuerrichtlinien 2002 (UmgrStR), idF v. Wartungserlass 2020 v. 27.10.2022, 2022-0.764.613.
VI. IDW-Standards IDW Standard: Grundsätze zur Durchführung von Unternehmensbewertung (IDW S 1 idF. 2008), IDW Life 8/2016, S. 731.
448
Verzeichnis der sonstigen Quellen
VII. Schlussanträge der Generalanwälte des EuGH Schlussantrag GA Kokott v. 10.01.2019, Memira Holding, ECLI:EU:C:2019:8 Schlussantrag GA Kokott v. 17.10.2019, Aures Holdings, ECLI:EU:C:2019:879
VIII. Dokumente des Europäischen Rates Ratsdok. 1496/69 v. 30.07.1969 Ratsdok. 1948/69 v. 23.12.1969 Ratsdok. 9692/88 v. 06.12.1988
IX. Weitere Quellen Bundesministerium der Finanzen (BMF) (Hrsg.): Gutachten der Steuerreformkommission 1971, Schriftenreihe des Bundesministeriums der Finanzen, Heft 17, Bonn, 1971 (zit. BMF, Gutachten der Steuerreformkommission 1971, Schriftenreihe des BMF, Heft 17, S. …, Rn. …). Wissenschaftlicher Beirat beim Bundesministerium der Finanzen, Gutachten zur Reform der direkten Steuern (Einkommen, Körperschaftsteuer, Vermögensteuer und Erbschaftsteuer) in der Bundesrepublik Deutschland, Schriftenreihe des Bundesministeriums der Finanzen, Heft 9, Bonn, 1967 (zit. Wissenschaftlicher Beirat beim BMF, Gutachten zur Reform der direkten Steuern, Schriftenreihe des BMF, Heft 9, 1967, S. …).
449
Hinweis zur Zitierweise österreichischer Gerichtsentscheidung
In Österreich ist es – insoweit anders als in Deutschland – nicht üblich, dass (annähernd) jedes höchstgerichtliche Urteil in einer Zeitschrift oder einer amtlichen Sammlung veröffentlicht wird. Stattdessen steht das beim Bundeskanzleramt angesiedelten Rechtsinformationssystem des Bundes (RIS; http://www.ris.bka.gv.at) zur Verfügung. Dabei handelt es sich um eine Datenbank, in der kostenfrei alle höchstgerichtlichen Urteile abgerufen werden können. In den österreichischen Steuerrechtswissenschaften ist es deshalb gängige Praxis, Urteile nur nach dem entscheidenden Gericht, dem Entscheidungsdatum und der Geschäftszahl (Aktenzeichen) zu zitieren. Dieser Zitationsweise wird in der vorliegenden Arbeit gefolgt. Ungeachtet dessen wird zwecks Sicherstellung der eindeutigen Identifizierung der zitierten Urteile im Rechtssprechungsverzeichnis eine Fundstelle des jeweiligen Urteils angegeben.
451
Stichwortverzeichnis
Aufwandsverteilung:
– § 4f EStG: 18, 103, 135 ff. – Ausnahmetatbestand: 141 ff. – Entstrickungsbesteuerung: 294 ff. – Gewinnermittlungsvorschrift: 140 Außerfiskalisches Lenkungsziel: – Entscheidungsneutralität, s. dort – Rechtfertigungsgrund: 77, 169 – Zwecktaugliche Ausgestaltung: 79
Badwill: 38, 116, 156 f., 160, 367 Besteuerungsrecht: 29, 58, 70, 80, 83, 90, 195, 212, 215, 221 ff., 251, 261, 272, 288, 294 f., 297, 302 ff., 308 ff., 313, 322, 324, 327, 331 ff., 3363, 363 Betriebsvermögensvergleich: 11, 27, 34, 170, 232 f., 234 f., 242, 352 Buchwert: 12, 15, 18, 21, 31, 34, 47 f., 59 f., 62, 66, 70, 93, 102, 115, 132, 138, 153, 160 f., 173, 176, 179 ff., 184 ff., 188, 190, 192, 199 ff., – Buchwertfortführung, s. dort. – Wertuntergrenze im UmwStG: 185 ff., Buchwertfortführung: 1 ff., 6 f., 9 f., 30, 36, 43 f., 52, 54 ff., 58 ff., 70, 73, 75, 77, 79 f., 82, 84, 89, 93, 104, 160, 165, 167, 171 f., 173 ff., 179, 183, 186, 188 ff., 192, 194, 196, 202, 206 f., 213 ff., 219 f., 221, 225 ff., 246, 248 f., 250, 257, 261 f., 263, 265 f., 272 f., 274 f., 277, 281, 283 f., 286, 288, 294,
303, 308 f., 310, 322, 330, 343 f., 348, 350 ff., 358, 369, – Besteuerungsaufschub: 2, 44, 77, 80, 90, 167, 192, 194, 206 ff., 212 ff., 215 ff., 220, 222, 225, 251, 257, 275, 291, 294, 348, 370 – Bewertungswahlrecht nach UmwStG: 7, 54 ff., 172 ff., 179 ff., 184 ff., 187 f., 194, 197, 201 f., 206 – Rechtfertigung: 73 ff., 76 ff., 83, 85, – Zwingende Buchwertfortführung nach UmgrStG: 250, 258, 261, 263 f., 267, 274, 277, 281, 283, 299, 330, 352, 371
Einbringung: 45 f., 47, 52 f., 54, 57,
59, 64, 66, 70, 77, 79, 84, 88, 96, 99, 112, 125, 127 ff., 132 ff., 138, 141 f., 144 f., 147, 149, 152, 163, 176, 209, 211, 213, 245 f., 247 f., 263 f., 275 ff., 284 ff., 287 f., 290, 322, 331, 333, 335, 337 f., 345 f., 352, 356, 362 f., Engagement: – Engagementgrundsatz: 74 – Fortsetzung des unternehmerischen Engagements: 72, 74, 80 f., 83, 85, 90, 136, 142, 192, 196 ff., 206 ff., 227, 257, 275, 347, 351, 367 Entscheidungsneutralität: 77 ff., 83, 85, 89 f., 167, 169, 173 f., 175, 177, 192 ff., 203, 226, 257, 341, 343 f., 345, 347 f., 357 ff., 367 453
Stichwortverzeichnis
Entstrickung: – Ersatzrealisation: 28, 34 f., 39, 89, 294 ff. – Rechtliche Entstrickung: 295. 304, 307, 315, 317 f., 341 – Tatsächliche Entstrickung: 295, 305, 307, 317, 320 Erwerbsgewinnbesteuerung – § 5 Abs. 7 EStG: 146, 150 f. – bei Umstrukturierungen: 152 ff. – Verstrickungsbesteuerung: 339 ff.
Finale Verluste: 310 ff. Firmenwert – Definition: 37 f., 97, 101 – negativer Firmenwert: s. Badwill Formwechsel: 45 f., 61, 67 f., 71, 75, 81, 90, 152, 244, 256, 333 Fusionsrichtlinie: – Anwendung auf innerstaatliche Umstrukturierungen: 209 ff. – Betriebsstättenvorbehalt/Steuerverstrickung: 214 – Steuerneutralität: s. Buchwertfortführung – Zielsetzung: 211, 220 Gegenleistung: 46 f., 56, 59 f., 63,
65 ff., 72, 81 ff., 91, 167, 197, 207, 246 ff., 252, 264, 278 Gemeiner Wert: 13 f. – Ertragswert: 93 f., 196 ff. – Regelbewertung: 47 f., 54, 61, 90, 129, 179, 186 f., 206 – Wertober-/-untergrenze im UmwStG: 179 ff.
Handlungsempfehlungen: 358 ff. 454
Imparitätsprinzip: 17, 26 ff., 36, 131, 157, 174, 234, 351,
Kontinuität
– Kontinuitätsbedingungen: 80, 83 ff., 90 f., 177, 195, 227, 294, 367 – Kontinuitätsprinzip: 75
Maßgeblichkeitsgrundsatz:
– für die Gewinnermittlung: 11 f. – Durchbrechung: 11 ff., 130, 159, 174, 193 – Stärkung: 176, 364 ff.
Objektives Nettoprinzip: 115,
128 f., 176, 230, 316 Organisationsakttheorie: 69 ff.
Pensionsrückstellungen: – Bewertung: 16, 48 ff., 102 f., 105 ff., – Entstrickungsbesteuerung: 315 ff. Realisationsprinzip: 25 ff., 39, 121, 131, 229 f., 234, 289, 295 – Imparitätisches Realisations prinzip: 229 f., 352, 366 Realisationsvorgang: – Liquidationsbesteuerung: 245 ff., 289, 331, 333, 348 – Tausch: 65 f., 68, 209, 245 f., 247, – Tauschähnlicher Vorgang: 61 ff., 64 f., 66, 68, 72 – Veräußerung, s. dort Realteilung: 44, 77, 82, 245, 248, 250 ff., 254, 260, 266 ff., 275 ff., 284 ff., 290, 322, 325, 331, 333, 345 f., 349, 352, 356
Stichwortverzeichnis
Re-Import: 325 ff. Reinvermögenszuwachstheorie: 31
Sachgesamtheit: – Bewertung: s. Gemeiner Wert, dort Regelbewertung – Aufteilung des gemeinen Werts: 94 – Qualifizierter Umwandlungsgegenstand: 46 f. Spaltung: 46, 54, 59, 65, 84, 170, 188, 209 f., 213, 223, 245, 247, 250 f., 258, 272 f., 275, 277, 279 f., 283 ff., 286, 290, 322, 331, 333, 335, 346, 352 Stille Reserven: 12, 18, 21, 23 ff., 30, 32 f., 34 f., 39 ff., 43 f., 47 f., 57, 71, 73, 75, 99, 104, 118, 127, 159, 161, 163, 166 ff., 170 ff., 173, 181, 191, 196, 222, 265, 268, 295, 298, 324, 326 Stille Lasten: 1, 3, 6, 12, 14 ff., 18, 23 f., 30, 32, 36, 37, 40 f., 49, 75, 88, 98 ff., 101, 102, 104 f., 113 f., 119, 124, 127 f., 134, 140, 159 f., 163, 170, 175 f., 181, 185, 189 f., 191 ff., 195 ff., 200, 202 f., 207, 222, 226, 235 ff., 242 f., 261 f., 264, 288, 298, 302, 308, 329, – Ent- und Verstrickungsbesteuerung: 334 ff. – Objektbezug: 24, 191, 350 – Subjektbezug: s. Subjektsteuerprinzip Subjektsteuerprinzip: 21 ff., 30, 39 f., 53, 61, 71, 75, 77, 86, 90, 190 ff., 231, 249, 256, 265, 365 – Durchbrechung: 74, 76, 83, 86, 171, 189 ff., 206, 225, 227
Teilwert:
– Begrenzung im UmwStG 1995: 182 ff. – Bewertung von Pensionsrück stellungen: s. dort, Bewertung Territorialitätsprinzip: 215, 274, 294 f., 297 f., 313, 318, 324 ff., 328 ff., 338, 342, 362, 371
Übermaßbesteuerung: 7, 74 f., 115, 126 ff., 171, 176, 316, 360, 368 Umgründungen: 243 ff. – Einbringungen: s. dort – Realteilung: s. dort – Spaltung: s. dort – Umwandlungen: s. dort – Verschmelzung: s. dort – Zusammenschluss: 245, 248, 250, 254, 260, 264 ff., 274, 276 ff., 284, 286 ff., 322, 325, 331, 333, 343, 349 Umwandlungen: – als Umgründung iSd. UmgrStG: 243, 262 f., 282 ff.
Veräußerung: 28 f., 34, 38, 53,
61 ff., 66 ff., 72 ff., 88, 93 ,95, 113, 130, 133, 134, 136, 137, 141, 142, 144, 147, 196, 246, 256, 302, 367 Verlust: 17, 18, 21, 26, 27, 28 – Unterschied zu stillen Lasten: 189 ff. – Übertragungsverlust: 127, 145, 149, 158, 160 ff., 166, 169, 172, 176, 190, 193, 207, 217, 219, 221, 227, 310, 343 – Intersubjektiver Verlustübergang: 171 f., 189, 194, 221, 253 ff., 255, 312, 349 ff., 354, 357 455
Stichwortverzeichnis
– Verlustverrechnung: 160 ff. – Verlustverrechnungsbeschränkungen: 28, 131, 314 Verschmelzung: 45 f., 51, 57, 59, 65 f., 67, 72, 82, 86, 85, 132, 138, 161, 166, 170, 182, 188, 209, 210, 213, 224, 244 f., 247, 258, 260 ff., 272, 275, 277, 279 ff., 284 f., 288, 290, 305, 311 f., 318, 322, 327, 332, 335, 345
Verstrickung: – Wahrung Territorialitätsprinzip: 297 ff. – Bei Umwandlungen iSv. § 3 ff., § 11 ff.: 335 f. – Bei Einbringungen iSv. §§ 20 ff.: 337 f. – Steuerverstrickung: s. Besteuerungsrecht
Zwischenwertansatz: 53, 57, 181, 183, 186 ff., 203, 226, 302, 338
456