Steuerberater-Jahrbuch: Steuerberater-Jahrbuch 2014/2015 9783504384548

Perspektiven der Beratung Das Jahrbuch bietet eine detaillierte Auseinandersetzung mit ausgewählten Themenschwerpunkte

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German Pages 667 [668] Year 2015

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Table of contents :
Vorwort
Inhalt
1. Leitthema: Unternehmenssteuerrecht 1
Rechtsprechungs-Highlights zum Unternehmenssteuerrecht der Personengesellschaften
Rechtsprechungs-Highlights zum Unternehmenssteuerrecht der Kapitalgesellschaften
Unternehmensbesteuerung 2015. Aktuelle Entwicklungen bei der Unternehmensbesteuerung, bevorstehende Regelungen im Überblick
2. Leitthema: Unternehmenssteuerrecht 2
Das neue BMF-Schreiben zu § 8c KStG
Einbringung in Kapitalgesellschaften und andere Gegenleistung
Aktuelle Organschaftsfragen
3. Leitthema: Unternehmenssteuerrecht 3
Der verschärfte § 50i EStG
Praxisfragen zur Umwandlung von Personengesellschaften
Aktuelles zur Erbschaft-/Schenkungsteuer/Bewertung
Anforderungen an das ErbStG 2015/2016 aus der Sicht der Beratungspraxis
4. Leitthema: Bilanzsteuerrecht
§§ 4f und 5 Abs. 7 EStG n.F. in der Praxis
Steuerliche Abgrenzung zwischen Eigen- und Fremdkapital
Aktuelle Fälle des Bilanzsteuerrechts
5. Leitthema: Internationales Steuerrecht
Das neue BMF-Schreiben zur abkommensrechtlichen Beurteilung von Personengesellschaften
Aktuelle Entwicklungen im Bereich der Wegzugs- und Entstrickungsbesteuerung
BEPS Bestandsaufnahme 2014 – Nach zwei Dritteln der Wegstrecke
6. Leitthema: Umsatzsteuerrecht
Rechtsprechungs-Highlights zum Umsatzsteuerrecht
Vorsteueraufteilung im Lichte der neuen BFH-Rechtsprechung
7. Leitthema: Steuerrecht und besondere Beratungsrisiken
Neues zum Sanierungssteuerrecht
Aktuelle Praxisfragen des Grunderwerbsteuerrechts
Transaktionsnahes Steuerstrafrecht
Sachregister

Steuerberater-Jahrbuch: Steuerberater-Jahrbuch 2014/2015
 9783504384548

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Steuerberater-Jahrbuch 2014/2015

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Steuerberater-Jahrbuch 2014/2015 zugleich Bericht über den 66. Fachkongress der Steuerberater Köln, 28. und 29. Oktober 2014

Herausgegeben im Auftrag des Fachinstituts der Steuerberater von

Prof. Dr. Thomas Rödder

Prof. Dr. Rainer Hüttemann

Steuerberater, Wirtschaftsprüfer

Universitätsprofessor

Zitierempfehlung: Verfasser, StbJb. 2014/2015, Seite …

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Verlag Dr. Otto Schmidt KG Gustav-Heinemann-Ufer 58, 50968 Köln Tel. 02 21/9 37 38-01, Fax 02 21/9 37 38-943 [email protected] www.otto-schmidt.de ISSN 0081-5519 ISBN 978-3-504-62661-7 ©2015 by Verlag Dr. Otto Schmidt KG, Köln

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlages. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeiche­ rung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das verwendete Papier ist aus chlorfrei gebleichten Rohstoffen hergestellt, holz- und säurefrei, alterungs­ beständig und umweltfreundlich. Satz: WMTP, Birkenau Druck und Verarbeitung: Kösel, Krugzell Printed in Germany

Vorwort Der 66. Fachkongress der Steuerberater, der am 28. und 29. Oktober 2014 traditionell in der Industrie- und Handelskammer zu Köln stattfand, eröffnete das Leitthema Unternehmenssteuerrecht 1 mit Vorträgen, die sich mit den Rechtsprechungs-Highlights zum Unternehmenssteuerrecht sowohl der Personengesellschaften als auch der Kapitalgesellschaften intensiv auseinandersetzten. Der Beitrag zu „aktuellen steuerpolitischen Entwicklungen“ bot einen Überblick und eine Einschätzung der bevorstehenden Entwicklungen und Regelungen zur Unternehmensbesteuerung in 2015. Das Leitthema Unternehmenssteuerrecht 2 behandelte im ersten Beitrag den Entwurf des neuen BMF-Schreibens zu § 8c KStG, in dem u.a. insbesondere (erstmals) Aussagen zur Konzern- und zur Stille-ReservenKlausel getroffen wurden. Unter dem Titel „Einbringung in Kapitalgesellschaften und andere Gegenleistung“ wurde die Möglichkeit einer Steuerneutralität bei einer Einbringung von Unternehmensteilen in eine Kapitalgesellschaft sowie beim Anteilstausch gem. §§ 20, 21 UmwStG erörtert. Das Leitthema wurde geschlossen mit einem Beitrag zu „aktuellen Organschaftsfragen“, der sich im Schwerpunkt mit der Diskussion über die Verwaltungsauffassung zur Anwendung des § 8c KStG im Organschaftsfall beschäftigt. Der „verschärfte § 50i EStG“ war ein Themenkomplex des Leitthemas Unternehmenssteuerrecht 3. Durch das sog. „Kroatiengesetz“ wurde der Anwendungsbereich des § 50i EStG durch Anfügung eines Abs. 2 sowie Ergänzungen des dadurch geschaffenen Abs. 1 deutlich erweitert. Der Beitrag setzte sich sowohl mit dem Normzweck als auch mit den durch besagtes „Kroatiengesetz“ geschaffenen Änderungen auseinander. Die „Praxisfragen zur Umwandlung von Personengesellschaften“ beschäftigten sich mit der Besteuerung dieser Gesellschaften in Umwandlungsfällen, bei denen sich einige der Aspekte auch aus der speziellen Abgrenzungsproblematik zwischen Gesellschaft und Gesellschaftersphäre bei Personenunternehmen ergeben. Abgerundet wurde das 3. Leitthema mit Überblicksbeiträgen zu aktuellen Entwicklungen bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer und Anforderungen an das ErbStG 2015/2016 aus der Sicht der Beratungspraxis. Im Rahmen des Leitthemas Bilanzsteuerrecht wurden die „§§ 4f und 5 Abs. 7 EStG n.F.“ aus Sicht der Beratungspraxis umfassend analysiert. Die „steuerliche Abgrenzung von Eigen- und Fremdkapital“ war Thema des anschließenden Beitrages. Weiteres Thema waren auch in diesem Jahr die „aktuellen Fälle des Bilanzsteuerrechts.“

V

Vorwort

Unter dem Leitthema Internationales Steuerrecht befasste sich der erste Vortrag mit dem „neuen BMF-Schreiben zur abkommensrechtlichen Beurteilung von Personengesellschaften“. Die Darstellung der „aktuellen Entwicklungen im Bereich der Wegzugs- und Entstrickungsbesteuerung“ bot neben einem Überlick über den gegenwärtigen Zustand der Wegzugs- und Entstrickungsbesteuerung nach geltendem Recht eine Erläuterung der wesentlichen EuGH-Judikatur für diesen Bereich und ging auf deren mögliche Auswirkungen ein. Eine „Bestandsaufnahme BEPS 2014“ rundeten dieses Themenspektrum ab. Das Leitthema Umsatzsteuerecht beschäftigte sich zunächst mit den „Rechtsprechungs-Highlights zum Umsatzsteuerrecht“. Die Vorsteueraufteilung bei gemischter Verwendung von Eingangsleistungen war Gegenstand des folgenden Vortrags, der sich mit den in jüngerer Vergangenheit dazu ergangenen BFH-Entscheidungen auseinandersetzte. Im Kern ging es insbesondere um die Frage, nach welchem Schlüssel der Unternehmer den Vorsteuerabzug geltend machen kann. Unter dem Leitthema Steuerrecht und besondere Beratungsrisiken bot der erste Beitrag einen Überblick über die neueren Entwicklungen im Bereich des Sanierungssteuerrechts, die zum einen den sog. Sanierungserlass betreffen und zum anderen die Auswirkungen der geänderten BFH-Rechtsprechung auf steuerliche Organschaften in der Insolvenz zum Gegenstand haben. „Aktuelle Praxisfragen des Grunderwerbsteuerrechts“ insbesondere die an Anteilsgeschäfte anknüpfenden Grunderwerbsteuer-Tatbestände waren Gegenstand eines weiteren Vortrags zu diesem Leitthema. Der abschließende Beitrag zum „transaktionsnahen Steuerstrafrecht“ beschäftigte sich mit den spezifischen steuerstrafrechtlichen Risiken für Unternehmer im Zusammenhang mit Transaktionen. Köln, im August 2015 Thomas Rödder

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Rainer Hüttemann

Inhalt* Seite

Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

V

1. Leitthema: Unternehmenssteuerrecht 1 Michael Wendt Vorsitzender Richter am BFH, München Rechtsprechungs-Highlights zum Unternehmenssteuerrecht der Personengesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Neues zur atypisch stillen Gesellschaft . . . . . . . . . . 2. Weitere Unklarheiten bei § 6 Abs. 5 EStG . . . . . . . . 3. Rückstellung für gesellschaftsvertragliche Verpflichtung zur Jahresabschlussprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . 4. § 4 Abs. 4a EStG bei Gesellschafterdarlehen . . . . . . .

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Rechtsprechungs-Highlights zum Unternehmenssteuerrecht der Kapitalgesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Professor Dr. Dietmar Gosch Vorsitzender Richter am BFH, München

I. Verfassungsmäßigkeit der sog. Mindestbesteuerung bei Definitiveffekten: BFH, Beschl. v. 26.2.2014 – I R 59/12 . . II. Ernstliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des § 4h EStG: BFH, Beschl. v. 18.12.2013 – I B 85/13 . . . . . III. Verfassungsmäßigkeit des Abzugsverbots für die Gewerbesteuer: BFH, Urt. v. 16.1.2014 – I R 21/12 . . . . . . . . . . IV. Verfassungsmäßigkeit der gewerbesteuerrechtlichen Hinzurechnung von Miet- und Pachtzinsen: BFH, Urt. v. 4.6.2014 – I R 70/12 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Auslegung und Verfassungsmäßigkeit des Abzugsverbots in § 8b Abs. 3 Satz 3 und 4 KStG: BFH, Urt. v. 12.3.2014 – I R 87/12 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Abziehbarkeit von Veräußerungskosten bei einer Anteilsveräußerung nach § 8b Abs. 2 KStG: BFH, Urt. v. 12.3.2014 – I R 45/13 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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* Ausführliche Inhaltsverzeichnisse jeweils zu Beginn der Beiträge.

VII

Inhalt

VII. Verluste aus Termingeschäften als Veräußerungskosten nach § 8b Abs. 2 Satz 1 KStG 2002: BFH, Urt. v. 9.4.2014 – I R 52/12 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VIII. Nachträgliche Veränderung des Veräußerungspreises und der Veräußerungskosten als stichtagsbezogene Teile des Veräußerungsgewinns i.S.v. § 8b Abs. 2 Satz 2 KStG: BFH, Urt. v. 12.3.2014 – I R 55/13 . . . . . . . . . . . . . . . . . IX. Keine Kürzung nach § 9 Nr. 2a GewStG bei einem sog. qualifizierten Anteilstausch: BFH, Urt. v. 16.4.2014 – I R 44/13 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . X. Steuermindernde Berücksichtigung einer Abstockung auf den gemeinen Wert sowie eines Übernahmeverlusts bei sog. Aufwärtsverschmelzung von Lebensversicherungsunternehmen: BFH, Urt. v. 30.7.2014 – I R 58/12 . . . . . . XI. Mindestlaufzeit des Gewinnabführungsvertrags und Bildung eines Rumpfwirtschaftsjahres; „wichtiger Grund“ bei vorzeitiger Vertragsbeendigung: BFH, Urt. v. 13.11.2013 – I R 45/12 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Unternehmensbesteuerung 2015 – Aktuelle Entwicklungen bei der Unternehmensbesteuerung, bevorstehende Regelungen im Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Ministerialdirigent Dr. Steffen Neumann Finanzministerium NRW, Düsseldorf

A. B. C. D. E. F. G. H.

VIII

Aktuelle Gesetzgebung im Überblick . . . . . . . . Voraussichtliche Gesetzesvorhaben des Jahres 2015 Die OECD-Projekte (Auszug) und ihre Folgen . . . Finanzbeziehung zwischen Bund und Ländern . . . Anreize zur Wirtschaftsbelebung . . . . . . . . . . Investmentbesteuerung . . . . . . . . . . . . . . . . Finanztransaktionssteuer (FTS) . . . . . . . . . . . Resümee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhalt

2. Leitthema: Unternehmenssteuerrecht 2 Regierungsdirektorin Dr. Bianca Lang Karlsruhe Professor Dr. Guido Förster Steuerberater, Düsseldorf Das neue BMF-Schreiben zu § 8c KStG . . . . . . . . . . . . . . . 1. 2. 3. 4.

Einleitung (Lang) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Unterjähriger Beteiligungserwerb (Förster) . . . . . Konzernklausel (Lang) . . . . . . . . . . . . . . . . Verschonungsregel bei stillen Reserven (§ 8c Abs. 1 Satz 6–9 KStG) (Förster) . . . . . . . . . . . . . . .

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97 100 111

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Einbringung in Kapitalgesellschaften und andere Gegenleistung . .

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Dr. Norbert Schneider Rechtsanwalt, Steuerberater, Köln A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Behandlung der sonstigen Gegenleistung bei §§ 20, 21 UmwStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Behandlung der sonstigen Gegenleistung bei anderen Einbringungen/Umwandlungen . . . . . . . . . . . . . D. Mögliche Reaktionen des Gesetzgebers . . . . . . . . . E. Tatsächliche oder vermutete Umgehungsfälle . . . . . F. Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Aktuelle Organschaftsfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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I. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Organschaft und § 8c KStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Sonstige aktuelle Auslegungsfragen . . . . . . . . . . . . . . .

163 163 176

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Oberregierungsrätin Anita Kiontke Bundesministerium der Finanzen, Berlin Professor Dr. Andreas Schumacher Steuerberater, Bonn

IX

Inhalt

3. Leitthema: Unternehmenssteuerrecht 3 Oberregierungsrat Friedbert Lang OFD Karlsruhe Dr. Sebastian Benz Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht, Düsseldorf Der verschärfte § 50i EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Hintergrund für die Einführung des § 50i EStG in 2013 III. Verschärfung des § 50i EStG durch das Kroatiengesetz in 2014 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Aufhebung der Umwandlungssperre gem. § 50i Abs. 2 EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Möglichkeiten des steuerneutralen Wegzugs nach Einführung des § 50i EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Praxisfragen zur Umwandlung von Personengesellschaften . . . .

221

I. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Praxisfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

221 222 226

Professor Dr. Stefan Köhler Steuerberater, Eschborn

Dr. Gülsen Erkis Wilfried Mannek Finanzministerium NRW, Düsseldorf Aktuelles zur Erbschaft-/Schenkungsteuer/Bewertung . . . . . . . 1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Ausgangssituation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Verfassungsrechtliche Maßstäbe der Ausgestaltung von Verschonungsregelungen für betriebliches Vermögen nach bisheriger Rechtsprechung des BVerfG . . . . . . . . . . . 4. Gesetzgeberische Handlungsoptionen . . . . . . . . . . . 5. Gesetzgeberischer Reformbedarf . . . . . . . . . . . . . . 6. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

X

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272 274 277 286

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Inhalt

Professor Dr. Andreas Söffing Steuerberater, Frankfurt a.M. Anforderungen an das ErbStG 2015/2016 aus der Sicht der Beratungspraxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. B. C. D. E. F.

Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Das Begünstigungskonzept . . . . . . . . . . . . Änderungen beim Vewaltungsvermögenstest . . Änderungen beim Lohnsummentest . . . . . . . Latente Ertragsteuerbelastung . . . . . . . . . . . Erhöhte Bedeutung der Unternehmensbewertung

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289

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289 290 296 300 301 303

§§ 4f und 5 Abs. 7 EStG n.F. in der Praxis . . . . . . . . . . . . . .

307

1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Gesetzliche Neuregelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ausgewählte Zweifelsfragen und Beispielsfälle . . . . . . . .

307 309 312

4. Leitthema: Bilanzsteuerrecht Professor Dr. Gerrit Adrian Steuerberater, Frankfurt a.M. Regierungsdirektor Dr. Peter Heinemann Finanzministerium Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf

Oberregierungsrat Cornelius Link Bundesministerium der Finanzen, Berlin Dr. Carsten Schlotter Rechtsanwalt, Steuerberater, Bonn Steuerliche Abgrenzung zwischen Eigen- und Fremdkapital . . . .

325

A. Einleitung (Link/Schlotter) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Handelsbilanzrechtlicher Diskussionsstand (Schlotter) . . . . C. Steuerbilanzrecht (Link/Schlotter) . . . . . . . . . . . . . . .

325 328 332

Professor Dr. Ulrich Prinz Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Köln Aktuelle Fälle des Bilanzsteuerrechts . . . . . . . . . . . . . . . . I. II. III. IV.

Neuer Teilwerterlass vom 16.7.2014 . . . . . . . . . . . . . Lifo-Methode zur Vorratsbewertung . . . . . . . . . . . . . Neue wichtige Rückstellungsjudikatur . . . . . . . . . . . . Zum Schluss: Kurzer aktueller Streifzug durchs Bilanzrecht

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365 365 376 383 392 XI

Inhalt

5. Leitthema: Internationales Steuerrecht Leitender Regierungsdirektor Franz Hruschka München Professor Dr. Jochen Lüdicke Rechtsanwalt, Steuerberater und Fachanwalt für Steuerrecht, Düsseldorf Das neue BMF-Schreiben zur abkommensrechtlichen Beurteilung von Personengesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . A. Einführung (Lüdicke) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Rechtsnormabhängige Einkünfte im Abkommensrecht (Hruschka) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Unternehmensgewinne i.S.d. Art. 3 Abs. 1 lit. c OECD-MA (Hruschka) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Unternehmen eines Vertragsstaates (Hruschka) . . . . . . . E. Zuordnung von Einkünften und Wirtschaftsgütern (Hruschka) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . F. Sondervergütungen (Lüdicke) . . . . . . . . . . . . . . . . .

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405 409

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Aktuelle Entwicklungen im Bereich der Wegzugs- und Entstrickungsbesteuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

419

Oberamtsrat Andreas Benecke, LL.M. Bundesministerium der Finanzen, Berlin Professor Dr. Jens Blumenberg Steuerberater, Frankfurt a.M.

1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Uneinheitlichkeit der Wegzugs- und Entstrickungsbesteuerung im geltenden Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Rechtsprechung des EuGH zur Entstrickungsbesteuerung im Betriebsvermögen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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BEPS Bestandsaufnahme 2014 – Nach zwei Dritteln der Wegstrecke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

443

I. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Google-Fall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. September 2014 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

443 445 448

Dr. Christian Dorenkamp, LL.M. Rechtsanwalt, Steuerberater, Bonn

XII

Inhalt

IV. November 2014 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Dezember 2014 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Ausblick – Frühjahr 2015 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

455 456 461

6. Leitthema: Umsatzsteuerrecht Dr. Steffen Gregor Rauch Richter am BFH, München Rechtsprechungs-Highlights zum Umsatzsteuerrecht . . . . . . . 1. Entnahme bei Betriebsaufgabe: BFH, Urteil vom 21.5.2014 – V R 20/13 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Abgabe von „Gratis-Handys“ durch einen Vermittler von Mobilfunkverträgen: BFH, Urteil vom 16.10.2013 – XI R 39/12 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Innergemeinschaftliche Lieferung im Reihengeschäft: BFH, Urteil vom 28.5.2013 – XI R 11/09 . . . . . . . . . . . . . . 4. Zur Anwendung der Mindestbemessungsgrundlage bei steuerpflichtiger Verpachtung an einen zum vollen Vorsteuerabzug berechtigten Unternehmer: BFH, Urteil vom 5.6.2014 – XI R 44/12 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Steuerschuldnerschaft bei Bauleistungen: BFH, Urteil vom 22.8.2013 – V R 37/10 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Zum Vorsteuerabzug einer Führungsholding und zur Organschaft: BFH, Beschlüsse vom 11.12.2013 – XI R 17/11 und 38/12 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Vorsteueraufteilung bei gemischt genutzten Gebäuden: BFH, Urteil vom 7.5.2014 – V R 1/10 . . . . . . . . . . . . . 8. Zur Anwendung des objektbezogenen Umsatzschlüssels bei gemischt genutzten Gebäuden: BFH, Urteil vom 3.7.2014 – V R 2/10 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9. Zur Bestimmung der abziehbaren Vorsteuerbeträge aus Eingangsleistungen für ein gemischt genutztes Gebäude sowie zur Berichtigung des Vorsteuerabzugs im Falle eines nachträglich vorgeschriebenen vorrangigen Aufteilungsschlüssels: BFH, Beschluss vom 5.6.2014 – XI R 31/09 . . . 10. Zum Vorsteuerabzug aus Leistungen zur Bewirtschaftung einer Betriebskantine: BFH, Urteil vom 29.1.2014 – XI R 4/12 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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XIII

Inhalt

11. Keine Vorsteuerkorrektur beim letzten inländischen Unternehmer einer Lieferkette bei Rabattgewährung durch ausländischen Hersteller: BFH, Urteil vom 5.6.2014 – XI R 25/12 . . 12. Keine Entgeltminderung bei Zentralregulierung: BFH, Urteil vom 3.7.2014 – V R 3/12 . . . . . . . . . . . . . . . . .

502 505

Professor Dr. Thomas Küffner Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, München Andreas Fietz Dipl.-Wirtschaftsjurist (Univ.), München Vorsteueraufteilung im Lichte der neuen BFH-Rechtsprechung . .

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1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Gesetzliche Grundlagen – Vorrang der unmittelbaren Zuordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Vorgaben der Rechtsprechung zur Vorsteueraufteilung bei gemischter Verwendung von Eingangsleistungen für Abzugsund Ausschlussumsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Besonderheiten bei der Vorsteueraufteilung zwischen wirtschaftlicher und nichtwirtschaftlicher Tätigkeit . . . . . 5. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

509 510

511 516 519

7. Leitthema: Steuerrecht und besondere Beratungsrisiken Dr. Alexander Schwahn, LL.M. Rechtsanwalt, Steuerberater, Hamburg Neues zum Sanierungssteuerrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . .

523

A. Neuere Entwicklungen im Bereich des Sanierungserlasses . . B. Neuere Entwicklungen zu insolvenzbedingten Beendigungen von Organschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Dr. Stefan Behrens Steuerberater, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht, Frankfurt a.M. Aktuelle Praxisfragen des Grunderwerbsteuerrechts . . . . . . . .

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1. Gesellschafterwechsel bei Personengesellschaften (§ 1 Abs. 2a GrEStG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die rechtliche Anteilsvereinigung i.S.v. § 1 Abs. 3 GrEStG . .

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XIV

Inhalt

3. Die rechtliche Anteilsvereinigung infolge Innehabung einer sog. wirtschaftlichen Beteiligung in Höhe von mindestens 95 % (§ 1 Abs. 3a GrEStG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Leitender Regierungsdirektor Harald von Frantzki Finanzamt für Steuerfahndung und Steuerstrafsachen, Düsseldorf Dr. Jörg Schauf Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht, Bonn Transaktionsnahes Steuerstrafrecht . . . . . . . . . . . . . . . . .

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A. Begriffsbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Steuerstrafrechtliche Risiken für Unternehmen . . . . . . C. Übernahme bestehender Risiken (präakquisitorische Deliktverwirklichung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Neue Risiken (postakquisitorische Deliktverwirklichung) . E. Strategien zur Risikovermeidung bzw. -minimierung . . . F. Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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XV

1. Leitthema: Unternehmenssteuerrecht 1

Rechtsprechungs-Highlights zum Unternehmenssteuerrecht der Personengesellschaften Michael Wendt Vorsitzender Richter am BFH, München Inhaltsübersicht 1. Neues zur atypisch stillen Gesellschaft 1.1 Zivilrechtliche Grundlagen 1.2. Ertragsteuerliche Behandlung 1.2.1. Typisch stille Gesellschaft 1.2.2. Atypisch stille Gesellschaft 1.3. Einschränkung der Verlustverrechnung durch § 15a EStG 1.3.1. Verlustnutzung in Höhe der geleisteten Einlage 1.3.2. BFH-Urteil vom 24.4.2014 – IV R 18/10 1.4. Stille Beteiligung an einer Personengesellschaft 1.4.1. Einheitliche oder doppelte Mitunternehmerschaft? 1.4.2. BFH-Urteil vom 24.4.2014 – IV R 34/10 1.4.3. Gewerbesteuerliche Besonderheiten bei doppelstöckigen Personengesellschaften 2. Weitere Unklarheiten bei § 6 Abs. 5 EStG 2.1. Buchwertübertragung zwischen Schwestergesellschaften 2.2. Sperrfrist bei Übertragung zwischen Ein-Personen-GmbH & Co. KG und Gesellschafter 2.3. Strenge oder modifizierte Trennungstheorie?

2.3.1. Privilegierung voll unentgeltlicher Übertragungen 2.3.2. Streitige Behandlung von teilentgeltlichen Übertragungen 2.3.3. Beschluss des BFH vom 19.3.2014 2.3.4. Die „besseren Argumente“? 2.3.5. Privilegierte Entnahme als Ersatz für Gewinnrealisation 2.3.6. Übertragungen gegen Mischentgelt 3. Rückstellung für gesellschaftsvertragliche Verpflichtung zur Jahresabschlussprüfung 3.1. Verbindlichkeits- und Aufwandsrückstellungen 3.2. Rückstellung für Kosten der Jahresabschlussprüfung 3.3. BFH-Urteil vom 5.6.2014 – IV R 26/11 4. § 4 Abs. 4a EStG bei Gesellschafterdarlehen 4.1. Bedeutung des § 4 Abs. 4a EStG für Innenfinanzierung von Unternehmensgruppen 4.2. BFH-Urteil vom 12.2.2014 – IV R 22/10 4.3. Keine Hinzurechnung bei Sondervergütungen

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1. Neues zur atypisch stillen Gesellschaft 1.1 Zivilrechtliche Grundlagen Die Stille Gesellschaft ist im HGB nicht umfassend geregelt; §§ 230 ff. HGB behandeln nur einzelne Rechte und Pflichten der Gesellschafter. Zusätzlich gelten die Regeln der §§ 705 ff. BGB. Danach ist die Stille Gesellschaft im Innenverhältnis eine BGB-Gesellschaft, die kein eigenes Vermögen hat. Der stille Gesellschafter und der Inhaber eines Handelsgeschäfts (Prinzipal) schließen sich zur Verfolgung eines gemeinsamen Zwecks zusammen. Dazu leisten sie unterschiedliche Beiträge: der Stille leistet eine Kapitaleinlage, die in das Vermögen des Prinzipals übergeht; der Prinzipal führt sein Unternehmen künftig für gemeinsame Rechnung. Im Außenverhältnis bleibt der Prinzipal alleiniger Inhaber des Geschäfts. Alle Rechtsverhältnisse geht er im eigenen Namen ein. Bei Auseinandersetzung der Gesellschaft erhält der Stille seine Einlage zurück; im Fall einer Insolvenz des Prinzipals kann er die Einlage als Insolvenzgläubiger geltend machen (§ 236 Abs. 1 HGB). Beide Gesellschafter haben Anspruch auf Beteiligung am laufenden Gewinn. Der Stille kann bei entsprechender Vereinbarung auch – bis zur Höhe seiner Einlage – am Verlust beteiligt sein, anderenfalls trägt der Prinzipal den Verlust alleine. Nach dem gesetzlichen Leitbild ist der stille Gesellschafter an den stillen Reserven und am Geschäftswert nicht beteiligt. Eine abweichende Vereinbarung ist möglich. Die stille Gesellschaft unterscheidet sich von der regulären BGB-Gesellschaft dadurch, dass sie kein Gesamthandsvermögen hat und nach außen nicht erkennbar wird. Andererseits unterscheidet sie sich von einem partiarischen Darlehensverhältnis (Darlehenszins besteht in einem Gewinnanteil) dadurch, dass Kapitalgeber und -empfänger einander zur Förderung eines gemeinsamen Zwecks verpflichtet sind. Die Einlage muss der stille Gesellschafter nicht aus seinem Vermögen leisten. Sie kann ihm auch vom Prinzipal zugewendet werden1. In einem solchen Fall droht der Vorzug der Formfreiheit der stillen Gesellschaft verlorenzugehen, weil die der Zuwendung zugrunde liegende Schenkung nach § 518 Abs. 1 BGB der notariellen Beurkundung bedarf. Der Abschluss des Gesellschaftsvertrags sollte die Formunwirksamkeit nach bisheriger Rechtsprechung des BGH nicht gem. § 518 Abs. 2 BGB heilen können2. Dies wird damit begründet, dass der Beschenkte keine dingliche Beteiligung am Vermögen des Prinzipals erhalte, sein schuld1 Näher K. Schmidt in MünchKomm, HGB, § 230 HGB Rz. 143 f. 2 BGH, Urt. v. 24.9.1952 – II ZR 136/51, BGHZ 7, 174 und v. 29.10.1952 – II ZR 16/52, BGHZ 7, 378.

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rechtlicher Anspruch aus der Schenkung also nur durch einen anderen schuldrechtlichen Anspruch ersetzt werde. Darin liege keine „Bewirkung“ der versprochenen Leistung. Nachdem der BGH dieses Argument aber bei einer atypischen Unterbeteiligung an einem Gesellschaftsanteil nicht mehr für durchgreifend erachtet, weil dem Unterbeteiligten Mitwirkungsrechte eingeräumt seien, die ihm eine mitgliedschaftliche Rechtsposition verschafften3, hat jüngst auch der BFH mit diesem Argument die Einräumung einer atypisch stillen Beteiligung als den Formmangel heilenden Vollzug der Schenkung beurteilt4. Als atypisch stille Gesellschaft bezeichnet man Erscheinungsformen, in denen der Stille über das handelsrechtliche Modell hinausgehende Rechte hat, insbesondere Rechte an der Wertentwicklung des Unternehmens in Form von Beteiligungen an stillen Reserven oder einem Geschäftswert. Erweiterte Mitwirkungsrechte hat der Stille etwa dann, wenn er zum Geschäftsführer bestellt wird. In der Rechtspraxis erscheinen stille Gesellschaften überwiegend in solchen atypischen Ausformungen. Grund dafür ist die ertragsteuerliche Behandlung der atypisch stillen Gesellschaft. 1.2. Ertragsteuerliche Behandlung 1.2.1. Typisch stille Gesellschaft Wird die stille Gesellschaft nach ihrem handelsrechtlichen Leitbild als typische stille Gesellschaft vereinbart, wird der Stille als reiner Kapitalgeber besteuert und erzielt in Höhe seiner Gewinnbeteiligung Einkünfte aus Kapitalvermögen iSd. § 20 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 EStG. Dies gilt allerdings nur, sofern die Einlage zum Privatvermögen des Stillen gehört und auch nicht mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung in Zusammenhang steht. Ist der Stille selbst Unternehmer und beteiligt er sich aus betrieblichen Gründen an dem Unternehmen des Prinzipals, stellt die Einlage Betriebsvermögen des Stillen dar. Die bezogenen Einkünfte sind Bestandteil seiner unternehmerischen Einkünfte (§ 20 Abs. 8 EStG), die Einlage und andere Forderungen und Schulden im Zusammenhang mit der Beteiligung sind in der Bilanz des Stillen zu berücksichtigen. 1.2.2. Atypisch stille Gesellschaft Die atypisch stille Gesellschaft ist im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG eine „andere Gesellschaft, bei der Gesellschafter als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebs anzusehen ist“. In der Regel ergibt 3 BGH, Urt. v. 29.11.2011 – II ZR 306/09, BGHZ 191, 354. 4 BFH, Urt. v. 17.7.2014 – IV R 52/11, DStR 2014, 2111; zuvor bereits in einem obiter dictum BFH, Urt. v. 16.1.2008 – II R 10/06, BStBl II 2008, 631.

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sich die mitunternehmerschaftliche Beteiligung aus der über das Leitbild des HGB hinausgehenden Beteiligung an den stillen Reserven und am Geschäftswert. Außerdem ist eine Verlustbeteiligung erforderlich. Dabei reicht es aus, wenn die Verlustbeteiligung – wie bei einem Kommanditisten – auf die Einlage beschränkt ist; dies ist der handelsrechtliche Normalfall (§ 231 Abs. 2 Halbs. 1 HGB). Handelsrechtlich wird die Beteiligung des Stillen an dem Verlust gegen die Einlage des Stillen gebucht und wirkt dadurch für den Prinzipal als Ertrag, mindert also den vom Prinzipal selbst bilanziell auszuweisenden Verlust. Das gilt allerdings grundsätzlich nur bis zur Erschöpfung der Einlage. Darüber hinausgehende Buchungen auf dem Einlagekonto würden bilanziell eine Forderung des Prinzipals gegenüber dem Stillen ausweisen, die aber nicht besteht. Deshalb wird bei stillen Beteiligungen an Kapitalgesellschaften eine Verlustminderung der Kapitalgesellschaft nicht für zulässig gehalten5. Bei Einzelunternehmern und Personengesellschaften als Prinzipal soll demgegenüber ähnlich einem Kommanditisten ein negatives Einlagekonto möglich sein6. Ausnahmsweise hält der BFH auch ohne zusätzliche Vermögensrechte eine Mitunternehmerschaft für gegeben, wenn eine intensive Beteiligung an der Geschäftsführung des Prinzipals möglich ist, wie insbesondere bei der Beteiligung an einer GmbH, die vom Stillen als Gesellschafter-Geschäftsführer beherrscht wird. In einem solchen Fall soll es nach Ansicht des BFH7 für die Begründung einer Mitunternehmerschaft ausreichen, – wenn der stille Gesellschafter über seine Stellung als beherrschender Gesellschafter und alleiniger Geschäftsführer der GmbH das Schicksal des Unternehmens bestimmen kann, – wenn er eine ins Gewicht fallende stille Einlage in das Unternehmen der GmbH zu leisten hat, – wenn er maßgeblich am Gewinn und – zumindest über seine Stammeinlage bei der GmbH – in beschränktem Umfang auch am Verlust des Unternehmens beteiligt ist und – wenn er bei Beendigung der Gesellschaft lediglich einen Anspruch auf eine Abfindung in Höhe des Nominalwerts seiner Einlage hat. Da die stille Gesellschaft kein Gesamthandsvermögen hat, lassen sich ertragsteuerliche Regelungen, die das Gesamthandsvermögen betreffen, nicht unmittelbar auf atypisch stille Gesellschaften übertragen. Das

5 Blaurock, Handbuch der Stillen Gesellschaft, 7. Aufl. 2010, Rz. 13.138. 6 OLG Brandenburg v. 8.2.1995 – 7 U 101/94, NJW-RR 1996, 156. 7 BFH, Urt. v. 26.11.2003 – VIII R 64/03, BFH/NV 2004, 63.

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Steuerrecht behandelt die atypisch stille Gesellschaft aber wie eine Art „Innen-KG“, und wendet die das Gesamthandsvermögen betreffenden Regelungen auf die Innen-KG entsprechend an. Auch im Handelsrecht wird das Modell der „Innen-KG“ diskutiert8. Bei dieser Betrachtung wird das der stillen Gesellschaft gewidmete Vermögen des Prinzipals als von diesem treuhänderisch verwaltetes Gesellschaftsvermögen betrachtet und dem Gesamthandsvermögen der KG gleichgestellt9. Die Einlage des Stillen entspricht einer Kommanditeinlage, während das übrige Vermögen des Prinzipals wie das Kapital eines Komplementärs erscheint. Ist die stille Beteiligung nicht am gesamten Betriebsvermögen des Handelsgewerbes bestellt worden, sondern nur an einem bestimmten Teil davon (dies ist handelsrechtlich zulässig und ähnelt „tracking stocks“10, also Anteilen an einem genau definierten Geschäftsbereich des Emittenten), ist nur der betreffende Vermögensteil Gegenstand der treuhänderischen Verwaltung und damit dem Gesamthandsvermögen einer KG gleichgestellt. Mit der Bestellung einer atypisch stillen Beteiligung entsteht ein eigenständiges Gewinnermittlungssubjekt11. Sowohl für den Betrieb des Prinzipals als auch für die atypisch stille Gesellschaft ist steuerlich ein Gewinn zu ermitteln. Besteht die Beteiligung an dem ganzen Betrieb des Prinzipals, ist der gemeinschaftlich erzielte Gewinn der atypisch stillen Gesellschaft identisch mit dem Gewinn des Prinzipals. Er wird dann aber noch um Sondervergütungen, Sonderbilanz- und Ergänzungsbilanzergebnisse ergänzt. Die der ESt oder KSt unterliegenden Einkünfte des Prinzipals ergeben sich nicht aus der für seinen Betrieb aufgestellten Gewinnermittlung, sondern aus seinem Anteil am Gewinn der atypisch stillen Gesellschaft. Die Gewinnfeststellung für die atypisch stille Gesellschaft ist dementsprechend Grundlagenbescheid für den ESt- bzw. KSt-Bescheid des Prinzipals. Gewerbesteuerlich ist der Prinzipal nach ständiger Rechtsprechung des BFH zwar Steuerschuldner12. Steuersubjekt sind aber die Mitunternehmer13, also der Prinzipal und der stille Gesellschafter mit ihrem jeweiligen Anteil. Steuerobjekt ist der Gewerbebetrieb.

8 Befürwortet insbes. von K. Schmidt, ausführlich z.B. in ZHR 178 [2014], 10. 9 Vgl. etwa BFH, Urt. v. 2.10.1997 – IV R 75/96, BStBl. II 1998, 137; Groh, FS Kruse, Köln 2001, S. 410 ff. 10 K. Schmidt in MünchKomm, HGB, § 230 HGB Rz. 39; BFH v. 6.12.1995 – I R 109/94, BStBl. II 1998, 685. 11 BFH, Urt. v. 26.11.1996 – VIII R 42/94, BStBl. II 1998, 328. 12 BFH, Urt. v. 12.11.1985 – VIII R 364/83, BStBl. II 1986, 311. 13 BFH, Beschl. v. 3.5.1993 – GrS 3/92, BStBl. II 1993, 616, häufig auch als sachliche Gewerbesteuerpflicht bezeichnet.

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1.3. Einschränkung der Verlustverrechnung durch § 15a EStG 1.3.1. Verlustnutzung in Höhe der geleisteten Einlage Die für Kommanditisten nach § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG geltende Beschränkung der Verlustverrechnung auf den Betrag, mit dem der Gesellschafter tatsächlich wirtschaftlich belastet ist, wird durch § 15a Abs. 5 Nr. 1 EStG auch auf den atypisch stillen Gesellschafter übertragen. Dieser steht einem Kommanditisten insoweit gleich, als er ebenfalls nur mit seiner stillen Einlage an Verlusten des Prinzipals beteiligt ist. Weitergehende Verluste muss er nicht tragen. Werden sie ihm gleichwohl zugerechnet, entsteht ein negatives Kapitalkonto14, das den stillen Gesellschafter nur insoweit belastet, als er spätere Gewinnanteile nicht entnehmen darf. Damit ist seine Stellung vergleichbar mit der eines Kommanditisten (§ 169 Abs. 1 Satz 2 HGB). Es erscheint dann auch angemessen, die Beschränkung des § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG auf den stillen Gesellschafter zu übertragen. Wie beim Kommanditisten kommt es für den Umfang der ausgleichsfähigen Verlustanteile darauf an, ob und in welchem Umfang der stille Gesellschafter seine Einlage geleistet hat. Die Einlage kann als Bareinlage oder Sacheinlage ausgestaltet sein15, wobei die Sacheinlage auch in der Abtretung einer Darlehensforderung bestehen kann. Gegen eine solche Einlage ist weder gesellschaftsrechtlich noch steuerrechtlich etwas einzuwenden. Gesellschaftsrechtlich ist auch die Werthaltigkeit der abgetretenen Forderung nur dann ein Problem, wenn ein bestimmter Wert vorausgesetzt war bzw. wenn die Einlage vollkommen wertlos ist16 (es fehlt dann evtl. daran, dass eine Einlage in das Vermögen des Prinzipals geleistet wird). Steuerrechtlich kommt dem Wert der abgetretenen Forderung jedoch erhebliche Bedeutung zu. Ist die Forderung wertlos, fehlt es an einem Verlustrisiko des stillen Gesellschafters und damit an seiner Stellung als Mitunternehmer17. Bleibt der Verkehrswert der Forderung hinter dem Nennwert zurück, wird dem Kapitalkonto des stillen Gesellschafters nur der niedrigere Betrag zugeführt. Deshalb ist die Einlage nur in dieser Höhe im Sinne des § 15a EStG „geleistet“ und berechtigt zur sofortigen Nutzung der zugewiesenen Verlustanteile.

14 Zur Zulässigkeit des negativen Kapitalkontos s.o. unter 1.2.2. 15 K. Schmidt in MünchKomm, HGB, § 230 HGB Rz. 147. 16 Zu gesellschaftsrechtlichen Bewertungsproblemen näher K. Schmidt in MünchKomm, HGB, § 230 HGB Rz. 150. 17 BFH, Urt. v. 31.5.2012 – IV R 40/09, BFH/NV 2012, 1440.

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1.3.2. BFH-Urteil vom 24.4.2014 – IV R 18/10 Im Fall des BFH-Urteils vom 24.4.2014, IV R 18/1018 hatten sich die Ehefrauen von zwei Medien-Unternehmern jeweils mit einer Einlage von 2,25 Mio. DM atypisch still an einer Film-Produktions-GmbH beteiligt. Die Beteiligungen waren durch Abtretung entsprechender Teilbeträge aus Darlehensforderungen in Höhe von 2,55 Mio. DM zu erbringen, die die Ehefrauen gegenüber ihren Ehemännern hatten. Diese Darlehen waren zurückgewährte Beträge aus an demselben Tag von den Ehemännern den Ehefrauen eingeräumten Darlehen über 3,5 Mio. DM. Im Jahr der Vereinbarung der stillen Beteiligungen erzielte die GmbH einen Verlust, wovon auf die Ehefrauen jeweils ca. 2,26 Mio. DM entfielen. Das FA war der Meinung, die Ehefrauen hätten ihre Einlagen nicht wirksam geleistet. Die Abtretung der Darlehensforderungen gegenüber den Ehemännern hätte nicht zu einer Mehrung des Vermögens der GmbH geführt, weil die Darlehensverträge zwischen den Ehegatten den Anforderungen an Verträge zwischen Angehörigen nicht genügt hätten und deshalb nicht anzuerkennen seien. Deshalb stellte das FA die Verluste als verrechenbar fest. Eine der Ehefrauen erhob gegen die Feststellung der verrechenbaren Verluste Klage. FG19 und BFH teilten ihre Auffassung, dass die Verluste ausgleichsfähig waren. Eine stille Einlage ist nach der Rechtsprechung dann „geleistet“, wenn dem Vermögen des Inhabers des Handelsgewerbes etwas für Rechnung des stillen Gesellschafters zugeflossen ist, was den bilanziellen Unternehmenswert mehrt, also die Aktiva des Unternehmens erhöht oder die Passiva mindert20. Dies gilt nicht nur für Einlageverpflichtungen, die auf eine Bareinzahlung in das Vermögen des Inhabers des Handelsgewerbes gerichtet sind, sondern auch für Verpflichtungen zur Leistung einer Sacheinlage, wie etwa eine Forderungsabtretung. Wird die Einlage durch Abtretung einer Forderung geleistet, ist der Wert der Forderung für die Höhe der geleisteten Einlage maßgebend. Nur wenn die Forderung wertlos ist, kann sie das Kapitalkonto im Sinne des § 15a EStG nicht erhöhen. Zugleich würde der Stille dann wegen fehlenden Verlustrisikos kein Mitunternehmer sein. An der Werthaltigkeit der Darlehensforderung der stillen Gesellschafterin bestanden im Fall des Urteils vom 24.4.2014 keine Zweifel. Zweifel18 BFH/NV 2014, 1516. 19 FG München, Urt. v. 4.3.2010 – 5 K 3989/07, EFG 2010, 1207. 20 Eine bloße Verlustübernahmeerklärung reicht deshalb nicht aus: BFH, Beschl. v. 18.12.2003 – IV B 201/03, BStBl. II 2004, 231 und Urt. v. 7.10.2004 – IV R 50/02, BFH/NV 2005, 533.

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haft war – zumindest nach Meinung des FA – vielmehr die Existenz der Forderung selbst. Denn das Darlehen war dem Ehemann aus Mitteln gewährt worden, die jener der stillen Gesellschafterin am selben Tag seinerseits darlehensweise gewährt hatte. Dies nährte den Verdacht, dass die Rechtsgeschäfte nur „auf dem Papier standen“ und nicht ernsthaft gewollt waren. Dann wären sie auch zivilrechtlich Scheingeschäfte im Sinne des § 117 Abs. 1 BGB gewesen und hätten keine Wirksamkeit erlangt. Möglicherweise wäre stattdessen eine unmittelbare Beteiligung des Ehemanns gewollt gewesen. Das FG hatte sich jedoch davon überzeugt, dass die Darlehensverträge in der dokumentierten Gestalt auch wirklich gewollt waren. Dann gab es aber keinen Zweifel mehr daran, dass in Höhe des Nennbetrags der abgetretenen Forderung die Einlage der stillen Gesellschafterin geleistet war, so dass ihr Anteil am Verlust der stillen Gesellschaft in der betreffenden Höhe ausgleichsfähig sein musste. 1.4. Stille Beteiligung an einer Personengesellschaft 1.4.1. Einheitliche oder doppelte Mitunternehmerschaft? Da sowohl die Personengesellschaft als auch die an ihr bestehende stille Gesellschaft jeweils Mitunternehmerschaften im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG sind, ließe sich vertreten, beide Mitunternehmerschaften zusammen zu betrachten und wie eine einzige, die Gesellschafter der Prinzipalgesellschaft und den Stillen umfassende Mitunternehmerschaft zu behandeln. Dies würde die praktische Handhabung vereinfachen und etwa verfahrensrechtlich auch die Folge haben, dass nur eine Gewinnfeststellung durchzuführen wäre, sofern nicht Fragen des Steuergeheimnisses entgegen ständen. Wenn sich einer der Gesellschafter der Prinzipalgesellschaft zusätzlich atypisch still an jener beteiligen würde, hätte eine solche vereinheitlichende Betrachtung zur Folge, dass beide Mitunternehmerstellungen zu einer einzigen zusammengefasst würden. Damit würde man dem gesellschaftsrechtlichen Prinzip nahe kommen, dass ein Gesellschafter einer Personengesellschaft nur einen Anteil an der Gesellschaft halten kann. Vor diesem Hintergrund erscheint es nicht überraschend, dass der BFH die typisch stille Beteiligung eines Kommanditisten mit seiner Kommanditbeteiligung zusammengefasst hat21. Konsequenz daraus ist, dass die Gewinnanteile aus der typisch stillen Beteiligung als besondere Gewinnverteilungsabrede im Rahmen der Gewinnverteilung der Prinzipal-Gesellschaft verstanden werden, also als eine Art Vorabgewinn, der den Gewinn der Prinzipal-Gesellschaft nicht mindert.

21 BFH, Urt. v. 23.4.2009 – IV R 73/06, BStBl. II 2010, 40.

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Was für die typisch stille Beteiligung des Prinzipalgesellschafters gilt, kann aber nach einem aktuellen Urteil des BFH vom 24.4.201422 nicht auf eine atypisch stille Beteiligung übertragen werden. 1.4.2. BFH-Urteil vom 24.4.2014 – IV R 34/10 Der Fall betraf eine GmbH & Co. KG, an der sich eine Kommanditistin zusätzlich als stille Gesellschafterin beteiligt hatte. Nach dem Gesellschaftsvertrag sollte die stille Gesellschafterin im Innenverhältnis die wirtschaftlich einem Kommanditisten entsprechende Stellung haben. Die Gewinnanteile von Kommanditisten und stiller Gesellschafterin wurden nach Kapitalanteilen bemessen. Im ersten Jahr der Beteiligung der stillen Gesellschafterin erzielte die KG einen Gewinn und war der Auffassung, dieser sei voll mit dem auf das Ende des Vorjahrs für die KG festgestellten vortragsfähigen Gewerbeverlust zu verrechnen. Das FA nahm den auf die stille Gesellschafterin entfallenden Gewinnanteil jedoch von der Verrechnung aus. Das FG23 hielt die Handhabung des FA für richtig. Im Revisionsverfahren machte das FA erstmals geltend, der für die KG festgestellte Gewerbeverlust könne von der KG & Still überhaupt nicht genutzt werden. Dem schloss sich der BFH aber nicht an. Er entschied, dass die Beteiligung eines Kommanditisten als stiller Gesellschafter ebenso wie Beteiligung eines Dritten ertragsteuerlich zum Entstehen einer doppelstöckigen Mitunternehmerschaft führe. Der Vorgang sei als Einbringung des Betriebs der KG in die atypisch stille Gesellschaft zu werten. Nach der Einbringung könnten vortragsfähige Gewerbeverluste der KG bei fortbestehender Unternehmensidentität mit dem Teil des Gewerbeertrags verrechnet werden, der im Rahmen der stillen Gesellschaft auf die KG entfalle. Mit dem auf den stillen Gesellschafter entfallenden Teil des Gewerbeertrags könnten Verluste aus der Zeit vor der Einbringung auch dann nicht verrechnet werden, wenn dieser zugleich Kommanditist sei. Damit bestätigte der BFH im Ergebnis die vom FG und ursprünglich auch vom FA vertretene Auffassung. Wegen Unklarheiten bei der Berechnung des Gewinnanteils der stillen Gesellschafterin verwies er das Verfahren aber trotzdem an das FG zurück. Der BFH hat sich also dafür entschieden, von einer zweistöckigen Struktur ähnlich einer GmbH & Still auszugehen, bei der die stille Gesellschaft 22 BFH, Urt. v. 24.4.2014 – IV R 34/10, DStR 2014, 1384; vgl. dazu etwa Apitz, StBW 2014, 579; Nöcker, FR 2014, 866; Schimmele, GmbH-StB 2014, 229; Schulze zur Wiesche, DStZ 2014, 719; Suchanek/Trinkaus, Ubg 2014, 495; Wendt, BFH/PR 2014, 296; Wilke, BB 2014, 2408. 23 FG Köln, Urt. v. 14.7.2010 – 4 K 3505/07, EFG 2011, 1083.

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die Funktion einer Untergesellschaft hat24. Es gelten danach insoweit dieselben Grundsätze wie bei stillen Beteiligungen an Einzelgewerbebetrieben und Kapitalgesellschaften. Der doppelt beteiligte Gesellschafter ist dann jeweils Mitunternehmer der stillen Gesellschaft und der PrinzipalAußengesellschaft. 1.4.3. Gewerbesteuerliche Besonderheiten bei doppelstöckigen Personengesellschaften Der entschiedene Fall zeigt auch die besonderen Probleme auf, die sich im Zusammenhang mit der gewerbesteuerlichen Verlustverrechnung ergeben. Gewerbesteuerlich ist der Prinzipal nach ständiger Rechtsprechung des BFH zwar Steuerschuldner im Sinne des § 5 GewStG25. Steuersubjekt sind aber die Mitunternehmer, also der Prinzipal und der stille Gesellschafter mit ihrem jeweiligen Anteil. Steuerobjekt ist wiederum der Gewerbebetrieb, wobei fraglich ist, ob Prinzipal und stille Gesellschaft jeweils einen Gewerbebetrieb unterhalten oder ob es nur einen Gewerbebetrieb gibt. Der BFH hatte bereits früher entschieden, dass nur von einem Gewerbebetrieb auszugehen sei26. Dieser Betrieb ist nach dem oben referierten Urteil vom 24.4.2014 für die Dauer ihres Bestehens der stillen Gesellschaft zuzuordnen. Die Unternehmensidentität wird durch die Begründung oder Beendigung der stillen Gesellschaft deshalb nicht unterbrochen. Unternehmensidentität und Unternehmeridentität sind Voraussetzungen für die Verrechnung gewerbesteuerlicher Verlustvorträge mit späteren Gewinnen. Sind für den Prinzipal bei Begründung der stillen Gesellschaft verrechenbare Verluste festgestellt worden, können diese trotz fortdauernder Unternehmensidentität mit dem auf ihn entfallenden Anteil am Gewinn der stillen Gesellschaft deshalb nur dann verrechnet werden, wenn in Bezug auf ihn auch Unternehmeridentität vorliegt. Dies bejaht der BFH. Er versteht die Begründung der stillen Gesellschaft als Einbringung des Betriebs des Prinzipals in eine Personengesellschaft, bei der der Verlustvortrag erhalten bleibt und mit dem Teil des künftigen Gewinns der stillen Gesellschaft verrechnet werden kann, der auf den Einbringenden entfällt27.

24 Kritisch dazu Schulze zur Wiesche, DStZ 2014, 719 f. 25 BFH, Urt. v. 12.11.1985 – VIII R 364/83, BStBl. II 1986, 311. 26 BFH, Urt. v. 8.2.1995 – I R 127/93, BStBl. II 1995, 764 und v. 11.10.2012 – IV R 38/09, BStBl. II 2013, 958. 27 Zum Fortbestand des Verlustabzugs bei Einbringung nach § 24 UmwStG s. BFH, Urt. v. 14.12.1989 – IV R 117/88, BStBl. II 1990, 436.

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Ob dieselbe Folge auch eintritt, wenn eine stille Gesellschaft am Betrieb einer Personengesellschaft begründet wird, ist deshalb zweifelhaft, weil der BFH Unternehmeridentität nicht über mehrere Beteiligungsebenen hinaus anerkannt hat. Der Wechsel von einer unmittelbaren zu einer mittelbaren Beteiligung führt deshalb nach einem Urteil vom 11.10.201228 zum Untergang des anteiligen Verlustvortrags. Versteht man die Begründung der stillen Gesellschaft als Einbringung des Betriebs der Personengesellschaft in eine (Unter-)Personengesellschaft, entstehen zwei Beteiligungsebenen. Gleichwohl können nach dem Urteil vom 24.4.2014 künftige Gewinne der Untergesellschaft insoweit mit den Verlustvorträgen der jetzt zur Obergesellschaft gewordenen Gesellschaft verrechnet werden, als sie auf die bisherigen Gesellschafter entfallen29. Scheidet allerdings einer dieser (Ober-)Gesellschafter aus, geht der Verlustvortrag insoweit anteilig verloren. Der Verlustvortrag folgt also im Fall der Einbringung nach § 24 UmwStG dem Betrieb. War nun der Stille vor Begründung der stillen Beteiligung schon als Gesellschafter der Prinzipal-Personengesellschaft an deren Verlusten beteiligt, stellt sich die Frage, ob Gewinne aus der stillen Beteiligung mit den auf ihn entfallenden Verlustvorträgen der Prinzipalgesellschaft verrechnet werden können. Immerhin handelt es sich um dieselbe Person, der Verlustvortrag und Gewinnanteil zugeordnet werden. Der BFH lehnt eine Verrechnung dennoch ab, weil er trotz der Personenidentität keine vollständige Unternehmeridentität für gegeben hält. In seiner Stellung als stiller Gesellschafter und damit Mitunternehmer der Untergesellschaft ist der Doppelgesellschafter ein anderer Mitunternehmer als in seiner Rolle als Gesellschafter der jetzt als Obergesellschaft zu betrachtenden Prinzipalgesellschaft. Unter diesem Aspekt erscheint die Beteiligung eines Personengesellschafters zugleich als stiller Gesellschafter nicht empfehlenswert. Soll zusätzlicher Finanzbedarf einer KG aus Mitteln eines Kommanditisten gedeckt werden, liegt es zunächst einmal nahe, einfach die Kommanditeinlage um den betreffenden Betrag zu erhöhen. Das gilt jedenfalls dann, wenn – wie im Fall des BFH-Urteils vom 24.4.2014 – der Gesellschafter die Stellung erhalten soll, die er bei einer Aufstockung der Kommanditbeteiligung hätte. Warum dieser Weg im Urteilsfall nicht beschritten 28 BFH, Urt. v. 11.10.2012 – IV R 3/09, BStBl. II 2013, 176; s. näher StBJb 2013/14, 33, 52. 29 Der Unterschied zum Urteil v. 11.10.2012 besteht darin, dass hier ein Betrieb, dort aber der Mitunternehmeranteil eingebracht worden war. Daran, dass die Einbringung eines Mitunternehmeranteils zum Untergang des auf den betreffenden Mitunternehmer entfallenden Verlustvortrags führt, ändert sich durch das Urteil v. 24.4.2014 nichts (a.A. Suchanek/Trinkaus, Ubg 2014, 495, 499).

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wurde, ist auf der Grundlage des bekannt gewordenen Sachverhalts nicht ersichtlich. Jedenfalls hätte eine Erhöhung der Kommanditeinlage auch zu einer Erweiterung der Verlustnutzungsmöglichkeiten geführt. Denn der Kommanditist hätte den auf ihn entfallenden Anteil am gewerbesteuerlichen Verlustvortrag mit seinem dann höheren Gewinnanteil verrechnen können. Dies lässt sich an einem einfachen Beispielsfall demonstrieren. Beispiel: An einer GmbH & Co. KG sind die Kommanditisten A und B zu gleichen Teilen beteiligt. Im Jahr 01 erzielt die KG einen Verlust von 200. Zu Beginn des Jahres 02 beteiligt sich A atypisch still an der KG und erhält dafür einen Gewinnanteil von 20 %. Im Jahr 02 wird ein Gewinn von 200 erzielt.

Lösung: Von dem Verlustvortrag der KG von 200 entfallen jeweils 100 auf A und B. Der Verlustvortrag der KG kann auch mit dem Gewinnanteil der KG aus der atypisch stillen Gesellschaft verrechnet werden, soweit er auf A und B als Kommanditisten entfällt. Der Gewinnanteil der KG von 160 entfällt jeweils zur Hälfte auf A und B und wird in voller Höhe durch den Verlustvortrag ausgeglichen. Es verbleibt ein Verlustvortrag von 40, der je zur Hälfte A und B als Kommanditisten zuzurechnen ist. Der auf A als stillen Gesellschafter entfallende Gewinnanteil von 40 kann nicht mit vorgetragenen Verlusten verrechnet werden. Der Gewerbeertrag der KG & Still beträgt danach 40. Wäre statt dessen keine doppelstöckige Gesellschaft geschaffen, sondern der Kapitalanteil von A auf 60 % aufgestockt worden, könnte dessen Gewinnanteil von 120 mit dem Verlustvortrag von 100 verrechnet werden. Für B bliebe es bei einer vollen Verrechnung seines Gewinnanteils von 80 mit dem auf ihn entfallenden Anteil am Verlustvortrag der KG. Der Gewerbeertrag der KG beträgt 20, der verbleibende Verlustvortrag ebenfalls 20.

2. Weitere Unklarheiten bei § 6 Abs. 5 EStG Zum Kernbestandteil der Ertragsbesteuerung von Personengesellschaften gehören die Regelungen in § 6 Abs. 5 Sätze 2 ff. EStG, die den früheren sog. Mitunternehmererlass abgelöst haben. Auch 13 Jahre nach Inkrafttreten der heute geltenden Fassung der Norm im Jahr 2001 sind grundlegende Auslegungsfragen noch nicht geklärt. Dies hängt damit zusammen, dass über einige Fragen, die das System der Mitunternehmerbesteuerung betreffen, tiefgreifende Meinungsverschiedenheiten zwischen Finanzverwaltung und Rechtsprechung, aber auch innerhalb der Rechtsprechung bestehen. Unter drei Aspekten gab es seit dem letztjährigen Fachkongress berichtenswerte Entscheidungen des BFH, die aber überwiegend noch nicht zu einer endgültigen Klärung der jeweils betroffenen Fragenkomplexe geführt haben. 14

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2.1. Buchwertübertragung zwischen Schwestergesellschaften Chronologisch an erster Stelle ist ein Beschluss des I. Senats des BFH vom 10.4.201330 zu nennen, der zum Zeitpunkt des letztjährigen Fachkongresses zwar schon gefasst, aber noch nicht veröffentlicht worden war. Der Beschluss hat m.E. erhebliche Bedeutung und soll deshalb hier trotz der nun schon einige Zeit zurückliegenden Veröffentlichung vorgestellt werden. Überträgt ein Unternehmer ein Wirtschaftsgut des Betriebsvermögens ohne angemessene Gegenleistung auf einen Dritten und gibt es keinen betrieblichen Grund für diese das Betriebsvermögen schmälernde Transaktion, muss der Vorgang auf außerbetrieblichen Gründen beruhen und stellt deshalb eine Entnahme dar31. Findet eine solche Übertragung aus dem Gesamthandsvermögen einer Personengesellschaft statt, wird der Vorgang ebenfalls als Entnahme der am Vermögen beteiligten Gesellschafter zu beurteilen sein. Die Entnahme ist ein Ersatzrealisationstatbestand und führt wegen der Bewertung mit dem Teilwert nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG zur Aufdeckung der stillen Reserven. Ist Übertragungsempfänger allerdings ein Gesellschafter, der das Wirtschaftsgut anschließend in seinem eigenen Betriebsvermögen nutzt, privilegiert § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 EStG diese Entnahme. Sie führt nicht zur Ersatz-Gewinnrealisation, weil sie mit dem Buchwert zu bewerten ist. Dementsprechend wird das Wirtschaftsgut in das aufnehmenden Einzelbetriebsvermögen zum Buchwert eingelegt. Ist der Übertragungsempfänger nun nicht der Gesellschafter, sondern eine andere Personengesellschaft, an der der Gesellschafter ebenfalls beteiligt ist, greift die Privilegierung des § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG ihrem Wortlaut nach nicht. Die Entnahme ist dann nach allgemeinen Grundsätzen mit dem Teilwert zu bewerten und führt zur Realisierung der stillen Reserven. Das gilt selbst dann, wenn an der anderen Personengesellschaft dieselben Gesellschafter in demselben Verhältnis beteiligt sind. Vor dem Hintergrund des für die Personengesellschaften geltenden einkommensteuerlichen Transparenzprinzips erscheint die Gewinnrealisierung bei einem Transfer zwischen den Gesamthandsvermögen beteiligungsidentischer Schwesterpersonengesellschaften systemwidrig, denn bezogen auf die Doppelgesellschafter trans-

30 BFH, Beschl. v. 10.4.2013 – I R 80/12, BStBl. II 2013, 1004; vgl. hierzu etwa Cropp, NWB 2014, 1656; ders., DStR 2014, 1855; Gosch, BFH/PR 2013, 442; Kleinmanns, BB 2013, 2674; Levedag, GmbHR 2014, 337; Luxem, GmbH-StB 2013, 331; Mitschke, FR 2013, 1077; Oellerich, NWB 2013, 3444; ders., HFR 2013, 1021; Tiede, StuB 2013, 883; Vees/Dornheim, Ubg 2014, 353. 31 Bei einem verbilligten Entgelt liegt im Umfang der Verbilligung eine Entnahme vor.

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ferieren diese ihren Anteil an dem Wirtschaftsguts zwischen zwei eigenen Betrieben. Nimmt ein Einzelunternehmer einen solchen Transfer vor, kommt es nach § 6 Abs. 5 Satz 1 EStG zur Bewertung mit dem Buchwert und die stillen Reserven setzen sich im aufnehmenden Betriebsvermögen fort. Dieser vom Gesetzgeber gesehenen, aber nicht beseitigten Systemwidrigkeit hatte sich der I. Senat des BFH gebeugt und eine gewinnerhöhende Entnahme in Höhe des Differenzbetrags zwischen Buchwert und Teilwert angenommen, ohne verfassungsrechtliche Bedenken zu äußern32. Demgegenüber hatte der IV. Senat in einem vergleichbaren Fall Aussetzung der Vollziehung gewährt, weil es ernstlich zweifelhaft sei, ob die Übertragung zur Aufdeckung stiller Reserven führe33. Es verstoße gegen den Gleichheitssatz, wenn eine Buchwertübertragung nicht möglich sei. Zur Vermeidung eines solchen Verstoßes sah sich der IV. Senat berechtigt und verpflichtet, § 6 Abs. 5 EStG im Wege einer verfassungskonformen Auslegung auf Übertragungen zwischen den Gesamthandsvermögen von beteiligungsidentischen Schwesterpersonengesellschaften in der Weise zu erstrecken, dass § 6 Abs. 5 Satz 1 EStG entsprechend angewendet werde. Diese Meinungsverschiedenheit zwischen den Senaten hat unter dem Schlagwort „Zoff im BFH“34 hohe Wellen geschlagen. Nun hat der I. Senat mit seinem Vorlagebeschluss vom 10.4.2013 die Wogen wieder geglättet. In jenem Fall hatte die eine Gesellschaft zwei Betriebsgrundstücke zum Buchwert an die andere beteiligungsidentische Schwester-GmbH & Co. KG veräußert. Das FA hatte in Höhe des Differenzbetrags zwischen Buchwert und Teilwert bei der veräußernden Gesellschaft einen Entnahmegewinn besteuert. Unter Bezugnahme auf den Beschluss des IV. Senats vom 15.4.2010 hatte das FG der Klage stattgegeben35, aber wegen Abweichung vom I. Senat die Revision zugelassen. Der für die Revision zuständige I. Senat blieb zwar dabei, dass nach dem Gesetzeswortlaut eine Besteuerung der Entnahme unvermeidlich sei, sah darin aber einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz und legte dem BVerfG § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG wegen dieses Verfassungsverstoßes zur Entscheidung vor. Mit dem Vorlagebeschluss bestätigt der I. Senat im Ergebnis die verfassungsrechtlichen Bedenken des IV. Senats. Unterschiedliche Auffassungen bestehen nur noch in der Frage, ob der von beiden Senaten erkannte Gleichheitssatzverstoß durch verfassungskonforme Auslegung de lege

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BFH, Urt. v. 25.11.2009 – I R 72/08, BStBl. II 2010, 471. BFH, Beschl. v. 15.4.2010 – IV B 105/09, BStBl. II 2010, 971. Gosch, DStR 2010, 1173. FG Baden-Württemberg, Urt. v. 19.7.2012 – 13 K 1988/09, BB 2013, 369.

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lata korrigiert werden kann oder nicht. Die Argumente des I. Senats gegen die Zulässigkeit einer verfassungskonformen Auslegung sind gewichtig und werden nun ebenso wie die Hauptfrage nach dem Gleichheitssatzverstoß das BVerfG beschäftigen. Das Vorlageverfahren36 bietet dem BVerfG die Gelegenheit, die folgerichtige Umsetzung des Transparenzgrundsatzes insgesamt unter die Lupe zu nehmen. Dazu müssten allerdings zahlreiche Detailregelungen des EStG jenseits des § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG in die Untersuchung einbezogen werden. Es ist deshalb fraglich, ob das BVerfG eine so umfassende Prüfung vornehmen oder sich nur auf die Beurteilung der einzelnen Frage nach der gleichheitssatzgerechten Ausgestaltung der Buchwertbewertung von Entnahmen nach § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG beschränken wird37. Die Praxis wird jedenfalls auf eine möglichst bald ergehende Entscheidung hoffen. Denn bis dahin besteht weiter Planungsunsicherheit. Das beim IV. Senat des BFH anhängige Parallelverfahren IV R 28/1238 ist bis zur Entscheidung des BVerfG ausgesetzt worden39. Allerdings dürfte nach der jetzt einhelligen Auffassung des BFH bei einer zweistufigen Gestaltung der Übertragung zwischen den Gesamthandsvermögen nicht mehr die Gefahr bestehen, dass diese die Voraussetzungen des § 42 AO erfüllt. Denn die Erreichung eines verfassungsrechtlich gebotenen Ergebnisses durch alternative, aber den Wortlaut des Gesetzes erfüllende Gestaltung kann keinen Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten bedeuten40. Es muss danach möglich sein, aus dem Gesamthandsvermögen der einen Gesellschaft zunächst in das Sonderbetriebsvermögen der Gesellschafter bei dieser bzw. bei der Schwestergesellschaft zu übertragen, um dann in einem zweiten Schritt die Übertragung ins Gesamthandsvermögen der Schwestergesellschaft vorzunehmen. Beide Schritte erfüllen jeweils die Voraussetzungen des § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 2 EStG.

36 Az. 2 BvL 8/13. 37 Nach Meinung von Cropp, NWB 2014, 1656 und DStR 2014, 1855 soll unter Anwendung der finalen Entnahmetheorie keine Entnahme vorliegen, das Wirtschaftsgut sei immer dem jeweiligen Gesellschafter anteilig zuzurechnen; m.E. unzutreffend, weil die finale Entnahmetheorie einerseits keine gesetzliche Grundlage hat (dazu a.A. Vees/Dornheim, Ubg 2014, 353) und andererseits aus § 6 Abs. 5 Satz 1 EStG geschlossen werden kann, dass der Gesetzgeber sich für einen engen Betriebsbegriff entschieden hat. 38 Vorinstanz Niedersächs. FG, Urt. v. 31.5.2012 – 1 K 271/10, EFG 2012, 2106 (Klagestattgabe unter Anschluss an den Beschluss des IV. Senats). 39 BFH, Beschl. v. 27.12.2013 – IV R 28/12, BFH/NV 2014, 535. 40 Kleinmanns, BB 2013, 2674.

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2.2. Sperrfrist bei Übertragung zwischen Ein-Personen-GmbH & Co. KG und Gesellschafter Folge einer Buchwertübertragung nach § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG ist es, dass stille Reserven überspringen, soweit auf beiden Seiten des Übertragungsgeschäfts bei transparenter Betrachtung nicht dieselben Personen in demselben Verhältnis an dem betreffenden Wirtschaftsgut beteiligt sind. Diese Wirkung war dem Gesetzgeber bekannt. Er hielt sie aber für unvermeidlich, wenn den Personenunternehmen die Möglichkeit zu steuerneutralen Strukturveränderungen gegeben werden soll. Die Privilegierung der Übertragung soll aber allein diesem Zweck dienen, nicht jedoch die Verschiebung stiller Reserven auf ein anderes Steuersubjekt mit dem Ziel ermöglichen, dass der Übertragungsempfänger die stillen Reserven anschließend realisiert, etwa um einen günstigeren Tarif oder einen vorhandenen Verlustvortrag ausnutzen zu können41. Zur Vermeidung einer derart missbräuchlichen Nutzung des Privilegs wurde § 6 Abs. 5 Satz 4 EStG geschaffen, der zwar die Buchwertübertragung zunächst nicht verhindert, aber dadurch entfallen lässt, dass die Übertragung rückwirkend mit dem Teilwert bewertet wird, wenn das übertragene Wirtschaftsgut innerhalb einer bestimmten Frist veräußert oder entnommen wird, sofern nicht die bis zur Übertragung entstandenen stillen Reserven durch eine Ergänzungsbilanz dem Übertragenden zugeordnet worden sind. Ist der übertragende Gesellschafter wie im Fall der Ein-Mann-GmbH & Co. KG alleine am Vermögen der empfangenden Gesellschaft beteiligt, springen bei einer Buchwertübertragung keine stillen Reserven auf ein anderes Steuersubjekt über. Einer Missbrauchsabwehr bedarf es insoweit nicht; eine Ergänzungsbilanz würde keine andere Zuordnung der stillen Reserven bewirken. Die Finanzverwaltung will deshalb eine Aufstellung von Ergänzungsbilanzen nicht zulassen. Sie sieht darin möglicherweise ein unzulässiges Wahlrecht, den rückwirkenden Teilwertansatz bei Bedarf zu erreichen. Der Gesellschafter – so wohl die Logik dieser Überlegung – könnte dann wählen, ob er es durch Nichtaufstellung einer Ergänzungsbilanz zu einer Sperrfristverletzung kommen lässt, um einen rückwirkenden Teilwertansatz zu erreichen. Dieser Sichtweise ist der BFH insofern entgegengetreten, als er in seinem Urteil vom 31.7.201342 die Sperrfristregelung bei Einbringung in ei41 Vgl. Begründung zum Entwurf des Unternehmensteuerfortentwicklungsgesetzes v. 20.12.2001, BGBl. I 2001, 3858 (UnStFG), BT-Drucks. 14/6882, 32 f. 42 BFH, Urt. v. 31.7.2013 – I R 44/12, DStR 2013, 2165; vgl. hierzu u.a. Bünning, BB 2013, 2802; Gosch, BFH/PR 2013, 444; Kempermann, FR 2013, 1136; Korth, AktStR 2014, 31; Levedag, GmbHR 2014, 337, 339; Schulze zur Wiesche, DStZ 2014, 108; Wacker, NWB 2013, 3377; ders., HFR 2014, 120; Wischmann, EStB 2013, 405.

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ne Ein-Mann-GmbH & Co. KG insgesamt für nicht anwendbar gehalten hat. Im dort entschiedenen Fall hatte eine AG im Jahr 2001 ein Grundstück gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten in eine TochterGmbH & Co. KG eingebracht, an deren Vermögen sie als einzige Kommanditistin allein beteiligt war. Die Übertragung war zum Buchwert vorgenommen worden, ohne eine Ergänzungsbilanz aufzustellen. Die KSt-Erklärung der AG für 2001 wurde am 6.11.2003 beim FA eingereicht. Die KG veräußerte das Grundstück aufgrund Vertrags vom 7.10.2005 zum 31.12.2005. Das FA änderte daraufhin den KSt-Bescheid 2001 und erhöhte den Gewinn der GmbH um die seinerzeitigen stillen Reserven des Grundstücks von ca. 11,5 Mio. DM. Das FG gab der Klage statt43. Die Rückausnahme des § 6 Abs. 5 Satz 4 EStG, wonach die Sperrfrist bei Bildung einer Ergänzungsbilanz entfalle, sei teleologisch extensiv auszulegen. In Fällen der Ein-Personen-GmbH & Co. KG bestehe kein sachliches Erfordernis für die Zuweisung der stillen Reserven durch Ergänzungsbilanz. Der BFH44 wies die Revision des FA zurück und entschied, die Buchwertfortführung nach § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 EStG werde nicht dadurch rückwirkend aufgehoben, dass die KG – bei unveränderten Beteiligungsverhältnissen – das Wirtschaftsgut innerhalb der Sperrfrist des § 6 Abs. 5 Satz 4 EStG veräußere. Das gelte auch dann, wenn das Wirtschaftsgut in der Gesamthandsbilanz der KG mit dem bisherigen Buchwert ausgewiesen und deshalb für den Einbringenden keine negative Ergänzungsbilanz erstellt worden sei. Die Entscheidung des BFH hat zur Folge, dass im Fall einer Veräußerung oder Entnahme innerhalb der sonst geltenden Sperrfrist die stillen Reserven immer im VZ der Veräußerung oder Entnahme versteuert werden. Demgegenüber meint die Finanzverwaltung, dass die Sperrfrist ohne Ausnahme gelte und es im Fall der Verletzung somit immer zur rückwirkenden Versteuerung der stillen Reserven im VZ der Übertragung käme. Soweit der BFH einen Vorbehalt für den Fall macht, dass sich nach dem Wirtschaftsguttransfer die Beteiligungsverhältnisse geändert haben, bedeutet dies nicht, dass die Änderung der Beteiligungsverhältnisse als Umstand zu betrachten wäre, der nachteilige Folgen für die vorangegangene Buchwertübertragung hat. Dies kann man daraus schließen, dass § 6 Abs. 5 Satz 6 EStG für einen Fall geänderter Beteiligungsverhältnisse ausdrücklich Konsequenzen vorsieht, nämlich für den Fall, dass sich später ein KSt-Subjekt an der Personengesellschaft unmittelbar oder über eine Obergesellschaft mittelbar beteiligt bzw. sich der im Zeit-

43 FG Saarland, Urt. v. 19.4.2012 – 1 K 1318/10, EFG 2012, 1535. 44 S. Fn. 42.

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punkt der Übertragung bereits bestehende Anteil unmittelbar oder mittelbar erhöht. Kommt es innerhalb von sieben Jahren nach der Übertragung zu einem solchen Vorgang, ist rückwirkend statt des Buchwerts insoweit der Teilwert anzusetzen, als sich der Anteil des KSt-Subjekts erhöht. Zweck der Regelung ist es, über die Dauer von sieben Jahren seit der Übertragung sicherzustellen, dass keine stillen Reserven ins Teileinkünfteverfahren verlagert werden. Abgesehen von diesem ausdrücklich geregelten Sonderfall sollen Beteiligungswechsel aber offensichtlich unbeachtlich sein. Für die teleologische Ausblendung des § 6 Abs. 5 Satz 4 EStG ergibt sich nun nach dem Urteil des BFH ein weiterer Fall, in dem es auf den Fortbestand der Beteiligungsverhältnisse ankommt. Denn auf die Sperrfrist soll nur unter der Voraussetzung verzichtet werden, dass der bei Übertragung zu 100 % beteiligte Gesellschafter auch im Zeitpunkt der Veräußerung oder Entnahme noch zu 100 % beteiligt ist. Sollte das nicht der Fall sein, kommt eine Ausblendung der Sperrfrist nach Meinung des BFH nicht in Frage. Ob die Frist dann aber bei Aufstellung einer Ergänzungsbilanz unbeachtlich wäre, hatte der BFH nicht zu entscheiden. Die Finanzverwaltung würde das nach R 6.15 EStR verneinen. M.E. gibt es dafür keine Rechtsgrundlage, so dass auch im Fall eines zu 100 % beteiligten Gesellschafters eine Ergänzungsbilanz zum Zweck der Vermeidung der Sperrfrist aufgestellt werden kann. Die Aufstellung der Ergänzungsbilanz empfiehlt sich deshalb wohl immer dann, wenn man nicht sicher sein kann, dass die 100 %-Beteiligung über die gesamte Sperrfrist fortbesteht. Zwischenzeitlich gibt es auch eine Entscheidung des IV. Senats in dem ähnlich gelagerten Revisionsverfahren IV R 31/1245. Das FG hatte in jenem Fall erstinstanzlich die Aufstellung einer Ergänzungsbilanz verlangt und deren nachträgliche Aufstellung akzeptiert46. Noch gerichtlich ungeklärt ist die Frage, wie bei einer umgekehrten Fallkonstellation zu entscheiden wäre, wenn also die Ein-Mann-GmbH & Co. KG das Wirtschaftsgut nach § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG auf den Gesellschafter überträgt. M.E. gibt es auf der Grundlage der Argumentation des Urteils des I. Senats keinen Grund, dort § 6 Abs. 5 Satz 4 EStG für anwendbar zu halten47. Die Übertragung unterläge also ebenfalls keiner Sperrfrist.

45 BFH, Urt. v. 26.6.2014, BB 2014, 2864 mit Anm. Eckl, BB 2014, 2866. 46 FG Düsseldorf, Urt. v. 6.7.2012 – 3 K 2579/11 F, EFG 2012, 1914. 47 Wohl gl.A. Gosch, BFH/PR 2013, 444, 445.

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2.3. Strenge oder modifizierte Trennungstheorie? 2.3.1. Privilegierung voll unentgeltlicher Übertragungen Die Regelungen des § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG erfassen nur zwei Gestaltungsvarianten von Wirtschaftsgutstransfers, nämlich unentgeltliche Übertragungen und Übertragungen zwischen Gesellschafter und Gesellschaft, in denen für die Übertragung eine Gegenleistung in Gestalt einer Mehr- oder Minderbeteiligung an den Gesellschaftsrechten erbracht wird. Im erstgenannten Fall werden die Entnahme im abgebenden Betriebsvermögen und zugleich die Einlage im aufnehmenden Betriebsvermögen mit dem bisherigen Buchwert bewertet. Eine Ersatzgewinnrealisation durch die Entnahme wird damit vermieden und die bisher im abgebenden Betriebsvermögen liegenden stillen Reserven werden in das aufnehmende Betriebsvermögen verlagert. Wird das Gut gegen Gewährung bzw. Minderung von Gesellschaftsrechten übertragen, liegt nach der Vorstellung des Gesetzgebers zwar ein entgeltliches Geschäft vor, weil eine Gegenleistung in der Art eines Tauschs gewährt wird. Diese Art der Gegenleistung hält er jedoch – ähnlich wie im Fall des § 24 UmwStG – für privilegierungswürdig48. Das Gesetz ordnet wie bei einer unentgeltlichen Übertragung die Bewertung mit dem Buchwert an. Damit wird die an sich eingetretene Gewinnrealisation ignoriert und die stillen Reserven werden ebenso im aufnehmenden Betriebsvermögen fortgeführt, als wäre die Übertragung unentgeltlich erfolgt. Dem Gesetzgeber war bewusst, dass Wirtschaftsgüter nicht nur vollkommen unentgeltlich oder zu einem vollen fremdüblichen Entgelt in Gestalt von Gesellschaftsrechten übertragen werden, sondern dass auch Übertragungen gegen ein den Teilwert nicht erreichendes Entgelt und gegen ein aus Gesellschaftsrechten und einer nicht privilegierten Gegenleistung zusammengesetztes Entgelt in der Realität vorkommen. Für solche Fälle sieht § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG nach seinem ausdrücklichen Wortlaut die Bewertung mit dem Buchwert vor, „soweit“ das Wirtschaftsgut unentgeltlich oder gegen Gewährung- oder Minderung von Gesellschaftsrechten übertragen wird. Die Privilegierung entfällt also nicht ganz, sondern reduziert sich auf den Teil der Transaktion, der unentgeltlich und bzw. oder gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten stattfindet. Soweit der Übertragende in Gestalt einer „echten“ Gegenleistung einen Ausgleich für den Vermögensabgang erhalten hat, findet ein Realisationsakt statt, der keiner Vergünstigung bedarf, weil der Übertragende „Kasse“ gemacht hat und damit über liquide Mittel zur Zahlung der aus dem Realisationsakt folgenden Steuer verfügt.

48 Vgl. Begründung zum UntStFG (Fn. 41), BT-Drucks. 14/6882, 32.

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2.3.2. Streitige Behandlung von teilentgeltlichen Übertragungen Darüber, wie sich das Tatbestandsmerkmal „soweit“ auf die Handhabung solcher Vorgänge auswirkt, scheiden sich leider die Geister. Die hierzu vertretenen Meinungen werden schlagwortartig mit „strenger“ oder „modifizierter“ Trennungstheorie bzw. Einheitstheorie gekennzeichnet. Die dazu häufig formelhaft geführte Diskussion verdeckt leicht, dass es inhaltlich um die Auslegung des § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG nach den bekannten Methoden der Gesetzesauslegung gehen muss. Dabei ist zu bedenken, dass eine Besteuerung nach dem aus dem Rechtsstaatsprinzip folgenden Vorbehalt des Gesetzes nur aufgrund eines ausdrücklichen Besteuerungstatbestands zulässig ist. Dieser Tatbestand kann sich allein aus § 2 Abs. 1 Nr. 1–3 und Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG in Verbindung mit den Gewinnermittlungsvorschriften der §§ 4–7k EStG ergeben. Im Fall eines bilanzierenden Betriebs schreibt § 4 Abs. 1 EStG vor, wie der Gewinn ermittelt wird. Unterstellt, im Gewinnermittlungszeitraum wäre nur der Geschäftsvorfall angefallen, für den die Anwendung des § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG untersucht wird, hätte sich ein Gewinn aus diesem Sachverhalt nur ergeben, wenn der Geschäftsvorfall entweder zu einer Erhöhung des Betriebsvermögens geführt hätte oder wenn eine Minderung des Betriebsvermögens die Hinzurechnung einer den Minderbetrag übersteigenden Entnahme auslösen würde. 2.3.3. Beschluss des BFH vom 19.3.2014 Die Frage nach der Auslegung des Tatbestandsmerkmals „soweit“ hat der X. Senat des BFH in dem Verfahren X R 28/12 zu beantworten. In jenem Fall hatte die Klägerin bis zum Jahr 2004 u.a. zwei bebaute Grundstücke im Rahmen einer Betriebsaufspaltung an eine Betriebs-GmbH verpachtet. Im Dezember 2004 gründete sie mit Wirkung auf den 1.1.2005 eine GmbH & Co. KG, deren einzige Kommanditistin mit einer Einlage von 150.000 Euro sie zunächst werden sollte. Zur Erbringung der Kommanditeinlage sollten die Grundstücke mit einem Buchwert von ca. 490.000 Euro in die KG eingebracht werden. Der Differenzbetrag zwischen Kommanditeinlage und Buchwert sollte „auf das Darlehenskonto übertragen“ werden. Der Einbringungsvertrag wurde ebenfalls im Dezember 2004 mit Wirkung auf den 1.1.2005 geschlossen. In der Eröffnungsbilanz auf den 1.1.2005 und in der Bilanz auf den 31.12.2005 führte die KG die Buchwerte der Grundstücke fort. Den Differenzbetrag erfasste die KG auf dem „Verrechnungskonto (Privatkonto)“ der Klägerin. Im März 2005 traten wie von Beginn an geplant zwei Söhne der Klägerin als Kommanditisten in die KG ein. Sie übernahmen jeweils eine Einlage von 75.000 Euro und erbrachten ihre Einlageverpflichtung durch Einbringung der Miteigen-

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tumsanteile an einem ebenfalls an die Betriebs-GmbH vermieteten Grundstück, das zu ihrem Privatvermögen gehörte. Das FA war nach einer Außenprüfung der Auffassung, die Übertragung des Grundstücks der Klägerin habe auf der Grundlage der sog. Trennungstheorie zur Aufdeckung anteiliger stiller Reserven (ca. 230.000 Euro) geführt, weil der Teilwert die von der KG gewährte Gegenleistung übersteige. Die Gutschrift auf dem Darlehenskonto sei als Leistung eines Entgelts zu verstehen. Die KG bezeichnete die Buchung daraufhin als fehlerhaft und beantragte eine Bilanzberichtigung, nach der die Gutschrift auf dem „Sonderrücklagenkonto“ der Klägerin stattfinden sollte. Das FA folgte dem Antrag nicht und erließ einen geänderten ESt-Bescheid für das Jahr 2005, in dem der erhöhte Gewinn berücksichtigt wurde. Nach erfolglosem Einspruch verständigten sich die Beteiligten im Klageverfahren darauf, dass die stillen Reserven 220.000 Euro betragen hätten. Nur in Bezug auf die daraus folgende Gewinnminderung gab das FG49 der Klage teilweise statt. Mit der vom FG zugelassenen Revision wird eine Verletzung des § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 EStG geltend gemacht. Mit Beschluss vom 19.3.201450 hat der X. Senat des BFH nun das BMF aufgefordert, dem Revisionsverfahren beizutreten und die folgenden Fragen zu beantworten: 1. Liegt dem Streitfall ein teilentgeltlicher Vorgang oder aber eine vollentgeltliche Übertragung in Gestalt einer Einbringung gegen Mischentgelt zugrunde? 2. Unterstellt, es sei der vom IV. Senat des BFH zur Behandlung teilentgeltlicher Vorgänge vertretenen „modifizierten Trennungstheorie“ zu folgen: Käme es hierdurch zu Schwierigkeiten bei der Besteuerung des Erwerbers des teilentgeltlich übertragenen Wirtschaftsguts? 3. Unterstellt, es sei der vom IV. Senat des BFH zur Behandlung teilentgeltlicher Vorgänge vertretenen „modifizierten Trennungstheorie“ zu folgen: Welche Auswirkungen hätte dies für die Beurteilung teilentgeltlicher Übertragungen von Wirtschaftsgütern des Privatvermögens?

49 FG Baden-Württemberg, Urt. v. 23.5.2012 – 14 K 2982/10, juris. 50 BFH, Beschl. v. 19.3.2014 – X R 28/12, BStBl. II 2014, 629; Anmerkungen hierzu etwa von Deh, GStB 2014, 319; Demuth, EStB 2014, 373; Dornheim, FR 2014, 869; Dräger, StBW 2014, 573; Förster, BFH/PR 2014, 286; Hennigfeld, DB 2014, 2254; Keller/Sundheimer, GmbHR 2014, 888; Schimmele, EStB 2014, 280; Strahl, FR 2014, 763; Teschke/Sundheimer/Tholen, Ubg. 2014, 409.

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4. Welche Argumente sprechen aus Sicht des BMF für die von ihm vertretene „strenge Trennungstheorie“? Zunächst einmal überrascht, dass das BMF anscheinend nicht von sich aus von seinem Recht nach § 122 Abs. 2 Satz 1 FGO zur Beteiligung an dem Verfahren Gebrauch gemacht hat. Dies hätte man erwarten können, weil das BMF selbst das Verfahren als Musterverfahren bezeichnet und unter Hinweis darauf zwei Urteile des IV. Senats des BFH51 mit einem „vorläufigen“ Nichtanwendungserlass belegt52 hat. Überraschend erscheint andererseits auch die Art der Beitrittsaufforderung. Zwar ist es nicht ungewöhnlich, dass mit der Aufforderung zum Beitritt konkrete Fragen verbunden werden. Es kommt auch vor, dass ein Beitrittsaufforderungsbeschluss inhaltlich ausführlich begründet53 und zur amtlichen Veröffentlichung vorgesehen wird54, selbst wenn dies nicht die Regel ist55. Der Umfang der hier gegebenen Begründung dürfte aber in der bisherigen Rechtsprechung des BFH einzigartig sein. Man kann daran ablesen, dass der zuständige Senat der zu entscheidenden Rechtsfrage große Bedeutung beimisst. Mit dem Beschluss äußert der X. Senat eine vorläufige Meinung, die von der Rechtsprechung des IV. und wohl auch des I. Senats56 abweicht. Der X. Senat würde „bei vorläufiger Betrachtung die dogmatischen Argumente, die für die Verwaltungsauffassung sprechen, etwas höher gewichten als die in der Praxis möglicherweise verträglicheren Ergebnisse, die die Auffassung des IV. Senats mit sich bringt“, wie es unter Rz. 111 der Entscheidungsgründe heißt. Es sprächen „die besseren Argumente dafür, auch den Buchwert des Wirtschaftsguts aufzuteilen und anteilig den beiden Teilen des Geschäfts zuzuordnen“ (Rz. 113). 2.3.4. Die „besseren Argumente“? Welche „besseren Argumente“ sind dies nun? Der BFH meint, aus dem Tatbestandsmerkmal „soweit“ ergebe sich, dass der Buchwert aufgeteilt werden müsse (Rz. 113). Für teilentgeltliche Veräußerungen von Betriebsund Privatvermögen müssten dieselben Grundsätze gelten (Rz. 96 ff.) und bei teilentgeltlichem Erwerb von Privatvermögen führe die modifizierte Trennungstheorie zu „eher ungereimten – und für den Steuerpflichtigen 51 BFH, Urt. v. 21.6.2012 – IV R 1/08, DStR 2012, 1500, und v. 19.9.2012 – IV R 11/12, DStR 2012, 2051. 52 BMF, Schr. v. 12.9.2013, BStBl. I 2013, 1164. 53 Vgl. z.B. BFH, Beschl. v. 5.7.2012 – III R 25/10, BFH/NV 2012, 1761. 54 Vgl. z.B. BFH, Beschl. v. 20.10.2010 – I R 62/08, BStBl. II 2011, 272. 55 Vgl. z.B. BFH, Beschl. v. 26.6.2012 – VIII R 41/09, BFH/NV 2012, 1648; v. 9.3.2011 IX R 9/10, BFH/NV 2011, 1320. 56 BFH, Beschl. v. 10.4.2013 – I R 80/12, BStBl. II 2013, 1004.

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durchaus nachteiligen – Ergebnissen“ (Rz. 114). Für die strenge Trennungstheorie streite das Subjektsteuerprinzip (Rz. 115 ff.). Auch das Realisationsprinzip spreche für die strenge Trennungstheorie (Rz. 119). Tatbestandsmerkmal „soweit“: Wie dargelegt betrifft die Streitfrage die Auslegung des Merkmals „soweit“. Auf dieses stützen sich sowohl die strenge wie die modifizierte Trennungstheorie. Es ist also Auslöser der Streitfrage und kann für sich genommen zur Streitentscheidung nicht taugen. Gleichlauf mit Privatvermögen: Ins Feld geführt wird nicht nur vom BFH, sondern auch im Schrifttum57, dass die Gewinnauswirkungen eines teilentgeltlichen Geschäfts im Betriebs- und Privatvermögen identisch sein müssten. Der Gedanke der Gleichbehandlung von wirtschaftlich gleich leistungsfähigen Personen drängt sich natürlich auf, ist aber in diesem Zusammenhang nicht tragfähig. Denn das EStG in seiner gegenwärtigen Form beruht auf dem Dualismus der Einkunftsarten, der zur Folge hat, dass zwischen Wirtschaftsgütern des Betriebs- und Privatvermögens zu unterscheiden ist. Die Ermittlung des Gewinns aus der entgeltlichen Übertragung der Wirtschaftsgüter ist jeweils ausdrücklich geregelt, und führt zu unterschiedlichen Ergebnissen. Im Betriebsvermögen gelten § 4 Abs. 1 bzw. Abs. 3 EStG sowie ggf. die pauschalen Gewinnermittlungsmethoden in § 5a und § 13a EStG, während für Wirtschaftsgüter des Privatvermögens § 17 Abs. 2, § 20 Abs. 4 und § 23 Abs. 3 EStG die Ermittlung des Gewinns regeln. Weder kann es danach für die Übertragung von Betriebsvermögen eine Rolle spielen, in welchem Umfang eine Übertragung außerbetrieblichen Vermögens zu steuerbaren Einkünften führt, noch lassen sich aus Aspekten der weiteren Behandlung des übertragenen Wirtschaftsguts im Privatvermögen Argumente für die betriebliche Gewinnermittlung gewinnen. Umgekehrt gibt es bei den Gewinnermittlungsregeln im Zusammenhang mit der Übertragung von Wirtschaftsgütern des Privatvermögens keine Norm, die § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG entspricht. Dies ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass die stillen Reserven im Betriebsvermögen der Besteuerung auch nach der Übertragung weiter unterliegen. Der Hinweis auf einen einkunftsartübergreifenden Anschaffungskostenbegriff hilft in diesem Zusammenhang nicht weiter. Einerseits muss die Besteuerung des Veräußerers auf einen ihn treffenden Besteuerungstatbestand gestützt werden. Welche Anschaffungskosten dann für Zwecke der Besteuerung des Erwerbers zu berücksichtigen sind, kann nicht Voraussetzung für die Besteuerung des Veräußerers sein. Andererseits betrifft das Auslegungsproblem des § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG auch den Erwerber. Aus seiner Perspek57 Heuermann, DB 2013, 1328, 1329; Dornheim, FR 2014, 869, 874; Mitschke, FR 2012, 1156, 1159; ders., FR 2013, 648, 650.

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tive legt er das Wirtschaftsgut in sein Betriebsvermögen ein, wenn und soweit er es unentgeltlich erwirbt. § 6 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 Halbs. 1 EStG regelt, dass die Einlage grundsätzlich mit dem Teilwert bewertet wird. Damit werden dem Wirtschaftsgut – anders als im Privatvermögen – fiktive Anschaffungskosten beigemessen. Im Anwendungsbereich des § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG entfällt insoweit die Fiktion von Anschaffungskosten. Ob und inwieweit neben die vom Erwerber real aufgewendeten Anschaffungskosten fiktive Anschaffungskosten treten, ist also nicht vorgegeben, sondern muss wie auf Seiten des Übertragenden durch Auslegung des § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG beantwortet werden. Subjektsteuerprinzip: Dem Subjektsteuerprinzip zufolge muss jedes Steuersubjekt das von ihm erwirtschaftete Einkommen versteuern. Im Bereich des Betriebsvermögens gehören dazu auch die stillen Reserven. Der Transfer stiller Reserven auf ein anderes Steuersubjekt ist danach grundsätzlich unzulässig. § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG enthält nun allerdings eine bewusste Abweichung von diesem Prinzip und lässt den Übergang stiller Reserven auf andere Steuersubjekte nicht nur zu, soweit am abgebenden und aufnehmenden Betriebsvermögen nicht dieselben Personen beteiligt sind, sondern schreibt ihn wegen des zwingenden Buchwertansatzes sogar verpflichtend vor. Der darin liegende Verstoß gegen den Gleichheitssatz mag ungerechtfertigt sein, was zur Folge hätte, dass § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG als verfassungswidrig aufzuheben wäre. Hält man den Verstoß gegen das Subjektsteuerprinzip aber durch den Zweck der Norm, Umstrukturierungen von Personengesellschaften zu erleichtern, für gerechtfertigt58, sind die Regelungen in § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG diesem Zweck entsprechend auszulegen. Realisationsprinzip: Welcher Gewinn realisiert ist, ergibt sich aus den Vorschriften über die Gewinnermittlung. Bei handelsrechtlich buchführungspflichtigen Betrieben (zu denen der Betrieb der Klägerin im Verfahren des X. Senats nicht gehört) wirkt sich das zu den Grundsätzen ordnungsmäßiger Bilanzierung gehörende und in § 252 Abs. 1 Nr. 4 Halbs. 2 HGB auch ausdrücklich geregelte Realisationsprinzip über § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG auf die steuerrechtliche Gewinnermittlung aus. Das Prinzip gilt darüberhinaus – ebenso wie andere tragende Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung – auch für die rein steuerrechtliche Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG59. In welcher Höhe ein Gewinn realisiert ist, richtet sich danach, in welchem Umfang sich das Betriebsvermögen durch den Geschäftsvorfall erhöht hat. Dies ergibt sich bei der entgeltlichen Übertragung eines Wirtschaftsguts aus der Differenz zwischen dem Buchwert des abgegebenen Wirtschaftsguts, der das Be58 So BFH, Beschl. v. 15.4.2010 – IV B 105/09, BStBl. II 2010, 971. 59 BFH, Urt. v. 27.11.1997 – IV R 95/96, BStBl. II 1998, 375.

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triebsvermögen mindert, und dem gemeinen Wert der Gegenleistung, der das Betriebsvermögen erhöht. Überschreitet die Gegenleistung den Buchwert nicht, ist kein Gewinn, sondern im Fall des Unterschreitens sogar ein Verlust realisiert. Die Leistungsfähigkeit des Unternehmers ist in einem solchen Fall nicht gesteigert, denn er verliert das Eigentum an dem Wirtschaftsgut, dessen Anschaffungskosten in Höhe des Buchwerts bereits vom Unternehmer aufgewendet worden sind, ohne dessen steuerliche Bemessungsgrundlage bisher gemindert zu haben. Erst wenn und soweit das Entgelt den Buchwert übersteigt, erhöht sich die Leistungsfähigkeit des Unternehmers durch den Geschäftsvorfall60. 2.3.5. Privilegierte Entnahme als Ersatz für Gewinnrealisation Dass mit dem Geschäftsvorfall weitere Gewinnauswirkungen verbunden sein können, ist keine Folge des Realisationsprinzips, sondern der Regelung des § 4 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 EStG, wonach das Endbetriebsvermögen um den Wert der Entnahmen erhöht wird. Die Entnahme dient als Ersatz für eine unterlassene Realisation und hat die Fiktion eines Gewinns zur Folge. Die Höhe des Gewinns hängt von der Bewertung der Entnahme ab. Grundsätzlich wäre die Entnahme mit dem Teilwert zu bewerten (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 EStG). Es ergäbe sich dann ein Gewinn in Höhe der Differenz von Teilwert und Buchwert. Nun sieht aber § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG vor, dass die Entnahme im Anwendungsbereich der Norm mit dem Buchwert zu bewerten ist. Bei einer voll unentgeltlichen Übertragung des Wirtschaftsguts wird die dadurch eingetretene Minderung des Betriebsvermögens im Wege der Hinzurechnung einer Entnahme in eben dieser Höhe des Buchwerts ausgeglichen; es kommt zu keinem Gewinn. Dies ist die beabsichtigte Folge des § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG, damit derartige Transfers ohne aktuelle Steuerbelastung vollzogen werden können. Weitere Folge ist für den Übertragungsempfänger, dass er das Wirtschaftsgut, das er ja ohne betriebliche Veranlassung unentgeltlich erhalten hat, zum Buchwert in sein Betriebsvermögen einlegt, denn § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG gilt auch für die Bewertung der Einlage und geht § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG vor. Wird das Wirtschaftsgut zu einem Entgelt unterhalb des Buchwerts übertragen, kommt es dadurch immer noch zu einer Minderung des Betriebsvermögens, die wiederum mit einer Entnahme ausgeglichen werden muss. Auch hierfür gilt die Anordnung, dass „soweit“ unentgeltlich übertragen wird, mit dem Buchwert zu bewerten ist. Auch insoweit

60 Die bilanzielle Sichtweise führt deshalb zu einer dem Leistungsfähigkeitsprinzip entsprechenden Besteuerung (gl.A. Demuth, EStB 2014, 373, 375; a.A. Heuermann, DB 2013, 1328, 1329; Dornheim, FR 2014, 869, 874).

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wird die Minderung des Betriebsvermögens mit einer Entnahme ausgeglichen, und zwar in Höhe des Betrags, um den das Entgelt den Buchwert unterschreitet61. Gleiches gilt naturgemäß auf Seiten des Erwerbers, bei dem die Anschaffungskosten um eine Einlage bis zur Höhe des Buchwerts aufgefüllt werden; der Erwerber führt also den Buchwert des Veräußerers fort62. Überschreitet das Entgelt den Buchwert, bleibt es aber hinter dem Teilwert zurück, würde das nach allgemeinen Grundsätzen im Ergebnis gleichwohl zur Aufdeckung aller stiller Reserven führen, weil die Entnahme mit dem Teilwert zu bewerten wäre. Bei einem verbilligten Entgelt bedeutet dies, dass die Entnahme mit der Differenz zwischen Entgelt und Teilwert zu bewerten wäre. Im Anwendungsbereich des § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG ist demgegenüber wieder mit dem Buchwert zu bewerten, „soweit“ das Wirtschaftsgut unentgeltlich übertragen worden ist. Nun ist der Buchwert in dieser Fallvariante bereits durch das Entgelt überschritten, so dass für den Eintritt der Rechtsfolge des § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG, nämlich den Ansatz des Buchwerts für die Entnahme kein Raum bleibt. Wie die Rechtsfolgenanordnung der Norm in einem solchen Fall umgesetzt werden muss, kann deshalb nur durch Auslegung ermittelt werden. Diese hat sich am Zweck des § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG zu orientieren, nämlich unrealisierte Gewinne nicht durch eine Entnahme zu fingieren, sondern die stillen Reserven im Betriebsvermögen des Erwerbers fortzuführen. Dieses Ziel wird nur erreicht, wenn die Entnahme nicht mit einem über den Buchwert hinausgehenden Betrag bewertet wird. Danach kommt es bei einer den Buchwert überschreitenden Gegenleistung nur insoweit zu einem steuerlichen Gewinn, als das Entgelt den Buchwert übersteigt. Dieser Betrag bestimmt zugleich die Anschaffungskosten des Erwerbers. Eine zusätzliche Einlage in Höhe der Differenz zwischen Teilwert und Anschaffungskosten ist nicht zu berücksichtigen. Die Überlegungen zeigen, dass bei der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich die Übertragung von Wirtschaftsgütern im Anwendungsbereich des § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG zur Hinzurechnung einer Entnahme nur bis zur Höhe des Buchwerts des Wirtschaftsguts führen darf. Dieser Entnahme ist kein Teil des Buchwerts gegenüberzustellen, weil der Buchwert bereits ganz in die Bemessung des Unterschiedsbetrags zwischen Betriebsvermögen am Ende und zu Beginn des Wirtschaftsjahrs ein-

61 Es kommt also im Ergebnis nicht zu einem Verlust (vgl. zu Berechnungsbeispielen Wittwer, HLBS-Report 2014, 124, der damit ein unzutreffendes Verständnis der modifizierten Trennungstheorie durch Dornheim [DStZ 2013, 397 und FR 2014, 869] korrigiert). 62 Dazu bedarf es keiner „Modifizierung der modifizierten Trennungstheorie“ (so aber Dornheim, FR 2014, 869, 873).

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geht. Diese Handhabung bedeutet deshalb entgegen der Auffassung des X. Senats des BFH nicht, „in Abweichung von den allgemeinen Grundsätzen den Buchwert einseitig der nicht begünstigten Komponente des Geschäfts zuzuordnen, was zugleich das Volumen der steuerlichen Begünstigung weiter erhöhen würde“63. 2.3.6. Übertragungen gegen Mischentgelt Besteht die Gegenleistung in der Gewährung oder Minderung von Gesellschaftsrechten, regelt § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 oder Nr. 2 EStG, dass ein solches Entgelt als betragsmäßig irrelevant behandelt wird; es wird der Unentgeltlichkeit gleichgestellt, also schlicht übergangen. Der Gesetzeswortlaut gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass für unentgeltliche Übertragungen und Übertragungen gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten unterschiedliche Rechtsfolgen gelten sollen. Vielmehr müssen die Rechtsfolgen in jeder Hinsicht identisch mit denen einer unentgeltlichen Übertragung sein. Deshalb ist auch das Tatbestandsmerkmal „soweit“ für beide Fallvarianten in gleicher Weise auszulegen. Das bedeutet etwa, dass bei einer teils unentgeltlichen, teils (echt) entgeltlichen und teils gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten stattfindenden Übertragung der unentgeltliche Teil und der Teil des gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten erfolgten Geschäfts zusammengefasst und insgesamt wie eine insoweit unentgeltliche Übertragung behandelt werden müssen64. In Fällen des Mischentgelts kann also nicht an der Handhabung festgehalten werden, die für Veranlagungszeiträume vor Inkrafttreten des § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG in seiner heutigen Fassung vertreten worden ist65.

3. Rückstellung für gesellschaftsvertragliche Verpflichtung zur Jahresabschlussprüfung 3.1. Verbindlichkeits- und Aufwandsrückstellungen Für ungewisse Verbindlichkeiten sind in der Handelsbilanz nach § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB Rückstellungen zu bilden. Gemeint sind damit schuldrechtliche Verpflichtungen gegenüber Dritten (sog. Außenverpflichtungen). Diese werden abgegrenzt gegenüber „Verpflichtungen gegen sich selbst“ (sog. Innenverpflichtungen), zu denen etwa die Instandhaltung von Anlagegütern gehört.

63 So unter Rz. 118. 64 Ebenso Demuth, EStB 2014, 373, 376. 65 BFH, Urt. v. 11.12.2001 – VIII R 58/98, BStBl. II 2002, 420.

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Für solche Innenverpflichtungen gab es früher bestimmte Wahlrechte zur Bildung von Rückstellungen. Heute66 sind solche Aufwandsrückstellungen nur noch in wenigen Fällen zulässig und dann auch nach § 249 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 HGB verpflichtend zu passivieren. Handelsrechtlich gebotene Rückstellungen sind infolge des Maßgeblichkeitsgrundsatzes auch in der Steuerbilanz zu bilden, es sei denn, das Steuerrecht enthält eine ausdrückliche Passivierungsbeschränkung. 3.2. Rückstellung für Kosten der Jahresabschlussprüfung Für die voraussichtlichen Kosten der Jahresabschlussprüfung ist bei einem prüfungspflichtigen Unternehmen (z.B. nach § 316 HGB) eine Verbindlichkeitsrückstellung zu bilden, denn es handelt sich um eine der Höhe nach ungewisse öffentlich-rechtliche Verpflichtung des Unternehmens, die im abgelaufenen und zu prüfenden Jahr wirtschaftlich verursacht ist67. Die Kosten einer freiwilligen Jahresabschlussprüfung können mangels öffentlich-rechtlicher Verpflichtung unter diesem Aspekt nicht zurückgestellt werden. Allerdings kann auch eine privatrechtliche Verpflichtung zur Jahresabschlussprüfung bestehen, etwa gegenüber einem Geldinstitut. Diese würde als Außenverpflichtung grundsätzlich ebenfalls zur Bildung einer Rückstellung führen68. Streit besteht über die Behandlung von Kosten einer Jahresabschlussprüfung, die ausschließlich aufgrund einer Verpflichtung im Gesellschaftsvertrag durchzuführen ist. Nach handelsrechtlich herrschender Ansicht ist die Verpflichtung der Gesellschaft gegenüber den Gesellschaftern eine Außenverpflichtung im Sinne des § 249 Abs. 1 HGB. Deshalb soll für die Kosten eine Rückstellung zu passivieren sein69.

66 Erstmals für nach dem 31.12.2009 beginnende Geschäftsjahre (Art. 66 Abs. 3 EGHGB). 67 Die Verpflichtung ist mit Ablauf des Geschäftsjahrs rechtlich entstanden, so dass damit auch von einer wirtschaftlichen Verursachung im abgelaufenen Jahr auszugehen ist (ebenso Oser, DStR 2014, 2309, 2311; vgl. zur wirtschaftlichen Verursachung bei dem Grunde nach voll wirksam entstandenen Verpflichtungen BFH, Urt. v. 6.2.2013 – I R 8/12, BStBl. II 2013, 686, und Urt. v. 17.10.2013 – IV R 7/11, BStBl. II 2014, 302). 68 Voraussetzung ist, dass die Verpflichtung bereits am Bilanzstichtag besteht. Dann ist sie im abgelaufenen Geschäftsjahr wirtschaftlich verursacht und es ist ohne Bedeutung, wann und zu welchem Zweck der Jahresabschluss später dem Dritten vorzulegen ist; ebenso Oser, DStR 2014, 2309, 2311; im Ergebnis auch Hoffmann, DStR 2014, 1817, 1818. 69 IdW RH HFA 1.009, Tz. 6, IDW-FN 2010, 354.

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3.3. BFH-Urteil vom 5.6.2014 – IV R 26/11 Mit dieser Streitfrage hatte sich der BFH in einem mit Urteil vom 5.6.201470 entschiedenen Fall zu befassen. Dort war im Gesellschaftsvertrag einer nicht prüfungspflichtigen KG vereinbart, dass der von der Geschäftsführung aufzustellende Jahresabschluss von einem Angehörigen der wirtschafts- und steuerberatenden Berufe geprüft werden musste. Auf der Grundlage des geprüften Jahresabschlusses sollte von den Gesellschaftern über die Gewinnverwendung beschlossen werden. Die KG ließ die Abschlussprüfungen durchführen und bildete in den Bilanzen jeweils Rückstellungen für die Kosten der Prüfung des abgelaufenen Wj. Das FA war nach einer Außenprüfung der Auffassung, eine Rückstellung dürfe nicht gebildet werden, denn die Prüfungspflicht sei keine Außenverpflichtung im Sinne des § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB. Dementsprechend erließ es geänderte Gewinnfeststellungsbescheide, mit denen im ersten Jahr der Rückstellungsbildung (2001) ein höherer Gewinn, in den Folgejahren (2002–2004) wegen des Wegfalls der Auflösung der Vorjahresrückstellungen niedrigere Gewinne festgestellt wurden. Nach erfolglosem Einspruch hatten auch Klage und Revision keinen Erfolg. Der BFH entschied, für die Verpflichtung zur Prüfung des Jahresabschlusses einer Personenhandelsgesellschaft dürfe eine Rückstellung nicht gebildet werden, wenn diese Verpflichtung ausschließlich durch den Gesellschaftsvertrag begründet worden sei. Eine Verpflichtung nur gegenüber den eigenen Gesellschaftern betrachtet der BFH danach nicht als Außenverpflichtung, obwohl ein Gesellschafter den Anspruch notfalls gerichtlich durchsetzen könnte. Denn es handelt sich immer noch um eine aus der Sicht der Personengesellschaft interne Angelegenheit. Die Rückstellung darf deshalb nach Meinung des BFH weder in der Handels- noch in der Steuerbilanz gebildet werden. Handelsrechtlich soll dem Urteil nach Meinung des IdW nicht gefolgt werden71. Hoffmann empfiehlt, die Urteilsgrundsätze auch handelsbilanziell zu beachten, um in diesem Punkt ein Auseinanderdriften von Handels- und Steuerbilanz zu vermeiden72. Bisherige Bilanzen seien nach dem handelsrechtlich geltenden subjektiven Fehlerbegriff gleichwohl nicht als fehlerhaft zu beurteilen73.

70 BFH, Urt. v. 5.6.2014 – IV R 26/11, BStBl. II 2014, 886; vgl. dazu z.B. Behrens, BB 2014, 2290; Hoffmann, DStR 2014, 1817; ders., PiR 2014, 320; Oser, DStR 2014, 2309; Prinz, DB 2014, 2188; Reiter, EStB 2014, 360; Wendt, BFH/PR 2014, 405. 71 IDW-FN 1/2015, 53; s. dazu auch Hennrichs, StuW 2015, 65. 72 Hoffmann, DStR 2014, 1817, 1818. 73 Hoffmann, DStR 2014, 1817, 1818; Oser, DStR 2014, 2309, 2310.

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4. § 4 Abs. 4a EStG bei Gesellschafterdarlehen 4.1. Bedeutung des § 4 Abs. 4a EStG für Innenfinanzierung von Unternehmensgruppen § 4 Abs. 4a EStG soll verhindern, dass Finanzierungskosten für außerbetrieblich veranlasste Ausgaben in den Betrieb verlagert werden und als Betriebsausgabe die einkommensteuerliche Bemessungsgrundlage mindern. Finanzierungskosten für im Betrieb aufgenommene Darlehen werden zu diesem Zweck daraufhin überprüft, ob sie nicht mit Entnahmen in Zusammenhang stehen. Übersteigen die Entnahmen das im Betrieb befindliche Eigenkapital, unterstellt das Gesetz eine Entnahmefinanzierung mit Fremdkapital. Das für Entnahmen verfügbare Eigenkapital ergibt sich aus der Summe von Einlagen und Gewinnen abzüglich bereits erfolgter Entnahmen. Die durch Überentnahmen veranlassten Schuldzinsen bleiben zwar Betriebsausgaben, werden dem Gewinn auf einer zweiten Stufe in Gestalt eines typisiert ermittelten Zinsbetrags für die Finanzierung der Überentnahmen aber wieder hinzugerechnet. Angesichts des Zwecks des § 4 Abs. 4a EStG, die Finanzierung außerbetrieblich veranlasster Kosten nicht zur Minderung der ertragsteuerlichen Bemessungsgrundlage führen zu lassen, wird diskutiert, ob die Regelung auf Finanzierungen innerhalb einer Unternehmensgruppe dem Grunde nach überhaupt Anwendung finden kann. Finanzierungen innerhalb eines Konzerns oder einer sonstigen Unternehmensgruppe haben schließlich keinen außerbetrieblichen Anlass, so dass eine Hinzurechnung des Zinsaufwands beim Darlehensnehmer bei gleichzeitiger Erfassung des Zinsertrags in der Gewinnermittlung des Darlehensgebers zu einer Art „Doppelbesteuerung“ der konzernintern geleisteten Vergütung führt74. Auf die Verzinsung zu verzichten, um dieser Folge auszuweichen, ist dann keine empfehlenswerte Gestaltung, wenn der Verzicht eine verdeckte Gewinnausschüttung bei einer übergeordneten Kapitalgesellschaft auslösen würde. 4.2. BFH-Urteil vom 12.2.2014 – IV R 22/10 Nun lag dem BFH das Verfahren IV R 22/10 vor, von dem man sich eine Entscheidung zu der Frage erhofft hatte, inwieweit § 4 Abs. 4a EStG im Konzern anwendbar ist75.

74 So Meyering/Jegen, DStR 2011, 2441, 2443. 75 Z.B. Meyering/Jegen, a.a.O.; zu Umstrukturierungen im Konzern s. etwa Düll, Ubg 2014, 415.

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Klägerin war eine konzernangehörige GmbH & Co. KG, deren Kommanditanteile mittelbar über mehrere Personengesellschaften allein von der Konzernmutter, einer AG, gehalten wurden. Die unmittelbar beteiligte einzige Kommanditistin ließ sich die jeweiligen handelsbilanziell ermittelten Gewinne vollständig auszahlen. Die Klägerin nahm am Cash-Pool-System des Konzerns teil. Dieses war so gestaltet, dass eine Dienstleistungs-Personengesellschaft am Ende jedes Tages die Konten der konzernangehörigen Gesellschaften dadurch auf Null stellte, dass Positiv-Salden auf ein Konto der Mutter-AG bei deren Hausbank umgebucht und Negativsalden von diesem Konto aufgefüllt wurden. Kontoauffüllungen wurden als Darlehen der Mutter-AG an die betreffende Konzerngesellschaft behandelt, für das Zinsen an die Muttergesellschaft gezahlt wurden. Das FA ging davon aus, dass die Auszahlung der Handelsbilanzgewinne an die Kommanditistin Entnahmen darstellten und Überentnahmen im Sinne des § 4 Abs. 4a EStG waren. Deshalb rechnete das FA die als Betriebsausgabe erfassten und sämtlich an die Mutter-AG geleisteten Zinsen nach Maßgabe des § 4 Abs. 4a EStG dem Gewinn hinzu. Die Klägerin war der Ansicht, innerhalb eines Konzerns gebe es keine Entnahmen iSd. § 4 Abs. 4a EStG. Die gegen die Gewinnfeststellungsbescheide erhobene Klage hatte vor dem FG zunächst keinen Erfolg. Der BFH gab der Revision statt76, stütze seine Entscheidung allerdings auf einen von den Beteiligten bisher nicht diskutierten Gesichtspunkt. Er entschied: Leitsatz: 1. Die einer Personengesellschaft entstandenen Schuldzinsen für ein Darlehen des Gesellschafters sind im Rahmen der Hinzurechnung gemäß § 4 Abs. 4a EStG nicht zu berücksichtigen, soweit sie zugleich als Sondervergütung behandelt worden sind. 2. Dies gilt auch dann, wenn der Gesellschafter, der der Personengesellschaft ein Darlehen gewährt, an dieser nicht unmittelbar, sondern mittelbar über eine oder mehrere Personengesellschaften beteiligt ist. 3. Die Sondervergütungen, die ein mittelbar über eine Obergesellschaft beteiligter Gesellschafter von der Untergesellschaft erhält, werden bei der Gewinnermittlung der Untergesellschaft erfasst.

76 BFH, Urt. v. 12.2.2014 – IV R 22/10, BStBl. II 2014, 621; vgl. dazu Anm. von Bode, NWB 2014, 2320; Formel, EStB 2014, 239; Pfützenreuter, jurisPR-SteuerR 30/2014 Anm. 2; Wendt, FR 2014, 768; ders., BFH/PR 2014, 285.

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4.3. Keine Hinzurechnung bei Sondervergütungen Die in das Verfahren gesetzten Erwartungen hinsichtlich der Konzerninnenfinanzierung werden mit der Entscheidung enttäuscht. Eine Hinzurechnung nach § 4 Abs. 4a EStG kam im entschiedenen Fall schon deshalb nicht in Betracht, weil hinzuzurechnende Schuldzinsen überhaupt nicht angefallen waren. Dies ist eine Folge dessen, dass Zinsen, die ein Gesellschafter von der Personengesellschaft erhält, zwar zunächst Betriebsausgabe der Personengesellschaft sind, aber dem Gewinn als Sondervergütung des Gesellschafters gem. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 Halbs. 2 EStG wieder hinzugerechnet werden. Die ertragsteuerliche Bemessungsgrundlage mindert sich im Ergebnis nicht, so dass kein Grund für eine (zweite) Hinzurechnung nach § 4 Abs. 4a EStG besteht. Dass in einem solchen Fall keine Hinzurechnung stattfindet, hätte an sich einer Entscheidung des BFH nicht bedurft. Denn die Finanzverwaltung vertrat bereits bisher die Auffassung, dass als Sondervergütung zu behandelnde Zinsleistungen an den Gesellschafter keine „Schuldzinsen“ im Sinne des § 4 Abs. 4a EStG sind77. Grund für den Rechtsstreit dürfte hier die mehrstöckige Struktur der Beteiligungsverhältnisse gewesen sein. Der darlehensgewährende Gesellschafter (die Konzernmutter-AG) war nicht unmittelbar an der darlehensnehmenden KG beteiligt, sondern nur mittelbar über mehrere zwischengeschaltete Personengesellschaften. In einem solchen Fall kann – wie hier geschehen – leicht übersehen werden, dass als Sondervergütungen nicht nur Entgelte für Leistungen unmittelbar beteiligter Gesellschafter in Frage kommen, sondern auch Entgelte für Leistungen mittelbar über eine oder mehrere Oberpersonengesellschaften beteiligter Personen. Dies folgt aus § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG, wonach der mittelbar beteiligte Mitunternehmer dem unmittelbar beteiligten Mitunternehmer gleichsteht, wenn in der Beteiligungskette jeweils die Obergesellschaft mitunternehmerisch an der Untergesellschaft beteiligt ist78. Dem Obergesellschafter werden in einem solchen Fall als mittelbar an der Untergesellschaft beteiligtem Mitunternehmer Sondervergütungen zugerechnet. Diese erhöhen den Gewinn der Untergesellschaft. Sie müssen deshalb auch in der Gewinnfeststellung für die Untergesellschaft erfasst werden, wie der BFH hier ausdrücklich sagt. Im entschiedenen Fall waren der Untergesellschaft die Beteiligungsverhältnisse im Konzern vermutlich bekannt, so dass Fragen des Steuergeheimnisses keine Rolle 77 BMF, Schr. v. 7.5.2008, BStBl. I 2008, 588 zu Rz. 32. 78 Die Regelung wird vom BFH teleologisch einschränkend dahin ausgelegt, dass die mittelbare Mitunternehmerstellung nur für Sondervergütungen und Sonderbetriebsvermögen Bedeutung hat (BFH, Urt. v. 6.9.2000 – IV R 69/9, BStBl. II 2001, 731).

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gespielt haben dürften. In einem vielstufig gegliederten Personengesellschaftskonzern könnte das aber auch einmal anders sein. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG dürfte dann die Befugnis im Sinne des § 30 Abs. 4 Nr. 1 AO dafür enthalten, die Beteiligungsverhältnisse gegenüber der Untergesellschaft und deren Mitunternehmern insoweit offen zu legen, als dies für die Identifizierung einer Betriebsausgabe als Sondervergütung erforderlich ist.

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Rechtsprechungs-Highlights zum Unternehmenssteuerrecht der Kapitalgesellschaften Professor Dr. Dietmar Gosch Vorsitzender Richter am BFH, München Inhaltsübersicht I. Verfassungsmäßigkeit der sog. Mindestbesteuerung bei Definitiveffekten: BFH, Beschl. v. 26.2.2014 – I R 59/12 II. Ernstliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des § 4h EStG: BFH, Beschl. v. 18.12.2013 – I B 85/13 III. Verfassungsmäßigkeit des Abzugsverbots für die Gewerbesteuer: BFH, Urt. v. 16.1.2014 – I R 21/12 IV. Verfassungsmäßigkeit der gewerbesteuerrechtlichen Hinzurechnung von Miet- und Pachtzinsen: BFH, Urt. v. 4.6.2014 – I R 70/12 V. Auslegung und Verfassungsmäßigkeit des Abzugsverbots in § 8b Abs. 3 Satz 3 und 4 KStG: BFH, Urt. v. 12.3.2014 – I R 87/12 VI. Abziehbarkeit von Veräußerungskosten bei einer Anteilsveräußerung nach § 8b Abs. 2 KStG: BFH, Urt. v. 12.3.2014 – I R 45/13 VII. Verluste aus Termingeschäften als Veräußerungskosten nach § 8b Abs. 2 Satz 1 KStG 2002: BFH, Urt. v. 9.4.2014 – I R 52/12

VIII. Nachträgliche Veränderung des Veräußerungspreises und der Veräußerungskosten als stichtagsbezogene Teile des Veräußerungsgewinns i.S.v. § 8b Abs. 2 Satz 2 KStG: BFH, Urt. v. 12.3.2014 – I R 55/13 IX. Keine Kürzung nach § 9 Nr. 2a GewStG bei einem sog. qualifizierten Anteilstausch: BFH, Urt. v. 16.4.2014 – I R 44/13 X. Steuermindernde Berücksichtigung einer Abstockung auf den gemeinen Wert sowie eines Übernahmeverlusts bei sog. Aufwärtsverschmelzung von Lebensversicherungsunternehmen: BFH, Urt. v. 30.7.2014 – I R 58/12 XI. Mindestlaufzeit des Gewinnabführungsvertrags und Bildung eines Rumpfwirtschaftsjahres; „wichtiger Grund“ bei vorzeitiger Vertragsbeendigung: BFH, Urt. v. 13.11.2013 – I R 45/12

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I. Verfassungsmäßigkeit der sog. Mindestbesteuerung bei Definitiveffekten: BFH, Beschl. v. 26.2.2014 – I R 59/12 1. Der Beschluss v. 26.2.2014 – I R 59/121 betrifft die vieldiskutierte und vielgescholtene sog. Mindestbesteuerung gem. § 10d Abs. 2 EStG. Der BFH hält diese „in ihrer Grundkonzeption“ nach wie vor2 nicht für verfassungswidrig. Die ESt und KSt soll zwar die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eines Steuersubjekts abschöpfen. Ihre Bemessungsgrundlage ist deshalb das „Nettoeinkommen“ nach Abzug der Erwerbsaufwendungen. Fallen die Aufwendungen nicht in demjenigen Kalenderjahr an, in dem die Einnahmen erzielt werden, oder übersteigen sie die Einnahmen, so dass ein Verlust erwirtschaftet wird, ermöglicht es das Gesetz, den Verlustausgleich auch über die zeitlichen Grenzen eines Bemessungszeitraums hinweg vorzunehmen (sog. überperiodischer Verlustabzug). Seit 2004 ist dieser Verlustabzug aber bekanntlich begrenzt: 40 % der positiven Einkünfte oberhalb eines Schwellenbetrags von 1 Mio. t werden auch dann der Ertragsbesteuerung unterworfen, wenn bisher noch nicht ausgeglichene Verluste vorliegen Damit wird die Wirkung des Verlustabzugs in die Zukunft verschoben. 2. Ob diese Regelung verfassungsgemäß ist, hatte der BFH in seinem AdVBeschluss v. 26.8.2010 – I B 49/103 allerdings dann für ernstlich zweifelhaft gehalten, wenn eine sog. Definitivwirkung im Raum stand, also der vom Gesetzgeber lediglich beabsichtigte zeitliche Aufschub der Verlustverrechnung in einen endgültigen Ausschluss der Verlustverrechnung hineinzuwachsen drohte. Beispiele: Im Folgejahr einer Mindestbesteuerung bei einer Kapitalgesellschaft kommt es zu einer Anteilsübertragung, die einen Ausgleich eines noch offenen Verlustvortrags nach § 8c KStG endgültig ausschließt. Oder: Die Kapitalgesellschaft wird insolvent oder liquidiert, der noch offene Verlustausgleich ist nicht mehr nutzbar. 3. Von welchem Zeitpunkt an kann aber von einer Definitivsituation i.d.S. die Rede sein? Das erfordert entweder einen bereits eingetretenen oder kurz bevorstehenden „Tod“ des Steuerpflichtigen oder aber jedenfalls eine prognostische Erwartung, die den „Verlust-Verlust“ als nahezu sicher ansehen lässt. Es genügt aber nicht, wenn diese Prognose auf einer – gegenwärtigen – Geschäftspolitik beruht oder auch auf – gegenwärtigen – Steuergesetzen, die die Steuerfreiheit der erwirtschafteten Erträge gewährleistet. Sowohl die Geschäftspolitik als auch die Gesetze können sich in der Zu1 BFHE 246, 27. 2 S. bereits BFH, Urt. v. 22.8.2012 – I R 9/11, BStBl. II 2013, 512; v. 20.9.2012 – IV R 36/10, BStBl. II 2013, 498; v. 23.1.2013 – I R 35/12, BStBl. II 2013, 508. 3 BStBl. II 2011, 826.

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kunft jederzeit ändern und sind keineswegs in Stein gemeißelt4. Gleiches betrifft Situationen, in denen die Abwicklung der Kapitalgesellschaft noch nicht abgeschlossen ist und deswegen ggf. nachfolgende Gewinne doch noch nicht gänzlich ausgeschlossen sind5. 4. Auch dann, wenn das im Einzelfall anders einzuschätzen und die Finalität der Verlustvernichtung offenbar ist, kann das, muss das allerdings nicht zwingend die Verfassungswidrigkeit der sog. Mindestbesteuerung nach sich ziehen. Denn strenggenommen regelt diese – nur – eine generelle Verluststreckung. Sie gilt für alle Steuerpflichtige. Für den Fall des „Definitivwerdens“ im Einzelfall mag dann die dafür einschlägige Regelung eine regulative Vorsorge treffen, also z.B. § 8c KStG für den Fall der „schädlichen“ Anteilsveräußerung oder auch § 11 KStG im Liquidationsfall. Es mag in solchen Einzelfällen auch an einen Billigkeitserweis gedacht werden. Es könnte aber auch Sache des § 10d Abs. 2 EStG selbst sein. 5. Bislang hatte der BFH sich einer Antwort und Aussage darüber entsagt6. Nun aber hat er denn doch Farbe bekannt: Er verortet das beschriebene Verfassungsproblem bei § 10d Abs. 2 EStG und er hat deswegen das BVerfG aufgerufen, im Rahmen einer Normenkontrolle zu entscheiden. Es ist aber davor zu warnen, dieses Ersuchen auf jegliche einschlägige Sachverhaltskonstellationen zu vergröbern. Zum einen: Es wird (auch) weiterhin danach zu unterscheiden sein, ob der Steuerpflichtige das „Definitivwerden“ der Verlustausgleichsbeschränkung selbst herbeiführt oder ob es jedenfalls seiner Sphäre zuzuordnen ist; das betrifft namentlich den „Verlustverzehr“ infolge schädlicher Anteilsübertragungen nach § 8c KStG, aber auch die Unternehmensauflösung. Oder ob es sich um eine Gegebenheit handelt, bei der er sich dem „Definitivwerden“ mehr oder weniger „willenlos“ ergeben muss, wie im Beschlussfall der eröffneten Insolvenz.7

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So der BFH, Urt. v. 22.8.2012 – I R 9/11, BStBl. II 2013, 512. So der BFH, Urt. v. 23.1.2013 – I R 35/12, BStBl. II 2013, 508. S. zuletzt BFH, Urt. v. 23.1.2013 – I R 35/12, BStBl. II 2013, 508. Das Ganze ähnelt in diesem Punkt der Unterscheidung zwischen rechtlichen und tatsächlichen „finalen“ Verlusten im Zusammenhang mit den unionsrechtlichen Diskriminierungs- und Beschränkungsverboten. S. dazu umfassend Gosch in Kirchhof, EStG, 13./14. Aufl., § 2a Rz. 5 ff. m.w.N.; s. jetzt erneut auch FG Köln, Beschl. v. 19.2.2014 – 13 K 3906/09, IStR 2014, 733 (Az. EuGH C-388/14, Timac Agro Deutschland) sowie die Generalanwältin Kokott in ihren neuerlichen Schlussanträgen v. 23.10.2014 in der Rs. C-172/13, Kommission ./. UK, dazu (zutr. krit.) St. Müller, ISR 2014, 415.

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Zum anderen: „Betroffen“ ist nur eine ganz besondere und konkrete Situation, nämlich jene, dass der (im Grundsatz) ausgleichsfähige Verlust aus der stichtagsbezogenen Teilwertabschreibung einer Forderung herrührt, und der Ertrag aus der zeitlich nachfolgenden ebenfalls stichtagsbezogenen Teilwertzuschreibung eben dieser Forderung folgt. Insoweit beruhen Aufwand und Ertrag auf demselben Rechtsgrund und sie entsprechen sich der Höhe nach. Der Ertrag ist sozusagen der zeitverschobene actus contrarius zum Aufwand; Teilwertabschreibung und Werterholung eines Bilanzpostens lösen daher wegen der unterschiedlichen Ermittlungsperioden im Zusammenhang mit der Mindestbesteuerung eine Steuerschuld aus. Allein diese in der Besteuerungspraxis der Auflösung von Kapitalgesellschaften (Liquidation, Insolvenzverfahren) häufig auftretenden bilanzsteuerrechtlichen „Umkehreffekte“, die ihrerseits weder einen entsprechenden Liquiditätszufluss noch einen Zuwachs an besteuerungswürdiger Leistungsfähigkeit zur Folge haben, lagen dem BFH ersichtlich „am Herzen“: „Typisierungs- oder Vereinfachungserfordernisse können nicht rechtfertigen, dass der Gesetzgeber auf der Rechtsfolgenseite der Normen eine Differenzierung nach Verlustursachen bzw. nach Zusammenhängen mit der Gewinnentstehung vollständig unterlassen hat“. Auch irgendwelche Spezifika der GewSt lassen sich nicht erklärend heranziehen. Soweit der IV. Senat des BFH solches8 vertritt, betrifft das natürliche Personen und Personengesellschaften, bei denen es insoweit – auch was die Definitivsituation anbelangt, auf den engen Zeitraum der „werbenden Tätigkeit“ des Gewerbebetriebs ankommen mag; für Körperschaften lassen sich derartige Überlegungen nicht fruchtbar machen. 6. Schließlich: Wie hat man mit der möglichen Steuerrelevanz des „Definitivwerdens“ in verfahrensrechtlicher Sicht umzugehen? Teilweise wird versucht, im Hinblick auf die Ungewissheit über den „IrgendwannEintritt“ des „Definitivwerdens“ im Zeitverlauf jegliche Steuerbescheide unter einen entsprechenden Vorläufigkeitsvermerk zu stellen.9 Der BFH10 hat bereits angedeutet, dass er diesen Weg nicht zu beschreiten gedenkt. Es spricht einiges dafür, dass das richtig ist. Denn bei dem „Definitivwerden“ handelt es sich nicht, wie aber nach § 165 AO erforderlich, um eine „Voraussetzung für die Entstehung der Steuer“ und für eine Vorläufigkeit aus tatsächlichen Gründen ist damit kein Raum. Sollte die besagte Steuerrelevanz in der Folgezeit „wirklich“ werden, weil eine 8 Im Urt. v. 20.9.2012 – IV R 36/10, BStBl. II 2013, 498. 9 S. FG Köln, Urt. v. 11.4.2013 – 13 K 889/12, EFG 2013, 1374 (Rev. I R 32/13, die mündliche Verhandlung vor dem BFH hat am 17.12.2014 stattgefunden). 10 Im Beschl. v. 26.8.2010 – I B 49/10, BStBl. II 2011, 826.

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Definitivsituation eintritt, wirkt dieser Umstand aber zurück; § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO bietet den Verfahrenshebel, um dem dann auch durch nachträgliche Bescheidänderung Rechnung zu tragen.

II. Ernstliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des § 4h EStG: BFH, Beschl. v. 18.12.2013 – I B 85/13 1. In einem weiteren Beschluss v. 18.12.2013 – I B 85/1311 hat der BFH entschieden, dass die sog. Zinsschranke, geregelt in § 4h EStG, § 8a KStG, nicht „verfassungsfest“ ist. Der BFH hat das bislang allerdings nur im „summarischen“ Prüfmaßstab des einstweiligen Rechtsschutzes verneint. a) Zinsaufwendungen eines Betriebs sind nach § 4h Abs. 1 Satz 1 EStG nur in Höhe des verrechenbaren EBITDA, d.h. 30 % des um Zinsaufwendungen und bestimmte Abschreibungen erhöhten Einkommens, abziehbar. Danach verbleibende nicht abziehbare Zinsaufwendungen sind in die folgenden Wirtschaftsjahre vorzutragen (§ 4h Abs. 1 Satz 2 EStG). Ausnahmetatbestände davon enthält § 4h Abs. 2 Satz 1 EStG. Die Zinsschranke entfällt danach, wenn – der Betrag der Zinsaufwendungen, soweit er den Betrag der Zinserträge übersteigt, weniger als drei Mio. t beträgt (§ 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. a EStG), – der Betrieb nicht oder nur anteilmäßig zu einem Konzern gehört (§ 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. b EStG) oder – der Betrieb zu einem Konzern gehört und seine Eigenkapitalquote am Schluss des vorangegangenen Abschlussstichtages gleich hoch oder höher ist als die des Konzerns (Eigenkapitalvergleich) (§ 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. c EStG). b) Der BFH nimmt – wie gesagt: im summarischen Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes – einen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG an: Es könnten gewichtige Gründe dafür ins Feld geführt werden, dass die Zinsschranke eine verfassungsrechtlich relevante Ungleichbehandlung von wesentlich Gleichem und damit einen Verstoß gegen das Leistungsfähigkeitsprinzip nach sich zieht. Und durch die Zinsschranke könnte der Gesetzgeber überdies das Gebot der folgerichtigen Ausgestaltung des KSt-Rechts am Gebot der finanziellen Leistungsfähigkeit durchbrochen haben. Das wird sodann im Einzelnen entwickelt und dargelegt.

11 BStBl. II 2014, 947.

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c) Das mag den einen oder den anderen, namentlich aus der Finanzverwaltung, „revolutionär“ dünken. Immerhin kann der BFH sich aber auf eine Vielzahl von Stimmen, ja die sog. herrschende Meinung im Schrifttum12 stützen. Und ohnehin hatte sich der Schritt in die Annahme der Verfassungswidrigkeit der Zinsschranke bereits abgezeichnet, nämlich im BFH-Beschluss v. 13.3.2012 – I B 111/11.13 Seinerzeit wurde der „große Wurf“ ersichtlich nur deshalb vermieden (und konnte er vermieden werden), weil es um eine besonders augenfällig zweifelhafte Konstellation ging: § 8a Abs. 2 Alt. 2 KStG erfasst im Rahmen der Zinsschranke nicht nur sog. Back-to-back-Finanzierungen, sondern auch übliche Fremdfinanzierungen von Kapitalgesellschaften bei Banken. Das genügte, um jedenfalls für diese Konstellation ernstliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit zu haben. 2. Zugleich bezieht der BFH Stellung zu einer ebenfalls hoch umstrittenen Verfahrensfrage des einstweiligen Rechtsschutzes: Ist eine AdV deswegen zu versagen, weil zu erwarten ist, dass das BVerfG lediglich die Unvereinbarkeit eines Gesetzes mit dem GG aussprechen und dem Gesetzgeber eine Nachbesserungspflicht für die Zukunft aufgeben wird? Über diese Frage bestand ein beträchtlicher Streit. Insbesondere der II. Senat des BFH hatte sich in der Vergangenheit in diese Richtung positioniert. Er hat das aber erst jüngst im Beschluss v. 21.11.2013 – II B 46/1314 geradegerückt. Und daran schließt der I. Senat des BFH jetzt vorbehaltlos an.15 3. Zudem wägt der BFH im Rahmen seiner – stattgebenden – AdV-Entscheidung das Gewicht des Individualinteresses gegenüber dem Gemeininteresse ab: Gefährdet die AdV-Gewährung die öffentlichen Haushalte in einem gegenüber dem „Stundungsinteresse“ des Steuerpflichtigen unvereinbaren Maße? Auch diese Frage wurde verneint. Die (vorübergehenden) Haushaltsausfälle infolge der AdV wegen der Zinsschranke seien nach allem nicht so bedeutsam, dass eine „öffentliche“ Gefährdung zu erwarten sei. Auch das zeichnete sich in dem erwähnten BFH-Beschluss v. 13.3.2012 – I B 111/1116 bereits ab. 12 13 14 15

Zu den Nachw. s. den Besprechungsbeschluss. BStBl. II 2012, 611. BStBl. II 2014, 263. Und er vermeidet es deswegen (entgegen seiner ursprünglichen Absicht), den Großen Senat anzurufen; eine derartige Anrufung fällt im Kontext eines Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes ohnehin nicht leicht, handelt es sich doch um ein Eilverfahren, das ein langjähriges Aussetzen des Rechtsstreits schwerlich verträgt. 16 BStBl. II 2012, 611.

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Das wird von der Finanzverwaltung aber nicht akzeptiert. Das BMF hat vielmehr am 13.11.201417 einen Nichtanwendungserlass in die Welt gesetzt – für einen AdV-Beschluss ein überaus rarer Vorgang, der verwundert. Diese Verwunderung hält an, wirft man einen Blick auf die „Begründung“: „… Selbst in der – hier derzeit nicht gegebenen – Situation eines anhängigen konkreten Normenkontrollverfahrens nach Art. 100 Abs. 1 GG vor dem BVerfG kann im Hinblick auf den Geltungsanspruch jedes formell verfassungsgemäß zustande gekommenen Gesetzes eine AdV nur bei einem besonderen berechtigten Interesse des Stpfl. gewährt werden. …“ Und weiter: „… Die(se) Entscheidung (scil. die des BFH) steht damit insbesondere in Widerspruch zu aktuellen Entscheidungen anderer Senate des BFH. So hat der II. Senat in einem Verfahren zur Erbschaftsteuer im Hinblick auf den hohen Barwert einer vermachten Rente ausdrücklich auch darauf abgestellt, dass der Stpfl. mangels des Erwerbs liquider Mittel (wie z.B. Bargeld) zur Entrichtung der festgesetzten Erbschaftsteuer eigenes Vermögen hätte einsetzen oder die erworbenen Vermögensgegenstände hätte veräußern oder belasten müssen (BFH v. 21.11.2013 – II B 46/13; ähnlich auch BFH v. 1.4.2010 – II B 168/09). In einem Verfahren zur Kernbrennstoffsteuer hat der VII. Senat ausdrücklich verlangt, dass ‚durch die sofortige Vollziehung der angefochtenen Steueranmeldung irreparable Nachteile oder eine unzumutbare Härte drohen würden‘ (BFH-Beschl. v. 9.3.2012, VII B 171/11). …“. Die vom BMF eingenommene Sichtweise stellt die Dinge von den Füßen auf den Kopf. Zwar ist in der Tat eine Güter- und Interessenabwägung vorzunehmen und gewichtet das Interesse der öffentlichen Haushalte hierbei gewiss stark. Doch ist hier besonders behutsam vorzugehen, denn der Geltungsanspruch jedes formell verfassungsgemäß zustande gekommenen Gesetzes verlangt ein besonderes berechtigtes Interesse des Antragstellers an der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes.18 Individualinteressen und öffentliche Belange sind deshalb in besonderem Maße wechselseitig abzuwägen. Diese Abwägung orientiert sich im Kern weniger an dem Gewicht der ernstlichen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit als an den Wirkungen des verzögerten Gesetzesvollzugs: Es stehen sich einerseits die Bedeutung und die Schwere des sofort zu vollziehenden Steuereingriffs und andererseits die Auswirkungen des Gesetzesvollzugs und des öffentlichen Interesses an einer geordneten Haushaltsführung gegenüber.19 Der Auffassung, welche den Verfassungszweifeln und dem In17 BStBl. I 2014, 1516. 18 BFH v. 25.8.2009 – VI B 69/09, BStBl. II 2009, 826; v. 27.8.2002 – XI B 94/02, BStBl. II 2003, 18; v. 1.4.2010 – II B 168/09, BStBl. II 2010, 558. 19 BFH, Beschl. v. 1.4.2010 – II B 168/09, DB 2010, 823 m.w.N.

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dividualinteresse stets den Vorrang einräumen will,20 ist nicht beizupflichten. Gleichwohl darf die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes in diesem sensiblen Rechtsbereich auch nicht auf Ausnahmen verengt und von weiteren (unmeßbaren und mutmaßenden) Voraussetzungen abhängig gemacht werden, wie z.B. die Überlegung, ob ein anschließendes Verfahren vor dem BVerfG ein Nichtigkeits- oder Unvereinbarkeitsverdikt oder aber nur eine in die Zukunft wirkende Unvereinbarkeit21 erwarten lässt.22 Das ist „Kaffeesatzprognostik“, keine ordnungsmäßige Rechtsschutzgewährung.23 Und auch dem Budgetargument darf schon deswegen kein genereller Vorrang eingeräumt werden, weil „Herr über die Zahlen“, die vermeintlich als Steuerausfälle drohen, immer die Finanzverwaltung ist. Dass deren Hochrechnungen oft im spekulativen Behauptungsbereich verbleiben, erweist sich nicht nur bei beinahe jedem neuen Gesetzesvorhaben, das die haushalterischen Wirkungen abschätzt und in Worte fasst, sondern gerade auch im Bereich des Rechtsschutzes, nämlich in den Verfahren vor dem EuGH, wo seitens der Fisci auch gerne (und dort meist vergeblich) die „Haushaltskarte“ gezogen wird. Zutreffend wird in diesem Zusammenhang darauf verwiesen, dass eine großzügigere AdV-Gewährung in diesem Bereich nahezu der budgetären Vorsorge dient, weil sie den Gesetzgeber zu einem beschleunigten Reagieren veranlassen kann, um weiteren Haushaltsschaden beizeiten abzuwenden.24 Mit einiger Ernüchterung ist allerdings zu registrieren, daß die „harsche“ und zu kritisierende Positionierung der Finanzverwaltung innerhalb des BFH gelegentlich durchaus Gefolgschaft findet, so erst jüngst in dem Beschluß des VII. Senats vom 25.11.2014, VII B 65/14 zur Kernbrennstoffsteuer.25 Das Ergebnis ist grob rechtsschutzverkürzend. Es bleibt zu hoffen, daß die Grundsatz- und Divergenzfrage alsbald einmal an den Großen Senat des BFH herangetragen wird. „Technisch“ könnte das dergestalt bewerkstelligt werden, dass die Aussetzung der Vollzie-

20 Seer in Tipke/Kruse, § 69 FGO Rz. 97; Koch in Gräber, 7. Aufl. 2010, § 69 FGO Rz. 14; Schallmoser, DStR 2010, 297. 21 So aber BFH, Beschl. v. 17.7.2003 – II B 20/03, BStBl. II 2003, 807; v. 1.4.2010 – II B 168/09, BFH/NV 2010, 1033; FG München, Beschl. v. 5.10.2009 – 4 V 1548/09, EFG 2010, 158. 22 Gosch in Beermann/Gosch, AO/FGO, § 69 FGO Rz. 180.1. 23 Im Ergebnis ebenso Seer in Tipke/Kruse, § 69 FGO Rz. 96: „prognostische Rechtsfolgenlotterie“. 24 Seer, StuW 2001, 3; Seer in Tipke/Kruse, § 69 FGO Rz. 97; Drüen, FR 1999, 289 m.w.N.; s. auch BFH, Beschl. v. 23.8.2007 – VI B 42/07, BStBl. II 2007, 799; v. 25.8.2009 – VI B 69/09, BStBl. II 2009, 826. 25 BStBl. II 2015, 207.

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hung bedingt gewährt wird, nämlich bis zum Ergehen der Entscheidung des angerufenen Großen Senats. 4. Der BFH hat es sich mit seiner Entscheidung ersichtlich nicht leichtgemacht. Denn auch, wenn es hierbei „nur“ um den einstweiligen Rechtsschutz geht, so ist die „psychologische Strahlkraft“ des Beschlusses doch nicht unerheblich. Der Beschluss ist deswegen naturgemäß auch hoch praxisbedeutsam. Dennoch: Ob der Stab über die Zinsschranke26 damit vollends gebrochen ist, steht noch dahin. Immerhin trägt der BFH vorerst lediglich den beträchtlichen Einwänden gegen dieses Rechtsinstitut Rechnung. Er hat nach summarischer Prüfung – dieser Maßstab kann nicht oft genug erwähnt werden – erhebliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit dieses Instituts und damit an der Rechtmäßigkeit des betreffenden Steuerbescheides. Im Hauptverfahren mag das aber dann doch durchaus wieder ganz anders aussehen. Hier genügen keine Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit, hier bedarf es der richterlichen Überzeugung. Ein Normenkontrollverfahren nach Art. 100 Abs. 1 GG wird deswegen dadurch mit Gewissheit nicht antizipiert. Eine Entscheidung darüber steht jedenfalls über kurz oder lang ante portas: Die Revision gegen das – eine Verfassungswidrigkeit verneinende – Urteil des FG Baden-Württemberg v. 26.11.2012 – 6 K 3390/1127 ist beim BFH unter dem Az. I R 2/13 bereits anhängig. 5. Wegen besagter Ungewissheiten sollte mit einschlägigen AdV-Anträgen indessen so oder so behutsam umgegangen werden, sind die Steuersummen, um die es hier geht, doch immer groß und wirkt der Zinssatz, der für eine im Ergebnis ggf. erfolglose AdV zu leisten ist, deswegen doch erdrückend: Der Verfassungsstreit kann lange dauern und jährliche 6 % Aussetzungszinsen sind wahrlich kein „Pappenstiel“28.

III. Verfassungsmäßigkeit des Abzugsverbots für die Gewerbesteuer: BFH, Urt. v. 16.1.2014 – I R 21/12 1. Die GewSt ist ihrer Natur nach eine Betriebsausgabe und mindert deshalb den Gewinn. Mit dem UntStRefG 2008 hat der Gesetzgeber dem widersprechend jedoch in § 4 Abs. 5b EStG „kraft Gesetzes“ ange-

26 Die ja bereits als deutscher „Exportartikel“ in fremde Steuersysteme gefeiert wird, s. dazu z.B. U. Prinz, GmbHR 2012, R185. 27 DStRE 2014, 452. 28 Und das ist seinerseits „verfassungsverstoßverdächtig“; anders aber erst soeben (leider und abermals) BFH, Urt. v. 1.7.2014 – IX R 31/13, BFHE 246, 193, für den Verzinsungszeitraum 2004 bis (März) 2011.

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ordnet: „Die GewSt und die darauf entfallenden Nebenleistungen sind keine Betriebsausgaben“. Kraft dieses Regelungsbefehls darf die GewSt infolgedessen bei der Ermittlung des zu versteuernden Gewinns nicht mehr gewinnmindernd (und damit steuermindernd) berücksichtigt werden. 2. Das wird im Schrifttum vielfach kritisiert und zu einem ganz beträchtlichen Teil auch gar für verfassungswidrig gehalten29. Der BFH hat sich letztem in seinem Urteil v. 16.1.2014 – I R 21/1230 nicht anschließen mögen: Die mit diesem Abzugsverbot verbundene Einschränkung des sog. objektiven Nettoprinzips verstößt jedenfalls bei Kapitalgesellschaften nicht gegen das verfassungsrechtliche Gleichbehandlungsgebot oder die Eigentumsgarantie des Grundgesetzes. Sie lässt sich vielmehr im Gesamtzusammenhang mit den durch das UntStRefG 2008 zugleich bescherten steuerlichen Entlastungen (u.a. z.B. den dadurch abgesenkten KSt-Satz von zuvor 25 % auf nur noch 15 %) im „Gesamtpaket“ (soeben noch) hinreichend sachlich begründen. 3. Die dazu angestellten Überlegungen im einzelnen – für die hier nur der Hinweis auf den Urteilstext gegeben werden soll – wiegen hier und da eher „mager“ und sie werden deswegen nicht jeden überzeugen. Im Hintergrund stand dem BFH gewiss der Gedanke, dass nicht alles, was steuerpolitisch „unschön“ ist, auch die Folge der Verfassungswidrigkeit nach sich zieht. „Umtreiben“ mag einen in Anbetracht des nahezu jährlich länger werdenden Katalogs gesetzlich nichtabziehbarer Betriebsausgaben allerdings der Gedanke, wie es sich verhält, wenn die Vielzahl der nichtabziehbaren Positionen den Gedanken des objektiven Nettoprinzips gleichsam auf den Kopf stellt und dadurch die Ausnahme zur Regel wird. Irgendwann wird das BVerfG nicht umhinkommen, sich dazu zu verstehen, ob die steuerliche Abziehbarkeit des Erwerbsaufwands eine verfassungsfeste Ausprägung des Leistungsfähigkeitsprinzips darstellt. Bislang wird das vom BVerfG vermeiden, ersichtlich auch, um sich nicht mit dem „Kleinklein“ einzelner anzugsfähiger Positionen beschäftigen zu müssen. 4. Für die GewSt und deren Charakter als abzugsfähige Betriebsausgabe ist die Zeit für eine solche Fundamentalaussage aber offenbar noch nicht reif. Die klagende GmbH hat gegen die Entscheidung indes Verfassungsbeschwerde erhoben,31 und vielleicht gelingt ihr, was dem BFH augen-

29 Zu den Nachw. s. das Besprechungsurteil. 30 BStBl. II 2014, 531. 31 Az. BVerfG 2 BvR 1559/14.

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scheinlich nicht gelingt,32 nämlich die zuweilen rechtschutzvermeidend hohen Hürden der (Un-)Zulässigkeit vor dem BVerfG zu überwinden.

IV. Verfassungsmäßigkeit der gewerbesteuerrechtlichen Hinzurechnung von Miet- und Pachtzinsen: BFH, Urt. v. 4.6.2014 – I R 70/12 1. Nach § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG werden dem Gewinn des Gewerbebetriebs ein Viertel der Summen aus 13/20el der Miet- und Pachtzinsen für die Benutzung der unbeweglichen Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens. Die im Eigentum anderer stehen, wieder hinzugerechnet. Der Begriff des Anlagevermögens ist hierbei nach allgemeinen ertragsteuerlichen Grundsätzen zu bestimmen. Anlagevermögen sind danach die Gegenstände, die dazu bestimmt sind, auf Dauer dem Betrieb zu dienen. Das sind die zum Gebrauch im Betrieb und nicht zum Verbrauch oder Verkauf bestimmten Wirtschaftsgüter. Für die Hinzurechnung nach § 8 GewStG ist darauf abzustellen, ob die Wirtschaftsgüter fiktives Anlagevermögen des Mieters oder Pächters wären, wenn er ihr Eigentümer wäre. Das ist regelmäßig der Fall bei gewerblichen Zwischenvermietern, z.B. Hotels oder Mietwagenunternehmen. Sie nutzen die überlassenen „fremden“ Wirtschaftsgüter im Rahmen ihres Gewerbes unmittelbar, nicht bloß mittelbar als „Durchleitposten“. Ansonsten würden „Vermietungsbetriebe“ kein „Anlagevermögen benutzen“. Das aber kann nicht sein, und ein verengendes normspezifisches Regelungsverständnis verbietet sich deshalb von vornherein. Auch dass es bei einem anderen Steuersubjekt, dem Endmieter, ggf. ebenfalls zu einer Hinzurechnung eines Teils des Nutzungsentgelts kommt, ändert an der Tatbestandsverwirklichung beim Zwischenvermieter nichts. 2. Das alles verhält sich auch „im Telos“ des § 8 Nr. 1 GewStG: Eine teleologische Reduktion der Hinzurechnungsvorschrift ist nicht geboten. Zweck der Hinzurechnungen ist es, den für die Besteuerung maßgebenden Gewerbeertrag unabhängig von der Art und Weise der für die Kapitalausstattung des Betriebs zu entrichtenden Entgelte zu bestimmen. Gesetzlicher Orientierungspunkt ist damit ein „typisiertes“ Unternehmen, das eigenkapitalfinanziert ist. Da auch bei der An- und Weitervermietung von Grundstücken, die im Eigentum eines Dritten stehen, Fremdkapital – anstelle von Eigenkapital – im Betrieb des Zwischenvermieters zum Zweck der Erwirtschaftung von Ertrag eingesetzt wird, entspricht es gerade dem Zweck der Hinzurechnungsvorschrift, 32 Vgl. z.B. BVerfG, Beschl. v. 1.4.2014 – 2 BvL 2/09.

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„durchgeleitete“ Immobilien zu erfassen. Darin liegt die „eigene“ Wertschöpfung dieses Unternehmens. 3. Und das alles verlässt auch nicht den Rahmen des gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums und „wird“ dadurch verfassungswidrig. Der BFH hatte daran schon in seinem Beschluss v. 16.10.2012 – I B 128/1233 keine „ernstlichen Zweifel“. Er widersprach damit dem FG Hamburg, das von der Verfassungswidrigkeit (u.a. auch) des § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG überzeugt ist und deswegen durch seinen Beschluss v. 29.2.2012 – 1 K 138/1034 das BVerfG35 zur Durchführung einer entsprechenden Normenkontrolle angerufen hat. Der zitierte AdV-Beschluss des BFH erging zwar anhand des nur eingeschränkten „summarischen“ Prüfungsmaßstabs im Rahmen eines AdV-Verfahrens. Letzten Endes hat der BFH sich daran aber nunmehr im Urteil v. 4.6.2014 – I R 70/1236 auch für das Hauptsacheverfahren orientiert.37 Das Ergebnis seiner Prüfung anhand eines „eingehenden“ Prüfungsmaßstabs weicht von dem nur „summarisch“ Verprobten nicht ab: Der BFH orientiert sich letztlich an der verfestigten ständigen Spruchpraxis des BVerfG, das sich zur Frage der Verfassungsmäßigkeit der GewSt im allgemeinen und der Hinzurechnungsvorschriften des § 8 GewStG – allerdings noch in dessen „alten“ Fassungen bis zum Erhebungszeitraum 2007 – im besonderen vielfach geäußert und bekannt hat. Die GewSt ist als sog. Realsteuer eine finanzverfassungsrechtlich garantierte kommunale Steuer. Grundlage dieser Steuer ist wie bei der ESt und KSt zunächst der Gewinn des Gewerbebetriebs. Um den Kommunen einerseits einen äquivalenten Ausgleich für die durch den Betrieb verursachten Lasten zu schaffen und ihnen andererseits ein möglichst verstetigtes Steueraufkommen zu sichern, wird dieser Gewinn dann aber durch Hinzurechnungen und Kürzungen modifiziert. Besteuerungsgegenstand soll auf diese Weise der Gewerbebetrieb als „Objekt“ sein. Der Objektsteuercharakter ist in den letzten Jahrzehnten zwar durch vielfache Gesetzesänderungen zurückgedrängt worden, um die Belastung der Unternehmen mit Substanzsteuerelementen zu vermindern. Das BVerfG38 spricht deshalb in ständiger Spruchpraxis von einer „ertragsorientierten Objektsteuer“, die aber nach wie vor den verfassungsrechtlichen Anforderungen genüge. Diese Einschätzung hält der BFH nach wie vor und auch für die umgestal33 34 35 36 37

BStBl. II 2013, 30. EFG 2012, 960. Anh. unter dem Az. 1 BvL 8/12. BFHE 246, 67. Was auch kaum verwundern kann, attestiert der BFH der Vorlage des FG Hamburg doch „offensichtliche Erfolglosigkeit“ vor dem BVerfG. 38 BVerfG, Beschl. v. 15.1.2008 – 1 BvL 2/04, BVerfGE 120, 1–55.

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teten, seit 2008 anzuwendenden Hinzurechnungsvorschriften in § 8 Nr. 1 Buchst. a, d, e und f GewStG für tragfähig: Der Äquivalenz- und Objektcharakter der GewSt werde vom Gesetzgeber nach wie vor folgerichtig „durchgehalten“. Indem keine Voll-, sondern bloß eine gestaffelte TeilHinzurechnung erfolge, verhalte sich der Gesetzgeber sich noch im Rahmen des ihm verfassungsrechtlich zuzugestehenden Handlungsspielraums; die quantitativ vorgenommenen Typisierungen bleiben unbeanstandet. Zu ergänzen bleibt: Ggf. überschießenden Wirkungen (z.B. beim gewerblichen Zwischenvermieter) kann auch nicht im Einzelfall im Wege des Billigkeitserweises begegnet werden. Diese Hoffnung war hier und da laut geworden. Der BFH hat ihr durch Urteil ebenfalls v. 4.6.2014 – I R 21/1339 jedoch nicht entsprochen. Die Hinzurechnung läuft auch bei einem Zwischenvermieter den Wertungen des Gesetzgebers nicht zuwider, so dass für einen Erlass kein Raum verbleibt. 4. Das BVerfG hat die Verfassungsbeschwerde, die gegen den BFH-Beschluss v. 16.10.2012 – I B 128/1240 eingelegt worden ist, nicht zur Entscheidung angenommen. Es hat das in seinem Beschluss v. 6.5.2013 – 1 BvR 821/1341 dabei nicht etwa auf irgendwelche formalen Aspekte gestützt, es hat den BFH vielmehr in der Sache und recht eingehend (und überdies ungewöhnlich „schnell“ nach Einlegung der Beschwerde) bestätigt. Auch das mag einen Fingerzeig darauf geben, dass der BFH mit seiner Entscheidung „richtig“ liegt. 5. Für die Praxis gilt es (vorerst?), in einschlägigen Sachverhalten von Zwischenvermietungen abzusehen und stattdessen ggf. die Begründung einer Organschaft oder einer Treuhand über eine KG zu erwägen.

V. Auslegung und Verfassungsmäßigkeit des Abzugsverbots in § 8b Abs. 3 Satz 3 und 4 KStG: BFH, Urt. v. 12.3.2014 – I R 87/12 Durch sein Urteil v. 9.1.2013 – I R 24/1242 klärt der BFH zum einen eine seit geraumer Zeit schwelende Frage nach der Auslegung von § 8b Abs. 3 Satz 4 KStG. Zum anderen äußert er sich zu der ebenfalls vieldiskutierten Frage nach der Verfassungsmäßigkeit dieser Vorschrift.

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BFHE 246, 130. BStBl. II 2013, 30. HFR 2013, 639. DStR 2013, 582.

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1. Nach § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG sind u.a. Gewinnminderungen, die im Zusammenhang mit einem Anteil an einer Körperschaft entstehen, deren Leistungen beim Empfänger zu Einnahmen i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1, 2, 9 und 10 Buchst. a EStG gehören, bei der Ermittlung des Einkommens nicht zu berücksichtigen. Nach § 8b Abs. 3 Satz 4 KStG gehören zu den Gewinnminderungen i.S.d. Satzes 3 auch Gewinnminderungen im Zusammenhang mit einer Darlehensforderung oder aus der Inanspruchnahme von Sicherheiten, die für ein Darlehen hingegeben wurden, wenn das Darlehen oder die Sicherheit von einem Gesellschafter gewährt wird, der zu mehr als einem Viertel unmittelbar oder mittelbar am Grund- oder Stammkapital der Körperschaft, der das Darlehen gewährt wurde, beteiligt „ist oder war“. 2. Umstritten ist, worauf sich jenes „ist oder war“ für die qualifizierte Mindestbeteiligung bezieht, auf den Zeitpunkt der Darlehensbegebung oder durch den qualifiziert beteiligten Gesellschafter, den Zeitpunkt des Wertverfalls oder auf irgendeinen Zeitpunkt. Der BFH befürwortet Letzteres: Die Verwendung des Präsens im Hinblick auf die Darlehensbegebung („wird“) ändert daran ebenso wenig wie die Verwendung des Imperfekts einerseits im Hinblick auf die betreffende Gewinnminderung für die hingegebenen Sicherheiten („wurden“), andererseits aber auch wiederum im Hinblick auf das Darlehen, das der betreffenden Körperschaft gewährt „wurde“. Weder zu dem einen noch zu dem anderen steht die Festlegung der qualifizierten Beteiligungsverhältnisse im letzten Halbsatz der Vorschrift in einem greifbaren Zeitzusammenhang. „Und so gesehen ist es vonnöten, reicht es aber zugleich aus, wenn der darlehensgewährende Gesellschafter, wie im Streitfall die Klägerin, die Beteiligungserfordernisse erst während der Darlehenslaufzeit erfüllt.“ Dass dieses Auslegungsergebnis gemessen an dem Regelungszweck – nämlich anderweitig mögliche Gestaltungen zur Vermeidung des Abzugsverbots des § 8b Abs. 3 KStG zu unterbinden – eine „überschießende“ Tendenz aufweisen mag, stört den BFH nicht. Ein ggf. derart einengender Wille des Gesetzgebers hätte sich jedenfalls nicht mit hinreichender Deutlichkeit im Gesetzeswortlaut niedergeschlagen. 3. Eine anderweitige verfassungskonform-reduzierte Auslegung erübrigt sich schon deswegen, weil die Vorschrift nicht verfassungswidrig ist. Das ist die zweite Antwort, die der BFH gibt: § 8b Abs. 3 Satz 4 KStG will verhindern, dass das Abzugsverbot des § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG mittels eines Gesellschafterdarlehens unterlaufen wird. Dazu aber ist der Gesetzgeber ohne weiteres befugt. Er kann und

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darf das in einer typisierten und recht groben Weise tun. Und wegen des Umgehungs-Vermeidungscharakters der Norm ist auch nicht zu beanstanden, dass das Abzugsverbot nicht durch eine Steuerbefreiung von Darlehenszinsen ergänzt worden ist. Infolgedessen lässt sich zwar – anders als bei den Bezügen aus den Anteilen – eine gewisse „Asymmetrie“ attestieren. Doch ist auch das hinzunehmen. Soweit es hierbei vor allem dadurch zu überschießenden Wirkungen kommen kann, dass infolge Darlehensverzichts des Gesellschafters bei der Gesellschaft ein steuerwirksamer Ertrag entsteht, wäre dem u.U. mittels Billigkeitserweis im Einzelfall abzuhelfen43. Außerdem bleibt zu bedenken, dass § 8b Abs. 3 Satz 6 KStG den Gegenbeweis der Fremdüblichkeit ermöglicht. Dass dieser Gegenbeweis im allgemeinen und in Krisensituationen im besonderen praktisch kaum erbracht werden kann, steht dabei auf einem anderen Blatt. 4. Schließlich bekräftigt der BFH das, was er bereits in seinem Urteil v. 13.10.2010 – I R 79/0944 zum Ausdruck gebracht hat: Mittels Veräußerungs- oder Liquidationsverlusten aus Kapitalbeteiligungen kann zwar kaum die Gefahr einer doppelten steuerlichen Verlustberücksichtigung herbeigeführt werden. Solche Verluste sind vielmehr endgültig. Dennoch belässt § 8b Abs. 3 KStG auch insoweit entgegen der Regelungsintention keine Ausnahme, und auch das ist – so der BFH – aus regelungstypisierender Sicht hinzunehmen und löst (noch) keinen Verfassungsverstoß aus.45

VI. Abziehbarkeit von Veräußerungskosten bei einer Anteilsveräußerung nach § 8b Abs. 2 KStG: BFH, Urt. v. 12.3.2014 – I R 45/13 1. Auch das Urteil v. 12.3.2014 – I R 45/1346 bringt wieder Grundsätzliches. Es klärt den in jüngerer Zeit (wieder) in die Diskussion geratenen Begriff der Veräußerungskosten im Zusammenhang mit der Bestimmung des Veräußerungsgewinns nach § 8b Abs. 2 KStG. Um es vorwegzunehmen: Der BFH versteht diesen Begriff nicht etwa „normspezifisch“ verengt-gegenständlich, sondern veranlassungsgetragen und damit exakt so, wie er auch andernorts im Ertragssteuerrecht aufzufassen ist. Und danach gilt:

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So denn auch explizit die Regelungsbegründung, s. BT-Drucks. 16/6290, 74. BFH/NV 2011, 521. Einzelheiten dazu finden sich im StbJb. 2011/2012, S. 9, 14 ff. BStBl. II 2014, 719.

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a) Veräußerungskosten werden nach zwischenzeitlich entwickelter, ständiger Spruchpraxis des BFH47 von den laufenden Betriebsausgaben nicht (mehr) danach abgegrenzt, ob sie „in unmittelbarer sachlicher Beziehung“ zu dem Veräußerungsgeschäft stehen, sondern danach, ob ein Veranlassungszusammenhang zu der Veräußerung besteht. Abzustellen ist auf das „auslösende Moment“ für die Entstehung der Aufwendungen und ihre größere Nähe zur Veräußerung oder zum laufenden Gewinn. Das hat der BFH zu § 16 Abs. 2 Satz 1 EStG sowie zu § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG erkannt. Und dem schließt er sich jetzt uneingeschränkt auch bezogen auf § 8b Abs. 2 Satz 2 KStG an. Grund dafür geben ihm neben der Wortgleichheit des Begriffs der Veräußerungskosten im Rahmen der Gesetzesdefinition des Veräußerungsgewinns vor allem die übereinstimmende wirtschaftliche Sachlage und der Grundsatz der Einheit der Rechtsordnung. Das Gesetz eröffnet „keine begründbare Handhabe“, hiervon für die Regelungszusammenhänge des § 8b Abs. 2 Satz 2 KStG abzuweichen. b) Einige Probleme bereitet dem I. Senat allerdings ein jüngeres Urteil des IX. Senats des BFH, das Urt. v. 9.10.2013 – IX R 25/12.48 Der IX. Senat hatte sich dort bezogen auf § 17 EStG (und konkret auf die Aufwendungen eines in Deutschland beschränkt Steuerpflichtigen im Zusammenhang mit einem abkommensrechtlichen Verständigungsverfahren zwischen Deutschland und den USA wegen des Besteuerungsrechts hinsichtlich eines Gewinns aus der Veräußerung einer GmbHBeteiligung) auf das Erfordernis einer unmittelbaren veräußerungsbedingten Kausalität des angefallenen Aufwands zurückgezogen. Allerdings muss angenommen werden, dass diese Einschätzung einzelfallbezogenen einer Veranlassungswertung entspringt. Jedenfalls ist nicht ersichtlich, dass der IX. Senat „das Rad zurückdrehen“ wollte, hin zu einem – wie früher – rein kausalbedingten Begriffsverständnis. Und so gesehen mag man dennoch einen Verständnisgleichklang zwischen den Senaten annehmen können. 2. Veräußerungskosten in diesem Sinne sind z.B. – und so auch im Urteilsfall – veräußerungsveranlasste Rechts- und Beratungskosten. Keine Veräußerungskosten in diesem Sinne sind hingegen Leistungen, die für eine (Sonder-)Tantieme erbracht werden, welche im Anschluss 47 S. zu § 16 Abs. 2 Satz 1 EStG: z.B. BFH, Urt. v. 16.12.2009 – IV R 22/08, BStBl. II 2010, 736; v. 25.1.2000 – VIII R 55/97, BStBl. II 2000, 458; v. 27.3.2013 – I R 14/12, BFH/NV 2013, 1768); ebenso zu § 17 Abs. 2 S. 1 EStG: z.B. BFH, Urt. v. 6.12.2005 – VIII R 34/04, BStBl. II 2006, 265; s.a. BFH, Urt. v. 2.4.2008 – IX R 73/04, BFH/NV 2008, 1658; v. 8.2.1011 – IX R 15/10, BStBl. II 2011, 684. 48 BStBl. II 2014, 102.

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an das veräußerungsbedingte Ausscheiden des begünstigten Geschäftsführers aus dem verkauften Unternehmen gezahlt wird. Das gilt jedenfalls dann, wenn die Zahlung nur anlässlich der Veräußerung und des veräußerungsbedingten Ausscheidens aus dem Unternehmen ausgelobt wird. Anders mag es sich verhalten, wenn die Tantieme eine besonders gelungene Verhandlungsführung des Begünstigten beim Verkauf honoriert, oder auch ein „Werthaltigmachen“ der verkauften Anteile in der Vergangenheit; die Tantieme wäre dann gewissermaßen eine Teilhabe am Verkaufsgewinn. 3. Der BFH gibt überdies zu erkennen, dass er nach wie vor49 einem solchen Sonder-Zahlungsversprechen skeptisch gegenüber steht, dass einem beherrschenden Gesellschafter oder einer diesem nahestehenden Person „ad hoc“ zugesagt wird. Es könnte dann an den Erfordernissen des formellen Fremdvergleichs mangeln, denen beherrschende Gesellschafter ausgesetzt sind, wollen sie eine vGA vermeiden, nämlich an den Erfordernis einer klaren, eindeutigen, durchgeführten, wirksamen und – eben – vorherigen Vereinbarung mit „ihrer“ Kapitalgesellschaft. Das hat der BFH erst kürzlich – dort für den Fall der spontanen Abfindung einer Versorgungszusage – gleichermaßen zum Ausdruck gebracht50. 4. Der BFH belässt im übrigen keinen Zweifel daran, dass die besagten Veräußerungskosten nicht deswegen bei der Berechnung des Veräußerungsgewinns nach § 8b Abs. 2 KStG ausgespart werden können (und sonach der Bruttogewinn freigestellt würde), weil sich die Kosten, wenn auch in pauschalierter Form, ohnehin im Rahmen der 5 %igen Schachtelstrafe des § 8b Abs. 3 Satz 1 KStG wiederfinden. Trotzdem verbleibt es angesichts des definitorischen Regelungsbefehls in § 8b Abs. 2 Satz 2 KStG dabei, dass die Veräußerungskosten bei der Errechnung des Veräußerungsgewinns abzuziehen sind und sodann der Nettogewinn der Schachtelstrafe unterworfen wird. Im Ergebnis werden die Kosten damit zweifach steuerlich einbezogen, zum einen verkürzen sie den steuerfreien Gewinn als „normalen“ Abzugsposten, zum anderen sind sie Gegenstand der typisierenden Schachtelstrafe und des damit verbundenen Abzugsverbots; nur 5 % der Kosten sind abzugsfähig, während 95 % von der Schachtelstrafe „konsumiert“ werden. Diese „Doppelberücksichtigung“ der Kosten ist dennoch hinzunehmen.

49 Vgl. z.B. BFH, Urt. v. 5.9.2004 – I R 62/03, BStBl. II 2005, 176. 50 BFH, Urt. v. 11.9.2013 – I R 28/13, BStBl. II 2014, 726.

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VII. Verluste aus Termingeschäften als Veräußerungskosten nach § 8b Abs. 2 Satz 1 KStG 2002: BFH, Urt. v. 9.4.2014 – I R 52/12 Gegenstand auch des Urteils v. 9.4.2014 – I R 52/1251 war die Frage, wie der Veräußerungsgewinn nach Maßgabe von § 8b Abs. 2 Satz 1 KStG zu ermitteln ist, und zudem die Frage danach, was unter Veräußerungskosten i.S.v. § 8b Abs. 2 Satz 2 KStG zu verstehen ist. Danach gilt denn abermals, dass zu den Veräußerungskosten i.S.v. § 8b Abs. 2 Satz 2 KStG alle Aufwendungen gehören, welche durch die Veräußerung der Anteile veranlasst sind. Welche das sind, ist im Einzelfall durch eine wertende Betrachtung zu ermitteln. 1. Im Urteilsfall hatte die beteiligte Kapitalgesellschaft nun Aktiengeschäfte „auf Termin“ getätigt. Sie hatte das Risiko des Substanzverlustes jedoch durch damit einhergehende Zertifikategeschäfte „modellhaft“ minimiert: Der vereinbarte Rücknahmekurs der Aktien lag zu dem Rückgabetermin jeweils über dem aktuellen Börsenkurs; er verringerte sich aber, wenn der Börsenkurs während der Laufzeit des Termingeschäfts zu irgendeinem Zeitpunkt eine gewisse Schwelle – den sog. Barrierepreis – überschritt. Wahlweise war es der Kapitalgesellschaft nun gestattet, zum festgelegten Termin statt der Aktien ein Aktienzertifikat zu liefern, dessen Börsenpreis mit dem Preis der Aktie der betreffenden Aktiengesellschaft zu jenem Zeitpunkt identisch war. Aus den Aktienverkäufen wurden auf diese Weise Gewinne erzielt, aus den Zertifikatelieferungen hingegen – höhere – Verluste. Das Ganze „rechnete“ sich dennoch, vorausgesetzt, die Gewinne aus den Aktienverkäufen bleiben nach § 8b Abs. 2 KStG steuerfrei, wohingegen die Verluste aus den Zertifikategeschäften als Betriebsausgaben uneingeschränkt abziehbar sind. 2. Letzteres mag jedenfalls vordergründig „unbillig“ dünken. Die Finanzverwaltung bemüht deswegen das gesamte einschlägige Instrumentarium der Gegenwehr: Gestaltungsmissbrauch, namentlich in Gestalt eines verwerflichen Gesamtplans, aber auch Abzugsbeschränkungen, wie sie sich, wenn auch tatbestandlich verengt, aus § 15 Abs. 4 Satz 3 und 5 EStG ergeben. Es ist fraglich, ob diese Instrumente wirklich schlagkräftig sind. Etliche FG52 (auch dasjenige im Streitfall)53 waren in Anbetracht dessen auf 51 BStBl. II 2014, 861. 52 So im Ergebnis das FG Nürnberg, Urt. v. 1.3.2011 – 1 K 69/2009, EFG 2013, 966 und das Niedersächsische FG, Urt. v. 24.10.2013 – 6 K 404/11 (Rev. I R 80/13 zwischenzeitlich erledigt durch Zurücknahme der Revision des Stpfl.). 53 FG Düsseldorf, Urt. v. 12.6.2012 – 6 K 2435/09 K, EFG 2012, 2055.

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den Gedanken verfallen, das kombinierte Erwerbs- und Veräußerungskonzept durch ein weites, veranlassungsbezogenes Verständnis des Begriffs der Veräußerungskosten zu „unterlaufen“. Handelt es sich bei den Verlusten aus den Zertifikategeschäften nämlich um solche Kosten, dann ist lediglich der Saldo aus Gewinn und Verlust freigestellt, und ist dieser negativ, dann geht das „Modell baden“. Der BFH hat sich dieser Sichtweise zur Fallösung angeschlossen. Dass es sich bei den Aktien- und den Zertifikategeschäften um voneinander unterschiedliche und jeweils selbständige „Deals“ handelt, stört ihn nicht. Ausschlaggebend ist die besagte wechselseitige Veranlassung, die das Schwergewicht der Verlustzuordnung bei den Veräußerungen verortet. Konsequenz: Das „Hedging“ der Veräußerungen über die Zertifikate führt per Saldo zu einem spürbaren, steuerlich nicht abgefederten Verlust. Anders verhält es sich nur, wenn die „tradende“ Kapitalgesellschaft ein Finanzunternehmen ist, das § 8b Abs. 7 KStG unterfällt. 3. Im Zuge seiner Überlegungen musste sich der BFH allerdings von zwei anderen „Präjudizien“ abgrenzen: Zum einen hat der IX. Senat des BFH im Urteil v. 2.4.2008 – IX R 73/0454 entschieden, dass der Kaufpreis für eine veräußerte Beteiligung nicht durch die Kurssicherung des Preises durch Devisengeschäfte beeinflusst wird und dass die dadurch entstehenden Aufwendungen für den Veräußerungsgewinn i.S.v. § 17 Abs. 2 EStG deshalb unbeachtlich sind. In jenem Urteil wurde aber lediglich die Frage angesprochen, ob die besagten Aufwendungen Teil der Gegenleistung für die Anteilsveräußerung darstellen. Die Frage der Veräußerungskosten wurde gar nicht problematisiert. Zum anderen hat der BFH in seinem Urteil v. 6.3.2013 – I R 18/1255 entschieden, dass Prämien, welche der Veräußerer als sog. Stillhalter für Optionsgeschäfte im Zusammenhang mit dem Erwerb und der Veräußerung von Anteilen i.S.v. § 8b Abs. 2 KStG vereinnahmt, nicht zu den nach § 8b Abs. 2 KStG außer Ansatz bleibenden Gewinnen aus der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften gehören. Die Prämien sind deswegen unabhängig von ihrer bilanziellen Behandlung aus dem Veräußerungsgewinn herauszurechnen. Die letztere Entscheidung ist im Schrifttum56 teilweise dahingehend missverstanden worden, dass sich die „Isolierung“ der Optionsprämien auch auf die umgekehrte Situation beziehe, dass also die für die An54 BFH/NV 2008, 1658. 55 BStBl. II 2013, 588. 56 Z.B. Schmid/Renner, DStR 2013, 2734; Schmid, NWB 2014, 57; Kröger, RdF 2013, 259.

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schaffung der Optionen aufgewendeten Kosten ebenfalls – gewissermaßen symmetrisch – herauszurechnen wären. Diese Sichtweise verkennt indessen, dass es im Rahmen von § 8b Abs. 2 KStG lediglich um die Ermittlung des steuerbefreiten – und damit gegenständlich verengten – Gewinns aus der Veräußerung der betreffenden Anteile geht, nicht aber darum, die für den Erwerb der Anteile aufgewendeten Kosten zu verkürzen. (Auch) das entspricht der Verwaltungspraxis57. Für die im Streitfall in Rede stehenden Verluste aus den angekauften Zertifikaten bedeutet das, dass sie den Veräußerungsgewinn als Veräußerungskosten unabhängig davon beeinflussen, ob es sich hierbei um Anschaffungs(neben)kosten der Anteile handelt. Missliebige „Kehrseite“ all dessen, das sei nicht verkannt, ist allerdings eine gewisse „Unwucht“, weil Veräußerer und Erwerber „ungleich“ behandelt werden und überdies, weil ein etwaiger „Gewinn“ aus dem Hedginggeschäft beim Veräußerer wohl uneingeschränkt steuerpflichtig wäre.58 4. Schließlich äußert der BFH sich denn doch und auch noch zu den bereits „angerissenen“ Fragen des Gestaltungsmissbrauchs und der Verlustabzugsbeschränkung des § 15 Abs. 4 Satz 3 und 5 EStG: § 15 Abs. 4 Satz 3 EStG verengt den Abzug von Verlusten „aus Termingeschäften, durch die der Stpfl. einen Differenzausgleich oder einen durch den Wert einer veränderlichen Bezugsgröße bestimmten Geldbetrag oder Vorteil erlangt“. Nach § 15 Abs. 4 Satz 5 EStG gilt das jedoch nicht, „wenn es sich um Geschäfte handelt, die der Absicherung von Aktiengeschäften dienen, bei denen der Veräußerungsgewinn nach § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. a und b i.V.m. § 3c Abs. 2 EStG teilweise steuerfrei ist, oder die nach § 8b Abs. 2 KStG bei der Ermittlung des Einkommens außer Ansatz bleiben“. Diesen Regelungen kommt per se ein spezialgesetzlicher Missbrauchsvermeidungscharakter zu. Das bedingt zweierlei: Zum einen schirmt die Vorschrift einschlägige Sachverhalte vor der Anwendung der allgemeinen Missbrauchsvermeidungsregel des § 42 AO ab.59 Zum ande57 BMF, Schr. v. 9.10.2012, BStBl. I 2012, 953, dort Rz. 22 einerseits und Rz. 26 und 33 andererseits. 58 Ist das Sicherungsgeschäft darauf gerichtet, einen Währungsverlust zu vermeiden, könnte ggf. zusätzlich ein unionrechtliches Problem im Raum stehen: Muss dann ein solcher Verlust nicht steuerwirksam werden, um ihn nicht vollends leerlaufen zu lassen? Vgl. dazu z.B. EuGH, Urt. v. 28.2.2008 – Rs. C-293/06 – „Deutsche Shell“, Slg. 2008, I-2008. 59 Vgl. (in anderem Zusammenhang des § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 2002, aber dennoch einschlägig) zuletzt BFH, Urt. v. 18.12.2013 – I R 25/12, BFH/NV 2014, 904.

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ren greift die in § 15 Abs. 4 Satz 5 EStG angeordnete Ausnahme u.a. zwar für den Fall der Steuerfreistellung nach § 8b As. 2 KStG. Sie bestimmt indessen nicht, auf welche Weise der der Steuerfreistellung zugrunde liegende Veräußerungsgewinn zu ermitteln ist. Das richtet sich allein nach Maßgabe von § 8b Abs. 2 KStG und das wird seinerseits nicht von § 15 Abs. 4 Satz 3 und 5 EStG verdrängt.

VIII. Nachträgliche Veränderung des Veräußerungspreises und der Veräußerungskosten als stichtagsbezogene Teile des Veräußerungsgewinns i.S.v. § 8b Abs. 2 Satz 2 KStG: BFH, Urt. v. 12.3.2014 – I R 55/13 1. Durch sein Urteil v. 22.12.2010 – I R 58/1060 hatte der BFH bereits entschieden, dass die Ermittlung des Veräußerungsgewinns nach § 8b Abs. 2 S. 1 und 2 KStG stichtagsbezogen auf den Veräußerungszeitpunkt erfolgt. Eine nachträgliche Wertveränderung der Kaufpreisforderung aus einem Anteilsverkauf wegen Uneinbringlichkeit wirkt deswegen gewinnmindernd auf den Veräußerungszeitpunkt zurück. Verfahrensrechtlich gelingt das mittels § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO. 2. Daran knüpft der BFH nun im Urteil v. 12.3.2014 – I R 55/1361 an. Er klärt in diesem Zusammenhang eine wichtige Folgefrage: Wird in der beschriebenen Weise lediglich der Veräußerungsgewinn rückwirkend stichtagsbezogen „justiert“? Oder ist das alles auch auf die Ermittlung des daraus zu ermittelnden Steuerbilanzgewinns beachtlich? Verschiebt die steuerspezifische Rückbeziehung vielmehr gleichermaßen den VZ, in welchem die veränderten Positionen erfolgswirksam zu erfassen sind. M.a.W: Handelt es sich um eine „Rundum-Korrektur“? Der BFH hat Letzteres klar bejaht: a) Nachträgliche Veränderungen des Veräußerungsgewinns schlagen rückwirkend und stichtagsbezogen auf den Umfang der Steuerfreistellung nach § 8b Abs. 2 KStG durch. Der Gewinn ist in dem veränderten Umfang und unter Beachtung der sog. Schachtelstrafe nach § 8b Abs. 3 Satz 1 KStG im Veräußerungs-VZ außerbilanziell („nach oben“ oder „nach unten“) anzupassen. Das ist ein „Ausfluss“ der an sich systemfremden Stichtagsermittlung nach § 8b Abs. 2 KStG, und darin ist dann auch die Rechtsgrundlage für die (Steuerbilanz-)Korrekturen zu sehen. Zugleich sind in dem oder den folgenden VZ, in dem oder denen die betreffenden Veränderungen eintreten, für die entsprechenden Positionen korrespondierend – ebenfalls außerbilanziell – entsprechende „Gegen60 BFHE 232, 185. 61 BFHE 245, 30.

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korrekturen“ vorzunehmen; weder etwaige Kaufpreiserhöhungen noch weiterer Veräußerungsaufwand werden in jenem oder jenen VZ erfolgswirksam. Konsequenzen ergeben sich daraus für die in dem betreffenden VZ anzuwendenden steuerrechtlichen Maßgaben, beispielsweise den Steuersatz, die sog. Mindestbesteuerung oder für sonstige Verlustabzugsausschlüsse und -beschränkungen. Beispiel: 2012 Anteilsverkauf vorläufiger Kaufpreis (§ 8b Abs. 2 KStG) 2014 finaler Kaufpreis nur = Rückzahlung BMF (v. 13.3.2008, BStBl. I 2008, 506): 2012: befreiter Ertrag wird iH der Kaufpreiskorrektur nachträglich steuerpflichtig = 900 ./. 700 = zvE 2014: Aufwand aus „Minderung Kaufpreis“ ist abzugsfähig = zvE BFH: Rückwirkendes Ereignis § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO = 2012: Steuerbefreiung gem. § 8b Abs. 2 KStG i.H.v. 700 = zvE 2014: außerbilanzielle Gegenkorrektur des Abzugs = +/- 200 = zvE

900 700 200

+ 200 – 200 0 0

b) Das alles betrifft Preis- und Kostenveränderungen, die in dem Veräußerungsvorgang als solchen gewissermaßen „angelegt“ sind. Anders verhält es sich demgegenüber bei Wertveränderungen an der bereits erbrachten Gegenleistung, z.B. aufgrund von Verschiebungen der Währungsparitäten, bei Sachleistungen, die an Wert verlieren (etwa Aktien), usf. Derartige Wertveränderungen sind nach wie vor bilanziell in jenem VZ zu erfassen, in welchem sie „anfallen“. c) Besteht ein Organschaftsverhältnis, ändert sich an alledem nichts. Zwar befiehlt § 15 Abs. 1 Nr. 2 KStG für die Zurechnung des Organeinkommens an den Organträger hier die sog. Bruttomethode; § 8b KStG ist auf der Ebene des Organs nicht anzuwenden. Für die besagte außerbilanzielle Gegenkorrektur gilt das aber nicht. Sie betrifft nur die Einkommensermittlung des Organs und wird von der sog. Bruttomethode nicht berührt.

IX. Keine Kürzung nach § 9 Nr. 2a GewStG bei einem sog. qualifizierten Anteilstausch: BFH, Urt. v. 16.4.2014 – I R 44/13 Das Urteil v. 16.4.2014 – I R 44/1362 zeigt einmal mehr auf, wie problematisch es ist, sich in der Praxis (nur) auf die Praxisleitfäden in Gestalt 62 BFHE 245, 248.

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einschlägiger Verwaltungsverlautbarungen zu verlassen. Ausschlaggebend ist im Zweifelsfall nämlich allein das Gesetz; Verwaltungserlasse sind das nicht, so hilfreich sie bei der Erläuterung des oftmals vieldeutigen Gesetzestextes für die Rechtsanwendung auch sein mögen. 1. So lagen die Dinge auch hier: Im Streit stand allein die Rechtsfrage danach, ob bei einem gem. § 2 Abs. 1 UmwStG rückwirkend vereinbarten sog. qualifizierten Anteilstausch nach § 21 Abs. 1 Satz 2 UmwStG die Beteiligungserfordernisse des gewerbesteuerrechtlichen Schachtelprivilegs nach § 9 Nr. 2a GewStG auch dann mit „übergehen“, wenn die schachtelprivilegierten Anteile bislang im Privat- und nicht im Betriebsvermögen des einbringenden Anteilseigners standen. Zu diesen Beteiligungserfordernissen gehört namentlich die Mindestbeteiligungsquote von 15 % an der Beteiligungsgesellschaft zu Beginn des gewerbesteuerrechtlichen Erhebungszeitraums. Diese Rechtsfrage ist hoch umstritten und wird literarisch hochkarätig begleitet63. Die Finanzverwaltung zeigt sich in diesem Punkt als spröde. Sie hält die bisherige Privatbeteiligung (z.B. gem. § 17 EStG) nicht für privilegierungsgeeignet64, und es spricht nicht wenig dafür, dass das richtig ist, weil § 9 Nr. 2a GewStG in der Tat die Zugehörigkeit der betreffenden qualifizierten Beteiligung zu einem Betriebsvermögen einfordert und voraussetzt. 2. Der BFH hält sich mit diesem Streit aber nicht weiter auf. Er findet stattdessen ein anderes Haar in der Suppe: a) Nach entsprechender Anwendung von § 4 Abs. 2 Satz 3 (i.V.m. § 23 Abs. 1) UmwStG 2006 ist bei dem sog. qualifizierten Anteilstausch unter der Voraussetzung des Ansatzes des eingebrachten Betriebsvermögens mit einem unter dem gemeinen Wert liegenden Wert durch die übernehmende Gesellschaft der Zeitraum der Zugehörigkeit eines Wirtschaftsguts zum Betriebsvermögen der übertragenden Körperschaft dem übernehmenden Rechtsträger anzurechnen, wenn die Dauer der Zugehörigkeit des Wirtschaftsguts zum Betriebsvermögen für die Besteuerung bedeutsam ist. b) Letzteres ist bei § 9 Nr. 2a GewStG indessen nicht der Fall. Die Vorschrift verlangt vielmehr erklärtermaßen eine qualifizierte Schachtelbeteiligung auf den Beginn des Erhebungszeitraums, also auf einen Zeitpunkt, nicht für einen Zeitraum. Dieser Zeitpunkt fällt regelmäßig auf den 1.1. des betreffenden Kalenderjahres, in dem der Erhebungszeitraum beginnt, bei einem abgekürzten Erhebungszeitraum (ggf. auch auf den Beginn jenes Zeitraums (vgl. § 14 Satz 3 GewStG). 63 Z.B. von Seer/Krumm, FR 2010, 677. 64 BMF, Schr. v. 11.11.2011, BStBl. I 2011, 1314, Tz. 18.04, Satz 2.

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Damit liegt das Auslegungsergebnis hier auf der Hand: Die fiktive Tatbestandserfüllung, die § 4 Abs. 2 Satz 3 UmwStG ermöglicht, greift an dieser Stelle nicht. Das für die Ausnahmeregelung des § 4 Abs. 2 Satz 3 UmwStG gegebene allgemeine Besitzzeitraumerfordernis lässt sich schwerlich – als „tatbestandliches Weniger“ im Rahmen einer „modifizierten Betrachtung des Dauerhaftigkeitskriteriums“65 – durch den für die Gewährung des Schachtelprivilegs verlangten Beteiligungsstichtag als spezifisches Besitzzeitpunkterfordernis substituieren. Erwähnt sei aber nochmals: Das alles betrifft den „Normalfall“ des kalenderjahrgleichen Erhebungszeitraums. Bei einem abgekürzten Erhebungszeitraum (und das wird im Besprechungsurteil – dort aber ohne Auswirkung auf das Ergebnis – nicht ganz scharf herausgestellt) kann es anders liegen, vor allem also bei Neugründung und deren konstitutiven Eintragung in das Handelsregister im Ausschüttungszeitraum. c) Anders – also zeitraumbezogen – dürfte es sich z.B. bei § 6b Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EStG, § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InvZulG oder § 9 Nr. 7 GewStG66 verhalten, ähnlich wie bei § 9 Nr. 2a GewStG hingegen bei der Stichtagsregelung des § 8b Abs. 4 Satz 1 KStG n.F. für die Steuerpflicht von Streubesitzdividenden verhalten, ebenso bei der gewerbesteuerrechtlichen Schachtelprivilegierung des § 9 Nr. 7 Satz 1 Halbs. 2 GewStG bezogen auf EU-Beteiligungen, welche unter die Mutter/Tochter-Richtlinie fallen67. 3. Dass die Finanzverwaltung sich in Gestalt des sog. UmwSt-Erlasses68 großzügig(er) erweist, stört den BFH, wie eingangs erwähnt, nicht. Für die Vergangenheit könnte hierbei ggf. § 176 Abs. 2 AO helfen, das aber wohl nur dann, wenn die Verwaltungspraxis in diesem Punkt über 65 So aber Seer/Krumm, FR 2010, 677, 681; ähnlich Lenz/Adrian, DB 2014, 2670; Mattern, DStR 2014, 2376 (2377) unter Hilfesuchung im Duden lwww.duden. de/node/711484/revisions/1301528/viewL, wo aber naturgemäß nur die defini torische Erklärung der „kurzen Zeitspanne (in Bezug auf ihre Stelle im Zeitab lauf), Augenblick, Moment“ gegeben wird, was zweifellos richtig ist, für die Regelungsinterpretationen indessen ebenso wenig weiterhilft wie die gleicher maßen im Duden erklärte Bedeutung des Begriffs „Zeitraum“, nämlich: „mehr oder weniger ausgedehnter, vom Wechsel der Ereignisse und Eindrücke, vom Verlauf der Geschehnisse erfüllter Teil der Zeit; Zeitabschnitt“. 66 Dass es letzterenfalls um einen Zeitraum geht, sollte außer Frage sein, obschon dort genaugenommen von einem „seit“ die Rede ist. Nur beschreibt ein „seit“ eben (arg. e contr.) eben einen Zeitraum, der sich einem Zeitpunkt anschließt (anders wiederum Mattern, DStR 2014, 2376 (2377). 67 Was gemessen an § 9 Nr. 7 Satz 1 Halbs. 1 GewStG in der Tat allerdings unionsrechtliche Bedenken aufwerfen mag, insoweit zutr. Mattern, DStR 2014, 2376 (2377). 68 BMF, Schr. v. 11.11.2011, BStBl. I 2011, 1314, Tz. 04.15.

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jeden Zweifel erhaben unmissverständlich wäre. Ob sie das ist, hält der BFH aber offenbar nicht für restlos sicher. Er gibt dazu einen Hinweis einerseits auf Tz. 18.04 Satz 2 und andererseits auf Tz. 04.15 des besagten BMF-Schreibens, das insoweit widersprüchlich erscheint (die Aussage in Tz. 04.15 wird allerdings wieder durch Tz. 23.06 letzter Satz gestützt). Hinzukommt, dass das BMF-Schreiben erst unter dem 11.11.2011 datiert und die Vor-Vergangenheit deshalb auch dann nicht unbedingt vertrauensschützend abdeckt, wenn dadurch auch die umwandlungssteuerrechtliche Praxis vor Erlass des Schreibens hätte reflektiert werden sollen, und der entsprechende Erlass zum UmwStG 1995 dürfte hier nicht helfen, weil er abweichende Bezugs- und Anwendungsnormen zum Gegenstand hatte. Im Einzelnen musste der BFH darüber aber nicht abschließend entscheiden. Adressaten der vertrauensschützenden Verfahrensregelung des § 176 Abs. 2 AO sind allein die Finanzämter. 4. Über die Gewährung des sog. Schachtelprivilegs nach § 9 Nr. 2a GewStG stritten die Beteiligten nur mittelbar. „Eigentlich“ ging es um die Hinzurechnung nach § 8 Nr. 5 GewStG, die ihrerseits aber nur greift, wenn die Voraussetzungen des § 9 Nr. 2a GewStG nicht vorliegen: Dem Gewinn aus Gewerbebetrieb hinzugerechnet werden nach § 8 Nr. 5 GewStG (u.a.) die nach § 8b Abs. 1 KStG außer Ansatz bleibenden Gewinnanteile, soweit sie (u.a.) nicht die Voraussetzungen des § 9 Nr. 2a GewStG erfüllen, nach Abzug der mit diesen Einnahmen, Bezügen und erhaltenen Leistungen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehenden Betriebsausgaben, soweit diese nach § 8b Abs. 5 KStG unberücksichtigt bleiben. Nach § 9 Nr. 2a Satz 1 GewStG wird die Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen u.a. gekürzt um die Gewinne aus Anteilen (u.a.) an einer nicht steuerbefreiten Kapitalgesellschaft i.S.d. § 2 Abs. 2 GewStG, wenn die Beteiligung zu Beginn des Erhebungszeitraums mindestens 15 % des Grund- oder Stammkapitals beträgt und die Gewinnanteile bei der Ermittlung des Gewinns (§ 7 GewStG) angesetzt worden sind. Nimmt man den letzten Halbsatz des § 9 Nr. 2a GewStG wörtlich, läuft die Hinzurechnung nach § 8 Nr. 5 GewStG strenggenommen leer. Der BFH hatte aber schon vor geraumer Zeit im Rahmen einer Beschwerde über die Nichtzulassung der Revision69 entschieden: Die Hinzurechnungsvorschrift des § 8 Nr. 5 GewStG stellt abstrakt auf die Voraussetzungen des § 9 Nr. 2a GewStG ab; des Ansatzerfordernisses in § 9 Nr. 2a Satz 1 letzter Satzteil GewStG bedarf es deswegen nicht. Dabei verbleibt es.

69 Durch BFH, Beschl. v. 9.11.2011 – I B 62/11, BFH/NV 2012, 449.

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X. Steuermindernde Berücksichtigung einer Abstockung auf den gemeinen Wert sowie eines Übernahmeverlusts bei sog. Aufwärtsverschmelzung von Lebensversicherungsunternehmen: BFH, Urt. v. 30.7.2014 – I R 58/12 1. Das Urteil v. 30.7.2014 – I R 58/1270 betrifft die umwandlungssteuerrechtliche „Bewältigung“ einer Aufwärtsverschmelzung von der Tochter- auf die Muttergesellschaft für den (Ausnahme-)Fall, dass die übernehmende Körperschaft einen Übernahmeverlust erleidet. Für diese Situation unterscheidet der BFH wie folgt: Auf einer ersten Ermittlungsstufe ist der Übernahmewert nach § 12 Abs. 1 UmwStG zu errechnen. Der durch diese Vorschrift zur entsprechenden Anwendung in Bezug genommene § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwStG bestimmt den gemeinen Wert der übernommenen Anteile zum Ansatzhöchstwert: „höchstens mit dem gemeinen Wert“. Liegt der gemeine Wert unter dem Buchwert, verlangt das in der Konsequenz eine Wertabstockung, und zwar unabhängig davon, ob in der Vergangenheit tatsächlich steuerwirksame Abschreibungen und Abzüge i.S.v. § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwStG vorgenommen worden sind oder nicht.71 Der Abstockungsbetrag unterfällt „allgemeinen“ Rechtsregeln außerhalb der Besonderheiten des Umwandlungssteuerrechts. Anzuwenden ist folglich § 8b KStG. Für den betreffenden Verlust bedeutet das: Er ist nicht abziehbar. Das gebietet § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG. Die „Anerkennung“ des Abstockungsverlusts ist für den Steuerpflichtigen also zunächst einmal von Nachteil. Auf einer zweiten Ermittlungsstufe ist sodann § 12 Abs. 2 UmwStG anzuwenden. Nach dessen Satz 1 bleiben Verschmelzungsgewinne und -verluste steuerlich außer Ansatz. Soweit die aufnehmende Gesellschaft an der übertragenden Gesellschaft beteiligt ist, richtet sich die steuerliche Behandlung des Übernahmeergebnisses nach Satz 2 der Vorschrift. Auf Verschmelzungsgewinne findet danach § 8b KStG Anwendung72. In der Regel bedeutet das, dass der Verschmelzungsgewinn wie eine Veräußerung behandelt wird, folglich nach § 8b Abs. 2 KStG steuerfrei

70 DStR 2014, 2444. 71 Darauf, ob das eins zu eines mit den Wertvorgaben übereinstimmt, welche § 11 Abs. 2 Satz 2 UmwStG für den Fall der Abwärtsverschmelzung anordnet, ist das unabhängig. Es ist aber auch zu bezweifeln, ob eine solche Abweichung gegeben ist, auch wenn in jener Vorschrift von dem Ansatz der Anteile „mindestens mit dem Buchwert“ die Rede ist; dessenungeachtet verbleibt es jedoch auch dort bei dem Höchstwertansatz mit dem gemeinen Wert, und bestätigt den übereinstimmenden Grundsatz. 72 S. dazu auch BFH, Urt. v. 9.1.2013 – I R 24/12, BFH/NV 2013, 881.

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bleibt, jedoch nach § 8b Abs. 3 Satz 1 KStG der „Schachtelstrafe“ von 5 % unterworfen wird. Für den Verschmelzungsverlust verbleibt es bei der Anwendung von § 12 Abs. 2 Satz 1 UmwStG, er bleibt also außer Ansatz. Nichts anderes ergäbe sich, unterwürfe man auch ihn der Regelung des § 8b Abs. 3 KStG, er wäre auch dann nicht abziehbar. 2. Mit dem Ergebnis der ersten Ermittlungsstufe widerspricht der BFH der Verwaltungspraxis, die den Abstockungsverlust als „bloßen“ Beteiligungskorrekturverlust ansehen und ihn nicht der Rechtsregel des § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwStG unterwerfen will. Der dort als Höchstgrenze bestimmte gemeine Wert soll danach nur „nach oben“ wirken, nicht aber „nach unten“. Das ergibt sich letztlich, aber nicht so ganz zweifelsfrei aus dem UmwSt-Erlass, dort Tz. 12.03 Satz 4 i.V.m. Tz. 04.06 Satz 1.73 Mit dem Ergebnis der zweiten Ermittlungsstufe geht der BFH demgegenüber mit der Verwaltungsmeinung (in Tz. 12.06 Satz 1 und 2 UmwSt-Erlass) konform. Wenn das Gesetz explizit von einem Übernehmgewinn spricht, dann ist das hinzunehmen. Übernahmeverluste werden von § 12 Abs. 2 Satz 2 UmwStG nicht erfasst. Dass das ggf. als „unsystematisch“ gegeißelt wird, nimmt der BFH hin. Es erklärt sich möglicherweise daraus, dass Beteiligungskorrekturverluste keine „echten“ Verluste sind, sie sich vielmehr regelmäßig erst im Falle einer tatsächlichen Veräußerung effektuieren. Unionsrechtswidrig ist das nicht; insbesondere liegt kein Verstoß gegen die Fusions-RL vor, weil diese für Übernahmeverluste nichts aussagt. 3. Die Besonderheit des Urteilsfalls war, dass es sich den beiden verschmelzungsbeteiligten Unternehmen um Aktiengesellschaften handelte, welche das Lebensversicherungsgeschäft betrieben. Dafür aber gilt § 8b Abs. 8 KStG, wonach die Abs. 1 bis 7 der Vorschrift unanwendbar sind. „Übersetzt“ auf die besagte Zweistufigkeit bedeutet das: Auf der ersten Stufe wird der Abstockungsverlust zwar § 8b KStG unterworfen, das aber in Gänze und unter Einschluss von dessen Abs. 8. Der Abstockungsverlust wird damit nicht § 8b Abs. 3 KStG unterworfen und er ist deswegen abziehbar. Für die zweite Stufe ergeben sich hingegen keine Änderungen gegenüber der Ausgangssituation: Zwar nimmt auch § 12 Abs. 2 Satz 2 UmwStG den „ganzen“ § 8b KStG in Bezug, einschließlich dessen Abs. 8. Doch ändert das nichts daran, dass eben nur Verschmelzungsgewinne jenem § 8b KStG unterfallen, Verschmelzungsverluste aber nicht. Die Inbezugnahme des „ganzen“ § 8b KStG belässt insofern alles so wie es ist. Zu-

73 BMF, Schr. v. 11.11.2011, BStBl. I 2011, 1314.

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gleich wird aus der vom BFH gefundenen „technischen Bewältigung“ der Normzusammenhänge klar, dass die Gesamtinbezugnahme des § 8b KStG in § 12 Abs. 2 Satz 2 UmwStG sich auch auf die Situation von Übernahmegewinnen auswirkt: Solche Gewinne sind dann, wenn § 8b Abs. 7 und 8 KStG „greifen“ steuerpflichtig; dass sich aus § 12 Abs. 2 Satz 1 UmwStG insoweit anderes ergibt, stört nicht, weil § 12 Abs. 2 Satz 2 UmwStG hier normverdrängenden Vorrang genießt. 4. Das Ergebnis wirkt in casu „salomonisch“. Es ist nicht nur für jene Unternehmen bedeutsam, für welche § 8b Abs. 8 KStG anzuwenden ist, sondern auch für solche i.S.d. § 8b Abs. 7 KStG, also für Finanzunternehmen. Nicht zu verkennen bleiben indessen zu verallgemeinernde (und im Einzelfall durchaus nachteilige) Weiterungen, die das Urteil für die Umwandlungsbilanz aufweist: Bewertungsobergrenze ist nämlich, schließt man sich dem BFH an, als allgemeines umwandlungssteuerrechtliches Bewertungsprinzip der jeweilige gemeine Wert der übergehenden Wirtschaftsgüter. Dieses Prinzip findet sich auch in dem schon erwähnten § 11 Abs. 2 Satz 1 UmwStG74. Es zieht die entsprechende Aufdeckung von Lastenüberschüssen nach sich und führt (wegen des in § 12 Abs. 3 i.V.m. § 4 Abs. 2 Satz 2 UmwStG angeordneten „VerlustLock in“ bei der übertragenden Gesellschaft) bei letzterer im Ergebnis zu einer allenfalls beschränkten Verlustverwertung. Aber solche Konsequenzen sind, das sei angemerkt, derzeit noch streitig.75

XI. Mindestlaufzeit des Gewinnabführungsvertrags und Bildung eines Rumpfwirtschaftsjahres; „wichtiger Grund“ bei vorzeitiger Vertragsbeendigung: BFH, Urt. v. 13.11.2013 – I R 45/12 Das Urteil v. 13.11.2013 – I R 45/1276 beschäftigt sich mit der gesetzlich eingeforderten Mindestlaufzeit eines organschaftlichen Ergebnisabführungsvertrages über die Dauer von fünf Jahren. Es ist insofern vor allem höchst praxisbedeutsam: 1. Der Ergebnisabführungsvertrag muss auf eine Mindestlaufzeit von fünf Jahren abgeschlossen werden. Das ergibt sich unbedingt und vorbehaltlos aus § 14 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 KStG. Es gilt, steuerliche „Beständigkeit“ zu zeigen. Das Steuersubjekt soll nicht beliebig je nach Gewinn- oder Ver-

74 So denn auch das BMF im UmwSt-Erlass, Schr. v. 11.11.2011, BStBl. I 2011, 1314, Tz. 11.06 i.V.m. Tz. 03.12. 75 S. dazu und zu den Nachw. Helios/Philipp, DB 2014, 2923 (2926 f.). 76 BStBl. II 2014, 486.

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lustsituation bei der Organgesellschaft oder dem Organträger wechseln. Manipulationen soll vorgebeugt werden. 2. Eine vorzeitige Vertragsbeendigung ist allerdings unschädlich, wenn ein „wichtiger Grund die Kündigung rechtfertigt. Das ergibt sich aus § 14 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 KStG und darum ging es im Urteilsfall. Der BFH stellt dazu klar: Ein Ergebnisabführungsvertrag ist zunächst einmal ein zivilrechtlicher Vertrag. Und das Zivilrecht kennt in langjähriger Rechtsentwicklung einschlägige „wichtige Gründe“, die die Beendigung eines Gesellschaftsvertrages erlauben. § 14 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 KStG ist aber ein Steuergesetz, das den zivilrechtlichen Vorgaben, sich von dem Vertrag vorzeitig lösen zu können, nur bedingt und im Lichte seines Sinns und Zweck folgt. Dementsprechend genügt es für die Annahme eines wichtigen Kündigungsgrundes nicht, wenn der Gewinnabführungsvertrag vorzeitig aufgehoben wird, weil er aus Sicht der Parteien seinen Zweck der Konzernverlustverrechnung erfüllt hat. Konkret betraf das die Konzernsituation einer in England ansässigen Muttergesellschaft mit niederländischer Zwischenholding, darunter „gehängter“ deutscher Teilholding als Organträgerin und der ebenfalls deutschen Organgesellschaft. Der Konzern sollte umstrukturiert werden, weil die Besteuerung der niederländischen Zwischenholding drohte, bei der englischen Muttergesellschaft eine CFC-Besteuerung auszulösen. Das alles mochte die vorzeitige Vertragskündigung nun durchaus plausibel machen. Nur „kümmert“ das das deutsche Organschaftsrecht nicht. Einen „eigenständigen“ und unschädlichen „wichtigen“ Kündigungsgrund aus Steuersicht erkannte der BFH jedenfalls nicht an. Für einschlägige Konzernzusammenhänge heißt das zugleich: Es gibt kein striktes und zu verallgemeinerndes Ja oder Nein auf die Frage, ob der Kündigungsgrund auch ein aus Steuersicht „wichtiger“ ist. Das ist für jeden Einzelfall unter Beachtung der spezifischen Steuerbelange zu prüfen. „Strategische“ oder „verlustbezogene“ Gründe werden wohl niemals genügen. Es müssen schon Gründe vorliegen, die eine Fortsetzung des Vertrages für beide Beteiligten schlechterdings als objektiv unzumutbar erscheinen lassen. 3. In diesem Kontext entscheidet der BFH noch über eine weitere, im Schrifttum diskutierte Frage, obschon es dessen für die „Fallösung“ eigentlich nicht bedurft hätte. Dem Urteil vorangegangen war jedoch ein Gerichtsbescheid, und da der BFH in dem Gerichtbescheid zu jener zweiten Streitfrage noch eine andere Rechtsauffassung vertreten hatte als nach Durchführung der mündlichen Verhandlung (und der Gerichtsbescheid zudem unbeschadet seiner „Vorläufigkeit“ in der „Fachwelt“ offenbar bereits zirkulierte), hat er nun „Farbe bekannt“, um keine irritierenden Unklarheiten zu belassen: 65

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Der Ergebnisabführungsvertrag muss, so hat der BFH in seinem Urteil v. 12.1.2011 – I R 3/1077 wissen lassen, auf fünf Zeitjahre abgeschlossen werden, nicht auf Wirtschaftsjahre. Stellt die Organgesellschaft nun nachfolgend – nach Abschluss „ordnungsgemäß“ auf fünf Jahre vereinbarten Vertrages – ihr Wirtschaftsjahr um und bildet sie ein Rumpfwirtschaftsjahr, kann der Gesamtzeitraum von fünf Zeitjahren nicht mehr erreicht werden, er wird verkürzt, im Extremfall bis hin zu vier Jahren und einem Tag. Das aber wird vom BFH nunmehr akzeptiert. Ausschlaggebend ist die Situation bei Vertragsschluss, es sind das nicht nachfolgende Entwicklungen. Das bringt u.U. gewisse „Erleichterungen“ für die Praxis. 4. Schließlich: Die gesetzlich verlangte Mindestvertragsdauer leidet auch nicht, wenn der Ergebnisabführungsvertrag den unter 2. dargestellten „wichtigen Grund“ als möglichen Kündigungsgrund vorsieht. Das steht in Einklang mit der in § 14 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 KStG vorbehaltenen Beendigungsmöglichkeit und kann der steuerlichen Anerkennung des Vertrages deswegen nicht ex ante entgegenstehen.

77 BStBl. II 2011, 727.

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Unternehmensbesteuerung 2015 Aktuelle Entwicklungen bei der Unternehmensbesteuerung, bevorstehende Regelungen im Überblick1 Ministerialdirigent Dr. Steffen Neumann, Finanzministerium NRW, Düsseldorf Inhaltsübersicht A. Aktuelle Gesetzgebung im Überblick I. Verschärfung der Voraussetzungen für die strafbefreiende Selbstanzeige II. Zollkodexanpassungsgesetz B. Voraussichtliche Gesetzesvorhaben des Jahres 2015 I. Erbschaftsteuer II. Grundsteuer III. Modernisierung des Besteuerungsverfahrens IV. Ordnungsmäßigkeit digitaler Aufzeichnungen bei der Buchführung insbesondere bei elektronischen Registrierkassen C. Die OECD-Projekte (Auszug) und ihre Folgen I. OECD/G20-Projekt Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung

II. Patentboxen III. Digitale Ökonomie IV. Automatischer zwischenstaatlicher Informationsaustausch D. Finanzbeziehung zwischen Bund und Ländern E. Anreize zur Wirtschaftsbelebung I. Abbau der Kalten Progression II. Agenda 2015 für Unternehmen 1. Verbesserungen für Start-ups sowie für Entwicklung und Forschung 2. Abschreibungsbedingungen F. Investmentbesteuerung G. Finanztransaktionssteuer (FTS) H. Resümee

Im Jahr 2014 hat man von der Bundesregierung der Großen Koalition nach außen keine nennenswerten Impulse auf steuerlichem Gebiet verspürt. Dieser Eindruck der Ruhe täuscht. Tatsächlich sind eine Reihe von beachtlichen steuerlichen Impulsen angestoßen worden, die zwar noch nicht im Gesetzblatt zu finden sind, sich jedoch durchaus abzeichnen. Die steuerliche Diskussion wird im Herbst 2014 ganz maßgeblich von der internationalen Steuerpolitik beherrscht. Die BEPS-Initiative 1 Stand der Ausführungen: November 2014. Auf aktuelle Entwicklungen danach bis zur Drucklegung des Beitrags ist in den Fußnoten hingewiesen worden.

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Neumann, Unternehmensbesteuerung 2015

der OECD trägt Früchte, und die „Lux-Leaks“-Debatte befeuert die Initiative der OECD zudem beträchtlich. Innerhalb der EU-Staaten und der G20-Staaten wird unter beachtlicher Pressebegleitung große Einigkeit demonstriert, entscheidende Schritte sowohl gegen die Steuerhinterziehung insbesondere bei den Kapitaleinkünften als auch gegen aggressive Steuergestaltungen multinational aufgestellter Konzerne vorgehen zu wollen. Das Problem der Steuergestaltung über die Grenze hinweg ist wahrlich keine neue Erkenntnis. Neu jedoch ist der Grad der politischen Aufmerksamkeit und die zumindest bekundete Bereitschaft vieler Nationalstaaten in Europa und weltweit, ihre bisherige Rolle als Helfer der Konzerne zu überdenken. Ob die unterzeichneten Abkommen dann mit entsprechendem Leben erfüllt werden und sich am Ende nicht als mit politischem Kalkül abgegebene Lippenbekenntnisse erweisen, steht freilich auf einem anderen Blatt. Dies bleibt abzuwarten. Es ist auffällig, dass ausgerechnet die USA, die mit der vor allem gegenüber der Schweiz teils brachialen Durchsetzung ihrer FATCA-Gesetzgebung einen wesentlichen Anstoß für den nunmehr vereinbarten internationalen Auskunftsverkehr gegeben haben, im Augenblick selbst sehr zurückhaltend sind, solche Daten aus ihrem Hoheitsbereich den anderen Staaten zu liefern, die sie von diesen hingegen einfordern. Auch wenn die Gestaltungspraxis multinational aufgestellter Konzerne und ihre dabei helfenden Staaten in dem augenblicklichen Mittelpunkt des Interesses stehen, zeichnen sich daneben auch andere interessante Entwicklungen in der aktuellen und zu erwartenden Gesetzgebung ab. Der Verfasser hat in früheren Beiträge beklagt, im Zeitpunkt der Entstehung seines Beitrags dem geneigten Leser keine verlässlichen Hinweise geben zu können, wie die steuerliche Entwicklung in Deutschland tatsächlich verlaufen wird. Die Klage will er nicht für seine Zukunftsprognose für das Jahr 2015 wiederholen. Er weist gleichwohl vorsichtshalber darauf hin, dass seine nachfolgende Einschätzung zur steuerlichen Entwicklung wie immer „ohne Gewähr“ erfolgt.

A. Aktuelle Gesetzgebung im Überblick I. Verschärfung der Voraussetzungen für die strafbefreiende Selbstanzeige Der Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Abgabenordnung und des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung2 plant eine erhebliche Einschränkung der bisherigen Möglichkeiten zur Abgabe einer strafbefrei2 BR-Drs. 431/14; inzwischen am 22.12.2014 als Gesetz verabschiedet, BGBl. I 2014, 2415, BStBl. I 2015, 55.

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enden Selbstanzeige in den Fällen der Steuerhinterziehung. Im Einzelnen: – Die Festsetzungsverjährung für Kapitaleinkünfte, die außerhalb des EU-/EWR-Raums bezogen worden sind, beginnt frühestens mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem diese Einkünfte von dem Steuerpflichtigen erklärt worden oder sonst der Finanzverwaltung bekannt geworden sind. Spätestens jedoch beginnt der Lauf der Festsetzungsfrist zehn Jahre nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuer entstanden ist. Diese Anlaufhemmung der Festsetzungsverjährungsfrist gilt für alle Kapitaleinkünfte aus Drittstaaten, auch wenn der Tatbestand der Steuerhinterziehung nicht erfüllt ist. Ist der Tatbestand der Steuerhinterziehung mit einer zehnjährigen Festsetzungsverjährungsfrist gegeben, summieren sich die Anlaufhemmung und Festsetzungsverjährung auf einen Zeitraum von maximal 20 Jahren. – Nach gegenwärtigem Diskussionsstand soll die strafrechtliche Verjährungsfrist von fünf Jahren in den Fällen leichter Steuerhinterziehung unberührt bleiben. Die Strafbefreiung hängt aber von der Vollständigkeit und Berichtigung aller relevanten steuerlichen Angaben ab, soweit bei diesen die steuerliche Verjährungsfrist noch nicht abgelaufen ist, längstens jedoch die Angaben innerhalb der letzten zehn Jahre. Im Unterschied zur bisherigen Rechtslage kann ein Steuerpflichtiger mit einer korrigierten Steuererklärung, in der er zwar alle Angaben innerhalb des strafrechtlichen Verjährungszeitraums zutreffend nacherklärt, die Angabe davor in dem steuerrechtlich neu geschaffenen Zeitraum von zehn Kalenderjahren unvollständig bleiben, keine Straffreiheit mehr erlangen. – Die Straffreiheit hängt dann noch von der rechtzeitigen Zahlung des hinterzogenen Steuerbetrags und künftig auch der Hinterziehungszinsen ab. Die strafbefreiende Selbstanzeige ist nicht mehr möglich, wenn – ein sogenannter Sperrgrund vorliegt (Bekanntgabe einer Prüfungsanordnung oder Einleitung eines Straf- oder Bußgeldverfahrens gegenüber einem an der Tat Beteilgten, Erscheinen eines Außenprüfers oder Steuerfahnders, Erscheinen eines sich ausweisenden Prüfers im Rahmen der Umsatzsteuer-Nachschau (§ 27b UStG) oder Lohnsteuer-Nachschau (§ 42g EStG); – die Steuerstraftat bereits entdeckt war und der Täter dies wusste oder hätte wissen müssen; – ein besonders schwerer Fall der Steuerhinterziehung vorliegt; – der verkürzte Steuerbetrag je Straftat 25.000 Euro übersteigt.

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– Das Strafverfolgungshindernis in den Fällen, in denen früher der Hinterziehungsbetrag 50.000 Euro, nunmehr 25.000 Euro übersteigt, nach § 398a AO besteht fort. Jedoch sind die Bedingungen verschärft worden. Außer der Zahlung des hinterzogenen Betrags und der Hinterziehungszinsen wird ein Geldbetrag in folgender Staffelung gefordert: – bis 100.000 Euro Hinterziehungsbetrag 10 % der hinterzogenen Steuern, – ab 100.001 Euro bis 1 Mio. Hinterziehungsbetrag 15 % der hinterzogenen Steuern, – ab 1.000.001 Euro weitere 20 % der hinterzogenen Steuern. – Zum Vorteil der Steuerpflichtigen sind Erleichterungen bei der Verletzung der Pflicht zur rechtzeiligen und vollständigen Umsatzsteuervoranmeldung oder Lohnsteueranmeldung sowie bei Steueranmeldungen, die sich auf das Kalenderjahr beziehen, geschaffen worden, die die übermäßige Kriminalisierung nach gegenwärtiger Rechtslage deutlich abmildert. Die Strafbefreiung „kostet“ demnach künftig deutlich mehr als bislang. Zu begrüßen ist, dass die strafbefreiende Selbstanzeige weiterhin möglich bleibt und dass die Stimmen, die eine vollständige Abschaffung verlangen, wohl keine politischen Mehrheiten erhalten werden. Gleichwohl sinkt bei dieser „Verteuerung“ der Anreiz, sich zu offenbaren, beträchtlich, so dass davon ausgegangen werden kann, dass Selbstanzeigen nur dann noch in ausreichender Zahl zu erwarten sein werden, wenn das Entdeckungsrisiko durch flankierende Maßnahmen signifikant gesteigert wird (z.B. durch den automatischen Informationsaustausch, vgl. C. IV.).

II. Zollkodexanpassungsgesetz Der Entwurf des Zollkodexanpassungsgesetzes3 enthält neben einer Reihe von technischen Regelungen nur wenige Bestimmungen, die besondere Beachtung gefunden haben. Zu nennen sind dabei – § 3 Nr. 71 EStG, mit dem die Steuerfreiheit für den INVEST-Zuschuss des Bundeswirtschaftsministeriums für Wagniskapital eingeführt wird.

3 Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung der Abgabenordnung an den Zollkodex der Union und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften, BR-Drs. 432/14, inzwischen als Gesetz am 22.12.2014 verabschiedet, BGBl. I 2014, 2417, BStBl. I 2015, 58.

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– § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG zur Neuregelung der steuerlichen Behandlung von Gesellschafterdarlehen an Kapitalgesellschaften, deren Beteiligung sich in dem Betriebsvermögen eines Personenunternehmens befindet. Der BFH hatte hierzu die Auffassung vertreten, dass auf Wertminderungen eines Gesellschafterdarlehens nicht das Teileinkünfteverfahren und damit nicht das Abzugsverbot des § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG anzuwenden ist.4 Die Finanzverwaltung hat sich der Auffassung des BFH angeschlossen5 und zugleich ihre frühere Auffassung hierzu revidiert.6 Der Gesetzgeber greift nunmehr die früher vertretene Auffassung der Finanzverwaltung wieder auf und unterwirft Wertminderungen aus Darlehensüberlassungen an Körperschaften durch Gesellschafter, die an der Körperschaft zu mehr als 25 % beteiligt sind, dem Teileinkünfteverfahren und damit dem § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG. Diese Regelung wird auch auf Betriebsvermögensminderungen, Betriebsausgaben oder Veräußerungskosten erstreckt, die anlässlich einer gesellschaftlich veranlassten unentgeltlichen oder teilentgeltlichen Überlassung von Wirtschaftsgütern an diese Körperschaft (z.B. Betriebsaufspaltung) bei dem überlassenden Steuerpflichtigen anfallen. Damit gleicht sich die Neuregelung der vergleichbaren Bestimmung in § 8b Abs. 3 Satz 4 ff. KStG an. – § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a EStG, der bei Betriebsveranstaltungen näher regelt, unter welchen Voraussetzungen ein geldwerter Vorteil des Arbeitnehmers nicht anzunehmen ist. Es handelt sich hierbei ebenfalls um ein „Nichtanwendungsgesetz“, das die vom BFH aufgestellten Grundsätze zur Berechnung des geldwerten Vorteils in Gestalt von Betriebsveranstaltungen (Ausklammerung aller Aufwendungen für Leistungen, die nicht unmittelbar vom Arbeitnehmer konsumiert werden) verwirft.7 Die bisher angewandte Freigrenze von 110 Euro je Betriebsangehörigen wird dabei auf 150 Euro angehoben.8 – § 13b Abs. 10 UStG zur Einführung des sog. Schnellreaktionsmechanismus. Mit dieser Bestimmung werden die Voraussetzungen bestimmt, unter denen die umsatzsteuerliche Steuerschuld auf den Leistungsempfänger im Verordnungswege kurzfristig übertragen werden kann, weil unvermittelt auftretende Betrugsfälle in Gestalt von

4 BFH, Urt. v. 18.4.2012 – X R 5/10, BStBl. II 2013, 785 und Urt. v. 18.4.2012 – X R 7/10, BStBl. II 2013, 791. 5 BMF, Schr. v. 23.10.2013, BStBl. I 2013, 1269. 6 Vgl. noch BMF, Schr. v. 8.11.2010, BStBl. I 2010, 1292. 7 BFH, Urt. v. 16.5.2013 – VI R 94/10 und VI R 7/11. 8 In der Gesetzesfassung bleibt es bei dem bisherigen Betrag von 110 Euro, der jedoch künftig als Freibetrag gewährt wird.

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Karussellgeschäften mit Hilfe bestimmter Umsätze verhindert werden müssen. Das Zollkodexanpassungsgesetz ist entgegen der Erwartung der Länder recht schmal ausgefallen. Es bestand dort die Hoffnung, dass innerhalb eines regulären „Jahressteuergesetzes 2015“ eine Reihe notwendiger Maßnahmen eher technischer Natur zur Verbesserung des Steuervollzugs hätten geregelt werden können. Da dies nicht der Fall ist, ist davon auszugehen, dass dies nunmehr im anstehenden Gesetzgebungsverfahren nachgeholt wird, so dass der Gesetzesumfang noch anschwellen dürfte.9 Der Bundesrat hat hierzu folgende Vorschläge gemacht (Auswahl): – Regelung zur Entnahme der Privatnutzung eines Elektrofahrzeugs: Bei der 1 %-Regelung werden von der Bemessungsgrundlage bestimmte Beträge in Abhängigkeit von der Batteriekapazität abgezogen (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 3 EStG). Eine entsprechende Regelung fehlt jedoch in Bezug auf die Fahrtenbuchmethode. Der Vorschlag zielt darauf ab, die Abzugsbeträge auch bei der Anwendung der Fahrtenbuchmethode von der Bemessungsgrundlage abzuziehen (Gleichbehandlung). Die Gesamtaufwendungen, von denen sich die Entnahme bemisst, werden damit geringer. – Sachbezüge für Arbeitnehmer (§ 8 Abs. 1 Satz 2 EStG): Der BFH ist der Auffassung, dass auch Gutscheine (z.B. Tankgutscheine) und Geldleistungen mit Verwendungsauflage (z.B. für eine Versicherung) im Rahmen der 44-Euro-Regelung zugewendet werden können, so dass den Arbeitnehmern jährlich bis zu 528 Euro steuerfrei für derartige Leistungen zufließt. Der Ländervorschlag zielt darauf ab, dass solche Leistungen nicht mehr der Freigrenze von 44 Euro unterfallen. Betragsmäßig wird jedoch keine Einschränkung vorgeschlagen (früherer Vorschlag: Absenkung auf 20 Euro), so dass der gewollte Vereinfachungseffekt bei Bewertungsproblemen im Übrigen unangetastet bleibt. – Ausweitung der Konzernklausel des § 8c Abs. 1 Satz 5 KStG: Bemängelt wird, dass nach derzeitiger Rechtslage der Erwerb einer Enkelgesellschaft durch die Muttergesellschaft von der Tochtergesellschaft, an der die Muttergesellschaft zu 100 % beteiligt ist, sowie die Veräußerung einer Beteiligung durch die Muttergesellschaft an eine nachgeordnete Gesellschaft, an der sie zu 100 % beteiligt ist, schäd9 Diese Einschätzung hat sich nicht bewahrheitet. Die „Restanten“ werden voraussichtlich in einem „Gesetz zur Umsetzung der Protokollerklärung zum Gesetz zur Anpassung der Abgabenordnung an den Zollkodex der Union und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften“ aufgenommen werden, das die Funktion eines Jahressteuergesetzes erhalten wird.

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lich ist. Schädlich ist auch, wenn die Konzernspitze aus einem Einzelunternehmen oder einer Personenhandelsgesellschaft besteht. Diese Konstellationen sollen nach Vorstellung einiger Länder ebenfalls unschädlich sein. – Bagatellgrenze bei der Umkehr der Steuerschuldnerschaft in den Fällen des § 13b Abs. 2 Nr. 11 UStG: § 13b Abs. 2 Nr. 11 UStG überträgt die Steuerschuldnerschaft auf den Empfänger von Lieferungen von Edelmetallen, unedlen Metallen, Selen und Cermets. Der Verkauf z.B. einer haushaltsüblichen Rolle Aluminiumfolie an einen Unternehmer würde ebenfalls unter diese Regelung fallen. Um dies zu verhindern, wird für den Wechsel der Steuerschuldnerschaft eine betragsmäßige Grenze von 5.000 Euro je steuerpflichtiger Lieferung vorgeschlagen.10 Daneben verfolgen einige Länder politische Interessen und erwarten, dass deren Vorschläge bereits in diesem Gesetz umgesetzt werden. Zu nennen sind dabei folgende Anliegen: – Verhinderung von hybriden Gestaltungen (weiße Einkünfte, double dips): Ein Zuwarten auf den Ausgang aller OECD-Arbeiten (vgl. C.) sei nicht geboten, weil die Ergebnisse der OECD zu Hybrids bereits vorliegen. Außerdem bestehe ein sofortiges Regelungsinteresse, weil die Finanzverwaltung die steuerliche Abzugsfähigkeit von Zinszahlungen für sog. AT1-Finanzinstrumente anerkannt habe. Diese Finanzinstrumente sind Folge der von dem Europäischen Parlament und dem Rat in 2013 verordneten Eigenkapitalregeln der Banken und Versicherungen als Reaktion auf die Finanz- und Wirtschaftskrise. Ziel ist es, das „Basel III“-Regelwerk umzusetzen und die Banken zu verpflichten, ihre Eigenkapitalausstattung zu verbessern. Zur Verbreiterung ihres Kernkapitals werden dabei allerdings in Deutschland ebenfalls Finanzinstrumente in Gestalt von Schuldverschreibungen und Wandelanleihen gem. Art. 51 ff. der Capital Requirement Regulation (CRR) zugelassen, die vom Investor ohne Laufzeitbegrenzung und Kündigungsmöglichkeit und Zinsanspruch bedient werden, wobei davon ausgegangen wird, dass in der Handhabung dieser Finanzinstrumente eine Verzinsung, Ablösung und Wiederaufnahme derartiger Finanzmittel die Praxis sein wird. Diese Finanzinstrumente nehmen damit eine Zwitterstellung ein, indem sie aufsichtsrechtlich als Verbesserung der Eigenkapitalausstattung anerkannt werden, steuerlich jedoch wie Fremdkapital behandelt werden, so dass die geleisteten Zinsen als Betriebsausgaben anzuerkennen sind. Eine kor-

10 Dieser Vorschlag ist in Art. 11 des Zollkodexanpassungsgesetzes (vgl. Fn. 3) umgesetzt worden.

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respondierende Besteuerung der Geldgeber auf der anderen Seite ist bei diesen hybriden Finanzinstrumenten nicht sichergestellt. Zumindest ist nicht auszuschließen, dass ein ausländischer Investor auf den Eigenkapitalcharakter verweisen und dementsprechende steuerliche Vergünstigungen in Anspruch nehmen wird. Inzwischen reklamieren nicht nur Banken und Versicherungen, sondern auch andere Unternehmen für sich die Möglichkeit, mit ähnlichen Finanzprodukten (mit gedachten Laufzeiten von 60 Jahren und darüber) ihre Finanzausstattung zu verbessern, so dass hier gleichgelagerte Probleme alsbald anstehen und entschieden werden müssen. Auch der doppelte Betriebsausgabenabzug soll künftig unterbunden werden. Beredte Beispiele für diese Form der Steuerersparnis sind die doppelte Zurechnung ein und desselben Wirtschaftsguts bei verschiedenen Steuerpflichtigen im In- und Ausland sowie solche Finanzierungskosten, die eine ausländische Gesellschaft, die zudem Mitunternehmerin einer inländischen Mitunternehmerschaft ist, für Zwecke dieser Mitunternehmerschaft aufwendet und die im Ansässigkeitsstaat und als Sonderbetriebsausgabe noch einmal im Inland geltend gemacht werden dürfen. – Verhinderung von nahezu reinen Buchwertverkäufen mit Hilfe des Umwandlungssteuerrechts: Ausgangspunkt war der sog. „PorscheDeal“, bei dem ein steuerneutraler Tauschvorgang nach § 21 UmwStG in Höhe einer Zahlung in Milliardenhöhe mit Hilfe des Vehikels einer einzigen Aktie als Gegenleistung dargestellt werden konnte. Da die Steuerbegünstigung der Veräußerung von Betriebsvermögen oder von Gesellschafteranteilen gegen Gewährung von Anteilen an dem aufnehmenden Unternehmen nur dann gerechtfertigt erscheint, wenn durch die Umstrukturierung sich das unternehmerische Engagement lediglich in anderer Form oder bei einem Gesamtrechtsnachfolger fortsetzt, bestehen Bemühungen, eine Gegenleistung durch die Gewährung von Zuzahlungen oder anderen Wirtschaftsgütern einzudämmen. Ein Spitzenausgleich soll aber gleichwohl möglich bleiben, sei es in Höhe einer bestimmten Quote gemessen an dem Buchwert des übergehenden Betriebsvermögens oder in Höhe eines mittelstandsfreundlichen absoluten Betrags. Kombiniert wird diese Gestaltung mitunter damit, dass handelsrechtlich nicht die Buchwerte, sondern die Verkehrswerte gewählt werden mit dem Ergebnis, dass der dadurch entstehende handelsrechtliche Gewinn steuerfrei ausgeschüttet bzw. bei der Organschaft abgeführt werden kann (Mehrabführung mit passivem Ausgleichsposten bei dem Organträger). Diese Gestaltung zu verhindern ist nicht Gegenstand des Gesetzesvorschlags.

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– Steuerliche Erfassung von Veräußerungsgewinnen aus Streubesitzbeteiligungen: Nach § 8b Abs. 4 KStG11 sind Bezüge aus einer Beteiligung von unter 10 % steuerpflichtig, nicht jedoch die Gewinne aus einer Veräußerung einer solchen Beteiligung. Nunmehr wird die Forderung erhoben, aus Gründen der Gleichbehandlung und zur Verhinderung von Steuerumgehungen auch die Veräußerungsgewinne von der Steuerfreiheit des § 8b Abs. 1 KStG herauszunehmen. Mir sind solche Forderungen nicht verständlich, weil bereits die Einführung der Steuerpflicht der Dividenden aus Streubesitz einen Systembruch darstellte, der aber mit Blick auf die ansonsten drohenden Steuermindereinnahmen bei ausländischen Streubesitzbesitzbeteiligungen an inländischen Gesellschaften hingenommen wurde. Wenn man nunmehr die Veräußerungsgewinne einbezieht, würde die systematische Unwucht vergrößert. Außerdem stünde man vor einem Gleichheitsproblem, weil ausländische Beteiligungen an inländischen Gesellschaften im Falle der Veräußerung dort nicht steuerpflichtig sind. Die Gefahr von Missbräuchen (z.B. Ballooning) stellt sich nicht, weil die Einflussmöglichkeit auf das Ausschüttungsverhalten der Gesellschaften durch einen Minderheitsgesellschafter regelmäßig begrenzt ist. Schließlich müsste die Frage entschieden werden, wie die im Koalitionsvertrag der Bundesregierung vorgesehene Begünstigung von Start up-Unternehmen durch sog. Business Angels aufrecht erhalten werden kann, wenn der Veräußerungsgewinn steuerpflichtig würde. Denn Business Angels bedienen sich regelmäßig einer eigenen Kapitalgesellschaft, die Beteiligungen von stets unter 10 % an Start upGesellschaften halten, so dass die Veräußerungen innerhalb der Beteiligungskapitalgesellschaft steuerfrei bleiben und erst im Falle der Ausschüttung an den Business Angel (natürliche Person) steuerlich erfasst werden. Die Bundesregierung will dieses Anliegen erst im Rahmen der ebenfalls in 2015 anstehenden Reform des Investmentsteuergesetzes prüfen.

B. Voraussichtliche Gesetzesvorhaben des Jahres 2015 I. Erbschaftsteuer Beobachter in der mündlichen Verhandlung des BVerfG am 8.7.2014 zur Verfassungsmäßigkeit der Erbschaftsteuer gehen davon aus, dass das Gericht die Vergünstigung für das Betriebsvermögen kritisch sehen wird. 11 I.d.F. des Gesetzes zur Umsetzung des EuGH-Urteils vom 20.10.2011 in der Rechtssache C-284/09 v. 21.3.2013, BGBl. I 2013, 561.

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Es bleibt abzuwarten, ob es zu dem Schluss kommt, dass damit eine nicht gerechtfertigte ungleiche Besteuerung des Betriebsvermögens im Vergleich zu anderen Vermögensarten, die ebenfalls der Erbschaftsteuer unterliegen, verbunden ist. Die Entscheidung ist für den 17.12.2014 angekündigt.12 Der Koalitionsvertrag spricht sich für den Erhalt der Erbschaftsteuer aus und erkennt an, dass sie eine wichtige Einnahmequelle der Länder darstelle.13 An anderer Stelle verspricht der Koalitionsvertrag, dass Unternehmensnachfolgen auch künftig durch die Erbschaftsbesteuerung nicht gefährdet werden soll, und meint, dass deshalb eine „verfassungsfeste und mittelstandsfreundlich ausgestaltete Erbschafts- und Schenkungsteuer, die einen steuerlichen Ausnahmetatbestand bei Erhalt von Arbeitsplätzen vorsieht“, notwendig sei.14 Es bleibt abzuwarten, ob dieser Plan der Bundesregierung – unterstellt, dass das BVerfG zur Unvereinbarkeit der gegenwärtigen Regelungen mit der Verfassung gelangt – nicht durchkreuzt wird, zumal auch die Lohnsummenklausel als Parameter für die Begünstigung im Falle des Erhalts von Arbeitsplätzen von dem BVerfG überprüft wird. Auf der anderen Seite haben sich viele maßgebliche Protagonisten der Großen Koalition klar und unmissverständlich dahingehend geäußert, dass es für die Unternehmen zu keinerlei Verschlechterungen bei der Unternehmensnachfolge kommen wird. Will man an der Erbschaft- und Schenkungsteuer festhalten – manche halten eine Steuer mit einem bundesweiten Volumen von etwas mehr als 4 Mrd. Euro p.a. für eine Bagatellsteuer –, sind Lösungen, die die Versprechen halten, schwer vorstellbar. Eine neue Regelung, die eine sachgerechte und dabei möglicherweise auch schonende Besteuerung des Betriebsvermögens vorsieht, wird nicht existenzbedrohend sein, aber gleichwohl im Vergleich zum bisherigen Zustand eine Verschlechterung darstellen. Selbst eine Steuerung über die Steuersätze wird eine zielgenaue Entlastung nicht bewirken können.

12 In seiner Entscheidung v. 17.12.2014 – 1 BvL 21/12 – hat das BVerfG in der Tat das geltende Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht in Bezug auf die Begünstigung des Betriebsvermögens in mehrfacher Hinsicht als gleichheitswidrig erachtet, die Grundkonzeption der Verschonung des Betriebsvermögens jedoch nicht angegriffen und eine Nachbesserung durch den Gesetzgeber bis zum 30.6.2016 angemahnt. 13 S. 93 des Koalitionsvertrags. 14 S. 25 des Koalitionsvertrags.

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II. Grundsteuer Die Grundsteuer bedarf ebenfalls unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten der Reform, weil die Bewertungsverfahren in Bezug auf die Gebäude völlig veraltet sind. Daher verspricht der Koalitionsvertrag die zeitnahe Modernisierung aufgrund eines untereinander abgestimmten Vorschlags der Länder.15 Die Finanzministerkonferenz befasst sich mit der Angelegenheit und hat in einem Zwischenschritt unter allen bislang diskutierten Varianten entschieden, dass in einer künftigen Neubewertung der Wert der Grundstücke anhand der Bodenrichtwerte ermittelt werden soll. Auch für die aufstehenden Gebäude soll ein wertorientierter Ansatz gewählt werden. Hierbei sind augenblicklich zwei Varianten im Gespräch. Die Vertreter der einen Variante sprechen sich für eine starke Typisierung aus, die möglichst aus vorhandenen Daten zu dem Grundbesitz die Werte abzuleiten vermag. Die andere Variante verfolgt eine weniger starke Typisierung in Bezug auf die zu bewertenden Gebäude und verlangt dazu eine Erklärung von den Steuerpflichtigen zu bestimmten Parametern. Welcher Variante die Politik den Vorzug geben wird oder ob sie sich auf eine vermittelnde Lösung verständigt, bleibt abzuwarten. Ggf. werden auch noch Erkenntnisse der Rechtsprechung in die Letztentscheidung einfließen, da die Frage nach der Vereinbarkeit mit der Verfassung ebenfalls bereits bei dem BVerfG16 anhängig ist, weil der BFH die Vorschriften über die Einheitsbewertung ab dem Bewertungsstichtag 1.1.2009 für verfassungswidrig hält und die Frage deshalb vorgelegt hat.17 Die Entscheidung wird letztlich „unpopulär“ sein, weil jedes Modell, gleichgültig in welcher Abwandlung und Verfeinerung es genommen werden würde, im Vergleich zu der jetzigen Bewertung des Grundbesitzes zu Abweichungen nach oben und nach unten führen wird. Die Umstellung auf ein neues Verfahren führt zwangsläufig zu Gewinnern und Verlierern der Reform und damit zu öffentlich bekundetem Unbill durch die „Verlierer“. Eine Reform hingegen, bei der kein Steuerpflichtiger letztlich mehr belastet wird als zuvor, ist ebenfalls nicht denkbar, weil dann das zu erhaltende Gesamtfinanzvolumen von derzeit rd. 11,7 Mrd. Euro nicht darstellbar ist, was unweigerlich zum Protest der kommunalen Familie führen wird.

15 S. 93 des Koalitionsvertrages. 16 Az. des BVerfG 1 BvL 11/14. 17 BFH, Vorlagebeschluss v. 22.10.2014 – II R 16/13, BStBl. II 2014, 957.

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III. Modernisierung des Besteuerungsverfahrens Weite Teile des steuerlichen Verfahrensrechts hinken den Entwicklungen in der elektronischen Kommunikation hinterher, weil die Abgabenordnung im Kern noch die schriftliche Kommunikation im Postwege und allenfalls die telefonische Kommunikation bei Abfassung der einzelnen Verfahrenswege zugrunde legt. Auch die Bearbeitung von Steuererklärungen nach dem Verständnis des hergebrachten Amtsermittlungsgrundsatzes entspricht nicht mehr den inzwischen eingetretenen Entwicklungen in der Finanzverwaltung in Bezug auf Arbeitskapazitäten und Arbeitsabläufen. Die aufgrund der digitalen Technik eingetretenen Umwälzungen führen zu einer Reihe von Überlegungen, wie das Verfahrensrecht mit diesen Entwicklungen Schritt halten kann. Die frühere Vorstellung, dass die Technik letztlich dem materiellen Steuerrecht zu dienen habe, hat sich in der Realität genau umgekehrt. Das Steuerrecht wird an vielen Stellen den technischen Anforderungen der elektronischen Kommunikation angeglichen. In folgenden Bereichen werden Veränderungen eintreten: Elektronische Kommunikation: Dieser Fragenkomplex wird sich mit der Kommunikation zwischen Finanzbehörde und Steuerpflichtigem bzw. seinem Berater befassen. Geregelt werden müssen dabei die Einzelheiten der elektronischen Übersendung der Steuererklärung, der Verzicht auf Vorlage von Belegen, der Rückübersendung des Steuerbescheids, der Einlegung von Rechtsbehelfen u.a. Amtsermittlungsgrundsatz: Es ist angestrebt, einen Großteil der auf elektronischem Weg eingehenden Erklärungen vollautomatisch zu bearbeiten und zu veranlagen, ohne dass ein Bediensteter des Finanzamts den Fall prüfen wird. Gesetzlich wird dabei klarzustellen bzw. zu regeln sein, dass die Voraussetzungen für einen Steuerbescheid (Verwaltungsakt) und für die Einhaltung des Amtsermittlungsgrundsatzes gleichwohl erfüllt sind. Der Amtsermittlungsgrundsatz wird durch eine risikoorientierte Komponente ergänzt werden. In einem deutlich größeren Umfang als bislang werden Daten für die Steuererklärung von anderer Seite in die Veranlagung eingespeist werden (z.B. Rentenbezüge, Arbeitslohn, Spenden, Steueranrechnungsbeträge etc.) mit der Konsequenz, dass die bisherigen Änderungsvorschriften zu überdenken sind. Selbstveranlagung: Geprüft wird auch, inwieweit das Institut der Selbstveranlagung erweitert wird. Überlegungen bestehen, die Selbstveranlagung für die Ertragsbesteuerung von Unternehmen nach dem Vorbild der Umsatzsteuer, beginnend mit der Körperschaftsteuer18, aber letztlich unter Einbeziehung der Feststellungserklärung und der Gewer18 Vgl. S. 90 des Koalitionsvertrages.

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besteuer einzuführen. Im Länderkreis gehen Überlegungen teils sogar soweit, die Selbstveranlagung auch für natürliche Personen mit nichtunternehmerischen Einkünften vorzusehen. M.E. lässt die Diskussion in dieser Frage nicht erkennen, inwieweit die Selbstveranlagung zu einer Verbesserung der bisherigen Arbeitsabläufe führen kann. Die Selbstveranlagung bedeutet im Kern die Umkehrung der Verantwortlichkeit in Bezug auf die Veranlagung zur Steuer, weil der Steuerpflichtige mit der Erklärung zugleich auch seinen eigenen Steuerbescheid erstellt, ohne dass die Behörde zusätzlich tätig werden müsste. Dadurch würde zwar der Verfahrensablauf erheblich beschleunigt, weil die Veranlagung zur Steuer zeitgleich mit dem Eingang der Erklärung erfolgt. Eine ähnliche Beschleunigung könnte man jedoch – unterstellt, dass die technischen Voraussetzungen vorhanden sind – erreichen, wenn aufgrund einer elektronischen Steuererklärung alsbald auf demselben Kommunikationsweg der Steuerbescheid ggf. unter dem Vorbehalt der Nachprüfung folgt. Eine Änderung des bisherigen Systems wäre damit überflüssig. Auskunftsanspruch: Ein allgemeiner Auskunftsanspruch des Steuerpflichtigen gegenüber der Finanzbehörde soll ebenfalls implementiert werden. Dieser würde dann bisherigen Auskunftsansprüchen auf der Basis von Landesvorschriften (Informationsfreiheitsgesetze der Länder, die teils sehr unterschiedlich ausgekleidet sind) vorgehen.

IV. Ordnungsmäßigkeit digitaler Aufzeichnungen bei der Buchführung insbesondere bei elektronischen Registrierkassen Es wird alsbald ein umfängliches BMF-Schreiben zu den Grundsätzen zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (GoBD) geben.19 Sonderprobleme bestehen bei dem Einsatz von elektronischen Registrierkassen: – Nach der Verwaltungsauffassung sei die Aufbewahrung von Kassenunterlagen wie Registrierkassenstreifen, Kassenzetteln, Bons, Kassenbelege etc. insbesondere im Einzelhandel unzumutbar, so dass es genüge, wenn die Tagesendsummenbons aufbewahrt werden. Bei elektronischen Registrierkassen müssen darüber hinaus die Bedienungsanleitung, die Programmieranleitung, Protokolle über die Einrichtung von Verkäufer-, Kellner- und Trainingsspeicher und Ähnliches sowie 19 Inzwischen als BMF-Schreiben v. 14.11.2014, BStBl. I 2014, 1450, veröffentlicht.

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die Protokolle zu Stornobuchungen aufbewahrt werden.20 Infolge der technischen Entwicklung bei den Kassensystemen sind die bisherigen Aufbewahrungsanforderungen, die sich auf Papierunterlagen beziehen, überholt. Seit 2002 sind die Aufbewahrungsanforderungen bei Unterlagen, die mit einem digitalen Datenverarbeitungssystem erstellt werden, angepasst worden.21 Es ist nunmehr streitig, ob bei Bargeschäften unverändert der ausgedruckte Tagesendsummenbon genügt oder ob der Zugriff auf die gesamten Kassenfunktionen (digitale Grundaufzeichnungen) einschließlich der vorgelagerten Warenwirtschaftssysteme erlaubt werden muss. Die Rechtsprechung hierzu ist uneinheitlich. Das FG Sachsen-Anhalt teilt die Auffassung der Finanzverwaltung22, während die FG Hessen und Münster eine Herausgabepflicht weitergehender Aufzeichnungen ablehnen.23 Gegen alle Entscheidungen laufen Nichtzulassungsbeschwerden bzw. Revisionsverfahren beim BFH.24 – Prüfungen hatten ergeben, dass die Manipulation der in bar vereinnahmten Betriebseinnahmen mit Hilfe ausgeklügelter Programme in Verbindung mit elektronischen Registrierklassen erschreckende Ausmaße angenommen haben. Mit Hilfe dieser Programme, deren Existenz zumeist geschickt verschleiert wird, lassen sich im Nachhinein und Wochen später die vereinnahmten Beträge und die dazu passenden Aufwendungen für den Warenbezug in einer Weise „korrigieren“, dass diese neuen Buchungsvorgänge sich vollständig in das gesamte Buchführungswerk einpassen und die alten zutreffenden Buchungsvorgänge spurenlos beseitigt werden. Beängstigend war nicht die Entdeckung solcher Manipulationen als solche, da sie nicht nur ein nationales, sondern ein bekanntes internationales Problem offenbart. Die OECD hatte hierauf schon in einem Bericht aus dem Jahr 201325 aufgrund einer Untersuchung des gastronomischen Gewerbes in Teilen von Kanada deutlich aufmerksam gemacht. Auch sind vielfältige Bemühungen mit Hilfe komplizierter Fiskalsysteme in Italien, Frankreich und Belgien zur Eindämmung des Steuerbetrugs im gastronomischen Bereich bekannt. Erschreckend waren die Entdeckungen in Deutschland deshalb, weil solche Gesellschaftskreise von den Kas20 BMF, Schr. v. 9.1.1996, BStBl. I 1996, 34; eine Ausnahme besteht bei Bargeschäften von 15.000 Euro und mehr, vgl. BMF, Schr. v. 25.3.2004, BStBl. I 2004, 418. 21 BMF, Schr. v. 26.11.2010, BStBl. I 2010, 1342. 22 FG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 23.5.2013 – 1 K 396/12, DStRE 2014, 230. 23 FG Hessen, Urt. v. 24.4.2013 – 4 K 422/12, EFG 2013, 1186; FG Münster, Urt. v. 10.10.2013 – 2 K 4112/12 E, EFG 2014, 91. 24 X R 29/13 zur Entscheidung des FG Sachsen-Anhalt; X B 80/13 zur Entscheidung des FG Hessen; X R 47/13 zur Entscheidung des FG Münster. 25 OECD, Electronic Sales Suppression: A Threat to Tax Revenues, 2013.

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senmanipulationen in einem beträchtlichen Umfang Gebrauch gemacht haben, von denen man dies vorher nicht vermutet hätte. Auf Initiative von NRW hat die Finanzministerkonferenz in Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium der Finanzen den Beschluss gefasst, die Möglichkeit der Manipulation mit Hilfe elektronischer Registrierkassen zu beenden. Inzwischen bestehen mit Hilfe der fortschreitenden technischen Entwicklung kostengünstige Möglichkeiten, dass alle Buchungen einer Registrierkasse verschlüsselt für den Fiskus aufgezeigt und nachträgliche Korrekturen nicht mehr spurenlos durchgeführt werden können. Im Laufe des Jahres 2015 dürfte ein Gesetzesvorhaben Konturen annehmen. Die Einführung einer allgemeinen Kassenpflicht für das sog. Bargewerbe wird allerdings wohl nicht eingeführt werden, so dass die „offene Ladenkasse“ unverändert möglich sein wird.

C. Die OECD-Projekte (Auszug) und ihre Folgen I. OECD/G20-Projekt Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung Der Ausschuss für Steuerfragen der OECD hat unter Beteiligung aller Mitglieder der OECD, der OECD-Beitrittsländer und der G20-Länder inzwischen das im Aktionsplan zu BEPS angekündigte Arbeitsergebnis vorgelegt, das sich mit Gewinnverlagerungen und Gewinnverkürzungen befasst.26 Unter hybriden Gestaltungen (Hybrid Mismatch Arrangement) versteht das Arbeitsergebnis eine Gestaltung, „die einen Unterschied in der steuerlichen Behandlung eines Rechtsträgers oder Instruments nach den Rechtsvorschriften von zwei oder mehr Staaten ausnutzt, um eine Besteuerungsinkongruenz zu bewirken, die dazu führt, dass die Gesamtsteuerlast der an der Gestaltung beteiligten Parteien sinkt“. Gemeint sind dabei „weiße Einkünfte“ sowie „doppelter Betriebsausgabenabzug“. Folgende Merkmale werden dazu hervorgehoben: – Es handelt sich zumeist um die unterschiedliche steuerliche Behandlung von grenzüberschreitenden Zahlungen mit der Folge einer Besteuerungsinkongruenz. – Die Besteuerungsinkongruenz wird dadurch bestimmt, ob die Zahlung, die in einem Staat als Betriebsausgabe anerkannt wird, in dem anderen Staat nicht als ordentliche Einnahme erfasst wird. Eine Be26 OECD (2014), Neutralisierung der Effekte hybrider Gestaltungen, OECD Publishing.

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steuerungsinkongruenz tritt ebenfalls ein, soweit die Zahlung nach den Rechtsvorschriften eines anderen Staats ebenfalls als Betriebsausgabe abziehbar ist (doppelter Betriebsausgabenabzug). – Ins Gewicht fallen lediglich Geldzahlungen. Inkongruenzen infolge von Bewertungsunterschieden z.B. aufgrund von Wechselkursschwankungen sind nicht gemeint. Offen ist noch, wie mit Fällen umgegangen werden soll, bei denen die Empfänger von Zahlungen besondere, auf sie zugeschnittene Steuervergünstigungen (z.B. Steuerbefreiung) beanspruchen können. – Verlangt wird weiterhin ein „hybrides Element“. Ein solches Element sieht die OECD einmal in der besonderen Form des Rechtsträgers, der in verschiedenen Staaten unterschiedlich behandelt wird. Zum anderen hat die OECD hybride Instrumente identifiziert, die von verschiedenen Staaten unterschiedlich steuerlich gewürdigt werden. – Hybride Rechtsträger sind solche, die unterschiedlich als transparent oder intransparent gesehen werden. Möglicherweise können inländische Mitunternehmerschaften mit deren Besonderheit des Sonderbetriebsvermögens solche hybriden Rechtsträger darstellen. – In Bezug auf die hybriden Instrumente hat die OECD die unterschiedliche Zuordnung von Eigentumsrechten im Blick (double dip) sowie hybride Finanzinstrumente, bei denen die Steuerpflichtigen in der steuerlichen Behandlung unterschiedliche Standpunkte einnehmen können. – Schließlich muss die Folge sein, dass die Gesamtsteuerlast der an der Gestaltung beteiligten Parteien reduziert wird (Gewinnverkürzung). Z.B. bloße zeitliche Verschiebungen in der jeweiligen steuerlichen Erfassung als Betriebsausgabe und Betriebseinnahme fallen ebenso nicht hierunter wie ein doppelter Betriebsausgabenabzug, der lediglich zu einer Verlagerung in einen anderen Veranlagungszeitraum führt, ohne dass der Gewinn periodenübergreifend doppelt gemindert wird. Zur Vermeidung der Besteuerungsinkongruenz aufgrund einer hybriden Gestaltung empfiehlt die OECD folgende Maßnahmen: – Wird die in dem einen Staat als abziehbare Betriebsausgabe geleistete Zahlung in dem Staat des Empfängers nicht als ordentliche steuerpflichtige Einnahme erfasst (i.d.R. bei einem Hybrid als Fremd- und Eigenkapital), soll der Staat, nach deren Rechtsordnung der Betriebsausgabenabzug möglich ist, letztlich durch Einführung einer Korrespondenzregelung (linking rule) den Abzug verweigern können. Wenn dieser die Neutralisierung des Betriebsausgabenabzugs nicht vornimmt, soll dann der Staat des Leistungsempfängers im Wege einer 82

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Abwehrregelung die an sich steuerfreie Zahlung als steuerpflichtige Zahlung behandeln. – In den Fällen des doppelten Betriebsausgabenabzugs hat die OECD vorrangig solche Fallkonstellationen im Blick, in denen eine im Inland ansässige Tochtergesellschaft z.B. Zinsen für ein von ihr aufgenommenes Darlehen zahlt und diese Tochtergesellschaft im ausländischen Staat ihrer Muttergesellschaft als intransparent behandelt wird, so dass der Zinsaufwand von der Muttergesellschaft noch einmal im Ausland geltend gemacht wird. Hier schlägt die OECD vor, dass der Staat der Muttergesellschaft den Betriebsausgabenabzug verweigert und als Abwehrregelung dem Staat der Tochtergesellschaft das Recht gibt, den Betriebsausgabenabzug zu verweigern, wenn der Staat der Muttergesellschaft dort die Zahlung nicht neutralisiert. Ähnlich soll verfahren werden, wenn der doppelte Abzug wegen einer Doppelansässigkeit der zahlenden Gesellschaft (Dual Resident) erfolgt. Hier soll jeder Ansässigkeitsstaat den Betriebsausgabenabzug verweigern können und ihn von einem Nachweis abhängig machen, dass der Betriebsausgabenabzug nicht noch einmal in dem anderen Ansässigkeitsstaat geltend gemacht worden ist.27 Die Besonderheit des Sonderbetriebsausgabenabzugs bei den in Deutschland bestehenden Eigentümlichkeiten einer Mitunternehmerschaft hat die OECD wohl nicht im Blick. Ist die ausländische Gesellschaft Mitunternehmerin einer inländischen Mitunternehmerschaft und hat die ausländische Gesellschaft Zinsaufwand im Ausland zu tragen, der jedoch als Sonderbetriebsaufwand qualifiziert wird, kommt es ebenfalls zu einem doppelten Betriebsausgabenabzug, weil die Besonderheiten einer Mitunternehmerschaft im Ausland nicht beachtlich sind, insbesondere wenn sie als transparent angesehen wird. Nach den empfohlenen Regeln soll in erster Linie der Betriebsausgabenabzug in dem Staat, in dem die Zahlung erfolgt ist, geltend gemacht werden können und in zweiter Linie in dem Ansässigkeitsstaat der Muttergesellschaft. In der hier gegebenen Fallkonstellation fallen der Staat, in dem die Zahlung erfolgt ist, und der Ansässigkeitsstaat der Muttergesellschaft zusammen, so dass einiges dafür spricht, dass in erster Linie Deutschland den Betriebsausgabenabzug verweigern muss und in zweiter Linie als Abwehrhaltung der Staat der ausländischen Muttergesellschaft. Der Koalitionsvertrag der Regierungsfraktionen hat sich klar zur Verhinderung der „doppelten Nichtbesteuerung von Einkünften oder eines 27 Eine solche Generalklausel dürfte den umstrittenen § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG überflüssig machen.

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doppelten Betriebsausgabenabzugs“ ausgesprochen.28 Dort wird zur zeitlichen Schiene weiter ausgeführt, dass der Abschluss der Arbeiten zur OECD-BEPS-Initiative im Jahr 2015 erwartet werde. „Soweit sich unsere Ziele im Rahmen der OECD-BEPS-Initiative in diesem Zeitraum nicht realisieren lassen, werden wir nationale Maßnahmen ergreifen“, heißt es weiter wörtlich in diesem Vertragswerk.29 Hieran will sich die Bundesregierung offensichtlich halten, auch wenn die Vorschläge der OECD zu der Verhinderung weißer Einkünfte und des doppelten Betriebsausgabenabzugs – wie oben dargestellt – auf dem Tisch liegen. Einige Bundesländer sind mit dieser zögerlichen Haltung nicht einverstanden und erwarten ein zeitnäheres Tätigwerden des Gesetzgebers und haben entsprechende Anträge im Rahmen des „Zollkodex-Gesetzes“ (vgl. dazu im Einzelnen unter B.) gestellt, denen die Bundesregierung allerdings wohl nicht folgen wird, so dass es bei dem Zeitplan im Wesentlichen bleiben wird. Diese zögerliche Haltung der Bundesregierung ist nicht verständlich, weil über die generelle Richtung kein Dissens besteht, aus Sicht einiger Länder schon jetzt konkreter Handlungsbedarf besteht und weil Maßnahmen zur Verhinderung von weißen Einkünften in einem Teilbereich schon gesetzlich umgesetzt worden sind. Das Amtshilferichtlinien-Umsetzungsgesetz vom 26.6.201330 sieht ab dem Veranlagungszeitraum 2014 (§ 34 Abs. 7 S. 13 KStG) in § 8b Abs. 1 Satz 2 KStG vor, dass Dividendenbezüge bei der empfangenden Gesellschaft nur dann steuerfrei sind, wenn die Bezüge das Einkommen bei der leistenden Gesellschaft nicht gemindert haben. Damit hat Deutschland bereits eine Abwehrregelung nach den Empfehlungen der OECD zur Verhinderung von weißen Einkünften und zur Herstellung einer Besteuerungskorrespondenz geschaffen, wenngleich in dieser Konstellation zunächst der Staat, in dem der Betriebsausgabenabzug der geleisteten Bezüge zugelassen worden ist, aufgerufen ist, den Betriebsausgabenabzug zu neutralisieren. Möglicherweise wird die Bundesregierung doch nicht abwarten, bis alle 15 Vorschläge der OECD zu BEPS vorliegen, sondern die Maßnahmen, die die G20-Staaten in Brisbane jüngst bereits beschlossen haben, zeitnah angehen.

II. Patentboxen Zur Besteuerung der sog. Patentboxen bestimmt der Koalitionsvertrag der Bundesregierung, dass sichergestellt werden soll, dass „der steuerli28 S. 91 des Koalitionsvertrages. 29 S. 92 des Koalitionsvertrages. 30 BGBl. I 2013, 1809.

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che Abzug von Lizenzaufwendungen mit einer angemessenen Besteuerung der Lizenzerträge im Empfängerland korrespondiert. „Im Vorgriff auf diese internationale Regelung werden wir in Deutschland erforderlichenfalls gesetzgeberisch voranschreiten.“31 Diese Aussage wird aus Sicht von NRW und m.E. aller anderen Länder uneingeschränkt begrüßt, weil sie bislang so verstanden worden war, dass Deutschland eher ein Gegner von Steuervermeidungsstrategien in Gestalt von Patentboxen ist. Irritierend war deshalb der Vorstoß des Bundesfinanzministers, dass Überlegungen bestehen, dass auch im Inland Unternehmen für hier vereinnahmte Erlöse aus Lizenzen und Patenten ein ermäßigter Steuersatz von 10 oder 15 % in Aussicht gestellt werde.32 Die Aussage im Koalitionsvertrag erscheint auf einmal in einem anderen Licht, weil mit der „angemessenen Besteuerung“ bislang der Regelsteuersatz verbunden worden war. Freilich kann eine „angemessene“ Besteuerung auch eine solche sein, die als Fördermaßnahme für die inländische Industrie ausgebildet wird. Ein Steuersparmodell soll damit nicht verbunden sein, weil insbesondere Bedingung sei, dass nur Einnahmen aus solchen Patenten und Lizenzen begünstigt werden, die im Inland entwickelt und von hier aus verwertet werden. Ein Anreiz eines Imports solcher im Ausland entwickelter Rechte sei damit nicht bezweckt. Es ist davon auszugehen, dass die Angemessenheit der Fördermaßnahme sich nach einheitlichen Standards in den OECD- bzw. G20-Staaten orientieren wird. Auch die OECD33 äußert sich aufgeschlossen zu Patentboxen dieser Art. Bleibt Deutschland in einem allgemein akzeptierten Korridor der Begünstigung von im Inland entwickelter Patente und Lizenzen, wird unter dem Aspekt der Vermeidung von Gewinnabsaugungsmodellen anderer Staaten34 nichts einzuwenden sein. Eine andere Frage ist es jedoch, ob wegen der Einnahmeausfälle die Bundesländer einem solchen Vorhaben zustimmen könnten oder sich der damit verbundenen Förderung von Forschung und Entwicklung im Inland durch steuerliche Anreize bzw. Gegenstrategie zur Verhinderung von Abwanderungen hier entwickelter verwertbare Erfindungsrechte in ausländische Patentboxen 31 S. 91 des Koalitionsvertrages. 32 Vgl. die Nachricht im Handelsblatt v. 16.9.2014 unter Berufung auf einen Bericht des Magazins „Der Spiegel“. 33 Vgl. Zwischenbericht der OECD (2014), „Wirksamere Bekämpfung schädlicher Steuerpraktiken unter Berücksichtigung von Transparenz und Substanz“. 34 Irland hat bereits signalisiert, dass es trotz Beendigung seiner Steuervermeidungsmöglichkeit „Double Irish“ bis 2020 für ausländische Unternehmen weiterhin seine Patentbox „großzügig anbieten“ werde (so Meldung des Handelsblatts v. 16.10.2014).

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verweigern werden. Die Finanzminister/innen der Länder haben bereits deutlich gemacht, dass sie den Vorschlag des BMF nicht unterstützen.35 In der Öffentlichkeit hat sich insbesondere Hessen zu Wort gemeldet.36 Der dortige Finanzminister Dr. Schäfer vertritt die Auffassung, dass die Möglichkeiten, zu einer europäischen Lösung zu kommen, in den letzten Monaten nicht zu dem gewünschten Erfolg geführt hätten. Er kündigt eine Bundesratsinitiative ein, mit der er in Abweichung zu den Vorstellungen des Bundesfinanzministers die Einführung einer „Lizenzschranke“ erreichen will. Die Zielrichtung dieses Vorschlags bezweckt eine Versagung des Betriebsausgabenabzugs für im Inland gezahlte Lizenzausgaben, wenn nicht nachgewiesen werde, dass der Empfänger der Lizenzzahlung „mindestens genauso viel Steuern darauf bezahlen“ würde. Auf EU-Ebene wird derzeit geprüft, inwieweit die vorhandenen Patentboxen im europäischen Bereich (derzeit 10 EU-Staaten sowie Schweiz (Kantonsebene) und Liechtenstein) dem Verhaltenskodex für die Unternehmensbesteuerung entsprechen. Vor dem Gipfel der G20-Staaten im australischen Brisbane haben sich Bundesfinanzminister Schäuble und der britische Finanzminister Osborne auf einen gemeinsamen Vorschlag geeinigt. Sie knüpfen an den Vorschlag der OECD an, wonach die Steuervergünstigung unmittelbar an Forschungsausgaben gekoppelt werden muss. Voraussetzung sei eine substanzielle wirtschaftliche Aktivität, also die Anknüpfung an den Ort, an dem die Ausgaben für Forschung und Entwicklung entstanden sind. Da der Widerstand insbesondere einer Reihe von EU-Staaten beträchtlich ist, schlagen die beiden Finanzminister einen schrittweisen Übergang bis zu ihrer Zielvorstellung bis 2021 vor. Bis dahin sollten allen nationalen Regelungen, die auch Einnahmen aus Patenten und Lizenzen, die nicht im Inland erworben worden sind, begünstigen, abgeschafft sein.

III. Digitale Ökonomie Ein weiteres Feld werden die Herausforderungen der digitalen Kommunikation und der dadurch bedingten neuartigen „Handelswege“ bilden. Es ist zu prüfen, ob sich hieraus Handlungsfelder für die Besteuerung der Unternehmen ergeben. Anknüpfungspunkt der Besteuerung ist bislang die Betriebsstätte, in der und von der die Wertschöpfung ausgeht. Dieser Anknüpfungspunkt zeigt Auflösungserscheinungen, weil die digitale Welt die Produktion und den Handel auf völlig verschiedene Plattformen verlegt. Es bestehen Überlegungen, an die digitale Wertschöp-

35 Handelsblatt v. 24./25.10.2014. 36 Hessenschau v. 16.10.2014.

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fung für Zwecke auch der Ertragsbesteuerung anzuknüpfen. Die Diskussion hierzu wird recht aufschlussreich werden.

IV. Automatischer zwischenstaatlicher Informationsaustausch Nach dem zwischen den USA und Deutschland im Jahr 2013 abgeschlossenen FATCA-Abkommen hat die OECD auf Bitten der G20-Staaten einen einheitlichen globalen Standard für den automatischen Informationsaustausch in Steuerangelegenheiten entwickelt. Der Standard sieht vor, dass die beitretenden Länder bei den Finanzinstituten ihres Hoheitsgebiets Informationen zu ausländischen Steuerpflichtigen einholen und diese jährlich automatisch mit den anderen Ländern austauschen. Meldepflichtig sind insbesondere Zinsen, Dividenden, Kontosalden, Erlöse aus dem Verkauf von Finanzprodukten etc. Am 28./29.10.2014 fand in Berlin das „Global Forum on Transparency and Exchange of Information for Tax Purposes“ mit 120 Teilnehmerländern statt. Inzwischen haben 65 Länder sich dem (Rahmen-)Abkommen angeschlossen. Es ist jedoch zu erwarten, dass die Einzelheiten zum Informationsaustausch zumindest mit den Staaten außerhalb des EU-/ EWR-Raumes noch bilateral konkretisiert werden müssen. Innerhalb Europas soll an die Stelle der Verpflichtungen der einzelnen Mitgliedstaaten eine Harmonisierung in der Form erfolgen, dass die OECD-Standards in die Amtshilferichtlinie eingearbeitet werden, die dann die Zinsrichtlinie ersetzen wird. Die Datenlieferung soll von den Mitgliedstaaten ab 2017 aufgenommen werden; Österreich wird ab 2018 beginnen. Geplant ist des Weiteren, dass die europäischen Drittstaaten ebenfalls alsbald eingebunden werden. Die Schweiz zeigte bereits Bereitschaft; Verhandlungen laufen bereits. Auch die anderen europäischen Drittstaaten werden dem Vernehmen nach alsbald beitreten. Wenn in der Presse getitelt wird, dass mit diesem weltumspannenden Abkommen das „Bankgeheimnis“ abgeschafft sei, ist diese Sichtweise sicherlich zutreffend. Auf der anderen Seite wird verstärkt die Diskussion aufkommen, ob dann noch an der Abgeltungssteuer festgehalten werden sollte, weil der Anreiz, einen Kapitalstamm in das Ausland zu transferieren oder nur dort zu generieren, um die dann folgenden Zinseinkünfte zu verschleiern, schwinden wird. Die Forderung, diese Schedule abzuschaffen, wird lauter. Dieser Aspekt ist in Bezug auf Zinseinkünfte nachvollziehbar. Bei Dividendeneinkünften drohen hingegen systematische Brüche.

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D. Finanzbeziehung zwischen Bund und Ländern Politisch wird derzeit erheblich über die künftige Finanzbeziehung zwischen Bund und Ländern gestritten. Ausgangspunkt ist das Auslaufen des Finanzpaktes zugunsten der neuen Bundesländer in 2019 und die Beachtung der Schuldenbremse ab 2020. Damit sind zum einen das Schicksal des Solidaritätszuschlags und zum anderen die Neuordnung der Finanzbeziehungen zwischen den einzelnen staatlichen Ebenen angesprochen, die insbesondere Bayern und Hessen mit ihren Verfassungsbeschwerden gegen die gegenwärtige Struktur des Länderfinanzausgleichs angreifen. Diese Auseinandersetzungen werden nicht nur mittelbar, sondern auch unmittelbar für den Steuerbürger Konsequenzen haben. Solidaritätszuschlag: Als Steuerzuschlag ist der Solidaritätszuschlag einst mit den Anforderungen des Aufbaus Ost begründet und eingeführt worden. Im Verlauf der Zeit verflüchtigt sich der ursprüngliche Anlass immer mehr, so dass verfassungsrechtliche Zweifel an der weiteren Aufrechterhaltung dieses Zuschlags aufkommen. Es besteht allerdings weitgehend Einigkeit im politischen Raum, dass selbst bei Aufgabe des Solidaritätszuschlags eine Minderung des Steueraufkommens nicht beabsichtigt ist. Diskutiert wurde zunächst, dass der bisherige Zuschlag durch eine neue Abgabe mit einer anderen Zielrichtung (Erhalt der Infrastruktur im öffentlichen Raum) ersetzt wird. Inzwischen ist wohl allgemeiner Konsens, dass das Aufkommen des Solidaritätszuschlags im Wege der Integration in den Einkommen- und Körperschaftsteuertarif erhalten bleiben soll.37 Länderfinanzausgleich: Der Streit um den horizontalen Länderfinanzausgleich droht nicht allein auf die Finanzbeziehungen der staatlichen Ebenen begrenzt zu bleiben. Um aufgrund der eigenen finanziellen Leistungsstärke Vorteile und Anreize für die eigene Attraktivität zu gewinnen, plädieren insbesondere die finanzstarken Länder dafür, bei den Gemeinschaftssteuern Einkommen- und Körperschaftsteuern Abschlagsund Zuschlagsrechte innerhalb eines bestimmten Korridors eingeräumt zu erhalten. Damit seien Länder mit einem größeren Finanzbedarf in der Lage, den Mehrbedarf über Zuschläge landesintern finanzieren zu können. Ähnliches wird vornehmlich von Bayern für die Erbschaftsteuer reklamiert. Die Länder sollen in die Lage versetzt werden, dass sie bei Bedarf die Erbschaftsteuer über Abschläge bei der Bemessungsgrundlage bzw. dem Tarif mindern können. Es nimmt nicht wunder, dass die är-

37 Inzwischen ist die Bundesregierung von solchen Überlegungen wieder abgerückt und plant das allmähliche Auslaufen des Solidaritätszuschlags ab dem Jahr 2020.

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meren Länder im Bundesgebiet dies als die Freiheit empfinden, die der Fuchs für die Gans fordert.

E. Anreize zur Wirtschaftsbelebung I. Abbau der Kalten Progression Nachdem die Große Koalition im Wesentlichen im sozialpolitischen Bereich die im Koalitionsvertrag vorgesehenen Verbesserungen für die Bevölkerung umgesetzt hat (Mütterrente, Rente mit 63 Jahren), regte sich im Herbst 2014 im Wirtschaftsflügel der CDU Widerstand, der angesichts einer prognostizierten zurückgehenden Wirtschaftsleistung Verbesserungen zur Belebung der Wirtschaft anmahnte. Konkrete Vorschläge in Bezug auf die Unternehmen bleiben dabei jedoch rar, und man beschränkt sich wieder einmal auf die Forderung, die sog. Kalte Progression abzuschaffen. Selbst die Verfasser des Jahresgutachtens für die wirtschaftliche Entwicklung sehen in öffentlichen Äußerungen hier ein wirksames Mittel, der Rezession entgegenzuwirken. Abgesehen davon, dass der Bundesfinanzminister an seinem Plan, für 2015 einen ausgeglichenen Haushalt ohne zusätzliche Schuldenaufnahme präsentieren zu wollen und deshalb Steuermindereinnahmen aufgrund einer Korrektur des Einkommensteuertarifs ablehnt, sind Zweifel angebracht, ob die Effekte der Abschaffung der Kalten Progression für die Wirtschaft ernsthaft spürbar sein werden. Die Mindereinnahmen für die öffentlichen Haushalte wären auf jeden Fall insgesamt beträchtlich, wenngleich derzeit wegen der niedrigen Inflationsrate im niedrigen einstelligen Milliardenbereich. Der Vorteil für den einzelnen Steuerpflichtigen wäre indes sehr überschaubar. Beispiel: Ein Lediger bezieht 52.881 Euro zu versteuernde Einkünfte (Ende der Progressionszone) und erhält von seinem Arbeitgeber in 2014 einen Inflationsausgleich in Höhe von 1,5 %, so dass er mithin 53.674 Euro zu versteuern hat. Steuer vorher: 13.971,00 Euro ESt zzgl. 768,40 Euro SolZ = 14.739,40 Euro Steuer nachher: 14.304,00 Euro ESt zzgl. 786,72 Euro SolZ = 15.090,72 Euro Die Steuerbelastung ist um 351,32 Euro gestiegen. Dies entspricht bezogen auf die ursprüngliche Steuerbelastung einer Steigerung um 2,38 % und ist damit höher als die Inflationsrate. Eine lediglich in Höhe der Inflationsrate angehobene Steuer würde indes lediglich 221,09 Euro betragen und würde daher um 130,23 Euro niedriger ausfallen. Die Beseitigung der Kalten Progression würde diesem Steuerpflichtigen somit ein Steuerplus von rd. 10,85 Euro im Monat bescheren.

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Beispiel: Ein verheiratetes berufstätiges Paar bezieht 75.000 Euro zu versteuernde Einkünfte und erhält von seinen Arbeitgebern in 2014 einen Inflationsausgleich in Höhe von 1,5 %, so dass es mithin 76.125 Euro zu versteuern hat. Steuer vorher: 16.104,00 Euro ESt zzgl. 885,72 Euro SolZ = 16.989,72 Euro Steuer nachher: 16.494,00 Euro ESt zzgl. 907,17 Euro SolZ = 17.401,17 Euro Die Steuerbelastung ist um 411,45 Euro gestiegen. Dies entspricht bezogen auf die ursprüngliche Steuerbelastung einer Steigerung um 2,56 %. Eine lediglich in Höhe der Inflationsrate angehobene Steuer würde indes lediglich 254,85 Euro betragen und würde daher um 156,60 Euro niedriger ausfallen. Die Beseitigung der Kalten Progression würde für dieses Paar ein Steuerplus von 13,05 Euro im Monat zur Folge haben.

Insgesamt lässt sich festhalten, dass Zweifel an der Tauglichkeit dieser Maßnahme zur effektiven Konjunkturbelebung bestehen. Anders wäre diese Maßnahme zu beurteilen, wenn den Steuerpflichtigen die inflationsbedingten Steuernachteile der letzten Jahre zurückgegeben würden. Dann jedoch wachsen die Steuermindereinnahmen der öffentlichen Haushalte in den zweistelligen Milliardenbereich und sind nicht darstellbar.

II. Agenda 2015 für Unternehmen 1. Verbesserungen für Start-ups sowie für Entwicklung und Forschung Diese Themenfelder sind nicht neu, könnten allerdings bei der Suche nach steuerlichen Anreizen zugunsten der Wirtschaft wieder besonders in den Fokus der Politik geraten. Steuerliche wirksame und vor allem zielgenaue Incentives zu finden, ist dabei nicht einfach. 2. Abschreibungsbedingungen Probate Mittel sind immer wieder verbesserte Abschreibungsbedingungen. So wird die Wiedereinführung der degressiven AfA nach § 7 Abs. 2 EStG a.F. gefordert, um hiervon für die Ausrüstungsindustrie Impulse ausgehen zu lassen. Die finanziellen Ausfälle für die öffentliche Hand sind dabei beträchtlich, so dass die Zustimmung insbesondere der Länder mit Blick auf die Einhaltung der Schuldenbremse kaum zu erwarten sein dürfte. Zwar dürfte auch die Bundesregierung derzeit an erheblichen Steuerausfällen nicht interessiert sein, weil sie unverändert einen ausgeglichenen Haushalt für 2015 ohne neue Schuldenaufnahme vorlegen möchte. Der internationale Druck auf Deutschland, die Sparpolitik zu lockern, wächst jedoch derzeit, was jedoch aus ausländischer Sicht nur dann Sinn macht, wenn von einer erhöhten Ausgabenbereitschaft der staatlichen Ebene insbesondere zur Verbesserung der Ver90

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kehrswege auch das Ausland profitieren kann. Eine Verbesserung der heimischen Wirtschaft auf den internationalen Märkten wird in europäischen Staaten, die wenig Nachfragekraft zeigen, hingegen wenig hilfreich sein. Immer wieder taucht bei der AfA-Verbesserung das Lifo-Verfahren in der Diskussion auf. Vertreter des BMF vermitteln mitunter den Eindruck, hier eine Verbesserung für die Wirtschaft ermöglichen zu können. Auf der anderen Seite ist jedoch das Lifo-Verfahren ebenfalls aufgrund deutlich verbesserter technischer Verfahren zur Verfolgung der unternehmensinternen Waren- und Vorratsströme kaum noch zu rechtfertigen, wenn es der Bewertungsvereinfachung dienen soll. Es macht einfach keinen Sinn, dass Unternehmen in ihrer Buchhaltung das Vorratsvermögen mit Hilfe moderner Warenwirtschaftssysteme nachhalten und nur für steuerliche Zwecke die Verbrauchsfolge nach der Lifo-Methode darstellen und dabei umfängliche Umbuchungen vornehmen müssen. Deshalb existieren bereits gegenläufige Vorschläge des Landes Hessen, das zugunsten der Wiedereinführung der degressiven AfA als Gegenfinanzierung das Lifo-Verfahren abschaffen möchte. Ich halte es für schwierig, soweit zu gehen, weil in bestimmten Fällen der Vermischung von Vorratsvermögen infolge bestimmter technischer Abläufe eine genaue Nachverfolgung des Abgangs des Vorratsvermögens unmöglich ist. Eine Begrenzung des Lifo-Verfahrens auf einen sehr schmalen Anwendungsbereich wäre wohl der richtige Weg. Ein BMF-Schreiben, das sich noch im Entwurfsstadium befindet, schränkt dabei richtigerweise die Lifo-Methode für Handelswaren ein, deren tatsächliche Verbrauchsfolge über EDV-Systeme nachvollzogen werden können. Diese Einschränkung soll hingegen nicht für gleichermaßen verfolgbare Ströme bei Fertigungsprozessen gelten. Die Bevorzugung industrieller Herstellungsprozesse ist m.E. recht großzügig ausgefallen.

F. Investmentbesteuerung Schon seit 2011 ist nach Anstoß durch die Finanzministerkonferenz die Neuordnung der Investmentbesteuerung untersucht worden. Ein Bericht, wie die Neuordnung gestaltet werden kann, liegt seit mehr als zwei Jahren vor, liegt derzeit jedoch auf Eis, weil die Auswirkungen des neuen Konzeptes insbesondere auf Altersvorsorgeprodukte geprüft werden soll. Ein in Auftrag gegebenes externes Gutachten ist zu dem Ergebnis gekommen, dass die geplante Neuregelung sich auf die Attraktivität der Produkte der Fondswirtschaft nur moderat auswirken soll, so dass nunmehr der Weg für die Neuregelung geebnet sein dürfte.

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G. Finanztransaktionssteuer (FTS) Still geworden nach außen ist es derzeit um die Debatte um diese Steuer, obgleich hinter den Kulissen wiederum deutlich wird, dass im Detail bekanntlich der Teufel steckt. Die Steuer entsteht nach den bisher bekannten Plänen, soweit ein Finanzinstitut beteiligt ist, das in einem der elf teilnehmenden Mitgliedstaaten ansässig ist, oder wenn bei fehlender Ansässigkeit in einem teilnehmenden Staat ein Finanzinstrument gehandelt wird, das in einem der elf Staaten zuvor ausgegeben wurde. Nach jüngsten Meldungen bereitet die Administrierung wohl erhebliche Probleme, so dass erwogen wird, die FTS (auch Börsensteuer genannt) lediglich auf börsennotierte Anteile anzuwenden, die in einem der elf Staaten ausgegeben worden sind. Damit befürchten die kleineren unter den elf Staaten, die über keine großen Finanzplätze verfügen, dass sie an dem Aufkommen dieser Steuer nur wenig partizipieren, wenn der andere Anknüpfungspunkt, die Ansässigkeit des handelnden Finanzinstituts entfiele.38 Ein anderes Problem der Administrierung ist bislang wenig beleuchtet worden. Michael Lewis erhielt am 9.10.2014 den Deutschen Wirtschaftsbuchpreis für seinen Roman „Flash Boys“, der einen für die breite Öffentlichkeit bemerkenswerten Einblick in die Welt der Hochgeschwindigkeitshändler gibt. Gewaltige Rechneranlagenzentren haben sich offenbar weltweit entwickelt, die letztlich nur über Algorithmen gesteuert, selbständig in atemberaubender Geschwindigkeit Käufe und Verkäufe handelbarer Papiere organisieren. Die Diskussion um die Sinnhaftigkeit solcher Handelsmaschinerien ist entbrannt.39 Befürworter loben die Verbilligung der Order und das Zusammenschmilzen von früher verlangten üppigen Arbitragen, weil der Blitzhandel auf das Ausnutzen kleinster Preisunterschiede gerichtet ist, sodass die Angleichung der Preise auf den Märkten viel rascher als zuvor erfolge. Die Gegner hingegen erinnern an den Zusammenbruch der Aktienmärkte im Mai 2010, der die Unternehmenswerte dramatisch einfallen ließ. Bereits damals seien die Computerhändler als Schuldige dieses Effektes an den Börsen ausgemacht worden, denen die blitzschnelle Abfolge von Orders aus dem Ruder gelaufen war. Die schiere Masse an Orders könne den Kollaps der Märkte zur Folge habe. Langfristige Anlagestrategien rutschen in den Hintergrund, wenn alleine das Ausnutzen von Preisdifferenzen das überwiegende Segment des Handels beherrsche, wobei der Vorteil letztlich bei denjenigen liege, die über die bessere Computer- und Programmiertechnologie verfügen.

38 Vgl. die Nachricht hierzu im Handelsblatt v. 20.10.2014. 39 Vgl. hierzu die Pro und Contra-Diskussion der Handelsblatt-Redakteure Stock und Maisch am 14.10.2014.

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Die FTS würde – so die Pläne der teilnehmenden elf Mitgliedstaaten im Rahmen einer verstärkten Zusammenarbeit – auch in dem computergestützten Handel jede einzelne Transaktion mit einer Steuer belegen wollen. Wo der Ort der Transaktion hingegen liegt, ist hierbei ohne Bedeutung. Wie im Einzelnen die rechtlichen und technischen Anknüpfungen für eine solche Steuer erfolgen kann, insbesondere dann, wenn die Akteure sich der Rechnerkapazitäten, die im fernen Ausland mit unüberschaubaren Vernetzungen aufgebaut worden sind, bedienen, ist noch rätselhaft. Rasante technische Entwicklungen in der Datenverarbeitung haben uns zudem häufig gelehrt, dass sie zu beträchtlichen gesellschaftlichen und ökonomischen Umwälzungen geführt haben und weiterhin führen werden. Für die Folgen dieser Entwicklungen gibt es vielfach keine rechtlichen Spielregeln, und nationale Rechtsordnungen laufen mit ihrem identifizierten regulatorischen Bedarf dem nur hinterher und wirken dabei bisweilen hilflos. Dieser Eindruck drängt sich auch bei der FTS auf, weil diese in dem Bestreben, in rechtsstaatlicher und transparenter Weise Besteuerungstatbestände im Aktienhandel zu identifizieren und zu besteuern, „fremd“ wirkt in Anbetracht der weltweit verstreuten computergesteuerten Transaktionen, bei denen selbst versierte Fachleute sich nicht zutrauen, diese Vorgänge im Einzelnen zu erfassen und zu bewerten. Es bleibt abzuwarten, ob die FTS angesichts der technischen Entwicklungen gleichwohl Kontur gewinnt oder von diesen schlicht überrollt wird.

H. Resümee Das Jahr 2015 verspricht durchaus, steuerlich ereignisreich zu werden. Der Schwerpunkt liegt dabei – wie in der Einleitung schon angekündigt – auf dem internationalen Gebiet und dabei auf dem künftigen Umgang der Staaten untereinander. Die Schlüsselfrage wird sein, wieviel solche Staaten, die das Steuerrecht in Gestalt von zweifelhaften Patentboxen, unterlassener Repatriierung von Auslandsgewinnen, tax-rulings und sonstigen Vergünstigungen, die innerhalb der EU beihilferechtlich problematisch sind, sich aber nicht auf die EU-Staaten begrenzen lassen, gezielt im nationalen Interesse einsetzen, letztlich aufzugeben bereit sind. Solche Vorteile haben für die Unternehmen Magnetwirkung und führen zu beträchtlichen nationalen Vorteilen in Bezug auf Beschäftigung, Ansehen und Wohlstand. Die damit zugleich verbundene Wettbewerbsverzerrung zulasten der anderen Staaten, die auf solche Methoden verzichten, interessierten bisher nur am Rande. Im Bereich des nationalen Steuerrechts werden „große Themen“ die nationalen Umsetzungen von BEPS-Vorschlägen der OECD, die Verfahrensmodernisierung 93

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innerhalb der Abgabenordnung, das Investmentsteuerrecht und die Aufarbeitung der steuerlichen Probleme im Bereich der Erbschaftsteuer sein, zu deren Lösung der Gesetzgeber bislang leider keine eigenen kreativen Vorschläge entwickelt hat, sondern vom Bundesverfassungsgericht gedrängt und getrieben wird. Der Wunsch des Steuerpflichtigen und seiner Ratgeber, man möge die strukturelle Vereinfachung auch des materiellen Steuerrechts, das viele angeht, nicht vergessen und wenigstens in überschaubaren Teilbereichen versuchen, wird wohl auch in 2015 unerhört bleiben.

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2. Leitthema: Unternehmenssteuerrecht 2

Das neue BMF-Schreiben zu § 8c KStG Regierungsdirektorin Dr. Bianca Lang Karlsruhe Professor Dr. Guido Förster Steuerberater, Düsseldorf Inhaltsübersicht 1. Einleitung (Lang) 2. Unterjähriger Beteiligungserwerb (Förster) a) Gewinn vor dem schädlichen Beteiligungserwerb, Verlust danach b) Gewinn vor und nach dem schädlichen Beteiligungserwerb c) Verlust vor dem schädlichen Beteiligungserwerb d) Unterjähriger schädlicher Beteiligungserwerb und Mindestbesteuerung 3. Konzernklausel (Lang) a) Überblick b) Zurechnungsebene aa) „Dieselbe Person“ bb) 100 %-Beteiligung c) Handlungsebene

d) Prüfung der Konzernklausel im Zusammenhang mit der Ermittlung der schädlichen Erwerbsquote von 25 %/50 % 4. Verschonungsregel bei stillen Reserven (§ 8c Abs. 1 Satz 6–9 KStG) (Förster) a) Inhalt und Zweck b) Ermittlung der stillen Reserven aa) Allgemein bb) Negatives Eigenkapital der Verlustgesellschaft cc) Stille Reserven bei unterjährigem schädlichen Beteiligungserwerb dd) Mehrstufiger Beteiligungserwerb c) Verschonungsreihenfolge

1. Einleitung (Lang) Nach § 8c KStG führt allein die Übertragung von mehr als der Hälfte der Anteile innerhalb von 5 Jahren zu einem vollständigen Wegfall des Verlustvortrags einer Kapitalgesellschaft. Bei einer Übertragung von mehr als 25 % bis 50 % der Anteile entfällt der Verlustvortrag anteilig. Gemäß § 34 Abs. 7b KStG findet die Neuregelung des § 8c KStG erstmals für den VZ 2008 und auf Anteilsübertragungen nach dem 31.12.2007 Anwendung. Anteilsübertragungen, die bis zu einem Zeitraum von fünf Jahren vor dem 1.1.2008, d.h. zwischen dem 1.1.2003 und dem 31.12.2007 erfolgt sind, sind in die Berechnung nicht miteinzubeziehen. Durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz (WBG) vom 22.12.20091 wurden folgende Änderungen eingefügt: 1 BGBl. I 2009, 3950, BStBl. I 2010, 2.

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Lang/Förster, Das neue BMF-Schreiben zu § 8c KStG

– Es wurde eine Konzernklausel geschaffen, nach der Verluste bei lediglich konzerninternen Umgliederungen erhalten bleiben. – In den sonstigen Fällen, die nicht unter die neue Konzernklausel oder die Sanierungsklausel fallen und in denen die Verluste untergehen würden, bleiben die nicht genutzten Verluste in Höhe der stillen Reserven erhalten (sog. Stille-Reserven-Klausel). § 8c Abs. 1 KStG i.d. Fassung des WBG ist erstmals auf schädliche Beteiligungserwerbe nach dem 31.12.2009 anzuwenden. Beim FG Hamburg (Az. – 2 K 33/10, GmbHR 2011, 711 m. Anm. Roser) ist ein Verfahren anhängig, in dem verfassungsrechtliche Bedenken gegen § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG i.d. Fassung vor dem WBG erhoben werden. Zwischenzeitlich hat das FG Hamburg die Frage der Verfassungsmäßigkeit des § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG dem BVerfG vorgelegt (Az. 2 BvL 6/11). Nunmehr ist unter dem Az. I R 31/11 auch ein Verfahren vor dem BFH zur Frage der Verfassungswidrigkeit anhängig, in dem der schädliche Beteiligungserwerb mehr als 50 % beträgt (§ 8c Abs. 1 Satz 2 KStG i.d. Fassung vor dem WBG). Das Verfahren ist bis zur Entscheidung des BVerfG in der Rechtssache 2 BvL 6/11 ausgesetzt2. Die Finanzverwaltung hat hierzu entschieden, dass in Fällen des § 8c Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 KStG Aussetzung der Vollziehung zu gewähren ist, wenn der Antragsteller ein berechtigtes Interesse im Sinn der BFHBeschlüsse v. 6.11.1987, BStBl. II 1988, 134, und vom 1.4.2010, BStBl. II 2010, 558, darlegt und glaubhaft macht. Ein berechtigtes Interesse liegt insbesondere vor, soweit die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts zu irreparablen Nachteilen für den Antragsteller führt, z.B. zu einem unmittelbaren Insolvenzrisiko. Durch das sog. „Korb-II“-Gesetz vom 23.12.2003 wurde in § 10d Abs. 2 EStG bei der Nutzung von Verlustvorträgen eine Mindestbesteuerung eingeführt. Danach ist mit Wirkung ab VZ 2004 ein festgestellter Verlustvortrag i.H.v. 1 Mio. Euro unbegrenzt, über diesen Betrag hinaus aber nur noch i.H.v. 60 % abzugsfähig. Der BFH hat bereits in einem Aussetzungsbeschluss vom 26.8.20103 hierzu entschieden, dass zwar die Grundkonzeption der zeitlichen Streckung des Verlustvortrages auch angesichts des Zins- bzw. Liquiditätsnachteils den verfassungsrechtlichen Anforderungen noch entsprechen dürfte, es aber ernstlich zweifelhaft sei, ob die Mindestbesteuerung verfassungsrechtlichen Anforderungen auch dann standhalte, wenn eine

2 BFH v. 28.10.2011 – I R 31/11, BFH/NV 2012, 605. 3 I B 49/10, BStBl. I 2011, 826.

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Verlustverrechnung in späteren Veranlagungszeiträumen aus rechtlichen Gründen (im Urteilsfall: nach § 8c) endgültig ausgeschlossen ist. Mit Beschluss vom 26.2.2014 hat der BFH diese Frage nunmehr dem BVerfG zur Entscheidung vorgelegt4. Der BFH hält zwar die in § 10d Abs. 2 EStG geregelte Mindestbesteuerung in ihrer Grundkonzeption für verfassungsgemäß5. Dies gelte aber dann nicht, wenn der vom Gesetzgeber beabsichtigte lediglich zeitliche Aufschub der Verlustverrechnung in einen endgültigen Ausschluss der Verlustverrechnung hineinwächst und damit ein sog. Definitiveffekt eintritt. Zu dieser Thematik ist das BMF-Schreiben vom 19.10.20116 ergangen. Es regelt, in welchen Fällen bei einem Einspruch gegen die Anwendung der Mindestbesteuerungsregelung auf Antrag AdV gem. § 361 AO eines vollziehbaren Steuer- bzw. Messbetragsbescheids gewährt werden kann. Voraussetzung hierfür ist, dass es in einem Folgejahr zum endgültigen Ausschluss einer Verlustnutzungsmöglichkeit, mithin zu einem Definitiveffekt kommt. Es werden vier Fälle genannt, wobei es sich um eine abschließende Aufzählung handelt. Einer davon ist der Fall des schädlichen Beteiligungserwerbs nach § 8c KStG i.d. Fassung vor dem WBG. Es ist gegen den Bescheid, in dem die Mindestbesteuerung zum Tragen kommt, d.h. in dem eine Steuer festgesetzt wird, obwohl der Steuerpflichtige über genügend hohe Verlustvorträge verfügt, unter Hinweis auf den o.g. BFH-Beschluss Einspruch einzulegen. Geht durch eines der vier genannten Ereignisse der Verlust in einem Folgejahr (anteilig) unter, kann unter Berufung auf das BMF-Schreiben vom 19.10.2011 AdV beantragt werden. Es wird dann der Verlustvortrag über 1 Mio. Euro ohne Begrenzung auf 60 % des Betrags durchgeführt. Zu § 8c KStG ist am 4.7.2008 ein BMF-Schreiben ergangen7, das nunmehr überarbeitet wurde. Das neue Schreiben soll das Schreiben aus dem Jahr 2008 ersetzen. Hierin wurden insbesondere (erstmals) Aussagen zur Konzern- und zur Stille-Reserven-Klausel getroffen. Des Weiteren erfolgte eine Umsetzung des Urteils des BFH vom 30.11.20118 zum Verlustabzug bei unterjährigem schädlichen Beteiligungserwerb, da hierdurch Tz. 31 Satz 2 des BMF-Schreibens vom 4.7.2008 überholt ist.

4 BFH v. 26.2.2014 – I R 59/12, GmbHR 2014, 1099 = FR 2014, 1033 m. Anm. Hallerbach = DStR 2014, 1761. 5 Vgl. a. BFH v. 22.8.2012 – I R 9/11, BStBl. II 2013, 512 = GmbHR 2013, 52 = FR 2013, 213 m. Anm. Hallerbach. 6 BStBl. I 2011, 974. 7 BStBl. I 2008, 736. 8 BFH v. 30.11.2011 – I R 14/11, BStBl. II 2012, 360 = FR 2012, 310 m. Anm. Klein/Nosky = GmbHR 2012, 410 m. Anm. Suchanek.

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Klargestellt wurde der Ausnahmetatbestand der unentgeltlichen vorweggenommenen Erbfolge (Rz. 4). Diese ist dann privilegiert, wenn sie einem Angehörigen i.S.d. § 15 AO (Verlobter, Ehegatte, Verwandte/verschwägerte gerader Linie, Geschwister und deren Kinder, Ehegatten der Geschwister und Geschwister der Ehegatten, Geschwister der Eltern, Pflegeeltern und Pflegekinder) zugutekommt. Die Finanzverwaltung ist damit von der engen Linie abgerückt, dass die unentgeltliche vorweggenommene Erbfolge nur dann keinen schädlichen Erwerbstatbestand i.S.d. § 8c KStG darstellt, wenn der Bedachte im Fall des Todes auch gesetzlicher Erbe wäre. Diese Auffassung hätte zur Folge gehabt, dass ein Anteilseigner zu Lebzeiten seiner Kinder nicht z.B. seinen Enkeln, Neffen oder Nichten Anteile übertragen kann, ohne einen schädlichen Erwerb i.S.d. § 8c KStG auszulösen.9 Anmerkung Förster: Die Klarstellung, dass Angehörige generell Empfänger einer begünstigten vorweggenommenen Erbfolge sein können, ist angesichts der Vielgestaltigkeit der Lebensverhältnisse zu begrüßen. Die personelle Konkretisierung des Empfängerkreises spricht m.E. auch dafür, dass im Übertragungsvertrag zur Vermeidung eines schädlichen Beteiligungserwerbs nicht ausdrücklich vereinbart werden muss, die Anteilsübertragung erfolge im Rahmen einer vorweggenommenen Erbfolge. Vielmehr ist bei einer voll unentgeltlichen Anteilsübertragung an einen Angehörigen von einer vorweggenommenen Erbfolge auszugehen. Begünstigt ist der Erwerbsvorgang – wie auch der Erbfall und die Erbauseinandersetzung – allerdings nur dann, wenn der Vorgang vollständig unentgeltlich vonstattengeht. Auch eine nur geringfügige Gegenleistung löst nach Auffassung der Finanzverwaltung den Tatbestand des § 8c KStG aus. Zur Behandlung einer Vermögensübertragung gegen Versorgungsleistung äußert sich der BMF-Entwurf – anders als in einem früheren Entwurfsstadium – nicht. Hier sollten die allgemeinen ertragsteuerlichen Abgrenzungskriterien zur Anwendung kommen.10

2. Unterjähriger Beteiligungserwerb (Förster) Die nachfolgenden Ausführungen konzentrieren sich auf den Nicht-Organschaftsfall. Zum Organschaftsfall vgl. den Beitrag von Kiontke/Schumacher.

9 Problematisch ist hierbei, dass die Gerichte an norminterpretierende Verwaltungsanweisungen nicht gebunden sind, s. Neumann, GmbHR 2014, 673. 10 Siehe BMF v. 11.3.2010, BStBl. I 2010, 227; so auch Neumann, GmbHR 2014, 673.

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a) Gewinn vor dem schädlichen Beteiligungserwerb, Verlust danach Nach dem BMF-Schreiben vom 4.7.2008 konnte beim unterjährigen schädlichen Beteiligungserwerb ein bis zum Beteiligungserwerb erzielter Gewinn des laufenden Jahres nicht mit vorhandenen Verlustvorträgen verrechnet werden.11 Dem sind jedoch der BFH12 und das Hessische FG13 entgegen getreten. Der bis zum schädlichen Beteiligungserwerb gegebenen wirtschaftlichen Identität der Gesellschaft werde nur dann ausreichend Rechnung getragen, wenn die bis dahin erwirtschafteten Gewinne und Verluste miteinander verrechnet werden können.14 Der BMF-Entwurf greift diese Rechtsprechung auf und hält nunmehr abweichend von dem BMF-Schreiben vom 4.7.2008 fest, dass ein bis zum unterjährigen Beteiligungserwerb erzielter Gewinn mit noch nicht genutzten Verlusten verrechnet werden kann.15 Mangels Übergangsregelungen im Verhältnis zum BMF-Schreiben vom 4.7.2008 ist davon auszugehen, dass die geänderte Verwaltungsauffassung für alle noch offenen Fälle gilt. Sie hat besondere Bedeutung, wenn im Vorfeld eines schädlichen Beteiligungserwerbs die Gesellschafter der Verlustgesellschaft auf wertlose Gesellschafterdarlehen verzichten. Denn der Wegfall der Darlehensverbindlichkeiten erhöht den steuerlichen Gewinn der Gesellschaft, soweit die Darlehensforderungen nicht mehr werthaltig sind.16

11 BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 - S 2745-a/08/10001, BStBl. I 2008, 736 Rz. 31. 12 Vgl. BFH v. 30.11.2011 – I R 14/11, BStBl. II 2012, 360 = FR 2012, 310 m. Anm. Klein/Nosky = GmbHR 2012, 410 m. Anm. Suchanek, sowie die Vorinstanz FG Münster v. 30.11.2010 – 9 K 1842/10 K, EFG 2011, 909; BFH v. 9.5.2012 – I B 18/12, BFH/NV 2012, 1489 Rz. 11, 12. Dazu Neyer, StuB 2012, 313 f.; Suchanek, GmbHR 2012, 412; Klein/Nosky, FR 2012, 312 f.; Roth, Ubg 2012, 302–304; Ernst, DB 2012, 1003 f.; Grieser/Faller, DStR 2012, 1007–1011; Lohmann/Stumm, BB 2012, 1651 f. 13 Vgl. FG Hess. v. 7.10.2010 – 4 V 1489/10, rkr., DStRE 2011, 289, 290 f. Dazu Neyer, DStR 2011, 655 f. 14 Vgl. Reitsam in Breithecker/Förster/Förster/Klapdor, UntStRefG, 2007, § 8c KStG Rz. 70; Roser in Gosch, 2. Aufl. 2009, § 8c KStG Rz. 97; Neyer, DStR 2010, 1600; Brandis in Blümich, § 8c KStG Rz. 56 (Nov. 2012). 15 BMF-Entwurf v. 15.4.2014, Rz. 31. 16 Vgl. BFH, Urt. v. 30.5.1990 – I R 41/87, BStBl. II 1991, 588, 591 f. = GmbHR 1991, 73; v. 9.6.1997 – GrS 1/94, BStBl. II 1998, 307, 310 = GmbHR 1997, 851 = FR 1997, 723; v. 29.1.2003 – I R 50/02, BStBl. II 2003, 768, 770 = FR 2003, 1045 = GmbHR 2003, 1011 m. Anm. Hoffmann; v. 12.7.2012 – I R 23/11, GmbHR 2012, 1188 m. Anm. Hoffmann = FR 2013, 127 = DStR 2012, 2058 Rz. 15; BMF v. 2.12.2003 – IV A 2 - S 2743, 5/03, BStBl. I 2003, 648; v. 8.11.2010 – IV C 6 - S 2128/07/10001, BStBl. I 2010, 1292, Tz. 5.

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Eine Verrechnung kommt allerdings nach BMF-E, Rz. 31a, nur in Betracht, wenn das Ergebnis des Wirtschaftsjahres der Verlustgesellschaft, in dem der schädliche Beteiligungserwerb erfolgt, insgesamt positiv ist. Sind vor dem schädlichen Beteiligungserwerb Gewinne und danach Verluste entstanden, so sind die Ergebnisse zu saldieren und nur der verbleibende Gewinn kann – unter Beachtung der Mindestbesteuerung – mit den Verlustvorträgen verrechnet werden. Auf die sodann verbleibenden nicht genutzten Verluste ist § 8c KStG anzuwenden.17 Die zwingende Verrechnung eines Gewinns bis zum schädlichen Beteiligungserwerb mit nachfolgenden Verlusten des Wirtschaftsjahrs kann sich zu Lasten der Verlustgesellschaft auswirken und widerspricht der Unterbrechung der wirtschaftlichen Identität der Gesellschaft durch den schädlichen Beteiligungserwerb.18 Beispiel: Die A-GmbH mit kalenderjahrgleichem Wirtschaftsjahr weist zum 31.12.2013 körperschaftsteuerliche und gewerbesteuerliche Verlustvorträge von jeweils 1 Mio. Euro aus. Alleingesellschafter A veräußert zum 1.7.2014 alle Anteile an der GmbH an den Erwerber B, der allerdings darauf besteht, dass A noch vor der Veräußerung auf sein wertloses Gesellschafterdarlehen i.H.v. 500.000 Euro verzichtet. Das Ergebnis der GmbH im Zeitraum 1.1.–30.6.2014 beträgt unter Berücksichtigung des Gewinns aus dem Wegfall der Darlehensverbindlichkeit +400.000 Euro, das Ergebnis im Zeitraum 1.7.–31.12.2014 beträgt –100.000 Euro. Die A-GmbH verfügt am 1.7.2014 über stille Reserven von 200.000 Euro.

Lösung BMF-E: Gewinn 1.1.–30.6.2014 +400.000 t Verlust 1.7.–31.12.2014 –100.000 t Saldiertes Ergebnis des WJ 2014 300.000 t Das gesamte saldierte Ergebnis kann mit den vorhandenen Verlustvorträgen (im Rahmen der Mindestbesteuerung) verrechnet werden, da der Gewinn im 1. Hj. entstanden ist. Verlustvorträge zum 31.12.2013 1.000.000 t – 300.000 t ./. Verrechnung mit saldiertem Gewinn aus 2014 Nicht genutzte Verluste 700.000 t ./. Verlustuntergang unter Berücksichtigung der Stille-Reserven–500.000 t Klausel (§ 8c Abs. 1 Satz 2 und 6 KStG) Verlustvorträge zum 31.12.2014 200.000 t. Zum 31.12.2014 verfügt die A-GmbH noch über körperschaftsteuerliche und gewerbesteuerliche Verlustvorträge von jeweils 200.000 Euro 17 BMF-Entwurf v. 15.4.2014, Rz. 31a. 18 Vgl. FG Hess. v. 7.10.2010 – 4 V 1489/10, rkr., DStRE 2011, 289, 290 f.; Ritzer/ Stangl, DStR 2014, 978; IDW, FN-IDW 2014, 466 f.; Adrian/Weiler, BB 2014, 1304; Schneider/Sommer, FR 2014, 538; Suchanek/Trinkaus, FR 2014, 889 f.; Förster, DB 2015, 337; a.A. Neumann, GmbHR 2014, 675.

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Lösung Hess. FG v. 7.10.2010: Nach Auffassung des Hess. FG müssen die bis zum schädlichen Beteiligungserwerb erwirtschafteten Gewinne mit den Verlustvorträgen vor dem schädlichen Beteiligungserwerb verrechnet werden können. Eine vorrangige Saldierung mit den nach dem schädlichen Beteiligungserwerb erwirtschafteten Verlusten scheidet daher aus. Die andersartige Rechtslage bei der GewSt im Falle des unterjährigen Ausscheidens eines Mitunternehmers findet ihren Grund darin, dass der Gewerbebetrieb der Mitunternehmerschaft im Falle eines partiellen Mitunternehmerwechsels nicht als eingestellt gilt.19 Diese Rechtslage ist aber mit § 8c KStG nicht vergleichbar, der von einem Wechsel der wirtschaftlichen Identität der Gesellschaft durch die Änderung des Gesellschafterbestands ausgeht.20 Auch spricht der Wortlaut des § 8c Abs. 1 Satz 1 und 2 KStG für eine mit dem schädlichen Beteiligungserwerb eintretende Zäsur. Verlustvorträge zum 31.12.2013 ./. Verrechnung mit Gewinn aus 1. Hj. 2014 Nicht genutzte Verluste ./. Verlustuntergang unter Berücksichtigung der Stille-ReservenKlausel (§ 8c Abs. 1 Satz 2 und 6 KStG) Verlustvorträge nach § 8c KStG + Verlust 2. Hj. 2014 Verlustvorträge zum 31.12.2014

1.000.000 t –400.000 t 600.000 t –400.000 t 200.000 t +100.000 t 300.000 t

Zum 31.12.2014 verfügt die A-GmbH noch über körperschaftsteuerliche und gewerbesteuerliche Verlustvorträge von jeweils 300.000 Euro.

Anmerkung Lang: Die Lösung des BMF-E halte ich für zutreffend. Es wird in einem 1. Schritt der GdE eines VZ ermittelt, dieser kann dann mit dem festgestellten Verlustvortrag verrechnet werden. Das entspricht dem Prinzip des § 10d EStG, Verluste erst innerhalb eines Jahres mit vorhandenen Gewinnen auszugleichen und darüber hinaus noch verbleibende Gewinne mit vorhandenen Verlustvorträgen zu verrechnen. Eine Durchbrechung des veranlagungszeitraumbezogenen Prinzips würde eine erhebliche Abweichung von den geltenden Grundsätzen bedeuten. Würde im Übrigen ein bis zum schädlichen Beteiligungserwerb entstandener Gewinn vorrangig mit Verlusten der Vorjahre verrechnet werden, würde ein nach dem Anteilserwerb entstandener Verlust für Folgejahre als Verlustvortrag erhalten bleiben, obwohl im zu betrachtenden Veranlagungszeitraum insgesamt ein Gewinn entstanden war und grundsätzlich kein Raum für eine Verlustfeststellung bestanden hat.

19 BFH v. 22.1.2009 – IV R 90/05, FR 2009, 828 m. Anm. Kempermann = GmbHR 2009, 496 = BFH/NV 2009, 843. 20 BT-Drucks. 16/4841, 76.

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b) Gewinn vor und nach dem schädlichen Beteiligungserwerb Wurde sowohl vor als auch nach dem schädlichen Beteiligungserwerb ein positives Ergebnis erzielt, so ist das Ergebnis des gesamten Wirtschaftsjahrs nach wirtschaftlichen Kriterien aufzuteilen (Rz. 32). Dies kann durch einen Zwischenabschluss auf den Tag des schädlichen Beteiligungserwerbs und getrennte Einkommensermittlungen für die Zeit vor und nach dem schädlichen Beteiligungserwerb erfolgen oder durch eine Schätzung.21 Über die Art der Schätzung enthält der BMF-Entwurf keine näheren Ausführungen. Das BMF-Schreiben vom 4.7.2008 erlaubte in Rz. 32 eine zeitanteilige Aufteilung oder eine andere, wirtschaftlich begründete Aufteilung. Die fehlende Übergangsregelung im BMFEntwurf spricht dafür, dass beide Schätzungsmethoden auch weiterhin möglich sind. Allerdings besteht aufgrund des veränderten Wortlauts kein Anspruch des Steuerpflichtigen auf Anerkennung einer zeitlichen Verteilung mehr.22 Anmerkung Lang: Aus Vereinfachungsgründen sieht die Rz. 32 des BMFSchreibens vom 4.7.2008 im Grundsatz eine zeitanteilige Aufteilung des entstandenen Verlustes vor. Im Ausnahmefall kann eine andere, wirtschaftlich begründete Aufteilung dargelegt werden. Diese Regelung wurde insbesondere deshalb geschaffen, um den Steuerpflichtigen nicht für jeden einzelnen Beteiligungserwerb zur Aufstellung eines Zwischenabschlusses zu zwingen. Im Entwurf des neuen BMF-Schreibens wird nun davon abweichend Regel- und Ausnahmefall umgekehrt. Es sind grundsätzlich die tatsächlichen Verhältnisse (wirtschaftlich begründete Aufteilung) zugrunde zu legen und nur ausnahmsweise, z.B. wenn kein Zwischenabschluss vorliegt, wird eine zeitanteilige Aufteilung zugelassen. M.E. besteht hier aber ein massives praktisches Problem: Es geht um den Gesamtbetrag der Einkünfte (GdE). In einem Veranlagungszeitraum gibt es nur einen Gesamtbetrag der Einkünfte, dieser ist entweder positiv oder negativ; dies entspricht auch § 7 Abs. 3 Satz 2 KStG. Wenn es nunmehr darum geht, auf den Tag des schädlichen Beteiligungserwerbs den – anteiligen – GdE zu ermitteln, so sind nach Erstellung einer taggenauen Bilanz die Hinzurechnungen und Kürzungen, wie sie im Einkommensermittlungsschema R 29 KStR 2004 dargestellt sind, 21 BMF-Entwurf v. 15.4.2014, Rz. 32. 22 Vgl. Ritzer/Stangl, DStR 2014, 979; Neumann, GmbHR 2014, 674. Eine Selbstbindung zur Anerkennung der zeitlichen Aufteilung schon bisher ablehnend Dötsch in D/P/M, § 8c KStG, Rz. 80 (April 2014); dagegen: Lang, B. in EY, § 8c KStG, Rz. 68.5 (Mai 2012). Zweifelnd, ob die zeitanteilige Aufteilung weiterhin zulässig ist, Rödder, Ubg 2014, 317 ff.; Schneider/Sommer, FR 2014, 538.

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ggf. anteilig zu berücksichtigen.23 Hier besteht das praktische Problem der Zuordnung von nichtabzugsfähigen Betriebsausgaben, verdeckten Gewinnausschüttungen, steuerfreien Vermögensmehrungen, der Anwendung der Zinsschrankenregelung etc. Der Steuerpflichtige ist allerdings nicht verpflichtet, eine taggenaue Ermittlung des GdE durchzuführen, hierzu gibt es keine gesetzliche Grundlage. Diese kann, muss aber auch nicht von der Finanzverwaltung durchgeführt werden. Ist eine taggenaue Ermittlung des GdE allerdings durchgeführt, so geht diese einer Schätzung oder einer zeitanteiligen Aufteilung vor. c) Verlust vor dem schädlichen Beteiligungserwerb Ist bis zum unterjährigen schädlichen Beteiligungserwerb ein Verlust entstanden, so schließt Rz. 30 des BMF-Entwurfs wie schon das BMFSchreiben vom 4.7.2008 einen Ausgleich mit Gewinnen nach dem schädlichen Beteiligungserwerb ebenso aus wie einen Rücktrag in den vorangegangenen Veranlagungsraum24. Der Ausschluss des Verlustausgleichs mit nachfolgenden Gewinnen entspricht dem Wortlaut des § 8c Abs. 1 Satz 1 und 2 KStG, wonach die „bis zum schädlichen Beteiligungserwerb nicht ausgeglichenen … negativen Einkünfte nicht mehr abziehbar“ sind.25 Allerdings werden sich bei der unterjährigen Ergebnisermittlung regelmäßig die von Lang vorstehend beschriebenen praktischen Probleme ergeben. Beispiel: Alleingesellschafter C veräußert zum 1.7.2014 seine Anteile an der C-GmbH (WJ = KJ) an D. Das Ergebnis der GmbH im Zeitraum 1.1.–30.6.2014 beträgt – 100.000 Euro, das Ergebnis im Zeitraum 1.7.–31.12.2014 beträgt +400.000 Euro. Über stille Reserven verfügt die C-GmbH am 1.7.2014 nicht.

Lösung: Ein unterjähriger Verlustausgleich des negativen Ergebnisses der GmbH aus der Zeit vor dem schädlichen Beteiligungserwerb mit dem nachfolgenden positiven Ergebnis scheidet aus (§ 8c Abs. 1 Satz 1, 2 KStG). Dies ist auch die Auffassung des BMF-E (Rz. 30, 32a Bsp. 6, B10). Das zvE der GmbH in 2014 beläuft sich somit auf 400.000 Euro.

23 Hierzu auch Neumann, GmbHR 2014, 674. 24 Vgl. Neumann, GmbHR 2014, 676. 25 Vgl. Suchanek/Herbst, FR 2007, 872; Neyer, BB 2007, 1419; Suchanek in H/H/R, § 8c KStG Rz. 32 (Jan. 2012); Brandis in Blümich, § 8c KStG Rz. 56 (Nov. 2012); Ernst, DB 2012, 1002, Fn. 7; Dötsch in D/P/M, § 8c KStG Rz. 77 (April 2014); Förster, DB 2015, 338. A.A. Neumann, GmbH-StB 2007, 251; Neyer, DStR 2010, 1600; Benz, Ubg 2011, 773.

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Lang/Förster, Das neue BMF-Schreiben zu § 8c KStG Probleme ergeben sich allerdings im Hinblick auf die Ermittlung der anteiligen Ergebnisse vor und nach dem schädlichen Beteiligungserwerb: Nach BMF-E, Rz. 32, ist das Ergebnis des Wirtschaftsjahres nach wirtschaftlichen Kriterien aufzuteilen, was durch einen nach den Regeln eines Jahresabschlusses erstellten Zwischenabschluss auf den Stichtag des schädlichen Beteiligungserwerbs und getrennte Einkommensermittlungen für die Zeit vor und nach dem schädlichen Beteiligungserwerb erfolgen kann. Sofern ein Zwischenabschluss nicht erstellt wird, ist die Aufteilung des Ergebnisses zu schätzen. Die GmbH ist nicht verpflichtet, einen (kostenträchtigen) Zwischenabschluss aufzustellen und getrennte Einkommensermittlungen für die Zeit vor und nach dem schädlichen Beteiligungserwerb vorzunehmen.26 Eine differenzierte Ermittlung der unterjährigen Ergebnisse wird daher nicht selten an einem fehlenden Zwischenabschluss scheitern. Fehlt es auch an wirtschaftlichen Kriterien für eine nachvollziehbare Schätzung der unterjährigen Ergebnisse, so wird vielfach nur eine zeitanteilige Schätzung auf der Grundlage des Gesamtergebnisses möglich sein. In der Konsequenz käme es dann doch zu einem unterjährigen Verlustausgleich. Ein derartiges Vorgehen entspricht letztlich auch den Grundsätzen aus Rz. 31a des BMF-Entwurfs.27 Die Beweislast für den nicht ausgleichsfähigen Verlust liegt bei der Finanzverwaltung, da es sich um einen steuererhöhenden Umstand handelt. Gewerbesteuerlich ist zu beachten, dass die Regelung des § 8c KStG nach § 10a Satz 10 Halbs. 1 GewStG nur auf gewerbesteuerliche „Fehlbeträge“ anzuwenden ist und daher – entgegen der Auffassung in R 10a.1 Abs. 3 Satz 8 GewStR 2009 – einem unterjährigen Verlustausgleich nicht entgegen steht.28

Der Ausschluss eines körperschaftsteuerlichen29 Rücktrags des vor dem schädlichen Beteiligungserwerb entstandenen Verlusts in den vorangegangenen Veranlagungszeitraum entspricht dagegen weder dem Gesetzeswortlaut noch dem Zweck des schädlichen Beteiligungserwerbs. Der Gesetzeswortlaut unterbindet nur den Abzug der vor dem schädlichen Beteiligungserwerb entstandenen Verluste von späteren Gewinnen („sind … nicht mehr abziehbar“). Darüber hinaus entspricht es der mit § 8c KStG beabsichtigten Zäsur in der wirtschaftlichen Identität der Gesellschaft, dass Gewinne und Verluste vor dem schädlichen Beteiligungs26 Vgl. Neumann, GmbHR 2014, 674; Adrian/Weiler, BB 2014, 1305. 27 Vgl. Ritzer/Stangl, DStR 2014, 979. So bereits Lang, B. in EY, § 8c KStG Rz. 68.3, 68.4 (Mai 2012); Neumann, GmbH-StB 2007, 251; Benz, Ubg 2011, 772. 28 Vgl. Zerwas/Fröhlich, DStR 2007, 1939; Lenz, Ubg 2008, 25; Kutt/Möllmann, DB 2009, 2567; Suchanek in H/H/R, § 8c KStG Rz. 32a (Jan. 2012); Brandis in Blümich, § 8c KStG Rz. 24 (Nov. 2012); Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg, § 10a GewStG Rz. 371 (Okt. 2013); Fuhrmann/Hoffmann, DB 2014, 738 f.; IDW, FN-IDW 2014, 467. A.A. Güroff in Glanegger/Güroff, 8. Aufl. 2014, § 10a GewStG Rz. 74; Schnitter in Frotscher/Maas, § 10a GewStG Rz. 96; Brauer/Sonnenschein in Deloitte, § 10a GewStG Rz. 150. 29 Für Zwecke der GewSt existiert kein Verlustrücktrag.

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Lang/Förster, Das neue BMF-Schreiben zu § 8c KStG

erwerb im Rahmen der allgemeinen Regelungen verrechnet werden können, wozu auch der Verlustrücktrag nach § 10d Abs. 1 EStG gehört.30 Variante: Die C-GmbH hat im WJ 2013 eine Gesamtbetrag der Einkünfte von 300.000 Euro erzielt.

Lösung BMF-E: Der Verlustrücktrag des anteiligen Ergebnisses 2014 aus der Zeit vor dem schädlichen Beteiligungserwerb ist ausgeschlossen (Rz. 30).

Alternativlösung: Der mit dem schädlichen Beteiligungserwerb eintretenden Zäsur entspricht es, einen körperschaftsteuerlichen Verlustrücktrag in den VZ 2013i.H.v. 100.000 Euro zuzulassen. Das zvE beträgt daher in 2013 nach dem Verlustrücktrag nur noch (300.000–100.000 Euro =) 200.000 Euro. Gewerbesteuerlich ist ein Verlustrücktrag nicht möglich.

Anmerkung Lang: Dass das neue BMF-Schreiben die im bisherigen BMF-Schreiben bereits vertretene Auffassung beibehält, ist vor dem Hintergrund der neuen Rz. 32 und des BFH-Urteils vom 30.11.2011 (I R 14/11, BStBl. II 2012, 360 = FR 2012, 310 m. Anm. Klein/Nosky = GmbHR 2012, 410 m. Anm. Suchanek) auch m.E. inkonsequent. Die vorstehenden Grundsätze gelten auch bei einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr der Verlustgesellschaft.31 d) Unterjähriger schädlicher Beteiligungserwerb und Mindestbesteuerung Nach dem BMF-Entwurf sind die Grundsätze der Mindestbesteuerung gem. § 10d Abs. 2 EStG bei einem unterjährigen schädlichen Beteiligungserwerb auch auf die Verrechnung eines bis zu diesem Zeitpunkt im Wirtschaftsjahr erzielten Gewinns mit bisher noch nicht genutzten Verlustvorträgen anzuwenden.32 Nach Auffassung des I. Senats des BFH bestehen allerdings verfassungsrechtlich begründete Zweifel an der Mindestbesteuerung, wenn sie in Verbindung mit einem schädlichen Betei30 Vgl. Brandis in Blümich, § 8c KStG Rz. 58 (Nov. 2012); Suchanek in H/H/R, § 8c KStG Rz. 32 (Jan. 2012); Roser in Gosch, 2. Aufl. 2009, § 8c KStG Rz. 13; Ernst, DB 2012, 1006; Dötsch in D/P/M, § 8c KStG Rz. 78 (April 2014), jedoch einschränkend für zeitanteilig ermittelte Verlustanteile (78a); Förster, DB 2015, 338 f. 31 BMF-Entwurf v. 15.4.2014, Rz. 32a. Dazu Ritzer/Stangl, DStR 2014, 978 f.; Adrian/Weiler, BB 2014, 1305 f. 32 BMF-Entwurf v. 15.4.2014, Rz. 32b.

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ligungserwerb zum endgültigen Wegfall von Verlustvorträgen führt (s. oben unter 1).33 Nach dem Entwurf wird das durch die Grenzen der Mindestbesteuerung beschränkte Verlustvortragsvolumen vorrangig mit dem bis zum Zeitpunkt des schädlichen Beteiligungserwerbs entstandenen Gewinn des Wirtschaftsjahrs verrechnet. Eine andere Verrechnung (zeitanteilig, nach der Höhe der Einkommen vor und nach dem schädlichen Beteiligungserwerb) scheidet nach Auffassung der Finanzverwaltung aus.34 Anmerkung Lang: Zunächst einmal ist festzuhalten, dass die Mindestgewinnbesteuerung nicht stichtagsbezogen auf den Zeitpunkt des Beteiligungserwerbs anzuwenden ist; Bezugsgröße ist vielmehr immer der GdE, der zum Ende des VZ ermittelt wird. – Schöpft bereits die Verrechnung des bis zum Zeitpunkt des schädlichen Beteiligungserwerbs entstandenen Gewinns des Wirtschaftsjahrs die Mindestbesteuerung aus, so kann für danach entstehende Gewinne des Wirtschaftsjahrs keine weitere Verlustverrechnung mit ggf. noch verbliebenen nicht genutzten Verlusten erfolgen.35 Ein solcher Fall ist denkbar, wenn aufgrund eines schädlichen Beteiligungserwerbs zwischen 25 und 50 % oder aufgrund der Stille-Reserven-Verschonung nicht sämtliche Verlustvorträge vernichtet werden. – Schöpft die Verrechnung des bis zum Zeitpunkt des schädlichen Beteiligungserwerbs entstandenen Gewinns des Wirtschaftsjahrs die Mindestbesteuerung nicht aus, so können nach dem schädlichen Beteiligungserwerb entstandene Gewinne bis zum Erreichen der Grenze der Mindestbesteuerung mit ggf. noch verbliebenen nicht genutzten Verlusten verrechnet werden.36 Beispiel (nach BMF-Entwurf, Rz. 32b Bsp. 7): An der X-GmbH mit kalenderjahrgleichem Wirtschaftsjahr erfolgt zum 1.7.2014 ein schädlicher Beteiligungserwerb von 50 % der Anteile. Der GdE des Jahres 2014 beträgt 3 Mio. Euro. Davon wurden vor dem schädlichen Beteiligungserwerb a) 600.000 Euro, b) 2.400.000 Euro erzielt (wirtschaftlich begründete Aufteilung). Der noch nicht genutzte Verlust zum 31.12. des Vorjahres beträgt 11 Mio. Euro. 33 Vgl. BFH v. 26.8.2010 – I B 49/10, BStBl. II 2011, 826 = GmbHR 2010, 1265; Ritzer/Stangl, DStR 2014, 979 f.; Suchanek/Rüsch, DStZ 2014, 422 f.; wohl auch 422–426; Schneider/Sommer, FR 2014, 538. S.a. BFH v. 26.2.2014 – I R 59/12, GmbHR 2014, 1099 = FR 2014, 1033 m. Anm. Hallerbach = DStR 2014, 1761. 34 BMF-Entwurf v. 15.4.2014, Rz. 32b. 35 BMF-Entwurf v. 15.4.2014, Rz. 32b. 36 BMF-Entwurf v. 15.4.2014, Rz. 32b.

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Lösung: Der maximal zulässige Verlustvortrag in das Jahr des schädlichen Beteiligungserwerbs beträgt (1 Mio. Euro + 60 % × 2 Mio. Euro =) 2.200.000 Euro. a) Der bis zum schädlichen Beteiligungserwerb erzielte Gewinn von 600.000 Euro ist in voller Höhe mit den Verlustvorträgen zu verrechnen. Soweit im Rahmen der anschließenden Anwendung von § 8c KStG nicht genutzte Verluste erhalten bleiben, können diese bis maximal 1.600.000 Euro im Jahr des schädlichen Beteiligungserwerbs abgezogen werden. VV zum 31.12.2013 ./. Verlustabzug 1 Hj. 2014 nicht genutzte Verluste ./. Verlustuntergang, § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG VV nach § 8c KStG ./. Verlustabzug 2. Hj. 2014 VV zum 31.12.2014

11.000.000 t –600.000 t 10.400.000 t –5.200.000 t 5.200.000 t –1.600.000 t 3.600.000 t

Das zvE in 2014 beträgt (3 Mio. Euro – 2,2 Mio. Euro =) 800.000 Euro. Die Mindestbesteuerung führt nicht zum Untergang von (zusätzlichen) nicht genutzten Verlusten. b) Lösung des BMF-Entwurfs: Der bis zum schädlichen Beteiligungserwerb erzielte Gewinn ist bis zur Höhe von 2.200.000 Euro mit den Verlustvorträgen zu verrechnen. Auf den verbleibenden nicht genutzten Verlust ist § 8c KStG anzuwenden. Soweit nicht genutzte Verluste abziehbar bleiben, ist wegen der ausgeschöpften Mindestbesteuerung kein Abzug im Jahr des schädlichen Beteiligungserwerbs möglich. VV zum 31.12.2013 ./. Verlustabzug 1 Hj. 2014 (Mindestbesteuerung) nicht genutzte Verluste ./. Verlustuntergang, § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG VV nach § 8c KStG ./. Verlustabzug 2. Hj. 2014 VV zum 31.12.2014

11.000.000 t –2.200.000 t 8.800.000 t –4.400.000 t 4.400.000 t –t 4.400.000 t

Das zvE in 2014 beträgt (3 Mio. Euro – 2,2 Mio. Euro =) 800.000 Euro. Die Mindestbesteuerung führt zum Untergang eines Verlustvortrags von (50 % × 200.000 Euro =) 100.000 Euro. Dies wirft allerdings verfassungsrechtliche Zweifel auf.37 Der BFH hat die Frage in seinem Vorlagebeschluss vom 26.2.2014 im Ergebnis offengelassen.38 37 Vgl. BFH v. 26.8.2010 – I B 49/10, BStBl. II 2011, 826 = GmbHR 2010, 1265 = FR 2011, 75 m. Anm. Buciek (das Hauptsacheverfahren ist beim FG Nürnberg unter Az. – 1 K 493/11 anhängig, vgl. Adrian/Weiler, BB 2014, 1305 Fn. 14); Ritzer/Stangl, DStR 2014, 979 f.; Suchanek/Rüsch, DStZ 2014, 422 f., wohl auch 422–426; Schneider/Sommer, FR 2014, 538. 38 Vgl. BFH v. 26.2.2014 – I R 59/12, GmbHR 2014, 1099 = FR 2014, 1033 m. Anm. Hallerbach = DStR 2014, 1761.

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Lang/Förster, Das neue BMF-Schreiben zu § 8c KStG Alternativlösung 1: Die Mindestbesteuerung findet bei der Berechnung der nicht mehr abziehbaren nicht genutzten Verlusten keine Anwendung. Ungeachtet dessen sie aber die Höhe des Verlustabzugs in 2014 ein, so dass im Ergebnis ein höherer Verlustabzug zum Ende des Jahrs des schädlichen Beteiligungserwerbs verbleibt.39 VV zum 31.12.2013 ./. Verlustabzug 1 Hj. 2014 (keine Mindestbesteuerung) nicht genutzte Verluste Verlustuntergang, § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG VV zum 31.12.2013 ./. Verlustuntergang, § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG – ./. Verlustabzug 2014 (Mindestbesteuerung) VV zum 31.12.2014

11.000.000 t –2.400.000 t 8.600.000 t (50 %) 4.300.000 t 11.000.000 t 4.300.000 t –2.200.000 t 4.500.000 t

Das zvE in 2014 beträgt (3 Mio. Euro – 2,2 Mio. Euro =) 800.000 Euro. Gegen diese Lösung spricht, dass entgegen der Gesetzesbegründung zu § 8c KStG40 Verlustabzüge aus der Zeit vor dem schädlichen Beteiligungserwerb abziehbar bleiben, die auf das wirtschaftliche Engagement entfallen. Alternativlösung 2: Die Mindestbesteuerung findet auf den Zeitraum vor dem schädlichen Beteiligungserwerb keine Anwendung, soweit sie den Untergang von nicht genutzten Verlusten zur Folge hat. Der Betrag der untergehenden nicht genutzten Verluste und das zvE fällt deshalb geringer aus als bei ungemilderter Anwendung der Mindestbesteuerung. Hierdurch wird sowohl den verfassungsrechtlichen Zweifeln an der Mindestbesteuerung Rechnung getragen als auch ein Abzug alter Verluste bei den Neugesellschaftern ver hindert. VV zum 31.12.2013 ./. Verlustabzug 1 Hj. 2014 (keine Mindestbesteuerung) nicht genutzte Verluste ./. Verlustuntergang, § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG VV nach § 8c KStG ./. Verlustabzug 2. Hj. 2014 VV zum 31.12.2014 Das zvE in 2014 beträgt (3 Mio. Euro – 2,4 Mio. Euro =)

11.000.000 t –2.400.000 t 8.600.000 t –4.300.000 t 4.300.000 t –t 4.300.000 t 600.000 t.

Anmerkung Lang: Wegen einer möglichen Verfassungswidrigkeit der Regelung sollte der Steuerpflichtige im Fall b) unter Berufung auf den Vorlagebeschluss des BFH vom 26.2.2014 (I R 59/12, GmbHR 2014, 1099 = FR 2014, 1033 m. Anm. Hallerbach) gegen den KSt-Bescheid (und auch GewSt-Messbescheid) 2014 Einspruch einlegen.

39 Vgl. Frotscher in Frotscher/Mass, § 8c KStG Rz. 79 (Nov. 2012); Dötsch in D/P/M, § 8c KStG Rz. 81a (April 2014); Rödder, Ubg 2014, 324 f.; Adrian/Weiler, BB 2014, 1304 f.; Suchanek/Trinkaus, FR 2014, 890. 40 BT-Drucks. 16/4841, 76.

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3. Konzernklausel (Lang) a) Überblick Gemäß Satz 5 des § 8c Abs. 1 KStG soll ein schädlicher Beteiligungserwerb nicht vorliegen, wenn an dem übertragenden und dem übernehmenden Rechtsträger dieselbe Person zu jeweils 100 % mittelbar oder unmittelbar beteiligt ist. Die Vorschrift geht von einem „schädlichen Beteiligungserwerb“ aus. Dieser wird in § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG definiert als Übertragung einer bestimmten Quote des „gezeichneten Kapitals, der Mitgliedschaftsrechte, Beteiligungsrechte oder der Stimmrechte an einer Körperschaft“ oder als „vergleichbarer Sachverhalt“. Was unter letzterem zu verstehen ist, ist im alten und neuen BMF-Schreiben unter Rz. 7 geregelt. Die Konzernklausel ist somit – wie auch die Sanierungsklausel in § 8c Abs. 1a KStG – nicht auf die Fälle des Beteiligungserwerbs am Stamm- oder Grundkapital beschränkt. Die Konzernklausel ist in ihrer Grundkonstellation auf einen zumindest dreistufigen Konzernaufbau mit einem Alleingesellschafter an der Spitze zugeschnitten.41 Innerhalb dieses Unternehmensverbundes findet typischerweise eine Übertragung von Anteilen an der Verlustgesellschaft zwischen den Schwestergesellschaften statt. Der übertragende Rechtsträger muss dabei keine Alleingesellschafterstellung an der Verlustgesellschaft innehaben, da die Vorschrift lediglich eine 100 %-ige Beteiligung am übertragenden und übernehmenden Rechtsträger fordert. Beispiel: Die X-AG, eine börsennotierte Gesellschaft, ist Alleingesellschafterin sowohl der T1-GmbH als auch der T2-GmbH. Die T1 hält Anteile (mehr als 25 %) an der Verlust-GmbH. T2 erwirbt die Anteile an der Verlust-GmbH von T1. Der BMF-Entwurf (Rz. 39) unterscheidet dementsprechend drei Ebenen; zur Anwendung der Konzernklausel müssen die Voraussetzungen aller drei Ebenen erfüllt sein. Zurechnungsebene: Diese betrifft die Person, die unmittelbar oder mittelbar zu 100 % am übertragenden und am übernehmenden Rechtsträger beteiligt ist („dieselbe Person“). Handlungsebene: Diese betrifft den schädlichen Beteiligungserwerb zwischen dem übertragenden und dem übernehmenden Rechtsträger.

41 So auch Neumann, GmbHR 2014, 673, 676.

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Lang/Förster, Das neue BMF-Schreiben zu § 8c KStG Ebene der Verlustgesellschaft: Dies ist die Gesellschaft, deren Anteile erworben wurden und für deren Verluste die Anwendung des § 8c KStG zu prüfen ist.

b) Zurechnungsebene aa) „Dieselbe Person“ „Dieselbe Person“, die am übertragenden und am übernehmenden Rechtsträger beteiligt ist, kann nach einer ersten allgemeinen Aussage des BMF-Entwurfs (Rz. 41) jede natürliche oder juristische Person des privaten oder öffentlichen Rechts sein. Als juristische Personen kommen somit z.B. Kapitalgesellschaften, Vereine und Stiftungen, aber auch Gebietskörperschaften in Betracht. Eine Personengesellschaft oder ein anderer Personenzusammenschluss scheiden dagegen als Beteiligte auf der Zurechnungsebene aus (Rz. 41). Eine Personengesellschaft (GbR, OHG, KG) – auch in Form einer Mitunternehmerschaft – oder eine Gesamthandsgemeinschaft (z.B. Erbengemeinschaft) erfüllen somit nicht die Anforderungen an den Rechtsträger auf der Zurechnungsebene, auch wenn sie mit 100 % am übertragenden und am übernehmenden Rechtsträger beteiligt ist. Dies ist inkonsequent, denn Mitunternehmerschaften werden seitens der Finanzverwaltung als mögliche Erwerber im Rahmen des § 8c Abs. 1 Satz 1 und 2 KStG angesehen.42 Die Finanzverwaltung orientiert sich hier ganz eng am Wortlaut „Person“, der eben nur natürliche und juristische Personen, nicht dagegen Personengesellschaften umfasse. Auch die Entstehungsgeschichte der Vorschrift sowie Sinn und Zweck gäben keinen Hinweis darauf, dass der Gesetzgeber abweichend vom Wortlaut auch Personenzusammenschlüsse einbeziehen wollte. Eine über den Wortlaut der Vorschrift hinausgehende Erweiterung auf Personenzusammenschlüsse würde zudem die Frage aufwerfen, welche dieser Zusammenschlüsse – Mitunternehmerschaften, Gesamthandsgemeinschaften o.Ä. – dann in die Begünstigung aufgenommen werden sollte. Anmerkung Förster: M.E. widerspricht die Auffassung im Entwurfschreiben der Gesetzesbegründung, wonach die Konzernausnahme auch

42 BMF v. 4.7.2008, BStBl. I 2008, 736, Rz. 24; so bereits BFH v. 20.8.2003 – I R 81/02, BStBl. II 2004, 614 zu § 8 Abs. 4 KStG a.F.; kritisch auch Neumann, GmbHR 2014, 673, 678; Suchanek/Rüsch, DStZ 2014, 419, 423; Fuhrmann/ Hoffmann, DB 2014, 738, 739; Schneider/Sommer, FR 2014, 537, 539; Ritzer/ Stangl, DStR 2014, 977, 981.

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Umstrukturierungen in Konzernen erfassen soll, an deren Spitze eine Gesellschaft steht.43 Die Gesetzesbegründung schränkt die Konzernausnahme gerade nicht auf Fälle mit einer Kapitalgesellschaft oder sonstigen Körperschaft als Konzernspitze ein. Auch droht bei 100 %-iger Beteiligung einer Personengesellschaft am übertragenden und am übernehmenden Rechtsträger keine Verlustverschiebung. bb) 100 %-Beteiligung Die auf der Zurechnungsebene in Frage kommenden Rechtsträger – natürliche oder juristische Personen – müssen am übertragenden und übernehmenden Rechtsträger zu 100 % beteiligt sein. Unmittelbare und mittelbare Beteiligungen werden dabei zusammengerechnet. Dabei ist auf den maßgeblichen Erwerbszeitpunkt abzustellen; einen Haltezeitraum sieht das Gesetz nicht vor.44 Die Frage ist, wie die mittelbare Beteiligungshöhe ermittelt wird. Zum mittelbaren Beteiligungserwerb ist in Rz. 12 des bisherigen und des neuen BMF-Schreibens geregelt, dass die auf die Verlustgesellschaft durchgerechnete Beteiligungsquote oder Stimmrechtsquote maßgeblich ist. Dies gilt zweckmäßigerweise auch für die Frage der Beteiligungshöhe.45 Für die Ermittlung der 100 %-Beteiligung ist die Zwischenschaltung einer Personengesellschaft unschädlich. Beispiel: M-KG ist Alleingesellschafterin sowohl der T1-GmbH als auch der T2-GmbH. T1 überträgt ihre 100 %-Beteiligung an der Verlust-GmbH auf T2. Bei der M-KG ist K als Kommanditist zu 90 %, die KP-GmbH als Komplementärin zu 10 % am Vermögen beteiligt; K ist auch Alleingesellschafter der KP-GmbH. „Dieselbe Person“ i.S.d. Vorschrift ist hier die natürliche Person K; diese ist mittelbar zu jeweils 100 % am übertragenden (T1) und am übernehmenden Rechtsträger (T2) beteiligt. Die Konzernklausel findet somit Anwendung.

Anmerkung Förster: Der Durchgriff auf K ist nur dann erforderlich, wenn man eine Personengesellschaft nicht als „dieselbe Person“ ansieht, die an der übertragenden T1 und der übernehmenden T2 zu jeweils 100 % beteiligt ist.

43 BT-Drucks. 17/15, 19. Ebenso Dötsch in D/P/M, § 8c KStG Rz. 59d (Dez. 2010); Eisgruber/Schaden, Ubg 2010, 80; Haßa/Gosmann, DB 2010, 1199; Lang, B., DK 2010, 36; Orth, Ubg 2010, 175; Scheunemann/Dennisen/Behrens, BB 2010, 26 f.; Ritzer/Stangl, DStR 2014, 981 f.; Suchanek/Rüsch, DStZ 2014, 423. 44 Neumann, GmbHR 2014, 673, 677. 45 So auch Adrian/Weiler, BB 2014, 1303, 1307.

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Nicht erforderlich ist, dass auch zur Verlustgesellschaft eine 100 %-ige Beteiligung besteht; an dieser kann „zusätzlich ein fremder Dritter“ (Rz. 44) beteiligt sein.46 Dieser Hinweis auf den „fremden Dritten“ ist m.E. überflüssig und irreführend. Auf die Anzahl der sonstigen Beteiligten kommt es nicht an, es können mehrere fremde Dritte, aber auch konzernangehörige Rechtsträger an der Verlustgesellschaft beteiligt sein.47 Beispiel: Wie oben; T1 ist an der Verlust-GmbH aber lediglich mit 50 % beteiligt, weitere 50 % hält der konzernfremde D. Kein Unterschied zu obiger Lösung, die Anwendung der Konzernklausel verhindert einen Verlustuntergang.

c) Handlungsebene Lt. Gesetzeswortlaut muss am übertragenden und übernehmenden Rechtsträger ein Beteiligungsverhältnis von 100 % bestehen. Übertragender und übernehmender Rechtsträger können somit nur solche Rechtsträger sein, an denen ein anderer Rechtsträger (nämlich „dieselbe Person“) überhaupt beteiligt sein kann. Nach Rz. 46 des BMF-Entwurfs ist diese Voraussetzung nicht erfüllt, wenn z.B. eine natürlich Person, eine Stiftung oder eine Gebietskörperschaft selbst übertragender oder übernehmender Rechtsträger ist, da an diesen Rechtsträgern kein Beteiligungsverhältnis bestehen kann. In diesen Fällen greift die Konzernklausel nicht ein, da es an einer Zurechnungsebene fehlt. Beispiel: Die natürliche Person X ist Alleingesellschafter sowohl der T1-GmbH als auch der T2-GmbH. Die T1 hält Anteile (mehr als 25 %) an der Verlust-GmbH. T2 erwirbt die Anteile an der Verlust-GmbH von T1. Die Konzernklausel ist anwendbar und der Verlust der nachgeordneten Gesellschaft geht nicht unter, da X zu 100 % sowohl an der übertragenden Gesellschaft (= T1-GmbH) als auch an der übernehmenden Gesellschaft (= T2-GmbH) beteiligt ist. Abwandlung: Ausgangsfall wie oben, T2 erwirbt jetzt aber die Anteile an T1 von X. Hier findet die Konzernklausel nach ihrem Wortlaut keine Anwendung, da an dem übertragenden Rechtsträger X (= natürliche Person) keine Beteiligung bestehen kann. 46 Neumann, GmbHR 2014, 673, 676. 47 So auch Adrian/Weiler, BB 2014, 1303, 1307.

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Nach Auffassung der Finanzverwaltung ist der Gesetzeswortlaut eindeutig: Er erfasse nicht den Fall einer natürlichen Person als übertragender/übernehmender Rechtsträger. Insoweit sei auch kein Raum für eine erweiternde Auslegung, hierfür bedürfe es einer Gesetzesänderung.48 Nach Rz. 46 des BMF-Schreibens findet die Konzernklausel auch dann keine Anwendung, wenn mehr als ein Beteiligter am übertragenden und/oder am übernehmenden Rechtsträger beteiligt sind. Thematisch gehört diese Problematik zur Zurechnungsebene, da es darum geht, ob „dieselbe Person“ am übertragenden und übernehmenden Rechtsträger zu 100 % beteiligt ist. Beispiel: Die X-AG ist zu 100 % an der T1-GmbH und zu 99 % an der T2-GmbH beteiligt; weiterer Anteilseigner der T2-GmbH ist mit 1 % der konzernfremde D. Die T1 hält Anteile (mehr als 25 %) an der Verlust-GmbH. T2 erwirbt die Anteile an der Verlust-GmbH von T1. Am übernehmenden Rechtsträger T2 ist die X-AG lediglich mit 99 % beteiligt, der Anteilserwerb wird somit nicht durch die Konzernklausel privilegiert.

Entsprechend dem Alles-oder-Nichts-Prinzip gehen die Verluste unter, wenn an der übertragenden oder übernehmenden Gesellschaft ein außenstehender Dritter auch nur minimal beteiligt ist. In der Literatur wird hierzu vertreten, eine geringere als eine 100 %-ige Beteiligungsquote als ausreichend für die Anwendung der Konzernklausel anzusetzen.49 – Man spricht sich dafür aus, die notwendige Beteiligungshöhe auf 95 % abzusenken. Dies entspreche dem grunderwerbsteuerlichen Leitgedanken des § 1 Abs. 2a, 3 GrEStG, wonach ab einer Anteilsvereinigung von 95 % eine Konzentration in einer Hand vorliege. – Vorgeschlagen wird, Konzernumstrukturierungen auch schon dann verlustunschädlich zuzulassen, wenn zumindest eine qualifizierte Mehrheitsbeteiligung besteht, und bei Minderheitsbeteiligungen lediglich einen Verlustuntergang entsprechend deren Beteiligungshöhe vorzusehen.

48 Nunmehr enthalten im Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Protokollerklärung zum Gesetz zur Anpassung der Abgabenordnung an den Zollkodex der Union und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften v. 27.3.2015, BT-Drucks. 121/15, 52. 49 Herzig/Bohn, DStR 2009, 2341, 2343; Sistermann/Brinkmann, DStR 2009, 2633, 2634; Frey/Mückl, GmbHR 2010, 71, 73; Franz, BB 2010, 991, 999; Orth, Ubg 2010, 169, 176.

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– Auch wird vertreten, den Begriff „Person“ durch den Begriff „Erwerberkreis“ i.S.d. BMF-Schreibens v. 4.7.2008, Tz. 3 zu ersetzen und Erwerbergruppe mit gleichgerichteten Interessen als „eine Person“ zu behandeln, sofern sich die gleichgerichteten Interessen sowohl auf den übertragenden als auch auf den übernehmenden Rechtsträger richten. Anmerkung Förster: Für die letztgenannte Auffassung spricht, dass ein Erwerberkreis durch § 8c Abs. 1 Satz 3 KStG einem einzelnen Erwerber gerade gleichgestellt ist. Daher wäre es konsequent, den Erwerberkreis auch als „dieselbe Person“ i.S.d. § 8c Abs. 1 Satz 5 KStG zu behandeln. Allerdings betrifft das Konstrukt des Erwerberkreises letztlich die Handlungsebene („übertragender Rechtsträger“, „übernehmender Rechtsträger“). Vom BMF-Entwurf wird diese Kritik nicht aufgegriffen, sondern die Regelung wortgetreu angewendet.50 Der BMF-Entwurf nennt in Rz. 46 exemplarisch zwei Fälle, wann mehr als ein Beteiligter am übertragenden oder übernehmenden Rechtsträger beteiligt ist: (1) Übertragender oder übernehmender Rechtsträger ist eine Kapitalgesellschaft mit mehreren Anteilseignern, z.B. eine börsennotierte Gesellschaft. Beispiel: Die X-AG, eine börsennotierte Gesellschaft, ist Alleingesellschafterin sowohl der T1-GmbH als auch der T2-GmbH. Die T1 hält Anteile (mehr als 25 %) an der Verlust-GmbH. T2 erwirbt die Anteile an der T1 von der X-AG. Am übertragenden Rechtsträger, der börsennotierten X-AG, sind unzählige Aktionäre beteiligt; die Konzernklausel kommt nicht zur Anwendung.

(2) Übertragender oder übernehmender Rechtsträger ist eine Personengesellschaft, an der nur natürliche Personen beteiligt sind.51

50 Die Kritik mag ordnungspolitisch berechtigt sein, der Wortlaut der Vorschrift ist aber eindeutig; so auch Neumann, GmbHR 2014, 673, 677. 51 Neyer, GmbHR 2014, 734, 735 schließt aus dieser Formulierung, dass die Verwaltung die Konzernklausel dann für anwendbar hält, wenn an der Personengesellschaft – neben den natürlichen Personen – (mindestens) eine Kapitalgesellschaft mit 100 % am Vermögen beteiligt ist. Wegen der engen Auslegung „dieselbe Person“ ist dies m.E. nicht zutreffend.

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Beispiel: A und B sind Gesellschafter sowohl der PG1 als auch der PG2. Die PG1 hält Anteile (mehr als 25 %) an der Verlust-GmbH. PG2 erwirbt die Anteile an der Verlust-GmbH von PG1. Es sind am übertragenden (PG1) als auch am übernehmenden (PG2) Rechtsträger zwei Personen, nämlich A und B beteiligt; die Konzernklausel kommt nicht zur Anwendung

Die Finanzverwaltung hält sich in diesen Fällen streng an den Wortlaut des Gesetzes, worin es heißt, dass „dieselbe Person“ – mithin nur eine Person – am übertragenden und übernehmenden Rechtsträger mit 100 % beteiligt sein muss. Börsennotierte Gesellschaften oder Personengesellschaften können zwar auf der Handlungsebene übertragende oder übernehmende Rechtsträger sein, da hierfür das Zivilrecht maßgeblich ist. Auf der Zurechnungsebene bedarf es aber einer Person mit einer 100 %-igen Beteiligung. Somit scheiden hier Personengruppen aus, selbst wenn am übertragenden und übernehmenden Rechtsträger dieselbe Personengruppe im identischen Verhältnis beteiligt ist. Bei einer börsennotierten Gesellschaft als übertragendem oder übernehmendem Rechtsträger kommt die Konzernklausel somit nach Verwaltungsauffassung nie zur Anwendung.52 Dasselbe gilt für Personengesellschaften, die zivilrechtlich immer aus dem Zusammenschluss von mindestens zwei Gesellschaftern hervorgehen, im Hinblick auf deren unmittelbare Gesellschafterebene. Ist eine Personengesellschaft auf der Handlungsebene übertragender oder übernehmender Rechtsträger und erfolgt die Zurechnung an „dieselbe Person“, die an beiden Rechtsträgern zu jeweils 100 % mittelbar oder unmittelbar beteiligt ist, so ist die Konzernklausel anwendbar. Beispiel: A-GmbH und B-GmbH sind Gesellschafter sowohl der PG1 als auch der PG2. Die PG1 hält Anteile (mehr als 25 %) an der Verlust-GmbH. Alleingesellschafter sowohl der A-GmbH als auch der B-GmbH ist die natürliche Person X. PG2 erwirbt die Anteile an der Verlust-GmbH von PG1. X ist mittelbar zu 100 % sowohl an PG1 als auch an PG2 beteiligt; die Konzernklausel kommt zur Anwendung.53

52 Kritisch Suchanek/Rüsch, DStZ 2014, 419, 423. 53 Neyer, GmbHR 2014, 734, 735.

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Lang/Förster, Das neue BMF-Schreiben zu § 8c KStG

Beispiel: A-GmbH und A sind Gesellschafter der PG; A ist auch Alleingesellschafter der A-GmbH. Die PG hält Anteile (mehr als 25 %) an der Verlust-GmbH. A-GmbH erwirbt die Anteile an der Verlust-GmbH von PG1. A ist mittelbar und unmittelbar zu 100 % an PG und unmittelbar zu 100 % an der A-GmbH beteiligt. Die Konzernklausel kommt zur Anwendung.

Nicht explizit im BMF-Entwurf geregelt (wohl aber während seiner Entstehungsgeschichte diskutiert) ist der Fall der Fall der GmbH & Co. KG mit einer nicht vermögensmäßig beteiligten Komplementär-GmbH. Beispiel: KP-GmbH (vermögensmäßig nicht beteiligt) und K (Kommanditist, vermögensmäßig 100 % beteiligt) sind Gesellschafter der K-GmbH & Co KG; K ist auch Alleingesellschafter der X-GmbH. Die K-GmbH & Co KG hält Anteile (mehr als 25 %) an der Verlust-GmbH. X-GmbH erwirbt die Anteile an der Verlust-GmbH von der K-GmbH & Co. KG. Variante 1: K ist Alleingesellschafter der KP-GmbH Variante 2: Außer K ist noch der Dritte D Gesellschafter der KP-GmbH Variante 3: Bei der K-GmbH & Co. KG handelt es sich um eine „Einheits-GmbH & Co. KG“, bei der die KG alle Anteile an der KP-GmbH hält.

Hier stellt sich die Frage, ob bei einer GmbH & Co. KG als übertragender oder übernehmender Rechtsträger, an der eine natürliche Person zu 100 % als Kommanditist am Vermögen beteiligt ist, eine Zurechnung an eine mit 100 % beteiligte Person, nämlich den Kommanditisten erfolgt. Diese Frage ist von großer praktischer Relevanz, da in Umstrukturierungsfällen häufig GmbH & Co. KGen miteingebunden sind. Dies wird von der Finanzverwaltung so gesehen, wenn der zu 100 % vermögensmäßig beteiligte Kommanditist gleichzeitig zu 100 % an der vermögensmäßig nicht beteiligten Komplementär-GmbH beteiligt ist (Variante 1). Offen ist, ob dies auch noch gilt, wenn an der Komplementär-GmbH zusätzlich oder ausschließlich ein Dritter beteiligt ist (Variante 2). Der BMF-Entwurf äußert sich hierzu nicht, eine Klarstellung wäre hier wünschenswert. Folgende Argumente werden von der Finanzverwaltung ins Feld geführt: – Ist allein die vermögensmäßige Beteiligung an der GmbH & Co KG ausschlaggebend und ist die Komplementär-GmbH nicht an deren Vermögen beteiligt, dann ist auch die Beteiligung eines Dritten an

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der Komplementär-GmbH unschädlich. Diese Auffassung entspricht der überwiegenden Meinung im Schrifttum.54 – Ist die Beteiligung am Gewinn oder Verlust der GmbH & Co. KG ausschlaggebend, dann ist es immer schädlich, wenn ein weiterer Dritter an der GmbH beteiligt ist. Da die Komplementär-GmbH immer am Gewinn/Verlust partizipiert – sei es auch über eine Geschäftsführungsvergütung – profitiert der Dritte in diesem Rahmen immer auch von den Verlusten. – Zu Variante 3 findet sich keine Aussagen im BMF-Entwurf. Hier müssten m.E. die selben Grundsätze gelten wie bei Variante 1, d.h. die Konzernklausel müsste anwendbar sein. Anmerkung Förster: In der Variante 2 erscheint es nicht zwingend, die Beteiligung eines Dritten an der Komplementär-GmbH als schädlich anzusehen – auch wenn man entscheidend auf die Beteiligung des Dritten am Gewinn oder Verlust des übertragenden oder übernehmenden Rechtsträgers abstellt. Denn wenn die Komplementär-GmbH nur eine Festvergütung für die Haftungsübernahme erhält, so ist sie am Verlust der KG letztlich nicht beteiligt. Daher droht insoweit auch keine Verschiebung von Verlusten auf den Dritten. Die Konzernklausel kann sowohl Verkürzungen als auch Verlängerungen der Beteiligungskette zwischen der Konzernspitze und der Verlustkörperschaft betreffen.55 In Umwandlungsfällen werden nach Rz. 45 des BMF-Entwurfs die Begriffe normspezifisch verwendet und sind nicht im umwandlungssteuerrechtlichen Sinn zu verstehen. „Übertragender Rechtsträger“ ist nach diesem Verständnis der Rechtsträger, der die Anteile an der Verlustgesellschaft vor der Anteilsübertragung, „übernehmender Rechtsträger“ derjenige, der die Anteile nach der Anteilsübertragung hält. Beispiel (s. auch Rz. 11): Die A-AG hält 100 % der Anteile an der T-GmbH, die wiederum zu 100 % an der Verlustgesellschaft V-GmbH beteiligt ist. Die T-GmbH wird abwärts auf die V-GmbH verschmolzen. Nach §§ 11, 12 UmwStG ist T die übertragende und V die übernehmende Gesellschaft. Anders bei Prüfung der Konzernklausel: Hier ist übertragender Rechtsträger zwar auch die T, übernehmender Rechtsträger ist aber die A-AG, da diese die

54 Ritzer/Stangl, DStR 2014, 977, 982; Bien/Wagner, BFH v. 25.8.2009 – IX R 60/07, FR 2010, 183 = BB 2009, 2627, 2628 und weitere. 55 Dötsch in D/P/M, KStG, § 8c Rz. 59h (Dez. 2010), Haßa/Großmann, DB 2010, 1198, 1200; a.A. FG Berlin-Brandenburg v. 18.10.2011 – 8 K 8311/10, Rev. (I R 79/11), BB 2012, 1327.

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Lang/Förster, Das neue BMF-Schreiben zu § 8c KStG Anteile an der V nach der Anteilsübertragung hält. Die Konzernklausel ist nicht anwendbar (s.o.).

Anmerkung Förster: Das FG Berlin-Brandenburg hat im Urteil v. 18.10.201156 entschieden, dass § 8c KStG unter Berücksichtigung des Gesetzeszwecks der Verhinderung der missbräuchlichen Verschiebung von Verlusten nicht anzuwenden ist, wenn durch eine (Abwärts-)Verschmelzung die Beteiligungskette verkürzt und eine mittelbare Beteiligung an der Verlustgesellschaft unter Wahrung der bisherigen Beteiligungsverhältnisse in eine unmittelbare Beteiligung umgewandelt wird. In Fällen des Anteilstauschs (§ 21 UmwStG) wirft die normspezifische Auslegung Probleme auf, wenn der Anteilstausch auf einer der Verlustgesellschaft nachgeordneten Ebene stattfindet: Beispiel: Die natürliche Person X ist Alleingesellschafter sowohl der T1-GmbH als auch der T2-GmbH. Die T1-GmbH hält Anteile (mehr als 25 %) an der Verlust-GmbH. Die Verlust-GmbH wird durch Einbringung auf die T2-GmbH übertragen. Übertragender Rechtsträger ist T1, übernehmender Rechtsträger ist T2; die Konzernklausel ist anwendbar.

Abwandlung: Die T1-GmbH wird durch Einbringung auf die T2-GmbH übertragen. Nach § 21 UmwStG wäre X übertragender Rechtsträger, eine Anwendung der Konzernklausel somit ausgeschlossen. Bei normspezifischer Auslegung ist T1 der übertragende und T2 der übernehmende Rechtsträger, da T2 infolge der Einbringung mittelbar an der Verlustgesellschaft beteiligt wird.

Bei Verschmelzung zwischen Schwestergesellschaften mit identischem, 100 %-igem Anteilseigner ist auch nach normspezifischer Auslegung die Konzernklausel anwendbar. Beispiel: Die natürliche Person X ist Alleingesellschafter der T1-GmbH, diese ist zu 100 % an der T2-GmbH beteiligt. Die T2-GmbH hält Anteile (mehr als 25 %) an der Verlust-GmbH. Die T2-GmbH verschmilzt auf die T1-GmbH.

56 Vgl. FG Berlin-Brandenburg v. 18.10.2011 – 8 K 8311/10, Rev. (I R 79/11), BB 2012, 1327 (das Verfahren ist durch BFH v. 11.10.2012 bis zur Entscheidung des BVerfG in dem Verfahren 2 BvL 6/11 ausgesetzt, vgl. Neumann, GmbHR 2014, 678); Karl, BB 2012, 94–97. Zustimmend Karl, BB 2012, 1330; Roth, DB 2012, 1770 f.; Neyer, FR 2012, 860 f.; Schneider/Sommer, FR 2014, 539.

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Lang/Förster, Das neue BMF-Schreiben zu § 8c KStG Die Konzernklausel ist anwendbar und der Verlust der nachgeordneten Gesellschaft geht nicht unter, da X mittelbar zu 100 % an der übertragenden Gesellschaft T2 und unmittelbar zu 100 % an der übernehmenden Gesellschaft T1 beteiligt ist.

Abwandlung: Ausgangsfall wie oben; Konzernspitze ist aber die börsennotierte X-AG. Die Lösung ist identisch, d.h. Anwendung der Konzernklausel.

Die normspezifische Auslegung kommt an ihre Grenzen bei Verschmelzungen innerhalb einer Beteiligungskette. Beispiel: Die börsennotierte X-AG ist Alleingesellschafterin der T-GmbH, diese ist zu 100 % an der E-GmbH beteiligt. Die E hält Anteile (mehr als 25 %) an der Verlust-GmbH. Die T verschmilzt auf die X-AG. Sowohl T als auch die X-AG waren vor der Verschmelzung mittelbare Rechtsträger der Verlust-GmbH. Durch den Wegfall einer Beteiligungsebene ist die X-AG lediglich näher an die Verlust-GmbH herangerückt. Interpretiert man dieses Heranrücken als Eintritt in die Rechtsstellung des übernehmenden Rechtsträgers, dann findet die Konzernklausel keine Anwendung.57 Bereits für die Zeit vor Einführung der Konzernklausel hat das FG Berlin-Brandenburg aber entschieden, die Fälle der Verkürzung einer Beteiligungskette aus dem Anwendungsbereich von § 8c Abs. 1 Satz 1 und 2 KStG auszunehmen.58

Nach der Gesetzesbegründung soll die Konzernklausel dann nicht greifen, wenn neue Gesellschafter hinzutreten oder konzernfremde Gesellschafter beteiligt sind.59 Die Konzernklausel soll damit auf Fälle beschränkt sein, in denen die Verschiebung von Verlusten auf Dritte ausgeschlossen ist. Um dem Sinn und Zweck des Gesetzes gerecht zu werden, müsste die Vorschrift teleologisch reduziert werden.60 Die Verlustverrechnungsbeschränkung gem. § 8c Abs. 1 Satz 1 und 2 KStG müsste dann in all denjenigen Fällen entfallen, in denen Veräußerungen oder Erwerbe innerhalb des Konsolidierungskreises, wie er für Zwecke des Konzernabschlusses benötigt wird, stattfinden.

57 So wohl Rödder, UbG 2014, 317, 321. 58 FG Berlin-Brandenburg v. 18.10.2011 – 8 K 8311/10, DStRE 2012, 1189, hiergegen Revision, Az. des BFH: I R 79/11; hierzu Karl, BB 2012, 1329; Neyer, FR 2012, 858; Roth, DB 2012, 1768. 59 BT-Drucks. 17/15 v. 9.11.2009, 19. 60 Suchanek/Rüsch, DStZ 2014, 419, 4524; Neumann, GmbHR 2014, 673, 677; Fuhrmann/Hoffmann, DB 2014, 738, 739; Schneider/Sommer, FR 2014, 537, 539; Neyer, GmbHR 2014, 734, 736; Rödder, Ubg 2014, 317, 320; Breuninger, GmbHR 2014, R 161.

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d) Prüfung der Konzernklausel im Zusammenhang mit der Ermittlung der schädlichen Erwerbsquote von 25 %/50 % Folge der Konzernklausel ist, dass die Schädlichkeit des Beteiligungserwerbs nach § 8c Abs. 1 Satz 1 oder 2 KStG negiert wird. Aus dem schädlichen wird ein unschädlicher Beteiligungserwerb. Allerdings wird in § 8c Abs. 1 Satz 1 und 2 KStG als „schädlicher Beteiligungserwerb“ erst eine Anteilsübertragung von mehr als 25 % der Anteile, Stimmrechte etc. definiert. Bei wörtlicher Auslegung wäre die Konzernklausel dann nicht anzuwenden, wenn konzerninterne (tatbestandsmäßige) Umstrukturierungen lediglich in einer Größenordnung von bis zu 25 % vorgenommen werden. Hier besteht das Problem, inwieweit diese Anteilserwerbe bei vorangegangenen oder nachfolgenden, nicht von der Konzernklausel privilegierten Anteilsübertragungen als sog. Zählerwerbe mitgerechnet werden müssen. Beispiel: Im Jahr 2010 wird eine konzerninterne Umstrukturierung i.H.v. 25 % der Anteile an der Verlustgesellschaft durchgeführt, die den Tatbestand des § 8c Abs. 1 Satz 5 KStG erfüllt. Innerhalb von fünf Jahren werden weitere 25 % der Anteile an einen außenstehenden Dritten verkauft. Verlustuntergang i.H.v. 50 % oder überhaupt nicht?

Der BMF-Entwurf führt zu dieser Problematik in Rz. 47 f. aus, dass die Konzernklausel regelmäßig geprüft werden soll, wenn eine der schädlichen Grenzen (25 %/50 %) innerhalb von fünf Jahren erstmals überschritten wird. Wird eine der schädlichen Erwerbsquoten erst durch mehrere Erwerbe erreicht, sind die Voraussetzungen der Konzernklausel für jeden der Erwerbe getrennt zu prüfen. Erfüllt ein einzelner Erwerb die Voraussetzungen der Konzernklausel, ist er weder als Zählerwerb noch bei der Ermittlung des Fünfjahreszeitraums zu berücksichtigen. Beispiel (Rz. 48): Ein Erwerber erwirbt folgende Anteile an einer Verlustgesellschaft: Datum des Erwerbs- KonzernErwerbs quote klausel

Rechtsfolgen

1.1.01

15 %

Nicht erfüllt

Der Erwerb gilt als Zählerwerb und setzt den Fünfjahreszeitraum in Gang; eine Verlustkürzung erfolgt nicht, da die Schädlichkeitsgrenze nicht überschritten ist

1.1.02

20 %

erfüllt

Der Erwerb gilt nicht als Zählerwerb, da die Konzernklausel erfüllt ist, ein Fünfjahreszeitraum wird nicht in Gang gesetzt; nach wie vor keine Verlustkürzung, da lediglich schädliche 15 % übertragen wurden.

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Lang/Förster, Das neue BMF-Schreiben zu § 8c KStG

Datum des Erwerbs- KonzernErwerbs quote klausel 1.1.03

32,5 %

04/05

Kein Erwerb

1.1.06

18 %

Rechtsfolgen

Nicht erfüllt

Der Erwerb gilt als Zählerwerb, der Verlust wird um 47,5 % gekürzt. Der Tatbestand des § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG ist damit erfüllt, es beginnt ein neuer Fünfjahreszeitraum. Der Tatbestand des § 8c Abs. 1 Satz 2 läuft weiter.

Nicht erfüllt

Der Erwerb gilt als Zählerwerb, es sind schädlich 50,5 % der Anteile (32,5 % + 18 %) erworben worden. Der Erwerb zum 1.1.01 ist außerhalb des Fünfjahreszeitraums. Der Verlust geht vollständig unter.

4. Verschonungsregel bei stillen Reserven (§ 8c Abs. 1 Satz 6–9 KStG) (Förster) a) Inhalt und Zweck Die nachfolgenden Ausführungen konzentrieren sich auf den Nicht-Organschaftsfall. Zum Organschaftsfall vgl. den Beitrag von Kiontke/Schumacher. Die sog. Verschonungsregel für stille Reserven in § 8c Abs. 1 Satz 6 KStG sieht vor, dass ein nicht abziehbarer nicht genutzter Verlust abweichend von Satz 1 und Satz 2 abgezogen werden, „soweit er bei einem schädlichen Beteiligungserwerb i.S.d. Satzes 1 die anteiligen und bei einem schädlichen Beteiligungserwerb i.S.d. Satzes 2 die gesamten, zum Zeitpunkt des schädlichen Beteiligungserwerbs vorhandenen stillen Reserven des inländischen Betriebsvermögens der Körperschaft nicht übersteigt“. Zweck der Verschonungsregel ist es, nicht genutzte Verluste zu erhalten, soweit sie im Zeitpunkt des schädlichen Beteiligungserwerbs durch auf sie entfallende stille Reserven der Gesellschaft abgedeckt sind.61 Eine Hebung stiller Reserven vor dem schädlichen Beteiligungserwerb zur Rettung der Verlustvorträge ist somit nicht erforderlich.62 Der um die Verschonungsregel erweiterte § 8c Abs. 1 KStG gilt nach § 34 Abs. 7b Satz 2 KStG erstmals für schädliche Beteiligungserwerbe 61 Vgl. BT-Drucks. 17/15, 19; BT-Drucks. 17/147, 9. 62 Vgl. Herzig/Bohn, DStR 2009, 2343; Bien/Wagner, BB 2009, 2627; Sistermann/Brinkmann, DStR 2009, 2635; Scheipers/Linn, Ubg 2010, 12; Frey/ Mückl, GmbHR 2010, 73; Dötsch in D/P/M, § 8c KStG Rz. 76a/1 (April 2014); Ritzer/Stangl, DStR 2014, 984.

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nach dem 31.12.2009. Über § 10a Satz 10 GewStG wirkt sich die Ausnahme auch auf die GewSt der erworbenen Körperschaft und ihr nachgeschalteter Mitunternehmerschaften aus. Für den Zinsvortrag der erworbenen Körperschaft und ihr nachgeschalteter Mitunternehmerschaften wirkt die Verschonungsregel nur eingeschränkt (§ 8a Abs. 1 Satz 3 KStG, § 4h Abs. 2 Satz 2, Abs. 5 Satz 3 EStG). Die Verschonungsregel setzt ihrem Wortlaut nach einen schädlichen Beteiligungserwerb voraus und mildert dessen Rechtsfolgen. Daher geht die Konzernausnahme gem. § 8c Abs. 1 Satz 5 KStG der Verschonungsregel vor.63 Die Verschonungsregel ist ebenso wie die Rechtsfolge des schädlichen Beteiligungserwerbs zweistufig aufgebaut. – Werden innerhalb von fünf Jahren mehr als 25 % aber nicht mehr als 50 % der Anteile erworben, bleiben die nach § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG anteilig nicht mehr abziehbaren Verluste erhalten, soweit sie die anteiligen stillen Reserven der erworbenen Gesellschaft nicht übersteigen, – bei Erwerb von mehr als 50 % der Anteile bleiben die nach § 8c Abs. 1 Satz 2 KStG vollständig nicht mehr abziehbaren Verluste erhalten, soweit sie die gesamten stillen Reserven der erworbenen Gesellschaft nicht übersteigen. Beispiel: Die A-GmbH verfügt über nicht genutzte Verluste von 1.000.000 Euro und stille Reserven von 400.000 Euro. B erwirbt von Alleingesellschafter A a) 70 % der GmbH-Anteile, b) 30 % der GmbH-Anteile.

Lösung: a) Der schädliche Beteiligungserwerb führt grundsätzlich zum Untergang der gesamten nicht genutzten Verluste (§ 8c Abs. 1 Satz 2 KStG). Aufgrund der Stille-Reserven-Klausel in § 8c Abs. 1 Satz 6 KStG bleiben jedoch nicht genutzte Verluste i.H.v. 400.000 Euro abziehbar. b) Der schädliche Beteiligungserwerb führt grundsätzlich zum Untergang von 30 % der nicht genutzten Verluste; 70 % der nicht genutzten Verluste bleiben erhalten (§ 8c Abs. 1 Satz 1 KStG). Zusätzlich bleiben aufgrund der Stille-Reserven-Klausel in § 8c Abs. 1 Satz 6 KStG weitere nicht genutzte Verluste i.H.v. (30 % × 400.000 Euro =) 120.000 Euro abziehbar. Der abziehbar bleibende nicht genutzte Verlust beträgt daher insgesamt (700.000 + 120.000 =) 820.000 Euro. 63 BMF-Entwurf v. 15.4.2014, Rz. 49. Ebenso Bien/Wagner, BB 2009, 2630; Sistermann/Brinkmann, DStR 2009, 2635; Scheipers/Linn, Ubg 2010, 13; Frey/ Mückl, GmbHR 2010, 73 f.; Neumann, GmbHR 2014, 679; Adrian/Weiler, BB 2014, 1309.

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Übersteigen die stillen Reserven die nicht abziehbaren Verluste, so gehen aufgrund der Verschonungsregel keine Verluste unter. Zudem vermindert (bzw. verhindert) der überschießende Betrag der stillen Reserven den Untergang eines eventuell vorhandenen Zinsvortrags der Gesellschaft (§ 8a Abs. 1 Satz 3 KStG). b) Ermittlung der stillen Reserven aa) Allgemein Von zentraler Bedeutung für die Anwendung der Verschonungsregel ist die Höhe der stillen Reserven der Verlustkörperschaft im Zeitpunkt des schädlichen Beteiligungserwerbs. Gemäß § 8c Abs. 1 Satz 7 KStG sind die stillen Reserven der Unterschiedsbetrag zwischen dem anteiligen oder bei einem schädlichen Beteiligungserwerb i.S.d. § 8c Abs. 1 Satz 2 KStG dem gesamten in der steuerlichen Gewinnermittlung ausgewiesenen Eigenkapital und dem auf dieses Eigenkapital jeweils entfallenden gemeinen Wert der Anteile an der Körperschaft, soweit diese im Inland steuerpflichtig sind (§ 8c Abs. 1 Satz 7 KStG). Dabei ist nach § 8c Abs. 1 Satz 9 KStG bei der Ermittlung der stillen Reserven nur das Betriebsvermögen zu berücksichtigen, das der Körperschaft ohne steuerliche Rückwirkung, insbesondere ohne Anwendung des § 2 Abs. 1 UmwStG zuzurechnen ist. Durch eine rückwirkende Umwandlung können somit keine stillen Reserven für Zwecke der Verschonungsregelung geschaffen werden. Diese Regelung wird im BMF-Entwurf nicht angesprochen. Beispiel: E hat am 1.3.2014 alle Anteile an der V-GmbH erworben, die im Erwerbszeitpunkt über einen Verlustvortrag von 500.000 Euro und stille Reserven von 100.000 Euro verfügte. Im Anschluss an den Beteiligungserwerb wird die G-GmbH, an der E ebenfalls zu 100 % beteiligt ist, rückwirkend auf den 1.1.2014 auf die V-GmbH verschmolzen. Die stillen Reserven der G-GmbH betrugen am 1.3.2014 insgesamt 700.000 Euro.

Lösung: Die im Rahmen der rückwirkenden Verschmelzung auf die V-GmbH übergegangenen stillen Reserven dürfen im Rahmen des schädlichen Beteiligungserwerbs gem. § 8c Abs. 1 Satz 9 KStG nicht berücksichtigt werden. Lediglich die „eigenen“ stillen Reserven der V-GmbH sind zu berücksichtigen, so dass bei dem schädlichen Beteiligungserwerb am 1.3.2014 nicht genutzte Verluste i.H.v. 100.000 Euro abziehbar bleiben.

Anmerkung Lang: Umwandlungsvorgänge, die bereits im Vorfeld der schädlichen Anteilsübertragung wirksam wurden, sind somit nicht betroffen. Hierbei kommt es auf den Übergang des wirtschaftlichen Ei125

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gentums an. Bei einem Anteilserwerb nach dem Zeitpunkt des Verschmelzungsbeschlusses (= Übergang des wirtschaftlichen Eigentums) sind die erworbenen stillen Reserven deshalb miteinzubeziehen. Nach dem BMF-Entwurf v. 15.4.2014, Rz. 50, entspricht der gemeine Wert der Anteile in den Fällen eines entgeltlichen Erwerbs grundsätzlich dem Entgelt. Wurde aufgrund gesellschaftsrechtlicher Veranlassung ein unangemessenes Entgelt gewährt oder lässt sich der Wert der Anteile aus anderen Gründen nicht aus einem Entgelt ableiten, ist der Wert durch eine Unternehmensbewertung zu ermitteln, wobei nach Ansicht der Finanzverwaltung auch das vereinfachte Ertragswertverfahren in Betracht kommt.64 Eine Unternehmensbewertung erscheint deshalb insbesondere bei mittelbaren Anteilserwerben, zeitlich gestreckten Anteilserwerben mit unterschiedlichen Kaufpreisen und Umwandlungsvorgängen erforderlich.65 Bei Erwerben von nahestehenden Personen oder in einer Notsituation des Verkäufers („lucky buy“) erscheint es denkbar, dass die Finanzverwaltung eine Unternehmensbewertung zur Verprobung heranzieht; andererseits sollte eine derartige Verprobung auch zugunsten des Stpfl. möglich sein.66 Stille Reserven sind für die Verschonung nur zu berücksichtigen, soweit sie im Inland steuerpflichtig sind. Soweit stille Reserven im Inland nicht steuerpflichtig sind, bleiben sie außer Betracht. Dies betrifft zum ersten stille Reserven in ausländischen Betriebsstätten der Verlustkörperschaft, die nach einem DBA von der deutschen Besteuerung freigestellt sind.67 Der BMF-Entwurf stellt insoweit klar, dass es insoweit einer Ermittlung der gesamten stillen Reserven einschließlich der ausländischen stillen Reserven der Verlustkörperschaft nicht bedarf.68 Handelt es sich um eine Anrechnungsbetriebsstätte, so sollen die stillen Reserven bei der KSt zu berücksichtigen sein, bei der GewSt jedoch nicht.69 64 BMF-Entwurf v. 15.4.2014, Rz. 50 i.V.m. BMF v. 22.9.2011 – IV C 6 - S 2170/10/10001, BStBl. I 2011, 859, und den Gleichlautenden Ländererlassen v. 17.5.2011, BStBl. I 2011, 606. S.a. BT-Drucks. 17/15, 19. 65 Vgl. Scheunemann/Dennisen/Behrens, BB 2010, 28; Schneider/Roderburg, FR 2010, 61; Neyer, BB 2010, 1058; Dötsch in D/P/M, § 8c KStG Rz. 76g, 76 l (April 2014). 66 Vgl. Suchanek/Rüsch, DStZ 2014, 424. 67 Vgl. Bien/Wagner, BB 2009, 2631; Wittkowski/Hielscher, DB 2010, 16 f., die sich zudem für eine getrennte Betrachtung bei KSt und GewSt aussprechen; Eisgruber/Schaden, Ubg 2010, 83; Frey/Mückl, GmbHR 2010, 75; Dötsch in D/P/M, § 8c KStG Rz. 76n (April 2014). 68 BMF-Entwurf v. 15.4.2014, Rz. 51. 69 Vgl. Wittkowski/Hielscher, DB 2010, 16; Suchanek in H/H/R, § 8c KStG Rz. 57; Neumann, GmbHR 2014, 681.

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Zum zweiten bleiben stille Reserven aus Kapitalgesellschaftsanteilen der Verlustkörperschaft unberücksichtigt, die gem. § 8b Abs. 2 KStG veräußert werden können70. Hierzu gehören auch Streubesitzbeteiligungen i.S.d. § 8b Abs. 4 KStG n.F. Da die Steuerbefreiung den gesamten Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen umfasst, sind die stillen Reserven nach Ansicht der Finanzverwaltung zu 100 % und nicht lediglich zu 95 % zu kürzen.71 Die Kürzung unterbleibt, soweit Anteile an nachgeordneten Kapitalgesellschaften nicht steuerfrei veräußert werden können, wie z.B. bei § 8b Abs. 7 oder 8 KStG sowie bei der Veräußerung einbringungsgeborener Anteile gem. § 8b Abs. 4 KStG a.F.72 Zum dritten ist nach dem BMF-Entwurf ein zum Zeitpunkt des schädlichen Beteiligungserwerbs latent steuerverhafteter Einbringungsgewinn I nicht in die Berechnung der stillen Reserven einzubeziehen, wenn die Verlustkörperschaft über sperrfristbehaftete Anteile i.S.d. § 22 UmwStG verfügt.73 Beispiel: Die V-GmbH hat zum 1.1.2011 einen Teilbetrieb gem. § 20 UmwStG zu Buchwerten von 300.000 Euro (GW 1 Mio. Euro) in eine Tochter-GmbH eingebracht. Der körperschaftsteuerliche und gewerbesteuerliche Verlustvortrag der V-GmbH zum 31.12.2010 betrug jeweils 500.000 Euro. Am 1.1.2014 werden sämtliche Anteile an der V-GmbH von E erworben. Die körperschaftsteuerlichen und gewerbesteuerlichen Verlustvorträge der V-GmbH zum 31.12.2013 betragen jeweils 600.000 Euro. Stille Reserven der V-GmbH befinden sich nur in der Beteiligung an der Tochter-GmbH.

Lösung: Die Stille-Reserven-Verschonung greift nach Auffassung der Finanzverwaltung nicht ein, so dass die zum 31.12.2013 festgestellten Verlustvorträge von je 600.000 Euro untergehen. Die stillen Reserven in den Anteilen an der TochterGmbH können nicht berücksichtigt werden, da sie wegen § 8b Abs. 2 KStG nicht steuerpflichtig sind (§ 8c Abs. 1 Satz 6 KStG). Auch der am 1.1.2014 latent steuer-

70 BT-Drucks. 17/15, 19; BMF-Entwurf v. 15.4.2014, Rz. 52. Kritisch Suchanek in H/H/R, § 8c KStG R. 57 (Mai 2011); Suchanek/Rüsch, DStZ 2014, 424. 71 BMF-Entwurf v. 15.4.2014, Rz. 52. Ebenso Nacke, DB 2009, 2510; Eisgruber/ Schaden, Ubg 2010, 82; Dötsch in D/P/M, § 8c KStG Rz. 76n (April 2014); Neumann, GmbHR 2014, 680. A.A. Bien/Wagner, BB 2009, 2631; Scheunemann/Dennisen/Behrens, BB 2010, 28; Schneider/Roderburg, FR 2010, 60; Breuninger/Ernst, GmbHR 2010, 565; Schnitger/Rometzki, Ubg 2013, 2; IDW, FN-IDW 2014, 469. 72 BMF-Entwurf v. 15.4.2014, Rz. 53. Ebenso Dötsch in D/P/M, § 8c KStG Rz. 76n (April 2014); Neumann, GmbHR 2014, 680. 73 BMF-Entwurf v. 15.4.2014, Rz. 52. Ebenso Dötsch in D/P/M, § 8c KStG Rz. 76n (April 2014); Neumann, GmbHR 2014, 680.

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Lang/Förster, Das neue BMF-Schreiben zu § 8c KStG verhaftete Einbringungsgewinn I i.H.v. (4/7 × (1.000.000 ./. 300.000) =) 400.000 Euro ist nach Auffassung der Finanzverwaltung nicht berücksichtigungsfähig. Das Ergebnis erscheint nicht sachgerecht, soweit Verlustvorträge bereits im Einbringungszeitpunkt (1.1.2011) vorhanden waren. Denn ein rückwirkend in 2011 anzusetzender Einbringungsgewinn I wäre (im Rahmen der Mindestbesteuerung) mit solchen Verlustvorträgen verrechenbar, so dass sie von dem schädlichen Beteiligungserwerb in 2014 nicht mehr betroffen wären.74 Im Ergebnis ist die V-GmbH gezwungen, einen Einbringungsgewinn I auszulösen. Genau diesen Zwang soll aber die Stille-Reserven-Verschonungsregel verhindern. Beachte: Veräußert die V-GmbH in 2014 ihre Beteiligung an der Tochter-GmbH, so wird der gem. § 22 Abs. 1 UmwStG in 2011 anzusetzende Einbringungsgewinn I von 400.000 Euro mit den Verlustvorträgen zum 31.12.2010 verrechnet. Im Rahmen des schädlichen Beteiligungserwerbs am 1.6.2014 gehen dann nur Verlustvorträge von je (600.000 Euro ./. 400.000 Euro =) 200.000 Euro unter.

Anmerkung Lang: Seit der Systemumstellung im Umwandlungssteuerrecht durch das SEStEG kann es nach einer Einbringung zu Buchwerten nicht mehr zu einer steuerpflichtigen Veräußerung der Anteile, die als Gegenleistung für die Einbringung gewährt wurden, kommen. Allein darauf stellt die Finanzverwaltung ab. Ist der Verlustkörperschaft eine gewerbliche Mitunternehmerschaft nachgeschaltet, so sind die stillen Reserven in den Wirtschaftsgütern der Mitunternehmerschaft entsprechend der vorstehenden Grundsätze anteilig bei der Verlustkörperschaft zu berücksichtigen.75 Allerdings gilt dies nach Auffassung der Finanzverwaltung nicht im Bereich des Gewerbesteuerrechts: Da die Mitunternehmerschaft gewerbesteuerlich ein eigenes Steuerrechtssubjekt ist, sind stille Reserven aus der Beteiligung der Verlustkörperschaft an der Mitunternehmerschaft bei der Anwendung des § 10a Satz 10 GewStG nicht zu berücksichtigen.76 Beispiel: Die A-GmbH ist zu 100 % an einer KG beteiligt. B erwirbt alle Anteile an der A-GmbH von deren Alleingesellschafter A. Die nicht genutzten Verluste der A-GmbH (KSt, GewSt) betragen jeweils 1.000.000 Euro. Von den stillen Reserven

74 Vgl. Schneider/Roderburg, FR 2010, 60; Brinkmann, Ubg 2011, 97; Schnitger/ Rometzki, Ubg 2013, 3; Ritzer/Stangl, DStR 2014, 985; Schneider/Sommer, FR 2014, 540. 75 BMF-Entwurf v. 15.4.2014, Rz. 52. Ebenso Scheunemann/Dennisen/Behrens, BB 2010, 29; Frey/Mückl, GmbHR 2010, 76 f.; Dörr, NWB 2010, 197; Dötsch in D/P/M, § 8c KStG Rz. 76n/1 (April 2014); Schnitger/Rometzki, Ubg 2013, 7; Schneider/Sommer, FR 2014, 540; Adrian/Weiler, BB 2014, 1309. 76 BMF-Entwurf v. 15.4.2014, Rz. 54. Ebenso Frey/Mückl, GmbHR 2010, 77; Scheunemann/Dennisen/Behrens, BB 2010, 29; Dörr, NWB 2010, 197; Dötsch in D/P/M, § 8c KStG Rz. 76n/1 (April 2014).

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Lang/Förster, Das neue BMF-Schreiben zu § 8c KStG der A-GmbH i.H.v. 400.000 Euro entfallen 100.000 Euro auf den KG-Anteil. Die KG verfügt über einen nicht genutzten Gewerbeverlust von 300.000 Euro.

Lösung: Die nicht genutzten Verluste bleiben bei der A-GmbH in folgender Höhe abziehbar: a) KSt: 400.000 Euro, b) GewSt: 300.000 Euro. Bei der KG würde der nicht genutzte Gewerbeverlust i.H.v. 300.000 Euro gem. § 10a S. 10 GewStG i.V.m. § 8c Abs. 1 Satz 2 KStG untergehen. Allerdings bleibt er aufgrund der entsprechenden Anwendung der Stille-Reserven-Klausel i.H.v. 100.000 Euro abziehbar (§ 10a S. 10 GewStG i.V.m. § 8c Abs. 1 Satz 6 KStG).

Handelt es sich bei der Personengesellschaft allerdings nicht um ein Gewerbesteuersubjekt, wie z.B. bei einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft oder einem Treuhand-Modell, wäre es konsequent, die anteiligen stillen Reserven in der Personengesellschaft bei der vorgeschalteten Verlustkörperschaft auch für Gewerbesteuerzwecke zu berücksichtigen.77 Für Zwecke des Zinsvortrags sind stille Reserven der nachgeordneten Mitunternehmerschaft nur bei der Mitunternehmerschaft zu berücksichtigen.78 Auf Kapitalgesellschaften i.S.d. § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 KStG, für die der negative Gesamtbetrag der Einkünfte gem. § 8 Abs. 9 KStG nach Sparten getrennt gesondert festzustellen ist, findet nach Auffassung der Finanzverwaltung die Stille-Reserven-Verschonung für jede Sparte getrennt Anwendung, wobei eine sachgerechte Aufteilung der ermittelten stillen Reserven vorzunehmen ist.79 bb) Negatives Eigenkapital der Verlustgesellschaft Ist das Eigenkapital der Verlustkörperschaft negativ, so sind gem. § 8c Abs. 1 Satz 8 KStG die stillen Reserven der Unterschiedsbetrag zwischen dem anteiligen oder bei einem schädlichen Beteiligungserwerb i.S.d. Satzes 2 dem gesamten in der steuerlichen Gewinnermittlung ausgewiesenen Eigenkapital und dem diesem Anteil entsprechenden gemeinen Wert des Betriebsvermögens der Körperschaft. Der Wert des Betriebsvermögens kann nach dem BMF-Entwurf nicht aus einem für die Anteile gezahlten Entgelt abgeleitet werden, sondern setzt eine Unternehmensbewertung voraus. Hierfür kann neben anderen

77 Vgl. Schneider/Sommer, FR 2014, 540. 78 Vgl. Suchanek in H/H/R, § 8c KStG Rz. 57 (Jan. 2012); Neumann, GmbHR 2014, 681. 79 BMF-Entwurf v. 15.4.2014, Rz. 55.

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Lang/Förster, Das neue BMF-Schreiben zu § 8c KStG

Unternehmensbewertungsverfahren auch auf das vereinfachte Ertragswertverfahren zurückgegriffen werden.80 cc) Stille Reserven bei unterjährigem schädlichen Beteiligungserwerb In die Ermittlung der stillen Reserven als Unterschiedsbetrag geht auch das steuerbilanzielle Eigenkapital zum Zeitpunkt des schädlichen Beteiligungserwerbs anteilig bzw. in vollem Umfang ein. Sofern der schädliche Beteiligungserwerb unterjährig erfolgt ist, kann das maßgebende Eigenkapital durch einen Zwischenabschluss ermittelt werden oder durch Weiterentwicklung des Eigenkapitals der Steuerbilanz auf den letzten vor dem schädlichen Beteiligungserwerb liegenden Abschlusszeitpunkt.81 Aus Vereinfachungsgründen kann bei der Weiterentwicklung das steuerbilanzielle Eigenkapital zum Zeitpunkt des schädlichen Beteiligungserwerbs nach folgender Staffelrechnung ermittelt werden82: Steuerbilanzielles EK zum Abschlusszeitpunkt, der vor dem Zeitpunkt des schädlichen Beteiligungserwerbs liegt, +/– anteiliges, nach wirtschaftlichen Kriterien geschätztes Ergebnis bis zum schädlichen Beteiligungserwerb +/– tatsächlicher Zugang (Einlagen)/tatsächliche Auskehrung bis zum Zeitpunkt des schädlichen Beteiligungserwerbs (Leistungen an Anteilseigner) = steuerbilanzielles Eigenkapital zum Zeitpunkt des schädlichen Beteiligungserwerbs Bei der Schätzung des anteiligen Ergebnisses bis zum schädlichen Beteiligungserwerb ist derselbe Schlüssel zu verwenden, der auch für die Berechnung der nicht genutzten Verluste in den Fällen des unterjährigen Beteiligungserwerbs verwendet wird.83

80 BMF-Entwurf v. 15.4.2014, Rz. 56 i.V.m. BMF v. 22.9.2011 – IV C 6 - S 2170/10/10001, BStBl. I 2011, 859, und den Gleichlautenden Ländererlassen v. 17.5.2011, BStBl. I 2011, 606. Kritisch zum Erfordernis der Unternehmensbewertung Suchanek/Rüsch, DStZ 2014, 426. Dagegen Neumann, GmbHR 2014, 679. 81 BMF-Entwurf v. 15.4.2014, Rz. 57. Ebenso Bien/Wagner, BB 2009, 2630; Sistermann/Brinkmann, DStR 2009, 2636; Scheipers/Linn, Ubg 2010, 13; Scheunemann/Dennisen/Behrens, BB 2010, 28; Frey/Mückl, GmbHR 2010, 75; Schneider/Roderburg, FR 2010, 61; Dötsch in D/P/M, § 8c KStG Rz. 76f (April 2014). 82 BMF-Entwurf v. 15.4.2014, Rz. 57. Dazu Adrian/Weiler, BB 2014, 1310 f. 83 BMF-Entwurf v. 15.4.2014, Rz. 57. Auf Klärungsbedarf weisen insoweit hin Schneider/Sommer, FR 2014, 540 f.

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Lang/Förster, Das neue BMF-Schreiben zu § 8c KStG

dd) Mehrstufiger Beteiligungserwerb Beim Erwerb mehrstufiger Beteiligungen können neben einem unmittelbaren schädlichen Beteiligungserwerb zugleich mittelbare schädliche Beteiligungserwerbe auf einer anderen Beteiligungsebene verwirklicht werden (vgl. oben Beispiel 13). In diesem Falle ist die Stille-ReservenVerschonung für jede Verlustgesellschaft gesondert zu prüfen. Dabei sind jeweils nur die in der Verlustgesellschaft vorhandenen im Inland steuerpflichtigen stillen Reserven zu berücksichtigen.84 Für die Ermittlung der Höhe der stillen Reserven einer Verlustgesellschaft ist grundsätzlich das für die Obergesellschaft gezahlte Entgelt zugrunde zu legen.85 Alternativ können die stillen Reserven in der Verlustgesellschaft vom Stpfl. auch durch Vorlage einer Unternehmensbewertung nachgewiesen werden.86 Beispiel: Die M-GmbH ist an der T-GmbH zu 100 % beteiligt. Zum 31.12.2013 ergeben sich folgende Daten: M (in v)

T (in v)

EK laut StBil zum 31.12.2013

100.000

200.000

Beteiligungs-BW des T-GmbH-Anteils

100.000



KSt-Verlustvortrag

– 400.000

– 50.000

GewSt-Verlustvortrag

– 200.000



Am 1.1.2014 erwirbt K 80 % der Anteile an der M zum Preis 400.000 Euro. Bei der Kalkulation des Kaufpreises wurde davon ausgegangen, dass der T-GmbH-Anteil stille Reserven i.H.v. 200.000 Euro enthält. M-GmbH: Es liegt ein schädlicher Beteiligungserwerb gem. § 8c Abs. 1 Satz 2 KStG vor, der grundsätzlich zum Untergang aller Verlustvorträge führt. Verschonungsregelung (§ 8c Abs. 1 Satz 6, 7 KStG) Gemeiner Wert aller M-Anteile (400.000 × 100/80 =) ./. gesamtes EK laut Steuerbilanz = stille Reserven Nicht stpfl. stille Reserven in T-GmbH-Anteil (§ 8b Abs. 2 KStG) = zu berücksichtigende stille Reserven

500.000 t ./. 100.000 t 400.000 t ./. 200.000 t 200.000 t

84 BMF-Entwurf v. 15.4.2014, Rz. 59. 85 BMF-Entwurf v. 15.4.2014, Rz. 59. 86 BMF-Entwurf v. 15.4.2014, Rz. 59.

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Lang/Förster, Das neue BMF-Schreiben zu § 8c KStG Aufgrund der Verschonungsregel bleibt ein Teilbetrag i.H.v. 200.000 Euro des körperschaftsteuerlichen Verlustvortrags erhalten sowie der gesamte gewerbesteuerliche Verlustvortrag. T-GmbH: Auch im Hinblick auf die T-GmbH liegt ein schädlicher Beteiligungserwerb durch mittelbaren Erwerb einer 80 %igen Beteiligung vor, der zum Untergang aller Verlustvorträge führen würde (§ 8c Abs. 1 Satz 2 KStG). Verschonungsregelung (§ 8c Abs. 1 Satz 6, 7 KStG) Gemeiner Wert aller T-Anteile (100.000 + 200.000) ./. gesamtes EK laut Steuerbilanz = stille Reserven = zu berücksichtigende stille Reserven

300.000 t ./. 200.000 t 100.000 t

Aufgrund der Verschonungsregel bleibt der körperschaftsteuerliche Verlustvortrag der T-GmbH vollständig erhalten.

Nach der Gesetzesbegründung darf bei einer mehrstufigen Unternehmensbewertung die Summe der in den untergeordneten Unternehmen ermittelten stillen Reserven die im Unternehmenswert der erworbenen Gesellschaft enthaltenen stillen Reserven nicht übersteigen.87 Eine derartige Einschränkung ist dem Gesetzeswortlaut nicht zu entnehmen. Sie ist auch nicht gerechtfertigt, da etwa beim Erwerb von Beteiligungen durch eine Obergesellschaft stille Reserven im Kaufpreis mitbezahlt werden, die sich dann nur in den Untergesellschaften finden.88 Daher ist zu begrüßen, dass sich die Einschränkung im BMF-Entwurf nicht findet. Anmerkung Lang: In einem früheren Entwurf war vorgesehen, den Kaufpreis für die Anteile an der Muttergesellschaft sowohl für die Anwendung der Stille-Reserven-Klausel auf den unmittelbaren Erwerb der Muttergesellschaft als auch für die mittelbaren Erwerbe der Tochtergesellschaften zugrunde zu legen, indem der Kaufpreis quotal anhand der Bewertung aller Unternehmen aufgeteilt wird. Dies würde dazu verpflichten, die Ermittlung der stillen Reserven auch für Unternehmen eines Unternehmensverbunds durchzuführen, bei denen gar keine Verluste bestehen. Es müssten zudem auch ausländische Gesellschaften einbezogen werden, für die der Finanzverwaltung keine (überprüfbaren) Daten vorliegen. Der Aufwand für Beraterschaft und Verwaltung wäre unverhältnismäßig. 87 BT-Drucks. 17/15, 19. 88 Vgl. Sistermann/Brinkmann, DStR 2009, 2636; Wittkowski/Hielscher, DB 2010, 17 f.; Scheipers/Linn, Ubg 2010, 14 f.; Lang, B., DStZ 2010, 42; Schneider/Roderburg, FR 2010, 61; Breuninger/Ernst, GmbHR 2010, 566; Rödder/ v. Freeden, Ubg 2010, 553; Dötsch in D/P/M, § 8c KStG Rz. 76j/1 f. (April 2014); Fuhrmann/Hoffmann, DB 2014, 740 f.; Neumann, GmbHR 2014, 681 f.; Adrian/Weiler, BB 2014, 1311.

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Lang/Förster, Das neue BMF-Schreiben zu § 8c KStG

c) Verschonungsreihenfolge In Höhe des Verschonungspotentials bleiben sowohl die körperschaftsteuerlichen als auch die gewerbesteuerlichen nicht genutzten Verluste abziehbar (§ 8c Abs. 1 Satz 6 KStG, § 10a Satz 10 GewStG).89 Weitergehende Vorgaben zur Verschonungsreihenfolge enthält das Gesetz nicht. Die Verschonungsreihenfolge hat Bedeutung, wenn das Verschonungspotential geringer ist als die nicht genutzten Verluste. Der BMF-Entwurf stellt insoweit die folgenden Grundsätze auf: – Das Verschonungsvolumen wird zunächst für die Erhaltung des laufenden Verlustes und anschließend für die Erhaltung des Verlustvortrages verwendet.90 – Für die Verrechnung der stillen Reserven mit den nicht genutzten Verlusten gilt die gleiche Reihenfolge, in der im Falle der Realisierung der stillen Reserven die Verluste aufgebraucht würden.91 Beispiel: Die A-GmbH ist zu 100 % an einer KG beteiligt. B erwirbt alle Anteile an der A-GmbH von deren Alleingesellschafter A. Der Körperschaftsteuerliche Verlustvortrag der GmbH beträgt 200.000 Euro, der für die A-GmbH als Kommanditist festgestellte verrechenbare Verlust gem. § 15a EStG 20.000 Euro. Von den stillen Reserven der A-GmbH i.H.v. 140.000 Euro entfallen 110.000 Euro auf den KG-Anteil.

Lösung: Die stillen Reserven in dem KG-Anteil verschonen zunächst den verrechenbaren Verlust i.H.v. 20.000 Euro. Der überschießende Teil der stillen Reserven in dem KG-Anteil i.H.v. (110.000 ./. 20.000 =) 90.000 Euro sowie die sonstigen stillen Reserven der GmbH (30.000 Euro) retten sodann den Verlustvortrag gem. § 10d EStG i.H.v. insgesamt 120.000 Euro.

89 BMF-Entwurf v. 15.4.2014, Rz. 63. 90 BMF-Entwurf v. 15.4.2014, Rz. 64. 91 BMF-Entwurf v. 15.4.2014, Rz. 65. Kritisch unter Hinweis auf das Fehlen einer gesetzlichen Regelung vgl. Breuninger, JbFSt 2010/2011, 345; Suchanek in H/H/R, § 8c KStG Rz. 55 (Mai 2011); Suchanek/Rüsch, DStZ 2014, 426. Für ein Wahlrecht der Verlustkörperschaft Gohr in Schnitger/Fehrenbacher, § 8c KStG Rz. 317; Schneider/Roderburg, FR 2010, 61 f.; IDW, FN-IDW 2014, 469 f. Für eine anteilige Verschonung vgl. Frotscher in Frotscher/Maas, § 8c KStG Rz. 156c.

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Einbringung in Kapitalgesellschaften und andere Gegenleistung Dr. Norbert Schneider1 Rechtsanwalt, Steuerberater, Köln Inhaltsübersicht A. Einleitung B. Behandlung der sonstigen Gegenleistung bei §§ 20, 21 UmwStG I. Aktuelle Gesetzeslage seit dem SEStEG II. Alte Gesetzeslage vor SEStEG III. Vorgaben der Fusionsrichtlinie IV. Diskussion vor Einführung des SEStEG V. Eine neue Diskussion entsteht C. Behandlung der sonstigen Gegenleistung bei anderen Einbringungen/Umwandlungen I. §§ 11–13 UmwStG: Verschmelzung von Körperschaften II. Abspaltung (§§ 15 und 16 UmwStG) III. Einbringung von Betriebsvermögen in Personengesellschaften IV. Fazit D. Mögliche Reaktionen des Gesetzgebers E. Tatsächliche oder vermutete Umgehungsfälle I. Einbringung Betrieb

1. Sachverhaltsalternative: Einbringung mit sonstiger Gegenleistung 2. Sachverhaltsalternative: Einbringung und spätere Ausschüttung II. Einstieg Joint Venture-Partner 1. Verkauf der Anteile an die X-GmbH 2. Einbringung der Anteile in eine neu zu gründende GmbH mit Gewährung einer sonstigen Gegenleistung 3. Einbringung der Anteile in eine neu zu gründende GmbH ohne sonstige Gegenleistung mit folgender Ausschüttung 4. Ausschüttung der B vor Einstieg des Joint-Venture Partners 5. Einbringung von Anteilen gegen die Gewährung nur eines Anteils III. Vergleich von Teilrealisierungskonzepten mit und ohne zulässige Sockelbeträge F. Ausblick

1 RA/StB/Dipl.-Finw. (FH) Dr. Norbert Schneider ist Partner bei Freshfields Bruckhaus Deringer LLP und Lehrbeauftragter für Steuerrecht an der Heinrich Heine-Universität Düsseldorf. Der Autor bedankt sich bei Frau Bettina Brysch und Herrn Jan Perrar (beide z.Zt. Wissenschaftliche Mitarbeiterin bzw. Referendar bei Freshfields Bruckhaus Deringer LLP) für die Unterstützung bei der Erstellung des Vortrags sowie dieses Beitrags.

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Schneider, Einbringung in Kapitalgesellschaften und andere Gegenleistung

A. Einleitung Aus den §§ 20, 21 UmwStG ergibt sich unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit einer Steuerneutralität bei einer Einbringung von Unternehmensteilen in eine Kapitalgesellschaft sowie beim Anteilstausch. Eine Besonderheit dieser Regelungen besteht darin, dass die Steuerneutralität nicht nur bei ausschließlicher Gewährung von neuen Anteilen durch die übernehmende Gesellschaft, sondern auch bei Gewährung einer anderen Gegenleistung ermöglicht wird, soweit diese sog. „sonstige Gegenleistung“ den Buchwert des eingebrachten Betriebsvermögens nicht übersteigt. Damit wird auf diese Weise wirtschaftlich eine teilentgeltliche Übertragung ohne Gewinnrealisierung möglich. Mit dieser Möglichkeit weichen die §§ 20, 21 UmwStG vom sonstigen Regelfall des UmwStG ab, nach dem die Steuerneutralität nur bei ausschließlicher Gewährung von Anteilen möglich ist. Diesbezüglich wird allerdings seit einiger Zeit eine Gesetzesänderung erwogen, welche die Steuerneutralität bei Gewährung einer sonstigen Gegenleistung einschränken soll; erste Vorschläge sind während der Erstellung dieses Beitrags bekanntgeworden, sie werden auf der S. 21 unter F. kurz aufgegriffen. In diesem Zusammenhang ist zu untersuchen, ob die Steuerneutralität trotz Gewährung der sonstigen Gegenleistung überhaupt änderungsbedürftig erscheint. Ein solches Bedürfnis könnte sich beispielsweise aus einer Ungleichbehandlung gegenüber anderen Umwandlungen oder aus der (z.T. behaupteten) Möglichkeit von „Missbrauch“ und „nicht legitimen Steuervermeidungsfällen“ ergeben. Eine entsprechende Einschränkung würde jedoch eine Reihe von Friktionen auslösen, die unten ebenfalls beschrieben werden.

B. Behandlung der sonstigen Gegenleistung bei §§ 20, 21 UmwStG I. Aktuelle Gesetzeslage seit dem SEStEG Zunächst soll die aktuelle Gesetzeslage eingehender betrachtet werden, welche im Wesentlichen unverändert seit dem SEStEG2 besteht. § 20 UmwStG ermöglicht im Grundsatz bei einer Einbringung von Unternehmensteilen in eine Kapitalgesellschaft gegen Gewährung neuer Anteile an der Gesellschaft, das übernommene Betriebsvermögen auf Antrag mit dem Buchwert oder einem Zwischenwert anzusetzen. Der 2 Gesetz über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen Gesellschaft und zur Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften vom 7.12.2006, BGBl. I 2006, 2782.

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Schneider, Einbringung in Kapitalgesellschaften und andere Gegenleistung

Buch- bzw. Zwischenwertansatz ist jedoch nicht auf Sachverhalte beschränkt, in denen die Gegenleistung ausschließlich in der Gewährung neuer Anteile besteht.3 Wie sich beispielsweise aus § 20 Abs. 2 Satz 4, Abs. 3 Satz 3 UmwStG ergibt, kann die Gegenleistung der übernehmenden Gesellschaft auch aus anderen Wirtschaftsgütern bestehen. Eine steuerneutrale Einbringung des Betriebsvermögens ist in diesen Fällen möglich, soweit der gemeine Wert einer solchen sonstigen Gegenleistung unter dem steuerlichen Buchwert des eingebrachten Betriebsvermögens liegt. Übersteigt die sonstige Gegenleistung diesen Buchwert, kommt es lediglich in Höhe des den Buchwert übersteigenden Betrags zu einer Teilgewinnrealisierung. Im Gegenzug werden die Anschaffungskosten der Geschäftsanteile, die der Einbringende im Zuge der Einbringung an der übernehmenden Gesellschaft erhält, um den gemeinen Wert einer gewährten sonstigen Gegenleistung gemindert (§ 20 Abs. 3 Satz 3 UmwStG). So sind z.B. die Anschaffungskosten mit Null anzusetzen, wenn der gemeine Wert der sonstigen Gegenleistung dem Buchwert des eingebrachten Betriebsvermögens entspricht oder diesen Buchwert übersteigt. Durch diese Reduzierung der Anschaffungskosten/Buchwerte der Anteile würde sich bei einem späteren Verkauf der Anteile der erzielte Veräußerungsgewinn entsprechend erhöhen – daher bewirkt die Möglichkeit der Gewährung einer sonstigen Gegenleistung bei einer Einbringung keine endgültige Steuerersparnis, sondern lediglich einen zeitlichen Aufschub der Besteuerung für den Einbringenden. Eine dem § 20 UmwStG entsprechende Regelung besteht auch beim Anteilstausch i.S.d. § 21 UmwStG. Auch hier kann der Anteilstausch trotz Gewährung einer sonstigen Gegenleistung steuerneutral behandelt werden, wenn die sonstige Gegenleistung den Buchwert der eingebrachten Anteile nicht übersteigt (vgl. § 21 Abs. 1 Satz 3 UmwStG); und auch hier mindern sich die Anschaffungskosten/der Buchwert der neuen Anteile um eine gewährte sonstige Gegenleistung (§ 21 Abs. 3 Satz 3 EStG). Die beiden Regelungen laufen also parallel. Eine Beschränkung auf bestimmte Arten von sonstigen Gegenleistungen enthalten die §§ 20, 21 UmwStG dabei nicht. Daher kommen grundsätzlich sämtliche Wirtschaftsgüter in Betracht. Es kann sich beispielsweise um eine Geldzahlung, die Einräumung einer Forderung oder aber auch die Übertragung anderer Sachen handeln. Im Ergebnis wird dem Einbringenden also die Möglichkeit gewährt, sich eine sonstige Gegenleistung bis zur Höhe des Buchwerts des übertragenen Vermögens gewähren zu lassen, ohne dass die Steuerneutralität der 3 Vgl. BMF v. 11.11.2011, BStBl. I 2011, 1314, Rz. E 20.11.

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Schneider, Einbringung in Kapitalgesellschaften und andere Gegenleistung

Einbringung wegfiele. Wegen der Minderung der Anschaffungskosten der neuen Anteile ergibt sich aber eine Art „Nachversteuerung“ der sonstigen Gegenleistung, wenn der Einbringende später die im Zuge der Einbringung erhaltenen Anteile veräußert. Diese Regelung hat auch mittelbar eine Bedeutung bei den Regelungen zur Besteuerung eines Einbringungsgewinns I i.S.d. § 22 Abs. 1 UmwStG. Entstehen durch eine steuerneutrale Einbringung Sperrfristanteile und werden diese innerhalb von sieben Jahren entgeltlich übertragen, löst dies grundsätzlich eine Besteuerung des Einbringungsgewinns I aus. Dies gilt jedoch nicht, wenn die entgeltliche Übertragung durch eine Einbringung oder einen Anteilstausch erfolgt, welcher nach den §§ 20 Abs. 1, 21 Abs. 1 UmwStG oder vergleichbaren Vorschriften „zu Buchwerten“ erfolgt. Wird bei einer solchen Weitereinbringung der Sperrfristanteile eine sonstige Gegenleistung gewährt, stellt sich die Frage, ob diese „zu Buchwerten“ erfolgt, so dass ein Einbringungsgewinn I nicht entsteht. Die Finanzverwaltung stellt im UmwSt-Erlass 2011 auf die Sicht des Einbringenden ab, und bejaht eine solche Einbringung zu Buchwerten, wenn beim Einbringenden keine stillen Reserven aufzudecken sind4 – insofern ist daher wiederum die Regelung in §§ 20, 21 UmwStG relevant, so dass die Gewährung einer sonstigen Gegenleistung – jedenfalls bis zur Höhe des Buchwerts der weitereingebrachten Anteile – unschädlich ist und ein Einbringungsgewinn I nicht ausgelöst wird.5

II. Alte Gesetzeslage vor SEStEG Die heutige Rechtslage ist im Wesentlichen nicht neu, sondern entspricht im Hinblick auf inländische Einbringungen und den inländischen Anteilstausch der Rechtslage vor Inkrafttreten des SEStEG. Vor SEStEG war sowohl die Einbringung als auch der Anteilstausch in § 20 UmwStG a.F. geregelt. § 20 Abs. 2 Satz 5 und Abs. 4 Satz 2 UmwStG a.F. enthielten Bestimmungen, die den heutigen Regelungen im Wesentlichen im Wortlaut entsprachen. Soweit es sich um die Umwandlungen von Betrieben, Teilbetrieben oder Mitunternehmeranteilen handelte, waren Einbringungen in der EU ebenfalls wie inländische Umwandlungen zu behandeln und damit mit der heutigen Rechtslage identisch.

4 Vgl. BMF v. 11.11.2011, BStBl. I 2011, 1314, Tz. 22.22. 5 Vgl. Schneider/Roderburg in Schneider/Ruoff/Sistermann, UmwSt-Erlass 2011 H 22.46 m.w.N. Übersteigt die sonstige Gegenleistung dagegen den Buchwert der eingebrachten Anteile jedoch nur um einen Euro, droht eine vollständige Realisierung des Einbringungsgewinn I.

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Eine Abweichung zwischen damaliger und heutiger Rechtslage bestand jedoch hinsichtlich eines Anteilstauschs innerhalb der EU. Hier war früher die Gewährung einer sonstigen Gegenleistung nach § 23 Abs. 4 Satz 3 UmwStG a.F. auf 10 % des Nennwerts der gewährten Anteile beschränkt. Überstieg die sonstige Gegenleistung die 10 %-Grenze, konnte der Vorgang insgesamt nicht nach § 23 UmwStG a.F. steuerneutral erfolgen.6

III. Vorgaben der Fusionsrichtlinie Im Hinblick auf eine mögliche Änderung des UmwStG könnten darüber hinaus europarechtliche Vorgaben der Fusionsrichtlinie (Fusions-RL)7 zu beachten sein. Nach Art. 4 und 9 der Fusions-RL ist nämlich von den Mitgliedsstaaten im Falle einer Fusion, Spaltung oder Abspaltung i.S.d. Fusions-RL sowie für die Einbringung von Unternehmensteilen grundsätzlich Steuerneutralität zu gewährleisten. Eine durch die Gewährung einer sonstigen Gegenleistung ausgelöste Besteuerung der stillen Reserven könnte demnach aufgrund dieser Richtlinie gesperrt sein. Jedoch enthält auch die Fusions-RL Regelungen zu sonstigen Gegenleistungen. Diese werden hier als „bare Zuzahlungen“ bezeichnet. Nach Art. 2 der Fusions-RL handelt es sich nur dann dem Grunde nach um eine Fusion, Spaltung oder Abspaltung i.S.d. Richtlinie, wenn eine solche bare Zuzahlung im Rahmen des jeweiligen Vorgangs 10 % des Nennwerts der neu gewährten Anteile nicht übersteigt. Ist ein Nennwert nicht vorhanden, ist insoweit die Grenze von 10 % des rechnerischen Werts dieser Anteile maßgeblich. Demnach ergibt sich jedenfalls aus der Fusions-RL keine Verpflichtung der Mitgliedsstaaten zur Steuerneutralität bei einer Einbringung oder einem Anteilstausch, bei dem die gewährten sonstigen Gegenleistungen diese Grenze übersteigen. Gleiches gilt für die Einbringung von Unternehmensteilen. Hier verlangt die Fusions-RL die Steuerneutralität nur, wenn als Gegenleistung nur Anteile an der übernehmenden Gesellschaft gewährt werden. Bei der Gewährung einer sonstigen Gegenleistung ergibt sich somit ebenfalls keine europarechtliche Pflicht der Mitgliedsstaaten, eine steuerneutrale Einbringung zu gewährleisten. Selbst wenn im Falle einer Fusion, Spaltung oder Abspaltung i.S.d. Richtlinie eine gewährte bare Zuzahlung diese Grenze (10 % des Nennwerts der neuen Anteile) nicht übersteigt, steht die Richtlinie einer teil6 Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, 4. Aufl. 2006, § 23 UmwStG Rz. 39 f. m.w.N. 7 Richtlinie 2009/133/EG des Rates i.d.F. vom 19.10.2009, ABl. EU Nr. L 310/34 v. 25.11.2009.

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weisen Besteuerung des Vorgangs nicht entgegen. Denn nach Art. 8 Abs. 9 der Fusions-RL sind die Mitgliedsstaaten nicht daran gehindert, die bare Zuzahlung im Rahmen einer solchen Transaktion zu besteuern. Somit fordert die Fusions-RL selbst keine Begünstigung der sonstigen Gegenleistung. Vielmehr lässt sie zum einen deren Besteuerung ausdrücklich zu und verlangt zum anderen eine Steuerfreiheit der Einbringung bzw. des Anteilstausches nur dann, wenn keine oder nur geringe sonstige Gegenleistungen gewährt werden. Die aktuelle Fassung des UmwStG weicht demnach von der Fusions-RL ab, indem es im Hinblick auf sonstige Gegenleistungen großzügiger ist und die Steuerneutralität in weiterem Umfang ermöglicht, als dies nach der Fusions-RL erforderlich wäre. Einer solchen weitergehenden Begünstigung steht die Fusions-RL selbst allerdings auch nicht entgegen. Denn aus dieser folgt weder eine Pflicht der Mitgliedsstaaten, die sonstige Gegenleistung der Besteuerung zu unterwerfen, noch eine Pflicht, Vorgängen, bei denen sonstige Gegenleistungen 10 % des Nennwerts der neuen Anteile übersteigen, die Steuerneutralität zu versagen. Vielmehr können die Mitgliedsstaaten eigenständig Begünstigungen hinsichtlich sonstiger Gegenleistungen vorsehen.

IV. Diskussion vor Einführung des SEStEG Die Diskussion um die Behandlung sonstiger Gegenleistungen hat bereits eine gewisse Tradition. Bereits vor der Einführung des UmwStG 1995 wurde diskutiert, ob und inwieweit steuerneutrale sonstige Gegenleistungen bei Einbringungen zulässig sein sollen. Damals wurde beispielsweise erwogen, eine quotale Begrenzung i.H.v. 10 % des Nennwerts der gewährten Anteile („Zuzahlungsgrenze“) allgemein im Rahmen des § 20 UmwStG anzuwenden.8 Damit hätte die Regelung der Fusions-RL entsprochen, wäre aber auch nicht über die Mindestanforderungen der Richtlinie hinausgegangen. Letztlich wurde diese Zuzahlungsgrenze nur für den Anteilstausch innerhalb der EU umgesetzt (in § 23 Abs. 4 Satz 3 UmwStG a.F.), nicht aber für rein inländische Sachverhalte sowie Einbringungen von Betrieben, Teilbetrieben oder Mitunternehmeranteilen in der EU. Dieser Vorschlag wurde jedoch nicht umgesetzt. Der Regierungsentwurf zum SEStEG sah sodann ursprünglich ebenfalls eine Beschränkung im Hinblick auf die sonstigen Gegenleistungen vor. Danach sollte der Buchwertansatz nur dann möglich sein, soweit keine sonstige Gegenleistung gewährt wird. Eine sonstige Gegenleistung soll8 Bundesratsvorschlag in BT-Drucks. 12/7263, Anlage 2, Rz. 8.

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te nach diesem Entwurf stets zu einer Teilgewinnrealisierung führen.9 Auch diese Einschränkung wurde letztlich nicht umgesetzt, so dass die steuerneutrale Gewährung sonstiger Gegenleistungen im Rahmen einer Einbringung erhalten blieb.

V. Eine neue Diskussion entsteht In den letzten Jahren ist die Diskussion um die sonstige Gegenleistung bei der Einbringung wieder erstarkt. Anlass war offenbar die Gestaltung des Einstiegs und der Übernahme der Anteile an der operativen PorscheGesellschaft durch Volkswagen, in deren Gefolge auch die Presse auf die Möglichkeit der steuerneutralen Einbringung aufmerksam wurde.10 Es folgte eine Prüfbitte der Länder im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zum Jahressteuergesetz 2013. Diese war auf die Überprüfung der Zulässigkeit einer sonstigen Gegenleistung gerichtet und wurde damit begründet, dass die bestehende Gesetzeslage nach Presseberichten zu Gestaltungen genutzt worden sei, bei denen wirtschaftlich als Veräußerungstatbestände anzusehende Fälle als steuerbegünstigte Umstrukturierung behandelt worden seien; insbesondere aufgrund der Öffentlichkeitswirksamkeit eines Falls und der daraus folgenden allgemeinen Bekanntheit der Gestaltung würde dies zu Steuerausfällen in Milliardenhöhe führen.11 Das Jahressteuergesetz 2013 scheiterte letztendlich aber insgesamt am Widerstand des Bundestags und dann an der Diskontinuität (kein Gesetzesbeschluss bis zur Bundestagswahl im Herbst 2013). Jedoch wurde nach der Wahl im Koalitionsvertrag12 der aktuellen Legislaturperiode zwischen CDU, CSU und SPD vereinbart, zu prüfen, wie der Anteilstausch und Umwandlungen mit finanziellen Gegenleistungen zukünftig nicht mehr „systemwidrig steuerfrei gestaltet“ werden können. Der Koalitionsvertrag sieht aber auch vor, dass im Falle einer Gesetzesänderung hinsichtlich der Kombination aus Anteilstausch und Zuzahlung die Zuzahlung zwar quotal beschränkt werden, aber nicht gänzlich ausgeschlossen werden sollte. Nunmehr wurde der Vorschlag (nach dem diesem Beitrag zugrunde liegenden Kongressvortrag) von den Ländern durch eine erneute Prüfbitte Ende 2014 wieder aufgenommen. Am 27. März 2015 hat die Bundesregierung den Regierungsentwurf eines „Gesetzes zur Umsetzung der 9 10 11 12

Vgl. BT-Drucks. 16/2710, 17; Rödder/Schumacher, DStR 2006, 1525, 1536. Vgl. Anfrage im Landtag Baden-Württemberg, LT-Drucks. Bad Wb 15/1835. Siehe zum Ganzen z.B. BT-Drucks. 17/10604 v. 5.9.2012, S. 32. Deutschlands Zukunft gestalten, Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD, S. 67.

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Protokollerklärung zum Gesetz zur Anpassung der Abgabenordnung an den Zollkodex der Union und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften“ vorgelegt. Dieser entspricht inhaltlich dem gleichnamigen Referentenentwurf des Bundesministeriums der Finanzen vom 19. Februar 2015. Auf diese Vorschläge wird unten unter F. kurz eingegangen.

C. Behandlung der sonstigen Gegenleistung bei anderen Einbringungen/Umwandlungen Jedenfalls im Koalitionsvertrag wird somit davon ausgegangen, dass die Steuerneutralität einer Einbringung oder eines Anteilstauschs bei Gewährung einer sonstigen Gegenleistung zumindest im Hinblick auf bestimmte Gestaltungen als systemwidrig anzusehen ist. Ob diese Feststellung korrekt ist, soll eine Betrachtung der Auswirkung sonstiger Gegenleistungen bei anderen Einbringungen bzw. Umwandlungen zeigen.

I. §§ 11–13 UmwStG: Verschmelzung von Körperschaften Bei der Verschmelzung von Körperschaften besteht bereits gesellschaftsrechtlich nicht nur eine (grundsätzliche) Anteilsgewährungspflicht, sondern auch eine Begrenzung sonstiger Zuzahlungen. Eine bare Zuzahlung darf zwar gewährt werden, sie ist jedoch nach § 54 Abs. 4 UmwG auf 10 % des Nennbetrags der neu gewährten Anteile beschränkt. Umwandlungssteuerrechtlich schließt § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 UmwStG den Buchwertansatz bei einer Verschmelzung aus, soweit eine Gegenleistung gewährt wird, die nicht in Gesellschaftsrechten besteht. Eine sonstige Gegenleistung ist demnach schädlich und führt zu einer Teilgewinnrealisierung. Diese bemisst sich nach dem Verhältnis zwischen der sonstigen Gegenleistung und dem gemeinen Wert der übertragenden Kapitalgesellschaft.13 Dies gilt jedoch nur soweit die gewährten Zahlungen tatsächlich als Gegenleistung für die übergehenden Wirtschaftsgüter anzusehen sind. Sind die Zahlungen nicht als Gegenleistung in diesem Sinne anzusehen, sind derartige Zahlungen für die Steuerneutralität der Verschmelzung unschädlich.14 Abhängig von der Qualifikation der Zahlungen – bspw. als (verdeckte) Einlage, Anschaffungskosten oder Veräußerungserlös – treten jedoch die an die jeweilige Qualifikation an13 Vgl. dazu BMF v. 11.11.2011, BStBl. I 2011, 1314 (UmwSt-Erlass 2011), Tz. 13.02 und 11.10 jeweils i.V.m. Tz. 03.21 ff.; s. z.B. auch Schießl in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 11 UmwStG, Rz. 77 ff. 14 Vgl. Schießl in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 11 UmwStG, Rz. 54 und 85 ff.

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knüpfenden steuerlichen Rechtsfolgen ein. Bei einem Vergleich der Rechtsfolgen der Gewährung sonstiger Gegenleistungen bei Umwandlungen haben diese Zahlungen jedoch gerade außer Betracht zu bleiben, da sie eben keine sonstige Gegenleistung i.S.d. § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 UmwStG für die Übertragung der Wirtschaftsgüter darstellen. Festzuhalten ist daher, dass eine sonstige Gegenleistung, welche für die übergehenden Wirtschaftsgüter gewährt werden, der Steuerneutralität einer Verschmelzung entgegensteht und zu einer Teilgewinnrealisierung führt.

II. Abspaltung (§§ 15 und 16 UmwStG) Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 UmwStG findet § 11 Abs. 2 UmwStG für die Aufspaltung, Abspaltung und die Teilübertragung von Vermögen auf eine andere Körperschaft entsprechende Anwendung. Dementsprechend gelten die obigen Ausführungen zu § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 UmwStG für die Abspaltung i.S.d. § 15 UmwStG entsprechend. Gleiches gilt für die Abspaltung auf eine Personengesellschaft, für die § 16 UmwStG auf § 15 UmwStG verweist. Somit steht auch in diesen Fällen die Gewährung einer sonstigen Gegenleistung der Steuerneutralität entgegen und hat eine Teilgewinnrealisierung zur Folge.

III. Einbringung von Betriebsvermögen in Personengesellschaften Bei der Einbringung von Betriebsvermögen in Personengesellschaften nach § 24 UmwStG galt nach bisher wohl h.M. der Grundsatz, dass stets eine Teilgewinnrealisierung eintritt, soweit eine sonstige Gegenleistung gewährt wird. Dies entspricht auch der Auffassung der Finanzverwaltung, die ihre Grundlage im Wortlaut des § 24 UmwStG findet. Danach ist eine steuerneutrale Übertragung nur möglich, wenn als Gegenleistung ausschließlich ein Mitunternehmeranteil eingeräumt wird. Wenn hingegen eine sonstige Gegenleistung gewährt wird, geht die Finanzverwaltung von einem teilweisen Veräußerungsvorgang aus, welcher entsprechend zu einer Teilgewinnrealisierung führt.15

15 BMF v. 11.11.2011, BStBl. I 2011, 1314 (UmwSt-Erlass 2011), Tz. 24.07. Eine verschärfende „Ausnahme“ gilt in solchen Fällen, in denen sich der Einbringungsvorgang nach wirtschaftlicher Betrachtung als verdeckte Veräußerung des eingebrachten Betriebsvermögens darstellt. In diesem Fall soll § 24 UmwStG gar nicht angewendet werden, so dass es im Ergebnis zu einer Vollgewinnrealisierung kommt; vgl. UmwSt-Erlass 2011 Tz. 24.07 a.E.

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In seinem Urteil vom 18.9.201316 hat der BFH nunmehr jedoch entgegen der Ansicht der Finanzverwaltung entschieden, dass im Fall der Gewährung einer sonstigen Gegenleistung keine (Teil-)Gewinnrealisierung erforderlich ist, wenn die sonstige Gegenleistung unter dem Buchwert bleibt. Dabei wendet der BFH die im Rahmen des § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 EStG entwickelte sog. „Einheitstheorie“ auch auf Einbringungen im Rahmen des § 24 UmwStG an. Danach ist die Übertragung der betrieblichen Sachgesamtheiten gegen ein Mischentgelt aus Mitunternehmeranteilen und einer sonstigen Gegenleistung (im Streitfall die Einräumung einer Darlehensforderung) als einheitlicher Rechtsvorgang anzusehen und nicht i.S.d. sog. „Trennungstheorie“ in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen. Daraus folgt nach Ansicht des BFH, dass ein Veräußerungsgewinn nur dann entsteht, wenn die Summe der sonstigen Gegenleistungen den Buchwert der übertragenen Sachgesamtheiten übersteigt. Somit ist jedenfalls nach Ansicht des BFH auch bei der Einbringung von Betriebsvermögen in Personengesellschaften die Gewährung sonstiger Gegenleistungen bis zur Höhe des Buchwerts möglich, ohne eine Teilgewinnrealisierung auszulösen – im Wesentlichen würde dies der heutigen Regelung bei den §§ 20, 21 UmwStG entsprechen. Die Einheitstheorie findet nach herrschender Ansicht ebenfalls im Rahmen der Übertragung eines Betrieb, eines Teilbetriebs oder eines Mitunternehmeranteils im Rahmen des § 6 Abs. 3 EStG Anwendung.17 Eine Aufspaltung einer teilentgeltlichen in eine entgeltliche und eine unentgeltliche Übertragung scheidet dabei aus. Vielmehr handelt es sich entweder um eine entgeltliche oder eine unentgeltliche Übertragung. Dies richtet sich danach, ob das Entgelt den Buchwert der übertragenen Sachgesamtheit übersteigt. Übersteigt das Entgelt den Buchwert nicht, so handelt es sich insgesamt um einen unentgeltlichen Vorgang, der nach § 6 Abs. 3 EStG nicht zur Aufdeckung stiller Reserven führt. Bei der Übertragung einzelner Wirtschaftsgüter von einem Betriebsvermögen in ein anderes Betriebsvermögen desselben Steuerpflichtigen nach § 6 Abs. 5 EStG verfolgt die Finanzverwaltung wiederum die sog. reine oder strenge Trennungstheorie. Danach sind teilentgeltliche Vorgänge grundsätzlich derart aufzuteilen, dass die stillen Reserven im Verhältnis des gewährten Entgelts zum gemeinen Wert des übertragenen

16 BFH v. 18.9.2013 – X R 42/10, FR 2014, 68 = GmbHR 2013, 1325 = BFH/NV 2013, 2006. 17 BFH v. 27.9.2006 – X B 71/06, BFH/NV 2007, 37; BFH v. 7.11.2000 – VIII R 27/98, FR 2001, 205 = BFH/NV 2001, 262 sowie Gratz in Herrmann/ Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 6 EStG Anm. 1374 jeweils m.w.N.

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Wirtschaftsguts aufzudecken sind.18 Im Gegensatz dazu hat der IV. Senat des BFH die Trennungstheorie zuletzt modifiziert.19 Danach sind teilentgeltliche Vorgänge zwar grundsätzlich aufzuteilen, aber die stillen Reserven nicht wie bei der strengen Trennungstheorie im Verhältnis des Entgelts zum gemeinen Wert aufzudecken. Vielmehr ist das Entgelt dem Buchwert des übertragenen Wirtschaftsguts gegenüberzustellen. Eine Aufdeckung stiller Reserven unterbleibt danach, wenn das Entgelt dem Buchwert entspricht oder diesen unterschreitet. Zu einer Aufdeckung stiller Reserven kommt es nach dieser sog. modifizierten Trennungstheorie somit im Ergebnis nur, soweit das (Teil-)Entgelt den Buchwert übersteigt. In seiner Beitrittsaufforderung an das BMF vom 19.3.201420 hat sich nunmehr auch der X. Senat des BFH ausführlich zur modifizierten Trennungstheorie geäußert, allerdings nicht im Rahmen eines teilentgeltlichen Übergangs, sondern zu einem sog. Mischentgelt. Ob sich der X. Senat der modifizierten Trennungstheorie des IV. Senats ebenfalls anschließen wird, lässt sich aus der Beitrittsaufforderung nicht wirklich entnehmen. Dennoch lässt sich festhalten, dass sich aus der Rechtsprechung insbesondere des IV. Senats ebenfalls eine Tendenz ergibt, eine Teil-Gewinnrealisierung und -Besteuerung der stillen Reserven zu unterlassen, soweit der Wert einer erbrachten Gegenleistung den Buchwert des übertragenen Wirtschaftsguts nicht übersteigt.

IV. Fazit Im Ergebnis lässt sich bei dem (in C. dargestellten) Quervergleich feststellen, dass die bisherige Behandlung sonstiger Gegenleistungen im Rahmen der Einbringung und des Anteilstauschs nach §§ 20, 21 UmwStG schon gar nicht unbedingt als systemwidrige Begünstigung anzusehen ist. Festzustellen ist zwar eine Abweichung zur Behandlung einer sonstigen Gegenleistung bei einer Verschmelzung oder Abspaltung nach den §§ 11 bis 16 UmwStG, bei denen die Gewährung einer sonstigen Gegenleistung der Steuerneutralität der Übertragung entgegensteht und zur Teilrealisierung führt. Im Vergleich zur Einbringung in ei18 BMF v. 7.6.2001 – IV A 6 - S 2241 – 52/01, BStBl. I 2001, 367; BMF v. 8.12.2011 – IV C 6-S 2241/10, BStBl. I 2011, 1279, Tz. 15; BMF v. 12.9.2013 – IV C 6-S 2241/10, BStBl. I 2013, 1164. 19 Vgl. Urteile v. 19.9.2012 – IV R 11/12, GmbHR 2012, 1193 = DStR 2012, 2051 und v. 21.6.2012 – IV R 1/08, GmbHR 2012, 1015 = DStR 2012, 1500; zustimmend Prinz/Hütig, DB 2012, 2597; kritisch Kempermann, FR 2012, 1082; dagegen Ehmcke in Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 6 EStG Rz. 1320 ff. und Kulosa in Schmidt, EStG, 33. Aufl. 2014, § 6 Rz. 697 jew. m. zahlr. w. N. 20 BFH v. 19.3.2014 – X R 28/12, BStBl. II 2014, 629 = GmbHR 2014, 876 m. Anm. Keller/Sundheimer = FR 2014, 752 m. Anm. Strahl.

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ne Personengesellschaft nach § 24 UmwStG und zu den Rechtsfolgen des § 6 Abs. 3 und Abs. 5 EStG ist das Ergebnis jedoch keineswegs so klar, wie es länger erschien; denn – jedenfalls nach Ansicht der Rechtsprechung -stehen teilentgeltliche Übertragungen dem Buchwertansatz nicht entgegen, wenn die sonstige Gegenleistung bzw. ein vergleichbares Entgelt den Buchwert nicht übersteigt. Man kann also konstatieren, dass jedenfalls die Rechtsprechung bei anderen Umwandlungen sich auf die heutige Gesetzeslage bei Einbringungen zu bewegt.

D. Mögliche Reaktionen des Gesetzgebers Im Folgenden soll untersucht werden, welche Änderungen der Gesetzgeber an der Behandlung sonstigen Gegenleistung denn vornehmen könnte und welche (u.U. negativen) Folgen sich daraus ergeben könnten. Neue Regelungen werden unweigerlich Abgrenzungsprobleme schaffen, die unten noch dargelegt werden (z.B. bei Ausschüttungen aus dem Einlagekonto, die einer Einbringung ohne sonstige Gegenleistung folgen). Auch aus einem anderen Gesichtspunkt ist u.E. eine Gesetzesänderung nicht zwingend erforderlich: Denn soweit durch „Gestaltungen“ tatsächlich wirtschaftlich als Veräußerungstatbestände anzusehende Sachverhalte als steuerneutrale Einbringungen dargestellt werden, kann dem in gewissem Rahmen bereits heute mit dem bestehenden allgemeinen Instrumentarium begegnet werden; das betrifft insbesondere die Fälle, die schon nach allgemeinen Grundsätzen als verdeckte Veräußerungen anzusehen sind.21 Würde sich der Gesetzgeber tatsächlich für eine Anpassung des Umwandlungssteuergesetzes entschließen, dürfen grundsätzlich mehrere Regelungen denkbar sein. Zunächst käme die Umsetzung eines Teilgewinnrealisierungskonzepts in Betracht, um eine „steuerneutrale sonstige Gegenleistung“ auszuschließen. Ein solches wäre wie oben gesehen mit der Fusions-RL vereinbar, wenn solche Fälle nicht erfasst werden, in denen die sonstige Gegenleistung 10 % des Wertes der neuen Anteile nicht überschreitet. Eine Vereinbarkeit mit der Fusions-RL wäre darüber hinaus gegeben, wenn sich die Besteuerung im Ergebnis allein auf die sonstige Gegenleistung bezieht. Diese Lösung würde systematisch dem Regelfall im Rahmen der §§ 3 bis 19 UmwStG entsprechen. Dabei wäre sicherzustellen, dass die Transaktion bei der Gewährung einer sonstigen Gegenleistung derart in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufgeteilt wird, dass die Aufdeckung der stillen Reserven in dem Verhältnis dieser beiden Teile erfolgt (vgl. dazu die Beispiele unten). 21 Vgl. dazu auch die aktuelle Verwaltungsauffassung im Rahmen des § 24 UmwStG, s. Fn. 16.

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Auch könnte im Rahmen eines Teilgewinnrealisierungskonzepts eine sonstige Gegenleistung nicht gänzlich ausgeschlossen, sondern eine Deckelung für diese eingeführt werden, die sich unterhalb des – auch jetzt als „Deckel“ wirkenden – Buchwerts des eingebrachten Vermögens bewegt. Dann würde nur der den Deckelungsbetrag übersteigende Anteil zu einer Teilgewinnrealisierung führen. Auf diese Weise würde eine steuerneutrale sonstige Gegenleistung zwar zugelassen, aber verhindert, dass diese in Höhe des gesamten Buchwerts des eingebrachten Betriebsvermögens erfolgen kann. Die Deckelung könnte theoretisch einen absoluten Betrag vorsehen als Maximalbetrag22, was dann aber wie eine reine Klein- oder Mittelstandsregelung wirken würde. Wenn schon ein solches neues Konzept umgesetzt würde, wäre der Sockelbetrag wohl eher an einem prozentualen Wert zu orientieren (z.B. einem Prozentsatz vom Buchwert oder gemeinen Wert), ggf. ergänzt wiederum um einen mindestens zulässigen absoluten Betrag unterhalb des Buchwerts23. Eine Anknüpfung an den Nennwert, wie diese in § 54 Abs. 4 UmwG oder § 23 Abs. 4 UmwStG a.F. vorgenommen wird bzw. wurde, ist zwar theoretisch möglich, u.E. jedoch von vornherein sachlich abzulehnen – denn der Nennwert als rein gesellschaftsrechtliche Kennziffer hat keine eigene steuerliche Logik und würde unter Umständen nur zu einer bloßen Aufblähung des Stammkapitals zwingen.24 Alternativ käme – jedenfalls theoretisch – die Einführung eines Vollgewinnrealisierungskonzepts in Betracht. Dabei würde die Gewährung einer sonstigen Gegenleistung die Anwendbarkeit der §§ 20 und 21 UmwStG und damit den Buchwertansatz insgesamt ausschließen. Um nicht gegen die Fusions-RL zu verstoßen, müsste die Anwendbarkeit des Buchwertansatzes jedenfalls für (nur grenzüberschreitende?) Sachverhalte, in denen die sonstige Gegenleistung 10 % des Nennwerts der neuen Anteile nicht überschreitet, sichergestellt werden. Im Ergebnis wäre die Einführung eines Vollgewinnrealisierungskonzepts jedoch in jeder Hinsicht unsystematisch und unverhältnismäßig. Denn eine Vollgewinnrealisierung ist auch bei anderen Umwandlungen – insbesondere den Fällen der §§ 3 bis 19 UmwStG – nicht vorgesehen, sondern nur eine Teilrealisierung. Es wäre auch ein Widerspruch zu der These der Finanzverwaltung, dass jedwede Umwandlung eine Veräußerung ist25 – denn wenn bei einer Veräußerung nur ein Teilentgelt gezahlt wird, kann 22 Z.B. sonstige Gegenleistung bis zur Höhe des steuerlichen Buchwerts, höchsten jedoch [x] Euro. 23 So jetzt z.B. der Vorschlag im Referentenentwurf des BMF v. 19.2.2015 (maximal 25 % des Buchwert oder 300.000 Euro); dazu unten F. 24 Vgl. aber den Vorschlag des Bundesrates in BR-Drucks. 432/14 vom 7.11.2014, S. 101 ff. 25 BMF v. 11.11.2011, BStBl. I 2011, 1314 (UmwSt-Erlass 2011), Tz. 00.02.

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es auch nur eine teilweise Realisierung geben (das Einbeziehen der Anteile selbst in die Entgeltbetrachtung widerspräche dem umwandlungssteuerlichen Prinzip der Gewährung der Steuerneutralität). Aus diesen Gründen wird im Rahmen der folgenden Beispiele auf ein Vollgewinnrealisierungskonzept nicht weiter eingegangen.

E. Tatsächliche oder vermutete Umgehungsfälle Bevor aber Anpassungsmöglichkeiten diskutiert werden, wird zunächst – an Hand von typischen Beispielen – untersucht, ob tatsächlich überhaupt ein Änderungsbedarf bzgl. der heutigen Regelung besteht, insbesondere ob auf Basis der bisherigen Rechtslage tatsächlich die behaupteten oder nur vermuteten Umgehungsfälle existieren. Dabei wird im Vergleich jeweils auf mögliche Auswirkungen einer Gesetzesänderung eingegangen, wobei für Zwecke dieses Beitrags ausschließlich ein evtl. Teilgewinnrealisierungskonzept eingegangen wird.

I. Einbringung Betrieb Beispiel 1: A bringt seinen Betrieb gegen Gewährung neuer Anteile in die B-GmbH ein. Der gemeine Wert des eingebrachten Betriebs beträgt 1.000, der Buchwert 400. A hält 100 % der Anteile an der B-GmbH.

Werden A nur neue Anteile an B-GmbH gewährt i.R.d. Einbringung, ist das Ganze unzweifelhaft steuerneutral. Im Folgenden werden einige Alternativen behandelt: 1. Sachverhaltsalternative: Einbringung mit sonstiger Gegenleistung Erste Sachverhaltsalternative: Die B-GmbH gewährt dem A neben neuen Anteilen eine sonstige Gegenleistung i.H.v. 400.

Nach der derzeitigen Gesetzesfassung wäre die Einbringung nach § 20 Abs. 2 UmwStG trotz Gewährung der sonstigen Gegenleistung steuerneutral möglich, da der Wert der sonstigen Gegenleistung (400) den Buchwert (ebenfalls 400) nicht übersteigt. Im Gegenzug sind die Anschaffungskosten des A für die neuen Anteile an der B-GmbH, die eigentlich dem Buchwert des übertragenen Vermögens entsprechen (400) um den Wert der sonstigen Gegenleistung (400) zu mindern, im Ergebnis also mit Null anzusetzen. Bei einer späteren Veräußerung der Anteile ergibt sich somit auch unabhängig von der Sperrfrist des § 22 UmwStG

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ein entsprechend höherer Gewinn. Die B-GmbH hat das eingebrachte Vermögen mit den bisherigen Buchwerten von 400 anzusetzen. Lösung bei Teilrealisierungskonzept: Würde der Gesetzgeber zukünftig ein Teilgewinnrealisierungskonzept einführen, wäre die Einbringung entsprechend dem Verhältnis zwischen sonstiger Gegenleistung (400) und gemeinem Wert des eingebrachten Vermögens (1.000) in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen. Im Beispiel wäre demzufolge i.H.v. 40 % von einem entgeltlichen Vorgang auszugehen. Die stillen Reserven i.H.v. insgesamt 600 wären deshalb zu 40 %, d.h. zu 240 aufzudecken und insoweit von A ein Veräußerungsgewinn zu versteuern.26 Zur Berechnung der Anschaffungskosten der neuen Anteile des A an der B-GmbH wäre nur der unentgeltliche Teil heranzuziehen.27 Somit sind die Anschaffungskosten im Beispiel mit 60 % des bisherigen Buchwerts von 400, also mit 240 anzusetzen. Im Übrigen beeinflusst die Gewährung der sonstigen Gegenleistung die Anschaffungskosten im Gegensatz zur heutigen Regelung des § 20 Abs. 3 Satz 3 UmwStG nicht weiter – insbesondere ist diese nicht (anteilig) von den auf diese Weise errechneten Anschaffungskosten abzuziehen, weil die sonstige Gegenleistung insgesamt im Rahmen des entgeltlichen Vorgangs Berücksichtigung gefunden hat, also schon versteuert wurde. Der Buchwert des eingebrachten Betriebsvermögens bei der B-GmbH wäre ebenfalls partiell aufzustocken, und nicht nur mit dem verbleibenden Buchwert i.H.v. 240 (60 % des ursprünglichen Buchwerts von 400) anzusetzen, sondern zzgl. der „bezahlten“ sonstigen Gegenleistung i.H.v. 400, insgesamt also mit 640.28 Im Vergleich zur heutigen Rechtslage würden somit zahlreiche weitere Rechenschritte erforderlich werden. Im Ergebnis würden die stillen Reserven zwar unmittelbar anteilig aufgedeckt (hier i.H.v. 240); aufgrund der höheren Anschaffungskosten der neuen Anteile beim Einbringenden reduziert sich jedoch auch ein späterer Veräußerungsgewinn der Anteile

26 Kontrollrechnung: gewährte sonstige Gegenleistung (400) abzgl. 40 % des Buchwerts (40 % v. 400 = 160) = 240. 27 Die gewährte sonstige Gegenleistung (z.B. eine Forderung) selbst hätte ihrerseits Anschaffungskosten i.H.d. angesetzten Betrags (im Beispiel 400), die ja in einem unterstellten Teilrealisierungskonzept auch bereits versteuert wurden. 28 Vgl. zu diesen Rechenschritten nunmehr auch das Beispiel im Regierungsentwurf v. 27.3.2015, BR-Drs. 121/15, S. 55 (dort noch mit der zusätzlichen rechnerischen Verkomplizierung, dass ein zulässiger Betrag einer sonstigen Gegenleistung zugelassen ist und insofern eine Aufteilungsrechnung erfolgen muss, vgl., a.a.O.).

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entsprechend. Zugleich kommt es zu einem partiellen Step up bei der übernehmenden Gesellschaft (d.h. neues Abschreibungs- und Gewinnminderungspotential wird bei ihr geschaffen). Ein solches Teilgewinnrealisierungskonzept führt zudem zu der Notwendigkeit einer (u.U. aufwendigen und streitanfälligen) Bewertung des eingebrachten Betriebs. Denn ohne Bestimmung des Verkehrswertes des eingebrachten Vermögens würde sich bereits das Verhältnis von sonstiger Gegenleistung zum Verkehrswert nicht ermitteln lassen.29 2. Sachverhaltsalternative: Einbringung und spätere Ausschüttung Zweite Sachverhaltsalternative: Wie im Grundfall gewährt die B-GmbH dem A im Zuge der Einbringung keine sonstige Gegenleistung. Nach der Einbringung schüttet die B-GmbH jedoch 400 an A aus. Die Ausschüttung erfolgt alternativ (a) noch im gleichen bzw. (b) im folgenden Wirtschaftsjahr.

Grundsätzlich ist hier sowohl nach bisheriger Rechtslage als auch nach unterstellter Einführung eines Teilrealisierungskonzepts die Einbringung nach § 20 UmwStG steuerneutral möglich, da eine sonstige Gegenleistung nicht gewährt wird. Es stellt sich jedoch die Frage nach den steuerlichen Auswirkungen der Ausschüttung. Diese richtet sich (in beiden Fällen) danach, ob diese aus dem ausschüttbaren Gewinn oder aus dem Einlagekonto erfolgt (Frage der Verwendungsreihenfolge nach § 27 Abs. 1 KStG). Wird sie aus dem ausschüttbaren Gewinn der B-GmbH gespeist, ist sie als Dividende steuerpflichtig (Teileinkünfteverfahren, § 3 Nr. 40d) EStG). Gilt hingegen das Einlagekonto als verwendet, handelt es sich um eine Einlagenrückgewähr, welche nach allgemeinen Grundsätzen nicht zu einer steuerpflichtigen Dividende führt (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG), sondern erfolgsneutral den Buchwert der Anteile an der B-GmbH mindert. Auch würde nach heutiger Auffassung kein Fall des § 22 Abs. 1 Satz 6 Nr. 3 UmwStG vorliegen und dementsprechend keine partielle Realisierung eines Einbringungsgewinns I stattfinden, weil die Höhe der Einlagenrückgewähr (400) den Buchwert (= 400) der Anteile nicht übersteigt.30

29 Bei dem im Regierungsentwurf v. 27.3.2015 vorgesehenen absolut zugelassenen Sockelbetrag von 300.000 Euro als sonstige Gegenleistung würde die Bewertungsnotwendigkeit entstehen, wenn die sonstige Gegenleistung diesen Sockelbetrag übersteigt. 30 So die h.M., vgl. BMF v. 11.11.2011, BStBl. I 2011, 1314 (UmwSt-Erlass 2011), Tz. 22.24, vgl. auch Stangl in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, UmwStG, 2. Aufl. 2013, § 22 Rz. 114b ff. m. zahlr. w. Nachweisen.

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Im Ergebnis tritt im Fall der Einlagenrückgewähr damit letztlich im Wesentlichen das gleiche Ergebnis ein wie bei einer Gewährung einer sonstigen Gegenleistung im heutigen Recht: das Vermögen geht steuerneutral auf die übernehmende Gesellschaft über, der Einbringende erhält zunächst nur neue Anteile, dann aber (mit etwas Zeitverzug) ein weiteres vermögenswertes Etwas (= Gegenstand der Ausschüttung/Einlagerückgewähr, i.d.R. Geld, eine Forderung oder ein sonstiger Sachwert), ohne dass dies eine Besteuerung bei ihm auslöst, sondern nur den Buchwert seiner Anteile (nachträglich) vermindert. Dies würde grundsätzlich auch nach einer etwaigen Umstellung auf ein Teilrealisierungskonzept gelten. Das ist eine wichtige Erkenntnis, denn wenn mit „normalen“ Maßnahmen (und als solche dürfte eine Ausschüttung aus dem Einlagekonto durchaus gelten) das gleiche Ergebnis erzielt wird wie bei Gewährung einer sonstigen Gegenleistung, dann ist in hohem Maße fraglich, wieso dann die heutige Möglichkeit der Gewährung einer steuerneutralen sonstigen Gegenleistung überhaupt beschränkt werden sollte. Würde der Gesetzgeber dagegen als flankierende Maßnahme einer Einführung eines Teilgewinnrealisierungskonzepts dagegen auch noch die Möglichkeit der steuerneutralen Auskehr aus dem Einlagekonto beschränken, oder jedenfalls eine Besteuerung eines Einbringungsgewinns I bei Verwendung des Einlagekontos erweitern31, dann ergäben sich u.E. vielfältige neue Probleme; insbesondere müssten dann i.d.R. komplexe Regeln gefunden werden, in welchen Fällen der Einbringung folgende Ausschüttungen „sanktioniert“ werden sollten (z.B. abhängig von zeitlicher Nähe zur Einbringung?, wohl kaum bei Verwendung bereits zuvor vorhandenen Einlagekontos?, auch bei einer Ausschüttung einer steuerpflichtigen Dividende – die beim Einbringenden ja auch keine Vollbesteuerung auslöst wie ein steuerpflichtiger Einbringungsgewinn, sondern „nur“ eine nach dem Teileinkünfteverfahren?). Hier würde sich also eine „Büchse der Pandora“ öffnen mit zahlreichen neuen Folgeproblemen. Dass dies notwendig ist, um angebliche Umgehungsgestaltungen auf Basis der heutigen, lange angewandten Rechtslage auszuschließen, erscheint u.E. doch sehr fraglich. Wirklich krassen Fallgestaltungen sollte u.E. eher mit der Anwendung von § 42 AO begegnet werden als eine Neuregelung mit zahlreichen Weiterungen einzuführen.

31 Derartige Beschränkungen sieht der Regierungsentwurf v. 27.3.2015 jedenfalls nicht vor.

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II. Einstieg Joint Venture-Partner Beispiel 2: A-GmbH ist Alleingesellschafter der B-GmbH. Der Buchwert der Anteile an der B-GmbH beträgt 400. Zu Vereinfachungszwecken soll auch das Eigenkapital der B-GmbH 400 betragen. Der gemeine Wert der Anteile liegt bei 1.000 (d.h. die stillen Reserven im Anteil betragen 600); das steuerliche Einlagekonto der B-GmbH bei 300. A plant nunmehr 40 % seiner Anteile an der B-GmbH an einen Joint-Venture-Partner, die X-GmbH (X), abzugeben. Dafür bieten sich folgende Möglichkeiten an:

1. Verkauf der Anteile an die X-GmbH Variante 1: Die A-GmbH verkauft 40 % der Anteile an die X-GmbH für einen Preis von 400 (40 % des gemeinen Werts).

Dies führt bei der A-GmbH zu einer Aufdeckung von 40 % der stillen Reserven von 600 und damit zu einem Veräußerungsgewinn i.H.v. 240. Dieser Veräußerungsgewinn wäre grundsätzlich nach § 8b Abs. 2, 3 KStG zu 95 % steuerfrei. Somit wäre lediglich ein Veräußerungsgewinn von 12 durch die A-GmbH zu versteuern. Nach dieser Transaktion würde die A-GmbH 60 % der Anteile an der B-GmbH halten, die mit einem Buchwert von 240 anzusetzen wären, wobei der gemeine Wert dieses Anteils 600 betragen würde. Die X-GmbH würde 40 % der Anteile an B-GmbH mit einem Buchwert von 400 halten, was auch dem Verkehrswert entsprechen würde. 2. Einbringung der Anteile in eine neu zu gründende GmbH mit Gewährung einer sonstigen Gegenleistung Variante 2: Statt des direkten Verkaufs von 40 % der Anteile bringt die A-GmbH die Anteile an der B-GmbH in eine neue C-GmbH gegen die Gewährung neuer Anteile und die Gewährung einer sonstigen Gegenleistung (z.B. Darlehensforderung) i.H.v. 399 ein. Kurz nach der Einbringung wird eine Barkapitalerhöhung bei C durchgeführt, in deren Rahmen der Investor (X-GmbH) neue Anteile von 40 % zeichnet und dafür ca. 400 in bar in die C einzahlt. Einen Monat nach der Kapitalerhöhung tilgt die C-GmbH die Darlehensschuld gegenüber A-GmbH.

Nach heutiger Rechtslage kann der Anteilstausch nach § 21 Abs. 1 Satz 2 UmwStG steuerneutral durchgeführt werden, da die sonstige Gegenleistung (Darlehensgewährung) kleiner als der Buchwert der eingebrachten Anteile ist. Der Buchwert der neuen Anteile an der C-GmbH

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ist nach § 21 Abs. 2 Satz 5 i.V.m. § 20 Abs. 3 Satz 3 UmwStG mit 132 anzusetzen. Die folgende Kapitalerhöhung hat ebenso wie die Tilgung der Darlehensschuld grundsätzlich keine Gewinnauswirkung. Die Transaktion wäre somit ohne steuerliche Folgen möglich. Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn man den Sachverhalt als verdeckte Veräußerung von 40 % der Anteile ansehen würde und deshalb die Rechtsfolge des § 21 Abs. 1 Satz 2 UmwStG nicht auf die gesamte Transaktion anwenden würde. Entsprechend geht die Finanzverwaltung jedenfalls im Rahmen des § 24 UmwStG vor, wenn es sich um einen verdeckten Veräußerungsvorgang handelt.33 Eine derartige Umqualifizierung ist (ohne diesen Aspekt hier im Detail zu betrachten) nicht per se ausgeschlossen, jedoch von den Gesamtumständen des Falls abhängig (möglicherweise bei Annahme eines entsprechenden „Gesamtplans“); ein wesentlicher Aspekt dürfte die Zeitdauer bis zur Tilgung des Darlehens sein – je länger diese der Kapitalerhöhung nachfolgt, desto schwieriger dürfte es sein, eine Umdeutung des Gesamtkomplexes in einen (verdeckten) Veräußerungsvorgang zu begründen. Nach der (unterstellten) Einführung eines Teilgewinnrealisierungskonzepts in § 21 UmwStG ohne Sockelbetrag entsprächen die Rechtsfolgen etwa jenen in der ersten Variante (Verkauf von 40 % der Anteile). Aufgrund der Gewährung der Darlehensforderung als sonstige Gegenleistung wäre die Einbringung zu knapp 40 % als Veräußerungsvorgang zu behandeln, woraus wiederum ein Veräußerungsgewinn von etwa 240 folgen würde, welcher in der Regel zu 95 % steuerfrei wäre. Der Buchwert der neuen Anteile an der C-GmbH betrüge ebenfalls etwa 240. In dieser Konstellation würde die Einführung eines Teilrealisierungskonzepts demnach zu einem echten Gleichlauf zwischen Veräußerung und Einbringung führen. Anders wäre dies, wenn eine gewisse sonstige Gegenleistung zugelassen würde – je nachdem, ob die zulässige Gegenleistung überschritten ist oder nicht, wären die Teilgewinnrealisierungsfolgen anteilig zu ziehen.34 Interessant ist, dass punktuell die Gewährung der sonstigen Gegenleistung im Zeitpunkt der Einbringung sanktioniert wird. Wie bereits oben dargelegt, wird dabei die sonstige Gegenleistung gegenüber einer alternativen Ausschüttung aus dem Einlagekonto benachteiligt, die zum gleichen Ergebnis führen kann. Das ist insbesondere dann nicht zu rechtfertigen, wenn – wie unten in Variante 4 dargestellt – die alternativ gedachte Ausschüttung aus dem Einlagekonto erfolgen kann aus ohne32 Buchwert des eingebrachten Vermögens abzgl. der erhaltenen sonstigen Gegenleistung von 399. 33 BMF v. 11.11.2011, BStBl. I 2011, 1314 (UmwSt-Erlass 2011), Tz. 24.07, a.E. 34 Vgl. das Beispiel im Regierungsentwurf v. 27.3.2015, BR-Drs. 121/15, S. 55 f.

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hin vorhandenen Beständen (d.h. solche, die nicht erst i.R.d. der Einbringung geschaffen werden); im Beispiel wäre das z.B. der Fall durch eine Ausschüttung aus dem vorhandenen Einlagekonto von 300 der eingebrachten B-GmbH vor der Einbringung – dies würde (wie auch die Gewährung der sonstigen Gegenleistung durch die aufnehmende C-GmbH bei Einbringung) den Wert der JV-Gesellschaft mindern, und die entsprechende Verbindlichkeit könnte u.E. ohne Weiteres mit den vom einsteigenden Investor zugeführten Barmitteln getilgt werden; die Einführung eines Teilgewinnrealisierungskonzepts dürfte daran u.E. nichts ändern. 3. Einbringung der Anteile in eine neu zu gründende GmbH ohne sonstige Gegenleistung mit folgender Ausschüttung Variante 3: Wie in Variante 2 bringt die A-GmbH die Anteile an der B-GmbH gegen die Gewährung neuer Anteile in eine neu gegründete C-GmbH ein, diesmal jedoch ohne die Gewährung einer sonstigen Gegenleistung. Dies könnte beispielsweise im Oktober 13 erfolgen. Im Februar 14 beschließt die A-GmbH eine Ausschüttung der C-GmbH i.H.v. 399. Da die C-GmbH noch keinen ausschüttbaren Gewinn hat, entstammt diese komplett aus dem Einlagekonto. Diese Ausschüttungsverbindlichkeit wird für 12 Monate gestundet. Im Mai 14 steigt die X-GmbH – ebenso wie in der vorherigen Variante – im Wege einer Barkapitalerhöhung in die C-GmbH ein. Dabei erhält sie für eine Bareinlage von 400 40 % der Anteile an der C-GmbH. Später wird dann die Ausschüttungsverbindlichkeit getilgt. Dies kann alternativ mit den bar eingelegten Mitteln oder einem Darlehen der S-Bank erfolgen.

Nach heutiger Rechtslage könnte der Anteilstausch im Oktober 2013 nach § 21 UmwStG steuerneutral durchgeführt werden. Da keine sonstige Gegenleistung gewährt wird, gilt Gleiches für die Rechtslage nach der Einführung eines Teilgewinnrealisierungskonzepts. Die Ausschüttung aus dem Einlagekonto der A wäre grundsätzlich ebenfalls steuerneutral. Selbst wenn die neuen Anteile an der C sperrfristbehaftet wären, würde wie bereits dargelegt35, nach heutigem Verständnis keine Versteuerung des Einbringungsgewinns I nach § 22 Abs. 1 Satz 6 Nr. 3 UmwStG ausgelöst, da die Ausschüttung den Buchwert der eingebrachten Anteile unterschreitet.36 Die spätere Tilgung der Ausschüttungsverbindlichkeit erfolgt ebenfalls steuerneutral. Ein Unterschied zwischen heutiger Rechtslage und einer solchen nach Einführung eines Teilgewinnrealisierungskonzepts ergibt sich somit grundsätzlich nicht (jedenfalls nicht ohne weitere Änderungen). In beiden Fällen wäre auf diese 35 Vgl. Fn. 29. 36 In der hier angesprochenen Variante des Anteilstauschs durch eine einbringende Kapitalgesellschaft würden die neuen Anteile ohnehin i.d.R. gar nicht sperrfristverhaftet sein (§ 22 Abs. 2 UmwStG).

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Weise eine steuerneutrale Übertragung möglich, obwohl A letztlich Geldmittel i.H.v. 399 erhält. Auch hier wäre deshalb zu prüfen, ob von einer verdeckten Veräußerung auszugehen ist, welche die Anwendung des § 21 UmwStG zumindest teilweise ausschließen würde. Dies wäre wiederum abhängig von den Gesamtumständen und u.U. dem nachweisbaren Vorliegen eines „Gesamtplans“, wobei die Dauer zwischen Einbringung und Tilgung eine Rolle spielen sollte wie auch die Frage, ob die Tilgung nur aus den eingelegten Barmitteln der X erfolgen kann oder auch durch eine selbständige Finanzierung durch einen Dritten (hier die S-Bank) darstellbar ist – in jedem Fall ergäben sich schwierige Abgrenzungsfragen. 4. Ausschüttung der B vor Einstieg des Joint-Venture Partners Variante 4: Die A-GmbH beschließt vor dem geplanten Einstieg des Joint-Venture-Partners (X-GmbH) eine Ausschüttung der B-GmbH i.H.v. 400. Erst nach erfolgter Ausschüttung erwirbt die X-GmbH 40 % der Anteile an B-GmbH für dann 240 (40 % des nach der Ausschüttung verbleibenden gemeinen Wertes von 600). Es soll dabei davon ausgegangen werden, dass die Ausschüttung an A i.H.v. 100 als Dividende und im Übrigen aus dem Einlagekonto erfolgt.

In diesem Fall ist die Dividende von 100 in der Regel nach § 8b Abs. 1, 5 KStG zu 95 % steuerfrei, während die Ausschüttung aus dem Einlagekonto steuerneutral möglich ist. Aufgrund der Ausschüttung hätte A demnach einen Betrag von 5 zu versteuern. Nach der Ausschüttung beträgt der Restbuchwert der Anteile an B insgesamt 100 (vgl. Variante 1). Durch die Veräußerung an die X-GmbH entsteht zudem ein Veräußerungsgewinn bei der A-GmbH i.H.v. 200. Von dem Veräußerungspreis i.H.v. 240 ist der anteilige Restbuchwert i.H.v. 40 (40 % des Rechtbuchwerts von 100) abzuziehen. Der Veräußerungsgewinn ist nach § 8b Abs. 2 und 3 KStG in der Regel zu 95 % steuerfrei. Die A-GmbH hätte demnach aufgrund des Veräußerungsvorgangs zusätzlich einen Betrag von 10 der Besteuerung zu unterwerfen. Insgesamt würden in diesem Fall demnach Steuern auf eine Summe von 15 anfallen. Im Vergleich zur ersten Gestaltungsvariante (unmittelbarer Verkauf der Anteile an die X-GmbH) hätte die A-GmbH mehr Erlöse realisiert (nicht nur 400, sondern insgesamt 640 = Summe aus Ausschüttung zzgl. Veräußerungserlös) und nur unwesentlich mehr zu versteuern (15 statt 12).

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5. Einbringung von Anteilen gegen die Gewährung nur eines Anteils Variante 5: Als letzte Variante für den Einstieg eines Partners soll abweichend von den bisher genannten Beispielen ein komplexerer Sachverhalt betrachtet werden: Die A-AG ist auf dem Gebiet der Maschinenproduktion tätig. Im Jahr 2007 gliedert sie den Produktionsbetrieb steuerneutral nach § 20 UmwStG in neue A-GmbH aus. Im Jahr 2009 kommt A-AG in eine Liquiditätskrise. Die Gewinne und das freie Eigenkapital der A-GmbH werden im Wege von Ausschüttungen dazu genutzt, die A-AG finanziell zu stärken. Der gemeine Wert der A-GmbH reduziert sich dadurch und entspricht nunmehr etwa dem steuerlichen Buchwert von z.B. 510, welches aus Vereinfachungsgründen gleich dem Eigenkapital sein soll. Zur Stärkung der A-GmbH erwirbt der Investor B-AG 49 % an der A-GmbH über eine Kapitalerhöhung. Die zugeführten Mittel i.H.v. 490 verbleiben in der A-GmbH. Zudem vereinbaren die A-AG und die B-AG Put/Call-Optionen über die restlichen 51 % zum Preis von 510. Dabei sind die Optionen so gestaltet, dass das wirtschaftliche Eigentum an den 51 %-Anteilen nicht durch die Vereinbarung der Optionen auf die B-AG übergeht. Im Jahr 2012 bringt A-AG nunmehr ihre 51 % an der A-GmbH in die B-GmbH ein. Dabei handelt es sich um eine 100 %ige Tochter der B-AG. Im Gegenzug erhält die A-AG einen Anteil (im Nennwert von 10 u) an der B-GmbH und zusätzlich eine sonstige Gegenleistung (Forderung gegen die B-GmbH) von 509. Sechs Monate später tilgt B-AG die Verbindlichkeit von 509 für die B-GmbH.

Hier ist die Ausgliederung des Produktionsbetriebs im Jahr 2007 aufgrund von § 20 UmwStG steuerneutral erfolgt. Die Anteile der A-AG an der A-GmbH sind deshalb nach § 22 UmwStG sperrfristbehaftet. Die Kapitalerhöhung im Jahre 2009 gilt jedoch nicht als Veräußerung, so dass diese keinen Einbringungsgewinn I auslöst. Auch der Anteilstausch im Jahr 2012 ist nach aktueller Rechtslage nach § 21 UmwStG steuerneutral möglich; die §§ 20, 21 UmwStG setzen keine bestimmte (Mindest-)Beteiligungshöhe oder einen Wert der gewährten Anteile voraus, es genügt daher die Einräumung einer noch so geringen Beteiligung.37 Es wird auch kein Einbringungsgewinn I ausgelöst, da zwar eine Ausschüttung aus dem Einlagekonto erfolgt, diese aber den Buchwert der weitereingebrachten Sperrfristanteile (510) nicht übersteigt (§ 22 Abs. 1 Satz 6 Nr. 2 UmwStG).38 Auch hier stellt sich die Frage, ob der Beispielsfall Ansatzpunkte für „steuerteleologische Bedenken“39 bietet oder man darin sogar eine Um-

37 Widmann in Widmann/Mayer, § 20 UmwStG Rz. R 137; Herlinghaus und Rabback in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, UmwStG, 2. Aufl. 2013, § 20 Rz. 130a bzw. § 21 Rz. 47, jeweils m.w.N.; vgl. auch BMF v. 11.11.2011, BStBl. I 2011, 1314 (UmwSt-Erlass 2011), Tz. 20.09. 38 Vgl. BMF v. 11.11.2011, BStBl. I 2011, 1314 (UmwSt-Erlass 2011), Tz. 22.22. 39 So die Prüfbitte der Länder, vgl. Fn. 12.

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gehung sehen könnte. Denn im Ergebnis realisiert die A-AG den Wert ihrer Anteile an der A-GmbH, ohne dass es zu einer (aufgrund des fortgeschrittenen Zeitablaufs seit Einbringung in 2007 allerdings ohnehin deutlich reduzierten) Besteuerung des Einbringungsgewinns I kommen würde. Andererseits ist dies hier auch nur deshalb denkbar, weil der gemeine Wert der verbliebenen 51 % mit dem steuerlichen Buchwert identisch ist – liefe nicht noch die Sperrfrist des § 22 Abs. 1 UmwStG, wäre wirtschaftlich betrachtet u.E. gar kein Anlass erkennbar, um „steuerteleologische Bedenken“ (oder mehr) zu erheben, da der Verkaufspreis/ Tauschwert den Buchwert nicht übersteigt. Stellt man sich den vorliegenden Fall ohne laufende Sperrfrist vor, wird das auch noch deutlicher: auch bei Einführung eines Teilgewinnrealisierungskonzepts würde sich keine Besteuerung ergeben. Denn geht man im obigen Beispiel davon aus, dass der gemeine Wert der Anteile der A-AG an der A-GmbH im Zeitpunkt des Anteilstauschs im Jahr 2012 weiterhin dem Buchwert entspricht und deshalb zu dem Zeitpunkt keine stillen Reserven vorhanden sind, begründet ein neues Teilgewinnrealisierungskonzepts zwar eine Entgeltlichkeit (und zwar zu nahezu 100 %, da die sonstige Gegenleistung fast dem gemeinen Wert entspricht), aber mangels stiller Reserven auch gar keinen Gewinn. Wenn man in dem Fall ein Problem sehen wollte, dann kann es u.E. nicht in der grundsätzlichen Möglichkeit der Gewährung einer sonstigen Gegenleistung bei § 21 UmwStG, sondern allenfalls in den Sperrfristregeln des § 22 UmwStG liegen. Ein zwingender Anlass, das seit mehreren Jahrzehnten bewährte Konzept der Möglichkeit einer steuerneutralen Einbringung bei Gewährung einer gewissen sonstigen Gegenleistung zu kippen, ist u.E. jedenfalls nicht gegeben.

III. Vergleich von Teilrealisierungskonzepten mit und ohne zulässige Sockelbeträge Zuletzt sollen anhand eines weiteren Beispiels die Auswirkungen der Einführung eines Teilrealisierungskonzeptes einmal mit und einmal ohne einen Sockelbetrag verglichen werden. Beispiel 3: Die natürliche Person A hält alle Anteile an der B-GmbH, wobei der gemeine Wert der Anteile 1.000 und deren Buchwert 400 beträgt. Demnach sind stille Reserven i.H.v. 600 vorhanden. A bringt die Anteile an der B-GmbH in die C-GmbH ein und erhält neben neuen Anteilen eine sonstige Gegenleistung i.H.v. 300.

Nach der heutigen Rechtslage kann gem. § 21 UmwStG eine steuerneutrale Einbringung der Anteile des A an der B-GmbH in die C-GmbH erfol157

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gen, da der Wert der sonstigen Gegenleistung den Buchwert unterschreitet. Die Anschaffungskosten der neuen Anteile des A an der C-GmbH wären nach § 21 Abs. 2 Satz 6 i.V.m. § 20 Abs. 3 Satz 3 UmwStG mit 100 anzusetzen. Die C-GmbH hätte den Buchwert der Anteile an der B-GmbH mit 400 fortzuführen. Würde sich der Gesetzgeber entschließen, bei Gewährung einer sonstigen Gegenleistung ein Teilgewinnrealisierungskonzept einzuführen, und zwar ohne zulässigen Sockelbetrag, so wäre die Gewährung der sonstigen Gegenleistung von 300 grundsätzlich schädlich, d.h. nicht mehr steuerneutral möglich. Es wäre von einem entgeltlichen Veräußerungsvorgang i.H.v. 30 % (bei einer Gegenleistung von 300 und einem gemeinen Wert von 1.000) auszugehen. Dementsprechend wären stille Reserven i.H.v. 180 (30 % von 60040) aufzudecken und als Veräußerungsgewinn von A zu versteuern. Die Anschaffungskosten des A für die neuen Anteile richten sich allein nach dem unentgeltlichen Teil und betragen daher insgesamt 280 (70 % des ehemaligen Buchwerts); daneben besitzt A ein weiteres Wirtschaftsgut (sonstige Gegenleistung wie Geld oder Darlehensforderung) von 300. Bei der C-GmbH sind die Anteile an der B-GmbH insgesamt mit 580 anzusetzen, da zu den Aufwendungen von 300 für den entgeltlichen Teil des Geschäfts die Buchwertfortführung von 280 für den unentgeltlichen Teil hinzukommt.41 Wenn sich der Gesetzgeber zu einem Teilgewinnrealisierungskonzept entschließen würde, läge es jedoch nahe, eine gewisse – im Verhältnis zum heutigen Stand aber reduzierte – Möglichkeit einer sonstigen Gegenleistung weiter einzuräumen, d.h. einen zulässigen Sockelbetrag zuzulassen. Immerhin hat bereits der Koalitionsvertrag der heutigen Regierungskoalition eine entsprechende Tendenz in diese Richtung ausgesprochen. Für die Ausgestaltung eines Sockelbetrags gäbe es mehrere Möglichkeiten, wie einen festen Maximalbetrag, wahrscheinlicher aber prozentuale Orientierung am gemeinen Wert oder Buchwert (vgl. bereits oben S. 11 unter D.). Für Beispielszwecke wird hier einmal ein Sockelbetrag für eine sonstige Gegenleistung von 25 % des Buchwerts unterstellt.42 Dann wäre das Beispiel wie folgt zu lösen: Die sonstige Gegenleistung wäre i.H.v. 25 % des Buchwerts der eingebrachten Anteile (400), also i.H.v. 100, unschädlich. In Höhe des übersteigenden Betrags von 200 würde sie jedoch zu einer schädlichen Teilgewinnrealisierung 40 Kontrolle: Entgelt 300 abzgl. anteiliger Buchwert 120 (= 30 % von 400) = 180. 41 Vgl. dazu auch das Beispiel oben unter E.I.1. 42 Das entspricht der Regelung im Regierungsentwurf v. 27.3.2015 (wobei dort alternativ auch ein Betrag bis zu 300 Tt, maximal der Buchwert, zugelassen wird).

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führen. Da dies 20 % (200 von 1.000) des gemeinen Wertes der Anteile entspricht, wären 20 % der stillen Reserven (600) aufzudecken. Dementsprechend entstünde ein zu versteuernder Veräußerungsgewinn von 120. Bei der Berechnung der Anschaffungskosten des A im Hinblick auf die neuen Anteile an der C-GmbH wäre zu berücksichtigen, dass der unschädliche Teil der Gegenleistung entsprechend dem heutigen § 20 Abs. 3 Satz 3 UmwStG im Rahmen des unentgeltlichen Teils zu berücksichtigen sein müsste. Da die Einbringung zu 80 % als unentgeltlich anzusehen ist, wären dementsprechend zunächst 320 (80 % von 400) als Anschaffungskosten der neuen Anteile anzusehen, davon aber wieder die unschädliche sonstige Gegenleistung von 100 abzuziehen. Die Anschaffungskosten der neuen Anteile des A an der C-GmbH betrügen somit 220. Bei dem Ansatz der übertragenen Anteile an der B-GmbH bei der C-GmbH ist in Höhe des steuerneutralen Teils von 80 % der bisherige Buchwert fortzuführen (d.h. 80 % von 400 = 320); die unschädliche sonstige Gegenleistung i.H.v. 100 ist – wie nach der heutigen Rechtslage – nicht relevant beim Aufnehmenden. Zusätzlich ist der schädliche entgeltliche Teil von 100 als echte neue Anschaffungskosten zu berücksichtigen. Insgesamt sind bei der C-GmbH die eingebrachten Anteile mit 520 anzusetzen. Die Beispiele zeigen, dass die Folgen einer gesetzlichen Änderung am heutigen Konzept, abhängig natürlich von der konkreten Ausgestaltung, für einbringungswillige Steuerpflichtige gravierend sein können und daher geplante Umwandlungen erschweren können.

F. Ausblick Nach dem diesem Beitrag zugrunde liegenden Vortrag hat der Bundesrat im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens des „Zollkodex-Anpassungsgesetzes“ eine Neuregelung hinsichtlich der sonstigen Gegenleistung vorgeschlagen, welche jedoch am Widerstand des Bundestags letztendlich gescheitert ist und keinen Eingang in die endgültige Fassung des Gesetzes gefunden hat.43 Allerdings hat die Bundesregierung den Ländern zugesagt, über die nicht in das Gesetz aufgenommenen Vorschläge der Länder im Jahr 2015 zu verhandeln.44 Im Februar 2015 hat das BMF dann einen Referentenentwurf und im März 2015 die Bundesregierung einen inhaltlich identischen Regierungsentwurf vorgelegt, der bereits an der oder anderen Stelle erwähnt wurde – auf diesen soll hier kurz eingegangen werden. 43 Vgl. dazu Fn. 3. 44 Vgl. Bundesrat, Plenarprotokoll zur 929. Sitzung v. 19.12.2014, S. 411 und 413.

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Schneider, Einbringung in Kapitalgesellschaften und andere Gegenleistung

Der Entwurf des Bundesrates hatte vorgesehen, den Buchwertansatz nur noch zu ermöglichen, soweit der gemeine Wert der sonstigen Gegenleistung 10 % des Buchwerts der eingebrachten Anteile nicht übersteigt. Der Regierungsentwurf sieht nunmehr vor, dass die sonstige Gegenleistung maximal (i) 25 % des Buchwerts beträgt, oder (ii) Tt 300 (aber maximal der Buchwert). Es ist also ein doppelter Sockelbetrag vorgesehen, prozentual am Buchwert des eingebrachten Vermögens orientiert und – falls das höher sein sollte – mit einem zulässigen absoluten Betrag. Letzterer ermöglicht insbesondere in kleineren Fällen die Gewährung einer sonstigen Gegenleistung, die u.U. sogar den gesamten Buchwert abdeckt – dieser Teil der Regelung ist also eine echte „KMU-Komponente“. Die absolute Grenze greift effektiv unterhalb eines Buchwertes des eingebrachten Betriebsvermögens von 1.200.000 t, weil dann der Wert der sonstigen Gegenleistung mehr als 25 % des Buchwerts des eingebrachten Betriebsvermögens ausmacht. Die Beschränkung auf maximal die Höhe des Buchwertes besteht auch im Hinblick auf die absolute Grenze. Somit bleibt es für eingebrachte Wirtschaftsgüter bis zu einem Buchwert von 300.000 t bei der bisherigen Regelung zur Ermittlung der maximal zulässigen sonstigen Gegenleistung.45 Wird der unschädliche Betrag überschritten, kommt es zu einer Teilgewinnrealisierung in Bezug auf den übersteigenden Betrag. Durch die Aufnahme der Regelung in die nummerisch aufgezählten Voraussetzungen für die Buchwertfortführung gilt das „soweit“ aus dem einleitenden Satz des § 20 Abs. 2 Satz 2 UmwStG im Regierungsentwurf auch für die Neuregelung. Die Begründung des Entwurfs legt die entsprechenden notwendigen fünf Rechenschritte mit Auswirkung auf den Betrag der Gewinnrealisierung, die Aktivierung beim Übernehmer sowie die Anschaffungskosten (der Anteile und der sonstigen Gegenleistung) beim Übertragenden in einem anschaulichen Beispiel dar. Während in den ersten drei Schritten der Wertansatz bei der übernehmenden Gesellschaft ermittelt wird, erfolgt in den letzten beiden Schritten die Ermittlung der Folgen beim Einbringenden. Eine entsprechende Regelung soll auch beim Anteilstausch eingeführt werden. Der Entwurf des Bundesrats aus dem Herbst 2014 war da noch etwas ungenauer, da er sprachlich die sonstige Gegenleistung nur gewähren wollte, wenn die sonstige Gegenleistung 10 % des Buchwerts nicht übersteigt – wäre sie höher, hätte bei dem Wortlaut die Gefahr bestanden, dass es zu einer Voll- und nicht nur einer Teilrealisierung kommen könnte. Der Regierungsentwurf ist jetzt an dieser Stelle klar (mit einer „soweit“-Formulierung) gefasst.

45 Ritzer/Stangl, DStR 2015, 849 (854).

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Schneider, Einbringung in Kapitalgesellschaften und andere Gegenleistung

Letztlich soll eine entsprechende Begrenzung auch bei der Einbringung in Personengesellschaften nach § 24 UmwStG aufgenommen werden. Das ist zwar gegenüber der neueren Rechtsprechung (vgl. oben S. 8 f.) eine Verschlechterung, gegenüber der bisherigen Auffassung der Finanzverwaltung – die jede sonstige Gegenleistung als Grund für eine Teilrealisierung ansah – eine Verbesserung, da nunmehr zumindest Sockelbeträge zulässig sind. Die Verschärfungen sollen rückwirkend ab dem 1. Januar 2015 gelten, d.h. für alle Einbringungen, die nach dem 31. Dezember 2014 beschlossen werden. Damit würden die Neuregelungen nicht nur zukünftige Umstrukturierungen betreffen, sondern auch alle Maßnahmen, die Anfang 2015 ohne Kenntnis des Gesetzesentwurfs vereinbart wurden. Dies erscheint u.E. verfassungsrechtlich durchaus problematisch. Unabhängig davon bleibt die eigentliche Kernfrage aber: muss das über Jahrzehnte eigentlich bewährte Instrument der partiell zulässigen sonstigen Gegenleistung wirklich abgeschafft oder wesentlich begrenzt werden, um angeblich problematische Fälle zu verhindern? Die oben dargestellten Beispiele (einschließlich des Falls 5, der dem „Anlass-Fall“ – der Übernahme der operativen Porsche-Gesellschaft durch VW – nachgebildet ist, und der die partiellen Rufe nach einer Gesetzesverschärfung ausgelöst hat) zeigen u.E., dass die bisherigen Ergebnisse so bedenklich nicht sind. Das muss man zunächst ohne mediale Aufgeregtheit nüchtern analysieren, bevor man leichtfertig dieses Instrument abschafft oder begrenzt und damit eine Vielzahl neuer (z.T. oben aufgezeigten) Abgrenzungsprobleme kreiert.

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Aktuelle Organschaftsfragen Oberregierungsrätin Anita Kiontke, Bundesministerium der Finanzen, Berlin Professor Dr. Andreas Schumacher, Steuerberater, Bonn Inhaltsübersicht I. Einleitung II. Organschaft und § 8c KStG 1. Verlustkürzung bei Organträger und Organgesellschaft 2. Zusammenwirken von § 8c KStG und Zinsschranke 3. Anwendung der Stille-Reserven-Klausel

III. Sonstige aktuelle Auslegungsfragen 1. Der wichtige Grund für die Beendigung des Gewinnabführungsvertrags 2. Die Bruttomethode bei der Gewerbesteuer

I. Einleitung Während im Jahr 2013 die gesetzlichen Änderungen durch die „kleine Organschaftsreform“ im Mittelpunkt standen,1 sind im Jahr 2014 andere Fragen im Fokus des Organschaftsrechts. Von besonderem Interesse ist dabei die Diskussion über die Verwaltungsauffassung zur Anwendung des § 8c KStG im Organschaftsfall, die den Schwerpunkt dieses Beitrags bildet. Der Entwurf eines BMF-Schreibens vom 15.4.2014 zur Anwendung des § 8c KStG in der Fassung nach Einführung der Konzernklausel und der Stille-Reserven-Klausel nimmt auch zu Fragen der Verlustkürzung in Fällen der Organschaft Stellung. Die Erörterungen zu diesem Entwurf sind zwischen Bund und Ländern noch nicht abgeschlossen. Die nachfolgenden Ausführungen beziehen sich daher ausschließlich auf die in dem Entwurf dargelegte Auffassung.

II. Organschaft und § 8c KStG 1. Verlustkürzung bei Organträger und Organgesellschaft Nach Auffassung der Finanzverwaltung ist die Anwendung des § 8c KStG auf der Ebene von Organträger und Organgesellschaft gesondert zu prüfen. Daraus folgt: 1 Vgl. Verf., StbJb. 2013/2014, 89; Benecke/Blumenberg, StbJb. 2013/2014, 349.

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Kiontke/Schumacher, Aktuelle Organschaftsfragen

Beim Organträger sind bei einem schädlichen Beteiligungserwerb von der quotalen oder vollständigen Kürzung alle nicht genutzten Verluste des Organträgers betroffen. Darin sind insbesondere auch die in vorangegangenen Veranlagungszeiträumen zugerechneten Verluste der Organgesellschaft enthalten. Bei der Organgesellschaft2 kann ein unmittelbarer Beteiligungserwerb bei der Organgesellschaft nur zu einem anteiligen Verlustuntergang führen. Denn wegen der Voraussetzungen an die finanzielle Eingliederung kann die Beteiligung der Organgesellschaft, die nicht vom Organträger gehalten wird, stets nur weniger als 50 % betragen. Ein schädlicher Beteiligungserwerb auf der Ebene des Organträgers kann allerdings zu einem schädlichen mittelbaren Beteiligungserwerb auf der Ebene der Organgesellschaft führen. Kommt es bei der Organgesellschaft unmittelbar oder mittelbar zu einem schädlichen Beteiligungserwerb, ist in jedem Fall der vororganschaftliche Verlustvortrag zu kürzen. Das nachfolgende Beispiel zeigt, welche Folgen sich in den einzelnen Konstellationen ergeben können: A

B

70 %

30 %

OT

Verlustvortrag und laufender Verlust

C 70 %

30 %

OG

Vororganschaftlicher Verlustvortrag und laufender Verlust

a) B veräußert seine Anteile an einen Dritten X Es kommt zu einem schädlichen Beteiligungserwerb an OT von 30 % und zu einem mittelbaren (unschädlichen) Beteiligungserwerb an OG von 30 % von 70 % = 21 %. 2 Vgl. dazu auch Frotscher in Frotscher/Maas, § 8c KStG Rz. 80d ff.

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Kiontke/Schumacher, Aktuelle Organschaftsfragen

b) A veräußert seine Anteile an einen Dritten Y Es kommt zu einem schädlichen unmittelbaren Beteiligungserwerb an OT von 70 % und zu einem schädlichen mittelbaren Beteiligungserwerb an OG von 70 % von 70 % = 49 %. c) C veräußert seine Anteile an einen Dritten Z Es kommt zu einem schädlichen unmittelbaren Beteiligungserwerb an OG von 30 %. Die Auswirkungen der Verwaltungsauffassung zeigen sich insbesondere bei einem schädlichen Beteiligungserwerb während des Wirtschaftsjahres. Das BMF-Schreiben vom 4.7.2008, BStBl. I 2008, 736 hatte dazu in Rz. 33 explizit nur Verluste der Organgesellschaft angesprochen: Rz. 33: Der Verlustabzugsbeschränkung infolge eines schädlichen Beteiligungserwerbs bei einem Organträger unterliegt auch das noch nicht zugerechnete anteilige negative Organeinkommen. Es ist vor der Einkommenszurechnung auf Ebene der Organgesellschaft entsprechend der Ergebnisaufteilung i.S.d. Tz. 32 zu kürzen.

In dem BMF-Entwurf vom 15.4.2014 wurde die Rz. 33 nun um eine Aussage zu den Verlusten des Organträgers ergänzt. Nach Auffassung der Verwaltung handelt es sich dabei um eine Klarstellung und nicht um eine Verschärfung der Verwaltungsauffassung. Das Schreiben enthält entsprechend keine Übergangsregelung: Rz. 33: Bei einer steuerlichen Organschaft ist die Verlustabzugsbeschränkung des § 8c KStG auf Ebene des Organträgers und auf Ebene der Organgesellschaft getrennt anzuwenden. Ein schädlicher Beteiligungserwerb bei einem Organträger führt regelmäßig auch zu einem mittelbaren schädlichen Beteiligungserwerb bei der Organgesellschaft. Bei einem schädlichen Beteiligungserwerb bei einem Organträger unterliegt daher regelmäßig auch das noch nicht zugerechnete negative Organeinkommen aufgrund eines mittelbaren schädlichen Erwerbs der Verlustabzugsbeschränkung des § 8c KStG. Die negativen Einkommen der Organgesellschaft und des Organträgers sind bei einem unterjährigen Beteiligungserwerb jeweils vor der Einkommenszurechnung auf Ebene der Organgesellschaft bzw. des Organträgers entsprechend der Ergebnisaufteilung i.S.d. Rz. 32 zu kürzen.

Bei unterjährigen schädlichen Beteiligungserwerben ist ein bis zum schädlichen Beteiligungserwerb erzielter nicht genutzter Verlust des Organträger danach vor Zurechnung des Organeinkommens zu kürzen. Er kann noch mit einem bis zum Beteiligungserwerbs erzielten Gewinn des laufenden Wirtschaftsjahres verrechnet werden. Ein Verlust der Organgesellschaft ist auf der Ebene der Organgesellschaft insoweit zu kürzen, als ein unterjähriger schädlicher (mittelbarer) Beteiligungserwerb erfolgt ist und wird folglich nicht mehr dem Organträger zugerechnet. Eine Verrechnung laufender Gewinne mit einem

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Kiontke/Schumacher, Aktuelle Organschaftsfragen

vororganschaftlichen Verlustvortrag der Organgesellschaft erfolgt nicht (§ 15 Satz 1 Nr. 1 KStG; Rz. 33a). Erfolgt der schädliche mittelbare Beteiligungserwerb bei der Organgesellschaft nach Ende des Geschäftsjahrs der Organgesellschaft, ist die Zurechnung des Organeinkommens an den Organträger bereits erfolgt und daher bei der Kürzung der Verluste auf der Ebene des Organträgers einzubeziehen. Eine Kürzung bei der Organgesellschaft kommt insoweit nicht in Betracht. Dies gilt ebenso bei einem schädlichen Beteiligungserwerb zum Ende des Wirtschaftsjahres. Der Entwurf des BMF-Schreibens enthält diese klarstellende Aussage in Rz. 30a. Die nachfolgenden Beispiele verdeutlichen die dargestellte Systematik: A

B

70 %

30 %

OT (Wj.=Kj.)

C 70 %

30 %

OG (Wj.=Kj.)

Beispiel 1: Der Organträger erzielt bis zum 30.6.01 einen Verlust von 200 und insgesamt in 01 einen Verlust von 300; OG erzielt in 01 einen Gewinn von 300. Das Gesamtergebnis ohne schädlichen Beteiligungserwerb beträgt +300–300 = 0. B veräußert mit Ablauf des 30.6.01 seine Anteile an X. Der Vorgang führt zu einem unterjährigen schädlichen Beteiligungserwerb an OT von 30 %. Die bis zum maßgebenden Zeitpunkt angefallenen Verluste des OT von 200 sind entsprechend um 30 % = 60 zu kürzen. Eine Verrechnung mit einem anteiligen Gewinn der Organgesellschaft kommt nicht in Betracht, da das Organeinkommen noch nicht zugerechnet ist. Auf der

166

Kiontke/Schumacher, Aktuelle Organschaftsfragen Ebene der Organgesellschaft kommt es nicht zu einem mittelbaren schädlichen Beteiligungserwerb. Das Gesamtergebnis für 01 beträgt in diesem Fall: +60.

Beispiel 2: Der OT erzielt bis zum 30.6.01 einen Gewinn von 200 und insgesamt in 01 einen Gewinn von 300. Die OG erzielt bis zum 30.6.01 einen Verlust von 200 und insgesamt einen Verlust von 300. A veräußert mit Ablauf des 30.6.01 seine Anteile an Y. Der Vorgang führt zu einem unterjährigen schädlichen Beteiligungserwerb an OT von 70 %, der mangels Verlusten ohne Folgen bleibt. Bei der OG kommt es zu einem unterjährigen mittelbaren schädlichen Beteiligungserwerb von 70 % von 70 % = 49 %. Daraus folgt eine anteilige Kürzung der Verluste der OG um 49 % von 200 = 98. Dem OT werden nur -202 zugerechnet. Das Gesamtergebnis für 01 beträgt in diesem Fall: 300 – 198 = 98.

Abwandlung zu Beispiel 2: Im Unterschied zum Grundfall hat OG nun ein abweichendes Wirtschaftsjahr vom 1.7. – 30.6.

A

B

70 %

30 %

OT (Wj.=Kj.)

C 70 %

30 %

OG (Wj. 1.7.-30.6.)

Der OT erzielt bis zum 30.6.01 einen Gewinn von 200 und insgesamt in 01 einen Gewinn von 300. Die OG erzielt im Wj. 00/01 einen Verlust von 300.

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Kiontke/Schumacher, Aktuelle Organschaftsfragen A veräußert mit Ablauf des 30.6.01 seine Anteile an Y. Der Vorgang führt zu einem unterjährigen schädlichen Beteiligungserwerb an OT von 70 %. Im Unterschied zum Grundfall ist der Verlust der OG aus dem abw. Wj. dem OT jetzt aber bereits zugerechnet. Das maßgebende Ergebnis beim OT beträgt daher +200 – 300 = -100. Der Verlust ist vollständig zu kürzen. Bei der OG kommt es zu einem schädlichen mittelbaren Beteiligungserwerb von 70 % von 70 % = 49 %. Der Verlust der OG ist dem Organträger jetzt aber bereits zugerechnet; für eine Kürzung bei OG ist daher kein Raum mehr (Ausnahme: vororganschaftliche Verluste). Das Gesamtergebnis für 01 beträgt in diesem Fall: 100 (entspricht dem Gewinn der Organträger, den diese im 2. Hj erzielt hat).

Ermittlung des zu kürzenden Verlusts bei der Organgesellschaft (Beispiel Beteiligungserträge) Wenn – wie dargestellt – eine Kürzung der Verluste auf der Ebene des Organträgers und der Organgesellschaft erfolgen soll, muss die Frage beantwortet werden, wie die zu kürzenden Verluste der Organgesellschaft zu ermitteln sind. Die Frage stellt sich, weil nach den Regelungen des § 15 KStG für die Ermittlung des Einkommens in den Fällen der Organschaft Besonderheiten gelten. Die Problematik wird nachfolgend am Beispiel von Beteiligungserträgen i.S.d. § 8b KStG dargestellt: Nach § 15 Satz 1 Nr. 2 KStG ist § 8b Abs. 1 bis 6 KStG bei der Organgesellschaft nicht anzuwenden. Welche Folgen ergeben sich daraus für die Kürzung der Verluste bei einem unterjährigen Beteiligungserwerb?

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Kiontke/Schumacher, Aktuelle Organschaftsfragen

Beispiel 1 (Gewinnminderung i.S.d. § 8b Abs. 3 KStG bei der Organgesellschaft): B

A 100 %

Unterjährige Übertragung auf B

OT (Wj.=Kj.)

100 %

OG (Wj.=Kj.)

Bilanzielles Ergebnis i.H.v. -100 bis zum schädlichen Beteiligungserwerb aus der Veräußerung einer Beteiligung (§ 8b Abs. 3 KStG)

A veräußert unterjährig sämtliche seiner OT-Anteile an B. Der Vorgang führt zu einem schädlichen Beteiligungserwerb von mehr als 50 % bei OT und OG. Da § 8b Abs. 3 KStG wegen § 15 Satz 1 Nr. 2 KStG bei OG nicht anzuwenden ist, ist der Verlust vollständig nach § 8c KStG zu kürzen. Dem Organträger wird dadurch kein Verlust i.S.d. § 8b Abs. 3 KStG mehr zugerechnet, entsprechend ist bei ihm eine Hinzurechnung bei der Einkommensermittlung nicht mehr vorzunehmen. Im Ergebnis wird der Organträger so besteuert, als wäre § 8c KStG nicht anzuwenden gewesen.

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Kiontke/Schumacher, Aktuelle Organschaftsfragen

Beispiel 2 (positive und negative Beteiligungserträge i.S.d. § 8b KStG bei der OG): B

A 50 %

Unterjährige Übertragung auf B

OT (Wj.=Kj.)

60 %

OG (Wj.=Kj.)

Bilanzielles Ergebnis i.H.v. -60 bis zum schädlichen Beteiligungserwerb. Darin enthalten: Verlust i.S.d. § 8b Abs. 3 KStG aus der Veräußerung einer Beteiligung i.H.v. 100 und Dividendenerträge i.S.d. § 8b Abs. 1 KStG i.H.v. 50.

A veräußert unterjährig sämtliche seiner OT-Anteile an B. Der Vorgang führt zu einem schädlichen Beteiligungserwerb von 50 % beim OT und von 30 % bei der OG. Bei der Organgesellschaft sind die Verluste von 60 um 30 % zu kürzen. Dem Organträger werden noch -42 zugerechnet. Fraglich ist, welche Beträge i.S.d. § 8b KStG darin für Zwecke des § 15 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 KStG enthalten sind. Um ein zutreffendes Ergebnis zu erhalten, müssten dem Finanzamt des Organträgers wohl die im zugerechneten Einkommen nach Kürzung enthaltenen (positiven wie negativen) Beteiligungserträge der Organgesellschaft im Rahmen der Feststellung nach § 14 Abs. 5 KStG mitgeteilt werden. Es ist zu erwarten, dass die Vordrucke entsprechend angepasst werden.

Die im Entwurf des BMF-Schreibens dargelegte und oben beschriebene Anwendung des § 8c KStG in den Fällen der Organschaft stößt in der Wirtschaft auf Kritik3. Die der Auffassung und der Gegenauffassung zugrunde liegenden Argumente werden nachfolgend dargestellt: Auffassung Kiontke: Nach Auffassung der Finanzverwaltung sind Organträger und Organgesellschaft auch im Rahmen der körperschaftsteuerlichen Organschaft eigenständige Steuersubjekte, deren Jahreseinkom-

3 Vgl. z.B. Schneider/Sommer, FR 2014, 537–544; Frischmuth, StuB 10/2014, 363.

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Kiontke/Schumacher, Aktuelle Organschaftsfragen

men getrennt zu ermitteln sind. Eine unterjährige Konsolidierung zwischen den Gesellschaften kommt daher nicht in Betracht.4 Da Veranlagungszeitraum das Kalenderjahr ist, wird das Einkommen zudem erst zum Jahresende ermittelt. Eine unterjährige Ausnahmeregelung für Organschaften wurde vom Gesetzgeber nicht vorgesehen. Die Auffassung wird auch durch das BFH-Urteil vom 28.2.20135 gestützt.6 Die vorgesehene Reihenfolge der Anwendung von § 8c KStG und der Einkommenshinzurechnung beim Organträger kann i.Ü. sowohl positive als auch negative Wirkungen auf die Höhe der nach § 8c KStG vorzunehmenden Verlustkürzung haben. Sie wirkt sich z.B. positiv aus, wenn die Organgesellschaft Verluste hat, es aber nicht zu einem mittelbaren schädlichen Beteiligungserwerb auf der Ebene der Organgesellschaft kommt. Auffassung Schumacher: § 8c KStG ordnet eine zeitliche Zäsur zum Zeitpunkt des schädlichen Beteiligungserwerbs an, die zu einer Abkürzung der Ermittlungsperiode führt. Diese Zäsur ist zwingend und unabhängig von dem Ablauf einer gesetzlichen Ermittlungs- oder Veranlagungsperiode. Zum Zeitpunkt des schädlichen Beteiligungserwerbs hat daher eine Verrechnung der Ergebnisse von Organträger und Organgesellschaft und eine Anwendung des § 8c KStG auf das saldierte Ergebnis zu erfolgen, da nur dies dem Sinn und Zweck der Organschaft und des § 8c KStG entspricht. Dies steht auch nicht im Widerspruch zu § 14 KStG, da die Zurechnung von Organeinkommen zum Wirtschaftsjahresende ausschließlich Veranlagungstechnik ist.7 Diese Sichtweise entspricht den Grundsätzen des BFH-Urteils vom 30.11.20118: „Denn es geht insoweit nicht um die (veranlagungstechnischen) Voraussetzungen des Verlustabzugs im Jahr des schädlichen Beteiligungserwerbs, sondern um die Bemessung [der nicht genutzten Verluste] i.S.d. § 8c KStG“.

4 Gl.A. Dötsch in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Rz. 89 zu § 8c KStG m.w.N. 5 IV R 50/09, BStBl. II 2013, 494 = FR 2013, 1137 = GmbHR 2013, 661 m. Anm. Walter. 6 Gl. A. Neumann, GmbHR 2014, 673–682. 7 I.d.S. auch Roser in Gosch, Kommentar zum KStG, 2. Aufl. 2009, Rz. 98. 8 I R 14/11, BStBl. II 2012, 360 = FR 2012, 310 m. Anm. Klein/Nosky = GmbHR 2012, 410 m. Anm. Suchanek Rz. 17.

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Kiontke/Schumacher, Aktuelle Organschaftsfragen

Anwendung des § 8c bei der Gewerbesteuer Fraglich ist, ob die Grundsätze zur unterjährigen Kürzung auch für die Gewerbesteuer gelten sollen. Bei der Gewerbesteuer ist § 8c KStG gem. § 10a Satz 10 Halbs. 1 GewStG entsprechend „auf die Fehlbeträge“ anzuwenden. Solche Fehlbeträge sind gem. § 10a Satz 1 GewStG die negativen Beträge, die sich für die vorangegangenen Erhebungszeiträume ergeben haben. Die Finanzverwaltung teilt bislang einen Fehlbetrag des Erhebungszeitraums, in dem der schädliche Beteiligungserwerb stattfindet, zeitanteilig auf (R 10a.1 Abs. 3 Satz 8 GewStR). Zudem gilt die Organgesellschaft gem. § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG als Betriebsstätte des Organträger. Trotz der selbständigen Ermittlung der Gewerbeerträge von Organträger und Organgesellschaft (eingeschränkte Einheitstheorie) spricht dies nach Auffassung der Wirtschaft dafür, die Verlustabzugsbeschränkung des § 8c KStG i.V.m. § 10a Satz 10 Halbs. 1 GewStG nur auf Ebene des OT anzuwenden (wenn dessen Gewerbeertrag im Erhebungszeitraums insgesamt negativ ist9; R 10a.1 Abs. 3 Satz 7 GewStR; ausgenommen sind vororganschaftliche Fehlbeträge der Organgesellschaft). Das BMF-Schreiben vom 4.7.2008 und der BMF-Entwurf vom 15.4.2014 äußern sich dem Wortlaut nach nur zur Körperschaftsteuer („Einkommen“). Es ist aber zu erwarten, dass das endgültige Schreiben um Aussagen zur Gewerbesteuer ergänzt wird. Welche Auffassung die Finanzverwaltung dabei vertreten wird, ist noch nicht abschließend abgestimmt. 2. Zusammenwirken von § 8c KStG und Zinsschranke Gemäß § 8a Abs. 1 Satz 3 KStG ist § 8c KStG auf den Zinsvortrag einer Körperschaft entsprechend anzuwenden. Dies gilt jedoch nicht für die laufenden Zinsaufwendungen des Wirtschaftsjahres, so dass diese bei einem unterjährigen Beteiligungserwerb nicht gesondert von der Anwendung des § 8c KStG betroffen sind.10 Es stellt sich die Frage, wie dies die Ermittlung der negativen Einkünfte für Zwecke der Zinsschranke beeinflusst. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Organträger und Organgesellschaft nach § 15 Satz 1 Nr. 3 KStG als ein Betrieb für Zwecke der Zinsschranke gelten und die Regelungen des § 4h EStG auf der Ebene der Organgesellschaft nicht anzuwenden sind. Diese gesetzlich angeordnete konsolidierte Betrachtungsweise im Rahmen der Zinsschranke führt bei unter-

9 Vgl. z.B. Suchanek/Rüsch, DStZ 2014, 871 ff. 10 Vgl. Förster in Gosch, Kommentar zum KStG, 2. Aufl., § 8a KStG Rz. 26.

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Kiontke/Schumacher, Aktuelle Organschaftsfragen

jährigen Beteiligungserwerben zu einer vorrangigen Anwendung des § 8c KStG vor der Zinsschranke, wenn diese wie nach Verwaltungsauffassung getrennt bei Organträger und Organgesellschaft erfolgt. Der Entwurf des BMF-Schreibens zu § 8c KStG enthält keine Aussage zu dieser Problematik. Folgendes Beispiel soll die Problematik illustrieren: B

A 100 %

Übertragung auf B zum 30.6.01

OT (Wj.=Kj.)

100 %

OG (Wj.=Kj.)

Die OG hat in 01 Betriebseinnahmen von 8 Mio. und Zinsaufwendungen von € 12 Mio.; davon bis zum 30.6.01 Betriebseinnahmen von 4 Mio. und Zinsaufwendungen von € 6 Mio.

Lösung 1 (ohne Anwendung der Zinsschranke bei der Organgesellschaft): – Der Verlust der Organgesellschaft bis zum 30.6.01 i.H.v. t 2 Mio. ist vollständig zu kürzen. – Zu einer Anwendung der Zinsschranke beim Organträger kommt es insoweit mangels Einkommenszurechnung nicht.

Lösung 2 (mit rechnerischer Anwendung der Zinsschranke bei der Organgesellschaft): – Von den Zinsaufwendungen sind t 1,2 Mio abziehbar (30 % des bis zum 30.6.01 erzielten steuerlichen EBITDA v. t 4 Mio.). – Bei der Organgesellschaft entsteht bis zum 30.6.01 ein positives Einkommen i.H.v. t 2,8 Mio. (t 4 Mio. Betriebseinnahmen – t 1,2 Mio. Zinsen). – Zu einer Verlustkürzung bei der Organgesellschaft kommt es nicht, das Ergebnis bis zum 30.6.01 geht in die Zurechnung des Einkommens zum Organträger ein und bei diesem ist die Zinsschranke auch insoweit anzuwenden.

Die zweite Lösungsalternative ist allerdings mit der eindeutigen Regelung des § 15 Satz 1 Nr. 3 Satz 1 KStG nicht vereinbar. Bei isolierter An173

Kiontke/Schumacher, Aktuelle Organschaftsfragen

wendung des § 8c KStG bei der Organgesellschaft dürfte daher die Lösung 1 zur Anwendung kommen. Auffassung Kiontke: Zu der Frage gibt es bislang keine abgestimmte Auffassung der Finanzverwaltung. Das BMF-Schreiben zu § 8c KStG wird dazu keine Aussagen enthalten. Auffassung Schumacher: Das Problem der unsystematischen Anwendung des § 8c KStG vor der Zinsschranke entsteht nicht, wenn § 8c KStG – wie oben vertreten – auf Grundlage einer unterjährigen Konsolidierung der Einkünfte von Organträger und Organgesellschaften erfolgt.11 3. Anwendung der Stille-Reserven-Klausel Der Entwurf eines BMF-Schreibens vom 15.4.2014 enthält zur Anwendung der Stille-Reserven-Klausel bei Organschaften folgende Aussagen: Rz. 61: Der Grundsatz, dass für jede Verlustgesellschaft gesondert zu prüfen ist, in welcher Höhe stille Reserven vorhanden sind (Rz. 59) ist auch dann anzuwenden, wenn zum Betriebsvermögen einer Verlustgesellschaft die Beteiligung an einer oder mehreren Organgesellschaften gehört. Stille Reserven im Betriebsvermögen der Organgesellschaft sind beim Organträger nicht zu berücksichtigen. Rz. 62: Ist die Organgesellschaft selbst eine Verlustgesellschaft, kann die Anwendung der Stille-Reserven-Klausel über die Verluste des laufenden Wirtschaftsjahres hinaus nur vororganschaftliche Verluste betreffen.

Es dürfte davon auszugehen sein, dass diese Verwaltungsauffassung trotz Betriebsstättenfiktion auch für Zwecke der Gewerbesteuer gilt. Folgende Beispiele verdeutlichen die Problematik: Beispiel 1: Die X-AG hält 100 % der Anteile an der OT-GmbH. Diese hält wiederum 100 % der Anteile an der OG-GmbH, mit der sie seit deren Gründung eine steuerliche Organschaft bildet. Die OG-GmbH ist im Bereich der Forschung und Entwicklung tätig. Wegen hoher Kosten für F + E sind dem Organträger hohe Verluste zugerechnet worden, die beim Organträger zu einem Verlustvortrag von –1.000 geführt haben. Die Organgesellschaft besitzt stille Reserven aus der Entwicklung eines Patentes i.H.v. 500. Die X-AG überträgt nun alle Anteile an der OT-GmbH auf die Y-GmbH.

Beispiel 2: Die X-AG hält 100 % der Anteile an der A-GmbH. Bei der A-GmbH sind in den vergangenen Jahren Verluste i.H.v. 1.000 aufgelaufen. Die X-AG möchte die Anteile an der A-GmbH an die Y-GmbH veräußern. Die A-GmbH hält 100 % der Anteile an der B-GmbH, die keine nicht genutzten Verluste hat. Die B-GmbH hat in ihrem Betriebsvermögen ein Grundstück, das wegen seiner guten Lage und der 11 Vgl. dazu ausführlich Schmid/Mertgen, DB 2012, 1830.

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Kiontke/Schumacher, Aktuelle Organschaftsfragen positiven Wertentwicklung über erhebliche stille Reserven von 1.500 verfügt. Im Vorfeld der Veräußerung wird zwischen der A-GmbH und der B-GmbH eine steuerliche Organschaft begründet. Die X-AG überträgt nun alle Anteile an der A-GmbH auf die Y-GmbH.

Nach dem Entwurf des BMF-Schreibens sind die stillen Reserven im Betriebsvermögen der Organgesellschaft beim Organträger in beiden Fällen nicht zu berücksichtigen. Die stillen Reserven in der Beteiligung an der Organgesellschaft selbst wirken sich wegen § 8b Abs. 2 KStG nicht aus. Auffassung Kiontke: Die im Entwurf des BMF-Schreibens vertretene Auffassung entspricht dem Gesetzeswortlaut. Dieser bezieht sich auf den gemeinen Wert der Anteile der Körperschaft, für die eine Anwendung der Stille-Reserven-Klausel zu prüfen ist. Organgesellschaft und Organträger werden körperschaftsteuerlich nicht zu einer Einheit. Die Anteile an der Organgesellschaft gehören unstreitig zum Betriebsvermögen des Organträgers, nicht jedoch das Betriebsvermögen der Organgesellschaft selbst. Stille Reserven in diesen Anteilen können nach § 8b KStG aber nur steuerfrei realisiert werden, so dass sie für eine Verrechnung mit negativen Einkommensteilen nicht zur Verfügung stehen. Eine Rechtfertigung für die Berücksichtigung der stillen Reserven der Organgesellschaft ergibt sich auch nicht aus der Zurechnung des Einkommens der Organgesellschaft beim Organträger, insbesondere da die Verluste der Organgesellschaft durch Gewinne des Organträgers ausgeglichen sein können. Anderenfalls könnten Organschaften gezielt zur Rettung von Verlusten eingesetzt werden (wie im Beispiel 2). Auffassung Schumacher: Da wegen der Einkommenszurechnung regelmäßig nur der Organträger und nicht die einzelne Organgesellschaft über nicht genutzte Verluste verfügt, führt eine getrennte Betrachtung hinsichtlich der stillen Reserven jedenfalls im Beispiel 1 zu einem sachwidrigen Ergebnis und zu einem Leerlaufen der Stille-Reserven-Klausel. Es wäre daher sachgerecht, die stillen Reserven beim Organträger korrespondierend zu den zugerechneten Verlusten zu berücksichtigen, da auch das aus ihnen bei Realisierung resultierende Einkommen dem Organträger zuzurechnen ist.12 Dies wäre auch mit dem Wortlaut des § 8c Abs. 1 Satz 7 u. 9 KStG vereinbar, wenn man darauf abstellt, ob die aus dem Betriebsvermögen erzielten Einkünfte der Körperschaft zuzurechnen sind. Auch die fehlende Korrespondenz von Verlustentstehung und stillen Reserven im Beispiel 2 spricht nicht zwingend für eine getrennte Betrachtung. Denn eine Berücksichtigung der stillen Reserven im Betriebsvermögen der Organgesellschaft kann unabhängig davon durch ei12 Vgl. Dötsch in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, § 14 KStG Rz. 76m m.w.N., der im Ergebnis dennoch in § 8c Abs. 1 Satz 7 KStG eine getrennte Betrachtung von Organträger und Organgesellschaft geregelt sieht.

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Kiontke/Schumacher, Aktuelle Organschaftsfragen

ne Verschmelzung der Organgesellschaft auf den Organträger herbeigeführt werden, soweit das Rückwirkungsverbot des § 8c Abs. 1 Satz 9 KStG beachtet wird. Die letztgenannte Regelung würde wohl auch der Zurechnung von stillen Reserven aufgrund einer erst im Veräußerungsjahr rückwirkend begründeten Organschaft entgegenstehen.13 Im Ergebnis spricht auch diese Problematik für eine Anwendung des § 8c KStG auf Grundlage einer konsolidierten Betrachtung des Organkreises.

III. Sonstige aktuelle Auslegungsfragen 1. Der wichtige Grund für die Beendigung des Gewinnabführungsvertrags Gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 1 KStG muss der Gewinnabführungsvertrag (GAV) auf mindestens fünf (Zeit-)Jahre abgeschlossen sein. Eine vorzeitige Beendigung durch Kündigung ist gem. § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 2 KStG unschädlich, wenn ein wichtiger Grund die Kündigung rechtfertigt. Anderenfalls wird die Organschaft rückwirkend für die gesamte GAV-Dauer nicht anerkannt. Die Finanzverwaltung hat sich zum Vorliegen eines wichtigen Grunds in den KStR und im UmwSt-Erlass14 geäußert. R 60 Abs. 6 Satz 2 KStR: „Ein wichtiger Grund kann insbesondere in der Veräußerung oder Einbringung der Organbeteiligung durch den Organträger, der Verschmelzung, Spaltung oder Liquidation des Organträgers oder der Organgesellschaft gesehen werden“. R 60 Abs. 6 Satz 4 KStR: Bei Verschmelzung oder Spaltung von Organträger oder Organgesellschaft und bei der Liquidation der Organgesellschaft liegt ein wichtiger Grund auch dann vor, wenn dies im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bereits feststand. UmwSt-Erlass, Rz. Org.12: Die Verschmelzung oder Spaltung des Organträger „ist“ ein wichtiger Grund (ebenso Rz. Org.26 zur Umwandlung der Organgesellschaft).

Der BFH hat mit Urteil vom 13.11.201315 zu einem besonders gelagerten Einzelfall entschieden. Danach gilt: – Die Regelung des § 14 Satz 1 Nr. 3 Satz 2 KStG gilt nicht nur für eine Kündigung, sondern auch für eine Aufhebung des GAV (Rz. 21; ebenso R 60 Abs. 6 Satz 1 KStR).

13 Vgl. Neumann, GmbHR 2014, 673, 681. 14 BMF, Schr. v. 11.11.2011, BStBl. I 2011, 1314. 15 I R 45/12, BStBl. II 2014, 486 = AG 2014, 369 = FR 2014, 608 = GmbHR 2014, 499 m. Anm. Herzberg.

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Kiontke/Schumacher, Aktuelle Organschaftsfragen

– Die vertragliche Festlegung außerordentlicher Kündigungsgründe im GAV steht – unabhängig davon, ob diese den Tatbestand des § 14 Satz 1 Nr. 3 Satz 2 KStG erfüllen – der fünfjährigen Mindestvertragsdauer nicht entgegen (Rz. 14). – Ein wichtiger Grund liegt nicht vor, wenn die Rechtsfolgen der Organschaft zeitlich begrenzt werden sollen, um die fünfjährige Mindestlaufzeit zu unterlaufen (Rz. 22). Eine konzerninterne Veräußerung der Beteiligung an der Organgesellschaft ist demgemäß kein wichtiger Beendigungsgrund, wenn der tatsächliche Grund für die Beendigung des GAV der Verbrauch der Verlustvorträge des Organträgers ist, die durch die Organschaft genutzt werden sollten. Anders als die Vorinstanz16 stellte der BFH entscheidend darauf ab, dass der GAV „jedenfalls faktisch unter die (zeitlich ungewisse) auflösende Bedingung des vollständigen Verlustverbrauchs gestellt wurde (Rz. 25). Es stellt sich die Frage, ob in den vom BFH aufgestellten Grundsätzen eine Abweichung von der bisherigen Verwaltungspraxis liegen könnte. Die Finanzverwaltung geht davon offenbar nicht aus, da das Urteil kommentarlos im Bundessteuerblatt veröffentlicht wurde. Dies steht damit im Einklang, der entschiedene Fall sehr speziell war und sich nur eingeschränkt für eine Verallgemeinerung eignet.17 Auffassung Kiontke: Die o.g. Aussagen zum wichtigen Grund stehen einer stets vorzunehmenden Beurteilung des jeweiligen Einzelfalls nicht entgegen. Vor allem diese Einzelfallbeurteilung hat im Urteilsfall zu der Entscheidung geführt, die konzerninterne Veräußerung nicht als wichtigen Grund anzusehen. Sofern der I. Senat des BFH zum Ausdruck bringen wollte, dass er bei konzerninternen Veräußerungen grundsätzlich einen wichtigen Grund nicht mehr annehmen will, wäre das Urteil innerhalb der Finanzverwaltung erneut zu erörtern. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Gerichte an Verlautbarungen der Finanzverwaltung, die nach deren Auffassung nicht durch den Gesetzeswortlaut gedeckt sind, nicht gebunden sind.18 Auffassung Schumacher: Der BFH hat ganz entscheidend darauf abgestellt, dass die Beteiligungsveräußerung nur erfolgte, um eine von vornherein absehbare – wenn auch nicht konkret zeitlich fixierte – Beendigung des GAV nach erfolgter Verlustverrechnung herbeizuführen. Ausgehend von dieser Entscheidung kommt es also bei einer konzern-

16 FG Nds., Urt. v. 10.5.2012 – 6 K 140/10, GmbHR 2012, 917 m. Anm. Altrichter-Herzberg = EFG 2012, 1591. 17 Vgl. Dötsch in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, § 14 KStG Rz. 224a. 18 Vgl. BFH v. 24.7.2013 – I R 40/12, FR 2014, 28 = AG 2013, 924 = GmbHR 2013, 1105 m. Anm. Walter = BFH/NV 2013, 1737.

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internen Beteiligungsveräußerung entscheidend auf deren Motiv an.19 Wenn aus nichtsteuerlichen Gründen eine bei Abschluss des GAV nicht absehbare konzerninterne Beteiligungsveräußerung erfolgt, sollte dies auch nach den vom BFH aufgestellten Grundsätzen als wichtiger Grund anzuerkennen sein. Bei einer nicht von vornherein konkret geplanten konzernexternen Veräußerung der Beteiligung an der Organgesellschaft, die zu einer Beendigung der finanziellen Eingliederung führt, ist ein wichtiger Grund immer zu bejahen, da ein Fortbestand des GAV wirtschaftlich nicht zumutbar ist. 2. Die Bruttomethode bei der Gewerbesteuer Bei der Organgesellschaft ist § 8b KStG gem. § 15 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 KStG nicht anzuwenden. Vielmehr erfolgt die Anwendung des § 8b KStG gem. § 15 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 KStG beim Organträger. Das FG Münster hatte über die gewerbesteuerlichen Auswirkungen dieser Regelung in folgender Fallkonstellation zu entscheiden:20

OT

OG

Dividende Ausländische Kapitalges.

Nach dem Urteil des FG Münster ist zwar § 15 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 KStG auch bei der Ermittlung des Gewerbeertrags der Organgesellschaft anzu-

19 Vgl. Dötsch in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, § 14 KStG Rz. 224b; Scheifele/ Marx, DStR 2014, 1793, 1800 f. 20 Vgl. FG Münster, Urt. v. 14.5.2014 – 10 K 1007/13 G, GmbHR 2014, 1115 m. Anm. Demel/Sundheimer = ISR 2014, 276 m. Anm. Böhmer = EFG 2014, 1511 (Rev. I R 39/14).

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wenden. Die Anwendung des § 8b Abs. 1, 5 KStG bei der Ermittlung des Gewerbeertrags des Organträgers setzt jedoch voraus, dass in dem zugerechneten Gewerbeertrag der Organgesellschaft Gewinne, Bezüge etc. i.S.d. § 8b KStG enthalten sind. Dies ist hinsichtlich der Dividende einer ausländischen Tochtergesellschaft jedoch dann nicht der Fall, wenn bei der Organgesellschaft die Voraussetzungen für eine Kürzung nach § 9 Nr. 7 GewStG erfüllt sind. Denn dann ist die Dividende in dem Gewerbeertrag, der dem Organträger zugerechnet wird, gerade nicht mehr enthalten. Entsprechendes gilt auch für Gewinnausschüttungen inländischer Kapitalgesellschaften i.S.d. § 9 Nr. 2a GewStG. Zu beachten ist bei der Organgesellschaft § 9 Nr. 2a Satz 3 bzw. § 9 Nr. 7 Satz 2 GewStG, insbesondere für Finanzierungsaufwendungen. Auffassung Kiontke: Der in den Fällen der Organschaft „zusammengerechnete“ Gewerbeertrag darf nicht höher aber auch nicht niedriger sein als bei einer getrennten Besteuerung von Organgesellschaft und Organträger. Dieses Ergebnis erreicht man dadurch, dass in Folge der beim Organträger bzw. der Organgesellschaft unstreitig zugeflossenen Schachteldividenden auch im zusammengerechneten Gewerbeertrag § 8b Abs. 5 KStG anzuwenden ist. Die Finanzverwaltung beruft sich insoweit auf ständige BFH-Rechtsprechung.21 Auffassung Schumacher: Der BFH hat zu der vergleichbaren Rechtsfrage bei DBA-Schachteldividenden entschieden, dass diese vor Einführung des § 15 Satz 2 KStG beim Organträger nicht der Besteuerung nach § 8b Abs. 1, 5 KStG zu unterwerfen waren.22 Es ist daher zu erwarten, dass das Urteil des FG Münster im Revisionsverfahren bestätigt wird.23

21 Vgl. z.B. BFH, Urt. v. 30.10.2014 – IV R 9/11, GmbHR 2015, 149 = BFH/NV 2015, 227, Rz. 24 ff. m.w.N. 22 Vgl. BFH, Urt. v. 14.1.2009 – I R 47/08, BStBl. II 2011, 131 = GmbHR 2009, 556 = FR 2009, 825. 23 Zwischenzeitlich wurde die Revision zurückgewiesen; vgl. BFH, Urt. v. 17.12.2014 – I R 39/14, GmbHR 2015, 489 = BFH/NV 2015, 749. Die Bundesregierung prüft auf Bitte des Bundesrats eine Gesetzesänderung; vgl. BT-Drs. 18/4902, 79, 99.

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3. Leitthema: Unternehmenssteuerrecht 3

Der verschärfte § 50i EStG Oberregierungsrat Friedbert Lang OFD Karlsruhe Dr. Sebastian Benz Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht, Düsseldorf* Inhaltsübersicht I. Einleitung II. Hintergrund für die Einführung des § 50i EStG in 2013 1. BFH-Urteil I R 81/09 als Anlass für die Einführung der Norm 2. „Überschreibung“ der abkommensrechtlichen Einkünftezuweisung durch § 50i EStG a.F. 3. Beispiele zur Veranschaulichung der Wirkungsweise des § 50i EStG a.F. 4. Zusammenfassender Überblick III. Verschärfung des § 50i EStG durch das Kroatiengesetz in 2014 1. Überblick 2. Ergänzung durch § 50i Abs. 1 Satz 2 EStG a) Grundsatz b) Einzelfragen c) Zeitliche Anwendung 3. Erweiterung des § 50i Abs. 1 Satz 4 EStG (Betriebsaufspaltungsfälle) a) Erfassung von Besitzpersonengesellschaften durch § 50i Satz 3 EStG a.F.

b) Erweiterung auf Besitzeinzelunternehmen durch das Kroatiengesetz c) Einzelfragen 4. Tatbestände des § 50i Abs. 2 EStG a) Überblick b) Umwandlungs- und Einbringungsfälle aa) Grundsatz bb) Persönlicher Anwendungsbereich cc) Sachlicher Anwendungsbereich c) Übertragungen nach § 6 Abs. 3 und 5 EStG aa) Grundsatz bb) Einzelfragen d) Strukturwandel aa) Grundsatz bb) Einzelfragen e) Betriebsaufspaltungsfälle IV. Aufhebung der Umwandlungssperre gem. § 50i Abs. 2 EStG V. Möglichkeiten des steuerneutralen Wegzugs nach Einführung des § 50i EStG

* Friedbert Lang ist Oberregierungsrat der Oberfinanzdirektion Karlsruhe, Dr. Sebastian Benz ist Partner bei Linklaters LLP und Lehrbeauftragter für Steuerrecht an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster.

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Lang/Benz, Der verschärfte § 50i EStG

I. Einleitung § 50i EStG wurde durch das Amtshilferichtlinienumsetzungsgesetz1 vom 26.6.2013 eingeführt. Ziel war es, Besteuerungslücken zu schließen, die aufgrund der Rechtsprechung des BFH im Rahmen der Entstrickung gem. § 4 Abs. 1 Satz 3 u. 4 EStG bzw. § 6 AStG entstehen, wenn vor dem Wegzug eines Steuerpflichtigen in das Ausland zur Vermeidung der Aufdeckung stiller Reserven Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens (z.B. immaterielle Wirtschaftsgüter) oder Kapitalgesellschaftsanteile i.S.d. § 17 EStG auf gewerblich geprägte inländische Personengesellschaften übertragen wurden. Durch das Gesetz zur Anpassung des nationalen Steuerrechts an den Beitritt Kroatiens zur EU und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften2 vom 25.7.2014 („Kroatiengesetz“) wurde der Anwendungsbereich des § 50i EStG durch Anfügung eines Abs. 2 sowie Ergänzungen des dadurch geschaffenen Abs. 1 deutlich erweitert. Die Finanzverwaltung hat in dem BMF-Schreiben zur Anwendung der Doppelbesteuerungsabkommen auf Personengesellschaften vom 3 26.9.2014 erstmals Aussagen zu § 50i EStG getroffen, wobei diese sich weitgehend auf den (neuen) Abs. 1 beschränken. Der nachfolgende Beitrag will sich nach einer Erläuterung des Zwecks der Norm mit den durch das Kroatiengesetz geschaffenen Änderungen sowie mit den Ausführungen des BMF-Schreibens befassen.

II. Hintergrund für die Einführung des § 50i EStG in 2013 1. BFH-Urteil I R 81/09 als Anlass für die Einführung der Norm Anlass für die Einführung des § 50i EStG war das Urteil des BFH vom 28.4.20104, wonach – entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung5 – Einkünfte einer gewerblich geprägten oder infizierten Personengesellschaft nicht als Unternehmensgewinne i.S.d. Art. 7 OECD-MA zu qualifizieren sind, da nach Auffassung des BFH nur die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit abkommensrechtlich maßgeblich ist. Werde die Personenge1 2 3 4

BGBl. I 2013, 1809. BGBl. I 2014, 1266. BMF, Schr. v. 26.9.2014, BStBl. I 2014, 1258, Tz. 2.3 ff. BFH, Urt. v. 28.4.2010 – I R 81/09, FR 2010, 903 m. Anm. Buciek = DStR 2010, 1220. Bestätigt in Folgeentscheidungen v. 25.5.2011 – I R 95/10, FR 2011, 1175 m. Anm. Kempermann = DStR 2011, 1553; v. 4.5.2011 – II R 51/09, GmbHR 2011, 947 = DStR 2011, 1004; v. 24.8.2011 – I R 46/10, FR 2012, 39 m. Anm. Elser/Bindl = DStR 2011, 2085; v. 9.12.2010 – I R 49/09, FR 2011, 683 = BFH/NV 2011, 698. 5 BMF, Schr. v. 16.4.2010, BStBl. I 2010, 354, Tz. 2.2.1.

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sellschaft nicht originär gewerblich tätig, sondern werde die Gewerblichkeit nach § 15 Abs. 3 EStG fingiert (gewerblich geprägte bzw. gewerblich infizierte Personengesellschaft), seien (abkommensrechtlich) die Grundsätze über vermögensverwaltende Personengesellschaften anzuwenden. Nach diesen finde nicht Art. 7 OECD-MA Anwendung, sondern der jeweilige Spezialartikel (Art. 6, Art. 10 bis 13 OECD-MA). Die gewerblich geprägte bzw. infizierte Personengesellschaft vermittle abkommensrechtlich keine Betriebsstätte, so dass ihr die in sie eingebrachten Kapitalgesellschaftsbeteiligungen bzw. Wirtschaftsgüter nicht zugeordnet werden könnten. Daraus folge, dass dem Ansässigkeitsstaat des Mitunternehmers das Besteuerungsrecht obliege und nicht dem Betriebsstättenstaat. Die Ausübung des deutschen Besteuerungsrechts an den im Inland generierten stillen Reserven sei damit lediglich zum Zeitpunkt des Wegzugs möglich, nicht mehr jedoch zum Zeitpunkt der tatsächlichen Veräußerung des betreffenden Wirtschaftsgutes. Die Finanzverwaltung hatte zuvor verbindliche Auskünfte dahingehend erteilt, dass Einkünfte einer gewerblich geprägten oder gewerblich infizierten Personengesellschaft i.S.d. § 15 Abs. 3 EStG als Unternehmensgewinne i.S.d. Art. 7 OECD-MA anzusehen seien.6 Die Steuerpflichtigen hatten im Zuge dessen regelmäßig Bescheinigungen ausländischer Finanzverwaltungen vorgelegt, worin diese bestätigten, dass sie die deutsche Rechtsauffassung akzeptieren und keine eigene Besteuerung vornehmen würden. Aufgrund der bisherigen Auffassung der Finanzverwaltung waren stille Reserven in den Wirtschaftsgütern oder Kapitalgesellschaftsanteilen zum Zeitpunkt des Wegzugs des Gesellschafters der gewerblich geprägten oder infizierten KG nicht besteuert worden, zumal die Besteuerung über den entsprechenden Abkommensartikel zu den Unternehmensgewinnen abgesichert war. Im Zuge der Rechtsprechung des BFH konnten die stillen Reserven aber nunmehr bei späterer Veräußerung der Wirtschaftsgüter bzw. Kapitalgesellschaftsanteile (unmittelbar oder durch Veräußerung des Personengesellschaftsanteils) nicht besteuert werden, so dass die stillen Reserven in Deutschland unbesteuert blieben. Soweit der ausländische Fiskus auf eine Besteuerung verzichtet, wären „weiße Einkünfte“ entstanden.7

6 Bilitewski/Schiffedecker, Ubg 2013, 559 (564 f.); Schmidt, IStR 2010, 418; BRDrucks. 139/13, S. 141. 7 Ausfühlich dazu: Gosch in Kirchhof, EStG, § 50i EStG, Rz. 1 f.; Neumann in Lademann, EStG, § 50i EStG, Rz. 6 ff.; Rehfeld in H/H/R, EStG/KStG, § 50i EStG, Rz. 1 ff.; Pohl in Blümich, EStG, § 50i EStG, Rz. 2, 4.

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2. „Überschreibung“ der abkommensrechtlichen Einkünftezuweisung durch § 50i EStG a.F. Mit der Einführung des § 50i EStG a.F. im Jahr 2013 hat der Gesetzgeber eine Regelung geschaffen, die das Besteuerungsrecht hinsichtlich eines Gewinns aus der Veräußerung von Wirtschaftsgütern entgegen der Bestimmungen von DBA Deutschland zuspricht. Nach § 50i Abs. 1 Satz 1 EStG (= § 50i Satz 1 EStG a.F.) ist dies dann der Fall, wenn die betreffenden Wirtschaftsgüter vor dem 29.6.2013 in das Betriebsvermögen einer gewerblich infizierten oder geprägten Personengesellschaft übertragen bzw. überführt worden sind (bzw. im Fall von Kapitalgesellschaftsanteilen durch die Übertragung zu einem Wirtschaftsgut der Personengesellschaft wurden) und eine Besteuerung der in den betreffenden Wirtschaftsgütern enthaltenen stillen Reserven aufgrund des Wegzugs des Steuerpflichtigen in das Ausland bislang unterblieben ist. Dieses Treaty Override gilt für alle Veräußerungen, die nach dem 29.6.2013 stattfinden (§ 52 Abs. 48 Satz 1 EStG). In § 50i Abs. 1 Satz 3 EStG (= § 50i Satz 2 EStG a.F.) ist geregelt, dass laufende Einkünfte, die mit den eingebrachten Wirtschaftsgütern oder den Kapitalgesellschaftsanteilen in Zusammenhang stehen, ungeachtet entgegenstehender Vorschriften des jeweils anwendbaren DBA der deutschen Besteuerung unterliegen. Darunter fallen z.B. Ausschüttungen aus der Kapitalgesellschaft, deren Anteile in die Personengesellschaft eingebracht worden waren. Diese Regelung ist in allen offenen Fällen anzuwenden, d.h. sie gilt nicht nur für laufende Einkünfte, die seit dem 29.6.2013 erzielt wurden, sondern auch für davor erzielte Einkünfte (vgl. § 52 Abs. 48 Satz 2 EStG). Zudem wurde geregelt, dass Besitzpersonengesellschaften im Rahmen einer Betriebsaufspaltung wie gewerblich geprägte bzw. infizierte Personengesellschaften zu behandeln sind (§ 50i Abs. 1 Satz 4 EStG = § 50i Satz 3 EStG a.F.; zu Einzelheiten s. nachfolgend III.3.a)). 3. Beispiele zur Veranschaulichung der Wirkungsweise des § 50i EStG a.F. Beispiel 1: A hält sämtliche Geschäftsanteile an der X-GmbH. Die Anteile werden am 2.2.2011 steuerneutral in die gewerblich geprägte A-GmbH & Co. KG eingebracht. A verzieht anschließend in 2011 nach Frankreich. Am 2.8.2013 veräußert A seine Anteile an der A-GmbH & Co. KG. Die A-GmbH & Co. KG verfügt zum Zeitpunkt der Veräußerung als einziges Wirtschaftsgut über die Anteile an der X-GmbH.

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Lang/Benz, Der verschärfte § 50i EStG Das nachfolgende Schaubild veranschaulicht das Beispiel graphisch:

Lösung: Nach der Rechtsprechung des BFH erzielt die KG keine gewerblichen Gewinne. Ihre Wirtschaftsgüter sind für abkommensrechtliche Zwecke – entgegen der nationalen Regelung in § 15 Abs. 3 EStG – demnach nicht einer deutschen Betriebsstätte des A zuzurechnen. Folglich gilt nicht der Betriebsstättenartikel des Art. 4 DBA-Frankreich, sondern die Abkommensregelung zu Veräußerungsgewinnen in Art. 7 Abs. 1 DBAFrankreich. Danach steht nur Frankreich das Besteuerungsrecht für den Gewinn aus der Veräußerung in 2013 zu. Das deutsche Besteuerungsrecht gem. § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a) EStG läuft folglich (zunächst) leer. Deutschland hätte seine Besteuerung bereits bei Wegzug des A in 2011 geltend machen müssen. Ein entsprechender Anspruch wäre gem. § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG gegeben gewesen. Gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 HS 2 EStG wären die entstrickten Wirtschaftsgüter mit dem gemeinen Wert anzusetzen gewesen. § 50i EStG gewährt nun wiederum das deutsche Besteuerungsrecht, da es die abkommensrechtliche Einkünftezurechnung negiert und Deutschland wieder ein Besteuerungsrecht zuweist. Diese Besteuerung kann aber, wenn der ausländische Staat gleicher Auffassung wie der BFH ist, zu einer Doppelbesteuerung führen. Regelmäßig dürfte dies jedoch, zumindest zu großen Teilen, ausgeschlossen sein. Denn entweder hat der ausländische Staat bereits auf sein Besteuerungsrecht „verzichtet“; die Steuerbehörden 187

Lang/Benz, Der verschärfte § 50i EStG

in Österreich und der Schweiz erteilten wegziehenden Steuerpflichtigen regelmäßig entsprechende Bescheinigungen, aufgrund derer die vorgenannten verbindlichen Auskünfte zu einer Verstrickung in der gewerblich geprägten oder infizierten Personengesellschaft erteilt wurden. Oder die Buchwerte der veräußerten Wirtschaftsgüter – hier: Anteile an der X-GmbH – wurden zum Zeitpunkt des Wegzugs aufgrund einer § 6 Abs. 1 Nr. 5a EStG vergleichbaren Regelung aufgestockt. Dann kann sich eine Doppelbesteuerung nur auf eine Wertsteigerung seit dem Wegzug beziehen. Das BMF-Schreiben vom 26.9.2014 erkennt die Möglichkeit einer solchen Doppelbesteuerung und verweist zur Lösung auf die Einleitung eines Verständigungsverfahrens, durch das die Doppelbesteuerung vermieden werden soll.8 Hinweise: § 50i EStG würde es in den Fällen nicht bedürfen, in denen der Veranlagungszeitraum der Entstrickung noch nicht bestandskräftig geworden ist. Denn in diesen Fällen könnte die Steuerfestsetzung aufgrund der Entstrickung noch erfolgen.9 Lediglich in den (zeitlich weiter zurückliegenden und daher) bestandskräftigen Fällen ist zur Wahrung des deutschen Besteuerungsrechtes eine Regelung wie § 50i EStG notwendig. Die Finanzverwaltung sieht aber § 50i EStG als Verstrickungsregelung an, so dass auch in den nicht bestandskräftigen Fällen eine Entstrickungsbesteuerung nicht stattfindet. Wie das der Fall in Tz. 2.3.3 des BMF-Schreibens vom 26.9.2014 nahelegt, ist die Besteuerung der stillen Reserven sichergestellt, so dass eine Besteuerung zum Zeitpunkt der Entstrickung nicht vorzunehmen ist.10 Diese begünstigende Wirkung erfasst aber nicht den Fall, dass die Veräußerung vor dem 29.6.2013 erfolgt ist. In diesen Fällen dürfte es zu einer Entstrickungsbesteuerung kommen, es sei denn, dem Steuerpflichtigen ist für „seinen Wegzug“ eine verbindliche Auskunft erteilt worden; nach Tz. 2.3.3.7 des BMF-Schreibens vom 26.9.2014 soll insoweit auf eine Besteuerung verzichtet werden. Fraglich ist allerdings, ob es gem. § 50i EStG zu einer erneuten Verstrickung der Anteile an der X-GmbH kommt. Wäre dies zu bejahen, wären die steuerlichen Buchwerte der Anteile zum Zeitpunkt der Verstrickung 8 BMF, Schr. v. 26.9.2014, BStBl. I 2014, 1258, Tz. 2.3.3.6. 9 Rehfeld in H/H/R, EStG/KStG, § 50i EStG, Rz. 6; Pohl in Blümich, EStG, § 50i EStG, Rz. 15; Hruschka, IStR 2014, 785 (787 f.). 10 Gl.A. Bron, DStR 2014, 1849 (1851); Strunk, PIStB 2014, 272 (274 f.); Liekenbrock, IStR 2013, 690 (696); a.A. wohl Rödder/Kuhr/Heimig, Ubg 2014, 477 (480).

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neu zu bewerten, und zwar mit dem gemeinen Wert gem. § 6 Abs. 1 Nr. 5a EStG. Dieser Zeitpunkt müsste der 29.6.2013 sein, da Deutschland zuvor kein Besteuerungsrecht an den Anteilen hatte. Die Folge wäre, dass § 50i EStG weitgehend leer laufen würde, da sämtliche stillen Reserven, die sich bis zu dem vorgenannten Zeitpunkt gebildet hätten, nicht der deutschen Besteuerung unterliegen würden. Teile des Schrifttums11 bejahen eine (erneute) Verstrickung der Wirtschaftsgüter in dem vorgenannten Sinne. Das BMF-Schreiben vom 26.9.2014 enthält hierzu ausdrücklich keine Aussage, geht aber inzidenter von einer gegenteiligen Auffassung aus. Beispiel 2: Sachverhalt wie in Beispiel 1, allerdings schüttet die X-GmbH in 2012 für 2011 eine Dividende aus. Unter Berufung auf die Rechtsprechung des BFH wurde lediglich deutsche Kapitalertragsteuer i.H.v. 15 % einbehalten.

Lösung: Mangels Zugehörigkeit der Anteile an der X-GmbH stellt die Dividendenzahlung keine Betriebsstätteneinkünfte dar. Vielmehr handelt es sich abkommensrechtlich um Dividendeneinkünfte i.S.d. Art. 9 DBAFrankreich. Das deutsche Besteuerungsrecht gem. § 49 EStG läuft wiederum leer. Deutschland darf lediglich Kapitalertragsteuer erheben. Gemäß § 50i wird die Einkünftezuordnung durch das DBA-Frankreich jedoch erneut überlagert. Dies gilt entsprechend des BMF-Schreibens aufgrund der genannten Übergangsvorschrift auch, obwohl zum Zeitpunkt der Ausschüttung § 50i EStG noch gar nicht existierte.12 4. Zusammenfassender Überblick Die nachfolgende Übersicht illustriert die im Rahmen von § 50i EStG a.F. in Betracht kommenden Fallkonstellationen im Hinblick auf die zeitliche Abfolge von Übertragung/Überführung einerseits und Veräußerung/Entnahme andererseits.

11 Strunk, PIStB 2014, 272 (275); Neumann-Tomm, IStR 2015, 60 (61); a.A. Hruschka, DStR 2014, 2421 (2423) (nationale betriebliche Verstrickung stets gegeben), wobei Böhmer/Wegener, Ubg 2015, 69 (75) entgegenhalten, dass Deutschland dieses Besteuerungsrecht bislang (bis zum Inkrafttreten des § 50i EStG) aufgrund des DBA nicht ausüben konnten und deshalb das Besteuerungsrecht erstmals begründet würde. 12 BMF, Schr. v. 26.9.2014, BStBl. I 2014, 1258, Tz. 2.3.3.9.

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Erfolgte die Übertragung/Überführung und die Veräußerung/Entnahme in der Fallkonstellation 1 vor dem 29.6.2013 und wurde keine verbindliche Auskunft der Finanzverwaltung zur Behandlung der aus der Veräußerung/Entnahme entstehenden Einkünfte erteilt, liegt unter Anwendung der BFH-Rechtsprechung kein Fall des § 50i EStG a.F. vor. Bei Übertragung oder Wegzug gelten die übrigen allgemeinen Entstrickungsvorschriften, sofern Bestandskraft hinsichtlich dieser Jahre noch nicht eingetreten ist. Wurde eine verbindliche Auskunft in Abweichung zu der BFH-Rechtsprechung erteilt, wird nicht durch den deutschen Fiskus besteuert. Liegt eine Übertragung/Überführung vor dem 29.6.2013 vor und werden die § 50i-Anteile nach diesem Stichtag veräußert/entnommen (Fall 2), greift § 50i EStG ein, so dass Deutschland das Besteuerungsrecht für die im Inland gebildeten stillen Reserven hat. Kein Fall des § 50i EStG liegt in Fall 3 vor, wenn Übertragung/Überführung und Veräußerung/Entnahme nach dem 29.6.2013 erfolgen. Hier sind allein die abkommensrechtlichen Regelungen maßgebend. Bei Wegzug greifen die allgemeinen Entstrickungsregelungen; die spätere Veräußerung oder Entnahme ist im Inland nicht steuerpflichtig.

III. Verschärfung des § 50i EStG durch das Kroatiengesetz in 2014 1. Überblick Durch das Kroatiengesetz wurden in § 50i EStG ein zweiter Absatz angefügt und in dem neugeschaffenen Abs. 1 die folgenden Änderungen vorgenommen: Mit § 50i Abs. 1 Satz 2 EStG wurde eine Regelung geschaffen, wonach neben Übertragungen und Überführungen i.S.d. bisherigen Satzes 1 auch eine Einbringung von Wirtschaftsgütern in eine Kapitalgesellschaft gem. § 20 UmwStG zur Anwendung des § 50i EStG führen kann. Hierfür gründet eine KG, die bisher operativ tätig war, eine Tochterkapitalgesellschaft und bringt in diese ihren ganzen Geschäftsbetrieb steuerneutral ein, wonach die bisher operative KG zu einer KG i.S.d. § 15 Abs. 3 EStG wird. Die KG wird dadurch auch zu einer „50i-KG“. Zudem wurde 190

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die Regelung für Betriebsaufspaltungsfälle auch auf (Besitz-)Einzelunternehmen erweitert (§ 50 Abs. 1 Satz 4 EStG). Nach dem neu geschaffenen § 50i Abs. 2 Satz 1 EStG können Umwandlungen, an denen eine „50i-KG“ beteiligt ist, häufig nicht mehr zum Buch- oder Zwischenwert erfolgen; es ist vielmehr der gemeine Wert anzusetzen. Entsprechendes gilt nach § 50i Abs. 2 Satz 2 EStG für die Überführung oder Übertragung von Einzelwirtschaftsgütern und Mitunternehmeranteilen; der Buchwertansatz nach § 6 Abs. 3 und 5 EStG wird bei einer „50i-KG“ gesetzlich ausgeschlossen. Schädlich ist nach § 50i Abs. 2 Satz 3 EStG auch ein Strukturwandel, d.h. wenn aus einer „50i-KG“ eine gewerblich tätige Personengesellschaft wird. Für Betriebsaufspaltungsfälle bleibt nach § 50i Abs. 2 Satz 4 EStG die Grundregelung in Abs. 1 Satz 4 unberührt. 2. Ergänzung durch § 50i Abs. 1 Satz 2 EStG a) Grundsatz In § 50i EStG a.F. konnte eine „50i-KG“ nur durch die Übertragung oder Überführung von Wirtschaftsgütern oder Anteilen in das Betriebsvermögen einer Personengesellschaft entstehen. Eine solche (vermögensverwaltende) Personengesellschaft kann allerdings auch durch die Einbringung eines aktiven Betriebs aus einer (operativ tätigen) Personengesellschaft in eine Tochterkapitalgesellschaft begründet werden. Diesem Umstand trägt nunmehr § 50i Abs. 1 Satz 2 EStG Rechnung.13 Nach § 50i Abs. 1 Satz 2 EStG gilt als Übertragung oder Überführung von Anteilen i.S.d. § 17 EStG in das Betriebsvermögen einer Personengesellschaft auch die Gewährung neuer Anteile an eine Personengesellschaft, die bisher auch eine Tätigkeit i.S.d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG ausgeübt hat oder gewerbliche Einkünfte i.S.d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG bezogen hat, im Rahmen einer Einbringung eines Betriebs oder Teilbetriebs oder eines Mitunternehmeranteils dieser Personengesellschaft in eine Körperschaft nach § 20 UmwStG, wenn der Einbringungszeitpunkt vor dem 29.6.2013 liegt und die Personengesellschaft nach der Einbringung als Personengesellschaft i.S.d. § 15 Abs. 3 EStG fortbesteht. Die Vorschrift umfasst somit neben den bereits geregelten Fällen der vorherigen steuerneutralen Übertragung oder Überführung von Anteilen an einer Kapital- in eine Personengesellschaft nunmehr auch den Fall, dass 13 Vgl. die Hinweise darauf, dass diese Fallgestaltungen von der ursprünglichen Fassung des § 50i EStG nicht umfasst waren bei Salzmann, IWB 2013, 405 (411); Liekenbrock, IStR 2013, 690 (695); Pohl, IStR 2013, 699 (700); Roderburg/Richter, IStR 2015, 227 (228 f.).

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eine existente, aktive Personengesellschaft selbst einen Betrieb in eine Kapitalgesellschaft eingebracht hat und dadurch zu einer Holding-Personengesellschaft wurde. Auch in einem solchen Sachverhalt soll also § 50i EStG eingreifen und das deutsche Besteuerungsrecht an den entstandenen Anteilen unabhängig von der Ansässigkeit des Mitunternehmers der Personengesellschaft zu einer weitergehenden Steuerverhaftung der Anteile an der GmbH führen. Beispiel 3: Der zunächst im Inland ansässige A war an der inländischen, aktiv tätigen A-GmbH & Co. KG (A-KG) beteiligt. Im Juni 2009 brachte die A-KG ihren aktiven Geschäftsbetrieb rückwirkend zum 31.12.2008 zu Buchwerten in die X-GmbH ein (§ 20 Abs. 2, 5 UmwStG). Im September 2011 verzog A nach Frankreich. Im Oktober 2014 veräußerte die A-KG die Beteiligung an der X-GmbH.

Lösung: Die Einbringung des aktiven Betriebs im Juni 2009 war zum Buchwert möglich (§ 20 UmwStG). Die A-KG wurde dadurch allerdings zu einer „inaktiven“ Gesellschaft i.S.v. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG. § 50i Abs. 1 Satz 1 EStG ist auf diesen Fall nicht anwendbar, da keine Wirtschaftsgüter oder Anteile in die Personengesellschaft eingebracht wurden. Deshalb wird über Satz 2 der Vorschrift nun sichergestellt, dass § 50i EStG auch in den Fällen eingreift, in denen durch die Einbringung nach § 20 UmwStG aus einer aktiven Gesellschaft eine „50i-KG“ entstanden ist. Hinweis: Ungeachtet des § 50i EStG sind die Anteile an der X-GmbH sperrfristbehaftet i.S.v. § 22 Abs. 1 UmwStG. Die Veräußerung im Oktober 2014 führt somit bei A zur Entstehung eines rückwirkenden Einbringungsgewinns I. Es kommt u.E. nicht darauf an, ob der Wegzug in das Ausland vor oder nach der Einbringung nach § 20 UmwStG erfolgt ist. Der o.g. Grundfall wäre also nicht anders zu lösen, wenn A zunächst (z.B. bereits im Jahr 2010) nach Frankreich verzogen und die Einbringung in die X-GmbH dann erst anschließend (z.B. im Jahr 2012) erfolgt wäre. Der Veräußerungsgewinn im Jahr 2014 fällt trotzdem unter § 50i Abs. 1 EStG und ist ungeachtet des DBA-Frankreich in Deutschland steuerpflichtig. Die Reihenfolge hat allerdings Auswirkungen bei einem Wegzug in einen Drittstaat. Erfolgt in diesem Fall nämlich zunächst ein Wegzug (z.B. in die Schweiz), ist anschließend keine Umwandlung zum Buchwert mehr möglich (vgl. § 1 Abs. 4 UmwStG; Einbringungen durch einen „Drittstaatler“ fallen nicht unter das UmwStG). Es entsteht dann keine 192

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„50i-KG“. Dies ist allerdings kein Problem des § 50i EStG, sondern des UmwStG, das für Einbringungen durch „Drittstaatler“ nicht anwendbar ist. Die Gewinnrealisierung erfolgt deshalb hier bereits im Zeitpunkt der Einbringung, so dass es einer Sicherstellung des deutschen Besteuerungsrechts durch § 50i EStG auch nicht mehr bedarf. b) Einzelfragen § 50i Abs. 1 Satz 2 EStG betrifft u.E. auch die Fälle, in denen die Anteile an der aufnehmenden Kapitalgesellschaft „nur“ Sonderbetriebsvermögen bei der Personengesellschaft darstellen.14 Allerdings wird es i.d.R. nicht darstellbar sein, dass eine Personengesellschaft nur über Sonderbetriebsvermögen, nicht aber über Gesamthandsvermögen verfügt. In diesem Fall wäre keine Förderung der Beteiligung an der Mitunternehmerschaft möglich, wenn die Personengesellschaft selbst weder über eigene Wirtschaftsgüter verfügt noch eine eigene Tätigkeit ausübt. Nach wie vor sind von § 50i Abs. 1 EStG nicht alle Fälle erfasst, in denen eine vermögensverwaltende, aber gewerblich geprägte oder infizierte Gesellschaft Anteile an einer Kapitalgesellschaft (oder auch andere Wirtschaftsgüter) hält. So dürfte z.B. eine Personengesellschaft nicht unter § 50i Abs. 1 EStG fallen, die durch Umwandlung aus einer Kapitalgesellschaft entstanden ist. Hier kann weder Satz 1 eingreifen (keine Übertragung oder Überführung eines Anteils i.S.v. § 17 EStG), noch sind die Voraussetzungen des Satzes 2 erfüllt, da es sich um eine Umwandlung nach §§ 3 bis 9 UmwStG handelt und im Gesetzestext nur Einbringungen nach § 20 UmwStG genannt sind. Beispiel 4: Die M-GmbH hielt 100 % der Anteile an der gewinnträchtigen T-GmbH. Über weitere Wirtschaftsgüter verfügte die M-GmbH nicht. Im Jahr 2011 wurde die M-GmbH nach §§ 3 ff. UmwStG zu Buchwerten in die M-GmbH & Co. KG umgewandelt (Formwechsel). Im Jahr 2012 zog der alleinige Kommanditist der M-KG in das Ausland. Im Jahr 2014 veräußerte er den Anteil an der M-KG.

Lösung: Nach der Umwandlung liegt zwar eigentlich eine typische „50i-Konstellation“ vor (gewerblich geprägte, nicht aktiv gewerblich tätige Personengesellschaft, zu deren Betriebsvermögen der Anteil an einer Kapitalgesellschaft gehört). Dennoch ist § 50i EStG u.E. nicht anwendbar, da die Voraussetzungen in § 50i Abs. 1 Sätze 1 und 2 EStG nicht erfüllt sind. 14 Gosch in Kirchhof, EStG, § 50i EStG, Rz. 14; Prinz, DB 2013, 690 (693).

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Die Finanzverwaltung kann in diesem Fall allenfalls versuchen, eine Besteuerung im Wegzugsjahr 2012 vorzunehmen. Dem könnte allerdings eine Selbstbindung der Verwaltung durch das BMF-Schreiben vom 16.4.201015 entgegenstehen; es gelten also dieselben Grundsätze wie in anderen Fällen, in denen § 50i EStG nicht zur Anwendung kommt. Es ist demnach zu prüfen, ob dem wegziehenden Steuerpflichtigen eine verbindliche Auskunft erteilt wurde oder ob § 176 Abs. 2 AO einer Änderung eines bereits ergangenen Steuerbescheids entgegensteht.16 Aus Sicht der Finanzverwaltung dürfte allerdings § 176 Abs. 2 AO wohl nur für die Steuerbescheide zur Anwendung kommen, die bereits vor der Veröffentlichung des BFH-Urteils vom 8.4.201017 auf der Internetseite des BFH ergangen sind.18 Ebenfalls nicht von § 50i Abs. 1 Satz 2 EStG betroffen sind Konstellationen, in denen eine (echte) Betriebsaufspaltung in früherer Zeit zum Buchwert entstanden ist. Bis zum 31.12.1998 hatte die Finanzverwaltung es zugelassen, bei Begründung einer Betriebsaufspaltung außerhalb des § 20 UmwStG Wirtschaftsgüter zum Buchwert auf die neu entstehende Betriebs-GmbH zu übertragen.19 Zwar ist auch in diesen Fällen ein Anteil an einer Kapitalgesellschaft durch Übertragung von Wirtschaftsgütern entstanden, dies ist aber nicht nach § 20 UmwStG erfolgt. Damit ist der Gesetzeswortlaut hier nicht erfüllt. Näheres zu Betriebsaufspaltungsfällen vgl. auch nachstehend unter III.3. Fraglich ist aber, ob eine „50i-KG“ auch durch einen Anteilstausch nach § 21 UmwStG entstehen kann. Nach dem Gesetzeswortlaut ist dies nicht der Fall, da § 50 Abs. 1 Satz 2 EStG nur auf die Einbringung eines Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils nach § 20 UmwStG abstellt. Der Anteilstausch nach § 21 UmwStG ist nicht genannt, so dass er u.E. auch nicht zu einem Anwendungsfall von § 50i EStG führen kann.20 Die Problematik kann sich dann stellen, wenn eine Personengesellschaft i.S.v. § 15 Abs. 3 EStG eine Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft selbst erworben hatte und somit keine Übertragung oder Überführung der Anteile in das Betriebsvermögen der Personengesellschaft vorlag und die Anteile auch nicht durch eine Einbringung nach § 20 UmwStG entstanden sind.

15 BStBl. I 2010, 354. 16 BMF, Schr. v. 26.9.2014, BStBl. I 2014, 1258, Tz. 2.3.3.7. 17 BFH, Urt. v. 28.4.2010 – I R 81/09, BStBl. II 2014, 754 = FR 2010, 903 m. Anm. Buciek. 18 Ebenso: Bodden, KÖSDI 2015, 19249 (19255); das BFH-Urteil wurde am 16.6.2010 auf der Internetseite des BFH veröffentlicht. 19 BMF, Schr. v. 22.1.1985, BStBl. I 1985, 97. 20 Ebenso: Patt, EStB 2014, 377 (379 f.).

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Beispiel 5: Die (gewerblich geprägte) M-GmbH & Co. KG (M-KG) hat vor ca. 20 Jahren die Anteile an der T-GmbH erworben. Der Erwerb wurde seinerzeit teilweise fremdfinanziert und teilweise durch (Geld-)Einlagen des alleinigen Kommanditisten M abgedeckt. Seither ist der Wert der Anteile an der T-GmbH erheblich gestiegen. Im Jahr 2011 brachte die M-KG die Anteile an der T-GmbH nach § 21 UmwStG gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten in die Z-GmbH ein. Im Jahr 2012 verzog M in die Schweiz. Im Herbst 2014 veräußerte M die Anteile an der M-KG mit erheblichem Gewinn.

Lösung: Auch in diesem Beispiel liegt eigentlich eine typische „50i-Konstellation“ vor (gewerblich geprägte, nicht aktiv gewerblich tätige Personengesellschaft, zu deren Betriebsvermögen der Anteil an einer Kapitalgesellschaft gehört). Dennoch ist § 50i EStG u.E. nicht anwendbar, da die Voraussetzungen in § 50i Abs. 1 Satz 1 und 2 EStG nicht erfüllt werden. Insbesondere liegt kein Fall von § 50i Abs. 1 Satz 2 EStG vor, da keine Einbringung eines Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils erfolgt ist. Die Finanzverwaltung kann in diesem Fall allenfalls versuchen, im Zeitpunkt des Wegzugs (nachträglich) eine Entstrickungsbesteuerung vorzunehmen, wenn dies verfahrensrechtlich noch möglich ist.21 Unter § 50i Abs. 1 Satz 2 EStG dürfte allerdings der Formwechsel einer Tochterpersonengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft bei einer zuvor doppelstöckigen Personengesellschaftsstruktur fallen. Die Mutterpersonengesellschaft fällt dann unter § 50i EStG. Der gegenteiligen Tendenz von Bron22, der eine Verweisung in § 50 Abs. 1 Satz 2 EStG auf § 25 UmwStG vermisst, ist nicht überzeugend. § 25 UmwStG verweist auch nicht „zufällig“ auf § 20 UmwStG, wie dies Bron formuliert. Der Formwechsel der Tochterpersonengesellschaft stellt einen Anwendungsfall von § 20 UmwStG dar, auch wenn es dazu zunächst einer Verweisung in § 25 UmwStG (auf § 20 UmwStG) bedarf. c) Zeitliche Anwendung Nach § 52 Abs. 48 EStG ist die durch das Kroatiengesetz ergänzte Neuregelung des § 50i Abs. 1 Satz 2 EStG bereits rückwirkend für alle Veräußerungen nach dem 29.6.2013 anzuwenden.23 Nach der Gesetzesbegründung geht der Gesetzgeber davon aus, dass der Fall von Anfang an

21 BMF, Schr. v. 26.9.2014, BStBl. I 2014, 1258, Tz. 2.3.3.7. 22 Bron, DStR 2014, 1849 (1851). 23 BMF, Schr. v. 26.9.2014, BStBl. I 2014, 1258, Tz. 2.3.3.9, Buchst. a.

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hätte entsprechend geregelt werden sollen.24 Dies soll nun die (in den Augen des Gesetzgebers wohl klarstellende) rückwirkende Anwendungsregelung rechtfertigen. Streitbefangen dürften hier vor allem Veräußerungen sein bzw. werden, die bereits im Jahr 2013 (nach dem 29.6.2013) stattgefunden haben. Ist ein entsprechender Steuerbescheid bestandskräftig (was in den betroffenen Fällen bei Verabschiedung des Kroatiengesetzes im Sommer 2014 eher selten der Fall gewesen sein dürfte) und ohne Vorbehalt der Nachprüfung ergangen, kommt u.E. eine Änderung eines solchen Bescheids nach den Vorschriften der AO in der Regel nicht mehr in Betracht. Die Gesetzesergänzung ist weder eine neue Tatsache i.S.v. § 173 AO, noch stellt sie ein rückwirkendes Ereignis i.S.v. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO dar. Positiv wirkt sich die rückwirkende Anwendungsregelung dann aus, wenn die Einbringung nach § 20 UmwStG zwar vor dem 29.6.2013 erfolgte (nur dann kann § 50i Abs. 1 Satz 2 EStG nach seinem eindeutigen Wortlaut zur Anwendung kommen), der Wegzug aber im 2. Halbjahr 2013 erfolgt ist (und für 2013 noch kein Steuerbescheid vorliegt). Ohne § 50i Abs. 1 Satz 2 EStG wäre in diesem Fall eine Entstrickung nach § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG anzunehmen. Hier entfaltet § 50i Abs. 1 EStG eine Schutzfunktion für den Wegzug, da nun im Wegzugsfall kein Ausschluss und keine Beschränkung des deutschen Besteuerungsrechts mehr vorliegt.25 Aus fiskalischer Sicht ist diese Schutzfunktion allerdings dann nicht unproblematisch, wenn das BVerfG in den anhängigen Verfahren die verfassungsrechtliche Zulässigkeit von sog. Treaty overrides verneinen sollte.26 3. Erweiterung des § 50i Abs. 1 Satz 4 EStG (Betriebsaufspaltungsfälle) a) Erfassung von Besitzpersonengesellschaften durch § 50i Satz 3 EStG a.F. Eine „50i-KG“ kann auch in einem Fall der Betriebsaufspaltung vorliegen, nämlich in Bezug auf die Wirtschaftsgüter des Besitzunternehmens. Dies war bereits im ursprünglichen Gesetzestext geregelt (vgl. § 50i Satz 3 24 BT-Drucks. 18/1995 S. 116. Vgl. dazu auch Bodden, DB 2014, 2371/2372, der davon ausgeht, dass die in § 50i Abs. 1 S. 2 EStG genannten Fälle bereits vom vorherigen Wortlaut des § 50i EStG (vor Kroatiengesetz) umfasst waren. 25 Grundsätzlich zur Schutzfunktion vgl. oben unter II. 3. 26 Anhängige Verfahren 2 BvL 1/12 (zu § 50d Abs. 8 EStG; vgl. Vorlagebeschluss des BFH v. 10.1.2012 – I R 66/09, DB 2012, 1078), 2 BvL 21/14 (zu § 50d Abs. 9 EStG; vgl. Vorlagebeschluss des BFH v. 20.8.2014 – I R 86/13, DStR 2014, 2065) und 2 BvL 15/14 (vgl. Vorlagebeschluss des BFH v. 11.12.2013 – I R 4/13, DStR 2014, 306).

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EStG a.F.).27 Die gesonderte Regelung für das Besitzunternehmen ist notwendig, weil es sich bei einer Besitzpersonengesellschaft aus Sicht des nationalen deutschen Steuerrechts nicht um den Fall einer „künstlichen“ Gewerblichkeit i.S.v. § 15 Abs. 3 EStG handelt (und auf diese Regelung verweist sowohl § 50i Abs. 1 Satz 1 als auch Satz 2 EStG). Das Besitzunternehmen erzielt vielmehr aus nationaler Sicht (aktive) gewerbliche Einkünfte i.S.v. § 15 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 EStG (es nimmt über die Betriebs-GmbH am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teil).28 Demgegenüber hat der BFH aber auch für Betriebsaufspaltungsfälle das Vorliegen von abkommensrechtlichen Unternehmenseinkünften i.S.v. Art. 7 OECD-Musterabkommen beim Besitzunternehmen in Betriebsaufspaltungsfällen verneint.29 Dem folgt zwischenzeitlich auch die Finanzverwaltung.30 Dies dürfte durchaus auch der Sichtweise in den meisten ausländischen DBA-Staaten entsprechen; eine Gewerblichkeit über eine Betriebsaufspaltung ist dort regelmäßig unbekannt. § 50i Satz 3 EStG a.F. regelte auch für diese Fälle, dass eine Steuerverhaftung sowohl der stillen Reserven als auch der laufenden Einkünfte aufgrund der früheren anderslautenden Beurteilung auf Dauer sichergestellt ist. Beispiel 6: Die im Inland ansässigen A und B sind sowohl an der AB-GbR als auch an der ABGmbH zu jeweils 50 % beteiligt. Die AB-GbR hat bereits seit dem Jahr 2000 der bereits zuvor bestehenden AB-GmbH ein Grundstück überlassen (unechte Betriebsaufspaltung). In dem dadurch entstandenen Besitzunternehmen AB-GbR sind sowohl das Grundstück (Gesamthandsvermögen) als auch die Anteile an der AB-GmbH (Sonderbetriebsvermögen II) aktiviert. Die Einlage der Anteile an der AB-GmbH erfolgte nach § 6 Abs. 1 Nr. 5b EStG zu Anschaffungskosten. Im März 2010 verzog B in die Schweiz. Im Oktober 2014 veräußerte B seine GmbH-Anteile an den fremden Dritten D.

Lösung: Nach der Rechtsprechung des BFH erzielt das Besitzunternehmen keine Unternehmensgewinne i.S.v. Art. 7 DBA-Schweiz.31 Dies führt dazu, 27 Damit wurden die Betriebsaufspaltung und ihre Voraussetzungen i.Ü. erstmalig im EStG aufgeführt, nachdem zuvor reines Richterrecht vorgelegen hatte. 28 Vgl. dazu z.B. BMF, Schr. v. 10.11.2005, BStBl. I 2005, 1038, Tz. 16. 29 BFH, Urt. v. 25.5.2011 – I R 95/10, BStBl. II 2014, 760 = FR 2011, 1175 m. Anm. Kempermann. 30 BMF, Schr. v. 26.9.2014, BStBl. I 2014, 1258, Tz. 2.3.3.4. 31 BFH, Urt. v. 25.5.2011 – I R 95/10, BStBl. II 2014, 760 = FR 2011, 1175 m. Anm. Kempermann; nunmehr zustimmend BMF, Schr. v. 26.9.2014, BStBl. I 2014, 1258, Tz. 2.3.3.4.

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dass das Besteuerungsrecht an den Anteilen der Betriebsgesellschaft ABGmbH der Schweiz zusteht (vgl. Art. 13 Abs. 3 DBA-Schweiz). Die Veräußerung der Anteile an der AB-GmbH unterliegt aber nach § 50i Abs. 1 Satz 4 EStG ungeachtet des DBA-Schweiz der deutschen Besteuerung. Das Teileinkünfteverfahren ist anwendbar (§ 3 Nr. 40 EStG); es sind also 40 % des Veräußerungsgewinns steuerfrei. Dies gilt im Übrigen auch bereits zuvor für die Ausschüttungen der AB-GmbH (vgl. den Verweis in § 50i Abs. 1 Satz 4 EStG auch auf Satz 3). Hinsichtlich der laufenden Einkünfte gilt dies rückwirkend für alle noch offenen Jahre.32 Hinweis: Durch die Veräußerung der GmbH-Anteile durch B (ohne gleichzeitige Veräußerung der Anteile an der GbR) endet die Personengruppe A/B und damit die personelle Verflechtung. Somit liegt insgesamt eine Betriebsaufgabe vor. Es sind also nicht nur die stillen Reserven in dem GmbHAnteil des B, sondern auch diejenigen im verpachteten Grundstück und in den GmbH-Anteilen des A zu versteuern (Entnahmegewinne). Hinsichtlich des A, der noch im Inland ansässig ist, gilt dies unabhängig von § 50i EStG. Auch für die stillen Reserven in dem überlassenen Grundstück ergibt sich kein „50i-Problem“, da Deutschland für die im in dem Grundstück enthaltenen stillen Reserven nach Art. 13 Abs. 1 DBA-Schweiz ohnehin das Besteuerungsrecht hat. Entsprechendes gilt für die vorherigen Pachtzahlungen (Art. 6 Abs. 1 DBA-Schweiz). Allerdings war in Betriebsaufspaltungsfällen mit ausländischen Gesellschaftern für die Anteile an der Betriebs-GmbH bereits bisher häufig kein deutsches Besteuerungsrecht gegeben. Der Wegzug eines Besitzgesellschafters konnte also bereits in der Vergangenheit zu einer Entstrickung i.S.v. § 4 Abs. 1 Satz 3 ff. EStG führen. Zumindest ging die Finanzverwaltung davon aus33, dass allein durch die Verpachtung eines Betriebs an ein anderes Unternehmen für den Verpächter keine Betriebsstätte begründet wird.34 Das deutsche Besteuerungsrecht blieb somit nach dem Wegzug allenfalls für das verpachtete unbewegliche Vermögen (Art. 6 OECD-MA), nicht aber für die Anteile an der Betriebs-GmbH erhalten. Das Besitzunternehmen konnte nur durch einen ständigen Vertreter oder eine feste Geschäftseinrichtung (z.B. am Ort der Betriebsgesellschaft) eine Betriebsstätte unterhalten.35 32 § 52 Abs. 48 EStG; BMF, Schr. v. 26.9.2014, BStBl. I 2014, 1258, Tz. 2.3.3.9. 33 Tz. 1.2.1.1 der Betriebsstätten-Verwaltungsgrundsätze = BMF, Schr. v. 24.12.1999, BStBl. I 1999, 1076. 34 Hinweis auf Tz. 8 des OECD-Kommentars zu Art. 5 OECD-MA und auf BFH, Urt. v. 28.7.1982 – I R 196/79, BStBl. II 1983, 77 = FR 1983, 23. 35 Dazu vgl. auch: Schulze zur Wiesche, BB 2013, 2463 (2467); Ruf, IStR 2013, 233 ff.

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b) Erweiterung auf Besitzeinzelunternehmen durch das Kroatiengesetz Mit dem Kroatiengesetz hat der Gesetzgeber den Tatbestand des § 50i Abs. 1 Satz 4 EStG auch auf Besitzeinzelunternehmen erweitert. Zuvor waren im Gesetzestatbestand nur Besitzunternehmen in der Rechtsform einer Personengesellschaft genannt. Die Erweiterung gilt für Veräußerungen und Entnahmen nach dem 31.12.2013.36 Anders als in den Anwendungsfällen des § 15 Abs. 3 EStG (die künstliche Gewerblichkeit gilt dort nur Personengesellschaften, nicht aber für Einzelunternehmen) kann sich bei Betriebsaufspaltungen eine Gewerblichkeit nach deutschem Recht auch für Einzelunternehmen ergeben. Dies hatte der Gesetzgeber zunächst übersehen, dann aber mit Wirkung ab 2014 ergänzend korrigiert. Beispiel 7: A hält sämtliche Geschäftsanteile an der A-GmbH. Er hat zudem ein ihm gehörendes Grundstück der A-GmbH überlassen. A verzieht in 2011 in die Schweiz. In 2014 veräußert er sämtliche Anteile an der A-GmbH an einen Dritten.

Lösung: Es ergibt sich dieselbe Lösung wie in Beispiel 6. Die Versteuerung des GmbH-Anteils unterliegt – ungeachtet der Bestimmungen des DBASchweiz – in Deutschland der Besteuerung, da die Anteile dem Besitzeinzelunternehmen zuzuordnen waren. c) Einzelfragen Im Gesetzeswortlaut des § 50i Abs. 1 Satz 4 EStG ist zunächst zweifelhaft, ob diese Sonderregelung für Betriebsaufspaltungen einen reinen Rechtsfolgenverweis enthält („§ 50i EStG gilt für alle Besitzunternehmen einer Betriebsaufspaltung unabhängig davon, wie sie entstanden sind“) oder ob ein Rechtsgrundverweis vorliegt, so dass die Tatbestandsvoraussetzungen des Satzes 1 (z.B. frühere Übertragung eines Wirtschaftsguts des Betriebsvermögens oder eines Anteils i.S.v. § 17 EStG vor dem 29.6.2013) ebenfalls erfüllt sein müssen. Entscheidende Bedeutung für die Auslegung hat das Wortpaar „geworden sind“. Fraglich ist, ob es sich dabei um einen Oberbegriff für Übertragungen, Überführungen und erhaltene Anteile nach Abs. 1 Satz 2 handelt oder ob es bei Betriebsaufspaltungen überhaupt nicht darauf ankommt, wie die Anteile an der Betriebskapitalgesellschaft entstanden und zum Betriebsvermögen der Mitunternehmerschaft geworden sind.

36 § 52 Abs. 48 EStG; BMF, Schr. v. 26.9.2014, BStBl. I 2014, 1258, Tz. 2.3.3.9.

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U.E. spricht einiges dafür, dass ein Rechtsgrundverweis vorliegt, der auch die Tatbestandsmerkmale der Sätze 1 und 2 umfasst. Dies ergibt sich bereits daraus, dass das Tatbestandsmerkmal „Ansässigkeit in einem anderen DBA-Staat“ wohl gelten muss und dies einen Rechtsgrund darstellt. Die Frage ist von Bedeutung für (echte) Betriebsaufspaltungsfälle, weil diese in der Regel durch die Neugründung der Betriebs-GmbH entstanden sind (vgl. BMF-Schreiben vom 22.1.198537, mit dem bis 1998 eine Buchwertübertragung in die neue Betriebskapitalgesellschaft auch außerhalb des § 20 UmwStG zugelassen wurde). Es wurden also regelmäßig weder die Anteile noch die überlassenen Wirtschaftsgüter in das Betriebsvermögen der Besitzgesellschaft überführt; demnach liegt kein Anwendungsfall von § 50i Abs. 1 Satz 2 EStG vor. U.E. erfordert deshalb § 50i Abs. 1 Satz 4 EStG, dass Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens oder Anteile i.S.d. § 17 EStG zu einem früheren Zeitpunkt ohne Aufdeckung stiller Reserven in das Besitzunternehmen übertragen oder überführt wurden.38 Es erscheint derzeit aber nicht ausgeschlossen, dass die Finanzverwaltung von einem reinen Rechtsfolgenverweis ausgehen wird und somit auch „echte“ Betriebsaufspaltungen unter § 50i Abs. 1 EStG fallen sollen. Nach dem Wortlaut des § 50i Abs. 1 Satz 4 EStG ist nur von Personengesellschaften und Einzelunternehmen die Rede. In der Praxis bestehen allerdings zahlreiche Besitzunternehmen als Grundstücksgemeinschaften (in Bruchteilseigentum) oder als Erbengemeinschaften. Wie bei § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG39 ist auch bei § 50i Abs. 1 Satz 4 EStG davon auszugehen, dass „Gemeinschaften“ von der Regelung aufgrund des eindeutigen Wortlauts nicht betroffen sind. In diesem Zusammenhang ist allerdings zu beachten, dass die Überlassung eines Grundstücks im Rahmen einer Betriebsaufspaltung auch bei gegebenem Bruchteilseigentum nach Auffassung des BFH regelmäßig durch eine GbR erfolgt. Die überlassenen Wirtschaftsgüter sind dann Sonderbetriebsvermögen der Gesellschafter

37 BStBl. I 1985, 97. 38 Ebenso Bodden, DB 2014, 2371 (2373); Loschelder in Schmidt, EStG, 33. Aufl. 2014, § 50i EStG, Rz. 4, in diese Richtung wohl auch Schulze zur Wiesche, BB 2013, 2463 (2467); a.A. Neumann in Lademann, EStG, § 50i EStG, Rz. 32; Hruschka, IStR 2014, 785 (787), der den Anwendungsbereich des § 50i EStG selbst bei einem unmittelbaren Erwerb von Wirtschaftsgütern am freien Markt als eröffnet sieht (was u.E. allerdings weder mit dem Wortlaut noch mit dem Sinn und Zweck des § 50i EStG in Einklang zu bringen ist). 39 Vgl. dazu BMF, Schr. v. 14.3.2006, BStBl. I 2006, 253, Tz. 4.

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der Besitz-GbR.40 Damit dürften auch Betriebsaufspaltungsfälle mit Grundstücksgemeinschaften oder Erbengemeinschaften regelmäßig doch von § 50i Abs. 1 Satz 4 EStG erfasst sein. 4. Tatbestände des § 50i Abs. 2 EStG a) Überblick Ausweislich der Gesetzesbegründung41 war in einigen Fällen versucht worden, die Steuerverhaftung nach § 50i a.F. EStG (= § 50i Abs. 1 EStG) durch eine Umwandlung der „50i-KG“ in eine Kapitalgesellschaft zu umgehen. In Baden-Württemberg war entsprechend ein Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft gestellt worden, mit dem die Bestätigung erbeten wurde, dass die Umwandlung einer „50i-KG“ gem. §§ 25, 20 UmwStG steuerneutral möglich sei.42 Hintergrund für diese Anfrage war, dass, wurde die „50i-KG“ in eine Kapitalgesellschaft formgewechselt (was auch bei einem im EU-/EWR-Ausland ansässigen Gesellschafter nach § 20 UmwStG zum Buchwert möglich war (vgl. § 1 Abs. 4 UmwStG)), mit der Umwandlung die deutsche Besteuerungsmöglichkeit nach § 50i a.F. EStG endete. Die Regelung stellte nämlich nur auf die Veräußerung des Anteils an der „50i-KG“ oder aber auf den Verkauf der auf die „50i-KG“ übertragenen oder überführten Wirtschaftsgüter ab. Existierte die „50i-KG“ nach der Umwandlung in eine Kapitalgesellschaft nicht mehr, könnte der Gesellschafter seinen Anteil an der neuen Kapitalgesellschaft aus dem Ausland „steuerfrei“ verkaufen, ohne dass der deutsche Fiskus darauf noch Zugriff hätte (allerdings natürlich unter Beachtung des § 22 UmwStG, da es sich um sperrfristbehaftete Anteile handelt; außerdem sind die im Ausland gegebenen Besteuerungstatbestände zu beachten). Durch die Neuregelung soll diese Entstrickungsmöglichkeit verhindert werden, d.h. die durch § 50i EStG vorgesehene Besteuerung von Veräußerungs- oder Entnahmegewinnen in sog. Altfällen durch eine einem Wegzug nachfolgende Umwandlung, Einbringung oder Übertragung von betrieblichen Einheiten oder Wirtschaftsgütern nicht ausgeschlossen werden können.

40 Vgl. dazu BFH, Urt. v. 18.8.2005, BStBl. II 2005, 830 = FR 2006, 23 m. Anm. Wendt; BMF, Schr. v. 7.12.2006, BStBl. I 2006, 766 (mit Neufassung der Tz. 22 und 23 des BMF, Schr. v. 3.3.2005, BStBl. I 2005, 458). 41 BT-Drucks. 18/1995 S. 116 f. 42 FAZ v. 19.3.2014.

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§ 50i Abs. 2 EStG ist wie folgt aufgebaut: – Nach § 50i Abs. 2 Satz 1 EStG ist die Anwendung des UmwStG für Umwandlungen, an denen eine „50i-KG“ beteiligt ist, nicht mehr zum Buchwert möglich; es ist vielmehr der gemeine Wert anzusetzen. – Entsprechendes gilt nach § 50i Abs. 2 Satz 2 EStG für die Überführung oder Übertragung von Einzelwirtschaftsgütern und Mitunternehmeranteilen; der Buchwertansatz nach § 6 Abs. 3 und 5 EStG wird bei einer „50i-KG“ also gesetzlich ausgeschlossen. – Schädlich ist nach § 50i Abs. 2 Satz 3 EStG auch ein sog. Strukturwandel, also wenn aus einer „50i-KG“ eine gewerblich tätige Personengesellschaft wird. – Für Betriebsaufspaltungsfälle bleibt nach § 50i Abs. 2 Satz 4 EStG die Grundregelung für Betriebsaufspaltungen in Abs. 1 Satz 4 unberührt. Nach § 52 Abs. 48 EStG kommt § 50i Abs. 2 EStG für Umwandlungen, bei denen der Umwandlungsbeschluss nach dem 31.12.2013 erfolgt ist, bei Einbringungen, bei denen der Einbringungsvertrag nach dem 31.12.2013 geschlossen wurde und bei Übertragungen, Überführungen oder einem Strukturwandel nach dem 31.12.2013 zur Anwendung. Es ist streitig, ob die in der Anwendungsregelung enthaltene (unechte) Rückwirkung auf Fälle, die im Jahr 2014 bereits vor Verkündung des Kroatiengesetzes vollzogen wurden, verfassungsrechtlich zulässig ist.43 Für im Frühjahr 2014 vollzogene Umwandlungen, die steuerlich (zulässigerweise) auf den 31.12.2013 zurückbezogen wurden, kann sich sogar eine echte Rückwirkung ergeben, weil die sich nach der Neuregelung durch die Versagung des Buchwertansatzes ergebenden Steuern bereits zum 31.12.2013 (und damit im Jahr vor der Verabschiedung des Änderungsgesetzes) entstehen. b) Umwandlungs- und Einbringungsfälle aa) Grundsatz Nach § 50i Abs. 2 Satz 1 EStG sind Sachgesamtheiten, die Wirtschaftsgüter und Anteile i.S.d. § 50i Abs. 1 EStG enthalten, im Rahmen von Umwandlungen und Einbringungen i.S.d. § 1 des UmwStG abweichend von den Bestimmungen des UmwStG stets mit dem gemeinen Wert an-

43 Bejahend Bodden, DB 2014, 2371 (2375); Hechtner, NWB 2014, 2073 (2075); Bedenken gegen die Rückwirkung demgegenüber bei Ortmann-Babel/Bolik/ Zöller, DB 2014, 1570 (1576).

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zusetzen. Das UmwStG wird somit für eine „50i-KG“ für zahlreiche Konstellationen für nicht anwendbar erklärt. Beispiel 8: Der ursprünglich in Deutschland ansässige A hielt Anteile an der X-GmbH, die vor dem 29.6.2013 in die gewerblich geprägte A-GmbH & Co. KG (A-KG) eingebracht wurden. Anschließend ist A nach Frankreich verzogen. Die A-KG wird mit Umwandlungsbeschluss vom 2.4.2014 formwechselnd in die A-GmbH umgewandelt.

Lösung: Ein solcher Formwechsel ist nach dem UmwStG zum Buchwert möglich (vgl. §§ 1 Abs. 3 und 4 UmwStG“ 20 Abs. 2 UmwStG). Dies hätte zur Folge, dass A die Anteile an der A-GmbH anschließend in Deutschland steuerfrei verkaufen konnte. § 50i Abs. 1 Satz 1 EStG würde es zwar ermöglichen, einen Einbringungsgewinn in Deutschland zu versteuern (Umwandlung = Veräußerung); bei einer Buchwerteinbringung würde ein solcher Gewinn aber nicht entstehen.44 Die Steuerverhaftung nach § 50i EStG würde daher mit dem Formwechsel enden. § 50i Abs. 2 Satz 1 EStG regelt nun für Umwandlungen bzw. Einbringungen, die nach dem 31.12.2013 beschlossen werden, dass abweichend von dem nach umwandlungssteuerrechtlichen Grundsätzen möglichen Buchwertansatz zwingend der gemeine Wert anzusetzen ist. Der Formwechsel kann somit nicht mehr zu Buchwerten erfolgen. Dies gilt für alle Wirtschaftsgüter der A-KG; eine Beschränkung auf die seinerzeit in die A-KG übertragenen bzw. überführten Wirtschaftsgüter ist nach dem Gesetzeswortlaut nicht vorgesehen. Die Versagung des Buchwertansatzes erfolgt nicht nur dann, wenn die „50i-KG“ selbst umgewandelt, sondern auch, wenn ihr Mitunternehmeranteil in eine Kapitalgesellschaft eingebracht wird. Beispiel 9: Sachverhalt wie in Beispiel 8. A bringt jedoch im Jahr 2014 seinen Mitunternehmeranteil an der A-KG in die A-Holding-GmbH ein.

Lösung: Auch in diesem Fall wäre ein Buchwertansatz in der Vergangenheit möglich gewesen (§ 20 UmwStG). A hätte dann die Anteile an der A-Holding-GmbH ohne Steuerbelastung in Deutschland verkaufen können. § 50i Abs. 2 Satz 1 EStG sperrt nun den Buchwertansatz und verpflichtet zum Ansatz des gemeinen Wertes bei der Einbringung. 44 BMF, Schr. v. 26.9.2014, BStBl. I 2014, 1258, Tz. 2.3.3.7.

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bb) Persönlicher Anwendungsbereich Der Wortlaut des § 50i Abs. 2 Satz 1 EStG beschränkt seine Rechtsfolgen (wie auch die folgenden Sätze) nicht auf Gesellschafter, die in einen DBA-Staat verzogen sind. Allerdings enthält die Gesetzesbegründung eine entsprechende Beschränkung.45 Der Wille des Gesetzgebers dürfte deshalb gewesen sein, nur Umwandlungen und Einbringungen nach dem Wegzug eines Gesellschafters einer „50i-KG“ in das Ausland nicht mehr zum Buchwert zuzulassen. Der Wortlaut der Regelung ist unter Berücksichtigung dieser Intention des Gesetzgebers also überschießend.46 Innerhalb der Finanzverwaltung sind allerdings (nachträglich) Stimmen laut geworden, die – entsprechend dem Gesetzeswortlaut – eine Anwendung der Neuregelung auch auf inländische Gesellschafter fordern, um damit die EU-Rechtmäßigkeit der Regelung „abzusichern“. Dass diese Gedanken nicht völlig abwegig sind, ergibt sich aus etlichen Literaturfundstellen, in denen zwar einerseits – entsprechend der Gesetzesbegründung – vehement eine teleologische Reduktion auf weggezogene Gesellschafter gefordert wird, aber nahezu gleichzeitig die EU-Rechtswidrigkeit47 der Vorschrift propagiert wird, wenn diese Beschränkung dann vorgenommen wird (mit dem Vorschlag eines sachgerechten Besteuerungsaufschubs zumindest in EU-/EWR-Fällen).48 Im Gesetzgebungsverfahren zu dem Ende 2014 verabschiedeten Zollkodex-Anpassungsgesetz haben die Verbände offensichtlich den Versuch unternommen, eine Einschränkung auf Auslandsfälle klarstellend in den Gesetzeswortlaut aufzunehmen. Der Finanzausschuss des Bundestags ist diesem Ansinnen jedoch nicht gefolgt.49 Die von den Sachverständigen in der öffentlichen Anhörung geäußerten Kritikpunkte zu § 50i EStG wurden zwar ernst genommen, man benötige jedoch Zeit für eine intensive Prüfung. Der Gesetzgeber (in einem eventuell nachfolgenden Gesetzgebungsverfahren) und die Finanzverwaltung (bei der Anwendung des § 50i Abs. 2 EStG) werden nun versuchen müssen, eine für

45 BT-Drucks. 18/1995, 116 f. 46 Gosch in Kirchhof, EStG, § 50i EStG, Rz. 28; Patt, EStB 2014, 377 (379); Rödder/Kuhr/Heimig, Ubg 2014, 477; Kudert/Kahlenberg/Mroz, ISR 2014, 257. 47 Zur Problematik mit dem Unionsrecht: Gosch in Kirchhof, § 50i EStG, Rz. 3 m.w.N.; Lüdicke, StBJB 2013/2014, 237 (256 f.). 48 Bodden, DB 2014, 2371 (2374/2375), m.w.N.; auch Köhler, ISR 2014, 317 (324); zu EU-/EWR-Fällen, Salzmann, IWB 2014, 782 (785). 49 BT-Drucks. 18/3441, 53.

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alle Seiten akzeptable Lösung zu finden.50 Diese darf einerseits nicht über das Ziel der Missbrauchsverhinderung hinausgehen (wonach inländische Gesellschafter einerseits vom zwingenden Ansatz der gemeinen Werte ausgenommen werden müssen), muss andererseits aber auch EUrechtliche Bedenken entsprechend berücksichtigen. Die Problematik stellt sich zunächst bei „50i-KGs“, an denen neben einem weggezogenen Gesellschafter noch inländische Gesellschafter beteiligt sind. Nach der Zielsetzung des § 50i EStG können nur diejenigen stillen Reserven vom Buchwertprivileg ausgeschlossen sein, die auf den weggezogenen Gesellschafter entfallen. Im Extremfall (bei reinem Wortlautverständnis) wären aber auch Sachverhalte von § 50i Abs. 2 Satz 1 EStG betroffen, in denen alle Gesellschafter (noch) im Inland ansässig sind51. Solche „schlummernden 50i-KGs“ gibt es in der Praxis in sehr großer Zahl (wobei die Abgrenzung, ob zu einem früheren Zeitpunkt Wirtschaftsgüter oder Anteile in solche Gesellschaften ohne Aufdeckung der stillen Reserven übertragen wurden, häufig sehr schwierig vorzunehmen sein dürfte). Eindeutig ist, dass ein solcher Fall unter § 50i Abs. 1 Satz 1 EStG fallen würde, wenn einer dieser Gesellschafter in das Ausland verziehen und dann seinen Anteil veräußern würde. Dennoch besteht in diesen Fällen keine Notwendigkeit, den Ansatz der Buchwerte zu versagen. Durch die Umwandlung endet nämlich regelmäßig die Schutzfunktion des § 50i Abs. 1 EStG52, so dass im Zeitpunkt des Wegzugs eine Entstrickung vorzunehmen wäre (bei Umwandlung in eine Kapitalgesellschaft gem. § 6 AStG). Beispiel 10: Der in Deutschland ansässige A hielt Anteile an der X-GmbH, die vor dem 29.6.2013 in die gewerblich geprägte A-GmbH & Co. KG (A-KG) eingelegt wurden. Die A-KG wurde mit Umwandlungsbeschluss vom 2.4.2014 formwechselnd in die A-GmbH umgewandelt. Im Jahr 2015 verzieht A nach Frankreich.

Lösung: Nach Sinn und Zweck der Regelung des § 50i EStG besteht keine Veranlassung, den Buchwertansatz für den Formwechsel zu versagen. Die stillen Reserven im Betriebsvermögen der (bisherigen) A-KG bleiben nach dem Formwechsel in der A-GmbH steuerverhaftet. Ebenso unterliegen die stillen Reserven in den Anteilen an der A-GmbH der inländischen 50 Formulierungsversuche für eine Neufassung finden sich bei Köhler, ISR 2014, 317 (324). Dem Vernehmen nach soll es zunächst keine gesetzlichen Änderungen geben, sondern ein BMF-Schreiben zur Anwendung des § 50i EStG veröffentlicht werden. 51 Gosch in Kirchhof, EStG, § 50i EStG, Rz. 28; Köhler, ISR 2014, 317 (322). 52 S.o. unter II. 3.

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Steuerverhaftung. Im Zeitpunkt des Wegzugs ist A nicht (mehr) an einer gewerblich geprägten oder infizierten Personengesellschaft beteiligt. Im Rahmen des Wegzugs ist eine Entstrickung nach § 6 AStG („Wegzugsbesteuerung“) vorzunehmen (mit Stundungsmöglichkeit nach § 6 Abs. 5 AStG). cc) Sachlicher Anwendungsbereich Der Gesetzeswortlaut des § 50i Abs. 2 Satz 1 EStG enthält (anders als § 50i Abs. 1 Satz 1 EStG) keine Beschränkung auf die stillen Reserven in den übertragenen bzw. überführten Wirtschaftsgütern oder Anteilen. Vom Buchwertansatz sind also auch stille Reserven in solchen Wirtschaftsgütern ausgeschlossen, die die „50i-KG“ z.B. selbst erworben oder hergestellt hat. Auch dies dürfte über die Zielsetzung der Regelung hinausgehen; im Schrifttum53 wird daher auch insoweit eine teleologische Reduktion gefordert. Hinsichtlich der Art der Umwandlungen sind allerdings andererseits nicht alle denkbaren Umstrukturierungsvorgänge vom Wortlaut des § 50i Abs. 2 Satz 1 EStG erfasst. Neben den bereits dargestellten Grundfällen (Formwechsel der „50i-KG“ in eine Kapitalgesellschaft sowie Einbringung des Mitunternehmeranteils an der „50i-KG“ in eine Kapitalgesellschaft) gilt § 50i Abs. 2 Satz 1 EStG für die folgenden Fälle:54 – Eine „50i-KG“ bringt ihren Betrieb gegen Gesellschaftsrechte in eine Tochterkapitalgesellschaft ein. Auch eine vermögensverwaltende oder infizierte Personengesellschaft erfüllt den Betriebsbegriff des § 20 UmwStG; es liegt also eine Sachgesamtheit i.S.d. gesetzlichen Regelung vor.55 – Das Betriebsvermögen der „50i-KG“ geht im Wege der erweiterten Anwachsung (also gegen Gesellschaftsrechte) auf ihre Komplementär-GmbH über. Auch dies ist ein Fall des § 20 UmwStG.56 – Die „50i-KG“ bringt ihren Betrieb gem. § 24 UmwStG gegen Gesellschaftsrechte in eine Tochterpersonengesellschaft ein. Auch hier hat aber entgegen des Wahlrechts des § 24 UmwStG die Einbringung zu

53 Bodden, DB 2014, 2371/2374; Kudert/Kahlenberg/Mroz, ISR 2014, 257 (262); Köhler, ISR 2014, 317 (323); Lüdicke, StbJb. 2013/2014, 327 (244 ff.); Bodden, KÖSDI 2015, 19249 (19254). 54 Umfassend dazu vgl. Rödder/Kuhr/Heimig, Ubg 2014, 477. 55 Rödder/Kuhr/Heimig, Ubg 2014, 477 (482/487), verlangen allerdings auch für diesen Fall eine Billigkeitsregelung. 56 Umkehrschluss aus Tz. E 20.10 UmwSt-Erlass (= BMF, Schr. v. 11.11.2011, BStBl. I 2011, 1314).

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gemeinen Werten zu erfolgen.57 Entsprechendes gilt für die Einbringung des Mitunternehmeranteils an der „50i-KG“ in eine andere Personengesellschaft. In folgenden Umstrukturierungsfällen ist die Vorschrift demgegenüber nicht anwendbar bzw. die Anwendbarkeit zumindest fraglich: – Wird eine (aktiv tätige) GmbH, deren Anteile vor dem 29.6.2013 auf die „50i-KG“ übertragen wurden, auf die „50i-KG“ verschmolzen, dürfte dies kein Anwendungsfall von § 50i Abs. 2 Satz 1 EStG sein, da die Sachgesamtheit der „50i-KG“, welche die Anteile enthält, nicht umgewandelt oder eingebracht wird (die „50i-KG“ ist nur aufnehmender Rechtsträger).58 Der Vorgang kann allerdings zu einem schädlichen Strukturwandel i.S.v. § 50i Abs. 2 Satz 3 EStG führen.59 – Ähnliches gilt für den Formwechsel der GmbH, deren Anteile von der „50i-KG“ gehalten werden, in eine Personengesellschaft gem. §§ 3 ff. UmwStG. Allerdings kann dieser Vorgang u.E. nicht zu einem Strukturwandel bei der „50i-KG“ i.S.v. § 50i Abs. 2 Satz 3 EStG führen; sie bleibt weiterhin eine „50i-KG“, hält nun aber nach dem Formwechsel statt einer Beteiligung an einer GmbH eine Beteiligung an einer Personengesellschaft.60 – Nicht erfasst wird auch die einfache Anwachsung, d.h. der Austritt des vermögensmäßig in der Regel nicht beteiligten Komplementärs einer Tochterpersonengesellschaft, die zuvor (steuerunschädlich, s. oben) durch Formwechsel aus einer Tochterkapitalgesellschaft entstanden ist.61 Wie bei der (förmlichen) Verschmelzung kann jedoch ein Fall des schädlichen Strukturwandels vorliegen. – Ein aus fiskalischer Sicht problematischer Fall ist ein Anteilstausch der Anteile. Bringt die „50i-KG“ nämlich die Anteile i.S.d. § 50i Abs. 1 Satz 1 EStG gegen Gesellschaftsrechte nach § 21 UmwStG in eine andere Kapitalgesellschaft ein, wird keine „Sachgesamtheit“ eingebracht, wie dies von § 50i Abs. 2 Satz 1 EStG gefordert wird („Sachgesamtheiten, die Wirtschaftsgüter und Anteile i.S.d. Abs. 1 enthalten“). Da zum 57 Zur Kritik an dieser Rechtsfolge für den Fall, dass die aufnehmende Personengesellschaft aktiv gewerblich tätig ist (und damit die deutschen Besteuerungsrechte durch die Einbringung gestärkt werden) vgl. Rödder/Kuhr/Heimig, Ubg 2014, 477 (483). 58 Rödder/Kuhr/Heimig, Ubg 2014, 477 (484); Bodden, DB 2014, 2371 (2374); Gosch in Kirchhof, EStG, § 50i EStG, Rz. 27. 59 Siehe hierzu sogleich unter III.4.d. 60 Zum Formwechsel auch: Roderburg/Richter, IStR 2015, 227 (236 f.). 61 Die Anwachsung ist steuerneutral möglich, da aus steuerlicher Sicht kein Übertragungsvorgang vorliegt, vgl. OFD Berlin v. 19.7.2002, DStR 2002, 1811; zur Anwachsung auch: Bodden, DStR 2015, 150 (154).

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Anteilstausch – anders als für andere Umwandlungsformen – auch keine Rechtsnachfolge („Fußstapfentheorie“) geregelt ist, kann die Steuerverhaftung nach § 50i EStG auch nicht auf die erhaltenen Anteile übergehen.62 – Entsprechende Probleme stellen sich für die Einbringung eines 100 %-Anteils an einer Kapitalgesellschaft, den die „50i-KG“ gem. § 24 UmwStG gegen Gesellschaftsrechte in eine Personengesellschaft überträgt. Durch diese Einbringung entsteht eine doppelstöckige Personengesellschaftsstruktur (mit einer Kapitalgesellschaft als Enkelgesellschaft). Die Finanzverwaltung erkennt für Zwecke des § 24 UmwStG eine 100 %-Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft als Teilbetrieb an.63 Die Gleichstellung mit einem Teilbetrieb führt aber nicht dazu, dass eine Sachgesamtheit i.S.d. gesetzlichen Regelung gegeben ist. U.E. kann hier allerdings die Auffassung vertreten werden, dass ein Durchgriff durch die aufnehmende Personengesellschaft möglich ist und die Steuerverhaftung nach § 50i EStG an dem nur noch mittelbar gehaltenen 100 %-Anteil weiterhin gegeben ist. – Wird die Kapitalgesellschaft, deren Anteile in die „50i-KG“ übertragen oder überführt wurden, seitwärts auf eine (Schwester-)Kapitalgesellschaft verschmolzen, ist § 50i Abs. 2 Satz 1 EStG nach seinem Wortlaut nicht einschlägig.64 Es wird nämlich (aus Sicht der „50i-KG“) keine Sachgesamtheit übertragen, die Anteile oder Wirtschaftsgüter i.S.v. § 50i Abs. 1 EStG enthält. Der Anteil an einer Kapitalgesellschaft ist jedenfalls keine Sachgesamtheit65 (s. bereits oben). Allerdings stellt sich in diesem Fall die Frage, ob die Voraussetzungen des § 13 Abs. 2 UmwStG erfüllt sind. Nr. 1 dieser Vorschrift verlangt nämlich (für die Anteilseigner der an der Verschmelzung beteiligten Kapitalgesellschaften), dass das deutsche Besteuerungsrecht hinsichtlich der Besteuerung des Gewinns aus der Veräußerung der Anteile an der übernehmenden Körperschaft nicht ausgeschlossen oder beschränkt wird. Dabei kommt der Frage entscheidende Bedeutung zu, ob die Steuerverhaftung nach § 50i Abs. 1 Satz 1 EStG auf die Anteile an der übernehmenden Kapitalgesellschaft übergeht. Hieran sind Zweifel angebracht, weil die Umwandlungen – zumindest nach Verwaltungsauffassung – auch auf Anteilseignerebene als Veräußerungen anzusehen sind.66 62 Rödder/Kuhr/Heimig, Ubg 2014, 477 (483). 63 Rz. 24.02 UmwSt-Erlass = BMF, Schr. v. 11.11.2011, BStBl. I 2011, 1314. Der BFH sieht demgegenüber in einer 100 %-Beteiligung keinen Teilbetrieb; vgl. BFH, Urt. v. 17.7.2008 – I R 77/06, BStBl. II 2009, 464 = FR 2008, 1149. 64 Rödder/Kuhr/Heimig, Ubg 2014, 477 (480); Bodden, DB, 2371 (2374). 65 Weber-Grellet in Schmidt, EStG, 33. Aufl. 2014, § 5 EStG Rz. 270; zu dieser Problematik auch: Roderburg/Richter, IStR 2015, 227 (232). 66 Tz. 00.03 UmwSt-Erlass = BMF, Schr. v. 11.11.2011, BStBl. I 2011, 1314.

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Zwar treten die Anteile an der übernehmenden Körperschaft nach § 13 Abs. 2 Satz 2 UmwStG steuerlich an die Stelle der Anteile an der übertragenden Körperschaft. Die hier normierte „Fußstapfentheorie“ dürfte jedoch dann unterbrochen sein, wenn die Verschmelzung auf Anteilseignerebene als Veräußerung i.S.v. § 50i Abs. 1 Satz 1 EStG anzusehen ist. Die Steuerverhaftung nach § 50i Abs. 1 EStG wäre nämlich dadurch beendet und das deutsche Besteuerungsrecht anschließend nicht mehr gesichert. Es ist davon auszugehen, dass die Finanzverwaltung diese Linie vertreten wird.67 Entsprechendes dürfte für eine Abwärtsverschmelzung der Kapitalgesellschaft, an der die „50i-Anteile“ bestehen, auf eine Tochterkapitalgesellschaft gelten. Unproblematisch ist demgegenüber die Aufwärtsverschmelzung einer Tochterkapitalgesellschaft auf eine Mutterkapitalgesellschaft, an der die „50i-Anteile“ bestehen. Hier werden die „50i-Anteile“ nicht „bewegt“, so dass sich kein Anwendungsfall von § 50i Abs. 2 Satz 1 EStG ergeben kann.68 – Wie bei Seitwärts- und Abwärtsverschmelzungen dürfte die weitere inländische Steuerverhaftung – zumindest aus Sicht der Finanzverwaltung – auch bei Aufspaltungen und Abspaltungen zum Problem werden (mit identischer Begründung wie bei den Verschmelzungen: Spaltungen sind auch auf Anteilseignerebene Veräußerungen i.S.v. § 50i Abs. 1 Satz 1 EStG, so dass die Steuerverhaftung nach § 50i EStG nicht auf die Anteile an der übernehmenden Kapitalgesellschaft übergeht).69 Ein Anwendungsfall von § 50i Abs. 2 Satz 1 EStG ist jedoch auch in diesen Fällen nicht gegeben.70 c) Übertragungen nach § 6 Abs. 3 und 5 EStG aa) Grundsatz Nach § 50i Abs. 2 Satz 2 EStG gilt Satz 1 ungeachtet des § 6 Abs. 3 und 5 EStG für die Überführung oder Übertragung (i) von Wirtschaftsgütern und Anteilen i.S.d. Abs. 1 aus dem Gesamthandsvermögen der Personengesellschaft i.S.d. Abs. 1 oder aus dem Sonderbetriebsvermögen eines Mitunternehmers dieser Personengesellschaft (Nr. 1) oder (ii) eines Mitunternehmeranteils an dieser Personengesellschaft (Nr. 2) entsprechend.

67 Hruschka, IStR 2014, 785 (787); tendenziell a.A. wohl Rödder/Kuhr/Heimig, Ubg 2014, 477 (480). 68 Rödder/Kuhr/Heimig, Ubg 2014, 477 (480). 69 A.A. Rödder/Kuhr/Heimig, Ubg 2014, 477 (480). 70 Gosch in Kirchhof, EStG, § 50i EStG, Rz. 27.

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Beispiel 11: Der ursprünglich in Deutschland ansässige A hielt Anteile an der A-GmbH, die vor dem 29.6.2013 in die gewerblich geprägte A-GmbH & Co. KG eingebracht wurden. Anschließend ist A nach Frankreich verzogen. Im Juni 2014 schenkt er die Beteiligung an der KG seiner ebenfalls in Frankreich ansässigen Tochter T.

Lösung: Die Schenkung des Mitunternehmeranteils war bisher nach § 6 Abs. 3 EStG zum Buchwert möglich. § 50i Abs. 2 Satz 2 EStG ordnet nun an, dass bei Schenkungen, Überführungen oder Übertragungen nach dem 31.12.2013 abweichend von § 6 Abs. 3 EStG stets der gemeine Wert anzusetzen ist. Die Regelung des § 50i Abs. 2 Satz 2 EStG dürfte zumindest in Schenkungsfällen von der Angst geprägt sein, ob die Steuerverhaftung nach § 50i Abs. 1 EStG auf einen Rechtsnachfolger übergeht. Wäre dies nicht der Fall, könnte § 50i EStG durch eine Schenkung der Anteile an der „50i-KG“ leicht umgangen werden. Weder § 6 Abs. 3 noch Abs. 5 EStG enthalten eine solche Rechtsnachfolgeregelung ausdrücklich. Dennoch wird bisher allgemein davon ausgegangen, dass eine entsprechende Rechtsnachfolge eintritt (z.B. hinsichtlich einer Behaltefrist nach § 6b EStG).71 Dem Vernehmen nach wurde die Vorschrift des § 50i Abs. 2 Satz 2 EStG deshalb in das Gesetz aufgenommen, um unentgeltliche Übertragungen des Anteils an der „50i-KG“ auf (ggf. ausländische) Stiftungen verhindern zu können. Anders als bei einer Übertragung auf eine Kapitalgesellschaft liegt nämlich bei einer Schenkung an eine Stiftung keine (gewinnrealisierende) verdeckte Einlage vor.72 bb) Einzelfragen Das bereits oben zu den Anwendungsfällen des § 50i Abs. 2 Satz 1 EStG dargelegte „Inlandsproblem“ stellt sich gleichermaßen bei der Auslegung von Satz 2 der Neuregelung. Auch dieser Satz enthält keine Beschränkung auf „Wegzugsfälle“. Erschwerend kommt hinzu, dass Übertragungsfälle nach § 6 Abs. 3 EStG – anders als Umwandlungen – nicht immer gestaltbar sind, da auch Erbfälle unter die Regelung fallen.

71 Herrmann in Frotscher/Geurts, EStG, § 6 EStG Rz. 492 ff.; Gratz in H/H/R, EStG/KStG, § 6 EStG Rz. 1386. Vgl. auch BFH, Urt. v. 23.4.2009 – IV R 97/06, BStBl. II 2004, 664, unter II.1.a): „Wird ein Betrieb im Wege der vorweggenommenen Erbfolge übertragen, tritt der Betriebsübernehmer in die Rechte und Pflichten des Betriebsübergebers ein.“ 72 BMF, Schr. v. 3.3.2005, BStBl. I 2005, 458, Tz. 2.

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In der Literatur wird u.a. darüber diskutiert, ob die Versagung des Buchwertansatzes auch für Schenkungen oder Erbfälle (i) im Inland, (ii) vom Ausland in das Inland oder (iii) vom Inland in das Ausland gilt. Beispiel 12: Der ursprünglich in Deutschland ansässige A hielt Anteile an der A-GmbH, die vor dem 29.6.2013 in die gewerblich geprägte A-GmbH & Co. KG eingebracht wurden. Anschließend ist A nach Frankreich verzogen. Im Juni 2014 schenkt er die Beteiligung an der KG seinem in Deutschland ansässigen Sohn S.

Lösung: Nach dem Gesetzeswortlaut ist auch dieser Sachverhalt vom Buchwertansatzverbot des § 50i Abs. 2 Satz 2 EStG betroffen. Das Gesetz unterscheidet nämlich nicht zwischen einer Weiterübertragung im Ausland und einer „Rückübertragung“ in das Inland. Dies ist deshalb verwunderlich, weil die Anteile nun wieder eindeutig im Inland steuerverstrickt sind und deshalb kein Anlass mehr besteht, den Buchwertansatz zu versagen. Fraglich ist in diesen Fällen allerdings, wie der ausländische Staat auf eine solche Schenkung (oder auch ggf. einen Erbfall) reagieren wird. Aus seiner Sicht führt eine solche Schenkung nämlich zu einer Entstrickung, weil er – im Sinne der BFH-Rechtsprechung – durch die (Rück-)Übertragung des Anteils nach Deutschland sein Besteuerungsrecht an den Anteilen an der deutschen Kapitalgesellschaft (wieder) verliert. Wie bei der Veräußerung des Anteils ergibt sich in diesem Fall eine Doppelbesteuerung, weil auch Deutschland nach § 50i Abs. 2 Satz 2 EStG eine Besteuerung vornimmt. Diese Doppelbesteuerung kann nur im Rahmen eines Verständigungsverfahrens beseitigt werden. Deutschland wird hier die Auffassung vertreten, dass im Zweifel der Ansässigkeitsstaat des Übertragenden die Doppelbesteuerung zu vermeiden hat. Ob sich dies in allen Fällen durchsetzen lässt, wird abzuwarten sein. Nicht unter § 50i Abs. 2 Satz 2 EStG fällt u.E. die Anwachsung einer Tochter-Personengesellschaft auf die „50i-KG“. Zu einer solchen Anwachsung kann es kommen, wenn die (zuvor in der Regel nicht vermögensmäßig beteiligte) Komplementär-GmbH aus der Tochter-KG ausscheidet. Das Vermögen der KG wächst dann auf den alleinigen verbleibenden Kommanditisten an (hier: auf die „50i-KG“). Dies ist weder ein Anwendungsfall von § 6 Abs. 3 EStG noch von § 6 Abs. 5 EStG.73 Ein vergleichbares Problem stellt sich auch, wenn die „50i-KG“ selbst auf ihren Gesellschafter (100 %-Kommanditist) anwächst. Ist der verbleibende Gesellschafter, dem das Vermögen der „50i-KG“ anwächst, al73 OFD Berlin v. 19.7.2002, DStR 2002, 1811.

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lerdings eine natürliche Person, ergibt sich regelmäßig aus anderen Gründen eine Gewinnrealisierung. Bei einer natürlichen Person kann sich nämlich aus § 15 Abs. 3 EStG keine künstliche Gewerblichkeit ergeben. War die „50i-KG“ nur vermögensverwaltend tätig (Vermietung und Grundstücken und/oder Halten von Beteiligungen an Kapitalgesellschaften), wird das Vermögen nach der Anwachsung Privatvermögen. Die Anwachsung führt dann bei der 50i-KG zu einer Betriebsaufgabe i.S.v. § 16 Abs. 3 EStG; die Wirtschaftsgüter der „50i-KG“ werden dabei zum gemeinen Wert entnommen (§ 16 Abs. 3 Satz 7 EStG). Dies gilt unabhängig davon, ob der Gesellschafter der „50i-KG“ zu diesem Zeitpunkt im Inland oder im Ausland ansässig ist. Ein anderes Ergebnis könnte sich nur dann ergeben, wenn die Wirtschaftsgüter nach der Anwachsung in einem Betrieb des übernehmenden Gesellschafters verwendet werden. Die Überführung in diesen Betrieb erfolgt nach § 6 Abs. 5 Satz 1 EStG; hierfür ist dann allerdings die Buchwertneutralität nach § 50i Abs. 2 Satz 2 EStG ausgeschlossen (s. hierzu sogleich). Wird das Wirtschaftsgut anschließend in einem ausländischen Betrieb des verbleibenden Gesellschafters genutzt, kann sich außerdem eine Entstrickung nach § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG ergeben. Nach § 50i Abs. 2 Satz 2 EStG wird nicht nur der Buchwertansatz nach § 6 Abs. 3 EStG bei Übertragung der betrieblichen Einheit (Mitunternehmeranteil), sondern auch nach § 6 Abs. 5 EStG für Überführungen und Übertragungen von Einzelwirtschaftsgütern versagt. Beispiel 13: Der ursprünglich in Deutschland ansässige A hielt Anteile an der A-GmbH, die vor dem 29.6.2013 in die gewerblich geprägte A-GmbH & Co. KG (A-KG) eingebracht wurden. Anschließend ist A nach Frankreich verzogen. Im Juni 2014 wird die Beteiligung vom Gesamthandsvermögen der A-KG gegen Minderung des Gesellschaftsanteils des A in das Sonderbetriebsvermögen des A bei der inländischen, aktiv gewerblich tätigen B-GmbH & Co. KG (B-KG) übertragen. Zwischen der A-GmbH und der B-KG bestehen in größerem Umfang Geschäftsbeziehungen.

Lösung: Die Übertragung vom Gesamthandsvermögen einer Personengesellschaft in das Sonderbetriebsvermögen einer anderen Personengesellschaft ist grundsätzlich gem. § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 2 EStG zum Buchwert möglich. Dieser Buchwertansatz wird nun aber ab 2014 nach § 50i Abs. 2 Satz 2 EStG versagt. Auch dieses Ergebnis widerspricht der Zielsetzung des § 50i Abs. 2 EStG, das Abwandern von stillen Reserven ohne vorherige Versteuerung in Deutschland zu verhindern. Der Anteil wird nämlich nun (ggf. wieder) einer eigenständig gewerblichen Personengesellschaft zugeordnet, 212

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zu der er (aufgrund der bestehenden Geschäftsbeziehungen) auch funktional gehört. Für diesen Fall ist allerdings einzuräumen, dass ausländische Staaten das deutsche System des Sonderbetriebsvermögens regelmäßig nicht kennen und auch nicht akzeptieren. Der ausländische Staat wird insoweit regelmäßig der Auffassung sein (ggf. noch stärker als in der vorherigen Zeit, in der der Anteil noch Gesamthandsvermögen einer deutschen Personengesellschaft war), dass ihm abkommensrechtlich das Besteuerungsrecht an den Wertsteigerungen der Anteile (im Beispielsfall an der A-GmbH) zusteht. Nach dem Gesetzeswortlaut nicht von § 50i Abs. 2 EStG erfasst ist die Realteilung i.S.v. § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG.74 Es dürfte sich dabei um ein Versehen des Gesetzgebers handeln, da er andere Umstrukturierungsfälle im Gesetz aufgeführt hat. § 50i Abs. 2 EStG ist allerdings nicht so auszulegen, als ob die Vorschrift auch die Realteilungsfälle erfassen würde. d) Strukturwandel aa) Grundsatz Nach § 50i Abs. 2 Satz 3 EStG gilt Satz 1 entsprechend, wenn Wirtschaftsgüter oder Anteile i.S.d. Abs. 1 von der Personengesellschaft für eine Betätigung i.S.d. § 15 Abs. 2 EStG genutzt werden. Ein solcher „Strukturwandel“ von einer gewerblich infizierten oder geprägten „50i-KG“ in eine eigengewerblich tätige Personengesellschaft führt demnach zu einem Ansatz der Wirtschaftsgüter oder des Kapitalgesellschaftsanteils zum gemeinen Wert. Das Gesetz fingiert folglich eine steuerpflichtige Übertragung dieser Wirtschaftsgüter von der „50i-KG“ auf die (rechtlich identische) Personengesellschaft i.S.d. § 15 Abs. 1 EStG. Eine Buchwert„fortführung“ ist demnach nicht möglich. Anders als in den Sätzen 1 und 2, mit denen bestehende Buchwertübertragungsvorschriften gesetzlich ausgeschlossen werden, ohne die sich sowieso eine Realisierung ergeben würde, handelt sich bei § 50i Abs. 2 Satz 3 EStG folglich um einen echten, gesetzlich nun erstmalig geregelten Realisationstatbestand. Bisher führte ein solcher Strukturwandel von einer „künstlichen“ in eine echte Gewerblichkeit nämlich nicht zu einer Gewinnrealisierung. Es handelte sich aus ertragsteuerlicher Sicht um die identische Mitunternehmerschaft (was auch nach wie vor gegeben ist). Eine Überführung oder Übertragung eines Wirtschaftsguts auf einen anderen Rechtsträger oder in ein anderes Betriebsvermögen lag nicht vor, so dass sich der 74 Liekenbrock in Flick/Wassermeyer/Baumhof/Schönfeld, Außensteuerrecht, § 50i EStG, Rz. 180; Rödder/Kuhr/Heimig, Ubg 2014, 477 (487); Bron, DStR 2014, 1849 (1850).

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Wandel zwingend zum Buchwert vollzog. Mangels Übertragungsvorgangs war eine (steuerpflichtige) Buchwertaufstockung rechtstechnisch gar nicht möglich. Beispiel 14: D ist an der inländischen D-GmbH & Co. KG beteiligt (gewerblich geprägt), in die er im Jahr 2010 Anteile an der D-GmbH zu Anschaffungskosten übertragen hat. Im März 2011 verzog er in die Schweiz. Im Jahr 2015 nimmt die KG eine aktive gewerbliche Tätigkeit auf, die eng mit der bisherigen Tätigkeit der D-GmbH im Zusammenhang steht.

Lösung: In diesem Fall liegt ein sog. Strukturwandel vor (§ 50i Abs. 2 Satz 3 EStG). Auch der Strukturwandel führt zum Ansatz des gemeinen Wertes. In den Augen des Gesetzgebers soll damit verhindert werden, dass durch die Aufnahme einer aktiven Tätigkeit die Folgen des § 50i Abs. 2 Satz 1 und 2 EStG verhindert werden. Es geht folglich darum, zu verhindern, dass sich ein Steuerpflichtiger (nach einem Wegzug) den Rechtsfolgen des § 50i EStG dadurch entziehen kann, dass er die „50i-KG“ zunächst aktiv werden lässt und dann anschließend z.B. nach § 20 UmwStG in eine Kapitalgesellschaft einbringt. bb) Einzelfragen Fraglich ist jedoch, wann ein Strukturwandel i.S.v. § 50i Abs. 2 Satz 3 EStG vorliegt. Dabei ist zu beachten, dass eine „50i-KG“ nicht nur bei einer gewerblich geprägten Gesellschaft i.S.v. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG, sondern auch bei einer infizierten Gesellschaft i.S.v. § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG gegeben sein kann. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass eine Umstrukturierung von einer rein gewerblich geprägten Gesellschaft in eine infizierte Gesellschaft noch keinen Strukturwandel i.S.v. § 50i Abs. 2 Satz 3 EStG darstellt. Allein die Aufnahme einer gewerblichen Tätigkeit führt deshalb noch nicht zu einem Strukturwandel. Ein Strukturwandel kann vielmehr erst dann vorliegen, wenn aus einer „50i-KG“ eine voll gewerblich tätige Gesellschaft geworden ist. Solange die Gesellschaft also noch einen vermögensverwaltenden Teil hat, ist sie immer noch eine „50i-KG“. Diese Abgrenzung wird in der Praxis zwangsläufig zu Schwierigkeiten führen. Im Rahmen dieser Abgrenzung wird auch zu prüfen sein, welche Verbindungen zwischen der neuen gewerblichen Tätigkeit und den bisherigen Wirtschaftsgütern der „50i-KG“ besteht. Handelt es sich bei dem bisherigen Vermögen der „50i-KG“ um eine Beteiligung an einer Kapitalge214

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sellschaft, ist fraglich, welche Geschäftsbeziehungen zwischen dem neuen aktiven Betrieb der KG und demjenigen der Kapitalgesellschaft bestehen. Umfangreichere Geschäftsbeziehungen führen dazu, dass die Beteiligung an der Kapitalgesellschaft nun dem neuen Betrieb funktional zuzuordnen ist, so dass in diesem Fall § 15 Abs. 3 EStG nicht mehr anwendbar ist (kein Fall der Abfärbung). Somit liegt ein Strukturwandel i.S.v. § 50i Abs. 2 Satz 3 EStG vor. Ist eine „50i-KG“ zwar eigengewerblich tätig, hält sie aber daneben z.B. ein fremdvermietetes Grundstück, das sie für ihren eigenen aktiven Geschäftsbetrieb nicht benötigt, handelt es sich stets um einen Fall der Abfärbung. Denn die Grundstücksvermietung ist nicht Teil der eigengewerblichen Tätigkeit. Die Gesellschaft erzielt mit der Verpachtung dennoch keine Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung; es ist immer noch § 15 Abs. 3 Satz 1 EStG anzuwenden. Für die Praxis ist deshalb anzuraten, eine solche Verpachtung möglichst lange aufrecht zu erhalten, um einen Strukturwandel i.S.v. § 50i Abs. 2 Satz 3 EStG zu verhindern. Auch für Fälle des Strukturwandels wird eine Begrenzung der gesetzlichen Regelung gefordert – auf die nach § 50i Abs. 1 EStG verhafteten Vermögensgegenstände (also ohne Gewinnrealisierung für Wirtschaftsgüter, die nicht nach § 50i Abs. 1 EStG auf die „50i-KG“ übertragen wurden) bzw. – auf Wirtschaftsgüter, die einem Steuerpflichtigen zuzurechnen sind, der in einem anderen DBA-Staat ansässig ist (d.h. dass im Inland ansässige Gesellschafter nicht erfasst werden).75 Nach Sinn und Zweck der Regelung ist diese Forderung auch für den Strukturwandel durchaus berechtigt. Es bleibt abzuwarten, inwieweit der Gesetzgeber bzw. oder die Finanzverwaltung dem nachkommen werden. Im Rahmen des Zollkodex-Anpassungsgesetzes ist jedenfalls auch insoweit keine gesetzliche Einschränkung erfolgt. e) Betriebsaufspaltungsfälle Nach § 50i Abs. 2 Satz 4 EStG bleibt § 50i Abs. 1 Satz 4 EStG unberührt. Der Regelungsinhalt dieser Norm ist unklar. Aus der Gesetzesbegründung sind für ein Verständnis dieser Regelung hier keine näheren Erkenntnisse zu gewinnen.

75 Bodden, DB 2014, 2371 (2375); Rödder/Kuhr/Heimig, Ubg 2014, 477 (487); Roderburg/Richter, IStR 2015, 227 (233).

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U.E. ist damit (wohl) gemeint, dass die Aussagen der Sätze 1 bis 3 in § 50i Abs. 2 EStG auch für Betriebsaufspaltungsfälle Anwendung finden sollen. In der Fachliteratur wird dies allerdings teilweise auch umgekehrt interpretiert, nämlich dass der Buchwertausschluss bei Betriebsaufspaltungen nicht anwendbar sein soll, da die Beendigung einer Betriebsaufspaltung sowie zu einer Betriebsaufgabe i.S.v. § 16 Abs. 3 EStG und damit zu einer Gewinnrealisierung führt.76 Diese Interpretation scheint- aus Sicht der Steuerpflichtigen – aber zu optimistisch. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die in § 50i Abs. 2 Satz 1 bis 3 EStG genannten Sachverhalte nicht zwingend zu einem Wegfall der Voraussetzungen einer Betriebsaufspaltung führen müssen. Es erscheint daher nicht schlüssig, warum der Gesetzgeber Betriebsaufspaltungssachverhalte von der Zwangsrealisierung bei Umwandlungen, Übertragungen des Anteils oder einem Strukturwandel ausnehmen sollte. Realistischer ist wohl, dass der Gesetzgeber nur absichern wollte, dass die Aussagen in § 50i Abs. 2 Satz 1 bis 3 EStG auch für Betriebsaufspaltungsfälle gelten, weil das Besitzunternehmen einer Betriebsaufspaltung nach nationalem Recht nicht unter § 15 Abs. 3 EStG, sondern unter § 15 Abs. 1 EStG fällt.77 Außerdem lässt sich u.E. aus einer Regelung die für die Steuerpflichtigen positive Erkenntnis ziehen, dass der Übergang von einer gewerblich infizierten oder geprägten Personengesellschaft i.S.v. § 15 Abs. 3 EStG in ein Besitzunternehmen einer Betriebsaufspaltung (= Gewerbebetrieb i.S.v. § 15 Abs. 1, 2 EStG) nicht zu einem Strukturwandel i.S.v. § 50i Abs. 2 Satz 3 EStG führt.

IV. Aufhebung der Umwandlungssperre gem. § 50i Abs. 2 EStG Aufgrund der Einführung des § 50i Abs. 2 EStG und seines (jedenfalls zur Zeit) noch restriktiven Verständnisses besteht für „50i-KGs“ faktisch eine Umwandlungssperre. Dies gilt nicht nur für den Fall, dass der alleinige (kapitalmäßig beteiligte) Gesellschafter der KG in das Ausland verzogen ist, sondern beispielsweise auch dann, wenn in einer typischen Familienholding-Personengesellschaft einer von mehreren hundert Gesellschaftern in das Ausland verzogen ist und dieser eine Gesellschafter nur zu 0,01 % am Kapital der „50i-KG“ beteiligt ist. Wie dargestellt, besteht (aus europarechtlichen Gründen) die Gefahr, dass dieser eine Gesellschafter sämtliche anderen Gesellschafter „infiziert“. Eine Umwandlung der Holding-KG z.B. in eine GmbH wäre dann für sämtliche

76 Kudert/Kahlenberg/Mroz, ISR 2014, 257 (258); Bodden, DB 2014, 2371 (2376). 77 Gosch in Kirchhof, EStG, § 50i EStG, Rz. 3.

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Gesellschafter nur zum gemeinen Wert und damit steuerpflichtig durchzuführen. Wie gleichfalls vorstehend ausgeführt, bietet der Strukturwandel, d.h. die „Umwandlung“ der Holding-KG in eine eigengewerblich tätige KG, z.B. durch Hinaufverschmelzen einer operativ tätigen (Tochter-)Kapitalgesellschaft, keine Möglichkeit. Gemäß § 50i Abs. 2 Satz 3 EStG stellt dieses „Gewerblichwerden“ eine steuerpflichtige „Übertragung“ der verstrickten Wirtschaftsgüter dar. Dem Vorschlag im Schrifttum78, eine Umwandlung zum Buchwert abweichend von § 50i Abs. 2 EStG steuerneutral dann zuzulassen, wenn der Steuerpflichtige sich mit einer späteren Besteuerung eines Veräußerungsgewinns einverstanden erklärt (in Analogie zu den Billigkeitsregelungen des Umwandlungssteuererlasses79), wird die Finanzverwaltung wohl nicht folgen. Damit dürfte als einzige Möglichkeit zur Aufhebung der Umwandlungssperre der Zuzug des oder der im Ausland lebenden Gesellschafter verbleiben.80 Nach dem Zweck des § 50i EStG sollte dessen Anwendung u.E. in diesem Fall ausgeschlossen sein. Die „50i-KG“ wird dadurch wieder zu einer „normalen“ KG. Folgt die Finanzverwaltung jedoch auch insoweit einem sehr restriktiven (Wortlaut-)Verständnis der Norm, dürfte selbst ein solcher Zuzug nicht ausreichen, um § 50i Abs. 2 EStG zu vermeiden. Denn diese Regelung stellt nur auf das Vorhandensein von Sachgesamtheiten i.S.d. Abs. 1 ab; da dies entsprechende Wirtschaftsgüter voraussetzt, die vor dem 29.6.2013 in eine KG eingebracht wurden und eine Besteuerung bei dem Wegzug des betreffenden Gesellschafters nicht erfolgte, liegen die Voraussetzungen des Abs. 1 auch nach dem Zuzug immer noch vor. In jedem Fall muss der zuziehende Gesellschafter die steuerlichen Konsequenzen seines Wegzugs aus seinem (ausländischen) Wohnsitz bei einer Zuzugslösung beachten.

V. Möglichkeiten des steuerneutralen Wegzugs nach Einführung des § 50i EStG § 50i EStG ist auf Fälle, in denen Wirtschaftsgüter nach dem 29.6.2013 in eine Personengesellschaft i.S.v. § 15 Abs. 3 EStG übertragen oder überführt wurden, nicht anwendbar. Damit ist das bisher verfolgte Modell, Anteile i.S.v. § 17 EStG vor einem Wegzug in eine gewerblich ge78 Rödder/Kuhr/Henning, Ubg 2014, 477 (487); Bron, DStR 2014, 1849 (1855). 79 Rz. 22.23 UmwSt-Erlass = BMF, Schr. v. 11.11.2011, BStBl. I 2011, 1314. 80 Vgl. zur Zuzugslösung auch Rödder/Kuhr/Henning, Ubg 2014, 477 (479); a.A. Gosch in Kirchhof, EStG, § 50i EStG, Rz. 28.

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prägte Gesellschaft i.S.v. § 15 Abs. 3 EStG einzulegen, nicht mehr möglich. Ein anschließender Wegzug führt, wie dargestellt, zu einer Entstrickung nach § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG. Die „Schutzfunktion“ des § 50i Abs. 1 EStG kann in diesem Fall nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut nicht eingreifen; § 50i Abs. 1 EStG schützt nur für Fälle, in denen Wirtschaftsgüter oder Anteile an einer Kapitalgesellschaft vor dem 29.6.2013 in das Betriebsvermögen einer Personengesellschaft i.S.v. § 15 Abs. 3 EStG übertragen oder überführt wurden81. Will ein Anteilseigner einer Kapitalgesellschaft dennoch (aufgrund außersteuerlicher Gründe) in das Ausland verziehen, ohne die Wegzugsbesteuerung gem. § 6 AStG oder eine Entstrickung gem. § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG auszulösen, können die entsprechenden Kapitalgesellschaftanteile vor dem Wegzug in eine operativ gewerblich tätige Personengesellschaft eingelegt werden.82 Da die Personengesellschaft abkommensrechtlich eine Betriebsstätte darstellen muss und die Anteile dieser Betriebsstätte zuzuordnen sein müssen, muss die Beteiligung funktional der eigenen Tätigkeit der Personengesellschaft zuzuordnen sein. Steht die Tätigkeit der Kapitalgesellschaft, deren Anteile eingelegt werden sollen, mit der gewerblichen Tätigkeit der Personengesellschaft in keinem Zusammenhang, wird diese funktionale Zuordnung nicht gelingen.83 Zudem wird man verlangen müssen, dass die Personengesellschaft einen aktiven Geschäftsbetrieb in erheblichem Umfang unterhält. Was erheblicher Umfang bedeutet, ist im Verhältnis zum Wert der Anteile an der Kapitalgesellschaft festzulegen, die diesem Betrieb zugeordnet werden sollen; je wertvoller die Beteiligung ist (und je größer ihr eigener Betrieb), desto größer muss auch der Betrieb der Personengesellschaft sein, der die Anteile zugeordnet werden sollen. Unter Umständen muss eine entsprechende aktive (Personen-)Gesellschaft erst „hergestellt“ werden. Dies kann z.B. durch Umwandlung einer vorhandenen Kapital- in eine Personengesellschaft nach §§ 3 ff. UmwStG erreicht werden. Die (ggf. negativen) Folgen einer solchen Umwandlung und der laufenden Besteuerung als Mitunternehmerschaft sind dabei zu beachten (z.B. die fiktiven Ausschüttungen nach § 7 UmwStG, keine Anwendung des Teileinkünfteverfahrens).

81 Gosch in Kirchhof, EStG, § 50i EStG, Rz. 8; Hechtner, NWB 2014, 2073 (2075); Bodden, DB 2014, 2371 (2375). 82 Bilitewski/Schifferdecker, Ubg 2013, 559; Bodden, DStR 2015, 150 (153); Roderburg/Richter, IStR 2015, 227 (235). 83 Gosch in Kirchhof, EStG, § 50i EStG, Rz. 10; Liekenbrock, IStR 2013, 690 (692); Kudert/Kahlenberg/Mroz, ISR 2013, 365 (368); Bron, DStR 2014, 1849.

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Beispiel 15: M ist sowohl an der M1-GmbH als auch an der M2-GmbH mit jeweils 100 % beteiligt. Die beiden Gesellschaften haben erhebliche Geschäftsbeziehungen miteinander. M beabsichtigt, in das Ausland zu verziehen.

Lösung: M könnte die M1-GmbH in die M1-GmbH & Co. KG umwandeln. Anschließend legt er die Geschäftsanteile an der M2-GmbH in die M1-GmbH & Co. KG ein. Aufgrund der Geschäftsbeziehungen zwischen den beiden Gesellschaften sind die Anteile an der M2-GmbH funktional dem Betrieb der M1-GmbH & Co. KG zuzuordnen. Anschließend kann M ohne Besteuerung in das Ausland verziehen. Fraglich ist in diesem Zusammenhang, ob die „notwendige Substanz“ einer aufnehmenden Personengesellschaft auch durch das Halten einer (ggf. größeren) Beteiligung an einer Organgesellschaft erreicht werden kann. Dabei geht es also darum, ob die aktive Tätigkeit der Organgesellschaft der Organträgerin zugerechnet werden kann. Die Finanzverwaltung wird dies wohl eher verneinen, weil aus ihrer Sicht gegenüber einem ausländischen DBA-Staat, der ggf. das Besteuerungsrecht an den eingelegten Anteilen für sich reklamiert, eine aktive gewerbliche Tätigkeit aus einer Beteiligung an einer Organgesellschaft nicht darstellbar ist. Weiterhin fraglich ist, ob auch eine geschäftsleitende Holding(personen) gesellschaft als aktive gewerbliche Tätigkeit in diesem Sinne anerkannt und unter welchen Voraussetzungen dann eine funktionale Zuordnung zur gewerblichen Tätigkeit der Holdinggesellschaft vorgenommen werden kann. Die Finanzverwaltung verhält sich derzeit in diesem Zusammenhang zurückhaltend.84 Als Voraussetzung wird verlangt, dass die Holdinggesellschaft mehrere Beteiligungen hält und auf die laufenden Geschäfte der Tochtergesellschaften aktiv einwirkt.85 Eine passive Beteiligungsverwaltung, bei der sich die Holdinggesellschaft lediglich auf die Ausübung der Gesellschafterrechte beschränkt, reicht nicht aus. Es kommt demnach darauf an, dass auf das Geschäft der Tochtergesellschaften tatsächlich Einfluss genommen wird. Dabei geht es um Führungsentscheidungen. Diese zeichnen sich durch ihre langfristige Natur, Grundsätzlichkeit und Bedeutung aus, die sie für den Bestand der Beteiligungsgesellschaft (geleitete Gesellschaft) haben. Die Durchführung nur 84 Hruschka, IStR 2014, 785 (788): „Im Ergebnis ist daher von den zuständigen Finanzbehörden in eigener Verantwortung über diese Frage zu entscheiden“. 85 „Aktive Beteiligungsverwaltung“; vgl. dazu auch BFH, Urt. v. 9.12.1980 – VIII R 11/77, BStBl. II 1981, 339, und das zur Anwendung von § 50d Abs. 3 EStG ergangene BMF, Schr. v. 3.4.2007, BStBl. I 2007, 446, Tz. 6.2 ff.

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einzelner Geschäftsfunktionen, wie z.B. Lizenzverwertung oder Kreditgewährung, reicht für die Qualifizierung als aktive Beteiligungsverwaltung nicht aus. Für eine aktive Beteiligungsverwaltung in diesem Sinne ist es außerdem notwendig, dass die Holdinggesellschaft über eigenes Personal verfügt. Neben der aktiven Einwirkung auf die Tochtergesellschaften sollten deshalb auch etliche oder alle Zentralfunktionen der Unternehmensgruppe (Personalverwaltung, Controlling, Rechts- und Steuerabteilung usw.) in der Holdinggesellschaften ausgeübt und den Tochtergesellschaften in Rechnung gestellt werden. Die Beteiligungen müssen diesen Betätigungen funktional zuordenbar sein. Hilfreich wird in diesem Zusammenhang sein, wenn eine Bestätigung der ausländischen Steuerverwaltung des geplanten Wegzugsstaats vorgelegt werden kann, wonach der ausländische Staat das Vorliegen von Unternehmenseinkünften i.S.v. Art. 7 OECD-MA und damit das deutsche Besteuerungsrecht anerkennt.

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Praxisfragen zur Umwandlung von Personengesellschaften Professor Dr. Stefan Köhler Steuerberater, Eschborn Inhaltsübersicht I. Einleitung II. Grundlagen 1. Umwandlung von Personengesellschaften 2. Personengesellschaft und Individualbesteuerung 3. Konturierung des Mitunternehmeranteils III. Praxisfälle 1. Einbringung mit sonstiger Gegenleistung in KG 2. Spitzenausgleich

3. Rückbehalt von Wirtschaftsgütern 4. Übertragung Wirtschaftsgüter auf Personengesellschaften 5. Verlustnutzung/Loss Refresher 6. Verlustnutzung – Zeitpunkt Anwachsung 7. Umwandlungssperren? 8. Errichtung Treuhand-KG 9. Verschmelzung auf die Treuhand-KG 10. Formwechsel und Anwachsung 11. Umwandlung in Kapitalgesellschaft und Wegzug

I. Einleitung Personengesellschaften besitzen in Deutschland nach wie vor eine sehr große Bedeutung. Zum einen ist es häufig immer noch „die Rechtsform“ für personen- und familienorientierte Unternehmen, zum anderen finden auch in klassischen, kapitalistisch geprägten Konzernstrukturen Personengesellschaften aus verschiedenen Gründen immer wieder Verwendung. Hintergrund hierfür sind unter anderem die einfachere Errichtung, geringere formale Anforderungen, höhere gesellschaftsrechtliche/zivilrechtliche Flexibilität sowie andere (je nachdem geringere) Anforderungen an Mitbestimmung und Publizität (insbes. i.V.m. der Position einer natürlichen Person als Vollhafter). Auch steuerlich zeigt die Personengesellschaft im Vergleich zur Kapitalgesellschaft größere Spielräume. Zugleich ist die Personengesellschaft jedoch auch die komplexere Rechtsform, da die allgemeinen steuerlichen Grundsätze, die für die Abgrenzung der Sphären zwischen Kapitalgesellschaft und Gesellschafter gelten, im Rahmen der Besteuerung von Personengesellschaften vielfach durch spezifische Sonderregelungen modifiziert bzw. durchbrochen werden. 221

Köhler, Praxisfragen zur Umwandlung von Personengesellschaften

Die nachfolgenden Ausführungen beschäftigen sich mit der Besteuerung von Personengesellschaften in Umwandlungsfällen, bei denen sich einige der Aspekte auch aus der speziellen Abgrenzungsproblematik zwischen Gesellschaft und Gesellschaftersphäre bei Personenunternehmen ergeben.

II. Grundlagen 1. Umwandlung von Personengesellschaften Personengesellschaften können nach den Vorschriften des Umwandlungsgesetzes reorganisiert werden. Daneben bestehen jedoch noch eine Reihe weiterer Reorganisationsmöglichkeiten, die in dieser Weise Kapitalgesellschaften grundsätzlich nicht zugänglich sind. Personengesellschaften können nach dem Umwandlungsgesetz verschmolzen, gespalten oder formgewechselt werden. Das Umwandlungssteuergesetz als Annexgesetz zum Umwandlungsgesetz flankiert die handelsrechtlichen Umwandlungsmöglichkeiten und lässt antragsgebunden im Grundsatz bei Erfüllung der weiteren Voraussetzung (insbesondere Fortbestand der Verstrickung in Deutschland sowie Übertragung qualifizierender Einheiten (Betrieb, Teilbetrieb, Mitunternehmeranteil oder qualifizierende Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft) eine Buchwertfortführung zu. Die Umwandlung der Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft kann nach den §§ 20 ff. und 25 UmwStG erfolgen. Weiterhin regelt § 24 UmwStG bestimmte weitere Fälle der Umwandlungen von Personengesellschaften; insbesondere Übertragungen auf Personengesellschaften sowie die Aufnahme weiterer Gesellschafter in eine Personengesellschaft. Der Formwechsel zwischen verschiedenen Formen von Personengesellschaften wird dagegen nicht durch das Umwandlungssteuergesetz geregelt. Gleichwohl können sich auch hieraus erhebliche steuerliche Konsequenzen ergeben. So kann zum Beispiel die Umwandlung einer OHG in eine KG zur gewerblichen Prägung und damit Verstrickung von Wirtschaftsgütern führen oder umgekehrt zur Entprägung und damit zur Entstrickung sämtlicher stiller Reserven. Weiterhin trifft zum Beispiel die Zinsschranke nur gewerbliche Mitunternehmerschaften, nicht dagegen nur vermögensverwaltende Personengesellschaften. Zusätzlich ergeben sich aus dem Haftungsstatus erhebliche Unterschiede in Bezug auf die Anwendbarkeit des § 15a EStG. Neben den im Umwandlungs- und Umwandlungssteuergesetz geregelten Reorganisationsformen ist die Personengesellschaft weiteren Umstrukturierungsvarianten zugänglich, die das Gesellschafts-/Zivilrecht

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bzw. Steuerrecht anbietet. So kann eine Personengesellschaft zum Beispiel statt durch Verschmelzung auch im Rahmen einer Anwachsung (Austritt des vorletzten Gesellschafters) in verschmelzungsähnlicher Weise – aber mit wesentlich weniger Formalaufwand – beendet werden. Im Rahmen sogenannter Treuhand KG-Gestaltungen ist es darüber hinaus möglich, gesellschaftsrechtlich zwar die Personengesellschaften aufrechtzuerhalten, diese aber für ertragsteuerliche Zwecke dennoch auf ihren Hauptgesellschafter quasi „anwachsen“ zu lassen. Neben den Regelungen zur Spaltung unter dem Umwandlungsgesetz können Personengesellschaften auch durch Realteilung aufgeteilt und beendet werden. Weiterhin bestehen spezielle steuerliche Sonderregelungen für die Übertragungen von Wirtschaftsgütern zwischen Gesellschafter und Gesellschaft (§ 6 Abs. 5 EStG) sowie zur Buchwertverknüpfung bei unentgeltlicher Rechtsnachfolge (§ 6 Abs. 3 EStG), die zum Teil im Grundsatz sogar eine Buchwertfortführung zwingend vorsehen. 2. Personengesellschaft und Individualbesteuerung Die Besonderheiten der Besteuerung der Personengesellschaft speisen sich insbes. aus dem Spannungsverhältnis der Abbildung der Gesellschaft als Ganzes einerseits und der gebotenen Individualbesteuerung des einzelnen Gesellschafters andererseits. Dieses Spannungsverhältnis speist sich sich daraus, dass die Personengesellschaft Steuerrechtssubjekt bei der Qualifikation und der Ermittlung der Einkünfte, aber der Gesellschafter Subjekt der Einkünfteerzielung ist.1 Im Rahmen der Besteuerung einer Mitunternehmerschaft zielt die Regelung des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG darauf ab, den Mitunternehmer einem Einzelunternehmer insoweit gleichzustellen, als die Vorschriften des Gesellschaftsrechts nicht entgegenstehen2, also die Besteuerung von Einzel- und Mitunternehmer möglichst weitgehend anzunähern.3 Diese gegenwärtig herrschende Lehre trat an die Stelle der früheren sog. „Bilanzbündeltheorie“.4 Danach war die Bilanz der Personengesellschaft lediglich die Summe von Einzelbilanzen aller Gesellschafter und die Personengesellschaft sozusagen „überhaupt nicht da“.5

1 Vgl. BFH, Urt. v. 26.6.2014 – IV R 5/11, BFH/NV 2014, 1826; vgl. auch BFH, Beschl. v. 11.4.2005 – GrS 2/02, BStBl. II 2005, 679. 2 Vgl. z.B. BFH, Urt. v. 12.4.2000 – XI R 35/99, BStBl. II 2001, 26. 3 Vgl. Wacker in Schmidt, EStG, § 15 Rz. 161; BFH, Urt. v. 6.12.2000 – VIII R 21/00, BStBl. II 2003, 194. 4 Aufgabe durch die BFH Rechtsprechung, vgl. BFH, Beschl. v. 25.6.1984 – GrS 4/82, BStBl. II 1984, 751. 5 Vgl. Wacker in Schmidt, EStG, § 15 Rz. 162.

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Nunmehr spricht man von einem dualen System eines frei geordneten Nebeneinanders von „Einheit und Vielheit“. Diese Doppelperspektive wird einerseits durch den Verbund der Mitunternehmer (die sog. Einheit) und andererseits durch die originäre Einkunftserzielung der einzelnen Mitunternehmer (die sog. Vielheit) charakterisiert. Die Besteuerung von Personengesellschaften steht damit im ständigen Widerstreit zwischen Trennungs- und Transparenzprinzip.6 Nicht die Personengesellschaft als eigenständige Rechtspersönlichkeit (wie im Gesellschaftsrecht), sondern die Mitunternehmer in ihrer gemeinschaftsrechtlichen Verbundenheit erzielen die gewerblichen Einkünfte und sind als (Mit)Unternehmer des Betriebs der Personengesellschaft tätig. Dies führt auch zu einem gewissen Spannungsverhältnis zwischen folgenden tragenden einkommensteuerlichen Grundprinzipien: (1) Subjektsteuerprinzip Nach dem Prinzip der Individualbesteuerung bzw. Subjektsteuerprinzip soll jeder Steuerpflichtige individuell nach seiner jeweiligen Leistungsfähigkeit besteuert werden. Hierzu gehört insbesondere auch, dass jeder Steuerpflichtige das durch ihn erwirtschaftete Einkommen und damit auch die durch ihn geschaffenen stillen Reserven zu versteuern hat. Jeder Rechtsträgerwechsel sollte daher grundsätzlich zur Gewinnrealisierung führen. Gleichwohl lässt es der Gesetzgeber zu, dass stille Reserven im Rahmen von Umstrukturierungen auf andere Rechtsträger übergehen und damit die Steuer auf einen zukünftigen Realisationsakt bei dem übernehmenden Rechtsträger anfällt. Das Konzept der Mitunternehmerschaft, bei dem eine Mehrzahl von Gesellschaftern in mitunternehmerischer Verbundenheit einen Gewerbebetrieb ausübt, kennt hier besonders weitgehende Gegenausnahmen. (2) Realisationsprinzip Nicht bereits jede (unrealisierte) Wertsteigerung ist besteuerungswürdig, wohl aber die realisierte Vermögensmehrung. (3) Entstrickungsprinzip Stille Reserven sind nur dann ausnahmsweise auch ohne Realisation aufzudecken, wenn diese ansonsten der (deutschen) Besteuerung entzogen würden. Aufgrund der Teiltransparenz der Personengesellschaft, insbes. gespeist aus dem Grundgedanken der weitgehenden Gleichstellung von Mitunternehmer und Einzelunternehmer ergeben sich zum Teil andere 6 Vgl. Groh, ZIP 1998, 89; Groh, a.a.O., 94.

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Grundwertungen als im Verhältnis zwischen Kapitalgesellschaft und Gesellschafter und akzentuieren dadurch in besonderem Maße das Spannungsverhältnis zwischen den Prinzipien, welche die zu treffenden Wertungsentscheidungen im Rahmen der Umwandlung von Personengesellschaften besonders schwierig und komplex werden lassen. 3. Konturierung des Mitunternehmeranteils Sowohl für die laufende Besteuerung als auch für die Sondereffekte im Rahmen von Umwandlungen kommt der Tatsache besondere Bedeutung zu, dass aufgrund der vorgenannten steuerlichen Besonderheiten die gesellschaftsrechtliche Konturierung einer Personengesellschaft gegenüber der steuerlichen stark abweichen kann. Der Mitunternehmeranteil

Während das Gesellschaftsrecht in Bezug auf Personengesellschaften – nicht anders als bei Kapitalgesellschaften – zwischen der Gesellschaftssphäre einerseits und der Gesellschaftersphäre andererseits abgrenzt, führt das Mitunternehmerkonzept des Ertragsteuerrechts zu einer zum Teil stark abweichenden Betrachtungsweise dergestalt, dass einerseits nicht zwingend jeder Vermögensgegenstand des Gesamthandsvermögen zugleich auch Betriebsvermögen der Mitunternehmerschaft sein muss bzw. kann, andererseits auch Wirtschaftsgüter und Schulden, die gar nicht im Eigentum der Gesellschaft, sondern des Gesellschafters stehen, dennoch (und teilweise sogar zwingend) dem mitunternehmerischen Betriebsvermögen zuzurechnen sind (Sonderbetriebsvermögen I und II). Weiterhin können sich auch steuerbilanzielle Abweichungen zwischen den Wertansätzen in der steuerlichen Gesamthandsbilanz und den Wert225

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ansätzen bei einzelnen Gesellschaftern/Mitunternehmern ergeben (positive bzw. negative Ergänzungsbilanzen). Dies führt insbesondere in Umwandlungsfällen häufig zu erhöhter Komplexität und Risiken, da an der Umwandlung grundsätzlich der gesamte Mitunternehmeranteil (alle wesentlichen Betriebsgrundlagen) teilnehmen muss und die Konturierung dieser steuerlichen Größe zum Teil – wie dargestellt – erheblich vom gesellschaftsrechtlichen Anteil abweichen kann. Daher muss stets sichergestellt werden, dass alle derartigen wesentlichen Betriebsgrundlagen der Mitunternehmerschaft zutreffend erfasst und Gegenstand der jeweiligen Umwandlungsmaßnahme sind, da anderenfalls u.U. nicht nur das nicht übertragene („vergessene“) Wirtschaftsgut einer Besteuerung zugeführt wird, sondern vielmehr dem gesamten von der Umwandlung betroffenen Betriebsvermögen das Buchwertprivileg versagt würde.

III. Praxisfälle 1. Einbringung mit sonstiger Gegenleistung in KG Sachverhalt:

– X bringt sein Einzelunternehmen in die Y-KG ein – Y-KG gewährt als Gegenleistung 50 Gesellschaftsrechte und räumt eine Darlehensforderung von 150 ein Im vorliegenden Fall wird ein sogenanntes Mischentgelt gewährt. D.h. zum einen werden dem einbringenden Gesellschafter weitere Gesellschaftsrechte („neue Anteile“) von der übernehmenden Gesellschaft gewährt (Erhöhung seines Mitunternehmeranteils gem. § 24 UmwStG). 226

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Zusätzlich wird dem Gesellschafter aber auch noch eine Darlehensforderung eingeräumt (keine qualifizierende Gegenleistung im Sinne des § 24 UmwStG). Die Frage nach der zutreffenden Behandlung der zusätzlichen Gegenleistung ist strittig. Die nachstehende grafische Übersicht versucht die Thematik vereinfacht abzuschichten: Entgelt und Aufteilung7

Unzweifelhaft liegt ein sogenanntes Mischentgelt vor: Es werden Anteile und eine sonstige Gegenleistung gewährt. Von weiterer entscheidender Bedeutung für die Lösung dieses Falles ist allerdings, ob ein voll entgeltliches Geschäft (Anteilsgewährung und sonstiges Entgelt decken den vollen gemeinen Wert ab, auch wenn in Höhe der Gewährung von Anteilsrechten die Umwandlung insoweit zu Buchwerten erfolgt) oder nur ein teilentgeltliches (in Höhe der Buchwerttransaktion wird nicht der gemeine Wert erreicht) unterstellt werden kann. Gem. Tz. 24.07 des Umwandlungssteuererlasses geht die Finanzverwaltung wohl von einem voll entgeltlichen Geschäft aus, welches aufgrund des Mischentgelts aufzuteilen ist. Die Einbringung sei entsprechend dem Verhältnis der jeweiligen Teilleistungen (Wert der erlangten Gesellschaftsrechte einerseits und Wert der sonstigen Gegenleistungen andererseits) zum gemeinen Wert des eingebrachten Betriebsvermögens anteilig zu Buchwerten und anteilig zum gemeinen Wert vorzunehmen.

7 Vgl. zu den Wirkungen der unterschiedlichen Berechnungsmethoden BFH, Beschl. v. 19.3.2014 – X R 28/12, BStBl. II 2014, 629.

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Dies kann dazu führen, dass auch dann, wenn der gesamte Buchwert höher als das Entgelt ausfällt, es dennoch zu einer steuerpflichtigen Teilrealisation kommt, soweit der anteilige Buchwert unter dem neben den Anteilen gewährten weiteren Entgelt liegt.8 Rechnerisch ergeben sich nach dieser Sicht im vorliegenden Beispiel folgende Auswirkungen: Entgelt: 37,5 % des gemeinen Werts Buchwert 37,5 % = 75 Realisation: 150 Entgelt abzgl. 75 Buchwert = 75 Gewinn Die Rechtsprechung und Teile der Literatur tendieren gegenwärtig jedoch stärker in Richtung der Einheits- bzw. modifizierten Trennungstheorie9. Hiernach wird ein Entgelt zunächst gegen den Buchwert verrechnet und nur ein überschießender Betrag würde zu einer steuerlichen Realisation führen10. Vorliegend würde dies dazu führen, dass kein steuerpflichtiger Gewinn entstünde, da das Entgelt den Buchwert nicht übersteigt. Buchwert: 200 Entgelt: 150 „Buchwertüberschuss“: 50 Aufgrund der unterschiedlichen Berechnungsweise kommt es auch zu Folgeeffekten. Da die strikte Trennungstheorie tendenziell zu einer höheren anteiligen Gewinnrealisierung führt, ergibt sich auch ein ver8 Vgl. BMF v. 11.11.2011, BStBl. I 2011, 1314, Tz. 24.07: „Erfolgt die Einbringung gegen ein Mischentgelt, d.h. gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten und sonstige Ausgleichsleistungen, kann die Einbringung auf Antrag (§ 24 Abs. 2 Satz 2 UmwStG) entsprechend dem Verhältnis der jeweiligen Teilleistungen (Wert der erlangten Gesellschaftsrechte einerseits und Wert der sonstigen Gegenleistungen andererseits) zum gemeinen Wert des eingebrachten Betriebsvermögens teilweise zu Buchwerten und teilweise zum gemeinen Wert vollzogen werden (BFH v. 11.12.2001 – VIII R 58/98, BStBl. 2002 II, 420).“ 9 Vgl. BFH, Beschl. v. 19.3.2014 – X R 28/12, BStBl. II 2014, 629: „Von der Einheitstheorie unterscheidet sich die modifizierte Trennungstheorie in Fällen, in denen das Entgelt höher als der Buchwert, aber niedriger als der Teilwert des übertragenen Wirtschaftsguts ist, zwar nicht hinsichtlich der Höhe der aufgedeckten stillen Reserven, wohl aber darin, dass – insoweit übereinstimmend mit der strengen Trennungstheorie – der Anwendungsbereich der Sperrfristregelung des § 6 Absatz 5 S. 4 EStG eröffnet ist. Demgegenüber wäre ein solcher Vorgang nach der Einheitstheorie als vollentgeltlich anzusehen und würde nicht zur Anwendung der Sperrfrist führen.“ 10 Vgl. BFH, Urt. v. 18.9.2013 – X R 42/10, BFH/NV 2013, 2006 zu § 24 UmwStG; v. 19.3.2014 – X R 28/12, BStBl. II 2014, 629 – Beitrittsbeschluss in Bezug auf § 6 Abs. 5 EStG des BMF.

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gleichsweise höherer Buchwert (Aufstockung aufgrund der Realisation) in Bezug auf den entgeltlichen Teil. Kann dagegen der Buchwert zunächst in voller Höhe gegen das Entgelt gegengerechnet werden, verbleibt ein entsprechend geringeres Kapital des Mitunternehmers. Systematisch leitete der BFH11 die Anwendung der modifizierten Trennungstheorie wie folgt ab: Zwar sind die in Bezug genommenen Entscheidungen zur Anwendung der „Einheitstheorie“ zu Fällen des § 16 Abs. 1 EStG bzgl. teilentgeltlicher Veräußerung ergangen, während Einbringungen nach § 24 Abs. 1 UmwStG 2002 – auch solche, die wie im Streitfall gegen ein „Mischentgelt“ vorgenommen werden – dem Grunde nach vollentgeltliche Vorgänge darstellen. Gleichwohl sei das vorliegende Mischentgelt für Zwecke der hier vorzunehmenden Ermittlung der Höhe des anteilig realisierten Gewinns wie ein Teilentgelt zu behandeln, da § 24 Abs. 2 UmwStG 2002 es ermögliche, den in der Gewährung von Gesellschaftsrechten bestehenden Teil des Mischentgelts mit dem Buchwert zu bewerten. In diesen Fällen bleibe die für Zwecke der Einkommensbesteuerung anzusetzende Höhe des Mischentgelts – insoweit wie bei einem Teilentgelt – hinter dem gemeinen Wert des eingebrachten Betriebsvermögens zurück, was die Gleichsetzung beider Vorgänge rechtfertige; allein entscheidend sei der Umstand, ob das gesamte Teil- oder Vollentgelt den Buchwert des eingebrachten Betriebsvermögens nicht übersteige. Weiterhin sei kein Vergleich mit einer Betriebseinbringung gegen Zuzahlung eines anderen Gesellschafters in das Privatvermögen des Einbringenden möglich. Denn in derartigen Fällen sei der Veräußerungsvorgang getrennt von der Einbringung zu beurteilen und in Höhe der Differenz zwischen der Zuzahlung und den anteiligen Buchwerten der Wirtschaftsgüter des eingebrachten Betriebsvermögens eine Gewinnrealisierung vorzunehmen.12 Teile der Literatur halten dagegen die „Zuzahlungs-Fälle“ mit denen der Einbringung gegen Mischentgelt für vergleichbar, weil zwischen ihnen weder wirtschaftlich noch steuerrechtlich ein Unterschied bestehe.13 Ein bzw. der möglicherweise entscheidende Unterschied lässt sich allerdings ggf. darin erkennen, dass die Zuzahlung eines (künftigen) Mitgesellschafters aus der Sicht der Altgesellschafter die Veräußerung eines 11 Vgl. BFH, Urt. v. 18.9.2013 – X R 42/10, BFH/NV 2013, 2006. 12 Vgl. BFH, Urt. v. 8.12.1994 – IV R 82/92, BStBl. II 1995, 599; v. 24.6.2009 – VIII R 13/07, BStBl. II 2009, 993, sowie BFH, Beschl. v. 18.10.1999 – GrS 2/98, BStBl. II 2000, 123. 13 Vgl. Patt, GmbH-StB 2011, 303, 304; Wüllenkemper, EFG 2011, 496; a.A. Fuhrmann in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 24 UmwStG Rz. 583 i.V.m. 527.

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Mitunternehmeranteils an diesen Dritten bedeutet, die von der Einbringung des Betriebs in die Personengesellschaft zu trennen ist (und die Gesellschaft selbst und kein Dritter eine Gegenleistung einräumt). Weiterhin begründet der BFH dahingehend, dass ein Umkehrschluss aus § 20 Abs. 2 Satz 5, Abs. 4 Satz 2 UmwStG nicht möglich sei. Die genannten Vorschriften erfassen nach ihrem klaren Wortlaut nur solche Zusatz-Gegenleistungen, deren gemeiner Wert den Buchwert des eingebrachten Betriebsvermögens übersteige. Auch im Übrigen sei keine Realisierung zwingend: Durch die Einräumung der Darlehensforderung – auf Seiten der Personengesellschaft eine Darlehensverbindlichkeit – anstelle einer Gutschrift auf dem Kapitalkonto ändere sich zwar das Verhältnis zwischen Eigen- und Fremdkapital und damit – bei fehlenden Ergänzungsbilanzen – die Verteilung der Anteile an den stillen Reserven zwischen den Gesellschaftern. Das Bilanzbild auf der Aktivseite – einschließlich des Umfangs der in den Aktiva enthaltenen stillen Reserven – bleibe jedoch unverändert, sodass die stillen Reserven der Gesellschaft der Besteuerung nicht entzogen werden und das Übergehen stiller Reserven auf andere Gesellschafter von der gesetzgeberischen Konzeption gleichfalls abgedeckt s.14 Zudem gehen in den – systematisch eng mit § 24 UmwStG 2002 verwandten – Fällen des § 16 EStG ebenfalls stille Reserven auf andere Steuersubjekte über, soweit eine Betriebsveräußerung nur einen teilentgeltlichen Vorgang bedeutet. Die Anwendung der – gerade zu § 16 EStG entwickelten – Einheitstheorie bringt diese Rechtsfolge denknotwendig mit sich. Es sei ergänzend darauf hingewiesen, dass in den Entwürfen des sog. Zollkodexanpassungsgesetzes eine Beschränkung der sonstigen Gegenleistung sowohl für Fälle des § 20 als auch § 24 UmwStG auf jeweils 10 % vorgesehen war. Diese Änderungspläne sind jedoch zunächst nicht umgesetzt worden. Nunmehr liegen Gesetzespläne vor, nach denen die sonstige Gegenleistung 25 % oder 300.000 Euro betragen soll. Interessant erscheint in der Diskussion auch, dass zwar bei der Übertragung u.U. bis zur Höhe des Buchswerts dieser nach der jüngeren Ansicht der Rechtsprechung gegen ein Entgelt verrechnet werden darf, jedoch ein darüber hinausgehendes, durch die Übertragung erst entstehendes negatives Kapitalkonto schädlich wäre. Im Rahmen der Einbringung soll 14 Bringt beispielsweise bei einer Gesellschaft, an der zwei Gesellschafter zu je 50 % beteiligt sind, ein Gesellschafter einen Betrieb mit hohen stillen Reserven zu Buchwerten ein, erhöht sich zwar buchmäßig nur sein Kapitalkonto in der Personengesellschaft. Wirtschaftlich springen die stillen Reserven des eingebrachten Betriebs aber teilweise auch auf den Anteil des anderen Gesellschafters über.

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also kein negatives Kapitalkonto entstehen können (dessen Existenz aber grundsätzlich keine Buchwertübertragung ausschließen würde – anders als im Rahmen des § 20 UmwStG).15 2. Spitzenausgleich Sachverhalt:

– X-AG und Y-AG möchten Joint Venture begründen – Ziele: – 50:50 Beteiligung – Transparente Struktur – Steuerneutrale Wertangleichung Alternativen zur Erlangung der Wertangleichung: 1. Y leistet eine zusätzliche Einlage von 40 2. Y leistet nur Einlage von 20, die X (zeitnah) entnimmt (Tz. 24.11 UmwStE)

15 Vgl. BMF v. 11.11.2011, BStBl. I 2011, 1314, Tz. 24.04.

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3. X gewährt Barmittel nur als Darlehen (in das SBV Tz. 24.05 UmwStE) 4. Einbringung von erhöhten Verbindlichkeiten durch X bzw. weniger Verbindlichkeiten durch Y – kein Ausschluss der Buchwertfortführung selbst bei negativem Betriebsvermögen (Tz. 24.04 UmwStE) 5. XY-KG räumt der X-AG eine Darlehensforderung i.H.v. 39 oder 40 ein (Tz. 24.07 UmwStE a.A. BFH v. 18.9.2013 – X R 42/10) Der vorliegende Fall betrifft eine häufig anzutreffende Konstellation, in dem sich Partner „auf Augenhöhe“ zusammenschließen wollen, jedoch Wertunterschiede vorliegen, die es auszugleichen gilt. Entsprechend bedarf es bei Eintritt in die Struktur Ausgleichsmechanismen. Nachfolgend werden einige ausgewählte Herangehensweisen diskutiert. Alternative 1: Y leistet eine zusätzliche Einlage von 40 Die zusätzliche Dreingabe weiterer Werte in Höhe von 40 ist in Bezug auf § 24 UmwStG unschädlich. Im Rahmen der angestrebten Buchwertfortführung durch Y sollte dies grundsätzlich auch dann der Fall sein, wenn es sich bei der betreffenden zusätzlichen Einlage gleichfalls um Wirtschaftsgüter handelt, die stille Reserven enthalten, da diese grundsätzlich ebenfalls vom Buchwertprivileg erfasst werden. Alternative 2: Y leistet nur eine Einlage von 20, die X (zeitnah) entnehmen kann In derartigen Fallkonstellationen stellen sich Fragen bezüglich der Abgrenzung zwischen grundsätzlich ertragsteuerneutralen Einlagen und Entnahmen einerseits und der Annahme einer sonstigen Gegenleistung (Mischentgelt) andererseits. Letztere Besorgnis speist sich daraus, dass vorliegend die Einlagen (erkennbar) nicht der Stärkung der Kapitalbasis der Gesellschaft dienen sollen, sondern der Mitgesellschafter diese Mittel (zeitnah) entnehmen darf. Denn bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise kann die Zuführung der Zuzahlung zu dem Betriebsvermögen der Personengesellschaft durch den einen und der anschließenden Entnahme durch den anderen Gesellschafter nach den Vereinbarungen der Parteien den gleichen wirtschaftlichen Gehalt haben, wie eine (Zu-)Zahlung, die unmittelbar an den einbringenden Gesellschafter in dessen Privatvermögen erfolgt.16 Insbesondere wenn der Einbringende im Anschluss an die Einbringung größere Entnahmen tätigen darf und bei der Bemessung seines Gewinnanteils auf seinen ihm dann noch verbleibenden Kapitalanteil abgestellt wird (Entnahme min16 So auch Tz. 24.11 UmwStE; BFH, Urt. v. 8.12.1994 – IV R 82/92, BStBl. II 1995, 599.

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dert seine Beteiligung), kann dies dazu führen, dass der Zuzahlungsbetrag als unmittelbar in das Privatvermögen des Einbringenden geflossen angesehen wird. Geht man vorliegend von einer sonstigen Gegenleistung aus, so stellt sich die Folgefrage, ob im Sinne der strengen Trennungstheorie das gesamte Entgelt wiederum aufzuteilen und pro rata der Besteuerung zuzuführen ist oder auch hier die Einheitstheorie bzw. modifizierte Trennungstheorie zur Anwendung gelangen könnte, mit der Folge keiner direkten Belastung. Für die Anwendung der strengen Trennungstheorie spricht hier allerdings, dass die Gegenleistung nicht von der Gesellschaft sondern von dem Mitgesellschafter gewährt wird. Die Rechtsprechung äußert hierzu die Ansicht, dass bei Gegenleistungen, die nicht von der Gesellschaft, sondern vom (neuen) Mitgesellschafter geleistet werden, die Nähe zu einem Kaufpreis ungleich höher sei als bei Leistungen durch die übernehmende Gesellschaft.17 Alternative 3: X gewährt Barmittel nur als Darlehen Statt zusätzlicher Einlagen des Y wird in dieser Alternative die Einlage des X dergestalt modifiziert (reduziert), dass X die geplanten Einlagen anteilig durch Nutzungsüberlassung substituiert (z.B. Kassenbestand wird nicht in das Gesamthandsvermögen übertragen, sondern lediglich im Zusammenhang mit der Einbringung darlehensweise überlassen). Anders als im Regime der §§ 20 ff. UmwStG erlauben die Besonderheiten des Mitunternehmerkonzepts (welches von einem weiterreichenden Begriff des Mitunternehmeranteils im Vergleich zum Gesellschaftsanteil ausgeht) auch die Überführung von Wirtschaftsgütern lediglich in das Sonderbetriebsvermögen der Mitunternehmerschaft.18 Hieraus ergibt sich eine erheblich höhere Flexibilität bezüglich der Zuordnungsfra-

17 Vgl. BFH, Urt. v. 19.9.2013 – X R 42/10, BFH/NV 2013, 2006: Teile der Literatur halten Zuzahlungs-Fälle mit denen der Einbringung gegen Mischentgelt für vergleichbar, weil zwischen ihnen weder wirtschaftlich noch steuerrechtlich ein Unterschied bestehe. Der Vergleichbarkeit steht jedoch entgegen, dass sich die Zuzahlung eines künftigen Mitgesellschafters aus der Sicht der Altgesellschafter als Veräußerung eines Mitunternehmeranteils an einen Dritten darstellt, die von der Einbringung des Betriebs in die Personengesellschaft zu trennen ist. Hierfür spricht auch die bisherige BFH-Rspr. (z.B. Urt. v. 18.10.1999, BStBl. II, 993), die in diesen Fällen von einem Veräußerungsgewinn des Einbringenden ausgeht, der auch nicht durch eine negative Ergänzungsbilanz neutralisiert werden darf. 18 Vgl. Tz. 24.05 UmwStE: „I.R.d. § 24 UmwStG ist es ausreichend, wenn das eingebrachte Betriebsvermögen teilweise Sonderbetriebsvermögen des Einbringenden bei der übernehmenden Mitunternehmerschaft wird.“

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ge von Wirtschaftsgütern zur Gesamthand oder lediglich in das Sonderbetriebsvermögen.19 Was an dieser Fallvariante verblüfft ist die Tatsache, dass das sich ergebende Bilanzbild dem entspricht, welches sich auch im Rahmen der Gewährung eines Mischentgelts einstellen würde. Denn nach der erfolgten Übertragung weist die XY-KG gegenüber der X-AG zum einen einen Anteil am Gesamthandsvermögen aus („neu ausgegebener Gesellschaftsanteil“) und zum anderen eine Darlehensverbindlichkeit. Dieses Bilanzbild ergäbe sich in gleicher Weise bei der Einbringung des gesamten Betriebs (inklusive Kassenbestand) bei Gewährung einer sonstigen Gegenleistung (zusätzliche Einräumung einer Darlehensforderung). Soweit man also nicht ohnehin der Rechtsprechung des BFH20 folgt und beide Vorgänge gleich behandeln möchte, so wäre als mögliche Erklärung der unterschiedlichen Behandlung darzutun, dass im Falle der Gewährung einer sonstigen Gegenleistung ein Mischentgelt vorliegt (Einräumung Darlehensforderung), während in der hier diskutierten Alternative 3 die Gegenleistung ausschließlich in der Gewährung neuer Gesellschaftsrechte besteht und es daher gerade an einer „schädlichen“ sonstigen Gegenleistung mangelt, da ausschließlich Mitunternehmeranteile gewährt und die weiteren Wirtschaftsgüter der Mitunternehmerschaft nur zur Nutzung zur Verfügung überlassen werden. Alternative 4: Einbringung von erhöhten Verbindlichkeiten durch X bzw. weniger Verbindlichkeiten durch Y Im Grundsatz gelten die vorstehend zu Alternative 3 gemachten Ausführungen. Barmittel stellen grundsätzlich keine wesentlichen Betriebsgrundlagen dar. Verbindlichkeiten grundsätzlich entsprechend auch nicht, da Finanzmittel ungeachtet der Höhe grundsätzlich keine wesentliche Betriebsgrundlage bilden.21

19 Betriebswirtschaftlich und rechtlich wird sich dagegen der Joint Venture-Partner auch regelmäßig dahin absichern wollen, dass die wesentlichen Betriebsgrundlagen tatsächlich dauerhaft dem gemeinsamen Unternehmen zur Verfügung stehen. Insofern mag eine reine Nutzungsüberlassung aus nichtsteuerlichen Gründen in manchen Fällen daher insoweit problematisch sein. 20 Vgl. BFH, Urt. v. 18.9.2013 – X R 42/10, BFH/NV 2013, 2006. 21 Vgl. BFH, Urt. v. 4.12.2012 – VIII R 41/09, BStBl. II 2014, 288; Patt in Dötsch u.a., UmwStG, § 20 Rz. 63.

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Problematisch könnte die Einbringung von erhöhten Verbindlichkeiten durch X sein. Soweit diese nicht dem Teilbetrieb zuordenbar sind, ergibt sich hier wiederum die Nähe zu einer sonstigen Gegenleistung. Gem. Tz 24.09 UmwStE geht die Finanzverwaltung z.B. auch dann von einer Zuzahlung aus, wenn mit ihr eine zugunsten des Einbringenden begründete Verbindlichkeit der Gesellschaft getilgt wird22 oder durch die Einbringung private Verbindlichkeiten (z.B. Pflichtteilsansprüche) abgegolten werden.23 In der Literatur wird daher z.B. auch folgende Fallkonstellation als schädlich beschrieben:24 Werden im Rahmen der Einbringung von der Personengesellschaft auch Schulden aus dem Restbetrieb des Einbringenden übernommen, die wirtschaftlich dem zurückbehaltenen Betrieben oder Teilbetrieben zuzuordnen sind, solle auch das als schuldbefreiende Zuzahlung gelten (denn insoweit wurden Schulden übernommen, die nicht zu dem übertragenen Betrieb oder Teilbetrieb gehörten, sondern gerade zu dem zurückbleibenden Betrieb). Unschädlich bliebe dagegen die Zuordnung von „negativem, neutralem Betriebsvermögen“, da dieses frei zuordenbar sei.25 Soweit „unschädliche neutrale Verbindlichkeiten“ mit übertragen werden, soll dagegen auch eine unmittelbar nach der Einbringung erfolgende Tilgung der übernommenen Verbindlichkeiten durch die Übernehmerin unschädlich bleiben und auch keinen Gestaltungsmissbrauch bedeuten.26 Soweit die Übertragung von weiteren Verbindlichkeiten dazu führen würde, dass dies im Einzelfall auch zu einem negativen einzubringenden Betriebsvermögen führte, bliebe selbst dies, anders als im Regime des § 20 UmwStG, unschädlich.27 Alternative 5: Die XY-KG räumt der X-AG eine Darlehensforderung in Höhe von 39 oder 40 ein In dieser Alternative liegt wiederum ein sogenanntes Mischentgelt vor, welches entweder unter dem Buchwert bleibt bzw. exakt den Buchwert

22 23 24 25 26

BFH, Urt. v. 8.12.1994 – IV R 82/92, BStBl. 1995 II, 599. BFH, Urt. v. 16.12.2004 – III R 38/00, BStBl. 2005 II, 554. Vgl. Patt in Dötsch u.a., UmwStG, § 24 Rz. 63. Vgl. hierzu auch Tz. 24.03 i.V.m. 20.06 und 15.09 UmwStE. Vgl. Patt in Dötsch u.a., UmwStG, § 24 Rz. 63, sowie FG Köln, Urt. v. 22.3.2012 – 2089/09, EFG 2012, 1798. 27 Vgl. Tz. 24.07 UmwStE: „Stellt sich der Einbringungsvorgang bei wirtschaftlicher Betrachtung als Veräußerung gegen ein nicht in Gesellschaftsrechten bestehendes Entgelt dar, ist § 24 UmwStG nicht anzuwenden.“

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erreicht. Nach Ansicht der Rechtsprechung sollte die Einräumung einer Darlehnsforderung in Höhe von 39 voll gegen den Buchwert von 40 verrechnet werden können. In Höhe von 1 könnte ein neuer Anteil an der XY-KG steuerneutral gewährt werden. Erreicht die als Gegenleistung gewährte Darlehnsforderung 40, so wäre der komplette Buchwert zur Verrechnung verbraucht. Es stellt sich die Folgefrage, ob dann die für die Gewährung der Mitunternehmerstellung eingeräumten Mitgliedschaftsrechte in Höhe ihrer Anschaffungskosten eine Realisierung auslösen oder aber gleichwohl eine Steuerneutralität erreicht werden kann. Nach der insoweit klaren Rechtsprechung des BFH28 käme es wohl zu einer Realisation, da der Buchwert völlig verbraucht wäre und damit die Schwelle zur anteiligen Realisation überschritten würde. Wenngleich dieses Ergebnis sich einerseits klar aus der Systematik der modifizierten Trennungstheorie ableitet, verblüfft es andererseits gleichwohl in gewissem Maße. Dies deshalb, da auch ein negativer Buchwert des Gesamtbetriebsvermögens grundsätzlich nicht die Buchwertfortführung in Frage stellt.29 Wenn aber im Grundsatz kein Zwang zur Überführung eines positiven Buchwerts zwecks Erlangung der Buchwertverknüpfung besteht, kann dies als gewisser Wertungswiderspruch begriffen werden, wenn gleichwohl durch die Einbringung selbst der Buchwert nicht negativ werden darf. Der Erklärungsansatz besteht wohl auch hier wiederum darin, dass im Falle eines Mischentgelts eine sonstige Gegenleistung gewährt wird, welche zur anteiligen Realisation führt/als anteiliger Verkauf gilt, wogegen bei der Überführung einer Sachgesamtheit (selbst bei negativem Buchwert) die Gegenleistung im Grundsatz nur aus Gesellschaftsrechten besteht und die zum Betrieb oder Teilbetrieb zugehörigen Passiva als einheitlicher Teil der Sachgesamtheit übergehen und nicht als „schädliche“ Gewährung einer sonstigen Gegenleistung qualifiziert.

28 Vgl. BFH, Urt. v. 18.9.2013 – X R 42/10, BFH/NV 2013, 2006. 29 Vgl. Tz. 24.04 UmwStE.

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3. Rückbehalt von Wirtschaftsgütern Sachverhalt:

– X-AG und Y-AG möchten Joint Venture begründen – Die Bereiche gehören nicht mehr zum Kerngeschäft – Die Zusammenführung soll Synergien heben und ggf. auch in einem Verkauf an einen Dritten münden – Die Immobilien der X dienen auch anderen Geschäftsbereichen der X Es werden drei Alternativen diskutiert: 1. Rückbehalt Immobilien im SBV X (und nur vor Verkauf u.U. Übertragung auf eine 100 % Tochter KG der X AG) 2. Sofortige Übertragung Immobilien in anderes Betriebsvermögen – 100 % Tochter KG der X-AG zum dauerhaften Verbleib oder 3. Mitübertragung in GHV und spätere (Rück)Überführung auf eine Schwester KG Der Rückbehalt von (vermeintlich) wesentlichen Betriebsgrundlagen (z.B. Immobilien, Marken etc.) stellt in der Praxis eine der am häufigsten auftretenden Problemfälle dar. Alternative 1: Rückbehalt der Immobilien im Sonderbetriebsvermögen der X-AG Anders als § 20 ff. UmwStG erlaubt § 24 UmwStG auch die (anteilige) Einbringung der qualifizierenden Sachgesamtheit lediglich in das Sonder-

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betriebsvermögen.30 Entsprechend wird in dieser Alternative 1 die qualifizierende Einbringung des gesamten Teilbetriebs einschließlich aller wesentlichen Betriebsgrundlagen aus Sicht des § 24 UmwStG erreicht. Würde im Rahmen eines späteren Verkaufs die Immobilie nicht mitveräußert, so führte dies zur reflexhaften Entnahme aus dem Betriebsvermögen der Mitunternehmerschaft der XY-KG und zur Verletzung der Maßgabe der Veräußerung eines gesamten Mitunternehmeranteils (§ 16 EStG). Da vorliegend der Veräußerer jedoch ohnehin keine Steuerpräferenzen nach § 34 EStG erzielen kann und gleichfalls eine Gewerbesteuerfreiheit bzgl. des Veräußerungsgewinns der Mitunternehmerschaft ausscheidet (§ 7 Satz 2 GewStG), ergeben sich keine unmittelbaren schädlichen Folgen. Anders (ggf. nachteiliger) läge dagegen die steuerliche Beurteilung, wenn die X-AG eine natürliche Person wäre. Kommt es vor Verkauf zur Übertragung auf eine 100 %-Tochter KG der X-AG, so bedeutet dies zum einen die Entnahme aus dem Sonderbetriebsvermögen bei der XY-KG zurück in das Eigenbetriebsvermögen sowie die anschließende Übertragung aus dem Eigenbetriebsvermögen der X-AG in das Gesamthandsvermögen der Tochter KG. Beide Vorgänge sind grundsätzlich gem. § 6 Abs. 5 EStG möglich. Fraglich wäre, ob dies einen schädlichen Gesamtplan darstellen würde (dazu näher nachstehend zu Alternative 3). Alternative 2: Sofortige Übertragung der Immobilien 100 %-Tochter KG der X-AG zum dauerhaften Verbleib

in

eine

Die Finanzverwaltung geht im Falle der separierenden „Vorabübertragung“ von einem gegebenenfalls schädlichen Gesamtplan aus, wenn wesentliche Betriebsgrundlagen vor der Übertragung der Sachgesamtheit auf die Mitunternehmerschaft getrennt in ein anderes, weiteres mitunternehmerisches Betriebsvermögen übertragen werden.31 Die jüngere Rechtsprechung bejaht in bestimmten Fällen die Möglichkeit der vorherigen Separierung, soweit die übertragenen Wirtschaftsgüter dauerhaft bei der übernehmenden Mitunternehmerschaft verbleiben.32 30 Vgl. Tz. 24.05 UmwStE. 31 Vgl. Tz. 20.07 UmwStE: „Werden funktional wesentliche Betriebsgrundlagen oder nach wirtschaftlichen Zusammenhängen zuordenbare Wirtschaftsgüter im zeitlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Einbringung eines Teilbetriebs in ein anderes Betriebsvermögen überführt oder übertragen, ist die Anwendung der Gesamtplanrechtsprechung zu prüfen“; sowie BFH v. 11.12.2001 – VIII R 23/01, BStBl. II 2004, 474; v. 25.2.2010 – IV R 49/08, BStBl. II, 726. 32 Vgl. BFH, Urt. v. 9.11.2011 – X R 60/09, BStBl. II 2012, 638 sowie BFH, Urt. v. 2.8.2012 – IV R 41/11, BFH/NV 2012, 2053 sowie nunmehr erneut zu § 6

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Fraglich erscheint dagegen noch, ob die unschädliche separierende Vorabübertragung (auch) zum Buchwert erfolgen kann, oder im Grundsatz nur zum Verkehrswert. Bezüglich dieser Frage zeigt sich in den letzten Jahren eine interessante Entwicklung in der Rechtsprechung, die über die herkömmlichen Grundsätze hinausgeht und erhebliche zusätzliche Flexibilität schaffen könnte. Im Mittelpunkt stehen zwei Entscheidungen, bei denen jeweils erkennbar und planvoll vor Übertragung eine Separierung erfolgte. Im ersten Fall verkaufte der Übertragende zunächst vollentgeltlich eine Immobilie (unstrittig wesentliche Betriebsgrundlage) an seine Ehefrau. Anschließend übertrug er die „abgeschmolzene“ betriebliche Einheit zu Buchwerten auf eine Kapitalgesellschaft. Diese mietete für den laufenden Betrieb wiederum die Immobilie von der Ehefrau an. Im zweiten Fall überführte der Übertragende zunächst eine wesentliche Betriebsgrundlage gem. § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG auf eine andere Mitunternehmerschaft. Danach verschenkte er den verbleibenden „geminderten“ Mitunternehmeranteil gem. § 6 Abs. 3 EStG. In beiden Fällen bejahte der BFH die Übertragung einer qualifizierenden Einheit, die zur Buchwertfortführung berechtigt.33 Entscheidend hierfür war jeweils die Ansicht, dass die Frage nach der Übertragung einer gesamten qualifizierenden betrieblichen Einheit ausschließlich zu dem Zeitpunkt zu prüfen sei, zu dem die Übertragung erfolge (gesellschaftsrechtliche Wirksamkeit bzw. Übergang des wirtschaftlichen Eigentums). Soweit also bereits zuvor eine Separierung vorgenommen wurde, bleibt dies – jedenfalls nach den vorgenannten Entscheidungen – dann unschädlich, wenn die verbleibende betriebliche Einheit selbständig lebensfähig ist. Mit anderen Worten: Es scheint nicht mehr darauf anzukommen, wie „auskömmlich“ ein Betrieb zu eiAbs. 3 EStG BFH v. 9.12.2014 – IV R 29/14. Letztere Entscheidung wurde erst zum Redaktionsschluss veröffentlich und ist daher hier nicht mehr Besprechungsgegenstand. 33 Nach Ansicht von Wendt vertritt möglicherweise die Finanzverwaltung mittlerweile selbst die vom BFH geäußerte Rechtsauffassung. Denn im Umwandlungsteuererlass vom 11.11.2011 (BStBl. I 2011, 1314) heißt es unter 20.08, dass bei der Einbringung zurückbehaltene Wirtschaftsgüter grundsätzlich als entnommen zu behandeln seien, mit der Folge, dass die stillen Reserven aufgedeckt und versteuert werden. Wenn danach gewinnrealisierende Entnahmen – und zwar wohl ungeachtet der Einstufung der entnommenen Wirtschaftsgüter als wesentliche Betriebsgrundlage – der anschließenden Buchwerteinbringung nicht entgegenstehen, sollte es sich bei gewinnrealisierenden Veräußerungen nicht anders verhalten. Vgl. Wendt, MittBayNot 2012, 326. Hierfür spricht auch die Veröffentlichung der Entscheidung vom 9.11.2011 im Bundessteuerblatt Teil II.

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nem früheren Zeitpunkt mit wesentlichen Betriebsgrundlagen ausgestattet war, sondern vielmehr darauf, ob das, was im Zeitpunkt der Übertragung übergeht, eine hinreichende qualifizierende Einheit darstellt. Dabei werden offenkundig – wie das Verkaufs- und Rückvermietungsmodell zeigt – keine überhöhten Anforderungen gestellt.34 Gleichwohl weisen beide Entscheidungen Besonderheiten auf, die hinsichtlich der Frage nach der uneingeschränkten Verallgemeinerung der Rechtsprechungsgrundsätze Berücksichtigung finden sollten: Im Fall des vorgängigen Verkaufs nebst späterer Rückvermietung macht sowohl die Rechtsprechung, als auch die kommentierende Literatur den Hinweis, dass die Entscheidung den Fall des „vollentgeltlichen Vorabverkaufs zum gemeinen Wert“ betreffe. In der Literatur wird daraus auch geschlossen, dass im Fall einer Separierung zu Buchwerten (z.B. vorgängige Übertragung gem. § 6 Abs. 5 EStG) dies im Hinblick auf die anschließende qualifizierende Übertragung der abgeschmolzenen Sachgesamtheit unter § 24 UmwStG womöglich schädlich wäre. Hier stellt sich allerdings die Frage, warum dem so sein sollte. Es sind womöglich die Fallgruppen der §§ 16, 34 EStG einerseits und die der §§ 20, 24 UmwStG unterschiedlich zu würdigen. Während es in der ersten Fallgruppe um die Frage nach der zeitlichen Zusammenballung der Auflösung von stillen Reserven geht, steht bei der zweiten Fallgruppe die Frage im Vordergrund, ob ein Betrieb mit seinen wesentlichen Betriebsgrundlagen als „lebensfähige Einheit“ übergeht. Wenn es aber unschädlich ist, einzelne Wirtschaftsgüter zu separieren und die verbleibende Einheit in diesem Fall immer noch qualifiziert, so könnte die anteilige Vorabveräußerung und damit zeitliche Streckung der Auflösung von stillen Reserven u.U. zwar der Anwendung der §§ 16, 34 EStG entgegenstehen, es erscheint aber weit weniger plausibel, warum eine vorgängige Buchwert-Separierung für Zwecke der Anwendung der §§ 20, 24 UmwG andere/schädliche Folgen auslösen soll, verglichen zu einer vollentgeltlichen vorgängigen Separierung zum gemeinen Wert. Der abgeschmolzene verbleibende Betrieb, auf den die §§ 20 ff. UmwStG anzuwenden wäre, ist stets der Gleiche. Auf dessen „Lebensfähigkeit“ kommt es an,

34 Vgl. BFH, Urt. v. 9.11.2011 – X R 60/09, BStBl. II 2012, 638. Der Anwendbarkeit des § 24 Abs. 1 UmwStG steht weder § 42 AO noch die Rechtsfigur des Gesamtplans entgegen, wenn vor der Einbringung eine wesentliche Betriebsgrundlage des einzubringenden Betriebs unter Aufdeckung der stillen Reserven veräußert wird und die Veräußerung auf Dauer angelegt ist. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung, ob ein Wirtschaftsgut eine wesentliche Betriebsgrundlage des einzubringenden Betriebs im Rahmen des § 24 Abs. 1 UmwStG darstellt, ist in Fällen der Einbringung durch Einzelrechtsnachfolge der Zeitpunkt der tatsächlichen Einbringung (jedenfalls der vorherige Verkauf an die Ehefrau ist unschädlich).

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nicht darauf, wie genau bestimmte Wirtschaftsgüter zuvor den Betrieb verlassen haben. Im zweiten vorgenannten Fall besteht die Besonderheit darin, dass der BFH35 keine Konkurrenz bzw. Ausschluss einer möglichen parallelen Anwendung des § 6 Abs. 3 und Abs. 5 EStG erkannte und infolgedessen beide Regelungen auch in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang zur Anwendung gebracht werden können. In Konsequenz dessen konnte daher auch bei vorheriger Separierung gem. § 6 Abs. 5 EStG das verbleibende Betriebsvermögen gem. § 6 Abs. 3 EStG unschädlich übertragen werden. Die Finanzverwaltung folgt dieser BFH-Entscheidung (bislang) nicht.36 Aufgrund des spezielleren Normengerüsts des § 6 Abs. 5 EStG ist die diese Norm betreffende Entscheidung allerdings womöglich für Fälle des Umwandlungssteuerrechts nur von eingeschränkter Bedeutung. Bezüglich der ersten Entscheidung stellt sich dagegen in weit allgemeinerer Form die Frage, ob vorgängige Separierungsvorgänge (unabhängig davon, ob zu Buchwerten oder Verkehrswerten) unschädlich bleiben, soweit das danach zu übertragende Vermögen immer noch als selbstständige lebensfähige Einheit (Betrieb oder Teilbetrieb) angesehen werden kann. Alternative 3: Die Immobilien werden zunächst in das Gesamthandsvermögen der XY-KG überführt und erst zu einem späteren Zeitpunkt würde eine (Rück)Überführung auf eine Schwester KG der X-AG erfolgen In dieser Alternative würde eine spätere Überführung von der XY KG in eine andere Tochter KG der X-AG erfolgen, also eine Übertragung zwischen Schwesterpersonengesellschaften. Entgegen vielen weiteren Transaktionsvarianten, die § 6 Abs. 5 EStG zwingend unter Buchwertfortführung regelt, fehlt genau diese Fallvariante der Übertragung auf eine Schwester KG im Katalog der buchwertprivilegierten Übertragungs35 Vgl. BFH, Urt. v. 2.8.2012 – IV R 41/11, BFH/NV 2012, 2053: Wird funktional wesentliches Betriebsvermögen taggleich mit der Übertragung der Gesellschaftsanteile an einen Dritten veräußert oder übertragen oder in ein anderes Betriebsvermögen des bisherigen Mitunternehmers überführt, liegen die Voraussetzungen des § 6 Abs. 3 Satz 1 EStG für eine Fortführung der Buchwerte grundsätzlich nicht vor. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz ist nach Auffassung des Senats aber dann zu machen, wenn die Übertragung auf den Dritten oder die Überführung in ein anderes Betriebsvermögen des bisherigen Mitunternehmers nach § 6 Abs. 5 EStG zum Buchwert stattfindet. Die Privilegierungen nach § 6 Abs. 5 EStG und § 6 Abs. 3 EStG stehen nach dem Wortlaut des Gesetzes gleichberechtigt nebeneinander. Ein Rangverhältnis ist weder ausdrücklich geregelt noch lässt es sich im Wege der Auslegung bestimmen. 36 Vgl. BMF v. 12.9.2013 – BStBl. 2013, 1164.

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formen. Die Übertragung ist daher womöglich dem Buchwertprivileg nicht zugänglich und wäre dann entsprechend voll steuerpflichtig. Im Hinblick darauf, dass damit diese Transaktionsvariante unter § 6 Abs. 5 EStG schärfer besteuert wird als andere, „ähnliche Transaktionen“ leitet der I. Senat des BFH die Frage ab, ob hierin möglicherweise eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung und entsprechende Benachteiligung vorliegt.37 Hierüber wird nun das Bundesverfassungsgericht entscheiden müssen. 4. Übertragung Wirtschaftsgüter auf Personengesellschaften Sachverhalt:

– X-GmbH überträgt in 2012 eine wertvolle Marke auf die „Einmann“ Y-KG – Rechtsgrundlage § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 EStG – 2012 war ein Verlustjahr – 2014 ist ein Gewinnjahr Steuerfolgen in 2014 bei Verkauf der Marke? 1. Direkt aus der Y-KG heraus 2. Umwandlung Y-KG in GmbH vor Verkauf

37 Vgl. BFH, Beschl. v. 10.4.2013 – I R 80/12, BFH/NV 2013, 1834.

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§ 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 EStG ermöglicht es, auch einzelne Wirtschaftsgüter mit stillen Reserven auf eine 100 % Tochter KG auszugliedern und diese Tochterpersonengesellschaften dann z.B. als Objekt- oder Special Purpose Gesellschaften einzusetzen. Die Übertragung im vorliegenden Beispiel erfolgte in 2012, bei dem es sich annahmegemäß um ein Verlustjahr der übertragenden X-GmbH handelte. Nunmehr soll in 2014 eine Veräußerung der übertragenen Marke erfolgen. Gemäß dem Wortlaut des § 6 Abs. 5 Satz 4 EStG führt die Veräußerung binnen drei Jahren nach der Überführung (Fristanlauf mit Abgabe der entsprechenden Steuererklärung durch den Übertragenden) zu dem rückwirkenden Ansatz des Teilwerts bei dem Übertragenden (hier: X-GmbH in 2012). Im Ergebnis führte dies also dazu, dass bis zur Höhe des im Jahr 2012 erreichten Teilwertes der Marke eine rückwirkende Verlustverrechnung in 2012 auf Ebene der X-GmbH erfolgt und nur eine ggf. weitere Wertsteigerung der Marke bis zum Veräußerungszeitpunkt für gewerbesteuerliche Zwecke auf Ebene der Y-KG und für körperschaftsteuerliche Zwecke wiederum auf Ebene der X-GmbH in 2014 zu erfassen wäre. Nach jüngerer BFH-Rechtsprechung wird diese Behandlung allerdings in Frage gestellt38. Im Falle einer sog. „Ein-Mann KG“ besitzt die Sicherung des Subjektsteuerprinzips keine eigenständige Bedeutung. Sowohl vor als auch nach Übertragung auf die Y-KG ist die Besteuerung bei dem Übertragenden, der X-GmbH, sichergestellt. Ein Bedürfnis für eine rückwirkende Besteuerung beim Einbringenden bestehe daher in diesen Fällen (anders als bei weiteren beteiligten Gesellschaftern) nicht. Nach Ansicht des BFH würde damit der gesamte entstehende Gewinn ausschließlich in 2014 erfasst. Allerdings ist bislang der entgegenstehende Erlass der Finanzverwaltung bzgl. Zweifelsfragen zu § 6 Abs. 5 EStG 2011 nicht angepasst worden.39 Alternativ erwägt die X-GmbH daher (jedenfalls steuerlich – also ggf. auch mit Rückwirkung) vor einer Veräußerung der Marke die Y-KG in eine GmbH formzuwechseln. Dies löst gleichfalls einen schädlichen Tatbestand, in diesem Fall gem. § 6 Abs. 5 Satz 6 EStG aus, nachdem die Buchwertfortführung wiederum rückwirkend entfällt, soweit sich binnen 7 Jahren eine (mittelbare) Beteiligung einer Kapitalgesellschaft an den übertragenen Wirtschaftsgütern begründet.

38 BFH, Urt. v. 31.7.2013 – I R 44/12, BFH/NV 2013, 1855; v. 26.6.2014 – IV R 31/12, BFH/NV 2014, 1930. 39 Vgl. BMF v. 8.12.2011, BStBl. I 2011, 1279.

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In Konsequenz dessen sollte in diesem zweiten Fall das Subjektsteuerprinzip klar verletzt sein, und es zur rückwirkenden Besteuerung der Übertragung in 2012 kommen. Weitere Wertsteigerungen seit 2012 wären in diesem Fall auf Ebene der neu geschaffenen Y-GmbH steuerpflichtig, könnten aber womöglich bei Abschluss eines Ergebnisabführungsvertrags mit der X-GmbH auch umfassend in 2014 bei der X-GmbH zugerechnet werden. Verzichtete die Y-KG im Rahmen des Formwechsels auf einen Buchwertantrag, so entstünde die Gewerbesteuer auf Gewinne aus Wertsteigerungen nach 2012 bzgl. der Gewerbesteuer noch bei der übertragenden Y-KG und die entsprechende Körperschaftsteuer wiederum unmittelbar bei der Y-GmbH40. Anders als im Fall einer möglichen Organschaftsvariante wären – jedenfalls nach der Interpretation der Finanzverwaltung – die Umwandlungsgewinne allerdings nicht für Zwecke der Zinsschranke auf Ebene der X-GmbH berücksichtigungsfähig. 5. Verlustnutzung/Loss Refresher Sachverhalt:

– X-AG erleidet in 2014 einen hohen, einmaligen Verlust – Der Teilbetrieb Y (TB Y) enthält erhebliche stille Reserven, die sich auch zeitnah wieder amortisieren – Eine gesellschaftsrechtliche Übertragung des Teilbetriebs Y wird durch die Geschäftsleitung abgelehnt

40 Vgl. BMF v. 8.12.2011, BStBl. I, 1279, Tz. 22–26; BFH, Urt. v. 31.7.2013 – I R 44/12, BFH/NV 2013, 2165.

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– X-AG gründet Y-KG und überträgt schließlich zivilrechtlich nur ältere Schreibtische und Computer auf die Y-KG – Zugleich erfolgt die ergänzende rein buchhalterische Zuordnung aller weiteren WG des TB Y gem. § 24 UmwStG in das SBV der Y-KG – Es wird kein Antrag auf Buchwertfortführung gestellt – Ein Jahr später erfolgen erhebliche Entnahmen aus dem SBV zurück in das Eigenbetriebsvermögen der X-AG Die vorstehende Transaktion zeigt in extremer Weise die Flexibilität, die das Mitunternehmerkonzept dadurch eröffnet, dass auch (anteilige) Übertragungen in das Sonderbetriebsvermögen im Sinne des § 24 UmwStG als Übertragung auf die Mitunternehmerschaft qualifiziert.41 Es stellt sich gleichwohl die Frage, ob vorliegend die Kombination der Schritte zu der Annahme eines Gesamtplans führt, da letztlich in Frage gestellt sein könnte, ob tatsächlich final die Übertragung des Teilbetrieb Y angestrebt war. In diesem Zusammenhang wäre aber auch zu hinterfragen, worin der besondere steuerliche Erfolg gesehen werden sollte, der durch Unterstellung eines Gesamtplans zu unterbinden wäre. Denn durch die Transaktion werden stille Reserven in erheblichem Umfang aufgedeckt und damit der Versteuerung gerade zugeführt. Insoweit ergibt sich kein unmittelbares Steuerminderungspotenzial. Es ist allerdings einzuräumen, dass die stillen Reserven mit dem Ziel aufgedeckt werden, mittels der dadurch eintretenden Einkommensglättung über die Perioden ein Eintreten der Mindestbesteuerung und damit eine zumindest vorübergehend erhöhte Cash-Steuerbelastung zu vermeiden. Diesbezüglich ist allerdings wiederum zu beachten, dass jedenfalls gem. BFH-Rechtsprechung die Verlustnutzung ein verfassungsrechtlich geschütztes Recht des Steuerpflichtigen darstellt, welches der Verwirklichung der Besteuerung nach dem Prinzip der Leistungsfähigkeit dient und daher keinen Missbrauch bedeuten könne.42

41 Kritisch hierzu allerdings vor dem Hintergrund der Europäisierung des Umwandlungsteuergesetzes 2006 und dessen mögliche Auswirkungen auf die Transaktionsvariante Patt in Dötsch u.a., UmwStG, § 24 Rz. 15. 42 Vgl. BFH, Urt. v. 17.10.2001 – I R 97/00, BFH/NV 2002, 240.

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6. Verlustnutzung – Zeitpunkt Anwachsung

– Im Sommer 2014 zeichnet sich bei der Y GmbH überraschend ein hoher Verlust ab – Z-KG erzielt hohen Gewinn – Eine Strukturvereinfachung war ohnehin bereits erwogen worden – Anmeldung Verschmelzung X auf Y per 31.8.2014 Die hier relevante Frage geht dahin, welches die Reichweite der steuerlichen Rückwirkungsfiktionen ist. Gem. § 2 Abs. 1 UmwStG sind das Einkommen und das Vermögen der übertragenden Körperschaft sowie des übernehmenden Rechtsträgers so zu ermitteln, als ob das Vermögen mit Ablauf des steuerlichen Übertragungsstichtags übergegangen sei. Dies gilt auch für die Gewerbesteuer sowie, wenn die Übernehmerin eine Personengesellschaft ist, gem. § 2 Abs. 2 UmwStG auch für die Besteuerung der Gesellschafter. Vorliegend besteht allerdings die Besonderheit, dass zwar einerseits zwei Kapitalgesellschaften verschmolzen werden, auf die unmittelbar die §§ 11 ff. i.V.m. § 2 UmwStG Anwendung finden, andererseits jedoch durch diese Verschmelzung zusätzlich eine Anwachsung der nachgeschalteten Z-KG ausgelöst wird und sich damit eine Anwachsung mit der Verschmelzung verknüpft, wobei es jedoch bzgl. der Anwachsung an einer Regelung zum Zeitpunkt deren steuerlicher Wirksamkeit mangelt. Da die Rückwirkungsregelung des § 2 UmwStG explizit nur den übertragenden und den übernehmenden Rechtsträger erfasst, sind mittelbare Drittwirkungen (wie vorliegend die Anwachsung) grundsätzlich nicht Regelungsgegenstand. Insofern spricht einiges dafür, dass die Anwachsung der nachgeschalteten Z-KG erst zu dem Zeitpunkt eintritt, in dem

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der vorletzte Gesellschafter auch zivil- und gesellschaftsrechtlich seinen Anteil an der Z-KG auf die Y-GmbH überträgt. Dies sollte nach allgemeinen Grundsätzen erst der Zeitpunkt der Rechtswirksamkeit der Verschmelzung sein (also deren Eintragung in das Handelsregister). Andererseits lässt sich jedoch auch mit guten Gründen argumentieren, dass die steuerliche Fiktion der rückwirkenden Übertragung des gesamten Vermögens der X auf die Y-GmbH auch den Anteil an der Z-KG umfasst und damit – zumindest für ertragsteuerliche Zwecke – auch die Anwachsung der Z-KG reflexhaft mit Rückwirkung erfolgt.43 7. Umwandlungssperren?

– Einschaltung einer phG KG sowie Überleitung Mehrstimmrecht – Errichtung einer Holding oHG – Einbringung MU-Anteil an OpCo KG in Holding oHG – Schenkung Anteil an Holding Personengesellschaft an Stiftung, die als Kommanditist beitritt, dadurch „Umwandlung“ in KG Ziel der Strukturierung ist die Separierung von Leitungsmacht/Kontrolle einerseits und Vermögen andererseits. In der Familiengesellschaft soll auch in Zukunft (wie auch schon in der Vergangenheit) stets ein Nachfolger die Geschicke des Unternehmens lenken und verantworten. Das Un43 Vgl. hierzu z.B. Dötsch in Dötsch u.a., UmwStG, § 2 Rz. 40; Klingberg in Blümich, EStG, § 2 UmwStG Rz. 26; Frotscher in Frotscher/Maas, KStG, § 2 UmwStG Rz. 49; Patt in Dötsch u.a., UmwStG, § 24 Rz. 77.

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ternehmen soll dazu in Familienhand bleiben und nicht durch finanzielle Interessen einzelner Familienmitglieder gefährdet werden. Weiterhin soll auch der Generationenübergang liquiditätsschonend erfolgen. Vor diesem Hintergrund soll auch zukünftig der Haupterbe und Unternehmensnachfolger in die Rechtsposition des unbeschränkt haftenden Gesellschafters eintreten. Der unternehmensbeherrschende und persönlich haftende Gesellschafter soll zur Absicherung seiner Position weiterhin auch zukünftig über ein Mehrstimmrecht verfügen. Das Gesellschaftskapital soll dagegen grundsätzlich auf eine Unternehmensstiftung übertragen werden, um langfristig stabile Kapitalverhältnisse darzustellen und den Zugriff der Familie (bzw. bestimmter Familienmitglieder) auf das Unternehmensvermögen auszuschließen. Nur geringe Teile des Kapitals würden bei einigen Nachkömmlingen verbleiben. Zur Perpetuierung der Struktur soll daher zum einen eine neue KG errichtet (phG-KG) und auf diese das Mehrstimmrecht übergeleitet werden, welches bislang der phG persönlich innehat. Die phG-KG soll ihrerseits weiterhin unbeschränkt haftende Gesellschafterin der operativen Gesellschaft werden. Sodann soll eine Holding-OHG errichtet werden (die Gesellschaft entsteht in der Rechtsform der OHG, da zunächst nur unbeschränkt haftende Gesellschaften beteiligt sind), um auf diese den Kapitalanteil an der operativen Gesellschaft gem. 24 UmwStG zu übertragen. In einem letzten Schritt erfolgt dann die schenkweise Übertragung des Kapitalanteils an der OHG auf die Stiftung. Die Stiftung tritt der Holding Gesellschaft als Kommanditist bei, sodass diese sich dadurch in eine KG wandelt. Die phG-KG bleibt an der Holding-KG unbeschränkt haftender Gesellschafter. Im Ergebnis bewirkt dies damit in Bezug auf den Hauptgesellschafter eine Trennung zwischen Kapital und Kontrolle/Einflussnahme. Im Rahmen der Absicherung der Umstrukturierung durch eine verbindliche Auskunft wurden insbesondere folgende Vorbehalte von Seiten der Finanzverwaltung geäußert: Es sei zweifelhaft, ob die Übertragung des Mitunternehmeranteils an der operativen Gesellschaft auf die Holding-OHG gem. § 24 UmwStG begünstigt sei, da zum einen die OHG zu diesem Zeitpunkt keinen Gewerbebetrieb unterhalte und daher auch keine Mitunternehmerschaft repräsentiere, woraus weiterhin folge, dass dem übertragenden, persönlich haftenden Gesellschafter auch keine Mitunternehmeranteile im Sinne des § 24 UmwStG gewährt würden. Darüber hinaus scheide die Anwendung des § 24 UmwStG auch deshalb aus, da der übertragende Hauptgesellschafter nur für sehr kurze Frist Gesellschafter der Holding wäre, wodurch auch aus diesem Grund keine Mitunternehmerstellung

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erlangt würde (Durchgangserwerb sei nicht hinreichend zur Begründung einer Stellung als Mitunternehmer). Weiterhin sei der Übertragungsgegenstand auch kein „gesamter Mitunternehmeranteil“, der alle wesentlichen Betriebsgrundlagen repräsentiere, da das in der Ausgangslage dem persönlich haftenden Gesellschafter unmittelbar zustehende Mehrstimmrecht vom Kapitalanteil vor Übertragung schädlich abgetrennt würde und daher auch aus diesem Grund die Übertragung des Kapitalanteils an der operativen Gesellschaft (Ausstattung mit lediglich „normalen“ Stimmrechten, die allerdings materiell durch das Mehrstimmrecht des persönlich haftenden Gesellschafters gemindert sind) keinen qualifizierenden Mitunternehmeranteil mehr darstelle. Die Rechtslage stellt sich wie folgt dar: Der Bundesfinanzhof hat mit Urteil vom 26.6.201444 entschieden, dass es für die sogenannte Abfärbewirkung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 Alt. 2 EStG nicht ausreiche, wenn sich eine vermögensverwaltende Obergesellschaft an einer Untergesellschaft als Mitunternehmer im Sinne von § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG beteiligt. Es wird vielmehr nach Auffassung des Gerichts auch ein „Bezug“ von Gewinnanteilen im Sinne des § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG im betreffenden Veranlagungs- und Feststellungszeitraum vorausgesetzt. Im Urteilsfall beteiligte sich eine vermögensverwaltend tätige GmbH & Co. KG am 14. Oktober 2005 mit Wirkung zum 1. Juli 2005 an einer originär gewerblich tätigen KG als Kommanditistin. Die originär gewerblich tätige Tochter-KG hatte jedoch ein abweichendes Wirtschaftsjahr vom 1. Juli bis zum 30. Juni. Für das Streitjahr 2005 schied nach Auffassung des BFH daher eine Umqualifizierung der Einkünfte der vermögensverwaltend tätigen KG aus Kapitalvermögen in gewerbliche Einkünfte aus, da diese aufgrund der zeitlichen Zuordnungsvorschrift des § 4a Abs. 2 Nr. 2 EStG in Verbindung mit dem abweichenden Wirtschaftsjahr im Veranlagungszeitraum 2005 (noch) keine Einkünfte aus Gewerbebetrieb bezogen hatte, sondern vielmehr erst im darauf folgenden Veranlagungszeitraum 2006, in dem das abweichende Wirtschaftsjahr der gewerblich tätigen Untergesellschaft endete. Dieses Urteil verblüfft zum Teil, entspricht wohl auch nicht der bislang herrschenden Meinung45 und kann insbes. in Fällen abweichender Wirtschaftsjahre u.U. zu Problemen führen, soweit dies zur Folge hätte, dass bei „versetzten“ Wirtschaftsjahren“ die Einbringung in die lediglich vermögensverwaltende Obergesellschaft für den betreffenden Veranlagungszeitraum nicht mehr zur Gewerblichkeit der Obergesellschaft führt. In44 BFH, Urt. v. 26.6.2014 – IV R 5/11, BFH/NV 2014, 1826. 45 Vgl. z.B. Patt in Dötsch u.a., UmwStG, § 24 Rz. 75.

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folgedessen erscheint dann gleichfalls fraglich, ob die lediglich vermögensverwaltende Gesellschaft dem einbringenden Gesellschafter bereits im Zeitpunkt der Einbringung eine Mitunternehmerstellung vermitteln kann, die gem. § 24 UmwStG zwingende Voraussetzung für die Buchwertfortführung darstellt. Darüber hinaus erscheint selbst dann, wenn Wirtschafts- und Kalenderjahr beider Gesellschaften übereinstimmen, die Frage nicht klar, ob im Zeitpunkt einer unterjährigen Einbringung bereits eine Mitunternehmerstellung gewährt werden kann, denn im Moment der Einbringung fehlt es nach dieser engen Sichtweise wohl stets (noch) am Bezug von gewerblichen Einkünften, da die Abfärbewirkung erst mit Gewinnbezug eintreten soll. Letztlich muss man sich womöglich fragen, ob die BFH Entscheidung insofern nicht hilfreich und vielleicht auch nicht zutreffend ist. Denn scheidet zum Beispiel ein Gesellschafter während des laufenden Wirtschaftsjahres aus, so wird diesem auch bereits vor Ablauf des Wirtschaftsjahres der betreffenden Personengesellschaft ein entsprechender Gewinnanteil zugewiesen. Der steuerliche Bezugszeitpunkt der Einkünfte ist damit mehr ein technischer Zeitpunkt, da man nicht jeden einzelnen Geschäftsvorfall jedem Mitunternehmer zurechnen möchte (wodurch sich unmittelbar die Vergleichbarkeit mit dem Einzelunternehmer ergäbe), sondern den Erfolg einer definierten Periode – Wirtschaftsjahr oder im Veräußerungsfall die kürzere Periode – als Saldobetrag. Im Sinne der Abfärbewirkung erscheint es allerdings nahe liegender davon auszugehen, dass ab dem Moment der mitunternehmerischen Beteiligung einer vermögensverwaltenden Obergesellschaft die Abfärbewirkung eintritt, da es unauflöslich ab diesem Zeitpunkt zu gewerblichen Einkünften kommen wird (entweder mit Ablauf des Wirtschaftsjahres oder im Falle eines früheren Verkaufs bereits zu diesem Zeitpunkt) und nur rein technisch der Bezug dieser Einkünfte im Regelfall auf den späteren Gewinnermittlungszeitpunkt erfolgt, aber die Obergesellschaft gleichwohl von Beginn an als Mitunternehmer an der Untergesellschaft beteiligt ist und insoweit gewerbliche Einkünfte erzielt wodurch wiederum auch entsprechend der Einbringende bereits im Zeitpunkt der Übertragung eine Mitunternehmerstellung begründen sollte. Im Hinblick auf das Vorliegen eines lediglich „schädlichen Durchgangserwerbs“ durch den Einbringenden stellt sich die Rechtslage wie folgt dar: Zunächst erfolgt eine Einbringung im Sinne des § 24 UmwStG. Daran schließt sich eine unentgeltliche Rechtsnachfolge bzgl. des neu geschaffenen Mitunternehmeranteils an. Der unentgeltliche Rechtsnachfolger tritt dabei vollumfänglich in die Rechtsstellung des Übertragenden ein. Entsprechend gelten sämtliche für die Besteuerung relevanten Fristen fort: D.h. diese werden weder schädlich unterbrochen, noch laufen diese neu an. Vielmehr führt die unentgeltliche Rechtsnachfolge dazu, dass das Steuerrecht eine Zusammenschau der Behaltefrist für Schenker und Be250

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schenkten vornimmt. Diese Zusammenschau belegt zum Beispiel auch der Erlass des BMF zu § 6 Abs. 3 EStG46, nach dem bei Zurückbehalt von Sonderbetriebsvermögen bei dem Schenker und (lediglich) Übertragung des Gesamthandsvermögens (was in diesen Fällen eine fünfjährige Sperrfrist auslöst), bei schädlicher Verwendung durch den Beschenkten dies gem. § 6 Abs. 3 EStG die Ertragsteuerneutralität der Schenkung aufhebt. Mit anderen Worten: Nur dann, wenn der Beschenkte schädlich über das Vermögen verfügt, stellt dies die vorangegangene Steuerneutralität der Übertragung in Frage. Solange und soweit dagegen der Übernehmer das Geschenkte fortführt, ist die Buchwertübertragungen zwingend. Selbst eine weitere unentgeltliche Weiterübertragung durch den Schenker bleibt unschädlich. Dem Rechtsnachfolger werden nur jeweils die Behaltefristen des Rechtsvorgängers wiederum auferlegt47. Auch im Rahmen des Umwandlungssteuergesetzes gelten diese Grundsätze der unentgeltlichen Rechtsnachfolge. Die Regelungen zu § 24 UmwStG (hier insbesondere bezüglich Abs. 5) in Verbindung mit § 22 Abs. 1 und Abs. 6 UmwStG sowie Rz. 22.41 des Umwandlungserlasses zeigen, dass der Gesetzgeber und die Finanzverwaltung eindeutig davon ausgehen, dass im Anschluss an Umwandlungen entgeltliche oder unentgeltliche Weiterübertragungen erfolgen können (und dies nicht die Möglichkeit zur Buchwertumwandlung in Frage stellt) und hat dementsprechend an Folgetransaktion bestimmte, aber unterschiedliche steuerliche Folgen geknüpft. Insbesondere die unentgeltliche Rechtsnachfolge führt dabei – genau wie im Falle des vorzitierten Erlasses – dazu, dass der unentgeltliche Rechtsnachfolger vollumfänglich in die Rechtsposition des Vorgängers eintritt, sämtliche Sperrfristen übergehen und damit steuerrechtliche Kontinuität zwischen Schenker und Beschenktem hergestellt wird.48 Bei einem Aufeinanderfolgen von zwei Vorgängen nach § 24 UmwStG einerseits und § 6 Abs. 3 EStG andererseits sowie bei steuerrechtlicher Kontinuität zwischen Schenker und Beschenktem wäre die Forderung nach einer Mindesthaltedauer bei dem Schenker nach einer Einbringung gemäß § 24 UmwStG systemwidrig und kann entsprechend nicht zutreffend sein. Bezüglich der Relevanz des Mehrstimmrechts sei auf Folgendes hingewiesen:

46 Vgl. BMF v. 3.3.2005, BStBl. I, 458, Rz. 13. 47 Vgl. BMF a.a.O., Rz. 14. 48 Für Fälle der unentgeltlichen Rechtsnachfolge regelt dies für den Bereich des § 24 UmwStG in diesem Sinne auch eindeutig der Umwandlungssteuererlass unter „VIII. Unentgeltliche Rechtsnachfolge“ und verweist inhaltlich voll zurück auf Tz. 22.41 des Erlasses.

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§ 24 UmwStG ist nur anwendbar, wenn ein gesamter Mitunternehmeranteil (d.h. alle wesentlichen Betriebsgrundlagen) Gegenstand einer Übertragung ist. Es erscheint aber nicht zutreffend, dass eine auf besonderer Satzungsregelung beruhende „Sonderausstattung“, die ausschließlich einem Komplementär, der zugleich natürliche Person ist, zugestanden wird, auch bei der Übertragung auf einen Kommanditisten Gegenstand der Übertragung sein muss. Dies auch bereits deshalb, da es diesbzgl. bereits an der Wirtschaftsgutseigenschaft mangelt: Es handelt sich nicht um ein getrennt und frei übertragbares Recht. Es befindet sich auch weder im Gesamthandsvermögen der Gesellschaft, noch im Sonderbetriebsvermögen des Gesellschafters, es ist vielmehr ein besonderes Merkmal des Gesellschaftsanteils selbst, der steuerlich gerade kein Wirtschaftsgut darstellt. Dies bestätigt auch die BFH-Rechtsprechung:49 Hiernach stellt ein Sonderstimmrecht keinen Vermögensgegenstand, sondern lediglich eine an die Person des betreffenden Gesellschafters gebundene unselbständige Ausgestaltung seines Stimmrechtes in der Gesellschafterversammlung ohne konkreten Bezug auf das Vermögen des Gesellschafters dar. Hierdurch unterscheide sich das Sonderstimmrecht von selbständigen Rechtspositionen, die z.B. auch an andere abgetreten werden können. Entsprechend liege kein selbstständiger Vermögensgegenstand vor. Würde die Beteiligung im gewöhnlichen Geschäftsverkehr veräußert, so fiele das Mehrstimmrecht gleichfalls weg. Es sei in der Person des Gesellschafters begründet und stand nach den im Gesellschaftsvertrag getroffenen Regelungen nur ihm persönlich zu und wäre auch nicht im Rahmen einer Übertragung auf einen Erwerber übergegangen. Damit belegt auch vorstehende BFH-Rechtsprechung, dass ein persönliches Stimmrecht weder Vermögensgegenstand (und damit Wirtschaftsgut50, („die Begriffe „Vermögensgegenstand“ und „Wirtschaftsgut“ [stimmen] inhaltlich überein“)51) noch im Gesamthands- bzw. Sonderbetriebsvermögen des Mitunternehmeranteils befindlich ist, sondern vielmehr unselbstständige Ausgestaltung des Stimmrechts in der Gesellschafterversammlung. Das Sonderstimmrecht stellt damit kein Wirtschaftsgut und auch keine wesentliche Betriebsgrundlage dar. Dieser Befund ist klar von der Frage abzugrenzen, ob und in welchem Umfang insbesondere Beteiligungen an Komplementär GmbHs, als wesentliche Betriebsgrundlage Übertragungsgegenstand sein müssen, um einen qualifizierenden Mitunternehmeranteil darzustellen. Werden Stimmrechte durch eine Komplementär GmbH vermittelt, so liegt in 49 Vgl. BFH, Urt. v. 30.1.2013 – II R 38/11, BFH/NV 2013, 1033. 50 Vgl. BFH, Beschl. v. 7.8.2000 – GrS 2/99, BStBl. II 2000, 632. 51 Schubert/Krämer in Beck’scher Bilanz-Kommentar, 9. Aufl. 2014, § 247, Tz. 12.

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Form des Anteils an dieser Gesellschaft ein Wirtschaftsgut vor, in dessen Folge die durch die betreffende GmbH vermittelten Einflussmöglichkeiten zu der Frage führen, ob im Einzelfall der GmbH-Anteil eine wesentliche Betriebsgrundlage bedeutet. 8. Errichtung Treuhand-KG Sachverhalt:

– Komplementär hält fast das gesamte Kapital – Kommanditist vereinbart Treuhandschaft bzgl. seines Anteils in Treuhänderstellung Der BFH hat in den vergangenen Jahren zweimal dahingehend entschieden52, dass in Abwesenheit eines zweiten, mitunternehmerisch beteiligten Gesellschafters eine Personengesellschaft für ertragsteuerliche Zwecke (aber z.B. nicht für umsatzsteuerliche Zwecke) zu einer Einmann-Personengesellschaft wird und aufgrund der reinen Treuhänderstellung des Kommanditisten sämtliche durch die Personengesellschaft

52 Vgl. BFH, Urt. v. 1.10.1992 – IV R 130/90, v. 3.2.2010 – IV R 26/07, BStBl. II 2010, 751; bzgl. der Gewerbesteuer entgegen die Finanzverwaltung: OFD Hannover v. 22.3.2005, DB 2005, 858; OFD Magdeburg v. 4.4.2005, DStR 2005, 867; vgl. auch die Kurzinformation der OFD Münster v. 13.2.2004, betreffend die gewerbesteuerliche Behandlung des so genannten Treuhandmodells (im Vorfeld der OFD-Verfügungen), DStR 2005, 744.

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gehaltenen Wirtschaftsgüter unmittelbar dem einzigen wirtschaftlich Beteiligten (§ 39 Abs. 2 Nr. 2 AO) zuzurechnen sind. Es fehlt allerdings an steuerlichen Regelungen zur Behandlung des Übergangs von einer gewerblichen Mitunternehmerschaft auf eine TreuhandKG. Eine mögliche steuerliche Problematik in diesem Zusammenhang könnte darin gesehen werden, dass die Vereinbarung der Treuhänderstellung zwar ertragsteuerlich zu der Beendigung der Mitunternehmerschaft führt, handelsrechtlich aber die Personengesellschaft fortbesteht. Daran schließt sich die Frage an, ob die Beendigung der Mitunternehmerschaft für steuerliche Zwecke entsprechend der Anwachsung behandelt werden kann obwohl es handelsrechtlich gerade an einer Anwachsung fehlt und wie in diesem Fall die Besteuerungskonsequenzen zu beurteilen wären. Relevant ist die Fragestellung zum einen bzgl. der stillen Reserven in den übergehenden Wirtschaftsgütern. Gehen diese ohne Realisierung in Höhe der bereits zuvor bestehenden Beteiligungsquote des einzigen wirtschaftlich beteiligten Gesellschafters auf diesen über oder sind diese (voll) aufzudecken. Zum anderen betrifft es die Frage, ob bestehende Verlust- und/oder Zinsvorträge gleichfalls in Höhe der bereits bestehenden Beteiligungsquote übergehen. Meines Erachtens spricht sehr vieles dafür, auf den vorliegenden Fall die ertragsteuerlichen Grundsätze zur Anwachsung anzuwenden, da jedenfalls ertragsteuerlich die Wirkungen auch vollumfänglich einer Anwachsung entsprechen. Daher sollten die stillen Reserven,53 Verluste54 und Zinsvorträge55 in Höhe der Beteiligungsquote auf den „letzten“ und einzigen Gesellschafter übergehen. 53 Schmidt, EStG, § 6 Rz. 654; BFH, Urt. v. 10.3.1998 – VIII R 76/96, BStBl. II 1999, 269; Patt in Dötsch u.a., UmwStG, § 24 Rz. 76. 54 Vgl. GewStR 10 a.3: Wird nach dem Ausscheiden von Gesellschaftern aus einer Personengesellschaft der Gewerbebetrieb von dem einen Gesellschafter fortgeführt, kann dieser vom Gewerbeertrag des Einzelunternehmens einen verbleibenden Fehlbetrag der Gesellschaft insoweit abziehen, als dieser Betrag gem. § 10a Satz 4 und 5 GewStG auf ihn entfällt. Dies gilt auch, wenn der den Gewerbebetrieb fortführende Gesellschafter eine Kapitalgesellschaft ist, sowie in den Fällen der Verschmelzung einer Personengesellschaft auf einen Gesellschafter. 55 Gegen den Erhalt des Zinsvortrags könnte § 4h Abs. 5 S. 1 EStG sprechen, da der steuerlich für die Zinsschranke relevante Betrieb von der XY-KG auf die X-GmbH wechselt. Wendet man allerdings die Grundsätze zur Anwachsung an, sollte der Zinsvortrag in Höhe der Beteiligungsquote fortbestehen. So z.B. zur Anwachsung, Heuermann in Blümich, EStG, § 4h, Rn. 106: „Scheidet ein G’ter aus einer zweigliedrigen Ges aus, bleibt dem Letztverbleibenden (jetzt Einzelunternehmer) der quotale EBITDA- und Zinsvortrag (gl.A. K/S/M, § 4h Rz. F 52).“

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Dies lässt sich womöglich auch mit der Kontrollüberlegung belegen, dass anderenfalls in vorliegenden Konstellationen zunächst für eine logische Sekunde auch für gesellschaftsrechtliche Zwecke eine Anwachsung vorgenommen werden könnte (statt unmittelbare Begründung des Treuhandverhältnisses zunächst Austritt des zweiten Gesellschafters wodurch die Personengesellschaft auch gesellschaftsrechtlich auf den letzten verbleibenden Gesellschafter anwächst), um unmittelbar danach die Gesellschaft als Treuhandgesellschaft „wieder zu errichten“. Das bedeutet, dass die gerade per Anwachsung übergegangenen Wirtschaftsgüter gesellschaftsrechtlich auf die nunmehr als Treuhand-KG „wieder erstandene Gesellschaft“ zu übertragen wären. In dieser Variante wäre die Anwachsung wohl nach allgemeinen Grundsätzen zu behandeln. Die Zurückübertragung auf die Treuhand-KG bliebe ertragsteuerlich irrelevant, da die Wirtschaftsgüter nicht das Eigenbetriebsvermögen des übertragenden Gesellschafters verlassen. Damit sollte auch der Fall der „direkten Errichtung“ der Treuhand-KG nicht schärfer besteuert werden können. 9. Verschmelzung auf die Treuhand-KG Sachverhalt:

– Verschmelzung der GmbH auf die Treuhand-KG 255

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Die Treuhand-KG bedeutet eine Ein-Unternehmer-Personengesellschaft. Kommt es zur Aufwärtsverschmelzung der Tochter-GmbH auf die Treuhand-KG, so stellt sich aus ertragsteuerlicher Sicht die Frage, ob – und wenn ja – nach welchen Normen diese Verschmelzung ertragsteuerneutral erfolgen kann. Da die Treuhand-KG ertragsteuerlich negiert wird, stellt sich die Verschmelzung der Tochter-GmbH steuerlich als eine solche direkt auf die Treugeber-GmbH dar, da dieser gem. § 39 Abs. 2 AO der gesamte Betrieb (und damit alle Wirtschaftsgüter) der Treuhand-KG unmittelbar zuzurechnen ist. Wirtschaftliches und rechtliches Eigentum fallen damit auseinander. Aufgrund der uneingeschränkten Zurechnung des Betriebsvermögens der Treuhand-KG zum Treugeber gem. § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO spricht damit im Grundsatz vieles dafür, diese Sichtweise auch auf die Anwendbarkeit des Umwandlungssteuergesetzes durchschlagen zu lassen, da sich anderenfalls (wie sich nachstehend zeigt) womöglich unauflösbare logische Brüche aufgrund der Inkonsistenz der Rechtskreise einstellen würden. Nach Ansicht der Finanzverwaltung56 sei allerdings nicht die oben dargestellte steuerliche Qualifikation unter Einbeziehung der Zurechnung zum Treugeber beachtlich, vielmehr solle die Übertragung wortlautgetreu nach dem Umwandlungssteuergesetz (und damit unter Außerachtlassung der abweichenden Zurechnungsregelung des § 39 AO) erfolgen. Zivilrechtlich liegt eine Verschmelzung der Tochter-GmbH auf die Treuhand-KG, also auf eine Personengesellschaft, vor. Die Verschmelzung einer Kapital- auf eine Personengesellschaft wird grundsätzlich durch die § 3 ff. UmwStG geregelt. Hiernach setzt die Buchwertfortführung unter anderem voraus, dass die übergehenden Wirtschaftsgüter Betriebsvermögen der übernehmenden Personengesellschaft werden.57 Die Finanzverwaltung folgert daraus für den vorliegenden Fall, dass diese Voraussetzung nicht erfüllbar sei, da das übergehende Vermögen nicht Betriebsvermögen der Treuhand-KG, sondern aufgrund der steuerlichen Zurechnungsregelung des § 39 AO solches des Treugebers wird. Als Konsequenz dessen seien in der Schlussbilanz der übertragenden Tochter-GmbH die gemeinen Werte anzusetzen.58 56 Vgl. OFD Niedersachsen, Verf. v. 7.2.2014, GmbHR 2014, 504. 57 Vgl. § 3 Abs. 2 Nr. 1 UmwStG. 58 So auch der UmwStE in Tz. 3.16: Die übertragenen Wirtschaftsgüter müssen Betriebsvermögen der übernehmenden Personengesellschaft oder der natürlichen Person werden. Diese Voraussetzung liegt auch dann nicht vor, wenn die übernehmende Personengesellschaft keine Einkünfte i.S.d. § 15 EStG erzielt und die Beteiligung an dieser Personengesellschaft zu einem in- oder ausländischen Betriebsvermögen gehört (sog. Zebragesellschaft); vgl. auch Tz. 08.03.

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Ob diese sehr enge Sichtweise der Finanzverwaltung trägt, darf zumindest angezweifelt werden. Zum einen ist darauf hinzuweisen, dass in beiden Fällen keine Gefährdung des deutschen Besteuerungsrechts hinsichtlich der übertragenden stillen Reserven besteht.59 Zum anderen gilt es zu bedenken, dass die gesamten Regelungen des Umwandlungssteuergesetzes darauf abzielen, gesellschaftsrechtlich vorgesehene Umwandlungsvorgänge steuerlich nicht zu sanktionieren (mit anderen Worten: Auch bei der interpersonellen Übertragung von stillen Reserven diesen Übergang zu Buchwerten zu ermöglichen soweit das Besteuerungsrecht an den stillen Reserven nicht gefährdet wird) und hierfür grundsätzlich im Umwandlungssteuerrecht in umfassender Weise entsprechende Regelungen getroffen wurden. Die Tatsache, dass die Verschmelzung auf Treuhand-Personengesellschaften nicht ausdrücklich geregelt wurde, sollte daher nicht zu der Schlussfolgerung zwingen, dass diese Umwandlung nicht dem Buchwertprivileg zugänglich wäre bzw. sein sollte. Einerseits bietet es sich an, von einer echten Gesetzeslücke auszugehen, die entsprechend zu schließen wäre, oder man löst den Fall unter Berücksichtigung der Zurechnungsregelung des § 39 AO, in dem die Zurechnungsregelung auch in die jeweils bezeichnenden Umwandlungsvorgänge hineingelesen wird. In beiden Fällen ergäbe sich, dass sowohl eine lückenfüllende als auch eine § 39 AO berücksichtigende ergänzende Auslegung zu dem Ergebnis führen würde, dass es sich aus ertragsteuerlicher Sicht um eine Verschmelzung gem. § 11 ff. UmwStG handelt, die dann wiederum im Grundsatz einer Buchwertverknüpfung zugänglich wäre. Eine planwidrige Regelungslücke besteht dann, wenn das Gesetz, gemessen an seinem eigenen Ziel und Zweck, unvollständig, also ergänzungsbedürftig ist, und eine Ergänzung nicht einer dem Gesetz gewollten Beschränkung auf bestimmte Tatbestände widerspricht.60 Ginge man davon aus, dass das Umwandlungssteuergesetz die Fälle der Buchwertübertragung abschließend geregelt hätte, so stellt sich gleichwohl die Frage, ob dies dazu führt, dass vorliegend von keiner planwidrigen Regelungslücke ausgegangen werden kann. Dies deshalb, da der Gesetzgeber sowohl die Übertragung des Vermögens einer Kapitalgesellschaft auf eine Personengesellschaft als auch auf eine andere Kapitalgesell-

59 So auch Suchanek/Hesse, Steuerliche Behandlung des Formwechsels einer GmbH in eine Treuhand-KG, GmbH-Rundschau 2014, 466; a.A. Möhlenbrock/Pung in Dötsch u.a., KStG, § 3 UmwStG Rz. 33a; Möhlenbrock in Dötsch u.a., KStG, § 8 UmwStG Rz. 11. 60 Vgl. BFH, Beschl. v. 10.4.2013 – I R 80/12, BFH/NV 2013, 1834, Rz. 28.

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schaft regeln wollte und geregelt hat. Es erscheint auch erkennbar, dass es der Plan des Gesetzgebers war, dass immer dann, wenn nach der Vermögensübertragung die weitere Besteuerung der stillen Reserven sichergestellt ist, eine Buchwertübertragung im Grundsatz gewährt werden soll. Vor diesem Hintergrund erscheint es aber nur schwer verständlich, dass ein – dem Gesetzgeber womöglich tatsächlich im Moment der Gesetzgebung nicht vor Augen schwebender Fall – hätte nicht auch erfasst sein sollen. Damit spricht vieles dafür, dass auch der vorliegende Fall – wäre er gesehen worden – explizit der Buchwertfortführung zugänglich gemacht worden wäre. Da weder das Gesetz noch die Gesetzesmaterialien darauf hindeuten, dass der vorliegende Fall als Gegenausnahme zum vorgeschriebenen Grundsatz gesehen wurde, spricht daher vieles für eine im Wege der Auslegung zu schließende Gesetzeslücke. Es ist in diesem Zusammenhang allerdings auf eine Entscheidung des BFH bzgl. einer Umwandlung der öffentlichen Hand (Eigentrieb einer Gemeinde wurde in eine rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts umgewandelt) hinzuweisen, bei der der BFH von keiner Gesetzeslücke ausging. Hierbei handelte es sich allerdings auch um einen Fall, der insgesamt außerhalb des Regelungsbereichs des Umwandlungsgesetzes angesiedelt war.61 Des Weiteren würde sich die Frage stellen, ob die Ausnahme vom Buchwertprivileg für Verschmelzungen auf Treuhand-KGs womöglich auch verfassungswidrig wäre. Wie z.B. auch der Vorlagebeschluss des BFH zur Übertragung auf Schwester-Personengesellschaften62 darlegt, besitzt der Gesetzgeber zwar einerseits einen weiten Gestaltungsspielraum, andererseits muss er aber nach einer getroffenen Grundsatzentscheidung im Sinne der Folgerichtigkeit Gleiches gleich und Ungleiches ungleich behandeln. Im Interesse verfassungsrechtlich gebotener steuerlicher Lastengleichheit muss daher darauf abgezielt werden, Steuerpflichtige bei gleicher Leistungsfähigkeit auch gleich hoch zu besteuern. Bei der Ausgestaltung des steuerrechtlichen Ausgangstatbestands muss die einmal getroffene Belastungsentscheidung folgerichtig im Sinne der Belastungsgleichheit umgesetzt werden.63 Im Grundsatz führen die Regelungen des Umwandlungssteuergesetzes dazu, dass die Übertragung von Vermögen von einer Kapitalgesellschaft in ein anderes Betriebsvermögen, bei der auch die zukünftige Besteuerung der übertragenen stillen Reser-

61 Vgl. BFH, Urt. v. 12.1.2011 – I R 112/09, BFH/NV 2011, 1194. Der BFH verneinte eine analoge Anwendung von Vorschriften des Umwandlungssteuergesetzes auf den Streitfall, da es an einem dafür erforderlichen vergleichbaren Sachverhalt und einer planwidrigen Regelungslücke mangele. 62 Vgl. BFH, Beschl. v. 10.4.2013 – I R 80/12, BFH/NV 2013, 1834. 63 Vgl. BFH, Beschl. v. 10.4.2013 – I R 80/12, BFH/NV 2013, 1834, Rz. 37.

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ven sichergestellt ist, zu Buchwerten möglich ist. Wird nur ein einziger, bestimmter Fall nicht begünstigt, so mag dies ein Verstoß gegen das Gebot der Ausrichtung der Steuerlast am Prinzip der finanziellen Leistungsfähigkeit und der Folgerichtigkeit bedeuten. Vorliegend könnte die Versagung des Buchwertprivilegs daher als ein gleichheitswidriger Begünstigungsausschuss angesehen werden. 10. Formwechsel und Anwachsung Sachverhalt:

1. Formwechsel der GmbH in eine gewerbliche Zweimann-KG (keine Treuhand-KG) 2. Anwachsung der KG auf die Treuhand-KG durch Austritt der Komplementär-GmbH 259

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Der vorliegende Sachverhalt unterscheidet sich von dem vorangegangenen dadurch, dass keine unmittelbare Verschmelzung der TochterGmbH auf die Treuhand-KG, sondern zunächst ein Formwechsel gem. § 9 UmwStG in eine gewerbliche Personengesellschaft erfolgt (annahmegemäß handelt es sich um eine Zwei-Mann-KG (echte Mitunternehmerschaft) und keine Treuhand-KG) und erst im anschließenden Schritt durch Austritt des „Zwerg-Gesellschafters“ die Anwachsung der durch Formwechsel entstandenen mitunternehmerischen KG auf die Treuhand-KG vorgenommen wird. Erst durch den zweiten Schritt erfolgt der gegebenenfalls steuerlich problematische Vermögensübergang, also die „steuerrechtliche Anwachsung“ nicht nur auf die Treuhand-KG sondern vielmehr zugleich auf den dahinterstehenden Treugeber (§ 39 Abs. 2 AO). Hieraus ergibt sich – in Abweichung zu dem vorangegangenen Fall – der grundsätzliche Befund, dass sowohl der Formwechsel der GmbH in eine Mitunternehmerschaft (Personengesellschaft) als auch die anschließende Anwachsung grundsätzlich zu Buchwerten erfolgen kann. Es stellt sich gleichwohl die Frage, ob dies als Missbrauch/Umgehung oder schädlicher Gesamtplan einzuordnen wäre, soweit damit eine ggf. nach Ansicht der Finanzverwaltung fehlende Möglichkeit zur Erlangung einer Buchwertübertragung bewirkt wird. Dies könnte womöglich auch damit begründet werden, dass der Formwechsel von der GmbH in die KG nur einen kurzfristigen Zwischenschritt darstellt, da die KG zeitnah durch Austritt des zweiten Gesellschafter erlischt und damit ein zusätzliches Indiz dafür darstellt, dass die Umwandlung in die KG nicht von Dauer war und daher womöglich steuerlich zu negieren sein könnte. Den vorstehenden Argumenten sind die zum vorangegangenen Fall vorgetragenen Aspekte entgegenzuhalten. Wenn und soweit im Grundsatz der Gesetzgeber den Vermögensübergang bei fortbestehender Verhaftung der stillen Reserven zu Buchwerten zulassen möchte, sollten Gestaltungen, die dieses Ziel des Gesetzgebers nicht in Frage stellen, nicht als missbräuchlich bzw. schädlicher Gesamtplan zu qualifizieren sein.

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11. Umwandlung in Kapitalgesellschaft und Wegzug Sachverhalt:

Im Rahmen von Umwandlungsfällen in Verbindung mit der Aufgabe der unbeschränkten Steuerpflicht im Inland ergeben sich je nach Reihenfolge der Transaktion zum Teil verblüffende Unterschiede in den Besteuerungsfolgen. Ausgangspunkt der Überlegung sei ein Gesellschafter einer deutschen, in Deutschland operativ tätigen KG. Entsprechend besteht eine inländische, deutsche Betriebsstätte sowohl gem. § 12 AO als auch gem. Art. 7 OECD Musterabkommen. Alternative 1: Wegzug ohne Umwandlung Verzieht der vorstehend beschriebene Gesellschafter unter Aufgabe seiner unbeschränkten Steuerpflicht im Inland in das Ausland, führt dies im Grundsatz zu keiner Entstrickungsbesteuerung bzgl. des Betriebsvermögens der deutschen KG. Das gem. § 49 Abs. 1 Nr. 2 EStG national fortbestehende Besteuerungsrecht Deutschlands für im Inland belegene Betriebsstätten beschränkt Steuerpflichtiger wird auch durch die einschlägige DBA-Regelung des Art. 7 OECD-Musterabkommen nicht eingeschränkt, sodass sowohl im Nicht-DBA-Fall als auch im Muster-DBAFall das deutsche Besteuerungsrecht uneingeschränkt fortbesteht.

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Alternative 2: Erst Umwandlung, dann Wegzug In dieser Alternative erfolgt bei unbeschränkter Steuerpflicht im Inland der Formwechsel aus der Mitunternehmerschaft in eine Kapitalgesellschaft. Dies ist gem. § 25 UmwStG i.V.m. § 20 UmwStG vorliegend grundsätzlich zu Buchwerten möglich. Im Rahmen des anschließenden Wegzugs kommt es nunmehr darauf an, ob der Wegzug in einen DBA- oder Nicht-DBA-Staat erfolgt (wobei hier jeweils unterstellt wird, dass im Falle eines DBA das Besteuerungsrecht im neuen Ansässigkeitsstaat belegen wäre), sowie, ob der Zuzugsstaat ein qualifizierender EU/EWR-Staat ist. Erfolgt der Wegzug in einen DBA-Drittstaat, so führt dies zur rückwirkenden Auslösung des sog. Einbringungsgewinns I wegen Verstoß gegen die Ansässigkeitsvoraussetzung des § 22 Abs. 1 Nr. 6 UmwStG. Wenn und soweit sich seit dem rückwirkenden Einbringungszeitpunkt weitere stille Reserven gebildet haben sollten (der Einbringungsgewinn I erhöht insofern bereits die Anschaffungskosten an den Anteilen) so wären weitere Mehrwerte gem. § 6 AStG grundsätzlich im Wegzugszeitpunkt zu versteuern (unter Umständen greifen für einen 5- bzw. 10-Jahre Zeitraum bestimmte Gegenausnahmen – § 6 Abs. 4 AStG). Erfolgt der Wegzug in das EU/EWR-Ausland, so greift im Grundsatz eine zeitlich unbeschränkte Stundung der nach § 6 AStG festgesetzten Steuer, die auch unentgeltliche Rechtsnachfolger bei Ansässigkeit im EU/ EWR Raum mit umfasst. Alternative 3: Erst Wegzug, dann Umwandlung In dieser Variante gibt der mitunternehmerisch Beteiligte zunächst seinen inländischen Wohnsitz und damit seine unbeschränkte Steuerpflicht auf und verzieht in das Ausland. Erst nach Wegfall der unbeschränkten Steuerpflicht soll der Formwechsel in eine deutsche Kapitalgesellschaft erfolgen. Wiederum differenzieren sich die Steuerfolgen in Abhängigkeit vom Zuzugsstaat. Handelt es sich um einen Drittstaat, so ist wiederum weiterhin zu unterscheiden, ob ein DBA besteht und inwieweit das DBA das Besteuerungsrecht Deutschlands hinsichtlich der aus dem Formwechsel gewährten Anteile an der durch Formwechsel entstandenen Kapitalgesellschaft beschränkt. Soweit Deutschland sein beschränktes Steuerrecht nach § 49 Abs. 1 Nr. 2f EStG durchsetzen kann (d.h. keine Beschränkung des Besteuerungsrechts und eine Mindestbeteiligungsquote von 1 % oder mehr) kann der Formwechsel zu Buchwerten erfolgen (vgl. § 1 Abs. 4 Nr. 2b UmwStG). Wird dagegen das deutsche Besteuerungs-

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recht an den gewährten Anteilen beschränkt (insbesondere durch DBA), führt dies zwingend zum Ansatz des gemeinen Wertes. Erfolgt der Formwechsel dagegen bei Ansässigkeit des Gesellschafters im EU/EWR-Ausland, sind die Voraussetzungen für eine Buchwertfortführung grundsätzlich erfüllt. Der betreffende Gesellschafter nimmt an der Umwandlung nach im Grundsatz gleichen Regelungen wie der Steuerinländer teil. Insbesondere bedeutet dies auch, dass etwaige schädliche Dispositionen bezüglich des gewährten Anteils nur im Rahmen der 7-jährigen Sperrfrist zu (nachträglichen) negativen steuerlichen Konsequenzen führen und nach Ablauf dieses Zeitraums der beschränkt Steuerpflichtige im Regelfall auch keinen mittelbaren inländischen Steuerfolgen mehr bezüglich des Anteils unterliegen dürfte, da im Grundsatz mit den EU/ EWR-Staaten Doppelbesteuerungsabkommen bestehen, die das Steuerrecht an den gewährten Anteilen dem (aus Sicht Deutschlands) ausländischen Ansässigkeitsstaat zuordnen.

In diesem besonderen Fall verknüpfen sich Fragen der unentgeltlichen Rechtsnachfolge mit Aspekten der Wegzugs- und Entstrickungsbesteuerung. Im Ausgangsfall geht es wieder um eine operativ in Deutschland tätige Mitunternehmerschaft. Vor einem Wegzug in den EU/EWR Raum erfolgt die Schenkung eines größeren Mitunternehmeranteils an ein Kind (7 Jahre). Wenig später (das Kind sei nunmehr 8 Jahre) erfolgt eine Umwandlung der KG in eine GmbH. Wiederum nur wenig später (Kind ist nunmehr 9 Jahre) erfolgt der Wegzug in das Ausland. Durch die Umwandlung in eine Kapitalgesellschaft sind Anteile im Privatvermögen (§ 17 EStG) entstanden, die bei Wohnsitzwechsel in das

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Ausland grundsätzlich der Wegzugsbesteuerung unterfallen (§ 6 AStG). Die Besonderheit des vorliegenden Falls besteht allerdings darin, dass die Wegzugsbesteuerung wiederum unter anderem daran anknüpft, dass bei einer natürlichen Person insgesamt mindestens 10 Jahre eine unbeschränkte Steuerpflicht vor Wegzug bestanden hat. Diese Voraussetzung dürfte wohl für den Vater, aber eindeutig nicht für das Kind erfüllt sein, da dieses noch nicht 10 Jahre alt ist. Zwar regelt § 6 Abs. 2 AStG ergänzend, dass soweit die Anteile durch unentgeltliches Rechtsgeschäft erworben wurden, auch die Zeiten der unbeschränkten Steuerpflicht des Rechtsvorgängers bis zur Übertragung der Anteile an der Kapitalgesellschaft einzubeziehen sind. Vorliegend wurden jedoch keine Anteile an einer Kapitalgesellschaft, sondern solche an einer Mitunternehmerschaft schenkweise übertragen. Da § 6 Abs. 2 AStG jedoch nur Zeiten der unbeschränkten Steuerpflicht des Rechtsvorgängers berücksichtigt, bis zu dem Zeitpunkt, in dem die Anteile an der Kapitalgesellschaft i.S.d. § 17 EStG übertragen wurden (was vorliegend gerade nicht der Fall ist), bestehen nach dem Wortlaut zumindest Bedenken, die Zeiten der unbeschränkten Steuerpflicht des Schenkers (schädlich) dem Beschenkten zuzurechnen und damit die Mindestfrist einer 10-jährigen unbeschränkten Steuerpflicht in Deutschland als erfüllt anzusehen, da vorliegend keine Anteile an einer Kapitalgesellschaft übertragen wurden (sondern lediglich solche an einer Personengesellschaft) und damit jedenfalls bei wortlautgetreuer Auslegung die Zeiträume der unbeschränkten Steuerpflicht des Vaters nicht einzubeziehen wären. Im Ergebnis führt diese – jedenfalls vom Wortlaut nicht ausgeschlossene Auslegung – dazu, dass in Bezug auf den vom Kind gehaltenen Anteil die Wegzugsbesteuerung nicht greifen sollte. Die Finanzverwaltung wird hier allerdings im Zweifel wohl eine weite Auslegung verfolgen, wonach auch im vorliegenden Fall eine Berücksichtigung der Vorbesitzzeiten entsprechend dem möglichen Telos der Norm erfolgen sollte.64 Soweit weiterhin ein Wegzug in die EU/EWR erfolgt, würde auch § 22 Abs. 1 Nr. 6 UmwStG nicht verletzt, sodass auch ein Einbringungsgewinn I nicht ausgelöst würde (Verweis auf den vorangegangenen Fall). Im Ergebnis führte dies unter Umständen dazu, dass nach Ablauf der 7-jährigen Sperrfrist in Bezug auf den unentgeltlichen Rechtsnachfolger

64 Für eine von dem Wortlaut der Norm abweichende, weite Auslegung könnte auch sprechen, dass die Anteile an der GmbH i.R. der Umwandlung an die Stelle der Anteile an der KG treten und diese Haltezeiten, zumindest in Formwechselfällen, somit mit zu berücksichtigen wären.

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jedes deutsche Besteuerungsrecht an den GmbH-Anteilen final erloschen wäre. Vergleicht man diesen Fall mit der Alternative 2 des vorangegangenen Falls, stellt man fest, dass sich insofern lediglich keine nachteiligen Rechtsfolgen aus der Umwandlung vor Wegzug ergeben, aber die gleichen Rechtsfolgen sich auch bei einer anderen Umwandlungsreihenfolge einstellen würden.

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Aktuelles zur Erbschaft-/Schenkungsteuer/Bewertung Dr. Gülsen Erkis Wilfried Mannek Finanzministerium NRW, Düsseldorf* Inhaltsübersicht 1. Einleitung 2. Ausgangssituation 3. Verfassungsrechtliche Maßstäbe der Ausgestaltung von Verschonungsregelungen für betriebliches Vermögen nach bisheriger Rechtsprechung des BVerfG 4. Gesetzgeberische Handlungsoptionen a) Modell verbreiterter Bemessungsgrundlage; Stundungs- bzw. Abzinsmodell b) Reparaturmodell c) Gesetzgeberische Optionen nach der Entscheidung des BVerfG vom 17.12.2014

5. Gesetzgeberischer Reformbedarf a) Begünstigung des Erwerbs „großer Unternehmen“ – Bedürfnisprüfung b) Ausgestaltung der Verschonungsregelungen (1) Umfang der Verschonung (2) Verschonungsbedingungen (a) Begünstigungsfähiges Vermögen (b) Lohnsummenregelung (c) Gestaltungen (d) Verwaltungsvermögenstest in mehrstufigen Beteiligungsstrukturen – Konzept eines sog. Nettoverwaltungsvermögens 6. Fazit

1. Einleitung Das aktuelle Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht ist von der mit Spannung erwarteten und am 17.12.2014 verkündeten Entscheidung des BVerfG (BVerfG) im Verfahren 1 BvL 21/121 über die Verfassungsmäßigkeit der seit dem Jahr 2009 geltenden Fassung des Erbschaftsteuergesetzes (ErbStG) geprägt. Eingeleitet wurde dieses Verfahren durch einen Aussetzungs- und Vorlagebeschluss des BFH vom 27.9.2012 (II R 9/11, FR 2012, 233). Mit diesem Beschluss hat der BFH im Rahmen eines konkreten Nor-

* Verfasserin und Verfasser sind im Finanzministerium des Landes NordrheinWestfalen tätig. Sie geben in dem Beitrag ausschließlich ihre persönliche Auffassung wieder. 1 BStBl. II 2015, 50.

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menkontrollverfahrens2 dem BVerfG die Frage zur Entscheidung vorgelegt, ob die Tarifvorschrift des § 19 Abs. 1 ErbStG i.V.m. den in §§ 13a und 13b ErbStG enthaltenen Verschonungsregelungen für betriebliches Vermögen gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) verstößt. Während das BVerfG in den vorangegangenen ErbSt-Entscheidungen aus dem Jahr 19953 und 20064 vordergründig die Bewertungsebene des ErbStG verfassungsrechtlich zu prüfen hatte, befand er sich in diesem Verfahren auf der Verschonungsebene. Bekanntlich hat das BVerfG mit seinem Urteil vom 17.12.2014 wesentliche Bestandteile der Verschonungsregelungen in §§ 13a und 13b i.V.m. § 19 Abs. 1 ErbStG mit dem Gleichheitssatz für unvereinbar erklärt und den Gesetzgeber verpflichtet, eine Neuregelung spätestens bis zum 30.6.2016 zu treffen. Diese (bloße) Unvereinbarkeitserklärung mit einer (befristeten) Weitergeltungsanordnung hat das BVerfG – wie bereits in seiner Entscheidung aus dem Jahr 2006 – mit Blick auf die geordnete Finanz- und Haushaltsplanung der Länderhaushalte sowie zur Vermeidung einer Rechtsunsicherheit für die Regelung der lebzeitigen Vermögensnachfolge ausgesprochen. Das BVerfG hat mit seinem jüngsten Urteil das ErbStG in einem Zeitraum von ca. 20 Jahren zum dritten Mal in der Folge für verfassungswidrig erklärt. Zwar betreffen die vom BVerfG festgestellten Verfassungsverstöße jeweils nur Teilbereiche der §§ 13a und 13b ErbStG. Hierbei werden allerdings die Verschonungsregelungen in ihrem Kern getroffen. Denn wesentliche Bestandteile der Verschonungsregelungen (insbesondere die Lohnsummengarantie oder der Verwaltungsvermögenstest) sind gleichheitswidrig ausgestaltet, ohne die aber die restlichen verfassungskonformen Regelungen nicht sinnvoll angewandt werden können. Hieraus folgert das BVerfG eine Gesamtverfassungswidrigkeit der Besteuerung des Unternehmensübergangs nach Maßgabe der §§ 13a und 13b ErbStG, die in der weiteren Folge auch die Besteuerung des Übergangs von nicht begünstigtem (Privat-)Vermögen blockiert. Entfallen nämlich die begünstigenden Vorschriften der §§ 13a und 13b ErbStG, sollen nach der gesetzgeberischen Wertung nicht stattdessen die allgemeinen erbschaftsteuerlichen Regeln auch für den Übergang von Betrieben Anwendung finden. Dem will das BVerfG durch die gleichzeitige Feststellung der Verfassungswidrigkeit der Tarifvorschrift des § 19 Abs. 1 ErbStG Rechnung tragen.5

2 3 4 5

Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG i.V.m. § 80 BVerfGG. Beschl. v. 22.6.1995 – 2 BvR 552/91. Beschl. v. 7.11.2006 – 1 BvL 10/02. S. 97 Rz. 284 des BVerfG-Urteils v. 17.12.2014.

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Das geltende ErbStG ist bis zu einer Neuregelung weiter anwendbar. Nach der gewählten Tenorierungsform würde ein fruchtloser Ablauf der Neuregelungsfrist das ErbStG nicht automatisch außer Kraft setzen. Da die Entscheidung des BVerfG den Gesetzgeber bindet und vorliegend auch Gesetzeskraft hat,6 käme der Gesetzgeber in einem solchen Fall seinem Regelungsauftrag mit der Folge nicht nach, dass das BVerfG weitere Anordnungen zur Vollstreckung seines Urteils (vgl. §§ 35 BVerfGG) treffen könnte. Hierauf sollte es der Gesetzgeber jedoch nicht ankommen lassen. Die Entscheidung des BVerfG belässt somit den Bestand des ErbStG bis zu einer Neuregelung unberührt. Insofern dürfte das Urteil bei den (politischen) Befürwortern einer Erbschaft- und Schenkungsteuer in Deutschland mit einer gewissen Erleichterung aufgenommen worden sein. Wichtig in diesem Zusammenhang ist auch, dass das BVerfG die Gesetzgebungskompetenz des Bundes für das ErbStG zur Wahrung der Rechts- und Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse gem. Art. 105 Abs. 2 i.V.m. Art. 72 Abs. 2 GG bestätigt hat7 und spätestens hiernach Regionalisierungsbestrebungen für die Erbschaft- und Schenkungsteuer8 eine verfassungsrechtliche Absage zu erteilen ist. Äußerst bemerkenswert ist hierbei auch das Sondervotum der Richter/-in am BVerfG Gaier, Masing und Baer, dem auch in der steuerpolitischen Diskussion Bedeutung beigemessen werden dürfte. Die Richter führen in ihrem Sondervotum aus, dass sie der Entscheidung zustimmen, aber der Ansicht sind, dass die Begründung auch im Lichte des Sozialstaatsprinzips (Art. 20 Abs. 1 GG) zu betrachten ist. Die Erbschaftsteuer sei ein Beitrag zur Herstellung sozialer Chancengleichheit. Eine sozialstaatliche Dimension habe vor allem der vom Senat anerkannte zunehmende Rechtfertigungsbedarf in Abhängigkeit von dem Maß der Ungleichbehandlung und damit dem Umfang des verschonten Vermögens. Die in der Entscheidung entwickelten Maßgaben trügen dazu bei, dass Verschonungsregelungen nicht zur Anhäufung und Konzentration größter Vermögen in den Händen Weniger führen. Zwar könnten auch beim Erwerb sehr großer und größter Vermögen Steuerbefreiungen gerechtfertigt sein. Dies verlange aber, dass die Verschonung im Einzelfall zur Erhaltung von Arbeitsplätzen oder sonst zum gemeinen Wohl und damit zur Verwirklichung des Sozialstaates tatsächlich erforderlich ist. Nur dann 6 Vgl. § 31 Abs. 1 und 2 i.V.m. § 13 Nr. 11 BVerfGG. 7 S. 36 Rz. 106 ff. des BVerfG-Urteils v. 17.12.2014. 8 Vgl. Koalitionsvertrag der schwarz-gelben Bundesregierung vom 26.10.2009, S. 13: „Wir werden in Gespräche mit den Ländern eintreten, um zu prüfen, ob die Erbschaftsteuer hinsichtlich Steuersätzen und Freibeträgen regionalisiert werden kann.“

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sei die durch sie begründete Ungleichbehandlung gerechtfertigt. Das Sozialstaatsprinzip strahle so in den Gleichheitssatz hinein. Auch der Koalitionsvertrag der aktuellen Bundesregierung enthält auf den Seiten 25 und 93 ein klares Bekenntnis zum Erhalt der Erbschaftsteuer. In ihrer Ausgestaltung solle aber die „Unternehmensnachfolge (…) auch künftig durch die Erbschaftsbesteuerung nicht gefährdet werden. Notwendig ist daher eine verfassungsfeste und mittelstandsfreundlich ausgestaltete Erbschafts- und Schenkungsteuer, die einen steuerlichen Ausnahmetatbestand bei Erhalt von Arbeitsplätzen vorsieht“ (S. 25). Das aktuelle Urteil des BVerfG stellt das Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht in wesentlichen Elementen der bisherigen Verschonungskonzeption für unternehmerisches Vermögen auf den Prüfstand und begründet zeitnahen Handlungsbedarf des Erbschaftsteuergesetzgebers. Der Gesetzgeber hatte bereits im Vorfeld der BVerfG-Entscheidung auf den BFH-Vorlagebeschluss reagiert und mit der Einführung des § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 4a ErbStG durch das Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz9 eine der Hauptlücken für unerwünschte Gestaltungen durch sog. „CashGesellschaften“ weitgehend geschlossen. Gleichwohl war zu erwarten, dass hierdurch die weitreichenden verfassungsrechtlichen Bedenken des BFH in seinem Vorlagebeschluss II R 9/11 und die gerügte Überprivilegierung für Unternehmensvermögen nicht ausgeräumt waren. Nunmehr ist der Erbschaftsteuergesetzgeber abermals gefordert, die verfassungsrechtlichen Vorgaben des BVerfG umzusetzen.

2. Ausgangssituation So unspektakulär die für das Ausgangsverfahren unmittelbar relevante Frage war, ob die für die Steuerklasse I und II im Jahr 2009 identischen Steuersätze verfassungsgemäß waren, so brisant waren die Ausführungen des BFH in seinem Aussetzungs- und Vorlagebeschluss II R 9/11. Im Normenkontrollverfahren 1 BvL 21/12 vor dem BVerfG ging es dann auch nicht mehr um den vom Kläger im Ausgangsverfahren ausschließlich gerügten Verfassungsverstoß einer Gleichstellung von Personen der Steuerklasse II und III im Jahr 2009. Denn diese Frage hatte der BFH selbst in dem Sinne beantwortet, dass die streitige Gleichstellung der Steuerklasse I und II aufgrund des Entscheidungsspielraums des Gesetzgebers verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist. Gleichwohl hat der BFH dieses Verfahren zum Anlass genommen, um – wie bereits in der vorangegangenen Vorlage praktiziert – über eine (umstrittene) sog. 9 Vom 26.6.2013, BGBl. 2013 I, S. 1809.

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Klammerwirkung10 der Tarifvorschrift die Verschonungsregelungen für betriebliches Vermögen einer verfassungsrechtlichen Prüfung zuzuführen. Dies, obgleich im Streitfall kein Unternehmensvermögen vererbt wurde, sich mithin in diesem Fall – wie das BVerfG ausdrücklich feststellt11 – Fragen der erbschaftsteuerlichen Begünstigung betrieblichen Vermögens gar nicht stellten. Mit seinen verfassungsrechtlichen Bedenken zog der BFH die Verfassungsmäßigkeit des zuletzt im Jahr 2008 reformierten ErbStG zum dritten Mal und abermals über die Tarifvorschrift des § 19 ErbStG insgesamt in verfassungsrechtliche Zweifel. Der BFH vertrat die Auffassung, die Tarifvorschrift des § 19 Abs. 1 ErbStG i.V.m. §§ 13a und 13b ErbStG sei gleichheitswidrig, weil die in §§ 13a und 13b ErbStG vorgesehenen Steuervergünstigungen in wesentlichen Teilbereichen von großer finanzieller Tragweite über das verfassungsrechtlich gerechtfertigte Maß hinausgingen (verfassungswidriger Begünstigungsüberhang). Hierdurch seien Steuerpflichtige, die die Vergünstigungen nicht beanspruchen können, in ihrem Recht auf eine gleichmäßige, der Leistungsfähigkeit entsprechende und folgerichtige Besteuerung verletzt. §§ 13a und 13b ErbStG wiesen ferner einen verfassungswidrigen Begünstigungsüberhang auf, da sie es Steuerpflichtigen ermöglichten, durch Gestaltungen nicht betriebsnotwendiges Vermögen in unbegrenzter Höhe steuerfrei zu erwerben. Insbesondere seien die Ausgestaltung und Wirkungen der Verwaltungsvermögensregelung nicht geeignet, risikobehaftetes und deshalb zu begünstigendes Betriebsvermögen von weitgehend risikolosem und daher nicht begünstigungswürdigem Betriebsvermögen abzugrenzen.

10 Ob die Entscheidungserheblichkeit der §§ 13a und 13b ErbStG unter Rückgriff auf § 19 Abs. 1 ErbStG als Klammernorm begründet werden kann – wie dies u.a. vom Land NRW in seiner in diesem Verfahren abgegebenen Stellungnahme abgelehnt wurde –, hat das BVerfG dahinstehen lassen (S. 35 Rz. 103 des Urteils). Der BFH habe gleichwohl annehmen dürfen, dass die Verfassungswidrigkeit der §§ 13a und 13b ErbStG ausnahmsweise auf die erbschaftsteuerliche Belastung des Klägers durchschlägt, weil sie die gleichheitsgerechte Erhebung der ErbSt insgesamt in Frage stelle und diese Vorschriften daher auch für das Ausgangsverfahren entscheidungserheblich seien. Das BVerfG hat die BFH-Vorlage jedoch insoweit für unzulässig erklärt, wie der BFH § 19 Abs. 1 ErbStG einer eigenen Verfassungsprüfung zuführen wollte (vgl. S. 36 Rz. 105 des Urteils). 11 S. 33 Rz. 95 des BVerfG-Urteils v. 17.12.2014.

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3. Verfassungsrechtliche Maßstäbe der Ausgestaltung von Verschonungsregelungen für betriebliches Vermögen nach bisheriger Rechtsprechung des BVerfG Nach dem erklärten Willen des Gesetzgebers12 sollen die steuerlichen Verschonungsregelungen für den Erwerb betrieblichen Vermögens diejenigen Unternehmen, die durch einen besonderen personalen Bezug des Erblassers oder auch des Erben zum Unternehmen geprägt sind (z.B. Familienunternehmen) vor Liquiditätsproblemen bewahren, die durch erbschaft- oder schenkungsteuerliche Belastung des Unternehmensübergangs entstehen können. Steuerlich begünstigt werden soll das produktive Vermögen dieser Unternehmen mit dem Ziel, bei der Unternehmensnachfolge den Bestand des Unternehmens und der mit ihm verbundenen Arbeitsplätze nicht zu gefährden. Diese Intention des Gesetzgebers ist nunmehr grundlegend durch die aktuelle Entscheidung des BVerfG unter gleichheitsrechtlichen Aspekten als legitimes Ziel abgesichert worden. Nach der gefestigten verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung13 hat der Erbschaftsteuergesetzgeber im Rahmen der Garantie des Privaterbrechts einen weitreichenden Entscheidungsspielraum sowohl bei der Auswahl des Steuergegenstandes als auch bei der Bestimmung des Steuersatzes. Folglich ist der Gesetzgeber auch in der Entscheidung darüber, welche Sachverhalte, Personen oder Unternehmen gefördert werden sollen, weitgehend frei. Dass der Gesetzgeber in der Folge Verschonungsregelungen für betriebliches Vermögen vorsehen kann, ist im Grundsatz ebenfalls durch die Rechtsprechung des BVerfG bestätigt. Nach den beiden vorangegangenen Beschlüssen des BVerfG14 zum ErbStG in den damaligen Fassungen hat der Gesetzgeber bei der Gestaltung der Steuerlast bei der Erbschaftund Schenkungsteuer sogar zu berücksichtigen, dass die Existenz von bestimmten Betrieben – namentlich von mittelständischen Unternehmen – durch zusätzliche finanzielle Belastungen, wie sie durch die Erbschaftsteuer auftreten, gefährdet werden kann. Derartige Betriebe seien in besonderer Weise gemeinwohlgebunden und gemeinwohlverpflichtet.15 Sie unterlägen daher einer gesteigerten rechtlichen Bindung. Dies habe zur Folge, dass die durch die Erbschaftsteuer erfasste finanzielle Leistungsfähigkeit des Erben seinem durch den Erbfall erworbenen Vermögenszuwachs nicht voll entspreche. Die Verfügbarkeit über den

12 BT-Drucks. 16/7918, 1 u. 33. 13 BVerfG, Urt. v. 17.12.2014, 1 BvL 21/12, S. 41 Rz. 123 sowie u.a. Beschl. v. 7.11.2006 – 1 BvL 10/02; v. 22.6.1995 – 2 BvR 552/91. 14 BverfG, Beschl. v. 7.11.2006 – 1 BvL 10/02; v. 22.6.1995 – 2 BvR 552/91. 15 Hierzu kritisch Seer, DStG 1999, 191 (212).

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Betrieb und einzelne dem Betrieb zugehörige Wirtschaftsgüter sei beschränkter als bei nicht betrieblich gebundenem Vermögen. Der Gleichheitssatz fordere daher vom Gesetzgeber diese verminderte finanzielle Leistungsfähigkeit erbschaftsteuerrechtlich bei den Erben, die einen solchen Betrieb weiterführen zu berücksichtigen. Ebenso hat das BVerfG in seinem jüngsten Urteil vom 17.12.201416 die mit den Verschonungsregelungen der §§ 13a und 13b ErbStG verfolgten gesetzgeberischen Ziele im Grundsatz als verfassungskonform anerkannt. Der Gesetzgeber – so das BVerfG17 – habe im Rahmen einer ihm zustehenden Einschätzungsprärogative eine Gefährdung der Liquidität von Unternehmen durch eine ohne Verschonung drohende Belastung mit der Erbschaft- und Schenkungsteuer annehmen und eine Verschonungsregelung daher grundsätzlich für erforderlich halten dürfen. Ausreichend sei, dass der Gesetzgeber eine ernsthafte Gefahr von Liquiditätsproblemen bei der Besteuerung des Übergangs von Unternehmen vertretbar und plausibel diagnostiziert hat. Es bedürfe aus verfassungsrechtlicher Sicht insbesondere keines empirischen Nachweises, dass von der Erbschaft- und Schenkungsteuer nicht nur in Ausnahmefällen Schwierigkeiten für die Fortführung von Unternehmen bis hin zur Bedrohung ihrer Existenz und des Verlusts von Arbeitsplätzen ausgeht.18 Das Fehlen von Referenzfällen für Unternehmensgefährdungen lasse daher keinen Rückschluss darauf zu, dass es eine solche Gefährdung überhaupt nicht gibt.19 Die Plausibilität der Gefährdungsprognose des Gesetzgebers des Erbschaftsteuerreformgesetzes 2009 werde weder durch das Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundesministerium der Finanzen20, noch durch das Jahresgutachten 2008/09 des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung widerlegt. Hiermit erteilt das BVerfG zugleich der Auffassung des BFH21, die gesetzgeberische Annahme, die Erbschaft- und Schenkung16 17 18 19 20

S. 47 Rz. 138 des BVerfG-Urteils v. 17.12.2014. S. 48 Rz. 143 ff. des BVerfG-Urteils v. 17.12.2014. S. 49 Rz. 144 des BVerfG-Urteils v. 17.12.2014. S. 50 Rz. 145 des BVerfG-Urteils v. 17.12.2014. Der Wissenschaftliche Beirat beim Bundesministerium der Finanzen hatte in seinem Gutachten zur Begünstigung des Unternehmensvermögens in der Erbschaftsteuer 01/2012 darauf hingewiesen, es gebe praktisch keine konkreten empirischen Belege dafür, dass ein Betrieb aufgrund der Erbschaftsteuer habe aufgegeben oder veräußert werden müssen oder zahlungsunfähig geworden sei (vgl. S. 30 des Gutachtens unter Hinweis auf die Antwort der Bundesregierung auf eine parlamentarische Anfrage einiger Abgeordneter und der Bundestagsfraktion Die Linke vom 28.4.2006, BT-Drucks. 16/1350, 5). 21 Vorlagebeschluss v. 27.9.2012 – II R 9/11, Rz. 84–86 unter Verweis auf BFH, Beschl. v. 22.5.2002 – II R 61/99, FR 2002, 1060 m. Anm. Birk = DStR 2002, 1438, unter B.II.3.a bb und b bb; Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats

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steuer gefährde generell die Existenz mittelständischer Unternehmen, sei nicht zu verifizieren, eine Absage. Der weite Entscheidungsspielraum des Steuergesetzgebers schließt es aber nach dem BVerfG – im Hinblick auf die durch die §§ 13a und 13b ErbStG bewirkte enorme Ungleichbehandlung zwischen Erwerbern betrieblichen und nichtbetrieblichen Vermögens – nicht aus, dass die Ausgestaltung solcher Verschonungsregelungen einer strengen Verhältnismäßigkeitsprüfung Stand halten muss.22 Dabei steigen die Anforderungen an den Rechtfertigungsgrund mit Umfang und Ausmaß der Abweichung,23 d.h. mit dem Grad der Ungleichbehandlung. Dieser Grundsatz wird verfassungsrechtliche Prämisse jeder künftigen gesetzgeberischen Ausgestaltung eines Verschonungskonzepts für betriebliches Vermögen sein müssen.

4. Gesetzgeberische Handlungsoptionen In der steuerpolitischen Reformdebatte vor der Entscheidung des BVerfG wurden im Wesentlichen zwei konzeptionelle Ansätze für eine verfassungsfeste Ausgestaltung der Erbschaftsteuer diskutiert. Der erste Ansatz einer Verbreiterung der Bemessungsgrundlage enthält einen Paradigmenwechsel gegenüber der jetzigen Konzeption. Der zweite Ansatz baut auf dem jetzigen System auf und beinhaltet eine punktuelle Reparatur dessen. a) Modell verbreiterter Bemessungsgrundlage; Stundungs- bzw. Abzinsmodell Dieser Ansatz wurde u.a. vom Wissenschaftlichen Beirat beim Bundesministerium der Finanzen24 und teilweise im Schrifttum25 befürwortet. Er beruht auf dem Grundgedanken, dass eine gleichheitsgerechte Reaktion des Gesetzgebers nicht die völlige oder weitgehende Entlastung des Unternehmensvermögens von der Erbschaft- und Schenkungsteuer, sondern eine Beseitigung des Liquiditätsnachteils durch liquiditätsschonen-

22 23 24 25

beim Bundesministerium der Finanzen (s. Fn. 20) sowie Bareis/Elser, DStR 1997, 557; Seer, StuW 1997, 283. S. 44 Rz. 130 ff. des BVerfG-Urteils v. 17.12.2014. S. 41 Rz. 123 des BVerfG-Urteils v. 17.12.2014. S. Fn. 20, S. 33 ff. des Gutachtens. Piltz, DStR 2010, 1913, 1919/1920; Crezelius, ZEV 2012, 1 (4); Houben/Maiterth, Zurück zum Zehnten: Modelle für die nächste Erbschaftsteuerreform, S. C 6; ähnlich auch Seer, Ubg 2012, 376 (382): „Die Verfassung verlangt die Verschonung eines solchen „Verschonungsexistenzminimus“ nicht. […] Dies gilt auch für Unternehmenserben“.

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de Maßnahmen (z.B. die Gewährung einer Steuerstundung) sein müsse. So schlägt der Wissenschaftliche Beirat beim Bundesministerium der Finanzen anstelle von Verschonungsregelungen für betriebliches Vermögen vor, Vergünstigungen für spezifische Vermögensgegenstände abzuschaffen, die Steuersätze auf ein maßvoll-niedriges Niveau zu senken, die Bemessungsgrundlage zu verbreitern und eine gegenüber dem § 28 Abs. 1 ErbStG wesentlich großzügigere Stundungsregelung zu gewähren. Eine weitere Variante eines Stundungsmodells wurde in Form eines sog. Abzinsmodells mit verschiedenen Optionen (z.B. zinslose Steuerstundung über einen 10-jährigen Stundungszeitraum, Ratenzahlung in gleichen Jahresraten mit dem Kapitalwert der Steuerschuld oder abgezinste Sofortzahlung der Steuer) diskutiert. Auch der Sachverständigenrat26 befürwortet eine großzügige Stundungsregel für besonders liquiditätsbeschränkte Vermögen bei gleichzeitiger Senkung der Steuersätze in der Steuerklasse I, die dann einheitlich auf alle Vermögensarten Anwendung finden sollen. Schließlich hält der BFH in seinem Vorlagebeschluss II R 9/11 (Rz. 84) ein Stundungskonzept als eine gegenüber dem Verschonungskonzept vorzugswürdige Alternative. Demgegenüber hat die Bundesregierung in der Vergangenheit bekräftigt, dass sie die bestehenden Verschonungsregelungen für unternehmerisches Vermögen weiterhin für die zielführendste Regelung hält, um „dem Gemeinwohl dienendes unternehmerisches Vermögen von der ErbSt freizustellen“.27 b) Reparaturmodell Der zweite Reformansatz baut auf der geltenden Gesetzessystematik auf und beinhaltet (lediglich) punktuelle Korrekturen von verfassungswidrigen Regelungsbestandteilen. Korrigiert werden sollen insbesondere das sog. Alles-oder-Nichts-Prinzip und der Kaskadeneffekt bei mehrstufigen Beteiligungsstrukturen, der Brutto-Netto-Vergleich beim Verwaltungsvermögenstest sowie der finale Begünstigungsausschluss jungen Verwaltungsvermögens beim Aktivtausch, die in der praktischen Umsetzung teilweise nur schwer zu bewältigen sind bzw. zu unsachgerechten Ergebnissen führen.

26 Vgl. S. 227 des Jahresgutachtens 2008/09; s. auch S. 192 des Jahresgutachtens 2009/10 sowie S. 211 des Jahresgutachtens 2012/2013. 27 Siehe etwa BT-Drucks. 17/10878 v. 26.9.2012 zu Frage Nr. 11 der Kleinen Anfrage von Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE.

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c) Gesetzgeberische Optionen nach der Entscheidung des BVerfG vom 17.12.2014 Nach der Entscheidung des BVerfG vom 17.12.2014 hat der Gesetzgeber grundsätzlich folgende Handlungsoptionen: Abschaffung des ErbStG, Schaffung eines neuen ErbStG mit Streichung aller Ausnahmen entsprechend dem o.g. Modell einer verbreiterten Bemessungsgrundlage, Neukonzeption eines Verschonungssystems für betriebliches Vermögen oder aber die „Reparatur“ der grundsätzlich vom BVerfG gebilligten Verschonungskonzeption des geltenden Rechts. Der Verzicht auf die Besteuerung von Erbschaften und Schenkungen dürfte jedenfalls politisch derzeit nicht gewollt sein. Naheliegend – auch im Hinblick auf die gesetzte Nachbesserungsfrist – dürfte wohl nur die letzte Option einer Korrektur der mit der Verfassung für unvereinbar erklärten Bestandteile des ErbStG sein. Ein Paradigmenwechsel im Sinne eines Modells einer verbreiterten Bemessungsgrundlage dürfte nicht zu erwarten sein. In diese Richtung deuten auch die Stellungnahmen des Bundesministeriums der Finanzen unmittelbar nach der Entscheidung des BVerfG am 17.12.2014 hin.28 Hierfür spricht auch, dass das BVerfG in seinem Urteil vom 17.12.2014 festgestellt hat, dass sich die Stundungsregelung in § 28 ErbStG nicht als gleich wirksames milderes Mittel wie die Verschonungsregelung erweist, um den Erhalt der übergegangenen Betriebe und der Arbeitsplätze zu sichern.29 Schließlich besteht keine verfassungsrechtliche Notwendigkeit eines Paradigmenwechsels nach der o.g. Entscheidung des BVerfG. Das BVerfG hat die erbschaftsteuerliche Verschonung des Übergangs betrieblichen und land- und forstwirtschaftlichen Vermögens sowie von Anteilen an Kapitalgesellschaften von Verfassungs wegen im Grundsatz nicht beanstandet. Der Gesetzgeber halte sich mit diesem Konzept im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit. Nicht beanstandet hat das BVerfG auch den Umfang des bestehenden Verschonungsabschlags, also weder die Regelverschonung von 85 % noch die optionale Vollverschonung von 100 %.30 Ferner ist auch der Katalog der begünstigten Vermögensarten in § 13b Abs. 1 ErbStG und derjenige der nicht begünstigten (Verwal-

28 So hat Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble unmittelbar nach dem Urteil in einem Interview klargestellt, dass nur das geändert werden solle, was das BVerfG verlange; s. auch Pressemitteilung des Bundesministerium der Finanzen Nr. 55 v. 17.12.2014. 29 S. 53 Rz. 154 des BVerfG-Urteils v. 17.12.2014. 30 Siehe nur S. 54 Rz. 159, S. 57 Rz. 168 des BVerfG-Urteils v. 17.12.2014.

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tungs-)Vermögensarten in § 13b Abs. 2 ErbStG im Grundsatz unbeanstandet geblieben.31 Die Verschonung nach §§ 13a und 13b ErbStG bedarf hiernach (lediglich) der Korrektur (1) bei der Begünstigung der Übertragung „großer Unternehmensvermögen“ und (2) der näheren Ausgestaltung der Verschonungsregelungen in einzelnen gleichheitswidrigen Punkten (insbesondere bei der Lohnsummengarantie und dem Verwaltungsvermögenstest). Es dürfte daher zu erwarten sein, dass der Gesetzgeber die geltenden Verschonungsregelungen für betriebliches Vermögen in Form einer „Mängelliste“ in Umsetzung der Vorgaben des BVerfG nur punktuell überarbeitet.

5. Gesetzgeberischer Reformbedarf Zu folgenden Punkten ist gesetzgeberischer Reformbedarf angezeigt: a) Begünstigung des Erwerbs „großer Unternehmen“ – Bedürfnisprüfung Das BVerfG hat in seinem Urteil vom 17.12.2014 festgestellt, dass die steuerliche Verschonung nach §§ 13a und 13b ErbStG zur Folge hat, dass die Erwerber begünstigten Vermögens und die Erwerber nicht begünstigten Vermögens in ganz erheblichem Maße ungleich besteuert werden.32 Das Maß der Ungleichbehandlung gegenüber den Erwerbern nicht begünstigten Vermögens sei umso größer, je umfangreicher der steuerbefreite Erwerb ist. Je umfangreicher also die Steuerverschonung und je größer deshalb das Maß der Ungleichbehandlung ist, desto anspruchsvoller wird die Rechtfertigungslast hierfür.33 Hierbei seien die Rechtfertigungsanforderungen für den Bereich kleiner und mittlerer Unternehmen einerseits und die der „großen Unternehmen“ andererseits zu differenzieren. Soweit die Verschonung den Bereich kleiner und mittlerer Unternehmen betrifft, könne der Gesetzgebers eine Gefährdungsvermutung in generalisierender und typisierender Weise dergestalt annehmen, dass eine Steuerbelastung der Unternehmensnachfolge nicht nur in Ausnahmefällen die Unternehmen in ihrer Investitionsfähigkeit, ggf. auch in ihrem Bestand gefährdet.34 In diesen Fällen sei daher eine Verschonungsbedürf31 Gegen eine mögliche Trennlinie zwischen produktivem und unproduktivem Betriebsvermögen hatten hingegen Bedenken geäußert u.a. Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundesministerium der Finanzen (s. Fn. 20), S. 36; Bareis, FR 2013, 13 (15). 32 S. 41 Rz. 128 des BVerfG-Urteils v. 17.12.2014. 33 S. 59 Rz. 172 des BVerfG-Urteils v. 17.12.2014. 34 S. 41 Rz. 127; S. 52/53 Rz. 152 des BVerfG-Urteils v. 17.12.2014.

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tigkeit ohne die Feststellung einer konkreten Gefährdung des jeweiligen Betriebs (Bedürfnisprüfung) zulässig. Bei der Übertragung größerer Unternehmen könne jedoch diese unwiderlegliche Gefährdungsvermutung nicht mehr hingenommen werden; die Verschonungsregelung der §§ 13a und 13b ErbStG sei hier ohne eine Bedürfnisprüfung unverhältnismäßig im engeren Sinne. In diesen Fällen sei daher eine konkrete Feststellung der Verschonungsbedürftigkeit im Einzelfall erforderlich. Zur Umsetzung dieser Vorgabe des BVerfG darf der Gesetzgeber bei Erwerben von Unternehmen, welche die Größe kleiner und mittlerer Unternehmen überschreiten, die Verschonung daher nur gewähren, soweit das Ergebnis einer individuellen Bedürfnisprüfung positiv im Sinne einer Bedürftigkeit ausfällt. Der Gesetzgeber hat hierzu auf der ersten Stufe den persönlichen Anwendungsbereich „großer Unternehmen“ festzulegen, um diese von den „kleinen und mittleren Unternehmen“ abzugrenzen. Auf einer zweiten Stufe hat er für diese qualifizierte Unternehmensgruppe Kriterien einer Bedürfnisprüfung festzulegen sowie die Art und den Umfang der Verschonung zu bestimmen. Beide Parameter dieser neuen Eingangsvoraussetzungen in die Verschonungsregelung der §§ 13a und 13b ErbStG sind ein Novum im ErbStG und werden den Gesetzgeber vor neue Herausforderungen stellen. Eine klare Grenzziehung zwischen „kleinen und mittleren Unternehmen“ einerseits und „große Unternehmen“ andererseits ist auch nach verfassungsrechtlichen Maßstäben nicht eindeutig bestimmbar. Das BVerfG trägt dem Gesetzgeber auf, unter Berücksichtigung seiner mit der Privilegierung verfolgten Gemeinwohlziele „präzise und handhabbare Kriterien“ für die Abgrenzung festzulegen. Dazu gibt das BVerfG dem Gesetzgeber Hilfestellungen dergestalt, dass etwa eine Orientierung an der Empfehlung der Kommission vom 6.5.200335 betreffend die Definition der Kleinstunternehmen sowie der kleinen und mittleren Unternehmen möglich wäre. Zum anderen weist das BVerfG36 darauf hin, dass es dem Gesetzgeber auch freistehe, anstelle einer exakten Bestimmung der ohne individuelle Bedürfnisprüfung zu begünstigenden kleinen und mittleren Unternehmen eine absolute Obergrenze festzulegen, wie dies im Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Sicherung der Unternehmensnachfolge vom 30.5.200537 mit einer Förderungshöchstgrenze von 100 Millionen Euro beabsichtigt war. Auf35 2003/361/EG, ABl. Nr. L 124/36 v. 20.5.2003; hierin werden zu den kleinen und mittleren Unternehmen solche gezählt, die weniger als 250 Arbeitnehmer beschäftigen und die entweder einen Jahresumsatz von höchstens 50 Millionen Euro erzielen oder deren Jahresbilanzsumme sich auf höchstens 43 Millionen Euro beläuft (Art. 2 Abs. 1 des Anhangs). 36 S. 60 Rz. 175 des BVerfG-Urteils v. 17.12.2014. 37 BT-Drucks. 15/5555, 10.

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grund der Vielfältigkeit der Unternehmensstrukturen in Deutschland dürfte eine Abgrenzung nach bestimmten Größenklassenkriterien oder gar die Übernahme von spezifischen Größenklassen anderer Rechtsgebiete nicht angezeigt sein. Sinnvoller erscheint eine Förderungshöchstgrenze, die gegenüber Größenklasseneinordnungen in der Praxis handbarer und weniger streitanfällig sein könnte. Entscheidet sich der Gesetzgeber für eine Förderungshöchstgrenze muss er die Bezugsgröße hierfür bestimmen. In Betracht kommt der Unternehmenswert als solcher, oder aber der Wert des erworbenen Vermögens.38 Die Ausführungen des BVerfG zur Einbeziehung von (miterworbenen, nicht begünstigten) Vermögen des Erwerbers lassen auf eine erwerberbezogene Betrachtung39 schließen. Hierfür spricht auch, dass rechtssystematisch der Hinzuerwerb des Erwerbers Besteuerungsgegenstand ist. Bei einer erwerberbezogenen Betrachtung ist gleichwohl zu beachten, dass die steuerliche Privilegierung unternehmerischen Vermögens nicht deshalb gerechtfertigt ist, weil der einzelne Erwerber verschont werden soll. Vielmehr liegt „der die Ungleichbehandlung rechtfertigende Gemeinwohlgrund allein im Schutz der übertragenen Unternehmen und der damit verbundenen Arbeitsplätze.“40 Es geht also um die Verschonungsbedürftigkeit des erworbenen Unternehmens. Die Bedürfnisprüfung ist somit auch hierauf auszurichten. Ausgehend hiervon könnte eine Bedürfnisprüfung an die Stundungsregelung des § 28 Abs. 1 des geltenden ErbStG angelehnt sein, wonach eine Stundung nur gewährt wird, soweit dies zur Erhaltung des Betriebs notwendig ist. Der Erwerber sollte in diesem Sinne dartun und belegen müssen, dass der erworbene Betrieb nicht über hinreichende Liquiditätsreserven verfügt, auf die der Erwerber zur Befriedigung der gegen ihn gerichteten Steuerforderung zurückgreifen könnte, so dass der Betrieb ohne eine solche Verschonung des Betriebsübergangs von der ErbSt/SchenkSt in finanzielle Schwierigkeiten käme.41 Auch müsste der Erwerber dartun und belegen, dass auch er selbst nicht in der Lage ist, aus mitbeworbenem sonstigen Vermögen die Steuerschuld nicht begleichen zu können. Schließlich wird der Gesetzgeber zu erwägen haben, ob er die Bedürfnisprüfung auf vor dem Erwerb schon vorhandenes eigenes Vermögen des Erwerbers ausdehnt.42 38 In der BT-Drucks. 15/5555, Entwurf eines Gesetzes zur Sicherung der Unternehmensnachfolge v. 30.5.2005, S. 10 wird auf das „begünstigte Betriebsvermögen“ abgestellt. 39 Für eine erwerberbezogene Betrachtung auch Hannes, ZEV 2015, 1 (10/11). 40 S. 59 Rz. 172 des BVerfG-Urteils v. 17.12.2014. 41 Vgl. S. 52 Rz. 152 des BVerfG-Urteils v. 17.12.2014. 42 Das BVerfG gibt in Rz. 175 seines Urteils v. 17.12.2014 dem Gesetzgeber die Frage der Einbeziehung des vorhandenen Vermögens des Erwerbers in die Bedürfnisprüfung zur Prüfung auf, wohingegen es selbst dies in Rz. 153 des Ur-

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Hat der Gesetzgeber eine Grenzziehung für Erwerbe von Unternehmen, welche die Größe kleiner und mittlerer Unternehmen überschreiten, gefunden, hat er im nächsten Schritt festzulegen, wie eine Begünstigung nach Überschreitung der gesetzten Obergrenze ausgestaltet sein soll. Zum einen muss er festlegen, welche Begünstigungsform er bei Grenzüberschreitung gewährt (z.B. Verschonung oder Stundung) und – für den Fall einer Förderungshöchstgrenze – ob es sich bei dieser Grenze um eine starre Grenze mit Fallbeileffekt oder aber eine gleitende Grenze mit womöglich „progressiv“ gestalteten Verschonungsabschlägen handeln soll. Das BVerfG stellt es explizit in den Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, ob jenseits einer Förderungshöchstgrenze die Steuerverschonung enden soll und steuerbedingten Gefährdungen von Unternehmensübergängen etwa durch eine Stundungsregelung begegnet wird, oder aber auch hier ein Verschonungsmodell angewendet wird.43 Dass auch große Unternehmen durch eine entsprechend hohe Steuerlast der Erwerber in finanzielle Schwierigkeiten geraten und an Investitionskraft verlieren könnten, Arbeitsplätze abbauen, verkauft oder sogar aufgelöst werden müssten, ist jedenfalls nicht auszuschließen. Dieses Risiko kann auch die Steuerverschonung großer Unternehmen rechtfertigen. b) Ausgestaltung der Verschonungsregelungen (1) Umfang der Verschonung Nachdem das BVerfG die (100 %)-Vollverschonung als auch die 85-%ige Verschonung der Höhe nach verfassungsrechtlich nicht beanstandet hat,44 dürfte es hier im Hinblick auf das politische Förderziel des Erhalts der übergegangenen Betriebe und von Arbeitsplätzen zu keiner Änderung des Umfangs der Verschonung jedenfalls im Sinne einer Absenkung auf den Stand vor der Erbschaftsteuerreform 2009 kommen. Eine Absenkung des Verschonungsumfangs könnte zwar insbesondere mit Blick auf große (bedürftige) Unternehmensvermögen das verfassungsrechtliche Maß der Ungleichbehandlung und damit die Rechtfertigungsanforderungen mildern. Denn – wie oben ausgeführt – steigen die Rechtfertigungsanforderungen gleitend mit zunehmenden Umfang und Ausmaß der Ungleichbehandlung zwischen begünstigtem und nicht begünstigtem Vermögen. Auch ist zu berücksichtigen, dass das Verschonungskonzept der §§ 13a und 13b ErbStG zugleich mit den generell erhöhten, realitätsnäheren Wertansätzen und der damit drohenden teils offenbar als systemwidrig ansieht, da die Bereicherung des Erwerbers Besteuerungsgegenstand des ErbStG ist. 43 S. 60 Rz. 175 des BVerfG-Urteils v. 17.12.2014. 44 S. 54 Rz. 159 u. S. 57 Rz. 168 des BVerfG-Urteils v. 17.12.2014.

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höheren Steuerbelastung auch für Unternehmensübergänge durch das Erbschaftsteuerreformgesetz 2009 eingeführt wurde.45 Eine Absenkung des Verschonungsumfangs bei realitätsnahen Wertansätzen würde daher eine erhebliche Belastung des unternehmerischen Vermögens zur Folge haben. (2) Verschonungsbedingungen Bei der Ausgestaltung der Verschonungsregelungen sollten vielmehr die sog. Fördersicherungsbedingungen (d.h. insbesondere Lohnsummenregelung und Verwaltungsvermögenstest), deren Beibehaltung von Verfassungs wegen geboten ist,46 im Fokus der Reformarbeiten stehen. (a) Begünstigungsfähiges Vermögen Keine durchgreifende verfassungsrechtliche Einwände hat das BVerfG in seinem Urteil vom 17.12.2014 gegen die Festlegung des begünstigungsfähigen Vermögens in § 13b Abs. 1 ErbStG, insbesondere nicht gegen die Mindestbeteiligungsquote von über 25 % bei Anteilen an Kapitalgesellschaften47 sowie den Erwerb von Anteilen an Personengesellschaften ohne Mindestbeteiligungsquote. Auch gegen die Bestimmung über die Behaltensfrist in § 13a Abs. 5 ErbStG sowie die Lohnsummenregelung nach § 13a Abs. 1 ErbStG – mit Ausnahme der Freistellungsklausel – werden im Grundsatz keine Einwände erhoben.48 (b) Lohnsummenregelung Gleichheitswidrig und damit korrekturbedürftig ist jedoch die Freistellung von Betrieben mit bis zu 20 Arbeitnehmern von der Lohnsummenpflicht gem. § 13a Abs. 1 Satz 4 ErbStG mit Blick darauf, dass diese Freistellung mind. 90 % aller Betriebe umfassen soll.49 Will der Gesetzgeber weiterhin bestimmte Betriebe zu ihrer Flexibilität von der Lohnsummenregelung freistellen, wird er ausgehend von den Verhältnissen in den konkreten Betrieben und die Anzahl der durch die Lohnsummenregelung erfassten Betriebe eine Grenze finden müssen, um die Lohnsummenbindung wieder zum Regelfall zu machen. Der Arbeitsplatzerhalt muss inso45 Siehe auch S. 49, Rz. 145 des BVerfG-Urteils v. 17.12.2014. 46 S. 57, Rz. 167 des BVerfG-Urteils v. 17.12.2014. 47 A.A. hingegen z.B. BFH-Vorlagebeschluss v. 27.9.2012 – II R 9/11, Rz. 84, Piltz, DStR 2010, 1913 (1921). 48 S. 70 Rz. 201 (Lohnsumme), S. 78 Rz. 230 (Behaltensfrist) des BVerfG-Urteils v. 17.12.2014. 49 S. 73 Rz. 213 ff. des BVerfG-Urteils v. 17.12.2014.

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weit wesentliche Bedingung und Regel für die Steuerbefreiung sein. Stellt der Gesetzgeber weiterhin auf eine Mindestlohnsumme als Eingangsvoraussetzung in die Lohnsummengarantie ab, dürfte eine Anknüpfung an das Kündigungsschutzgesetz mit seiner Arbeitnehmerzahl von zehn (§ 23 Abs. 1 Satz 3) eher nicht geeignet sein.50 Andererseits lässt das BVerfG dem Gesetzgeber offen, eine Freistellung von der Lohnsummenpflicht bei Betrieben „mit einigen wenigen Betrieben“ vorzusehen, bei denen schon einzelne unkalkulierbare Wechsel in der Belegschaft die Einhaltung der Mindestlohnsumme weitgehend unmöglich machen würden. (c) Gestaltungen Ferner sind Gestaltungslücken, die von §§ 13a und 13b ErbStG zugelassen werden, zu schließen. Der BFH hatte in seinem Vorlagebeschluss Gestaltungen zur Ausnutzung der Befreiung von der Lohnsummenpflicht über eine Betriebsaufspaltung,51 zur Umgehung des Verwaltungsvermögensgrenzwerts von 50 % (§ 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG) in Konzernstrukturen und Gestaltungen mit sog. „Cash-Gesellschaften“52 beanstandet. Da der Gesetzgeber mit der Einfügung des § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 4a ErbStG durch das Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz vom 26.6.2013 bereits die Gestaltungen einer „Cash-Gesellschaft“ weitgehend geschlossen hat, sind Regelungen für die Betriebsaufspaltungsfälle53 durch Zusammenfassung der Lohnsumme und Mindestbeschäftigtenanzahl sowie der Kaskadeneffekte zu ergänzen.

50 Vgl. BVerfG-Urteil v. 17.12.2014, S. 77, Rz. 225; a.A. wohl Landsittel, ZErb, 1 (3). 51 Ein Betrieb mit mehr als 20 Beschäftigten wird kurz vor dem Steuerentstehungszeitpunkt bei gleichen Beteiligungsverhältnissen in eine Besitzgesellschaft mit nicht mehr als 20 Beschäftigten, bei der das Betriebsvermögen konzentriert wird, und in eine Betriebsgesellschaft, deren Betriebsvermögen nach Berücksichtigung der Verbindlichkeiten keinen oder einen nur sehr geringen Steuerwert hat und die eine beliebige Zahl von Beschäftigten haben kann, aufgespalten. 52 Bis zum Wirksamwerden der Neuregelung des § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 4a ErbStG wurden Anteile an einer zu mehr als 25 % vom Erblasser oder Schenker gehaltenen Gesellschaft, deren Vermögen ausschließlich aus nicht zum Verwaltungsvermögen gehörenden Geldforderungen bestand, weitgehend oder vollständig steuerfrei übertragen. 53 Ungeachtet dessen, dass der vom BFH beschriebene Sachverhalt ein in der Praxis eher nicht häufig anzutreffender Gestaltungsfall sein sollte, da in vielen Fällen eine Betriebsaufspaltung bereits seit geraumer Zeit vor dem erbschaftsteuerlichen Steuerentstehungszeitpunkt bestanden und gerade nicht zum Zwecke der Umgehung der Lohnsummenbindung eingegangen wurde.

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Dem Gesetzgeber ist es im Übrigen nach den Entscheidungsgründen des BVerfG-Urteils54 ausdrücklich unbenommen, eine auf den Zeitpunkt der Verkündung des Urteils bezogene rückwirkende Neuregelung vorzusehen, die einer „exzessiven Ausnutzung“ der als gleichheitswidrig befundenen Ausgestaltungen der §§ 13a und 13b ErbStG die Anerkennung versagt. Insoweit begründet die Weitergeltungsanordnung keinen Vertrauensschutz. Ob der Gesetzgeber hiervon Gebrauch macht, bleibt abzuwarten. (d) Verwaltungsvermögenstest in mehrstufigen Beteiligungsstrukturen – Konzept eines sog. Nettoverwaltungsvermögens Eine besondere Herausforderung für den Gesetzgeber dürfte es sein, die vom BVerfG als gleichheitswidrig erkannte § 50 %-Regel des § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG zum Umfang des begünstigungsschädlichen Verwaltungsvermögens unter Beibehaltung des bisherigen Verschonungskonzepts zu reformieren. Hierzu gilt es das in § 13b Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Satz 2 Nr. 3 ErbStG verankerte sog. Alles-oder-Nichts-Prinzip55 und die daraus resultierenden Kaskadeneffekte in Konzernstrukturen zu beseitigen. Denkbar wäre die Regelung des § 13b Abs. 2 Satz 3 Nr. 4a ErbStG (Cash-Klausel) als Vorbild zu nehmen und diese Regelung insgesamt auf den Verwaltungsvermögenstest zu übertragen. Konzeptionell könnte hierbei an frühere Überlegungen eines sog. Nettoverwaltungsvermögens angeknüpft werden,56 indem dasjenige Verwaltungsvermögen von der Verschonung ausgenommen wird, das nach Abzug von Schulden und sonstigen Abzüge (§ 103 BewG) verbleibt (Nettoverwaltungsvermögen).57 Der verbleibende Verwaltungsvermögensanteil würde als nicht begünstigtes Vermögen in vollem Umfang besteuert. Hierbei könnte der Gesetzgeber an der bisherigen Definition des Verwaltungsvermögens festhalten, wobei der Umfang

54 S. 99 Rz. 292 des BVerfG-Urteils v. 17.12.2014. 55 Hiernach gehören Beteiligungen an Tochtergesellschaften von mehr als 25 % sowie Beteiligungen an Personengesellschaften ohne Mindestbeteiligungsquote nur dann zum Verwaltungsvermögen, wenn bei den Tochtergesellschaften das Verwaltungsvermögen mehr als 50 % beträgt. Umgekehrt zählen solche Beteiligungen in vollem Umfang nicht zum Verwaltungsvermögen der Muttergesellschaft, sondern zum übrigen Betriebsvermögen, wenn die Tochtergesellschaft maximal über 50 % Verwaltungsvermögen verfügt. Der Ausgang des Vermögensverwaltungstest kann wegen des geltenden „Alles-odernichts-Prinzips“ auf Ebene der Obergesellschaft zu einem Kaskadeneffekt, sowohl zugunsten als auch zuungunsten der Steuerpflichtigen, führen. 56 Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Sicherung der Unternehmensnachfolge v. 30.5.2005, BT-Drucks. 15/5555, 8 – § 28a Abs. 2 ErbStG-E. 57 Ähnlich Hannes, ZEV 2015, 1 (11); Landsittel, ZErb, 1 (5).

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der mit dem Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz58 eingeführten Definition der Finanzmittel anzupassen wäre. Mit einem Nettoverwaltungsvermögensansatz könnte der unerwünschte Kaskadeneffekt im bisherigen Verwaltungsvermögenstest beseitigt werden, der zu Recht vom BFH – jedoch nicht in dem im Vorlagebeschluss exzessiv dargestellten Umfang – und vom BVerfG beanstandet wurde. Alternativ zu einem vollumfänglichen Schuldenabzug – ohne Rücksicht auf einen wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen Schulden und Verwaltungsvermögen – könnte der Umfang des Schuldenabzugs auch auf eine bestimmte Quote des Verwaltungsvermögens begrenzt oder nur bei einem wirtschaftlichen Zusammenhang der Schulden zum Verwaltungsvermögen zugelassen werden. Ein Kaskadeneffekt bei mehrstufigen Beteiligungen sollte allerdings nur beseitigt werden können, wenn die gemeinen Werte der zum Verwaltungsvermögen gehörenden Wirtschaftsgüter sowie die Schulden auf der (obersten) Ebene des übertragenen Betriebs konsolidiert werden. Ein solcher Nettoverwaltungsvermögensansatz soll anhand der nachfolgenden (vereinfachten) Beispiele veranschaulicht werden: Beispiel 1 Zum Betriebsvermögen der M-GmbH (gemeiner Wert 120) gehört der gemeine Wert der T-GmbH (30), die zu 100 % von der M-GmbH gehalten wird. Ferner gehört zum Betriebsvermögen der M-GmbH Verwaltungsvermögen (100) und Schulden (10). Zum Betriebsvermögen der T-GmbH (gemeiner Wert 30) gehören Verwaltungsvermögen (40), „Produktivvermögen“ (40) und Schulden (50). M-GmbH T-GmbH VerVerm.

30 Gem. Wert 100 Schulden

120 10

T-GmbH ProduktivVer.

40 Gem. Wert

30

VerVerm.

40 Schulden

50

Die T-GmbH hat kein schädliches Verwaltungsvermögen, weil ihre Schulden (50) größer als das Verwaltungsvermögen (40) sind. Der gemeine Wert der T-GmbH ist bei der M-GmbH in voller Höhe (30) Produktivvermögen. Das Vermögen der M-GmbH ist dagegen mit einem Wert des Nettoverwaltungsvermögens von 90 (Verwaltungsvermögen 100 – Schulden 10) nicht begünstigt. Der übrige Teil des gemeinen Werts der M-GmbH von 30 (gemeiner Wert 120–90 Nettoverwaltungsvermögen) ist begünstigt.

58 Siehe Fn. 9.

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Beispiel 2 Zum Betriebsvermögen der M-GmbH (gemeiner Wert 140) gehört der gemeine Wert der T-GmbH (50), die zu 100 % von der M-GmbH gehalten wird. Ferner gehören zum Betriebsvermögen der M-GmbH Verwaltungsvermögen (100) und Schulden (10). Zum Betriebsvermögen der T-GmbH (gemeiner Wert 50) gehören Verwaltungsvermögen (40), „Produktivvermögen“ (40) und Schulden (30). M-GmbH T-GmbH VerVerm.

50 Gem. Wert 100 Schulden

140 10

T-GmbH ProduktivVer.

40 Gem. Wert

50

VerVerm.

40 Schulden

30

Die T-GmbH hat Nettoverwaltungsvermögen von (10), da deren Schulden (30) niedriger als das Verwaltungsvermögen (40) sind. Der gemeine Wert der T-GmbH (50) ist bei der M-GmbH zum Teil begünstigtes „Produktivvermögen“ (40) und zum Teil Nettoverwaltungsvermögen (10). Das Vermögen der M-GmbH ist mit einem Wert von 100 (eigenes Verwaltungsvermögen 100 + Nettoverwaltungsvermögen der T-GmbH 10 – eigene Schulden 10) nicht begünstigt. Der übrige Teil des gemeinen Werts der M-GmbH von 30 (gemeiner Wert 140–90 Nettoverwaltungsvermögen) ist begünstigt.

Beispiel 3 (Konsolidierung) Das nachfolgende (vereinfachte) Beispiel soll eine mögliche Rechentechnik zur Konsolidierung bei einer Beteiligungsstufe unter Einbeziehung von Finanzmitteln verdeutlichen. Das Beispiel geht von einem Freibetrag von lediglich 10 % für die Finanzmittel aus (derzeit sieht § 13b Abs. 2 Nr. 4a ErbStG einen Freibetrag von 20 % vor). Zum Betriebsvermögen der M-GmbH (gemeiner Wert 920) gehört der gemeine Wert der T-GmbH (770), die zu 100 % von der M-GmbH gehalten wird. Ferner gehören zum Betriebsvermögen der M-GmbH Verwaltungsvermögen (120), Finanzmittel (130) und Schulden (100). Zum Betriebsvermögen der T-GmbH (gemeiner Wert 770) gehören „Produktivvermögen“ (200), Verwaltungsvermögen (350), Finanzmittel (400) und Schulden (180). M-GmbH T-GmbH

770 Gem. Wert

VerVerm.

120

Finanzmittel

130 Schulden 1020

920

100 1020

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T-GmbH ProduktivVer.

200 Gem. Wert

VerVerm.

350

Finanzmittel

400 Schulden

770

180

950 950 Der Umfang des bei der M-GmbH vorhandenen Nettoverwaltungsvermögens würde sich bei einer Konsolidierung mit der Beteiligung an der T-GmbH wie folgt ermitteln: Verwaltungsvermögen der M-GmbH

120

Verwaltungsvermögen der T-GmbH

350

Finanzmittel der M-GmbH

130

Finanzmittel der T-GmbH

400 530

Abzgl. 10 % des gemeinen Werts der M-GmbH

–92

Konsolidiertes Verwaltungsvermögen

438 908

Schulden der M-GmbH

–100

Schulden der T-GmbH

–180

Konsolidierte Schulden

–280

–280

Konsolidiertes Nettoverwaltungsvermögen

628

Begünstigtes Vermögen der M-GmbH

292

Nettoverwaltungsvermögen (steuerpflichtig)

628

Summe = Gemeiner Wert der M-GmbH

920

Ein Nettoverwaltungsvermögensansatz im oben beschriebenen Sinne müsste zudem um Regelungen zur Vermeidung missbräuchlicher Gestaltungen z.B. dergestalt, dass in Höhe der Differenz aus Schulden und Verwaltungsvermögen Privatvermögen über kurzfriste Einlagen vor dem Steuerentstehungszeitpunkt zugeführt wird, flankiert werden. Für solche Gestaltungsfälle wäre eine Schuldenverrechnung auszuschließen. Ebenso dürften Streubesitzbeteiligungen und Beteiligungen an wirtschaftlich wertlosen Gesellschaften, die nur über Schulden verfügen, nicht in die Konsolidierung einbezogen werden.

6. Fazit Mit Spannung und einem geteilten Echo wurde die Entscheidung des BVerfG zur Erbschaftsteuer vom 17.12.2014 aufgenommen. Während sich eine gewisse Erleichterung bei den (politischen) Befürwortern einer Erb286

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schaftsteuer mit einer Verschonungskomponente für Unternehmensvermögen breit machte, sind all jene enttäuscht, die die weitreichenden Steuerprivilegien für Unternehmensvermögens nach wie vor als gleichheitswidrig halten, um das gesetzgeberische Ziel des Erhalts von Betrieben und deren Arbeitsplätze zu erreichen. Letztere hätten sich schlussendlich einen Paradigmenwechsel z.B. in Form einer verbreiterten Bemessungsgrundlage gewünscht. Nach der Entscheidung des BVerfG ist ein solcher Paradigmenwechsel in weite Ferne gerückt. Der Gesetzgeber wird nur „minimalinvasiv“ in sein bisheriges Verschonungskonzept eingreifen und lediglich die vom BVerfG als reparaturbedürftig festgestellten Teile operativ behandeln müssen. Ein großer Schnitt des Gesetzgebers sollte nicht zu erwarten sein. Die anstehenden gesetzgeberischen Reformbestrebungen dürften sich eher in punktuelle Korrekturen des geltenden Rechts erschöpfen. Letztlich macht das bisherige Verschonungssystem für betriebliches Vermögen im Einzelnen nur eine Neukonzeption im Hinblick auf Teilbereiche der Lohnsummenregelung und den Verwaltungsvermögenstest einschließlich der hier denkbaren Gestaltungen erforderlich. Eine besondere Herausforderung für den Gesetzgeber dürfte die Einführung der verfassungsrechtlich gebotenen Bedürfnisprüfung bei „großen Unternehmen“ darstellen. Für kleine und mittlere Betriebe bringt das Urteil des BVerfG insoweit Rechts- und Planungssicherheit mit sich, als die (auch vollständige) Steuerbefreiung von Betriebsübergängen dieser Größenklasse verfassungsrechtlich abgesichert ist. Hierbei ist jedoch zu erwarten, dass die Verschonungsbedingungen insbesondere im Hinblick auf die Lohnsummenbindung verschärft werden. Eine Verschärfung ergibt sich zwangsläufig für „große“ Unternehmen, die künftig in den Anwendungsbereich einer Bedürfnisprüfung kommen. Auch wenn das Urteil des BVerfG durchweg von dem Bemühen getragen ist, den Entscheidungsspielraum des Gesetzgebers und damit das Gewaltenteilungsprinzip zu beachten, mithin keine Steuerpolitik zu betreiben, ist nicht zu verhehlen, dass dem Urteil des BVerfG zwangsläufig eine grundsätzliche und rechtspolitische Bedeutung zukommt. Der Rechtsfolgenausspruch des BVerfG belässt die für gleichheitswidrig erklärten Regelungen bis zu einer Neuregelung in Geltung und erlaubt ihre weitere Anwendung in der Rechtspraxis. Soweit erbschaft- oder schenkungsteuerliche Unternehmensnachfolgen bereits vor dem 17.12.2014, also vor dem Zeitpunkt der Entscheidung des BVerfG, vollzogen worden und zu diesem Zeitpunkt ein – wenn auch nach § 165 AO – vorläufiger Steuerbescheid vorlag, sind keine nachträglichen (verschärfende) Korrekturen zu befürchten. Der Rechtsfolgenausspruch des BVerfG einer Unvereinbarkeitserklärung mit Weitergeltungsanordnung schafft insoweit einen Vertrauenstatbestand (§ 176 Abs. 1 Nr. 1 AO). Entsprechendes dürfte im Grunde auch für Unternehmensnachfolgen vor dem 17.12.2014 ohne 287

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bisherige Veranlagung oder aber Unternehmensnachfolgen nach dem 17.12.2014 in der Übergangszeit bis zum 30.6.2016 gelten. Dies gilt jedoch nicht für Gestaltungen einer „exzessiven Ausnutzung“ der §§ 13a und 13b ErbStG, für die eine rückwirkende verschärfte Regelung möglich ist und insoweit die Weitergeltungsanordnung keinen Vertrauensschutz begründet. Die Finanzverwaltung versieht bisher aufgrund der gleich lautenden Ländererlassen vom 14.11.2012 sämtliche Erbschaft- und Schenkungssteuer-Festsetzungen mit einem generellen Vorläufigkeitsvermerk (§ 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO). Es ist zu erwarten, dass Erbschaft- und Schenkungssteuerbescheide bis zu einer Neuregelung weiterhin mit einem generellen Vorläufigkeitsvermerk versehen werden (§ 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AO).59 Dem Gesetzgeber ist abschließend ein glückliches Händchen bei den anstehenden Gesetzesarbeiten zu wünschen, um ein wenig Ruhe in das Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht zu bringen.

59 Siehe bereits Pressemitteilung des Bundesministeriums der Finanzen Nr. 55 v. 17.12.2014.

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Anforderungen an das ErbStG 2015/2016 aus der Sicht der Beratungspraxis Professor Dr. Andreas Söffing Steuerberater, Frankfurt a.M. Inhaltsübersicht A. Vorbemerkung B. Das Begünstigungskonzept I. Urteil des BVerfG II. Anmerkungen a) Definition des begünstigten Betriebsvermögens b) Abgrenzung zwischen kleinen/ mittleren Unternehmen und Großunternehmen sowie typisierte Bedürfnisprüfung c) Individuelle Bedürfnisprüfung

C. Änderungen beim Vewaltungsvermögenstest I. Urteil des BVerfG II. Anmerkungen D. Änderungen beim Lohnsummentest I. Urteil des BVerfG II. Anmerkungen E. Latente Ertragsteuerbelastung F. Erhöhte Bedeutung der Unternehmensbewertung

A. Vorbemerkung In der Pressemitteilung des BVerfG Nr. 116/2014 vom 17.12.2014 wird das Urteil BvL 21/12 in Kurzform zusammengefasst: „Privilegierung des Betriebsvermögens bei der Erbschaftsteuer ist in ihrer derzeitigen Ausgestaltung nicht in jeder Hinsicht mit der Verfassung vereinbar Mit heute verkündetem Urteil hat der Erste Senat des BVerfG §§ 13a und 13b und § 19 Abs. 1 des Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) für verfassungswidrig erklärt. Die Vorschriften sind zunächst weiter anwendbar; der Gesetzgeber muss bis zum 30. Juni 2016 eine Neuregelung treffen. Zwar liegt es im Entscheidungsspielraum des Gesetzgebers, kleine und mittlere Unternehmen, die in personaler Verantwortung geführt werden, zur Sicherung ihres Bestands und zur Erhaltung der Arbeitsplätze steuerlich zu begünstigen. Die Privilegierung betrieblichen Vermögens ist jedoch unverhältnismäßig, soweit sie über den Bereich kleiner und mittlerer Unternehmen hinausgreift, ohne eine Bedürfnisprüfung vorzusehen. Ebenfalls unverhältnismäßig sind die Freistellung von Betrieben mit bis zu 20 Beschäftigten von der Einhaltung einer Mindestlohnsumme und die Verschonung betrieblichen

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Vermögens mit einem Verwaltungsvermögensanteil bis zu 50 %. §§ 13a und 13b ErbStG sind auch insoweit verfassungswidrig, als sie Gestaltungen zulassen, die zu nicht zu rechtfertigenden Ungleichbehandlungen führen.“ Der Gesetzgeber hätte somit die Möglichkeit, an dem bisherigen Verschonungskonzept und zumindest bei kleinen und mittleren Unternehmen an dem bisherigen Begünstigungsumfang festzuhalten. Allerdings müssten die vom BVerfG als gleichheitswidrig eingestuften Ausgestaltungen korrigiert werden. Dies entspricht auch den derzeitigen Überlegungen des Gesetzgebers, der eine minimalinvasive Reform der Erbschaftsteuer verfolgt1. Hierbei müsste der Gesetzgeber die folgenden Aspekte aufgreifen: – Das Begünstigungskonzept müsste insoweit neu gestaltet werden, als das BVerfG eine Abgrenzung zwischen kleinen und mittleren Unternehmen einerseits und großen Unternehmen andererseits verlangt. Ferner muss für Großunternehmen eine Bedürfnisprüfung eingeführt werden. – Der Verwaltungsvermögenstest zur Abgrenzung von produktivem und nicht produktivem Vermögen muss neu ausgestaltet werden. – Die im derzeitigen Gesetz enthaltenen Ausnahmen vom Lohnsummentest müssen eingeschränkt werden. – Die nach dem derzeitigen Gesetz vereinzelt mögliche exzessive Ausnutzung der Vergünstigung muss vermieden werden.

B. Das Begünstigungskonzept I. Urteil des BVerfG „Unverhältnismäßig ist die Ungleichbehandlung zwischen begünstigtem unternehmerischen und nicht begünstigtem sonstigem Vermögen aber insoweit, als der unentgeltliche Erwerb betrieblichen und landund forstwirtschaftlichen Vermögens und von Anteilen an Kapitalgesellschaften ohne Bedürfnisprüfung weitgehend oder vollständig von der Erbschaft- und Schenkungsteuer befreit wird und es sich dabei um Erwerbe von Unternehmen handelt, welche die Größe kleiner und mittlerer Unternehmen überschreitet. … Das Maß der Ungleichbehandlung ist umso größer, je umfangreicher der steuerbefreite Erwerb ist.“2 (Tz. 170 und 171) 1 Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 10.1.2015. 2 BVerfG v. 17.12.2014 – 1 BvL 21/12, Tz. 170 und 171, FR 2015, 160. Nachfolgend werden nur noch die jeweiligen Textziffern des Urteils angegeben.

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„Die Grenze zwischen kleinen und mittleren Unternehmen einerseits und Großunternehmen andererseits ist für den Bereich des Erbschaftund Schenkungsteuerrechts gesetzlich nicht vorgegeben. Auch nach verfassungsrechtlichen Maßstäben lässt sich nicht eindeutig bestimmen, ab wann genau die aus der Steuerverschonung des unentgeltlichen Erwerbs unternehmerischen Vermögens folgende Ungleichbehandlung nicht mehr verhältnismäßig ist, wenn die Steuerverschonung an keine Bedürfnisprüfung geknüpft ist. Es ist Aufgabe des Gesetzgebers, unter Berücksichtigung der mit der Privilegierung verfolgten Gemeinwohlziele präzise und handhabbare Kriterien für die Bestimmung dieser Grenze festzulegen. Dabei bleibt es ihm aus verfassungsrechtlicher Sicht unbenommen, sich etwa auch an der Empfehlung der Kommission vom 6. Mai 2003 betreffend die Definition der Kleinstunternehmen sowie der kleinen und mittleren Unternehmen (2003/361/EG, ABl. L 124/36 vom 20. Mai 2003) zu orientieren. Darin werden zu den kleinen und mittleren Unternehmen solche gezählt, die weniger als 250 Arbeitnehmer beschäftigen und die entweder einen Jahresumsatz von höchstens 50 Millionen Euro erzielen oder deren Jahresbilanzsumme sich auf höchstens 43 Millionen Euro beläuft … “ (Tz. 174). „Der Gesetzgeber ist von Verfassungs wegen allerdings nicht verpflichtet, die Angemessenheit der Ungleichbehandlung zwischen begünstigten und nicht begünstigten Vermögensübertragungen durch die exakte Bestimmung des Kreises kleiner und mittelständischer Unternehmen und durch die Begrenzung der Verschonung ohne Bedürftnisprüfung auf diese sicherzustellen. Er könnte auch eine absolute Obergrenze festlegen, wie dies im Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Sicherung der Unternehmensnachfolge vom 30. Mai 2005 (vgl. BT-Drucks. 15/5555, S. 10) mit einer Förderungshöchstgrenze von 100 Millionen Euro beabsichtigt war, jenseits derer die Steuerverschonung endet und steuerbedingten Gefährdungen von Unternehmensübergängen etwa durch eine möglicherweise neu gestaltete Stundungsregelung begegnet wird. Hält er auch bei der Übertragung größerer Unternehmen am Steuerverschonungsmodell fest, wird er zu erwägen haben, ob in die dann in diesem Bereich gebotene Prüfung der Verschonungsbedürftigkeit von Erwerbern solcher Unternehmen auch durch die Erbschaft oder Schenkung miterworbenes, nicht begünstigtes Vermögen oder unter Umständen schon vor dem Erwerb vorhandenes eigenes Vermögen mit einbezogen werden soll, mit der Folge, dass der Erwerber dies zur Begleichung einer Steuerschuld aus dem Unternehmensübergang einzusetzen hätte.“ (Tz. 175).

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II. Anmerkungen a) Definition des begünstigten Betriebsvermögens Die gesetzliche Definition des begünstigten Betriebsvermögens in § 13b ErbStG ist verfassungsgemäß (Tz. 177). Sämtliche gewerblichen Personengesellschaften können ohne Differenzierung nach dem Grund ihrer Gewerblichkeit zum begünstigten Betriebsvermögen gehören. Damit können nicht nur originär gewerblich tätige (§ 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG), sondern auch gewerblich geprägte oder gewerblich infizierte Personengesellschaften (§ 15 Abs. 3 EStG) zum begünstigten Betriebsvermögen gehören. Eine Mindestbeteiligungsquote bei Personengesellschaften hält das BVerfG nicht für erforderlich. Bei Anteilen an Kapitalgesellschaften hat das BVerfG keine Bedenken, dass nach dem derzeitigen ErbStG Gesellschafter an Kapitalgesellschaften mit einer Beteiligungsquote von 25 % oder weniger von der Begünstigung grundsätzlich ausgeschlossen werden. Als Begründung wird die erforderliche Abgrenzung zwischen einem Kapitalanleger einerseits und einem „echten“ Unternehmer andererseits angeführt (vgl. Tz. 180). Eine solche Abgrenzung ist aber in der Praxis auch bei Anteilen an Kapitalgesellschaften nicht in dieser Absolutheit erforderlich, da es sehr viele Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft gibt, bei denen trotz einer Beteiligungsquote von nicht mehr als 25 % eine sehr enge personale Bindung zum Unternehmen existiert3. Dennoch sind diese Gesellschafter grundsätzlich von der Begünstigung ausgeschlossen. Die im derzeitigen Recht vorgesehene Poolvereinbarung, mit deren Hilfe diese Gesellschafter in den Anwendungsbereich der Begünstigung durch Zusammenrechnung ihrer Anteile kommen können, ist nicht in allen Sachverhalten realisierbar, mit teilweise erheblichem Verwaltungsaufwand verbunden und kann zu nachteiligen Konsequenzen in anderen Steuerarten oder Rechtsgebieten führen4. Eine Abmilderung könnte im neuen ErbStG z.B. durch eine dem § 32d Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a EStG entsprechende Regelung geschaffen werden. Der Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft mit einer Beteiligung von nicht mehr als 25 % hätte danach die Möglichkeit, dass auf Antrag seine Beteiligung zum begünstigten Betriebsvermögen gehört, wenn er zu mindestens 1 % an der Gesellschaft beteiligt ist und beruflich für diese tätig ist.

3 Vgl. zur Kritik auch Piltz, DStR 2015, 97 ff. 4 Zum Beispiel § 35 WpüG.

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b) Abgrenzung zwischen kleinen/mittleren Unternehmen und Großunternehmen sowie typisierte Bedürfnisprüfung Bei kleinen und mittelständischen Unternehmen, die in personaler Verantwortung geführt werden, hat der Gesetzgeber nach dem Urteil des BVerfG die Möglichkeit, bei dem derzeitigen Begünstigungsumfang (85 %ige oder gar 100 %ige Befreiung) zu bleiben, sofern tragfähige Rechtfertigungsgründe vorliegen. Bei Großunternehmen ist eine Begünstigung ohne individuelle Bedürfnisprüfung dagegen unverhältnismäßig. Die vom BVerfG geforderte Abgrenzung zwischen kleinen und mittleren Unternehmen einerseits und Großunternehmen andererseits wirft eine Vielzahl von Fragen auf5. Jeder Lösungsansatz zur Beantwortung dieser Fragen, der mit strengen Abgrenzungskriterien arbeitet, wird unweigerlich mit erheblichen Unschärfen verbunden sein und in konkreten Sachverhalten zu überschießenden Rechtsfolgen führen. Auch das BVerfG hat ausgeführt, dass sich nach verfassungsrechtlichen Maßstäben nicht eindeutig bestimmen lässt, ab welcher Größe bei einem Unternehmen (Großunternehmen) zur Gewährung der weitreichenden Begünstigung eine Bedürfnisprüfung durchgeführt werden muss (Tz. 174). Zur Abmilderung dieser Unschärfen bei der Abgrenzung zwischen kleinen bzw. mittleren Unternehmen und Großunternehmen könnte man eine Reduzierung des Begünstigungsumfangs mit zunehmender Unternehmensgröße vorsehen. Je geringer nämlich das Ausmaß der Steuerbefreiung, desto geringer die Ungleichbehandlung und damit die Rechtfertigungslast6. Dieses Modell der größenabhängigen Abschmelzung könnte so ausgestaltet sein, dass z.B. bis zu einem Erwerbsumfang von 100 Millionen Euro begünstigten Betriebsvermögen die Begünstigung im bisherigen Umfang (85 %ige Befreiung bei der Regelverschonung und 100 %ige Befreiung bei der Optionsverschonung) zur Anwendung kommt. Bei einem Erwerb von größer 100 Millionen Euro begünstigten Betriebsvermögen könnten die prozentualen Befreiungsabschläge dann langsam abgeschmolzen werden7. Die maßgebende Abgrenzungsgröße dürfte hierbei nicht der gesamte Unternehmenswert, sondern nur der Wert des einzelnen Erwerbs sein. Das BVerfG verweist bzgl. der Förderungshöchstgrenze von 100 Millionen Euro auf den Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Sicherung der Unternehmensnachfolge vom 30.5.2005, in dem die Förderungshöchstgrenze nicht unternehmensbezogen, sondern schenker-/erblasserbezogen

5 Vgl. Piltz, DStR 2015, 97 (99 f.); Reich, BB 2015, 148. 6 Vgl. hierzu Hannes/v. Oertzen, Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 28.1.2015. 7 Hannes/v. Oertzen schlagen bei einem Erwerb bis 250 Mio. einen Abschlag von 65 % bei der Regelverschonung und 80 % bei der Optionsverschonung vor, vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 28.1.2015.

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oder sogar erwerberbezogen ausgestaltet war8. Um zu vermeiden, dass es bei einer erwerberbezogenen Definition der Förderungshöchstgrenze durch eine Stückelung der Übertragungsvorgänge zu einer mehrfachen Nutzung der höheren Befreiungsabschläge kommt, könnte die Zusammenrechnungsvorschrift des § 14 ErbStG entsprechend Anwendung finden, so dass Übertragungsvorgänge innerhalb eines Zeitraums von 10 Jahren zusammengerechnet werden müssten. Diese größenabhängige Abschmelzung der Vergünstigung wäre insbesondere mit den folgenden Vorteilen verbunden: – Eine solche größenabhängige Abschmelzung der Vergünstigung dürfte den Vorgaben des BVerfG gerecht werden, da das BVerfG in Tz. 171 ausführt: „Das Maß der Ungleichbehandlung ist umso größer, je umfangreicher der steuerbefreite Erwerb ist.“ Hierbei stellt das BVerfG nicht auf das relative Ausmaß der Steuerbefreiung, sondern auf die betragsmäßige Befreiung ab. Demnach reduziert sich mit einer Abschmelzung der Vergünstigung auch die Intensität der Rechtfertigung der Inanspruchnahme. – Durch die größenabhängige Abschmelzung der Vergünstigung wird die bei Großunternehmen existierende Gemeinwohlverantwortung und damit Förderungswürdigkeit berücksichtigt. – Den Ausführungen des BVerfG folgend ist eine möglicherweise neu gestaltete Stundungsregelung auch für Großunternehmen nicht unverhältnismäßig. Unter Berücksichtigung eines entsprechenden Abzinsungsfaktors besteht bei einer wirtschaftlichen Betrachtung kein Unterschied zwischen einem nach dem Stundungszinssatz ermittelten einmaligem Abschlag und der Stundung selbst. Die größenabhängige Abschmelzung dürfte daher auch insoweit den Vorgaben des BVerfG entsprechen. Der einmalige Abschlag wäre sogar auf der Seite des Fiskus noch mit einem Liquiditätsvorteil verbunden. – Sofern Großunternehmen ohne Bedürfnisprüfung vollständig aus der Vergünstigung ausgeklammert werden würden, würde der Unternehmenswert ungekürzt als Bemessungsgrundlage der Besteuerung unterliegen. Sämtliche Unwägbarkeiten der derzeitigen steuerlichen Unternehmensbewertung würden somit unmittelbar auf die Steuerbelastung wirken (vgl. hierzu auch Abschnitt F). – Auch würde bei einer vollständig ungekürzten Bemessungsgrundlage das bekannte Problem der latenten Ertragsteuern erheblich an Aktualität gewinnen, insbesondere, da der derzeitige § 35b EStG eine Berücksichtigung der Doppelbelastung mit Ertragsteuern und Erbschaft8 Vgl. BT-Drucks. 15/5555, 10 sowie den Hinweis bei Reich, BB 2015, 148 f.

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bzw. Schenkungsteuer nur in einem sehr eingeschränkten und damit nicht ausreichendem Umfang kompensiert (vgl. hierzu auch Abschnitt E). – Da durch die Typisierung der Bedürfnisprüfung in Form der größenabhängigen Abschmelzung die Vergünstigung für Großunternehmen ohne individuelle Bedürfnisprüfung nicht vollständig ausgeklammert werden, können auch die qualitativen Anforderungen an die schwierige individuelle Bedürfnisprüfung reduziert werden, da das Bestehen oder Nicht-Bestehen der Bedürfnisprüfung nicht mit einer Alles-oderNichts-Entscheidung bzgl. der Anwendung der Vergünstigung verbunden ist. c) Individuelle Bedürfnisprüfung Bei einer größenabhängigen Abschmelzung der Vergünstigung könnte es zu einer nicht verhältnismäßigen Benachteiligung bei Großunternehmen kommen, wenn diese bzw. deren Erwerber trotz einer existierenden Bedürftigkeit nur in den Genuss der aufgrund der Größe des Erwerbs abgeschmolzenen Vergünstigung kämen. In dem Modell der größenabhängigen Abschmelzung könnte somit die für Großunternehmen verbleibende, standardisierte und damit abgeschmolzene Vergünstigung zur Sicherung der Gemeinwohlverantwortung dieser Unternehmen zu gering sein. Für diese Fälle könnte das Gesetz den Erwerbern die Möglichkeit einer individuellen Bedürfnisprüfung einräumen, mit deren Hilfe der Erwerber die Bedürftigkeit nachweisen könnte. Eine Bedürftigkeit i.d.S. würde vorliegen, wenn der Erwerber nicht in der Lage wäre, aus den ihm zur Verfügung stehenden liquiden Mitteln die anfallende Erbschaft- oder Schenkungsteuer zu begleichen. Wäre diese Bedürftigkeit von dem Erwerber durch das Bestehen einer Prüfung nachgewiesen, könnte dem Erwerber dann trotz Qualifikation als Großunternehmen die erweiterte Vergünstigung von z.B. 85 % in der Regelverschonung und 100 % in der Optionsverschonung gewährt werden9. Bei der gesetzlichen Ausgestaltung der Bedürfnisprüfung muss der Gesetzgeber klären, ob bei der Prüfung der Verschonungsbedürftigkeit von Erwerbern auch das durch die Erbschaft- oder Schenkung miterworbene, nicht begünstigte Vermögen oder unter Umständen auch schon vor dem Erwerb vorhandene Vermögen mit zu berücksichtigen ist, welches der Erwerber zur Begleichung der Steuerschuld aus dem Unternehmensübergang einsetzen könnte. Richtig wäre, dass im Rahmen der Bedürfnisprüfung nur miterworbenes Vermögen Berücksichtigung findet. Wür9 Vgl. hierzu erstmals Hannes/v. Oertzen, Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 28.1.2015.

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de man bei dem Erwerber schon vor dem Erwerb vorhandenes Vermögen im Rahmen der Bedürfnisprüfung mit berücksichtigen, wäre dies mit dem auch für die Erbschaft- und Schenkungsteuer maßgebenden Grundsatz der Besteuerung des Steuerpflichtigen nach der Leistungsfähigkeit nicht mehr vereinbar10. Vielmehr würde es sich um eine mittelbare Vermögensteuer handeln. Das beim Erwerber vor dem unentgeltlichen Erwerb bereits vorhandene Vermögen würde zwar nicht unmittelbar einer Steuerbelastung unterworfen werden, würde jedoch dazu führen, dass die Befreiung für das unentgeltlich erworbene Vermögen gekürzt würde. Nur aufgrund der Existenz dieses bereits vor der Erbschaft- oder Schenkung vorhandenen Vermögens würde es somit zu einer höheren Steuerbelastung kommen. Daher dürfte nur das durch die jeweilige Schenkung oder Erbschaft miterworbene liquide Vermögen nach Abzug einer etwaigen Erbschaft- oder Schenkungsteuerbelastung im Rahmen der Bedürfnisprüfung berücksichtigt werden. Hierbei könnte sowohl außerhalb des Unternehmens miterworbenes nicht begünstigtes Vermögen als auch über einen bestimmten Sockelbetrag hinausgehende Liquidität im erworbenen Unternehmen, die für die Existenz des Unternehmens gefahrlos entnommen werden könnte, einbezogen werden. Zur Berechnung dieses Sockelbetrags könnte man auf den heutigen Finanzmitteltest in § 13b Abs. 2 Nr. 4a ErbStG abstellen. Die nach Durchführung des Finanzmitteltests als Verwaltungsvermögen zu qualifizierenden Finanzmittel könnten dann als „entnahmefähiger“ Betrag im Rahmen der Bedürfnisprüfung als vorhandene Liquidität berücksichtigt werden. Sollte der Gesetzgeber diese unternehmerische Liquiditätsreserve im Rahmen der Bedürfnisprüfung mit einbeziehen, müssten jedoch etwaige durch die Entnahme oder Ausschüttung ausgelösten Ertragsteuern mindernd berücksichtigt werden. Auch dürfte die Entnahme oder Ausschüttung dieser Liquiditätsreserven nicht nachträglich insoweit zum Wegfall der Vergünstigung führen (vgl. § 13a Abs. 5 Nr. 3 ErbStG).

C. Änderungen beim Vewaltungsvermögenstest I. Urteil des BVerfG „Die Verwaltungsvermögensregelung ist zur Erreichung der vom Gesetzgeber verfolgten Ziele geeignet und erforderlich.“ (Tz. 240) „Die durch die Regelung über Verwaltungsvermögen geschaffene Ungleichbehandlung ist jedoch unverhältnismäßig, soweit sie begünstigtes Vermögen im Sinne des § 13b Abs. 1 ErbStG mit einem Anteil von bis 10 Vgl. hierzu auch die Ausführungen bei Söffing, M./Thonemann-Micker, ErbStB 2015, 46 ff.

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zu 50 % Verwaltungsvermögen insgesamt in den Genuss von Verschonungsabschlag, Abzugsbetrag (§ 13a Abs. 2 ErbStG) und Tarifbegrenzung (§ 19a ErbStG) gelangen lässt. Dadurch werden die Erwerber von begünstigtem Vermögen, das zu über 50 % aus Verwaltungsvermögen besteht und damit insgesamt aus der steuerlichen Verschonung herausfällt, unangemessen schlechter gestellt. Ein hinreichend tragfähiger Rechtfertigungsgrund für eine derart großzügige Einbeziehung vom Gesetz selbst als eigentlich nicht förderungswürdig angesehener Vermögensbestandteile ist vom Gesetzgeber nicht aufgezeigt und auch nicht erkennbar. Entsprechend führt die umfängliche Einbeziehung von bis zu 50 % Verwaltungsvermögen in die steuerliche Förderung im Vergleich zu den Erwerbern von Vermögen, das nicht begünstigt und generell vom Verschonungsabschlag ausgenommen ist – also von nichtbetrieblichem Vermögen im weiteren Sinne – zu einer unverhältnismäßigen Privilegierung der Erwerber begünstigten Vermögens mit einem so hohen Anteil an Verwaltungsvermögen.“ (Tz. 243)

II. Anmerkungen In der derzeitigen Diskussion zur Neugestaltung des Verwaltungsvermögenstests findet sich der sog. Netto-Verwaltungsvermögenstest11. Nach diesem Netto-Verwaltungsvermögenstest werden von der Summe der gemeinen Werte sämtlicher zum Verwaltungsvermögen gehörender Vermögensgegenstände sämtliche betrieblichen Verbindlichkeiten abgezogen, um das sog. Netto-Verwaltungsvermögen zu ermitteln. Hierbei werden sämtliche zum Betriebsvermögen gehörenden Verbindlichkeiten und nicht nur die mit dem Verwaltungsvermögen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehenden Verbindlichkeiten abgezogen. Ergibt sich ein positiver Saldo des Verwaltungsvermögens, so wird dieser Netto-Bestand des Verwaltungsvermögens aus der Begünstigung ausgeklammert. Ergibt sich kein positiver Saldo des Verwaltungsvermögens, so ist das gesamte Betriebsvermögen begünstigt. Der Abzug der Schulden von dem Verwaltungsvermögen ist von der Überlegung getragen, dass die Vermögensgegenstände des Verwaltungsvermögens, die ja gerade nicht zur Aufrechterhaltung des Unternehmens erforderlich sind, jederzeit veräußert werden könnten, um die im Unternehmen vorhandenen Verbindlichkeiten zu tilgen.

11 Vgl. z.B. Vortrag von Mannek auf dem Frankfurter Steuerfachtag 2015 am 27.1.2015.

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Summe aller gemeinen Werte der Vermögensgegenstände des Verwaltungsvermögens – Sämtliche betrieblichen Verbindlichkeiten = Verwaltungsvermögen Dieser Netto-Verwaltungsvermögenstest wäre insbesondere mit den folgenden Vorteilen verbunden: – Das Alles-oder-Nichts-Prinzip im derzeitigen Verwaltungsvermögenstest, welches in der Praxis mit erheblichen Risiken verbunden ist und auch vom BVerfG (vgl. z.B. Tz. 237) aufgegriffen wurde, wäre beseitigt. – Der Unternehmenswert und die daraus resultierenden Risiken für das Bestehen des Verwaltungsvermögenstests würden im Vergleich zum jetzigen Recht insoweit keine Rolle mehr spielen. – Im Vergleich zur jetzigen Regelung dürfte es zu einer erheblichen Vereinfachung kommen. So könnte z.B. eine exakte Erfassung und Bewertung des Verwaltungsvermögens unterbleiben, wenn die Schulden im Unternehmen offensichtlich das Verwaltungsvermögen übersteigen. Auf der anderen Seite ergibt sich durch diesen Netto-Verwaltungsvermögenstest der Nachteil, dass bei Unternehmen mit geringen oder gar keinen Verbindlichkeiten Verwaltungsvermögen in deutlich größerem Umfang oder gar vollständig aus der Begünstigung ausgeklammert werden müsste. Unternehmen mit einem geringen Verschuldungsgrad würden somit von einer höheren Erbschaft- und Schenkungsteuerbelastung getroffen als Unternehmen mit einem hohen Verschuldungsgrad, was wiederum zu einer gewissen Ungleichbehandlung im Rahmen des Verwaltungsvermögenstests führt. Zur Beseitigung dieser Ungleichbehandlung könnte ähnlich wie beim derzeitigen Finanzmitteltest i.S.d. § 13b Abs. 1 Nr. 4a ErbStG jedem Unternehmen ein bestimmter Freibetrag als Schuldenabzug zugestanden werden. Summe aller gemeinen Werte der Vermögensgegenstände des Verwaltungsvermögens – Sämtliche betrieblichen Verbindlichkeiten = Saldo – 20 % des Unternehmenswertes = Verwaltungsvermögen Durch den Abzug eines solchen Schuldensockelbetrags könnte auch – wie im Rahmen des Finanzmitteltests – eine fehlende Trennschärfe bei der Definition des Verwaltungsvermögens berücksichtigt werden. Es sollte nämlich berücksichtigt werde, dass es in jedem Unternehmen – unabhängig vom Verschuldungsgrad – Vermögensgegenstände gibt, die 298

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von der gesetzlichen Definition des Verwaltungsvermögens erfasst werden aber dennoch z.B. zur Absicherung der Liquidität im Unternehmen oder Absicherung eines Kredits einen wichtigen Beitrag zur betrieblichen Tätigkeit liefern. Die Überlegungen zur Rechtfertigung des NettoVerwaltungsvermögenstests, Vermögensgegenstände des Verwaltungsvermögens könnten jederzeit veräußert werden, um die vorhandenen Verbindlichkeiten zu tilgen, gilt nämlich nicht für sämtliche Vermögensgegenstände des Verwaltungsvermögens, da einige von ihnen sehr wohl eine wichtige Funktion zur Unterstützung des Unternehmens aufweisen12. Ein weiterer Nachteil des Netto-Verwaltungsvermögenstests könnte in Konzernstrukturen darin bestehen, dass sich die Vermögensgegenstände des Verwaltungsvermögens einerseits und Schulden andererseits in verschiedenen Konzerngesellschaften befinden. Würde man den Netto-Verwaltungsvermögenstest isoliert für jede einzelne Konzerngesellschaft durchführen, könnte sich bei einzelnen Gesellschaften ein positiver Saldo des Verwaltungsvermögens und in anderen Gesellschaften ein Schuldenüberhang ergeben. Das Ergebnis des Netto-Verwaltungsvermögenstests wäre somit von der Verteilung der Vermögensgegenstände und der einzelnen Schulden auf die verschiedenen Konzerngesellschaften abhängig. Zur Beseitigung dieses Nachteils sollte der Netto-Verwaltungsvermögenstest sämtliche Konzerngesellschaften in einer konsolidierten Betrachtung erfassen. Es wären somit sämtliche Vermögensgegenstände des Verwaltungsvermögens im Konzern zu ermitteln, von denen dann die Summe aller Verbindlichkeiten im Konzern abgezogen werden. Eine Eliminierung von konzerninternen Darlehensverhältnissen ist hierbei nicht erforderlich, da den Verbindlichkeiten in einer Konzerngesellschaft eine zum Verwaltungsvermögen gehörende Forderung in einer anderen Konzerngesellschaft gegenüberstehen würde. Diese konsolidiert Durchführung des Verwaltungsvermögenstestes hätte gleichzeitig den Vorteil, dass der auch vom BVerfG aufgegriffene Kaskadeneffekt und die Optimierungsmöglichkeiten im Rahmen des Verwaltungsvermögenstests in Konzernstrukturen nicht mehr weiter verfolgt werden müssten.

12 Vgl. zu der Unterscheidung im Verwaltungsvermögen in nicht betriebsnotwendiges Verwaltungsvermögen und nicht unmittelbar (also dann mittelbar) dem Betrieb dienenden Wirtschaftsgüter auch Vorlagebeschluss des BFH v. 27.9.2012 – II R 9/11, BStBl. II 2012, 899.

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D. Änderungen beim Lohnsummentest I. Urteil des BVerfG „Die in verschiedenen Absätzen des § 13a ErbStG ausgestaltete Lohnsummenregelung ist im Grundsatz mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar …, nicht jedoch die Freistellung bei Betrieben mit nicht mehr als 20 Beschäftigten …“ (Tz. 201) „Eine Freistellung von der Einhaltung der Mindestlohnsumme kann allerdings gerechtfertigt sein, soweit sie auf eine relativ kleine Gruppe von Betriebsübergängen begrenzt und diese Gruppe zudem so umschrieben wird, dass das Bedürfnis für eine solche Freistellung ein besonderes Gewicht besitzt. Das mag insbesondere dann der Fall sein, wenn die betroffenen Betriebe über eine so geringe Zahl an Beschäftigten verfügen, dass schon einzelne unkalkulierbare Wechsel in der Belegschaft – die sich über einen so langen Zeitraum, wie ihn die Lohnsummenfrist vorsieht, kaum völlig vermeiden lassen – die Einhaltung der Mindestlohnsumme ausschließen oder weitgehend unmöglich machen. Sofern der Gesetzgeber bei der Behebung der auch in anderem Zusammenhang festgestellten Gleichheitsverstöße im Grundsatz an dem gegenwärtigen Verschonungskonzept für die Besteuerung der Unternehmensnachfolge festhält, wird er die Freistellung von der Lohnsummenpflicht auf Betriebe mit einigen wenigen Beschäftigten begrenzen müssen.“ (Tz. 229)

II. Anmerkungen Der Gesetzgeber wird somit die Anzahl der Beschäftigten als Voraussetzung für die Ausnahme vom Lohnsummentest deutlich reduzieren müssen. Eine Ausnahme vom Lohnsummentest verlangt, dass für das einzelne Unternehmen das Bedürfnis für die Freistellung ein besonderes Gewicht haben muss. In der Literatur wird daher vorgeschlagen, die Ausnahme vom Lohnsummentest für Unternehmen mit nicht mehr als fünf Beschäftigten vorzusehen13. Eine vollständige Abschaffung der Befreiung vom Lohnsummentest verlangt das BVerfG aber nicht, da einzelne unkalkulierbare Wechsel in der Belegschaft, die sich kaum völlig vermeiden lassen und welche die Einhaltung der Mindestlohnsumme ausschließen oder weitgehend unmöglich machen im Rahmen des Lohnsummentests berücksichtigt werden sollten. Situationen, in denen sich unkalkulierbare Wechsel in der Be13 Vgl. Söffing, M./Thonemann-Micker, ErbStB 2015, 51; Seer, GmbHR 2015, 118.

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legschaft kaum völlig vermeiden lassen und damit die Einhaltung der Mindestlohnsumme ausschließen oder weitgehend unmöglich machen sind aber auch bei Unternehmen mit deutlich mehr Beschäftigten vorstellbar. Es kann nur an Sanierungsfälle oder gravierende wirtschaftliche Veränderungen gedacht werden. Kommt es z.B. während des Lohnsummenüberwachungszeitraums zu einem umfassenden Sanierungsfall, der mit einer vorher nicht kalkulierbaren Reduzierung in der Belegschaft verbunden ist, sollte dies auch bei der Ausgestaltung des Lohnsummentests berücksichtigt werden. Dies sollte aber nicht durch eine gesetzliche Regelung i.V.m. einer Befreiung vom Lohnsummentest umgesetzt werden. Der Gesetzgeber könnte jedoch eine Sanierungsklausel14 vorsehen, nach der Löhne, die nachweislich aufgrund des zwingend erforderlichen Sanierungskonzeptes während des Überwachungszeitraums, sei es durch Entlassungen oder Lohnreduzierungen, zu einem Nichtbestehen des Lohnsummentestes geführt haben, bei der Berechnung der maßgeblichen jährlichen Lohnsummen i.S.d. § 13a Abs. 1 S. 2 ErbStG weiterhin fiktiv hinzugerechnet werden. Würde es eine solche Sanierungsklausel nicht geben, würden die im Sanierungsfall i.d.R. nicht vermeidbaren Lohnreduzierungen das Bestehen des Lohnsummentests erheblich gefährden oder gar unmöglich machen. Die hierdurch ausgelöste nachträgliche Erbschaft- oder Schenkungsteuer und der hieraus resultierende Liquiditätsbedarf kann im Extremfall das Sanierungskonzept wiederum gefährden. Zumal die nachträglich entstehende Erbschaft- oder Schenkungsteuer sich auf der Basis des Unternehmenswertes im Zeitpunkt der Erbschaft- oder Schenkung ermittelt, obwohl der aktuelle Unternehmenswert durch den in der Zwischenzeit eingetretenen Sanierungsfall deutlich gesunken sein dürfte.

E. Latente Ertragsteuerbelastung Das Problem der doppelten Steuerbelastung von im Unternehmen vorhandenen stillen Reserven mit Erbschaft- und Schenkungsteuer im Falle der unentgeltlichen Übertragung einerseits und im Falle der spätere Realisation mit Ertragsteuern ist schon vielfach diskutiert worden15. Auch ist schon mehrfach dargestellt worden, dass die in § 35b EStG enthaltene Ermäßigung nicht ansatzweise zu einer Vermeidung dieser doppelten Steuerbelastung führt. Durch die sich im neuen ErbStG ggf. ergebenden

14 Vgl. auch den Hinweis bei Zipfel/Lahme, DStZ 2015, 70. 15 Vgl. z.B. Bron/Seidel, ErbStB 2010, 48 ff. und 81 ff.; Crezelius, BB 2012, 2979; Lüdicke, FR 2013, 107 ff.; vgl. Scheffler, Symposium des Deutschen wissenschaftlichen Instituts der Steuerberater e.V., Tagungsbericht von Bethke/Kalina-Kerschbaum, DStR 2014, 241 ff.

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Einschränkungen der Befreiungen für Unternehmensvermögen erlangt diese Doppelbelastung eine zusätzliche Aktualität. Die doppelte Steuerbelastung resultiert aus erbschaft- und schenkungsteuerlicher Sicht daraus, dass für Betriebsvermögen der gemeine Wert des Unternehmens und damit auch die in dem Unternehmen steckenden stillen Reserven die Bemessungsgrundlage bilden. Unter der Geltung des jetzigen Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes kam es durch die Anwendung der 85 %igen oder gar 100 %igen Befreiung für Betriebsvermögen trotz der grundsätzlichen Steuerbarkeit dieser stillen Reserven dennoch in vielen Fällen nicht zu einer steuerlichen Erfassung. Sollte es im neuen Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz zu einer Einschränkung der umfassenden Vergünstigungen für Betriebsvermögen kommen, würde diese automatisch auch zur Folge haben, dass in dem nicht befreiten Umfang die im Unternehmen vorhandenen stillen Reserven beim unentgeltlichen Erwerb der Erbschaft- oder Schenkungsteuerbelastung und im Falle ihrer späteren Realisierung der Ertragsteuerbelastung ausgesetzt sind. Ferner sollte berücksichtigt werden, dass der BFH diesen Aspekt der Doppelbelastung mit Erbschaftsteuer und Ertragsteuern in jüngster Vergangenheit deutlicher als bisher aufgegriffen hat. In seiner Entscheidung vom 15.7.2014 hat der X. Senat sein Urteil u.a. damit begründet, dass eine Kumulation von Ertragsteuern und Erbschaftsteuer vermieden werden müsse16. Der Gesetzgeber sollte daher Maßnahmen zur Vermeidung dieser Kumulation ergreifen. Beide Steuerarten orientieren sich an dem Leistungsfähigkeitsprinzip, so dass eine unsystematische Doppelbelastung vorliegt. Zusätzlich kommt es zu einer Ungleichbehandlung zwischen Unternehmen mit unterschiedlich hohen stillen Reserven sowie auch im Verhältnis zu anderen Vermögensarten, in denen keine oder nur geringe stille Reserven vorhanden sind (z.B. Bargeld). Eine Ungleichbehandlung würde auch gegenüber den Vermögensgegenständen bestehen, in denen stille Reserven ertragsteuerfrei realisiert werden können (z.B. Immobilien oder Rohstoffe im steuerlichen Privatvermögen). Gesetzliche Lösungsansätze können über die Ertragsteuern oder über die Erbschaft- und Schenkungsteuer aufgenommen werden. Bei dem Lösungsansatz über die Ertragsteuern könnte die Vorschrift des § 35b EStG deutlich ausgeweitet werden. Es könnte zu einer Aufhebung oder Ausdehnung der zeitlichen Beschränkung, zur Anwendung der Vorschrift auch auf Schenkungsfälle sowie auch einer Erweiterung des Ermäßigungsbetrages kommen.

16 Vgl. BFH v. 15.7.2014 – X R 41/12.

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Bei einem Lösungsansatz über die Erbschaft- und Schenkungsteuer könnte die im Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 9 ErbStG) vorhandene latente Ertragsteuer als Nachlassverbindlichkeit abgezogen werden. Sollte sich bei der späteren ertragsteuerlichen Realisation der stillen Reserven herausstellen, dass die Steuerbelastung höher oder geringer ausgefallen ist, könnte eine nachträgliche Korrektur der Nachlassverbindlichkeiten erfolgen. Alternativ könnte im Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 9 ErbStG) auf einen Abzug der latenten Ertragsteuern als Nachlassverbindlichkeit verzichtet werden. Bei der späteren Realisation der stillen Reserven innerhalb einer bestimmten Zeit nach dem unentgeltlichen Erwerb könnten die dann nachträglich anfallenden Ertragsteuern unter Durchbrechung des erbschaft- und schenkungsteuerlichen Stichtagsprinzips nachträglich als Nachlassverbindlichkeiten abgezogen werden oder auf die Erbschaft- oder Schenkungsteuer nachträglich angerechnet werden soweit die Doppelbelastung nicht durch die Ermäßigung des § 35b EStG vermieden wurde.

F. Erhöhte Bedeutung der Unternehmensbewertung Durch eine etwaige Einschränkung des Begünstigungsumfanges wird die erbschaft- und schenkungsteuerliche Bemessungsgrundlage und damit der Unternehmenswert erheblich an Bedeutung gewinnen. Dieser Unternehmenswert ist nach der derzeitigen Rechtslage auf den Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 9 ErbStG) zu ermitteln. Sofern dieser Unternehmenswert zukünftig in zunehmendem Maße die Höhe der Steuerbelastung beeinflusst, sollten bei der Neugestaltung des ErbStG die Vielzahl der derzeitigen „Bewertungsunschärfen“ berücksichtigt werden. Es sollte zunächst bei der konkreten Ermittlung des Unternehmenswertes als erbschaft- und schenkungsteuerliche Bemessungsgrundlage berücksichtigt werden, dass Unternehmenswerte teilweise erheblichen Schwankungen ausgesetzt sind und dass es den richtigen Unternehmenswert nicht gibt17. Ferner wäre zu berücksichtigen, dass die nach dem vereinfachten Ertragswertverfahren ermittelten Unternehmenswerte sich häufig am Markt nicht realisieren lassen. Gerade bei dem derzeitigen Zinsverhältnissen führt ein sehr niedriger Basiszins (0,99 v.H.) bei Anwendung des vereinfachten Ertragswertverfahrens zu einem Vervielfältiger von mehr als 18. Auch wird man bei der Unternehmensbewertung für erbschaft- und schenkungsteuerliche Zwecke etwaige Verfügungsbeschränkungen berücksichtigen müssen. Sei es eine im Gesellschafts17 Vgl. auch Scheffler, Symposium des Deutschen wissenschaftlichen Instituts der Steuerberater e.V., Tagungsbericht von Bethke/Kalina-Kerschbaum, DStR 2014, 241 ff.

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vertrag vereinbarte Verfügungsbeschränkung, eine Testamentsvollstreckung oder z.B. eine nach erfolgtem Börsengang auch für die Erben noch wirkende Lock-up-Periode bei unentgeltlich erworbenen Aktien. Es stellt sich damit die Frage, wie diese „Bewertungsunschärfen“ bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer berücksichtigt werden können. Sofern bei anderen Steuerarten der Unternehmenswert als Bemessungsgrundlage herangezogen wird, ist er entweder durch einen Realisationsvorgang am Markt bestätigt und mit einem Liquiditätszufluss verbunden oder aber es wird wie z.B. im UmwStG dem Steuerpflichtigen die Möglichkeit einer Buchwertfortführung geboten, da einer etwaigen Besteuerung der stillen Reserven kein Liquiditätszufluss gegenüberstehen würde. Eine Möglichkeit zur Berücksichtigung der „Bewertungsunschärften“ im Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz könnte in der Einführung eines pauschalierten Bewertungsabschlags liegen. Auch könnte von dem strengen Stichtagsprinzip (§ 9 ErbStG) abgewichen werden, so dass nachträgliche Korrekturen des Unternehmenswertes möglich wären. So könnte z.B. bei einem Verkauf innerhalb der erbschaft- und schenkungsteuerlichen Behaltefristen der dann realisierte Wert nachträglich für die Besteuerung maßgebend sein (gesetzlicher Earn out)18.

18 Vgl. zur Bewertungsproblematik aufsführlich Lüdicke, FR 2013, 107 ff.

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4. Leitthema: Bilanzsteuerrecht

§§ 4f und 5 Abs. 7 EStG n.F. in der Praxis Professor Dr. Gerrit Adrian Steuerberater, Frankfurt a.M. Regierungsdirektor Dr. Peter Heinemann Finanzministerium Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf* Inhaltsübersicht 1. Einleitung 2. Gesetzliche Neuregelung 2.1 Gesetzgebungsverfahren 2.2 § 4f EStG und § 5 Abs. 7 EStG im Überblick 3. Ausgewählte Zweifelsfragen und Beispielsfälle 3.1 Passivierungsbeschränkungen 3.2 Rechtsfolgen beim Veräußerer (§ 4f EStG)

3.3 Bilanzierung beim Erwerber (§ 5 Abs. 7 EStG) 3.4 Zeitliche Anwendung 3.5 Grundfall und Beispiel zur kurzen Laufzeit 3.6 Kettenübertragung 3.7 Mitunternehmeranteil 3.8 Grenzüberschreitende Übertragung 3.9 Übertragung durch Umwandlung

1. Einleitung Die steuerbilanzielle Behandlung von veräußerten und angeschafften Rückstellungen wird seit einigen Jahren intensiv diskutiert.1 Es geht im Kern darum, ob Verpflichtungen, insb. Rückstellungen, bei denen stille Lasten aufgrund eines steuerlichen Passivierungsverbots (z.B. Drohverlustrückstellungen) oder eines steuerlichen Bewertungsvorbehalts (z.B. Pensionsrückstellungen) bestehen, durch entgeltliche Übertragung beim Veräußerer steuerwirksam realisiert werden können. Beim Erwerber dreht sich die Diskussion um die Frage, ob mit der Übertragung ein An-

* Professor Dr. Gerrit Adrian, StB, ist Director bei KPMG, Frankfurt a.M. und Honorarprofessor an der Universität Siegen. Dr. Peter Heinemann ist Regierungsdirektor und Bilanzsteuerreferent im Finanzministerium NordrheinWestfalen, Düsseldorf. 1 Vgl. nur Adrian/Fey, StuB 2014, 53; Bogenschütz, Ubg 2008, 135; Buciek, FR 2010, 426; Geberth/Höhn, DB 2010, 1907; Gosch, BFH/PR 4/2010, 124; Ley, DStR 2007, 589; Prinz/Adrian, StuB 2011, 171; M. Prinz, FR 2010, 428 und FR 2011, 445; Riedel, Ubg 2014, 421; Schindler, GmbHR 2014, 561 (786); Schönherr/Krüger, DStR 2010, 1712; Schlotter, Ubg 2010, 643; Günkel, BB 2013, 1001.

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schaffungsgewinn entsteht oder der Grundsatz des erfolgsneutralen Anschaffungsgeschäfts vorgeht. Zu diesen Fragen entwickelte sich in den vergangenen Jahren eine gefestigte BFH-Rechtsprechung. Für die Veräußererseite entschied der BFH bereits mit Urteil vom 17.10.2007, dass sich die entgeltliche Übertragung steuerbilanzrechtlich nicht zu passivierender Rückstellungen (für Jubiläumszuwendungen und drohende Verluste) im Rahmen einer Betriebsveräußerung steuermindernd auf den Veräußerungsgewinn auswirken.2 Die Entscheidung ist im Bundessteuerblatt veröffentlicht. Auf der Veräußererseite hatte der BFH zudem den Fall eines Schuldbeitritts zu Pensionszusagen gegen Zahlung eines sofort fälligen Basisentgelts in Höhe der Barwerte der Zahlungsverpflichtungen vorliegen.3 Entgegen der Verwaltungsauffassung entschied der BFH, dass mangels Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme keine Rückstellung bei Veräußerer mehr zu bilden sei und auch ein Freistellungsanspruch gegen die beigetretene GmbH nicht zu aktivieren sei, weil die künftige Inanspruchnahme aus den Pensionsverpflichtungen nicht mehr wahrscheinlich war.4 Dieses Urteil ist nicht im Bundessteuerblatt veröffentlicht. Auf Erwerberseite hatte der BFH bereits mehrere Fälle der entgeltlichen Übertagung von Verpflichtungen vorliegen. Im Bundessteuerblatt veröffentlicht und damit zur allgemeinen Anwendungen durch die Finanzbehörden freigegeben ist lediglich das BFH-Urteil vom 16.12.2009.5 Im zugrunde liegenden Fall wurden Verpflichtungen aus wertlosen Mietverträgen im Wege einer Schuldfreistellung (Erfüllungsübernahme i.S.d. § 329 BGB) übernommen. Für diese Verpflichtungen hatte der Veräußerer eine Drohverlustrückstellung passiviert. Nach Auffassung des BFH ist für die übernommene Verpflichtung eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten zu bilden. Die übernommenen Verpflichtungen seien als Teil der Anschaffungskosten erfolgsneutral zu behandeln. Der Grundsatz der erfolgsneutralen Behandlung von Anschaffungskosten gelte auch für den Bilanzstichtag. Auch eine erfolgswirksame Auflösung am Bilanzstichtag lehnt der BFH ab. Dem steht gemäß BFH auch nicht das steuerliche Rückstellungsverbot für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften entgegen, da infolge des Erwerbsvorgangs das Geschäft bereits erfüllt sei und nicht mehr schwebe. Im Urteil vom 14.12.2011 bestätigte 2 Vgl. BFH, Urt. v. 17.10.2007 – I R 61/06, BStBl. II 2008, 555 = GmbHR 2008, 667 = FR 2008, 1158 m. Anm. Prinz. 3 Vgl. BFH, Urt. v. 26.4.2012 – IV R 43/09, FR 2012, 776 m. Anm. Prinz = BFH/ NV 2012, S. 1248. 4 Entgegen BMF, Schr. v. 16.12.2005, IV B 2-S 2176-103/05, BStBl. I 2005, 1052, Tz. 4. 5 Vgl. BFH, Urt. v. 16.12.2009 – I R 102/08, BStBl. II 2011, 566 = FR 2010, 425 m. Anm. Buciek = GmbHR 2010, 382.

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der BFH die zuvor aufgestellten Grundsätze und führte sie auch für den Fall „angeschaffter“ Jubiläumsrückstellungen und Rückstellungen für Verpflichtungen gegenüber dem Pensionssicherungsverein (PSVaG) fort.6 Das Urteil ist nicht im Bundessteuerblatt veröffentlicht. Zuletzt befasste sich der BFH in zwei Entscheidungen vom 12.12.2012 mit der Anschaffung von Pensionsrückstellungen.7 Der BFH entschied jeweils in Bestätigung und Fortführung seiner bisherigen Urteile, dass der Grundsatz der erfolgsneutralen Anschaffung gilt. Beide Entscheidungen sind nicht im Bundessteuerblatt veröffentlicht. Dieser BFH-Rechtsprechung steht, zumindest in Teilen, die Verwaltungsauffassung entgegen (BMF, Schr. v. 24.6.20118, BMF, Schr. v. 16.12.20059, UmwSt-Erlass vom 11.11.201110). Während die Grundsätze der BFHRechtsprechung unabhängig von der zivilrechtlichen Übertragungsweise der Verpflichtungen ist, wird im BMF-Schreiben vom 24.6.2011 zwischen der Schuldübernahme und der Schuldfreistellung differenziert.11 Bei der Schuldübernahme ist die entscheidende Abweichung zur BFH-Rechtsprechung beim Erwerber zu verzeichnen. Nach Verwaltungsauffassung sind bei der Folgebilanzierung (nach Schuldübernahme) am Bilanzstichtag die bilanzsteuerrechtlichen Ansatz- und Bewertungsvorbehalte zu beachten. Folge ist die (teilweise) ertragswirksame Auflösung der Verpflichtung. Im Ergebnis wird war die Verlustrealisierung beim Veräußerer anerkannt; jedoch soll beim Erwerber ein „Erwerbsgewinn“ gezeigt werden. Bei der Schuldfreistellung ist der maßgebliche Unterschied zur BFH-Rechtsprechung auf der Veräußererseite. Dort ist nach Verwaltungsauffassung ein Freistellungsanspruch erfolgswirksam zu aktivieren, so dass die steuerwirksame Realisierung der stillen Lasten verhindert wird.

2. Gesetzliche Neuregelung 2.1 Gesetzgebungsverfahren Der Bundesrat empfahl in seiner Stellungnahme vom 14.12.2012 zum Entwurf des Gemeinnützigkeitsentbürokratisierungsgesetzes (GemEntBG; umbenannt in das Gesetz zur Stärkung des Ehrenamtes), eine gesetz6 Vgl. BFH, Urt. v. 14.12.2011 – I R 72/10, BStBl. II 2012, 635 = FR 2012, 407 m. Anm. Prinz = GmbHR 2012, 402 m. Anm. Höhn/Geberth. 7 Vgl. BFH, Urt. v. 12.12.2012 – I R 28/11, FR 2013, 805 = GmbHR 2013, 429 m. Anm. Hoffmann; BFH, Urt. v. 12.12.2012 – I R 69/11. Siehe dazu Adrian/ Fey, StuB 2013, 404. 8 Vgl. BStBl. I 2011, 627. 9 Vgl. BStBl. I 2005, 1052. 10 Vgl. BStBl. I 2011, 1314. 11 Vgl. BMF, Schr. v. 24.6.2011, BStBl. I 2011, 627.

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liche Regelung zur Schuld- bzw. Verpflichtungsübernahme einzuführen.12 Dabei sollte neben einer Grundregel für die steuerbilanzielle Behandlung von übernommenen Verpflichtungen in § 5 Abs. 7 EStG auch eine Sonderregelung in § 4f EStG für Verpflichtungsübernahmen im Konzern eingeführt werden. Eingang in die Beschlussempfehlungen des Finanzausschusses des Bundestags fanden die vorgeschlagenen Regelungen jedoch nicht, so dass das Ehrenamtsstärkungsgesetz letztlich ohne Regelungen zur Anschaffung von Rückstellungen im Bundesgesetzblatt veröffentlicht wurde.13 Der Bundesrat unternahm mit dem AIFM-Steuer-Anpassungsgesetz (Gesetzes zur Anpassung des Investmentsteuergesetzes und anderer Gesetze an das AIFM-Umsetzungsgesetz) einen erneuten Vorstoß. Inhaltlich entsprach der Vorschlag dem Entwurf des GemEntBG. Das Gesetzgebungsverfahren konnte jedoch in der letzten Legislaturperiode nicht mehr rechtzeitig vor der Bundestagswahl am 22.9.2013 beendet werden und unterfiel der sachlichen Diskontinuität (§ 125 BTGO). Im zweiten Anlauf konnte das Gesetzgebungsverfahren zum AIFM-StAnpG im Schnelldurchlauf beendet werden.14 Der Bundesrat beschloss am 8.11.2013 die Einbringung des Gesetzentwurfes in den Bundestag; der Bundestag erledigte am 28.11.2013 innerhalb einer Sitzung die erste, zweite und dritte Lesung; die Zustimmung des Bundesrats erfolgte schließlich am darauffolgenden Tag, am 29.11.2013. Nach der Gesetzesbegründung zum AIFM-StAnpG führe die BFH-Rechtsprechung zu Steuerausfallrisiken in Milliardenhöhe.15 Zudem würde insbesondere verbundenden Unternehmen ein erhebliches Gestaltungspotential durch die konzerninterne „Verschiebung“ von Verpflichtungen gewährt. Daher sei eine gesetzliche Regelung geboten, um Gestaltungen vorzubeugen und die BFH-Rechtsprechung in haushaltsverträglicher Weise umzusetzen. 2.2 § 4f EStG und § 5 Abs. 7 EStG im Überblick § 4f EStG regelt in Anlehnung an § 4e EStG die steuerbilanzielle Behandlung von Verpflichtungsübernahmen, Schuldbeitritten und Erfüllungsübernahmen auf Veräußererseite. § 5 Abs. 7 EStG betrifft die Ebene des Erwerbers. Im Grundsatz gelten die beiden Vorschriften unabhängig von der rechtlichen Ausgestaltung der Übertragung.

12 13 14 15

Vgl. BR-Drucks. 663/12, 12 ff. Vgl. BGBl. I 2013, 556. BGBl. I 2013, 4316. Vgl. BT-Drucks. 18/68, 73.

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Kernidee der Neuregelung des § 4f EStG ist, den Aufwand nicht sofort zum steuerlichen Abzug zuzulassen, sondern über 15 Jahre zu verteilen. Ein Rechtsnachfolger ist an die Verteilung gebunden (§ 4f Abs. 1 Satz 7 EStG). Für bestimmte Fälle enthält § 4f EStG Ausnahmen, in denen doch ein steuerlicher Sofortabzug der stillen Lasten zugelassen wird. Dies ist bei der Betriebsveräußerung und -aufgabe, der Veräußerung des gesamten Mitunternehmeranteils und dem Arbeitgeberwechsel unter Mitnahme der erworbenen Pensionsansprüche der Fall. Auch kleine und mittlere Betriebe i.S.d. § 7g EStG sind grundsätzlich von der Anwendung des § 4f EStG ausgeschlossen. Bei Schuldübernahmen im Zuge einer Teilbetriebsveräußerung oder -aufgabe ist eine Aufwandsverteilung nur vorgesehen, soweit die Verpflichtungsübernahme einen Verlust begründet oder erhöht. Auf Ebene des Erwerbers sollen die steuerbilanzrechtlichen Ansatzverbote, -beschränkungen und Bewertungsvorbehalte, denen die Verpflichtungen beim Übertragenden unterlag, wieder zur Anwendung kommen. Dazu sieht § 5 Abs. 7 Satz 1 EStG eine Fiktion vor: Die übernommene Verpflichtung soll zu den auf die Übernahme folgenden Abschlussstichtagen so zu bilanzieren sein, wie sie beim ursprünglich Verpflichteten ohne Übernahme zu bilanzieren wäre. Dies gilt entsprechend für den Erwerb eines Mitunternehmeranteils (§ 5 Abs. 7 Satz 3 EStG). Der Erwerber hat zwar zunächst die Verpflichtung mit den Anschaffungskosten zu passivieren, muss aber am Bilanzstichtag die steuerlichen Passivierungsvorbehalte berücksichtigen. Ein sich dadurch ergebender Gewinn darf i.H.v. 14/15 des Gewinns in eine ergebnismindernde Rücklage eingestellt werden (erstes Wahlrecht). Wurde die Rücklage gebildet, ist diese in den folgenden 14 Wirtschaftsjahren mit mindestens 1/14 gewinnerhöhend aufzulösen (zweites Wahlrecht). Eine verbleibende Rücklage ist in voller Höhe sofort aufzulösen, sobald die Verpflichtung nicht mehr besteht (§ 5 Abs. 7 Satz 6 EStG). Die Regelungen sind grundsätzlich erstmals anzuwenden für Wirtschaftsjahre, die nach dem 28.11.2013 enden (§ 52 Abs. 12c, 14a EStG bzw. Abs. 8, 9 EStG n.F.). Beim Erwerber sind auch Altfälle betroffen. Für vor dem 14.12.2011 vereinbarte Übertragungen, darf der Erwerbsgewinn über insgesamt 20 Jahre verteilt werden. Auf Antrag kann § 5 Abs. 7 EStG auch für frühere Wirtschaftsjahre angewendet werden (§ 52 Abs. 14a Satz 2 EStG bzw. Abs. 9 Satz 2 EStG n.F.).

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3. Ausgewählte Zweifelsfragen und Beispielsfälle 3.1 Passivierungsbeschränkungen Der sachliche Anwendungsbereich des § 4f EStG betrifft ausschließlich Verpflichtungen, die beim ursprünglich Verpflichteten „Ansatzverboten, -beschränkungen oder Bewertungsvorbehalten“ (kurz: Passivierungsbeschränkungen) unterlegen haben. § 4f EStG enthält keine weiteren Erläuterungen, welche Verpflichtungen und welche Passivierungsbeschränkungen gemeint sind. § 4f EStG ist eine Regelung der steuerlichen Gewinnermittlung. Betroffen von § 4f EStG sind damit ausschließlich Verpflichtungen, die einer steuerrechtlichen Passivierungsbeschränkung unterliegen (z.B. § 5 Abs. 2a EStG – Bedingte Verpflichtungen; § 5 Abs. 4a EStG – Drohverlustrückstellungen; § 5 Abs. 4b Satz 2 EStG – Kernbrennstoffe; § 5 Abs. 3 EStG – Rückstellung wegen Verletzungen fremder Patentrechte, etc.; § 5 Abs. 4 EStG – Rückstellungen für Dienstjubiläen; § 6a Abs. 1 und Abs. 2 EStG – Pensionsrückstellungen; § 6 Abs. 1 Nr. 3, 3a lit. e EStG – Abzinsung von Verbindlichkeiten und Rückstellungen; § 6 Abs. 1 Nr. 3a EStG – Rückstellungsbewertung; § 6a Abs. 2–5 EStG – Pensionsrückstellungen). Bei einer rein handelsrechtlichen Passivierungsbeschränkung, die annahmegemäß für Zwecke der Steuerbilanz nicht gilt, kann § 4f EStG hingegen nicht greifen.16 Bei einer Passivierungsbeschränkung, die annahmegemäß sowohl steuer- als auch handelsrechtlich gilt, könnte § 4f EStG hingegen anwendbar sein. Der Gesetzeswortlaut enthält zumindest keine weiteren Einschränkungen. Auch der Sinn und Zweck der Norm, die sofortige steuerwirksame Hebung von stillen Lasten zu vermeiden, knüpft m.E. nicht an eine Abweichung zwischen Handels- und Steuerbilanz an. Die Gesetzesbegründung spricht von „einkommensteuerrechtlichen Passivierungsbegrenzungen“17. Daraus könnte geschlossen werden, dass mit Verpflichtungen nur solche gemeint sind, die abstrakt passivierungsfähig sind, aber deren konkrete Passivierung an einer besonderen steuerlichen Norm scheitert.18 Auf keinen Fall sollte die „Übertragung“ einer reinen Innenverpflichtung in den Anwendungsbereich des § 4f EStG fallen, denn insoweit mangelt es an einer rechtlichen Verpflichtung.19 Erfasst sein sollten insofern nur Außenverpflichtungen, die einer steuerlichen Passivierungsbeschränkung unterliegen. 16 Vgl. Adrian/Fey, StuB 2014, 55. Insoweit gäbe es auch keine Betriebsausgabe durch die Übertragung, die für steuerliche Zwecke verteilt werden könnte. 17 Vgl. BR-Drucks. 740/13, 75. 18 Vgl. Dannecker/Rudolf, BB 2014, 2542; Förster/Staaden, Ubg 2014, 4; Gosch in Kirchhof, § 4f Rz. 10; Schindler, GmbHR 2014, 563. 19 So auch Dannecker/Rudolf, BB 2014, 2542.

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Anmerkungen Heinemann: Nach der Gesetzesbegründung erfasst § 4f EStG „einkommensteuerrechtliche Passivierungsbeschränkungen“. Aber weder der Gesetzeswortlaut noch die Gesetzesbegründung beantworten ausdrücklich die Frage, ob nur solche Passivierungsbeschränkungen erfasst werden, die auf einer Abweichung zwischen Handels- und Steuerbilanz beruhen. Das Rückstellungsverbot des § 5 Abs. 4b Satz 1 EStG für künftige Anschaffungs- oder Herstellungskosten verdeutlicht die Thematik. Es handelt sich um eine klarstellende Regelung, da sich dieses Verbot bereits aus den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung ergibt (BFH v. 19.8.1998 – XI R 8/96, BStBl. II 1999, 18). Daher ließe sich durchaus vertreten, dass es sich nicht um „einkommensteuerrechtliche Passivierungsbeschränkung“ handelt, wie sie die Gesetzesbegründung fordert. Entsprechendes könnte für reine Innenverpflichtungen angeführt werden, für die nach § 249 Abs. 2 Satz 1 HGB bereits handelsrechtlich keine Rückstellungen gebildet werden dürfen. Der Sinn und Zweck des § 4f EStG, der steuerwirksamen Hebung stiller Lasten zu begegnen, spricht hingegen dafür, allein darauf abzustellen, ob eine steuerliche Passivierungsbeschränkung vorliegt. Auf die Frage, ob insoweit eine Abweichung von der Handelsbilanz besteht, käme es nicht an. Fraglich ist auch, ob sich eine Passivierungsbeschränkung zwingend aus einer speziellen Gesetzesregelung ergeben muss. Nach dem Normziel des § 4f EStG wäre es beispielsweise auch zu rechtfertigen, Passivierungsverbote zu erfassen, die aus handelsrechtlichen Passivierungswahlrechten folgen. Der BFH leitet diese Rechtsfolge aus dem Sinn und Zweck der steuerlichen Gewinnermittlung ab (s. BFH v. 3.2.1969 – GrS 2/68). 3.2 Rechtsfolgen beim Veräußerer (§ 4f EStG) Als Rechtsfolge bestimmt § 4f Abs. 1 Satz 1 EStG, dass der sich aus der Verpflichtungsübertragung ergebende Aufwand im Wirtschaftsjahr der Schuldübernahme und den nachfolgenden 14 Jahren gleichmäßig verteilt als Betriebsausgabe abziehbar ist. Technisch ist im Jahr der Verlustrealisierung der Verlust i.H.v. 14/15 außerbilanziell zuzurechnen. In den folgenden Wirtschaftsjahren ist der Gewinn um jeweils 1/15 p.a. des Verlustes zu kürzen. § 4f Abs. 1 Satz 2 EStG enthält Vorschriften, wenn auf Grund der Übertragung einer Verpflichtung ein Passivposten gewinnerhöhend aufzulösen ist (z.B. bei Übertragung einer Pensionsverpflichtung). In diesem Fall

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ist Satz 1 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der sich ergebende Aufwand im Wirtschaftsjahr der Schuldübernahme in Höhe des aufgelösten Passivpostens als Betriebsausgabe abzuziehen ist. Der den aufgelösten Passivposten übersteigende Betrag ist, entsprechend der Grundregel in § 4h Abs. 1 Satz 1 EStG, in dem Wirtschaftsjahr der Schuldübernahme und den nachfolgenden 14 Wirtschaftsjahren gleichmäßig verteilt als Betriebsausgabe abzuziehen. An die Aufwandsverteilung ist der jeweilige Rechtsnachfolger des ursprünglichen Verpflichteten gebunden (§ 4f Abs. 1 Satz 7 EStG). § 4f Abs. 1 Satz 3 EStG formuliert drei Ausnahmen von der Aufwandsstreckung bei denen ein sofortiger Abzug erfolgt. Danach unterbleibt eine Verteilung des Aufwands, – wenn die Schuldübernahme im Rahmen der Veräußerung oder Aufgabe des ganzen Betriebes oder des gesamten Mitunternehmeranteils i.S.d. §§ 14, 16 Abs. 1, 3 und 3a sowie des § 18 Abs. 3 EStG erfolgt; – wenn der Betrieb am Schluss des vorangehenden Wirtschaftsjahres die Größenmerkmale des § 7g Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Buchstabe a bis c EStG nicht überschreitet oder – wenn ein Arbeitnehmer unter Mitnahme seiner erworbenen Pensionsansprüche zu einem neuen Arbeitgeber wechselt. Die Ausnahme des Arbeitgeberwechsels ist zwar im Singular („ein Arbeitnehmer“) formuliert, sollte m.E. aber auch anzuwenden sein, wenn mehrere Arbeitnehmer wechseln. Insofern sollte die Regelung nicht auf einzelvertragliche Übernahmen mit gleichzeitigem Arbeitgeberwechsel beschränkt sein, sondern auch bei einem Betriebsübergang gem. § 613a BGB.20 Anmerkungen Heinemann: Es stellt sich die Frage, wann sich bei einer Verpflichtungsübertragung ein „Übertragungsaufwand“ i.S.d. § 4f Abs. 1 Sätze 1 und 2 EStG ergibt. Der Terminus sollte dahingehend auszulegen sein, dass er die stille Last definiert, die durch eine Schuldübernahme realisiert wird. Für dieses Gesetzesverständnis spricht beispielsweise, dass im Rahmen der Gewinnermittlung nach § 16 Abs. 2 EStG die Berücksichtigung eines „Aufwands“ nicht vorgesehen ist. Gleichwohl wird in Fällen eines Asset Deals ein Kaufpreisabschlag für eine übernommene Verpflichtung zweifelslos durch § 4f EStG erfasst. Ein tatbestandlicher Aufwand entsteht ferner durch die Zahlung eines Entgelts an den Übernehmer einer Schuld oder 20 Vgl. auch Benz/Placke, DStR 2013, 2653 (2657); Gosch in Kirchhof EStG, § 4f Rz. 17; a.A. Veit/Hainz, BB 2014, 1323 (1324); Höfer, BetrAV 2014, 134 (135); Hörhammer/Pitzke, NWB 2014, 426 (431).

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durch Einbuchung eines Schuldpostens im Rahmen einer steuerlichen Schlussbilanz i.S.d. § 3 oder § 11 UmwStG. Veräußerungskosten sollten den Tatbestand hingegen nicht erfüllen. Die Ausnahme des § 4f Abs. 1 Satz 3 Var. 2 EStG (Arbeitgeberwechsel unter Mitnahme von erworbenen Pensionsansprüchen) sollte nicht auf Fälle des § 613a BGB anzuwenden sein. Angesichts des Regelungszwecks des § 4f EStG erscheint es naheliegend, Fälle des Betriebsübergangs nur zu begünstigen, wenn die Voraussetzungen einer Betriebsveräußerung oder Teilbetriebsveräußerung erfüllt sind. § 4f Abs. 1 Satz 3 Var. 2 EStG hingegen dient dem Zweck, den Übertritt einzelner Arbeitnehmer nicht zu erschweren. Die Regelung korreliert insoweit mit § 5 Abs. 7 Satz 4 EStG. Beide Regelungen wurden gemeinsam und erst nach einem längeren Entwicklungsprozess in die nunmehr geltenden Normen eingefügt. Zudem regelt § 613a BGB Sachverhalte, in denen ein Betrieb auf einen neuen Inhaber übergeht. § 4f Abs. 1 Satz 3, Var. 2 EStG gilt hingegen, wenn ein Arbeitnehmer den Arbeitgeber, mithin zwischen zwei Betrieben wechselt und dabei seine erworbenen Pensionsansprüche mitnimmt. Die Gesetzesbegründung gibt einen wichtigen Hinweis zur Zielsetzung der Ausnahme des § 4f Abs. 1 Satz 3 Var. 1 EStG (Betriebsveräußerung oder Betriebsaufgabe). Sie soll nur gelten, wenn der bisherige Inhaber seinen Betrieb vollständig veräußert. Setzt er ihn hingegen in Folge einer Umwandlung nach dem Umwandlungsgesetz fort, soll die Ausnahme nach dem Willen des Gesetzgebers nicht zur Anwendung kommen. Das erscheint vor dem Hintergrund konsequent, dass die Regelung Gestaltungen entgegenwirken soll, die dazu dienen, stille Lasten zu heben. § 4f Abs. 1 Sätze 4 bis 6 EStG regelt, dass bei einer Schuldübernahmen im Fall einer Teilbetriebsveräußerung und -aufgabe eine Aufwandsstreckung i.S.d. § 4f Abs. 1 Satz 1 EStG nur vorzunehmen ist, soweit die Schuldübernahme einen Veräußerungs- oder Aufgabeverlust begründet oder erhöht. Satz 6 bestimmt: „Für den hinzugerechneten Aufwand gelten Satz 2 zweiter Halbsatz und Satz 3 entsprechend.“ Insbesondere der Verweis auf Satz 3 ist auslegungsbedüftig. Umfassend kann Satz 3 nicht gelten, da § 4f Abs. 1 Satz 3 EStG im ersten Halbsatz den sofortigen Abzug als Betriebsausgabe für die Veräußerung oder Aufgabe eines ganzen Betriebs und gerade nicht für Teilbetriebe vorsieht. Der Verweis sollte daher einschränkend auf den zweiten Halbsatz des § 4f Abs. 1 Satz 3 EStG interpretiert werden, der den sofortigen Betriebsausgabenabzug im Fall des Arbeitnehmerwechsels und bei Betrieben i.S.d. § 7g EStG gewährt.21

21 Vgl. Benz/Placke, DStR 2013, 2657; Adrian/Fey, StuB 2014, 53.

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Wurde für Verpflichtungen i.S.d. § 4f Abs. 1 EStG ein Schuldbeitritt, eine Erfüllungsübernahme mit ganzer oder teilweiser Schuldfreistellung vereinbart, gilt für die vom Freistellungsberechtigten an den Freistellungsverpflichteten erbrachten Leistungen Abs. 1 Satz 1, 2 und 7 entsprechend. Auf die Regelungen des Abs. 1 Satz 3 bis 6 und damit auf die Ausnahmen von der Aufwandsverteilung wird nicht verwiesen. Gemäß OFD Magdeburg sind die Ausnahmen daher für diese Fälle nicht anwendbar.22 Dies ist die naheliegende Schlussfolgerung aus dem fehlenden Verweis. Sachgerecht ist dies jedoch nicht. Anmerkungen Heinemann: In den Fällen der Sätze 4 bis 6 (Schuldübernahme im Rahmen einer Teilbetriebsveräußerung) soll Satz 3 entsprechend gelten. Das könnte auf den ersten Blick dahingehend zu verstehen sein, dass die drei dort genannten Ausnahmen, die einen sofortigen Abzug zulassen, ebenfalls gelten sollen. Allerdings dürfte wohl nur die Ausnahme des § 4f Abs. 1 Satz 3 Var. 3 EStG (kleine und mittlere Betriebe) Anwendung finden, so wie es auch in der Empfehlung des BR-Finanzausschusses (BR-Drucks. 376/1/13, Seite 7) vorgesehen war. Die Betriebsausnahme (Satz 3 Var. 1) ist begrifflich nicht einschlägig. Die Ausnahme wegen des Wechsels eines Arbeitnehmers (Satz 3 Var. 2) ebenfalls nicht, da bei der Übertragung eines Teilbetriebs nicht einzelne Arbeitnehmer zwischen zwei Betrieben wechseln. Dass § 4f Abs. 2 EStG nicht auf die Ausnahmen der Sätze 3 bis 6 des Abs. 1 verweist, wird teilweise als gerechtfertigt angesehen: Betriebsveräußerung und Arbeitgeberwechsel dürften z.B. mit einem Schuldnerwechsel einhergehen. Der Verweis auf die Ausnahme für kleine und mittlere Unternehmen war in der Empfehlung des BR-Finanzausschusses hingegen noch enthalten. 3.3 Bilanzierung beim Erwerber (§ 5 Abs. 7 EStG) Nach § 5 Abs. 7 Satz 1 EStG sind übernommene Verpflichtungen, die beim ursprünglich Verpflichteten Passivierungsbeschränkungen unterlegen haben, „zu den auf die Übernahme folgenden Abschlussstichtagen bei dem Übernehmer und dessen Rechtsnachfolger so zu bilanzieren, wie sie beim ursprünglich Verpflichteten ohne Übernahme zu bilanzieren wären.“ Zum Übertragungszeitpunkt sind die übernommenen Verpflichtungen damit zu Anschaffungskosten zu passivieren. Zum nächsten Bilanzstichtag sind jedoch die steuerlichen Passivierungsbeschränkungen zu beachten mit der Folge eines „Erwerbsgewinns“. Die Regelung des § 5 22 Vgl. OFD Magdeburg v. 2.6.2014, BeckVerw 286314.

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Abs. 7 Satz 1 EStG gilt auch für den Erwerb eines Mitunternehmeranteils (§ 5 Abs. 7 Satz 3 EStG). Für die weitere steuerbilanzielle Behandlung des „Erwerbsgewinns“ sieht § 5 Abs. 7 EStG mehrere Wahlmöglichkeiten vor. Der Erwerbsgewinn kann entweder in voller Höhe sofort vereinnahmt oder über einen Zeitraum von maximal 15 Jahren (für Übertragungen vor dem 14.12.2011: 20 Jahre) durch Bildung einer gewinnmindernden Rücklage (§ 5 Abs. 7 Satz 5 EStG). Wird eine Rücklage gebildet, ist diese in den folgenden vierzehn Wirtschaftsjahren mit mindestens 1/14 gewinnerhöhend aufzulösen. Ein höherer Auflösungsbetrag als 1/14 ist somit zulässig. Da bei steuerlichen Wahlrechten ein Stetigkeitsprinzip grds. nicht zu beachten ist,23 entsteht ein steuerbilanzpolitischer Spielraum. Anmerkungen Heinemann: § 5 Abs. 7 EStG regelt nunmehr ausdrücklich, dass bilanzsteuerrechtliche Passivierungsbeschränkungen auch für den Erwerber einer Verpflichtung gelten. § 5 Abs. 7 EStG ordnet nicht an, dass der Erwerber so zu bilanzieren hat, wie es zuvor der Veräußerer getan hat. Vielmehr hat der Erwerber den objektiv richtigen Wert anzusetzen. Die Auflösung der Rücklage kann linear vorgenommen werden, möglich ist jedoch auch eine höhere Auflösung, was zu einer Verkürzung des Auflösungszeitraums führt. Die Regelung unterscheidet sich damit von der Aufwandsstreckung des § 4f EStG. 3.4 Zeitliche Anwendung Die Regelungen des § 4f EStG sind grundsätzlich erstmals anzuwenden für Wirtschaftsjahre, die nach dem 28.11.2013 enden (§ 52 Abs. 12c EStG bzw. § 52 Abs. 8 EStG n.F.). Auf der Veräußererseite sind somit bei kalenderjahrgleichem Wirtschaftsjahr Übertragungen bis einschließlich 2012 grundsätzlich nicht von der Neuregelung erfasst. Allerdings knüpft § 4f Abs. 1 Satz 1 EStG an den „sich aus diesem Vorgang ergebenden Aufwand“ an, der sich auch erst in einem Wirtschaftsjahr nach der Schuldübernahme ergeben kann. Dies betrifft insbesondere Fälle, in denen zunächst nach Verwaltungsauffassung bilanziert wurde und die BFHRechtsprechung erst in einem späteren Jahr (im ersten noch offenen Jahr) angewendet wird.

23 Vgl. Dörfler/Adrian, Ubg 2009, 385. Zur Teilwertabschreibung weist die Finanzverwaltung in bestimmten Konstellationen aber auch auf eine mögliche Anwendung des § 42 AO hin; vgl. BMF, Schr. v. 12.3.2010 – IV C 6 - S 2133/09/10001, BStBl. I 2010, 239.

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Für den Erwerber ist § 5 Abs. 7 EStG erstmals für Wirtschaftsjahre anzuwenden, die nach dem 28.11.2013 (Tag des Bundestagsbeschlusses zum AIFM-StAnpG) enden (§ 52 Abs. 14a Satz 1 EStG bzw. § 52 Abs. 9 Satz 1 EStG n.F.). Somit sind auf Erwerberseite auch Altfälle betroffen, in denen der Übertragungsvorgang vor 2013 stattfand. Auf Antrag kann § 5 Abs. 7 EStG auch für frühere Wirtschaftsjahre angewendet werden (§ 52 Abs. 14a Satz 2 EStG bzw. § 52 Abs. 9 Satz 2 EStG n.F.). Damit können Bilanzberichtigungen für Vorjahre aufgrund der BFH-Rechtsprechung vermieden werden. Wenn der übernehmende Rechtsträger vor 2013 entsprechend der Verwaltungsauffassung bilanziert und einen „Anschaffungsgewinn“ versteuert hat, kann diese Bilanzierung auf Antrag beibehalten werden. Anmerkungen Heinemann: Ausgehend vom Wortlaut der Anwendungsregelung zu § 4f EStG, die nicht an die Übertragung einer Verpflichtung anknüpft, sondern wirtschaftsjahrbezogen ausgestaltet ist, erscheint es vertretbar, für die erstmalige Anwendung des § 4f EStG (bei kalendergleichem Wirtschaftsjahr) darauf abzustellen, dass sich die stille Last im Kalenderjahr 2013 realisiert. Die Regelung würde demnach noch nicht für die Übertragung von Verpflichtungen gelten, die in einem vor dem 29.11.2013 endenden Wirtschaftsjahr zu einem Aufwand geführt haben. § 5 Abs. 7 EStG ist (bei kalendergleichem Wirtschaftsjahr) in der Schlussbilanz zum 31.12.2013 grundsätzlich unabhängig davon anzuwenden, wann die Übertragung der Verpflichtung stattgefunden hat. Da das Gesetz die Bilanzansätze vergangener Veranlagungszeiträume nicht tangiert, liegt eine zulässige tatbestandliche Rückanknüpfung (unechte Rückwirkung) vor. Angesichts der Regelungen in den §§ 4f und 5 Abs. 7 EStG dürfte davon auszugehen sein, dass die Rechtsprechung des BFH zur „Anschaffung von Rückstellungen“ nunmehr anzuwenden ist. Noch sind die BFH-Urteile allerdings nicht im Bundessteuerblatt veröffentlicht. Im Übrigen sind im Einzelfall die Auswirkungen der Rechtsprechung des Großen Senats zum objektiven Fehlerbegriff zu prüfen. 3.5 Grundfall und Beispiel zur kurzen Laufzeit Im dargestellten Grundfall überträgt die M-AG Pensionsverpflichtungen an die T-GmbH durch einen Schuldbeitritt zum Verkehrswert. Der Wert der Pensionsverpflichtungen solle zum Stichtag 2013 wie folgt sein: StB-Wert (§ 6a EStG) Verkehrswert

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70 100

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Auf Ebene der M-AG ist § 4f EStG anzuwenden. Durch Ausbuchung der Pensionsrückstellung entsteht ein Ertrag von 70, dem eine Betriebsausgabe von 100 gegenübersteht. Im Ergebnis entsteht ein Verlust von 30. Diese realisierte Last von 30 ist über 15 Jahre zu verteilen (1/15 von 30 = ./. 2 p.a.). Technisch erfolgt dies über eine außerbilanzielle Korrektur von + 28. Auf Ebene der T-GmbH ist § 5 Abs. 7 EStG anzuwenden. Die übernommene Verpflichtung ist zunächst zu Anschaffungskosten von 100 erfolgsneutral in die Bilanz aufzunehmen. Zum nächsten Bilanzstichtag erfolgt eine Abstockung auf den § 6a EStG-Wert (annahmegemäß 70, so dass ein Ertrag von 30 entsteht). Der Ertrag von 30 kann i.H.v. 14/15 (28) in eine Rücklage eingestellt werden, die über maximal 14 Jahre (+ 2 p.a.) aufzulösen ist. Im Ergebnis wird die Pensionsverpflichtung mit ihrem § 6a-Wert von der M-AG auf die T-GmbH übertragen (M-AG: Bilanzverkürzung; T-GmbH: Bilanzverlängerung). Bei der M-AG ist der Aufwand (stille Lasten) über 15 Jahre zu verteilen; bei der T-GmbH „darf“ der Ertrag korrespondierend über 15 Jahre verteilt werden. Diese Korrespondenz greift jedoch nicht mehr, wenn die Verpflichtung bereits vor Ablauf des maßgeblichen Auflösungszeitraums nicht mehr besteht. Während beim Veräußerer die 15 Jahre unabhängig von der weiteren tatsächlichen Entwicklung der Verpflichtung anzuwenden sind, ist die gebildete Rücklage beim Erwerber aufzulösen, soweit die Verpflichtung nicht mehr besteht. Sachgerecht ist diese unterschiedliche Behandlung m.E. nicht; sie ist nur fiskalisch erklärbar. Anmerkungen Heinemann: Das Beispiel verdeutlicht den Effekt der §§ 4f und 5 Abs. 7 EStG: der Veräußerer kann stille Lasten zeitlich gestreckt haben. Der Erwerber hat spiegelbildlich einen „Erwerbsgewinn“ zu versteuern, der über die Bildung einer Rücklage verteilt werden kann. Die unterschiedliche Behandlung der Aufwandsstreckung nach § 4f EStG und der Rücklagenauflösung des § 5 Abs. 7 EStG lässt sich steuersystematisch wohl nicht ohne Weiteres begründen. Bei fiskalischer Betrachtung wäre es vorzugswürdig, die Regelung des § 5 Abs. 7 EStG der des § 4f EStG anzugleichen. 3.6 Kettenübertragung Bei Kettenübertragungen entstehen besondere Fragestellungen. Wird z.B. eine Verpflichtung zunächst von M an T und später von T an E übertragen, stellt sich die Frage, wer der „ursprünglich Verpflichtete“ i.S.d. 319

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§ 4f EStG und § 5 Abs. 7 EStG ist. Das Gesetz enthält keine weitere Erläuterung. In Betracht kommt M als Ausgangspunkt der Verpflichtung oder alternativ eine übertragungsbezogene Sichtweise, also für die erste Übertragung M, für die zweite Übertragung T. Dem Wortsinn nach könnte vertreten werden, dass es nur einen Ursprung geben kann und somit M der ursprünglich Verpflichtete sei. Andererseits könnte diese Auslegung auf praktische Umsetzungsschwierigkeiten stoßen, wenn zunächst eine historische Untersuchung der Verpflichteten in der Vergangenheit notwendig ist. Relevant sollte die Streitfrage auch erst sein, wenn ein ausländischer Rechtsträger an einem Übertragungsvorgang beteiligt ist, der nicht den deutschen steuerbilanziellen Passivierungsbeschränkungen unterliegt, so dass § 4f EStG auch nicht anwendbar ist. Anmerkungen Heinemann: Es würde dem Sinn und Zweck der §§ 4f und 5 Abs. 7 EStG entsprechen, zur Bestimmung des „ursprünglich Verpflichteten“ auf denjenigen abzustellen, der erstmals eine Verpflichtung eingegangen ist, die einer tatbestandsrelevanten Passivierungsbeschränkung unterliegt. Damit bleiben beispielsweise ausländische Passivierungsbeschränkungen außer Betracht. Das Gesetz gibt keine Anhaltspunkte dafür, bei Kettenübertragungen nur auf den jeweils letzten Übertragenden abzustellen. Wäre dies gewollt gewesen, hätte das Gesetz anders formuliert werden können. 3.7 Mitunternehmeranteil Für die Veräußerung des gesamten Mitunternehmeranteils sieht § 4f Abs. 1 Satz 3 EStG eine Ausnahme von der Aufwandsverteilung vor. Die realisierte stille Last darf sofort aufwandswirksam geltend gemacht werden. Für den „Erwerber“ (die Personengesellschaft bleibt die Verpflichtete) ist nach § 5 Abs. 7 EStG hingegen keine Ausnahme vorgesehen. § 5 Abs. 7 Satz 3 EStG ordnet lediglich an, dass Satz 1 für den Erwerb eines Mitunternehmeranteils entsprechend anzuwenden ist. Fraglich ist die Anwendung des § 4f EStG, wenn nur ein Teil eines Mitunternehmeranteils veräußert wird. Dies könnte aus dem Transparenzprinzip abgeleitet werden:24 Mit Anteilen an einer Personengesellschaft wird nicht ein Wirtschaftsgut erworben, sondern im Sinne eines asset deals Anteile an den Wirtschaftsgüter der Gesamthand. Die Ausnahme des § 4f Abs. 1 Satz 3 EStG ist nicht anwendbar, so dass beim Veräußerer die Grundregel, d.h. die Aufwandsstreckung über 15 Jahre, zur Anwendung kommen könnte. Gegen die Anwendung von § 4f EStG spricht 24 Vgl. Förster/Staaden, Ubg 2014, 5.

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jedoch, dass auch bei Übertragung eines Mitunternehmeranteils weiterhin die Personengesellschaft die Verpflichtete bleibt; eine zivilrechtliche Schuldübertragung liegt somit nicht vor. Zudem wird gesetzlich keine Gleichstellung der Übertragung von Mitunternehmeranteilen wie auf Erwerberseite nach § 5 Abs. 7 S. 3 EStG fingiert.25 Insofern sollte m.E. davon auszugehen sein, dass der Gesetzgeber gerade keine Gleichstellung der Übertragung von Mitunternehmeranteilen mit der unmittelbaren Verpflichtungsübertragung für die Veräußererseite regeln wollte. Bei dieser Auslegung stellt sich jedoch die Frage nach dem Anwendungsbereich der Ausnahme des § 4f Abs. 1 Satz 3 EStG bei Veräußerung des gesamten Mitunternehmeranteils. Dieser ist m.E. in der Übertragung von Verpflichtungen im Sonderbetriebsvermögen zu sehen, die bei Übertragung des gesamten Mitunternehmeranteils von der Ausnahme erfasst sind und bei einer Übertragung eines Teils des Mitunternehmeranteils nicht begünstigt sind.26 Auch das Transparenzprinzip steht dieser Interpretation nicht entgegen: Denn trotz Transparenzprinzip bleibt Subjekt der Gewinnermittlung und damit Adressat des § 4f EStG die Personengesellschaft, die eben gerade keine Verpflichtung übertragen hat.27 Anmerkungen Heinemann: M.E. erscheint es naheliegend zur Auslegung des § 4f EStG auf allgemeine ertragsteuerliche Grundsätze und damit auch auf das Transparenzprinzip zurückzugreifen. Danach wäre die Übertragung von Teil-Mitunternehmeranteilen unter § 4f EStG zu subsumieren. Das dürfte auch dem Willen des Gesetzgebers gerecht werden. Andernfalls hätte er wohl keine Ausnahme für die Übertragung eines gesamten Mitunternehmeranteils in Satz 3 vorgesehen. Hätte der Gesetzgeber diese Ausnahme nur auf die spezielle Konstellation beziehen wollen, in der sich Verpflichtungen in einem Sonderbetriebsvermögen befinden, hätte er auf diese Besonderheit sicherlich hingewiesen. Denn es ist nicht erkennbar, warum der Gesetzgeber ausgerechnet derartige Fallkonstellationen als regelungsbedürftig angesehen haben könnte. 3.8 Grenzüberschreitende Übertragung Bei der Übertragung einer Verpflichtung vom Ausland in das Inland sollte m.E. beim inländischen Erwerber § 5 Abs. 7 EStG nicht anzuwenden sein, da das übertragende ausländische Unternehmen nicht der inländischen Passivierungsbeschränkung unterliegt. Dies ist auch vom Sinn und Zweck des Gesetzes gedeckt, das die Aufdeckung im Inland steuer25 Vgl. Gosch in Kirchhof, § 4f EStG, Rz. 12; Schindler, GmbHR 2013, 564. 26 Vgl. Gosch in Kirchhof, § 4f EStG, Rz. 12; Schindler, GmbHR 2013, 564. 27 Vgl. Dannecker/Rudolf, BB 2014, 2541.

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verhafteter stiller Lasten unter Vermeidung der Passivierungsbeschränkungen beim Erwerber unterbinden will. Insofern ist m.E. auch nicht entscheidend, ob die Verpflichtung nach deutschem Steuerrecht einer Passivierungsbeschränkung unterlegen hätte. Anmerkung Heinemann: Eine solche einschränkende Auslegung des § 5 Abs. 7 EStG ließe sich angesichts des Normzwecks m.E. gut vertreten. 3.9 Übertragung durch Umwandlung Wird eine Verpflichtung durch eine Umwandlung übertragen, ist zwischen dem Buchwertansatz einerseits und dem Zwischenwertansatz und dem gemeinen Wert andererseits zu unterscheiden. Beim Buchwertansatz erfolgt keine Aufdeckung von stillen Lasten; insoweit entsteht auch kein Aufwand, der nach § 4f EStG verteilt werden könnte. Die übernehmende Gesellschaft hat die Buchwerte fortzuführen. Wird der gemeine Wert oder ein Zwischenwert angesetzt, kommt es beim übertragenden Rechtsträger zur Auflösung von stillen Lasten (Ausnahme: Pensionsverpflichtungen für die zwingend der § 6a-Wert vorgesehen ist). Die Gesetzesbegründung enthält den Hinweis, dass die Ausnahmeregelung des § 4f Abs. 1 Satz 3 Var. 1 EStG nicht gilt, wenn die unternehmerische Tätigkeit aufgrund von Umwandlungsvorgängen nach dem Umwandlungssteuergesetz in anderer Rechtsform oder durch einen anderen Rechtsträger fortgesetzt wird.28 Dies widerspricht der Grundaussage der Rz. 00.02 des Umwandlungssteuererlasses, nach dem Umwandlungen und Einbringungen Veräußerungs- und Anschaffungsgeschäfte hinsichtlich des übertragenen Vermögens darstellen.29 Folgt man dieser Auffassung wäre bei einer Verschmelzung beim übernehmenden Rechtsträger wohl gleichzeitig § 4f EStG (als Rechtsnachfolger des übertragenden Rechtsträgers) und § 5 Abs. 7 EStG (als übernehmender Rechtsträger) anzuwenden. M.E. enthält das Umwandlungssteuerrecht als lex specialis besondere Regelungen zur Bewertung des übergehenden Vermögens, die eine Anwendung des § 4f EStG insoweit ausschließen. Dieses Ergebnis sollte auch mit dem Verständnis der Schlussbilanz als eigenständige Bilanz, für die steuerbilanzielle Ansatzverbote und Bewertungsvorbehalte nicht gelten,30 übereinstimmen. Dabei sollte jedoch beachtet werden,

28 Vgl. BT-Drucks. 18/68, 73. 29 Vgl. BMF, Schr. v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978 b/08/10001, BStBl. I 2011, 1314, Rz. 00.02. 30 Vgl. BMF, Schr. v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978 b/08/10001, BStBl. I 2011, 1314, Rz. 03.01; 03.06.

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dass der sofortige Aufwand bei einer Umwandlung nicht immer ein Vorteil ist, wenn dadurch ein Verlust bei dem übertragenden Rechtsträger entsteht, der aufgrund der Umwandlung untergeht. Anmerkungen Heinemann: Der Gesetzgeber ist offenbar davon ausgegangen, dass § 4f EStG auch auf die steuerliche Schlussbilanz i.S.d. UmwStG anzuwenden ist. Andernfalls hätte er keine Aussagen zur Anwendung des § 4f Abs. 1 Satz 3 Var. 1 EStG in Umwandlungsfällen getroffen. Im Einzelnen ist das Verhältnis der §§ 4f und 5 Abs. 7 EStG zu den Tatbeständen des UmwStG jedoch klärungsbedürftig, gegebenenfalls könnten weitergehende Gesetzesanpassungen erforderlich werden. Dass der Gesetzgeber Umwandlungsfälle nicht als Betriebsveräußerungen i.S.d. § 4f Abs. 1 Satz 3 Var. 1 EStG begreift, sollte sich aus dem Normzweck des § 4f EStG rechtfertigen lassen. Denkbar erschiene es aber beispielsweise eine realisierende Verschmelzung wie eine Teilbetriebsveräußerung zu behandeln, so dass nur der Teil der stillen Last in die Streckung des § 4f EStG liefe, der die aufgedeckten stillen Reserven überschreitet. Hierzu wäre aber ein entsprechender Regelungsbefehl erforderlich. Die derzeitige Formulierung des § 4f Abs. 1 Satz 7 EStG spricht dafür, dass die Aufwandsverteilung nach Satz 1 oder 2 auf den übernehmenden Rechtsträger übergeht. Steuersystematisch ist dies eine Besonderheit, da z.B. Verlustvorträge und ähnliche Größen nicht auf den übernehmenden Rechtsträger übergehen oder bei einem Gesellschafterwechsel nach Maßgabe des § 8c Abs. 1 KStG nicht abziehbar sind.

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Steuerliche Abgrenzung zwischen Eigen- und Fremdkapital Oberregierungsrat Cornelius Link Bundesministerium der Finanzen, Berlin Dr. Carsten Schlotter Rechtsanwalt, Steuerberater, Bonn Inhaltsübersicht A. Einleitung (Link/Schlotter) B. Handelsbilanzrechtlicher Diskussionsstand (Schlotter) C. Steuerbilanzrecht I. Vorüberlegungen (Link/Schlotter) II. Verhältnis von § 5 Abs. 1. Satz 1 EStG zu § 8 Abs. 3 Satz 2, Halbs. 2 KStG; Debt-Mezzanine-Swap (Link/ Schlotter) III. Weitere für die Steuerbilanz relevante Prüfungsparameter (Link/ Schlotter) 1. Fehlende wirtschaftliche Belastung zum Bilanzstichtag (BFH vom 30.11.2011 – I R 100/10) (Link/Schlotter)

2. § 5 Abs. 2a EStG (Link/Schlotter) IV. Aktuelle Diskussionsbeispiele 1. Instrumente des zusätzlichen Kernkapitals nach Art. 51 ff. CRR, BMF-Schreiben vom 10.4.2014 (Link) 2. Hybridanleihen (Ewige Anleihen, Perpetuals) (Schlotter) 3. Rangrücktrittsvereinbarungen – FG Niedersachsen vom 12.6.2014 – 6 K 324/12 (Rev. BFH I R 44/14) (Link/Schlotter)

A. Einleitung (Link/Schlotter) Die steuerliche Abgrenzung zwischen Eigen- und Fremdkapital und die sich daran anknüpfende und für die Unternehmensfinanzierung bedeutsame Frage, welche Konsequenzen sich daraus im Einzelfall für die steuerliche Behandlung des überlassenen Kapitals sowie der darauf gezahlten Vergütungen ergeben, sind in den letzten Jahren wieder verstärkt in den Fokus der steuerfachlichen Diskussion gerückt. Im Zentrum stehen dabei insbesondere zwei Verlautbarungen der Finanzverwaltung zur steuerlichen Behandlung hybrider Finanzierungsinstrumente, für die trotz handelsbilanzieller Zuordnung zum Eigenkapital (Genussrecht)1 bzw. bank-

1 OFD Rheinland v. 14.11.2011, DB 2012, 21.

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aufsichtsrechtlicher Zuordnung zum Kernkapital (ewige Anleihe)2 steuerlich jeweils die Zuordnung zum Fremdkapital (Passivierung als Verbindlichkeit) begehrt wurde. Ebenfalls von Bedeutung sind in diesem Zusammenhang zwei finanzgerichtliche Entscheidungen, die sich mit den Voraussetzungen für die Passivierbarkeit von Nachrangdarlehen auseinandersetzen und wegen der möglichen Auswirkungen auf die Unternehmensfinanzierung in Sanierungs- und Krisenfällen für Aufsehen gesorgt haben.3 Da hybride Finanzierungsinstrumente zudem im grenzüberschreitenden Kontext bei unterschiedlicher steuerlicher Zuordnung Anreize für Gewinnverkürzungen und Gewinnverlagerungen schaffen4, ist der künftige Umgang mit solchen „hybrid-mismatch“-Konstellationen derzeit Gegenstand des Projekts von OECD und G20 „Base Erosion and Profit Shifting“ (BEPS).5 Die Unternehmensfinanzierung unterscheidet traditionell ausschließlich zwischen den Kategorien Eigenkapital und Fremdkapital (tertium non datur).6 Das Bedürfnis nach einer Abgrenzung der beiden Kategorien stellt sich dabei nicht nur im Steuerbilanzrecht, sondern – mit zum Teil abweichender Terminologie – naturgemäß in allen Disziplinen, in denen es auf eine entsprechende Unterscheidung ankommt, etwa im Handelsbilanzrecht7, im Rahmen der internationalen Rechnungslegung8, dem internationalen Steuerrecht9 sowie im Gesellschafts- und Aufsichtsrecht.10 Ausgehend von der Rechtsnatur des Finanzierungsverhältnisses lassen sich im Ausgangspunkt schuldrechtliche Überlassungsverhältnisse (z.B. Darlehen, Schuldverschreibungen, Genussrechte) und Kapitalüberlas2 Schreiben des BMF an die Spitzenverbände der deutschen Kreditwirtschaft v. 10.4.2014 – https://bankenverband.de/media/file/BMF-Schreiben-10-042014.pdf. 3 BFH v. 30.11.2011 – I R 100/10, BStBl. II 2012, 332; FG Nds. v. 12.6.2014 – 6 K, DB 2014, 1841 324/12 (zwischenzeitlich aufgehoben und zurückverwiesen durch BFH v. 15.4.2015 – I R 44/14) mit Anm. u.a. von Schmidt, DB 2015, 600 ff. 4 Vgl. hierzu u.a. Fischer/Lohbeck, IStR 2012, 678 ff. 5 OECD/G20 Projekt Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung; Aktionspunkt 2: Neutralisierung der Effekte hybrider Gestaltungen; vgl. dazu auch Staats, IStR 2014, 749 ff. 6 Bogenschütz, Ubg 2008, 533 (534). 7 Vgl. zur Diskussion im Handelsrecht Wittmann/Ruß, Stbg, 2011, 127 ff. 8 Vgl. nur Hartenberger in Beck’sches IFRS-Handbuch. 4. Aufl., § 3; Weber/TietzWeber in Haisch/Helios, Rechtshandbuch Finanzinstrumente 2011, § 3. 9 Vgl. nur Fischer/Lohbeck, IStR 2012, 678 ff.; Bogenschütz, Ubg 2008, 533 ff. 10 Zu CRD IV vgl. nur Behnes/Helios, RdF 2012, 25 (29); zum Bankaufsichtsrecht Böhringer in Haisch/Helios, Rechtshandbuch Finanzinstrumente 2011, § 11; zum Versicherungsaufsichtsrecht Funck in Haisch/Helios, Rechtshandbuch Finanzinstrumente 2011, § 12.

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sungsverhältnisse auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage (kennzeichnend ist hier die gemeinsame Zweckverfolgung) unterscheiden.11 Zu den Kapitalüberlassungsverhältnissen auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage gehören einerseits mitgliedschaftlich strukturierte Rechtsverhältnisse und andererseits kooperative Schuldverhältnisse (stille Gesellschaft).12 Die Rechts- und Wirtschaftswissenschaften sind bei dieser formalen Einordnung nicht stehen geblieben, sondern haben aufgrund der Zunahme hybrider Gestaltungsformen zunehmend versucht, rechtsgebiets- und normspezifisch jeweils ein über das formelle Eigenkapitalverständnis hinausgehendes funktionelles Eigenkapitalverständnis zu entwickeln.13 Es ist noch relativ einfach, die Eckpunkte des Abgrenzungsrahmens abzustecken, indem man sich die Kriterien idealtypischen Eigen- und Fremdkapitals, ausgehend von der Rechtsnatur des Finanzierungsverhältnisses, verdeutlicht.14 Idealtypisches FK (bei schuldrechtlicher Kapitalüberlassung)

Idealtypisches EK (bei mitgliedschaftlich basierter Kapitalüberlassung)

– Keine Einwirkungsrechte – Schuldrechtlich basierte Informationsrechte

– Mitwirkung als Gesellschafter – Informationsrechte als Gesellschafter

Vergütungsanspruch (fest, zeitlich bestimmt)

Variable Vergütung (bedingt durch Gewinn)

Kapitalrückzahlung – bei Fälligkeit – keine Verlustbeteiligung – keine Beteiligung an stillen Reserven

Kapitalrückzahlung (nachrangig) – bei Liquidation (Verlustbeteiligung, Beteiligung an stillen Reserven) – bei Insolvenz (Verlustbeteiligung)

Komplexer werden die Dinge jedoch dann, wenn die zahlreichen, zwischen diesen Extrempunkten liegenden mezzanin ausgestalteten Kapitalüberlassungsverhältnisse15 einzuordnen sind. Die grundgesetzlich geschützte Vertragsfreiheit16 gewährt den Beteiligten dabei weitgehende Gestaltungsfreiheit. Für die Praxis ist aber nicht zu verkennen, dass gera11 Briesemeister, Hybride Finanzinstrumente im Ertragsteuerrecht, 2006, S. 68 ff. 12 Briesemeister, Hybride Finanzinstrumente im Ertragsteuerrecht, 2006, S. 68 f. 13 Vgl. nur Bogenschütz, Ubg 2008, 533 (534 f.). 14 Ausführlich Briesemeister, Hybride Finanzinstrumente im Ertragsteuerrecht, 2006, S. 77 ff. 15 Für einen Überblick über diverse mezzaninen Finanzierungsinstrumente vgl. Schütte/von Behr, StB 2011, 155 ff. 16 BVerfG v. 23.10.2013, BVerfGE 134, 204–239 m.w.N.

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de im Bereich der regulierten Branchen das entsprechende Aufsichtsrecht häufig wesentliche Elemente für die Ausgestaltung der Rechtsverhältnisse vorgibt. Für das Steuerbilanzrecht ist angesichts des nach wie vor geltenden Maßgeblichkeitsgrundsatzes (§ 5 Abs. 1 Satz 1 EStG) im Ausgangspunkt naturgemäß das handelsrechtliche Eigenkapitalverständnis von besonderem Interesse. Nachfolgend sollen einige aktuelle Diskussionspunkte des Steuerbilanzrechts im Bereich der Kapitalgesellschaften dargestellt werden.

B. Handelsbilanzrechtlicher Diskussionsstand (Schlotter) Im Handelsbilanzrecht ist ein Abgrenzungsbedarf zwischen Eigen- und Fremdkapital durch § 247 Abs. 1 HGB und die Gliederungssystematik des § 266 Abs. 3 HGB vorgegeben. Verlangt wird ein getrennter Ausweis von Eigen- und Fremdkapital, wobei das Eigenkapital als Residualgröße (Saldo) zwischen den in der Bilanz anzusetzenden Aktiv- und Passivposten zu verstehen ist.17 Vertritt man einen (engen) formellen Eigenkapitalbegriff, verläuft die Grenzziehung zwischen Eigen- und Fremdkapital in der Handelsbilanz anhand der Rechtsnatur des der Kapitalüberlassung zugrunde liegenden Rechtsverhältnisses.18 Löst man sich von dieser formalen Betrachtung und geht davon aus, dass die Aufzählung der Eigenkapitalkomponenten in § 272 HGB nicht abschließend ist, so dass der Kreis der Eigenkapitalgeber auch auf Nichtgesellschafter erweiterbar ist19, ist der Weg bereit, den Eigenkapitalbegriff anhand funktionaler Kriterien zu bestimmen. Nach überwiegender Auffassung20 im Handelsbilanzrecht ist dabei ein funktionaler Eigenkapitalbegriff maßgebend, der die Kriterien für Eigenkapital, ausgehend vom Sinn und Zweck der Handelsbilanz, insbesondere dem Grundsatz der Kapitalerhaltung und des Gläubigerschutzes mit Blick auf die Haftungsfunktion und das Verlustausgleichspotential des überlassenen Kapitals, bestimmt.21 Die Grenzziehung zwischen Eigenund Fremdkapital erfolgt dabei ausgehend von den Minimalanforderungen, die handelsrechtlich an das Eigenkapital zu stellen sind. Damit erfolgt gleichsam auch eine Abgrenzung von den echten Passivposten 17 Vgl. nur Görtz, Die aktien- und steuerrechtliche Qualifikation von HybridAnleihen – oder der Genussrechtstest, 2008, S. 159; Höng, Ubg 2013, 27 (28). 18 Vgl. Höng, Ubg 2013, 27 (28). 19 IDW HFA 1/1994, WPg 1994, 419 (420). 20 IDW HFA 1/1994, WPg 1994, 419 (420); Emmerich/Naumann, WPg 1994, 677. 21 Im Unterschied zu Kapitalgesellschaften ist das Gläubigerschutzsystem bei Personengesellschaften stärker durch die Aspekte der persönlichen Haftung und Nachhaftung bestimmt.

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(Schulden/RAP). Der Ausweis eines Sonderpostens zwischen Eigen- und Fremdkapital ist auch bei hybriden Finanzinstrumenten nach ganz h.M.22 nicht zulässig. Das IDW23 hat die handelsrechtlichen Kriterien für Eigenkapital bei schuldrechtlichen Kapitalüberlassungsverhältnissen exemplarisch am Beispiel des Genussrechtskapitals entwickelt. Maßgebend ist – auch wenn viele Details streitig sind – danach – die Erfolgsabhängigkeit der Vergütung, – die Teilnahme am Verlust bis zur vollen Höhe, – die Nachrangigkeit des Rückzahlungsanspruchs im Insolvenz- oder Liquidationsfall, – und die Längerfristigkeit der Kapitalüberlassung. Die vorstehenden Kriterien haben für die Praxis eine Vorbildfunktion auch für andere Finanzinstrumente.24 So wird etwa überwiegend davon ausgegangen, dass auch die Einlagen eines stillen Gesellschafters bei Beachtung ähnlicher Kriterien handelsrechtlich im Eigenkapital ausgewiesen werden können.25 Wie bereits beschrieben, basieren die Abgrenzungskriterien auf dem gesetzlichen Gläubigerschutzkonzept der Kapitalgesellschaften.26 In Blick genommen werden dabei sowohl der Fortführungs- als auch der Zerschlagungsfall.27 Bei der werbenden Kapitalgesellschaft zeigt sich der Gläubigerschutz zunächst in den Ausschüttungssperrvorschriften, die die Verfügungsgewalt der Gesellschafter auf die Höhe der frei verfügbaren Kapitalbestandteile beschränken (Schutz des besonders gegen Ausschüttung geschützten Kapitals).28 Nach der gesetzlichen Konzeption ist zwischen dem Kapital, das vor Auflösung der Gesellschaft nicht oder nur unter Einhaltung bestimmter, die Gläubiger schützender Umstände aus-

22 Briesemeister, Hybride Finanzinstrumente im Ertragsteuerrecht, 2006, S. 93 f.; Emmerich/Naumann, WPg 1994, 677 (680); Brüggemann/Lühn/Siegel, KoR 2004, 340 (347 f.). 23 IDW HFA 1/1994, WPg 1994, 419; vgl. dazu Küting/Kessler, BB 1994, 2103 ff.; Müller/Reinke, WPg 1995, 569 ff. 24 Görtz, Die aktien- und steuerrechtliche Qualifikation von Hybrid-Anleihen – oder der Genussrechtstest, 2008, S. 159; Sultana/Willeke, StuB 2006, 220 (222); Baetge/Brüggemann, DB 2005, 2145 (2147). 25 ADS, § 246 Rz. 91; Hoffmann/Lüdenbach, NWB Kommentar, Bilanzierung, § 246 Rz. 127; Eichfelder, Ubg 2013, 178 (179). 26 Instruktiv dazu Emmerich/Naumann, WPg 1994, 677 ff. 27 Küting/Kessler, BB 1996, Beilage 4, 1 (5). 28 Emmerich/Naumann, WPg 1994, 677 (679).

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gekehrt werden kann (§ 58 GmbHG, § 225 AktG) und dem frei verfügbaren Eigenkapital zu unterscheiden. Der Gläubigerschutz zeigt sich im Fortführungsfall sowie im Bereich der Verlustverrechnung, denn insoweit kommt es bei der Verlustkompensation zu einer vorrangigen Verlustverrechnung der ausschüttungsfähigen Kapitalbestandteile.29 Die Ausschüttungssperrvorschriften und die Verlustverrechnungsregeln markieren ein besonders gegen Ausschüttung geschütztes Kapital. Im Liquidations- und Insolvenzfall führt der Gläubigerschutz zu nur nachrangigen Zugriffsmöglichkeiten der Eigenkapitalgeber. Dieser Umstand stellt sicher, dass die dem Eigenkapital vermögensmäßigen Äquivalente dem Gläubigerzugriff erhalten bleiben. Basierend auf diesem Grundgedanken soll für das funktionale Eigenkapitalverständnis des Handelsrechts maßgebend sein, ob die Ausgestaltung des Finanzinstruments das Anspruchsniveau der gesetzlich geregelten Eigenkapitalbestandteile erreicht und so eine mindestens den gesetzlich geregelten Eigenkapitalbestandteilen entsprechende Gläubigerschutzwirkung sichergestellt ist.30 Irrelevant ist dabei, ob die Kapitalüberlassung durch einen Gesellschafter erfolgt.31 Übertragen auf das Genussrechtskapital soll ausgehend von diesem gesetzlichen Leitbild eine Erfolgsabhängigkeit der Vergütung dann vorliegen, wenn der Vergütungsanspruch nur unter der Bedingung entsteht, dass die Vergütung rechnerisch durch die freien Kapitalanteile oder das Genussrechtskapital getragen werden kann, die besonders gegen Ausschüttung geschützten Eigenkapitalbestandteile mithin nicht angegriffen werden müssen.32 Eine Festvergütung erfüllt diese Voraussetzung nicht, da diese die besonders gegen Ausschüttung geschützten Eigenkapitalbestandteile in Verlustsituationen der Aufzehrung aussetzt.33 Ist eine Mindestvergütung versprochen, soll dies der Qualifikation als Eigenkapital nicht entgegenstehen, wenn eine Nachholung eines Vergütungsanspruchs an das Vorhandensein frei verfügbarer Kapitalbestandteile geknüpft ist (so teilweise auch bei Vorzugsaktien).34 Eine volle Verlustteilnahme soll mit Blick auf eine Gleichstellung mit dem frei verfügbaren Eigenkapital gegeben sein, wenn eine Verrechnung eingetretener Verluste mit den besonders geschützten Kapitalbestandtei-

29 30 31 32

Emmerich/Naumann, WPg 1994, 677 (682). Emmerich/Naumann, WPg 1994, 677 (679). IDW HFA 1/1994, WPg 1994, 419 (420). IDW HFA 1/1994, WPg 1994, 419 (420); Emmerich/Naumann, WPg 1994, 677 (682). 33 Küting/Kessler/Harth, BB 1996, Beilage 4, 1 (5). 34 Emmerich/Naumann, WPg 1994, 677 (682).

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len erst dann erfolgt, wenn das Genussrechtskapital voll durch Verluste aufgezehrt wurde.35 Die Genussrechtsbedingungen müssen daher vorsehen, dass die aufgelaufenen Verluste spätestens im Zeitpunkt der Auskehrung des Genussrechtskapitals den Rückzahlungsanspruch mindern, soweit diese Verluste nicht durch frei verfügbare Kapitalanteile gedeckt werden können.36 Eine Nachrangigkeit liegt vor, wenn der Rückzahlungsanspruch im Insolvenz- oder Liquidationsfall erst nach Befriedigung aller anderen Gläubiger, deren Kapitalüberlassung nicht den Eigenkapitalkriterien genügt, erfolgt.37 Mit Blick auf die Gläubigerschutzperspektive kommt es damit nicht auf den Modus der Verteilung zwischen Gesellschaftern und anderen Eigenkapitalgebern an. Besonders streitig ist das Kriterium der Längerfristigkeit der Kapitalüberlassung, also der Zeitraum, in dem die Rückzahlung sowohl für den Emittenten als auch für den Genussrechtsinhaber ausgeschlossen ist. Der HFA38 hat insoweit von einer Konkretisierung abgesehen.39 Die Ansichten in der Literatur hierzu sind geteilt und reichen von einer Nivellierung des Kriteriums bis zur Forderung nach einer im Grundsatz unbefristeten Kapitalüberlassung.40 Interessant ist, dass nach Auffassung des HFA41 Genussrechtsvergütungen bei Genussrechten, denen nach den vorstehenden Regeln Eigenkapitalcharakter zukommt, als Aufwand der Gesellschaft und nicht als Teil der Gewinnverwendung angesehen wird. Begründet wird dies damit, dass die Kapitalüberlassung auf einem schuldrechtlichen Vertrag beruht. Dies war in der Diskussion zum Verlautbarungsentwurf mit guten Gründen teilweise anders gesehen worden.42 In der Tat erscheint es inkonsistent,

35 IDW HFA 1/1994, WPg 1994, 419 (420); Küting/Kessler, BB 1996, Beilage 4, 1 (5); Emmerich/Naumann, WPg 1994, 677 (682). 36 IDW HFA 1/1994, WPg 1994, 419 (420); ADS, § 266 Rz. 195. 37 IDW HFA 1/1994, WPg 1994, 419 (420). 38 IDW HFA 1/1994, WPg 1994, 419 (420); zustimmend ADS, § 266 Rz. 195. 39 Im Verlautbarungsentwurf war noch vorgesehen, dass die Rückzahlung erst im Insolvenz- oder Liquidationsfall verlangt werden kann. 40 Vgl. zum Diskussionsstand: Briesemeister, Hybride Finanzinstrumente im Ertragsteuerrecht, 2006, S. 97 ff.; Harrer/Hansen/Halbig, FB 2006, 1 (4); Müller/Reinke, WPg 1995, 569 (570 f.); eine im Grundsatz unbefristete Kapitalüberlassung fordernd etwa Baetge, DB 2005, 2148; ähnlich Brüggemann/ Lühn/Siegel, KoR 2004, 349. 41 IDW HFA 1/1994, WPg 1994, 419 (422); zustimmend Emmerich/Naumann, WPg 1994, 677 (687 f.). 42 Schweitzer/Volpert, BB 1994, 821 (826); Lorch, Der börsenfähige aktienähnliche Genußschein, 1993, S. 125 f.

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wenn die bilanzielle Zuordnung des Kapitals funktional, die Vergütung hingegen formal beurteilt wird.43

C. Steuerbilanzrecht I. Vorüberlegungen (Link/Schlotter) Auch das Steuerbilanzrecht enthält keine Legaldefinition des steuerlichen Eigenkapitals. Die für die Einkommensermittlung maßgeblichen Normen des EStG und des KStG verwenden in der Regel auch nicht die Begriffe (steuerliches) „Eigenkapital“ oder „Fremdkapital“, sondern knüpfen an andere Tatbestandsmerkmale an. So sind nach § 4 Abs. 4 EStG Betriebsausgaben „die Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst sind.“ Nach § 8 Abs. 3 Satz 1 und 2 KStG ist es für „die Ermittlung des Einkommens […] ohne Bedeutung, ob das Einkommen verteilt wird. Auch verdeckte Gewinnausschüttungen sowie Ausschüttungen jeder Art auf Genussrechte, mit denen das Recht auf Beteiligung am Gewinn und am Liquidationserlös der Kapitalgesellschaft verbunden ist, mindern das Einkommen nicht.“ Auch die für den Kapitalertragsteuerabzug maßgeblichen §§ 20, 43 ff. und 49 EStG stellen nicht auf den Begriff „Eigenkapital“, sondern auf konkrete Finanzinstrumente ab. Ausnahmen bilden § 8c Abs. 1 Satz 7 und § 27 Abs. 1 Satz 5 KStG, die ausdrücklich auf das steuerliche [genauer: das in der Steuerbilanz/der steuerlichen Gewinnermittlung ausgewiesene] Eigenkapital Bezug nehmen, ohne dies freilich näher zu definieren.44

II. Verhältnis von § 5 Abs. 1. Satz 1 EStG zu § 8 Abs. 3 Satz 2, Halbs. 2 KStG; Debt-Mezzanine-Swap (Link/Schlotter) Wegen des in § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG verankerten Maßgeblichkeitsgrundsatzes schlägt die handelsbilanzrechtliche Behandlung eines Finanzinstruments grundsätzlich auf die steuerrechtliche Beurteilung durch.45 Sofern also im Einzelfall unter Durchbrechung der Maßgeblichkeit ein anderer steuerlicher Ansatz als in der Handelsbilanz gelten soll, müsste

43 So auch Briesemeister, Hybride Finanzinstrumente im Ertragsteuerrecht, 2006, S. 106; Küting/Kessler/Harth, BB 1996, Beilage 4, 1 (20); Groh, BB 1995, 559 (560); kritisch auch Bogenschütz, Ubg 2008, 533 (535); Hoffmann, StuB 2012, 417. 44 Zum Eigenkapitalbegriff des § 8c Abs. 1 Satz 7 KStG Schneider, StbJb. 2013/2014, S. 143, 147 f. 45 BFH v. 5.2.1992 – I R 127/90, BStBl. II 1992, 532.

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sich dieser mangels ausdrücklicher Abgrenzungsregelung entweder mittelbar aus bestimmten ertragsteuerlichen Normen oder (quasi als ultimo ratio) aus dem Ertragsteuerrecht insgesamt innewohnenden Rechtsgrundsätzen ergeben. Untersucht man zunächst die Abgrenzungsfragen im Steuerbilanzrecht, fällt auf, dass sich die Diskussion insoweit lange Zeit auf § 8 Abs. 3 Satz 2, Halbs. 2 KStG konzentriert hat. Nach § 8 Abs. 3 KStG ist es für die Ermittlung des Einkommens ohne Bedeutung, ob das Einkommen verteilt wird (Satz 1). Auch verdeckte Gewinnausschüttungen sowie Ausschüttungen jeder Art auf Genussrechte, mit denen das Recht auf Beteiligung am Gewinn und am Liquidationserlös der Kapitalgesellschaft verbunden ist, mindern das Einkommen nicht (Satz 2). Eine in der Literatur46 weitverbreitete Auffassung geht davon aus, dass § 8 Abs. 3 Satz 2, Halbs. 2 KStG – trotz seiner systematischen Einordnung als Einkommensermittlungsvorschrift, die ausdrücklich nur die steuerliche Behandlung der Genussrechtsvergütungen betrifft – eine umfassende Durchbrechung des Maßgeblichkeitsgrundsatzes beinhaltet und insoweit nicht nur Rechtsgrundlage für eine Umqualifizierung von handelsbilanziellem Fremdkapital in steuerliches Eigenkapital, sondern auch umgekehrt für eine Umqualifizierung von bilanziellem Eigenkapital in steuerliches Fremdkapital sei. § 8 Abs. 3 Satz 2, Halbs. 2 KStG geht zurück auf die Rechtsprechung des RFH. Dieser hatte sich im Urteil vom 17.4.1934 – I A 316/32 – mit der Frage zu beschäftigen, ob Vergütungen auf eigenkapitalähnlich ausgestaltete Genussrechte steuerlich zu einem Betriebsausgabenabzug führen. Die Steuerpflichtige, eine Aktiengesellschaft, hatte an mehrere Nicht-Gesellschafter Genussrechte ausgegeben, die dem Inhaber im Hinblick auf Beteiligung an Gewinn und Vermögen der Emittentin nahezu dieselben Rechte wie einem Aktionär einräumten, jedoch keine Mitgliedschaftsrechte (Stimmrechte). So erfolgten Zahlungen auf die Genussrechte nur und in derselben Höhe wie Dividenden. Ein bei Auflösung der Gesellschaft nach Begleichung aller Schulden, Rückzahlung des Nennwerts der Aktien und Rückzahlung des Nennwerts der Genussrechte verbleibendes Restvermögen sollte anteilig an Aktionäre und Genussrechtsinhaber verteilt werden. Der Rückzahlungspreis bei Kündigung des Genussrechtsvertrags vor Liquidation, die nur der Emittentin vorbehalten war, war an den Börsenkurs der Aktien gekoppelt.

46 Höng, Ubg 2014, 27 (31 ff.); Lechner/Haisch, Ubg 2012, 115 ff. Kroener/Momsen, DB 2012, 829 ff., Breuninger/Ernst, GmbHR 2012, 494 ff.; Haarmann, BB-Fallstudien 2013, 47 ff.; Herzig, BB-Fallstudien 2013, 54.

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Die Steuerpflichtige hatte die Genussrechte in der seinerzeitigen Goldbilanz unter Verbindlichkeiten ausgewiesen und die Vergütungen darauf in der Steuererklärung als Betriebsausgaben zum Abzug gebracht. Letzterem hat sich der RFH nicht angeschlossen und unter Hinweis darauf, dass die Vergütungen „nur aus dem Reingewinn zu verzinsen und aus dem Liquidationsüberschuss zu tilgen“ seien, keine andere Belastung des Vermögens der Gesellschaft darstellten als Stammkapital, den steuerlichen Betriebsausgabenabzug versagt, obwohl das Genussrecht im Einklang mit der im Zivilrecht herrschenden Meinung als Gläubigerrecht zu qualifizieren sei. Da der RFH damit zwar die Verwaltungsauffassung bestätigte, andererseits allerdings deutlich machte, dass eine solche „wirtschaftliche Betrachtungsweise, die sich nötigenfalls über bürgerlich-rechtliche Vereinbarungen, Formen und Rechtsauffassungen hinwegsetzen muss, nur mit größter Vorsicht angewendet werden darf“, sofern es an einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung fehlt, sah sich der Gesetzgeber veranlasst, in § 7 KStG a.F. eine Formulierung aufzunehmen, die im Wesentlichen dem heutigen § 8 Abs. 3 Satz 2, Halbs. 2 KStG entsprach. Anfang der 1980er Jahre vermehrt auftretende Rechtsfragen im Zusammenhang mit der Auslegung der Tatbestandsmerkmale des § 8 Abs. 3 Satz 2, Halbs. 2 KStG führten u.a. zu dem BMF-Schreiben vom 8.12.1986,47 in dem die Finanzverwaltung zunächst die Abzugsfähigkeit von Ausschüttungen auf Genussrechte bestätigt, bei denen die Tatbestandsvoraussetzungen des § 8 Abs. 3 Satz 2, Halbs. 2 nicht vorliegen, und im Folgenden auf Auslegungsfragen im Zusammenhang mit dem Tatbestandsmerkmal Beteiligung am „Liquidationserlös“ eingeht. Da dieses nicht mit dem Begriff „Liquidationsüberschuss“ identisch sei48, sei die im Fall der Rückzahlung vor Liquidation notwenige Beteiligung an den stillen Reserven der Gesellschaft in den Fällen, in denen eine Rückzahlung des Genussrechtskapitals erst im Zeitpunkt der Liquidation vorgesehen ist, nicht erforderlich.49 Entsprechendes gelte, wenn 47 BMF v. 8.12.1986, BB 1987, 667. 48 Vgl. hierzu RFH v. 17.4.1934 – I A 316/32, wo der RFH in den Entscheidungsgründen bei der Auseinandersetzung mit der Literatur durchgehend den Begriff „Liquidationserlös“ verwendet, bei der Begründung seiner Entscheidung, ausnahmeweise auch ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung den Betriebsausgabenabzug zu versagen, dann allerdings den Begriff „Liquidationsüberschuss“. Dies ist insoweit auch zutreffend, als der Genussrechtsinhaber im konkreten Fall erst nach Befriedigung aller Gläubiger und der Aktionäre bzgl. ihres eingezahlten Aktienkapitals bedacht werden sollte. Der Gesetzgeber hat sich demgegenüber bei der Gesetzesformulierung in § 7 KStG a.F. bzw. § 8 Abs. 3 Satz 2, Halbs. 2 KStG für den weitergehenden Begriff „Liquidationserlös“ entschieden. 49 Insoweit Klarstellung der Aussage in den Gesetzesmaterialien BT-Drucks. 10/2510, 7.

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der Rückzahlungsanspruch wirtschaftlich wertlos ist, was insbesondere dann anzunehmen sei, wenn die Rückzahlung erst in ferner Zukunft verlangt werden kann. Von der h.M.50 wird diese Interpretation des Merkmals „Liquidationserlös“ überwiegend abgelehnt. Sie versteht den Liquidationserlös als den aus dem Abwicklungsendvermögen i.S.v. § 11 KStG resultierenden Liquidationsüberschuss und verlangt mit Blick auf den Belastungsvergleich auch im Liquidationsfall eine Beteiligung an den stillen Reserven. Daneben enthält das BMF-Schreiben vom 8.12.1986 auch Ausführungen zur steuerbilanziellen Behandlung eines Genussrechts, das die Voraussetzungen des § 8 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 KStG erfüllt. Zum einen sei die Einzahlung des Kapitals auf ein solches Genussrecht, sofern dieses mangels Rückzahlungsanspruchs nicht als Verbindlichkeit passiviert werden kann, als Einlage und nicht als Gewinn zu erfassen, da die Vergütungen auf das Genussrecht nach § 8 Abs. 3 Satz 2, Halbs. 2 KStG steuerlich als Gewinnausschüttungen anzusehen seien. Zum anderen nimmt das BMFSchreiben zur Qualifizierung eines Genussrechts als Eigenkapital dahingehend Stellung, dass sich eine solche allein aus dem Bestehen einer Nachrangvereinbarung, kombiniert mit einer Verlustteilnahme, noch nicht ergebe; entscheidend seien die „oben dargelegten weiteren Kriterien“. Die Frage, ob § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG als Norm zu verstehen ist, die über die Frage des Betriebsausgabenabzugs hinaus steuerlich eigenständige Abgrenzungskriterien zwischen Eigen- und Fremdkapital vorgibt, mithin im Grundsatz eine Durchbrechung des Maßgeblichkeitsgrundsatzes anordnet, rückte in neuerer Zeit verstärkt in den Fokus der steuerrechtlichen Diskussion.51 Erkennt man eine Durchbrechungswirkung an, stellt sich die Folgefrage, ob diese Durchbrechung so weit reicht, dass ein mezzanines Finanzinstrument steuerlich dem Fremdkapital zugeordnet werden kann, obwohl es handelsrechtlich nach den tradierten Kriterien als Eigenkapital anzusehen ist, oder ob § 8 Abs. 3 Satz 2, Halbs. 2 KStG lediglich eine einseitige Umqualifizierungsfunktion von handelsbilanziellem Fremd- zu steuerbilanziellem Eigenkapital beizumessen ist. Verneint man hingegen eine steuerbilanzielle Zuordnungsfunktion des § 8 Abs. 3 Satz 2, Halbs. 2 KStG insgesamt, stellt sich dagegen die Frage, ob unter Be-

50 Vgl. nur Haisch/Helios in Haisch/Helios, Rechtshandbuch Finanzinstrumente 2011, § 4 Rz. 122; Behnes/Helios, RdF 2012, 25 (29); Groh, BB 1993, 1882 (1890). 51 Vgl. zur Diskussion nur Höng, Ubg 2014, 27 (31 ff.); Lechner/Haisch, Ubg 2012, 115 ff. Kroener/Momen, DB 2012, 829 ff., Breuninger/Ernst, GmbHR 2012, 494 ff.; Haarmann, BB-Fallstudien 2013, 47 ff.

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zugnahme auf eine ungeschriebene, eigenständige Zwecksetzung der Steuerbilanz52 gleichwohl eigene Abgrenzungskriterien zur Anwendung kommen, oder ob letztlich die aufgezeigten handelsrechtlichen Abgrenzungskriterien auch für die steuerliche Abgrenzung maßgeblich sind.53 Die vorstehend umrissene Problematik wird in jüngerer Zeit am Beispiel des Debt-Mezzanine-Swap diskutiert.54 In der Sanierungspraxis wurden vielfach nicht werthaltige Gesellschafterdarlehen in Genussrechte umgewandelt. Die Genussrechte werden dabei in Orientierung an IDW/HFA 1/1994 gezielt so ausgestaltet, dass diese in der Handelsbilanz als Eigenkapital ausgewiesen werden, jedoch die Merkmale des § 8 Abs. 3. Satz 2, Halbs. 2 KStG nicht erfüllen. Regelmäßig wird eine Beteiligung am Liquidationserlös vermieden. Ausgehend von dem Standpunkt, dass § 8 Abs. 3 Satz 2, Halbs. 2 KStG eine Durchbrechung der Maßgeblichkeit anordnet, wurde in der Vergangenheit ganz überwiegend davon ausgegangen, dass steuerlich ein erfolgsneutraler Passivtausch vorliegt. Dieser Sichtweise ist jüngst die OFD Rheinland55 entgegengetreten. Nach Auffassung der OFD Rheinland beinhalte § 8 Abs. 3 Satz 2, Halbs. 2 KStG nur eine Regelung zur Einkommensermittlung und treffe keine Aussage zur steuerbilanziellen Einordnung von Genussrechten als Eigen- oder Fremdkapital. Die Rechtsfolge der Norm bestehe lediglich in einer außerbilanziellen Hinzurechnung der Genussrechtsvergütungen. Deshalb sei davon auszugehen, dass eine handelsbilanzielle Umqualifizierung der Verbindlichkeit in Eigenkapital infolge des Maßgeblichkeitsgrundsatzes auch eine steuerbilanzielle Umqualifizierung in Eigenkapital nach sich zieht, mit der Konsequenz, dass es zu einem handels- und steuerbilan-

52 Nach Auffassung des BFH sind spezielle steuerrechtliche Vorschriften selbst dann eigenständig auszulegen und anzuwenden, wenn sie im Handelsrecht eine Entsprechung finden und zwar unter Berücksichtigung des systematischen Zusammenhangs, in dem sie im Steuerrecht stehen (BFH v. 31.1.2013 – GrS 1/10, BStBl. II 2013, 317; BFH v. 15.7.1998 – I R 24/96, BStBl. II 1998, 728; BFH v. 7.4.2010 – I R 77/08, BStBl. II 2010, 739). 53 BFH v. 5.2.1992 – I R 127/90, BStBl. II 1992, 532 weist jedenfalls für den Fall der Abgrenzung Eigen-/Fremdkapital eines eigenkapitalersetzenden Darlehens darauf hin, dass zwischen der im Handelsbilanzrecht und der im Steuerrecht geltenden wirtschaftlichen Betrachtungsweise insoweit kein Unterschied besteht. 54 Zu den zivilrechtlichen Rahmenbedingungen vgl. nur Breuninger/Ernst, GmbHR 2012, 494 ff.; zum Problem auch Fischer/Lohbeck, IStR 2012, 678 ff.; Hoffmann, StuB 2012, 417 ff.; ausführlich Höng, Der ertragsteuerliche Sanierungsgewinn beim Debt-Mezzanine-Swap im Lichte des § 8 Abs. 3 S. 2 Hs. 2 KStG, Diss. Münster, 2013. 55 OFD Rheinland v. 14.12.2011, DB 2012, 21; so auch Große, DStR 2010, 1397 ff.; vgl. zum Problem auch Rusch/Brocker, ZIP 2012, 2193 ff.

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ziellen Ertrag komme.56 Bei fehlender Werthaltigkeit der Forderung könne dieser Ertrag nicht durch die Grundsätze der verdeckten Einlage außerbilanziell kompensiert werden. In der Beraterschaft wird die Auffassung der OFD Rheinland überwiegend abgelehnt.57 Es wird u.a. geltend gemacht, dass die OFD Rheinland in einem bedeutsamen Punkt von der Sichtweise des BMF-Schreibens vom 8.12.1986 abweiche, weil das BMF davon ausgehe, dass eine Erfüllung der Kriterien des § 8 Abs. 3 Satz 2, Halbs. 2 KStG dazu führt, dass entsprechendes Genussrechtskapital zu steuerlichem Eigenkapital führt, die Zuführung entsprechenden Kapitals mithin als Einlage anzusehen ist.58 Im Umkehrschluss müssten Genussrechte, die die Voraussetzungen der § 8 Abs. 3 Satz 2, Halbs. 2 KStG nicht kumulativ erfüllen, daher steuerlich dem Fremdkapital zuzuordnen sein. Anmerkungen Link: Bei genauerer Betrachtung löst sich ein solcher vermeintlicher Widerspruch allerdings auf, wenn man sich vor Augen führt, dass das BMFSchreiben vom 8.12.1986 als Folge einer Rechtsprechung entstanden ist, für die die zivilrechtliche Behandlung eines den Aktien stark angenäherten Genussrechts nicht entscheidend für dessen Zuordnung zum steuerlichen Eigenkapital war.59 Demgegenüber setzt die OFD Rheinland in ihrer Kurzinformation ein Genussrecht voraus, das – unter Bezugnahme auf die Verlautbarung des IDW-HFA 1/1994 – handelsrechtlich dem Eigenkapital zugeordnet ist. Beiden Verwaltungsverlautbarungen liegt somit eine unterschiedliche Ausgangssituation zugrunde. In steuerbilanzieller Hinsicht enthalten beide Schreiben zudem nur Ausführungen zu Sachverhalten, in denen eine Umqualifizierung in steuerliches Eigenkapital bejaht wird. Ein Umkehrschluss, dass das Nichtvorliegen dieser Voraussetzungen zwingend eine Zuordnung zum steuerlichen Fremdkapital nach sich zieht, kann den Schreiben nicht entnommen werden.

56 Zustimmend Fischer/Lohbeck, IStR 2012, 678 ff.; so im Ergebnis jedoch mit anderer Begründung auch Meurer, BB-Fallstudien 2013, 52, 53, die einerseits auf eine fehlende wirtschaftliche Belastung zum Bilanzstichtag abstellen will und zudem geltend macht, dass bereits eine Verlustbeteiligung dem Ansatz als Fremdkapital entgegenstehe. 57 Höng, Ubg 2014, 27 (31 ff.); Lechner/Haisch, Ubg 2012, 115 ff. Kroener/Momen, DB 2012, 829 ff., Breuninger/Ernst, GmbHR 2012, 494 ff.; Haarmann, BB-Fallstudien 2013, 47 ff.; Herzig, BB-Fallstudien 2013, 54; zustimmend Fischer/Lohbeck, IStR 2012, 678 ff. 58 Vgl. auch Lechner/Haisch, Ubg 2012, 115, 116; Haarmann, BB-Fallstudien 2013, 47, 50; Kroener/Momen, DB 2012, 829 (831). 59 Vgl. hierzu die im BMF, Schr. v. 8.12.1986 genannten Urteile des RFH v. 28.4.1936 – I A 19/36 sowie des BFH v. 28.6.1960 – I 85/60.

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Dies war nicht Gegenstand der ihnen jeweils zugrunde liegenden Fragestellungen. Orientiert man sich an den Grundsätzen des BMF-Schreibens vom 8.12.1986 und der Kurzinformation der OFD Rheinland und geht davon aus, dass sich die beiden Verwaltungsverlautbarungen nicht widersprechen, sondern ergänzen, wären mezzanine Finanzinstrumente somit dem steuerlichen Eigenkapital zuzuordnen, wenn die Voraussetzungen des § 8 Abs. 3 Satz 2, Halbs. 2 KStG („Genussrechtstest“) erfüllt sind oder bereits die handelsrechtliche Zuordnung des Finanzinstruments zum Eigenkapital auch steuerlich „wirkt“.60 Gegen die generelle Zuordnung handelsrechtlicher Eigenkapitalinstrumente zum steuerrechtlichen Eigenkapital wird in der Literatur zuweilen das Argument herangezogen, der BFH habe im Urteil vom 20.8.200861 die steuerliche Passivierung einer typischen stillen Beteiligung als Fremdkapital nicht in Frage gestellt, obwohl diese nach § 25 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 der Verordnung über die Rechnungslegung der Kreditinstitute und Finanzdienstleistungsinstitute (RechKredV) in der Handelsbilanz als Eigenkapital ausgewiesen wurde. Dies kann m.E. jedoch nicht überzeugen. Der den Maßgeblichkeitsgrundsatz normierende § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG, aus dem die o.g. Zuordnung zumindest mittelbar hergeleitet werden kann, stellt auf das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung anzusetzende Betriebsvermögen ab. Soweit nach der Lesart des § 25 RechKredV für Kreditinstitute auch die Einbeziehung der Einlagen stiller Gesellschafter unabhängig von deren Laufzeit in den Posten „Gezeichnetes Kapital“ vorgegeben ist, weicht diese von den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung ab.62 Denn Einlagen eines typisch stillen Gesellschafters sind unter entsprechender63 Anwendung der Verlautbarung des IDW-

60 Da § 5 Abs. 1 EStG auf die GoB abstellt, wäre im Zweifelsfall zu prüfen, ob die handelsbilanzielle Zuordnung eines Genussrechts unter Anlegung der Kriterien des IDW-HFA 1/1994 zum Eigenkapital den GoB entspricht; vgl. hierzu BFH GrS 1/10, wonach bei der Prüfung, ob die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 EStG erfüllt sind, allein die objektiv richtige Rechtslage zugrunde zu legen ist. 61 BFH v. 20.8.2008 – I R 29/07, BStBl. II 2010, 142. 62 Vgl. auch IDW/HFA 1/1994, wonach die Bestimmungen des § 10 Abs. 5 KWG bzw. § 53c Abs. 3a VAG über die Zurechenbarkeit von Genussrechtskapital zum haftenden Eigenkapital von Kreditinstituten bzw. zu den Eigenmitteln von Versicherungsunternehmen wegen ihres abweichenden Regelungszwecks für die Zuordnung von Genussrechtskapital zum bilanziellen Eigen- oder Fremdkapital nicht maßgeblich sind. 63 ADS, § 246 Rz. 91; Hoffmann/Lüdenbach, NWB Kommentar, Bilanzierung, § 246 Rz. 127; Eichfelder, Ubg 2013, 178 (179).

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HFA von einem allein nach HGB bilanzierenden Kaufmann allenfalls unter den auch für Genussrechte angesprochenen Voraussetzungen als Eigenkapital und ansonsten als Verbindlichkeit auszuweisen.64 Sind die o.g. Kriterien für die Zuordnung eines Genussrechts zum steuerlichen Eigenkapital erfüllt, wären m.E. auf die Kapitalüberlassung konsequenterweise auch dann die Regelungen über die (verdeckte) Einlage anzuwenden, wenn der Genussrechtsinhaber nicht zugleich Gesellschafter der Körperschaft ist. Anmerkungen Schlotter: Die Verfügung der OFD Rheinland wirft gleich in mehrerer Hinsicht Fragen auf. Selbst wenn man im Ausgangspunkt dem Maßgeblichkeitsgrundsatz eine gesteigerte Relevanz für die Abgrenzung zusprechen will, sind einige Dinge zu beachten. Es sollte klar sein, dass sich die Maßgeblichkeit nicht auf das handelsrechtliche Eigenkapital als Saldogröße beziehen kann.65 Das Problem der Maßgeblichkeit bezieht sich demnach naturgemäß nur auf die Frage, ob die handelsrechtliche Zuordnung eines Finanzinstruments zum Fremdkapital bzw. Nicht-Mehr-Zuordnung zum Fremdkapital dem Maßgeblichkeitsgrundsatz unterfällt.66 Dabei kann m.E. jedoch nicht unbesehen auf die aufgezeigten IDW-Kriterien zurückgegriffen werden, da diese – wie aufgezeigt – allein aus dem Gläubigerschutz entwickelt wurden. Der BFH hat in seiner jüngeren Rechtsprechung regelmäßig darauf hingewiesen, dass steuerbilanzielle Auslegungsfragen stets mit Blick auf die eigenständige Zwecksetzung der Steuerbilanz, die periodengerechte Messung der Leistungsfähigkeit zu lösen sind.67 Vor diesem Hintergrund sind Zweifel angebracht, ob es steuerlich für die Abgrenzung zwischen Eigen- und Fremdkapital überhaupt auf die vom IDW besonders stark gewichtete Gläubigerperspektive ankommen kann, oder ob nicht vielmehr für das Steuerbilanzrecht auf die Perspektive des durch das Finanzinstrument belasteten Unternehmens und die Perspektive der Eigenkapitalgeber abzustellen ist. Hierfür spricht auch, dass im Steuerbilanzrecht den Kategorien der Gewinnausschüttung und

64 Eichfelder, Ubg 2013, 178 (179). 65 Vgl. etwa Lechner/Haisch, Ubg 2012, 115 (116); Drüen/Günkel, JbFfSt 2010/2011, 824 (826); Körner, RdF 2012, 139 (141); Haarmann, BB-Fallstudien 2013, 47 (51); Breuniger, JbFStR 2012/2013, 308 (314). 66 Vgl. auch Meurer, BB-Fallstudien 2013, 52 (53); Breuniger, JbFStR 2012/2013, 308 (314). 67 Vgl. in diesem Sinne etwa BFH v. 31.1.2013 – GrS 1/10, BStBl. II 2013, 317; BFH v. 15.7.1998 – I R 24/96, BStBl. II 1998, 728, BFH v. 7.4.2010 – I R 77/08, BStBl. II 2010, 739.

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der Einlage eine zentrale Bedeutung zukommt. Ganz in diesem Sinne werden in der Literatur68 mit beachtlichen Gründen Bedenken gegen die Übernahme der handelsrechtlichen Abgrenzungskriterien des IDW in die Steuerbilanz erhoben. Steuerrechtlich ist insoweit in einem ersten Schritt zu entscheiden, ob man neben Gesellschaftern überhaupt Dritte in den Kreis der Eigenkapitalgeber einbeziehen möchte.69 Lässt man mit der ganz h.M. als Eigenkapitalgeber auch eine Ausdehnung über den Kreis der eigentlichen Gesellschafter zu, ist in einem weiteren Schritt zu hinterfragen, unter welchen Voraussetzungen eine steuerliche Gleichstellung von Gesellschaftern mit Kapitalgebern, die Nichtgesellschafter sind, gerechtfertigt erscheint. Dabei ist zu fragen, wann eine schuldrechtliche Beteiligung der Aktie so ähnlich ist, dass eine unterschiedliche Behandlung unter Leistungsfähigkeitsgesichtspunkten steuerlich nicht mehr gerechtfertigt wäre.70 Diese Frage ist letztlich eine Wertungsfrage, die insbesondere mit Blick auf die gesetzgeberischen Wertungen zu beantworten ist. Unzutreffend wäre es m.E., bereits aus einer Verlustbeteiligung des Kapitalgebers auf das Fehlen der typischen Kriterien von Fremdkapital in der Steuerbilanz zu schließen.71 Eine derartige Betrachtung würde verkennen, dass steuerliches Eigenkapital ein qualitatives „Mehr“ als eine reine Verlustbeteiligung erfordert, neben dem Risiko vielmehr auch eine Chance erforderlich ist.72 Weiterhin zu berücksichtigen ist dann auch, dass der Gesetzgeber (jedenfalls für den Bereich der Genussrechte) in § 8 Abs. 3. Satz 2, 2 HS. KStG m.E. nicht nur eine Regelung zur Einkommensermittlung73, sondern auch eine Grundsatzentscheidung getroffen hat, unter welchen Voraussetzungen dieser Genussrechte dem Eigenkapital gleichstellen will.74 Maßgebend ist nach den Vorstellungen des Gesetzgebers das Recht auf eine Beteiligung am Gewinn und am Liquidationserlös, da bei Vorliegen der Voraussetzungen die Steuerkraft des Unternehmens bei typisierter Betrachtung etwa in gleicher Weise wie

68 Groh, BB 1995, 559 (560); Hoffmann/Lüdenbach, NWB Kommentar Bilanzierung, 5. Aufl. 2014, § 246 Rz. 121; Hoffmann, StuB 2012, 417. 69 Dagegen dezidiert Groh, BB 1995, 559 (560): Steuerliches Eigenkapital als Bilanzposition nur mit Bezug zu den Gesellschaftern. 70 Vgl. auch Schön, JbFStR 2012/2013, 320. 71 So jedoch Meurer, BB-Fallstudien 2013, 52, 53: Merkmal der Verlustbeteiligung ist dem gesetzlichen „Regelstatut“ einer Darlehensvereinbarung fremd. 72 Vgl. etwa auch die Diskussion zum Mitunternehmerrisiko, vgl. Briesemeister, Hybride Finanzinstrumente im Ertragsteuerrecht, 2006, S. 155 ff. 73 So OFD Rheinland vom 14.12.2011, DB 2012, 21. 74 So auch Höng, Ubg 2014, 27 (31 ff.).

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beim Stammkapital belastet ist.75 Denkbar ist aber auch, den Belastungsvergleich eher an der Stellung des Genussrechtsinhabers auszurichten und zu fragen, ob diesem eine dem Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft vermögensmäßig vergleichbare Stellung eingeräumt wird.76 M.E. sprechen daher gewichtige Gründe dafür, jedenfalls für den Bereich der Genussrechte in § 8 Abs. 3 Satz 2, Halbs. 2 KStG eine gesetzliche Konkretisierung der Abgrenzungsvorgaben anzuerkennen und ein „Umschlagen“ des steuerlichen Fremdkapitals in Eigenkapital erst dann anzunehmen, wenn eine Beteiligung am Gewinn und am Liquidationserlös vorliegt.77 Ob man dann mit Blick auf die Vorgaben des IDW von einer Durchbrechung der Maßgeblichkeit spricht, oder die Kriterien des § 8 Abs. 3 Satz 2, 2 HS KStG vielmehr als steuerspezifische Ausprägung der Grenzen des steuerbilanziellen Verbindlichkeitsbegriffs verstanden wissen will, ist m.E. dann sekundär. Eine kumulative Anwendung der Kriterien des IDW und des § 8 Abs. 3 Satz 2, Halbs. 2 KStG erscheint damit nicht gerechtfertigt. Eine andere Frage ist dann, wie man die Kriterien der Beteiligung am Gewinn und am Liquidationserlös im Detail versteht.78 Richtigerweise sind diese Begrifflichkeiten dabei mit Blick auf die Umsetzung des Gleichstellungsgedankens auszulegen. Für eine Beteiligung am Liquidationserlös i.S.d. Abwicklungsendvermögen ist dabei mit der ganz h.M.79 eine Beteiligung an den stillen Reserven zu fordern. Sind diese Kriterien erfüllt, ist dann aber auch ein Genussrechtsinhaber ungeachtet dessen, dass dieser mit der Gesellschaft nicht mitgliedschaftlich verbunden ist, aus Gleichbehandlungsgründen als taugliches Einlagesubjekt anzuerkennen.80 In eine derartige Sichtweise lässt sich m.E. dann auch das Urteil des BFH vom 20.8.2008 einordnen. Auch bei typischen stillen Beteiligungen besteht im Ausgangspunkt eine ähnliche Ausgangskonstellation, denn auch hier stellt sich die Frage, ob eine bestimmte handelsrechtliche Behandlung für die Behandlung in der Steuerbilanz des Inhabers des Handelsgewerbes maßgeblich ist. Das Urteil des BFH zeigt durchaus, dass sich der BFH nicht an der handelsrechtlichen Einstufung orientiert, son75 Auf die Belastung der Gesellschaft abstellend: BFH v. 28.6.1960 – I 85/60, HFR 1961, 13; BMF v. 8.12.1986, BB 1987, 667; Höng, Ubg 14 (27 ff.). 76 Auf die Gleichstellung mit dem Gesellschafter abstellend: BFH v. 14.6.2005 – VIII R 73/03, BStBl. II 2005, 761 unter II 2.c.aa. 77 So auch Breuninger/Ernst, GmbHR 2012, 494 ff.; Höng, Ubg 2014, 27 ff.; Lechner/Haisch, Ubg 2012, 115 ff.; Kroener/Momen, DB 2012, 829 ff. 78 Zum Auslegungsstreit vgl. nur Rengers in Blümich, KStG, § 8 Rz. 200 ff. 79 Prinz/Breuninger, DStR 2006, 1345 (1347). 80 Höng, Der ertragsteuerliche Sanierungsgewinn beim Debt-Mezzanine-Swap im Lichte des § 8 Abs. 3 S. 2 Hs. 2 KStG, Diss. Münster, 2013, S. 216 ff., 225 ff.

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dern eine typische stille Beteiligung ungeachtet der handelsrechtlichen Einstufung (m.E. auch wenn nach HFA 1/1994 handelsrechtlich EK vorliegen würde) als steuerliches Fremdkapital einordnet.81 Maßgebend ist daher auch insoweit allein eine steuerspezifische Abgrenzung.

III. Weitere für die Steuerbilanz relevante Prüfungsparameter (Link/Schlotter) Neben den vorstehenden Aspekten ist aus Sicht des Steuerbilanzrechts von Bedeutung, dass zusätzlich zu den vorgenannten Prüfungsparametern in jüngerer Zeit zwei weitere Aspekte an Relevanz gewinnen, deren genaue Bedeutung bis heute nicht abschließend geklärt ist. Ein Kriterium resultiert unmittelbar aus der Rechtsprechung des I. Senates des BFH, genauer aus dem Urteil des BFH vom 30.11.2011 – I R 100/10 und betrifft die fehlende wirtschaftliche Belastung des Emittenten zum Bilanzstichtag. Weiterhin gewinnt zunehmend auch § 5 Abs. 2a EStG an Relevanz. 1. Fehlende wirtschaftliche Belastung zum Bilanzstichtag (BFH vom 30.11.2011 – I R 100/10) (Link/Schlotter) In der Finanzverwaltung wird zunehmend der Gesichtspunkt betont, dass Schulden nur anzusetzen sind, wenn diese für den Steuerpflichtigen am Bilanzstichtag überhaupt eine wirtschaftliche Last darstellen. Diese Sichtweise geht zurück auf die Rechtsprechung des BFH, der in seiner Rechtsprechung betont hat, dass eine Verbindlichkeit nur dann zu passivieren ist, wenn der Unternehmer zu einer dem Inhalt und der Höhe nach bestimmten Leistung an einen Dritten verpflichtet ist, die vom Gläubiger erzwungen werden kann und eine wirtschaftliche Belastung darstellt.82 Diskutiert wurden in jüngerer Zeit Fälle, bei denen Schulden erst im Rahmen der Liquidation zurückgezahlt werden müssen. Im Urteil vom 30.11.201183 hat der BFH entschieden, dass es bei Verbindlichkeiten, die nur aus einem eventuellen Liquidationsüberschuss zu bedienen sind, an einer gegenwärtigen wirtschaftlichen Belastung fehle und eine Passivierung daher ausgeschlossen ist. Begründet wird dies mit einem Vergleich zum Forderungsverzicht gegen Besserungsschein. „Erlässt ein Gläubiger eine Verbindlichkeit mit der Maßgabe, dass die Forderung wieder aufleben soll, wenn künftige Jahresüberschüsse oder ein Liquidati81 Zutreffend Behnes/Böhringer/Helios, RdF 2013, 295 (299). 82 BFH v. 22.11.1988 – VIII R 62/85, BStBl. II 1989, 359; BFH v. 11.4.1990 – I R 63/86, BFH v. 20.1.1993 – I R 115/91, BStBl. II 1993, 373. 83 BFH v. 30.11.2011 – I R 100/10, BStBl. II 2012, 332.

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Link/Schlotter, Steuerliche Abgrenzung zwischen Eigen- und Fremdkapital onsüberschuss erzielt werden, ist die durch einen solchen Besserungsschein begründete Leistungspflicht beim Schuldner zunächst nicht als Verbindlichkeit zu passivieren. Die Verpflichtung stellt noch keine wirtschaftliche Last dar. Dies gilt nicht nur insoweit, als die Verbindlichkeit aus künftigen Gewinnen bedient werden muss, sondern auch hinsichtlich der Verpflichtung zur Zahlung aus einem Liquidationsüberschuss. Ein Liquidationsüberschuss ist das Vermögen, das im Fall der Liquidation nach Veräußerung der Wirtschaftsgüter und Begleichung aller (übrigen) Verbindlichkeiten verbleibt (vgl. §§ 70 ff. des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung). Zwar betreffen Zahlungspflichten aus einem Liquidationsüberschuss damit bereits auch das gegenwärtige Vermögen; sie belasten das gegenwärtige Vermögen aber noch nicht, da nach dem Grundsatz der Unternehmensfortführung (vgl. hierzu Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, 6. Aufl., § 252 HGB Rz. 24) der Liquidationsfall noch nicht berücksichtigt zu werden braucht und die Rücklagen bis zu diesem Zeitpunkt noch in vollem Umfang zur Verlustdeckung und zur Befriedigung der anderen Gläubiger zur Verfügung stehen (Adler/Düring/ Schmaltz, a.a.O., § 246 HGB Rz. 150, 152; Senatsurteil in BFHE 202, 74 = BStBl. II 2003, 768, m.w.N.; Schulze-Osterloh, Die Wirtschaftsprüfung – WPg1996, 97; Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 9. Aufl., § 4 V S. 109 f.; Gahlen, BB 2009, 2079; Groh, BB 1993, 1882).“

Da nach Auffassung der Finanzverwaltung in dem zu Genussrechten ergangenen BMF-Schreiben vom 8.12.1986 die Erfüllung im Rahmen der Liquidationsphase und die Erfüllung erst in ferner Zukunft (30 Jahre + x) wirtschaftlich gleichzustellen ist, könnte hieraus geschlussfolgert werden, dass auch Verbindlichkeiten, die erst in ferner Zukunft zu erfüllen sind, mangels gegenwärtiger wirtschaftlicher Belastung nicht angesetzt werden dürfen. Anmerkungen Schlotter: Die vorstehende Sichtweise ist m.E. abzulehnen. Das Kriterium einer fehlenden gegenwärtigen Belastungswirkung von Verbindlichkeiten darf m.E. nicht „überhöht“ werden, da dies ansonsten zu einer unzutreffenden Abbildung des Vermögens und damit zu einer unzutreffenden stichtagsbezogenen Messung der Leistungsfähigkeit führen würde. Richtig ist im Ausgangspunkt zunächst, dass der BFH84 im Gutmünzenurteil und späteren Entscheidungen judiziert hat, dass Verbindlichkeiten nicht (mehr) passiviert werden dürfen, wenn aus Sicht des Bilanzstichtages mit einer Inanspruchnahme durch den Gläubiger mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht mehr zu rechnen ist. Es fehlt dann an einer gegenwärtigen wirtschaftlichen Belastung. Insoweit ist allerdings zu beachten, dass die vom BFH entschiedenen Fälle allesamt Sachverhalte betrafen, bei denen die Verbindlichkeit aus Gründen, 84 Kritisch dazu z.B. Schubert, Der Ansatz von gewissen und ungewissen Verbindlichkeiten in der HGB-Bilanz: Insbesondere zur wirtschaftlichen Belastung und zu faktischen Verpflichtungen, Düsseldorf 2007, S. 125 ff.

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die in der Sphäre des Gläubigers lagen, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht mehr geltend gemacht wurden.85 Diese Aussage kann nicht auf Fälle übertragen werden, in denen Zweifel an der Erfüllung der Verbindlichkeit aus der Sphäre des Schuldners resultieren. Die Rechtsprechung des BFH eröffnet keineswegs Spielräume für eine Ausbuchung von Verbindlichkeiten in den Fällen, in denen eine Verbindlichkeit faktisch voraussichtlich (etwa mangels Leistungsfähigkeit des Schuldners) nicht mehr erfüllt werden wird.86 Das Merkmal der fehlenden gegenwärtigen wirtschaftlichen Belastung durch eine Verbindlichkeit hat aber noch eine weitere Dimension. Der BFH hatte schon vor Einführung des § 5 Abs. 2a EStG entschieden, dass bestimmte gewinnabhängige Verpflichtungen vor Erzielung des Gewinns, aus dem sie zu bedienen sind, für den Steuerpflichtigen noch keine stichtagsbezogene wirtschaftliche Last darstellen.87 Dies deshalb, weil in diesem Fall nicht das Stichtagsvermögen, sondern nur künftiges Vermögen belastet ist. Allerdings muss dafür ein rechtlicher Konnex zwischen Verbindlichkeit und dem Vermögen, das zur Tilgung der Verbindlichkeit eingesetzt werden muss, bestehen. Dass das Vermögen faktisch noch zur Erfüllung verdient werden muss, reicht insoweit nicht. Rechtlich bestehende Verbindlichkeiten begründen grundsätzlich eine wirtschaftliche Belastung und zwar unabhängig, ob das Vermögen schon vorhanden ist, aus dem diese erfüllt werden muss. Nur wenn ein rechtlicher Konnex besteht, scheidet eine Passivierung aus, weil die Verpflichtung dann nicht am Bilanzstichtag belastend wirkt. Der I. Senat des BFH ist im Urteil vom 30.11.2011 einen Schritt weitergegangen und hat eine Verpflichtung, die nur aus einem eventuellen Liquidationsüberschuss bedient werden muss, im going concern als das gegenwärtige Stichtagsvermögen ebenfalls nicht belastend angesehen.88 Dies erscheint zumindest klarstellungsbedürftig. M.E. kann die Liquidationsphase im going concern bei der Beurteilung der wirtschaftlichen Belastung nicht einfach ausgeblendet werden.89 Würde der Beurteilungszeitraum der wirtschaftlichen Belastung tatsächlich mit Beginn der Li85 Vgl. auch BFH v. 27.3.1996 – I R 3/95, BStBl. II 1996, 470: „wenn mit einer Geltendmachung der Forderung durch den Gläubiger mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht mehr zu rechnen ist“; BFH v. 6.4.2000 – IV R 31/99, BStBl. II 2001, 536; zutreffend Hennrichs in Tipke/Lang, Steuerrecht, 22. Aufl., § 9 Rz. 166; Kahlert, DStR 2015, 734 (735). 86 Vgl. nur BFH v. v. 26.2.1993 – VIII B 87/92, BFH/NV 1993, 364; BFH 6.11.2007 – I B 50/70, BFH/NV 2008, 616; Krumm in Blümich, EStG, § 5 Rz. 957d; Schlotter in MünchKomm, Bilanzrecht, Anh zu § 249 Rz. 37. 87 BFH v. 30.11.2011 – I R 100/10, BStBl. II 2012, 332. 88 So auch ADS, § 246 Rz. 152. 89 Ablehnend auch Rätke, StuB 2012, 338 ff.; Schmid, FR 2012, 837 ff.

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quidation oder der Insolvenz enden, hätte dies ganz erhebliche Auswirkungen auf die Beurteilung hybriden Kapitals.90 Hinterfragt man die Richtigkeit der Auffassung des BFH, ist zunächst zu berücksichtigen, dass sich dessen Aussage auf den Liquidationsüberschuss bezieht. Versteht man als Liquidationsüberschuss das Vermögen, das im Fall der Liquidation nach Veräußerung der Wirtschaftsgüter und Begleichung aller übrigen Verbindlichkeiten verbleibt, erscheint die Aussage des BFH aber nicht zutreffend. Der Liquidationsüberschuss speist sich dann nicht nur aus dem im Rahmen der Liquidation aufgedeckten stillen Reserven (nur dieses ist künftiges Vermögen)91, sondern auch aus dem Eigenkapital.92 Dieses beinhaltet jedoch auch das vor der Liquidation schon vorhandene Vermögen. Damit ist auch das bereits vorhandene Vermögen durch die Verbindlichkeit abstrakt belastet. Die Verbindlichkeit belastet mithin nicht nur künftige Gewinne, sondern ist auch aus dem die anderen Verbindlichkeiten übersteigenden freien Vermögen zu bedienen. Dass die Verbindlichkeit gegenwärtig noch nicht fällig ist, ist für die Passivierung nicht entscheidend.93 Der Umstand, dass der Verpflichtete auch die Auflösung von Rücklagen im Rahmen der Liquidation zur Bedienung der Schuld einsetzen muss, kann m.E. nicht unter Berufung auf den going concern-Grundsatz überspielt werden.94 Schließlich wäre auch zu hinterfragen, ob im vorliegenden Kontext der Grundsatz der fehlenden wirtschaftlichen Belastung in § 5 Abs. 2a EStG nicht eine abschließende gesetzliche Ausprägung erfahren hat; insoweit ist zu berücksichtigen, dass der Liquidationsüberschuss in § 5 Abs. 2a EStG nicht genannt ist.95 Ganz abzulehnen ist jedenfalls die Weiterentwicklung dieser Auffassung, die Rückzahlungen von Verbindlichkeiten in der Liquidationsphase mit erst in ferner Zukunft liegenden Rückzahlungsverpflichtungen vor Liquidation bilanzrechtlich gleichzustellen und entsprechende Verpflichtungen ebenfalls als das gegenwärtige Stichtagsvermögen nicht belastend anzusehen. Anmerkungen Link: Die Finanzverwaltung hat das Urteil des BFH – I R 100/10 – im Bundessteuerblatt veröffentlicht und wendet dieses damit über den entschiede90 So auch Schmid, FR 2012, 837 (842); Hennrichs in Tipke/Lang, Steuerrecht, 22. Aufl., § 9 Rz. 167. 91 So zutreffend Schulze-Osterloh, WPg 1996, 97 (100). 92 Schmid, FR 2012, 837 (842). 93 BFH v. 24.2.1994 – IV R 103/92, BFH/NV 1994, 779; BFH v. 5.6.2002 – I R 96/00, BStBl. II 2005, 736; Krumm in Blümich, EStG, § 5 Rz. 758. 94 So im Ergebnis auch Hageböke, RdF 2013, 304 (309); a.A. ADS, § 246 Rz. 152. 95 So mit guten Gründen Hennrichs in Tipke/Lang, 22. Aufl., § 9 Rz. 166.

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nen Einzelfall hinaus allgemein an. Insbesondere dass der BFH bei der Prüfung, ob zum Bilanzstichtag eine wirtschaftliche Belastung vorliegt, die Liquidation bei nachrangigen Verbindlichkeiten im Ergebnis ausblendet, da eine Zahlung aus dem Liquidationsüberschuss das gegenwärtige Vermögen zwar betreffe, nicht aber belaste, ist m.E. auch aus steuersystematischer Sicht zutreffend. Dies schließt allerdings nicht aus, dass ein Finanzinstrument, dessen Rückzahlung der Inhaber rechtlich erst im Zeitpunkt der Liquidation verlangen kann, auch schon vor der Liquidation als Verbindlichkeit zu bilanzieren ist. Denn auf die Liquidation und damit auf die „going concern“-Betrachtung in der Entscheidung I R 100/10 kommt es dann nicht an, wenn aus Sicht des Schuldners zwar kein rechtlicher, wohl aber ein anderweitig begründeter, „faktischer“ Zwang zur Rückzahlung schon vor Liquidation besteht.96 Ob dies der Fall ist, wird letztlich jeweils im Einzelfall anhand einer Würdigung der Gesamtumstände zu entscheiden sein. Vertragsklauseln, aufgrund derer die Nichtausübung des Kündigungsrechts durch den Schuldner wirtschaftlich ungünstig wäre (z.B. sog. Zins-Step-up-Klauseln, aufgrund derer der ursprünglich vereinbarte Zins automatisch angehoben wird, wenn der Emittent eine Kündigungsmöglichkeit verstreichen lässt), könnten im Rahmen einer solchen Gesamtbetrachtung einen Gesichtspunkt dafür darstellen, dass der Emittent nach einigen Jahren die Rückzahlung oder einen Austausch durch andere (ggf. zinsgünstigere) Instrumente anstrebt. Speziell bei börsennotierten und damit im Fokus der öffentlichen Wahrnehmung stehenden Anleihen könnte auch eine allgemeine Markterwartung einen wirtschaftlichen Zwang begründen, wenn der Emittent bei Verweigerung der Rückzahlung damit rechnen müsste, sich wegen des verlorengegangenen Vertrauens nicht oder zumindest nicht zu vergleichbaren Kondition wieder am Markt finanzieren zu können.97 Auch die wirtschaftliche Lage des Emittenten oder der Umstand, an wen die Instrumente ausgegeben werden, könnten insoweit eine Rolle spielen. Umgekehrt kann m.E. bei Finanzinstrumenten mit zeitlich begrenzter Laufzeit eine wirtschaftliche Belastung nicht von vorne herein allein mit Hinweis auf die zeitliche Begrenzung begründet werden. Liegt der Rückzahlungszeitpunkt in solch ferner Zukunft, dass das gegenwärtige Vermögen nicht bzw. nicht signifikant stärker belastet ist, als wenn die Rückzahlung nur für den Fall der Liquidation vereinbart worden wäre, wäre eine unterschiedliche Behandlung beider Fälle nicht sachgerecht. 96 Vgl. BFH v. 15.2.2000 – X B 121/99, zur Passivierung einer einredebehafteten, weil verjährten Schuld; zum faktischen Leistungszwang auch H 5.7 (3) EStH. 97 Vgl. zu Instrumenten des zusätzlichen Kernkapitals nach Art. 51 CRR bei Kreditinstituten Rennings, RdF 2014, 221 (224).

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Jedenfalls bei den mittlerweile auch in Deutschland weit verbreiteten langfristigen Anleihen mit einer Laufzeit von 50, 60 oder auch 61 Jahren wird allein die Laufzeit allerdings noch nicht gegen eine wirtschaftliche Belastung am Bilanzstichtag sprechen. 2. § 5 Abs. 2a EStG (Link/Schlotter) Der Grundsatz, dass Verbindlichkeiten nicht zu bilanzieren sind, wenn sich der Rückforderungsanspruch des Gläubigers nur auf künftiges, nicht aber auf vorhandenes Vermögen des Schuldners am Bilanzstichtag bezieht, hat in der Steuerbilanz zwischenzeitlich einen gesonderten Ausdruck in § 5 Abs. 2a EStG gefunden.98 Der Passivierung von Verpflichtungen steht bei Verpflichtungen, die nur zu erfüllen sind, soweit künftige Einnahmen oder Gewinne anfallen, das Ausweisverbot des § 5 Abs. 2a EStG entgegen. Entsprechende Verpflichtungen sind nur anzusetzen, wenn die Einnahmen oder Gewinne angefallen sind. § 5 Abs. 2a EStG betrifft damit nur Verpflichtungen, bei denen die Erfüllung der Verpflichtung rechtlich von künftigem Vermögen abhängt, nicht aber Fälle, in denen die Schuld bereits in der Vergangenheit angelegt ist, sich deren Erfüllung im going concern aber erst in der Zukunft vollzieht, die Verpflichtung mithin faktisch aus zukünftigen Geldern erfüllt werden muss (so etwa bei Preisklauseln mit Herausgabe von Überdeckungen).99 Der BFH versteht § 5 Abs. 2a EStG wohl als eine Ausprägung des bereits erörterten Grundsatzes der fehlenden wirtschaftlichen Belastung zum Bilanzstichtag. Bislang nicht abschließend diskutiert ist die Frage, was unter den Begriffen Einnahmen100 und Gewinne zu verstehen ist. U.a. stellt sich die Fra98 Anlass für die Einführung des § 5 Abs. 2a EStG waren diverse Urteile des BFH (BFH v. 20.9.1995 – X R 225/93, BStBl. II 1997, 320; BFH v. 3.7.1997 – IV R 49/46, BStBl. II 1998, 368; BFH v. 4.2.1999 – IV R 54/97, BStBl. II 2000, 139) in den dieser judiziert hatte, dass eine fehlende wirtschaftliche Belastung nur vorliegt, wenn die Pflicht zur Erfüllung der Verbindlichkeit von der Gesamtgewinnsituation des Unternehmens abhängt, nicht aber bereits dann, wenn die Pflicht zur Erfüllung der Verbindlichkeit von Gewinnen einzelner Geschäfte abhängt; vgl. BT-Drucks. 14/2070, 17 f. 99 BFH v. 6.2.2013 – I R 62/11, BB 2013, 1520; so dezidiert Gosch, BFH/PR 2013, 266 (267): künftige Erfüllung als Erfüllungsmodalität. 100 Zur Reichweite des Tatbestandsmerkmal „Einnahme“ vgl. FG Sachsen v. 9.12.2004 und FG Niedersachsen v. 12.6.2014 (Anmerkung: Zwischenzeitlich hat der BFH mit Urteil v. 15.4.2015 – I R 44/14 – das Urteil des FG Niedersachsen aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. Nach Auffassung des BFH steht danach insbesondere die Erbringung von Einlagen in späteren Veranlagungszeiträumen einer Anwendung des § 5 Abs. 2a EStG nicht entgegen).

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ge, ob der Begriff der Einnahmen auch zukünftige Einlagen erfasst. Das FG Sachsen101 hat sich insoweit in dem bislang einzigen Urteil, das sich explizit mit dieser Frage auseinandersetzt, auf den Standpunkt gestellt, dass unter Einnahmen i.S.d. § 5 Abs. 2a EStG sämtliche Wertzugänge nebst Einlagen zu verstehen sind. In der Literatur wird demgegenüber überwiegend die Auffassung vertreten, dass § 5 Abs. 2a EStG nur betrieblich veranlasste Einnahmen erfasst.102 Sofern ein Finanzinstrument wegen fehlender wirtschaftlicher Belastung am Bilanzstichtag oder wegen § 5 Abs. 2a EStG in der Steuerbilanz nicht passiviert werden darf, stellt sich die Folgefrage, ob es sich dann lediglich um nichtansetzbares Fremdkapital oder um steuerliches Eigenkapital handelt und ob insoweit von einer verdeckten Einlage auszugehen ist. Anmerkungen Link: Der I. Senat des BFH verneint Letzteres im Urteil I R 100/10 – m.E. zutreffend – für die Fälle des § 5 Abs. 2a EStG, weil einem Darlehen, das auch aus künftigen Gewinnen zu tilgen ist, nicht die Funktion von zusätzlichem Eigenkapital zukomme.103 Ob Darlehen, die nur aus einem künftigen Liquidationsüberschuss zurückzuzahlen wären, als Eigenkapital auszuweisen wären, ließ der BFH ausdrücklich offen. Dies wäre m.E. für den Urteilsfall ebenfalls zu verneinen gewesen. Da es sich um ein verzinsliches Darlehen handelte, wäre auch nach IDW-HFA 1/1994 die Zuordnung zum handelsrechtlichen Eigenkapital mangels Erfolgsabhängigkeit ausgeschlossen. Dem vom RFH im Urteil I A 316/32 für die „mit größter Vorsicht“ anzuwendende Umqualifizierung einer handelsrechtlichen Verbindlichkeit in steuerliches Eigenkapital aufgestellten Belastungsvergleich dürfte das Darlehen nicht standhalten. Denn insoweit wären m.E. nicht nur die Rückzahlungsmodalitäten, sondern auch die mit dem Darlehen verknüpften Zinszahlungen einzubeziehen, die die Steuerkraft der Gesellschaft ebenfalls belasten.

101 FG Sachsen v. 9.12.2004 – 2 K 896/04, EFG 2007, 906. 102 Kempermann, HFR 2008, 139 (141), vgl. auch Kirchhof/Söhn/Mellinghoff § 5 Rz. Ca 17. 103 BFH v. 30.11.2010 – I R 100/10, BStBl. II 2012, 332 unter II. 3; zustimmend Lang in Dötsch, KStG, § 8 Abs. 3 KStG, Teil D Rz. 1127. (Anmerkung: Zwischenzeitlich hat sich der I. Senat des BFH im Urteil vom 15.4.2015 – I R 44/14 – von dieser Rechtsprechung distanziert und vertritt nun die Auffassung, dass die mit der Ausbuchung eines aus künftigen Gewinnen zu tilgenden Gesellschafterdarlehens verbundene Vermögensmehrung eine Einlage darstellen kann.)

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Anmerkungen Schlotter: Ist eine Verbindlichkeit so ausgestaltet, dass diese steuerlich als nicht ansatzfähiges Fremdkapital (fehlende gegenwärtige wirtschaftliche Belastung) anzusehen ist, stellt sich die Frage, ob der vereinnahmte Geldbetrag (Emissionserlös) erfolgsneutral zu behandeln ist (ggf. unmittelbar ins Eigenkapital einzustellen ist), oder ob dieser ertragswirksam vereinnahmt wird. Eine gewinnwirksame Behandlung würde m.E. gegen das Realisationsprinzip verstoßen.104 Ein entsprechendes Problem stellt sich aber auch dann, wenn eine ursprünglich passivierbar ausgestaltete Verbindlichkeit inhaltlich so umgestaltet wird, dass nach der Umgestaltung die Kriterien einer gegenwärtigen wirtschaftlichen Belastung nicht mehr gegeben sind. Der I. Senat des BFH105 will hier aufgrund der vorübergehenden Natur zwar den Nichtmehrausweis als Verbindlichkeit gewinnwirksam registrieren, den Einlagecharakter aufgrund der vorübergehenden Natur der Nichtpassivierung aber verneinen. Dies erscheint im Ergebnis nicht überzeugend. Die Auffassung des I. Senat des BFH steht zunächst in Widerspruch zu der Sichtweise des IV. Senates.106 Dieser hat schon vor einiger Zeit entschieden, dass bei Fremdkapital, welches mangels gegenwärtiger Belastung des Vermögens in der Steuerbilanz nicht anzusetzen ist, in Höhe des werthaltigen Teils eine Einlage zu berücksichtigen ist.107 Gerade der vom I. Senat bemühte wirtschaftliche Vergleich mit dem (ebenfalls nur vorübergehenden) Forderungsverzicht gegen Besserungsschein lässt fraglich erscheinen, ob die zivilrechtlichen Unterschiede zwischen Forderungsverzicht gegen Besserungsschein einerseits und dem nichtpassivierungsfähigem Fremdkapital andererseits bezogen auf die Einlage, wirklich ein taugliches Differenzierungskriterium sind. Die wirtschaftliche Betrachtungsweise nivelliert die entsprechenden Unterschiede jedenfalls.108 M.E. ist der Einlagebegriff daher entsprechend zu öffnen.109 Anmerkung: Zwischenzeitlich hat sich der I. Senat des BFH im Urteil vom 15.4.2015 – I R 44/14 – dieser Auffassung angeschlossen und hält insoweit an sei104 So für die Handelsbilanz auch Lüdenbach, StuB 2015, 187; vgl. auch Wendt, StbJb. 2003/2004, 247 (254 f.). 105 BFH v. 30.11.2010 – I R 100/10, BStBl. II 2012, 332. 106 BFH v. 10.11.2005 – IV R 13/04, BStBl. II 2006, 618 (621). 107 So auch BFH v. 10.11.2005 – IV R 13/04, BStBl. II 2006, 618 (621); FG BerlinBrandenburg v. 10.9.2008 – 12 K 8271/05, B, DStRE 2009, 1380; Schmid, FR 2012, 837 (843 f.); Förster, StbJb. 2013/2014, 383; Hoffmann, StuB 2012, 209 (210). 108 Schmid, FR 2012, 837 (843). 109 Höng, Der ertragsteuerliche Sanierungsgewinn beim Debt-Mezzanine-Swap im Lichte des § 8 Abs. 3 S. 2 Hs. 2 KStG, Diss. Münster, 2013, S. 225 zu Genussrechten.

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nen o.g. Ausführungen im Urteil vom 30.11.2010 – I R 100/10 – nicht weiter fest. Auch nach Ansicht des I. Senats des BFH kann somit nunmehr auch die Ausbuchung eines aus künftigen Gewinnen zu tilgenden Gesellschafterdarlehens eine Einlage darstellen. In der Diskussion zeichnet sich ab, ein mangels gegenwärtiger Belastung nicht ansatzfähiges Fremdkapital (BFH I R 100/10, § 5 Abs. 2a EStG) vom „echten“ steuerlichen Eigenkapital (Kriterien des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG, Forderungsverzicht) zu unterscheiden. Das steuerlich nicht ansatzfähige Fremdkapital erscheint insoweit jedoch als Fremdkörper im System, denn die EK-Eigenschaft resultiert allein aus dem Verständnis des EK als Residualgröße, nicht hingegen aus materiellen Eigenkapitalkriterien, wie diese etwa durch den Genussrechtstest vorgegeben werden. Die Friktionen zeigen sich auch bei den Zinsvergütungen. Versteht man die entsprechenden Verbindlichkeiten nur als steuerlich nicht ansetzbares Fremdkapital, ließe sich zumindest begründen, dass Zinszahlungen auf das nicht ansatzfähige Fremdkapital weiterhin als Betriebsausgaben und nicht als vGA einzuordnen sind.110

IV. Aktuelle Diskussionsbeispiele Die Konsequenzen der im Ausgangspunkt unterschiedlichen Sichtweisen lassen sich an den folgenden Beispielsfällen verdeutlichen. 1. Instrumente des zusätzlichen Kernkapitals nach Art. 51 ff. CRR, BMF-Schreiben vom 10.4.2014 (Link) Im Schreiben vom 10.4.2014 an die Spitzenverbände der deutschen Kreditwirtschaft111 hat das BMF zur steuerlichen Behandlung von Schuldverschreibungen Stellung genommen, die die Voraussetzungen für die Zuordnung zum regulatorischen zusätzlichen Kernkapital (Additional Tier 1 capital – AT-1) erfüllen.112 Entsprechend den Vorgaben der Art. 51 ff. der Kapitaladäquanzverordnung113 sehen die Musterbedingungen im Wesentlichen folgende Ausgestaltung vor: – Nachrangigkeit bei Liquidation gegenüber nicht nachrangigen Verbindlichkeiten und den Forderungen nach § 39 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 InsO; Bedienung auch aus dem sonstigen freien Vermögen 110 Neumann, StbJb. 2013/2014, 381 f.; zustimmend Lang in Dötsch, KStG, § 8 Abs. 3 KStG, Teil D Rz. 1128. 111 https://bankenverband.de/media/file/BMF-Schreiben-10-04-2014.pdf. 112 Vgl. hierzu ausführlich Rennings, RdF 2014, 221. 113 Verordnung (EU) Nr. 575/2013 über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen (CRR).

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– unbegrenzte Laufzeit – Kündigung nur durch den Emittenten nach frühestens 5 Jahren – Bei Unterschreiten bestimmter Kapitalgrößen muss der Kapitalbetrag der Instrumente dauerhaft oder vorübergehend wertberichtigt werden (Herabschreibung) oder die Instrumente werden in hartes Kernkapital umgewandelt (Wandlung) – Rückzahlung zum ursprünglichen Nennbetrag; bei Kündigung nach erfolgter Herabschreibung mit Zustimmung der Gläubiger: um Herabschreibung geminderter Nennbetrag – Vergütung: Fester oder variabler (EURIBOR-gebundener) Zins, der unter bestimmten Voraussetzungen reduziert werden oder ganz entfallen kann (Ausschüttungen nur aus ausschüttungsfähigen Posten, Institut kann Ausschüttungen jederzeit nach eigenem Ermessen entfallen lassen). Neben der steuerbilanziellen Behandlung der Schuldverschreibungen beim Emittenten befasst sich das Schreiben auch mit der steuerlichen Behandlung der auf die Schuldverschreibungen gezahlten Vergütungen (Betriebsausgabenabzug, Kapitalertragsteuer). Die Finanzverwaltung vertritt im Schreiben vom 10.4.2014 die Auffassung, dass die Schuldverschreibungen bei der Gewinnermittlung des Emittenten nach § 4 Abs. 1 bzw. § 5 EStG grundsätzlich in Höhe ihres Nennbetrags als Verbindlichkeit zu passivieren sind. Sie weist dabei darauf hin, dass die in diesem Schreiben vertretene Rechtsauffassung ausschließlich für Instrumente gilt, die nach den zugrunde liegenden Musterbedingungen vereinbart worden sind und davon abweichende Vertragsgestaltungen von dem Schreiben nicht erfasst sind. Bei ihrer Entscheidung hat die Finanzverwaltung berücksichtigt, dass der Ausschluss des Inhaberkündigungsrechts in den Musterbedingungen Voraussetzung für eine Anerkennung der Instrumente als zusätzliches Kernkapital nach der Kapitaladäquanzrichtlinie114 ist. Anmerkungen Link: Die in diesem Beitrag weiter oben aufgeworfenen Fragen zum Verhältnis der handelsbilanziellen und steuerbilanziellen Zuordnung hybrider Finanzinstrumente werden in dem Schreiben des BMF an die Bankenverbände nicht explizit angesprochen. Bei entsprechender Anlegung der IDW-Kriterien dürfte die Schuldverschreibung, die im Vergleich zu einem idealtypischen Darlehen diverse erfolgsabhängige Elemente enthält und damit zumindest stark einem Genussrecht angenähert ist, aller-

114 Vgl. Art. 52 (1) (h) bis (j) der CRR.

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dings auch handelsrechtlich nicht als Eigenkapital, sondern als zu passivierende Verbindlichkeit zu qualifizieren sein. Zwar hat der Inhaber der Schuldverschreibung nach den Musterbedingungen weder einen rechtlich erzwingbaren Anspruch auf Zahlung einer Vergütung, noch auf Rückzahlung des überlassenen Kapitals vor der Liquidation des Emittenten. Die Musterbedingungen sind jedoch so ausgestaltet, dass die Zahlung einer Vergütung oder die Rückzahlung der Schuldverschreibung grundsätzlich auch aus besonders gegen Ausschüttungen geschützten Eigenkapitalbestandteilen möglich ist. Dies allein schließt nach IDWHFA 1/1994 unter 2.1.1. bereits eine Zuordnung zum Eigenkapital aus, selbst wenn die Zahlung – wie im Fall der Musterbedingungen – allein im Ermessen des Emittenten liegt. Die Voraussetzungen für eine mögliche Umqualifizierung in steuerliches Eigenkapital unter Anwendung der Grundsätze des BMF-Schreibens vom 8.12.1986 zu § 8 Abs. 3 Satz 2, Halbs. 2 KStG (Recht auf Beteiligung am Gewinn und am Liquidationserlös) sind nach Auffassung der Finanzverwaltung ebenfalls nicht erfüllt.115 Für die Frage, ob die Schuldverschreibung (auch steuerlich) als Verbindlichkeit zu passivieren ist, obwohl die Rückzahlung vor Liquidation im Ermessen des Emittenten steht und vom Gläubiger nicht verlangt werden kann, kommt es auf das bereits oben dargestellte und von der Finanzverwaltung vorliegend grundsätzlich116 bejahte Kriterium der wirtschaftlichen Belastung117 am Bilanzstichtag an. Da die Schuldverschreibung im Fall der Kündigung unabhängig von künftigen Einnahmen oder Gewinnen zum (ggf. herabgeschriebenen) Nennwert zurückzuzahlen ist, ergibt sich ein Passivierungsverbot auch nicht aus § 5 Abs. 2a EStG. Daraus folgt, dass die auf die Schuldverschreibung gezahlten Vergütungen im Rahmen der allgemeinen Regelungen (z.B. Zinsschranke) als Betriebsausgaben abziehbar sind und je nachdem, welche Folge die Bedingungen für den Fall eines Auslöseereignisses vorsehen, dem Kapitalertragsteuerabzug nach § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 EStG (Herabschreibung)

115 Vgl. hierzu Rennings, RdF 2014, 221 (223 m.w.N.), wonach sich eine Beteiligung am Gewinn trotz des vereinbarten Festzinses zwar begründen ließe, aufgrund der unterstellten wirtschaftlichen Belastung jedenfalls eine Beteiligung am Liquidationserlös aber zu verneinen sei. 116 Eine wirtschaftliche Belastung und damit ein Passivierungsverbot ist nach dem Schreiben des BMF v. 10.4.2014 allerdings dann nicht anzunehmen, wenn nach den Verhältnissen am Bilanzstichtag konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass eine Rückzahlung nicht wahrscheinlich ist. 117 Rennings, RdF 2014, 221 (224), weist u.a. auf ein Vertrauen des Markts auf Rückzahlung nach Ablauf der fünfjährigen Kündigungssperre hin.

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oder nach § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 und 4 EStG (Wandlung) unterliegen. Anmerkungen Schlotter: Das BMF-Schreiben ist m.E. insoweit von besonderem Interesse, als die Finanzverwaltung für eine regulierte Branche zum Problem der steuerbilanziellen Behandlung spezieller hybrider Anleihen Stellung genommen hat. Es entspricht den aufsichtsrechtlichen Vorgaben, dass das Kündigungsrecht des Forderungsinhabers ausgeschlossen ist, dieser demnach keinen rechtlich durchsetzbaren Rückzahlungsanspruch vor Liquidation hat. Die Finanzverwaltung nimmt diesen Umstand (m.E. zutreffend) nicht zum Anlass, unter Berufung auf die Grundsätze des BFH-Urteils vom 30.11.2011 an der wirtschaftlichen Belastung zum Bilanzstichtag zu zweifeln. Obwohl die Rückzahlung vor Liquidation im Ermessen des Emittenten steht, wird hier eine wirtschaftliche Belastung auf den wirtschaftlichen Zwang gestützt, die aus der Erwartung des Kapitalmarktes resultiert, dass die entsprechenden Schuldverschreibungen vom Emittenten nach Ablauf der Kündigungssperre gekündigt werden.118 Dieses Ergebnis entspricht sicherlich der wirtschaftlichen Betrachtungsweise. Bemerkenswert ist weiterhin, dass die Finanzverwaltung auch die Voraussetzungen des § 8 Abs. 3 Satz 2, Halbs. 2 KStG verneint.119 Insbesondere am Merkmal Beteiligung am Liquidationserlös gem. § 8 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 KStG hätte man aus Sicht der Finanzverwaltung zweifeln können, jedenfalls wenn man wie diese (m.E. unzutreffend) die Beteiligung am Liquidationserlös schon dann als gegeben sieht, wenn der Rückzahlungsanspruch wirtschaftlich keine Bedeutung hat (nach BMF120 bei Laufzeiten über 30 Jahre). Aber auch hier wird der beschriebene Zwang dann wiederum dazu führen müssen, die wirtschaftliche Bedeutung des Rückzahlungsanspruchs schon jetzt anzuerkennen.121 Verlangt man mit der ganz h.M.122 für die Beteiligung am Liquidationserlös eine Beteiligung an den stillen Reserven, könnte eine Beteiligung am Liquidationserlös ohnehin nicht angenommen werden, da noch nicht einmal eine Rückzahlung zum Nennwert trotz Verlustbeteiligung vorgesehen ist.123 118 Rennings, RdF 2014, 221 (224). 119 Vgl. zum Genussrechtstest im Kontext der CRD IV auch Behnes/Helios, RdF 2012, 25 (29). 120 BMF v. 8.12.1986, BB 1987, 667. 121 Rennings, RdF 2014, 221 (225 f.). 122 Vgl. nur BFH v. 14.6.2004 – VIII R 73/03, BStBl. II 2005, 761; Haisch/Helios in Haisch/Helios, Rechtshandbuch Finanzinstrumente 2011, § 4 Rz. 125. 123 Behnes/Helios, RdF 2012, 25 (29).

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2. Hybridanleihen (Ewige Anleihen, Perpetuals) (Schlotter) Hybridanleihen124 sind nicht nur im Bereich regulierter Branchen ein in Deutschland zwischenzeitlich weit verbreitetes Instrument der Unternehmensfinanzierung.125 Hybridanleihen werden regelmäßig so ausgestaltet, um für Ratingzwecke126 oder mit Blick auf IFRS 32 (IFRSkonforme ewige Anleihen)127 die Eigenkapitalquote zu steigern. Unter ewigen Anleihen oder Perpetuals werden Schuldtitel ohne Laufzeitbegrenzung verstanden (formell keine Endfälligkeit); daneben werden zu den Hybridanleihen auch Anleihen mit zwar begrenzter, aber sehr langer Laufzeit gezählt. Die Ausgestaltung von Hybridanleihen variiert im Einzelnen, jedoch lassen sich mit Blick auf die genannten Motive der Ausgabe von Hybridanleihen zentrale Strukturmerkmale festhalten.128 Die entsprechenden Instrumente sind regelmäßig nachrangig ausgestaltet, d.h. im Insolvenz- oder Liquidationsfall besteht ein Rückzahlungsanspruch erst nach Befriedigung der anderen Fremdkapitalgläubiger. Eine Kündigung ist nur durch den Emittenten vorgesehen. Nach Kündigung durch den Schuldner ist die Anleihe zum Nennwert durch den Emittenten zurückzuzahlen. Um einen Anreiz für eine Kündigung zu setzen, ist zunächst ein Festzins vereinbart, der nach Ablauf einer bestimmten Zeit (ca. 7–10 Jahre) in eine variable Vergütung übergeht („Step-up“: Referenzzins (etwa EURIBOR) zzgl. Zinsaufschlag).129 Der Emittent hat zu diesem Zeitpunkt das Recht, die Anleihe zu kündigen.130 Auch hinsichtlich der Zinszahlungen bestehen diverse Ausgestaltungsmöglichkeiten. So können die Anleihebedingungen vorsehen, das Zinszahlungen vom Schuldner nach seinem Ermessen vorübergehend herab-

124 Bei Verbriefung „Hybridanleihe“, sonst Hybriddarlehen oder „Perpetual Loan“; vgl. zu zivilrechtlichen und gesellschaftsrechtlichen Fragen etwa Thomas, ZHR 171 (2007), 684 ff.; Müller-Eising/Bode, BKR 2006, 480; zu Hybriden Anleihen vgl. auch Haisch in Haisch/Helios, Rechtshandbuch Finanzinstrumente 2011, § 1 Rz. 109 f. 125 Vgl. nur Bünning, BB 2014, 2667. 126 Häuselmann, BB 2007, 931; Vater, FB 2006, 44 (51). 127 Vgl. dazu etwa Goertz, Die aktien- und steuerrechtliche Qualifikation von Hybrid-Anleihen – oder der Genussrechtstest, 2008, S. 265 ff. 128 Vgl. hierzu Goertz, Die aktien- und steuerrechtliche Qualifikation von Hybrid-Anleihen – oder der Genussrechtstest, 2008, S. 73 ff. 129 Briesemeister, Hybride Finanzinstrumente im Ertragsteuerrecht, 2006, S. 148; Häuselmann, BB 2007, 931 (932). 130 Vgl. Goertz, Die aktien- und steuerrechtliche Qualifikation von Hybrid-Anleihen – oder der Genussrechtstest, 2008, S. 87.

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oder ausgesetzt werden können (sog. Interest Deferral Option131).132 Die Zahlungen sind in diesen Fällen jedoch üblicherweise später (etwa im Fall der Kündigung der Anleihe) nachzuholen („kumulative Ausgestaltung“). Teilweise sind in den Anleihebedingungen aber auch (regelmäßig an die Geschäftsentwicklung des Unternehmens geknüpfte) Bedingungen definiert, unter denen die Zinszahlung zwingend aufgeschoben wird (Mandatory Interest Deferral)133 oder (regelmäßig geknüpft an ein Cashflow-Ereignis) ganz entfällt (non-kumulative Ausgestaltung).134 Im Fall eines zwingenden Aufschubs der Zinszahlungen ist häufig eine ersatzweise Befriedigungsmöglichkeit mittels eines alternativen Kuponzahlungsmechanismus (Alternative Coupon Satisfaction Mechanism) vorgesehen.135 Die Finanzverwaltung hat sich – abgesehen vom Schreiben des BMF vom 10.4.2014 an die Bankenverbände – bislang noch nicht offiziell zur steuerbilanziellen Einordnung von Hybridanleihen geäußert. Erst in jüngerer Zeit sind Hybridanleihen – offenbar unter dem Eindruck des BFHUrteils vom 30.11.2011 – I R 100/10 – erneut in den Fokus der Diskussion geraten. Dies m.E. jedoch zu Unrecht. M.E. ist die Hybridanleihe handels- und steuerbilanziell als Verbindlichkeit einzuordnen. Dem kann zunächst nicht entgegengehalten werden, dass es bei Hybridanleihen an der Erzwingbarkeit durch den Gläubiger fehlen würde.136 Auch Hybridanleihen sind (spätestens im Fall der Liquidation) zurückzuzahlen. Selbst wenn man diesen Gesichtspunkt außer Acht lässt, ist anerkannt, dass rein faktische Leistungsverpflichtungen im going concern auch ohne Einklagbarkeit durch den Gläubiger wirtschaftliche Lasten begründen, wenn eine tatsächliche Inanspruchnahme nach Grund und Höhe bei Anwendung kaufmännischer Sorgfalt als sicher anzusehen ist und ein ordentlicher Kaufmann sich dieser Inanspruchnahme aus sittlichen oder wirtschaftlichen Gründen aufgrund der Umstände mit Sicherheit nicht entziehen wird.137 Bei Hybridanleihen erwartet der Markt, dass der Schuldner im Zeitpunkt des Zins-Step131 Häuselmann, BB 2007, 931 (932). 132 Eine Pflicht zur Zinszahlung besteht jedoch häufig dann, wenn eine Dividende gezahlt oder eigene Aktien zurückgekauft werden, vgl. Vater, FB 2006, 44 (47); Goertz, Die aktien- und steuerrechtliche Qualifikation von Hybrid-Anleihen – oder der Genussrechtstest, 2008, S. 91. 133 Goertz, Die aktien- und steuerrechtliche Qualifikation von Hybrid-Anleihen – oder der Genussrechtstest, 2008, S. 92 f.; Sester, ZBB 2006, 443 (452). 134 Vater, FB 2006, 44 (47). 135 Goertz, Die aktien- und steuerrechtliche Qualifikation von Hybrid-Anleihen – oder der Genussrechtstest, 2008, S. 92 f.; Sester, ZBB 2006, 443 (452). 136 So für die Handelsbilanz jedoch Lüdenbach, StuB 2015, 187. 137 Vgl. nur Krumm in Blümich, EStG, § 5 Rz. 756.

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Up von seinem Kündigungsrecht Gebrauch macht.138 Hybridanleihen haben daher eine faktische Laufzeit. Am Merkmal der Erzwingbarkeit sollte es daher nicht fehlen.139 Ferner liegt auch eine wirtschaftliche Belastung am Bilanzstichtag vor. Zwar könnte man mit Blick auf die fehlende Kündbarkeit durch den Gläubiger und den Umstand, dass die Schuld (bei unterlassener Kündigung durch den Schuldner) erst im Liquidationszeitpunkt zurückzuzahlen ist, überlegen, ob nicht entsprechend der Grundsätze des BFH-Urteils vom 30.11.2011 – I R 100/10 eine wirtschaftliche Belastung im going concern nicht vorliegt. Auch dies ist jedoch zu verneinen. Wie oben beschrieben, ist bereits die Grundthese des BFH, dass eine Rückzahlungspflicht im Rahmen der Liquidation im going concern nicht als wirtschaftliche Belastung zu beachten ist, höchst fraglich. Auch diese Frage kann m.E. jedoch letztlich dahinstehen, denn auch im Rahmen der Beurteilung der wirtschaftlichen Belastung ist wiederum zu berücksichtigen, dass der Kapitalmarkt im Zuge des Zins-Step-Up eine Kündigung durch den Emittenten erwartet.140 Die vorstehenden Ausführungen gelten erst recht für Anleihen mit einer sehr langen Laufzeit (von etwa 30 Jahren oder 60 Jahren). Wie oben bereits ausgeführt, wäre es m.E. verfehlt, die These des BFH zur fehlenden wirtschaftlichen Belastung zu verallgemeinern und auf erst in ferner Zukunft liegende Rückzahlungsverpflichtungen vor Liquidation bilanzrechtlich auszudehnen.141 Handelsrechtlich sind Hybridanleihen auch nicht nach den Kriterien des IDW HFA 1/1994 als Eigenkapital anzusehen. Es fehlt an der Verlustteilnahme und m.E. auch an der Erfolgsabhängigkeit.142 Die von der OFD-Rheinland aufgeworfene Frage der Maßgeblichkeit kann daher insoweit dahinstehen. Weiterhin greift aber auch nicht das Passivierungsverbot des § 5 Abs. 2a EStG ein, da die Schuld auch aus dem freien Vermögen zu tilgen ist, der

138 Haisch/Helios in Haisch/Helios, Rechtshandbuch Finanzinstrumente 2011, § 2 Rz. 188; Häuselmann, BB 2007, 931 (933); Sester, ZBB 2006, 443 (459); Bünning, BB 2015, 2667 (2668). 139 Bünning, BB 2015, 2667 (2668). 140 So auch Brüning, BB 2015, 2667 (2668); vgl. für AT1 – Instrumente auch Rennings, RdF 2014, 221 (224). 141 Auch die Gleichstellung des Liquidationserlöses mit einer sehr langen Laufzeit von 30 Jahren im BMF, Schreiben vom BMF v. 8.12.1986, BB 1987, 667 rechtfertigt keine Gleichstellung. 142 Vgl. dazu Goertz, Die aktien- und steuerrechtliche Qualifikation von Hybrid-Anleihen – oder der Genussrechtstest, 2008, S. 161 ff.; Bünning, BB 2015, 2667 (2670); Haisch/Helios in Haisch/Helios, Rechtshandbuch Finanzinstrumente 2011, § 2 Rz. 188.

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Schuldner daher gegenwärtig belastet ist.143 Eine Belastung nur künftigen Vermögens ist daher nicht zu erkennen. Auch die Anwendung der Grundsätze des § 8 Abs. 3 Satz 2, 2. HS. KStG rechtfertigt keine steuerbilanzielle Einordnung als Eigenkapital.144 Es fehlt bereits an einer Beteiligung am Gewinn, da zunächst ein Festzins und danach ein variabler Zins vorgesehen ist, der nicht gewinnabhängig ist.145 Allein die (vorübergehende) Aussetzung der Zinszahlung nach freiem Ermessen führt nur zu einer Stundung und nicht zu einer Gewinnbeteiligung und zwar auch dann nicht, wenn die Aussetzungsoption im Fall der Dividendenzahlung nicht ausgeübt werden kann.146 Zwingende Vergütungsausfälle sind regelmäßig nur an ein Cash-Flow-Ereignis gekoppelt. Weiterhin fehlt es zudem auch an einer Beteiligung am Liquidationserlös.147 Die vorstehenden Überlegungen zu den AT1-Instrumenten gelten hier entsprechend. Selbst bei der von der Finanzverwaltung vertretenen weiten Auslegung des Merkmals der Beteiligung am Liquidationserlös führt die formal unendliche Laufzeit nicht zu einer wirtschaftlichen Bedeutungslosigkeit.148 Anmerkungen Link: Die Finanzverwaltung hat sich bislang nur punktuell im Schreiben des BMF an die Bankenverbände vom 10.4.2014 zur steuerlichen Behandlung von Hybridanleihen geäußert und will die darin vertretene Rechtsauffassung ausdrücklich auch nur für Instrumente verstanden wissen, die gemäß der dem Schreiben zugrunde liegenden speziellen Musterbedingungen vereinbart worden sind. Gleichwohl werden sich einzelne Grundannahmen des Schreibens auch auf vergleichbare Hybridanleihen übertragen lassen. Anleihen mit festem Zins und unbegrenzter Laufzeit, die zwar dem Emittenten, nicht aber dem Inhaber ein Kündigungsrecht 143 Haisch/Helios in Haisch/Helios, Rechtshandbuch Finanzinstrumente 2011, § 4 Rz. 38; Häuselmann, BB 2007, 931 (933); Bünning, BB 2015, 2667 (2671). 144 Vgl. dazu Goertz, Die aktien- und steuerrechtliche Qualifikation von Hybrid-Anleihen – oder der Genussrechtstest, 2008, S. 181 ff.; Bünning, BB 2015, 2667 (2671); Häuselmann, BB 2007, 931 (933 f.). 145 Vgl. Häuselmann, BB 2007, 931 (934); Bünning, BB 2015, 2667 (2671). 146 Goertz, Die aktien- und steuerrechtliche Qualifikation von Hybrid-Anleihen – oder der Genussrechtstest, 2008, S. 187; Haisch/Helios in Haisch/Helios, Rechtshandbuch Finanzinstrumente 2011, § 2 Rz. 188. 147 Häuselmann, BB 2007, 931 (935); Bünning, BB 2015, 2667 (2671); Goertz, Die aktien- und steuerrechtliche Qualifikation von Hybrid-Anleihen – oder der Genussrechtstest, 2008, S. 191 f.; Wagner, Der Konzern 2005, 499 (504). 148 Goertz, Die aktien- und steuerrechtliche Qualifikation von Hybrid-Anleihen – oder der Genussrechtstest, 2008, S. 191; Briesemeister, Hybride Finanzinstrumente im Ertragsteuerrecht, 2006, S. 148 f.

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einräumen, können somit trotz fehlender rechtlicher Verpflichtung zur Rückzahlung vor Liquidation als Verbindlichkeit zu passivieren sein. Entsprechend den Ausführungen unter IV. 1. ist dafür allerdings angesichts des fehlenden durchsetzbaren Rückzahlungsanspruchs des Inhabers auch hier Voraussetzung, dass zum Bilanzstichtag jedenfalls ein faktischer (wirtschaftlicher) Zwang zu einer Rückzahlung vor Liquidation besteht und das Vermögen des Emittenten damit bereits am Bilanzstichtag belastet ist. Die Finanzverwaltung hat im Fall der AT1-Instrumente eine wirtschaftliche Belastung bejaht, weil sie davon ausgegangen ist, dass die Bank von dem ihr eingeräumten Kündigungsrecht auch tatsächlich Gebrauch machen wird, wenn und soweit ihr dies nach kaufmännischen Erwägungen möglich ist.149 Dabei hat sie auch berücksichtigt, dass eine Zuordnung der Anleihen zum aufsichtsrechtlichen zusätzlichen Kernkapital zwingend den Ausschluss des Inhaberkündigungsrechts voraussetzt. Derartige regulatorische Beweggründe für den Ausschluss des Inhaberkündigungsrechts können Unternehmen außerhalb des Banken- und Versicherungssektors zwar regelmäßig nicht für sich in Anspruch nehmen. Insbesondere bei am Kapitalmarkt teilnehmenden Emittenten könnte allerdings die mit dem Ausschluss des Investorenkündigungsrechts verbundene verbesserte Ratingsituation und somit günstigere Möglichkeit der Kapitalbeschaffung als hinreichende Begründung dafür herangezogen werden, dass allein der Ausschluss des Inhaberkündigungsrechts der Annahme einer wirtschaftlichen Belastung am Bilanzstichtag noch nicht entgegen steht. Auch die auf eine vorzeitige Rückzahlung gerichtete Markterwartung dürfte jedenfalls bei sich am Kapitalmarkt finanzierenden Emittenten nicht wesentlich anders zu beurteilen sein, als im Fall der AT1-Instrumente. Treten besondere Umstände ein, die Einfluss auf die Bewertung der „Zwangslage“ haben können, etwa wenn der Emittent von dem ihm eingeräumten Kündigungsrecht keinen Gebrauch macht, wird im Einzelfall zu prüfen sein, ob ein faktischer Zwang zur Rückzahlung vor Liquidation und damit die wirtschaftliche Belastung noch immer zu bejahen ist. Besondere Skepsis ist m.E. insbesondere dann geboten, wenn neben dem Ausschluss des Kündigungsrechts auch die Zinszahlungen ins Ermessen des Emittenten gestellt sind oder aufgrund anderer Umstände ausgesetzt werden können. Eine solche Klausel ist zwar auch in den Musterbedingungen des Bundesverbandes deutscher Banken vorgesehen, da auch dies von der Kapitaladäquanzrichtlinie150 für AT1-Instrumente vorgegeben ist. Unterliegt ein Emittent allerdings nicht den 149 Rennings, RdF 2014, 221 (224). 150 Vgl. Art. 52 (1) (l) (iii) der CRR.

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Vorgaben der Kapitaladäquanzrichtlinie oder einer vergleichbaren Regelung, dürfte eine Passivierung als Verbindlichkeit wohl regelmäßig mangels wirtschaftlicher Belastung zu verneinen sein. Denn wenn ein Gläubiger ohne triftigen Grund eine solche Klausel akzeptiert und sich damit bewusst in eine für ihn derart ungünstige und auch nicht als branchenüblich anzusehende Lage begibt, wird die Markterwartung – sofern es eine solche überhaupt geben sollte – jedenfalls mit anderen Augen als im Fall der AT1-Instrumente zu beurteilen und die Grenze zum faktischen Leistungszwang in diesem Fall wohl noch nicht überschritten sein. Je nachdem, ob die Zinszahlungsklausel gewinnabhängige Elemente enthält oder nicht, hätte die Verneinung des faktischen Zwangs damit m.E. folgende steuerbilanzielle Konsequenz: Enthält die Zinszahlungsklausel gewinnabhängige Elemente, dürften die Voraussetzungen des BMF-Schreibens vom 8.12.1986 (Beteiligung am Gewinn und Liquidationserlös) erfüllt und somit Eigenkapital anzunehmen sein. Ist eine Beteiligung am Gewinn zu verneinen, würde es sich – im Einklang mit der Auffassung der OFD Rheinland – steuerlich um Eigenkapital handeln, wenn aufgrund der vertraglichen Ausgestaltung auch handelsrechtlich Eigenkapital anzunehmen ist, anderenfalls um nicht zu passivierendes Fremdkapital. 3. Rangrücktrittsvereinbarungen – FG Niedersachsen vom 12.6.2014 – 6 K 324/12 (Rev. BFH I R 44/14) (Link/Schlotter) Im Zuge des BFH-Urteils vom 30.11.2011 – I R 100/10 wurde auch die Diskussion um die steuerlichen Folgen von Rangrücktrittsvereinbarungen neu belebt. In Kürze erhält der I. Senat des BFH die Gelegenheit, seine Rechtsprechung in diesem Bereich fortzuentwickeln und zu präzisieren. Anlass ist ein Urteil des FG Niedersachsen151, das über einen Fall zu entscheiden hatte, bei dem eine GmbH und die Darlehensgeberin einen (einfachen)152 Rangrücktritt mit einer Besserungsabrede dergestalt 151 FG Niedersachsen v. 12.6.2014 – 6 K 324/12, EFG 2014, 1601. 152 Der für einen qualifizierten Rangrucktritt (vor MoMiG) erforderliche Hinweis (vgl. BGH v. 8.1.2001 – II ZR 88/99), dass der Darlehensgeber das Darlehen bis zur Abwendung der Krise zeitlich erst zusammen und gleichrangig mit den Einlagerückgewähransprüchen der Mitgesellschafter zurückerhalten kann, fehlte. Das BMF (v. 8.9.2006, BStBl. I 2006, 497) geht für derartige qualifizierte Rangrücktritte bislang davon aus, dass diese generell nicht unter § 5 Abs. 2a EStG fallen (vgl. auch Lang in Dötsch u.a. KStG, § 8 Abs. 3 Teil D Rz. 1127). Der I. Senat des BFH (v. 30.11.2011 – I R 100/10) will indes auch bei einem qualifizierten Rangrücktritt (vor MoMiG) die Besserungsabrede an den Voraussetzungen des § 5 Abs. 2a EStG messen (so auch Neumann, StbJb. 2013/2014, 379). Nach MoMiG bedarf es eines Rangrücktritts nach § 19 Abs. 2 Satz 2 InsO.

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versehen hatten, dass die Darlehensgeberin Tilgung und Verzinsung des Darlehens nur aus einem künftigen Bilanzgewinn (also im Unterschied zum Fall I R 100/10 nicht nur aus einem künftigen Jahresüberschuss) oder aus einem etwaigen Liquidationsüberschuss verlangen konnte. Das Finanzamt sah die entsprechende Verbindlichkeit mit Blick auf § 5 Abs. 2a EStG als nicht passivierungsfähig an. Das Finanzamt hatte u.a. geltend gemacht, dass die GmbH im Zeitpunkt der Rangrücktrittsvereinbarung über kein (freies) Vermögen mehr verfüge, das diese in die Lage versetze, die Schuld zu tilgen. Das entsprechende zur Tilgung geeignete Vermögen könne daher nur aus künftigen Einlagen oder Gewinnen geschaffen werden. Offenbar sieht das Finanzamt damit implizit eine künftige Einlage als Einnahme i.S.d. § 5 Abs. 2a EStG an. Das FG Niedersachsen ist dieser Sichtweise mit Urteil vom 12.6.2014 unter Betonung der Unterschiede zwischen den Begriffen künftiger Jahresüberschuss und künftiger Bilanzgewinn entgegengetreten153 und hat die Anwendung des § 5 Abs. 2a EStG verneint, ohne sich allerdings näher mit dem Tatbestandsmerkmal „Einnahme“ und der abweichenden Auffassung in Rechtsprechung und Literatur154 auseinanderzusetzen. Das FG weist unter Verweis auf § 158 Abs. 1 AktG lediglich darauf hin, dass der handelsrechtliche Begriff des Bilanzgewinns weiter gefasst ist als der Begriff des Jahresüberschusses oder Gewinns. Entnahmen aus der Kapitalrücklage könnten auch in Jahren ohne Jahresüberschuss zu einem Bilanzgewinn führen, der die Gläubigerin berechtigt, hieraus Erfüllung zu verlangen. Der Begriff des freien Vermögens (als das die sonstigen Verbindlichkeiten des Schuldners übersteigende Vermögen) sei in der Gliederung der Handelsbilanz als Position nicht gesondert vorgesehen und spiegele sich daher im Eigenkapital (genauer in den Positionen gezeichnetes Kapital, Kapital- bzw. Gewinnrücklage, Gewinnvortrag und Jahresüberschuss) wider. Diese Positionen lassen sich jedoch in den Bilanzgewinn überführen. Freies Vermögen könne bilanztechnisch nicht nur durch künftige Jahresüberschüsse, sondern auch durch Gesellschaftereinlagen entstehen.155 Der Umstand, dass am Bilanzstichtag kein freies Vermögen vorhanden war, sei unbeachtlich. Anmerkungen Schlotter: Dass zunehmend Rangrücktrittserklärungen Gegenstand steuerlicher Streitigkeiten werden, ist durchaus mit Sorge zu betrachten, denn dieser 153 Zustimmend Hahne, BB 2014, 1904; vgl. dazu auch Fink, EFG 2014, 1604. 154 FG Sachsen v. 9.12.2004 – 2 K 896/04, EFG 2007, 906 – vgl. hierzu oben unter C. III. 2.; Krumm in Blümich, EStG, § 5 Rz. 762 und 762b. 155 FG Niedersachsen v. 12.6.2014 – 6 K 324/12, EFG 2014, 1601 unter Hinweis auch Altendorf, GmbH-StB 2012, 147 (149) und Hoffmann, StuB 2012, 209 (210).

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sensible Bereich des Sanierungsrechts verträgt keine Rechtsunsicherheit.156 M.E. gibt der Streitfall die Gelegenheit Folgendes herauszustellen. Soweit eine Rangrücktrittserklärungen für den Insolvenzfall vereinbart und nicht mit einer Besserungsabrede versehen ist, stellt sich m.E. das Problem des Passivierungsverbotes des § 5 Abs. 2a EStG nicht, denn eine derartige Verbindlichkeit belastet wirtschaftlich (m.E. auch ohne weitere Vereinbarungen zum freien Vermögen)157 nicht nur zukünftiges Vermögen, sondern das gegenwärtige Stichtagsvermögen des Kaufmanns. Eine wirtschaftliche Belastungswirkung am Bilanzstichtag besteht sowohl für den Zeitraum bis zur Insolvenzeröffnung (und zwar auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass nach der Rechtsprechung des BGH158 unter bestimmten Voraussetzungen vor Insolvenzeröffnung eine Auszahlungssperre besteht)159, als auch für die Zeit nach Insolvenzeröffnung.160 Ob im Rahmen des jeweiligen Stichtagsvermögens Mittel vorhanden sind, die für die Tilgung der Schuld eingesetzt werden können und dürfen, oder diese durch Einlagen oder künftige Gewinne für eine künftige Tilgung erst geschaffen werden müssen, ist für die Frage der Beurteilung der Belastung des gegenwärtigen Stichtagsvermögens irrelevant (s. oben). Nur wenn eine Besserungsabrede aufgenommen wurde, ist m.E. § 5 Abs. 2a EStG von Bedeutung, denn dann besteht die Gefahr einer schädlichen Abhängigkeit zwischen Verbindlichkeit und tatbestandsmäßigem Zukunftsvermögen. Insoweit ist sicherlich zu bedauern, dass der BFH die Möglichkeit der Tilgung aus einem künftigen Liquidationsüberschuss im going concern als keinen Umstand ansieht, der zu einer gegenwärtigen Belastung führen kann (s. oben). Akzeptiert man dies, stellt

156 Vgl. auch K. Schmidt, DB 2015, 600 ff.; K. Schmidt, FS Frotscher, 2013, S. 535 ff. 157 Neumann, StbJb. 2013/2014, 380. 158 BGH v. 5.3.2015 – IX ZR 133/14. Der BGH definiert daher gesellschaftsrechtlich ein gebundenes Vermögen, aus dem eine Zahlung auf die Verbindlichkeit nicht erfolgen darf. Dies ist der Fall, wenn die Gesellschaft durch die Zahlung zahlungsunfähig oder überschuldet wird. Als freies Vermögen wird damit das Vermögen definiert, für das eine entsprechende Bindung nicht besteht; instruktiv Kahlert, DStR 2015, 734 (735). 159 Auch wenn eine vertragliche Rückzahlungssperre besteht, ist zu passivieren, vgl. für eine kapitalersetzende Verbindlichkeit, die analog § 30 GmbHG nicht zurückgezahlt werden durfte BFH v. 6.11.2007 – I B 50/07, BFH/NV 2008, 616. 160 Zutreffend Kahlert, DStR 2015, 734 (736); vgl. auch Kahlert, DStR 2014, 1906 ff. Die Forderung hat zunächst auch in der Insolvenz rechtlichen Bestand und ist im Rahmen der Verteilung der Insolvenzmasse zu tilgen. Erst die Restschuldbefreiung bewirkt eine Veränderung.

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sich die Frage, wie die konkrete Formulierung im Übrigen ausgestaltet sein muss, um eine abstrakte gegenwärtige Belastung des Stichtagsvermögens durch die Verbindlichkeit nicht zu riskieren. Von besonderer Bedeutung ist insoweit die Betonung der Möglichkeit der Tilgung aus freiem Vermögen. Damit soll zum Ausdruck kommen, dass nicht nur erst zukünftig entstehendes Vermögen, sondern bereits gegenwärtig vorhandenes Stichtagsvermögen durch die Verbindlichkeit belastet ist.161 Der Terminus „freies Vermögen“ ist vor diesem Hintergrund missverständlich. Welches Vermögen im Rahmen einer Besserungsabrede zur Tilgung eingesetzt werden darf, ist dabei im Rahmen der Auslegung der konkreten Besserungsabrede zu ermitteln. Zumindest nach der Auffassung des I. Senates soll bei einer ausdrücklichen Umschreibung des Vermögens, welches zur Rückzahlung einzusetzen ist, eine zusätzliche Möglichkeit der Tilgung auch aus freiem Vermögen nicht im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung in die Besserungsabrede hineingelesen werden können, wenn die zu beurteilende Besserungsabrede einen entsprechenden Hinweis nicht enthält.162 Bezogen auf den Streitfall des FG Niedersachsen sprechen daher gewichtige Gründe für die Auffassung des FG, denn wenn das vorhandene Vermögen über den Bilanzgewinn einer Tilgung grundsätzlich zugeführt werden kann, ist dieses zumindest abstrakt belastet. Ob derartiges Vermögen am konkreten Stichtag vorhanden ist, sollte dann aber genauso irrelevant sein, wie in dem Fall, in dem eine Tilgungsmöglichkeit auch aus freiem Vermögen vereinbart ist, entsprechendes freies Vermögen am Bilanzstichtag aber faktisch nicht existiert. Es erscheint daher nicht überzeugend, wenn im Streitfall mit Blick auf den Einzelfall (aufgrund eines bestehenden Verlustvortrages und des Fehlbetrages) betont wird, dass sich auch im Fall der Auflösung der Kapitalrücklage kein Bilanzgewinn einstellen kann, dieser mithin nur aus zukünftigem Vermögen gebildet werden kann.163 Selbst wenn man dem nicht folgt, könnte m.E. § 5 Abs. 2a EStG auch deshalb nicht zur Anwendung kommen, weil künftige Einlagen nach richtigem Verständnis weder als künftige Einnahmen noch als künftige Gewinne i.S.d. § 5 Abs. 2a EStG angesehen werden können. Der Begriff der Einnahmen umfasst keine Einlagen.164

161 Der Begriff des freien Vermögens im Gesellschaftsrecht (als die nicht unter die Auszahlungssperre fallenden Mittel) und im Steuerrecht hat daher eine unterschiedliche Funktion; zutreffend Kahlert, DStR 2015, 234 (237). 162 BFH v. 30.11.2011 – I R 100/10, BStBl. II 2012, 332. 163 So aber jetzt BFH v. 15.4.2015 – I R 44/14. 164 Vgl. die Begründung von Kempermann, HFR 2008, 139, 141.

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Anmerkung: Der BFH165 ist dieser Sichtweise in der zwischenzeitlich vorliegenden Revisionsentscheidung bedauerlicherweise nicht gefolgt. Der BFH geht unter Hinweis auf den Wortlaut und den Sinn und Zweck der Regelung (Passivierungsverbot bei fehlender gegenwärtiger wirtschaftlicher Belastung) davon aus, dass die Möglichkeit künftiger Einlagen (als zukünftiges Vermögen) einer Anwendung des § 5 Abs. 2a EStG nicht entgegensteht, wenn die Rückzahlung des Darlehens für den Fall eines künftigen Bilanzgewinns vereinbart wurde.

165 BFH v. 15.4.2015 – I R 44/14.

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Aktuelle Fälle des Bilanzsteuerrechts Professor Dr. Ulrich Prinz Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Köln Inhaltsübersicht I. Neuer Teilwerterlass vom 16.7.2014 1. Grundaussagen im BMFSchreiben 2. Teilwertabschreibung/Wertaufholung bei börsennotierten Aktien (Fall 1) 3. Dauerhafte Werterhöhung bei Fremdwährungsverbindlichkeiten (Fall 2)

2. Öffentlich-rechtliche Anpassungsrückstellungen (Fall 5) 3. Rückstellungsbegrenzende Gegenrechnung künftiger Vorteile (Kippentgelte) (Fall 6) 4. Keine Rückstellung für Kosten freiwilliger Jahresabschlussprüfung (Fall 7) 5. Leitlinien der Rückstellungsbildung

II. Lifo-Methode zur Vorratsbewertung 1. Rechtsgrundlagen: § 256 HGB, § 6 Abs. 1 Nr. 2a EStG 2. BFH vom 2.6.2000 – VIII R 32/98, BStBl. II 2001, 636 (Fall 3) 3. Elektronische Warenbewirtschaftungssysteme als „LifoAusschluss“? 4. Neues BMF-Schreiben

IV. Zum Schluss: Kurzer aktueller Streifzug durchs Bilanzrecht 1. Das geplante BilanzrichtlinienUmsetzungsgesetz (BilRUG) sowie die EU-Abschlussprüferreform 2. Gimle-Entscheidung des EuGH vom 3.10.2013 3. Bilanzierung von Mehrkomponentengeschäften 4. Streitfeld Bewertungseinheiten 5. Praxisfortschritte bei Umsetzung der E-Bilanz

III. Neue wichtige Rückstellungsjudikatur 1. Rückstellungen zur Nachbetreuung von Versicherungsverträgen (Fall 4)

I. Neuer Teilwerterlass vom 16.7.2014 1. Grundaussagen im BMF-Schreiben Ein alljährlicher Streifzug durch praxisrelevante Anwendungsfragen des Bilanzsteuerrechts gehört zum traditionellen Programm des Fachkongresses der Steuerberater.1 Fragen einer Teilwertabschreibung wegen voraussichtlich dauernder Wertminderung im (abnutzbaren/nicht abnutzbaren) Anlagevermögen und Umlaufvermögen sowie damit korres1 Stand d. Beitrages: März 2015.

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pondierende Wertaufholungen sollen am Anfang der Erörterung stehen. Sie finden wegen ihrer großen Bedeutung für die steuerbilanzielle Gewinnermittlung in der Besteuerungspraxis besondere Beachtung. Es gilt zu vermerken: Das neue BMF-Schreiben vom 16.7.2014 (= Teilwerterlass)2 fasst die Sichtweise der FinVerw dazu in aktualisierter Form zusammen, akzeptiert die einschlägigen Rechtsprechungsgrundsätze (vor allem des I., aber auch des IV. Senats beim BFH) weitgehend und schafft für die Praxis im Vergleich zur bisherigen, eher unübersichtlichen Erlasslage ein „Mehr an Rechtssicherheit“. Es stellt vor allem hinsichtlich der Abgrenzung „Wertaufhellung/Wertbeeinflussung“ einen „Erkenntnisfortschritt“ im Vergleich zum Entwurfsschreiben vom 17.1.2014 dar. Ein neues Teilwertverständnis wird mit dem BMF-Schreiben vom 16.7.2014 nicht begründet.3 Um die Aussagen des Teilwerterlasses vom 16.7.2014 steuersystematisch besser einordnen zu können, soll vorab ein kurzer Blick in die bilanzrechtlichen Grundlagen vermögensmäßiger Wertminderungen geworfen werden. Zu den handelsbilanziellen Grundlagen: Im Anlagevermögen (= Vermögensgegenstände, die dauerhaft dem Geschäftsbetrieb zu dienen bestimmt sind, § 247 Abs. 2 HGB) besteht eine handelsbilanzielle Abwertungspflicht mittels außerplanmäßiger Abschreibung auf den am Abschlussstichtag „beizulegenden Wert“ bei „voraussichtlich dauernder Wertminderung“. § 253 Abs. 3 S. 3 HGB verlangt dies wegen des gläubigerschutzorientierten Niederstwertprinzips. Ein handelsbilanzielles Abwertungswahlrecht besteht nur noch bei im Anlagevermögen gehaltenen Finanzanlagen. Insoweit reicht bereits eine „voraussichtlich nicht dauernde Wertminderung“ (= vorübergehende Wertminderung) zur außerplanmäßigen Abschreibung aus. Im Umlaufvermögen (= Vermögensgegenstände, die für den Gebrauch/Verkauf vorgesehen sind) gilt das strenge Niederstwertprinzip. Unabhängig von einer voraussichtlich dauernden Wertminderung sind Abschreibungen auf den „niedrigeren Börsen-/Marktpreis“ bzw. den „niedrigeren beizulegenden Wert“ vorzuneh-

2 BMF, Schr. v. 16.7.2014 – IV C 6-S 2171 - B/09/10002, BStBl. I 2014, 1162. Zu ersten Einschätzungen in der Literatur vgl. Hörhammer/Schumann, StuB 2014, 551; Meurer, BB 2014, 1905; Adrian/Helios, Ubg 2014, 489; Förster, Der Konzern 2014, 256; U. Prinz, DB 2014, 1825; Meyering/Gröne/Portheine, DStZ 2015, 84; sehr kritisch Marx, StuB 2014, 591. Vgl. ergänzend zur Teilwertabschreibung auf Grund und Boden BFH, Beschl. v. 29.7.2014 – I B 188/13, n.v. = StBW 21/2014, 812 sowie zur Teilwertabschreibung auf GmbH-Anteile bei gewährten Sanierungszuschüssen BFH, Urt. v. 7.5.2014 – X R 19/11, GmbHR 2014, 1282. 3 So aber Meurer, BB 2014, 1905.

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men (§ 253 Abs. 4 HGB). Schließlich ist – als eine Art „actus contrarius“ – das handelsbilanzielle rechtsformunabhängige Wertaufholungsgebot in § 253 Abs. 5 HGB kodifiziert. Danach darf der niedrigere Wertansatz – abgesehen vom entgeltlich erworbenen Goodwill – nicht beibehalten werden, wenn die Gründe dafür nicht mehr bestehen. Festzuhalten ist: Auch die handelsrechtliche Rechnungslegung kennt das Kriterium der „voraussichtlich dauernden Wertminderung“. Dieses gilt allerdings nur im Anlagevermögen, nicht im Umlaufvermögen, was zunächst einmal sachgerecht erscheint, da das Umlaufvermögen gerade nicht dauerhaft im Unternehmen verbleiben soll. Zu den steuerbilanziellen Grundlagen: Statt auf den am Abschlussstichtag „beizulegenden Wert“ wird steuerbilanziell stets auf den im Vergleich zu den fortgeführten Anschaffungs- oder Herstellungskosten niedrigeren „Teilwert“ abgestellt, der in § 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 EStG legaldefiniert ist. Das Gedankenkonstrukt des Teilwerts geht aus von einem Gesamtkaufpreis für den Betrieb, aus dem ein fiktiver Erwerber einen Wert für das einzelne Wirtschaftsgut ableitet. Die praktischen Schwierigkeiten der Teilwertbestimmung liegen auf der Hand. Die ständige Rechtsprechung arbeitet daher mit (vereinfachenden) Teilwertvermutungen.4 Das BMF-Schreiben vom 16.7.2014 geht von einer eindeutigen Bestimmbarkeit des Teilwerts aus und verweist insoweit nur knapp auf die einschlägigen Bestimmungen in den Einkommensteuer-Richtlinien und -Hinweisen (Rz. 3). Steuerbilanziell kommen Abschreibungen auf den niedrigeren Teilwert „auf Grund einer voraussichtlich dauernden Wertminderung“ sowohl im abnutzbaren Anlagevermögen (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG) als auch im nichtabnutzbaren Anlagevermögen/Umlaufvermögen (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 EStG) in Betracht. Dies bereitet gerade im Umlaufvermögen wegen dessen naturbedingter Kürzerfristigkeit besondere Auslegungsprobleme. Die Tatbestandsvoraussetzungen der Teilwertabschreibung sind insoweit identisch. Das Zusatzkriterium „voraussichtliche Dauerhaftigkeit“ – bezogen auf die Wertminderung – wurde durch das StEntlG 1999/2000/2001 vom 24.3.1999 zur Verbreiterung der Steuerbemessungsgrundlage letztlich im Fiskalinteresse eingeführt. Das handelsrechtliche Vorsichtsprinzip sollte (vermeintlich) zugunsten der Leistungsfähigkeitsbesteuerung zurückgedrängt werden. Wichtig ist für die steuerbilanzielle Praxis: Seit Neujustierung der Maßgeblichkeit durch das BilMoG vom 25.5.2009 gewährt die FinVerw bei Einhaltung be4 Zum Teilwertbegriff umfassend Winkeljohann in Herrmann/Heuer/Raupach, § 6 EStG Anm. 572-627; Kahle/Hiller in Prinz/Kanzler, NWB-BilStRecht, 2. Aufl. 2014, 197–205 sowie Gabert, Der Bewertungsmaßstab des Teilwerts im Bilanzsteuerrecht, 2011, 6 ff.

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Prinz, Aktuelle Fälle des Bilanzsteuerrechts

stimmter Dokumentationspflichten für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2008 enden, ein Wahlrecht zur Teilwertabschreibung.5 Dies bedeutet: Trotz voraussichtlich dauernder Wertminderung kann der Steuerpflichtige unabhängig von der Handelsbilanz auf die Teilwertabschreibung verzichten, was bspw. in § 8c-Konstellationen, im Zusammenhang mit der Zinsschranke (§ 4h EStG, § 8a KStG) sowie bei etwaigen Wertaufholungen Sinn machen kann. Nur bei „willkürlichen Gestaltungen“ will die FinVerw das Wahlrecht versagen. Näher konkretisiert wird die willkürliche Gestaltung allerdings nicht. Der Teilwerterlass verweist im Rahmen der zeitlichen Anwendungsbestimmungen in Rz. 36 auf die insoweit im Schreiben vom 12.3.2010 zugelassene Wahlrechtsmöglichkeit. Im Ergebnis ist somit eine eigenständige Bilanzpolitik im Bereich der Teilwertabschreibung möglich, was Konsequenzen für die Bildung etwaiger latenter Steuern gem. § 274 HGB haben kann. Die nachweisund dokumentationsgebundene Wahlrechtsmöglichkeit bei Teilwertabschreibungen strahlt in Folgezeiträumen auf die Wertaufholung – bis zur allgemeinen Bewertungsobergrenze in § 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 4, Nr. 2 S. 3 EStG – aus, die in den Rn. 26–28 des Teilwerterlasses näher erläutert wird. Rz. 26 fordert eine wertaufholungsbedingte Zuschreibung, wenn der Steuerpflichtige den Nachweis fortbestehender Wertminderung nicht führen „kann oder will“. Konstrukt der zweistufigen Gewinnermittlung: In der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur steuerlichen Gewinnermittlung ist zwischenzeitlich eine Zweistufigkeit anerkannt: Stufe 1 betrifft die Steuerbilanz, Stufe 2 erfordert diverse steuerbilanzielle Wertkorrekturen (etwa wegen einer vGA, verdeckten Einlage oder der Anwendung des § 1 AStG).6 Teilwertabschreibungen und Wertaufholungen erfolgen zunächst einmal in der Steuerbilanz. Ggf. wird ihre Wirkung dann aber auf der 2. Gewinnermittlungsstufe ganz oder teilweise „storniert“ (etwa wegen § 8b Abs. 3 KStG, § 3c Abs. 2 EStG oder § 1 AStG). In der Praxis kann der Streit um eine Teilwertabschreibung dadurch mitunter deutlich „entschärft“ werden. Die systematischen Zusammenhänge zwischen 1. und 2. Gewinnermittlungsstufe werden im Teilwerterlass vom 16.7.2014 nur im Zusammenhang mit Wertaufholungen angesprochen, die gem. Rz. 28 unabhängig von außerbilanziellen Korrekturen sind. Dies entspricht zwar der herrschenden Meinung, ist m.E. aber vor allem im Hin-

5 Vgl. BMF, Schr. v. 12.3.2010, BStBl. I 2010, 239, Rz. 15. 6 Zu diesem steuersystematischen Ausgangspunkt vgl. U. Prinz, DStJG 34 (2011), S. 144–146. Ausgangspunkt der Zweistufigkeit war die vGA-Rechtsprechung des BFH; s. etwa BFH, Urt. v. 29.6.1994 – I R 137/93, BStBl. II 2002, 366. Zu weiteren Verästelungen im Bereich vGA relevanter Pensionszusagen s. BFH, Urt. v. 25.6.2014 – I R 76/13, FR 2014, 1080 mit Anm. Pezzer.

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blick auf die bloß steuerbilanzielle Wert-aufholung bei KapGes-Anteilen trotz fehlender Wirksamkeit der vorangegangenen Teilwertabschreibung wegen Auslösung der 5 %igen Zusatzbelastung (§ 8b Abs. 3 KStG) problematisch. Kriterien zur Dauerhaftigkeit einer Wertminderung: Die Grundlagen des Begriffs der „voraussichtlich dauernden Wertminderung“ fasst der Teilwerterlass in Rz. 5–7 zusammen. Die einschlägige BFH-Rechtsprechung wird dabei abweichend zu der noch im Erlassentwurf zu findenden „abschreibungsbegrenzenden Vermischung“ von Wertaufhellung/Wertbegründung akzeptiert. In den späteren Passagen des Teilwerterlasses wird die voraussichtliche Dauerhaftigkeit der Wertminderung für einzelne Bilanzposten weiter aufgefächert. Im Grundsatz erfordert die Beurteilung der dauerhaften Wertminderung eine nachweisgebundene Prognoseentscheidung des Bilanzierenden, die in typisierter Form getroffen wird und die jeweilige Eigenart des relevanten Wirtschaftsguts beachten muss. Die Wertminderung darf nicht nur vorübergehend sein, sondern muss nachhaltig erfolgen. Dies bedeutet: Der Wert des Wirtschaftsguts erreicht die Bewertungsobergrenze nicht während eines erheblichen Teils der voraussichtlichen Verweildauer im Unternehmen. Die objektiven Anzeichen für eine nachhaltige Wertminderung müssen aus der Sicht eines sorgfältigen und gewissenhaften Kaufmanns gewichtet werden (subjektiver Maßstab), wobei mehr Gründe für als gegen „nachhaltiges Absinken“ sprechen müssen. Besondere Wertminderungsanlässe sind stets von Dauer. Für die Beurteilung der Wertminderung ist allein der jeweilige Bilanzstichtag maßgeblich. Nach dem Bilanzstichtag eintretende wertmindernde Ereignisse werden im Teilwerterlass stets als wertbegründend qualifiziert. Beim Wertaufhellungszeitraum stellt der Teilwerterlass konkret auf die Erkenntnisse bis zum Zeitpunkt der Aufstellung der Handelsbilanz ab, wobei der normale gesetzeskonforme Erstellungszeitraum gemeint ist. Wenn keine Handelsbilanz aufzustellen ist, ist der Zeitpunkt der Steuerbilanzaufstellung maßgeblich. Üblicherweise erfolgt der rein steuerbilanzielle Erstellungsvorgang bei Vorbereitung der Ertragsteuererklärungen. Man sieht: Die abstrakten Beurteilungsgrundsätze zur voraussichtlich dauernden Wertminderung sind nach Maßgabe der Rechtsprechung unscharf und auslegungsbedürftig. Sie typisieren zwar, sollten aber bei Einzelnachweis auch Abweichungen vom Typisierungsverlauf zulassen. Die voraussichtlich dauerhafte Wertminderung ist durch den Steuerpflichtigen nachzuweisen. Im Immobilienbereich oder bei Beteiligungen ohne Börsennotierung erfolgt die Nachweisführung in der Praxis üblicherweise durch Bewertungsgutachten. Trotz identischer Tatbestandsvoraussetzungen in Handels- und Steuerbilanz für die Qualifizierung einer Wertminderung als „voraussichtlich dauerhaft“ und trotz Maßgeblichkeit der handelsrechtlichen GoB nehmen Rechtsprechung und Fi369

Prinz, Aktuelle Fälle des Bilanzsteuerrechts

nanzverwaltung eine eigenständige, der speziellen steuerrechtlichen Teleologie folgende Auslegung vor. Dies hat der Große Senat des BFH in seinem Beschluss vom 31.1.2013 zur Aufgabe des subjektiven Fehlerbegriffs hinsichtlich bilanzieller Rechtsfragen ausdrücklich betont.7 Der Maßgeblichkeitsgrundsatz wird damit selbst bei wortlautidentischen Regelungen relativiert. Zeitliche Anwendung des Teilwerterlasses: Schließlich ist die zeitliche Anwendung des Teilwerterlasses differenziert in den Rz. 36–39 geregelt. Im Grundsatz gilt er für alle offenen Fälle, bei „steuerverschärfender Rechtsprechung“ und günstigerer früherer Verwaltungsbeurteilung werden Vertrauensschutzaspekte (insbes. § 176 AO) berücksichtigt. Das Wahlrecht zur Teilwertabschreibung gilt ab VZ 2009. Für Anteile an Investmentfonds, die als Finanzanlage im Anlagevermögen gehalten werden, gilt eine Nichtbeanstandungsregelung, wenn bei einer Teilwertabschreibung vor dem 1.1.2015 statt des Ausgabepreises der Rücknahmepreis zu Grunde gelegt wird (Rz. 38). 2. Teilwertabschreibung/Wertaufholung bei börsennotierten Aktien (Fall 1) Vorab: Zur Beurteilung einer steuerwirksamen Teilwertabschreibung ist im Grundsatz ein „bewertungsbezogener Dreiklang“ erforderlich. Erstens muss der Teilwert des jeweils betroffenen Wirtschaftsguts ermittelt und dokumentiert werden. Zweitens muss dieser Teilwertansatz eine Wertminderung im Vergleich zu den stichtagsbezogenen fortgeführten Anschaffungs- oder Herstellungskosten beinhalten und drittens schließlich muss die Qualität der Wertminderung eine „voraussichtliche Dauerhaftigkeit“ aufweisen. Nur wenn alle drei Kriterien zusammen erfüllt sind, gilt das Wahlrecht der Teilwertabschreibung. In exemplarischer Form soll dieser „Dreiklang“ am Beispiel von Teilwertabschreibungen bei börsennotierten Aktien dargelegt werden. Sachverhalt: Ein Steuerpflichtiger hält in seinem Anlagevermögen Aktien der börsennotierten X-AG, die er zum Preis von 100 Euro pro Stück (einschl. Nebenkosten) erworben hat. Die Aktie unterliegt erheblichen Wertschwankungen nach Erwerb. Sie ist zum 31.12.01 zu bilanzieren.

7 Vgl. BFH, Beschl. v. 31.1.2013 – GrS 1/10, BStBl. II 2013, 317, Rz. 74. Eingehender dazu Brandenberg/U. Prinz, StbJb. 2013/2014, 267–291.

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AK v

Stichtagskurs v

Schwankungskorridor nach Erwerb v

Aufstellungskurs v

a

100

90

70–100

90

b

100

90

70–100

92

c

100

90

70–100

80

d

100

98

70–100

80

Lösung: Der Sachverhalt ist Beispiel 5 des Teilwerterlasses (Rz. 15, 16) nachgebildet. TW-AfA BMF

TW-AfA BFH

a

ja, 10 auf 90 t

ja, 10 auf 90 t

b

ja, 10 auf 90 t

ja, 10 auf 90 t

c

ja, 10 (nicht 20) auf 90 t

ja, 10 auf 90 t

d

nein, wegen 5 % Bagatellgrenze

nein, aber 5 % Bagatellgrenze nur bezogen auf Erwerbskurs

Folgende Beurteilungsaspekte im Teilwerterlass sollen hervorgehoben werden: – Zur Beurteilung der Dauerhaftigkeit von Kursverlusten bei börsennotierten Aktien nimmt der Teilwerterlass ausdrücklich auf die BFHRechtsprechung Bezug. Genannt wird das BFH-Urteil vom 21.9.20118, welches die bisherige Judikatur bestätigt und präzisiert. Kernaussagen sind: – Der Börsenkurs zum Bilanzstichtag, der in concreto dem Teilwert entspricht, muss unter denjenigen im Zeitpunkt des Aktienerwerbs gesunken sein, wobei ein informationseffizienter Kapitalmarkt vorausgesetzt wird. – Der Kursverlust muss eine Bagatellgrenze von 5 % der Notierung bei Erwerb überschreiten. Dies trägt dem bilanzrechtlichen Wesentlichkeitsgrundsatz mit dem ihm immanenten Vereinfachungsgedanken Rechnung.

8 BFH, Urt. v. 21.9.2011 – I R 89/10, BStBl. II 2014, 612.

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– Die Kursentwicklung nach dem Bilanzstichtag ist unerheblich, es handelt sich um nachlaufende wertbegründende Umstände. – Die von der FinVerw entwickelte Bandbreitenbetrachtung wird abgelehnt. Die Rechtsprechung orientiert sich allerdings an einer typisierenden Gesetzesauslegung, um einem effizienten Verwaltungsvollzug Rechnung zu tragen. Abweichende Einzelbeurteilungen schließt dies nach meinem Verständnis bei entsprechender Nachweisführung nicht aus. – Der stichtagsbezogene Kurswert ist lt. Teilwerterlass ausnahmsweise nur dann irrelevant, wenn er den „tatsächlichen Anteilswert“ nicht widerspiegelt, bspw. wegen Manipulierung durch Insidergeschäfte oder fehlendem Handel über einen längeren Zeitraum. Kursänderungen nach dem Bilanzstichtag – sei es nach unten, sei es nach oben – bleiben entsprechend der Rechtsprechung unberücksichtigt. Insoweit erscheint die BMF-Lösung zu Fall d) konsequent. Selbst ein um 20 % unter die Anschaffungskosten gesunkener Aufstellungskurs bleibt für die Teilwertabschreibung zum relevanten Bilanzstichtag komplett „außen vor“. – Allerdings verbleibt im Teilwerterlass eine Abweichung zur BFHRechtsprechung. Die 5 %-Bagatellgrenze soll auf den jeweiligen Erwerbskurs oder aber den letzten Bilanzansatz bezogen werden. Die BFH-Rechtsprechung hat sich stattdessen insoweit unter Vereinfachungsgedanken alleine auf den Erwerbskurs beschränkt. Im Übrigen gilt die 5 %-Bagatellgrenze nach Meinung der FinVerw auch bei börsennotierten Aktien im Umlaufvermögen (Rz. 25), soll aber nicht bei parallelen Wertaufholungsfragen Anwendung finden (Rz. 26).9 – Nach Meinung der FinVerw im Teilwerterlass gelten identische Beurteilungsgrundsätze bei aktienindexbezogenen Wertpapieren des Anlagevermögens, die an einer Börse gehandelt werden und nicht zum Nennwert zurückzuzahlen sind sowie bei Anteilen an Investmentfonds, die als Finanzanlage im Anlagevermögen gehalten werden (mehr als 50 % seines Wertes zum Bilanzstichtag sind in Aktien investiert). Schließlich werden auch börsennotierte Aktien im Umlaufvermögen inhaltsgleich behandelt (Rz. 25). – Schließlich ist im Zusammenspiel von Teilwertabschreibung und Wertaufholung bei Insolvenzverfahren wegen der Grundsätze zur Mindestbesteuerung (§ 10d Abs. 2 EStG, § 10a GewStG) zu beachten, dass trotz Wertäquivalenz von Teilwertabschreibung/Wertaufholung 9 Vgl. ausdrücklich OFD NRW, Kurzinfo v. 22.1.2015 – ESt Nr. 01/2015, DB 2015, 217; FinMin. Schleswig-Holstein, ESt-Kurzinfo Nr. 2014/24 v. 19.12.2014, StuB 2015, 72.

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leistungsfähigkeitswidrige Steuerlasten in Gestalt von Definitiveffekten ausgelöst werden können. Zu dieser Rechtsfrage ist ein Normenkontrollverfahren beim BVerfG anhängig.10 3. Dauerhafte Werterhöhung bei Fremdwährungsverbindlichkeiten (Fall 2) § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG verlangt u.a. eine steuerbilanzielle Bewertung von Verbindlichkeiten „unter sinngemäßer Anwendung der Vorschriften der Nr. 2“. Fragen einer Teilwertabschreibung auf der Aktivseite der Steuerbilanz korrespondieren deshalb mit entsprechenden vorsichtsbedingten Teilwertzuschreibungsfragen auf der Passivseite (Höchstwertprinzip). Beides setzt letztlich eine voraussichtlich dauerhafte Wertveränderung voraus. Sowohl der I. als auch der IV. Senat haben sich in jüngerer Zeit mit passivierungsbezogenen Teilwertproblemen befasst. Das Thema hat hohe Aktualität wegen der Entscheidung der Schweizer Notenbank zur „Entkopplung“ des Franken vom Euro-Kurs am 15.1.2015 (sprunghafte Frankenaufwertung um 15 %). Sachverhalt: Die X-KG (Gesellschafter: A-AG als Komplementär mit 50 %, Herr A als Kommanditist mit 50 %) weist im Jahresabschluss zum 31.12.01 in ihrem Anlagevermögen eine 100 %-Beteiligung an der X-GmbH aus. Die X-GmbH hatte im Vorjahr eine Reihe inländischer Gewerbe-immobilien mittels Fremdwährungsdarlehen erworben, die in den Jahren 09 und 14 in CHF zu tilgen sind. Am Ende des Streitjahres 01 ist der CHF im Vergleich zum Euro-Referenzkurs um 5,4 % aufgewertet worden. Die X-GmbH weist daraufhin in ihrer HB/StB zum 31.12.01 Fremdwährungsverluste durch Höherbewertung der Darlehensverbindlichkeit aus, die zu einem nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag in Höhe von rund 3 Mio. Euro führen. Daraufhin nimmt die X-KG in ihrer HB/StB eine außerplanmäßige Abschreibung/Teilwertabschreibung auf die Anschaffungskosten der Beteiligung (rund 1 Mio. Euro) auf den Erinnerungswert von 1 Euro vor. Nennenswerte stille Reserven sind in der Beteiligung nicht vorhanden. Die fremdwährungsbedingte Zuschreibung auf Darlehensverbindlichkeiten bei der X-GmbH soll also steuerbilanziell eine Teilwertabschreibung auf die Beteiligung – ungeachtet etwaiger außerbilanzieller Korrekturen nach § 3c Abs. 2 EStG, § 8b Abs. 3 KStG – zur Folge haben. Liegen insoweit teilwertrelevante dauerhafte Wertveränderungen vor?

Lösung des BFH: Der Sachverhalt ist nachgebildet dem BFH-Urteil vom 4.2.2014 – I R 53/1211 und behandelt einen „Kombinationsfall“, bei dem 10 S. Vorlagebeschluss des BFH v. 26.2.2014 – I R 59/12, DStR 2014, 1761 an das BVerfG (Az. 2 BvL 19/14). S. ergänzend zur Frage eines Billigkeitserlasses auch FG Düsseldorf, Urt. v. 2.9.2014 – 6 K 3370/09 K, AO, StE 2015, 71; es wird ein Revisionsverfahren unter dem Az. I R 65/14 geführt. 11 BFH, Urt. v. 4.2.2014 – I R 53/12, BFH/NV 2014, 1016.

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„gespiegelte“ Wertveränderungen auf unterschiedlichen Ebenen und bei zwei unterschiedlichen Wirtschaftsgütern (Fremdwährungsdarlehen, KapGes-Beteiligung) anfallen. Der I. Senat des BFH lässt weder eine Teilwertzuschreibung auf die Darlehensverbindlichkeit noch in der Folge eine Teilwertabschreibung auf die Beteiligung zu. Anteilsbewertung und Währungsschwankungen korrelieren, allerdings ohne verfahrensrechtlich voneinander abhängig zu sein. Der BFH bestätigt damit die Instanzenentscheidung des Schleswig-Holsteinischen FG vom 7.6.2012.12 Der Leitsatz des Urteils lautet: „Nach der Rechtsprechung des BFH berechtigt bei Fremdwährungskrediten mit einer Restlaufzeit von zumindest zehn Jahren nicht jeder Kursverlust zur Annahme einer voraussichtlich dauerhaften Wertveränderung. Dies ist auch zu beachten, wenn die Fremdwährungskredite von einer Tochterkapitalgesellschaft aufgenommen wurden und die Muttergesellschaft aufgrund der veränderten Wechselkurse die Teilwertabschreibung auf ihre Beteiligung an der Tochtergesellschaft begehrt.“

Kurz gefasst begründet der BFH seine Entscheidung wie folgt: – Im Ausgangspunkt kommt eine Teilwertabschreibung auf Ebene der X-KG wegen dauerhafter Wertminderung der X-GmbH-Anteile (Maßstab: innerer Wert des Beteiligungsunternehmens) nur bei einem dauerhaften Fremdwährungsverlust auf Ebene der X-GmbH in Betracht. Beide Fragen korrelieren inhaltlich. Eine verfahrensrechtliche Abhängigkeit, bspw. in Gestalt einer zwingenden Korrespondenz, besteht nicht. – Die teilwertbedingte Fremdwährungszuschreibung bei der X-GmbH lehnt der BFH dann in einem ersten Argumentationsschritt ab. Zunächst einmal sind Fremdwährungsverbindlichkeiten mit dem Rückzahlungsbetrag zu bewerten, der sich aus dem Kurs im Zeitpunkt der Darlehensaufnahme ergibt. Bei der Folgebewertung berechtigt dann nicht jeder Kursverlust jedenfalls bei Restlaufzeiten von zumindest 10 Jahren – zur Annahme einer dauerhaften Wertveränderung. Vielmehr muss nach Meinung des I. Senats die gesamte Laufzeit der Verbindlichkeit im Hinblick auf die zu erwartenden Währungskursschwankungen betrachtet werden. Dabei schließt sich der I. Senat des BFH ausdrücklich der Meinung des IV. Senats im Judikat vom 23.4.200913 an. In dem konkreten Parallelfall ging es um längerfristige Yen-Darlehen bei einer Schiffshypothek. Der IV. Senat geht hinsichtlich der Wertänderungsprognose davon aus, dass sich Fremdwährungsschwankungen längerfristig ausgleichen. Eine dauerhafte 12 FG Schl.-Holst., Urt. v. 7.6.2012, EFG 2013, 499. 13 BFH, Urt. v. 23.4.2009 – IV R 62/06, BStBl. II 2009, 778. Dazu U. Prinz, StuB 2009, 565.

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Werterhöhung des Fremdwährungsdarlehens lehnt der BFH deshalb in conkreto in beiden Fällen ab. Im Übrigen sind einzelvertragliche Sicherungsabreden unerheblich. – Als Folge des fehlenden fremdwährungsbedingten Verlustausweises auf der Ebene des Beteiligungsunternehmens kommt bei der Muttergesellschaft (hier der X-KG) eine Teilwertabschreibung wegen voraussichtlich dauernder Wertminderung der GmbH-Anteile nicht in Betracht. Eine rechtliche Bindungswirkung zwischen Fremdwährungspassivierung bei der X-GmbH und Beteiligungsausweis bei der X-KG besteht nicht. Vielmehr ist nur die materielle Rechtslage entscheidend. – Als Randnotiz: Im Streitfall des I. Senats ging es um die Bewertung zum 31.12.2000. Die Kläger argumentierten im Hinblick auf die in Rede stehenden wertmindernden Umstände u.a. mit den „Anschlägen vom 11. September 2001“ im World-Trade-Center in New York. Dies sollte ihre Argumentation einer teilwertrelevanten fundamentalen Änderung der ökonomischen Erwartungen unterstützen. Der BFH lehnt dies im konkreten Streitfall zu Recht kurz und knapp ab; denn insoweit handelt es sich um nach dem Bilanzstichtag aufgetretene „wertbegründende Umstände“. Schließlich war auch der gesetzliche Wertaufhellungszeitraum bereits verstrichen. Sicht der FinVerw entspricht der BFH-Judikatur: Im Hinblick auf eine vorrausichtlich dauernde Erhöhung des Kurswerts einer Verbindlichkeit nimmt der Teilwerterlass vom 16.7.2014 in Rz. 31 ausdrücklich auf die Rechtsprechung des IV. Senats Bezug. Es heißt dort: „Bei Fremdwährungsverbindlichkeiten, die eine Restlaufzeit von jedenfalls 10 Jahren haben, begründet ein Kursanstieg der Fremdwährung grundsätzlich keine voraussichtlich dauernde Teilwerterhöhung; die Währungsschwankungen werden in der Regel ausgeglichen (BFH v. 23.4.2009 – IV R 62/06, BStBl. II 2009, 778).“

Kritik und Ausstrahlung des Urteils: Zum Ersten stellt sich die Frage, ob die These des BFH zum langfristigen Ausgleich von Währungsschwankungen zutrifft und ab wann konkret eine solche Langfristigkeit vorliegt? Die in Rede stehende Zeitgrenze von etwa 10 Jahren wird man als längerfristig einstufen müssen. An der vom BFH geäußerten langfristigen „Ausgleichsautomatik“ von Währungskursschwankungen kann man aber sicherlich aus ökonomischer Sicht zweifeln. Dessen ungeachtet, wird sich die Besteuerungspraxis danach richten müssen. M.E. sollte aber eine konkret begründete Widerlegung der Ausgleichsthese im Einzelfall möglich sein. Zum Zweiten: Die Behandlung kurz- und mittelfristiger Fremdwährungsdarlehen regelt der Teilwerterlass nicht. Bei fremdwährungsgestützten Restlaufzeiten von bspw. bis zu fünf Jahren

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sollten entsprechende Teilwertzuschreibungen wegen voraussichtlich dauerhafter Werterhöhung im Grundsatz zulässig sein. Stets ist dabei ein prognosegestützter Nachweis der voraussichtlichen Dauerhaftigkeit der Werterhöhung erforderlich. Drittens schließlich stellt sich die Frage, ob „Dauerhaftigkeitsbeurteilungen“ auf Aktiv- und Passivseite der Bilanz wirklich stets spiegelbildlich beurteilt werden müssen. Vom Einzelfall abhängige Unterscheidungen sollten m.E. auch im Hinblick auf Imparitäts- und Vorsichtsprinzip möglich sein. Aus gestalterischer Sicht dürfte im Übrigen klar sein: Wird ein Währungsverlust im Zuge einer Neuordnung der Finanzierungsstruktur durch eine Darlehenstilgung tatsächlich realisiert, so gelten die Bewertungsrestriktionen einer „dauerhaften Teilwerterhöhung“ nicht.14

II. Lifo-Methode zur Vorratsbewertung 1. Rechtsgrundlagen: § 256 HGB, § 6 Abs. 1 Nr. 2a EStG Lifo-Anwendungsfragen (Last-in, first-out) gehören zwar zu den „Klassikern im Bilanzrecht“, bilden derzeit aber ein wichtiges aktuelles Streitfeld in Betriebsprüfungen.15 Diskussionspunkte einer Lifo-Anwendung sind zum einen hochwertige Vorratsprodukte, etwa in der metallverarbeitenden Industrie, zum anderen die Tatsache, dass zunehmend elektronische Warenbewirtschaftungssysteme in den Unternehmen mit einer konkreten Identifizierbarkeit der Vorräte eingesetzt werden. Auch bei Lebensmittelunternehmen mit im Grundsatz verderblichen Waren stellen sich Fragen der Zulässigkeit fiktiver Verbrauchsfolgeverfahren. Schließlich wird diskutiert, ob und inwieweit der Aspekt einer Vermeidung von Scheingewinnbesteuerung das Lifo-Verfahren trägt. Die bisherige Sicht der FinVerw ist in R 6.9 EStR 2012 zu finden, die verschiedene Methoden der Lifo-Bewertung zulässt (Permanentes Lifo, Perioden Lifo). Ein aktualisierter bundeseinheitlicher Grundlagenerlass der FinVerw, der zudem der Neuakzentuierung des Maßgeblichkeits14 So auch Günkel, StbJb 2010/2011, 263 (269). 15 Aus der neueren Literatur vgl.: Hüttemann/Meinert, Die Lifo-Methode in Handels- und Steuerbilanz, IFSt-Schrift Nr. 486 (März 2013) und DB 2013, 1865; Hennrichs, Ubg 2011, 705; Herzig, DB 2014, 1756; Hildebrand, DB 2011, 1999; Maren Schwarz in IFSt 498 (2014), 27–29; Drüen/Mundfortz, DB 2014, 2245; Hoffmann, StuB 2014, 749. Aus Sicht der FinVerw Hörhammer in Prinz/Kanzler, NWB-BilStRecht 2014, Rz. 2620–2623 mit einer Zusammenstellung anerkannter „Insellösungen“ (etwa im Bereich der Weinwirtschaft oder der Tabakindustrie). Zum neuen Erlassentwurf der FinVerw. vgl. Adrian, WPg 2015, 167. Zur Diskussion um die Grundlagen der Lifo-Bewertung siehe auch Herzig (Hrsg.), Vorratsbewertung nach der Lifo-Methode ab 1990, Köln 1990.

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prinzips nach dem BilMoG vom 25.5.2009 Rechnung trägt, existiert nicht, befindet sich allerdings derzeit „in Bearbeitung“. Zu den handelsbilanziellen Grundlagen: § 256 HGB ist überschrieben mit „Bewertungsvereinfachungsverfahren“ und lässt für gleichartige Vermögensgegenstände des Vorratsvermögens neben Lifo auch die FifoMethode zu. Die EU-Rechnungslegungsrichtlinie vom 26.6.2013, die zu einer Überarbeitung verschiedener Teile der deutschen handelsbilanziellen Rechnungslegung zwingt (bis 20.7.2015), gestattet das Lifo-Verfahren weiterhin als Mitgliedsstaaten-Wahlrecht (Art. 12 Abs. 9 EU-RL). Zuvor gab es in der Kommission „Abschaffungsinteressen“, die sich letztlich allerdings in der endgültigen Richtlinien-Fassung nicht durchsetzen konnten. Insoweit ist eine Änderung des § 256 HGB im BilRuG nicht zu erwarten. Es kann deshalb wohl von einer auch weiterhin bestehenden handelsbilanziellen Zulässigkeit des Lifo-Verfahrens ausgegangen werden. Zu den steuerbilanziellen Grundlagen: Die Bewertungsvorschrift des § 6 Abs. 1 Nr. 2a EStG wurde mit Wirkung ab 1990 durch das StReformG 1990 vom 25.7.1988 als Ausnahme zum Einzelbewertungsgrundsatz eingeführt; Modifikationen ergaben sich im Wesentlichen durch das WoBauFG vom 22.12.1989. Die Rechtsnorm hat im Kern folgenden Wortlaut: „Steuerpflichtige, die den Gewinn nach § 5 EStG ermitteln, können für den Wertansatz gleichartiger Wirtschaftsgüter des Vorratsvermögens unterstellen, dass die zuletzt angeschafften oder hergestellten Wirtschaftsgüter zuerst verbraucht oder veräußert worden sind, soweit dies den handelsrechtlichen GoB entspricht … Von der Verbrauchs- oder Veräußerungsfolge nach Satz 1 kann in den folgenden Wirtschaftsjahren nur mit Zustimmung des FA abgewichen werden.“

Zur Auslegung dieser Steuernorm sind folgende Aspekte wichtig: – Die Anwendung des Lifo-Verfahrens stellt seit dem BilMoG vom 25.5.2009 ein eigenständiges steuerbilanzielles Wahlrecht mit spezieller Dokumentationspflicht dar. Dies wird ausdrücklich im BMFSchreiben vom 12.3.201016 wie folgt klargestellt: „Eine Einzelbewertung der Wirtschaftsgüter in der Handelsbilanz steht der Anwendung des Verbrauchsfolgeverfahrens nach § 6 Abs. 1 Nr. 2a EStG unter Beachtung der dort genannten Voraussetzungen nicht entgegen.“

Dies dürfte auch in Bezug auf die IFRS-Rechnungslegung gelten. Damit wird die Anwendung des Lifo-Verfahrens Gegenstand einer eigenständigen Steuerbilanzpolitik. Latente Steuerfolgen sind allerdings mit zu bedenken.

16 BMF, Schr. v. 12.3.2010, BStBl. I 2010, 239, Rz. 17.

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– Laut historischem Gesetzgeber verfolgt Lifo eine doppelte Zielsetzung: Dies ist primär die Bewertungsvereinfachung und zwar bei meist nur aufwendig anwendbarem Einzelbewertungsgrundsatz (bspw. bei Massenartikeln und diversen vermischten Rohstoffen). Das Verfahren soll zugleich auch der Milderung der Scheingewinnbesteuerung (reale Substanzerhaltung des Unternehmens) dienen, was als eigenständiges Gesetzgebungsziel aber streitig ist. Zeitgleich wurde vom Gesetzgeber im Rahmen des StReformG 1990 die frühere Preissteigerungsrücklage abgeschafft.17 – Nur bei „gleichartigen Wirtschaftsgütern des Vorratsvermögens“ und „§ 5-Gewinnermittlern“ ist § 6 Abs. 1 Nr. 2a EStG anwendbar. Gleichartigkeit erfordert dabei nach Rechtsprechung und Finanzverwaltungsauffassung keine genau gleichen Gegenstände, sondern stellt vielmehr auf vergleichbare Warengattungen oder -funktionen ab. Dabei soll eine sachgerechte Gruppenbildung (etwa in der Weinwirtschaft oder in der Tabakindustrie) möglich sein. Eine annähernde Preisgleichheit ist nicht erforderlich, kann aber Gattungsunterschiede indizieren.18 Steuerbilanzielle Gesetzesänderung erforderlich? Neben Fragen der Auslegung des geltenden § 6 Abs. 1 Nr. 2a EStG wird derzeit in der Steuerpolitik eine entsprechende Gesetzesänderung diskutiert. Die Meinungen sind diamentral: – Auf der einen Seite besteht eine Bundesratsinitiative des Hessischen Ministeriums der Finanzen vom 16.10.2014, die eine Abschaffung des Lifo-Verfahrens anstrebt. „Abschaffungsargumente“ dabei sind: Das Lifo-Verfahren sei international unüblich, es bewirke branchenspezifische Subventionierungen und sei schließlich bei Anwendung moderner Warenbewirtschaftungssysteme nicht mehr durch Vereinfachungsmotive zu rechtfertigen. Auch der Vorschlag der EUKommission zur Einführung einer einheitlichen europäischen Körperschaftsteuerbemessungsgrundlage (GKKB-Projekt) erwähnt das Lifo-Verfahren nicht. – Auf der anderen Seite wird bspw. vom IDW in einer Eingabe vom 9.9.2014 zum Referentenentwurf des Zollkodex-Anpassungsgesetzes („JStG 2015“) eine Modernisierung und weitere Öffnung des Lifo-Verfahrens im Hinblick auf die Vermeidung einer Scheingewinnbesteuerung angeregt.19 Konkret wird die Streichung des GoB-Bezugs in § 6 Abs. 1 Nr. 2a EStG in Aussicht genommen. 17 Zu Details vgl. Richter in Herrmann/Heuer/Raupach, § 6 EStG Anm. 1122c, 1122d. 18 Vgl. zu Details Kulosa in Schmidt, EStG, 33. Aufl. 2014, § 6 Rz. 414. 19 IDW, Schr. v. 9.9.2014, Fachnachrichten IDW 10/2014, 564 (566 f.).

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M.E. sollte das steuerbilanzielle Lifo-Verfahren beibehalten und im Hinblick auf seinen eigenständigen Wahlrechtscharakter durch Wegfall des GoB-Vorbehalts modernisiert werden. Das Lifo-Verfahren hat traditionell wichtige Anwendungsbereiche in verschiedensten Branchen und ist im Hinblick auf Vereinfachung/Scheingewinnbesteuerungsvermeidung sachgerecht. Auch das Argument der internationalen Unüblichkeit ist unzutreffend. So lassen bspw. auch die US-GAAP das Lifo-Verfahren derzeit weiterhin zu. Eine Erhöhung der Unternehmenssteuerbelastung durch Abschaffung der tradierten Lifo-Methode sollte der Gesetzgeber unterlassen. 2. BFH vom 2.6.2000 – VIII R 32/98, BStBl. II 2001, 636 (Fall 3) Das BFH-Urteil vom 2.6.2000 ist der bisherige „Leitfall“ für die Diskussion des Lifo-Verfahrens in der Besteuerungspraxis. So nimmt etwa H 6.9 EStR 2012 allein auf diese Entscheidung Bezug. Es geht um die Bewertung des Neu- und Gebrauchtwagenbestands einer Kfz-Vertragswerkstatt, also einem typischerweise für Lifo-Fragen ungewöhnlichen Anwendungsbereich. Sachverhalt: Die X-KG betreibt eine Vertragswerkstatt und bewertet ihre Neu- und Gebrauchtfahrzeuge für steuerbilanzielle Zwecke der Jahre 1991–1993 nach der Lifo-Methode. Für die Neufahrzeuge bildet sie Bewertungsgruppen nach den Wagentypen, die Gebrauchtfahrzeuge „sortiert“ sie nach Wertklassen (bis 5.000 DM, 5.000–15.000 DM, 15.000–25.000 DM, über 25.000 DM) ohne Rücksicht auf Hersteller, Km-Leistung oder Alter. Im Rahmen einer Bp will die FinVerw die LifoMethode nicht anerkennen, sondern verlangt eine Einzelbewertung mit Zulässigkeit individueller Teilwertabschläge.

Lösung des BFH: Der VIII. Senat des BFH gibt der FinVerw im Urteil vom 2.6.2000 Recht mit folgendem Leitsatz: „Eine Bewertung nach der sog. Lifo-Methode entspricht nicht den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung und ist deshalb auch steuerrechtlich ausgeschlossen, wenn Vorräte – absolut betrachtet – mit hohen Erwerbsaufwendungen in Frage stehen, die Anschaffungskosten ohne weiteres identifiziert und den einzelnen Vermögensgegenständen angesichts deren individueller Merkmale ohne Schwierigkeiten zugeordnet werden können (hier: zum Verkauf bestimmte Pkw).“

Kernargument des BFH und Ausgangspunkt der konkreten Falllösung ist das „Erfordernis der GoB-Konformität“ des Lifo-Verfahrens. Die Frage „gleichartiger Wirtschaftsgüter“ bei unterschiedlichen Kfz-Typen bleibt dahingestellt. Eine Vorabentscheidung des EuGH wird vom VIII. Senat des BFH wegen der speziellen steuergesetzlichen Kodifikati-

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on für nicht erforderlich gehalten. Über den Einzelfall hinaus sind folgende Überlegungen des BFH wegweisend: – Bewertungsvereinfachung ist zentraler Regelungszweck des Lifo-Verfahrens und wird durch den „vom Wesentlichkeitsprinzip bestimmten Grundsatz der Wirtschaftlichkeit getragen“. Die Ermittlung individueller Anschaffungs- oder Herstellungskosten muss im Einzelfall ausgeschlossen oder mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden sein (bspw. bei Massenartikeln). – Lifo als „Instrument zur Vermeidung von Scheingewinnen“ wird vom BFH nur akzeptiert als „rechnerischer Reflex der Bewertungsvereinfachung“. Im Wortlaut der Lifo-Rechtsnorm kommt der Scheingewinnaspekt nicht zum Ausdruck. – Die steuerliche Anwendung der Verbrauchsfolgeverfahren muss „zur Vermeidung von Missbräuchen“ den handelsrechtlichen GoB entsprechen. Kritik am BFH-Urteil im Verständnis einer „Leitentscheidung“ lässt sich wie folgt zusammenfassen: – Der Streitfall betrifft einen sehr speziellen Sachverhalt, der für Gleichartigkeitsfragen in anderen Bereichen nur begrenzt aussagekräftig ist. Insgesamt handelt es sich um einen wenig repräsentativen Fall, der keine Gesamtaussagen zum Lifo-Verfahren rechtfertigt. – Der BFH verwendet auf Basis der seinerzeit geltenden Umkehrmaßgeblichkeit eine ausschließlich handelsrechtliche Argumentation, die durch „Relativierung der Maßgeblichkeit“ im BilMoG vom 25.5.2009 und Schaffung eines neuen Wahlrechtsvorbehalts seit 2009 überholt ist. Die traditionelle eng an der handelsbilanziellen Ausrichtung orientierte Lifo-Argumentation des BFH muss deshalb im „Lichte des BilMoG“ neu durchdacht und konzipiert werden. – Deshalb könnte der GoB-Vorbehalt in § 6 Abs. 1 Nr. 2a EStG mehr als bislang steuerteleologisch ausgelegt werden. Dies könnte dann die Vermeidung der Scheingewinnbesteuerung als eigenständiges Regelungsziel erlauben. Gestützt wird diese Überlegung vor allem auf den Beschluss des Großen Senats vom 31.1.2013 zur Aufgabe des subjektiven Fehlerbegriffs hinsichtlich bilanzieller Rechtsfragen.20 Der BFH betont darin ausdrücklich: Spezielle steuerrechtliche Vorschriften sind auch dann eigenständig auszulegen und anzuwenden, wenn sie im Handelsrecht eine Entsprechung finden. Ein solches vom Handelsbilanzrecht weiter losgelöstes Verständnis des GoB-Vorbehalts

20 BFH, Beschl. v. 31.1.2013 – GrS 1/10, BStBl. II 2013, 317.

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bei der steuerbilanziellen Lifo-Anwendung ist allerdings im Schrifttum stark umstritten.21 – Letztlich gründet die Grenze der Lifo-Anwendung im Missbrauchsgedanken. Danach ist eine Lifo-Anwendung ausgeschlossen, wenn die fingierte Verbrauchsfolge im Einzelfall objektiv unmöglich ist (etwa bei leicht verderblichen Waren). Insoweit beinhaltet der in § 6 Abs. 1 Nr. 2a S. 1 2. Halbsatz EStG zu findende Hinweis auf die handelsrechtlichen GoB eine bloße Missbrauchsgrenze. 3. Elektronische Warenbewirtschaftungssysteme als „Lifo-Ausschluss“? Durch moderne Lagerhaltungstechniken, insbesondere EDV-gestützte Warenbewirtschaftungssysteme, sind in vielen Unternehmen tatsächliche Betriebsabläufe und Wareneinsätze gerade bei Massenartikeln eindeutig feststellbar. Es stellt sich die Frage, ob dadurch die Lifo-Verbrauchsfolgefiktion ausgeschlossen ist. Insoweit könnten moderne elektronische Warenbewirtschaftungssysteme in der Praxis zu einem „Lifo-Ausschluss“ führen.22 Stellungnahme: M.E. kann ein Lifo-Ausschluss mit der Anwendung moderner Lagerhaltungstechniken nicht gerechtfertigt werden. Dies lässt sich wie folgt begründen: Zunächst einmal handelt es sich bei § 6 Abs. 1 Nr. 2a EStG um ein eigenständig normiertes steuerbilanzielles Wahlrecht, welches losgelöst vom Anwendungsbereich des § 256 HGB genutzt werden kann. Zum zweiten trägt der Zweck steuerbilanzieller Vereinfachung die Anwendung des Lifo-Verfahrens bei gleichartigem Vorratsvermögen (insbes. vermischten/vermengten Massenartikeln) ungeachtet rein betriebswirtschaftlich begründeter Lagerhaltungsmodelle. Freiwillig installierte Warenbewirtschaftungssysteme schließen die Lifo-Anwendung deshalb nicht aus. Die einzige Grenze der Lifo-Anwendung ist der Rechtsaspekt der Missbrauchsvermeidung bei „absolut“ undenkbarer fiktiver Verbrauchsfolge. Im Übrigen ist auch die Spezialregelung des § 6 Abs. 1 Nr. 2a S. 3 EStG zu beachten, die – als eine Art „kodifizierte Missbrauchsregelung“ – ein „Hin- und Herspringen“ zwischen Lifo-Anwendung und Einzelbewertungsgrundsätzen nicht zulässt. All dies ergibt sich auch zwanglos dann, wenn man bei der Rechtsanwendung – so wie es dem historischen Gesetzgeber seinerzeit bei Begründung der Lifo-Metho-

21 Vgl. insbes. Herzig, DB 2014, 1756 sowie Drüen/Mundfortz, DB 2014, 2245. 22 Zur Diskussion vgl. insbes. Hildebrandt, DB 2011, 1999; Maren Schwarz sowie Sell, ifst-Schrift Nr. 498 (2014), 27–29, 46.

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de im Bilanzsteuerrecht „vorschwebte“ – die Verhinderung der Besteuerung von Scheingewinnen als Rechtfertigung erlaubt. Zwischenzeitlich lässt wohl auch die FinVerw in ihrem Entwurf eines Anwendungsschreibens die Lifo-Methode bei ver- oder bearbeiteten Erzeugnissen trotz Einsatz elektronischer Warenwirtschaftssysteme zu. Auch ist danach eine Kodierung der Ausgangs-, Zwischen- oder Endprodukte für die Anwendung der Lifo-Methode unschädlich. Bei Handelswaren dagegen scheint die FinVerw einer etwas engeren Sichtweise zu folgen. Letztlich wird insoweit aber erst der finale Anwendungserlass Antworten geben. 4. Neues BMF-Schreiben Die FinVerw ist derzeit mit der Bearbeitung eines bundeseinheitlichen Anwendungsschreibens zu Lifo befasst, dessen Regelungen in allen offenen Fällen angewandt werden sollen.23 Die FinVerw erlaubt dabei Lifo deutlich großzügiger als bislang in Betriebsprüfungen praktiziert. Es bleiben allerdings einige Anwendungswidersprüche, die ggf. noch bis zur Finalisierung des BMF-Schreibens bereinigt werden sollten. Bemerkenswert ist: – Die FinVerw erkennt das in § 6 Abs. 1 Nr. 2a EStG kodifizierte Wahlrecht unabhängig von der Anwendung in der Handelsbilanz oder im IFRS-Abschluss an. Auch EDV-gestützte Lagerhaltungssysteme hindern die Lifo-Anwendung im Grundsatz nicht (jedenfalls bei ver- oder bearbeiteten Erzeugnissen; der Maßstab bei Handelswaren soll strenger sein). – Der GoB-Vorbehalt in § 6 Abs. 1 Nr. 2a EStG wird als Missbrauchsgrenze in seiner Bedeutung relativiert. Deshalb erfolgt eine Anerkennungsversagung für Lifo nur bei „verderblichen Vorräten“. Dies sind solche, die eine Haltbarkeit von bis zu einem Jahr haben. – Die Zielsetzung „Vermeidung der Scheingewinnbesteuerung“ wird neben der Bewertungsvereinfachung von der FinVerw entsprechend dem Willen des historischen Gesetzgebers akzeptiert. Wie weit diese Scheingewinnbesteuerungsöffnung für Lifo-Anwendungen in der Praxis trägt, wird man abwarten müssen.

23 Der überarbeitete Erlass des BMF ist zwischenzeitlich am 12.5.2015 erschienen.

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III. Neue wichtige Rückstellungsjudikatur 1. Rückstellungen zur Nachbetreuung von Versicherungsverträgen (Fall 4) Steuerbilanzielle Rückstellungen für die Verpflichtung zur Nachbetreuung von Versicherungsverträgen sind in den letzten Jahren zu einem praktischen Dauerstreitthema geworden.24 Das BMF-Schreiben vom 20.11.201225 fasst die Rechtsprechungsgrundsätze auf Basis der BFHEntscheidung vom 19.7.201126 zusammen, hebt den früheren Nichtanwendungserlass vom 28.11.200627 auf, stellt aber dessen ungeachtet wohl nur einen Zwischenstand dar. Denn aktuell sind ergänzend zum BMF-Schreiben zwei weitere wichtige BFH-Judikate zu beachten. Dies ist zum einen BFH vom 12.12.201328, welches sich vor allem mit der Bewertung von Nachbetreuungsrückstellungen befasst. Zum zweiten ist die BFH-Entscheidung vom 27.2.201429 zu konstatieren, die vom III. Senat stammt und sich mit der Spezialthematik eines Handelsvertreters im Versicherungsbereich bei mehrstufigen Vertriebsstrukturen befasst. Es handelt sich um ein Lehrstück für Rückstellungsfragen. Sachverhalt: A ist als Handelsvertreter (§ 84 HGB) Mitarbeiter der X AG und vermittelt u.a. Versicherungsverträge. Er erhält dafür eine einmalige Provisionszahlung. Bei der Ermittlung seiner Einkünfte aus Gewerbebetrieb berücksichtigt er im Rahmen einer Verbindlichkeitsrückstellung den nachlaufenden Betreuungsaufwand aus Kranken- und Lebensversicherungsverträgen mit einmaliger Provisionszahlung (= Erfüllungsrückstand). Nach Diskussionen mit der BP reduziert A die ursprünglich gebildete Rückstellung deutlich und bemisst sie nach Maßgabe einer Schätzung auf Basis der Vertragsanzahl, der durchschnittlichen Vertragslaufzeit, den jährlichen Zeitaufwand und einem Stundensatz. Der so ermittelte Jahresbetrag wird bis zu Beginn der jeweiligen Erfüllung abgezinst. Die FinVerw lehnt die Rückstellung bei A schon dem Grunde nach ab, weil die vertragliche Betreuungspflicht nicht den A als vermittelnden Handelsvertreter, sondern die X AG als Unternehmer trifft.

24 Zur Rechtsentwicklung vgl. Adrian, StuB 2014, 483. Zur Nachbetreuungsleistung insgesamt Günkel/Bongarts, NWB BilStRecht, 2. Aufl. 2014, 1146 f. 25 BMF, Schr. v. 20.11.2012, BStBl. I 2012, 1100. 26 BFH, Urt. v. 19.7.2011 – X R 26/10, BStBl. II 2012, 856, welches 10 Leitsätze umfasst. 27 BMF, Schr. v. 28.11.2006, BStBl. I 2006, 765. 28 BFH, Urt. v. 12.12.2013 – X R 25/11, BStBl. II 2014, 517. 29 BFH, Urt. v. 27.2.2014 – III R 14/11, DStR 2014, 1593. Vgl. dazu Görke, BFH/ PR 10/2014, 339; Weber-Grellet, FR 2014, 941. Ergänzend zur Nachbetreuungsrückstellung bei sog. dynamisierten Lebensversicherungsverträgen auch BFH, Urt. v. 13.6.2014 – X R 248/13, StuB 2014, 911.

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Lösung des BFH: Der III. Senat des BFH lehnt im Grundsatz die Bildung einer Nachbetreuungsrückstellung bei A mangels vermutlich bestehender Rechtsverpflichtung ab, verweist den Fall aber zur weiteren Sachverhaltsklärung wegen der bestehenden mehrstufigen Vertriebsstruktur (A als Handelsvertreter, es bestehen mehrere Geschäftsstellen und die X AG ist verpflichteter Unternehmer) zurück an das FG. Die zentralen Rechtsaussagen des BFH werden in zwei Leitsätzen zusammengefasst: „1. Die Bildung einer Rückstellung wegen Erfüllungsrückstands – hier für die Verpflichtung zur Nachbetreuung von Versicherungsverträgen – setzt u.a. voraus, dass der Steuerpflichtige zur Betreuung der Versicherungen rechtlich verpflichtet ist. Bei einem Versicherungsmakler kommt als möglicher Rechtsgrund hierfür der Maklervertrag in Betracht. 2. Ein für einen Versicherungsmakler tätigen Handelsvertreter, der nicht selbst Vertragspartner der Maklerverträge wird, trifft aus diesen Maklerverträgen keine solche Nachbetreuungsverpflichtung.“

Die Begründung des BFH konzentriert sich im Wesentlichen auf die Ansatzfrage. Hinweise zur Rückstellungshöhe bei bestehender Sachleistungsverpflichtung werden nur kursorisch im Rahmen der „Segelanweisung“ an das FG gegeben. – Nur wenn eine rechtliche Verpflichtung des Steuerpflichtigen zur Nachbetreuung der Versicherungsnehmer besteht, muss eine steuerwirksame Rückstellung wegen Erfüllungsrückstand bei Erhalt der Abschlussprovisionen gebildet werden. Eine nichtpassivierungsfähige (bloße) Drohverlustrückstellung (§ 5 Abs. 4a EStG) liegt nicht vor. Tatsächliche Leistungen, die ohne Rechtspflicht erbracht werden, genügen zur Rückstellungsbildung nach Meinung des BFH nicht. Hier wird die Grenze des wirtschaftlichen Belastungsgrundes für steuerbilanzielle Rückstellungen erkennbar. Auch falls eine bestehende Rechtsverpflichtung unwesentlich sein sollte, ergibt sich ein „Rückstellungszwang“. – Eine Rechtsverpflichtung zur Nachbetreuung kann sich aus den konkreten vertraglichen Unterlagen – dies sind erstinstanzlich zu klärende Tatfragen – oder aus dem Gesetz ergeben. Beides war für den BFH nicht abschließend geklärt. Bei dem klassischen Rechtskonstrukt eines Handelsvertreters entsteht jedenfalls keine gesetzliche Nachbetreuungspflicht gegen den Kunden; denn eine eigene vertragliche Beziehung zum Kunden besteht nicht. Der Handelsvertreter vermittelt vielmehr nur Geschäfte zu einem anderen Unternehmer oder in dessen Namen. Dies kann bei einem Versicherungsmakler, der meist ein Dauerschuldverhältnis zum Versicherungsnehmer begründet, anders sein. Ein Anspruch des Steuerpflichtigen auf Folgeprovisionen schließt im Übrigen die Rückstellungsbildung aus. Im Ergebnis ist

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somit stets eine intensive Rechtsanalyse der gesetzlichen oder vertraglichen Nachbetreuungspflichten geboten.30 – In den mehr kursorischen Hinweisen zur Rückstellungshöhe nimmt der III. Senat des BFH Bezug auf die einschlägige Rechtsprechung des X. Senats (unter Einschluss des BFH v. 12.12.2013). Im Grundsatz sollen durch den Steuerpflichtige Aufzeichnungen zur Rückstellungshöhe vorgelegt werden.31 Fehlt es daran, steht die Nachbetreuungspflicht aber fest, kann der künftige Betreuungsaufwand aufgrund der individuellen Verhältnisse geschätzt werden, muss sich dann aber „im unteren Rahmen“ denkbarer Rückstellungshöhe bewegen. Insoweit besteht nunmehr eine Abweichung zur strengeren Rechtsauffassung der FinVerw im Schreiben vom 20.11.2011, wonach pauschalierende Ansätze für Bewertungszwecke nicht in Betracht kommen sollen. Die erforderliche Abzinsung bemisst sich nach Meinung des BFH „nach dem Zeitraum bis zur erstmaligen Erfüllung der Bestandspflegepflicht“.32 Schließlich können sich jährliche Anpassungen der Rückstellungshöhe ergeben. 2. Öffentlich-rechtliche Anpassungsrückstellungen (Fall 5) In seinem Grundsatzurteil vom 17.10.201333 lehnt der BFH eine öffentlich-rechtliche Anpassungsrückstellung bei einem Luftfahrtunternehmen mangels rechtlicher/wirtschaftlicher Außenverpflichtung zum Bilanzstichtag ab, sofern die gesetzliche/behördliche Anpassungsfrist für die durchzuführende Maßnahme nach dem Bilanzstichtag liegt. Es handelt sich um das Revisionsverfahren zu FG Düsseldorf vom 13.12.2010, welches im letzten Jahr bereits Erörterungsgegenstand auf dem Fachkongress war.34 Der BFH hat den Sachverhalt zur weiteren Sachverhaltsklärung an das FG zurückverwiesen. Dort wurde die Klage zwischenzeitlich vom Steuerpflichtigen zurückgenommen. Die beiden Leitsätze der Entscheidung, die die Rückstellungsbildung dem Grunde nach betreffen, lauten: „1. Eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung, die lediglich darauf gerichtet ist, die objektive Nutzbarkeit eines Wirtschaftsguts in Zeiträumen nach Ablauf des Bi-

30 S. ergänzend auch FG Rh.-Pf., Urt. v. 4.6.2013, EFG 2013, 1313, nrk., Az beim BFH: X R 27/13. 31 Hoffmann, StuB 2014, 509, spricht insoweit anschaulich von einem „Pflichtenheft“. 32 A.A. Weber-Grellet, FR 2014, 607, der von einer Art „Atomisierung“ der Bestandspflegeverpflichtung ausgeht. Dies ist m.E. unzutreffend. 33 BFH, Urt. v. 17.10.2013 – IV R 7/11, BStBl. II 2014, 302. 34 Vgl. Günkel, StbJb 2013/2014, 332.

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Prinz, Aktuelle Fälle des Bilanzsteuerrechts lanzstichtags zu ermöglichen, ist in den bis dahin abgeschlossenen Rechnungsperioden wirtschaftlich noch nicht verursacht. 2. Ist eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung am Bilanzstichtag bereits rechtlich entstanden, bedarf es keiner Prüfung der wirtschaftlichen Verursachung mehr, weil eine Verpflichtung spätestens im Zeitpunkt ihrer rechtlichen Entstehung auch wirtschaftlich verursacht ist.“

Es handelt sich um ein steuersystematisch wichtiges Rückstellungsjudikat. Das wirtschaftliche Verursachungskriterium als Begründungselement für das Entstehen einer Außenverpflichtung am Bilanzstichtag wird weiter relativiert. Bei einer rechtlich am Bilanzstichtag entstandenen Verpflichtung ist die wirtschaftliche Verursachung irrelevant; sie geht in ihrer rechtlichen Entstehung auf. I. und IV. Senat haben sich damit inhaltlich auf eine gemeinsame Beurteilungsleitlinie „verständigt“, was insgesamt der Rechtssicherheit im Rückstellungsbereich „guttut“.35 3. Rückstellungsbegrenzende Gegenrechnung künftiger Vorteile (Kippentgelte) (Fall 6) § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. c) EStG nimmt eine steuerbilanzielle Bewertungsbegrenzung einer Verbindlichkeitsrückstellung vor. Danach sind „künftige Vorteile, die mit der Erfüllung der Verpflichtung voraussichtlich verbunden sein werden, soweit sie nicht als Forderung zu aktivieren sind, bei ihrer Bewertung wertmindernd zu berücksichtigen“. Eine Interpretation der FinVerw dazu enthält R 6.11 Abs. 1 EStR 2012: „Die Gegenrechnung setzt voraus, dass am Bilanzstichtag nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalls mehr Gründe für als gegen den Eintritt des Vorteils sprechen. Die Möglichkeit, dass künftige wirtschaftliche Vorteile eintreten können, genügt für die Gegenrechnung nicht.“

Aktuell sind nun zwei neuere BFH-Judikate zur rückstellungsbegrenzenden Gegenrechnung künftiger Vorteile zu konstatieren, in denen unterschiedliche Akzentuierungen von I. und IV. Senat erkennbar werden. Ein Klassiker der Kompensationsthematik in der Bilanzierungspraxis sind die durch ein Abbauunternehmen erzielbaren Kippentgelte, die im

35 Zur weiteren Einordnung des Urteils s. U. Prinz, DB 2014, 80; Rogall/Dreßler, Ubg 2014, 759. Deutlich kritischer dagegen Euler/Hommel, BB 2014, 2475. In diesem Zusammenhang ist aktuell auch BFH, Urt. v. 2.7.2014 – I R 46/12, BStBl. II 2014, 979 = FR 2014, 1139 mit Anm. M. Prinz zu Ansammlungsrückstellungen (stichtagsbezogene Anpassung des Ansammlungszeitraums) zu beachten. Dazu Oser, DB 2014, 2487; U. Prinz, DB 2015, 147 (150); Thouet, DStR 2014, 2550; Paus, DStZ 2015, 94; El Mourabit, NWB 10/2015, 652.

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Hinblick auf den Rückstellungsaufwand für Rekultivierungsverpflichtungen möglicherweise begrenzend wirken. Sachverhalt: Ein Kiesausbeuteunternehmen bildet nach Maßgabe der Auflagen in der erteilten Kiesabbaugenehmigung für verschiedene Abbaugebiete in den Jahren 01 bis 03 Rückstellungen für Rekultivierung. Die FinVerw erkennt die Rückstellungen nicht an, weil künftige Einnahmen aus Kippgebühren gegenzurechnen seien und den voraussichtlichen Rekultivierungsaufwand überkompensieren. Die dem Kiesausbeuteunternehmen erteilten Rekultivierungsauflagen sehen eine Auffüllung, Planierung und Bepflanzung der abgebauten Flächen vor.

Lösung des BFH: Der BFH bestätigt in seinem ausführlich begründeten Nichtzulassungsbeschluss vom 21.8.201336 die Sichtweise der FinVerw in R 6.11 Abs. 1 EStR und stellt an den „Kompensationskonnex“ letztlich nur geringe Anforderungen. Grundsätzliche Bedeutung hat die aufgeworfene Rechtsfrage nach Meinung des I. Senats nicht. Es reicht aus BFH-Sicht für gegenzurechnende künftige Vorteile – konkret sog. Kippentgelte im Zusammenhang mit einer Rekultivierungsverpflichtung – bereits aus, „wenn mehr Gründe für als gegen den Vorteilseintritt sprechen“. Den Abschluss schuldrechtlicher Verträge als Erfordernis einer Rückstellungsbegrenzung hält der I. Senat – entgegen den Vorstellungen des historischen Gesetzgebers in der Gesetzesbegründung – für nicht erforderlich. Dies habe als Tatbestand keinen Niederschlag im Wortlaut der Norm gefunden. Zentralargument des BFH ist: Mit der aufwandsverursachenden Verpflichtung nahezu sicher einhergehende Einnahmen mindern deren Belastungswirkung. Kritik: Der IV. Senat des BFH nimmt in seiner Entscheidung vom 17.10.201337 bezogen auf künftige Chartereinnahmen eines Luftfahrtunternehmens im Rahmen öffentlich-rechtlicher Anpassungsverpflichtungen eine andere Akzentuierung als der I. Senat vor. Danach sind bei der Rückstellungsbewertung „künftige Vorteile nur dann wertmindernd zu berücksichtigen, wenn zwischen ihnen und der zu erfüllenden Verpflichtung ein sachlicher Zusammenhang besteht, der über den allgemeinen Zusammenhang mit dem laufenden Betrieb hinausreicht.“ Dies bedarf weiterer Ausdifferenzierung. Die allgemeine Möglichkeit künftiger Einnahmeerzielung nach Maßgabe des Going Concern-Konzepts reicht zur verpflichtungsbezogenen Gegenrechnung nach Meinung des IV. Senats nicht aus. Auf der anderen Seite wird eine engere „unmittelbare Verbindung“ zwischen Vorteilseintritt und Verpflichtungserfüllung auf Basis der geltenden Rechtslage nicht verlangt. Das Vertragser36 BFH, Beschl. v. 21.8.2013 – I B 60/12, BFH/NV 2014, 28. 37 BFH, Urt. v. 17.10.2013 – IV R 7/11, BStBl. II 2014, 302.

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fordernis bleibt allerdings auch in der Entscheidung des IV. Senats offen. In der Literatur werden in diesem Zusammenhang Vorschläge zu einem Sicherheitsabschlag auf künftige Vorteile aus Vereinfachungsgründen erwogen, ohne dass dafür eine erkennbare gesetzliche Grundlage benannt werden kann.38 Letztlich dürften sich derartige Vorteilskürzungen nur im Rahmen sachgerechter Bewertungsspielräume rechtfertigen lassen. 4. Keine Rückstellung für Kosten freiwilliger Jahresabschlussprüfung (Fall 7) Im Folgenden soll ein neues wichtiges und praxisrelevantes BFH-Urteil, datierend auf den 5.6.201439 zu Prüfungskosten für den Jahresabschluss in den Blick genommen werden. Sachverhalt: Eine KG bildet für die Jahre 2002–2004 in ihrer Handelsbilanz (= Steuerbilanz) Rückstellungen für die Prüfung des Jahresabschlusses auf gesellschaftvertraglicher Grundlage, also ohne gesetzliche Verpflichtung. § 8 Nr. 1 des Gesellschaftsvertrages lautet: Die Geschäftsführung hat den Jahresabschluss bis zum 15. Mai des nachfolgenden Geschäftsjahres aufzustellen und von einem Angehörigen der wirtschafts- oder steuerberatenden Berufe auf den sich die Gesellschafter einigen, prüfen zu lassen. Die FinVerw erkennt die steuerbilanzielle Rückstellung nach einer Außenprüfung nicht an. Zu Recht?

Lösung des BFH: Der BFH versagt in seinem Urteil vom 5.6.2014 die steuerliche Rückstellungsbildung. Der Leitsatz des Urteils lautet: „Für die Verpflichtung zur Prüfung des Jahresabschlusses einer Personengesellschaft darf eine Rückstellung nicht gebildet werden, wenn diese Verpflichtung ausschließlich durch den Gesellschaftsvertrag begründet worden ist.“

In der Begründung seiner Entscheidung stellt der BFH vor allem auf folgende Gesichtspunkte ab: – Es besteht keine „Außenverpflichtung gegenüber einem Dritten“, sondern lediglich eine freiwillige Selbstverpflichtung der Gesellschafter (= nicht zulässige Aufwandsrückstellung). – Die Einklagbarkeit der gesellschaftsvertraglich begründeten Prüfungspflicht ist unerheblich und begründet keine Außenverpflichtung. 38 S. etwa Pfeiffer/Heggemann, DStR 2014, 1070: Künftige Vorteile sind nur zu berücksichtigen, falls sie bezogen auf einen dreijährigen Prognosezeitraum 50.000 Euro oder 10 % des Rückstellungsbetrages überschreiten. Vgl. auch Brank/Hasenclever, DStR 2011, 637; Lüdenbach, StuB 2014, 736. 39 BFH, Urt. v. 5.6.2014 – IV R 26/11, BStBl. II 2014, 886. Zu Erläuterungen dazu U. Prinz, DB 2014, 2188 und DB 2015, 151; Oser, DStR 2014, 2309; Adrian, StuB 2014, 791; Hennrichs, StuW 2015, 65.

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– Das eine Personengesellschaft zivilrechtlich als „selbstständiges Rechtssubjekt“ behandelt wird, steht dem nicht entgegen, da es lediglich um eine auf das Innenverhältnis ausgerichtete Vertretungsregelung geht. Kritische Anmerkung: Das BFH-Urteil kommt m.E. zu einem vertretbaren Ergebnis, ist letztlich aber nicht überzeugend. Der Betriebsausgabenabzug für „freiwillige Prüfungskosten“ bleibt von der Entscheidung des BFH unberührt. Zunächst einmal erscheint die Ausstrahlung auf die Handelsbilanzpraxis fraglich. Das IDW fordert in einem Rechnungslegungshinweis40 bislang auch für privatrechtliche Prüfungen eine verpflichtende Rückstellungsbildung, denn im Verhältnis zur Gesellschaft sind die Gesellschafter Dritte. Eine sachgerechte Abbildung der „tatsächlichen Verhältnisse“ verlangt wegen vergangenheitsbezogener Verursachung der Prüfungspflicht eine handelsbilanzielle Rückstellung. Dies gilt nach Meinung des IDW weiter, und zwar sowohl für nicht prüfungspflichtige haftungsbeschränkte Personenhandelsgesellschaften als auch für entsprechende Kapitalgesellschaften. Im Weiteren strahlt die Entscheidung des BFH sicherlich nicht auf Kosten für die Verpflichtung zur Bilanzaufstellung sowie auf gesetzlich verpflichtende Jahresabschlussprüfungen aus. M.E. ist eine steuerbilanzielle Rückstellung auch notwendig für durch ein Kreditinstitut begründete Prüfungsverpflichtungen. Derartige Rechtsverpflichtungen werden in der Praxis häufig in Darlehensverträgen konstituiert. Hinzukommt, dass die gesellschaftsrechtliche Prüfungsverpflichtung häufig durch Beauftragung des Abschlussprüfers im laufenden Geschäftsjahr/Wirtschaftsjahr in Gang gesetzt wird, so dass eine faktische Belastung des Prüfungsunternehmens m.E. in derartigen Fällen zur steuerbilanziellen Rückstellungsbildung zwingt. Schließlich ist zu beachten, dass der Gesetzgeber bei Organschaftssachverhalten im Rahmen der kleinen Organschaftsreform kürzlich eine Fehlerkorrektur gem. § 14 Abs. 1 Nr. 3 S. 5 KStG zugelassen hat, die auf eine freiwillige Prüfung des Jahresabschlusses oder die Bescheinigung eines StB/WP über die Erstellung eines Jahresabschlusses mit umfassender Beurteilung eine „Heilungswirkung“ entfaltet. Insoweit können neben Kapitalgesellschaften auch Personengesellschaften als Organträger betroffen sein. Insoweit entsteht eine „faktische Steuernotwendigkeit“ der Prüfung, die m.E. eine steuerbilanzielle Rückstellungsbildung erfordert, zumindest vertretbar sein lässt.

40 IDW RH HFA 1.009 (Stand 23.6.2010).

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5. Leitlinien der Rückstellungsbildung41 Versucht man einmal aus der Vielzahl neuerer BFH-Urteile zu Rückstellungen einige Leitlinien „herauszukristallisieren“, so lässt sich festhalten: – Steuerbilanzielle Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten setzen nach Maßgabe der handelsrechtlichen GoB (§ 249 Abs. 1 S. 1 HGB, § 5 Abs. 1 S. 1 EStG) eine am Bilanzstichtag rechtlich/wirtschaftlich entstandene Außenverpflichtung voraus. Dies ist Zentralkriterium der Rückstellungsbildung. Für „bloße“ drohende Verluste aus schwebenden Geschäften darf mangels Realisation abweichend zur Handelsbilanz keine steuerbilanzielle Rückstellung gebildet werden (§ 5 Abs. 4a EStG). Der steuerwirksame Aufwand (= Betriebsausgabe, § 4 Abs. 4 EStG) wird erst mit der tatsächlichen Vertragsabwicklung effektuiert. Die Abgrenzung kann im Detail schwierig sein. – Eine am Bilanzstichtag realisierte Belastung aufgrund gesetzlicher oder vertraglicher Verpflichtungen muss im Regelfall rechtlich entstanden sein. Eine vorangehende wirtschaftliche Verursachung ist im Einzelfall denkbar. Rechtliche Entstehung und wirtschaftliche Verursachung der Verpflichtung fallen meist zusammen. In der jüngeren Rechtsprechung des BFH ist das Kriterium der wirtschaftlichen Verursachung deshalb stark relativiert worden. Als Ausgangspunkt einer Rückstellungsbeurteilung muss stets die rechtliche Verpflichtungsstruktur analysiert und wirtschaftlich gewürdigt werden. Es findet eine Art ökonomische Wertung der bestehenden Rechtsverpflichtungen statt. Dabei muss der Vergangenheitsbezug objektivierbar sein. Betriebswirtschaftlichen Alimentationsgedanken, wonach zukünftige Ausgaben mit bereits realisierten Erträgen zusammenhängen müssen, hat die jüngere BFH-Rechtsprechung dagegen im Grundsatz eine Absage erteilt.42 Für die Bewertung echter Ansammlungsrückstellungen gelten steuergesetzliche Sonderregeln (§ 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. d EStG). – Die Wesentlichkeit einer wirtschaftlichen Belastung ist kein steuerbilanzielles Rückstellungserfordernis. Umgekehrt bedeutet dies: Auch unwesentliche wirtschaftliche Einzelbelastungen sind rückstellungsfähig. Anders lautende FinVerw-Auffassungen hat der BFH zu Recht abgelehnt. Nur unter Vereinfachungsgesichtspunkten und im 41 Vgl. dazu auch U. Prinz, Datev-Magazin 372012, 34; U. Prinz, DB 2011, 492 sowie DB 2015, 151. 42 Zu Nachweisen vgl. U. Prinz, DB 2014, 81. Konkret vgl. auch BFH, Urt. v. 8.9.2011 – IV R 5/09, BStBl. II 2012, 122 Rz. 36.

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Hinblick auf einen verwaltungsökonomischen Steuervollzug können Wesentlichkeitsaspekte steuerbilanzierungsrelevant sein. – Für nicht aktivierungsfähige Herstellungskosten eines immateriellen Wirtschaftsguts (§ 5 Abs. 2 EStG) ist eine steuerwirksame Verbindlichkeitsrückstellung möglich. Nur wenn ein Aktivposten anzusetzen ist, schließt § 5 Abs. 4b S. 1 EStG die Rückstellungsbildung aus. – Eigenbetrieblicher Aufwand, der eine „Verpflichtung gegenüber sich selbst“ beinhaltet, ist nicht rückstellungsfähig. Die vor Geltung des BilMoG handelsbilanziell zulässigen Aufwandsrückstellungen (§ 239 Abs. 2 HGB a.F.) wurden steuerbilanziell nie anerkannt. Demgemäß ist auch Aufwand für die eigene künftige Arbeitsleistung nicht in die Rückstellungen einzubeziehen. – Werden dem Grunde oder der Höhe nach ungewisse Verpflichtungen von einem Erwerber gegen Entgelt übernommen (etwa durch Schuldfreistellung, Schuldübernahme oder Schuldbeitritt) gelten die in den letzten Jahren meist aus fiskalischen Gründen vom Steuergesetzgeber eingeführten Passivierungsbegrenzungen (wie etwa § 5 Abs. 4a, § 6 Abs. 1 Nr. 3a, § 6a EStG) bei der Folgebilanzierung unverändert. Aufgrund gesetzlicher Anordnung in § 5 Abs. 7 EStG führt ein Anschaffungsvorgang auf der Passivseite der Bilanz ungeachtet fremdüblicher Ausgestaltung zu einem „Erwerbsgewinn“, der wahlweise durch den Steuerpflichtigen auf bis zu 15 Jahre „gestreckt“ werden kann. Wegen Verstoß gegen die Erfolgsneutralität des Anschaffungskostenprinzips handelt es sich insoweit um einen „Grundsatz ordnungswidriger Bilanzierung“. Auf der Veräußererseite sieht § 4f EStG entgegen dem Realisationsprinzip eine zwingende Aufwandsverteilung vor.43 Zur Auslegung von §§ 5 Abs. 7, 4f EStG ist dem Vernehmen nach ein klärendes BMF-Schreiben geplant. – Für die steuerbilanzielle Rückstellungsbewertung ist § 6 Abs. 1 Nr. 3a EStG zu beachten. Allerdings soll der Maßgeblichkeitsgrundsatz steuerbilanzielle Rückstellungen (mit Ausnahme der Pensionsrückstellungen) nach Meinung der FinVerw auf Höhe des handelsbilanziellen Rückstellungsansatzes „kappen“ (so R 6.11 Abs. 3 EStR mit einem Verteilungswahlrecht für insoweit aufzulösende Altrückstellungen). M.E. ist dieses Rechtsverständnis zur „überlagernden Maßgeblichkeit“ unzutreffend, muss aber dessen ungeachtet für steuerbilanzielle Passivierungsfragen in der Praxis beachtet werden. 43 Vgl. zur Sicht der FinVerw OFD Magdeburg, Vfg. v. 2.6.2014, DStR 2014, 1546. Zur Einordnung der Normen und zur zeitlichen Geltung (§ 52 Abs. 8 und 9 EStG) vgl. Schlotter/Hörhammer, StbJb 2013/2014, 292–323; U. Prinz/ Hörhammer, StbJb 2012/2013, 307–337; Förster/Staaden, Ubg 2014, 1; Schindler, GmbHR 2014, 561 und 786; Schultz/Debnar, BB 2014, 107.

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– Die steuerbilanzielle Abzinsungspflicht für bestimmte Geld- und Sachleistungsverpflichtungen ist vom BFH trotz Bewertung mit Stichtagspreisen vollumfänglich „abgesegnet“ worden. Deren Verfassungsmäßigkeit wurde durch den BFH bestätigt. Der Kerngedanke der Abzinsung ist: Eine erst in Zukunft zu erfüllende Verpflichtung belastet den Schuldner typisiert betrachtet weniger als eine sofortige Leistungspflicht. Völlig rechtlich ausgeleuchtet erscheint das Abzinsungsthema allerdings ungeachtet der BFH Detailüberlegungen m.E. noch nicht. Auch die vom Steuergesetzgeber fixierten Normzinssätze (5,5 % gem. § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. e EStG sowie 6 % für Pensionsrückstellungen, § 6a Abs. 3 EStG) erscheinen in Anbetracht der gegenwärtigen Marktverhältnisse deutlich überhöht.44 Dies sollte bei „steuerlichen Abwehrüberlegungen“ beachtet werden. – Rückstellungen müssen in Grund und Höhe konkret, spezifiziert und aussagekräftig dokumentiert werden. Angemessene Schätzungen sind dabei zulässig. Belegnachweise, Verprobungen u.ä., die einer Betriebsprüfung vorgelegt werden können, erscheinen ratsam. All dies liegt im „Verantwortungsbereich“ des Steuerpflichtigen. Er trägt im Zweifel die objektive Beweislast für den rückstellungsrelevanten Aufwandsabzug.

IV. Zum Schluss: Kurzer aktueller Streifzug durchs Bilanzrecht 1. Das geplante Bilanzrichtlinien-Umsetzungsgesetz (BilRUG) sowie die EU-Abschlussprüferreform In der „Handelsbilanz-Community“ wird derzeit intensiv der Referentenentwurf eines BilRUG vom 28.7.2014 zur Umsetzung der EU-Bilanzrichtlinie 2013/94/EU vom 26.6.2013 (Zusammenfassung und Weiterentwicklung 4./7. EG-Richtlinie), der zwischenzeitlich durch den Regierungsentwurf eines BilRUG vom 7.1.2015 fortentwickelt wurde, diskutiert.45 Die Richtlinie muss in deutsches Recht bis zum 20.7.2015 umgesetzt werden und soll deshalb größtenteils erstmalige Geltung für nach dem 31.12.2015 beginnende Geschäftsjahre erlangen. Laut BMJV (Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz) erfolgen im

44 Vgl. mit Blick auf Rechtsänderungen in Österreich (Festzins von 3,5 %) Velte, Ubg 2015, 1. 45 Vgl. zur Einordnung des BilRUG und ersten Konsequenzen Oser/Orth/Wirtz, DB 2014, 1877; Zwirner, DStR 2014, 1784, 1843 sowie 1889; Lüdenbach/Freiberg, BB 2014, 2219; Wulf, DStZ 2014, 635. Zum fortentwickelten Regierungsentwurf s. Kirsch, DStZ 2015, 103; Zwirner, DStR 2015, 375; Schiffers, GmbH-StB, 45; Oser/Orth/Wirtz, DB 2015, 197.

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BilRUG nur „punktuelle Änderungen“ der handelsrechtlichen Rechnungslegung, keine strukturellen Veränderungen. Vor allem die größenabhängigen Erleichterungen der §§ 267, 293 HGB können bereits für das Geschäftsjahr 2014 angewendet werden (Wahlrecht), allerdings nur im Zusammenspiel mit der Neudefinition der Umsatzerlöse in § 277 HGB-E. Für Konzerne und verbundene Unternehmen erscheint die modifizierte Befreiung von der Aufstellungspflicht für Einzelabschlüsse in § 264 Abs. 3, 4 HGB-E besonders bedeutsam (Einstehen für „eingegangene Verpflichtungen“ statt „Verlustübernahme nach § 302 AktG“). Auch die neue Ausschüttungssperre des § 272 Abs. 5 HGB-E bei phasengleicher Ergebnisvereinnahmung wird größere praktische Bedeutung erlangen. Eine Umsetzung der in der EU-Bilanzrichtlinie zugelassenen wirtschaftlichen Betrachtung sowie des Wesentlichkeitsgrundsatzes fehlt bislang. Der BilRUG-Gesetzesentwurf ist lt. seiner Begründung auf Steuerneutralität angelegt.46 Noch ein Hinweis am Rande: Die Änderungsrichtlinie 2014/56/EU vom 16.4.2014 zur EU-Abschlussprüfer-Richtlinie 2006/43/EG, die bis zum 17.6.2016 verbindlich in den Mitgliedsstaaten umgesetzt werden muss, sowie die EU-Abschlussprüferverordnung Nr. 537/2014 vom 16.4.2014 (verbindlich anzuwenden ab 17.7.2014) wird erhebliche Auswirkungen für den Berufsstand der Wirtschaftsprüfer mit Folgewirkungen für die Steuerberatung haben. Denn es gibt eine europäische Verbotsliste für Nicht-Prüfungsleistungen bei Unternehmen des öffentlichen Interesses, die auch Steuerberatungsleistungen umfasst, allerdings nationale Anpassungsmöglichkeiten zulässt. Das Spektrum des Abschlussprüfers eines kapitalmarktrelevanten Unternehmens für Steuerberatungsleistungen wird dadurch deutlich eingeengt. Die Entwicklung insoweit bleibt abzuwarten.47 2. Gimle-Entscheidung des EuGH vom 3.10.2013 Der EuGH befasst sich nicht allzu häufig mit europäischen Bilanzrechtsfragen. Tut er dies, so werden seine Entscheidungen besonders aufmerksam zur Kenntnis genommen. So haben etwa das Tomberger Judikat vom 27.6.199648 zur phasengleichen Ergebnisvereinnahmung so-

46 Vgl. zu Details Adrian, Ubg 2014, 590. 47 Vgl. dazu etwa Lanfermann, BB 2014, 1771; Naumann/Herkendell, WPg 2014, 177. 48 EuGH, Urt. v. 27.6.1996 – Rs. C-234/94 – Tomberger/Gebrüder von der Wettern, DStR 1996, 1093 mit Urteilsberichtigungsbeschluss v. 10.7.1997, GmbHR 1997, 798. Dazu auch Weber-Grellet in Herzig (Hrsg.), Europäisierung des Bilanzrechts, 1997, 95–104.

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wie die BIAO-Entscheidung vom 7.1.200349 zum „true and fair view“ mit Abgrenzung Wertaufhellung/Wertbeeinflussung eine gewisse „Berühmtheit“ erlangt. Zu konstatieren ist nun aktuell die Gimle-Entscheidung des EuGH vom 3.10.201350, wonach auf Basis der 4. Richtlinie keine Fair-Value-Bewertung erforderlich ist. Der EuGH spricht sich vielmehr ganz in der kontinental europäischen Rechtstradition für die Geltung des Anschaffungs- oder Herstellungskostenprinzips aus, welches er aus dem „Grundsatz der Bilanzwahrheit“ (True and Fair View) ableitet. Der Gimle-Entscheidung lag ein belgischer Fall zugrunde, in dem es um eine Sacheinlage „unter Wert“ ging (Ertrag oder Einlage). Der EuGH hat damit dem Vorsichts- und Realisationsprinzip ausdrücklich europäische Geltung verliehen. 3. Bilanzierung von Mehrkomponentengeschäften Im modernen Wirtschaftsleben sind zunehmend komplexe Geschäftsmodelle mit hybriden Leistungsbündeln – mehrere unterschiedlich ausgestaltete Rechtsgeschäfte werden miteinander kombiniert – anzutreffen, die einer sachgerechten bilanziellen Abbildung bedürfen. Dies betrifft etwa den Automobilbereich, Telekommunikationsunternehmen sowie die Software- und Pharmabranche. Dem trägt aktuell der im Mai 2014 von IASB und FASB gemeinsam veröffentlichte Standard „IFRS 15-Umsatzerlöse aus Verträgen mit Kunden“51 Rechnung. Dabei werden die vielfältigen Mehrkomponentengeschäfte in der internationalen Rechnungslegung mit einem „5-Schritt-Modell“ seziert. Kern dabei ist die Aufteilung einer Gegenleistung in mehrere Geschäfte. Möglicherweise zeichnen sich im Steuerbilanzrecht ähnliche Entwicklungen ab. Zu konstatieren ist ein solcher Beurteilungstrend etwa im Automobilbereich. Das BMF-Schreiben vom 12.10.201152 befasst sich nämlich im Anschluss an BFH vom 17.11.201053 mit gekoppelten Rechtsgeschäften, konkret einem Kfz-Verkauf mit Rückverkaufsoption, deren Wert ggf. aus dem Gesamtentgelt „abzuspalten“ ist. Die Finanzverwaltung lässt in diesem Zusammenhang nun aktuell die Möglichkeit eines einver49 EuGH, Urt. v. 7.1.2003 – Rs. C-306/99 – BIAO, DB 2003, 181. Folgeentscheidung dazu ist BFH, Urt. v. 15.9.2004 – I R 5/04, DB 2005, 311. 50 EuGH, Urt. v. 3.10.2013 – Rs. C-322/12 – GIMLE SA, IStR 2014, 24. Eingehender dazu Schulze-Osterloh, NZG 2014, 1; Dziadkowski, IStR 2014, 464; Eggert, IWB 2013, 112; Schön u.a., JbFSt 2014/2015, 17–24; Zur Zurückhaltung des EuGH auf dem Gebiet des Bilanzrechts vgl. auch Hoffmann, StuB 2015,1. 51 Vgl. dazu etwa Pellens, WPg 17/2014, Editorial. 52 BStBl. I 2011, 967. 53 I R 83/09, BStBl. II 2011, 812.

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nehmlichen Verzichts der Vertragsparteien auf einem gesonderten bilanziellen Ausweis der Option zu (Nichtbeanstandungsregelung bezogen auf das einzelne Fahrzeug).54 Derartige Mehrkomponentenfragen werden zunehmend im Steuerbilanzrecht Bedeutung erlangen. Der Praktiker wird es als misslich empfinden, wenn bspw. Ertrag- und Umsatzsteuerrecht völlig unterschiedliche Wege beschreiten. 4. Streitfeld Bewertungseinheiten Es treten vermehrt Themen in Betriebsprüfungen zu § 5 Abs. 1a S. 2, Abs. 4a S. 2 EStG sowie deren handelsbilanziellen Grundlagen (§ 254 HGB) auf, die im Ergebnis offen sind55. In Streit stehen derzeit etwa gehedgte Auslandsbeteiligungen, bei denen diverse Einzelfragen der Absicherung gegen Währungskursrisiken im Zusammenhang mit den außerbilanziellen Korrekturen gem. § 8b KStG in Rede stehen.56 Auch werden Themen wie Handels-Portfolien bei Energiehändlern und Banken oder sog. Credit link notes57 intensiv diskutiert. Vermutlich wird erst die BFHRechtsprechung späterhin Klarheit bringen. 5. Praxisfortschritte bei Umsetzung der E-Bilanz Im BMF-Schreiben vom 13.6.201458 stellt die Finanzverwaltung eine weiterentwickelte Taxonomie 5.3 vor, die für Wirtschaftsjahre gelten soll, die nach dem 31.12.2014 beginnen. Die jeweilige Taxonomie-Version ist dabei jeweils nur für ein Wirtschaftsjahr zu verwenden. Ab 2015 werden erstmals eigenständige E-Bilanz-Datensätze für alle in- und ausländischen Betriebsstätten, Sonder- und Ergänzungsbilanzen sowie Kapitalkontenentwicklungen bei Personengesellschaften verlangt. Dies dürfte erneut erheblichen Umstellungsaufwand bei den betroffenen Unternehmen nach sich ziehen.59

54 So OFD NRW, Vfg. v. 25.7.2014, DB 2014, 177 und Bayerisches Landesamt für Steuern, Vfg. v. 13.8.2014, DB 2014, 2077. 55 Vgl. etwa OFD Rheinland, Vfg. v. 11.3.2011, DB 2011, 737 sowie OFD Frankfurt, Vfg. v. 22.3.2012, DStR 2012, 1389. 56 Vgl. eingehend Teiche, DStR 2014, 1737. 57 Vgl. Meinert/Helios, DB 2014, 1697 in Analyse von FG Niedersachsen, Urt. v. 24.10.2013, EFG 2014, 123. 58 BStBl. I 2014, 886. 59 Vgl. Schäperclaus/Hülshoff, DB 2014, 2421.

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5. Leitthema: Internationales Steuerrecht

Das neue BMF-Schreiben zur abkommensrechtlichen Beurteilung von Personengesellschaften Leitender Regierungsdirektor Franz Hruschka München Professor Dr. Jochen Lüdicke Rechtsanwalt, Steuerberater und Fachanwalt für Steuerrecht, Düsseldorf* Inhaltsübersicht A. Einführung (Lüdicke) B. Rechtsnormabhängige Einkünfte im Abkommensrecht (Hruschka) I. Konsequenzen aus der geänderten Beurteilung II. Anwendungsbereich des § 50i EStG C. Unternehmensgewinne i.S.d. Art. 3 Abs. 1 lit. c OECD-MA (Hruschka) I. Grundsatz II. Geschäftsleitende Holdingaktivitäten III. Atypisch stille Beteiligung D. Unternehmen eines Vertragsstaates (Hruschka)

E. Zuordnung von Einkünften und Wirtschaftsgütern (Hruschka) I. Verwaltung 1. Gesamthandsvermögen 2. Sonderbetriebsvermögen, für das kein Entgelt von der Gesamthand gezahlt wird 3. Entgeltlich überlassenes Sonderbetriebsvermögen I II. Die Rechtsprechung F. Sondervergütungen (Lüdicke) I. Überblick II. Qualifikationsrechtliche Konflikte 1. Problembereich 2. Beispielsfall

A. Einführung (Lüdicke) Personengesellschaften sind nach deutschem Steuerrecht weder einkommen- noch körperschaftsteuerpflichtig und sind damit trotz der Gewerbesteuerpflicht, die aber auf inländische Betriebsstätten beschränkt ist, keine im Sinne eines Doppelbesteuerungsabkommens (DBA) ansässige Personen (Art. 4 Abs. 1 OECD-MA). Die von ihnen erzielten gewerblichen Einkünfte werden vielmehr den Gesellschaftern anteilig zugerechnet (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG). In zahlreichen anderen Staa* Prof. Dr. Jochen Lüdicke ist Partner bei Freshfields Bruckhaus Deringer LLP, Düsseldorf und LRD Franz Hruschka ist Leiter der Abteilung Betriebsprüfung des Finanzamts München.

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ten1 unterliegen Personengesellschaften dagegen zwingend oder optional der Körperschaftsteuer und werden für DBA-Zwecke dementsprechend als ansässig behandelt. Behandelt also ein ausländischer Sitzstaat die Personengesellschaft, an der ein Inländer beteiligt ist, als steuerlich intransparent und abkommensberechtigt, ergibt sich die Frage der Schlussfolgerungen für die Abkommensberechtigung und Zuordnung der Einkünfte für diese Personengesellschaft aus deutscher Sicht. Das BMF-Schreiben vom 26.9.2014 beantwortet diese Frage mit der Anwendung der deutschen Sichtweise der steuerlichen Transparenz – die Einordnung der Gesellschaft als eine Personen- oder Körpergesellschaft erfolgt dabei nach dem sog. Rechtstypenvergleich2. Bei einer Einordnung als Personengesellschaft wendet die Finanzverwaltung die allgemeinen Grundsätze mit der Folge an, dass die Personengesellschaft aus deutscher Sicht nicht abkommensberechtigt ist und die Einkünfte auch für abkommensrechtliche Zwecke den Gesellschafter zugeordnet werden3. Das BMF-Schreiben entscheidet sich damit für eine anwenderstaatsorientierte Auslegung im Rahmen des Art. 3 Abs. 2 OECD-MA und gegen eine abkommensautonome Betrachtung mit der Ablehnung einer sog. subjektiven Qualifikationsverkettung4. Angesichts dieser Handhabung kann sich ein sog. subjektiver Qualifikationskonflikt ergeben, weil der andere Vertragsstaat eine andere steuerliche Bewertung der Personengesellschaft vornimmt. Nicht alle Verwerfungen, die sich aus diesem Konflikt ergeben, kann das BMF-Schreiben glätten. Das folgende Beispiel soll einige dieser Problemfelder illustrieren: An der inländischen A-KG sind der Inländer I und der in Staat Y ansässige Ausländer A beteiligt. Die A-KG ist an der im Staat X ansässigen X-KG beteiligt. Der andere Gesellschafter der X-KG ist der ebenfalls im Staat X ansässige Z. Die A-KG wiederum ist an der deutschen B-KG beteiligt. Alle Gesellschaften sind originär gewerblich tätig. Der Staat X behandelt die X-KG als steuerlich intransparent und damit abkommensberechtigt und rechnet ausländische Steuern an. Aus deutscher Sicht dagegen ist die X-KG im Rahmen des Rechtstypenvergleichs als transparente Personengesellschaft (Mitunternehmerschaft) zu behandeln.

1 Eine Aufzählung von Staaten, in denen Personengesellschaften als abkommensberechtigt behandelt werden können, findet sich in der Anlage zum BMFSchreiben v. 26.9.2014; Az: IV B 5 – S 1300/10003 2014/0599097, BStBl. I 2014, 1258. 2 Vgl. BMF v. 26.9.2004, BStBl. I 2014, 1258, Tz. 1.2 (Tz. ohne ausdrückliche Nennung der Quelle beziehen sich auf das aktuelle BMF-Schreiben v. 26.9.2014). 3 Tz. 4.1.4.1.; vgl. Hochheim, Der Typusvergleich aus europarechtlicher Sicht, Diss. Köln, Peter Lang Verlag, 2009, S. 47 ff. 4 Vgl. dazu auch BFH, Urt. v. 25.5.2011 – I R 95/10, BStBl. II 2014, 760.

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Lösung: Die Anwendung der allgemeinen Grundsätze der transparenten Besteuerung auf die im Inland ansässigen mit dem BMF-Schreiben5 hat zur Folge, dass der anteilige Unternehmensgewinn (im Sinne des Betriebsstättengewinns) der X-KG in der Regel von der deutschen Besteuerung ausgenommen ist6. Die B-KG ist als Betriebsstätte der X-KG zu klassifizieren – für diese Einkünfte besitzt Deutschland das Besteuerungsrecht (Art. 7 Abs. 1 Satz 1 OECD-MA). Zahlungen der X-KG an die A-KG stellen aus der intransparenten Sichtweise des Staates Y Dividenden i.S.d. Art. 10 OECD-MA dar, während es sich aus deutscher Sicht um steuerfreie Entnahmen handelt und Y für die auf die Gewinne der B-KG entfallenden Dividenden kein Besteuerungsrecht haben sollte. Wegen der aus Sicht des Staates X bestehenden Abkommensberechtigung der X-KG sollte dieser einen Anspruch auf Feststellung der auf sie entfallenden Gewinnanteile der B-KG in Deutschland zustehen7. Aufgrund der steuerlichen Transparenz der Personengesellschaften erfolgt die deutsche Besteuerung der auf die X-KG entfallenden Gewinnanteile an der B-KG nicht bei dieser mit der Körperschaft- und Gewerbesteuer – die Gewinnanteile sind vielmehr jeweils hälftig dem Z und der A-KG zuzurechnen8 und bei den Gesellschaftern der A-KG der Einkommensteuer zu unterwerfen.

5 Tz. 4.1.4.1. 6 Tz. 4.1.4.1 i.V.m. Tz. 4.1.1. 7 Ggf. abweichend Tz. 6.1, in der allein auf die Feststellung der Einkünfte der inländischen Beteiligten abgestellt wird. 8 Tz. 4.1.4.1 i.V.m. Tz. 4.1.1.

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Hruschka/Lüdicke, Das neue BMF-Schreiben zu Pers.Ges. Dabei ergibt sich das Problem, dass eine Anrechnung der bei der B-KG angefallenen Gewerbesteuer über § 35 EStG bei den Gesellschaftern der A-KG nicht möglich ist, da die Zahlungen der X-KG an die A-KG aus deutscher Sicht als Entnahmen und mithin nicht als gewerbliche Einkünfte einzuordnen sind9. Z hingegen wird eine fehlerhafte DBA-Anwendung einwenden, weil die X-KG aus seiner Sicht zu besteuern und dem niedrigeren Körperschaftsteuer-Tarif zu unterwerfen sein sollte.

B. Rechtsnormabhängige Einkünfte im Abkommensrecht (Hruschka) Gem. § 15 Abs. 3 EStG erwirtschaften Personengesellschaften unabhängig von ihrer tatsächlichen Tätigkeit vollumfänglich gewerbliche Gewinne, wenn sie auch nur in kleinem Umfang gewerblich (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG) oder aber in der Rechtsform einer gewerblich geprägten Personengesellschaft (§ 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG) tätig werden. Nichts anderes gilt, wenn die Personengesellschaft als Besitzgesellschaft einer Betriebsaufspaltung anzusehen ist10. Mit Schreiben vom 16.4.2010 vertrat die Verwaltung unter ausdrücklichem Verweis auf Art. 3 Abs. 2 OECD-MA die Maßgeblichkeit der nationalen Einordnung als gewerbliche Gewinne für die abkommensrechtliche Qualifizierung als Unternehmstätigkeit11. Kurz nach Veröffentlichung der Verwaltungsansicht erteilte der BFH dieser Ansicht allerdings eine Absage12. Zwischenzeitig hat er seine Ansicht mehrfach bestätigt13 und auch auf den Fall der mitunternehmerischen Betriebsaufspaltung ausgedehnt14. Maßgeblich ist seines Erachtens eine abkommensautonome Auslegung des Begriffs „Unternehmensgewinne“ bzw. „Geschäftstätigkeit“ in faktischer Anlehnung an die Definition des § 15 Abs. 2 EStG15.

9 Vgl. Tz. 4.1.4.1 Satz 4 zum Ausschluss der Anrechnung bzw. dem Abzug einer ausländischen Quellensteuer auf die Ausschüttung, da aus deutscher Sicht die Ausschüttungen als steuerlich nicht relevante Entnahmen nicht zu besteuert sind. 10 H 15.7 (4) EStH 2012. 11 BMF v. 16.4.2010 – IV B 2 - S 1300/09/10003, BStBl. I 2010, 354, Tz. 2.2.1 bzw. 5.1. i.V.m. Tz. 2.2.1; s. auch Hruschka, DStR 2010, 1357. 12 BFH v. 28.4.2010 – I R 81/09, DStRE 2010, 158. 13 BFH v. 25.5.2011 – I R 95/10, DStR 2011, 1553; v. 4.5.2011 – II R 51/09, DStRE 2011, 1004; v. 24.8.2011 – I R 46/10, DStR 2011, 2085; v. 9.12.2010 – I R 49/09, BStBl. II 2011 482, BFH/NV 2011 698. 14 BFH v. 25.5.2011 – I R 95/10, DStR 2011, 1553. 15 Vgl. BFH v. 28.4.2010 – I R 81/09, DStRE 2010, 158.

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Dieser Ansicht hat sich die Verwaltung in ihrem Schreiben vom 26.9.2014 angeschlossen16. Für freiberufliche Einkünfte hat sie klargestellt, dass insoweit die Voraussetzungen des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG erfüllt sein müssen17.

I. Konsequenzen aus der geänderten Beurteilung In Folge des Anschlusses an die Rechtsprechung18 entfällt die unternehmerische Aktivität i.S.d. Art. 3 Abs. 1 lit. c OECD-MA rechtsnormabhängig gewerblicher Betriebe i.S.d. § 15 Abs. 3 EStG für den Bereich ihrer tatsächlich vermögensverwaltenden Tätigkeit rückwirkend. Damit verliert die bisherige Betriebsstätte i.S.v. Art. 5 Abs. 1 OECD-MA ihre Eigenschaft als Zuordnungsgrund für ein Besteuerungsrecht des Quellenstaats (Art. 7 Abs. 1 S. 2 OECD-MA). Denn mit dem Wegfall der unternehmerischen Aktivität ist zeitgleich die Unternehmenszugehörigkeit der festen Geschäftseinrichtung entfallen. Beispiel: 2005 hat der Vater (V) die 100 %-Beteiligung an seiner V-AG in eine vermögensverwaltende, gewerblich geprägte Personengesellschaft (V-KG) eingelegt19, die ihre Geschäftsräume am Ort der V-AG hat und vom am gleichen Ort lebenden V geleistet wird. Im unmittelbaren Anschluss daran schenkt er Mitunternehmeranteile an seine in Frankreich lebende Tochter T.

Lösung: Nach bisheriger Ansicht der Verwaltung erwirtschaftete die V-KG kraft Rechtsform Unternehmensgewinne i.S.d. Art. 3 Abs. 1 lit. c OECD-MA20, da die gewerbliche Prägung i.S.d. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG gem. Art. 3 Abs. 2 OECD-MA auf DBA-Ebene zu berücksichtigen war. Wegen ihrer unternehmerischen Tätigkeit begründete die feste Geschäftseinrichtung am Ort der V-AG eine Betriebsstätte der V-KG i.S.v. Art. 5 OECD-MA. In der Praxis wurde dieser regelmäßig die Beteiligung an der V-AG auch für den Fall zugerechnet, dass Mitunternehmer eine im Ausland ansässige Person war. Dementsprechend konnte der Vater die Mitunternehmeranteile zu Buchwerten gem. § 6 Abs. 3 EStG seiner beschränkt steuerpflichtigen Tochter T zuwenden. Diese war mit ihren Beteiligungserträgen sowie ggf. mit den Veräußerungsgewinnen aus der Beteiligung im Inland gem. § 49 Abs. 1 Nr. 2 lit. a EStG beschränkt

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Tz. 2.2.1. Tz. 2.2.1. Tz. 2.2.1. Vgl. BMF v. 11.7.2011, BStBl. I 2001, 713. BMF v. 16.4.2010, BStBl. I 2010, 354 Rz. 2.2.1.

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Hruschka/Lüdicke, Das neue BMF-Schreiben zu Pers.Ges. steuerpflichtig21. Abkommensrechtlich lagen zwar insoweit zwei verschiedene Unternehmen vor22, jedoch wurden die Anteile nach wie vor der inländischen Betriebsstätte zugerechnet23. Mit Ergehen des BMF-Schreibens vom 26.9.2014 hat die Verwaltung diese Ansicht aufgegeben. Im Anschluss an die Rspr. geht sie nunmehr ausschließlich nach nationalem Steuerrecht von gewerblichen Einkünften aus. Indes liegen abkommensrechtlich andere Einkünfte als Unternehmensgewinne vor24. Für die bisher angenommene Betriebsstätte i.S.v. Art. 5 OECD-MA geht folglich der erforderliche Unternehmensbezug und damit eine zwingende Voraussetzung zur Zuordnung der Beteiligung gem. Art. 10 Abs. 4 bzw. Art. 13 Abs. 2 OECD-MA zum Quellenstaat unter. Dieser Verlust tritt nicht im Zeitpunkt der Änderung der Rechtsauffassung (d.h. in 2014), sondern bereits im Zeitpunkt der Schenkung an die Kinder (d.h. im Jahr 2005) ein.

II. Anwendungsbereich des § 50i EStG Um das Besteuerungsrecht für derartige, in der Vergangenheit allgemein anerkannte Gestaltungen nicht zu verlieren, hat der Gesetzgeber mit Gesetz v. 26.6.2013 einen neuen § 50i EStG geschaffen, der in sog. Altfällen unter Durchbrechung der abkommensrechtlichen Zuordnungsregeln das bisher angenommene Besteuerungsrecht Deutschlands perpetuiert. Anwendbar ist diese Vorschrift jedoch ausschließlich auf Fälle, in denen Wirtschaftsgüter ohne Aufdeckung stiller Reserven vor dem 29.6.2013 in das Betriebsvermögen einer gewerblich geprägten, infizierten oder wg. Betriebsaufspaltung gewerblich tätigen Personengesellschaft transferiert wurden und die in dieser Gesellschaft befindlichen stillen Reserven nach dem 28.6.2013 (un-)mittelbar von einem nichtansässigen Gesellschafter realisiert wurden. Ferner unterfallen nach § 50i Abs. 1 S. 3 EStG auch die laufenden Einkünfte der deutschen Besteuerung unter Durchbrechung der DBA-Regelungen. Umgekehrt gesprochen ist § 50i EStG nicht anwendbar auf Fälle, in denen entweder die Übertragung oder Überführung von Wirtschaftsgütern auf eine gewerblich geprägte, infizierte oder wg. Betriebsaufspaltung gewerblich tätige Personengesellschaft nach dem 28.6.2013 erfolgt ist oder die schädliche25 Veräußerung vor dem 30.6.2013 bzw. die Erzielung laufender Einnahmen i.S.v. § 50i Abs. 1 S. 3 EStG noch nicht in anderweitig

21 Vgl. BMF v. 24.12.1999 (Betriebsstätten-Verwaltungsgrundsätze i.W. BS-VWG), BStBl. I 1999, 1076 Rz. 1.1.5.1. 22 Vgl. Tz. 23 BMF v. 16.4.2010, BStBl. I 2010, 354 Rz. 2.2.3. 24 Tz. 2.2.1. 25 I.S.d. § 50i EStG.

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bestandskräftigen Festsetzungen erfasst sind, § 52 Abs. 48 S. 2 EStG26 erfolgt ist27. Im Übertragungs-, Überführungs- oder Einbringungszeitpunkt oder im Zeitpunkt des Wegzugs des Steuerpflichtigen gelten jedoch im Übrigen die allgemeinen Entstrickungsvorschriften (z.B. § 4 Abs. 1 S. 3 und 4, § 6 Abs. 5 S. 1 2. Hs. EStG, § 12 Abs. 1 KStG, § 6 AStG), sofern die Veranlagung des Jahres der Übertragung, Überführung oder Einbringung oder die Veranlagung des Jahres des Wegzugs noch nicht bestandskräftig ist. § 176 Abs. 2 AO ist zu beachten. Die Besteuerung nach den allgemeinen Entstrickungsvorschriften entfällt, wenn dem Steuerpflichtigen eine verbindliche Auskunft erteilt worden ist.

C. Unternehmensgewinne i.S.d. Art. 3 Abs. 1 lit. c OECD-MA (Hruschka) I. Grundsatz Die DBA definieren regelmäßig nicht, was „Unternehmensgewinne“ sind (in einigen DBA auch als „gewerbliche Gewinne“ bezeichnet). Dies gilt auch für Abkommen, die, Art. 3 Abs. 1 Buchst. h OECD-MA folgend, den Ausdruck „Unternehmen“ als eine „Geschäftstätigkeit“ definieren. Nach neuer Ansicht der Verwaltung28 können daher Unternehmensgewinne nur solche sein, die aus einer ihrer Art nach „unternehmerischen“ Tätigkeit stammen. Einkünfte aus einer gewerblichen Tätigkeit i.S.d. § 15 Abs. 2 EStG oder freiberuflichen Tätigkeit i.S.d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG sind regelmäßig Unternehmensgewinne i.S.d. Art. 7 OECDMA. Für Einkünfte eines Unternehmens, die ihrer Art nach in anderen Artikeln behandelt werden, z.B. Zinsen, gelten vorrangig die Regelungen dieser anderen Art. (Art. 7 Abs. 4 (ehemals Abs. 7) OECD-MA), es sei denn, die dort geregelten Betriebsstättenvorbehalte29 verweisen auf Art. 7 OECD-MA zurück. Diese Ansicht entspricht der Rechtsprechung, die ebenfalls für die Frage ob Unternehmensgewinne i.S.d. Abkommensrechts vorliegen, auf den Tatbestand des § 15 Abs. 2 EStG zurück greift, obwohl die Auslegung abkommensautonom ohne Rückgriff gem. Art. 3 Abs. 2 OECD-MA auf das nationale Recht erfolgen soll30.

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Zur Rückwirkungsproblematik jüngst P. Kirchhof, DStR 2015, 717 ff. Tz. 2.3.3.7. Tz. 2.2.1. Vgl. Tz. 2.2.4. Vgl. BFH v. 24.8.2011 – I R 46/10, DStR 2011, 2085, BStBl. II 2014, 764.

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II. Geschäftsleitende Holdingaktivitäten Nach Aufgabe der rechtsformabhängigen Gewerblichkeit auf Abkommensebene erhält die Frage, unter welchen Voraussetzungen Holdingaktivitäten als Unternehmenstätigkeiten i.S.d. Art. 3 Abs. 1 Buchst. c OECD-MA zu qualifizieren sind, erhebliche praktische Bedeutung. Denn ihre Annahme ist zwingende Vorbedingung für die Zuordnung von Wirtschaftsgütern zu einer Betriebsstätte (Art. 7 Abs. 1 S. 2 OECDMA). Das BMF-Schreiben äußert sich zu dieser Frage nicht. Auch wurde das im Entwurf enthaltene Beispiel zur geschäftsleitenden Holding31 in der endgültigen Fassung entfernt. Im Ergebnis ist daher von den zuständigen Finanzbehörden das Gesetz ohne Bindung an Vorgaben vorgesetzter Behörden anzuwenden. Bekanntermaßen verlangt innerstaatlich ein gewerbliches Tätigwerden i.S.v. § 15 Abs. 2 EStG, dass die Tätigkeit über die private Vermögensverwaltung hinausgeht. Dies folgt u.a. aus § 14 AO, der den vergleichsweise weiteren Begriff des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs definiert. Inhaltlich muss das Tätigwerden des Steuerpflichtigen für die Annahme einer Gewerblichkeit über die reine passive Fruchtziehung aus dem vorhandenen Vermögensstamm hinausgehen. Typischerweise wird die Vermögensmehrung durch aktives Handeln verlangt32. Nicht ausreichend ist es daher, wenn eine Gesellschaft ohne sonstige unternehmerische Betätigung lediglich Anteile an einer oder mehreren Tochtergesellschaften hält und sich dabei auf die Ausübung der Gesellschafterrechte beschränkt33 (passive Beteiligungsverwaltung)34. Ebenso wenig genügt die Ausübung reiner Aufsichtsratsfunktionen hierfür35. Bei Gesellschaften ohne Aufsichtsrat genügt daher das bloße Abhalten von Gesellschafterversammlungen oder das Fassen von Gesellschafterbeschlüssen in der festen Geschäftseinrichtung nicht. Aber auch die Durchführung nur einzelner Geschäftsfunktionen, wie z.B. Lizenzverwertung und/oder Kreditgewährung, wird für die Qualifizierung als aktive Beteiligungsverwaltung nicht als ausreichend angesehen. Auch die bloße Wahrnehmung reiner Kontroll- und Koordinierungsfunktionen für

31 Tz. 2.2.1. Entwurf vom November 2013. 32 Zum Ganzen s. statt aller: Wacker in Schmidt, EStG, 34. Aufl. 2015, § 15 Rz. 46. 33 BFH v. 24.2.1976 – VIII R 155/71, BStBl. II 1977, 265. 34 Tz. 5.2 BMF v. 24.1.2012, BStBl. I 2012, 171; BFH v. 9.12.1980 – VIII R 11/77, BStBl. II 1981, 339. 35 Vgl. Tz. 16 BMF v. 16.12.2003, BStBl. I 2004, 40.

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einzelne Arbeitsabläufe reicht grundsätzlich nicht aus, solange sie lediglich unterstützender Natur ist36. In praktischer Hinsicht sollte beachtet werden, dass nur mündliche Führungsentscheidungen zum Nachweis der geschäftsleitenden Funktion regelmäßig nicht ausreichen. Bei Holdinggesellschaften bedarf es vielmehr eines aktiven Managements der Beteiligungsgesellschaften. Nach der Rechtsprechung ist dies nur denkbar, wenn es sich um mindestens zwei37 Beteiligungen von einigem Gewicht handelt. Aus dem Gesetz lässt sich diese Anforderung m.E. nicht zwingend ableiten. Gleichwohl sollte in der Praxis bedacht werden, dass die grundlegende Entscheidung im BStBl. II veröffentlicht wurde und die Verwaltung daher an diese Voraussetzung gebunden ist. Die Bedeutung der Beteiligung hängt nicht zwingend von der Höhe der kapitalmäßigen Beteiligung ab. Vielmehr kommt es darauf an, dass auf das Geschäft der Beteiligungsgesellschaft tatsächlich Einfluss genommen wird38. Insoweit ist die faktische Ausübung der Leitungsfunktion der zentrale Anhaltspunkt. Geschäftsleitende Funktionen werden durch Führungsentscheidungen ausgeübt. Führungsentscheidungen zeichnen sich durch ihre langfristige Natur, Grundsätzlichkeit und Bedeutung aus, die sie für den Bestand der Beteiligungsgesellschaft (geleitete Gesellschaft) haben. Als solche unterscheiden sie sich von Entscheidungen, die kurzfristig und ausführungsbezogen sind. Sie kommen beispielsweise in Betracht bei Wahrnehmung von Personalangelegenheiten, Fragen der Preispolitik, der Werbung, der Öffentlichkeitsarbeit, des Vertriebs sowie der Unternehmensstrategie39. Ein Erscheinen nach außen ist nicht zwingend erforderlich40. So kann auch die Einräumung von Zustimmungsvorbehalten in einem solchen Maße genügen, dass der Geschäftsführung der Beteiligungsgesellschaft kein echter Spielraum für unternehmerische Entscheidungen bleibt41. Unklar ist, ob es genügt, diese Funktionen durch Dritte ausüben zu lassen42. Klarstellend ist darauf hinzuweisen, dass die Anforderungen an eine unternehmerische Leitungsfunktion nicht bedeuten, dass die Managementgesellschaft am Ort der Geschäftsleitung i.S.v. § 10 AO der verwalteten Gesellschaft sein muss.

36 37 38 39 40 41 42

So BFH v. 17.12.2003 – I R 47/02, BFH/NV 2004, 771. BFH v. 15.4.1970 – I R 122/66, BStBl. II 1970, 554. Tz. 5.2 BMF v. 24.1.2012, BStBl. I 2012, 171. So BFH v. 17.12.2003 – I R 47/02, BFH/NV 2004, 771. Tz. 5.3 BMF v. 24.1.2012, BStBl. I 2012, 171. Vgl. Tz. 16 BMF v. 16.12.2003, BStBl. I 2004, 40. Für Gewerblichkeit: vgl. Tz. 16 BMF v. 16.12.2003, BStBl. I 2004, 40; dagegen: Tz. 5.2 BMF v. 24.1.2012, BStBl. I 2012, 171.

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In der gelebten Verwaltungspraxis bedarf daher eine unternehmerische Beteiligungsverwaltung der Führung/des Managements von mindestens zwei Beteiligungsgesellschaften von einigem Gewicht, in denen die Betriebsstätte wenigstens partiell Geschäftsleitungsaufgaben wahrnimmt43. Dies ist in jedem Einzelfall mit dem zuständigen Finanzamt zu klären. Eine ganz andere Frage ist, ob die partielle Wahrnehmung von Leitungsaufgaben dann auch dazu ausreichen kann, die Beteiligung zur Betriebsstätte zuzuordnen44. Neben der deutschrechtlichen Qualifikation ist die Gleichstellung von freiberuflichen und sonstigen selbständigen Tätigkeiten (Art. 3 Abs. 1 lit. h) i.V.m. Art. 3 Abs. 1 lit. c OECD-MA bzw. Art. 3 Abs. 1 Nr. 5 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 Nr. 4 Deutsche Verhandlungsgrundlage) für die Anwendbarkeit des DBA zu beachten, so dass auch eine sonstige selbständige Tätigkeit, der Beteiligungen zuzuordnen sind, als Unternehmensanknüpfung dienen können.

III. Atypisch stille Beteiligung Unverändert bleibt die Auffassung, dass eine atypisch stille Beteiligung am Unternehmen einer intransparenten Person dem atypisch still Beteiligten Unternehmensgewinne vermittelt45. Im Ergebnis durchbricht damit die atypisch stille Beteiligung die ggf. bestehende Abschirmungswirkung des Zielunternehmens. Offen bleibt in dem BMF-Schreiben, ob eine inländische, vermögensverwaltende Kapitalgesellschaft einem atypisch still beteiligten Steuerausländer eine Betriebsstätte vermitteln kann, da die unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaft gem. § 8 Abs. 2 KStG zwingend gewerbliche Einkünfte erwirtschaftet und lt. BMF-Schreiben eine atypisch stille Beteiligung Unternehmensgewinne vermittelt. Im Ergebnis ist dies auch ohne ausdrückliche Erwähnung des § 8 Abs. 2 KStG im BMF-Schreiben abzulehnen, da dieses lediglich hinsichtlich der dort aufgeführten Beispielsfälle Weisungscharakter entfaltet, im Übrigen aber keine abschließende Regelungswirkung für sich in Anspruch nehmen kann. Wendet man aber die neuen Qualifizierungsgrundsätze gleichmäßig an, fehlt es der GmbH abkommensrechtlich an einer unternehmerischen Tätigkeit und damit an einer Voraussetzung, dem atypisch Stillen derartige Einkünfte zu vermitteln.

43 So BFH v. 17.12.2003 – I R 47/02, BFH/NV 2004, 771. 44 S. unten: Gesamthandsvermögen. 45 Tz. 2.2.1.2.

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D. Unternehmen eines Vertragsstaates (Hruschka) Ebenso unangetastet bleibt die Auffassung der Finanzverwaltung, dass (1.) sich der Unternehmensstaat i.S.d. Art. 3 Abs. 1 lit. d OECD-MA bei transparenten Gesellschaften nach der Ansässigkeit des Gesellschafters richtet, (2.) jeder Gesellschafter ein Unternehmen betreibt und (3.) davon unabhängig die Frage nach dem Ort der Geschäftsleitungsbetriebsstätte zu stellen ist46. Damit bringt die Verwaltung zum Ausdruck, dass Unternehmensgewinne gem. Art. 7 Abs. 1 OECD-MA auch dann dem Ansässigkeitsstaat des Gesellschafters zugewiesen werden können, wenn sich dort keine Betriebsstätte i.S.d. Art. 5 OECD-MA befindet. Insofern bleibt einerseits ein Widerspruch zur Rspr. bestehen, nach der Besteuerungsrechte des Ansässigkeitsstaats für Unternehmensgewinne des Gesellschafters jedenfalls dann als ausgeschlossen erschienen, wenn sich dort keine Betriebsstätte befindet, da es kein sog. „floating income“ („betriebsstättenlose“ gewerbliche Einkünfte) geben könne47. Andererseits steht die dem Wortlaut des Abkommens folgende Aussage des BMF-Schreibens in Widerspruch zur Definition des inländischen bzw. ausländischen Unternehmens in § 2 Abs. 1 und 2 BsGaV. Nach dieser richtet sich die örtliche Zuordnung des Unternehmens nicht nach der Ansässigkeit des Unternehmers, sondern nach dem Ort der Geschäftsleitung. Soweit daher Ansässigkeitsstaat des Unternehmers und Ort der Geschäftsleitung auseinanderfallen, kann es zukünftig zu Irritationen kommen. Entsprechend Tz. 23 des Musterkommentars kann es allerdings nur einen Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung eines Unternehmens (Art. 4 Abs. 3 OECD-MA bzw. Art. 4 Abs. 3 Deutsche Verhandlungsgrundlage) geben, so dass er zwar zu mehreren Geschäftsleitungsbetriebsstätten i.S.v. Art. 5 Abs. 2 OECD-MA kommen kann, aber nur zu einer Ansässigkeit für DBA-Zwecke. Dies sollte praktische Probleme weitgehend lösen. Der Unternehmensgewinn ist in diesen Fällen auf die Geschäftsleitungsbetriebsstätten nach funktionalen Kriterien aufzuteilen. Ebenso kann die Zuordnung von Beteiligungsgesellschaften zu den unterschiedlichen Geschäftsleitungsbetriebsstätten funktional geboten sein.48 An jeder Betriebsstätte ist jeder Mitunternehmer quotal nach Maßgabe der gesellschaftsvertraglichen Regelungen beteiligt, so dass durch die An-

46 Tz. 2.2.2. 47 BFH v. 12.6.2013 – I R 47/12, BFH/NV 2013, 1999; v. 13.2.2008 – I R 63/06, BStBl. II 2009, 414. 48 Vgl. Tz. 2.2.4.1.

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nahme der jedem Mitunternehmer zuzurechnenden Betriebsstättenaktivitäten aus Geschäftsleitungsbetriebsstätten Fälle von „Floating Income“ vermieden werden.

E. Zuordnung von Einkünften und Wirtschaftsgütern (Hruschka) Unabhängig von der Frage nach dem Unternehmensstaat bieten Personengesellschaften wegen ihrer zivilrechtlichen Anerkennung einerseits (vgl. z.B. § 14 Abs. 2 BGB) und ihrer steuerrechtlichen Transparenz andererseits Reibungsfläche für die Frage, nach welchen Kriterien Einkünfte und Wirtschaftsgüter auf Abkommensebene zuzuordnen sind. Während bei vermögensverwaltenden Personengesellschaften49 ausschließlich die sich wechselseitig ausschließenden Verteilungsregeln der Art. 6, 10 Abs. 1, 2, Art. 11 Abs. 1, 2, Art. 12 Abs. 1, 2, Art. 13 Abs. 1, 4, 5 und Art. 21 Abs. 1 OECD-MA zur Anwendung kommen, sind bei Unternehmensgewinnen der Personengesellschaft die Konkurrenzen der eben genannten Normen mit der Grundregel des Art. 7 Abs. 1, 2 sowie den sog. Betriebsstättenvorbehalten der Art. 10 Abs. 4, Art. 11 Abs. 4, Art. 12 Abs. 3, Art. 13 Abs. 2 sowie Art. 21 Abs. 2 OECD-MA zu beachten50. Des Weiteren ist für die internationale Zuordnung von Betriebsvermögen seit 2013 der sog. AOA51 und dessen Umsetzung in nationales Recht durch § 1 Abs. 4 und 5 AStG im Rahmen des AmtshilferichtlinieUmsetzungsgesetz (AmtshilfeRLUmsG) v. 26.6.201352 zu berücksichtigen. Nach diesem sind im Grundsatz Stammhaus und Betriebsstätte in ihrem Verhältnis zueinander wie fremde Dritte zu behandeln. Ab 2015 sind zusätzlich die Vorgaben der BsGaV53 zu beachten. Entscheidende Bedeutung für die Betriebsstättengewinnermittlung erlangt damit die in der Betriebsstätte ausgeübte Personalfunktion (§ 1 Abs. 2 BsGaV i.V.m. § 2 Abs. 3 BsGaV). Schließlich ist in diesem Zusammenhang auch noch § 50d Abs. 10 EStG zu berücksichtigen, der die Zuordnung von Erträgen und Aufwendungen in Zusammenhang mit entgeltlich überlassenem Sonderbetriebsvermögen regelt.

49 50 51 52 53

Vorbehaltlich § 50i EStG; vgl. Tz. 2.3. Tz. 2.2.4.1. Authorized OECD Approach. BGBl. I, 1809. V. 13.10.2014, BGBl. I, 1603.

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I. Verwaltung Aus dem BMF Schreiben lassen sich folgende Zuordnungsregeln zusammenfassen: 1. Gesamthandsvermögen Für die Zuordnung von Einkünften – sowohl aus der Nutzung als auch aus der Veräußerung von Gesamthandsvermögen – gelten nach Ansicht des BMF-Schreibens einheitlich die Regeln zur tatsächlich funktionalen Zugehörigkeit. Sie werden durch die Regeln des § 1 Abs. 5 AStG konkretisiert54. Praktisch muss es sich um notwendiges Betriebsstättenvermögen handeln. Entscheidend ist nach dem AOA insoweit, dass die Wirtschaftsgüter funktional für das tatsächlich in der Betriebsstätte tätige Personal erforderlich sind. Bei Holdingpersonengesellschaften ist dies m.E. neben dem verwaltungspraktischen Anzahlerfordernis (Verwaltung von mindestens zwei Beteiligungen von einigem Gewicht55) insbesondere dann erfüllt, wenn Personal der unternehmerisch tätigen Holdinggesellschaft Leitungsaufgaben in den Beteiligungsgesellschaften übernimmt. Denn in diesem Fall schafft die in der Geschäftseinrichtung ausgeübte unternehmerische Leitungsaktivität den Zuordnungsgrund für die verwaltete Beteiligung. 2. Sonderbetriebsvermögen, für das kein Entgelt von der Gesamthand gezahlt wird Ohne es ausdrücklich zu formulieren, folgt die Verwaltung beim Sonderbetriebsvermögen nunmehr grundsätzlich der streng abkommensrechtlichen Betrachtung der Rechtsprechung, nach der Sonderbetriebsvermögen tatsächlich funktional keiner Betriebsstätte der Gesamthand zugeordnet werden kann, da es dort in der Bilanz lediglich passiviert, nicht aber aktiviert ist56. Dies kommt in Tz. 2.3.3. des BMF-Schreibens zum Ausdruck, in der klargestellt wird, dass die Rechtsbeziehungen zwischen Mitunternehmer und ausländischer Personengesellschaft im Falle des Nahestehens i.S.v. § 1 Abs. 2 AStG dem Fremdvergleichsgrundsatz des § 1 Abs. 1 AStG unterliegen. Wenn aber der Mitunternehmer fremder Dritter ggü. seiner Personengesellschaft wäre, wäre das

54 Tz. 2.2.4.1. 55 BFH v. 24.2.1976 – VIII R 155/71, BStBl. II 1977, 265. 56 BFH v. 27.2.1991 – I R 15/89, BStBl. II 1991 444, II.B.4.d aa; v. 26.2.1992 – I R 85/91, BStBl. II 1992, 937 II.3.c cc; v. 9.8.2006 – II R 59/05, BStBl. II 2009, 758.

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Wirtschaftsgut des Sonderbetriebsvermögens grundsätzlich ihm und nicht der Gesamthand zuzurechnen. Die Verwaltung beschränkt diese Zuordnung jedoch nicht auf die laufenden Einkünfte, sondern ordnet auch die Vermögenssubstanz i.S.v. Art. 13 Abs. 2 OECD-MA dem Ansässigkeitsstaat des Gesellschafters zu. Diese grundsätzliche Haltung wird in Tz. 5.1.2. des BMF-Schreibens deutlich. Im Anschluss an die Rechtsprechung57 ordnet die Verwaltung dort ein unverzinslich überlassenes Gesellschafterdarlehen gem. Art. 11 Abs. 1 OECD-MA dem Ansässigkeitsstaat des Mitunternehmers zu, da die Voraussetzungen des Betriebsstättenvorbehalts nicht erfüllt sind. Nicht anders ist m.E. die Frage zu beantworten, in welchem Umfang Refinanzierungskosten des Gesellschafters für seinen Eigenkapitalanteil am Gesellschaftsvermögen zu behandeln sind. Nach nationalem Verständnis handelt es sich bei der Darlehensverbindlichkeit um negatives Sonderbetriebsvermögen, das nach Veranlassungskriterien der Betriebsstätte zuzuordnen ist58. Entsprechend ist mit dem Aufwand zu verfahren. Abkommensrechtlich wurde dieses bisher ebenfalls nach Veranlassungskriterien der Betriebsstätte zugeordnet (Art. 7 Abs. 1 OECD-MA 2008)59. Da es sich hierbei jedoch um keine Vermögensposition der Personengesellschaft handelt und folglich § 1 Abs. 5 AStG als Zuordnungsgrund zur Gesamthandsbetriebsstätte nicht zum Tragen kommt, entstehen allerdings Zweifel, ob hier die tatsächliche Veranlassung die zivilrechtliche Zuordnung zur Gesellschaftersphäre verdrängen kann. 3. Entgeltlich überlassenes Sonderbetriebsvermögen I Diese Grundregel wird lediglich durch die gesetzliche Zuordnungsregel des § 50d Abs. 10 EStG durchbrochen. Zum einen qualifiziert die Norm Sondervergütungen zwingend als Unternehmensgewinne i.S.d. DBA (S. 1). Zum anderen ordnet sie die Sondervergütungen sowie die durch das Sonderbetriebsvermögen veranlassten Substanzerträge und die damit zusammenhängenden Aufwendungen (S. 2) der Betriebsstätte zu (S. 3). Insoweit gilt gem. § 50d Abs. 10 EStG entgegen den Zuordnungsregeln des § 1 Abs. 1 AStG das Veranlassungsprinzip fort. Von Gesetzes wegen erfasst die Norm sowohl die laufenden Einkünfte als auch die Veräußerungsgewinne. Dies gilt aber nur, sofern das Sonderbetriebsvermögen entgeltlich überlassen wird. Hingegen gilt für unentgeltlich über-

57 BFH v. 17.10.2007 – I R 5/06, BStBl. II 2009, 356. 58 BFH v. 27.6.2006 – VIII R 31/04, BStBl. II 2006, 874. 59 BMF v. 16.4.2010, BStBl. I 2010, 354 ff. Tz. 2.2.1; 5.1.

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lassenes Sonderbetriebsvermögen I die grundsätzliche Zuordnung zum Ansässigkeitsstaat des Mitunternehmers60.

II. Die Rechtsprechung Vorbehaltlich § 50d Abs. 10 EStG ist nach der Rechtsprechung im Weiteren zu unterscheiden, ob es sich um laufende Einkünfte aus der Nutzung eines Wirtschaftsguts des Anlagevermögens oder um die Einkünfte aus der Veräußerung eines solchen handelt. Denn für die laufenden Einkünfte kommt es auf die tatsächlich, funktionale Zugehörigkeit zur Betriebsstätte an61. Hingegen reicht für Veräußerungsgewinne die (einkommen-)steuerrechtliche Zugehörigkeit zum Betriebsvermögen der Betriebsstätte aus62. Dies ist auch bei gewillkürtem Betriebsstättenvermögen gegeben. Indes ist die etwaige zivilrechtliche Zugehörigkeit zum Gesamthandsvermögen der Personengesellschaft unbeachtlich63.

F. Sondervergütungen (Lüdicke) I. Überblick Nach innerstaatlichem deutschen Steuerrecht gehören Sondervergütungen und sonstige durch Sonderbetriebsvermögen veranlasste Erträge und Aufwendungen zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 und Nr. 3 EStG). Diese Einkünftezuordnung gilt sowohl für Sondervergütungen einer im Inland ansässigen Gesellschaft an ihre im Ausland ansässigen Gesellschafter64, als auch für den umgekehrten Fall der Sondervergütung eines im Inland ansässigen Gesellschafters einer ausländischen Gesellschaft65. Die Einkünftezuordnung für Abkommenszwecke kann von dieser innerstaatlichen Qualifikation abweichen – so hat der BFH66 Sondervergütungen abkommensrechtlich

60 Tz. 5.1.2. Beispiel 2, Abwandlung. 61 BFH v. 24.8.2011 – I R 46/10, BFH/NV 2011, 216; v. 26.2.1992 – I R 85/91, BStBl. II 1992, 937. 62 BFH 12.6.2013 – I R 47/12, BFH/NV 2013, 1999; v. 13.2.2008 – I R 63/06, BStBl. II 2009, 414. 63 Ausdrücklich: BFH v. 17.12.2003 – I R 47/02, BFH/NV 2004, 771; i.Ü: v. 30.8.1995 – I R 112/94, BStBl. II 1996, 563; v. 7.8.2002 – I R 10/01, BStBl. II 2002, 848. 64 Sog. Inbound-Fall. 65 Sog. Outbound-Fall. 66 BFH v. 27.2.1991 – I R 15/89, BStBl. II 1991, 444 für den Outbound-Fall sowie v. 17.10.2007 – I R 5/06, BFH/NV 2008, 869 für den Inbound-Fall.

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nicht den Unternehmensgewinnen (Art. 7 OECD-MA), sondern den speziellen Verteilungsartikeln (Art. 10 bis 12 OECD-MA) zugeordnet. Zur Vermeidung unerwünschter Qualifikationsergebnisse ordnet § 50d Abs. 10 Satz 1 EStG Sondervergütungen daher ausschließlich den Unternehmensgewinnen im Sinne des DBA zu, sofern das jeweilige Abkommen keine ausdrückliche Regelung für diese Vergütungen trifft67. § 50d Abs. 10 Satz 3 EStG trifft flankierend eine Zurechnungsregelung für die Sondervergütungen – ungeachtet abweichender Vorschriften des DBA werde die Vergütungen derjenigen Betriebsstätte der Gesellschaft zugerechnet, der auch der Aufwand für die der Vergütung zugrunde liegende Leistung zuzuordnen ist68. § 50d Abs. 10 EStG findet keine Anwendung, soweit die Personengesellschaft keine Unternehmensgewinne erzielt. § 50d Abs. 10 EStG ist ferner nicht anwendbar, wenn keine Sondervergütungen geleistet werden, also eine unentgeltliche Überlassung vorliegt. Das unentgeltlich überlassene Vermögen wird der Betriebsstätte in der Regel nicht zugerechnet, sondern es gilt die Zuordnung zum Ansässigkeitsstaat des Mitunternehmers69. Erfolgt die Überlassung teilentgeltlich, so gilt § 50d Abs. 10 EStG nur für diesen Teil der Überlassung.

II. Qualifikationsrechtliche Konflikte 1. Problembereich Qualifikationsrechtliche Kollisionen können dann auftreten, wenn der ausländische Staat die Sondervergütungen nicht als Unternehmensgewinne ansieht, sondern die einzelnen Methodenartikel (Art. 10 bis 12 OECD-MA) anwendet. Ebenso kann sich ein Konflikt dadurch ergeben, dass im ausländischen Staat der Zurechnung der Sondervergütungen und der mit ihnen korrespondierende Aufwand ein anderer Zurechnungsmaßstab zugrunde gelegt wird als innerstaatlich in § 50d Abs. 10 Satz 3 EStG vorgesehen. Folge eines solchen Konfliktes kann eine Doppelbesteuerung bzw. eine Nichtbesteuerung sein.

67 Beispiele von Sonderregelungen einzelner DBA sind in Tz. 5.2. aufgeführt. 68 Die Aufnahme dieser Regelung in § 50d Abs. 10 ist eine gesetzgeberische Reaktion auf die differenzierende Rechtsprechung des BFH (Urt. v. 8.9.2010 – I R 74/09, BFH/NV 2011, 138 zur Betriebsstättenzurechnung, vgl. BR-Drucks. 304/12, 51. 69 Tz. 5.1.2, Bsp. 2, Abwandlung und BFH v. 17.10.2007 – I R 5/06, BStBl. II 2009, 356.

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In der Verantwortung für die Beseitigung einer Doppelbesteuerung sieht das BMF-Schreiben wohl grundsätzlich den Ansässigkeitsstaat70. Der Gesetzgeber hat aber anerkannt, dass das jeweilige DBA den Ansässigkeitsstaat des ausländischen Gesellschafters nicht zwingend dazu verpflichtet, eine Doppelbesteuerung zu vermeiden71. Für diese Fälle sieht § 50d Abs. 10 Satz 5 EStG hilfsweise eine anteilige Anrechnung der im anderen Staat festgesetzten und gezahlten Steuern vor. Diese Anrechnungsvorschrift gilt nach § 50d Abs. 10 Satz 6 EStG jedoch wiederum dann nicht, wenn das DBA eine ausdrückliche Regelung für solche Einkünfte enthält. Im Fall einer doppelten Freistellung geht das BMF-Schreiben unter Verweis auf § 50d Abs. 10 Satz 8 EStG von der Anwendung des § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 EStG aus72, wodurch die Freistellung der Einkünfte entfällt. Die Anwendung dieser Switch-Over-Klausel zur Korrektur der Freistellungsfolgen stellt einen Treaty Override73 dar. 2. Beispielsfall Ein weiteres Problemfeld in der Folge der Anwendung des § 50d EStG durch das BMF-Schreiben soll der folgende Beispielsfall aufzeigen: An der inländischen AG-KG sind der Inländer I und der im Staat Y ansässige A beteiligt. Die A-KG ist als Kommanditistin an der im Staat X ansässigen X-KG beteiligt. Komplementärin der X-KG ist die inländische Y-GmbH, deren Gesellschafter I und A zu jeweils 50 % sind. Alle Gesellschaften sind gewerblich tätig. Der Staat X behandelt die X-KG als intransparent, während sie im Rahmen des Rechtstypenvergleichs aus deutscher Sicht als Personengesellschaft und Mitunternehmerschaft gilt. I und A vermieten der X-KG jeweils ein Grundstück, wobei ihnen aus der Finanzierung der Grundstücke jeweils Finanzierungsaufwendungen erwachsen. Auch die Anteile an der Y-KG haben I und A fremdfinanziert, woraus ihnen ebenfalls Finanzierungsaufwendungen entstehen.

70 71 72 73

Allgemein Tz. 5.1.3. BR-Drucks. 139/13, 140f. Tz. 5.1.3.2. Zur Vereinbarkeit eines Treaty Overrides mit dem Grundgesetz vgl. den Vorlagebeschluss des BFH v. 10.1.2012 – I R 66/09, BFHE 236, 304.

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Lösung: Wie im Abschnitt A. einleitend dargestellt, werden die allgemeinen Grundsätze der Besteuerung von Personengesellschaften für die inländischen Gesellschafter nach dem BMF-Schreiben74 auch dann angewendet, wenn die Gesellschaft in ihrem Sitzstaat als Körperschaft behandelt wird. Für die Besteuerung des I ergibt sich daher: Das an die X-KG vermietete Grundstück gehört zum Sonderbetriebsvermögen I bei der X-KG. Nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG stellen die Mieteinnahmen gewerbliche Einkünfte dar, während die Finanzierungsaufwendungen Sonderbetriebsausgaben sind. Der Anteil des I an der Y-KG gehört zum Sonderbetriebsvermögen II bei der X-KG, auch hier stellen die Finanzierungsaufwendungen Sonderbetriebsausgaben dar. Da der Staat X die X-KG als intransparent und körperschaftsteuerpflichtig behandelt, besteuert er die Gesellschaft mit ihrem Gewinn. Soweit die Freistellung der anteiligen Einkünfte des inländischen Gesellschafters nach dem jeweils anzuwendenden Methodenartikel entfällt75, ist die insofern auf den Gewinn der Gesellschaft erhobene ausländische Steuer nach § 34c Abs. 1 bzw. 2 i.V.m. Abs. 6 EStG zu berücksichtigen76. Sofern X einen Quellensteuerabzug (in der Höhe nach 74 Tz. 4.1.4.1 i.V.m. 4.1.1. 75 Tz. 4.1.1.2. 76 Tz. 4.1.4.1 Satz 3.

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Hruschka/Lüdicke, Das neue BMF-Schreiben zu Pers.Ges. dem jeweiligen DBA begrenzt) bei Ausschüttungen der X-KG vornimmt, ist dagegen keine Anrechnung möglich, weil der Abzug sich auf aus deutscher Sicht steuerlich irrelevante Entnahmen bezieht77. Weil das BMF die Anwendung der allgemeinen Grundsätze zur Besteuerung von Personengesellschaften im Fall des subjektiven Qualifikationskonfliktes ausdrücklich auf die Besteuerung der inländischen Gesellschafter bezieht, ergibt sich die Frage der Anwendung dieser Grundsätze auf den im Ausland ansässigen Gesellschafter A. Sollten die Grundsätze in diesem Fall keine Anwendung finden, könnte das vermietete Grundstück nicht dem Sonderbetriebsvermögen I der X-KG zugeordnet werden, da es an der dafür notwendigen Betriebsstätte des A in X fehlen würde. Folglich muss das Grundstück zum Sonderbetriebsvermögen II des A bei der A-KG gehören. Es läge eine fingierte Einlage des Grundstücks in die inländische A-KG vor. Für die Mieteinkünfte des A ergäbe sich daraus die überraschende Konsequenz, dass die Einkünfte eines im Staat Y ansässigen Gesellschafters aus einem im Staat X belegenen Grundstück dem deutschen Besteuerungsrecht unterfielen. Hier erscheint eine teleologische Reduktion geboten.

77 Tz. 4.1.4.1 Satz 4.

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Aktuelle Entwicklungen im Bereich der Wegzugs- und Entstrickungsbesteuerung Oberamtsrat Andreas Benecke, LL.M. Bundesministerium der Finanzen, Berlin Professor Dr. Jens Blumenberg Steuerberater, Frankfurt a.M. Inhaltsübersicht 1. Einleitung 2. Uneinheitlichkeit der Wegzugs- und Entstrickungsbesteuerung im geltenden Recht 2.1 Die Spruchpraxis des BFH als Ausgangspunkt der Entstrickung 2.2 Besteuerung des Wegzugs und der Entstrickung nach geltendem Recht 2.2.1 Entstrickung im betrieblichen Bereich (i) EStG und KStG (ii) UmwStG (iii) Authorized OECD Approach (iv) Sonderfall: § 50i EStG 2.2.2 Entstrickung im privaten Bereich 2.2.3 Zwischenergebnis 3. Die Rechtsprechung des EuGH zur Entstrickungsbesteuerung im Betriebsvermögen 3.1 Entstrickung/Sitzverlegung bei Kapitalgesellschaften 3.1.1 Entscheidung in der Rs. National Grid Indus

3.1.2 Folgeentscheidungen 3.1.3 Entscheidungen deutscher Finanzgerichte (i) FG Rheinland-Pfalz, Beschluss v. 7.1.2011 – 1 V 1217/10 (ii) FG Köln, Beschluss v. 16.11.2011 – 10 V 2336/11 3.2 Entstrickung bei Einbringung – Rs. DMC 3.2.1 Ausgangsfall 3.2.2 Behandlung nach UmwStG 1995 3.2.3 Entscheidung des EuGH 3.2.4 Behandlung nach heutigem Recht (i) EU-/EWR-Fälle (ii) Drittlandsfälle 3.2.5 Anwendung der Rechtsgrundsätze auf § 50i EStG 4. Ausblick 4.1 Zur gestreckten Besteuerung des Entstrickungsgewinns 4.2 Zur Verzinsung der Steuer 4.3 Sicherheitsleistung – nur bei Nichteinbringungsrisiko? 4.4 Einbeziehung von Drittlandsfällen?

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Benecke/Blumenberg, Aktuelle Entwicklungen b. Wegzugsbesteuerung

1. Einleitung Die Wegzugs- oder Entstrickungsbesteuerung bezeichnet allgemein die – regelmäßig vorgezogene – Besteuerung stiller Reserven von Wirtschaftsgütern, wenn die inländische Besteuerungsbefugnis z.B. durch Wohnsitzwechsel des Steuerpflichtigen oder durch Überführung der Wirtschaftsgüter vom Inland ins Ausland eingeschränkt oder ausgeschlossen wird. Die Entstrickungsbesteuerung soll bereits im Zeitpunkt des Wegzugs oder bei Zuordnung der Wirtschaftsgüter zu einer ausländischen Betriebsstätte eintreten. Nachdem der EuGH mit seinen Grundsatzentscheidungen in den Rechtssachen de Lasteyrie du Saillant1 (betreffend den Wegzug natürlicher Personen) und später National Grid Indus2 (betreffend die Sitzverlegung von Gesellschaften) den unionsrechtlichen Rahmen der Entstrickung abgesteckt zu haben schien, hat die Entscheidung des EuGH in der Rechtssache DMC3 für eine Neubelebung der Diskussion gesorgt. Anders als bei seinen vorherigen Entscheidungen hat der EuGH hier bei der Prüfung der Beschränkung auf die – auch im Verhältnis zu Drittstaaten einschlägige – Kapitalverkehrsfreiheit abgestellt und bei der Frage der Verhältnismäßigkeit der die Beschränkung rechtfertigenden innerstaatlichen Maßnahme neue Maßstäbe angelegt. Zudem hat der deutsche Gesetzgeber mit § 50i EStG eine weitere Regelung implementiert, die auf die Rechtsprechung des BFH zur abkommensrechtlichen Behandlung von Personengesellschaften i.S.d. § 15 Abs. 3 EStG bzw. von Besitzunternehmen bei Betriebsaufspaltung reagiert und die Voraussetzungen für die Anwendung der allgemeinen betrieblichen Entstrickungsvorschriften beeinflusst. Diese aktuellen Entwicklungen bieten Anlass genug, um sich mit der steuerlichen Behandlung von Wegzug und Entstrickung zu beschäftigen. Gegenstand dieses Beitrags ist zunächst ein Abriss über den gegenwärtigen Zustand der Wegzugs- und Entstrickungsbesteuerung nach geltendem Recht. Es zeigt sich, dass die aktuellen Regeln ein komplexes und uneinheitliches Bild abgeben und ihre Vereinbarkeit mit dem Unionsrecht in verschiedener Hinsicht unklar ist. Sodann wird die wesentliche Judikatur des EuGH im Bereich der Entstrickung und des Wegzugs erläutert, um schließlich auf die möglichen Auswirkungen dieser neueren Judikatur für die deutsche Wegzugs- und Entstrickungsbesteuerung einzugehen. 1 EuGH, Urt. v. 11.3.2004 – Rs. C-9/02, de Lasteyrie du Saillant, Slg. 2004, I-02409. 2 EuGH, Urt. v. 29.11.2011 – Rs. C-371/10, National Grid Indus, Slg. 2011, I-12307. 3 EuGH, Urt. v. 23.1.2014 – Rs. C-164/12, DMC Beteiligungsgesellschaft mbH, IStR 2014, 106.

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Benecke/Blumenberg, Aktuelle Entwicklungen b. Wegzugsbesteuerung

2. Uneinheitlichkeit der Wegzugs- und Entstrickungsbesteuerung im geltenden Recht In ihrer gegenwärtigen Form ist die deutsche Wegzugs- und Entstrickungsbesteuerung ein komplexes Gefüge aus zahlreichen Einzelnormen, die sowohl auf der Tatbestands- als auch auf der Rechtsfolgenseite erhebliche Unterschiede aufweisen. 2.1 Die Spruchpraxis des BFH als Ausgangspunkt der Entstrickung Die dogmatischen Wurzeln der Entstrickungsbesteuerung liegen in der Auslegung der ertragsteuerlichen Vorschriften zur Entnahme durch die finanzgerichtliche Rechtsprechung. Der in § 4 Abs. 1 Satz 2 EStG legaldefinierten Entnahme, die den Gewinn des Steuerpflichtigen nicht mindern darf (§ 4 Abs. 1 Satz 1 EStG), kommt eine Korrektur- und Neutralisierungsfunktion dergestalt zu, dass der Betriebsvermögensvergleich um außerbetriebliche Vorgänge, die zu einer Wertveränderung führen, zu bereinigen ist.4 Der Entnahmetatbestand ist nach § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG erfüllt, wenn der Steuerpflichtige Wirtschaftsgüter „dem Betrieb für sich, für seinen Haushalt oder für andere betriebsfremde Zwecke im Laufe des Wirtschaftsjahres … entnommen hat“. Während die Varianten „für sich“ sowie „für seinen Haushalt“ in ihrer Auslegung eher unproblematisch sind, ist bislang nicht endgültig geklärt, welche Sachverhalte unter das Tatbestandsmerkmal „der anderen betriebsfremden Zwecke“ zu subsumieren sind.5 Lange vor den ersten Initiativen zur Einführung spezialgesetzlicher Entstrickungstatbestände hat sich die Rechtsprechung mit den steuerlichen Folgen des Ansässigkeitsverlustes befasst. Bereits im Jahre 1936 urteilte der RFH, dass das Ausscheiden eines Wirtschaftsguts aus der nationalen Besteuerungshoheit durch Überführung ins Ausland als Entnahme aus dem inländischen Betrieb und sodann Einlage in die ausländische Betriebsstätte zu behandeln sei.6 Im Urteil vom 16.7.1969, das die Entwicklung der Entstrickungsbesteuerung als Geburtsstunde der sog. „Theorie der finalen Entnahme“ maßgeblich beeinflussen sollte, gelangte der BFH zu der Auffassung, dass der Wegfall der „Sicherstellung der steuerlichen Erfassung stiller Reserven“ aufgrund der Überführung von Wirtschaftsgütern in eine ausländische Betriebsstätte den Entnahmetatbestand verwirklicht und damit als eine die Besteuerung der in den betroffenen Wirt4 Musil in Hermann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 4 EStG, Stand: 260. Lfg., November 2013, Rz. 136. 5 Vgl. Musil in Hermann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 4 EStG, Stand: 260. Lfg., November 2013, Rz. 166 f. 6 RFH, Beschl. v. 21.10.1936 – VI A 437/35, RStBl. 1937, 424.

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schaftsgütern ruhenden stillen Reserven legitimierende Ersatzrealisationshandlung anzusehen sei.7 Wenig später erstreckte der BFH diese Grundsätze auf die grenzüberschreitende Betriebsverlegung, die – entsprechend zur Entnahme – als Betriebsaufgabe qualifiziere.8 Diese Theorie der finalen Entnahme/Betriebsaufgabe wurde im Schrifttum zum Teil kritisch gesehen,9 bildete aber in den folgenden knapp 40 Jahren die Grundlage für die Entstrickungsbesteuerung. Eine Wende brachte eine viel beachtete Entscheidung des BFH vom 17.7.2008, in welcher der BFH von seiner bisherigen Rechtsprechungslinie abwich und die Theorie der finalen Entnahme/Betriebsaufgabe fortentwickelte:10 Im Fall, dass ein Wirtschaftsgut in eine Betriebsstätte eines ausländischen Staates überführt wird, mit dem Deutschland ein DBA abgeschlossen hat, welches zur Vermeidung der Doppelbesteuerung die Freistellungsmethode vorsieht, ist die Besteuerung der bis zum Überführungszeitpunkt im Inland entstandenen stillen Reserven weiterhin sichergestellt. Der Wechsel der Zuordnung eines Wirtschaftsguts von einer in- zu einer ausländischen Betriebsstätte stellt danach keine Entnahme i.S.d. § 4 Abs. 1 Satz 2 EStG dar. In der Literatur wird die Entscheidung überwiegend als „Aufgabe“ der finalen Entnahmetheorie rezipiert.11 „Aufgabe“ der finalen Entnahmetheorie würde aber streng genommen bedeuten, dass die Beurteilung der Überführung eines Wirtschaftsguts als Entnahme i.S.d. § 4 Abs. 1 Satz 2 EStG nicht mehr mit der Frage der Sicherstellung der steuerlichen Erfassung der stillen Reserven verbunden wird. D.h. fehlt es an einer Entnahme für betriebsfremde Zwecke i.S.d. § 4 Abs. 1 Satz 2 EStG, muss die Sicherstellung der Erfassung von stillen Reserven unbeachtlich sein. Die Urteilsgründe deuten jedoch auf anderes hin, da der I. Senat in seiner vorgenannten Entscheidung gerade die spätere Erfassung der inländischen stillen Reserven bejaht und damit die Notwendigkeit einer Gewinnrealisation auf Basis der Theorie der finalen Entnahme verneint hatte. Der BFH hat somit der bisherigen Rechtsauffassung eine Absage erteilt, dass stille Reserven bei Überführung von Wirt7 BFH, Urt. v. 16.7.1969 – I 266/65, BStBl. II 1970, 175. 8 BFH, Urt. v. 28.4.1971 – I R 55/66, BStBl. II 1971, 630. 9 Vgl. etwa Förster/Naumann/Rosenberg, IStR 2005, 617, 619; Kessler/Huck, StuW 2005, 193, 198; Kramer, StuW 1991, 151, 159 ff.; Kroppen, IStR 2005, 74 f.; Meilicke/Hohfeld, BB 1972, 505, 508; Schaumburg in FS für Franz Wassermeyer, 2005, 411, 431 f.; Tipke, StuW 1972, 264, 269; Wassermeyer, GmbHR 2004, 613, 616. 10 BFH, Urt. v. 17.7.2008 – I R 77/06, BStBl. II 2009, 464. 11 Blöchle, IStR 2009, 645 ff.; Ditz, IStR 2009, 115 ff.; Meilicke, GmbHR 2009, 48, 55 (Anm.); Mischke, FR 2008, 1144 ff.; Musil, FR 2008, 1144; ders., FR 2011, 545; ders. in Hermann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 4 EStG, Stand: 260. Lfg., November 2013, Rz. 168. So auch das FG Düsseldorf, Beschl. v. 5.12.2013 – 8 K 3664/11 F, ISR 2014, 58 m. Anm. Müller = EFG 2014, 119.

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schaftsgütern ins Ausland sofort zu versteuern sind, weil die inländische Besteuerung der betreffenden stillen Reserven nicht mehr sichergestellt sei. Das BMF reagierte auf das BFH-Urteil – auch im Vorgriff auf die sich abzeichnende gesetzgeberische Reaktion – mit einem Nichtanwendungserlass.12 Erst nach Bestätigung der Rechtsprechungsentwicklung und der zwischenzeitlich erfolgten gesetzlichen Normierung allgemeiner Entstrickungsregelungen durch das SEStEG sowie der Änderungen durch das JStG 2010, mit denen das Entstrickungskonzept der bisherigen Rechtsprechung fortentwickelt worden ist, wurde der Nichtanwendungserlass im Rahmen des Umwandlungssteuererlasses 2011 aufgehoben.13 Für die Entstrickungsbesteuerung im betrieblichen Bereich ist – unabhängig von den SEStEG-Entstrickungsregelungen – zu beachten, dass die vorgenannte Rechtsprechungsentwicklung die Auslegung von Art. 7 und Art. 13 Abs. 2 OECD-MA zum abkommensrechtlichen Unternehmensvermögen betrifft. Sofern also nach nationalem Recht Betriebsvermögen i.S.d. § 15 Abs. 3 EStG gegeben ist, beurteilt sich die für die Frage des Vorliegens einer Entnahme auf Basis der finalen Entnahmetheorie erforderliche Sicherstellung der Besteuerung der inländischen stillen Reserven regelmäßig nach Art. 13 Abs. 5 OECD-MA, wonach allein dem Ansässigkeitsstaat das Besteuerungsrecht hinsichtlich dieser stillen Reserven zusteht. Kommt es zu einem Wechsel der Ansässigkeit, wie z.B. im Grundfall des § 50i Abs. 1 EStG, kommt es – auch auf Basis der „modifizierten“ Theorie der finalen Entnahme – zur Entnahme nach § 4 Abs. 1 Satz 2 EStG. 2.2 Besteuerung des Wegzugs und der Entstrickung nach geltendem Recht Das deutsche Steuerrecht enthält zahlreiche Einzelvorschriften zur Besteuerung von Wegzugs- und Entstrickungssachverhalten. 2.2.1 Entstrickung im betrieblichen Bereich Die Entstrickung von Betriebsvermögen ist in einer Reihe von Einzeltatbeständen geregelt. Zu nennen sind insbesondere §§ 4 Abs. 1 Satz 3 ff., 6 Abs. 5 Satz 1, 16 Abs. 3 Satz 2, 16 Abs. 3a EStG, § 12 KStG, §§ 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, 13 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3, 21 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1, 22 Abs. 1 Satz 5 HS 2, 24 Abs. 2 Satz 2 UmwStG. 12 BMF, Schr. v. 20.5.2009, IV C 6 - S 2134/07/10005, BStBl. II 2009, 671. 13 BMF, Schr. v. 11.11.2011, IV C 2 - S 1978 – b/08/10001, BStBl. I 2011, 1314.

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(i) EStG und KStG Im Zuge des sog. SEStEG14 wurde der Gedanke der finalen Entnahmetheorie gesetzlich implementiert und das bisherige Entstrickungskonzept fortentwickelt. Die zentrale Entstrickungsvorschrift des § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG sieht seither vor, dass der Ausschluss oder die Beschränkung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung oder der Nutzung eines Wirtschaftsguts einer Entnahme für betriebsfremde Zwecke gleichstehe. Eine entsprechende Regelung ist in § 12 Abs. 1 KStG für Körperschaften enthalten, allerdings mit der Rechtsfolge der fiktiven Veräußerung zum gemeinen Wert. Anders als bei Inlandssachverhalten tritt die Besteuerung bei einer Änderung der Zuordnung von Wirtschaftsgütern zwischen Betriebsstätten desselben Betriebs ein. Die Frage nach der Vereinbarkeit beider Normen mit dem Unionsrecht drängt sich daher auf.15 Um § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG und § 12 Abs. 1 KStG unionsrechtlich „abzusichern“,16 wurden die Normen durch den ebenfalls im Zuge des SEStEG eingeführten § 4g EStG flankiert, der für die Überführung von Wirtschaftsgütern in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union (nicht jedoch auch der EWR-Staaten) die Bildung eines Ausgleichspostens ermöglicht, soweit das Wirtschaftsgut als entnommen bzw. veräußert gilt. Der Ausgleichsposten ist über einen Zeitraum von fünf Jahren gleichmäßig gewinnwirksam aufzulösen, wobei § 4g Abs. 2 Satz 2 EStG Ereignisse festlegt, deren Eintreten zur sofortigen Auflösung des Ausgleichspostens führt.17 Unionsrechtliche Zweifel resultieren u.a. daraus, dass die Regelung nur für unbeschränkt Steuerpflichtige gilt.18 Ob die 14 Gesetz über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen Gesellschaft und zur Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften vom 7.12.2006, BGBl. I 2006, 2782, BStBl. I 2007, 4. 15 Hennrichs in Tipke/Lang, 21. Aufl. 2013, § 9 Rz. 477; Körner, IStR 2012, 1, 4; Thömmes/Linn, IStR 2012, 282, 283. Die Europarechtskonformität bejahend dagegen Mitschke, IStR 2012, 6, 9; Musil, FR 2011, 545, 548 f.; ders., FR 2012, 32 (Anm.); differenzierend Wied in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 4 EStG, 120. Lfg., August 2013, Rz. 486a. 16 Kolbe in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 4g EStG, Stand: 240. Lfg., Februar 2010, Rz. 1, 4. 17 Danach kommt es zu einer sofortigen, gewinnwirksamen Auflösung des Ausgleichspostens, wenn das Wirtschaftsgut aus dem Betriebsvermögen der Körperschaft ausscheidet, aus der Besteuerungshoheit eines Mitgliedsstaates der Europäischen Union ausscheidet oder die in ihm enthaltenen stillen Reserven nach ausländischem Steuerrecht aufgedeckt wurden oder nach deutschem Steuerrecht hätten aufgedeckt werden müssen. 18 Benecke/Schnitger, IStR 2007, 22, 28; Kahle, IStR 2007, 757, 763; Kolbe in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 4g EStG, Stand: 240. Lfg., Februar 2010, Rz. 6; Kramer, DB 2007, 2338, 2343; Prinz, GmbHR 2007, 966, 971.

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Ausgleichspostenmethode die Rechtsfolgen des § 4 Abs. 1 Satz 3, 4 EStG bzw. § 12 Abs. 1 KStG soweit abmildert, als dass die unionsrechtlichen Probleme der Entstrickung vollends ausgeräumt werden, ist umstritten.19 Mit dem Jahressteuergesetz (JStG) 2010 hat der Gesetzgeber auf das Urteil des BFH zur Aufgabe der finalen Entnahmetheorie reagiert und den bisherigen Grundgedanken zusätzlich gesetzlich „abgesichert“. Nach dem durch das JStG 2010 neu eingeführten § 4 Abs. 1 Satz 4 EStG stellt die Überführung eines Wirtschaftsguts aus einer inländischen in eine ausländische Betriebsstätte ein Regelbeispiel für eine Entstrickung i.S.d. § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG dar. Von der Entnahmefiktion ausgenommen werden die Anteile an einer Europäischen Gesellschaft (§ 4 Abs. 1 Satz 5 Nr. 1 EStG) oder Europäischen Genossenschaft (§ 4 Abs. 1 Satz 5 Nr. 2 EStG) bei deren Sitzverlegung.20 Durch einen Verweis auf § 4 Abs. 1 Satz 4 EStG in § 6 Abs. 5 Satz 1 EStG und § 16 Abs. 2 Satz 2 EStG wurde klargestellt, dass in Entstrickungsfällen weder die Buchwertfortführung des § 6 Abs. 5 EStG noch eine steuerneutrale Realteilung möglich ist.21 Eine weitere Maßnahme, mit welcher auf die geänderte Rechtsprechung zur Theorie der finalen Entnahme reagiert wurde, war die Einführung des § 16 Abs. 3a EStG. Analog § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG steht es einer Betriebsaufgabe gleich, wenn das Besteuerungsrecht der Bundesrepublik Deutschland an den Wirtschaftsgütern des Betriebes oder Teilbetriebes ausgeschlossen oder beschränkt wird. § 16 Abs. 3a Satz 2 EStG verweist ebenfalls auf das Regelbeispiel des § 4 Abs. 1 Satz 4 EStG, erklärt jedoch § 4g EStG nicht für entsprechend anwendbar, so dass es grundsätzlich zur Sofortbesteuerung kommt. Gemäß § 36 Abs. 5 EStG kann der Steuerpflichtige jedoch beantragen, dass die auf den Aufgabegewinn entfallene Steuer in fünf gleichen Jahresraten entrichtet werden kann. Voraussetzung hierfür ist, dass die Wirtschaftsgüter zu einer Betriebsstätte in einem EU- oder EWR-Staat gehören, mit dem ein Amtshilfeabkommen besteht. Ein Blick auf § 36 Abs. 5 EStG und § 4g EStG zeigt einige Unterschiede in den Rechtsfolgen der Entstrickung: Zum einen knüpft § 36 Abs. 5 EStG an die bereits festgesetzte Steuer an, so dass eine Verrechnung des 19 Vgl. nur Wied in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 4 EStG, 120. Lfg., August 2013, Rz. 486a m.w.N. 20 Grund hierfür ist, dass Art. 14 der Fusionsrichtlinie, neu gefasst durch Richtlinie 2009/133/EG des Rates vom 19.10.2009, ABl. EU 2009 Nr. L 310, 34, eine Besteuerung der Gesellschafter anlässlich einer Sitzverlegung der Gesellschaft verbietet. 21 Vgl. Ritzer in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, UmwStG, 2. Aufl. 2013, Anhang 7, Rz. 126 f.

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Entstrickungsgewinns mit später entstehenden Verlusten nicht möglich ist. Umgekehrt setzt die Vorschrift nicht voraus, dass der Antragsteller unbeschränkt steuerpflichtig ist. Bemerkenswert ist überdies, dass sich § 36 Abs. 5 EStG auch auf das EWR-Gebiet erstreckt. Schließlich fehlt es dem § 36 Abs. 5 EStG an den in § 4g EStG geregelten Meldepflichten. Für nicht unter das UmwStG fallende Auslandsverschmelzungen ordnet § 12 Abs. 2 KStG eine Ausnahme von der Veräußerungsfiktion an, sofern ein vorher bestehendes deutsches Besteuerungsrecht an den übergehenden Wirtschaftsgütern nicht beschränkt oder ausgeschlossen wird. Die Vorschrift ist zwar nicht wortgleich dem § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG, ist jedoch nach gleichen Maßstäben auszulegen.22 § 12 Abs. 3 KStG erweitert den Entstrickungstatbestand des Abs. 1 auf den Wegzug einer EU-EWR-Körperschaft in einen Drittstaat. Anders als bei den übrigen Entstrickungsvorschriften kommt es in diesem Zusammenhang auf einen Ausschluss oder eine Beschränkung des deutschen Besteuerungsrechts nicht an.23 Vielmehr greift die Entstrickungsbesteuerung dem Wortlaut nach auch dann, wenn eine unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaft ihren Sitz oder den Ort ihrer Geschäftsleitung unter Verbleib einer inländischen Betriebsstätte in einen Drittstaat verlegt, obwohl das Besteuerungsrecht an den Betriebsstätteneinkünften gem. § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG bestehen bleibt.24 Zudem besteht im Rahmen des § 12 Abs. 3 KStG keine Möglichkeit, den Besteuerungszugriff entsprechend § 4g EStG zeitlich zu verzögern. Es handelt sich somit um die wohl strengste Entstrickungsvorschrift im nationalen Recht.25 (ii) UmwStG Das UmwStG enthält zwar keine Entstrickungsvorschriften im engeren Sinne. Ein der Entstrickung vergleichbares Ergebnis ergibt sich aber aus 22 Schnitger, Die Entstrickung im Steuerrecht, IFSt-Schrift Nr. 487, Berlin 2013, S. 28. 23 Benecke/Staats in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, KStG, § 12 KStG, 76. Lfg., Dezember 2012, Rz. 13. 24 Kritisch hierzu Blumenberg, IStR 2009, 549, 551; Blumenberg/Lechner, BB 2006, Spezial 8, 25; Hofmeister in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 12 KStG, 117. Lfg., November 2012, Rz. 100 m.w.N.; Rödder/Schumacher, DStR 2006, 1481. Die mitunter geforderte teleologische Reduzierung der Vorschrift ablehnend Benecke/Staats in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, KStG, § 12 KStG, 76. Lfg., Dezember 2012, Rz. 501; Frotscher in Frotscher/Maas, KStG/GewStG/ UmwStG, § 12 UmwStG, 125. Lfg., September 2014, § 12 KStG Rz. 173. 25 Schnitger, Die Entstrickung im Steuerrecht, IFSt-Schrift Nr. 487, Berlin 2013, S. 47.

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den Voraussetzungen für die Buchwertfortführung in denjenigen Fällen, in denen die Umstrukturierung zum Verlust des inländischen Besteuerungsrechts am Übertragungsgegenstand führt. Für die Verschmelzung einer Kapital- auf eine Personengesellschaft ist nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 UmwStG erforderlich, dass das übergehende Betriebsvermögen weiterhin der deutschen Besteuerung unterliegt; gleiches gilt gem. § 9 i.V.m. § 3 Abs. 2 Nr. 2 UmwStG für den Formwechsel einer Kapital- in eine Personengesellschaft und gem. §§ 11 Abs. 2 Nr. 2, 13 Abs. 2 Nr. 1 UmwStG für das übergehende Betriebsvermögen sowie die Anteile an der übertragenden Körperschaft bei der Verschmelzung von Kapitalgesellschaften. Diese Grundsätze gelten gem. § 15 Abs. 1 UmwStG i.V.m. § 13 Abs. 2 UmwStG auch für die Spaltung von Kapitalgesellschaften. Auch der Einbringung und dem Anteilstausch nach UmwStG sind Entstrickungsregelungen immanent. So ist nach § 20 Abs. 2 Nr. 3 UmwStG für die Buchwertfortführung bei der Einbringung von Betrieben/Teilbetrieben und Mitunternehmeranteilen in eine Kapitalgesellschaft erforderlich, dass in Bezug auf das übergehende Betriebsvermögen das deutsche Besteuerungsrecht gewahrt bleibt. Gleiches gilt gem. § 24 Abs. 2 Sätze 2 und 3 UmwStG für die Einbringung in eine Personengesellschaft. Schließlich ist der Anteilstausch i.S.d. § 21 UmwStG nur steuerneutral durchführbar, wenn bezüglich der eingebrachten Anteile (§ 21 Abs. 2 Satz 2 HS 1 UmwStG) sowie der erhaltenen Anteile (§ 21 Abs. 2 Satz 2 HS 2 UmwStG) das deutsche Besteuerungsrecht fortbesteht. Das UmwStG sieht allerdings keine Stundungsregelungen analog § 4g oder § 36 Abs. 5 EStG vor. Umwandlungs- und einbringungsbedingte Entstrickungen führen stets zur Sofortbesteuerung der stillen Reserven.26 (iii) Authorized OECD Approach Auch der im Rahmen des JStG 2013 eingefügte „Authorized OECD Approach“ (AOA, § 1 Abs. 5 AStG) führt zu Ergebnissen, die den Entstrickungsregelungen entsprechen. Nach dem AOA wird die Betriebsstätte als rechtlich selbständige Einheit fingiert („Funcitonally Separate Entity Approach“); Leistungsbeziehungen (sog. „dealings“) zwischen Stammhaus und Betriebsstätte werden grundsätzlich anerkannt, sofern sie fremdvergleichskonform ausgestaltet sind. Ändert sich nach dem AOA die Zuordnung von Wirtschaftsgütern, kann dies als fiktive Veräußerung

26 Siehe zur Anwendbarkeit des § 4g EStG unter 4.1.

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anzusehen sein und – vorbehaltlich der vorrangig anzuwendenden Entstrickungsregelungen – eine Einkünftekorrektur nach § 1 Abs. 5 Satz 1 AStG auslösen.27 Im Fall der Einkünftekorrektur nach § 1 Abs. 5 AStG kann aber kein Ausgleichsposten nach § 4g EStG gebildet werden. Insofern kommt der vorrangigen Anwendung der allgemeinen Entstrickungsregelungen auch eine besondere Bedeutung zu. (iv) Sonderfall: § 50i EStG Ein Sonderfall der Entstrickung findet sich in dem durch das sog. Kroatien-Anpassungsgesetz28 erheblich verschärften § 50i EStG. Den Anlass für diese Regelung bildete – wie so oft – die Rechtsprechung des BFH. Dieser hatte der von der Finanzverwaltung vertretenen Auffassung, dass auch die gewerblich geprägte bzw. infizierte Personengesellschaft der Betriebsstättenbesteuerung nach Art. 7, 13 Abs. 2 OECD-MA unterliegt,29 in Entscheidungen aus 2010 und 2011 eine Absage erteilt.30 Daraufhin wurde mit § 50i EStG ein Treaty Override31 kodifiziert, welches die Steuerverstrickung für vor dem 29.6.2013 auf eine gewerblich geprägte oder infizierte Personengesellschaft übertragene bzw. überführte Wirtschaftsgüter sicherstellen soll, sofern die Besteuerung der stillen Reserven im Übertragungs- bzw. Überführungszeitpunkt unterblieben war.32 Diese Vorschrift ist in der Literatur auf Kritik gestoßen.33

27 Ob die gesetzliche Umsetzung des AOA in § 1 Abs. 5 AStG eine Entstrickungsbesteuerung auszulösen vermag, wird von Schnitger, Die Entstrickung im Steuerrecht, IFSt-Schrift Nr. 487, Berlin 2013, S. 34, kritisch gesehen. 28 Gesetz zur Anpassung des nationalen Steuerrechts an den Beitritt Kroatiens zur EU und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 25.7.2014, BGBl. I 2014, 1266. Ausführlich zum Gang dieses Gesetzgebungsverfahrens Prinz, GmbHR 2014, R241. 29 BMF, Schr. v. 16.4.2010, IV B 2-S 1300/09/10003, BStBl. I 2010, 354 Tz. 2.2.1. Seit dem 26.9.2014 ist dieses BMF-Schreiben außer Kraft. Im BMF, Schr. v. 26.9.2014, IV B 5-S 1300/09/10003, BStBl. I 2014, 1258 Tz. 2.2.1., schloss sich die Finanzverwaltung dem BFH an. 30 BFH, Urt. v. 28.4.2010 – I R 81/09, BFHE 229, 252 = BStBl. II 2014, 754; v. 4.5.2011 – II R 51/09, BFHE 233, 517 = BStBl. II 2014, 751; v. 24.8.2011 – I R 46/10, BFHE 234, 339 = BStBl. II 2014, 764. Siehe zur entsprechenden Motivation des Gesetzgebers BT-Drucks. 17/13033, 73. 31 Mit dieser Problematik wird sich – exemplarisch anhand des § 50d EStG – demnächst das BVerfG zu befassen haben, unter 2 BvL 1/12 und 2 BvL 15/14 sind derzeit zwei Normenkontrollverfahren anhängig. 32 Amtshilferichtlinien-Umsetzungsgesetz v. 26.6.2013, BGBl. I 2013, 1809, BStBl. I 2013, 1120. 33 Vgl. Bron, DStR 2014, 1849 ff.; Haarmann, BB 2015, 22 f.; Patt, EStB 2014, 377, 380 ff.; Pohl, IStR 2013, 699 ff.

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Im Rahmen des Kroatiengesetzes wurde die Norm zur Verhinderung von bekanntgewordenen Steuerumgehungsmöglichkeiten und damit verbundenden Steuerausfällen in Milliardenhöhe erweitert. Nach § 50i Abs. 2 EStG haben Umwandlungen und Einbringungen, wenn die Sachgesamtheit nach § 50i Abs. 1 EStG „verstrickte“ Wirtschaftsgüter enthält, stets mit dem gemeinen Wert zu erfolgen. Auch die Übertragung nach § 6 Abs. 3 oder 5 EStG sowie der sog. Strukturwandel und die Betriebsaufspaltung von vermögensverwaltenden Personengesellschaften sind nur noch unter Aufdeckung des gemeinen Werts möglich. 2.2.2 Entstrickung im privaten Bereich Während das steuerauslösende Moment im Bereich der Entstrickung von Betriebsvermögen regelmäßig die Überführung eines Wirtschaftsguts von einem inländischen in ein ausländisches Betriebsvermögen ist, geht es im Privatvermögen primär um den Wegzug einer natürlichen Person, die Anteile an einer Kapitalgesellschaft hält, ins Ausland und den damit regelmäßig einhergehenden Wegfall des inländischen Besteuerungsrechts auf Gesellschafterebene. Die Rechtsfolgen der Besteuerung von Privatvermögen anlässlich des Wegzugs des Steuerpflichtigen unterscheiden sich von der Entstrickungsbesteuerung im betrieblichen Bereich erheblich (insbesondere im Hinblick auf die Steuererhebung). Gemäß § 6 Abs. 1 AStG kommt es zur Wegzugsbesteuerung in Bezug auf Beteiligungen i.S.d. § 17 Abs. 1 EStG, wenn die unbeschränkte Steuerpflicht einer natürlichen Person endet; das gleiche gilt bei Eintritt bestimmter Ersatztatbestände. Allerdings besteht nach § 6 Abs. 5 AStG für innerhalb der EU oder des EWR umziehende EU-/EWR-Staatsangehörige die Möglichkeit der Steuerstundung – und zwar ohne die Stellung von Sicherheiten und ohne Verzinsung. Die Stundung endet bei Veräußerung der Anteile und bei Eintritt bestimmter Ersatztatbestände (z.B. Übergang der Anteile auf einen nicht in einem EU-/EWR-Staat unbeschränkt Steuerpflichtigen oder Ausscheiden des Steuerpflichtigen oder seines Rechtsnachfolgers aus der unbeschränkten Steuerpflicht in einem EU-/EWR-Staat; vgl. im Einzelnen § 6 Abs. 5 Satz 4 AStG). Neben dem Wegzug des Gesellschafters kann auch die Sitzverlegung der Gesellschaft eine Entstrickungsbesteuerung auf Gesellschafterebene auslösen (§ 17 Abs. 5 Satz 1 EStG).34 Eine weitere Vorschrift betreffend die Entstrickung im Bereich des privaten Vermögens findet sich in § 20 34 Verliert Deutschland das Recht zur unbeschränkten Besteuerung des Veräußerungsgewinns der Anteile an der wegziehenden Kapitalgesellschaft, fingiert § 17 Abs. 5 Satz 1 EStG eine Anteilsveräußerung zum gemeinen Wert.

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Abs. 4a Satz 1, 2 EStG.35 Diese Regelung nimmt den gesellschaftsrechtlich veranlassten Anteilstausch von der grundsätzlichen Steuerpflicht nach § 20 EStG aus. Voraussetzung dafür ist insbesondere, dass das inländische Besteuerungsrecht an einer späteren Veräußerung der erhaltenen Anteile nicht ausgeschlossen oder Art. 8 der Fusionsrichtlinie einschlägig ist.36 2.2.3 Zwischenergebnis Der vorstehende Abriss zeigt, dass die steuerlichen Regelungen zum Wegzug und zur Entstrickung erhebliche Unterschiede aufweisen. Dies gilt sowohl in Bezug auf die Tatbestandsvoraussetzungen als auch die Rechtsfolgen. Völlig unterschiedlich geregelt sind Betriebs- und Privatmögen: Während im Privatvermögen der Besteuerungsaufschub (ohne Zinsen und ohne Sicherheiten) grundsätzlich möglich ist, kommt es im Betriebsvermögen regelmäßig zu einer abgemilderten Besteuerung in Form eines Ausgleichsposten oder einer gestreckten Steuerzahlung; in Umwandlungsfällen kommt es hingegen zu einer Sofortbesteuerung.

3. Die Rechtsprechung des EuGH zur Entstrickungsbesteuerung im Betriebsvermögen 3.1 Entstrickung/Sitzverlegung bei Kapitalgesellschaften 3.1.1 Entscheidung in der Rs. National Grid Indus In der Rechtssache National Grid Indus hatte sich der EuGH erstmals mit der Wegzugsbesteuerung im betrieblichen Bereich zu beschäftigen.37 Der Sachverhalt im niederländischen Ausgangsverfahren war einfach: Im Jahr 2000 verlegte die niederländische Gesellschaft National Grid Indus BV ihren tatsächlichen Verwaltungssitz identitätswahrend von den Niederlanden in das Vereinigte Königreich. Einziger Vermögensgegenstand der Gesellschaft war eine Forderung in britischen Pfund, die aufgrund des Anstiegs des Pfund Sterling gegenüber dem niederländischen Gulden aus niederländischer Sicht reservebehaftet war. Nach der Sitzverlegung ver35 Eingeführt durch das JStG 2009 v. 19.12.2008, BGBl. I 2008, 2794, BStBl. I 2009, 74. 36 § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG erstreckt den Anwendungsbereich des § 20 Abs. 4a Satz 1, 2 EStG auf Abspaltungen. Zurückgehend auf den Regierungsentwurf für das gescheiterte JStG wurde die Regelung im Rahmen des Vermittlungsverfahrens zum Amtshilferichtlinien-Umsetzungsgesetz wieder aufgegriffen, BT-Drucks. 17/13722, 9. 37 EuGH, Urt. v. 29.11.2011 – Rs. C-371/10, National Grid Indus, Slg. 2011, I-12307.

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blieb in den Niederlanden keine Betriebsstätte i.S.d. DBA NL-UK; das Besteuerungsrecht für Unternehmensgewinne war nach DBA allein dem Vereinigten Königreich zuzuordnen. In dieser Situation sah das niederländische Recht eine Schlussbesteuerung vor, die zur sofortigen Festsetzung und Erhebung der Steuer auf den Kursgewinn führte. Der EuGH wertete die niederländische Schlussbesteuerung als Beschränkung der Niederlassungsfreiheit, da sie die Sitzverlegung in einen anderen Mitgliedstaat gegenüber einer rein inländischen Sitzverlegung benachteiligte. Dass der betroffenen Gesellschaft im erstgenannten Fall ein Liquiditätsnachteil zugefügt wird, könne von der Sitzverlegung in einen anderen Mitgliedstaat abhalten, so dass die Schlussbesteuerung eine beschränkende Wirkung aufweise. Allerdings sah der EuGH die Beschränkung, wie bereits in anderen Fällen auch, im Hinblick auf die ausgewogene Aufteilung der Besteuerungsbefugnis zwischen den Mitgliedstaaten als gerechtfertigt an.38 Danach seien die Mitgliedstaaten befugt, die Kriterien für die Aufteilung ihrer Steuerhoheit vertraglich oder einseitig festzulegen.39 Er stellte zudem fest, dass ein Mitgliedstaat berechtigt sei, stille Reserven zum Zeitpunkt des Wegzugs des Steuerpflichtigen der Besteuerung zu unterwerfen und erkannte demzufolge in der Schlussbesteuerung ein geeignetes Mittel, die Aufteilung der Besteuerungsbefugnis zwischen den Mitgliedstaaten zu wahren.40 Insbesondere die Festsetzung des Steuerbetrags zum Wegzugszeitpunkt hat der EuGH nicht beanstandet. Dass der Herkunftsmitgliedstaat zur Wahrung seiner Steuerhoheit die im Wegzugszeitpunkt auf die im Inland erwirtschafteten stillen Reserven entfallende Steuer bestimme, sei selbst dann verhältnismäßig, wenn Wertminderungen, die nach Wegzug eintreten, nicht berücksichtigt werden. Letztere seien gemäß dem Territorialitätsprinzip dem Aufnahmestaat zuzuordnen, wobei auch für den Fall, dass dieser die Wertminderungen ebenfalls unberücksichtigt lässt, der Herkunftsstaat nicht gehalten sei, die Steuerschuld im Zeitpunkt der Realisation neu zu ermitteln.41

38 Vgl. EuGH, Urt. v. 13.12.2005 – Rs. C-446/03, Marks & Spencer, Slg. 2005, I-10837, Rz. 45; v. 7.9.2006 – Rs. C-470/04, N., Slg. 2006, I-07409 Rz. 42; v. 18.7.2007 – Rs. C-231/05, Oy AA, Slg. 2007, I-6373 Rz. 51; v. 15.5.2008 – Rs. C-414/06, Lidl Belgium, Slg. 2008, I-3601 Rz. 31. 39 Vgl. EuGH, Urt. v. 7.9.2006 – Rs. C-470/04, N., Slg. 2006, I-07409 Rz. 44; v. 19.11.2009 – Rs. C-540/07, Kommission/Italien, Slg. 2009, I-10983 Rz. 29. 40 EuGH, Urt. v. 29.11.2011 – Rs. C-371/10, National Grid Indus, Slg. 2011, I-12307 Rz. 46, 48. 41 EuGH, Urt. v. 29.11.2011 – Rs. C-371/10, National Grid Indus, Slg. 2011, I-12307 Rz. 56 ff.

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Für unverhältnismäßig – und damit insoweit gegen die Niederlassungsfreiheit verstoßend – erklärte der EuGH die sofortige Einziehung der Steuer im Wegzugszeitpunkt, da die Steuerstundung bis zum anschließenden Realisationsereignis eine gleich geeignete, aber mildere Maßnahme darstelle. Der EuGH stellte fest, dass die Grenzen der Verhältnismäßigkeit gewahrt seien, wenn die nationale Regelung dem Steuerpflichtigen die Wahl ließe zwischen einer sofortigen Zahlung des Steuerbetrags, die einen Liquiditätsnachteil bedeutet, und einem Zahlungsaufschub (ggf. zzgl. Zinsen42), der den Steuerpflichtigen im Gegenzug mit erhöhtem Verwaltungsaufwand belastet.43 Dem Argument, dass ein Steueraufschub die nationalen Finanzverwaltungen übermäßig belasten würde, erteilte der EuGH eine Absage. 3.1.2 Folgeentscheidungen In anschließenden Vertragsverletzungsverfahren hatte der EuGH Gelegenheit, seine in National Grid Indus entwickelte Rechtsprechung erneut zu beurteilen. So sah auch das portugiesische Recht die Versteuerung sämtlicher realisierter und nicht realisierter Wertzuwächse im Wegzugszeitpunkt vor, wenn eine Kapitalgesellschaft Sitz und tatsächliche Leitung aus dem portugiesischen Hoheitsbereich wegverlegte, während diese Besteuerungsfolgen für rein inländische Ansässigkeitsänderungen nicht eingriffen. Der EuGH erblickte auch hierin eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit, die mangels eines dem Steuerpflichtigen eingeräumten Wahlrechts zum Steueraufschub unverhältnismäßig sei.44 Eine ähnliche Regelung fand sich im spanischen Recht. Auch hier sollte es bei Wegzug einer Gesellschaft zur sofortigen Versteuerung der latenten Wertzuwächse kommen. Der EuGH bestätigte zunächst seine Auffassung, dass es aus Gründen der Verhältnismäßigkeit nicht zu beanstanden sei, wenn die Steuerschuld für den Zeitpunkt des Wegzugs endgültig festgesetzt werde.45 In Anlehnung an National Grid Indus hielt er es jedoch für unverhältnismäßig, die festgesetzte Steuer ohne Stundungsmöglichkeit sofort zu erheben.46 In einem vergleichbaren Vertragsverletzungsverfahren gegen Dänemark bekräftigte der EuGH seine Rechtsprechung erneut und

42 Siehe hierzu unter 4.2. 43 EuGH, Urt. v. 29.11.2011 – Rs. C-371/10, National Grid Indus, Slg. 2011, I-12307 Rz. 73. 44 EuGH, Urt. v. 6.9.2012 – Rs. C-38/10, Kommission/Portugal, IStR 2012, 763. 45 EuGH, Urt. v. 25.4.2013 – Rs. C-64/11, Kommission/Spanien, PIStB 2013, 178 Rz. 31. 46 EuGH, Urt. v. 25.4.2013 – Rs. C-64/11, Kommission/Spanien, PIStB 2013, 178 Rz. 37.

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konnte zur Begründung in weiten Teilen auf seine Entscheidungsgründe in der Rs. National Grid Indus verweisen.47 3.1.3 Entscheidungen deutscher Finanzgerichte In zwei AdV-Verfahren haben sich die Finanzgerichte Rheinland-Pfalz und Köln mit der Gemeinschaftsrechtskonformität nationaler Entstrickungsregeln beschäftigt. (i) FG Rheinland-Pfalz, Beschluss v. 7.1.2011 – 1 V 1217/10 Die Antragstellerin war eine SE, die anlässlich der Verlegung von Sitz und tatsächlicher Geschäftsleitung in einen anderen Mitgliedstaat in ihrer Steuerbilanz einen passiven Ausgleichsposten in Höhe der stillen Reserven bildete. Eine Entstrickung nach § 12 KStG erklärte die Gesellschaft unter Hinweis auf die Unionsrechtswidrigkeit der Regelung nicht. Das Finanzamt folgte dem nicht und setzte einen Entstrickungsgewinn fest. Im AdV-Verfahren begehrte die Antragstellerin die Aussetzung der Vollziehung ohne Sicherheitsleistung.48 Das FG äußerte aufgrund des Umstandes, dass die Norm möglicherweise bewirke, dass eine inländische Kapitalgesellschaft von einem Wegzug in einen anderen Mitgliedstaat Abstand nehme, ernsthafte Zweifel an der Unionsrechtskonformität des § 12 KStG und gab dem Antrag statt.49 (ii) FG Köln, Beschluss v. 16.11.2011 – 10 V 2336/11 Antragstellerin war eine deutsche Personengesellschaft, die in ihrem Gesamthandsvermögen Anteile an einer in Belgien ansässigen Aktiengesellschaft hielt, die im Jahr 1998 der belgischen Betriebsstätte steuerlich zugeordnet wurden. Im Rahmen der Veranlagung für das Jahr 1998 aktivierte das Finanzamt in Anwendung des Betriebsstättenerlasses50 die in den überführten Aktien enthaltenen stillen Reserven und passivierte einen Ausgleichsposten in entsprechender Höhe, den es im Jahr 2008 gewinnerhöhend auflöste. Das FG Köln hatte ernstliche Zweifel, dass die aus der Auflösung des Ausgleichspostens resultierende Versteuerung der stillen Reserven mit Gemeinschaftsrecht in Einklang stehe. Diese begründete es damit, dass noch nicht abschließend geklärt sei, 47 EuGH, Urt. v. 18.7.2013 – Rs. C-261/11, Kommission/Dänemark, ABl. EU 2013, Nr C 260, 5. Es fehlt jedoch an Aussagen zur Stundungsmöglichkeit. 48 FG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 7.1.2011 – 1 V 1217/10, EFG 2011, 1096. 49 FG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 7.1.2011 – 1 V 1217/10, EFG 2011, 1096 Rz. 50. 50 BMF, Schr. v. 24.12.1999, IV B 4 - S 1300–111/99, BStBl. I 1999, 1076.

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ob die Besteuerung von stillen Reserven bei der Übertragung von Wirtschaftsgütern in ausländische Betriebsstätten mit der Niederlassungsfreiheit vereinbar sei.51 3.2 Entstrickung bei Einbringung – Rs. DMC Anfang 2014 hatte der EuGH in der Rs. DMC über die Vereinbarkeit der Einbringungsregelungen nach § 20 Abs. 3 UmwStG 1995 mit Unionsrecht zu entscheiden.52 Die Entscheidung enthält eine Reihe neuer grundlegender Aspekte und könnte für die nationalen Entstrickungsregelungen wegweisend sein. 3.2.1 Ausgangsfall Der vom FG Hamburg dem EuGH zur Vorabentscheidung vorgelegte Fall betraf das Jahr 2000. Die österreichischen Kommanditisten einer deutschen KG, die jeweils in der Rechtsform einer österreichischen GmbH betrieben wurden, hatten ihre Kommanditanteile gegen Gewährung neuer Gesellschaftsrechte in die deutsche Komplementär-GmbH der KG (DMC-GmbH) eingebracht. Dies führte zum Erlöschen der DMC-KG; deren gesamtes Betriebsvermögen wurde Alleineigentum der DMC-GmbH im Wege der Anwachsung. Die beiden Kommanditisten behielten kein Betriebsvermögen in Deutschland zurück (die Anteile an der DMC-GmbH wurden österreichisches Betriebsvermögen). Grafische Darstellung:

3.2.2 Behandlung nach UmwStG 1995 Nach der im Streitjahr geltenden Rechtslage führte die Einbringung der Kommanditanteile gem. § 20 Abs. 3, 4 UmwStG 1995 zur Aufdeckung 51 FG Köln, Beschl. v. 16.11.2011 – 10 V 2336/11, EFG 2012, 302. 52 EuGH, Urt. v. 23.1.2014 – Rs. C-164/12, DMC, ABl. EU 2014, Nr. C 93, 6, DStR 2014, 193.

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der in den Anteilen enthaltenen stillen Reserven (Ansatz des eingebrachten Betriebsvermögens mit dem Teilwert), weil das Besteuerungsrecht Deutschlands hinsichtlich des Gewinns aus einer Veräußerung der dem Einbringenden gewährten Gesellschaftsanteile im Zeitpunkt der Sacheinlage ausgeschlossen war; das Besteuerungsrecht bei Veräußerung der neu gewährten Anteile war nach DBA ausschließlich Österreich zuzuweisen. Allerdings konnte die entstehende Steuer gem. § 20 Abs. 6 i.V.m. § 21 Abs. 2 Sätze 3–6 UmwStG 1995 auf fünf Jahre gestundet werden, sofern die Entrichtung der Teilbeträge sichergestellt war. Demgegenüber hätten die Buchwerte fortgeführt werden können, mithin die Einbringung steuerneutral erfolgen können, wenn die Anteilseigner in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig gewesen wären. Trotz erheblicher verfahrensrechtlicher Zweifel an der Zulässigkeit der Klage, auf die an dieser Stelle nicht eingegangen werden soll,53 legte das FG Hamburg die Frage nach der Vereinbarkeit der Aufdeckung und Besteuerung der stillen Reserven in den eingebrachten Kommanditanteilen mit der Niederlassungsfreiheit dem EuGH zur Vorabentscheidung vor. 3.2.3 Entscheidung des EuGH Der EuGH hat die Vereinbarkeit der Einbringungsregelung lediglich im Hinblick auf die unionsrechtlichen Grundfreiheiten geprüft; auf die Vereinbarkeit mit der Fusionsrichtlinie ist er nicht eingegangen.54 Während das vorlegende FG55 und die fast einhellige Auffassung im Schrifttum56 die Niederlassungsfreiheit als betroffen ansahen, kam der EuGH mit der Kommission zu dem Schluss, dass die Kapitalverkehrsfreiheit einschlägig sei.57 Er stützte dies darauf, dass die streitgegenständliche Regelung nicht davon abhänge, dass der Anteilseigner über eine Beteiligung verfügt, die ihm die Ausübung eines sicheren Einflusses auf die Gesellschaft gewährleistet. Zudem stellte er darauf ab, dass die eingebrachten Mitunternehmeranteile eine Gesellschaft beträfen, die durch die Umstrukturierung untergeht. Im zwingenden Teilwertansatz erkannte der EuGH eine Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit, da ein gebiets53 Die Klägerin hat den falschen Bescheid angefochten; s. hierzu Nitzschke, IStR 2014, 136 ff.; ders., IStR 2014, 367 f.; Mitschke, IStR 2014, 522 ff.; Nitzschke, IStR 2014, 524 (Replik); Mitschke, IStR 2014, 525 (Duplik). 54 Vgl. Schön, Wiesbaden, S. 20 m.w.N. 55 FG Hamburg, Beschl. v. 26.1.2012 – 2 K 224/10, EFG 2012, 1206. 56 Linn, IStR 2014, 136, 138; Musil, FR 2014, 466, 471 (Anm.); Rödder, DStR 2007, 369, 371 f.; a.A. Mitschke, IStR 2012, 305, 311; ders, IStR 2013, 393. 57 EuGH, Urt. v. 23.1.2014 – Rs. C-164/12, DMC, ABl. EU 2014, Nr. C 93, 6, DStR 2014, 193, Rz. 28.

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fremder Anteilseigner einen Liquiditätsnachteil erleidet, wenn durch eine Umstrukturierung das Besteuerungsrecht Deutschlands hinsichtlich dieser Anteile verloren geht, während sich ein in Deutschland gebietsansässiger Anteilseigner der Besteuerung erst mit tatsächlicher Realisierung der Wertzuwächse ausgesetzt sieht. Eine objektiv unterschiedliche Situation der beiden Vergleichsgruppen verneinte der EuGH.58 Nach Auffassung des EuGH ist diese Beschränkung im Hinblick auf den Grund der ausgewogenen Aufteilung der Besteuerungsbefugnisse zwischen den Mitgliedstaaten grundsätzlich gerechtfertigt. Insbesondere ist nach Auffassung des EuGH nicht zu beanstanden, wenn der Mitgliedstaat auf die Besteuerung der unter seiner Steuerhoheit entstandenen Wertzuwächse nicht nur deshalb nicht verzichten möchte, weil es zu keiner tatsächlichen Realisation der Reserven gekommen ist.59 Allerdings hat der EuGH die Vereinbarkeit der § 20 Abs. 3 und 4 UmwStG 1995 mit der Kapitalverkehrsfreiheit letztlich offen gelassen, weil er es für möglich hielt, dass die übertragenen stillen Reserven im Betriebsvermögen der übernehmenden Gesellschaft weiterhin erfasst werden.60 Zu diesem Punkt, den jetzt das vorlegende Gericht im weiteren Verfahrensverlauf klären muss, gehen die Meinungen in der Literatur weit auseinander: Während zum Teil die Auffassung vertreten wird, dass der Gerichtshof auf die Fortführung der Buchwerte bei der übernehmenden inländischen Gesellschaft abstellt,61 gehen insbesondere Vertreter der Finanzverwaltung davon aus, dass es auf die steuerliche Verstrickung der im Rahmen der Einbringung erhaltenen Anteile an der aufnehmenden Kapitalgesellschaft ankomme.62 Kommt es aber auf das (weiterhin bestehende) inländische Besteuerungsrecht am eingebrachten Betriebsvermögen an, ist eine Rechtfertigung der Beschränkung ausgeschlossen. Insbesondere in Bezug auf die Verhältnismäßigkeit der nationalen Entstrickungsmaßnahme bringt die Rs. DMC Neues: Während der EuGH in der Rs. National Grid Indus und in Folgeverfahren noch ein Wahlrecht zwischen Sofortbesteuerung (mit Liquiditätsnachteil) und der Stundung der Steuer bis zur tatsächlichen Realisierung der stillen Reserven (mit Nachweisaufwand) gefordert hat, hat er in der Rs. DMC nunmehr die ty58 EuGH, Urt. v. 23.1.2014 – Rs. C-164/12, DMC, ABl. EU 2014, Nr. C 93, 6, DStR 2014, 193, Rz. 42. 59 EuGH, Urt. v. 23.1.2014 – Rs. C-164/12, DMC, ABl. EU 2014, Nr. C 93, 6, DStR 2014, 193, Rz. 54. 60 EuGH, Urt. v. 23.1.2014 – Rs. C-164/12, DMC, ABl. EU 2014, Nr. C 93, 6, DStR 2014, 193, Rz. 57. 61 Bünning, EuZW 2014, 273, 278 (Anm.); Linn, IStR 2014, 136, 138 f.; Patzner/ Nagler, GmbHR 2014, 216 (Anm.). 62 Mitschke, IStR 2014, 106, 112 (Anm.); ders., IStR 2014, 214, 215; zustimmend Musil, FR 2014, 466, 471 (Anm.); so auch Sydow, DB 2014, 265, 268.

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pisierende Streckung der Steuerzahlung über fünf Jahre gem. § 20 Abs. 6 UmwStG 1995 als mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar erklärt.63 Dies dürfte dafür sprechen, dass die in § 4g, § 36 Abs. 5 EStG angeordneten Regelungen zur Stundung der Steuer bzw. der ratierlichen Gewinnaufdeckung verhältnismäßig sind. 3.2.4 Behandlung nach heutigem Recht Bei Anwendung des heutigen Rechts würde die Rechtssache DMC eine andere Behandlung erfahren. (i) EU-/EWR-Fälle Für Sachverhalte unter Beteiligung von Gesellschaften und Gesellschaftern in EU-/EWR-Staaten ist die Einbringung seit SEStEG steuerneutral möglich: Nach § 1 Abs. 3 und Abs. 4 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 und § 20 Abs. 2 UmwStG kann die Einbringung zu Buchwerten erfolgen, wenn das Recht der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich der Besteuerung des Gewinns aus der Veräußerung des eingebrachten Betriebsvermögens bei der übernehmenden Gesellschaft nicht ausgeschlossen oder beschränkt wird. Auf Ebene des Einbringenden kommt es zu einer auf sieben Jahre befristeten Steuerverstrickung der stillen Reserven gem. § 22 Abs. 1 UmwStG (sperrfristverhaftete Anteile, Feststellung eines Einbringungsgewinns I).64 (ii) Drittlandsfälle Anders sieht die Situation bei Einbringungen durch Gesellschafter in Drittstaaten aus. Hier ist die Aufdeckung der stillen Reserven weiterhin zwingend, da der Buchwertansatz nicht möglich ist, wenn das Recht der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich der Besteuerung des Gewinns aus der Veräußerung der erhaltenen Anteile ausgeschlossen oder beschränkt wird (§ 1 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. b UmwStG). Da aber der EuGH die Einbringung anhand der Kapitalverkehrsfreiheit würdigt, die im Verhältnis zu Drittstaaten gilt, ist die Vereinbarkeit der Regelung mit dem Unionsrecht zu bezweifeln.65 Es fragt sich dann allenfalls, ob die Beschränkung durch die Stand-still-Regelung in Art. 64 Abs. 1 AEUV legitimiert ist. Dies könnte zweifelhaft sein, da die Vor63 EuGH, Urt. v. 23.1.2014 – Rs. C-164/12, DMC, ABl. EU 2014, Nr. C 93, 6, DStR 2014, 193, Rz. 63. 64 Zur Kritik an dieser Vorschrift s. nur Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, 6. Aufl. 2013, § 22 UmwStG Rz. 9–11 m.w.N. 65 Siehe ausführlich hierzu unter 4.4.

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schrift formal erst im Zuge des SEStEG eingeführt wurde und am 31.12.1993 noch nicht bestand.66 Andererseits muss konstatiert werden, dass in Drittstaatssachverhalten eine derartige Beschränkung seit dem UmwStG 1969 (vgl. § 17 Abs. 3 UmwStG 1969, § 20 Abs. 3 UmwStG 1995 und § 1 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. b UmwStG 2006) unverändert bestand, so dass das zeitliche Kriterium der Stand-still-Regelung erfüllt sein sollte. Es käme dann regelmäßig darauf an, ob es sich bei den betroffenen Sachverhalten um Direktinvestitionen handelt. 3.2.5 Anwendung der Rechtsgrundsätze auf § 50i EStG Die durch das Kroatiengesetz in 2014 verschärfte Fassung der Verstrickungsregelung des § 50i EStG mit ihrer Sperrwirkung für Umwandlungen, Übertragungen und den sog. Strukturwandel wurde oben in Abschnitt 2.2.1. unter Punkt (iv) dargestellt. Vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des EuGH in der Rs. DMC erscheint die Sperrklausel unionsrechtlich problematisch, wenn § 50i Abs. 2 EStG auf gebietsfremde Mitunternehmer beschränkt sein sollte. Dies zeigt das folgende Beispiel. Vor dem Jahr 2013 hat die im Inland ansässige natürliche Person A 100 % der im Privatvermögen gehaltenen Anteile an der X-GmbH in die inländische gewerblich geprägte A-GmbH & Co KG eingebracht (gegen Erhöhung der gesamthänderisch gebundenen Rücklage). Anschließend hat A ihren Wohnsitz nach Österreich verlegt. Nunmehr wird erwogen, die A-GmbH & Co KG formwechselnd in eine Holding-GmbH umzuwandeln. Grafische Darstellung:

Steuerlich stellt sich der Formwechsel der gewerblich geprägten A-KG in die Holding-GmbH grundsätzlich als Einbringung eines Mitunternehmeranteils in eine Kapitalgesellschaft dar, für die §§ 20, 25 UmwStG 66 Anders Mitschke, IStR 2014, 214, 216, der nicht auf die formelle Rechtslage, sondern die hinter den Vorschriften des UmwStG stehenden Rechtsgedanken abstellt.

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Anwendung finden. Vorbehaltlich der Regelung des § 50i EStG kann der Formwechsel – seit SEStEG auch im Hinblick auf im EU-Ausland ansässige Einbringende – gem. § 20 Abs. 2 UmwStG auf Antrag zum Buchwert erfolgen (§ 1 Abs. 3 Nr. 3 i.V.m. § 1 Abs. 4 Nr. 2 UmwStG).67 Die Anteile an der Holding-GmbH und der X-GmbH sind für einen Zeitraum von sieben Jahren sperrfristverhaftet gem. § 22 Abs. 1 bzw. 2 UmwStG. Wegen § 50i Abs. 2 Satz 1 EStG hat der Formwechsel bezogen auf die eingebrachten Anteile an der X-GmbH (abweichend von den Bestimmungen des UmwStG) zwingend unter Ansatz des gemeinen Wertes zu erfolgen. Dies gilt aber nur wegen der Anwendung des § 50i Abs. 1 EStG auf die Anteile. Unklar ist derzeit, ob auch ohne Wegzug des A nach Österreich, also ohne die Verstrickung der Anteile gem. § 50i Abs. 1 EStG, der Formwechsel unter Buchwertfortführung durchführbar wäre. Dies deutet zwar die Gesetzesbegründung an, der Gesetzeswortlaut erfasst hingegen auch diesen Fall. Wäre § 50i Abs. 2 EStG auf gebietsfremde Mitunternehmer beschränkt, läge eine Ungleichbehandlung gleicher Sachverhalte vor, die allein am grenzüberschreitenden Bezug (Wegzug ins EU- Ausland) anknüpft. Die Unionsrechtsproblematik des § 50i EStG ist offensichtlich. Der Gesetzgeber rechtfertigt die Sperrklausel mit der „Verhinderung erheblicher Steuerausfälle in Milliardenhöhe“ und „jüngst bekannt gewordene[n] Steuergestaltungsstrategien“.68 Ob diese Begründung unionsrechtlichen Anforderungen für eine Begrenzung des § 50i Abs. 2 EStG auf gebietsfremde Anteilseigner standhält, ist zweifelhaft. Diesen unionsrechtlichen Bedenken könnte auch durch eine Möglichkeit zum Besteuerungsaufschub nicht begegnet werden69, da wegen der Steuerverhaftung des Betriebsvermögens bei der Übernehmerin bereits die Steuerfestsetzung unzulässig wäre. Im Grunde genommen bestünde für eine Besteuerung des Formwechsels im reinen Inlandsfall keinerlei Anlass, da die Anteile wegen des Formwechsels ohnehin sperrfristverhaftet werden. Die Ausdehnung des § 50i Abs. 2 EStG auf Inlandssachverhalte wäre daher ausschließlich durch die Vorgaben des Unionsrechts begründet – so z.B. auch bereits die Ausdehnung der Vorschriften zur Gesellschafter-Fremdfinanzierung auf das Inland durch das sog. Korb II-Gesetz.

67 Innerhalb der Sperrfrist führt ein Verkauf der Anteile an der Holding-GmbH oder der X-GmbH (durch die Holding-GmbH) zur rückwirkenden Besteuerung der Einbringung (Einbringungsgewinn I bzw. II). 68 BT-Drucks. 18/1995, 106. 69 So aber Prinz, GmbHR 2014, R241, R242; vgl. auch Patt, EStB 2014, 377, 381; Sonnleitner/Winkelhog, BB 2014, 473, 477, plädieren dagegen für eine teleologische Reduktion der Vorschrift.

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4. Ausblick 4.1 Zur gestreckten Besteuerung des Entstrickungsgewinns Wie oben dargestellt, hat sich der EuGH in der Rechtssache DMC grundsätzlich für die Zulässigkeit typisierender Streckungsklauseln ausgesprochen. Hierdurch könnte sich die Vorlagefrage des FG Düsseldorf vom 5.12.201370 erledigt haben.71 Das FG Düsseldorf hatte den EuGH angerufen, ob die über 10 Jahre gestreckte Besteuerung bei Überführung von Patent-, Marken- und Gebrauchsmusterrechten aus einer inländischen auf eine ausländische Betriebsstätte desselben Unternehmens (vom Finanzamt gem. § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG als Entnahme mit dem Teilwert angesetzt) mit der Niederlassungsfreiheit vereinbar ist. Fälle, in denen es an der Möglichkeit der Steuerstundung oder der gestreckten Besteuerung fehlt, sind aber weiterhin unionsrechtlich kritisch zu sehen. Die Stundungsregelung nach § 36 Abs. 5 EStG gilt nur für die Entstrickung von Betrieben und Teilbetrieben innerhalb von EU/ EWR; die Ausgleichspostenmethode nach § 4g EStG nur für Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens bei Überführung durch unbeschränkt Steuerpflichtige ins EU-Ausland.72 Demgegenüber sind insbesondere im UmwStG Stundungsmöglichkeiten nicht vorgesehen.73 4.2 Zur Verzinsung der Steuer In den Rs. Lasteyrie du Saillant und N. urteilte der EuGH, dass die durch den Wegzug ausgelöste Steuer zinslos zu stunden sei. Der deutsche Gesetzgeber kam dem in § 6 Abs. 5 AStG für die EU-/EWR-Fälle nach.

70 FG Düsseldorf, Beschl. v. 5.12.2013 – 8 K 3664/11 F, ISR 2014, 58 m. Anm. Müller = EFG 2014, 119, beim EuGH anhängig unter C-657/13. 71 Das Vorabentscheidungsersuchen wurde im Hinblick auf die Entscheidung in der Rechtssache DMC, dessen Entscheidungsdatum bei Beschluss des FG Düsseldorf bereits bekannt war, durchaus kritisch gesehen. Zwirner, ISR 2014, 96, 100, regte sogar eine Rücknahme durch das FG an. Vgl. auch Wied in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 4g EStG, 124. Lfg., August 2014, Rz. 2. 72 Die Beschränkung auf EU-Staaten dürfte sich als Verstoß gegen Art. 31 EWRA darstellen. Benecke/Staats in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, KStG, § 12 KStG, 81. Lfg., August 2014, Rz. 46. 73 Da § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG und § 12 Abs. 1 KStG lediglich eine Entnahme bzw. Veräußerung fingieren, nicht jedoch einen steuerlichen Rechtsträgerwechsel erfassen, ist die Bildung eines Ausgleichspostens nach § 4g EStG für Umwandlungen gem. UmwStG nicht möglich. Vgl. Kolbe in Herrmann/Heuer/ Raupach, EStG/KStG, § 4g EStG, 240. Lfg., Februar 2010, Rz. 8.

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Demgegenüber ist der Rechtsprechung des EuGH zur Zulässigkeit der Verzinsung der gestundeten Steuer im betrieblichen Bereich zu entnehmen, dass sich diese nach den geltenden nationalen Rechtsvorschriften zu richten habe.74 Die deutschen Entstrickungsregelungen sehen keine Verzinsung vor. Im Rahmen des § 36 Abs. 5 EStG und § 6 Abs. 5 AStG ist eine Verzinsung ausweislich des Gesetzeswortlauts ausgeschlossen. Die Streckung nach § 4g EStG gilt nicht für die Steuer, sondern ordnet die verzögerte Realisation des Entstrickungsgewinns an; der Steueranspruch entsteht erst bei Auflösung des Ausgleichspostens, so dass keine verzinsliche Hauptforderung vorliegt.75 Damit spielt die Frage der Verzinsung der gestundeten Steuer derzeit keine Rolle. 4.3 Sicherheitsleistung – nur bei Nichteinbringungsrisiko? Hinsichtlich der Gestellung von Sicherheiten verhält es sich ähnlich wie bei der Verzinsung. Im Bereich des privaten Wegzugs hat der EuGH in den beiden oben zitierten Entscheidungen die Erbringung von Sicherheitsleistungen abgelehnt. In den Rs. National Grid Indus und DMC hat der EuGH anders geurteilt. Im betrieblichen Bereich darf die Stellung von Sicherheiten verlangt werden, um dem Nichteinbringungsrisiko zu begegnen. Jedoch ist zu berücksichtigen, dass der EuGH in der Rechtssache DMC die Gestellung von Sicherheitsleistungen von der der Bewertung des Nichteinbringungsrisikos im Einzelfall abhängig macht. Wenn diese Spruchpraxis Eingang in das nationale Recht finden soll, muss gewährleistet sein, dass die Stellung von Sicherheiten nur bei konkreter Gefährdung des Steueranspruchs erfolgt. Im Hinblick auf das Ob einer Sicherheitsleistung kann insbesondere das Vorhandensein inländischen Vermögens als Haftungssubstrat einen wichtigen Entscheidungsparameter darstellen.76 Mit Blick auf die Höhe der Sicherheitsleistung wäre bei EU-Sachverhalten zu berücksichtigen, dass mit der Beitreibungsrichtlinie77 ein Instrument zur staatenübergreifenden Durchsetzung von Steueransprüchen besteht. 74 EuGH, Urt. v. 29.11.2011 – Rs. C-371/10, National Grid Indus, Slg. 2011, I-12307, Rz. 73; v. 6.9.2012 – Rs. C-38/10, Kommission/Portugal, IStR 2012, 763; v. 23.1.2014 – Rs. C-164/12, DMC, ABl. EU 2014, Nr. C 93, 6, DStR 2014, 193, Rz. 61. Kritisch hierzu Thömmes/Linn, IStR 2012, 282, 285 ff. 75 Thömmes/Linn, IStR 2012, 282, 284. 76 Körner, IStR 2012, 1, 4 f.; A.A. Mitschke, IStR 2012, 6, 11; ders., DStR 2012, 629, 635 f. 77 Richtlinie 2010/24/EU des Rates vom 16.3.2010 über die Amtshilfe bei der Beitreibung von Forderungen in Bezug auf bestimmte Steuern, Abgaben und sonstige Maßnahmen, ABl. Nr. L 84 S. 1.

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4.4 Einbeziehung von Drittlandsfällen? Dass sich der EuGH der Auffassung der Europäischen Kommission anschloss und in der Rechtssache DMC die Einbringung gem. § 20 UmwStG 1995 als dem Anwendungsbereich der Kapitalverkehrsfreiheit unterfallend ansah, dürfte – vorbehaltlich der Anwendung der Standstill-Regelung in Art. 64 Abs. 1 AEUV – weitreichende Folgen für den räumlichen Anwendungsbereich seiner Rechtsprechungsgrundsätze haben. Im Gegensatz zum Schutzbereich der Niederlassungsfreiheit umfasst der Schutz der Kapitalverkehrsfreiheit auch Drittstaaten.78 Der EuGH stellt bei der Prüfung, welche der Grundfreiheiten im Streitfall einschlägig ist, auf den Gegenstand der entsprechenden Regelung ab.79 Generell soll die Niederlassungsfreiheit einschlägig sein, sofern eine nationale Regelung eine sichere Einflussnahme auf die Entscheidungen der Gesellschaft voraussetzt. Da § 20 UmwStG 1995 in der Rs. DMC hieran nicht anknüpfte und die eingebrachte Beteiligung an einer Gesellschaft ohne konkrete Beteiligungshöhe bestehe, sei nicht die Niederlassungsfreiheit, sondern die Kapitalverkehrsfreiheit der relevante Prüfungsmaßstab. Für die Entstrickungsvorschriften im Bereich von Unternehmensumstrukturierungen dürfte dies von erheblicher Bedeutung sein. Bekanntlich wurde der Anwendungsbereich des UmwStG durch das SEStEG auf europäische Umwandlungen ausgeweitet, grenzüberschreitende und ausländische Umwandlungen mit Drittstaatenbezug aber sind auch weiterhin nicht erfasst und führen regelmäßig zu einer Gewinnrealisierung. Im Lichte der Kapitalverkehrsfreiheit ist dies bedenklich.

78 Art. 63 Abs. 1 a.E. AEUV sieht vor, dass auch der Kapitalverkehr zwischen Mitgliedstaaten und Drittstaaten vom Anwendungsbereich der Kapitalverkehrsfreiheit erfasst ist. Vgl. hierzu auch EuGH, Urt. v. 13.11.2012 – Rs. C-35/11, Test Claimants in the FII Group Litigation, ABl. EU 2013, Nr. C 9, 9, IStR 2012, 924. 79 EuGH, Urt. v. 23.1.2014 – Rs. C-164/12, DMC, ABl. EU 2014, Nr. C 93, 6, DStR 2014, 193, Rz. 29 mit Verweis auf die Urt. v. 24.5.2005 – Rs. C-157/05, Holböck, Slg. 2007, I-4051, Rz. 22; v. 17.9.2009 – Rs. C-182/08, Glaxo Wellcome, Slg. 2009, I-8591, Rz. 36.

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BEPS Bestandsaufnahme 2014 – Nach zwei Dritteln der Wegstrecke Dr. Christian Dorenkamp, LL.M.1 Rechtsanwalt, Steuerberater, Bonn Inhaltsübersicht I. Einleitung II. Google-Fall III. September 2014 1. Digitale Wirtschaft 2. Hybridstrukturen (Hybrid Mismatch Arrangements) 3. Schädliche Steuerpraktiken (Harmful Tax Practices) 4. Verrechnungspreisdokumentation 5. Country-by-Country Reporting 6. Immaterielle Wirtschaftsgüter 7. Multilaterales Instrumentarium IV. November 2014 1. Abkommensmissbrauch

2. Konzerninterne Dienstleistungen mit geringer Wertschöpfung 3. Künstliche Vermeidung Betriebsstättenbegründung V. Dezember 2014 1. Umsatzsteuer B2C 2. Beschränkungen steuerlicher Zinsabzug 3. Risikoallokation 4. Rohstofftransaktionen 5. Pauschalierte Gewinnaufteilung (Profit Split) 6. Streitschlichtung (Dispute Resolutions) VI. Ausblick – Frühjahr 2015

I. Einleitung Die BEPS-Diskussion zur Erosion der steuerlichen Bemessungsgrundlage und Gewinnverlagerung, die anscheinend OECD- sowie G20-seitig beobachtet wird und die die Fortentwicklung des Internationalen Steuerrechts wie keine zweite prägen dürfte, lässt sich in mehrerlei Hinsicht strukturieren. Auf der Hand in den nächsten Jahren liegt eine Systematisierung nach inhaltlich zusammenhängenden Themenkomplexen der 15 „Druckpunkte“, die das nachfolgende Schaubild ausweist. Insoweit drängen sich vier Rubriken auf, nämlich (1) die spezifischen Herausforderungen, vor die die – physisch entgrenzte – sog. Digitale Wirtschaft das Internationale Steuerrecht womöglich stellt, (2) die Kohärenz der internationalen Steuersysteme insgesamt, d.h. eine verbesserte Abstim-

1 Dipl.-Volksw. Dr. Christian Dorenkamp LL.M. (NYU) ist Rechtsanwalt sowie Steuerberater und leitet die Konzernsteuerabteilung der Deutschen Telekom.

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mung der internationalen Staatengemeinschaft auf diesem Feld, sowie (3) eine stärkere Durchsetzung bereits etablierter internationaler Standards wie substance over form als Ausdruck der wirtschaftlichen Betrachtung bei der gerechten Austeilung von Steuerlasten2 und schließlich (4) erhöhte Transparenz in Sachen Besteuerung.

Für Zwecke eines jährlichen Fachkongresses sowie Tagungsbandes liegt allerdings auch eine andere Klassifizierung nahe, nämlich eine schlicht periodische. So rollt sich die BEPS-Diskussion – jeweils beginnend mit der OECD-seitigen Veröffentlichung der einschlägigen Public Discussion Drafts – in vier zeitlichen Wellen aus. Beginnend mit den sog. September Deliverables wurden im Spätsommer 2014 die Themen Digitale Wirtschaft, schädlicher Steuerwettbewerb, Hybridstrukturen, Verrechnungspreise bei immateriellen Wirtschaftsgütern sowie Verrechnungspreisdokumentation einschließlich einer länderbezogenen Steuerberichterstattung (sog. Country-by-Country Reporting) und multilaterale Instrumente des Steuerverfahrens und der Steuerrechtsetzung adressiert. Im November 2014 folgten OECD-Arbeitspapiere zum Abkommensmissbrauch sowie zur künstlichen Vermeidung von Betriebsstätten und zu konzerninternen Dienstleistungen mit geringer Wertschöpfung. Beschlossen wurde der 2014er BEPS-Reigen, indem die OECD im Dezember des vergangenen Jahres Arbeitspapiere veröffentlichte, die sich

2 Vgl. allg. hierzu z.B. Englisch, in Tipke/Lang, Steuerrecht, 22. Aufl. 2015, § 5 Rz. 70, 95 ff.

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mit der Umsatzsteuer im grenzüberschreitenden B2C-Kontext sowie etwaigen Beschränkungen des steuerlichen Zinsabzugs beschäftigten und mit der Risikoallokation sowie einer (pauschalen) Gewinnaufteilung im Konzern (Profit Split). Zudem wurden konzerninterne Rohstofftransaktionen sowie – für den Steuerpflichtigen sehr wesentlich – Verfahren einer zwischenstaatlichen Streitschlichtung (Dispute Resolutions) zur Vermeidung von Doppelbesteuerung erörtert, die gerade bei einer etwaigen Neuaufteilung von Besteuerungsrechten droht. Der zeitlichen Einordnung folgend würde sich der Jahresband zum 2015er Fachkongress den Themen einer obligatorischen Anzeige bestimmter Steuerstrukturen (mandatory disclosure rules) widmen sowie der Hinzurechnungsbesteuerung, der Begründung von wirtschaftlichem Eigentum durch Kostenaufteilungsvereinbarungen (cost contribution arrangements) und bei immateriellen Wirtschaftsgütern sowie deren Bewertung, die die OECD jeweils im Frühjahr 2015 in Form eines Arbeitspapiers behandelt. Gleiches gilt für eine ökonomische Analyse der BEPS-Thematik.

II. Google-Fall Vor die Klammer gezogen sei der Fall, der die BEPS-Diskussion wie vermutlich kein zweiter „ins Rollen“ gebracht haben dürfte, nämlich der Umstand, dass der US-Internet-Gigant Google mit einer Börsenkapitalisierung im dreistelligen Milliardenbereich in Europa so gut wie keine Steuern zahlt – obgleich natürlich auch in Ländern wie Frankreich, Spanien, Italien, Großbritannien oder Deutschland faktisch kaum ein Weg im Netz an dieser Suchmaschine vorbeiführt.3 Der Google-Fall beginnt mit dem Google-Werbekunden, z.B. einem Gaststätteninhaber in Bayern, der beispielsweise 100 Euro pro Monat an Google zahlt, um bei entsprechenden Suchanfragen des Kunden – z.B. nach einem Urlaub in Bayern – eine Werbung nebst Link erscheinen zu lassen. Zivilrechtliche Grundlage ist ein schuldrechtlicher Werbevertrag zwischen dem bayerischen Gastwirt und der Google Ireland Ltd., der operativen irischen Tochtergesellschaft des Google-Konzerns mit rd. 3.000 Mitarbeitern in Dublin.

3 Vgl. im Allgemeinen zum „staatenlosen Einkommens“ bzw. „stateless income“ grundlegend Kleinbard, Stateless Income’s Challenge to Tax Policy, 132 Tax Notes 1021 (5.9.2011); Stateless Income’s Challenge to Tax Policy, Part 2, 136 Tax Notes 1431 (17.9.2012) sowie Pinkernell, StuW 2012, 369 ff.

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Wenn die Werbekunden 100 Euro zahlen, sind diese bei Google Ireland Ltd. Betriebseinnahmen und unterliegen auch grundsätzlich der irischen Körperschaftsteuer, die (nur) 12,5 % beträgt. Allerdings bleibt es nicht bei der 12,5 %igen Besteuerung der Google-Gewinne in Irland. Denn nahezu die gesamten 100 Euro der Google Irland Ltd. fließen als Lizenzzahlungen zur niederländischen Google Netherlands BV, die der irischen Google Irland Ltd. zuvor die Nutzung der Google-Patente und -Software erlaubt hat. Diese niederländische Google-Gesellschaft ist zwar nicht operativ tätig. Die Lizenzzahlungen sind in Irland aber dennoch als Betriebsausgaben abzugsfähig, nämlich weil sie in fremdüblicher Höhe vereinbart wurden, d.h. das Google-Intellectual Property (IP) ist hier wirklich 100 Euro wert. Unterlägen die 100 Euro Lizenzzahlungen in den Niederlanden der dortigen Regelbesteuerung von 25 %, bestünde kein Grund zur (steuerpolitischen) Besorgnis. Dies ist aber nicht der Fall, und zwar weil den Lizenzeinnahmen bei der Google Netherlands BV Lizenzaufwendungen in gleicher Höhe gegenüberstehen. So wurde das Google IP der Google Netherlands BV zuvor von einer weiteren irischen Gesellschaft des Google-Konzerns überlassen, nämlich der Google Ireland Holding, die zu446

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gleich 100 % Anteilseignerin der operativen irischen Google-Tochter ist. Als – wiederum angemessenes – Entgelt für diese IP-Überlassung fließen die 100 Euro zurück nach Irland, in den Niederlanden verbleibt lediglich eine kleine Handling-Fee. Zurück in Irland stellt sich die Frage, ob nun die 12,5 %ige irische Körperschaftsteuer zugreift. Dies ist zu verneinen. Die Google Ireland Holding ist zwar eine Gesellschaft, die in Irland und damit nach irischem Recht gegründet ist. Die irische Besteuerung setzt aber zusätzlich voraus, dass sich auch die Geschäftsleitung in Irland befindet. Diese wird aber von den Bermudas ausgeübt, d.h. die Manager der Holding-Gesellschaft sitzen gar nicht in Dublin, sondern in einer Steueroase in der Karibik. Deshalb ist die Google Ireland Holding nicht in Irland körperschaftsteuerpflichtig, sondern auf den Bermudas, wo allenfalls 2–3 % Steuern anfallen. Insbesondere – und dies ist das aus deutscher Sicht Außergewöhnliche an dem Google-Fall – unterliegen die Lizenzeinkünfte in der Steueroasengesellschaft aber nicht der Hinzurechnungsbesteuerung in den USA, was man angesichts der Tätigkeit der Steueroasengesellschaft – passiv – und ihres Besteuerungsumfangs – niedrig – eigentlich vermuten sollte. Nach den US-Regelungen des Subpart F des Internal Revenue Code, die unter der Kennedy-Administration eingeführt wurden und damals Vorbild der §§ 7 ff. AStG waren, kann die aktive Tätigkeit der operativen irischen Google Ireland Ltd. ihrer ebenfalls irischen, aber nicht operativen Google Ireland Holding mit Geschäftsleitung auf den Bermudas zugerechnet werden. Hierdurch wird auch die letztgenannte Gesellschaft aktiv tätig und unterliegt trotz Niedrigbesteuerung nicht der US-Hinzurechnungsbesteuerung. Hierbei handelt es sich bei diesem Ergebnis des Zusammenspiels der sog. entity classification regulations des § 7701 Internal Revenue Code, besser bekannt als check-the-box-Regelung, und der Hinzurechnungsbesteuerung nicht um einen „Betriebsunfall“ bzw. eine unbewusste Gesetzeslücke, sondern um eine willentliche Förderung der internationalen Aufstellung von US-Konzernen, die auf ihre Europa-Gewinne zumindest vorübergehend, nämlich bis zur Repatriierung in die USA, faktisch kaum Steuern zahlen4 – anders als auf ihre US-Gewinne, die einem vergleichsweise hohen Steuersatz bis zu rd. 40 % unterliegen. 4 Insoweit lässt sich die faktische Ausnahme von der US-Hinzurechnungsbesteuerung als Nachfolgeregelung der früheren US-Exportsubventionierung in Gestalt der Foreign Sales Corporations im Sinne von §§ 921–927 IRC begreifen, die von der WTO als wettbewerbswidrig eingestuft wurde und deshalb vom US-Gesetzgeber abgeschafft werden musste, vgl. z.B. http://www.wto.org/english/tratop_e/ dispu_e/cases_e/ds108_e.htm.

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III. September 2014 Die erste „Welle“ der OECD-Arbeitspapiere, die sog. „September Deliverables“, eröffneten die detaillierte BEPS-Diskussion – bis zu ihrer Publikation hatte sich diese eher auf einen allgemeinen Diskurs zu womöglichen Themenschwerpunkten sowie der Steuersituation von (US-)Multinationals wie Google, Apple, Amazon oder Starbucks beschränkt.5 1. Digitale Wirtschaft Von diesen ersten OECD-Public Discussion Drafts aus dem September 2014 nimmt das Arbeitspapier zur digitalen Wirtschaft eine gewisse Sonderrolle ein. Themenübergreifend wird die Frage aufgeworfen – und im Ergebnis verneint –, ob Geschäftsmodelle wie jenes im vorstehenden Abschnitt beispielhaft erläuterte von Google derart neuartig seien, dass hierfür gänzlich neue Besteuerungsregelungen zu schaffen wären. Zwar wird eine zunehmende Internationalisierung und physische Entgrenzung der Leistungserstellung infolge des Internets konstatiert. Letztlich lasse sich die hierdurch entstehende Digital Economy mit ihren Big Data-Geschäftsmodellen aber nicht sachgerecht von der herkömmlichen Wirtschaft abgrenzen, vielmehr haben Elemente der digitalen Wirtschaft Eingang in sämtliche Formen des Wirtschaftens gefunden, z.B. in Gestalt der „machine-to-machine“-Kommunikation. Dies schließe zwar nicht aus, dass in Teilbereichen des Internationalen Steuerrechts Adjustierungen ratsam seien, z.B. beim Begriff der Betriebsstätte oder der Bestimmung und Dokumentation von Verrechnungspreisen gerade bei immateriellen Wirtschaftsgütern. Ein darüber hinausgehendes Ringfencing der Digitalen Wirtschaft durch Sondersteuerrecht sei wegen derer Vielschichtigkeit aber nicht möglich.6 Hierfür sprechen auch Begriffe wie Cloud Computing oder „Industrie 4.0“, die inzwischen zum allgemeinen Sprachschatz gehören und somit die (allgemeine) Digitalisierung der (gesamten) Wirtschaft als allgemeines Phänomen auch terminologisch untermauern. Zu einem sehr ähnlichen Ergebnis gelangt eine von der EU-Kommission eingesetzte Expertenkommission in einer Paralleluntersuchung. Auch hiernach bedarf es für die sachgerechte Besteuerung der digitalen Wirt-

5 Vgl. OECD, Aktionsplan gegen die Erosion der Bemessungsgrundlage und Gewinnverlagerung vom 19.7.2013, http://www.bundesfinanzministerium.de/ Content/DE/FAQ/2013-07-16-faq-beps.html. 6 Vgl. hierzu ausführlicher Pinkernell, IStR 2014, S. 274 ff.

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schaft schon in Ermangelung einer eindeutigen Abgrenzbarkeit keiner spezifischen abgabenrechtlichen Bestimmungen.7 2. Hybridstrukturen (Hybrid Mismatch Arrangements) Einen sehr konkreten Bereich des internationalen Steuerrechts adressiert hingegen das Arbeitspapier zu den Hybridstrukturen, die in doppelter Nichtbesteuerung von Einkommen resultieren. Dies ist ein aus Staatensicht und regelmäßig auch unter dem Gesichtspunkt der gerechten Austeilung von Steuerlasten unerfreuliches Ergebnis des Zusammenspiels unterschiedlicher nationaler Steuerregelungen, auf das die digitale Wirtschaft allerdings selbstredend keinen Alleinvertretungsanspruch hat – es könnte der Eindruck entstehen, dass die OECD die öffentliche Diskussion über die Steuerpraktiken einiger US-Multinationals zum Anlass genommen hat, Themen des internationalen Steuerrechts zu problematisieren, die seit längerem auf der Reform-Agenda gestanden haben mögen. Das OECD-Arbeitspapier formuliert im Hinblick auf Hybridstrukturen das Ziel, die doppelte Nichtbesteuerung zu neutralisieren, die entweder durch eine zweifache Abzugsfähigkeit (double deduction) oder durch eine einfache Abzugsfähigkeit verursacht wird, die mit einer Nichteinbeziehung in Einkommen an anderer Stelle einhergeht (deduction/non inclusion). Als klassische Beispiele für diese beiden Fallgestaltungen mögen die folgenden Hybrid-Strukturen dienen: Bei einer Zinszahlung durch eine hybride, d.h. von dem einen Staat als opak und von dem anderen Staat als transparent besteuerte Gesellschaft ist ein Betriebsausgabenabzug in zwei Jurisdiktionen möglich, nämlich einmal im Sitzland dieser hybriden Gesellschaft und einmal in dem ihrer Gesellschafter. Dual Loss Consolidation Rules wie § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 KStG versuchen, dieser Doppelentlastung entgegen zu wirken.8 Bei den sog. Repo-Transaktionen hingegen sind Zinsaufwendungen zwar nur einmal abzugsfähig, unterliegen beim Empfänger aber nicht der Besteuerung, nämlich infolge einer unterschiedlichen – hybriden – Einkünftequalifikation. Während aus US-Steuersicht ein besichertes Darlehen vorliegt und damit steuerabzugsfähiger Zinsaufwand in den USA, 7 Vgl. http://ec.europa.eu/taxation_customs/resources/documents/taxation/gen_ info/good_governance_matters/digital/report_digital_economy.pdf. 8 Allerdings zum zu weiten Anwendungsbereich (weil auch Verluste aus Anrechnungsbetriebsstätten und inländischen Personengesellschaften ohne Organschaftsspezifika betroffen sind) z.B. Dorenkamp in Herrmann/Heuer/Raupach, § 14 KStG Jahreskommentierung 2013 (Kleine Organschaftsreform), Anm. J12-12.

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werden aus deutscher Steuerperspektive Dividendeneinkünfte aus (Vorzugs-)Anteilen erzielt, die zu 95 % steuerfrei sind, vgl. auch nachfolgendes Schaubild. § 8b Abs. 1 Satz 2 KStG soll hier Abhilfe schaffen, indem die Dividendenfreistellung nur insoweit gilt, als dass „die Bezüge das Einkommen der leistenden Körperschaft nicht gemindert haben“ – wäre dieses Tatbestandsmerkmal legaleinheitenbezogen zu verstehen, bestünde die doppelte Nichtbesteuerung in den Repo-Strukturen allerdings womöglich fort, nämlich weil die Bezüge formal nicht bei der dividendenausschüttenden US OpCo als Zinsen abzugsfähig sind, sondern bei der US HoldCo, ihrer 100 %-Gesellschafterin und Organträgerin für USZwecke.

Ähnlich des deutschen Vorgehens in § 8b Abs. 1 Satz 2 KStG schlägt die OECD vor, die doppelte Nichtbesteuerung durch sog. Linking Rules zu adressieren, d.h. indem der Steuervorteil in dem einen Land (hier: Dividendenfreistellung gem. § 8b KStG) an den Steuernachteil in dem anderen Land geknüpft wird (hier: Nichtabzugsfähigkeit als Betriebsausgabe). Insoweit würde also in Deutschland kein gesetzgeberischer Handlungsbedarf bestehen. Insgesamt handelt es sich bei Hybridstrukturen allerdings um ein sehr komplexes Regelungsgebiet, da stets Unterschiede zwischen zwei Steuerrechtssystemen betroffen sind, die jeweils in ihren originären – lokalen – Binnenbezugspunkten systemgerecht sind. Grundlegende Eingriffe insoweit bergen das Risiko beträchtlicher „Kollateral450

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schäden“, und sei es nur in Gestalt hoher Administrationslasten für die Steuerpflichtigen. So würde z.B. § 4 Abs. 5a EStG-E9 aus den parlamentarischen Beratungen zum Zollkodex-Anpassungsgesetz10 (JStG 2015) einen sehr breiten Ansatz verfolgen, der die Gefahr von Doppelbesteuerungen birgt, z.B. weil der Nachweis der Besteuerung auf der Empfängerebene im Kontext von Geschäften zwischen fremden Dritten faktisch nicht geführt werden kann oder steuerpolitische gewünschte Begünstigungen im Residenzstaat nunmehr im Quellenstaat „auszubaden“ sind, mit entsprechenden Folgen für die Wettbewerbsneutralität der Besteuerung im Quellenstaat. Jedenfalls erscheint es steuerpolitisch ratsam, zunächst die Bildung eines Konsenses auf OECD-Ebene abzuwarten, bevor nationale steuergesetzliche Maßnahmen ergriffen werden, die ohne vorherige Abstimmung auf internationaler Ebene neue Friktionen hervorrufen könnten. 3. Schädliche Steuerpraktiken (Harmful Tax Practices) Auch die Beschäftigung mit schädlichen Steuerpraktiken der Staaten, d.h. den sog. harmful tax practices, ist nicht wirklich neu. So hat der Rat der Europäischen Union bereits im Jahre 1997 einem Maßnahmenpaket zur Bekämpfung des schädlichen Steuerwettbewerbs in der EU zugestimmt, nämlich dem Verhaltenskodex für die Unternehmensbesteuerung.11 Besonderes Augenmerk gilt inzwischen aber den sog. Lizenzboxen, die in mehr und mehr europäischen Ländern als Mittel der Standortpolitik insbesondere für forschungsintensive Unternehmen eingesetzt werden, zuletzt in Großbritannien.12 Fraglich ist, ob auch Deutschland hier im 9 Der Wortlaut der Formulierungshilfe des Finanzausschusses des Bundesrats lautet auszugsweise: „Aufwendungen sind nicht als Betriebsausgaben abziehbar, soweit sie beim unmittelbaren oder mittelbaren Empfänger nicht als Einnahmen in der Steuerbemessungsgrundlage berücksichtigt werden oder einer Steuerbefreiung unterliegen, weil das zugrunde liegende Rechtsverhältnis bei der Besteuerung des Leistenden und des Empfängers nicht einheitlich als Fremdkapitalüberlassung behandelt wird. Die einer Betriebsausgabe zugrunde liegenden Aufwendungen sind nur abziehbar, soweit die nämlichen Aufwendungen nicht in einem anderen Staat die Steuerbemessungsgrundlage mindern.“ 10 Gesetz zur Anpassung der Abgabenordnung an den Zollkodex der Union und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften, BGBl. 2014 I, S. 2417. 11 Vgl. http://ec.europa.eu/taxation_customs/resources/documents/coc_de.pdf. 12 Vgl. aber Pressemitteilung der EU-Kommission v. 24.3.2014 (IP/14/1309), wonach die IP-Präferenzregime von Irland und den Beneluxstaaten gegenwärtig im Hinblick auf einen etwaigen Verstoß gegen das EU-Beihilfenrecht untersucht werden.

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Ergebnis „mit den Wölfen heulen“ wird. Dagegen sprechen de lege ferenda die Unvereinbarkeit mit dem Prinzip einer synthetischen Einkommensteuer sowie die Befürchtung womöglicher Mitnahmeeffekte bzw. signifikanter Steuermindereinnahmen. Problematisch dürfte auch die Formulierung von inlandsbezogenen Anforderungen sein, und zwar sowohl EU-rechtlich als auch administrativ (sog. Nexus zum Inland durch Begrenzung der Auslandsforschung auf z.B. 30 % der gesamten F&E-Aufwendungen). Das Spiegelbild der Medaille könnte zudem in einer sog. Lizenzschranke liegen, d.h. einem Abzugsverbot für (nur konzerninterne?) Lizenzzahlungen nach Vorbild des § 4h EStG in den Fällen, in denen die korrespondierende Lizenzeinnahme im anderen Staat nicht mindestens einer z.B. 25 %-igen Besteuerung unterliegt. Alternativ zu einem Betriebsausgabenabzug ließe sich auch ein Quellensteuerbehalt von z.B. 20 % implementieren, so der Angang Österreichs. Kritisch wäre hierzu allerdings anzumerken, dass beim lizensierten Know-how anders als beim Fremdkapital bzw. Zinsabzug kein „natürliches Spannungsverhältnis“ zu einer Ausstattung mit Eigenkapital und damit dem Gewinn einer Gesellschaft besteht, vielmehr die Nutzung immaterieller Wirtschaftsgüter Voraussetzung der Erzielung von Gewinnen ist. Im Ergebnis sollte damit die Beschränkung vom Betriebsausgabenabzug allenfalls sehr restriktiv – sozusagen als Ultima Ratio in Anbetracht der Beeinträchtigung des objektiven Nettoprinzips – gehandhabt werden, d.h. keinesfalls außerhalb rein konzerninterner Sachverhalte. 4. Verrechnungspreisdokumentation Zum BEPS-Druckpunkt Nummer 13, nämlich der Verrechnungspreisdokumentation, schlägt die OCED eine Neufassung des Kapitals V der OECD-Leitlinien vor, und zwar mit dem Ergebnis stark erweiterter Dokumentationspflichten. So soll im Rahmen eines three-tiered approach nicht nur ein Master File und ein Local File erstellt werden – insoweit ähnlich den Empfehlungen des EU Joint Transfer Pricing Forum –, sondern darüber hinaus ein sog. Country-by-Country Reporting, wenn auch entgegen den Forderungen zahlreicher Non-Governmental Organizations (NGOs) „nur“ für international-finanzverwaltungsinterne Zwecke, d.h. ohne breite Veröffentlichungspflichten. Hierbei soll das Master File Angaben zum Konzernaufbau sowie Geschäftstätigkeit einschließlich der wesentlichen Einflüsse auf den Gewinn enthalten (z.B. Wertschöpfungsketten der fünf umsatzstärksten Produkte mit Kostenallokationen und Preisgestaltungen), und zwar ins-

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besondere im Hinblick auf immaterielle Wirtschaftsgüter (z.B. Belegenheitsorte, Forschung und Entwicklung, Verträge zu Auftragsforschung, Strategie). Auch konzerninterne Dienstleistungen sind zu beschreiben sowie die jeweiligen Wertschöpfungsbeiträge in Abhängigkeit von Schlüsselfunktionen und Risikoallokation. Ergänzt wird das Master File der Konzernobergesellschaft um Local Files der ausländischen Tochtergesellschaften, die Aufschluss über die Struktur der örtlichen Geschäftsleitung (einschl. des Büros des jeweiligen Vorgesetzen) und etwaige Beteiligungen an der Übertragung von immateriellen Wirtschaftsgütern geben. Darüber hinaus ist die lokale Geschäftstätigkeit detailliert zu beschreiben und eine Kategorisierung der wesentlichen Geschäftsbeziehungen zu nahestehenden Personen durch Kopie sämtlicher Verträge und Erstellung von Vergleichbarkeits- sowie Funktionsanalysen vorzunehmen. Auch sind sämtliche konzerninternen Zahlungen für wesentliche Geschäftsbeziehungen zu beziffern, und zwar aufgeschlüsselt nach Ansässigkeitsstaat und ausländischem Empfänger. 5. Country-by-Country Reporting Wirkliches steuerpolitisches Neuland betritt die September-Welle der OECD-Arbeitspapiere mit der Forderung, eine länderbezogene Steuerberichterstattung zu implementieren (sog. Country-by-Country-Reporting) – und es ist zu erwarten, dass diese OECD-Forderung wohl auch bereits in 2016 oder 2017 in das deutsche Abgabenrecht inkorporiert wird. Hiernach hätte jede Unternehmensgruppe – gegenüber den betroffenen Finanzverwaltungen – offen zu legen, welche Umsätze pro Land erzielt werden, und zwar über alle Geschäftssparten und Legaleinheiten hinweg sowie aufgeteilt nach konzernextern und konzernintern, und wie hoch der hieraus pro Land erzielte Gewinn ist und welche Ertragsteuern hierauf entfallen. Auch Angaben über Nennkapital und thesaurierte Gewinne sowie die Anzahl der Mitarbeiter und die Anschaffungskosten der bilanzierten Wirtschaftsgüter werden länderbezogen berichtspflichtig. Das Gleiche gilt für die Angabe der wesentlichen Geschäftstätigkeit einer jeden Legaleinheit pro Land (z.B. Forschung und Entwicklung, Holding, Finanzierung). Fast schon beschwörend heißt es angesichts dieser Fülle an pauschalen Informationen, die der lokalen Finanzverwaltung an die Hand gegeben werden, dass diese nicht als Ersatz für eine detaillierte Verrechnungspreisanalyse für die zwischenstaatliche Abgrenzung von Besteuerungs-

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rechten herangezogen werden dürften, sondern lediglich als Hilfsmittel bei Ergründung von Verrechnungspreisrisiken zu dienen hätten.13 6. Immaterielle Wirtschaftsgüter Das OECD-Arbeitspapier zu den immateriellen Wirtschaftsgütern als Bestandteil der September Deliverables hat noch einen gewissermaßen vorläufigen Charakter. So sollen wesentliche Bestandteile dieser Thematik (z.B. Begründung wirtschaftlichen Eigentums, Bewertung) erst im Frühjahr 2015 OECD-seitig adressiert werden. Dargelegt wird aber bereits, dass an der OECD-Definition von immateriellen Wirtschaftsgütern im Wesentlichen festgehalten werden soll, in Zukunft aber noch mehr Wert auf die einzelnen ausgeübten Funktionen bei der Zuordnung von Erträgen aus immateriellen Wirtschaftsgütern zu legen sei. Der reinen Finanzierung der Entwicklung von Intellectual Property werde hingegen zukünftig voraussichtlich eine geringere Bedeutung für Besteuerungszwecke zugemessen. 7. Multilaterales Instrumentarium Die OECD konstatiert in ihrem Arbeitspapier zu multilateralen Instrumenten der Steuerverwaltung zutreffenderweise, dass diese bislang weitestgehend national ausgerichtet sind. Hieraus folgt eine vergleichsweise schwache Kontrolle ausländischer Sachverhalte, verfügt die nationalstaatliche Steuerverwaltung im Ausland doch nicht über Hoheitsrechte und erweist sich der Informationsaustausch für Zwecke der Betriebsprüfung regelmäßig als ungeeignet. Diese Schwierigkeiten bei der – grenzüberschreitenden – Steuerverwaltung z.B. in Südeuropa lassen sich mit Eisgruber vermutlich am treffendsten wie folgt beschreiben: „Der Beleg spricht kein Englisch.“ Als Lösungsansatz mag hier ein verstärkter Einsatz des Mittels einer grenzüberschreitenden gleichzeitigen, gemeinsamen Betriebsprüfung erscheinen, z.B. im deutsch-italienischen oder deutsch-niederländischen Kontext. So wird hierdurch die sachverhaltsnahe Gesamtlösung von grenzüberschreitenden Transaktionen erleichtert und damit zügige Rechtssicherheit auch ohne Verständigungs- oder Schiedsverfahren geschaffen. Auch hier bereiten – neben Sprachschwierigkeiten – aber verwaltungsverfahrensrechtliche sowie technische Unterschiede Probleme, 13 Zum Beispiel: „The information in the country-by-country-report on its own does not constitute conclusive evidence that transfer prices are or are not appropriate. It should not be used by tax administrations to propose transfer pricing adjustments based on a global formulary apportionment of income.“

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die es im Rahmen der Rechtssetzung für ein multilaterales Instrument der Steuerverwaltung zu beseitigen bzw. zumindest zu minimieren gilt. Neben solch sehr konkreten Ausprägungen der Multilateralität des Steuerverfahrens erteilt das OECD-Diskussionspapier insbesondere ein Mandat für die Entwicklung eines multilateralen völkerrechtlichen Instrumentariums, um mit abkommensrechtlichen Maßnahmen steuerpolitisch ungewünschten Minderungen der Bemessungsgrundlage entgegen zu wirken, ohne sämtliche DBAs neu verhandeln sowie innerstaatlich umsetzen zu müssen.

IV. November 2014 1. Abkommensmissbrauch Bei der Formulierung der Empfehlungen zur Bekämpfung des Abkommensmissbrauchs (sog. Treaty Shopping) hat sich die OECD die Regelungen des US Model Treaty zum Vorbild genommen. Hiernach wird in Gestalt umfangreicher „Tests“ überprüft, ob die jeweilige Person auch wirklich wirtschaftlich berechtigt ist, in den Genuss der jeweiligen Abkommensvorteile zu gelangen. Auf der „Haben-Seite“ dürfte insoweit zu verbuchen sein, dass es sich um ein eingespieltes Regelungssystem handelt, zu dem auch bereits zahlreiche „precedents“ im US-Steuerrecht existieren, sei es in Form von Verwaltungsanweisungen bzw. Gerichtsurteilen oder auch Denkschriften des US-Gesetzgebers (sog. Technical Explanations) – man befindet sich also gewissermaßen auf bekanntem Terrain. Auf der „Soll-Seite“ ist hingegen eine hohe Komplexität zu konstatieren – teilweise beträgt der textliche Umfang der Limitations on BenefitsKlausel ein Drittel des Umfangs des gesamten DBA-USA – sowie der Umstand, dass der sog. discretionary relief, der die Gewährung von Abkommensvorteilen in Nicht-Missbrauchsfällen in allgemeiner Form sicher stellen soll, in der US-Besteuerungspraxis faktisch nicht stattfindet. Hierdurch erscheinen Unternehmensgruppen mit Konzernobergesellschaften (ultimate parent), die selbst unzweifelhaft abkommensberechtigt wären, ungerechtfertigterweise benachteiligt, was im EU-Kontext auch gemeinschaftsrechtlich problematisch sein dürfte. Ginge es nach der OECD, würde neben die spezifischen US-Bestimmungen zur Verhinderung der ungerechtfertigten Erlangungen von Abkommensvorteilen eine allgemeine Missbrauchsklausel treten, der sog. prinicpal purpose test. Hieraus würde ein erhebliches Maß an Rechtsunsicherheit resultieren, gerade wenn der angestrebte Vorteil nicht den,

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sondern nur einen wesentlichen Beweggrund für die Transaktion darstellen muss. 2. Konzerninterne Dienstleistungen mit geringer Wertschöpfung Um die administrativen Lasten aus der Verrechnungspreisbestimmung und -dokumentation zu reduzieren, schlägt die OECD vor, konzerninterne Dienstleistungen mit einem nur geringen Wertschöpfungsbeitrag aus der üblichen Verrechnungspreissystematik heraus zu nehmen. Zunächst sollen klassische Shareholder Activities wie z.B. Themen der Finanzberichterstattung ausgegrenzt werden, um sodann auch eine Abgrenzung von lediglich unterstützenden Funktionen, die kein Teil des Kerngeschäfts der Unternehmensgruppe sind, von dem „wirklichen“ Leistungsaustausch vorzunehmen, sei doch allein dieser aus Verrechnungspreissicht interessant. Auch hier orientiert sich die OECD mit ihren Empfehlungen im Ergebnis an entsprechenden Überlegungen des EU Joint Transfer Pricing Forum: Gefolgt wird dem sog. Benefit-Ansatz, d.h. welcher Nutzen entsteht dem Leistungsempfänger wirklich. 3. Künstliche Vermeidung Betriebsstättenbegründung Die Empfehlungen der OECD zur Reform des Betriebsstättenbegriffs lassen eher eine Evolution denn eine Revolution von Artikel 5 DBA-Musterabkommen erwarten. So geht es weniger um die Begründung „virtueller“ Betriebsstätten z.B. in Form der Nutzung lokaler Datensammlungen über das Internet, sondern eher darum, die Ausnahmen vom Betriebsstättenbegriff enger zu konturieren. Warenlager sollen z.B. nur noch dann als Vorbereitungs- bzw. Hilfstätigkeit betriebsstättenlos begründet werden können, wenn es sich bei dem Warenlager auch ganz konkret lediglich um eine unterstützende Funktion handelt – was bei einem Logistikunternehmen eher nicht der Fall sein dürfte („Lex Amazon“). Entsprechendes würde für die Lieferung oder Sammlung von Informationen gelten. Darüber hinaus sollen auch zeitliche sowie zivilrechtliche Komponenten „wirtschaftlicher“ ausgelegt werden, d.h. Anwesenheitsmonate nahestehender Personen addiert und Prinzipalstrukturen entsprechend ihres ökonomischen Gehalts gewürdigt werden.

V. Dezember 2014 Eine umfassende Dezember-Welle mit insgesamt sechs Public Discussion Drafts, die die OECD kurz vor der Weihnachtspause 2014 veröffentlichte, stellte nicht nur das Finale, sondern wiederum auch einen inhalt-

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lichen Höhepunkt der 2014er BEPS-Debatte dar, die damit ungefähr zwei Drittel ihrer Arbeitspapier-Wegstrecke zurückgelegt hat. 1. Umsatzsteuer B2C Erstmalig äußert sich die OECD in diesem Kontext zur Umsatzsteuer. Der örtlichen Entflechtung der Produktion von Gütern und deren Verbrauch soll durch eine möglichst umfassende Verwirklichung des Bestimmungslandprinzips Rechnung getragen werden. Ähnlich dem 2015er Umsatzsteuerpaket der EU zu den elektronisch übermittelten B2C-Dienstleistungen soll es für den Leistungsort im Wesentlichen auf den Wohnsitz des Verbrauchers ankommen, der als bester „Proxy“ für den Verbrauchsort angesehen wird. Ausnahmen hiervon im Sinne alternativer Proxy-Maßstäbe sollen nach den OECD VAT/GTS-Guidelines sachgerechterweise aber zulässig sein, wenn dies aus Gründen der Neutralität, Effizienz, Bestimmtheit, Einfachheit oder Fairness geboten erscheint. Ein eingängiges Beispiel hierfür dürften Handy-Prepaid-Karten sein, die ein deutscher Mobilfunkanbieter an polnische Handwerker verkauft, welche hiermit während der Arbeitswoche in Deutschland für Kollegen ohne Roaming-Gebühren erreichbar sind. Statt auf den Wohnsitz, der in Polen liegt und deshalb nur für das polnische Handy maßgeblich sein sollte, das während des Wochenendes für den Kontakt zur (polnischen) Familie und Bekanntschaft genutzt wird, wird auf das Länderkennzeichen der SIM-Karte abgestellt (0049), d.h. das Entgelte für das Arbeitswochen-Handy mit deutscher Umsatzsteuer belegt. Ebenfalls in Anlehnung an das EU VAT Package 2015 sehen die umsatzsteuerlichen OECD-Richtlinien eine nur einmalige Registrierung für Umsatzsteuerzwecke im EU-Raum vor, d.h. einen verfahrensrechtlichen sog. Mini One Stop Shop (MOSS). 2. Beschränkungen steuerlicher Zinsabzug Das OECD-Arbeitspapier zur Beschränkung des steuerlichen Zinsabzugs formuliert das Ziel, im Ergebnis eine Best Practice-Empfehlung auszusprechen. Hierzu sei es noch zu früh. Favorisiert werde gegenwärtig aber entweder ein sog. group wide ratio-Test, der eine länderbezogene Allokation des steuerlichen Zinsabzugs in Abhängigkeit von bestimmten konzernbezogenen Kennzahlen vornehme (z.B. Bilanzsummen- bzw. EBITDA-Anteile), oder aber ein sog. fixed ratio-Test, bei dem sich die Höhe der lokal steuerlich abzugsfähigen Zinsen nach dem örtlichen EBITDA richtet, d.h. unabhängig von Konzernvergleichsgrößen. Denkbar sei weiterhin eine Kombination dieser beiden Instrumente, d.h. der fixed ratio457

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Test könnte einen Safe Haven bilden, in dessen Rahmen der örtliche Zinsabzug in jedem Fall zu gewährleisten sei. Darüber hinaus wären Zinsen in dem jeweiligen Land aber nur steuerlich abzugsfähig, soweit außersteuerliche Vergleichsgrößen im Konzern nicht auf eine einseitige Allokation des Zinsaufwands vor Ort schließen lassen würden. Eine derartige Regelung erinnert an die deutsche Zinsschranke, deren Konzept die OECD auch die Vortragsfähigkeit von nicht abzugsfähigem Zinsaufwand entlehnt. Zu beachten ist allerdings, dass die 30 % EBITDA-Beschränkung womöglich als überaus und damit zu großzügig angesehen wird. Wenn statt der 30 % aber z.B. nur 10 % des inländischen EBITDA steuerlich per se abzugsfähig wären, würde der Eigenkapital-Escape des § 4h Abs. 2 Buchst. c) EStG faktisch nicht länger die ganz große Ausnahme darstellen, sondern müsste in zahlreichen Fällen zur Regel werden. Dann aber würde virulent, dass der Eigenkapital-Escape in der Besteuerungspraxis keine Anwendung findet (wegen der Beteiligungsbuchwertkürzung des § 4h Abs. 2 Buchst. c) Satz 5 EStG, die diesen Ausweg aus der Versperrung selbst konzernüblicher Zinsabzugsbeträge für Unternehmensgruppen mit inländischer Konzernobergesellschaft faktisch leerlaufen lässt14). Bei der „Kopie“ der deutschen Zinsschranke durch die OECD wäre also darauf zu achten, dass eine technisch einwandfreie Formulierung eines solchen group wide ratio-Tests gelingt, der den lokalen fixed ratio-Test zu ergänzen hätte. Grundsätzlich gilt es kritisch anzumerken, dass der unterschwellige Vorwurf, eine Eigen- oder Fremdkapitalfinanzierung außerhalb des Konzerndurchschnitts lasse auf eine missbräuchliche Steuergestaltung schließen, in einer Vielzahl von Fällen unbegründet sein dürfte. So hängen Finanzierungsentscheidungen sehr häufig ganz maßgeblich von nichtsteuerlichen Einflüssen ab wie z.B. den Spezifika des jeweiligen Geschäftsfelds oder der Existenz von Minderheitsgesellschaftern, die die Flexibilität bei der Kapitalausstattung ganz erheblich einschränken (z.B. weil Ausschüttungen in der Konzernkapitalflussrechnung eine dividend leakage begründen). Hinzu kommt, dass Steuergestaltung via Allokation von Fremdkapitalzinsen in Zeiten von Niedrigstzinsen ohnehin ein sehr mühsames Geschäft sein dürfte. 3. Risikoallokation Das OECD-Arbeitspapier zur Risikoallokation im Konzern empfiehlt, vertragliche Beziehungen innerhalb eines Konzerns zwar weiterhin als Ausgangspunkt der Besteuerung zu nehmen, letztlich aber – nach dem substance over form-Grundsatz – auf die „wirkliche“ Wertschöpfungs14 Vgl. kritisch Dorenkamp, DStJG 33 (2010), 301 (319 ff.).

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kette abzustellen. Einen Eindruck mag insoweit folgender Auszug vermitteln: „It should not be automatically assumed that the contracts accurately or comprehensively capture the actual commercial und financial relations between the [related] parties.“ Ausschlaggebend sei letztlich, wer die Kontrolle über die strategischen und operativen Risiken sowie Markt- und Infrastrukturrisiken, letztlich also die finanziellen und transaktionalen Risiken habe. Als Adjustierungsfelder kämen hier insbesondere immaterielle Wirtschaftsgüter in Betracht. Steuerpolitisch drängt sich hier die Frage auf, ob die beteiligten Fisci gleichermaßen „risiko-hungrig“ wären, wenn die nationalstaatlichen Steuerordnungen jeweils über systemgerechte Verlustverrechnungssysteme verfügen würden, d.h. insbesondere über unbegrenzte Verlustvor- und -rücktragsmöglichkeiten sowie keinerlei Mindestbesteuerungsregelungen. Letztlich gilt nämlich auch bei risikoreicher Geschäftstätigkeit, dass es sich regelmäßig um ein Nullsummenspiel handelt, d.h. hohen Gewinnchancen stehen große Verlustrisiken gegenüber – für den Staat wird hieraus lediglich systematisch ein Gewinngeschäft, wenn er die Verluste in steuerunsystematischer Weise nicht vollumfänglich zur Verrechnung zulässt. 4. Rohstofftransaktionen Rohstofftransaktionen zeichnen sich dadurch aus, dass die den konzerninternen Preisvereinbarungen zugrunde liegenden Güter vergleichsweise ähnlich sind und sich deshalb üblicherweise die Preisvergleichsmethode anbietet (comparable uncontrolled price method, CUP). Hierdurch wird aber zugleich eine Tendenz zur „Übervereinfachung“ begünstigt, denn auch Rohstofftransaktionen können infolge von Lager- oder Währungssicherungsaspekten eine gewisse Komplexität aufweisen und damit unterschiedliche Preise rechtfertigen. Für Deutschland als rohstoffarmes Land ist diese Diskussion allerdings nicht sonderlich interessant – für viele Entwicklungsländer hingegen aber um so mehr, die allerdings häufig keine OECD-Mitgliedstaaten sind, d.h. hier scheint der Austausch mit den UN-Steuergremien besonders wesentlich. 5. Pauschalierte Gewinnaufteilung (Profit Split) In einem weiteren Dezember-Arbeitspapier problematisiert die OECD die Geeignetheit von transaktionsunabhängigen Gewinnaufteilungsmethoden, die zu Ende gedacht auf ein formulary apportionment, d.h. 459

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eine formelmäßige Gewinnaufteilung zwischen den Staaten hinaus laufen. Diesen Schritt, der mit einer Common Consolidated Corporate Tax Base (CCCTB) einherginge, möchte die OECD gerade nicht vollziehen, d.h. grundsätzlich an der transaktionalen Gewinnaufteilung entsprechend des at arm’s length-Grundsatzes festhalten. Allerdings mag eine zunehmend komplexe – grenzüberschreitende – Zusammenfassung von unternehmerischen Funktionen und Risiken eine transaktionale Gewinnaufteilung in Grenzbereichen sachgerecht erscheinen lassen, nämlich immer dann wenn Vergleichspreise am Markt fehlen (und deshalb andere Verrechnungspreisbestimmungsmethoden regelmäßig versagen) oder nur unzulänglich bewertbare immaterielle Wirtschaftsgüter es erschweren, lokale Wertschöpfung und steuerliche Bemessungsgrundlage in Einklang zu bringen. In diesen eng umgrenzten Ausnahmesituationen dürfte eine formelmäßige Gewinnaufteilung durchaus Chancen aufweisen – aber eben auch das Risiko, dass es sich die lokalen Finanzverwaltungen nicht zuletzt auch aufgrund aufwändigerer Anforderungen an die Verrechnungspreisbestimmung und -dokumentation schlicht etwas einfacher machen und direkt zu einer formelmäßigen Bestimmung ihres Anteils am Steuerkuchen übergehen, womöglich gerade wenn das Ergebnis ein angenehmeres ist, ablesbar u.U. am neuen Country-By-Country Reporting. 6. Streitschlichtung (Dispute Resolutions) Zahlreiche der vorstehend erörterten Druckpunkte aus den 2014er Wellen der BEPS-Diskussion beschäftigen sich mit einer gewissen Neuadjustierung der steuerlichen Gewinnverteilung zwischen den nationalen Fisci. Vor diesem Hintergrund darf das eigentliche Ziel des bilateralen Doppelbesteuerungsabkommen nicht aus den Augen verloren werden, die Vermeidung der Doppelbesteuerung. Zu hoffen wäre daher, dass die Instrumente zur Streitvermeidung und Streitbeilegung – auch über die EU hinaus15 – ebenso ambitioniert voran getrieben werden wie jene zur Vermeidung der doppelten Nichtbesteuerung. Dies ist nicht der Fall, was für den Steuerpflichtigen eine unbefriedigende Situation darstellt. So werden in dem betreffenden OECD-Arbeitspapier gegen obligatorische Schiedsverfahren mit Einigungszwang z.B. staatliche Souveränitätsrechte geltend gemacht, die bei der Vermeidung doppelter Nichtbesteuerung eine weitaus geringere Rolle zu spielen scheinen. Letztlich verbleibt insbesondere eine Absichtserklärung, nämlich ein Dreiklang aus (i) der Bekundung der politischen Absicht, Dop15 Vgl. insoweit bereits die EU-Schiedsverfahrenskonvention 90/436/EWG.

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pelbesteuerung zu vermeiden, (ii) der Entwicklung neuer Instrumente für Verständigungs- bzw. Schiedsverfahren und (iii) dem Versprechen, die Bemühungen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung zu überprüfen.

VI. Ausblick – Frühjahr 2015 Im Jahr 2015 wird sich die OECD mit etwaigen Anzeigepflichten für aggressive Steuergestaltungen, der Hinzurechnungsbesteuerung sowie weiteren Aspekten der Besteuerung immaterieller Wirtschaftsgüter beschäftigen, insbesondere der nach dem wirtschaftlichen Eigentum hieran (auch aufgrund von Cost Contribution Arrangements) und entsprechenden Bewertungsfragen. Geliefert bzw. vielleicht besser: nachgeliefert wird auch eine ökonomische Analyse der BEPS-Diskussion, von der man denken könnte, sie hätte womöglich am Anfang der (fach-)öffentlichen Debatte stehen sollen. Es bleibt also im gegenwärtigen Jahr international-steuerrechtlich ebenfalls spannend, zumal nahezu sämtliche Problemkreise der ersten drei BEPS-Wellen einer abschließenden Würdigung harren. Die Umsetzung einzelner konkreter BEPS-Maßnahmen in nationale Gesetzgebung dürfte ab 2016 erfolgen – und damit die Schlussfolgerung erlauben, ob die BEPS-Debatte nun insgesamt zu einem sachgerechteren Bestimmungsgeflecht im internationalen Steuerrecht geführt hat oder aber eben nicht.

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6. Leitthema: Umsatzsteuerrecht

Rechtsprechungs-Highlights zum Umsatzsteuerrecht Dr. Steffen Gregor Rauch Richter am BFH, München Inhaltsübersicht 1. Entnahme bei Betriebsaufgabe: BFH, Urteil vom 21.5.2014 – V R 20/13 2. Abgabe von „Gratis-Handys“ durch einen Vermittler von Mobilfunkverträgen: BFH, Urteil vom 16.10.2013 – XI R 39/12 3. Innergemeinschaftliche Lieferung im Reihengeschäft: BFH, Urteil vom 28.5.2013 – XI R 11/09 4. Zur Anwendung der Mindestbemessungsgrundlage bei steuerpflichtiger Verpachtung an einen zum vollen Vorsteuerabzug berechtigten Unternehmer: BFH, Urteil vom 5.6.2014 – XI R 44/12 5. Steuerschuldnerschaft bei Bauleistungen: BFH, Urteil vom 22.8.2013 – V R 37/10 6. Zum Vorsteuerabzug einer Führungsholding und zur Organschaft: BFH, Beschlüsse vom 11.12.2013 – XI R 17/11 und 38/12 7. Vorsteueraufteilung bei gemischt genutzten Gebäuden: BFH, Urteil vom 7.5.2014 – V R 1/10

8. Zur Anwendung des objektbezogenen Umsatzschlüssels bei gemischt genutzten Gebäuden: BFH, Urteil vom 3.7.2014 – V R 2/10 9. Zur Bestimmung der abziehbaren Vorsteuerbeträge aus Eingangsleistungen für ein gemischt genutztes Gebäude sowie zur Berichtigung des Vorsteuerabzugs im Falle eines nachträglich vorgeschriebenen vorrangigen Aufteilungsschlüssels: BFH, Beschluss vom 5.6.2014 – XI R 31/09 10. Zum Vorsteuerabzug aus Leistungen zur Bewirtschaftung einer Betriebskantine: BFH, Urteil vom 29.1.2014 – XI R 4/12 11. Keine Vorsteuerkorrektur beim letzten inländischen Unternehmer einer Lieferkette bei Rabattgewährung durch ausländischen Hersteller: BFH, Urteil vom 5.6.2014 – XI R 25/12 12. Keine Entgeltminderung bei Zentralregulierung: BFH, Urteil vom 3.7.2014 – V R 3/12

1. Entnahme bei Betriebsaufgabe: BFH, Urteil vom 21.5.2014 – V R 20/13 Das Urteil vom 21. Mai 2015 – V R 20/131 betrifft die Entnahmebesteuerung i.S. des § 3 Abs. 1b UStG bei einer Umstrukturierung.

1 DStR 2014, 1824.

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Der V. Senat des BFH hatte sich in der vorgenannten Entscheidung mit folgendem Sachverhalt auseinanderzusetzen: Der Kläger betrieb bis einschließlich 30. April 2001 ein Ingenieurbüro in der Rechtsform eines Einzelunternehmens. Im Zusammenhang mit seiner Ingenieurtätigkeit entwickelte er eine Maschine. Diese ließ er von einem Fremdunternehmen fertigen, montieren und in Betrieb nehmen. Die in der empfangenen Rechnung ausgewiesene Umsatzsteuer machte der Kläger als Vorsteuer geltend. Mit Ablauf des 30. April 2001 stellte der Kläger seine Ingenieurtätigkeit im Rahmen seines Einzelunternehmens ein. Diese bisher vom Kläger ausgeübte Tätigkeit setzte ab dem 1. Mai 2001 eine zuvor gegründete KG, an der der Kläger als Komplementär beteiligt war, fort. Die dem Unternehmen des Klägers zugeordnete Maschine sowie diverse Büroeinrichtungen übertrug der Kläger nicht in das Gesamthandsvermögen der KG. Er überließ diese Gegenstände der Gesellschaft dagegen unentgeltlich zur Nutzung. Das Finanzamt sowie das Finanzgericht2 vertraten die Auffassung, der Kläger habe die Gegenstände steuerbar entnommen. Diese Auffassung wurde vom V. Senat des BFH bestätigt. Überlässt ein Steuerpflichtiger einen bislang seinem Einzelunternehmen zugeordneten Gegenstand einer sein Unternehmen fortführenden Personengesellschaft, an der er beteiligt ist, unentgeltlich zur Nutzung, so muss er die Entnahme dieses Gegenstands aus seinem Unternehmen nach § 3 Abs. 1b UStG versteuern.3 Die Entnahme eines Gegenstands durch einen Unternehmer aus seinem Unternehmen für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, wird nach § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 und Abs. 1b Satz 2 UStG einer Lieferung gegen Entgelt gleichgestellt, sofern der Gegenstand oder seine Bestandteile zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt haben. Diese Vorschrift beruht auf Art. 5 Abs. 6 der Sechsten Richtlinie4 – nunmehr Art. 16 der MwStSystRL5 –, wonach einer Lieferung gegen Entgelt die Entnahme eines Gegenstands durch einen Steuerpflichtigen aus seinem Unternehmen für seinen privaten Bedarf, für den Bedarf seines Personals oder als unentgeltliche Zuwendung oder allgemein für unternehmensfremde Zwecke, wenn dieser Gegenstand oder seine Bestandteile

2 FG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 22.11.2011 – 4 K 1497/06, EFG 2012, 1505. 3 BFH, Urt. in DStR 2014, 1824, Leitsatz 1. 4 Sechste Richtlinie (77/388/EWG) des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. EG 1977 Nr. L 145, S. 1). 5 Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. EU Nr. L 347 S. 1, Berichtigungen ABl. EU 2007 Nr. L 335, S. 60 und ABl. EU 2010 Nr. 299, S. 46).

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zu einem vollen oder teilweisen Abzug der Mehrwertsteuer berechtigt haben, gleichgestellt wird. Die unentgeltliche Überlassung der Gegenstände an die KG führte hiernach zu einer Entnahme i.S. des § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 UStG, weil die Unternehmereigenschaft des Klägers i.S. des § 2 Abs. 1 UStG zugleich endete.6 Die Beendigung der Unternehmereigenschaft hat zur Folge, dass die dem Unternehmen zugeordneten Gegenstände aus diesem Unternehmen für Zwecke entnommen werden, die außerhalb des Unternehmens liegen. Die Tätigkeit des Klägers beschränkte sich fortan darauf, diese Gegenstände unentgeltlich der KG zu überlassen. Mit Hinweis auf die Rechtsprechung des EuGH in der Rechtsache – Malburg7 – führte der V. Senat des BFH dazu aus, dass diese Tätigkeit nicht geeignet sei, eine wirtschaftliche Tätigkeit i.S. der Sechsten Richtlinie zu begründen oder fortzuführen. Die unentgeltliche Überlassung falle weder in den Anwendungsbereich des Art. 2 Abs. 1 der Sechsten Richtlinie, der nur entgeltliche Lieferungen und Dienstleistungen betreffe, noch in den von Art. 4 Abs. 1 und 2 dieser Richtlinie, der die Nutzung körperlicher Gegenstände zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen erfasse.8 Werfen wir an dieser Stelle mit Heuermann9 einen kurzen Blick auf die ertragssteuerrechtliche Einordnung dieses Falles. Durch die unentgeltliche Überlassung der Gegenstände durch den Mitunternehmer an die KG sind diese nicht (mehr) seinem Betriebsvermögen zuzuordnen; sie sind als Sonderbetriebsvermögen des Mitunternehmers bei der KG zu behandeln.10 Diese auch ertragssteuerrechtlich verwirklichte Entnahme „aus dem Betrieb“ i.S. des § 4 Abs. 1 Satz 2 EStG führt aber nicht zur Aufdeckung stiller Reserven, weil nach § 6 Abs. 5 Satz 2 EStG insoweit der Buchwert anzusetzen ist.11 Zurück zur Umsatzsteuer: Wie wäre der vorliegende Fall zu beurteilen, wenn der Kläger die bisher seinem Unternehmen zugeordneten Gegenstände der KG nicht unentgeltlich überlassen, sondern a) gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten in die Gesellschaft eingebracht oder b) der Gesellschaft vermietet hätte?

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BFH, Urt. in DStR 2014, 1824, Rdnr. 17. EuGH, Urt. v. 13.3.2014 – Rs. C-204/13 – Malburg –, UR 2014, 353. BFH, Urt. in DStR 2014, 1824, Rdnr. 19. Heuermann, MwStR 2014, 597. Vgl. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 2. Halbsatz EStG. Vgl. dazu i.E. Heuermann, a.a.O.

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In beiden Fälle wäre ein Entnahmebesteuerung i.S. des § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 UStG nicht ausgelöst worden. Soweit der Kläger die Gegenstände gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten in die KG eingebracht hätte, läge eine Gegenleistung für die Einbringung vor. Diese Gegenleistung wäre als Entgelt für einen tauschähnlichen Umsatz zu behandeln.12 Hätte der Kläger die Gegenstände entgeltlich der KG zur Nutzung überlassen, wäre die Zuordnung zu seinem – dann aufgrund der ausgeführten Vermietungsleistungen fortbestehenden – Unternehmen nicht aufgehoben worden.13 Nichts anderes gilt, wenn der Kläger seine ursprüngliche Tätigkeit weiter ausgeübt hätte. Denn eine ertragssteuerrechtliche Behandlung eines zuvor dem Unternehmen zugeordneten Wirtschaftsguts als Sonderbetriebsvermögen bedeutet nicht, dass diese umsatzsteuerrechtliche Zuordnung zum Unternehmen nun nicht mehr besteht. So schließt – wie der XI. Senat des BFH mit Urteil vom 18.1.2012 entschieden hat – die Nutzungsüberlassung einer Wohnung, die ein Unternehmer seinem Vermietungsunternehmen zugeordnet hat, an eine GbR, deren Mitunternehmer er ist, nicht zwingend die fortdauernde Zuordnung dieser Wohnung zum Unternehmen i.S. des § 2 UStG aus.14 Der V. Senat des BFH hatte im Urteilsfall ferner Stellung dazu zu nehmen, ob die Voraussetzungen einer nicht steuerbaren Geschäftsveräußerung nach § 1 Abs. 1a UStG gegeben waren. Eine Geschäftsveräußerung liegt nach § 1 Abs. 1a Satz 2 UStG vor, wenn ein Unternehmen oder ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen entgeltlich oder unentgeltlich übereignet oder in eine Gesellschaft eingebracht wird. Zwar ist es bei richtlinienkonformer Auslegung unschädlich, dass einzelne für die Fortführung der Unternehmenstätigkeit notwendige Gegenstände von der Übereignung oder Einbringung ausgenommen sind, wenn diese dem Erwerber aber entgeltlich oder unentgeltlich zur Nutzung überlassen werden und sich daraus kein Hindernis für die dauerhafte Fortführung der wirtschaftlichen Tätigkeit ergeben kann.15 Werden – wie im Urteilsfall – gar keine Gegenstände des Unternehmens in die Gesellschaft eingebracht, fehlt es jedoch bereits an der tatbestandlichen Voraussetzung einer Geschäftsveräußerung i.S. des § 1 Abs. 1a Satz 2 UStG.16 12 EuGH, Urt. v. 1.3.2012 – Rs. C-280/10 – Polski Trawertyn –, UR 2012, 366; ferner Heuermann, a.a.O. 13 Zum Gesellschafter, der nur als solcher tätig ist und einen Gegenstand zur Nutzung gegen Sonderentgelt der Gesellschaft überlässt, vgl. auch Abschn. 1.6 Abs. 7 Nr. 1 UStAE. 14 BFH, Urt. v. 18.1.2012 – XI R 13/10, BFH/NV 2012, 1012, Leitsatz 3. 15 Vgl. dazu EuGH, Urt. v. 10.11.2011 – Rs. C-444/10 – Schriever –, Slg. 2011, I-11071. 16 BFH, Urt. in DStR 2014, 1824, Rdnr. 22.

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Hinsichtlich der Bemessung des Umsatzes i.S. des § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 UStG, der sich nach § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG – soweit für den Urteilsfall von Bedeutung – nach dem Einkaufspreis zuzüglich der Nebenkosten zum Zeitpunkt des Umsatzes bemisst, führte der V. Senat des BFH zudem aus, dass obgleich die Wertentwicklung des entnommenen Gegenstands im Zeitraum zwischen seiner Anschaffung und seiner Lieferung nach § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 UStG zu berücksichtigen sei, nicht stets auf den Restwert i.S. eines historischen Einkaufspreises abzüglich der Absetzung für Abnutzung bis zum Entnahmezeitpunkt, sondern auf den tatsächlichen Restwert abzustellen sei. Andernfalls bliebe – so der V. Senat des BFH – die Auslegung der zeitlichen Komponente i.S. einer Wertentwicklung zwischen Herstellung oder Anschaffung und Entnahme nur unzureichend berücksichtigt.17

2. Abgabe von „Gratis-Handys“ durch einen Vermittler von Mobilfunkverträgen: BFH, Urteil vom 16.10.2013 – XI R 39/12 Nach dem zur Abgabe von „Gratis-Handys“ durch einen Vermittler von Mobilfunkverträgen ergangenen Urteil des XI. Senats des BFH vom 16.10.2013 – XI R 39/1218 ist der von einem Mobilfunkanbieter an den Vermittler gezahlte Aufschlag – der Gerätebonus – Entgelt eines Dritten i.S. des § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG für die kostenlose Lieferung von Handys und sonstigen Elektroartikeln des Vermittlers an den Kunden. Im Urteilsfall vermittelte die Klägerin Mobilfunkverträge zwischen Kunden und verschiedenen Mobilfunkanbietern, den Netzbetreibern. Der Kunde konnte gegen eine erhöhte Monatsgebühr Tarife mit kostenlosem Handy wählen. Die Klägerin lieferte in diesem Fall die Handys – ersatzweise auch sonstige Elektroartikel – an die Kunden. Schloss der Kunde einen Vertrag über einen Tarif mit Handy, zahlte der jeweilige Netzbetreiber an die Klägerin zusätzlich zu der Provision einen weiteren Betrag, den Gerätebonus. Das Finanzamt unterwarf die Lieferung dieser Handys und sonstigen Elektroartikel mit dem jeweiligen Einkaufspreis i.S. des § 10 Abs. 4 Nr. 1 UStG bei der Klägerin als unentgeltliche Wertabgabe gemäß § 3 Abs. 1b Nr. 3 UStG der Umsatzsteuer. Dem folgte der XI. Senat des BFH – wie bereits das Finanzgericht19 – nicht.

17 BFH, Urt. in DStR 2014, 1824, Rdnr. 22 ff. 18 BFHE 243, 77, UR 2013, 962. 19 FG Baden-Württemberg, Urt. v. 26.9.2012 – 1 K 218/11, EFG 2013, 241.

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Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG unterliegen der Umsatzsteuer die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Einer Lieferung gegen Entgelt wird nach § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 3 UStG jede andere unentgeltliche Zuwendung eines Gegenstands, ausgenommen Geschenke von geringem Wert und Warenmuster für Zwecke des Unternehmens, gleichgestellt. Voraussetzung ist, dass der Gegenstand oder seine Bestandteile zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt haben.20 Eine Zuwendung eines Gegenstands ist nicht unentgeltlich, wenn sie gegen Entgelt erfolgt. Entgelt ist nach § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG alles, was der Leistungsempfänger aufwendet, um die Leistung zu erhalten, jedoch abzüglich der Umsatzsteuer. Zum Entgelt gehört auch – so § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG –, was ein anderer als der Leistungsempfänger dem Unternehmer für die Leistung gewährt. Maßgebend ist, dass der Dritte für die Leistung des Unternehmers an den Leistungsempfänger zahlt und der Unternehmer die Zahlung hierfür erhält, sodass ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Leistung und Drittzahlung besteht. Ob die Zahlung des Dritten zugleich Teil eines anderen Geschäftsvorgangs ist, ist unerheblich.21 Bei der Zahlung des Dritten darf es sich aber nicht um ein Entgelt für eine an ihn erbrachte Leistung handeln.22 Nach Maßgabe dieser Grundsätze entschied der XI. Senat des BFH im Urteilsfall, dass der Vermittler der Mobilfunkverträge die kostenlose Abgabe der von ihm an die Kunden gelieferten Handys oder sonstigen Elektroartikel nicht als unentgeltliche Wertabgabe i.S. des § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 3 UStG mit dem Einkaufspreis zu versteuern hat. Denn die Abgabe dieser Artikel ist wegen der von den Netzbetreibern an den Vermittler gezahlten Geräteboni – mithin den Kunden gegen Entgelt von dritter Seite i.S. des § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG überlassenen Geräte – nicht unentgeltlich.23 In diesem Fall hat der Vermittler vielmehr neben der an ihn geleisteten Vermittlungsprovision lediglich die erhaltenen Geräteboni der Umsatzsteuer zu unterwerfen. Ihm verbleibt zudem der Abzug der Vorsteuerbeträge aus dem Einkaufspreis der an die Kunden abgegebenen Geräte. Da umsatzsteuerrechtlich Leistungen verschiedener Unternehmer – einerseits die des Vermittlers und andererseits die der Netzbetreiber – auch dann jeweils für sich zu beurteilen sind, wenn sie gegenüber dem20 § 3 Abs. 1b Satz 2 UStG. 21 BFH, Urt. in BFHE 243, 77, UR 2013, 962, Rdnr. 34, m.w.N. 22 BFH, Urt. in BFHE 243, 77, UR 2013, 962, Rdnr. 34; v. 22.7.2010 – V R 14/09, BFHE 231, 273, BStBl. II 2012, 428, Rdnr. 26. 23 BFH, Urt. in BFHE 243, 77, UR 2013, 962, Rdnr. 35.

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selben Leistungsempfänger erbracht werden24, kann die Abgabe der Handys und sonstigen Elektroartikel durch den Vermittler keine unselbständige Nebenleistung zu der von den Netzbetreibern an die Kunden bewirkten Leistung – der Einräumung des Zugangs zur Netznutzung – sein.25 Ein unrichtiger Steuerausweis nach § 14c Abs. 1 Satz 1 UStG liegt vor, soweit die Mobilfunkanbieter in ihren Gutschriften – neben den verdienten Provisionen des Vermittlers – auch die Geräteboni erfassen und auch insoweit Umsatzsteuer gesondert ausweisen. Den Mehrbetrag schuldet der Vermittler. Den Mobilfunkanbietern steht im Übrigen insoweit kein Vorsteuerabzug nach § 15 UStG zu, weil sie nicht Leistungsempfänger der vom Vermittler abgegebenen Handys und sonstigen Elektroartikel sind. Allerdings kommt – bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 15 UStG – ein Vorsteuerabzug der Kunden in Betracht.

3. Innergemeinschaftliche Lieferung im Reihengeschäft: BFH, Urteil vom 28.5.2013 – XI R 11/09 Die Nachfolgeentscheidung des XI. Senats des BFH vom 28.5.2013 – XI R 11/0926 zum Urteil des EuGH vom 27.9.2012 in der Rechtssache C-587/10 – VStR –27 hat zum grenzüberschreitenden Reihengeschäft in der wissenschaftlichen Literatur eine umfängliche Diskussion ausgelöst und nicht selten heftige Kritik erfahren.28 Daher darf sie bei den Rechtsprechungs-Highlights zum Umsatzsteuerrecht nicht fehlen. Da das Reihengeschäft an anderer Stelle noch Thema sein wird, beschränkt sich die vorliegende Darstellung nur auf das Wesentliche dieser – nicht unumstrittenen – Entscheidung. Zum Sachverhalt und Verfahrensgang: Eine deutsche GmbH verkaufte 1998 zwei Maschinen an ein US-amerikanisches Unternehmen. Dieses 24 BFH, Urt. in BFHE 243, 77, UR 2013, 962, Rdnr. 39; v. 7.2.1991 – V R 53/85, BFHE 164, 482, BStBl. II 1991, 737; v. 10.9.1992 – V R 99/88, BFHE 169, 255, BStBl. II 1993, 316; BFH, Beschl. v. 18.4.2007 – V B 157/05, BFH/NV 2007, 1544. 25 BFH, Urt. in BFHE 243, 77, UR 2013, 962, Rdnr. 39. 26 BFHE 242, 84, UR 2013, 756; zur EuGH-Vorlage vgl. BFH, Beschl. v. 10.11.2010 – XI R 11/09, BFHE 231, 382, BStBl. II 2011, 237. 27 DStR 2012, 2014, UR 2012, 832. 28 Vgl. z.B. Kettisch, UR 2014, 593; Nieskens/Heinrichshofen/Matheis, DStR 2014, 1368; dies., UR 2014, 513; Ismer/Pull, MwStR 2014, 152; Winter, DStR 2013, 1979; Meurer, MwStR 2013, 549; Hiller, MwStR 2013, 652; Nieskens, DB 2013, 1872; ders., UR 2013, 823.

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teilte der GmbH auf Anfrage lediglich die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer einer finnischen Ltd. mit, an die es die Maschinen weiterverkauft habe. Die Maschinen wurden von einer von dem US-amerikanischen Unternehmen beauftragten Spedition bei der GmbH abgeholt und nach Finnland verschifft. Das Finanzamt behandelte die Lieferung der GmbH nicht als steuerfrei, weil das US-amerikanische Unternehmen als Erwerber keine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer eines Mitgliedstaats verwendet habe. Das Finanzgericht wies im ersten Rechtsgang die Klage ab.29 Der XI. Senat des BFH hatte zunächst das anschließende Revisionsverfahren ausgesetzt und dem EuGH Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt.30 Mit der Nachfolgeentscheidung zum EuGH-Urteil in der Rechtssache – VStR – hob der XI. Senat des BFH das angefochtene Urteil auf und wies die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Finanzgericht zurück.31 Inzwischen hat das Finanzgericht im zweiten Rechtsgang entschieden. Die zulässige Klage war nunmehr begründet und die Revision wurde erneut zugelassen.32 Über die im zweiten Rechtsgang unter dem Az. XI R 15/14 anhängige Revision ist noch nicht entschieden. Darüber hinaus sind zum grenzüberschreitenden Reihengeschäft unter den Revisionsaktenzeichen XI R 30/1333 und XI R 12/1434 (mindestens) zwei weitere Revisionsverfahren anhängig. Zum Nachweis der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer: Der Annahme einer steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferung steht nicht entgegen, dass der Steuerpflichtige keine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer seines Abnehmers angeben kann. Dies ist zwar nach nationalem Recht, § 17c Abs. 1 Satz 1 UStDV, Voraussetzung für die Anerkennung der Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferung. Auf die Frage des XI. Senats des BFH hin hat der EuGH in derselben Sache, die Rechtssache – VStR – betreffend, zwar entschieden, dass Art. 28c Teil A Buchst. a Unterabs. 1 der Sechsten Richtlinie es der Finanzverwaltung eines Mitgliedstaats nicht verwehrt, die Steuerbefreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung davon abhängig zu machen, dass der Lieferer die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Erwerbers mitteilt.35 Dies hat der XI. Senat des BFH in seiner Nachfolgeentscheidung so ver-

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Sächsisches FG, Urt. v. 25.2.2009 – 2 K 484/07, EFG 2009, 1418. BFH, Beschl. in BFHE 231, 382, BStBl. II 2011, 237. BFH, Urt. in BFHE 242, 84, UR 2013, 756. Sächsisches FG, Urt. v. 12.3.2014 – 2 K 1127/13, juris. Vorgehend FG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 4.12.2012 – 6 K 2104/10, EFG 2013, 1711. 34 Vorgehend FG Münster, Urt. v. 16.1.2014 – 5 K 3930/10 U, EFG 2014, 682. 35 EuGH, Urt. – VStR – in DStR 2012, 2014, UR 2012, 832, Leitsatz.

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standen, dass § 17c Abs. 1 Satz 1 UStDV, wonach bei innergemeinschaftlichen Lieferungen der Unternehmer im Geltungsbereich dieser Verordnung die Voraussetzungen der Steuerbefreiung „einschließlich Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Abnehmers“ buchmäßig nachweisen muss, unionsrechtlich nicht zu beanstanden ist.36 Eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung darf jedoch nicht schon deshalb verneint werden, weil der Nachweis der UmsatzsteuerIdentifikationsnummer des Erwerbers fehlt. Nach der Rechtsprechung des EuGH in der Rechtssache – VStR – gilt dieser Nachweis nicht vorbehaltlos. Denn die Steuerbefreiung darf nicht allein aus dem Grund verweigert werden, dass der Lieferer die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Erwerbers nicht der Finanzverwaltung mitteilt, wenn der Lieferer redlicherweise, und nachdem er alle ihm zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat, diese Identifikationsnummer nicht mitteilen kann und er außerdem Angaben macht, die hinreichend belegen können, dass der Erwerber ein Steuerpflichtiger ist, der bei dem betreffenden Vorgang als solcher gehandelt hat.37 Der XI. Senat des BFH hat sich dem angeschlossen.38 Dazu hat das BMF – m.E. berechtigt – die Frage aufgeworfen, wie ein Unternehmer, der über keine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Erwerbers verfügt, eine zusammenfassende Meldung i.S. des § 18a UStG abgeben könne, und insoweit eine erneute Vorlage an den EuGH angeregt. Eine erneute Vorlage an den EuGH kam jedoch nicht in Betracht. Denn die für eine Vorlage vorgeschlagene Frage war für den konkreten Rechtsstreit lediglich hypothetischer Natur und daher nicht entscheidungserheblich, weil die Steuerbefreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung i.S. des § 4 Nr. 1 Buchst. b i.V.m. § 6a UStG nicht davon abhängt, ob eine zusammenfassende Meldung (ordnungsgemäß) abgegeben werden kann.39 Zur Zuordnung der innergemeinschaftlichen Lieferung im Reihengeschäft: Schließen mehrere Unternehmer über denselben Gegenstand Umsatzgeschäfte ab und gelangt der Gegenstand bei der Beförderung oder Versendung unmittelbar vom ersten Unternehmer an den letzten Abnehmer, ist die Beförderung oder Versendung des Gegenstands gemäß § 3 Abs. 6 Satz 5 UStG nur einer der Lieferungen zuzuordnen. Auch nach der Rechtsprechung des EuGH kann eine Versendung oder Beförderung nur einer der beiden Lieferungen zugeordnet werden, die als einzige nach Art. 28c Teil A Buchst. a Unterabs. 1 der Sechsten Richtlinie 36 37 38 39

BFH, Urt. in BFHE 242, 84, UR 2013, 756, Rdnr. 80. EuGH, Urt. in DStR 2012, 2014, UR 2012, 832, Leitsatz und Rdnr. 52. BFH, Urt. in BFHE 242, 84, UR 2013, 756, Leitsatz 1 und Rdnr. 81. BFH, Urt. in BFHE 242, 84, UR 2013, 756, Rdnr. 90 f.

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befreit ist, wenn zwei aufeinander folgende Lieferungen desselben Gegenstands, die gegen Entgelt zwischen Steuerpflichtigen, die als solche handeln, vorgenommen werden, zu einer einzigen innergemeinschaftlichen Versendung oder Beförderung dieses Gegenstands führen.40 Wird der Gegenstand der Lieferung durch einen Abnehmer befördert oder versendet, der zugleich Lieferer ist, ist gemäß § 3 Abs. 6 Satz 6 UStG die Beförderung oder Versendung der Lieferung an ihn zuzuordnen, es sei denn, er weist nach, dass er den Gegenstand als Lieferer befördert oder versendet hat. Diese Vorschrift enthält eine widerlegbare gesetzliche Vermutung dahingehend, dass der Ersterwerber bei der Beförderung oder Versendung als Abnehmer der Vorlieferung und nicht als Lieferer an den letzten Abnehmer tätig wird.41 Für die Frage, welcher Lieferung die innergemeinschaftliche Beförderung oder Versendung zuzurechnen ist, wenn diese von der Person, die als Ersterwerber und Zweitlieferant an beiden Lieferungen beteiligt war, oder für deren Rechnung durchgeführt wird, ist in der Sechsten Richtlinie keine § 3 Abs. 6 Satz 6 UStG entsprechende oder sonstige Regelung vorgesehen.42 Trotz der Rechtsprechung des EuGH zur Maßgeblichkeit der Umstände des Einzelfalls bei der Zuordnung (nur) einer innergemeinschaftlichen Beförderung oder Versendung zu einer von zwei aufeinander folgenden Lieferungen43 geht der XI. Senat des BFH davon aus, dass § 3 Abs. 6 Satz 6 UStG nach wie vor anwendbar ist, aber unionsrechtskonform ausgelegt werden muss.44 Danach ist die Beförderung oder Versendung entsprechend § 3 Abs. 6 Satz 6 letzter Halbsatz UStG nicht der ersten Lieferung zuzuordnen, wenn sich der Nachweis, dass der Ersterwerber den Gegenstand als Lieferer befördert oder versendet hat, aus einer – wie der EuGH den Urteilsfall betreffend entschied45 – umfassenden Würdigung aller besonderen Umstände des Einzelfalls ergibt, und insbesondere der Zeitpunkt bestimmt wird, zu dem die Befähigung, wie ein Eigentümer über den Gegenstand zu verfügen, dem Endempfänger übertragen worden ist.46

40 Vgl. EuGH, Urt. v. 6.4.2006 – Rs. C-245/04 – EMAG Handel Eder OHG –, in Slg. 2006, I-3227, BFH/NV Beilage 2006, 294, UR 2006, 342, Leitsatz 1 und Rdnr. 45; v. 16.12.2010 – Rs. C-430/09 – Euro Tyre Holding –, Slg. 2010, I-13335, UR 2011, 176, Rdnr. 44. 41 BFH, Urt. in BFHE 242, 84, UR 2013, 756, Rdnr. 43, m.w.N. 42 BFH, Urt. in BFHE 242, 84, UR 2013, 756, Rdnr. 44, m.w.N. 43 Vgl. EuGH-Urt. – Euro Tyre Holding – in Slg. 2010, I-13335, UR 2011, 176, Rdnr. 27; – VSTR – in DStR 2012, 2014, UR 2012, 832, Rdnr. 32. 44 BFH, Urt. in BFHE 242, 84, UR 2013, 756, Rdnr. 45. 45 EuGH, Urt. – VSTR – in DStR 2012, 2014, UR 2012, 832, Rdnr. 32. 46 BFH, Urt. in BFHE 242, 84, UR 2013, 756, Rdnr. 44.

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Dagegen hat der V. Senat des BFH in dem Urteil vom 11.8.2011 – V R 3/1047 sowie in dem Beschluss vom 3.11.2011 – V B 53/1148 zu § 3 Abs. 6 Satz 6 letzter Halbsatz UStG die Auffassung vertreten, dass der Ersterwerber im Fall des Weiterverkaufs die Möglichkeit habe, durch Mitteilung oder Verschweigen des Weiterverkaufs die Beförderung oder Versendung der Lieferung an sich oder seiner eigenen Lieferung zuzuordnen. Dies ist aber nach der Rechtsprechung des EuGH für die Zuordnung der Warenbewegung bei einem Reihengeschäft zur Lieferung des Verkäufers oder des Zwischenerwerbers nicht allein entscheidungserheblich.49 Diese Rechtsprechung kann daher nicht mehr aufrecht erhalten werden. Zum Verfahrensrecht: Der XI. Senat des BFH konnte im Urteilsfall unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des EuGH abweichend von der vorgenannten Rechtsprechung des V. Senats des BFH entscheiden. Die Auslegung der Sechsten Richtlinie ist nach Art. 267 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) abschließend dem EuGH vorbehalten. Der XI. Senat des BFH war deshalb nicht befugt, die Entscheidung der Frage, welchen Inhalt das durch die Sechste Richtlinie geregelte Unionsrecht hat, abweichend vom EuGH zu entscheiden oder einem anderen Spruchkörper zu überlassen. Eine Vorlage an den Großen Senat des BFH ist in einem solchen Fall weder nötig noch zulässig.50 Eine von der FGO nur in Zusammenhang mit einer Anrufung des Großen Senats des BFH nach § 11 Abs. 2 FGO vorgesehene Divergenzanfrage i.S. des § 11 Abs. 3 Satz 1 FGO kam demnach gleichfalls nicht in Betracht.51

4. Zur Anwendung der Mindestbemessungsgrundlage bei steuerpflichtiger Verpachtung an einen zum vollen Vorsteuerabzug berechtigten Unternehmer: BFH, Urteil vom 5.6.2014 – XI R 44/12 Der XI. Senat des BFH hatte in der Entscheidung vom 5.6.2014 – XI R 44/1252 sowohl zur Anwendung der Mindestbemessungsgrundlage bei Leistungen an einen zum vollen Vorsteuerabzug berechtigten Unternehmer sowie zum Entstehungszeitpunkt der Umsatzsteuer bei unrichtigem Steuerausweis Stellung zu nehmen.

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BFHE 235, 43, BFH/NV 2011, 2208. BFH/NV 2012, 281. EuGH, Urt. – VSTR – in DStR 2012, 2014, UR 2012, 832, Rdnr. 36 und 37. BFH, Urt. in BFHE 242, 84, UR 2013, 756, Rdnr. 67. BFH, Urt. in BFHE 242, 84, UR 2013, 756, Rdnr. 68, m.w.N. DStR 2014, 1673, UR 2014, 700.

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Im Urteilsfall hatte die Klägerin, eine aus Eheleuten bestehende Grundstücksgemeinschaft, im Jahr 2005 begonnen, auf einem im Eigentum der Gemeinschafter stehenden Grundstück eine Schweinezuchtanlage zu errichten. Mit Pachtvertrag vom 1.10.2005 verpachtete die Klägerin diese Anlage unter Verzicht gemäß § 9 Abs. 1 UStG auf die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG ab Juni 2006 an den gemeinsamen Sohn der Gemeinschafter, der einen landwirtschaftlichen Betrieb führte, gemäß § 24 Abs. 4 UStG auf die Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG verzichtet hatte und deshalb gemäß § 15 UStG zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt war. Die im Zusammenhang mit der Anschaffung und Herstellung anfallenden Vorsteuerbeträge machte die Klägerin in ihren Umsatzsteuererklärungen für die Jahre 2005 bis 2007 geltend. Aus der Verpachtung erklärte sie steuerpflichtige Umsätze für das Streitjahr 2006 zu 16 % und für das Streitjahr 2007 zu 19 %. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass als Bemessungsgrundlage der Verpachtungsumsätze der Klägerin nicht der vereinbarte, dem Sohn zuzüglich gesondert ausgewiesener Umsatzsteuer in Rechnung gestellte Pachtzins, sondern die (höhere) Mindestbemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 5 Nr. 1 i.V.m. Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UStG anzusetzen sei. Es setzte die Umsatzsteuer für die Streitjahre 2006 und 2007 dementsprechend fest. Das Finanzgericht gab nach erfolglosem Einspruch der anschließenden Klage statt. Im Revisionsverfahren brachte das Finanzamt zudem vor, die Gemeinschaft habe am 2.3.2010 den sich bei einer Anwendung der Mindestbemessungsgrundlage ergebenden Betrag dem Sohn, der mit Wirkung zum 1.1.2012 wieder zur Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG zurückgekehrt sei, zuzüglich Mehrwertsteuer nachberechnet. Im Urteilsfall entschied der XI. Senat des BFH, dass die Vorschriften über die Mindestbemessungsgrundlage i.S. des § 10 Abs. 5 Nr. 1 i.V.m. Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UStG bei Leistungsbeziehungen zwischen voll zum Vorsteuerabzug berechtigten Unternehmern jedenfalls dann nicht anwendbar sind, wenn der vom Leistungsempfänger in Anspruch genommene Vorsteuerabzug keiner Vorsteuerberichtigung i.S. des § 15a UStG unterliegt.53 Nach § 10 Abs. 5 Nr. 1 UStG unterliegen entgeltliche Leistungen, die Körperschaften, Personenvereinigungen sowie Gemeinschaften im Rahmen ihres Unternehmens an ihre Anteilseigner, Gesellschafter, Mitglieder, Teilhaber oder diesen nahestehende Personen ausführen, der Mindestbemessungsgrundlage. Gegenüber nahestehenden Personen – wie im Urteilsfall der Sohn der Gemeinschafter – erfolgt die Besteuerung

53 BFH, Urt. in DStR 2014, 1673, UR 2014, 700, Leitsatz 1.

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dann nicht auf der Grundlage des vereinbarten Entgelts, sondern nach den Bemessungsgrundlagen des § 10 Abs. 4 UStG. Der EuGH hat mit Urteil vom 26.4.2012 in der Rechtssache C-621/10 und C-129/11 – Balkan and Sea Properties –54 zu Art. 80 der MwStSystRL, der die Bestimmungen des Art. 11 Teil A Abs. 6 der Sechsten Richtlinie zur allgemeinen Erlaubnis zur Einführung einer Mindestbemessungsgrundlage in der durch die Richtlinie 2006/69/EG des Rates vom 24. Juli 2006 geänderten Fassung übernommen hat, für den Fall der Lieferung von Gegenständen oder der Erbringung von Dienstleistungen zu einem künstlich niedrigen oder hohen Preis, der zwischen Beteiligten vereinbart wird, die beide zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt sind, entschieden, dass auf dieser Stufe keine Steuerhinterziehung oder -umgehung stattfindet. Erst beim Endverbraucher oder bei einem eine „Mischung“ von Umsätzen bewirkenden Steuerpflichtigen, der nur zu einem Pro-Rata-Abzug berechtigt ist, kann ein künstlich hoher oder niedriger Preis zu einem Steuerausfall führen. Nur wenn die von dem Vorgang betroffene Person nicht zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt ist, besteht ein Risiko von Steuerhinterziehung oder -umgehung, dem die Mitgliedstaaten vorbeugen dürfen.55 Zwar stellt § 10 Abs. 5 UStG eine abweichende nationale Sondermaßnahme i.S. des Art. 27 Abs. 1 der Sechsten Richtlinie – nunmehr Art. 395 Abs. 1 der MwStSystRL – dar, die zur Verhütung von Steuerhinterziehungen und -umgehungen eng auszulegen ist und nur angewandt werden darf, soweit dies hierfür unbedingt erforderlich ist.56 Gleichwohl sind die Rechtsgrundsätze des Art. 80 der MwStSystRL betreffenden EuGH-Urteils – Balkan and Sea Properties – auf § 10 Abs. 5 UStG zu übertragen. Denn der EuGH hat sich insoweit nicht explizit auf Art. 80 der MwStSystRL berufen, sondern allgemeine Grundsätze herangezogen.57 Es stellt sich allerdings die Frage, ob die Anwendung der Mindestbemessungsgrundlage bei Leistungsbeziehungen zwischen voll zum Vorsteuer54 UR 2012, 435, HFR 2012, 675. 55 EuGH, Urt. – Balkan and Sea Properties – in UR 2012, 435, HFR 2012, 675, Rdnr. 47 f. 56 Vgl. BFH, Urt. v. 8.10.1997 – XI R 8/86, BFHE 183, 314, BStBl. II 1997, 840; v. 24.1.2008 – V R 39/06, BFHE 221, 388, BStBl. II 2009, 786; v. 27.2.2008 – XI R 50/07, BFHE 221, 410, BStBl. II 2009, 426; v. 29.5.2008 – V R 12/07, BFHE 221, 525, BStBl. II 2009, 428; v. 7.10.2010 – V R 4/10, BFHE 232, 537, BFH/NV 2011, 930; v. 19.6.2011 – XI R 8/09, BFHE 234, 455, BFH/NV 2011, 2184; in DStR 2014, 1673, UR 2014, 700; ferner EuGH, Urt. v. 29.5.1997 – Rs. C-63/96 – Skripalle –, Slg. 1997, I-2847, BStBl. II 1997, 841, Rdnr. 22 f. 57 Vgl. dazu Korn in Bunjes, UStG, 13. Aufl., § 10 Rdnr. 96a; ferner Wagner, UVR 2012, 216 [219].

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abzug berechtigten Unternehmern hiernach ausnahmslos ausgeschlossen ist. Denn die Gefahr von Steuerhinterziehungen und – umgehungen besteht grundsätzlich auch bei Leistungen an Personen, die – wie der V. Senat des BFH bereits mit Urteil vom 24.1.2008 – V R 39/0658 entschied und dem sich die Finanzverwaltung in Abschn. 10.7 Abs. 2 UStAE angeschlossen hat – den Vorsteuerabzug nach § 15 UStG vollumfänglich in Anspruch nehmen können, wenn nach § 15a UStG eine Berichtigung des vom Leistungsempfänger in Anspruch genommenen Vorsteuerabzugs bei einer späteren Änderung der hierfür maßgeblichen Verhältnisse in Betracht kommt, weil die Berichtigung nach § 15a UStG sich auf den Vorsteuerabzug des Leistungsempfängers bezieht und somit auf der Grundlage des Entgelts für die an diesen erbrachte Leistung erfolgt. In diesem Fall besteht das Risiko von Steuerhinterziehung oder – umgehung, dem die Mitgliedstaaten durch Regelungen zur Mindestbemessungsgrundlage vorbeugen dürfen, gleichermaßen. Der EuGH hat es in seinem Urteil – Balkan and Sea Properties – offengelassen, unter welchem zeitlichen Aspekt die von dem Vorgang betroffene Person als zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt anzusehen ist, und sich im Übrigen mit der Bedeutung der Mindestbemessungsgrundlage für nachfolgende Vorsteuerberichtigungen nicht befasst.59 Die Frage, ob die Anwendung der Mindestbemessungsgrundlage bei Leistungsbeziehungen zwischen voll zum Vorsteuerabzug berechtigten Unternehmern selbst dann ausgeschlossen ist, wenn nach § 15a UStG eine Berichtigung des vom Leistungsempfänger in Anspruch genommenen Vorsteuerabzugs bei einer späteren Änderung der hierfür maßgeblichen Verhältnisse in Betracht kommt, ist mithin noch nicht geklärt. Die Anwendung von § 10 Abs. 5 UStG scheidet jedenfalls aus, wenn – wie bezogen auf den Urteilsfall mit der Pacht der Schweinezuchtanlage – die Leistung ihrer Art nach nicht zu einer Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG führen kann und eine die Anwendung der abweichenden Vorschriften über die Mindestbemessungsgrundlage rechtfertigende Gefahr von Steuerhinterziehung und -umgehung nicht besteht. Die Rückkehr von der allgemeinen Besteuerung zur Durchschnittssatzbesteuerung ist nach § 15a Abs. 7 UStG zwar als eine Änderung der Verhältnisse i.S. des § 15a Abs. 1 und 2 UStG zu werten. Nach der mit Wirkung zum 1. Januar 2007 durch Art. 8 Nr. 1 Buchst. b des Ersten Gesetzes zum Abbau bürokratischer Hemmnisse insbesondere in der mittelständischen Wirtschaft (BürokratieabbauG) vom 22. August 200660 geänderten Fassung des § 15a Abs. 4 UStG, mit der eine zu58 BFHE 221, 388, BStBl. II 2009, 786. 59 Vgl. dazu auch Wäger, UR 2013, 91 [97]. 60 BGBl. I 2006, 1970.

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vor geltende Verwaltungsregelung61 Gesetz wurde, ist die Berichtigung jedoch auf solche sonstigen Leistungen zu beschränken, für die in der Steuerbilanz ein Aktivierungsgebot bestünde62. Dies gilt jedoch nicht, soweit es sich um sonstige Leistungen handelt, für die der Leistungsempfänger bereits für einen Zeitraum vor Ausführung der sonstigen Leistung den Vorsteuerabzug vornehmen konnte.63 Unerheblich ist, ob der Unternehmer nach den §§ 140, 141 AO tatsächlich zur Buchführung verpflichtet ist.64 Ein – wie im Urteilsfall – fortlaufend gezahltes Leistungsentgelt kann nicht als Anschaffungskosten eines immateriellen Wirtschaftsguts „Nutzungsrecht“ aktiviert werden.65 Zwar ist das aus einem Mietverhältnis – gleiches gilt für ein Pachtverhältnis – folgende Nutzungsrecht durch einen laufend zu entrichtenden Mietzins entgeltlich erworben; gleichwohl ist das Nutzungsrecht nicht zu bilanzieren, weil ihm ein schwebendes Geschäft zugrunde liegt, das nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung nicht in die Bilanz aufzunehmen ist, solange das bestehende Gleichgewicht zwischen Rechten und Pflichten nicht durch Vorleistungen oder Erfüllungsrückstände gestört ist66. Die aus der Pacht einer Schweinezuchtanlage in Anspruch genommenen Vorsteuerbeträge sind mithin – selbst bei einer Änderung der für den Vorsteuerabzug maßgeblichen Verhältnisse i.S. des § 15a Abs. 7 UStG durch Rückkehr zur Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG – nicht zu berichtigen. Zum Entstehungszeitpunkt der Umsatzsteuer bei unrichtigem Steuerausweis hat der XI. Senat des BFH ferner entschieden, dass der Wortlaut des § 13 Abs. 1 Nr. 3 UStG richtlinienkonform dahingehend auszulegen ist, dass eine nach § 14c Abs. 1 UStG geschuldete Mehrsteuer nicht vor Ablauf des Voranmeldungszeitraums entsteht, in dem eine Rechnung, mit der der Unternehmer über einen Mehrbetrag abrechnet und insoweit einen überhöhten Steuerbetrag ausweist, erteilt worden ist.67

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BMF, Schr. v. 6.12.2005, BStBl. I 2005, 1068. § 15a Abs. 4 Satz 2 UStG. § 15a Abs. 4 Satz 3 UStG. § 15a Abs. 4 Satz 4 UStG. Vgl. z.B. BFH, Urt. v. 19.6.1997 – IV R 16/95, BFHE 183, 484, BStBl. II 1997, 808, unter II.3.; v. 20.11.2012 – VIII R 31/09, BFH/NV 2013, 527, Rdnr. 17; ferner Weber-Grellet in Schmidt, EStG, 33. Aufl., § 5 Rdnr. 176, jeweils m.w.N. 66 Vgl. z.B. BFH, Urt. in BFHE 183, 484, BStBl. II 1997, 808, unter II.3.; in BFH/ NV 2013, 527, Rdnr. 17; ferner zur Aktivierung von Nutzungsrechten aus einem Mietvertrag Weber-Grellet in Schmidt, a.a.O., § 5 Rdnr. 100, Beispiele. 67 BFH, Urt. in DStR 2014, 1673, UR 2014, 700, Leitsatz 2.

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Hat der Unternehmer in einer Rechnung für eine Lieferung oder sonstige Leistung einen höheren Steuerbetrag ausgewiesen, als er nach diesem Gesetz für den Umsatz schuldet – unrichtiger Steuerausweis –, schuldet er nach § 14c Abs. 1 Satz 1 UStG auch den Mehrbetrag. Die Steuer entsteht in diesem Fall gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 3 UStG in dem Zeitpunkt, in dem die Steuer für die Lieferung oder sonstige Leistung entsteht, spätestens jedoch mit der Ausgabe der Rechnung. Dies entspricht dem Unionsrecht. Die Mitgliedstaaten können – da der Steuertatbestand bei einer zu hoch ausgewiesenen Steuer die Ausgabe der Rechnung ist – gemäß Art. 10 Abs. 2 Unterabs. 3 Spiegelstrich 1 der Sechsten Richtlinie – nunmehr Art. 66 Satz 1 Buchst. a der MwStSystRL – als Entstehungszeitpunkt spätestens die Ausstellung der Rechnung vorsehen.68 Wird über eine bisher steuerfreie oder nicht steuerbare Leistung erstmals mit Umsatzsteuer abgerechnet, entsteht die Steuer bei richtlinienkonformer Auslegung des § 13 Abs. 1 Nr. 3 UStG erst im Zeitpunkt der Ausstellung der Rechnung.69 Dem hat sich die Finanzverwaltung in Abschn. 13.7 Satz 3 UStAE angeschlossen. Weist der leistende Unternehmer in einer berichtigten Rechnung über eine steuerbare und steuerpflichtige Leistung einen höheren Steuerbetrag aus, als er nach dem Gesetz schuldet, gilt nach Auffassung des XI. Senats des BFH nichts anderes. Die gesetzgebenden Körperschaften hatten zwar – wie aus den betreffenden Gesetzesmaterialien folgt70– bei Einfügung des § 13 Abs. 1 Nr. 3 Halbsatz 2 UStG, wonach die Steuer im Fall des § 14c Abs. 1 UStG „spätestens jedoch im Zeitpunkt der Ausgabe der Rechnung“ entsteht, nur den Fall des überhöhten Steuerausweises bei Berechnung von Umsatzsteuer für nicht steuerbare oder steuerfreie Umsätze im Blick. Bei richtlinienkonformer Auslegung des § 13 Abs. 1 Nr. 3 UStG kann jedoch – entgegen der Ansicht der Finanzverwaltung in Abschn. 13.7 Satz 2 UStAE – auch für den Fall, dass mit einer berichtigten Rechnung über eine steuerbare und steuerpflichtige Leistung (erstmals) ein höherer Steuerbetrag ausgewiesen wird, als er nach dem Gesetz geschuldet wird, die nach § 14c Abs. 1 UStG geschuldete Steuer jedenfalls nicht vor Ablauf des Voranmeldungszeitraums entstehen, in

68 BFH, Urt. in DStR 2014, 1673, UR 2014, 700, Rdnr. 49, m.w.N. 69 BFH, Urt. in DStR 2014, 1673, UR 2014, 700, Rdnr. 50, m.w.N. 70 Gesetzesentwurf der Fraktionen, BT-Drucks 15/1562, S. 45; Gesetzesentwurf der Bundesregierung, BT-Drucks 15/1621, S. 5; Stellungnahme des Bundesrats, BR-Drucks 630/03 – Beschluss –, S. 20 f.; Unterrichtung durch die Bundesregierung, BT-Drucks 15/1798, S. 9; Beschlussempfehlung des Finanzausschusses, BT-Drucks 15/1928, S. 29.

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dem die Rechnung erteilt worden ist.71 Denn der Steuertatbestand i.S. des Art. 10 Abs. 1 Buchst. a der Sechsten Richtlinie – nunmehr Art. 62 Abs. 1 der MwStSystRL – ist der Tatbestand, durch den die gesetzlichen Voraussetzungen für den Steueranspruch verwirklicht werden. Das ist – was zudem auch dem allgemeinen Grundsatz des § 38 AO entspricht, wonach die Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis erst mit Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestands entstehen – für eine überhöht ausgewiesene Steuer i.S. des § 14c Abs. 1 UStG nicht die Bewirkung der Lieferung oder Leistung, sondern die Begebung der Rechnung.72 Soweit Art. 10 Abs. 2 Unterabs. 1 Satz 1 der Sechsten Richtlinie – nunmehr Art. 63 der MwStSystRL – den Entstehungszeitpunkt bei Leistungen an die Bewirkung des Umsatzes anknüpft, betrifft dies allein die Entstehung der gesetzlichen Umsatzsteuerschuld.73 Eine Abweichung von der Rechtsprechung des V. Senats des BFH, wonach die aufgrund einer erteilten unrichtigen Rechnung entstandene Steuerschuld auf das Jahr der Leistungserbringung zurückwirkt74, besteht im Übrigen nicht. Denn der V. Senat des BFH hat mit Urteil vom 8.9.2011 – V R 5/1075 inzwischen klargestellt, dass dies lediglich die vor Inkrafttreten des StÄndG 2003 geltende Fassung des § 13 Abs. 1 Nr. 3 UStG betreffe, die ausschließlich auf die Steuerentstehung für die Leistung abgestellt habe.

5. Steuerschuldnerschaft bei Bauleistungen: BFH, Urteil vom 22.8.2013 – V R 37/10 In seinem die Umkehr der Steuerschuldnerschaft bei Bauleistungen betreffenden Urteil vom 22.8.2013 – V R 37/1076 hat der V. Senat des BFH unter Berufung auf das Urteil des EuGH vom 13.12.2012 – Rs. C-395/11 – BLV Wohn- und Gewerbebau GmbH –77 im Hinblick auf das sich aus 71 BFH, Urt. in DStR 2014, 1673, UR 2014, 700, Rdnr. 51; vgl. dazu auch Nieskens in Rau/Dürrwächter, UStG, § 13 Rdnr. 389; Leonhard in Bunjes, UStG, 13. Aufl., § 13 Rdnr. 28; Korn in Bunjes, a.a.O., § 14c Rdnr. 30; Reiß/Seite in Reiß/Kraeusel/Langer, UStG, § 13 Rdnr. 51; Leipold in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 13 Rdnr. 85; ferner Hundt-Eßwein in Offerhaus/Söhn/Lange, § 14c UStG Rdnr. 7. 72 BFH, Urt. in DStR 2014, 1673, UR 2014, 700, Rdnr. 54, m.w.N. 73 Vgl. dazu Nieskens in Rau/Dürrwächter, a.a.O., § 13 Rdnr. 387; Leipold in Sölch/Ringleb, a.a.O., § 13 Rdnr. 85. 74 BFH, Urt. v. 24.1.2008 – V R 39/06, BFHE 221, 388, BStBl. II 2009, 786; v. 13.11.2003 – V R 79/01, BFHE 204, 332, BStBl. II 2004, 375. 75 BFHE 235, 481, BStBl. II 2012, 620, Rdnr. 26. 76 BFHE 243, 20, BStBl. II 2014 II, 128. 77 UR 2013, 63, DStR 2012, 2593.

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dem Unionsrecht ergebende Erfordernis der Rechtssicherheit zur Rechtslage 2005 entschieden, dass § 13b Abs. 2 Satz 2 UStG dahingehend teleologisch einschränkend auszulegen ist, dass eine Verlagerung der Steuerschuldnerschaft auf den Leistungsempfänger nur dann in Betracht kommt, wenn der Leistungsempfänger die an ihn erbrachte Werklieferung oder sonstige Leistung, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dient, seinerseits zur Erbringung einer derartigen Leistung verwendet.78 Nach der Entscheidung des EuGH vom 13.12.2012 in der Rechtssache – BLV Wohn- und Gewerbebau GmbH – war die Bundesrepublik Deutschland zwar berechtigt, eine Umkehr der Steuerschuldnerschaft auch nur teilweise für bestimmte Untergruppen wie einzelne Arten von Bauleistungen und für Leistungen an bestimmte Leistungsempfänger vorzusehen. Bei der Bildung dieser Untergruppen habe der Mitgliedstaat – so der EuGH – jedoch den Grundsatz der steuerlichen Neutralität sowie die allgemeinen Grundsätze des Unionsrechts, wie insbesondere die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Rechtssicherheit, zu beachten. Es sei Sache des vorlegenden Gerichts, unter Berücksichtigung aller maßgeblichen tatsächlichen und rechtlichen Umstände zu überprüfen, ob dies der Fall sei, und gegebenenfalls die Maßnahmen zu ergreifen, die erforderlich seien, um die nachteiligen Folgen einer gegen die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit oder der Rechtssicherheit verstoßenden Anwendung der in Rede stehenden Vorschriften auszugleichen.79 Hatte der Unternehmer bauwerksbezogene Werklieferungen oder sonstige Leistungen, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienten, mit Ausnahme von Planungs- und Überwachungsleistungen bezogen, ließ es § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1, Abs. 2 Satz 2 UStG a.F. für die an die Stelle der Steuerschuld des Leistenden tretende Steuerschuld des Leistungsempfängers ausreichen, dass der Leistungsempfänger selbst derartige Leistungen erbracht hat. Das Erfordernis einer Leistungserbringung war danach in keiner Weise und dabei weder gegenständlich noch in zeitlicher Hinsicht eingeschränkt. Eine dem Wortlaut von § 13b Abs. 2 Satz 2 UStG einschränkungslos folgende Auslegung sei – so der V. Senat des BFH – mit den Erfordernissen des Unionsrechts nicht zu vereinbaren, da es durch das Abstellen auf Umstände, die der Leistende im Regelfall nicht erkenne und auch nicht erkennen könne, nicht ermöglicht werde, genau zu erkennen, ob er oder sein Leistungsempfänger Steuerschuldner sei.80 78 BFH, Urt. in BFHE 243, 20, BStBl. II 2014, 128, Leitsatz 1. 79 EuGH, Urt. – BLV Wohn- und Gewerbebau GmbH – in UR 2013, 63, DStR 2012, 2593, Leitsatz 2. 80 BFH, Urt. in BFHE 243, 20, BStBl. II 2014, 128, Rdnr. 47.

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Der V. Senat des BFH verwarf auch die zu § 13b Abs. 2 Satz 2 UStG a.F. ergangene Anwendungsvorschrift der Finanzverwaltung in Abschn. 182a Abs. 10 UStR 2005, wonach es für den Wechsel in der Steuerschuldnerschaft darauf ankam, dass der Leistungsempfänger „nachhaltig“ bauwerksbezogene Werklieferungen und sonstige Leistungen erbrachte und dabei die Summe dieser Leistungen mehr als 10 % seiner steuerbaren Umsätze betrug, wobei die Finanzverwaltung später dies in Abschn. 13b.3 Abs. 2 Satz 1 UStAE in der Fassung des BMF-Schreibens vom 12.12.201181 dahingehend präzisiert hatte, dass dabei auf den „Weltumsatz“ des Leistungsempfängers abzustellen ist. Gegen die einschränkende Auslegung des § 13b Abs. 2 Satz 2 UStG a.F. durch die Finanzverwaltung sprach nach Ansicht des V. Senats des BFH, dass es auch hierdurch dem Leistenden nicht ermöglicht werde, zuverlässig zu beurteilen, ob er oder der Leistungsempfänger Steuerschuldner für die erbrachte Leistung sei.82 Der Leistungsempfänger war nach der Rechtsprechung des V. Senats des BFH nur dann Schuldner der Umsatzsteuer aus den von ihm beauftragten und unter die Vorschrift des § 13b Abs. 2 Satz 2 UStG a.F. fallenden Bauleistungen, wenn er die an ihn erbrachten Leistungen seinerseits zur Erbringung einer derartigen Leistung verwendet hat. Danach kam der ein eigenes Grundstück bebauende Bauträger nicht (mehr) als Steuerschuldner nach § 13b Abs. 2 Satz 2 UStG a.F. in Betracht, denn dieser erbringt keine Bauleistungen, sondern er liefert ein bebautes Grundstück. Dagegen schuldete der nur ein fremdes Grundstück bebauende Generalunternehmer, der an seine Auftraggeber Bauleistungen selbst erbringt, die Steuer für die von ihm in einer Leistungskette von einem Subunternehmer bezogenen Bauleistungen nach § 13b Abs. 2 Satz 2 UStG a.F. Soweit der Unternehmer sowohl als Bauträger als auch als Generalunternehmer tätig war, kam es für die Anwendung des § 13b Abs. 2 Satz 2 UStG a.F. auf die jeweilige Verwendung der von ihm bezogenen Bauleistung an. Maßgeblich war insoweit, ob der Unternehmer die betreffende Bauleistung für eine steuerfreie Grundstücksübertragung als Bauträger oder für eine eigene steuerpflichtige Bauleistung als Generalunternehmer verwendet hat.83 Der XI. Senat des BFH hat sich mit Urteil vom 11.12.2013 – XI R 21/11 dieser Auffassung des V. Senats des BFH „im Interesse einer einheitlichen Rechtsprechung“ angeschlossen.84

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BStBl. I 2011, 1289. BFH, Urt. in BFHE 243, 20, BStBl. II 2014, 128, Rdnr. 48 f. BFH, Urt. in BFHE 243, 20, BStBl. II 2014, 128, Rdnr. 51. BFH, Urt. in BFHE 244, 115, BStBl. II 2014, 425, Rdnr. 32.

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Auf die Rechtsprechung des V. Senats des BFH vom 22.8.2013 – V R 37/10 hin hat das BMF den UStAE durch Schreiben vom 5.2.201485 für nach dem 14.2.2014 – Tag der Veröffentlichung dieses BMF-Schreibens im Bundessteuerblatt Teil I – ausgeführte Bauleistungen entsprechend angepasst. Keiner Diskussion bedarf es inzwischen mehr, ob die die Auslegung des § 13b Abs. 2 Satz 2 UStG a.F. betreffende Rechtsansicht des V. Senat des BFH alle Schwierigkeiten, die bei der Zuordnung der Steuerschuldnerschaft bei Bauleistungen bestehen, auszuräumen vermochte oder die geforderte bauwerksbezogene Betrachtung den leistenden Unternehmer vor noch größere Schwierigkeiten bezüglich der Nachprüfbarkeit stellte und damit zu einer noch größeren Rechtsunsicherheit führte.86 Denn nach § 13b Abs. 5 Satz 2 UStG in der mit Wirkung vom 1.10.2014 anzuwendenden Fassung durch das Gesetz zur Anpassung des nationalen Steuerrechts an den Beitritt Kroatiens zur EU und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (StAnp-StÄndG-Kroatien) vom 25.7.201487 schuldet bei Bauleistungen i.S. des § 13b Abs. 2 Nr. 4 UStG der Leistungsempfänger die Steuer unabhängig davon, ob er sie für eine von ihm erbrachte Leistung i.S. des § 13b Abs. 2 Nr. 4 Satz 1 verwendet, wenn er ein Unternehmer ist, der nachhaltig entsprechende Leistungen erbringt. Der Gesetzgeber hat dazu weiter bestimmt, dass davon auszugehen ist, wenn das zuständige Finanzamt dem Leistungsempfänger eine im Zeitpunkt der Ausführung des Umsatzes gültige auf längstens drei Jahre befristete Bescheinigung, die nur mit Wirkung für die Zukunft widerrufen oder zurückgenommen werden kann, darüber erteilt hat, dass er ein Unternehmer ist, der entsprechende Leistungen erbringt. Diese gesetzliche Neuregelung muss als ein Nichtanwendungsgesetz im Hinblick auf das Urteil des V. Senats des BFH vom 22.8.2013 – V R 37/10 angesehen werden. Zudem gilt nach § 13b Abs. 5 Satz 7 UStG der Leistungsempfänger nunmehr selbst dann als Steuerschuldner, wenn er und der leistende Unternehmer in Zweifelsfällen (irrtümlich) übereinstimmend vom Vorliegen der Voraussetzungen der Umkehr der Steuerschuldnerschaft bei Bauleistungen ausgegangen sind, sofern dadurch keine Steuerausfälle entstehen. Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang auch auf die gleichfalls mit dem StAnp-StÄndG-Kroatien mit Wirkung vom 31.7.2014 geschaffene gesetzliche Neuregelung des § 27 Abs. 19 UStG. Diese komplexe Son-

85 BStBl. I 2014, 233. 86 Zur Kritik an der Rechtsprechung vgl. auch Mainz, DStR 2014, 1621; Lippross, UR 2014, 717, jeweils m.w.N. 87 BGBl. I 2014, 1266.

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derregelung für nicht zum Vorsteuerabzug berechtigte Bauträger, die sich auf das Urteil des V. Senats des BFH vom 22.8.2013 – V R 37/10 berufen, sieht nach § 27 Abs. 19 Satz 1 UStG für den Fall, dass Unternehmer und Leistungsempfänger davon ausgegangen sind, dass der Leistungsempfänger die Steuer nach § 13b auf eine vor dem 15.2.2014 erbrachte steuerpflichtige Leistung schuldet, und sich diese Annahme als unrichtig herausstellt, die Änderung der gegen den leistenden Unternehmer wirkenden Steuerfestsetzung vor, soweit der Leistungsempfänger die Erstattung der Steuer fordert, die er in der Annahme entrichtet hatte, Steuerschuldner zu sein. Der leistende Unternehmer soll – was auf Kritik gestoßen ist88 – sich nicht auf Vertrauensschutz nach § 176 Abs. 2 AO berufen können, denn nach § 27 Abs. 19 Satz 2 UStG steht § 176 AO der Änderung nach Satz 1 nicht entgegen. Allerdings kann das für den leistenden Unternehmer zuständige Finanzamt nach § 27 Abs. 19 Satz 3 UStG auf Antrag zulassen, dass der leistende Unternehmer dem Finanzamt den ihm gegen den Leistungsempfänger zustehenden Anspruch auf Zahlung der gesetzlich entstandenen Umsatzsteuer abtritt, wenn die Annahme der Steuerschuld des Leistungsempfängers im Vertrauen auf eine Verwaltungsanweisung beruhte und der leistende Unternehmer bei der Durchsetzung des abgetretenen Anspruchs mitwirkt. Die Abtretung wirkt nach § 27 Abs. 19 Satz 4 UStG an Zahlungs statt, wenn (1.) der leistende Unternehmer dem Leistungsempfänger eine erstmalige oder geänderte Rechnung mit offen ausgewiesener Umsatzsteuer ausstellt, (2.) die Abtretung an das Finanzamt wirksam bleibt, (3.) dem Leistungsempfänger diese Abtretung unverzüglich mit dem Hinweis angezeigt wird, dass eine Zahlung an den leistenden Unternehmer keine schuldbefreiende Wirkung mehr hat, und (4.) der leistende Unternehmer seiner Mitwirkungspflicht nachkommt.

6. Zum Vorsteuerabzug einer Führungsholding und zur Organschaft: BFH, Beschlüsse vom 11.12.2013 – XI R 17/11 und 38/12 Mit zwei Beschlüssen vom 11.12.2013 – XI R 17/1189 und 38/1290 hat der XI. Senat des BFH dem EuGH drei Fragen zum Vorsteuerabzug einer sog. Führungsholding und zur Organschaft vorgelegt.

88 Zur Kritik an der Gesetzgebung vgl. Lippross, UR 2014, 717. 89 BFHE 244, 79, BStBl. II 2014, 417; Az. EuGH C-108/14 – Larentia+Minerva mbH & Co. KG –. 90 BFHE 244, 94, BStBl. II 2014, 428; Az. EuGH C-109/14 – Marenave Schiffahrts AG –.

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In den Vorlagefällen erbrachten die Führungsholdings – hierbei handelt es sich um Gesellschaften, die im Gegensatz zu einer Finanzholding über das Halten und Verwalten von Beteiligungen an Tochtergesellschaften hinaus auch aktiv in das laufende Tagesgeschäft dieser Tochtergesellschaften eingreifen91 – an ihre Tochter-Personengesellschaften entgeltliche administrative und kaufmännische Dienstleistungen. Zur Finanzierung sowohl des Erwerbs der Anteile an den Tochtergesellschaften als auch ihrer Geschäftstätigkeiten bezogen die Holdings ihrerseits Dienstleistungen von anderen Unternehmen, wie etwa die Ausgabeprospekterstellung und die Rechtsberatung. Die Holdings begehrten für diese mit Umsatzsteuer belasteten Dienstleistungen den vollen Vorsteuerabzug. Weil das reine Halten von Anteilen an Tochtergesellschaften nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt, war das Finanzamt in dem XI R 17/11 betreffenden Fall der Auffassung, dass der Vorsteuerabzug nur anteilig gewährt werden könne. Dieser Auffassung schloss sich das Finanzgericht an und wies die anschließende Klage ab.92 In dem XI R 38/12 betreffenden Fall versagte das Finanzamt den begehrten Vorsteuerabzug aus seiner Sicht mangels Eingriffs in die Verwaltung der Tochtergesellschaften gänzlich. Dagegen gab das Finanzgericht der hiergegen erhobenen Klage statt.93 Zur ersten Vorlagefrage: Eine Holding, deren einziger Zweck im Erwerb von Beteiligungen an anderen Unternehmen besteht, ohne dass sie – unbeschadet ihrer Rechte als Aktionärin oder Gesellschafterin – unmittelbar oder mittelbar in die Verwaltung dieser Gesellschaften eingreift, ist nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH94 und des BFH95 kein Mehrwertsteuerpflichtiger und somit nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt. Dagegen sind Eingriffe einer Holding in die Verwaltung von Gesellschaften, an denen sie Beteiligungen erworben hat, eine wirtschaftliche Tätigkeit, wenn sie die Durchführung von Transaktionen einschließen, die der Mehrwertsteuer unterliegen, wie etwa das Erbringen von administrativen, finanziellen, kaufmännischen und technischen Dienstleis-

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Vgl. dazu Abschn. 2.3 Abs. 3 Sätze 2 bis 4 UStAE. Niedersächsisches FG, Urt. v. 12.5.2011 – 16 K 411/07, EFG 2011, 1751. FG Hamburg, Urt. v. 10.10.2012 – 2 K 189/10, EFG 2013, 255. Vgl. EuGH, Urt. v. 20.6.1991 – Rs. C-60/90 – Polysar Investments –, Slg. 1991, I-3111, HFR 1993, 48, Rdnr. 17; v. 14.11.2000 – Rs. C-142/99 – Floridienne und Berginvest –, Slg. 2000, I-9567, BFH/NV Beilage 2001, 37, Rdnr. 17; v. 27.9.2001 – Rs. C-16/00 – Cibo Participations –, Slg. 2001, I-6663, BFH/NV Beilage 2002, 6, Rdnr. 18; v. 6.9.2012 – Rs. C-496/11 – Portugal Telecom –, HFR 2012, 1119, UR 2012, 762, Rdnr. 31. 95 Vgl. BFH, Urt. v. 30.7.1992 – V R 95/87, BFH/NV 1993, 202; v. 3.4.2008 – V R 76/05, BFHE 221, 443, BStBl. II 2008, 905; v. 9.2.2012 – V R 40/10, BFHE 236, 258, BStBl. II 2012, 844.

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tungen der Holding an ihre Tochtergesellschaften.96 Eine Holding, die derartige Dienstleistungen an ihre Tochtergesellschaften erbringt, kann daneben auch einen nichtwirtschaftlichen Bereich haben.97 Die für den Bezug von Dienstleistungen auf der Eingangsstufe entrichtete Mehrwertsteuer kann eine Holding nur dann als Vorsteuer abziehen, wenn entweder die Eingangsumsätze direkt und unmittelbar mit zum Abzug berechtigenden Ausgangsumsätzen zusammenhängen oder wenn die Kosten für die fraglichen Dienstleistungen zu den allgemeinen Aufwendungen der Holding gehören und als solche Kostenelemente der von ihr erbrachten Dienstleistungen sind.98 Danach steht einer Führungsholding ein Recht auf Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG zu, soweit sie Eingangsleistungen für die administrativen und kaufmännischen Dienstleistungen bezieht, die sie gegenüber ihren Tochtergesellschaften erbringt. Nach der vom XI. Senat des BFH vertretenen Ansicht scheidet ein vollständiger Vorsteuerabzug jedoch aus, sodass eine Holding z.B. die auf die anlässlich der Kapitalbeschaffung bezogenen Dienstleistungen entfallene Vorsteuer nur insoweit in Abzug bringen kann, als sie gegenüber ihren Tochtergesellschaften administrative und kaufmännische Dienstleistungen erbringt.99 Denn bei derartigen Dienstleistungen, die sowohl für wirtschaftliche Tätigkeiten als auch für nichtwirtschaftliche Tätigkeiten verwendet werden, kann die Vorsteuer nur insoweit in Anspruch genommen

96 Vgl. dazu EuGH, Urt. – Cibo Participations – in Slg. 2001, I-6663, BFH/NV Beilage 2002, 6, Rdnr. 22; – Portugal Telecom – in HFR 2012, 1119, UR 2012, 762, Rdnr. 34; BFH, Urt. in BFHE 221, 443, BStBl II. 2008, 905, unter II.2.; v. 27.1.2011 – V R 38/09, BFHE 232, 278, BStBl. II 2012, 68, Rdnr. 15; in BFHE 236, 258, BStBl. II 2012, 844, Rdnr. 29. 97 Vgl. dazu EuGH, Urt. – Floridienne und Berginvest – in Slg. 2000, I-9567, BFH/NV Beilage 2001, 37, Rdnr. 6, 20 und 32; – Cibo Participations – in Slg. 2001, I-6663, BFH/NV Beilage 2002, 6, Rdnr. 8, 10, 22 und 44; v. 13.3.2008 – Rs. C-437/06 – Securenta –, Slg. 2008, I-1597, BStBl. II 2008, 727, Rdnr. 11, 26 ff.; v. 29.10.2009 – Rs. C 29/08 – SKF –, Slg. 2009, I-10413, BFH/NV 2009, 2099, Rdnr. 20, 61 f.; – Portugal Telecom – in HFR 2012, 1119, UR 2012, 762, Rdnr. 15 f., 47; ferner BFH, Urt. in BFHE 236, 258, BStBl. II 2012, 844, Rdnr. 30. 98 Vgl. dazu EuGH, Urt. – Cibo Participations – in Slg. 2001, I-6663, BFH/NV Beilage 2002, 6, Rdnr. 31; v. 26.5.2005 – Rs. C-465/03 – Kretztechnik –, Slg. 2005, I-4357, UR 2005, 382, Rdnr. 35 f.; v. 8.2.2007 – Rs. C-435/05 – Investrand –, Slg. 2007, I-1315, BFH/NV Beilage 2007, 289, Rdnr. 23 f.; – Securenta – in Slg. 2008, I-1597, BStBl. II 2008, 727, Rdnr. 27; – SKF – in Slg. 2009, I-10413, BFH/NV 2009, 2099, Rdnr. 57 f.; – Portugal Telecom – in HFR 2012, 1119, UR 2012, 762, Rdnr. 36 f.; ferner BFH, Urt. in BFHE 236, 258, BStBl. II 2012, 844, Rdnr. 21. 99 BFH, Beschl. in BFHE 244, 79, BStBl. II 2014, 417, Rdnr. 35 f.; in BFHE 244, 94, BStBl. II 2014, 428, Rdnr. 40 f.; a.A. Marchal, UR 2014, 321; Heinrichshofen, UStB 2014, 100; vgl. dazu Bleschick, MWStR 2014, 357.

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werden, als die Aufwendungen hierfür der wirtschaftlichen Tätigkeit zuzurechnen sind.100 Nach der Rechtsprechung des EuGH steht die Festlegung der Methoden und Kriterien zur Aufteilung der Vorsteuerbeträge zwischen wirtschaftlichen und nichtwirtschaftlichen Tätigkeiten – mangels unionsrechtlicher Regelung – im Ermessen der Mitgliedstaaten, die eine Berechnungsweise vorsehen müssen, die objektiv widerspiegelt, welcher Teil der Eingangsaufwendungen jeder dieser beiden Tätigkeiten tatsächlich zuzurechnen ist.101 Die Mitgliedstaaten dürfen bei der Ausübung ihres Ermessens ggf. einen Investitionsschlüssel, einen Umsatzschlüssel oder jeden anderen geeigneten Schlüssel verwenden und sind nicht verpflichtet, sich auf eine einzige dieser Methoden zu beschränken.102 Eine derartige Regelung hat der deutsche Gesetzgeber bisher nicht erlassen. Bei Eingangsumsätzen, die der wirtschaftlichen und der nichtwirtschaftlichen Tätigkeit einer Holding dienen, besteht hinsichtlich der erforderlichen Vorsteueraufteilung – trotz der Möglichkeit, in geeigneten Fällen insoweit § 15 Abs. 4 UStG analog anzuwenden103 – eine erhebliche Rechtsunsicherheit. Der XI. Senat des BFH ersuchte daher mit der ersten Vorlagefrage den EuGH um nähere Hinweise zu der von ihm geforderten Berechnungsweise, die objektiv widerspiegelt, welcher Teil der Eingangsaufwendungen den wirtschaftlichen und den nichtwirtschaftlichen Tätigkeiten tatsächlich zuzurechnen ist. Zur zweiten Vorlagefrage: Die zweite Vorlagefrage bezieht sich auf die Regelungen zur sog. Organschaft. In den Vorlagefällen begehren die Holdings jeweils hilfsweise eine solche Eingliederung der Tochter-Personengesellschaften in ihr Unternehmen anzunehmen, um die Vorsteuerbeträge in voller Höhe abziehen zu können. Wäre das der Fall, dann würden die Holdings jeweils mit ihren Tochtergesellschaften zu einem einzigen Steuerpflichtigen verschmelzen und für die Frage des Vorsteuerabzugs wäre nicht auf ihre – dann nicht steuerbaren – Dienstleistungsumsätze gegenüber ihren Tochtergesellschaften, sondern auf die steuerbaren und zum Vorsteuerabzug berechtigenden Ausgangsumsätze der Tochtergesellschaften gegenüber Dritten abzustel-

100 Vgl. BFH, Urt. v. 3.3.2011 – V R 23/10, BFHE 233, 274, BStBl. II 2012, 74, Rdnr. 31; in BFHE 236, 258, BStBl. II 2012, 844, Rdnr. 25. 101 Vgl. dazu EuGH, Urt. – Securenta – in Slg. 2008, I-1597, BStBl. II 2008, 727, Rdnr. 35 ff., 39; – Portugal Telecom – in HFR 2012, 1119, UR 2012, 762, Rdnr. 42 und 44. 102 Vgl. EuGH, Urt. – Securenta – in Slg. 2008, I-1597, BStBl. II 2008, 727, Rdnr. 38. 103 Vgl. dazu BFH, Urt. in BFHE 236, 258, BStBl. II 2012, 844, Rdnr. 25, m.w.N.

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len.104 Nach nationalem Recht ist dies jedoch nicht möglich, da nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG nur juristische Personen Organgesellschaften sein können105, während nach Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Sechsten Richtlinie – Art. 11 Abs. 1 der MwStSystRL enthält eine entsprechende Bestimmung – mehrere „Personen“ zusammen als ein Steuerpflichtiger behandelt werden dürfen, die zwar rechtlich unabhängig, aber durch gegenseitige finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Beziehungen eng miteinander verbunden sind. Unabhängig davon ist es fraglich, ob daran festzuhalten ist, dass § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG, wonach die Organgesellschaft nach dem Gesamtbild der Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch „in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert“ sein muss, ein Über- und Unterordnungsverhältnis zwischen dem Organträger und der Organgesellschaft als „untergeordnete Person“ voraussetzt.106 Nach der neueren Rechtsprechung des EuGH sieht Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Sechsten Richtlinie für die Mitgliedstaaten nicht die Möglichkeit vor, den Wirtschaftsteilnehmern weitere Bedingungen für die Bildung einer Mehrwertsteuergruppe aufzubürden als diejenigen, die in dieser Bestimmung genannt sind.107 Dadurch ist nach Ansicht des XI. Senats des BFH erstens fraglich geworden, ob – was den unionsrechtlichen Grundsatz der Neutralität in seiner Ausprägung der Rechtsformneutralität betrifft108 – § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG als Organgesellschaften nur juristische Personen zulassen darf. Zweitens ist zweifelhaft, ob die Behandlung mehrerer Personen als ein Steuerpflichtiger davon abhängig gemacht werden darf, dass ein Verhältnis der Über- und Unterordnung

104 BFH, Beschl. in BFHE 244, 79, BStBl. II 2014, 417, Rdnr. 50; in BFHE 244, 94, BStBl. II 2014, 428, Rdnr. 55, jeweils m.w.N. 105 Vgl. dazu BFH, Urt. v. 7.12.1978 – V R 22/74, BFHE 127, 262, BStBl. II 1979, 356, unter I.5.; v. 8.2.1979 – V R 101/78, BFHE 127, 267, BStBl. II 1979, 362, unter 5. und 6.; v. 26.6.1986 – V R 57/77, juris; v. 19.5.2005 – V R 31/03, BFHE 210, 167, BStBl. II 2005, 671, unter II.2.b cc; dem folgt die h.M. in der Literatur vgl. Meyer in Offerhaus/Söhn/Lange, § 2 UStG Rdnr. 69; Klenk in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 2 Rdnr. 89 f., 101; Reiß in Reiß/Kraeusel/ Langer, UStG § 2 Rdnr. 98.15; Korn in Bunjes, UStG, 13. Aufl., § 2 Rdnr. 112; Radeisen in Schwarz/Widmann/Radeisen, Umsatzsteuer, § 2 Rdnr. 214. 106 BFH, Beschl. in BFHE 244, 79, BStBl. II 2014, 417, Rdnr. 60 f.; in BFHE 244, 94, BStBl. II 2014, 428, Rdnr. 65, jeweils m.w.N. 107 Zu Art. 11 der MwStSystRL vgl. EuGH, Urt. v. 9.4.2013 – Rs. C-85/11 – Kommission/Irland –, DStR 2013, 806, MwStR 2013, 238, Rdnr. 36; v. 25.4.2013 – Rs. C-480/10 – Kommission/Schweden –, MwStR 2013, 276, UR 2013, 423, Rdnr. 35. 108 Vgl. dazu BFH, Beschl. in BFHE 244, 79, BStBl. II 2014, 417, Rdnr. 70; in BFHE 244, 94, BStBl. II 2014, 428, Rdnr. 75, jeweils m.w.N.

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besteht, während das Unionsrecht gegenseitige Beziehungen ausreichen lässt. Zur dritten Vorlagefrage: Für den Fall eines etwaigen Verstoßes gegen das Unionsrecht möchte der vorlegende XI. Senat des BFH mit der dritten Vorlagefrage wissen, ob sich die Holdings – womit es der jeweilige Steuerpflichtige in der Hand hätte, die Rechtsfolgen der Organschaft eintreten zu lassen – unmittelbar auf das für sie günstigere Unionsrecht – Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Sechsten Richtlinie bzw. Art. 11 der MwStSystRL – berufen können. Es ist aus der Sicht des XI. Senats des BFH fraglich, ob eine so weit wie möglich am Wortlaut und Zweck der einschlägigen unionsrechtlichen Bestimmungen auszurichtenden Auslegung gegen den Wortlaut und Wortsinn des § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG möglich ist.109

7. Vorsteueraufteilung bei gemischt genutzten Gebäuden: BFH, Urteil vom 7.5.2014 – V R 1/10 Bei dem Urteil des V. Senats des BFH vom 7.5.2014 – V R 1/10110 ging es erneut um die Höhe des Vorsteuerabzugs für Eingangsleistungen zur Herstellung eines Gebäudes, mit dem sowohl steuerfreie als auch steuerpflichtige Vermietungsumsätze ausgeführt werden. Der V. Senat des BFH hat mit dieser Entscheidung seine bisherige Rechtsprechung, wonach sich bei der Errichtung eines gemischt genutzten Gebäudes die Vorsteueraufteilung im Regelfall nach dem objektbezogenen Flächenschlüssel richtet, neu ausgerichtet. Verwendet der Unternehmer einen für sein Unternehmen gelieferten Gegenstand oder eine von ihm in Anspruch genommene sonstige Leistung nur zum Teil zur Ausführung von Umsätzen, die den Vorsteuerabzug ausschließen, ist gemäß § 15 Abs. 4 Satz 1 UStG der Teil der jeweiligen Vorsteuerbeträge nicht abziehbar, der den zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führenden Umsätzen wirtschaftlich zuzurechnen ist. Nach Satz 2 dieser Vorschrift kann der Unternehmer die nicht abziehbaren Teilbeträge im Wege einer sachgerechten Schätzung ermitteln. § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG regelt schließlich für die ab dem 1.1.2004 bezogenen Eingangsleistungen, dass eine Ermittlung des nicht abziehbaren Teils der Vorsteuerbeträge nach dem Verhältnis der Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, zu den Umsätzen, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, nur zulässig ist, wenn keine andere wirtschaftliche Zurechnung möglich ist.

109 Vgl. dazu BFH, Beschl. in BFHE 244, 79, BStBl. II 2014, 417, Rdnr. 74 f.; in BFHE 244, 94, BStBl. II 2014, 428, Rdnr. 79 f. 110 UR 2014, 531, DStR 2014, 1162.

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Soweit Gegenstände und Dienstleistungen von einem Steuerpflichtigen sowohl für Umsätze verwendet werden, für die ein Recht auf Vorsteuerabzug besteht, als auch für Umsätze, für die kein Recht auf Vorsteuerabzug besteht, darf nach Art. 17 Abs. 5 der Sechsten Richtlinie – nunmehr Art. 173 Abs. 1 Satz 1 der MwStSystRL – nur der Teil der Mehrwertsteuer abgezogen werden, der auf den Betrag der erstgenannten Umsätze entfällt. Dieser Pro-rata-Satz wird nach den Bestimmungen des Unionsrecht zwar für die Gesamtheit der vom Steuerpflichtigen bewirkten Umsätze festgelegt.111 Die Mitgliedstaaten können dem Steuerpflichtigen jedoch gestatten oder ihn sogar verpflichten, den Abzug je nach der Zuordnung der Gesamtheit oder eines Teils der Gegenstände oder Dienstleistungen vorzunehmen.112 Der EuGH hat mit Urteil vom 8.11.2012 – Rs. C-511/10 in der Rechtssache – BLC Baumarkt – zu dem grundsätzlichen Vorrang des Flächenschlüssels vor dem Umsatzschlüssel nach § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG entschieden, dass der betreffende Mitgliedstaat zum Zweck der Berechnung des Pro-rata-Satzes für den Abzug der Vorsteuern aus einem bestimmten Umsatz wie der Errichtung eines gemischt genutzten Gebäudes vorrangig einen anderen Aufteilungsschlüssel als den unionsrechtlich vorgesehenen Umsatzschlüssel vorschreiben kann, soweit die herangezogene Methode eine präzisere Bestimmung dieses Pro-rata-Satzes gewährleistet. Hierbei ist es Sache des nationalen Gerichts festzustellen, ob eine solche präzisere Bestimmung durch einen Flächenschlüssel gewährleistet ist.113 Bislang hatte der V. Senat des BFH ein gegenstandsbezogenes Verständnis des § 15 Abs. 4 UStG vertreten und auf die Nutzung des jeweiligen Gegenstands abgestellt.114 An dieser Rechtsauffassung hält der V. Senat des BFH mit der im Urteilsfall ergangenen Entscheidung nicht mehr fest. Bereits nach dem Wortlaut des § 15 Abs. 4 Satz 1 UStG seien – so der V. Senat des BFH – die Vorsteuerbeträge nicht zwingend gegenstandsoder bereichsbezogen aufzuteilen. Die Vorschrift lasse vielmehr auch einen auf die gesamten Umsätze des Unternehmens bezogenen Aufteilungsschlüssel zu.115 Danach ist neben dem objektbezogenen Umsatzschlüssel und dem gleichfalls objektbezogenen Flächenschlüssel auch

111 Art. 19 der Sechsten Richtlinie, nunmehr Art. 173 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Art. 174 der MwStSystRL. 112 Art. 17 Abs. 5 Unterabs. 3 Buchst. c der Sechsten Richtlinie, nunmehr Art. 173 Abs. 2 Buchst. c der MwStSystRL. 113 UR 2012, 968, DStR 2012, 2333, Leitsatz 1. 114 Vgl. z.B. BFH, Urt. v. 10.12.2009 – V R 13/08, BFH/NV 2010, 960; v. 12.3.1998 – V R 50/97, BFHE 185, 530, BStBl. II 1998, 525. 115 BFH, Urt. in UR 2014, 531, DStR 2014, 1162, Rdnr. 22.

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die Vorsteueraufteilung nach den Gesamtumsätzen des Unternehmens als eine Methode wirtschaftlicher Zurechnung i.S. von § 15 Abs. 4 Satz 1 UStG anzusehen. In der zu der Rechtssache – BLC Baumarkt – ergangenen Nachfolgeentscheidung hatte der V. Senat des BFH mit Urteil vom 22.8.2013 – V R 19/09 noch entschieden, dass § 15 Abs. 4 UStG aufgrund einer teleologischen Reduktion (nur) insoweit als rechtlinienkonform anzusehen ist, als die dort vorgesehene Aufteilung von Vorsteuerbeträgen für nach § 15a UStG berichtigungspflichtige Vorsteuerbeträge gilt.116 Diese Rechtsauffassung, wonach im Ergebnis die Vorsteueraufteilung nach dem Flächenschlüssel (nur) in Betracht kam, wenn – wie z.B. bei der Errichtung eines Gebäudes – die maßgeblichen Vorsteuerbeträge nachfolgend der Vorsteuerkorrektur nach § 15a UStG unterlagen, während in anderen Fällen – wie z.B. bei der Reinigung eines steuerpflichtig und steuerfrei vermieteten Gebäudes – dies nicht der Fall war117, hat der V. Senat des BFH mit der im Urteilsfall ergangenen Entscheidung nunmehr gleichfalls aufgegeben118. Die Vorsteuer bei gemischt genutzten Gebäuden ist nach der Rechtsprechung des V. Senats des BFH nunmehr dahingehend aufzuteilen, dass der objektbezogene Flächenschlüssel als andere wirtschaftliche Zurechnung nach § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG als im Regelfall präzisere mögliche Zurechnung sowohl den gesamtunternehmensbezogenen wie auch den objektbezogenen Umsatzschlüssel ausschließt. Dagegen sind die Vorsteuerbeträge dann nicht nach dem Verhältnis der Flächen aufteilbar, wenn die Ausstattung der Räume, die verschiedenen Zwecken dienen, erhebliche Unterschiede, wie z.B. Raumhöhe, Wand- und Deckendicke, aufweist. Denn in solchen Fällen könne – so der V. Senat des BFH – nicht davon ausgegangen werden, dass sich die Eingangsbezüge gleichmäßig auf die Fläche verteilten, sodass der Flächenschlüssel sich nicht als genauere Aufteilung erweise.119 Ist keine präzisere wirtschaftliche Zurechnung durch den Flächenschlüssel möglich, gilt der Umsatzschlüssel. Betreffen die aufzuteilenden Vorsteuerbeträge das Gebäude selbst und besteht ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang zu den Ausgangsumsätzen durch die Verwendung des gemischt genutzten Gebäudes, wie dies z.B. bei der Ver116 UR 2014, 68, BFHE 243, 8, Leitsatz 1. 117 Es blieb ausdrücklich offen, welche Folgen sich aus der teleologischen Reduktion des § 15 Abs. 4 UStG hinsichtlich der Vorsteueraufteilung für die nicht der Berichtigung nach § 15a UStG unterliegenden Vorsteuerbeträge ergeben; vgl. dazu BFH, Urt. in UR 2014, 68, BFHE 243, 8, Rdnr. 36. 118 BFH, Urt. in UR 2014, 531, DStR 2014, 1162, Rdnr. 29. 119 BFH, Urt. in UR 2014, 531, DStR 2014, 1162, Rdnr. 32.

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mietung der Fall ist, sind diese nach dem insoweit präziseren objektbezogenen Umsatzschlüssel aufzuteilen. Wird das gemischt genutzte Gebäude dagegen für Umsätze des gesamten Unternehmens verwendet, wie dies z.B. bei einem Verwaltungsgebäude der Fall ist, gehören die Aufwendungen zur Herstellung des Gebäudes zu den allgemeinen Aufwendungen des Unternehmers und hängen direkt und unmittelbar mit seiner wirtschaftlichen Gesamttätigkeit zusammen. Die aufzuteilenden Vorsteuerbeträge sind dann nach dem allgemeinen Umsatzschlüssel gesamtumsatzbezogen aufzuteilen.120 Eine Vorabzuordnung von Teilen der Vorsteuer hält der V. Senat des BFH im Übrigen für ausgeschlossen. In die Vorsteueraufteilung nach § 15 Abs. 4 UStG müssten sämtliche der Herstellung des Gebäudes dienenden Aufwendungen einbezogen werden, weil das Gebäude als der herzustellende oder der hergestellte Gegenstand endgültiges Zuordnungsobjekt sei.121

8. Zur Anwendung des objektbezogenen Umsatzschlüssels bei gemischt genutzten Gebäuden: BFH, Urteil vom 3.7.2014 – V R 2/10 Der V. Senat des BFH bestätigte mit der Entscheidung vom 3.7.2014 – V R 2/10122 seine neuere Rechtsprechung zur Vorsteueraufteilung bei gemischt genutzten Gebäuden. Im Urteilsfall ließ die Klägerin, eine GbR, auf einem von ihr erworbenen Grundstück ein gemischt genutztes Gebäude errichten, das im Erdgeschoss durch zwei Ladengeschäfte – steuerpflichtige Vermietung – und im ersten und zweiten Obergeschoss als Wohnung – steuerfreie Vermietung – genutzt werden sollte. Nach dem Vorbringen der Klägerin unterschieden sich die Räume im Erdgeschoss von denen im Obergeschoss durch ihre unterschiedlichen Höhen. Zudem entfielen auf die gewerblich vermieteten Räume im Erdgeschoss höhere Eingangsleistungen für Brandschutz und Stahlbetonbauweise sowie für Verglasung, zusätzliche Fluchtwege, Stellplätze und eine aufwändigere Trockenbauweise. Die abzugsfähigen Vorsteuern berechnete die Klägerin, die mit der Vermietung des betreffenden Objekts nur eine einzige Tätigkeit ausübte, nach dem Umsatzschlüssel. Das Finanzamt ermittelte die erforderliche Aufteilung der auf die Baukosten entfallenden Vorsteuern dagegen nach dem Flächenschlüssel. Das Finanzgericht gab der anschließenden Klage 120 BFH, Urt. in UR 2014, 531, DStR 2014, 1162, Rdnr. 33. 121 BFH, Urt. in UR 2014, 531, DStR 2014, 1162, Rdnr. 32, 36. 122 UR 2014, 741, DStR 2014, 1969.

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statt. Auf die Revision des Finanzamts hin hob der V. Senat des BFH die Vorentscheidung auf und wies die Sache zur anderweitigen Verhandlungen und Entscheidung an das Finanzgericht zurück. Unter Bezugnahme auf sein Urteil vom 7.5.2014 – V R 1/10123 führte der V. Senat des BFH im Urteilsfall aus, dass bei der Errichtung eines gemischt genutzten Gebäudes sich die Vorsteueraufteilung im Regelfall nach dem objektbezogenen Flächenschlüssel richte. Dagegen seien Vorsteuerbeträge dann nach dem (objektbezogenen) Umsatzschlüssel aufzuteilen, wenn – was der V. Senat des BFH im Urteilsfall zwar für naheliegend hielt, wozu jedoch Feststellungen des Finanzgerichts fehlten – die Ausstattung der Räume, die verschiedenen Zwecken dienten, erhebliche Unterschiede aufwiese.124 Handelt es sich – wie im Urteilsfall – um ein „Ein-Objekt-Unternehmen“, unterscheidet sich im Übrigen der objektbezogene Umsatzschlüssel nicht von dem gesamtunternehmensbezogenen Umsatzschlüssel.125

9. Zur Bestimmung der abziehbaren Vorsteuerbeträge aus Eingangsleistungen für ein gemischt genutztes Gebäude sowie zur Berichtigung des Vorsteuerabzugs im Falle eines nachträglich vorgeschriebenen vorrangigen Aufteilungsschlüssels: BFH, Beschluss vom 5.6.2014 – XI R 31/09 Mit Beschluss vom 5.6.2014 – XI R 31/09126 hat der XI. Senat des BFH dem EuGH mehrere Fragen zur Vorsteueraufteilung bei Eingangsleistungen für ein gemischt genutztes Gebäude sowie – § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG betreffend – zur Berichtigung des Vorsteuerabzugs im Falle eines nachträglich vorgeschriebenen vorrangigen Aufteilungsschlüssels vorgelegt. In der Sache ging es um die Höhe des Vorsteuerabzugs im Jahr 2004 aus Baukosten sowie aus laufenden Kosten für ein Wohn- und Geschäftshaus, mit dem die Klägerin, eine GbR, sowohl steuerfreie als auch steuerpflichtige Vermietungsumsätze ausführte. Die Klägerin nahm in den Jahren 1999 bis 2003 den Vorsteuerabzug aus vorsteuerbelasteten Abriss- und Baukosten entsprechend der ursprünglichen Verwendungsabsicht insoweit in Anspruch, als die Kosten auf umsatzsteuerpflichtig zu vermietende Räume entfielen; sie teilte die Vorsteuer mithin nach dem objektbezogenen Umsatzschlüssel auf. Der Aufteilungsmaßstab 123 124 125 126

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Vgl. dazu die vorstehenden Ausführungen unter 7. BFH, Urt. in UR 2014, 741, DStR 2014, 1969, Rdnr. 17 f. BFH, Urt. in UR 2014, 741, DStR 2014, 1969, Rdnr. 21. UR 2014, 651, MwStR 2014, 547.

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und die Höhe der abziehbaren Vorsteuerbeträge der Jahre 2001 und 2002 waren Gegenstand finanzgerichtlicher Verfahren, in denen das Finanzamt nach Hinweis des Finanzgerichts jeweils dem Aufteilungsmaßstab der Klägerin folgte. In ihrer Umsatzsteuererklärung für 2004 machte die Klägerin Vorsteuerbeträge aus Herstellungskosten und aus laufenden Kosten geltend und erklärte – wegen der gegenüber der ursprünglichen Planung abweichenden tatsächlichen Nutzung – einen Vorsteuerberichtigungsbetrag nach § 15a UStG, den sie auf der Grundlage des objektbezogenen Umsatzschlüssels errechnet hatte. Dagegen legte das Finanzamt der Umsatzsteuerfestsetzung für 2004 hinsichtlich sowohl der angefallenen Vorsteuerbeträge als auch der Berechnung des Vorsteuerberichtigungsbetrags nach § 15a UStG den für die Klägerin ungünstigeren Flächenschlüssel zugrunde. Das Finanzgericht gab der anschließenden Klage teilweise statt.127 Gegen das Urteil der Vorinstanz legten sowohl die Klägerin als auch das Finanzamt Revision ein. Mit der ersten Vorlagefrage soll geklärt werden, ob – a) – bei gemischt genutzten Gebäuden die Vorsteuern auf Eingangsleistungen, die die Anschaffung oder Herstellung des Gebäudes betreffen, zunächst den Ausgangsumsätzen zugeordnet werden müssen und lediglich die danach verbleibenden Vorsteuern nach einem weniger präzisen Flächen- oder Umsatzschlüssel aufzuteilen sind. Weiter ist zu klären, ob – b) – dies entsprechend für Vorsteuern aus laufenden Kosten gilt. Nach Auffassung des XI. Senats des BFH ist es fraglich, ob nach Ergehen des EuGH-Urteils – BLC Baumarkt –128 an der auf Rdnr. 21 des EuGHUrteils vom 4.10.1995 – Rs. C 291/92 – Armbrecht –129 gestützten Rechtsprechung des V. und XI. Senats des BFH130 und der ihr folgenden Praxis131 festzuhalten ist, wonach bei Anschaffungs- oder Herstellungskosten für den Vorsteuerabzug unter Berücksichtigung von § 15 Abs. 4 UStG auf die Verwendungsverhältnisse des gesamten Gebäudes abzustellen ist, während für den Vorsteuerabzug aus Eingangsleistungen für die Nutzung, Erhaltung oder Unterhaltung des Gebäudes es dagegen darauf ankommt, wie der Gebäudeteil genutzt wird, für den die betreffenden Aufwendungen entstehen. Er hält es für möglich, dass zur früheren 127 128 129 130

FG Düsseldorf, Urt. v. 11.9.2009 – 1 K 996/07 U, EFG 2010, 178. UR 2012, 968, DStR 2012, 2333. Slg. 1995, I-2775, BStBl. II 1996, 392. Vgl. BFH, Urt. v. 28.9.2006 – V R 43/03, BFHE 215, 335, BStBl. II 2007, 417; v. 22.9.2007 – V R 43/06, BFHE 219, 450, BStBl. II 2008, 770; v. 13.8.2008 – XI R 53/07, BFH/NV 2009, 228; v. 25.3.2009 – V R 9/08, BFHE 225, 230, BStBl. II 2010, 651; v. 10.9.2009 – V R 13/08, BFH/NV 2010, 960; v. 18.3.2010 – V R 44/08, BFH/NV 2010, 1871; v. 7.5.2014 – V R 1/10, UR, 2014, 531, DStR 2014, 1162. 131 Vgl. Abschn. 15.17 Abs. 5 ff. UStAE.

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Praxis zurückzukehren ist. Danach kamen bei gemischt genutzten Grundstücken als aufzuteilende Vorsteuern i.S. des § 15 Abs. 4 UStG nur die Vorsteuerbeträge in Betracht, die auf die gemischt genutzten Gebäudeteile entfielen; ein Gebäude war entsprechend seiner Verwendung in unterschiedliche Teile aufzuteilen132. Die Aufteilung der Vorsteuerbeträge nach § 15 Abs. 4 UStG war demnach auf solche Gebäudeteile zu beschränken, die – wie z.B. Treppenhaus, Heizungskeller, Dach, Außenanlagen, Fernwärmeanschluss – tatsächlich gemischt genutzt werden, während die Fenster sowie sämtliche Ausbaukosten den betreffenden Räumen direkt zuzuordnen waren.133 Nach Ansicht des XI. Senats des BFH ermöglicht diese Methode präzisere Ergebnisse bei der Aufteilung der Vorsteuerbeträge als eine Aufteilung der Verwendung des gesamten Gebäudes zu steuerfreien und steuerpflichtigen Umsätzen.134 Hinsichtlich der Vorsteuerbeträge aus Eingangsleistungen für die Nutzung, Erhaltung oder Unterhaltung eines gemischt genutzten Gebäudes kommt nach Ansicht des XI. Senats des BFH – soweit zur präziseren Bestimmung der abziehbaren Vorsteuerbeträge keine Zuordnung zu den steuerpflichtigen oder steuerfreien Verwendungsumsätzen möglich ist – nach § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG gleichfalls eine Aufteilung nach dem Flächenschlüssel in Betracht. Auch bei diesen Vorsteuerbeträgen führe – so der XI. Senat des BFH – ein Flächenschlüssel regelmäßig gegenüber einem Umsatzschlüssel zu einer präziseren Vorsteueraufteilung, weil die diesen Vorsteuerbeträgen zugrunde liegenden Eingangsleistungen in der Regel einen engeren Bezug zu den jeweiligen Flächen des Gebäudes als zu den mit den jeweiligen Gebäudeflächen ausgeführten Umsätzen aufwiesen.135 Damit strebt der XI. Senat des BFH – was der Vereinfachung dienen würde – die Angleichung der Methoden für die Aufteilung von Vorsteuerbeträgen einerseits aus Herstellungskosten und andererseits aus laufenden Kosten für die Nutzung, Erhaltung oder Unterhaltung eines gemischt genutzten Gebäudes an.136 Die zweite Vorlagefrage betrifft die Zweifel des XI. Senats des BFH, ob die Einführung des § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG zum 1.1.2004 dazu berechtigt, den ursprünglich der Höhe nach zutreffenden Vorsteuerabzug nach § 15a UStG zu berichtigen, soweit das betreffende Gebäude zur Erzielung nach wie vor steuerpflichtiger Umsätze tatsächlich verwendet wird. Insoweit stellt sich die Frage, ob die Anordnung in § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG, eine Vorsteueraufteilung vorrangig nach einer anderen 132 133 134 135 136

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Vgl. BFH, Urt. v. 26.6.1996 – XI R 43/90, BFHE 181, 191, BStBl. II 1997, 98. Vgl. Abschn. 208 Abs. 2 Sätze 12 bis 14 UStR 2008. BFH, Beschl. in UR 2014, 651, MwStR 2014, 547, Rdnr. 57. BFH, Beschl. in UR 2014, 651, MwStR 2014, 547, Rdnr. 59. BFH, Beschl. in UR 2014, 651, MwStR 2014, 547, Rdnr. 60.

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Aufteilungsmethode als der in Art. 19 Abs. 1 der Sechsten Richtlinie vorgesehenen Umsatzmethode vorzunehmen, gemäß Art. 20 dieser Richtlinie zu einer Berichtigung von Vorsteuerabzügen, die nach der Umsatzmethode berechnet worden sind, führen kann. Zwar stellt nach dem Urteil des V. Senats des BFH vom 22.8.2013 – V R 19/09137 die Neuregelung der Vorsteueraufteilung nach § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG eine zur Berichtigung des Vorsteuerabzugs nach § 15a Abs. 1 UStG führende Änderung der rechtlichen Verhältnisse dar, weil sie sich – so der V. Senat des BFH – auf den Umfang des Vorsteuerabzugs auswirke. Dagegen lässt sich aber einwenden, dass die von § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG angeordnete Rechtsänderung keine materiell-rechtlichen Abzugsgrundsätze betrifft, weil durch eine bloße Veränderung des Aufteilungsmaßstabs die Steuerpflicht bzw. Steuerfreiheit der Verwendungsumsätze unverändert bleibt.138 Den Vorlagefall betreffend hat sich an der Steuerpflicht der Vermietungsumsätze durch die Einführung des § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG in rechtlicher Hinsicht nichts geändert. Dazu führte der XI. Senat des BFH aus, dass der ursprünglich angewendete objektbezogene Umsatzschlüssel durch § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG auch für Zeiträume ab 1.1.2004 nicht etwa völlig unzulässig geworden, sondern „nur“ nachrangig anzuwenden sei.139 Für eine mit der Berichtigung einhergehenden Einschränkung des nach Leistungsbezug in Anspruch genommenen Vorsteuerabzugs besteht kein Bedürfnis, soweit der Steuerpflichtige – wie ursprünglich beabsichtigt – den Gegenstand zur Ausführung besteuerter Umsätze tatsächlich verwendet. Für den Fall, dass § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG grundsätzlich geeignet ist, eine Vorsteuerberichtigung nach Art. 20 der Sechsten Richtlinie auszulösen, möchte der XI. Senat des BFH vom EuGH ferner wissen, ob die Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes, die Teil der Rechtsordnung der Europäischen Union sind, in Fällen der vorliegenden Art eine solche Vorsteuerberichtigung ausschließen. Die eine Vorsteuerberichtigung nach Art. 20 der Sechsten Richtlinie möglicherweise rechtfertigende Vorschrift des § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG ist nur insoweit unionsrechtskonform, als hinsichtlich eines bestimmten Umsatzes eine andere Aufteilungsmethode eine präzisere Bestimmung des Pro-rata-Satzes als die Bestimmung anhand der Umsatzmethode gewährleistet. Dies sei – so der XI. Senat des BFH – allerdings nicht von vornherein klar, sondern müsse erst geprüft werden.140

137 138 139 140

UR 2014, 68, BFHE 243, 8, Leitsatz 3. BFH, Beschl. in UR 2014, 651, MwStR 2014, 547, Rdnr. 64, m.w.N. BFH, Beschl. in UR 2014, 651, MwStR 2014, 547, Rdnr. 73. BFH, Beschl. in UR 2014, 651, MwStR 2014, 547, Rdnr. 76 f.

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Zudem schließt der XI. Senat des BFH nicht aus, dass der nationale Gesetzgeber gegen die Grundsätze des Vertrauensschutzes verstoßen hat, indem er, ohne auf ein schutzwürdiges berechtigtes Vertrauen der Steuerpflichtigen Rücksicht zu nehmen, plötzlich und unvorhersehbar die Methode zur Aufteilung von Vorsteuerbeträgen änderte, ohne den Steuerpflichtigen die zur Anpassung an die neue Gesetzeslage nötige Zeit zu lassen. Eine Übergangsregelung habe – wie der XI. Senat des BFH meint – nahe gelegen, weil die Aufteilungsmethode nach dem objektbezogenen Umsatzschlüssel seit dem Urteil des V. Senats des BFH vom 17.8.2001 – V R 1/01141 unter Hinweis auf die Vorgaben des Art. 17 Abs. 5 der Sechsten Richtlinie in ständiger Rechtsprechung als sachgerechte Schätzung i.S. des § 15 Abs. 4 UStG anerkannt worden sei.142

10. Zum Vorsteuerabzug aus Leistungen zur Bewirtschaftung einer Betriebskantine: BFH, Urteil vom 29.1.2014 – XI R 4/12 Der XI. Senats des BFH hatte in seinem Urteil vom 29.1.2014 – XI R 4/12143 zu klären, ob der Unternehmer zum Vorsteuerabzug aus Leistungen zur Bewirtschaftung einer Betriebskantine berechtigt ist. Er sah zwar einen Leistungsbezug für das Unternehmen. Der Vorsteuerabzug scheiterte aber daran, dass kein überwiegendes betriebliches Interesse an der Kantinenbewirtschaftung vorlag. Im Urteilsfall hatte eine GmbH die Bewirtschaftung ihrer Betriebskantine auf einen Dritten, die im finanzgerichtlichen Verfahren Beigeladene, übertragen. Diese betrieb die Kantine im Rahmen eines gemeinsam verabschiedeten Budgets im eigenen Namen und auf eigene Rechnung. Öffnungszeiten und Grundkonzept für die Angebotspalette ergaben sich aus dem Bewirtschaftungsvertrag. Die Beigeladene hatte vertraglich festgelegte Abgabepreise zu beachten. Sie stellte der GmbH monatlich eine „Bewirtschaftungspauschale“ sowie eine „Personalkostenpauschale“ zzgl. Mehrwertsteuer in Rechnung. Im Rahmen einer bei der Klägerin, die umsatzsteuerrechtliche Organträgerin der GmbH war, durchgeführten Außenprüfung vertrat der Prüfer die Auffassung, dass der Klägerin hinsichtlich der an die Beigeladene gezahlten Zuschussbeträge kein Vorsteuerabzug zustehe, weil insoweit kein Leistungsaustausch angenommen werden könne. Das Finanzamt folgte der Auffassung des Prüfers und setzte die Umsatzsteuer für die Streitjahre dementsprechend fest. Die hiergegen eingelegten Einsprüche der Klägerin hatten keinen Erfolg. 141 BFHE 196, 345, BStBl. II 2002, 833. 142 BFH, Beschl. in UR 2014, 651, MwStR 2014, 547, Rdnr. 82, 83 m.w.N. 143 BFHE 244, 131, UR 2014, 398.

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Die Beigeladene stellte nunmehr berichtigte Rechnungen aus, mit denen sie die der GmbH bisher erteilten Rechnungen aufhob und dieser gegenüber nunmehr ohne Umsatzsteuerausweis abrechnete. Das Finanzgericht gab der Klage statt.144 Der XI. Senat des BFH folgte dem nicht. Auf die Revision des Finanzamts hin hob er die Vorentscheidung auf und wies die Klage ab. Der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 UStG setzt unter anderem voraus, dass der Unternehmer Leistungsempfänger ist.145 Auch unionsrechtlich können Unternehmer als Vorsteuer insoweit nur die Mehrwertsteuer abziehen, die für die „von ihnen“ erworbenen Gegenstände und empfangenen Dienstleistungen geschuldet wird.146 Leistungsempfänger ist grundsätzlich derjenige, der aus dem der Leistung zugrunde liegenden Rechtsverhältnis als Auftraggeber berechtigt und verpflichtet ist.147 Nicht maßgeblich ist dagegen unter anderem, wem die empfangene Leistung wirtschaftlich zuzuordnen ist148 oder wer sie bezahlt hat149. Die bloße Übernahme der Kosten einer Leistung an einen Dritten führt nicht zum Recht auf Vorsteuerabzug des Zahlenden.150 Das Abrechnungspapier ist für die Frage, wer Leistungsempfänger ist, nur ein Beweisanzeichen.151 Allerdings kann Empfänger einer Leistung auch derjenige sein, an den der Leistende eine Leistung tatsächlich erbracht hat, ohne dazu rechtlich verpflichtet zu sein.152 Ausgehend von diesen Rechtsgrundsätzen vermochte sich der XI. Senat des BFH der von der Finanzverwaltung in Abschn. 1.8 Abs. 12 Nr. 3 Bei144 FG Nürnberg, Urt. v. 22.11.2011 – 2 K 1408/2008, juris. 145 BFH, Urt. in BFHE 244, 131, UR 2014, 398, Rdnr. 34. 146 Vgl. z.B. EuGH, Urt. v. 29.11.2012 – Rs. C-257/11 – SC Gran Via Moinesti S.R.L. –, UR 2013, 224, HFR 2013, 80, Rdnr. 20, 28, m.w.N. 147 Vgl. z.B. BFH, Beschl. v. 22.2.2008 – XI B 189/07, BFH/NV 2008, 830; BFH, Urt. v. 23.9.2009 – XI R 14/08, BFHE 227, 218, BStBl. II 2010, 243; v. 27.1.2011 – V R 38/09, BFHE 232, 278, BStBl. II 2012, 68, Rdnr. 39; BVerfG, Beschl. v. 3.12.2012 – 1 BvR 1747/11, juris, Rdnr. 7; EuGH, Urt. v. 20.6.2013 – Rs. C-653/11 – Newey –, UR 2013, 628, MwStR 2013, 373, Rdnr. 43. 148 Vgl. BFH, Urt. v. 20.10.1994 – V R 96/92, BFH/NV 1995, 459, unter II.1. 149 Vgl. BFH, Urt. v. 5.10.1995 – V R 113/92, BFHE 178, 493, BStBl. II 1996, 111, unter II.3. 150 Vgl. BFH, Urt. v. 29.1.1987 – V R 112/77, BFH/NV 1987, 472; v. 28.8.2013 – XI R 4/11, BFHE 243, 41, BFH/NV 2013, 2029; ferner EuGH, Urt. v. 21.2.2013 – Rs. C-104/12 – Becker –, UR 2013, 220, MwStR 2013, 129, Rdnr. 32. 151 Vgl. BFH, Beschl. v. 22.2.2008 – XI B 189/07, BFH/NV 2008, 830, m.w.N. 152 Vgl. BFH, Urt. v. 1.6.1989 – V R 72/84, BFHE 157, 255, BStBl. II 1989, 677; v. 13.3.1987 – V R 33/79, BFHE 149, 313, BStBl. II 1987, 524; ferner EuGH, Urt. – Newey – in UR 2013, 628, MwStR 2013, 373, Rdnr. 42 und 44 f., m.w.N.

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spiel 3 UStAE153 vertretenen Rechtsansicht, wonach kein Leistungsaustausch zwischen Arbeitgeber und Betreiber (Caterer) einer in den Räumen des Arbeitgebers belegenen Kantine besteht, wenn diese vereinbaren, dass der Caterer die Preise für die Verpflegung mit dem Arbeitgeber abzustimmen hat und dieser dem Caterer einen jährlichen (pauschalen) Zuschuss (Arbeitgeberzuschuss) zahlt, nicht anzuschließen. Kann der Arbeitgeber durch die entgeltliche Leistung des Kantinenbetreibers seinen Beschäftigten eine Kantine bieten, die zu günstigen Preisen und Konditionen ein breites Angebot an Speisen und Getränken anbietet, wendet der Caterer dem Arbeitgeber insoweit unmittelbar einen wirtschaftlichen Vorteil zu, weil ein breites und zu günstigen Preisen erhältliches Kantinenangebot einen Wettbewerbsvorteil bei der Suche nach qualifizierten Beschäftigten auf dem Arbeitsmarkt darstellt. Die Beurteilung, dass der Unternehmer in einem solchen Fall Leistungsempfänger der „Bewirtschaftungsleistung“ ist, steht im Übrigen im Einklang mit der Rechtsprechung des V. Senats des BFH, wonach von einem Leistungsaustausch auszugehen ist, wenn die öffentliche Hand die Betriebsführung von Schwimmbädern an einen Privaten überträgt und diesem aufgrund eines gegenseitigen Vertrags Betriebskostenzuschüsse für die in ihrem Interesse stehende Aufrechterhaltung des öffentlichen Badebetriebs zahlt.154 Der Unternehmer ist zum Vorsteuerabzug aber nur dann berechtigt, wenn er Eingangsleistungen für Zwecke seines Unternehmens und damit für seine wirtschaftliche Tätigkeit bezieht. Beabsichtigt der Unternehmer bereits bei Empfang der Leistung, diese ausschließlich und unmittelbar für eine unentgeltliche Wertabgabe zu verwenden, kann er – wie der V. Senats des BFH unter Änderung seiner früheren Rechtsprechung mit Urteil vom 9.12.2010 – V R 17/10155 entschieden hat, – den Vorsteuerabzug auch dann nicht in Anspruch nehmen, wenn er hiermit mittelbar Ziele verfolgt, die ihn zum Vorsteuerabzug berechtigen. Dem hat sich der XI. Senat des BFH nunmehr ausdrücklich angeschlossen.156 Ein tauschähnlicher Umsatz i.S. des § 3 Abs. 12 Satz 2 UStG, bei dem die Arbeitsleistung des Dienstverpflichteten durch Lohnzahlung und zusätzlich durch eine Sachzuwendung vergütet wird157, kam vorliegend im Übrigen nicht in Betracht. Bei einseitigen Sachzuwendungen, die ohne Bezug zum Umfang der durch den betreffenden Arbeitnehmer zu erbrin153 154 155 156 157

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Vormals Abschn. 12 Abs. 12 Nr. 3 Beispiel 3 UStR. Urt. v. 19.11.2009 – V R 29/08, BFH/NV 2010, 701. BFHE 232, 243, BStBl. II 2012, 53. BFH, Urt. in BFHE 244, 131, UR 2014, 392, Rdnr. 53. Vgl. BFH, Urt. v. 31.7.2008 – V R 74/05, BFH/NV 2009, 226; ferner EuGH, Urt. v. 29.7.2010 – Rs. C-40/09 – Astra Zeneca UK –, Slg. 2010, I-7505, UR 2010, 734.

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genden Arbeitsleistung und unabhängig von dem hierfür bezogenen Lohn erfolgen, ist die Sachzuwendung kein Entgelt für die Arbeitsleistung.158 Einer sonstigen Leistung gegen Entgelt werden nach § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG „die unentgeltliche Erbringung einer anderen sonstigen Leistung durch den Unternehmer für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, oder für den privaten Bedarf seines Personals, sofern keine Aufmerksamkeiten vorliegen“, gleichgestellt. Eine unentgeltliche Wertabgabe in diesem Sinne liegt vor, wenn die Leistung des Unternehmers dem privaten Bedarf der Arbeitnehmer dient und nicht durch besondere Umstände der wirtschaftlichen Tätigkeit des Unternehmens bedingt ist.159 Der XI. Senat des BFH entschied bezogen auf den Urteilsfall, dass die an die GmbH erbrachte „Bewirtschaftungsleistung“, die es ihren Arbeitnehmern ermöglichte, in ihrer Betriebskantine zu festgesetzten verbilligten Abgabepreisen günstig essen zu können, deren privatem Bedarf diente. Denn es sei – so der XI. Senat des BFH – Sache des Arbeitnehmers, für seine Mahlzeiten zu sorgen, sodass Dienstleistungen, die in der unentgeltlichen oder verbilligten Abgabe von Mahlzeiten an Arbeitnehmer bestünden, unter normalen Umständen dem privaten Bedarf der Arbeitnehmer dienten. Nur in Fällen, in denen die Erfordernisse des Unternehmens im Hinblick auf bestimmte besondere Umstände – wie z.B. die Bereitstellung von Speisen und Getränken für Arbeitnehmer im speziellen Rahmen von unternehmensinternen Sitzungen160 oder die Arbeitnehmerbeförderung bei bestehender Schwierigkeit auf andere geeignete Verkehrsmittel zurückzugreifen161 – es geböten, dass der Arbeitgeber die betreffende, dem privaten Bedarf der Arbeitnehmer dienende Leistung übernehme, erfolge deren Gewährung nicht zur Befriedigung des privaten Bedarfs, sondern zu Zwecken, die nicht unternehmensfremd seien.162 Solche besonderen Umstände sah der XI. Senat des BFH im Urteilsfall nicht.

158 Vgl. BFH, Urt. in BFHE 232, 243, BStBl. II 2012, 53, Rdnr. 34; ferner EuGH, Urt. v. 16.10.1997 – Rs. C-258/95 – Fillibeck –, Slg. 1997, I-5577, UR 1998, 61; v. 18.7.2013 – Rs. C-210/11 u.a. – Medicom –, HFR 2013, 853, MwStR 2013, 544. 159 Vgl. BFH, Urt. in BFHE 232, 243, BStBl. II 2012, 53, Rdnr. 27. 160 Vgl. EuGH, Urt. – Danfoss und AstraZeneca – in Slg. 2008, I-9549, UR 2009, 60, Rdnr. 59. 161 Vgl. EuGH, Urt. v. 18.7.2013 – Rs. C-124/12 – AES-3C Maritza East 1 –, HFR 2013, 958, MwStR 2013, 475, Rdnr. 29, m.w.N. 162 Vgl. EuGH, Urt. – Fillibeck – in Slg. 1997, I-5577, UR 1998, 61, Rdnr. 30; – Danfoss und AstraZeneca – in Slg. 2008, I-9549, UR 2009, 60, Rdnr. 58 f.; – AES-3C Maritza East 1 – in HFR 2013, 958, MwStR 2013, 475, Rdnr. 29; ferner BFH, Urt. in BFHE 232, 243, BStBl. II 2012, 53, Rdnr. 30, m.w.N.

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Zudem handelt es sich bei der Möglichkeit, in einer Betriebskantine verbilligt Speisen und Getränke zu erwerben, die neben den Leistungsaustausch zwischen dem Bewirtschafter der Kantine und dem Arbeitnehmer beim Erwerb von verbilligten Speisen und Getränken tritt, nicht um „Aufmerksamkeiten“ i.S. des § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG. Die zugewendete Bewirtschaftungsleistung entspreche – so der XI. Senat des BFH – nach Art und Umfang nicht dem, was im gesellschaftlichen Verkehr üblicherweise ausgetauscht werde.163 Es konnte im Urteilsfall mangels Vorsteuerabzugsberechtigung ferner offenbleiben, ob im Lichte der Rechtsprechung des EuGH, Urteile vom 15.7.2010 – Rs. C-368/09 – Pannon Gep Centrum –164 und vom 8.5.2013 – Rs. C–271/12 – Petroma Transports SA –165 die vor der Umsatzsteuerfestsetzung erfolgte Rechnungsberichtigung mit Abrechnung ohne Umsatzsteuerausweis Rückwirkung entfaltet hat, was schon insoweit einen Vorsteuerabzug ausgeschlossen hätte. Gleichwohl hielt es der XI. Senat des BFH für fraglich, ob die vom Finanzgericht dazu vertretene Rechtsansicht, wonach die Berechtigung zum Vorsteuerabzug durch die spätere Rechnungsberichtigung nicht rückwirkend entfallen sei, zutreffend ist.166

11. Keine Vorsteuerkorrektur beim letzten inländischen Unternehmer einer Lieferkette bei Rabattgewährung durch ausländischen Hersteller: BFH, Urteil vom 5.6.2014 – XI R 25/12 Das Urteil des XI. Senats des BFH vom 5.6.2014 – XI R 25/12167 betrifft die Vorsteuerkorrektur beim letzten inländischen Unternehmer einer Lieferkette bei Rabattgewährung durch einen in einem anderen Mitgliedstaat der EU ansässigen und dort steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen ausführenden Unternehmer. Im Urteilsfall bezog die C, die Computer herstellte und vertrieb und deren Organträgerin die Klägerin war, für ihre Produktion u.a. Prozessoren des Herstellers X von dem in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Unternehmen B, dem autorisierten Distributor der in Großbritannien ansässigen A. Die C entrichtete an B den vereinbarten Kaufpreis und machte die in den entsprechenden Eingangsrechnungen gesondert 163 164 165 166 167

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BFH, Urt. in BFHE 244, 131, UR 2014, 398, Rdnr. 63 f. Slg. 2010, I–7467, UR 2010, 693. MwStR 2013, 272, UR 2013, 591. BFH, Urt. in BFHE 244, 131, UR 2014, 398, Rdnr. 65 f. UR 2014, 743, DB 2014, 2265.

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ausgewiesene Umsatzsteuer als Vorsteuer geltend. A hatte die Prozessoren steuerfrei innergemeinschaftlich an B geliefert, die diese innergemeinschaftlich erworben hatte. Die A gewährte der C – abhängig von der Anzahl der von ihr in einem bestimmten Zeitraum in Computer eingebauten Prozessoren des Herstellers X – Vergütungsbeträge. Nach einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung vertrat das Finanzamt die Auffassung, die Zahlungen der A an die C seien als Minderungen des Entgelts zu betrachten, die gemäß § 17 Abs. 1 Satz 4 UStG zu einer Berichtigung der Vorsteuerabzugsbeträge bei der Klägerin als Organträgerin der C führten. Dementsprechend änderte das Finanzamt die Festsetzung der Umsatzsteuer für den Umsatzsteuer-Voranmeldungszeitraum Dezember 2009 und setzte die Umsatzsteuer für das Streitjahr 2008 unter Kürzung der abziehbaren Vorsteuerbeträge neu fest. Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage hatte Erfolg.168 Während des Revisionsverfahrens hat das Finanzamt den Umsatzsteuer-Jahresbescheid für 2009 erlassen und auch darin die Umsatzsteuer entsprechend den Ergebnissen der Umsatzsteuer-Sonderprüfung festgesetzt. Die Vorentscheidung wurde durch den XI. Senat des BFH zwar aus verfahrensrechtlichen Gründen aufgehoben. In der Sache folgte der XI. Senat des BFH jedoch der Rechtsauffassung des FG, wonach keine Rechtsgrundlage zur Berichtigung des in Anspruch genommenen Vorsteuerabzugs vorhanden sei. Der Vorsteuerabzug des letzten inländischen Unternehmers einer Lieferkette ist nach der Entscheidung des XI. Senats des BFH nicht nach § 17 Abs. 1 Satz 4 i.V.m. Satz 5 UStG zu berichtigen, wenn dieser Rückvergütungen von einem in einem anderen Mitgliedstaat der EU ansässigen und dort steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen ausführenden Hersteller erhält. Zwar ist der letzte inländische Unternehmer durch die gewährten Rabatte i.S. des § 17 Abs. 1 Satz 4 UStG wirtschaftlich begünstigt. Es fehlt jedoch an einer Änderung der Bemessungsgrundlage für einen im Inland steuerbaren und steuerpflichtigen Umsatz, weil der in einem anderen Mitgliedstaat der EU ansässige Unternehmer, der den Rabatt gewährt, dort eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung ausführt. Die Änderung der Bemessungsgrundlage für einen steuerbaren und steuerpflichtigen Umsatz ist Voraussetzung für die Vorsteuerberichtigung nach § 17 Abs. 1 Satz 4 UStG. Der XI. Senat des BFH führte dazu aus, dass § 17 Abs. 1 Satz 4 UStG nach Wortlaut und Gesetzessystematik nicht nur voraussetzungslos an die in § 17 Abs. 1 Satz 3 UStG geregelten Fälle anknüpfe, in denen ein anderer Unternehmer durch die Änderung der Bemessungsgrundlage wirtschaftlich begünstigt werde, sondern auch an die in § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG enthaltene Bedingung, dass „sich 168 Niedersächsisches FG, Urt. v. 29.9.2011 – 16 K 255/10, juris.

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die Bemessungsgrundlage für einen steuerpflichtigen Umsatz i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 [UStG] geändert“ habe. Denn § 17 Abs. 1 Satz 4 UStG regele nicht die Voraussetzungen der Vorsteuerberichtigung, sondern lediglich in personeller Hinsicht, welcher Unternehmer seinen Vorsteuerabzug zu berichtigen habe. Abweichend von § 17 Abs. 1 Satz 2 UStG, wonach der Vorsteuerabzug bei dem Unternehmer zu berichtigen sei, „an den dieser Umsatz ausgeführt wurde“, ordne § 17 Abs. 1 Satz 4 UStG die Berichtigung des Vorsteuerabzugs bei dem anderen Unternehmer an, der durch die Änderung der Bemessungsgrundlage „wirtschaftlich begünstigt“ werde.169 Dient § 17 Abs. 1 Satz 4 UStG mithin dazu, beim wirtschaftlich begünstigten Unternehmer durch eine Vorsteuerkorrektur den nach § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG geminderten Steuerbetrag auszugleichen, kommt diese Korrekturvorschrift nicht zur Anwendung, soweit es an einer Minderung des Steuerbetrags i.S. des § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG fehlt. Anderenfalls käme es – was dem Sinn und Zweck des § 17 Abs. 1 UStG, die Neutralität der Umsatzsteuer zu gewährleisten, widerspräche – zu einem Umsatzsteuerüberhang.170 Auch soweit § 17 Abs. 1 Satz 5 UStG bestimmt, dass die in § 17 Abs. 1 Sätze 1 bis 4 UStG zur Vorsteuerberichtigung getroffenen Regelungen für den Fall des innergemeinschaftlichen Erwerbs i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 5 UStG sinngemäß gelten, ist die Änderung der Bemessungsgrundlage für einen steuerbaren und steuerpflichtigen Umsatz Voraussetzung für eine Vorsteuerberichtigung. Denn § 17 Abs. 1 Satz 5 UStG beziehe – so die Begründung des XI. Senats des BFH – lediglich die Umsätze des § 1 Abs. 1 Nr. 5 UStG und die Fälle des § 13b UStG in die in § 17 Abs. 1 Sätze 1 bis 4 UStG für die Umsätze i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG getroffenen Regelungen ein, verzichte aber nicht auf die in § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG aufgestellte Voraussetzung der Änderung der Bemessungsgrundlage für einen steuerpflichtigen Umsatz.171 Der in der Literatur vertretenen Ansicht172, wonach der zum Vorsteuerabzug berechtigte letzte Unternehmer einer Lieferkette auch bei vorausgegangener innergemeinschaftlicher Lieferung des einen Rabatt gewährenden Herstellers nach § 17 Abs. 1 Satz 4 UStG seinen Vorsteuerabzug berichtigen müsse und jener im Bestimmungsland in analoger Anwendung des Art. 185 Abs. 1 der MwStSystRL, § 17 Abs. 1 UStG einen Rückforderungsanspruch in Höhe der Umsatzsteuer habe, vermochte der XI. Senat des BFH im Übrigen nicht zu folgen. Sie widerspreche – so

169 170 171 172

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BFH, Urt. in UR 2014, 743, DB 2014, 2265, Rdnr. 40 f. Vgl. BFH, Urt. in UR 2014, 743, DB 2014, 2265, Rdnr. 44. BFH, Urt. in UR 2014, 743, DB 2014, 2265, Rdnr. 48. Vgl. dazu Stadie in Rau/Dürrwächter, Umsatzsteuergesetz, § 17 Rdnr. 215.

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die Begründung – sowohl der in § 17 Abs. 1 UStG geregelten Gesetzeslage als auch dem Unionsrecht.173 Dagegen ist die Vorsteuer beim letzten inländischen Unternehmer einer Lieferkette bei Rabattgewährung durch einen gleichfalls im Inland ansässigen Unternehmer, der steuerbare und steuerpflichtige Lieferungen ausführt, nach § 17 Abs. 1 Satz 4 UStG zu berichtigen. In diesem Fall ist der letzte Unternehmer durch die Rabattgewährung, die beim ersten die betreffende Vergünstigung gewährenden Unternehmer zu einer Änderung der Bemessungsgrundlage für den von ihm geschuldeten Steuerbetrag i.S. des § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG führt, wirtschaftlich begünstigt. Steuer und Vorsteuer können nach § 17 Abs. 1 Sätze 3 und 4 UStG i.d.F. des Gesetzes zur Umsetzung von EU-Richtlinien in nationales Steuerrecht und zur Änderung weiterer Vorschriften (Richtlinien-Umsetzungsgesetz) vom 9. Dezember 2004174 auf unterschiedlichen Stufen berichtigt werden.175

12. Keine Entgeltminderung bei Zentralregulierung: BFH, Urteil vom 3.7.2014 – V R 3/12 Auch die zur Frage der Entgeltminderung bei Zentralregulierung ergangene Entscheidung des V. Senats des BFH vom 3.7.2014 – V R 3/12176 betrifft § 17 Abs. 1 UStG. Die Klägerin im Urteilsfall war Unternehmerin und als sog. Zentralreguliererin für Anschlusskunden, die Waren von Lieferanten erwarben, tätig. Sie erhielt von den Lieferanten für die von ihr erbrachten Leistungen eine Provision. Einen Teil der erhaltenen Provisionen gab die Klägerin an die Anschlusskunden weiter. Die Anschlusskunden leisteten keine Zahlungen an die Klägerin. Der Aufwand der Klägerin wurde vielmehr durch die Provisionszahlungen der Lieferanten abgegolten. Die Klägerin war der Ansicht, dass sie aus der Provisionsweitergabe an die Anschlusskunden zu einer Entgeltminderung berechtigt sei. Sie beantragte, die Umsatzsteuer-Voranmeldung für März 2010 entsprechend ihrer Rechtsauffassung zu ändern. Dies lehnte das Finanzamt ab. Das Finanzgericht gab der an173 BFH, Urt. in UR 2014, 743, DB 2014, 2265, Rdnr. 55. 174 BGBl. I 2004, 3310. 175 Diese Rechtsänderung war nicht nur klarstellend, sondern rechtsbegründend. Zu § 17 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 UStG in der bis zum 15.12.2004 geltenden Fassung vgl. auch BFH, Urt. v. 15.2.2012 – XI R 24/09, BFHE 236, 267, HFR 2012, 648; ferner BFH, Urt. v. 3.7.2014 – V R 3/12, UR 2014, 779, DB 2014, 1771, Rdnr. 26; noch a.A. BFH, Urt. v. 13.3.2008 – V R 70/06, BFHE 221, 429, BStBl. II 2008, 997. 176 UR 2014, 779, DB 2014, 1771.

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schließenden Sprungklage statt.177 Der V. Senat des BFH, der durch Beschluss vom 21.2.2013 gemäß § 155 FGO i.V.m. § 251 Satz 1 ZPO das Ruhen des Verfahrens bis zu einer Entscheidung durch den EuGH in der Rechtssache C-300/12 – Ibero Tours –178 angeordnet hatte, hob auf die Revision des Finanzamts hin die Vorentscheidung auf und wies die Klage ab. Ändert sich die Bemessungsgrundlage für einen steuerpflichtigen Umsatz, hat der Unternehmer, der den Umsatz ausgeführt hat, gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG den dafür geschuldeten Steuerbetrag zu berichtigen. Bei der Bemessungsgrundlage, deren Änderung nach § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG zur Berichtigung führt, handelt es sich um das Entgelt i.S. von § 10 Abs. 1 UStG.179 Entgelt ist alles, was – so § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG – der Leistungsempfänger aufwendet, um die Leistung zu erhalten, jedoch abzüglich der Umsatzsteuer. Der V. Senat des BFH hatte mit Urteil vom 13.3.2008 – XI R 70/06180 noch entschieden, dass Preisnachlässe, die eine Einkaufsgenossenschaft als Zentralreguliererin ihren Mitgliedern für den Warenbezug gewährt, die Bemessungsgrundlage des Umsatzes der von der Einkaufsgenossenschaft gegenüber den Warenlieferanten erbrachten Leistungen mindern. Er hat dies damit begründet, dass es zu einer Entgeltminderung auch dann komme, wenn der erste Unternehmer in der Kette nicht dem Endverbraucher, sondern einem Zwischenhändler den Preisnachlass gewähre. Dagegen hat der EuGH mit Urteil in der Rechtssache – Ibero Tours –181 entschieden, dass sich aus seinem Urteil vom 24.10.1996 – Rs. C-317/94 – Elida Gibbs –182 keine Entgeltminderung für den Fall ergibt, dass „ein Reisebüro als Vermittler dem Endverbraucher aus eigenem Antrieb und auf eigene Kosten einen Nachlass auf den Preis der vermittelten Leistung gewährt, die von dem Reiseveranstalter erbracht wird“. Der Preisnachlass wirkt sich mithin nicht auf das Entgelt der vom Vermittler an den Reiseveranstalter erbrachten Dienstleistungen aus, da der Vermittler keinen Nachlass für die im Rahmen der Vermittlungstätigkeit an den Reiseveranstalter erbrachten Dienstleistungen gewährt.183 177 FG Hamburg, Urt. v. 12.12.2011 – 6 K 129/10, EFG 2012, 766. 178 EuGH, Urt. v. 16.1.2014 – Rs. C-300/12 – Ibero Tours –, UR 2014, 234, MwStR 2014, 129. 179 Vgl. BFH, Urt. v. 28.5.2009 – V R 2/08, BFHE 226, 166, BStBl. II 2009, 870; v. 17.12.2009 – V R 1/09, BFH/NV 2010, 1869; v.m 11.2.2010 – V R 2/09, BFHE 228, 467, BStBl. II 2010, 765. 180 BFHE 221, 429, BStBl. II 2008, 997. 181 UR 2014, 234, MwStR 2014, 129. 182 Slg. 1996, I-5339. 183 EuGH, Urt. – Ibero Tours – in UR 2014, 234, MwStR 2014, 129, Rdnr. 27.

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Danach hält der V. Senat des BFH – wie er bereits mit Urteil vom 27.2.2014 – V R 18/11184 entschieden hat – an seiner früheren Rechtsprechung, nach der ein Vermittler das Entgelt für seine Vermittlungsleistung mindern kann, wenn er dem Kunden der von ihm vermittelten Leistung einen Preisnachlass gewährt185, nicht mehr fest. Gleiches gilt im Hinblick auf die noch im Urteil vom 13.3.2008 – XI R 70/06186 zu Preisnachlässen, die ein Zentralregulierer seinen Anschlusskunden für den Bezug von Waren von bestimmten Lieferanten gewährt, ergangene Rechtsprechung. Nunmehr ist der V. Senat des BFH der Ansicht, dass das Zusatzskonto, das der Zentralregulierer den Abnehmern der Lieferungen gewähre, nicht das Entgelt für die Leistung mindere, die der Zentralregulierer gegenüber dem Lieferer erbringe, da der Zentralregulierer keinen Nachlass für diese Leistung gewähre. Bezogen auf den Urteilsfall, in dem die Klägerin als Zentralreguliererin nicht Teil einer zwischen dem Lieferanten und dem Anschlusskunden bestehenden Kette von Umsätzen war, sondern der Lieferant den Anschlusskunden unmittelbar belieferte und die Klägerin demgegenüber eigenständige sonstige Leistungen erbrachte, war die Klägerin demnach nicht zur Minderung der Bemessungsgrundlage nach § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG berechtigt. Die versagte Minderung der Bemessungsgrundlage nach § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG führt zudem nicht zu einer Beeinträchtigung des Neutralitätsgrundsatzes. Denn – so führte der V. Senat des BFH weiter aus – minderten Preisnachlässe, die ein Zentralregulierer seinen Anschlusskunden für den Bezug von Waren von bestimmten Lieferanten gewähre, nicht die Bemessungsgrundlage für die Leistungen, die der Zentralregulierer gegenüber den Lieferanten erbringe, könnten diese auch nicht zu einer Berichtigung des Vorsteuerabzugs beim Anschlusskunden führen. Beides sei zwingend miteinander verbunden, um eine Beeinträchtigung des Neutralitätsgrundsatzes zu vermeiden.187

184 BFH/NV 2014, 1166. 185 Vgl. BFH, Urt. v. 12.1.2006 – V R 3/04, BFHE 213, 69, BStBl. II 2006, 479; v. 13.7.2006 – V R 46/05, BFHE 214, 463, BStBl. II 2007, 186. 186 BFHE 221, 429, BStBl. II 2008, 997. 187 BFH, Urt. in UR 2014, 779, DB 2014, 1771, Rdnr. 26.

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Vorsteueraufteilung im Lichte der neuen BFH-Rechtsprechung Professor Dr. Thomas Küffner Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, München Andreas Fietz Dipl.-Wirtschaftsjurist (Univ.), München1 Inhaltsübersicht 1. Allgemeines 2. Gesetzliche Grundlagen – Vorrang der unmittelbaren Zuordnung 3. Vorgaben der Rechtsprechung zur Vorsteueraufteilung bei gemischter Verwendung von Eingangsleistungen für Abzugs- und Ausschlussumsätze 3.1 Das EuGH-Urteil in der Rechtssache BLC Baumarkt 3.2 BFH-Urteil vom 22.8.2013 (V R 19/09) – Wirtschaftliche Zurechnung nur bei Berichtigungsobjekten i.S.d. § 15a UStG 3.3 BFH-Urteil vom 7.5.2014 (V R 1/10) – Objektbezogener Flächenschlüssel und objektbezogener Umsatzschlüssel

3.4 EuGH-Vorlage vom 5.6.2014 (XI R 31/09) – Vorrang der unmittelbaren Zuordnung bei Grundstücken 4. Besonderheiten bei der Vorsteueraufteilung zwischen wirtschaftlicher und nichtwirtschaftlicher Tätigkeit 4.1 Mögliche Vorsteuerschlüssel 4.2 BFH-Urteil vom 24.9.2014 (V R 54/13) – Berücksichtigung von Zuschüssen bei der Vorsteuerquote 5. Fazit

1. Allgemeines Der BFH hat sich in der jüngeren Vergangenheit in einer Reihe von Entscheidungen mit der Frage der Vorsteueraufteilung bei gemischter Verwendung von Eingangsleistungen beschäftigt.2 Im Kern ging es in allen Entscheidungen um die Frage, nach welchem Schlüssel der Unternehmer den Vorsteuerabzug aus den gemischt genutzten Eingangsleistungen gel1 Beide Autoren sind in der auf Umsatzsteuerrecht spezialisierten Kanzlei KÜFFNER MAUNZ LANGER ZUGMAIER in München tätig. 2 BFH, Urt. v. 22.8.2013 – V R 19/09, BFHE 243, 8; Urt. v. 7.5.2014 – V R 1/10, BFHE 245, 416; Urt. v. 5.6.2014 – XI R 31/09, BFHE 245, 447.

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tend machen kann. Der folgende Beitrag beschäftigt sich mit eben dieser Fragestellung. Ausgangspunkt der Überlegungen sind die gesetzlichen Vorgaben in Art. 173 MwStSystRL sowie die hierauf beruhende nationale Vorschrift des § 15 Abs. 4 UStG (s. unten 2.). In der Folge ist zu differenzieren zwischen einer gemischt steuerpflichtigen und steuerfreien Verwendung auf der einen und einer gemischt steuerpflichtigen und nichtsteuerbaren Verwendung auf der anderen Seite. Diese Unterscheidung ist notwendig, da nur für die erste Gruppe § 15 Abs. 4 UStG unmittelbar anwendbar ist.3 Zunächst ist deshalb auf die von der Rechtsprechung unmittelbar für diese Gruppe entwickelten Lösungsansätze einzugehen (s. unten 3.). Anhand eines Beispielsfalls werden die unterschiedlichen Vorsteuerschlüssel dargestellt und diskutiert. Abschließend geht der Beitrag noch auf Besonderheiten bei der gemischten Verwendung für steuerpflichtige und nichtsteuerbare Umsätze ein (s. unten 4.).

2. Gesetzliche Grundlagen – Vorrang der unmittelbaren Zuordnung Eine Vorsteueraufteilung ist nach § 15 Abs. 4 Satz 1 UStG und Art. 173 Abs. 1 Satz 1 MwStSystRL nur vorzunehmen, wenn der Unternehmer Eingangsleistungen „sowohl“4 für Ausschluss- als auch für Abzugsumsätze verwendet. Für eine Vorsteueraufteilung ist folglich kein Raum, wenn ein Unternehmer die Leistung ausschließlich für Abzugs- oder für Ausschlussumsätze verwendet.5 In diesen Fällen ist der Vorsteuerabzug entweder in vollem Umfang zu gewähren (Abzugsumsätze)6, oder in vollem Umfang ausgeschlossen (Ausschlussumsätze)7. Der Unternehmer hat deshalb seine Eingangsleistungen vorrangig unmittelbar den Abzugsoder den Ausschlussumsätzen zuzuordnen, mit denen sie in unmittelbarem und direktem Zusammenhang stehen. Der Unternehmer muss diese Zuordnung anhand geeigneter Aufzeichnungen nachweisen.8 Kommt der Unternehmer seiner Aufzeichnungspflicht nicht nach, kann das Fi3 BFH, Urt. v. 3.3.2011 – V R 23/10, BStBl. II 2012, 74 – Rz. 31; s. unten Ziffer 4. 4 Art. 173 Abs. 1 Satz 1 MwStSystRL. 5 EuGH, Urt. v. 6.9.2012 – Rs. C-496/11 – Portugal Telecom, UR 2012, 762, Rn. 40 f.; BFH, Urt. v. 6.5.2010 – V R 29/09, BStBl. II 2010, 885, Rn. 20 f.; Urt. v. 27.1.2011 – V R 38/09, BStBl. II 2012, 68, Rn. 30 bis 33; Abschn. 15.17 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 UStAE. 6 BFH, Urt. v. 9.2.2012 – V R 40/10, BStBl. II 2012, 844, Rn. 22; Abschn. 15.17. Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UStAE. 7 BFH, Urt. v. 9.2.2012 – V R 40/10, BStBl. II 2012, 844, Rn. 23; Abschn. 15.17 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 UStAE. 8 Abschn. 15.17 Abs. 2 Sätze 2 bis 5 UStAE.

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nanzamt die abziehbaren Vorsteuerbeträge im Schätzwege nach § 162 AO ermitteln.9 Aufgrund des Vorrangs der unmittelbaren Zuordnung ist eine Vorsteueraufteilung regelmäßig nur für einheitliche Gegenstände wie Gebäude und Pkws sowie für die Leistungen vorzunehmen, die mangels unmittelbarem und direktem Zusammenhang mit bestimmten Ausgangsumsätzen zu den allgemeinen Aufwendungen des Unternehmers gehören.10 Das Gemeinschaftsrecht sieht in Art. 173 Abs. 1 Satz 2 MwStSystRL vor, dass bei einer gemischten Verwendung von Eingangsleistungen der Vorsteuerabzug nach Maßgabe der „Gesamtheit der vom Steuerpflichtigen bewirkten Umsätze“ zu bestimmen ist (Gesamtumsatzschlüssel). Abweichend hiervon kann der Mitgliedsstaat gem. Art. 173 Abs. 2 Buchst. c MwStSystRL den Vorsteuerabzug auch „je nach Zuordnung der Gesamtheit oder eines Teils der Gegenstände oder Dienstleistungen“ (: = wirtschaftlichen Zurechnung) vornehmen. Weitere Alternativen sind der tätigkeitsbezogene Umsatzschlüssel gem. Art. 173 Abs. 2 Nr. Buchst. a und b MwStSystRL sowie die Anwendung des Umsatzschlüssels nur für gemischte Leistungen gem. Art. 173 Abs. 2 Buchst. d MwStSystRL. Demgegenüber hat die Vorsteueraufteilung nach § 15 Abs. 4 Satz 1 UStG vorrangig im Wege der wirtschaftlichen Zurechnung zu erfolgen. Die nicht abziehbaren Teilbeträge sind dabei gem. § 15 Abs. 4 Satz 2 UStG im Wege der sachgerechten Schätzung zu ermitteln. Eine Aufteilung im Verhältnis der Abzugs- zu den Ausschlussumsätzen (Gesamtumsatzschlüssel) ist hingegen nach § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG nur zulässig, wenn keine andere wirtschaftliche Zurechnung möglich ist. Der Umsatzsteuerschlüssel ist somit nach dem Gesetzeswortlaut des § 15 Abs. 4 UStG subsidiär.11

3. Vorgaben der Rechtsprechung zur Vorsteueraufteilung bei gemischter Verwendung von Eingangsleistungen für Abzugsund Ausschlussumsätze Als Ausganspunkt der Überlegungen dient die Rechtssache BLC Baumarkt12 (s. unten 3.1), auf dem auch die weitere Rechtsprechung des 9 BFH, Urt. v. 24.9.2014 – V R 54/13, DStR 2015, 425, Rn. 33; Abschn. 15.17 Abs. 2 Satz 4 UStAE. 10 EuGH, Urt. v. 6.9.2012 – Rs. C-496/11 – Portugal Telecom, UR 2012, 762, Rn. 37; BFH, Urt. v. 27.1.2011 – V R 38/09, BStBl. II 2012, 68, Rn. 33; BMF, Schr. v. 10.4.2014 – IV D 2-S 7306/13/10001, BStBl. I 2014, 802, I. 11 Abschn. 15.17 Abs. 3 UStAE. 12 EuGH, Urt v. 8.11.2012 – Rs. C-511/10 – BLC Baumarkt, UR 2012, 968 (auf Vorlage des BFH, Urt v. 22.8.2013 – V R 19/09, BFHE 243, 8).

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BFH (s. unten 3.2) aufbaut. Dem Urteil lag folgender (vereinfachter) Sachverhalt zu Grunde: Die Klägerin errichtete in den Jahren 2003 und 2004 ein Wohn- und Geschäftshaus, das sie nach Fertigstellung teils steuerpflichtig, teils steuerfrei vermietete. Von den im Streitjahr angefallenen und den Gebäudeteilen nicht direkt zugerechneten Vorsteuern machte die Klägerin rund 67 % geltend. Diesen Prozentsatz ermittelte sie auf Grundlage der kalkulierten Umsätze aus der steuerfreien Vermietung von Wohnungen zu privaten Wohnzwecken und der steuerpflichtigen Vermietung von Geschäftsräumen. Einen kleinen Teil der Vorsteuerbeträge ordnete die Klägerin zudem vorab einzelnen Gebäudeteilen zu. Anders sah dies das Finanzamt, das für 2004 aufgrund der Subsidiarität des Umsatzschlüssels gem. § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG nur einen Vorsteuerabzug nach dem Flächenschlüssel in Höhe von 50 % zulassen wollte.

Ergänzend soll angenommen werden, dass die Klägerin mit ihrem gesamten Unternehmen 80 % steuerpflichtige Umsätze erbringt. 3.1 Das EuGH-Urteil in der Rechtssache BLC Baumarkt Aus Sicht des EuGH stehen Art. 173 Abs. 1 und Abs. 2 MwStSystRL zueinander in einem Regel-Ausnahme-Verhältnis.13 Grundsätzlicher Maßstab für die Vorsteueraufteilung ist deshalb der in Art. 173 Abs. 1 MwStSystRL geregelte Gesamtumsatzschlüssel. Von diesem Schlüssel kann jedoch nach Art. 173 Abs. 2 MwStSystRL für bestimmte Tätigkeiten abgewichen werden, wenn dies „zu präziseren Ergebnissen“14 führt. So beanstandet es der EuGH nicht, wenn für die Vorsteueraufteilung bei gemischt genutzten Gebäuden vorrangig vor dem Umsatzsteuerschlüssel eine Vorsteueraufteilung nach einer der in Art. 173 Abs. 2 MwStSystRL 13 EuGH, Urt v. 8.11.2012 – Rs. C-511/10 – BLC Baumarkt, UR 2012, 968, Rn. 15 f. 14 EuGH, Urt v. 8.11.2012 – Rs. C-511/10 – BLC Baumarkt, UR 2012, 968, Rn. 18.

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genannten Methoden erfolgt.15 In welchen Fällen eine von Art. 173 Abs. 1 MwStSystRL abweichende Vorsteueraufteilung zu präziseren Ergebnissen führt, hat der EuGH bislang nicht bestimmt, da dies Sache des jeweiligen Mitgliedstaats sei.16 Einzig eine Regelung eines Mitgliedstaats, nach der die Vorsteueraufteilung generell abweichend vom Umsatzschlüssel vorzunehmen ist, hat der EuGH als nicht mit dem Unionsrecht vereinbar angesehen.17 3.2 BFH-Urteil vom 22.8.2013 (V R 19/09) – Wirtschaftliche Zurechnung nur bei Berichtigungsobjekten i.S.d. § 15a UStG Im Anschluss an das EuGH-Urteil BLC Baumarkt hat der V. Senat des BFH18 entschieden, dass § 15 Abs. 4 UStG nicht den Erfordernissen des Unionsrechts entspricht. Denn § 15 Abs. 4 Satz 1 UStG ordnet einen unzulässigen, generellen Vorrang der Methode der wirtschaftlichen Zurechnung vor dem Gesamtumsatzschlüssel an.19 § 15 Abs. 4 UStG sei deshalb richtlinienkonform dahingehend auszulegen, dass der Vorrang der wirtschaftlichen Zurechnung nur für Vorsteuerbeträge gilt, die der Berichtigung nach § 15a UStG unterliegen.20 Hierdurch werde das Regel-Ausnahme-Verhältnis von Art. 173 Abs. 1 zu Abs. 2 MwStSystRL auch im deutschen Recht abgebildet. Bei Vorsteuerbeträgen, die der Berichtigung nach § 15a UStG unterliegen, führt nämlich die wirtschaftliche Zurechnung mit der anschließenden Möglichkeit einer Berichtigung zu den notwendigen präziseren Ergebnissen.21 Nach dieser Auslegung ist der Vorsteuerabzug im voranstehenden Beispielsfall somit zwingend nach dem Flächenschlüssel als besonderer Form der einzelobjektbezogenen wirtschaftlichen Zurechnung zu ermitteln.22 Diese Rechtsprechung sah sich in der Folge erheblicher Kritik ausgesetzt.23

15 EuGH, Urt v. 8.11.2012 – Rs. C-511/10 – BLC Baumarkt, UR 2012, 968, Rn. 19. 16 EuGH, Urt. v. 12.9.2013 – Rs. C-388/11 – LCL, UR 2014, 623, Rn. 31; EuGH, Urt. v. 10.7.2014 – Rs. C-183/13 – Banco Mais, UR 2014, 630. 17 EuGH, Urt v. 8.11.2012 – Rs. C-511/10 – BLC Baumarkt, UR 2012, 968, Rn. 17. 18 BFH, Urt. v. 22.8.2013 – V R 19/09, BFHE 243, 8. 19 BFH, Urt. v. 22.8.2013 – V R 19/09, BFHE 243, 8, Rn. 23. 20 BFH, Urt. v. 22.8.2013 – V R 19/09, BFHE 243, 8, Rn. 25 ff. 21 BFH, Urt. v. 22.8.2013 – V R 19/09, BFHE 243, 8, Rn. 32. 22 BFH, Urt. v. 22.8.2013 – V R 19/09, BFHE 243, 8, Rn. 39 ff.; Abschn. 15.17. Abs. 7 Satz 4 UStAE. 23 Z.B. Grune, AktStR 2014, 137; Filtzinger, UR 2014, 293 oder Raab, MwStR 2014, 70.

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3.3 BFH-Urteil vom 7.5.2014 (V R 1/10) – Objektbezogener Flächenschlüssel und objektbezogener Umsatzschlüssel Auch aufgrund der massiven Kritik hat der V. Senat seine voranstehend dargestellte Rechtsprechung wieder aufgegeben.24 In seinem Urteil vom 7.5.2014 kommt er zu dem Ergebnis, dass § 15 Abs. 4 UStG mit dem Unionsrecht vereinbar ist. So soll die in § 15 Abs. 4 Satz 1 UStG geregelte wirtschaftliche Zurechnung nicht mehr nur gegenstandsbezogen zu verstehen sein. Vielmehr ist auch der Gesamtumsatzschlüssel eine Form der wirtschaftlichen Zurechnung i.S.d. § 15 Abs. 4 Satz 1 UStG.25 Bei der Aufteilung nach dem Gesamtumsatzschlüssel handelt es sich auch um einen sachgerechten Aufteilungsmaßstab i.S.d. § 15 Abs. 4 Satz 2 UStG. Dies folgt zwingend aus Art. 173 Abs. 1 MwStSystRL, der den Gesamtumsatzschlüssel als grundsätzlichen Aufteilungsmaßstab festlegt.26 Demzufolge schließt § 15 Abs. 4 UStG die Anwendung des Gesamtumsatzschlüssels nicht generell aus. Zugleich ist auch § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG mit dem Unionsrecht vereinbar. Denn die Mitgliedstaaten können abweichend vom Gesamtumsatzschlüssel für bestimmte Umsätze einen anderen Aufteilungsmaßstab vorsehen, wenn dieser präziser ist. Wenn § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG den Umsatzschlüssel als subsidiär ansieht, ist dies dahingehend zu verstehen, dass der Umsatzschlüssel dann nicht anzuwenden ist, wenn es eine andere „präzisere“ Methode zur Vorsteueraufteilung gibt.27 Aus diesem Grund hat die Vorsteueraufteilung bei gemischt genutzten Gebäuden vorrangig nach dem Flächenschlüssel als präziserer Aufteilungsmethode zu erfolgen.28 Der Flächenschlüssel ist jedoch ausgeschlossen, wenn aufgrund der Ausstattungsmerkmale (Höhe der Räume, Dicke der Wände und Decken, Innenausstattung) der einzelnen Gebäudeteile erhebliche Unterschiede bestehen.29 In diesem Fall ist der einzelobjektbezogene Umsatzschlüssel als präziserer Aufteilungsmaßstab anzuwenden, sofern das Gebäude direkt und unmittelbar zur Erzielung von Ausgangsumsätzen verwendet wird.30 Fehlt hingegen der direkte und unmittelbare Zusammenhang mit einem Ausgangsumsatz,

24 25 26 27 28 29

BFH, Urt. v. 7.5.2014 – V R 1/10, BFHE 245, 416. BFH, Urt. v. 7.5.2014 – V R 1/10, BFHE 245, 416, Rn. 22. BFH, Urt. v. 7.5.2014 – V R 1/10, BFHE 245, 416, Rn. 24. BFH, Urt. v. 7.5.2014 – V R 1/10, BFHE 245, 416, Rn. 29 ff. BFH, Urt. v. 7.5.2014 – V R 1/10, BFHE 245, 416, Rn. 31. BFH, Urt. v. 7.5.2014 – V R 1/10, BFHE 245, 416, Rn. 32; Abschn. 15.17 Abs. 7 Satz 6 UStAE. 30 BFH, Urt. v. 7.5.2014 – V R 1/10, BFHE 245, 416, Rn. 33.

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Küffner/Fietz, Vorsteueraufteilung im Lichte der neuen BFH-Rechtsprechung

ist die Vorsteueraufteilung nach dem Gesamtumsatzschlüssel vorzunehmen.31 Nach diesem Verständnis des § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG gilt bei Gebäuden folgendes Rangverhältnis für die einzelnen Vorsteuerschlüssel: – Flächenschlüssel gewährleistet grundsätzlich die präziseste Aufteilung. – Bei erheblichen Unterschieden hinsichtlich der Ausstattung kommt der objektbezogene Umsatzschlüssel zur Anwendung. – Der Gesamtumsatzschlüssel greift für Leistungsbezüge, die in keinem Zusammenhang mit bestimmten Ausgangsumsätzen stehen. Dies wäre bei der Errichtung eines Verwaltungsgebäudes der Fall. Für den voranstehenden Fall ist der Vorsteuerabzug somit grundsätzlich nur zu 50 % (Flächenschlüssel) möglich. Besteht zwischen den zu Wohnzwecken und den zu gewerbezwecken vermieteten Flächen ein erheblicher Ausstattungsunterschied, wäre nach dem objektbezogenen Umsatzschlüssel der Vorsteuerabzug zu 67 % zulässig. Würde das Gebäude abweichend vom Ausgangsfall als Verwaltungsgebäude genutzt, wäre der Vorsteuerabzug sogar zu 80 % nach dem Gesamtumsatzschlüssel zulässig. 3.4 EuGH-Vorlage vom 5.6.2014 (XI R 31/09) – Vorrang der unmittelbaren Zuordnung bei Grundstücken Aufbauend auf der jüngeren Rechtsprechung des V. Senats hat der XI. Senat nunmehr dem EuGH (Az. C-332/14) die Frage vorgelegt, ob das objektbezogene Verständnis bei der Anschaffung oder Herstellung eines Gebäudes noch zutreffend ist.32 So sind bei der Anschaffung oder Herstellung eines gemischt genutzten Gebäudes derzeit sämtliche Vorsteuerbeträge einheitlich nach dem Verhältnis der späteren Verwendung aufzuteilen. Bei Erhaltungsaufwendungen ist hingegen eine unmittelbare Zuordnung zum jeweiligen Gebäudeteil vorzunehmen. Der Vorsteuerabzug bestimmt sich in diesem Fall nach der Nutzung des entsprechenden Gebäudeteils.33 Der EuGH soll nunmehr klären, ob nicht auch die Leistungen im Zusammenhang mit der Anschaffung oder Herstellung eines Gebäudes –

31 BFH, Urt. v. 7.5.2014 – V R 1/10, BFHE 245, 416, Rn. 33; BMF, Schr. v. 10.4.2014, BStBl. I 2014, 802; Abschn. 15.16 Abs. 2a UStAE. 32 BFH, Urt. v. 5.6.2014 – XI R 31/09, BFHE 245, 447. 33 BFH, Urt. v. 28.9.2006 –– V R 43/03, BStBl. II 2007, 417, Abschn. 15.17 Abs. 5 ff. UStAE.

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soweit möglich – direkt und unmittelbar den entsprechenden Ausgangsumsätzen zuzuordnen sind.34 In diesem Fall wäre nur für Gebäudeteile, die tatsächlich gemischt genutzt werden (z.B. Treppenhaus, Dach, Außenanlagen, Keller), eine Vorsteueraufteilung nach § 15 Abs. 4 UStG zulässig.35 Ergänzend soll der EuGH abschließend feststellen, ob die Vorsteuern aus diesen nicht unmittelbar zuordenbaren Flächen nach dem Umsatz- oder dem Flächenschlüssel aufzuteilen sind.36 Folgt man den Überlegungen des XI. Senats, hätte dies im Ausgangsfall zur Folge, dass die Vorsteueraufteilung nicht pauschal nach einem der drei Schlüssel vorgenommen werden könnte. Vielmehr wäre für jede Eingangsleistung zu prüfen, ob sie unmittelbar mit den steuerfreien oder den steuerpflichtigen Umsätzen in Zusammenhang steht. Nur für die verbleibenden Leistungen, die sich auf gemischt genutzte Gebäudebestandteile beziehen, wäre eine Vorsteueraufteilung vorzunehmen. Für diese würde dann ggf. das Rangverhältnis gelten, wie es der V. Senat festgestellt hat.

4. Besonderheiten bei der Vorsteueraufteilung zwischen wirtschaftlicher und nichtwirtschaftlicher Tätigkeit § 15 Abs. 4 UStG beruht auf Art. 173 MwStSystRL, der nach Art. 168 MwStSystRL nur für die Vorsteueraufteilung bei gemischt steuerpflichtiger und steuerfreier Tätigkeit anwendbar ist. Für die Vorsteueraufteilung zwischen wirtschaftlicher und nichtwirtschaftlicher Tätigkeit fehlt demgegenüber sowohl im nationalen als auch im Unionsrecht eine unmittelbar anwendbare Regelung.37 Für die Vorsteueraufteilung bei Eingangsleistungen, die sowohl für wirtschaftliche als auch nichtwirtschaftliche38 Tätigkeiten verwendet werden, kann die Vorsteueraufteilung deshalb nur in analoger Anwendung von § 15 Abs. 4 UStG erfolgen.39 Bei der Bestimmung des Vorsteuerschlüssels ist deshalb den Besonderheiten der nichtwirtschaftlichen Tätigkeit Rechnung zu tragen (s. unten 4.1). Dies gilt insbesondere hinsichtlich der Frage der Einbeziehung von Zuschüssen in die Vorsteuerquote (s. unten 4.2).

34 35 36 37 38 39

S. oben 2. BFH, Urt. v. 5.6.2014 – XI R 31/09, BFHE 245, 447, Rn. 56. BFH, Urt. v. 5.6.2014 – XI R 31/09, BFHE 245, 447, Ls. 1. BFH, Urteil v. 3.3.2011 – V R 23/10, BStBl. II 2012, 74 – Rz. 31. Zum Begriff der nichtwirtschaftlichen Tätigkeit Abschn. 2.3 Abs. 1a UStAE. EuGH, Urt. v. 6.9.2012 – Rs. C-496/11 – Portugal Telecom, UR 2012, 762, Rn. 42; EuGH, Urt. v. 13.3.2008 – Rs. C-437/06 – Securenta, UR 2008, 344; BFH, Urt. v. 11.12.2013 – XI R 17/11, BStBl. II 2014, 417, Rn. 40 ff.

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4.1 Mögliche Vorsteuerschlüssel Die Grundsätze zur Vorsteueraufteilung bei gemischt steuerpflichtiger und steuerfreier Verwendung einer Eingangsleistung können nicht vollständig auf die Aufteilung zwischen wirtschaftlicher und nichtwirtschaftlicher Tätigkeit übertragen werden. Aus diesem Grund hat der BFH dem EuGH die Frage vorgelegt, welcher Vorsteuerschlüssel für die Aufteilung von wirtschaftlicher zu nichtwirtschaftlicher Tätigkeit sachgerecht ist.40 Als mögliche Vorsteuerschlüssel sieht der BFH sowohl einen Umsatzschlüssel, einen Investitionsschlüssel als auch eine Aufteilung anhand betriebswirtschaftlicher Größen an.41 Für eine Aufteilung nach dem Umsatzsteuerschlüssel spricht dem Grunde nach der Umstand, dass dieser in Art. 173 Abs. 1 MwStSystRL als Grundfall angelegt ist. Der Umsatzschlüssel führt jedoch nicht zwingend zu vertretbaren Ergebnissen.42 Denn abhängig von der Art der nichtwirtschaftlichen Tätigkeit kann es bereits an entsprechenden Erlösen aus der nichtwirtschaftlichen Tätigkeit fehlen.43 Deshalb wird häufig ein Investitionsschlüssel als möglicher Aufteilungsmaßstab angesehen. Maßgeblich wären hiernach die Investitionen in den Bereich der wirtschaftlichen Tätigkeit auf der einen und die nichtwirtschaftliche Tätigkeit auf der anderen Seite.44 Der Investitionsschlüssel führt jedoch dann zu unzutreffenden Ergebnissen, wenn der nichtwirtschaftliche Bereich zwar viel Kapital bindet, darüber hinaus aber für den nichtwirtschaftlichen Bereich keine nennenswerten weiteren Kosten (z.B. für Personal, das mit der Verwaltung betraut ist) anfallen.45 Der BFH hält deshalb auch eine Vorsteueraufteilung anhand betriebswirtschaftlicher Größen, wie die im jeweiligen Bereich beschäftigten Mitarbeiter, die auf die jeweiligen Bereiche entfallenden Arbeitszeiten oder das Verhältnis der Einzelkosten für geeignete Aufteilungsmaßstäbe.46 Hierbei handelt es sich jedoch um einzelfallbezogene Aufteilungsschlüssel. Dies schließt aus unserer Sicht gleichwohl nicht deren Zulässigkeit aus. Entscheidend ist hier allein, ob sie sachgerecht i.S.d. § 15 Abs. 4 Satz 2 UStG sind. 40 BFH, Urt. v. 11.12.2013 – XI R 17/11, BStBl. II 2014, 417. 41 BFH, Urt. v. 11.12.2013 – XI R 17/11, BStBl. II 2014, 417, Rn. 44. 42 BFH, Urt. v. 11.12.2013 – XI R 17/11, BStBl. II 2014, 417, Rn. 44; Robisch, UR 2008, 881. 43 So kann ein Mehrheitsgesellschafter bei seiner im nichtwirtschaftlichen Bereich gehaltenen Beteiligung durch Gesellschafterbeschluss verhindern, dass es zu Ausschüttungen und damit zu „Erlösen“ aus dem nichtwirtschaftlichen Bereich kommt. Dies würde zu Verzerrungen bei der Vorsteuerquote führen. 44 BFH, Urt. v. 11.12.2013 – XI R 17/11, BStBl. II 2014, 417, Rn. 44. 45 Robisch, UR 2008, 881. 46 BFH, Urt. v. 11.12.2013 – XI R 17/11, BStBl. II 2014, 417, Rn. 44.

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Vor diesem Hintergrund ist zwar das Ansinnen des BFH, eine einheitliche Vorgabe vom EuGH zu bekommen, aus Gründen der Rechtssicherheit zu begrüßen. Ob der EuGH dem BFH jedoch vorgibt, welcher dieser Schlüssel vorrangig auf die Aufteilung zwischen wirtschaftlicher und nichtwirtschaftlicher Tätigkeit anzuwenden ist, darf dennoch bezweifelt werden. Denn der EuGH hat bereits entschieden, dass die konkrete Ausgestaltung der Vorsteueraufteilung zwischen wirtschaftlicher und nichtwirtschaftlicher Tätigkeit im Ermessen der Mitgliedstaaten steht.47 Hier wäre somit der nationale Gesetzgeber gefordert, eine klare Regelung zu schaffen. 4.2 BFH-Urteil vom 24.9.2014 (V R 54/13) – Berücksichtigung von Zuschüssen bei der Vorsteuerquote Betriebe der öffentlichen Hand oder nichtwirtschaftlich tätige Vereine erhalten in vielen Fällen zu ihrer Förderung echte nichtsteuerbare Zuschüsse. Diese Gebilde verfügen zudem regelmäßig auch über einen nichtwirtschaftlichen Tätigkeitsbereich.48 Zur Bestimmung der Vorsteuerquoten für die allgemeinen Aufwendungen hat der BFH49 mit Urteil vom 24.9.2014 entschieden, dass die Zuschüsse in diesen Fällen bei der Bildung der Vorsteuerquote zu Lasten der wirtschaftlichen Tätigkeit mit zu berücksichtigen sein sollen. Dies widerspricht nach unserer Einschätzung dem Unionsrecht.50 Denn nach Art. 174 Abs. 1 Satz 2 MwStSystRL „können“ die Mitgliedstaaten den Betrag der Subventionen (= echte Zuschüsse) bei der Bildung der Vorsteuerquote zwar im Nenner berücksichtigen. Hierbei handelt es sich jedoch um ein Wahlrecht, von dem Deutschland keinen Gebrauch gemacht hat.51 Da § 15 Abs. 4 UStG dieses Wahlrecht somit nicht enthält, ist u.E. bei einer analogen Anwendung von § 15 Abs. 4 UStG im Rahmen der Vorsteueraufteilung zwischen wirtschaftlicher und nichtwirtschaftlicher Tätigkeit ebenfalls kein Raum für die negative Berücksichtigung von Zuschüssen.52

47 EuGH, Urt. v. 6.9.2012 – Rs. C-496/11 – Portugal Telecom, UR 2012, 762, Rn. 42. 48 So gilt die Wahrnehmung der allgemeinen Interesse der Mitglieder eines Vereins als nichtwirtschaftliche Tätigkeit (vgl. EuGH, Urt. v. 12.2.2009 – Rs. C-515/07 – VNLTO, DStR 2009, 369). 49 BFH, Urt. v. 24.9.2014 – V R 54/13, DStR 2015, 425. 50 Küffner/Fietz, DStR 2015, 425. 51 FG Schleswig-Holstein, Urt. v. 7.9.2006 – 4 K 223/04, EFG 2006, 1867. 52 So auch im Ergebnis wohl FG Sachsen, Urt. v. 13.12.2012 – 6 K 1010/10, zitiert nach juris; BFH, Urt. v. 26.10.2000 – V R 12/00, BFH/NV 2001, 494, Rz. 25 f.; FG Nürnberg, Urt. v. 11.5.2010 – 2 K 748/2007, Ubg 2011, 542, Rz. 48.

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Küffner/Fietz, Vorsteueraufteilung im Lichte der neuen BFH-Rechtsprechung

5. Fazit Anhand der Vielzahl der Entscheidungen zu Fragen der Vorsteueraufteilung lässt sich abschätzen, wie streitbehaftet dieser Themenkomplex derzeit noch ist. Ob sich hieran in der nächsten Zeit etwas ändert, ist aus unserer Sicht zweifelhaft. Zwar hat der BFH den EuGH in den Rechtssachen XI R 31/09 und XI R 17/11 nach den konkret anzuwendenden Vorsteuerschlüsseln für die Aufteilung steuerfrei zu steuerpflichtig sowie wirtschaftlich zu nichtwirtschaftlich gefragt. Es ist jedoch davon auszugehen, dass der EuGH dem BFH in beiden Fällen keinen Schlüssel konkret vorschreiben wird. Denn dies ist nach ständiger Rechtsprechung des EuGH Sache des jeweiligen Mitgliedstaats.53 Es wäre daher wünschenswert, wenn der BFH die von ihm mit seinem Urteil vom 7.5.2014 eingeschlagene Line fortführen und selbst konkrete Vorgaben zur Rangfolge der Vorsteuerschlüssel machen würde. Hinsichtlich der Vorsteueraufteilung zwischen wirtschaftlicher und nichtwirtschaftlicher Tätigkeit ist zudem der Gesetzgeber gefordert, eine praxistaugliche Regelung zu schaffen.

53 Zu diesem Ergebnis gelangt auch der Generalanwalt Mengozzi in seinen Schlussanträgen zu den verbundenen Rechtssachen C-108/14 und C-109/14 (Folgeentscheidung zur BFH-Entscheidung XI R 17/11), Rn. 22 f.

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7. Leitthema: Steuerrecht und besondere Beratungsrisiken

Neues zum Sanierungssteuerrecht Dr. Alexander Schwahn, LL.M. Rechtsanwalt, Steuerberater, Hamburg1 Inhaltsübersicht A. Neuere Entwicklungen im Bereich des Sanierungserlasses I. Einfluss von Sanierungskosten und Veräußerungsgewinnen auf Billigkeitsmaßnahmen 1. Die Billigkeitsmaßnahmen unter dem Sanierungserlass 2. Einfluss von Sanierungskosten auf den Sanierungserlass 3. Einfluss von Veräußerungsvorgängen auf die Billigkeitsmaßnahme unter dem Sanierungserlass 4. Stellungnahme II. Entscheidungskompetenz des Finanzamts für Billigkeitsmaßnahmen unter dem Sanierungserlass betreffend die Gewerbesteuer nach § 184 Abs. 2 S. 1 AO n.F.

1. Das BFH-Urteil vom 25. April 2012 2. Rechtslage seit Neufassung des § 184 Abs. 2 S. 1 AO durch das Zollkodex-Anpassungsgesetz a) Gesetzgeberische Intention b) Einfluss der Neufassung auf die Zuständigkeit unter dem Sanierungserlass 3. Zusammenfassung B. Neuere Entwicklungen zu insolvenzbedingten Beendigungen von Organschaften I. Umsatzsteuerliche Organschaft II. Ertragsteuerliche Organschaft III. Stellungnahme

Es existiert in Deutschland kein kodifiziertes Sanierungssteuerrecht. Zudem fehlt es an einer hinreichenden Verzahnung des Steuerrechts mit der Insolvenzordnung. Dieser komplexe und praxisrelevante Rechtsbereich ist vielmehr einer Vielzahl von unabgestimmten Verwaltungsanweisungen und einer sich im Fluss befindlichen Rechtsprechung überlassen. Die daraus resultierende Rechtsunsicherheit ist für die Sanierungspraxis nur schwer erträglich. Der nachfolgende Beitrag gibt einen Überblick über die neueren Entwicklungen in diesem Bereich, die zum einen den sog. Sanierungserlass (konkret den Einfluss von Sanierungskosten auf die Billigkeitsmaßnahme sowie die Zuständigkeit für eine abweichende Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags nach der Neufassung von § 184 Abs. 2 S. 1 AO) betreffen und zum anderen die Auswirkungen der geänderten BFH-Rechtsprechung auf steuerliche Organschaften in der Insolvenz zum Gegenstand haben. 1 Dr. Alexander Schwahn, LL.M. ist Partner der Sozietät Freshfields Bruckhaus Deringer in Hamburg.

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Schwahn, Neues zum Sanierungssteuerrecht

A. Neuere Entwicklungen im Bereich des Sanierungserlasses Soweit ein Forderungsverzicht nach den allgemeinen gesetzlichen Regelungen insgesamt zu einem steuerpflichtigen Gewinn in einem Besteuerungszeitraum führt, kann eine für die Krisenbewältigung problematische Steuererhebung bzw. -festsetzung seit Abschaffung der Steuerbefreiung für Sanierungsgewinne in § 3 Nr. 66 EStG nur noch nach den allgemeinen Billigkeitsregelungen der Abgabenordnung (§§ 163, 222, 227 AO) vermieden werden. In diesem Zusammenhang steht der Sanierungserlass der Finanzverwaltung.2 Der Umgang mit dem Sanierungserlass bereitet in der Praxis unter vielen Gesichtspunkten Schwierigkeiten.3 Zu diesen Schwierigkeiten zählt die jüngere Verwaltungsauffassung, nach der ein Sanierungsgewinn um Sanierungskosten und – in Veräußerungsfällen – laufende Verluste bis zur Höhe eines Veräußerungsgewinns zu kürzen ist (dazu unter I.). Weitere Zweifelsfragen hat auch die Neufassung von § 184 Abs. 2 S. 1 AO zur Zuständigkeit für Billigkeitsmaßnahmen unter dem Sanierungserlass für die Gewerbesteuer aufgeworfen (dazu unter II).

I. Einfluss von Sanierungskosten und Veräußerungsgewinnen auf Billigkeitsmaßnahmen 1. Die Billigkeitsmaßnahmen unter dem Sanierungserlass Nach den Grundsätzen des Sanierungserlasses kann eine Steuer, die auf einen nach Ausschöpfen aller ertragsteuerrechtlichen Verlustverrechnungsmöglichkeiten verbleibenden begünstigten Sanierungsgewinn entfällt, auf Antrag im Wege der Billigkeit zunächst gestundet und später erlassen werden.4 Ein Sanierungsgewinn ist dabei die Erhöhung des Betriebsvermögens, die durch einen Schuldenerlass zum Zweck der Sanierung verursacht wurde.5 Begünstigt ist der Sanierungsgewinn allerdings nur dann, wenn sich der Schuldenerlass als eine sanierungsgeeignete Maßnahme gegenüber einem sanierungsbedürftigen und sanierungsfähigen Unternehmen darstellt und der jeweilige Gläubiger mit Sanierungsabsicht handelt.

2 Vgl. BMF v. 27.3.2003 – IV A 6 – S 2140–8/03, BStBl. I 2003, 240. 3 Vgl. ausführlich Blaas/Schwahn, DB 2013, 2350 ff. und 2412 ff. 4 Vgl. BMF v. 27.3.2003, a.a.O. (Rn. 8). Unklar ist, ob auch eine Verrechnung mitZinsvorträgen zu erfolgen hat. Dies wird in der Praxis von der Finanzverwaltung zumindest teilweise so vertreten. 5 Vgl. BMF v. 27.3.2003, a.a.O. (Rn. 8).

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Schwahn, Neues zum Sanierungssteuerrecht

Da es sich bei dem Schuldenerlass um einen laufenden Geschäftsvorfall der jeweiligen Besteuerungsperiode handelt und die steuerlichen Auswirkungen dementsprechend im Betriebsergebnis aufgehen, bietet es sich zur Berechnung der unter dem Sanierungserlass zu stundenden und ggf. zu erlassenden Steuer an, den (verbleibenden) Sanierungsgewinn in einem gesonderten Verrechnungskreis getrennt von dem übrigen Betriebsergebnis zu ermitteln. Nur im Rahmen dieses gesonderten Verrechnungskreises gilt die in Rn. 8 des Sanierungserlasses angelegte zweistufige Billigkeit. Danach sind auf der ersten Stufe im Festsetzungsverfahren sämtliche Verluste/negative Einkünfte unbeschadet von Ausgleichs- und Verrechnungsbeschränkungen bis zur Höhe des Sanierungsgewinns vorrangig mit dem Sanierungsgewinn zu verrechnen (nachfolgend auch als „übergesetzliche Verlustverrechnung“ bezeichnet).6 Auf der zweiten Stufe ist im Rahmen des Erhebungsverfahrens sodann die auf den verbleibenden Sanierungsgewinn entfallende Steuer aus sachlichen Billigkeitsgründen nach §§ 222, 227 AO zunächst zu stunden und später ggf. zu erlassen.7 Den daraus folgenden Berechnungsweg für die Körperschaftsteuer zeigt das folgende Beispiel 1: Annahmen: Einkünfte aus Gewerbebetrieb

in Mio. t (gerundet) 200

darin enthalten: – Ertrag aus Forderungsverzicht Verlustvortrag aus den Vorjahren

100 50

Anwendung des Sanierungserlasses: Festsetzungsebene Gesamtbetrag der Einkünfte

gesonderte Verrechnungskreise Gesamt

zu versteuerndes Einkommen Körperschaftsteuer (15 %)

Übriges Ergebnis

200

Aufteilung zwecks Billigkeitsmaßnahme Verlustabzug (Totalverlustverrechnung)

Sanierungsgewinn

100

100

50

50

0

150

50

100

22,5

7,5

15,0

6 Dies gilt auch für später entstandene Verluste, die im Wege des Verlustrücktrags zu berücksichtigen sind, vgl. BMF v. 27.3.2003, a.a.O. (Rn. 8). 7 Vgl. BMF v. 27.3.2003, a.a.O. (Rn. 8) sowie mit näheren Angaben OFD Niedersachsen v. 19.6.2013 (S 2140-8-St 248 (VD)); OFD Frankfurt a.M. v. 27.2.2014 (S 2140 A-4-St 213).

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Schwahn, Neues zum Sanierungssteuerrecht

Aus der Beispielsrechnung folgt, dass der Verlustvortrag in Höhe von EUR 50 Mio. zunächst voll mit dem Sanierungsgewinn verrechnet wird (Billigkeit im Festsetzungsverfahren nach § 163 AO). Die auf den verbleibenden Sanierungsgewinn in Höhe von EUR 50 Mio. entfallende Körperschaftsteuer von EUR 7,5 Mio. ist sodann zu stunden und ggf. später zu erlassen. Die im Übrigen festgesetzte Körperschaftsteuer in Höhe von EUR 15 Mio. bleibt nach allgemeinen Grundsätzen zahlbar. 2. Einfluss von Sanierungskosten auf den Sanierungserlass Das Thema der Sanierungskosten hat bei der Anwendung des Sanierungserlasses in der Praxis über viele Jahre keine Rolle gespielt. Die Finanzverwaltung behandelte Sanierungskosten, mithin Kosten, die in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Schuldenerlass der Gläubiger stehen (z.B. Rechts- und Beratungskosten), als gewöhnliche Betriebsausgaben, die keinen weiteren Einfluss auf die Billigkeitsmaßnahme unter dem Sanierungserlass hatten. Die Finanzverwaltung in Nordrhein-Westfalen vertritt nun seit einiger Zeit die Auffassung, dass Sanierungskosten den Sanierungsgewinn mindern.8 Dieser Auffassung haben sich im Rahmen einer bundesweiten Abstimmung dem Vernehmen nach zwischenzeitlich auch die anderen Bundesländer angeschlossen. Offiziell gibt es hierzu lediglich die Verfügungen der OFD Niedersachsen vom 19.6.20139 und der OFD Frankfurt a.M. vom 25.8.201410. Hiernach sind bei der Anwendung des Sanierungserlasses zum Zweck der Ermittlung des Umfangs der Billigkeitsmaßnahme die angefallenen Sanierungskosten vom Sanierungsgewinn abzuziehen. Dies soll auch dann gelten, soweit die Sanierungskosten in einem anderen Veranlagungszeitraum entstanden sind.11 Die nachfolgenden Bespiele sollen die Konsequenzen der Auffassung der Finanzverwaltung illustrieren. Hierbei werden die Beispiele in Anlehnung an das Beispiel 1 so gewählt, dass einmal die Sanierungskosten im Verlustvortrag von EUR 50 Mio. in Höhe von EUR 10 Mio. enthalten sind (Beispiel 2) und einmal die Sanierungskosten nicht im Verlustvortrag von EUR 50 Mio. vorgetragen werden, und zwar entweder deshalb, weil die Sanierungskosten in der Vergangenheit ein positives Besteue-

8 Mertzbach, GmbHR 2013, 75 (82, insbesondere Fn. 79). 9 OFD Niedersachsen v. 19.6.2013 – S 2140-8-St 248 (VD). 10 OFD Frankfurt a.M. v. 25.8.2014 – S 2140 A-4-St 213 und zuvor OFD Frankfurt a.M. v. 27.2.2014 – S 2140 A-4-St 213. 11 OFD Frankfurt a.M. v. 25.8.2014 – S 2140 A-4-St 213; OFD Niedersachsen v. 19.6.2013 – S 2140-8-St 248 (VD).

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Schwahn, Neues zum Sanierungssteuerrecht

rungsergebnis reduziert oder vermieden haben (Beispiel 3) oder weil die Sanierungskosten in der laufenden Besteuerungsperiode angefallen sind (Beispiel 4). Beispiel 2: Annahmen: Einkünfte aus Gewerbebetrieb darin enthalten: – Ertrag aus Forderungsverzicht – laufende Sanierungskosten Verlustvortrag aus den Vorjahren – darin enthaltene Sanierungskosten Anwendung des Sanierungserlasses: Festsetzungsebene Gesamtbetrag der Einkünfte Aufteilung zwecks Billigkeitsmaßnahme Sanierungskosten, soweit nicht im Verlustvortrag enthalten Zwischenergebnis Verlustabzug (Totalverlustverrechnung) zu versteuerndes Einkommen Körperschaftsteuer (15 %)

in Mio. t (gerundet) 200 100 0 50 10

Gesamt

gesonderte Verrechnungskreise SanierungsÜbriges gewinn Ergebnis

200

200 50 150 22,5

100

100

0 100 50 50 7,5

0 100 0 100 15,0

Die Besteuerungsergebnisse in den Beispielen 1 und 2 sind identisch. Die Auffassung der Finanzverwaltung, dass sich der Sanierungsgewinn um Sanierungskosten reduziert, wirkt sich im Beispiel 2 also nicht aus. Dies hängt damit zusammen, dass die Sanierungskosten als Bestandteil des Verlustvortrags den Sanierungsgewinn im Rahmen der übergesetzlichen Verlustverrechnung nach Rn. 8 des Sanierungserlasses ohnehin reduziert hätten. Die Bemessungsgrundlage für die Billigkeitsmaßnahme im Erhebungsverfahren (Stundung, Erlass) bleibt damit unberührt. Es ist lediglich darauf zu achten, dass die Sanierungskosten nicht doppelt abgezogen werden, d.h. einmal als Sanierungskosten und einmal als Bestandteil des Verlustvortrags.12 Sind in der Vergangenheit bereits Sanierungskosten angefallen und im Rahmen des vortragsfähigen Verlustes berücksichtigt, erleiden Steuer-

12 So im Ergebnis auch Gragert, NJW 2013, 2141 (2145).

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Schwahn, Neues zum Sanierungssteuerrecht

pflichtige demnach trotz der geänderten Verwaltungsauffassung keine wirtschaftlichen Nachteile. Eine Abweichung zu Lasten des Steuerpflichtigen ergibt sich aber dann, wenn – anders als im Beispiel 2 – die Sanierungskosten der Vorjahre nicht im Verlustvortrag enthalten sind. Beispiel 3: Annahmen: Einkünfte aus Gewerbebetrieb darin enthalten: – Ertrag aus Forderungsverzicht Verlustvortrag aus den Vorjahren Sanierungskosten aus den Vorjahren (nicht im Verlustvortrag enthalten) Anwendung des Sanierungserlasses: Festsetzungsebene Gesamtbetrag der Einkünfte Aufteilung zwecks Billigkeitsmaßnahme Sanierungskosten, soweit nicht im Verlustvortrag enthalten Zwischenergebnis Verlustabzug (Totalverlustverrechnung) zu versteuerndes Einkommen Körperschaftsteuer (15 %)

in Mio. t (gerundet) 200 100 50 10

Gesamt

gesonderte Verrechnungskreise SanierungsÜbriges gewinn Ergebnis

200

200 50 150 22,5

100

100

–10 90 50 40 6,0

10 110 0 110 16,5

Das Beispiel 3 zeigt, dass im Vergleich zu den Beispielen 1 und 2 der verbleibende Sanierungsgewinn mit EUR 40 Mio. um EUR 10 Mio., d.h. die Sanierungskosten, geringer ausfällt. Dementsprechend fällt die Bemessungsgrundlage für das übrige Betriebsergebnis, das nach allgemeinen Grundsätzen zu besteuern ist, um EUR 10 Mio. höher aus. Im Ergebnis mindern damit die Sanierungskosten, die in den Vorjahren als Betriebsausgaben ein Besteuerungsergebnis reduziert und eine Steuerzahllast verhindert haben, im Jahr des Forderungserlasses den unter die Billigkeitsmaßnahme fallenden Betrag. Die Besteuerung wird somit bis zur Höhe des Sanierungsgewinns durch die Besteuerung des nicht auf den Sanierungsgewinn entfallenden übrigen Ergebnisses gewissermaßen „nachgeholt“.

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Schwahn, Neues zum Sanierungssteuerrecht

Beispiel 4: Annahmen: Einkünfte aus Gewerbebetrieb darin enthalten: – Ertrag aus Forderungsverzicht – laufende Sanierungskosten Verlustvortrag aus den Vorjahren Anwendung des Sanierungserlasses: Festsetzungsebene

in Mio. t (gerundet) 200 100 10 50

Gesamt

Gesamtbetrag der Einkünfte Aufteilung zwecks Billigkeitsmaßnahme Sanierungskosten, soweit nicht im Verlustvortrag enthalten Zwischenergebnis Verlustabzug (Totalverlustverrechnung)

200

zu versteuerndes Einkommen Körperschaftsteuer (15 %)

150 22,5

200 50

gesonderte Verrechnungskreise SanierungsÜbriges gewinn Ergebnis

100

100

–10 90 50

10 110 0

40 6,0

110 16,5

In Beispiel 4 fallen die Sanierungskosten im Veranlagungszeitraum der Entstehung des Sanierungsgewinns an, d.h. sie sind Bestandteil des laufenden Betriebsergebnisses. Die Sanierungskosten reduzieren auch in diesem Fall nach Auffassung der Finanzverwaltung den Sanierungsgewinn. Dementsprechend sind die Besteuerungsergebnisse aus den Beispielen 3 und 4 identisch: Die Sanierungskosten werden bei der Ermittlung des begünstigten Sanierungsgewinns zu Lasten des begünstigten Sanierungsgewinns in Abzug gebracht und erhöhen somit auch hier das voll steuerpflichtige übrige Ergebnis. 3. Einfluss von Veräußerungsvorgängen auf die Billigkeitsmaßnahme unter dem Sanierungserlass Die Finanzverwaltung vertritt zudem zunehmend die Auffassung, dass eine Verrechnung von laufenden Verlusten mit Veräußerungsgewinnen erst nach einer vorrangigen Verrechnung mit dem Sanierungsgewinn vorzunehmen sei. Gleiches soll für die Verrechnung eines Sanierungsgewinns mit Veräußerungsverlusten gelten.13 13 Die Finanzverwaltungen beziehen sich insoweit auf OFD Niedersachsen v. 19.6.2013 – S 2140-8-St 248 (VD) sowie OFD Frankfurt a.M. v. 25.8.2014 – S 2140 A-4-St 213.

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Schwahn, Neues zum Sanierungssteuerrecht

Das nachfolgende Beispiel soll die hieraus resultierenden Konsequenzen illustrieren: Beispiel 5: Annahmen: Einkünfte aus Gewerbebetrieb darin enthalten: – Ertrag aus Forderungsverzicht – operativer Verlust – Veräußerungsgewinn Verlustvortrag aus den Vorjahren Anwendung des Sanierungserlasses: Festsetzungsebene Gesamtbetrag der Einkünfte Aufteilung zwecks Billigkeitsmaßnahme vorrangige Verrechnung von lfd. Verlusten Zwischenergebnis Verlustabzug (Totalverlustverrechnung) zu versteuerndes Einkommen Körperschaftsteuer (15 %)

in Mio. t (gerundet) 200 100 100 200 200

Gesamt

gesonderte Verrechnungskreise SanierungsÜbriges gewinn Ergebnis

200 100

200 120,4 79,6 11,9

–100 0 0 0 0,0

100 100 200 120,4 79,6 11,9

Die vorrangige Verrechnung der laufenden Verluste mit dem Sanierungsgewinn wirkt im Ergebnis wie der Abzug der Sanierungskosten bei der Ermittlung des begünstigten Sanierungsgewinns. Unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten ist somit in diesem Beispiel die anteilig auf den Veräußerungsgewinn entfallende Körperschaftsteuer zu zahlen. Der zu stundende Betrag vermindert sich zu Lasten des Steuerpflichtigen entsprechend. Die vorrangige Verrechnung von Veräußerungsverlusten mit dem Sanierungsgewinn führt ebenfalls dazu, dass der Sanierungsgewinn insoweit der Billigkeitsmaßnahme entzogen wird. 4. Stellungnahme Die Auffassung der Finanzverwaltung, dass Sanierungskosten den Sanierungsgewinn mindern, ist im Sanierungserlass nicht angelegt.14 Im Ge14 Vgl. auch Mertzbach, DStR 2014, 172 (176 ff.); Gragert, NJW 2013, 2141 (2144).

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Schwahn, Neues zum Sanierungssteuerrecht

genteil: Der Sanierungsgewinn ist im Sanierungserlass ausdrücklich ohne die Berücksichtigung von Sanierungskosten definiert: „Ein Sanierungsgewinn ist die Erhöhung des Betriebsvermögens, die dadurch entsteht, dass Schulden zum Zweck der Sanierung ganz oder teilweise erlassen werden.“15 Die Ansicht der Finanzverwaltung lässt sich auch nicht über eine Anwendung von § 3c Abs. 1 EStG rechtfertigen, weil es sich bei der Begünstigung der Sanierungsgewinne nicht um eine Steuerbefreiung, sondern eine sachliche Billigkeitsmaßnahme außerhalb des Steuerfestsetzungsverfahrens handelt. Praktische Relevanz kann die Reduktion des Sanierungsgewinns um die Sanierungskosten letztlich nur in den Fällen haben, in denen Sanierungskosten in der laufenden Periode oder in den Vorjahren bzw. einem Folgejahr ein positives zu versteuerndes Einkommen reduziert und damit eine Besteuerung vermieden haben. Denn in diesen Fällen wird die Besteuerung nun faktisch in das Jahr des Schuldenerlasses durch eine insoweit reduzierte Billigkeitsmaßnahme verlagert. Ohne entsprechend positiven Cashflow kann dies zur Zahlungsunfähigkeit führen, was die Auffassung der Finanzverwaltung insbesondere unter Billigkeitsgesichtspunkten in Frage stellt. Das nachfolgende Beispiel illustriert, dass sich durch die Auffassung der Finanzverwaltung auch andere unbillige Ergebnisse ergeben können: Beispiel 6:

SK = Sanierungskosten

Nach der Verwaltungsauffassung muss der Steuerpflichtige im vorliegenden Beispiel aufgrund der Sanierungskosten eine höhere Steuer tragen als er ohne die sanierungsbedingten Betriebsausgaben an Steuern zu zahlen gehabt hätte. Denn ohne Sanierungskosten könnte der laufende Gewinn aus 02 im Rahmen der Mindestbesteuerung durch Verlustvorträge ausgeglichen werden. Durch diese Verlustnutzung wäre zwar nach einer entsprechend verminderten übergesetzlichen Verlustverrechnung nach Rn. 8 des Sanierungserlasses im Jahr 03 eine höhere Steuer festzusetzen. Allerdings würde die gesamte Steuer gestundet und ggf. erlassen. Demgegenüber würde im vorliegenden Fall nach der Verwaltungs15 BMF v. 27.3.2003, a.a.O. (Rn. 3).

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Schwahn, Neues zum Sanierungssteuerrecht

auffassung ein nicht privilegierter Gewinn in Höhe der Sanierungskosten aus dem Jahr 02 zu versteuern sein. Ein solches Ergebnis, in dem sich die steuerliche Belastung des Steuerpflichtigen durch Betriebsausgaben erhöht, dürfte indes nicht ernsthaft gewollt sein. Auch die von der Finanzverwaltung vertretene vorrangige Verrechnung von laufenden Verlusten mit dem Sanierungsgewinn vor einer Verrechnung mit Veräußerungsgewinnen oder die vorrangige Verrechnung eines Veräußerungsverlustes mit dem Sanierungsgewinn findet keine ausreichende Grundlage im Sanierungserlass. Insbesondere ergibt sich eine solche gesonderte Verrechnung nicht – wie die Finanzverwaltung meint – aus Rn. 8 des Sanierungserlasses. Danach sind Besteuerungsgrundlagen in der Weise zu ermitteln, dass Verluste/negative Einkünfte unbeschadet von Ausgleichs- und Verrechnungsbeschränkungen für die Anwendung dieses BMF-Schreibens im Steuerfestsetzungsverfahren bis zur Höhe des Sanierungsgewinns vorrangig mit dem Sanierungsgewinn verrechnet werden. Unter „Verluste/negative Einkünfte“ ist aber jeweils eine Saldogröße innerhalb einer Besteuerungsperiode zu verstehen. Es lässt sich nicht aus der Rn. 8 entnehmen, dass aus dieser Saldogröße ein einzelner Geschäftsvorfall (Veräußerung) eliminiert werden kann, um eine vorgreifliche Verrechnung mit dem Sanierungsgewinn zu ermöglichen. Im Ergebnis ist daher die Auffassung der Finanzverwaltung jedenfalls in der derzeit vertretenen undifferenzierten Form abzulehnen.

II. Entscheidungskompetenz des Finanzamts für Billigkeitsmaßnahmen unter dem Sanierungserlass betreffend die Gewerbesteuer nach § 184 Abs. 2 S. 1 AO n.F. Nach bisheriger Auffassung der Finanzverwaltung und des BFH obliegt es den Gemeinden, im Zusammenhang mit dem Sanierungserlass über Billigkeitsmaßnahmen (Verrechnung, Stundung, Erlass) betreffend die Gewerbesteuer zu entscheiden.16 Dies erschwert die Durchführung von Sanierungen in der Praxis erheblich, und zwar insbesondere bei größeren Sanierungen, wenn die Schuldnergesellschaft in mehreren Gemeinden Betriebsstätten unterhält. In diesen Fällen ist es erforderlich, die Gewährung von Billigkeitsmaßnahmen (idealerweise im Rahmen von verbindlichen Auskünften) mit jeder hebeberechtigten Gemeinde abzustim16 BFH v. 25.4.2012 – I R 24/11, DB 2012, 1723; OFD Magdeburg v. 14.10.2005 – G 1498–3 – St 213, GewStK, § 16 GewStG, Karte 1 Nr. 1; OFD Hannover v. 26.8.2006 – G 1498–16 – StO 252, DStR 2006, 2128; LfSt Bayern v. 8.8.2006 – S 2140–6 St 3102M, DB 2006, 1763; vgl. auch R. 1.4 (1) und H. 7.1 GewStR; a.A.: Seer, FR 2010, 306 (310); Hageböke/Stangl, Ubg 2012, 598.

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men.17 Der Weg über den Sanierungserlass ist damit insbesondere bei großen Restrukturierungsprozessen nicht nur zeit- und kostenintensiv, sondern auch kaum verlässlich planbar, weil mit unterschiedlichen Entscheidungen durch die Gemeinden gerechnet werden muss.18 Die Praxis ruft den Gesetzgeber seit Jahren auf, diesen Missstand zu beseitigen. In dem Gesetz zur Anpassung der Abgabenordnung an den Zollkodex der Union und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften ist § 184 Abs. 2 S. 1 AO neu gefasst worden.19 Dies gibt Anlass zu der Frage, ob – wie es im Schrifttum20 teilweise vertreten wird – § 184 Abs. 2 S. 1 AO n.F. dem Missstand abgeholfen hat. 1. Das BFH-Urteil vom 25. April 2012 In der Literatur und von Finanzgerichten wurde bereits vor der Neufassung von § 184 Abs. 2 S. 1 AO vertreten, dass sich die alleinige Zuständigkeit der Gemeinden für die Billigkeitsmaßnahmen unter dem Sanierungserlass nur auf das gewerbesteuerliche Erhebungsverfahren beschränkt.21 Für Billigkeitsmaßnahmen im Festsetzungsverfahren sei hingegen das Finanzamt zuständig, das insoweit berechtigt sei, gem. § 163 S. 1 AO eine abweichende Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags entsprechend der übergesetzlichen Verlustverrechnung nach Rn. 8 des Sanierungserlasses vorzunehmen. Dieser Ansicht ist der BFH mit Urteil vom 25.4.2012 entgegengetreten.22 Der BFH ging dabei nicht im Detail auf die Voraussetzungen des Sanierungserlasses und den Umfang der Billigkeit gem. § 163 AO ein. Vielmehr stellt der BFH pauschal fest, dass der Sanierungserlass weder eine allgemeine Verwaltungsvorschrift der Bundesregierung noch eine allgemeine Verwaltungsvorschrift einer obersten Landesfinanzbehörde im Sinne des § 184 Abs. 2 AO sei. Aus dem Sanierungserlass könne sich 17 Es wird daher zurecht für ein zentralisiertes Verfahren plädiert: Eilers/Bühring, StuW 2009, 255. 18 Vgl. auch: Eilers/Bühring, FR 2012, 429; Fest, NZI 2011, 345 (346). Zur uneinheitlichen Ermessensentscheidung der Gemeinden, s. Kamps/Weil, FR 2014, 913. 19 Gesetz zur Anpassung der Abgabenordnung an den Zollkodex der Union und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 22.12.2014, BGBl. I 2014, 2417 (2419). 20 Z.B. Günther, AO-StB 2015, 1; Vogel/Schlüter, DB 2015, 344; Wiese/Lukas, DB0692552; dies., DStR 2015, 1222 ff.; Grashoff, Steuerrecht 2015, 11. Aufl., Rn. 1. 21 FG Düsseldorf v. 16.3.2011 – 7 K 3831/10 AO, EFG 2011, 1685; Seer, FR 2010, 306 (310). 22 BFH v. 25.4.2012 – I R 24/11, BFH/NV 2012, 1516.

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damit bei der Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags grundsätzlich keine Zuständigkeit des Finanzamts zur abweichenden Festsetzung aus sachlichen Billigkeitsgründen nach § 163 S. 1 AO ergeben; zuständig dafür seien die Gemeinden.23 2. Rechtslage seit Neufassung des § 184 Abs. 2 S. 1 AO durch das Zollkodex-Anpassungsgesetz Als Reaktion auf das BFH-Urteil vom 25.4.2012 hat der Gesetzgeber mit dem Zollkodex-Anpassungsgesetz den § 184 Abs. 2 S. 1 AO um den Zusatz „der obersten Bundesfinanzbehörde“ ergänzt. § 184 Abs. 2 S. 1 AO lautet nunmehr wie folgt: 1Die

Befugnis, Realsteuermessbeträge festzusetzen, schließt auch die Befugnis zu Maßnahmen nach § 163 Satz 1 ein, soweit für solche Maßnahmen in einer allgemeinen Verwaltungsvorschrift der Bundesregierung, der obersten Bundesfinanzbehörde oder einer obersten Landesfinanzbehörde Richtlinien aufgestellt worden sind.

§ 184 Abs. 2 S. 1 AO ist in seiner neuen Fassung für Maßnahmen nach dem 31.12.2014 anzuwenden, auch wenn die Billigkeitsmaßnahmen Besteuerungszeiträume betreffen, die vor dem 1.1.2015 abgelaufen sind, § 10c EGAO n.F.24 a) Gesetzgeberische Intention Mit der Neufassung des § 184 Abs. 2 S. 1 AO ist das o.g. BFH-Urteil vom 25.4.2012 überholt. Es scheint damit unstreitig, dass die Befugnis, Realsteuermessbeträge festzusetzen auch die Befugnis zu Maßnahmen nach § 163 S. 1 AO umfasst, soweit für diese in einer allgemeinen Verwaltungsvorschrift der obersten Bundesfinanzbehörde (also insbesondere sog. BMF-Schreiben) Richtlinien aufgestellt worden sind.25 Hierdurch 23 Dem Urteil widersprechen Hageböke/Stangl, Ubg 2012, 598 (605 f.), die ausführen, dass BMF-Schreiben nach Übernahme in einen Umsetzungserlass zu allgemeinen Verwaltungsvorschriften der obersten Landesfinanzbehörden transformiert werden und jedenfalls dann gegenüber den nachgeordneten Landesfinanzbehörden rechtliche Bindungswirkung entfalten. 24 Gesetz zur Anpassung der Abgabenordnung an den Zollkodex der Union und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 22.12.2014, BGBl. I 2014, 2417 (2420). 25 Vgl. Regierungsbegründung zum Gesetzentwurf v. 3.11.2014, BT-Drs. 18/3017, 34; Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 3 FVG, Rn. 4; Manke, DStZ 2002, 70 (71). Vgl. allerdings Hageböke, FR 2015, 539 ff. zu verfassungsrechtlichen Bedenken gegen eine Kompetenz des BMF zum Erlass von allgemeinen Verwaltungsvorschriften (auch) für das Gewerbesteuermessbetragsverfahren.

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sollte ausweislich der Gesetzesbegründung26 eine bisher von keiner Seite in Frage gestellte Verwaltungspraxis abgesichert werden, an der durch das BFH-Urteil vom 25.4.2012 Zweifel geweckt worden seien. Aus dem BMF ist zu vernehmen, dass der Gesetzgeber hierbei beispielsweise Billigkeitsmaßnahmen nach Rn. 22.23 des UmwSt-Erlasses (BMF v. 11.11.2011, BStBl. I 2011, 1314) im Blick gehabt habe, die – entsprechend der bisherigen Verwaltungspraxis – weiterhin auch für die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags maßgebend sein sollten.27 b) Einfluss der Neufassung auf die Zuständigkeit unter dem Sanierungserlass Fraglich ist, ob seit der Neufassung des § 184 Abs. 2 S. 1 AO die Finanzämter berechtigt sind, in Sanierungsfällen den Gewerbesteuermessbetrag nach Maßgabe von §§ 184 Abs. 2 S. 1, 163 S. 1 AO im Wege der Billigkeit niedriger festzusetzen. Dies wäre – und hieran dürfte nach der Gesetzesänderung auch der BFH keine Zweifel mehr haben – der Fall, wenn und soweit der Sanierungserlass für eine abweichende Festsetzung nach §§ 184 Abs. 2 S. 1, 163 S. 1 AO entsprechende Richtlinien aufstellt. Die Finanzverwaltung vertritt jedoch seit jeher die Auffassung, dass der Sanierungserlass keine Richtlinien für Maßnahmen im Sinne von §§ 184 Abs. 2 S. 1, 163 S. 1 AO vorsieht.28 Vielmehr enthalte der Sanierungserlass in dem für § 163 AO relevanten Festsetzungsverfahren in Rn. 8 lediglich Richtlinien für eine übergesetzliche Verlustverrechnung. Diese richtet sich – so die Finanzverwaltung – nicht nach § 163 S. 1 AO, sondern nach § 163 S. 2 AO. Gemäß § 163 S. 2 AO können einzelne Besteuerungsgrundlagen, die die Steuer mindern, unbeschadet von Ausgleichs- und Verrechnungsbeschränkungen zu einer früheren Zeit berücksichtigt werden. Für diese übergesetzliche Verlustverrechnung seien nach §§ 184 Abs. 2 S. 2, 163 S. 2 AO die Gemeinden zuständig, weil die Verlustverrechnung die gewerblichen Einkünfte als Grundlage für die Festsetzung der Steuern vom Einkommen nicht beeinflusst.

26 Regierungsbegründung zum Gesetzentwurf v. 3.11.2014, BT-Drs. 18/3017, 34. 27 Nach Rn. 22.23 UmwStE kann unter bestimmten Voraussetzungen billigkeitshalber von der rückwirkenden Besteuerung eines Einbringungsgewinn, der bei der Übertragung sperrfristbehafteter Anteile nach § 22 Abs. 1 und 2 UmwStG ausgelöst wird, abgesehen werden. 28 Vgl. OFD Magdeburg v. 14.10.2005 – G 1498–3 – St 213, GewSt-Kartei ST § 16 GewStG Karte 1; LfSt Bayern v. 8.8.2006 – S 2140 - 6 St 3102M, FR 2006, 900; OFD Hannover v. 26.8.2006 – G 1498 - 16 - StO 252.

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In der Literatur und von Finanzgerichten wird hingegen davon ausgegangen, dass der Sanierungserlass auch für die gewerbesteuerliche übergesetzliche Verlustverrechnung Richtlinien im Sinne von § 163 S. 1 AO aufstelle.29 Teilweise wird auch vorgetragen, der Sanierungserlass ermächtige zu einer Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags auf „null“, und zwar auch dann, wenn kein (hinreichendes) Verlustverrechnungspotential vorliegt.30 Das FG Düsseldorf31 stützt dies u.a. auf die Gesetzesbegründung32 zur Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG, auf das vom Gesetzgeber seither zum Ausdruck gebrachte Verständnis zur Nichtbesteuerung von Sanierungsgewinnen nach dem Sanierungserlass33 und auf die ständige Rechtsprechung bereits des RFH34 vor Einführung des § 3 Nr. 66 EStG a.F., nach der Sanierungsgewinne bereits bei der Gewinnermittlung unberücksichtigt blieben. Auf das Konkurrenzverhältnis zu § 163 S. 2 AO und die Frage nach der gerichtlichen Überprüfbarkeit der Auslegung von Verwaltungsanweisungen35 wird dabei – soweit ersichtlich – nicht näher eingegangen. Nach unserer Auffassung ist die Sichtweise der Finanzverwaltung – so bedauerlich dies für die Praxis ist – nicht ohne Weiteres zu widerlegen. § 163 S. 2 AO scheint im Hinblick auf die Verlustverrechnung gegenüber § 163 S. 1 AO die passendere Vorschrift zu sein. Denn die periodenversetzte Berücksichtigung von Besteuerungsgrundlagen (wie Verlustvorträge im Rahmen einer übergesetzlichen Verlustverrechnung) wird 29 So auch: FG Düsseldorf v. 16.3.2011 – 7 K 3831/10 AO, EFG 2011, 1685; aufgehoben durch BFH v. 25.4.2012 – I R 24/11, DStR 2012, 1544; Seer, FR 2010, 306 (310). 30 FG Düsseldorf v. 16.3.2011 – 7 K 3831/10 AO, EFG 2011, 1685 (Rn. 16 f. – juris). 31 Vgl. Verweis des FG Düsseldorf v. 16.3.2011 – 7 K 3831/10 AO, EFG 2011, 1685 unter Rn. 16 (juris) auf die Entscheidungsgründe des BFH v. 17.7.2010 – X R 34/08, BStBl. II 2010, 916, unter B.II.4. 32 Vgl. BT-Drs. 13/7480, 192. 33 So z.B. Entwurf eines Unternehmensteuerreformgesetzes 2008, BT-Drs. 16/4841, 76: „Sanierungsgewinne sind bereits nach geltender Rechtslage vorrangig mit vorhandenen Verlustvorträgen zu verrechnen. Von einer Besteuerung des überschießenden Betrags kann auch ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung im Billigkeitswege abgesehen werden (vgl. Schreiben des Bundesministers der Finanzen vom 27. März 2003; …)“. 34 RFH v. 21.10.1931 – VI. A 968/31, RFHE 29, 315; kritisch zu der vom RFH angenommenen außerbetrieblichen Zuwendung des Vermögensvorteils, den der Unternehmer in sein Unternehmen einlege, BFH v. 4.8.1961 – VI 35/61 U, BStBl. III 1961, 516. 35 Zur gerichtlichen Überprüfbarkeit der Auslegung von Verwaltungsanweisungen durch die Finanzverwaltung im Allgemeinen vgl. z.B. BFH v. 27.10.1978 – VI R 8/76, BStBl. II 1979, 54; Oellerich in Beermann/Gosch, § 163 AO Rn. 199.

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gerade nicht in § 163 S. 1 AO, sondern in § 163 S. 2 AO geregelt.36 Zudem unterscheidet der Sanierungserlass klar zwischen der Billigkeit im Festsetzungsverfahren und der Billigkeit im Erhebungsverfahren. Dabei lässt sich dem Sanierungserlass insbesondere aus Rn. 8 S. 2 ff. entnehmen, dass sich im Festsetzungsverfahren die Billigkeit in der übergesetzlichen Verlustverrechnung nach § 163 S. 2 AO erschöpfen soll, d.h. kein Raum für eine (weitere) Billigkeit nach § 163 S. 1 AO verbleibt. Denn ein nach der Verlustverrechnung verbleibender Sanierungsgewinn soll nach der Konzeption des Sanierungserlasses der Billigkeit im Erhebungsverfahren überlassen werden, indem eine hierauf entfallende Steuer gestundet und ggf. später erlassen wird. Für die Billigkeit im Erhebungsverfahren (Stundung, Erlass) ist es ausdrücklich in Rn. 15 des Sanierungserlasses geregelt und daher auch unstreitig, dass entsprechende Billigkeitsmaßnahmen für die Gewerbesteuer in den Zuständigkeitsbereich der Gemeinden fallen. Eine ausdrückliche Anordnung der ausschließlichen Zuständigkeit der Gemeinden für Billigkeitsmaßnahmen im Festsetzungsverfahren fehlt zwar im Sanierungserlass. Allerdings dürfte eine solche Regelung vor dem Hintergrund der gesetzlichen Zuständigkeitsregelung in §§ 184 Abs. 2 S. 2, 163 S. 2 AO auch nicht erforderlich sein. Denn § 184 Abs. 2 S. 2 stellt klar, dass eine Maßnahme (der Finanzverwaltung) nach § 163 S. 2 AO nur dann für den Gewerbeertrag als Grundlage für die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags wirkt, wenn und soweit sie die gewerblichen Einkünfte als Grundlage für die Festsetzung der Steuer vom Einkommen beeinflusst. Dies ist bei einer (übergesetzlichen) Verlustverrechnung nicht der Fall. Daher mag es als folgerichtig angesehen werden, dass der Sanierungserlass § 10a GewStG nicht aufführt. Der Position der Finanzverwaltung kann auch nicht die Gesetzesbegründung zur Neufassung des § 184 Abs. 2 S. 1 AO entgegengehalten werden. Denn ausweislich der Gesetzesbegründung sollte mit der Neufassung des § 184 Abs. 2 S. 1 AO – wie bereits ausgeführt – lediglich eine bisher von keiner Seite in Frage gestellte Verwaltungspraxis abgesichert werden, an der durch das BFH-Urteil vom 25.4.2012 Zweifel geweckt worden sein könnten. Die seit jeher umstrittene Frage, ob Finanzämter auch für die gewerbesteuerliche übergesetzliche Verlustverrechnung unter dem Sanierungserlass zuständig sind, kann damit schlicht nicht gemeint sein. Es soll hier nicht bezweifelt werden, dass gegen die Auffassung der Finanzverwaltung (oder besser: gegen die bestehende Rechtslage) Praktikabilitätserwägungen sprechen. Denn die Finanzverwaltung kann sicher36 Vgl. Oellerich in Beermann/Gosch, § 163 AO Rn. 194; Loose in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 163 AO Rn. 14.

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lich sachnäher und in Übereinstimmung mit ihrer zur Körperschaftsteuer vertretenen Auffassung effizienter über die Gewährung des Sanierungserlasses entscheiden.37 Dies würde sich u.E. in vernünftiger Weise über eine (um vorrangige übergesetzliche Verlustverrechnungen modifizierte) Wiedereinführung von § 3 Nr. 66 EStG erreichen lassen. Die Neufassung von § 184 Abs. 2 S. 1 AO war hierzu weder geeignet noch bestimmt. 3. Zusammenfassung Es ist entgegen anderer Stimmen im Schrifttum davon auszugehen, dass die Finanzverwaltung auch nach der Neufassung von § 184 Abs. 2 S. 1 AO von einer alleinigen Zuständigkeit der Gemeinden für Billigkeitsmaßnahmen im Zusammenhang mit dem Sanierungserlass (Verrechnung, Stundung, Erlass) ausgehen wird.38 Dies gilt auch für Billigkeitsmaßnahmen im Festsetzungsverfahren, weil der Sanierungserlass nach der Auffassung der Finanzverwaltung keine Richtlinien für Maßnahmen nach § 163 S. 1 AO aufstellt, sondern lediglich eine übergesetzliche Verlustverrechnung nach Maßgabe von § 163 S. 2 AO (auf den § 184 Abs. 2 S. 1 gerade nicht verweist) vorsieht. Die gesetzgeberische Initiative bzgl. § 184 Abs. 2 S. 1 AO ist somit für andere Fälle hilfreich – z.B. für die Billigkeitsregelung zu § 22 Abs. 1 und 2 UmwStG39 –, die Praxisprobleme im Zusammenhang mit dem Sanierungserlass werden hierdurch bedauerlicherweise aber wohl nicht gelöst.

B. Neuere Entwicklungen zu insolvenzbedingten Beendigungen von Organschaften Mit Urteil vom 8.8.2013 und Beschluss vom 19.3.2014 hat der BFH seine Rechtsprechung zur Beendigung bestehender organisatorischer Eingliederungen bei Bestellung eines (vorläufigen) Insolvenzverwalters und für 37 Vgl. Seer, FR 2010, 306 (309 f.). 38 So bereits OFD Nordrhein-Westfalen v. 6.2.2015, Kurzinformation Gewerbesteuer, DB 2015, 345, und auch Stimmen aus dem BMF. Der Beitrag von Hörster, NJW 2014, 3082 (3096) soll – so die Stimmen aus dem BMF – nicht die Auffassung des BMF bzw. der Finanzverwaltung wiedergeben. Entsprechendes sollte für die von Günther, AO-StB 2015, 1 vertretene Auffassung gelten. 39 Gemäß Rn. 22.23 des UmwSt-Erlasses (BMF v. 11.11.2011, BStBl. I 2011, 1314) kann unter bestimmten Voraussetzungen billigkeitshalber von der rückwirkenden Besteuerung eines Einbringungsgewinn, der bei der Übertragung sperrfristbehafteter Anteile nach § 22 Abs. 1 und 2 UmwStG ausgelöst wird, abgesehen werden.

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den Fall der Eigenverwaltung geändert. Die Entscheidungen sind zur umsatzsteuerlichen Organschaft ergangen (dazu unter I.). Gleichwohl geben die Urteilsbegründungen Anlass zu der Frage, ob auch die Bestellung eines (vorläufigen) Insolvenzverwalters einer finanziellen Eingliederung für Zwecke der ertragsteuerlichen Organschaft entgegenstehen kann (dazu unter II.).

I. Umsatzsteuerliche Organschaft Nach bisheriger Verwaltungsauffassung endete eine umsatzsteuerliche Organschaft nicht zwingend mit der Bestellung eines (vorläufigen) Insolvenzverwalters oder der Anordnung der Eigenverwaltung für die Organgesellschaft oder den Organträger.40 Denn für eine organisatorische Eingliederung sollte es genügen, wenn der Organträger eine von seinem Willen abweichende Willensbildung in der Organgesellschaft ausschließen konnte.41 Eine bestehende organisatorische Eingliederung endete danach nicht bereits durch42 – die Bestellung eines vorläufigen schwachen Insolvenzverwalters für die Organgesellschaft und/oder ihren Organträger, – die Bestellung desselben (vorläufigen starken) Insolvenzverwalters für die Organgesellschaft und ihren Organträger oder – die Anordnung der (vorläufigen) Eigenverwaltung über das Vermögen der Organgesellschaft und/oder ihren Organträger.43 In diesen Fällen – so die Finanzverwaltung – sei die für die organisatorische Eingliederung notwendige wesentlichen Einflussnahme des Organträgers auf die Organgesellschaft trotz Insolvenz weiterhin möglich.44 Die organisatorische Eingliederung entfiele hingegen bei der Bestellung eines (starken vorläufigen) Insolvenzverwalters bei der Organgesellschaft, der nicht zugleich auch (starker vorläufiger) Insolvenzverwalter des Organträgers war.45

40 Abschn. 2.8 Abs. 12 UStAE. 41 Abschn. 2.8 Abs. 7 UStAE. 42 Vgl. Abschn. 2.8 Abs. 12 UStAE; OFD Hannover v. 6.8.2007 – S 7105–49 – StO 172, UR 2007, 867 (868 – Rn. 1.3); OFD Frankfurt a.M. v. 11.6.2014 – S 7105 A – 21 – St 110, UR 2014, 783 f. 43 Zu Ausnahmen vgl. Rühland Sanierungs- und Insolvenzsteuerrecht, 2. Aufl., Rn. 9.203 ff. 44 OFD Hannover v. 6.8.2007 – S 7105–49 – StO 172, UR 2007, 867 (868 – Rn. 1.3.2). 45 Vgl. Abschn. 2.8 Abs. 12 UStAE.

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Dieser Verwaltungsauffassung hatte der BFH bislang nicht widersprochen.46 Vielmehr konnte es auch nach dem BFH für eine organisatorische Eingliederung genügen, wenn der Organträger eine abweichende Willensbildung in der Organgesellschaft ausschließen konnte.47 Den von der Finanzverwaltung angewandten Grundsätzen zum möglichen Fortbestand einer umsatzsteuerlichen Organschaft bei Bestellung eines (vorläufigen) Insolvenzverwalters hat der BFH zwischenzeitlich jedoch mehrere Absagen erteilt: – Zum einen fordert der BFH im Urteil vom 8.8.2013, dass der Organträger nicht nur Entscheidungen des Organträgers verhindern, sondern weitergehend seinen Willen aktiv in der Organgesellschaft durchzusetzen können muss.48 Nur dann – so der BFH – könne der Organträger für alle Organgesellschaften die Aufgabe als „Steuereinnehmer für Rechnung des Staates“ erfüllen. Danach endet eine Organschaft z.B. auch mit Bestellung eines vorläufigen schwachen Insolvenzverwalters für die Organgesellschaft. – Zum anderen ist nach dem AdV-Beschluss des BFH vom 19.3.2014 weitergehend davon auszugehen, dass eine Organschaft mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Organträgers und der Organgesellschaft aufgrund des insolvenzrechtlichen Einzelverfahrensgrundsatzes endet.49 Dies gilt nach den Ausführungen des BFH auch, wenn für den Organträger und die Organgesellschaft derselbe Insolvenzverwalter bestellt oder die Eigenverwaltung angeordnet ist. Unter anderem widerspreche es dem Grundsatz der Belastungsneutralität der Umsatzzurechnung, wenn die aus der Organschaft resultierenden Ausgleichsansprüche innerhalb des Organkreises wegen der Insolvenz des Organträgers, der Organgesellschaft oder beider nicht durchsetzbar sind.50 Wie es der BFH bereits im Urteil vom 8.8.2014 angedeutet hat, geht er davon aus, dass eine organisatorische Eingliederung fehlt, wenn der Organträger aus insolvenzrechtlichen Gründen etwaige Ausgleichsansprüche für abgeführte Umsatzsteuer gegen die Organgesellschaft nicht durchsetzen kann.51 46 Zur h.M. vor der Rechtsprechungsänderung durch das Urteil des BFH v. 8.8.2013 – V R 18/13, BFH/NV 2013, 1747 vgl. Rühland, Sanierungs- und Insolvenzsteuerrecht, 2. Aufl., Rn. 9.183 ff. 47 Vgl. nur: BFH v. 20.2.1992 – V R 80/85, BFH/NV 1993, 133. 48 BFH v. 8.8.2013 – V R 18/13, BFH/NV 2013, 1747 (unter II.3.a) und b); bestätigt durch BFH v. 3.7.2014 – V R 32/13, BFH/NV 2014, 1867. 49 BFH v. 19.3.2014 – V B 14/14, BFH/NV 2014, 999 (unter II.4.c)). 50 BFH v. 19.3.2014 – V B 14/14, BFH/NV 2014, 999 (unter II.3.c)). 51 BFH v. 19.3.2014 – V B 14/14, BFH/NV 2014, 999 (unter II.4.d), II.3.d) und unabhängig von dem Merkmal der organisatorischen Eingliederung auch unter II.4.b)aa)).

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Der BFH brauchte bislang zwar nicht abschließend darüber entscheiden, ob eine bestehende umsatzsteuerliche Organschaft auch dann zwingend endet, wenn nur für den Organträger ein (vorläufiger) Insolvenzverwalter bestellt oder für den Organträger und/oder die Organgesellschaft die vorläufige Eigenverwaltung angeordnet wird. Die Begründungen des BFH zur Beendigung der umsatzsteuerlichen Organschaft bei Insolvenzeröffnung über das Vermögen des Organträgers legen jedoch nahe, dass auch in diesen Fällen die Organschaft stets endet. Denn auch insoweit spricht vieles dafür, dass die insolvenzrechtliche Massesicherungspflicht Vorrang vor einem zivilrechtlichen Ausgleichsanspruch (z.B. des Anspruchs der Organgesellschaft auf Herausgabe von Umsatzsteuererstattungen) innerhalb des Organkreises hat.52 Die Finanzverwaltung hat auf die Rechtsprechungsänderung mit einem Nichtanwendungserlass reagiert.53 Dementsprechend ist davon auszugehen, dass die Finanzverwaltung einstweilen von einem Fortbestand der umsatzsteuerlichen Organschaft nach alten Grundsätzen ausgehen wird. Die Finanzverwaltung begründet den Nichtanwendungserlass damit, dass vor einer möglichen Änderung der Verwaltungsauffassung die Konsequenzen der Entscheidungen auf Bundesebene erörtert werden54 und die Erkenntnisse aus anhängigen Vorabentscheidungsersuchen des BFH an den EuGH abgewartet werden sollen.55 Die EuGH-Vorlagen betreffen u.a. grundsätzliche Fragen zu den Begriffen der finanziellen, wirtschaftlichen und organisatorischen Eingliederung (wie dem Erfordernis eines Über- und Unterordnungsverhältnisses).56 Es wäre im Interesse der Rechtssicherheit sicherlich wünschenswert, wenn sich die Finanzverwaltung möglichst zeitnah der Rechtsprechung des BFH anschließen könnte. Ein Abwarten der Entscheidungen über die o.g. EuGH-Vorlagen erscheint hierfür nicht zwingend.

II. Ertragsteuerliche Organschaft Im Schrifttum wird vertreten, dass die geänderte BFH-Rechtsprechung zur Beendigung der umsatzsteuerlichen Organschaft bei Eröffnung des (vorläufigen) Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Organträgers

52 Vgl. Kahlert/Schmidt, DStR 2014, 419. 53 BMF v. 5.5.2014, BStBl. I 2014, 820. 54 OFD Frankfurt a.M. v. 11.6.2014 – S 7105 A – 21 – St 110, UR 2014, 783 (784 – Rn. 2.4). 55 BMF v. 5.5.2014, BStBl. I 2014, 820. 56 BFH v. 11.12.2013 – XI R 17/11, BStBl. II 2014, 417 und 428.

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und/oder der Organgesellschaft auf die ertragsteuerliche Organschaft (§§ 14 ff. KStG; § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG) übertragbar sei.57 Für diese Auffassung wird im Wesentlichen angeführt: – Bei Eröffnung des vorläufigen Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Organträgers entfalle die für die ertragsteuerliche Organschaft vorausgesetzte finanzielle Eingliederung der Organgesellschaft, weil in diesem Fall auch bei einer Stimmrechtsmehrheit keine Durchsetzung der Mehrheitsmacht mehr gewährleistet sei.58 Die Organgesellschaft sei vielmehr berechtigt und verpflichtet, Leistungsverweigerungsrechte aus § 273 BGB gegenüber Weisungen des Organträgers geltend zu machen, da der Organträger etwaige Verlustausgleichsverpflichtungen nicht mehr erfüllen könne.59 – Bei Eröffnung des vorläufigen Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Organgesellschaft ende die Organschaft, weil die Erfüllung etwaiger Gewinnabführungsverpflichtungen an der vorrangigen Massesicherungspflicht (§ 38 InsO) scheitere und dem Organträger auch hier die Stimmrechtsmehrheit keine Durchsetzung einer Mehrheitsmacht gegenüber der Organgesellschaft sichere.60 Die Vertreter dieser Auffassung gehen somit davon aus, dass die finanzielle Eingliederung nur gegeben ist, wenn der Organträger eine durch die Mehrheitsbeteiligung vermittelte Mehrheitsmacht in der Organgesellschaft positiv durchsetzen kann.61 Gegen diese Sichtweise wird zurecht eingewandt, dass eine faktische Durchsetzungskraft nach der Legaldefinition der finanziellen Eingliederung in § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 1 KStG nicht erforderlich ist.62 Die finanzielle Eingliederung setzt nach § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 1 KStG lediglich voraus, dass dem Organträger die Mehrheit der Stimmrechte aus den Anteilen an der Organgesellschaft vom Beginn deren Wirtschaftsjahrs an ununterbrochen zusteht. Dafür genügt es nach der h.M., wenn der Organträger wirtschaftlicher Eigentümer der Beteiligung an der Or57 Kahlert, DStR 2014, 73 ff. Zu dem bisher schon umstrittenen Schicksal der ertragsteuerlichen Organschaft im Kontext einer Insolvenz von Organträger und/oder Organgesellschaft, vgl. z.B. Frotscher, Besteuerung bei Insolvenz, 8. Aufl. 2014, 189 f.; Roth, Insolvenzsteuerrecht, 1. Aufl. 2011, 443 ff. 58 Kahlert, DStR 2014, 73 ff.; Dötsch in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, § 14 KStG Rn. 254. 59 Ebenda. 60 Dötsch in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, § 14 KStG Rn. 253. 61 Vgl. Kahlert, DStR 2014 S. 73 (74); Dötsch in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, § 14 KStG Rn. 253. 62 Vgl. auch: Wagner/Fuchs, BB 2014, 2583 (2587).

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gangesellschaft ist, die ihm die Mehrheit der Stimmrechte vermittelt.63 Das wirtschaftliche Eigentum verbleibt auch nach Eröffnung eines (vorläufigen) Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Organträgers und/ oder der Organgesellschaft beim Organträger und geht nicht etwa auf den Insolvenzverwalter über.64 Der tatsächlichen Wahrnehmung dieser Stimmrechte oder einer anderweitigen Einflussnahme auf die Geschäftsführung bedarf es hingegen nicht. Die wesentlichen Unterschiede zwischen der Stimmrechtsmehrheit für die finanzielle Eingliederung und der Einflussnahme auf das Tagesgeschäft als Ausprägung der im Ertragssteuerrecht nicht erforderlichen organisatorischen Eingliederung zeigen sich besonders deutlich bei einer Aktiengesellschaft. Denn § 76 Abs. 1 AktG gewährleistet innerhalb der aktienrechtlichen Zuständigkeitsordnung im Grundsatz die Eigenständigkeit des Vorstandes bei der operativen Unternehmensführung,65 die gerade nicht durch entsprechende Weisungsrechte der Hauptversammlung oder einzelner Aktionäre suspendiert wird. Eine Mehrheit in der Hauptversammlung gewährleistet somit schon gesellschaftsrechtlich nicht zwangsläufig die tatsächliche Willensdurchsetzung in der Geschäftsführung der Aktiengesellschaft.66 Dass ein Aktionär mit der relevanten Stimmrechtsmehrheit die Voraussetzungen der finanziellen Eingliederung erfüllt, wird hier hingegen nicht in Frage gestellt. Den Vertretern der Auffassung zur Übertragbarkeit der zur Umsatzsteuerorganschaft ergangenen BFH-Rechtsprechung auf die ertragsteuerliche Organschaft ist allerdings (fern der gesetzlich normierten Tatbestandsvoraussetzungen der ertragsteuerlichen Organschaft) darin zuzustimmen, dass der insolvenzrechtliche Einzelverfahrensgrundsatz mit der Gruppenbesteuerungssystematik einer (ertrag- und umsatzsteuerlichen) Organschaft im Widerspruch stehen kann. Es mag daher in der Tat sachgerecht sein, einheitlich von einer Beendigung von ertrag- und umsatzsteuerlichen Organschaften auszugehen, wenn und soweit für Gesellschaften eines Organkreises das Insolvenzverfahren beantragt wurde

63 Dötsch in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, § 14 KStG Rn. 112; Neumann in Gosch, Körperschaftsteuergesetz, 2. Aufl. 2009, Rn. 127; Walter in Ernst & Young, KStG, § 14 KStG, Rn. 273 ff. 64 Neumann in Gosch, Körperschaftsteuergesetz, 2. Aufl. 2009, Rn. 129. 65 Einschränkungen ergeben sich lediglich aus den ungeschriebenen Zustimmungsvorbehalten der Hauptversammlung bei wesentlichen Strukturentscheidungen („Holzmüller“) sowie infolge der Ausübung von Weisungsrechten des herrschenden Unternehmens im Rahmen von Beherrschungsverträgen gem. §§ 291, 308 AktG und bei der Eingliederung gem. §§ 319, 323 AktG. 66 Vgl. Wagner/Fuchs, BB 2014, 2583 (2587).

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und ein (mindestens) schwacher Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt (in der Praxis der absolute Regelfall) bestellt worden ist. In jedem Fall ist die Finanzverwaltung und – im Hinblick auf die Behandlung der ertragsteuerlichen Organschaft in der Insolvenz – wohl auch der Gesetzgeber aufgerufen, in diesem in der Praxis wichtigen Regelungskomplex für mehr Rechtssicherheit zu sorgen. Dabei sollte auch eine Klärung im Hinblick auf das Schicksal von noch nicht fünf Jahre bestehenden ertragsteuerlichen Organschaften herbeigeführt werden. Denn nach dem Wortlaut des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 KStG ist nur die vorzeitige Kündigung des Gewinnabführungsvertrags aus wichtigem Grund unschädlich. Endet die Organschaft während der fünfjährigen Mindestlaufzeit hingegen aus einem anderen Grund – z.B. weil entsprechend der o.g. Sichtweise die finanzielle Eingliederung entfällt –, ist nicht gesichert, dass die Organschaft für die vorangegangenen Wirtschaftsjahre von der Finanzverwaltung anerkannt wird.67 Bis dahin wird in der Praxis im Einzelfall zu prüfen sein, ob der Gewinnabführungsvertrag (idealerweise nach Abstimmung mit der Finanzverwaltung) nicht vorsorglich auf den Zeitpunkt der Bestellung des vorläufigen Insolvenzverwalters (bzw. eine logische Sekunde zuvor) aus wichtigem Grund gekündigt bzw. einvernehmlich aufgehoben68 werden sollte.

III. Stellungnahme Die Ausführungen zeigen, dass die Unsicherheiten für die Beratungspraxis im Sanierungssteuerrecht durch die aktuellen Entwicklungen eher noch zugenommen haben.

67 Eine Beendigung von Gewinnabführungsverträgen durch Gesetz halten zumindest bei Vorliegen eines wichtigen Grundes zutreffend für unschädlich: Dötsch in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, § 14 KStG Rn. 223a; Frotscher, in: Frotscher/Maas, § 14 KStG Rn. 680 ff.; Sterner, in: HHR, EStG/KStG, § 14 KStG Rn. 212; Walter in E&Y, § 14 KStG Rn. 782; Noch weitergehend sei nach Lange auch die Beendigung einer Organschaft wegen Entfallens der finanziellen Eingliederung unschädlich, wenn ein wichtiger Grund vorliegt, vgl. Lange, GmbHR 2011, 807 (808). Dötsch differenzierend nach der Mindestlaufzeit des Gewinnabführungsvertrags, der finanziellen Eingliederung und anderen Organschaftsvoraussetzungen, vgl. Dötsch in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, § 14 KStG Rn. 223c, 231, 232; ein Entfallen der finanziellen Eingliederung ist nach Rn. 232 für sich genommen unschädlich für Vorjahre. 68 Zur Unschädlichkeit der einvernehmlichen Aufhebung eines Gewinnabführungsvertrags aus wichtigem Grund vgl. BFH v. 13.11.2014 – I R 45/12, BStBl. II 2014, 486.

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Schwahn, Neues zum Sanierungssteuerrecht

Im Kontext des Sanierungserlasses sind nach wie vor nicht alle Fragestellungen abschließend geklärt. Insbesondere ist die Finanzverwaltung dazu übergegangen, den Sanierungsgewinn in einem gesonderten Verrechnungskreis um Sanierungskosten und – in Veräußerungsfällen – laufende Verluste bis zur Höhe eines Veräußerungsgewinns zu kürzen. Diese Sichtweise findet keine Grundlage im Sanierungserlass und kann zumindest im Einzelfall zu unbilligen Ergebnissen führen. Zudem bleibt das für die Praxis große Problem der Zuständigkeit der Gemeinden für Billigkeitsmaßnahmen unter dem Sanierungserlass ungelöst. Die gesetzgeberische Regelung des § 184 Abs. 2 S. 1 AO wird hier wohl keine Abhilfe schaffen. Insoweit bleibt der erneute Hinweis an den Gesetzgeber, über eine Wiedereinführung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. nachzudenken. Schließlich ist die Behandlung der umsatzsteuerlichen Organschaft in der Insolvenz durch die allgemeinen Grundsätze der Finanzverwaltung in Teilen durch den BFH in Frage gestellt worden. Wegen des entsprechenden Nichtanwendungserlasses besteht in diesen Bereich gegenwärtig Ungewissheit. Ungeklärt ist zudem, welche Auswirkungen sich aus der geänderten Rechtsprechung für die ertragsteuerliche Organschaft ergeben. Der Gesetzgeber und die Finanzverwaltung bleiben aufgerufen in diesem wichtigen Regelungsbereich für ein höheres Maß an Rechtssicherheit und Verlässlichkeit zu sorgen.

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Aktuelle Praxisfragen des Grunderwerbsteuerrechts Dr. Stefan Behrens Steuerberater, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht, Frankfurt a.M. Inhaltsübersicht 1. Gesellschafterwechsel bei Personengesellschaften (§ 1 Abs. 2a GrEStG) 1.1 Grundfall 1.2 „Wertungsbruch“ bei der Auslegung der Tatbestandsmerkmale „unmittelbarer“ und „mittelbarer“ Anteilsübergang 1.3 Rechtsformneutralität bei mittelbarem Gesellschafterwechsel? 1.4 Fünf-Jahres-Frist bei mittelbarem Gesellschafterwechsel 1.5 Der entrechtete Altgesellschafter (Anteilszurechnung nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO durch den BFH) 2. Die rechtliche Anteilsvereinigung i.S.v. § 1 Abs. 3 GrEStG 2.1 Vereinigung aller Anteile einer Grundstücks-KG in einer Hand und Nichterhebung der Grunderwerbsteuer nach § 6 Abs. 2 GrEStG

2.2 Übertragung bereits vereinigter Anteile auf mehrere 100 %ige Tochtergesellschaften 2.3 Mittelbare Anteilsvereinigung über Personengesellschaften 2.4 Anteilsvereinigung im Organkreis 3. Die rechtliche Anteilsvereinigung infolge Innehabung einer sog. wirtschaftlichen Beteiligung in Höhe von mindestens 95 % (§ 1 Abs. 3a GrEStG) 3.1 „Drittbestimmter“ Anfall von Grunderwerbsteuer nach § 1 Abs. 3a GrEStG 3.2 Tatbestandsmerkmal „Innehaben“ in § 1 Abs. 3a GrEStG 3.3 Irrelevanz schuldrechtlicher Absprachen zwischen den mehreren Gesellschaftern der Grundstücksgesellschaft im Rahmen von § 1 Abs. 3, Abs. 3a GrEStG 4. Ausblick

Die aktuellen Entwicklungen im Grunderwerbsteuerrecht betreffen insbesondere die Grunderwerbsteuer-Tatbestände, die an Anteilsgeschäfte anknüpfen, d.h. – den Gesellschafterwechsel bei Personengesellschaften (§ 1 Abs. 2a GrEStG), – die rechtliche Anteilsvereinigung i.S.v. § 1 Abs. 3 GrEStG und – die rechtliche Anteilsvereinigung infolge Innehabung einer sog. wirtschaftlichen Beteiligung in Höhe von (durchgerechnet) mindestens 95 % am Kapital oder am Vermögen der Gesellschaft (§ 1 Abs. 3a GrEStG). 547

Behrens, Aktuelle Praxisfragen des Grunderwerbsteuerrechts

Die grunderwerbsteuerrechtliche Relevanz dieser Tatbestände setzt voraus, dass zum Vermögen der Gesellschaft mindestens ein inländisches Grundstück gehört. Dies richtet sich nicht nach dem zivilrechtlichen oder wirtschaftlichen Eigentum, sondern nach grunderwerbsteuerrechtlichen Grundsätzen. Diese hat der BFH zuletzt für die Zwecke von § 1 Abs. 3 GrEStG – für § 1 Abs. 2a und Abs. 3a GrEStG gilt insoweit nichts Anderes – im Urteil II R 26/12 vom 11.12.20141 dahingehend konkretisiert, dass im Falle des Grundstückskaufs unter einer aufschiebenden Bedingung oder unter Genehmigungsvorbehalt i.S.v. § 14 GrEStG für die Zurechnung des Grundstücks zum Vermögen der kaufenden Gesellschaft entscheidend ist, dass die aufschiebende Bedingung im Zeitpunkt der Entstehung der Steuer nach § 1 Abs. 3 GrEStG bereits eingetreten ist bzw. die Genehmigung bereits erteilt ist. Dass die Gesellschaft zu dem genannten Zeitpunkt in Höhe von mindestens 95 % i.S.d. Vorschriften in § 1 Abs. 3 und Abs. 3a GrEStG an einer ein Grundstück haltenden Gesellschaft beteiligt ist, genügt nach der Formulierung der Entscheidungsgründe des BFH-Urteils II R 26/12 vom 11.12.2014 nicht, um das Grundstück der Unter-Gesellschaft auch zum Vermögen der Ober-Gesellschaft zu rechnen2. Inwieweit die vom BFH im Urteil II R 26/12 vom 11.12.2014 konkretisierten Grundsätze auch für die Frage, unter wel1 Az. II R 26/12, DStR 2015, 116. 2 Für die Fälle, dass die Gesellschaft („Ober-Gesellschaft“) in Höhe von mindestens 95 % i.S.v. § 1 Abs. 3 oder Abs. 3a GrEStG an einer Gesellschaft beteiligt ist, zu deren Vermögen das Grundstück gehört („Unter-Gesellschaft“), entsprach es bisher der Ansicht der Finanzverwaltung, dass das Grundstück auch zum Vermögen der Ober-Gesellschaft gehört, auch wenn die Ober-Gesellschaft den Tatbestand von § 1 Abs. 3 oder Abs. 3a GrEStG nicht in der Form verwirklicht hatte, dass für das betreffende Grundstück von der Ober-Gesellschaft zu zahlende Grunderwerbsteuer auf den Anteilserwerb angefallen war. Vielmehr wurde es als unbeachtlich angesehen, ob die durch die vorausgegangene Anteilsvereinigung ausgelösten Erwerbsvorgänge besteuert oder durch diese Anteilsvereinigung Erwerbsvorgänge nicht verwirklicht wurden, etwa weil die Gesellschaft zu diesem Zeitpunkt das betreffende Grundstück noch nicht erworben hatte oder das Beteiligungsverhältnis schon seit Gründung der Gesellschaft bestand; vgl. BFH-Urteil v. 12.1.1994 – II R 130/91, BStBl. II 1994, 408; vgl. auch gleich lautende Länder-Erlasse v. 2.12.1999, StEK § 1 GrEStG Nr. 141, Tz. 3, Abs. 3. Unklar ist, ob das BFH-Urteil v. 11.12.2014 – II R 26/12 daran etwas geändert hat, d.h. ob der BFH tatsächlich die Auffassung vertritt, dass das Grundstück der Unter-Gesellschaft nur dann zum Vermögen der Ober-Gesellschaft zu rechnen ist, wenn die Ober-Gesellschaft durch diese Anteilsvereinigung für das betreffende Grundstück einen Erwerbsvorgang nach § 1 Abs. 3 oder Abs. 3a GrEStG verwirklicht hatte. Dies würde die Komplexität der an Anteilsgeschäfte anknüpfenden Grunderwerbsteuer-Tatbestände weiter erhöhen, weil ermittelt werden müsste, ob die Herbeiführung der mindestens 95 %igen Beteiligung in Bezug auf das betreffende Grundstück nach § 1 Abs. 3 oder Abs. 3a GrEStG Grunderwerbsteuer ausgelöst hatte.

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Behrens, Aktuelle Praxisfragen des Grunderwerbsteuerrechts

chen Voraussetzungen ein Grundstück für die Zwecke des § 1 Abs. 2a GrEStG zum Vermögen der Personengesellschaft gehört, ist höchstgerichtlich noch nicht entschieden3.

1. Gesellschafterwechsel bei Personengesellschaften (§ 1 Abs. 2a GrEStG) 1.1 Grundfall Nach § 1 Abs. 2a S. 1 GrEStG gilt, wenn zum Vermögen einer Personengesellschaft ein inländisches Grundstück gehört und sich innerhalb von fünf Jahren der Gesellschafterbestand unmittelbar oder mittelbar dergestalt ändert, dass mindestens 95 % der Anteile am Gesellschaftsvermögen auf neue Gesellschafter übergehen, dies als ein auf die Übereignung eines Grundstücks auf eine neue Personengesellschaft gerichtetes Rechtsgeschäft. Die durch dieses fingierte Rechtsgeschäft nach § 1 Abs. 2a S. 1 GrEStG ausgelöste Grunderwerbsteuer schuldet gem. § 13 Nr. 6 GrEStG die – grunderwerbsteuerrechtlich fingierte neue – Personengesellschaft selbst4. Im folgenden Beispiel wurde die G-KG im Jahr 01 von A und von der B-GmbH gegründet, wobei A einen 98 %igen und die B-GmbH einen 2 %igen Anteil an der G-KG übernommen haben. Die G-KG kaufte von einem Fremden ein Grundstück, was nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG Grunderwerbsteuer auslöste. Im Jahr 02 überträgt A 96 % an der G-KG auf die B-GmbH.

3 Zweifelhaft ist m.E., ob im Anwendungsbereich von § 1 Abs. 2a GrEStG eine Grundstückszurechnung nach den Vorschriften in § 1 Abs. 3, Abs. 3a GrEStG erfolgen kann. Denn bei § 1 Abs. 2a GrEStG geht es nicht um die Zurechnung von Grundstücken zum Gesellschafter, sondern zu einer fingierten neuen Personengesellschaft, vgl. BFH-Beschluss v. 11.9.2002 – II B 113/02, BStBl. II 2002, 777. A.A. ist allerdings die Finanzverwaltung, vgl. Tz. 1.3 der gleich lautenden Erlasse der Obersten Finanzbehörden der Länder v. 18.2.2014, BStBl. I 2014, 561. 4 Dass damit ein am zivilrechtlichen Erwerbsvorgang (d.h. an den Anteilsübergängen) Unbeteiligter Steuerschuldner ist, hält der BFH wegen §§ 718 BGB, 105 Abs. 2, 161 Abs. 2 HGB – danach sei das Gesellschaftsvermögen gemeinschaftliches Vermögen der Gesellschafter – für unproblematisch; vgl. BFH-Beschluss v. 11.9.2002 – II B 113/02, BStBl. II 2002, 777, Tz. 22. Zumindest bei Verwirklichung von § 1 Abs. 2a GrEStG durch (mittelbare) Anteilsübergänge oberhalb von vermittelnden Kapitalgesellschaften ist diese Begründung nicht einschlägig.

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Behrens, Aktuelle Praxisfragen des Grunderwerbsteuerrechts

Durch diesen Anteilsübergang wird – obwohl mehr als 95 % der Anteile an der G-KG auf die B-GmbH übergehen – keine Grunderwerbsteuer nach § 1 Abs. 2a S. 1 GrEStG ausgelöst, weil es sich bei der B-GmbH um eine Gründungs- und damit Altgesellschafterin handelt5. Mangels Anteilsübergang „auf einen neuen Gesellschafter“ ist der Vorgang im Jahr 02 nicht tatbestandsmäßig6. Ebenso bewirkt der Formwechsel der B-GmbH in eine KG im Jahr 03 keinen Anteilsübergang auf einen neuen Gesellschafter7. Denn der Form5 Zur Frage, wer sog. Altgesellschafter ist, vgl. Tz. 2.1. der gleich lautenden Länder-Erlasse zu § 1 Abs. 2a GrEStG v. 18.2.2014, BStBl. I 2014, 561; vgl. außerdem OFD NRW, Verfügung v. 29.4.2014, juris. 6 Dies wäre allerdings anders, wenn C zuvor seine 100 %ige Beteiligung an der B-GmbH auf den bisher nicht beteiligten D übertragen hätte. Denn dann wäre die B-GmbH schon vor dem Übergang des 96 %igen Anteils von A auf die B-GmbH als neue Gesellschafterin anzusehen. Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen eine beteiligt bleibende Kapitalgesellschaft als neue Gesellschafterin gilt, vgl. Tz. 2.2 dritter Spiegelstrich der Erlasse v. 18.2.2014 und den vorgeschlagenen neuen Satz 3 von § 1 Abs. 2a GrEStG (vgl. Referentenentwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Protokollerklärung zum Gesetz zur Anpassung der AO an den Zollkodex der Union und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften v. 19.2.2015) einerseits und BFH-Urteil v. 24.4.2013 – II R 17/10, BStBl. II 2013, 833 andererseits. Ist D (was hier unterstellt wird) eine natürliche Person oder eine juristische Person, an der keine gesellschaftsrechtlichen Beteiligungen bestehen, gilt die B-GmbH sowohl nach Verwaltungsansicht als auch nach Auffassung des BFH als neue Gesellschafterin. Der Gesellschafterwechsel von C auf D bewirkte zwar nur den Übergang eines 2 %igen Anteils am Vermögen der G-KG auf einen neuen Gesellschafter; der anschließende Erwerb weiterer 96 % an der G-KG durch die B-GmbH würde jedoch als weiterer Anteilsübergang auf einen neuen Gesellschafter angesehen werden, so dass insgesamt 98 % der Anteil am Vermögen der G-KG als innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren auf einen neuen Gesellschafter übergegangen zu betrachten wären. 7 Vgl. Tz. 2.1 am Ende der Länder-Erlasse v. 18.2.2014. a.a.O.; vgl. Tz. 1.8 der Verfügung der OFD NRW v. 29.4.2014, a.a.O.

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Behrens, Aktuelle Praxisfragen des Grunderwerbsteuerrechts

wechsel i.S.v. §§ 190 ff. UmwG wahrt die Identität der B-GmbH bzw. KG; es handelt sich um denselben Rechtsträger, der lediglich „sein Rechtskleid wechselt“. Die von §§ 5, 6 GrEStG vorgegebene Transparenz der Personengesellschaft wirkt nicht steuerbegründend. Sie hat mithin nicht zur Folge, dass die Kommanditbeteiligung der B-GmbH an der G-KG als aufgrund des Formwechsels von der B-GmbH auf C übergegangen zu werten wäre8. Wenn im Jahr 04 der bisher nicht beteiligte D in die G-KG eintritt und einen Anteil in Höhe von 50 % am Vermögen der G-KG übernimmt, so dass sich die Beteiligungen des A und der B-GmbH auf 1 % bzw. 49 % halbieren, kommt es in Form des originären Anteilserwerbs9 zum Übergang eines 50 %igen Anteils am Vermögen der G-KG auf einen neuen Gesellschafter. Es beginnt ein fünfjähriger Beobachtungszeitraum. Weil vorliegend die B-GmbH bereits im Jahr 08 – d.h. vor Ablauf des Fünf-Jahres-Zeitraums i.S.v. § 1 Abs. 2a S. 1 GrEStG – 45 % an der G-KG auf den bisher nicht beteiligten E überträgt, sind die Anteilsübergänge des Jahres 04 und des Jahres 08 aufzuaddieren, so dass innerhalb von fünf Jahren insgesamt 95 % der Anteile an der G-KG auf neue Gesellschafter übergegangen sind. Es kommt mithin zur Grunderwerbsteuer-Festsetzung gegenüber der G-KG, und zwar auf den Zeitpunkt des dinglichen Wirksamwerdens des Erwerbs des 45 %igen Anteils durch E im Kalenderjahr 08. In Höhe von insgesamt 5 %10 bleibt die Grunderwerbsteuer gemäß § 6 Abs. 3 GrEStG unerhoben, vorausgesetzt, A und die B-GmbH bleiben mindestens fünf Jahre lang in Höhe von 1 % bzw. 4 % an der G-KG beteiligt11. 1.2 „Wertungsbruch“ bei der Auslegung der Tatbestandsmerkmale „unmittelbarer“ und „mittelbarer“ Anteilsübergang Nach Auffassung sowohl der Finanzverwaltung als auch des BFH liegt ein unmittelbarer Übergang eines Anteils am Vermögen der Personenge-

8 Vgl. BFH-Beschluss v. 4.12.1996 – II B 116/96, BStBl. II 1997, 661. In dem dort entschiedenen Fall besaß die formgewechselte GmbH unmittelbar Grundstückseigentum. Die Finanzverwaltung setzte Grunderwerbsteuer nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG fest. Der BFH entschied jedoch, dass keine ernstlichen Zweifel daran bestünden, dass die formwechselnde Umwandlung einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft mangels Rechtsträgerwechsels nicht der Grunderwerbsteuer unterliegt. 9 Vgl. Tz. 2.2 erster Spiegelstrich der Erlasse v. 18.2.2014. 10 Wegen der bestehenden 1 %igen Beteiligung des A und der bestehen bleibenden 4 %igen Beteiligung der B-GmbH. 11 Zur Anwendung von § 6 Abs. 3 GrEStG im Rahmen von § 1 Abs. 2a GrEStG vgl. gleich lautende Länder-Erlasse v. 18.2.2014, Tz. 8, a.a.O.

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sellschaft, zu deren Vermögen ein inländisches Grundstück gehört, auf einen neuen Gesellschafter vor, wenn ein Mitgliedschaftsrecht an der Gesellschaft zivilrechtlich wirksam auf ein neues Mitglied der Personengesellschaft übergeht12. Entscheidend ist das dingliche Wirksamwerden des Anteilsübergangs13. Bei der Beurteilung der Frage, ob ein Anteil am Vermögen einer Personengesellschaft unmittelbar auf einen neuen Gesellschafter übergegangen ist, sollen wirtschaftliche – und damit wohl auch aus der Teleologie und Historie von § 1 Abs. 2a GrEStG abzuleitende – Gesichtspunkte irrelevant sein14. Demgegenüber vertritt der BFH zum Merkmal „mittelbarer Anteilsübergang“ die Auffassung, dass es – weil mittelbare Anteilsübergänge und mittelbare Gesellschafter zivilrechtlich nicht existierten – ausschließlich auf wirtschaftliche Gesichtspunkte ankomme; erforderlich sei ein vollständiger Wechsel aller Gesellschafter an den oberen Enden der Beteiligungsketten, d.h. bei den an den oberen Enden der Beteiligungsketten stehenden Rechtsträgern, an denen keine gesellschaftsrechtlichen Beteiligungen existieren15. Nach Auffassung der Finanzverwaltung sind demgegenüber ursprünglich als Altgesellschafter anzusehende Kapitalgesellschaften, an denen sich die Beteiligungsverhältnisse unmittelbar oder mittelbar zu mindestens 95 % geändert haben, als Neu-Gesellschafter anzusehen. Bei mehrstufigen mittelbaren Beteiligungen ist die Prüfung, ob die 95 %-Grenze erreicht ist, nach Verwaltungsansicht für jede Beteiligungsebene gesondert vorzunehmen. Ist die 95 %-Grenze erreicht, dann ist die mittelbare Beteiligung in voller Höhe zu berücksichtigen16.

12 Vgl. BFH-Urteile v. 29.2.2012 – II R 57/09, BStBl. II 2012, 917 und v. 16.11.2013 – II R 66/11, BFH/NV 2013, 653; vgl. gleich lautender Länder-Erlass zu § 1 Abs. 2a GrEStG v. 18.2.2014, Tz. 2.2 erster Spiegelstrich, BStBl. I 2014, 561, Verfügung der OFD NRW v. 29.4.2014, Tz. 1.2.2, Tz. 2.2, a.a.O. 13 Vgl. BFH-Urteil v. 9.7.2014 – II R 49/12, BFH/NV 2014, 1667, Tz. 26: „… dieser Übergang stand unter der Bedingung der vollständigen Zahlung des im Vertrag vom 16. Oktober 2000 vereinbarten Kaufpreises. … “; in dem zugrunde liegenden Sachverhalt war die Abtretung der Gesellschaftsanteile – nicht aber die schuldrechtliche Verpflichtung zur Anteilsübertragung – unter der aufschiebenden Bedingung der vollständigen Kaufpreiszahlung erfolgt, die am 1. November 2011 fällig war. 14 Vgl. z.B. BFH-Urteil v. 9.7.2014 – II R 49/12, BFH/NV 2014, 1667, Tz. 13. Dies ist zwar in der Literatur vielfach kritisiert worden; der BFH hat jedoch aufgrund früherer Entscheidungen zu § 1 Abs. 2a GrEStG an dieser formalen Sicht festgehalten; vgl. BFH-Beschluss v. 28.9.2004 – II B 162/03 betr. § 1 Abs. 2a GrEStG i.d.F. bis Ende 1999; BFH-Beschluss v. 17.3.2006 – II B 157/05, BFH/NV 2006, 1341. 15 Vgl. BFH-Urteil v. 24.4.2013 – II 17/10, BStBl. II 2013, 833; vgl. dagegen den Nicht-Anwendungserlass v. 9.10.2013, BStBl. I 2013, 1278. 16 Vgl. Tz. 2.2 dritter Spiegelstrich der Erlasse v. 18.2.2014.

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Allerdings bleibt die Altgesellschafter-Eigenschaft nach Auffassung der Finanzverwaltung erhalten „bei einer Kapitalgesellschaft, wenn sich lediglich die Kette der an ihr beteiligten Kapitalgesellschaften verkürzt“17. Die Finanzverwaltung lässt die Altgesellschafter-Eigenschaft der unmittelbar an der Grundstücks-Personengesellschaft beteiligt bleibenden Kapitalgesellschaft in Fällen der Beteiligungsketten-Verkürzung oberhalb dieser unmittelbar beteiligten Kapitalgesellschaft nur dann erhalten, wenn die Beteiligungen in der Kapitalgesellschafts-Kette jeweils mindestens 95 % beträgt18. Dass die Tatbestandslosigkeit der Verkürzung von Beteiligungsketten mindestens 95 %ige Beteiligungen in der Kette voraussetzen soll, ist m.E. nicht begründbar. Denn bei § 1 Abs. 2a GrEStG geht es nicht um die Zurechnung des Grundstücks der Personengesellschaft zu einem Gesellschafter19. In Tz. 2.2 dritter Spiegelstrich der Erlasse vom 18.2.2014 stellt die Finanzverwaltung im Zusammenhang mit der Frage, wann eine ursprünglich als Altgesellschafter anzusehende Kapitalgesellschaft als Neu-Gesellschafter zu gelten hat, fest, dass es nicht darauf ankomme, ob die Änderung der Beteiligungsverhältnisse an ihr den Tatbestand des § 1 Abs. 3 GrEStG erfüllte (wenn zu ihrem Vermögen ein Grundstück gehören würde). Die von der Finanzverwaltung geforderte enge Voraussetzung für die Tatbestandlosigkeit der Beteiligungsketten-Verkürzung ist daher abzulehnen. M.E. stelle keine Beteiligungsketten-Verkürzung einen Anteilsübergang auf einen neuen Gesellschafter dar, wenn der erwerbenden Ober-Gesellschafter seit mindestens fünf Jahren bzw. seit Erwerb des Grundstücks durch die Personengesellschaft an der vermittelnden Kapitalgesellschaft beteiligt gewesen ist20, unabhängig

17 Vgl. Tz. 2.1 am Ende der Erlasse v. 18.2.2014. 18 So das Beispiel in Tz. 1.6.1 der Verfügung der OFD NRW v. 29.4.2014, a.a.O. Vgl. auch Tz. 3.7 der Erlasse v. 18.2.2014, wonach keine tatbestandslose Verkürzung der Beteiligungskette i.S.v. Tz. 2.1 vorliege, wenn eine bisher nur zu 60 % beteiligte Ober-Gesellschaft die 100 %ige Beteiligung der unmittelbar an der Grundstücks-Personengesellschaft beteiligten Kapitalgesellschaft von ihrer 60 %igen Tochter-Kapitalgesellschaft übernimmt. 19 Vgl. BFH-Beschluss v. 11.9.2002 – II B 113/02, BStBl. II 2002, 777, Tz. 20: „Demgegenüber erfasst § 1 Abs. 2a GrEStG nicht die geänderte Sachherrschaft (gesamthänderische Mitberechtigung/Beteiligung am Vermögen der Gesamthand) in der Person des einzelnen Neugesellschafters oder auch mehrerer Neu-Gesellschafter, sondern die geänderte Zuordnung der Gesellschaftsgrundstücke auf der Gesellschaftsebene (Gesamthand als eigenständiger Rechtsträger). § 1 Abs. 2a GrEStG enthält die Fiktion eines (für Übereignung des Grundstücks auf eine neue Personengesellschaft gerichteten) Rechtsgeschäfts … “. 20 Oder wenn sein Beitritt bereits zur Grunderwerbsteuer nach § 1 Abs. 2a GrEStG geführt hat.

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davon, wie hoch der Prozentsatz seiner Beteiligung an der zwischengeschalteten Kapitalgesellschaft ist. Denn auch mittelbare Anteilserwerbe durch einen bisher nicht Beteiligten gelten als bei der Prüfung des Tatbestands von § 1 Abs. 2a S. 1 GrEStG zu berücksichtigende Anteilsübergänge auf neue Gesellschafter unabhängig davon, welchen prozentualen Anteil die von dem bisher nicht Beteiligten erworbenen Anteile einer zwischengeschalteten Kapitalgesellschaft repräsentieren. Die Auffassung von Finanzverwaltung und BFH, dass auf unmittelbarer Ebene jeder Übergang der Mitgliedschaft auf einen bisher nicht unmittelbar zivilrechtlich Beteiligten tatbestandsmäßig ist, während auf mittelbarer Ebene keine tatbestandsmäßigen Anteilsübergänge auf neue Gesellschafter vorliegen, wenn nicht sämtliche Rechtsträger im oberen Ende der Beteiligungskette ausgetauscht werden (so der BFH) bzw. wenn bei der Beteiligungsketten-Verkürzung auf jeder Ebene mindestens 95 %ige Beteiligungen bestehen (so die Finanzverwaltung), führt zu einem nicht zu rechtfertigenden Wertungswiderspruch. Dies soll anhand des folgenden Beispiels verdeutlicht werden.

In der Alternative 1 kommen sowohl der BFH als auch die Finanzverwaltung21 zu dem Ergebnis, dass der Tatbestand von § 1 Abs. 2a GrEStG verwirklicht worden sei, obwohl die B-GmbH als auch die C-GmbH schon bisher (wenn auch auf einer höheren Ebene) an der Grundstücks-GbR beteiligt gewesen sind. In Alternative 2, in der nicht A-GmbH ihre 95 %ige Beteiligung an der Grundstücks-GbR, sondern die B-GmbH ihre 95 %ige Beteiligung an der A-GmbH auf die bisherige Ober-Gesellschaft C-GmbH 21 Vgl. ausdrücklich Tz. 1.6.2, Beispiel 9, der Verfügung der OFD NRW v. 29.4.2014, a.a.O.

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überträgt, wird § 1 Abs. 2a GrEStG sowohl nach Ansicht des BFH als auch nach Auffassung der Finanzverwaltung22 nicht verwirklicht. Die unterschiedliche Behandlung der beiden Alternativen ist unter Gerechtigkeitsgesichtspunkten kaum erträglich. Der Charakter von § 1 Abs. 2a GrEStG als spezielle Missbrauchsvermeidungsvorschrift steht m.E. in beiden Alternativen der Festsetzung von Grunderwerbsteuer entgegen. 1.3 Rechtsformneutralität bei mittelbarem Gesellschafterwechsel? Nach Auffassung des BFH23 sind zwischengeschaltete Kapital- und Personengesellschaften bei mittelbarem Gesellschafterwechsel gleichermaßen als transparent zu betrachten, d.h. auf die Rechtsform der an der Personengesellschaft (zu deren Vermögen ein inländisches Grundstück gehört) beteiligten Gesellschaft und der in der weiteren Beteiligungskette beteiligten Gesellschaften kommt es nicht an. Die Finanzverwaltung differenziert demgegenüber zwischen an der Grundstücks-Personengesellschaft beteiligten Kapital- und Personengesellschaften: – Durch zwischengeschaltete Personengesellschaften sei „hindurchzuschauen“; Neu-Gesellschafter seien diejenigen Mitglieder einer an der grundstücksbesitzenden Personengesellschaft als Gesellschafterin beteiligten Personengesellschaft, die mit dem Eintritt in diese oder durch Abtretung eines Mitgliedschaftsrechts an dieser oder durch dessen Übertragung nach dem UmwG in die Mitberechtigung am Grundstück einrücken24. Dasselbe gelte über mehrstöckigen Personengesellschaften auf jeder Ebene25. Begründet wird dies damit, dass Rechtsträger der zum Gesamthandsvermögen gehörenden Vermögensgegenstände nicht die Personengesellschaft selbst sei, sondern deren Gesellschafter, soweit es sich bei diesen um natürliche oder juristische Personen handele26. – Demgegenüber werde durch Kapitalgesellschaften nicht „hindurchgeschaut“. Die von einer Kapitalgesellschaft gehaltene Beteiligung an der Grundstücks-Personengesellschaft gilt nach Verwaltungsansicht 22 Vgl. ausdrücklich Tz. 1.6.1, Beispiel 8, der Verfügung der OFD NRW v. 29.4.2014, a.a.O. 23 Vgl. BFH-Urteil v. 24.4.2013 – II R 17710, BStBl. II 2013, 833. 24 Vgl. Verfügung der OFD NRW v. 29.4.2014, Tz. 2.3, a.a.O. 25 Vgl. Tz. 2.2 zweiter Spiegelstrich der Erlasse v. 18.2.2014. 26 Vgl. Hofmann, § 1 GrEStG, Rz. 109b, 10. Aufl. 2014: Rechtsträger des Gesamthandsvermögens sei zwar im Außenverhältnis die Personengesellschaft selbst, im Innenverhältnis seien es jedoch deren Gesellschafter in gesamthänderischer Verbundenheit.

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nur dann als auf einen neuen Gesellschafter übergegangen, wenn mindestens 95 % der Anteile an der Kapitalgesellschaft auf bisher nicht Beteiligte übergehen27. Rechtsträger des Vermögens der Kapitalgesellschaft sei aus jeder Sicht nur diese selbst, ohne dass ihren Gesellschaftern daran eine irgendwie geartete Vermögenszuständigkeit zukomme28. Wie sich die nach der Rechtsform differenzierende Auffassung der Finanzverwaltung auswirkt, soll anhand des folgenden Beispiels veranschaulicht werden: In der Alternative 1 sind an der GbR, zu deren Vermögen ein inländisches Grundstück gehört, unmittelbar A1 zu 94 % und die A-GmbH zu 6 % beteiligt. An der A-GmbH sind hälftig die B-KG und A3 beteiligt. 50 %ige Kommanditist der B-KG ist die C-GmbH, an der A2 zu 70 % und A4 zu 30 % beteiligt sind.

Übertragen A1 seine unmittelbare 94 %ige Beteiligung an der GbR auf den Neu-Gesellschafter N1 und A1 seine 70 %ige Beteiligung an der C-GmbH auf die Neu-Gesellschafter N2, fällt (nicht nur nach Auffassung des BFH, sondern auch) nach Auffassung der Finanzverwaltung keine Grunderwerbsteuer an. Die 6 %ige Beteiligung der A-GmbH an der GbR gilt nicht als auf einen neuen Gesellschafter übergegangen.

27 Vgl. Tz. 2.2 dritter Spiegelstrich der Erlasse v. 18.2.2014; Tz. 2.4 der Verfügung der OFD NRW v. 29.4.2014. 28 Vgl. Hofmann, a.a.O., Rz. 109b.

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Denn schon deshalb, weil A3 seinen 50 %igen Geschäftsanteil an der A-GmbH behalten hat, gilt der von der A-GmbH gehaltene 6 %ige Anteil an der GbR als insgesamt nicht auf eine neue Gesellschafterin übergegangen. Vielmehr müssten 95 % der Anteile an der A-GmbH auf bisher nicht Beteiligte übergehen; erst dann wertet die Finanzverwaltung den 6 %igen Anteil der A-GmbH an der GbR als auf einen neuen Gesellschafter übergegangen. In der Alternative 2 ist die A-KG (statt in der Alternative 1 die A-GmbH) zu 6 % am Vermögen der Grundstücks-GbR beteiligt. Statt der C-GmbH ist eine C-KG 50 %ige Kommanditistin der B-KG. Nach Verwaltungsansicht ist hier durch sämtliche KGs „hindurchzuschauen“. Mithin gelten nach Verwaltungsansicht aufgrund der Übertragung der 70 %igen Kommanditbeteiligung des A2 an der C-KG auf den Neu-Gesellschafter N2 70 % von 50 % von 50 % von 6 % = 1,05 % der Anteile am Vermögen der Grundstücks-GbR als auf einen neuen Gesellschafter übergegangen. Zusammen mit der Anteilsübertragung durch A1 auf N1 in Höhe von 94 % wird die 95 %-Grenze des § 1 Abs. 2a S. 1 GrEStG erreicht bzw. überschritten29. In dem Beispiel fällt keine Grunderwerbsteuer an, wenn es sich bei den zwischengeschalteten Gesellschaften (teilweise) um Kapitalgesellschaften handelt, während Grunderwerbsteuer anfällt, wenn alle Gesellschaften in der Beteiligungskette Personengesellschaften sind. M.E. ist die Unterschiedlichkeit des Ergebnisses je nach der Rechtsform der unmittelbar oder mittelbar an der Grundbesitz-Personengesellschaft beteiligten Gesellschaften vor dem Hintergrund der Einordung von § 1 Abs. 2a GrEStG als spezieller Missbrauchsvermeidungsvorschrift nicht zu rechtfertigen. 1.4 Fünf-Jahres-Frist bei mittelbarem Gesellschafterwechsel Nach dem Wortlaut von § 1 Abs. 2a S. 1 GrEStG fällt Grunderwerbsteuer an, wenn sich innerhalb von fünf Jahren der Gesellschafterbestand einer Personengesellschaft, zu deren Vermögen durchgehend ein Grundstück gehört, unmittelbar oder mittelbar dergestalt ändert, dass mindestens 95 % der Anteile am Gesellschaftsvermögen auf neue Gesellschafter übergehen. Dieser Gesetzeswortlaut legt nahe, dass stets nur solche Anteilsübergänge auf neue Gesellschafter – unabhängig davon, auf welcher Ebene in Beteiligungsketten sie stattfinden – aufzuaddieren sind, die innerhalb desselben Fünf-Jahres-Zeitraums sachenrecht-

29 94 % + 1,05 % = 95,05 %.

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lich wirksam werden. Leider treffen die gleich lautenden Länder-Erlasse zu § 1 Abs. 2a GrEStG hierzu keine Aussage30. Zur Frage nach der Relevanz des Fünf-Jahres-Zeitraums bei mittelbaren Anteilsübergängen sind die folgenden Ansichten theoretisch denkbar: – Ansicht 1: Das Tatbestandsmerkmal, dass min. 95 % der Anteile innerhalb von fünf Jahren auf neue Gesellschafter übergehen müssen, gilt ausschließlich auf Ebene der unmittelbar an der Grundstücks-KG beteiligten Gesellschafter. Auf Ebene an der Grundstücks-Personengesellschaft beteiligter Kapitalgesellschaften sind demgegenüber fristunabhängig sämtliche Anteilsübergänge zusammenzuzählen, bis 95 % der Anteile an der Kapitalgesellschaft auf neue Gesellschafter übergegangen sind. In diesem Zeitpunkt gilt der von der Kapitalgesellschaft gehaltene Anteil als auf einen neuen Gesellschafter übergegangen31. – Ansicht 2: Bei Kapitalgesellschafts-Ketten verlängert sich die FünfJahres-Frist mit jeder weiteren Beteiligungsebene um weitere bis zu fünf Jahre. Dies ergibt sich daraus, dass der von der Gesellschaft gehaltene Anteil erst dann insgesamt als auf einen neuen Gesellschafter übertragen gilt, wenn die 95 %-Grenze auf Ebene der Gesellschafter dieser Gesellschaft erreicht wird. – Ansicht 3: Auf allen Beteiligungsebenen gilt dieselbe Fünf-JahresFrist, d.h. es werden (unabhängig von der Beteiligungsebene) insgesamt nur solche Anteilsübergänge auf neue Gesellschafter in die Betrachtung einbezogen, die tatsächlich im selben Fünf-Jahres-Zeitraum erfolgt (d.h. dinglich wirksam geworden) sind. Die Auswirkungen dieser theoretisch denkbaren verschiedenen Ansichten soll anhand der folgenden beiden Beispiele veranschaulicht werden: An der Grundstücks-KG sind bisher der Verkäufer 1 zu 94 % und die Komplementär-GmbH zu 6 % beteiligt. Ende 2013 – und zwar am 31.12.2013 24.00 Uhr – überträgt Verkäufer 1 die dingliche Rechtsinhaberschaft an seinem 94 %igen Anteil auf einen Neu-Gesellschafter. In-

30 Vgl. zuletzt Tz. 2.2 dritter Spiegelstrich der Erlasse v. 18.2.2014, BStBl. I 2014, 561. Schon die Vorgänger-Erlasse v. 25.2.2010, BStBl. I 2010, 254 enthielten zur Frage des „Ob“ und „Wie“ der Anwendung der Fünf-Jahres-Frist in Fällen mittelbarer Anteilsübergänge keinerlei Hinweise. Auch die Verfügung der OFD NRW v. 29.4.2014 äußert sich zur Relevanz des Fünf-Jahres-Zeitraums bei mittelbaren Anteilsübergängen nicht; die Beispielsfälle sind allerdings so gewählt, dass alle Anteilsübergänge jeweils innerhalb eines einheitlichen Zeitraums von fünf Jahren stattfinden. 31 Diese (höchst theoretisch denkbare) Ansicht wird vom Wortlaut der Tz. 2.2 der Erlasse v. 18.2.2014 nicht ausdrücklich ausgeschlossen.

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nerhalb der letzten fünf Jahre vor dem 31.12.2013 hat die Komplementär-GmbH ihren 6 %-Anteil nicht übertragen. Jedoch hatte einer der Gesellschafter der zu 6 % am Vermögen der Grundstücks-KG beteiligten Kompl.-GmbH („Verkäufer 2“) am 1.1.2009 – d.h. innerhalb von fünf Jahren vor dem 31.12.2013 – einen Anteil in Höhe von 94 % an der Kompl.-GmbH auf einen neuen Gesellschafter übertragen. Der zweite Gesellschafter der Kompl.-GmbH, die an dieser zu 6 % beteiligte OberGmbH, hat ihren 6 %-Anteil durchgehend gehalten. Innerhalb von fünf Jahren vor dem 1.1.2009, jedoch mehr als fünf Jahre vor dem 31.12.2013, und zwar am 2.1.2004, hatte der ursprünglich zu 100 % an der OberGmbH beteiligte Verkäufer 3 einen 5 %igen Anteil seiner ursprünglich 100 %igen Beteiligung an der Ober-GmbH auf einen neuen Gesellschafter übertragen. Am 3.1.1999 hatte er bereits 90 % an einen neuen Gesellschafter übertragen.

Auf Grundlage der Ansichten 1 und 2 wäre am 31.12.2013 Grunderwerbsteuer auf das der Grundstücks-KG gehörende Grundstück ausgelöst worden. Nach Ansicht 1 ist allein entscheidend, dass auf Ebene der Ober-GmbH mindestens 95 % der Gesellschafter gewechselt haben, weil bei Erreichen der 95 %-Grenze im Gesellschafterbestand der OberGmbH der von der Ober-GmbH gehaltene 6 %-Anteil an der Kompl.GmbH als in voller Höhe auf einen neuen Gesellschafter übergegangen gilt; auf den Fünf-Jahres-Zeitraum kommt es nach Ansicht 1 oberhalb

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der Kompl.-GmbH nicht an. Nach Ansicht 2 ist entscheidend, dass die 95 %-Grenze auf Ebene der Ober-GmbH innerhalb des Zeitraums von fünf Jahren vor dem 31.12.2013 erreicht worden ist; dass Verkäufer 3 einen 90 %-Anteil an der Ober-GmbH bereits am 3.1.1999 auf einen neuen Gesellschafter übertragen hatte, d.h. weit mehr als fünf Jahre vor dem 31.12.2013, ist nach Ansicht 2 unschädlich, weil die beiden Anteilsübergänge auf Ebene der Ober-GmbH selbst innerhalb eines fünfjährigen Zeitraums stattfanden. Auf Grundlage der Ansicht 3 ist keine Grunderwerbsteuer nach § 1 Abs. 2a GrEStG ausgelöst worden, weil Verkäufer 2 innerhalb des auf Ebene der Grundstücks-KG relevanten Fünf-Jahres-Zeitraums – dies ist der Zeitraum vom 1.1.2009 0.00 Uhr bis zum 31.12.2013 24.00 Uhr – nur 94 % der Anteile an der Kompl.-GmbH auf einen neuen Gesellschafter übertrug. Die bereits am 2.1.2004 und 3.1.1999 verwirklichten Übergänge des 5 %igen Anteils von Verkäufer 3 auf einen neuen Gesellschafter und des 90 %igen Anteils von Verkäufer 3 auf einen neuen Gesellschafter dürfen auf Grundlage von Ansicht 3 nicht mit in die Betrachtung einbezogen werden, weil auf allen Beteiligungsebenen derselbe Fünf-Jahres-Zeitraum vom 1.1.2009 bis 31.12.2013 gilt, d.h. weil Anteilsübergänge, die vor dem 1.1.2009 dinglich wirksam geworden sind, unberücksichtigt zu bleiben haben, unabhängig davon, auf welcher Beteiligungsebene sie stattgefunden haben. M.E. ist ausschließlich die Ansicht 3 mit dem Charakter von § 1 Abs. 2a GrEStG als spezieller Missbrauchsvermeidungsvorschrift rechtmäßig. Mit Missbrauchsbekämpfung hätte es nichts zu tun, einen unendlich langen Zeitraum in die Betrachtung miteinzubeziehen. Insbesondere macht es unter dem Gesichtspunkt der Missbrauchsvermeidung keinen Sinn, hinsichtlich der Länge des zu betrachtenden Zeitraums zwischen unmittelbaren Anteilsübergängen und Anteilsübergängen auf höheren Ebenen zu differenzieren. Auch der Gesetzeswortlaut von § 1 Abs. 2a S. 1 GrEStG spricht für die Relevanz desselben Fünf-Jahres-Zeitraums auf allen Ebenen von Beteiligungsketten. Auf Grundlage der Verwaltungsansicht käme es zudem zu einer nicht zu rechtfertigenden Ungleichbehandlung zwischengeschalteter Personengesellschaften einerseits und zwischengeschalteter Kapitalgesellschaften andererseits: Die sich aus der von der Finanzverwaltung angenommenen Transparenz zwischengeschalteter Personengesellschaften ergebende Durchrechnung gibt die Aufsummierung nur innerhalb ein- und desselben Fünf-Jahres-Zeitraums erfolgender Übergänge von Anteilen an zwischengeschalteten Personengesellschaften auf neue Gesellschafter vor. Bei Kapitalgesellschaften ergäbe sich ein praktisch wohl nicht zu bewältigender Bürokratieaufwand, wenn ggf. über mehrere Ebenen über einen unbegrenzten Zeitraum sämtliche Ver-

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änderungen im Gesellschafterbestand nachgehalten und überwacht werden müssten. Im Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Protokollerklärung zum Gesetz zur Anpassung der AO an den Zollkodex der Union und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 27.3.2015 (BRDrs. 121/15) ist die Ergänzung von § 1 Abs. 2a GrEStG um neue Sätze 2 bis 4 vorgeschlagen worden. Nach dem vorgeschlagenen neuen Satz 3 soll eine unmittelbar beteiligte Kapitalgesellschaft in vollem Umfang als neue Gesellschafterin gelten, „wenn an ihr mindestens 95 vom Hundert der Anteile auf neue Gesellschafter übergehen“. Nach dem vorgeschlagenen neuen Satz 4 soll „Satz 3 bei mehrstufigen Beteiligungen auf der Ebene jeder mittelbar beteiligten Kapitalgesellschaft entsprechend“ gelten32. Leider würde bei Umsetzung dieses Gesetzesvorschlags die Geltung des Fünf-Jahres-Zeitraums i.S.v. § 1 Abs. 2a S. 1 GrEStG bei Anteilsübergängen oberhalb zwischengeschalteter Kapitalgesellschaften erneut nicht ausdrücklich geregelt. Mehr Klarheit brächte z.B. die folgende Formulierung der vorgeschlagenen neuen Sätze 3 und 4: „Eine unmittelbar beteiligte Kapitalgesellschaft gilt in vollem Umfang als neue Gesellschafterin, wenn an ihr mindestens 95 vom Hundert der Anteile auf bisher weder unmittelbar oder mittelbar an der Kapitalgesellschaft noch unmittelbar oder mittelbar an der Personengesellschaft beteiligte Gesellschafter übergehen; dabei sind nur solche Anteilsübergänge zu berücksichtigen, die innerhalb des Fünf-Jahres-Zeitraums im Sinne von Satz 1 erfolgen. Bei mehrstufigen Beteiligungen gilt Satz 3 auf der Ebene jeder mittelbar beteiligten Kapitalgesellschaft entsprechend; unabhängig von der Beteiligungsebene sind stets nur solche Anteilsübergänge zu berücksichtigen, die innerhalb des Fünf-JahresZeitraums im Sinne von Satz 1 erfolgen.“ (Hervorhebung der hier vorgeschlagenen Ergänzungen durch Verf.)

Dass auch auf höherer Ebene oberhalb zwischengeschalteter Kapitalgesellschaften stets nur Anteilsübergänge zusammengezählt werden dürfen, die innerhalb ein und desselben Fünf-Jahres-Zeitraums erfolgen, der auf allen Ebenen gleichermaßen zu beachten ist, würde auf Grundlage des bisher vorliegenden Gesetzgebungsvorschlags weiterhin nur aus der Auslegung der Vorschrift des § 1 Abs. 2a GrEStG als spezieller Missbrauchsvermeidungsvorschrift folgen. Aus dem Charakter von § 1 Abs. 2a GrEStG als spezieller Missbrauchsvermeidungsvorschrift folgt auch nach einer Ergänzung dieser Vorschrift um die vorgeschlagenen, 32 Die Transparenz zwischengeschalteter Personengesellschaften soll durch einen neuen Satz 2 des Inhalts ausdrücklich geregelt werden, wonach „mittelbare Änderungen im Gesellschafterbestand beteiligter Personengesellschaften durch Multiplikation der Vomhundertsätze der Anteile am Gesellschaftsvermögen, vorbehaltlich der Sätze 3 und 4, anteilig berücksichtigt“ werden. Zum Regierungsentwurf v. 27.3.2015 vgl. Behrens, UVR 2015, 138; Fumi, DStZ 2015, 432, 435.

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auslegungsbedürftigen und auslegungsfähigen neuen Sätze 2 bis 4, dass – unabhängig von der Beteiligungsebene – insgesamt nur solche Anteilsübergänge aufaddiert werden dürfen, die innerhalb ein- und desselben Fünf-Jahres-Zeitraums sachenrechtlich wirksam werden. Der Gesetzgeber hat sich durchgehend seit dem Jahressteuergesetz 1997 dafür entschieden, den Übergang von insgesamt 95 % oder mehr der Anteile am Vermögen der Personengesellschaft auf neue Gesellschafter nur dann als ein auf die Übertragung des Grundstücks auf eine neue Personengesellschaft gerichtetes Rechtsgeschäft anzusehen, wenn der Gesellschafterwechsel in Höhe von mindestens 95 % der Anteile innerhalb von fünf Jahren erfolgt. Verteilen sich die einzelnen Anteilsübergänge auf einen Zeitraum von mehr als fünf Jahren, liegt nach dieser gesetzgeberischen Entscheidung kein Gestaltungsmissbrauch vor. Diese gesetzgeberische Entscheidung muss unabhängig davon gelten, auf welcher Ebene in Beteiligungsketten Anteilsübergänge stattfinden. Auf Ebene der unmittelbar an der Grundstücks-Personengesellschaft beteiligten Gesellschafter nur innerhalb von fünf Jahren erfolgende Anteilsübergänge auf neue Gesellschafter in die Betrachtung einzubeziehen, auf höheren Ebenen jedoch sich über einen längeren Zeitraum verteilende Anteilsübergänge, macht vor dem Hintergrund des Charakters aus der Vorschrift als Missbrauchsvermeidungsnorm keinen Sinn; es gäbe keine Begründung dafür, sich über einen Zeitraum von z.B. sechs Jahren verteilende Anteilsübergänge in Höhe von insgesamt 95 % als missbräuchlich ansehen zu wollen, wenn doch sich über einen Zeitraum von sechs Jahren verteilende Anteilsübergänge unmittelbar bei den an der Grundstücks-Personengesellschaft beteiligten Gesellschaftern die in § 1 Abs. 2a GrEStG kodifizierte unwiderlegliche Missbrauchsvermutung nicht auslösen. 1.5 Der entrechtete Altgesellschafter (Anteilszurechnung nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO durch den BFH) Im Urteil II R 49/12 vom 9.7.201433 rechnete der BFH in einem Fall, in dem der mit einem Anteil von 5,6 % zivilrechtlich in der GrundstücksKG verbliebene Altgesellschafter durch weitere Absprachen vollständig zugunsten des neuen 94,4 %igen Gesellschafters „entrechtet“ worden war, den 5,6 %igen Anteil am Vermögen der grundbesitzenden K dem Käufer des 94,4 %igen Anteils (d.h. einem vom zivilrechtlichen Inhaber des 5,6 %-Anteils verschiedenen Dritten) nach den Grundsätzen des § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO zu. Ein Dritter kann danach mittelbarer Anteils-

33 Vgl. BFH/NV 2014, 1667. Erstinstanzlich: FG Baden-Württemberg, Urt. v. 27.7.2011 – 2 K 364/08, EFG 2013, 395.

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erwerber sein, wenn das Mitgliedschaftsrecht zivilrechtlich beim bisherigen Gesellschafter verbleibt und dem Dritten aufgrund rein schuldrechtlicher Bindungen das Risiko der Wertminderung und die Chance der Wertsteigerung sowie die mit dem unmittelbar an der grundbesitzenden Personengesellschaft bestehenden Anteil verbundenen wesentlichen Rechte zustehen und der Dritte aufgrund bürgerlich-rechtlichen Rechtsgeschäfts bereits eine rechtlich geschützte, auf den Erwerb des Anteils gerichtete Position erworben hat, die ihm gegen seinen Willen nicht mehr entzogen werden kann. Nach Ansicht des BFH soll dann eine mittelbare Änderung des Gesellschafterbestandes i.S.v. § 1 Abs. 2a GrEStG gegeben sein34. In dem zu beurteilenden Sachverhalt hatte sich ein in Höhe von 5,6 % dinglich an der grundbesitzenden GmbH & Co. KG beteiligt gebliebener Altgesellschafter im Verhältnis zum Neu-Gesellschafter vielfachen Beschränkungen unterworfen (jederzeit ausübbare Call Option des Neugesellschafters unter Vereinbarung eines von vornherein absolut feststehenden Ausübungspreises, Abtretung des aus dem zurück behaltenen 5,6 %igen Anteils resultierenden Gewinnstammrechts an den Neugesellschafter, Bevollmächtigung eines Anwalts des Neu-Gesellschafters, etc.). Der Sachverhalt lässt sich vereinfacht wie folgt veranschaulichen:

Am 16.10.2000 veräußerte der bisherige Kommanditist A sämtliche von ihm gehaltenen Anteile und der zweite bisherige Kommanditist B – bis auf einen Anteil von 5,4 % – ebenfalls die von ihm gehaltenen Anteile an der grundbesitzenden KG und an der Komplementär-GmbH. Die Abtretung der Anteile an den Käufer erfolgte unter der aufschiebenden Be-

34 Nach der Formulierung des ersten amtlichen Leitsatzes des Urteils II R 49/12 „ist der Anteil am Gesellschaftsvermögen dem Dritten als Neugesellschafter zuzurechnen“. Erst aus den Entscheidungsgründen ergibt sich, dass der BFH hier keinen unmittelbaren, sondern einen mittelbaren Anteilsübergang annimmt.

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dingung der vollständigen Kaufpreiszahlung, die am 1.11.2001 (Übergabestichtag) fällig war35. Dem Käufer wurde im Kaufvertrag einer jederzeit ausübbare Kaufoption auf den bei dem Altgesellschafter B verbliebenen 5,6 %igen Anteil mit einem Ausübungspreis von DM 1,3 Mio. eingeräumt. Zudem erhielt B ein Put-Option für den Fall, dass der Käufer die Kaufoption nicht spätestens bis zum 31.12.2006 ausüben würde. Am 16. bzw. 19.11.2001 übertrug B das „Gewinnstammrecht“ auf den Käufer. Der Käufer gewährte dem B am 16. bzw. 19.11.2001 ein Darlehen in Höhe von DM 1 Mio., das er sofort an B auszahlte. B erteilte dem Vertreter des Käufers am 20.11.2001 eine auf die 5,6 %ige Beteiligung an der grundbesitzenden KG gezogene „unwiderrufliche“ Vollmacht. Ob die am 16. bzw. 19.11.2001 vorgenommenen Rechtsgeschäfte bereits am 16.10.2000 geplant worden waren, lässt sich der Darstellung des Tatbestands durch das FG Baden-Württemberg (und auch der des BFH) nicht entnehmen. In erster Instanz hatte das FG Baden-Württemberg entschieden, dass – weil der 5,6 %ige Anteil dinglich beim Altgesellschafter verblieben war und weil kein Treuhandverhältnis begründet worden sei – keine GrESt ausgelöst worden sei36. Das Handeln des Treuhänders in fremdem Interesse müsse wegen der vom zivilrechtlichen Eigentum abweichenden Zurechnungsfolge eindeutig erkennbar sein37. Der Streitfall enthalte jedoch keine Anhaltspunkte dafür, dass der bevollmächtige Rechtsanwalt bei der Wahrnehmung der Rechte von B nicht an dessen Weisungen, sondern an die Weisungen der des Käufers gebunden war. Der Anteilskäufer habe auch nicht die Verwertungsbefugnis i.S.v. § 1 Abs. 2 GrEStG an den der KG gehörenden Grundstücken erlangt. Der Käufer sei nicht in die Lage versetzt worden, jederzeit die Grundstücke der KG auf sich zu übereignen. Auch wenn B als Kommanditistin von der Führung der Geschäfte der KG ausgeschlossen gewesen sei, hätte er dennoch gem. § 164 S. 1 HGB jeder Handlung eines persönlich haftenden Gesellschaf35 Das FG hatte den Zeitpunkt der vollständigen Kaufpreiszahlung nicht festgestellt. Der BFH konnte deshalb den Zeitpunkt der Verwirklichung des Tatbestands von § 1 Abs. 2a GrEStG nicht prüfen und verwies die Sache an das FG zurück, vgl. BFH-Urteil v. 9.7.2014 – II R 49/12, BFH/NV 2014, 1667, Tz. 26: „Bei einer vollständigen Kaufpreiszahlung bis zum 19.11.2001 ist der Tatbestand des § 1 Abs. 2a GrEStG am 19.11.2001 und bei einer späteren Kaufpreiszahlung entsprechend später erfüllt“. Damit bestätigt der BFH, dass es bei § 1 Abs. 2a GrEStG nicht auf den Zeitpunkt des schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäfts, sondern auf den Zeitpunkt der dinglichen Erfüllung ankommt. 36 Vgl. FG Baden-Württemberg, Urt. v. 27.7.2011 – 2 K 463/08, EFG 2013, 395. 37 Das FG Baden-Württemberg verweist insoweit auf § 159 AO und auf das BFHUrteil v. 4.12.2007 – VIII R 14/05, BFH/NV 2008, 745.

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ters widersprechen können, die über den gewöhnlichen Betrieb des Handelsgewerbes der Gesellschaft hinausgehe, wozu die Veräußerung von Immobilien gehöre. Das FG Baden-Württemberg lehnt außerdem eine Verwirklichung von § 1 Abs. 3 GrEStG ab, insbesondere weil erst die Ausübung und nicht bereits die Einräumung eines Optionsrechts die Grunderwerbsteuerpflicht auslöse. Auch die vom FA befürwortete Anwendung von § 42 AO wies das FG Baden-Württemberg unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BFH38 als rechtswidrig zurück, weil § 1 Abs. 2a GrEStG eine abschließende Spezial-Missbrauchsvermeidungsvorschrift sei. Der BFH hat das erstinstanzliche Urteil aufgehoben. In Anwendung von § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO und der Grundsätze der Ertragsteuer-Senate des BFH dazu rechnet der BFH den 5,6 %igen Anteil dem Neu-Gesellschafter zu, weil dieser – wegen der Vereinbarung eines festen Kaufpreises für den 5,6 %igen Anteil für den Fall der Ausübung der Kaufoption das Risiko der Wertminderung und die Chance der Wertsteigerung sowie – wegen der Abtretung des „Gewinnstammrechts“39 die mit dem 5,6 %igen Anteil verbundenen wesentlichen Rechte übernommen hätte und – außerdem aufgrund bürgerlich-rechtlichen Rechtsgeschäfts – und zwar wegen der Einräumung der jederzeit ausübbaren Kaufoption – bereits eine rechtlich geschützte, auf den Erwerb des 5,6 %igen Anteils gerichtete Position erworben hätte, die ihm gegen seinen Willen nicht mehr habe entzogen werden können. Im Ergebnis laufen die Entscheidungsgründe des BFH darauf hinaus, dass die Frage nach dem Vorliegen eines mittelbaren Anteilsübergangs in derartigen Fallkonstellationen nach ertragsteuerlichen Grundsätzen zu beurteilen ist40. Allerdings soll dabei wohl – anders als im Ertragsteuerrecht – eine Art Meistbegünstigung gelten, d.h. ein mittelbarer Anteilsübergang soll vorliegen, wenn entweder nur die dingliche Rechtsinhaberschaft oder nur das wirtschaftliche Eigentum an dem Anteil i.S.v. § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO oder wenn beides übergeht.

38 Vgl. z.B. BFH-Beschluss v. 29.5.2011 – II B 133/10, BFH/NV 2011, 1539. 39 Diese deutet der BFH angesichts des sog. Abspaltungsverbots i.S.v. § 717 BGB hilfsweise gem. § 140 BGB in eine Zustimmung aller Gesellschafter zur wirksamen Überlassung des Gewinnstammrechts zur Ausübung durch den Käufer um. 40 Vgl. dazu zuletzt BFH-Beschluss v. 15.10.2013 – I B 159/12, BFH/NV 2014, 291.

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U.E. ist dem Urteil des BFH nicht zu folgen: Durch die neue Fassung von § 1 Abs. 2a GrEStG durch das StEntlG 1999/2000/2002 sollte die wirtschaftliche Betrachtungsweise abgeschafft und durch die rechtliche Betrachtungsweise ersetzt werden41. Der rechtlichen Betrachtungsweise entspricht es, nur solche Vorgänge als mittelbare Anteilsübergänge i.S.v. § 1 Abs. 2a S. 1 GrEStG zu klassifizieren, bei denen Anteile an vermittelnden Gesellschaften sachenrechtlich wirksam auf neue Gesellschafter übertragen werden. In § 1 Abs. 2 GrEStG erfasst der Gesetzgeber die Verwertungsbefugnis ausdrücklich nur in Bezug auf Grundstücke, nicht aber in Bezug auf Anteile an Grundstücke haltenden Gesellschaften. Eine grunderwerbsteuerrechtlich relevante Verwertungsbefugnis in Bezug auf Gesellschaftsanteile ist mithin nicht vorgesehen. Diese gesetzgeberische Entscheidung wird dadurch, dass die Anteilszurechnung nach den ertragsteuerrechtlich relevanten Grundsätzen des § 39 Abs. 2 Nr. AO vorgenommen wird, konterkariert42. Auch von Vertretern der Finanzverwaltung wird die Anwendung von § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO im Rahmen von § 1 Abs. 2a GrEStG – auch soweit es um die Variante des mittelbaren Anteilsübergang geht – abgelehnt43. Nach Verwaltungsansicht soll sich das vom BFH vertretene Ergebnis „bereits aus der Berücksichtigung grunderwerbsteuerrechtlicher Besonderheiten“44 ergeben. Eine Erläuterung von Seiten der Finanzverwaltung, worin genau diese Besonderheiten bestehen sollen, steht jedoch aus45. M. E. hätte es im Fall des BFH-Urteils II R 49/12 näher gelegen, im Hinblick insbesondere auf die Übertragung des „Gewinnstammrechts“ zu prüfen, ob nicht unmittelbar dinglich ein Anteil am Vermögen der KG von mehr als 94,4 % auf den Neugesellschafter übergegangen war. Zu der Frage, nach welchen Kriterien sich die prozentuale Höhe des Anteils am Vermögen der Personengesellschaft bemisst, macht der BFH in diesem Urteil keine Ausführungen. Dass der BFH den Übergang eines Anteils von mehr als 94,4 % nicht in Erwägung zieht, mag daran liegen, dass dann die grunderwerbsteuerrechtliche Relevanz der mit dem Altge41 Vgl. BT-Drs. 13/6151, 16; BT-Drs. 13/5359, 116 einerseits und BT-Drs. 14/265, BR-Drs. 910/98, BT-Drs. 14/442, 42 Anlage 35 andererseits. Vgl. auch Hofmann, § 1 GrEStG, Rz. 95, 10. Aufl. 2014; Fischer in Boruttau, Vor., Rz. 96 f., 17. Aufl. 2011. 42 Zu weiteren Gegen-Argumenten gegen die Entscheidung des BFH vgl. Behrens/Bielinis, DStR 2014, 369. 43 Vgl. Schanko, UVR 2015, 49, 51. 44 Vgl. Schanko, a.a.O. 45 Rutemöller, BB 2015, 1058 spricht sich für eine analoge Anwendung von § 1 Abs. 2 GrEStG auf Anteilsgeschäfte aus; dies ist aus gesetzessystematischen Gründen als unzulässig abzulehnen.

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sellschafter getroffenen besonderen Absprachen davon abhinge, dass der durch die Absprachen Begünstigte selbst bereits dinglich einen Anteil an der Grundstücke haltenden KG hält. Aufgrund des Gesetzeswortlauts und des Charakters der Grunderwerbsteuer als Rechtsverkehrsteuer muss m.E. akzeptiert werden, dass – wenn ein nicht selbst zivilrechtlich an der KG beteiligter Dritter der durch die Absprachen Begünstigte ist – insoweit ein Anteilsübergang i.S.v. § 1 Abs. 2a GrEStG auf einen neuen Gesellschafter nicht angenommen werden kann. Durch die Ergänzung von § 1 Abs. 2a GrEStG um die vorgeschlagenen neuen Sätze 2 bis 4 würden die vom BFH im Urteil II R 49/12 vom 9.7.2014 entwickelten Grundsätze zur Anwendung von § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO obsolet. Denn was ein mittelbarer Anteilsübergang ist, wäre nach In-Kraft-Treten des Protokollerklärungs-UmsG im Gesetz geregelt. Dem Gesetzesanwender wäre es verwehrt, unter Hinweis darauf, der Gesetzgeber habe nicht geregelt, was unter einem mittelbaren Anteilsübergang zu verstehen sei, § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO anzuwenden.

2. Die rechtliche Anteilsvereinigung i.S.v. § 1 Abs. 3 GrEStG 2.1 Vereinigung aller Anteile einer Grundstücks-KG in einer Hand und Nichterhebung der Grunderwerbsteuer nach § 6 Abs. 2 GrEStG Den Tatbeständen in § 1 Abs. 3 Nr. 1, Nr. 2 GrEStG liegt die Fiktion der Übertragung des Grundstücks von der Gesellschaft auf denjenigen Gesellschafter zugrunde, der mindestens 95 % der Anteile an der Gesellschaft, zu deren Vermögen das Grundstück gehört, in seiner Hand vereinigt46. Bei teilweise unmittelbaren, teilweise mittelbaren Anteilsvereinigungen i.S.v. § 1 Abs. 3 Nr. 1, Nr. 2 GrEStG in Bezug auf Grundstücks-Personengesellschaften führt dies zur grundsätzlichen Anwendbarkeit von § 6 Abs. 2 GrEStG47. Danach wird die Steuer, wenn ein Grundstück von einer Gesamthand in das Alleineigentum einer an der Gesamthand beteiligten Person übergeht, in Höhe des Anteils nicht er-

46 Demgegenüber wird bei den Tatbeständen in § 1 Abs. 3 Nr. 3, Nr. 4 GrEStG die Übertragung des Gesellschaftsgrundstücks vom Veräußerer der bereits vereinigten Anteile auf den Erwerber dieser Anteile fingiert (in dessen Hand die Anteile in Höhe von mindestens 95 % vereinigt bleiben); vgl. BFH-Urteil v. 2.2.1955 – II 215/54 S, BStBl. III 1955, 90. 47 Eine Ausnahme gilt insoweit, als ein Gesamthänder – im Falle der Erbfolge sein Rechtsvorgänger – innerhalb von fünf Jahren vor dem Erwerbsvorgang seinen Anteil an der Gesamthand durch Rechtsgeschäft unter Lebenden erworben hat bzw. als die vom Beteiligungsverhältnis abweichende Auseinandersetzungsquote innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Auflösung der Gesamthand vereinbart worden ist; vgl. § 6 Abs. 4 GrEStG.

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hoben, zu dem der Erwerber am Vermögen der Gesamthand beteiligt ist48. Seinem Wortlaut nach setzt § 6 Abs. 2 S. 1 GrEStG den zivilrechtlichen Übergang des Grundstücks von der Gesamthand auf den Gesamthänder voraus. Die Anwendbarkeit von § 6 Abs. 2 GrEStG ist jedoch auch in dem Fall allgemein anerkannt, dass das Grundstück zivilrechtlich bei der Gesamthand verbleibt und aufgrund Anteilsvereinigung i.S.v. § 1 Abs. 3 Nr. 1, Nr. 2 GrEStG der Übergang des Grundstücks von der Gesamthand auf den Gesamthänder für grunderwerbsteuerrechtliche Zwecke fingiert wird49. Dies soll anhand des folgenden Beispiels verdeutlicht werden: An der Grundstücks-KG sind ursprünglich der Verkäufer als Kommanditist zu 100 % und die Komplementär-GmbH zu 0 % beteiligt. Der Verkäufer ist alleiniger Gesellschafter der Komplementär-GmbH. Im Jahr 01 überträgt der Verkäufer die 100 %ige Beteiligung an der Komplementär-GmbH und einen 94,9 %igen Kommanditanteil auf den Käufer. Im Jahr 07 verkauft und überträgt der Verkäufer seinen restlichen 5,1 %igen Kommanditanteil an der KG auf den Käufer, in dessen Hand sich deshalb alle Anteile an der Grundstücks-KG (teils unmittelbar, teils mittelbar) vereinigen.

48 Geht ein Grundstück bei der Auflösung der Gesamthand in das Alleineigentum eines Gesamthänders über, so ist die Auseinandersetzungsquote maßgebend, wenn die Beteiligten für den Fall der Auflösung der Gesamthand eine vom Beteiligungsverhältnis abweichende Auseinandersetzungsquote vereinbart haben; vgl. § 6 Abs. 2 S. 2 GrEStG. 49 Vgl. z.B. FM Baden-Württemberg, Erl. v. 18.12.2009 – 3 – S 4505/18, StEK § 1 GrEStG Nr. 189, Anm. b): „Erwerbsvorgänge nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 bzw. 2 GrEStG können hiernach gleichzeitig sowohl nach einer personenbezogenen Befreiungsvorschrift als auch nach § 6 GrEStG (unter Beachtung der Beschränkungen des § 6 Abs. 4 GrEStG) begünstigt sein“.

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Weil die Anteilsübergänge auf den Käufer außerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren stattfinden und der Käufer nach Ablauf von fünf Jahren seit der Übertragung der 94,9 %igen Kommanditbeteiligung auf ihn zum sog. Alt-Gesellschafter wird50, ist der Tatbestand des § 1 Abs. 2a S. 1 GrEStG nicht verwirklicht51. Auf Grundlage der BFH-Rechtsprechung setzt dies zudem voraus, dass der Verkäufer im Jahr 01 und während der auf das Anteilsgeschäft im Jahr 01 folgenden fünf Jahre nicht nur das rechtliche, sondern auch das wirtschaftliche Eigentum an dem von ihm zurückbehaltenen 5,1 %igen Kommanditanteil behält52. Im Jahr 07 wird der Tatbestand von § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG ausgelöst. Dem liegt die Fiktion des Übergangs des KG-Grundstücks von der KG auf den Käufer zugrunde. Überträgt eine Gesamthand ihr Grundstück auf einen ihrer Gesamthänder, bleibt die Grunderwerbsteuer gemäß § 6 Abs. 2 GrEStG in Höhe des Quantums unerhoben, zu dem der erwerbende Gesamthänder an der KG beteiligt ist. Zwar beträgt die Beteiligung ab dem Jahr 07 100 %. Die Befreiung nach § 6 Abs. 2 GrEStG steht jedoch gemäß § 6 Abs. 4 S. 1 GrEStG nur in Höhe von 94,9 % zur Verfügung, weil nur in Bezug auf diesen Anteil bereits seit fünf Jahren eine Beteiligung des Käufers an der KG besteht. In Höhe des restlichen 5,1 %igen Anteils steht der Befreiung nach § 6 Abs. 2 GrEStG die vorgelagerte Mindesthalte-Frist von fünf Jahren gemäß § 6 Abs. 4 S. 1 GrEStG entgegen, weil der Käufer den restlichen 5,1 %igen Anteil an der Gesamthand erst mit Verwirklichung des Tatbestands des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG – und damit innerhalb der letzten fünf Jahre vor dem fingierten Erwerbsvorgang – durch Rechtsgeschäft unter Lebenden erworben hat.

50 Vgl. OFD NRW, Verf. v. 29.4.2014, Tz. 1.3 („Gesellschafter, die unmittelbar oder mittelbar vor dem Beginn des Fünfjahreszeitraums eingetreten sind“). 51 Das im Jahr 07 bewirkte Anteilsgeschäft löst eine Anteilsverschiebung unter Altgesellschaftern aus. Diese fällt nicht unter den Tatbestand des § 1 Abs. 2a GrEStG, vgl. gleich lautender Länder-Erlass v. 18.2.2014, Tz. 2.1 erster Satz. 52 Vgl. BFH-Urteil v. 9.7.2014 – II R 49/12, BFHE 246, 215, BFH/NV 2014, 1667. Danach soll unter Rückgriff auf die Grundsätze des § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO (unter Beachtung grunderwerbsteuerrechtlicher Besonderheiten) eine mittelbare Änderung des Gesellschafterbestandes aus schuldrechtlichen Bindungen des an der Personengesellschaft unmittelbar beteiligt bleibenden Altgesellschafters folgen können, so dass dessen Anteil am Gesellschaftsvermögen einem Dritten (Neu-Gesellschafter) zuzurechnen sei. Kritisch zur Anwendung von § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO bei den mittelbare Anteilsgeschäfte betreffenden Grunderwerbsteuer-Tatbeständen vgl. Behrens/Bielinis, DStR 2014, 2369.

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2.2 Übertragung bereits vereinigter Anteile auf mehrere 100 %ige Tochtergesellschaften Im Rahmen von § 1 Abs. 3 GrEStG – für § 1 Abs. 3a GrEStG gilt insoweit nichts Anderes – lösen solche Anteilsgeschäfte keine Grunderwerbsteuer aus, die lediglich bewirken, dass sich die Beteiligungsstruktur des schon bisher zu mindestens 95 % beteiligten Gesellschafters verändert, ohne dass ein anderer Rechtsträger oder ein Organkreis53 erstmals mindestens 95 % der Anteile an der Gesellschaft, zu deren Vermögen ein inländisches Grundstück gehört, auf sich vereinigt. Dies ist für den Fall der Verstärkung bestehender Beteiligungen54 mehrfach höchstgerichtlich und in Verwaltungserlassen bestätigt worden55. Dasselbe gilt, wenn eine bisher unmittelbar gehaltene 100 %ige Beteiligung an einer Grundstücks-Gesellschaft auf mehrere Tochter-Gesellschaften übertragen wird. Dies soll anhand des folgenden Beispiels erläutert werden: Die M-GmbH ist Alleingesellschafterin der T-GmbH, zu deren Vermögen ein inländisches Grundstück gehört. Zudem ist die M-GmbH Alleingesellschafterin der Z-GmbH 1 und der Z-GmbH 2. Die M-GmbH überträgt ihre Beteiligung an der T-GmbH jeweils zur Hälfte auf die Z-GmbH 1 und Z-GmbH 2.

53 Vgl. § 1 Abs. 4 Nr. 2 Buchstabe b) GrEStG. 54 Z.B.: Aus einer bisher ausschließlich mittelbaren Anteilsvereinigung wird eine teils unmittelbare, teils mittelbare Anteilsvereinigung. 55 Vgl. z.B. BFH-Urteil v. 20.10.1993 – II R 116/90, BStBl. II 1994, 121; gleich lautende Länder-Erlasse v. 2.12.1999, StEK § 1 GrEStG, Rz. 141, Anm. 3.

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Das Grundstück der T-GmbH war bereits vor der Restrukturierung grunderwerbsteuerrechtlich nicht nur zum Vermögen der T-GmbH, sondern auch zum Vermögen der M-GmbH zu rechnen. Dies gilt unabhängig davon, ob die M-GmbH anlässlich des Erwerbs von mindestens 95 % der Anteile an der T-GmbH in Bezug auf das jetzt noch zum Vermögen der T-GmbH gehörende Grundstück nach § 1 Abs. 3 GrEStG Grunderwerbsteuer ausgelöst hatte. Folglich ändert sich durch die Umhängung der Beteiligung an der T-GmbH auf die Z-GmbH 1 und die Z-GmbH 2 an der grunderwerbsteuerrechtlichen Zurechnung zur M-GmbH nichts. Dass es darauf, ob die Entstehung der Struktur zum Anfall von Grunderwerbsteuer nach § 1 Abs. 3 GrEStG geführt hatte, nicht ankommt, entspricht bisher allgemeinem Verständnis56. Angesichts des BFH-Urteils II R 26/12 vom 11.12.201457 ist derzeit unklar, ob sich dies ändern könnte. Denn in diesem Urteil formuliert der BFH, dass ein Grundstück der Gesellschaft i.S.d. § 1 Abs. 3 GrEStG gehört, wenn es ihr im Zeitpunkt der Entstehung der Steuerschuld für den nach § 1 Abs. 3 GrEStG der Grunderwerbsteuer unterliegenden Vorgang aufgrund eines unter § 1 Abs. 1, 2 oder 3 oder nunmehr auch 3a GrEStG fallenden Erwerbsvorgangs grunderwerbsteuerrechtlich zuzurechnen sei. Diese Formulierung schließt m.E. nicht aus, dass die Grundstückszurechnung auch dann erfolgt, wenn ein Zustand besteht, der dem entspricht, als hätte der Gesellschafter den Tatbestand von § 1 Abs. 3 oder Abs. 3a GrEStG verwirklicht. D.h. die Grundstückszurechnung hat mithin auch dann zu erfolgen, wenn die M-GmbH bereits alleinige Gesellschafterin der T-GmbH war, bevor die T-GmbH das Grundstück von einem außenstehenden Dritten erwarb. 2.3 Mittelbare Anteilsvereinigung über Personengesellschaften Bisher entsprach es allgemeiner Meinung, dass im Rahmen von § 1 Abs. 3 GrEStG bei Personengesellschaften unter „Anteil an der Gesellschaft“ die gesamthänderische Mitberechtigung und nicht die vermögensmäßige Beteiligung am Gesellschaftsvermögen zu verstehen ist58. Diese sog. Pro-Kopf-Betrachtung, wonach jeder Gesamthandsanteil – aufgrund der selben dinglichen Rechtsmacht – gleichviel zählt, unabhängig davon, mit welchen Vermögensrechten er nach dem Gesellschaftsvertrag verbunden ist, wurde bisher nicht nur auf Ebene der un56 Vgl. gleich lautende Länder-Erlasse, z.B. FM Baden-Württemberg, Erl. v. 2.12.1999 – 3 – S 4500/43, StEK § 1 GrEStG Nr. 141 Anm. 3 m.w.N. 57 Vgl. HFR 2015, 147. 58 Vgl. BFH-Urteil v. 26.7.1995 – II R 68/92, BStBl. II 1995, 736; BFH-Urteil v. 8.8.2001 – II R 66/98, BStBl. II 2002, 156; FM Baden-Württemberg, Erl. v. 18.12.2009 – 3 – S 4505/18, StEK § 1 GrEStG Nr. 189, Anm. b).

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mittelbar an der Grundstücks-Personengesellschaft beteiligten Gesellschafter angewandt, sondern auch auf Ebene der Gesellschafter solcher Personengesellschaften, die einen Anteil an einer Grundstücks-Gesellschaft halten. Letzteres hat auch die Finanzverwaltung in ihren gleichlautenden Länder-Erlassen zur Anwendung von § 1 Abs. 3a GrEStG vom 9.10.2013 in Beispiel 5 in Tz. 5 dieser Erlasse ausdrücklich bestätigt59. In dem dort geschilderten Beispielsfall hält die M-GmbH 94,9 % der Anteile an der Grundstücks-GmbH („T-GmbH“) unmittelbar. Die restlichen 5,1 % der Anteile an der T-GmbH werden von einer M-KG gehalten, an der die M-GmbH vermögensmäßig allein (d.h. zu 100 %) beteiligt ist.

Überträgt die bisherige Alleingesellschafterin der M-GmbH ihre 100 %ige Beteiligung auf einen Käufer, ist § 1 Abs. 3 GrEStG wegen der gesamthänderischen Beteiligung des Fremden an der M-KG unabhängig davon als nicht verwirklicht angesehen worden, ob der Fremde vermögensmäßig an der M-KG beteiligt ist. Aufgrund derselben Rechtsmacht wie der der M-GmbH wurde die von der M-KG gehaltene 5,1 %ige Beteiligung an der T-GmbH der M-GmbH nicht – auch nicht anteilig – zugerechnet60, so dass die Veräußerung der Anteile an der 59 Vgl. BStBl. I 2013, 1364. 60 Diese Zurechnung setzt eine mindestens 95 %ige Beteiligung an der zwischengeschalteten Gesellschaft voraus; vgl. BFH-Urteil v. 25.8.2010 – II R 65/08, BStBl. II 2011, 225; hier ist die M-KG auf Grundlage der sog. Pro-KopfBetrachtung nur zur Hälfte an der M-KG beteiligt.

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M-GmbH eine Vereinigung von nur 94,9 % der Anteile an der T-GmbH in der Hand der Käuferin auslöst, was zur Erfüllung des Tatbestands nicht ausreicht. Im Urteil II R 51/12 vom 12.3.201461 vertritt der BFH nun die Auffassung, dass die sog. Pro-Kopf-Betrachtung nur in Bezug auf Anteile unmittelbar an der grundbesitzenden Personengesellschaft selbst gilt, nicht aber für Anteile an zwischengeschalteten Personengesellschaften, die Anteile an anderen Gesellschaften halten, zu deren Vermögen inländische Grundstücke gehören. Dass es im Rahmen der Erwerbsvorgänge nach § 1 Abs. 3 GrEStG entscheidend sei, dass die Gesellschafter nur gemeinsam – zur gesamten Hand – Verfügungen über den einzelnen Anteil am Gesellschaftsvermögen und an den einzelnen dazu gehörenden Gegenständen treffen können62, beziehe sich nur auf die unmittelbare Beteiligung an der (grundstückshaltenden) KG als Gesellschafter63. Auf die mittelbaren Beteiligungsebenen wirkten sich diese Besonderheiten nicht aus. Für eine unterschiedliche Behandlung von zwischengeschalteten Personen- und Kapitalgesellschaften gebe es insoweit auch unter Berücksichtigung des allgemeinen Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) keine Grundlage. Die vom BFH gegebene Begründung überzeugt nicht64: M.E. sind diese Ausführungen des BFH durch sein Urteil II R 17/10 vom 24.4.2013 zum Merkmal „mittelbare Änderung des Gesellschafterbestands“ i.S.v. § 1 Abs. 2a GrEStG inspiriert65. Dort hatte der BFH ausgeführt, dass dieses Merkmal in § 1 Abs. 2a S. 1 GrEStG nicht näher erläutert sei und deshalb ausschließlich nach wirtschaftlichen Maßstäben beurteilt werden könne; Kapital- und Personengesellschaften seien hierbei gleichermaßen als transparent zu betrachten66. Anders als beim Merkmal „mittelbare Änderung des Gesellschafterbestandes“ i.S.v. § 1 Abs. 2a GrEStG gibt es aber im Rahmen von § 1 61 62 63 64 65

Vgl. BFH/NV 2014, 1389; BFHE 245, 381. Vgl. BFH v. 12.3.2014 – II R 51/12 (Fn. 3), Tz. 18 am Ende. Vgl. BFH v. 12.3.2014 – II R 51/12 (Fn. 3), Tz. 20. Vgl. bereits Behrens, BB 2014, 2647. Vgl. BFH v. 24.4.2013 – II R 17/10, BStBl. II 2013, 833. Hiergegen hat die Finanzverwaltung einen Nicht-Anwendungserlass veröffentlicht, und zwar v. 9.10.2013, BStBl. I 2013, 1278. Von Seiten der Bundesländer wird angestrebt, § 1 Abs. 2a GrEStG im Wege einer rückwirkenden sog. klarstellenden Gesetzesänderung i.S.d. Verwaltungsansicht zu ändern; vgl. BR-Drs. 184/14 v. 13.6.2014, Stellungnahme des Bundesrates zum Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung des nationalen Steuerrechts an den Beitritt Kroatiens zur EU und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften, Nummer 28, S. 42 ff. Eine Rückwirkung wäre verfassungswidrig. 66 Vgl. BFH v. 24.4.2013 – II R 17/10, BStBl. II 2013, 833, Tz. 15.

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Abs. 3 GrEStG – wenn die unwiderlegliche Vermutung der Beherrschung der Tochtergesellschaft, die zur Zurechnung der Grundstücke der Tochtergesellschaft zum Obergesellschafter führt, von der Vereinigung von mindestens 95 % der bestehenden Gesamthandsbeteiligungen an der Grundstücks-Personengesellschaft abhängig ist67 – einen sachlichen Grund, zwischengeschaltete Personengesellschaften anders zu behandeln als zwischengeschaltete Kapitalgesellschaften. Denn der Rechtsgrund für die Besteuerung der Anteilsvereinigung i.S.v. § 1 Abs. 3 GrEStG, d.h. die unwiderlegliche Vermutung der Beherrschung der Untergesellschaft, gilt nicht nur für die Beteiligung an der das Grundstück haltenden Gesellschaft selbst, sondern auch für die Beteiligung an zwischengeschalteten Gesellschaften68. Wenn es aber des Erwerbs von 95 % der an der Grundstücks-Personengesellschaft bestehenden Gesamthandsbeteiligungen bedarf, um die unwiderlegliche Vermutung der Beherrschung der Grundstücks-Personengesellschaft auszulösen, ist unverständlich, warum es auf Ebene einer an der Grundstücks-Personengesellschaft beteiligten Gesellschaft auf andere Kriterien ankommen soll. Wie auf Ebene der Grundstücks-Personengesellschaft selbst muss es auch bei Zwischengesellschaften darauf ankommen, dass der Obergesellschafter, der nach § 1 Abs. 3 GrEStG wegen des fiktiven Grundstückserwerbs besteuert werden soll, mindestens 95 % der an der zwischengeschalteten Personengesellschaft bestehenden Gesamthandsbeteiligungen hält. Bei grundstückshaltenden Kapitalgesellschaften genügt demgegenüber das Halten bzw. der Erwerb von mindestens 95 % der Anteile am Nennkapital, um dem Gesellschafter die Herrschaftsmacht und deshalb die Grundstücke zuzurechnen. Deshalb muss die unwiderlegliche Vermutung der Beherrschung auch auf Ebene von Zwischen-Kapitalgesellschaften davon abhängen, dass der Obergesellschafter mindestens 95 % der Anteile am Nennkapital der zwischengeschalteten Kapitalgesellschaft hält. Durch die verschiedene Auslegung des Begriffs „Anteil der Gesellschaft“ i.S.v. § 1 Abs. 3 GrEStG in Bezug auf die das Grundstück haltende Gesellschaft je nachdem, ob es sich um eine Personen- oder Kapitalgesellschaft handelt, 67 Dies ist seit langem allgemein anerkannt, vgl. z.B. BFH v. 26.7.1995 – II R 68/92, BStBl. II 1995, 736, BB 1995, 1992; in Zweifel gezogen hatte dies mit Blick auf die Absenkung der 100 %-Beteiligungsgrenze auf 95 % durch das StEntlG 1999/2000/2002 soweit ersichtlich zuletzt Teiche, DStR 2005, 49; dagegen Salzmann/Loose, DStR 2005, 53. 68 Dies hatte der BFH gerade auch in seinem Urteil v. 18.9.2013 – II R 21/12, BStBl. II 2014, 326, Tz. 21 ausdrücklich festgestellt: „Entscheidend ist, dass die Zwischengesellschaft aufgrund ihrer Stellung als Alleingesellschafterin die rechtliche Möglichkeit hat, ihren Willen bei der Tochtergesellschaft in grunderwerbsteuerrechtlich erheblicher Weise durchzusetzen“.

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ist m.E. zwingend vorgegeben, dass auch auf Ebene zwischengeschalteter Gesellschaften für die Prüfung der 95 %-Grenze des § 1 Abs. 3 GrEStG danach differenziert werden muss, ob es sich um eine Personenoder Kapitalgesellschaft handelt. Wieso der BFH in Tz. 20 seines Urteils II R 51/12 vom 12.3.2014 behauptet, dass „der Sinn und Zweck des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG verfehlt würde, weil man insoweit zwischen Personen- und Kapitalgesellschaften unterscheiden würde“, ist nicht ersichtlich. Nicht auszuschließen ist, dass das Urteil II R 51/12 eine ausschließlich auf den Spezial-Fall der sog. Einheits-GmbH & Co. KG bezogene Entscheidung bleiben wird. In dem dem BFH-Urteil II R 51/12 zugrunde liegenden Fall ging es um eine sog. Einheits-GmbH & Co. KG. Es wurde darum gestritten, ob der von dieser KG gehaltene 100 %ige Geschäftsanteil an der einzigen Komplementär-GmbH die Anwendung von § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG auf Ebene des zu 100 % am Vermögen der KG beteiligten und alle Kommanditbeteiligungen in seiner Hand vereinigenden (einzigen) Kommanditisten ausschließt. Im zu entscheidenden Fall erwarb die zunächst nur zu 60 % an der Einheits-GmbH & Co. KG beteiligte Klägerin die restliche 40 %ige Kommanditbeteiligung:

Überraschenderweise differenziert der BFH zwischen – dem Anteil der Kommanditistin an der KG als grundstücksbesitzender Personengesellschaft und

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– dem Anteil der Kommanditistin an der KG als die Komplementär-Beteiligung an der KG vermittelnder Zwischengesellschaft69. Er vertritt die Ansicht, dass im Rahmen von § 1 Abs. 3 GrEStG für die Frage nach der (teilweisen) mittelbaren Anteilsvereinigung die sog. ProKopf-Betrachtung in Bezug auf die zwischen die Klägerin und die Komplementär-GmbH geschaltete KG nicht anwendbar sei, sondern dass es bei mindestens 95 %iger Beteiligung am Gesellschaftskapital der zwischengeschalteten KG zur Zurechnung der von der KG gehaltenen Anteile an der Kapitalgesellschaft zum Kommanditisten komme, obwohl ein weiterer Gesellschafter (hier die Komplementär-GmbH) eine gesamthänderische Beteiligung an der KG hält70. Unabhängig davon, dass das Abstellen auf „Anteile am Gesellschaftskapital“ bei Personengesellschaften im Grunderwerbsteuerrecht ungewöhnlich ist, spricht man doch im Grunderwerbsteuerrecht von „Anteilen am Kapital“ nur bei Kapitalgesellschaften (und von „Anteilen am Vermögen“ bei Personengesellschaften), überzeugt dieses Urteil wie oben beschrieben nicht. 2.4 Anteilsvereinigung im Organkreis Gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 1 Var. 2 und Var. 3 i.V.m. Abs. 4 Nr. 2b GrEStG unterliegt der Grunderwerbsteuer auch ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übertragung eines oder mehrerer Anteile der Gesellschaft (zu deren Vermögen ein inländisches Grundstück gehört) begründet, wenn durch die Übertragung unmittelbar oder mittelbar mindestens 95 % der Anteile der Gesellschaft in der Hand von herrschenden und abhängigen Unternehmen oder abhängigen Personen oder in der Hand von abhängigen Unternehmen oder abhängigen Personen allein vereinigt werden würden. Nach § 1 Abs. 3 Nr. 2 GrEStG unterliegt der Grunderwerbsteuer „die Vereinigung unmittelbar oder mittelbar von mindestens 95 % der Anteile der Gesellschaft, wenn kein schuldrechtliches Geschäft i.S.d. Nr. 1 vorausgegangen ist. Die Var. 2 und Var. 3 von Nr. 1 werden zwar im Wortlaut von § 1 Abs. 3 Nr. 2 GrEStG nicht wiederholt. Allgemeiner Praxis entspricht es (soweit ersichtlich) jedoch bisher, diese beiden Varianten auch in den Tatbestand von § 1 Abs. 3 Nr. 2 GrEStG hineinzulesen. Was abhängige Unternehmen und abhängige Personen i.S.v. § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG sind, hat der Gesetzgeber in § 1 Abs. 4 GrEStG definiert. Diese Vorschrift lautet wie folgt:

69 Vgl. BFH v. 12.3.2014 – II R 51/12, Tz. 22. 70 Vgl. BFH v. 12.3.2014 – II R 51/12, Tz. 20.

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Behrens, Aktuelle Praxisfragen des Grunderwerbsteuerrechts „Im Sinne des Absatzes 3 gelten … als abhängig a) natürliche Personen, soweit sie einzeln oder zusammengeschlossen einem Unternehmen so eingegliedert sind, dass sie den Weisungen des Unternehmers in Bezug auf die Anteile zu folgen verpflichtet sind; b) juristische Personen, die nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in ein Unternehmen eingegliedert sind.“

Herrschendes Unternehmen kann jeder Unternehmer im umsatzsteuerrechtlichen Sinn sein. Als abhängige Unternehmen kommen in erster Linie juristische Personen des Zivil- und Handelsrechts in Betracht. Nach Verwaltungsansicht kann abhängiges Unternehmen auch eine Personengesellschaft sein, wenn deren Gesellschafter entweder das herrschende Unternehmen und abhängige juristische Person oder nur abhängige juristische Personen sind71. Nach der Rechtsprechung des BFH ist die Organschaft – d.h. die Vereinigung von mindestens 95 % der Anteile an einer Grundstücke haltenden Gesellschaft in der Hand von herrschendem und abhängigen Unternehmen nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 i.V.m. Abs. 4 Nr. 2b GrEStG – lediglich ein „besonders geregelter Fall der mittelbaren Anteilsvereinigung, bei welchem das Gesetz das genannte Abhängigkeitsverhältnis genügen lässt und auf eine 100 %ige [seit dem 1.1.2000: 95 %ige] Beteiligung des herrschenden an dem abhängigen Unternehmen verzichtet“72. Dennoch ist bisher nicht abschließend geklärt, ob – die Organträger oder – die Mitglieder des Organkreises, die Anteile an der Grundstücke haltenden Gesellschaft halten bzw. erworben haben oder – der Organkreis als solcher als Zurechnungsobjekt anzusehen ist. Die Relevanz dieser Frage soll anhand des folgenden Beispiels verdeutlicht werden: Zunächst ist die MG alleinige Gesellschafterin der ein Grundstück haltenden EG 1. Außerdem hält sie 75 % der Anteile an einer TG, die ihrer71 In den gleich lautenden Länder-Erlassen v. 21.3.2007, a.a.O., Anm. 1, 4. Absatz am Ende, wird insoweit auf das BFH-Urteil v. 8.8.2001 – II R 66/98, BStBl. II 2002, 156 verwiesen. 72 Vgl. BFH-Urteil v. 16.1.1980 – II R 52/76, BStBl. II 1980, 360.

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seits Alleingesellschafterin einer ebenfalls ein inländisches Grundstück haltenden EG 2 ist. Die EG 2 wird unter Ausgabe neuer Anteile durch die EG 1 auf die EG 1 verschmolzen, so dass ab Eintragung der Verschmelzung im Handelsregister die MG nur noch 80 % der Anteile an der EG 1 hält, während die restlichen 20 % von TG gehalten werden. Der umsatzsteuerliche Organkreis umfasst sämtliche der beteiligten Gesellschaften, insbesondere ist das Unternehmen der TG durchgehend finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen der MG eingegliedert.

In Bezug auf das Grundstück der EG 2 wird Grunderwerbsteuer nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG ausgelöst. Eine Besteuerung des Übergangs des Grundstücks der EG 2 auf die EG 1 auch unter dem Gesichtspunkt der Anteilsvereinigung im Organkreis scheidet schon deshalb aus, weil es sich bei § 1 Abs. 3 GrEStG um einen sog. Ergänzungstatbestand handelt, der nicht einschlägig ist, wenn derselbe Rechtsvorgang (hier: die Eintragung der Verschmelzung der EG 2 auf die EG 1 im Handelsregister) bereits nach einem der Grundtatbestände (hier: § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG) Grunderwerbsteuer ausgelöst hat73. Fraglich ist allerdings, ob die Verschmelzung der EG 2 auf die EG 1 auch in Bezug auf das schon bisher der EG 1 gehörende Grundstück Grunderwerbsteuer auslöst. Insoweit gehörte das Grundstück bisher nur zum 73 Die Befreiung nach § 6a GrEStG käme von vornherein nicht in Betracht, weil die EG 2 – wegen der nur 75 %igen Beteiligung der MG an der TG – keine abhängige Gesellschaft i.S.v. § 6a S. 4 GrEStG im Verhältnis zur MG ist.

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Vermögen der EG 1 und war auf Grundlage der bisherigen Rechtspraxis74 auch der MG zuzurechnen. Nach Eintragung der Verschmelzung ist die MG nur noch zur 80 % an der EG 1 beteiligt. Allerdings sind sämtliche Anteile an der EG 1 in der Hand von herrschendem Unternehmen (MG) und abhängigem Unternehmen (TG) vereinigt. Wäre in den Fällen des § 1 Abs. 3 Nr. 1 Var. 2 und Var. 3 i.V.m. Abs. 4 Nr. 2b GrEStG der Organkreis ein vom einzelnen Organkreismitglied als selbständig anzusehendes Zurechnungssubjekt, würde es durch die Eintragung der Verschmelzung zum Rechtsträgerwechsel von der MG auf den Organkreis kommen mit der Folge, dass MG und TG Grunderwerbsteuer in Bezug auf das schon bisher der EG 1 gehörende Grundstück schulden75. Die gleich lautenden Länder-Erlasse vom 31.3.2007 zur Anwendung des § 1 Abs. 3 i.V.m. Abs. 4 GrEStG in Organschaftsfällen76 werden vielfach dahingehend verstanden, als sähe die Finanzverwaltung den Organkreis als eigenständiges Zurechnungssubjekt an. Verwiesen wird z.B. auf die Formulierung bei Beispiel 4.2 des Erlasses, wonach „diesem fortgeführten Organkreis die Grundstücke … zuzurechnen“ seien. M.E. lässt diese Formulierung Raum für die Auslegung, dass die Grundstücke auch nach Verwaltungsansicht tatsächlich den unmittelbar an der Grundstücksgesellschaft beteiligten Gesellschaften des Organkreises zuzurechnen sind. Denn in Tz. 1 dieses Erlasses stellt die Finanzverwaltung ausdrücklich klar, dass der Organkreis nicht selbst als Einheit grunderwerbsteuerlicher Rechtsträger ist. Stellt man demgegenüber auf den Organträger als Zurechnungssubjekt ab, würde – weil das Grundstück schon bisher der MG zuzurechnen ist – durch die Verschmelzung der EG 2 auf die EG 1 auch in Bezug auf das der EG 1 gehörende Grundstück keine Grunderwerbsteuer ausgelöst.

3. Die rechtliche Anteilsvereinigung infolge Innehabung einer sog. wirtschaftlichen Beteiligung in Höhe von mindestens 95 % (§ 1 Abs. 3a GrEStG) Mit Wirkung für Erwerbsvorgänge ab dem 7.6.201377 ist die sog. AntiRETT-Blocker-Regelung in § 1 Abs. 3a GrEStG in Kraft getreten. Im Vergleich zu § 1 Abs. 3 GrEStG bringt § 1 Abs. 3a GrEStG die folgenden Erweiterungen:

74 75 76 77

Vgl. gleich lautende Länder-Erlasse v. 2.12.1999, Anm. 3, a.a.O. Vgl. § 13 Nr. 5 Buchstabe b) GrEStG. Vgl. StEK § 1 GrEStG Nr. 178. Vgl. § 23 Abs. 11 GrEStG: „§ 1 Abs. 3a … ist erstmals auf Erwerbsvorgänge anzuwenden, die nach dem 6.6.2013 verwirklicht werden“.

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– Betr. unmittelbare Beteiligungen an der Grundstücks-Personengesellschaft: Im Anwendungsbereich von § 1 Abs. 3 GrEStG wiegt jede Beteiligung am Gesamthandsvermögen gleichviel (sog. Pro-Kopf-Betrachtung). Im Anwendungsbereich von § 1 Abs. 3a GrEStG ist demgegenüber für die Beteiligungsquote der prozentuale Anteil am Vermögen der Personengesellschaft entscheidend. Dass im Anwendungsbereich von § 1 Abs. 3 GrEStG die sog. Pro-KopfBetrachtung gelten würde, auch wenn das Grundstück nicht zum Vermögen der Personengesellschaft gehört, die Personengesellschaft vielmehr nur Anteile an der das Grundstück haltenden Gesellschaft hält, war bis zum Ergehen des BFH-Urteils II R 51/12 vom 12.3.2014 allgemeine Meinung78. Nach dem BFH-Urteil vom 12.3.201479 soll eine zwischengeschaltete Personengesellschaft im Rahmen von § 1 Abs. 3 GrEStG ebenso zu behandeln sein wie eine zwischengeschaltete Kapitalgesellschaft und es deshalb für die Bestimmung der Quote auf die Beteiligung am Gesellschaftskapital ankommen mit der Folge, dass der von der zwischengeschalteten Personengesellschaft gehaltene Anteil demjenigen ihrer Gesellschafter zuzurechnen sei, der mindestens 95 % der Anteile am Kapital der zwischengeschalteten Personengesellschaft hält80. Sollte sich herausstellen, dass die Finanzverwaltung den Ausführungen in Tz. 20 des BFH-Urteils II R 51/12 nicht folgen wird, bzw. sollte der BFH dieses Urteil als ausschließlich für Einheits-GmbH & Co. KGs relevant ansehen81, wäre dieser Unterschied – prozentualer Anteil am Vermögen der Personengesellschaft bei § 1 Abs. 3a GrEStG, Pro-Kopf-Betrachtung bei § 1 Abs. 3 GrEStG – auch für von Personengesellschaften vermittelte Beteiligungen an der Grundstücks-Personengesellschaft relevant. – Betr. „mittelbare Beteiligungen“ an der Grundstücks-Personen- oder Kapitalgesellschaft (grunderwerbsteuerrechtlicher Zweckbegriff): Im Anwendungsbereich vom § 1 Abs. 3 GrEStG wird ein von einer zwischengeschalteten Gesellschaft gehaltener Anteil an einer Grundstücks-Gesellschaft dem Obergesellschafter nur – dann allerdings vollständig, d.h. nicht nur zu z.B. 95 % – zugerechnet, wenn der Obergesellschafter mindestens 95 % der Anteile an der zwischen-

78 Vgl. auch Beispiel 5 in Tz. 5 des gleich lautenden Länder-Erlasses zu § 1 Abs. 3a GrEStG v. 9.10.2013, BStBl. I 2013, 1278. 79 Vgl. Tz. 20, a.a.O. 80 Vgl. BFH-Urteil v. 12.3.2014 – II R 51/12, BFHE 245, 381; BFH/NV 2014, 1315. 81 In diesem Sinne äußert sich Graessner, NWB 2014, 2939.

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geschalteten Gesellschaft hält82. Im Anwendungsbereich von § 1 Abs. 3a GrEStG erfolgt demgegenüber eine „Durchrechnung Prozent von Prozent“ unabhängig von einer Mindest-Beteiligungshöhe (wobei sich die Prozentzahlen auf den gesamthänderisch vermittelten Anteil am Vermögen der jeweiligen Personengesellschaft bezieht). Darüber hinaus bestehen m.E. keine für die Steuerpflichtigen nachteiligen Unterschiede zwischen den Tatbestandsmerkmalen von § 1 Abs. 3 GrEStG einerseits und § 1 Abs. 3a GrEStG andererseits. Dies gilt auch hinsichtlich des in § 1 Abs. 3a GrEStG verwandten Begriffs „wirtschaftliche Beteiligung“. Denn in Satz 2 von § 1 Abs. 3a GrEStG wird dieser Begriff abschließend legal definiert. Wie der Begriff „Anteil der Gesellschaft“ in § 1 Abs. 3 GrEStG meint der Begriff „Beteiligung am Kapital“ in § 1 Abs. 3a S. 2 GrEStG den Anteil am gezeichneten Kapital (Grundkapital oder Stammkapital) bei Kapitalgesellschaften. Bei Personengesellschaften meint der Begriff „Beteiligung am Vermögen“ m.E. die Auseinandersetzungsquote, was m.E. der Sichtweise bei der Auslegung des Begriffs „Anteil am Vermögen“ in § 1 Abs. 2a GrEStG entsprechen sollte83. 3.1 „Drittbestimmter“ Anfall von Grunderwerbsteuer nach § 1 Abs. 3a GrEStG Dass unabhängig von der Höhe der Beteiligung an der zwischengeschalteten Gesellschaft „durchgerechnet“ wird, hat – wenn man (wie die Finanzverwaltung) einen Rechtsträger auch dann als Schuldner der Grunderwerbsteuer ansieht, wenn er am die Steuer auslösenden Anteilsgeschäft nicht beteiligt ist – die fatale Auswirkung, dass sich ein Rechtsträger mit der Festsetzung von Grunderwerbsteuer nach § 1 Abs. 3a GrEStG konfrontiert sehen kann, ohne dass er den die Steuer nach Auffassung der Finanzverwaltung auslösenden Vorgang hat beeinflussen oder auch nur erkennen können. Dass es zu einem „drittbestimmten“ Anfall von Grunderwerbsteuer kommen kann, soll anhand des folgenden Beispiels verdeutlicht werden84: Die AG 1 hält 94,9 % der Anteile an der Ziel-GmbH, die börsennotierte AG 2 die restlichen 5,1 %. Würde nun anschließend z.B. die B-GmbH 82 Vgl. BFH-Urteil v. 25.8.2010 – II R 65/08, BStBl. II 2011, 225. 83 Vgl. allerdings Viskorf in Boruttau, § 5 GrEStG, Rz. 26: „Maßgebend für den Umfang der zu gewährenden Steuervergünstigung ist die Höhe der Beteiligung am Vermögen, nicht die Höhe am Gewinn oder Verlust der Gesamthand bzw. die Höhe einer vielleicht abweichenden Auseinandersetzungsquote (BFH II B 35/09, BFH/NV 2009, 2003)“. Unklar bleibt allerdings, was inhaltlich den „Anteil am Vermögen“ ausmachen soll. 84 Vgl. bereits Behrens, UVR 2014, 147, 150.

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den 100 %igen Anteil an der T-GmbH, die zu 0,01 % an der börsennotierten AG 2 beteiligt ist, erwerben, würde sich die Beteiligung, die die AG 1 durchgerechnet an der börsennotierten AG 2 hält, von 1,96 % auf 1,961 % erhöhen. Zusammen mit der unmittelbaren Beteiligung in Höhe von 94,9 % würde die AG 1 zusammen genommen die 95 %-Grenze erreichen, so dass auf ihrer Ebene Grunderwerbsteuer nach § 1 Abs. 3a GrEStG anfiele.

Die AG 1 hat keine Möglichkeit, derartige Sachverhalte zu ermitteln oder gar zu verhindern. Die Finanzverwaltung kann nur durch Zufall im Rahmen von Betriebsprüfungen darauf aufmerksam werden. M.E. liegt ein strukturelles Vollzugsdefizit vor. Ob dieses die Schwelle der Verfassungswidrigkeit erreicht, ist zweifelhaft und müsste überprüft werden. Unbefriedigend ist die nach § 1 Abs. 3a GrEStG vorgegebene Rechtslage allemal. Die Zulässigkeit der Durchrechnung (Prozent am Kapital oder Vermögen von Prozent am Kapital oder Vermögen) muss m.E. von einer Mindestbeteiligung an der zwischengeschalteten Gesellschaftabhängen, die so groß ist, dass für den Regelfall angenommen werden kann, dass der Obergesellschafter auf Anteilserwerbe der Gesellschaft, an der beteiligt ist, entscheidenden Einfluss nehmen kann. Eine derartige Herrschaftsmacht wird bisher nur bei einer Mindestbeteiligung in Höhe von 95 % am Kapital zwischengeschalteter Kapitalgesellschaften unwiderleglich vermutet85. Es ist kein Grund ersichtlich, warum diese Betei-

85 Vgl. z.B. BFH-Urteil v. 25.8.2010 – II R 65/08, BStBl. II 2011, 225.

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ligungsschwelle abgesenkt werden sollte. Das Grunderwerbsteuergesetz soll Grundstückserwerbe besteuern. Die Anknüpfung in den Ergänzungstatbeständen an Anteilserwerbe dient der Missbrauchsvermeidung. Ein Missbrauch kann jedoch allenfalls dann vorliegen, wenn statt unmittelbar mit dem Grundstück mit Anteilen an Grundstückgesellschaften in der Weise gehandelt wird, dass der Erwerber mindestens 95 % der Anteile an der Grundstücksgesellschaft erwirbt. Würde die Mindestbeteiligung von 95 % abgesenkt, ginge der Bezug der Ergänzungstatbestände zu ihrem Sinn, Missbräuche zu vermeiden, verloren. 3.2 Tatbestandsmerkmal „Innehaben“ in § 1 Abs. 3a GrEStG Trotz des Wortlauts von § 1 Abs. 3a GrEStG, wonach als Rechtsvorgang i.S.d. Absatzes 3 auch ein solcher gilt, aufgrund dessen ein Rechtsträger unmittelbar oder mittelbar mindestens 95 % der Anteile am Kapital oder Vermögen einer Grundstücke haltenden Gesellschaft innehat, vertritt die Finanzverwaltung die Auffassung, dass „die wirtschaftliche Beteiligung in allen Varianten des § 1 Abs. 3 GrEStG verwirklicht werden“ könne86. Dies bedeutet, dass § 1 Abs. 3a GrEStG nach Verwaltungsansicht bereits durch den Abschluss des schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäfts erfüllt werden kann, d.h. die Grunderwerbsteuer nach § 1 Abs. 3a GrEStG schon dann entsteht, wenn ein Rechtsträger einen unbedingt wirksamen schuldrechtlichen Anspruch auf Übertragung so vieler Anteile erhält, dass er bei Verwirklichung des Übertragungsanspruchs (ggf. durchgerechnet) eine sog. wirtschaftliche Beteiligung in Höhe von mindestens 95 % erwirbt. Die Verwaltungsansicht hat auch zur Folge, dass Steuer nach § 1 Abs. 3a GrEStG auf solche Grundstücke festgesetzt wird, die nur beim schuldrechtlichen Vertragsabschluss zum Vermögen der Gesellschaft gehörten, nicht aber noch bei der dinglichen Erfüllung des Anteilsgeschäfts. Im dem Falle, dass die Gesellschaft ein Grundstück schon bei dem schuldrechtlichen Vertragsabschluss hat und ein weiteres Grundstück nach dem schuldrechtlichen Vertragsabschluss, aber noch vor der dinglichen Erfüllung hinzuerwirbt, hält die Finanzverwaltung Grunderwerbsteuer nach § 1 Abs. 3a i.V.m. § 1 Abs. 3 Nr. 1 bzw. Nr. 3 GrEStG in Bezug auf das erstgenannte Grundstück und gem. § 1 Abs. 3a i.V.m. Abs. 3 Nr. 2 bzw. Nr. 4 GrEStG für das zweitgenannte Grundstück für angefallen. Dies verdeutlicht die Finanzverwaltung in der Abwandlung zu Beispiel 5 in Tz. 5 der gleich lautenden Länder-Erlasse vom 9.10.2013:

86 Vgl. gleich lautende Länder-Erlasse v. 9.10.2013, BStBl. I 2013, 1324, Tz. 1.

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Es entspricht der schon bisher vom BFH in Bezug auf § 1 Abs. 3 GrEStG vertretenen Auffassung, dass durch die Tatbestände von § 1 Abs. 3 Nr. 2 und Nr. 4 GrEStG nicht nur die Fälle erfasst würden, in denen sich die Anteilsvereinigung schlechthin ohne verpflichtendes Rechtsgeschäft i.S.d. Nr. 1 bzw. Nr. 3 vollzieht, sondern auch diejenigen Fälle, in denen die Gesellschaft ein oder mehrere Grundstücke zwischen dem Abschluss des verpflichtenden Geschäfts im Sinne der Nr. 1 oder Nr. 3 und dessen Vollzug i.S.d. Nr. 2 bzw. Nr. 4 erwirbt87. Gegen diese Auffassung kann angeführt werden, dass der Gesetzeswortlaut in § 1 Abs. 3 Nr. 2 und Nr. 4 GrEStG keinen Bezug zu einzelnen Grundstücken herstellt. Der Gesetzeswortlaut lässt es eigentlich nicht zu, die dingliche Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 Nr. 2, Nr. 4 GrEStG zu besteuern, soweit die Gesellschaft nach dem Abschluss des schuldrechtlichen Rechtsgeschäfts bis zu dessen dinglichem Vollzug inländische Grundstücke hinzuerwirbt. Der Wortlaut des zweiten Halbsatzes in § 1 Abs. 3 Nr. 2 und Nr. 4 GrEStG stellt gerade keinen Bezug des vorangegangenen schuldrechtlichen Geschäfts nur zu solchen Grundstücken her, die nicht nur zum Zeitpunkt des dinglichen Wirksamwerdens des Anteilserwerbs, sondern auch bereits bei Abschluss des vorausgegangenen Geschäfts zum Vermögen der Gesellschaft gehörten. § 1 Abs. 3 Nr. 2, Nr. 4 GrEStG unterwirft deshalb nur solcher dinglichen Anteilsvereinigungen der Grunderwerbsteuer, die schlechthin ohne vorausgegangenes schuld-

87 Vgl. BFH-Urteil v. 12.7.1972 – II 81/65, BStBl. II 1972, 913. Der BFH begründet dies mit dem Zweck und Wortlaut des Gesetzes: Danach seien „von der Besteuerung nach Nr. 2 des § 1 Abs. 3 GrEStG nur die Grundstücke ausgenommen, die bereits bei Abschluss des schuldrechtlichen Geschäfts i.S.d. Nr. 1 zum Vermögen der Gesellschaft gehörten, während die hinzuerworbenen nach Nr. 2 der Grunderwerbsteuer unterliegen“.

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rechtliches Rechtsgeschäfts i.S.v. § 1 Abs. 3 Nr. 1 bzw. Nr. 3 – ggf. i.V.m. Abs. 3a GrEStG – eintreten. Nach dem Gesetzeswortlaut verdrängt das vorausgegangene schuldrechtliche Geschäft die nachfolgende dingliche Anteilsübertragung. Dies wird auch durch die Verwendung des Wortes „wenn“ in der Subsidiaritätsklausel88 bestätigt, die auf eine völlige Nicht-Steuerbarkeit der dinglichen Übertragung schließen lässt, wenn der Anteilsübertragung eine schuldrechtliche Vereinbarung vorausgegangen ist. Unabhängig davon wäre in Bezug auf § 1 Abs. 3a GrEStG anzumerken, dass der Gesetzeswortlaut „innehaben“ den Erwerb der dinglichen Rechtsinhaberschaft, d.h. ein dingliches Rechtsgeschäft voraussetzt89. Nach § 1 Abs. 3a GrEStG kann Grunderwerbsteuer m.E. nur in Bezug auf solche Grundstücke erhoben werden, die im Zeitpunkt des dinglichen Wirksamwerdens des Anteilsgeschäfts, das die sog. wirtschaftliche Beteiligung in Höhe von mindestens 95 % entstehen lässt, zum Vermögen der Gesellschaft gehören. 3.3 Irrelevanz schuldrechtlicher Absprachen zwischen den mehreren Gesellschaftern der Grundstücksgesellschaft im Rahmen von § 1 Abs. 3, Abs. 3a GrEStG Nach dem Gesetzeswortlaut von § 1 Abs. 3 Nr. 1, Nr. 3 und Nr. 4 GrEStG können diese Tatbestände nur dadurch verwirklicht werden, dass Anteile an der Gesellschaft, zu deren Vermögen das Grundstück gehört, oder an einer zwischengeschalteten Gesellschaft, der das Grundstück ebenfalls zuzurechnen ist, zivilrechtlich auf den Erwerber übertragen werden bzw. Rechtsgeschäfte abgeschlossen werden, die auf solche Anteilsübertragungen gerichtet sind90. Für § 1 Abs. 3 Nr. 2 GrEStG gilt dasselbe, obwohl dort lediglich von der „Vereinigung unmittelbar oder mittelbar von mindestens 95 % der Anteile der Gesellschaft, wenn kein schuldrechtliches Geschäft im Sinne der Nummer 1 vorausgegangen ist“, die Rede ist. Denn nach der Rechtsprechung des BFH kann der in

88 „, …, wenn kein schuldrechtliches Geschäft im Sinne der Nummer 1 vorausgegangen ist“ (Hervorhebung durch Verf.). 89 Vgl. Hofmann, § 1 GrEStG, Rz. 191, 10. Auflage 2014, m.w.N. 90 Nach der Rechtsprechung des BFH ist eine Übertragung von Anteilen auf den Erwerber i.S.v. § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG und Steuerschuldner i.S.v. § 13 Nr. 5a GrEStG nicht erforderlich; vgl. zuletzt BFH-Urteil v. 20.1.2015 – II R 8/13: Der Erwerb eines eigenen Anteils durch eine ein Grundstück haltende GmbH löst eine Anteilsvereinigung in der Hand des dadurch zu mindestens 95 % beteiligten Gesellschafters aus, obwohl dieser selbst keinen Anteil hinzuerwirbt.

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§ 1 Abs. 3 Nr. 2 GrEStG verwendete Begriff der Vereinigung aller Anteile „nur vor dem Hintergrund der Nummer 1 interpretiert werden. Es ist nur die Vereinigung durch Übertragung von Anteilen gemeint“91. Im Anschluss an das zu § 1 Abs. 2a GrEStG ergangene BFH-Urteil II R 49/12 vom 9.7.201492 stellt sich auch in Bezug auf die Tatbestände in § 1 Abs. 3 und Abs. 3a GrEStG die Frage, ob mittelbare Anteilsübergänge zukünftig auch auf Grundlage rein schuldrechtlicher Abmachungen angenommen werden können, wenn diese Abmachungen dazu führen, dass ein vom zivilrechtlichen Anteilsinhaber verschiedene Dritte das sog. wirtschaftliche Eigentum i.S.v. § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO an dem betreffenden Anteil hat93. Selbst wenn man die Anwendung von § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO im Rahmen von § 1 Abs. 2a GrEStG in Übereinstimmung mit dem BFH-Urteil II R 49/12 befürworten sollte, spricht gegen die Übertragung dieser Grundsätze auf § 1 Abs. 3 GrEStG die Teleologie dieser Vorschrift. Bei § 1 Abs. 3 GrEStG erfolgt die Zurechnung des Gesellschaftsgrundstücks zum mindestens 95 %igen Gesellschafter, weil im Falle einer mindestens 95 %igen Beteiligung unwiderleglich vermutet wird, dass der Gesellschafter die Gesellschaft beherrscht. Vor diesem Hintergrund macht es m.E. keinen Sinn, zur Rechtsfolge „unwiderlegliche Vermutung der Beherrschung“ auf Grundlage von Kriterien zu gelangen, die mit der Frage, ob ein Gesellschafter die Gesellschaft beherrscht, nicht unmittelbar etwas zu tun haben94. Allerdings erscheint die Argumentation nicht ausgeschlossen, dass es sich bei der unwiderleglichen Vermutung der Beherrschung der Gesellschaft durch den mindestens 95 %igen Gesellschafter lediglich um die Rechtsfolge handele und deshalb die Tatbestandsmerkmale, deren Vorliegen diese Rechtsfolge auslöst, auf andere Kriterien – wie Wertsteigerungschance und Wertverlustrisiko – abstellen könnten. Derzeit ist unklar, ob die Finanzverwaltung und die Finanzgerichte sowie der BFH § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO auch im Anwendungsbereich von § 1 Abs. 3 und Abs. 3a GrEStG für anwendbar halten werden. Für die Gestaltungspraxis sollte vorsorglich von der Anwendbarkeit von § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO ausgegangen werden, mit der Folge, dass sichergestellt werden sollte, dass z.B. der zu 5,1 % zivilrechtlich beteiligte Minder-

91 Vgl. BFH-Urteil v. 28.11.1979 – II R 117/78, BStBl. II 1980, 357, Tz. 16. 92 Vgl. BFH/NV 2014, 1667. Vgl. dazu oben in Ziffer 1.5 „Der entrechtete Altgesellschafter (Anteilszurechnung nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO durch den BFH)“. 93 Insoweit ablehnend vgl. Behrens/Bielinis, DStR 2014, 1369. 94 Dies belegen insbesondere die Entscheidungsgründe des BFH-Urteils v. 9.7.2014 – II R 49/12, weil der BFH dort der Frage, wer zur Ausübung der aus dem zurückbehaltenen 5,6 %igen Anteil resultierenden Stimmrechte befugt war, keine Bedeutung beimaß.

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heitsgesellschafter auch wirtschaftlicher Eigentümer i.S.v. § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO des 5,1 %-Anteils ist. In Übereinstimmung mit den Entscheidungsgründen des BFH-Urteils II R 49/12 ist dabei auf die ertragsteuerrechtliche BFH-Rechtsprechung bezüglich § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO abzustellen. Gesellschaftervereinbarungen zwischen Mehrheits- und Minderheitsgesellschafter, die Stimmrechtsbindungen und die Vereinbarung sog. Drag-along und Tag-along-rights enthalten, ändern nichts daran, dass die zivilrechtlichen Gesellschafter auch jeweils wirtschaftliche Eigentümer der ihnen zivilrechtlich gehörenden Anteile sind. Keiner der Gesellschafter erlangt aufgrund einer solchen Gesellschaftervereinbarung gegen den jeweils anderen Gesellschafter eine rechtlich geschützte, auf den Erwerb des Anteils des anderen Gesellschafters gerichtete Position, die ihn gegen seinen Willen nicht mehr entzogen werden kann; Das sog. Drag-along-right berechtigt den Mehrheitsgesellschafter lediglich dazu, im Falle des Verkaufs seines Anteils vom Minderheitsgesellschafter zu verlangen, dass auch dieser seinen Anteil an den (dann gemeinsamen) Käufer verkauft. Auch verbleibt das Risiko des Wertverlusts und die Chance der Wertsteigerung beim Minderheitsgesellschafter. Durch den Stimmrechtsbindungsvertrag wird zwar die Ausübung des Stimmrechts beschränkt, nicht jedoch das Recht auf Gewinnbeteiligung. Die für die Zurechnung des Anteils nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO in der ertragsteuerrechtlichen BFH-Rechtsprechung entwickelten Kriterien, die dazu führen würden, den Minderheitsanteil dem Mehrheitsgesellschafter zuzurechnen, sind mithin bei Weitem nicht erfüllt. Veräußert der bisherige Alleingesellschafter einer Grundstücks-GmbH 94,9 % seine Beteiligung an den Käufer 1 und die restlichen 5,1 % der Anteile an der Gesellschaft an den Käufer 2 („Fremder“), ist die Rechtstellung des Fremden als nicht nur zivilrechtlicher Inhaber des 5,1 %-Anteils, sondern auch als dessen wirtschaftlicher Eigentümer nicht fraglich, auch wenn der Käufer 1 mit der Grundstücks-GmbH einen Gewinnabführungsvertrag i.S.v. §§ 291 ff. AktG abschließt95 und in die Satzung der Grundstücks-GmbH zudem eine Vinkulierungsklausel des Inhalts aufgenommen wird, dass ein Gesellschafter nur mit Zustimmung der Gesellschafterversammlung über seinen Anteil an der Grundstücks-GmbH verfügen kann. Denn auch in dieser Fallkonstellation erlangt der Käufer des 94,9 %igen Anteils keine rechtlich geschützte, auf den Erwerb des restlichen 5,1 %igen Anteils gerichtete Position, die

95 Was das Erfordernis der Vereinbarung einer festen Ausgleichszahlung (Garantiedividende) i.S.v. § 304 Abs. 2 S. 1 AktG zugunsten des Minderheitsgesellschafter zur Folge hat.

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ihm gegen seinen Willen nicht mehr entzogen werden kann; auch verbleiben Wertverlustrisiko und Wertsteigerungschance hinsichtlich des 5,1 %igen Anteils beim Fremden, der zudem weiterhin seine Stimmrechte ausüben kann. Dass die Gewinnbeteiligung nur noch in Form einer festen Ausgleichszahlung i.S.v. § 304 Abs. 2 S. 1 AktG besteht und der Fremde in seiner Verfügungsmöglichkeit über seinen 5,1 %igen Anteil beschränkt ist, genügt nicht, um das wirtschaftliche Eigentum an seinem 5,1 %igen Anteil dem Käufer des 94,9 %igen Anteils zuzurechnen. Dieser Sachverhalt lässt sich wie folgt veranschaulichen:

Angesichts der Legal-Definition des Tatbestandsmerkmals „Beteiligung am Kapital“ in § 1 Abs. 3a S. 2 GrEStG ist auch nicht ersichtlich, dass sich die sog. wirtschaftliche Beteiligung des Käufers des 94,9 %igen-Geschäftsanteils auf mehr als 94,9 % erhöhen würde. Weder die Vinkulierung noch die Vereinbarung der Ausgleichszahlung zugunsten des Fremden erhöht die Beteiligung des Käufers am Kapital der G-GmbH. Beteiligt sich der Käufer 1 atypisch still an dem Geschäftsbetrieb des Käufers 2 bzw. geht er eine atypisch stille Unterbeteiligung an dem 5,1 %igen Anteil des Käufer 2 ein, scheidet eine Zurechnung des 5,1 %igen Anteils des Käufers 2 zum Käufer 1 nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO aus. Ertragsteuerrechtlich wäre die atypisch stille Gesellschaft ein eigenständiges Einkünfteermittlungs- und Zurechnungssubjekt. Grunderwerbsteuerrechtlich ist die atypisch stille Gesellschaft – weil nicht rechtsfähig – jedoch nicht als Rechtsträger existent und damit irrelevant.

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Die atypisch stille Gesellschaft bzw. atypische Unterbeteiligung räumt dem Käufer des 94,9 %igen-Geschäftsanteils keine rechtlich geschützte, auf den Erwerb des restlichen 5,1 %igen-Geschäftsanteils gerichtete Position ein, die ihm gegen seinen Willen nicht mehr entzogen werden kann. M.E. scheidet bereits deshalb eine Zurechnung des wirtschaftlichen Eigentums am 5,1 %igen-Geschäftsanteil zum Käufer des 94,9 %igen-Geschäftsanteils aus. Auch bewirkt der Vertrag über die atypisch stille Gesellschaft bzw. atypisch stille Unterbeteiligung zwischen dem Käufer und dem Fremden nicht, dass sich die Beteiligung des Käufers an der G-GmbH auf über 94,9 % erhöhen würde. Denn der Käufer ist nach wie vor nur in Höhe von 94,9 % am Kapital der G-GmbH beteiligt. Fraglich ist die Relevanz von Treuhandverhältnissen im Anwendungsbereich von § 1 Abs. 3a GrEStG. Der Gesetzeswortlaut „innehaben“ deutet m.E. darauf hin, dass nur dingliche Anteilserwerbe zur Erfüllung des Tatbestands von § 1 Abs. 3a GrEStG führen können96. Auf Grundlage der in den gleich lautenden Länder-Erlassen vom 9.10.2013 enthal-

96 So auch Hofmann, § 1 GrEStG, Rz. 190, 10. Auflage 2014: „Aber auch eine durch einen Treuhänder vermittelte Beteiligung scheidet aus. Weil der Rechtsträger aufgrund eines Rechtsvorgangs, der als solcher im Sinne des § 1 Abs. 3 gilt, auch die mittelbare Beteiligung innehaben muss, kann sie nicht durch einen Treuhänder vermittelt werden. Denn diesem gegenüber hat der Auftraggeber (Geschäftsherr) nur einen schuldrechtlichen Anspruch auf Herausgabe (Abtretung) des vom Auftragnehmer (Geschäftsbesorger) erlangten Anteils einer grundbesitzenden Gesellschaft aus § 667 BGB (ggf. i.V.m. § 675 Abs. 1 BGB). Insoweit besteht zwischen der mittelbaren Anteilsvereinigung i.S.v. § 1 Abs. 3 und dem Innehaben einer mittelbaren wirtschaftlichen Beteiligung kein Gleichklang. Das ist bei der Zielrichtung des § 1 Abs. 3a … nicht verwunderlich, zumal hinsichtlich der durch Treuhänder vermittelnden Anteilsvereinigung kein Handlungsbedarf bestand“.

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tenen Anweisung, dass der Tatbestand von § 1 Abs. 3a GrEStG in allen Varianten von § 1 Abs. 3 verwirklicht werden könne, muss jedoch in der Praxis davon ausgegangen werden, dass die Finanzverwaltung Treuhandverhältnisse auch im Rahmen von § 1 Abs. 3a GrEStG für relevant halten wird. Die Problematik soll anhand des folgenden Beispiels verdeutlicht werden: Der Verkäufer verkauft 94,9 % der Anteile an der Grundstücks-GmbH an den Käufer und die restlichen 5,1 % an eine KG, an der ein Fremder zu 94,9 % und ein weiterer Dritter zu 5,1 % beteiligt sind. Der zu 94,9 % an der KG beteiligte Fremde schließt mit dem Käufer einen Treuhandvertrag ab, wonach der Fremde seinen 94,9 %igen Anteil an der KG für den Käufer hält.

§ 1 Abs. 3 GrEStG wird nicht verwirklicht, weil die 5,1 %ige Beteiligung des Dritten an der KG97 der Zurechnung (eines Teils) der 5,1 %igen Beteiligung der KG an der Grundstücks-GmbH zum Fremden und damit wegen des Treuhandverhältnisses zum Käufer entgegensteht98. Würde die 94,9 %ige Beteiligung des Fremden an der KG aufgrund des Treuhandvertrags dem Käufer zugerechnet, hielte dieser eine sog. wirtschaftliche Beteiligung in Höhe von 94,9 % plus 94,9 % von 5,1 %, d.h. in Höhe von mehr als 95 % an der Grundstücks-GmbH, so dass der Tatbestand von § 1 Abs. 3a GrEStG verwirklicht wäre. Auf Grundlage der Erlasse zu § 1 Abs. 3a GrEStG vom 9.10.2013, wonach die zu § 1 Abs. 3 GrEStG entwickelten Grundsätze für § 1 Abs. 3a GrEStG entsprechend gelten, wird die Finanzverwaltung hier die Verwirklichung des Tatbestands von § 1 97 Dies begründet einen mehr als 5 %igen „Anteil am Gesellschaftskapital der KG“ i.S.d. Tz. 20 des BFH-Urteils v. 12.3.2014 – II R 51/12, BFH/NV 2014, 1389; vgl. dazu oben in Ziffer 2.3. 98 Zur durch Treuhänder vermittelnden Anteilsvereinigung i.S.v. § 1 Abs. 3 GrEStG vgl. gleich lautende Länder-Erlasse v. 12.10.2007, BStBl. I 2007, 761.

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Abs. 3a GrEStG voraussichtlich bejahen. Der Gesetzeswortlaut spricht jedoch dagegen. Für die Frage, ob eine Anteilsvereinigung i.S.v. § 1 Abs. 3 GrEStG oder die Innehabung einer sog. wirtschaftlichen Beteiligung i.S.v. § 1 Abs. 3a GrEStG vorliegt, sind von einem der Anteilskäufer mit der Grundstücks-Gesellschaft vereinbarte atypisch stille Gesellschaften irrelevant. Denn für die Bemessung der Beteiligung am Kapital bzw. der Beteiligung am Vermögen i.S.v. § 1 Abs. 3a S. 2 GrEStG kommt es nur auf die Beteiligung am gezeichneten Kapital (bei Kapitalgesellschaften) bzw. auf die gesamthänderisch vermittelte Vermögensbeteiligung (bei Personengesellschaften) an. Die atypisch stille Beteiligung ist jedoch von der kapitalgesellschaftsrechtlichen bzw. von der gesamthänderisch vermittelten Beteiligung unabhängig. Mithin sollte es für die Zwecke von § 1 Abs. 3, Abs. 3a GrEStG irrelevant sein, wenn der Käufer der 94,9 %igen Beteiligung an der Grundstücks-GmbH mit dieser ein atypisch stille Gesellschaft begründet, auch wenn dies dazu führt, dass dem Käufer im Ergebnis mehr als 95 % der Chancen und Risiken, die mit dem Geschäft der G-GmbH verbunden sind, zustehen. Dies soll anhand des folgenden Beispiel verdeutlicht werden:

Zivilrechtlich und damit auch grunderwerbsteuerrechtlich ist die atypisch stille Gesellschaft als solche kein eigenständiges Rechtsubjekt99.

99 Die Skizze legt das ertragsteuerliche Verständnis zugrunde, wonach es sich bei der atypisch stillen Gesellschaft um ein eigenständiges Einkünfteermittlungssubjekt handelt.

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Weil sich durch die Gründung der atypisch stillen Gesellschaft zwischen dem Käufer der 94,9 % als still Beteiligtem und der G-GmbH als Geschäftsherrn die 94,9 %ige kapitalgesellschaftrechtliche Beteiligung des Käufers sowie die 5,1 %ige Beteiligung des Fremden nicht verändern, werden weder der Tatbestand von § 1 Abs. 3 GrEStG noch der von § 1 Abs. 3a GrEStG verwirklicht. Dasselbe Ergebnis tritt ein, wenn es sich bei der Grundstücksgesellschaft um eine Personengesellschaft handelt. Dies soll wie folgt verdeutlicht werden:

Ursprünglich waren die beiden Alt-Gesellschafter hälftig gesamthänderisch am Vermögen der Grundstücks-KG beteiligt. Anschließend überträgt der Alt-Gesellschafter 1 einen 44,9 %igen Anteil an der KG auf den Alt-Gesellschafter 2, der seine Beteiligung damit von bisher 50 % auf 94,9 % erhöht. Zugleich schließt der Alt-Gesellschafter 2 mit der Grundstücks-KG ein atypisch stillen Gesellschaftsvertrag ab, auf dessen Grundlage der Altgesellschafter 2 gegen Gewinnbeteiligung und Beteiligung an den stillen Reserven eine Einlage in das Vermögen der KG leistet. Die Verwirklichung von § 1 Abs. 3 GrEStG scheidet wegen der sog. ProKopf-Betrachtung von vornherein aus, solange der Altgesellschafter 1 überhaupt gesamthänderisch an der KG beteiligt bleibt. Auch der Tatbestand von § 1 Abs. 3a GrEStG ist nicht verwirklicht, weil für die Bemessung der Beteiligungsquoten i.S.v. § 1 Abs. 3a GrEStG ausschließlich auf die gesamthänderisch vermittelten Vermögensbeteiligungen abzustellen ist. Die gesamthänderischen Vermögensbeteiligungen bestehen im Verhältnis von 5,1 % zu 94,9 %. Dass nur der Altgesellschafter 2 mit der KG eine atypisch stille Gesellschaft abgeschlossen hat, auf des-

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sen Grundlage er eine weitere Einlage einzahlt, ist grunderwerbsteuerrechtlich ohne Bedeutung.

4. Ausblick Aktuelle Praxisfragen des Grunderwerbsteuerrechts betreffen insbesondere die an Anteilsgeschäfte anknüpfenden Tatbestände in § 1 Abs. 2a, Abs. 3 und Abs. 3a GrEStG. Nach dem BFH-Urteil II R 49/12 vom 9.7.2014 will der BFH die Frage nach dem Vorliegen eines mittelbaren Anteilsübergangs nicht nur sachenrechtlich100, sondern auch nach den Kriterien von § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO beurteilen101. Abzuwarten bleibt, wie die Finanzverwaltung hierauf reagiert und ob diese Grundsätze auch im Anwendungsbereich von § 1 Abs. 3 und Abs. 3a GrEStG zukünftig Anwendung finden werden. In der Gestaltungspraxis ist vorerst darauf zu achten, dass der zurückbehaltene bzw. auf einen zweiten Käufer übertragene z.B. 5,1 %ige Anteil nicht nur zivilrechtlich zurückbehalten bzw. auf den zweiten Käufer übertragen wird, sondern dass auch das wirtschaftliche Eigentum i.S.v. § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO zurückbehalten bzw. übertragen wird. In Bezug § 1 Abs. 2a GrEStG ist mit der im Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Protokollerklärung zum Gesetz zur Anpassung der AO an den Zollkodex der Union und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 27.3.2015 damit zu rechnen, dass der Gesetzgeber – gegen das BFH-Urteil II R 17/10 vom 24.4.2013 – die seit den Erlassen vom 25.2.2010 von der Finanzverwaltung vertretene Auslegung des Tatbestandsmerkmals „mittelbarer Anteilsübergang“ gesetzlich kodifizieren wird. Es ist zu hoffen, dass der Gesetzgeber den bisher vorliegenden Formulierungsvorschlag noch nachbessern und dabei ausdrücklich regeln wird, wer als neuer Gesellschafter einer zwischengeschalteten Kapitalgesellschaft anzusehen ist und dass über alle Beteiligungsebenen hinweg bei Prüfung von § 1 Abs. 2a GrEStG stets jeweils nur solche Anteilsübergänge zu berücksichtigen sind, die innerhalb ein- und desselben Fünf-Jahres-Zeitraums erfolgen.

100 D.h. danach, ob die dingliche Rechtsinhaberschaft an Anteilen an einer vermittelnden Gesellschaft übergehen. 101 Anders im Ertragsteuerrecht soll wohl eine Art Meistbegünstigung gelten, dass ein mittelbarer Anteilsübergang soll vorliegen, wenn entweder nur die dingliche Rechtsinhaberschaft oder nur das wirtschaftliche Eigentum an dem Anteil i.S.v. § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO oder wenn beides übergeht.

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Transaktionsnahes Steuerstrafrecht Leitender Regierungsdirektor Harald von Frantzki Finanzamt für Steuerfahndung und Steuerstrafsachen, Düsseldorf Dr. Jörg Schauf Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht, Bonn Inhaltsübersicht A. Begriffsbestimmung B. Steuerstrafrechtliche Risiken für Unternehmen I. Organe und (leitende) Mitarbeiter 1. Vorsätzliche Steuerhinterziehung, § 370 AO 2. Leichtfertige Steuerverkürzung, § 378 AO 3. Aufsichtspflichtverletzung nach § 130 OWiG II. Unternehmen selbst: Verbandsgeldbuße nach § 30 OWiG III. Exkurs: „Unrichtigkeit“ bei unklarer/streitiger Rechtslage C. Übernahme bestehender Risiken (präakquisitorische Deliktverwirklichung)

II. Verbandsgeldbußen nach § 30 OWiG 1. Bereits festgesetzte Verbandsgeldbußen 2. Bereits verwirklichte aber noch nicht festgesetzte Verbandsgeldbußen D. Neue Risiken (postakquisitorische Deliktverwirklichung) I. Mittelbarer Grundstückserwerb II. Kaufpreisallokationen III. Schmiergeldzahlungen IV. Perpetuierung von Fehlern im Erklärungswesen V. Zahlreiche weitere Beispiele E. Strategien zur Risikovermeidung bzw. -minimierung F. Ausblick

I. Steuerhinterziehung, leichtfertige Steuerverkürzung, Aufsichtspflichtverletzung

A. Begriffsbestimmung Im Zusammenhang mit Transaktionen, gemeint sind hier primär Unternehmenstransaktionen, stellt sich aus Erwerbersicht vor dem Kauf generell die Frage, ob in dem erworbenen Unternehmen Risiken „schlummern“, die sich für ihn nach Erwerb finanziell nachteilig auswirken können. Diese Risiken können steuerlicher Natur sein. Zu einer finanziellen Belastung kann es dann kommen, wenn sie in einer später statt-

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findenden Betriebsprüfung aufgedeckt werden und zur Festsetzung einer Mehr-Steuer führen. Daneben bestehen auch straf- oder bußgeldrechtliche Risiken, etwa in Form einer noch zu verhängenden Verbandsgeldbuße nach § 30 OWiG. Um diese Risiken überblicken und ggf. bei der Kaufpreisfindung berücksichtigen zu können, entspricht die Durchführung von Due Diligence-Prüfungen im Vorfeld von Akquisitionen ab einer bestimmten Größenordnung inzwischen dem Standard.1 Der Umfang und die Inhalte einer Due Diligence-Überprüfung hängen von verschiedenen Faktoren ab (z.B. Größe und Branche des erworbenen Unternehmens).2 Zu den wesentlichen Bestandteilen einer Due DiligencePrüfung gehört regelmäßig u.a. eine steuerliche Prüfung („Tax Due Diligence“) sowie eine rechtliche Prüfung („Legal Due Diligence“). Seltener wird außerdem eine spezifische straf- bzw. bußgeldrechtliche Überprüfung („Criminal Due Diligence“) durchgeführt. Im Fokus der folgenden Betrachtung stehen die spezifisch steuerstrafrechtlichen Risiken, also gewissermaßen die Schnittmenge aus beiden Bereichen. Neben in der Vergangenheit angelegten Risiken, die in dem erworbenen Unternehmen zum Übergabezeitpunkt bereits angelegt sind, ist im Zusammenhang mit einer Transaktion auch die Verwirklichung neuer Delikte möglich. Der vorliegende Beitrag widmet sich beiden Bereichen, also sowohl der „Übernahme“ von Risiken aus bereits verwirklichten Steuerdelikten als auch möglichen neuen Deliktsverwirklichungen im Rahmen oder infolge der Transaktion selbst. Steuerstrafrechtliche Risiken bestehen sowohl bei Einzeltransaktionen (Kaufverträge bzgl. einzelner Wirtschaftsgüter, sog. „asset deal“) als auch – und insbesondere – bei Gesamttransaktionen im Zusammenhang mit z.B. Unternehmens(Teil-)Verkäufen („share deal“) oder Umwandlungen. In subjektiver Hinsicht (Motivation) ist insbesondere die Nutzung steuerlicher Gestaltungsmöglichkeiten zur Steuer- und Gewinnoptimierung bis hin zur aggressiven Steuerplanung problematisch. Bei (aggressiven) steuerlichen Gestaltungen stellt sich regelmäßig die Frage, wann die Grenze noch zulässiger Steuervermeidung hin zur rechtswidrigen Steuerumgehung überschritten ist. Dabei gibt es (bislang) keine Definition des Begriffs „transaktionsnahes Steuerstrafrecht“. Auch gibt es keine speziellen transaktionsspezifischen Sanktionsnormen. Vielmehr gelten

1 Vgl. Homberg, AG 2011, 305; Hehn/Ulrich, GmbHR 2012, 263; Normann, GmbH-StB 2014, 49; Schiffers, GmbH-StB 2004, 239; ders., GmbH-StB 2004, 277; siehe auch OLG Oldenburg v. 22.6.2006 – 1 U 34/03, BB 2007, 66 (mögliche Geschäftsführerhaftung nach § 43 GmbHG bei unterlassener Due Diligence). 2 Dazu Berens/Schmitting/Strauch in Berens/Brauner/Strauch/Knauer, Due Diligence bei Unternehmensakquisitionen, 7. Aufl. 2013, S. 86.

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die allgemeinen Vorschriften, insbesondere die §§ 370 ff. AO sowie §§ 30, 130 OWiG. Als Resümee aus den vorstehenden Erwägungen verstehen wir unter dem Begriff „transaktionsnahes Steuerstrafrecht“ die mögliche strafund ordnungswidrigkeitenrechtliche Deliktverwirklichung im Zusammenhang mit Unternehmenskäufen sowie aus Erwerbersicht das Risiko, die Verantwortung für bereits vor der Übergabe angelegte Risiken mit zu übernehmen.

B. Steuerstrafrechtliche Risiken für Unternehmen Im Folgenden werden kurz die möglichen straf- und bußgeldrechtlichen Sanktionsnormen für natürliche Personen sowie Unternehmen dargestellt.

I. Organe und (leitende) Mitarbeiter 1. Vorsätzliche Steuerhinterziehung, § 370 AO Der Straftatbestand der vorsätzlichen Steuerhinterziehung nach § 370 AO kann nur durch natürliche Personen verwirklicht werden, nur gegen diese kann eine Sanktion in Form einer Geld- oder Freiheitsstrafe3 verhängt werden. Ein Unternehmensstrafrecht gibt es bislang in Deutschland nicht.4 Im Zusammenhang mit der Verkürzung von Unternehmensteuern sind in der Praxis insbesondere Leitungsorgane von Kapitalgesellschaften (Vorstände, Geschäftsführer) und diejenigen Mitarbeiter, die an der Erstellung von Steuererklärungen mitwirken (vor allem Steuerabteilungsleiter, teilweise aber auch andere Mitarbeiter der Steuerabteilung oder des Rechnungswesens) strafrechtlichen Vorwürfen ausgesetzt. Als persönlicher Strafaufhebungsgrund ist in § 371 AO die strafbefreiende Selbstanzeige vorgesehen.5 Zu beachten sind insbesondere die in § 371 Abs. 2 AO normierten Sperrgründe, deren Vorliegen zur Unwirksamkeit der Selbstanzeige führt. Für Selbstanzeigen im Unternehmen ist von besonderer Bedeutung die Bekanntgabe einer Prüfungsanordnung (§ 371 Abs. 2 Nr. 1a) AO). Da der Sperrgrund bereits eingreift, wenn sich

3 Bis zu fünf Jahren (§ 370 Abs. 1 AO) bzw. in Fällen besonders schwerer Steuerhinterziehung bis zu 10 Jahren (§ 370 Abs. 3 Satz 1 AO). 4 Zu den aktuellen Überlegungen siehe aber noch unter F. 5 Schauf in Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 371 AO, Rz. 26.

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die Prüfungsanordnung in ihrem Umfang auf nur eines der nacherklärten Jahre erstreckt6, ist in „anschlussgeprüften“ Unternehmen die Abgabe einer strafbefreienden Selbstanzeige faktisch ausgeschlossen.7 2. Leichtfertige Steuerverkürzung, § 378 AO Bei der leichtfertigen Steuerhinterziehung nach § 378 AO handelt es sich um einen Ordnungswidrigkeitentatbestand, der als Rechtsfolge die Ahndung mit einem Bußgeld bis zu 50.000 Euro vorsieht. Als Täter des § 378 AO kommen wie bei der vorsätzlichen Steuerhinterziehung nur natürliche Personen in Frage. In subjektiver Hinsicht setzt § 378 AO eine leichtfertige (d.h. grob fahrlässige) Steuerverkürzung voraus. Auch bei der leichtfertigen Steuerverkürzung besteht für den Täter die Möglichkeit, eine Selbstanzeige abzugeben, die bußgeldbefreiende Wirkung hat (§ 378 Abs. 3 AO). Anders als bei § 371 AO gibt es hier nur einen Sperrgrund: Eine Selbstanzeige kann nicht mehr mit bußgeldbefreiender Wirkung abgegeben werden, nachdem die Einleitung eines Strafoder Bußgeldverfahrens bekanntgegeben wurde. 3. Aufsichtspflichtverletzung nach § 130 OWiG Nach § 130 OWiG kann die vorsätzliche oder fahrlässige Verletzung einer betriebsbezogenen Aufsichtspflicht mit einer Geldbuße geahndet werden, wenn eine mit Strafe oder Geldbuße bedrohte Zuwiderhandlung gegen eine den Betriebsinhaber treffende Pflicht begangen wurde und die Zuwiderhandlung durch die gehörige Aufsicht verhindert oder wesentlich erschwert worden wäre. Über die Vorschrift kommt eine Zurechnung von durch Mitarbeiter begangenen Steuerhinterziehungen oder leichtfertigen Steuerverkürzungen gegenüber dem Betriebsinhaber oder einer anderen zur Aufsicht verpflichteten Person8 in Betracht.

II. Unternehmen selbst: Verbandsgeldbuße nach § 30 OWiG Daneben gibt es das Instrument der sog. Verbandsgeldbuße nach § 30 OWiG. Dabei handelt es sich nicht um einen selbstständigen Deliktstatbestand, vielmehr wird einer juristischen Person oder gleichgestellten

6 Schauf in Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 371 AO, Rz. 119.3. 7 Kritisch dazu Schauf/Schwartz, ZWH 2011, 85; Wulf, AG 2010, 540, 543; Wulf/ Kamps, DB 2011, 1711. 8 Der Personenkreis der dem Betriebsinhaber „gleichgestellten Personen“ ist in § 9 OWiG geregelt.

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Personenvereinigung9 das deliktische Verhalten einer für sie handelnden natürlichen Person zugerechnet. Gegen einen Verband (juristische Person oder Personenvereinigung) kann eine Geldbuße nach § 30 OWiG verhängt werden, wenn eine Leitungsperson (vgl. § 30 Abs. 1 OWiG) eine unternehmensbezogene Straftat oder Ordnungswidrigkeit (sog. Anknüpfungstat) begangen hat, ohne dass festgestellt werden muss, wer für die Tat konkret verantwortlich ist („anonyme“ Verbandsgeldbuße).10 Es genügt, dass mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststeht, dass eine der in Betracht kommenden Leitungspersonen die Tat in vorwerfbarer Weise begangen hat und dass die anderen, wenn sie die Tat begangen hätten, ebenfalls vorwerfbar gehandelt hätten. Als Anknüpfungstaten kommen im Rahmen des § 30 OWiG Steuerstraf- bzw. Steuerordnungswidrigkeiten in Betracht, also die Steuerhinterziehung nach § 370 AO oder § 26c UStG sowie die Begünstigung hierzu (§ 369 Abs. 1 Nr. 4 AO) oder die Teilnahme an diesen Taten. Aus dem Bereich der Ordnungswidrigkeitentatbestände spielen im Rahmen des § 30 OWiG die leichtfertige Steuerhinterziehung nach § 378 AO, die Steuergefährdung nach § 379 AO, die Gefährdung von Abzugsteuer nach § 380 AO, die Bußgeldvorschriften im Bereich der Umsatzsteuer nach § 26a und § 26b UStG sowie der Auffangtatbestand des § 130 OWiG (Verletzung von Sorgfaltspflichten des Betriebsinhabers) eine Rolle. Die Regelung des § 30 OWiG selbst stellt keinen eigenen Ordnungswidrigkeitentatbestand dar, sondern ermöglicht lediglich die Inanspruchnahme des Verbandes in Form eines Durchgriffs, um im Ergebnis eine Besserstellung des Verbandes gegenüber Einzelunternehmern zu vermeiden, die sich daraus ergibt, dass im Falle einer Pflichtverletzung der Leitungsperson lediglich deren wirtschaftliche Verhältnisse bei der Ahndung mit einer Strafe bzw. Geldbuße berücksichtigt werden und nicht die Verhältnisse des Verbandes. Über § 30 OWiG können bei der Geldbuße die wirtschaftlichen Verhältnisse des Verbandes berücksichtigt sowie die wirtschaftlichen Vorteile der Tat abgeschöpft werden (§ 30 Abs. 3 i.V.m. § 17 Abs. 4 OWiG). Der Verband, der den wirtschaftlichen Vorteil aus der Straftat zieht, soll zumindest ein „bußgeldrechtliches Risiko“ tragen.11

9 Rechtsfähige Personengesellschaften (insbesondere OHG, KG, GmbH & Co. KG) und nichtrechtsfähige Vereine, Bohnert, OWiG, 3. Aufl., 2010, § 30 Rz. 14. 10 Gürtler in Göhler, OWiG, 16. Aufl. 2012, § 30 Rz. 40. 11 Zur Bemessung der Geldbuße vgl. Gürtler in Göhler, OWiG, 16. Aufl. 2012, § 30 Rz, 36a.

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Auf der Rechtsfolgenseite sieht § 30 OWiG eine Geldbuße bis zu 10.000.000 Euro im Falle einer vorsätzlichen bzw. bis zu 5.000.000 Euro bei einer fahrlässigen Straftat als Anknüpfungstat vor. Handelt es sich bei der Anknüpfungstat dagegen um eine Ordnungswidrigkeit, ist das in jener Vorschrift angedrohte Höchstmaß der Geldbuße entscheidend. Im Fall einer leichtfertigen Steuerverkürzung nach § 378 AO kann ein Verstoß gegen § 30 OWiG demnach lediglich mit einer Geldbuße bis zu 50.000 Euro geahndet werden (§ 378 Abs. 2 AO). Demgegenüber kommt bei einer Aufsichtspflichtverletzung nach § 130 OWiG wegen des Verweises in § 130 Abs. 3 Satz 2 OWiG auf § 30 Abs. 2 Satz 3 OWiG der verzehnfachte Bußgeldrahmen in Betracht. Gemäß §§ 30 Abs. 3, 17 Abs. 4 bzw. 29a OWiG kann zur Abschöpfung des aus der Tat erlangten Vorteils das gesetzlich vorgesehene Höchstmaß des Sanktionsrahmens der Anknüpfungsnorm überschritten werden. Aus der Tat erlangter Vorteil ist im Falle der vorsätzlichen oder leichtfertigen Steuerverkürzung insbesondere der Zinsschaden. In der Vergangenheit konnten so über § 30 OWiG im Zusammenhang mit Verfahren gegen diverse Großbanken beträchtliche Geldbußen in zwei- und dreistelliger Millionenhöhe festgesetzt werden. Insofern hat sich die Vorschrift im Rahmen von Steuerfahndungsverfahren aus Sicht des Fiskus bewährt, wenngleich eine Präventivwirkung allein aus der Abschreckungswirkung herrührt. Einen anderen Weg beschreitet in diesem Zusammenhang der von der Landesregierung Nordrhein-Westfalens (Justizministerium) vorgelegte Entwurf eines „Verbandsstrafgesetzbuches“, der den Compliance-Gedanken stärker betont und unter bestimmten Voraussetzungen ein Absehen von einer Geldbuße vorsieht.12

III. Exkurs: „Unrichtigkeit“ bei unklarer/streitiger Rechtslage Häufig diskutiert und auch in der Praxis von Relevanz ist die Frage, ob eine Steuererklärung unrichtig ist, wenn die darin gemachten Angaben des Steuerpflichtigen zwar unter Zugrundelegung einer bestimmten Rechtsauffassung nicht zutreffend sind, bei Anwendung einer anderen Ansicht aber korrekt wären.13 Bei vorsätzlichem Verhalten kann dann eine Steuerhinterziehung gem. § 370 AO vorliegen, bei einem Sorgfaltspflichtverstoß ggf. eine leichtfertige Steuerverkürzung. Wurde eine Erklärung unvorsätzlich unrichtig abgegeben, kann sich eine Berichti-

12 Hierzu später unter F. 13 Dazu m.w.N.: Hellmann in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 370 AO, Rz. 84 ff.

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gungspflicht nach § 153 Abs. 1 AO ergeben, wenn die Unrichtigkeit nachträglich erkannt wird.14 Die Frage, wann eine Erklärung bei streitiger bzw. unklarer Rechtslage „unrichtig“ ist, wird unterschiedlich beurteilt. Teilweise wird angenommen, dass eine Erklärung zutreffend ist, der irgendeine vertretbare Rechtsansicht zugrunde liegt.15 Nach der Rechtsprechung des BGH soll demgegenüber eine Offenbarungspflicht für diejenigen Sachverhaltselemente bestehen, deren rechtliche Relevanz objektiv zweifelhaft ist.16 Dies soll insbesondere dann der Fall sein, wenn die von dem Steuerpflichtigen vertretene Auffassung über die Auslegung von Rechtsbegriffen oder die Subsumtion bestimmter Tatsachen von der Rechtsprechung, Richtlinien der Finanzverwaltung oder der regelmäßigen Veranlagungspraxis abweicht.17 Ob darüber hinaus eine Mitteilungspflicht in allen Fällen besteht, in denen der Steuerpflichtige eine abweichende Rechtsansicht der Finanzverwaltung auch nur für möglich hält, hat der BGH ausdrücklich offengelassen.18 Im Ergebnis ist eine derart weitreichende Offenbarungspflicht abzulehnen. Es wäre unbillig, dem Steuerpflichtigen aufzuerlegen, alle denkbaren Fehlvorstellungen des Empfängers vorauszusehen und ihn umfassend aufzuklären, zumal es die Finanzverwaltung durch eine entsprechende Ausgestaltung der Steuererklärungsvordrucke selbst in der Hand hat, eindeutige Angaben des Steuerpflichtigen zu erwirken. Die gegenteilige Auffassung würde dazu führen, dass nahezu jede in einer Steuererklärung gemachte Zahlenangabe ausführlich erläutert werden müsste, da die – sei es auch noch so entfernte – Möglichkeit einer abweichenden Beurteilung in den wenigsten Fällen mit Sicherheit auszuschließen sein wird.19 In der Praxis ist insbesondere bei schwierigen und komplexen Fallgestaltungen und Rechtsfragen eine strafrechtliche Einordnung nicht leicht. Jedenfalls werden dann keine unrichtigen Angaben gemacht, wenn der

14 Nach Auffassung des BGH kann eine Berichtigungspflicht auch dann bestehen, wenn die Erklärung mit Eventualvorsatz unrichtig abgegeben wurde; siehe Beschluss v. 17.3.2009 – 1 StR 479/08, BGHSt 53, 210. 15 Dörn, wistra 1992, 245; Meilicke, BB 1984, 1885, 1886; Gast-de Haan in Klein, AO, 7. Aufl., § 370 Rz. 28. 16 BGH v. 10.11.1999 – 5 StR 221/99, wistra 2000, 137. 17 BGH v. 10.11.1999 – 5 StR 221/99, wistra 2000, 137 und v. 23.2.2000 – 5 StR 570/99, wistra 2000, 217. 18 BGH v. 10.11.1999 – 5 StR 221/99, wistra 2000, 137. 19 Ablehnend auch die ganz h.M. in der Literatur: Joecks in Franzen/Gast/Joecks, Steuerstrafrecht, 7. Aufl. 2009, § 370 AO, Rn. 128a; Hellmann in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 370 AO, Rn. 87; Meyer in Beermann/ Gosch, AO/FGO, § 370 AO, Rn. 50; Sontheimer, DStR 2014, 357, 358; Seer/ Krumm, DStR 2013, 1814, 1816; Wulf in FS Streck, 2011, S. 627, S. 640 f.

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Steuerpflichtige zwar eine bestimmte Rechtsauffassung vertritt, jedoch den steuerlich erheblichen Sachverhalt richtig und vollständig vorträgt und so die Finanzbehörde in die Lage versetzt, ggf. eine andere steuerliche Beurteilung zu treffen und der Veranlagung zu Grunde zu legen. In Zweifelsfällen sollte der Steuererklärung daher eine das Zahlenwerk ergänzende vollständige Sachverhaltsschilderung beigefügt werden. Der Rat zur vorsorglichen Offenlegung gilt umso mehr, nachdem der BGH in jüngerer Rechtsprechung annimmt, es sei dem Steuerpflichtigen regelmäßig möglich und zumutbar, offene Rechtsfragen nach Aufdeckung des vollständigen und wahren Sachverhalts im Besteuerungsverfahren zu klären.20 In Fällen, in denen zwar ein vorsätzliches Verhalten des Steuerpflichtigen nicht festgestellt werden kann, kann ein Sorgfaltspflichtverstoß anzunehmen sein, der zu einer leichtfertigen Steuerverkürzung führt. Der BGH verlangt insoweit, dass der Steuerpflichtige sich über die steuerlichen Pflichten unterrichtet, die ihn im Rahmen seines Lebenskreises treffen. Bei einem Kaufmann sind bspw. bei Rechtsgeschäften, die zu seiner kaufmännischen Tätigkeit gehören, höhere Anforderungen an die Erkundigungspflichten zu stellen, als bei anderen Steuerpflichtigen. Dies gelte insbesondere dann, wenn er die erkannte Steuerpflicht eines Geschäfts durch eine modifizierte Gestaltung des Geschäfts zu vermeiden sucht.21

C. Übernahme bestehender Risiken (präakquisitorische Deliktverwirklichung) Ob für den Erwerber Risiken aus bereits vor der Akquisition – noch in der Sphäre des Veräußerers – verwirklichten Delikten erwachsen, hängt von der „Stoßrichtung“ des jeweiligen Tatbestands ab:

I. Steuerhinterziehung, leichtfertige Steuerverkürzung, Aufsichtspflichtverletzung Bei einer Steuerhinterziehung bzw. leichtfertigen Steuerverkürzung sowie einer Aufsichtspflichtverletzung nach § 130 OWiG trifft die Sanktion allein die jeweils handelnden Personen. Folglich besteht insoweit kein unmittelbares Risiko für den Erwerber. Ein straf- bzw. bußgeldrechtliches Ermittlungsverfahren kann nur gegen die handelnden Personen eingeleitet werden. Dem Unternehmen drohen jedoch u.U. Repu-

20 BGH v. 8.9.2011 – 1 StR 38/11, NStZ 2012, 160, 161. 21 BGH v. 8.9.2011 – 1 StR 38/11, NStZ 2012, 160, 161.

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tationsschäden, insbesondere wenn gegen prominente (ehemalige) Mitarbeiter Strafverfahren eingeleitet werden.

II. Verbandsgeldbußen nach § 30 OWiG Bei den Verbandsgeldbußen nach § 30 OWiG ist zu unterscheiden zwischen bereits festgesetzten und noch nicht festgesetzten, aber bereits verwirklichten Bußgeldern. 1. Bereits festgesetzte Verbandsgeldbußen Bereits festgesetzte Geldbußen sind grundsätzlich wirtschaftlich vom Erwerber zu tragen, da die Verbandsgeldbuße nicht personen-, sondern unternehmensbezogen ist.22 Daher mindern bereits festgesetzte Geldbußen als Verbindlichkeiten den Wert des übertragenen Unternehmens. Für den Erwerber besteht insoweit kein besonderes Risiko, da die wirtschaftliche Belastung ohne Weiteres bei der Kaufpreisfindung kompensiert werden kann. 2. Bereits verwirklichte aber noch nicht festgesetzte Verbandsgeldbußen Aus Erwerbersicht problematischer sind bereits verwirklichte, aber noch nicht festgesetzte Verbandsgeldbußen. Gemeint sind die Fälle, in denen die Anknüpfungstat bereits vor dem Übernahmestichtag begangen, jedoch noch nicht mit einer Verbandsgeldbuße geahndet wurde. Ein Anteilsverkauf (share deal) ist für die Ahndung mit einer Verbandsgeldbuße unerheblich. Es findet nur ein Gesellschafterwechsel statt, während die Rechtsperson dieselbe bleibt. Unstreitig kann eine Verbandsgeldbuße auch dann noch verhängt werden, wenn der Täter der Anknüpfungstat nicht mehr im Unternehmen beschäftigt ist.23 Wird z.B. nach einer Akquisition der Vorstand des Zielunternehmens ausgetauscht, beseitigt dies nicht das Risiko einer Sanktionierung des Unternehmens wegen eines in der Vergangenheit liegenden Fehlverhaltens ehemaliger Vorstandsmitglieder. Problematischer sind dagegen Umwandlungsfälle (z.B. Verschmelzungen, Aufspaltungen), in denen das Ursprungsunternehmen infolge der Umwandlung erlischt.24 Dann stellt sich stets die Frage, ob auch die abstrakte, d.h. noch nicht durch einen Bußgeldbescheid konkretisierte 22 Vgl. OLG Düsseldorf v. 28.11.2012 – V-4 Kart 3/12 OWi, NZKart 2013, 254. 23 BGH v. 11.3.1986 – KRB 8/85, wistra 1986, 221. 24 Hierzu z.B. Achenbach, wistra 2012, 413.

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Pflicht, auf den neuen Rechtsträger übergeht.25 Folgende Fälle sind zu unterscheiden: Bei einem bloßen Rechtsformwechsel (z.B. Umwandlung einer OHG in eine GmbH) findet ohne Weiteres ein Übergang der abstrakten Bußgeldpflicht auf das formgewechselte Unternehmen statt. Durch den bloßen Rechtsformwechsel wird die Identität des Rechtsträgers nicht berührt (§ 202 Abs. 1 Nr. 1 UmwG).26 Nach der gefestigten Rechtsprechung des BGH27 ist nach Erlöschen des übertragenen Unternehmens, dessen Organ die Tat begangen hat, ein Übergang der abstrakten Bußgeldpflichtigkeit auf den übernehmenden Rechtsträger anzunehmen, wenn dieser Gesamtrechtsnachfolger geworden ist – so im Falle der Verschmelzung nach §§ 2 ff. UmwG – und wenn zwischen der früheren und der neuen Vermögensverbindung nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise nahezu Identität besteht. Eine wirtschaftliche Identität i.d.S. soll gegeben sein, wenn das „haftende Vermögen“ weiterhin vom Vermögen des gemäß § 30 OWiG Verantwortlichen getrennt, in gleicher oder in ähnlicher Weise wie bisher eingesetzt wird und in der neuen juristischen Person einen wesentlichen Teil des Gesamtvermögens ausmacht. Demgegenüber soll es an einer wirtschaftlichen Identität fehlen, wenn Unternehmen mit annähernd gleicher Größe und fast identischen Marktanteilen fusioniert und deren Geschäftsbereiche zusammengeführt werden.28 Der BGH hat betont, dass es sich wegen des § 30 OWiG zu Grunde liegenden Rechtsträgerprinzips bei der Erstreckung der bußgeldrechtlichen Haftung auf den Gesamtrechtsnachfolger um einen eng umgrenzten Ausnahmefall handelt. Eine weitergehende Erstreckung wäre mit dem Wortlaut des § 30 OWiG nicht in Einklang zu bringen und würde gegen das auch im Ordnungswidrigkeitenrecht geltende Analogieverbot des Art. 103 Abs. 2 GG verstoßen. Der BGH hat auch erkannt, dass die frühere Rechtslage Unternehmen die Möglichkeit eröffnete, eine drohende bußgeldrechtliche Sanktion durch die gezielte Wahl gesellschaftsrechtlicher Gestaltungen zu umgehen. Etwaige Bußgeldlücken könne jedoch nur der Gesetzgeber schließen.29

25 Dazu umfassend: Rogall in Karlsruher Kommentar zum OWiG, 4. Aufl., 2014, § 30 Rz. 46 ff. 26 BGH v. 10.8.2011 – KRB 2/10, wistra 2012, 152; v. 11.3.1986 – KRB 8/85, wistra 1986, 221. 27 BGH v. 10.8.2011 – KRB 55/10, BGHSt 57, 193; v. 11.3.1986 – KRB 8/85, wistra 1986, 221; v. 23.11.2004 – KRB 23/04, NJW 2005, 1381; v. 4.10.2007 – KRB 59/07, BGHSt 52, 58. 28 BGH v. 10.8.2011 – KRB 55/10, BGHSt 57, 193. 29 BGH v. 10.8.2011 – KRB 55/10, BGHSt 57, 193.

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Dies hat der Gesetzgeber inzwischen getan30 und mit dem Achten Gesetz zur Änderung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (8. GWBNovelle)31 einen neuen Abs. 2a in § 30 OWiG eingeführt, der eine weitergehende Haftung des Rechtsnachfolgers zulässt. Nach § 30 Abs. 2a Satz 1 OWiG kann im Falle einer Gesamtrechtsnachfolge32 oder einer partiellen Gesamtrechtsnachfolge durch Aufspaltung (§ 123 Abs. 1 UmwG) die Geldbuße gegen den oder die Rechtsnachfolger festgesetzt werden. Nach dieser Vorschrift ist eine weitergehende Haftung zulässig als bisher, da es auf die bislang von der Rechtsprechung geforderte wirtschaftliche Identität nach der Neuregelung nicht ankommt. Ausdrücklich erwähnt sind zudem nun auch Fälle der Aufspaltung. Hier entscheidet die Verwaltungsbehörde – nach pflichtgemäßem Ermessen – darüber, welches der aus der Aufspaltung hervorgehenden Unternehmen („gegen den oder die Rechtsnachfolger“) sie in Anspruch nimmt.33 Eine Geldbuße kann nach § 30 Abs. 2a Satz 2 OWiG nicht nur gegen den unmittelbaren Rechtsnachfolger, sondern auch gegen den Rechtsträger verhängt werden, der beispielsweise nach einer nachfolgenden Verschmelzung als Rechtsnachfolger an dessen Stelle tritt.34 Die Inanspruchnahme des Rechtsnachfolgers unterliegt nach § 30 Abs. 2a Satz 2 OWiG einer Einschränkung. Die Geldbuße darf in diesen Fällen den Wert des übernommenen Vermögens sowie die Höhe der gegenüber dem Rechtsvorgänger angemessenen Geldbuße nicht übersteigen. Die Tatsache, dass eine Rechtsnachfolge stattgefunden hat, darf das Unternehmen nicht schlechter stellen.35 Auch von der neu geschaffenen Regelung in § 30 Abs. 2a OWiG nicht erfasst sind Abspaltungen oder Ausgliederungen, bei denen der ursprüngliche Rechtsträger fortbesteht. In diesen Fällen besteht kein Bedürfnis für eine Haftungserstreckung, da der übertragende Rechtsträger nach 30 In der Gesetzesbegründung heißt es dazu, insbesondere bei Kartellordnungswidrigkeiten böten die relativ lange Verfahrensdauer und die Höhe der dort verhängten Geldbußen den betroffenen Unternehmen ausreichend Zeit und Anreiz, durch Umstrukturierungen die Verhängung einer Geldbuße zu umgehen; Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses des Deutschen Bundestages für Wirtschaft und Technologie, BT-Drs. 17/11053, S. 20. 31 Gesetz v. 26.6.2013, BGBl. I 2013, S. 1738; zu den einzelnen Änderungen: Achenbach, wistra 2013, 369, 371 ff.; Kahlenberg/Neuhaus, BB 2013, 131, 135 f.; Bosch/Fritzsche, NJW 2013, 2225, 2228 f.; Mühlhoff, NZWiSt 2013, 321 ff. 32 Erfasst sind Verschmelzungen nach dem UmwG, aber auch grenzüberschreitende Verschmelzungen unter Beteiligung von Kapitalgesellschaften aus anderen Staaten; Beschlussempfehlung, BT-Drs. 17/11053, S. 22. 33 Beschlussempfehlung, BT-Drs. 17/11053, S. 21. 34 Beschlussempfehlung, BT-Drs. 17/11053, S. 22. 35 Beschlussempfehlung, BT-Drs. 17/11053, S. 22.

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wie vor in Anspruch genommen werden kann.36 Auch bei Veräußerungen einzelner Wirtschaftsgüter im Wege eines asset deals besteht keine gesetzliche Grundlage für eine Inanspruchnahme des erwerbenden Unternehmens. Um in diesen Fällen einem „Leerräumen“ des übertragenden Rechtsträgers vorzubeugen, sieht die ebenfalls durch die 8. GWBNovelle neu geschaffene Vorschrift des § 30 Abs. 6 OWiG die Möglichkeit vor, bereits mit Erlass des Bußgeldbescheids (und nicht erst mit einem Urteil) den dinglichen Arrest anzuordnen.37

D. Neue Risiken (postakquisitorische Deliktverwirklichung) Auch im Rahmen bzw. infolge der Transaktion selbst gibt es etliche Risiken in Form der Begehung neuer Steuerstraftaten oder -ordnungswidrigkeiten. Einige davon werden in den folgenden Beispielen beleuchtet:

I. Mittelbarer Grundstückserwerb Beim Erwerb eines Unternehmens, das Grundbesitz hält, ist insbesondere eine Hinterziehung von Grunderwerbsteuer denkbar, wenn einer der „Ersatztatbestände“ des § 1 Abs. 2a GrEStG oder § 1 Abs. 3 GrEStG („mittelbarer Grundstückserwerb“) verwirklicht wurde. Ändert sich innerhalb von fünf Jahren der Gesellschafterbestand einer Personengesellschaft unmittelbar oder mittelbar dergestalt, dass mindestens 95 % der Anteile am Gesellschaftsvermögen auf neue Gesellschafter übergehen, löst dies nach § 1 Abs. 2a GrEStG einen grunderwerbsteuerpflichtigen Vorgang aus. Grunderwerbsteuer entsteht auch im Fall der Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 GrEStG (Zusammenfallen von mindestens 95 % der Anteile einer Gesellschaft38 in der Hand des Erwerbers39). Der Erwerber ist als Steuerschuldner (§ 13 GrEStG) zur Anzeige des grunderwerbsteuerpflichtigen Vorgangs nach § 19 Abs. 1 Nr. 3a bis 7 GrEStG verpflichtet. Erstattet er die Anzeige nicht, liegt hierin eine Steuerverkürzung durch Unterlassen. Bei entsprechendem Vorsatz wird eine Strafbarkeit nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO begründet. Häufig geschieht die Verwirklichung der zuvor genannten „Ersatztatbestände“, die auf der Fiktion eines Grundstückserwerbs beruhen, je-

36 37 38 39

Rogall in Karlsruher Kommentar zum OWiG, 4. Aufl., 2014, § 30 Rz. 58. Kahlenberg/Neuhaus, BB 2013, 135. Abs. 3 erfasst anders als Abs. 2a auch Anteile an Kapitalgesellschaften. Oder in der Hand von herrschenden und abhängigen Unternehmen oder abhängigen Personen oder in der Hand von abhängigen Unternehmen oder abhängigen Personen allein.

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doch undolos, der Eintritt der Voraussetzungen wird schlicht übersehen. In einem solchen Fall kommt jedoch eine Sanktionierung wegen einer leichtfertigen Steuerverkürzung i.S.d. § 378 AO in Betracht, wenn sich die Grunderwerbsteuerpflicht hätte aufdrängen müssen. Aus unserer Sicht ist nicht auszuschließen, dass zumindest die Ermittlungsbehörden zukünftig in einer unterlassenen Tax Due Diligence (in Bezug auf Beteiligungsverhältnisse sowie das Vorhandsein von Grundstücken) einen Sorgfaltspflichtverstoß sehen und hierauf einen Leichtfertigkeitsvorwurf stützen könnten. Zumindest beim Erwerb größerer Einheiten gehört die Durchführung einer Due Diligence heutzutage zum Standard.

II. Kaufpreisallokationen Ein erhebliches Steuergestaltungs- und damit auch Missbrauchspotential besteht bei der Allokation des für ein Unternehmen gezahlten Kaufpreises zu den einzelnen Wirtschaftsgütern. So ist es eine häufig anzutreffende Praxis, dass beim Erwerb von Kommanditanteilen „künstliches“ AfA-Potenzial geschaffen wird, indem der Kaufpreis – entgegen den tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnissen – so festgelegt wird, dass ein Großteil desselben auf abnutzbare Wirtschaftsgüter (insbesondere auf solche mit kurzer Abschreibungsdauer) und nur ein geringer Anteil auf nicht abnutzbare Wirtschaftsgüter (Grund und Boden, Beteiligungen) entfällt. In der Folge werden höhere Abschreibungen ertragsteuermindernd geltend gemacht, als bei einer an den wirtschaftlichen Verhältnissen orientierten Kaufpreiszuordnung in Anspruch genommen werden könnten. Ferner werden nicht selten unzulässige Abschreibungen im Zusammenhang mit immateriellen Wirtschaftsgütern geltend gemacht, indem originär geschaffene Wirtschaftsgüter, die entgegen § 5 Abs. 2 EStG aktiviert wurden40, abgeschrieben werden oder indem nach dem Erwerb immaterieller Wirtschaftsgüter erhöhte Abschreibungen erfolgen. In ähnlicher Weise kommt es vor, dass durch eine entsprechende Kaufpreisallokation die Grunderwerbsteuerlast gemindert wird. Alle zuvor beschriebenen Fallgestaltungen können von steuerstrafrechtlicher Relevanz sein, wenn unrichtige Angaben entgegen den tatsäch-

40 In der Handelsbilanz dürfen selbst geschaffene immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens gem. § 248 Abs. 2 Satz 1 HGB in der Fassung des BilMoG grundsätzlich aktiviert werden, dies gilt jedoch gem. § 248 Abs. 2 Satz 2 HGB nicht für selbst geschaffene Marken, Drucktitel, Verlagsrechte, Kundenlisten oder vergleichbare immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens.

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lichen Verhältnissen gemacht werden, die objektiv zu Steuerverkürzungen führen. Ein bußgeldbewehrtes oder gar strafbares Verhalten ist darin dennoch nicht ohne Weiteres zu sehen. Nach der Rechtsprechung des BFH sind Kaufpreisallokationen grundsätzlich steuerlich anzuerkennen.41 Haben die Vertragsparteien beim Unternehmenskauf einen Gesamtkaufpreis gebildet, so ist dieser erforderlichenfalls für steuerliche Zwecke aufzuteilen. Wurde im Kaufvertrag eine Aufteilung vorgenommen, ist diese im Regelfall der Besteuerung zugrunde zu legen. Dies beruht auf der Annahme eines ausgleichenden Interessengegensatzes zwischen Verkäufer und Erwerber. Einigen sich fremde dritte Vertragsparteien, die grundsätzlich gegensätzliche Interessen verfolgen, auf eine bestimmte Kaufpreisaufteilung, kann die Finanzbehörde diese nicht einfach deshalb verwerfen, weil sie eine andere Kaufpreisaufteilung für zutreffender hält.42 Anders ist die Rechtslage, wenn ein Rechtsgeschäft als bloßes Scheingeschäft (§ 41 AO) zu beurteilen oder ein Gestaltungsmissbrauch (§ 42 AO) anzunehmen ist. In diesem Fall fehlt es an einem ausgleichenden Interessengegensatz, da Scheingeschäfte und Scheinhandlungen einvernehmliches Handeln voraussetzen, an dem es bei einem bestehenden Interessengegensatz üblicherweise fehlt.43 Insbesondere in Fällen kollusiven Zusammenwirkens zwischen Veräußerer und Erwerber und bei Manipulationen von Kaufverträgen und Urkunden scheidet eine Anerkennung von Kaufpreisallokationen aus und eine Strafbarkeit wegen Steuerhinterziehung ist denkbar. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass es den Kaufvertragsparteien zusteht, ihre Rechtsverhältnisse steuerlich möglichst günstig zu gestalten und das Motiv, Steuern zu sparen, eine steuerliche Gestaltung noch nicht unangemessen i.S.d. § 42 AO macht.44 Liegt ein solcher Ausnahmefall vor, ist nicht auszuschließen, dass eine Ermittlungsbehörde den Tatverdacht einer Steuerhinterziehung nach § 370 AO bzw. einer leichtfertigen Steuerverkürzung nach § 378 AO unterstellen und ein Ermittlungsverfahren einleiten könnte. Ebenso könnte das Mitwirken des

41 Vgl. nur Urteil v. 1.4.2009 – IX R 35/08, BStBl. II. 2009, 663 (Aufteilung der Anschaffungskosten eines Grundstückes auf nicht abnutzbaren Grund und Boden und abschreibungsfähiges Gebäude); siehe auch FG Rheinland-Pfalz v. 23.2.2011 – 2 K 1903/09, EFG 2012, 63 (zur Kaufpreisaufteilung beim Erwerb von Kommanditanteilen). 42 FG Rheinland-Pfalz v. 23.2.2011 – 2 K 1903/09, EFG 2012, 63. 43 FG Rheinland-Pfalz v. 23.22011–2 K 1903/09, EFG 2012, 63. 44 BFH v. 18.1.2006 – IX R 34/05, BFH/NV 2006, 1634; v. 1.4.2009 – IX R 35/08, BStBl. II. 2009, 663.

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Veräußerers an den Kaufvertragsvereinbarungen u.U. als Beihilfe verfolgt werden. Nach unserer Auffassung wird jedoch zumindest ein Vorsatz in der Praxis äußerst schwer nachzuweisen sein, da die Rechtsprechung den Kaufvertragsparteien bei der Kaufpreisallokation einen weiten Ermessensspielraum zugesteht. Allenfalls in Fällen eines evidenten Missverhältnisses zwischen wahrem Wert eines Wirtschaftsguts und dafür vereinbartem Teilkaufpreis kann ein Strafbarkeitsvorwurf in Betracht kommen. In den meisten Fällen wird es sich daher bei streitigen Kaufpreisallokationen eher um ein „Steuerthema“ handeln.

III. Schmiergeldzahlungen Ein weiteres – auch im Zusammenhang mit Transaktionen relevantes – Strafbarkeitsthema sind „Schmiergeldzahlungen“ durch Unternehmensverantwortliche. Zahlungen zur Auftragserlangung gegenüber einem Amtsträger erfüllen den Straftatbestand der Vorteilsgewährung (§ 333 StGB) oder Bestechung (§ 334 StGB) bzw. der Bestechung im geschäftlichen Verkehr gem. § 299 Abs. 1 StGB, wenn sie gegenüber einem Angestellten oder Beauftragten im geschäftlichen Verkehr erfolgen. Aus steuerlicher Sicht führen die Korruptionszahlungen bei dem zahlenden Unternehmen zu einem Betriebsausgabenabzugsverbot nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 10 Satz 1 EStG. Wird die betreffende Zahlung – vorsätzlich – zu Unrecht in der entsprechenden Ertragsteuererklärung gewinnmindernd berücksichtigt, ist der Straftatbestand der Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO erfüllt. Zu beachten ist auch, dass § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 10 Satz 3 EStG eine Mitteilungspflicht der Finanzbehörde gegenüber der Staatsanwaltschaft oder Verwaltungsbehörde vorsieht, wenn ihr Tatsachen bekannt werden, die den Verdacht einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit im Zusammenhang mit der Zuwendung begründen.

IV. Perpetuierung von Fehlern im Erklärungswesen Es kann vorkommen, dass im steuerlichen Erklärungswesen des erworbenen Unternehmens in der Vergangenheit laufende Fehler gemacht wurden, die zu Unrecht die Steuerlast gemindert haben (z.B. weil die Voraussetzungen für die Bildung einer bestimmten Rückstellung verkannt wurden). Wird der – systematisch angelegte – Fehler auch nach der Übernahme in späteren Steuererklärungen fortgeführt, kann dies zu einer vorsätzlichen oder leichtfertigen Steuerverkürzung führen.

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Zu Steuerverkürzungen kann es auch kommen, wenn die Steuerabteilung des erworbenen Unternehmens es versäumt hat, steuerrelevante Gesetzesänderungen rechtzeitig umzusetzen und Steuererklärungen unter Zugrundelegung der bisherigen Rechtslage unzutreffend erstellt und abgegeben werden. Zu denken ist beispielsweise an den laufend erweiterten Katalog45 der dem sog. reverse charge-Verfahren unterfallenden Lieferungen i.S.d. § 13b Abs. 2 UStG. Wird die – nach dem erweiterten Katalog bestehende – Steuerschuldnerschaft als Leistungsempfänger übersehen, kann dies den Vorwurf einer leichtfertigen Steuerverkürzung nach § 378 AO oder, sofern der Fehler erkannt, aber nicht nach § 153 Abs. 1 AO berichtigt wird, eine Strafbarkeit nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO (Steuerhinterziehung durch Unterlassen) begründen.

V. Zahlreiche weitere Beispiele Neben den zuvor exemplarisch dargestellten gibt es zahlreiche weitere Risiken, die zur Verhängung einer Strafe bzw. eines Bußgelds gegen Mitarbeiter oder einer Verbandsgeldbuße gegen das erworbene Unternehmen führen können. War beispielsweise zum Übergabezeitpunkt eine Steuererklärung unrichtig abgegeben, führt dies ebenfalls zu einer Berichtigungspflicht nach § 153 Abs. 1 AO, deren Nichterfüllung eine Steuerhinterziehung durch Unterlassen nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO begründen kann. Bereits die verspätete Abgabe zum Zeitpunkt des Übergangs noch nicht eingereichter Steuererklärungen kann eine Steuerhinterziehung auf Zeit darstellen.46

E. Strategien zur Risikovermeidung bzw. -minimierung Um die zuvor beschriebenen Risiken zu vermeiden oder jedenfalls zu minimieren, bieten sich aus Erwerbersicht bereits vor der geplanten Akquisition bestimmte „Vorfeldmaßnahmen“ an. Wichtigstes Instrument der Risikominimierung ist die Durchführung einer Due Diligence, die – im Hinblick auf die hier diskutierten Aspekte – idealerweise eine Tax Due Diligence sowie eine Criminal Due Diligence umfassen sollte. Gerade bei größeren Unternehmenskäufen ist jedenfalls die Durchführung einer Tax Due Diligence aus unserer Sicht zwingend geboten.

45 Z.B. Erweiterung von § 13b Abs. 2 Nr. 10 um Tablet-Computer und Spielekonsolen m.W.z. 1.8.2014. 46 Vgl. Hellmann in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 370 AO, Rz. 156 ff.

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Wenngleich uns eine derartige Praxis bisher nicht bekannt ist, halten wir es nicht für ausgeschlossen, dass einzelne Ermittlungsbehörden in Zukunft einen Leichtfertigkeitsvorwurf darauf stützen könnten, dass die Durchführung einer Tax Due Diligence der gebotenen Sorgfalt entsprochen hätte und der Erwerber diese unterlassen habe. Gedacht sei an den bereits unter D. IV. umrissenen Fall, dass ein bestimmter, laufend wiederkehrender Sachverhalt in dem erworbenen Unternehmen regelmäßig unrichtig behandelt wurde. Wurde beispielsweise die Steuerschuldnerschaft als Leistungsempfänger nach § 13b UStG verkannt und wird dieser Fehler nach der Unternehmensübernahme fortgeführt – womöglich bei einer anderen Konzerngesellschaft, in deren Organkreis das erworbene Unternehmen aufgenommen wurde – so könnte dem Erwerber vorgeworfen werden, der Fehler wäre bei Durchführung einer Tax Due Diligence ohne Weiteres aufgefallen. Umgekehrt bietet die Durchführung einer Tax Due Diligence einen gewissen Schutz gegenüber Leichtfertigkeitsvorwürfen, insbesondere, wenn der Erwerber sie durch einen externen Dritten durchführen lässt. Auch wenn dies wohl bislang nicht dem Standard entspricht, ist darüber hinausgehend aus unserer Sicht auch eine spezifisch steuerstrafrechtliche Due Diligence (ggf. als Teilkomplex der Criminal oder Tax Due Diligence) denkbar und in einigen Fällen sinnvoll. Unabhängig davon, welchem Teilbereich der Due Diligence (Tax, Criminal oder „Criminal Tax“ Due Diligence) man diese zuordnet, sollten u.a. folgende Themen im Vorfeld der Akquisition durch den Erwerber untersucht werden: Gab es in der Vergangenheit Steuerstrafverfahren und/ oder Bußgeldverfahren gegen Mitarbeiter oder das Unternehmen selbst? Was genau war dabei Verfahrensgegenstand? Welche Folgerungen wurden daraus gezogen? Gab es Beanstandungen in früheren Betriebsprüfungen47? Was wurde ggf. getan, um in der Vergangenheit erkannte, systemische Mängel abzustellen (in diesem Fall besteht ein erhöhter Sorgfaltsmaßstab)? Dem Erwerber ist außerdem zu raten, darauf zu bestehen, dass in den Unternehmenskaufvertrag entsprechende Klauseln aufgenommen werden, die ihn weiter absichern als dies die klassischen Steuerklauseln tun, die meist nur die Risiken der Inanspruchnahme für vor dem Stichtag verwirklichte Steueransprüche abdecken. Deshalb kann ergänzend eine explizite Formulierung in den Unternehmenskaufvertrag aufgenommen werden, wonach der Veräußerer das wirtschaftliche Risiko

47 Der Erwerber sollte unbedingt auf Vorlage der letzten Betriebsprüfungsberichte bestehen.

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für Sanktionen von bereits in der Vergangenheit verwirklichten Strafund Ordnungswidrigkeitentatbeständen trägt. Wird erkannt, dass in der Vergangenheit unrichtige Steuererklärungen abgegeben wurden, sind Berichtigungserklärungen nach § 153 AO bzw. – bei doloser Falschabgabe – eine Selbstanzeige nach § 371 AO oder – bei leichtfertiger Falschabgabe – nach § 378 AO bei der zuständigen Finanzbehörde einzureichen. Im Zusammenhang mit Unternehmenskäufen gibt es für Veräußerer und Erwerber eine Reihe weiterer Möglichkeiten, um steuerlichen oder steuerstrafrechtlichen Risiken vorzubeugen bzw. diese zu minimieren oder um diese im Nachhinein zu bewältigen. So besteht vor Verwirklichung des Sachverhaltes die Möglichkeit der Einholung einer verbindlichen Auskunft nach § 89 Abs. 2 AO. Dabei handelt es sich um ein bewährtes Rechtsinstitut bei noch nicht verwirklichten Sachverhalten, um im Vorfeld einer unternehmerischen Entscheidung jenseits einer steuerlichen Außenprüfung Klarheit über steuerliche Fragen zu bekommen („Mehr an Rechtssicherheit, Planungsund Entscheidungssicherheit“).48 Ferner bietet § 204 AO die Möglichkeit, eine verbindliche Zusage im Anschluss an eine Außenprüfung einzuholen. Diese Auskunftsmöglichkeit gibt über die geprüften Veranlagungszeiträume hinaus Sicherheit bezüglich der künftigen Behandlung von verwirklichten und geprüften sowie im Prüfungsbericht dargestellten Sachverhalten, die in die Zukunft fortwirken (Sachverhalte mit Dauerwirkung) oder die sich in Zukunft ständig wiederholen (Sachverhalte mit Dauerwiederkehr).49 Nach Verwirklichung des Sachverhalts und im Anschluss an eine Außenprüfung oder steuerliche Ermittlungen durch die Steuerfahndung bietet die Rechtsfigur der tatsächlichen Verständigung in Fällen erschwerter Sachverhaltsaufklärung die Möglichkeit, dass sich die Beteiligten über die Annahme eines bestimmten Sachverhaltes und dessen Behandlung verständigen. Eine Verständigung über Rechtsfragen bzw. Rechtsfolgen ist hingegen nicht möglich.50

48 Zu den Voraussetzungen: Wagner in Kühn/v. Wedelstädt, AO/FGO, § 89 AO, Rz. 7 ff. 49 V. Wedelstädt in Kühn/v. Wedelstädt, AO/FGO, § 204 AO, Rz. 2 ff. 50 Zu den Voraussetzungen der tatsächlichen Verständigung vgl. v. Wedelstädt in Kühn/v. Wedelstädt, AO/FGO, vor §§ 204–207 AO, Rz. 29 ff.

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F. Ausblick Obwohl das deutsche Recht bislang keine strafrechtliche Sanktionierung von Unternehmen zulässt51, ist auf die aktuelle Diskussion52 um die Einführung eines Unternehmensstrafrechts hinzuweisen. Hervorzuheben ist ein Gesetzentwurf der Landesregierung Nordrhein-Westfalens (Justizministerium) für ein Verbandsstrafgesetzbuch (VerbStrG-E)53. Mit diesem Gesetz soll eine strafrechtliche Haftung von Verbänden für Zuwiderhandlungen ihrer Mitarbeiter gegen Strafgesetze eingeführt werden. Der Entwurf sieht neben einer Verschärfung von Sanktionen für Verbände weitreichende Anreize zur Entwicklung und Stärkung einer Unternehmens-Compliance vor. Die Justizminister der Länder haben die Vorlage des Landes NordrheinWestfalen auf ihrer Konferenz am 15. November 2013 in Berlin begrüßt und beschlossen, zur Vorbereitung einer Bundesratsbefassung den Gesetzesentwurf weiter abzustimmen. Auch die Bundesregierung prüft in Anlehnung an die Vereinbarung im Koalitionsvertrag derzeit konkrete Schritte, wie das geltende Recht verbessert werden kann und ob die Einführung eines Unternehmensstrafrechts geboten ist. Sie wird hierzu zunächst die Länder anhören.54 Mit der Einführung eines „Unternehmensstrafrechts“ würde das Unternehmen selbst in den Mittelpunkt der Strafverfolgung rücken und mit einem abgestuften Reaktionsinstrumentarium konfrontiert werden, das stark präventiv ausgerichtet ist und dem Verband die Möglichkeit eröffnet, fehlerhafte Strukturen im Rahmen eines Verfahrens selbst zu korrigieren. Die in Betracht kommenden Verbandssanktionen sind in § 4 VerbStrGB-E aufgezählt. Es wird unterschieden zwischen Verbandsstrafen (Verbandsgeldstrafe, Verbandsverwarnung mit Strafvorbehalt sowie öffentliche Bekanntmachung der Verurteilung) und Verbandsmaßregeln (Ausschluss von Subventionen, Ausschluss von der Vergabe öffentlicher Aufträge und – als ultima ratio – die Auflösung des Unternehmens). Bei Schadenswiedergutmachung oder anderen erheblichen Milderungsgründen kann von Sanktionen abgesehen werden, auch kommt eine „Bewährung“ in Be51 Anders als in einigen anderen Staaten, wie z.B. im Vereinigten Königreich, Frankreich, den Niederlande, Schweden, Norwegen, Portugal, Ungarn, die Tschechische Republik, Österreich und der Schweiz. 52 Witte/Wagner, BB 2014, 643; Schünemann, ZIS 2014, 1; Haubner, DB 2014, 1358; Rübenstahl/Tsambikakis, ZWH 2014, 8; Hoven, ZIS 2014, 19. 53 Online-Abruf unter www.justiz.nrw.de. 54 Parlamentarische Anfrage von Bündnis 90/Grüne über die „Wirksame Sanktionierung von Rechtsverstößen in Unternehmen“ (BT-Drs. 18/2187 v. 22.7.2014).

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tracht, wobei insoweit als Auflagen z.B. Schadenswiedergutmachung, Zahlungen an gemeinnützige Vereinigungen oder die Verbesserung von Compliance-Strukturen angeordnet werden können. Der BDI lehnt den Entwurf und die Einführung eines Unternehmensstrafrechts ab.55 Schließlich sei noch auf die zum 1. Januar 2015 in Kraft getretenen Verschärfungen der strafbefreienden Selbstanzeige nach § 371 AO hingewiesen.56 Zu den wesentlichen Neuerungen gehört, dass Straffreiheit nur noch eintritt, wenn vollständige Angaben für die letzten 10 Jahre gemacht werden, auch wenn insoweit bereits teilweise Strafverfolgungsverjährung eingetreten ist (§ 371 Abs. 1 Satz 2 AO n.F.). Hervorzuheben ist außerdem die Ausweitung des Strafzuschlags nach § 398a AO. Straffreiheit kann durch die Selbstanzeige nur noch bei Hinterziehungsbeträgen bis 25.000 Euro erlangt werden. Bei Hinterziehungsbeträgen von über 25.000 Euro wird von der Strafverfolgung nur gegen Zahlung eines Geldbetrags (sog. Strafzuschlag) abgesehen, der in der Höhe gestaffelt ist (beginnend mit 10 % des Hinterziehungsbetrags bei Steuerverkürzungen bis 100.000 Euro).57 Neu ist ferner eine Anlaufhemmung für bestimmte ausländische Kapitalerträge (§ 170 Abs. 6 AO n.F.) für nach dem 31. Dezember 2014 beginnende Festsetzungsfristen. Bei den Anmeldesteuern (Lohnsteuer, Umsatzsteuer) führt die Neuregelung zu einer begrüßenswerten Erleichterung. So ist nunmehr nach § 371 Abs. 2a AO n.F. die mehrfache Korrektur von (Vor-)Anmeldungen möglich. Hierin war nach bisheriger Rechtslage eine unwirksame „Teilselbstanzeige“ zu sehen.58 Der Sperrgrund der Prüfungsanordnung bzw. des Erscheinens eines Prüfers (§ 371 Abs. 2 Nr. 1a) und c) AO) ist nunmehr beschränkt auf den sachlichen und zeitlichen Umfang der Außenprüfung. Auf der anderen Seite wurde die Sperrwirkung der Bekanntgabe einer Prüfungsanordnung ausdrücklich auf den an der Tat Beteiligten und den Begünstigten erweitert.

55 Stellungnahme des BDI v. 31.1.2014, Online-Abruf unter www.bdi.eu; kritisch auch die Stellungnahme Nr. 16/14 des Deutschen Richterbundes v. November 2014: Unternehmensstrafrecht nicht zwingend, aber Einführung grundsätzlich möglich und zulässig, Online-Abruf unter www.drb.de. 56 Geändert aufgrund Gesetzes v. 22.12.2014, BGBl. I 2014, S. 2415. 57 Bei einem Hinterziehungsbetrag von mehr als 100.000 Euro bis einschließlich 1.000.000 Euro werden 15 % und bei einem Hinterziehungsbetrag von über 1.000.000 Euro werden 20 % des Hinterziehungsbetrags als Strafzuschlag fällig. 58 Kritisch z.B. Heuel/Beyer, UStB 2011, 287; Mack/Maier, AG 2012, 124.

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Sachregister Verfasser: Daniel Dahl § 1 Abs. 2a GrEStG – Gesellschafterwechsel bei Personengesellschaft 547 § 1 Abs. 3 GrEStG 567 ff. – Anteilsvereinigung 547 § 1 Abs. 3a GrEStG 581 ff., 583 ff. – Anteilsvereinigung 547 § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG – Wegzugs- und Entstrickungsbesteuerung 424 § 4 Abs. 4a EStG – Gesellschafterdarlehen 32 ff. – Innenfinanzierung 32 ff. § 4f EStG – Arbeitnehmerwechsel 315 – Drohverlustrückstellung 312 f. – Erfüllungsübernahme 307 ff. – Erfüllungsübernahme auf Erwerberseite 310 – gesetzliche Neuregelung 309 ff. – Kettenübertragung 319 f. – Mitunternehmeranteil 320 f. – Passivierungsbeschränkung 312 f. – Praxissicht 307 ff. – Rechtsfolge bei Veräußerer 313 ff. – Rückstellung 312 f. – Schuldbeitritt 307 ff. – Schuldbeitritt auf Erwerberseite 310 – stille Lasten 312 – Teilbetriebsveräußerung 315 – Übertragung durch Umwandlung 322 f. – Verpflichtungsübernahme 307 ff. – Verpflichtungsübernahme auf Erwerberseite 310 – zeitliche Anwendung 317 f. – Zweifelsfragen und Beispielsfälle 312 ff. § 4g EStG – Wegzugs- und Entstrickungsbesteuerung 424 § 4h EStG – Verfassungsmäßigkeitszweifel 41 ff.

§ 5 Abs. 1 Satz 1 EStG – Verhältnis zu § 8 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 KStG 332 ff. § 5 Abs. 2a EStG – Einnahme 347 f. – Gewinn 347 f. – Preisklausel 347 – Rückstellung 347 f. – steuerliche Abgrenzung zwischen Eigen- und Fremdkapital 347 ff. – Verbindlichkeit 347 f. – Verpflichtung 347 f. § 5 Abs. 7 EStG – Beispielsfall 318 f. – Bilanzierung beim Erwerber 316 f. – Erfüllungsübernahme 316 f. – Erwerbsgewinn 316 – gesetzliche Neuregelung 309 ff. – grenzüberschreitende Übertragung 321 f. – Kettenübertragung 319 f. – Mitunternehmeranteil 317, 320 f. – Praxissicht 307 ff. – Schuldbeitritt 316 f. – Verpflichtungsübernahme 316 f. – zeitliche Anwendung 317 f. § 6 Abs. 1 Nr. 2a EStG – Lifo-Methode 376 § 6 Abs. 2 GrEStG 567 ff. § 6 Abs. 3 und 5 EStG 209 ff. – Einzelfragen 210 ff. § 6 Abs. 5 EStG – modifizierte Trennungstheorie 21 ff. – Personengesellschaft 14 ff. – strenge Trennungstheorie 21 ff. – Übertragung gegen Mischentgelt 29 – Umwandlung von Personengesellschaft 241 § 6 Abs. 5 Satz 4 EStG – Rückausnahme 19 – telelogische Ausblendung 20 § 8 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 KStG – steuerliche Abgrenzung zwischen Eigen- und Fremdkapital 333 ff.

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Sachregister – Verhältnis zu § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG 332 ff. § 8b Abs. 2 KStG 51 ff. § 8b Abs. 2 Satz 1 KStG 2002 – Verlust aus Termingeschäft 54 ff. § 8b Abs. 3 Satz 3 und 4 KStG – Auslegung 49 ff. – Verfassungsmäßigkeit 49 ff. § 8c KStG – BMF-Schreiben v. 4.7.2008 97 ff. – Gewerbesteuer 172 – Konzernklausel 111 ff. – Organschaft 172 – Organschaftsfall 163 – unterjähriger Beteiligungserwerb 100 ff. – Verschonungsregel bei stillen Reserven 123 ff. – Zinsschranke 172 ff. § 10d Abs. 2 EStG – Kapitalgesellschaft 37 §§ 11–13 UmwStG – Verschmelzung von Körperschaft 142 f. § 12 Abs. 1 KStG – Wegzugs- und Entstrickungsbesteuerung 424 § 13a ErbStG – Verfassungsmäßigkeit 267 § 13b Abs. 2 Satz 2 UStG – teleologische Einschränkung 482 § 13b ErbStG – Definition begünstigten Betriebsvermögens 291 f. – Verfassungsmäßigkeit 267 § 15 Abs. 4 Satz 3 und 5 EStG – Verlustabzugsbeschränkung 56 § 15 Abs. 4 UStG 490 §§ 15, 16 UmwStG – Abspaltung 143 § 15a UStG 513 § 17 Abs. 1 Satz 4 UStG – Bemessungsgrundlagenänderung 503 § 17 EStG – Kapitalgesellschaftsanteil 184 § 19 Abs. 1 ErbStG – Verfassungsmäßigkeit 267 §§ 20, 21 UmwStG – sonstige Gegenleistung 136 ff. – Steuerneutralität 136

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§ 30 OWiG 596, 598 ff. § 35b EStG – latente Ertragsteuerbelastung 300 § 36 Abs. 5 EStG – Wegzugs- und Entstrickungsbesteuerung 425 § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO – Grunderwerbsteuerrecht 562 ff. § 39 AO – Zurechnung 257 § 41 AO 608 § 42 AO 608 – Missbrauch bei Übertragung 17 § 50 Abs. 1 EStG 190 ff. – § 50i-KG 191 – Beispielsfälle 192 ff., 197 – Betriebsaufspaltungsfälle 196 ff. – Einzelfragen 199 f. – Erweiterung 196 – Kroatiengesetz 198 – Tatbestände 191 ff. – zeitliche Anwendung 195 f. § 50d EStG – Beispielsfall 415 f. § 50i Abs. 2 EStG 200 ff.; s. auch „Tatbestände § 50i Abs. 2 EStG “ – § 50i-KG 200, 204 ff., 207, 212 – Abwärtsverschmelzung 208 – Ansässigkeitsstaat 211 – Anteilstausch 207 – Anwachsung, einfache 207 – Anwachsung, erweiterte 206 – Anwendungsregelung 202 – Aufbau 201 – aufnehmender Rechtsträger 206 – Beispielsfälle 202 f. – Beispielsfälle zur Übertragung nach § 6 Abs. 3 und 5 EStG 209 ff. – Beteiligungsverwaltung 219 – Betriebsaufspaltungsfall 201, 215 – Buchwertansatz 205 – DBA-Staat 203 – Doppelbesteuerung 211 – Einbringung 202 ff., 205 f. – Einbringungsvertrag 202 – Einzelwirtschaftsgut 201 – Entstrickungsmöglichkeit 201 – Entstrickungsmöglichkeitsvermeidung 201 – EU-Rechtmäßigkeit 203 – Formwechsel 205

Sachregister – Gesellschaftsrecht 206 – Gesetzgebungsverfahren 204 – gewerblich tätige Personengesellschaft 201 – Grundstücksgemeinschaft 200 – Mitunternehmeranteil 201 – Personengesellschaft 206 – persönlicher Anwendungsbereich 203 ff. – Rechtsfolgen 203 – sachlicher Anwendungsbereich 205 ff. – schädlicher Strukturwandel 206 – Seitwärtsverschmelzung 208 – Steuerverhaftung 200, 208 – stille Reserven 205 – Strukturwandel 201, 212 ff. – Strukturwandel-Beispiel 213 – Tatbestände 200 ff. – teleologische Reduktion 205 – Tochterpersonengesellschaft 206 – Übertragung nach § 6 Abs. 3 und 5 EStG 209 ff. – Umwandlung 202 ff. – Umwandlung zum Buchwert 201 – Umwandlungssperrenaufhebung 216 f. – Verschmelzung 207 – Wegzug 210, 217 ff. § 50i EStG – Amtshilferichtlinieumsetzungsgesetz 184 – Anwendungsbereich 404 f. – Besitzeinzelunternehmen 198 f. – Besitzpersonengesellschaft 196 ff. – Betriebsaufspaltung 196 ff. – Einbringung 438 f. – Entstehungsgeschichte 184 ff. – Personengesellschaft 196 ff., 404 f. – stille Reserven 184 – Verschärfung 184 ff. – Verschärfung durch Kroatiengesetz 2014 190 ff. – Wegzugs- und Entstrickungsbesteuerung 420, 428 f. § 50i EStG a.F. – Beispielsfälle zum Wirkungskreis 186 ff. – Überschreibung abkommensrechtlicher Einkünftezuweisung 186

§ 50i-KG 200, 212 – § 50i Abs. 2 EStG 204 ff., 207 § 130 OWiG 598 § 162 AO – Vorsteuerabzug 511 § 184 Abs. 2 Satz 1 AO n.F. – Rechtslage seit Neufassung durch Zollkodexanpassungsgesetz 534 ff. – Sanierungserlass 532 ff. § 204 AO 612 § 256 HGB – Lifo-Methode 376 § 370 AO 597 § 378 AO 598 95 %-Beteiligung – Grunderwerbsteuerrecht 579 ff. 100 %-Beteiligung – Konzernklausel 113 Abkommensautonome Betrachtung – Personengesellschaft 400 Abkommensmissbrauch – BEPS 444, 455 f. Abkommensrecht – Personengesellschaft 399 ff. – Zuordnungsregel 404 f. Abkommenszweck – Einkünftezuordnung 413 Abschlussprüferreform – EU 392 Abschreibungsbedingung – Agenda 2015 für Unternehmen 90 f. Abspaltung 139 – §§ 15, 16 UmwStG 143 – sonstige Gegenleistung bei Einbringung/Umwandlung 143 Absprache – Grunderwerbsteuerrecht 585 ff. Abstockung – gemeiner Wert 62 ff. Abwärtsverschmelzung – § 50i Abs. 2 EStG 208 Abziehbarkeit von Veräußerungskosten bei Anteilsveräußerung nach § 8b Abs. 2 KStG – Kapitalgesellschaft 51 ff. Abzinsungsmodell – Erbschaft- und Schenkungsteuer 274 f.

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Sachregister Abzinsungspflicht – Rückstellung 392 Abzugsumsatz – Vorsteueraufteilung 510 Abzugsverbot § 8b Abs. 3 Satz 3 und 4 KStG – Auslegung und Verfassungsmäßigkeit 49 ff. – Darlehensforderung 50 – Liquidationsverlust 51 – Mindestbeteiligung 50 – Veräußerungsverlust 51 Administrierungsproblem – Finanztransaktionssteuer 92 AfA-Potenzial – künstliches 607 Agenda 2015 für Unternehmen – Abschreibungsbedingungen 90 f. – Forschung und Entwicklung 90 – Verbesserung für Start-up-Unternehmen 90 Akquisition 602 Aktie – börsennotierte 370 ff. – Rücknahmekurs 54 Aktionär 543 Aktuelle Entwicklung – Agenda 2015 für Unternehmen 90 – Arbeitnehmer 72 – Bagatellgrenze 73 – Betriebsausgabenabzug 74 – Betriebsveranstaltung 71 – Double-Dip 73 – Enkelgesellschaft 72 – Finanzbeziehung zwischen Bund und Ländern 88 f. – Finanztransaktionssteuer 92 f. – Gesellschafterdarlehen 71 – hybride Gestaltung 73 – Kfz-Privatnutzung 72 – Konzernklausel § 8c Abs. 1 Satz 5 KStG 72 – Länderfinanzausgleich 88 – OECD 73 – Sachbezug für Arbeitnehmer 72 – Schnellreaktionsmechanismus 71 – Start-up-Unternehmen 90 – Streubesitzbeteiligung 75 – Tochtergesellschaft 72 – Unternehmensbesteuerung 2015 67 ff.

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– Veräußerungsgewinn 75 – weiße Einkünfte 73 – Zollkodexanpassungsgesetz 70 ff. Aktuelles – Bewertung 267 ff. – Bilanzsteuerrecht 365 ff. – Erbschaft- und Schenkungsteuer 267 ff. – Grunderwerbsteuerrecht 547 ff. – Organschaft 163 ff. – Rückstellungsrechtsprechung 383 ff. – Sanierungserlass 524 ff. – Sanierungssteuerrecht 523 ff. – Schenkungsteuer 267 ff. – steuerliche Abgrenzung zwischen Eigen- und Fremdkapital 350 ff. Altgesellschafter – Grunderwerbsteuerrecht 562 ff. Amtshilferichtlinieumsetzungsgesetz – § 50i EStG 184 Anlagevermögen – Wertminderung 365 Anlaufhemmung 614 Anleihe – ewige 326 Anpassungsrückstellung – öffentlich-rechtliche 385 f. Anrechnung – Personengesellschaft 415 Ansässigkeitsstaat – § 50i Abs. 2 EStG 211 – Personengesellschaft 415 Anschaffungskosten Geschäftsanteile – sonstige Gegenleistung bei §§ 20, 21 UmwStG 137 Anschlusskunde 507 Anteilsgewährungspflicht – Verschmelzung von Körperschaft 142 Anteilstausch 152 – § 50i Abs. 2 EStG 207 – Gewerbesteuer 58 ff. – Kapitalgesellschaft 58 ff. – Rechtsprechung 58 ff. – sonstige Gegenleistung bei §§ 20, 21 UmwStG 137 Anteilsübertragung – Grunderwerbsteuerrecht 551 ff., 570 f.

Sachregister Anteilsveräußerung – Abziehbarkeit von Veräußerungskosten 51 ff. – Organschaft 168 Anteilsvereinigung – § 1 Abs. 3 GrEStG 567 ff. – Grunderwerbsteuerrecht 567 ff. – Personengesellschaft 571 ff. Anteilsvereinigung Organkreis – Grunderwerbsteuerrecht 576 ff. Anteilszurechnung nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO – Grunderwerbsteuerrecht 562 ff. Anti-RETT-Blocker-Regelung – Grunderwerbsteuerrecht 579 Anwachsung – Umwandlung von Personengesellschaft 259 f. Anwachsung, einfache – § 50i Abs. 2 EStG 207 Anwachsung, erweiterte – § 50i Abs. 2 EStG 206 Anwachsungszeitpunkt – Umwandlung von Personengesellschaft 246 f. Anwendungsregelung – § 50i Abs. 2 EStG 202 Arbeitnehmer – Zollkodexanpassungsgesetz 72 Arbeitnehmerwechsel – § 4f EStG 315 Art. 3 Abs. 1 Buchst. c OECD-MA – Personengesellschaft 405 ff. Art. 3 OECD-MA – Personengesellschaft 402 Art. 51 ff. CRR – steuerliche Abgrenzung zwischen Eigen- und Fremdkapital 350 ff. Asset Deal 596 Atypisch stille Beteiligung – Personengesellschaft 406 Atypisch stille Gesellschaft – doppelstöckige Personengesellschaft 12 – doppelte Mitunternehmerschaft 10 – einheitliche Mitunternehmerschaft 10 – Einlage 9 – geleistete Einlage 8 – Gewerbesteuer 7 – Gewerbeverlust 11

– – – – –

Grunderwerbsteuerrecht 592 Prinzipal 7 Prinzipalgesellschaft 11 Rechtsprechung 5 ff. Rechtsprechungs-Highlights 4 ff. – Scheingeschäft 10 – Steuerschuldner 7 – Steuersubjekt 7 – stille Beteiligung 10 – Unternehmensidentität 11 – Verlustverrechnungseinschränkung 8 ff. – zivilrechtliche Grundlagen 4 ff. Aufbau – § 50i Abs. 2 EStG 201 Aufbewahrung – Kassenunterlagen 79 Auflage 614 Auflösung – Kapitalgesellschaft 40 Aufnehmender Rechtsträger – § 50i Abs. 2 EStG 206 Aufsichtspflichtverletzung – § 130 OWiG 598 – Steuerstrafrecht 602 f. Aufteilungsschlüssel – Vorsteuerabzugsberichtigung 494 ff. Aufwandsrückstellung – Personengesellschaft 29 f. Aufwärtsverschmelzung – Übernahmeverlust 62 ff. Ausblick – BEPS 461 Auskunftsverkehr – internationaler 68 Ausländischer Hersteller – Vorsteuerkorrektur 502 ff. Auslegung – Abzugsverbot § 8b Abs. 3 Satz 3 und 4 KStG 49 ff. Ausschlussumsatz – Vorsteueraufteilung 510 Außenprüfung 612 Authorized OECD Approach – Wegzugs- und Entstrickungsbesteuerung 427 f. – Zuordnung 411 Automatischer Informationsaustausch – strafbefreiende Selbstanzeige 70

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Sachregister Automatischer zwischenstaatlicher Informationsaustausch – OECD 87 Bagatellgrenze – Umkehr der Steuerschuldnerschaft bei Umsatzsteuer 73 Barmittel als Darlehen – Umwandlung von Personengesellschaft 233 Base Erosion and Profit Shifting s. „BEPS“ Bauleistung – Steuerschuldnerschaft 481 ff. – Umsatzsteuerrecht 481 ff. Bedürfnisprüfung – Typisierung bei Erbschaftsteuer 292 ff. Bedürfnisprüfung bei Verschonung betrieblichen Vermögens – Erbschaft- und Schenkungsteuer 277 ff. Beförderung – Umsatzsteuerrecht 474 Begünstigtes Betriebsvermögen nach § 13b ErbStG – Definition 291 f. Begünstigungsfähiges Vermögen – Erbschaft- und Schenkungsteuer 281 Begünstigungskonzept – ErbStG 2015/2016 290 ff. Behaltefrist – Umwandlung von Personengesellschaft 251 Beispielsfälle – § 4f EStG 312 ff. Bemessungsgrundlagenänderung – § 17 Abs. 1 Satz 4 UStG 503 Bemessungsgrundlagenverbreiterung – Erbschaft- und Schenkungsteuer 274 f. BEPS 81 – Abkommensmissbrauch 444, 455 f. – Ausblick Frühjahr 2015 461 – Bestandsaufnahme 2014 443 ff. – Betriebsstättengründung und künstliche Vermeidung 456 – Check-the-Box-Regelung 447

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– Country-by-Country-Reporting 444, 453 f., 460 – digitale Wirtschaft 444, 448 f. – Doppelbesteuerungsvermeidung 445 – Google-Fall 445 ff. – Hybridstruktur 444, 449 ff. – immaterielles Wirtschaftsgut 454 – konzerninterne Dienstleistung mit geringer Wertschöpfung 456 – Limitation-on-Benefits-Klausel 455 – Lizenzzahlung 446 – multilaterales Instrumentarium 454 f. – Principal-Purpose-Test 455 – Profit Split 445, 459 f. – Public Discussion Draft 444 – Rechtsunsicherheit 455 – Risikoallokation 458 f. – Rohstofftransaktion 459 – schädliche Steuerpraktik 451 f. – schädlicher Steuerwettbewerb 444 – Steuerlastausteilung, gerechte 444 – Streitschlichtung 460 – Substance over Form 444 – Transparenz 444 – Treaty Shopping 455 – Umsatzsteuer im B2C-Bereich 457 – Verrechnungspreis immaterielles Wirtschaftsgut 444 – Verrechnungspreisdokumentation 444, 452 f. – Zinsabzugsbeschränkung 457 Beraterpraxissicht – Anforderungen an ErbStG 2015/2016 289 ff. Beratungsrisiko – Grunderwerbsteuerrecht 547 ff. – Sanierungssteuerrecht 523 ff. – transaktionsnahes Steuerstrafrecht 595 ff. Berichtigung – Vorsteuerabzug 494 ff. Berichtigungsobjekt – Vorsteueraufteilung 513 Berichtigungspflicht – Steuererklärung 600 f. Besitzeinzelunternehmen – § 50i EStG 198 f.

Sachregister Besitzpersonengesellschaft – § 50i EStG 196 ff. Besserungsabrede – steuerliche Abgrenzung zwischen Eigen- und Fremdkapital 361 Bestandsaufnahme – BEPS 443 ff. Bestellung – Insolvenzverwalter 538 Besteuerungsinkongruenz – OECD/G20-Projekt Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung 81 – Vermeidung 82 Besteuerungsverfahrensmodernisierung – Gesetzesvorhaben 2015 78 f. Bestimmungsland 504 Beteiligungsebene – Grunderwerbsteuerrecht 593 Beteiligungsertrag – negativer 170 – positiver 170 Beteiligungserwerb 98; s. auch „Schädlicher Beteiligungserwerb“ – Organgesellschaft 170 – Organschaft 165 – schädlicher 101 – unterjähriger 107 ff. Beteiligungserwerb, mehrstufiger – Verschonungsregel bei stillen Reserven 130 ff. Beteiligungsgesellschaft – Zuordnung 411 Beteiligungsstruktur, mehrteilige – Erbschaft- und Schenkungsteuer 283 ff. Beteiligungsverwaltung – § 50i Abs. 2 EStG 219 Betrieblicher Bereich – Wegzugs- und Entstrickungsbesteuerung 423 ff. Betriebsaufgabe und Entnahme – Umsatzsteuerrecht 465 ff. Betriebsaufspaltung 22 – § 50i Abs. 2 EStG 201, 215 – § 50i EStG 196 ff. – Beispielsfälle 197 ff. Betriebsausgabenabzug – doppelter 74 Betriebseinbringung 148 ff.

Betriebskantine – Vorsteuerabzug 498 ff. Betriebsprüfung 596 – Bewertungseinheit 395 Betriebsstättengründung – BEPS 456 – künstliche Vermeidung 456 Betriebsstättenvermögen – Zuordnung 411 Betriebsveranstaltung – Zollkodexanpassungsgesetz 71 Betriebsvermögen – Einbringung von Betriebsvermögen in Personengesellschaft 143 ff. – Entstrickungsbesteuerung 430 ff. – Erbschaft- und Schenkungsteuer 271 ff. Bewertung – Aktuelles 267 ff. Bewertungseinheit – Betriebsprüfungsthema 395 Bewertungsunschärfe – ErbStG 2015/2016 303 Bewertungsvereinfachungsverfahren – Lifo-Methode 377 BFH – Lifo-Methode 379 ff. BFH-Rechtsprechung – Vorsteueraufteilung 509 ff. – Wegzugs- und Entstrickungsbesteuerung 421 ff. Bilanzierung beim Erwerber – § 5 Abs. 7 EStG 316 f. Bilanzrichtlinienumsetzungsgesetz 392 Bilanzsteuerrecht – §§ 4f und 5 Abs. 7 EStG n.F. in der Praxis 307 ff. – Abzinsungspflicht 392 – aktuelle Fälle 365 ff. – Anlagevermögen 365 – Besserungsabrede 361 – Bewertungseinheit 395 – Dauerhaftigkeitskriterien bei Wertminderung 369 f. – Dept-Mezzanine-Swap 336 – Eigenkapital 332 – EURIBOR 354 – Fremdwährungsverbindlichkeit 373 ff.

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Sachregister – – – – –

Genussrecht 333 f. Herstellungskosten 391 Hybridanleihe 354 ff. immaterielles Wirtschaftsgut 391 Kernkapital nach Art. 51 ff. CRR 350 ff. – Kippentgelt 386 ff. – Lifo-Methode 376 ff. – Liquidationserlös 334 – Liquidationsüberschuss 334 – Maßgeblichkeitsgrundsatz 332 f. – Mehrkomponentengeschäft 394 f. – öffentlich-rechtliche Anpassungsrückstellung 385 f. – phasengleiche Ergebnisvereinnahmung 393 – Preisklausel 347 – Rangrücktrittsvereinbarung 359 ff. – Rechtssicherheit 366 – Referenzzins 354 – Rekultivierungsverpflichtung 387 – Rückstellung 383 ff. – Rückstellungsbewertung 392 – Rückstellungsbildungsleitlinien 390 ff. – Sachleistungsverpflichtung 392 – Schätzung 392 – Step-up 354 – steuerliche Abgrenzung zwischen Eigen- und Fremdkapital 325 ff., 332 ff. – Teilwert 367 – Teilwertabschreibung 365 – Teilwerterlass v. 16.7.2014 365 – Umlaufvermögen 365 – ungewisse Verbindlichkeit 390 – Verpflichtung gegenüber sich selbst 391 – Wertaufholung 366 – wirtschaftliche Belastung 390 – Zinsaufschlag 354 – zweistufige Gewinnermittlung 368 f. Bilanzstichtag – wirtschaftliche Belastung 342 Billigkeitsmaßnahme – Entscheidungskompetenz des Finanzamts unter Sanierungserlass bzgl. Gewerbesteuer 532 ff. – Erlass 532 – Sanierungserlass 524 ff.

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– Sanierungskosten 524 ff. – Stundung 532 – Veräußerung 529 f. – Veräußerungsgewinn 524 ff. – Verrechnung 532 BMF – Zinsschranke 43 BMF-Schreiben v. 4.7.2008 – Verlustabzug bei Körperschaft (§ 8c KStG) 97 ff. Börsennotierte Aktie – Teilwertabschreibung 370 ff. – Wertaufholung 370 ff. Bruttomethode – Gewerbesteuer und Organschaft 178 f. Buchführung – digitale 79 ff. Buchwertansatz – § 50i Abs. 2 EStG 205 – sonstige Gegenleistung bei §§ 20, 21 UmwStG 137 Buchwertfortführung – Umwandlung von Personengesellschaft in Kapitalgesellschaft 263 Buchwertprivileg – Umwandlung von Personengesellschaft 241 f., 257 Buchwertseparierung – Umwandlung von Personengesellschaft 240 Buchwertüberschuss – Umwandlung von Personengesellschaft 228 Buchwertübertragung – Systemwidrigkeit 16 – zwischen Schwestergesellschaften (Rechtsprechung) 15 ff. Bund und Länder – Finanzbeziehung 88 Bundesministerium der Finanzen s. „BMF“ Bundesverfassungsgericht – Erbschaft- und Schenkungsteuer 267 ff. – Privilegierung Betriebsvermögen bei Erbschaftsteuer 289 – Rechtsprechung zur Verschonungsregelungsausgestaltung betrieblichen Vermögens bei Erbschaft- und Schenkungsteuer 271 ff.

Sachregister – Urteil v. 17.12.2014 zur Erbschaftsteuer 290 ff. Bundesverfassungsgerichtsurteil v. 17.12.2014 – Lohnsummentest 299 ff. Bußgeld – Rechtsformwechsel 604 – Steuerstrafrecht 596 Cash-Pool-System – Personengesellschaft 33 Check-the-Box-Regelung – BEPS 447 Computerherstellung 502 Country-by-Country-Reporting – BEPS 444, 453 f., 460 Criminal Due Diligence – Steuerstrafrecht 596 Darlehen – nachrangiges 326 – steuerliche Abgrenzung zwischen Eigen- und Fremdkapital 326 Darlehensforderung – Abzugsverbot § 8b Abs. 3 Satz 3 und 4 KStG 50 Dauerhafte Werterhöhung – Bilanzsteuerrecht 373 ff. – Fremdwährungsverbindlichkeit 373 ff. Dauerhaftigkeit – Wertminderung 369 f. DBA – Umwandlung von Personengesellschaft in Kapitalgesellschaft 262 DBA-Drittstaat – Umwandlung von Personengesellschaft in Kapitalgesellschaft 262 DBA-Staat – § 50i Abs. 2 EStG 203 Definition – begünstigtes Betriebsvermögen nach § 13b ErbStG 291 f. – Wegzugs- und Entstrickungsbesteuerung 420 Definitiveffekt – Mindestbesteuerung bei Kapitalgesellschaft 37 ff. – Verfahrensrecht 40

Deliktverwirklichung – postakquisitorische 606 ff. – präakquisitorische 602 ff. Dept-Mezzanine-Swap – steuerliche Abgrenzung zwischen Eigen- und Fremdkapital 336 Dienstleistung – BEPS 456 Differenzausgleich – Termingeschäft 56 Digitale Buchführung 79 ff. Digitale Ökonomie – Betriebsstätte 86 – Unternehmensbesteuerung 2015 86 f. Digitale Wirtschaft – BEPS 444, 448 f. DMC-Rechtssache – Entstrickung bei Einbringung 434 ff. – Wegzugs- und Entstrickungsbesteuerung 420 Doppelbesteuerung – § 50i Abs. 2 EStG 211 – Personengesellschaft 415 Doppelbesteuerungsvermeidung – BEPS 445 – Personengesellschaft 415 Doppelstöckige Personengesellschaft – atypisch stille Gesellschaft 12; s. auch „Personengesellschaft“ – gewerbesteuerliche Besonderheiten 12 Doppelte Freistellung – Personengesellschaft 415 Doppelte Nichtbesteuerung 83 Doppelte Steuerbelastung – ErbStG 2015/2016 300 Double-Dip 83 – OECD/G20-Projekt Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung 81 – Zollkodexanpassungsgesetz 73 Drittbestimmter Anfall von GrESt nach § 1 Abs. 3a GrEStG 581 ff. Drittlandsfall – Entstrickung 437 f., 442 Drittstaat – Umwandlung von Personengesellschaft in Kapitalgesellschaft 262

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Sachregister Drohverlustrückstellung – § 4f EStG 312 f. Due Diligence 610 f. – Steuerstrafrecht 596 E-Bilanz – Praxisfortschritte bei Umsetzung 395 Earn-out – Unternehmensbewertung 303 EBITDA 41 Eigenkapital – Bilanzsteuerrecht 332 – idealtypisches 327 – negatives 129 – steuerliche Abgrenzung zu Fremdkapital 325 ff.; s. auch „Steuerliche Abgrenzung zwischen Eigen- und Fremdkapital“ – steuerliche Abgrenzung zwischen Eigen- und Fremdkapital 338 Eigenkapitalinstrument 338 Eigenleistung – Vorsteuerabzug 496 Ein-Personen-GmbH & Co. KG – Sperrfrist bei Übertragung 18 ff. Einbringung – § 50i Abs. 2 EStG 202 f., 205 f. – § 50i EStG 438 f. – Betriebsvermögen in Personengesellschaft 143 ff. – Entstrickung 434 ff. – sonstige Gegenleistung 142 ff. Einbringung in Kapitalgesellschaft und andere Gegenleistung 135 ff. – Beispielsfälle 148 ff. – Betrieb 148 ff. – Gesamtplan 153 – Joint-Venture-Partner 151 ff. – mögliche Reaktion des Gesetzgebers 146 – sonstige Gegenleistung bei §§ 20, 21 UmwStG 136 ff. – Teilgewinnrealisierungskonzept 147 – Teilrealisierungskonzepte mit/ohne Sockelbeträgen 157 ff. – Umgehungsfälle 148 ff. – Vollgewinnrealisierungskonzept 147

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– Zollkodexanpassungsgesetz 159 – Zuzahlungsgrenze 140 Einbringung und andere Gegenleistung – Kapitalgesellschaft 135 ff. Einbringung von Betriebsvermögen in Personengesellschaft 143 ff. – Trennungstheorie 145 Einbringungsvertrag – § 50i Abs. 2 EStG 202 Eingangsleistung – gemischte Verwendung 509 ff. Eingangsleistung für gemischt genutztes Gebäude – Vorsteuerabzug 494 ff. Einheitstheorie – Einbringung von Betriebsvermögen in Personengesellschaft 144 – Umwandlung von Personengesellschaft 229 Einkünftezuordnung – Abkommenszweck 413 – Personengesellschaft 410 ff. Einkünftezuweisung – § 50i EStG a.F. 186 Einlage – atypisch stille Gesellschaft 9 Einnahme – § 5 Abs. 2a EStG 347 f. Einzelwirtschaftsgut – § 50i Abs. 2 EStG 201 Elektroartikel – Umsatzsteuerrecht 469 Elektrofahrzeug – Zollkodexanpassungsgesetz 72 Elektronisches Warenwirtschaftssystem – Lifo-Methode bzw. Ausschluss 381 f. Enkelgesellschaft – Zollkodexanpassungsgesetz 72 Entgeltlich überlassenes Sonderbetriebsvermögen I 412 Entgeltminderung – Umsatzsteuerrecht 505 ff. Entnahme – privilegierte 27 ff. Entnahme bei Betriebsaufgabe – Umsatzsteuerrecht 465 ff. Entrechteter Altgesellschafter – Grunderwerbsteuerrecht 562 ff.

Sachregister Entstrickung – Drittlandsfall 437 f., 442; s. auch „Wegzugs- und Entstrickungsbesteuerung“ – Einbringung 434 ff. – EU/EWR-Fall 437 – EWR-Fall 437 – FG-Rechtsprechung 433 f. – gestreckte Gewinnbesteuerung 440 – Kapitalgesellschaft 430 ff. – National-Grid-Indus-Rechtssache 430 ff. – Privatbereich 429 f. – Stand-still-Klausel 442 Entstrickung bei Einbringung – DMC-Rechtssache 434 ff. Entstrickungsbesteuerung – aktuelle Entwicklungen 419 ff.; s. auch „Wegzugs- und Entstrickungsbesteuerung“ Entstrickungsbesteuerung im Betriebsvermögen – EuGH-Rechtsprechung 430 ff. Entstrickungsgewinn – Sicherheitsleistung 441 – Steuerstundung 440 – Verzinsung 440 f. Entstrickungsmöglichkeitsvermeidung – § 50i Abs. 2 EStG 201 Entstrickungsprinzip – Personengesellschaft 224 Erbschaft- und Schenkungsteuer – Abzinsungsmodell 274 f. – Aktuelles 267 ff.; s. auch „ErbStG 2015/2016“ – Bedürfnisprüfung bei Verschonung betrieblichen Vermögens 277 ff. – begünstigungsfähiges Vermögen 281 – Betriebsvermögensverschonung 271 ff. – BVerfG 267 ff. – gesetzgeberische Handlungsoptionen 274 ff. – gesetzgeberische Optionen nach BVerfG-Entscheidung v. 17.12.2014 275 ff. – gesetzgeberischer Reformbedarf 277 ff. – Gestaltungslücke 282

– kleine und mittlere Unternehmen 279 – Lohnsummenregelung 281 f. – mehrstufige Beteiligungsstruktur 283 ff. – Nettoverwaltungsvermögen 283 ff. – Nettoverwaltungsvermögensbeispiele 284 ff. – Reparaturmodell 275 – Schuldenabzug 283 – Stundungsmodell 274 f. – verbreiterte Bemessungsgrundlage 274 f. – Verfassungsmäßigkeit 267 ff. – Verschonungsbedingung 281 ff. – Verschonungsregelungsausgestaltung 280 ff. – Verschonungsregelungsausgestaltung betrieblichen Vermögens nach Rspr. des BVerfG 271 ff. – Verschonungsumfang betrieblichen Vermögens 280 – Verwaltungsvermögenstest in mehrstufigen Beteiligungsstrukturen 283 ff. Erbschaftsteuer – Aktuelles 267 ff.; s. auch „Erbschaft- und Schenkungsteuer“ – Gesetzesvorhaben 2015 75 f. – Verfassungswidrigkeit der Privilegierung betrieblichen Vermögens 289 ErbStG 2015/2016 – § 35b EStG 300 – Abgrenzung kleine und mittlere Unternehmen von Großunternehmen 292 ff. – Anforderungen aus Beraterpraxissicht 289 ff. – Begünstigungskonzept 290 ff. – Bewertungsunschärfe 303 – Bundesverfassungsgericht 289 – BVerfG-Urteil v. 17.12.2014 290 ff. – doppelte Steuerbelastung 300 – Earn-out 303 – Ertragsteuerbelastung 300 ff. – Finanzmitteltest 297 – Großunternehmen 292 ff. – individuelle Bedürfnisprüfung 294 ff.

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Sachregister – kleine und mittlere Unternehmen 292 ff. – latente Ertragsteuerbelastung 300 ff. – Lohnsummenteständerung 299 ff. – Nachlassverbindlichkeit 302 – Nettoverwaltungsvermögenstest 296 ff. – Nettoverwaltungsvermögenstestnachteil 297 f. – Nettoverwaltungsvermögenstestvorteil 297 – Privilegierung betrieblichen Vermögens bei Erbschaftsteuer 289 – Sanierungsfall 300 – Schuldenabzug 297 f. – Schuldensockelbetragsabzug 298 – Stichtagsprinzip 303 – typisierte Bedürfnisprüfung bei Erbschaftsteuer 292 ff. – Unternehmensbewertung 302 f. – Verfassungswidrigkeit der Privilegierung betrieblichen Vermögens 289 – Vermeidung doppelter Steuerbelastung 300 ff. – Verwaltungsvermögensteständerung 296 ff. – Vorteile größenabhängiger Vergünstigungsabschmelzung 293 f. Erfolgsabhängigkeit der Vergütung – steuerliche Abgrenzung zwischen Eigen- und Fremdkapital 330 Erfüllungsübernahme – § 4f EStG 307 ff.; s. auch „§ 4f EStG“ und „§ 5 Abs. 7 EStG“ – § 5 Abs. 7 EStG 316 f. Ergänzungsbilanz – Übertragung zwischen Ein-Personen-GmbH & Co. KG und Gesellschafter 19 Ergebnisabführungsvertrag – Organschaft 64 Erhaltungsaufwand – Vorsteueraufteilung 515 f. Erlass – Sanierungserlass 532 Ermittlungsbehörde – Steuerstrafrecht 608 Ermittlungsverfahren – Steuerstrafrecht 608

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Erosion – Steuerbemessungsgrundlage 443; s. auch „BEPS“ Ertragsteuerbelastung, latente – ErbStG 2015/2016 300 ff. Ertragsteuerliche Behandlung – atypisch stille Gesellschaft 5 ff. – typisch stille Gesellschaft 5 Ertragsteuerliche Organschaft 541 ff. Erwerb – Grundstück 606 f. Erwerbsgewinn – § 5 Abs. 7 EStG 316 EU-Abschlussprüferreform 392 EU-Rechtmäßigkeit – § 50i Abs. 2 EStG 203 EU/EWR-Fall – Entstrickung 437 EuGH – Entstrickungsbesteuerung im Betriebsvermögen 430 ff. – Gimle-Entscheidung 393 – Wegzugs- und Entstrickungsbesteuerung 420 EURIBOR – steuerliche Abgrenzung zwischen Eigen- und Fremdkapital 354 Ewige Anleihe – steuerliche Abgrenzung zwischen Eigen- und Fremdkapital 326, 354 ff. EWR-Fall – Entstrickung 437 EWR-Staat – Wegzugs- und Entstrickungsbesteuerung 425 FASB 394 FATCA-Gesetzgebung 68 Fehlbetrag – Gewerbesteuer 172 – Organschaft 172 Fehlerperpetuierung – Steuererklärungswesen 609 f. FG-Rechtsprechung – Entstrickung 433 f. Finalität – Verlustvernichtung 39 Finanzbeziehung zwischen Bund und Ländern – aktuelle Entwicklung 88 f.

Sachregister Finanzinstrument – hybrides 325 f. – steuerliche Abgrenzung zwischen Eigen- und Fremdkapital 348 Finanzmitteltest – ErbStG 2015/2016 297 Finanztransaktionssteuer 92 f. – Administrierungsproblem 92 Finanzverwaltung – abkommensrechtliche Beurteilung von Personengesellschaft 399 ff. Flächenschlüssel – Vorsteueraufteilung 492, 514 f. Floating Income – Personengesellschaft 406 Forderungsverzicht – Sanierungserlass 524 Formel – Verwaltungsvermögen 297 Formwechsel – § 50i Abs. 2 EStG 205 – Personengesellschaft 222 – Umwandlung von Personengesellschaft 259 f. Forschung und Entwicklung – Agenda 2015 für Unternehmen 90 Freistellung – Personengesellschaft 415 Freiwillige Jahresabschlussprüfung – Rückstellung 388 f. Fremdkapital 32; s. auch „Steuerliche Abgrenzung zwischen Eigen- und Fremdkapital“ – idealtypisches 327 – steuerliche Abgrenzung zu Eigenkapital 325 ff. Fremdvergleich – Anteilsveräußerung 53 Fremdvergleichsgrundsatz – Zuordnung von Einkünften und Wirtschaftsgut 411 Fremdwährungsverbindlichkeit – Bilanzsteuerrecht 373 ff. – dauerhafte Werterhöhung 373 ff. Führungsholding – Vorsteuerabzug 485 ff. Fünfjahresfrist bei mittelbarem Gesellschafterwechsel – Grunderwerbsteuerrecht 557 ff.

Funktionale Zugehörigkeit – Zuordnung 411 Fusion 139 Fusionsrichtlinie 146 Fusionsrichtlinie-Vorgaben – sonstige Gegenleistung bei §§ 20, 21 UmwStG 139 f. Gebäude – Vorsteueraufteilung 515 f. – Vorsteueraufteilung bei gemischt genutztem 490 ff.; s. auch „Gemischt genutztes Gebäude“ Gefährdungsprognose – Verschonungsregelungsausgestaltung betrieblichen Vermögens bzgl. Erbschaft- und Schenkungsteuer 273 Gegenleistung – Einbringung in Kapitalgesellschaft 135 ff.; s. auch „Sonstige Gegenleistung bei §§ 20, 21 UmwStG“ Gegenrechnung künftiger Vorteile – Rückstellung 386 ff. Geldbuße 600 Geleistete Einlage – atypisch stille Gesellschaft 8; s. auch „Einlage“ Gemeiner Wert – § 50i Abs. 2 EStG 202 – Abstockung 62 ff. Gemischt genutztes Gebäude – objektbezogener Umsatzschlüssel 493 f. – Vorsteueraufteilung 490 ff., 493 f. Gemischte Verwendung – Eingangsleistung 509 ff. – Vorsteueraufteilung 511 ff. Genussrecht – steuerliche Abgrenzung zwischen Eigen- und Fremdkapital 325 f., 333 f. Genussrechtsvergütung – steuerliche Abgrenzung zwischen Eigen- und Fremdkapital 331 Gesamthandsvermögen – Rechtsprechung 17 – Zuordnung von Einkünften und Wirtschaftsgut 411

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Sachregister Gesamtplan – Einbringung in Kapitalgesellschaft und andere Gegenleistung 153 Gesamtumsatz – Vorsteueraufteilung 492 Geschäftseinrichtung – Zuordnung 411 Geschäftsleitende Holdingaktivität – Personengesellschaft 406 ff. Gesellschafterbestand – Grunderwerbsteuerrecht 561 Gesellschafterdarlehen – § 4 Abs. 4a EStG 32 ff. – Zollkodexanpassungsgesetz 71 Gesellschaftersphäre – Personengesellschaft 225 Gesellschafterwechsel – Grunderwerbsteuerrecht 555 ff. Gesellschaftsrecht – § 50i Abs. 2 EStG 206 Gesellschaftssphäre – Personengesellschaft 225 Gesellschaftsvertragliche Verpflichtung – Jahresabschlussprüfung 29 ff. Gesetzesvorhaben 2015 – Besteuerungsverfahrensmodernisierung 78 f. – Erbschaftsteuer 75 f. – Grundsteuer 77 – Ordnungsmäßigkeit digitaler Aufzeichnungen bei der Buchführung insb. bei elektronischen Registrierkassen 79 ff. – voraussichtliche 75 ff. Gesetzgeber – Einbringung in Kapitalgesellschaft und andere Gegenleistung 146 – Erbschaft- und Schenkungsteuer 274 ff. Gesetzgebungsverfahren – § 50i Abs. 2 EStG 204 Gestaltungsfreiheit – steuerliche Abgrenzung zwischen Eigen- und Fremdkapital 327 Gestaltungslücke – Erbschaft- und Schenkungsteuer 282 Gestaltungsmissbrauch 56 – Steuerstrafrecht 608

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Gestaltungsspielraum – gesetzgeberischer 48 Gewerbesteuer – § 8c KStG 172 – atypisch stille Gesellschaft 7 – Bruttomethode 178 f. – doppelstöckige Personengesellschaft 12 – Entscheidungskompetenz des Finanzamts für Billigkeitsmaßnahme unter Sanierungserlass 532 ff. – Fehlbetrag 172 – Hinzurechnung 47 ff. – Miet- und Pachtzins 47 ff. – Objektsteuercharakter 48 – Organschaft 49 – qualifizierter Anteilstausch 58 ff. – Sanierungserlass 532 ff. – Treuhand 49 Gewerbesteuerabzugsverbot – § 4 Abs. 5b EStG 45 ff. – Verfassungsmäßigkeit 45 ff. Gewerbesteuermessbetrag – Sanierungssteuerrecht 523 Gewerbesteuernebenleistung – Abzugsverbot 46 Gewerbeverlust – atypisch stille Gesellschaft 11 Gewerblich tätige Personengesellschaft – § 50i Abs. 2 EStG 201 Gewerblichkeit – Obergesellschaft 250 Gewinn – § 5 Abs. 2a EStG 347 f. Gewinnabführungsvertrag – Rechtsprechung 64 ff. Gewinnabführungsvertragsbeendigung – Organschaft 176 ff. Gewinnbesteuerung – Entstrickung 440 Gewinnermittlung – zweistufige 368 f. Gewinnminderung nach § 8b Abs. 3 KStG – Organgesellschaft 169 Gewinnrealisationsersatz – privilegierte Entnahme 27 ff. Gewinnverkürzung – OECD/G20-Projekt Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung 81 ff.

Sachregister Gewinnverlagerung 443 ff. – OECD/G20-Projekt Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung 81 ff. Gimle-Entscheidung – EuGH 393 Gläubigerperspektive – steuerliche Abgrenzung zwischen Eigen- und Fremdkapital 339 Google-Fall – BEPS 445 ff. Gratis-Handy – Umsatzsteuerrecht 469 ff. Grenzüberschreitende Übertragung – Anwendbarkeit von § 5 Abs. 7 EStG 321 f. Großunternehmen – ErbStG 2015/2016 292 ff. Grundbesitz – Steuerstrafrecht 606 Grunderwerbsteuer – Hinterziehung 606 – Nichterhebung 567 ff. Grunderwerbsteuerrecht – aktuelle Praxisfragen 547 ff. – Altgesellschafter 562 ff. – Anteilsübertragung 551 ff. – Anteilsvereinigung i.S.v. § 1 Abs. 3 GrEStG 547 – Anteilsvereinigung i.S.v. § 1 Abs. 3a GrEStG 547 – Anteilsvereinigung im Organkreis 576 ff. – Anteilszurechnung nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO durch BFH 562 ff. – Anti-RETT-Blocker-Regelung 579 – atypisch stille Gesellschaft 592 – Beteiligungsebene 593 – drittbestimmter Anfall von GrESt nach § 1 Abs. 3a GrEStG 581 ff. – entrechteter Altgesellschafter 562 ff. – Fünfjahresfrist bei mittelbarem Gesellschafterwechsel 557 ff. – Gesellschafterbestand 561 – Gesellschafterwechsel 555 ff. – Gesellschafterwechsel bei Personengesellschaft 549 ff. – Gesellschafterwechsel bei Personengesellschaft nach § 1 Abs. 2a GrEStG 547

– Grundstücks-Personengesellschaft 580 – Innehaben in § 1 Abs. 3a GrEStG 583 ff. – Irrelevanz schuldrechtlicher Absprache 585 ff. – mittelbare Anteilsübertragung 551 ff. – mittelbare Anteilsvereinigung über Personengesellschaft 571 ff. – mittelbarer Gesellschafterwechsel 557 ff. – Organkreis 576 ff. – rechtliche Anteilsvereinigung i.S.v. § 1 Abs. 3 GrEStG 567 ff. – Rechtsformneutralität bei mittelbarem Gesellschafterwechsel 555 ff. – schuldrechtliche Absprache 585 ff. – Übertragung bereits vereinigter Anteile auf mehrere 100 %ige Tochtergesellschaften 570 f. – unmittelbare Anteilsübertragung 551 ff. – Unterbeteiligung 589 – Wertungsbruch bei Auslegung von unmittelbarer und mittelbarer Anteilsübertragung 551 ff. – wirtschaftliche Beteiligung i.H.v. mindestens 95 % 579 ff. Grundsteuer – Gesetzesvorhaben 2015 77 Grundstück – Vorsteueraufteilung 515 f. Grundstücks-KG – Grunderwerbsteuerrecht 567 ff. Grundstücks-Personengesellschaft – Grunderwerbsteuerrecht 580 Grundstückserwerb – mittelbarer 606 f. Grundstücksgemeinschaft – § 50i Abs. 2 EStG 200 – Umsatzsteuerrecht 476 GWB-Novelle 605 Handelsbilanzieller Diskussionsstand – steuerliche Abgrenzung zwischen Eigen- und Fremdkapital 328 ff. Handlungsebene – Konzernklausel 114 ff.

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Sachregister Handy – Umsatzsteuerrecht 469 ff. Hauptversammlung 543 Herstellungskosten – Rückstellung 391 Hinterziehungsbetrag – strafbefreiende Selbstanzeige 69 f. Hinterziehungszinsen – strafbefreiende Selbstanzeige 70 Hinzurechnung – Miet- und Pachtzins 47 ff. Hinzurechnung von Sondervergütung – Personengesellschaft 34 f. Holding – geschäftsleitende 218 – Personengesellschaft 406 ff. – Umwandlung von Personengesellschaft 247 Holdingpersonengesellschaft – Zuordnung 411 Hybridanleihe – steuerliche Abgrenzung zwischen Eigen- und Fremdkapital 354 ff. Hybride Gestaltung – OECD/G20-Projekt Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung 81 – Vermeidung 82 – Zollkodexanpassungsgesetz 73 Hybrides Finanzinstrument – steuerliche Abgrenzung zwischen Eigen- und Fremdkapital 325 f. Hybridstruktur – BEPS 444, 449 ff. IASB 394 Identifikationsnummer – Umsatzsteuerrecht 473 IDW – steuerliche Abgrenzung zwischen Eigen- und Fremdkapital 329 Immaterielles Wirtschaftsgut – BEPS 454 – Rückstellung 391 Inanspruchnahme – Rechtsnachfolger 605 Individualbesteuerung – Personengesellschaft 223 ff. Individuelle Bedürfnisprüfung – ErbStG 2015/2016 294 ff.

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Informationsaustausch – automatischer zwischenstaatlicher 87 Inländischer Unternehmer – Vorsteuerkorrektur 502 ff. Innehaben in § 1 Abs. 3a GrEStG – Grunderwerbsteuerrecht 583 ff. Innenfinanzierung – § 4 Abs. 4a EStG 32 ff. Innergemeinschaftliche Lieferung im Reihengeschäft – Umsatzsteuerrecht 471 ff. Innerstaatliches Recht – Wegzugs- und Entstrickungsbesteuerung 421 Innerstaatliches Steuerrecht – Personengesellschaft 413 Insolvenz – ertragsteuerliche Organschaft 541 ff. – Organschaft 538 ff. – umsatzsteuerliche Organschaft 539 ff. Insolvenzfall – steuerliche Abgrenzung zwischen Eigen- und Fremdkapital 331 Insolvenzordnung – Sanierungssteuerrecht 523 Insolvenzverfahren – Kapitalgesellschaft 40 Insolvenzverwalter – Bestellung 538 Interessengegensatz – Kaufpreisallokation 608 Internationaler Auskunftsverkehr 68 Internationales Steuerrecht – BEPS-Bestandsaufnahme 2014 443 ff. – neues BMF-Schreiben zur abkommensrechtlichen Beurteilung von Personengesellschaft 399 ff. – Wegzugs- und Entstrickungsbesteuerung 419 ff. INVEST-Zuschuss – Steuerfreiheit 70 – Zollkodexanpassungsgesetz 70 Investmentbesteuerung – aktuelle Entwicklung 91 Irrelevanz schuldrechtlicher Absprache – Grunderwerbsteuerrecht 585 ff.

Sachregister Jahresabschlussprüfung – freiwillige 388 f. – Personengesellschaft 29 ff. Jahresabschlussprüfungskosten – Rückstellung 30 ff. Jahresabschlussprüfungskostenrückstellung – Personengesellschaft 30 ff. Joint-Venture-Partner – Einbringung in Kapitalgesellschaft und andere Gegenleistung 151 ff. JStG 2010 – Wegzugs- und Entstrickungsbesteuerung 425 Jubiläumsrückstellung 309 Juristische Person – Verbandsgeldbuße 599 Kalte Progression – Abbau 89 f. Kapitalgesellschaft – § 10d Abs. 2 EStG 37 – Abziehbarkeit von Veräußerungskosten bei Anteilsveräußerung nach § 8b Abs. 2 KStG 51 ff. – Anteilstausch 58 ff. – Anteilsveräußerung 51 ff. – Auflösung 40 – Auslegung und Verfassungsmäßigkeit des Abzugsverbots in § 8b Abs. 3 Satz 3 und 4 KStG 49 ff. – Einbringung und andere Gegenleistung 135 ff.; s. auch „Einbringung in Kapitalgesellschaft und andere Gegenleistung“ – Entstrickung 430 ff. – Gewerbesteuerabzugsverbot 45 ff. – Gewinnabführungsvertrag 64 ff. – Insolvenzverfahren 40 – Lebensversicherungsunternehmen 62 ff. – Liquidation 40 – nachträgliche Veränderung des Veräußerungspreises und der Veräußerungskosten als stichtagsbezogene Teile des Veräußerungsgewinns nach § 8b Abs. 2 Satz 2 KStG 57 f. – qualifizierter Anteilstausch 58 ff. – Rechtsprechungs-Highlights zum Unternehmenssteuerrecht 37 ff. – Sitzverlegung 430 ff.

– Termingeschäft 54 ff. – Verfassungsmäßigkeit gewerbesteuerlicher Hinzurechnung von Mietund Pachtzins 47 ff. – Vergleich zu Personengesellschaft 221 – Verlust aus Termingeschäft als Veräußerungskosten nach § 8b Abs. 2 KStG 54 ff. – Verlustvernichtung 39 – Zinsaufwand 41 ff. Kapitalgesellschaftsanteil – § 17 EStG 184 Kapitalüberlassungsverhältnis auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage – steuerliche Abgrenzung zwischen Eigen- und Fremdkapital 326 f. Kapitalverkehrsfreiheit – Wegzugs- und Entstrickungsbesteuerung 420 Kassenunterlagen – Aufbewahrung 79 Kaufpreisallokation – Steuerstrafrecht 607 ff. Kernkapital – steuerliche Abgrenzung zwischen Eigen- und Fremdkapital 326 Kernkapital nach Art. 51 ff. CRR – steuerliche Abgrenzung zwischen Eigen- und Fremdkapital 350 ff. Kettenübertragung – § 4f EStG 319 f. – § 5 Abs. 7 EStG 319 f. – ursprünglich Verpflichteter 319 f. Kfz-Privatnutzung – Zollkodexanpassungsgesetz 72 Kippentgelt – Rückstellung 386 ff. Kleine und mittlere Unternehmen – Erbschaft- und Schenkungsteuer 279 – ErbStG 2015/2016 292 ff. Koalitionsvertrag der Bundesregierung – Patentbox 84 f. Kommanditanteil 607 Kommanditist – Verlustverrechnungseinschränkung 8 Konzern – BEPS 456 – Steuergestaltungspraxis 68

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Sachregister Konzerninterne Dienstleistung mit geringer Wertschöpfung – BEPS 456 Konzernklausel 163 – § 8c KStG 111 ff. – 100 %-Beteiligung 113 – Handlungsebene 114 ff. – Prüfung bzgl. der Ermittlung schädlicher Erwerbsquote von 25 %/50 % 122 f. – Wachstumsbeschleunigungsgesetz 98 – Zurechnungsebene 112 ff. – Zwischenschaltung einer Personengesellschaft 113 Konzernklausel § 8c Abs. 1 Satz 5 KStG – Zollkodexanpassungsgesetz 72 Korb-II-Gesetz 98 Körperschaftsteuerlicher Rücktrag 106 Krisenfall – steuerliche Abgrenzung zwischen Eigen- und Fremdkapital 326 Kroatiengesetz – Verschärfung des § 50i EStG 190 ff. Künftiger Vorteil – Rückstellung 386 ff. Länderfinanzausgleich – horizontaler 88 Lasteyrie-du-Saillant-Rechssache – Wegzugs- und Entstrickungsbesteuerung 420 Latente Ertragsteuerbelastung – ErbStG 2015/2016 300 ff. Laufender Verlust – Organgesellschaft 164 – Organträger 164 Lebensversicherungsunternehmen – Rechtsprechung 62 ff. Legal Due Diligence – Steuerstrafrecht 596 Leichtfertige Steuerverkürzung 608 – steuerstrafrechtliches Risiko für Unternehmen 598 – Übernahme bestehenden Risikos 602 f. Leistungsempfänger – Umsatzsteuerrecht 483

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Leistungsfähigkeitsprinzip 27 Leitender Mitarbeiter – steuerstrafrechtliches Risiko für Unternehmen 597 f. Lieferkette – Vorsteuerkorrektur 502 ff. Lifo-Methode – BFH-Rechtsprechung 379 ff. – Bilanzsteuerrecht 376 ff. – BMF-Schreiben 382 – elektronisches Warenwirtschaftssystem 381 f. – Leitentscheidung des BFH 380 f. – Rechtsgrundlage 376 – Scheingewinnbesteuerung 376 ff. Limitation-on-Benefits-Klausel – BEPS 455 Liquidation – Kapitalgesellschaft 40 Liquidationserlös – steuerliche Abgrenzung zwischen Eigen- und Fremdkapital 334 Liquidationsfall – steuerliche Abgrenzung zwischen Eigen- und Fremdkapital 331 Liquidationsüberschuss – steuerliche Abgrenzung zwischen Eigen- und Fremdkapital 334 Liquidationsverlust – Abzugsverbot § 8b Abs. 3 Satz 3 und 4 KStG 51 Lizenzaufwendung – Patentbox 85 Lizenzertrag – Patentbox 85 Lizenzzahlung – BEPS 446 Lock-up-Periode – Unternehmensbewertung 303 Lohnsummenregelung – Erbschaft- und Schenkungsteuer 281 f. Lohnsummentest – Bundesverfassungsgerichtsurteil v. 17.12.2014 299 ff. Lohnsummenteständerung – ErbStG 2015/2016 299 ff. Loss Refresher – Umwandlung von Personengesellschaft 244 f.; s. auch „Verlustnutzung“

Sachregister Manipulation – digitale Buchführung 80 Maßgeblichkeitsgrundsatz – Bilanzsteuerrecht 332 f. – Durchbrechung 332 f. – steuerliche Abgrenzung zwischen Eigen- und Fremdkapital 332 f. Mehrkomponentengeschäft – Bilanzierung 394 f. Mehrstufige Beteiligungsstruktur – Erbschaft- und Schenkungsteuer 283 ff. Mehrstufiger Beteiligungserwerb – Verschonungsregel bei stillen Reserven 130 ff. Mehrwertsteuersystemrichtlinie 466, 481 Mezzanin ausgestaltetes Kapitalüberlassungsverhältnis – steuerliche Abgrenzung zwischen Eigen- und Fremdkapital 327 Mezzanines Kapital – steuerliche Abgrenzung zwischen Eigen- und Fremdkapital 336 Miet- und Pachtzins – Verfassungsmäßigkeit gewerbesteuerlicher Hinzurechnung 47 ff. Mindestbemessungsgrundlage – Umsatzsteuerrecht 475 ff. Mindestbesteuerung 99, 107 – § 10d Abs. 2 EStG 37 – Definitiveffekt bei Kapitalgesellschaft 37 ff. Mindestbeteiligung – Abzugsverbot § 8b Abs. 3 Satz 3 und 4 KStG 50 Mindestlaufzeit – Gewinnabführungsvertrag 64 ff. Mischentgelt – Übertragung 29 – Umwandlung von Personengesellschaft 227, 236 Missbrauch – BEPS 455 f. – Steuergestaltung 56 – Übertragung bei Personengesellschaft 17 Mitarbeiter – steuerstrafrechtliches Risiko für Unternehmen 597 f.

Mittelbare Anteilsübertragung – Grunderwerbsteuerrecht 551 ff. Mittelbare Anteilsvereinigung – Personengesellschaft 571 ff. Mittelbarer Gesellschafterwechsel – Grunderwerbsteuerrecht 557 ff. Mittelbarer Grundstückserwerb 606 f. Mitunternehmeranteil – § 4f EStG 320 f. – § 5 Abs. 7 EStG 317, 320 f. – § 50i Abs. 2 EStG 201 – Konturierung 225 f. – Personengesellschaft 225 f. Mitunternehmererlass – früherer 14 Mitunternehmerschaft 223 – doppelstöckige 11 – doppelte 10 – einheitliche 10 – Zuordnung von Einkünften und Wirtschaftsgut 412 Mobilfunkvertrag – Umsatzsteuerrecht 469 ff. Modifizierte Trennungstheorie 21 ff. Multilaterales Instrumentarium – BEPS 454 f. Nachbetreuung von Versicherungsvertrag – Rückstellung 383 ff. Nachlassverbindlichkeit – ErbStG 2015/2016 302 Nachrangdarlehen – steuerliche Abgrenzung zwischen Eigen- und Fremdkapital 326 Nachrangigkeit des Rückzahlungsanspruchs – steuerliche Abgrenzung zwischen Eigen- und Fremdkapital 331 Nachträglich vorgeschriebener vorrangiger Aufteilungsschlüssel – Vorsteuerabzugsberichtigung 494 ff. Nachträgliche Änderung – Veräußerungsgewinn 57 f. – Veräußerungskosten 57 f. – Veräußerungspreis 57 f. Nahestehen – Zuordnung von Einkünften und Wirtschaftsgut 411

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Sachregister National-Grid-Indus-Rechtssache – Entstrickungsbesteuerung 430 ff. – Wegzugs- und Entstrickungsbesteuerung 420 Negativer Beteiligungsertrag – Organgesellschaft 170 Negatives Eigenkapital der Verlustgesellschaft – Verlustabzug bei Körperschaft 129 Nettoverwaltungsvermögen – Erbschaft- und Schenkungsteuer 283 ff. Nettoverwaltungsvermögenstest – ErbStG 2015/2016 296 ff. Nettoverwaltungsvermögensteständerung – ErbStG 2015/2016 296 ff. Nettoverwaltungsvermögenstestnachteil – ErbStG 2015/2016 297 f. Nettoverwaltungsvermögenstestvorteil – ErbStG 2015/2016 297 Neutralitätsgrundsatz 507 Nichtbesteuerung – Personengesellschaft 415 Nichterhebung der GrESt nach § 6 Abs. 2 GrEStG 567 ff. Nichtwirtschaftliche Tätigkeit – Vorsteueraufteilung 516 ff. Notwendiges Betriebsstättenvermögen – Zuordnung 411 Obergesellschaft – Gewerblichkeit 250 Obergesellschafter – Personengesellschaft 34 Objektbezogener Umsatzschlüssel – gemischt genutztes Gebäude 493 f. Objektsteuercharakter – Gewerbesteuer 48 OECD 81 ff. – automatischer zwischenstaatlicher Informationsaustausch 87 – digitale Ökonomie 86 f. – Patentbox 84 ff. – Projekte und Folgen 81 ff. OECD/G20-Projekt Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung 81 ff.; s. auch „BEPS“ – Besteuerungsinkongruenz 81

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– Double-Dip 81 – hybride Gestaltung 81 – weiße Einkünfte 81 Öffentlich-rechtliche Anpassungsrückstellung 385 f. Ordnungsmäßigkeit digitaler Aufzeichnungen bei der Buchführung insb. bei Registrierkassen – Gesetzesvorhaben 2015 79 ff. Organ – steuerstrafrechtliches Risiko für Unternehmen 597 f. Organgesellschaft 65 – Beteiligungserwerb, schädlicher 170 – Gewinnminderung nach § 8b Abs. 3 KStG 169 – laufender Verlust 164 – negativer Beteiligungsertrag 170 – positiver Beteiligungsertrag 170 – Verlustkürzung 163 ff. – vororganschaftlicher Verlustvortrag 164 Organkreis – Grunderwerbsteuerrecht 576 ff. Organschaft – § 8c KStG 172 – aktuelle Fragen 163 ff. – Anteilsveräußerung 168 – Beispielsfall von Zusammenwirken von § 8c KStG und Zinsschranke 173 – Beispielsfälle Verlustkürzung 164 ff. – Beteiligungserwerb 165 – BMF v. 15.4.2014 163 – Bruttomethode Gewerbesteuer 178 f. – Ergebnisabführungsvertrag 64 – ertragsteuerliche 541 ff. – Fehlbetrag 172 – Gewerbesteuer 49 – Gewinnabführungsvertrag 64 ff. – Gewinnabführungsvertragsbeendigung 176 ff. – insolvenzbedingte Beendigung 538 ff. – Mindestlaufzeit Gewinnabführungsvertrag 64 ff. – Sanierungssteuerrecht 523

Sachregister – Stille-Reserven-Klausel-Anwendung mit Beispielsfällen 174 ff. – umsatzsteuerliche 539 ff. – Verlustkürzung 163 ff. – Vorsteuerabzug 485 ff. – wichtiger Grund bei Gewinnabführungsvertragsbeendigung 176 ff. – Zinsschranke 172 ff. – Zurechnung 166 – Zusammenwirken von § 8c KStG und Zinsschranke 172 ff. – Zwischenvermietung 49 Organschaftsreform – kleine 163 Organträger 65, 502 – laufender Verlust 164 – Verlustkürzung 163 ff. – Verlustvortrag 164 Pachtzins – Verfassungsmäßigkeit gewerbesteuerlicher Hinzurechnung 47 ff.; s. auch „Miet- und Pachtzins“ Passivierungsbeschränkung – § 4f EStG 312 f. Patentbox – Koalitionsvertrag der Bundesregierung 84 f. – Lizenzaufwendung 85 – Lizenzertrag 85 – Unternehmensbesteuerung 2015 84 ff. Pensionsicherungsverein 309 Pensionsrückstellung 309 Perpetuals – steuerliche Abgrenzung zwischen Eigen- und Fremdkapital 354 ff. Personengesellschaft – § 50i Abs. 2 EStG 206 – § 50i EStG 196 ff., 404 f. – abkommensautonome Betrachtung 400 – abkommensrechtliche Beurteilung 399 ff. – Anrechnung 415 – Ansässigkeitsstaat 415 – Anteilsvereinigung 571 ff. – Art. 3 Abs. 1 Buchst. c OECD-MA 405 ff. – Art. 3 OECD-MA 402 – atypisch stille Beteiligung 408

– Aufwandsrückstellung 29 f. – Beispielsfälle bei Umwandlung 226 ff. – Buchwertübertragung 15 ff. – Cash-Pool-System des Konzerns 33 – Doppelbesteuerung 415 – Doppelbesteuerungsvermeidung 415 – doppelstöckige 12; s. auch „Doppelstöckige Personengesellschaft“ – doppelte Freistellung 415 – Ein-Personen-GmbH & Co. KG 18 ff. – Einbringung mit sonstiger Gegenleistung in KG 226 ff. – Einbringung von Betriebsvermögen 143 ff. – Entstrickungsprinzip 224 – Finanzverwaltung zu abkommensrechtlicher Beurteilung 399 ff. – Floating Income 409 – Formwechsel 222 – Freistellung 415 – Gesamthandsvermögen 17 – geschäftsleitende Holdingaktivität 406 ff. – Gesellschafterdarlehen 32 ff. – Gesellschaftersphäre 225 – Gesellschafterwechsel im Grunderwerbsteuerrecht 549 ff. – Gesellschaftssphäre 225 – Grunderwerbsteuerrecht 549 ff. – Hinzurechnung von Sondervergütung 34 f. – Individualbesteuerung 223 ff. – innerstaatliches Steuerrecht 413 – internationales Steuerrecht 399 ff. – Jahresabschlussprüfungskostenrückstellung 30 ff. – mittelbare Anteilsvereinigung 571 ff. – Mitunternehmeranteil 225 f. – Mitunternehmerschaft 223 – modifizierte Trennungstheorie 21 ff. – Nichtbesteuerung 415 – Obergesellschafter 34 – Personengesellschaft 415 – Privilegierung voll unentgeltlicher Übertragung 21 – Qualifikationskonflikt 414 f.

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Sachregister – Quellensteuerabzug 416 – Realisationsprinzip 224 – rechtsnormabhängige Einkünfte im Abkommensrecht 402 ff. – Rechtsprechungs-Highlights 4 ff. – Rechtstypenvergleich 400 – Rückstellung für gesellschaftsvertragliche Verpflichtung zur Jahresabschlussprüfung 29 ff. – Sitzstaat 400 – Sondervergütung 34 f., 413 ff. – Spaltung 222 – Sperrfrist bei Übertragung 18 ff. – stille Reserven 224 – strenge Trennungstheorie 21 ff. – subjektiver Qualifikationskonflikt 400 – Subjektsteuerprinzip 224 – transparente Behandlung 400 – Übertragung gegen Mischentgelt 29 – Umwandlungs-Praxisfälle 226 ff. – Umwandlungs-Praxisfragen 221 ff. – Unklarheiten bei § 6 Abs. 5 EStG 14 – Unternehmen eines Vertragsstaats 409 f. – Unternehmenssteuerrecht 4 ff. – Verbindlichkeitsrückstellung 29 f. – Vergleich zu Kapitalgesellschaft 221 – Verlustverrechnungseinschränkung durch § 15a EStG 8 ff. – Verschmelzung 222 – Wegzugsbesteuerung 261 ff. – zivilrechtliche Grundlagen 4 ff. – Zuordnung von Einkünften und Wirtschaftsgut 410 ff. Personengesellschafter 13 Personenvereinigung – Verbandsgeldbuße 599 Phasengleiche Ergebnisvereinnahmung 393 Positiver Beteiligungsertrag – Organgesellschaft 170 Postakquisitorische Deliktverwirklichung 606 ff. Präakquisitorische Deliktverwirklichung 602 ff. Praxissicht – § 4f EStG 307 ff.

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– § 5 Abs. 7 EStG 307 ff. – Anforderungen an ErbStG 2015/2016 289 ff. Preisklausel – § 5 Abs. 2a EStG 347 – steuerliche Abgrenzung zwischen Eigen- und Fremdkapital 347 Preisnachlass – Umsatzsteuerrecht 506 Principal-Purpose-Test – BEPS 455 Prinzipal – atypisch stille Gesellschaft 7 Prinzipal-Personengesellschaft 13 Prinzipalgesellschaft – atypisch stille Gesellschaft 10 Privatbereich – Entstrickung 429 f. Privatvermögen 25 – Umwandlung von Personengesellschaft in Kapitalgesellschaft 263 Privilegierte Entnahme – Gewinnrealisationsersatz 27 ff. Privilegierung Betriebsvermögen bei Erbschaftsteuer – Bundesverfassungsgericht 289 Privilegierung voll unentgeltlicher Übertragung – Personengesellschaft 21 Profit Split – BEPS 445, 459 f. Provision – Umsatzsteuerrecht 505 Prüfung – Konzernklausel bzgl. der Ermittlung schädlicher Erwerbsquote von 25 %/50 % 122 f. Prüfungsparameter – steuerliche Abgrenzung zwischen Eigen- und Fremdkapital 342 ff. Public Discussion Draft – BEPS 444 Qualifikation – Sondervergütung 413 Qualifikationskonflikt – Personengesellschaft 400, 414 f. Qualifizierter Anteilstausch – Gewerbesteuer 58 ff. – Kapitalgesellschaft 58 ff. – Rechtsprechung 58 ff.

Sachregister Quellensteuerabzug – Personengesellschaft 416 Rabattgewährung – Vorsteuerkorrektur 502 ff. Rangrücktrittserklärung – steuerliche Abgrenzung zwischen Eigen- und Fremdkapital 361 Rangrücktrittsvereinbarung – steuerliche Abgrenzung zwischen Eigen- und Fremdkapital 359 ff. Realisationsprinzip – Personengesellschaft 224 – Trennungstheorie 26 Rechtliche Anteilsvereinigung – Grunderwerbsteuerrecht 567 ff. Rechtsfolge – Wegzugs- und Entstrickungsbesteuerung 425 Rechtsfolge bei Veräußerer – § 4f EStG 313 ff. Rechtsformneutralität 489 Rechtsformneutralität bei mittelbarem Gesellschafterwechsel – Grunderwerbsteuerrecht 555 ff. Rechtsformwechsel – Bußgeld 604 Rechtsnachfolger – Inanspruchnahme 605 Rechtsnormabhängige Einkünfte im Abkommensrecht – Personengesellschaft 402 ff. Rechtsprechung – Abziehbarkeit von Veräußerungskosten bei Anteilsveräußerung nach § 8b Abs. 2 KStG 51 ff. – Anteilstausch 58 ff. – Anteilsveräußerung 51 ff. – atypisch stille Gesellschaft 4 ff. – Aufwärtsverschmelzung 62 ff. – Auslegung und Verfassungsmäßigkeit des Abzugsverbots in § 8b Abs. 3 Satz 3 und 4 KStG 49 ff. – Buchwertübertragung zwischen Schwestergesellschaften 15 ff. – Gewerbesteuerabzugsverbot 45 ff. – Gewinnabführungsvertrag 64 ff. – Kapitalgesellschaft 37 ff. – Lebensversicherungsunternehmen 62 ff.

– nachträgliche Veränderung des Veräußerungspreises und der Veräußerungskosten als stichtagsbezogene Teile des Veräußerungsgewinns nach § 8b Abs. 2 Satz 2 KStG 57 f. – qualifizierter Anteilstausch 58 ff. – Rückstellungsbildung 390 ff. – Sperrfrist bei Übertragung zwischen Ein-Personen-GmbH & Co. KG und Gesellschafter 18 ff. – Termingeschäft 54 ff. – typisch stille Gesellschaft 5 – Übernahmeverlust 62 ff. – Übertragung zwischen Ein-Personen-GmbH & Co. KG und Gesellschafter 18 ff. – Umsatzsteuerrecht 465 ff. – Unternehmenssteuerrecht 4 ff. – Unternehmenssteuerrecht der Kapitalgesellschaft 37 ff. – Verfassungsmäßigkeit der Mindestbesteuerung bei Kapitalgesellschaft 37 ff. – Verfassungsmäßigkeit gewerbesteuerlicher Hinzurechnung von Mietund Pachtzins 47 ff. – Verlust aus Termingeschäft als Veräußerungskosten nach § 8b Abs. 2 KStG 54 ff. – Vorsteueraufteilung bei gemischter Verwendung 511 ff. – Vorsteueraufteilung und BFH 509 ff. – Wegzugs- und Entstrickungsbesteuerung 421 ff. – Zinsschranke 41 ff. – Zuordnung von Einkünften und Wirtschaftsgut 413 Rechtssicherheit – Bilanzsteuerrecht 366 Rechtstypenvergleich – Personengesellschaft 400 Rechtsunsicherheit – BEPS 455 Reduktion – Sanierungsgewinn 531 Referenzzins – steuerliche Abgrenzung zwischen Eigen- und Fremdkapital 354 Reihengeschäft – Umsatzsteuerrecht 471 ff.

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Sachregister Reiseveranstalter – Umsatzsteuerrecht 506 Rekultivierungsverpflichtung – Rückstellung 387 Reparaturmodell – Erbschaft- und Schenkungsteuer 275 Risiko – steuerstrafrechtliches 597 ff. Risikoallokation – BEPS 458 f. Risikovermeidungsstrategie – Steuerstrafrecht 610 ff. Rohstofftransaktion – BEPS 459 Rückausnahme – § 6 Abs. 5 EStG 19 Rückbehalt von Wirtschaftsgut – Umwandlung von Personengesellschaft 237 ff. Rücknahmekurs – Aktie 54 Rückstellung – § 4f EStG 312 f. – § 5 Abs. 2a EStG 347 f. – Abzinsungspflicht 392 – freiwillige Jahresabschlussprüfung 388 f. – Gegenrechnung künftiger Vorteile 386 ff. – gesellschaftsvertragliche Verpflichtung 29 ff. – Herstellungskosten 391 – immaterielles Wirtschaftsgut 391 – Jahresabschlussprüfung 29 ff. – Jahresabschlussprüfungskosten 30 ff. – Kippentgelt 386 ff. – Nachbetreuung von Versicherungsvertrag 383 ff. – öffentlich-rechtliche Anpassungsrückstellung 385 f. – Personengesellschaft 29 ff. – Rechtsprechung, aktuelle 383 ff. – Rekultivierungsverpflichtung 387 – Rückstellungsbewertung 392 – Sachleistungsverpflichtung 392 – Schätzung 392 – ungewisse Verbindlichkeit 390

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– Verpflichtung gegenüber sich selbst 391 – wirtschaftliche Belastung 390 Rückstellungsbegrenzung – Gegenrechnung künftiger Vorteile 386 ff. Rückstellungsbewertung – Rückstellung 392 Rückstellungsbildung – Leitlinien bzgl. Rechtsprechung 390 ff. Rücktrag – körperschaftsteuerlicher 106 Sachbezug für Arbeitnehmer – Zollkodexanpassungsgesetz 72 Sachgesamtheit – § 50i Abs. 2 EStG 202 Sachleistungsverpflichtung – Rückstellung 392 Sachlicher Anwendungsbereich – § 50i Abs. 2 EStG 205 ff. Sachverhaltsaufklärung 612 Sanierungserlass 523 ff.; s. auch „Sanierungssteuerrecht“ – § 184 Abs. 2 Satz 1 AO n.F. 532 ff. – aktuelle Entwicklungen 524 ff. – Beispiele zur Auffassung der Finanzverwaltung 526 ff. – Billigkeitsmaßnahme 524 ff., 529 f. – Entscheidungskompetenz des Finanzamts für Billigkeitsmaßnahme 532 ff. – Erlass 532 – Forderungsverzicht 524 – Gewerbesteuer 532 ff. – Praxisprobleme 524 – Sanierungsgewinn 524 – Sanierungskosten 526 ff. – Sanierungssteuerrecht 523 – Schuldenerlass 525 – Stundung 532 – Verrechnung 532 Sanierungsfall – ErbStG 2015/2016 300 – steuerliche Abgrenzung zwischen Eigen- und Fremdkapital 326 Sanierungsgewinn – Reduktion 531 – Sanierungserlass 524

Sachregister Sanierungskosten – Billigkeitsmaßnahme 524 ff. – Einfluss auf Sanierungserlass 526 ff. Sanierungssteuerrecht – aktuelle Entwicklung 523 ff.; s. auch „Sanierungserlass“ – Billigkeitsmaßnahme 524 ff. – ertragsteuerliche Organschaft 541 ff. – Forderungsverzicht 524 – Gewerbesteuermessbetrag 523 – Insolvenzordnung 523 – Organschaft 523 – Sanierungserlass 523 – Sanierungskosten- und Veräußerungsgewinneinfluss auf Billigkeitsmaßnahme 524 ff. – umsatzsteuerliche Organschaft 539 ff. – Unsicherheit für Beratungspraxis 544 Sanktion – Steuerstrafrecht 597 ff., 612 Sanktionsnorm – Steuerstrafrecht 596 Save Haven – Zinsabzug 457 Schadenswiedergutmachung 614 Schädliche Steuerpraktik – BEPS 451 f. Schädlicher Beteiligungserwerb 101 – Gewinn davor und danach 104 f. – unterjähriger 107 ff. – Verlust vor schädlichem Beteiligungserwerb 105 ff. Schädlicher Strukturwandel – § 50i Abs. 2 EStG 206 Schätzung – Rückstellung 392 – Vorsteuerabzug 511 – Vorsteueraufteilung 490 Scheingeschäft 608 – atypisch stille Gesellschaft 10 Scheingewinnbesteuerung – Lifo-Methode 376 ff. Scheinhandlung – Kaufpreisallokation 608 Schenkungsteuer – Aktuelles 267 ff.; s. auch „Erbschaft- und Schenkungsteuer“

Schlüssel – Vorsteueraufteilung 514 f., 517 f. Schmiergeldzahlung – Steuerstrafrecht 609 Schnellreaktionsmechanismus – Zollkodexanpassungsgesetz 71 Schuldbeitritt – § 4f EStG 307 ff., 310; s. auch „§ 4f EStG“ und „§ 5 Abs. 7 EStG“ – § 5 Abs. 7 EStG 316 f. Schuldenabzug – Erbschaft- und Schenkungsteuer 283 – ErbStG 2015/2016 297 f. Schuldenerlass – Sanierungserlass 525 Schuldensockelbetragsabzug – ErbStG 2015/2016 298 Schuldfreistellung 309 Schuldrechtliche Absprache – Irrelevanz 585 ff. Schuldübernahme 309 Schuldverschreibung – Finanzverwaltung 350 f. – steuerliche Abgrenzung zwischen Eigen- und Fremdkapital 326, 350 Schwestergesellschaft – Buchwertübertragung 15 ff. Seitwärtsverschmelzung – § 50i Abs. 2 EStG 208 Selbstanzeige 68 ff.; s. auch „Strafbefreiende Selbstanzeige“ SEStEG 136, 140 f. – Wegzugs- und Entstrickungsbesteuerung 424 Share Deal 596 Sicherheitsleistung – Entstrickungsgewinn 441 Sitzstaat – Personengesellschaft 400 Sitzverlegung – Kapitalgesellschaft 430 ff. Sockelbetrag – Einbringung in Kapitalgesellschaft und andere Gegenleistung 157 ff. Sonderbetriebsvermögen – Zuordnung 411 Sonderbetriebsvermögen I – entgeltlich überlassenes 412 – Zuordnung von Einkünften und Wirtschaftsgut 412

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Sachregister Sondervergütung – Personengesellschaft 34 f., 413 ff. – Qualifikation 413 Sonstige Gegenleistung bei §§ 20, 21 UmwStG – aktuelle Diskussion 141 f. – aktuelle Gesetzeslage seit SEStEG 136 ff. – alte Gesetzeslage vor SEStEG 138 f. – Anschaffungskosten der Geschäftsanteile 137 – Anteilstausch 137 – Buchansatz 137 – Diskussion vor Einführung des SEStEG 140 f. – Einbringung in Kapitalgesellschaft und andere Gegenleistung 136 ff. – Fusionsrichtlinie-Vorgaben 139 f. – Steuerneutralität 137 – Zwischenwertansatz 137 Sonstige Gegenleistung bei anderen Einbringungen/Umwandlungen 142 ff. – Steuerneutralität 145 Spaltung 139 – Personengesellschaft 222 Sperrfrist – Übertragung zwischen Ein-Personen-GmbH & Co. KG und Gesellschafter 18 ff. Sperrgrund – strafbefreiende Selbstanzeige 69 Spitzenausgleich – Umwandlung von Personengesellschaft 231 ff. Stand-still-Klausel – Entstrickung 442 Start-up-Unternehmen – aktuelle Entwicklung 90 Step-up – steuerliche Abgrenzung zwischen Eigen- und Fremdkapital 354 Steuerbescheidänderung 41 Steuerbilanzrecht 332 ff.; s. auch „Bilanzsteuerrecht“ Steuererklärung – Berichtigungspflicht 600 f. – Unrichtigkeit 600 ff. Steuererklärungswesen – Fehlerperpetuierung 609 f.

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Steuerfreiheit – INVEST-Zuschuss 70 Steuergestaltung – Missbrauch 56 Steuergestaltung, grenzüberschreitende – Unternehmensbesteuerung 2015 68 Steuergestaltungspraxis – multinational aufgestellter Konzern 68 Steuerhinterziehung 69, 608 – Übernahme bestehenden Risikos 602 f. – Umsatzsteuerrecht 478 – vorsätzliche 597 Steuerlastausteilung, gerechte – BEPS 444 Steuerliche Abgrenzung zwischen Eigen- und Fremdkapital 325 ff. – § 5 Abs. 2a EStG 347 ff. – aktuelle Diskussionsbeispiele 350 ff. – Besserungsabrede 361 – Bilanzsteuerrecht 332 ff. – Darlehen 326 – Dept-Mezzanine-Swap 336 – Eigenkapitalinstrument 338 – Erfolgsabhängigkeit der Vergütung 330 – EURIBOR 354 – ewige Anleihe 326, 354 ff. – Finanzinstrument 348 – Genussrecht 325 f., 333 f. – Genussrechtsvergütung 331 – Gestaltungsfreiheit 327 – Gläubigerperspektive 339 – Gliederungssystematik nach HGB 328 – handelsbilanzieller Diskussionsstand 328 ff. – Hybridanleihe 354 ff. – IDW-Kriterien 329 – Insolvenzfall 331 – Instrumente zusätzlichen Kernkapitals nach Art. 51 ff. CRR 350 ff. – Kapitalüberlassungsverhältnis auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage 326 f. – Kernkapital 326 – Krisenfall 326 – Liquidationserlös 334

Sachregister – – – –

Liquidationsfall 331 Liquidationsüberschuss 334 Maßgeblichkeitsgrundsatz 332 f. mezzanin ausgestaltetes Kapitalüberlassungsverhältnis 327 – Nachrangdarlehen 326 – Nachrangigkeit des Rückzahlungsanspruchs 331 – Perpetuals 354 ff. – Preisklausel 347 – Prüfungsparameter 342 ff. – Rangrücktrittserklärung 361 – Rangrücktrittsvereinbarung 359 ff. – Referenzzins 354 – Sanierungsfall 326 – Schuldverschreibung 326, 350 – Step-up 354 – Tabelle 327 – Tilgung 360 – Umqualifizierung 335 – Unternehmensfinanzierung 326 – Verhältnis von § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG zu § 8 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 KStG 332 ff. – Verlustteilnahme 330 – Vertragsfreiheit 327 – Verzinsung 360 – wirtschaftliche Belastung zum Bilanzstichtag 342 – Zinsaufschlag 354 Steuerneutralität – §§ 20, 21 UmwStG 136 – Einbringung in Kapitalgesellschaft 136 – sonstige Gegenleistung bei §§ 20, 21 UmwStG 137 – sonstige Gegenleistung bei anderen Einbringungen/Umwandlungen 145 Steuerneutralitätsmöglichkeit – Wegzug 217 ff. Steuerschuldner – atypisch stille Gesellschaft 7 Steuerschuldnerschaft – Bauleistung 481 ff. Steuerstrafrecht – § 30 OWiG 596 – Aufsichtspflichtverletzung 602 f. – Ausblick 613 – Bußgeld 596 – Criminal Due Diligence 596

– Due Diligence 596 – Fehlerperpetuierung im Erklärungswesen 609 f. – Gestaltungsmissbrauch 608 – Grundbesitz 606 – Kaufpreisallokation 607 ff. – Legal Due Diligence 596 – neue Risiken 606 ff. – postakquisitorische Deliktverwirklichung 606 ff. – Risiko 596 – Risikovermeidungsstrategie 610 ff. – Sanktion 612 – Sanktionsnorm 596 – Schmiergeldzahlung 609 – Tax Due Diligence 596 – transaktionsnahes 595 ff.; s. auch „Steuerstrafrechtliches Risiko“ – Übernahme bestehenden Risikos 602 ff. – Unternehmenserwerb 606 – Unternehmenstransaktion 595 ff. – Verbandsgeldbuße 596 Steuerstrafrechtliches Risiko für Unternehmen 597 ff. – leichtfertige Steuerverkürzung 598 – leitender Mitarbeiter 597 f. – Mitarbeiter 597 f. – Organe 597 f. – Sanktionen 597 ff. – Verbandsgeldbuße 598 ff. Steuerstrafverfahren 611 Steuersubjekt – atypisch stille Gesellschaft 7 Steuerumgehung – Umsatzsteuerrecht 478 Steuerverhaftung – § 50i Abs. 2 EStG 200, 208 Steuerverkürzung 608 – steuerstrafrechtliches Risiko für Unternehmen 598 – Übernahme bestehenden Risikos 602 f. Steuerwettbewerb, schädlicher – BEPS 444 Stichtagsbezogenheit – Veräußerung 57 f. Stichtagsprinzip – ErbStG 2015/2016 303 Stille Lasten – § 4f EStG 312

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Sachregister Stille Reserven – § 50i Abs. 2 EStG 205 – § 50i EStG 184 – Ermittlung bzgl. Verschonungsregel § 8c KStG 125 ff. – Personengesellschaft 224 – Verschonungsregel 123 ff. Stille-Reserven-Klausel 163 – Organschaft 174 ff. – Wachstumsbeschleunigungsgesetz 98 Stornobuchung – digitale Buchführung 80 Strafbefreiende Selbstanzeige 68 ff. – automatischer Informationsaustausch 70 – Hinterziehungsbetrag 69 f. – Hinterziehungszinsen 70 – Sperrgrund 69 – Voraussetzungsverschärfung 68 Streitschlichtung – BEPS 460 Strenge Trennungstheorie 21 ff. Streubesitzbeteiligung – Veräußerungsgewinn 75 Strukturwandel – § 50i Abs. 2 EStG 201, 212 ff., 216 – Beispiel 213 f. Stundung – Entstrickungsgewinn 440 – Sanierungserlass 532 Stundungsmodell – Erbschaft- und Schenkungsteuer 274 f. Subjektiver Qualifikationskonflikt – Personengesellschaft 400 Subjektsteuerprinzip – Personengesellschaft 224 – Trennungstheorie 26 Substance over Form – BEPS 444 Substanzertrag – Zuordnung von Einkünften und Wirtschaftsgut 412 Swap – steuerliche Abgrenzung zwischen Eigen- und Fremdkapital 336 Switch-over-Klausel – Personengesellschaft 415 Systemwidrigkeit – Buchwertübertragung 16

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Tatbestände § 50i Abs. 2 EStG 200 ff. – § 50i-KG 200 f., 206 f., 212 – Abwärtsverschmelzung 208 – Anteilstausch 207 – Anwachsung, einfache 207 – Anwendungsregelung 202 – Aufbau 201 – Beispielsfälle zur Übertragung nach § 6 Abs. 3 und 5 EStG 209 ff. – Betriebsaufspaltung 201 – Betriebsaufspaltungsfälle 215 – Einbringung 202 – Einbringungsfälle 202 ff. – Einbringungsvertrag 202 – Einzelwirtschaftsgut 201 – Entstrickungsmöglichkeitsvermeidung 201 – gewerblich tätige Personengesellschaft 201 – Mitunternehmeranteil 201 – persönlicher Anwendungsbereich 203 ff. – sachlicher Anwendungsbereich 205 ff. – Seitwärtsverschmelzung 208 – Steuerverhaftung 200 – Strukturwandel 201, 212 ff. – Übertragung nach § 6 Abs. 3 und 5 EStG 209 ff. – Umwandlung zum Buchwert 201 – Umwandlungsfälle 202 ff. – Umwandlungssperrenaufhebung 216 f. – Wegzugsfall 210 Tatsächliche Verständigung 612 Tax Due Diligence – Steuerstrafrecht 596 Teilbetriebsveräußerung – § 4f EStG 315 Teilentgeltliche Übertragung – Personengesellschaft 22 Teilgewinnrealisierungskonzept – Einbringung in Kapitalgesellschaft und andere Gegenleistung 147 Teilrealisierungskonzepte mit/ohne Sockelbeträgen – Einbringung in Kapitalgesellschaft und andere Gegenleistung 157 ff. Teilwertabschreibung – börsennotierte Aktie 370 ff.

Sachregister – voraussichtlich dauernde Wertminderung 365 Teilwerterlass v. 16.7.2014 – Bilanzsteuerrecht 365 – voraussichtlich dauernde Wertminderung 369 f. – zeitliche Anwendung 370 Telelogische Ausblendung – § 6 Abs. 5 Satz 4 EStG 20 Teleologische Einschränkung – § 13b Abs. 2 Satz 2 UStG 482 Teleologische Reduktion – § 50i Abs. 2 EStG 205 Termingeschäft – Differenzausgleich 56 – Kapitalgesellschaft 54 ff. – Rechtsprechung 54 ff. – Unternehmenssteuerrecht 54 ff. – Verlust als Veräußerungskosten 54 ff. Tilgung – steuerliche Abgrenzung zwischen Eigen- und Fremdkapital 360 Tochtergesellschaft – Grunderwerbsteuerrecht 570 f. – Vorsteuerabzug 486 – Zollkodexanpassungsgesetz 72 Tochterpersonengesellschaft – § 50i Abs. 2 EStG 206 Transaktionsnahes Steuerstrafrecht 595 ff.; s. auch „Steuerstrafrecht“, „Steuerstrafrechtliches Risiko“ Transparente Besteuerung – Beispielsfall 400 – Personengesellschaft 400 Transparenz – BEPS 444 Treaty Override – Personengesellschaft 415 Treaty Shopping – BEPS 455 Trennungstheorie – § 6 Abs. 5 EStG 21 ff. – Einbringung von Betriebsvermögen in Personengesellschaft 145 – modifizierte 21 ff. – Realisationsprinzip 26 – strenge 21 ff. – Subjektsteuerprinzip 26

Treugeber – Umwandlung von Personengesellschaft 256 Treuhand – Gewerbesteuer 49 – Zwischenvermietung 49 Treuhand-AG-Errichtung – Umwandlung von Personengesellschaft 253 ff. Treuhand-KG – Umwandlung von Personengesellschaft 256 Typisch stille Gesellschaft – Rechtsprechung 5 Typisierung – Bedürfnisprüfung bei Erbschaftsteuer 292 ff. Übernahme bestehenden Risikos – Steuerstrafrecht 602 ff. Übernahmeverlust – Aufwärtsverschmelzung 62 ff. Übernahmewert – Ermittlungsstufe, erste 62 Übertragung – Mischentgelt 29 – Privilegierung voll unentgeltlicher 21 – teilentgeltliche 22 Übertragung bereits vereinigter Anteile auf mehrere 100 %ige Tochtergesellschaften – Grunderwerbsteuer 570 f. Übertragung durch Umwandlung – § 4f EStG 322 f. Übertragung gegen Mischentgelt – Personengesellschaft 29 Übertragung nach § 6 Abs. 3 und 5 EStG – § 50i Abs. 2 EStG 209 ff. Übertragung zwischen Ein-PersonenGmbH & Co. KG und Gesellschafter – Ergänzungsbilanz 19 – Rechtsprechung 18 ff. – Sperrfrist 18 ff. Übertragung, grenzüberschreitende – Anwendbarkeit von § 5 Abs. 7 EStG 321 f.

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Sachregister Umgehungsfälle – Einbringung in Kapitalgesellschaft und andere Gegenleistung 148 ff. Umlaufvermögen – Wertminderung 365 Umqualifizierung – steuerliche Abgrenzung zwischen Eigen- und Fremdkapital 335 Umsatzschlüssel – Vorsteueraufteilung 514 f. Umsatzschlüssel, objektbezogener – gemischt genutztes Gebäude 493 f. Umsatzsteuer – BEPS 457 – Organschaft 539 ff. Umsatzsteuerliche Organschaft – Insolvenz 539 ff. Umsatzsteuerrecht – Bauleistung 481 ff. – Beförderung 474 – Betriebsaufgabe 465 ff. – Betriebskantine und Vorsteuer 498 ff. – Elektroartikel 469 – Entgeltminderung 505 ff. – Entnahme bei Betriebsaufgabe 465 ff. – Gratis-Handy-Mobilfunkvertrag 469 ff. – Grundstücksgemeinschaft 476 – Handy 469 ff. – Identifikationsnummer 473 – innergemeinschaftliche Lieferung im Reihengeschäft 471 ff. – Leistungsempfänger 483 – Mindestbemessungsgrundlage bei steuerpflichtiger Verpachtung an zum vollen Vorsteuerabzug berechtigten Unternehmer 475 ff. – Mobilfunkvertrag 469 – Preisnachlass 506 – Provision 505 – Rechtsprechungs-Highlights 465 ff. – Reihengeschäft 471 ff. – Reiseveranstalter 506 – Steuerhinterziehung 478 – Steuerschuldnerschaft bei Bauleistung 481 ff. – Steuerumgehung 478 – Vermittlung 469, 506 – Verpachtung 475 ff.

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– Vorsteuerabzug 485 ff. – Vorsteuerabzug Führungsholding 485 ff. – Vorsteuerabzug und Organschaft 485 ff. – vorsteuerabzugsberechtigter Unternehmer 475 ff. – Vorsteueraufteilung bei gemischt genutztem Gebäude 490 ff. – Vorsteueraufteilung und neue BFH-Rechtsprechung 509 ff. – Vorsteuerkorrektur 502 ff. – Werklieferung 482 – Zentralregulierung 505 ff. Umsatzsteuersonderprüfung 503 Umwandlung – § 50i Abs. 2 EStG 202 ff. – Personengesellschaft 221 ff.; s. auch „Umwandlung von Personengesellschaft“ – sonstige Gegenleistung 142 ff. Umwandlung von Personengesellschaft – § 6 Abs. 5 EStG 241 – Anwachsung 259 f. – Anwachsungszeitpunkt 246 f. – Barmittel als Darlehen 233 – Behaltefrist 251 – Buchwertprivileg 241 f., 257 – Buchwertseparierung 240 – Buchwertüberschuss 228 – Einbringung mit sonstiger Gegenleistung in KG 226 ff. – Einheitstheorie 229 – Entgelt und Aufteilung 221 ff. – Formwechsel 259 f. – Gewerblichkeit 250 – Holding 247 – in Kapitalgesellschaft und Wegzug 261 ff. – Loss Refresher 244 f. – Mischentgelt 227, 236 – Obergesellschaft 250 – Rückbehalt von Wirtschaftsgut 237 ff. – Spitzenausgleich 231 ff. – Treugeber 256 – Treuhand-AG-Errichtung 253 ff. – Umwandlungssperre 247 ff. – Verlustnutzung 244 f.

Sachregister – Verlustnutzung und Anwachsungszeitpunkt 246 f. – Verschmelzung auf Treuhand-AG 255 ff. – Zurechnung 256 Umwandlung von Personengesellschaft in Kapitalgesellschaft – Beispielsfälle 261 ff. – Buchwertfortführung 263 – DBA 262 – DBA-Drittstaat 262 – Drittstaat 262 – Privatvermögen 263 Umwandlung zum Buchwert – § 50i Abs. 2 EStG 201 Umwandlungsfälle – Personengesellschaft 226 ff.; s. auch „Umwandlung von Personengesellschaft“ Umwandlungssperre – Umwandlung von Personengesellschaft 247 ff. Umwandlungssperrenaufhebung – § 50i Abs. 2 EStG 216 f. – § 50i-KG 216 – Strukturwandel 216 Umwandlungssteuergesetz – Wegzugs- und Entstrickungsbesteuerung 426 f. Unentgeltliche Übertragung – Personengesellschaft 21 Ungewisse Verbindlichkeit – Rückstellung 390 Unionsrecht – Wegzugs- und Entstrickungsbesteuerung 424 Unmittelbare Anteilsübertragung – Grunderwerbsteuerrecht 551 ff. Unmittelbare Zuordnung – Vorsteueraufteilung 510 f., 515 f. Unrichtigkeit – Steuererklärung 600 ff. – unklare Rechtslage 600 ff. Unterbeteiligung – Grunderwerbsteuerrecht 589 Unterjähriger Beteiligungserwerb 107 ff. – § 8c KStG 100 ff. – Nicht-Organschafts-Fall 100 ff. Unternehmen – steuerstrafrechtliches Risiko 597 ff.

Unternehmen eines Vertragsstaats – Personengesellschaft 409 f. Unternehmensbesteuerung 2015 – aktuelle Entwicklung 67 ff.; s. auch „Unternehmenssteuerrecht“ – digitale Ökonomie 86 f. – Finanzbeziehung zwischen Bund und Ländern 88 f. – Finanztransaktionssteuer 92 f. – Investmentbesteuerung 91 – Patentbox 84 ff. – Steuergestaltung, grenzüberschreitende 68 – strafbefreiende Selbstanzeige 68 ff. – Wirtschaftsbelebungsanreiz 89 ff. – Zollkodexanpassungsgesetz 70 ff. Unternehmensbewertung – Earn-out 303 – ErbStG 2015/2016 302 f. – erhöhte Bedeutung bei Erbschaftsteuer 302 f. – Lock-up-Periode 303 Unternehmenserwerb – Kaufpreisallokation 607 – Steuerstrafrecht 606 Unternehmensfinanzierung – steuerliche Abgrenzung zwischen Eigen- und Fremdkapital 326 Unternehmensgruppe – Innenfinanzierung 32 Unternehmensidentität – atypisch stille Gesellschaft 11 – Verlustverrechnung 12 Unternehmenskaufvertrag 611 Unternehmenssteuerrecht 3 ff.; s. auch „Unternehmensbesteuerung 2015“ – Abziehbarkeit von Veräußerungskosten bei Anteilsveräußerung nach § 8b Abs. 2 KStG 51 ff. – Anteilstausch 58 ff. – Einbringung in Kapitalgesellschaft und andere Gegenleistung 135 ff. – Einbringung von Betriebsvermögen in Personengesellschaft 143 ff. – Gewinnabführungsvertrag 64 ff. – Kapitalgesellschaft 37 ff. – Lebensversicherungsunternehmen 62 ff.

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Sachregister – nachträgliche Veränderung des Veräußerungspreises und der Veräußerungskosten als stichtagsbezogene Teile des Veräußerungsgewinns nach § 8b Abs. 2 Satz 2 KStG 57 f. – Personengesellschaft 4 ff.; s. auch „Unternehmensbesteuerung“ – qualifizierter Anteilstausch 58 ff. – Rechtsprechungs-Highlights Personengesellschaft 4 ff. – Termingeschäft 54 ff. – Verlust aus Termingeschäft als Veräußerungskosten nach § 8b Abs. 2 KStG 54 ff. – Verschärfung des § 50i EStG 184 ff. Unternehmenstransaktion – Steuerstrafrecht 595 ff. Unternehmeridentität – Verlustverrechnung 12 USA – FATCA-Gesetzgebung 68 Veranlassungsprinzip – Zuordnung von Einkünften und Wirtschaftsgut 412 Veräußerer – Rechtsfolge bei § 4f EStG 313 ff. Veräußererseite – § 4f EStG 308 Veräußerung – Einfluss auf Billigkeitsmaßnahme unter Sanierungserlass 529 f. Veräußerungsfiktion – Wegzugs- und Entstrickungsbesteuerung 426 Veräußerungsgewinn – Billigkeitsmaßnahme bei Sanierung 524 ff. – nachträgliche Änderung 57 f. – Streubesitzbeteiligung 75 Veräußerungskosten – Abziehbarkeit bei Anteilsveräußerung nach § 8b Abs. 2 KStG 51 ff. – nachträgliche Änderung 57 f. – Verlust aus Termingeschäft 54 ff. Veräußerungspreis – nachträgliche Änderung 57 f. Veräußerungsverlust – Abzugsverbot § 8b Abs. 3 Satz 3 und 4 KStG 51

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Verbandsgeldbuße – § 30 OWiG 598 ff. – Steuerstrafrecht 596 Verbandsgeldbuße nach § 30 OWiG – bereits festgesetzte 603 ff. – bereits verwirklichte aber noch nicht festgesetzte 603 ff. Verbesserung für Start-up-Unternehmen – Agenda 2015 für Unternehmen 90 Verbindliche Zusage 612 Verbindlichkeit – § 5 Abs. 2a EStG 347 f. Verbindlichkeitspassivierung – wirtschaftliche Belastung zum Bilanzstichtag 342 Verbindlichkeitsrückstellung – Personengesellschaft 29 f. Verfahrensrecht – Definitiveffekt 40 Verfassungsmäßigkeit – § 13a ErbStG 268 – § 13b ErbStG 268 – § 19 Abs. 1 ErbStG 268 – § 4h EStG 41 ff. – Abzugsverbot § 8b Abs. 3 Satz 3 und 4 KStG 49 ff. – Erbschaft- und Schenkungsteuer 267 ff. – Gewerbesteuerabzugsverbot 45 ff. – gewerbesteuerlicher Hinzurechnung von Miet- und Pachtzins 47 ff. – Mindestbesteuerung bei Definitiveffekt bei Kapitalgesellschaft 37 ff. – Zinsschranke 41 ff. Verfassungswidrigkeit – Privilegierung betrieblichen Vermögens bei Erbschaftsteuer 289 Vergünstigungsabschmelzung – ErbStG 2015/2016 293 f. Vergütung – erfolgsabhängige 330 Verlust – schädlicher Beteiligungserwerb 105 ff. – Termingeschäft als Veräußerungskosten nach § 8b Abs. 2 KStG 54 ff. Verlustabzug bei Körperschaft – BMF-Schreiben v. 4.7.2008 97 ff. – negatives Eigenkapital der Verlustgesellschaft 129

Sachregister – stille Reserven bei unterjährigem schädlichen Beteiligungserwerb 130 – Verlust nach schädlichem Beteiligungserwerb 101 – Verschonungsreihenfolge 130 ff. Verlustabzugsbeschränkung – § 15 Abs. 4 Satz 3 und 5 EStG 56 – Organschaft 172 Verlustausgleich 105 Verlustkürzung – Beispielsfälle Organschaft 164 ff. – Organgesellschaft 163 ff. – Organschaft 163 ff. – Organträger 163 ff. Verlustnutzung 8 – Umwandlung von Personengesellschaft 244 f. Verlustnutzung und Anwachsungszeitpunkt – Umwandlung von Personengesellschaft 246 f. Verlustteilnahme, volle – steuerliche Abgrenzung zwischen Eigen- und Fremdkapital 330 Verlustvernichtung – Finalität 39 Verlustverrechnung – Unternehmensidentität 12 – Unternehmeridentität 12 Verlustverrechnungseinschränkung – atypisch stille Gesellschaft 8 ff. – Kommanditist 8 – Personengesellschaft 8 ff. Verlustvortrag 98 – Organträger 164 Vermietung – Vorsteueraufteilung 490 Vermittlung – Umsatzsteuerrecht 469, 506 Verpachtung – Umsatzsteuerrecht 475 ff. Verpflichteter – § 4f EStG 319 f. – § 5 Abs. 7 EStG 319 f. Verpflichtung – § 5 Abs. 2a EStG 347 f. Verpflichtung gegenüber sich selbst – Rückstellung 391

Verpflichtungsübernahme – § 4f EStG 307 ff., 310; s. auch „§ 4f EStG“ und „§ 5 Abs. 7 EStG“ – § 5 Abs. 7 EStG 316 f. Verrechnung – Sanierungserlass 532 Verrechnungspreis bei immateriellem Wirtschaftsgut – BEPS 444 Verrechnungspreisdokumentation – BEPS 444, 452 f. Verschmelzung – § 50i Abs. 2 EStG 207 – Personengesellschaft 222 Verschmelzung auf Treuhand-AG – Umwandlung von Personengesellschaft 255 ff. Verschmelzung von Körperschaft – §§ 11–13 UmwStG 142 f. – Anteilsgewährungspflicht 142 Verschonungsbedingung – Erbschaft- und Schenkungsteuer 281 ff. Verschonungsregel bei stillen Reserven – § 8c KStG 123 ff. – mehrstufiger Beteiligungserwerb 130 ff. – negatives Eigenkapital der Verlustgesellschaft 129 – Nicht-Organschafts-Fall 123 ff. – stille Reserven bei unterjährigem schädlichen Beteiligungserwerb 130 – Verschonungsreihenfolge 130 ff. Verschonungsregelungsausgestaltung – Erbschaft- und Schenkungsteuer 280 ff. Verschonungsregelungsausgestaltung betrieblichen Vermögens nach Rspr. des BVerfG – Erbschaft- und Schenkungsteuer 271 ff. – Gefährdungsprognose 273 Verschonungsreihenfolge – Verlustabzug bei Körperschaft 130 ff. Verschonungsumfang betrieblichen Vermögens – Erbschaft- und Schenkungsteuer 280

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Sachregister Versicherungsvertragsnachbetreuung – Rückstellung 383 ff. Vertragsfreiheit – steuerliche Abgrenzung zwischen Eigen- und Fremdkapital 327 Vertragsstaatsunternehmen – Personengesellschaft 409 f. Vertragsverletzungsverfahren – EuGH 432 Verwaltung – Zuordnung von Einkünften 411 ff. – Zuordnung von Wirtschaftsgut 411 ff. Verwaltungsvermögen – ErbStG 2015/2016 296 ff.; s. auch „Nettoverwaltungsvermögen“, „Nettoverwaltungsvermögenstest“ und „Nettoverwaltungsvermögensteständerung“ – Formel 297 Verwaltungsvermögenstest in mehrstufigen Beteiligungsstrukturen – Erbschaft- und Schenkungsteuer 283 ff. Verwaltungsvermögensteständerung – Bundesverfassungsgerichtsurteil v. 17.12.2014 296 – ErbStG 2015/2016 296 ff. Verzinsung – Entstrickungsgewinn 440 f. – steuerliche Abgrenzung zwischen Eigen- und Fremdkapital 360 Vollgewinnrealisierungskonzept – Einbringung in Kapitalgesellschaft und andere Gegenleistung 147 Voraussetzungsverschärfung – strafbefreiende Selbstanzeige 68 ff. Voraussichtlich dauernde Wertminderung – Teilwerterlass v. 16.7.2014 369 f. Vororganschaftlicher Verlustvortrag – Organgesellschaft 164 Vorratsbewertung – Lifo-Methode 376 ff. Vorsätzliche Steuerhinterziehung – § 370 AO 597 – leitender Mitarbeiter 597 f. – Mitarbeiter 597 f. – Organ 597 f. Vorsteuerabzug 475 ff.; s. auch „Vorsteueraufteilung“

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Berichtigung 494 ff. Betriebskantine 498 ff. Eigenleistung 496 Eingangsleistung für gemischt genutztes Gebäude 494 ff. – Führungsholding 485 ff. – Organschaft 485 ff. – Schätzung nach § 162 AO 511 – Schlüssel bei gemischter Verwendung 509 – Tochtergesellschaft 486 Vorsteuerabzugsberechtigter Unternehmer – Umsatzsteuerrecht 475 ff. Vorsteuerabzugsberichtigung – nachträglich vorgeschriebener vorrangiger Aufteilungsschlüssel 494 ff. Vorsteueraufteilung – Abzugsumsatz 510 – Ausschlussumsatz 510 – Berichtigungsobjekt 513 – BFH-Rechtsprechung, neue 509 ff. – Erhaltungsaufwand 515 f. – Flächenschlüssel 492 – Gebäude 515 f. – gemischt genutztes Gebäude 490 ff., 493 f. – gemischte Verwendung 511 ff. – Gesamtumsatz 492 – Grundstück 515 f. – nichtwirtschaftliche Tätigkeit 516 ff. – objektbezogener Flächenschlüssel 514 f. – objektbezogener Umsatzschlüssel 514 f. – Rechtsprechungsvorgaben bei gemischter Verwendung 511 ff. – Rechtssache BLC Baumarkt 512 f. – Schätzung 490 – Schlüssel 517 f. – Vermietung 490 – Vorrang unmittelbarer Zuordnung 510 f. – Vorsteuerquote 516 – wirtschaftliche Tätigkeit 516 ff. – wirtschaftliche Zurechnung nur bei Berichtigungsobjekt i.S.d. § 15a UStG 513 – Zuschuss 516

Sachregister Vorsteuerberichtigung 503; s. auch „Vorsteuerkorrektur“ Vorsteuerkorrektur – ausländischer Hersteller 502 ff. – inländischer Unternehmer 502 ff. – letzter inländischer Unternehmer einer Lieferkette bei Rabattgewährung durch ausländischen Hersteller 502 ff. – Lieferkette 502 ff. – Rabattgewährung 502 ff. Vorsteuerquote – Vorsteueraufteilung 516 – Zuschussberücksichtigung 518 Vorsteuerschlüssel 517 f. Vorteil – künftiger 386 ff. Wachstumsbeschleunigungsgesetz – Konzernklausel 98 – Stille-Reserven-Klausel 98 Warenwirtschaftssystem – elektronisches 381 f. Wegzug – § 50i Abs. 2 EStG 210, 217 ff. – Beispielsfall 218 – steuerneutraler 217 ff. – Umwandlung von Personengesellschaft in Kapitalgesellschaft 261 ff. Wegzugs- und Entstrickungsbesteuerung – § 12 Abs. 1 KStG 424 – § 36 Abs. 5 EStG 425 – § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG 424 – § 4g EStG 424 – § 50i EStG 420, 428 f. – aktuelle Entwicklungen 419 ff. – Ausblick 440 ff. – Authorized OECD Approach 427 f. – betrieblicher Bereich 423 ff. – BFH-Rechtsprechung 421 ff. – Definition 420 – deutsche 421 – DMC-Rechtssache 420 – EuGH 420 – EuGH-Rechtsprechung 430 ff. – EWR-Staat 425 – geltendes Recht 423 ff. – innerstaatliches Recht 421 – JStG 2010 425

– Kapitalverkehrsfreiheit 420 – Lasteyrie-du-Saillant-Rechssache 420 – National-Grid-Indus-Rechtssache 420 – Privatbereich 429 f. – Rechtsfolge 425 – Rechtsprechungsuneinigkeit 421 ff. – SEStEG 424 – Umwandlungssteuergesetz 426 f. – unionsrechtliche Absicherung 424 – Veräußerungsfiktion 426 Wegzugsbesteuerung – aktuelle Entwicklungen 419 ff.; s. auch „Wegzugs- und Entstrickungsbesteuerung“ – Personengesellschaft 261 ff. Weiße Einkünfte – OECD/G20-Projekt Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung 81 – Zollkodexanpassungsgesetz 73 Werklieferung – Umsatzsteuerrecht 482 Wertaufholung 366 – börsennotierte Aktie 370 ff. Werterhöhung – dauerhafte 373 ff. Wertminderung – Dauerhaftigkeitskriterien 369 f. – voraussichtlich dauernde 365 Wertschöpfung – BEPS 456 Wichtiger Grund – Gewinnabführungsvertragsbeendigung 176 ff. Wirtschaftliche Belastung – Rückstellung 390 – steuerliche Abgrenzung zwischen Eigen- und Fremdkapital 342 Wirtschaftliche Beteiligung i.H.v. mindestens 95 % – Grunderwerbsteuerrecht 579 ff. Wirtschaftliche Tätigkeit – Vorsteueraufteilung 516 ff. Wirtschaftliche Zurechnung – Vorsteueraufteilung 513 Wirtschaftsbelebungsanreiz – Start-up-Unternehmen 90 – Unternehmensbesteuerung 2015 89 ff.

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Sachregister Wirtschaftsgutsrückbehalt – Umwandlung von Personengesellschaft 237 ff. Wirtschaftsgutszuordnung – Personengesellschaft 410 ff. Zeitliche Anwendung – § 4f EStG 317 f. – § 5 Abs. 7 EStG 317 f. Zentralregulierung – Umsatzsteuerrecht 505 ff. Zins – Entstrickungsgewinn 440 f. Zinsabzug – BEPS 457 – Save Haven 457 Zinsabzugsbeschränkung – BEPS 457 Zinsaufschlag – steuerliche Abgrenzung zwischen Eigen- und Fremdkapital 354 Zinsaufwand – Kapitalgesellschaft 41 ff. Zinsschranke – § 8c KStG 172 ff. – BMF 43 – Organschaft 172 ff. – Rechtsprechung 41 ff. – Verfassungsmäßigkeitszweifel 41 ff. – Zinsvortrag 172 Zinsvortrag – Zinsschranke 172 Zivilrecht – Personengesellschaft 4 ff. Zollkodexanpassungsgesetz – aktuelle Entwicklung 70 ff. – Arbeitnehmer 72 – Bagatellgrenze 73 – Betriebsausgabenabzug 74 – Betriebsveranstaltung 71 – Double-Dip 73 – Enkelgesellschaft 72 – Gesellschafterdarlehen 71 – hybride Gestaltung 73 – INVEST-Zuschuss 70 – Kfz-Privatnutzung 72 – Konzernklausel § 8c Abs. 1 Satz 5 KStG 72 – OECD 73

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– Sachbezug für Arbeitnehmer 72 – Schnellreaktionsmechanismus 71 – sonstige Gegenleistung bei Einbringung in Kapitalgesellschaft 159 – Streubesitzbeteiligung 75 – Tochtergesellschaft 72 – Unternehmensbesteuerung 2015 70 ff. – Veräußerungsgewinn 75 – weiße Einkünfte 73 Zuordnung – Authorized OECD Approach 411 – Beteiligungsgesellschaft 411 – Betriebsstättenvermögen 411 – Funktionale Zugehörigkeit 411 – Gesamthandsvermögen 411 – Geschäftseinrichtung 411 – Holdingpersonengesellschaft 411 – notwendiges Betriebsstättenvermögen 411 – Sonderbetriebsvermögen 411 Zuordnung von Einkünften – Abkommenszweck 413 – Personengesellschaft 410 ff. – Rechtsprechung 413 – Verwaltung 411 ff. Zuordnung von Wirtschaftsgut – Personengesellschaft 410 ff. – Rechtsprechung 413 – Verwaltung 411 ff. Zuordnung, unmittelbare – Vorsteueraufteilung 510 f. Zuordnungsregel – Abkommensrecht 404 f. – Personengesellschaft 410 ff. Zurechnung – § 39 AO 257 – Organschaft 166 – Umwandlung von Personengesellschaft 256 – Vorsteueraufteilung 513 Zurechnungsebene – Konzernklausel 112 ff. Zuschuss – Vorsteueraufteilung 516 Zuschussberücksichtigung – Vorsteuerquote 518 Zuzahlungsgrenze – Einbringung 140

Sachregister Zuzug – Umwandlungssperrenaufhebung bei § 50i Abs. 2 EStG 216 Zweifelsfragen – § 4f EStG 312 ff. – § 5 Abs. 7 EStG 312 ff. Zweistufige Gewinnermittlung – Bilanzsteuerrecht 368 f. Zwischenschaltung einer Personengesellschaft – Konzernklausel 113

Zwischenstaatlicher Informationsaustausch – automatischer 87 Zwischenvermietung – Organschaft 49 – Treuhand 49 – überschießende Wirkung der Gewerbesteuer 49 Zwischenwertansatz – sonstige Gegenleistung bei §§ 20, 21 UmwStG 137

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