Staatliche Aufsicht über Ersatzschulen: Möglichkeiten und Grenzen staatlichen Einflusses auf private Schulen als Ersatz für öffentliche Schulen nach Artikel 7 des Grundgesetzes [1 ed.] 9783428582587, 9783428182589

Private Schulen haben im Grundgesetz eine besondere Stellung. Die Verfassung regelt in ihrem Artikel 7 nicht nur ein Rec

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Staatliche Aufsicht über Ersatzschulen: Möglichkeiten und Grenzen staatlichen Einflusses auf private Schulen als Ersatz für öffentliche Schulen nach Artikel 7 des Grundgesetzes [1 ed.]
 9783428582587, 9783428182589

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Schriften zum Öffentlichen Recht Band 1455

Staatliche Aufsicht über Ersatzschulen Möglichkeiten und Grenzen staatlichen Einflusses auf private Schulen als Ersatz für öffentliche Schulen nach Artikel 7 des Grundgesetzes

Von

Niclas Stock

Duncker & Humblot · Berlin

NICLAS STOCK

Staatliche Aufsicht über Ersatzschulen

Schriften zum Öffentlichen Recht Band 1455

Staatliche Aufsicht über Ersatzschulen Möglichkeiten und Grenzen staatlichen Einflusses auf private Schulen als Ersatz für öffentliche Schulen nach Artikel 7 des Grundgesetzes

Von

Niclas Stock

Duncker & Humblot · Berlin

Die Juristische Fakultät der Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover hat diese Arbeit im Jahr 2020 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2021 Duncker & Humblot GmbH, Berlin

Satz: Textforma(r)t Daniela Weiland, Göttingen Druck: CPI buchbücher.de gmbh, Birkach Printed in Germany ISSN 0582-0200 ISBN 978-3-428-18258-9 (Print) ISBN 978-3-428-58258-7 (E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Wintersemester 2020/2021 von der J­ uristischen Fakultät der Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover als Dissertation angenommen. Sie ist von Januar 2017 bis April 2020 in meiner Zeit als Wissenschaftlicher Mitarbeiter am dortigen Lehrstuhl für Öffentliches Recht, insb. Sozialrecht, Öffentliches Wirtschaftsrecht und Verwaltungswissenschaft entstanden. Für die Veröffentlichung wurden Literatur, Rechtsprechung und Rechtsänderungen bis Mitte November 2020 berücksichtigt. Frau Prof. Dr. Frauke Brosius-Gersdorf, LL. M. bin ich für die umfassende Betreuung und für die hilfreichen Anregungen während meiner Zeit als ihr Mitarbeiter besonders dankbar. Die eingeräumte wissenschaftliche und persönliche Freiheit sowie die vielen spannenden gemeinsamen Projekte haben mein Interesse für das Öffentliche Recht entschieden geprägt. Die Promotionsphase ist dadurch zu einer intensiven und lehrreichen Zeit geworden, an die ich mich gerne erinnern werde. Herrn Prof. Dr. Kay Waechter danke ich für die ausgesprochen schnelle und gründliche Erstellung des Zweitgutachtens. Besonders verbunden bin ich auch der Dr. Giesing-Stiftung aus Hannover, die durch ihre großzügige Übernahme des Druckkostenzuschusses die Veröffent­ lichung dieser Arbeit ermöglicht hat. Keine Doktorarbeit kann ohne die Hilfe von Kolleginnen und Kollegen und von Freundinnen und Freunden entstehen. Diese ist keine Ausnahme. Sei es durch hilfreiche Anregungen, sei es durch den notwendigen Ausgleich – ich weiß die tolle Unterstützung und eure Freundschaft sehr zu schätzen. Namentlich zu nennen sind Dr. Annelie Bauer, Timo Busch, Bastian Heitmann, Katrin von Horn, Dominique Jakob, Sophia Keller, Martin K ­ rafczyk, Christian Mahnke, Johann Remé und Dr. Mirko Widdascheck. Sie haben mir fachlich bei der Entstehung und Verbesserung dieser Arbeit geholfen und u. a. die undankbare Aufgabe des Korrekturlesens übernommen. Entscheidend beigetragen haben schließlich auch die angenehme Arbeitsatmosphäre und die tatkräftige organisatorische Hilfe durch Anette Müller und die studentischen Hilfskräfte am Lehrstuhl. Nur die jahrelange und bedingungslose Unterstützung meiner Eltern, ganz ohne Erwartungsdruck, hat mir als Erstem in der näheren Familie die Absolvierung des Abiturs, des Studiums und schließlich der Promotion ermöglicht. Ich bin euch unendlich dankbar – auch für eure Geduld. Last, not least hat meine Partnerin Marlies den größten Anteil an der Entstehung dieses Projekts zu schultern gehabt. Sie hat die Höhen und Tiefen der Promotionsphase ebenfalls durchmachen müssen und mir dabei stets den nötigen Rückhalt gegeben. Ihr ist diese Arbeit in Liebe gewidmet. Hannover, Dezember 2020

Niclas Stock

Inhaltsverzeichnis Einführung 25 A. Thematischer Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 B. Gegenstand der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 I.

Rechtliche Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29

II. Eingrenzung des Untersuchungsgegenstands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 III. Zum Stand in Rechtsprechung und Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 C. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38

Erster Teil Grundlagen der staatlichen Aufsicht über Ersatzschulen und über das „gesamte Schulwesen“ 40



A. Aufsicht – Begriff und Grundzüge eines „allgemeinen“ Aufsichtsrechts . . . . . . . . . 41 I.

Gesetzessprachlicher, heuristischer Aufsichtsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41

II. Dogmatisches Aufsichtsverständnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 1. Dichotomie von Staatsaufsicht im weiteren Sinne und Aufsicht über Private 47 2. Unterschied von Staatsaufsicht im engeren Sinne und behördlicher Leitung 50 3. Fachaufsicht als Aufsichts- und punktuelles Leitungselement . . . . . . . . . . . . 52 4. Resümee zum Aufsichtsbegriff und zur Begriffsverwendung . . . . . . . . . . . . 54 III. Ziele der Aufsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 IV. Aufsichtsmaßstäbe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 V. Allgemeine Aufsichtsinstrumente und Handlungsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 B. Staatliche Schulaufsicht als Teil der Steuerung des Bildungswesens . . . . . . . . . . . . . 62 I.

Historie der Schulaufsicht als Element der Bildungssteuerung . . . . . . . . . . . . . . 62 1. Geschichte der Schulaufsicht und der Stellung der Privatschulen . . . . . . . . . 62 a) Anfänge eines Schul- und Bildungswesens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 b) Erstarken der Staatlichkeit im Schulwesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 c) Schulwesen der Weimarer Schulkompromisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 d) Entwicklung des Schulwesens bis heute . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 e) Resümee zur Entwicklung des Schulwesens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 2. Grundlinien der Genese des Art. 7 im Grundgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76

8

Inhaltsverzeichnis II. Staatliche Steuerung im Schulwesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 1. Steuerungsmodi im Kontext der „Verrechtlichung“ des Schulwesens . . . . . . 78 2. Mittel der staatlichen Steuerung des Schulwesens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 III. Verwaltungsrechtliche Aufsicht über Einzelschulen als kontrollierender Teil der Steuerung des Schulsystems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82

C. Ersatzschulaufsicht als Element der Schulaufsicht – Bestandsaufnahme des geltenden Landesrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 I.

Beteiligte des Ersatzschulaufsichtsverhältnisses im Landesrecht . . . . . . . . . . . . 84 1. Der Staat als Aufsichtssubjekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 a) Kompetenzverteilung des Grundgesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 b) Bedeutung der Kultusministerkonferenz für das Privatschulrecht . . . . . . 87 c) Verwaltungsorganisation der Schulaufsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 2. Ersatzschulen als Aufsichtsobjekt im Landesrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 a) Landesrechtlicher Schulbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 b) Privatschulen als nichtstaatliche Schulen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 c) Landesrechtlicher Ersatzschulbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 aa) Das (öffentliche) Schulwesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 bb) Begründung der Ersatzschulakzessorietät . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 cc) Nichtakzessorische Ersatzschulen kraft Landesrechts . . . . . . . . . . . . 98 d) Anerkannte Ersatzschulen im Landesrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 e) Grenzen des Ersatzschulaufsichtsrechtsregimes im Landesrecht . . . . . . . 101 f) Ergänzungsschulen im Landesrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 3. Adressaten der Aufsichtsmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103

II. Aufsichtsmaßstab im Landesrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 1. Gestaltung des öffentlichen Schulwesens als (in-)direkter Maßstab der Aufsicht über Ersatzschulen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 2. Schul-, Privat- und Ersatzschulbegriff als (andauernder) Maßstab der Aufsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 3. Genehmigungsvoraussetzungen einer Ersatzschule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 a) In Art. 7 IV GG angelegte Genehmigungsvoraussetzungen in der Gestalt des Landesrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 aa) Nichtzurückstehen der Lehrziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 bb) Nichtzurückstehen der Einrichtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 cc) Nichtzurückstehen der wissenschaftlichen Ausbildung der Lehrkräfte 110 dd) Sonderungsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 ee) Sicherung der wirtschaftlichen und rechtlichen Stellung der Lehrkräfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 b) Zusätzliche Voraussetzungen für Volksschulen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 c) Weitere Voraussetzungen der Genehmigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120

Inhaltsverzeichnis

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aa) Bedürfnisprüfung und Versorgungsschulen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 bb) Anforderung an die Schulleitung und den Schulträger . . . . . . . . . . . 120 (1) Persönliche Eignung / Zuverlässigkeit des Schulträgers . . . . . . . . 122 (2) Persönliche Eignung / Zuverlässigkeit der Schulleitung . . . . . . . . 123 (3) Fachliche Eignung der Schulträger oder Schulleitung . . . . . . . . 123 cc) Persönliche Eignung / Zuverlässigkeit der Lehrerinnen und Lehrer . . 125 dd) Mitwirkungsbestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 ee) Einhaltung der „allgemeinen gesetzlichen und polizeilichen Anforderungen“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 d) Behördlicher Spielraum bei den Genehmigungsvoraussetzungen . . . . . . 127 4. Anforderungen an den laufenden Betrieb einer Ersatzschule . . . . . . . . . . . . 128 a) Inklusionsverpflichtung privater Schulen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 b) Bestimmungen über die Schülerinnen- und Schülerwahl . . . . . . . . . . . . . 129 c) Sonstige materiell-rechtliche Anforderungen an Ersatzschulen . . . . . . . . 130 5. Anforderungen an anerkannte Ersatzschulen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 a) Anerkennungsentscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 b) Anerkennungsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 aa) An gleichartige oder verwandte öffentliche Schulen gestellte Anforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 bb) Dauerhafte Erfüllung der Genehmigungsvoraussetzungen . . . . . . . . 133 c) Von der anerkannten Ersatzschule im Betrieb anzuwendende Vorschriften 133 aa) Prüfungs- und Versetzungsbestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 bb) Weitere Anforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 d) Sonderfall: Nordrhein-Westfalen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 III. Aufsichtsmodus im Landesrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 IV. Aufsichtsinstrumente des Landesrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 1. Recht zur Bestimmung des Aufsichtsmaßstabs durch die Aufsichtsbehörde . 140 2. Informationsrechte und Auskunftspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 a) Generalklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 b) Tatbestandsvoraussetzungen der Informationserhebung . . . . . . . . . . . . . . 142 c) Behördliche Informationserhebungsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 d) Besichtigungs- und Betretungsrechte; Unterrichtsbesuche . . . . . . . . . . . 143 e) Selbstständige Anzeige- und Berichtspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 3. Präventive Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 a) Ersatzschulgenehmigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 b) Änderungsgenehmigungen und Festlegungen der Reichweite der ursprünglichen Ersatzschulgenehmigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 c) Individuelle Unterrichtsgenehmigungen von Lehrkräften . . . . . . . . . . . . 147 d) Weitere präventive Maßnahmen und Aufsichtsgeneralklauseln . . . . . . . . 149

10

Inhaltsverzeichnis 4. Repressive Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 a) Aufhebung der Genehmigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 b) Tätigkeitsuntersagungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 c) Beanstandungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 d) Anordnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 e) Vollstreckungsmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 5. Informelle Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 6. Aufsichtsinstrumente über anerkannte Ersatzschulen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 V. Einordnung der Bestandsaufnahme des Landesrechts zur Ersatzschulaufsicht . 154

Zweiter Teil

Verfassungsrechtlicher Rahmen der Ersatzschulaufsicht 157

A. Bedeutung verfassungs-, völker- und europarechtlicher Bestimmungen über das Schulwesen für Aufsicht und Steuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 I.

Stellung der Schule im Verfassungsgefüge zwischen Land und Bund . . . . . . . . 158

II. Völkerrechtliche Vorgaben für die Gestaltung des Schulwesens . . . . . . . . . . . . . 160 III. Unionsrecht, insbesondere Anwendbarkeit der Grundfreiheiten . . . . . . . . . . . . . 162 IV. Resümee zur Bedeutung für die Aufsicht über Ersatzschulen . . . . . . . . . . . . . . . 164 B. Dogmatik des Art. 7 IV GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 I.

Stand in Literatur und Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 1. Aussagen in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts . . . . . . . . . 165 2. Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und weiterer Obergerichte 168 3. Beiträge zur Grundrechtsstruktur in der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 4. Offene Fragen der Grundrechtsdogmatik für Aufsicht und zugrundeliegende Steuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174

II. Grundlegung: Grundrechtstatbestand, -grenzen und -schranken . . . . . . . . . . . . . 175 1. Schutzbereichsbeschränkungen und Grundrechtsschranken . . . . . . . . . . . . . 175 2. Verfassungsunmittelbare, -immanente und -mittelbare Grenzen und Schranken 176 3. Einschränkung, Ausgestaltung und Konkretisierung der Grundrechte . . . . . 179 4. Tatbestand und Schranken bei der Grundrechtsdimension als Leistungsrecht 181 III. Grundrechtsdimensionen des Art. 7 IV GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 1. Schutz des status negativus als primäre Funktion der Privatschulfreiheit . . . 183 a) Abwehrrechtliche Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 b) Privatschulfreiheit ist nicht lediglich subjektive Kehrseite einer institutionell verbürgten Autonomiegewährleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 2. Leistungsrechtliche Gewährleistung der Ersatzschulgenehmigung . . . . . . . . 188

Inhaltsverzeichnis

11

3. Art. 7 IV 1 GG als Einrichtungsgarantie des Privatschulwesens (Privatschulgarantie) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 4. Keine eigenständige gleichheitsrechtliche Dimension der Privatschulfreiheit 193 5. Weitere Grundrechtsdimensionen und Schutzrichtungen . . . . . . . . . . . . . . . 194 IV. Grundrechtsfunktionen der Normbestandteile des Art. 7 IV GG . . . . . . . . . . . . 195 1. Grundrechtsfunktion des (Privat-)Schulbegriffs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 a) (Privat-)Schule als Schutzbereichsbestimmung bzw. Schutzbereichsbegrenzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 b) Bestimmung des Privatschulbegriffs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 aa) „Privat“ im Rahmen des grundrechtlichen Schutzbereichs . . . . . . . . 196 bb) Keine Privatschulen in staatlicher Trägerschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 c) Bestimmung des Schulbegriffs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 aa) Funktionen des Schulbegriffs in Art. 7 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 bb) Deskriptiv-organisatorischer und funktionaler Schulbegriff . . . . . . . 203 cc) Ausgestaltungsbefugnis des Landesgesetzgebers für den Schulbegriff 205 (1) Unterschied zwischen Schule (Art. 7 I, IV 1 GG) und einer bestehenden oder vorgesehenen öffentlichen Schule (Art.  7 III 1, IV 2 GG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 (2) Normprägung aller Schulbegriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 (3) Bindung des Ausgestaltungsgesetzgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 (4) Vereinbarkeit dieses Verständnisses vom Schulbegriff mit der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 dd) Handlungsfelder des den Schulbegriff ausgestaltenden Gesetzgebers 214 d) Ergebnis zum (Privat-)Schulbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 2. Grundrechtsfunktion des Ersatzschulbegriffs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 a) Bedeutung des Ersatzschulbegriffs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 b) Verhältnis des Ersatzschulbegriffs zu den Genehmigungsvoraussetzungen 219 c) „Ersatzschulfreiheit“ ist keine Schutzbereichsausnahme von der Privatschulfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 aa) Dichotomie von Ersatzschulen und Ergänzungsschulen . . . . . . . . . . 221 bb) „Ersatzschulfreiheit“ ist nicht bloß subjektives Teilhaberecht an staatlicher Aufgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 cc) Ersatzschulfreiheit als Unterfall zur Privatschulfreiheit . . . . . . . . . . . 226 d) „Private Schulen als Ersatz für öffentliche Schulen“ als Tatbestandsmerkmal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 aa) „Private Schulen“ als Schulen im Sinne des Art. 7 IV 1 GG . . . . . . . 227 bb) „Öffentliche Schulen“ als Akzessorietätsmaßstab . . . . . . . . . . . . . . . 227 cc) „Ersatz“ als Begründung und Grenze der Akzessorietät . . . . . . . . . . 228 (1) Bestimmung des „Gesamtzwecks“ anhand der Inhalte der Genehmigungsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229

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Inhaltsverzeichnis (2) Pädagogisch-organisatorische Bestimmung des „Gesamtzwecks“ anhand der Schularten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 (3) Bestimmung des „Gesamtzwecks“ anhand der angestrebten Abschlüsse (funktionaler Ersatzschulbegriff) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 (4) Unterschiede, Bewertung und Folgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 (a) Akzessorietätsmaßstab (Vergleichbarkeit des Gesamtzwecks der Schule) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 (b) Maßstabssetzende Eigenschaften (bestehende oder vorgesehene Bildungsgänge) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 dd) Konkretisierung der Tatbestandsmerkmale durch die Landesgesetz­ gebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240 e) Ergebnis zum Ersatzschulbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242 3. Bedeutung des Art. 7 IV 2 Hs. 2 GG für die Landesgesetzgebung . . . . . . . . 243 4. Grundrechtsfunktion der Genehmigungsvoraussetzungen für Ersatzschulen (Art. 7 IV 3–4 GG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 a) Genehmigungsvoraussetzungen als leistungsrechtliche Tatbestandsmerkmale und deren Bedeutung für den abwehrrechtlichen Schutzumfang . . . 245 b) Genehmigungsvoraussetzungen als abwehrrechtliche Grundrechtsgrenzen oder Schranken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 aa) Vergleichbarkeit mit anderen Grundrechten unter Genehmigungsvorbehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 bb) Spielraum der Länder bei der Genehmigung von Ersatzschulen . . . . 248 (1) Grammatikalische und systematische Auslegung . . . . . . . . . . . . 249 (2) Genetische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250 (3) Teleologische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 (4) Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 cc) Möglichkeiten der verfassungsrechtlichen Einordnung der Genehmigungsvoraussetzungen und deren Konsequenzen . . . . . . . . . . . . . . . 256 (1) Mögliche Einordnung des Art. 7 IV 3 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 (a) Konsequenzen einer Einordnung als Schutzbereichsbeschränkungen der Privatschulfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 (b) Konsequenzen einer Einordnung als verfassungsunmittelbare Schranken der Privatschulfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 (c) Konsequenzen einer Einordnung als qualifizierte Gesetzesvorbehalte der Privatschulfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260 (2) Mögliche Einordnung des Art. 7 IV 4 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 dd) Auslegung und Bewertung der Genehmigungsvoraussetzungen als Grundrechtsgrenzen oder -schranken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262 (1) Art. 7 IV 3 GG als verfassungsunmittelbare Schranke der Privatschulfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262

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(2) Art. 7 IV 4 GG als verfassungsunmittelbare Schranke der Privatschulfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264 (3) Abschließende Einordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 c) „Konkretisierungen“ der Genehmigungsvoraussetzungen als rechtfertigungsbedürftige Grundrechtseingriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 d) Möglichkeiten der Ausgestaltung im Rahmen der Genehmigungskriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268 e) Ergebnis zu den Genehmigungsvoraussetzungen als Grundrechtsbeschränkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270 V. Inhalt und Schranken der Privatschulfreiheit für Ersatzschulen . . . . . . . . . . . . . 270 1. „Gründungsfreiheit“ als personelle Zielrichtung des Schutzbereichs . . . . . . 270 2. Betroffenheit des sachlichen Schutzbereichs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272 a) Keine grundrechtsspezifischen Gewährleistungsgehalte . . . . . . . . . . . . . 272 b) Durch Privatschulfreiheit geschütztes Verhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273 c) Kein ersatzschulspezifischer Schutzbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274 3. Grenzen des Schutzbereichs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 a) Kein neminem-laedere-Schutzbereichsvorbehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276 b) Tatbestandsimmanente Grenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276 c) Berechtigungswesen und Berechtigungsvergabe an Ersatzschulen . . . . . 277 aa) Ordnung des Berechtigungswesens als ausschließliche Staatsaufgabe 278 bb) Vergabe von Berechtigungen als staatliche Aufgabe . . . . . . . . . . . . . 280 4. Verfassungsmittelbare und verfassungsunmittelbare Schranken . . . . . . . . . . 283 a) Keine „allgemeinen Nichtstörungsschranken“; keine Schrankenleihe . . . 284 b) Genehmigungsvoraussetzungen als quasi qualifizierte Gesetzesvorbehalte und deren verfassungsrechtliche Deutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284 aa) Nichtzurückstehen der Lehrziele, Einrichtungen und der wissenschaftlichen Ausbildung der Lehrkräfte (Art. 7 IV 3 Hs. 1 GG) . . . . . . . . . 285 (1) Nichtzurückstehen als Maßstab (Gleichwertigkeit) . . . . . . . . . . 285 (2) Lehrziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286 (3) Einrichtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 288 (4) Wissenschaftliche Ausbildung der Lehrkräfte . . . . . . . . . . . . . . . 290 bb) Sonderungsverbot (Art. 7 IV 3 Hs. 2 GG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291 cc) Genügende Sicherung der wirtschaftlichen und rechtlichen Stellung der Lehrkräfte (Art. 7 IV 4 GG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 294 5. Verfassungsimmanente Schranken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296 a) Weitere Beschränkbarkeit von Grundrechten mit (quasi) qualifizierten Gesetzesvorbehalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296 b) Mittelbare Drittwirkung der Grundrechte als verfassungsimmanente Schranken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298

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Inhaltsverzeichnis VI. Gewährleistungsinhalt der Privatschulgarantie (Einrichtungsgarantie) . . . . . . . . 301 1. Begünstigte der Garantie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 302 2. Schulischer Pluralismus und überliefertes Privatschulwesen als Ausgangspunkte des Institutionenschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303 3. Freiheitssichernde Funktion der Privatschulgarantie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 304 a) Begrenzung durch geschützte Strukturmerkmale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 304 b) Schutz vor Grundrechtsausgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 305 c) „Wettbewerbsgleichheit“ zu öffentlichen Schulen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 306 d) Begrenzung des Einflusses auf anerkannte Ersatzschulen . . . . . . . . . . . . 306 VII. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 307

C. Bedeutung des Art. 7 I GG für die Privatschulfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 308 I.

Der historisch geprägte, allgemeine Schulaufsichtsbegriff sui generis . . . . . . . . 309 1. Interpretation des Art. 144 WRV durch die herrschende Weimarer Staatsrechtslehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 309 2. Brüche und Kontinuitäten zum Weimarer Schulverfassungsrecht im Grundgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 310 3. Inhalt der Schulaufsicht des Art. 7 I GG im „gesamten“ Schulwesen . . . . . . 313 a) Schulaufsicht als Gestaltungsrecht über das Schulwesen und die Einzelschule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313 aa) Legitimation zum Schulehalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313 bb) Eigenständiger Bildungs- und Erziehungsauftrag . . . . . . . . . . . . . . . 314 cc) Verfassungsimmanente Grundrechtsschranke zur Gestaltung des Schulwesens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 315 dd) Bestimmungsrecht über innere Schulverhältnisse (Schulverwaltung) 317 ee) Schulaufsicht im engeren Sinne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317 b) Schulaufsicht als staatliche Gestaltungsverantwortung . . . . . . . . . . . . . . 319 4. Rechtsstellung der öffentlichen Schulen und öffentlichen Schulträger gegenüber der staatlichen Schulaufsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 321

II. Geltung des Art. 7 I GG für Privatschulen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 324 III. Normcharakter des Art. 7 I GG im Rahmen der Privatschulfreiheit . . . . . . . . . . 325 1. Keine verfassungsunmittelbare Ermächtigungsgrundlage . . . . . . . . . . . . . . . 326 2. Keine tatbestandliche Grenze der Privatschulfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 328 3. Schulaufsicht als Schranke der Privatschulfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 329 IV. Inhalt des Schulaufsichtsvorbehalts über Privatschulen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 331 1. Dualistischer Schulaufsichtsbegriff des Art. 7 I GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 331 2. Mögliche Rechte und Aufgaben des Staates sub specie Art. 7 I GG . . . . . . . 333 3. Art. 7 I GG als Schranke für echte, bildungsbezogene Aufsichtsmaßnahmen 335 4. Art. 7 I GG als Legitimation des staatlichen Bildungs- und Erziehungsauftrags gegenüber Privatschulen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 337

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a) Keine Reduktion des umfassenden Schulaufsichtsbegriffs auf eine rein überwachende Aufsicht gegenüber allen Privatschulen . . . . . . . . . . . . . . 337 b) Abgeschlossenheit und inhaltliche Spezialität der Genehmigungsvoraussetzungen für Ersatzschulen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 339 c) Schranke für inhaltliche (Aufsichts-)Maßstäbe gegenüber Ergänzungsschulen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 341 5. Art. 7 I GG als Ausgestaltungsnorm des Schulbegriffs . . . . . . . . . . . . . . . . . 342 6. Art. 7 I GG ist keine allgemeine Ordnungsnorm des Privatschulwesens . . . . 342 7. Art. 7 I GG als objektive Verpflichtung zur Privatschulaufsicht . . . . . . . . . . 345 8. Schulaufsicht als begrenztes „Einfallstor“ für mittelbare Grundrechtsbindung 345 V. Staatliche Schulverantwortung für öffentliche Schulen (und deren Bestand) als kollidierendes Verfassungsrecht zur Privatschulfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 347 1. Keine einschlägige Beschränkung der Privatschulfreiheit durch anderes kollidierendes Verfassungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 349 2. Erfordernis einer Ermächtigungsgrundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 350 3. Schulverantwortung nach Art. 7 I GG als kollidierendes Verfassungsrecht . . 351 VI. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 353 D. Rechtsstellung der genehmigten Ersatzschulen nach dem Grundgesetz . . . . . . . . . . . 354 I.

Verfassungsrechtliche Koordinaten des staatlichen Einflusses auf Ersatzschulen 355 1. Gestaltung und Betrieb einer Ersatzschule als nichtstaatliche öffentliche Aufgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 355 2. Staatliches Einflussrecht auf Ersatzschulen korrespondiert mit Reichweite der Schranken der Privatschulfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 357 3. Aufsichtsvorbehalt als formelles Gegenstück zur materiell-inhaltlichen Beschränkbarkeit der Privatschulfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 359 4. Ersatzschulrecht als eingeschränkt regulierungsrechtlich erfassbares Rechtsgebiet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 360

II. Verbleibende Bedeutung des Landesrechts für die Rechtsstellung der Ersatzschulen und dessen Verhältnis zum Verfassungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 361 1. Vorbehalt des Gesetzes und Bestimmtheitsgrundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . 363 2. Geltung von Verwaltungsvorschriften im Rahmen der (grund-)gesetzlich festgelegten Akzessorietät der Ersatzschulen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 364 3. Verfassungsrechtlicher Genehmigungsanspruch begründet keine Ausnahme vom Bestimmtheitsgrundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 367 4. Ergebnis: Bedeutung und (verbleibende) Anwendungsbereiche des Landesrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 369 E. Modifikationen der Verfassungsrechtsstellung für besondere Ersatzschularten . . . . . 369 I.

Rechtsstellung der Volksschulen im Grundgesetz (Art. 7 V GG) . . . . . . . . . . . . 370 1. Die Volksschule als Ersatzschule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 371 2. Grundrechtliches Genehmigungsregime der Volksschulen . . . . . . . . . . . . . . 372

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Inhaltsverzeichnis a) Grundrechtsberechtigung der privaten Volksschule . . . . . . . . . . . . . . . . . 372 b) Vorrang der öffentlichen vor der privaten Volksschule . . . . . . . . . . . . . . . 373 c) Verhältnis des Volksschulbegriffs zum allgemeinen Ersatzschulbegriff . . 373 d) Genehmigungsvoraussetzungen für Volksschulen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 376 e) Beurteilungsspielraum und parlamentarische Konkretisierung . . . . . . . . 378 3. Resümee zur Rechtsstellung der Volksschule gegenüber Aufsicht und Steuerung 379 II. Auswirkungen des Verbots der Vorschulen (Art. 7 VI GG) . . . . . . . . . . . . . . . . . 380 III. Staatskirchenrecht und Religionsfreiheit als die Rechtsstellung modifizierende Faktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 381 1. Grundrechtliche Konkurrenzen bei religiösen Privatschulen (Art. 4 I, II GG) 382 2. Kein Sonderstatus für Unterrichtsgestaltung und Aufsicht aufgrund des Selbstbestimmungsrechts aus Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 II WRV . . . . . . . 383 3. Keine Religionsunterrichtspflicht an privaten Schulen (Art. 7 II, III GG) . . . 386 IV. Anerkannte Ersatzschulen als Beliehene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 387 1. Teilnahme am Berechtigungswesen als teilweiser Grundrechtsausübungs­ verzicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 388 2. Anerkennung als von der Privatschulgarantie geschützte Rechtsstellung . . . 390 3. Reichweite des Beleihungsrechtsverhältnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 392 4. Verfassungsrechtliche Rechtsstellung als beliehenes Unternehmen . . . . . . . 395 a) Voraussetzungen einer Beleihung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 395 b) Allgemeine Beleihungsrechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 397 c) Grundrechtsbindung und mögliche Grundrechtsberechtigung der anerkannten Ersatzschule im staatsorganisatorischen Innenverhältnis . . . . . . 397 d) Staatsaufsicht über anerkannte Ersatzschulen als verfassungsrechtliches Gebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 399 e) Bedeutung des Landesrechts für die Rechtsstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . 400 5. Resümee zur Rechtsstellung der anerkannten Ersatzschule . . . . . . . . . . . . . . 402

Dritter Teil Direktiven für die Gestaltung und Anwendung des Landesrechts bei Aufsicht und Steuerung der Ersatzschulen 403



A. Rechtliche Ziele der Schulaufsicht und des Bildungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 404 I.

Ziele des Bildungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 404 1. Ziele der allgemeinen staatlichen Schulverantwortung . . . . . . . . . . . . . . . . . 404 2. Gründe für staatliche Schulträgerschaft und deren Ziele . . . . . . . . . . . . . . . . 406 3. Ziele des Privatschulrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 407 4. Ziele des Berechtigungswesens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 409

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II. Ziele der Aufsicht i. e. S. über Schulen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 409 1. Ziele der (Fach-)Aufsicht und Leitung öffentlicher Schulen . . . . . . . . . . . . . 409 2. Ziele der Privatschulaufsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 411 B. Zulässiger Aufsichtsmodus über Ersatzschulen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 412 I.

Verwaltungsrechtliche Aufsichtskategorien als Reflex auf die verfassungsrecht­ liche Rechtsstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 413 1. Aufsichtseinrichtung und -vollzug als (grund-)rechtsrelevantes Handeln . . . 413 2. Keine Fachaufsicht über private, nichtbeliehene Tätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . 415 3. Verfügbare Aufsichtsmodi und deren Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 418

II. Verortung der Ersatzschulaufsicht im System verwaltungsrechtlicher Aufsichtstätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 420 1. Aufsicht im grundrechtlichen Bereich der Ersatzschule als Aufsicht über ­Private . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 420 2. Zweigleisige Aufsicht über die anerkannten Ersatzschulen (Aufsicht über ­Private und Staatsaufsicht i. e. S.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 423 3. Vergleichbarkeit mit anderen Aufsichtsrechtsregimen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 426 III. Konsequenzen des Aufsichtsmodus für die behördliche Aufsichtsausübung . . . 427 C. Direktiven für Aufsichtsobjekte, -adressaten, -subjekte und an der Aufsicht subjektiv Berechtigte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 430 I.

Mögliche Objekte der Ersatzschulaufsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 430 1. Grenzen des Ersatzschulaufsichtsrechtsregimes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 431 a) Im Grundsatz umfassender, einrichtungsbezogener Schulbegriff im Landesrecht und korrespondierender Schulaufsichtsbereich . . . . . . . . . . . . . 431 b) Einbeziehung bestimmter Rechtsgebiete in die Schulaufsicht . . . . . . . . . 433 aa) Vorschulischer Bereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 433 bb) Horte und Kindertagesbetreuung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 435 cc) Heimschulen / Internate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 436 dd) Ganztagsschulen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 438 c) Bedeutung der Feststellungen für die zulässigen Aufsichtsobjekte . . . . . 439 2. Möglichkeiten des Einflusses durch Gestaltung des Schul- und Ersatzschulbegriffs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 440 a) Ausgestaltung des Schulbegriffs durch qualitative Merkmale . . . . . . . . . 440 b) Keine Einschränkbarkeit des Ersatzschulbegriffs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 441 c) Erweiterung des Ersatzschulbegriffs auf Ergänzungsschulen . . . . . . . . . . 443 aa) Nichtakzessorische Ersatzschulen (durch Fiktion) . . . . . . . . . . . . . . 444 bb) Einordnung der qualifizierten Ergänzungsschule . . . . . . . . . . . . . . . . 445

II. Zulässige Adressaten von Aufsichtsmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 448 1. Aufsicht über Private als Aufsicht über die rechtlich Verantwortlichen . . . . . 448

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Inhaltsverzeichnis 2. Unterscheidung zwischen möglichen Aufsichtsmaßnahmen und Aufsichts­ adressatenkreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 451 3. Kein absolutes Durchgriffsverbot auf Angestellte des Trägers im grundrechtlichen Bereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 452 a) Erfordernis einer Ermächtigungsgrundlage für Durchgriff auf andere Adres­satinnen oder Adressaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 453 b) Pflichtenbegründung unter Hierarchieumgehung („unechter Durchgriff“) 453 c) Aufsichtliche Durchsetzung der Pflichten des Trägers gegen seine Angestellten („echter Durchgriff“) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 455 d) Durchgriff auf Angestellte der Religionsgesellschaften . . . . . . . . . . . . . . 456 4. Durchgriffsmöglichkeit im Beleihungsbereich der anerkannten Ersatzschulen 457 5. Bewertung der bestehenden Durchgriffsmöglichkeiten im Landesrecht . . . . 459 III. Schulaufsicht als Aufgabe der Länder (Aufsichtssubjekt) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 460 IV. Subjektiv berechtigte Personen des Aufsichtsrechtsverhältnisses . . . . . . . . . . . . 463

D. Grenzen der Aufsichtsmaßstäbe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 466 I.

Öffentlich-rechtliches (Privat-)Schulrecht als Maßstab staatlicher Aufsicht . . . . 467

II. Verfassungsrechtliche Genehmigung als wesentlicher Maßstab der Aufsicht . . . 470 1. Genehmigungsbedürftigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 470 2. Genehmigungsfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 471 a) Landesrechtliche Bestimmung der Genehmigungsvoraussetzungen als rechtfertigungsbedürftiger Grundrechtseingriff und Aufsichtsmaßstab . . . . . . 472 b) Spielräume und Maßgaben bei Regelung der Genehmigungsvoraussetzungen im Landesrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 474 aa) Regelung des den akzessorischen Genehmigungsvoraussetzungen zugrundeliegenden öffentlichen Schulwesens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 474 bb) Gestaltung des Verfahrens und der Aufsichtsmittel . . . . . . . . . . . . . . 475 cc) Abstrakt-generelle Gestaltung der Genehmigungskriterien . . . . . . . . 475 (1) Erfordernis der Einhaltung der verfassungsunmittelbaren Grundrechtsschranken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 476 (2) Erfordernis der Einhaltung des Verhältnismäßigkeitsprinzips . . . 477 (3) Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers als Bewertungsmaßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 479 3. Kongruenter Aufsichtsmaßstab bei Durchgriff und Unterrichtsgenehmigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 483 III. Über die Genehmigungsvoraussetzungen hinausgehende Pflichten . . . . . . . . . . 483 1. Den Schutzbereich der Privatschulfreiheit nicht berührende materielle ­Pflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 484 2. Den Schutzbereich der Privatschulfreiheit berührende materielle Pflichten . 486 3. Grenzen der Erweiterung der Genehmigungsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . 488

Inhaltsverzeichnis

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IV. Administrative Letztentscheidungsspielräume als Aufsichtsmaßstab . . . . . . . . . 489 1. Maßstabsfunktion der Rechtsverordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 490 2. Maßstabsfunktion von gesetzeskonkretisierendem Verwaltungsinnenrecht . 491 3. (Keine) Beurteilungsspielräume oder Regulierungsermessenstatbestände . . 493 4. Maßstabssetzende Instrumente der Verwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 494 V. Zweckmäßigkeitsmaßstab der Staatsaufsicht im Berechtigungswesen . . . . . . . . 495 E. Vorgaben für die Normierung und Anwendung der Aufsicht in Form von Aufsichts­ instrumenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 496 I.

Grundrechtliche und verwaltungsrechtliche Direktiven des Aufsichtsvollzugs . 497 1. Aufsicht als einzelfallbezogener Grundrechtseingriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . 497 2. Enumerationsprinzip für Aufsichtsinstrumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 498 3. Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit der Aufsichtsausübung . . . . . . . 499 a) Akzessorietät der Aufsichtsanwendung zum Aufsichtsmaßstab . . . . . . . . 502 b) Beachtung schulischer Besonderheiten / Kooperationsprinzip . . . . . . . . . 503 c) Grundsatz abgestufter Intervention . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 505 d) Subsidiarität der Aufsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 507 e) Anlassbezogene Prüfungskompetenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 508 4. Effektivität der Aufsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 514 5. Anforderungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 515 6. Allgemeine Direktiven und Grenzen der Fachaufsicht im Beleihungsbereich der anerkannten Ersatzschule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 517

II. Besonderheiten der schulaufsichtlichen Prüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 520 1. Schulaufsicht als Prognoseentscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 521 2. (Verbleibende) Spielräume der Verwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 524 a) Opportunitäts- und punktuelles Legalitätsprinzip der Schulaufsicht . . . . 524 b) Maßgeblichkeit der Norminterpretation der Verwaltung . . . . . . . . . . . . . 527 III. Zulässigkeit, Grenzen und Wirkung einzelner Aufsichtsmaßnahmen . . . . . . . . . 528 1. Anforderungen der Grundrechtsschranke (Art. 7 I GG) an Aufsichtsmittel . 528 2. Nicht normierte Aufsichtsmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 530 a) Aufsichtsgewohnheitsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 530 b) (Keine) Anwendung der polizeirechtlichen Generalklausel . . . . . . . . . . . 532 c) Maßnahmen im Rahmen normierter Generalklauseln . . . . . . . . . . . . . . . 534 d) Begrenzte Zulässigkeit von „Minusmaßnahmen“ als ungeschriebene Generalklausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 536 3. Informationsrechte und -pflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 538 a) Auskunftsverlangen (Unterrichtungsrecht, Anforderung von Unterlagen, Nachweisen und Berichten) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 539 b) Selbstständige Anzeigepflichten der Schulträger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 542

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Inhaltsverzeichnis c) Besichtigungs- und Betretungsrechte; Unterrichtsbesuche . . . . . . . . . . . 544 d) (Keine)  zentralen schulischen Leistungsprüfungen und externe Evalua­ tionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 549 e) Informationsrechte im Beleihungsbereich der anerkannten Ersatzschule 551 4. Präventive Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 552 a) Genehmigung der Ersatzschule als Aufsichtsmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . 553 aa) Reichweite der Ersatzschulgenehmigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 553 bb) Genehmigungspflicht wesentlicher Änderungen . . . . . . . . . . . . . . . . 556 cc) Grenzen des Genehmigungsantrags als Mitwirkungsakt . . . . . . . . . . 557 dd) Nebenbestimmungen zur Genehmigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 558 ee) Eingeschränkte Befugnis zur vorläufigen Genehmigung . . . . . . . . . . 559 b) Unterrichtsgenehmigungen für Lehrpersonal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 560 c) Sonstiges präventives Tätigwerden (im Rahmen von Generalklauseln) . . 564 d) Anerkennungsentscheidung und präventive Maßnahmen der Fachaufsicht 564 5. Repressive Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 566 a) Genehmigungsentzug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 566 b) Anerkennungsentzug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 569 c) Entzug der Unterrichtsgenehmigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 570 d) Tätigkeitsuntersagung (Unterrichtsverbot) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 571 e) Mängelbeseitigungsverfahren und eigenständige Beanstandungen . . . . . 573 f) Allgemeine Anordnungsbefugnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 576 g) (Kein) eigenständiges Selbstvornahme-, Selbsteintritts- oder Aufhebungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 577 h) Vollstreckung aufsichtlicher Befugnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 578 i) Repressives Weisungsrecht und dessen Durchsetzung gegenüber anerkannten Ersatzschulen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 581 6. Resümee zum Aufsichtsvollzug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 582

Schlussbetrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 583 Zusammenfassung der Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 586

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 601 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 634

Rechtsgrundlagenverzeichnis1 1. DVOPSchG-Saarland

Erste Verordnung zur Durchführung des Privatschulgesetzes (1. DVO – PrivSchG) 2. DVOPSchG-Saarland Zweite Verordnung zur Durchführung des Privatschulgesetzes (2. DVO PrivSchG) DVOPSchG-Berlin Zweite Durchführungsverordnung zum Gesetz über die Privatschulen und den Privatunterricht (Privatschulgesetz) ESchFG-Hessen Gesetz über die Finanzierung von Ersatzschulen (Ersatzschulfinanzierungsgesetz – ESchFG) ESchVO-NRW Verordnung über die Ersatzschulen (ESchVO) ESGAV-Brandenburg Verordnung über die Genehmigung und Anerkennung von Ersatzschulen (Ersatzschulgenehmigungsverordnung – ESGAV) EUG-Bayern Bayerisches Gesetz über das Erziehungs- und Unterrichtswesen (BayEUG) FESchVO-NRW Verordnung über die Finanzierung von Ersatzschulen (Ersatzschulfinanzierungsverordnung – FESchVO) FrTrSchG-Sachsen Sächsisches Gesetz über Schulen in freier Trägerschaft (SächsFrTrSchulG) FrTrSchVO-Sachsen Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus über die Genehmigung und Anerkennung von Schulen in freier Trägerschaft (SächsFrTrSchulVO) KMK-Vereinbarungen 1951 Vereinbarungen über das Privatschulwesen. Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 10./11. 8. 1951 [abgedruckt in: Kultusministerkonferenz (Hrsg.), Sammlung der Beschlüsse der ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland, Nr. 484] KomVG-Niedersachsen Niedersächsisches Kommunalverfassungsgesetz (NKomVG) LandesorganisationsG-Brandenburg Gesetz über die Organisation der Landesverwaltung (Landesorganisationsgesetz – LOG) LandesorganisationsG-NRW Gesetz über die Organisation der Landesverwaltung – Landesorganisationsgesetz (LOG NRW)

1

Diese Untersuchung greift umfassend auf das geltende Landesschulrecht zurück. Für bessere Lesbarkeit und zur Entlastung des Fußnotenapparats wird daher eine vereinheitlichte und verkürzte Zitierweise der wichtigen Vorschriften verwendet. Die amtlichen Bezeichnungen ergeben sich aus diesem Verzeichnis. Für übliche Abkürzungen wird verwiesen auf: Kirchner – Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache, 9. Auflage 2018, Berlin.

22

Rechtsgrundlagenverzeichnis

Landesverwaltungsgesetz-SH LV-Bayern LV-Berlin LV-Brandenburg LV-Bremen LV-BW LV-Hamburg LV-Hessen LV-LSA LV-MV LV-Niedersachsen LV-NRW LV-RLP LV-Saarland LV-Sachsen LV-SH LV-Thüringen POG-Niedersachsen PSchG-Bremen PSchG-BW PSchGDVO-RLP PSchG-RLP

PSchG-Saarland PSchVO-MV RdErl. „Schulaufsicht über Ersatzschulen“ NRW

SchAG-Thüringen SchFG-Bayern SchfTG-Hamburg SchfTG-Thüringen SchG-Berlin SchG-Brandenburg

Allgemeines Verwaltungsgesetz für das Land Schleswig-Holstein (Landesverwaltungsgesetz – LVwG –) Verfassung des Freistaates Bayern Verfassung von Berlin Verfassung des Landes Brandenburg Landesverfassung der Freien Hansestadt Bremen Verfassung des Landes Baden-Württemberg (LV) Verfassung der Freien und Hansestadt Hamburg Verfassung des Landes Hessen Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern Niedersächsische Verfassung Verfassung für das Land Nordrhein-Westfalen Verfassung für Rheinland-Pfalz Verfassung des Saarlandes (SVerf) Verfassung des Freistaates Sachsen Verfassung des Landes Schleswig-Holstein Verfassung des Freistaats Thüringen Niedersächsisches Polizei- und Ordnungsbehörden­ gesetz (NPOG) Gesetz über das Privatschulwesen und den Privatunterricht (Privatschulgesetz) Gesetz für die Schulen in freier Trägerschaft (Privatschulgesetz – PSchG) Landesverordnung zur Durchführung des Privatschulgesetzes (PrivSchGDVO) Landesgesetz über die Errichtung und Finanzierung von Schulen in freier Trägerschaft (Privatschulgesetz – PrivSchG –) Gesetz Nr. 751 über Schulen in freier Trägerschaft (Privatschulgesetz – PrivSchG) Verordnung für Schulen in freier Trägerschaft (Privatschulverordnung – PschVO M-V) Schulaufsicht über Ersatzschulen  – RdErl. d. Ministeriums für Schule und Weiterbildung [abgedruckt in: Bereinigte Amtliche Sammlung der Schulvorschriften NRW Nr. 10–32 Nr. 54] Thüringer Gesetz über die Schulaufsicht (ThürSchAG) Bayerisches Schulfinanzierungsgesetz (BaySchFG) Hamburgisches Gesetz über Schulen in freier Trägerschaft (HmbSfTG) Thüringer Gesetz über Schulen in freier Trägerschaft (ThürSchfTG) Schulgesetz für das Land Berlin (Schulgesetz – SchulG) Gesetz über die Schulen im Land Brandenburg (Brandenburgisches Schulgesetz – BbgSchulG)

Rechtsgrundlagenverzeichnis SchG-Bremen SchG-BW SchGesG-Niedersachsen

SchG-Hamburg SchG-Hessen SchG-LSA SchG-MV SchG-Niedersachsen SchG-NRW SchG-RLP SchG-Sachsen SchG-SH SchG-Thüringen SchifTVO-LSA SchoG-Saarland VVPSchG-BW

VwVG-Niedersachsen VwZVG-Thüringen

23

Bremisches Schulgesetz (BremSchulG) Schulgesetz für Baden-Württemberg (SchG) Niedersächsisches Gesetz über Schulen für Gesundheitsfachberufe und Einrichtungen für die praktische Ausbildung (NSchGesG) Hamburgisches Schulgesetz (HmbSG) Hessisches Schulgesetz Schulgesetz des Landes Sachsen-Anhalt (SchulG LSA) Schulgesetz für das Land Mecklenburg-Vorpommern (Schulgesetz – SchulG M-V) Niedersächsisches Schulgesetz (NSchG) Schulgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (Schulgesetz NRW – SchulG) Schulgesetz (SchulG) Sächsisches Schulgesetz Schleswig-Holsteinisches Schulgesetz (Schulgesetz  – SchulG) Thüringer Schulgesetz (ThürSchulG) Verordnung über Schulen in freier Trägerschaft (SchifT-VO) Gesetz Nr. 812 zur Ordnung des Schulwesens im Saarland (Schulordnungsgesetz – SchoG) Verordnung des Kultusministeriums und des Ministeriums für Ernährung und Ländlichen Raum zum Vollzug des Privatschulgesetzes (Vollzugsverordnung zum Privatschulgesetz – VVPSchG) Niedersächsisches Verwaltungsvollstreckungsgesetz (NVwVG) Thüringer Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz (ThürVwZVG)

Einführung A. Thematischer Hintergrund „Das gesamte Schulwesen steht unter der Aufsicht des Staates.“ Mit dieser knappen Feststellung legt das Grundgesetz in Art. 7 I den Grundstein für das, was viele als staatliche Schulhoheit1 bezeichnen. Dem Staat soll damit zwar kein ausschließliches, im Umfang dagegen weitreichendes Bestimmungsrecht über das Schulwesen zustehen. Die staatliche Schulhoheit beschreibe die Rechte des Staates zur Planung, Organisation, Leitung und Beaufsichtigung des Schulwesens und umfasse das Recht zur Errichtung einzelner Schulen sowie die Festlegung der Unterrichtsziele und Unterrichtsinhalte.2 Der Staat habe hieraus einen eigenständigen Bildungs- und Erziehungsauftrag.3 Diese Schulhoheit des Staates – historisch sogar Schulherrschaft genannt4 – erstreckt das Grundgesetz ausweislich des Wortlauts auf das „gesamte Schulwesen“.5 Es scheint, als ob die Verfassung die sonst so neuralgische Abgrenzung zwischen staatlicher und gesellschaftlicher Beteiligung im Bereich der schulischen Erziehung einseitig zugunsten des Staates entscheiden würde. Dieser auf den ersten Blick etatistischen Festlegung des Grundgesetzes entspricht in Deutschland die weitestgehend verfestigte gesellschaftspolitische Meinung, die Gewährleistung der Bildung sei eine Kernaufgabe des Sozialstaats.6 In politischen Diskussionen spielen Alternativen zum öffentlichen Schulwesen selten eine bedeutende Rolle. Auch die Ausbildung der Lehrerinnen und Lehrer7 folgt in 1 Zum Begriff siehe Stern, FS Knöpfle, 333 (340 ff.); Starck, in: Krautscheidt / Marré, Esse­ ner Gespräche, 9. 2 BVerfGE 26, 228 (238); 34, 165 (182); 47, 46 (80); 52, 223 (239); 59, 360 (378); 90, 60 (114); Badura, in: Maunz / Dürig, Art. 7 Rn. 4; vgl. auch Brosius-Gersdorf, in: Dreier, Art. 7 Rn. 44; Jestaedt, in: Isensee / K irchhof, HdBStR VII, § 156 Rn. 38 und bereits Anschütz, Verfassung, Art. 144 Rn. 1. 3 BVerfGE 34, 165 (182 ff.); 47, 46 (71); 62, 223 (235 ff.), 93, 1 (21); statt aller Thiel, in: Sachs, Art. 7 Rn. 22. 4 Vgl. Anschütz, Verfassung, Art. 144 Rn. 1. 5 Darunter fallen grundsätzlich auch die privaten Schulen, s. hierzu statt aller BVerfGE 27, 195 (200); Brosius-Gersdorf, in: Dreier, Art. 7 Rn. 41; Thiel, in: Sachs, Art. 7 Rn. 16; Jarass, in: Jarass / Pieroth, Art. 7 Rn. 3. 6 Vgl. Bertelsmann Stiftung, infas, 2; vgl. auch Wißmann, VERW 2012, 307 (309 ff.); Jach, Schulvielfalt, 7. 7 In dieser Arbeit wird auf die Verwendung des generischen Maskulinums, soweit es geht, verzichtet. Stattdessen werden beide Geschlechtsbezeichnungen verwendet, soweit nicht die geschlechtsspezifische Hervorhebung bezweckt ist oder soweit die Bezeichnung nicht ohnehin geschlechtsneutral bzw. im gegebenen Kontext personenunabhängig ist (der Schulträger,

26

Einführung

haltlich wie organisatorisch den Festlegungen des Staates für „sein“ Schulsystem.8 Privatschulen9 gelten trotz ihrer zunehmenden Beliebtheit in Deutschland weiterhin als eher exotisch. Müssen sich Politikerinnen und Politiker dafür rechtfertigen, dass sie das lokale Angebot einer Privatschule dem Angebot einer öffentlichen Schule vorziehen,10 kann man kaum davon sprechen, dass beide Schulsysteme als gleichwertig und gleichberechtigt wahrgenommen werden. Als Debattenthemen über Privatschulen scheinen die Sorge vor einem Eliteschulsystem für Kinder privilegierter Eltern11 sowie die Angst vor gesellschaftlichen Absonderungstendenzen durch hohe Schulgelder zu dominieren.12 Auch politisch ist dieses vermeintliche Unbehagen gegenüber der nichtstaatlichen Konkurrenz zum „eigenen“ Schulwesen spürbar.13 Während früher Kürzungen der Subventionen für Ersatzschulen als

der Adressat etc.). Nichtbinäre Menschen sind „mitgemeint“, auch wenn mir klar ist, dass dies eine unbefriedigende Lösung darstellt – Niclas Stock. 8 Di Fabio, Staatliche Infrastrukturverantwortung, 19 ff. 9 In Wissenschaft und Praxis scheint kein Konsens über die Bezeichnung der nichtstaat­ lichen Schulen zu bestehen. Während das Grundgesetz von „privaten Schulen“ (Art.  7 IV 1 GG) und „öffentlichen Schulen“ (Art. 7 III 1 GG) spricht, hat sich in den Landesschulgesetzen die „Schule in freier Trägerschaft“ durchgesetzt (exemplarisch: § 139 ff. SchG-Niedersachsen). Als Selbstbezeichnung scheinen die meisten privaten Schulen diese Bezeichnung zu bevorzugen, wobei auch die „Freie Schule“ Verwendung findet. Bei der Bezeichnung als „Privatschule“ schwinge eine gewisse negative Konnotation mit, die sich mit der umgangssprachlichen Nähe des Privaten zum Elitären und Exklusiven erklären lasse (so Hufen, Staatsrecht II, § 32 Rn. 25), der die „öffentliche“, also „allen zugängliche“ Schule nicht ausgesetzt scheint. Erkennt man hierein eine sprachliche Bevorzugung der staatlichen Schule, liegt die Wahl der Alternativbezeichnung nahe, zumal auch in anderen Bereichen von „freien Trägern“ gesprochen wird (dagegen grundsätzlich Richter, in: AK-GG, Art. 7 Rn. 25 ff.). Ohne eine umfassende Stellungnahme abgeben zu wollen, spricht dennoch einiges für die Beibehaltung des tradierten Begriffspaares „privat“ und „öffentlich“, zumindest im rechtswissenschaft­lichen Kontext. Zum einen bleibt die sprachliche Verbindung zum Grundgesetz erhalten, zum anderen bringt nur dieses Begriffspaar die Dichotomie zwischen staatlich / öffentlich auf der einen Seite und privat auf der anderen Seite deutlich zum Vorschein (s. ausführlich Kösling, Private Schule, 32; Avenarius / Hanschmann, Schulrecht, Rn. 15.11). Auf der anderen Seite verbleibt eine sprachliche Ungenauigkeit hinsichtlich der Schulen der Religionsgemeinschaften, die als privat einzuordnen sind, obwohl es sich bei ihren Trägern um Körperschaften des öffent­ lichen Rechts handelt. Eine gelegentlich vorgeschlagene Bezeichnung als „öffentliche Schule in freier / privater oder staatlicher Trägerschaft“ (Vogel, DÖV 2011, 661 (670 f.); zustimmend Rux, Schulrecht, Rn. 1180) ist dem Einwand der Kontraintuitivität ausgesetzt, solange das Grundgesetz und die Schulgesetze von öffentlichen Schulen sprechen und damit solche in staatlicher Trägerschaft meinen. Daher ist in dieser Untersuchung weiterhin der grundgesetzliche Begriff der „Privatschule“ mit dem Gegenstück der entweder „öffentlichen“ oder synonym „staatlichen Schule“ wertungsfrei weiterzuverwenden. 10 Siehe jüngst zum Fall der Ministerpräsidentin Mecklenburg-Vorpommerns Spiegel Online, 05. 09. 2017. 11 Vgl. Kraul, in: Kraul, Private Schulen, 9 (11). 12 Vgl. Helbig / Nikolai / Wrase, Leviathan 45 (2017), 357 (359 ff.) und Wrase / Helbig, NVwZ 2016, 1591. 13 Vgl. Kraul, Dossier: Privatschulen.

A. Thematischer Hintergrund

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staatliches Einflussmittel auf der Tagesordnung standen,14 ist heute ein Trend erkennbar, der weiteren Ausbreitung des Privatschulwesens rechtlich zu begegnen, etwa durch intensivere Aufsichtsausübung.15 Insbesondere im Rahmen des demografischen Wandels kommt vielerorts die Besorgnis zutage, dass öffentliche Schulangebote den Privaten weichen müssten, wenn nicht regulatorische Maßnahmen ergriffen werden.16 Private Schulträger bemängeln ferner, dass Behörden diese in der Praxis häufiger wie öffentliche Schulen behandeln, wodurch eigener Gestaltung wenig Raum bliebe.17 Dieser zumindest gedankliche „Vorrang“ der öffentlichen Schule lässt sich in Zahlen18 ausdrücken. Seit 1992 hat sich die Anzahl der Privatschulen zwar fast verdoppelt, gleichwohl besuchte 2018/2019 bloß jede 11. Schülerin bzw. jeder 11. Schüler eine allgemeinbildende oder berufsbildende Privatschule, wobei es große Unterschiede in den Bundesländern gibt.19 Im internationalen Vergleich ist der „Marktanteil“ in Deutschland unterdurchschnittlich.20 Insgesamt sind hierzulande 14 % aller Schulen in nichtstaatlicher Trägerschaft.21 Der Anteil am Schulwesen ist bei den berufsbildenden Schulen (25 %) erheblich höher als bei allgemeinbildenden Schulen (11 %). Den größten Anteil im allgemeinbildenden Schulwesen22 haben private Schulen bei Abendgymnasien (30,4 %), Abendrealschulen (29,8 %) und Förderschulen (23,6 %). 17,3 % der regulären Gymnasien, 17,1 % der Realschulen und 13,2 % aller integrierten Gesamtschulen sind in privater Trägerschaft, dagegen nur 8 % der Hauptschulen und 5,8 % aller Grundschulen.23 Ein kurzer Blick auf die Träger im Privatschulwesen zeigt auf, dass es sich bei den Schulen nicht um eine homogene Gruppe handelt. Im Wesentlichen lassen sich die Trägerschaften unterteilen in die konfessionellen Schulen, die überwiegend katholische und

14

Vogel, DÖV 2008, 895. Hierzu besonders deutlich Klein, Privatschulen in Deutschland, 66. 15 Siehe den weitestgehend verworfenen Versuch des Landes Niedersachsen zur Neuausrichtung der Schulaufsicht, Niedersächsische Landesschulbehörde, Neuausrichtung. Einordnung bei Brosius-Gersdorf, Schulaufsicht, passim. 16 Vgl. Pecker, LKV 2013, 486 (489 und passim); zum Realbefund und den Folgen des demografischen Wandels Pieroth / Barczak, in: Avenarius / Pieroth / Barczak, Herausforderung, 71 (75 ff.); allgemein Brosius-Gersdorf, Demografischer Wandel, 9 ff.; 82 ff. 17 Vgl. etwa Stein / Roell, Handbuch, 108; Vogel, RdJB 1983, 170 ff.; Brosius-Gersdorf, VERW 2012, 389 ff. 18 Zu den Daten s. Statistisches Bundesamt, Private Schulen 18/19, S. 10 ff. 19 In Schleswig-Holstein besuchen 4,4 %, in Sachsen 14,7 % der Schülerinnen und Schüler eine Privatschule. 20 In Dänemark besuchten 2009 23 %, in Belgien 69 %, in den Niederlanden 66 % und im OECD-Schnitt etwa 18 % eine Privatschule, s. Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Public and Private Schools, 12. 21 Die Abweichung von der Schülerinnen- und Schülerzahl folgt aus den oft kleineren Klassen an Privatschulen, vgl. Statistisches Bundesamt, Private Schulen 18/19, S. 17. 22 Im berufsbildenden Schulwesen ist die Schulform weniger aussagekräftig als der spezifische Bildungsgang. 23 Statistisches Bundesamt, Private Schulen 18/19, S. 50.

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evangelische Träger haben, die nichtkonfessionell reformpädagogisch orientierten Schulen (Freie Waldorfschulen, Herman-Lietz-, Montessori- und andere Alternativschulen) und die sonstigen Privatschulen (etwa unternehmensgetragene Schulen oder Schulen in Elternträgerschaft). Nach Angaben der Trägerorganisationen24 existierten 2015 insgesamt 904 Schulen (allgemeinbildend und berufsbildend) in katholischer Trägerschaft25 und 1135 evangelische Schulen im Schuljahr 2018.26 Von den insgesamt etwa 5800 Privatschulen27 sind Ende 2017 etwa 2000 Schulen im Verband Deutscher Privatschulverbände e. V. (VDP) organisiert28 und 252 im Bund der Freien Waldorfschulen (2020).29 Während die konfessionellen Privatschulen lange Zeit die absolute Mehrzahl ausmachten, scheinen die ungebundenen Schulen mittlerweile in der Überzahl zu sein.30 Dem entsprechen die elterlichen Begründungsmuster für die Wahl einer privaten Schule, bei denen „subjektiv empfundene Strukturmängel der öffentlichen Schulen“ eine immer größere Rolle gegenüber anderen Begründungen spielen.31 Gleichwohl ist die konfessionelle Prägung der Schule nach wie vor signifikant für die Schulwahlentscheidung.32 So sehr das Schulwesen als staatliche Aufgabe wahrgenommen werden mag und so sehr Art. 7 I GG dies nahelegt, gewährleistet das Grundgesetz in Abkehr hiervon das Recht zur Errichtung privater Schulen. Das BVerfG versteht Art. 7 IV GG als „Absage an ein staatliches Schulmonopol“ und gleichzeitig „eine der freiheitlich demokratischen Grundordnung entsprechende Entscheidung gegen eine Benachteiligung gleichwertiger Ersatzschulen im Verhältnis zu staatlichen Schulen allein wegen ihrer andersartigen Erziehungsformen und -Inhalte.“33 Privatschulen böten Raum für die Entfaltung der Weltanschauungs- und der Gewissensfreiheit der Eltern und könnten die Erprobung neuer Bildungsziele und Erziehungsmethoden durch einen „eigenverantwortlich geprägten und gestalteten Unterricht […] im Hinblick auf Erziehungsziele, die weltanschauliche Basis, die Lehrmethode und Lehrinhalte“ begünstigen, was das Grundgesetz als Grundrecht garantiere.34 Auch im eher auf staatliche Bildungsverantwortung ausgerichteten Grundgesetz

24

Zu Bedenken ist, dass viele Privatschulen nicht in einem Verband organisiert sind, vgl. Avenarius / Hanschmann, Schulrecht, Rn. 15.148. 25 Arbeitskreis katholischer Schulen in freier Trägerschaft, Katholische Schulen (Statistik). 26 Evangelische Kirche in Deutschland, Statistik, 5. 27 Statistisches Bundesamt, Private Schulen 18/19, S. 10. 28 Verband Deutscher Privatschulverbände, Anzahl Privatschulen. 29 Bund der Freien Waldorfschulen, Waldorfschulen weltweit. 30 Noch 2009 hatten die konfessionellen Schulen einen leichten Vorsprung, s. Autorengruppe Bildungsberichterstattung, Bildungsbericht 2010, 67. 31 Füssel / L eschinsy, in: Cortina / Baumert et al., Bildungswesen, 132 (199). 32 Köppe, WSI Mitteilungen 2012, 206 (212). Dagegen besteht zwischen der Präferenz für ein bestimmtes pädagogisches Profil zwar ein positiver Zusammenhang, jedoch keine Signifikanz für die Wahl einer Privatschule. 33 BVerfGE 75, 40 (62); vgl. auch BVerfGE 34, 165 (197 ff.). 34 BVerfGE 27, 195 (199 ff.); 88, 40 (46); 90, 107 (114); vgl. Loschelder, in: Merten / Papier, HGR IV, § 110 Rn. 73; Badura, in: Maunz / Dürig, Art. 7 Rn. 102; Thiel, in: Sachs, Art. 7 Rn. 61.

B. Gegenstand der Untersuchung

29

haben Privatschulen ihren verfassungsrechtlichen Freiraum, wenngleich dieser für Ersatzschulen (Art. 7 IV 2–4 GG) und Volksschulen (Art. 7 V GG) unmittelbar beschränkt ist.35 Die Freiheit der „freien“ Schule und das Bedürfnis nach staatlichem Einfluss stehen gesellschaftlich und verfassungsrechtlich im Spannungsverhältnis. Die Bereicherungsfunktion alternativer Bildungskonzepte und die Wirkung der Privatschule als Kompensationsmöglichkeit für wahrgenommene Unzulänglichkeiten im öffentlichen Schulwesen36 kann eine zu starke staatliche Lenkung konterkarieren. Zurückgenommene Kontrollen konstituieren dagegen möglicherweise eine Gefahr für den Bildungserfolg der jungen Generation37 oder begünstigen die gesellschaftliche Spaltung durch Absonderungstendenzen begüterter Gesellschaftsschichten.38 Die Frage nach privater Freiheit im Bildungswesen ist daher nicht bloß eine rechtliche, sondern ebenso eine politische, eine sozial- und bildungswissenschaftliche und eine ökonomische. Zur Notwendigkeit verstärkter oder gelockerter Schulaufsicht wird in dieser Untersuchung daher keine Stellung bezogen. Sie versteht sich vielmehr als ein Puzzlestück bei der Ermittlung der rechtlichen Grenzen des staatlichen Einflusses in Form der Aufsicht über Schulen – diesen „bürokratischen Zuteilungsapparatur[en] von Lebens-Chancen“ in der berühmten Formulierung Helmut Schelskys39.

B. Gegenstand der Untersuchung I. Rechtliche Problemstellung Private Schulen haben im Grundgesetz eine besondere Stellung. Auf der einen Seite sind sie Adressat einer eigenen grundrechtlichen Freiheitsverbürgung, die sie von sonstigen erwerbswirtschaftlich agierenden Akteurinnen und Akteuren absetzt. Im Gegensatz zu anderen grundrechtlichen Gewährleistungen beschränkt sich die Verfassung aber nicht auf die Normierung eines einfachen oder qualifizierten Gesetzesvorbehalts zur Privatschulfreiheit, sondern sie regelt unmittelbar eine Genehmigungspflicht für „private Schulen als Ersatz für öffentliche Schulen“. Dieses Schicksal teilt mit den sog. Ersatzschulen lediglich das Verbot der Herstellung, Beförderung und des Inverkehrbringens von Kriegswaffen nach Art. 26 II GG. Das Grundgesetz bestimmt Reichweite und Grenzen des staatlichen Einflusses auf das private Schulehalten präziser, als dies zum Rahmenordnungscharakter der Verfas-

35

Dazu sogleich Erster Teil B. I. Zu dieser Funktion der Privatschule Weiß, Allgemeinbildende Privatschulen, 48. 37 Vgl. Pieroth / Barczak, in: Avenarius / Pieroth / Barczak, Herausforderung, 71 (79). 38 BVerfGE 75, 40 (63 ff.). Zu empirischen Befunden Weiß, Allgemeinbildende Privatschulen, 51 ff. 39 Schelsky, Schule, 18. 36

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sung40 passt. Dazu gehört, dass neben der formellen Genehmigungspflicht auch die materiellen Voraussetzungen der Betriebserlaubniserteilung geregelt sind (Art. 7 IV 3–4 GG). Ersatzschulen haben nur einen Genehmigungsanspruch, wenn sie in „Lehrzielen und Einrichtungen sowie der wissenschaftlichen Ausbildung ihrer Lehrkräfte nicht hinter öffentlichen Schulen zurückstehen und eine Sonderung der Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern nicht gefördert wird.“ Sie dürfen nicht genehmigt werden, „wenn die wirtschaftliche und rechtliche Stellung der Lehrkräfte nicht genügend gesichert ist“. Nur unter diesen Voraussetzungen ist an einer bestimmten Privatschule die Schulpflicht erfüllbar.41 Die Schülerinnen und Schüler sind sonst zum Besuch einer öffentlichen Schule gehalten. Den von der Genehmigungspflicht nicht erfassten und von der Schulpflicht ausgeschlossenen Ergänzungsschulen verbleibt als zweite Privatschulart ein verhältnismäßig kleiner Aktionsbereich.42 Der Staat sichert sich verfassungsunmittelbar und bundeseinheitlich einen nicht zu unterschätzenden Einflussbereich auf das private (Ersatz-) Schulwesen. Gleichzeitig überantwortet das Grundgesetz die staatliche Aufsicht, das Privatschulrecht und das öffentliche Schulwesen im Wesentlichen dem Landesrecht.43 Die statuierten Genehmigungsvoraussetzungen bestimmen von vornherein überwiegend keine eigenen Standards, sondern eine Akzessorietät44 zu öffentlichen Schulen in den einzelnen Ländern, hinter denen die Ersatzschulen „nicht zurückstehen“ dürfen. Darüber hinaus birgt der Begriff der Ersatzschule eine Bindung an das Landesrecht und die dort zu ersetzenden Schulen in sich.45 Diese Gemengelage ist nicht nur praktisch, sondern auch aus Sicht des Verfassungsrechts interessant. Zum einen ist das Verhältnis des weitreichenden Art. 7 I GG zu den Bestimmungen über Privatschulen nicht auf den ersten oder zweiten Blick ersichtlich. „Schulhoheit“ über das „gesamte Schulwesen“ und grundrechtliche Privatschulfreiheit schließen sich aus.46 Will das Grundgesetz keine Ausnahme von der allgemeinen Grundrechtsdogmatik statuieren, ist Art. 7 I GG zu dieser Privatschulfreiheit in Relation zu setzen und nicht als „Deus ex Machina“ zur Einflussnahme auf die privaten Schulen unbesehen heranzuziehen. Verkom 40

Zu dieser Einordnung der Verfassung s. nur Lang, in: Isensee / K irchhof, HdBStR XII, § 266 Rn. 21. 41 BVerfGE 75, 49 (76); vgl. Rux, Schulrecht, Rn. 1185; 271 ff. Ausnahmen werden aber zahlreicher. 42 „Ersatzschulen sind Privatschulen, die nach dem mit ihrer Errichtung verfolgten Gesamtzweck als Ersatz für eine in dem Land vorhandene oder grundsätzlich vorgesehene öffentliche Schule dienen sollen. Sie unterscheiden sich damit von den Ergänzungsschulen, für die vergleichbare öffentliche Schulen in der Regel nicht bestehen und in denen der Schulpflicht nicht genügt werden kann.“ BVerfGE 27, 195 (201 ff.); 75, 40 (76); 90, 128 (139). Zur Abgrenzung von Ersatz- und Ergänzungsschule im Landesrecht später Erster Teil C. I. 2. c). 43 BVerfGE 6, 309 (354 ff.); 53, 185 (195 ff.); 59, 360 (377); 75, 40 (66 ff.); statt aller Badura, in: Maunz / Dürig, Art. 7 Rn. 26; zu den Ausnahmen und verbleibenden Kompetenzen des Bundes näher Erster Teil C. I. 1. a). 44 Statt aller Brosius-Gersdorf, in: Dreier, Art. 7 Rn. 114. 45 Siehe die Nachweise in Einführung, Fn. 42. 46 Vgl. Seel, Religionsunterricht, 153.

B. Gegenstand der Untersuchung

31

plizierend sind in diesem Rahmen auch die unmittelbaren Einschränkungen für Ersatzschulen, bei denen zu fragen ist, welche Kautelen das Grundgesetz hierdurch dem Staat bei Gestaltung des Ersatzschulrechts und Anwendung der Schulaufsicht auferlegt. Da die Privatschulfreiheit für Ersatzschulen im Vergleich zu anderen Grundrechten die Besonderheit eines leistungsrechtlich formulierten Anspruchs aufweist, die Kriterien auf der anderen Seite aber teilweise erst durch Anschauung des Landesrechts bestimmbar sind, lohnt der bisher kaum angestellte Abgleich mit der allgemeinen Grundrechtslehre, um Gewissheit über die Bedeutung dieser Bestimmungen als Grenzen oder Schranken des Grundrechts zu erhalten. Aus den Genehmigungsvoraussetzungen, dem Ersatzschulbegriff und dem Aufsichtsvorbehalt einerseits, der Privatschulfreiheit anderseits ergibt sich verfassungsunmittelbar ein Handlungskorridor für staatlichen Einfluss auf die Ersatzschule – die staatliche Aufsicht über Ersatzschulen. Mit dieser Aufsicht über Ersatzschulen und dem staatlichen Einflussrecht beschäftigt sich die vorliegende Untersuchung unter primär verfassungsrechtlichen, länderübergreifenden Erwägungen. Im Mittelpunkt steht das Spannungsverhältnis aus grundrechtlicher Freiheitsausübung und staatlicher Verantwortung für das Bildungswesen und die sich hieraus ergebenen Direktiven für die konkrete Anwendung des Landesschulrechts. Herausgearbeitet wird, nach welchen Maßgaben die Behörden auf die Schulgestaltung einwirken können und die Pflichten der Schulen überwachen dürfen. Ausgangspunkt ist dabei – trotz „Schulherrschaft“ – der eher auf nachträgliche Kontrolle gerichtete Begriff der Aufsicht.47 Aufsicht ist ein Teilbereich staatlicher Steuerung; zu Letzterer gehört sämtliche Normgebung in einem bestimmten Bereich.48 Im Allgemeinen ist Aufsicht die in die Phasen des Beobachtens, Prüfens und Einschreitens zu untergliedernde Staatstätigkeit der Kontrolle eigenverantwortlicher Aufgabenerfüllung.49 Dieser Aufsichtsbegriff ist vor dem Hintergrund der umfassenden grundrechtlichen Feststellungen allerdings nicht auf den Blickwinkel der rein überwachenden Tätigkeit der Behörden und der ihnen dafür zur Verfügung stehenden Mittel zu verengen. Eine Befassung mit Aufsichtsregimen bzw. deren Grenzen muss sich damit auseinandersetzen, welchen rechtlichen Maßstäben die Aufsichtsbehörden folgen,50 d. h. welche Pflichten sie überhaupt von Aufsichtsunterworfenen verlangen (können).51 Aufsicht und normative Steuerung sind zwei Seiten einer Medaille.52 Für die Ersatzschulen gilt das umso mehr, als deren spezifische Grundrechtsgewährleistungen die Fragen nach den zulässigen und unzulässigen landesrechtlichen Konkretisierungen und Ein 47

Zum Aufsichtsbegriff sogleich Erster Teil A. Vgl. Kahl, Staatsaufsicht, 355 ff. 49 Jestaedt, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle, GVwR I, § 14 Rn. 59. 50 Allgemein Thiele, Finanzaufsicht, 203; Stein, Wirtschaftsaufsicht, 3 ff.; Salzwedel, VVDStRL 22 (1965), 206 (209 ff.; 222); ausführlicher unter Erster Teil A. IV. 51 Zu diesem Begriffsverständnis vgl. BSGE 89, 235 (239 ff.) und Becker, BayVBl 1996, 609 (615). 52 Becker, BayVBl 1996, 609 (611 ff.). 48

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schränkungen aufwerfen, d. h. der näheren Bestimmung der von den Ersatzschulen anzuwendenden und von den Behörden zu überwachenden öffentlich-rechtlichen Pflichten, die sich entweder aus der Transformation der unbestimmten Rechtsbegriffe ins Landesrecht oder erst deren Anwendung im Einzelfall ergeben.53 Um umfassend zum staatlichen (nachträglichen) Aufsichtsrecht Stellung zu nehmen, muss man sich daher damit befassen, welche Befugnisse die Länder zur abstraktgenerellen Steuerung des Ersatzschulwesens haben. Da gleichzeitig nicht alle Genehmigungsvoraussetzungen oder alle Anforderungen an das private Schulehalten – und damit das ganze Privatschulrecht – inhaltlich beleuchtet werden können, wird eine eher systematisch orientierte und vergleichsweise abstrakte Antwort auf die Reichweite des staatlichen Einflussrechts gewählt: Nicht im Mittelpunkt steht die konkrete Auslegung der einzelnen Genehmigungskriterien, sondern deren Stellung im Grundrechtssystem und die daraus folgenden Maßgaben für die umsetzende Behörden- oder Gesetzgebungstätigkeit. Im Ergebnis geht die Untersuchung den Möglichkeiten und Grenzen der staatlichen Einflussnahme auf Ersatzschulen durch verwaltungsrechtliche Aufsicht und der dieser zugrundeliegenden gesetzlichen Grundlagen nach. Dabei stehen die Verfassungsbestimmungen für Privatschulen und deren Stellung im Grundrechtssystem im Mittelpunkt. Sowohl die Einordnung der Privatschulfreiheit und ihrer Schranken in ein allgemeines System der Grundrechte als auch die der Ersatzschulaufsicht in ein allgemeines Aufsichtssystem dienen dazu, die Verwaltungstätigkeit gegenüber den Ersatzschulen, wo es möglich ist, in „gewohnte“ verfassungs- und verwaltungsrechtliche Bahnen zu lenken. Gedanklicher Ausgangspunkt ist die Annahme, dass die Aufsicht über Ersatzschulen aufgrund ihrer verfassungsrechtlichen Begründung zwar Besonderheiten hat, sie im Ergebnis aber wohl keine derart vom sonstigen Verfassungs- und Verwaltungsrecht separate Materie ist, dass unter Berufung auf die „Aufsicht“ oder die Schulverantwortung der Länder ein staatlicher Einfluss nach Belieben begründbar ist. Für diese Fragen der Aufsicht über Ersatzschulen bietet das Grundgesetz Anhaltspunkte, Lösungen und Direktiven, gleichzeitig aber auch Spielräume – für Schulen und für den Staat.

II. Eingrenzung des Untersuchungsgegenstands Trotz der im Ausgangspunkt weiten Betrachtungsweise des Themas „Aufsicht“ ergeben sich einige für die maßgebliche verfassungsrechtliche Fragestellung wichtige Einschränkungen des Untersuchungsgegenstands. Die erste Einschränkung betrifft den Blickwinkel des untersuchten Rechts mit der Beschränkung auf staatliche Aufsicht. Zwar ist – wie ausgeführt – auch der Blick auf den Aufsichtsmaßstab notwendig und es ist an dieser Stelle nicht auszu-

53

Vgl. Becker, BayVBl 1996, 609 (611 ff.); vgl. auch Fuß, VVDStRL 23 (1966), 199 (219 ff.).

B. Gegenstand der Untersuchung

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schließen, dass Art. 7 I GG im Privatschulwesen einen anderen Bedeutungsgehalt der Aufsicht verbirgt, im Mittelpunkt der Untersuchung steht Aufsicht als Begriff jedoch im verwaltungsrechtlichen Sinne und erst in zweiter Linie im Sinne des Art. 7 I GG, soweit dieser weitergehend sein sollte. Das ist kein Widerspruch zum verfassungsrechtlichen Ansatz der Untersuchung, beschränkt diesen aber auf seine Relevanz für das verwaltungsrechtliche Phänomen „Aufsicht“. Da somit primär das verwaltungsbehördliche Vorgehen maßgeblich ist, wird die Steuerung („Regulierung“)54 der Ersatzschulen durch Normgebung, d. h. durch generell-abstrakte Pflichtenbegründung, im Rahmen des Aufsichtsmaßstabs behandelt. Nicht zu untersuchen sind Pflichten, über die der Staat keine verwaltungsrechtliche Schulaufsicht ausübt. Die gewählte Perspektive des Aufsichtsrechts steht zum einen im Fokus, weil die Aufsichtsausübung einen eher vernachlässigten Blickwinkel auf das Ersatzschulrecht einnimmt. Zum anderen ergeben sich konkrete Rechtspflichten und schulische Unterrichtsvorgaben oft nicht aus landeseigenen Gesetzen und Verordnungen,55 sondern aus den konkreten Anforderungen und Vorgaben der Aufsichtsbehörden gegenüber den Einzelschulen im Aufsichtsprozess.56 Weiterhin beschränkt sich diese Arbeit auf Ersatzschulen. Nur an Ersatzschulen richtet das Grundgesetz die Genehmigungspflicht und die materiellen Genehmigungskriterien. Ersatzschulen kommen im allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulwesen, Ergänzungsschulen mit einigen Ausnahmen überwiegend im berufsbildenden Schulwesen vor.57 Ergänzungsschulen sehen sich auch dogmatisch einer anderen Konstellation gegenüber. Sie sind zwar von der Privatschulfreiheit erfasst,58 aber nicht speziell geregelt, sodass sich ein anderes Verhältnis von Grundrecht und Schranken ergibt als bei den Ersatzschulen. Die Ersatzschulen sind hiermit zwar lediglich eine Teilmenge der Privatschulen (Ersatz- und Ergänzungsschulen)59, hiervon jedoch die mit großem Abstand bedeutendste und die Teilmenge, bei welcher der Umfang der staatlichen Aufsicht mit Hinblick auf das Verfassungsrecht klärungsbedürftig ist. Ergänzungsschulen werden daher nur da behandelt, wo die Abgrenzung für die Aufsicht über Ersatzschulen Erkenntnisse liefern kann. Nicht eingrenzend, sondern viel eher klarstellend ist auf die Unterscheidung zwischen der „nur“ genehmigten Ersatzschule im Sinne des Grundgesetzes und der anerkannten Ersatzschule im Sinne des Landesrechts hinzuweisen. Mit der

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Der Regulierungsbegriff soll hier nur verdeutlichen, dass „jede gewollte staatliche Beeinflussung gesellschaftlicher Prozesse“ (Eifert, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle, GVwR I, § 19 Rn. 5) im Ausgangspunkt der Steuerungs- bzw. Aufsichtsmaßstabsdiskussion stehen muss. Zum Regulierungsbegriff später Erster Teil A. IV. 55 Zum Landesrecht ausführlich Erster Teil C. 56 Vgl. zur Rolle der Schulaufsicht Vogel, RdJB 2009, 346 (346 ff.). 57 Avenarius / Hanschmann, Schulrecht, Rn. 15.71. 58 Vgl. Jarass, in: Jarass / Pieroth, Art. 7 Rn. 31; Robbers, in: v. Mangoldt / K lein / Starck, Art.  7 Rn. 190 ff. 59 Kümper, VerwArch 2016, 120.

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Anerkennung beleihen die Länder nach st. Rspr. die Ersatzschule für das Abhalten von Prüfungen und die Verleihung von Berechtigungen mit öffentlich-rechtlicher Wirkung.60 Weil die Anerkennung der Ersatzschule sowohl in der Praxis äußerst relevant ist61 als auch dogmatische Fragen hinsichtlich der Privatschulfreiheit und ihrer Schranken aufwirft, klammert auch diese Untersuchung die anerkannte Ersatzschule nicht aus. Im geltenden Landesrecht ist die Anerkennung als freiwilliges Plus62 zur Genehmigung ausgestaltet, weshalb Ausgangspunkt der Betrachtung stets zunächst die „nur“ nach Art. 7 IV 2–4 GG genehmigte, allgemeine Ersatzschule ohne „Zeugnisrecht“ ist. Abweichungen für anerkannte Ersatzschulen werden gesondert ausgeführt. Gleiches gilt für Ersatzschulen im Volksschulbereich nach Art. 7 V GG.63 Eine letzte Einschränkung des Untersuchungsgegenstands ergibt sich aus der primär abwehrrechtlichen Perspektive auf das staatliche Aufsichtsrecht. Schon früh hat die Rechtsprechung erkannt, dass das Einhalten der grundgesetzlichen Genehmigungsstandards in einem sich immer verbessernden Schulsystem mit Kosten verbunden ist, die Ersatzschulen regelmäßig nicht aus eigener Kraft erbringen können, wenn gleichzeitig das Sonderungsverbot die Einnahmesituation der Schulträger beschränkt. Das BVerfG sieht daher im Grundgesetz die verfassungsrechtliche Pflicht der Landesgesetzgeber zur Förderung der Institution Ersatzschule begründet, die in der Regel in einer Pflicht zur Beteiligung der Länder an den Kosten des Schulehaltens resultiert.64 Die Länder sind dem gefolgt und halten durchgängig individuelle Ansprüche der einzelnen Ersatzschule auf finanzielle Förderung durch den Staat vor.65 Dabei sehen sich die Förderpflicht und der deren Voraussetzungen gestaltende Gesetzgeber grundsätzlich einem weitgehenden Gestaltungsspielraum gegenüber.66 Da faktisch alle Ersatzschulen Finanzhilfe in Anspruch nehmen und auf diese angewiesen sind, ist die Frage nach der Zulässigkeit eingrenzender Finanzhilfevoraussetzungen praktisch äußerst relevant. Legt das Schulgesetz beispielsweise die steuerrechtliche Gemeinnützigkeit des Schulträgers67 oder die Anerkennung der Ersatzschule als Finanzhilfevoraussetzungen68 fest, handelt es sich damit de facto um weitere Voraussetzungen der Genehmigung, da ohne Finanzhilfe

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BVerfGE 27, 195 (202); Rux, Schulrecht, Rn. 1290 ff. Ogorek, DÖV 2010, 341 (345); Stern, Staatsrecht, Bd. IV/2, 535. 62 Wißmann, in: BK-GG, Art. 7 III Rn. 204. 63 Siehe dazu Zweiter Teil E. I. 1. 64 BVerfGE 75, 10 (67); 90, 107 (117); 112, 74 (84): kein subjektiver Leistungsanspruch der einzelnen Ersatzschule. Kritisch bzgl. der Eingrenzung durch das Gericht etwa Brosius-Gersdorf, in: Dreier, Art. 7 Rn. 108. 65 Siehe die laufend aktualisierte Übersicht Kultusministerkonferenz, Finanzierung der Privatschulen in den Ländern. 66 Vgl. BVerfGE 75, 40 (66 ff.); 90, 107 (116); 112, 74 (84); BVerwG, Urt. v. 21. 12. 2011 – 6 C 18/10, juris (Rn. 14). 67 Beispielsweise § 28 PSchG-RLP. 68 § 149 I SchG-Niedersachsen; § 28 I PSchG-RLP; § 18 SchG-LSA. 61

B. Gegenstand der Untersuchung

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die restlichen Voraussetzungen nicht erfüllbar sind.69 Dieses Junktim aus Finanzhilfe und Genehmigung war schon Theodor Heuss bewusst – dem „Schöpfer“ der Privatschulfreiheit im Grundgesetz -, weshalb er die Subvention von Privatschulen als Eingriff in deren Freiheit „erbittert“ ablehnte.70 Die Perspektive der Schutz- und Förderpflicht ist jedoch dogmatisch eine leistungsrechtliche71 und passt aus diesem Grund nicht in die Konzeption dieser Untersuchung. Die Grenzen der Gestaltungsfreiheit des Staates bei der Schutz- und Förderpflicht bleiben eine offene Flanke.

III. Zum Stand in Rechtsprechung und Literatur Das Schulrecht gilt seit jeher als rechtlich vergleichsweise unterbeleuchtete Materie,72 von der das Privatschulrecht wohl sogar näher untersucht ist als das öffentliche.73 Verhältnismäßig viel Literatur und Rechtsprechung gibt es zum konkreten Inhalt der einzelnen Genehmigungsvoraussetzungen und zu einzelnen Gewährleistungen des Grundrechts. Aufgrund der angesprochenen starken verfassungsrechtlichen Überformung dieses Rechtsgebiets befassen sich auch praxisorientierte Handbücher74 mit den Bestimmungen des Grundgesetzes. Da die inhaltlich-syste­ matische Analyse des Grundrechts der Privatschulfreiheit einen wichtigen Teil der Untersuchung ausmacht, wird die einschlägige Literatur und Rechtsprechung zu diesem Teilbereich (Zweiter Teil B. I.) auf die dortige dogmatische Fragestellung näher untersucht. Der Aufsicht über Privatschulen widmeten sich 1968 und 1969 die Dissertationen von Schlaf und K. Becker.75 Beiden ist gemein, dass die grundrechtliche Betrachtung der Privatschulfreiheit dort eine eher untergeordnete Rolle spielt und primär die verwaltungsrechtlichen Bedingungen der Aufsicht im Mittelpunkt stehen. Der vorliegend verfolgte Ansatz konzentriert sich dagegen vor allem auf die übergreifenden verfassungsrechtlichen Grundlagen der Aufsicht, die sich im Übrigen

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„Die generelle Hilfsbedürftigkeit privater Ersatzschulen ist heute ein empirisch gesicherter Befund“ BVerfGE 74, 40 (67). 70 Becker, Neue Sammlung 1988, 355 (360 ff.). 71 Müller / Pieroth / Fohmann, Leistungsrechte, 172 ff. Möglicherweise hat die Finanzhilfe mittelbare Auswirkung auf das Abwehrrecht, siehe dazu Jestaedt, in: Isensee / K irchhof, HdBStR VII, § 156 Rn. 51; Brosius-Gersdorf, DÖV 2017, 881 (883 f.; 887). Auch dann verbleibt es aber bei der über das Abwehrrecht hinausgehenden Herleitung der Finanzhilfe. 72 Ein „Dogmatisierungsdefizit“ im Schulrecht stellt Barczak, Übergang, 50 fest. 73 Viele rechtliche Erörterungen und Gerichtsurteile befassen sich mit der hier ausgeklammerten Finanzhilfe. 74 Nennenswert sind insbesondere Keller / Krampen (Hrsg.), Das Recht der Schulen in freier Trägerschaft, 2014; Vogel, Das Recht der Schulen und Heime in freier Trägerschaft, 3. Aufl. 1997; Jach, in: Jach / Vogel / K nudsen, BEFT, Ziff. 20 und früh Heckel, Deutsches Privatschulrecht, 1955 sowie allgemein zum Schulrecht Avenarius / Hanschmann, Schulrecht, 9. Aufl. 2019 und Rux, Schulrecht, 6. Aufl. 2018. 75 Schlaf, Die Aufsicht über Privatschulen, 1968; Becker, Aufsicht über Privatschule, 1969.

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Einführung

seitdem noch näher herauskristallisiert haben. Gegenüber gutachterlichen Behandlungen,76 Aufsätzen77 oder der Befassung der Kommentarliteratur78 mit der Ersatzschulaufsicht versucht diese Untersuchung weniger aus einzelnen landesrechtlichen Regelungen herzuleiten, als vielmehr die Anforderungen an die verwaltungsrechtliche Aufsichtsausübung herzustellen und mit den Erkenntnissen der allgemeinen Grundrechtslehren sowie dem allgemeinen Aufsichtsrecht abzugleichen. Weitere Werke, die sich mit Schulaufsicht beschäftigen, behandeln im Wesentlichen Themenfelder des öffentlichen Schulwesens, z. B. die Festlegung von Bildungs- und Erziehungszielen, die Autonomie der staatlichen Schule gegenüber der Aufsicht79 oder allgemein mit der Stellung des Staates im Schulwesen.80 Am ehesten vergleichbar zu dem verfolgten Ansatz ist die Untersuchung F. Müllers, der 1982 das Grundrecht der Privatschulfreiheit in den Mittelpunkt einer Betrachtung des Schulrechts Nordrhein-Westfalens gestellt hat. Obwohl dieses Werk heute noch als Referenzwert zum Grundrecht in Art. 7 IV 1 GG gelten kann,81 behandelt Müller ein breiteres Themenfeld und weniger die spezifischen Bestimmungen der Verfassung für das Aufsichtsrecht im verwaltungsrechtlichen Sinne. Im Gegensatz dazu stellt der vorliegend gewählte Untersuchungsansatz eher die staatliche Perspektive auf die Einflussmittel in den Vordergrund, weshalb auch die vergleichende Betrachtung mit anderen Aufsichtsregimen Erkenntnisse liefern kann. Darüber hinaus ist – im Vergleich zu den von Müller untersuchten und teils weitgehenden Anpassungsregelungen im damals geltenden Schulrecht – den Landesgesetzgebern und Gerichten heute ein weiterentwickeltes und ausdifferenziertes Verständnis der Privatschultätigkeit zu attestieren. Schon daher bedarf es einer Auseinandersetzung mit den Grenzen der staatlichen Aufsicht unter diesen neuen Vorzeichen und für daraus resultierende neue Fragestellungen.

76 Brosius-Gersdorf, Schulaufsicht über Schulen in freier Trägerschaft in Niedersachsen, Gutachten, 2017. 77 Vogel, FS Müller, 251–263; Baron, R&B 2006, 2; Brosius-Gersdorf, R&B 2016, 2; Becker, BayVBl 1996, 609; Pieroth, RdJB 1984, 471. 78 Nennenswert zum Thema Aufsicht etwa Wißmann, in: BK-GG, Art. 7 III Rn. 233 ff.; Robbers, in: v. Mangoldt / K lein / Starck, Art.  7 Rn.  204 ff.; Brosius-Gersdorf, in: Dreier, Art. 7 Rn. 44 ff.; Jach, in: Jach / Vogel / K nudsen, BEFT, Ziff. 20 sowie einige landesschulrechtliche Kommentare, z. B. Brockmann, in: Brockmann / Littmann / Schippmann, § 167 Rn. 1 ff.; oder Galas / Krömer / Nolte / Ulrich, § 167 Rn. 1 ff. 79 Nicht abschließend: Hanschmann, Staatliche Bildung und Erziehung, 2017; Gröb, Die rechtsfähige öffentliche Schule, 2014; Müller, Schulische Eigenverantwortung und staatliche Aufsicht, 2006; v. Campenhausen, Erziehungsauftrag und staatliche Schulträgerschaft, Die rechtliche Verantwortung für die Schule, 1967; Hennecke, Staat und Unterricht, Die Festlegung didaktischer Inhalte durch den Staat im öffentlichen Schulwesen, 1971; Thiel, Der Erziehungsauftrag des Staates in der Schule, 1999. In Aufsatzform etwa: Heckel, DÖV 1952, 617; Kloepfer, DÖV 1971, 837; Stern, FS Knöpfle, 333–349; Evers, VVDStRL 23 (1966), 147; Fuß, VVDStRL 23 (1966), 199. 80 Jach, Schulvielfalt als Verfassungsgebot, 1991. 81 Zustimmend Richter, RdJB 1983, 220.

B. Gegenstand der Untersuchung

37

Weitere monografische Auseinandersetzungen finden sich zu einzelnen Aspekten des Privatschulrechts: zur anerkannten Ersatzschule,82 der Geltung des Gesetzesvorbehalts,83 den Rechtsverhältnissen im Privatschulrecht,84 dem Schul- und Ersatzschulbegriff85 sowie dem Inhalt oder der Anwendung einzelner Genehmigungsvoraussetzungen.86 Ansatzpunkte für das Grundrechtsverständnis der Privatschulfreiheit bieten ferner die gutachterlichen Auseinandersetzungen zwischen Avenarius und Pieroth / Barczak87 über die Fragen einer über Art. 7 IV 3–4 GG hinausgehenden Genehmigungsversagung für Privatschulen, wenn diese bestehende oder zu gründende öffentliche Schulen „gefährden“. Auch unter Betrachtung der Rechtsprechung kann man nicht von einem vollständig erschlossenen System der staatlich-aufsichtlichen Einflussnahme auf Ersatzschulen sprechen. Das Bundesverfassungsgericht hat sich zwar in Urteilen zur staatlichen Finanzhilfe,88 zur Zulässigkeit oder Wahl bestimmter privater Schularten89 oder zur Anerkennung von Ersatzschulen90 indirekt zu Aufsichts- und Genehmigungsfragen geäußert. Es gibt, soweit ersichtlich, jedoch nur eine Entscheidung, in der die Schulaufsichtskompetenzen entscheidungserheblich gewesen wären91 und aus der sich keine systematischen Erkenntnisse zur Stellung des Art. 7 I GG im Privatschulwesen erkennen lassen. Einschlägige verfassungsrechtliche Probleme der Privatschulen stehen dagegen sowohl in vielen Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts92 als auch in unzähligen Entscheidungen der Instanzgerichte in Frage.93 Auch wenn diese Entscheidungen erheblich zur Klärung von Einzelfragen des Ersatzschulrechts beigetragen haben, sind originär aufsichtsrechtliche Befugnisse abseits der Genehmigung so gut wie nie Gegenstand gerichtlicher, geschweige denn höchstrichterlicher Erörterung gewesen. Die behördlichen Aufsichtsbefugnisse und die konkrete Rechtsanwendung, d. h. die Konkretisierung der 82

Seidel, Die Anerkennung der privaten Ersatzschule und ihre Auswirkungen auf das Privatschulverhältnis, 2004. 83 Avenarius, in: Deutscher Juristentag, Schule im Rechtsstaat, 155. 84 Plümer, Verfassungsrechtliche Grundlagen und Rechtsnatur der Privatschulverhältnisse, 1970. 85 Kösling, Die private Schule gemäß Art. 7 Abs. 4, 5 GG, 2005. 86 Pfau, Die verfassungsrechtlichen Anforderungen an Ersatzschullehrer, 1994; BrosiusGersdorf, Das Sonderungsverbot für private Ersatzschulen (Art.  7 Abs. 4 Satz  3 Halbsatz 2 GG), 2018; Doerfer-Kir, Verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen islamischer Erziehung in Privatschulen und Koranschulen in Deutschland, 2015; Seel, Religionsunterricht an bekenntnisfreien Ersatzschulen, 2009; Gesamtdarstellungen: Baldus, Freiräume der Schulen in freier Trägerschaft, 1998; Tillmanns, Die Freiheit der Privatschulen nach dem Grundgesetz, 2006. 87 Avenarius / Pieroth / Barczak (Hrsg.), Die Herausforderung des öffentlichen Schulwesens durch private Schulen – eine Kontroverse, 2012. 88 BVerfGE 75, 40; 90, 107; 90, 128; 112, 74. 89 Grundschulen: BVerfGE 88, 40; Abgrenzung Schule-/Fachhochschule: BVerfGE 37, 314; Recht auf Wahl einer bestimmten Privatschule: BVerfGE 34, 165. 90 BVerfGE 27, 195. 91 BVerfG, NVwZ 2011, 1384. 92 Etwa BVerwGE 12, 349; 17, 236; 27, 260; 40, 347; 68; 185; 90, 1; 104,1; 105, 20; 145, 333. 93 Ausführlich später Zweiter Teil B. I. 2.

38

Einführung

Aufsichtsmaßstäbe in anwendbare Vorgaben im „täglichen Geschäft“ der Landesschulverwaltungen, bleiben ein blinder Fleck und einer der umstritteneren Aspekte des Ersatzschulrechts,94 ebenso wie die in diesem Rahmen klärungsbedürftigen Aspekte der verbleibenden „Schulhoheit“ im Privatschulwesen.95 Dieser Einblick in die Literatur und Rechtsprechung hat gezeigt, dass eine systematische, an allgemeiner Grundrechtslehre und allgemeiner Aufsichtsdogmatik orientierte Betrachtung der Schulaufsicht über Ersatzschulen bisher fehlt und diese daher einen Beitrag zur Forschung leisten kann. Zum einen gilt es, die verfassungsrechtlichen Grundlagen der Schulaufsicht und der zugrundeliegenden Steuerung des privaten Schulwesens zu ergründen, zum anderen hieraus konkret anwendbare Vorgaben für die Landesgesetzgebung und Anwendung dieser Landesgesetze zu gewinnen.

C. Gang der Untersuchung Die Untersuchung gliedert sich in drei Teile. Der erste Teil legt die begrifflichen, historischen und das Landesrecht systematisierenden Grundlagen für die verfassungsrechtliche Betrachtung der Ersatzschulaufsicht im zweiten Teil. Hierfür wird sich zunächst dem rechts- und verwaltungswissenschaftlichen Begriff der staatlichen „Aufsicht“ und seinen Folgen für die Reichweite des zu untersuchenden Rechtsgebiets angenommen (Erster Teil A.). Da die „Schulaufsicht“ eine hiervon teilweise losgelöste Bedeutung hat, ist diese im Kontext der historischen Rolle des Staates als Zentralakteur des gesamten Bildungswesens zu präzisieren und ein Blick auf weitere Steuerungsformen im Schulwesen zu werfen (Erster Teil B.). Daran anknüpfend gilt es, den Bestand des für Ersatzschulen geltenden Aufsichtsrechts in den Privatschulgesetzen und -verordnungen der Länder aufzuzeigen und zu systematisieren, um hieraus die verfassungsrechtlichen Problemstellungen näher herauszuarbeiten (Erster Teil C.). Der zweite Teil untersucht die gegenständlich umgrenzte Aufsicht über die Ersatzschulen auf ihre verfassungsrechtlichen Facetten. Die dargestellten Forschungslücken geben Anlass dazu, die Dogmatik des Art. 7 IV 1 GG und dessen Verhältnis zu Art. 7 I GG grundsätzlich, ausführlich und mit Fokus auf die Erkenntnisse der allgemeinen Grundrechtslehre zu betrachten. Nachdem zunächst die Bedeutung der Landesverfassungen und Völkervertragsbestimmungen für das Schulwesen erörtert wird (Zweiter Teil A.), gilt es, sich daraufhin Grundrechtsdimensionen, Funktionen der Normbestandteile der Verfassungsnorm sowie grundrechtlichem und institutionellem Schutzbereich des Art. 7 IV 1 GG zu widmen (Zweiter Teil B.). Daraufhin wird die so bestimmte Privatschulfreiheit in Relation zu Art. 7 I GG und seinem spezifischen Gehalt für die Ersatzschulen gesetzt (Zweiter 94 95

Vgl. Vogel, FS Müller, 251 (252). Vgl. Becker, BayVBl 1996, 609 (612).

C. Gang der Untersuchung

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Teil C.). Erst aus der Schnittmenge hieraus, d. h. anhand der zu ermittelnden Rechtsstellung der Ersatzschulen nach dem Grundgesetz, sind die Bindungen des Gesetzgebers und der Verwaltung bei der Einflussnahme auf die privaten Ersatzschulen näher ergründbar. Durch diese Bindungen wird bestimmbar, wo die Länder verfassungsrechtlich gebunden sind und wo sie Spielräume für neue Pflichten, Aufsichtsmittel oder Konkretisierungen haben (Zweiter Teil D.). Besonderheiten in der Rechtsstellung der Volksschulen, anerkannter oder kirchlicher Ersatzschulen werden separat behandelt (Zweiter Teil E.). Der dritte Teil ergründet aus diesen Erkenntnissen zur Rechtsstellung der Ersatzschule im Grundgesetz konkrete Anwendungsdirektiven und Spielräume für die staatliche Aufsichtsausübung und die Normierung des Landesrechts. Solche Maßgaben ergeben sich für zulässige Aufsichtsziele (Dritter Teil A.), Aufsichtsmodi (Dritter Teil B.), Objekte, Adressaten, Subjekte und subjektiv Berechtigte der Aufsicht (Dritter Teil C.), die Grenzen der Aufsichtsmaßstäbe (Dritter Teil D.) sowie im Besonderen für die Anwendung der (vorhandenen) Instrumente zum Vollzug der Normen (Dritter Teil E.). Die Untersuchung schließt mit einer bewertenden Betrachtung der staatlichen Aufsichtstätigkeit im Rahmen der verfassungsrechtlichen Vorgaben sowie einer Zusammenfassung der Ergebnisse.

Erster Teil

Grundlagen der staatlichen Aufsicht über Ersatzschulen und über das „gesamte Schulwesen“ Die Bildungs- und Erziehungstätigkeit des Staates und seiner Schulen und die Verwaltungstätigkeit der Schulaufsichtsbehörden ließen sich noch nie als bloßer Vollzug von Normen kategorisieren.1 Evident macht das der rechtlich aufgeladene und später dogmatisch noch näher zu hinterfragende Begriff der staatlichen Schulaufsicht in Art. 7 I GG. Gedanklicher Ausgangspunkt für die in diesem Teil zugrunde gelegte Betrachtung der staatlichen Aufsichtstätigkeit und deren Reich­ weite ist zunächst die klassische Auslegung des Art. 7 I GG durch das Bundesverfassungsgericht: „Schulaufsicht im Sinne des Art. 7 Abs. 1 GG umfaßt die Befugnis des Staates zur Planung und Organisation des Schulwesens mit dem Ziel, ein Schulsystem zu gewährleisten, das allen jungen Bürgern gemäß ihren Fähigkeiten die dem heutigen gesellschaftlichen Leben entsprechenden Bildungsmöglichkeiten eröffnet. Die organisatorische Gliederung der Schule und die strukturellen Festlegungen des Ausbildungssystems, das inhaltliche und didaktische Programm der Lernvorgänge und das Setzen der Lernziele sowie die Entscheidung darüber, ob und wieweit diese Ziele von dem Schüler erreicht worden sind, gehören zu dem staatlichen Gestaltungsbereich“.2

Schulaufsicht ist hiernach mehr als die staatliche Aufsicht über Versicherungsunternehmen oder die Kommunalaufsicht.3 Faktisch sind große Aspekte der nach BVerfG definierten Schulaufsicht eher der Leistungsverwaltung zuzurechnen,4 weshalb sich der Begriff der staatlichen Schulverantwortung5 durchzusetzen scheint, der das Potpourri an staatlichen Rechten (primär den Bildungs- und Erziehungsauftrag)6 und Pflichten zu vereinen sucht. Selbst wenn man im Kontext der Grundrechtsstellung von Privatschulträgern zum Schluss kommen sollte, dass die beschriebenen umfassenden staatlichen Rechte und Pflichten in Bezug auf das Privatschulwesen zu modifizieren sind, 1

Langenfeld, VERW 2007, 348 (365); vgl. auch Thym, RdJB 2009, 278 (278 ff.); Evers, VVDStRL 23 (1966), 147 (177 ff.); Wißmann, VVDStRL 73 (2013), 82 (Diskussionsbeitrag). 2 BVerfGE 59, 360 (377). 3 Vgl. VerfGH Bayern, DVBl. 1995, 419; Müller, in: Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht III (Vorauflage), § 88 Rn. 190. 4 Thym, RdJB 2009, 278. 5 Zuerst bei Gröschner, in: Dreier (Vorauflage), Art. 7 Rn. 23; dem folgen u. a. Jestaedt, in: Isensee / K irchhof, HdBStR VII, § 156 Rn. 38 ff.; Hufen, Staatsrecht II, § 32 Rn. 4. 6 Siehe nur Thiel, Erziehungsauftrag, passim und später Zweiter Teil C. I. 3.

A. Aufsicht 

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kann man den Einfluss des staatlichen Schulwesens auf Privatschulen im Allgemeinen und auf Ersatzschulen aufgrund ihrer Akzessorietät7 im Besonderen nicht leugnen oder ausblenden. Die Festlegungen im öffentlichen Schulwesen sollen hierdurch indirekt ebenfalls beachtlich sein.8 So gehen weder bildungspolitische Trends noch die rechtlichen Entscheidungen des Staates für sein eigenes Bildungssystem spurlos an den Ersatzschulen vorbei. Schließlich ist auch die Aufsicht über Ersatzschulen keine von diesem allgemeinen Schulaufsichtsbegriff oder vom sonstigen Aufsichtsrecht losgelöste Entwicklung. Art. 7 I GG erstreckt sich auf das „gesamte Schulwesen“. Selbst bei thematischer Beschränkung auf Ersatzschulen muss man daher den gesamten Kontext der allgemeinen staatlichen Aufsicht im Sinne einer weiter verstandenen Steuerung des „gesamten“ Schulwesens betrachten. Der folgende Teil legt hierfür die Grundlagen auf begrifflicher, rechtsfaktischer und historischer Ebene sowie zunächst unter Betrachtung des „allgemeinen“ Aufsichtsrechts.

A. Aufsicht – Begriff und Grundzüge eines „allgemeinen“ Aufsichtsrechts Der Staat übt in vielen Situationen Aufsicht über bestimmte Personen, Stellen oder Sachverhalte aus, sodass es kein alle Bereiche gleichermaßen erfassendes, einheitliches Aufsichtsrecht gibt. Im Gegensatz zum lediglich verwaltungswissenschaftlichen Oberbegriff der staatlichen Steuerung kommt der Aufsicht in Grenzen trotzdem auch dogmatische Bedeutung zu. Sowohl die lediglich ordnende Begriffseingrenzung als auch dieses verbleibende „allgemeine“ Aufsichtsrecht gilt es nachfolgend herauszuarbeiten.

I. Gesetzessprachlicher, heuristischer Aufsichtsbegriff Aufsicht ist ein ambivalenter Begriff. Das Grundgesetz verwendet den Aufsichtsbegriff an mehreren Stellen, ohne ihn zu definieren. Art. 84 III GG regelt im Fall der Ausführung der Bundesgesetze durch die Länder die Aufsicht durch die Bundesregierung „daß die Länder die Bundesgesetze dem geltenden Rechte gemäß ausführen“. Im Fall der Bundesauftragsverwaltung umfasst diese Aufsicht nach Art. 85 IV GG neben der Recht- auch die Zweck­mäßigkeit der Behördenentscheidungen.9 Abseits der Bundesaufsicht findet der Aufsichts­begriff in Art. 87 II 210, 7

Siehe nur Brosius-Gersdorf, in: Dreier, Art. 7 Rn. 114. Zur Akzessorietät im Landesrecht Erster Teil C. II. 3. a). 9 Das Grundgesetz regelt an dieser Stelle neben der Aufsichtsunterworfenheit der Länder auch den Modus der Aufsicht, vgl. Klein, in: Maunz / Dürig, Art. 37 Rn. 38. 10 Art. 87 II 2 GG geht unausgesprochen von einem Aufsichtsverhältnis des Staates zu den körperschaftlich organisierten Sozialversicherungsträgern aus, vgl. Ibler, in: Maunz / Dürig, Art. 87 Rn. 186. 8

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1. Teil: Grundlagen der staatlichen Aufsicht über Ersatzschulen 

Art. 130 III11 und in Art. 7 I, III 2 GG Verwendung. Keinerlei Erwähnung findet der Bereich der Aufsicht über private Tätigkeit, mit Ausnahme der Privatschulen gem. Art. 7 I, IV, V GG,12 obwohl die Wichtigkeit der Aufsicht über Private und deren Anteil am Aufsichtsrecht nicht zu unterschätzen ist.13 Ein allgemeines Begriffsverständnis von Aufsicht lässt sich aus diesen fragmentarischen Regelungen nicht ableiten.14 Übergreifende Bedeutung hat die angelegte Unterscheidung zwischen Rechts- und Fachaufsicht; Begrifflichkeiten, die sich in zahlreichen Gesetzen wiederfinden. Während die Rechtsaufsicht die Einhaltung der rechtlichen Vorschriften sicherstellen soll, ist die Behörde im Rahmen der Fachaufsicht auch zur Intervention aufgrund eigener Zweckmäßigkeitsüberlegungen ermächtigt; ihr steht ein Weisungsrecht bezogen auf die Fachaufsichtsmaterie zu.15 Aufsicht ist ein materiell überlagerter Begriff, der prinzipiell erst durch weitere Konkretisierung Aufschluss über die im Raum stehenden staatlichen Befugnisse ermöglicht.16 Abseits des Grundgesetzes findet der Begriff der Aufsicht in zahlreichen unterschiedlichen Rechtsregimen Verwendung. Zu denken ist zunächst an die Kommunalaufsicht, die Hochschulaufsicht oder die Aufsicht über Sozialversicherungsträger,17 die gemein haben, dass es sich bei ihnen um in gewisser Weise verselbstständigte Verwaltungsträger handelt.18 Einige Landesorganisationsgesetze benutzen „Aufsicht“, um das Verhältnis zwischen unter- und übergeordneten Behörden zu bezeichnen.19 So bestimmt bspw. § 11 LandesorganisationsG-NRW: „Die nachgeordneten Landesbehörden unterstehen der Dienstaufsicht und der Fachaufsicht.“ Dienstaufsicht umfasst die Personalangelegenheiten, den Aufbau und die Geschäftsführung der Behörden, während die Fachaufsicht sich auf die recht- und zweckmäßige Erfüllung der Aufgaben erstreckt.20 Auch Spezialgesetze formulieren ein Aufsichtsverhältnis zwischen (landes-)unmittelbaren Behörden.21 Außerhalb der unmittelbaren Staatsverwaltung existieren Aufsichtsvorschriften über

11

Als Übergangsvorschrift ist Art. 130 III GG für diese Arbeit nicht relevant. Zu dieser Einordnung auch Boysen, in: v. Münch / Kunig, Art. 7 Rn. 53 ff. 13 Vgl. Langheid, in: Langheid / Wandt, Nr. 100 Rn. 1 ff. 14 Vgl. Kahl, Staatsaufsicht, 350 f.; Groß, DVBl 2002, 792. 15 Vgl. statt aller Gröpl, in: Maunz / Dürig, Art. 90 Rn. 68; Bull / Mehde, Allg. VwR, 391 ff.; Kluth, in: Wolff / Bachof et al., Verwaltungsrecht II, § 85 Rn. 82; § 96 Rn. 159. 16 Evident ist dies auch im Fall der kommunalen Selbstverwaltung. Das „Wie“ des Aufsichtsrechts des Staates bestimmt sich maßgeblich aufgrund der Verfassungsgarantie des Art. 28 II GG und der Reichweite des Gesetzesvorbehalts, vgl. BVerwGE 2, 320; Mehde, in: Maunz / Dürig, Art. 28 II Rn. 108; Kahl, Staatsaufsicht, 351. 17 Beispielhaft § 170 KomVG-Niedersachsen; § 51 Niedersächsisches Hochschulgesetz; § 87 SGB IV. 18 Vgl. Kahl, Staatsaufsicht, 401; 357. 19 Vgl. Pieper, Aufsicht, 15 ff. 20 §§ 12, 13 LandesorganisationsG-NRW; ähnlich § 11 LandesorganisationsG-Brandenburg. 21 Zum Beispiel bestimmt § 94 POG-Niedersachsen die Rechts- und Dienstaufsicht des Innen­m inisteriums über die Polizeibehörden; vgl. mit weiteren Beispielen Groß, DVBl 2002, 792 (795). 12

A. Aufsicht 

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beliehene Unternehmen22 und über privatautonome Tätigkeit, z. B. im Bereich der Finanzmarktaufsicht, im Personenbeförderungswesen, dem Energiewesen, der Stiftungsaufsicht und über Privatschulen, aber auch die Tätigkeit der Baubehörden gilt als „Aufsicht“.23 An dieser Stelle stellt sich die Frage, welche Gemeinsamkeiten diese erkennbar unterschiedlichen Regelungsbereiche haben. Kahl24 hat durch umfassende historische Betrachtung des Aufsichtsbegriffs nachgewiesen, dass es den einen Aufsichtsbegriff als dogmatische Kategorie nicht gibt. Aufsicht ist vielmehr eine Rechtskategorie, die bereichsübergreifend nur heuristisch erfassbar ist. Für eine dogmatische Betrachtung bedarf es daher einer weiteren Auffächerung des Aufsichtsbegriffs.25 Nichtsdestotrotz bietet eine kurze Untersuchung des verbleibenden, lediglich heuristischen Aufsichtsbegriffs des positiven Rechts einen Mehrwert. Zum einen lässt sich ein grundlegend funktionales Verständnis der Aufsicht herleiten, das als sprachliche Basis dienen kann, zum anderen können die Gemeinsamkeiten der Rechtsregime als vorsichtige Vergleichsgrundlage26 dienen und anhand der Unterschiede die Zulässigkeit von Aufsichtsinstrumenten und Aufsichtsgrenzen näher erörtert werden.27 Aufsicht in diesem (d. h. sprachlichen) Sinne ist in Anlehnung an Triepel28 formal-zweckbezogen zu definieren als „die Gesamtheit staatlicher Handlungen, die zum Zwecke haben, das Verhalten der dem Staate Unterstellen in Übereinstimmung mit einem feststehenden Richtmaß zu setzen oder zu erhalten“. Aufsicht in diesem Sinne ist durch vier wesentliche Begriffsmerkmale29 geprägt, die man aber nicht dahingehend interpretieren sollte, dass sie abschließend alle Manifestationen der staatlichen Überwachung und Kontrolle umfassen:

22 § 13 Kraftfahrsachverständigengesetz über die Aufsicht über die Technische Prüfstelle (TÜV und DEKRA). 23 Vgl. beispielhaft § 6 Kreditwesengesetz; § 54 Personenbeförderungsgesetz; § 65 Energiewirtschaftsgesetz; § 10 Niedersächsisches Stiftungsgesetz; § 167 SchG-Niedersachsen; § 57 II Niedersächsische Bauordnung. 24 Kahl, Staatsaufsicht, 349; 11 ff. und passim, der den verbleibenden Begriff als „heuristisch“ bezeichnet. 25 Siehe hierzu sogleich Erster Teil A. II.; zur h. M., nach der es kein homogenes Rechtsinstitut der Staatsaufsicht oder Aufsicht allgemein gibt, vgl. Anschütz, in: Anschütz / T homa, Handbuch des Deutschen Staatsrechts, Bd. 1, § 32 S. 363 ff.; Triepel, Reichsaufsicht, 395; 170 ff. Kahl, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle, GVwR III, § 47 Rn. 97; bezogen auf die Wirtschaftsaufsicht Schmidt, Öffentliches Wirtschaftsrecht, § 7 I 1 b. 26 Ähnlich Thiele, Finanzaufsicht, 9 f.; Mösbauer, Staatsaufsicht, 62 ff. 27 Pieper, Aufsicht, 136; Kahl, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle, GVwR III, § 47 Rn. 97; vgl. auch Bullinger, VVDStRL 22 (1965), 264 (268). 28 Triepel, Reichsaufsicht, 111; 121; vgl. auch Kahl, Staatsaufsicht, 353; Huber, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle, GVwR III, § 45 Rn.  12. 29 Zitiert nach Huber, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle, GVwR III, § 34 Rn. 14. Huber führt weiterhin das Kriterium der Zielgerichtetheit an, was aber im Wesentlichen mit der Zweckgebundenheit identisch ist.

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1. Teil: Grundlagen der staatlichen Aufsicht über Ersatzschulen 

1. Das Bestehen eines Aufsichtssubjekts und eines Aufsichtsobjekts. 2. Ein Subordinationsverhältnis zwischen Aufsichtsobjekt und -subjekt. 3. Gewisse Eigenverantwortlichkeit des Objekts gegenüber dem Subjekt. 4. Ausführung der Aufsicht durch Beobachtung, Überprüfung30 und Berichtigung (Zweckgebundenheit). Aufsichtsobjekt kann nach diesem Verständnis sowohl eine staatliche Instanz, also in der Regel ein untergeordneter oder verselbstständigter Verwaltungsträger, als auch eine (juristische)  Person des Privatrechts sein.31 Dagegen scheidet der Begriff der Aufsicht aus, wenn ein Phänomen lediglich beobachtet werden soll. Beispielsweise kann man ein Marktsegment beobachten, nicht aber beaufsichtigen, da der Staat nur gegenüber den individuellen Marktteilnehmern, nicht gegenüber „dem Markt“ eine Korrektur vornehmen kann.32 Aufsichtssubjekt ist stets eine hoheitliche Instanz, ggf. ein von dieser beliehener Dritter.33 Das Subordinationsverhältnis kann sich sowohl auf das Verhältnis zwischen Staat und Bürger als auch auf das Verhältnis von Staat und Staat beziehen. Erforderlich ist, dass die aufsichtsführende Instanz die rechtlichen Mittel besitzt, um ihre Positionen ohne Mitwirkung Dritter gegenüber dem Aufsichtsobjekt geltend zu machen.34 Weiterhin muss das Aufsichtsobjekt gegenüber dem Subjekt in gewisser Weise eigenverantwortlich handeln.35 Das liegt unstreitig vor, wenn die Aufsicht ein grundrechtlich geschütztes Verhalten betrifft.36 Bei staatlichen Aufsichtsadressaten ist dies jedenfalls dort gegeben, wo Verwaltungshandeln verselbstständigt ist. Das trifft zum Beispiel auf alle Selbstverwaltungsträger zu.37 Eigenverantwortlichkeit kann auch bei hierarchisch untergeordneten Behörden gegenüber der höherrangigen Be 30

Zur Überprüfungsphase als notwendiges Element von Beobachtung und Berichtigung vgl. Kahl, Staatsaufsicht, 355; Thiele, Finanzaufsicht, 13 ff. 31 Kahl, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle, GVwR III, § 47 Rn. 93; 113 ff., der den Aufsichtsbegriff zugleich aber als „konturlos“ beschreibt; siehe dagegen Mösbauer, Staatsaufsicht, 3 ff.; Stein, Wirtschaftsaufsicht, 19 ff. Letztlich muss zwischen dem positivrechtlichen und dogmatischen Aufsichtsbegriff unterschieden werden. Als Sammelbezeichnung scheint der Begriff der „Aufsicht“ alternativlos. 32 Vgl. schon bei Triepel, Reichsaufsicht, 111. Siehe auch Ehlers, Ziele, 6 ff. 33 Vgl. Mösbauer, Staatsaufsicht, 3 Fn. 1 mit weiteren Nachweisen; Ehlers, Ziele, 5. Auch außerhalb der Staatlichkeit sind Aufsichtssubjekte denkbar, dabei handelt es sich aber um Aufsicht im weiteren Sinne, da es u. a. an dem Subordinationsverhältnis fehlt, vgl. Kahl, Staatsaufsicht, 364 Fn. 109. 34 Ehlers, Ziele, 4; Schröder, JuS 1986, 371; Kritik am etatistischen Verständnis der Subordination, siehe Gröschner, Überwachungsrechtsverhältnis, 46 ff. Zur Anwendbarkeit des Subordinationsverhältnisses auch in Fällen der sog. „kooperativen Staatsaufsicht“ vgl. Thiele, Finanzaufsicht, 17 ff.; 26 ff. 35 Vgl. Pieper, Aufsicht, 220 ff. in Bezug auf Triepel, Reichsaufsicht, 111. 36 Kahl, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle, GVwR III, § 47 Rn. 27 ff.; Pieper, Aufsicht, 220 ff.; vgl. auch Kluth, Funktionale Selbstverwaltung, 271; Burgi, in: Ehlers / P ünder, Allg. VwR, § 8 Rn. 41; Schröder, JuS 1986, 371. 37 Vgl. Nachweise in Erster Teil, Fn. 36.

A. Aufsicht 

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hörde vorliegen, wenn diese in erster Linie für die Entscheidungen zuständig sind. Dagegen fehlt es an der Eigenverantwortlichkeit, wenn Weisungen an einen nachgeordneten Geschäftsbereich ergehen.38 Die Eigenverantwortlichkeit ist primäres Abgrenzungskriterium zu mit der Aufsicht verwandten Rechtsphänomenen.39 Neben diesen eher allgemeinen und nicht trennscharfen Merkmalen gibt seit Triepel40 der Zweck der Tätigkeit (Zweckgebundenheit der Aufsicht) größeren Aufschluss über die Einordnung als Aufsicht.41 Daraus ergeben sich die drei Phasen der Aufsicht. Entscheidend ist, dass der Zweck der staatlichen Tätigkeit auf die Beobachtung, Überprüfung und ggf. Korrektur eines bestimmten Verhaltens gerichtet ist.42 Zunächst beinhaltet die Aufsicht die Phase der Beobachtung oder Überwachung des Aufsichtsobjekts durch das Aufsichtssubjekt. Die Beobachtung erfolgt in der Regel anlasslos und ist auf einfachgesetzlicher Ebene durch Regelungen zu Informationserhebungsrechten des Aufsichtssubjekts und Informationsbeschaffungs- oder Gewährungspflichten des Aufsichtsobjekts geprägt.43 Danach folgt die Phase der Überprüfung des Verhaltens mit dem Aufsichtsmaßstab, also z. B. dem geltenden Recht oder im Fall der Fachaufsicht mit behördlichen Zweckmäßigkeitserwägungen.44 Die Überprüfung ist logische Voraussetzung für die dritte Stufe der Aufsicht,45 nämlich die Berichtigung, Korrekturfunktion oder allgemeiner: die Verhaltenseinwirkung. In dieser Phase kann die Behörde in unterschiedlicher Form auf das Aufsichtsobjekt einwirken, um die festgestellte Abweichung vom Aufsichtsmaßstab abzustellen.46 Aufsicht ist Teil der Oberkategorie Kontrolle. Staatliche Kontrolle im weiteren Sinne beinhaltet sämtliche Tätigkeit, die mindestens aus den ersten beiden Aufsichtsphasen besteht. Aufsicht liegt vor, wenn die (potenzielle)  Korrektur nicht fakultativ ist.47 Kontrolltätigkeit kann daher durch Rechnungshöfe, das Parlament oder Gerichte ausgeübt werden.48 Der so formulierte und abgrenzbare Aufsichts 38

Kahl, Staatsaufsicht, 394 und vgl. die Nachweise in Erster Teil, Fn. 36. Siehe dazu insbesondere Erster Teil A. II. 2. 40 Triepel, Reichsaufsicht, 111 ff. 41 Vgl. Triepel, Reichsaufsicht, 120; Kahl, Staatsaufsicht, 355. Andere verstehen unter dem Begriff der Zweckgebundenheit die Notwendigkeit der Ausübung der Aufsicht im öffentlichen Interesse, siehe Huber, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle, GVwR III, § 45 Rn. 14. 42 Kahl, Staatsaufsicht, 353; vgl. auch Stein, Wirtschaftsaufsicht, 3 ff., der aber eine eigene „Funktionsschutztheorie“ zur dogmatischen Abgrenzung vorschlägt, siehe S. 14 ff. Vgl. ferner bereits Anschütz, in: Anschütz / T homa, Handbuch des Deutschen Staatsrechts, Bd. 1, 364; Meyer, Verwaltungsrecht, Bd. 2, § 59. 43 Triepel, Reichsaufsicht, 110 f.; Pieper, Aufsicht, 148 f.; Thiele, Finanzaufsicht, 12 ff. 44 Kahl, Staatsaufsicht, 355. 45 Kahl, Staatsaufsicht, 355. 46 Vgl. Kahl, Staatsaufsicht, 354 f.; Pieper, Aufsicht, 149; Thiele, Finanzaufsicht, 15 ff.; Bullinger, VVDStRL 22 (1965) (264); Berendes, Staatsaufsicht, 25. 47 Vgl. Kahl, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle, GVwR III, § 47 Rn. 15. 48 Mehde, VERW 2009, 379; vgl. Kahl, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle, GVwR III, § 47 Rn. 15. 39

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1. Teil: Grundlagen der staatlichen Aufsicht über Ersatzschulen 

begriff ist, wie gesagt, eine Umschreibung des positivrechtlichen Normenbestands. Als solcher erfasst er zunächst die rein innerstaatliche Kontroll- und Berichtigungstätigkeit. Aufsicht in diesem Sinn ist beispielsweise die Kommunalaufsicht, die Hochschulaufsicht oder die Sozialversicherungsaufsicht, also die Aufsicht über verselbstständigte Verwaltungsträger.49 Auch das Einschreiten im innerbehördlichen Instanzenzug (die Behördenaufsicht) erfüllt, jedenfalls dem Zweck nach, die Kriterien der Aufsicht,50 ebenso wie die Bundes- und Unionsaufsicht.51 Schließlich ist die „Untertanenaufsicht“, also die Aufsicht über Private, Aufsicht im dargelegten Sinne.52 Der Staat überwacht das Verhalten Privater mit hoheitlichen Mitteln und kann dies imperativ korrigieren. Insgesamt kann man anhand des heuristischen Aufsichtsbegriffs die Aufsicht als kontrollierende und korrigierende Staatstätigkeit vergleichsweise gut abgrenzen. Aufsicht in diesem Sinne ist gerade nicht allgemein als normierende bzw. Regeln festlegende Ordnung eines Sachverhalts zu verstehen. Aufsicht ist das Einfordern bestehender Regeln, wobei dieser Befund für die Fach- und Behördenaufsicht zunächst unter Vorbehalt gelten muss.53 Das Festlegen von Regeln ist dem Begriff staatlicher Steuerung zuzuordnen. Steuerung meint im verwaltungswissenschaftlichen Kontext „bewußtes Einwirken auf Organisationen – insbes. Menschen, ihre Umwelt, ihre Entscheidungssituation und ihre Entscheidungsabläufe  – zur Er­ reichung vorgegebener oder selbst gesteckter Ziele namentlich durch Zielsetzung, Planung, Information, Koordination, Motivation und Kontrolle“ und die zielgerichtete Systembeeinflussung.54 Da die Steuerung sowohl innen- wie außengerichtet sein kann,55 erfasst der Begriff die überwiegende Staatstätigkeit als Ordnung von Lebenssachverhalten und ist denkbar konturenlos. Gesellschaftswissenschaftlich ist Steuerung als politischer Prozess anerkannt, bei dem es vorrangig um die Erfüllung von Staatsaufgaben geht.56 Steuerung als Oberbegriff lässt sich unterteilen in die Lenkung (die in erster Linie die normgebende Tätigkeit umfasst und zielgestaltend sowie außengerichtet ist), Leitung (die verwaltungsinnenbezogen ist und auch „Direktion“ genannt wird) und die Kontrolle.57 Die Aufsicht findet sich ebenfalls unterhalb dieser Kategorien wieder.58 Steuerung besteht aus einem 49

Kahl, Staatsaufsicht, 365 ff. Pieper, Aufsicht, 150 ff. 51 Kahl, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle, GVwR III, § 47 Rn. 93; vgl. auch Burgi, in: Ehlers / P ünder, Allg. VwR, § 8 Rn. 39. 52 Pieper, Aufsicht, 151 f.; 155 ff.; Kahl, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle, GVwR III, § 47 Rn. 118; Schröder, JuS 1986, 371. 53 Siehe sogleich Erster Teil A. II. 2. und Erster Teil A. II. 3. 54 v. Mutius, VVDStRL 42 (1984), 147 (153); vgl. Kahl, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle, GVwR III, § 47 Rn. 11; aus der Perspektive der neuen Verwaltungsrechtswissenschaft Voßkuhle, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle, GVwR I, § 1 Rn. 20. 55 v. Mutius, VVDStRL 42 (1984), 147 (153). 56 Baer, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle, GVwR I, § 11 Rn. 7; 34 ff.; vgl. Voßkuhle, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle, GVwR I, § 1 Rn. 18. 57 Kahl, Staatsaufsicht, 355 ff. 58 Vgl. Kahl, Staatsaufsicht, 402 ff. 50

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Steuerungsobjekt (d. h. den gesteuerten Stellen), Steuerungssubjekt (i. d. R. eine staatliche Instanz), Steuerungszielen und Steuerungsmitteln.59 Auch wenn diese Begriffsbestimmung wenig zur dogmatischen Klärung beiträgt, kann sie helfen, die „Hebel“ des Staates allgemein und im Schulwesen zu ordnen.60

II. Dogmatisches Aufsichtsverständnis Der gezeigte gesetzessprachliche, heuristische Aufsichtsbegriff hat als lediglich ordnende Kategorie wenig dogmatische Aussagekraft. Deutlich wird das bereits, weil dieser die Kontrolltätigkeit gegenüber Aufsichtsobjekten mit unterschiedlicher Rechtsautonomie undifferenziert erfasst. So haben die Staaten (Bundes- und Unionsaufsicht), Selbstverwaltungsträger (Kommunen, Hochschulen), Behörden, Beliehene und grundrechtsberechtigte Private unter dem Grundgesetz unterschiedlich begründete und unterschiedlich weite Autonomiebereiche.61 Der Aufsichtsbegriff bedarf bereichsspezifischer Konkretisierung. 1. Dichotomie von Staatsaufsicht im weiteren Sinne und Aufsicht über Private Zunächst lassen sich alle Aufsichtsregime, die den Staat – d. h. mittelbare oder unmittelbare Staatsverwaltung  – als Objekt der Aufsichtstätigkeit haben, als Staatsaufsicht im weiteren Sinne bezeichnen.62 Staatsaufsicht ist nicht die Aufsicht, die durch den Staat ausgeübt wird, sondern Aufsicht, die sich im Innenbereich des Staates abspielt. Der verwaltungsrechtliche Aufsichtsbegriff beschränkt sich auf den Staat als Aufsichtssubjekt,63 sodass ein subjektbezogener („Staatsaufsicht“, weil der Staat die Aufsicht führt) Staatsaufsichtsbegriff tautologische Züge hätte.64 Die Nomenklatur ist vielmehr objektbezogen auszurichten. Es gibt keine „Staatsaufsicht über die Wirtschaft“, sondern Staatsaufsicht ist, ähnlich wie in anderen Aufsichtsregimen (Wirtschaftsaufsicht, Kommunalaufsicht, Bankenaufsicht, Behördenaufsicht, Schulaufsicht usw.), Aufsicht des Staates über den Staat.65 59

Voßkuhle, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle, GVwR I, § 1 Rn. 20; Spiecker, DVBl 2007, 1074 (1075). 60 Vgl. Spiecker, DVBl 2007, 1074 (1079). 61 Vgl. Kahl, Staatsaufsicht, 364 Fn. 109; Mösbauer, Staatsaufsicht, 39 ff. 62 Kahl, Staatsaufsicht, 364 f.; ähnlich Pieper, Aufsicht, 150 ff. 63 Siehe Nachweise in Erster Teil, Fn. 33. 64 Anderer Ansicht Mösbauer, Staatsaufsicht; Stein, Wirtschaftsaufsicht; Meyer, Staatsaufsicht. Für weitere Nachweise zur Begriffsbildung s. Kahl, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle, GVwR III, § 47 Rn. 93 Fn. 362. 65 Kahl, Staatsaufsicht, 364 f.; es ist allerdings nicht von der Hand zu weisen, dass mit Hinblick auf die Bundesaufsicht und Unionsaufsicht auch subjektbezogen definierte Begriffe bestehen.

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1. Teil: Grundlagen der staatlichen Aufsicht über Ersatzschulen 

Der Staat ist nicht einziges Objekt der Aufsicht. Neben der Aufsicht über den Staat existiert noch die beschriebene Aufsicht über den Nichtstaat, über Private. Die herrschende Lehre geht von einer Dichotomie der Begriffe Staatsaufsicht (im weiteren Sinne) auf der einen Seite und der Aufsicht über Private auf der anderen Seite aus, was diese im Wesentlichen mit der grundlegenden Unterscheidung von Staat und Gesellschaft begründet.66 Wichtigster Teil der Aufsicht über Private ist die Wirtschaftsaufsicht, weshalb in der Literatur hierauf ein (auch begrifflicher) Fokus liegt.67 Schwierigkeiten ergeben sich, weil die Wirtschaftsaufsicht nicht nur Grundrechtsträger, sondern auch staatliche Akteure umfassen kann, wenn diese am Wirtschaftsleben teilnehmen (z. B. im Fall der Sparkassen). In diesen Fällen kann eine weit verstandene Wirtschaftsaufsicht staatsaufsichtliche Befugnisse beinhalten.68 Die Literatur versteht die Wirtschaftsaufsicht dennoch überwiegend als Aufsicht über Private im Sinne einer Aufsicht über Grundrechtsträger.69 Die begriffliche Schwäche wird weiterhin deutlich, wenn man bedenkt, dass auch die Staatsaufsicht – im Fall der Beleihung – Private als Aufsichtsobjekt haben kann und umgekehrt Selbstverwaltungsrechte grundrechtlich begründet sein können.70 Gleichwohl ist die Aufsicht über Private als Gegenbegriff zur Staatsaufsicht hinreichend klar, wenn man Besonderheiten berücksichtigt. Prägendes und zugleich abgrenzendes Element dieser Aufsicht über Private ist daher das durch die allgemeine Grundrechtsstellung des Aufsichtsobjekts und den konkreten Grundrechtsschutz des beaufsichtigten Verhaltens determinierte Verhältnis zu den staatlichen Behörden. In dem Sinne ist die Aufsicht über Private wesensverschieden von der Staatsaufsicht.71 Verbindendes Element zur Staatsaufsicht ist die Zweckbezogenheit der staatlichen Eingriffstätigkeit. Die Aufsicht über Private ist echte Aufsicht im triepelschen Sinne und durch die Phasen des Überwachens, Überprüfens und Korrigierens ge-

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Kahl, Staatsaufsicht, 366; 379; Ehlers, Ziele, 6; Gröschner, Überwachungsrechtsverhältnis, 46; 51; Salzwedel, VVDStRL 22 (1965), 206 (208); Stein, Wirtschaftsaufsicht, 20 ff.; vgl. auch Ipsen, DÖV 1975, 805 (806 ff.); Gallas, Staatsaufsicht, 25; bzgl. der Privatschulen Seel, Religionsunterricht, 27. 67 Vgl. Bullinger, VVDStRL 22 (1965), 264 (324); Pieper, Aufsicht, 23. Insofern spricht Kahl, Staatsaufsicht, 366 ff. von der Dichotomie zwischen Staatsaufsicht (i. w. S.) und Wirtschaftsaufsicht. Sowohl Kahl (S. 379) als auch Pieper, Aufsicht, 151 ff. weisen aber darauf hin, dass die Wirtschaftsaufsicht letztlich nur Teil einer allgemeinen „Untertanenaufsicht“ ist. Vgl. auch Kluth, Funktionale Selbstverwaltung, 270 ff. 68 Thiele, Finanzaufsicht, 30 f.; vgl. auch Ehlers, Ziele, 6 ff. 69 Siehe Nachweise in Erster Teil, Fn. 68. 70 Vgl. Kluth, Funktionale Selbstverwaltung, 31 ff.; Huber, in: Hoffmann-Riem / SchmidtAßmann / Voßkuhle, GVwR III, § 45 Rn. 24. Zu den begrifflichen Schwierigkeiten auch Stober / Korte, Wirtschaftsrecht AT, § 29 Rn. 883 ff. 71 Salzwedel, VVDStRL 22 (1965), 206 (208); Kahl, Staatsaufsicht, 366 ff. Ebenfalls für eine klare Unterscheidung von beiden Aufsichtsbereichen: Gröschner, Überwachungsrechtsverhältnis, 46; 51; Groß, DVBl 2002, 792 (795); Schröder, JuS 1986, 371; Ipsen, DÖV 1975, 805 (807).

A. Aufsicht 

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prägt.72 Aber nicht nur funktional, auch historisch bestehen Gemeinsamkeiten der Aufsichtsbegriffe. Seinen Ursprung hat die Aufsicht im sog. ius supremae inspectionis, das als eine Art umfassende landesherrliche Fürsorge für alle Lebensbereiche verstanden wurde und das sich im Preußischen Allgemeinen Landrecht (ALR) als Oberaufsicht des Staates über staatliche Tätigkeit und über im weitesten Sinne der Wirtschaft zuzuordnenden Handlungen erstreckte.73 Beispiel ist die Oberaufsicht über Kirchen, Gastwirte und Privatschulen. Die Oberaufsicht, auch gegenüber privater Tätigkeit, orientierte sich an Gemeinwohlaspekten und nicht an reinen Rechtmäßigkeitsaspekten und war nicht bloß Aufsicht, sondern ebenfalls Lenkung, was sich zum Beispiel im System der Konzessionierung von Wirtschaftsbetrieben ausdrückte.74 Die Oberaufsicht in diesem Sinne ist aliud zur Aufsicht über Selbstverwaltungsträger, die erst durch die Preußische Städteordnung in Ansätzen entstand.75 Aufgrund dieser etatistischen Herkunft des Aufsichtsbegriffs will vor allem Gröschner76 die Aufsicht über Private vom Staatsaufsichtsbegriff loslösen und hierfür den Begriff der Überwachung (weiter Überwachungsbegriff in dem Sinne, dass die Korrektur des Verhaltens miterfasst ist) für die gesamte aufsicht­ liche Tätigkeit des Staates gegenüber Wirtschaftsunternehmen und Privatpersonen verwenden. Neben terminologischen Zweckmäßigkeitsfragen,77 die ein Festhalten am tradierten Aufsichtsbegriff nahelegen, besteht dieses Bedürfnis für die durchgängig so bezeichnete Ersatzschulaufsicht78 im Besonderen. Trotz des gemeinsamen Ursprungs der Staatsaufsicht und der Aufsicht über Private rechtfertigt sich die Behandlung der beiden Institute als verschieden. Die Aufsicht über Private nach dem Grundgesetz ist „Freiheitskorrelat“, die Staatsaufsicht „Einheitskorrelat“.79 Die Staatsaufsicht findet ihren Zweck im Rechtsstaats- und im Demokratieprinzip, die Aufsicht über Private ist Grundrechtseingriff.80 Zwischen der Staatsaufsicht im weiteren Sinne und der Aufsicht über Private besteht ein Ausschlussverhältnis, das alle Bereiche des verwaltungsrechtlichen Aufsichtsbegriffs abdeckt.81 Insofern sind die Schnittmengen der beiden Institute begrenzt und Er 72

Vgl. Mösbauer, Staatsaufsicht, 3 ff.; Scholz, ZVersWiss 1984, 1 (4 ff.). Bullinger, VVDStRL 22 (1965), 264 (275 ff.); vgl. auch Pieper, Aufsicht, 140 ff. 74 Bullinger, VVDStRL 22 (1965), 264 (275 ff.); Mösbauer, Staatsaufsicht, 17 ff. 75 Umfassend zur Historie Kahl, Staatsaufsicht, 63 ff. 76 Gröschner, Überwachungsrechtsverhältnis, 46 ff.; ihm folgend auch Huber, in: HoffmannRiem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle, GVwR III, 45 Rn.  23 ff.; Stober / Korte, Wirtschaftsrecht AT, § 29 Rn. 884. Siehe zu den Begriffen Kahl, Staatsaufsicht, 353. 77 Ehlers, Ziele, 3 ff. 78 Im Folgenden wird Überwachung daher im engen Sinne als Beobachtung verwendet und an der Verwendung des Aufsichtsbegriffs festgehalten. 79 Kahl, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle, GVwR III, § 47 Rn. 119; vgl. Gröschner, Überwachungsrechtsverhältnis, 52; Schmidt, Öffentliches Wirtschaftsrecht, 300, 339. 80 Dazu sogleich Erster Teil A. III. 81 Kahl, Staatsaufsicht, 362 ff.; 366 ff.; Thiele, Finanzaufsicht, 31; tendenziell kritisch zu dieser Trennung in den Bereichen der Gewährleistungsaufsicht Waechter, Gewährleistungsstaat, 274 f.; Schmidt am Busch, VERW 2016, 205 ff. 73

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1. Teil: Grundlagen der staatlichen Aufsicht über Ersatzschulen 

kenntnisse zu einem Aufsichtsgebiet sehr bedingt auf das andere zu übertragen.82 Dennoch muss gelten, dass Aufsichtsgrenzen im Bereich der Staatsaufsicht in der Regel ebenfalls für Grundrechtsträger gelten dürften. Nicht um Aufsicht über Private in diesem Sinne, sondern um eine der Staatsaufsicht zuzurechnende Konstellation, handelt es sich bei der Aufsicht über Beliehene, denen Staatsaufgaben übertragen wurden.83 Die Grundrechte schützen nicht, wie bei der Wirtschaftsaufsicht, das Tätigwerden, sondern setzen lediglich äußere Grenzen der Aufsichtsausübung.84 Insofern ist nicht der formelle Status des Objekts für die Einordnung in Staats- oder Nichtstaatsaufsicht entscheidend, sondern ob dies materiell Staatsgewalt ausübt, was umgekehrt hinsichtlich der formellen Körperschaften des öffentlichen Rechts (Religionsgesellschaften i. S. d. Art. 137 V WRV i. V. m. Art. 140 GG oder das Bayerische Rote Kreuz) gilt.85 2. Unterschied von Staatsaufsicht im engeren Sinne und behördlicher Leitung Bisher wurde unter Staatsaufsicht jede Aufsichtstätigkeit über das Aufsichtsobjekt „Staat“ im weiten Sinne verstanden. Dieser weite Staatsaufsichtsbegriff fasst ebenfalls rechtlich wesentlich verschiedene Kategorien (Bundesaufsicht, Behördenaufsicht, Aufsicht über Selbstverwaltungseinheiten und Beliehene) zusammen, ist daher Sammelbegriff und weiter auszudifferenzieren. Näher zu betrachten ist vor allem das Kriterium der Eigenverantwortlichkeit des Verwaltungsträgers und die Abgrenzung der Aufsichtstätigkeit von der Leitungstätigkeit des Staates. Leitung bedeutet Direktion der übergeordneten Behörden über die nachgeordneten Behörden innerhalb eines Verwaltungsträgers, „bei welcher der Wille des Geleiteten durch den Willen des Leiters ersetzt werden kann.“86 Leitung ist Gegenbegriff zur Aufsicht, wenngleich es Überschneidungen gibt.87 Soll der Rechtsbegriff der Staatsaufsicht materielle Grenzen haben, kann er sich nicht auf Sachverhalte erstrecken, die sich durch weitestgehend unbegrenzte Weisungsrechte auszeichnen.88 Leitung bedeutet Sachverantwortung der Leitenden, während bei der Aufsicht die Sachverantwortung nicht beim Aufsichtssubjekt, 82

Vgl. schon Salzwedel, VVDStRL 22 (1965), 206 (207 ff.). Jestaedt, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle, GVwR I, § 14 Rn. 59; vgl. auch Pieper, Aufsicht, 153. 84 Siehe Nachweise in Erster Teil, Fn. 83 und später Zweiter Teil E. IV. 4. zur Wirkung der Beleihung auf die Aufsicht. 85 Di Fabio, BayVBl 1999, 449 (452); vgl. BVerfGE 18, 385 (386 ff.) zur (fehlenden) Staatsaufsicht über die öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften. 86 Wörtlich Kahl, Staatsaufsicht, 357. Vgl. Bull / Mehde, Allg. VwR, Rn. 390 ff. 87 Vgl. Pieper, Aufsicht, 206. Dies stellt bezogen auf die Fachaufsicht bereits Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, 478 fest. 88 Vgl. Kluth, in: Wolff / Bachof et al., Verwaltungsrecht II, § 83 Rn. 189. 83

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sondern primär beim Aufsichtsobjekt liegt (geteilte Sachverantwortung).89 Bloß wessen Verhalten nicht umfassend extern bestimmt wird oder bestimmt werden kann, handelt eigenverantwortlich. Nur dann liegt Aufsicht im nicht bloß gesetzessprachlichen Sinne vor.90 Virulent ist diese Einordnung bei der Dienst-, Behörden- und Organaufsicht. Die Dienstaufsicht (oder Amtsaufsicht) bezieht sich auf das Verhältnis zwischen Beschäftigten und Dienstherren, ist also Personalkontrolle. Bei diesem engen Verständnis ist die Dienstaufsicht keine Aufsicht über hoheitliches Handeln, sondern über die Tätigkeit von natürlichen Personen im Staatsdienst. Sie ist damit keine Staatsaufsicht, genauer genommen nicht einmal Aufsicht, sondern Personalleitung.91 Organ- und Behördenaufsicht werden häufig synonym verwendet.92 In jedem Fall sind sie Folge der dezentralen Verwaltungsorganisation. Sie erweitern das hierarchisch selbstverständliche Weisungsrecht innerhalb einer Behörde auf untergeordnete Behörden.93 Damit umfasst die Behördenaufsicht zum Beispiel die Weisung einer Ministerin oder eines Ministers an eine Behördenleiterin oder einen Behördenleiter. Der Gegenstand der Behördenaufsicht ist denkbar weit. Er umfasst die innere Ordnung, die allgemeine Geschäftsführung und die Personalangelegenheiten (die nicht das Verhältnis Amtswalterin / Amtswalter und Dienstherr betreffen).94 Für die gesamte Aufgabenwahrnehmung besteht im Verhältnis von über- und untergeordneter Behörde ein generelles, umfassendes Weisungsrecht.95 Die Landesorganisationsgesetze bezeichnen dies gelegentlich als Fachaufsicht, von der es jedoch zu unterscheiden ist.96 Für die das Aufsichtsverhältnis prägende eigenverantwortliche Aufgabenerfüllung bleibt im Rahmen einer hierarchischen Ministerialverwaltung mit einem generellen und in bestimmtem Umfang gebotenen97 Weisungsrecht kein Raum. Leitung und somit die als Leitung zu klassifizierende Behördenaufsicht ist aliud zur Staatsaufsicht i. e. S.98 Sie ist nur im rechts 89

Vgl. Kluth, in: Wolff / Bachof et al., Verwaltungsrecht II, § 83 Rn. 189 ff.; v.  Lewinski, Öffentlichrechtliche Insolvenz, 111; Kahl, Staatsaufsicht, 394; mit leichten Begründungs­ differenzen hierzu Pieper, Aufsicht, 205 ff. 90 Vgl. Kahl, Staatsaufsicht, 394 ff. 91 Schröder, JuS 1986, 371 (372); vgl. Kahl, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle, GVwR III, § 47 Rn. 90; Jestaedt, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle, GVwR I, § 14 Rn. 59. Eine andere Ansicht versteht die Dienstaufsicht weiter und bezieht die vorliegend als Behördenaufsicht bezeichneten Elemente mit ein, vgl. Groß, DVBl 2002, 792 (796). 92 Von einheitlicher Nomenklatur kann nicht gesprochen werden. Das, was vorliegend als Behördenaufsicht bezeichnet wird, wird teilweise staats- und verwaltungsorganisatorische Aufsicht, teils allgemeine und besondere Behördenaufsicht, teils Dienstaufsicht genannt. 93 Groß, DVBl 2002, 792 (796); Kahl, Staatsaufsicht, 394 ff. 94 Schröder, JuS 1986, 371 (372); Burgi, in: Ehlers / P ünder, Allg. VwR, § 8 Rn. 44. 95 Vgl. Bull / Mehde, Allg. VwR, Rn. 390 ff.; Böckenförde, Organisationsgewalt, 144 ff. mit weiteren Nachweisen. Daneben schon Meyer / Anschütz, Lehrbuch, 757. 96 Zum Beispiel §§ 11, 13 LandesorganisationsG-NRW. Kahl, Staatsaufsicht, 395 ff. 97 Zu den Zielen der Aufsicht sogleich Erster Teil  A. III. und vgl. Kahl, in: HoffmannRiem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle, GVwR III, § 47 Rn. 27 ff.; 91 f.; Pieper, Aufsicht, 271. 98 Insbesondere Pieper, Aufsicht, 260 f.; Kahl, Staatsaufsicht, 394 ff.; Kluth, in: Wolff / Bachof et al., Verwaltungsrecht II, § 83 Rn. 190; Gallas, Staatsaufsicht, 25 ff.

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1. Teil: Grundlagen der staatlichen Aufsicht über Ersatzschulen 

sprachlich-heuristischen Sinne (Beobachten, Überprüfen, Korrigieren) Aufsicht, nicht im dogmatischen. Kluth99 verdeutlicht dies, indem er für die Einordnung als Aufsicht (bzw. Kontrolle) eine echte Sachverantwortung des Aufsichtsobjekts verlangt, während die Aufgabenübertragung im behördlichen Instanzenzug bloß unechte Delegation sei, welche die Wahrnehmungskompetenz und Sachverantwortung des Delegierenden nicht beseitige. Staatsaufsicht im engeren Sinne ist daher nur die Aufsicht über zu einem gewissen Grad verselbstständigte Verwaltungsträger, insbesondere solche mit Selbstverwaltungsrechten.100 Modell der Staatsaufsicht ist die Kommunalaufsicht in Bezug auf ihren eigenen („nicht-staatlichen“) Wirkungskreis.101 Selbstverwaltung ist jedoch kein Erfordernis der Einordnung als Staatsaufsicht i. e. S. Objekt der Staatsaufsicht ist jede verselbstständigte Verwaltungseinheit (Körperschaft, Anstalt, Stiftung des öffentlichen Rechts), aber auch Beliehene sind in Erfüllung der staatlichen Aufgaben als verselbstständigte Verwaltungsträger anzusehen.102 Die Qualifizierung als Aufsichtstätigkeit hat ihren Grund in der Verselbstständigung, in der eigenverantwortlichen Aufgabenerfüllung der Verwaltungsträger. Die (funktionale)  Selbstverwaltung ist dagegen mehr als bloße Verselbstständigung, weil sie eine stärkere Abwehrposition gegenüber der sonstigen Verwaltung begründet und die Frage der Einrichtung von verselbstständigten Verwaltungsträgern präjudiziert.103 Aufsicht i. e. S. kann es aus diesem Grund innerhalb der ansonsten weisungsabhängigen Ministerialverwaltung geben, wo durch Gesetz weisungsfreie Räume eingerichtet sind.104 Die Aufsicht ist in gewisser Weise akzessorisch zur Verselbstständigung und daher auch innerhalb eines „einheitlichen“ Instituts der Staatsaufsicht von der konkreten Ausgestaltung der Autonomieräume abhängig.105 Festhalten lässt sich, dass (Staats-)Aufsicht im dogmatischen Sinne die im Ausgangspunkt weisungsfreie, d. h. nichtleitende Überwachungs-, Überprüfungs- und Korrekturtätigkeit des Staates (über Verwaltungsträger) ist. 3. Fachaufsicht als Aufsichts- und punktuelles Leitungselement Das Vorliegen von Leitung wurde bisher in Abgrenzung zur Aufsicht an ein Weisungsrecht anknüpft, d. h. an die Möglichkeit einer übergeordneten Stelle zur weitestgehend ungebundenen Einflussnahme auf den Verwaltungsträger. Insofern

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Kluth, Funktionale Selbstverwaltung, 271 ff. Kahl, Staatsaufsicht, 364 ff.; vgl. Burgi, in: Ehlers / P ünder, Allg. VwR, § 8 Rn. 39 ff.; anderer Auffassung zum Staatsaufsichtsbegriff Mösbauer, Staatsaufsicht, 3. 101 Vgl. Schröder, JuS 1986, 371 (372); Salzwedel, VVDStRL 22 (1965), 206 (216 ff.). 102 Kahl, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle, GVwR III, § 47 Rn. 95. 103 Pieper, Aufsicht, 306 f.; 415. 104 Vgl. Burgi, in: Ehlers / P ünder, Allg. VwR, § 8 Rn. 47 ff. 105 Kahl, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle, GVwR III, § 47 Rn. 110 ff. 100

A. Aufsicht 

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stellt sich die Frage, wie die Fachaufsicht über verselbstständigte Verwaltungsträger einzuordnen ist, da diese auf den ersten Blick ebenfalls zu der Definition von Leitung passt. Wie erwähnt wurde, bezeichnen einige Gesetze die Behördenaufsicht als Fachaufsicht oder umgekehrt die Fachaufsicht über Kommunen als „Sonderaufsicht“.106 Indem die Fachaufsicht nicht nur die rechtlichen, sondern auch die politischen und sonstigen Erwägungen des Aufsichtssubjekts als Eingriffsmöglichkeit umfasst, handelt es sich grundsätzlich, wie bei der Behördenleitung, um ein Element der (geteilten) Sachverantwortung.107 Im Bereich der Fachaufsicht hat der ansonsten verselbstständigte Verwaltungsträger keine wehrfähige Innenrechtsposition, die er gegen die übergeordnete Behörde geltend machen kann.108 Es entbehrt nicht einer gewissen Plausibilität, wenn manche lediglich den Aufsichtsmodus der Rechtsaufsicht als Aufsicht i. e. S. ansehen und die Fachaufsicht als aliud hierzu charakterisieren.109 Letztlich spricht jedoch nicht nur das herkömmliche Begriffsverständnis für die Einordnung der Fachaufsicht über verselbstständige Verwaltungsträger als Element der Staatsaufsicht i. e. S. Während die Behördenaufsicht einen generellen Zugriff auf die untergeordneten Behörden, deren Organe und die einzelnen Amtspersonen ermöglicht, erlaubt die Fachaufsicht über ansonsten verselbstständigte Träger diesen Zugriff ausschließlich vermittelt durch die (Selbst-)Verwaltungsorgane des Verwaltungsträgers.110 Ein Durchgriff der Fachaufsicht auf die handelnden Organe des Beaufsichtigten ist ausgeschlossen.111 Fachaufsicht ist punktuelle, nicht generelle Leitung, da sie sich gegenüber verselbstständigten Verwaltungsträgern auf deren staatliche Aufgaben beschränkt.112 Solange die Behörde die Fachaufsicht nicht ausgeübt, bleibt die Sachverantwortung bei dem verselbstständigten Verwaltungsträger.113 Daneben bleibt dessen Kompetenz für Organisation, Personal, Finanzen etc. stets erhalten, wodurch die Möglichkeit des Übergriffs der Fachaufsicht in die Selbstverwaltungsangelegenheiten existiert,114 die es bei der Behördenaufsicht nicht gibt. Daher besteht die grundsätzliche Eigenverantwortlichkeit der Verwaltungsträger bei Ausführung der übertragenen staatlichen Aufgaben weiter; eine umfassende staatliche Steuerung der Aufgabenorganisation ist auch

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Vgl. Groß, DVBl 2002, 792 (795). So auch Kluth, in: Wolff / Bachof et al., Verwaltungsrecht II, § 83 Rn. 193; Gallas, Staatsaufsicht, 34; vgl. Nachweise in Erster Teil, Fn. 36. 108 BVerwGE 6, 101 (103); 19, 121; vgl. Pietzcker / Marsch, in: Schoch / Schneider / Bier, § 42 I Rn. 56 ff.; die Verwaltungsaktqualität (Außenwirkung) der fachaufsichtlichen Weisung kann aber jedenfalls durch Übergriff in die Selbstverwaltungsrechte begründet werden, vgl. BVerwG, NVwZ 1995, 910. 109 Vgl. Salzwedel, VVDStRL 22 (1965), 206 (219); ähnlich auch Becker, Aufsicht, 87 ff. 110 Kahl, Staatsaufsicht, 394 ff. 111 Kahl, Staatsaufsicht, 394 ff.; vgl. schon Triepel, Reichsaufsicht, 150 ff. 112 Kahl, Staatsaufsicht, 396 ff. 113 Vgl. Rogalla, in: BeckOK Kommunalrecht Niedersachsen, § 6 NKomVG Rn. 24. 114 Vgl. Schoch, JURA 2006, 358 (363). 107

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1. Teil: Grundlagen der staatlichen Aufsicht über Ersatzschulen 

durch die Fachaufsicht nicht gestattet.115 Im Ergebnis kann man die Fachaufsicht als einen von zwei Aufsichtsmodi der Staatsaufsicht i. e. S. bezeichnen. 4. Resümee zum Aufsichtsbegriff und zur Begriffsverwendung Staatsaufsicht im engeren Sinne ist die Aufsicht des Staates über verselbstständigte Verwaltungsträger und beliehene Private mit den Aufsichtsmodi Rechts- und Fachaufsicht. Als solche ist die Staatsaufsicht eine eigenständige dogmatische Kategorie. Staatsaufsicht im weiteren Sinne ist dagegen bloß Sammelbezeichnung. Sie erfasst die im positiven Recht als Aufsicht bezeichneten Überwachungs-, aber auch Leitungsverhältnisse über staatliche Instanzen, z. B. die Bundes- und Behörden­aufsicht.116 Hiervon streng zu unterscheiden ist die Aufsicht über private, nichtbeliehene Tätigkeit von Grundrechtsträgern. Das Fehlen einer Aufsicht ist insoweit nicht – wie bei der Staatsaufsicht – begründungsbedürftig,117 sondern „Normalzustand“. Wenn im Folgenden von Aufsicht gesprochen wird, ist damit die Aufsicht im dogmatischen Sinne gemeint, d. h. Staatsaufsicht i. e. S. oder Aufsicht über Private. Die lediglich nach heuristischem Aufsichtsverständnis als „Aufsicht“ zu kategorisierenden Bereiche verbleiben als Kontrastierungspunkte (Aufsicht im weiteren Sinne).

III. Ziele der Aufsicht Aufgrund der Vielfältigkeit des allgemeinen Aufsichtsbegriffs und der davon erfassten Bereiche lassen sich gemeinsame Ziele118 kaum formulieren.119 Lediglich aus der Funktion der Aufsicht lassen sich verallgemeinerungswürdige Ziele ableiten. Die Aufsichtstätigkeit (Beobachtung, Überprüfung, Korrektur) ist kein Selbstzweck, sondern hat den Anlass, das beaufsichtigte Verhalten in Übereinstimmung mit einem rechtlichen Maßstab zu setzen.120 Die Aufsicht begründet prinzipiell keine neuen Handlungsmaßstäbe, sondern knüpft an bestehende öffentlich-recht-

115

BVerfGE 91, 228 (239); 138, 1 (Rn. 49). Wie hier: Kahl, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle, GVwR III, § 47 Rn. 93 ff.; Pieper, Aufsicht, 132 f.; Huber, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle, GVwR III, § 45 Rn. 15 ff.; Burgi, in: Ehlers / P ünder, Allg. VwR, § 8 Rn. 38 ff.; wohl auch Salzwedel, VVDStRL 22 (1965), 206 (207 ff.); Jestaedt, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle, GVwR I, § 14 Rn. 59. 117 Vgl. Pieper, Aufsicht, 281 ff.; Huber, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle, GVwR III, § 45 Rn. 96. 118 Zum Begriff Ehlers, Ziele, 8 ff. 119 Vgl. Thiele, Finanzaufsicht, 29. 120 Vgl. Triepel, Reichsaufsicht, 121. 116

A. Aufsicht 

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liche Pflichten des Aufsichtsobjekts an, deren Einhaltung sie sicherstellen soll.121 Die Fachaufsicht ist hier die Ausnahme von der Regel, da mit der Festlegung der Aufsichtsbehörde auf eine Lesart der „Zweckmäßigkeit“ auch gleichzeitig ein neuer Verhaltensmaßstab gesetzt wird. Die Aufsicht ist trotz dieser Ausnahme122 von der zwingend zugrundeliegenden Normsetzung (Festlegung der Aufsichtsmaßstäbe)  als Steuerungselement zu unterscheiden.123 In diesem allgemeinen Sinne stimmen Aufsichtsziele und die Aufsichtsfunktion überein. Ziele der bereichsspezifischen Aufsichtsregime ergeben sich aus der Frage, warum sich der Gesetzgeber der laufenden Aufsicht über das konkrete Aufsichtsobjekt bedienen darf.124 Bei der Behördenaufsicht werden keine verselbstständigten, sondern nachgeordnete Verwaltungsträger beaufsichtigt und geleitet. Die Implementierung von Weisungsrechten ist Mittel zur Verwirklichung einer hierarchischen Behördenstruktur, die auf eine Verwirklichung des durch die demokratische Legitimationskette vermittelten Willens gerichtet ist.125 Die Ausübung der Leitungsgewalt ist aus diesem Grund primär Legitimationsvermittlung und Übertragung des demokratischen Willens auf die unteren Instanzen.126 Die Befugnisse der „aufsichtsführenden“ Behörden sind insofern selbstverständlich, als dass der Staat zur Durchsetzung des demokratischen Willens befugt sein muss.127 Das Gleiche gilt für den „echten“ Aufsichtsmodus der Fachaufsicht. Auch dieser besteht aus einem nur der äußeren Form nach modifiziertem Weisungsrecht, das die Sachverantwortung und damit die Leitungsgewalt teilweise dem aufsichtsführenden Staat zuweist.128 Ziel und Begründung der Leitungsgewalt fallen insofern zusammen. Staatsaufsicht im Modus der Rechtsaufsicht ist dagegen nicht dem Demokratie-, sondern dem Rechtsstaatsprinzip zuzuordnen.129 Die Staatsaufsicht ist „Korrelat“ der Selbstverwaltung.130 Der Staat bleibt bezüglich der Rechtmäßigkeit der Verwaltungshandlung auch dann verantwortlich, wenn er diese auf verselbstständigte Träger delegiert. Ein solches Junktim aus Verselbstständigung und Rechtsaufsicht folgt aus Art. 20 III GG.131 Durch die Beschränkung auf eine Rechtsaufsicht begibt sich der Staat aus einer Erfüllungsverantwortung heraus in eine Rahmen- oder Einstandsverantwortung, 121

Huber, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle, GVwR III, § 45 Rn. 60–61. Dazu bereits Erster Teil A. II. 3. 123 Dazu sogleich Erster Teil A. IV. 124 Vgl. Ehlers, Ziele, 8 ff. 125 Kluth, Funktionale Selbstverwaltung, 271 f.; Kahl, Staatsaufsicht, 357 f.; vgl. allgemein zur Staatsleitung Böckenförde, Organisationsgewalt, 144 ff. 126 Siehe die Nachweise in Erster Teil, Fn. 125. 127 Schröder, JuS 1986, 371 (372); Burgi, in: Ehlers / P ünder, Allg. VwR, § 8 Rn. 42; 44; umfassend zum erforderlichen „hinreichenden Legitimationsniveau“ Mehde, Neues Steuerungsmodell, 197 ff. 128 Vgl. Kluth, Funktionale Selbstverwaltung, 271 ff. 129 Kluth, in: Wolff / Bachof et al., Verwaltungsrecht II, § 83 Rn. 189 ff. 130 BVerfGE 6, 104 (118); 78, 331 (341). 131 Kluth, Funktionale Selbstverwaltung, 273 f.; vgl. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, 490; Kahl, Staatsaufsicht, 498 ff.; Wißmann, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / ​ Voßkuhle, GVwR I, § 15 Rn. 45 ff. 122

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1. Teil: Grundlagen der staatlichen Aufsicht über Ersatzschulen 

bei der er die Einhaltung der (Ziele der) Rahmenordnung verantwortet.132 Das primäre Ziel der Staatsaufsicht ergibt sich daher aus der verfassungsrechtlichen Notwendigkeit ihrer Einrichtung.133 Das bedeutet jedoch nicht, dass der Gesetzgeber bestimmten Staatsaufsichtsregimen keine eigenständigen Ziele zuweisen kann. Solche Aufsichtsziele können sich z. B. aus einem bestimmten Aufsichtsschwerpunkt ergeben; durch die Schaffung spezifischer Aufsichtsmittel oder der Festlegung einer Aufsichtsintensität lassen sich Ziele des Normgebers ermitteln.134 Als Beispiel ist Aufsichtsziel der Sozialversicherungsaufsicht die Gewährleistung einer qualitativen und fiskalisch sparsamen Sozialversicherung.135 Für die Aufsicht über Beliehene gilt entsprechendes, da dort zwar eine noch stärkere Ausgliederung aus dem Verwaltungsunterbau des Staates erfolgt, die Beliehenen im Kern aber staatliche Aufgaben wahrnehmen.136 Dagegen lassen sich die Ziele der Aufsicht über Private häufig genauer feststellen, weil eine institutionelle Aufsicht über Private nicht die Regel, sondern die Ausnahme und in der Folge begründungsbedürftig ist. Insofern lassen sich bei der Wirtschaftsaufsicht zahlreiche Einzelziele ausmachen: Wahrung der Belange der Versicherten und Verbraucherschutz,137 Anlegerschutz und Markttransparenz,138 Missbrauchskontrolle,139 Gesundheitsschutz der Bevölkerung,140 Risikovorsorge.141 Das Ziel der Aufsicht ergibt sich regelmäßig aus der das Aufsichtsverhältnis begründenden Norm, sodass es „sowohl Grund als auch Grenze des staatlichen Handelns“ ist und die Aufsichtstätigkeit über Private prägt.142 Als Teil der Eingriffsverwaltung ähnelt die Aufsicht über Private in ihren Zielen der Gefahrenabwehr, mit der sie jedoch nicht identisch ist.143 Gefahrenabwehrrecht ist durch wesentlich breitere Schutzgüter, dafür punktuellere Eingriffsrechte und ihre reaktive Natur geprägt, während die Aufsicht vorbeugend, dauernder, seitens der Schutz­ güter jedoch beschränkter ist. In Grenzgebieten (Gefahrenvorsorge) gibt es Überschneidungen.144 Ehlers145 beschreibt die Ziele der Wirtschaftsaufsicht daher 132

Pieper, Aufsicht, 200 ff. Vgl. Pieper, Aufsicht, 188 ff. 134 Vgl. allgemein Pieper, Aufsicht, 154. 135 Kater / Schirmer et al., Aufsicht in der Sozialversicherung, Nr. 100 S. 9. 136 Vgl. Heintzen, VVDStRL 62 (2003), 221 (241 ff.); zur Einordnung der Beleihungsaufsicht Jestaedt, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle, GVwR I, § 14 Rn. 59. 137 Versicherungsaufsicht, vgl. Ehlers, Ziele, 48 f.; Sasserath-Alberti / Vogelgesang, in: Langheid / Wandt, 100. Rn.  420. 138 Wertpapierhandelsaufsicht, vgl. Pieper, Aufsicht, 155. 139 Privates Krankenversicherungsrecht, vgl. Schüffner / Franck, in: Sodan, Krankenversicherungsrecht, § 47 Rn. 45. 140 Lebensmittelaufsichtsrecht, vgl. Ehlers, Ziele, 57. 141 Umweltrecht, vgl. Huber, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle, GVwR  III, § 45 Rn. 62. 142 Thiele, Finanzaufsicht, 50; Schmidt, Öffentliches Wirtschaftsrecht, § 7 II 3. 143 Pieper, Aufsicht, 171 ff.; 186. 144 Siehe Nachweise in Erster Teil, Fn. 143. 145 Ehlers, Ziele, 43. 133

A. Aufsicht 

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allgemein als Gefahrenabwehr, Gefahrenvorsorge und Risikovorsorge. Insofern kann der Grundrechtsschutz Dritter die Einrichtung einer Aufsicht über privates Verhalten begründen, in der Regel aber nicht fordern.146 Verallgemeinert lässt sich das Aufsichtsziel als Sorge für ein besonderes Gefährdungspotenzial für bestimmte individuelle oder kollektive Rechtsgüter ausdrücken.147 Da die Aufsicht über Grundrechtsträger kein Korrelat, sondern Einschränkung ihrer Selbstständigkeit ist, ist den Aufsichtszielen in diesem Bereich besondere Aufmerksamkeit zu widmen. Der Gesetzgeber ist bei der Zielsetzung nicht völlig frei und die Aufsichtsbehörden bei der Aufsichtstätigkeit an die von Ersterem formulierte Zielsetzung gebunden.148

IV. Aufsichtsmaßstäbe Aufsicht steht unter Gesetzesvorbehalt und ist daher durch die Gesetze determiniert; die Festlegungen der Ermächtigungsgrundlagen und deren konkrete Ziele bestimmten die Reichweite und Grenzen der Aufsichtsausübung.149 Dabei stellt die Aufsicht, sieht man vom Modus der Fachaufsicht ab, lediglich die Anwendung der öffentlich-rechtlichen Pflichten sicher, die außerhalb der Aufsichtstätigkeit festgelegt wurden und die ohne Tätigwerden der Aufsichtsbehörden ohnehin bestehen.150 Um Aufsicht i. e. S. handelt es sich nur, wenn die Maßstäbe der Aufsicht, also das, was die Aufsichtsbehörde von den Aufsichtsobjekten verlangen kann, im Vorfeld feststehen.151 In der ohnehin unpräzisen Verwendung des Aufsichtsbegriffs ist daher der Bereich der Setzung der Überwachungsmaßstäbe näher herauszuarbeiten und von der Aufsichtstätigkeit zu unterscheiden. Maßstabssetzung ist keine Kontrolltätigkeit, sondern kommt in Form der Lenkung bzw. Leitung spezifischer Objekte daher und lässt sich allgemein als staatliche Steuerung eines Lebenssachverhalts beschreiben („Zielformulierungsfunktion“).152 Handlungsmaßstäbe der Aufsichtsobjekte sind deren öffentlich-rechtliche Pflichten, 146

Vgl. Pieper, Aufsicht, 340 ff.; vgl. Thiele, Finanzaufsicht, 314 ff. Vgl. Pieper, Aufsicht, 212 ff., der auch den Bereich der Staatsaufsicht i. e. S. und der Behördenaufsicht als Sorge für die Gefahr der Rechtsverletzung beschreibt. Vgl. Stern, Staatsrecht III/2, 1169 ff. Den Rechtsgüterschutz betont insb. Stober / Korte, Wirtschaftsrecht AT, § 29 Rn. 877 ff. 148 Ehlers, Ziele, 16 ff.; 77; Mösbauer, Staatsaufsicht, 602 ff. 149 Statt aller Salzwedel, VVDStRL 22 (1965), 206 (219); gemeint ist hier die Aufsicht im engeren Sinne, da die hierarchische Behördenaufsicht (Aufsicht im weiteren Sinne)  keiner gesetzlichen Grundlage bedarf. Vgl. Wißmann, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle, GVwR I, § 15 Rn. 45 ff. 150 Bullinger, VVDStRL 22 (1965), 264 (285 ff.). 151 Thiele, Finanzaufsicht, 28. Ausnahme ist die Fachaufsicht als punktuelles Weisungsrecht, s. Erster Teil A. II. 3. 152 Vgl. Bullinger, VVDStRL 22 (1965), 264 (287); zur Begrifflichkeit Kahl, Staatsaufsicht, 358. Siehe ferner bereits Erster Teil A. I. (am Ende). 147

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1. Teil: Grundlagen der staatlichen Aufsicht über Ersatzschulen 

die sich aus Gesetzen, Verordnungen und anderen verbindlichen öffentlich-recht­ lichen Verfügungen ergeben.153 Maßstabssetzung beschreibt den Vorgang der Festlegung dieser Pflichten vor allem durch den Gesetzgeber. Allerdings lassen sich die Bereiche Maßstabsgebung und Aufsicht (Maßstabsdurchsetzung), ebenso wie bei der Steuerung, nicht auf die Unterscheidung von Legislativ- und Exekutiv­befugnissen reduzieren.154 Zwar ist die Durchsetzung der Maßstäbe stets Verwaltungstätigkeit,155 nicht jede Maßstabssetzung ist dagegen der Legislative vorbehalten. Offensichtlich ist das für den Bereich der delegierten Rechtssetzung durch Verordnungen. Hierbei können Aufsichtsrechte mit der Befugnis zur näheren Bestimmung der Aufsichtsmaßstäbe durch Verordnung in einer Behörde zusammenfallen.156 Im Wirtschaftsverwaltungsrecht lässt sich dies durch den Begriff der Regulierung illustrieren. Ungeachtet der Verwendung eines weiten157 oder engen158 Regulierungsbegriffs kann man Regulierung als über die reine Aufsicht i. e. S. hinausgehende Beeinflussung eines Marktsegments beschreiben.159 Das „Regulierungsrecht“160 ist geprägt von unbestimmten Rechtsbegriffen und Generalklauseln, die keine grundsätzliche Andersartigkeit mit der Aufsichtstätigkeit begründen, zumindest jedoch eine Verschiebung des Aufgabenschwerpunkts der Behördentätigkeit ausdrücken. Während „klassische“ Aufsichtstätigkeit im Wesentlichen Rechtsanwendung ist, sollen Regulierungsbehörden anhand der vom Gesetzgeber aufgestellten Regulierungsziele (z. B. § 2 TKG) abstrakt-generell handeln, ohne dass diese dabei notwendig auf das Instrument der Rechtsverordnung zurückgreifen müssen.161 Außerdem zeichnen sich die Regulierungsbehörden üblicherweise durch eine gewisse Verselbstständigung aus. Der Gesetzgeber überträgt nicht eine reine Rechtskontrolle, sondern einen rechtlichen Gestaltungsauftrag auf die 153

Vgl. Pieper, Aufsicht, 5. Becker, BayVBl 1996, 609 (611). 155 Vgl. Kahl, Staatsaufsicht, 415 ff. auch zur Frage der Einordnung der gerichtlichen Kon­ trolle. 156 Mit (historischem) Beispiel siehe Kahl, Staatsaufsicht, 360. 157 Regulierung als Oberbegriff jeglicher staatlich-intervenierender Tätigkeit, siehe Eifert, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle, GVwR I, § 19 Rn. 5; vgl. auch Voßkuhle, VVDStRL 62 (2003), 266 (304 Fn. 156), der darauf hinweist, dass dieses weite Regulierungsverständnis nicht mit dem ökonomisch geprägten, amerikanischen Begriffsverständnis übereinstimmt. Dieser Regulierungsbegriff stimmt dagegen mit dem Steuerungsbegriff überein. 158 Einen engen Regulierungsbegriff, im Wesentlichen auf Privatisierungsfolgenrecht in Marktsegmenten mit Monopolisierungstendenzen beschränkt, vertreten u. a. Huber, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle, GVwR III, § 45 Rn.  39 ff. Thiele, Finanzaufsicht, 55 ff. Vgl. auch Masing, VERW 2003, 1 (2); Bullinger, DVBl 2003, 1355 (1356). 159 Vgl. Stober, in: Wolff / Bachof et al., Verwaltungsrecht II, § 95 Rn. 2. 160 Thiele, Finanzaufsicht, 59 ff. weist darauf hin, dass von einem konsistenten Regulierungsrecht kaum gesprochen werden kann und vielmehr die zugrundeliegenden Normen untersucht werden müssen. 161 Als Beispiel taugen die Allgemeinverfügungen der BaFin nach § 17 FinDAG; vgl. allgemein Hermes, in: Masing / Marcou, Unabhängige, 53 ff. 154

A. Aufsicht 

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Regulierungsbehörde.162 Das Mehr zur Aufsicht wird besonders deutlich, wenn man mit dem BVerwG bestimmten Normen ein Regulierungsermessen auf Tatbestandsebene beimisst, das die Abwägungsentscheidung der Behörde (z. B. nach § 21 TKG) in deren Letztverantwortungsbereich und damit aus dem Begriff der Aufsicht (über die Marktteilnehmer) heraus befördert.163 Vorgegeben sind in diesem Fall meist nicht Tatbestand und Rechtsfolge, sondern Ziele und Aufgaben und ein Abwägungsgebot.164 Das Beispiel des Regulierungsrechts macht deutlich, dass die Unterscheidung zwischen Maßstabssetzung und Aufsicht grundsätzlich die zwischen abstrakt-präventiver und einzelfallbezogener Regelung von Sachverhalten ist, nicht die zwischen Administrative und Legislative.165 Als weiteres Abgrenzungskriterium tritt die Letztentscheidungskompetenz hinzu, die entweder bei der Verwaltung (im Fall eines Regulierungsermessens oder beim Bestehen von Beurteilungsspielräumen) oder den Gerichten liegen kann.166 Daher handelt es sich bei der Fachaufsicht um eine dem engen Aufsichtsverständnis fremde Funktion, die punktuelle Leitungsrechte dahingehend implementiert, dass sie Zweckmäßigkeitserwägungen der jeweiligen Verwaltungsebene zum Maßstab der Aufsicht macht.167 Die Ausübung des Regulierungsermessens ist daher, ähnlich wie die Fachaufsicht, Maßstabssetzung. Zuzugeben ist, dass die scheinbar einleuchtende Unterscheidung zwischen rechtssetzenden und rechtsanwendenden Steuerungsbefugnissen des Staates auch im Recht der „klassischen“ Aufsicht nicht „impermeabel“ ist.168 Grund sind die vielfach eingeräumten unbestimmten Rechtsbegriffe und Ermessensspielräume der Behörden, mit der ein bestimmter Konkretisierungsbedarf einhergeht, der sich nicht selten in einer unterschiedlichen Rechtsanwendung je Jurisdiktion auswirkt.169 Es sei an dieser Stelle bereits gesagt, dass sich dieses Problem im Privatschulrecht besonders stellt. Unbestimmte Rechtsbegriffe, wie der im Staatsaufsichtsrecht verbreitete § 69 II SGB IV, der die „Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit“ der Haushaltsführung der Sozialversicherung als rechtlichen Maßstab der Aufsicht festlegt, bergen die Gefahr, dass die Aufsichtsbehörde ihre eigenen (zweckmäßigen) Vorstellungen von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit oktroyieren könnte und so die Grenzen zur Fachaufsicht verwischen.170 162

Bullinger, DVBl 2003, 1355 (1357); Huber, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle, GVwR III, § 45 Rn. 40. 163 BVerwGE 130, 39 Rn. 28; 131, 41 Rn. 47; vgl. BVerfG, NVwZ 2012, 694; Geppert / Attendorn, in: Geppert / Schütz, § 21 Rn. 270 ff.; Sachs / Jasper, NVwZ 2012, 649. 164 Aschke, in: BeckOK VwVfG, § 40 Rn. 29. 165 Becker, BayVBl 1996, 609 (611); bezogen auf die Unterscheidung zwischen Wirtschaftspolitik und Wirtschaftsaufsicht, Schmidt, Öffentliches Wirtschaftsrecht, § 7 I 1 b; § 7 II 1. 166 Thiele, Finanzaufsicht, 15; vgl. Huber, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle, GVwR III, § 45 Rn. 43. 167 Vgl. Kahl, Staatsaufsicht, 396 ff. 168 Kahl, Staatsaufsicht, 358 ff. Vgl. auch Thiele, Finanzaufsicht, 29. 169 Besonders deutlich Mösbauer, Staatsaufsicht, 689 ff. Vgl. Kahl, Staatsaufsicht, 543 ff. 170 Vgl. zu dem Beispiel Kahl, Staatsaufsicht, 544 ff.

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1. Teil: Grundlagen der staatlichen Aufsicht über Ersatzschulen 

Letztlich lassen sich die Konkretisierung unbestimmter Rechtsbegriffe und die Ausübung von Ermessensspielräumen dennoch unproblematisch der Aufsichtstätigkeit zuordnen und von der (administrativen) Maßstabssetzung abgrenzen. Sowohl Regulierungsermessen, Beurteilungsspielräume als auch die Fachaufsicht unterscheiden sich von der Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe oder von Ermessenstatbeständen dahingehend, dass bei Letzteren die Eingriffsvoraussetzungen, d. h. die Maßstäbe der Aufsicht, gesetzlich festgelegt und gerichtlich (voll) überprüfbar sind, während Erstere selbst Eingriffsvoraussetzungen schaffen. Anhand der aufgezeigten Kriterien sind Maßstabssetzung und Maßstabskontrolle unterscheidbar. Maßstabssetzung liegt vor, wenn öffentlich-rechtliche Pflichten verbindlich geschaffen, Maßstabskontrolle, wenn diese Pflichten vollzogen werden. Beides sind funktional zu trennende Bereiche, die institutionell gelegentlich (z. B. im Bereich des Regulierungsrechts) zusammenfallen. Vereinfacht ausgedrückt liegt Maßstabssetzung vor, wenn die Gerichte an die Feststellungen gebunden sind.171 Beide Aspekte sind in der Aufsichtsausübung verschränkt, da sich der konkrete staatliche Einfluss auf einen Lebenssachverhalt und dessen Grenzen erst zeigen, wenn man Maßstäbe und Maßstabsdurchsetzung zusammen betrachtet.172 Der allgemeinere Begriff der Steuerung drückt diese erweiterte Sichtweise aus, welche auch die der Aufsicht zugrundeliegenden Pflichten umfasst.

V. Allgemeine Aufsichtsinstrumente und Handlungsformen „Aufsichtsmittel sind diejenigen Instrumente, derer sich die Aufsichtssubjekte bedienen, um die Geltung des vom Aufsichtsmaßstab vorgegebenen Sollens-Zustands zu gewährleisten.“173 Wenngleich es kein gemeinsames oder allgemeines Aufsichtsrecht gibt,174 zeichnet sich eine Grundstruktur an weitestgehend einheitlichen Aufsichtsmitteln ab, die sich bereichsübergreifend auffinden und dementsprechend darstellen lassen.175 Aufsichtsinstrumente sind nach unterschiedlichen Gesichtspunkten kategorisierbar. Der Intensität des Eingriffs,176 der Zuordnung zu einer bestimmten Aufsichtsstufe (Beobachtung, Überprüfung, Korrektur) oder nach Aufsichtsadressat.177 Weiterhin können repressive und präventive Aufsichtsmittel unterschieden werden, die entweder zur Vorbeugung oder als Reaktion auf einen Rechtsverstoß dienen.178 Die „Allgemeinheit“ der skizzierten Aufsichtsmittel bedeutet nicht, dass sie den Aufsichtsbehörden stets zur Verfügung stehen. 171

Thiele, Finanzaufsicht, 205 ff. Vgl. Becker, BayVBl 1996, 609 (611). 173 Thiele, Finanzaufsicht, 27. 174 Salzwedel, VVDStRL 22 (1965), 206 (249 ff.); v. Lewinski, Öffentlichrechtliche Insolvenz, 115. 175 Pieper, Aufsicht, 422. 176 So bei Salzwedel, VVDStRL 22 (1965), 206 (249). 177 Vgl. auch Kluth, in: Wolff / Bachof et al., Verwaltungsrecht II, § 85 Rn. 82. 178 Pieper, Aufsicht, 422 ff.; Schröder, JuS 1986, 371 (373). 172

A. Aufsicht 

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Seinem Charakter als Prototyp der Staatsaufsicht i. e. S. und der Rechtsaufsicht verdankt die Kommunalaufsicht seine Vorbildfunktion für zahlreiche (Staats-) Aufsichtsgebiete,179 die sich teilweise mit einem Verweis auf die kommunalverfassungsrechtlichen Regelungen begnügen.180 Die meisten anderen Aufsichtsvorschriften rezipieren ebenfalls den Kanon an kommunalaufsichtsrechtlichen Befugnissen; auch die Aufsicht über Private.181 Als „allgemeine“ Aufsichtsinstrumente sind daher (geordnet nach Intensität) zu identifizieren: Beratung durch die Behörde, Anzeige- und Vorlagepflichten, Kontrollen, Beanstandung, Anweisung / Anordnung, Ersatzvornahme, Einsetzung eines Staatskommissars, Tätigkeitsuntersagung, Auflösung des Aufsichtsobjekts.182 Davon sind die Anzeige- und Vorlagepflichten präventiv und der Beobachtungsphase zuzuordnen, die anderen Mittel repressiv und aus diesem Grund Teil der Korrekturphase. Je Aufsichtsbereich lassen sich diese Aufsichtsmittel konkretisieren, z. B. zu einem Recht auf Prüfung des Jahresabschlusses oder zur Durchführung von Warentests.183 Die Genehmigung der gesamten Tätigkeit oder bestimmter Geschäftsmodelle stellt ein wichtiges präventives Mittel nicht nur im Wirtschaftsaufsichtsrecht dar.184 Die Betrachtung der Mittel der Fachaufsicht ruft erneut die Einordnung der Fachaufsicht als punktuelle Leitungsbefugnis in Erinnerung. Fachaufsicht und die behördliche Leitungsgewalt (Behördenaufsicht) unterscheiden sich darin, dass die Fachaufsicht gegenständlich beschränkt ist.185 Der Fachaufsichtsbehörde steht teilweise explizit ein Weisungsrecht186 und ein (subsidiäres) Selbsteintrittsrecht zu, daneben sind präventive Maßnahmen wie Zustimmungsvorbehalte und rechtsauslegende Verwaltungsvorschriften denkbar.187 Einer gesetzlichen Normierung fachaufsichtlicher Befugnisse bedarf es nach herrschender Auffassung bezüglich des Weisungsrechts nicht, da sich dieses aus dem Umstand ergibt, dass die Aufsichtsobjekte „untere Verwaltungsbehörden“ des Staates sind.188 In monistischen Kommunalverfassungen bedarf indes die Festlegung, dass ein Weisungsrecht be 179

Vgl. Erichsen, DVBl 1985, 943. Zum Beispiel für die Aufsicht über die dem Schulträger obliegenden Aufgaben nach § 58 SchG-Sachsen. 181 Pieper, Aufsicht, 422. 182 Burgi, in: Ehlers / P ünder, Allg. VwR, § 8 Rn. 45; Salzwedel, VVDStRL 22 (1965), 206 (249 ff.); Schröder, JuS 1986, 371 (374); Stein, Wirtschaftsaufsicht, 141 ff. 183 Stein, Wirtschaftsaufsicht, 152 ff.; 161 ff. 184 Stein, Wirtschaftsaufsicht, 165; vgl. Thiele, Finanzaufsicht, 230 ff.; Groß, DVBl 2002, 792 (798); Fischer, in: Richter, Stiftungsrecht, § 8 Rn. 92 ff. 185 Vgl. Kahl, Staatsaufsicht, 394 ff. 186 Exemplarisch: §§ 18 I, 16 Landesverwaltungsgesetz-SH für die Fachaufsicht i. e. S. über verselbstständigte Verwaltungsträger. Das Gesetz benutzt den gleichen Begriff aber auch für die Behördenaufsicht. 187 Hailbronner, JZ 1985, 864 (865 ff.). 188 Vgl. Ipsen, in: Ipsen, § 170 Rn. 5; Pieper, Aufsicht, 418 f.; Groß, DVBl 2002, 792. Ein Selbsteintrittsrecht rechtfertige sich dagegen nicht allein aus dem Prinzip der Einheitlichkeit der Staatsverwaltung und bedürfe daher einer gesetzlichen Grundlage, vgl. OVG Thüringen, LKV 1993, 428; Schröder, JuS 1986, 371 (373). 180

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1. Teil: Grundlagen der staatlichen Aufsicht über Ersatzschulen 

steht, einer gesetzlichen Grundlage, während dualistische Systeme lediglich eine Aufgabe dem übertragenen Wirkungskreis zuordnen müssen.189 Gesetzliche Regelungen können Beschränkungen der Fachaufsicht enthalten.190 Darüber hinaus sind die Fachaufsichtsrechte gesetzesakzessorisch; sie reichen nur so weit, wie die Fachaufsicht (oder die Aufgabenübertragung) eingeräumt ist.191

B. Staatliche Schulaufsicht als Teil der Steuerung des Bildungswesens Der Staat wirkt u. a. durch Genehmigung und laufende Aufsicht und die Begründung der diesen zugrundeliegenden öffentlich-rechtlichen Pflichten direkt auf die Ersatzschulen ein. Er steuert damit das Ersatzschulwesen. Aufgrund der Akzessorietät der Ersatzschulen zum öffentlichen Schulwesen ist nicht nur die direkte Steuerung, sondern auch die indirekte Staatstätigkeit im Bildungswesen von Belang. Es ist daher zielführend, einen Blick auf das übergreifende staatliche Handlungsfeld der Steuerung im Schulwesen zu werfen und dies näher einzugrenzen. Insbesondere die historische Betrachtung der deutschen Schulgeschichte gibt Anhaltspunkte für die weite Sicht der herrschenden Meinung auf „Schulaufsicht“ im Gegensatz zum soeben herausgearbeiteten Verständnis von (allgemeiner) verwaltungsrechtlicher Aufsicht.

I. Historie der Schulaufsicht als Element der Bildungssteuerung 1. Geschichte der Schulaufsicht und der Stellung der Privatschulen Für die Annäherung an die Bedeutung der Verfassungsbestimmungen zum Schulwesen und die Stellung des Staates in diesem ist eine Betrachtung der Schulaufsichtsgeschichte unerlässlich. Das Konzept der staatlichen Schulaufsicht (im Grundgesetz) lässt sich nicht davon trennen, dass diesem ein mindestens jahrzehntelanger „Kampf“192 um die Schule vorausging. Auch die Privatschulen und die Aufsicht über die Ersatzschulen bewegen sich im Kontext der historischen Entwicklung, die Einfluss auf die Verfassungsrechtsbestimmungen hatte und hat.

189 Groß, DVBl 2002, 792 (799); Röhl, in: Schoch, Besonderes Verwaltungsrecht, Kap. 2 Rn. 68; 78. 190 Zum Beispiel gegenüber öffentlichen Schulen nach § 121 II SchG-Niedersachsen. 191 Groß, DVBl 2002, 792 (799 ff.); Röhl, in: Schoch, Besonderes Verwaltungsrecht, Kap. 2 Rn. 78. 192 Starck, in: Krautscheidt / Marré, Essener Gespräche, 9 (11 ff.).

B. Staatliche Schulaufsicht 

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a) Anfänge eines Schul- und Bildungswesens Sowohl im Römischen Reich als auch in der griechischen Antike waren Bildung und Erziehung überwiegend Privatsache.193 Staatliche Aufgabe194 war das Schulwesen zu dieser Zeit nicht.195 Erst im frühen Mittelalter entstanden mit der Ausbreitung des Christentums die ersten Schulen auf deutschem Boden. In Pfarr-, Kloster-, Dom- und Stiftsschulen wurde auf das Leben als Kleriker vorbereitet, später auch männlichen Nachkommen des Adels oder Patriziats eine grundständige Bildung angeboten.196 Karl der Große verpflichtete um das Jahr 800 die Kirchen zur Errichtung allgemeinzugänglicher Schulen und zur Abhaltung eines teilweise weltlich orientierten Elementarunterrichts.197 Trotz lückenhafter Umsetzung und unter dem Vorbehalt des präabsolutistischen Staatlichkeitsbegriffs198 können die karolingischen Schuledikte vorsichtig als Beginn eines staatlichen Bildungswesens verstanden werden.199 Erst Mitte des 13. Jahrhunderts kam es zu städtischen Schulgründungen. Die rein klerikal orientierte Ausrichtung der Domschulen genügte dem neuentstandenen bürgerlichen Bildungsinteresse nicht mehr und daher wurden vermehrt Ratsschulen gegründet, in denen die weltlichen Stadtherren zwar größeren Einfluss hatten, die kirchliche Schulaufsicht jedoch bestehen blieb.200 Im Ausgleich für das Recht der Städte auf Gründung weltlicher Schulen ließ sich die Kirche die Anerkennung des kirchlichen Schulmonopols zusichern.201 Zwar hatten viele Städte damit die Befugnis zur Entlassung und Ernennung von Lehrkräften, der Unterrichtsinhalt war aber durch die überwiegend geistlich ausgebildeten Lehrkräfte in der Hand der Kirche,202 sodass sich inhaltlich wenige Unterschiede zu rein kirchlich betriebenen Unterrichtsanstalten ergaben.203 Neben diesen „staatlichen“ Schulen entstanden aus überwiegend privater Initiative erstmals die „deutschen Schreib- und Leseschulen“, die als Beginn des Privatschulwesens in Deutschland 193

Geißler, Schulgeschichte, 14 mit weiteren Nachweisen. Das heutige Verständnis von Staatlichkeit sollte nicht unangepasst auf die Herrschaftsverhältnisse insb. der Antike, des Mittelalters und der frühen Neuzeit übertragen werden, s. Deutscher, Private Schulen, 8 ff. Die Unterscheidung zwischen öffentlich / staatlich und privat wird erst mit Beginn des Absolutismus und des sich entwickelnden Staatsverständnisses trennscharf möglich, s. Heckel, Privatschulrecht, 13; vgl. Pieroth / Barczak, in: Avenarius / Pieroth / Barczak, Herausforderung, 71 (87). 195 Geißler, Schulgeschichte, 14 ff. 196 Stern, Staatsrecht, Bd. IV/2, 387 mit weiteren Nachweisen; Heckel, Privatschulrecht, 13. 197 Paulsen, Deutsches Bildungswesen, 7 f.; Plümer, Privatschulverhältnisse, 16 ff. 198 Siehe in Erster Teil, Fn. 194. 199 Wenngleich auch im karolingischen Staatskirchentum weiterhin die Kirche, nicht der Kaiser über das Schulwesen herrschte, vgl. Kurtz, Geschichte der Schulaufsicht, 9 ff.; 19; Geißler, Schulgeschichte, 20 ff. 200 Kurtz, Geschichte der Schulaufsicht, 36; 43 ff. 201 Vondenhoff, Staatsanstalt und causa ecclesiastica, 32. 202 Kurtz, Geschichte der Schulaufsicht, 50 f.; Plümer, Privatschulverhältnisse, 18. 203 Geißler, Schulgeschichte, 35 ff. 194

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1. Teil: Grundlagen der staatlichen Aufsicht über Ersatzschulen 

gelten.204 Diese oft als Klipp- oder Winkelschulen bezeichneten Privatschulen boten einfache, lateinlose Bildung und wurden meist ohne Konzession der weltlichen oder kirchlichen Obrigkeit betrieben.205 Trotz dieser Emanzipationsprozesse blieb die Kirche nahezu alleinige Trägerin des Schulwesens im Mittelalter.206 Die Reformation legte den Grundstein für die Entstehung des heutigen staatlichen Schulwesens.207 Luther mahnte die protestantischen Landesfürsten zur Errichtung christlicher Schulen. Es entstand – deutlich umfassender als im Mittelalter – eine Art staatliches Schulwesen unter kirchlicher Aufsicht.208 Im Laufe der zunehmenden Säkularisierung führten diese landesherrlich-kirchlichen Schulen zur Entwicklung einer staatlichen Schulhoheit.209 Gleichzeitig bewirkte die Glaubensspaltung eine zeitweise Stärkung der kirchlichen Schulherrschaft, indem gegenreformatorische Bewegungen in den katholischen Ländern kirchliche Schulgründungen begünstigten und stark konfessionell orientierte Schulordnungen in den protestantischen Ländern eine von der Kirche unabhängige Bildung zunächst verlangsamte.210 Private Winkelschulen blieben häufig verboten. Ausschließlich „vornehmen Bürgern“ wurden eigene Schulen zugestanden.211 Insgesamt blieb schulische Bildung sowohl im ausgehenden Mittelalter als auch zu Beginn der Neuzeit ein Privileg des Adels, des Klerus und einer reichen Oberschicht.212 b) Erstarken der Staatlichkeit im Schulwesen In der Zeit des Absolutismus setzte sich die Vorherrschaft des Staates über das Schulwesen langsam durch.213 Während bisher das christliche Glaubensleben als Bildungsziel im Mittelpunkt stand, verlagerten Rationalismus und ein stärker werdendes staatsbürgerliches Bewusstsein den Fokus auf den wirtschaftlichen Nutzen

204

Vgl. Vogel, Schulen und Heime in freier Trägerschaft, 7; Plümer, Privatschulverhältnisse, 18 ff. 205 Geißler, Schulgeschichte, 39 ff.; Plümer, Privatschulverhältnisse, 19 ff. 206 Vondenhoff, Staatsanstalt und causa ecclesiastica, 30; vgl. Huber, Deutsche Verfassungsgeschichte, Bd. I, 262. 207 Huber, Deutsche Verfassungsgeschichte, Bd. I, 262 f.; Starck, in: Krautscheidt / Marré, Essener Gespräche, 9 (12). 208 Vondenhoff, Staatsanstalt und causa ecclesiastica, 33 ff.; eine trennscharfe Abgrenzung zwischen staatlichen und kirchlichen Schulen war auch zu dieser Zeit kaum möglich, da die Landesherren sowohl weltliche als auch kirchliche Macht in den Händen hielten, vgl. Kösling, Private Schule, 60; Plümer, Privatschulverhältnisse, 22 ff. 209 Vgl. Huber, Deutsche Verfassungsgeschichte, Bd. I, 263. 210 Huber, Deutsche Verfassungsgeschichte, Bd. I, 262 ff. 211 Plümer, Privatschulverhältnisse, 26 ff. 212 Vgl. Stern, Staatsrecht, Bd. IV/2, 389. 213 Diese Schilderung klammert die Entwicklung in den anderen Ländern aufgrund der prägenden Rolle Preußens für das heutige Schulrecht weitestgehend aus, vgl. hierzu van Ackeren / Klemm / Kühn, Schulsystem, 13.

B. Staatliche Schulaufsicht 

65

der Bildung.214 Das preußische Generaledikt von 1717 sah eine Schulpflicht dort vor, wo öffentliche Schulen bestanden.215 Wie auch die späteren Unterrichtspflichten des Generallandschulreglements von 1763 und des § 43 II 12 des Preußischen Allgemeinen Landrechts von 1794 (ALR) mangelte es dieser an der flächendecken Durchsetzung, die erst ab dem 19. Jahrhundert sichergestellt wurde.216 Mit Einführung der Schul- bzw. Unterrichtspflicht ging der Auf- und Ausbau des öffentlichen Schulwesens durch den Wohlfahrtsstaat einher,217 vor allem manifestierte sich dadurch die Ansicht, das Schulwesen sei staatliche Angelegenheit.218 Prinzipiell kodifizierte das Generallandschulreglement die staatliche Aufsicht über die Schule, übertrug diese dessen ungeachtet auf kirchliche Personen.219 In diesem Edikt regelte der preußische Staat darüber hinaus den Ablauf des Unterrichts, Lehrpläne und Fragen der Schulfinanzierung.220 Auch in vielen anderen deutschen Ländern behielten die Kirchen zunächst maßgeblichen Einfluss auf das Schulwesen.221 Anteil an der stärker werdenden Staatlichkeit im Schulwesen hatte die preußische „Instruktion für das Oberschulenkollegium“ von 1787, die institutionell die staatliche Schulaufsicht in Form einer entsprechenden Oberbehörde errichtete und die deren umfassende „Leitungs-, Ordnungs-, Verwaltungsund Aufsichtsbefugnisse“ beschrieb.222 Als formaler Abschluss der Staatlichkeit des Schulwesens wird häufig das Preußische Allgemeine Landrecht gewertet. Dessen § 1 II 12 verkündet „Schulen und Universitäten sind Veranstaltungen des Staats,  […]“. Die vollständige Verstaatlichung der Schulaufsicht zog sich allerdings bis in das 19. Jahrhundert.223 Dementsprechend setzte das ALR in § 12 ff. II 12 weiterhin eine Beteiligung der Geistlichkeit an der Schulaufsicht voraus.224 Diese nahm die Schulaufsicht hingegen nicht mehr Kraft Amtes, sondern im Auf-

214

Geißler, Schulgeschichte, 76; 89; vgl. Vondenhoff, Staatsanstalt und causa ecclesiastica,

35.

215

Huber, Deutsche Verfassungsgeschichte, Bd. I, 263. van Ackeren / Klemm / Kühn, Schulsystem, 14; frühere Bemühungen gab es bereits in anderen Ländern, vgl. Kösling, Private Schule, 61 Fn. 232 mit weiteren Nachweisen. 217 In Preußen durch den General-Schulen-Plan 1736. In anderen Ländern wurde erst das Schulwesen ausgebaut, später die Schulpflicht proklamiert, s. Plümer, Privatschulverhältnisse, 33; Starck, in: Krautscheidt / Marré, Essener Gespräche, 9 (12). 218 Bereits im Generaledikt wurde das Schulwesen zur dritten Säule der Staatsmacht erhoben, s. Stern, Staatsrecht, Bd. IV/2, 389; vgl. auch Huber, Deutsche Verfassungsgeschichte, Bd. I, 263 ff. 219 Vondenhoff, Staatsanstalt und causa ecclesiastica, 36 ff.; Kurtz, Geschichte der Schulaufsicht, 208 ff. 220 Kurtz, Geschichte der Schulaufsicht, 205 ff. 221 Kurtz, Geschichte der Schulaufsicht, 181 ff.; 220 ff. 222 Wörtliches Zitat s. Plümer, Privatschulverhältnisse, 35. 223 Huber, Deutsche Verfassungsgeschichte, Bd. I, 265 f.; vor allem Kurtz, Geschichte der Schulaufsicht, 232 ff., demzufolge dem ALR fälschlicherweise der Beginn der staatlichen Schulaufsicht zugeschrieben wird. 224 Kurtz, Geschichte der Schulaufsicht, 234. 216

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1. Teil: Grundlagen der staatlichen Aufsicht über Ersatzschulen 

trag des Staates wahr.225 Erst der Kulturkampf des preußischen Staates mit der katholischen Kirche veranlasste Bismarck 1872 die kirchliche Beteiligung an der Schulaufsicht durch das Schulaufsichtsgesetz226 weitestgehend auszuschalten.227 In den süddeutschen Ländern ereigneten sich zu dieser Zeit ähnliche Verstaat­ lichungstendenzen.228 Als erstes ansatzweise systematisches, landesweites Schulrecht sind die Bestimmungen des ALR nicht zu unterschätzen. Schulen in öffentlicher Trägerschaft unterwarf § 9 II 12 der staatlichen Schulaufsicht. Der inhaltliche Gehalt des damaligen Aufsichtsbegriffs ist indes schwer festzumachen. Zum einen unterschied das ALR zwischen der Direktion (§ 12 II 12) und der Aufsicht über Schulen, was für ein engeres Verständnis der Aufsicht sprechen würde.229 Zum anderen hat die Zusammenfassung dieser Befugnisse in derselben behördlichen Hand zur Verwischung des Aufsichtsbegriffs geführt,230 sodass faktisch sowohl die (externe) Kontrolltätigkeit als auch die Leitungsgewalt und Ordnungsbefugnisse im öffentlichen Schulwesen behördliche Aufgaben waren.231 Der Schulaufsichtsbegriff der preußischen Verwaltungspraxis hatte dementsprechend mit Aufsicht i. e. S. wenig gemein. Insgesamt kodifizierte das ALR zwar eher deskriptiv die bisherige Entwicklung hin zu einem überwiegend unter staatlicher Kontrolle stehenden Schulwesen,232 die schulrechtlichen Regelungen des ALR blieben in Preußen jedoch bis 1919 in Kraft,233 bestimmten die Diskussionen in der Weimarer Nationalversammlung und werden darum als das für das allgemeine Verhältnis von privaten und öffentlichen Schulen maßgebliche Regelungswerk gehalten.234 Zu Beginn des 19. Jahrhunderts förderte der Staat erstmals ein systematisches und nachhaltiges Bildungswesen und machte sich zum „Kulturverwaltungsstaat“, in dem Erziehung und Bildung Aufgaben staatlicher Verwaltung waren.235 Das allgemeine Landrecht brachte die Unterscheidung zwischen „höheren“ und „niederen“ Bildungszweigen mit sich und legte damit den Grundstein für die folgende 225

Huber, Deutsche Verfassungsgeschichte, Bd. I, 282 ff. Gesetz, betreffend die Beaufsichtigung des Unterrichts- und Erziehungswesens [Preußen] vom 11. 03. 1872 (digitalisiert einsehbar https://www.lwl.org/westfaelische-geschichte/que/ normal/que899.pdf zugegriffen 10. 11. 2020). 227 Vgl. Landé, Preußisches Schulrecht, Bd. I, 142 ff.; Richter, Bildungsverfassungsrecht, 81, der darauf hinweist, dass auch nach dem Schulaufsichtsgesetz die Kirche oft „im Auftrage des Staates“ handelte. Vgl. ferner Plümer, Privatschulverhältnisse, 42. Zu den Positionen während des Schulkampfes Vondenhoff, Staatsanstalt und causa ecclesiastica, 116 ff. 228 Starck, in: Krautscheidt / Marré, Essener Gespräche, 9 (15). 229 Fuß, VVDStRL 23 (1966), 199 (207 ff.); vgl. Wißmann, in: BK-GG, Art. 7 II Rn. 3. 230 Fuß, VVDStRL 23 (1966), 199 (210); hierzu später Zweiter Teil C. I. 231 Kösling, Private Schule, 63 ff. mit weiteren Nachweisen. 232 Kurtz, Geschichte der Schulaufsicht, 233. 233 Vgl. Plümer, Privatschulverhältnisse, 38; 42 ff., auch z. B. in Bayern und anderen Ländern setzte sich das Konzept der Schule als Staatsanstalt durch. 234 Vgl. Deutscher, Private Schulen, 126. 235 Zum Begriff Stern, Staatsrecht, Bd. IV/2, 391. 226

B. Staatliche Schulaufsicht 

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Bildungsreform, die noch heute durch die Unterscheidung zwischen allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen, der an Allgemeinbildung236 orientierten Bildung, aber auch in der Mehrgliedrigkeit des Schulsystems nachwirkt. Während das höhere Schulwesen vor allem dem aufstrebenden Bürgertum und der Ausbildung qualifizierter Staatsbeamter dienen sollte,237 sind die mit dem niederen Schulwesen verfolgten Ziele umstritten. Einige sehen darin ein System der Bildungsbegrenzung, dessen Ziel eine herrschaftskonforme Glaubenserziehung der Untertanen war und sich durch gezielte Undurchlässigkeit und deutlich schlechter ausgebildete Lehrkräfte auszeichnete.238 Andere betonen hingegen die den aufklärerischen Idealen nach einer flächendeckenden Volksbildung verpflichteten Ziele und die Bildungs- und Alphabetisierungsrate steigernden Effekte des niederen Schulwesens.239 Die starke Segregation des preußischen Schulsystems ist jedoch nicht zu übersehen. Im Bereich der Primarbildung macht die durchgehende „Versäulung“ der Schulzweige den „Standesschulcharakter“ deutlich.240 Statt einer einheitlichen Grundschule gab es bis 1919 für angehende Gymnasialschüler241 und für das später entstehende Realschulsystem eigene Vorklassen; eine soziale Durchmischung fand nicht statt.242 Der Herausbildung von privaten Freiheitsräumen im Schulwesen in späteren Jahren ging die schrittweise Implementierung eines (abgeschwächten) staatlichen Schulmonopols voraus. So wurden zunächst die nicht genehmigten Privatschulen („Winkelschulen“) in Preußen mit dem Generallandschulreglement 1763 verboten. Auch Wilhelm von Humboldt wandte sich gegen private Winkelschulen.243 Privatschulen ließen sich mit den Zielen und Methoden des auf umfassende National­ erziehung abziehenden deutschen Idealismus244 nur als halbstaatliche Einrichtungen vereinbaren.245 Das ALR sah in § 3 II 12 einen Genehmigungsvorbehalt vor und unterstellte die Schulen gem. § 4 II 12 der Aufsicht des Staates, ermöglichte aber im Gegenzug die Ableistung der Unterrichtspflicht an diesen. Das weit begriffene Aufsichtsverständnis der preußischen Rechtspraxis erstreckte man dementspre-

236

In Abgrenzung zu etwaiger berufsbezogener „Spezialbildung“, vgl. und zum Ganzen van Ackeren / Klemm / Kühn, Schulsystem, 18. 237 Van Ackeren / Klemm / Kühn, Schulsystem, 20. 238 Vgl. Herrlitz / Hopf et al., Deutsche Schulgeschichte, 36 ff.; 40 ff.; van Ackeren / ​Klemm / ​ Kühn, Schulsystem, 19 ff.; hierzu auch Evers, VVDStRL 23 (1966), 147 (151 (Fn. 16)). 239 Vgl. Stern, Staatsrecht, Bd. IV/2, 390; ausführlich Kuhlemann, in: Berg, Handbuch der deutschen Bildungsgeschichte, Bd. IV, 179. 240 Zymek, Zeitschrift für Grundschulforschung 2015, 7 (10); vgl. van Ackeren / Klemm / Kühn, Schulsystem, 32 ff. 241 Koedukation gab es bis dato im Gymnasium nur vereinzelt van Ackeren / Klemm / Kühn, Schulsystem, 25 ff. 242 Vgl. Zymek, Zeitschrift für Grundschulforschung 2015, 7 (9 ff.); van Ackeren / Klemm / ​ Kühn, Schulsystem, 32 ff. 243 Huber, Deutsche Verfassungsgeschichte, Bd. I, 276. 244 Badura, in: Maunz / Dürig, Art. 7 Rn. 92. 245 Huber, Deutsche Verfassungsgeschichte, Bd. I, 276.

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1. Teil: Grundlagen der staatlichen Aufsicht über Ersatzschulen 

chend auf private Schulen.246 Eine Gründungsfreiheit247 war nicht vorgesehen, da § 6 II 12 ALR „auf dem Lande, und in kleineren Städten“ neben den staatlichen Schulen bloß in Ausnahmefällen private Schulen gestattete.248 Institutionell unterstanden Privatschulen nach 1794 in Preußen noch der Gewerbepolizei. Erst 1834 wurden sie vollständig den staatlichen Schulaufsichtsbehörden untergeordnet.249 Eine weitere Verfügung von 1840250 regelte die staatliche Genehmigung einer Privat­schule näher. Sie führte ein Genehmigungsregime ein, das inhaltlich an den heutigen Art. 7 IV GG erinnert.251 § 1 der Verfügung 1840 bekräftigte, ebenso wie das ALR, die „subsidiäre Stellung“252 der Privatschule im preußischen Schulsystem, indem eine Bedürfnisprüfung etabliert wurde („[…] sollen nur da, wo sie einem Bedürfnisse entsprechen, also nur an solchen Orten gestattet werden, wo für den Unterricht der schulpflichtigen Jugend durch die öffentlichen Schulen nicht ausreichend gesorgt ist“). Gemeint war ein staatliches Bedürfnis nach der Schule, kein bürgerschaftliches.253 Weiterhin wurde die wissenschaftliche (§ 2) und sittliche (§ 3) Befähigung der Schulleitung und der Lehrkräfte (§ 14) an die Befähigung für das öffentliche Schulwesen geknüpft. Die staatliche Aufsicht erstreckte sich gem. § 7 auf alle wesentlichen Unterrichtsinhalte, z. B. den Lehrplan, die Lehrbücher und -methoden. Weitreichend band § 9 die Schulen an alle für das öffentliche Schulwesen bestehenden Vorschriften. Der preußische Staat gestattete unter Umständen zwar den Betrieb einer Privatschule, beanspruchte inhaltlich gleichwohl die Herrschaft über das gesamte Schulwesen. Die wesentlichen Inhalte der Ministerialverordnung 1840, vor allem die Orientierung an den Lehrinhalten des staatlichen Schulwesens, setzten sich auch in anderen deutschen Ländern durch.254 Nichtsdestotrotz erlebte das private Schulwesen in der Zeit eine starke Wachstumsperiode. Die staatlicherseits vernachlässigte Mädchenbildung und das Entstehen neuer Arten von Berufsschulen sorgten für einen Anstieg der Anzahl privater Schulen. Auch neue Erziehungsmethoden entstanden in dieser Zeit.255 Einige 246

Vgl. Deutscher, Private Schulen, 127 ff. Gemeint ist das subjektive Recht, eine Schule nach gerichtlich überprüfbaren Kriterien zu gründen. 248 Deutscher, Private Schulen, 127 ff. 249 Damit wurde die kurzzeitige Unterrichtsfreiheit wieder abgeschafft, s. Plümer, Privatschulverhältnisse, 41 ff. 250 Verfügung Nr. 149, Ministerial-Blatt für die gesammte [sic!] innere Verwaltung in den Königlich Preußischen Staaten (MBiV) 1840, 94 ff. (digitalisiert abzurufen unter: https://babel. hathitrust.org/cgi/pt?id=uc1.a0001749134&view=1up&seq=102 zugegriffen am 10. 11. 2020). 251 Vgl. Vogel, RdJB 1983, 170 (171). Die Ministerialverordnung geht auf den süvernschen Unterrichtsgesetzentwurf zurück, dessen § 99 die angesprochenen inhaltlichen Kriterien enthielt, s. Deutscher, Private Schulen, 131 ff. 252 Ausgedrückt durch die für eine Genehmigung einer Privatschule praktizierte Bedürfnisprüfung, vgl. Landé, Schule in der Reichsverfassung, 143. 253 Deutscher, Private Schulen, 134. 254 Deutscher, Private Schulen, 135 f.; zur Vorbildfunktion der preußischen VO vgl. Vogel, RdJB 1983, 170 (171). 255 Heckel, Privatschulrecht, 15 ff. 247

B. Staatliche Schulaufsicht 

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Staaten förderten Privatschulen erstmals finanziell und eröffneten ihnen den Weg zur Vergabe öffentlicher Abschlüsse.256 Gerade im Primarbereich entstanden im 19. Jahrhundert viele private Schulen. Im höheren Schulwesen konnten sich Privatschulen dagegen kaum etablieren, da die staatlichen Schulen hohe Standards setzten, mit denen die privaten Gymnasien selten mithalten konnten.257 c) Schulwesen der Weimarer Schulkompromisse Betrachtet man das Erstarken der Staatlichkeit im 18. und 19. Jahrhundert im Allgemeinen und die Entwicklung von einer geistlichen Schulaufsicht zu einer „Herrschaft“ des Staates über die öffentlichen Schulen im Besonderen, mag man die gezeigte Entwicklung des Schulwesens schnell dem staatlichen Absolutismus zuschreiben und den liberalen Ursprung der damit einhergehenden Emanzipation von der kirchlichen Schulaufsicht übersehen.258 Es ist daher nicht verwunderlich, dass die Frankfurter Reichsverfassung 1848/1849 (FRV) an dieses Konzept anknüpfte und die Ziele der vorangegangenen Rechtsentwicklung in § 153 treffend umschrieb: „Das Unterrichts- und Erziehungswesen steht unter der Oberaufsicht des Staates, und ist, abgesehen vom Religionsunterricht, der Beaufsichtigung der Geistlichkeit als solcher enthoben.“ Die FRV sah erstmals eine Art Privatschulfreiheit im Grundrechtsteil vor und ermöglichte damit primär den zuvor entmachteten Kirchen die Gründung eigener Lehranstalten.259 Auch wenn die Verfassung nie in Kraft trat, diente sie als Vorbild für die Weimarer Reichsverfassung von 1919 (WRV).260 Bis zum Inkrafttreten der WRV änderte sich für die Privatschulen wenig an der vom ALR und der preußischen Verordnung 1840 geprägte Rechtslage, die den Vorrang der Staatsschule und die strenge Akzessorietät privater Schulen zu staatlichen Schulvorschriften vorsah.261 Tatsächlich versuchte die preußische Obrigkeit in Reaktion auf den drohenden revolutionären Sozialismus, die Bindungen zur Kirche Ende des 19. Jahrhunderts wieder zu verstärken, indem sie die freie Gründung der Privatschulen (durch die Kirchen) vorantreiben wollte, was jedoch an der national-liberal geprägten öffentlichen Meinung scheiterte.262 Die Anknüpfung der WRV im Bereich der Schulaufsicht an den „Rechtszustand, der auch früher schon in Deutschland galt“263 darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Weimarer Schulartikel in der Nationalversammlung hochumstritten waren 256

Vogel, RdJB 1983, 170 (171 ff.). Zymek, Zeitschrift für Grundschulforschung 2015, 7 (10). 258 Vgl. Kühne, Reichsverfassung, 490 ff.; vgl. Vondenhoff, Staatsanstalt und causa ecclesiastica, 135 ff.; 147 ff.; Geißler, Schulgeschichte, 207. 259 Kühne, Reichsverfassung, 491; vgl. Stern, Staatsrecht, Bd. IV/2, 392 ff. 260 Kühne, Reichsverfassung, 491; vgl. Stern, Staatsrecht, Bd. IV/2, 392 ff. 261 Vgl. Stern, Staatsrecht, Bd. IV/2, 520; vgl. ausführlich Plümer, Privatschulverhältnisse, 46 ff. 262 Starck, in: Krautscheidt / Marré, Essener Gespräche, 9 (15 ff.). 263 Anschütz, Verfassung, Art. 144 Rn. 1. 257

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1. Teil: Grundlagen der staatlichen Aufsicht über Ersatzschulen 

und die Verfassung als Ganzes fast zum Scheitern brachten.264 Streitpunkte waren unter anderem die Übernahme der Schulaufsicht durch den Staat und die Zurückdrängung des Konfessionsprinzips öffentlicher Schulen mit denen die katholische Kirche sich, ihrem Universalitätsanspruch folgend, nicht zufrieden geben wollte.265 Die schulpolitischen Fragestellungen in der Weimarer Nationalversammlung waren stets vom Verhältnis des Staates zur Kirche, der Reichweite der christlichen Erziehung im staatlichen Schulwesen und Fragen des natürlichen Erziehungsrechts der Eltern überlagert.266 Insbesondere die SPD befürwortete das Konzept der natio­nalen Einheitsschule als Gegenentwurf zum stark segregierten (preußischen) Schulsystem (vulgo „Standesschulen“).267 Ziel war ein einheitliches, staatlich gelenktes Bildungskonzept unter Aufhebung der konfessionellen Trennung, Etablierung der Koedukation sowie die für alle Bevölkerungsschichten verbindliche Elementarschule und die Abschaffung der Vorschulen.268 Damit verbunden war die grundsätzliche politische Ablehnung der Privatschule als elitär.269 Zentrumspartei und Deutschnationalisten (DNVP) wollten die christliche Bekenntnisschule beibehalten und ein rein staatlich gelenktes und organisiertes Bildungswesen verhindern. In der Folge setzen sie sich verstärkt für die Rechte der Privatschulen ein.270 Die Klärung der widerstreitenden Interessen überdauerte die gesamten Verhandlungen zur Weimarer Verfassung und konnten erst in zwei Schulkompromissen geklärt werden. Der erste Schulkompromiss sicherte die begrenzte Zulässigkeit von Privatschulen und das abgeschwächte Volksschulmonopol des Staates, der zweite Kompromiss brachte Einigkeit in die Frage des Religionsunterrichts und der Bekenntnisschulen.271 Insgesamt setzten sind zumindest formal die Befürworter des sozialen Einheitsschulkonzepts durch, die auf Weltlichkeit und Staatlichkeit des Schulwesens setzten.272 Es verwundert daher nicht, dass die daraus resultierenden Art. 143–149 WRV an das bisher geltende „Primat der öffentlichen Schule“ anknüpften, ohne dass dies in der Nationalversammlung diskutiert oder infrage gestellt wurde. Art. 143 I WRV normierte dementsprechend den Vorrang der öffentlichen vor den privaten Schulen, die zwar zugelassen wurden, auf die aber niemand angewiesen sein sollte.273 Ebenso der vor allem in Preußen geltenden Rechtslage 264

Landé, Schule in der Reichsverfassung, 27. Ausführlich Geißler, Schulgeschichte, 206 ff. 266 Vgl. Vondenhoff, Staatsanstalt und causa ecclesiastica, 183 ff.; 220 ff. 267 Zum Konzept und den Begriffen zeitgenössisch Schulz, Schulreform, 47 ff. und passim. 268 Zymek, Zeitschrift für Grundschulforschung 2015, 7 (10). Gemeint sind die für höhere Schulen vorbereitenden Elementarschulen, nicht „Vorschulen“ im heutigen Sinne, siehe später Zweiter Teil E. II. 269 Vgl. Stern, Staatsrecht, Bd. IV/2, 400. 270 Vgl. Richter, Kirche und Schule, 654 f.; Stern, Staatsrecht, Bd. IV/2, 397. 271 Richter, Kirche und Schule, 654. 272 Evers, VVDStRL 23 (1966), 147 (151 ff.). 273 Siehe auch zum Begriff des „Primats“ Landé, Schule in der Reichsverfassung, 144; vgl. Kösling, Private Schule, 65; Stern, Staatsrecht, Bd. IV/2, 399; zeitgenössisch zu den Zielen Anschütz, Verfassung, Art. 143 Rn. 1. 265

B. Staatliche Schulaufsicht 

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entnommen wurde die Bestimmung über die staatliche Aufsicht über das „gesamte Schulwesen“ (Art. 144 1 WRV). Die Abgeordneten der Nationalversammlung sind vermutlich von der bisherigen Interpretation der preußischen Verwaltungspraxis ausgegangen, womit ein extensives Verständnis von Schulaufsicht Einzug in die Verfassung genommen hat.274 Mit Schulaufsicht gemeint war nach Anschütz die „Herrschaft des Staates über die Schule“ sowie „Inbegriff verschieden gearteter, teils leitender (= kontrollierender), teils unmittelbar verwaltender (ausführender) Funktionen“ und weiter „Die Schulaufsicht ist […] Leitung und Verwaltung der inneren Schulangelegenheiten durch den Staat.“275 Art. 144 S. 2 WRV machte aber deutlich, dass eine bedeutende Zielrichtung der staatlichen Aufsicht weiterhin in der Abschaffung der kirchlichen Schulaufsicht zu sehen war.276 Insgesamt sicherte sich der Staat eine weitgehende Schulhoheit. Art. 146 I WRV regelte den Schulaufbau als Übergang vom „versäulten“ Schulsystem hin zu einem gestuften Schulsystem,277 in welchem „Anlage und Neigung“ und nicht der soziale Status der Eltern maßgeblich für die gewählte Schulform sein sollte (Art. 146 I 3 WRV). Art. 146 II WRV enthielt den Kompromiss zur Bekenntnisschule, der den prinzipiellen Vorrang der Gemeinschaftsschule vorsah, aber nach dem Willen der Erziehungsberechtigten eine öffentliche Bekenntnisschule möglich machte. Während noch die Nationalversammlung mit dem „Gesetz, betreffend die Grundschulen und Aufhebung der Vorschulen“ vom 28. April 1920 den Schulaufbau regelte und öffentliche278 Vorschulen aufhob, scheiterte das Reichsschulgesetz nach Art. 146 II 3 WRV wiederholt,279 sodass es gem. Art. 174 WRV „bei der bestehenden Rechtslage“ blieb. Damit trat zwar das Prinzip der „Einheitsschule im sozialen Sinne“ (Anschütz) im Primarbereich im Wesentlichen in Kraft, die religiöse Einheitsschule als Regelschule wurde jedoch nicht verwirklicht.280 Schließlich enthielt die Weimarer Verfassung Regelungen zum Religionsunter 274

Plümer, Privatschulverhältnisse, 50; kritisch zu der Genese des extensiven Schulaufsichtsbegriffs Fuß, VVDStRL 23 (1966), 199 (207 ff.; 211 ff.); vgl. Landé, in: Anschütz / T homa, Handbuch des Deutschen Staatsrechts, Bd. 2, 701 ff. 275 Anschütz, Verfassung, Art. 144 Rn. 1; vgl. Landé, Schule in der Reichsverfassung, 62 ff. Die Zuweisung des „inneren“ Schulverhältnisses knüpft an die seit der steinschen Städteordnung betriebene Differenzierung zwischen „innerem“ und „äußerem“ Schulverhältnis an, s. Kurtz, Geschichte der Schulaufsicht, 276. 276 Vgl. Stern, Staatsrecht, Bd. IV/2, 399; Anschütz, Verfassung, Art. 144 Rn. 2; Richter, Kirche und Schule, 663. 277 Zymek, Zeitschrift für Grundschulforschung 2015, 7 (13); Kurtz, Geschichte der Schulaufsicht, 274 ff. 278 Privaten Vorschulen gewährte § 2 II des Gesetzes eine großzügige Übergangsfrist. Darüber hinaus stand die Abschaffung privater Vorschulen unter dem Vorbehalt der Entschädigung, bei dem keine Einigung erzielt wurde, s. Zymek, Zeitschrift für Grundschulforschung 2015, 7 (12); vgl. BVerfGE 75, 40 (58). 279 Huber, Deutsche Verfassungsgeschichte, Bd. VI, 950 ff. 280 Anschütz, Verfassung, Art. 146 Rn. 5 und Rn. 4; „ausnahmslos“, wie Anschütz meint, galt das Prinzip der sozialen Einheitsschule mit Blick auf die lange Übergangsfrist für private Vorschulen aber nicht, siehe Fn. 87. Ausführlich auch Huber, Deutsche Verfassungsgeschichte, Bd. VI, 946 ff. und Richter, Kirche und Schule, 661 ff.

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1. Teil: Grundlagen der staatlichen Aufsicht über Ersatzschulen 

richt (Art. 149), zur Schulpflicht (Art. 146) sowie verbindliche Bildungsziele für öffentliche Schulen (Art. 148 II) und solche, die für alle Schulen galten (Art. 148 I).281 Insgesamt beanspruchte das Reich einige Aspekte der Schulbildung für seine eigenen Gesetzgebungskompetenzen, die zuvor den Einzelstaaten zustanden. So sah Art. 143 II WRV ein einheitliches Gesetz mit Grundsätzen für die Lehrerbildung, Art. 146 II 3 WRV die besagte Grundsatzgesetzgebung über die Volksschule und Art. 10 Nr. 2 WRV allgemeine Grundsatzkompetenzen vor. Obwohl die Vertreterinnen und Vertreter des Einheitsschulkonzepts privaten Schulen ablehnend gegenüberstanden, verbesserte die Weimarer Reichsverfassung die rechtliche Stellung der Privatschulen, indem sie erstmals einen reichsweit einheitlichen Anspruch auf Genehmigung der Ersatzschulen nach bestimmten Kriterien enthielt, die Bedürfnisprüfung abschaffte und eine gewisse Gestaltungsfreiheit im Rahmen der Genehmigungskriterien vorsah.282 Die Verbesserungen sind im Wesentlichen als Konzession an die Interessen der Kirchen zu sehen.283 Die Kehrseite der einheitlichen, ermessensfreien Genehmigungsvoraussetzungen war, dass diese hohe Anforderungen an die individuellen Schulen stellten, woran man die Kompromisshaftigkeit des Art. 147 WRV erkennt. Die endgültige Fassung der Genehmigungsvoraussetzungen entstand erst im Rahmen des zweiten Weimarer Schulkompromisses, der neben den inhaltlichen Kriterien (Gleichwertigkeit der Einrichtungen, Lehrziele und Lehrkräfte) zusätzlich das sog. „Sonderungsverbot“ als allgemeineren Gedanken eines für alle zugänglichen Schulgeldes brachte.284 Die Weimarer Verfassung entschied sich für die Abkehr von einem zumindest gedanklichen Staatsschulmonopol hin zu einem „System der begrenzten Unterrichtsfreiheit“.285 Trotz der signifikanten Verbesserungen der Rechtslage für Privatschulen zeugt die Verfassung indes deutlich vom angesprochenen Nachrang des Privatschulwesens gegenüber dem öffentlichen Schulwesen. Ausdruck davon war die strenge, subsidiäre Zulassung privater Volksschulen. Die Gründungsfreiheit privater Schulinitiativen im Grundschul- und Vorschulbereich wurde den mit dem Einheitsschulkonzept verfolgten Zielen des Abbaus der Klassenschranken und Privilegien gesellschaftlicher Schichten untergeordnet (Art. 147 II und III WRV).286 Einer verbreiteten Ansicht nach ergab sich aus dem Vorrang der öffentlichen Schule weiterhin ein ungeschriebener Vorbehalt der Genehmigung privater Schulen, sollte die Genehmigung den Bestand einer öffentlichen Schule gefährden.287 Auch der 281

Vgl. Reichsstaatsgerichtshof, Anhang zu RGZ 129, 9 ff.; Anschütz, Verfassung, 148 Rn. 2 ff. BVerfGE 75, 40 (58); Vogel, RdJB 1983, 170 (172); Heckel, Privatschulrecht, 39. 283 Richter, Kirche und Schule, 654. 284 Siehe hierzu Heinrich Schulz’ (SPD), „Vater“ der Weimarer Schulkompromisse (Oest­ reich, Es reut mich nicht!, 23), zum endgültigen Art. 147 WRV. Abgedruckt in Verhandlungen der Nationalversammlung, Bd. 329, 2161 ff. 285 Zitat BVerfGE 75, 40 (58); Wißmann, in: BK-GG, Art. 7 II Rn. 18. 286 Richter, Kirche und Schule, 665. 287 Landé, Schule in der Reichsverfassung, 151 mit weiteren Nachweisen. 282

B. Staatliche Schulaufsicht 

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erstmals verfassungsrechtlich zum Tragen kommende Begriff der „Ersatzschule“ ist in diesem Zusammenhang zu erwähnen.288 Ersatzschulen waren solche, für die Art. 143 I 1 WRV eine öffentliche Schule vorsah.289 Nur diesen ermöglichte Art. 147 I WRV einen gebundenen Anspruch auf Genehmigung, für alle nicht in das staatlich vorgesehene Schulsystem passenden Privatschulen verblieb es gem. Art. 147 IV WRV bei der bestehenden Rechtslage und damit oftmals bei einer Ermessenszulassung.290 Unabhängig davon, ob man in dem Begriff der „Ersatzschule“ einen Nachrang erkennen mag,291 ermöglichte die Weimarer Verfassung hierdurch bewusst eine starke Anbindung an das öffentlich gesteuerte Schulwesen. Auch auf die Rechtspraxis unter der WRV wirkte sich die Schwierigkeit des Brückenschlags zwischen unterschiedlichen Schulideologien aus, die sowohl in der Verfassung als auch in den Regierungen der Weimarer Republik ihren Ausdruck fanden. Die Demokratisierung des öffentlichen Lebens wirkte im Schulwesen zögerlich; es blieb als „Insel des Absolutismus“292 erhalten, was auch auf die schleppende „republikanische Personalpolitik“ und einen lang anhaltenden Machterhalt monarchistischer Eliten zurückzuführen war.293 Das Schulwesen blieb von den politischen Unruhen der Zeit nicht verschont. Zu den Reichsgesetzen über das Schulwesen konnte keine Einigkeit erzielt werden, sodass sich die vorherige Rechtslage erhalten konnte. Auch im Grundschulbereich, wo die WRV und das Gesetz vom 28. April 1920 nachhaltige Veränderungen hinsichtlich der Gliederung erreichten, blieben viele Möglichkeiten der gezielten Absonderung privilegierter Schichten erhalten.294 Trotz oder möglicherweise gerade aufgrund der etatistischen Ausrichtung der Schulverwaltung setzte die Weimarer Republik ein pädagogisch modernes Schulwesen durch.295 Ferner kehrte in die gesellschaftliche Diskussion und Wahrnehmung die Wichtigkeit einer pädagogisch orientierten, gestuften Förderung nach Anlage und Neigung der Schülerinnen und Schüler ein und somit eine gedankliche Abkehr vom Statuserhalt im „Standesschulwesen“.296 Auf der Seite der Privatschulen setzten sich die weitestgehend liberalen Freiheitsgarantien der WRV nicht überall durch, was die Ländervereinbarungen 1928/1930 zum Privatschulwesen297 deutlich machen. Die Genehmigungsvoraus-

288

Vogel, RdJB 1983, 170 (172). Landé, Schule in der Reichsverfassung, 153. 290 Vgl. Kösling, Private Schule, 259. 291 So aber Vogel, RdJB 1983, 170 (172). 292 Zum Begriff Anschütz, Verfassungsurkunde, Art. 26 Rn. 5; vgl. Plümer, Privatschulverhältnisse, 54. 293 Zum Begriff Herrlitz / Hopf et al., Deutsche Schulgeschichte, 118 ff.; vgl. Geißler, Schulgeschichte, 542. 294 Herrlitz / Hopf et al., Deutsche Schulgeschichte, 123; vgl. Zymek, Zeitschrift für Grundschulforschung 2015, 7 (12). 295 Vgl. Geißler, Schulgeschichte, 541; 479 ff.; van Ackeren / Klemm / Kühn, Schulsystem, 31 ff. 296 Vgl. Zymek, Zeitschrift für Grundschulforschung 2015, 7 (13 ff.). 297 Reichsministerialblatt 1928, 531 ff.; 1930, 501. 289

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1. Teil: Grundlagen der staatlichen Aufsicht über Ersatzschulen 

setzungen für Ersatzschulen des Art. 147 I WRV wurden hierdurch weiterhin eng an die Gegebenheiten des öffentlichen Schulwesens gebunden.298 Die Weimarer Verfassung hat für viele private Schulen weitreichende Änderungen mit sich gebracht. Nicht nur der Abbau der Vorschulen veränderte die Marktposition der Privatschulen zum Schlechteren, sondern auch die vom Sonderungsverbot erstmals deutlich erschwerte Finanzierung der Schulen durch Schulgeld.299 d) Entwicklung des Schulwesens bis heute Der nationalsozialistische Staat stellte das Schulwesen in den Dienst seiner menschenverachtenden Ideologie, ohne die verfassungsrechtlichen Grundlagen hierfür zu ändern. Entgegen der Bestimmungen der Weimarer Reichsverfassung wurde Bildung zentral vorgegeben, wenngleich die Unterrichtsverwaltungen der Länder bestehen blieben.300 Eine demokratische Entscheidungsfindung wurde durch das Führerprinzip ersetzt. Privatschulen standen mit der nationalsozialistischen Bildungsidee nicht im Einklang, sodass sie sukzessive geschlossen oder verstaatlicht wurden. Der nationalsozialistische Staat drängte auf die Gleichschaltung des gesamten Schulwesens.301 Mit der Verabschiedung des Grundgesetzes wurde die Schul- und Kulturhoheit wieder in die Hand der Bundesländer überführt.302 Strukturmerkmale des öffentlichen Schulwesens oder dessen bekenntnismäßige Gestaltung sind nicht bundesverfassungsrechtlich vorgegeben. Ausnahme ist die Garantie des Religionsunterrichts als ordentliches Lehrfach (Art. 7 III 1 GG). Demzufolge entwickelten sich die öffentlichen Schulen der westdeutschen Länder zunächst unterschiedlich. Gemeinsam blieb in Westdeutschland die Restauration des dreigliedrigen Schulsystems-,303 obwohl die Grundsätze des Alliierten Kontrollrats von 1947304 dessen Auflösung verfügt haben. Die Zeit von 1960 bis 1990 war von Reformen geprägt und hat zu einer Expansion des Schulwesens geführt. Neue Schulformen wie die Gesamtschule entstanden und das Gymnasium wurde der Allgemeinheit immer zugänglicher. Nach 1990 übernahmen die ostdeutschen Bundesländer überwiegend

298

Vogel, RdJB 1983, 170 (173). Zymek, Zeitschrift für Grundschulforschung 2015, 7 (11 ff.); vgl. im Ergebnis BVerfGE 88, 40 (48). 300 Avenarius / Hanschmann, Schulrecht, Rn. 1.34. 301 Stern, Staatsrecht, Bd. IV/2, 405 f.; Heckel, Privatschulrecht, 39 ff.; Herrlitz / Hopf et al., Deutsche Schulgeschichte, 139 ff.; Geißler, Schulgeschichte, 669 ff. 302 BVerfGE 6, 309 (354 ff.); 53, 185 (195 ff.); 59, 360 (377); 75, 40 (66 ff.); Badura, in: Maunz / Dürig, Art. 7 Rn. 26; zum Begriff Geis, DÖV 1992, 522. Siehe umfassend zur Kompetenzordnung Germelmann, Kultur, 220 ff. 303 van Ackeren / Klemm / Kühn, Schulsystem, 36 ff. 304 Anweisung Nr. 54 – „Grundsätze zur Demokratisierung des Erziehungswesens in Deutschland“, abgedruckt bei Haupt, Demokratisierung, 5. 299

B. Staatliche Schulaufsicht 

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bekannte Strukturen der alten Bundesländer, setzten aber auch eigene Schwerpunkte. Die bildungspolitische Diskussion seit Ende der neunziger Jahre bestimmte lange der „PISA-Schock“. Die OECD-Studie offenbarte grundlegende Defizite im deutschen Bildungssystem, darunter die mangelnde soziale Durchlässigkeit.305 Aktuell drehen sich bildungspolitische Auseinandersetzungen primär um die Auswirkungen des demografischen Wandels und des Lehrkräftemangels, um Inklusion und die Integration von geflüchteten Menschen. Verfassungsrechtlich bedeutsam war die sich seit den Siebzigerjahren durchsetzende Verrechtlichung im Bildungswesen, die Verschiebung wesentlicher Strukturentscheidungen auf die Parlamente und die in jüngerer Zeit im Rahmen des New Public Management aufkommenden verwaltungsrechtlichen Steuerungsimpulse für das Schulrecht.306 Trotz ihrer Kulturhoheit arbeiten die Länder und der Bund in Bildungsfragen neuerdings verstärkt zusammen. Die Föderalismusreform 2006 sorgte erst für eine strenge Trennung der bundesstaatlichen Ebenen im Bildungsbereich.307 Dagegen lockerte der Verfassungsgeber 2015 das Verbot der Mitwirkung im Hochschulbereich und weitete die Kooperationsmöglichkeiten 2019 im Rahmen des Digitalpakts (Art. 104b – 104d GG) im Bereich des Schulwesens weiter aus.308 Für Privatschulen erweitert das Grundgesetz den Schutzbereich deutlich. Gemäß Art. 7 IV 1 GG können sich diese erstmals auf ein eigenes Grundrecht309 berufen. Hinzu kommt, dass spätestens seit der Ländervereinbarung zum Privatschulwesen- vom 10./11. 8. 1951310 der universelle Zugang zum Recht auf Vergabe öffentlich anerkannter Abschlüsse gewährleistet ist und nach und nach alle Länder zur finanziellen Förderung des Privatschulwesens übergegangen sind.311 In den letzten 20 Jahren haben Privatschulen zahlenmäßig312 deutlich an Bedeutung gewonnen. e) Resümee zur Entwicklung des Schulwesens Dieser Überblick über die Entwicklung des Schulwesens, der Schulaufsicht und der Privatschulfreiheit macht deutlich, wie sehr das heute selbstverständliche und umfassend ausgebaute Bildungswesen ein „Produkt“ des letzten Jahrhunderts ist.

305

Zur Entwicklung in Nachkriegsdeutschland ausführlich Herrlitz / Hopf et al., Deutsche Schulgeschichte, 195 f.; 248 f.; van Ackeren / Klemm / Kühn, Schulsystem, 39 ff. 306 Dazu sogleich Erster Teil B. II. 1. 307 Zu den Auswirkungen der Art. 91b und Art. 104b GG, s. Hanschmann, Staatliche Bildung, 194 ff. und Barczak, Übergang, 39. 308 Kritisch Battis / Eder, NVwZ 2019, 592. 309 Zur Rechtsnatur der Privatschulfreiheit später Zweiter Teil B. III. 310 Abgedruckt in Kultusministerkonferenz, Sammlung der Beschlüsse, Nr. 484. 311 Seit BVerfGE 75, 40 ist die Förderpflicht der Länder für die Institution des Privatschulwesens ständige Rechtsprechung, wenngleich Auflösungstendenzen erkennbar sind, vgl. Vogel, RdJB 2005, 255 (255 ff.). 312 Siehe bereits Einführung A.

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1. Teil: Grundlagen der staatlichen Aufsicht über Ersatzschulen 

Vor 500 Jahren war an eine allgemeine Bildung aller Bevölkerungsschichten noch nicht zu denken, geschweige denn an umfassende schulische Wahlmöglichkeiten heutiger Tage. Erst mit der Verdrängung der Kirche aus der alleinigen Schul­ verantwortung konnten aufklärerische Ideale nach Nationalbildung Fuß fassen und der Staat das Ruder der Schulaufsicht übernehmen. Der umfassende Ausbau des Schulwesens durch den neuzeitlichen Staat führte jedoch nicht bloß zur ansatzweisen Allgemeinzugänglichkeit von Bildungsmöglichkeiten, sondern auch zur Zurückdrängung der privaten Initiative, für die eine staatliche „Schulherrschaft“ wenig Raum ließ. Der etatistischen Tradition blieben die liberaleren Verfassungen ebenfalls treu und etablierten die Staatsschule als Regelschule. Erst das Grundgesetz macht sich hiervon frei, wenngleich dies die preußische Tradition der umfassenden staatlichen Kontrolle u. a. über Unterrichtsinhalte und -gegebenheiten bei Ersatzschulen durch die Genehmigungsvoraussetzungen beibehält. Starck313 sieht in der Verknüpfung der ursprünglich vorherrschenden geistigen Schulaufsicht, der Bekenntnisschule und der von den Kirchen lange nicht benötigten Privatschulfreiheit einen Grund für das in Deutschland – im Vergleich zu anderen Ländern – wenig entwickelte private Schulwesen. Die Schulhoheit und die Auslegung der Schulartikel des Grundgesetzes sind Resultat eines Entwicklungsprozesses, der die staatliche Schule als Regelschule etablierte und die Privatschulen auf eine Ergänzungsposition beschränkte.314 2. Grundlinien der Genese des Art. 7 im Grundgesetz Der herrenchiemseer Entwurf des Grundgesetzes enthielt keine Regelung zum Schulwesen, das man als alleinige Aufgabe der Länder ansah.315 Schulische Fragestellungen wurden erst im Zusammenhang mit dem Elternrecht und den Rechten der Religionsgemeinschaften diskutiert, denen die Vertreterinnen und Vertreter der CDU / CSU maßgebliche Stellung im Schulrecht beimessen wollten, sich aber nur punktuell durchzusetzen vermochten.316 Die partielle Übernahme des Art. 7 I GG aus der WRV wurde nicht näher diskutiert. Der Begriff der staatlichen Aufsicht schien selbstverständlich zu sein.317 Die Privatschulfreiheit des Art. 7 IV 1 GG ist ein Novum, das maßgeblich auf einen Antrag von Theodor Heuss318 zurückgeht, der damit verhindern wollte, dass 313

Vgl. Starck, in: Krautscheidt / Marré, Essener Gespräche, 9 (17). Starck, in: Krautscheidt / Marré, Essener Gespräche, 9 (16 ff.). 315 Doemming / Füsslein / Matz, JöR n. F. Bd. 1 (1951), 101 (102); Wißmann, in: BK-GG, Art. 7 II Rn. 25. Überblick bei Jestaedt, in: Isensee / K irchhof, HdBStR VII, § 156 Rn. 4 ff. 316 Vgl. Stern, Staatsrecht, Bd. IV/2, 406 ff.; Parlamentarischer Rat, Bd. 14/2, 1347 ff.; ­Wapler, Kinderrechte, 199 ff. 317 Kösling, Private Schule, 67; vgl. Wißmann / Reichert, RdJB 2019, 114 (121 ff.). 318 „(3) Das Recht zur Errichtung von privaten Schulen wird gewährleistet. Das Nähere wird durch Landesgesetz bestimmt.“ zitiert nach Doemming / Füsslein / Matz, JöR n. F. Bd. 1 (1951), 101 (112). 314

B. Staatliche Schulaufsicht 

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die Länder ein staatliches Schulmonopol begründen.319 Näheres, insbesondere die Verhinderung der „Standesschule“ durch Schaffung von Freiplätzen, sollte Heuss’ Ansicht zufolge den Landesgesetzen überlassen werden.320 Eine eingehende Diskussion in den Ausschüssen fand hierzu ebenfalls nicht statt, lediglich die Subventionierungsfrage wurde – ablehnend – behandelt.321 Heuss’ Antrag wurde angenommen.322 Die endgültige Version der Bestimmungen, die auf Erörterungen des Fünferausschusses zurückgehen, sah die weitgehende Übernahme der einschränkenden Bestimmungen des zweiten Weimarer Schulkompromisses (Art. 147 WRV) vor. Der Hauptausschluss und das Plenum nahmen diesen Vorschlag mit kleineren Änderungen jeweils ohne Diskussion an.323 Die Entstehungsgeschichte bietet für die Auslegung der Bestimmungen des Grundgesetzes nur vereinzelte Anhaltspunkte.324 Art. 7 GG stellt kein in sich geschlossenes Gebilde dar.325 Anders als die WRV, die an Schulfragen fast gescheitert wäre, bietet die Genese des Grundgesetzes wenige Antworten auf schulrechtliche Richtungsfragen – abgesehen von der Kulturhoheit der Länder. Die Interpretation durch die Weimarer Staatsrechtslehre hat demnach heute noch eine gewisse Bedeutung und ist bei der Auslegung der einzelnen Bestimmungen zu berücksichtigen.326

II. Staatliche Steuerung im Schulwesen Unabhängig von den konkreten verfassungsrechtlichen Aussagen des Art. 7 I GG ist klar, dass der moderne Staat327 in vielfältiger Hinsicht im Schul- und Bildungswesen aktiv ist und dieses steuert. Es folgt daher ein kurzer Überblick über die staatlichen Steuerungsformen im Bildungswesen, der eine Verortung der Privatschulsteuerung und -aufsicht ermöglicht.

319

Doemming / Füsslein / Matz, JöR n. F. Bd. 1 (1951), 101 (112 ff.); BVerfGE 75, 40 (58 ff.); Stern, Staatsrecht, Bd. IV/2, 410; vgl. Parlamentarischer Rat, Bd. 5/2, 817. 320 Doemming / Füsslein / Matz, JöR n. F. Bd. 1 (1951), 101 (111 ff.); Parlamentarischer Rat, Bd. 14/2, 1371. 321 BVerfGE 75, 40 (59 ff.); Doemming / Füsslein / Matz, JöR n. F. Bd. 1 (1951), 101 (112). 322 Doemming / Füsslein / Matz, JöR n. F. Bd. 1 (1951), 101 (113). 323 Doemming / Füsslein / Matz, JöR n. F. Bd. 1 (1951), 101 (113); Lemper, Privatschulfreiheit, 47 ff. 324 Insofern wird diese näher behandelt, wenn sie für die Auslegung relevant ist. 325 Wißmann, in: BK-GG, Art. 7 II Rn. 28; Kotzur / Vasel, in: Stern / Becker, Art. 7 Rn. 3. 326 Dazu später Zweiter Teil C. I. 2. 327 Zur Kompetenzverteilung des GG s. Erster Teil C. I. 1. a).

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1. Steuerungsmodi im Kontext der „Verrechtlichung“ des Schulwesens Im Mittelpunkt der Betrachtung der rechtlichen Steuerung steht das Gesetz, von dem im Rechtsstaat alle anderen Steuerungsformen ihren Ursprung nehmen.328 Im Schulwesen spielt das Gesetz traditionell eine weniger große Rolle. Früher wurden vor allem Inhalte, Methoden und Organisation des Schulunterrichts überwiegend durch Ministerialerlasse bestimmt, wodurch zentrale Aspekte des Schulwesens administrativ festgelegt und damit der parlamentarischen Entäußerung vorenthalten wurden.329 Art. 7 I GG und dessen administrativ-etatistische Tradition erteilten hierzu vordergründig die Befugnis.330 Doch auch im Schulwesen ist die „Verrechtlichung“ gesellschaftlicher Prozesse mittlerweile angekommen.331 Seit der Strafgefangenenentscheidung des BVerfG steht fest, dass der Vorbehalt des Gesetzes und der Wesentlichkeitsvorbehalt im Schulwesen gelten.332 Regelungen des Schulverhältnisses sind im Verhältnis zu den hiervon Betroffenen (vor allem Schülerinnen und Schüler und Eltern) eingreifende Verwaltung.333 Wenngleich das Gesetz als Handlungsform hierdurch aufgewertet ist, verbleibt den Schulgesetzen der Länder auch heute die Funktion einer Rahmenordnung, die eher bestimmt, wer die konkreten bildungspolitischen Leitlinien ausführt und nachjustiert.334 Die Festlegung der pädagogischen Inhalte und Methoden – Kern des staatlichen Bildungs- und Erziehungsauftrags – ist nach wie vor überwiegend auf die Verwaltung delegierte Rechtssetzung, für welche die Gesetze grobe Orientierungspunkte geben.335 Dadurch macht der gesetzgebende Staat die Verwaltung gleichzeitig sowohl zum zentralen Steuerungsadressaten als auch zur zentralen Steuerungsinstanz des Schulrechts, weil die Administrative die normsetzende und damit eine lenkende Funktion übernimmt.336 Eine Abgrenzung der verschiedenen Steuerungsfunktionen (Leitung, Kontrolle, Lenkung) ist aus diesem Grund nur materiell, nicht institutionell (d. h. in der Unterscheidung zwischen Legislative und Administrative) zielführend.337 328 Schoch, in: Isensee / K irchhof, HdBStR III, § 37 Rn. 4; vgl. Baer, in: Hoffmann-Riem / ​ Schmidt-Aßmann / Voßkuhle, GVwR I, § 11 Rn. 34. 329 Oppermann, in: Deutscher Juristentag, Verhandlungen, C 47 f.; Evers, VVDStRL 23 (1966), 147 (155). 330 Hierzu kritisch Fuß, VVDStRL 23 (1966), 199 (212); Hennecke, Staat und Unterricht, 118 ff. 331 Vgl. Avenarius / Hanschmann, Schulrecht, Rn. 1.361; historisch Reuter, in: Führ / Furck, Handbuch der deutschen Bildungsgeschichte, Bd. VI, 35, 42 ff. 332 BVerfGE 33, 1 (9 ff.); vgl. Rux, Schulrecht, Rn. 24; 26 ff. 333 Müller, in: Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht III (Vorauflage), § 88 Rn. 205. 334 Lohse, Verwaltungsrechtliche Steuerung, 156 ff. 335 Lohse, Verwaltungsrechtliche Steuerung, 157 ff. 336 Lohse, Verwaltungsrechtliche Steuerung, 150 f.; Ruffert, in: Hoffmann-Riem / SchmidtAßmann / Voßkuhle, GVwR I, § 17 Rn. 24 ff. zum weiten, steuerungsrechtlichen Rechtsnormbegriff. 337 Ohnehin verschränken sich bereits im Bereich der Normkonkretisierung durch Auslegung, Ermessen, Beurteilungsspielräume die (begrifflichen) Unterkategorien der Steuerung, s. Kahl, Staatsaufsicht, 358 ff.

B. Staatliche Schulaufsicht 

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Die Rahmenfunktion der Schulgesetze ist nicht gleichzusetzen mit pädago­ gischer Freiheit. Auch wenn in der Schule selbst, im Vergleich zu anderen Rechtsgebieten, weite Handlungsspielräume der Agierenden der Regelfall sind338 und einer präzisen generell-abstrakten Steuerung aufgrund der persönlichen Natur der Lernbeziehung zwischen Lehrkraft und Schülerinnen und Schülern weitestgehend entzogen sind,339 hat sich das Maß und die Art der Steuerung des Bildungsprozesses über die Jahre verändert. Traditionell steht im Zentrum der Steuerung des Schulwesens die sog. Input-Steuerung durch eine Vielzahl programmatischer Vorgaben um „die pädagogischen Interaktionen in den Schulen und deren Effekte gezielt zu beeinflussen“,340 die im Vergleich zur abstrakt-generellen Steuerung durch Gesetze die Handlungsprärogative vom Parlament auf das Kultusministerium verlagert. Flankiert wird die regelnde Tätigkeit in diesem Steuerungsmodus mit scharfen Eingriffsrechten der Schulaufsicht gegenüber der Einzelschule.341 Nicht die Lehrerin oder der Lehrer, sondern die übergeordnete Ministerialverwaltung bestimmt die wesentlichen Abläufe der Bildung. Input-Steuerung meint die Fokussierung auf die Festlegung des „Wie“ der Erziehung, nicht auf das Ergebnis, in der Hoffnung, „dass struktur- und prozessbezogene Vorgaben mit hinreichender Sicherheit die Qualität des angestrebten Ergebnisses bestimmen“.342 Kritik an diesem Steuerungsmodus ist nicht neu. Tendenzen zur umfassenden rechtlichen Überformung der pädagogischen Interaktion und die Verlagerung der Pädagogik von der Einzelschule auf die Schulverwaltung sieht die Erziehungswissenschaft überwiegend negativ und empfindet die Verrechtlichung als Last.343 1956 beklagte Hellmut Becker dies unter dem Stichwort der „verwalteten Schule“. Die Schule habe „[…] sich immer mehr zur untersten Instanz einer Verwaltungshierarchie entwickelt; sie steht heute auf einer ähnlichen Stufe des Verwaltungsaufbaus wie das Finanzamt […]. Die Lehrer entwickeln sich zu Funktionären und die Schule ist in Gefahr, nur noch Funktionäre zu bilden.“344 Studien bestätigen dieser Kritik jedenfalls, dass Beratung und persönliche Kommunikation zwischen Aufsicht und Schulleitung gegenüber formalisierten Verwaltungsprozessen qualitätssichernd sein können.345 338

Rux, Schulrecht, Rn. 62 ff. Vgl. Rux, Schulrecht, Rn. 57; Scholz / Bismark, in: Deutscher Juristentag, Schule im Rechtsstaat, 72, 118. 340 Hanschmann, Staatliche Bildung, 3; vgl. Altrichter / Maag Merki, in: Altrichter / Maag Merki, Handbuch, 1 (3); Brockmann, in: Brockmann / Littmann / Schippmann, § 122 Rn.  2.1. 341 Vgl. Hanschmann, Staatliche Bildung, 3 ff. 342 Lange, in: Füssel / Roeder, Recht, 137 (141). 343 Vgl. Lohse, Verwaltungsrechtliche Steuerung, 62; De Vincenti / Geiss, in: Geiss / De Vincenti, Verwaltete, 7. 344 Becker, Merkur 1954, 1155 (1156). Gleichwohl unterscheidet auch Becker, Neue Sammlung 1988, 355 zwischen Bürokratie und rechtsstaatlichen Bindungen der Schule, die er als Sicherung der pädagogischen Arbeit bezeichnet. Vgl. Gröb, Rechtsfähige Schule, 20 und Oppermann, Kulturverwaltungsrecht, 257. 345 Vgl. Bürger, RdJB 2007, 381 (385 ff.). 339

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1. Teil: Grundlagen der staatlichen Aufsicht über Ersatzschulen 

Politisch hat sich im Rahmen der Verwaltungsreform des New Public Management in den 1990er Jahren ein anderer Blick auf die Bildungssteuerung herausgebildet. Dort stehen nun teilweise Gesichtspunkte wie Qualitätsmanagement, Budgetierung, Zielvereinbarungen, aber auch eine dezentralere Sach- und Ressour­ cenverwaltung im Mittelpunkt.346 Pädagogisch bedeutet die Umsetzung dieser Ideen eine stärkere Autonomiestellung der einzelnen Schule gegenüber zentralen Vorgaben; verwaltungswissenschaftlich ein Wandel vom Input- zum Output-­ Modell der Bildungssteuerung, in dem sich der Fokus der Kontrolle des Weges auf das Ergebnis des Bildungsprozesses verlagert.347 Wenngleich die nicht ausbleibenden Entstaatlichungsdiskussionen348 und steuerungsskeptischen Stimmen in jüngerer Zeit eher verstummt sein mögen, ist der Reformdruck auf die Politik seit PISA eher stärker denn schwächer geworden und die Diskussion über das richtige Maß an Steuerung geblieben.349 Geblieben ist ferner der Trend hin zu (bundes-) einheitlichen Bildungsstandards als Rahmenordnung, einer Stärkung der einzelnen pädagogisch Agierenden und zu einem Ausbau von Qualitätssicherung und standardisierten Testverfahren sowie einer Entwicklung der Schulaufsicht hin zu einer eher prüfenden denn leitenden Instanz.350 Externe Schulevaluation (Schulinspektion) rückt in den Mittelpunkt und daher die qualitätsorientierte, weniger die eingabenorientierte Betrachtung schulischer Steuerung.351 Die neuen Mittel der Schulaufsicht und Qualitätssicherung bringen rechtlich eigene Probleme mit sich.352 Damit nähert sich die Steuerung des öffentlichen Schulwesens der eher ergebnisorientierten353 Privatschulaufsicht an. 2. Mittel der staatlichen Steuerung des Schulwesens In diesem allgemeinen Rahmen lassen sich in starker Anlehnung an die Einordnung bei Lohse354 u. a. folgende bildungsbezogene Steuerungsformen ausmachen: (1)  Steuerung durch Wahl der Organisationsform und des Organisationsrechts, 346

Gröb, Rechtsfähige Schule, 22 f.; Saalfrank, Schule, 77 ff.; allgemein Bull / Mehde, Allg. VwR, Rn. 1229 ff.; kritisch zu dem Ansatz Mörsberger, RdJB 2013, 9 (10 ff.). 347 Saalfrank, Schule, 84 f.; 92 ff.; Avenarius / Hanschmann, Schulrecht, Rn. 13.1. 348 Bildungsstandards als Deregulierungsstrategie, s. Lohse, Verwaltungsrechtliche Steuerung, 460. 349 Altrichter / Maag Merki, in: Altrichter / Maag Merki, Handbuch, 1 (3); zum Wandel der Schulaufsicht nach PISA s. Baumert / Füssel / Richter, RdJB 2003, 151; vgl. Wißmann, VERW 2012, 307 (316). 350 Vgl. zu den Entwicklungen Rux, Schulrecht, Rn. 935 ff.; Guckelberger, NVwZ 2005, 750 (754 ff.); Schnell, Schulaufsicht, 272 ff.; Lohse, Verwaltungsrechtliche Steuerung, 460; Avenarius / Hanschmann, Schulrecht, Rn. 13.3 ff. 351 Vgl. Baron, R&B 2006, 2 (5 ff.); kritisch Leschinsky / Cortina, in: Cortina / Baumert et al., Bildungswesen, 21 (46 ff.). 352 Lohse, Verwaltungsrechtliche Steuerung, 478 f.; Bull / Mehde, Allg. VwR, Rn. 1232 ff. 353 Vgl. Vogel, Neue Sammlung 1988, 367 (371 ff.). 354 Siehe auch im Folgenden Lohse, Verwaltungsrechtliche Steuerung, 480 ff.

B. Staatliche Schulaufsicht 

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etwa durch die Verselbstständigung der Einzelschule oder durch Vorgaben für die schulinterne Entscheidungsfindung z. B. durch Einbeziehung der Eltern. Betroffen ist hiervon im Wesentlichen die öffentliche Einzelschule als Anstalt, wenngleich schulverfassungssteuernde Mitwirkungsvorschriften auch im Privatschulwesen355 vorkommen. (2)  Steuerung durch staatliche Wissensinstitutionen und andere koope­rative Handlungsformen, z. B. die Bereitstellung von Expertenwissen und Evaluationen. (3) Steuerung durch individuelle Verhaltensbeeinflussung, d. h. Einwirkung direkt auf die Schülerinnen und Schüler, beispielsweise durch die Schulpflicht. (4)  Steuerung durch Marktmechanismen, wie Schulprofile356 oder die finanzielle Förderung von Privatschulen357. Größere Privatisierungsvorhaben sind politisch dagegen in Deutschland nicht erkennbar.358 (5) Steuerung durch Professionalisierung der Lehrkräfte insbesondere im Rahmen deren Ausbildung.359 (6) Steuerung durch hierarchisch, abstrakt-generelle Steuerung. Hierzu gehörende Mechanismen zum messbaren Wissens- und Kompetenzerwerb, die die Arbeit der Lehrkräfte programmieren sollen. (7) Repressive Steuerung durch Mittel der Aufsicht, sei es durch interne Prozesse der Einzelschule oder durch die übergeordneten Behörden. Innerhalb dieser verwaltungswissenschaftlichen Klassifizierung be­wegen sich die typischen Handlungsformen staatlicher Schulsteuerung. Struktur, Organisation, Gliederung und Aufbau des Schulwesens regeln die Schulgesetze der Länder.360 Diese sind umfassend durch die Abkommen der freiwilligen Koordination in der Kultusministerkonferenz der Länder (KMK) überformt. Der Staat legt darin und teilweise in den Landesverfassungen die Bildungsund Erziehungsziele als grobe Richtwerte schulischer Erziehung fest.361 Die Bildungs- und Erziehungsziele kann man ebenfalls als finale, d. h. outputorientierte Rechtsnormen362 ansehen, denn das „Wie“ der Umsetzung regeln sie nicht. Das verbleibt als Domäne der Lehrpläne und Bildungsstandards in der Rechtsform der Verordnung oder Verwaltungsvorschrift auf Basis einer gesetzlichen Ermächtigung.363 Während Lehrpläne klassischerweise überwiegend regeln, was und wie gelehrt wird (Input-Steuerung), bestimmen Bildungsstandards der KMK den zu erreichenden Erfolg (Output-Steuerung).364 Die Bildungsstandards sind ziel- und qualitätsorientiert und regeln, welche Kompetenzen Schülerinnen und Schüler 355

Zur den Mitwirkungsvorschriften Erster Teil C. II. 3. c) dd). Seckelmann, in: Brocker / Droege / Jutzi, Art.  27 Rn.  19. 357 Förderung als Wettbewerbsmechanismus, s. Klein, Privatschulen in Deutschland, 30 ff. 358 Richter, in: Leschinsky, Institutionalisierung, 107 (113). 359 Vgl. hierzu Leschinsky / Cortina, in: Cortina / Baumert et al., Bildungswesen, 21 (48 ff.). 360 Vgl. Avenarius / Hanschmann, Schulrecht, Rn. 1.312. 361 Vgl. zu dieser Einordnung Rux, Schulrecht, Rn. 901. 362 Avenarius / Hanschmann, Schulrecht, Rn. 1.311; zur Unterscheidung von finaler und konditionaler Bildungsplanung, s. Hufen, Gleichheitssatz, 66 ff. 363 Lohse, Verwaltungsrechtliche Steuerung, 205; Verwaltungsvorschriften als ausreichende Grundlage für „Feinlernziele“ bei gesetzlicher Ermächtigung: BVerwGE 57, 360 ff.; 47, 194 (199). 364 Vgl. Kultusministerkonferenz, Bildungsstandards, 8 f.; Rux, Schulrecht, Rn. 935 ff. 356

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1. Teil: Grundlagen der staatlichen Aufsicht über Ersatzschulen 

einer bestimmten Klassenstufe erreicht haben sollen. Sie sind als Reaktion auf den „PISA-Schock“ um die Jahrtausendwende herum entstanden365 und ebenfalls als Teil der allgemeinen Verwaltungsreformbestrebungen anzusehen.366 Auch die landeseigenen Lehrpläne verlagern sich aber mittlerweile stärker auf die Steuerung des Outputs.367 Es verbleibt ein erheblicher Spielraum der Länder für die Festlegung der Art und Weise der Bildungssteuerung. § 122 I SchG-Niedersachsen macht dies deutlich und beschreibt das (moderne) Verhältnis von Lehrplan und Bildungsstandards treffend: „Unterricht in allgemein bildenden Schulen wird auf der Grundlage von Lehrplänen (Kerncurricula) erteilt. Diese werden vom Kultusministerium erlassen. Sie beschreiben fachbezogene Kompetenzen, über die Schülerinnen und Schüler am Ende des [Bildungsgangs] verfügen sollen. Die Lehrpläne konkretisieren die Ziele und Vorgaben für Schulformen und Schuljahrgänge (Bildungsstandards). Sie benennen die allgemeinen und fachlichen Ziele der einzelnen Unterrichtsfächer, bestimmen die erwarteten Lernergebnisse und legen die verbindlichen Kerninhalte des Unterrichts fest.“ Die Festlegungen der Lehrpläne sind für die öffentlichen Schulen verbindlich, sodass es maßgeblich darauf ankommt, ob diese detaillierte Vorgaben für den Unterricht machen oder sich im Sinne von Kerncurricula auf eine Rahmenordnung beschränken.368 Die Lehrpläne zu den einzelnen Schularten und Unterrichtsfächern bleiben wichtigstes Mittel der Steuerung des Schulwesens, deren Einhaltung die Verwaltung im Wege der Rechts- und Fachaufsicht an öffentlichen Schulen begleitet, überwacht und korrigiert.369 Bei allen alternativen Steuerungsformen bleibt der Kompetenzerwerb, ob in input- oder outputorientierter Form, Domäne abstraktgenereller Steuerung, sei es durch Verwaltung oder Parlament.

III. Verwaltungsrechtliche Aufsicht über Einzelschulen als kontrollierender Teil der Steuerung des Schulsystems Etabliert wurde, dass Aufsicht das zentrale Element der kontrollierenden staatlichen Steuerung ist und als eigenständige rechtliche Kategorie handhabbar ist. Aufsicht existiert auch im Bildungsbereich; diese ist nach wie vor eine der zentralen Steuerungsformen des öffentlichen Schulwesens. Mögen „neue“ Formen der Steuerung im Bildungsbereich den klassischen Schulaufsichtsbehörden übertragen worden sein und mag sich das verwaltungs- und bildungswissenschaftliche Verständnis von leitender oder prüfender Schulaufsicht verändert haben,370 dogmatisch 365

Rux, Schulrecht, Rn. 935 ff. Vgl. Hanschmann, Staatliche Bildung, 42 ff. 367 Vgl. Rux, Schulrecht, Rn. 937; ähnlich Lohse, Verwaltungsrechtliche Steuerung, 205 ff. 368 Lohse, Verwaltungsrechtliche Steuerung, 205 ff. 369 Vgl. Müller, in: Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht III (Vorauflage), § 88 Rn. 192 f.; vgl. Brockmann, in: Brockmann / Littmann / Schippmann, § 122 Rn. 2; § 120 Rn. 3. 370 Von einem „radikalen Wandel“ spricht Hanschmann, Staatliche Bildung, 48. 366

C. Bestandsaufnahme des Landesrechts

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bleibt staatliche Aufsicht im Universum des Steuerungsrechts eine verhältnismäßig konstante Größe, wenn man diese von Lenkungselementen und informellen Mitteln abgekoppelt betrachtet. Sowohl eine Input- als auch eine Output-Steuerung des Schulwesens lässt sich im klassischen Aufsichtsrecht abbilden,371 da nur die Art und Weise der Pflichtennormierung anders ist (final statt konditional), nicht aber die prinzipielle Durchsetzung sowie deren Aufgabe und Grenze als Verwaltungskontrolle.372 Unabhängig von der Einordnung der Schulaufsicht in dieses System ist, ob Art. 7 I GG einen Letztentscheidungsvorbehalt des Staates verfassungsrechtlich vorgibt.373 Wie schon angedeutet, ist der Schulaufsichtsbegriff nach Art. 7 I GG sowohl im als auch außerhalb des Verfassungsrechts nach tradiertem Verständnis Chiffre für eine Vielzahl von gewährleistenden, leitenden und lenkenden, d. h. aufsichtsmaßstabsetzenden Handlungsfeldern, die sich nicht in einer Zuweisung eines administrativen Kontrollrechts erschöpfen.374 Schulaufsicht in diesem Sinne übt nicht nur die Exekutive, sondern auch die Legislative aus.375 Die Aufsicht i. e. S. ist ein Teil des Steuerungskonzepts und der Steuerungsbefugnis des Staates. Als solches bewegt sich die staatliche Tätigkeit nicht bereits aufgrund der verfassungsrecht­ lichen Ermächtigung außerhalb der benannten Formen des allgemeinen Aufsichtsregimes. Insbesondere die Landesgesetze machen deutlich, dass Schulaufsicht für sie nach wie vor aus einer Kombination von Fach-, Dienst- und Rechtsaufsicht besteht.376 Verfassungsrechtlich findet sich die kontrollierende Tätigkeit der Schulaufsicht in den aufgezeigten Kategorien wieder.377 Ein Vergleich mit bzw. eine Rückkopplung an das allgemeine Aufsichtsrecht scheidet daher auch im Bereich der Schulaufsicht nicht a priori aus.

C. Ersatzschulaufsicht als Element der Schulaufsicht – Bestandsaufnahme des geltenden Landesrechts Nachdem thematisch die staatliche Aufsicht im Allgemeinen und die Schulaufsicht im Besonderen näher herausgearbeitet wurden, lohnt sich der Blick auf das diese Grundsätze umsetzende Landesrecht und dessen Vorgaben für Ersatzschulen. Das sich abzeichnende Ersatzschulaufsichtsrecht dient im weiteren Ver 371

Vgl. Kahl, Staatsaufsicht, 538 ff. und bildungsspezifisch Hanschmann, Staatliche Bildung, 49 f.; Wißmann, VERW 2012, 307 (321). 372 Vgl. Lohse, Verwaltungsrechtliche Steuerung, 254; 294 ff.; vgl. Thym, RdJB 2009, 278 (286 ff.) zum unselbstständigen Charakter informeller Verwaltungsinstrumente. 373 Zur Diskussion Hanschmann, Staatliche Bildung, 325 ff.; Gröb, Rechtsfähige Schule, passim. 374 Vgl. Rux, Schulrecht, Rn. 869. 375 Lohse, Verwaltungsrechtliche Steuerung, 114. 376 Etwa § 34 II SchG-BW; § 97 I SchG-MV; § 120 III SchG-Niedersachsen. 377 Vgl. Müller, in: Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht III (Vorauflage), § 88 Rn. 191.

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1. Teil: Grundlagen der staatlichen Aufsicht über Ersatzschulen 

lauf der Exemplifizierung sowie der dauernden Umhegung des verfassungsrecht­ lichen Untersuchungsgegenstands und wegen der Schnelllebigkeit des Schulrechts weniger als Hilfe der konkreten Rechtsanwendung. Dabei folgt die Erschließung des landesrechtlichen Aufsichtsrechts der bereits im allgemeinen Aufsichtsrecht dargelegten Systematisierung der Aufsichtskomponenten: Beteiligte des Rechtsverhältnisses (I.), Aufsichtsmaßstab (II.), Aufsichtsmodus (III.) und Aufsichtsinstrumente (IV.). Rechtsstand ist November 2020. Den größten Raum nehmen die konkreten öffentlich-rechtlichen Pflichten der Ersatzschulen ein, vor allem die Genehmigungsanforderungen, die gleichzeitig den Maßstab der Aufsicht bilden. Trotz einheitlicher Grundrechtsgeltung finden sich in den Schulgesetzen und Verordnungen378 der Länder teils unterschiedliche Auslegungen der gleichen (verfassungsrechtlichen) Merkmale und daher auch andere Anforderungen an den Betrieb und die Aufsicht. Der Befund würde sich vermutlich verstärken, würde man die konkrete Verwaltungspraxis ins Blickfeld nehmen, wofür in dieser Untersuchung aber die Erkenntnismittel fehlen. Die ausschließlich mit der leistungsrechtlichen Finanzhilfe zusammenhängenden Befugnisse bleiben unberücksichtigt.

I. Beteiligte des Ersatzschulaufsichtsverhältnisses im Landesrecht Am Aufsichtsrechtsverhältnis beteiligt sind: (1.) das Aufsichtssubjekt, d. h. die handelnde und durchsetzende Stelle, und (2.) das Aufsichtsobjekt, d. h. die duldende, die beaufsichtigte Stelle. Von Letzteren zu unterscheiden ist, an wen sich die Aufsichtssubjekte zur Durchsetzung der die Aufsichtsobjekte betreffenden Pflichten richten können; die Aufsichtsadressaten (3.). 1. Der Staat als Aufsichtssubjekt Zentraler Akteur der Privatschulaufsicht ist der Staat als handelndes Subjekt. Der Staat des Art. 7 I GG ist grundsätzlich der Staat als Ganzes unter Einschluss der Gemeinden.379 Horizontal ist allerdings zwischen den verschiedenen Funktionen der Schulaufsicht zu unterscheiden. Beim Vollzug der Aufsicht i. e. S. wirkt und handelt der Staat in Form seiner Behörden.380 Aufsicht i. e. S. ist schon begriffs 378 In diesem Sinne werden nur Vorschriften behandelt, die rechtliche Außenwirkung für die Privatschulen entfalten. Erlasse wie der RdErl. „Schulaufsicht über Ersatzschulen“ NRW mögen zwar Aufschluss über die Praxis geben, sie geben den Ersatzschulen aber weder einen Anspruch auf ein bestimmtes Handeln der Schulverwaltung noch können sie rechtliche Begriffe (und das ist hier maßgeblich) einschränken oder verbindlich konkretisieren, vgl. allgemein Schmitz, in: Stelkens / Bonk / Sachs, § 1 Rn.  212 ff. 379 Vgl. BVerfGE 138, 1 (Rn. 80 ff.). 380 Vgl. Thiele, Finanzaufsicht, 167. Zur Abgrenzung der Aufsicht Erster Teil A. IV.

C. Bestandsaufnahme des Landesrechts

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definitorisch alleinige Domäne der Exekutive. Dagegen ist die Festlegung der zugrundeliegenden Maßstäbe der Aufsicht (die Normsetzung) zunächst Aufgabe der Legislative.381 Sowohl nach „modernen“ regulierungsrechtlichen Ansätzen als auch nach traditionell administrativ-etatistischer Auffassung von Schulaufsicht findet jedoch eine nicht unerhebliche Verlagerung der Aufsichtsmaßstabssetzung auf die exekutive Ebene statt.382 Dies wirft im besonderen Maße für die Aufsicht über Ersatzschulen Probleme auf. Da das Grundgesetz für den Leistungsanspruch auf Genehmigung383 eine Gleichwertigkeit mit öffentlichen Schulen verlangt, besteht ein enger Bezug zu den exekutivisch festgelegten Vorgaben für öffentliche Schulen. a) Kompetenzverteilung des Grundgesetzes Das Grundgesetz überträgt die Gesetzgebungs- und Verwaltungskompetenz über das Schulwesen mittels der Grundregeln der Art. 70, 30 GG auf die Länder, worauf Art. 23 VI 1 GG hinweist.384 Die Kulturhoheit gilt als „Kernstück der Eigenstaatlichkeit der Länder“.385 Dem Bund verbleiben bloß Nebengebiete als Regelungskompetenz.386 Art. 74 I Nr. 13 GG sieht eine konkurrierende Gesetzgebungsbefugnis für Ausbildungsbeihilfen vor. Art. 91b II GG ermöglicht eine Mitwirkung des Bundes bei internationalen Leistungsvergleichen. Darüber hinaus hat der Bund die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz (Art. 73 I Nr. 1 GG) für das Auslandsschulwesen,387 die Soldatenschulen und die Verwaltungsfachschulen des Bundes.388 Der Bund hat das bisher nicht genutzte Recht der Hochschulzulassung nach Art. 74 I Nr. 33 GG (mit Abweichungskompetenz der Länder nach Art. 72 III 1 Nr. 6 GG),389 das sich mittelbar auf die Gestaltung und Vergleichbarkeit der Schulabschlüsse auswirken kann.390 Oft am Rande werden die Kompetenzen des Bundes im Bereich der beruf­lichen Bildung behandelt. Aus Art. 74 I Nr. 11 GG (Recht der Wirtschaft) steht dem Bund die Regelung von Berufszulassungsvoraussetzungen, Mindestqualifikationen und

381

Thiele, Finanzaufsicht, 29; 167. Insbesondere zum Regulierungsermessen Sachs / Jasper, NVwZ 2012, 649; siehe bereits Erster Teil B. II. 1. 383 Vgl. BVerfGE 27, 195 (200); BVerwGE 112, 263 (264); Thiel, in: Sachs, Art. 7 Rn. 68. 384 Badura, in: Maunz / Dürig, Art. 7 Rn. 26; zu Art. 23 VI 1 GG: Uhle, in: BeckOK GG, Art. 7 Rn. 2. 385 BVerfGE 6, 309 (346 f.); Uhle, in: Maunz / Dürig, Art. 70 Rn. 115. 386 Loschelder, in: Merten / Papier, HGR IV, § 110 Rn. 1. 387 Uhle, in: Maunz / Dürig, Art. 70 Rn. 115; Art. 73 Rn. 41; Germelmann, Kultur, 254 ff.; zu der tatsächlichen Kompetenzausübung zwischen Ländern (z. T. über die KMK) und Bund Köstlin, Kulturhoheit, 72. 388 Kösling, Private Schule, 94 ff. 389 Rux, Schulrecht, Rn. 103; Lindner, ZRP 2018, 94 (95). 390 Die fehlende Vergleichbarkeit bemängelt das BVerfG (NJW 2018, 361 (365 ff.)) hinsichtlich des NC in Humanmedizin; vgl. Lindner, ZRP 2018, 94 (95). 382

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1. Teil: Grundlagen der staatlichen Aufsicht über Ersatzschulen 

der Berufsausbildung innerhalb der Wirtschaft zu.391 Es ist strittig und bisher nicht geklärt, ob der Bund prinzipiell auch die Kompetenz zur Regelung der schulischen Berufsausbildung im vorherrschenden dualen Ausbildungssystem hätte. Zwar nimmt § 3 I des Berufsbildungsgesetzes des Bundes (BBiG) die Ausbildung innerhalb berufsbildender Schulen aus dem Anwendungsbereich des Gesetzes aus, womit die Vorherrschaft der Länder in diesem Bereich erhalten bleibt, allerdings weisen einige Autorinnen und Autoren darauf hin, dass die Kompetenz aus Art. 74 I Nr. 11 GG nicht dort aufhört, wo das Schulwesen beginnt, sondern wo die Wirtschaftsbezogenheit endet.392 Grenze einer angenommenen Bundeszuständigkeit wäre jedoch die Erforderlichkeitsprüfung des Art. 72 II GG. Ähnliche Fragestellungen nach Bundeskompetenzen ergeben sich für die Schulen der Heilberufe nach Art. 74 I Nr. 19 GG („Zulassung zu ärztlichen und anderen Heilberufen“); in diesem Bereich hat der Bund detaillierte Ausbildungs- und Prüfungsordnungen, Abschlüsse, Mindestanforderungen und Unterrichtsinhalte festgelegt, sodass für landesgesetzliche Regelungen wenig Raum bleibt.393 Festzuhalten ist, dass eine ausschließliche Schulhoheit der Länder nur im allgemeinbildenden Schulwesen besteht und das berufsbildende Schulwesen nicht unerheblich bundesrechtlich überformt ist. Die Kulturhoheit ist kein verfassungsrechtlicher Eigenwert, sondern bemisst sich nach positivrechtlichen Verfassungsbestimmungen.394 Die als „Schulhoheit“ der Länder charakterisierbaren Kompetenzen umfassen die Befugnis zur Gestaltung des Privatschulrechts395 und die Verwaltungskompetenz hierüber. Neue Regelungsfelder des Bundes haben sich 2019 durch Grundgesetzänderung der Art. 104b-104d ergeben, da hierdurch (insb. Art. 104c GG) stärkere Finanzierungs- und Kontrollrechte des Bundes im Schulwesen möglich sind, welche möglicherweise die Haushaltsautonomie der Länder berühren.396 Gleichwohl erschließt dies dem Bund keine neuen politischen Sachmaterien, da im Grundgesetz systematisch zwischen Sachmaterien und Finanzierung zu trennen ist, sodass der Bund sein durch Art. 104c erlaubtes finanzielles Engagement nicht von der Übernahme eines Bundesbildungsrechts abhängig machen darf.397

391

BVerfGE 55, 274 (308 ff.); Degenhart, in: Sachs, Art. 74 Rn. 50; Rux, Schulrecht, Rn. 99. Kösling, Private Schule, 95 ff.; Friauf, Abgrenzung, 18 ff., die daraus schlussfolgern, dass der Bund prinzipiell auch die schulische Berufsausbildung regeln könnte; ebenso Rux, Schulrecht, Rn. 98 ff., der eine Grenze nur bei den allgemeinbildenden Inhalten der Berufsschule sieht. 393 Vgl. § 9 Pflegeberufegesetz des Bundes. Ausführlich Kösling, Private Schule, 97 ff. 394 Vgl. Germelmann, Kultur, 335 f.; nach BVerfGE 135, 155 (Rn.  104) kann die Kultur­ hoheit nicht per se als Schranke der Bundeskompetenzen herangezogen werden; a. A. Maunz, in: Maunz / Dürig, Art. 74 Rn. 153. 395 Statt aller Uhle, in: Maunz / Dürig, Art. 70 Rn. 115. 396 Kritisch daher Battis / Eder, NVwZ 2019, 592 (596). 397 Überzeugend Lindner, NVwZ 2018, 1843 (1845 ff.). 392

C. Bestandsaufnahme des Landesrechts

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b) Bedeutung der Kultusministerkonferenz für das Privatschulrecht Neben dem Verfassungstext haben die im Rahmen der Kultusministerkonferenz vereinbarten Beschlüsse eine vereinheitlichende Wirkung für das Schulwesen der Länder.398 Im Privatschulbereich existiert mit den „Vereinbarungen über das Privatschulwesen“ von 1951 (im Folgenden: KMK-Vereinbarungen 1951)399 ein „amtlich[er] Kurzkommentar zu Art. 7 GG“400, der nach wie vor die Struktur vieler Landesschulgesetze prägt. Die Vereinbarungen enthalten u. a. die grundlegende Differenzierung zwischen Ersatz- und Ergänzungsschule (§§ 3, 4), die Möglichkeit der Anerkennung einer Ersatzschule (§ 5), das Verbot einer Bedürfnisprüfung (§ 7),401 den Ausschuss eines Anspruchs auf Finanzhilfe (§ 10), das Recht der Ersatzschule schulpflichtige Kinder aufzunehmen (§ 17) sowie nähere Definitionen der Genehmigungsvoraussetzungen (§§ 11–14) und deren Erteilung bzw. Widerruf (§§ 14, 15). Darüber hinaus finden sich mittelbar das Privatschulwesen betreffende Vereinbarungen der KMK. Zur Durchführung der Externenprüfungen insb. für Schülerinnen und Schüler nicht anerkannter Ersatzschulen bei der Abiturprüfung402, dem Mittleren Schulabschluss403 oder von Waldorfschulen (sog. Waldorf-Abitur).404 Relevant ist ferner die Anerkennung bestimmter ausländischer Abschlüsse, die Ergänzungsschulen im Inland verleihen.405 Zumindest mittelbare Bedeutung haben die Abkommen über das öffentliche Schulwesen der Länder und die zugrundeliegenden Bildungsstandards, wenn das Landesrecht diese umsetzt und dies die Ersatzschulen betreffen soll.

398

Dagegen betont Lindner, ZRP 2018, 94, dass die Abkommen gerade in den umstrittensten Bereichen wenig Einheitlichkeit hervorbringen. Zu den wesentlichen Regelungen sogleich Erster Teil C. I. 2. c) aa). 399 Abgedruckt in: Kultusministerkonferenz, Sammlung der Beschlüsse, Nr. 484. 400 Heckel, Privatschulrecht, 74. 401 Ein „öffentliches Bedürfnis“ an der Schule darf nicht zur Genehmigungsvoraussetzung erhoben werden. 402 Vereinbarung über die Abiturprüfung für Nichtschülerinnen und Nichtschüler entsprechend der Gestaltung der gymnasialen Oberstufe in der Sekundarstufe II, Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 13. 09. 1974 i. d. F. vom 09. 06. 2017. 403 Beschluss der Kultusministerkonferenz, Vereinbarung über den Erwerb des Mittleren Schulabschlusses auf dem Wege einer Externenprüfung vom 10. 05. 2001 i. d. F. vom 06. 03. 2014. 404 Beschluss der Kultusministerkonferenz, Vereinbarung über die Durchführung der Abitur­prüfung für Schülerinnen und Schüler an Waldorfschulen vom 21. 02. 1980 i. d. F. vom 09. 06. 2017. 405 Siehe Erster Teil C. I. 2. f).

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1. Teil: Grundlagen der staatlichen Aufsicht über Ersatzschulen 

c) Verwaltungsorganisation der Schulaufsicht Neben der Legislative ist die Aufsichtsbehörde zentrale Stelle im Rechtsverhältnis zwischen Ersatzschule und Staat. Schulaufsicht ist auch in diesem Kontext ein mehrschichtiger Begriff. Zum einen ist den Behörden die „klassische“ Aufsicht i. e. S. übertragen, also zum Beispiel die Fachaufsicht über die öffentlichen Schulen, zum anderen verstehen die Schulgesetze unter Aufsicht zum Teil die nähere Ausgestaltung der gesetzgeberischen Rahmenbedingungen.406 Die Aufsichtsbehörde ist trotz „Verrechtlichung“ des Bildungserwerbs Schnittstelle zwischen einer breiter verstandenen Steuerung des Bildungswesens und der Entscheidung von Einzelfragen, „die durch abstrakte gesetzliche Zielvorgaben nicht erfolgen können.“407 Grundsätzlich ist in allen Ländern das für Kultus zuständige Ministerium408 zugleich oberste Schulaufsichtsbehörde409 und als solche ausschließlich zuständig für die Rahmenbedingungen des Schulwesens (Schulordnungen, Schüleraufnahmeund Versetzungsverfahren, Bildungs- und Lehrpläne, Lehrkräfteausbildung, Abschluss von Zielvereinbarungen etc.) sowie für die Staatsaufsicht410 über die nachgeordneten Schulaufsichtsbehörden.411 Davon gibt es zahlreiche Ausnahmen im berufsbildenden Schulwesen, wo die Schulaufsicht teilweise in den Geschäfts­ bereich anderer Ministerien fällt.412 Die Rechts- und Fachaufsicht über die einzelnen öffentlichen Schulen ist in fast allen Bundesländern dedizierten Behörden und nicht dem Ministerium zugeordnet.413 Die meisten Länder folgen einem zweistufigen Behördenaufbau mit mehreren Schulämtern als unterer Schulbehörde und dem Kultusministerium als obersten Behörde.414 Mittlerweile gibt es viele Schulbehörden mit landesübergreifender Zuständigkeit.415 In Baden-Württemberg, Bayern und 406

Vgl. Avenarius / Hanschmann, Schulrecht, Kap. 9. Lohse, Verwaltungsrechtliche Steuerung, 80. 408 In Berlin: Senatsverwaltung, in Bremen: Senatorin für Kinder und Bildung, in Hamburg: Behörde für Schule und Berufsbildung. 409 Vgl. Avenarius / Hanschmann, Schulrecht, Rn. 9.6, auf deren Darstellung die folgende Erörterung fußt. Siehe ergänzend Saalfrank, Schule, 47 ff. 410 Nach hier vertretener Terminologie: der Behördenaufsicht als Staatsaufsicht i. w. S. 411 Vgl. exemplarisch § 35 I, III SchG-BW; Art. 111 I EUG-Bayern; § 105 VI SchG-Berlin. 412 Vgl. nur Art. 114 I EUG-Bayern; § 96 SchG-Hessen oder § 59 IV SchG-Sachsen. 413 Ausnahmen sind Berlin, Bremen, Hamburg und das Saarland. Schulaufsichtsbehörde in Berlin ist die zuständige Senatsverwaltung, § 105 I SchG-Berlin. In Bremen nach § 11 des Schulverwaltungsgesetzes der Senat bzw. die Senatorin für Kinder und Bildung. In Hamburg ist die Behörde für Schule und Berufsbildung die einzige Aufsichtsbehörde, § 51 SchG-Hamburg. Für das berufliche Schulwesen ist dagegen das Hamburger Institut für Berufliche Bildung (HIBB) zuständig, § 85a SchG-Hamburg, ähnlich ab Januar 2021 nach § 129a SchG-SH auch in Schleswig-Holstein. Im Saarland ist das Kultusministerium zugleich alleinige Aufsichtsbehörde, § 57 SchoG-Saarland. Siehe Avenarius / Hanschmann, Schulrecht, Rn. 9.6. In Bayern übt das Staatsministerium über viele Schulen aber ebenfalls direkt die Schulaufsicht aus, s. Art. 114 I Nr. 1 EUG-Bayern. 414 Vgl. Avenarius / Hanschmann, Schulrecht, Rn. 9.6. 415 Zum Beispiel das Landesamt für Schule und Bildung nach § 59 SchG-Sachsen. In Niedersachsen ist die landesweit zuständige Landesschulbehörde zum 01. 12. 2020 aufgelöst und 407

C. Bestandsaufnahme des Landesrechts

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Nordrhein-Westfalen existiert ein dreistufiger, den Regierungsbezirken folgender Aufbau mit mehreren Mittelbehörden, die als erste Instanz im Wesentlichen für alle Schulen außer Haupt- und Grundschulen zuständig sind und ansonsten die untergeordneten Schulämter beaufsichtigen.416 In einigen Ländern besteht auf unterer Ebene eine gemischt kommunal-staatliche Schulaufsicht aus Landrätin bzw. Landrat und Landesbeamtinnen und Landesbeamten, welche die Kommunalaufsicht über den öffentlichen Schulträger und die schulfachliche Aufsicht bündelt. Die Mehrzahl der Schulämter sind hingegen landesunmittelbare Behörden.417 Zuständig für das Privatschulwesen sind grundsätzlich die für staatliche Schulen zuständigen Schulaufsichtsbehörden.418 Allerdings gibt es zahlreiche Ausnahmen. Staatliche Berufsschulen in Hamburg werden vom Hamburger Institut für Berufliche Bildung geführt und beaufsichtigt, die Privatschulen hingegen weiterhin von der jeweiligen Fachbehörde.419 In Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein und Thüringen ist die gesamte Privatschulaufsicht dem Ministerium vorbehalten.420 In anderen Ländern sind (zahlreiche) Einzelentscheidungen dem jeweiligen Ministerium oder der Mittelbehörde zugesprochen. Dies sind z. B.: die Unterrichtsgenehmigungen von Lehrerinnen und Lehrern oder Leiterinnen und Leitern,421 die Abwicklung der Finanzierung,422 die Anerkennung der Schule423 die Feststellung eines besonderen pädagogischen Interesses424 oder der Übergang der Genehmigung auf einen anderen Träger425 sowie die nähere Ausgestaltung des Privatschulwesens z. B. durch Mindestanforderungen.426 In Rheinland-Pfalz ist die Schulbehörde deren Befugnisse und Zuständigkeiten teilweise auf Regionalbehörden verteilt, teilweise im Ministerium zentralisiert worden, s. Nolte, in: Bräth / Galas, § 119 Rn. 1. 416 §§ 33 ff. SchG-BW; Art. 115 EUG-Bayern; §§ 88 ff. SchG-NRW; s. Avenarius / Hansch­ mann, Schulrecht, Rn. 9.6. 417 Vgl. Avenarius / Hanschmann, Schulrecht, Rn. 9.51 ff. Kommunale Beteiligung besteht in Bayern (Art. 115 EUG), Brandenburg (§ 131 II SchG), NRW (§ 91 I SchG) und SchleswigHolstein (§ 130 II SchG). 418 Art. 92, 111 EUG-Bayern; Ziff. 2 VVPSchG-BW; § 4 i. V. m. Anlage 16 IV Gesetz über die Zuständigkeiten in der Allgemeinen Berliner Verwaltung (AZG); § 131 IV SchG-Brandenburg; § 19 PSchG-Bremen; §§ 95, 167 SchG-Hessen; § 95 SchG-MV; §§ 167, 119 SchG-Niedersachsen; § 88 SchG-NRW i. V. m. § 12 ESchVO-NRW; § 4 II PSchG-Saarland; § 17 IV FrTrSchGSachsen i. V. m. § 59 SchG-Sachsen; §§ 16, 82 SchG-LSA. 419 Anordnung über Zuständigkeiten für das Schulwesen in Hamburg vom 23. Juni 1999 zuletzt geändert am 06. 10. 2020. Zuständig ist die Behörde für Schule und Berufsbildung (I.) oder die Behörde für Kultur und Medien (III.). 420 § 115 V SchG-SH respektive § 3 SchfTG-Thüringen; das Ministerium kann die Schulaufsicht oder einzelne Aspekte aber auf die untergeordnete Behörde(n) (das Schulamt in SH und die Schulämter in Thüringen) nach § 129 SchG-SH bzw. § 2 ff. SchAG-Thüringen delegieren. In Mecklenburg-Vorpommern sind die Aufsichtsrechte jeweils gegenüber dem Ministerium zu erfüllen, vgl. etwa §§ 1 III, 4 III PSchVO-MV, §§ 119 I, III, 120 II, 121 SchG-MV. 421 §§ 102 I, 88 SchG-NRW. 422 Ziff. 6, 22 VVPSchG-BW. 423 Art. 100 EUG-Bayern. 424 § 2 II 3 SchifTVO-LSA. 425 §§ 104, 88 SchG-NRW. 426 Art. 93 EUG-Bayern; § 11 PSchG-RLP.

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1. Teil: Grundlagen der staatlichen Aufsicht über Ersatzschulen 

zwar zuständig für die Annahme des Antrags, über die Genehmigung entscheidet jedoch das Ministerium.427 Für die Aufsicht sind Ministerium und Schulbehörde gemeinsam zuständig.428 Aufgrund der Vielzahl an unterschiedlichen Regelungen soll es bei einem groben Überblick verbleiben. Festzuhalten ist, dass in den meisten Bundesländern sich die Zuständigkeiten für öffentliche und private Schulen in der Regel decken. Insbesondere gibt es in keinem Land eine von der sonstigen Schulverwaltung institutionell verselbstständigte Privatschulaufsicht.429 Augenscheinlich430 nehmen im Übrigen auch personell die gleichen Personen, welche sonst die Aufsicht über öffentliche Schulen führen, die Aufgaben der Privatschulaufsicht wahr; eine Beamtin oder ein Beamter „betreut“ mehrere öffentliche und / oder private Schulen. 2. Ersatzschulen als Aufsichtsobjekt im Landesrecht a) Landesrechtlicher Schulbegriff Gegenstand des Schulrechts sind „Schulen“ im Rechtssinne.431 Das richtet sich nach den einschlägigen Landesschulgesetzen, die insofern den verfassungsrechtlichen Schulbegriff umsetzen.432 Der Schulbegriff hat auf landesgesetzlicher Ebene damit primär die Funktion, bestimmte Einrichtungen aus dem Anwendungsbereich des Schulrechts auszuschließen. Das betrifft überwiegend z. B. sogenannte freie Unterrichtseinrichtungen, Musikschulen, Einrichtungen der Erwachsenenbildung, Schulen des Gesundheitswesens und die Hochschulen.433 Auch die Privatschulen sind vom Schulbegriff betroffen; nur eine Schule im Rechtssinne kann nach den Landesschulgesetzen Privatschule sein.434 Nicht alle Landesschulgesetze definieren den Begriff der „Schule“. Nach § 1 II SchG-Niedersachsen, der hier exemplarisch steht, sind Schulen „alle auf Dauer eingerichteten Bildungsstätten, in denen unabhängig vom Wechsel der Lehrkräfte sowie der Schülerinnen und Schüler nach einem in sich geschlossenen Bildungs 427

§ 6 I PSchGDVO-RLP. § 13 PSchG-RLP. 429 Vgl. Brosius-Gersdorf, R&B 2016, 2 (15). 430 Dies bestätigt ein Blick in die Organigramme der zuständigen Behörden und eine kursori­ sche telefonische Umfrage in den zuständigen Behörden Niedersachsens, Sachsens und SachsenAnhalts. 431 Vgl. Keller / Krampen / Surwehme, in: Keller / K rampen, Kap. 4 Rn. 1. 432 Vgl. Jestaedt, in: Isensee / K irchhof, HdBStR VII, § 156 Rn. 34 ff. Später ausführlich Zweiter Teil B. IV. 1. c). 433 Avenarius / Hanschmann, Schulrecht, Rn. 1.21 f.; zum Beispiel § 1 II SchG-Niedersachsen. 434 Es stellt sich daher die Frage, ob die Festsetzung einer Einrichtung als Schule oder Nichtschule in den Schutzbereich der Privatschulfreiheit eingreift oder ob dies allein dem Gestaltungsanspruch im öffentlichen Schulwesen zuzuordnen ist. Hierzu später Zweiter Teil B. IV. 1. c). 428

C. Bestandsaufnahme des Landesrechts

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plan allgemeinbildender oder berufsbildender Unterricht in einem nicht nur auf einzelne Kenntnisgebiete oder Fertigkeiten beschränkten Umfang für mindestens zwölf Schülerinnen oder Schüler und mindestens für die Dauer von sechs Monaten erteilt wird.“435 Im Wesentlichen unterscheiden sich die Länder an dieser Stelle nur bei der Frage, ob das Vorliegen einer Schule eine bestimmte Mindestschülerzahl erfordert.436 Von der Mindestschülerzahl ist die Mindestzügigkeit zu unterscheiden, die kein Merkmal einer Schule ist, sondern gesetzliche Gründungsanforderung.437 Die Schulgesetzgeber sind bisher nicht den in der Rechtswissenschaft vorgeschlagenen Weg gegangen, die Schule funktional, d. h. anhand der übernommenen Bildungsfunktionen,438 zu definieren. Schule ist in der Rechtswirklichkeit bisher das, was schulpolitisch als Schule gewollt ist439 und was die Schulgesetze als solches bezeichnen. b) Privatschulen als nichtstaatliche Schulen Die Landesgesetze definieren das Vorliegen einer Privatschule entweder positiv oder negativ.440 Stets kommt es auf die Zuordnung des Schulträgers an, also auf die juristische oder natürliche Person, welche das Aufsichtsobjekt „Schule“ betreibt.441 Nach der negativen Definition sind alle nichtöffentlichen Schulen Privatschulen. Teilweise definieren die Gesetze öffentliche Schulen nur als solche, die in Trägerschaft des Landes oder eines Gemeindeverbands sind.442 Nicht immer wird deutlich, dass formelle Körperschaften des öffentlichen Rechts (Religionsgemeinschaften) Privatschulen gründen können. Die positive Definition zählt die möglichen Träger dagegen auf. Beispielhaft ist § 1 IV SchG-Niedersachsen: „Schulen in freier Trägerschaft im Sinne dieses Gesetzes sind die Schulen, deren Träger entweder natürliche oder juristische Personen des privaten Rechts oder Religions 435

Vgl. auch BVerfGE 83, 238 (339). Während in Niedersachsen jedenfalls zwölf Schüler unterrichtet werden müssen, sind es in Hessen und Mecklenburg-Vorpommern nur „eine Mehrzahl“ an Schülern (§§ 2 I, 166 III SchG-Hessen; § 138 I SchG-MV), im Saarland dagegen mindestens 5 (§ 1 II PSchG-Saarland), in Rheinland-Pfalz für Privatschulen 8 (§ 1 PSchGDVO-RLP) wobei § 6 des SchG-RLP keine Mindestschülerzahl für öffentliche Schulen vorsieht, während z. B. Brandenburg nicht auf eine Mindestschülerzahl Bezug nimmt (§ 2 Nr. 1 SchG-Brandenburg). 437 § 17 IV SchG-Berlin; § 87 SchG-Hamburg; § 82 SchG-NRW; § 13 SchG-RLP; § 4a SchGSachsen. Ob die Mindestzügigkeit für Ersatzschulen anwendbar ist, ist zweifelhaft. Ziff. 2.1.2 des RdErl. „Schulaufsicht über Ersatzschulen“ NRW spezifiziert, dass die Ersatzschulen sich nicht an der Mindestzügigkeit orientieren brauchen. 438 Brosius-Gersdorf, VERW 2012, 389 (403 ff.); ähnlich Kösling, Private Schule, 39 ff. 439 Vgl. Vogel, DÖV 2008, 895 (896). 440 Avenarius / Hanschmann, Schulrecht, Rn. 15.11. 441 Vgl. Avenarius / Hanschmann, Schulrecht, Rn. 15.11. 442 Der negativen Definition folgen § 1 I PSchG-Bremen; § 2 II SchG-BW; § 1 I SchfTGHamburg; § 100 I, VII SchG-NRW; § 1 I PSchG-Saarland; § 13 I SchG-Thüringen und § 2 II SchfTG-Thüringen. 436

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1. Teil: Grundlagen der staatlichen Aufsicht über Ersatzschulen 

oder Weltanschauungsgemeinschaften sind, die die Rechte einer Körperschaft des öffentlichen Rechts besitzen.“443 Das Landesrecht stellt mehr oder weniger deutlich heraus, dass sich die Zuordnung der Eigenschaft „privat“ oder „öffentlich“ anhand der Ausübung von Staatsgewalt vollziehen soll. Besonders klar ist § 2 FrTrSchGSachsen. Nach diesem ist nicht die formelle Zugehörigkeit der Trägerkörperschaft zum öffentlichen Recht oder Privatrecht entscheidend, sondern ob ein „beherrschender Einfluss“ einer kommunalen Gebietskörperschaft vorliegt oder nicht.444 Problematisch ist dagegen, wenn § 6 IV SchG-Berlin die Privatschuleigenschaft auf nicht bloß formelle Körperschaften des öffentlichen Rechts überträgt und somit der Staatsgewalt die Gründung von Schulen mit dem rechtlichen Status einer Privatschule erlaubt.445 c) Landesrechtlicher Ersatzschulbegriff Alle Schulgesetze unterscheiden Privatschulen in Ersatz- und Ergänzungsschulen.446 Die unmittelbare Rechtsfolge dieser Unterscheidung macht der Zusammenhang mit der in allen Ländern universellen Schulpflicht deutlich: Die Schulpflicht kann im allgemeinbildenden Bereich an öffentlichen Schulen oder privaten Ersatzschulen abgeleistet werden, nur im berufsbildenden Schulwesen teilweise an Ergänzungsschulen.447 Alle Landesgesetze bestimmen die Ersatzschuleigenschaft auf die eine oder andere Art akzessorisch zu den öffentlichen Schulen ihres eigenen Schulsystems, was bereits der Weimarer Praxis entsprach448 und auch das BVerfG fortführt. Ersatzschulen seien hiernach „Privatschulen, die nach dem mit ihrer Errichtung verfolgten Gesamtzweck als Ersatz für eine in dem Land vorhandene oder grundsätzlich vorgesehene öffentliche Schule dienen sollen“.449 Die Definition macht deutlich, dass eine verfassungsautonome Bestimmung des Ersatzschulcharakters nicht losgelöst vom Landesrecht ist, da das Grundgesetz keine unmittelbaren 443

Positiv definieren ferner: § 2 Nr. 3 SchG-Brandenburg; § 6 IV 2 SchG-Berlin; § 166 SchGHessen; § 116 II SchG-MV; § 2 SchG-RLP; § 2 I FrTrSchG-Sachsen; § 2 III SchG-LSA; § 2 III SchG-SH. 444 Eine ähnliche Regelung findet sich z. B. in § 2 PSchG-RLP; § 2 PSchGDVO-RLP. § 100 VII SchG-NRW beschränkt dies auf Ersatzschulen, s. dazu Fehrmann, Schulgesetz NRW, § 100 Rn. 8. 445 Siehe hierzu § 1 des Gesetzes über das Pestalozzi-Fröbel-Haus und den Lette-Verein [Berlin]; vgl. Ennuschat, VERW 2012, 331 (350 ff.); OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 22. 03. 2012 – OVG 3 N 126.11, juris (Rn. 6); später aus verfassungsrechtlicher Sicht Zweiter Teil B. IV. 1. c) cc). 446 Diese Unterscheidung sehen auch die KMK-Vereinbarungen 1951 in §§ 3, 4 und 6 vor. 447 BVerfGE 75, 40 (76); 104, 1 (6 ff.); Rux, Schulrecht, Rn. 1185; 271 ff.; neuerdings kommt auch im allgemeinbildenden Schulwesen die Schulpflichterfüllung an (internationalen) Ergänzungsschulen in Betracht. 448 Dazu bereits Erster Teil B. I. 1. c). 449 BVerfGE 75, 40 (76 ff.).

C. Bestandsaufnahme des Landesrechts

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mate­riellen Kriterien festlegt und stattdessen auf die Gestaltung des Landesschulwesens verweist. Die Landesgesetzgeber haben prima facie einen Gestaltungsspielraum,450 den diese unterschiedlich nutzen. Zum einen unterscheiden sich die der Akzesso­rietät und daher dem Ersatzschulbegriff zugrundeliegenden (öffentlichen) Schulwesen, zum anderen die festgelegten Akzessorietätskriterien des Ersatzschulbegriffs. aa) Das (öffentliche) Schulwesen Der Bezugsmaßstab der Ersatzschulen ist das öffentliche Schulwesen. In den Ländern existiert eine Vielzahl an Schultypen, Lehrplänen und Abschlüssen, die das Schulwesen politisch wie rechtlich unübersichtlich machen. Das Grundgesetz setzt hierfür wenige Vorgaben. Art. 7 V GG setzt das Bestehen einer für alle Schülerinnen und Schüler gemeinsamen Grundschule (Volksschule) im Sinne der Weimarer Schulkompromisse voraus.451 Darüber hinaus ist umstritten, ob die Verfassung eine (bestimmte) Gliederung des Schulwesens verlangt.452 Dessen ungeachtet gibt es gemeinsame Entwicklungslinien und Gemeinsamkeiten in den Ländern, die zwecks Systematisierung kurz zu überblicken sind, da die Ersatzschulbegriffe daran anknüpfen. Das gesamte Bildungswesen in Deutschland gliedert sich sodann in den Elementar-, Primar-, Sekundar-, Tertiär- und Weiterbildungsbereich.453 Es lässt sich weiter in allgemeinbildende und berufsbildende Schulen untergliedern. Während Erstere nicht auf einen spezifischen Beruf vorbereiten und die Berufswahl eingrenzen, sondern eine allgemeine, grundständige Bildung vermitteln,454 dienen berufsbildende Schulen dem Erlernen spezifischer beruflicher Kenntnisse, entweder in einer ausschließlich schulischen Ausbildung oder im dualen Ausbildungssystem parallel zur betrieblichen Ausbildung.455 Außerhalb des Schulwesens456 stehen

450

Vgl. Wißmann, in: BK-GG, Art. 7 III Rn. 198 f.; kritisch Vogel, Schulen und Heime in freier Trägerschaft, 33. Zur Reichweite dieses Spielraums Zweiter Teil B. IV. 2. d) dd). 451 Jedenfalls bei der Grundschule handelt es sich um eine Volksschule i. S. d. Art. 7 V GG, s. BVerfGE 88, 40 (46). Ob auch die Hauptschule hiervon erfasst ist, wird später erörtert, s. Zweiter Teil E. I. 2. c). 452 Vgl. BVerfGE 34, 165 (184 ff.); BVerfGE 45, 400 (415 ff.); für eine grundsätzliche Begabungsdifferenzierung Brosius-Gersdorf, in: Dreier, Art. 7 Rn. 59 ff., die sich nicht in unterschiedlichen Schulformen ausdrücken muss. 453 Zur Schulstruktur s. Kultusministerkonferenz, Bildungswesen, 25 ff. Eine grafische, ständig aktualisierte Übersicht über das gesamte Bildungswesen findet sich bei Kultusministerkonferenz, Grundstruktur. 454 Kösling, Private Schule, 37. 455 Kultusministerkonferenz, Bildungswesen, 118 f.; Badura, in: Maunz / Dürig, Art. 7 Rn. 12 ff. 456 Ob der Elementarbereich dem Schulbegriff des Grundgesetzes zuzuordnen ist, kann offenbleiben. Siehe dazu ausführlich Brosius-Gersdorf, VERW 2012, 389 (400 ff.) und später Dritter Teil C. I. 1. b).

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1. Teil: Grundlagen der staatlichen Aufsicht über Ersatzschulen 

Kindertages­stätten, Kindergärten, Horte und Vorschulklassen457 im Elementarbereich, das Hochschulwesen (tertiärer Bereich) sowie alle sonstigen Weiterbildungsmöglichkeiten. Schulische Bildung findet dementsprechend im Primar- und Sekundarbereich statt. In allen Bundesländern besteht die Primarbildung aus der gemeinsamen Grundschule mit vier, vereinzelt sechs Jahrgangsstufen.458 Der daran anschließende Sekundarbereich lässt sich den Sekundarbereich I und Sekundarbereich II aufteilen. Der Sekundarbereich I umfasst die Jahrgangsstufen 5 (bzw. 7) bis 9 (bzw. 10) und führt zu einem ersten allgemeinbildenden Schulabschluss.459 Das Hamburger Abkommen von 1964 (KMK)460 regelte bis 2020 die grundsätzliche Dreigliedrigkeit der Sekundarstufe I und damit die Aufteilung in Hauptschule, Realschule und Gymnasium.461 Die „Dreigliedrigkeit“ könnte man heutzutage infrage stellen und stattdessen von einem zweigliedrigen System sprechen, da nur eine Minderheit der Bundesländer die Hauptschule als eigenständige Schulform vorsehen und diese stattdessen mit der Realschule integrieren. Allerdings findet an den integrierten Schulen zum einen eine Binnendifferenzierung statt,462 zum anderen sehen alle Länder vereinbarungsgemäß den Hauptschul- und den Realschulabschluss („Mittlerer Schulabschluss“) als eigene Bildungsabschlüsse vor.463 Auch an integrierten Gesamtschulen, die Kinder durchgängig gemeinsam unterrichten, gibt es in der Regel eine Binnen- und Abschlussdifferenzierung.464 Dementsprechend bringt auch die an die Stelle des Hamburger Abkommens tretende Ländervereinbarung von 2020465 in Art. 29 keine Auflösung der Dreigliedrigkeit mit sich; das dreigliedrige Schulsystem lebt heute vor allem in den Bildungsabschlüssen weiter und aufgrund 457

Auch „Vorschule“ genannt. Vorschulen im modernen Sinne sind nicht mit den nach Art. 7 VI GG aufgehobenen Vorschulen zu verwechseln (zu deren historischer Relevanz bereits Erster Teil B. I. 1. c)). Verboten sind nur die gemeinsame Grundschule ersetzenden Vorschulen, s. statt aller Thiel, in: Sachs, Art. 7 Rn. 79. 458 Zum Ziel der Grundschule siehe beispielhaft die Umschreibung in § 6 I SchG-Niedersachsen. 459 Vereinbarung über die Schularten und Bildungsgänge im Sekundarbereich I, Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 03. 12. 1993 i. d. F. vom 25. 09. 2014, S. 5. 460 Abkommen zwischen den Ländern der Bundesrepublik zur Vereinheitlichung auf dem Gebiete des Schulwesens, vom 28. 10. 1964, Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 28. 10. 1964 in der Fassung vom 14. 10. 1971. 461 Zu den Zielen der einzelnen Schulformen siehe beispielhaft §§ 9–11 SchG-Niedersachsen. 462 Beispiel ist die Oberschule nach § 6 SchG-Sachsen oder § 10a SchG-Niedersachsen. In Niedersachsen besteht die Hauptschule neben der Oberschule fort. 463 Vereinbarung über die Schularten und Bildungsgänge im Sekundarbereich I, (Erster Teil, Fn. 459), S. 10. 464 Zum Beispiel § 12 SchG-Niedersachsen. Auch dort müssen einige Fächer auf mehreren Leistungsebenen erbracht werden, s. Vereinbarung über die Schularten und Bildungsgänge im Sekundarbereich I, (Erster Teil, Fn. 459), S. 7 f.; vgl. Avenarius / Hanschmann, Schulrecht, Rn. 3.42. 465 Ländervereinbarung über die gemeinsame Grundstruktur des Schulwesens und die gesamtstaatliche Verantwortung der Länder in zentralen bildungspolitischen Fragen, Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 15. 10. 2020.

C. Bestandsaufnahme des Landesrechts

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der Vielzahl der unterschiedlichen Konzeptionen für die Haupt- und Realschule weniger in der Schulstruktur.466 Neben dem gesamten Primar- und dem dreigliedrigen Sekundarschulwesen bestehen unterschiedlich ausgestaltete Förderschulen für Kinder mit sonderpäda­ gogischen Bedarfen. In Umsetzung des Art. 24 der UN-Behindertenrechtskonvention wird das Förderschulsystem bundesweit, allerdings unterschiedlich schnell und konsequent, zugunsten einer inklusiven Beschulung von Kindern mit Behinderungen zurückgebaut.467 Während die Sekundarstufe I prinzipiell allein allgemeinbildende Schulen enthält, gliedert sich die Sekundarstufe II in allgemeinbildende und berufsbildende Schulen.468 Berufsbildende Schulen gibt es gemäß der Ländervereinbarung „Bezeichnung zur Gliederung des Beruflichen Schulwesens“ (KMK) in fünf grundsätzlichen Typen, die Berufsschule, Berufsfachschule, Berufsaufbauschule, Fachoberschule und Fachschule.469 Auf Landesebene finden sich viele unterschiedliche Mischformen.470 Wichtigstes Merkmal zur Bestimmung des „Schulsystems“ ist die jeweilige Schulform bzw. Schulart, ohne dass allein die Bezeichnung viel über deren spe­ zifischen Charakter aussagt. Die Eigenheiten einer Schulform ergeben sich vielmehr ebenfalls aus dem Landesrecht: durch Bildungsstandards und weitere Konkretisierungen der allgemeinen Bildungsziele, angestrebte Abschlüsse,471 Dauer des Unterrichtsgangs (z. B. G8- oder G9-Gymnasium), Alter der Schülerinnen und Schüler oder Zugangsvoraussetzungen als nicht abschließende Beispiele.472 Zur Schulform sollte präzisierend der Begriff „Bildungsgang“ hinzutreten, der sich in vielen Ländern und in einigen landesgesetzlichen Ersatzschuldefinitionen473 findet.474 Mit Bildungsgängen ist hierbei die innere Organisation475 der Schularten 466

Dies erkennt die Ländervereinbarung (Erster Teil, Fn. 465) in Art. 29 mittlerweile auch an. Dazu Poscher / Rux / L anger, Inklusion, passim; Faber / Roth, DVBl 2010, 1193; Kultusministerkonferenz, Bildungswesen, 247 ff. und zur bisherigen Umsetzung Klemm, Inklusion, passim. 468 Wenngleich anzumerken ist, dass die schulpolitische Kreativität der Bundesländer eine trennscharfe Unterscheidung dieser Bereiche nicht durchgehend ermöglicht, vgl. Kösling, Private Schule, 36. Beispielhaft ist das berufliche Gymnasium nach § 19 I SchG-Niedersachsen, das eine „breite und vertiefte Allgemeinbildung [vermittelt]“, die Schüler aber „in einen Beruf einführt oder für einen Beruf ausbildet“. 469 Zu den Beschreibungen der Schulformen Kultusministerkonferenz, Bezeichnungen, 2 ff. 470 Kösling, Private Schule, 37. 471 Zum Beispiel § 8 SchG-Niedersachsen. 472 Vgl. die Kriterien bei Müller, in: Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht III (Vorauflage), § 88 Rn. 144 ff. 473 § 2 II PSchG-Bremen; § 97 SchG-Berlin; § 120 SchG-Brandenburg. 474 Zur Terminologie Avenarius / Hanschmann, Schulrecht, Rn. 3.14 Fn. 9 und Rn. 3.1 ff.; teilweise ist die Bezeichnung abweichend geregelt, z. B. gliedert sich das Schulwesen in Niedersachsen in Schulformen (Schularten) und Fachrichtungen (§§ 5, 143 II SchG-Niedersachsen). 475 § 15 SchG-Brandenburg; vgl. treffende Unterscheidung bei Stein / Roell, Handbuch, 306. 467

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1. Teil: Grundlagen der staatlichen Aufsicht über Ersatzschulen 

und -formen gemeint bzw. ein „schulisches Lehrangebot, dessen Unterrichtsorganisation und Anforderungen das Erreichen eines bestimmten Abschlusses bezweck[t].“476 Die Schulgesetze gebrauchen diesen Begriff teils unterschiedlich, sodass er spezifisch zu ermitteln ist. Übergreifend lässt sich der Begriff aber mit dem VG Dresden477 definieren als „eine besondere fachliche, methodische, didaktische oder pädagogische Schwerpunktbildung in einem schulischen Angebot, die sich im Allgemeinen – aber nicht zwingend – zugleich in einer besonderen Gestaltung des Abschlusses auswirkt“. Schularten umfassen einen oder mehrere Bildungsgänge.478 Im allgemeinbildenden Schulbereich fällt dies häufig zusammen, so z. B. bei der Realschule oder dem Gymnasium, die jeweils Schulart und Bildungsgang mit dem Ziel des Realschulabschlusses respektive der Hochschulreife sind.479 Im berufsbildenden Bereich befinden sich dagegen eine Vielzahl an Bildungsgängen unter dem Dach einer Schulart. „Schularten“ und „Schulformen“ erfassen als Begriffe neben der inhaltlichen auch die organisatorische Gliederung des Schulwesens während „Bildungsgänge“ oder „Fachrichtungen“ lediglich die inhaltliche Seite abdecken. bb) Begründung der Ersatzschulakzessorietät Im Landesrecht gibt es zwei Arten von Ersatzschuldefinitionen.480 Die meisten Länder481 knüpfen an § 3 der KMK-Vereinbarungen 1951 an, der bestimmt: „Ersatz für öffentliche Schulen und daher genehmigungspflichtig sind Privatschulen dann, wenn im Land entsprechende öffentliche Schulen zugelassen oder grundsätzlich vorgesehen sind (Ersatzschulen). Dies trifft auf Privatschulen zu, deren Lehr- und Erziehungsziele denen der öffentlichen Schulen entsprechen; in der Lehr- und Erziehungsmethode und in den Lehrstoffen sind Abweichungen möglich“. Was mit den Lehr- und Erziehungszielen gemeint ist, bleibt ebenso offen wie eine genauere Festlegung der Kriterien des Entsprechens. Aus der jeweils explizit vorgesehenen Abweichungsmöglichkeit für Lehr- und Erziehungsmethoden lässt sich schließen, dass im Umkehrschluss eine weitestgehende Kongruenz mit den Lehr- und Erziehungszielen verlangt wird („entsprechen“).482 Einige Länder weichen dies 476

§ 12 III SchG-MV. VG Dresden, Urt. v. 25. 10. 2018 – 5 K 244/15, juris (Rn. 18); im Anschluss an OVG Sachsen, Urt. v. 15. 04. 2014 – 2 A 58/13, juris (Rn. 15 ff.); Urt. v. 03. 11. 2014 – 2 A 571/13, juris (Rn. 18). 478 So explizit § 9 II SchG-RLP. 479 Avenarius / Hanschmann, Schulrecht, Rn. 3.14 Fn. 9. 480 Vgl. zur Einteilung auch Seidel, Anerkennung, 10 ff. 481 Die meisten Bundesländer übernehmen diese Definition der KMK entweder weitestgehend unverändert oder zumindest dem Inhalt nach. Das trifft auf Bayern, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, das Saarland, und Sachsen-Anhalt zu. 482 Art. 91, 90 S. 2 EUG-Bayern; § 170 I SchG-Hessen; §§ 118 I 1, 117 1 SchG-MV; § 142 SchG-Niedersachsen; vgl. für Niedersachsen Brockmann, in: Brockmann / Littmann / Schippmann, § 142 Rn. 2: gefordert werde „größtmögliche Angleichung nach Art und Umfang, in der großen Linie und im Ergebnis“; § 5 PSchG-RLP; § 5 I a), II PSchG-Saarland; § 16 I S ­ chG-LSA, 477

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sprachlich auf, indem die Schulen den Bildungs- und Erziehungszielen lediglich „im Wesentlichen“ entsprechen müssen483 oder die Gesetze hierzu „Gleichwertigkeit“ (nicht entsprechen) fordern.484 Das Schleswig-Holsteinische Schulgesetz dürfte indes zeigen, was die vagen Formulierungen anderer Schulgesetze meinen: Ersatzschulen müssen ihrem „Gesamtzweck“ die allgemeinen Bildungsziele und -abschlüsse anstreben, können jedoch in Lernzielen, -inhalten, -verfahren und Organisationsformen von den Vorschriften über öffentliche Schulen abweichen.485 Hamburg nimmt zwar keinen Bezug auf die Bildungsziele, verlangt aber ebenfalls ein Entsprechen ihrem „Gesamtzweck“ nach.486 Bremen erlaubt eine Orientierung an den von den Schulen angebotenen Bildungsgängen und verlangt daher keine strenge Orientierung an den Schulformen,487 wie dies andere Ländern nahegelegen oder explizit normieren. Hieraus lässt sich eine vorsichtige gemeinsame Linie ableiten. Ersatzschule ist nach dieser Definitionsgruppe eine private Schule, wenn die Erfüllung der jeweiligen Bildungsstandards der im öffentlichen Schulwesen vorgesehenen Schularten oder Bildungsgänge angestrebt wird.488 Die zweite Gruppe von Ersatzschulbegriffen stellt nicht auf die Akzessorietät zu den Bildungs- und Erziehungszielen ab, sondern zusätzlich auf die Gliederung des öffentlichen Schulwesens, also die konkreten Schularten (Gymnasium, Realschule, Oberschule etc.). Thüringen, Niedersachsen und Rheinland-Pfalz machen das deutlich, wenn diese jeweils die Vorschriften zur Gliederung des öffentlichen Schulwesens für anwendbar erklären.489 „Grundsätzlich vorgesehene öffentliche Schulen sind die [im Schulgesetz] genannten Schularten.“490 Das entspricht in etwa dem Modell der Weimarer Reichsverfassung (Art. 146 und Art. 147). Strenger als in den meisten anderen Ländern sind augenscheinlich die Regelungen in Brandenburg491 und Baden-Württemberg492, in denen einer öffentlichen Schule entsprochen wobei die Regelung in Sachsen-Anhalt Abweichungen „in ihrer inneren und äußeren Gestaltung“ zulässt. 483 § 97 SchG-Berlin; § 100 II SchG-NRW. 484 § 3 FrTrSchG-Sachsen. 485 §§ 2 IV, 115 IV 2 SchG-SH. 486 § 1 III SchfTG-Hamburg. 487 § 2 II PSchG-Bremen. 488 Vogel, Schulen und Heime in freier Trägerschaft, 35. 489 Strenge Zuordnung nach § 4 I SchfTG-Thüringen; dagegen „entsprechende“ Anwendung nach § 141 I SchG-Niedersachsen; zur Differenzierung Brockmann, in: Brockmann / Littmann / Schippmann, § 141 Rn. 3; siehe auch § 22 III SchG-RLP, der §§ 1–22 SchG-RLP für unmittelbar anwendbar erklärt. 490 § 5 II PSchGDVO-RLP. 491 Das brandenburgische Schulgesetz verlangt von den Ersatzschulen, dass sie bestehenden oder vorhandenen Schulen entsprechen, wobei „die in diesem Gesetz vorgesehenen Bildungsgänge durch besondere Inhalte und Formen der Erziehung und des Unterrichts“ geprägt werden können, § 120 SchG-Brandenburg. 492 In § 3 I PSchG-BW wird eingefordert, dass eine „entsprechende öffentliche [Schule] bestehen“ muss, damit eine private Schule Ersatzschule sein kann. Zwar könnte man Ziff. 4 I Nr. 1 VVPSchG-BW dahingehend deuten, dass dieser die Anforderungen an das Vorliegen einer Ersatzschule abmildert. Die Systematik lässt aber erkennen, dass es sich um eine Präzisierung

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1. Teil: Grundlagen der staatlichen Aufsicht über Ersatzschulen 

werden muss.493 Auch in Rheinland-Pfalz muss die Schule in „Aufgabe und Struktur, in der Dauer des Bildungsgangs, in der Abgrenzung des Lehrstoffs sowie in den Lehr- und Erziehungsmethoden mit denen der öffentlichen Schule [übereinstimmen]“.494 Trotz dieser grundsätzlich strengeren Bindung an die öffentlichen Schulformen sind auch in diesen Bundesländern die Waldorf-Schulen als Ersatzschule genehmigt, die einen gemeinsamen Klassenverbund ohne Bildungsgangseparation praktizieren.495 cc) Nichtakzessorische Ersatzschulen kraft Landesrechts Über den allgemeinen Ersatzschulbegriff hinaus sehen einige Landesschulgesetze den Ersatzschulstatus bestimmter Privatschularten explizit vor. Das ist in jedem Fall zulässig, wenn diese Feststellung deklaratorischer Art ist.496 Es erscheint hingegen bedenklich, wenn man Ergänzungsschulen zu Ersatzschulen umdeklariert und genehmigungspflichtig stellt.497 In Baden-Württemberg, Bremen und Sachsen gelten alle Waldorfschulen explizit als Ersatzschulen.498 Niedersachsen, NRW, Mecklenburg-Vorpommern, das Saarland und Schleswig-Holstein sehen den Status als Ersatzschule von „besonderer pädagogischer Bedeutung“499 oder „eigener Art“500 für die Waldorf-, Montessori- und Hermann-Lietz-Schulen vor,501 die restlichen Länder lassen die Fragestellung nach der Genehmigung der Alternativschule in ihrer Gesetzgebung unbeantwortet. Eine mögliche Erweiterung des Ersatzschulbegriffs ist in § 2 III PSchG-Bremen zu sehen. Die Vorschrift verleiht einer einzelnen Schule, der International School of Bremen, die Ersatzschuleigenschaft, während andere internationale Schulen Erder „Lehrziele“ aus Art. 7 IV 3 GG handelt: Absatz 2 der Ziff. 4 VVPSchG-BW geht erkennbar vom Vorliegen einer Ersatzschule aus, welche die Voraussetzungen des Absatzes 1 Nr. 1 „nach der für sie maßgeblichen Verordnung“ erfüllen müsse. Auch Abs. 1 Nr. 2 konkretisiert das Erfordernis der „Einrichtungen“, weshalb es naheliegt, dass Ziff. 1 die „Lehrziele“ beschreibt. Schließlich spricht die Überschrift „Genehmigung“ ebenfalls für die Konkretisierung der Genehmigungsvoraussetzungen. Im Ergebnis auch Gayer, in: Ebert, § 5 PSchG Rn. 1. 493 In Baden-Württemberg kann der Verordnungsgeber weitere Schulen als Ersatzschule einstufen, dazu sogleich Erster Teil C. I. 2. c) cc). 494 Wobei Abweichungen in den Methoden zugelassen sind, wenn die „wesentlichen Merkmale der öffentlichen Schule nicht verloren gehen“, s. § 5 I 1 PSchGDVO-RLP. 495 Vertiefend Arbeitsgemeinschaft Freier Schulen, Handbuch, 153 ff.; vgl. Vogel, Schulen und Heime in freier Trägerschaft, 33 ff.; explizit § 3 II PSchG-BW. 496 So BVerfGE 90, 128 explizit bzgl. § 3 PSchG-BW. 497 Vgl. Vogel, Schulen und Heime in freier Trägerschaft, 35 f.; zum Spielraum des Gesetzgebers Dritter Teil C. I. 2. 498 § 3 II PSchG-BW; § 2 III PSchG-Bremen; § 3 FrTrSchG-Sachsen. 499 Nur implizit in § 149 I SchG-Niedersachsen; § 5 I b)  PSchG-Saarland und § 115 IV 3 SchG-SH „besondere pädagogische Prägung“. 500 § 100 VI SchG-NRW. 501 Im Überblick für Niedersachsen Brockmann, in: Brockmann / Littmann / Schippmann, § 149 Rn. 4.2.

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gänzungsschulen bleiben.502 Schwieriger ist die in Rheinland-Pfalz vorgesehene Möglichkeit zu bewerten, eine Hauptschule oder Realschule als Ersatzschule zu betreiben,503 obwohl beide Schulformen im öffentlichen Schulwesen nicht mehr vorgesehen sind. § 3 II 2 PSchG-BW ermöglicht eine Erweiterung des Ersatzschulbegriffs durch Rechtsverordnung und § 101 II SchG-BW behandelt an ein Internat angegliederte sonderpädagogische Ergänzungsschulen explizit als Ersatzschulen. d) Anerkannte Ersatzschulen im Landesrecht Öffentliche Schulen vermitteln nicht bloß Bildung und Erziehung, sondern sie verleihen auch schulische Abschlüsse, denen öffentlich-rechtlich berechtigende Wirkung zukommt (z. B. als Hochschulzulassungsberechtigung oder als Berechtigung zum Führen einer Berufsbezeichnung).504 Privatschulen und andere Bildungsakteure stellen ebenfalls Zeugnisse, Zertifikate, Nachweise etc. aus und verleihen eigene Abschlüsse die im privaten Rechtsverkehr Berücksichtigung finden können, die hingegen keine öffentlich-rechtliche Berechtigung verleihen505 und daher keinen hoheitlichen Akt darstellen.506 Das Recht der Berechtigungen ist de lege lata als rein staatliches ausgestaltet; die Länder entscheiden über die möglichen Abschlüsse und legen die hierfür vorgesehenen fachlichen und formalen Voraussetzungen fest.507 Die von der Kultusministerkonferenz festgelegten Kriterien regeln die Gleichwertigkeit und gegenseitige Anerkennung der unterschiedlichen Abschlüsse des Landesrechts. Von der theoretischen Möglichkeit der Privatschulverbände, eigenen Abschlüsse in länderübergreifendem Rahmen berücksichtigen zu lassen, wurde bisher kein Gebrauch gemacht.508 Lediglich das private „International Baccalaureate Diploma“,509 welches in aller Regel als Ergänzungsschulen geführte sog. Internationale Schulen verleihen, erkennen die Länder bei Erwerb an inländischen Schulen als (Abitur-)Äquivalent an.510

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§ 15 II PSchG-Bremen macht deutlich, dass andere internationalen Schulen Ergänzungsschulen sind. 503 § 9 III 2 SchG-RLP. 504 Stern, Staatsrecht, Bd. IV/2, 534 f.; vgl. Avenarius / Hanschmann, Schulrecht, Rn. 4.21; grundlegend Ossenbühl, Schulzeugnisse, 29 ff. und passim. 505 Ogorek, DÖV 2010, 341 (342); Keller / Hesse, in: Keller / K rampen, Kap. 8 Rn. 17; vgl. BVerfGE 27, 195 (206). 506 Vgl. BVerwGE 17, 41 ff.; anderer Ansicht Krampen / Kellermann, R&B 2008, 6 (12). 507 Badura, in: Maunz / Dürig, Art. 7 Rn. 116; Tillmanns, Freiheit, 16 ff.; Thiel, in: Sachs, Art. 7 Rn. 71. 508 Zu diesem Vorschlag Rux, Schulrecht, Rn. 1301 ff. 509 Voraussetzungen des Abschlusses legt eine private Schweizer Stiftung fest, vgl. Deutscher Akademischer Austauschdienst, Anerkennung. 510 Beschluss der Kultusministerkonferenz, Vereinbarung über die Anerkennung des „International Baccalaureate Diploma / Diplôme du Baccalauréat International“ vom 10. 03. 1986 i. d. F. vom 07. 03. 2019.

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Statt der pauschalen Verleihung einer öffentlich-rechtlichen Wirkung an alle von genehmigten Ersatzschulen vergebene Abschlüsse sieht das Recht aller Bundesländer das Rechtsinstitut der Anerkennung der Ersatzschulen vor.511 Genehmigte Ersatzschulen können hiernach in einem zweiten Schritt und unter zusätzlichen Voraussetzungen am staatlichen Berechtigungswesen teilnehmen, wenn die Länder diese anerkennen. Besteht keine Anerkennung, können Schülerinnen und Schüler der „nur“ genehmigten Ersatzschule die öffentlich-rechtlich wirksamen Abschlüsse in der Regel durch eine Schulexternenprüfung (Nichtschülerprüfung) erlangen,512 in der eine staatliche Prüfungskommission die Schülerinnen und Schüler prüft, ohne dass die an den Ersatzschulen erlangten Vorergebnisse bei der Notenvergabe Berücksichtigung finden.513 Die Anerkennung hat aufgrund der angenommenen Staatlichkeit des Berechtigungswesens die Rechtswirkung der Beleihung. Die Privatschulen üben bei der Zeugnisvergabe Hoheitsrechte aus.514 Tatsächlich ist der Name „Anerkennung“ missverständlich, da nicht die unterschiedlichen Abschlüsse der jeweiligen Privatschulen anerkannt werden, sondern diese das Recht erhalten, die bestehenden staatlichen Abschlüsse nach deren Vorschriften zu vergeben.515 Anerkannt sind die Ersatzschulen im Landesrecht durchgängig, wenn ihnen der Status einer anerkannten Ersatzschule verliehen worden ist.516 Ausnahme hiervon ist Nordrhein-Westfalen, das den Status nicht kennt und stattdessen das Recht auf Zeugnisvergabe mit der Genehmigung erteilt.517 Gleichwohl ändert sich dadurch, wie noch gezeigt wird,518 bloß der zeitliche Ablauf, nicht die Wirkung als staatliche Verleihung von Hoheitsrechten. An dieser Stelle ist die Erkenntnis wichtig, dass das Landesrecht das öffentliche Berechtigungswesen als eine von der Schule separate Regelungsmaterie behandelt. Gesetzlicher Regelfall ist die Ersatzschule ohne Befugnis zur Verleihung öffentlicher Abschlüsse („nur“ genehmigte Ersatzschule). Da eine solche Schule für viele Eltern und Schüler wenig attraktiv erscheint, darf man die Steuerungswirkung 511

Zur Ausgestaltung und Zulässigkeit s. Zweiter Teil B. V. 3. c) und Zweiter Teil E. IV. Keller / Hesse, in: Keller / K rampen, Kap. 8 Rn. 10. 513 Ogorek, DÖV 2010, 341 (345); Avenarius / Hanschmann, Schulrecht, Rn. 20.256. 514 BVerfGE 27, 195 (203 ff.); BVerwGE 45, 117 (118); Brosius-Gersdorf, in: Dreier, Art. 7 Rn. 126; Müller, Recht der Freien Schule, 255 f.; vgl. § 5 der KMK-Vereinbarungen 1951; zur Beleihungswirkung Avenarius / Hanschmann, Schulrecht, Rn. 15.652. 515 Loschelder, in: Listl / Pirson, Handbuch des Staatskirchenrechts, Bd. 2, § 55 S. 532 ff. wendet ein, dass die Anerkennung der Ersatzschule nicht zwangsweise zu einer Beleihung führen müsse, sondern es um eine (nachgelagerte) „Anerkennung“ der dort geleisteten Bildungsarbeit gehen könne. 516 Beispielhaft § 148 I 1 SchG-Niedersachsen. 517 Die LV-NRW regelt in Art. 8 IV 2 einen Anspruch auf Erteilung der Berechtigungen „wie die entsprechenden öffentlichen Schulen.“ Zwar entfällt hierdurch die Kategorie der anerkannten Ersatzschule, die rechtlichen Wirkungen der Zeugnisvergabe sind aber die gleichen, vgl. § 100 IV SchG-NRW. 518 Dazu später Erster Teil C. II. 5. d). 512

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der Anerkennung nicht verkennen, die den Ländern eine nicht unerhebliche Relativierung der Ersatzschulfreiheit ermöglichen könnte.519 In der Praxis finden sich deutlich weitergehende Anpassungsvorgaben an anerkannte Ersatzschulen als an die „nur“ genehmigten Ersatzschulen.520 e) Grenzen des Ersatzschulaufsichtsrechtsregimes im Landesrecht Zur Frage der Aufsichtsobjekte gehört auch, welche Stellen und welche Tätigkeiten des jeweiligen Aufsichtsobjekts der Aufsicht unterliegen; anders: wo die Aufsicht über Ersatzschulen konkret endet. Das ist vor allem in Randbereichen zu anderen Rechtsregimen problematisch, wenn diese ebenfalls „unter dem Dach“ der Schule stattfinden. Aber auch bei nicht klassischerweise schulischen Tätigkeiten eines Aufsichtsadressaten ist fraglich, ob die Landesschulgesetze dies der Jurisdiktion der Aufsichtsbehörden zuschreiben.521 Eine solche materielle Bestimmung der Aufsichtsschwelle lässt sich den Vorschriften nicht ohne weiteres entnehmen. Im Gegenteil erstrecken sich die Normen522 bzgl. der Aufsicht augenscheinlich über die gesamte Einrichtung der Schule, nicht nur über bestimmte Tätigkeitsbereiche. Eine solche Grenze erfährt die Schulaufsicht lediglich hinsichtlich der (einer Schule angegliederten) Schülerheime, Horte und Internate. § 45 SGB VIII regelt die Heimaufsicht über Erziehungseinrichtungen, die Kinder ganztägig betreuen. Inhaltlicher Maßstab der Heimaufsicht, für die der überörtliche Träger der Jugendhilfe zuständig ist (§ 85 II Nr. 6 SGB VIII), ist nach § 45 II 1 SGB VIII das Kindeswohl. Nach § 45 I Nr. 2 SGB VIII sind Schülerheime von der Heimaufsicht ausgenommen, wenn sie durch Landesrecht der Schulaufsicht unterstellt sind. Sie unterfallen dann den landesrechtlichen Vorschriften und dem dort festgelegten inhaltlichen Prüfungsmaßstab.523 Von der Möglichkeit, die Aufgaben der Heimaufsicht von den Schulaufsichtsbehörden wahrnehmen zu lassen, machen die Länder unterschiedlich Gebrauch.524 Diese Unterscheidung hebt hervor, dass sich die Schulaufsicht nach den Landesschulgesetzen und dem SGB VIII nicht originär

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Ogorek, DÖV 2010, 341 (342 ff.); Frowein, Privatschulen, 2 ff.; v. Campenhausen, Erziehungsauftrag, 62 ff. 520 Dazu später Erster Teil C. II. 5. 521 Zu der Unterscheidung Brosius-Gersdorf, Sonderungsverbot, 77 ff. 522 Siehe zu den Aufsichtsaufgabennormen Erster Teil C. III. 523 Stähr, in: Hauck / Noftz, § 45 SGB VIII Rn. 20; s. auch BT.-Drs. 11/5948, S. 84. 524 Nach Art. 109 EUG-Bayern ist für nicht mit einer Schule verbundene Schülerheime und mit einer Grund-, Mittel- oder Förderschule verbundene Schülerheime die Heimaufsicht im Sinne des SGB VIII zuständig, für andere Schülerheime dagegen die Schulaufsichtsbehörde. Das Thüringer Kinder- und Jugendhilfe-Ausführungsgesetz unterstellt dagegen alle Betreuungseinrichtungen der Heimaufsicht des Ministeriums (§ 22 I) und verpflichtet nach § 22 III die „für die schulische Überwachung zuständigen Stellen“ zur Weitergabe von Beanstandungen.

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auf die Internats- bzw. Heimteile einer Schule erstreckt.525 Relevant ist dies bei der Frage, ob private Ganztagsschulen, insbesondere wenn die Ganztagsbetreuung an öffentlichen Schulen fakultativ ist, unter den Anwendungsbereich der Schulaufsicht im Sinne des Art. 7 I GG fallen und ob materielle Anforderungen der Schule von Art. 7 IV GG gedeckt sind, wenn es sich um außerunterrichtliche Veranstaltungen handelt.526 Da die Schulgesetze hierzu keine Antworten geben und die Frage auch verfassungsrechtlicher Natur ist, gilt es diese an späterer Stelle527 zu erörtern. f) Ergänzungsschulen im Landesrecht Eine Schule ist schließlich kein Objekt der Ersatzschulaufsicht, wenn sie nach Landesrecht den Status einer Ergänzungsschule hat. Nur Hamburg definiert „Ergänzungsschule“ positiv.528 In den restlichen Schulgesetzen sind sie schlicht Nichtersatzschulen.529 Ergänzungsschulen sind Schulen im Sinne des Schulrechts und daher von den nichtschulischen freien Unterrichtseinrichtungen zu unterscheiden. Die Länder halten sich bei der Regelung des Ergänzungsschulwesens im Allgemeinen stark zurück und beschränken sich zumeist auf Vorschriften zur Gefahrenabwehr. In jüngerer Zeit sind zwei Tendenzen erkennbar: Zum einen ermöglichen viele Länder den Ergänzungsschulen, die das International Baccalaureate Diploma als Bildungsabschluss anbieten, welches staatliche Schulen überwiegend nicht vergeben,530 die Aufnahme schulpflichtiger Kinder und teilweise die finanzielle

525 Die Bundeskompetenz ergibt sich aus Art. 72 I, 74 I Nr. 7 GG. Der Zusatz (ohne Heime) orientiert sich an den Bestimmungen des früheren Heimgesetzes und betrifft die Altenheime, nicht die Schulheime, vgl. Axer, in: BK-GG, Art. 74 I Nr. 7 Rn. 38 ff. 526 Nach Nr. 9 des Runderlasses „Gebundene und offene Ganztagsschulen sowie außerunterrichtliche Ganztags- und Betreuungsangebote in Primarbereich und Sekundarstufe I vom 23. 12. 2010“ [NRW, zuletzt geändert am 16. 02. 2018] gelten alle Ganztagsangebote als schulische Veranstaltungen und unterliegen damit der Aufsicht der Schulbehörden. Für Ersatzschulen soll Entsprechendes gelten (Nr. 11). 527 Dritter Teil C. I. 1. b). 528 § 1 III SchfTG-Hamburg: „Ergänzungsschulen sind Schulen in freier Trägerschaft, die nach dem mit ihrer Errichtung verfolgten Gesamtzweck berufsbezogene oder allgemeine Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten insbesondere mit dem Ziel vermitteln, die Schülerinnen und Schüler zu befähigen, an einer staatlichen Prüfung für Externe teilzunehmen oder einen Berufsausbildungsabschluss oder einen allgemein bildenden Schulabschluss zu erwerben, der an staatlichen Schulen nicht erworben werden kann.“ 529 Etwa Art. 102 I EUG-Bayern; § 116 SchG-NRW; § 18b SchG-LSA; § 4 I der KMK-Vereinbarungen 1951. 530 Ausnahmen werden ebenfalls zahlreicher: Das IB-Diploma kann u. a. an der Felix-KleinSchule, Schulträger ist die Stadt Göttingen (https://www.fkg-goettingen.de/ib/the-ib-at-fkg/ zugegriffen 10. 11. 2020), und der Nelson-Mandela-Schule Berlin sowie der 2. Internationalen Schule Berlin erlangt werden, vgl. § 5a Verordnung über die Aufnahme in Schulen besonderer pädagogischer Prägung Berlin. Warum internationale Privatschulen in diesen Ländern weiterhin als Ergänzungsschulen betrachtet werden (vgl. § 161 III SchG-Niedersachsen), ist nicht ersichtlich.

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Förderung, gleichzeitig fordern sie nicht die Genehmigungsvoraussetzungen für Ersatzschulen ein.531 Zum anderen erkennen die Länder vielen berufsbildenden532 und teilweise auch allgemeinbildenden Ergänzungsschulen533 die Möglichkeit der Zeugnisvergabe (Anerkennung) zu, wenn diese einen genehmigten Lehrplan anwenden. An nicht genehmigten berufsbildenden Ergänzungsschulen ist oft die Berufsschulpflicht erfüllbar.534 Beide Erscheinungsformen der Privilegierung von Ergänzungsschulen kann man unter dem Stichwort der qualifizierten Ergänzungsschulen zusammenfassen.535 In diesem Feld bestehen erhebliche landesrechtliche Unterschiede, die Gefahr laufen, die Unterscheidung von Ersatz- und Ergänzungsschule einzuebnen, worauf zurückzukommen ist.536 3. Adressaten der Aufsichtsmaßnahmen Die Adressaten der Schulaufsichtsmaßnahmen und das Aufsichtsobjekt der Schulaufsicht sind nicht identisch. Aufsichtsobjekte der Ersatzschulaufsicht sind die Ersatzschulen. Da diese keine eigenen juristischen Personen sind, sondern vom jeweiligen Schulträger betrieben werden, lässt sich gegen eine Ersatzschule als solche keine Maßnahme richten.537 Adressaten der Aufsicht sind die Personen, welche Maßnahmen, die ein Objekt der Aufsicht (die Ersatzschulen) betreffen, dulden oder umsetzen müssen.538 In den meisten Schulgesetzen bleibt die Adressatenfrage unerwähnt. Überwiegend ist zu erkennen, dass die Schulgesetze den Schulträger als Adressaten der staatlichen Aufsicht ansehen,539 d. h. die natürliche oder juristische Person, die eine Ersatzschule gründet und betreibt. In Betracht kommen grundsätzlich alle Rechtsformen, etwa eingetragene Vereine, GmbHs, Stiftungen, aber grundsätzlich auch (formelle) Körperschaften des öffentlichen Rechts.540 Davon abweichend erlauben Baden-Württemberg und Bayern das regelmäßige Richten von Anordnungen und Maßnahmen an den Leiter oder die Leiterin einer Schule;541 Nordrhein-Westfalen

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Symptomatisch §§ 161 III, 160 SchG-Niedersachsen. Nach § 161 III 4 SchG-Niedersachsen haben die Internationalen Schulen Anspruch auf Finanzhilfe des Landes. Ähnlich §§ 118 III, 34 III, IV SchG-NRW. 532 Beispielhaft § 125 I SchG-MV; § 103 I SchG-Berlin. 533 Beispielhaft § 126 I SchG-Brandenburg. 534 Beispielhaft Art. 36 I 1 EUG-Bayern; § 17 PSchG-Saarland. 535 Kösling, Private Schule, 253 ff. 536 Siehe Erster Teil B. I. 1. 537 Vgl. Krampen, in: Keller / K rampen, Kap. 12 Rn. 1; Schlaf, Aufsicht, 44 ff. 538 Zur verfassungsrechtlichen Dimension der Frage siehe Dritter Teil C. II. 539 Zum Beispiel § 115 V 5 SchG-SH: „Sie [die Genehmigung] kann widerrufen werden, wenn der Schulträger Anordnungen der Schulaufsichtsbehörde wiederholt nicht befolgt“. Ausdrücklich § 3 III 2 SchAG-Thüringen. 540 Zur Frage der Rechtsform s. Krampen, in: Keller / K rampen, Kap. 12 Rn. 1 ff. 541 Ziff. 1 VVPSchG-BW; Art. 113 II EUG-Bayern.

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1. Teil: Grundlagen der staatlichen Aufsicht über Ersatzschulen 

sieht dies in dringenden Fällen „unmittelbar an die Schule“ vor.542 Weiterhin bestehen selten Möglichkeiten der behördlichen Tätigkeitsuntersagung, die sich direkt an Lehrkräfte und Schulleiterinnen und Schulleiter richten und so die eigentliche Verantwortung des Trägers für den Einsatz seines Personals umgehen.543

II. Aufsichtsmaßstab im Landesrecht Wenn Aufsicht die Beobachtung, Überprüfung und ggf. Berichtigung eines Aufsichtsobjekts durch ein Aufsichtssubjekt ist,544 ist der Aufsichtsmaßstab die für die letzten beiden Phasen notwendige normative (Abgleichs-)Grundlage.545 Die Ausführung der Aufsicht mittels der Aufsichtsinstrumente ist prinzipiell von der Maßstabssetzung dadurch zu unterscheiden, ob der Staat neue öffentlich-recht­liche Pflichten begründet oder vorher bestehende Pflichten eingefordert; Letzteres ist Aufsicht im eigentlichen Sinne. An dieser Stelle geht es daher um die Anforderungen, die sich aus dem geltenden Recht (Gesetze und Verordnungen) als verbindliche Pflichten für die Ersatzschulen ergeben und welche die Aufsichtsbehörden überwachten. 1. Gestaltung des öffentlichen Schulwesens als (in-)direkter Maßstab der Aufsicht über Ersatzschulen Kein direkter Aufsichtsmaßstab für Ersatzschulen sind die gesetzlichen Bestim­ mungen für öffentliche Schulen. Nur soweit diese Regelungen explizit für Ersatzschulen gelten, sind sie im Rahmen der Schulaufsicht einforderbar. Auf Ersatzschulen sind nach der landesrechtlichen Systematik solche Vorschriften anwendbar, welche dieses explizit für anwendbar erklärt.546 Das Schulgesetz Sachsen-Anhalts, das vom umgekehrten Grundsatz ausgeht,547 ist an dieser Stelle wohl als redaktioneller Fehler anzusehen.548 Im Übrigen ist das öffentliche Schulwesen Bezugspunkt für die Akzessorietäts­ kriterien der Ersatzschulgenehmigung. Die Gestaltung des öffentlichen Schul­ 542

§ 12 II ESchVO-NRW. Art. 95 EUG-Bayern; § 8 PSchG-BW. 544 Dazu bereits Erster Teil A. I. 545 Vgl. auch Thiele, Finanzaufsicht, 203 ff. 546 § 2 II SchG-BW; Art. 92 V EUG-Bayern; § 6 IV SchG-Berlin; § 1 II SchG-Brandenburg; § 1 II SchG-Bremen; § 4 SchfTG-Hamburg; § 179 I SchG-Hessen; §§ 1 IV, 144 SchG-Niedersachsen; § 100 III 2 SchG-NRW; § 22 III SchG-RLP; § 8 I SchoG-Saarland; § 3 I SchG-Sachsen; § 1 II SchG-SH; § 13 I 2 SchG-Thüringen; nicht explizit dagegen in Mecklenburg-Vorpommern, allerdings ist dies systematisch ersichtlich (z. B. § 34 VIII SchG-MV). 547 § 2 I SchG-LSA. 548 Dafür spricht, dass das Schulgesetz die Anwendbarkeit einiger Vorschriften entgegen seinem eigenen Grundsatz explizit proklamiert (siehe § 11a VI; §§ 84a und 84b SchG-LSA). 543

C. Bestandsaufnahme des Landesrechts

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wesens ist mittelbarer Aufsichtsmaßstab für Ersatzschulen,549 was § 100 III SchGNRW beispielhaft zum Ausdruck bringt: „Für Ersatzschulen gelten die übrigen Vorschriften dieses Gesetzes, soweit die Gleichwertigkeit mit den öffentlichen Schulen es erfordert.“ Diese und ähnliche Anordnungen sind vor dem Hintergrund des Bestimmtheitsgrundsatzes nicht unproblematisch.550 2. Schul-, Privat- und Ersatzschulbegriff als (andauernder) Maßstab der Aufsicht Bereits eingegangen wurde auf die weitestgehend konsentierte Gestaltung des Privatschulbegriffs und die zwei wesentlichen „Linien“ des Ersatzschulbegriffs in der Landesgesetzgebung.551 In allen Ländern sind die Begriffe (Schul-, Privatschulund Ersatzschulbegriff)  und deren materielle Voraussetzungen Gegenstand des Prüfungsprogramms der Schulaufsicht.552 Aus dem Privatschulbegriff ergibt sich kaum eine Hürde, da die Behörde lediglich prüft, ob die natürliche oder juristische Person nicht dem öffentlichen Schulrecht unterliegen müsste. Der beinhaltende Schulbegriff enthält wiederum materielle Bestimmungen, etwa die Mindestschülerzahl oder die Voraussetzung des Unterrichts nach einem geschlossenen Bildungsplan in einer Mehrzahl allgemeinbildender oder berufsbildender Fächer.553 Der Ersatzschulbegriff ist dagegen nicht unerheblich materiell aufgeladen. Erst eine Schule, die Ersatzschule ist, unterliegt in allen Ländern den Genehmigungsvoraussetzungen, während sie als Ergänzungsschule nur einer Anzeigepflicht unterliegt. Mit der Festlegung des Prüfungsmaßstabs im Rahmen des Ersatzschulbegriffs erwirken die Länder eine indirekte Bindung an die Ziele oder äußeren Formen des öffentlichen Schulwesens, deren Vorliegen ein Maßstab aufsichtlicher Prüfung ist.554 Sind die Schulen keine Ersatzschulen mehr, können sie nicht die für Ersatzschulen geltenden Bestimmungen (über die Schulpflichterfüllung) vollziehen. Das dauerhafte Vorliegen der Kriterien des Ersatzschulbegriffs ist nach der landesrechtlichen Systematik – ebenso wie das Vorliegen des Schul- oder Privatschulbegriffs – Gegenstand des Prüfprogramms der laufenden Schulaufsicht.555

549 Ausnahmen sind die explizit für anwendbar erklärten Normen. Diese gelten „direkt“ für die privaten Ersatzschulen, werden daher als eigenständige Anforderung an diese behandelt und dargestellt. 550 Dazu später Zweiter Teil D. II. 551 Zum Ersatzschulbegriff in der Landesgesetzgebung bereits Erster Teil C. I. 2. c) bb). 552 Dazu später Dritter Teil D. II. 553 Vgl. etwa § 1 II SchG-Niedersachsen. 554 Vgl. Kösling, Private Schule, 216 ff.; OVG Sachsen, Beschl. v. 20. 06. 2013 – 2 B 317/13, juris (Rn. 29 ff.). 555 Dazu später Dritter Teil D. II.

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1. Teil: Grundlagen der staatlichen Aufsicht über Ersatzschulen 

3. Genehmigungsvoraussetzungen einer Ersatzschule Sobald eine private Schule Ersatzschule ist, sehen Grundgesetz und Landesschulgesetze eine obligatorische Genehmigung vor Betriebsaufnahme vor, auf deren Erteilung ein Anspruch bei Vorliegen der Betriebsbedingungen besteht. Trotz der Vorgabe der Genehmigungsbedingungen durch das Grundgesetz finden sich verschiedene Definitionen ein und derselben grundgesetzlichen Anforderung an die Ersatzschule. Für die Systematisierung dieser Darstellung gilt Folgendes: Genehmigungsvoraussetzung sind die Tatbestandsmerkmale, welche die Schulgesetze explizit oder implizit zur Voraussetzung der präventiv eingeforderten Betriebserlaubnis machen. Sie sind von den weiteren Anforderungen an dem Betrieb der Ersatzschule zu unterscheiden (Erster Teil C. II. 3. c)), die nicht präventiv, sondern lediglich repressiv eingefordert werden. Die Unterscheidung ist vor allem hinsichtlich der Schwere des Grundrechtseingriffs relevant, die beim Vorliegen eines präventiven Kontrollverfahrens gravierender ist als bei einem repressiven Verbot.556 a) In Art. 7 IV GG angelegte Genehmigungsvoraussetzungen in der Gestalt des Landesrechts aa) Nichtzurückstehen der Lehrziele Wichtigste Genehmigungsvoraussetzung ist das Nichtzurückstehen der Lehrziele hinter den öffentlichen Schulen (Art. 7 IV 3 GG), da nur dieses Kriterium inhaltliche Anforderungen an die Gestaltung des Unterrichts der Ersatzschulen formuliert. Die Landesgesetzgeber halten sich an dieser Stelle am stärksten mit einer genaueren Umschreibung zurück; Konkretisierungen finden sich bloß vereinzelt.557 Das führt dazu, dass sich anhand der Schulgesetze der Spielraum der Ersatzschulen in inhaltlichen Fragestellungen kaum bestimmen lässt und der dort bestehende Freiraum der Schulen in erster Linie von der konkreten Anwendung dieser Vorschriften durch die Aufsichtsbehörden im Einzelfall abhängig ist. Klarstellend gestehen fast alle Länder558 den Ersatzschulen explizit zu, das Schulwesen „durch besondere Inhalte und Formen der Erziehung“ zu ergänzen559 oder „über Lehr- und Erziehungsmethoden, über Lehrstoff und Formen der Unter 556

VGH Bayern, Urt. v. 28. 02. 2006 – 7 B 05.2202, juris (Rn. 24); vgl. BVerfG, DVBl 1999, 703 ff. 557 In den vielen Ländern werden die Lehrziele nicht definiert oder nur der Wortlaut des Grundgesetzes wiederholt. Vgl. § 98 III Nr. 1 SchG-Berlin; § 171 SchG-Hessen; § 101 I SchGNRW; § 5 I Nr. 1 FrTrSchG-Sachsen; § 16 III Nr. 1 SchG-LSA; § 115 III Nr. 1 SchG-SH; § 5 I Nr. 1 SchfTG-Thüringen. 558 Im SchG-SH findet sich keine solche Klausel. 559 § 1 S. 2 PSchG-BW; ähnlich: § 1 II 2 PSchG-Bremen; § 101 III SchG-NRW; § 2 PSchGSaarland; mit zusätzlicher Einschränkung § 5 PSchG-RLP.

C. Bestandsaufnahme des Landesrechts

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richtsorganisation“ zu bestimmen.560 Nach der Systematik der Schulgesetze gilt diese Freiheit nur, wenn das Nichtzurückstehen hinter den Lehrzielen nicht im Wege steht („Soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt“561). Die „Abweichungsklauseln“ hinsichtlich der Lehrmethoden etc. lassen sich zwar als Auslegungshilfe bzgl. des Umfangs des Nichtzurückstehens heranziehen, eine präzise Definition der Lehrziele entsteht dadurch jedoch nicht. Bei allen Genehmigungsvoraussetzungen, die Art. 7 IV 3 GG nachvollziehen oder konkretisieren, ist zwischen der Definition der Lehrziele, Einrichtungen usw. und den Voraussetzungen für deren Vorliegen (dem Nichtzurückstehen) zu differenzieren.562 Dabei wird das Nichtzurückstehen in den Schulgesetzen in der Regel nicht einheitlich, sondern jeweils bezogen auf das Genehmigungsmerkmal bestimmt. Die Schulgesetze geben also meistens Leitlinien dafür, in welchen Fällen die Lehrziele der Schule oder wann die Einrichtungen der Schule nicht zurückstehen. Nur wenige Schulgesetze bestimmen dies für die Lehrziele aber überhaupt abstrakt, sodass sich im jeweiligen Landesrecht Schwierigkeiten ergeben, dafür überhaupt Maßgaben aufzustellen. Auf dieser Ebene verlangen die KMK-Vereinbarungen von 1951 einen weitgehenden Abgleich mit dem gesamten Schulleben, indem das Nichtzurückstehen der Lehrziele erst bei „gleichwertig[er]“ „innerer und äußerer Gestaltung“ der Schule bejaht wird.563 Lehrziele sind danach nicht bloß Bildungsziele bzw. Ergebnisse eines Bildungsgangs, sondern auch die Mittel und Methoden auf dem Weg dorthin.564 Eine bezogen auf den Gegenstand der Lehrziele engere Definition findet sich in Baden-Württemberg und anderen Ländern, wo „Lehrgegenstände, Lehrziel, Aufbau und Ausbildungsdauer mit denen einer im Land bestehenden entsprechenden öffentlichen Schule im wesentlichen übereinstimmen [müssen.]“565 Erkennbar ist aber, dass mit dem Übereinstimmen ein augenscheinlich engerer Maßstab vorliegt, als es das Nichtzurückstehen nahelegt. Die in anderen Ländern anzufindende Bezugnahme der Lehrziele auf die „Bildungs- und Erziehungsziele“ öffentlicher Schulen566 grenzt den Vergleichsgegenstand wenigstens auf die in den 560

Art. 90 S. 2 EUG-Bayern; ähnlich § 95 I SchG-Berlin; § 117 II SchG-Brandenburg; § 2 I SchfTG-Hamburg; § 167 I SchG-Hessen; § 117 SchG-MV; § 14 II SchG-LSA; § 2 FrTrSchGSachsen; § 2 III SchfTG-Thüringen; kein Bezug auf die Unterrichtsorganisation in § 142 SchGNiedersachsen. 561 Beispielhaft § 2 I SchfTG-Hamburg und § 2 III SchfTG-Thüringen. 562 Vogel, Schulen und Heime in freier Trägerschaft, 85 ff. 563 § 11 a) KMK-Vereinbarung 1951: „Die Anforderungen an Lehrziele und Einrichtungen sind erfüllt, wenn die innere und äußere Gestaltung der Schule nach den Anforderungen, die in dem Land an entsprechende öffentliche Schulen gestellt werden, als gleichwertig – nicht notwendig gleichartig anzusehen sind.“ § 144 II SchG-Niedersachsen und § 1 I 1. DVOPSchGSaarland übernehmen diese Formulierung. 564 Vogel, Schulen und Heime in freier Trägerschaft, 85. 565 Ziff. 4 I Nr. 1 VVPSchG-BW. Ähnlich § 1 I 1. DVOPSchG-Saarland. § 5 II ESGAV-Brandenburg („innere Einrichtungen“) muss zum Teil auch die Lehrziele meinen. 566 § 5 III ESGAV-Brandenburg; § 5 II Nr. 1 PSchG-Bremen; explizit § 6 II Nr. 1 SchfTGHamburg.

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Schulgesetzen formulierten allgemeinen Schulziele567 ein. Teilweise werden die Lehrziele als Genehmigungstatbestand lediglich mit dem Hinweis auf die Möglichkeit der schulbehördlichen Setzung von Mindestvorgaben (Mindestlehrpläne oder Mindeststundentafeln) für Ersatzschulen beschrieben,568 was immerhin eine Orientierung an bestimmten Faktoren des Unterrichts erlaubt, die den Bezugspunkt für das Nichtzurückstehen bilden. Insgesamt bleibt der Begriff der Lehrziele in den meisten Ländern weitestgehend unbestimmt. Unwesentlich klarer lässt sich das Vorliegen des Nichtzurückstehens bestimmen, wenn dieses entweder allgemein oder genehmigungsmerkmalsbezogen umschrieben ist. Teilweise verwenden die Länder hierfür explizit den Begriff der „Gleichwertigkeit“569 oder der Maßstab des Nichtzurückstehens ist erst aus den vorgenannten „Abweichungsklauseln“ bestimmbar. Brandenburg stellt klar, dass es zur Bestimmung der Gleichwertigkeit nicht auf das Ende jedes Schuljahres, sondern auf das Ende des Bildungsgangs ankommt.570 Es finden sich aber auch strengere Vorgaben, die „im wesentlichen übereinstimmen“ mit den Lehrzielen der öffent­ lichen Schulen fordern.571 Nichtzurückstehen bedeutet augenscheinlich nach keinem Landesrecht völlige Übereinstimmung in dem Sinne, dass die Ersatzschulen an die für öffentliche Schulen geltenden Lehrpläne oder Vorschriften gebunden sind. Die Schulgesetze erschweren die Interpretation allerdings durch die Vermischung der Voraussetzungen des Ersatzschulbegriffs mit denen der Genehmigungsanforderungen. So wird beispielsweise in Niedersachsen572 im Rahmen der Ersatzschuldefinition verlangt, dass die Schulen „in ihren Lern- und Erziehungszielen öffentlichen Schulen entsprechen“, als Genehmigungsvoraussetzung legt das Land sogleich das Nichtzurückstehen hinter den Lernzielen öffentlicher Schulen fest.573 Besonders weitgehend bezieht Rheinland-Pfalz die von dem Nichtzurückstehen der Lehrziele umfasste Gestaltung des Unterrichts in das Vorliegen der Ersatzschuleigenschaft mit ein.574 Mit diesen Formulierungen droht den Schulgesetzen die Grenze zwischen dem Ersatzschulbegriff und den tatbestandlichen 567

Exemplarisch § 5 SchG-Bremen; § 2 SchG-Niedersachsen. Art. 92 II Nr. 2, Art. 93 EUG-Bayern; § 11 PSchG-RLP. Bisher ist das, soweit ersichtlich, nur dahingehend genutzt worden, die für öffentliche Schulen geltenden Bestimmungen für anwendbar zu erklären, wenn keine eigene Regelung (der zu genehmigenden Ersatzschule) getroffen werden soll, vgl. § 11 I PSchGDVO-RLP; Dirnaichner / Wachsmuth, EUG, Art. 93; VG Augsburg, Urt. v. 17. 04. 2007 – Au 3 K 06.1072, juris (Rn. 50 ff.). 569 § 5 III ESGAV-Brandenburg. 570 § 5 III ESGAV-Brandenburg. 571 Wie oben Ziff. 4 I Nr. 1 VVPSchG-BW. 572 §§ 142, 144 I SchG-Niedersachsen; ähnlich §§ 4 I, 5 I Nr. 1 SchfTG-Thüringen. 573 Ähnlich §§ 95 IV, 98 III Nr. 2 SchG-Berlin; §§ 2 II 2, 5 II Nr. 1 PSchG-Bremen; §§ 170 I 1, 171 III 1 SchG-Hessen; §§ 118 I 2, 120 I Nr. 1 SchG-MV; §§ 2 XII, 100 II und 101 I SchG-NRW; §§ 5, 7 I a) PSchG-Saarland. 574 § 5 I PSchGDVO-RLP: „Eine Schule in freier Trägerschaft entspricht in ihren Lehr- und Erziehungszielen einer bestehenden oder grundsätzlich vorgesehenen öffentlichen Schule, wenn sie in Aufgabe und Struktur, in der Dauer des Bildungsgangs, in der Abgrenzung des Lehrstoffs sowie in den Lehr- und Erziehungsmethoden mit denen der öffentlichen Schule 568

C. Bestandsaufnahme des Landesrechts

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Voraussetzungen der Genehmigung zu verwischen. Das ist problematisch, da das Nichtvorliegen auf den unterschiedlichen Ebenen unterschiedliche Rechtsfolgen nach sich zieht. Liegt schon der Ersatzschulbegriff nicht vor, ist die Schule als Ergänzungsschule genehmigungsfrei, steht eine Ersatzschule in ihren Lehrzielen hinter öffentlichen Schulen zurück, ist diese nicht genehmigungsfähig (und nicht als Ergänzungsschule genehmigungsfrei).575 bb) Nichtzurückstehen der Einrichtungen Neben den Lehrzielen dürfen die Einrichtungen privater Ersatzschulen nicht hinter denen öffentlicher Schulen zurückstehen. Auch an dieser Stelle ist zwischen der Definition der Einrichtungen und den Bedingungen des Nichtzurückstehens zu unterscheiden, wobei für Letzteres im Wesentlichen soeben Geschildertes gilt: Oft stellen die Gesetze auf den Begriff der Gleichwertigkeit ab, ohne diesen näher zu erläutern oder einzugrenzen.576 Auf definitorischer Ebene lässt sich allgemein feststellen, dass alle Gesetze mit näherer Regelung577 auf die Eignung der Schulgebäude für den Unterrichtsbetrieb abstellen. Besonders umfangreich bestimmt die Schulbauverordnung Bayerns die schulisch-pädagogischen Anforderungen (§ 1) an Gebäude mit quadratmetergenauen Voraussetzungen für Schulräume, Tafelbereich, Pausenhof etc.578 Die bayerische Verordnung illustriert den Unterschied zwischen den schulischen Anforderungen an die (baulichen) Einrichtungen und den bauordnungsrechtlichen Anforderungen an diese. Während z. B. die Schulbaurichtlinien Niedersachsens oder Nordrhein-Westfalens die gefahrenabwehrrechtlichen Voraussetzungen an Schulbauten konkretisieren, regelt die SchulbauVO-Bayern die aus pädagogischen Gründen sinnvollen oder notwendigen Räumlichkeiten der Schule.579

übereinstimmt. Im Rahmen der Zielsetzung […] sind Abweichungen […] möglich, wenn die wesentlichen Merkmale der öffentlichen Schule nicht verloren gehen […].“ 575 Dazu später Zweiter Teil B. IV. 2. b). 576 In Rheinland-Pfalz sind die Anforderungen strenger s. § 7 PSchGDVO-RLP: „im Wesentlichen entsprechen“. 577 Viele Länder wiederholen den Wortlaut des GG: § 5 II Nr. 1 PSchG-Bremen; § 171 III 1 SchG-Hessen; § 120 I Nr. 1 SchG-MV; § 144 I 1 SchG-Niedersachsen; § 101 I 2 SchG-NRW; § 5 I Nr. 1 FrTrSchG-Sachsen; § 16 III Nr. 1 SchG-LSA; 115 III Nr. 1 SchG-SH; § 5 I Nr. 1 SchfTGThüringen. Allenfalls indirekt lassen einige Verordnungen den Schluss auf die Definition zu, indem z. B. die räumlichen Gegebenheiten (Standort, Räume, Beschaffenheit der Anlagen, in Sachsen-Anhalt auch „Lehr- und Lernmittel“) nachzuweisen sind (§ 1 I Nrn. 2, 6 PSchVO-MV; § 1 III Nr. 4 ESchVO-NRW; § 2 IV Nr. 3 SchifTVO-LSA; § 2 II Nrn. 3, 8 FrTrSchVO-Sachsen). 578 §§ 4 I, II, 92 II Nr. 2 EUG-Bayern und § 2 SchulbauVO-Bayern. 579 Dies unterstreicht § 11 a) der KMK-Vereinbarungen 1951, der für ein Nichtzurückstehen der Einrichtungen auf die Gleichwertigkeit der „innere[n] und äußere[n] Gestaltung der Schule“ und nicht bloß auf bauordnungsrechtliche Anforderungen rekurriert. Vgl. Heckel, Privatschulrecht, 280 ff.

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Viele Länder verstehen nicht nur die Räume („Räume, Anlagen und sonstigen schulischen Einrichtungen“ oder „Unterrichtsräume und Laboratorien für Versuche und praktische Übungen“),580 sondern auch die „Ausstattung [der Ersatzschulen] mit Inventar, Lehr- und Lernmitteln“581 unter dem Einrichtungsbegriff. Deutlich weitergehende Begriffsbestimmungen bestehen in Berlin und Brandenburg, wo neben den äußeren Einrichtungen im eben beschriebenen Sinne582 auch der Unterrichtsbetrieb erfasst sein soll: „die jeweilige Anzahl der Unterrichtsstunden in der Stundentafel, die Regelungen zur zeitlichen Organisation des Schuljahres und des Bildungsganges insgesamt einschließlich der Schulferien, die Gliederung der Schule nach Klassenverbänden, Kursen oder anderen Formen der Differenzierung des Unterrichts und die Mitwirkungsrechte der Eltern, der Schülerinnen und Schüler sowie der Lehrkräfte bei der Gestaltung der Schule“. In Berlin zusätzlich „die Zahl der vollbeschäftigten Lehrer, die mindestens 75 v. H. des Unterrichtsbedarfs decken sollen.“583 cc) Nichtzurückstehen der wissenschaftlichen Ausbildung der Lehrkräfte Wie bei den Voraussetzungen gleichwertiger Einrichtungen und Lehrziele behandeln viele Länder die konkreten Anforderungen an das Nichtzurückstehen der wissenschaftlichen Ausbildung der Lehrkräfte allenfalls schemenhaft. Mit dem häufig durchgeführten Unterrichtsgenehmigungsverfahren gibt es allerdings eine besondere verfahrensrechtliche Ausgestaltung der Prüfung der Voraussetzungen.584 Als Ersatzschulgenehmigungsvoraussetzung richten sich die materiellen Anforderungen der Lehrkräfteausbildung zunächst grundsätzlich an den Schulträger (Art. 7 IV 3 GG: „wenn die privaten Schulen […] in der wissenschaftlichen Ausbildung ihrer Lehrkräfte […]“), der das Nichtzurückstehen der Lehrkräfte nachzuweisen hat. Die Unterrichtsgenehmigungsverfahren verschieben die Aufsicht etwas und machen den Einsatz jeder einzelnen Lehrkraft von einer separaten Genehmigung oder Prüfung abhängig.585 Die materiellen Anforderungen verändern sich hierdurch grundsätzlich nicht; weiterhin gilt das Nichtzurückstehen der wissenschaftlichen Ausbildung der Lehrkräfte. Konkrete Anforderungen hieran gibt es wie zuvor auf zwei Ebenen: zum einen durch die Definition der wissenschaftlichen Ausbildung und zum Zweiten an den Kriterien des Nichtzurückstehens. Definitorisch lassen die Länder keinen Zweifel 580

§ 7 PSchGDVO-RLP; Ziff. 4 I Nr. 2 VVPSchG-BW. Ähnlich: § 6 II Nr. 2 SchfTG-­ Hamburg. 581 § 7 PSchGDVO-RLP; ähnlich Ziff. 4 I Nr. 2 VVPSchG-BW: „Lehr- und Anschauungsmittel“. 582 „Schulgebäude, Schulinventar und Lehr- und Lernmittel“ § 2 a) DVOPSchG-Berlin. 583 § 5 I ESGAV-Brandenburg; § 2 b) DVOPSchG-Berlin. 584 Zu den Aufsichtsinstrumenten Erster Teil C. IV. 3. c). 585 Bader / Keller / Krampen, in: Keller / K rampen, Kap. 7 Rn. 1 ff.; vgl. § 11 b) der KMK-Vereinbarungen 1951.

C. Bestandsaufnahme des Landesrechts

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daran, dass die gesamte öffentliche Lehramtsausbildung (universitäre Ausbildung und Prüfung mit anschließendem Referendariat) Bezugspunkt der geforderten wissenschaftlichen Ausbildung ist. Die KMK-Vereinbarungen 1951 (§ 11 b) bestimmen die wissenschaftliche Ausbildung als fachliche, pädagogische und unterrichtspraktische Vorbildung und Ausbildung, die in Prüfungen nachzuweisen ist. Dem folgen fast alle Bundesländer.586 Stets sind nicht bloß die rein wissenschaftlichen, sondern auch die pädagogisch-praktischen Aspekte der Lehramtsausbildung587 Maßstab.588 Hinsichtlich des Nichtzurückstehens orientieren sich viele Schulgesetze ebenfalls an den KMK-Vereinbarungen. Die bestimmen, dass die Anforderungen erfüllt sind, wenn die Lehrkräfteausbildung der Ausbildung von Lehrkräften an entsprechenden öffentlichen Schulen „im Wert gleichkomm[t]“ (§ 11 b). Diese Anforderungen sind jedenfalls erfüllt, wenn die Privatschullehrkraft die Lehramtsbefähi­ gung für entsprechende öffentliche Schulen vorweisen kann.589 Die öffentliche Lehramtsausbildung ist in den Schulgesetzen nicht nur Referenz für die Maßstäbe des Nichtzurückstehens, sondern gleichzeitig der Regelfall.590 Abweichungen von diesen Maßstäben sind durch häufig nur „im Ausnahmefall“ zugelassenen Nachweis der Gleichwertigkeit durch „freie“, „sonstige“ oder „andersartige“ Leistungen möglich.591 An die KMK-Vereinbarungen anknüpfende Formulierungen implizieren eine Art „Dispens“ durch die Erlaubnis des Nachweises durch freie Leistungen, insbesondere wenn die Erteilung der Genehmigung hiernach ins Ermessen gestellt wird. Ungeschrieben gehen die Schulgesetze davon aus, dass nur die staatliche 586

§ 5 III PSchG-BW; Art. 94 I 1 EUG-Bayern; § 98 III Nr. 2 SchG-Berlin; § 121 II Nr. 2 SchG-Brandenburg; § 5 IV PSchG-Bremen; § 6 V SchfTG-Hamburg; § 174 I SchG-Hessen; § 120 SchG-MV; § 144 II SchG-Niedersachsen; § 102 II SchG-NRW; § 23 I PSchG-Saarland; § 16a I SchG-LSA; § 5 II FrTrSchG-Sachsen; § 23 II PSchG-RLP; § 5 II SchfTG-Thüringen; lediglich auf die wissenschaftliche Ausbildung abstellend § 117 II SchG-SH. 587 Beispielsweise dient der Vorbereitungsdienst (Referendariat) in Niedersachsen nach § 2 und der Anlage zur Verordnung über die Ausbildung und Prüfung von Lehrkräften im Vorbereitungsdienst (APVO-Lehr) vom 13. 07. 2010 [zuletzt geändert am 02. 03. 2017] dem Erlernen der notwendigen unterrichtspraktischen, vor allem pädagogischen Fähigkeiten, während das vorherige Universitätsstudium insbesondere die fachwissenschaftlichen und fachdidaktischen Kompetenzen belegen soll (§ 1 II Verordnung über Masterabschlüsse für Lehrämter in Niedersachsen in der Fassung vom 2. Dezember 2015); ausführlich Pfau, Ersatzschullehrer, 28 ff. 588 Vogel, Schulen und Heime in freier Trägerschaft, 97 ff. 589 Auf Unterrichtsgenehmigungen wird dann häufig verzichtet, etwa § 98 V 4 SchG-Berlin; § 102 I 3 SchG-NRW. 590 Beispielsweise Art. 94 I 1 und II EUG-Bayern. 591 Art. 94 I, II EUG-Bayern; § 5 III PSchG-BW; § 98 III Nr. 2 SchG-Berlin; § 121 II Nr. 2 SchG-Brandenburg; § 5 II Nr. 2, IV PSchG-Bremen; § 6 V SchfTG-Hamburg; § 174 I SchGHessen; § 120 II SchG-MV; § 144 III SchG-Niedersachsen; § 102 II SchG-NRW; § 23 II PSchG-RLP; § 23 I PSchG-Saarland; § 16a I SchG-LSA und § 3 IX SchifTVO-LSA; § 117 II SchG-SH; § 5 II SchfTG-Thüringen; wobei Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Brandenburg, Niedersachsen und Thüringen auf das „Ausnahmsweise“ verzichten. In Sachsen findet sich kein Hinweis auf freie Leistungen, § 5 II FrTrSchG-Sachsen verlangt jedoch (bloß) ein „im Wert [Gleichkommen]“.

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1. Teil: Grundlagen der staatlichen Aufsicht über Ersatzschulen 

Lehramtsausbildung „gleichwertig“ ist592 und die ausnahmsweise Erlaubnis freier Leistungen das Maß der vom Grundgesetz vorgesehenen Abweichungsmöglichkeiten darstellt.593 Besonders deutlich ist das in Nordrhein-Westfalen, das ein gesondertes Feststellungsverfahren durch Prüfungen für den Nachweis der Eignung „durch gleichwertige freie Leistungen“ vorsieht, von diesem Verfahren aber bei Vorliegen der vollständigen (staatlichen) Lehramtsbefähigung absieht.594 Ergänzend ist zu erwähnen, dass einige Länder für die Gleichwertigkeit von Waldorflehrkräften eigene Verfahren vorsehen, die auf die waldorfeigenen Lehrkräfteseminare Rücksicht nehmen.595 Außerdem ist es oft möglich, den Nachweis der pädagogischen Eignung durch die befristete Tätigkeit an der Ersatzschule zu erbringen.596 Grundsätzlich ist das Nichtzurückstehen der Ausbildung für das zu unterrichtende Unterrichtsfach nachzuweisen.597 An staatlichen Schulen ist der Einsatz von Lehrkräften in anderen als den studierten Fächern nach bestimmten Kriterien möglich (sog. Einsatz von Neigungslehrkräften bzw. fachfremder Unterricht 598) und an Grundschulen meist sogar die Regel (Klassenlehrerprinzip).599 Die Schulgesetze halten für Ersatzschulen diesbezüglich selten klarstellende Vorschriften vor,600 verbieten diesen Einsatz im Umkehrschluss jedoch nie explizit.601 Ähnlich sieht es mit Vorschriften aus, die im Zuge des Lehrkräftemangels erlassen wurden und die einen Einsatz von nicht vollständig ausgebildeten Lehrkräften erlauben.602 Nach den Konzeptionen der Landesschulgesetze steht insgesamt die individuelle Qualifikation der Lehrkräfte im Vordergrund. Das Nichtzurückstehen hinsichtlich der wissenschaftlichen Ausbildung der Lehrkräfte bezieht sich augenscheinlich nicht auf eine von der Schule zu erfüllende „Quote“ 603 an geeigneten Lehre 592

Deutlich § 6 V SchfTG-Hamburg. Vgl. Heckel, Privatschulrecht, 282. 594 § 5 ff. ESchVO-NRW; § 102 I 2 und Satz 3 SchG-NRW. 595 § 9 ESchVO-NRW; § 4 SchifTVO-LSA. 596 Ziff. 6 III VVPSchG-BW; Art. 94 III EUG-Bayern; § 121 IV SchG-Brandenburg; § 16a I 2 SchG-LSA; mit Besonderheiten § 6 ESchVO-NRW. 597 Vogel, Schulen und Heime in freier Trägerschaft, 100. Exemplarisch § 51 I 1 SchG-­ Niedersachsen. 598 Porsch, Die Deutsche Schule 2016, 9 (11 ff.). 599 Zum Beispiel § 51 I 2 SchG-Niedersachsen: „Darüber hinaus haben die Lehrkräfte Unterricht in anderen Fächern und Schulformen zu erteilen, wenn es ihnen nach Vorbildung oder bisheriger Tätigkeit zugemutet werden kann und für den geordneten Betrieb der Schule erforderlich ist.“; siehe auch § 30 III SchG-LSA. Häufig ist dies aber nicht in den Schulgesetzen, sondern in untergesetzlichen Vorschriften geregelt, z. B. die § 12 II, III Allgemeine Dienstordnung für Lehrerinnen und Lehrer, Schulleiterinnen und Schulleiter an öffentlichen Schulen (ADO) [nordrhein-westfälischer Runderlass vom 18. 06. 2012 zuletzt geändert am 30. 11. 2014]. 600 § 20 II PSchGDVO-RLP erlaubt den Einsatz in anderen Fächern nach den für öffentlichen Schulen geltenden Bestimmungen. 601 In Sachsen-Anhalt kann daher nach den gleichen Kriterien wie an öffentlichen Schulen auch an Ersatzschulen fachfremder Unterricht erteilt werden, vgl. LT.-Drs. (LSA): 7/204, S. 5 ff. 602 Zum Beispiel §§ 30 Va i. V. m. § 16a I 4 SchG-LSA. Zur Bewertung Dritter Teil E. III. 4. b). 603 Vgl. dazu Pecker, LKV 2013, 486 (490). 593

C. Bestandsaufnahme des Landesrechts

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rinnen oder Lehrern. Das gilt auch in Ländern ohne verfahrensmäßig separierte Unterrichtsgenehmigungen, da dort „zurückstehende“ Lehrkräfte i. d. R. zu einer Untersagung des Einsatzes der Lehrkraft und nicht zu einem Widerruf der Schul­ genehmigung führen.604 dd) Sonderungsverbot Art. 7 IV 3 GG verlangt schließlich, dass durch eine Ersatzschule „eine Sonde­ rung der Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern nicht gefördert wird.“ Als Genehmigungsvoraussetzung ist das sogenannte Sonderungsverbot für den Betrieb der Privatschule von besonderer Bedeutung, da es unmittelbar in die Finanzierungsmöglichkeit der Schule eingreift und daher für die Ausübung des Grundrechts besonders prohibitive Wirkung entfalten kann.605 Das Sonderungsverbot ist ein ausfüllungsbedürftiger offener Rechtsbegriff, der im Gegensatz zu den anderen Genehmigungsvoraussetzungen nicht mit dem Hinweis auf gleichwertige Regelungen an öffentlichen Schulen abzutun ist.606 Dem Gesetzes- und Verordnungsgeber ermöglicht es deshalb eine Vielzahl von Gestaltungsmöglichkeiten. Ansatzpunkte für Regelungen finden sich auf der Definitionsebene (Begriffe der „Eltern“, „Besitz­verhältnisse“)607, vor allem aber in der Bestimmung, wann eine „Sonderung“ vorliegt bzw. gefördert wird. Seitens der Schulrechtskommission des Deutschen Juristentages wurde vorgeschlagen, das Sonderungsverbot nicht abstrakt zu regeln, da weder Stipendien auf der einen noch ein generelles Schulgeldverbot auf der anderen Seite den grundgesetzlichen Anforderungen gerecht würden. Nur eine Entscheidung im Einzelfall könne Bestand haben.608 Diesem Rat scheint etwa die Hälfte der Bundesländer609 gefolgt zu sein, da diese das Sonderungsverbot nicht näher regeln und der Verwaltung zur Konkretisierung überlassen. Nur wenige Vorschriften zum Sonderungsverbot kann man so interpretieren, dass daraus ein unmittelbares Diskriminierungsverbot aufgrund des Einkommens 604

Soweit Ermessen besteht (z. B. § 167 III SchG-Niedersachsen), kann auf die Tätigkeitsuntersagung einzelner Lehrkräfte verzichtet werden. 605 BVerfGE 75, 40 (63). 606 Eine Untersuchung der Verwaltungspraxis zum Sonderungsverbot bieten Wrase / Helbig, NVwZ 2016, 1591; Wrase et al., Defizite. 607 Den Elternbegriff definieren bspw. § 4 VII SchG-RLP und § 2 V SchG-SH; der Begriff „Besitzverhältnisse“ wird nur in Baden-Württemberg auf das Einkommen der Eltern bezogen (Ziff. 5 VVPSchG-BW). Vgl. auch Brosius-Gersdorf, Sonderungsverbot, 30 ff. 608 Deutscher Juristentag, DJT-SchulGE, 394 ff. 609 § 5 II Nr. 3 PSchG-Bremen; § 6 I Nr. 3 SchfTG-Hamburg; § 171 III 1 SchG-Hessen, wobei § 6 ESchFG-Hessen darauf hinweist, dass eine Schulgelderhebung (durch die Finanzhilfe) nicht ausgeschlossen wird; § 120 I Nr. 2 SchG-MV, § 1 I Nr. 8 PSchVO-MV verdeutlicht, dass Angaben über Schulgeld, Schulgeldermäßigungen, Lernmittelfreiheit und sonstige Kosten der Schule von der Verwaltung überprüft werden; § 144 S. 1 SchG-Niedersachsen; § 5 I Nr. 2 FrTrSchG-Sachsen, wobei § 2 II Nr. 9 FrTrSchVO-Sachsen ergibt, dass Schulgeld und Befreiungsmöglichkeiten überprüft werden; § 115 III Nr. 1 SchG-SH.

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der Eltern610 folgt. In Bayern darf der Unterricht keine Trennung nach „Herkunft, Stand, Einkommen und Vermögen der Eltern“ vorsehen.611 In Thüringen muss die Ersatzschule gewährleisten, dass „weder die Herkunft noch das Geschlecht des jungen Menschen noch die wirtschaftliche und gesellschaftliche Stellung seiner Eltern bestimmend“ für den Zugang zur Schule sind.612 Jedenfalls in diesen Ländern muss neben der Schulgeldgestaltung daher auch das Schulleben und der Schulzugang (über das AGG hinaus613) öffentlich-rechtlich diskriminierungsfrei sein. Obgleich das Sonderungsverbot in der Regel mit einer Beschränkung des Schulgeldes gleichgesetzt wird,614 findet sich selten eine Eingrenzung des vom Schulgeldbegriff umfassten Entgelts. In Baden-Württemberg zählen „Entgelte für Sonder- und Profilleistungen, deren Inanspruchnahme für die Schüler und deren Eltern nicht verpflichtend ist“ nicht zum Schulgeld.615 Die Schulverwaltung in NRW bestimmt ähnliches: „Um Schulgeldzahlungen handelt es sich, wenn ein zwangsläufiger Konnex zwischen Schulbesuch und Zahlung von Geldern besteht, sei es durch Verpflichtung im Beschulungsvertrag oder automatische Mitgliedschaft in einem Förderverein oder einer vergleichbaren Einrichtung mit Beitragspflicht.“616 Die meisten Regelungen versuchen dagegen, eine abstrakte oder konkrete Bestimmung eines höchstens zulässigen Schulgelds zu erreichen. Dabei lassen sich im Wesentlichen vier Herangehensweisen unterscheiden: (1) Die Schulen müssen angemessene Schulgeldermäßigungen vorsehen. (2) Jedem Schüler und jeder Schülerin muss individuell der Zugang zur Schule möglich sein und die Schulgelder sind nur nach dieser Maßgabe erhebbar. (3) Das Gesetz legt konkret einen Maßstab für die Bemessung eines nichtsondernden Schulgelds oder eine Obergrenze fest; auf die Zugangsmöglichkeit jedes Schülers oder jeder Schülerin kommt es nicht an. (4) Die sondernde Wirkung des Schulgelds wird durch Finanzhilfe verhindert. In die erste Kategorie fällt § 12 der KMK-Vereinbarungen 1951. Dieser gestattet den Ersatzschulen die Erhebung eines (höheren) Schulgelds,617 „wenn für minderbemittelte618 Schüler die erforderlichen Erleichterungen (Schulgeldnachlaß, Erziehungsbeihilfen, Geschwisterermäßigung usw.) in einem Umfang gewährt werden, 610

Hierzu Brosius-Gersdorf, Sonderungsverbot, 43 ff. Art. 96 S. 2 EUG-Bayern. 612 § 5 I Nr. 2 sowie § 4 I 5 SchfTG-Thüringen. Systematisch ist dies nicht zweifelsfrei dem Sonderungsverbot zuzuordnen, inhaltlich knüpft aber jedenfalls die „wirtschaftliche Stellung“ der Eltern hieran an. 613 Zur Prüfungskompetenz der AGG-Vorschriften im Rahmen der Schulaufsicht s. Dritter Teil D. I. 614 Brosius-Gersdorf, Sonderungsverbot, 64 ff. 615 Ziff. 5 VVPSchG-BW. 616 Ziff. 3 des RdErl. „Schulaufsicht über Ersatzschulen“ NRW. 617 Durch Art. 145 WRV war die Schulgeldfreiheit für Volksschulen gewährleistet. In höheren Schulen wurde bis Anfang der 1960er Jahre teilweise Schulgeld erhoben, vgl. Geißler, Schulgeschichte, 810. Dementsprechend erlauben die KMK-Vereinbarungen 1951 den Privatschulen explizit die Erhebung eines im Vergleich höheren Schulgeldes. 618 Gemeint sind Schülerinnen und Schüler (bzw. deren Eltern) mit minderen (Geld-)Mitteln. 611

C. Bestandsaufnahme des Landesrechts

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der im Vergleich mit öffentlichen Schulen angemessen ist.“ Das Saarland und Sachsen-Anhalt übernehmen diese Bestimmung sinngemäß.619 Den Umfang der notwendigen Ermäßigungen beschreiben diese Länder nicht. Bayern macht deutlich, dass nicht prinzipiell jedem Schüler oder jeder Schülerin, sondern „einer für die Größe der Schule […] angemessenen Zahl finanziell bedürftiger Schülerinnen und Schüler“ der Schulbesuch zu ermöglichen ist. Man muss aber berücksichtigen, dass Bayern einen bestimmten Anteil des zu zahlenden Schulgeldes ersetzt.620 Konkreter ist dagegen Berlin, in dem die Schule für „minderbemittelte“ Schülerinnen und Schüler 10 % der Einnahmen aus Schulgeld zur Ermäßigung des Schulgelds zur Verfügung halten sowie auf Antrag eine Geschwisterermäßigung und bei besonderen Anschaffungen Nachlass gewähren muss.621 Lediglich das Brandenburger Schulgesetz lässt sich dahingehend interpretieren, dass der Schulzugang jeder Schülerin und jedes Schülers ermöglicht werden muss (zweite Kategorie). Hiernach ist das Schulgeld so zu bemessen, dass „jeder Schülerin und jedem Schüler unabhängig von ihren oder seinen wirtschaftlichen Verhältnissen [der] [freie] Zugang zur Ersatzschule ermöglicht [wird]“.622 Die umfangreichste und einzige Regelung, die konkrete Aussagen zur Schulgeldhöhe enthält (dritte Kategorie), findet sich in Baden-Württemberg.623 Dort vermutet man, dass ein monatliches Schulgeld von durchschnittlich über 160 € geeignet ist, eine Sonderung zu fördern,624 wobei die Schule diese Vermutung im Einzelfall widerlegen kann, wenn sie nachweist, „dass in einem angemessenen Umfang für finanzschwache Schüler wirksame wirtschaftliche Erleichterungen hinsichtlich des Schulgeldes und der sonstigen im Zusammenhang mit dem Besuch der Schule stehenden Kosten angeboten und gewährt werden.“ Weiterhin ist in jedem Fall den Eltern anzubieten, ein prozentual an deren Haushaltsnettoeinkommen orientiertes Schulgeld zahlen zu können, das 5 % des Einkommens nicht übersteigt.625 Schließlich müssen die Schulen auf alle Ermäßigungen in ihren Aufnahmegesprächen hinweisen und dieses dokumentieren.626 Zwar steht auch diese Vorschrift vor dem gedanklichen Hintergrund, dass allen Kindern der Schulbesuch ermöglicht werden soll, die Vorschrift ist jedoch dahingehend generalisierend, dass diese davon aus-

619

§ 2 1. DVOPSchG-Saarland; § 1 IV SchifTVO-LSA. Art.  47 III, IV, V SchFG-Bayern. An anerkannten Ersatzschulen werden derzeit (10. 11. 2020) bis zu 106 € ersetzt, an genehmigten Ersatzschulen 70 % hiervon. 621 § 3 DVOPSchG-Berlin. 622 § 5 IV ESGAV-Brandenburg. 623 Ziff. 5 VVPSchG-BW. 624 Der Beitrag wird am Verbraucherpreisindex fortgeschrieben. Der Wert von durchschnittlich 160 € ergibt sich, wenn ermittelt wird, ab welchem Wert das Armutsrisiko der meisten Haushalte signifikant ansteigt, siehe Kleimann, IAW Analytic Reports 8/2016 (S. 26); vgl. LT.-Drs. (BW) 16/2333, S. 26. 625 Entsprechende Einkommensnachweise, aus denen dies ermittelt wird, müssen ggf. den Aufsichtsbehörden nach § 18a XVII PSchG-BW vorgelegt werden. 626 Ziff. 5 VVPSchG-BW. 620

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1. Teil: Grundlagen der staatlichen Aufsicht über Ersatzschulen 

geht, dass ein Schulgeld in Höhe von 5 % des Haushaltsnettoeinkommens keine sondernde Wirkung entfaltet.627 In der vierten Kategorie regeln Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz die Schulgelderhebung mittelbar über die den Ersatzschulen gewährte Finanzhilfe. § 28 II PSchG-RLP knüpft die Gewährung von Finanzhilfe an die Bedingung, dass die Schule „kein Schulgeld oder sonstige Entgelte“ erhebt, was eine faktische Schulgeldfreiheit der bezuschussten Schulen zur Folge hat.628 In Nordrhein-Westfalen garantiert die Landesverfassung in Art. 9 I, II Schulgeldfreiheit an privaten Schulen. Dies wird dadurch realisiert, dass etwaiges Schulgeld auf die Finanzhilfe anzurechnen ist.629 Die durch Finanzhilfe nicht gedeckten Kosten werden in der Praxis durch Beiträge der Eltern an einen Förderverein generiert.630 In BadenWürttemberg wird für den freiwilligen (teilweisen oder vollständigen) Verzicht auf Schulgeld ein zusätzlicher Ausgleich zur allgemeinen Finanzhilfe gewährt.631 ee) Sicherung der wirtschaftlichen und rechtlichen Stellung der Lehrkräfte Als letzte Voraussetzung der allgemeinen Ersatzschulgenehmigung sieht das Grundgesetz vor, dass die „wirtschaftliche und rechtliche Stellung der Lehrkräfte“ genügend gesichert sein muss (Art.  7 IV 4 GG). Ähnlich wie das Sonderungsverbot und anders als die anderen grundgesetzimmanenten Genehmigungsvoraussetzungen, scheint die Verfassung nicht von einem vergleichenden Maßstab zu öffentlichen Schulen auszugehen,632 sondern mit der genügenden Sicherung auf einen eigenständigen Maßstab abzustellen.633 Im Gegensatz dazu schlägt der Schulgesetzentwurf des Deutschen Juristentags den Schulgesetzgebern gerade eine Bindung an die Stellung der Lehrkräfte an öffentlichen Schulen vor („[nicht] wesentlich […] zurücksteht.“).634 Die KMK-Vereinbarungen enthalten sich einer Regelung635 ebenso wie einige Bundesländer.636

627

Vgl. Brosius-Gersdorf, Sonderungsverbot, 92 ff.; 95 ff. Vgl. LT.-Drs. (RLP) 17/2833, S. 1 ff., von 143 Privatschulen in RLP wird an 6 (berufsbildenden) Schulen im Land ein Schulgeld erhoben. 629 § 106 SchG-NRW; siehe Ziff. 1.3.2. Verwaltungsvorschriften zur Ausführung der FESchVONRW. 630 Vgl. Hesse, in: Keller / K rampen, Kap. 9 Rn. 109 f.; Surwehme, R&B 2020, 10 (12 ff.); siehe auch § 1 IV FESchVO-NRW und § 105 VI 2 SchG-NRW sowie Ziff. 1.3.2. der Verwaltungsvorschriften zur FESchVO-NRW. 631 § 17 II PSchG-BW. 632 Das Nichtzurückstehen der Lehrziele lässt sich nur durch Vergleich mit öffentlichen Schulen bestimmen. 633 Vgl. Vogel, Schulen und Heime in freier Trägerschaft, 104. 634 § 105 II Nr. 3, Deutscher Juristentag, DJT-SchulGE, 121 f.; 395. 635 „Allgemein und im Einzelfall“ habe die Landesunterrichtsverwaltung zu entscheiden, § 13 KMK-Vereinbarungen 1951. 636 § 5 III PSchG-Bremen; § 7 I c) PSchG-Saarland; § 115 III Nr. 1 SchG-SH. 628

C. Bestandsaufnahme des Landesrechts

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Viele Länder stellen auch bei diesem Kriterium auf einen vergleichenden Maßstab ab. Die wirtschaftliche Stellung der Lehrkräfte ist nach diesen Regelungen nicht gefährdet, wenn die Bezahlung nicht wesentlich hinter der Bezahlung von Lehrkräften an öffentlichen Schulen zurücksteht.637 Im Einzelnen legen die Länder andere Vergleichsmaßstäbe an: In Berlin und Brandenburg müssen Lehrkräfte 75 % des Gehalts, mindestens 90 % des Anfangsgehalts vergleichbarer Lehrer im öffentlichen Dienst erhalten.638 Weniger verlangt Nordrhein-Westfalen, wo 90 % der Entgeltgruppe 11 (bzw. 10) des TV-L Stufe 1 als Mindestgehalt vorgesehen ist.639 Einige andere Länder verlangen in der Praxis 80 % des vergleichbaren Gehalts.640 Die Schulgesetze schweigen i. d. R. dazu, ob die Lehrkräfte eine Mindest­ stundenzahl zu beschäftigen sind oder ob der (ergänzende) Einsatz von Honorarkräften möglich ist.641 Schließlich sehen viele Länder vor, dass die Lehrkräfte Rentenansprüche erwerben müssen.642 Lediglich Hamburg verlangt eine „angemessene Vergütung“ ohne direkten Bezug zur Bezahlung an öffentlichen Schulen.643 Die rechtliche Stellung644 der Lehrkräfte bestimmen die dies regelnden Länder als erfüllt, wenn bestimmte Anforderungen an das Arbeitsverhältnis gegeben sind. Überwiegend müssen die Arbeitsverträge schriftlich vorliegen,645 die regelmäßige Arbeitszeit646 sowie den Anspruch auf Vergütung647 und Urlaub648 regeln. Manche 637 Ziff. 7 I VVPSchG-BW; Art. 97 I Nr. 2 EUG-Bayern; § 174 II SchG-Hessen; § 120 III Nr. 4 SchG-MV; § 145 II Nr. 3 SchG-Niedersachsen; § 8 I Nr. 2 PSchGDVO-RLP; § 5 III Nr. 2 FrTrSchG-Sachsen; § 1 II Nr. 2 SchifTVO-LSA; § 5 IV Nr. 2 SchfTG-Thüringen. 638 § 4 I 1 DVOPSchG-Berlin; § 5 V ESGAV-Brandenburg. 639 § 11 I 2 ESchVO-NRW, weniger verlangt die ESchVO-NRW deswegen, weil 90 % des Anfangsgehalts in den üblichen Entgeltgruppen 13 bzw. 12 mehr ist als 90 % der EG 11. 640 LT.-Drs. (Hessen) 19/1632, S. 7; Niedersächsische Landesschulbehörde, Merkblatt, S. 7. 641 § 4 I 2 DVOPSchG-Berlin lässt erkennen, dass außerhalb regulärer Angestelltenverhältnisse eine Beschäftigung durch Lehraufträge zulässig ist. § 1 II Nr. 4 SchifTVO-LSA regelt dies nun ausdrücklich. 642 Art. 97 I Nr. 3 EUG-Bayern; § 98 VI Nr. 4 SchG-Berlin; § 174 II SchG-Hessen; § 120 III Nr. 5 SchG-MV; § 145 II Nr. 4 SchG-Niedersachsen; § 11 I Nr. 2 ESchVO-NRW; § 8 I Nr. 3 PSchGDVO-RLP; § 5 III Nr. 1 FrTrSchG-Sachsen; § 1 II Nr. 1 SchifTVO-LSA; § 5 IV Nr. 1 SchfTG-Thüringen. 643 § 6 VI SchfTG-Hamburg. 644 Vgl. den Überblick bei Vogel, Schulen und Heime in freier Trägerschaft, 104 ff. 645 Ziff. 7 I VVPSchG-BW; Art. 97 I Nr. 1 EUG-Bayern; § 98 VI Nr. 1 SchG-Berlin; § 121 III SchG-Brandenburg; § 6 VI SchfTG-Hamburg; § 174 II SchG-Hessen; § 120 III Nr. 1 SchGMV; § 145 II Nr. 1 SchG-Niedersachsen; § 8 I Nr. 1 PSchGDVO-RLP; § 5 III Nr. 3 FrTrSchGSachsen; § 1 II Nr. 3 SchifTVO-LSA; § 5 IV Nr. 3 SchfTG-Thüringen. 646 Ziff. 7 I VVPSchG-BW; Art. 97 I Nr. 1 EUG-Bayern; § 98 VI Nr. 2 SchG-Berlin; § 121 III SchG-Brandenburg; § 6 VI SchfTG-Hamburg; § 174 II SchG-Hessen; § 120 III Nr. 3 SchG-MV; § 145 II Nr. 2 SchG-Niedersachsen; § 11 I Nr. 5 ESchVO-NRW; § 8 I Nr. 1 PSchGDVO-RLP; § 5 III Nr. 1 FrTrSchG-Sachsen; § 1 II Nr. 1 SchifTVO-LSA; § 5 IV Nr. 1 SchfTG-Thüringen. 647 Explizit nur § 6 VI SchfTG-Hamburg und § 11 I Nr. 1 ESchVO-NRW, ansonsten implizit. 648 Ziff. 7 I VVPSchG-BW; Art. 97 I Nr. 1 EUG-Bayern; § 98 VI Nr. 2 SchG-Berlin; § 121 III SchG-Brandenburg; § 174 II SchG-Hessen; § 120 III Nr. 2 SchG-MV; § 145 II Nr. 2 SchG-Niedersachsen; § 11 I Nr. 4 ESchVO-NRW; § 8 I Nr. 1 PSchGDVO-RLP; § 5 III Nr. 1 FrTrSchGSachsen; § 1 II Nr. 1 SchifTVO-LSA; § 5 IV Nr. 1 SchfTG-Thüringen.

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1. Teil: Grundlagen der staatlichen Aufsicht über Ersatzschulen 

Gesetze verlangen, dass die Kündigungsbedingungen649 besonders festgehalten werden; in Nordrhein-Westfalen muss der Vertrag Bestimmungen über die Entgeltfortzahlung erhalten.650 Ein Dispens von diesen Bestimmungen ist nirgends vorgesehen. b) Zusätzliche Voraussetzungen für Volksschulen Nach Art. 7 V GG gelten für private Volksschulen weitergehende Genehmigungs­ erfordernisse. Zusätzlich651 zu den allgemeinen Anforderungen an Ersatzschulen müssen die Schulträger entweder ein „besonderes pädagogisches Interesse“ an der Schule nachweisen oder auf Antrag von Erziehungsberechtigten als Gemeinschafts-, Bekenntnis- oder Weltanschauungsschule errichtet werden, soweit keine vergleichbare öffentliche Schule in der Gemeinde besteht. Für die Feststellung des besonderen pädagogischen Interesses nimmt die Rechtsprechung einen gewissen Beurteilungsspielraum bei Bewertung des pädagogischen Konzepts an.652 „Volksschule“ meint verfassungsrechtlich653 auf jeden Fall die für alle gemeinsame Grundschule. Je nach Ausgestaltung also die Jahrgangsstufen 1–4 oder 1–6.654 Da es in keinem Land mehr eine Schulform „Volksschule“ in dem ursprünglichen, bei Entstehung des Grundgesetzes maßgeblichen Sinne gibt, ist umstritten, ob die diese teilweise ersetzenden Hauptschulen655 ebenfalls den erweiterten Genehmigungsvoraussetzungen unterliegen.656 Das Problem verschärft sich dadurch, dass die wenigsten Bundesländer die Hauptschule in der Form des Hamburger Abkommens vorsehen657 und diese zunehmend durch Mischformen zwischen Haupt- und Realschule oder durch Gesamtschulen ersetzt wird. Als Schulabschluss und somit als Bildungsgang existiert die Hauptschule gleichwohl in allen Ländern.658

649

Art. 97 I Nr. 1 EUG-Bayern; § 8 I Nr. 1 PSchGDVO-RLP; § 5 III Nr. 1 FrTrSchG-Sachsen; § 1 II Nr. 1 SchifTVO-LSA; § 5 IV Nr. 1 SchfTG-Thüringen. 650 § 11 I Nr. 3 ESchVO-NRW. 651 BVerfGE 88, 40 (47); Thiel, in: Sachs, Art. 7 Rn. 72; Badura, in: Maunz / Dürig, Art. 7 Rn. 122. 652 BVerfGE 88, 40 (55); Jestaedt, in: Isensee / K irchhof, HdBStR VII, Rn. 59 spricht insofern von einem Mittelweg des BVerfG, als dass die „Besonderheit“ voller gerichtlicher Kontrolle unterliegt, das Konzept als solches dagegen nicht; kritisch Jeand’Heur, FS Vogel, 105 (105 ff.). 653 Dazu Zweiter Teil E. I. 654 BVerfGE 138, 1 (Rn.  70); 88, 40 (49 ff.); Thiel, in: Sachs, Art. 7 Rn. 72; Jarass, in: ­Jarass / Pieroth, Art.  7 Rn.  35. 655 So § 4 III des Hamburger Abkommens. 656 Dafür: BVerfGE 138, 1 (Rn. 61); Jarass, in: Jarass / Pieroth, Art. 7 Rn. 35; Richter, in: AKGG, Art. 7 Rn. 59; dagegen: Boysen, in: v. Münch / Kunig, Art. 7 Rn. 98; Brosius-Gersdorf, in: Dreier, Art. 7 Rn. 130. 657 § 5 SchG-BW; § 11 III SchG-Hessen; § 9 SchG-Niedersachsen; in Bayern ersetzen Mittelschulen nach Art. 7a EUG-Bayern die Hauptschulen. 658 Vgl. Ziff. 5.1 der Vereinbarung über die Schularten und Bildungsgänge im Sekundarbereich I (Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 03. 12. 1993 i. d. F. vom 25. 09. 2014).

C. Bestandsaufnahme des Landesrechts

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Aufgrund dieser Unklarheiten im Hinblick auf die länderspezifische Schulgliederung verwundert die erstaunliche Regelungsabstinenz auf Gesetzes- oder Verordnungsebene. In Sachsen-Anhalt gibt es sporadische Regelungen über das Verwaltungsverfahren zur Feststellung einer Bekenntnisschule.659 Der Erlass „Schulaufsicht über Ersatzschulen“ in Nordrhein-Westfalen kommentiert das Vorliegen eines besonderen pädagogischen Interesses auf Linie der Rechtsprechung.660 Ansonsten beschränken sich die Gesetze im Wesentlichen auf die Frage, ob die Grundschule oder auch andere Schularten Art. 7 V GG unterliegen.661 Verfahren und Voraussetzungen bleiben darüber hinaus im Dunkeln. Von den Bundesländern, die die Hauptschule als eigenständige Schulart vorsehen, beziehen Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz sowohl Grund- als auch Hauptschule in die Reichweite des Art. 7 V GG ein.662 In Bayern soll Art. 7 V GG für die Grundschule und nicht für die dort die Hauptschule ersetzende Mittelschule gelten.663 Zusammenfassende Schularten anderer Länder wie die Oberschule oder Realschule plus sind generell nicht erfasst, auch wenn teilweise separate Hauptschulzweige vorgesehen sind.664 Alle weiteren Gesetze unterstellen allein die Grundschulen den erhöhten Genehmigungsanforderungen,665 selbst wenn die Hauptschule in einer anderen Schulart als Bildungsgang erhalten oder eine gemeinsame Orientierungsstufe vorgesehen ist. Das Saarland bezieht auch Förderschulen in den Anwendungsbereich der Anforderungen des Art. 7 V GG ein.666 Schleswig-Holstein ermöglicht die Gründung privater Grundschulen der dänischen Minderheit ohne zusätzliche Anforderungen.667 Einzig Thüringen unterscheidet im Gesetz zwischen Schulart und Bildungsgang im Grundschulbereich: Grundschulen und die Klassenstufen 1 bis 4 an Gemeinschaftsschulen unterstehen dort den Anforderungen des Art. 7 V GG.668 In Art. 29 der Ländervereinbarungen von 2020 (Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 15. 10. 2020) wird vom „Ersten Schulabschluss“ gesprochen. 659 § 1 V SchifTVO-LSA. 660 Ziff. 5 RdErl. „Schulaufsicht über Ersatzschulen“ NRW. 661 In Hessen und Baden-Württemberg enthalten die Gesetze keinen Hinweis auf die er­ weiterten Anforderungen. Art. 15 I LV-BW definiert Volksschulen als Grund- und Hauptschule. 662 § 144 I 2 SchG-Niedersachsen; § 101 IV SchG-NRW (s. Fehrmann, Schulgesetz NRW, § 101 Rn. 5), vgl. aber auch LT.-Drs. (NRW) 15/2768, S. 1; § 7 PSchG-RLP, dort ist die Gründung von Hauptschulen allein den freien Trägern möglich (§ 9 III 2 SchG-RLP). 663 Art. 7a, 92 III EUG-Bayern. 664 Vgl. § 10a SchG-Niedersachsen. 665 § 98 IV SchG-Berlin; § 6 PSchG-Bremen; § 6 III SchfTG-Hamburg; § 115 IV SchG-SH; § 5 I Nr. 5 SchfTG-Thüringen; in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg nur indirekt, s. § 2 II Nr. 4 b) FrTrSchVO-Sachsen, §§ 1 V, 2 II 3 SchifTVO-LSA und § 2 Nr. 5 ESGAV-Bran­ denburg; § 120 VII SchG-MV verweist lediglich auf Art. 7 V GG. 666 § 8 PSchG-Saarland. 667 § 115 IV SchG-SH. 668 § 5 I Nr. 5 SchfTG-Thüringen; allerdings sind nur in Thüringen und Baden-Württemberg Gemeinschaftsschulen in diesem Sinne (erfassen sowohl Primarstufe als auch Sekundarstufe) vorgesehen, siehe § 8a SchG-BW und § 6a SchG-Thüringen. In Baden-Württemberg „führt“

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1. Teil: Grundlagen der staatlichen Aufsicht über Ersatzschulen 

c) Weitere Voraussetzungen der Genehmigung Neben den sich unmittelbar aus Art. 7 IV 3–4 und V GG ergebenden oder auf diese Bezug nehmenden Anforderungen an die Erteilung der Ersatzschulgeneh­ migung gelten in der Systematik der Landesgesetze und Verordnungen teilweise weitere Voraussetzungen, von denen die Genehmigung der Ersatzschule abhängig ist. aa) Bedürfnisprüfung und Versorgungsschulen § 7 der KMK-Vereinbarungen 1951 „verbietet“ die Bedürfnisprüfung. Kein Bundesland stellt daher die Ersatzschulgenehmigung unter den Vorbehalt eines staatlichen Interesses, einer Bedürfnisprüfung oder eines Ermessensvorbehalts. Stattdessen ist die Genehmigung stets als Anspruchsnorm ausgestaltet. Ein gesetzlicher Vorrang der öffentlichen Schule vor der privaten Schule ist außerhalb des Volksschulwesens669 nicht vorgesehen. Erwähnenswert ist dies, weil es im sich verändernden ländlichen Raum vermehrt zu der Situation privater Versorgungsschulen kommen kann, die somit die einzigen Schulen eines Einzugsgebiets darstellen. Für diese Situation hält kein Bundesland eine beschränkende Ermächtigungsgrundlage bereit. Weder kann die Geneh­ migung versagt oder widerrufen werden670 noch bestehen gesetzliche Grundlagen für die Einschränkung der schulischen Gestaltungsfreiheit oder der Schülerauswahlfreiheit671 für den beschriebenen Fall. Umgekehrt sieht Art. 33 II EUG-Bayern vor, dass von der Errichtung einer öffentlichen Förderschule abzusehen ist, wenn eine private Förderschule den Bedarf abdeckt und der Träger sich verpflichtet, alle Schülerinnen und Schüler aufzunehmen und nach staatlichem Lehrplan zu unterrichten. § 13 II FrTrSchG-Sachsen und § 17 IV 6 PSchG-BW berücksichtigen die Situation privater Versorgungsschulen bei der Finanzhilfe. bb) Anforderung an die Schulleitung und den Schulträger Art. 7 IV GG formuliert prima facie nur Anforderungen an die Lehrkräfte, nicht an Schulleitung oder Schulträger. § 14 II der KMK-Vereinbarungen 1951 legt den eine Gemeinschaftsschule nach § 8a II SchG-BW eine Grundschule, sodass Art. 7 V GG, der Systematik des Schulgesetzes folgend, anwendbar sein sollte. Gleiches gilt für „verbundene“ Schulen, siehe z. B. § 9 II SchG-SH. 669 Siehe später Zweiter Teil E. I. 670 Anders aber Avenarius, in: Avenarius / Pieroth / Barczak, Herausforderung, 17 (38 ff.). 671 So Pieroth / Barczak, in: Avenarius / Pieroth / Barczak, Herausforderung, 71 (143 ff.) entgegen Avenarius, die eine Versorgungsschule gleichwohl zur Aufnahme „sämtlicher Schüler bis zur Erschöpfung der Kapazität“ verpflichten wollen. Dazu später Zweiter Teil C. V.

C. Bestandsaufnahme des Landesrechts

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Ländern dennoch die Verweigerung der Ersatzschulgenehmigung nahe,672 wenn der Träger oder die Leiterin oder Leiter der Schule die „für die Leitung oder Verwaltung erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt“. Von dieser Aufforderung haben viele Länder Gebrauch gemacht, wobei begrifflich eine große Vielfalt herrscht. Die Gesetze verlangen entweder die „persönliche Eignung“ oder die „Zuverlässigkeit“ (zur Verwaltung oder Leitung der Schule) und / oder die „Gewährleistung, dass nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung verstoßen wird“ (politische Zuverlässigkeit). Gelegentlich dürfen keine „Tatsachen vorliegen, die die Entfernung aus dem öffentlichen Dienst rechtfertigen würden“.673 Den Begriff der Zuverlässigkeit kann man in Anlehnung an die im beson­deren Verwaltungsrecht gängige Auslegung interpretieren.674 Unzuverlässig ist, wer nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens keine Gewähr dafür bietet, dass er seine Tätigkeit in Zukunft ordnungsgemäß, also entsprechend den gesetzlichen Vorschriften und unter Beachtung der guten Sitten, ausüben wird.675 Die persönliche Eignung ist synonym zu verstehen.676 Die „Gewähr dafür, dass nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung verstoßen wird“, hat dagegen schon, wer keine verfas­sungsfeindlichen Positionen erkennen lässt.677 Die meisten Schulgesetze unterscheiden zwischen Schulleitung und Schulträger. In der Nomenklatur der KMK-Vereinbarungen ist die Schulleitung für die pädago­gische Leitung der Schule zuständig, in Abgrenzung dazu der Träger für die Verwaltung, d. h. die unternehmerische Organisation der Schule.678 Aufgrund der Gestaltungsfreiheit der Ersatzschulen dürfte diese Tätigkeitsunterscheidung aber bloß funktional durchzuhalten sein und nicht wie an öffentlichen Schulen formal,

672

Aufgrund des materiell zumindest nicht weitergehenden Prüfungsrahmens werden auch die Schulgesetze berücksichtigt, die lediglich eine nachgelagerte Untersagungsmöglichkeit der Tätigkeit vorsehen. 673 Damit wird wohl der Verlust der Beamtenrechte nach Strafurteil gem. § 24 Beamten­ statusgesetz gemeint sein. Ulrich, in: Galas / K römer et al., § 167 Rn. 3 stellt ferner auf die Voraussetzungen der außerordentlichen Kündigung ab, was jedoch die gefahrenabwehrrechtliche Zielsetzung der Zuverlässigkeitsprüfung erheblich in Richtung arbeitsrechtlicher Verfehlungen erweitern würde. 674 OVG Saarland, Beschl. v. 07. 08. 2006, 3 W 11/06, juris, (Rn. 9); Heckel, Privatschulrecht, 238; vgl. Vogel, Schulen und Heime in freier Trägerschaft, 68 ff. Dafür spricht, dass der Begriff zumindest dem Grundsatz nach auch in anderen Rechtsgebieten die gleiche Kernaussage hat. Siehe zum Ausschreibungsrecht Dreher, in: Immenga / Mestmäcker, § 97 GWB Rn. 204 ff.; im Waffenrecht ergibt sich dies aus § 5 Waffengesetz. 675 BVerwG, GewArch 1971, 200 (201); 1982, 233; 1999, 72; Brüning, in: BeckOK GewO, § 35 Rn. 19. Dabei ist der Begriff bereichsspezifisch, hier also schulspezifisch zu interpretieren, vgl. OVG Bremen, NJW 2002, 3119 (3120). 676 Im Waffenrecht wird zwar strikt zwischen den beiden Begriffen unterschieden, siehe §§ 5, 6 Waffengesetz, die Schulgesetze verwenden die Begriffe aber austauschbar. 677 Vgl. Heckel, Privatschulrecht, 238. 678 Vgl. Gayer, in: Ebert, § 6 PSchG Rn. 2; Brockmann, in: Brockmann / Littmann / Schippmann, § 145 Rn. 2.

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1. Teil: Grundlagen der staatlichen Aufsicht über Ersatzschulen 

sodass die Stellung als Schulträger oder dessen Vertretung und die Schulleitung in einer Person zusammenfallen kann. Ob der Schulträger die ihm obliegende Leitungsverantwortung679 delegiert, muss diesem überlassen sein.680 (1) Persönliche Eignung / Zuverlässigkeit des Schulträgers Fast alle Bundesländer681 verlangen das Vorliegen der persönlichen Eignung bzw. Zuverlässigkeit des Schulträgers bzw. der für seine geschäftliche Vertretung zuständigen Person.682 Darüber hinaus wird nicht selten zusätzlich dessen politische Zuverlässigkeit verlangt.683 Die Kriterien sind stets zur unmittelbaren Voraussetzung der Ersatzschulgenehmigung erhoben;684 die Genehmigung ist nicht zu erteilen bzw. zu widerrufen, wenn die persönliche Eignung des Trägers nicht (mehr) vorliegt. Das ist konsequent, da die Genehmigungsverwaltungsakte überall trägerbezogen ausgestaltet sind.685 Neben der persönlichen und politischen Zuverlässigkeit verlangt Nordrhein-Westfalen die wirtschaftliche Zuverlässigkeit des Trägers.686 Der Zuverlässigkeitsbegriff wird aber selten näher umgrenzt. Einige Schulgesetze bedienen sich der KMK-Formulierung, nach der die persönliche Eignung zur Leitung oder Verwaltung vorliegen muss.687 Das baden-württembergische Privatschulgesetz nennt immerhin die Zielrichtung der „für die verantwortliche Führung einer Schule erforderliche[n] persönliche[n] Zuverlässigkeit“. Danach umfasst diese Verantwortung die Sorge für das Wohl der Schülerinnen und Schüler und die Pflicht, dass nur persönlich geeignete Schulleiterinnen und Schulleiter 679

Das Berliner Schulgesetz (§ 98 III Nr. 5) spricht etwa vom „Schulträger oder, falls dieser keine natürliche Person ist, dessen Vertreterin oder Vertreter [, der] geeignet ist, eine Schule verantwortlich zu führen, […]“. Da das „führen“ der Schule eine Tätigkeit der Schulleitung ist, ermöglicht die Norm wohl eine Eignungsprüfung beider Funktionen. 680 Vgl. Vogel, Schulen und Heime in freier Trägerschaft, 68 ff. 681 In Hamburg ist nur die Zuverlässigkeit des Leiters Voraussetzung, § 6 II Nr. 5 SchfTGHamburg. 682 §§ 6, 8 I PSchG-BW sowie Ziff. 11 VVPSchG-BW; § 98 Nr. 5 SchG-Berlin; § 121 VI SchGBrandenburg; § 9 I PSchG-Bremen; § 13 I SchfTG-Hamburg; § 171 III SchG-Hessen; § 145 I Nr. 2 a) SchG-Niedersachsen; § 101 V SchG-NRW; § 6 II c) PSchG-RLP; § 7 I d) PSchGSaarland; § 5 I Nr. 3 FrTrSchG-Sachsen; § 1 I SchifTVO-LSA; § 115 III Nr. 2 SchG-SH; § 5 I Nr. 3 SchfTG-Thüringen. 683 § 9 I PSchG-Bremen; § 145 I Nr. 2 b) SchG-Niedersachsen; § 101 V SchG-NRW; § 16 IV SchG-LSA; § 115 III Nr. 2 SchG-SH; § 5 I Nr. 3 SchfTG-Thüringen. Nach Art. 92 II Nr. 2, 95 EUG-Bayern ist dies einzige Voraussetzung. 684 § 6 I PSchG-BW; Art. 92 II Nr. 2 EUG-Bayern; § 98 III Nr. 5 SchG-Berlin; § 121 VI SchGBrandenburg; § 9 I i. V. m. § 11 PSchG-Bremen; § 171 III SchG-Hessen; § 145 I Nr. 2 SchG-Niedersachsen; § 101 V SchG-NRW und Ziff. 1.2. RdErl. „Schulaufsicht über Ersatzschulen“; § 6 II c) PSchG-RLP; § 7 I d) PSchG-Saarland; § 5 I Nr. 3 FrTrSchG-Sachsen; § 16 IV SchG-LSA, § 1 I SchifTVO-LSA; § 115 III Nr. 2 SchG-SH; § 5 I Nr. 3 SchfTG-Thüringen. 685 Dazu später Erster Teil C. IV. 3. a). 686 § 101 V 2 SchG-NRW. 687 Zum Beispiel § 98 III Nr. 5 SchG-Berlin und § 145 I Nr. 2 a) SchG-Niedersachsen.

C. Bestandsaufnahme des Landesrechts

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verwendet werden.688 Das Gesetz macht deutlich, dass die Verantwortung hierfür beim Träger liegt.689 (2) Persönliche Eignung / Zuverlässigkeit der Schulleitung Überwiegend gilt das Erfordernis der Zuverlässigkeit bzw. der persönlichen Eignung auch für den Leiter oder die Leiterin der Schule. Dies gilt in den meisten Ländern ebenfalls als Ersatzschulgenehmigungsvoraussetzung,690 teilweise nur als Möglichkeit, den Einsatz der betroffenen Person zu untersagen.691 Nicht alle Bundesländer stellen überhaupt auf die Schulleitung ab. Berlin und Brandenburg verlangen die Eignung des Trägers zum Führen der Schule.692 Im Fall der Delegation der Leitungsaufgaben an eine separate Schulleitung dürfte allerdings auch dort der jeweilige Leiter oder die Leiterin der Schule Adressatin oder Adressat der Anforderungen sein.693 In Baden-Württemberg liegt zwar die Verantwortung für die Schulleitung grundsätzlich beim Träger, das Gesetz enthält zusätzlich jedoch eine an die Person des Schulleiters oder der Schulleiterin gerichtete Untersagungsmöglichkeit.694 (3) Fachliche Eignung der Schulträger oder Schulleitung Neben dem Kriterium der persönlichen Eignung legen mache Länder fachspezifische Qualifikationsmerkmale für Träger und Leitung der Schule zugrunde. Dabei verwenden diese häufig den relativ unbestimmten Begriff der Eignung. Während die persönliche Eignung zweifelsfrei bloß den positiven Leumund abdeckt, ist die Eignung ohne Adjektiv grundsätzlich weiter zu verstehen und gibt zumindest die Möglichkeit, fachliche Anforderungen an Leitungspersonal und Träger der Schule vorzusehen.695 Auch bei diesem erweiterten Verständnis bleibt allerdings der pri 688

Ziff. 11 VVPSchG-BW. Vgl. Gayer, in: Ebert, § 6 PSchG Rn. 2. 690 § 9 I i. V. m. § 11 PSchG-Bremen; § 6 II Nr. 5 SchfTG-Hamburg; § 171 III SchG-Hessen; § 145 I Nr. 2 SchG-Niedersachsen; § 101 V SchG-NRW und Ziff. 1.2. RdErl. „Schulaufsicht über Ersatzschulen“; § 6 II c)  PSchG-RLP; § 7 I d)  PSchG-Saarland; § 16 IV SchG-LSA, § 1 I SchifTVO-LSA; § 115 III Nr. 2 SchG-SH; § 5 I Nr. 3 SchfTG-Thüringen; wobei Bayern in diesem Rahmen nur die politische Zuverlässigkeit verlangt. 691 § 8 PSchG-BW; § 17 III FrTrSchG-Sachsen. Art. 92 II Nr. 2 und Art. 95 EUG-Bayern, verlangen als Genehmigungsvoraussetzung den Nachweis der politischen Zuverlässigkeit, eine Untersagung ist hingegen bei fehlender Eignung möglich. 692 § 98 III Nr. 5 SchG-Berlin; § 121 VI SchG-Brandenburg. 693 Vgl. Vogel, Schulen und Heime in freier Trägerschaft, 68 ff. 694 § 8 PSchG-BW i. V. m. Ziff. 11 VVPSchG-BW. 695 Vgl. OVG Niedersachsen, NdsVBl 2016, 146 ff.; Brockmann, in: Brockmann / Littmann / ​ Schippmann, § 145 Rn. 2; Galas / Krömer / Nolte / Ulrich, § 145 Rn. 2. Im GWB bestimmt § 122, dass Eignung die „Leistungsfähigkeit“ umfasst. 689

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1. Teil: Grundlagen der staatlichen Aufsicht über Ersatzschulen 

mär gefahrenabwehrrechtliche und restriktive Charakter der Eignungsprüfung erhalten.696 Wenn die Länder die Eignung des Schulträgers „zum verantwortlichen Führen einer Schule“ oder explizit die fachliche Eignung verlangen, regeln sie dies als Voraussetzung der Ersatzschulgenehmigung.697 Die Eignung des Schulleiters oder der Schulleiterin muss oft im Rahmen der Genehmigung geprüft werden,698 teilweise berechtigt eine unzureichende Eignung dagegen nur zur Untersagung der Tätigkeit der betreffenden Person, nicht zur Genehmigungsversagung.699 Über diese eher allgemeinen Vorbehalte gelten teilweise deutlich darüberhinausgehende Qualifikationsanforderungen an die Schulleitung. Sachsen ermöglicht die Untersagung der Tätigkeit als Schulleitung, wenn die Eignung durch unzureichende wissenschaftliche Ausbildung fachlich oder pädagogisch infrage steht.700 In Niedersachsen benötigen Schulleiterinnen oder Schulleiter zusätzlich einer individuellen Genehmigung, die u. a. voraussetzt, dass die Person als Lehrkraft an der Ersatzschule einsetzbar wäre.701 Eindeutig regeln das auch Bayern und Thüringen, wonach ein Mitglied der Schulleitung zugleich Lehrkraft der Schule sein muss.702 In Sachsen-Anhalt kommt noch ein in der Regel mindestens dreijähriger erfolgreicher Unterrichtseinsatz als Voraussetzung hinzu.703 Bremen verlangt die Lehrbefähigung für die pädagogische Leitung der Schule.704 In Nordrhein-West­ falen sind Schulleitungspersonen individuell zu genehmigen, wenn sie die fachliche Eignung zur Leitung der Schule haben. Dies setzt Fähigkeiten u. a. zur „Führung […], Organisation und Weiterentwicklung einer Schule, pädagogischen Beurteilung von Unterricht und Erziehung […]“ voraus (§ 61 VI SchG-NRW)705 und seit 2020 auch die Befähigung zum Lehramt sowie die Ablieferung eines Leistungsberichts des Schulträgers über die Leitungsperson.706 696

VGH BW, Urt. v. 17. 10. 2012 – 9 S 1200/11, juris (Rn. 21 ff.). § 98 III Nr. 5 SchG-Berlin; § 121 VI SchG-Brandenburg; § 145 I Nr. 2 SchG-Niedersachsen; § 1 I SchifTVO-LSA; § 115 III Nr. 2 SchG-SH; § 5 I Nr. 3 SchfTG-Thüringen. 698 § 171 III SchG-Hessen; § 145 I Nr. 2 SchG-Niedersachsen; § 6 II c)  PSchG-RLP; § 7 I d) PSchG-Saarland; § 1 I SchifTVO-LSA; § 115 III Nr. 2 SchG-SH dort ist aber auch eine individuelle Genehmigung der Schulleitung vorgesehen, siehe § 117 I SchG-SH; § 5 I Nr. 3 SchfTG-Thüringen. 699 § 8 PSchG-BW; Art. 95 EUG-Bayern; § 17 III FrTrSchG-Sachsen. 700 § 17 III FrTrSchG-Sachsen. 701 § 167 II i. V. m. § 144 III und § 145 SchG-Niedersachsen. 702 Art. 92 II Nr. 2 EUG-Bayern; sehr differenziert § 5 III SchfTG-Thüringen. In beiden Fällen ist dies Genehmigungsvoraussetzung der Ersatzschule. 703 § 16a I, II SchG-LSA i. V. m. § 3 I, II SchifTVO-LSA. Eine Beteiligung von Personal ohne Lehramtsbefähigung ist im Rahmen einer kollektiven Schulleitung erlaubt; allerdings nur mit „geeignete[m] Hochschulabschluss“. 704 § 10 PSchG-Bremen. 705 § 5 I, III ESchVO-NRW i. V. m. § 61 V, VI SchG-NRW; dazu Fehrmann, Schulgesetz NRW, § 102 Rn. 2, der vom Erfordernis fachlicher Eignung spricht. So nun auch die 2020 inkraftgetretene Form der ESchVO. 706 § 5 III 3 ESchVO-NRW. 697

C. Bestandsaufnahme des Landesrechts

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cc) Persönliche Eignung / Zuverlässigkeit der Lehrerinnen und Lehrer Nicht nur die Schulleitung und der Schulträger, auch die Lehrkräfte müssen in vielen Fällen ihre persönliche Eignung bzw. Zuverlässigkeit gegenüber der Schulbehörde nachweisen (können). Es geht ersichtlich jeweils um den persönlichen Leumund.707 Die persönliche Eignung tritt neben das Erfordernis der wissenschaftlichen und pädagogischen Ausbildung gem. Art. 7 IV 3 GG.708 Anders als bei diesen Anforderungen verlangt kein Bundesland die persönliche Eignung der Lehrkräfte als Teil der Ersatzschulgenehmigungsvoraussetzungen, was damit zu erklären ist, dass viele Länder individuelle Unterrichtsgenehmigungen durchführen und sich die fehlende Eignung somit nur auf die einzelne Lehrkraft auswirkt. Den Nachweis der persönlichen Eignung bzw. Zuverlässigkeit709 müssen Lehrkräfte vor Aufnahme der Unterrichtstätigkeit in ca. der Hälfte aller Länder erbringen.710 Andere Schulgesetze sehen allein die Untersagungsmöglichkeit für den Lehrkräfteeinsatz vor,711 wobei die verbreiteten Pflichten der Schulen, den Einsatz neuer Lehrkräfte anzuzeigen, im Ergebnis wenig ändern dürften.712 Hamburg und Hessen halten keine Normen vor, um den Einsatz unzuverlässiger Lehrkräfte zu unterbinden. dd) Mitwirkungsbestimmungen Die Schule ist ein Ort der Verwirklichung des demokratisch-pluralistischen Gemeinwesens. Schülerinnen und Schüler räumen die Länder ein mit dem Alter wachsendes Mitspracherecht an ihrer schulischen Bildung- und Erziehung ein, indem sie diesen und ihren Eltern individuelle und institutionelle Mitsprache an der Schulorganisation und der innerschulischen Entscheidungsfindung (durch Schülervertretungen, Elternvertretung, Teilnahme an Klassen- oder Schulkonferenzen) ermöglichen.713 Die KMK unterscheidet in ihren Empfehlungen über die „Stellung des Schülers“ von 1973 nach individuellen Informations-, Beteiligungs- und Be 707

Dies bestätigen die Privatschulgesetze, z. B. spricht Art. 94 I 3 (i. V. m. Art. 60a II 2 Nr. 2) EUG-Bayern von einem Fehlen der persönlichen Eignung, wenn schwerwiegende Tatsachen vorliegen die gegen die Unterrichts- oder Erziehungstätigkeit sprechen, insbesondere eine Verurteilung zu bestimmten Straftaten. 708 Vgl. zur Problematik Deutscher Juristentag, DJT-SchulGE, 392 ff. 709 In Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein wird auf Tatsachen abgestellt, die eine Entfernung aus dem öffentlichen Dienst rechtfertigen würden. Zur Bedeutung siehe Erster Teil, Fn. 673. 710 Art. 94 I EUG-Bayern; § 98 V 2 SchG-Berlin; § 120 IIa 2 SchG-MV; § 102 IV SchG-NRW und § 5 I ESchVO-NRW; § 23 II PSchG-RLP; § 23 II PSchG-Saarland; § 16a III SchG-LSA; § 117 III SchG-SH. 711 Wohl § 125 IV SchG-Brandenburg; § 8 PSchG-BW; wohl § 10 PSchG-Bremen; § 167 III SchG-Niedersachsen; § 10 FrTrSchG-Sachsen i. V. m. §§ 4, 8 FrTrSchVO-Sachsen sprechen von den Anforderungen „zum Schutz der Allgemeinheit“, die einzureichenden Unterlagen lassen aber auf den Prüfungsmaßstab schließen; § 8 SchfTG-Thüringen. 712 Zu den Anzeigepflichten als Aufsichtsinstrument s. Erster Teil C. IV. 2. e). 713 Überblick bei Avenarius / Hanschmann, Schulrecht, Rn. 6.3 ff.

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1. Teil: Grundlagen der staatlichen Aufsicht über Ersatzschulen 

schwerderechten und kollektiven Rechten wie der Einrichtung einer Schülervertretung.714 Ob solche Rechte an Privatschulen vorzusehen sind, bestimmen dagegen weder die KMK-Vereinbarungen von 1973 noch von 1951. Entsprechend der die Grundrechtsfähigkeit der Schülerinnen und Schüler in den Vordergrund stellenden Diskussionen schlägt der DJT-SchulGE 1976 vor, dass die Ersatzschulen „Formen der Mitwirkung“ gewähren müssen,715 da das Lehrziel „Schüler zur Mündigkeit zu erziehen“ ein Mindestmaß an Mitbestimmung im Rahmen der geforderten Gleichwertigkeit erfordere.716 Der Formulierung des DJT haben sich viele Länder angeschlossen. Einige nehmen das Erfordernis systematisch eindeutig als weitere Genehmigungsvoraussetzung in den Prüfungskatalog auf,717 andere verlangen Formen der Mitwirkung im Rahmen der sonstigen Vorschriften, die von der Ersatzschule einzuhalten sind.718 Konkretisierend stellen manche Länder klar, dass nicht allein Schülerinnen und Schüler, sondern ebenfalls Erziehungsberechtigten, teilweise dazu Lehrkräften Formen der Mitbestimmung einzuräumen sind719 oder sich diese Formen an dem für öffentliche Schulen geltenden inneren Schulverfassungsrecht orientieren müssten.720 Berlin definiert die Gleichwertigkeit der Elternvertretung, Schülermitverwaltung und „pädagogischen Mitbestimmung der Lehrer in Konferenzen“ als „innere Einrichtung“ der Schule.721 Einen anderen Weg gehen Hamburg und Niedersachsen, wo die Schulen die für öffentliche Schulen geltenden Regeln anzuwenden haben, wenn die Schulen nicht abweichende Regelungen treffen, die bestimmten Anforderungen genügen müssen.722 In Rheinland-Pfalz müssen ausschließlich anerkannte Ersatzschulen gleichwertige Konferenzen, Schüler- und Elternvertretungen vorsehen.723 Privatschulen verbleiben nach den meisten Regelungen Gestaltungsspielräume bei schulinterner Mitbestimmung.

714

Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 25. 5. 1973, S. 7 ff. abgedruckt in Kultus­ ministerkonferenz, Sammlung der Beschlüsse, Nr. 824. 715 § 105 II Nr. 3, Deutscher Juristentag, DJT-SchulGE, 121. 716 Deutscher Juristentag, DJT-SchulGE, 395. 717 § 121 V SchG-Brandenburg; §§ 98 VII, 67 ff. SchG-Berlin; § 171 IV SchG-Hessen; § 120 I Nr. 4 SchG-MV. 718 § 100 V SchG-NRW; §§ 34 III, 36 III SchoG-Saarland; § 7 I 3 SchfTG-Thüringen. 719 § 121 V SchG-Brandenburg; §§ 98 VII, 67 ff. SchG-Berlin. 720 Beispielhaft § 171 IV SchG-Hessen: „Die Schule muss Formen der Mitwirkung von Eltern und Schülerinnen und Schülern […] dem Wesen der Schule in freier Trägerschaft entsprechend gewährleisten.“ 721 § 2 b) DVOPSchG-Berlin. 722 § 4 II SchfTG-Hamburg i. V. m. §§ 61 bis 66 und §§ 68 bis 74 SchG-Hamburg: Die abweichenden Bestimmungen der Schule müssen eine Interessenvertretung der Schülerinnen und Schüler und der Eltern auf Schulebene und in der Klasse vorsehen und inhaltlich die Mitwirkung am Schulleben ermöglichen; Niedersachsen verlangt nur die Einrichtung von Schülermitbestimmungsorganen, § 141 II SchG-Niedersachsen. 723 § 24 SchG-RLP.

C. Bestandsaufnahme des Landesrechts

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ee) Einhaltung der „allgemeinen gesetzlichen und polizeilichen Anforderungen“ Schließlich enthalten manche Schulgesetze den Vorbehalt, dass die Schule oder die Schuleinrichtung die „allgemeinen gesetzlichen und polizeilichen Anforderungen“ einzuhalten habe.724 In Berlin, Niedersachsen, dem Saarland und SchleswigHolstein725 finden sich diese „allgemeinen Anforderungen“ als Voraussetzung der Genehmigung bezogen auf die Schulgebäude und -einrichtungen, in Brandenburg auch hinsichtlich der gesundheitlichen Betreuung der Schüler.726 Das Hessische Schulgesetz stellt lediglich fest, dass „weitergehende gewerbliche Vorschriften über die Zulassung von Schulen in freier Trägerschaft […] unberührt [bleiben]“.727 „Allgemein“ bedeutet in dem Kontext, dass es sich nicht (nur) um schulspezifische Regeln handelt. Das sind vor allem gefahrenabwehrrechtliche Vorschriften, z. B. der Feuerschutz, Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz, Mutterschutz und baurechtliche Vorschriften.728 An dieser Stelle ist selbstverständlich, dass das Ersatzschulrecht kein hermetisch abgeschlossenes Sonderregime ist und sich z. B. Vorschriften des Bauordnungsrechts oder Anforderungen nach dem Infektionsschutzgesetz in gleicher Weise an Ersatzschulen richten.729 Gewiss ist ebenfalls, dass beispielsweise nur ein bauordnungs- und bauplanungsrechtlich zulässiges Schulgebäude als gleichwertige Einrichtung im Sinne der landesschulgesetzlichen Regelungen gelten kann.730 In der Praxis dürfte sich dieses Kriterium daher mit dem Nachweis der Prüfung durch eine andere Behörde erschöpfen.731 d) Behördlicher Spielraum bei den Genehmigungsvoraussetzungen Eine Möglichkeit, von den Genehmigungsvoraussetzungen dauerhaft abzu­ sehen, existiert in keinem Land. Einige Schulgesetze erlauben es, die Erteilung der Genehmigung mit einer Bedingung732 oder einer Auflage733 zu verleihen. Selbstver 724

Exemplarisch § 14 II der KMK-Vereinbarungen 1951. § 98 III Nr. 6 SchG-Berlin; § 145 I Nr. 3 SchG-Niedersachsen; § 7 I e) PSchG-Saarland; § 115 III Nr. 3 SchG-SH. 726 § 5 V ESGAV-Brandenburg. 727 § 169 SchG-Hessen. 728 Ulrich, in: Galas / K römer et al., § 145 Rn. 2; Brockmann, in: Brockmann / Littmann / Schippmann, § 145 Rn. 3; Vogel, Schulen und Heime in freier Trägerschaft, 66 ff. 729 So differenziert bspw. § 33 IfSG nicht zwischen öffentlichen und privaten Schulen. 730 Zur verfassungsrechtlichen Begründung s. Zweiter Teil B. V. 3. b). 731 Exemplarisch: § 2 V Nr. 9 SchifTVO-LSA „Dem Antrag sind beizufügen: […] der Nachweis über die Unbedenklichkeit zur Nutzung der Räumlichkeiten für den Unterrichtsbetrieb durch die örtlich zuständige Bau- und Gesundheitsbehörde […]“. Kritisch zu diesen Regelungen Vogel, Schulen und Heime in freier Trägerschaft, 66 ff. 732 Art. 98 I EUG-Bayern; § 7 II PSchG-Saarland; § 5 XIII SchfTG-Thüringen. 733 § 6 V PSchGDVO-RLP; § 5 XIII SchfTG-Thüringen; allgemeiner § 120 IV SchG-MV („Nebenbestimmungen“). 725

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1. Teil: Grundlagen der staatlichen Aufsicht über Ersatzschulen 

ständlich führt lediglich die Auflage dazu, dass die Schule in dem Moment zeitlich befristet betrieben werden kann. Nebenbestimmungen sind nach § 36 I (Bundes-) VwVfG ohnehin zur Sicherstellung der Voraussetzungen des Verwaltungsakts zulässig. Von einem Absehen von Genehmigungsvoraussetzungen kann man nicht sprechen, da sich lediglich der Zeitpunkt des Nachweises verschiebt. Allein die nordrhein-westfälische Möglichkeit, eine Schule vorläufig genehmigen zu lassen (§ 101 II SchG-NRW), kann man als Dispens verstehen, da von den gesetzlichen Anforderungen zeitweilig abgesehen wird. Insofern ist der Unterschied zu einer Auflage darin zu sehen, dass die vorläufige Genehmigung über einen nicht unerheblichen, längeren Zeitraum (vier Jahre) die fehlenden Voraussetzungen in Kauf nimmt.734 All dies bezieht sich auf den Moment der Erteilung der Genehmigung. Davon zu unterscheiden ist, ob bei nachträglichen Verstößen gegen gesetzliche Vorschriften in jedem Fall die Genehmigung zurückzunehmen ist.735 4. Anforderungen an den laufenden Betrieb einer Ersatzschule Die Schulgesetze und Verordnungen formulieren teilweise weitere Anforderungen an den Betrieb einer Ersatzschule, die ihrer Systematik nach nicht den präventiven Genehmigungsvoraussetzungen zuzuordnen sind, sondern die (lediglich) repressive Maßstäbe der Aufsicht beinhalten. a) Inklusionsverpflichtung privater Schulen Im Zuge der Umsetzung der aus Art. 24 UN-Behindertenrechtskonvention (BRK) und Art. 3 III 2 GG folgenden Verpflichtung zur Schaffung eines inklusiven Schulwesens736 stellen die Länder sukzessive das separate öffentliche Förderschulsystem zugunsten einer gemeinsamen Beschulung behinderter Kinder in allgemeinen Schulen um.737 Ungeklärt ist,738 ob die Verpflichtung zur gemeinsamen Beschulung der Kinder in Regelschulen für Privatschulen gilt. Wenig zielführend ist der Hinweis, dass die BRK nicht zwischen privaten Schulen und öffentlichen Schulen unterscheidet,739 da sich so zwar möglicherweise eine Verpflichtung des Staates auf regulatorischen Eingriff in das Ersatzschulwesen, nicht aber eine unmittelbare Verpflichtung der Ersatzschule auf Umsetzung ergeben kann. Ansatzpunkte für eine Bindung der Ersatzschulen sehen manche in einer mittelbaren Drittwirkung 734

Zu dieser Unterscheidung Ziff. 1.3 RdErl. „Schulaufsicht über Ersatzschulen“ NRW. Siehe bei den Aufsichtsinstrumenten Erster Teil C. IV. 4. a). 736 Faber / Roth, DVBl 2010, 1193 (1195); Poscher / Rux / L anger, Inklusion, 24; Brosius-Gersdorf, in: Dreier, Art. 7 Rn. 66; Riedel / Arend, NVwZ 2010, 1346 (1347 ff.). 737 Zum Stand der Inklusion in den einzelnen Ländern: Bertelsmann Stiftung, Chancen­ spiegel, 109 ff.; vgl. auch Keller, in: Keller / K rampen, Kap. 3 Rn. 1 ff. 738 Auch vorliegend kann dies nicht abschließend geklärt werden. 739 Poscher / Rux / L anger, Inklusion, 20. 735

C. Bestandsaufnahme des Landesrechts

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des Art. 3 III 2 GG.740 Eine solche Herleitung muss sich jedoch gefallen lassen, den Unterschied zwischen unmittelbarer und mittelbarer Drittwirkung der Grundrechte zu verwischen.741 Gleichzeitig konfligiert die inklusive Beschulung mit dem Recht der freien Schülerinnen- und Schülerauswahl, sodass die Geltung der Inklusionsverpflichtung für Ersatzschulen keinesfalls selbstverständlich ist. Eine explizite schulgesetzliche Regelung ist zumindest erwünscht, wenn nicht geboten.742 Die Schulgesetze stellen sich dieser Frage überwiegend nicht. § 13 II PSchG-Bremen beinhaltet die Verpflichtung, „die allgemeinen Grundsätze eines inklusiven Schulsystems zu berücksichtigen“.743 In Mecklenburg-Vorpommern, NordrheinWestfalen und Niedersachsen ist eine entsprechende Pflicht der Ersatzschule festgeschrieben,744 auch wenn die Reichweite dieser Pflicht strittig ist.745 b) Bestimmungen über die Schülerinnen- und Schülerwahl Überwiegend widmen sich die Länder dem Recht auf freie Auswahl der Schülerinnen und Schüler nicht.746 Über die sich aus dem Sonderungsverbot ergebenen Einschränkungen der Auswahlfreiheit hinaus regelt lediglich Thüringen explizit, dass im Rahmen der Schulaufsicht auch Aspekte der Schülerinnen- und Schülerauswahl überprüfbar sind,747 da nach § 4 SchfTG-Thüringen gilt, dass „für den Zugang zu einer Ersatzschule […] weder die Herkunft noch das Geschlecht des jungen Menschen noch die wirtschaftliche und gesellschaftliche Stellung seiner Eltern bestimmend sein [dürfen].“ Ansonsten finden sich solche Vorschriften zur Nichtdiskriminierung nur in zivilrechtlichen Verpflichtungen der Ersatzschulen. § 19 II AGG bestimmt, dass eine Benachteiligung aufgrund der Rasse oder Herkunft beim Abschluss von Privatschulverträgen unzulässig ist.748 Schließlich ver 740 Brosius-Gersdorf, in: Dreier, Art. 7 Rn. 67; vgl. Keller, in: Institut für Bildungsrecht und Bildungsforschung / Deutsches Institut für Internationale Pädagogische Forschung, Inklusive Schule, 89 (93 ff.). 741 Keller, in: Institut für Bildungsrecht und Bildungsforschung / Deutsches Institut für Internationale Pädagogische Forschung, Inklusive Schule, 89 (93 ff.). 742 Auf der anderen Seite ist klar, dass Ersatzschulen eine inklusive Beschulung wählen dürfen, wenn dies im öffentlichen Schulwesen praktiziert wird, selbst wenn keine gesetzliche Erlaubnis existiert, s. Keller, in: Keller / K rampen, Kap. 3 Rn. 8; Keller, in: Institut für Bildungsrecht und Bildungsforschung / Deutsches Institut für Internationale Pädagogische Forschung, Inklusive Schule, 89 ff. 743 Nach Bürgerschafts-Drs. (Bremen) 18/1414, S. 3 soll die Entscheidungsfreiheit der Schule erhalten bleiben, aber eine Ablehnung mit Hinweis auf eine fehlende inklusive Beschulungsmöglichkeit ausscheiden. 744 § 34 VII, III SchG-MV; § 2 V, XII SchG-NRW, vgl. LT.-Drs. (NRW) 16/2432, S. 44; §§ 141 I, 4 SchG-Niedersachsen. 745 Vgl. Brockmann, in: Brockmann / Littmann / Schippmann, § 141 Rn.  3.1; Schippmann, Schulverwaltung Niedersachsen 2016, 53 (54). 746 Anders z. B. § 13 PSchG-Bremen. 747 § 3 II SchfTG-Thüringen. 748 Cremer / Wegricht, in: BeckOGK, § 311 BGB Rn. 994.

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langen die Länder die Einhaltung eines Teils der für öffentliche Schulen geltenden Vorschriften über die Schülerinnen- und Schüleraufnahme bei anerkannten Ersatz­ schulen.749 c) Sonstige materiell-rechtliche Anforderungen an Ersatzschulen Neben den noch darzustellenden verfahrensrechtlichen Pflichten (z. B. An­ zeigepflichten bei Änderungen) existieren noch zahlreiche weitere materielle Vorschriften, die bei der Schulgestaltung einzuhalten sind und die hier nicht alle aufgelistet werden können. Beispielweise dürfen Ersatz-Schülerinnen und Schüler in Bayern nach Art. 56 IV 2 i. V. m. Art. 92 V 1 EUG-Bayern ihr Gesicht nicht verhüllen.750 Weiterhin finden sich Vorschriften über die Art und Weise der Erteilung von Zeugnissen an genehmigten Ersatzschulen.751 Teilweise sind die Ersatzschulen unmittelbar an die landesweiten Schulferien gebunden,752 teilweise ist eine abweichende Gestaltung erlaubt.753 Das Saarland erstreckt die „Grundsätze“ der Prüfungs- und Versetzungsordnungen der einzelnen Schulformen auf die genehmigten Ersatzschulen.754 Berlin bestimmt für alle Ersatzschulen in einer Verwaltungsvorschrift eine Pflicht, die Hälfte des Unterrichts in deutscher Sprache zu erteilen.755 In Nordrhein-Westfalen gilt Ähnliches für anerkannte internationale Ergänzungsschulen.756 Rheinland-Pfalz sieht darüber hinaus eine Mindestklassenstärke bestimmter privater Schulen vor.757 Keine Geltung entfalten indes die Schulbuchverordnungen der Länder, die eine Genehmigungspflicht für Lehrmittel öffentlicher Schulen vorsehen.758 Schließlich sind die Schulen oft zur Schulgesundheitspflege verpflichtet.759

749

Dazu sogleich Erster Teil C. II. 5. c) aa). Zur privatrechtlichen Seite eines Verbots im Schulvertrag vgl. Jäschke / Müller, DÖV 2018, 279 (280 ff.). 751 Exemplarisch Art. 92 V 1, 52 II, III EUG-Bayern. 752 Art. 5 III EUG-Bayern. 753 § 23 II 2 SchG-LSA. Regel-Ausnahme nach § 4 V ESchVO-NRW. Meist lassen die Schulgesetze diesen Punkt aus, vgl. Hesse / Bader, R&B 2011, 2. 754 § 12 II PSchG-Saarland. 755 Ziff. 5 VII, 1 II Ausführungsvorschriften für bilingualen Unterricht an allgemein bildenden Schulen (AV bilingualer Unterricht) vom 9. März 2015, geändert am 15. Dezember 2016 [Berlin]. 756 § 118 III Nr. 2 SchG-NRW. 757 § 13 SchG-RLP. 758 Vgl. Doerfer-Kir, Islamische Erziehung, 285 ff. 759 Exemplarisch § 95 IV SchG-Berlin. 750

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5. Anforderungen an anerkannte Ersatzschulen Weitere gesetzliche Anforderungen muss eine Ersatzschule einhalten, wenn sie vom Staat anerkannt werden will. Mit der Anerkennung „erhält die Ersatzschule das Recht, Zeugnisse zu erteilen, die dieselbe Berechtigung verleihen wie die der öffentlichen Schulen.“760 Die Anerkennung ist in Nordrhein-Westfalen mit der Genehmigung verbunden, ansonsten stellt sie einen zeitlich nachgelagerten, separaten Prozess dar. In jedem Bundesland (auch in NRW) folgen nach oder vor der Anerkennung spezifische Aufsichtsmaßstäbe. a) Anerkennungsentscheidung Auf die Verleihung des Status einer anerkannten Ersatzschule besteht in der Regel ein gesetzlicher Anspruch, teilweise ist aber der Schulbehörde eine Ermessensentscheidung761 zugestanden. In der Praxis sei diese Unterscheidung allerdings weniger relevant als die Frage, wie streng die Anerkennungsvoraussetzungen im Einzelnen gehandhabt werden.762 Niedersachsen und Sachsen-Anhalt erlauben es, die Anerkennung auf die Abschlussprüfung zu beschränken, um insbesondere den Waldorfschulen entgegenzukommen. Die Schulen müssen dann nur bei der Abschlussprüfung die für öffentliche Schulen geltenden Bestimmungen einhalten; nur diese Prüfung hat in der Folge öffentlich-rechtliche Wirkung.763 Manche andere Länder ermöglichen den Waldorfschulen den Weg zur Anerkennung unter hierfür gesondert vorgesehenen Bedingungen.764 In anderen Ländern sollen die Eigenarten der Alternativschulen Berücksichtigung finden.765 Mehrheitlich ist den Alternativschulen der Weg zur Berechtigungsvergabe jedoch versagt und sie sind auf die Teilnahme an der (modifizierten) Nichtschülerprüfung verwiesen.766

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Exemplarisch § 148 II 3 SchG-Niedersachsen. § 100 I 1 SchG-Berlin; § 123 I SchG-Brandenburg; § 12 I PSchG-Bremen; § 173 I SchGHessen; § 122 SchG-MV; § 116 I SchG-SH; § 10 I SchfTG-Thüringen. 762 Vogel, Schulen und Heime in freier Trägerschaft, 117. 763 § 148 II 4 SchG-Niedersachsen (dazu und zur Zielrichtung vgl. Brockmann, in: Brockmann / Littmann / Schippmann, § 148 Rn. 3.5); § 17 III 5 SchG-LSA. 764 Zum Beispiel § 10 II Nr. 2 PSchG-BW; § 9 II 3 SchfTG-Hamburg. 765 § 100 III 2 SchG-Berlin; § 9 II 3, III 2 SchfTG-Hamburg; § 116 III 2 SchG-SH. Auch § 122 II 2 SchG-MV; § 18 IV PSchG-Saarland. 766 Vogel, Schulen und Heime in freier Trägerschaft, 127 ff. 761

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b) Anerkennungsvoraussetzungen In den Ländern lassen sich zwei Modelle finden, um die Voraussetzungen der Anerkennungsentscheidung als Tatbestandsmerkmale zu umschreiben.767 aa) An gleichartige oder verwandte öffentliche Schulen gestellte Anforderungen Viele Schulgesetze bedienen sich der Formulierung des § 5 I der KMK-Verein­ barungen 1951. Danach ist der Status zu verleihen bzw. kann verliehen werden, wenn die Ersatzschule „[…] die Gewähr dafür bietet, daß sie dauernd die an gleichartige oder verwandte öffentliche Schulen gestellte Anforderungen erfüllt […]“.768 In der Regel geben sich die Schulgesetze darüber bedeckt, wann sie diese Bedingungen als gegeben ansehen. Die Systematik der meisten Gesetze legt nahe, dass diese nicht bloß eine zeitliche Bewährungsprobe verlangen: An gleichartige öffentliche Schulen werden nicht nur die Genehmigungsanforderungen für Ersatzschulen, sondern auch weitere Anforderungen gestellt, z. B. muss ein bestimmter Leistungsstand nicht erst bei Abschluss des Bildungsgangs, sondern schon zuvor bestehen.769 Das spricht dafür, dass bereits vor der Anerkennung als deren Voraussetzung eine gewisse Anpassung von der Schule einforderbar ist,770 was in der Praxis wohl so gehandhabt wird.771 Letztlich ist diese offene Formulierung ein großes Einfallstor für Konkretisierungen durch die Schulverwaltung. Auch die zeitliche Dauer der Bewährungsprobe ist dann einzelfallabhängig, wenngleich einige Ländern einen Rahmen (i. d. R. drei Jahre)772 nennen. Die Ambivalenz der KMK-Formulierung bestätigt der Blick auf die wenigen konkretisierenden Vorschriften. Während Rheinland-Pfalz bei identischem Gesetzeswortlaut ausschließlich die zeitliche Erfüllung der Genehmigungsvoraussetzungen verlangt,773 geht Baden-Württemberg weit darüber hinaus. Bereits vor Anerkennung muss dem Unterricht ein genehmigter Lehrplan zugrunde liegen,

767

Einordnung des Landesrechts anhand der hier gewählten Kriterien bei Seidel, Anerkennung, 68 ff. 768 Vgl. mit oft leicht abweichender Formulierung: § 10 I PSchG-BW; Art. 100 I 1 EUGBayern; § 12 I PSchG-Bremen; § 148 I SchG-Niedersachsen; § 8 I FrTrSchG-Sachsen; § 116 I SchG-SH; auch § 18 I PSchG-RLP. 769 Vgl. BVerwGE 112, 263 (267 ff.); wohl Brockmann, in: Brockmann / Littmann / Schippmann, § 148 Rn. 2.1 und 3. 770 Dagegen spricht, dass die Schulgesetze diese Pflichten i. d. R. erst für bereits anerkannte Ersatzschulen festschreiben, vgl. § 148 I 1 SchG-Niedersachsen. 771 Vgl. Brockmann, in: Brockmann / Littmann / Schippmann, § 148 Rn.  2.1. 772 § 10 III PSchG-BW; § 3 PSchVO-MV; § 5 I FrTrSchVO-Sachsen. Allerdings sind Ausnahmen vorgesehen. 773 § 15 II PSchGDVO-RLP.

C. Bestandsaufnahme des Landesrechts

133

das Lehrziel entsprechender öffentlicher Schulen erreicht werden, der Übertritt in eine öffentliche Schule und umgekehrt möglich sein, die Aufnahme- und Versetzungsbestimmungen des öffentlichen Schulrechts angewendet werden, die Schulleitung die erforderliche wissenschaftliche und pädagogische Eignung und die Lehrkräfte in der Regel die Anstellungsfähigkeit für das Lehramt an öffentlichen Schulen besitzen.774 Auch Brandenburg verlangt die Einhaltung der Schulaufnahme- und Prüfungsvorschriften bereits in dem Moment, in dem die Schule die Anerkennung „anstrebt“.775 bb) Dauerhafte Erfüllung der Genehmigungsvoraussetzungen Andere Länder stellen explizit keine über die Genehmigungsvoraussetzungen hinausgehende Anforderungen.776 Zur Anerkennung genügt es, wenn die Schule „die Gewähr dafür bietet, dass sie dauerhaft die Genehmigungsvoraussetzungen erfüllt“.777 Damit folgen die Länder der Formulierung des § 107 SchulGE des DJT, der klarstellen will, dass die Anerkennung auf Abschlüsse, Prüfungen und Zeugnisse bezogen ist und keiner „Aushöhlung der Privatschulfreiheit durch Gleichartigkeitszwänge dienen“ dürfe.778 In diesen Ländern ist eine jeweils unterschiedlich ausgestaltete Bewährungsfrist einzuhalten, die entweder zeitlich bemessen ist oder die auf den Abschluss eines Bildungsgangs abzielt.779 c) Von der anerkannten Ersatzschule im Betrieb anzuwendende Vorschriften Nach der Anerkennung sind die Ersatzschulen in allen Ländern zur weiter­ gehenden Anpassung an das öffentliche Schulwesen verpflichtet, selbst wenn als Anerkennungsvoraussetzung ausschließlich die dauerhafte Erfüllung der Genehmigungsvoraussetzungen gefordert war. Die Anwendung dieser Vorschriften ist Maßstab der Aufsicht über die anerkannte Ersatzschule und kann bei Nicht-

774

§ 10 II Nr. 1 PSchG-BW. § 123 I SchG-Brandenburg und § 6 III ESGAV-Brandenburg. 776 Besonders deutlich § 9 III SchfTG-Hamburg („Macht die anerkannte Ersatzschule von ihrem Recht aus Absatz 2 Gebrauch, ist sie verpflichtet […]“). 777 Explizit § 100 I 1 SchG-Berlin; vgl. § 9 I SchfTG-Hamburg; § 173 I SchG-Hessen; § 17 I SchG-LSA; § 10 I SchfTG-Thüringen; § 18 I SchG-Saarland: „Einer Ersatzschule, welche die Gewähr bietet, dass sie dauernd die nach diesem Gesetz an eine Ersatzschule gestellten Anforderungen erfüllt“; § 15 II PSchGDVO-RLP; wohl auch § 122 SchG-MV i. V. m. § 3 ­PSchVO-MV. 778 Deutscher Juristentag, DJT-SchulGE, 396; 122. 779 Mindestens dreijährige Wartefrist: § 18 I 2 PSchG-Saarland; § 17 I SchG-LSA; § 10 SchfTG-Thüringen. Abschluss eines Bildungsgangs: § 100 II SchG-Berlin. 775

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1. Teil: Grundlagen der staatlichen Aufsicht über Ersatzschulen 

einhalten zur Aufhebung der Anerkennung führen.780 Den Unterschied zwischen anerkannter und „nur“ genehmigter Ersatzschule betonen die Landesgesetzgeber ungleich stark.781 aa) Prüfungs- und Versetzungsbestimmungen In allen Ländern müssen die anerkannten Ersatzschulen die für öffentliche Schulen geltenden Prüfungsbestimmungen und Vorschriften über die Vergabe von Abschlüssen anwenden.782 Bei der Durchführung von Abschlussprüfungen wird die Zusammensetzung der Prüfungsausschüsse überwiegend von den Schulaufsichtsbehörden bestimmt, die meist auch den Prüfungsvorsitz einnehmen.783 Dabei geben die Schulgesetze selbst wenig Aufschluss über die einzuhaltenden Vorschriften und über deren Reichweite. Gefordert wird im Rahmen der vom Anerkennungswesen vorausgesetzten Vergleichbarkeit der Abschlüsse mit denen öffentlicher Schulen, dass nicht bloß technische Prüfungsverfahrensregeln, sondern inhaltliche Prüfungsbedingungen Anwendung finden müssen.784 Konkret bedeutet das am Beispiel der niedersächsischen Abitur-Verordnung785, dass u. a. die Form und Zusammensetzung der Leistungsbewertung und die Einbringungsverpflichtung für bestimmte Fächer einzuhalten sind. Ob die Schulgesetze eine unmittelbare Bindung an die Lehrpläne (Kerncurricula bzw. Bildungsstandards) der öffentlichen Schulen vorsehen, ist anhand des Wortlauts der Schulgesetze eher abzulehnen.786 Im Ergebnis führt jedoch auch der von den anerkannten Ersatzschulen anzuwendende Prüfungsstoff (etwa beim Zentralabitur) zu einer mittelbaren Anpassung an den Lehrstoff.787 Ähnliches gilt bei Anwendung der landesrechtlichen Prüfungs 780

Explizit: § 100 IV SchG-Berlin; § 123 III SchG-Brandenburg; § 173 III SchG-Hessen; § 122 IV SchG-MV; § 148 III SchG-Niedersachsen; § 19 IV SchfTG-Thüringen. 781 Siehe auch die Darstellung bei Seidel, Anerkennung, 212 ff. 782 § 10 IV PSchG-BW; Art. 100 II 1 EUG-Bayern; § 100 III 1 SchG-Berlin; § 123 II 1 SchGBrandenburg; § 12 II PSchG-Bremen; § 9 II SchfTG-Hamburg; § 173 II 1 SchG-Hessen; § 122 III SchG-MV; § 148 II 1 SchG-Niedersachsen; § 100 IV SchG-NRW; § 18 II PSchG-RLP; § 18 II PSchG-Saarland; § 8 II FrTrSchG-Sachsen; § 17 III 1 SchG-LSA; § 116 III SchG-SH; § 10 III 1 SchfTG-Thüringen. Vgl. auch § 5 II der KMK-Vereinbarungen. 783 § 10 IV PSchG-BW; § 100 IV 3 SchG-Berlin; § 123 II 3 SchG-Brandenburg; § 9 II 2 SchfTG-Hamburg; § 122 III SchG-MV; § 148 II 2 SchG-Niedersachsen; § 100 IV SchG-NRW; § 18 II PSchG-RLP; § 18 II PSchG-Saarland; § 17 III 2 SchG-LSA; § 116 III 3 SchG-SH; § 10 III 2 SchfTG-Thüringen. 784 Brockmann, in: Brockmann / Littmann / Schippmann, § 148 Rn.  3.2. 785 Verordnung über die Abschlüsse in der gymnasialen Oberstufe, im Beruflichen Gymnasium, im Abendgymnasium und im Kolleg (AVO-GOBAK) vom 19. 05. 2005 zuletzt geändert am 23. 09. 2020 [Niedersachsen]. 786 Sowohl § 5 II der KMK-Vereinbarungen als auch alle Schulgesetze sprechen von der Bindung an die Prüfungsbestimmungen, nicht an die Unterrichtsbestimmungen, Lehrpläne oder Ähnliches. Siehe später auch Dritter Teil D. V. 787 Vgl. Rux, Schulrecht, Rn. 1294. Zur verfassungsrechtlichen Grenze später Dritter Teil D. V.

C. Bestandsaufnahme des Landesrechts

135

ordnungen im berufsbildenden Schulwesen, die ebenfalls detailliert die Prüfungsfächer und die einzubringenden Wochenstunden der schulischen Abschlüsse festlegen.788 Da die schulische Berufsausbildung ohnehin als Vorbereitung auf die beruflichen Prüfungen nach § 4 ff. BBiG zu sehen ist und die bundesrechtlichen Ausbildungsordnungen die notwendigen Kompetenzen umfassend vorgeben,789 müssen die (anerkannten) Ersatzschulen des (dualen) Berufsschulwesens sich hieran stark orientieren. Weniger streng dürfte die Bindung durch die Prüfungs­ ordnungen im Haupt- und Realschulbereich sein, da dort weniger inhaltliche Festlegungen bestehen.790 Eine darüber hinausgehende mittelbare Bindung an die öffentlichen Lehrinhalte bewirken die für anerkannte Ersatzschulen geltenden791 Aufnahme- und Versetzungsbestimmungen öffentlicher Schulen.792 Deren Anwendbarkeit kann man als Konsequenz dafür sehen, dass den Schuljahreszeugnissen der anerkannten Ersatzschule die gleiche Wirkung zukommt wie den Zeugnissen öffentlicher Schulen.793 Die Schülerinnen und Schüler an anerkannten Ersatzschulen müssen jederzeit den gleichen Leistungsstand aufweisen wie „öffentliche“ Schülerinnen und Schüler, sodass eine Versetzung oder Aufnahme nach den für öffentliche Schulen geltenden Vorschriften stattfinden kann.794 Diese Bindung führt dazu, dass die Ersatzschule deutlich weniger Spielraum bei der Gestaltung des eigenen Bildungsgangs hat. Darüber hinaus stellt sich die Frage, wie weit die öffentlichen Aufnahme- bzw. Versetzungsordnungen anwendbar sind. In negativer Hinsicht ist klar, dass die anerkannte Ersatzschule keine „ungeeigneten Schüler“795 aufnehmen darf. Unklar ist 788

Vgl. etwa die Verordnung über berufsbildende Schulen (BbS-VO) vom 10. 06. 2009 zuletzt geändert am 31. 08. 2020 [Niedersachsen] und die Ergänzenden Bestimmungen für das berufsbildende Schulwesen (EB-BbS) [Runderlass in der Fassung vom 25. 01. 2019]. 789 Siehe zum Beispiel die Anlage (zu § 3) der Verordnung über die Berufsausbildung zum Elektroniker für Maschinen und Antriebstechnik und zur Elektronikerin für Maschinen und Antriebstechnik 2008 [Bund]. 790 Beispiel: Verordnung über die Abschlüsse im Sekundarbereich I der allgemein bildenden Schulen einschließlich der Freien Waldorfschulen (AVO-Sek I) vom 7. April 1994 zuletzt geändert am 23. 09. 2020 [Niedersachsen]. 791 § 10 II Nr. 1 d) PSchG-BW; Art. 100 II 1 EUG-Bayern; § 100 IV 1 SchG-Berlin; § 123 II 1 SchG-Brandenburg; § 9 III SchfTG-Hamburg; § 173 II 2 SchG-Hessen; § 122 II SchG-MV; § 148 II 1 SchG-Niedersachsen; § 4 III ESchVO-NRW; § 18 III 1 PSchG-RLP; § 18 III PSchGSaarland; § 17 III 1 SchG-LSA; § 116 III SchG-SH; § 10 III 4 SchfTG-Thüringen; fraglich nach § 5 V Nr. 7 FrTrSchVO. Lediglich in Bremen ist dies im PSchG nicht vorgesehen. 792 Zum Beispiel Verordnung über den Wechsel zwischen Schuljahrgängen und Schulformen der allgemein bildenden Schulen (WeSchVO) vom 3. Mai 2016 zuletzt geändert am 23. 09. 2020 [Niedersachsen]. 793 Vgl. Keller / Hesse, in: Keller / K rampen, Kap. 8 Rn. 11. 794 BVerwGE 68, 185 (187 ff.). Explizit daher: § 10 II Nr. 1 d) PSchG-BW; Art. 100 II 1 EUGBayern; § 100 IV 1 SchG-Berlin; § 9 III SchfTG-Hamburg; § 4 II ESchVO-NRW; § 10 III 4 SchfTG-Thüringen. 795 § 2 II Nr. 1 Schulordnung für die Realschulen (RSO) vom 18. 07. 2007 zuletzt geändert am 22. 06. 2020 [Bayern].

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1. Teil: Grundlagen der staatlichen Aufsicht über Ersatzschulen 

dagegen, ob die anerkannte Ersatzschule die für öffentliche Schulen geltenden Bestimmungen abschließend anzuwenden hat, d. h. keine eigenen positiven Auswahlkriterien anlegen darf oder bei der Auswahlentscheidung ggf. Gleichheitsrechte beachten muss und faktisch ein Kontrahierungszwang besteht.796 Die Schulgesetze lassen die Frage offen.797 bb) Weitere Anforderungen Schließlich beinhaltet die Übernahme der Prüfungsvorschriften häufig die Normen über Schul- und Zeugniskonferenzen, wenn diese in Entscheidungen über die Abschlüsse einbezogen sind.798 Generalklauselartig verlangt Rheinland-Pfalz ferner, dass die anerkannte Ersatzschule unter Berücksichtigung ihrer Bereicherungsfunktion den „Schulbetrieb nach den Grundsätzen der für die entsprechende öffentliche Schule geltenden grundlegenden Vorschriften gestalten“ muss.799 In Sachsen-Anhalt sind weitere Bestimmungen „grundsätzlich zu beachten, soweit sie die innere und äußere Gestaltungsfreiheit nicht berühren.“800 Welche Normen von den anerkannten Privatschulen in diesem Fall zu beachten sind, bleibt offen. Besonders weitreichend sind die als Anerkennungsvoraussetzungen ausgestalteten Einschränkungen in Baden-Württemberg, das neben der Anwendung der Aufnahme- und Versetzungsbestimmungen auch die Anwendung eines genehmigten Lehrplans, das Erreichen der Lehrziele öffentlicher Schulen, erhöhte Anforderungen an die Einstellung von Lehrkräften (in der Regel muss die Anstellungs­ fähigkeit für öffentlichen Schulen vorliegen) und die wissenschaftliche und pädagogische Eignung der Schulleitung (im Gegensatz zu genehmigten Ersatzschulen) voraussetzt.801

796 Offen in BVerwGE 68, 185. Gegen Kontrahierungszwang: Brockmann, in: Brockmann / Littmann / Schippmann, § 148 Rn. 3.2; für abschließende Anforderungen wohl Ulrich, in: Galas / K römer et al., § 148 Rn. 3. Das BVerwG (E 17, 41) hat die Bindung an das öffentliche Recht angenommen, wenn der Schüler zur Aufnahmeprüfung (die sich nach öffentlichem Schulrecht richtet) eingeladen wird. Nicht entschieden wurde dagegen über die Ablehnung im Vorfeld (aus anderen Gründen). Der VGH BW (Beschl. v. 08. 06. 1990 – 9 S 998/90, juris (Rn. 3 ff.)) verneint in diesem Fall eine Bindung an das öffentliche (Schul-)Recht. Dazu später ausführlich, s. Zweiter Teil E. IV. 3. 797 Es wäre z. B. denkbar, den § 59a SchG-Niedersachsen, der die Zulässigkeit von Aufnahmebeschränkungen an öffentlichen Schulen festlegt, auch zu den Aufnahmebestimmungen des § 148 I 1 SchG-Niedersachsen zu zählen. 798 Vogel, Schulen und Heime in freier Trägerschaft, 121; nur Gleichwertigkeit verlangt § 24 SchG-RLP. 799 § 16 PSchGDVO-RLP. 800 § 17 III 2 SchG-LSA. 801 § 10 II Nr. 1 PSchG-BW. Erhöhte Anforderungen an die wissenschaftliche und pädagogische Eignung der Schulleitung finden sich darüber hinaus auch in § 10 II SchfTG-Thüringen.

C. Bestandsaufnahme des Landesrechts

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d) Sonderfall: Nordrhein-Westfalen Nordrhein-Westfalen verleiht als einziges Bundesland bereits mit der Genehmigung der Schule das Öffentlichkeitsrecht; ein weiteres Anerkennungsverfahren ist nicht nötig.802 Ausgenommen sind hiervon Ersatzschulen, die „besondere pädagogische Reformgedanken verwirklichen“ (Ersatzschulen eigener Art).803 Dieses Privileg entbindet die allgemeinen Ersatzschulen zwar von einer Bewährungsphase, nicht aber von der über Art. 7 IV GG hinausgehenden Anpassung an das öffentliche Schulwesen, da auch die genehmigten Ersatzschulen die Vorschriften „in Angelegenheiten der Notengebung, Erteilung von Zeugnissen, Abschlüssen und Berechtigungen, der Versetzung und der Abnahme von Prüfungen“ anzuwenden haben.804

III. Aufsichtsmodus im Landesrecht Ersatzschulen sind im Landesrecht an zahlreiche rechtliche Gegebenheiten gebunden. Fraglich ist, inwiefern sich diese rechtlichen Pflichten zur laufenden Aufsicht verhalten. Darüber gibt der im Landesrecht zugrunde gelegte Aufsichtsmodus Aufschluss. Aufsichtsmodus wird gelegentlich im Rahmen des Staatsaufsichtsrechts verwendet, ist aber kein fest definierter Terminus. Mit ihm lässt sich bestimmen, ob das Aufsichtsobjekt der Fachaufsicht oder der Rechtsaufsicht unterliegt,805 da dieses die in hierarchischen Strukturen denkbaren Alternativen der übergeordneten „Einmischung“ sind.806 Streng genommen ist die Entscheidung über den richtigen „Modus“ der Aufsicht lediglich die Entscheidung, ob neben dem rein rechtlichen Aufsichtsmaßstab auch ein weiterer, nämlich der Zweckmäßigkeitsmaßstab (der Vorbehalt eigener Entscheidung nach eigenem Maßstab), hinzutritt. Alle Schulgesetze unterscheiden zwischen der Staatsaufsicht über einzelne öffentliche Schulen, der Staatsaufsicht über die dem öffentlichen Schulträger obliegenden Aufgaben und der „Schulaufsicht“ (Planung, Leitung, Ordnung) des gesamten Schulwesens.807 Hiervon trennen alle808 Länder die Schulaufsicht über 802

Art. 8 IV 2 LV-NRW und § 100 IV SchG-NRW. §§ 100 IV, 51 II SchG-NRW; für Waldorfschulen gilt mit der Verordnung über die Abiturprüfung für Schülerinnen und Schüler an Waldorfschulen (PO-Waldorf) eine besondere Form der Externenprüfung. 804 Zitat: RdErl. „Schulaufsicht über Ersatzschulen“ NRW. Siehe auch §§ 104 I, 100 IV SchGNRW i. V. m. § 4 III ESchVO-NRW. Kritisch bezüglich der Verfassungsmäßigkeit der Regelung in NRW ist Kösling, Private Schule, 214 ff., nach der die Gestaltungsfreiheit der „nur“ genehmigten Ersatzschule (die keine „Ersatzschule eigener Art“ ist) unzulässig beschränkt wird. Hierzu später Zweiter Teil E. IV. 1. 805 Vgl. Kämmerer, Privatisierung, 444. Vgl. auch Pieper, Aufsicht, 418 ff. 806 Siehe insbesondere zur Fachaufsicht als Aufsichtsmodus Erster Teil A. II. 3. 807 Exemplarisch insofern § 32 SchG-BW. 808 §§ 96 ff. SchG-RLP erwähnt dies zwar nicht, aus § 22 III SchG-RLP wird dies aber gleichwohl deutlich. 803

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1. Teil: Grundlagen der staatlichen Aufsicht über Ersatzschulen 

Privatschulen, grenzen diese also von den umfangreichen Rechten im öffentlichen Schulwesen ab. Allerdings lässt sich vielen Vorschriften bezüglich des zugrundeliegenden Maßstabs oder Modus der Aufsicht nichts Näheres entnehmen, da diese den Umfang der Aufsicht oft mit Hinblick auf Art. 7 GG beschreiben: „Die Grenzen der staatlichen Schulaufsicht über die privaten Schulen bestimmen sich nach Art. 7 des Grundgesetzes […]“.809 Stellvertretend für das überwiegend810 gewählte Modell ist § 95 SchG-Berlin, der regelt, dass den Trägern die Schulgestaltung obliegt, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt. Im Übrigen unterstehen die Schulen der Aufsicht der Schulaufsichtsbehörde. Dabei beschränkt sich die Aufsicht „auf die Einhaltung der Genehmigungs- und Anerkennungsvoraussetzungen […] und der […] für anwendbar erklärten Vorschriften“.811 Andere Länder beschreiben den Umfang der Aufsicht mit dem Begriff der Rechtsaufsicht.812 Nirgendwo ist ausdrücklich eine „Fach­aufsicht“ über genehmigte Ersatzschulen eingeräumt, durch Zweckmäßigkeitsmaßstäbe anderweitig umschrieben oder nahegelegt.813 Auch die im Mittelpunkt der Aufsicht stehenden Genehmigungsvoraussetzungen sind rechtliche Maßstäbe; die Ersatzschulen haben einen Anspruch auf Genehmigung. Man kann die Aufsicht nach den Landesgesetzen daher als rechtsgebunden kategorisieren.814 Obwohl die überwiegende Meinung annimmt, dass anerkannte Ersatzschulen zum Teil als staatlich beliehene Akteure tätig sind und insofern der Fachaufsicht unterliegen sollen,815 schweigen die Schulgesetze hierzu.816 Eine abweichende oder klarstellende Aufsichtsnorm, die Modus oder Grenzen der Beleihungsaufsicht regelt, existiert in keinem Bundesland. Natürlich erstreckt sich die Aufsicht bei anerkannten Ersatzschulen im Rahmen der allgemeinen Vorschriften zusätzlich auf die Anwendung der Prüfungs-, Aufnahme- und Versetzungsordnungen, soweit sie reichen.817 Eine Modifikation des Aufsichtsmodus findet sich explizit in den Gesetzen aber nicht wieder. Nur Hessen und Rheinland-Pfalz verpflichten die anerkannten Ersatzschulen auf die für öffentliche Schulen geltenden „Anordnungen“ hinsichtlich der Aufnahmeregelungen.818 Unterschiede erkennt schließlich 809

Art. 111 II EUG-Bayern; § 32 III SchG-BW; § 52 III SchoG-Saarland; § 83 II SchG-LSA. Baden-Württemberg und das Saarland verweisen zusätzlich auf das Privatschulgesetz. 810 § 130 IV SchG-Brandenburg; § 18 II PSchG-Bremen; § 2 I, II 2 SchfTG-Hamburg; § 167 I, III SchG-Hessen; § 104 I SchG-NRW; § 119 III 2 SchG-MV; § 17 I FrTrSchG-Sachsen; § 3 II SchfTG-Thüringen. Etwas anders § 167 I SchG-Niedersachsen: „Einhaltung der Vorschriften dieses Gesetzes“. 811 § 95 II SchG-Berlin (Hervorhebung nur hier). 812 § 115 V 1 SchG-SH; § 170 SchG-Hessen. 813 Vgl. Deutscher Juristentag, DJT-SchulGE, 398. 814 Zur verfassungsrechtlichen Einordnung später Dritter Teil B. II. 815 Brosius-Gersdorf, VERW 2012, 389 (398); Becker, BayVBl 1996, 609 (614); vgl. Avenarius / Hanschmann, Schulrecht, Rn. 15.8; Frowein, Privatschulen, 21 ff. 816 Brosius-Gersdorf, Schulaufsicht, 41 f.; 73 ff. mit weiteren Nachweisen. 817 Plümer, Privatschulverhältnisse, 145. 818 § 173 II SchG-Hessen; § 18 PSchG-RLP.

C. Bestandsaufnahme des Landesrechts

139

§ 12 II ESchVO-NRW an, da sich hiernach Schulaufsichtsmaßnahmen „in Angelegenheiten der Zeugnisse, Prüfungen und Berechtigungen […] unmittelbar an die Schule“ richten können und daher das Regelungsfeld der Anerkennung berühren. Aus dem Landesrecht lässt sich für die anerkannten Ersatzschulen prima facie kaum die Etablierung einer Fachaufsicht herleiten.819

IV. Aufsichtsinstrumente des Landesrechts Aufsichtsinstrumente sind die Mittel, die dem Vollzug eines bestimmten Aufsichtsmaßstabs dienen und denen sich die Aufsichtsbehörden bei der Durchführung des konkreten Aufsichtsmodus bedienen dürfen.820 Dabei ist bei der Analyse des Landesrechts die grundsätzliche Trennung zwischen Aufgaben- und Befugnisnormen zu beachten, die einen Schluss von der Aufgabenzuweisung auf dafür nützlichen Eingriffsermächtigungen verbietet.821 Im Ersatzschulaufsichtsrecht ist dies besonders erwähnenswert, weil nicht immer konkrete Mittel und Eingriffsvoraussetzungen normiert sind. Zur Systematisierung der Aufsichtsinstrumente bieten sich zwei Ansätze an. Man könnte nach der Aufsichtsstufe im triepelschen Sinne822 fragen, weshalb in Aufsichtsstufen der beobachtenden, prüfenden und einwirkenden Phase differenziert werden müsste. Diese Unterteilung ist allerdings dem berechtigten Einwand ausgesetzt, dass jede Einwirkung zwangsweise eine Informationsbeschaffung voraussetzt und gerade präventive Mittel (wie der der Genehmigungsvorbehalt) mehrere Aufsichtsphasen in sich beinhalten.823 Im allgemeinen Aufsichtsrecht hat sich eine Unterteilung in präventive und repressive Aufsichtsinstrumente durchgesetzt.824 Übergreifende Bedeutung haben die informellen Aufsichtsmittel. Im Großen und Ganzen folgt daher eine chronologische Darstellung, die mit der Festsetzung eigener Maßstäbe durch die Aufsichtsbehörde als atypisches „Mittel“ (1.) beginnt. Danach werden Informationsrechte (2.) und eventuell anschließende präventive (3.) und repressive (4.) Maßnahmen besprochen. Im Anschluss sind die Möglichkeiten der informellen Maßnahmen (5.) und die Besonderheiten der anerkannten Ersatzschulen (6.) aufzuzeigen.

819

So auch Brosius-Gersdorf, Schulaufsicht, 46 ff.; siehe zu den Besonderheiten der Beleihung (und den Vorbehalt des Gesetzes im Beleihungsrechtsverhältnis) Zweiter Teil E. IV. 4. 820 Vgl. Thiele, Finanzaufsicht, 203. 821 Pieper, Aufsicht, 410 ff.; dazu später Zweiter Teil D. II. 822 Siehe bereits Erster Teil A. I. 823 Thiele, Finanzaufsicht, 207. 824 Vgl. Pieper, Aufsicht, 422 ff.; Groß, DVBl 2002, 792 (797 ff.).

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1. Teil: Grundlagen der staatlichen Aufsicht über Ersatzschulen 

1. Recht zur Bestimmung des Aufsichtsmaßstabs durch die Aufsichtsbehörde Maßstabssetzung ist kein originäres Aufsichtsrecht, sondern dessen Vorbedingung.825 Der gedankliche Ausgangspunkt einer institutionellen Trennung der verbindlichen Festlegung von Maßstäben durch den Normgeber und des Vollzugs durch untergeordnete Behörden wird möglicherweise an einigen Stellen unterbrochen. Die genaue Einordnung der „Maßstabsinstrumente“ muss offenbleiben, weil zuvor die verfassungsrechtliche Stellung der Ersatzschule und die Reichweite der konkreten Aufsicht aus Art. 7 I GG geklärt sein muss.826 An dieser Stelle sind nur die in Betracht kommenden Instrumente anzuführen, die explizit im Landesrecht angelegt sind oder bei denen die Einordnung keine Probleme bereitet. Zweifelsfrei um Maßstabssetzung handelt es sich bei der Befugnis zum Erlass von Rechtsverordnungen über die „näheren Bestimmungen“.827 Die Rechtsverordnung bleibt ein klassisches maßstabsetzendes Steuerungsinstrument zur behördlichen Festlegung öffentlich-rechtlicher Pflichten. Ob die Verordnungsbefugnis dem Ministerium oder der konkret handelnden erstinstanzlichen Aufsichtsbehörde zugewiesen ist, spielt aufgrund des behördeninternen Weisungsverhältnisses keine Rolle. Schwieriger einzuordnen ist die Auswirkung der behördlichen Gestaltung des öffentlichen Schulwesens auf die Privatschulaufsicht. Auf das öffentliche Schulwesen haben die Behörden erhebliche Einwirkungsrechte, die sich vielfach im Bereich der Maßstabssetzung bewegen, oft aber nicht die Form der Rechtsverordnung haben. Insbesondere gilt das für die Lehrpläne als Verwaltungsvorschriften zur Konkretisierung der Bildungsziele828 und andere lenkenden Aspekte, selbst wenn für diese Formen eine gesetzliche Grundlage erforderlich ist.829 Im öffentlichen Schulwesen gestalten solche untergesetzlichen Normen das Aufsichtsverhältnis zur Einzelschule materiell verbindlich aus. Es ist zu beachten, dass diese Festlegungen im Ersatzschulwesen allenfalls mittelbar auf den akzessorischen Genehmigungsmaßstab einwirken.830 Bei Veränderung der Rahmenbedingungen bleibt das Nichtzurückstehen in seiner jeweiligen Konkretisierung Maßstab der Aufsicht. Wie die Veränderungen des öffentlichen Schulwesens die Privatschulfreiheit und ihre Schranken für Ersatzschulen (mittelbar) berühren, d. h. welche Auswirkungen diese auf die Gestaltungsfreiheit der Ersatzschulen haben, ist eine andere Frage.831 825 Siehe bereits Erster Teil A. IV. Zur Ergänzung und Einteilung vgl. Thiele, Finanzaufsicht, 203 ff. 826 Zur gesamten Problematik Dritter Teil D. IV. 827 Zum Beispiel § 23 Nr. 1 PSchG-BW. 828 Etwa § 10 SchG-Berlin oder § 8 SchG-MV. Vgl. Avenarius / Hanschmann, Schulrecht, Rn. 2.232. 829 BVerwGE 47, 194 (198 ff.); vgl. Müller, in: Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht III (Vorauflage), § 88 Rn. 191 ff.; 206. 830 Vgl. BVerwG, NVwZ 2007, 958 ff. 831 Dazu später Zweiter Teil C. IV. 6.

C. Bestandsaufnahme des Landesrechts

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Als echtes Mittel der Maßstabssetzung durch die Aufsichtsbehörde verbleibt die selten vorgesehene Möglichkeit832 der Festlegung von Mindestlehrplänen. Sofern die Gesetzgeber der Behörde hierdurch das Recht auf verbindliche Konkretisierung der Gleichwertigkeit der Lehrziele einräumen würden, könnte dies als Maßstabssetzung und nicht bloße Rechtsanwendung zu sehen sein. Zumindest in Bayern ist die Vorschrift so zu verstehen, dass jede Schule einem genehmigten Mindestlehrplan folgen muss, aber eigene Pläne zugrunde legen kann, die auf Gleichwertigkeit geprüft werden.833 Mindestlehrpläne erlauben danach nicht die administrative Festsetzung unabweichlicher Vorgaben.834 Die rheinland-pfälzische Norm ist indes als verbindliche Regelungskompetenz interpretierbar, da sie dem Ministerium u. a. einräumt: „schulart- und schulstufenspezifische Mindestvorgaben für die einzelnen Unterrichtsfächer und Lernbereiche [zu] setzen“. 2. Informationsrechte und Auskunftspflichten Echtes Aufsichtsmittel ist das Recht der Behörde, Informationen zu verlangen bzw. umgekehrt die Pflicht des Aufsichtsobjekts, bestimmte Informationen selbstständig zu liefern. Überschneidungen in der Einordnung mit anderen Aufsichtsstufen gibt es, wenn die Informationspflichten gleichzeitig dem vorbeugenden Tätigwerden dienen sollen; als Element der ersten Stufe („Beobachten“) der Aufsicht ist die Informationsbeschaffung Teil des gesamten Aufsichtsprozesses.835 Die Regelungen hierzu nehmen in den Schulgesetzen oft den prominentesten Platz ein, während die Folgen etwaig festgestellter Verstöße eher versprengt normiert sind. Allein im saarländischen Privatschulgesetz findet sich eine Aufgabenzuweisungsnorm, jedoch keine damit verbundenen Informationserhebungsrechte.836 a) Generalklauseln Einige Schulgesetze regeln die (Informations-)Rechte der Behörden gegenüber den Ersatzschulen generalklauselhaft.837 Die Schulaufsicht darf nach diesen Vorschriften für die Erfüllung ihrer Aufgaben „insbesondere“ bestimmte Maßnahmen treffen, ist jedoch nicht auf diese Maßnahmen festgelegt. Exemplarisch ist inso 832

Art. 93 EUG-Bayern; § 11 PSchG-RLP und § 11 PSchGDVO-RLP. Vgl. VGH Bayern, Beschl. v. 23. 01. 2007 – 7 ZB 06.603, juris (Rn. 18), wo auf die Möglichkeit, eigene Lehrpläne genehmigen zu lassen, Bezug genommen wird. Siehe Erster Teil, Fn. 568. 834 Vgl. Frowein, Privatschulen, 24. 835 Vgl. Kahl, Staatsaufsicht, 565 f.; Becker, Aufsicht, 156. 836 Vgl. § 4 PSchG-Saarland; da § 1 VII 2. DVOPSchG-Saarland systematisch („Zu § 29 Abs. 1 PrivSchG“) lediglich die Aufsicht über finanzhilfebeziehende Schulen regelt, ist dieser nicht einschlägig. 837 Mit unterschiedlichen Formulierungen: Art. 113 I EUG-Bayern; § 167 I SchG-Niedersachsen; § 17 II FrTrSchG-Sachsen; § 3 SchAG-Thüringen. 833

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1. Teil: Grundlagen der staatlichen Aufsicht über Ersatzschulen 

fern § 167 I SchG-Niedersachsen: „Die staatliche Schulaufsicht hat die Einhaltung der Vorschriften dieses Gesetzes zu gewährleisten. Die Schulbehörden haben insbesondere das Recht, die Schulen in freier Trägerschaft und die anerkannten Tagesbildungsstätten zu besichtigen, Einblick in den Unterrichtsbetrieb zu nehmen sowie Berichte und Nachweise zu fordern.“ Dem „insbesondere“ folgen in allen angesprochenen Gesetzen Informationsrechte, doch kann man auch weitere Maßnahmen zur „Einhaltung der Vorschriften“ von der Befugnis erfasst sehen.838 Alle weiteren Schulgesetze zählen die erlaubten Informationsmaßnahmen auf. b) Tatbestandsvoraussetzungen der Informationserhebung Eingriffsvoraussetzungen enthalten die Gesetze überwiegend nicht. Einschränkungen sind teilweise für den Zeitpunkt einer behördlichen Erhebung getroffen. So sind in Thüringen Unterrichtsbesuche erst nach Absprache möglich, Mecklenburg-Vorpommern erlaubt eine Besichtigung „innerhalb der üblichen Geschäftszeiten“ und Sachsen setzt beides voraus.839 Umgekehrt erlauben einige Länder den Behörden „jederzeit“ Unterrichtsbesuche.840 Manche Schulgesetze verpflichten die Informationserhebung auf die jeweils erforderlichen (oder zur Durchführung / im Rahmen ihrer Aufgaben erforderlichen) Maßnahmen.841 c) Behördliche Informationserhebungsrechte Materiell sehen die Länder das imperative Recht der Behörde auf Erlass eines Verwaltungsakts842 vor, der die Schule zur Herausgabe bestimmter Informationen verpflichtet. Die Schulen haben auf Nachfrage „die erforderlichen Auskünfte zu erteilen und Nachweise zu erbringen“, „Berichte und Nachweise“ oder „Unterlagen vorzulegen“.843 In manchen Ländern ist dies augenscheinlich weniger weitreichend, passiver formuliert, wenn nur das Recht, sich über „die Angelegenheiten der Schulen […] zu informieren“, festgelegt ist.844 In Schleswig-Holstein fehlt eine solche Eingriffsbefugnis zur Informationserhebung über rein schüler- und elternbezogene Daten hinaus.845 838

Brockmann, in: Brockmann / Littmann / Schippmann, § 167 Rn.  3. § 119 III 2 SchG-MV; § 17 II 2 FrTrSchG-Sachsen; § 3 I, III SchAG-Thüringen. 840 Ziff. 1 VVPSchG-BW; § 167 IV SchG-Hessen; § 12 II ESchVO-NRW; § 4 PSchGDVO-RLP. 841 Art.  113 I EUG-Bayern; § 119 II SchG-Brandenburg; § 18 III SchG-Bremen; § 2 III SchfTG-Hamburg; § 119 III 2 SchG-MV; § 3 III SchAG-Thüringen. 842 Vgl. Becker, Aufsicht, 158 ff. 843 Ziff.  1 VVPSchG-BW; Art. 113 I EUG-Bayern; § 119 II SchG-Brandenburg; § 18 III PSchG-Bremen; § 2 III SchfTG-Hamburg; § 119 III 2 SchG-MV; § 167 I SchG-Niedersachsen; § 12 II ESchVO-NRW; § 4 PSchGDVO-RLP; § 17 II 3–4 FrTrSchG-Sachsen; § 14 I 3 SchGLSA; § 3 I, III SchAG-Thüringen. 844 § 95 III SchG-Berlin; ähnlich § 167 IV SchG-Hessen. 845 §§ 115 V 3 i. V. m. § 30 I SchG-SH. 839

C. Bestandsaufnahme des Landesrechts

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Die Informationsrechte dienen der dauernden Überprüfung des Aufsichtsmaßstabs.846 Als einziges Land sieht Baden-Württemberg darüber hinaus847 besondere Informationspflichten zum Sonderungsverbot vor. Die Schulen haben auf Anforderung der Behörde „sämtliche oder von dieser ausgewählte im Zusammenhang mit der Schulgeldberechnung und Schulgelderhebung stehende Dokumente sowie die bei der Schule und dem Träger befindlichen Dokumente zu den jeweiligen Einkommensverhältnissen der Eltern in anonymisierter Form vorzulegen.“848 d) Besichtigungs- und Betretungsrechte; Unterrichtsbesuche Im gleichen Zug erlauben fast alle Länden der Behörde die Einblicknahme in den Schul- und / oder Unterrichtsbetrieb. Während teils eine „örtliche Prüfung“849 oder der „Einblick in den Betrieb“ gestattet ist,850 sprechen andere Länder lediglich von Unterrichtsbesuchen.851 Im Einzelnen muss genau unterschieden werden, was nach landesrechtlicher Auslegung erlaubt sein soll. Ermächtigungen zum „Einblick in den Betrieb“ und solche zu „Besichtigungen“ der Schule können unterschiedliche Rechtsfolgen nach sich ziehen.852 Insbesondere die sächsische Regelung lässt die Reichweite der Besichtigung explizit erkennen, wenn sie die Behörde ermächtigt, „schulbezogene Unterlagen und Dateien des Schulträgers, die für die Genehmigungsanforderungen, die Anerkennungsanforderungen und die staatliche Finanzhilfe maßgeblich sind, einzusehen und zu vervielfältigen.“853 Besichtigungen als prima facie weiterreichendes Recht gestatten explizit Bayern, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Thüringen.854 Alle anderen Länder erlauben nur die angesprochenen „Einblicke“, Unterrichtsbesuche oder die örtliche Prüfung. Eine Durchsuchung der Schule ist durchgängig nicht vorgesehen.

846

Vogel, Schulen und Heime in freier Trägerschaft, 111. Schulgeldbezogene Anzeigepflichten gibt es auch in anderen Bundesländern, s. sogleich Erster Teil C. IV. 2. e). 848 § 18a XVII PSchG-BW. 849 § 115 V 3 SchG-SH. 850 Hier: Art. 113 I EUG-Bayern; ähnlich: Ziff. 1 VVPSchG-BW; § 12 II ESchVO-NRW; § 4 PSchGDVO-RLP; § 17 II 1 Nr. 1 FrTrSchG-Sachsen; wohl auch § 3 I, III SchAG-Thüringen. 851 § 95 II SchG-Berlin; § 167 IV SchG-Hessen. Unterrichtsbesuche und Besichtigungen der dem Unterricht dienenden Räume: § 119 II SchG-Brandenburg; § 18 III PSchG-Bremen; § 2 III SchfTG-Hamburg; § 119 III SchG-MV; § 167 I SchG-Niedersachsen; § 14 I 3 SchG-LSA. 852 Dazu Dritter Teil E. III. 3. c). 853 § 17 II Nr. 2 FrTrSchG-Sachsen. 854 Art. 113 I 1 EUG-Bayern; § 119 II SchG-Brandenburg; § 18 III PSchG-Bremen; § 2 III SchfTG-Hamburg; § 119 III 3 SchG-MV; § 167 I 2 SchG-Niedersachsen; § 3 I, III SchAGThüringen. 847

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1. Teil: Grundlagen der staatlichen Aufsicht über Ersatzschulen 

e) Selbstständige Anzeige- und Berichtspflichten Neben der Pflicht der Schulträger, auf Auskunftsersuchen der Aufsichtsbehörde zu antworten, bestehen vielerorts unterschiedliche Pflichten, die Schulbehörde selbstständig über die tatsächlichen Verhältnisse vor Ort zu informieren. Vielfach ist dies vergleichsweise unbestimmt und umfangreich über die Generalklausel gelöst, die verpflichtet, alle „wesentlichen Änderungen“ (oder „für die Genehmigung relevante Tatsachen“) anzuzeigen.855 Neben oder anstelle dieser allgemeinen Verpflichtung bestehen häufig weitere enumerierte, anzeigepflichtige Tatsachen, die sich in schulbezogene, personalbezogene und schülerinnen- und schülerbezogene Pflichten unterteilen lassen. Es gibt allerdings Schulgesetze, die weitestgehend ohne Anzeigepflichten auskommen (Hessen, Saarland). Schulbezogen sind in erster Linie die Anzeigepflichten, die mit der Genehmigungsfähigkeit der Ersatzschule unmittelbar zusammenhängen. So sind in einigen Ländern Veränderungen in den Lehrgegenständen, in Lehrziel und Aufbau, in der Ausbildungsdauer oder im Lehrplan (also an der schulischen Konzeption) mitzuteilen.856 Anzeigepflichten sind auch für Veränderungen an den baulichen Anlagen der Schule und dem Standort,857 der „Finanzlage des Schulprojekts, die sich auf den Betrieb auswirken [könnte]“858 und der Höhe bzw. Berechnung von Schulgeld859 vorgesehen. Weiterhin ist über die Auflösung der Schule sowie die Unterbrechung oder Fortführung des Unterrichtsbetriebs zu informieren.860 In einigen Ländern müssen die Privatschulen an der staatlichen Schulstatistik teilnehmen.861 Personalbezogene Mitteilungspflichten bestehen in erster Linie hinsichtlich Veränderungen der Schulleitung862 oder des Trägers.863 Teilweise existieren diese

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Art.  99 I EUG-Bayern; § 121 IX 1 SchG-Brandenburg; § 18 IV PSchG-Bremen; § 8 I SchfTG-Hamburg; § 120 V SchG-MV; § 6 VII PSchGDVO-RLP; § 5 I SchifTVO-LSA; § 5 XII SchfTG-Thüringen. 856 Ziff. 10 I Nr. 3 VVPSchG-BW; ähnlich § 2 Nr. 1, Nr. 3 PSchVO-MV; §§ 2 V, I, 1 III Nr. 2 ESchVO-NRW; § 5 XII 2 Nr. 1 SchfTG-Thüringen. 857 Ziff. 10 I Nr. 4 VVPSchG-BW; § 98 IX SchG-Berlin; § 18 IV PSchG-Bremen; § 2 Nr. 4 PSchVO-MV; § 146 SchG-Niedersachsen; § 2 V ESchVO-NRW; § 5 XII 2 Nr. 2 SchfTG-Thüringen. 858 § 2 Nr. 5 PSchVO-MV. 859 § 2 V ESchVO-NRW; § 16 VI SchG-LSA; §§ 5 XII 2 Nr. 4, 5 XV [entfällt am 01. 08. 2020] SchfTG-Thüringen. 860 Ziff. 10 I Nr. 1 VVPSchG-BW; Art. 99 II EUG-Bayern; § 7 I ESGAV-Brandenburg; § 8 II 2 SchfTG-Hamburg; § 2 Nr. 1 PSchVO-MV; § 104 III SchG-NRW; §§ 12 I, 20 III PSchG-RLP; § 13 I PSchG-Saarland; § 5 I SchifTVO-LSA; § 5 XII 2 Nr. 3, § 9 SchfTG-Thüringen. 861 Art. 114b i. V. m. Art. 92 V EUG-Bayern; § 20d SchoG-Saarland; § 63b SchG-Sachsen; § 84b SchG-LSA; § 115 VI SchG-SH; § 58 SchG-Thüringen. 862 Ziff. 10 I Nr. 2 VVPSchG-BW; § 98 IX SchG-Berlin; § 2 Nr. 2 PSchVO-MV; § 146 SchGNiedersachsen; § 5 III SchfTG-Thüringen. 863 Ziff. 10 I Nr. 2 VVPSchG-BW; § 7 II ESGAV-Brandenburg; § 2 Nr. 2 PSchVO-MV; § 2 V, I, § 1 III Nr. 1 ESchVO-NRW; § 5 II SchifTVO-LSA.

C. Bestandsaufnahme des Landesrechts

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als selbstständige Pflicht bezüglich des Lehrpersonals,864 vor allem wenn keine Unterrichtsgenehmigungen durchgeführt werden.865 Darüber hinaus sind gelegent­ lich explizit „wesentliche Änderungen der wirtschaftlichen und rechtlichen Stellung der Lehrkräfte“ anzuzeigen.866 Schließlich verpflichten einige Länder zur Anzeige schwerwiegender Verfehlungen der Leiterinnen und Leiter und der Lehrkräfte.867 Schülerinnen- und schülerbezogen sind die Pflichten zur Überwachung der Schulpflicht. Ersatzschulträger sind oft verpflichtet, die Aufnahme oder den Abgang schulpflichtiger Kinder anzuzeigen oder ein längeres Fernbleiben vom Unterricht zur Kenntnis der Behörde zu bringen.868 Weiterhin müssen sie die Jugendämter über den Verdacht der Kindeswohlgefährdung informieren.869 3. Präventive Maßnahmen Von Informationen abhängig sind ferner die präventiven Aufsichtsmittel. Die präventive Wirkung eines Aufsichtsmittels ist weit zu verstehen. Zum einen hat insbesondere das klassische Verbot mit Erlaubnisvorbehalt870 vorbeugende Wirkung, da eine Tätigkeit vor Erteilung der Unbedenklichkeitsentscheidung präventiv verhindert wird. Auch die bereits dargestellten Anzeigepflichten informieren die Behörden vorbeugend über Änderungen oder eintretende, möglicherweise aufsichtsrelevante Ereignisse. Die Behörde kann entscheiden, ob sie repressive Mittel ergreifen will.871 a) Ersatzschulgenehmigung Primäres vorbeugendes Aufsichtsmittel ist die Ersatzschulgenehmigung als präventives Verbot des Schulehaltens mit Erlaubnisvorbehalt. Die Schulträger haben auf die Erteilung einen Rechtsanspruch und die Behörde in keinem Land die gesetzliche Möglichkeit, ein dauerhaftes Unterschreiten der Tatbestandsvoraus­ 864

Ziff. 10 I Nr. 2 VVPSchG-BW; § 121 IX 2 SchG-Brandenburg; § 2 Nr. 2 PSchVO-MV; § 7 FrTrSchG-Sachsen; § 12 SchifTVO-LSA; § 5 IX SchfTG-Thüringen. 865 Dazu sogleich Erster Teil C. IV. 3. c). 866 § 98 IX SchG-Berlin; § 146 SchG-Niedersachsen; ähnlich § 20 III PSchG-RLP; § 16a IIa SchG-LSA, i. V. m. § 5 V SchifTVO-LSA; § 5 XII 2 Nr. 1 SchfTG-Thüringen. 867 Ziff.  10 I Nr. 5 VVPSchG-BW; § 2 Nr. 6 PSchVO-MV; § 10 I PSchGDVO-RLP; § 3 X SchifTVO-LSA. 868 Ziff. 10 II VVPSchG-BW; § 98 X SchG-Berlin; § 4 III ESGAV-Brandenburg; § 56a SchGBremen; § 3 SchfTG-Hamburg; § 120 VI SchG-MV; § 62 II Nr. 4 2 SchG-Sachsen; §§ 84c, 84d SchG-LSA; § 115 VI SchG-SH; § 4 III SchfTG-Thüringen. 869 § 85 III SchG-BW; Art. 31 I 2 i. V. m. Art. 92 V EUG-Bayern; §§ 5a, 95 IV SchG-Berlin; § 3 X SchG-Hessen; § 21 V, VI SchoG-Saarland; § 50a I SchG-Sachsen. 870 Zum Begriff Detterbeck, Allg. VwR, Rn. 504; Einordnung als Aufsichtsmittel Waechter, Kommunalrecht, Rn. 203. 871 Vgl. Pieper, Aufsicht, 428 ff.

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1. Teil: Grundlagen der staatlichen Aufsicht über Ersatzschulen 

setzungen zu erlauben.872 Da es sich bei der Ersatzschulgenehmigung durchweg um Anspruchs-, nicht um Ermessensnormen handelt, kommt ihr keine aufsichtsmaßstabsbeeinträchtigende Wirkung zu; der Genehmigungsvorbehalt setzt die gesetzlichen Maßstäbe um und erlaubt nicht die Begründung weiterer Anforderungen.873 Die Genehmigung der Ersatzschule ist als personenbezogener Verwaltungsakt ausgestaltet. Das resultiert daraus, dass die Genehmigungsvoraussetzungen nicht an die Beschaffenheit der Sache „Ersatzschule“ anknüpfen, sondern an Voraussetzungen, die durch die Person des Schulträgers sichergestellt werden müssen. Viele Schulgesetzen stellen darüber hinaus sogar explizit auf persönliche Eigenschaften des Trägers ab.874 Insofern gilt die Genehmigung gegenüber dem Schulträger, dem sie erteilt wurde.875 Eine generelle Rechtsnachfolge in den bestehenden Verwaltungsakt ist ohne gesetzliche Übergangsregelung abzulehnen.876 Nach den vorgesehenen Übergangsregelungen der Länder bedarf es jeweils einer separaten Genehmigung des Übergangs.877 b) Änderungsgenehmigungen und Festlegungen der Reichweite der ursprünglichen Ersatzschulgenehmigung Das Aufsichtsinstrument der Änderungsgenehmigung ist eng mit der Festlegung der Reichweite der ursprünglichen Genehmigung verknüpft. Grundsätzlich sehen alle Schulgesetze vor, dass die Ersatzschule nur mit Genehmigung „errichtet und betrieben“ werden darf.878 Wird die Genehmigung in ihrer Reichweite beschränkt, z. B. auf Schulformen und Fachrichtungen,879 folgt daraus, dass weitere Schulformen und Fachrichtungen einer separaten Genehmigung bedürfen, wenn sie unter dem Dach der bereits genehmigten Ersatzschule entstehen. Das gleiche Ergebnis erreichen andere Schulgesetze, wenn sie bestimmte schulische Änderungen für genehmigungspflichtig erklären oder dies für „alle wesentlichen Änderungen“ gelten soll.880 Teilweise ist die Angliederung einer anderen Schulart, Schulform, Fach-

872

Siehe bereits Erster Teil C. II. 3. d). Vgl. allgemein Pieper, Aufsicht, 428. 874 Zur Abgrenzung sach- und personenbezogener Verwaltungsakte Windoffer, in: Mann / ​ Sennekamp / Uechtritz, § 35 Rn.  21; Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs, § 35 Rn.  259. 875 Vgl. Brockmann, in: Brockmann / Littmann / Schippmann, § 147 Rn.  4; Vogel, Schulen und Heime in freier Trägerschaft, 83; Heckel, Privatschulrecht, 274. 876 Vgl. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs, § 35 Rn.  259 ff. 877 § 99 III SchG-Berlin; § 1 II ESGAV-Brandenburg; § 7 I PSchG-Bremen; § 7 IV SchfTGHamburg; § 121 III SchG-MV; § 147 III Nr. 2 SchG-Niedersachsen; § 104 V SchG-NRW; § 6 VIII PSchGDVO-RLP; § 5 II SchifTVO-LSA; § 115 I, II SchG-SH; § 5 VII SchfTG-Thüringen. Allgemeiner nach Art. 99 I 1 EUG-Bayern. 878 Exemplarisch: Art. 92 I EUG-Bayern; § 143 SchulG-Niedersachsen. 879 § 143 II SchG-Niedersachsen; ähnlich: § 4 Ia PSchG-BW; § 119 II 1 SchG-MV. 880 Art. 99 I 1 EUG-Bayern; § 121 I, VIII SchG-Brandenburg i. V. m. § 1 II ESGAV-Bran­ denburg; „geändert“ § 119 I SchG-MV; § 104 II SchG-NRW i. V. m. § 2 V ESchVO-NRW. 873

C. Bestandsaufnahme des Landesrechts

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richtungen oder eines anderen Bildungsgangs genehmigungspflichtig.881 Nordrhein-Westfalen geht weiter und sieht u. a. den Lehrplan, die Erhebung von Schulgeld und wesentliche Änderungen der räumlichen Unterbringung als wesentlich im Sinne der Genehmigungspflichtigkeit an. Diese Änderungen sind der Behörde dort sechs Monate im Voraus zur Kenntnis zu bringen und von dieser zu genehmigen.882 Wiederum andere Länder begnügen sich mit räumlichen Veränderungen oder „einzugsgebietsverändernde Standorterweiterungen“.883 Dagegen beschränken Hessen und das Saarland explizit weder die Reichweite der Genehmigung noch sehen sie das Institut der Änderungsgenehmigung vor. Berlin verlangt eine Genehmigung für die Ausdehnung auf eine weitere Unterrichtsstätte und sieht die Anzeigepflicht von einigen schulgestalterischen Aspekten vor, nicht aber eine weitreichende Änderungsgenehmigung.884 Insgesamt lässt sich keine einheitliche Linie feststellen.885 c) Individuelle Unterrichtsgenehmigungen von Lehrkräften Die materiellen Anforderungen des Art. 7 IV GG für die Ausbildung der Lehrkräfte richten sich zwar gegen die Ersatzschule bzw. deren Träger, erbringen müssen diese aber die einzelnen Lehrkräfte. Diese sind es, die eine gleichwertige Ausbildung vorzuweisen haben.886 Die Rechtsfolgen eines „Zurückstehens“ treffen nach der grundgesetzlichen Konzeption in erster Linie die Ersatzschulen, nicht die einzelne Lehrkraft, deren Berufsausübung hiervon bloß mittelbar betroffen ist.887 Die Prüfung des Lehrköpers der Schule vor Betriebsbeginn ist zwar präventiv, neueintretende Lehrerinnen und Lehrer könnten danach zum (repressiven) Genehmigungsentzug führen. Von dieser Konzeption weichen viele Länder ab, indem sie den Unterrichtseinsatz jeder einzelnen Lehrkraft von einer individuellen Genehmigung abhängig machen. Mit diesen sogenannten Unterrichtsgenehmigungen prüfen die Schulbehörden das Vorliegen der materiellen Anforderungen des Art. 7 IV 2 und 3 GG an die Lehrkräfte der Ersatzschulen888 für die einzelnen Lehrkräfte gesondert, ohne die Genehmigung der Ersatzschule zu gefährden. Für diese Form der Beschränkung der Berufsausübung von Ersatzschullehrkräften bedarf es nach ständiger Rechtsprechung einer gesetzlichen Grundlage.889 881

§ 1 II ESGAV-Brandenburg; § 6 I SchfTG-Hamburg; § 119 II 1, II 2 Nr. 1 SchG-MV; § 6 I PSchG-RLP i. V. m. § 6 II PSchGDVO-RLP; § 4 I, II FrTrSchG-Sachsen; § 115 I, II SchG-SH; § 5 XIII SchfTG-Thüringen sowie § 5 XIV für Förderschwerpunkte. 882 § 2 V ESchVO-NRW. 883 § 119 II 2 Nr. 4 SchG-MV; § 4 I, II FrTrSchG-Sachsen sowie § 3 FrTrSchVO-Sachsen; besonders umfangreich: § 16 IIIa SchG-LSA i. V. m. § 5 I SchifTVO-LSA; § 115 I, II SchG-SH. 884 § 98 IX, VIII SchG-Berlin. 885 Zur Bewertung später Dritter Teil E. III. 4. a) bb). 886 Siehe bereits Erster Teil C. II. 3. a) cc). 887 Vgl. auch Heckel, DÖV 1952, 617 (274 ff.). 888 Vgl. OVG Thüringen, LKV 2010, 277 (281). 889 OVG Thüringen, LKV 2010, 277 (281); OVG Sachsen, Urt. v. 27. 03. 2006 – 2 B 772/04, juris; VGH BW, Beschl. v. 14. 03. 2007 – 9 S 1673/06, juris; VGH Bayern, Urt. v. 28. 02. 2006 – 7 B 05.2202, juris; vgl. auch BVerwG, NVwZ-RR, 1998, 21 und BVerwG, NVwZ 1990, 864.

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1. Teil: Grundlagen der staatlichen Aufsicht über Ersatzschulen 

Keine gesetzlichen Regelungen für individuelle Unterrichtsgenehmigungen gibt es in Baden-Württemberg, Hamburg, Niedersachsen, Sachsen und Thüringen. In diesen Ländern besteht, mit Ausnahme Niedersachsens, eine Anzeigepflicht für neueingestellte Lehrkräfte oder jedenfalls für wesentliche Änderungen.890 Schulträgern kann die Behörde auch in diesen Ländern den Einsatz eingestellter Lehrkraft untersagen.891 In den restlichen Ländern sind Unterrichtsgenehmigungen der Schulbehörde erforderlich,892 wenn die Lehrkraft nicht ohnehin die Befähigung für staatliche Schulen hat. Die Genehmigung richtet sich an den Schulträger, nicht an die Lehrerkräfte selbst.893 Erlaubt wird daher dem Träger der Lehrkrafteinsatz, nicht der Lehrkraft der Unterrichtseinsatz. Der Genehmigungspflicht unterfallen in der Regel nicht nur die Lehrkräfte, sondern auch Schulleiterinnen und Schulleiter, in Niedersachsen dagegen nur Letztere.894 Oft prüft die Behörde in diesem Rahmen auch die sonstigen Voraussetzungen an die Lehrkräfte, z. B. die Zuverlässigkeit oder der Inhalt des Arbeitsvertrags. Vorgesehen und in der Praxis möglich895 ist der vorläufige Erlass einer Unterrichtsgenehmigung, um die pädagogische Eignung durch „freie Leistungen“ an der Schule zu erwerben. Beim Nachweis der Gleichwertigkeit der Lehrkraft gibt es erhebliche Unterschiede: Häufig ist bloß vorgesehen, dass die Schulbehörde entscheidet, ob die bisher nachgewiesene Ausbildung im Ergebnis einer Lehramtsausbildung gleichkommt. Nordrhein-Westfalen sieht dagegen ein umfangreiches Feststellungsverfahren vor.896 Für dieses Feststellungsverfahren ist Zulassungsvoraussetzung i. d. R. ein „Studienabschluss in einem […] akkreditierten Studiengang für ein Lehramt der angestrebten Schulform und das angestrebte Fach“, allerdings gibt es Ausnahmen für „gleichwertig qualifizierende Ausbildung[en]“ und entsprechende Berufserfahrung. Im Anschluss an den Nachweis der Ausbildung und praktischer Unterrichtserfahrung führt die Behörde u. a. eine Unterrichtsprobe durch und verlangt die Teilnahme an einem Kolloquium, einer Klausur und einer mündlichen 890

Ziff.  10 Nr. 2 VVPSchG-BW; § 8 SchfTG-Hamburg; § 7 FrTrSchG-Sachsen; § 5 IX SchfTG-Thüringen. Zu § 146 SchG-Niedersachsen Brockmann, in: Brockmann / Littmann / ​ Schippmann, § 167 Rn. 4.2; § 146 Rn. 2. 891 Art. 95 EUG-Bayern; § 8 PSchG-BW; § 167 III SchG-Niedersachsen; § 17 III FrTrSchGSachsen; § 8 SchfTG-Thüringen. Indirekt § 7 I SchfTG-Hamburg und § 121 I SchG-MV. 892 Art. 94 I, II EUG-Bayern (VG Augsburg, Beschl. v. 21.122016 – Au 3 E 16.1693, juris (Rn. 28)); § 98 V SchG-Berlin; § 121 IV SchG-Brandenburg; § 10 PSchG-Bremen; § 120 IIa SchG-MV; § 102 I SchG-NRW; § 23 I PSchG-RLP; § 16a II SchG-LSA; § 23 PSchG-Saarland; § 117 I SchG-SH. Uneindeutig: § 174 I 2 SchG-Hessen, in der Praxis finden wohl Genehmigungen statt; vgl. VG Wiesbaden, Beschl. v. 15. 09. 2010 – 6 L 912/10.WI, juris (Rn. 24). 893 VG Augsburg, Beschl. v. 21.122016 – Au 3 E 16.1693, juris (Rn. 33); VG Ansbach, Urt. v. 22. 07. 2011 – AN 2 K 10.00860, juris (Rn. 31); Vogel, Schulen und Heime in freier Trägerschaft, 100. Vgl. auch Ziff. 2.2.1 RdErl. „Aufsicht über Ersatzschulen“ NRW. 894 § 167 II SchG-Niedersachsen; § 102 I SchG-NRW; § 23 I PSchG-RLP; § 16a SchG-LSA; § 117 I SchG-SH. Bremen verlangt eine Genehmigung für den oder die pädagogischen Leiter / Leiterin, § 10 PSchG-Bremen. 895 Bader / Keller / Krampen, in: Keller / K rampen, Kap. 7 Rn. 5. 896 Siehe im Folgenden § 7 ESchVO-NRW.

C. Bestandsaufnahme des Landesrechts

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Prüfung. Erst dann ist feststellbar, „ob die Lehrerin oder der Lehrer Leistungen erbracht hat, die den Anforderungen des betreffenden Lehramts oder der Lehrämter in allen Teilen der Prüfung im Wert gleichkommen“. Waldorfschulen werden, wie in anderen Ländern, gesondert berücksichtigt.897 Wesentlicher Unterschied der Unterrichtsgenehmigungsverfahren zur Anzeigelösung ist daher deren präventive und aufschiebende Wirkung.898 Auch ist nicht gesagt, dass die Aufsichtsbehörden im repressiven Verfahren tatsächlich die eingehenden Lehrkraftanzeigen prüfen, sodass bei Durchführung mitwirkungsbedürftiger Genehmigungsverfahren eine rigorosere Aufsichtsausübung naheliegt. Zwar unterscheiden sich die materiellen Anforderungen an die Lehrkräfte in den Ländern bloß im Detail, doch auch an dieser Stelle deutet die verfahrensmäßige Ausgestaltung (z. B. in Nordrhein-Westfalen) auf eine besonders intensive Prüfung hin. Im Gegensatz dazu vertraut der niedersächsische Gesetzgeber darauf, dass die Schulen von sich aus geeignetes Personal einsetzen,899 da außerhalb gezielter Informationsanfragen seitens der Behörden keine Kenntnisse über neue Lehrkräfte an die Verwaltung dringen dürften.900 d) Weitere präventive Maßnahmen und Aufsichtsgeneralklauseln In Hamburg können Privatschulen zur Teilnahme an Vergleichsarbeiten („schülerübergreifende und vergleichende Überprüfung des Erfolges der pädagogischen Arbeit“) verpflichtet werden.901 Ob weitere präventive Maßnahmen auf die Generalklauseln gestützt werden können, ist vor dem Hintergrund des Gesetzesvorbehalts fraglich,902 grundsätzlich jedoch denkbar. Darüber hinaus könnten präventive Maßnahme als „Minusmaßnahme“ zum Genehmigungsentzug zulässig sein.903 4. Repressive Maßnahmen Repressive Aufsichtsmaßnahmen sind solche, die das Aufsichtsobjekt zur Korrektur oder notfalls dem Einstellen seines Verhaltens bringen sollen, und somit Teil der Berichtigungsphase im triepelschen Sinne.904 Repressive Aufsichtsmittel sind vor allem der klassische kommunalaufsichtliche Kanon: Beanstandung, An 897

§ 10 ESchVO-NRW; § 4 SchifTVO-LSA. Vgl. Bader / Keller / Krampen, in: Keller / K rampen, Kap. 7 Rn. 18 ff. 899 Vgl. LT.-Drs. (Niedersachsen) 15/388, S. 27. 900 Anders als dies Brockmann, in: Brockmann / Littmann / Schippmann, § 146 Rn. 2 annimmt, kann in die abschließende Anzeigepflicht des § 146 SchG-Niedersachsen nicht eine Anzeigepflicht für Lehrkräfte hineingedeutet werden, siehe Dritter Teil E. III. 3. b). 901 § 2 II 3 SchfTG-Hamburg. 902 Brosius-Gersdorf, Schulaufsicht, 75 ff. 903 Zur Zulässigkeit von Minusmaßnahmen später Dritter Teil E. III. 2. d). 904 Pieper, Aufsicht, 432. 898

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1. Teil: Grundlagen der staatlichen Aufsicht über Ersatzschulen 

ordnung, Ersatzvornahme und Bestellung von Staatsbeauftragten.905 Gegenüber Privaten üblich sind vor allem die Mittel der Tätigkeitsuntersagung und des Genehmigungsentzugs, doch gehören auch Tätigkeitsbeschränkungen, Kennzeichnungs- und Organisationspflichten, die Ersatzvornahme und die Einsetzung eines Beauftragten zum in anderen Rechtsgebieten bekannten Instrumentarium.906 Bei der Normierung repressiver Mittel der Ersatzschulaufsicht sind die Länder sparsam. Vielfach beschränken sich diese auf die Festlegung des Genehmigungsentzugs und der Tätigkeitsuntersagung für bestimmte Lehrpersonen. a) Aufhebung der Genehmigung Als Grundtatbestand repressiver Aufsichtsmittel ist der Entzug der Ersatzschulgenehmigung anzusehen. In fast allen Schulgesetzen (außer Baden-Württemberg, Bayern, Sachsen) besteht für die Aufhebung der Genehmigung eine §§ 48, 49 VwVfG verdrängende oder ergänzende Spezialregelung. In den Voraussetzungen gibt es wenige Unterschiede: Im Wesentlichen werden für eine Aufhebung zwei Tatbestandsmerkmale verlangt. Erstens das Nichterfüllen der Genehmigungsvoraussetzungen von Anfang an oder deren nachträgliches Wegfallen und zweitens das erfolglose Verstreichen einer (teilweise „angemessenen“) Mängelbeseitigungsfrist, welche von der Schulbehörde gesetzt werden muss.907 Auf der Rechtsfolgenseite ist dies stets als gebundene Entscheidung ausgestaltet. Ermessen haben die Behörden nur in den Ländern, die keine Spezialregelung vorsehen und §§ 48, 49 VwVfG anwenden. Schleswig-Holstein erlaubt daneben einen Ermessenswiderruf, wenn „der Schulträger Anordnungen der Schulaufsichtsbehörde wiederholt nicht befolgt oder festgestellte Mängel nach einer Mahnung nicht abstellt.“908 b) Tätigkeitsuntersagungen Überwiegend, besonders wenn keine individuellen Unterrichtsgenehmigungen vorgesehen sind, normieren die Länder eine Rechtsgrundlage zur Untersagung des Einsatzes von Lehrkräften an der Ersatzschule. Der Einsatz von Lehrerinnen und Lehrern und Leiterinnen und Leitern lässt sich hierdurch untersagen, wenn

905

§§ 170 ff. KomVG-Niedersachsen. Beispiele: §§ 45c, 46 KWG (Beauftragter und Ersatzvornahme); § 32 II KWG (Tätigkeitsbeschränkungen); vgl. Pieper, Aufsicht, 432 ff. 907 § 99 I SchG-Berlin; § 122 II SchG-Brandenburg; § 11 I, III PSchG-Bremen; § 121 I SchGMV; § 147 I SchG-Niedersachsen; § 101 VI SchG-NRW; § 10 PSchG-RLP; § 10 PSchG-Saarland; § 16 V 2 SchG-LSA; § 115 V 4 SchG-SH; § 6 I SchfTG-Thüringen; ohne Mängelbeseitigungsfrist dagegen § 172 SchG-Hessen; als Ergänzung zu §§ 48, 49 VwVfG (weil dort kein Aufhebungstatbestand vorgesehen ist) § 7 I, II SchfTG-Hamburg. 908 § 115 V 4 SchG-SH. 906

C. Bestandsaufnahme des Landesrechts

151

Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie ungeeignet sind909 oder die indivi­ duellen Voraussetzungen, d. h. die wissenschaftliche und pädagogische Ausbildung, nicht mehr vorliegen.910 Teilweise ist diese nachträgliche Untersagung oder Rücknahme auf Tatsachen beschränkt, die bei Lehrkräften öffentlicher Schulen zu einer Beendigung des Dienstverhältnisses führen.911 Keine Rechtsgrundlage für individuelle Tätigkeitsuntersagungen existiert trotz fehlendem Unterrichtsgenehmigungsverfahren in Hamburg.912 In Baden-Württemberg und Bayern richtet sich die Tätigkeitsuntersagung direkt an die betreffende Lehrkraft als Adressaten des Verwaltungsakts.913 Ähnliche Wirkung wie die Tätigkeitsuntersagung hat im Ergebnis der Widerruf einer notwendigen Unterrichtsgenehmigung, der nicht überall spezialgesetzlich vorgesehen ist. Teilweise ist zwischen beiden Instrumenten zu unterscheiden, wenn der Untersagung eine gefahrenabwehrrechtliche Zielsetzung (Unzuverlässigkeit der Lehrkraft) und der Unterrichtsgenehmigung eine pädagogische Zielrichtung zugrunde liegt.914 c) Beanstandungen Stellt die Schulaufsicht im Rahmen ihrer Informationserhebung einen Mangel fest, der mit dem Aufsichtsmaßstab unvereinbar ist, kann die Behörde diesen Mangel zunächst im untechnischen Sinne beanstanden, d. h. dem Träger zur Kenntnis bringen.915 Ist der Maßstab das geltende Recht, stellt die Beanstandung deklaratorisch fest, dass die beanstandete Maßnahme rechtswidrig ist. Ist der Maßstab die Zweckmäßigkeit, kann die Beanstandung konstitutiv das Nichtübereinstimmen festlegen.916 Ein „echtes“, d. h. eigenständiges Beanstandungsrecht – wie im Kommunalrecht – ist nirgends explizit vorgesehen. Man kann ein solches ggf. als Minus zur Genehmigung oder aus der einzuräumenden Mängelbeseitigungsfrist herleiten. Welche Rechtsfolgen sich daraus ergeben, ist jedoch fraglich.917

909 § 8 PSchG-BW; § 17 III FrTrSchG-Sachsen; § 8 SchfTG-Thüringen; nach Art. 95 EUGBayern auch beim pädagogischen Personal. 910 § 120 IIa SchG-MV; § 167 III SchG-Niedersachsen; § 98 V 5 SchG-Berlin. 911 § 11 II PSchG-Bremen; § 102 IV SchG-NRW. 912 § 13 II SchfTG-Hamburg bezieht sich nur auf Ergänzungsschulen. 913 § 8 PSchG-BW (vgl. VGH BW, VBlBW 2013, 103 ff.); Art. 95 EUG-Bayern. 914 Vgl. VG Magdeburg, Urt. v. 16. 02. 2016 – 7 A 50/14, juris (Rn. 36). 915 Wie hier Brosius-Gersdorf, Schulaufsicht, 39. 916 Salzwedel, VVDStRL 22 (1965), 206 (250). 917 Dazu später Dritter Teil E. III. 5. e).

152

1. Teil: Grundlagen der staatlichen Aufsicht über Ersatzschulen 

d) Anordnungen Während die Beanstandung negativ feststellt, dass eine Handlung nicht dem Aufsichtsmaßstab entspricht, verlangt die Behörde bei einer Anordnung im kommunalaufsichtlichen Sinne die Herstellung eines positiven Zustands.918 Die Anordnung dient der Feststellung oder Festlegung nicht hinreichend bestimmter Pflichten des Aufsichtsobjekts.919 Ähnlich wie bei der Beanstandung ist fraglich, ob in den Landesschulgesetzen allgemeine Anordnungsrechte vorgesehen sind, wie es sie gegenüber einer Kommune oder einer Stiftung gibt.920 Mit einem solchen Recht könnte die Behörde den Träger zur Durchführung einer Maßnahme oder einer bestimmten Schulgestaltung verpflichten. Lediglich Art. 113 II EUG-Bayern, § 3 III SchAG-Thüringen und § 115 V 5 SchG-SH sprechen von behördlichen „Anordnungen“ gegenüber Ersatzschulen. Dass daraus ein allgemeines Anordnungsrecht folgt, ist aber fraglich. Hierunter könnten im gegebenen Kontext auch Maßgaben für die bestehenden Aufsichtsrechte (etwa das Auskunftsrecht) zu verstehen sein, nicht eine Begründung eigenständiger Anordnungsbefugnisse.921 Ansonsten wäre es zumindest denkbar, allgemeine Anordnungen auf die manchmal vorgesehene Generalklausel zu stützen.922 e) Vollstreckungsmaßnahmen Grundsätzlich möglich wäre die Anwendung des Verwaltungsvollstreckungsrechts der Länder gegen die Schulträger, wenn ein vollziehbarer (Aufsichts-) Verwaltungsakt vorliegt.923 Der Behörde stünden in diesem Fall die (vollstreckungsrechtliche) Ersatzvornahme, das Zwangsgeld und die Anwendung unmittelbaren Zwangs zur Verfügung.924 Schulspezifische Vollstreckungsregelungen oder (Nicht-)Anwendbarkeitserklärungen gibt es im Landesrecht nicht. Es verbleibt daher zu klären, ob die spezialgesetzlichen Aufsichtsnormen das Vollstreckungsrecht verdrängen.925

918

Röhl, in: Schoch, Besonderes Verwaltungsrecht, Kap. 2 Rn. 76. Gröschner, Überwachungsrechtsverhältnis, 322. 920 Beispielhaft § 13 I Niedersächsisches Stiftungsgesetz: „Trifft ein Stiftungsorgan eine durch Gesetz oder Stiftungssatzung gebotene Maßnahme nicht, so kann die Stiftungsbehörde anordnen, daß es innerhalb einer bestimmten Frist das Erforderliche veranlaßt.“ 921 Zur Einordnung nach verfassungsrechtlichen Maßgaben später Dritter Teil E. III. 5. f). 922 Dafür Brockmann, in: Brockmann / Littmann / Schippmann, § 167 Rn. 3 allerdings als „Weisung“. 923 Vgl. Becker, Aufsicht, 156. 924 Becker, Aufsicht, 156. 925 Dazu Dritter Teil E. III. 5. h). 919

C. Bestandsaufnahme des Landesrechts

153

Nach Auffassung des OVG Sachsens926 war zeitweise darüber hinaus das Kommunalaufsichtsrecht der sächsischen Gemeindeordnung auf die Schulaufsicht über Privatschulen anwendbar. Daher bestand in Sachsen neben den geltenden Spezialbefugnissen das Informations-, Beanstandungs-, Anordnungs- und Ersatzvornahmerecht der Gemeindeordnung. Nach der Novelle des FrTrSchG-Sachsen zum 31. 07. 2015 ist dieser Rechtsauffassung die Grundlage entzogen, sodass die spezialgesetzlichen Instrumente abschließend sind.927 In Sachsen wie auch in allen anderen Bundesländern existieren keine Ermächtigungsgrundlagen für die Aufhebung bestimmter Maßnahmen, den Selbsteintritt, die Ersatzvornahme oder die Einsetzung eines Staatsbeauftragten. 5. Informelle Maßnahmen Informelle „Maßnahmen“ der Aufsicht können auf allen drei beschriebenen Handlungsebenen der Aufsichtstätigkeit erfolgen.928 Informell sind die Mittel, wenn sie nicht in Form von Befehl und Zwang erfolgen. Dazu gehören (nicht abschließend): Beratung929 und Betreuung, Warnungen und Empfehlungen, Absprachen und Verständigungen oder allgemein die Kooperation unterhalb der Schwelle des (öffentlich-rechtlichen) Vertrags.930 Informell sind auch die Erlasse, welche die Aufsichtspraxis der Schulbehörden näher erläutern. In der Schulpraxis dürften informelle Mittel mittlerweile eine größere Rolle spielen als die „offiziellen“ Aufsichtsinstrumente.931 Probleme ergeben sich, wenn der inoffizielle Beratungs- und Empfehlungsdruck geeignet sein kann, die Schulen zu einer nicht notwendigen Anpassung an das öffentliche Schulwesen zu veranlassen, als das nach dem offiziellen Aufsichtsmaßstab erforderlich wäre.932

926

OVG Sachsen, Urt. v. 31. 03. 2015 – 2 A 758/13, juris (Rn. 13); Urteil vom 26. Juli 2011 – 2 A 856/10, juris (Rn. 21); das OVG stützt sich auf den Verweis des § 17 I FrTrSchG-Sachsen auf § 58 (insb. III) SchG-Sachsen. 927 § 17 I FrTrSchG-Sachsen, der § 18 I ersetzt, verweist nicht mehr auf § 58 SchG-Sachsen. Der Verweis auf das Schulgesetz betrifft nur materielle Anforderungen, keine Befugnisse. Siehe LT.-Drs. (Sachsen) 6/1246, S. 4, 39 ff.); wohl anderer Auffassung Brosius-Gersdorf, Schulaufsicht, 77 Fn. 209. 928 Pieper, Aufsicht, 435. 929 Erwähnt in § 17 I FrTrSchG-Sachsen. 930 Pieper, Aufsicht, 435 ff. 931 Brockmann, in: Brockmann / Littmann / Schippmann, § 167 Rn. 3, s. aber dort auch bei § 120a Rn. 4 (Kein Anspruch der Schulen auf Beratung); vgl. Ulrich, in: Galas / K römer et al., § 167 Rn. 2; zur Kommunalaufsicht s. Waechter, Kommunalrecht, Rn. 191. 932 Vgl. Pieper, Aufsicht, 437 ff.

154

1. Teil: Grundlagen der staatlichen Aufsicht über Ersatzschulen 

6. Aufsichtsinstrumente über anerkannte Ersatzschulen Über anerkannte Ersatzschulen enthalten die Schulgesetze fast keine gesonderten Aufsichtsinstrumente. Diese Praxis ist allerdings in anderen Beleihungssituationen üblich. „Art, Umfang und Reichweite der Aufsichtsmittel“ für die Fachaufsicht über Beliehene bleibt vielerorts unerörtert.933 So ist auch ein Weisungsrecht über anerkannte Ersatzschulen in keinem Schulgesetz explizit niedergelegt. Allenfalls die von den Schulen einzuhaltenden „Anordnungen“ zum Prüfungswesen in einigen Bundesländern934 kann man entsprechend interpretieren. Als originäre Aufsichtsmittel der anerkannten Ersatzschulen können diese in Bremen zur Teilnahme an Qualitätsuntersuchungen verpflichtet werden.935 In Brandenburg sind regelmäßige Schulhospitationen zur Sicherstellung der Qualität der vergebenen Abschlüsse zulässig.936 Schließlich ist der vielfach vorgesehene Vorsitz der Schulaufsichtsbehörde bei den von der Ersatzschule durchgeführten Prüfungen als spezifisches Aufsichtsmittel zu nennen.937

V. Einordnung der Bestandsaufnahme des Landesrechts zur Ersatzschulaufsicht Die Bestandsaufnahme der gesetzlichen Regelungen zur Ersatzschulaufsicht hat gezeigt, dass man das Recht der Ersatzschulaufsicht in den sechzehn Bundesländern als insgesamt einigermaßen homogen bezeichnen kann. Das gilt vor allem für die Maßstäbe der Aufsicht. Größere Abweichungen gibt es in formeller Hinsicht bei Verfahren, Instrumenten und Adressaten. Im Detail bestehen an einigen Punkten Unterschiede, die verfassungsrechtliche Fragen aufwerfen. Zur Vereinheitlichung beigetragen hat, dass sich viele Landesgesetzgeber an den Vereinbarungen der Kultusministerkonferenz oder am Musterschulgesetz des DJT orientiert haben. Darüber hinaus regelt Art. 7 IV 2–4, V GG vergleichsweise ausführlich das Rechtsregime der Ersatzschulen. Doch entspringt den grundgesetzlichen Vorgaben und Orientierungspunkten der Mustergesetze für die rechtlichen Normierungen des Ersatzschulwesens nicht nur positive Wirkung. Alle Landesgesetze und die präzisierenden Verordnungen haben gemein, dass ausfüllungsbedürftige Rechtsbegriffe, vage Formulierungen und großzügige Interpretationsspielräume verbleiben. Verglichen mit anderen Aufsichtsregimen (z. B. dem VAG, dem TKG oder den Landesstiftungsgesetzen) sind die gesetzlichen Vorgaben kurz938 und 933

Pieper, Aufsicht, 128. Siehe bereits Erster Teil C. II. 5. c). 935 § 18 III 2 PSchG-Bremen. 936 § 9 ESGAV-Brandenburg. 937 Beispiel § 148 II 2 SchG-Niedersachsen. 938 Die gesamten KMK-Vereinbarungen 1951 zum Privatschulrecht bestehen aus nur 19 kurzen (!) Paragraphen, die Regelungen des DJT-SchulGE aus 9. 934

C. Bestandsaufnahme des Landesrechts

155

veröffentlichte administrative Konkretisierungen kaum vorhanden. Dadurch – und das ist der entscheidende und kritische Punkt – bestehen jedoch nicht zwangsweise weniger rechtliche Gestaltungsvorgaben für Ersatzschulträger. Das sieht man besonders bei der Gleichwertigkeit der Lehrziele oder dem Ersatzschulbegriff, um deren Definitionen sich die Landesgesetzgeber oftmals „herumdrücken“, gleichzeitig in der Praxis dadurch eine weitreichende Übereinstimmung mit öffentlichen Schulen fordern.939 Es ist kaum übertrieben, wenn man derart weitgehende Angleichungsvorgaben, gestützt auf weiche Begriffe wie „Lehrziele“ oder „Gleichwertigkeit“, in anderen Aufsichtsrechtsregimen mit Blick auf deren Bestimmtheit anzweifeln würde. Weil Art. 7 IV GG diese Sprache benutzt, sind solche Bedenken im Ersatzschulrecht bisher noch nicht durchgedrungen. Zu beachten ist allerdings, dass die Heterogenität des Privatschulwesens gewollt ist und eine individuelle Betrachtung jeder einzelnen Schule notwendig macht. Offen formulierte Regeln können Freiräume sichern.940 Der Aufsichtsmaßstab der Landesgesetze ist im Wesentlichen sprachlich kongruent mit den Genehmigungsanforderungen des Art. 7 IV 2–4 und V GG. Viele Landesgesetze wiederholen lediglich den Wortlaut des Grundgesetzes, ohne diesen näher zu konkretisieren. Vergleichsweise wenig Probleme bereitet dies bei den Anforderungen an die Lehrerinnen und Lehrer und deren wirtschaftliche und rechtliche Stellung, weil die grundgesetzlichen Vorgaben recht eindeutig sind. Die Normanalyse hat gezeigt, dass die meisten Länder in diesem Bereich ähn­ liche Anforderungen stellen. Gleichwohl unterscheiden sich die persönlichen und organisatorischen Anforderungen an die Schulleitung durchaus. Über die bereits angesprochene Problematik der „Lehrziele“ hinaus zieht sich die Unbestimmtheit aller Tatbestandsmerkmale durch das Landesprivatschulrecht hindurch. In der Regel wird weder im Einzelnen definiert, welche Bereiche etwa als „Einrichtungen“ zu gelten haben, noch nach welchen Kriterien sich die Gleichwertigkeit bemessen soll. Zieht man die Aufsichtsmittel in die Betrachtung ein, fehlt häufig ein erkennbares Instrumentarium zur Feststellung dieser Maßgaben. Besonders an den Regelungen zum Sonderungsverbot lässt sich auch die Frage aufwerfen, inwiefern die sehr unterschiedlichen Gestaltungen der Landesschulgesetzgeber noch als „Konkretisierung“ der verfassungsrechtlichen Begriffe oder schon als Einschränkung der Ersatzschulfreiheit zu sehen sind. Neben diesen Genehmigungsvoraussetzungen und sonstigen Pflichten lohnt ein Blick auf den Ersatzschulbegriff sowie auf den Schulbegriff, weil sie Maßstäbe der Aufsicht über Ersatzschulen sind. Augenscheinlich besteht bei diesen ein größerer Spielraum für das Landesrecht als bei den von Art. 7 IV GG festgelegten Kriterien, da die Länder über ihr eigenes Schulwesen bestimmen. Diese definitorische Festlegung der Aufsichtsobjekte hat Auswirkungen auf deren schulische Gestaltungsfreiheit. Insgesamt zeigt sich aber,

939

Vgl. Vogel, DÖV 2008, 895 (903); Avenarius, in: Deutscher Juristentag, Schule im Rechtsstaat, 155 (162 ff.); Deutscher Juristentag, DJT-SchulGE, 391. 940 Vgl. Deutscher Juristentag, DJT-SchulGE, 390 ff.

156

1. Teil: Grundlagen der staatlichen Aufsicht über Ersatzschulen 

dass sich die in der Praxis beklagte Verengung der Freiräume privater Schulen eher auf Anwendungsebene denn auf gesetzlicher Ebene abspielt. Hinsichtlich des Aufsichtsmodus machen sämtliche Gesetze erkennbar, dass die Aufsicht über genehmigte Ersatzschulen eine Rechtskontrolle und keine Fachaufsicht darstellt. „Rechtsaufsicht“ ist jedoch keine effektive Einschränkung des schulbehördlichen Aktionsradius, wenn die zu kontrollierenden Vorschriften erheblichen Spielraum belassen, um behördliche Aufsichtsmaßstäbe faktisch festzulegen und durchzusetzen.941 Gegenüber den anerkannten Ersatzschulen fehlt es dagegen an jeglicher Klarheit hinsichtlich des Modus der Aufsicht. Vor allem ist nicht ersichtlich, in welchen Bereichen die Schulen weiterhin ihr eigenes Profil verwirklichen können und wo sie der punktuellen staatlichen Leitungsgewalt als Beliehene unterstehen sollen. Auch bei den Aufsichtsinstrumenten herrscht kein besonderer Pluralismus. In der Regel sind lediglich Informations-, Betretungs- und / oder Besichtigungsrechte und die Zurücknahme der Genehmigung festgelegt. An einem echten schulaufsichtlichen Maßnahmenkanon fehlt es. Das muss angesichts des Stellenwerts der Schulaufsicht im Grundgesetz und angesichts der zu prüfenden Aspekte des privaten Schulehaltens verwundern. Zwar kann man etwa die Bezahlung der Lehrkräfte mit Blick in die Schulakten feststellen, überwiegend aber nicht die „Leistung“ bzw. den Kenntnisstand der Schülerinnen und Schüler. Für den weiteren Verlauf dieser Untersuchung ergeben sich aus dieser Bestandsaufnahme des Landesschulrechts Probleme, die eine verfassungsrechtliche Betrachtung erforderlich machen. An erster Stelle steht die Grundrechtsdogmatik des Art. 7 IV 1 GG und das Verhältnis zu Art. 7 I GG. Gerade weil die Landesgesetzgeber sich fast ausschließlich auf eine Normierung der Genehmigungsvoraussetzungen beschränken, gilt es, das Verhältnis des Landesrechts zum Grundrecht der Privatschulfreiheit und das der Aufsichtsnormen zu Art. 7 I GG zu ergründen. Unterliegen die Ersatzschulen einer verfassungsunmittelbaren Grenze ihrer Freiheit oder ist die Aufsicht und die zugrundeliegende Maßstabssetzung als Eingriff in das Grundrecht zu betrachten und im Einzelnen rechtfertigungsbedürftig? Die Grundrechtsbetrachtung gibt weiterhin darüber Aufschluss, welche Parallelen im Aufsichtsrechtsregime der Ersatzschulen zu anderen Rechtsgebieten gezogen werden können und ob sich hieraus z. B. Aussagen zur Bestimmtheit der Normen und zu den zulässigen Aufsichtsinstrumenten gewinnen lassen. Insofern ist die Homogenität der Ersatzschulbestimmungen der Länder hilfreich, da sich jeweils ähnliche Probleme stellen. Dies betrifft etwa die im Landesrecht offengelassenen Fragen nach der Vollstreckbarkeit aufsichtsrechtlicher Vorgaben, der Zulässigkeit von „Minusmaßnahmen“ und anderer, nicht normierter Aufsichtsinstrumente sowie der Reichweite der Aufsicht über anerkannte Ersatzschulen.

941

Vgl. Kahl, Staatsaufsicht, 544 ff.

Zweiter Teil

Verfassungsrechtlicher Rahmen der Ersatzschulaufsicht Bislang hat sich herausgestellt, dass die Aufsicht des Staates über Ersatzschulen als in erster Linie verfassungsrechtliche Problematik anzusehen ist. Die Bestimmungen des Grundgesetzes scheinen die landesrechtlichen Aufsichtsnormen weitgehend zu determinieren und ein landesübergreifendes „Kern-Ersatzschulrecht“ vorzusehen. Zwar sind daher die einzelnen Rechtsbegriffe des Art. 7 IV 3–4 GG in Literatur und Rechtsprechung gut ausgeleuchtet, nicht hingegen die zugrundeliegende Grundrechtsstruktur der Privatschulfreiheit und ihrer Schranken.1 Insbesondere ist fraglich, welche Spielräume die verfassungsunmittelbaren Genehmigungskriterien den Landesgesetzgebern einräumen und welche Vorgaben sich für den Aufsichtsvollzug hieraus ableiten lassen. Dieser Grundrechts­ dogmatik, d. h. dem Zusammenspiel von Inhalt und Schranken des Grundrechts, gilt es vorliegend besondere Beachtung zu schenken, da diese landesübergreifenden gesetzgeberischen und administrativen Handlungsspielräume im Mittelpunkt der Untersuchung stehen. Der nun folgenden Teil umgrenzt als Erstes die zu untersuchenden rechtlichen Bestimmungen, wozu er die internationalen und europarechtlichen sowie landesverfassungsrechtlichen Hintergründe des Privatschulrechts bestimmt, welche auf die Aufsicht und Steuerung der Ersatzschulen Einfluss haben können (A.). Unter Rückgriff auf die Erkenntnisse des ersten Teils und mit Blick auf den zunächst darzustellenden Stand in Literatur und Rechtsprechung folgt (B.) die Untersuchung der Dogmatik des Art. 7 IV GG, also die konkrete grundrechtssystematische Bedeutung der jeweiligen Gewährleistungen für Ersatzschulen. Hieran schließt die Darstellung der allgemeinen Funktion und spezifischen Bedeutung des Art. 7 I GG für die Aufsicht über das Ersatzschulwesen an (C.). Aus der Zusammenführung des Grundrechts einerseits und der Schulaufsichtsvorschrift andererseits ergibt sich die Rechtsstellung der allgemeinen (genehmigten) Ersatzschule im Grundgesetz (D.), die als Basis der Erarbeitung konkreter Direktiven für die staatliche Aufsichtsausübung im dritten Teil dient. Vorher sind jedoch zunächst die Faktoren zu betrachten, die diese Rechtsstellung bereits auf Verfassungsebene modifizieren könnten (E.).

1

Siehe näher Zweiter Teil B. I.

158

2. Teil: Verfassungsrechtlicher Rahmen der Ersatzschulaufsicht 

A. Bedeutung verfassungs-, völker- und europarechtlicher Bestimmungen über das Schulwesen für Aufsicht und Steuerung I. Stellung der Schule im Verfassungsgefüge zwischen Land und Bund Art. 7 enthält als einzige Bestimmung des Grundgesetzes unmittelbar organisa­ tionsrechtliche Aussagen über das Schulwesen in Deutschland.2 Die Vorschrift ist „Grundsatznorm über Schule, Bildung und Ausbildung“ und enthält mehrere Grundrechte, Organisations- und Aufgabennormen, Einrichtungsgarantien, Auslegungsregeln und objektive Gewährleistungen.3 Im Gegensatz zu seinen Vorgängervorschriften (Art. 143 bis 149 der WRV)4 enthält sich das Grundgesetz der wesentlichen schulorganisatorischen Fragestellungen. Stattdessen überträgt die Verfassung die Kulturhoheit und damit die Verantwortung für das Schulwesen im Grundsatz den Bundesländern.5 Dem entspricht es, dass die ersten Verfassungsentwürfe zunächst keine Regelung zum Schulwesen enthielten und erst nach Diskussionen um Elternrechte im Parlamentarischen Rat einige Grundsatzregelungen auf Bundesverfassungsebene notwendig erschienen.6 Art. 7 GG regelt augenscheinlich vier Teilaspekte des Schulwesens. Die staatliche Schulaufsicht (Absatz 1), den Religionsunterricht (Absätze 2 und 3), die privaten Schulen (Absätze 4 und 5) und die Vorschulen (Absatz 6).7 Art. 7 GG enthält bewusst kein in sich geschlossenes bildungsverfassungsrechtliches Konzept, sondern bloß Fragmente.8 Die Verfassung verkennt damit nicht die Bedeutung des Schulwesens für die freiheitlich-demokratische Grundordnung, sondern beschränkt sich bewusst auf einen Rahmen, der von den Ländern auszufüllen und auszuführen ist.9 Diese deutliche Aufwertung der landesgesetzgeberischen Gestaltungsfreiheit darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass die partiellen Regelungen des Art. 7 GG, vor allem jedoch das Zusammenwirken mit anderen Grundrechten, eine gewisse Unitarisierungstendenz für wesentliche schulrechtliche Fragestellun 2

Art. 141 GG kann als Ausnahmevorschrift außer Betracht bleiben. BVerfGE 6, 309 (355); 75, 40 (61); zur Wendung: Badura, in: Maunz / Dürig, Art. 7 Rn. 32 ff.; vgl. Brosius-Gersdorf, in: Dreier, Art. 7 Rn. 20. 4 Zur Historie bereits Erster Teil B. I. 5 BVerfGE 6, 309 (354 ff.); 53, 185 (195 ff.); 59, 360 (377); 75, 40 (66 ff.); Badura, in: Maunz / Dürig, Art. 7 Rn. 26; zur Kulturhoheit Geis, DÖV 1992, 522; zu verbleibenden Kompetenzen des Bundes bereits Erster Teil C. I. 1. a). 6 Badura, in: Maunz / Dürig, Art. 7 Rn. 28 ff.; Jestaedt, in: Isensee / K irchhof, HdBStR VII, § 156 Rn. 4. 7 Loschelder, in: Merten / Papier, HGR IV, § 110 Rn. 2. 8 Prononciert Jestaedt, in: Isensee / K irchhof, HdBStR VII, § 156 Rn. 23: „fragmentarisch, sektoral und partiell“; vgl. BVerfGE 26, 228 (238). 9 Jestaedt, in: Isensee / K irchhof, HdBStR VII, § 156 Rn. 2; ähnlich Germelmann, Kultur, 92 ff. 3

A. Verfassungs-, völker- und europarechtliche Bestimmungen 

159

gen bewirken.10 Insbesondere für das Privatschulwesen stellen die Absätze 4 bis 6 des Art. 7 GG eine vom Verfassungsgeber intendierte11 Rechtseinheit her.12 Weitere schulrechtliche Organisationsbestimmungen enthalten manche Landesverfassungen. Diese wiederholen die Gewährleistungen des Grundgesetzes entweder, verweisen direkt auf diese oder erweitern die Bestimmungen punktuell.13 Viele zuvor von der WRV ausgesprochene Regelungen finden sich in den Landesverfassungen. Prominentes Beispiel hierfür ist die Schulpflicht.14 Daneben regeln viele Verfassungen der Länder einen Grundstock an verbindlichen, wenngleich all­gemeinen Bildungszielen.15 Das teilweise postulierte „Recht auf Bildung“16 gibt schließlich einen Teilhabeanspruch an vorhandenen Bildungsressourcen.17 Eine starke Lenkungswirkung für das Schulwesen als Ganzes entfalten die Landesverfassungen nicht.18 Auch für das Privatschulwesen spielen die Landesverfassungen abseits finanzieller Fragen eine geringe Rolle. Jedenfalls gibt es keine Landesverfassung, die hinter dem von Art. 7 IV, V GG gewährleisteten Schutzniveau zurückbleibt.19 Einige Verfassungen enthalten weitergehende Leistungsrechte der Privatschulen, z. B. einen subjektiven Anspruch auf finanzielle Förderung.20 Nach Art. 142 GG sind solch weitergehende Garantien unschädlich.21 Als einziges Bundesland gewährleistet Nordrhein-Westfalen in Art. 8 IV 2 seiner Landesverfassung einen Anspruch auf Vergabe öffentlicher Berechtigungen und Abschlüsse 10

Wißmann, in: BK-GG, Art. 7 III Rn. 2. Vgl. Stern, Staatsrecht, Bd. IV/2, 523. 12 BVerfGE 27, 195 (200); 75, 40 (62). 13 Umfassend zu den Verfassungen Pieroth / Barczak, in: Avenarius / Pieroth / Barczak, Herausforderung, 71 (98 ff.). 14 Art. 30 LV-Brandenburg; Art. 30 LV-Bremen; Art. 4 II LV-Niedersachsen; Art. 8 II LVNRW; Art. 102 I LV-Sachsen; Art. 8 I LV-SH; Art. 23 LV-Thüringen. 15 Überblick bei Kirchhof, in: Merten / Papier, HGR VIII, § 238 Rn. 47 ff.; Germelmann, Kultur, 94 ff. 16 Art. 11 LV-BW; Art. 128 I LV-Bayern; Art. 20 I LV-Berlin; Art. 29 I LV-Brandenburg; Art. 27 I LV-Bremen; Art. 4 I LV-Niedersachsen; Art. 8 I LV-NRW; Art. 25 I LV-LSA; Art. 20 LV-Thüringen. Vgl. Poscher / Rux / L anger, Recht auf Bildung, 107 ff. und passim. 17 Kirchhof, in: Merten / Papier, HGR VIII, § 238 Rn. 46; Bräth / Nolte, in: Epping / Butzer et al., Art. 4 Rn. 1 ff. 18 Vgl. Jestaedt, in: Isensee / K irchhof, HdBStR VII, § 156 Rn. 24; Barczak, Übergang, 126 ff. 19 Keller, in: Keller / K rampen, Kap. 2 Rn. 84 ff. Aufgrund des gleichen oder weitergehenden Schutzniveaus bleiben die Bestimmungen nach Art. 142 GG in Kraft, s. Loschelder, in: Merten / Papier, HGR IV, § 110 Rn. 11. 20 Art. 8 IV 3 LV-NRW; Art. 102 IV 2 LV-Sachsen; Art. 26 II 2 LV-Thüringen; Art. 28 II 1 LV-LSA und Art. 4 III 2 LV-Niedersachsen. Damit gehen die Vorschriften über die bundesverfassungsrechtlich anerkannte, aber lediglich objektiv-rechtliche Pflicht zur Förderung hinaus, siehe VerfGH NRW, NVwZ 1984, 95 f.; VerfGH Sachsen, SächsVBl 2014, 83; VerfGH Thüringen, Urt. v. 21. 03. 2014 – VerfGH 13/11, juris (Rn. 118 ff.); Kluth, in: Merten / Papier, HGR VIII, § 258 Rn. 53; Brosius-Gersdorf, DÖV 2017, 881; anderer Ansicht VerfGH Brandenburg, Urt. v. 12. 12. 2014 – 31/12, juris (Rn. 147) zu Art. 30 VI 2 LV-Brandenburg. 21 Pieroth / Barczak, in: Avenarius / Pieroth / Barczak, Herausforderung, 71 (104 ff.); ausführlich zum Verhältnis von Landesverfassungen und Bundesverfassung Germelmann, Kultur, 110 ff. 11

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2. Teil: Verfassungsrechtlicher Rahmen der Ersatzschulaufsicht 

für Ersatzschulen und verbindet damit Genehmigung und Beleihungsakt.22 Die Verfassungsvorschrift ist unproblematisch, da sie die Rechte der Schule erweitert. Die Vereinbarkeit deren einfachrechtlichen Pendants (§ 100 IV – VI SchG-NRW) mit Art. 7 IV 1 GG ist hingegen fraglich, da die „nur“ genehmigte Schule zusätzliche Anforderungen hinnehmen muss, wenn sie sich nicht in gewissen Umfang an die für öffentliche Schulen geltenden Regeln binden will.23 Die Verfassung Rheinland-Pfalz’ legt in Art. 30 im Wortlaut etwas andere Maßstäbe für die Genehmigung der Privatschulen an, deren landesverfassungsrechtliche Auslegung jedoch mit dem Grundgesetz übereinstimmen soll.24 Sofern Art. 30 I 3 LV-RLP darüber hinaus die Verfassungstreue der Lehrkräfte an Privatschulen verlangt, entspricht dies den in anderen Ländern einfachrechtlich festgelegten Vorgaben.25

II. Völkerrechtliche Vorgaben für die Gestaltung des Schulwesens Das Schulwesen ist heutzutage ein Mehrebenensystem. Das betrifft nicht allein die Vorgaben des Grundgesetzes, sondern auch das internationale Bildungsrecht, dessen Bindung und Reichweite unterschiedlich stark ist. Im Völkerrecht besonders vertreten ist das Recht auf Bildung.26 Subjektiv einforderbare Regelungen enthält hingegen nur die UN-Kinderrechtskonvention, die zu ihrer Durchsetzung konkrete Maßnahmen vorsieht (unentgeltlicher Primarschulzugang, Zugang zu weiterführenden Schulen etc.) und ihre Relevanz vor allem beim gleichberechtigten Zugang von Kindern mit Migrationshintergrund zur weiterführenden Bildung hat.27 Die völkervertraglichen Regelungen binden als Bundesrecht nach Art. 59 II GG die Länder.28 Sie stehen im Rang unter dem Grundgesetz, sind aber im Rahmen dessen gebotener völkerrechtsfreundlicher Auslegung zu berücksichtigen.29

22

Ennuschat, in: Löwer / Tettinger, Art. 8 Rn. 83; wohingegen seit BVerfGE 27, 195 ein solcher Anspruch vom Gericht abgelehnt wird. Zur Einordnung der Anerkennung im Landesrecht bereits Erster Teil C. I. 2. d). 23 Kümper, DÖV 2015, 864 (873). Dazu später Zweiter Teil E. IV. 1. 24 Hennecke, in: Grimm / Caesar, Art. 30 Rn. 6; Seckelmann, in: Brocker / Droege / Jutzi, Art. 30 Rn. 7. 25 Vgl. Hennecke, in: Grimm / Caesar, Art. 30 Rn. 9. Siehe bereits Erster Teil C. II. 3. c) cc). 26 Art. 26 Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (AEMR); Art. 13 ff. des Internationalen Pakts über wirtschaftliche, soziale, und kulturelle Rechte (IPwskR); UNESCO-Abkommen gegen Diskriminierung im Unterrichtswesen; Art. 28 ff. UN-Kinderrechtskonvention. 27 Rux, Schulrecht, Rn. 107 ff.; Wißmann, in: BK-GG, Art. 7 I Rn. 20. 28 Mahler / Weiß, RdJB 2007, 430 (445 ff.). Zu beachten ist, dass der Bund die Länder nur nach Vorabbefassung der Legislative verbindlich verpflichten kann. Insofern wird auch im Bildungsbereich das Lindauer-Abkommen angewandt. Unter Verweis auf BVerwGE 134, 1 (19) vgl. Wißmann, in: BK-GG, Art. 7 I Rn. 8. 29 BVerfGE 74, 358 (370) 83, 119 (128); 111, 307 (329); 120, 180 (200 ff.); 128, 326 (367 ff.); 142, 313 (345).

A. Verfassungs-, völker- und europarechtliche Bestimmungen 

161

Relevanz für die Gestaltung des Schulwesens haben vor allem die UN-Behin­ dertenrechtskonvention (BRK) und Art. 2 des 1. Zusatzprotokolls zur EMRK (ZP 1-EMRK). Art. 24 BRK fordert nicht nur einen diskriminierungsfreien Zugang behinderter Kinder zum bestehenden Bildungssystem, sondern verpflichtet die Landesgesetzgeber zur Schaffung eines inklusiven Schulwesens,30 wobei die Geltung für Privatschulen umstritten ist.31 Die BRK entfaltet unmittelbare Konsequenzen auf die Gestaltungsfreiheit des Schulwesens, insb. mit Blick auf das gegliederte Schulsystem.32 Bedeutsam ist in diesem Kontext ferner die Rechtsprechung des EGMR zu Art. 2 ZP 1-EMRK, der aus dem Recht auf Bildung und dem allgemeinen Diskriminierungsverbot aus Art. 14 EMRK einen Verstoß gegen die Konvention ableitet, wenn eine strukturelle Diskriminierung aufgrund einer Gruppenzugehörigkeit vorliegt, wobei eine mittelbare Diskriminierung ausreichen soll.33 Im Bereich der sog. Internationalen Schulen sind weiterhin die Vorgaben des GATS34 zu berücksichtigen.35 Daneben begründet Art. 2 ZP 1-EMRK über den Wortlaut hinaus ein Recht auf Gründung von Privatschulen.36 Einen hieraus abzuleitenden Anspruch auf Finanzierung versperrt der Vorbehalt Deutschlands zu Art. 2 ZP 1-EMRK.37 Der Gerichtshof musste sich bisher nicht damit auseinandersetzen, welche Hürden der Staat für die Gründung privater Schulen setzen kann und wie sich eine staatliche Aufsicht auf das Recht auf Gründung auswirkt.38 Die Literatur erkennt dem Staat einen weiten Gestaltungsspielraum zu und nimmt überwiegend lediglich das Verbot der Monopolisierung der Staatsschule an.39 Umgekehrt hat der EGMR sogar bestimmte Verpflichtungen der Vertragsstaaten zur Aufsicht über private Schulen erwogen.40 Die Vorgaben des Grundgesetzes für Privatschulen sollen sowohl als Eingriffsrecht als auch als Aufsichtspflicht hiermit in Einklang stehen.41 Die bildungsrechtlichen Vorgaben der EMRK und des sonstigen internationalen Rechts

30

Poscher / Rux / L anger, Inklusion, 28 f.; Brosius-Gersdorf, in: Dreier, Art. 7 Rn. 66. Vgl. Brosius-Gersdorf, in: Dreier, Art. 7 Rn. 67; Brockmann, in: Brockmann / Littmann / ​ Schippmann, § 141 Rn. 3.1. Zur Umsetzung im Landesrecht bereits Erster Teil C. II. 4. a). 32 Rux, Schulrecht, Rn. 112. 33 EGMR, NJW 2008, 2017; Koch / Nguyen, EuR 2010, 364; kritisch Heyden / v. UngernSternberg, EuGRZ 2009, 81. 34 Allgemeines Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen vom 15. April 1994. 35 Füssel / L eschinsy, in: Cortina / Baumert et al., Bildungswesen, 132 (198). 36 Frowein, in: Frowein / Peukert, Art. 2 ZP 1 EMRK Rn. 11; Hanschmann, in: Meyer-Ladewig / Nettesheim / v. Raumer, Art. 2 ZP 1 EMRK Rn. 26 mit weiteren Nachweisen. 37 EGMR, NVwZ 2014, 1293 (Rn. 16). 38 Vgl. Frowein, in: Frowein / Peukert, Art. 2 ZP 1 Rn. 11; Pieroth / Barczak, in: Avenarius / Pieroth / Barczak, Herausforderung, 71 (108). 39 Vgl. Ennuschat, VERW 2012, 331 (335); Langenfeld, RdJB 2007, 412 (417); zur Beschränkung des Gerichtshofs auf eine Missbrauchskontrolle vgl. Rux, Schulrecht, Rn. 128. 40 EGMR, 25. 03. 1993, Costello-Roberts ./. UK, Nr. 13134/87; Grabenwarter / Pabel, EMRK, § 22 Rn. 106; 99. 41 Grabenwarter / Pabel, EMRK, § 22 Rn. 99. 31

162

2. Teil: Verfassungsrechtlicher Rahmen der Ersatzschulaufsicht 

haben gemein, dass diese eher weniger den individuellen abwehrrechtlichen Charakter in den Vordergrund stellen, sondern staatliche Gewährleistungspflichten für das Schulwesen beinhalten.42

III. Unionsrecht, insbesondere Anwendbarkeit der Grundfreiheiten Art. 14 I, II der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRCh) statuiert ein Recht auf Bildung und auf unentgeltlichen Pflichtschulunterricht. Absatz 3 begründet darüber hinaus ein Recht auf Gründung von Privatschulen. Der Anwendungsbereich der Grundrechtecharta ist allerdings gem. Art. 51 I 1 GRCh, Art. 165 AEUV begrenzt. Die Mitgliedsstaaten sind weiterhin für die Gestaltung des Bildungswesens und der Lehrinhalte zuständig, sodass sie hierbei nicht Unionsrecht anwenden und damit die Gewährleistungen der Charta nicht zur Anwendung kommen.43 Für die allgemeinen Grenzen der Schulaufsicht über Privatschulen und die der Aufsicht zugrundeliegenden Rechtspflichten der Ersatzschulen folgt hieraus daher nichts. Anwendungsbereiche für Unionsrecht bestehen in den Berührungspunkten mit anderen Rechtsgebieten, wie dem Bildungszugang für Kinder von Schutzsuchenden oder für schutzsuchende Kinder (Art. 14 Aufnahmerichtlinie 2013/33/EU) und dem allgemeinen Diskriminierungsverbot von Unionsbürgerinnen und Unionsbürgern (Art. 18 I AEUV).44 Zu größeren Verwerfungen könnte potenziell die Frage führen, ob sich aus privaten Entgelten finanzierende Schulen als Dienstleistungen im Sinne des AEUV anzusehen sind, weil in dem Fall die Dienstleistungsfreiheit (Art. 56 AEUV) und die Dienstleistungsrichtlinie (2006/123/EG) auf Privatschulen und auf die deren Tätig­keit beschränkende Maßnahmen grundsätzlich anwendbar wären.45 Das Harmonisierungsverbot des Art. 165 IV AEUV46 bezieht sich nur auf die in diesem Titel geregelten Maßnahmen, sodass es die Anwendung der Grundfreiheiten oder die allgemeinen Sekundärrechtsakte für Dienstleistungen nicht ausschließt.47 Die EuGH-Rechtsprechung betrachtet demnach das private Schulehalten als Dienstleistung, wenn sich die Schule überwiegend aus privaten Mitteln finanziert.48 Bei

42

Vgl. Grabenwarter / Pabel, EMRK, § 22 Rn. 88. Pieroth / Barczak, in: Avenarius / Pieroth / Barczak, Herausforderung, 71 (110); Langenfeld, in: Merten / Papier, HGR VI/1, § 163 Rn. 46; vgl. Langenfeld, RdJB 2007, 412 (423 ff.). 44 Wißmann, in: BK-GG, Art. 7 I Rn. 23 f.; Langenfeld, in: Merten / Papier, HGR VI/1, § 163 Rn. 46 Fn. 147; Rux, Schulrecht, Rn. 125. 45 Rux, Schulrecht, Rn. 126; umfassend Korte / Dingemann, RdJB 2009, 380. 46 Ruffert, in: Calliess / Ruffert, Art. 165 AEUV Rn. 22. 47 Deutlich Niedobitek, in: Streinz, Art. 165 AEUV Rn. 61; 35; Art. 149 AEUV Rn. 10; Blanke, in: Calliess / Ruffert, Art. 165 AEUV Rn. 6; vgl. Langenfeld, in: Merten / Papier, HGR VI/1, § 167 Rn. 46 Fn. 147. 48 EuGH, EuGRZ 2007, 553 Rn. 65 ff. (Rs. C-318/05) „Einrichtungen, die zu einem staatlichen Bildungssystem gehörten und ganz oder hauptsächlich aus öffentlichen Mitteln finan 43

A. Verfassungs-, völker- und europarechtliche Bestimmungen 

163

fast allen Ersatzschulen in Deutschland schließt das Überwiegen des Anteils der staatlichen Subventionierung an der Schulfinanzierung demzufolge eine Anwendung der Grundfreiheiten aus.49 Daneben gelten die Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit gem. Art. 54 II, 62 AEUV nicht bei Gesellschaften ohne Gewinnerzielungsabsicht,50 die in vielen Ländern der Finanzhilfe entgegensteht.51 Gleichwohl muss man bedenken, dass die staatliche Subventionierungspflicht für Ersatzschulen erst aus dem Junktim der Qualitätsanforderungen des Art. 7 IV 3–4 GG und der Beschränkung der privaten Finanzierung durch das Sonderungsverbot folgt52 und der Staat hierdurch nicht die Anwendbarkeit der Grundfreiheiten beeinflussen kann.53 Im Übrigen ist die Inanspruchnahme der Förderung freiwillig. Es ist nicht ausgeschlossen, dass ausländische Privatschulträger eine Beschränkung ihrer Dienstleistungsfreiheit durch das Sonderungsverbot (oder andere Vorgaben des Art. 7 GG) geltend machen (können), wenn sie nicht gleichzeitig Förderung beziehen (wollen). Insbesondere üben nichtanerkannte Ersatzschulen keine öffentliche Gewalt aus, die sie gem. Art. 2 II i) der Dienstleistungsrichtlinie i. V. m. Art. 51 AEUV von der Anwendung der Grundfreiheiten ausnähme.54 Potenziell betroffen von Dienstleistungsfreiheit und Dienstleistungsrichtlinie sind demnach Ersatzschulen von Trägern aus dem EU-Ausland, die nicht die Finanzhilfe in Anspruch nehmen und alle Ergänzungsschulen derartiger Träger. Korte / Dingemann55 bescheinigen den grundgesetzlichen Anforderungen an Ersatzschulen eine prinzipielle Vereinbarkeit mit den Vorgaben für Genehmigungsverfahren nach Art. 9, 10 der Dienstleistungsrichtlinie und sehen nur bei den anerkannten Ergänzungsschulen möglicherweise Anpassungsbedarf bei der Bestimmtheit der Anerkennungskriterien. Im Gegensatz zu anerkannten Ersatzschulen sind diese meist56

ziert wurden, [sind] vom Begriff der Dienstleistung im Sinne von Art. 50 EG ausgeschlossen […] Unterricht an Bildungseinrichtungen, die im Wesentlichen aus privaten Mitteln […] finanziert werden, hat der Gerichtshof dagegen als Dienstleistung im Sinne von Art. 50 EG eingestuft, da das von diesen Einrichtungen verfolgte Ziel darin besteht, eine Leistung gegen Entgelt anzubieten […].  Der Unterricht an solchen Schulen ist als gegen Entgelt erbrachte Dienstleistung anzusehen.“ 49 Korte / Dingemann, RdJB 2009, 380 (386 ff.); Ennuschat, RdJB 2003, 436 (437). 50 Ennuschat, RdJB 2003, 436 (439). 51 Viele Länder verlangen die steuerrechtliche Gemeinnützigkeit des Trägers, s. Weiß, Allgemeinbildende Privatschulen, 19. 52 Vgl. BVerfGE 75, 40 (63). 53 Vgl. Ennuschat, RdJB 2003, 436 (439). 54 Korte / Dingemann, RdJB 2009, 380 (387 ff.); Stumpf, in: Dauses / Ludwigs, E. II. Rn. 73; auch ansonsten wird man bezüglich der ursprünglichen Genehmigung, die an der Richtlinie zu prüfen wäre, und der „anerkannten“ Tätigkeit differenzieren müssen. Nur letztere dürfte Art. 51 AEUV unterfallen. 55 Korte / Dingemann, RdJB 2009, 380 (388 ff.). 56 Möglicherweise sind Vorschriften wie § 103 II SchG-Berlin als Beleihung zu verstehen. In dem Fall bestünde kein unionsrechtlicher Anpassungsbedarf, weil die mit staatlicher Gewalt Beliehenen von der Dienstleistungsfreiheit ausgenommen wären. Die Auslegung der Vorschriften für anerkannte Ergänzungsschulen muss hier offenbleiben.

164

2. Teil: Verfassungsrechtlicher Rahmen der Ersatzschulaufsicht 

nicht mit Hoheitsgewalt beliehen,57 weshalb es bei der Anwendbarkeit der Richtlinie bleibt.58

IV. Resümee zur Bedeutung für die Aufsicht über Ersatzschulen Weder aus den Landesverfassungen noch aus dem internationalen Recht ergeben sich beachtenswerte Vorgaben für die Aufsicht über Ersatzschulen. Auch für die unionsrechtlichen Grundfreiheiten kann man resümieren, dass in diesen zwar das Potenzial für Veränderungen des privaten Bildungsmarkts steckt, sich dies bisher jedoch nicht realisiert hat und auch zahlenmäßig nicht zu realisieren droht. Unabhängig von den spezifischen unionsrechtlichen Vorgaben verbleiben für eine Betrachtung (allein) des deutschen Rechts die weit überwiegenden Anwendungsfälle. Unions- und internationalrechtliche Fragen bedürfen daher keiner Vertiefung.

B. Dogmatik des Art. 7 IV GG Auch wenn weder Art. 7 GG allgemein noch die sonstigen über dem einfachen Landesrecht stehenden Rechtsvorschriften umfassende Vorbestimmungen über das Schulwesen enthalten, hat die Betrachtung des Landesersatzschulrechts vor Augen geführt, dass dieses im Wesentlichen durch das Privatschulverfassungsrecht determiniert scheint. Im Vordergrund steht oft die „Umsetzung“ der Genehmigungsvoraussetzungen des Art. 7 IV 2–4 GG in das jeweilige Landesrecht. Daher beschäftigt sich der folgende Teil mit der Grundrechtsdogmatik des Art. 7 IV GG; konkret mit der Privatschulfreiheit und ihren Schranken als insofern maßgeblichem Bundesrecht. Im Vordergrund steht der abwehrrechtliche Gehalt als Recht gegen staatliche Aufsicht und Steuerung. Erst ausgehend von dieser Stellung der Ersatzschulen im Rahmen der Privatschulfreiheit als Grundrecht ist nachfolgend der Inhalt der Schulaufsichtsnorm des Art. 7 I GG ermittelbar. Zunächst gilt es, die für die weitere Befassung notwendigen Begrifflichkeiten und das damit zusammenhängende verfassungsrechtliche Grundrechtsverständnis zu erläutern (II.), die sich aufgrund der Analyse der bisherigen Literatur und Rechtsprechung (I.) für die weitere Diskussion als notwendig ergeben. Auf Basis dieser Grundlegung kann das Abwehrrecht der Privatschulfreiheit für Ersatzschulen erschlossen werden. Diese abwehrrechtliche Dimension bedarf allerdings, wie auch andere Grundrechtsdimensionen mit Auswirkungen auf das Aufsichtsrechtsverhältnis, zunächst einer Herleitung (III.). Im Anschluss daran sind die Elemente der Privatschulfreiheit – Schulbegriff und Ersatzschulbegriff, Genehmigungsvorbehalt – in die allgemeine Grundrechtslehre einzuordnen und zu bewerten (IV.). 57 58

Vgl. etwa Brockmann, in: Brockmann / Littmann / Schippmann, § 161 Rn. 1; 2.4. Vgl. Korte / Dingemann, RdJB 2009, 380 (388 ff.).

B. Dogmatik des Art. 7 IV GG

165

Erst hierauf aufbauend sind Inhalt und Schranken der Privatschulfreiheit (V.) sowie die Bedeutung der Einrichtungsgarantie des Privatschulwesens (VI.) erschließbar.

I. Stand in Literatur und Rechtsprechung Ausgehend vom Erkenntnisinteresse beschränkt sich die folgende Analyse der Rechtsprechung und Literatur auf die Aussagen zu den strukturellen Fragen der Privatschulfreiheit, deren Schutzbereichsreichweite und der damit zusammenhängenden Begriffe, nicht der Auslegung der einzelnen Tatbestandsmerkmale. 1. Aussagen in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts Die Anzahl der Entscheidungen des BVerfG, die sich direkt mit dem abwehrrechtlichen Gehalt der Privatschulfreiheit befassen, ist gering. Zahlreicher sind dagegen solche, die sich mit der Schutz- und Förderpflicht auseinandersetzen und aus denen sich indirekt Maßgaben ergeben können. Für das Gericht folgt aus Art. 7 IV GG ein Grundrecht auf Gründung privater Schulen, eine institutionelle Garantie des Privatschulwesens und eine Wertentscheidung gegen die Benachteiligung gleichwertiger Ersatzschulen.59 Art. 7 IV 1 GG sei in erster Linie ein Abwehrrecht, das einen tatsächlichen oder normativen Handlungsrahmen (den sachlichen Schutzbereich) vor staatlichen Eingriffen schützt.60 Diesen Schutzbereich umschreibt das BVerfG als die Freiheit, private Schulen zu errichten und zu betreiben, Schülerinnen und Schüler frei auszuwählen und inhaltlich „das Recht, Prägung und Ausgestaltung des in der Privatschule erteilten Unterrichts – insbesondere im Hinblick auf die Erziehungsziele, die weltanschauliche Basis, die Lehrmethode und die Lehrinhalte – eigenverantwortlich zu bestimmen.“61 Persönlich sollen sich neben dem Träger auch die Eltern auf den Schutzbereich des Grundrechts berufen können.62 Nicht vom Schutzbereich des Grundrechts erfasst sei der Anspruch auf finanzielle Förderung, der sich als objektiv-rechtliche Förderpflicht der Landesgesetzgeber als Folge einer ansonsten eintretenden evidenten Gefährdung des Ersatzschulwesens und daher aus der institutionellen Garantie der Ersatzschule ergebe.63 Dementsprechend würden einfachgesetzliche Einschränkungen der Förderpflicht keine Eingriffe in die Privatschulfreiheit, sondern Konkretisierungen der Förder­ 59

BVerfGE 27, 195 (200 ff.); 75, 40 (62). BVerfGE 90, 107 (115); zum sachlichen Schutzbereich eines Grundrechts s. Dreier, in: Dreier, Vorb. Rn. 119. 61 BVerfGE 112, 74 (83); 27, 195 (200); 75, 40 (62); 88, 40 (46); 90, 107 (114). 62 BVerfGE 34, 165 (197 ff.). 63 Grundlegend BVerfGE 75, 40 (56 ff.); weiter einschränkend BVerfGE 112, 74 (84). 60

166

2. Teil: Verfassungsrechtlicher Rahmen der Ersatzschulaufsicht 

pflicht darstellen.64 Ebenfalls nicht vom Schutzbereich der Privatschulfreiheit umfasst sei das Recht auf Verleihung von schulischen Abschlüssen mit öffentlichrechtlicher Wirkung, gerade weil das Grundrecht keine strukturelle Gleichheit der Ersatzschule verlange. Der Staat könne die Ersatzschulen hierzu aber mit hoheitlichen Befugnissen beleihen. Die Beleihung ermögliche den Gesetzgebern, „über die Genehmigungsvoraussetzungen des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG hinausgehenden Bedingungen“ zugrunde zu legen. Gleichwohl dürften die Vorteile der Anerkennung nicht in nicht gebotenem Umfang zur Anpassung der Ersatzschulen missbraucht werden.65 Woraus letztere Einschränkung der Gestaltungsfreiheit folgt und wie weit sie reicht, erörtert das Gericht nicht. Ungeklärt ist auch die Reichweite der institutionellen Garantie des Ersatzschulwesens.66 Diese soll neben der Gründungsfreiheit die Eigenart der Verwirklichung der Privatschule schützen und eine Wertentscheidung gegen Benachteiligung sowie Absage an ein staatliches Schulmonopol sein.67 Sie bewirke jedoch keine „Beschränkung der dem Staat zustehenden allgemeinen Organisationsgewalt auf dem Gebiet des Schulwesens“ und schütze ansonsten die Privatschule mit ihren typusbestimmenden Merkmalen.68 Grundsätzlich spricht das BVerfG von der Privatschulfreiheit, nicht von der Ersatz- oder Ergänzungsschulfreiheit; jedoch sowohl von der Institution des Privatschulwesens als auch von der Einrichtungsgarantie des privaten Ersatzschulwesens.69 Obwohl Urteile zu Ergänzungsschulen – soweit ersichtlich – noch nicht ergangen sind, geht das Gericht in mehreren Urteilen von dem Nebeneinander von Ersatz- und Ergänzungsschulen aus.70 Die Privatschulfreiheit und die Einrichtungsgarantie beträfen sämtliche Privatschulen, für Ersatzschulen stünde dies unter dem „Vorbehalt staatlicher Genehmigung“, der in der Kehrseite einen verfassungsverbürgten Anspruch auf Genehmigung beinhalte.71 Ob eine Schule Ersatz- oder Ergänzungsschule ist, bestimme sich ausschließlich nach Bundesverfassungsrecht, nehme aber auf die im Landesrecht vorhandenen Schulen Bezug.72 Erkennbar ist, dass das Gericht eigene materielle Kriterien an die Ersatzschuldefinition anlegt und sich nicht auf die Genehmigungsvoraussetzungen beschränkt; mit der Folge, dass einer nicht genehmigten Ersatzschule kein Schutz als Ergänzungsschule zustehe.73 Das BVerfG behandelt den Ersatzschulbegriff als Vorfrage, dessen Vorliegen 64

BVerfGE 90, 107 (121). BVerfGE 27, 195 (201 ff.; 203 ff. 205; 208 ff.). 66 Explizit BVerfGE 90, 107 (114). 67 BVerfGE 27, 195 (200 ff.); 75, 40 (62). 68 BVerfGE 37, 314 (319 ff.); 112, 74 (83). 69 Vgl. BVerfGE 75, 40 (51). 70 BVerfGE 90, 107 (121); 90, 128 (138 ff.). 71 BVerfGE 27, 195 (200); BVerfG, NVwZ 2011, 1384 (Rn. 15). 72 BVerfGE 90, 128 (139); explizit BVerfG, NVwZ 2011, 1384 (Rn. 21). 73 Vgl. BVerfGE 37, 314 (320 ff.); BVerfG, NVwZ 2011, 1384 (Rn. 21); Beschl. v. 30. 07. 2013 – 1 BvR 2062/13, juris (Rn. 9). 65

B. Dogmatik des Art. 7 IV GG

167

zur Genehmigungspflichtigkeit führt. Gleichzeitig unterscheidet es klar zwischen Ersatzschul- und Schulbegriff.74 Um Ersatzschule zu sein, müssten die Schulen nicht in Schulart und Aufbau vollständig mit bestehenden oder vorgesehenen öffentlichen Schulen übereinstimmen, sondern bloß ihrem Gesamtzweck nach.75 Der Ersatzschulbegriff sei nicht von der Schulpflichterfüllung abhängig.76 Der Landesgesetzgeber könne mittelbar darüber bestimmen, welche Schulen als Ersatzschule betrieben werden können und welche als Ergänzungsschule. Gleichzeitig bestünde die Möglichkeit, unbeschränkt von Privatschulgrundrecht über die Zuordnung bestimmter Ausbildungen zum Schulwesen oder Hochschulwesen zu verfügen.77 Liegt nach diesen Maßgaben eine Ersatzschule vor, würden die Genehmigungsvoraussetzungen greifen, mit deren Inhalt sich das Gericht bisher erstaunlich wenig befassen musste. Grundsätzlich sei das Nichtzurückstehen des Art. 7 IV 3 GG als Gleichwertigkeit und nicht als Gleichartigkeit zu lesen, sodass die Länder keinesfalls eine strikte Bindung an Lehrpläne und Stundentafeln verlangen dürften.78 Mehrfach betont wird die Akzessorietät der Voraussetzungen zum öffentlichen Schulwesen und die automatische Anhebung der Voraussetzungen bei Verbesserungen; entgegen des Wortlauts und der Systematik auch bei der Lehrkräftebesoldung.79 Das BVerfG betont ebenfalls abweichend vom Wortlaut die Verbindlichkeit der Genehmigungsvoraussetzungen des Art. 7 IV 3 GG, die eine Pflicht zur Aufhebung der Genehmigung bei Nichtvorliegen begründen sollen.80 Gleichzeitig erkennt es an, dass im Landesschulrecht einfachgesetzliche Konkretisierungen der Anforderungen vorzunehmen sind.81 Art. 7 IV und V GG bezeichnet das Verfassungsgericht als die Gesetzgebungsbefugnis der Länder beschränkende Vorschriften82 und die Genehmigungsvoraussetzungen als anspruchsbegründende Normen.83 Ergänzend zu den Ersatzschulgenehmigungsvoraussetzungen begründe Art. 7 V GG für die Volksschule (heute jedenfalls die Grundschule)84 als spezieller Ersatzschulart zusätzliche85 Voraussetzungen. Der Verfassungsgeber habe hierdurch die Ergebnisse der Weimarer Schulkompromisse beibehalten und die für alle gemeinsame öffentliche Grundschule mit Vorrang vor der privaten Schule ausstatten wollen. Art. 7 V GG füge sich in ein Gesamtsystem abgestufter Unter 74

Vgl. BVerfGE 75, 40 (76 ff.). BVerfG, NVwZ 2011, 1384 (Rn. 21). 76 BVerfGE 75, 40 (76). 77 BVerfGE 37, 314 (319 ff.); ähnlich bei der Abgrenzung berufsbildender und allgemeinbildender Schulen, s. BVerfG, Beschl. v. 31. 05. 1992 – 1 BvR 72/92, juris (Rn. 4 ff.). 78 BVerfGE 90, 107 (122); BVerfG, NVwZ 2011, 1384 (Rn. 30). 79 BVerfGE 90, 107 (115); 90, 128 (141 ff.); zur Lehrerbesoldung vgl. BVerfGE 75, 40 (66). 80 BVerfGE 75, 40 (64); 90, 107 (115); vgl. Sachs, Verfassungsrecht II, Kap. 19 Rn. 34. 81 BVerfG, Beschl. v. 07. 02. 2011 – 1 BvR 188/11, juris (Rn. 7); vgl. auch BVerfGE 75, 40 (63 ff.). 82 BVerfGE 27, 195 (200). 83 BVerfGE 27, 195 (200); BVerfG, NVwZ 2011, 1384 (Rn. 15). 84 BVerfGE 88, 40 (45 ff.). 85 BVerfGE 88, 40 (47). 75

168

2. Teil: Verfassungsrechtlicher Rahmen der Ersatzschulaufsicht 

richtsfreiheit ein, dessen Wirkung sich an weiterführenden Schulen auf das Sonderungsverbot reduziere.86 Schließlich stellt das Gericht zur Schulaufsichtsausübung und der Wirkung des Art. 7 I GG auf Ersatzschulen lediglich klar, dass Art. 7 I GG kein umfassendes staatliches Bestimmungsrecht begründe und dass bei der Aufsicht auf die inhaltlichen Ausprägungen der Ersatzschule Rücksicht zu nehmen sei.87 Zur Frage kollidierender Verfassungsgüter als Beschränkungen der Privatschulfreiheit hat sich das BVerfG bisher nicht verhalten.88 2. Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und weiterer Obergerichte Die verfassungsunmittelbaren Tatbestandsmerkmale der Ersatzschulgenehmigung sorgen dafür, dass die Gewährleistungen des Art. 7 IV GG in vielen verwaltungsgerichtlichen Auseinandersetzung zum Privatschulrecht eine Rolle spielen. Aus diesem Grund existiert eine große Anzahl an Urteilen des BVerwG und anderer Obergerichte, die sich unmittelbar mit dem Grundrecht auseinandersetzen. Das BVerwG hat die Genehmigungsvoraussetzungen bereits früh als abschließenden Rahmen der staatlichen Einflussrechte bezeichnet. Festgemacht wurde dies am subjektiven Anspruchscharakter der Genehmigung: Wenn subjektiv etwas unter gewissen Voraussetzungen gewährt werde, seien weitere Bedingungen unzulässig.89 Jüngere Urteile stellen weniger auf die Anspruchs-, sondern eher auf die Schrankenfunktion des Art. 7 IV 2–4 GG ab. Die Privatschulfreiheit sei a priori allein im Rahmen der Genehmigungsvoraussetzungen eingeräumt, wodurch sich ausdrücke, dass die Schule an einer öffentlichen Aufgabe mitwirke.90 Dem Gesetzgeber wird in diesem Rahmen materiell die „Konkretisierung“ der Genehmigungsbedingungen zugestanden, die von einer Genehmigungsverschärfung zu unterscheiden sei.91 Ausführungen zur Abgrenzung dieser Unterscheidung finden sich aber nicht. Im Rahmen der Genehmigungsvoraussetzungen habe sich die Schulaufsicht zu bewegen.92 Art. 7 IV 2 GG sei Ausdruck der staatlichen Aufsicht über das ganze Schulwesen und keine Bereichsausnahme zu Art. 7 I GG.93 Eine zusätzliche Auf-

86

BVerfGE 34, 165 (187); 88, 40 (49); BVerfG, NVwZ 2011, 1384 (Rn. 19). BVerfGE 27, 195 (201); BVerfG, NVwZ 2011, 1384 (Rn. 26). 88 Explizit BVerfG, Beschl. v. 30. 07. 2013 – 1 BvR 2062/13, juris (Rn. 8). 89 BVerwGE 17, 236 (238 ff.); auch BVerwGE 12, 349 (350 ff.). 90 BVerwGE 145, 333 (Rn. 9; 21). 91 BVerwGE 90, 1 (12 ff.); zur Genehmigungsverschärfung OVG NRW, NWVBl 1993, 211 (212). 92 BVerwGE 12, 349 (350 ff.); 17, 236 ff. 93 BVerwGE 90, 1 (7); 145, 333 (Rn. 19). 87

B. Dogmatik des Art. 7 IV GG

169

sicht über die Träger der Ersatzschulen sei hiervon nicht ausgeschlossen, dürfe für den schulischen Bereich jedoch keine über das Grundgesetz hinausgehenden Anforderungen enthalten.94 Einzelne Aufsichtsmaßnahmen messen die Gerichte am Verhältnismäßigkeitsprinzip.95 Die konkrete Gestaltung der erlaubten Aufsichtsmaßnahmen und deren Eingriffsvoraussetzungen durch Gesetz sei durch Art. 7 I GG nicht entbehrlich.96 Beurteilungsspielräume im Rahmen des Art. 7 IV GG seien abzulehnen. Beweisrechtlich reiche es für den Nachweis der Gleichwertigkeit im Genehmigungsverfahren, wenn eine nachprüfbare Prognose der Schulaufsicht über das Vorliegen der Genehmigungsfähigkeit vorliege.97 Große Bedeutung in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung hat die Frage nach dem Ersatzschulbegriff. Während sich das BVerwG früher bei der Bestimmung des Vorliegens einer Ersatzschule an den Genehmigungsvoraussetzungen des Art. 7 IV GG orientiert hat,98 geht es heute eindeutig von einer selbstständigen und hiervon unabhängigen Funktion und Bestimmung des Ersatzschulbegriffs aus. Erst wenn „die Merkmale einer Ersatzschule“ vorliegen würden, müssten die daran gestellten Anforderungen (des Art. 7 IV 3 und 4 GG) erfüllt werden. Die Genehmigungsvoraussetzungen seien dem Ersatzschulbegriff „systematisch nachgelagert“. Hieraus ergebe sich ein verfassungsrechtlich eigenständiger Ersatzschulbegriff, der dem Landesgesetzgeber zwar kein Bestimmungsrecht über die Kriterien der Akzessorietät überantworte, gleichwohl aber ermögliche, deren Bezugspunkt zu bestimmen, d. h. festzulegen, welche öffentlichen Schulen es konkret zu ersetzen gebe.99 Funktion des Ersatzschulbegriffs sei die Teilnahme am bestehenden staatlichen Schulsystem und dessen Schulformen.100 Insofern knüpfe der Begriff an Schulstruktur, Art und Dauer des Bildungsgangs und nachrangig101 an die vom Gesetzgeber hiermit verfolgten (pädagogischen) Ziele an.102 Der auf diese Weise definierten Ersatzschule stünden die Ergänzungsschulen gegenüber.103 Das Vorliegen des Schulbegriffes richte sich dagegen (auch) nach Landesrecht.104 Einrichtungen könnten von dessen Anwendung ausgeschlossen werden, wenn ein hinreichender Unterschied zu „normalen“ Schulen bestehe. Speziell gebe es keinen

94

BVerwGE 40, 347 (350); 145, 333 (Rn. 19 ff.). VGH BW, Urt. v. 20. 05. 2016 – 9 S 303/16, juris (Rn. 39); VBlBW 2013, 103 f.; OVG Sachsen, LKV 2007, 87. 96 OVG Niedersachsen, NVwZ-RR 2016, 228 ff.; OVG Sachsen, LKV 2007, 87 ff. 97 BVerwGE 90, 1 (15 ff.). 98 BVerwGE 17, 236 (240). 99 BVerwGE 145, 333 (Rn. 11; 13). Siehe auch VGH Bayern, RdJB 1980, 224 (226). 100 BVerwGE 27, 360 (365). 101 BVerwGE 145, 333 (Rn. 12); 112, 263 (266 ff.). Das OVG Sachsen, Urt. v. 15. 03. 2011 – 2 A 273/10, juris (Rn. 20 ff.) stellt in Anknüpfung hieran zuvorderst auf die von der Schule vermittelten Inhalte ab. 102 BVerwGE 104, 1 (7 ff.); s. auch BVerwG, Beschl. v. 21. 12. 2016  – 6 BN 1/16, juris (Rn. 7 ff.). 103 BVerwGE 145, 333 (Rn. 10). 104 VGH Bayern, RdJB 1980, 224 ff. 95

170

2. Teil: Verfassungsrechtlicher Rahmen der Ersatzschulaufsicht 

Schutz vor Ausgliederungen aus dem öffentlichen Schulwesen.105 Umgekehrt sei die Ersatzschuleigenschaft für Privatschulen nicht nur nachteilhaft.106 Die Ersatzschulfunktion ermögliche den Schulen am öffentlichen Bildungswesen teilzunehmen, wodurch kein Auftragsverhältnis entstehe.107 Nur die anerkannten Ersatzschulen würden in bestimmten Bereichen eine öffentlich-rechtliche Funktion ausüben und wie beliehene Unternehmen zu behandeln sein.108 Den vom BVerfG zugestandenen Gestaltungsspielraum bei über die Genehmigung hinausgehenden Anerkennungsvoraussetzungen haben die Gerichte überwiegend daran überprüft, ob diese „sachgerecht“ bzw. „sachwidrig“ für die mit der Anerkennung verfolgte Funktion sind.109 Der Staat werde hierbei und bei der Aufsicht über diese Bestimmungen nicht durch das Grundrecht der Privatschulfreiheit beschränkt.110 Gerichte haben jüngst allerdings in derartigen Anforderungen einen mittelbaren Eingriff in die Privatschulfreiheit gesehen, der eine Verhältnismäßigkeitsprüfung der Anerkennungsanforderungen eröffne.111 Bedeutung für die Grundrechtssystematik haben schließlich die Urteile zum „Vorrang“ öffentlicher Schulen, da sich hierdurch die Frage nach der Funktion des Art. 7 I GG im Privatschulwesen aktualisiert. Das BVerfG und das OVG Mecklenburg-Vorpommern gewährten einer Ersatzschule, deren Errichtung laut Behörden den Bestand öffentlicher (Berufs-)Schulen gefährdet hätte, keinen Eilrechtsschutz gegen die aus diesem Grund versagte Genehmigung, da die Frage nicht geklärt sei,112 was sich – soweit ersichtlich – bisher nicht geändert hat. Einen solchen Vorrang der öffentlichen Schule erkennt man explizit bisher nur im Volksschulwesen an.113

105

BVerwGE 105, 20; BVerwG, NVwZ 2007, 958 (959). BVerwGE 104, 1 (6 ff.). 107 BVerwGE 27, 360 (364 ff.); 90, 1 (11 ff.). 108 BVerwGE 45, 117. 109 BVerwGE 68, 185 (187 ff.) mit Bezug auf BVerfGE 27, 195 (209); BVerwGE 17, 41; BVerwG, Beschl. v. 24. 06. 2016 – 6 B 52/15, juris (Rn. 14); VerfGH BW, NVwZ-RR, 2018, 674 (Rn. 12 ff.); Urt. v. 23. 10. 2012 – 9 S 2188/11, juris (Rn. 54). 110 VerfGH Bayern, VerfGHE 57, 30 (35 ff.). 111 VGH BW, Urt. v. 23. 10. 2012 – 9 S 2188/11, juris (Rn. 65) mit Bezug auf Ogorek, DÖV 2010, 341 (342). 112 BVerfG, Beschl. v. 30. 07. 2013 – 1 BvR 2062/13, juris; OVG MV, Beschl. v. 19. 06. 2013 – 2 M 5/13, juris. Das VG Schwerin (Urt. v. 27. 01. 2016 – 6 A 867/13, juris) hat im Nachgang den prinzipiellen Vorrang öffentlicher Schulen verneint und eine Standortgefährdung hinsichtlich Mindestschülerzahlen im konkreten Fall abgelehnt, die Genehmigungsverweigerung dies­ bezüglich aber nicht prinzipiell ausgeschlossen. 113 Vgl. BVerwG, NJW 2000, 1280 (1281). 106

B. Dogmatik des Art. 7 IV GG

171

3. Beiträge zur Grundrechtsstruktur in der Literatur Die frühe Lehre orientiert sich stark an den Ausführungen Anschütz’ und ­ andés zur Weimarer Reichsverfassung.114 Im Vordergrund der Erörterungen steht L der Anspruch auf Genehmigung der Ersatzschule unter den grundgesetzlich vorgegebenen Bedingungen, die hierüber hinausgehende Anforderungen (insb. eine Bedürfnisprüfung) unzulässig machen würden; die Ersatzschulen unterstünden soweit den Landesgesetzen (Art.  7 IV 2 GG) wie diese Ausformungen der Genehmigungsvoraussetzungen seien. Art. 7 I GG sei im Lichte des Art. 7 IV GG zu interpretieren.115 Im Übrigen behalte der Schulaufsichtsbegriff des Art. 7 I GG seinen eigenständigen Gehalt und seine grundsätzlich extensive Auslegung gegenüber Ersatzschulen. Er verändere sich je nach Schulträger (staatlich, kommunal, privat). Trotzdem sehen viele darin über Ersatzschulen noch eine gemischte Fachaufsicht („Zweckmäßigkeitskontrolle über die Bildungsarbeit aller Schulen“)116 und Rechtsaufsicht.117 Staatliche Aufsicht sei das „vor die Klammer gezogene Minimum staatlicher Einflußnahme auf die Schule“.118 Die Aufsicht über die anerkannte Ersatzschule sei als Fachaufsicht zu charakterisieren.119 Über diese Steuerungsrechte hinaus erstrecken etwa Schlaf und Becker die Schrankentrias des Art. 2 I GG als allgemeinen Nichtstörensvorbehalt auf das Grundrecht der Privatschulfreiheit.120 Als wegweisend121 für die Grundrechtsdogmatik des Art. 7 IV GG gilt F. Müllers Monografie über das „Recht der Freien Schule nach dem Grundgesetz“. Müller kritisiert die bisherigen Interpretationsversuche als zu wenig an der Grundrechtsdogmatik orientiert. Insbesondere müsse sich die Aufsicht über Ersatzschulen der Normenhierarchie halber aus Art. 7 I und IV GG ergeben, nicht aus primär verwaltungsrechtlichen Erwägungen.122 Grundsätzlich geht er davon aus, dass Art. 7 IV 3 und 4 GG abschließend seien und keine Gesetzesvorbehalte darstellten. Vielmehr handele es sich um eine Grundrechtsschranke, die dem Gesetzgeber einen Ausgestaltungsauftrag, nicht hingegen eine Einschränkungsmöglichkeit einräume. In diesem Rahmen sei Art. 7 IV 2 GG als klarstellende Regelung, nicht als eigenstän-

114

Insbesondere Anschütz, Verfassung, Art. 144 WRV; Landé, Schule in der Reichsverfassung, passim. 115 Gallwas, Privatschulfreiheit, 60 f.; Schlaf, Aufsicht, 29; Peters, in: Bettermann / Nipperdey / Scheuner, Grundrechte, 369 (437); Becker, Aufsicht, 46; Heckel, Privatschulrecht, 319. Vgl. hierzu Müller, Recht der Freien Schule, 53 ff. 116 Oppermann, Kulturverwaltungsrecht, 255 ff. 117 Siehe die Nachweise in Zweiter Teil, Fn. 115. 118 v. Campenhausen, Erziehungsauftrag, 67; siehe auch Plümer, Privatschulverhältnisse, 86 ff.; 94 ff.; Heckel, Privatschulrecht, 318 ff. Heckel, DÖV 1952, 617 (620) lässt allerdings erkennen, dass er in „Ermessensfragen“ keine Handlungsperspektiven des Staates sieht. Dagegen „Rechtsaufsicht“ Fuß, VVDStRL 23 (1966), 199 (219 ff.). 119 Schlaf, Aufsicht, 89 ff. 120 Schlaf, Aufsicht, 30; Becker, Aufsicht, 41 ff.; bereits Hamann, RdJ 1955, 7 (8). 121 Vgl. Richter, RdJB 1983, 220. 122 Müller, Recht der Freien Schule, 25; 89 f.; 190 ff.

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2. Teil: Verfassungsrechtlicher Rahmen der Ersatzschulaufsicht 

dige Schrankenregelung zu verstehen.123 Auch unterstehe Art. 7 IV 1 GG keinem allgemeinen Nichtstörensvorbehalt; „allgemeine“ Anforderungen seien als kollidierendes Verfassungsrecht (u. a. Art. 7 I GG) mit Art. 7 IV 1 GG in Ausgleich zu bringen oder unterfielen nicht dem Schutzbereich des Grundrechts.124 Art. 7 IV GG erfülle für „Errichtung und Genehmigung“ die Funktion einer lex specialis zu Art. 7 I GG, im Übrigen („Bestand und Arbeit“) als maßgebliche Interpretationsvorschrift für die aufsichtsbegründende Norm des Art. 7 I GG („Ohne Art. 7 Abs. 1 gäbe es im Privatschulwesen nicht einmal Rechtsaufsicht […]“).125 Der konkreten Ausübung der Aufsicht gesteht auch Müller „fachaufsichtliche Komponenten“ zu, nicht jedoch eine Erweiterung des Aufsichtsmaßstabs. Die zulässige Schulaufsicht gehe so weit wie Art. 7 IV 1 GG einschränkbar sei. Aufsichtsmaßnahmen dürften sich nur an den Träger und nie an die Lehrkräfte oder die Schulleitung richten.126 Hinsichtlich des Ersatzschulbegriffs sei den Landesgesetzgebern kein Gestaltungs- bzw. Einschränkungsspielraum zuzugestehen. Der Begriff bestimme sich ausschließlich und abschließend verfassungsrechtlich.127 Die aktuelle Kommentarliteratur befindet sich im Ergebnis auf dieser Linie. Die Privatschulfreiheit wird überwiegend als Grundrecht ohne Gesetzesvorbehalt gesehen, das allein den immanenten Grenzen („weder voraussetzungslos noch schrankenlos“)128 unterworfen sei. Deshalb seien Errichtung oder Betrieb der Ersatzschulen nicht von weitergehenden schulischen Anforderungen abhängig zu machen. Die Gesetzgeber dürften lediglich die bestehenden Anforderungen (Art. 7 IV 3, 4 und V GG) konkretisieren. Staatliche Bedingungen an die Schulgestaltung müssten sich aus den Genehmigungsvoraussetzungen erbeben.129 Darüber hinaus bestehe die Pflicht zu einer gewissen Anpassung an das öffentliche Schulwesen durch die vom Ersatzschulbegriff geforderte Akzessorietät.130 Einschränkungen der Ersatzschulfreiheit könnten sich aus anderen Grundrechten (u. a. der Eltern, Schülerinnen und Schüler) im Rahmen der mittelbaren Drittwirkung der Grundrechte und der staatlichen Gewährleistungsverantwortung ergeben.131 Andere

123

Müller, Recht der Freien Schule, 94; 98 ff. 104; 112; 122; 195. Müller, Recht der Freien Schule, 207 ff.; 129. 125 Müller, Recht der Freien Schule, 116; 113 ff. 126 Müller, Recht der Freien Schule, 116; 323 ff.; 342. 127 Müller, Recht der Freien Schule, 306 ff. 128 Jestaedt, in: Isensee / K irchhof, HdBStR VII, § 156 Rn. 55; vgl. Brosius-Gersdorf, in: Dreier, Art. 7 Rn. 112. 129 Vgl. Robbers, in: v. Mangoldt / K lein / Starck, Art.  7 Rn.  219; Brosius-Gersdorf, in: Dreier, Art. 7 Rn. 119; Wißmann, in: BK-GG, Art. 7 III Rn. 260; 256; Badura, in: Maunz / Dürig, Art. 7 Rn. 115; Hofmann, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke, Art. 7 Rn. 49. Anderer Ansicht wohl Richter, in: AK-GG, Art. 7 Rn. 58. 130 Jestaedt, in: Isensee / K irchhof, HdBStR VII, § 156 Rn. 50; Avenarius / Hanschmann, Schulrecht, Rn. 15.611; Rux, Schulrecht, Rn. 1187. 131 Jarass, in: Jarass / Pieroth, Art. 7 Rn. 30; Robbers, in: v. Mangoldt / K lein / Starck, Art.  7 Rn. 177; Brosius-Gersdorf, in: Dreier, Art. 7 Rn. 104; Stern, Staatsrecht, Bd. IV/2, 552; Je­ staedt, in: Isensee / K irchhof, HdBStR VII, § 156 Rn. 80. 124

B. Dogmatik des Art. 7 IV GG

173

wollen die Ersatz­schulen „mittelbar-direkt“ an Grundrechte binden.132 Der abwehrrechtliche Charakter der Privatschulfreiheit komme ins Spiel, wenn sich Reglementierungen des Schulbetriebs nicht auf die Genehmigungsvoraussetzungen stützen könnten und wenn aufsichtsrechtliche Maßnahmen im Einzelfall durchgeführt werden.133 Die Aufsicht habe sich auf die Genehmigungsvoraussetzungen (und ggf. auf die Anerkennungsvoraussetzungen) zu beschränken und sei trotz öffentlicher Aufgabenerfüllung der Ersatzschulen nicht einem unbeschränkten staatlichen Bestimmungsrecht unterworfen. Überwiegend wird die Aufsicht gegenüber den Ersatzschulen daher als Rechtsaufsicht, gegenüber den anerkannten Ersatzschulen als Fachaufsicht bewertet, die sich unmittelbar aus Art. 7 I GG ergebe, nicht isoliert aus Art. 7 IV 2–4 GG.134 Schließlich habe die Privatschulfreiheit eine gleichheitsrechtliche Dimension als Schutz vor staatlicher Benachteiligung.135 Avenarius scheint ferner die aus Art. 7 I GG fließende Gewährleistungsfunktion für das öffentliche Schulwesen als kollidierendes Verfassungsrecht zu Art. 7 IV 1 GG anzusehen, mit der er einer privaten Schule die Genehmigung versagen will, wenn öffentliche Schulen durch die Genehmigung in ihrem Bestand gefährdet sind.136 Pieroth / ​Barczak beschränken die Kollision des Art. 7 I GG mit der Privatschulfreiheit in diesem Fall auf den laufenden Betrieb.137 Weitergehende Pflichten der Ersatzschulen sind möglicherweise durch die Interpretation einzelner Genehmigungsvoraussetzungen als an die Schulen adressierte Diskriminierungsverbote begründbar.138 Aber auch die Sicht auf die Einschränkungen der Gründungsfreiheit als Schranken139 wird neuerdings infrage gestellt, wenn hierin Schutzbereichsbeschränkungen der Privatschulfreiheit140 gesehen werden. Manche betonen eine Sichtweise der Ersatzschulfreiheit (in Abgrenzung zur allgemeinen Privatschulfreiheit) unter dem Gesichtspunkt der Einrichtungsgarantie, sodass Einschränkungen der Gestaltungsfreiheit ausschließlich institu 132

Wißmann, in: BK-GG, Art. 7 III Rn. 236. Vgl. Loschelder, in: Merten / Papier, HGR IV, § 110 Rn. 77; Kotzur / Vasel, in: Stern / Becker, Art. 7 Rn. 51; Wißmann, in: BK-GG, Art. 7 III Rn. 212 ff.; 223; Badura, in: Maunz / Dürig, Art. 7 Rn. 97; Brosius-Gersdorf, in: Dreier, Art. 7 Rn. 107; 113; Stern, Staatsrecht, Bd. IV/2, 526. 134 Vgl. Loschelder, in: Merten / Papier, HGR IV, § 110 Rn. 32; 79, nach dem Art. 7 I GG insofern Grundrechtsschranke zu Art. 7 IV 1 GG ist. Ähnlich Brosius-Gersdorf, in: Dreier, Art. 7 Rn. 45; 112; Badura, in: Maunz / Dürig, Art. 7 Rn. 100; Uhle, in: BeckOK GG, Art. 7 Rn. 77; Baldus, Freiräume, 11 ff. Dagegen „fachaufsichtliche Bestandteile“ nach Umbach, in: Umbach / Clemens, Art. 7 IV, V Rn. 217; ähnlich Blau, JA 1984, 463 (466). Art. 7 I GG konstituiere ein „Überwachungsrechtsverhältnis“, s. Boysen, in: v. Münch / Kunig, Art. 7 Rn. 54. 135 Umbach, in: Umbach / Clemens, Art. 7 IV, V Rn. 163; Brosius-Gersdorf, in: Dreier, Art. 7 Rn. 107. Anderer Ansicht Boysen, in: v. Münch / Kunig, Art. 7 Rn. 91. 136 Avenarius, in: Avenarius / Pieroth / Barczak, Herausforderung, 17 (46 ff.); vgl. Hanßen, RdJB 2009, 334. 137 Pieroth / Barczak, in: Avenarius / Pieroth / Barczak, Herausforderung, 71 (146 ff.). 138 Brosius-Gersdorf, Sonderungsverbot, 43 ff. 139 Pieroth, NWVBl 1993, 201 (203); Loschelder, in: Merten / Papier, HGR IV, § 110 Rn. 79; Müller, Recht der Freien Schule, 94; Robbers, in: v. Mangoldt / K lein / Starck, Art.  7 Rn.  221. 140 Brosius-Gersdorf, Sonderungsverbot, 18 ff. 133

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2. Teil: Verfassungsrechtlicher Rahmen der Ersatzschulaufsicht 

tionell und nicht abwehrrechtlich zu bewerten seien.141 Schließlich eröffnet die Literatur einen Blick auf das grundlegende Verhältnis von Ersatz- und Ergänzungsschule sowie Schule und Nichtschule. Insbesondere der schulrechtliche Status der Internationalen Schulen ist durch die teilweise eingeräumte Möglichkeit, dort die Schulpflicht zu erfüllen, umstritten142 und wirft grundlegendere Fragen nach Ausgestaltungsmöglichkeit und Ausgestaltungspflichten des Ersatzschulbegriffs auf.143 4. Offene Fragen der Grundrechtsdogmatik für Aufsicht und zugrundeliegende Steuerung Es bleibt nach diesem Überblick festzuhalten, dass längst nicht alle Fragen der Grundrechtsdogmatik der Privatschulfreiheit beantwortet sind. Das gilt umso mehr, wenn man die landesrechtliche Analyse in die Bewertung mit einbezieht. Diese hat gezeigt, dass die Länder nicht nur ihr eigenes Schulwesen unterschiedlich regeln, sondern ebenfalls die – in Literatur und Rspr. als abschließend bezeichneten – Genehmigungsvoraussetzungen des Art. 7 IV 3–4 GG zwar überwiegend ähnlich, im Detail jedoch unterschiedlich in Landesrecht überführen. Gleiches gilt für den Ersatzschulbegriff und den Schulbegriff, wenn hiermit Anforderungen an die Schulgestaltung verknüpft sind. Sollen sich die Anforderungen an Ersatzschulen tatsächlich nach Verfassungsrecht und dem dort gewährleisteten Genehmigungsanspruch bestimmen, sind selbst kleinere Abweichungen bei den Anforderungen begründungsbedürftig. Ähnliches kann man für die Bedeutung des Art. 7 I GG feststellen. In der Literatur ist man sich zwar einig, dass ein Aufsichtsrecht des Staates über Ersatzschulen gegeben ist, nicht jedoch darüber, auf welche Art und Weise dieses Recht zu begründen ist, welche Art von Eingriffen erlaubt sind und welche dogmatische Rolle der Art. 7 I GG im Verhältnis zu Art. 7 IV 1 GG spielt. Teilweise wird Art. 7 I GG als argumentativer „Joker“ angeführt, um weitergehende Beschränkungen der Privatschule zu rechtfertigen, ohne dass klar ist, ob die Norm solche Anforderungen stützen kann. Vor dem Hintergrund mutmaßlich unterschiedlicher Aufsichtspraxis muss geklärt werden, wie weit Art. 7 IV 2–4 GG das Landesschulrecht determiniert und wie viel Freiheiten die Länder bei der Anwendung haben. Für die anerkannte Ersatzschule gilt es ferner zu bestimmen, ob oder wie weit der Gesetzgeber zusätzliche Anpassungen an die öffentlichen Schulen verlangen kann. Allgemein wurde gezeigt, dass der Rechtsprechung des BVerfG keine umfassende Eingriffs- und Schrankendogmatik zur Ersatzschulfreiheit zu entnehmen ist, 141

Prononciert Kümper, DVBl 2016, 225 (229 ff.); vgl. Stern, Staatsrecht III/2, 415 Fn. 154; weitergehend Mager, Einrichtungsgarantien, 446 f.; 468 ff. (für die Privatschulfreiheit an sich). 142 Rux, Schulrecht, Rn. 1285 ff.; Wißmann, in: BK-GG, Art. 7 III Rn. 198 ff. 143 Vgl. zur Anwendung der Genehmigungsvoraussetzungen auf Ergänzungsschulen Kösling, Private Schule, 275 ff.

B. Dogmatik des Art. 7 IV GG

175

wie es sie in anderen Grundrechtsbereichen gibt. Auch ist weder in der Literatur noch in der weiteren Rechtsprechung bisher das Verhältnis von Inhalt und Schranken der Privatschulfreiheit abschließend bestimmt. Verfassungsunmittelbare Genehmigungsvoraussetzungen sind eine Besonderheit im Grundgesetz ebenso wie ein verfassungsunmittelbarer Aufsichtsvorbehalt. Es muss geklärt werden, inwiefern sich diese Elemente in eine allgemeine Dogmatik der Grundrechte einfügen lassen und welche Beschränkungsmöglichkeiten und welche Rechtfertigungslast für den Gesetzgeber und die Verwaltung folgt. Erst wenn dies feststeht, kann man zufriedenstellend über die Reichweite der Aufsicht urteilen.

II. Grundlegung: Grundrechtstatbestand, -grenzen und -schranken Vor der Untersuchung der Dogmatik des Art. 7 IV GG gilt es, hierfür zunächst ein Verständnis von der allgemeinen Grundrechtslehre und den relevanten Begrifflichkeiten zu entwickeln. 1. Schutzbereichsbeschränkungen und Grundrechtsschranken Grundrechte sind nur in den von der Verfassung vorbestimmten Grenzen gewährleistet. Das gilt sowohl für die vorbehaltlosen Freiheitsrechte als auch für die Freiheitsrechte mit eigenen Schrankenregelungen.144 Vorbehaltlose Freiheitsrechte beinhalten zwar keine geschriebenen, unterliegen dennoch ungeschriebenen Schranken.145 Darüber hinaus bestimmt sich die Reichweite der Grundrechte nach ihrem Grundrechtstatbestand, sodass diesen von vornherein „Grenzen“ gezogen sind; bestimmte Tatbestandsmerkmale verengen a priori den Schutzbereich des Grundrechts, während Schranken einen einmal gezogenen Schutzbereich nachträglich begrenzen.146 Als Schutzbereichsbeschränkung kann man die nachträgliche Rücknahme des Schutzbereichs (z. B. Art. 16a II GG, Art. 141 GG) durch Einschränkungen sehen, wogegen die Schutzbereichsreichweite von vornherein bloß ein positiv bestimmtes Verhalten erfasst (z. B. den „Beruf“ in Art. 12 I GG); auch negative Tatbestandsmerkmale (Art. 8 I GG „friedlich“) lassen sich zu den Beschränkungen des Schutzbereichs zählen.147

144

Lenz, Vorbehaltlose Freiheitsrechte, 9 ff.; Hillgruber, in: Isensee / K irchhof, HdBStR IX, § 200 Rn. 1 ff. 145 Siehe Nachweise in Zweiter Teil, Fn. 144. 146 Siehe Nachweise in Zweiter Teil, Fn. 144. 147 Vgl. Merten, in: Merten / Papier, HGR III, § 56 Rn. 84; zu den unterschiedlichen Begriffen Stern, Staatsrecht III/2, 230 ff.; die Unterscheidung zwischen positiven und negativen Tatbestandsmerkmalen ist rechtlich wohl bedeutungslos, s. Sachs, Verfassungsrecht II, Kap. 7 Rn. 11.

176

2. Teil: Verfassungsrechtlicher Rahmen der Ersatzschulaufsicht 

Die Unterscheidung zwischen Schutzbereich und Schranken ist keineswegs fruchtlos. Eine von außen gezogene Grenze durch Eingriff in den Schutz eines Grundrechts muss sich an dessen Gewährleistungsinhalt und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit messen lassen.148 Ist von vornherein der Schutzbereich nicht eröffnet, beschränkt kein oder ein anderes (i. d. R. Art. 2 I GG) Grundrecht das staatliche Handeln.149 Die wohl herrschende Meinung geht darum von einer weiten Schutzbereichstheorie aus. Grundrechte sind nicht mit ungeschriebenen Vorbehalten zu überlasten oder ein unerwünschtes Verhalten über eine Schutzbereichseinengung aus dem grundrechtlichen Kontrollmaßstab herauszunehmen. Vielmehr vermitteln grundrechtliche Schutzbereiche stets zunächst einen auf den ersten Blick weiten Schutz, der bei staatlichen Beschränkungen erst nach „Abarbeiten von Begründungslasten“ eine Aussage über das Ergebnis der Grundrechtsprüfung ermöglicht.150 Die Ausgleichsaufgabe zwischen öffentlichem Interesse und Freiheit weist das Grundgesetz dem demokratisch legitimierten Gesetzgeber und nicht einer von vornherein „feststehenden“ grundrechtlichen Schutzbereichsreichweite und deren verfassungsgerichtlicher Interpretation zu.151 Das zeigt sich zum einen an der geringen Anzahl nachträglicher Schutzbereichsbeschränkungen (im Vergleich zu den Schrankenvorbehalten). Zum anderen daran, dass vorbehaltlose Freiheits­ rechte ihre Konfliktlage mit anderen Rechten ebenfalls nicht tatbestandlich lösen, sondern diese als Grundrechtseingriff behandeln.152 2. Verfassungsunmittelbare, -immanente und -mittelbare Grenzen und Schranken Grundrechte sind nur auf Grundlage von Verfassungsrecht einschränkbar. Schranken der Grundrechte müssen sich entweder aus der Verfassung ergeben oder auf einer verfassungsrechtlichen Ermächtigungsgrundlage beruhen.153 Grundrechtsgrenzen, die den Tatbestand verneinen, sind dagegen streng aus der Verfassung zu entnehmen. Einen Vorbehalt der einfachrechtlichen Tatbestandsbegrenzung findet sich im Grundgesetz nicht und würde den Sinn des grundrechtlichen Schutzsystems ad absurdum führen.154 Die Ausgestaltungsbefugnisse normativer Tatbestandsmerkmale sind hiervon die Ausnahme, die wiederum eigenen Grenzen 148

Vgl. Merten, in: Merten / Papier, HGR III, § 60 Rn. 1; Alexy, Theorie, 272 ff.; 290 ff.; Lenz, Vorbehaltlose Freiheitsrechte, 11. 149 Siehe die Nachweise in Zweiter Teil, Fn. 148. 150 Vgl. und zum Zitat Dreier, in: Dreier, Vorb. Rn. 119 ff.; vgl. BVerfGE 80, 137 (397); Alexy, Theorie, 275 ff.; Starck, in: v. Mangoldt / K lein / Starck, Art. 1 III Rn. 262 ff.; 274; Herdegen, in: Maunz / Dürig, Art. 1 III Rn. 35 ff. 151 Vgl. Dreier, in: Dreier, Vorb. Rn. 139 ff.; s. auch Lindner, Grundrechtsdogmatik, 279; Stern, Staatsrecht III/2, 550 ff. 152 Vgl. die Nachweise in Zweiter Teil, Fn. 151. 153 Alexy, Theorie, 258 f.; Stern, FS BVerfG, Bd. 2, S. 1 (11 ff.). 154 Vgl. Stern, Staatsrecht III/2, 292.

B. Dogmatik des Art. 7 IV GG

177

unterliegen.155 Der Gesetzgeber kann Grundrechtsgrenzen (z. B. die Friedlichkeit des Art. 8 I GG) näher konkretisierend definieren, nicht ausweiten.156 Benutzt man die Verfassungsimmanenz als Begriff für alle der Verfassung anhaftenden, in ihr begründeten Grenzen und Schranken, sind tatbestandliche Grenzen stets verfassungsimmanent.157 Strittiger ist die Nomenklatur bei den Grundrechtsschranken. Klar ist insoweit, dass man als verfassungsimmanente Schranken üblicherweise das kollidierende Verfassungsrecht bezeichnet, welches im Fall der vorbehaltlosen Freiheitsrechte herangezogen wird, um einen Eingriff in den Schutzbereich von außen zu begründen.158 Im Falle vorbehaltloser Freiheitsrechte können solche Schranken ausschließlich außerhalb des Normbereichs zu finden sein, da sie ansonsten nicht vorbehaltlos wären. Auch die verfassungsimmanenten Schranken „bedürfen der […] Übernahme durch Gesetz.“159 Das macht diese Schranken jedoch nicht verfassungsmittelbar. Verfassungsmittelbar sind solche Schranken, welche die Beschränkung eines Grundrechts durch oder aufgrund eines Gesetzes ermöglichen. Die Verfassung schränkt das Grundrecht nicht selbst ein, sondern ermöglicht dem Gesetzgeber, von außen über die Einschränkung des Grundrechts zu bestimmen.160 Terminologisch spricht man daher üblicherweise vom Schrankenoder Gesetzesvorbehalt.161 Fraglich ist, ob es neben den verfassungsimmanenten Schranken (kollidierendes Verfassungsrecht) und den verfassungsmittelbaren Schranken (explizite Gesetzesvorbehalte)  des Begriffs der verfassungsunmittelbaren Schranke bedarf. Oft werden „verfassungsunmittelbar“ und „verfassungsimmanent“ synonym verwendet.162 Doch auch wenn man dies nicht tut, sind die Überschneidungen groß. Verfassungsunmittelbare Schranken sind jedenfalls solche Normen, die ohne gesetzliche Positivierung einen (exekutiven) Grundrechtseingriff erlauben, nicht von vornherein den Schutzbereich verkürzen und den staatlichen Akt daher nicht von der grundrechtlichen Begründungslast freistellen.163 In Betracht kommt vor allem Art. 13 VII GG hinsichtlich der „gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr“.164 155

Vgl. Jarass, in: Jarass / Pieroth, Vorb. vor Art. 1 Rn. 34. Dazu sogleich Zweiter Teil B. II. 3. Degenhart, in: Merten / Papier, HGR III, § 61 Rn. 63; Hoffmann-Riem, Kommunikationsfreiheiten, Art. 8 Rn. 24. 157 Vgl. Merten, in: Merten / Papier, HGR III, § 60 Rn. 9 und allgemein Rn. 73. 158 Dreier, in: Dreier, Vorb. Rn. 139. 159 Herdegen, in: Maunz / Dürig, Art. 1 III Rn. 46; vgl. BVerfGE 107, 104 (120). 160 Alexy, Theorie, 255 f.; 263 ff.; Merten, in: Merten / Papier, HGR III, § 60 Rn. 83; der Gesetzesvorbehalt ist nicht die einzige, aber die wichtigste verfassungsmittelbare Schranke, s. Stern, FS BVerfG, Bd. 2, S. 1 (18 ff.). 161 Alexy, Theorie, 255 f.; 263 ff. 162 Vgl. Papier, in: Merten / Papier, HGR III, § 64 Rn. 17; Alexy, Theorie, 258 ff. 163 Degenhart, in: Merten / Papier, HGR III, § 61 Rn. 61. 164 Vgl. Degenhart, in: Merten / Papier, HGR III, § 61 Rn. 61. Die Anwendbarkeit des Art. 13 VII GG ohne gesetzliche Grundlage ist strittig, s. Hermes, in: Dreier, Art. 13 Rn. 117 und vgl. allgemein Lenz, Vorbehaltlose Freiheitsrechte, 313 ff. 156

178

2. Teil: Verfassungsrechtlicher Rahmen der Ersatzschulaufsicht 

Verallgemeinern lässt sich das dahin, dass verfassungsunmittelbar solche Schranken sind, die das Grundrecht ohne staatlichen Zwischenakt auf Verfassungsebene beschränken.165 Im Vergleich zum Gesetzesvorbehalt liefert die verfassungsunmittelbare Schranke – zu nennen sind (im Einzelfall strittig) Art. 6 II, 9 II, 12 II 2, 21 II GG – nicht bloß Eingriffsmöglichkeit, sondern Eingriffsgrund.166 Verfassungsunmittelbare Schranken können sich auch von außerhalb der Grundrechtsnorm ergeben, z. B. Art. 26 I GG, 33 IV, V GG.167 Aufgrund des Vorbehalts des Gesetzes besteht auch bei diesen Normen in aller Regel die Notwendigkeit einer gesetzlichen Ermächtigung und Abwägung für Eingriffe.168 Der maßgebliche Unterschied zu verfassungsmittelbaren Schranken ist, dass die unmittelbaren Schranken das Grundrecht beschränken, die mittelbaren das Grundrecht beschränkbar machen. Das Grundgesetz gewichtet die Rechtsgüter selbst;169 der Gesetzgeber unterliegt in der konkreten Gestaltung (dem „Wie“ der Beschränkung) den allgemeinen Schranken-Schranken des Grundrechtseingriffs.170 Daneben ist die Gewichtung der Rechtsgüter durch das Grundgesetz im Umsetzungsakt entsprechend nachzuvollziehen. In der Anwendung besteht daher kaum ein nennenswerter Unterschied zum qualifizierten Gesetzesvorbehalt.171 Das bestätigt die Rechtsprechung des BVerfG zu der als verfassungsunmittelbar bezeichneten Schranke des Art. 9 II GG: „Jeder Eingriff in die Vereinigungsfreiheit ist an die Verhältnismäßigkeit gebunden. Ist der Verbotstatbestand des Art. 9 II GG festgestellt, muss eine Vereinigung verboten werden; stehen aber Maßnahmen zur Verfügung, um die in Art. 9 II GG benannten Rechtsgüter gleich wirksam zu schützen, gehen sie als mildere Mittel vor.“172 Diese Verhältnismäßigkeitsprüfung findet auf Tatbestandsebene statt,173 was zwar eine Besonderheit darstellt, jedoch dem geschuldet ist, dass Art. 9 II GG auch die Rechtsfolge (Verbot der Vereinigung) nennt.

165

Kokott, in: Merten / Papier, HGR I, § 22 Rn. 38 f.; Alexy, Theorie, 258 ff. Merten, in: Merten / Papier, HGR III, § 60 Rn. 73 ff.; 76; 82; im Einzelnen strittig: für Art. 9 BVerfGE 149, 160 (Rn. 100); Scholz, in: Maunz / Dürig, Art. 9 Rn. 113; Schiffbauer, JZ 2019, 130 (132) und für Art. 6 II (anderer Ansicht) Brosius-Gersdorf, in: Dreier, Art. 6 Rn. 171 ff.; allgemein Stern, FS BVerfG, Bd. 2, S. 1 (13 ff.). 167 Merten, in: Merten / Papier, HGR III, § 60 Rn. 84 ff.; auch Art. 18 GG könnte man nennen, s. Wittreck, in: Dreier, Art. 18 Rn. 33. 168 Merten, in: Merten / Papier, HGR III, § 60 Rn. 76; Herdegen, in: Maunz / Dürig, Art. 1 III Rn. 46. 169 Vgl. Starck, in: v. Mangoldt / K lein / Starck, Art. 1 III Rn. 272. 170 Stern, FS BVerfG, Bd. 2, S. 1 (26 ff.); Alexy, Theorie, 262 ff. 171 Dezidiert Hermes, in: Merten / Papier, HGR III, § 63 Rn. 20 ff.; allgemein Alexy, Theorie, 262 f.; zu Art. 6 II 2 GG s. Uhle, in: BeckOK GG, Art. 6 Rn. 61. 172 BVerfGE 149, 160 (Leitsatz 2); Bauer, in: Dreier, Art. 9 Rn. 60; bereits früher BVerwGE 61, 218 (222); 37, 344 (361); zur a. A. Stern, Staatsrecht, Bd. IV/2, 1343 ff.; Kemper, in: v. Mangoldt / K lein / Starck, Art.  9 Rn.  71. 173 Vgl. wohl BVerfGE 149, 160 (Rn. 101 ff.); wie hier Schiffbauer, JZ 2019, 130 (133); Sachs, JuS 2019, 409 ff. 166

B. Dogmatik des Art. 7 IV GG

179

Die Nomenklatur ist unübersichtlich, strittig und muss im Einzelnen hinter der konkreten Grundrechtsauslegung zurücktreten.174 Wichtig ist die Erkenntnis, dass der Begriff „Schranken“ nicht mit „verfassungsmittelbar“ gleichzusetzen ist und nicht alle Beschränkungen auf Verfassungsebene automatisch den Schutzbereich verkürzen. Verallgemeinern lässt sich außerdem die allgemeine Geltung des Verhältnismäßigkeitsprinzips auch bei in der Verfassung angelegten Grundrechtsbeschränkungen.175 3. Einschränkung, Ausgestaltung und Konkretisierung der Grundrechte Auf der Unterscheidung von Grundrechtstatbestand und Grundrechtsschranken baut die Unterscheidung von Einschränkung und Ausgestaltung der Grundrechte auf. Unstrittig ist der Einschränkungsbegriff: hiermit ist die auf die Schranken des Grundrechts gestützte Verkürzung der grundrechtlichen Freiheit, der Eingriff in den Schutzbereich, gemeint.176 Die Ermöglichung des Grundrechtseingriffs ist ratio legis der Grundrechtsschranken und der Schrankenvorbehalte im Grundgesetz. Die Ausgestaltung der Grundrechte führt dagegen „auf unsicheres Gelände“.177 Klar ist, dass die Ausgestaltung auf unterverfassungsrechtlicher Ebene durch den Gesetzgeber stattfindet und diese nicht den grundrechtlichen Schutzbereich berührt.178 In der Rechtsfolge sind daher Ausgestaltung und Eingriff klar zu unterscheiden. Die Ausgestaltung befindet sich auf der Ebene des Grundrechtstatbestands.179 Nach herrschender Meinung handelt es sich gerade nicht um die allgemeine Befugnis des Gesetzgebers zur authentischen Grundrechtsinterpretation oder etwaiger Konkretisierung der grundrechtlichen Schutzreichweite.180 Nur weil z. B. bestimmte Regelungen im Rahmen der Berufsordnung unerlässlich sind und deswegen als Ausgestaltung des Art. 12 I GG im weiteren Sinne betrachtet werden könnten, handelt es sich trotzdem um Eingriffe in die geschützte Freiheit.181 In einem ersten Schritt kann man die Ausgestaltungsbefugnis folglich als die Möglichkeit der „eingriffslosen Grundrechtsberührung“ bezeichnen; gemeint ist damit eine Norm, die den Schutzbereich berührt, aber nicht in diesen eingreift.182 Eine solche nichteingreifende, erweiternde Kompetenz dürfte stets gegeben sein. 174

Vgl. Stern, Staatsrecht III/2, 225 ff. Zu Art. 13 VII vgl. Jarass, in: Jarass / Pieroth, Art. 13 Rn. 37. 176 Vgl. Hufen, Staatsrecht II, § 8 Rn. 1 ff. 177 Jarass, in: Merten / Papier, HGR II, § 38 Rn. 56. 178 Alexy, Theorie, 300 ff.; Jarass, in: Merten / Papier, HGR II, § 38 Rn. 58. 179 Hillgruber, in: Isensee / K irchhof, HdBStR IX, § 200 Rn. 62. 180 Vgl. Bumke, Ausgestaltung, 10 ff.; Hillgruber, in: Isensee / K irchhof, HdBStR IX, § 200 Rn. 62. 181 Vgl. Degenhart, in: Merten / Papier, HGR III, § 61 Rn. 9; Alexy, Theorie, 300 ff. 182 Bumke, Ausgestaltung, 16 f.; 41 ff.; vgl. Degenhart, in: Merten / Papier, HGR III, § 61 Rn. 11 f.; 48. 175

180

2. Teil: Verfassungsrechtlicher Rahmen der Ersatzschulaufsicht 

Weiter und als Gegenbegriff183 (nicht lediglich dessen Negation) zum Eingriff auf Schutzbereichsebene positioniert ist die Ausgestaltung i. e. S. Eine solche Ausgestaltungsbefugnis existiert bei normgeprägten, ihren Schutzgegenstand auf Rechtsmacht stützenden Grundrechten wie Art. 14 I GG. Der Gesetzgeber kann nicht bloß Schranken, sondern auch den Inhalt der Eigentumsgarantie festlegen; den Eigentumsbegriff erweitern und verkürzen.184 Diese Ausgestaltungsbefugnis besteht da, wo das Grundrecht aufgrund spezifischer Ausgestaltungspflichten oder allgemeiner Schutzpflichten ausgestaltungsfähig ist; die Ausgestaltungsbefugnis ist keine allgemeine, dem Gesetzgeber bei jedem Grundrecht zustehende Befugnis.185 Verknüpft mit der Ausgestaltungsbefugnis sind die Einrichtungsgarantien, die diesen Kernbestand an Normen fordern, ohne einen abgeschlossenen grundrechtlichen Schutzbereich vorzugeben, sodass dem Gesetzgeber außerhalb des Kernbestands Gestaltungsfreiheit zukommt.186 Die Garantie der Einrichtung bildet einen Grund für die Befugnis des Gesetzgebers, nicht nur über Schranken, sondern in Grenzen auch über den Schutzbereich zu befinden. Grundrechte mit Einrichtungsgarantie sichern die Gestaltung der Rechtsposition und den abwehrrechtlichen Schutz der gewährten Position.187 Verfehlt der Gesetzgeber mit seiner Ausgestaltung den Kernbereich der gesicherten Rechtsposition, kann dies in einen Grundrechtseingriff umschlagen.188 Fraglich ist in diesem Kontext die Einordnung der sogenannten Konkretisierung der Grundrechte. Die Konkretisierung wird wie die Ausgestaltung in den Gegensatz zum Eingriff gebracht. Eine Verkürzung des Grundrechts, d. h. ein Eingriff in dessen Schutzbereich, ist dem lediglich zur Konkretisierung ermächtigten Gesetzgeber nicht erlaubt.189 Da eine Konkretisierung gerade keinen Eingriff darstellt, können allein solche Rechtsakte erlaubt sein, die entweder das Umsetzen, was ohnehin grundrechtlich geboten ist, oder die dies positiv erweitern.190 Eine solche Konkretisierung ist z. B. in der Festlegung des Waffen- oder Friedlichkeitsbegriffs des Art. 8 I GG zu sehen, solange diese keine anderen Wertungen als das Grundgesetz enthält. Auch die Festlegung des Parteienbegriffs aus Art. 21 I GG ist eine solche Konkretisierung.191 In diesen Fällen verkürzt oder erweitert 183

Alexy, Theorie, 302 ff. Degenhart, in: Merten / Papier, HGR III, § 61 Rn. 20 f.; Lenz, Vorbehaltlose Freiheitsrechte, 99 ff. 185 Bumke, Ausgestaltung, 41 ff.; Alexy, Theorie, 300 ff.; Stern, Staatsrecht III/2, 41. 186 Vgl. Degenhart, in: Merten / Papier, HGR III, § 61 Rn. 27; 42; 46; Stern, Staatsrecht III/1, 866 ff.; Lenz, Vorbehaltlose Freiheitsrechte, 99 ff. 187 Lenz, Vorbehaltlose Freiheitsrechte, 100. 188 Bethge, in: Maunz / Schmidt-Bleibtreu et al., § 90 Rn. 30 f.; vgl. BVerfGE 57, 295 (321); 74, 297 (334). 189 Exemplarisch zur Ersatzschulfreiheit, oben Zweiter Teil, Fn. 91. 190 Vgl. Hillgruber, in: Isensee / K irchhof, HdBStR IX, § 200 Rn. 67; Degenhart, in: Merten / Papier, HGR III, § 61 Rn. 18; Hufen, Staatsrecht II, § 6 Rn. 14; Sachs, Verfassungsrecht II, Kap. 8 Rn. 3 ff. 191 Allgemein Degenhart, in: Merten / Papier, HGR III, § 61 Rn. 18. 184

B. Dogmatik des Art. 7 IV GG

181

der Staat gerade nicht die Reichweite des Parteien- oder Waffenbegriffs, er legt sie nur dar. Damit unterscheidet sich diese Art der Normsetzung von etwa der Bestimmung der Reichweite des Eigentumsbegriffs. Begrifflich ergibt eine Differenzierung zwischen Ausgestaltung und Konkretisierung Sinn, wenn man die Ausgestaltung im Wesentlichen auf das spezifische Problem der normgeprägten Grundrechte beschränkt und die Konkretisierung streng als Nichteingriff begreift, was sich sprachlich begründen lässt.192 Die Unterscheidung zwischen Eingriff, Ausgestaltung und Konkretisierung findet auch sich in den geschriebenen Grundrechtsschranken wieder. Unter den verfassungsmittelbaren Schranken ist zwischen Regelung- und Einschränkungsvorbehalten zu unterscheiden. Während Erstere die absolute Mehrheit darstellen (Gesetzesvorbehalte genannt) und im Einzelnen eine Relativierung des Schutzbereichs erlauben, finden sich Regelungsermächtigungen bspw. in Art. 4 III 2, 12a II 3, 16a IV 2, 38 III, 104 II 4 GG.193 Regelungsermächtigungen gestatten nach überwiegender Ansicht keine Einschränkung des sachlichen Gehalts eines Grundrechts. Es handelt sich nicht um Grundrechtsbegrenzungen, sondern um die Zuweisung einer Gestaltungsaufgabe an den Gesetzgeber.194 Daher ist die Abgrenzung zwischen Einschränkung und Regelung für die Bestimmung gesetzgeberischer Grenzen wichtig.195 In der vorliegend vertretenen Terminologie enthalten die Regelungsvorbehalte eine Konkretisierungs-, keine Ausgestaltungsbefugnis, da sie keinerlei beschränkende oder tatbestandsbestimmende Auswirkung haben.196 4. Tatbestand und Schranken bei der Grundrechtsdimension als Leistungsrecht Die primäre und ursprüngliche Funktion der Grundrechte haben diese in ihrer Rolle als den betroffenen Menschen subjektiv berechtigende Abwehrrechte gegen staatliche Eingriffe.197 In dieser Funktion relevant ist die Reichweite von Tatbestand und Schranken, da diese dem Staat das Recht geben, die Abwehrfunktion zu relativieren, wenn der Eingriff gerechtfertigt ist.198 Liegt der Grundrechtstatbe 192

„Konkretisieren“ erscheint sprachlich schwächer, weniger weitreichend als „ausgestalten“. Konkretisieren meint z. B. „weniger abstrakt machen“ oder „verdeutlichen“. „Ausgestalten“ bzw. „Gestalten“ dagegen eher „erweitern“ und „Form geben“. Nachweise bei duden.de (konkretisieren, ausgestalten) und wiktionary.org (konkretisieren, gestalten) Stand: 10. 11. 2020). 193 Dreier, in: Dreier, Vorb. Rn. 138; Alexy, Theorie, 300 ff. 194 Stern, Staatsrecht III/2, 417 ff.; BVerfGE 48, 127 (163); 69, 1 (12). 195 Vgl. Hillgruber, in: Isensee / K irchhof, HdBStR IX, § 200 Rn. 72; Alexy, Theorie, 300 ff.; Starck, in: v. Mangoldt / K lein / Starck, Art.  1 Rn.  288; Degenhart, in: Merten / Papier, HGR III, § 61 Rn. 65. 196 Vgl. Stern, Staatsrecht III/2, 418 ff.; in diese Richtung Lübbe-Wolff, Eingriffsabwehrrechte, 59 ff. 197 BVerfGE 7, 198 (204 ff.); Sachs, in: Merten / Papier, HGR II, § 38 Rn. 1 ff. 198 Vgl. nur Lenz, Vorbehaltlose Freiheitsrechte, 65 ff.; Hufen, Staatsrecht II, § 5 Rn. 4 ff.

182

2. Teil: Verfassungsrechtlicher Rahmen der Ersatzschulaufsicht 

stand nicht vor, entfaltet das Grundrecht keine Abwehrwirkung. Insofern gilt das bisher Ausgeführte primär in der Grundrechtsdimension als subjektives Abwehrrecht. Gerade die Ersatzschulfreiheit ist aufgrund des Genehmigungsanspruchs allerdings ebenfalls unter den leistungsrechtlichen Gesichtspunkten in den Blick zu nehmen, selbst wenn man die Schutz- und Förderpflicht ausklammert.199 Abwehr- und Leistungsrecht auf Erteilung einer Ersatzschulgenehmigung stehen nicht beziehungslos nebeneinander, sondern teilen sich im vorliegenden Fall den gleichen Wortlaut.200 Leistungsrechte sind grundsätzlich solche, die den Staat zu einem positiven Handeln verpflichten.201 Ausdrückliche Leistungsrechte finden sich im Grundgesetz selten, sondern ergeben sich meist aus objektiven Pflichten der Einrichtungsgarantien oder aus Schutzpflichten.202 Die meisten Leistungsrechte in (Landes-)Verfassungen zeichnen sich dadurch aus, dass sie einen erheblichem Spielraum entweder bei der Rechtsfolge oder auf Tatbestandsebene einräumen.203 Das liegt vor allem daran, dass das Grundgesetz praktisch keine konditionalen Anspruchsgrundlagen für eine gebotene staatliche Leistung vorsieht,204 sondern sich die Leistungsansprüche umgekehrt eher aus dem abwehrrechtlichen Gehalt ergeben. Die damit verbundenen kompetenziellen Fragen erklären eine zurückhaltende Bindung des leistungsrechtsgestaltenden Gesetzgebers, die sich im Wesentlichen am Unter­ maßverbot festmachen lässt.205 Grundrechtsschranken sind auf leistungsrechtliche Gehalte nicht ohne Weiteres anwendbar, da in der Regel schon ein Gestaltungsspielraum bei der Frage des Bestehens der Leistungspflicht gegeben ist.206 Anders könnte das Verhältnis zwischen Leistungsrecht und Abwehrrecht da sein, wo das Grundgesetz eine abwehrrechtlich garantierte Grundrechtsausübung von einem leistungsrechtlich-konditionalen Normprogramm abhängig macht, die Grundrechtsausübung also an bestimmte Voraussetzungen knüpft. Die Leistungsunterlassung ist in diesem Fall gleichzeitig Eingriff in den abwehrrechtlichen Schutzbereich,207 was bei (einfachrechtlichen) Erlaubnisvorbehalten in Form des Unterlassens der Genehmigungserteilung grundsätzlich anerkannt ist.208 Relevant 199

Vgl. Stern, Staatsrecht III/1, 706. Siehe dazu später Zweiter Teil B. IV. 4. a). 201 Lenz, Vorbehaltlose Freiheitsrechte, 74 ff. 202 Rüffner, in: Merten / Papier, HGR II, § 40 Rn. 1 ff.; 42 ff.; Lenz, Vorbehaltlose Freiheitsrechte, 74 ff. 203 BVerfGE 125, 175 (223); Lenz, Vorbehaltlose Freiheitsrechte, 74 ff. 204 Überblick bei Stern, Staatsrecht III/1, 706 ff. 205 Vgl. Alexy, Theorie, 404 f.; Jarass, in: Merten / Papier, HGR II, § 38 Rn. 28 ff.; Lenz, Vorbehaltlose Freiheitsrechte, 81 ff. 206 Lenz, Vorbehaltlose Freiheitsrechte, 89 ff.; Stern, Staatsrecht III/2, 387 ff. 207 Umfassend Lübbe-Wolff, Eingriffsabwehrrechte, 205 ff.; vgl. auch Peine, in: Merten / ​ Papier, HGR III, § 57 Rn. 35. 208 Jarass, in: Jarass / Pieroth, Vorb. vor Art. 1 Rn. 30; Hillgruber, in: Isensee / K irchhof, HdBStR IX, § 200 Rn. 82. Zum Entzug einer begünstigenden Position als Eingriff, vgl. BVerfGE 116, 24 (52 ff.). 200

B. Dogmatik des Art. 7 IV GG

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für dieses Ergebnis dürfte hingegen nicht die Abgrenzung von Unterlassen und Tun sein, sondern ob und wie weit ein bestimmtes Verhalten abwehrrechtlich geschützt ist und inwiefern der Staat dies durch Nichtgenehmigung faktisch beeinträchtigt. Gerade wenn die konditionale Verknüpfung mit Anforderungen auf Verfassungsebene stattfindet, lässt sich dies nicht unproblematisch beantworten. Die Privatschulfreiheit und ihre Bestimmungen für Ersatzschulen sind für dieses Szenario ersichtlich der Präzedenzfall.

III. Grundrechtsdimensionen des Art. 7 IV GG Ausgehend von dieser Begriffsbestimmung ergründet der folgende Abschnitt die Grundrechtsdimensionen der Privatschulfreiheit. Grundrechtsdimension meint die Einordnung der Funktionen des Grundrechts in die Statuslehre, d. h. die Bewertung nach subjektiv berechtigenden abwehrenden, gewährenden und vergleichenden Gewährleistungsinhalten sowie nach lediglich objektiv wirksamen Inhalten des Grundrechts.209 1. Schutz des status negativus als primäre Funktion der Privatschulfreiheit Zunächst ist auf Art. 7 IV 1 GG abzustellen: „Das Recht zur Errichtung von privaten Schulen wird gewährleistet.“ Die bisher herrschende Meinung sieht darin primär210 – wie in anderen Grundrechten – ein Abwehrrecht, das Errichtung und Betrieb privater Schulen garantiert.211 a) Abwehrrechtliche Auslegung Die negatorische Wirkung212 der Privatschulfreiheit folgt unmittelbar aus dem Wortlaut der Norm. Die Norm beschreibt einen Sollens-Zustand („das Recht zur Errichtung…“), in dem sie ein ungestörtes Verhalten der geschützten Person ermöglicht.213 Die Gewährleistung dieses Rechts ist Handlungsanleitung an den Staat, dieses Recht nicht zu beeinträchtigen. Damit entspricht Art. 7 IV 1 GG der Systematik vieler weiterer Abwehrrechte. So „gewährleistet“ Art. 4 II GG die Religionsausübung, Art. 5 I 2 GG u. a. die Pressefreiheit, Art. 9 III 1 GG die Koalitionsfreiheit und Art. 14 I 1 GG Erbrecht und Eigentum. Die Formulierung 209

Vgl. Starck, in: v. Mangoldt / K lein / Starck, Art.  1 Rn.  182. Hufen, in: Hufen / Vogel, Keine Zukunftsperspektiven?, 49 (54). 211 Siehe bereits Zweiter Teil B. I. 3. 212 Loschelder, in: Merten / Papier, HGR IV, § 110 Rn. 77. 213 Vgl. Sachs, in: Merten / Papier, HGR II, § 39 Rn. 8. 210

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2. Teil: Verfassungsrechtlicher Rahmen der Ersatzschulaufsicht 

anderer Grundrechte (z. B. Art. 2 I, 5 I, 8 I GG „hat / haben das Recht“) bewirkt nichts anderes.214 Der primär auf Unterlassen staatlicher Eingriffe gerichtete Charakter lässt sich genetisch belegen. Art. 147 WRV trug als Vorgängervorschrift die Handschrift der Weimarer Schulkompromisse.215 Zwischen den Extremen – Staatsschulwesen und unregulierter Privatschulfreiheit mit der Folge von „Standesschulen“ – sollte ein Ausgleich geschaffen werden. Auch wenn damit erstmals verbindliche Genehmigungsvorgaben auf Reichsebene geschaffen wurden, so ist die Stoßrichtung eher eine die Privatschulfreiheit begrenzende gewesen.216 Hiergegenüber kann man nicht ignorieren, dass die Mütter und Väter des Grundgesetzes diese Rechtslage bei Schaffung des Grundgesetzes anscheinend als nicht ausreichend ansahen, da die Privatschulfreiheit in Satz 1 ergänzt wurde. Maßgeblich hierfür war der von Theodor Heuss im Parlamentarischen Rat eingebrachte Antrag, der später um die aus Art. 147 I WRV bekannten Formulierungen ergänzt wurde. Heuss wollte durch die sich jetzt in Art. 7 IV 1 GG wiederfindende Formulierung erreichen, dass kein Land ein staatliches Schulmonopol errichtet; die anderen Abgeordneten stimmten dem zu.217 Dies spricht für die der neuen218 Privatschulfreiheit maßgeblich zugedachte Funktion als Recht gegen staatliche Einschränkungen. Schließlich stützt die objektiv-teleologische Auslegung die Abwehrfunktion. Dass Art. 7 IV 1 GG eine staatsfreie Selbstbestimmung der Schule voraussetzt, folgt aus dem liberalen Gesamtsystem der Grundrechte.219 Auch im Bildungswesen ist ein Schutz vor staatlichen Ingerenzen bezweckt und der staatlich gewollte schulische Pluralismus Kern der freiheitssichernden objektiven Gewährleistung.220 Trotz starker staatlicher Stellung war die Schule in der Geschichte nie ausschließliche oder „natürliche“ Sache des Staates.221

214 Vgl. zur abwehrrechtlichen Struktur und der Systematik Sachs, in: Merten / Papier, HGR II, § 39 Rn. 8. 215 Zur Genese bereits Erster Teil B. I. 216 Vgl. Landé, Schule in der Reichsverfassung, 141 ff. 217 Doemming / Füsslein / Matz, JöR n. F. Bd. 1 (1951), 101 (112 ff.); BVerfGE 75, 40 (58 ff.); vgl. Parlamentarischer Rat, Bd. 5/2, 817. 218 Zur Funktion der Privatschulfreiheit in der FRV und der Preußischen Verfassung bereits Erster Teil B. I. 1. 219 Vgl. Jeand’Heur, in: Müller / Jeand’Heur, Zukunftsperspektiven, 47 (60 ff.). 220 BVerfGE 75, 40 (59 f.; 65); Hufen, Staatsrecht II, § 32 Rn. 27; Stern, Staatsrecht, Bd. IV/2, 544 ff. Zur Methode vgl. Larenz / Canaris, Methodenlehre, 153 ff. 221 Vgl. Peters, in: Bettermann / Nipperdey / Scheuner, Grundrechte, 369 (428); Stern, Staatsrecht III/1, 801.

B. Dogmatik des Art. 7 IV GG

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b) Privatschulfreiheit ist nicht lediglich subjektive Kehrseite einer institutionell verbürgten Autonomiegewährleistung Gegen diese Einordnung könnte sprechen, dass sich die Privatschulfreiheit als „systemabhängiges […] nicht systembestimmendes“ Recht darstellt; diese Freiheit also von der Gestaltung des staatlichen Schulwesens abhängig ist und dieses nicht zu beschränken vermag.222 Mager223 hat sich für eine Betrachtung der Privatschulfreiheiten als Folge der verfassungsrechtlichen Einrichtungsgarantie – ähnlich der Garantie der kommunalen Selbstverwaltung – stark gemacht. In dieser Konzeption begründe Art. 7 I GG das Schulwesen als alleinige Staatsaufgabe, sodass dem Schulbetrieb von vornherein kein Grundrechtsschutz zukommen könne. Das Recht auf Gründung von Privatschulen sei subjektive Seite einer von der Einrichtungsgarantie der Privatschulfreiheit begründeten Organisationsentscheidung für die Existenz von Privatschulen, für die Art. 7 IV GG konstituierend sei. Art. 7 IV GG gebe eine subjektive Wahrnehmungsbefugnis für eine „öffentlich[e] in staatlicher Verantwortung stehend[e] Aufgabe“, garantiere hingegen keinen echten Grundrechtsschutz als Freiheitsrecht.224 Für die Bewertung dieser Auffassung ist das damit verbundene Verständnis der verfassungsrechtlichen Bindung des Institutionenschutzes von Belang. Mager unterscheidet nicht nach einem abwägungsfreien Randbereich und einem umfassend geschützten Kernbereich,225 sondern beantwortet das Dilemma des Verfassungsschutzes nach Maßgabe untergesetzlicher Normen nach der Unterscheidung ausgestaltender und eingreifender Gesetzgebung. Der ausgestaltende Gesetzgeber sei an die „Sachgerechtigkeit und Zweckmäßigkeit der Ausgestaltung im Hinblick auf die autonome Wahrnehmung dieser Funktion“ gebunden und müsse diese Voraussetzungen für die Funktionsfähigkeit schaffen; allein ein Kern richte sich nach verfassungsunmittelbaren Vorgaben. Dagegen sei die Verfolgung von Zielen, die außerhalb der Einrichtungsgarantie liegen würden, d. h. nicht der Aufgabenwahrnehmung dienen sollen, als Eingriffe zu behandeln und am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu messen.226 Im Ergebnis würde diese Sicht daher kaum andere Ergebnisse hinsichtlich der Aufsichts- und Steuerungsbefugnis des Staates liefern227 als das vom BVerfG praktizierte Nebeneinander von Einrichtungsgarantie und Grundrecht.228 Letztlich sprechen jedoch gewichtige Argumente für die Beibehaltung der Sicht auf die Privatschulfreiheit229 als echtes abwehrrechtliches Grundrecht. 222

Mager, Einrichtungsgarantien, 468 ff. Mager, Einrichtungsgarantien, 468 f.; 446 ff. 224 Mager, Einrichtungsgarantien, 420; 447 f.; 468 f.; ähnlich Heckel, DÖV 1952, 617 (618 ff.). 225 Zu dieser Konzeption Kloepfer, in: Merten / Papier, HGR II, § 42 Rn. 31 ff. 226 Mager, Einrichtungsgarantien, 435 ff.; vgl. v. Münch / Mager, Staatsrecht, 55 ff. 227 Anders wohl Kümper, DVBl 2016, 225 (230), der die institutionelle Betrachtung auf die Ersatzschulen beschränkt, sich dafür aber auf die Ansicht Magers stützt. 228 Privatschulfreiheit: BVerfGE 27, 195 (200); 75, 40 (61); Eigentumsgrundrecht BVerfGE 24, 367 (400); 143, 246 (Rn. 216 ff.); vgl. grundlegend Stern, Staatsrecht III/1, 795. 229 Etwas anderes könnte für die Ersatzschulfreiheit gelten, dazu später Zweiter Teil B. IV. 2. c) bb). 223

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2. Teil: Verfassungsrechtlicher Rahmen der Ersatzschulaufsicht 

Zunächst gilt es, den angeführten Begriff der Staatsaufgabe zu präzisieren. Staatsaufgabe ist nach heutigem Verständnis formell zu bestimmen als jede Aufgabe, die im öffentlichen Interesse liegt und die der Staat zulässigerweise übernimmt.230 Staatsaufgaben sind abzugrenzen von öffentlichen Aufgaben, die sich ausschließlich nach dem Vorliegen eines öffentlichen Interesses bestimmen, gleichgültig ob Private oder der Staat diese wahrnehmen.231 Staatsaufgabe ist nicht gleichzusetzen mit Staatsmonopol; vielmehr gibt es wenige Aufgaben, die ausschließliche Staatsaufgaben sind und zwingend vom Staat ausgeübt werden müssen und nur von diesem dürfen.232 Allein der Begriff der Staatsaufgaben kann jedoch für sich keine Aufgaben oder Aufträgen begründen und ist daher lediglich deskriptiv.233 Innerhalb dieser Begriffsbestimmung müsste das Grundgesetz dem Staat das Schulwesen daher als ausschließliche Staatsaufgabe übertragen, damit keine private Freiheitsausübung möglich ist, was angreifbar ist. Art. 7 I GG spricht dem Staat zwar zahlreiche Kompetenzen im Schulbereich zu, nicht hingegen eine ausschließliche Wahrnehmungsbefugnis von der es erst einer Ausnahme (Art. 7 IV 1 GG) bedarf. An dieser Stelle hilft die genetische Interpretation. Mit Artikel 7 GG wollte man im Parlamentarischen Rat wenige bundesverfassungsrechtliche Grundaussagen zum Schulrecht tätigen. Zu diesen Grundaussagen gehörte es, dass man befürchtete, die Länder könnten ein staatliches Schulmonopol einführen.234 Ersichtlich ging man nicht davon aus, dass Art. 7 I GG einer expliziten Ausnahme auf Bundesebene bedurfte, ohne die die Verfassung ein Schulmonopol statuieren würde. Allgemein wurde die (teilweise) Übernahme des Art. 144 I WRV in Art. 7 I GG nicht diskutiert, der Inhalt als selbstverständlich vorausgesetzt.235 Auch wenn Art. 7 I GG dem Staat eindeutig einige Rechte als ausschließlich staatliche Aufgaben zuweist, wurde selbst in der Weimarer Lehre das Recht, eine Privatschule zu betreiben, nicht als abgeleitetes staatliches Recht gesehen.236 Im Parlamentarischen Rat wurde zwar über das Für und Wider einer Garantie der Privatschulfreiheit auf Bundesebene kurz diskutiert, nicht aber Privatschulen grundsätzlich infrage gestellt.237 Würde Art. 7 I GG das Schulwesen inklusive des Betreibens der einzelnen

230

Isensee, in: Isensee / K irchhof, HdBStR IV, § 73 Rn. 27 f.; Burgi, in: Isensee / K irchhof, HdBStR IV, § 75 Rn. 2. 231 Vgl. BVerfGE 15, 235 (241); 53, 366 (401); Isensee, in: Isensee / K irchhof, HdBStR IV, § 73 Rn. 12; Butzer, in: Isensee / K irchhof, HdBStR IV, § 74 Rn. 8; Burgi, Privatisierung, 41 ff.; Klement, VerwArch 101 (2010), 112 (120 ff.). 232 Vgl. Isensee, in: Isensee / K irchhof, HdBStR IV, § 73 Rn. 27; Wißmann, in: HoffmannRiem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle, GVwR I, § 15 Rn.  12; Burgi, in: Isensee / K irchhof, HdBStR IV, § 75 Rn. 16. 233 Vgl. Lepsius, in: Fehling / Ruffert, Regulierungsrecht, Rn. 101 ff. 234 Stern, Staatsrecht, Bd. IV/2, 410. 235 Kösling, Private Schule, 67; vgl. Doemming / Füsslein / Matz, JöR n. F. Bd. 1 (1951), 101 (101 ff.). 236 Die öffentliche Schule hatte zwar Vorrang, aber es bestand jedoch kein Monopol und kein Auftragsverhältnis, vgl. Landé, Schule in der Reichsverfassung, 149 ff. 237 Vgl. Doemming / Füsslein / Matz, JöR n. F. Bd. 1 (1951), 101 (112 ff.).

B. Dogmatik des Art. 7 IV GG

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Schule grundsätzlich als staatliche Aufgabe konstituieren, bestünde im Rahmen von Art. 12 I GG keine geschützte Freiheit der Privatschule.238 Das Betreiben einer Privatschule wäre von einer positiven staatlichen Übertragung dieser Betriebsbefugnis abhängig. Hätte man also die Privatschulfreiheit nicht in das Grundgesetz aufgenommen, wäre hiernach fraglich, ob die Länder von Art. 7 I GG dahingehend hätten abweichen können, dass sie private Schulen im Rahmen eines positiven Freiheitsrechts erlauben. Da jedoch einige Länder vor Zustandekommen des Grundgesetzes eine Privatschulfreiheit verfassungsrechtlich garantierten,239 hätte die Etablierung der Schule als ausschließliche Staatsaufgabe im Grundgesetz diese landesverfassungsrechtlichen Garantien infrage gestellt. Dafür aber, dass dies bei Schaffung des Schulverfassungsrechts gewollt oder bewusst war, lassen sich keine Anhaltspunkte ausmachen. Denkt man sich Art. 7 IV GG also „weg“, bestünde für die Privatschule zwar lediglich im Rahmen des Art. 12 I GG grundrechtlicher Schutz, nicht jedoch wäre das Betreiben einer Privatschule durch Art. 7 I GG von vornherein ausgeschlossen oder von einer Beleihung abhängig. Bloß weil Art. 7 IV GG die Reichweite der Privatschulgarantie in Teilen an das staatliche Schulwesen bindet und wieder beschränkt, folgt hieraus noch nicht, dass Art. 7 IV GG grundsätzlich nur die Teilhabe an einem staatlichen Recht garantiert.240 Bei genauerer Betrachtung bindet ohnehin nicht die Privatschulfreiheit umfassend an das staatliche Schulwesen, sondern erst Art. 7 IV 2–4 GG. Das Grundgesetz statuiert eine Privatschulfreiheit, von der es für Ersatzschulen eine Ausnahme macht, d. h. nicht für andere bzw. alle Privatschulen. Im Ergebnis stimmt die vorliegende Deutung mit dem BVerfG überein, das in der institutionellen Garantie eine Absage an ein staatliches Schulmonopol sieht und nur die Anerkennung (nicht die Genehmigung) der Ersatzschule als Beteiligung an einer staatlichen Aufgabe einordnet.241 Die Privatschule soll zwar die Pluralität im Bildungswesen garantieren und stützt sich insofern eher auf das Elternrecht242 als auf die Ermöglichung eines privatkapitalistischen Bildungsbetriebs, trotz dessen ist die Privatschulfreiheit – ebenso wie andere Grundrechte – ihrer selbst willen garantiert und nicht staatliches Mittel zum Zweck.243 Selbst wenn man die generelle Kritik an einer Ausweitung des Institutionenschut­ zes (zulasten der Grundrechte) außer Acht lässt,244 spricht also wenig für die Annahme der Privatschulfreiheit als „Ausnahme“ von einer umfassenden staatlichen

238

Mager, Einrichtungsgarantien, 420. Vgl. Wißmann, in: BK-GG, Art. 7 II Rn. 22 ff. 240 Ähnlich Becker, Aufsicht, 123. 241 BVerfGE 27, 195 (200 ff.). 242 BVerfGE 75, 40 (62 ff.); zu dieser Begründung vgl. Germelmann, Kultur, 141 f.; vgl. Kösling, Private Schule, 169 ff. 243 So aber Mager, Einrichtungsgarantien, 420; vgl. wie hier Müller, Recht der Freien Schule, 403; Loschelder, in: Merten / Papier, HGR IV, § 110 Rn. 73; Kösling, Private Schule, 168 ff. 244 Vgl. Hufen, Staatsrecht II, § 5 Rn. 18; Stern, Staatsrecht III/1, 795. 239

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2. Teil: Verfassungsrechtlicher Rahmen der Ersatzschulaufsicht 

Schulhoheit.245 Die Privatschulfreiheit des Art. 7 IV 1 GG hat im Ergebnis ihren Platz neben klassischen Abwehrrechten als Recht auf Nichthinderung einer Handlung (Gründung der Privatschule). Das Grundgesetz designiert einen gewährleisteten (Handlungs-)Bereich und stellt diesen prima facie von Beschränkungen frei.246 Das spricht nicht gegen die zusätzliche Funktion als Einrichtungsgarantie. 2. Leistungsrechtliche Gewährleistung der Ersatzschulgenehmigung Neben der klassischen abwehrrechtlichen lassen sich der Privatschulfreiheit weitere Grundrechtsdimensionen zuschreiben. In den Blick zu nehmen ist vor allem das Zusammenspiel mit den Gewährleistungen für Ersatzschulen. Art. 7 IV 2 GG stellt Ersatzschulen, nicht hingegen die Ergänzungsschulen unter einen Genehmigungsvorbehalt. Während Art. 7 IV GG die Ergänzungsschulen im Gegensatz zu Art. 147 IV WRV nicht (direkt) behandelt, finden sich die Ersatzschulen in Satz 2. Satz 3 bestimmt Kriterien, nach denen die Genehmigung zu erteilen ist; Satz 4 solche, bei deren Vorliegen diese nicht erteilt werden darf. Überwiegend wird dies unter dem Gesichtspunkt der Relativierung der Grundrechtsgarantie des Art. 7 IV 1 GG gesehen.247 Betrachtet man Leistungsrechte als das Recht auf die Vornahme einer positiven Handlung durch den Staat,248 stellt sich die Frage, ob Art. 7 IV 2–4 GG ein subjektives Leistungsrecht der Ersatzschule auf Geneh­ migung enthält. Leistungsrechtliche Gesichtspunkte erörtern Literatur und Rechtsprechung vor allem im Zusammenhang mit der Schutz- und Förderpflicht des Staates für Ersatzschulen; selten bezogen auf die Genehmigung. Schon der Wortlaut des Art. 7 IV 3 GG spricht für einen einforderbaren Anspruch auf Genehmigungserteilung („Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn […]“).249 Auch ihrem Zweck nach will die Norm nicht bloß eine Appellfunktion haben, sondern das Zulassungsregime der Ersatzschule als historischen Kompromiss250 (für die Länder) verbindlich festlegen. Da die Grundgesetzbestimmung fast das einzige bundesweite Privatschulrecht ist und die Privatschulfreiheit des Satzes 1 ein Monopol der Länder verhindern soll, spricht die Genese für den subjektivrechtlichen Charakter der Genehmigungserteilung, der bundesverfassungsrechtlich gegen die Länder anwendbar ist. Die Vorschrift gibt der Ersatzschule einen

245

Vgl. Gröschner, in: Dreier (Vorauflage), Art. 7 Rn. 98; 100; im Ergebnis Hufen, in: Hufen / ​ Vogel, Keine Zukunftsperspektiven?, 49 (54). 246 Vgl. Alexy, Theorie, 174 ff.; im Ergebnis Kösling, Private Schule, 137 f.; Vogel, DVBl 1985, 1214 (1216). 247 Vgl. Frowein, Privatschulen, 2 ff.; siehe auch Brosius-Gersdorf, Sonderungsverbot, 18 ff.; explizit Kümper, DVBl 2016, 225 (230); Sachs, NWVBl 2018, 441 (442). 248 Alexy, Theorie, 179 ff.; Sachs, in: Sachs, Vor. Art. 1 Rn. 47. 249 Anderer Ansicht Ogorek, DÖV 2010, 341 (343 ff.), der den Genehmigungsanspruch ausschließlich abwehrrechtlich konstruiert. 250 Rux, Schulrecht, Rn. 1182; Müller, Recht der Freien Schule, 117.

B. Dogmatik des Art. 7 IV GG

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subjektiven Anspruch auf Genehmigungserteilung.251 Zu einem anderen Ergebnis kommt man auch nicht, wenn man das Ersatzschulrecht a priori aus der Garantie des Abwehrrechts (Art. 7 IV 1 GG) ausklammern möchte und Art. 7 IV 2–4 GG als Teilhaberegelung an einem staatlichen System ansieht.252 Fraglich bleibt, welche genauen Rechte sich verfassungsunmittelbar hieraus ergeben und wie das Leitungsrecht mit dem Abwehrrecht zusammenspielt. Zunächst lässt sich eine vorsichtige Parallele zu anderen leistungsrechtlichen Ansprüchen ziehen. Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 V 2 WRV enthält einen Anspruch der Religionsgemeinschaften auf Verleihung des Körperschaftsstatus, wenn die materiellen Voraussetzungen der Verfassungsbestimmung vorliegen.253 Dieser Anspruch entsteht verfassungsunmittelbar ohne gesetzliche Gestaltung und begründet eine eigene Verwaltungskompetenz. Die Verleihung ist notfalls mit der Verfassungsbeschwerde geltend zu machen.254 Auch zum Asylgrundrecht könnte Ähnlichkeit bestehen. Das Asylgrundrecht nach Art. 16a I GG garantiert einen verfassungsunmittelbaren Rahmen für die Erteilung eines staatlichen Schutzes, den man leistungsrechtlich sehen könnte. Bei genauerer Betrachtung entpuppt sich dies als Schutz vor Auslieferung und Zurückweisung, d. h. als Abwehrrecht, das dem Gesetzgeber zwar Grenzen setzt, jedoch eine bestimmte Ausgestaltung des Aufenthaltsrechts nicht im Einzelnen vorwegnimmt.255 Andere als subjektive Leistungsrechte anerkannte Rechte (z. B. der Schutz des menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 20 I i. V. m. Art. 1 I GG oder der Anspruch auf Schutz und Fürsorge aus Art. 6 IV GG) geben dem Gesetzgeber einen großen Spielraum über die Ausgestaltung dieses Anspruchs auf Rechtsfolgenseite und Tatbestandsseite.256 Ansonsten sind verfassungstextliche Leistungsansprüche selten; die meisten Leistungsrechte folgen aus den objektiven Grundrechtsgehalten, so z. B. nach h. M. bei der Privatschulsubvention.257 Vielfach sind „soziale“ Grundrechte, aus Einrichtungsgarantien folgende Aufträge und grundrechtlichen Schutzpflichten entspringende Leistungsrechte nichts anderes als qualifizierte Regelungsaufträge an den Gesetzgeber.258 251

BVerfGE 27, 195 (200); BVerfG, NVwZ 2011, 1384 (Rn. 15); BVerwGE 17, 236 (237); 112, 263 (264); Wißmann, in: BK-GG, Art. 7 III Rn. 240; Stern, Staatsrecht III/1, 801; Rüffner, in: Merten / Papier, HGR II, § 40 Rn. 4. 252 Hierzu später Zweiter Teil B. IV. 2. c) bb). In diese Richtung Stern, Staatsrecht III/2, 415 Fn. 154 und Kümper, DVBl 2016, 225 (229 ff.), die jeweils den leistungsrechtlichen Gehalt der Ersatzschulgenehmigungspflicht betonen. 253 Rüffner, in: Merten / Papier, HGR II, § 40 Rn. 4; zu dem Beispiel Kümper, DVBl 2016, 225 (230). 254 BVerfGE 139, 321 (Rn. 140). Vgl. Ehlers, in: Sachs, Art. 137 WRV Rn. 5; Jarass, in: Jarass / Pieroth, Art. 137 WRV Rn. 20. 255 Gärditz, in: Maunz / Dürig, Art. 16a Rn. 184 ff.; 189; Wittreck, in: Dreier, Art. 16a Rn. 121 ff. 256 BVerfGE 125, 175 (222 ff.); zu Art. 6 IV GG s. Badura, in: Maunz / Dürig, Art. 6 Rn. 151. 257 Vgl. BVerfGE 75, 40 (61 ff.); allgemein zu den Leistungsrechten Stern, Staatsrecht III/1, 679 ff. 258 Stern, Staatsrecht III/1, 724; Epping, Grundrechte, Rn. 15 f.; Lenz, Vorbehaltlose Freiheitsrechte, 74 ff., der die Schutzpflichten allen Staatsgewalten zuweist. Letztlich besteht auch

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2. Teil: Verfassungsrechtlicher Rahmen der Ersatzschulaufsicht 

Art. 7 IV 3 GG legt hingegen Anforderungen und die Rechtsfolge des Leistungsanspruchs präzise fest: „Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn […]“. Der Genehmigungsbegriff ist eindeutig, als dass damit ein präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt statuiert wird.259 Betrieb und Errichtung der Ersatzschule sind von einem staatlichen Mitwirkungsakt abhängig. Solche Erlaubnisvorbehalte sind bei anderen grundrechtlich geschützten Rechten üblich, nur dass diese Vorbehalte auf einfachrechtlicher Ebene etabliert sind. Auf einfachgesetzlicher Ebene besteht dann regelmäßig ein subjektiver Anspruch auf Erteilung einer Genehmigung, wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen vorliegen.260 Art. 7 IV 2–4 GG besagt nichts anderes; hier begründet das Vorliegen von Tatbestandsmerkmalen einen Anspruch an die ausführende Verwaltung.261 Zwar ergeben sich nicht alle Tatbestandsmerkmale ohne Heranziehung des Landesrechts, für unmittelbar anwendbares Verfassungsrecht – und damit für die Grundrechtsdimension als Leistungsrecht – spricht insofern, dass die Genehmigungsvoraussetzungen des Art. 7 IV 3–4 GG von sich aus akzessorisch angelegt sind und eine Bestimmung des Genehmigungsmaßstabs autonom ermöglichen. Auch wenn die Regelung von verfassungsunmittelbaren Verwaltungskompetenzen unüblich ist, sind sie nicht ausgeschlossen, wie Art. 13 VII GG und der bereits angesprochene Anspruch aus Art. 140 i. V. m Art. 137 V 2 WRV. Der Ersatzschulgenehmigungsanspruch ist nicht bloß Gesetzgebungsauftrag, sondern zumindest subsidiär anwendbares Recht.262 Die Landesschulverwaltungen müssen eine Genehmigung auch dann erteilen, wenn keine Umsetzung in Landesrecht erfolgt (bei fehlerhafter Umsetzung der Vorgaben ist allerdings nach Verwerfungskompetenz zu differenzieren263). Darin drückt sich der Unterschied eines verfassungsunmittelbaren Anspruchs zu einer (bloßen) Pflicht zur Schaffung von verfassungsgemäßem Gesetzesrecht aus. Der derart begründete Leistungsanspruch auf Erteilung einer Ersatzschulgenehmigung tritt neben das Abwehrrecht, wenn und soweit beide Ansprüche den gleichen Schutzumfang abdecken. Ein grundrechtlicher Anspruch entsteht erst, wenn die (Genehmigungs-)Voraussetzungen vorliegen. Ansonsten besteht kein Schutz durch die leistungsrechtliche Grundrechtsdimension bzw. diese vermittelt keinen Genehmigungsanspruch. Darüber hinaus schützt das Leistungsrecht nur die Erhiernach ein großer Spielraum über das „Wie“ der Schutzpflichterfüllung. Zum Tatbestand der Leistungsrechte bereits Zweiter Teil B. II. 4. 259 Wißmann, in: BK-GG, Art. 7 III Rn. 240. Begriff: Korte, in: Wolff / Bachof et al., Verwaltungsrecht I, § 46 Rn. 38. 260 Vgl. BVerfGE 20, 150 (158); 34, 165 (199); Masing, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle, GVwR I, § 7 Rn. 165 ff. 261 Im Ergebnis Wißmann, in: BK-GG, Art. 7 III Rn. 240; Sachs, NWVBl 2018, 441 (442). 262 Im Ergebnis BVerwGE 112, 263 (Rn. 14) „Rechtsgrundlage des […] Anspruchs ist Art. 7 Abs. 4 GG“; VG Freiburg (Breisgau), Urt. v. 25. 03. 2009 – 2 K 1638/08, juris (Rn. 51 ff.); wohl auch Heckel, Privatschulrecht, 273 ff. 263 Bei fehlerhafter Umsetzung (d. h. überschießender Beschränkung des Anspruchs) sind Gerichte und die Verwaltung im Grundsatz an die Festlegungen des Gesetzgebers gebunden. Siehe später Dritter Teil D. II. 2.

B. Dogmatik des Art. 7 IV GG

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teilung der Betriebserlaubnis, das Abwehrrecht auch den weiteren laufenden Betrieb umfangreich.264 Wo keine Kongruenz zwischen Abwehr- und Leistungsrecht vorliegt, das Abwehrrecht beispielsweise nicht greift, da besteht grundsätzlich ein größerer Spielraum für den (das Leistungsrecht) gestaltenden Gesetzgeber.265 Wo Abwehr- und Leistungsrecht ein und dasselbe Verhalten schützen (status negativus) bzw. begünstigen (status positivus), müssen sich Inhalt und Schranken des Rechts grundsätzlich parallel bestimmen lassen, weil sie sonst trotz gleichen Wortlauts (hinsichtlich der Schranken in Art. 7 IV 2 GG) in ihrer Bedeutung divergieren würden. Für die Anwendung auf die Privatschulfreiheit wird hierauf zurückgekommen.266 3. Art. 7 IV 1 GG als Einrichtungsgarantie des Privatschulwesens (Privatschulgarantie) Bereits vorweggegriffen wurde, dass die Privatschulfreiheit nicht nur als subjektives Grundrecht, sondern auch als Einrichtungsgarantie der Privatschule gesehen wird.267 In der Rechtsprechung des BVerfG hat die Garantie lediglich bezüglich der Herleitung der Förder- und Schutzpflicht gegenüber dem Ersatzschulwesen eine Rolle gespielt;268 eine gesetzgebungsbegrenzende Wirkung hat sich bisher nicht aktualisiert.269 Grundsätzlich bieten Einrichtungsgarantien einen über den abwehr- oder leistungsrechtlich geschützten Bereich hinausgehenden Bestands- bzw. Autonomieschutz vor staatlicher Steuerung270 und dienen der Unterstützung des subjektiven Rechts, nicht dessen Relativierung.271 Ihren ursprünglichen Sinn hatten die Einrichtungsgarantien in der Weimarer Reichsverfassung als Möglichkeit der Bindung des einfachen Gesetzgebers an übergeordnetes Verfassungsrecht, da eine dem Art. 1 III GG entsprechende Regelung in der WRV fehlte.272 Das Grundgesetz bietet diese Kategorie objektiv-rechtlicher Bindung weiterhin, wenn es bestimmte Einrichtungen, Organisationsgebilde oder rechtliche Figuren vorgefunden hat und die darin 264

Zur Unterscheidung von Betrieb und Errichtung s. Müller, Recht der Freien Schule, 114 ff. Vgl. Jarass, in: Merten / Papier, HGR II, § 38 Rn. 50; 56. 266 Zweiter Teil B. IV. 4. 267 Statt aller BVerfGE 6, 309 (355); 27, 195 (200); 75, 40 (61 ff.); 90, 107 (114); Stern, Staatsrecht III/1, 801. 268 Zur Begründung der Finanzhilfepflicht durch das BVerfG vgl. Jeand’Heur, in: Müller / Jeand’Heur, Zukunftsperspektiven, 47 ff.; Hundt, FS Zeidler, 1445 (1453 ff.). 269 Zur Rspr. bereits Zweiter Teil B. I. 1.; vgl. ferner Robbers, in: v. Mangoldt / K lein / Starck, Art. 7 Rn. 174. 270 Kloepfer, in: Merten / Papier, HGR II, § 42 Rn. 21; Mager, Einrichtungsgarantien, 411. 271 Pieroth, in: Institut für Bildungsforschung und Bildungsrecht, Gerecht und effizient, 63 (71); vgl. BVerfGE 50, 290 (337); Stern, Staatsrecht III/1, 795; Starck, in: v. Mangoldt / ​ Klein / Starck, Art. 1 III Rn. 175; 181. 272 Kloepfer, in: Merten / Papier, HGR II, § 42 Rn. 3 ff. 265

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2. Teil: Verfassungsrechtlicher Rahmen der Ersatzschulaufsicht 

enthaltenen Normen und Wirklichkeitskomplexe oder die bestehende Rechtsfigur schützen will.273 Die Notwendigkeit der Beibehaltung besteht bei normgeprägten Grundrechten ohne „natürlichen“ Schutzbereich in der Bindung des ausgestaltungsbefugten Gesetzgebers. Die Einrichtungsgarantie bewahrt davor, dass der Gesetzgeber ohne Grundrechtsbindung ein vorgefundenes Institut oder eine Institution beseitigt; sie zementiert jedoch nicht den Status quo.274 In diesem Rahmen ist der institutionelle Gehalt des Art. 7 IV 1 GG anzuerkennen. Bereits der Wortlaut „wird gewährleistet“ spricht neben dem abwehrrechtlichen auch für einen institutionellen Gehalt, ähnlich wie Art. 14 I GG.275 Die Privatschulen sind eine vorgefundene und abgrenzbare Einrichtung, deren Existenz der Verfassungsgeber sichern wollte. Die Einrichtung ist nicht nur tatsächlich existent gewesen, sondern auch rechtlich, da die Weimarer Reichsverfassung den Privatschulen unter bestimmten Bedingungen einen Anspruch auf Errichtung vermittelte.276 Die Privatschulfreiheit ist kein Grundrecht, dessen Schutzbereich von vornherein „natürlich“ bestimmbar ist, sondern eins, das von der konkreten rechtlichen Gestaltung von „Schule“ abhängig ist,277 sodass eine Nähe zu den anderen institutionell gewährten Grundrechten besteht. Auch hinsichtlich des Ersatzschulbegriffs, dessen Reichweite und dessen beschränkende Wirkung von der konkreten Gestaltung des öffentlichen Schulwesens abhängig ist, besteht keine „natürliche“, sondern eine teilweise normgeprägte Reichweite des Grundrechts.278 Gerade da, wo dem Gesetzgeber ein mit der (teilweisen) Normprägung einhergehender Gestaltungsspielraum zusteht, sichert die Einrichtungsgarantie das Privatschulwesen objektiv vor einer zu engen Bindung ab. Sinn und Zweck dieser Einrichtungsgarantie für das Privatschulwesen ist die Verhinderung eines (faktischen) staatlichen Schulmonopols und die Absage an einen Vorrang öffentlicher Schulen,279 auch wenn die Grenzen des individuellen Grundrechtseingriffs gewahrt sein mögen. Dem Staat kommt in der Ordnung des Grundgesetzes nicht das alleinige Bildungs- und Erziehungsrecht zu, sondern gleichberechtigt neben Eltern sowie privaten Schulen.280 Die Einrichtungsgarantie sichert diese gleichberechtigte Stellung und die wesentlichen Strukturmerkmale der Privatschule281 über den Abwehrgehalt des Grundrechts hinaus objektiv-rechtlich gegen Veränderungen ab.282

273

Stern, Staatsrecht III/1, 791. v.  Münch / Mager, Staatsrecht, Rn. 55 f.; vgl. Kingreen / Poscher, Grundrechte, Rn. 270. Überblick bei Rogalla, Ehe und Familie, 48 ff. 275 Stern, Staatsrecht, Bd. IV/2, 544. 276 Zur Herleitung Stern, Staatsrecht III/1, 801 ff. 277 Siehe später Zweiter Teil B. IV. 1. c). 278 Explizit Kingreen / Poscher, Grundrechte, Rn. 797; vgl. Kümper, DVBl 2016, 225 (230 ff.). 279 Peters, in: Bettermann / Nipperdey / Scheuner, Grundrechte, 369 (428 ff.). 280 Gröschner, in: Dreier (Vorauflage), Art. 7 Rn. 99. 281 Brosius-Gersdorf, in: Dreier, Art. 7 Rn. 107. 282 Im Ergebnis BVerfGE 27, 195 (200 ff.); 88, 40 (46); 90, 107 (114). 274

B. Dogmatik des Art. 7 IV GG

193

Sprachlich ist zwischen der Privatschulfreiheit (dem Grundrecht) und der Privatschulgarantie (der Einrichtungsgarantie) zu unterscheiden.283 4. Keine eigenständige gleichheitsrechtliche Dimension der Privatschulfreiheit Manche entnehmen dem Grundrecht darüber hinaus ein staatsgerichtetes Diskriminierungsverbot,284 was insbesondere bei der finanziellen Ausstattung der Schulen aktuell werde. Diese Meinung kann sich insofern auf das BVerfG stützen, als dass dies „eine Benachteiligung gleichwertiger Ersatzschulen gegenüber den entsprechenden staatlichen Schulen wegen ihrer andersartigen Erziehungsformen und -inhalte“ als unzulässig erachtet.285 Im Ergebnis muss man zwischen der Ungleichbehandlung im Verhältnis zu anderen privaten Trägern und zu staatlichen Schulträgern unterscheiden. Ungleichbehandlungen eines Ersatzschulträgers gegenüber einem anderen Ersatzschulträger durch den Staat sind an Art. 7 IV GG i. V. m. Art. 3 I GG zu prüfen.286 Die Privatschulfreiheit enthält, wie die meisten Grundrechte,287 keinen eigenständigen besonderen Gleichheitssatz. Gleichwohl besteht ein privatschulspezifischer Ungleichbehandlungsmaßstab, indem man die Wertentscheidungen der Privatschulgarantie auf die Anwendung des allgemeinen Gleichheitssatzes überträgt. Art. 3 I GG garantiert eine Überprüfung von Ungleichbehandlungen verschiedener Träger untereinander durch den Staat am Verhältnismäßigkeitsprinzip, nicht ein absolutes Differenzierungsverbot.288 Das Gebot der Gleichbehandlung unterschiedlicher Träger untereinander folgt aus Art. 3 I GG.289 Schwieriger ist zu bewerten, ob die Privatschulfreiheit (oder Art. 3 I GG) ein subjektives Recht gegen Ungleichbehandlungen privater Schulen gegenüber staatlichen Schulen gewährt. Das BVerfG hat die o. g. Pflicht zur Gleichbehandlung als Folgerung aus der Privatschulgarantie abgeleitet, nicht aus den subjektiven Grundrechtsdimensionen.290 Ob der Staat überhaupt tauglicher „Vergleichspartner“ der Gleichheitsrechte ist291 und dies so eine Gleichstellung mit staatlichen Stellen begründen kann, mag dahinstehen. Jedenfalls lassen sich Erwägungen zum wirt 283

Wißmann, in: BK-GG, Art. 7 III Rn. 211; 219. Hufen, in: Hufen / Vogel, Keine Zukunftsperspektiven?, 49 (65 ff.); Brosius-Gersdorf, in: Dreier, Art. 7 Rn. 107; Di Fabio, Staatliche Infrastrukturverantwortung, 36 ff. 285 BVerfGE 27, 195 (200); 34, 165 (197); 75, 40 (61 ff.). 286 BVerfGE 75, 40 (71); zur „in Verbindung mit“-Formel des BVerfG s. Hufen, Staats­recht II, § 39 Rn. 11. 287 Vgl. Jarass, in: Merten / Papier, HGR II, § 38 Rn. 39 ff. 288 Wohl BVerfGE 75, 40 (72). 289 Vgl. Hufen, in: Hufen / Vogel, Keine Zukunftsperspektiven?, 49 (65). 290 Vgl. BVerfGE 75, 40 (62); Avenarius, in: Avenarius / Pieroth / Barczak, Herausforderung, 17 (57 ff.); Ennuschat, R&B 2008, 3 (9). 291 Kempny / L ämmle, JuS 2020, 22 (25) bezeichnen die Frage als „ungeklärt“. 284

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2. Teil: Verfassungsrechtlicher Rahmen der Ersatzschulaufsicht 

schaftlichen Gebot der Wettbewerbsgleichheit (Art. 3 I i. V. m. Art. 12 I GG), das eine Vorteilsgewährung zugunsten der öffentlichen Hand ausschließen kann,292 nicht auf die Privatschulfreiheit übertragen. Die Beteiligung am Wettbewerb unterliegt, anders als das Schulehalten, wohl einem Subsidiaritätsprinzip.293 Der Staat begibt sich jedenfalls aber auf die Ebene der Unternehmen und begründet damit selbst die Vergleichbarkeit zwischen Staat und Unternehmen. Im Schulrecht ist der Staat dagegen angehalten, die Schulen zu betreiben und auch die privaten Schulen stehen unter seiner Mitverantwortung (Art. 7 I GG). Die den privaten Schulen verbürgten Freiräume (u. a. in Lehr- und Erziehungsmethoden) schließen es von vornherein aus, einen Anspruch darauf zu erhalten, wie eine öffentliche Schule behandelt zu werden. Zwischen staatlicher Aufgabenerfüllung einerseits und privater Freiheitsausübung andererseits besteht keine Vergleichbarkeit.294 Daneben passt die vielbeschworene Wettbewerbsgleichheit295 nur teilweise auf das Bildungswesen. Die Privatschulfreiheit ist zwar Ausdruck privaten Unternehmertums, wurzelt hingegen primär im Elternrecht.296 Das Grundgesetz will mit der Privatschul­ freiheit gute Bildung und Wahlfreiheit zusätzlich absichern,297 nicht in erster Linie privatkapitalistische Erwerbsmöglichkeiten. Wettbewerb bedeutet Wettbewerb um schulische Innovationen.298 Damit unvereinbar wäre es, würde man die staatliche Gestaltungsfreiheit seiner eigenen Schulen zugunsten der Privatschulen einschränken, um „fairen“ Wettbewerb zu wahren. Weder Art. 3 I GG noch Art. 7 IV 1 GG geben daher einen subjektiven Anspruch auf Gleichbehandlung mit staatlichen Schulen nach den dogmatischen Maßgaben der Gleichheitsrechte. Die Privatschulfreiheit schützt demnach vor benachteiligenden Maßnahmen als Abwehrrecht, wenn diese einen Eingriff darstellen, sichert hingegen keinen status relativus zum Staat. Das vom BVerfG angenommene Benachteiligungsverbot ergibt sich als Ausprägung des institutionellen Schutzes des Privatschulwesens und damit als objektive Rechtspflicht.299 5. Weitere Grundrechtsdimensionen und Schutzrichtungen Ausgeklammert ist die Schutz- und Förderpflicht für Ersatzschulen, die in der Praxis und Literatur eine mittlerweile dominierende Rolle einnimmt. Weiterhin leiten manche aus den Genehmigungsvoraussetzungen des Art. 7 IV 3–4 GG und aus Art. 7 V GG teilweise drittschützende Grundrechtsgehalte ab. Umfassend wird 292

Wollenschläger, in: v. Mangoldt / K lein / Starck, Art. 3 I Rn. 254. Wollenschläger, in: Kirchhof / Korte / Magen, Öffentliches Wettbewerbsrecht, Rn. 79 ff. 294 Vgl. BVerfGE 112, 74 (88 ff.); Boysen, in: v. Münch / Kunig, Art. 7 Rn. 91. 295 Di Fabio, Staatliche Infrastrukturverantwortung, 36 ff. 296 Vgl. Lemper, Privatschulfreiheit, 37 ff.; Doerfer-Kir, Islamische Erziehung, 78 ff. 297 Vgl. BVerfGE 27, 195 (203); Doerfer-Kir, Islamische Erziehung, 78 ff. 298 Wißmann, in: BK-GG, Art. 7 III Rn. 212; 219; siehe ferner die Nachweise in Zweiter Teil, Fn. 242. 299 Dazu später Zweiter Teil B. VI. 3. c). 293

B. Dogmatik des Art. 7 IV GG

195

z. B. dem Sonderungsverbot die Wirkung eines Diskriminierungsverbots zugunsten der Kinder besitzschwacher Eltern beigemessen.300 Eine solche Deutung würde den Eltern der Kinder gegenüber diskriminierenden Privatschulen einen Anspruch auf Gleichbehandlung verleihen. Die Frage nach solchen Grundrechtsdimensionen muss vorliegend offenbleiben und liegt außerhalb des Untersuchungsgegenstands. Anzumerken ist aber, dass dies in der Konsequenz auf eine unmittelbare Grundrechtsbindung Privater in Abkehr von allgemeinen grundrechtlichen Prinzipien hinauslaufen würde,301 die im Gegensatz zu Art. 9 III 2 GG keinen textlichen Anknüpfungspunkt hat.

IV. Grundrechtsfunktionen der Normbestandteile des Art. 7 IV GG Stehen die Dimensionen des Art. 7 IV GG als im Wesentlichen abwehrrechtliche Privatschulfreiheit, leistungsrechtlicher Ersatzschulgenehmigungsanspruch und institutionelle Privatschulgarantie fest, sind nun die Bestandteile des Grundrechtstatbestands im Einzelnen zu untersuchen. Zu klären ist, welche Rechte und Garantien für welche Arten von Schulen gelten und welche Auswirkungen etwaige Beschränkungen auf die Grundrechtswahrnehmung haben. Aus den unterschiedlichen Sätzen des Art. 7 IV GG folgen vier zu untersuchende Normbestandteile: den (Privat-)Schulbegriff des Satzes 1 (dazu 1.), den Ersatzschulbegriffs (Satz 2) (dazu 2.), der Verweis auf das Landesrecht in Satz 2 (dazu 3.) und schließlich die Genehmigungsvoraussetzungen der Sätze 3 und 4 (dazu 4.). Im Vordergrund steht die jeweilige Funktion für die Wirkungen des Grundrechts als Abwehrrecht (gegen staatliche Aufsicht) und als Genehmigungsleistungsanspruch. 1. Grundrechtsfunktion des (Privat-)Schulbegriffs Art. 7 IV 1 GG ist Anknüpfungspunkt für die Privatschulfreiheit als Grundrecht. Satz 1 gewährleistet „das Recht zur Errichtung von privaten Schulen“. Hieraus ergibt sich die Reichweite: Gewährleistet ist die Errichtung; vorliegen muss eine private Schule. Als Normbestandteil des Grundrechts steht zweierlei: Zum einen muss eine Schule vorliegen, zum anderen muss diese privat sein.302

300

Brosius-Gersdorf, Sonderungsverbot, 43 ff.; in der Tendenz Langer, R&B 2009, 8 (10). Explizit Brosius-Gersdorf, Sonderungsverbot, 43. 302 Vgl. Wißmann, in: BK-GG, Art. 7 III Rn. 195 ff. 301

196

2. Teil: Verfassungsrechtlicher Rahmen der Ersatzschulaufsicht 

a) (Privat-)Schule als Schutzbereichsbestimmung bzw. Schutzbereichsbegrenzung Unabhängig vom Inhalt des (Privat-)Schulbegriffs handelt es sich hierbei eindeutig um einen Bestandteil des grundrechtlichen Schutzbereichs.303 Liegt keine Schule vor oder soll keine Schule gegründet werden, ist nach allgemeiner Meinung das Berufen auf den Schutz der Privatschulfreiheit versperrt.304 Der Schulbegriff des Grundgesetzes hat die Funktion, zu bestimmen, wer bzw. welche Einrichtung sich auf das Grundrecht berufen kann.305 Einrichtungen, die zwar Unterricht erbringen, nicht jedoch Schule im Sinne des Grundgesetzes sind, können sich nicht auf den grundrechtlichen Schutz des Art. 7 IV 1 GG berufen. Die Privatschulfreiheit schützt keine Nichtschulen.306 Sie schützt weiterhin nur private Schulen. Öffentliche Schulen (Art. 7 III 1 GG) bzw. deren Träger können sich erstens nicht auf die Privatschulfreiheit berufen307 und zweitens schützt Art. 7 IV 1 GG nicht die Gründung oder Beteiligung an einer öffentlichen Schule durch Private. Der Schulbegriff bewirkt gleichzeitig eine Zuordnung der Privatschulen zur Schulaufsicht nach Absatz 1.308 Negativ betrachtet bedeutet das, dass Nichtschulen von der verfassungsunmittelbaren Schulaufsicht nicht erfasst sind. Der Schulbegriff ist daher als Grenze der Ersatzschulaufsicht auch dort von Relevanz. b) Bestimmung des Privatschulbegriffs aa) „Privat“ im Rahmen des grundrechtlichen Schutzbereichs Die meisten Länder grenzen private von öffentlichen Schulen anhand des Status des Trägers ab, teilweise anhand der Zuordnung zur Staatsgewalt.309 Daraus er­ geben sich Unterschiede. Denkbar wäre nach diesen Definitionen in vielen Ländern eine formal-privatisierte Schulträgerschaft einer Gemeinde.310 Teilweise existieren bereits jetzt der Staatsgewalt zurechenbare Schulen, welche die Landesschulgesetze als Privatschulen behandeln.311

303

Vgl. Robbers, in: v. Mangoldt / K lein / Starck, Art.  7 Rn.  178. Vgl. statt aller Brosius-Gersdorf, in: Dreier, Art. 7 Rn. 105; 42; Jarass, in: Jarass / Pieroth, Art. 7 Rn. 25. 305 Dazu sogleich näher Zweiter Teil B. IV. 1. c) aa). 306 Jestaedt, in: Isensee / K irchhof, HdBStR VII, § 156 Rn. 49. 307 Ennuschat, VERW 2012, 331 (356); vgl. Jestaedt, in: Isensee / K irchhof, HdBStR VII, § 156 Rn. 49. 308 Vgl. Wißmann, in: BK-GG, Art. 7 III Rn. 207; Robbers, in: v. Mangoldt / K lein / Starck, Art. 7 Rn. 190. 309 Siehe bereits Erster Teil C. I. 2. b). 310 Vgl. (im Ergebnis verneinend) Ennuschat, VERW 2012, 331 (355 ff.). 311 Dazu bereits Erster Teil C. I. 2. b). 304

B. Dogmatik des Art. 7 IV GG

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Zunächst ist fraglich, nach welchen Kriterien es sich verfassungsrechtlich bestimmt, wer sich auf die Privatschulfreiheit berufen kann. Von vornherein steht fest, dass das Konfusionsargument den Kommunen, den Kammern und sonstigen öffentlich-rechtlichen Zweckverbänden die Berufung auf Grundrechte allgemein und speziell auf die Privatschulfreiheit versperrt.312 Die Religionsgemeinschaften des öffentlichen Rechts sind als formale Körperschaften des öffentlichen Rechts dagegen grundrechtsberechtigt und von der Privatschulfreiheit geschützt.313 Diese Kriterien sind ausreichend, um die Eröffnung des Schutzbereichs zu bestimmen. Einer materiell-funktionalen Definition des Privatschulbegriffs (Erfüllung des staatlichen Bildungsauftrags)314 bedarf es nicht, da dies dem Gesetzgeber die Verfügung über den Schutzbereich des Grundrechts ermöglichen würde. Sowohl teleologisch als auch historisch ist die Privatschulfreiheit das Recht auf private Initiative im Bildungswesen, die der rechtsgebundenen und staatlich organisierten, hoheitlichen schulischen Bildung gegenübersteht.315 Öffentlich-rechtliche Körperschaften agierten allgemein und im Schulwesen im Rahmen der Gesetze, von denen die Privatschulfreiheit sie nicht freizeichnen soll.316 Freiräume kommunaler Träger im Schulwesen ergeben sich aus Art. 28 II GG, nicht aus Art. 7 IV 1 GG.317 Eine vom Staat betriebene Schule in privater Rechtsform ist den allgemeinen Regeln zufolge dem Staat zuzurechnen und kann sich folglich nicht auf die Privatschulfreiheit berufen.318 Das gilt auch, wenn der Staat sich nur an der Trägerschaft einer Schule beteiligt, auf diese aber einen beherrschenden Einfluss (> 50 %) ausübt.319 Entscheidend zur Zuordnung ist daher nicht die Rechtsform des Trägers, sondern dessen personal-autonome Grundrechtsträgerschaft bzw. negativ dessen Nichtzuordnung zur materiellen Staatsgewalt.320 In diesem Rahmen hat der Gesetzgeber in jedem Fall die Befugnis, den Begriff des Privaten näher zu konkretisieren, d. h. nichteinschränkend festzustellen. Er kann diesen positiv, negativ oder materiell definieren, wenn er damit keinen Grundrechtsträger ausschließt.

312 Zum Konfusionsargument BVerfGE 15, 256 (262); 21, 362 (369 ff.) 128, 226; im Ergebnis Ennuschat, VERW 2012, 331 (356). 313 Loschelder, in: Listl / Pirson, Handbuch des Staatskirchenrechts, Bd. 2, 511. 314 Heckel, Privatschulrecht, 209; vgl. zum Überblick Vogel, Schulen und Heime in freier Trägerschaft, 31 ff. 315 Vgl. BVerfGE 75, 40 (62); Kösling, Private Schule, 148; Randelzhofer / Wein, Ausbildungsreform, 37 ff. 316 Vgl. Ennuschat, VERW 2012, 331 (355 ff.). 317 Brosius-Gersdorf, in: Dreier, Art. 7 Rn. 51; Stern, Staatsrecht, Bd. IV/2, 483. 318 Jestaedt, in: Isensee / K irchhof, HdBStR VII, § 156 Rn. 49. 319 Ennuschat, VERW 2012, 331 (332); vgl. BVerfGE 128, 226 (246 ff.). 320 Vgl. Kösling, Private Schule, 162 f.; Gröb, Rechtsfähige Schule, 42 f.; Brosius-Gersdorf, in: Dreier, Art. 7 Rn. 105; Robbers, in: v. Mangoldt / K lein / Starck, Art.  7 Rn.  178 ff.

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2. Teil: Verfassungsrechtlicher Rahmen der Ersatzschulaufsicht 

bb) Keine Privatschulen in staatlicher Trägerschaft Der Privatschulbegriff beschränkt sich jedoch – wie dargestellt – nicht auf seine Relevanz für die Eröffnung des grundrechtlichen Schutzbereichs. Auch als Tatbestandsmerkmal des Ersatzschulbegriffs spielt dieser eine Rolle. So ist das Vorliegen einer Ersatzschule nach Art. 7 IV 2 GG an das Bestehen einer entsprechenden öffentlichen Schule geknüpft. Bestehen in einem Bildungsgang nur private, nicht aber öffentliche Schulen, gibt es keine zu ersetzende öffentliche Schule. Die Rechtsfolgen des Art. 7 IV 2 GG, vor allem die Möglichkeit der Schulpflicht­erfüllung, wären nicht anwendbar. Der Privatschulbegriff ist daher in seiner Abgrenzungsfunktion zu den öffentlichen Schulen als deren Gegenbegriff zu betrachten. Grundsätzlich zeichnet sich dadurch die Dichotomie des öffentlichen und privaten Schulwesens ab.321 Privatschulen sind „freie“ Schulen und der Gesellschaft zuzurechnen, öffentliche Schule sind Schulen der Staatsgewalt, auch wenn dies nicht zwangsläufig kompetenzielle Konsequenzen hat.322 Es ist daher zu klären, inwiefern es für die Bestimmung des Begriffs der Privatschule nach Art. 7 IV 1 GG auf die Gestaltung des Landesschulrechts ankommt, weil die Länder vermehrt prima facie „öffentliche Schulen“ von der Geltung des öffentlichen Landesschulrechts ausklammern und dem Privatschulrecht unterstellen.323 So beschränkt § 2 I Nr. 1 SchG-BW den Begriff der öffentlichen Schule auf Schulen, die vom Land und den Gemeinden getragen werden; Gemeinden können Privatschulen nach dem Privatschulgesetz gründen.324 Auch § 6 IV SchG-Berlin weitet den Privatschulbegriff auf alle Schulen aus „deren Träger […] juristische Personen des privaten oder öffentlichen Rechts sind“. In der Konsequenz sind Schulen nach dem Gesetz über das Pestalozzi-Fröbel-Haus und den Lette-Verein (Berlin), das die Entscheidung über die Gründung einiger beruflicher Schulen einem Kuratorium überträgt, private Schulen, auch wenn der Träger materiell der Staatsgewalt zuzuordnen ist.325 Vor dem Hintergrund des persönlichen Schutzbereichs wäre eine „Erweiterung“ der Privatschulfreiheit isoliert gesehen nicht problematisch.326 Aufgrund der weitreichenden Gestaltungsbefugnisse des Landes ist es möglich, wenn öffentliche Schulen den „lockeren“ Regelungen des Privatschulrechts unterliegen sollen und Restriktionen des Landesschulrechts nicht zu beachten sind. Wenn das Land damit seine Fachaufsicht zugunsten einer Rechtsaufsicht aufgibt, ist dies zwar ein Pro­

321

Vgl. Wallrabenstein, VVDStRL 73 (2013), 41 (68 ff.). Vgl. Kahl, Staatsaufsicht, 370 ff.; Burgi, in: Isensee / K irchhof, HdBStR IV, § 75 Rn. 2; Wißmann, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle, GVwR I, § 15 Rn. 11. 323 Ausführlich bei Kösling, Private Schule, 159 ff. 324 VGH BW, DVBl 1989, 1259 ff.; Kösling, Private Schule, 145 ff. 325 OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 22. 03. 2012  – OVG 3 N 126.11, juris (Rn.  9 ff.); ­Ennuschat, VERW 2012, 331 (350). 326 Robbers, in: v. Mangoldt / K lein / Starck, Art.  7 Rn.  178. 322

B. Dogmatik des Art. 7 IV GG

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blem des Art. 7 I GG,327 nicht aber des Privatschulverfassungsrechts. Auch spielt es keine Rolle, wie der Staat seine Schulen bezeichnet, solange am Ende klar ist, ob es sich um eine öffentliche oder private Schule im Sinne des Grundgesetzes handelt.328 Im Fall des Berliner Schulgesetzes führt eine Ausgliederung aus dem öffentlichen Schulwesen jedoch dazu, dass die vom Lette-Verein getragenen Schulen329 keine sind, die von privaten Schulträgern ersetzt werden können; stattdessen ist in diesen Bildungsgängen die private Ergänzungsschule möglich. Problematisch ist das, weil einige Berufsschulen in Berlin staatlicherseits ausschließlich von diesem Verein getragen werden. Die Ausklammerung aus dem Begriff der öffent­lichen Schule führt zu einer Verkürzung grundrechtlicher Handlungsmöglichkeiten (als Ersatzschulen).330 In der Rechtsfolge ebenso problematisch ist die Möglichkeit, ausschließlich kommunale Schulen als „Privatschulen“ zu betreiben, wenn dies dazu führen sollte, dass Kommunen neue Bildungsgänge selbst betreiben, private Schulen diese hingegen nicht ersetzen können. Dem Gesetzgeber könnte eine solche Gestaltung erlaubt sein, wenn die bisher aufgezeigte Abgrenzung öffentlicher und privater Schulen anhand der Zuordnung zur Staatsgewalt nicht abschließend wäre. Der VGH Baden-Württemberg331 betont, dass der Begriff der „öffentlichen Schule“ in Art. 7 IV GG als Gegenbegriff zur privaten Schule eine staatliche (in Abgrenzung zur kommunalen) (Mit-)Trägerschaft voraussetze. Diese Mitträgerschaft sei erforderlich, weil ansonsten eine Kommune durch eine Schulgründungsentscheidung eine Förderpflicht für Ersatzschulen für das ganze Land auslösen könne. Hierauf stützt auch das OVG BerlinBrandenburg332 seine zustimmende Handlung zum dargelegten Privatschulbegriff des Berliner Schulgesetzes. Zum einen verkennt diese Auffassung, dass ein staatlicher (in Abgrenzung zu kommunalen) Mitwirkungsakt in den zugrundeliegenden Fällen besteht. Dieser Mitwirkungsakt ist darin zu sehen, dass der Landesgesetzgeber den Kommunen die Gründung von Privatschulen erlaubt bzw. diese Befugnisse auf eine staatsfernere Stiftung überträgt. Als Teil des Staates können sich Kommunen nicht auf die Privatschulfreiheit, sondern nur auf ihr Selbstverwaltungsrecht berufen. Dieses gibt den Kommunen keinen Zugriff auf die Privatschulfreiheit und den Ländern daher die überwiegend genutzte Möglichkeit, rein kommunale Schulen außerhalb der für öffentliche Schulen geltenden Vorschriften zu verhindern.333 Gründen Kommunen eine private Schule ohne Beteiligung des Landes, kann man ihnen das zwar 327

Vgl. Schneider, Berufliche, 23 ff.; Gröb, Rechtsfähige Schule, 114 ff.; Müller, Schulische Eigenverantwortung, 59 ff. 328 Stern, Staatsrecht, Bd. IV/2, 529; Robbers, in: v. Mangoldt / K lein / Starck, Art.  7 Rn.  178. 329 § 2 Verordnung über die Satzung des Lette-Vereins vom 21. März 1966 zuletzt geändert am 18. 12. 2018 [Berlin]. 330 In diese Richtung BVerwGE 104, 1 (6 ff.); Kösling, Private Schule, 199 ff. 331 VGH BW, DVBl 1989, 1259 (1260); zustimmend Kösling, Private Schule, 160 ff. 332 OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 22. 03. 2012 – OVG 3 N 126.11, juris (Rn. 17 ff.). 333 Gröb, Rechtsfähige Schule, 39.

200

2. Teil: Verfassungsrechtlicher Rahmen der Ersatzschulaufsicht 

erlauben, dabei handelt es sich jedoch eindeutig um eine öffentliche Schule. Das Erfordernis einer Mitwirkung des Landes würde zur Aufspaltung verfassungsrecht­ licher Begrifflichkeiten führen.334 „Privat“ in Art. 7 IV 1 GG ist als „alle Grundrechtsträger“ zu lesen; als Gegenbegriff zum „öffentlich“ wäre „privat“ in Art. 7 IV 2 GG weiter jedoch als „alle Träger ohne Landesbeteiligung“ zu verstehen.335 Hierin liegt nicht nur begrifflich, sondern auch inhaltlich eine fernliegende Abweichung von allgemeinen Grundsätzen. Daher sprechen Sinn und Zweck der Privatschulfreiheit gegen eine Befugnis, den Begriff der öffentlichen Schule zu begrenzen, da es den Ländern ansonsten obliegen würde, rein kommunale „Privatschulen“ mit entsprechenden Begünstigungen flächendeckend zuzulassen, sich aus dem Schulehalten zurückzuziehen und so die Rechtsfolgen der Ersatzschulfreiheit den echten Privatschulen vorzuenthalten. Auch der Wortlaut des Art. 7 GG lässt keine andere Betrachtung zu. Zum einen schließt der Begriff „Staat“ in Art. 7 I Kommunen nicht aus,336 der Begriff steht aber ersichtlich in Kontrast zu „öffentlich“ in Art. 7 IV 2, V GG, der jedenfalls nicht enger (sondern wenn überhaupt weiter) gemeint sein kann. Schließlich lässt sich das Ergebnis des VGH BadenWürttemberg auch auf Landesebene nicht halten, da Art. 14 II 1 LV-BW öffentliche Schulen in den Kontrast zu privaten Schulen (Satz 3) setzt, die Gemeinden jedoch nicht den privaten, sondern den öffentlichen Schulen (Absatz 3) zurechnet. Im Ergebnis hängen daher von vornherein weder die Begriffspaare privat / öffentlich in Art. 7 IV 1 GG noch in Art. 7 IV 2 GG von einer staatlichen Mitwirkung bei der Gründungsentscheidung oder Mitträgerschaft ab. In Betracht kommt jedoch weiterhin, dass die Verfassung dem Gesetzgeber eine Ausgestaltungsbefugnis i. e. S. über das Begriffspaar öffentlich / privat an die Hand gibt und sich das Kriterium der „staatlichen Mitwirkung bei der Schulgründung“ als zulässige337 Ausgestaltung herausstellt. Für eine Ausgestaltungsbefugnis könnte sprechen, dass privat / öffentlich normative Tatbestandsmerkmale, d. h. an rechtliche, nicht tatsächlich vorgefundene Gegebenheiten anknüpfen, die stets ein Ausgestaltungsmoment beinhalten.338 Die Unterscheidung zwischen öffentlich und privat ist jedoch keine grundrechtsspezifische Eigenschaft der Privatschulfreiheit, die auf ausgestaltende Gesetzgebung angewiesen wäre, sondern als Vorfrage der Grundrechtsgeltung (Art. 1 III GG) übergreifend und einheitlich angeordnet. Da der Staat sich den Grundrechten nicht entziehen kann,339 kann dieser keine Gestaltungsbefugnis darüber haben, wann ein öffentlicher (grundrechtsgebundener)

334

Gröb, Rechtsfähige Schule, 39 f.; Ennuschat, VERW 2012, 331 (350 ff.). Dies gibt auch Kösling, Private Schule, 160 ff. und 162 ff. zu. 336 BVerfGE 138, 1 (Rn. 82). 337 Hieran bestehen allerdings auch unter der genannten Prämisse Zweifel, weil es sich um eine einschränkende, weniger um eine gestaltende Ausgestaltung handeln würde, vgl. ­Kingreen / ​Poscher, Grundrechte, Rn. 266 ff. 338 Vgl. Merten, in: Merten / Papier, HGR III, § 56 Rn. 83. 339 Allgemein BVerfGE 15, 256 (262); 21, 362 (369 ff.); 128, 226. 335

B. Dogmatik des Art. 7 IV GG

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und wann ein privater (grundrechtsberechtigter) Träger vorliegt. Dementsprechend besteht keine Ausgestaltungskompetenz i. e. S. für den Begriff des Privaten. Der Privatschulbegriff des Art. 7 IV 1 und 2 GG umfasst im Ergebnis alle Schulen von Grundrechtsträgern; der Öffentlichkeitsbegriff dagegen alle Schulen von Verwaltungsträgern.340 Wie der Staat seine Schulen bezeichnet, ist unerheblich, solange klar ist, dass Hoheitsträger öffentliche Schulen im Sinne des Grundgesetzes betreiben. Eine nähere Ausgestaltungsbefugnis über den Privatschulbegriff, also die originäre Möglichkeit des Staates, den Anwendungsbereich des öffentlichen / privaten Schulwesens in Art. 7 IV 2 und V GG tatbestandswirksam zu verkürzen, existiert nicht. Da den hiervon betroffenen Schulen sowohl die finanzielle Förderung als auch in der Regel die Schulpflichterfüllung vorenthalten ist, ist die somit entfallende Ersatzschulschuleigenschaft nicht nur nachteilhaft.341 Werden Schulen auf Definitionsebene aus dem Kreis der „ersetzbaren“ Schulen ausgenommen, liegt – wie in Berlin – ein Eingriff in die Privatschulfreiheit vor,342 der einer verfassungsrechtlichen Rechtfertigung bedarf. Für die Aufsicht bedeutet dies, dass die Unterscheidung zwischen privater und öffentlicher Schule den Ländern vorgegeben ist343 und sich hieran die Reichweite des Rechtsregimes „Schulaufsicht über Privatschulen“ bemessen lassen muss. c) Bestimmung des Schulbegriffs Eine private Schule muss weiter Schule im Sinne des Grundgesetzes sein, damit sie sich auf dessen Bestimmungen berufen kann. Von Interesse ist, inwiefern das Grundgesetz den Landesgesetzgebern eine Bestimmungsbefugnis über den Begriff der Schule zuschreibt oder ob dieser Begriff bundeseinheitlich zu interpretieren ist. Hieraus ergeben sich Maßgaben für Grenzen der Gestaltungsbefugnis der Länder bei der Schulaufsicht. Der Schulbegriff setzt also bei der Vorfrage an und ist sowohl für Art. 7 I GG als auch für die Reichweite des Art. 7 IV GG maßgeblich. aa) Funktionen des Schulbegriffs in Art. 7 GG Den Begriff der Schule erwähnt das Grundgesetz an mehreren Stellen. Art. 7 I GG nennt das „Schulwesen“, Absatz 3 die „öffentlichen Schulen“ und „bekenntnisfreien Schulen“, Absatz 4 die „privaten Schulen“, Absatz 5 u. a. die „Volksschulen“ und Absatz 6 die „Vorschulen“. Nach allem bisher Gesagten ist von einem 340 Gröb, Rechtsfähige Schule, 42 f.; im Ergebnis Badura, in: Maunz / Dürig, Art. 7 Rn. 46; Jestaedt, in: Isensee / K irchhof, HdBStR VII, § 156 Rn. 49 Fn. 153; Rux, Schulrecht, Rn. 1197. 341 Vgl. BVerwGE 104, 1 (6 ff.). 342 Da die Schülerinnen und Schüler nur in Befreiungsfällen an Ergänzungsschulen die Schulpflicht erfüllen können (§ 41 III SchG-Berlin). 343 Zur verbleibenden Gestaltungsbefugnis später Dritter Teil C. I. 2.

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2. Teil: Verfassungsrechtlicher Rahmen der Ersatzschulaufsicht 

einheitlichen Schulbegriff auszugehen, der all diesen Bestimmungen zugrunde liegt.344 Art. 7 GG regelt das Schulwesen; was davon erfasst ist, richtet sich nach dem Schulbegriff. Hiernach bestimmen sich die Rechtsfolgen: An öffentlichen Nichtschulen muss der Staat keinen Religionsunterricht nach Art. 7 III 1 GG anbieten.345 Private (Unterrichts-)Einrichtungen, die keine Schulen im Sinne des Grundgesetzes sind, können sich weder auf die Privatschulfreiheit berufen noch unterstehen sie verfassungsunmittelbar der staatlichen Aufsicht nach Art. 7 I GG. Für sie gelten zwar die Bestimmungen des Art. 12 I GG, sie können sich jedoch nicht auf die spezifischen Freiheitsverbürgungen des Art. 7 IV 1 GG berufen.346 Auf der anderen Seite kann der Handlungsspielraum solcher Einrichtungen weiter sein, da er nicht verfassungsunmittelbar dadurch beschränkt ist, dass vergleichbare öffentliche Einrichtungen bestehen (Art. 7 IV 2–4 GG).347 Mit anderen Worten: Damit eine Ersatzschule vorliegt, muss zunächst eine öffentliche Schule bestehen oder vorgesehen sein.348 Auch außerhalb des Ersatzschulrechts ist Art. 7 IV GG, jedenfalls im schulischen und unterrichtlichen Bereich, lex specialis zu Art. 12 I GG, sodass der einheitliche Schulbegriff zu einem strengeren Überwachungs- und Zulassungsrahmen führt.349 Was genau „Schule“ ist, sagt das Grundgesetz nicht. Lediglich zu den Hochschulen nach Art. 5 III GG kann man unmittelbar eine Abgrenzung aus der wissenschaftlichen Lehr- und Forschungsfreiheit ziehen.350 Die Abgrenzung ist aber nicht so eindeutig, wie teilweise dargestellt. Dem Gesetzgeber kommt im Hochschulbereich ein erheblicher Gestaltungsbereich zu. Die bei Entstehen des Grundgesetzes vorherrschenden Organisationsformen konserviert auch die institutionelle Garantie der Hochschule nicht.351 Gleichwohl begrenzt Art. 5 III GG die Kreativität des Gesetzgebers im tertiären Bildungsbereich dahingehend, dass gewisse Eigengesetzlichkeiten des Wissenschaftsbetriebs zu erhalten und zu schützen sind.352 Solange die Grenzen zwischen Hochschule und Schule sich im Wesentlichen noch anhand bekannter Strukturen abspielen, kann man wie das BVerfG „an die überlieferte deutsche Hochschultradition“ anknüpfen und u. a. die „selbständige Rechtspersönlichkeit, Akademische Selbstverwaltung, Satzungsbefugnis und Hochschulreife als Zulassungsvoraussetzung“ heranziehen.353 Bei stärkeren 344

Vgl. Brosius-Gersdorf, VERW 2012, 389 (399 f.; 425). Vgl. Uhle, in: BeckOK GG, Art. 7 Rn. 46. 346 Brosius-Gersdorf, VERW 2012, 389 (399 ff.). 347 Vgl. Brosius-Gersdorf, VERW 2012, 389 (399 ff.). 348 Vgl. Wißmann, in: BK-GG, Art. 7 III Rn. 206; Brosius-Gersdorf, VERW 2012, 389 (399 ff.). 349 Vgl. Brosius-Gersdorf, in: Dreier, Art. 7 Rn. 138; Boysen, in: v. Münch / Kunig, Art. 7 Rn. 104; anderer Ansicht zur lex-specialis-Wirkung Wißmann, in: BK-GG, Art. 7 III Rn. 212. 350 Statt aller BVerfGE 37, 314 (320); Badura, in: Maunz / Dürig, Art. 7 Rn. 11 ff. 351 BVerfGE 34, 79 (115 ff.); Kloepfer, in: Merten / Papier, HGR II, § 42 Rn. 54 f.; Mager, Einrichtungsgarantien, 283 ff. 352 Britz, in: Dreier, Art. 5 III (Wissenschaft) Rn. 73 ff. 353 BVerfGE 37, 314 (320 ff.). 345

B. Dogmatik des Art. 7 IV GG

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Mischformen wird allerdings vermehrt auf den materiellen Kern der Wissenschaftsfreiheit (insbesondere unter dem Aspekt der Forschung) abzustellen sein, um Schule und Hochschule unterscheiden zu können.354 Ob allerdings herkömmlich-institutionell oder materiell-abwehrrechtlich bestimmt, begrenzt Art. 5 III GG den Anwendungsbereich des restriktiveren Schulverfassungsrechts. Dem Staat ist es nicht gestattet, wissenschaftliche Betriebe der Schulaufsicht zu unterstellen.355 bb) Deskriptiv-organisatorischer und funktionaler Schulbegriff Der Schulbegriff wurde lange im Anschluss an Heckel definiert: „Eine Schule ist eine auf gewisse Dauer berechnete, an fester Stätte unabhängig vom Wechsel der Lehrer und Schüler in überlieferten Formen organisierte Einrichtung der Erziehung und des Unterrichts, die durch planmäßige und methodische Unterweisung eines größeren Personenkreises in einer Mehrzahl allgemeinbildender oder berufsbildender Fächer bestimmte Bildungs- und Erziehungsziele zu verwirklichen bestrebt ist, und die nach Sprachsinn und allgemeiner Auffassung als Schule angesehen wird.“356 Viele Länder haben den Begriff in ihre Schulgesetze übernommen; gelegentlich sind zusätzliche Kriterien festgelegt, z. B. eine Mindestschülerzahl.357 Unter Zugrundelegung des tradierten Schulbegriffs ist man sich relativ einig, was als Schule zu gelten hat und was nicht. Keine Schulen sind neben den Hochschulen u. a. Einrichtungen der Erwachsenenbildung, Berufsakademien, Volkshochschulen, Lehrgänge, Fortbildungen und Kurse. Auch werden Kitas, Kindergärten, Horte und der Nachhilfeunterricht, Tanzschulen, Fahrschulen, juristische Repetitorien, Reitschulen etc. nicht zu den Schulen im Sinne des Schulverfassungsrechts gezählt.358 Abendgymnasien und -realschulen sieht man üblicherweise als Schulen an.359 Das BVerfG weist ergänzend darauf hin, dass konstituierendes Merkmal einer Schule nicht die Schulpflicht sei und Schulen nicht primär der Unterrichtung Heranwachsender dienen müssten.360 Schule ist nach dem, deswegen als deskriptiv-organi­

354

Selbst wenn man Art. 7 I GG als lex specialis zur Lehrfreiheit des Art. 5 III GG sieht (vgl. Starck / Paulus, in: v. Mangoldt / K lein / Starck, Art. 5 III Rn. 482), verbleibt die Forschung als Abgrenzungskriterium zur Schule. Ähnlich wie hier Robbers, in: v. Mangoldt / K lein / Starck, Art. 7 Rn. 54. 355 Vgl. Wißmann, in: BK-GG, Art. 7 III Rn. 10; 14. 356 Heckel, Privatschulrecht, 218; vgl. BVerfGE 75, 40 (77). 357 Erster Teil C. I. 2. a). 358 Schippmann, in: Brockmann / Littmann / Schippmann, § 1 Rn.  2.2; Avenarius / Hansch­ mann, Schulrecht, Rn. 15.91; 1.2 ff. 359 BVerfGE 75, 40 (77); Gröb, Rechtsfähige Schule, 32 f.; Avenarius / Hanschmann, Schulrecht, Rn. 1.22. 360 BVerfGE 75, 40 (77). Bei Lichte betrachtet ging es in der Entscheidung aber um den Begriff der Ersatzschule, nicht der Schule, s. Rux, Schulrecht, Rn. 9 Fn. 16.

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2. Teil: Verfassungsrechtlicher Rahmen der Ersatzschulaufsicht 

satorisch umschreibbaren Begriff361 als das anzusehen, was bisher traditionellerweise als Schule angesehen wurde und was schulpolitisch als Schule gewollt ist.362 Der Nachteil eines solchen Schulbegriffs ist, dass er das Verständnis von Schule voraussetzt und verfestigt, wie es bei Entstehung des Grundgesetzes vorgeherrscht hat. Das mag zwar nicht die Schulformen und Bildungsgänge betreffen,363 birgt jedoch die Gefahr, die bestehenden Grundstrukturen gegen Veränderungen abzusichern. Es leuchtet z. B. nicht ein, warum Einrichtungen der Elementarbildung per se ausgeschlossen und die Erwachsenenbildung nur ausnahmsweise eingeschlossen wird.364 Das jüngere Schrifttum versucht sich daher vermehrt von der traditionellen Auffassung zu lösen. Ein funktionaler Schulbegriff müsse sich an der Aufgabe der Schule, nämlich der Bildung von Heranwachsenden, nicht an deren klassischen Begriffsmerkmalen orientieren und sei „bildungsakzessorisch“ zu verstehen.365 Der staatliche Spielraum bei der Gestaltung dieses Auftrags müsse sich an den Grenzen des Schulauftrags nach Art. 7 I GG orientieren, nicht an organisatorischen Begrifflichkeiten. Es sei im Einzelfall darauf abzustellen, ob und wie weit in einzelnen Einrichtungen Bildungsaufgaben wahrgenommen werden würden, sodass eine Kindertagesstätte als Schule einzustufen sei, wenn diese eine planmäßige Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten auf einzelnen Gebieten forciere.366 Andere stellen zwar ebenfalls auf den Unterricht als Zentralmerkmal ab, schließen jedoch deswegen die Kindergärten vom Anwendungsbereich aus.367 Wiederum andere versuchen den traditionellen Schulbegriff dadurch anzureichern, dass alternativ zu den deskriptiven Merkmalen normative Merkmale über die Schuleigenschaft bestimmen sollen. Hierunter zu fassen sei zum einen die Schulpflicht als strukturelles Vehikel den Bildungsauftrag umzusetzen sowie die Möglichkeit, schulische Berechtigungen zu erlangen.368 Unterschiedliche Auffassungen gibt es weiter darüber, ob alle (nichtschulischen) Aktivitäten einer als Schule klassifizierten Einrichtung als schulische Tätigkeit i. S. d. Grundgesetzes anzusehen sind oder ob auf die jeweilige Zielrichtung der Aktivität abzustellen ist.369 Insgesamt ist der Schulbegriff der Verfassung nicht abschließend geklärt.370

361

Ähnliche Begriffseinordnung bei Kösling, Private Schule, 50 ff. Vgl. Vogel, DÖV 2008, 895 (896). 363 Zurecht unterscheidet Jestaedt, in: Isensee / K irchhof, HdBStR VII, § 156 Rn. 34 Fn. 80. 364 Loschelder, in: Merten / Papier, HGR IV, § 110 Rn. 27. 365 Brosius-Gersdorf, VERW 2012, 389 (403 ff.); Hofmann, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke, Art.  7 Rn.  48. 366 Brosius-Gersdorf, in: Dreier, Art. 7 Rn. 36 ff. 367 Robbers, in: v. Mangoldt / K lein / Starck, Art.  7 Rn.  56. 368 Kösling, Private Schule, 116 ff.; ähnlich Rux, Schulrecht, 883 ff.; gegen die Einbeziehung von Schulpflicht und Abschluss dagegen Jestaedt, in: Isensee / K irchhof, HdBStR VII, § 156 Rn. 36. 369 Für Ersteres Kösling, Private Schule, 116 ff.; Robbers, in: v. Mangoldt / K lein / Starck, Art.  7 Rn. 57. Für die Betrachtung der einzelnen Aktivität dagegen Brosius-Gersdorf, in: Dreier, Art. 7 Rn. 38. 370 Ausdrücklich VerfGH BW, Urt. v. 15. 02. 2016 – 1 VB 58/14, juris (Rn. 64). 362

B. Dogmatik des Art. 7 IV GG

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cc) Ausgestaltungsbefugnis des Landesgesetzgebers für den Schulbegriff Zu anderen Ergebnissen führen alle Schulbegriffe lediglich in Randbereichen. Klar ist auch nach einem funktionalen Schulbegriff, dass der Status quo der Schule im heute bestehenden Sinne als Schule im rechtlichen Sinne zu gelten hat. Gerade die strittige Schuleigenschaft der Kindergärten wirft jedoch auf, ob der Gesetzgeber durch Umgestaltung bestimmter Bereiche weitere Institutionen dem Schulwesen zuordnen kann und sich der Schulbegriff daher als ausgestaltungsfähiger Rechtsbegriff erweist. Die genaue Definition ist für die Grundrechtsstruktur nicht so entscheidend wie die mögliche landesgesetzgeberische Verfügungsbefugnis über den Begriff und dem folgend über den Anwendungsbereich der Aufsicht. (1) Unterschied zwischen Schule (Art. 7 I, IV 1 GG) und einer bestehenden oder vorgesehenen öffentlichen Schule (Art. 7 III 1, IV 2 GG) Abzugrenzen ist zunächst klar zwischen Schularten, Schulformen und Bildungsgängen371 auf der einen Seite und den Schulen im Rechtssinne auf der anderen Seite.372 Die Länder haben die aus Art. 7 I GG folgende Kompetenz, zu bestimmen, welche Schulen es in ihren Ländern gibt. Die Länder bestimmen dadurch noch nicht per se, was eine Schule ist, sondern nur, welche sie einrichten. Dies lässt sich daraus begründen, dass Art. 7 I GG nur Befugnisse im Schulwesen verleihen kann, wenn dieser Bereich vorher abgesteckt ist. Andersherum: Was das Schulwesen ist, kann man nicht damit begründen, dass der Gesetzgeber im Schulwesen „die Regeln bestimmt“. Innerhalb dieses Rahmens sind die Grenzen von Schulorganisationsentscheidungen der Länder zurückhaltend und primär an den Grundrechten der Schülerinnen, Schüler und Eltern zu prüfen.373 Welche Schularten, Schulformen und Bildungsgänge es gibt, das ist für die Privatschulen eine Frage des Art. 7 IV 2 GG, nicht des Art. 7 IV 1 GG. Für den Privatschulbegriff kommt es darauf an, dass es sich um eine Schule handelt, nicht dagegen, ob eine solche öffentliche Schule vorhanden ist.374 Wollte man das Schulwesen nach dem positiven Bestand eines jeweiligen Landes definieren, hätte dies zur Folge, dass die Unterteilung in Ersatz- und Ergänzungsschulen aufgegeben werden müsste, da ansonsten jede private Schule Ersatzschule wäre. Bei Lichte betrachtet trägt daher die vom BVerfG dem Gesetzgeber zugestandene und vielzitierte Abgrenzungsbefugnis von Hochschule und Schule375 wenig 371

Zu den Begriffen bereits Erster Teil C. I. 2. c) aa). Jestaedt, in: Isensee / K irchhof, HdBStR VII, § 156 Rn. 34 Fn. 80; vgl. Wißmann, in: BKGG, Art. 7 III Rn. 12. 373 BVerfGE 53, 185 (195 ff.). 374 Besonders deutlich VGH Bayern, RdJB 1980, 224 (225). 375 BVerfGE 37, 314. 372

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2. Teil: Verfassungsrechtlicher Rahmen der Ersatzschulaufsicht 

zur Problemlösung bei. Die zulässige Verlagerung eines Ausbildungszweigs vom Schulwesen auf das Hochschulwesen bewirkt zwar eine Veränderung des Bestands öffentlicher Schulen des betreffenden Bildungsgangs, sie sagt jedoch nichts darüber aus, ob der Bildungsgang in Form einer Schule (in diesem Fall einer Ergänzungsschule) betrieben werden kann. Während die Ermittlung des Bestands öffentlicher Schulen im Rahmen des Art. 7 IV 2 GG primär an materielle Bildungsziele der Schulform anknüpft,376 kann es bei Bestimmung des Schulbegriffs nach Art. 7 IV 1 GG nur auf die (formale) Form der Unterrichtserteilung ankommen, d. h. nicht auf die Inhalte. Dies gilt auch nach einem funktionalen Schulbegriff, wenn man auf die Unterrichtserteilung als bestimmendes Merkmal abgestellt.377 Dass bestimmte Bildungsgänge inhaltlich im öffentlichen Hochschulwesen angesiedelt sind oder nicht, beeinträchtigt zwar den Ersatzschulbegriff, nicht aber den ­(Privat-) Schulbegriff. (2) Normprägung aller Schulbegriffe Trotz dieses Befundes ist sich der Frage zu nähern, ob nicht beide Schulbegriffe auf einen unterverfassungsrechtlichen Maßstab zurückgreifen müssen, um überhaupt ihre Abgrenzungsfunktion erfüllen zu können; ob sowohl deskriptiv-formaler Schulbegriff als auch der funktionale Schulbegriff von der Schule als ausgestaltungsbedürftiger Institution ausgehen. Da die gesetzgeberische Möglichkeit der Grundrechtsausgestaltung eine Ausnahme darstellt, muss es für die Grundrechtsgeltung gerade darauf ankommen, dass der Gesetzgeber sich dieser bedient. Die Ausgestaltung schafft die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Ausübung des Grundrechts.378 Anwendungsbereich der Grundrechtsausgestaltung ist zum einen die Normprägung eines Grundrechts, wovon neben der Ehe- und Eigentumsgarantie beispielsweise die Tarifautonomie, die Privatautonomie und die Informationsfreiheit betroffen sind.379 Zum anderen kommt die Ausgestaltung da zum Tragen, wo das Grundgesetz „verfahrens- oder organisationsrechtliche Ausgestaltungsgebote“ an den Gesetzgeber richtet, z. B. bei der Rundfunkfreiheit oder dem Gebot effektiven Rechtsschutzes.380 Beide Varianten sind Kehrseite der gleichen Medaille: Lässt sich dem Grundrechtstatbestand bzw. einzelnen Tatbestandsmerkmalen kein natürlicher, abgeschlossener Freiheitsrahmen entnehmen, ist es auf Ausgestaltung angewiesen und dieser daher zugänglich.381 376

Siehe später Zweiter Teil B. IV. 2. d) cc) (4). Tendenziell anders Brosius-Gersdorf, in: Dreier, Art. 7 Rn. 116. 378 Isensee, in: Isensee / K irchhof, HdBStR VII, § 150 Rn. 81. Siehe schon Zweiter Teil B. II. 3. Zur Unterscheidung natürlicher und konstruierter Freiheit Cremer, Freiheitsgrundrechte, 89 ff. 379 Bethge, in: Maunz / Schmidt-Bleibtreu et al., § 90 Rn. 30; Bumke, Ausgestaltung, 41 ff. 380 Bumke, Ausgestaltung, 42; Stern, Staatsrecht III/1, 1259 ff. 381 Jarass, in: Jarass / Pieroth, Vorb. vor Art. 1 Rn. 13; 34; Degenhart, in: Merten / Papier, HGR III, § 61 Rn. 42 f.; 48. 377

B. Dogmatik des Art. 7 IV GG

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Eine Normprägung kommt für den Schulbegriff als Tatbestandsmerkmal des Grundrechts (Art. 7 IV 1 GG) zumindest in Betracht. In der Literatur gibt es hierauf bezogen allenfalls Andeutungen. Jestaedt382 betont, dass sich der Schulbegriff verfassungsautonom bestimmen und in jedem Land den gleichen Inhalt umfassen müsse. Ein Rückgriff auf unterverfassungsrechtliche Institute (Schulpflicht, Schulabschlüsse) könne keine Rolle spielen. Andere sehen grundsätzlich die Möglichkeit vor, dass der Gesetzgeber weitere Einrichtungen der Schulaufsicht und damit dem Schulbegriff unterstellt.383 Für den funktionalen Schulbegriff muss das ohnehin gelten, da hiernach eine entsprechende Gestaltung einzelner Einrichtungen – im Sinne eines strukturieren Bildungserwerbs – zu einer Klassifizierung als Schule führen soll.384 Konsequenz ist, dass das Grundrecht der Privatschulfreiheit in gewissen Randbereichen nach Maßgabe der einfachrechtlichen Gestaltung der landesrechtlichen Bildungseinrichtungen entweder gilt, weil die private Einrichtung eine Schule ist, oder nicht gilt, weil es sich nach landesrechtlicher Definition nicht um eine Schule handelt.385 Nach funktionaler Lesart ist Schule zwangsweise ein normgeprägter und daher grundsätzlich ausgestaltungsfähiger Rechtsbegriff. Diesen Befund muss im Ergebnis auch treffen, wer am traditionellen Schulbegriff festhalten will. Definiert man den Schulbegriff deskriptiv-organisatorisch, erfasst dies im Wesentlichen dem Status quo des Bildungssystems. Der Bestand des heutzutage erfassten Schulwesens mag zwar mit den Vorstellungen von Schule, die dem Grundgesetzgeber vorgeschwebt haben, kompatibel sein. Das spricht jedoch noch nicht dafür, dass man Schule ausschließlich als das ansehen kann, was damals als Schule gegolten hat. Insbesondere fehlt der verfassungstextliche Anknüpfungspunkt dafür, das traditionelle Verständnis von Schule verewigen zu wollen.386 Ähnlich wie im Hochschulwesen reicht allein die Verwendung des Begriffs „Schule“ nicht zur Konservierung des aktuellen Bestands aus. Während Art. 146 WRV noch Anhaltspunkte für die äußeren Grenzen des Schulwesens gegeben hat, gibt es solche im Grundgesetz nicht. Der Verfassungsgeber hat sich einer näheren Regelung enthalten. Im Parlamentarischen Rat stand lange im Raum, das Schulwesen überhaupt nicht bundesverfassungsrechtlich zu verankern,387 sodass die Länder die gesamte Bestimmungshoheit hierüber gehabt hätten (Art. 30, 70 GG). Tatsächlich dürfte daher die Fragmentierung des Schulverfassungsrechts eher gegen eine unitarisierende Wirkung des Schulbegriffs sprechen. Bei der Schule handelt es sich keineswegs um einen vorgefundenen, natürlichen Schutzbereich 382

Jestaedt, in: Isensee / K irchhof, HdBStR VII, § 156 Rn. 34 ff. Wißmann, in: BK-GG, Art. 7 III Rn. 14; Bader, in: Umbach / Clemens, Art. 7 I–III Rn. 20 spricht von einem normativen Schulbegriff. 384 Vgl. Brosius-Gersdorf, VERW 2012, 389 (404; 409 ff.). 385 Vgl. Brosius-Gersdorf, VERW 2012, 389 (409 ff.); Brosius-Gersdorf, in: Dreier, Art. 7 Rn. 36; 116. 386 Vgl. Loschelder, in: Merten / Papier, HGR IV, § 110 Rn. 27; Robbers, in: v.  Mangoldt / ​ Klein / Starck, Art.  7 Rn.  52. 387 Vgl. Doemming / Füsslein / Matz, JöR n. F. Bd. 1 (1951), 101 (101 ff.). 383

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2. Teil: Verfassungsrechtlicher Rahmen der Ersatzschulaufsicht 

wie Leben (Art. 2 II 1 GG) oder einen zwar wertungsabhängigen, aber verfassungsunmittelbar bestimmbaren Begriff, z. B. Meinung (Art. 5 I 1 GG) oder Versammlung (Art. 8 I GG).388 Schule ist ein menschliches und rechtliches Konstrukt, das zwar prägende Strukturen hat, im Einzelnen jedoch von der Gestaltung des Staates oder Privater abhängt. Einige dieser Strukturelemente finden sich im traditionellen Schulbegriff. Andere Definitionsmerkmale gehen dagegen von Annahmen aus, die sich nicht zwangsläufig in einem Schulwesen finden lassen müssen. Zum Beispiel lässt sich auf Verfassungsebene kaum begründen, warum prägendes Merkmal im beruflichen Schulwesen sein soll, dass an diesen Einrichtungen (wenngleich in geringerem Umfang) allgemeinbildende Fächer unterrichtet werden.389 Dass berufliche Schulen allgemeinbildende Fächer unterrichten, mag sinnvoll sein; würde jedoch ein Landesgesetzgeber auf die Idee kommen und den fachlichen Anteil zulasten allgemeinbildender Fächer erhöhen, könnte man nicht plausibel erklären, warum darin keine Schule mehr zu sehen sein soll. Genauso kann das Erfordernis bestimmter Mindestgrößen (zumal die Verfassung für eine genaue Zahl ebenfalls keine Anhaltspunkte bietet) oder das des Präsenzunterrichts heutzutage mit guten Argumenten infrage gestellt werden.390 Diese Beispiele zeigen: Begriffsmerkmale wie „Mehrzahl allgemeinbildender Fächer“ oder „an fester Stätte“ sind keine unverrückbaren und dem Wortsinn stets mit Schule verbundenen Merkmale, sondern Entscheidungen.391 Diese Entscheidungen trifft nicht in Letztverbindlichkeit die Verfassung, sondern die Landesgesetzgeber.392 Hierzu gehören nicht bloß einzelne Bildungsgänge und Schularten, sondern die grundlegende Anpassung der Schule an die sich verändernden tatsächlichen Umstände. Indem das Grundgesetz den Ländern das Schulwesen überantwortet, enthält es sich in diesen Detailfragen. Anhaltspunkte für Grenzen bestehen zum Hochschulbereich.393 Ansonsten erlauben die wenigen Vorgaben des Grundgesetzes keine treffsichere Eingrenzung des schulischen Anwendungsbereichs, die nicht auf einfachgesetzliche Normierung zurückgreifen muss. Tatsächlich dürfte der umfassende Inhalt des Art. 7 I GG dafür sprechen, dass die Bestimmungsmacht des Staates nicht da aufhört, wo die traditionelle Auffassung von dem, was Schule ist, verlassen wird. Bereits Heckel hat im Übrigen festgestellt, dass die Begriffsmerkmale seines Schulbegriffs nicht unabänderlich seien und sich Zeit und Umständen anzupassen hätten; der bundeseinheitliche Schulbegriff sei einem Wandel der Verfassung zugänglich.394 Für einen Wandel des Schulbegriffs kann man jedoch nicht auf vorrechtliche Vorstellungen

388

Vgl. Stern, Staatsrecht III/1, 802; allgemein zur Normprägung Lenz, Vorbehaltlose Freiheitsrechte, 99 ff. 389 Hierzu Brosius-Gersdorf, in: Dreier, Art. 7 Rn. 34; Kösling, Private Schule, 116 ff.; 45 ff. 390 Brosius-Gersdorf, in: Dreier, Art. 7 Rn. 34; Kösling, Private Schule, 51 ff. 391 Vgl. Brosius-Gersdorf, VERW 2012, 389 (406). 392 Ähnlich Rux, Schulrecht, Rn. 888, der aber in Rn. 882 zu einem gegenteiligen Ergebnis kommt. 393 Dazu bereits Zweiter Teil B. IV. 1. c) aa). 394 Heckel, Privatschulrecht, 218 ff.

B. Dogmatik des Art. 7 IV GG

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abstellen, sondern muss dies an bestehenden Rechtsnormen festmachen.395 Rechtsnormen, für welche die Länder zuständig sind. All dies zeigt, dass sich aus dem Grundgesetz keineswegs ein abgeschlossener, unverrückbarer Schulbegriff ableiten lässt. Vielmehr ist die Regelung von Detailfragen notwendig, damit Lehranstalten dem Schulwesen zuordenbar sind. Das Grundgesetz bietet hierfür jenseits einer historischen Betrachtung wenig Anhaltspunkte. So kann man zwar die Abendgymnasien den Schulen zuordnen, weil sie immer schon als Schulen gegolten haben;396 das stellt für zukünftige Entwicklungen jedoch keine befriedigende Lösung dar. Neue Formen der Bildungseinrichtungen, die heute noch nicht vorstellbar sind, können einer Zuordnung zum staatlichen Bildungs- und Erziehungsauftrag nicht deswegen entgegenstehen, weil sie nicht der historischen Vorstellung entsprechen. Die wenigen zweifelsfreien Kriterien, die Schulbildung prägen (z. B. methodischer Unterricht), eignen sich hingegen alleine nicht, um die notwendige Abgrenzung zu nicht erfassten Bereichen zu vollziehen. Das zeigen auch andere Auseinandersetzungen mit dem Inhalt des Schulbegriffs. Köslings Ansatz, deskriptiv-formale und normativ-funktionale Elemente miteinander zu verbinden,397 kann zwar den Status quo gut erklären, setzt mit der Einbeziehung der Schulpflicht oder der Schulabschlüsse ebenfalls klar auf gesetzgeberische Begriffsgestaltung. Nicht nur die Frage nach den konkret bestehenden Schulen, sondern was Schule ist, kann bloß heuristisch erfasst und nicht abschließend definiert werden.398 Definiert man den Schulbegriff weiterhin anhand der traditionellen Auffassung, nimmt er die Begriffe und Gegebenheiten der einfachen Rechtsordnung (allgemeinbildende Fächer usw.) ebenfalls in sich auf und wird durch diese geprägt. „Schule“ bedarf als Ganzes (in Grenzen) der gesetzgeberischen Festlegung und ist ausgestaltungsbedürftig. Als insgesamt normgeprägter, durch den historischen Bestand der Schule beeinflusster Begriff ist der Schulbegriff zudem ausgestaltungsfähig. Zwar handelt es sich bei den normgeprägten Grundrechten nach einfachem Recht um eine Ausnahme im Grundgesetz, die vorliegend sogar zu der paradox anmutenden Situation führt, dass ein bundesverfassungsrechtlicher Begriff landesrechtlich zu bestimmen sein soll,399 innerhalb des Art. 7 GG ist dies jedoch kein Bruch. Auch die konkrete Reichweite des Begriffs der Volksschule (Art. 7 V GG) und deren Dauer folgen erst aus Landesrecht,400 womit die bundesverfassungsrechtliche Grundrechtsreichweite (bzw. deren Schranken) auf dieses begrifflichen Bezug nehmen muss.

395 Vgl. Hain, in: v. Mangoldt / K lein / Starck, Art. 79 Rn. 13, der für einen Bedeutungswandel von (Verfassungs-)Normen auf deren einfachgesetzliche Konkretisierungen rekurriert. 396 Vgl. BVerfGE 75, 40 (77), allerdings ohne Begründung. 397 Kösling, Private Schule, 50 ff.; ähnlich Gröschner, in: Dreier (Vorauflage), Art. 7 Rn. 30. 398 Loschelder, in: Merten / Papier, HGR IV, § 110 Rn. 27. 399 Vgl. Jestaedt, in: Isensee / K irchhof, HdBStR VII, § 156 Rn. 34. 400 BVerwGE 104, 1 (nicht abgedruckt, s. Rn. 37 auf juris); vgl. Robbers, in: v.  Mangoldt / K lein / Starck, Art. 7 Rn. 227. Siehe später Zweiter Teil E. I. 2. c).

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2. Teil: Verfassungsrechtlicher Rahmen der Ersatzschulaufsicht 

All dies sind Argumente, die prinzipiell ebenso für einen funktionalen Schulbegriff sprechen können, der die Ausgestaltung des Schulwesens in sich aufnimmt und sich hiernach bestimmt. Die Ausgestaltungsbefugnis bedeutet nicht, dass der Schulbegriff den Ländern vollständig preisgegeben ist.401 Vielmehr lassen sich institutionelle Bindungen aus dem Grundgesetz ableiten, die eine (ausschließlich) funktionale Bestimmung als zu weitgehend erscheinen lassen. (3) Bindung des Ausgestaltungsgesetzgebers Eine Begrenzung der Gestaltungsmöglichkeiten ergibt sich daraus, dass der einheitliche Schulbegriff Tatbestandsmerkmal der Privatschulfreiheit und auch im Rahmen des Art. 7 I GG grundrechtsbedeutsam ist. Darüber hinaus nehmen mehrere institutionelle Garantien den Begriff in sich auf: zum einen die Privatschulgarantie, zum anderen die institutionelle Garantie des Religionsunterrichts (Art. 7 III 1 GG)402 und die der Schulaufsicht (Art. 7 I GG).403 Wie dargestellt wurde, eröffnet der Schulbegriff den Schutzbereich der Privatschulfreiheit.404 Die hierdurch ebenfalls begründete staatliche Schulaufsicht führt zu einer gegenüber der Berufsfreiheit zunächst näher beschränkten Freiheit. Den Schulbegriff erweiternde Ausgestaltungen sind daher in der Gestalt grundrechtswirksam, dass sie (auch) zu einer Verkürzung theoretischer Freiheit führen. Das gilt allerdings auch umgekehrt, wenn die Länder bestimmte Einrichtungen aus dem Schulbegriff ausklammern, da die Privatschulfreiheit z. B. die Schulpflichterfüllung an Ersatzschulen positiv absichert.405 In beiden Konstellationen geht es daher nicht um erweiternd-konkretisierende, sondern um eine eingrenzende Gestaltung des Schutzumfangs (Ausgestaltung i. e. S.).406 Wird der Gesetzgeber im Rahmen seiner Ausgestaltungsbefugnis tätig, handelt es sich nicht um einen Grundrechtseingriff, da er hierdurch die Anwendbarkeit des Grundrechts begründet bzw. ausschließt.407 Auch die tatbestandliche Ausgestaltung unterliegt verfassungsrechtlichen Bindungen. Unabhängig davon, ob man die Rechtsfolgen der Ausgestaltung einer eigenen Dogmatik unterwirft oder ähnlich einem Grundrechtseingriff prüft, besteht weitestgehend Einigkeit darüber, dass das Verhältnismäßigkeitsprinzip und der Vorbehalt des Gesetzes bei der Ausgestaltung Anwendung finden.408 Das 401

Vgl. Sachs, FS Jarass, 235 (239). Vgl. Robbers, in: v. Mangoldt / K lein / Starck, Art.  7 Rn.  119. 403 Mager, Einrichtungsgarantien, 288 ff. 404 Zweiter Teil B. IV. 1. a). 405 Vgl. BVerwGE 104, 1 (6 ff.). 406 Allgemein Degenhart, in: Merten / Papier, HGR III, § 61 Rn. 50; dazu bereits Zweiter Teil B. II. 3. 407 Vgl. Bumke, Ausgestaltung, 46 ff. 408 Meinungsstand bei Kingreen / Poscher, Grundrechte, Rn. 151 f.; vgl. BVerfGE 121, 30 (59); Bumke, Ausgestaltung, 50 ff.; Degenhart, in: Merten / Papier, HGR III, § 61 Rn. 51 ff. 402

B. Dogmatik des Art. 7 IV GG

211

Grundgesetz kennt im Gegensatz zu den Einschränkungsvorbehalten keine Ausgestaltungsvorbehalte; die Ausgestaltung muss sich nicht an einem einfachen oder qualifizierten Gesetzesvorbehalt messen lassen oder sich auf verfassungsimmanente Schranken stützen.409 In diesem Rahmen eröffnet die Ausgestaltbarkeit des Schulbegriffs für den Gesetzgeber eine Gestaltungsbefugnis über die rechtlichen und tatsächlichen Strukturen im Schulwesen, ohne dass es darauf ankäme, ob Art. 7 IV 1 GG durch Gesetzesvorbehalt beschränkbar ist. Führt diese Ausgestaltung zur Umgestaltung grundrechtlicher Freiheit, ist diese in jedem Fall am Verhältnismäßigkeitsprinzip zu messen.410 Darüber hinaus muss der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung des Schulbegriffs auf die normative Vorprägung durch die Einrichtungsgarantie Rücksicht nehmen und deren gestaltungsresistenten Kern bewahren.411 Hierfür bedarf es nicht der Begründung einer Institutsgarantie der (öffentlichen) Schule.412 Die Einrichtungsgarantie der Privatschule setzt den Bestand eines vorgefunden, tradierten Instituts als normatives und tatsächliches Gebilde voraus.413 Als echte grundrechtsbezogene Einrichtungsgarantie sichert die Privatschulgarantie die „ihrer Eigenart entsprechende Verwirklichung“.414 Der Einrichtungsgarantie liegt ein Bild der Privatschule zugrunde, das diese im Kernbereich gegen gesetzgeberische Ausgestaltung absichert. Hierdurch ist dem Gesetzgeber die Gestaltungsbefugnis über das entzogen, was unter primär historischer Betrachtung stets als Schule bzw. Privatschule anzusehen war und ist.415 Im Unterschied zum traditionellen verfassungsunmittelbaren Schulbegriff schütz die Einrichtungsgarantie lediglich einen Kern und präjudiziert dagegen nicht umfassend die zukünftige Rechtsentwicklung auf einfachrechtlicher Ebene. Die Einrichtungsgarantie der Privatschulfreiheit verbietet es insofern nur, Bereiche, die heute zweifelsfrei als Schule zu gelten haben, als Nichtschule zu behandeln und die Freiheit der Privatschulgründung hierdurch zu verkürzen. Ähnlich kann man den Kernbereichsschutz durch die staatliche Schulaufsicht als überlieferter Einrichtung416 oder über Art. 28 II GG417 begründen. Der so ermittelte Schulbegriff dürfte zwischen dem funktionalen und dem traditionellen Schulbegriff liegen. Ähnlichkeiten gibt es zu Köslings Ansatz, der deskriptive und normative Elemente miteinander verbindet.418 Es kommt im Gegensatz dazu jedoch nicht zwangsläufig darauf an, dass der Gesetzgeber die Schulpflicht anordnet. Dies kann aber Hinweis darauf sein, dass der Gesetzgeber

409

Vgl. Bumke, Ausgestaltung, 49 ff. Degenhart, in: Merten / Papier, HGR III, § 61 Rn. 51 ff. 411 Vgl. Degenhart, in: Merten / Papier, HGR III, § 61 Rn. 56 ff. 412 Vgl. aber Gröb, Rechtsfähige Schule, 120. 413 Stern, Staatsrecht III/1, 799 ff.; Kloepfer, in: Merten / Papier, HGR II, § 42 Rn. 50. 414 BVerfGE 27, 195 (200). 415 Vgl. Kloepfer, in: Merten / Papier, HGR II, § 42 Rn. 32 ff. 416 Mager, Einrichtungsgarantien, 288 ff. 417 Vgl. BVerfGE 138, 1 (Rn. 64 ff.). 418 Kösling, Private Schule, 50 ff.; ähnlich Gröschner, in: Dreier (Vorauflage), Art. 7 Rn. 30. 410

212

2. Teil: Verfassungsrechtlicher Rahmen der Ersatzschulaufsicht 

eine Einrichtung in das Schulwesen integriert.419 Als Beispiel hierfür können die Vorschulklassen420 in Hamburg dienen, die nach § 14 II SchG-Hamburg Teil einer Grundschule sind, nach einem einheitlichen didaktischem Konzept erbracht und nach § 18 SchfTG-Hamburg im privaten Schulwesen wohl als Schule behandelt werden.421 Dass an diesen Vorschulen für einige Kinder (§ 28a II SchG-Hamburg) die Schulpflicht gilt, ist weiteres Indiz für die Ausgestaltung als schulischer Bildungseinrichtung. (4) Vereinbarkeit dieses Verständnisses vom Schulbegriff mit der Rechtsprechung Eine solche Sicht vom Schulbegriff, als im Kern durch die Privatschulgarantie gesicherter Institution und ansonsten ausgestaltbarem Rechtsbegriff, hat den Vorteil, dass sie mit der bisherigen Rechtsprechung kompatibel ist. Diese betont zwar im Grunde den deskriptiv-organisatorischen Schulbegriff, gesteht den Ländern bei Lichte betrachtet aber eine ausgestaltende Funktion zu. Zwar mag man dem entgegenhalten, dass das BVerfG bisher betont hat, dass die Privatschulgarantie keine Beschränkung der „allgemeinen Organisationsgewalt auf dem Gebiet des Schulwesens“ bewirke.422 Dies steht den vorgezeigten Ausführungen jedoch nicht entgegen. Das Gericht hat den Schulbegriff bisher nur hinsichtlich des Bestehens öffentlicher Schulen angebracht, um die Ersatzschuleigenschaft zu bestimmen, nicht um eine Einrichtung dem Schulwesen zuzuordnen oder nicht,423 worauf es vorliegen ankommt. Darüber, ob der Gesetzgeber eine Einrichtung vom Schulwesen abtrennen darf, mit der Folge, dass der Träger auch keine Ergänzungsschule betrieben kann, hat das Gericht nicht entschieden. Die zitierte Entscheidung deutet man diesbezüglich häufig fehl. Die Zuordnung eines Ausbildungsgangs zum Hochschulwesen bewirkt keine Änderung des Schulbegriffs, sondern wirkt sich allein auf die Frage aus, welche öffentlichen Schulen von privaten Schulen ersetzbar sind.424 Da diese Entscheidung dem Ersatzschulbegriff anheftet, beschränkt die Einrichtungsgarantie den Gesetzgeber dabei nicht. Wird dagegen der Zugriff auch auf die Ergänzungsschuleigenschaft verschlossen, ist evident, dass die Privatschulgarantie betroffen ist.425 Das entspricht der zugrunde gelegten strikten Trennung zwischen dem Schulbegriff und den einzelnen Schularten, -formen und Bildungsgängen.426 419

Etwas weitergehend Rux, Schulrecht, Rn. 9. Art. 7 VI macht diese Klassen nicht bereits zur Schule, da es sich hierbei nicht um Vorschulen im Sinne des Grundgesetzes handelt. 421 Das Gesetz differenziert in § 13 III SchG-Hamburg ersichtlich zwischen der didaktischen Phase der Vorschule und den vorher und nachher stattfindenden Betreuungsleistungen. 422 BVerfGE 37, 314 (319 ff.). 423 Vgl. BVerfGE 37, 314 (320 ff.); siehe Rux, Schulrecht, Rn. 9 Fn. 16. 424 Ähnlich Kösling, Private Schule, 165 ff. 425 Vgl. Kösling, Private Schule, 166. 426 Wie hier BVerwG, NVwZ 2007, 958 (959); ähnlich wohl BVerwGE 104, 1 (6 ff.). Zur Unterscheidung bereits Zweiter Teil B. IV. 1. c) cc) (1). 420

B. Dogmatik des Art. 7 IV GG

213

Die Rechtsprechung des BVerwG zur sog. MTA-Schule (Medizinisch-technische Assistenten) in Niedersachsen427 stützt die vertretene Auffassung. Der Landesgesetzgeber hat die angesprochenen öffentlichen Schulen von der Anwendung des Schulgesetzes ausgenommen, wenn diese „mit Anstalten verbunden sind, die anderen Zwecken als denen öffentlicher Schulen dienen“ (§ 1 V Nr. 1 SchG-Niedersachsen). Betroffen sind davon mit einem Krankenhaus verbundene Schulen nichtärztlicher Heilberufe, die § 1 V Nr. 3 SchG-Niedersachsen unabhängig von der Trägerschaft vom Schulgesetz ausnimmt.428 In dem vom BVerwG zu entscheidenden Fall ging es darum, ob eine private MTA-Berufsschule einen Anspruch auf Genehmigung als Ersatzschule hat, weil unstrittig öffentliche MTA-„Schulen“ bestanden, die § 1 V Nr. 3 SchG-Niedersachsen jedoch vom Anwendungsbereich des (Ersatz-)Schulrechts ausgenommen hat.429 Das Gericht hat diese Frage verneint und dies darauf gestützt, dass sich nach Landesrecht bestimme, welche öffentliche Schule es zu ersetzen gebe. Das SchG-Niedersachsen nehme die öffentlichen MTA-Schulen zurecht von der Anwendung aus, weil diese Schulen traditionell mit einem Krankenhaus verbunden seien und sich über Pflegesätze finanzierten. In der Folge seien entsprechende öffentliche Schulen im Lande nicht vorgesehen. Dies verwehre in der Rechtsfolge der bestehenden privaten MTA-Schule die Ersatzschuleigenschaft. Ein Anspruch aus Art. 7 IV 2 GG auf Genehmigung als private Ersatzschule entstehe erst, wenn (selbstständige) MTA-Schulen in öffentlicher Trägerschaft tatsächlich bestehen würden.430 Das Urteil des BVerwG beschäftigt sich nicht mit der Frage nach der Ergänzungsschuleigenschaft der privaten Schulen für andere als ärztliche Heilberufe, die nach auch heutiger Rechtslage in Niedersachsen ausscheidet, selbst wenn diese nicht mit einem Krankenhaus o. Ä. verbunden sind. Das Gericht erkennt damit an, dass der Staat befugt ist, die äußeren Formen der Schuleigenschaft festzulegen. Außer Frage stand, dass es einen staatlichen MTA-Bildungsgang gab und dass die private Schule insofern als „Ersatz“ fungieren würde. Problematisch war die Schuleigenschaft der entsprechenden öffentlichen Schulen. Dem Landesgesetzgeber steht das BVerwG implizit die Befugnis zu, den Schulbegriff näher zu definieren und die unselbstständigen Schulen nicht als Schule im Rechtssinne zu behandeln. Das BVerwG trennt scharf zwischen dem konkreten Bildungsgang und den äußeren Rahmenbedingungen der Schuleigenschaft, was im Ergebnis der vorliegend vertretenen Auffassung entspricht. Im (vom BVerwG nicht so bezeichneten) Kernbereich der Schuleigenschaft bestünde selbst dann ein Anspruch auf die Ersatzschulgenehmigung, wenn das Schulgesetz 427

BVerwGE 105, 20. Nach aktueller Rechtslage unterstehen diese Schulen dem niedersächsischen Gesetz über Schulen für Gesundheitsfachberufe und Einrichtungen für die praktische Ausbildung (SchGesG-Niedersachsen). Hiernach bedürfen alle Schulen einer staatlichen Anerkennung als Betriebserlaubnis (§ 2 I SchGesG-Niedersachsen); vgl. Schippmann, in: Brockmann / Littmann / Schippmann, § 1 Rn. 5 ff. Die Anerkennung ist nicht zwangsläufig mit der Anerkennung einer Ersatzschule gleichzusetzen. 429 Vgl. Vogel, DÖV 2008, 895 (900 ff.). 430 BVerwGE 105, 20 (26 ff.); zur Einordnung des Urteils Hufen, JuS 1998, 945 (946 ff.). 428

214

2. Teil: Verfassungsrechtlicher Rahmen der Ersatzschulaufsicht 

den Schulbegriff abweichend definiert, was sich ansonsten als Eingriff darstellen würde. Auf die Bezeichnung als Schule komme es nicht an; entscheidend sei, ob die Einrichtung als Schule behandelt wird.431 In einem anderen Verfahren sah das Gericht dementsprechend die Etablierung eines Anerkennungsverfahrens für diese Schulen als Eingriff in die Privatschulfreiheit an,432 sodass sich aus § 1 V Nr. 3 SchG-Niedersachsen nicht pauschal die Verneinung des Schulbegriffs ableiten lässt, sondern es auf die konkrete Ausgestaltung ankommt.433 dd) Handlungsfelder des den Schulbegriff ausgestaltenden Gesetzgebers Fest steht nun, dass das Landesrecht in Randbereichen darauf Einfluss hat, was als Schule im Rechtssinne anzusehen ist. Die Auswirkungen dieser Auffassung dürften im Ergebnis weniger weitreichend sein, als das den Eindruck erweckt. Zum einen liegt das an dem Schutz des Kernbereichs der Schuleigenschaft durch die grundrechtliche Einrichtungsgarantie. Diese schützt jedenfalls das als (Privat-) Schule im Sinne des Grundgesetzes, was stets und zweifelsfrei dem Schulbereich zuzuordnen war. Zum anderen ist der verbleibende ausgestaltbare Randbereich des Schulbegriffs ein vergleichsweise enges Handlungsfeld für erweiternde oder einschränkende Definitionen des Gesetzgebers, was auch daran liegt, dass die Gestaltungsbefugnisse der Länder bzgl. der Schularten, -formen und Bildungsgänge vom Schulbegriff zu unterscheiden sind und diese die meisten Aktivitäten des Schulgesetzgebers erfassen. Die Ausgestaltungsbefugnis ist keine Carte blanche. Hauptanwendungsfall für die Ausgestaltungsbefugnis ist die Abgrenzung des nichtschulischen vom schulischen Bereich. Dabei ist auf die gesamte Gestaltung des Schulrechts abzustellen, nicht allein auf die Bezeichnung als Schule434 oder auf die abstrakte Definition des Schulbegriffs, wie sie z. B. dem Niedersächsischen Schulgesetz zugrunde liegt. Ob Abendschulen und Kollegs als Einrichtungen der Erwachsenenbildung dem Schulwesen zuzuordnen sind, kann man maßgeblich danach bestimmen, ob diese (kern-)schulische Berechtigungen vergeben dürfen oder ob die Einrichtungen auf den Erwerb dieser Berechtigungen vorbereiten.435 Indiz ist weiterhin, wenn die Erfüllung der Schulpflicht möglich ist.436 Zur Abgrenzung von Hochschule und Schule ist u. a. darauf abzustellen, welche Strukturmerkmale im Landesrecht üblicherweise der Hochschule vorbehalten sind. Nicht ankommen kann es auf die Art der angestrebten Abschlüsse, da dies den Ersatz 431

Vgl. BVerwGE 105, 20 (26 ff.). BVerwG, Beschl. v. 28. 08. 1996  – 6 C 1.95, zitiert in OVG Niedersachsen, Beschl. v. 01. 09. 2015  – 2 LA 81/15, juris (Rn.  3 ff.); im Ergebnis ähnlich Schippmann, in: Brockmann / Littmann / Schippmann, § 1 Rn.  5.4. 433 Im Ergebnis auch Vogel, DÖV 2008, 895 (900 ff.). 434 Ähnlich Rux, Schulrecht, Rn. 887. 435 Kösling, Private Schule, 117 ff. 436 Kösling, Private Schule, 116 ff. 432

B. Dogmatik des Art. 7 IV GG

215

schulbegriff betrifft und auch dann die Möglichkeit der schulischen Ausbildung in einer Ergänzungsschule gegeben ist, wenn der Gesetzgeber Ausbildungen auf den Hochschulbereich verlagert.437 Weiterhin liegt die genauere Abgrenzung von Lehrgängen und Fortbildungen zu berufsbildenden Schulen in der Hand des Gesetzgebers. Verlangt dieser an (seinen) berufsbildenden Schulen allgemeinbildenden Unterricht, kann dies zum Abgrenzungskriterium taugen; tut er dies nicht, dann können auch solche Einrichtungen (Ergänzungs-)Schulen sein, die ausschließlich berufsbildende Fächer anbieten.438 Ähnlich ist beim Fernunterricht zu verfahren; unterstellt der Gesetzgeber den Fernunterricht der Schulaufsicht, kann es auf das Merkmal des Präsenzunterrichts nicht zur Abgrenzung von Schule und Nichtschule ankommen.439 Um eine „Haltelinie“ der Ausgestaltung dürfte es sich dagegen bei der Kollektivbeschulung handeln, da diese historische und begrifflich zwingende Voraussetzung einer Schule in Abgrenzung zum Heimunterricht ist.440 Gestaltungsspielraum im Rahmen der Verhältnismäßigkeit gibt es hingegen bei der Festlegung einer notwendigen Mindestschülerzahl einer Schule,441 da sich eine solche nicht aus der Verfassung ergibt, zur Abgrenzung jedoch zwingend notwendig ist.442 Schließlich ist von vornherein nicht ausgeschlossen, dass der vorschulische Bereich (Kindergärten) dem Schulrecht und damit dem Privatschulrecht unterstellt wird,443 wenngleich sich dort die Frage nach dem Kernbereich aktualisiert. Als Ausgestaltung ist dies am Verhältnismäßigkeitsprinz zu messen.444 Zu berücksichtigen ist daher, ob der im Elementarbereich erteilte „Unterricht“ eine Schulaufsicht und den Eingriff in die Elternrechte (im Umfang) rechtfertigen kann.445 Auf die Bezeichnung als Schule oder Kita kommt es nicht an, wenngleich dies Indiz für die Intention des Gesetzgebers ist.

437

Wie sinnvoll solche Schulen sind, spielt bei der Bestimmung des grundrechtlichen Schutzbereichs keine Rolle. Ergänzungsschulen führen bereits gedanklich nicht zu staatlichen Abschlüssen, sonst lägen Ersatzschulen vor. Es wäre daher nicht systemfremd z. B. eine juristische Ausbildung als berufsschulisches Angebot zu betreiben. Die „Verlagerung“ der juristischen Ausbildung auf die Universitäten beschränkt nicht die Privatschulfreiheit und hindert demnach nicht die von dieser gewährleisteten Handlungsfreiheit. 438 In diese Richtung VGH Bayern, RdJB 1980, 224 ff. 439 Vgl. Kösling, Private Schule, 120 ff. 440 Vgl. Kösling, Private Schule, 51 ff. 441 Anderer Ansicht Brosius-Gersdorf, in: Dreier, Art. 7 Rn. 35; Vogel, DÖV 2011, 661 (664 ff.). Letzterer sieht dies aber als Genehmigungsvoraussetzung an. Nach hier vertretener Auffassung ist nur eine Mindestschülerzahl zur Bestimmung der Schuleigenschaft, nicht aber weiterreichende qualitative Anforderungen (Mehrzügigkeit etc.) zulässig. Siehe später Dritter Teil C. I. 2. a). 442 Anders als etwa beim Versammlungsbegriff reicht für eine Kollektivbeschulung eine beliebige Zahl > 1 nicht aus, da so etwa zu Formen des Heimunterrichts mehrerer Kinder wie dem „Uracher-Plan“ (dazu VGH BW, BeckRS 2013, 58783; Rux, Schulrecht, Rn. 1196) nicht abgegrenzt werden kann. 443 Weitergehend Brosius-Gersdorf, in: Dreier, Art. 7 Rn. 37. 444 Degenhart, in: Merten / Papier, HGR III, § 61 Rn. 51 ff. 445 Vgl. Brosius-Gersdorf, VERW 2012, 389 (412 ff.).

216

2. Teil: Verfassungsrechtlicher Rahmen der Ersatzschulaufsicht 

d) Ergebnis zum (Privat-)Schulbegriff Der (Privat-)Schulbegriff des Grundgesetzes ist Tatbestandsvoraussetzung der Privatschulfreiheit (Art. 7 IV 1 GG) und gleichzeitig im Begriff der öffentlichen Schule nach Art. 7 IV 2 GG enthalten. Nach dem Vorliegen einer Schule im Sinne des Grundgesetzes bestimmt sich die Reichweite des staatlichen Aufsichtsrechts nach Art. 7 I GG sowohl über öffentliche wie über private Einrichtungen. Der Begriff der öffentlichen Schule (Art. 7 IV 2 GG) hat die Funktion, den Rahmen privater Tätigkeit mit abzustecken; die Staatsgewalt kann keine von ihr beherrschten Schulen zu Privatschulen umdeklarieren, um die Rechtsfolgen des Art. 7 IV 2 GG zu vermeiden, ohne das Grundrecht zu verkürzen. Eine öffentliche Schule liegt vor, wenn die Schule materiell der Staatsgewalt zuzurechnen ist; eine private Schule, wenn der Träger sich auf Grundrechte berufen kann. Die gesamte Vorschrift geht von einem einheitlichen Schulbegriff aus. Diesen Schulbegriff gibt die Verfassung jedoch nicht unverrückbar vor. „Schule“ ist ein normgeprägtes Tatbestandsmerkmal und als solches in engen Grenzen ausgestaltungsfähig und -bedürftig. Die Reichweite dessen, was als Privatschule im Sinne der Privatschulfreiheit betrieben werden kann, richtet sich auch nach Landesrecht. Die Ausgestaltung in diesem Sinne ist streng von der Gestaltung des öffentlichen Schulwesens durch Schulformen, Schularten und Bildungsgänge zu unterscheiden. Private Schulträger betrifft Letzteres in der Möglichkeit, eine Schule als Ersatz für öffentliche Schulen zu gründen (Art. 7 IV 2 GG). Die Reichweite des Schulwesens hat dagegen Auswirkung auf ihre Freiheit, überhaupt eine Schule im Sinne des Grundgesetzes zu gründen (Art. 7 IV 1 GG). Wechselwirkungen sind jedoch nicht ausgeschlossen, da sich der Schulbegriff nach dem richtet, was im öffentlichen Schulwesen als Schule gilt. Insgesamt führt dies nicht dazu, dass sich der Schulbegriff ausschließlich nach Landesrecht zu richten hat und die grundrechtlichen Freiheiten relativierbar sind. Die Gesetzgeber haben zwar die Möglichkeit der Ausgestaltung im Randbereich; innerhalb des Kernbereichs, der sich durch das traditionelle Begriffsverständnis der Schule bestimmen lässt, ist das Recht auf Privatschulgründung bundeseinheitlich grundrechtlich und durch die schulischen Einrichtungsgarantien gewährleistet. Außerhalb dieses Kerns sind die Länder zu einer vorsichtigen Anpassung an zukünftige Gegebenheiten im „Schulwesen“ berechtigt, wenn das Verhältnismäßigkeitsprinzip auf Ausgestaltungsebene gewahrt bleibt.

2. Grundrechtsfunktion des Ersatzschulbegriffs Neben dem „Recht zur Errichtung von privaten Schulen“ begründet Art. 7 IV 2 GG einen Genehmigungsvorbehalt für die „privaten Schulen als Ersatz für öffentliche Schulen“ (Ersatzschulen) und unterstellt diese den Landesgesetzen. Zwar wurde geklärt, dass das hierin verankerte Leistungsrecht auf Erteilung der Ersatzschulgenehmigung abstrakt neben das Abwehrrecht treten kann; nicht geklärt ist

B. Dogmatik des Art. 7 IV GG

217

jedoch die jeweilige materielle Reichweite dieser beiden Rechte. Mit Blick auf den Wortlaut des Grundgesetzes kann man fragen, ob Art. 7 IV 1 GG als Abwehrrecht die in Satz 2 erwähnten Ersatzschulen in seinen Schutzbereich mit aufnimmt oder ob diese Schularten nicht von vornherein auf die leistungsrechtliche Gewährleistung beschränkt sind.446 Außerdem ist der materielle Gehalt gegenüber anderen Tatbestandselementen abzugrenzen. Mögliche Erweiterungen des Ersatzschulbegriffs werden im Zusammenhang mit den weiteren Steuerungsmöglichkeiten des Gesetzgebers erörtert (Dritter Teil C. I. 2. c)). a) Bedeutung des Ersatzschulbegriffs Privatschulen sind in einem ausgebauten staatlichen Schulsystem in der Regel Ersatzschulen.447 Der Verfassungsgeber gestattet zwar jenseits der von ihm festgelegten Schularten, Schulformen und Bildungsgänge die Freiheit privater Schulen, beschränkt dieses Recht aber, wenn diese Schulen  – untechnisch gesprochen – in Konkurrenz zu seinem eigenen Schulwesen treten. Man muss zur Funktionsbestimmung des Ersatzschulbegriffs auf den Kompromisscharakter der Grundgesetzbestimmungen448 zurückgreifen. Die Bildung von Kindern und Jugendlichen ist eine geteilte Aufgabe der Eltern und des Staates.449 Eltern haben zwar ein Wahlrecht, ob sie sich für eine private oder staatliche Schule entscheiden, im Anwendungsbereich der staatlichen Bildungsverantwortung, d. h. da wo der Staat die Notwendigkeit für eigene Schulen sieht, erstreckt er diesen Einfluss zum Teil auch auf die diese Funktion übernehmenden privaten Schulen.450 Diese Funktion steht im Zusammenhang mit der allgemeinen Schulpflicht und der diese tragenden Gründe. Zwar regelt das Grundgesetz im Gegensatz zu Art. 145 WRV keine allgemeine Schulpflicht, gedanklich sind Ersatzschulen und die Schulpflicht gleichwohl eng miteinander verknüpft.451 Dagegen spricht nicht, dass das BVerfG das Vorliegen der Ersatzschuleigenschaft nicht von der Schulpflicht abhängig macht,452 da es hierdurch deutlich machen will, dass unabhängig von der Gestaltung des Schulwesens im Detail alle öffentlichen Schulen ersetzbar sind.453 Weil die Schulpflicht jedenfalls für alle allgemeinbildenden staatlichen Schulen faktisch galt und gilt454 und die Schulpflicht Ausdruck des staatlichen Integrations- und 446

Vgl. Stern, Staatsrecht III/2, 415 Fn. 154; weitere Nachweise in Zweiter Teil, Fn. 141. Boysen, in: v. Münch / Kunig, Art. 7 Rn. 89. 448 Vgl. Rux, Schulrecht, Rn. 1182. 449 BVerfGE 34, 165 (183). 450 Vgl. Jach, Schulvielfalt, 48 ff. 451 Wapler, Kinderrechte, 207; vgl. Jestaedt, in: Isensee / K irchhof, HdBStR VII, § 156 Rn. 50; BVerwGE 145, 333 (Rn. 13); Kümper, VerwArch 2016, 120 (129); Kösling, Private Schule, 175. Zu Art. 145 WRV s. BVerfGE 34, 165 (187). 452 BVerfGE 75, 40 (76 ff.); vgl. Vogel, DÖV 1992, 505 (509). 453 Ähnlich Kümper, VerwArch 2016, 120 (129 ff.); Kösling, Private Schule, 175. 454 Vgl. Vogel, Schulen und Heime in freier Trägerschaft, 40 ff. 447

218

2. Teil: Verfassungsrechtlicher Rahmen der Ersatzschulaufsicht 

Bildungsmandats ist,455 bezweckt die Ersatzschulgenehmigung die Ausräumung der Zweifel, dass die Schule der Erfüllung der Schulpflicht dienen kann.456 Die Schulpflicht ist jedoch bloß faktisch Grund dieser Beschränkung, da das Grundgesetz sie rechtlich nicht festschreibt und nicht voraussetzt.457 Die Schulpflicht ist in den Bestimmungen des Art. 7 GG „mitgedacht“, ohne dass dies unmittelbare Rechtswirkung entfaltet.458 Der Grund für die Beschränkung der Ersatzschulfreiheit liegt im Schutz der „Allgemeinheit vor unzureichenden Bildungseinrichtungen“.459 Man muss die Schulpflichterfüllung und die Ziele der Schulpflicht trennen. Die Ersatzschulbeschränkung dient letzteren. Würde der Staat die Schulpflicht aufheben, bliebe der Sinn der Ersatzschulgenehmigungsvoraussetzungen erhalten, da er seine Pflicht, vor unzureichenden Einrichtungen zu schützen und eine breite Bildung sicherzustellen, in diesem Fall anders als über die Schulpflicht ausüben müsste. Die Schulpflicht ist also wie die Ersatzschulgenehmigung ein Mittel zur Erfüllung des staatlichen Integrations- und Bildungsauftrags.460 Der Ersatzschulbegriff bewirkt die Verschärfung der Anforderungen an die Schulen, die in seinen Anwendungsbereich fallen. Seine Rechtsfolge ist die Genehmigungspflichtigkeit der Schule.461 Gleichzeitig sind mit der Ersatzschuleigenschaft Privilegien verbunden, z. B. die genannte Möglichkeit der Schulpflichterfüllung oder die Schutz- und Förderpflicht als Kehrseite der Privatschulgarantie.462 An Ergänzungsschulen ist die Schulpflicht de lege lata nur in Ausnahmefällen erfüllbar,463 sodass dort, wo Schülerinnen und Schüler zum Besuch einer öffentlichen Schule oder einer Ersatzschule verpflichtet sind, kein Raum für Ergänzungsschulen verbleibt. Aus diesem Grund bewirkt Art. 7 IV 2 GG eine vom Verfassungsgeber gewollte engere Bindung an das staatliche Schulwesen: das „System der begrenzten Unterrichtsfreiheit“464. Diese Bindung drückt sich nicht bloß in den Voraussetzungen der Genehmigung (Art. 7 IV 3–4 GG) aus, sondern schon in der Frage, welche Schulen „Ersatz“ für eine öffentliche Schule seien können. Wie dargestellt wurde,465 kommt dem Ersatzschulbegriff im Landesrecht eine akzessorietätsbegründende Funktion zu, die eine Kompatibilität mit dem staatlichen Schulwesen sicherstellen soll und daher materielle Anforderung an die Schulgestaltung ist. 455

Badura, in: Maunz / Dürig, Art. 7 Rn. 54 ff. BVerfGE 27, 195 (203 ff.). 457 Wißmann, in: BK-GG, Art. 7 III Rn. 81; Jestaedt, in: Isensee / K irchhof, HdBStR VII, § 156 Rn. 47; vgl. Wapler, Kinderrechte, 207; anderer Ansicht Rux, Schulrecht, Rn. 137; Stern, Staatsrecht, Bd. IV/2, 431. 458 Besonders deutlich Wapler, Kinderrechte, 207; vgl. Kösling, Private Schule, 174; ähnlich BVerwGE 104, 1 (6 ff.). 459 BVerfGE 27, 195 (203). 460 Zur Ersatzschulfreiheit als Ausdruck des Integrations- und Bildungsauftrags vgl. Robbers, in: v. Mangoldt / K lein / Starck, Art.  7 Rn.  185 f.; Avenarius, FS Hufen, 265 (270). 461 Kümper, VerwArch 2016, 120 (131). 462 BVerwGE 104, 1 (6 ff.). 463 Zum Landesrecht Erster Teil C. I. 2. f). 464 BVerfGE 27, 195 (201). 465 Zum Landesrecht Erster Teil C. I. 2. c) bb). 456

B. Dogmatik des Art. 7 IV GG

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Aus der Funktion des Ersatzschulbegriffs als Verlängerung des staatlichen Mandats in den privaten Bereich hinein erschließt sich eine erste materielle Vorgabe für die Auslegung des Ersatzschulbegriffs. Seinem Sinn und Zweck nach muss eine Ersatzschule nicht konkret dazu führen, dass hierdurch wortwörtlich eine öffentliche Schule ersetzt wird, d. h. diese Schule nicht betrieben oder geschlossen wird. Die Ersatzfunktion bezieht sich auf das Schulwesen an sich.466 Eine Schule mit gleicher Schulgestaltung ist im selben Bundesland unabhängig vom Standort stets entweder Ersatzschule oder Ergänzungsschule.467 Der Ersatzschulbegriff hat nicht die Funktion, den Bestand des öffentlichen Schulwesens zu schützen.468 Kehrseite ist, dass der Ersatzschulbegriff sich nach materiellen Kriterien bestimmen muss und in diesem Rahmen ein Steuerungs- bzw. Einflussmittel des Staates auf Privatschulen darstellt. Sind diese Kriterien am staatlichen Schulwesen zu orientieren, ist den Schulen hierdurch ein Betätigungsfeld vorgegeben, das für sehr weiterreichende Abweichungen und für völlig neue Konzepten nur offen ist, wenn die Schule den Ergänzungsschulstatus auf sich nehmen kann.469 Der Ersatzschulbegriff bestimmt im allgemeinbildenden Schulwesen den (realistischen) Rahmen privater Initiative. b) Verhältnis des Ersatzschulbegriffs zu den Genehmigungsvoraussetzungen In diesem Rahmen kann als geklärt gelten, dass der Ersatzschulbegriff Voraussetzung dafür ist, dass die Genehmigungsvoraussetzungen einschlägig sind. Er geht diesen systematisch vor.470 Das bedeutet, dass „schlechte Ersatzschulen“ keine Ergänzungsschulen sind.471 Die Abgrenzung von Ersatz- und Ergänzungsschulen kann sich daher nur an dem Kriterium des „Ersatzes“ (Art. 7 IV 2 GG) vollziehen.472 Es kommt nicht darauf an, ob die Genehmigungsvoraussetzungen eingehalten werden. Systematisch verfehlt wäre es daher, würde man die materiellen Anforderungen des Ersatzschulbegriffs aus den Genehmigungsvorausset­ zungen herleiten.473 Zwar ist bei der Auslegung des Ersatzschulbegriffs auf die 466

BVerwGE 27, 360 (365); vgl. Heckel, Privatschulrecht, 225; Randelzhofer / Wein, Ausbildungsreform, 40; v. Campenhausen, Erziehungsauftrag, 58. 467 Vgl. die Nachweise in Zweiter Teil, Fn. 466. 468 Vgl. Pieroth / Barczak, in: Avenarius / Pieroth / Barczak, Herausforderung, 71 (112); vgl. Richter, in: Hufen / Vogel, Keine Zukunftsperspektiven?, 127 (138 ff.); Vogel, DÖV 2008, 895 (901). 469 Vgl. BVerwGE 104, 1 (6 ff.). 470 Kümper, VerwArch 2016, 120 (130 ff.); deutlich BVerwGE 145, 333 (Rn.  11; 13); vgl. VGH Bayern, RdJB 1980, 224 (226); Vogel, DÖV 1992, 505 (507); Kösling, Private Schule, 164; Plümer, Privatschulverhältnisse, 68. 471 Heckel, Privatschulrecht, 269; Vogel, DÖV 1992, 505 (507); anderer Ansicht Kösling, Private Schule, 197 ff. 472 Kösling, Private Schule, 167 ff.; vgl. Kümper, VerwArch 2016, 120 (131). 473 Deutlich Kümper, VerwArch 2016, 120 (130 ff.). In diese Richtung aber Jach, DÖV 2002, 969 (971); Müller, Recht der Freien Schule, 308; Plümer, Privatschulverhältnisse, 68; BrosiusGersdorf, VERW 2012, 389 (415 ff.).

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2. Teil: Verfassungsrechtlicher Rahmen der Ersatzschulaufsicht 

Wertungen der Genehmigungskriterien und der Grundrechtsbedeutung Rücksicht zu nehmen,474 würde man das Vorliegen einer Ersatzschule aber nur davon abhängig machen, dass diese die Genehmigungsvoraussetzungen erfüllen, bliebe der begriffliche Unterschied zwischen Schulen (Art. 7 IV 1 GG) und bestehenden öffentlichen Schulen (Art. 7 IV 2 GG) unberücksichtigt und der Unterschied zwischen Genehmigungspflicht und Genehmigungsfähigkeit würde verschwimmen.475 c) „Ersatzschulfreiheit“ ist keine Schutzbereichsausnahme von der Privatschulfreiheit Unklar ist, welche Auswirkung die Ersatzschuleigenschaft auf die abstrakte Grundrechtsentfaltung hat. Denkbar wäre, dass Satz 2 des Art. 7 IV GG die Ersatzschule von vornherein vom Schutzbereich des Grundrechts ausnimmt, um sie (nur) leistungsrechtlich in den grundrechtlichen Bereich zu integrieren, der ihnen eine Beteiligung am staatlichen Schulwesen zugesteht.476 In diesem Rahmen müsste man das Betreiben der Ersatzschule als nicht originär abwehrrechtlich geschützte Tätigkeit ansehen.477 Denkbar ist jedoch auch, dass die Ersatzschuleigenschaft den Schutzbereich des Grundrechts aus Art. 7 IV 1 GG (als Abwehrrecht) unverändert lässt und bloß verfassungsunmittelbare Einschränkungen für den „Sonderfall“ der Ersatzschulen vornimmt.478 Sähe man das Betreiben einer Ersatzschule als selbstständige, nicht von Art. 7 IV 1 GG geschützte Tätigkeit im Sinne der ersten Auslegungsalternative wären landesrechtliche Anforderungen außerhalb der vom Genehmigungsanspruch (Art. 7 IV 3 GG) vorgegebenen Bereiche wohl zulässig und nicht an der Privatschulfreiheit zu bewerten. Der Gesetzgeber müsste in diesem Rahmen das erst gewährte Ersatzschulrecht „ausgestalten“ und wäre als Folge nicht von einer Abwehrrechtsdogmatik beschränkt, so dass auch weitere Genehmigungsvoraussetzungen möglich wären.479 Eine solche Sicht würde die verfassungsrechtliche Prüfung von Aufsichtsmaßnahmen an Ersatzschulen beeinflussen, die nicht an der Privatschulfreiheit als Abwehrrecht zu messen, sondern darauf zu prüfen wären, ob sie den Genehmigungsleistungsanspruch vereiteln.480 474 Auch die Anforderungen daran, ob eine Schule „Ersatz“ ist, müssen berücksichtigen, dass das Grundgesetz in Art. 7 IV 3–4 eher großzügige („nichtzurückstehen“) Handlungsspielräume vorsieht und keine Gleichförmigkeit mit öffentlichen Schulen fordert. So wohl auch Kümper, VerwArch 2016, 120 (131). 475 Kümper, VerwArch 2016, 120 (131). 476 Wohl Kümper, DVBl 2016, 225 (229 ff.). 477 Kümper, DVBl 2016, 225 (230 ff.). 478 So die herrschende Meinung Sachs, NWVBl 2018, 441 (442); Müller, Recht der Freien Schule, 96. 479 Kümper, DVBl 2016, 225 (230 ff.). 480 Zur Problematik der Prüfung aufsichtlichen Tätigwerdens am Leistungsrecht s. Zweiter Teil B. IV. 4. a).

B. Dogmatik des Art. 7 IV GG

221

Zu anderen Ergebnissen käme man, sähe man die Ersatzschulen im Sinne der zweiten Auslegungsalternative ebenfalls vom Schutzbereich des Art. 7 IV 1 GG oder von einer selbstständigen abwehrrechtlichen Ersatzschulfreiheit (als aliud zur Privatschulfreiheit) erfasst. In diesem Fall wären Aufsichtsmaßnahmen und eine Erweiterung des Aufsichtsmaßstabs grundsätzlich Eingriffe in den abwehrrechtlichen Grundrechtsgehalt und an diesem zu messen. Als Folgefrage wäre dann zu beantworten, wie die jeweiligen Genehmigungsmerkmale des Art. 7 IV 3–4 GG einzuordnen sind und wie sie sich zum Schutzbereich des Abwehrrechts verhalten, obwohl sie leistungsrechtlich formuliert sind. aa) Dichotomie von Ersatzschulen und Ergänzungsschulen Die erste zu klärende Frage betrifft die Existenz der Ergänzungsschulen. Gibt es keine Ergänzungsschulen, sondern sind alle Privatschulen automatisch Ersatzschulen, bezieht sich die Freiheitsverbürgung des Art. 7 IV 1 GG schon logisch auf Ersatzschulen. Die Dichotomie von Ersatz- und Ergänzungsschulen wurde in dieser Untersuchung bisher im Einklang mit der Rechtsprechung und der Landesgesetzgebung angenommen. Danach sind Ersatzschulen solche Schulen, die in gewissem Umfang einer bestehenden oder vorgesehen staatlichen Schule entsprechen. Ergänzungsschulen haben kein Äquivalent im staatlichen Schulwesen. Sie sind insbesondere dort im berufsbildenden Schulwesen zu finden, wo keine regulierte staatliche Ausbildung besteht. An Ersatzschulen kann in allen Ländern, an Ergänzungsschulen ausnahmsweise (z. B. an sog. Internationalen Schulen) die Schulpflicht erfüllt werden.481 Die anerkannten Ergänzungsschulen haben zusätzlich das Recht auf Erteilung von Berechtigungen.482 Sie finden sich da, wo der Staat selbst Schulen vorhalten würde, würden privaten Schulen diese Aufgabe nicht abdecken.483 Manche Stimmen bestreiten jüngst, dass die tradierte, aus Art. 147 I und IV WRV hervorgehende Unterteilung unter Anwendung des Grundgesetzes aufrecht zu erhalten ist. Bei Ergänzungsschulen handle es sich einer Ansicht zufolge484 von vornherein nicht um Schulen im Verfassungssinne. Der Staat bestimme im Rahmen seines Schulauftrags nach Art. 7 I GG umfassend, welche Bildungsangebote es gibt und welche nicht. Hiernach bestimme sich der Schulbegriff, sodass es keinen Bereich gebe, der „zwischen“ grundsätzlich vorgesehenen öffentlichen Schu 481

Siehe bereits Erster Teil C. I. 2. d). Zur Schulpflicht Keller / Krampen / Surwehme, in: Keller / K rampen, Kap.  4 Rn.  9 ff. 482 Im Landesrecht haben anerkannte Ergänzungsschulen meist das Recht, schulpflichtige Kinder aufzunehmen; nicht alle Ergänzungsschulen, die auch schulpflichtige Kinder aufnehmen können, haben aber auch das Recht, anerkannte Abschlüsse zu vergeben (zum Vergleich § 160 und § 161 SchG-Niedersachsen). 483 Vogel, RdJB 2005, 36 (37). 484 Brosius-Gersdorf, VERW 2012, 389 (425 ff.).

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2. Teil: Verfassungsrechtlicher Rahmen der Ersatzschulaufsicht 

len und Nichtschulen liegen könne. Daher seien alle Privatschulen im Rechtssinne gleichzeitig Ersatzschulen. Bildungsangebote, die der Staat nicht vorhält, seien Nichtschulen und von Art. 12 I GG erfasst.485 Eine ähnliche Ansicht486 will die Unterscheidung zwar aufrechterhalten, aber nur die „qualifizierten“ Ergänzungsschulen (solche, an denen die Schulpflicht erfüllbar ist und / oder die staatliche Berechtigungen verleihen dürfen), nicht die „einfachen“ Ergänzungsschulen von Art. 7 IV 1 GG geschützt wissen. Im Ergebnis sind beide Ansichten abzulehnen und weiter an den tradierten Begriffen festzuhalten. Schon der Wortlaut der Norm spricht klar für die „Schulen als Ersatz für öffentliche Schulen“ als Teilmenge der „privaten Schulen“.487 Gälte der Genehmigungsvorbehalt für alle von Art. 7 IV 1 GG umfassten Schulen, würde die sprachliche Einschränkung des zweiten Satzes keinen Sinn ergeben. Dass Art. 147 IV WRV Ergänzungsschulen („private Schulen, die nicht als Ersatz für öffentliche Schulen dienen“) explizit nannte, das Grundgesetz hingegen nicht, spricht nicht gegen die Existenz von Ergänzungsschulen.488 In der WRV hatte der Absatz 4 den Zweck, das bisher geltende strenge Aufsichtsrecht der Länder zu erhalten und die liberaleren Vorstellungen des Schulkompromisses nicht auf diesen Bereich auszuweiten.489 Gerade dieses teilweise enge Schulaufsichtsregime will das Grundgesetz durch Einführung eines subjektiven Abwehrrechts umfassend verhindert wissen. Art. 147 IV WRV entfällt im Grundgesetz bewusst.490 Eine gesonderte Regelung der Ergänzungsschulen war im Übrigen nicht notwendig. Erstens, da deren Existenz sich systematisch aus dem Gegensatz zu den Ersatzschulen des Art. 7 IV 2 GG herleiten lässt491 und zweitens, da der Verfassungsgeber keine Abweichung von Art. 7 IV 1 GG für die anderen als Ersatzschulen vorsehen und daher keine gesonderte Regelung treffen musste. Man kann die Ausnahme der „Ergänzungsschulen“ aus dem „Schutzbereich“ der Norm für Art. 147 WRV herleiten, sodass eine Unterscheidung zwischen Schule und Nichtschule unter dieser Rechtslage keine Rolle spielte. Weil Absatz 4 nicht übernommen wurde, ist gerade diese Unterscheidung wieder bedeutsam. Die historische Begründung lässt sich daher nicht für das Einbeziehen nur der qualifizierten Ergänzungsschulen anführen.492 Auch von der funktionalen Architektur der Verfassungsnorm her ergibt sich die prinzipielle Notwendigkeit dieser Unterscheidung: Art. 7 IV 3 GG knüpft mit dem Nichtzurückstehen an bestehende, an eine „maßstabssetzende“ öffentliche 485

Brosius-Gersdorf, VERW 2012, 389 (425 ff.). Kösling, Private Schule, 287 ff. 487 Vgl. Uhle, in: BeckOK GG, Art. 7 Rn. 74. 488 So aber Brosius-Gersdorf, VERW 2012, 389 (425). 489 Vgl. Vogel, RdJB 1983, 170 (172); Anschütz, Verfassung, Art. 147 Rn. 5. 490 Die Bestimmungen zu Ergänzungsschulen wurden zwar nicht öffentlich diskutiert (Kösling, Private Schule, 263 ff.), das Wegfallen der ansonsten wortgleich übernommenen Bestimmungen dürfte hingegen kein Zufall gewesen sein. 491 Wißmann, in: BK-GG, Art. 7 III Rn. 207. 492 Vgl. aber Kösling, Private Schule, 258 ff.; wie hier Vogel, R&B 2008, 12 (13 ff.). 486

B. Dogmatik des Art. 7 IV GG

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Schule493 an. Besteht eine solche Schule nicht, fehlt es an einem Anknüpfungspunkt für die angesprochenen Genehmigungsbestimmungen.494 Dazu muss der Unterschied zwischen Schularten, Schulformen und Bildungsgängen einerseits und der Schuleigenschaft anderseits vor Augen geführt werden.495 Eine Einrichtung ohne entsprechende Schule (im Sinne einer Schulform, eines Bildungsgangs) im öffentlichen Schulwesen ist keine Nichtschule, sondern nur keine Ersatzschule. Das wird deutlich, wenn man erkennt, dass sich der Begriff der „Schule als Ersatz für öffentliche Schulen“ in Art. 147 I WRV auf die in Art. 146, 143 WRV geregelten öffentlichen Schulen bezog.496 Diese Unterscheidung bleibt im Grundgesetz erhalten, nur dass die Länder für die zuvor von der WRV geregelten Fragen zuständig sind. Der Schulbegriff ist nicht aufgespalten,497 wenn man die Unterscheidung zwischen Ersatz- und Ergänzungsschulen aufrechterhält; man erkennt durch die Differenzierung vielmehr an, dass es Schulen im Rechtssinne geben kann, die der Landesgesetzgeber nicht vorsieht. Der Ersatzschul- und der Schulbegriff sind zwar konzentrisch – eine Ersatzschule muss eine Schule sein – aber nicht identisch. Diese Unterscheidung wurde für den Schulbegriff bereits herausgearbeitet.498 Die lediglich die qualifizierten Ergänzungsschulen in den Schulbegriff einbeziehende Ansicht überzeugt darüber hinaus nicht, weil der Unterschied der hiernach von Art. 7 IV 1 GG erfassten qualifizierten Ergänzungsschule zur Ersatzschule kaum erkennbar ist. Wenn die qualifizierte Ergänzungsschule ihren grundrechtlichen Schutz nur dadurch erreicht, dass der Gesetzgeber ihr einen Status verleiht, der in der Rechtsfolge nicht von der Ersatzschule zu unterscheiden ist, spricht vieles dafür, diese Schulen als Ersatzschulen kraft gesetzlicher Entscheidung – als „materielle Ersatzschulen“ (Wißmann) – zu betrachten und dem Genehmigungsregime zu unterstellen.499 Es macht allein gesetzgebungssystematisch einen Unterschied, ob bestimmte Abschlüsse zwar grundsätzlich im öffentlichen Schulwesen vorgesehen, aber nicht vorhanden sind (und entsprechende private Schulen Ersatzschulen sind) oder ob der Staat von vornherein nur den privaten Schulen die Verleihung des Abschlusses ermöglicht (mit der Folge, dass diese als qualifizierte Ergänzungsschulen zu behandeln sind).500 Selbst wenn man dem Gesetzgeber diese 493

Begriff von Kösling, Private Schule, 129 ff. Vgl. daher kritisch zur pauschalen Erstreckung der Ersatzschuleigenschaft auf im öffentlichen Schulsystem nicht bestehende Schulen Vogel, RdJB 1980, 227 (227 ff.); zur Differenzierung s. auch Vogel, RdJB 2005, 36 (37). 495 Siehe bereits Zweiter Teil B. IV. 1. c) cc) (1). 496 Landé, Schule in der Reichsverfassung, 151 ff.; vgl. Kösling, Private Schule, 166 mit weiteren Nachweisen. 497 So aber Brosius-Gersdorf, VERW 2012, 389 (425 ff.). 498 Zweiter Teil B. IV. 1. c) cc) (1). 499 Wißmann, in: BK-GG, Art. 7 III Rn. 199; 208. Ähnlich Vogel, RdJB 2005, 36 (37). Dagegen hält Kösling, Private Schule, 269 eine Genehmigungspflicht nur für zulässig, nicht geboten. 500 Ähnlich Vogel, DÖV 2008, 895 (898). Zur gesetzgeberischen Befugnis dieser Gestaltung Dritter Teil C. I. 2. c). 494

224

2. Teil: Verfassungsrechtlicher Rahmen der Ersatzschulaufsicht 

Privilegierung einzelner Ergänzungsschulen außerhalb des Genehmigungsregimes für Ersatzschulen erlauben will, würde dies bedeuten, dass der sachliche Schutzbereich der Privatschulfreiheit als Grundrecht nicht nur in Randbereichen, sondern im Kern der Gestaltung des Schulwesens (Bildungsgänge, Schularten etc.) von einer gesetzgeberischen Entscheidung abhängig zu machen wäre, die zum einen weit über allgemeine Grundrechtsausgestaltung hinausgeht und zum zweiten gerade dem Sinn und Zweck der Privatschulfreiheit als Schulinitiative neben dem vom Staat determinierten Schulwesen entgegenstehen würde.501 Beide Ansichten überspannen die Reichweite der Ausgestaltbarkeit des Schulbegriffs auf Verfassungsebene. Daher ist weiterhin vom Nebeneinander von Ersatz- und Ergänzungsschulen auszugehen. bb) „Ersatzschulfreiheit“ ist nicht bloß subjektives Teilhaberecht an staatlicher Aufgabe Bereits für die Privatschulfreiheit diskutiert und abgelehnt wurde, ob diese nicht statt eines Abwehrrechts als subjektive Kehrseite einer institutionellen Beteiligungsmöglichkeit an dem ansonsten staatlichen Schulsystem anzusehen ist.502 Für die Freiheit der Ersatzschulen stellt sich dieses Problem unter einem anderen Blickwinkel. Gegen die abwehrrechtliche Konstruktion der „Ersatzschulfreiheit“ könnte sprechen, dass der Genehmigungsleistungsanspruch des Art. 7 IV 2 GG grundsätzlich eine über die negatorische Freiheit, eine Schule ohne staatlichen Einfluss zu betreiben, hinausgehende Freiheit begründe. Die Privatschulfreiheit erfasse dieser Ansicht zufolge a priori nicht das Recht, eine Schule zu betreiben, die zu einer Freistellung der Schülerinnen und Schüler von der Besuchspflicht einer staatlichen Schule führe.503 Die Sätze 2–4 des Art. 7 IV GG würden daher einen Freiheitsraum gewähren, nicht einen ursprünglich bestehenden Freiheitsraum beschränken. Dies mache die Ersatzschulen zu einem Teil eines grundgesetzlich vorgesehenen Konzepts der Bildungsverwaltung.504 Für die Grundrechtsdogmatik des Art. 7 IV GG hätte diese Auffassung die oben505 aufgezeigten Folgen. Vertretbar wäre dies dann, wenn man das Beschulungsrecht grundsätzlich als staatliche Aufgabe im engeren Sinne (ausschließliche Staatsaufgabe) ansehen würde,506 d. h. als Aufgabe, die dem Staat vorbehalten und die von Privaten in dessen Auftrag zu erfüllen ist. In diesem Rahmen würde die Privatschulfreiheit des Art. 7 IV 1 GG bloß so weit gehen, wie der Staat vom Beschulungsrecht keinen Gebrauch macht. Danach bestünde lediglich ein Teilhaberecht (Art. 7 IV 2 GG) hieran.

501

Vogel, R&B 2008, 12 (14). Siehe Zweiter Teil B. III. 1. b). 503 Stern, Staatsrecht III/2, 415 Fn. 154. 504 Kümper, DVBl 2016, 225 (229 ff.); Mager, Einrichtungsgarantien, 468 ff. 505 Zweiter Teil B. IV. 2. c). 506 Vgl. zum Begriff Sterzel, Entstaatlichung, 70 ff. 502

B. Dogmatik des Art. 7 IV GG

225

Diese Sichtweise widerspricht jedoch sowohl der Grundrechtssystematik als auch der Historie der Norm. Ein rein staatliches Beschulungsrecht könnte man allenfalls aus dem aus Art. 7 I GG folgenden staatlichen Bildungsauftrag herleiten. Der Staat bestimmt danach zwar, welche Schularten und Bildungsgänge es in seinem Schulwesen gibt, ist nach Art. 7 IV 1 GG aber eindeutig daran gehindert, diese zu monopolisieren, und muss vielmehr die private Konkurrenz zulassen. Die Festlegung der von der Verfassung zwar mitgedachten, aber nicht festgelegten Schulpflicht507 stellt nicht bloß gegenüber den Schülerinnen, Schülern und Eltern einen rechtfertigungsbedürftigen Grundrechtseingriff dar,508 sondern täte dies auch gegenüber den Privatschulen, wenn der Staat damit die Beschulung an diesen ausschließen würde. Mit der Existenz von Art. 7 IV 2–4 GG schlägt das Grundgesetz da, wo eine Schulpflicht zum Besuch öffentlicher Schulen verpflichtet, einen Kompromiss vor, der zwar den Grundrechtseingriff durch die Schulpflicht gegenüber Privatschulen (d. h. die Beschränkung der freien Aufnahme der Schülerinnen und Schüler) erlaubt, gleichzeitig dessen Reichweite begrenzt. Das Schulehalten wird dadurch nicht staatlich. Dies macht im Übrigen schon der sprachliche Unterschied zum ALR509 deutlich. Art. 7 IV 2–4 GG drückt vielmehr das staatliche Interesse an einer qualitativen Schulbildung aus; sie ist Ausgleich dafür, dass die Schulen eine Aufgabe wahrnehmen, an der ein öffentliches Interesse besteht (öffentliche Aufgabe).510 Art. 7 IV 2–4 GG ist Teil einer „Gewährleistungsverantwortung“ des Staates für den Bereich, in dem die Länder eine umfassende öffentliche Bildung für notwendig halten dürfen (nach Art. 7 I GG),511 nicht dagegen eine Erfüllungsverantwortung unter Direktion des Staates. Dies bestätigt der Blick auf die Genese des Grundgesetzes. Da schon damals ein breit aufgestelltes öffentliches Schulwesen bestand (bzw. wieder angestrebt wurde) und die Ersatzschulen somit, genau wie bereits bei Entstehung der WRV,512 den Regelfall darstellen würden, liegt es fern, den Anwendungsbereich der neuen Privatschulfreiheit und das Recht auf private Initiative im schulischen Bildungsbereich auf wenige Ausnahmebereiche beschränken zu wollen.

507

Zur „Hintergrundannahme“ einer Schulpflicht, s. Wapler, Kinderrechte, 207; vgl. Kösling, Private Schule, 174. 508 Rux, Schulrecht, 140 ff.; vgl. BVerfG, NJW 2009, 3151 (3152); Hennecke, Staat und Unterricht, 136 ff. 509 „Veranstaltungen des Staates“ vs. „Aufsicht des Staates“, vgl. Plümer, Privatschulverhältnisse, 97. 510 Vgl. BVerwGE 23, 347 (350); 27, 260 (365); Wißmann, in: BK-GG, Art. 7 III Rn. 219; Evers, VVDStRL 23 (1966), 147 (187 ff.); Loschelder, in: Merten / Papier, HGR IV, § 110 Rn. 73; Tillmanns, Freiheit, 10; Plümer, Privatschulverhältnisse, 99 ff. 511 Wißmann, in: BK-GG, Art. 7 III Rn. 219 f.; später ausführlich Zweiter Teil C. I. 512 Vgl. Kösling, Private Schule, 166; 258 ff.

226

2. Teil: Verfassungsrechtlicher Rahmen der Ersatzschulaufsicht 

cc) Ersatzschulfreiheit als Unterfall zur Privatschulfreiheit Die untechnisch gesprochene „Freiheit der Ersatzschule“ ist keine Ausnahme vom Grundrecht, sondern deren Regelfall. Der Genehmigungsvorbehalt hält die Grundrechtsgarantie des Art. 7 IV 1 GG aufrecht und bekräftigt diese, wenn die Anforderungen erfüllt sind.513 Die Ersatzschulfreiheit ist „dogmatisch selbstständiger Unterfall“ zur Privatschulfreiheit.514 Das bestätigt die Rechtsprechung des BVerfG ausdrücklich und indirekt. Das Gericht hat bisher stets über Ersatzschulen judiziert. Dabei hat es sowohl vom Abwehrrecht gesprochen als auch alle damit verbundenen Rechte in Art. 7 IV 1 GG, nicht in der Ersatzschulgarantie oder Art. 7 IV 2 GG verortet.515 Schulen sind nicht von den Gewährleistungen des Freiheitsrechts ausgeschlossen, wenn sie die Ersatzschuleigenschaft erfüllen. Wie und ob dies allerdings eine nicht die Anforderungen des Art. 7 IV 3–4 GG entsprechende Ersatzschule schützt, kann erst im Zusammenspiel mit den einzelnen Genehmigungsvoraussetzungen erörtert werden (Zweiter Teil B. IV. 4.), ebenso wie die Frage, ob der Ersatzschulfreiheit tatsächlich einen „selbstständiger“ dogmatischer Gehalt zukommt.516 Schließlich muss man betonen, dass die Ersatzschulfreiheit sich nicht darin erschöpft, eine Beschränkung der Privatschulfreiheit zu errichten. Da die Schulpflicht in der „Ersatzfunktion“ zumindest „mitgedacht“ ist,517 jedenfalls aber die Landesgesetze die Ergänzungsschulen in aller Regel von der Schulpflichterfüllung ausschließen, wäre ein Ausschluss einer Ersatzschule von den Ersatzschulvorteilen (und der Genehmigung) subjektiv-rechtlich als wohl nicht zu rechtfertigender Grundrechtseingriff zu werten.518 d) „Private Schulen als Ersatz für öffentliche Schulen“ als Tatbestandsmerkmal Der Ersatzschulbegriff ist demnach Tatbestandsmerkmal der Privatschulfreiheit und deren Unterfall der Ersatzschulfreiheit.519 Die Erfüllung des Ersatzschulbegriffs bewirkt eine Modifikation der staatlichen Einflussrechte nach dem Grundgesetz. Im Hinblick auf die landesrechtlichen Bestimmungen und Anforderungen 513

Sachs, NWVBl 2018, 441 (442). Müller, Recht der Freien Schule, 96. 515 Vgl. BVerfGE 27, 195 (200). 516 Zweiter Teil B. V. 2. c). 517 Ähnlich BVerwGE 104, 1 (6 ff.); siehe bereits Zweiter Teil B. IV. 2. a). 518 Anders liegt die Problematik, dass der Gesetzgeber den Begriff der Ersatzschule auch auf Ergänzungsschulen erstreckt. Aufgrund der Möglichkeit des Gesetzgebers, „neue Schulformen“ zu schaffen, ist es ihm grundsätzlich nicht verwehrt, bisher nur als Ergänzungsschulen vorgesehene Schulen als Ersatzschule zu firmieren. Vgl. Kösling, Private Schule, 277 ff.; VGH Bayern, RdJB 1980, 224 ff. Dazu später Dritter Teil C. I. 2. c). 519 Vgl. BVerwGE 145, 333 (Rn. 8). 514

B. Dogmatik des Art. 7 IV GG

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an das Bestehen von Ersatzschulen520 ist an dieser Stelle nach den grundgesetz­ lichen Vorgaben dieser Akzessorietät und den landesrechtlichen Schnittstellen für eigene privatschulpolitische Vorstellungen zu fragen. aa) „Private Schulen“ als Schulen im Sinne des Art. 7 IV 1 GG Ersatzschule kann nur eine „private Schule“ sein. „Private Schulen als Ersatz für öffentliche Schulen“ sind eine Teilmenge der Privatschulen.521 Der Begriff in Art. 7 IV 2 GG ist identisch zum Begriff in Art. 7 IV 1 GG. Es gilt daher das bereits Gesagte. Der Träger der Schule muss sich auf Grundrechte berufen können und nicht Teil der Staatsgewalt sein, damit die von ihm gegründete Schule privat ist. Außerdem muss eine Schule vorliegen. An dieser Stelle können die Landesgesetzgeber den begrenzten ausgestalterischen Spielraum auf den Schulbegriff nutzen und bisher nicht erfasste Bereiche hierein einbeziehen. Bei der Ausgestaltung des Schulbegriffs beschränkt die Privatschulgarantie den Gesetzgeber. Diese begriffliche Ausgestaltung ist zu unterscheiden von der Gestaltung des öffentlichen Schulwesens in seinen konkreten Schularten, Schulformen und Bildungsgängen.522 bb) „Öffentliche Schulen“ als Akzessorietätsmaßstab Weiterhin müssen die Privatschulen „Ersatz für öffentliche Schulen“ sein. Welche Schulen Ersatzschule sind, bestimmt sich nach den im Landesrecht vorgesehenen öffentlichen Schulen. Hierdurch drückt sich die Akzessorietät der Ersatzschule aus.523 Eine identische private Schule könnte in einem Bundesland Ersatzschule sein und in einem anderen Bundesland Ergänzungsschule. Hiervon zu unterscheiden ist, ob dem Landesgesetzgeber eine Bestimmungsbefugnis über den Ersatzschulbegriff überantwortet ist. Die Länder bestimmen zwar, welche Schulen es gibt, nicht aber darüber, ob private Schulen zu diesen Schulen Ersatz sein können.524 Bei der Gestaltung des öffentlichen Schulwesens, das zu einer Veränderung des Akzessorietätsrahmens für Ersatzschulen führen kann, handelt es sich gerade nicht um eine Form der Ausgestaltung von Rechtsbegriffen. Der verfassungsrechtliche Ersatzschulbegriff bleibt insofern unberührt, wenn einzelne Schularten, Schulformen und Bildungsgänge abgeschafft oder eingeführt werden. Diese Differenzierung zwischen materiellen Merkmalen des Ersatzschulbegriffs 520

Zum Landesrecht bereits Erster Teil C. I. 2. c). Kümper, VerwArch 2016, 120; „Teilgruppe der Privatschulen“ Wißmann, in: BK-GG, Art. 7 III Rn. 207. 522 Siehe bereits Zweiter Teil B. IV. 1. c) cc) (1). 523 Vgl. BVerfGE 37, 314 (319); Stern, Staatsrecht, Bd. IV/2, 529. 524 Vgl. BVerfGE 90, 128 (139); BVerfG, NVwZ 2011, 1384 (Rn. 21); Kümper, DVBl 2016, 225 (123 ff.); Wißmann, in: BK-GG, Art. 7 III Rn. 200; Müller, Recht der Freien Schule, 307. 521

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2. Teil: Verfassungsrechtlicher Rahmen der Ersatzschulaufsicht 

und dessen Bezugsrahmen ist insofern in Wortlaut und der Systematik des Art. 7 IV 2 GG angelegt. Dem entspricht es, dass Änderungen (nur) des öffentlichen Schulwesens nicht an der Privatschulgarantie zu messen sind, da sich Einrichtungsgarantie und Grundrecht von vornherein am öffentlichen Schulwesen ausrichten.525 Das Merkmal der „öffentlichen Schulen“ bewirkt eine faktische Abhängigkeit der Gestaltungsfreiheit privater Schulen von den vorhandenen oder vorgesehenen öffentlichen Schulen. Zwar bleibt die Reichweite der Privatschulfreiheit unberührt, als dass die Gestaltung des öffentlichen Schulwesens keine unmittelbaren Auswirkungen auf dessen Schutzbereich hat. Die Teilgarantie der „Ersatzschulfreiheit“ richtet sich jedoch maßgeblich an Entscheidungen der Landesgesetzgeber aus. Anders formuliert: der Gesetzgeber bestimmt über das Merkmal der „öffentlichen Schule“, nicht über „als Ersatz für“.526 cc) „Ersatz“ als Begründung und Grenze der Akzessorietät Der akzessorietätsbegründende Inhalt des Ersatzschulbegriffs und die hieraus resultierenden Anforderungen an die Schulen, die Ersatzschule sein wollen, ergeben sich aus dem Wort „Ersatz“.527 Es stellt materielle Anforderungen an die Schulgestaltung auf und bestimmt sich nicht bloß nach dem geplanten Standort der Schule. Der Inhalt des Begriffs bestimmt sich durch Verfassungsrecht, nimmt aber auf die unterverfassungsrechtliche Gestaltung des Schulwesens Bezug.528 Die Reichweite der verfassungsrechtlichen Aussagen ist umstritten, was bereits die Betrachtung der Ersatzschulkriterien im Landesrecht gezeigt hat.529 Ausgangspunkt aller vertretenen Positionen530 ist das Diktum des BVerfG: Ersatzschule sind „Privatschulen, die nach dem mit ihrer Errichtung verfolgten Gesamtzweck als Ersatz für eine in dem Land vorhandene oder grundsätzlich vorgesehene öffentliche Schule dienen sollen“.531 Es kommt nicht auf ein strenges Übereinstimmen mit öffentlichen Schulen an.532 Wie dieser „mit ihrer Errichtung verfolgte Gesamtzweck“ zu ermitteln ist, wird in Literatur und Rechtsprechung teils unterschiedlich beantwortet.

525

Vgl. BVerfGE 37, 314 (319); differenzierend Robbers, in: v. Mangoldt / K lein / Starck, Art.  7 Rn. 182. 526 Ähnlich Avenarius / Hanschmann, Schulrecht, Rn. 15.611. 527 Vgl. Kösling, Private Schule, 167, die allerdings auch auf die Genehmigungsvoraussetzungen abstellen will. 528 Jestaedt, in: Isensee / K irchhof, HdBStR VII, § 156 Rn. 50; Badura, in: Maunz / Dürig, Art. 7 Rn. 112. 529 Zum Landesrecht Erster Teil C. I. 2. c). 530 Die vorliegende Darstellung folgt Kümper, VerwArch 2016, 120 (125 ff.). 531 BVerfGE 75, 40 (76 ff.). 532 Vgl. dazu BVerwGE 145, 333 (Rn. 15).

B. Dogmatik des Art. 7 IV GG

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(1) Bestimmung des „Gesamtzwecks“ anhand der Inhalte der Genehmigungsvoraussetzungen Bereits aus systematischen Gründen abzulehnen ist ein Ersatzschulbegriff, der seinen Inhalt ausschließlich aus den Genehmigungsvoraussetzungen des Art. 7 IV 3–4 GG speist. Das Grundgesetz setzt vielmehr ein darüberhinausgehendes Maß an Übereinstimmung voraus, das die Genehmigungsvoraussetzungen aktiviert.533 Eine Schule entspricht nicht bereits im Gesamtzweck einer öffentlichen Schule, wenn sie die Genehmigungsvoraussetzungen erfüllen kann. Der Unterscheidung von Ersatz- und Ergänzungsschule ist immanent, dass einige Schulgestaltungen nicht als Ersatzschule möglich sind. Nähme man den schulischen Erfolg („Nichtzurückstehen“) als Abgrenzungskriterium, würde man verkennen, dass darüberhinausgehende Kriterien bereits zur Bestimmung eines Vergleichsmaßstabs (für das Nichtzurückstehen des Art. 7 IV 3 GG) zwingend nötig sind.534 Um zu wissen, ob eine Schule gleichwertig ist, muss vorher klar sein, mit welcher Schule sie zu vergleichen ist. Diese Funktion erfüllt der Ersatzschulbegriff.535 (2) Pädagogisch-organisatorische Bestimmung des „Gesamtzwecks“ anhand der Schularten In Übereinstimmung mit den meisten Landesgesetzgebern stellen vor allem Avenarius / Füssel536 darauf ab, dass sich der Ersatzschulbegriff an den vorgesehenen Schularten (Gymnasium, Grundschule, Berufsschule etc.) und den damit verbundenen Strukturentscheidungen (z. B. Dauer des Bildungsgangs, gemeinsame oder getrennte Beschulung) zu orientieren habe. Es könne nicht allein auf die angestrebten Abschlüsse ankommen. Stattdessen müsse die gesetzgeberische Gesamtkonzeption ermittelt werden. Insofern seien die dargestellten Strukturentscheidungen für die Ersatzschulen verbindlich, wenn damit pädagogisch-erzieherische Ziele verfolgt und abweichende Strukturen damit inkompatibel wären. Der so bestimmte Ersatzschulbegriff ist pädagogisch-organisatorischer Natur, weil dieser an die Organisation des öffentlichen Schulwesens nach Schularten und Schultypen anknüpft und die Zuordnung der Ersatzschule (der „Gesamtzweck“ der Schule) über pädagogische Merkmale bestimmt.537 Diese Auffassung dürfte 533

Vgl. Kümper, VerwArch 2016, 120 (130 ff.); Rennert, DVBl 2001, 504 (515 ff.). Vgl. die Nachweise in Zweiter Teil, Fn. 533. 535 Kümper, VerwArch 2016, 120 (130 ff.; 133); vgl. Kösling, Private Schule, 184; Rennert, DVBl 2001, 504 (514). 536 Avenarius / Füssel, Schulrecht (Vorauflage), Rn. 15.611; s. auch Tillmanns, Freiheit, 54; weniger auf die Formen abbestellend Avenarius, in: Deutscher Juristentag, Schule im Rechts­ staat, 155 (173); Rux, Schulrecht, Rn. 1187; enger an der Rechtsprechung nun Avenarius / Hansch­ mann, Schulrecht, Rn. 15.61. Zu den Landesgesetzen Vogel, Schulen und Heime in freier Trägerschaft, 34. 537 Vgl. Kümper, VerwArch 2016, 120 (125 ff.). 534

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2. Teil: Verfassungsrechtlicher Rahmen der Ersatzschulaufsicht 

der Weimarer Definition anhand der Schultypen der Art. 143, 146 WRV am nächsten kommen.538 Die Vereinigung von Haupt- und Realschule in eine gemeinsame Schulart im öffentlichen Schulwesen führt hiernach beispielsweise dazu, dass private Ersatzschulen die Trennung nicht weiter Aufrechterhalten dürfen, da hierdurch das vom Gesetzgeber verfolgte Ziel der gemeinsamen Unterrichtung konterkariert werde.539 Anknüpfungspunkt dieser Auffassung sind in erster Linie die Schularten und deren konkrete pädagogischen Ziele. Die jüngere Rechtsprechung macht jedoch zunehmend deutlich, dass eine strenge Orientierung an den Schularten des Gesetzgebers keine Voraussetzung des Ersatzschulbegriffs darstellen kann. Bereits früh wurden Waldorf- und Montessori-Schulen als Ersatzschulen behandelt, obwohl deren pädagogisches Konzept der durchgängig gemeinsamen weiterführenden Beschulung keine Entsprechung im öffentlichen Schulwesen hatte.540 Das BVerwG stellt klar, dass es pädagogische Standards der Schule grundsätzlich auf der Ebene der Genehmigungsvoraussetzungen, nicht im Ersatzschulbegriff verwirklicht sehen will: „Der Einbezug pädagogisch-konzeptioneller Gegebenheiten bereits in die Beurteilung der Ersatzschuleigenschaft einer Privatschule würde dem Landesgesetzgeber über Gebühr Raum eröffnen, durch – normativ schwer greifbare – Festlegungen seiner schulpädagogischen Konzeption von vornherein den zulässigen Umfang des Ersatzschulwesens einzuengen […]“.541 Darauf, ob die pädagogische Konzeption der Schule mit der staatlichen Schulpolitik vereinbar sei, käme es nur an, wenn die Konzeption nicht ohnehin mit vorhandenen Schultypen übereinstimme. Ist dies schon der Fall, dann seien pädagogische Erwägungen nicht in den Ersatzschulbegriff aufzunehmen. Erst wenn die Schule keinem vorhandenen Schultyp entspricht, soll es darauf ankommen, ob gerade diese Abweichung in der äußeren Struktur der pädagogischschulischen Gesamtkonzeption des Landesgesetzgebers entgegensteht.542 Dabei verlangt das Gericht nur „ein Mindestmaß an Verträglichkeit mit vorhandenen Schulstrukturen einschließlich der damit verfolgten pädagogischen Ziele“.543 Ob eine private Schule im ersten Schritt einer vorhandenen Schule entspricht, bestimmte sich „primär anhand äußerer Strukturmerkmale wie insbesondere der Schulform sowie der Art und Dauer des Bildungsgangs[,]“ für deren Vorliegen „wesensmäßige Übereinstimmung“ und keine „Ergebnisäquivalenz“ Maßstab sei.544

538

Vgl. Kösling, Private Schule, 166; Landé, Schule in der Reichsverfassung, 153. Avenarius / Füssel, Schulrecht (Vorauflage), Rn. 15.611. 540 Vgl. BVerwGE 112, 263 (266 ff.); Kümper, VerwArch 2016, 120 (127). 541 BVerwGE 145, 333 (Rn. 13) mit Bezug auf Boysen, in: v. Münch / Kunig, Art. 7 Rn. 96, die eine Ausnahme für die Volksschulen nach Art. 7 V GG sieht. 542 BVerwGE 145, 333 (Rn. 14 ff.); vgl. Avenarius / Hanschmann, Schulrecht, Rn. 15.611. 543 „Insbesondere“ bezogen auf Art. 7 V GG, s. BVerwGE 104, 1 (7 ff.); BVerwGE 145, 333 (Rn. 14) stellt klar, dass die Formulierung freiheitssichernd, nicht beschränkend zu verstehen ist. 544 BVerwGE 145, 333 (Rn. 12; 13). 539

B. Dogmatik des Art. 7 IV GG

231

Die Rechtsprechung ist zwar überwiegend großzügiger als eine strengere Orientierung an den vorhandenen Schularten (wie Art. 143, 146 WRV), die pädagogische Konzeption des Gesetzgebers rückt jedoch nach dieser Definition dort in den Mittelpunkt, wo es „spannend ist“. Das heißt, wo tatsächlich Abweichungen zum öffentlichen Schulwesen bestehen. Ein Urteil des OVG Sachsen545 illustriert diese Vorgehensweise: Streitgegenständlich war die Einrichtung einer dreijährigen gymnasialen Oberstufe (G9) in einem Land, das an Gymnasien durchgängig G8-Abitur praktizierte. Es stellte sich die Frage, ob die Schule als Ersatz für die öffentlichen Schulen mit G8 gelten kann. Da die Schule nicht von vornherein allen Merkmalen des Schultyps „gymnasiale Oberstufe“ entspricht, prüft das Gericht, ob eine als gymnasiale Oberstufe genehmigte Ersatzschule das pädagogische Ziel der öffentlichen Schule in einer verlängerten Abiturphase erreichen kann. Dafür vergleicht es mit anderen in Sachsen vorhandenen Schularten, stellt fest, dass es dort teilweise dreijährige Abiturphasen gibt, sodass es die zweijährige Abiturphase der gymnasialen Oberstufe als nicht tragende Entscheidung und dementsprechend die Ersatzschule als zulässig würdigt.546 Wichtig ist, dass sich das Gericht nicht darauf beschränkt, dass eine dreijährige Abiturphase „irgendwo“ im Schulwesen vorhanden und daher zulässig sei. Vielmehr ordnet dies die private Schule zunächst einer Schulform zu, für welche diese in erster Linie Ersatz sein will (gymnasiale Oberstufe), und erst dann bestimmt es die zulässigen Abweichungen im Vergleich mit dem Gesamtkonzept. Insofern soll keine freie Mischung vorhandener Schulgestaltungen möglich sein, sondern diese vom Standpunkt der ansonsten zu besuchenden öffentlichen Schule ermittelt werden. Treffend fragt das Gericht, „welche Schulformen […] als Ersatzschulen genehmigungsfähig sind“.547 Eine strenge Akzessorietät im Sinne „größtmöglicher Angleichung“548, wie sie viele Landesschulgesetze weiterhin vorsehen, dürfte nach derzeitiger Rechtssprechungslinie einer verfassungskonformen Auslegung weichen müssen. Maßgeblich sind nach dieser pädagogisch-organisatorischen Auffassung zunächst die Struktur der Schule und ihre Ziele, nicht die Qualität des Unterrichts oder die Methoden. Entscheidend sind die äußeren Merkmale der Schularten.549 Die Bestimmung der Ersatzmöglichkeit erfolgt anhand des „Gesamtzwecks“ der landesrechtlichen Schulkonzeption.550 Hierfür ist die private Schule zunächst einer Schulart zuzuordnen und die möglichen äußeren Abweichungen danach zu bestimmen, welche Merkmale für den Gesetzgeber und seine pädagogische Zielsetzung tragend gewesen sind.

545

OVG Sachsen, Urt. v. 31. 03. 2015 – 2 A 758/13, juris. OVG Sachsen, Urt. v. 31. 03. 2015 – 2 A 758/13, juris (Rn. 18 ff.). 547 OVG Sachsen, Urt. v. 31. 03. 2015 – 2 A 758/13, juris (Rn. 18). 548 Brockmann, in: Brockmann / Littmann / Schippmann, § 142 Rn.  2. 549 BVerwGE 145, 333 (Rn. 12). 550 Rux, Schulrecht, Rn. 1187. 546

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2. Teil: Verfassungsrechtlicher Rahmen der Ersatzschulaufsicht 

(3) Bestimmung des „Gesamtzwecks“ anhand der angestrebten Abschlüsse (funktionaler Ersatzschulbegriff) Der Ersatzschulbegriff der Rechtsprechung wird in mehrfacher Hinsicht kritisiert. Zum einen sei er zu konturenlos, um eine zweifelsfreie Bestimmung der Ersatzschuleigenschaft in Zweifelsfällen zu ermöglichen.551 Zum anderen hemme er die pädagogische Freiheit, wenn Ausgangspunkt der Betrachtung ein Übereinstimmen der äußeren Schulstruktur sei und abweichende Konzepte nur als Ausnahme und diese lediglich dann zuzulassen seien, wenn sie mit den pädagogischen Konzepten des Staates vereinbar sind.552 Bereits Müller definiert die Ersatzschule daher, im Übrigen ebenfalls in Anknüpfung an den bundesverfassungsgerichtlichen „Gesamtzweck“, funktional.553 Es komme nicht darauf an, dass die Schule „wie“ eine öffentliche Schule zu sein habe, sondern ob sie dieser als Ersatz dienen könne. Dies machen er und andere daran fest, welche Abschlüsse die Schule anstrebt.554 Das Anstreben sei objektiv zu bestimmen. Die Schule könne zwar ihre Zielsetzung festlegen, nicht hingegen ob sie Ersatzschule seien wolle oder nicht. Die Zielsetzung ergebe sich daher aus dem Konzept der Schule, nicht subjektiv.555 Eine „weiterführende Schule, die bis zur Hochschulreife führt“ sei eine Ersatzschule für ein Gymnasium unabhängig vom konkreten Aufbau der Oberstufe. Erst bei Wegfall aller entsprechenden (d. h. vergleichbaren) Schulen in diesem Bereich würde eine Ersatzschule zur Ergänzungsschule.556 Merkmale wie die Dauer der Jahrgangsstufen seien von der Schule nicht im Rahmen des Ersatzschulbegriffs nachzuvollziehen.557 Gedanklicher Hintergrund der Beschränkungen für Ersatzschulen sei deren notwendige Gleichwertigkeit der Schule mit öffentlichen Schulen, die sich in den Genehmigungskriterien ausdrücke, nicht deren Gleichartigkeit. Man müsse bei der Bewertung der Akzessorietätsmaßstäbe demnach auf den gleichwertigen Bildungserfolg abstellen, nicht auf die strukturelle Vergleichbarkeit mit öffentlichen Schulen.558 Insgesamt soll durch den so definierten „Gesamtzweck“ eine Verengung des Vergleichsmaßstabs auf das Ziel der schulischen Bildungsgänge stattfinden, was der äußeren Gestaltung der Ersatzschulen mehr Freiräume einräumen soll.

551

Kümper, VerwArch 2016, 120 (132). Müller, Recht der Freien Schule, 306 ff. 553 Bezeichnung Kümper, VerwArch 2016, 120 (128). 554 Müller, Recht der Freien Schule, 307 ff.; Brosius-Gersdorf, VERW 2012, 389 (414 ff.); Wißmann, in: BK-GG, Art. 7 III Rn. 200; Kümper, VerwArch 2016, 120 (128 ff.); ähnlich Vogel, DÖV 2008, 895 (897 ff.); Vogel, DÖV 1992, 505 (511); Kösling, Private Schule, 200. 555 Vgl. Kösling, Private Schule, 197 ff., allerdings mit anderem Ergebnis. 556 Müller, Recht der Freien Schule, 309 ff. 557 Müller, Recht der Freien Schule, 309 f.; Wißmann, in: BK-GG, Art. 7 III Rn. 201; anders wohl Kösling, Private Schule, 224. 558 Brosius-Gersdorf, VERW 2012, 389 (415); Vogel, DÖV 1992, 505 (511 ff.); Jach, DÖV 2002, 969 (970 ff.). 552

B. Dogmatik des Art. 7 IV GG

233

Nur scheinbar im Widerspruch hierzu steht die Auffassung Kümpers.559 Er verlangt, anders als die anderen Autorinnen und Autoren, in Übereinstimmung mit der Ersatzschuldefinition des BVerwG560 keine Gleichwertigkeit, sondern explizit „Gleichartigkeit“ der Schule bei den Kriterien des Ersatzschulbegriffs.561 Gleichzeitig beschränkt er den Vergleichsmaßstab auf den engen Anwendungsbereich der Schulabschlüsse bzw. das Ausbildungsziel der Schule.562 Gleichwertigkeit (Nichtzurückstehen) sei systematisch als Kriterium den Genehmigungsvoraussetzungen vorbehalten. Der Ersatzschulbegriff benötige einen möglichst scharf umrissenen Abgrenzungsbegriff.563 Im Rahmen dieser Auffassung komme es nicht auf die normierten Schultypen an. Nicht dass es z. B. Berufsfachschulen gebe, sei relevant, sondern dass der konkrete Ausbildungsgang als Bildungsgang vorhanden sei. Ersatzschulen müssten gleichartig in dem Sinne sein, dass sie die im öffentlichen Schulwesen vorhandenen Abschlüsse bzw. Ziele des Bildungsgangs anstreben würden. Ob diese Ziele erreicht werden, sei Frage der Genehmigungsvoraussetzungen, nicht der Ersatzschuleigenschaft.564 Dem stehe nicht entgegen, dass Ersatzschulen keinen Anspruch auf Vergabe von Abschlüssen hätten, da auch nicht anerkannte Ersatzschulen stets auf einen solchen vorbereiten, diesen daher auch anstreben würden. In der Folge komme es nicht, auch nicht subsidiär auf pädagogische Gesichtspunkte an. Ob ein acht- oder neunjähriges Gymnasium als Ersatzschule zuzulassen sei, sei eine Frage der Genehmigungsfähigkeit, nicht der Ersatzschuleigenschaft (der Genehmigungsbedürftigkeit). Erst auf Genehmigungsebene komme es auf die Gestaltung der Schule an. Der Ersatzschulbegriff bestimme allein einen bestimmten Rahmen für diese Genehmigung und sei daher nicht mit darüber hinausgehenden Fragestellungen zu belasten.565 Nach dieser Auffassung sind deshalb Modalitäten wie die Ganztagsbeschulung oder die Verpflichtung der Ersatzschule, inklusiv zu unterrichten, keine akzessorietätsrelevanten Merkmale, sondern (lediglich) im Kontext der Genehmigungstatbestandsmerkmale relevant.566 (4) Unterschiede, Bewertung und Folgen Die Unterschiede der beiden Meinungsgruppen haben sich durch das weitestgehende Ausklammern pädagogischer Fragestellungen aus dem Ersatzschulbegriff und dem großzügigen Vergleichsmaßstab (dem „Mindestmaß an Verträglichkeit“) 559

Kümper, VerwArch 2016, 120 (132 ff.). Vgl. BVerwGE 145, 333 (Rn. 13): „wesensmäßige Übereinstimmung“. 561 Kümper, VerwArch 2016, 120 (132). 562 Kümper, VerwArch 2016, 120 (132 ff.). 563 Kümper, VerwArch 2016, 120 (130 ff.). 564 Kümper, VerwArch 2016, 120 (131; 132 ff.; 137 ff.). 565 Kümper, VerwArch 2016, 120 (135 ff.). 566 Zur Inklusion Brockmann, in: Brockmann / Littmann / Schippmann, § 141 Rn. 3.1; zur Ganztagseigenschaft Kümper, VerwArch 2016, 120 (139); Brosius-Gersdorf, VERW 2012, 389 (416). 560

234

2. Teil: Verfassungsrechtlicher Rahmen der Ersatzschulaufsicht 

des BVerwG567 relativiert. Nach allen Meinungen sind inhaltlich-pädagogische Fragen des Unterrichts Elemente, die in erster Linie an den Genehmigungsvoraussetzungen, nicht am Ersatzschulbegriff zu prüfen sind. Dennoch ist festzustellen, dass Vertreterinnen und Vertreter des pädagogisch-organisatorischen Ersatzschulbegriffs die pädagogischen Erwägungen der Landesgesetzgeber grundsätzlich als der Genehmigungsfähigkeit vorgelagerter Frage für beachtlich halten, die des funktionalen Ersatzschulbegriffs dagegen nicht. Diese Unbeachtlichkeit der pädagogischen Entscheidungen drückt sich primär darin aus, dass die Schulformen bei der Bestimmung der Ersatzfunktion keine Rolle spielen sollen und der Blick auch im allgemeinbildenden Schulwesen auf die Bildungsgänge verengt wird. Teilt man den Ersatzschulbegriff in zwei Elemente, den Anknüpfungspunkt und das Maß der Übereinstimmung, ist der pädagogisch-organisatorische Ersatzschulbegriff der Rechtsprechung im Anknüpfungspunkt enger, im Maß der Übereinstimmung dagegen weiter. Der an die Abschlüsse anknüpfende funktionale Ersatzschulbegriff ist umgekehrt im Anknüpfungspunkt weiter, im Maß der Übereinstimmung dagegen enger. Die Unterschiede macht der Blick auf die in vielen Ländern vollzogene Zusammenfassung von Real- und Hauptschule in eine gemeinsame Schulart deutlich. Nach der funktionalen Definition lässt sich eine Realschule ohne gleichzeitigen Hauptschulzweig problemlos als private Ersatzschule betreiben, wie es RheinlandPfalz im Übrigen explizit ermöglicht,568 wenn sowohl Hauptschul- als auch Realschulabschluss mit eigenen inhaltlichen Anforderungen (d. h. als Bildungsgang) im Schulwesen vorhanden sind.569 Gefordert ist ein objektives „Hinwirken“ auf den Haupt- oder Realschulabschluss, mithin ein Übereinstimmen des Bildungsgangs.570 Nach pädagogisch-organisatorischem Verständnis müsste man hingegen das gesetzgeberische pädagogische Ziel der gemeinsamen Beschulung in einer Schulform ermitteln,571 weil im ersten Schritt kein Übereinstimmen mit vorhandenen Schulformen attestierbar ist. Gleiches gilt hiernach für die Frage nach G8- oder G9-Abitur. Während der funktionale Begriff fragt, ob die Schule den gleichen schulische Abschluss angestrebt (in diesem Fall: Abitur),572 ist nach pädagogischorganisatorischen Verständnis die pädagogische Intention des G8 einführenden Gesetzgebers zu ermitteln und die Kompatibilität der G9-Schule mit diesen Festlegungen zu prüfen,573 weil die Dauer des Bildungsgangs nicht mit dem des öffentlichen Schulwesens übereinstimmt.

567

Vgl. BVerwGE 145, 333 (Rn. 12 ff.); 104, 1 (7 ff.). Siehe § 9 III 2 SchG-RLP. 569 Kümper, VerwArch 2016, 120 (135; 138). 570 Kümper, VerwArch 2016, 120 (132 ff.). 571 Die Frage verneinend Avenarius, in: Avenarius / Pieroth / Barczak, Herausforderung, 17 (30 ff.). 572 Kümper, VerwArch 2016, 120 (135; 138). 573 Bejahend: OVG Sachsen, Urt. v. 31. 03. 2015 – 2 A 758/13; Brockmann, in: Brockmann / ​ Littmann / Schippmann, § 141 Rn.  3. 568

B. Dogmatik des Art. 7 IV GG

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Auch der funktionale Ersatzschulbegriff macht solche pädagogischen Erwägungen indes nicht überflüssig, sondern verlagert diese von der Genehmigungsbedürftigkeit auf die Genehmigungsfähigkeit.574 Eine Ersatzschule muss hiernach der ihr entsprechenden öffentlichen Schule insbesondere in ihren Lehrzielen gleichwertig sein; die Verkürzung oder Verlängerung der Schulzeit, die Ziele gemeinsamer oder getrennter Beschulung, die Einführung der Ganztagsbeschulung usw. sind daran zu überprüfen, ob damit eine gleichwertige Bildung erreichbar ist.575 Kein Ersatzschulbegriff befreit die Rechtsanwendenden von der Verwendung pädagogischer Erkenntnisse und Erwägungen bei der Bewertung des schulischen Vorhabens. Der funktionale Ersatzschulbegriff versperrt dem Gesetzgeber lediglich eine zusätzliche Belastung seines Aufsichts- und Genehmigungsmaßstabs mit pädagogischen Vorstellungen,576 die sich nicht auf die Genehmigungskriterien (und demzufolge nicht das Nichtzurückstehen als mediatisierendes Richtmaß der Angleichung) stützen können. Insofern bewirkt eine funktionale Betrachtung weniger eine Vergrößerung der Freiräume privater Schulen und sie vergrößert nicht unbedingt das Feld von Schulen, die Ersatzschule sind. Die funktionale Betrachtung bewirkt lediglich eine Präzision des Ersatzschulbegriffs, um den Begriff handhabbarer zu machen und eine strenge Akzessorietät zu vermeiden.577 Insgesamt spricht vieles für eine funktionale Betrachtung in der von Kümper578 dargelegten Variante. Sie lässt sich methodisch begründen und stellt – wie gezeigt wurde – nicht die bestehende Ordnung im Schulwesen „auf den Kopf“. In der Anwendung und Begründung ist zwischen der Herleitung des Akzessorietätsmaßstabs (Vergleichbarkeit des Gesamtzwecks der Schule) und den maßstabssetzenden Eigenschaften der öffentlichen Schule (bestehende oder vorgesehene Bildungsgänge) zu unterscheiden.579 (a) Akzessorietätsmaßstab (Vergleichbarkeit des Gesamtzwecks der Schule) Sprachlich gibt Art. 7 IV 2 GG für die Lösung des Akzessorietätsmaßstabs nicht viel her. Ersatz bedeutet „Funktionsübernahme“ oder „an die Stelle treten“.580 Erst zusammen mit dem Zweck und der Systematik des Art. 7 IV GG erschließt sich die Funktion des Ersatzschulbegriffs. Bereits erörtert wurde, dass der Ersatzschulbegriff Kriterium der Genehmigungsbedürftigkeit ist und der Genehmigungsfähig-

574

Vgl. Kümper, VerwArch 2016, 120 (131). Im Ergebnis Wißmann, in: BK-GG, Art. 7 III Rn. 201; Brosius-Gersdorf, VERW 2012, 389 (416); Kümper, VerwArch 2016, 120 (139 ff.). 576 Vgl. Rennert, DVBl 2001, 504 (514 ff.). 577 Vgl. Kümper, VerwArch 2016, 120 (130 ff.; 137 ff.); Brosius-Gersdorf, VERW 2012, 389 (416); Müller, Recht der Freien Schule, 308 ff. 578 Kümper, VerwArch 2016, 120. 579 Kümper, VerwArch 2016, 120 (131 ff.). 580 Siehe den Eintrag „Ersatz“ auf duden.de (zugegriffen am 10. 11. 2020). 575

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2. Teil: Verfassungsrechtlicher Rahmen der Ersatzschulaufsicht 

keit systematisch vorgelagert ist.581 Das „Nichtzurückstehen“ der Genehmigungsvoraussetzungen des Art. 7 IV 3 GG ist daher zur Bestimmung des Maßstabs der Übereinstimmung im Rahmen des vorgelagerten Ersatzschulbegriffs nicht verwendbar. Es überzeugt nicht, wenn die Gerichte teilweise aus den nachgelagerten Tatbestandsmerkmalen der Genehmigungsfähigkeit auf die Genehmigungsbedürftigkeit schließen.582 Der Ersatzschulbegriff fordert Gleichartigkeit im Sinne „wesensmäßiger Übereinstimmung“,583 weil er bestimmen soll, wonach sich die Genehmigungsvoraussetzungen ausrichten müssen. Man kann die Frage der Gleichwertigkeit der Lehrziele im Rahmen der Genehmigungsfähigkeit nicht beantworten, wenn die Bestimmung der Ersatzmöglichkeit einer Schule darauf abstellen muss, dass die Schule gleichwertige Bildung ermöglichen soll und pädagogisch kompatibel zum Schulwesen zu sein hat. Für einen Ergebnisvergleich im Sinne von Gleichwertigkeit, der in Art. 7 IV 3 GG als Genehmigungskriterium unstrittig angelegt ist („Nichtzurückstehen“), bedarf es zunächst der Feststellung, was zu vergleichen ist.584 Bei Vermischung dieser Maßstäbe ist nicht klar, welche pädagogisch-inhaltlichen Fragestellungen dazu führen, dass eine Schule „schlechte Ersatzschule“ ist und welche dazu führen, dass die Schule weiterhin als Ergänzungsschule betrieben werden kann. Allein der Wille des Schulträgers, eine Ersatzschule zu betreiben, kann nicht maßgeblich sein, da dieser ansonsten über die Genehmigungspflicht disponieren könnte.585 Schon die Rechtssicherheit fordert deswegen einen engen Bezugsmaßstab, d. h. eine grundsätzliche Gleichartigkeit mit den maßstabssetzenden Eigenschaften, wenn man hierdurch nicht die Gestaltungsfreiheit der Privatschulen zu stark verengt, was aber durch den engeren Bezugsrahmen (sogleich (b)) sichergestellt ist.586 Der Begriff der Gleichartigkeit ist an dieser Stelle nicht misszuverstehen. Die Schule muss auch nach enger Definition nur ihrem „Gesamtzweck“ nach vergleichbar sein.587 Das ist zwar enger als eine Ergebnisgleichheit („Gleichwertigkeit“), erfordert jedoch kein hundertprozentiges Entsprechen. Der Gesamtzweck, nicht der gesamte Zweck der Schule muss auf den öffentlichen Abschluss abzielen.588 Anders: Gleichartigkeit bedeutet nicht „gleich“, sondern „vergleichbar“. Eine Wal 581

Siehe Zweiter Teil B. IV. 2. b). Kümper, VerwArch 2016, 120 (131); in diese Richtung bereits Heckel, Privatschulrecht, 267 ff. 583 BVerwGE 145, 333 (Rn. 13); vgl. auch Heckel, Privatschulrecht, 267 ff. 584 Kümper, VerwArch 2016, 120 (132); ähnlich Rux, Schulrecht, Rn. 1186. 585 Ähnlich Kösling, Private Schule, 197 ff., die aber zur Bestimmung des Ersatzschulbegriffs auf die Gleichwertigkeit im Sinne der Genehmigungsanforderungen zurückgreift, weshalb sie zu einer anderen Schlussfolgerung kommt. 586 Vgl. Kümper, VerwArch 2016, 120 (132). 587 Vgl. BVerfGE 27, 195 (201 ff.); so auch Müller, Recht der Freien Schule, 313. 588 So dürfte auch BVerfGE 27, 195 (201) zu verstehen sein, vgl. dazu BVerwGE 145, 333 (Rn. 15): „Begriff vom ‚Gesamtzweck‘ […], der Raum für eine wertende Einzelfallbetrachtung belässt.“ 582

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dorfschule, die auch ein Waldorfabitur als aliud zum staatlichen Abitur anbietet, kann trotzdem den Bildungsgang der gymnasialen Oberstufe anstreben und mit einer vorhandenen öffentlichen Schule vergleichbar, d. h. gleichartig sein.589 Statt von Gleichartigkeit oder „wesensmäßiger Übereinstimmung“590 sollte man daher von Vergleichbarkeit sprechen, da dies auch der Funktion des Ersatzschulbegriffs entspricht.591 Damit rückt der Ersatzschulbegriff zwar sprachlich näher an die „Gleichwertigkeit“ heran, der Unterschied verbleibt aber darin zu sehen, dass es im Kontext des Ersatzschulbegriffs nicht auf eine Ergebnisgleichheit ankommt, da Genehmigungsbedürftigkeit und -fähigkeit zu unterschieden sind.592 (b) Maßstabssetzende Eigenschaften (bestehende oder vorgesehene Bildungsgänge) Vor dem Hintergrund der notwendigen Vergleichbarkeit der Schule ist die Frage nach dem Anknüpfungspunkt der Akzessorietät zu beantworten. Erst aus Sinn und Zweck der grundgesetzlichen Norm ergibt sich Näheres. Nicht herangezogen werden kann die Anknüpfung an die WRV, die zwar einige Schulformen auf Verfassungsebene regelte, genaueres jedoch dem einfachen Recht überließ.593 Keine Aussage kann man aus dem Begriff der Volksschule in Art. 7 V GG ziehen. Das Genehmigungsregime für Volksschulen verfolgt weit restriktivere Zwecke als das des Art. 7 IV GG. Der Verfassungsgeber wollte gerade das typusprägende Merkmal der gemeinsamen Beschulung im Primarbereich gegenüber Privatisierungstendenzen absichern und die privaten Schulen bloß im Ausnahmefall erlauben.594 Die Verwendung des Volksschulbegriffs stellt klar, welche Schulen Art. 7 V GG unterliegen, und begründet seine über Art. 7 IV GG hinausgehenden Anforderungen nur in dem Bereich, den die Länder als Volksschulbereich behandeln.595 Wenn ein Bundesland eine sechsjährige Grundschulzeit festgelegt hat, kann es in den Jahrgangsstufen 5 und 6 an einer anderweitig ersetzbaren öffentlichen Schule fehlen.596 Das Verwenden des Volksschulbegriffs ist kein Argument für die An 589 Vgl. ähnlich wohl Kümper, VerwArch 2016, 120 (139 ff.); in die Richtung OVG Niedersachsen, NdsVBl  2007, 336 ff., das die Waldorfschulen als eigenen Bildungsgang ansieht, gleichwohl im Ergebnis die Ersatzschuleigenschaft nicht in Frage stellt. Zu beachten ist, dass die Waldorfschulen in Niedersachsen als „Ersatzschulen von besonderer pädagogischer Bedeutung“ (§ 149 I SchG-Niedersachsen) genehmigt sind, was deren Ersatzschulstatus nach hier vertretener Auffassung (und BVerfGE 90, 107 (110)) nicht begründet, sondern allenfalls modifiziert. Dem entspricht im Ergebnis auch die Entscheidung des OVG. 590 BVerwGE 145, 333 (Rn. 13). 591 In die Richtung Müller, Recht der Freien Schule, 313. 592 Siehe schon Zweiter Teil B. IV. 2. d) cc) (1). 593 Art. 145 WRV spricht von der Volksschule mit mindestens acht Schuljahren. Auch das mittlere und höhere Schulwesen definiert die Weimarer Verfassung in Art. 146 nicht näher. 594 Badura, in: Maunz / Dürig, Art. 7 Rn. 122. 595 Kümper, VerwArch 2016, 120 (134 ff.). 596 Vgl. BVerfGE 104, 1 (7 ff.); Kümper, VerwArch 2016, 120 (134 ff.).

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2. Teil: Verfassungsrechtlicher Rahmen der Ersatzschulaufsicht 

knüpfung an Schularten und Schultypen (im Gegensatz zu Bildungsgängen).597 Der Volksschulbegriff macht in dieser Konstellation jedoch deutlich, dass die Anknüpfung an Bildungsgänge nicht auf die angestrebten Abschlüsse zu verengen ist, weil es solche im Grundschulbereich nicht gibt.598 Auch Abendgymnasien sind im Anschluss an das BVerfG nur als Ersatzschule möglich, wenn diese im jeweiligen öffentlichen Schulwesen vorgesehen sind.599 Der Abschluss an einem Abendgymnasium ist zwar formal der gleiche wie der eines grundständigen Gymnasiums, zur Vergleichbarkeit des konkreten Bildungsgangs gehört jedoch, dass er auf einer abgeschlossenen Schulbildung aufbaut.600 Der Bildungsgang „Abendgymnasium“ ist aliud zur gymnasialen Oberstufe an regulären Schulen.601 Ähnliches gilt für die auf der Grundschule aufbauenden Sekundarschulen. Die Stellung der Bildungsgänge im Bildungssystem ist als äußere Grenze zu berücksichtigen, nicht hingegen ihr Inhalt und ihr Ablauf, da die Genehmigungsvoraussetzungen Letzteren regulieren und demnach für den Ersatzschulbegriff sperren. Auch das Telos des Ersatzschulbegriffs ergibt sich im Kontext mit der Genehmigungspflicht. Die Genehmigung von Ersatzschulen soll Schülerinnen und Schüler vor ungleichen Bildungserfolgen schützen.602 Anders gewendet sollen die Schülerinnen und Schüler nicht ihre Zeit in einer Lehranstalt verschwenden, die nicht zur Erreichung eines Bildungsziels ausreicht. Der Ersatzschulbegriff hat zur Aufgabe, eine passende Vergleichsschule für die von einem Vergleich („Nichtzurückstehen“) abhängigen Genehmigungsvoraussetzungen festzulegen.603 Existiert keine Vergleichsschule, ist die Schule nicht unzulässig, sondern Ergänzungsschule. Dass viele solcher Schulen aufgrund der Schulpflicht nicht überlebensfähig sind, spielt bei der abstrakten Betrachtung keine Rolle. In der restriktivsten Auslegung des pädagogisch-organisatorischen Ersatzschulbegriffs wäre eine selbstständige Realschule bei ansonsten gemeinsamer Beschulung grundsätzlich eine Ergänzungsschule. Mit der Konsequenz, dass keine Mindestanforderungen an diese zu stellen wären. Das sieht man im Übrigen an den allgemeinbildenden Internationalen Schulen, für welche die Gesetzgeber die Schulpflicht teilweise aufgehoben haben (bzw. auf diese erstreckt haben). Diese firmieren als Ergänzungsschulen und unterliegen im Landesrecht nicht den Anforderungen des Art. 7 IV 3–4 GG.604 In einer Schule, die in ihrer Struktur so sehr von öffentlichen Schulen abweicht, dass sie Ergänzungsschule ist, können Schülerinnen und Schüler dennoch „ihre Zeit verschwenden“, wenn die Schule nicht den qualitativen Anforderungen entspricht. Nur ein weiter, d. h. viele Schulen erfassender Ersatzschulbegriff kann den Schutz 597

Vgl. Kümper, VerwArch 2016, 120 (133 ff.). Vgl. Kümper, VerwArch 2016, 120 (134 ff.). 599 BVerfGE 75, 40 (75 ff.). 600 Siehe § 13 II SchG-Niedersachsen. 601 Kösling, Private Schule, 117 f.; 90 ff. 602 BVerfGE 27, 195 (203 ff.); Badura, in: Maunz / Dürig, Art. 7 Rn. 115. 603 Vgl. auch Kümper, VerwArch 2016, 120 (130 ff.); Vogel, Schulen und Heime in freier Trägerschaft, 33 ff. 604 Kluth, RdJB 2018, 223 (227 ff.). 598

B. Dogmatik des Art. 7 IV GG

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zweck der Norm erfüllen. Überall da, wo eine vergleichbare Schule vorhanden ist, ist diese nach dem Grundgesetz genehmigungspflichtig. Nur weil die umfassende Schulpflicht faktisch wie ein Verbot von allgemeinbildenden Ergänzungsschulen wirkt, spricht dies nicht dafür, die in ihrer Struktur stark abweichenden, aber dennoch die gleichen Ziele verfolgenden Schulen aus dem Genehmigungsregime auszuklammern. Als plausibles Anknüpfungskriterium der Akzessorietät verbleibt der Abschluss bzw. der jeweilige Bildungsgang, den die Schule ihrem Gesamtzweck nach objektiv zu ersetzen anstrebt.605 Eine Schule, die auf einen bestimmten Berufsabschluss vorbereitet, muss selbst dann als Ersatzschule gelten, wenn sie in pädagogisch stark abweichender Form organisiert ist als eine vergleichbare staatliche Schule, damit die Schülerinnen und Schüler vor ungleichen Bildungserfolgen durch die Genehmigungsvoraussetzungen geschützt sind. Die Genehmigungsvoraussetzungen gelten gerade da, wo eine Vergleichsmöglichkeit besteht. Diese vom Sinn und Zweck her bestimmte Betrachtung greift erst da nicht mehr, wo diese Gefahr von vornherein nicht gegeben ist. Das ist da der Fall, wo der „Gesamtzweck“ der Schule nicht auf eine Vorbereitung auf staatliche Abschlüsse gerichtet sein kann, weil entsprechende Abschlüsse bzw. Bildungsgänge nicht existieren. Dieses Ergebnis stützt schließlich die Überlegung, dass der Einbezug von pädagogischen Erwägungen in den Ersatzschulbegriff in Abgrenzung zu den Genehmigungsvoraussetzungen nicht plausibel darlegen kann, welche Abweichungen so gravierend sind, dass sie der Schulorganisation zuzurechnen sind und welche Abweichungen „lediglich“ die Qualität der Schule nach Art. 7 IV 3 GG betreffen sollen, was sich an der Einstufung der Waldorf- und Montessorischulen als Ersatzschulen darlegen lässt.606 Da hiervon abhängen kann, ob eine Schule faktisch erlaubt oder verboten ist (keine Schulpflichterfüllung an allgemeinbildenden Ergänzungsschulen), ist die Lösung zu wählen, die die klarste Zuordnung ermöglicht.607 Der funktionale Ersatzschulbegriff entspricht seinem Sinn und Zweck nach am ehesten der Schutzrichtung der Ersatzschulgenehmigungsvoraussetzungen. Probleme sind natürlich auch bei dieser Begriffsbestimmung vorhanden. So ist die Einordnung der sog. Internationalen Schulen mit IB-Diploma608 als angestrebtem Abschluss fraglich, den die Länder in der Regel nicht an eigenen Schulen anbieten. Ungeachtet der später behandelten Rechtsfolgen der landesrechtlichen Einordnung dieser Schulen als qualifizierte genehmigungsfreie Ergänzungsschulen609 ist offen, ob das Anstreben des IB-Diploma mit dem Abitur bzw. der gymnasia 605 Kümper, VerwArch 2016, 120 (132 ff.); Vogel, DÖV 2008, 895 (898); im Ergebnis wohl auch VG Dresden, Urt. v. 25. 10. 2018 – 5 K 244/15, juris (Rn. 26); Kösling, Private Schule, 164; 197 ff. 606 Vogel, DÖV 2008, 895 (898); gegen einen Einbezug pädagogischer Erwägungen auch Rennert, DVBl 2001, 504 (514 ff.). 607 Vgl. Vogel, Schulen und Heime in freier Trägerschaft, 35 ff. mit ähnlichen Überlegungen. 608 Zum IB-Diploma bereits Erster Teil C. I. 2. d). 609 Hierzu später Dritter Teil C. I. 2. c) bb).

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2. Teil: Verfassungsrechtlicher Rahmen der Ersatzschulaufsicht 

len Oberstufe vergleichbar ist. Auch wenn dies vorliegend nicht abschließend zu klären ist, könnte dafür sprechen, dass die Länder das IB-Diploma gemäß eines KMK-Beschlusses610 als gleichwertig mit dem Abitur anerkennen und eine Vergleichbarkeit der Abschlüsse daher naheliegt.611 Dagegen könnte sprechen, dass die Internationalen Schulen sich bei Erstellung eigener Lehrpläne nicht an den Bestimmungen des jeweiligen Landes für das Abitur, sondern an den Kriterien der privaten Zertifizierungsorganisation orientieren612 und nach dem KMK- Beschluss auch nicht müssen. Französische Bildungsabschlüsse nach französischem Recht werden beispielsweise auch nicht zum landesrechtlich vorgesehenen Abschluss,613 wenn man diese in der Praxis als gleichwertig mit dem Abitur zum Hochschulzugang anerkennt,614 möglicherweise jedoch, wenn man „regulären“ Schülerinnen und Schüler zusätzlich hieran die Schulpflichterfüllung gestattet.615 dd) Konkretisierung der Tatbestandsmerkmale durch die Landesgesetzgebung Die Ersatzschule ist durch die Abhängigkeit von der landesgesetzgeberischen Gestaltung zwar in besonderem Maße von deren Entscheidungen geprägt, dies spricht indes nicht dafür, den Ersatzschulbegriff als ausgestaltbaren Rechtsbegriff (i. e. S.) anzusehen. Durch eine Reglementierung des Schulwesens ändert sich der Bezugsrahmen des Ersatzschulbegriffs, nicht der Begriff (der „öffentlichen Schule“ oder des „Ersatz für“) selbst, anders als u. U. beim Schulbegriff. Treffend differenziert das BVerwG: „der durch Art. 7 Abs. 4 GG abschließend normierte Ersatzschulbegriff [ist ihm] verfassungsrechtlich bindend vorgegeben […]. Dem Landesgesetzgeber steht insoweit auch keine ergänzende Bestimmungsbefugnis zu. Das Landesrecht beeinflusst jedoch die praktische Reichweite des verfassungsrechtlichen Ersatzschulbegriffs, insofern es festlegt, welche öffentlichen Schulen es gibt, denen eine Privatschule überhaupt entsprechen kann.“616 Daran ändert die vorliegend bevorzugte Verwen 610

Vereinbarung über die Anerkennung des „International Baccalaureate Diploma / Diplôme du Baccalauréat International“, Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 10. 03. 1986 i. d. F. vom 07. 03. 2019. 611 Jach, in: Jach / Vogel / K nudsen, BEFT, Ziff. 20, Rn. 12.2 (a. E. S. 71); Vogel, DÖV 2008, 895 (899). 612 Vgl. Avenarius / Hanschmann, Schulrecht, Rn. 15.512. 613 Zum Status der ausländischen (im Beispielsfall französischen) Schulen s. Kluth, RdJB 2018, 223 (226 ff.); Vogel, DÖV 2008, 895 (899). 614 Siehe etwa Art. 3 des Abkommens zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Französischen Republik über die Anerkennung von Abschlüssen, Graden und Studienzeiten im Hochschulbereich. 615 Hierzu später Dritter Teil C. I. 2. c) bb). 616 BVerwGE 145, 33 (Rn. 11); etwas anders BVerfGE 90, 128 (139); vgl. Wißmann, in: BKGG, Art. 7 III Rn. 200.

B. Dogmatik des Art. 7 IV GG

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dung eines funktionalen Ersatzschulbegriffs nichts. Der Ersatzschulbegriff nimmt zwar die Ausgestaltung des Schulbegriffs in sich auf, ist selbst jedoch nicht auf Ausgestaltung angewiesen, da sich seine Begriffsmerkmale („Ersatz“ und die „Bildungsgänge“) abschließend aus der Verfassung ermitteln lassen. Die zwingend notwendige Gestaltung des Schulwesens durch Normierung von Bildungsgängen, Abschlüssen, Bildungszielen etc. verändert nicht den Begriff der Ersatzschule.617 In der verwendeten Terminologie618 können die Landesgesetzgeber konkretisierend, d. h. lediglich nichtverkürzend die Akzessorietätskriterien umschreiben und den verfassungsrechtlichen Ersatzschulbegriff in die Systematik des Landesrechts „übersetzen“. Als Grundrechtseingriff zu werten wäre eine freiheitsverkürzende Umsetzung, die Schulen, die nach dem verfassungsrechtlichen Ersatzschulbegriff Ersatzschulen sind, von der Ersatzschuleigenschaft ausschließen würde.619 Dementsprechend lassen sich die Landesgesetze im Sinne des funktionalen Ersatzschulbegriffs interpretieren, die auf das Anstreben der „Bildungs- und Erziehungsziele“ ihrem „Gesamtzweck“ nach abstellen.620 Beispielhaft ist die Formulierung des § 100 II SchG-NRW: „Schulen in freier Trägerschaft sind Ersatzschulen, wenn sie in ihren Bildungs- und Erziehungszielen im Wesentlichen Bildungsgängen und Abschlüssen entsprechen, die nach diesem Gesetz oder aufgrund dieses Gesetzes vorhanden oder vorgesehen sind.“ Oder § 2 IV SchG-SH: „Schulen in freier Trägerschaft sind genehmigungspflichtige Schulen, wenn sie nach dem mit ihrer Errichtung verfolgten Gesamtzweck die allgemeinen Bildungsziele und -abschlüsse anstreben (Ersatzschulen)“. Wichtig ist bei der Auslegung, dass man das „[E]ntsprechen“ (NRW) oder das „[A]nstreben“ (Schleswig-Holstein) nicht als pädagogisch-inhaltliche Erfolgskontrolle versteht, sondern auf die objektiven Ziele der Schule abstellt. „Anstreben“ ist eine treffende Formulierung. Ebenso sind Begriffe verfassungskonform auslegbar, die allgemein auf die Bildungs- und Erziehungsziele „der Schulen“ verwiesen.621 Zu eng sind jedoch Vorschriften, die auf die konkrete Gliederung des öffentlichen Schulwesens abstellen, etwa § 5 II PSchGDVO-RLP, wenn dadurch auch die Schulformen beachtlich sein sollen. Dabei handelt es sich nicht um eine zulässige Konkretisierung, sondern um eine unzulässige Einschränkung der Ersatzschuleigenschaft durch Ausschluss von der Schulpflicht.622

617 Im Gegensatz zum Schulbegriff, der auf die Ausgestaltung eines (rechtlichen) Sachverhalts angewiesen ist. 618 Siehe Zweiter Teil B. II. 3. 619 Müller, Recht der Freien Schule, 308; vgl. Kösling, Private Schule, 194. 620 Zu den Ersatzschulbegriffen im Landesrecht bereits Erster Teil C. I. 2. c). 621 Etwa Art. 91 EUG-Bayern. 622 Vgl. BVerwGE 104, 1 (6 ff.). Das Verbot, an Ergänzungsschulen die Schulpflicht zu erfüllen, ist Eingriff in die Privatschulfreiheit; siehe bereits Zweiter Teil B. IV. 2. a).

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2. Teil: Verfassungsrechtlicher Rahmen der Ersatzschulaufsicht 

e) Ergebnis zum Ersatzschulbegriff Festzuhalten ist, dass der Ersatzschulbegriff materielles Kriterium des Grundrechtstatbestands ist. Hiernach bestimmt sich, welche privaten Schulen der Genehmigungspflicht unterliegen und welche als Ergänzungsschulen zu betreiben sind. Die eröffnete „Ersatzschulfreiheit“ ist Unterfall der Privatschulfreiheit, die bei Vorliegen der Kriterien des Ersatzschulbegriffs als Abwehrrecht aufrechterhalten bleibt und durch den Genehmigungsleistungsanspruch ergänzt wird. Durch Möglichkeit der Schulpflichterfüllung im Landesrecht ist der Status der Ersatzschulen faktisch vorteilhafter als der allgemeine Status als Privatschule. Da dies vom Grundgesetz „mitgedacht“ ist, ist der Ersatzschulstatus nicht nur als Schranke zu betrachten.623 Obwohl die „Ersatzschulfreiheit“ engeren Einschränkungen als die allgemeine Privatschulfreiheit unterliegt, muss man ein Ausschließen von deren Vorteilen als Grundrechtsbeschränkung begreifen. Umgekehrt gilt dies auf Grund der Freiheitsbeschränkung durch Genehmigung (-voraussetzungen) allerdings ebenfalls. Inhaltlich sind die Genehmigungsvoraussetzungen und der Ersatzschulbegriff nicht identisch, sodass sich das Vorliegen der Ersatzschuleigenschaft nicht danach bestimmen kann, welche Schule gleichwertig im Sinne des Art. 7 IV 3 GG ist. Schlechte Ersatzschulen sind keine Ergänzungsschulen, sondern nicht genehmigungsfähige Ersatzschulen. Genehmigungspflichtigkeit und Genehmigungsfähigkeit sind zu unterscheiden. Funktion des Ersatzschulbegriffes ist, einen gleichwertigen Bildungserfolg durch Feststellung der Genehmigungsbedürftigkeit sicherzustellen, was im gegebenen System überwiegend der Schulpflichterfüllung dient. Die Akzessorietät der Ersatzschule begründet sich nicht im Verhältnis zu einer konkreten Schule, sondern zum gesamten Schulwesen im Lande. Inhaltlich ist der Ersatzschulbegriff funktional danach zu bestimmen, ob die private Schule einen von staatlichen Schulen angebotenen oder an diesen vorgesehenen Bildungsgang oder Abschluss objektiv anstrebt und daher mit einer solchen Schule vergleichbar ist. Ist dieser Bildungsgang oder Abschluss selbstständig, d. h. als maßstabssetzender Vergleich vorhanden, greift der Sinn und Zweck der Genehmigungspflicht, die Schülerinnen und Schüler vor einem ungleichen Bildungserfolg schützen zu wollen, sodass die Schule als Ersatz für eine öffentliche Schule gelten muss. Pädagogische Strukturentscheidungen sind auf ihre Gleichwertigkeit im Rahmen der Genehmigungsfähigkeit zu überprüfen, jedoch nicht bei der Frage der Genehmigungspflichtigkeit heranzuziehen. Erst wenn keine taugliche Vergleichsschule im öffentlichen Schulwesen existiert, handelt es sich um eine Ergänzungsschule. Die Landesschulgesetzgeber haben insgesamt einen vergleichsweise geringen Spielraum bei der konkreten Bestimmung des Aufsichtsobjekts „Ersatzschule“.624 623 624

Siehe Zweiter Teil, Fn. 622. Zum verbleibenden Spielraum später Dritter Teil C. I. 2.

B. Dogmatik des Art. 7 IV GG

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3. Bedeutung des Art. 7 IV 2 Hs. 2 GG für die Landesgesetzgebung Dient eine Schule als Ersatz für öffentliche Schulen, bedarf diese der Genehmi­ gung „und untersteh[t] den Landesgesetzen“. Würde dieser Satz einen allgemeinen Gesetzesvorbehalt statuieren, wäre eine spezielle Dogmatik zu den Genehmigungsvoraussetzungen überflüssig, da die Ersatzschulfreiheit unter dem Vorbehalt des verhältnismäßigen Gesetzes stünde.625 Indes wurde eine Auslegung der Norm als Gesetzesvorbehalt bereits unter Geltung der Weimarer Reichsverfassung abgelehnt. Vielmehr wurde Art. 147 I Hs. 2 WRV als Hinweis auf die Gesetzgebungszuständigkeit der Länder für das Ersatzschulrecht gesehen und dahingehend verstanden, dass Landesgesetze in diesem Bereich zulässig sind, wenn diese dem Inhalt des Art. 147 WRV nicht widersprechen.626 Auch die herrschende Lehre unter Geltung des Grundgesetzes teilt diese Einschätzung. Art. 7 IV 2 Hs. 2 GG begründet hiernach keinen Gesetzesvorbehalt im Sinne eines Einschränkungsvorbehalts.627 Begründen lässt sich diese Ansicht genetisch und systematisch. Der Parlamentarische Rat hat die Norm undiskutiert übernommen. Es ist nicht ersichtlich, dass dieser eine Verschärfung der bestehenden Anforderungen gewollt hat oder den Ländern überlassen wollte. Die Einfügung der Privatschulfreiheit in Art. 7 IV 1 GG legt eher das Gegenteil nahe.628 Verfassungssystematisch spricht gegen eine Deutung als Gesetzesvorbehalt, dass die Verfassung die Einräumung von Schrankenvorbehalten sonst üblicherweise eindeutig ausspricht (z. B. Art. 2 II 3 GG) und Art. 7 IV 2 Hs. 2 GG dies nicht tut.629 Des Weiteren würde der Genehmigungsanspruch des Satzes 3 durch einen allgemeinen Gesetzesvorbehalt vereitelt werden, da die Genehmigung in diesem Fall nicht mehr nur nach den Kriterien des Art. 7 IV 3 und 4 GG zu erteilen wäre.630 Art. 7 IV 2 Hs. 2 GG enthält also keinen Gesetzesvorbehalt zur Einschränkung der Privatschulfreiheit. Fraglich ist aber, ob der Regelung überhaupt Bedeutung 625 Vgl. Rux, Schulrecht, Rn. 1199 mit von hier (Zweiter Teil B. II.) abweichender Grundrechtsterminologie. 626 Anschütz, Verfassung, Art. 147 Rn. 1; vgl. auch Landé, Schule in der Reichsverfassung, 153 ff., der die Vorschrift als Klarstellung des nichterschöpfenden (i. S. eines einfachrechtlich konkretisierbaren) Charakters des Genehmigungsregimes sieht. Vgl. Müller, Recht der Freien Schule, 98 f.; Frowein, Privatschulen, 4. 627 Vgl. Geis, in: Friauf / Höfling, Art. 7 Rn. 75 Fn. 264; Thiel, in: Sachs, Art. 7 Rn. 67; Kingreen / Poscher, Grundrechte, Rn. 801; Jarass, in: Jarass / Pieroth, Art. 7 Rn. 30a; 32; Wißmann, in: BK-GG, Art. 7 III Rn. 239; Pieroth / Barczak, in: Avenarius / Pieroth / Barczak, Herausforderung, 71 (113); Gallwas, Privatschulfreiheit, 60; Robbers, in: v. Mangoldt / K lein / Starck, Art.  7 Rn. 219; Starck, in: Krautscheidt / Marré, Essener Gespräche, 9 (31); Brosius-Gersdorf, Sonderungsverbot, 19; Jestaedt, in: Isensee / K irchhof, HdBStR VII, § 156 Rn. 55 Fn. 184; Vogel, Schulen und Heime in freier Trägerschaft, 19; Müller, Recht der Freien Schule, 98 ff. Letzterer weist auf die Rspr. des BVerwG (E 17, 236 (239)) hin, das zwar Art. 7 IV 2 GG nicht als deklaratorisch bezeichnet, dies aber so anwendet. 628 Vgl. Müller, Recht der Freien Schule, 101. 629 Müller, Recht der Freien Schule, 102. 630 Brosius-Gersdorf, Sonderungsverbot, 19.

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2. Teil: Verfassungsrechtlicher Rahmen der Ersatzschulaufsicht 

zukommt. Einige sehen darin einen deklaratorischen Hinweis auf die Zuständigkeit der Landesgesetzgeber,631 die sich aus einer Klarstellungsfunktion der Weimarer Regelung erklären lasse.632 Andere dagegen (oder zusätzlich zur deklaratorischen Funktion)633 einen Ausgestaltungs- oder Konkretisierungsvorbehalt für weitere landesrechtliche Gestaltungen,634 um die „imperfekten“ Bestimmungen des Art. 7 IV 3 und 4 GG im einfachen Recht (nichteinschränkend) festzulegen.635 Schließlich vertreten manche, dass die Norm auf die Geltung der allgemeinen, nicht schulspezifischen Gesetze für Privatschulen hinweisen soll.636 Richtigerweise ist Art. 7 IV 2 Hs. 2 GG als dogmatisch bedeutungslos einzuordnen. Dies gilt in Übereinstimmung mit allen vertretenen Lesarten der Norm, die sich insofern nicht ausschließen; alle der Norm zugeschriebenen Funktionen sind deklaratorischer Natur. Sieht man die Norm als Zuständigkeitsverweis auf die Landesebene, ergibt sich dies aus der allgemeinen Systematik des Grundgesetzes, Art. 30, 70 GG. Dass Art. 7 IV 3 und 4 GG die Ersatzschulen nicht von der Befolgung allgemeiner Gesetze befreit, ist ebenfalls eine Selbstverständlichkeit und nicht regelungsbedürftig.637 Schließlich kann auch die Funktion als Ausgestaltungs- oder Regelungs- bzw. Konkretisierungsvorbehalt nicht konstitutiv sein. Beide – streng zu trennenden –638 Funktionen können sich aus der gesamten Verfassungsnorm ergeben, nicht aus der zu untersuchenden Wendung.639 Stellt man die Regelungs- bzw. Konkretisierungsfunktion in den Mittelpunkt, d. h. das Ausfüllen der Genehmigungsvoraussetzungen auf einfachrechtlicher Ebene durch nichteingreifende Klarstellungen, folgt diese Möglichkeit der Länder ebenfalls bereits durch die Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe. Eine Konkretisierung im Sinne der Normierung der landesrechtlich notwendigen Schulnormen, die den Bezugspunkt des Nichtzurückstehens (Art. 7 IV 3 GG) bilden, folgt nicht aus der Privatschulfreiheit, sondern der Zuständigkeit des Landes zur Gestaltung seines eigenen Schulwesens. Soll der Gesetzgeber dagegen darüber (d. h. über nichteinschränkende Konkretisierung) hinaus zur tatbestandlichen Ausgestaltung befugt sein, muss sich dies daraus ergeben, dass der Tatbestand des Grundrechts aus-

631 Thiel, in: Sachs, Art. 7 Rn. 67; Geis, in: Friauf / Höfling, Art. 7 Rn. 75 Fn. 264; Pieroth  / ​ Barczak, in: Avenarius / Pieroth / Barczak, Herausforderung, 71 (113); Robbers, in: v.  Mangoldt / K lein / Starck, Art.  7 Rn.  219; Jestaedt, in: Isensee / K irchhof, HdBStR VII, § 156 Rn. 55 Fn. 184; Müller, Recht der Freien Schule, 98 ff. 632 Müller, Recht der Freien Schule, 101. 633 Brosius-Gersdorf, Sonderungsverbot, 19. 634 Wißmann, in: BK-GG, Art. 7 III Rn. 239; Kingreen / Poscher, Grundrechte, Rn. 801; Gallwas, Privatschulfreiheit, 60; Rux, Schulrecht, Rn. 1199; Randelzhofer / Wein, Ausbildungs­ reform, 47 f.; Badura, in: Maunz / Dürig, Art. 7 Rn. 100. Nicht immer wird die hier verwendete Terminologie benutzt. 635 Wißmann, in: BK-GG, Art. 7 III Rn. 239. 636 Starck, in: Krautscheidt / Marré, Essener Gespräche, 9 (31). 637 Siehe Zweiter Teil B. V. 3. b). 638 Siehe bereits Zweiter Teil B. II. 3. 639 Vgl. Wißmann, in: BK-GG, Art. 7 III Rn. 239, der auf die Normstruktur abstellt.

B. Dogmatik des Art. 7 IV GG

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gestaltungsbedürftig und -fähig ist oder daraus, dass andere Verfassungsbestimmungen (z. B. Art. 7 I GG)640 dies gestatten. In jedem Fall kann man jedoch keine selbstständige tatbestandliche Ausgestaltungsmöglichkeit im eigentlichen Sinne aus Art. 7 IV 2 Hs. 2 GG begründen, da diese Funktion im Gegensatz zu Art. 14 I 2 GG keinen Anhaltspunkt in der Auslegung der Norm hat. 4. Grundrechtsfunktion der Genehmigungsvoraussetzungen für Ersatzschulen (Art. 7 IV 3–4 GG) Die wesentliche und bisher selten erörterte Frage der Grundrechtssystematik des Art. 7 IV GG betrifft nunmehr die Bedeutung der Genehmigungsvoraussetzungen (Art. 7 IV 3 und 4 GG) für das Grundrecht.641 Ebenso wie beim Ersatzschulbegriff steht die Frage nach der dogmatischen Einordnung als Schutzbereichsbeschränkung, Gesetzesvorbehalt oder verfassungsunmittelbarer Schranke im Rahmen des Abwehrrechts im Mittelpunkt. Da die Genehmigungsvoraussetzungen für das gesamte Privatschulrecht zentral sind, ist die Bedeutung der grundrechtssystematischen Auslegung für die Reichweite der staatlichen Aufsicht und für die von den Behörden einzuhaltenden grundrechtlichen Kautelen nicht zu unterschätzen. a) Genehmigungsvoraussetzungen als leistungsrechtliche Tatbestandsmerkmale und deren Bedeutung für den abwehrrechtlichen Schutzumfang Fest steht nach dem bisher Gesagten, dass die Ersatzschuleigenschaft und die Kriterien der Genehmigungsfähigkeit ein präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt statuieren, dem sich bei Vorliegen der Voraussetzungen ein rechtlicher Anspruch auf Genehmigung entnehmen lässt. Die Genehmigungsvoraussetzungen sind Tatbestandsmerkmale.642 Werden weitere Kriterien hinzugefügt, liegt ein rechtfertigungsbedürftiger Grundrechtseingriff vor, der nicht per se ausgeschlossen ist, da auch „abschließende“643 Leistungsansprüche kollidierendem Verfassungsrecht unterliegen können.644 Auch die herrschende Lehre zum Art. 7 IV GG 640

Wohl Robbers, in: v. Mangoldt / K lein / Starck, Art.  7 Rn.  220; Randelzhofer / Wein, Ausbildungsreform, 47 ff., jeweils losgelöst von Art. 7 IV 2 Hs. 2 GG. 641 Überblick bei Doerfer-Kir, Islamische Erziehung, 105 ff. und Brosius-Gersdorf, Sonderungsverbot, 18. 642 Siehe bereits Zweiter Teil B. III. 2. 643 BVerwGE 17, 236 (238 ff.); 12, 349 (350 ff.); 104, 1 (6); 112, 263 (266); vgl. BVerfGE 27, 195 (201); aus der Literatur Loschelder, in: Merten / Papier, HGR IV, § 110 Rn. 79; Müller, Recht der Freien Schule, 104; 112; 122; Kromer, RdJB 1983, 184; Avenarius, in: Deutscher Juristentag, Schule im Rechtsstaat, 155 (159). 644 Grundsätzlich Jarass, in: Jarass / Pieroth, Vorb. vor Art. 1 Rn. 58; für Art. 19 IV GG als Leistungsrecht Kingreen / Poscher, Grundrechte, Rn. 1177; Schulze-Fielitz, in: Dreier, Art. 19 IV Rn. 84; 140; Jarass, in: Jarass / Pieroth, Art. 19 Rn. 32; 54. Zu Art. 7 IV 2 GG Müller, Recht

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müsste dies anerkennen, wenn sie Privatschulen mittelbar an Grundrechte binden will,645 da auch in diesem Fall das aus dem Genehmigungsanspruch folgende Recht auf ungestörter Beschulung zugunsten weiterreichender (in Art. 7 IV 3 und 4 GG nicht vorgesehener) Pflichten auf Verfassungsebene gesetzlich beschränkt wird. Allein aus der leistungsrechtlichen Konstruktion der Ersatzschulfreiheit lassen sich gleichwohl nicht alle Fragen der gesetzgeberischen Steuerung und der Aufsichtsausübung beantworten. Aus dem Leistungsrecht kann ein subjektiver Anspruch auf Tätigkeitsgenehmigung und den Bestand der Genehmigung konstruiert werden.646 Keine Antwort kann es hingegen aus seiner binären Struktur heraus auf die Frage geben, ob nicht mit der Genehmigung zusammenhängende Aufsichtsmaßnahmen gestattet sind oder ob weitere Anforderungen an die Ersatzschulen möglich sind, wenn diese die Genehmigung unberührt belassen. Liegen die Voraus­ setzungen des Tatbestands nicht vor, besteht kein Genehmigungsanspruch. Der gesamte Tätigkeitsbereich der Ersatzschulen ist allerdings nicht nur leistungs-, sondern umfassend und primär abwehrrechtlich geschützt.647 Auch wenn der Wortlaut des Art. 7 IV 2–4 GG leistungsrechtlich verschriftlicht ist, erspart dies nicht die abwehrrechtliche Betrachtung von potenziellen Eingriffen. Im Übrigen fehlt es im Grundgesetz an einer ausgeprägten allgemeinen Dogmatik zur Einschränkung von Leistungsrechten, deren Voraussetzungen das Grundgesetz selbst nennt.648 Im Grundrechtskatalog sind wenige bis keine mit dem Genehmigungsleistungsanspruch vergleichbaren Regelungen enthalten. Unabhängig hiervon muss die Beschränkbarkeit des Genehmigungsleistungsanspruchs und des Abwehrrechts ohnehin parallel liegen,649 da beide in der gleichen Norm begründet sind und der Leistungsanspruch Ausdruck der grundgesetzlich intendierten Beschränkung der Privatschulfreiheit (als Abwehrrecht) ist. Sprich: Ist der Eingriff in das Abwehrrecht gerechtfertigt, ist unter diesem Gesichtspunkt die Beschränkung des Leistungsanspruchs rechtfertigbar. Ob man die Genehmigungsvoraussetzungen als Gesetzesvorbehalt zum Leistungsrecht sehen kann,650 kann daher dahinstehen, da Art. 7 IV 1 GG vor allem abwehrrechtliche Relevanz (gegen staatliche Eingriffe) hat. Dies gilt insbesondere bei der ausschließlich so fass­baren Aufsichtsausübung. der Freien Schule, 112 und Pieroth / Barczak, in: Avenarius / Pieroth / Barczak, Herausforderung, 71 (146), die (lediglich) kollidierendes Verfassungsrecht (hier Art. 7 I GG) als Möglichkeit der Genehmigungserweiterung zulassen wollen. 645 Siehe Zweiter Teil, Fn. 131. 646 Siehe Nachweise in Zweiter Teil, Fn. 643. 647 Siehe bereits Zweiter Teil B. III. 1. 648 Vgl. Stern, Staatsrecht III/2, 219 ff.; 385 ff. Siehe auch Sachs, in: Sachs, Vor Art. 1 Rn. 104, der auf den bei Leistungsrechten eingeräumten Spielräumen für den Gesetzgeber hinweist. Vgl. auch Lenz, Vorbehaltlose Freiheitsrechte, 76. 649 Ähnlich nach Stern, Staatsrecht III/2, 223 ff. für die Unterlassungsansprüche. Das ist auf die Genehmigungssituation übertragbar. 650 Vgl. Stern, Staatsrecht III/2, 387 ff. zur Einschränkung von Leistungsrechten.

B. Dogmatik des Art. 7 IV GG

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Insofern spricht vieles dafür, die Reichweite gesetzgeberischer Steuerung und Aufsicht primär abwehrrechtlich zu konstruieren. Es handelt sich letztlich kaum um eine andere Situation als bei Freiheitsrechten, deren bereichsspezifische Ausübung man unter den Vorbehalt verwaltungsrechtlicher Genehmigung stellt,651 bloß dass es sich um eine verfassungsunmittelbare Beschränkung handelt, deren Wechselwirkung auf den grundrechtlichen Schutzumfang im Folgenden näher zu untersuchen ist. b) Genehmigungsvoraussetzungen als abwehrrechtliche Grundrechtsgrenzen oder Schranken aa) Vergleichbarkeit mit anderen Grundrechten unter Genehmigungsvorbehalt Art. 7 IV 2 GG hat im Grundgesetz eine Sonderstellung. Zwar sind auch andere Grundrechtsausübungen einfachrechtlich von einer Genehmigung abhängig, diese sind jedoch unzweifelhaft Grundrechtseingriffe, weil sie den prima-facieSchutz des Grundrechts durch Verzögerung begrenzen.652 Sind diese als präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt von der Erfüllung des Tatbestands abhängig, drückt eine Genehmigung die Unbedenklichkeitserklärung der Freiheitsausübung aus, während repressive Verbote mit Befreiungsvorbehalt in der Regel „das Recht überhaupt […] erst konstitutiv begründe[n]“.653 Durch diese verwaltungsrechtsdogmatische Unterscheidung lässt sich die Wertung der Grundrechte natürlich nicht beseitigen,654 sodass sich nach dem Grundrecht entscheiden muss, ob eine ausnahmsweise Befreiung zulässig ist oder ob auf die Genehmigung ein Anspruch zu bestehen hat. Im Grundgesetz ist mit der Situation der Ersatzschulfreiheit allenfalls das Genehmigungsbedürfnis der Herstellung, der Beförderung und des Inverkehrbringens von Kriegswaffen nach Art. 26 II GG vergleichbar. Zur Qualifizierung dieses Genehmigungsvorbehalts wird richtigerweise die Frage gestellt, ob die Kriegswaffenherstellung, -beförderung etc. von vornherein verbotene Tätigkeiten sind und Art. 26 II GG der Berufsfreiheit als Schranke gegenübersteht und diese Handlungen grundsätzlich verbietet oder ob Art. 26 II GG diese Rechte im Grunde unberührt lässt und als Erlaubnisvorbehalt zu qualifizieren ist.655 Auf die 651

Sachs, NWVBl 2018, 441 (442). Zu Art. 26 II GG ähnlich Herdegen, in: Maunz / Dürig, Art. 26 Rn. 73. Zu Art. 7 IV GG im Ergebnis ähnlich Ogorek, DÖV 2010, 341 (343 ff.). 652 Schröder, Genehmigungsverwaltungsrecht, 431 ff. 653 BVerfGE 20, 150 (157); Schröder, Genehmigungsverwaltungsrecht, 465 ff., der auch darauf hinweist, dass durch Art. 2 I GG eine Verhältnismäßigkeitsprüfung nicht entbehrlich ist. Vgl. auch Sachs, NWVBl 2018, 441 (442). 654 Korte, in: Wolff / Bachof et al., Verwaltungsrecht I, § 46 Rn. 41. 655 Fink, in: v. Mangoldt / K lein / Starck, Art. 26 II Rn. 74; Herdegen, in: Maunz / Dürig, Art. 26 Rn. 73; Wollenschläger, in: Dreier, Art. 26 Rn. 46.

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2. Teil: Verfassungsrechtlicher Rahmen der Ersatzschulaufsicht 

Beantwortung der Frage für Art. 26 II GG kommt es indes nicht an. Allerdings nützt die Erkenntnis, dass sich die grundrechtliche Natur des vorliegenden Genehmigungsvorbehalts aus der Auslegung der Grundrechtstatbestände ergibt und nicht der Genehmigungsvorbehalt an sich Rückschlüsse auf die Reichweite des Tatbestands geben kann.656 Soll ein Verhalten von vornherein aus dem Grundrechtstatbestand ausgeklammert oder verfassungsunmittelbar verboten werden, bedarf es hierfür Anhaltspunkte im Wortlaut der Grundrechtsnorm657 oder anderer starker Auslegungsargumente.658 Ähnlich ist Art. 9 II GG zu sehen, der zwar keine Genehmigung aufstellt, sondern eher umgekehrt eine von einer konstitutiven exekutiven Entscheidung abhängige verfassungsunmittelbare Schranke der Versammlungsfreiheit bewirkt.659 Diese Schranke spricht der Wortlaut („sind verboten“) eindeutig aus. Für die Einordnung der Genehmigungsvoraussetzungen des Art. 7 IV 3 und 4 GG gibt Art. 26 II GG darüber hinaus wenig her, da er keine Voraussetzungen der Genehmigungserteilung nennt. bb) Spielraum der Länder bei der Genehmigung von Ersatzschulen Der abwehrrechtlichen Einordnung der Genehmigungsvoraussetzungen muss zwingend die Frage der Pflichtigkeit dieser Bestimmungen für Gesetzgeber und Verwaltung als Prämisse vorausgehen. Zu Recht hat Sachs660 aufgeworfen, ob die in größeren Teilen der Literatur und Rechtsprechung praktizierte Gleichstellung von Satz 3 („Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn“) und Satz 4 („Die Genehmigung ist zu versagen, wenn“) des Art. 7 IV GG methodisch vertretbar ist. Unstreitig ist grundsätzlich, dass die Länder Ersatzschulen nicht genehmigen dürfen, wenn die Voraussetzungen des Satzes 4 erfüllt sind, wenn also die wirtschaftliche und rechtliche Stellung der Lehrkräfte nicht genügend gesichert ist.661 Viele sehen dies für Satz 3 genauso, sodass die Genehmigung zwingend zu versagen sei, wenn die Schulen in Lehrzielen, Einrichtungen oder der wissenschaftlichen Ausbildung der Lehrkräfte zurückstehen oder diese eine Sonderung der Schülerinnen und Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern fördern.662 In der Rechtsprechung ist die Frage bisher – soweit ersichtlich – nie entscheidungserheblicher Mittelpunkt einer 656

Vgl. Herdegen, in: Maunz / Dürig, Art. 26 Rn. 73. Herdegen, in: Maunz / Dürig, Art. 26 Rn. 73; vgl. BVerfGE 137, 185 (256 ff.). 658 Vgl. Fink, in: v. Mangoldt / K lein / Starck, Art. 26 II Rn. 75. 659 Bauer, in: Dreier, Art. 9 Rn. 54; zur Einordnung bereits Zweiter Teil  B. II. 2 dort Fn. 114. 660 Sachs, NWVBl 2018, 441. 661 Statt aller Badura, in: Maunz / Dürig, Art. 7 Rn. 119. 662 Brosius-Gersdorf, Sonderungsverbot, 20 ff. mit ausführlicher Begründung; Brosius-Gersdorf, in: Dreier, Art. 7 Rn. 113; Thiel, in: Sachs, Art. 7 Rn. 68; Umbach, in: Umbach / Clemens, Art. 7 IV, V Rn. 179; Wrase / Helbig, NVwZ 2016, 1591; Barczak, Übergang, 238; Jach, FS Vogel, 75 (90); Wißmann, in: BK-GG, Art. 7 III Rn. 241; Kösling, Private Schule, 22; Wallrabenstein, RdJB 2014, 248 (252); Vogel, Schulen und Heime in freier Trägerschaft, 20 f.; wohl auch Doerfer-Kir, Islamische Erziehung, 105 ff. 657

B. Dogmatik des Art. 7 IV GG

249

Auseinandersetzung gewesen. Die Tendenz geht im Anschluss an obiter dicta des Bundesverfassungsgerichts, welches das Sonderungsverbot des Satzes 3 als Genehmigungsverweigerungsgrund gesehen hat, in Richtung zwingender Versagungsgründe.663 Andere gestehen den Ländern einen Genehmigungsspielraum zu, wenn die Voraussetzungen des Satzes 3 nicht vorliegen.664 Da alle Länder im einfachen Recht erst bei vollständigem Erfüllen der Genehmigungsvoraussetzungen Ersatzschulen gestatten,665 ist die Frage nicht unmittelbar genehmigungspraktisch relevant und stellt somit nicht die Schutz- und Förderpflicht (Finanzhilfe) als Ingerenzpflicht des Staates infrage. Für die Grundrechtsdogmatik und für die praktischen (vor allem administrativen) Handlungsspielräume macht es einen Unterschied, ob bis zur Erfüllung der Genehmigungsanforderungen des Satzes 3 ein Ermessen besteht (d. h. das Grundgesetz eine diese Anforderungen nicht erfüllende Schule grundsätzlich als zulässig erachtet) oder ob der gesamte Handlungsrahmen gegenüber Ersatzschulen verfassungsrechtlich determiniert ist, weil den Ländern eine Genehmigung abweichend von Satz 3 verboten ist. (1) Grammatikalische und systematische Auslegung Einigkeit herrscht darin, dass die grammatikalische Auslegung des Art. 7 IV 3 GG („Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn“) nicht für die Sicht auf die dort statuierten Voraussetzungen als zwingende Versagungsgründe spricht. Der Normtext regelt unstrittig den Fall, dass die Schulen die dortigen Voraussetzungen erfüllen und ein Anspruch auf Genehmigung nach Bundesverfassungsrecht besteht.666 Umgekehrt äußert sich die Norm nicht explizit zu dem Fall, dass diese Voraussetzungen nicht vorliegen. Grammatikalisch liegt ein Ermessen bei Nichtvorliegen zwar nahe,667 wird jedoch nicht ausgesprochen. Eine Tendenz in Richtung Ermessen der Länder ergibt sich erst aus dem Zusammenhang mit Art. 7 IV 4 GG. Diese Norm ist grammatikalisch dahingehend zwingend, dass eine Genehmigung nicht erfolgen darf. Da beide Sätze zusammen 663

Zur Genehmigung nur BVerfGE 88, 40 (47); im Rahmen der Förderpflicht: BVerfGE 75, 40 (62 ff.); 90, 107 (119); 90 128 (138); BVerwGE 79, 154 (162); VerfGH Bayern, VerfGHE 60, 167 (177); OVG Sachsen, Urt. v. 02. 03. 2011 – 2 A 47/09, juris (Rn. 32). Einen Spielraum nimmt OVG NRW, NWVBl 1993, 211 (215 ff.) an. 664 Sachs, NWVBl 2018, 441 mit ausführlicher Begründung und weiteren Nachweisen für beide Ansichten; vgl. Sachs, Verfassungsrecht II, Kap. 19 Rn. 34; Loschelder, in: Listl / Pirson, Handbuch des Staatskirchenrechts, Bd. 2, 530; Peters, in: Bettermann / Nipperdey / Scheuner, Grundrechte, 369 (435); Heckel, Privatschulrecht, 275; Uhle, in: BeckOK GG, Art. 7 Rn. 87; Robbers, in: v. Mangoldt / K lein / Starck, Art. 7 Rn. 189; wohl auch Jestaedt, in: Isensee / K irchhof, HdBStR VII, § 156 Rn. 55 Fn. 186 und Avenarius, in: Deutscher Juristentag, Schule im Rechtsstaat, 155 (160), der diese Entscheidung aber dem Gesetzesvorbehalt zuordnen will. 665 Zum Landesrecht bereits Erster Teil C. II. 3. d). 666 Sachs, NWVBl 2018, 441; Brosius-Gersdorf, Sonderungsverbot, 20 ff. 667 Brosius-Gersdorf, Sonderungsverbot, 21.

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2. Teil: Verfassungsrechtlicher Rahmen der Ersatzschulaufsicht 

die Kriterien der Genehmigung des Satzes 2 ergeben, stellt sich die Frage, warum das Grundgesetz und zuvor Art. 147 I der WRV sprachlich zwischen der Versagung und der Erteilung der Genehmigung unterscheiden.668 Die Betrachtung der gegensätzlichen Wortlaute spricht deutlich für ein Ermessen im Rahmen des Satzes 3; eine Gleichstellung würde die durch die unterschiedlichen Formulierungen nahegelegten Bedeutungsunterschiede verwischen.669 Systematisch relevant ist weiter, dass die Genehmigungserteilung Ländersache ist, was Art. 7 IV 2 GG klarstellt.670 Die Norm unterstellt die Ersatzschulen den Landesgesetzen und regelt im Anschluss Aspekte der Genehmigung.671 Zwar ist die Genehmigung nicht zu versagen, wenn diese Voraussetzungen vorliegen. Die Kriterien, auf die das Nichtzurückstehen des Satzes 3 Bezug nimmt, bestimmen sich jedoch nach Landesrecht und den dortigen Festlegungen des öffentlichen Schulwesens. Die Länder bestimmen den Rahmen der „Qualität“ im Schulwesen, ebenso wie sie festlegen, ob und wie sie für ihre eigenen Schulen Gebühren erheben oder nach welchen Kriterien sich die Lehrerbildung zu vollziehen hat. Es liegt mit der grundgesetzlichen Kompetenzverteilung nahe, auch die konkreten Anforderungen an Ersatzschulen und die Genehmigungserteilung grundsätzlich im Landesrecht zu verorten.672 Art. 7 IV 3 GG ist insofern abschließend, als dass er den Ländern eine äußere Grenze für ihr Bestimmungsrecht setzt. Die Länder dürfen den Leistungsanspruch nicht vereiteln, wenn dessen Voraussetzungen vorliegen. Ihnen steht systematisch aber die Entscheidung über die Genehmigung zu, soweit das Grundgesetz diese nicht vorgibt.673 Das ist noch per se kein Argument für oder gegen die Abgeschlossenheit der Norm, verdeutlicht allerdings, dass eine Auslegung des Satzes 3 (lediglich) als Anspruchsvoraussetzung und nicht als Versagungsgrund systemgerecht wäre. (2) Genetische Auslegung Art. 7 IV 2–4 GG sind in den entscheidenden Punkten identisch mit Art. 147 WRV. Der im Parlamentarischen Rat zunächst angenommene Antrag Heuss’ („Das Recht zur Errichtung von privaten Schulen wird gewährleistet. Das Nähere wird durch Landesrecht bestimmt.“)674 hätte die Formulierung einer klassischen grundrechtlichen Gewährleistung unter Gesetzesvorbehalt beinhaltet, die Einschränkungen dieses Rechts den Ländern überlassen hätte. Heuss ging davon aus, dass die 668 Sachs, NWVBl 2018, 441 (442); zur grammatikalisch-systematischen Auslegung auch Brosius-Gersdorf, Sonderungsverbot, 21. 669 Sachs, NWVBl 2018, 441 (442). 670 Siehe bereits Zweiter Teil B. IV. 3. 671 Sachs, NWVBl 2018, 441 (442). 672 Sachs, NWVBl 2018, 441 (442). 673 Vgl. Sachs, NWVBl 2018, 441 (442). 674 Doemming / Füsslein / Matz, JöR n. F. Bd. 1 (1951), 101 (112).

B. Dogmatik des Art. 7 IV GG

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Länder an das Betreiben solcher Schulen weitere Anforderungen („soundso viele Freistellen“) stellen können, damit diese nicht zu „Standesschulen“ werden.675 Später übernahm man die geltende Fassung des Fünfer- bzw. Redaktionsausschusses ohne nähere Diskussion.676 Bereits diese knappe grundgesetzliche Entstehungsgeschichte kann man tendenziell in Richtung eines landesrechtlichen Spielraums deuten. Die Mitglieder des Parlamentarischen Rats schienen in der Diskussion zu Heuss’ Antrag keine Einwände gehabt zu haben, die Kriterien des Privatschulbetriebs grundsätzlich den Ländern zu überantworten.677 Für ein tragfähiges genetisches Argument ist aber an die Entstehung der Weimarer Verfassung anzuknüpfen. Natürlich ist zu beachten, dass Art. 7 IV GG durch seinen Satz 1 ein deutlich liberalerer Charakter zukommt, da er die Privatschulfreiheit auch als Abwehrrecht statuiert. Insofern kann man schon aus dem freiheitlicheren Charakter der Norm ein vorsichtiges (teleologisches) Argument gegen eine Auslegung machen, die Handlungsspielräume der Verwaltung hinsichtlich einer „lockereren“ Genehmigung und demnach auch Handlungsspielräume der Schulen von vornherein bundesverfassungsrechtlich ausschließen will. In der Weimarer Staatsrechtslehre wurde Art. 147 2 WRV dahingehend ausgelegt, dass die Länder nicht daran gehindert seien, die Genehmigung auch dann zu erteilen, wenn die Voraussetzungen nicht vorliegen.678 Landé begründete dies damit, dass Art. 147 WRV die Ersatzschulen vor weitergehenden Voraussetzungen schützen, nicht jedoch die Verwaltung abschließend determinieren soll.679 Die in der Literatur in den Mittelpunkt gestellte gegenteilige Auslegung des BVerfG zum Sonderungsverbot (als zwingend zu beachtender Norm), die sich zur Begründung ebenfalls primär auf die Stimmen zur WRV stützt, lässt außer Acht, dass Landé und zahlreiche weitere Autoren die Vorschriften des Art. 147 2 WRV für disponibel hielten.680 Gegen die Interpretation der Weimarer Rechtswissenschaft führen manche deren Genese an.681 In der verfassungsgebenden Nationalversammlung lag ein Antrag der DDP vor, der alle Genehmigungsvoraussetzungen als zwingende Versagungsgründen im Sinne des Art. 147 3 WRV formuliert hätte.682 Dieser Antrag 675

Vgl. Parlamentarischer Rat, Bd. 14/2, 1371. Doemming / Füsslein / Matz, JöR n. F. Bd. 1 (1951), 101 (113); Sachs, NWVBl 2018, 441 (443). 677 Vgl. Sachs, NWVBl 2018, 441 (443). 678 Sachs, NWVBl 2018, 441 (443 ff.). 679 Landé, Schule in der Reichsverfassung, 155; vgl. Anschütz, Verfassung, Art. 147 Rn. 2; Brosius-Gersdorf, Sonderungsverbot, 21. 680 Sachs, NWVBl 2018, 441 (443) zu Landé, Schule in der Reichsverfassung, 148; vgl. BVerfGE 75, 40 (57 ff.). 681 Vgl. Brosius-Gersdorf, Sonderungsverbot, 21 ff. 682 „Die Genehmigung ist insbesondere zu versagen, wenn die Privatschulen die Absonderung der Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern fördern, wenn sie in ihren Lehrzielen und Einrichtungen hinter den öffentlichen Schulen zurückstehen, oder wenn die wirtschaftliche und rechtliche Stellung der Lehrkräfte nicht genügend gesichert ist“, s. Verhandlungen der Nationalversammlung, Bd. 329, 2175. 676

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2. Teil: Verfassungsrechtlicher Rahmen der Ersatzschulaufsicht 

wurde zugunsten der heute geltenden Fassung in Satz 2 WRV bzw. Satz 3 GG abgelehnt.683 Diese Formulierung sei deswegen abgelehnt worden, weil sie keinen „Genehmigungszwang“ vorgesehen hätte, den Ländern also allein ein Genehmigungsverbot erteilt und keinen Genehmigungsanspruch gegenübergestellt hätte.684 Daraus könne man ableiten, dass der Verfassungsgeber den Anspruchscharakter der Genehmigung herausstellen und nicht an der Versagungspflicht bei Nichtvorliegen rütteln wollte.685 Ob der Verfassungsgeber durch die Ablehnung dieses Antrags und die Annahme der geltenden Fassung tatsächlich (auch) regeln wollte, dass die Genehmigung bei Fehlen der Voraussetzungen des Satzes 2 WRV zu versagen sind, ist jedoch fraglich. Die DDP wollte mit dem Antrag erreichen, dass weitere Anforderungen für Ersatzschulen geregelt und notfalls die Privatschule verboten werden könnte. Die Reichsverfassung solle hiernach nur zu den zwingenden Grenzen Stellung nehmen, nicht aber eine Genehmigungspflicht begründen.686 Die Ausführungen des DDP-Abgeordneten wurden nicht weiter diskutiert und stattdessen die Fassung angenommen, die zwischen SPD und Zentrum konsentiert war, der die DDP hingegen nicht zustimmen wollte.687 Es ist nicht belegbar, dass diese Äußerungen der DDP für den Weimarer Schulkompromiss tragend gewesen wären, da die DDP weit über die Frage der Genehmigungsversagung hinausgehende Forderungen (Möglichkeit der Versagung der Genehmigung im freien Ermessen der Länder) geregelt haben wollte. Für eine Interpretation als zwingende Genehmigungsvoraussetzungen könnten die erläuternden Worte des Unterstaatssekretärs Schulz (SPD) heranzuziehen sein, der die geltende Textfassung als „Bedingung“ der Genehmigung bezeichnet hat, die einen „Mißbrauch mit der Errichtung von Privatschulen“ und „Standes- und Kastenschulen“ verhindern sollte.688 Auch solche Äußerungen sind jedoch nicht überzuinterpretieren. Auch Schulz trat in der Nationalversammlung als Parteivertreter auf und war nicht verlegen zu betonen, dass die Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten die Privatschulen grundsätzlich ablehnen würden.689 Insofern „fehlt“ in der Begründung der Verfassungsregelung die Sicht der Zentrumspartei, welche die andere Seite des Kompromisses vertrat und eher privatschulfreundlich eingestellt war.690 In dieser Frage weiterführen dürfte allein die Formulierung des ersten Weimarer Schulkompromisses691. Zwar geben die Diskussionen zu dieser Fassung grundsätz 683

Verhandlungen der Nationalversammlung, Bd. 329, 2175. Landé, Schule in der Reichsverfassung, 148; Brosius-Gersdorf, Sonderungsverbot, 21. 685 Brosius-Gersdorf, Sonderungsverbot, 21 ff. im Anschluss an Landé, Schule in der Reichsverfassung, 148. 686 Siehe Begründung Abg. Luppe (DDP) Verhandlungen der Nationalversammlung, Bd. 329, 2174; vgl. dazu Sachs, NWVBl 2018, 441 (Fn. 35). 687 Vgl. Verhandlungen der Nationalversammlung, Bd. 329, 2174 ff. 688 Vgl. Verhandlungen der Nationalversammlung, Bd. 329, 2161 f.; vgl. dazu Sachs, NWVBl 2018, 441 (Fn. 35). 689 Vgl. Verhandlungen der Nationalversammlung, Bd. 329, 2161 ff. 690 Vgl. Lemper, Privatschulfreiheit, 81 ff. 691 Absatz 1 lautete „Private Schulen als Ersatz für öffentliche Schulen bedürfen der Genehmigung des Staates und unterstehen den Landesgesetzen. Die Genehmigung ist zu erteilen, 684

B. Dogmatik des Art. 7 IV GG

253

lich keine unmittelbare Antwort auf die Frage des Unterschreitens der Anforderungen,692 die Gegenüberstellung beider Fassungen führt jedoch weiter. Wäre es den Verfassungsgebern tatsächlich darum gegangen, abschließende Bedingungen der Genehmigungen festzulegen, lässt sich nicht erklären, warum die Endfassung die Kriterien des Satzes 3 WRV (Satz 4 GG) hintangestellt und nicht in den ersten Satz mit aufgenommen wurden. Die ursprüngliche Kompromissformel sah gerade nur die Genehmigungserteilungsvoraussetzungen und keine zwingenden Versagungsgründe vor und nicht umgekehrt. Der Unterschied der beiden Fassungen deutet eher in die Richtung, dass der Unterschied zwischen Satz 2 und 3 (Satz 3 und 4 im GG) nicht zufällig gewählt wurde. Da Aufzeichnungen aus den parteiinternen Kompromissrunden fehlen, die den Unterschied zwischen Art. 147 I 2 und S. 3 WRV begründen könnten, bleibt die Entstehungsgeschichte der WRV für diese Frage eher unergiebig, will man Aussagen einzelner Abgeordneten nicht überinterpretieren. Gleiches muss aufgrund der noch dünneren Begründungslage für die Entstehung des Art. 7 IV GG gelten. Zusätzlich kann man dort allerdings die herrschende Interpretation der Weimarer Staatsrechtslehre heranziehen. Hätte der Grundgesetzgeber gewollt, dass entgegen der bestehenden Literatur eine Versagung nach den Kriterien des Art. 7 IV 3 GG stets hätte stattfinden sollen, hätte dieser die Norm anders formulieren können.693 Im Gegensatz zur Weimarer Reichsverfassung bestünde unter dem Grundgesetz nicht die Gefahr, dass die Länder ohne eine Anspruchsformulierung der Genehmigung beliebig weitere Anforderungen festlegen, da die Privatschulfreiheit als Grundrecht die Handlungsfreiheit absichert. Insgesamt spricht die Genese der Norm für die Option der Länder, die Genehmigung bei (teilweisem) Nichterfüllen der Kriterien des Art. 7 IV 3 GG nach eigenem Ermessen und nach eigenen Kriterien zu erteilen. (3) Teleologische Auslegung Indes könnten Sinn und Zweck der Norm für eine Versagung der Genehmigung bei Nichterreichen der Kriterien des Art. 7 IV 3 GG sprechen. Bereits vielfach herausgestellt wurde, dass Sinn der Regelung ist, die Kinder vor unzureichenden Bildungseinrichtungen zu schützen und auch „Standesschulen“ zu vermeiden. Genetisch kann man dies zwar nicht mit Aussagen aus dem Parlamentarischen Rat, gleichwohl mit solchen aus den Verhandlungen der Nationalversammlung belegen. Dort sollte ein Kompromiss zwischen den Rechten der Eltern, für die die Zen­ trumspartei stand, und den sozialstaatlichen Elementen, die von SPD-Ab­geordneten wenn die Privatschulen in ihren Lehrzielen und Einrichtungen sowie in der wissenschaftlichen Ausbildung ihrer Lehrkräfte nicht hinter den öffentlichen Schulen zurückstehen und im Falle der Erhebung von Schulgeld durch Abstufung auch minderbemittelten Volksschichten zugänglich gemacht werden“, abgedruckt bei Landé, Schule in der Reichsverfassung, 147. 692 Vgl. Verhandlungen der Nationalversammlung, Bd. 328, 1673 ff. 693 Vgl. Sachs, NWVBl 2018, 441 (443 ff.).

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2. Teil: Verfassungsrechtlicher Rahmen der Ersatzschulaufsicht 

befürwortet wurden, geschaffen werden. Die Aspekte der gleichwertigen Bildung spielten eher am Rande eine Rolle.694 Dem Genehmigungsregime sämtliche Schutzwirkung zugunsten der Kinder bzw. Eltern absprechen zu wollen,695 dürfte indes zu weit gehen, insbesondere weil die Elternrechte an der Privatschule stets im Vordergrund standen. Eine Schutzwirkung zugunsten der Kinder haben auch andere Grundrechte.696 Gestützt auf das Telos kann man daher argumentieren, dass eine Schule ohne die Kriterien des Satzes 3 ihren Sinn und Zweck als qualitativ hochwertige Einrichtung nicht erfüllen kann, wenn sie diese Voraussetzungen nicht einhält, sodass die Genehmigung daher zu versagen ist.697 Auch erscheint es unwahrscheinlich, dass der Verfassungsgeber bewusst „sondernde“ Ersatzschulen zulassen wollte, da das Sonderungsverbot insofern Teil einer Gesamtstrategie mit Art. 7 V und Art. 7 VI GG ist. Eine solche teleologische Auslegung wäre entgegen Systematik möglich, wenn die gesetzgeberischen Ziele anders nicht zu erreichen wären. Das ist jedoch zu bezweifeln. Die Genehmigungskriterien knüpfen sprachlich an deinen messbaren Erfolg der Schule an. Art. 7 IV 3 GG gibt einen Anspruch auf Genehmigungserteilung, wenn die Schule gleichwertig ist (nichtzurücksteht) und damit im „Output“ einer öffentlichen Schule entspricht. Ist dieser Output sichergestellt, verbleibt nach Landesrecht ein großer Spielraum für eigene Methoden. Kann der Staat aber nicht bereits am Output einer Schule den Erfolg messen, z. B. weil ein bestimmtes Konzept unerprobt ist, muss das nicht zur Versagung der Genehmigung führen. Insofern wären statt der Genehmigungsversagung stärkere Rahmenvorgaben als milderes Mittel denkbar.698 Dies könnten die Länder beispielsweise durch verschärfte schulfachliche Begleitung der Schule realisieren, bis die Schule nachweisen kann, dass ihre Methoden gleichwertig sind, sodass sie einen Anspruch auf Genehmigung hat. Auch eine vorläufige Genehmigung ist denkbar.699 Dabei muss im Einzelfall der Zweck, vor unzureichenden Bildungseinrichtungen zu schützen, gewahrt bleiben.700 Dies zeigt, dass der eingeräumte Spielraum bei Art. 7 IV 3 GG nicht theoretischer Natur ist. Mit Hinblick auf das Sonderungsverbot kann die teleologische Auslegung zwar für sich vorweisen, dass der Weimarer Verfassungsgeber eine Absonderung bestimmter Schichten nicht wollte; insofern besteht kein Anspruch auf Genehmigung bei Sonderung der Schüler nach den Besitzverhältnissen. Die Ansicht kann dagegen nicht belegen, dass der Verfassungsgeber dies auch den Ländern gegenüber festschreiben wollte. Darüber hinaus muss man sehen, dass im Parlamentarischen Rat explizit keine Pflicht des Staates zur Finanzierung der Pri 694

Vgl. zur Historie bereits Erster Teil B. I. 1. c). So aber Sachs, NWVBl 2018, 441 (445). 696 Pieroth, NWVBl 1993, 201 (205). 697 Brosius-Gersdorf, Sonderungsverbot, 22. 698 Vgl. in die Richtung Sachs, NWVBl 2018, 441 (442). 699 Avenarius, in: Deutscher Juristentag, Schule im Rechtsstaat, 155 (160). 700 OVG NRW, NWVBl. 1993, 211 (216). 695

B. Dogmatik des Art. 7 IV GG

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vatschulen gewollt war und durch das Grundgesetz nicht etabliert werden sollte.701 Es liegt nicht fern, anzunehmen, dass die Genehmigungsvoraussetzungen zumindest eine Flexibilität dahingehend behalten sollten, dass die Landesgesetzgeber keine Vorgaben einfordern müssen, die wegen fehlender Finanzierungspflicht zur Verhinderung der Gründung privater Schulen führen würden. Man kann die Genehmigungsvoraussetzungen „nach Ermessen“ des Art. 7 IV 3 GG als Sicherung der Gestaltungsbefugnisse der Länder im Schulwesen sehen.702 Schließlich sind die Genehmigungsvoraussetzungen ohnehin akzessorisch, sodass das Argument, dass „qualitativ unzureichende Schuljahre kaum oder gar nicht [nachgeholt werden können]“703 nur zutrifft, wenn vergleichbare staatliche Schulen dem gewünschten Schutz- bzw. Qualitätsstandard entsprechen. Die zwingende Anwendung der Genehmigungsvoraussetzungen würde daher keine bestimmte absolute Qualität der Schule bewirken, die nicht verzichtbar ist und eine Genehmigungsverweigerung rechtfertigen könnte, sondern eine relative Qualität im Vergleich mit öffentlichen Schulen. Die strenge Auslegung hätte ein in anderen Bereichen kaum vorstellbares „Hineinregieren“ der Verfassung in die konkrete Schulpolitik zur Folge, denn schließlich wird wohl niemand allen öffentlichen Schulen ein gleichbleibendes Niveau bescheinigen, was stehts mit allen staatlichen Anforderungen an diese übereinstimmt. Es wäre fernliegend, diese Situation bei Ersatzschulen mit dem Makel der Verfassungswidrigkeit zu brandmarken. (4) Bewertung Insgesamt überzeugt die rein teleologische Herleitung des Art. 7 IV 3 GG als zwingende Genehmigungsversagungsnorm nicht, da sie wenige Anknüpfungspunkte in den anderen Auslegungsmethoden vorweisen kann.704 Dagegen stehen sowohl Systematik als auch die Genese der grundgesetzlichen Norm in der Tradi­ tion der Weimarer Staatsrechtslehre, die eine Abweichung in das Ermessen der Länder gestellt hat. Der Grundgesetzgeber hätte keinen Grund gehabt, die Norm in ihrer bestehenden Form zu formulieren, wenn er tatsächlich ein anderes Ergebnis gewollt hätte. Das Ergebnis mag kontraintuitive Spielräume im Schulbereich eröffnen, wo sie politisch nicht gewollt sein dürften. Jedoch bedeutet auch dieses Ergebnis nicht, dass die Länder die Genehmigung erteilen müssen, sondern allein, dass sie es können. Auch in anderen Regelungsbereichen sind die Länder für die Umsetzung oder die Normgebung verantwortlich, ohne dass das Grundgesetz einen festen Rahmen vorgibt. Es ist im Grundgesetz keine Besonderheit, dass Grundrechte einen weiten Schutzbereich formulieren und erst der Gesetzgeber diesen einschränken kann, ggf. aufgrund anderweitiger (z. B. kollidierendem 701

BVerfGE 75, 40 (61). Vgl. Sachs, NWVBl 2018, 441 (442). 703 Robbers, in: v. Mangoldt / K lein / Starck, Art.  7 Rn.  185. 704 Vgl. Sachs, NWVBl 2018, 441 (445). 702

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2. Teil: Verfassungsrechtlicher Rahmen der Ersatzschulaufsicht 

Verfassungsrecht) Grundrechtsbestimmungen. Art. 7 IV 3 GG verbietet es den Ländern, die Genehmigung zu verweigern, wenn die Schule gleichwertig ist und keine Sonderung fördert. Sie eröffnet ihnen hingegen (Regelung-)Spielräume, wo die Schulen diese Kriterien (noch) nicht erfüllen. cc) Möglichkeiten der verfassungsrechtlichen Einordnung der Genehmigungsvoraussetzungen und deren Konsequenzen Vor dem Hintergrund der nun geklärten Vorfragen ist die nachfolgende Einordnung der Genehmigungsvoraussetzungen in das System von Grundrechtsbegrenzungen zu sehen. Es ist möglich, dass den Kriterien des Satzes 4 andere Bedeutung beizumessen ist als denen des Satzes 3, weil diese jeweils andere Vorgaben und Spielräume der Länder verbürgen. Der folgende Abschnitt zeigt daher zunächst die möglichen Konsequenzen dieser Einordnungen auf, sodass im Anschluss eine Bewertung erfolgen kann. (1) Mögliche Einordnung des Art. 7 IV 3 GG (a) Konsequenzen einer Einordnung als Schutzbereichsbeschränkungen der Privatschulfreiheit Eine Möglichkeit besteht darin, die Genehmigungsvoraussetzungen des Satzes 3 als Schutzbereichsbeschränkungen der Privatschulfreiheit einzuordnen. In diesem Fall wäre das Betreiben einer Privatschule von vornherein nicht durch Art. 7 IV 1 GG geschützt, wenn es sich um eine Ersatzschule handelt und diese die Voraussetzungen des Satzes 3 nicht erfüllt.705 Erst bei positivem Erfüllen, d. h. wenn auch der Genehmigungsleistungsanspruch gegeben ist, wäre das Grundrecht der Privatschulfreiheit einschlägig. Eine Schule, die einige, nicht aber alle Genehmigungsvoraussetzungen erfüllt, käme grundrechtlicher Schutz lediglich nach Art. 2 I GG zu.706 Grundsätzlich wäre nicht die Erteilung der Genehmigung das für den Grundrechtsschutz konstitutive Element, sondern dessen Folge. Die Verwaltungsentscheidung würde selbst bei einer Betrachtung als Schutzbereichsbeschränkung nicht über die Grundrechtsgeltung entscheiden, sondern diese feststellen.707 705

So die Einordnung bei Brosius-Gersdorf, Sonderungsverbot, 18 ff., die aber nicht zwischen Satz 3 und 4 differenziert, weil sie Satz 3 für zwingend hält. Ähnlich Jeand’Heur, FS Vogel, 105 (109). 706 Vgl. Pieroth, NWVBl 1993, 201 (205), der wohl ebenfalls von einer Schutzbereichsbeschränkung ausgehend. 707 Anders bei der unmittelbaren Schranke Art. 9 II GG, wo das Verbot konstitutiv wirkt s. Stern, Staatsrecht, Bd. IV/2, 1338 ff.; Ziekow, in: Merten / Papier, HGR IV, § 107 Rn. 57 ff.; Kingreen / Poscher, Grundrechte, Rn. 865; Stern, FS BVerfG, Bd. 2, S. 1 (14); Hufen, Staatsrecht II, § 31 Rn. 15; Degenhart, in: Merten / Papier, HGR III, § 61 Rn. 61.

B. Dogmatik des Art. 7 IV GG

257

Beschränken würden den Schutzbereich die materiellen Voraussetzungen an die Schulgestaltung, nicht die formelle Genehmigung per se. Insofern würde die Versagung einer Genehmigung bei Erfüllen aller Kriterien des Satzes 3 auch nach dieser Betrachtung einen Grundrechtseingriff darstellen. Vergleichbar wäre die Sicht auf die Genehmigungsvoraussetzungen als Schutzbereichsbeschränkungen mit dem Friedlichkeitsvorbehalt des Art. 8 I GG, der eine grundsätzlich erfasste Versammlung vom Schutzbereich ausnimmt, wenn diese unfriedlich ist.708 Das Grundgesetz statuiert kein unmittelbar wirksames Verbot der unfriedlichen Versammlung, sondern erlaubt das Verbieten einer solchen Versammlung unbeschränkt von der spezifischen Grundrechtsgewährleistung.709 Ähnlich wäre dann die Ersatzschulfreiheit zu sehen. Art. 7 IV 3 GG nähme zwar die sondernde und / oder nicht gleichwertige Ersatzschule vom Grundrechtsschutz aus, die Funktion als Schutzbereichsbeschränkung verbietet die Schule jedoch nicht automatisch. Ein solches Verbot kann sich aus einfachem Recht ergeben710 oder z. B. aus weiteren Verfassungsbestimmungen711. Art. 7 IV 3 GG statuiert ein solches unmittelbares Verbot gerade nicht, da die Länder auf dessen Genehmigungskriterien verzichten können. Das hiervon erfasste Verhalten wäre zwar nicht geschützt, gleichwohl grundsätzlich erlaubt. Die Sicht als Schutzbereichsbeschränkung beträfe rechtspraktisch vor allem einfachgesetzliche Gestaltungen der Genehmigungsanforderungen und die nicht (alle) Kriterien des Art. 7 IV 3 GG erfüllende Ersatzschule. Letztere könnte das Grundrecht selbst dann nicht in Anspruch nehmen, wenn sie eine (vorläufige) Genehmigung erteilt bekommen würde. Der Staat könnte diese mit weiteren Anforderungen belasten, die nicht an der Privatschulfreiheit (sondern an Art. 2 I GG) zu messen wären. Ähnliches gilt für konkretere gesetzliche oder administrative Anforderungen an den Betrieb oder die Genehmigung von Ersatzschulen im Rahmen der Aufsicht. Regeln diese das, was die Grundrechtsbeschränkungen als potenzielle Schutzbereichsbeschränkungen ohnehin gebieten („Konkretisierung“), bedarf es keiner weiteren Abwägung im Rahmen der Privatschulfreiheit.712 Maßnahmen, die etwa die Sonderung der Schülerinnen und Schüler im Rahmen dessen abwenden, was Art. 7 IV 3 Hs. 2 GG im Ergebnis gebietet, müssten die Verhältnismäßigkeit ihrer Mittel nur vor Art. 2 I GG behaupten. Erst wenn eine vor dem Hintergrund des Grundrechts mögliche Schulgestaltung verboten oder eingeschränkt wird, handelt es sich hiernach um einen Grundrechtseingriff. Dieser Sicht entspricht es, dass das „Wie“ der Auflösung einer unfriedlichen Versammlung ebenfalls nicht an der Versammlungsfreiheit zu prüfen ist, genauso wie Kon 708

Hoffmann-Riem, in: Merten / Papier, HGR IV, § 106 Rn. 53. Vgl. BVerfGE 69, 315 (360); Stern, Staatsrecht, Bd. IV/2, 1211. 710 Faktisch „verbieten“ alle Länder die nicht gleichwertige / sondernde Ersatzschule dadurch, dass diese Kriterien zu unabdingbaren Genehmigungsvoraussetzungen erhoben werden. Siehe schon Erster Teil C. II. 3. d). 711 Insofern kommt dies für das Verbot der Genehmigung nach Art. 7 IV 4 GG in Betracht. 712 Vgl. Brosius-Gersdorf, Sonderungsverbot, 19 ff. 709

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2. Teil: Verfassungsrechtlicher Rahmen der Ersatzschulaufsicht 

kretisierungen des Begriffs „friedlich“ in Art. 8 GG, wenn sie diesen Begriff über dessen verfassungsimmanente Bedeutung nicht weiter einschränken.713 (b) Konsequenzen einer Einordnung als verfassungsunmittelbare Schranken der Privatschulfreiheit Verbreiteter ist in der Literatur die Sicht auf die Genehmigungsvoraussetzungen für Ersatzschulen als verfassungsunmittelbare Schranken der Privatschulfreiheit.714 Der allgemeinen Dogmatik der Freiheitsrechte folgend bedeutet diese Einordnung, dass die Verfassung selbst das umfassend gewährleistete Grundrecht nachträglich beschränkt. Der Anwendungsunterschied zu einer Schutzbereichsbeschränkung mag zunächst nicht einleuchten, da in beiden Fällen die Verfassung ein Verhalten als nicht schützenswert befindet und ihre Gewährleistung zurücknimmt. Sieht man als verfassungsunmittelbare Schranken nicht bloß solche an, welche der Verwaltung als Eingriffsgrundlage dienen können (Art. 13 VII GG), sondern allgemeiner auch Normen, bei denen die Verfassung neben Eingriffsmöglichkeit auch Eingriffsgrund statuiert,715 verhalten sich verfassungsunmittelbare Schranken anders als Schutzbereichsbeschränkungen. In den Anwendungsbereich einer Schutzbereichsbeschränkung fallende Gesetze sind nicht an der Gewährleistung zu messen, während dies bei verfassungsunmittelbaren Schranken der Fall ist.716 Ist der Schutzbereich ausgeschlossen, bleibt Art. 2 I GG eröffnet, während die Allgemeine Handlungsfreiheit bei von der Schranke erfassten Beschränkungen als subsidiär zurücktritt.717 Für die Folgen der Einordnung kann das Verbot strafgesetzwidriger Vereine nach Art. 9 II GG als Beispiel dienen, das man überwiegend als verfassungsunmittelbare Schranke der Vereinigungsfreiheit ansieht.718 Als solche enthält die Norm die Wertung, dass strafgesetzwidrige Vereine verboten sind, überlässt diese Entscheidung aber der Exekutive.719 In dessen Rahmen bedarf nicht allein die

713

Lenz, Vorbehaltlose Freiheitsrechte, 10; Schneider, in: BeckOK GG, Art. 8 Rn. 28; Depen­ heuer, in: Maunz / Dürig, Art. 8 Rn. 124; 140; Hoffmann-Riem, in: Merten / Papier, HGR IV, § 106 Rn. 53; 22. 714 Vgl. Müller, Recht der Freien Schule, 195; Pieroth / Barczak, in: Avenarius / Pieroth / Bar­ czak, Herausforderung, 71 (136) („[Vorbehalt] der jedoch einem qualifizierten Gesetzesvorbehalt nahe kommt“; Hufen, in: Hufen / Vogel, Keine Zukunftsperspektiven?, 49 (60); Loschelder, in: Merten / Papier, HGR IV, § 110 Rn. 79; wohl auch Jach, Schulvielfalt, 48 ff.; Doerfer-Kir, Islamische Erziehung, 105 f.; Müller / Pieroth / Fohmann, Leistungsrechte, 142; Pieroth, RdJB 1984, 471 (474); Kromer, RdJB 1983, 184. 715 Dazu bereits die Grundlegung Zweiter Teil B. II. 2. 716 Vgl. Hermes, in: Merten / Papier, HGR III, § 63 Rn. 20 f.; zu Art. 9 II s. BVerfGE 149, 160 (Rn. 100). 717 Vgl. Jarass, in: Jarass / Pieroth, Art. 2 Rn. 2 ff. 718 Siehe Zweiter Teil, Fn. 707 und ausdrücklich nun BVerfGE 149, 160 (Rn. 100). 719 Bauer, in: Dreier, Art. 9 Rn. 54.

B. Dogmatik des Art. 7 IV GG

259

Ausgestaltung der zugrundeliegenden Strafgesetze einer gesetzlichen Grundlage, sondern ebenfalls die Ermächtigungsnorm des Vereinsverbots.720 Art. 9 II GG ist keine Ermächtigungsgrundlage und nimmt nicht den prima-facie-Schutz des Grundrechts zurück, sondern beschränkt diesen. Die Notwendigkeit einer gesetzlichen Grundlage folgt indes nicht aus der materiellen Perspektive (Art. 9 II GG beschränkt Art. 9 I GG und macht diesen nicht beschränkbar)721, sondern aus der formellen Perspektive des rechtsstaatlichen Vorbehalts des Gesetzes.722 Weil Art. 9 II GG aber den strafgesetzwidrigen Verein nicht vom Schutzbereich ausnimmt, beschränkt das Verhältnismäßigkeitsprinzip den Gesetzgeber und die Verwaltung. Vor einem Verbot sind mildere Mittel zu erwägen.723 Dem Staat verbleibt eine (begrenzte) Gestaltungsmöglichkeit. Vollständig übertragbar sind diese Maßgaben nicht. Im Gegensatz zu Art. 9 II GG enthält Art. 7 IV 3 GG nicht die Wertung, dass eine solche Ersatzschule verboten sein muss. Verallgemeinerbar ist allein die Erkenntnis, dass der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und die spezifischen Gewährleistungen des Grundrechts auch anwendbar sind, wenn der Anwendungsbereich einer verfassungsunmittelbaren Schranke eröffnet ist. Für Art. 7 IV 3 GG würde das bedeuten, dass nicht gleichwertige und / oder sondernde Ersatzschulen vom Grundrecht geschützt blieben und dass bei Genehmigungsversagungen, -rücknahmen oder Aufsichtsmaßnahmen zur Durchsetzung der Genehmigungskriterien das Verhältnismäßigkeitsprinzip (in Relation zu Art. 7 IV 1 GG) anwendbar bliebe. Im Unterschied zu einem Gesetzesvorbehalt enthielte das Grundgesetz die Wertung, dass auf die Genehmigungsvoraussetzungen gestützte Beschränkungen zumindest dem Grunde nach zulässig seien. Art. 7 IV 3 GG bestimme nach einer solchen Sicht, dass ein Anspruch auf die Genehmigung nicht besteht und es verhältnismäßig wäre, einer Ersatzschule die Genehmigung zu verweigern, wenn die Voraussetzungen des Genehmigungsanspruchs nicht vorliegen und keine weiteren „Entlastungsgründe“ hinzutreten. Die Verfassungsunmittelbarkeit der Schranke würde eine Art Beweislastumkehr bewirken, weil eine der möglichen Rechtsfolgen (die Nichterteilung der Genehmigung) genannt und legitimiert wird. Das beträfe das „Ob“ der Genehmigungserteilung, nicht das „Wie“, also die Frage, welche Mittel und Vorgaben zur Sicherung der Genehmigungsanforderungen ergriffen werden. Stets bliebe die Ausübung des Ermessens bei der Genehmigungserteilung grundrechtsgebunden ebenso wie die schulischen Beschränkungen der Betätigungsfreiheit unterhalb der Genehmigungsversagung und erst recht die Mittel der

720

Hermes, in: Merten / Papier, HGR III, § 63 Rn. 21. Hier ist auf die Besonderheit hinzuweisen, dass Art. 9 II GG auch die Rechtsfolge verbindlich festlegt. 722 Auf die Konkretisierungsbedürftigkeit abstellend Hermes, in: Merten / Papier, HGR III, § 63 Rn. 21; allgemein Alexy, Theorie, 262 ff. 723 BVerfGE 149, 160 (Rn. 103); Schiffbauer, JZ 2019, 130 (133); vgl. Stern, Staatsrecht III/2, 794 ff. 721

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2. Teil: Verfassungsrechtlicher Rahmen der Ersatzschulaufsicht 

Aufsicht zur Prüfung und Wahrung der Genehmigungskriterien. Bei der Umwandlung dieser Verfassungsbestimmungen in einfachgesetzliche Bestimmungen und genaue schulpolitische Vorgaben bestünden darüber hinaus keine nennenswerten Unterschiede zu qualifizierten Gesetzesvorbehalten.724 (c) Konsequenzen einer Einordnung als qualifizierte Gesetzesvorbehalte der Privatschulfreiheit Schließlich könnten die Anforderungen des Art. 7 IV 3 GG als qualifizierte Gesetzesvorbehalte der Privatschulfreiheit einzuordnen sein.725 Als solche würden die Genehmigungsvoraussetzungen das Grundrecht weder ausschließen noch aus der Verfassung heraus beschränken, sondern beschränkbar machen. Zwar gibt es keine einheitliche Typologie qualifizierter Gesetzesvorbehalte,726 verallgemeinern lässt sich dennoch, dass diese den Staat zum Eingriff in ein Grundrecht ermächtigen und gleichzeitig diese Ermächtigung an Bedingungen knüpfen.727 Qualifiziert sein können Gesetzesvorbehalte u. a. hinsichtlich der Bindung an bestimmte Zwecke oder hinsichtlich der Rechtsfolgen.728 Sähe man Art. 7 IV 3 GG als qualifizierten Gesetzesvorbehalt, wäre zu untersuchen, welche Anforderungen dieser an den Gesetzgeber stellen würde. Zunächst wären die Genehmigungsvoraussetzungen materielle Kriterien, um Eingriffssituationen ähnlich wie bei Art. 11 II GG729 zu bewerten. Der Staat könnte die Privatschulfreiheit der Ersatzschulen nur dann und nur so weit einschränken, wie dieser damit den von Art. 7 IV 3 GG genannten Zielen dient.730 Demnach wären Maßnahmen zulässig, um z. B. eine Sonderung der Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern zu verhindern, wenn diese verhältnismäßig sind und das vorgegebene Ziel des Gesetzesvorbehalts nicht überschreiten. Aus der Natur des Gesetzesvorbehalts müsste der Gesetzgeber diese Beschränkungen selbst aufstellen. Schwierigkeiten bereitet die Frage, ob Schulen, die keinen Leistungsanspruch auf Genehmigung nach dem Grundgesetz haben, über einzelne Genehmigungsvoraussetzungen hinaus Anforderungen abverlangt werden könnten. Das ist problematisch, weil die Ersatzschulfreiheit nicht wie Art. 11 II GG das Grundrecht „nur für die Fälle“ einschränkt, dass bestimmte Anforderungen erfüllt sind. Die 724

Siehe bereits Zweiter Teil B. II. 2. Hermes, in: Merten / Papier, HGR III, § 63 Rn. 37 Fn. 152: „Verfassungsvorbehalt, der […] einem qualifizierten Gesetzesvorbehalt nahe kommt“; ähnlich Pieroth / Barczak, in: Avenarius / Pieroth / Barczak, Herausforderung, 71 (136). 726 Lerche, in: Merten / Papier, HGR III, § 62 Rn. 47 ff.; Stern, Staatsrecht III/2, 470. 727 Stern, Staatsrecht III/2, 462 ff.; Hermes, in: Merten / Papier, HGR III, § 63 Rn. 37. 728 Stern, Staatsrecht III/2, 474 ff. 729 Vgl. Stern, FS BVerfG, Bd. 2, S. 1 (21 ff.). 730 Pieroth / Barczak, in: Avenarius / Pieroth / Barczak, Herausforderung, 71 (136); wohl auch Hufen, Staatsrecht II, § 32 Rn. 30. 725

B. Dogmatik des Art. 7 IV GG

261

Privatschulfreiheit gibt nur einen Anspruch auf Betätigung, wenn bestimmte Anforderungen positiv erfüllt sind. Unter der Prämisse, dass Art. 7 IV 3 GG zwar keinen Anspruch, gleichwohl die Möglichkeit der Genehmigung in diesen Fällen gibt, müsste eine Sicht als qualifizierter Gesetzesvorbehalt ebenfalls die Ermessenserteilung der Genehmigung mitberücksichtigen. In diesem „Zwischenbereich“ lässt sich der Verfassung nämlich nicht entnehmen, dass allein den Genehmigungsvoraussetzungen dienende Maßnahmen zulässig sind.731 Vielmehr spricht die Verfassung gerade aus, dass eine Verweigerung der Genehmigung zulässig ist. Als „Minus“ zur Verweigerung wären Einschränkungen des Betätigungsrechts grundsätzlich denkbar.732 Das spricht nicht per se gegen die Sicht als Gesetzesvorbehalt. Als zusätzlichen Regelungszweck müsste der qualifizierte Gesetzesvorbehalt einschränkende Maßnahmen erlauben, solange und soweit die Schule keinen Anspruch auf Genehmigung nach dem Grundgesetz hat. Ähnliches gälte im Übrigen bei der Einordnung als verfassungsunmittelbare Schranke. Als qualifizierte Gesetzesvorbehalte (oder verfassungsunmittelbare Schranken) würden die Bestimmungen des Art. 7 IV 3 GG verhältnismäßige Maßnahmen daher erlauben: erstens gegenüber der „Ersatzschule nach Ermessen“ bezüglich ihrer gesamten Schulgestaltung und zweitens gegenüber allen Ersatzschulen gestützt und beschränkt auf die Ziele und Grenzen der Genehmigungsvoraussetzungen. (2) Mögliche Einordnung des Art. 7 IV 4 GG Weniger problematisch ist dagegen die Auslegung des Art. 7 IV 4 GG, wenngleich die gleichen dogmatischen Einordnungsvarianten denkbar sind. Möglich wäre zum einen die Auslegung als Schutzbereichsbeschränkung, nach der eine Schule, in der die wirtschaftliche und rechtliche Stellung der Lehrkräfte nicht genügend gesichert ist, a priori keinen Schutz durch Art. 7 IV 1 GG beanspruchen könnte. Als verfassungsunmittelbare Schranke wäre die Situation mit Art. 9 II GG vergleichbar: Das Grundgesetz enthält die Wertung, dass solche Schulen verboten sein sollen, verlangt jedoch die Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes im Einzelfall. Als qualifizierte Gesetzesvorbehalte würde die Norm eine Beschränkung dagegen nur ermöglichen. In allen Fällen könnte man den Schulen verhältnismäßige Vorgaben zur wirtschaftlichen und rechtlichen Sicherung ihrer Lehrkräfte machen. Wichtig ist zu betonen, dass sich weder aus der Einordnung als Schutzbereichsbeschränkung noch aus der als qualifiziertem Gesetzesvorbehalt ein unmittelbares Verbot dieser Schulen ergeben würde. Auch bei verfassungsunmittelbaren Schranken ist im Einzelfall das Verhältnismäßigkeitsprinzip zu wahren, sodass kein pauschales Verbot ohne administratives oder gesetzgeberisches Tätigwerden allein 731 732

Sachs, NWVBl 2018, 441 (442). Vgl. OVG Thüringen, LKV 2010, 277 (280).

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2. Teil: Verfassungsrechtlicher Rahmen der Ersatzschulaufsicht 

aus der Grundrechtsfunktion folgt. Man kann Art. 7 IV 4 GG in jedem Fall genau wie Art. 9 II GG,733 aber anders als Art. 7 IV 3 GG, die Wertung und den Auftrag an den Staat entnehmen, dass dieser solche Schulen zu verbieten hat, wenn nicht das Verhältnismäßigkeitsprinzip im Ausnahmefall anderes gebietet. Diese objektive Bestimmung beeinflusst nicht notwendigerweise das subjektive Grundrecht. dd) Auslegung und Bewertung der Genehmigungsvoraussetzungen als Grundrechtsgrenzen oder -schranken Die Einordnung der Genehmigungsvoraussetzungen in das abwehrrechtliche Grundrechtssystem ist, wie gezeigt wurde, nicht ohne seine Tücken. Aufgrund der historisch begründeten Formulierung als Genehmigungsleistungsanspruch gibt das Grundgesetz wenige Anhaltspunkte für eine Auslegung der Beschränkungen. Zugegebenermaßen mag die abwehrrechtliche Konstruktion daher etwas gekünstelt sein, ist als solche jedoch nicht zu vermeiden, wenn die Vereinbarkeit aufsichtlicher Maßnahmen und gesetzlicher Beschränkungen der Ersatzschulen auf Basis der Anspruchsbeschränkungen infrage steht. (1) Art. 7 IV 3 GG als verfassungsunmittelbare Schranke der Privatschulfreiheit Art. 7 IV 3 GG soll seinem Sinn und Zweck nach der Schule in erster Linie einen Anspruch auf Genehmigung geben, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind. Eine solche Schule muss jedoch nicht zwangsläufig verhindert und mit dem Makel der Verfassungswidrigkeit belegt werden. Das Grundgesetz überlässt die Entscheidung hierüber dem Landesrecht. Dies spricht gegen die Einordnung als Schutz­ bereichsbeschränkung. Eine „nur“ nach Landesrecht zugelassene Privatschule wäre zwar möglich, könnte sich jedoch auf keine der in Art. 7 IV 1 GG garantierten Gewährleistungen berufen. Anders als beim Friedlichkeitsgebot des Art. 8 I GG handelt es sich bei der nicht alle Voraussetzungen erfüllenden Schule nicht um prinzipiell unerwünschtes Handeln. Als Ergänzungsschule unterläge eine solche Schule keinen speziellen Anforderungen und erst die durch den Ersatzschulbegriff eröffnete „Konkurrenz“ mit öffentlichen Schulen bewirkt die (nachträgliche) Anforderungsverschärfung. Es ist nicht ersichtlich, dass das Grundgesetz zwar die Ergänzungsschulen schützen, für (nicht ganz) die Anforderungen erfüllende Ersatzschulen eine Abwägung mit den Gewährleistungen des Art. 7 IV 1 GG dagegen ausschließen will. Gerade der Kompromisscharakter der Privatschulfreiheit ist es, der eine Beschränkung des Gestaltungsrechts durch die Genehmigungsanforderungen bewirkt, nicht aber dieses Recht von vornherein ausschließen will. Die Norm als Schutzbereichsbeschränkung zu sehen, muss somit ausscheiden. Damit 733

Vgl. BVerfGE 149, 160 (Rn. 104 ff.).

B. Dogmatik des Art. 7 IV GG

263

entspricht Art. 7 IV GG der verbreiteten Auslegung anderer Grundrechte im Sinne eines umfangreichen prima-facie-Schutzes mit nachträglicher Beschränkung bzw. Beschränkungsmöglichkeit.734 Die weitere Einordnung als entweder verfassungsunmittelbare Schranke oder qualifizierter Gesetzesvorbehalt ist dadurch erschwert, dass sich die Rechtsfolgen beider Ansichten stark ähneln und das Grundgesetz auch bei einer Sicht als verfassungsunmittelbarer Schranke keine Ermächtigungsgrundlage für ein Einschreiten überflüssig macht. Schon um zu bestimmen, welche Stelle für die Genehmigungserteilung zuständig ist, zum Produzieren einer hinreichend bestimmten Rege­lung735 und aufgrund der Akzessorietät zum Landesrecht ist im Falle der Sicht als verfassungsunmittelbarer Schranke eine gesetzliche Fixierung der Genehmigungspflicht erforderlich. Art. 7 IV 3 GG wäre nicht mit Art. 13 VII GG, sondern allenfalls mit Art. 9 II GG zu vergleichen. Gegen eine Einordnung als verfassungsunmittelbare Schranke könnte sprechen, dass Art. 7 IV 3 GG nicht die Ausübung einer Ersatzschulfreiheit abschließend und ohne Gestaltungsspielraum beschränken will, sondern dieser den Ländern gegenüber die Maßgabe ausspricht, wann eine Genehmigung in jedem Fall zu erteilen ist. Insofern könnte es an der Festlegung auf eine Rechtsfolge fehlen, mit der die verfassungsunmittelbare Schranke das Grundrecht beschränkt und nicht lediglich beschränkbar macht. Bei genauem Hinsehen legt Art. 7 IV 3 GG allerdings die Rechtsfolge fest, dass die Länder eine Genehmigung nicht erteilen müssen. Man kann bei der abwehrrechtlichen Auslegung nicht ignorieren, dass das Grundrecht erst einen Anspruch auf Genehmigung geben will, wenn alle Voraussetzungen erfüllt sind. Das Grundgesetz bindet nicht nur wie beim qualifizierten Gesetzesvorbehalt an bestimmte Eingriffsvoraussetzungen, sondern es kehrt die Situation um. Wenn die Länder darüber hinaus Ersatzschulen genehmigen, steht ihnen das zwar frei und sie bleiben der Privatschulfreiheit verpflichtet, das Grundgesetz gibt ausweislich seines Wortlauts aber keinen Anspruch auf eine Erteilung. Beim qualifizierten Gesetzesvorbehalt würde es dagegen darauf ankommen, dass im Landesrecht eine Beschränkung vorgesehen ist, da eine Ablehnung der Genehmigung durch die Schulverwaltung gegen das Abwehrrecht verstoßen würde. Es würde dem expliziten Wortlaut widersprechend, wenn man den Anspruch auf einem abwehrrechtlichen Umweg konstruieren würde. Das Grundgesetz „zieht“ die ansonsten einfachrechtlich vorgesehene Schranke auf Verfassungsebene. Sie ist damit kein Schrankenvorbehalt, kein qualifizierter Gesetzesvorbehalt, sondern eine (verfassungsunmittelbare) Schranke. Besteht im Landesrecht keine Vorschrift, die eine Genehmigung bei Nichterfüllen der Kriterien des Art. 7 IV 3 GG ausschließt, kann verfassungsgerichtlich zwar das Fehlen dieser Regelung aufgrund der grundrechtlichen Sekundärfunktionen (Vorbehalt 734 735

Siehe bereits Zweiter Teil B. II. 2. Vgl. Alexy, Theorie, 262 ff.

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2. Teil: Verfassungsrechtlicher Rahmen der Ersatzschulaufsicht 

des Gesetzes, Bestimmtheitsgrundsatz etc.) geltend gemacht werden, auch abwehr­ rechtlich hat die Schule aber, anders als bei einer Einordnung als Gesetzesvorbehalt, keinen Anspruch auf Genehmigung ohne Erfüllung der Genehmigungsvoraussetzungen. Da das Grundgesetz diese Rechtsfolge (als einzige)  eindeutig ausspricht, ist die Deutung als verfassungsunmittelbare Schranke die einzige Auslegung, die dieser Rechtsfolge entsprechen kann und welche gleichzeitig nicht die den Ländern zustehenden Spielräume vom Grundrechtsschutz ausnimmt. Bei der Festlegung von Genehmigungsvoraussetzungen im Landesrecht oder hierauf gestützten Gestaltungsbeschränkungen durch Aufsichtsmaßnahmen entspricht die verfassungsunmittelbare Schranke ansonsten in der Anwendung einem qualifizierten Gesetzesvorbehalt: Das, was verfassungsunmittelbar beschränkt ist, entspricht dem, was beschränkbar ist. Anders: Wo das Grundgesetz nicht den Anspruch auf Genehmigung verfassungsunmittelbar beschränkt, kann der Gesetzgeber sich hierauf nicht für weitere Einschränkungen stützen. Die Genehmigungskriterien bleiben abschließend. Deshalb kann man die Normen als quasi qualifizierte Gesetzesvorbehalte beschreiben, weil das deren Funktion und Anwendungsvorgaben an die Länder gut umschreibt. (2) Art. 7 IV 4 GG als verfassungsunmittelbare Schranke der Privatschulfreiheit Die Erwägungen zu Art. 7 IV 4 GG fallen potentiell anders aus, da sich für diese Norm vertreten lässt, dass eine Schule entgegen den dort statuierten Kriterien vom Grundrechtsschutz ausgenommen sein soll. In jedem Fall enthält die Norm objektiv-rechtlich ein an die Länder gerichtetes Verbot, die Genehmigung zu erteilen, wenn die wirtschaftliche und rechtliche Stellung der Lehrkräfte nicht genügend gesichert ist.736 Das verpflichtet die Länder in erster Linie zur Gestaltung ihrer Rechtsordnung und sagt nichts über den Grundrechtsschutz aus. Zwar will das Grundgesetz auch verhindern, dass die Privatschulfreiheit auf Kosten der Lehrkräfte ausgeübt wird, doch ist dies nicht mit dem Friedlichkeitsvorbehalt des Art. 8 I GG vergleichbar. Art. 8 I GG will unfriedliches Verhalten gerade nicht schützen; Art. 7 IV 1 GG dieses dagegen nur bei Ersatzschulen, nicht bei Ergänzungsschulen verhindern. Das Verhalten ist zwar ein bei Ersatzschulen zu beanstandendes, jedoch nicht per se ein auf Verfassungsebene zu missbilligendes. Man kann daher ebenfalls wie bei Art. 7 IV 3 GG von einer nachträglichen Beschränkung der Freiheit und nicht von einer Aussparung der Freiheit in diesem Bereich ausgehen. Gegen die Einordnung als Schutzbereichsbeschränkung und daher für eine Einordnung als verfassungsunmittelbare Schranke spricht die Abhängigkeit von weiterer gesetzlicher „Konkretisierung“.737 Die Anforderungen 736 737

Vgl. Badura, in: Maunz / Dürig, Art. 7 Rn. 119. Vgl. Wißmann, in: BK-GG, Art. 7 III Rn. 239.

B. Dogmatik des Art. 7 IV GG

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des Art. 7 IV 4 GG sind zwar weniger von konkreten Vorgaben im Landesrecht abhängig als die des Art. 7 IV 3 GG, bedürfen jedoch trotzdem einer gesetzlichen Regelung. Ohne nähere Bestimmung ergibt sich nicht, wann die Stellung der Lehrkräfte „nicht genügend“ gesichert ist. Solche Vorgaben und Verfahrensanforderungen müssen ohnehin vor Art. 2 I GG verhältnismäßig sein. Der von Art. 7 IV 1 GG intendierte umfassende Schutz spricht dafür, diese Vorgaben an den spezifischen Gewährleistungen des Grundrechts der Privatschulfreiheit zu messen. Schließlich sind die Situationen aus Sicht des Grundrechtsträgers bei Art. 7 IV 3 und 4 GG vergleichbar. In beiden Sachlagen hat dieser keinen Anspruch auf Genehmigung, wenn die Voraussetzungen nicht erfüllt sind. Satz 4 enthält einen objektiven Gehalt als an die Länder gerichtetes Genehmigungsverbot. (3) Abschließende Einordnung Sowohl Art. 7 IV 3 GG als auch Art. 7 IV 4 GG sind als verfassungsunmittelbare Schranken der Privatschulfreiheit und nicht als Schutzbereichsbeschränkungen oder qualifizierte Gesetzesvorbehalte zu bewerten. Hierauf gestützte gesetzliche Regelungen sind prinzipiell Eingriffe in die Privatschulfreiheit, sie lassen sich allerdings im Wesentlichen nach den für qualifizierte Gesetzesvorbehalte geltenden Maßgaben rechtfertigen738 und sind somit quasi qualifizierte Gesetzesvorbehalte. Es handelt sich bei Art. 7 IV 1 GG nicht um ein vorbehaltloses Grundrecht,739 wenngleich der gesetzgeberischen Gestaltungsfreiheit enge inhaltliche Vorgaben gesetzt sind. c) „Konkretisierungen“ der Genehmigungsvoraussetzungen als rechtfertigungsbedürftige Grundrechtseingriffe Als Folge der Auslegung der Genehmigungsvoraussetzungen als Schranken der Privatschulfreiheit sind die gelegentlich angenommen740 Ausgestaltungs- und Konkretisierungsmöglichkeiten des Gesetzgebers anzusprechen und einzuordnen. Die Verfassungsbestimmung (Art. 7 IV 2–4 GG) verpflichtet die Länder zunächst, einen Genehmigungsvorbehalt einzuführen und die Anforderungen an den Betrieb der Schulen näher zu regeln.741 Versteht man unter Konkretisierung 738

Hermes, in: Merten / Papier, HGR III, § 63 Rn. 21; ähnlich im Ergebnis auch Hufen, Staatsrecht II, § 32 Rn. 29; Pieroth / Barczak, in: Avenarius / Pieroth / Barczak, Herausforderung, 71 (136). 739 So aber Müller, Recht der Freien Schule, 306. 740 Randelzhofer / Wein, Ausbildungsreform, 47 f.; Robbers, in: v.  Mangoldt / K lein / Starck, Art. 7 Rn. 220; Badura, in: Maunz / Dürig, Art. 7 Rn. 100; wohl auch Pieroth, NWVBl 2014, 365 (366); Kingreen / Poscher, Grundrechte, Rn. 801. 741 Zutreffend formuliert Jarass, in: Jarass / Pieroth, Art. 7 Rn. 32.

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2. Teil: Verfassungsrechtlicher Rahmen der Ersatzschulaufsicht 

ausschließlich eine nichteingreifende Beschreibung des ohnehin Geltenden,742 geht eine Befugnis zur Konkretisierung von Normen schon damit einher, dass Normen interpretiert werden müssen. Um unzweifelhaft zulässige Konkretisierungen der Genehmigung handelt es sich bei Verfahrensvorschriften, die das Genehmigungsverfahren näher darlegen.743 Darüber hinaus ergeben sich positiv-erweiternde Gestaltungsbefugnisse daraus, dass diese keine Grundrechtseingriffe sind und die Länder hierfür zuständig sind.744 Um eine grundsätzlich erlaubte Konkretisierung soll es sich ferner handeln, wenn die Länder die abstrakten Formulierungen des Grundgesetzes in konkretere administrative Vorgaben „übersetzen“.745 Setzt die Schulbehörde oder der Gesetzgeber beispielsweise eine Grenze für die Schulgelderhebung, könnte man dies als Konkretisierung des Sonderungsverbots aus Art. 7 IV 3 GG ansehen. Eine solche „Konkretisierung“ ist jedoch, wie alle anderen Festlegungen der konkreten Genehmigungsvoraussetzungen, nach dem vorstehenden Konzept als rechtfertigungsbedürftiger Grundrechtseingriff zu betrachten, für den Art. 7 IV 3–4 GG den nötigen (quasi qualifizierten) Gesetzesvorbehalt vorhält. Echte nichteinschränkende Konkretisierungen sind bei der Festlegung „konkreterer“ Maßnahmen kaum möglich. Jede präzisere Formulierung als die des Grundgesetzes schließt eine andere mögliche Schulgestaltung aus. Die aufgezeigten gesetzlichen Normierungen der Landesschulgesetze beschränken fast durchgehend die Gestaltungsfreiheit der Ersatzschulen, indem sie konkretere Anforderungen an diese stellen und so etwa eine bestimmte Schulgeldhöhe, Anforderungen an ein nichtzurückstehendes Schulgebäude oder die Lehrkräfteausbildung festschreiben. Anders als bei der Konkretisierung des Versammlungs- oder Parteibegriffs der Verfassung durch Rezeption der Verfassungsrechtsprechung im einfachen Recht ist eine genauere Formulierung z. B. der Gleichwertigkeit der Lehrziele kaum möglich, ohne dass eine andere zulässige Gestaltungsvariante ausgeschlossen wird. Darüber hinaus wirkt der Gesetzgeber durch Regelung des Akzessorietätsmaßstabs (seines eigenen Schulwesens) ohnehin mittelbar auf die Reichweite der Schranken ein. Die Genehmigungsvoraussetzungen sind mehr als die Regelungsvorbehalte des Grundgesetzes, auf die gestützte Regelungen vor dem Grundrecht keiner Begründung mehr bedürfen.746 Schon die Einordnung als verfassungsunmittelbare Schranken des Grundrechts macht hingegen deutlich, dass nicht der von vornherein definierte Anwendungsbereich der Ersatzschulen nur „näher“ festzustellen ist, sondern dass die Genehmigungsbedingungen als Grundrechtsbeschränkungen der Rechtfertigungslast unterliegen. Normierung und Anwendung der Genehmigungs-

742

Dazu bereits Zweiter Teil B. II. 3. Vgl. Müller, Recht der Freien Schule, 102 ff. 744 Siehe bereits Zweiter Teil B. II. 3. 745 Vgl. Müller, Recht der Freien Schule, 104. 746 Hierauf für die Abgrenzung zwischen Eingriff und Nichteingriff abstellend Alexy, Theorie, 300 ff.; vgl. Bumke, Ausgestaltung, 10 ff. 743

B. Dogmatik des Art. 7 IV GG

267

bedingungen sind nur als verhältnismäßige Eingriffe möglich. Daraus folgt, dass der Konkretisierungsbegriff hierzu nicht passt. Im Rahmen der oben dargelegten Konzeption des Art. 7 IV 2–4 GG als quasi qualifiziertem Gesetzesvorbehalt für Ersatzschulen sind gesetzliche Normierungen (auch lediglich das Grundgesetz „abschreibender“ Art) als Eingriff in die Privatschulfreiheit zu werten. Insofern sind gesetzgeberische oder administrative Vorgaben solange möglich, wie diese nicht mehr verlangen, als die verfassungsunmittelbaren Schranken des Grundrechts erlauben.747 Bei Art. 7 IV 4 GG kommt die Verpflichtung an den Gesetzgeber hinzu, dessen Wertungen nicht zu unterschreiten. Will der Gesetzgeber die Anforderungen des Grundgesetzes umsetzen, muss er die Grenzen des vom Grundrecht erlaubten Eingriffs eruieren. Er muss die Genehmigungsvoraussetzungen auslegen und in konkrete Vorgaben umwandeln, d. h. in Landesrecht transferieren. Da er hierbei die originär geschützte Freiheitssphäre der Privatschule verkürzt, indem er andere Handlungsmöglichkeiten ausschließt, gilt das Verhältnismäßigkeitsprinzip.748 Dem Gesetzgeber kommt im Rahmen des Eingriffs ein notwendiger Entscheidungskorridor zu. Die Genehmigungsvoraussetzungen sind „imperfekte Normen“, die dem Landesgesetzgeber überantwortet sind.749 Das zeigt die Praxis dahingehend, dass u. a. unterschiedliche Anforderungen an die wirtschaftliche Stellung der Lehrkräfte aufgestellt sind,750 obwohl Art. 7 IV 4 GG prima facie gleiche Anforderungen verlangen müsste. Will man den Bogen der verfassungsrechtlichen Vorgaben nicht überspannen, ist es selbst im Rahmen des Art. 7 IV 4 GG möglich, dass die Länder unterschiedliche Regelungen treffen können, um das Vorliegen der Voraussetzungen zu bestimmen. Die Norm macht zwar enge Vorgaben, bei diesen steht dem Gesetzgeber jedoch ein Prognose-, Einschätzungs-, Gestaltungs- und Entscheidungsspielraum zu,751 der auch unter Geltung derselben Verfassung keine gleichen Ergebnisse produzieren muss. Zwar sind die Grenzen des quasi qualifizierten Gesetzesvorbehalts nicht zu überschreiten, welche Maßnahmen geeignet sind, um dessen Vorgaben zu erfüllen, lässt sich jedoch pauschal nicht bloß mit Blick auf das Verfassungsrecht beantworten. Insofern gilt für Art. 7 IV GG nichts anderes als bei anderen Grundrechten.752 In erster Linie bewertet der demokratisch legitimierte Gesetzgeber die Tauglichkeit konkreterer Anforderungen zur Siche 747

Ähnlich Hufen, Staatsrecht II, § 32 Rn, 30. Vgl. Jarass, in: Jarass / Pieroth, Art. 7 Rn. 32. 749 Wißmann, in: BK-GG, Art. 7 III Rn. 239, der zwar von der Konkretisierung spricht, aber wie hier einen Entscheidungsspielraum sieht und auch die Aufsicht als Grundrechtseingriff betrachtet (Rn. 233). 750 Zum Landesrecht Erster Teil C. II. 3. a) ee). 751 Vgl. Merten, in: Merten / Papier, HGR III, § 68 Rn. 45 mit weiteren Nachweisen zur ständigen Rechtsprechung. Privatschulspezifisch wohl auch Wißmann, in: BK-GG, Art. 7 III Rn. 239, siehe aber Zweiter Teil, Fn. 749. 752 Zum Zwecksetzungsermessen bei qualifizierten Gesetzesvorbehalten Meßerschmidt, Gesetzgebungsermessen, 907. Siehe später ausführlich für die Aufsichtsausübung Dritter Teil D. II. 2. b) cc) (3). 748

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2. Teil: Verfassungsrechtlicher Rahmen der Ersatzschulaufsicht 

rung der Genehmigungsvoraussetzungen. Bei Ermittlung der Grenzen der von den Schranken erlaubten Eingriffe bedarf es der Verfassungsauslegung und damit der „Konkretisierung“ der verfassungsrechtlichen Vorgaben durch diese Verfassungsauslegung.753 Innerhalb dieser Grenzen sind die Länder zu verhältnismäßigen Beschränkungen der Privatschulfreiheit befugt. d) Möglichkeiten der Ausgestaltung im Rahmen der Genehmigungskriterien Ganz verzichtbar ist eine Ausgestaltungsdogmatik jedoch auch bei der Sichtweise der Genehmigungsvoraussetzungen als Schranken des Grundrechts nicht. Der Staat hat zunächst das Recht, sein eigenes Schulwesen zu ordnen. Art. 7 IV 3 Hs. 1 GG nimmt auf diese Gestaltung Bezug („nicht hinter den öffentlichen Schulen zurückstehen“). Die Privatschulfreiheit ist insoweit akzessorisch, als dass sich hieraus die Grenzen der Regelungsbefugnis ergeben: Die verfassungsunmittelbare Schranke deckt bloß solche Eingriffe, die sich in dem abgesteckten Rahmen bewegen. Verbessert der Staat sein Schulwesen, verschiebt sich automatisch der Maßstab der Schranken, weil zum Nichtzurückstehen ein höherer schulischer Standard erforderlich ist. Bezieht sich die Regelung unmittelbar auf das staatliche Schulwesen, ist hierin kein Eingriff in die Privatschulfreiheit zu sehen.754 Solche Regelungen gestalten die Privatschulfreiheit aus, genauer gesagt: die Grenzen dessen, was die Schranken der Privatschulfreiheit einfordern können. Ändert der Gesetzgeber seine Lehrkräfteausbildung, gestaltet er den Inhalt des normativen Rechtsbegriffs in Art. 7 IV 3 GG dergestalt aus, dass sich dessen Bezugspunkt „automatisch“ verändert. Eine solche Ausgestaltung ist nicht am Grundrecht der Privatschulfreiheit zu messen. Es ergeben sich keine Einschränkungen der Gestaltungsbefugnisse für das öffentliche Schulwesen durch die Privatschulfreiheit.755 Das Ergebnis lässt sich dadurch begründen, dass die konkrete Beschränkung der gewährleisteten Privatschulfreiheit erst damit entsteht, dass der Gesetzgeber oder die Verwaltung diese von den so ausgestalteten Schranken erlaubte Einschränkung auf Privatschulen als Eingriffe im Rahmen des Genehmigungsvorbehalts überträgt. Anders als bei der Ausgestaltung des Eigentumsbegriffs, die verhältnismäßig sein muss,756 verkürzt sich durch die Ausgestaltung der verfassungsunmittelbaren Schranken nicht per se die geschützte Freiheit. Legt der Gesetzgeber ein bestimmtes Lehrziel fest, ist nicht diese Festlegung als Ausgestaltung des akzessorischen Grundrechts zu überprüfen, sondern erst das nachfolgende Einfordern

753 Zum Wesen der Konkretisierung als Auslegung Hoffmann-Riem, in: Merten / Papier, HGR IV, § 106 Rn. 22; Bumke, Ausgestaltung, 10 ff. 754 Vgl. Müller / Pieroth / Fohmann, Leistungsrechte, 141 ff. 755 Im Ergebnis BVerfGE 37, 314 (319 ff.). 756 Vgl. Degenhart, in: Merten / Papier, HGR III, § 61 Rn. 51 ff.

B. Dogmatik des Art. 7 IV GG

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dieses Lehrziels an privaten Schulen.757 Dafür spricht bereits, dass Art. 7 IV 3 GG dem Land Spielräume an die Hand gibt und Satz 4 nicht akzessorisch ist. Ist eine Genehmigung nach dem Grundgesetz auch gestattet und geschützt, wenn das „Maximum“ der erlaubten Grundrechtsbeschränkung (das Nichtzurückstehen der Schule) nicht gegeben ist, kann das Grundgesetz nicht bereits das „Maximum“ unmittelbar als Beschränkung festlegen. Davon scheint das BVerfG ebenfalls auszugehen, wenn es davon spricht, dass der Einrichtungsgarantie keine die allgemeine Ordnungsgewalt beschränkende Funktion zukomme.758 Das Grundrecht ist „systemabhängig“759; es schützt aus seiner Struktur heraus nicht vor „mittelbaren“ Ausgestaltungen der Schranken als dem konkreten Eingriff vorgeschaltete Beschränkungsmöglichkeiten.760 Die vorgeschlagene Dogmatik ist dem Grundgesetz nicht fremd. Art. 9 II GG schützt als verfassungsunmittelbare Schranke ebenfalls nicht davor, dass eine „Tätigkeit den Strafgesetzen zuwider[läuft]“761 und so die Vereinigungsfreiheit beschränkbar macht. Erst wenn der Staat hieraus eine vereinsspezifische Einschränkung oder ein Verbot ausspricht, wird die Schranke der Vereinigungsfreiheit „aktiviert“ und ist konkret rechtfertigungsbedürftig. Das Grundrecht der Privatschulfreiheit beschränkt dem Grunde nach zwar verfassungsunmittelbar die Gestaltungen des privaten Schulwesens, da nur eine genehmigungsfähige Ersatzschule einen verfassungsunmittelbaren, leistungsrechtlichen Anspruch auf Genehmigung hat, das macht die Grundrechtsbeschränkungen (des Abwehr- oder Leistungsrechts)762 jedoch nicht weniger rechtfertigungsbedürftig für den Einzelfall und im Detail. Erst wenn der Gesetzgeber die Grenzen des Grundrechtseingriffs durch gesetzliche Regelung überspannt, ist subsidiär der verfassungsrechtliche Genehmigungsleistungsanspruch aktivierbar, wenn die entscheidende Stelle verwerfungskompetent für die einschränkende Norm ist.763 Diese Subsidiarität des Leistungsrechts folgt schon aus Art. 20 III GG sowie der Zuständigkeit der Länder für die Gestaltung des Privatschulrechts (Art. 7 IV 2 Hs. 2 GG).

757

In der Praxis wird dies einfachrechtlich freilich „automatisch“ umgesetzt. BVerfGE 37, 314 (319 ff.). 759 Vgl. Mager, Einrichtungsgarantien, 469. 760 Ähnliches ist für den Ersatzschulbegriff zu sagen. Nur gegenüber den Ersatzschulen bestehen die Einschränkungsmöglichkeiten des Art. 7 IV 3–4 GG. Auch in diesem Sinne sind die Schranken „qualifiziert“, als dass sie sich nur an Ersatzschulen richten. Dieser Begriff richtet sich wie das Nichtzurückstehen akzessorisch nach Landesrecht. 761 Anders: die Norm schützt nicht vor der Begründung neuer Strafgesetze (als Eingriff in die Vereinigungsfreiheit). Vgl. zum von Art. 9 geschützten Verhalten Jarass, in: Jarass / Pieroth, Art. 9 Rn. 12; 18. 762 Zur Parallelität von Abwehr- und Leistungsrecht bereits Zweiter Teil B. IV. 4. a). 763 Zur Bindung der Instanzgerichte und der Verwaltung später Dritter Teil D. II. 2. 758

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2. Teil: Verfassungsrechtlicher Rahmen der Ersatzschulaufsicht 

e) Ergebnis zu den Genehmigungsvoraussetzungen als Grundrechtsbeschränkungen Den Genehmigungsvoraussetzungen für Ersatzschulen kommt im Rahmen des Abwehrrechts erhebliche Bedeutung zu, da sich hiernach die zulässigen Regelungsbefugnisse des Gesetzgebers richten. Aufgrund seiner leistungsrechtlichen Formulierung ist die Einordnung in das allgemeine System der Grundrechts­ beschränkungen erschwert. Bei der Bewertung der Genehmigungsvoraussetzungen ist zwischen Art. 7 IV 3 GG und Art. 7 IV 4 GG zu unterscheiden. Wortlaut und Systematik sprechen dafür, Sinn und Zweck und Genese indes nicht dagegen, dass den Ländern im Anwendungsbereich des Satzes 3 ein Spielraum zur Genehmigung nach Ermessen verbleibt. Der Staat hat die Voraussetzungen nach Satz 4 verpflichtend sicherzustellen. Beide Sätze sind bezogen auf das Abwehrrecht als verfassungsunmittelbare Schranke und nicht als Schutzbereichsbeschränkung oder qualifizierte Gesetzesvorbehalte zu betrachten. Die Verfassung beschränkt den Genehmigungsanspruch dem Grunde nach in den Fällen der Sätze 3 und 4. Die Beschränkung steht jedoch unter dem Vorbehalt einer verhältnismäßigen gesetzlichen Regelung. Gesetzgeberische Festlegungen der Genehmigungsvoraussetzungen sind nicht als Konkretisierungen der ohnehin geltenden Bestimmungen, sondern als Grundrechtseingriffe nach den für qualifizierte Gesetzesvorbehalte geltenden Regeln zu bewerten. Bei der Bewertung gesetzgeberischer Schulvorgaben kommt dem Gestaltungs- und Entscheidungsspielraum des Gesetzgebers eine größere Rolle zu. Machen die Länder privaten Schulen Vorgaben, die über das hinausgehen, was die Genehmigungsvoraussetzungen als Maßstab vorsehen, können sich diese Eingriffe zur Rechtfertigung nicht auf die verfassungsunmittelbaren Schranken stützen.

V. Inhalt und Schranken der Privatschulfreiheit für Ersatzschulen Auf der Grundstruktur des Grundrechtstatbestands aufbauend sind im Folgen­ den die inhaltlichen Gewährleistungen und Beschränkungen des Grundrechts klärungsbedürftig, die Auswirkungen auf das Aufsichtsrecht bzw. allgemeiner das „Bestimmungsrecht“ des Staates haben.

1. „Gründungsfreiheit“ als personelle Zielrichtung des Schutzbereichs Zunächst ist die persönliche Zielrichtung des sachlichen Schutzbereichs der Privatschulfreiheit fraglich, d. h. ob das Grundrecht neben den Freiheiten der Schulgründerinnen und Schulgründer auch eine spezifische Schutzrichtung für Privatschulnutzende oder Lehrkräfte beinhaltet. Das BVerfG legt dies nahe, wenn

B. Dogmatik des Art. 7 IV GG

271

es – als obiter dictum – die Eltern in den Schutzbereich mit einbezieht.764 Das Problem ist zwar eher verfassungsprozessualer Natur, hat aber Auswirkungen auf die subjektive Berechtigung an staatlicher Aufsichtsausübung.765 Klar ist indes, dass die Privatschulfreiheit primär eine Gründungs- bzw. Betriebsfreiheit ist.766 Geschützt sind die Träger der Schule, auch wenn diese gleichzeitig (Vereinigungen von) Eltern zu beschulender Kinder sind.767 Das ergibt sich aus dem Wortlaut („Recht der Errichtung“). In diesem Fall ist die Privatschulfreiheit, was den Schutz der Gründung einer Schule anbelangt, lex specialis zum Elternrecht, da sie personell weiter reicht als das auf Eltern beschränkte Elternrecht.768 Das bedeutet jedoch nicht, dass darüber hinaus Rechte der Eltern von Art. 7 IV 1 GG geschützt ist. Sind diese nicht Gründende, sondern Nutzerinnen und Nutzer der Privatschule, folgt das Recht, eine Privatschule auszuwählen, aus dem Elternrecht; ebenso folgt das Recht der Schülerinnen und Schüler, eine Privatschule zu besuchen, aus der Privatautonomie.769 Dem entspricht, dass die ursprünglich durch Art. 6 II GG geschützte Freiheit, das Kind nach eigenen Vorstel­lungen zu unterrichten, durch die gleichgeordnete Schulpflicht als Eingriff beeinträchtigt wird770 und die Möglichkeit, stattdessen eine Privatschule zu besuchen, nur eine Abschwächung dieses Eingriffs ist.771 Die Wahl der Schule ist nichts anderes als die Wahl der Unterrichtungsart, für welche das Elternrecht steht. Systematisch spricht gegen eine Benutzungsfreiheit auch, dass die Schranken der Genehmigungsvoraussetzungen auf die Gründungsfreiheit und nicht auf eine Benutzungsfreiheit zugeschnitten sind.772 Die Privatschulfreiheit schützt daher weder die spezifischen Rechte der Eltern noch der Schülerinnen und Schüler oder der Lehrkräfte.773 Geschützt ist dagegen die Kehrseite hiervon, die Aufnahmefreiheit oder das Recht des Trägers, die Lehrkräfte zu beschäftigen.774 Zusätzlich verlangt die Privatschulfreiheit bloß – wie alle Grundrechte – die Grundrechtsträgerschaft. Staatliche oder staatlich dominierte Entitäten sind nicht geschützt. Die in Art. 7 GG angelegte Dichotomie zwischen staatlichen Schulen und Schulen von Grundrechtsträgern sichert die Gestaltungsfreiheit Letzterer, da 764

Vgl. BVerfGE 34, 165 (197 ff.); vgl. Robbers, in: v. Mangoldt / K lein / Starck, Art.  7 Rn.  171. Dazu später Dritter Teil C. IV. 766 Vgl. Wißmann, in: BK-GG, Art. 7 III Rn. 214. 767 Hufen, Staatsrecht II, § 32 Rn. 28. 768 Stern, Staatsrecht, Bd. IV/2, 625; Thiel, in: Sachs, Art. 7 Rn. 61 Fn. 240; vgl. Kösling, Private Schule, 169 ff. 769 Jarass, in: Jarass / Pieroth, Art. 7 Rn. 27; Wißmann, in: BK-GG, Art. 7 III Rn. 213; ähnlich Brosius-Gersdorf, in: Dreier, Art. 7 Rn. 106. 770 Vgl. Jestaedt, in: Isensee / K irchhof, HdBStR VII, § 156 Rn. 83 ff.; Brosius-Gersdorf, in: Dreier, Art. 7 Rn. 57 f.; Barczak, Übergang, 164 ff. 771 Vgl. BVerfGE 41, 29 (45); Doerfer-Kir, Islamische Erziehung, 274. 772 Im Ergebnis Wißmann, in: BK-GG, Art. 7 III Rn. 214. 773 Kösling, Private Schule, 172 ff. 774 Vgl. Randelzhofer / Wein, Ausbildungsreform, 22; im Ergebnis Brosius-Gersdorf, in: Dreier, Art. 7 Rn. 105 ff. 765

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2. Teil: Verfassungsrechtlicher Rahmen der Ersatzschulaufsicht 

die spezifischen Gewährleistungen der Ersatzschulfreiheit nicht durch Umdeklarierung einer staatlichen Schule zur Privatschule umgehbar sind.775 2. Betroffenheit des sachlichen Schutzbereichs Der sachliche Schutzbereich beschreibt das vom Grundrecht geschützte Verhalten eines bestimmten Lebensbereichs.776 Die konkrete staatliche Beeinträchtigung dieses Verhaltens stellt einen Eingriff in den Schutzbereich dar und ist rechtfertigungsbedürftig, selbst wenn diese Beeinträchtigungen dem Grunde nach (wie bei den verfassungsunmittelbaren Schranken) auf Verfassungsebene vorgesehen sind.777 Der sachliche Schutzbereich der Privatschulfreiheit ist einschlägig, wenn jemand eine private Schule gründen will oder gegründet hat.778 Der Schulbegriff ist Tatbestandsmerkmal des Schutzbereichs.779 Als normgeprägter, entwicklungsoffener Rechtsbegriff ist er den Landesgesetzgebern in engen Grenzen zur Ausgestaltung überantwortet. Der Schulbegriff richtet sich auch danach, was das Landesrecht als schulische Unterrichtsstätte ansieht.780 Liegt hiernach eine Schule im Rechtssinne vor, ist auch die Privatschulfreiheit einschlägig. Der Ersatzschulbegriff setzt hierauf auf. Sein Vorliegen eröffnet die „Ersatzschulfreiheit“, deren dogmatischer Gehalt allerdings fraglich ist (dazu sogleich c)). Der Ersatzschulbegriff ist dem Gesetzgeber jedenfalls soweit entzogen, als dass er keine Schulen von der Ersatzschuleigenschaft ausschließen kann.781 a) Keine grundrechtsspezifischen Gewährleistungsgehalte In der privatschulverfassungsrechtlichen Diskussion ist es verbreitet, der Privatschulfreiheit spezifische Gewährleistungsgehalte bzw. einzelne Garantien zu entnehmen und diese in den Mittelpunkt der Diskussion zu stellen.782 Auch wenn bisher nicht überwiegend versucht wird, den Schutzbereich der Privatschulfreiheit auf diese Gewährleistungsgehalte zu beschränken, stünde dies in Übereinstimmung mit einer verbreiteten Ansicht der allgemeinen Grundrechtslehre. Diese Ansicht will die weiten grundrechtlichen Schutzbereiche zugunsten spezifischer Gewährleistungspflichten der einzelnen Rechte aufgeben, sodass von vornherein keine

775

Siehe bereits Zweiter Teil B. IV. 1. b). Kingreen / Poscher, Grundrechte, Rn. 253. 777 Dazu bereits Zweiter Teil B. II. 2. 778 Statt aller Jarass, in: Jarass / Pieroth, Art. 7 Rn. 26. 779 Vgl. Brosius-Gersdorf, in: Dreier, Art. 7 Rn. 114. 780 Siehe bereits Zweiter Teil B. IV. 1. c). 781 Siehe bereits Zweiter Teil B. IV. 2. d) dd). 782 Beispielhaft Kösling, Private Schule, 138 ff.; Avenarius / Hanschmann, Schulrecht, Rn. 15.4 ff., die ihre Grundrechtsinterpretationen hierauf gleichwohl nicht beschränken. 776

B. Dogmatik des Art. 7 IV GG

273

Kollisions- oder Eingriffssituation entsteht und staatliche Belastungen in diesem Feld nicht dem Vorbehalt des Gesetzes unterliegen, wenn sie Bereiche betreffen, die der Gewährleistungsgehalt nicht abdeckt.783 Eine solche Auffassung liegt wohl ebenfalls der vorliegend abgelehnten Vorstellung der Ersatzschul- oder Privatschulfreiheit als „gewährtem“ Teilhaberecht an einer staatlichen Aufgabe zugrunde:784 Die Privatschulfreiheit schütze von vornherein lediglich die spezifischen Gewährleistungsgehalte und nicht umfangreich das gesamte Betätigungsfeld der Schule. Eine enge Gewährleistungsinterpretation findet in den Wortlauten der Grundrechte keine Stütze und birgt die Gefahr, den gewollten Rationalisierungsprozess der Rechtfertigungsbedürftigkeit von Grundrechtseingriffen durch restriktive Verfassungsinterpretation zu unterlaufen. Dadurch droht die grundrechtsdogmatische Annahme eines natürlichen Freiheitszustandes durch eine vom Staat „gewährte“ Freiheitssphäre ersetzt zu werden.785 Daher ist weiter mit der herrschenden Meinung die Auslegung des Grundrechtsschutzbereichs als „Recht auf beliebiges Verhalten innerhalb des jeweils gegenständlichen Themengebiets“ beizubehalten.786 Die im Folgenden genannten Rechte sind Aspekte, die man dem Privatschulbetrieb zuordnen kann und die in der Folge unter besonderem Schutz des Grundrechts stehen. Sie sind nicht dahingehend zu verstehen, dass darüber hinaus kein grundrechtlich geschützter Freiheitsbereich besteht. b) Durch Privatschulfreiheit geschütztes Verhalten Die abwehrrechtliche Privatschulfreiheit schützt das Recht, eine Privatschule zu errichten und zu betreiben787 sowie die negative Kehrseite: das Recht, den Schulbetrieb aufzugeben.788 Geschützt ist insbesondere der gesamte innere und äußere Schulbetrieb inklusive dem Recht, die Unterrichtsinhalte oder die weltanschau­

783

Siehe etwa Böckenförde, Der Staat 42 (2003), 165 (174 ff.); weitere Nachweise bei Dreier, in: Dreier, Vorb. Rn. 122. Es handelt sich um eine Form der engen Schutzbereichsinterpretation, die sich in den für die Privatschulfreiheit einflussreichen Werken F. Müllers nachweisen lässt, s. etwa Müller, Recht der Freien Schule, 96; 193. Zur Kritik Alexy, Theorie, 272 ff.; 290 ff. 784 Zur Kritik bereits Zweiter Teil B. III. 1. b) und Zweiter Teil B. IV. 2. c) bb). 785 Kahl, AöR 131 (2006), 579 (605 ff.); Dreier, in: Dreier, Vorb. Rn. 122; 120 f.; Hufen, Staatsrecht II, § 6 Rn. 22 ff. 786 Kahl, AöR 131 (2006), 579 (605); Jarass, in: Jarass / Pieroth, Vorb. vor Art. 1 Rn. 21; BVerfGE 32, 54 (71); 39, 1 (38); 48, 376 (388); 51, 97 (100); s. aber auch Hufen, Staats­recht II, § 6 Rn. 23, der die Osho- (E 105, 279 (294)) und Glykolwein-Entscheidungen (E 105, 252 (265)) als erste Zeichen der Abkehr von der weiten Schutzbereichstheorie deutet. Für die Privatschulfreiheit kann das bisher nicht beobachtet werden, s. nur BVerfG, NVwZ 2011, 1384. 787 Nicht nur die Errichtung, sondern auch der Betrieb fällt in den Schutzbereich, s. statt aller BVerfGE 90, 107 (114); 27, 195 (200); Loschelder, in: Merten / Papier, HGR IV, § 110 Rn. 75; Tillmanns, Freiheit, 6. 788 Robbers, in: v. Mangoldt / K lein / Starck, Art.  7 Rn.  168; Wißmann, in: BK-GG, Art. 7 III Rn. 215.

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2. Teil: Verfassungsrechtlicher Rahmen der Ersatzschulaufsicht 

liche Ausrichtung der Schule zu bestimmen,789 die freie Wahl der Lehrkräfte und der Schülerinnen und Schüler,790 die freie Festlegung des inhaltlichen Profils und des Schulstandorts.791 Das Grundrecht beinhaltet ebenfalls das Recht, die Schule erwerbswirtschaftlich zu betreiben und ein (gewinnbringendes) Schulgeld zu erheben.792 Die Privatschulen sind nicht auf eine Ergänzungs- oder Bereicherungsfunktion zum öffentlichen Schulwesen beschränkt.793 Die Privatschulfreiheit ist lex specialis zu bildungsspezifischen Aspekten der Berufsfreiheit des Trägers.794 Diese ist dadurch verstärkt, dass die freie Unterrichtsgestaltung den Kern der Privatschulfreiheit ausmacht.795 Auf Ebene des Schutzbereichs finden sich keine Beschränkung auf staatliche Lehrziele oder sonstige überlieferte Formen und Restriktionen des Unterrichts, es sei denn, sie sind Voraussetzung dafür, dass es sich um eine Schule handelt. Dies entspricht einer weiten Schutzbereichstheorie, die staatliche Beeinträchtigung auf Eingriffs- und Rechtfertigungsebene behandeln will. c) Kein ersatzschulspezifischer Schutzbereich Die Annahme grundsätzlich „natürlicher“ Freiheiten verbietet eine Interpretation des Schutzbereichs eines Grundrechts von seinen Schranken aus.796 Dies gilt auch für die Ersatzschulfreiheit. Ungeachtet der besonderen Beschränkungen des Art. 7 IV 2–4 GG können die Ersatzschulträger zunächst alle „allgemeinen“ Garantien der Privatschulfreiheit für sich in Anspruch nehmen. Beschränkungen dieser Rechte bedürfen der Rechtfertigung. Es ist daher fraglich, ob der Schutzbereich der Ersatzschulfreiheit weiter reicht als der allgemeine Schutz der Privatschulfreiheit. Vertreten lässt sich das allenfalls für die Aufnahme schulpflichtiger Kinder, weil der Gedanke der Schulpflichterfüllung an Ersatzschulen zumindest eine Rolle bei Schaffung des Genehmigungsregimes gespielt hat. Das setzt gedanklich voraus, dass es sich bei der Beschulung schulpflichtiger Kinder um eine Schutzbereichsausnahme der Privatschulfreiheit handelt; d. h. dass die Privatschulfreiheit von vornherein nicht die Beschulung schulpflichtiger Kinder erfasst und nur die Ersatzschulfreiheit dies abdeckt.797 Das 789

Loschelder, in: Merten / Papier, HGR IV, § 110 Rn. 75; Brosius-Gersdorf, in: Dreier, Art. 7 Rn. 106; Umbach, in: Umbach / Clemens, Art. 7 IV, V Rn. 175. 790 Kingreen / Poscher, Grundrechte, Rn. 795; Kösling, Private Schule, 139 ff. 791 Hömig / Wolff, Art. 7 Rn. 13; Brosius-Gersdorf, in: Dreier, Art. 7 Rn. 106. 792 Umfassend Brosius-Gersdorf, Sonderungsverbot, 64 ff. 793 Vgl. Jestaedt, in: Isensee / K irchhof, HdBStR VII, § 156 Rn. 48. 794 Brosius-Gersdorf, in: Dreier, Art. 7 Rn. 138; Boysen, in: v. Münch / Kunig, Art. 7 Rn. 104. 795 „Kennzeichnend für die Privatschule ist […]“ s. BVerfG, NVwZ 2011, 1384; vgl. BVerfGE 27, 195 (200 ff.); 75, 40 (61 ff.); Stern, Staatsrecht, Bd. IV/2, 526. 796 Dreier, in: Dreier, Vorb. Rn. 120. 797 So wohl Stern, Staatsrecht III/2, 415 Fn. 154.

B. Dogmatik des Art. 7 IV GG

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BVerfG legt eine solche Betrachtung zumindest nahe: „[…] Ergänzungsschulen […] in denen der Schulpflicht nicht genügt werden kann.“798 Dagegen spricht, dass die Schulpflicht einen Eingriff in das Elternrecht auf Bildung- und Erziehung der Kinder darstellt, den die Besuchsmöglichkeit einer Privatschule abmildert.799 Die staatliche Schulverantwortung kann die Schulpflicht rechtfertigen.800 Sie bewirkt nicht, dass andere Grundrechte den hiervon erfassten Bereich nicht schützen. Die Schulpflicht ist keine immanente Grenze der Grundrechte, sondern allenfalls801 immanente Schranke. Dass dies für Privatschulen anders sein soll, ist nicht ersichtlich. Vielmehr gehört zum Schutzbereich des Privatschulbetriebs auch, dass diese Menschen zur Beschulung aufnehmen darf; ungeachtet der Einstufung als Ersatz- oder Ergänzungsschule. Die Festlegung der Schulpflicht ist ein Grundrechtseingriff in die Rechte der Privatschulen, wenn sie hiervon (d. h. von der Beschulung schulpflichtiger Kinder) ausgenommen werden. Das betrifft nach Landesrecht die Ergänzungsschulen und würde weiter solche Ersatzschulen betreffen, die man fälschlicherweise als Ergänzungsschulen behandelt. Dieser Eingriff in die „Ergänzungsschulfreiheit“ ist jedoch grundsätzlich gerechtfertigt, was das Grundgesetz durch das Genehmigungsregime der Ersatzschulen deutlich macht, in dem die Schulpflicht jedenfalls „mitgedacht“ ist.802 Um eine Erweiterung oder Verkürzung auf Schutzbereichsebene handelt es sich bei der „Ersatzschulfreiheit“ streng genommen nicht, sodass diese nicht „selbstständig“,803 sondern im abwehrrechtlichen Gewand unselbstständig ist. Unterschiede ergeben sich erst auf der Ebene der Schranken. 3. Grenzen des Schutzbereichs Trotz umfassendem Schutzbereich des Grundrechts ist dieser nicht grenzenlos. Bestimmte Handlungen sind von vornherein nicht von der Privatschulfreiheit geschützt und Beschränkungen nicht an dieser zu rechtfertigen.

798

BVerfGE 27, 195 (201 ff.). Vgl. BVerfG, NVwZ 2003, 1113; Avenarius, NZFam 2015, 342 (343). Selbst wenn man die Schulpflicht unmittelbar aus dem Grundgesetz begründen will, ist sie (rechtfertigungsbedürftige) Schranke unterschiedlicher Rechte, nicht Schutzbereichsausnahme, vgl. Gröschner, in: Dreier (Vorauflage), Art. 7 Rn. 27; vgl. auch Stern, Staatsrecht, Bd. IV/2, 432, nach dem jedenfalls die Sanktionierung einer gesetzlichen Grundlage bedarf. 800 Wißmann, in: BK-GG, Art. 7 III Rn. 81 f.; Jestaedt, in: Isensee / K irchhof, HdBStR VII, § 156 Rn. 47; Rux, Schulrecht, Rn. 138 ff. 801 Wenn man die Schulpflicht überhaupt auf Verfassungsebene verankert sieht. Ansonsten ist der Bildungs- und Erziehungsauftrag des Staates immanente Schranke, die als Mittel die Schulpflicht rechtfertigen kann. 802 Siehe bereits Zweiter Teil B. IV. 2. a). 803 Müller, Recht der Freien Schule, 96. 799

276

2. Teil: Verfassungsrechtlicher Rahmen der Ersatzschulaufsicht 

a) Kein neminem-laedere-Schutzbereichsvorbehalt Ebenso wie allerdings nicht von einem präformierten Anwendungsbereich804 des Grundrechts auszugehen ist, unterliegt der Schutzbereich der Privatschulfreiheit keinem neminem-laedere-Vorbehalt805, also einer allgemeinen Nichtstörungsgrenze. Kollisionslagen oder der „Grundrechtsmissbrauch“ sind auf Eingriffs- und Rechtfertigungsebene zu behandeln.806 b) Tatbestandsimmanente Grenzen Trotz der grundsätzlichen Ablehnung tatbestandlicher Engführungen ist der Schutzbereich nicht rein „geometrisch“ zu verstehen.807 Auch Privatschulen haben die für alle geltenden Normen zu beachten. In der Praxis sind das i. d. R. polizeiliche oder bauliche Anforderungen an die Schulgebäude oder Vorschriften des Gesundheitsrechts.808 Natürlich befreit die Privatschulfreiheit im Ergebnis nicht von der Geltung der allgemeinen Strafgesetze und sonstigen Regelungen.809 Begründen lässt sich dies Ergebnis auf Schutzbereichsebene. Die Privatschulfreiheit stellt derartige Eingriffe nicht unter den Vorbehalt ihrer eigenen Schranken oder kollidierenden Verfassungsrechts. Eine solche Sicht würde das überspannen, was die Privatschulfreiheit schützen will. Insofern sind Vorschriften, die für alle gelten, unbedenklich, wenn sie keinen privatschul- oder unterrichtsspezifischen Inhalt haben,810 weil keine Konfliktlage mit dem geschützten Grundrechtsgehalt entstehen kann.811 Schon die Schranken der Privatschulfreiheit machen diese bildungsspezifische Zielrichtung deutlich. Das darf nicht dahingehend missverstanden werden, dass die Privatschulfreiheit qualitativ bloß bestimmte Inhalte gewährleistet. Auch baurechtliche oder polizeirechtliche Vorgaben können mit dem Schutzbereich der Privatschulfreiheit in Konflikt geraten, wenn sie spezifisch die Gründung von Schulen betreffen.812 Der Schutzbereich des Grundrechts erfasst nicht nur die inhaltliche Gestaltung des Unterrichts, sondern sämtliche Gegebenheiten des Schulbetriebs. Normen, die jedoch nicht die Gründung und den Betrieb der Privatschule spezifisch (sondern nur auch Privatschulen) tangieren, sind dagegen von vornher-

804

Kahl, AöR 131 (2006), 579 (605). Zum Begriff Lindner, Grundrechtsdogmatik, 235 ff. 806 Zur herrschenden Ansicht Merten, in: Merten / Papier, HGR III, § 60 Rn. 25; Dreier, in: Dreier, Vorb. Rn. 120. 807 Vgl. Hufen, Staatsrecht II, § 6 Rn. 24. 808 Vogel, Schulen und Heime in freier Trägerschaft, 65 ff.; zum Landesrecht bereits Erster Teil C. II. 3. c) ee). 809 Heckel, Privatschulrecht, 236. 810 Müller, Recht der Freien Schule, 129; Robbers, in: v.  Mangoldt / K lein / Starck, Art.  7 Rn. 197; vgl. Kümper, DVBl 2016, 225 (227). 811 Vgl. allgemein Merten, in: Merten / Papier, HGR III, § 60 Rn. 64. 812 Ähnlich Schlaf, Aufsicht, 18. 805

B. Dogmatik des Art. 7 IV GG

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ein nicht als Eingriffe zu erfassen und unterliegen keiner privatschulspezifischen Rechtfertigungslast.813 Das entspricht – mit der gleichen Begründung – der geforderten berufsregelnden Tendenz bei Eingriffen in die Berufsfreiheit.814 Als Beispiel müssen Privatschulen zwar eine allgemeine Feuermelderpflicht in Gebäuden erfüllen, sie betrifft die Privatschulfreiheit aber als privatschul- oder unterrichtsunspezifische Regelung nicht und ist nicht an deren Schranken zu rechtfertigen.815 Ist dagegen bauordnungsrechtlich vorgeschrieben, dass Räume, die dem Unterrichtsbetrieb dienen, einen Feuermelder aufweisen müssen, ist Art. 7 IV 1 GG einschlägig, da es sich um eine spezifische Regelung handelt.816 Das Bauordnungsrecht ist nicht per se aus dem „Gewährleistungsgehalt“ ausgeschlossen.817 Das ändert nichts daran, dass auch für spezifische Regelungen nicht das Gleichwertigkeitserfordernis des Art. 7 IV 3 GG gilt, da die Schranke der gleichwertigen „Einrichtungen“ hierauf nicht anwendbar ist.818 Vielmehr sind solche Eingriffe über kollidierendes Verfassungsrecht zu rechtfertigen.819 Diese Feststellungen lassen sich verallgemeinern. Die Privatschulfreiheit schützt die schulspezifische Tätigkeit der Schulträger inklusive ihrer wirtschaftlichen Belange. Besteht kein schulspezifischer Anknüpfungspunkt einer gesetzlichen Regelung oder einer Verwaltungsentscheidung, ist nicht deshalb die Privatschulfreiheit betroffen, weil Adressat (auch) eine Privatschule ist. In dem Fall sind andere Grundrechte einschlägig. c) Berechtigungswesen und Berechtigungsvergabe an Ersatzschulen Zum Schutzbereich gehört die Frage, ob die Ersatzschulen einen Anspruch auf Verleihung des „Öffentlichkeitsrechts“ haben; also auf Anerkennung der Schule mit der Folge, dass diese Zeugnisse und Berechtigungen mit öffentlich-rechtlicher Wirksamkeit vergeben können, die (vom Staat) als Berufszulassungsvoraussetzung oder Hochschulzugangsberechtigung anzuerkennen sind. Gezeigt wurde, dass das Landesrecht das Berechtigungswesen durchgängig als eine von der Beschulung unabhängige Materie behandelt und die Anerkennung der Ersatzschule (in NRW

813

Ähnlich Tillmanns, Freiheit, 48 ff. bezogen auf die Genehmigungsvoraussetzungen; vgl. auch Kümper, DVBl 2016, 225 (227). 814 Vgl. BVerfGE 95, 267 (302); 97, 228 (254); Scholz, in: Maunz / Dürig, Art. 12 Rn. 300 ff. 815 Vgl. zu dem Beispiel Robbers, in: v.  Mangoldt / K lein / Starck, Art.  7 Rn.  197; Kümper, DVBl 2016, 225 (227). 816 Ähnlich Schlaf, Aufsicht, 18. 817 Tendenziell anders Müller, Recht der Freien Schule, 129; Kromer, RdJB 1983, 184 (185); wie hier Kümper, DVBl 2016, 225 (227). 818 Siehe sogleich Zweiter Teil B. V. 4. b) aa) (3). Im Ergebnis Vogel, Schulen und Heime in freier Trägerschaft, 65 ff. 819 Siehe später Dritter Teil D. III.

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2. Teil: Verfassungsrechtlicher Rahmen der Ersatzschulaufsicht 

die Genehmigung) als eine Form staatlicher Beleihung umgesetzt ist.820 Verfassungsrechtliche Voraussetzung für dieses Modell ist, dass es sich um einen Bereich handelt, an dem die Privatschulfreiheit nicht von vornherein eine gleichberechtigte Teilhabe grundrechtlich garantiert. Andernfalls würde eine Vorenthaltung dieses Rechts, d. h. die Ausgestaltung des Zeugnisrechts als staatlicher Angelegenheit, einen wohl nicht zu rechtfertigenden Eingriff in den Schutzbereich der Privatschulfreiheit darstellen.821 Dagegen ist es nicht als Eingriff zu sehen, wenn die Anerkennung ein echtes „Plus“ ist, auf das die Privatschulen keinen Anspruch haben.822 Bei der Frage ist unter zwei Aspekten der Grundrechtsgeltung im Berechtigungswesen zu unterscheiden: zwischen der Vergabe öffentlich-rechtlich wirkender Berechtigungen und der dieser vorgelagerten Teilhabe an der Ordnung des Berechtigungswesens, d. h. die grundsätzliche Staatlichkeit der Berechtigungen.823 aa) Ordnung des Berechtigungswesens als ausschließliche Staatsaufgabe Dem Institut der Anerkennung der Ersatzschulen liegt die Annahme zugrunde, dass das Berechtigungswesen eine vom Schulwesen grundsätzlich zu unterscheidende ausschließliche Staatsaufgabe ist.824 Das BVerfG geht hiervon seit je aus: „Zwar gehört zum Bereich der Schule, auf den sich die Gewährleistung in Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG bezieht, die Feststellung des Ausbildungserfolges in Zeugnissen und Prüfungen. Dagegen gehört die Regelung, ob und welche Berechtigungen Prüfung und Zeugnis nach außen vermitteln, nicht dazu […] die Ordnung des Berechtigungswesens ist eine natürliche Aufgabe des Staates, die dieser auch seit jeher für sich in Anspruch genommen hat.“825 Die wohl herrschende Meinung hat sich dem angeschlossen.826 Das Grundgesetz gehe davon aus, dass die Ordnung des Berechtigungswesens nur dem Staat zukommen könne. Die Vergabe öffentlicher Abschlüsse gehe über den schulischen Regelungsgehalt des Art. 7 I GG hinaus und betreffe andere Lebensbereiche, vor allem die von Art. 12 I GG erfassten.827 Die Harmonisierung und die Kriterien der Vergabe solcher Abschlüsse könnten nur die Länder und nicht private Akteure regeln, weil für die Vielfalt des Bildungs­ 820

Zum Landesrecht Erster Teil C. I. 2. d). Vgl. Ogorek, DÖV 2010, 341 (344; 348); Müller / Kromer, NVwZ 1984, 77 (77; 80). 822 Wißmann, in: BK-GG, Art. 7 III Rn. 204; vgl. Geis, in: Friauf / Höfling, Art. 7 Rn. 79. Kritisch Ogorek, DÖV 2010, 341 (343). 823 Ähnlich unterscheidet Seidel, Anerkennung, 86. 824 Vgl. Seidel, Anerkennung, 87. 825 BVerfGE 27, 195 (206); vgl. Plümer, Privatschulverhältnisse, 146 ff. 826 BVerfGE 27, 195 (206); Avenarius / Hanschmann, Schulrecht, Rn. 15.65 ff.; Rux, Schulrecht, Rn. 1291 ff.; Robbers, in: v. Mangoldt / K lein / Starck, Art.  7 Rn.  201 f.; Kösling, Private Schule, 208 ff.; Stern, Staatsrecht, Bd. IV/2, 550; Uhle, in: BeckOK GG, Art. 7 Rn. 88; Badura, in: Maunz / Dürig, Art. 7 Rn. 103. 827 BVerfGE 27, 195 (206). 821

B. Dogmatik des Art. 7 IV GG

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wesens kein Raum sei, sondern die Vergleichbarkeit im Mittelpunkt stehe.828 Auch in der Schweiz und in Österreich ist das Berechtigungswesen rein staatlich ausgestaltet.829 Die Staatlichkeit des Berechtigungswesens bestreiten auch Kritikerinnen und Kritikern der Anerkennung von Ersatzschulen in der Regel nicht; die staatliche Ordnungsfunktion und die öffentlich-rechtliche Wirkung der Abschlüsse erkennen grundsätzlich auch diese an.830 Sie bestreiten allerdings die Verfassungsmäßigkeit der Differenzierung zwischen anerkannten und nichtanerkannten Ersatzschulen. Aus der Ersatzfunktion der Schule folge, dass diese am Berechtigungswesen nach Genehmigung teilhaben könne831, jedenfalls einen Teilhabeanspruch auf Anerkennung bestehe.832 Bestritten wird also, dass die Vergabe dieser Abschlüsse dem Staat vorbehalten sei. Nur die Ordnung, nicht auch die Vergabe sei der Kritik zufolge „natürliche“, d. h. ausschließliche Staatsaufgabe, während die traditionelle Auffassung des BVerfG auch die Vergabe dieser Abschlüsse als hoheitliche Staatsaufgabe betrachtet, die Privaten gesondert übertragen werden müsse. Nach NordrheinWestfalens Landesverfassung erhalten die Schulen ebenfalls einen Anspruch auf Beleihung, der dort nichts an der grundsätzlichen Staatlichkeit der Berechtigungsvergabe ändert.833 Mit dieser Differenzierung im Hinterkopf kann man der grundsätzlichen Staatlichkeit der Ordnungsfunktion vorliegend zustimmen. Dort, wo es darauf ankommt, einen vergleichbaren, objektivierbaren Maßstab für den Zugang zu öffentlichen Hochschulen, für Laufbahnen und Berufsvoraussetzungen zu schaffen, überlässt das Grundgesetz dies nicht dem freien Spiel der Marktkräfte.834 Genauer: Das Grundgesetz gibt privaten Anbietern keinen Anspruch darauf, dass ihre eigenen Abschlüsse nach eigenen Kriterien und eigenen Prüfungsordnungen als mit den staatlich vorgesehenen Abschlüssen gleich zu behandeln sind.835 Der Staat ist dazu berufen, zu regeln, welche Abschlüsse zu welchen Berufsausübungen berechtigen oder als Hochschulzulassung anzuerkennen sind. Insofern sind Prüfungs- und Berechtigungswesen einerseits und Schulwesen anderseits zwar eng verknüpft,

828

Vgl. Seidel, Anerkennung, 97 f.; Kösling, Private Schule, 210 ff. Vgl. Seidel, Anerkennung, 90 ff. 830 Vgl. etwa Müller, Recht der Freien Schule, 358; 279 ff., der unausgesprochen davon ausgeht, dass das Berechtigungswesen keine Aufgabe ist, die „jeder“ Erledigen könnte; deutlich auch Brosius-Gersdorf, in: Dreier, Art. 7 Rn. 127; vgl. Kösling, Private Schule, 206 f.; Stern, Staatsrecht, Bd. IV/2, 550. Weiter geht Becker, Aufsicht, 126 ff., wenn er den Zeugnissen der Privatschulen öffentliche Wirksamkeit nach deren eigenen Kriterien einräumt. 831 v.  Campenhausen, Erziehungsauftrag, 62 f.; Müller, Recht der Freien Schule, 353 ff.; Vogel, Schulen und Heime in freier Trägerschaft, 44 f.; Brosius-Gersdorf, in: Dreier, Art. 7 Rn. 127; Brosius-Gersdorf, VERW 2012, 389 (422 ff.); vgl. auch Ogorek, DÖV 2010, 341 (349). 832 Seidel, Anerkennung, 237 ff. 833 Vgl. BVerwGE 17, 41 f.; Ennuschat, in: Löwer / Tettinger, Art. 8 Rn. 83. 834 Vgl. Seidel, Anerkennung, 97 ff. 835 Überzeugend Seidel, Anerkennung, 87 ff.; 94 ff. 829

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2. Teil: Verfassungsrechtlicher Rahmen der Ersatzschulaufsicht 

nicht aber identisch.836 Die Privatschulfreiheit schützt nicht die Teilhabe der privaten Schulen an der Ordnung der Berufs- und Hochschulzulassungskriterien. Daraus folgt die grundsätzlich öffentlich-rechtliche Wirkung der zu verleihenden Abschlüsse, wenn diesen die Wirkung als Hochschulzugangsberechtigung usw. zukommen soll.837 bb) Vergabe von Berechtigungen als staatliche Aufgabe Fest steht, dass die Länder den Ersatzschulen eine Teilnahme am staatlichen Berechtigungswesen einräumen können und dieses als einfachrechtlichen oder landesverfassungsrechtlichen Anspruch ausgestalten dürfen.838 Ob die Ersatzschulen einen grundgesetzlichen Anspruch auf Anerkennung, d. h. auf Teilhabe an dem staatlichen Berechtigungswesen haben, ist umstritten. Nicht überzeugend ist die Auffassung, dass Art. 7 IV 1 GG ein Grundrecht auf Beleihung darstellt.839 Handelt es sich beim Berechtigungswesen um eine hoheitliche Aufgabe, sodass es sich bei der privaten Ausübung der Aufgabe um eine Beleihung handeln muss, kann hierauf kein grundrechtlicher Anspruch bestehen, da das geschützte Verhalten gerade nicht Gegenstand grundrechtlicher Freiheiten ist.840 Die mit der Anerkennung verbundenen Tätigkeiten sind entweder hoheitlich oder sie sind grundrechtliche Freiheit. Dementsprechend dreht sich die Diskussion darum, ob die „Ersatzschulfreiheit“ die öffentlich-rechtlich wirkende Berechtigungsvergabe sachlich mit umfasst.841 Ist die Anerkennung nicht Teil des Schutzbereichs, bestehen landesrechtliche Spielräume, um die Gestaltungsfreiheit der Ersatzschulen zu relativieren, weil ein Ausschuss hiervon einen erheblichen Wettbewerbsnachteil darstellen würde.842 Wenig hilfreich bei der gebotenen Auslegung des Schutzbereichs ist der Wortlaut der Norm. Allein daraus, dass „als Ersatz für öffentliche Schulen“ eine Surrogatsfunktion nahelegt,843 lässt sich noch nicht entnehmen, dass die Schule in allen Aspekten gleichzustellen ist.844 Selbst wenn man eine Gleichstellung der institutionellen Garantie und der Wertentscheidung für ein plurales Schulwesen entnimmt,845 ergibt sich daraus noch nicht, ob die öffentlich-rechtliche Wirksam 836

Plümer, Privatschulverhältnisse, 155 ff.; Kösling, RdJB 2004, 208 (210 ff.). Vgl. Seidel, Anerkennung, 98 ff. 838 BVerfGE 27, 195 (201); Jestaedt, in: Isensee / K irchhof, HdBStR VII, § 156 Rn. 51. 839 So aber Seidel, Anerkennung, 99 ff.; v. Campenhausen, Erziehungsauftrag, 62 f.; Ogorek, DÖV 2010, 341 (347 ff.). 840 Kümper, DÖV 2015, 864 (870); Ossenbühl, VVDStRL 29 (1971), 137 (185 f.; 187 ff.). 841 Vgl. etwa Avenarius / Hanschmann, Schulrecht, Rn. 15.653. 842 Brosius-Gersdorf, VERW 2012, 389 (422); Ogorek, DÖV 2010, 341 (342 ff.). 843 Müller / Kromer, NVwZ 1984, 77 (46); Ogorek, DÖV 2010, 341 (344). 844 Vgl. Kösling, Private Schule, 208; 210 ff. 845 Brosius-Gersdorf, VERW 2012, 389 (424); Ogorek, DÖV 2010, 341 (345 ff.); vgl. Kümper, DÖV 2015, 864 (871 ff.). 837

B. Dogmatik des Art. 7 IV GG

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keit der Berechtigungen zu den hiervon erfassten Teilen des Schulwesens gehört.846 Unbestritten ist insofern, dass dem Staat die Ordnungsfunktion im Berechtigungswesen zukommt. Das beinhaltet die Befugnis, die öffentlich-rechtlich bindenden Voraussetzungen für die Ausübung bestimmter Berufe festzulegen und folgt aus seiner Funktion als Normgeber.847 Das Berechtigungswesen geht insgesamt über den schulischen Bereich hinaus, was dagegen spricht, dass sich die Surrogatsfunktion auf das Berechtigungswesen bezieht.848 Die historische Anknüpfung an den Art. 147 WRV, der unbestritten kein Öffentlichkeitsrecht enthielt, spricht ebenfalls unter dem Grundgesetz für eine derartige Auslegung.849 Dementsprechend wird die Verfassungswidrigkeit der praktizierten Beleihungskonstruktion überwiegend aus dem Sinn und Zweck des Ersatzschulwesens abgeleitet, wonach Ersatzschulen verfassungsunmittelbar gleichwertig mit öffentlichen Schulen sein müssten und daher gleichwertige Abschlüsse verleihen können sollten, weil durch die Gleichwertigkeit die Vergleichbarkeit im Berechtigungswesen gewahrt sei.850 Im Ergebnis lässt diese Sicht außer Acht, dass die Ersatzschulen größere Freiheiten bei Inhalt, Methode und Durchführung der Bildungsziele haben, die einer Vergleichbarkeit der Abschlüsse entgegenstehen kann, selbst wenn das sprachlich zunächst nicht naheliegt.851 Damit das Berechtigungswesen vergleichbar ist, reicht eine gleichwertige Bildung nicht aus. Erforderlich ist eine gleichartige, vergleichbare Beschulung im Sinne gleicher Ergebnisse und Bildungswege.852 Das Beispiel der Kopfnoten auf Zeugnissen öffentlicher Schulen macht dies deutlich.853 Schreibt das Land Kopfnoten in Zeugnissen vor, muss die schulische Bildung insgesamt darauf Rücksicht nehmen, um vergleichbare Zeugnisse zu generieren. Die Abschlüsse und ihre Voraussetzungen determinieren den Unterricht stärker, als dies die grundgesetzlichen Homogenitätsanforderungen (Art.  7 IV 3 GG) fordern.854 Das Gleiche kann man auf Noten allgemein übertragen. Will die Schule Noten aus bildungspolitischen Gründen nicht vergeben, kann das hierauf basierende Zeugnis aus Gleichheitsgründen nicht die gleiche Wirkung haben wie alle anderen Zeugnisse. Das Beispiel zeigt, dass Gleichwertigkeit der Bildung im Berechtigungswesen nicht ausreicht und vielmehr die separate Betrachtung der Anerkennung vielfaltssichernd wirken kann.855 Das auf Vergleichbarkeit ausgelegte 846

Seidel, Anerkennung, 87. Stern, Staatsrecht, Bd. IV/2, 550; ausführlich Seidel, Anerkennung, 87 ff. 848 BVerfGE 27, 195 (206); Plümer, Privatschulverhältnisse, 155 ff.; Seidel, Anerkennung, 95 ff.; Kösling, Private Schule, 210; vgl. Evers, VVDStRL 23 (1966), 147 (191). 849 BVerfGE 27, 195 (202); Kösling, Private Schule, 208 f.; anders Seel, Religionsunterricht, 176 ff., der lediglich auf die Entstehung des Grundgesetzes abstellen will. 850 Brosius-Gersdorf, VERW 2012, 389 (423 ff.); Seel, Religionsunterricht, 171. 851 Kösling, Private Schule, 211 ff.; Evers, VVDStRL 23 (1966), 147 (191). 852 BVerfGE 27, 195 (207). 853 Beispiel von Ogorek, DÖV 2010, 341 (343). 854 Vgl. Rux, Schulrecht, Rn. 1294, dieser ist allerdings gegen das Erfordernis der Kopfnoten bei anerkannten Ersatzschulen (Rn. 1299); ähnlich Müller, Recht der Freien Schule, 346 ff. 855 Nachweise in Zweiter Teil, Fn. 851. 847

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2. Teil: Verfassungsrechtlicher Rahmen der Ersatzschulaufsicht 

Berechtigungswesen muss über die Gleichwertigkeit des Art. 7 IV 3 GG hinausgehen,856 wenn die Schranken wiederum nicht restriktiv ausgelegt werden sollen. Das Berechtigungswesen passt nicht zu den Freiheiten der Privatschulfreiheit. Art. 7 IV 1 GG verleiht den privaten Schulen das Recht, den Lehrplan abweichend von den staatlichen Schulen zu gestalten. Am Ende des Bildungsgangs, nicht am Ende des Schuljahres muss ein gleichwertiges Bildungsergebnis vorliegen.857 Im staat­lichen Schulwesen gelten Aufnahme- und Versetzungsbedingungen, die den Besuch einer Schulform oder höheren Klassenstufe von bestimmten Leistungen abhängig machen, die die Privatschüler gerade nicht (also nicht am Schuljahresende) erfüllen müssen.858 Soll die Privatschulfreiheit tatsächlich Berechtigungen mit gleicher Wirkung859 erfassen, würde dies entweder die Gestaltungsfreiheit der Ersatzschulen nicht unerheblich relativieren860 oder die Ordnungsfunktion des Staates über sein eigenes Schulrecht an die Privatschulfreiheit binden.861 Für beide Varianten fehlen Anhaltspunkte in der Auslegung. Das Ergebnis illustriert im Übrigen die Rechtslage in Nordrhein-Westfalen. Dort besteht zwar ein Anspruch auf Teilhabe am Berechtigungswesen in der Landesverfassung, die Rechtsstellung der genehmigten Ersatzschule entspricht dort ebenfalls der eines beliehenen Unternehmers und auch in NRW sind die einschlägigen Normen des öffentlichen Schulwesens für das Berechtigungswesen zu beachten.862 Für diese Untersuchung ist weiterhin der herrschenden Auffassung zu folgen, die die Vergabe öffentlich-rechtlicher Abschlüsse nicht als grundrechtlich geschützte Tätigkeit, sondern als „staatlich gestaltbares Plus“ zur Ersatzschulfreiheit863 betrachtet. Frei von grundrechtlicher Bindung ist das Berechtigungswesen allerdings nicht. Die Anerkennung der Ersatzschule bewirkt, dass die Ersatzschulen die Prüfungen selbst durchführen können. Schülerinnen und Schüler „nur“ genehmigter Ersatzschulen haben einen Anspruch aus ihren eigenen Grundrechten auf Teilnahme an Externenprüfungen.864 Die Ersatzschulen können dies als Recht, „zu den Berechtigungen hinzuführen“, geltend machen.865 Die Ausgestaltung der Externenprüfungen ist an dem Gleichheitsrecht der Schülerinnen und Schüler einer

856

Müller, Recht der Freien Schule, 346 ff. BVerwGE 112, 263 (267 ff.). 858 BVerwGE 112, 263 (267 ff.). 859 Für eine abgestufte Berechtigungsvergabe (also z. B. erst am Ende des Schuljahres) gibt es in der Norm keine Anhaltspunkte. Entweder ist die Berechtigungsvergabe als Ganzes geschützte Freiheit oder nicht. So aber Ogorek, DÖV 2010, 341 (348). 860 Vgl. Kümper, DÖV 2015, 864 (870 ff.); Kösling, Private Schule, 211 ff. 861 Vgl. Rux, Schulrecht, Rn. 1292. 862 §§ 100 IV, 104 I SchG-NRW: „Die Vorschriften für öffentliche Schulen gelten unmittelbar.“; die „Ersatzschulen eigner Art“ nach § 100 VI SchG-NRW erfüllen in NRW die gleiche Funktion wie die „nur“ genehmigten Ersatzschulen in anderen Ländern. Vgl. Kümper, DÖV 2015, 864 (873). 863 Wißmann, in: BK-GG, Art. 7 III Rn. 204. 864 Zumindest als Teilhaberecht, s. Niehues / Fischer / Jeremias, Prüfungsrecht, Rn. 3. 865 Vgl. BVerfGE 27, 195 (206 ff.). 857

B. Dogmatik des Art. 7 IV GG

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Ersatzschule zu messen.866 Was die eigenständige Vergabe der Berechtigungen angeht, so folgt aus Art. 3 I GG ein Anspruch auf Gleichbehandlung der Ersatzschulen, sobald die Länder anderen Ersatzschulen die Berechtigungsvergabe ermöglichen.867 Darüber hinaus begrenzt die Privatschulgarantie die staatliche Gestaltungsfreiheit beim Rechtsinstitut der Anerkennung. Welche Beschränkungen sich hieraus ergeben, ist an späterer Stelle868 zu behandeln. Insgesamt ist natürlich nicht zu übersehen, dass das Rechtsinstitut der Anerkennung für die Ersatzschulen misslich ist, da es die Schulgestaltung Richtung Gleichartigkeit verschiebt. Als schulpolitische Alternativen könnten die Länder Abschlüsse einzelner Privatschulverbände anerkennen,869 eher ergebnisorientierte Akkreditierungsmodelle forcieren oder sich politisch vom Verwertbarkeits- und Vergleichbarkeitsdogma verabschieden. Das Grundgesetz steht solchen Alternativen grundsätzlich offen gegenüber.870 4. Verfassungsmittelbare und verfassungsunmittelbare Schranken Art. 7 IV 1 GG unterliegt keinem allgemeinen Gesetzesvorbehalt.871 Beschränk­ bar ist die Privatschulfreiheit als Abwehrrecht durch die verfassungsunmittelbaren Schranken der Genehmigungsvoraussetzungen für Ersatzschulen als quasi qualifizierte Gesetzesvorbehalte. Als weitere verfassungsunmittelbare Schranke der Privatschulfreiheit kommt Art. 7 I GG in Betracht. Aufgrund der tatbestandsexternen Verordnung der Vor 866

Avenarius / Hanschmann, Schulrecht, Rn. 20.256; wohl auch VGH BW, DÖV 2003, 731. In der Rechtsprechung ist dies soweit ersichtlich nicht geklärt. Nach BVerwGE 44, 70 ff. und BVerwG, NVwZ 1983, 223 bestehe zwar kein Anspruch der Schülerinnen und Schüler (aus Art. 12 GG) auf Einrichtung solcher Prüfungen, weil Art. 12 I GG nur ein derivates Teilhaberecht begründe, das Gericht hat dies allerdings bloß für Ergänzungsschüler entschieden. Bei Ersatzschulen wäre es dagegen jedenfalls eine Beeinträchtigung der Einrichtungsgarantie, wenn durch den Ausschluss von den eingerichteten Prüfungen an staatlichen Schulen faktisch die Privatschulfreiheit unterlaufen würde, weil „nichteinmal“ in Externenprüfungen staatliche Berechtigungen erworben werden können. Daher wird man die Prüfungen an öffentlichen Schulen für Schülerinnen und Schüler an Ersatzschulen als eingerichtete Prüfung begreifen müssen. 867 BVerfGE 27, 195 (209); VerfGH BW, NVwZ-RR 2018, 674 (675); Robbers, in: v. Mangoldt / K lein / Starck, Art.  7 Rn.  201. Etwas weitergehend Rux, Schulrecht, Rn. 1303, der in Art. 3 I GG einen Anspruch auf Anerkennung sieht, wenn die Abschlüsse und die Sicherungen der Qualität den Bildungsstandards der KMK entsprechen. Auch dann handelt es sich aber nur um einen Teilhabeanspruch nach staatlichen Qualitätskriterien, nicht um einen originären Anspruch nach eigenen Kriterien, den ein nicht abgeleiteter grundrechtlicher Anspruch begründen würde. 868 Zweiter Teil E. IV. 2. 869 Rux, Schulrecht, Rn. 1301 ff. 870 Zu „neuen“ Aufsichtsformen später Zweiter Teil D. I. 4. 871 Statt aller Becker, BayVBl 1996, 609 (615); Jarass, in: Jarass / Pieroth, Art. 7 Rn. 30.

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2. Teil: Verfassungsrechtlicher Rahmen der Ersatzschulaufsicht 

schrift, deren „aufgeladenen“ Bedeutungsgehalt und der Zentralität für die Forschungsfrage wird der privatschulspezifische Gehalt des Art. 7 I GG separat behandelt (Zweiter Teil C.). Daneben bestehen die später zu behandelnden besonderen Beschränkungen für Volksschulen (Zweiter Teil  E. I.) und Vorschulen (Zweiter Teil E. II.). a) Keine „allgemeinen Nichtstörungsschranken“; keine Schrankenleihe Ebenso wie der Schutzbereich der Privatschulfreiheit nicht an einem ungeschriebenen neminem-laedere-Vorbehalt endet, besteht unter heutiger Grundrechtsdogmatik kein Bedürfnis für „allgemeine Nichtstörungsschranken“872 oder „primitive Nichtstörungsschranken“873 im Sinne einer Übertragung der Schrankentrias des Art. 2 I GG auf die Privatschulfreiheit. Stets sind die speziellen, normtextlich vorgesehenen Schranken anzuwenden; sonstige Kollisionslagen lassen sind anhand verfassungsimmanenter Schranken lösen.874 b) Genehmigungsvoraussetzungen als quasi qualifizierte Gesetzesvorbehalte und deren verfassungsrechtliche Deutung Die Genehmigungsvoraussetzungen der Ersatzschulen wirken sich als verfassungsunmittelbare Schranken der Privatschulfreiheit quasi wie qualifizierte Gesetzesvorbehalte aus. Das bedeutet, dass Eingriffe in den Schutzbereich der Privatschulfreiheit unter den qualifizierenden materiellen Voraussetzungen nur für Ersatzschulen möglich sind. Beschränkungen der geschützten Betätigungsfreiheit sind prinzipiell unter Beachtung der speziellen Gemeinwohlziele (des Art. 7 IV 3–4 GG) möglich, nicht aufgrund sonstiger Allgemeinwohlerwägungen.875 Die Genehmigungsvoraussetzungen beschränken sich nicht nur auf bestimmte Regelungsziele (wie Art. 11 II, 5 II GG), sondern sie geben einen engen inhaltlichen Rahmen dessen vor, was der Staat beschränken darf. Welchen Kautelen die Gesetzgeber daher bei der „Konkretisierung“ (der Übertragung der Art. 7 IV 3–4 GG auf das Landesrecht) der nachfolgenden verfassungsunmittelbaren Schrankenbegriffe unterliegen, folgt später (Dritter Teil D. II. 2. b)). Maßgaben, ob die Genehmigungstatbestände eng oder weit auszulegen sind oder ob eine in-dubio-pro-libertate-Regel876 anzunehmen ist, folgen aus dem 872

Schlaf, Aufsicht, 30; Plümer, Privatschulverhältnisse, 80 ff. Becker, Aufsicht, 41 ff.; Gallwas, Privatschulfreiheit, 49 ff. Beide wollen weitgehende Einschränkungen erlauben. 874 BVerfGE 30, 173 (192); 32, 98 (107); Dreier, in: Dreier, Vorb. Rn. 134; Jarass, in: Jarass / Pieroth, Vorb. vor Art. 1 Rn. 39; Di Fabio, in: Maunz / Dürig, Art. 2 I Rn. 47; Papier, in: Merten / Papier, HGR III, § 64 Rn. 13 ff. 875 Vgl. Hermes, in: Merten / Papier, HGR III, § 63 Rn. 21; 37. 876 Dafür Müller, Recht der Freien Schule, 118. 873

B. Dogmatik des Art. 7 IV GG

285

Grundgesetz nicht.877 Im Einzelnen sind die konkreten gesetzgeberischen oder administrativen Maßnahmen auf Landesrechtsebene als Grundrechtseingriffe am Verhältnismäßigkeitsprinzip zu messen, welches den Ausgleich zwischen Freiheit und Etatismus herstellen kann.878 Die Genehmigungsvoraussetzungen sind, wie andere Grundrechtsschranken,879 im Lichte des Grundrechts (der Privatschulfreiheit) zu interpretieren, sodass Raum für ein plurales Bildungswesen bleiben muss; die Regeln dienen ihrem Zweck nach nicht der Einheitlichkeit des Bildungswesens.880 Daher sind die Genehmigungsvoraussetzungen umgekehrt nicht a priori in dem Sinne zu deuten, dass diese von Übereinstimmung der gesamten „inneren[n] und äußere[n] Gestaltung der Schule“ ausgehen, sodass sie weit auszulegen wären.881 Der Kompromisscharakter der Privatschulbestimmungen bewirkt weder umfassende Schulherrschaft noch eine Laissez-faire-Politik, sondern eine in bestimmten Bereichen begrenzte Unterrichtsfreiheit. Der folgende Teil widmet sich – beschränkt auf die Bedeutung für den Untersuchungsgegenstand – den Inhalten der verfassungsunmittelbaren Schranken als Beschränkungsmöglichkeiten der Privatschulfreiheit im Rahmen staatlicher Aufsicht. aa) Nichtzurückstehen der Lehrziele, Einrichtungen und der wissenschaftlichen Ausbildung der Lehrkräfte (Art. 7 IV 3 Hs. 1 GG) (1) Nichtzurückstehen als Maßstab (Gleichwertigkeit) Die ersten drei Genehmigungsvoraussetzungen des Art. 7 IV 3 Hs. 1 GG teilen sich einen gemeinsamen Maßstab, das Nichtzurückstehen hinter öffentlichen Schulen. Die Grenze dessen, was der Staat hinsichtlich der Lehrziele, Einrichtungen und der wissenschaftlichen Ausbildung der Lehrkräfte einer Ersatzschule verlangen kann, ist im Vergleich zu einer entsprechenden öffentlichen Schule zu ermitteln. Diese Vergleichsschule bestimmt sich nach dem Ersatzschulbegriff.882 Probleme ergeben sich, wenn der Abschluss / Bildungsgang im öffentlichen Schulwesen nicht vorhanden ist und die Schulen trotzdem als Ersatzschulen genehmigt werden.883

877

Wißmann, in: BK-GG, Art. 7 III Rn. 245. Vgl. Gröschner, in: Dreier (Vorauflage), Art. 7 Rn. 102. 879 Bereits BVerfGE 7, 198 (208). 880 Vgl. BVerwGE 112, 263 (267 ff.); Robbers, in: v. Mangoldt / K lein / Starck, Art.  7 Rn.  183; Vogel, DÖV 2008, 895 (901); vgl. Jach, Schulvielfalt, 55 ff. 881 Vogel, DÖV 2008, 895 (903). Zitat von Heckel, Privatschulrecht, 280. 882 Vgl. BVerfGE 90, 107 (122). 883 Beispiel ist Art. 56 II EUG-Bayern a. F. (siehe heute Art. 91 VII 1 EUG-Bayern) der bestimmt hat, dass alle Berufsfachschulen als Ersatzschule zu führen sind. Der VGH München (RdJB 1980, 224 ff.) hat die Genehmigungsvoraussetzungen „großzügig“ ausgelegt und mangels staatlicher Vergleichsmaßstäbe auf die Regeln der Berufsverbände zurückgegriffen, s. Vogel, RdJB 1980, 227 (228). 878

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2. Teil: Verfassungsrechtlicher Rahmen der Ersatzschulaufsicht 

Nichtzurückstehen bedeutet Gleichwertigkeit mit öffentlichen Schulen. Die Schulen müssen nicht gleichartig sein, sondern eine im Wert gleichkommende Ausbildung gewährleisten, die in den Methoden und Zielen abweichen kann.884 Entscheidend ist eine Gesamtbetrachtung, bei der das schulische Profil im Sinne der gewünschten Pluralität des Bildungswesens zu berücksichtigen ist.885 Da es sich bei der Genehmigungserteilung um eine prognostische Entscheidung handelt, findet sich ein gewisser Raum für Unsicherheit.886 Ob unerprobte Konzepte gleichwertig sind, bestimmt sich zunächst nach Einschätzung des privaten Schulträgers, es sei denn, die gegenteilige Auffassung der Behörde kann sich „auf einen im Wesentlichen gesicherten, in der Fachwelt weitgehend anerkannten wissenschaft­lichen Erkenntnisstand stützen“.887 Darüber hinaus stellt auch ein Unterschreiten der Anforderungen nach der vorliegend vertretenen Auffassung kein verfassungsrechtliches Problem dar, da die Landesgesetzgeber die Genehmigung nach Ermessen erteilen können.888 Es gibt daher keine Pflicht der Verwaltung, durch restriktive Interpretation etwaige objektiv-rechtliche Vorgaben der Verfassung zu wahren. Im einfachen Recht ist diese Ermessenserteilung überall ausgeschlossen.889 Ob die Behörde beim Tolerieren einer solchen „Unterschreitung“ Recht und Gesetz verletzt, richtet sich daher nach Landesrecht und dessen Vorgaben für das jeweilige Genehmigungskriterium. Selbst wenn die Landesgesetzgeber die verfassungsrechtlichen Begrifflichkeiten unverändert übernehmen, ergeben sich landesrechtliche Abweichung von der verfassungsrechtlich „geforderten“ Gleichwertigkeit schon aus der Pluralität der Schulverwaltungsbehörden und deren jeweiliger „Strenge“.890 (2) Lehrziele Gezeigt wurde, dass sich die Landesschulgesetze mit einer präzisen Definition des Begriffs der Lehrziele schwertun und diesen häufig sowohl im Ersatzschul­ begriff als auch in den Genehmigungsvoraussetzungen parallel verwenden.891 Die Rechtsprechung hat sich im Wesentlichen einer outputorientierten Betrachtung verschrieben.892 „Lehrziele i. S. des Art. 7 IV 3 GG sind der generelle Bildungs 884

BVerfGE 90, 128 (140); BVerwGE 112, 263 (270); Brosius-Gersdorf, in: Dreier, Art. 7 Rn. 120; Badura, in: Maunz / Dürig, Art. 7 Rn. 117 f.; Jestaedt, in: Isensee / K irchhof, HdBStR VII, § 156 Rn. 56. 885 Rux, Schulrecht, Rn. 1204. 886 BVerwGE 90, 1 (15 ff.); vgl. Rux, Schulrecht, Rn. 1205; zur Prognoseentscheidung später Dritter Teil E. II. 1. 887 BVerwGE 145, 333 (Leitsatz 3). 888 Siehe bereits Zweiter Teil B. IV. 4. b) bb). 889 Zum Landesrecht Erster Teil C. II. 3. d). 890 Insofern entspricht die Ermessensgenehmigung (Art. 7 IV 3 GG) auch einem rechtspraktischen Bedürfnis. 891 Zum Landesrecht Erster Teil C. II. 3. a) aa). 892 Vgl. Rux, Schulrecht, Rn. 1208; Keller / Hesse / Krampen, in: Keller / K rampen, Kap. 6 Rn. 6.

B. Dogmatik des Art. 7 IV GG

287

auftrag der Schule und die jeweiligen Bildungsziele der einzelnen Schularten und Schulstufen“.893 Entscheidend ist, dass die Schule am Ende des Bildungsgangs eine gleichwertige Qualifikation vermittelt.894 Dabei umfasst der Begriff Lehrziele nicht bloß eine fachliche Qualifikation (Bildungsziele), sondern auch die Erziehungsziele der Schule entsprechend dem staatlichen Bildungs- und Erziehungsauftrag.895 Die Norm unterscheidet gerade nicht zwischen den Zielen des Lernens und der Erziehung, sondern bezieht sich einheitlich auf den Begriff der „Lehre“.896 Zusammenfassend kann man Lehrziele als „Gesamtheit der Bildungsvorstellungen, die der Schulträger mit seiner Erziehungsarbeit anstrebt“897 bezeichnen. Die Lehrziele müssen gleichwertig sein, nicht gleich. Auf Maßstabsebene besteht ein großer Spielraum für eine konfessionelle Ausrichtung oder andere Bildungsziele, nicht nur andere Methoden.898 Gleichwertigkeit der Lehrziele bedeutet nicht gleiche Kenntnisse über identische Themen. Entscheidend ist, dass gleiche Fertigkeiten vermittelt werden, was mit unterschiedlichen Lehrinhalten realisierbar ist.899 Im Mittelpunkt steht das Ziel, eine schlechte und nicht eine andere Bildung zu verhindern.900 Eine Orientierung an den im jeweiligen Landesschulwesen zugrunde gelegten (landesübergreifend formulierten) Bildungsstandards liegt als Vergleichsmaßstab näher, als die konkreten inputorientierten Lehrpläne heranzuziehen.901 Rechtlicher Maßstab kann jedoch nur das für die öffentlichen Schulen des Landes formal geltende Recht sein.902 In keinem Fall kann man hieraus eine Bindung an diese Pläne und Normen ableiten.903 Eine mittelbare Geltung erlangen diese, soweit sich daraus der einzuhaltende Standard für die eigenen Lehrvorstellungen ergibt.904 In diesem Rahmen sind die Ersatzschulen u. a. frei, die Bildungsziele anders zu gewichten, die Unterrichtsfächer anders zu gestalten, andere Lehr-

893

BVerfG, NVwZ 2011, 1384; vgl. auch BVerwGE 112, 263 (268 ff.); 90, 1 (15 ff.). BVerwGE 112, 263 (267 ff.). 895 BVerwGE 145, 333 (Rn. 17 ff.); Wißmann, in: BK-GG, Art. 7 III Rn. 246; Brosius-Gersdorf, in: Dreier, Art. 7 Rn. 121; vgl. BVerwGE 90, 1 (16 ff.). 896 Vgl. BVerwGE 145, 333 (Rn. 20). 897 Brockmann, in: Brockmann / Littmann / Schippmann, § 139 Rn.  3. 898 Vgl. Brosius-Gersdorf, in: Dreier, Art. 7 Rn. 120 f.; Rux, Schulrecht, Rn. 1207. 899 Vgl. BVerwGE 112, 263 (268 ff.); Brosius-Gersdorf, in: Dreier, Art. 7 Rn. 121. 900 Vgl. Kösling, Private Schule, 181 ff. 901 Vgl. Rux, Schulrecht, Rn. 1210; ähnlich Vogel, DÖV 2008, 895 (903); zu Bildungsstandards allgemein Hanschmann, Staatliche Bildung, 165 ff. und bereits Erster Teil B. II. 902 Deutlich macht dieses Verhältnis § 122 I SchG-Niedersachsen: „Der Unterricht in allgemein bildenden Schulen wird auf der Grundlage von Lehrplänen (Kerncurricula) erteilt. […] Sie beschreiben fachbezogene Kompetenzen, über die Schülerinnen und Schüler […] verfügen sollen. Die Lehrpläne konkretisieren die Ziele und Vorgaben für Schulformen und Schuljahrgänge (Bildungsstandards). Sie benennen die allgemeinen und fachlichen Ziele der einzelnen Unterrichtsfächer, bestimmen die erwarteten Lernergebnisse und legen die verbindlichen Kerninhalte des Unterrichts fest.“ 903 Vgl. BVerwGE 112, 263 (268 ff.); Vogel, Schulen und Heime in freier Trägerschaft, 86 f.; Wißmann, in: BK-GG, Art. 7 III Rn. 248. 904 Vgl. Müller, Recht der Freien Schule, 197. 894

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2. Teil: Verfassungsrechtlicher Rahmen der Ersatzschulaufsicht 

materialien zu verwenden, auf andere – gleichwertige – Inhalte zu setzen oder den Fächerkanon abweichend zu gestalten.905 Bezüglich der Erziehungsziele gilt nichts anderes, weil diese ebenso dem Gleichwertigkeits- und keinem Gleichförmigkeitsmaßstab unterliegen.906 Die Einbeziehung der Erziehungsziele in die Schranken der Privatschulfreiheit führt zu dem nicht unproblematischen Ergebnis, dass bestimmte Erziehungsziele (z. B. eine christliche oder muslimische Prägung) am Grundgesetz auf Gleichwertigkeit zu prüfen sind.907 Solange sich die Zulässigkeit nicht aus dem Grundgesetz ergibt (z. B. Art. 7 V GG für den Bekenntnisunterricht), ist eine gewisse Zurückhaltung angebracht.908 Als Schranke bzw. quasi qualifizierter Gesetzesvorbehalt erlaubt die Norm dem Staat den Eingriff in die Privatschulfreiheit. Von seinem Wortlaut erfasst ist das Versagen der Genehmigung, wenn keine Gleichwertigkeit vorliegt. Welche Maßnahmen dagegen im laufenden Betrieb909 zur Sicherstellung der gleichwertigen Bildung möglich sind, ist erst in der abschließenden Betrachtung mit dem Aufsichtsrecht des Staates zu beantworten (Dritter Teil E.). Das gilt auch für die im Folgenden dargestellten Schranken. (3) Einrichtungen Unter Einrichtungen sind die Sachmittel und die sonstige Organisation der Schule zu verstehen, die dem pädagogischen Betrieb dienen.910 Das betrifft in erster Linie: Gebäude, Lernmittel, die Ausstattung der Klassenräume etc.911 Privatschulunspezifische bauordnungsrechtliche Vorgaben gehören nicht dazu, da sie nicht vom Schutzbereich der Privatschulfreiheit und daher nicht von dessen Schranken erfasst ist.912 Über diesen unstrittigen Kern hinaus ist strittig, ob Schülerhöchstzahlen, Lehrer-Schüler-Relation, Ferienordnungen und die Mitwirkungs 905

Tillmanns, Freiheit, 55 ff. Vgl. BVerwGE 145, 333 (Rn. 22); Kösling, Private Schule, 185. Anderer Ansicht Rux, Schulrecht, 1215 ff. Gegen dessen Ansicht spricht, dass die Geltung der Erziehungsziele sich für die Privatschulen aus einer Grundrechtsschranke ergeben muss. Soll hierfür Art. 7 I GG herangezogen werden, ist dem entgegenzuhalten, dass sich dessen privatschulspezifischer Gehalt in den Genehmigungsvoraussetzungen „verbraucht“. Siehe Zweiter Teil C. IV. 4. b). 907 Vgl. zum Prüfungsmaßstab Kösling, Private Schule, 185; Müller, Recht der Freien Schule, 135. 908 Vgl. BVerwG, NVwZ 1990, 864; deutlicher Jestaedt, in: Isensee / K irchhof, HdBStR VII, § 156 Rn. 57. 909 Differenzierung bei Müller, Recht der Freien Schule, 114; Pieroth / Barczak, in: Avenarius / ​ Pieroth / Barczak, Herausforderung, 71 (146 ff.). 910 Keller / Hesse / Krampen, in: Keller / K rampen, Kap. 6 Rn. 10. 911 Brosius-Gersdorf, in: Dreier, Art. 7 Rn. 122; Robbers, in: v.  Mangoldt / K lein / Starck, Art. 7 Rn. 196; Avenarius / Hanschmann, Schulrecht, Rn. 15.622. 912 Vgl. Robbers, in: v. Mangoldt / K lein / Starck, Art. 7 Rn. 197. Zum Schutzbereich bereits Zweiter Teil B. V. 3. b). 906

B. Dogmatik des Art. 7 IV GG

289

bestimmungen,913 die Organisation der Schulleitung914 oder Mindestschülerzahlen915 zu den maßstabsgebenden „Einrichtungen“ gehören. Allgemein muss man daher nach dem Bezugspunkt des Einrichtungsbegriffs fragen. Einer verbreiteten Ansicht zufolge zählt zur o. g. „sonstigen Organisation“ der Schule grundsätzlich nicht nur die äußere Unterrichtsorganisation, also die Gebäude und die sächliche Ausstattung.916 Auch die innere Einteilung in Schulklassen als Organisationsmerkmal des öffentlichen Schulwesens gehöre dazu.917 Dementsprechend stellt diese von F. Müller begründete Auffassung auf den Zusammenhang mit den anderen Gleichwertigkeitsvoraussetzungen ab. Hiernach beinhaltet der Einrichtungsbegriff funktional alle Vorkehrungen, die Inhalt und Qualität der Bildung in der Schule mitbestimmen und der Erreichung der Lehrziele dienen; nicht dagegen alles, was tatsächlich zum Betrieb einer Schule notwendig ist.918 Die „Einrichtungen“ sind hiernach Teil der einem gleichwertigen Bildungserfolg dienenden Nichtzurückstehenskriterien und daher aus pädagogischer Sicht zu betrachten. Dafür spricht die systematische Auslegung, da die drei Kriterien nicht „beziehungslos nebeneinander“ stehen, sondern ein und denselben Bereich erfassen.919 Dies bestätigt, dass die innere Schulstruktur kein Kriterium des Ersatzschulbegriffs ist,920 sondern nachgelagert der Genehmigungsfähigkeit zuzuordnen. Insofern muss die Schule nicht bloß in ihren Zielen gleichwertig sein, sondern alle dafür dienenden Mittel und internen Vorkehrungen vorsehen, um ihre (pädagogischen Lehr-)Ziele erreichen zu können.921 Da der Wortlaut nicht entgegensteht, sind grundsätzlich die inneren, pädagogisch begründeten Organisationsmerkmale der Schule als Einrichtungen zu verstehen. Als pädagogisch begründetes Merkmal ist auch die Beteiligung von Schülerinnen und Schülern und Eltern an der Schulorganisation zu sehen.922 Das bedeutet nicht, dass pauschal Schülerhöchst- oder Mindestschülerzahlen zu übernehmen sind. Einwirkungsmaßstab ist die Gleichwertigkeit, sodass die Klassenstärke zwar Bezugspunkt ist, damit jedoch noch nicht ausgemacht ist, dass eine kleinere oder größere Klasse nicht gleichwertig sein kann.923 Die Einrichtungen 913

Avenarius / Hanschmann, Schulrecht, Rn. 15.622. OVG NRW, NWVBl 2011, 152 ff. 915 Ablehnend Brosius-Gersdorf, in: Dreier, Art. 7 Rn. 121. 916 Hierauf beschränkend Brosius-Gersdorf, in: Dreier, Art. 7 Rn. 122. 917 BVerwGE 112, 263 (271). 918 Müller, Recht der Freien Schule, 130; vgl. Kösling, Private Schule, 187 f.; Vogel, Schulen und Heime in freier Trägerschaft, 88; vgl. auch Umbach, in: Umbach / Clemens, Art. 7 IV, V Rn. 184. 919 Tillmanns, Freiheit, 48. 920 Siehe bereits Zweiter Teil B. IV. 2. d) cc) (4). 921 Vogel, Schulen und Heime in freier Trägerschaft, 88 ff. 922 Im Einzelnen darf bei den Mitwirkungsbestimmungen keine Übernahme, sondern eine gleichwertige Regelung gefordert werden. Ob das Ganze als Lehrziel oder Einrichtung zu sehen ist (vgl. Wißmann, in: BK-GG, Art. 7 III Rn. 258) spielt indes keine Rolle. Kritisch zur Vorgabe von Mitwirkungsbestimmungen Vogel, RdJB 2009, 346 (352 ff.). 923 Deutlich Pieroth / Barczak, in: Avenarius / Pieroth / Barczak, Herausforderung, 71 (114 ff.); vgl. auch VGH Bayern, Beschl. v. 05. 12. 2016 – 7 CE 06.2755, juris. 914

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2. Teil: Verfassungsrechtlicher Rahmen der Ersatzschulaufsicht 

müssen geeignet sein, um einen gleichwertigen Ausbildungserfolg am Ende des Bildungsgangs zu garantieren.924 Gerade bei den Einrichtungen gibt es im öffentlichen Schulwesen eine derartige Vielfalt, dass kaum eine restriktive Interpretation durchschlagen kann und dies bei der notwendigen Verhältnismäßigkeitsprüfung im Blick zu behalten ist. (4) Wissenschaftliche Ausbildung der Lehrkräfte Ferner darf die „wissenschaftlich[e] Ausbildung ihrer Lehrkräfte nicht hinter den öffentlichen Schulen zurückstehen“ (Art. 7 IV 3 GG). Auch diese ist entsprechend dem Gleichwertigkeitsziel zu interpretieren.925 Daher überzeugt eine Auslegung nicht, die aus dem „wissenschaftlich“ eine Beschränkung auf den theoretischen Teil der Ausbildung ableitet. Die pädagogische Vorbildung der Lehrkräfte wird erfasst,926 wie auch die Ausbildung der Schulleitung. „Die Lehrkräfte, denen Leitungsfunktionen an den Schulen obliegen, tragen ebenso wie andere Lehrkräfte, wenn nicht sogar besondere Verantwortung dafür, daß der Unterricht dem Gleichwertigkeitspostulat des Art. 7 IV 3 GG genügt.“927 Übertragen lässt sich dies auf die Qualifikation weiterer Personen, wenn ihre Tätigkeit dem pädagogisch-unterrichtlichen Bereich zuzuordnen sind. Das kann unter Umständen für Inklusionsbegleitungen oder Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter zutreffen. Grundsätzlich kann der Staat den Nachweis einer gleichwertigen Ausbildung jeder einzelnen Lehrkraft verlangen.928 Da sich die Genehmigung auf die Ersatzschule bezieht, ist im besonderen Maße das Verhältnismäßigkeitsprinzip zu beachten; die Länder erteilen daher in der Regel individuelle Unterrichtsgenehmigungen pro Lehrkraft.929 Weiterhin implementieren die Schulgesetze das Gleichwertigkeitskriterium in der Regel so, dass dies bei Vorliegen einer Lehrbefähigung an staatlichen Schulen als gegeben erachtet wird und Abweichungen hiervon (teilweise „ausnahmsweise“) im Rahmen von „freien Leistungen“ zu erbringen sind.930 Das Gleichwertigkeitskriterium des Art. 7 IV 3 GG ist jedoch nicht im Sinne eines Regel-Ausnahme-Verhältnisses zu interpretieren. Ist eine Lehrkraft gleichwertig, darf die Ersatzschule sie einsetzen.931 Dem eigenen pädagogischen Profil der Schule ist Rechnung zu tragen. Diese darf und wird teilweise ein Interesse an einer nicht gleichförmigen Lehrkraftausbildung haben,932 wenn eine besondere Ausrichtung 924

OVG NRW, NWVBl 2011, 152 (153); Müller, Recht der Freien Schule, 130 ff. Müller, Recht der Freien Schule, 143 ff.; vgl. Avenarius / Hanschmann, Schulrecht, Rn. 15.623. 926 Umfassend Müller, Recht der Freien Schule, 143 ff. 927 BVerwG, NVwZ 1990, 864 (865); vgl. Robbers, in: v. Mangoldt / Klein / Starck, Art.  7 Rn.  198. 928 Rux, Schulrecht, Rn. 1227. 929 Zum Landesrecht Erster Teil C. IV. 3. c). Vgl. Vogel, DÖV 2008, 895 (904). 930 Zum Landesrecht Erster Teil C. II. 3. a) cc). Vgl. auch Pieroth, NWVBl 1993, 201 (203). 931 Vogel, Schulen und Heime in freier Trägerschaft, 102 f.; Kösling, Private Schule, 190 ff. 932 Pieroth, NWVBl 1993, 201. 925

B. Dogmatik des Art. 7 IV GG

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der Schule gewünscht ist. Bei der Bewertung, ob eine Ausbildung gleichwertig ist, ist grundsätzlich deren gesamte Qualifikation zu berücksichtigen,933 selbst wenn diese für die Zwecke der staatlichen Pädagogik ungeeignet ist (z. B. Waldorfausbildung in Eurythmie). Die Lehrkräfte müssen für das konkrete Konzept der Schule gleichwertig sein.934 Schließlich bezieht sich das Nichtzurückstehen der Ausbildung nicht bloß auf die ideale Lehrkräfteausbildung (Studium und Referendariat) an öffentlichen Schulen, sondern an die tatsächlich an Lehrkräfte gestellten Anforderungen im öffentlichen Schulwesen. Eine Ersatzschule steht nicht hinter öffentlichen Schulen zurück, wenn sie unter den gleichen Voraussetzungen wie an öffentlichen Schulen Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteiger beschäftigt oder fachfremden Unterricht von grundsätzlich gleichwertigen Lehrkräften erteilen lässt.935 bb) Sonderungsverbot (Art. 7 IV 3 Hs. 2 GG) Besondere Aufmerksamkeit erfahren hat in letzter Zeit die Voraussetzung, dass „eine Sonderung der Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern nicht gefördert wird“ (Sonderungsverbot),936 nachdem es als Genehmigungsvoraussetzung bis dato kaum erörtert wurde. Das BVerfG hat daraus abgeleitet, dass „die Möglichkeit einer Selbstfinanzierung durch die Erhebung annähernd kostendeckender Schulgelder […] den privaten Ersatzschulen durch Art. 7 Abs. 4 Satz 3 Halbsatz 2 GG praktisch genommen [ist], weil durch sie – auch angesichts der Schulgeldfreiheit in öffentlichen Schulen – eine ‚Sonderung der Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern‘ zumindest ‚gefördert‘ würde“,937 weshalb die hierdurch bestehende institutionelle Gefährdung des Ersatzschulwesens eine Schutz- und Förderpflicht des Staates (i. d. R. durch Geldleistungen) auslöst.938 Konsens ist: Der Staat darf die Genehmigung verweigern, wenn Privatschulen ausschließlich Kinder begüterter Schichten aufnehmen und nicht prinzipiell allen ohne Rücksicht auf die Einkommens- und (über den Wortlaut hinaus) Vermögensverhältnisse offen stehen.939 Verlangt werden kann eine Aufnahmepraxis, die sich

933

Pfau, Ersatzschullehrer, 47 ff. Zutreffend VG Halle, LKV 1998, 495 ff. 935 Brosius-Gersdorf, Gutachten ESchVO, passim; Rux, Schulrecht, Rn. 1231; siehe später Dritter Teil E. III. 4. b). 936 Kritisch zum Begriff Sachs, NWVBl 2018, 441; präziser wäre auch vor dem Hintergrund der hier vertretenen Ansicht zur Pflichtigkeit der Genehmigungsvoraussetzungen der Begriff „Sonderungsverbotsmöglichkeit“. 937 BVerfGE 75, 40 (63); kritisch zum Begriff Sachs, NWVBl 2018, 441. 938 BVerfGE 75, 40 (62); 112, 74 (83 ff.). 939 BVerfGE 75, 40 (64); Brosius-Gersdorf, Sonderungsverbot, 30 ff.; 44 ff.; Wißmann, in: BK-GG, Art. 7 III Rn. 251; Pieroth / Barczak, in: Avenarius / Pieroth / Barczak, Herausforderung, 71 (116); Rux, Schulrecht, Rn. 1235. 934

292

2. Teil: Verfassungsrechtlicher Rahmen der Ersatzschulaufsicht 

nicht an der sozialen Herkunft orientiert.940 Weiterhin ist unstrittig, dass der Staat die Genehmigung verweigern kann, wenn die Schule ein Schulgeld verlangt, was dazu führt, dass die Schule faktisch nur von Kindern begüterter Eltern besucht wird.941 Diese primär auf die Schulfinanzierung gerichtete Betrachtung lässt sich als historisches Motiv des (Weimarer) Verfassungsgebers nachweisen.942 Gerade bei der Gestaltung einer nicht sondernden Aufnahmepraxis und eines nicht sondernden Schulgelds bestehen für die Ersatzschulen erhebliche Gestaltungsmöglichkeiten, wie auch Ansatzpunkte für gesetzgeberische Intervention bestehen.943 Auf ein durchschnittliches Schulgeld abstellende Beschränkungen der Schulgelderhebung scheitern jedoch am Verhältnismäßigkeitsprinzip.944 Sie verhindern eine Sonderung nicht und sind ein unverhältnismäßiger Eingriff, da ein für reiche Schichten hohes Schulgeld nichts über die Höhe für arme Menschen aussagt.945 Gleiches gilt erst recht für Schulgeldhöchstgrenzen.946 Kurz: Von Eltern mit Vermögen in Millionenhöhe kann der Träger ein entsprechend hohes Schulgeld verlangen, wenn Normalbegüterte sich das an sie gerichtete Schulgeld leisten können und die Schule nicht nur „Millionärskinder“ aufnimmt.947 Das Sonderungsverbot gilt andererseits (d. h. ermöglicht einen Eingriff) nicht erst, wenn die Kosten der Schule gedeckt sind oder diese eine Sonderung anstrebt.948 In der Praxis ist eine nicht sondernde Schulfinanzierung im durch die Finanzhilfe des Staates gesteckten Rahmen ein Balanceakt.949 Das zeigt die Vielzahl unterschiedlicher Regelungen zum Sonderungsverbot im Landesrecht und in der Verwaltungspraxis.950 Das Sonderungsverbot lässt sich nicht im Sinne einer Ergebnisgleichheit hinsichtlich der sozialen Herkunft der beschulten Kinder interpretieren.951 Weder aus 940

Brosius-Gersdorf, Sonderungsverbot, 44 ff.; 64; Wrase / Helbig, NVwZ 2016, 1591 (1593). Brosius-Gersdorf, Sonderungsverbot, 67 ff.; Robbers, in: v. Mangoldt / K lein / Starck, Art.  7 III Rn. 199; Rux, Schulrecht, Rn. 1235 ff.; Avenarius / Hanschmann, Schulrecht, Rn. 15.634. 942 Siehe bereits Zweiter Teil B. IV. 4. b) bb) (2). 943 Vgl. Brosius-Gersdorf, Sonderungsverbot, 82 ff. 944 Brosius-Gersdorf, Sonderungsverbot, 70 ff. 945 Ausführlich Brosius-Gersdorf, Sonderungsverbot, 90 ff.; zustimmend Cremer, R&B 2019, 3 (10 ff.) vgl. auch Langer, R&B 2007, 15 (18). Aus empirischer Sicht Eisinger / Warndorf et al., Grenzen, 134 ff. und Kleimann, IAW Analytic Reports 8/2016 (13 ff.) Aus der Rechtsprechung folgt nichts anderes s. Hardorp, R&B 2017, 5; andere Ansicht dagegen Wrase / Helbig, NVwZ 2016, 1591 (1592 ff.), die von einer „konsolidierten Rechtsprechung“ sprechen. 946 Vgl. Avenarius, in: Avenarius / Pieroth / Barczak, Herausforderung, 17 (52 ff.). 947 Brosius-Gersdorf, Sonderungsverbot, 71. 948 Wegricht, R&B 2015, 3 (4); Rux, Schulrecht, Rn. 1241. 949 Vogel, R&B 2017, 2 (3 ff.); Eisinger / Randoll / Warndorf, in: Barz, Handbuch, 249 (258): „Da die zitierten Studien cum grano salis zu dem Resultat kommen, die Erhebung von Schulgeld führe dazu, dass die Privatschulträger aus Gründen der Existenzsicherung in eine verfassungsrechtliche Grauzone gedrängt werden während gleichzeitig ein Großteil der Familien mit geringem bis mittlerem Einkommen vom Besuch einer freien Schule de facto ausgegrenzt werden, ist die alleinige Frage nach der Höhe des Schulgeldes zu kurz gegriffen.“ 950 Zum Landesrecht Erster Teil C. II. 3. a) dd); vgl. die Darstellung der Verwaltungspraxis bei Helbig et al., Übersicht. 951 Brosius-Gersdorf, Sonderungsverbot, 60 ff. 941

B. Dogmatik des Art. 7 IV GG

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dem Wortlaut noch aus der historischen Betrachtung oder der allgemeinen systematisch-vergleichenden Dogmatik der Grundrechte folgt, dass die Schülerinnen- und Schülerschaft der Ersatzschulen spiegelbildlich der Zusammensetzung öffentlicher Schulen entsprechen muss.952 Der Staat ist nicht zur Intervention gegenüber Ersatzschulen berechtigt, wenn Eltern aus einkommensstarken sozialen Schichten – aus welchen Gründen auch immer – diese bevorzugt in Anspruch nehmen; ein Umstand der sich für das gesamte Privatschulwesen nachweisen lässt.953 Werden auch kirchliche Privatschulen mit geringem oder keinem Schulgeld eher von Kindern begüterter Eltern besucht, muss man die Schulgelderhebung als einzige Ursache für die (geringere) soziale Durchmischung der Ersatzschulen und als rechtliches Indiz für einen Verstoß gegen das Sonderungsverbot infrage stellen. Allgemein dürfte es schwer sein, die eher „weichen“ sozialwissenschaftlichen Erkenntnisse über die soziale Herkunft der Schülerinnen und Schüler an Privatschulen in die binäre Struktur von rechtlichen Genehmigungsmerkmalen zu pressen, da auch öffentliche Schulen durch andere Mechanismen (etwa wohnortbasierte Schul­ sprengel) in diesem Sinne „sondernde“ Ergebnisse produzieren.954 Die offensichtlichen sozialstaatlichen Unzulänglichkeiten des Schul- und Bildungswesens hinsichtlich der Benachteiligung armer und anderweitig marginalisierter Menschen durch Verweis darauf lösen zu wollen, dass die Verfassung dies (Ersatzschulen) verbiete, ist dogmatisch petitio principii, wenn sich diese Zielrichtung nicht durch Auslegung begründen lässt.955 Zweifelhaft ist weiter, ob das Sonderungsverbot ein unmittelbar geltendes Diskriminierungsverbot enthält,956 das von den Privatschulen einzuhalten ist. Die Genehmigungsvoraussetzungen adressieren in erster Linie den Staat, der diese bei der Genehmigungsentscheidung zugrunde legen muss / kann und hierauf Eingriffe in die Privatschulfreiheit stützen kann. Eine unmittelbare Grundrechtsbindung lässt sich den primär als Genehmigungstatbestandsmerkmalen konzipierten Bedingungen nicht entnehmen. Geschütztes Interesse des Sonderungsverbots im Sinne der Schutznormtheorie957 ist nicht der unmittelbar hieraus fließende Schutz bestimmter Personen,958 sondern das Allgemeininteresse an allgemeinzugänglichen Privatschulen. Das gilt ebenso für die anderen Merkmale des Art. 7 IV 3–4 GG.959 Ein 952 Umfassend Brosius-Gersdorf, Sonderungsverbot, 46 ff.; zustimmend Rux, Schulrecht, Rn. 1242. 953 Vgl. Lohmann / Spieß / Feldhaus, DIW Wochenbericht 2009, 640 (643 ff.); Weiß, Allgemein­ bildende Privatschulen, 38 f.; 66 ff. (Abb. 7 und 8); Wrase / Helbig, NVwZ 2016, 1591 (1596 ff.) sowie Pieroth / Barczak, in: Avenarius / Pieroth / Barczak, Herausforderung, 71 (129 ff.). 954 Brosius-Gersdorf, Sonderungsverbot, 56 ff. 955 Vgl. Sachs, NWVBl 2018, 441 (445). 956 So Brosius-Gersdorf, Sonderungsverbot, 43 ff.; Pieroth / Barczak, in: Avenarius / Pieroth / Barczak, Herausforderung, 71 (116); Barczak, Übergang, 152; allgemein bereits Zweiter Teil B. III. 5. 957 Zur Schutznormtheorie Wahl, in: Schoch / Schneider / Bier, Vorb. § 42 II Rn. 94 ff. 958 LAG BW, NZA-RR 2016, 553 (555); vgl. auch BVerwG NVwZ 1993, 691 (692). 959 Siehe später Dritter Teil C. IV. mit Blick auf die Aufsichtsanwendung.

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Diskriminierungs- oder Fördergebot enthält das Sonderungsverbot nur, wenn man es untechnisch gebraucht und damit meint, dass der Staat von den Schulen das Verbot der Diskriminierung verlangen darf. Es entsteht aus den Genehmigungsvoraussetzungen kein subjektives-öffentliches Recht des „Geschützten“ im Verhältnis zur Privatschule.960 Ob sich eine grundrechtliche Schutzpflicht begründen lässt, kann offenbleiben. Als quasi qualifizierter Gesetzesvorbehalt eröffnet das Sonderungsverbot den umfangreichsten Spielraum zur „Regulierung“ des Staates gegenüber den Schulen, weil den Schulbesuch hemmende Effekte der privaten Schulfinanzierung wohl nie vollständig zu verhindern sind. Als primärer Grund für die Interventionspflicht des Staates durch Finanzierung des Privatschulwesens961 besteht ein enger Konnex zwischen schulgeldbegrenzender Gesetzgebung und schulgeldverlustausgleichender Finanzhilfe, den der Staat bei Regelung nicht ausblenden kann. cc) Genügende Sicherung der wirtschaftlichen und rechtlichen Stellung der Lehrkräfte (Art. 7 IV 4 GG) Vergleichsweise wenig Streit gibt es um das Kriterium der Sicherung der wirtschaftlichen und rechtlichen Stellung der Lehrkräfte der Schule. Auch für dies steht die bildungspolitische Bedeutsamkeit entsprechend unabhängiger Lehrkräfte für qualitative Schulen im Vordergrund; es geht nicht um die Schaffung eines Sonderarbeitsrechts oder um besondere sozialpolitische Vorstellungen hinsichtlich der Lehrkräfte.962 Erst wenn Bezahlung und Rahmenbedingungen des Unterrichtseinsatzes stimmen, ist davon auszugehen, dass die Lehrkräfte hinreichend „motiviert“ sind, um den Bildungsauftrag der Schule zu erfüllen.963 Inhaltlich bezieht sich die Anforderung auf die Entlohnung sowie die rechtlichen Bedingungen des Beschäftigungsverhältnisses.964 Im Vergleich zu den Voraussetzungen des Art. 7 IV 3 Hs. 1 GG ist nach Wortlaut und Systematik eindeutig kein Vergleich, keine Akzessorietät mit der Stellung der Lehrkräfte an öffentlichen

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Vgl. allerdings BVerwG, NVwZ 1993, 691 (692). Vgl. Müller / Pieroth / Fohmann, Leistungsrechte, 127 ff.; 154 ff.; Brosius-Gersdorf, DÖV 2017, 881 (882 ff.); besonders deutlich Wegricht, R&B 2015, 3 (10); Hufen, in: Hufen / Vogel, Keine Zukunftsperspektiven?, 49 (70 ff.); Jeand’Heur, in: Müller / Jeand’Heur, Zukunftsperspektiven, 47 (78). 962 Tillmanns, Freiheit, 69 ff.; Wißmann, in: BK-GG, Art. 7 III Rn. 254; Badura, in: Maunz / ​ Dürig, Art. 7 Rn. 119. 963 VG Potsdam, LKV 2010, 382 (383); VG Dresden, Beschl. v. 28. 03. 2007 – 5 K 1750/06, juris (Rn. 49); Keller / Hesse / Krampen, in: Keller / K rampen, Kap. 6 Rn. 13; Müller, Recht der Freien Schule, 157 ff. 964 Vgl. Brosius-Gersdorf, in: Dreier, Art. 7 Rn. 125; Uhle, in: BeckOK GG, Art. 7 Rn. 86; Avenarius / Hanschmann, Schulrecht, Rn. 15.625; Robbers, in: v.  Mangoldt / K lein / Starck, Art. 7 Rn. 200; Geis, in: Friauf / Höfling, Art. 7 Rn. 85. 961

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Schulen vorgesehen.965 Nichtsdestotrotz bedienen sich viele Länder eines solchen Vergleichs auf einfachrechtlicher Ebene als Maßstab für die wirtschaftliche Stellung.966 Fest steht, dass die rechtliche und wirtschaftliche Situation der Lehrkräfte nicht der an öffentlichen Schulen entsprechen oder mit dieser gleichwertig sein muss.967 Abweichungen nach unten sind möglich. Vor dem Hintergrund des Telos dürfte die wirtschaftliche Stellung erst dann nicht mehr gesichert sein, wenn kein „statusgemäßes“ Leben möglich ist, die Lehrkräfte durch Zuverdienste ihren Lebensunterhalt sichern müssten und damit der Bildungserfolg gefährdet wäre.968 Eine Parallele zum Alimentationsprinzip und der amtsangemessenen Besoldung nach Art. 33 V GG ginge allerdings zu weit.969 Verallgemeinerbar ist jedoch die Erkenntnis, dass die Tarifabschlüsse im öffentlichen Dienst „ein gewichtiges Indiz für die Entwicklung der (sonstigen) allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse sowie des allgemeinen Lebensstandards sind“.970 Eine Orientierung an den Gehältern der Lehrkräfte im öffentlichen Schulwesen ist ein möglicher plausibler Anknüpfungspunkt für eine gesetzliche Regelung, wenngleich der Gesetzgeber sich für eine andere Berechnungsvariante entscheiden kann.971 Verfassungsrechtlich ist eher dem prozeduralen Ermittlungsverfahren als der konkreten Höhe der Entlohnung Beachtung zu schenken. Zu eng wäre eine „Abweichungserlaubnis“ von 10–20 %,972 wenn andere Faktoren keine Berücksichtigung finden.973 Zu den rechtlichen Bedingungen des Beschäftigungsverhältnisses gehört die Sicherung der mittlerweile im allgemeinen Arbeitsrecht geltenden Grundbedingungen modernen Arbeitnehmerinnen- und Arbeitnehmerschutzes.974 Erforderlich ist weiterhin ein Minimum an rechtlicher Selbstständigkeit der Lehrkräfte im Sinne „pädagogischer Freiheit“.975 Problematisch ist (wie bei der Ermittlung der wirtschaftlichen Stellung), ob auf die einzelne Lehrkraft oder die Lehrerinnenund Lehrerschaft der Schule abzustellen ist. Praktisch bedeutsam ist das, weil Ersatzschulen durchaus Honorarlehrkräfte zur Unterrichtsabdeckung einsetzen, die 965

Müller, Recht der Freien Schule, 154 f.; Vogel, Schulen und Heime in freier Trägerschaft, 104; vgl. BVerwGE 40, 347 (350): „Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG schließt es daher aus, die Genehmigung von Anstellungsverträgen für Lehrer [von der] Wahrung der Besoldungseinheit bei öffentlichen und privaten Schulen abhängig zu machen.“ 966 Zum Landesrecht Erster Teil C. II. 3. a) ee). 967 Ausführlich Müller, Recht der Freien Schule, 153 ff. 968 Rux, Schulrecht, Rn. 1245. Zu eng dagegen Keller / Hesse / Krampen, in: Keller / K rampen, Kap. 6 Rn. 13. 969 Hierzu BVerfGE 140, 250 (Rn. 70 ff.). 970 BVerfGE 140, 250 (Rn. 79). 971 Vgl. BAGE 118, 66 ff. 972 Vgl. Geis, in: Friauf / Höfling, Art. 7 Rn. 85; Wißmann, in: BK-GG, Art. 7 III Rn. 255; s. auch BAGE 118, 66 (74), das ein Gehalt